Sprachenpluralität und -autorisierung: Die Verwaltungskommunikation des spanischen Regno di Napoli im 16. Jahrhundert 9783110343090, 9783110343069

This study examines the phenomenon of Italian-Spanish multilingualism during the Regno di Napoli in the 16th century. Th

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Table of contents :
1. Die Italia spagnola
1.1 Zeiten und Territorien
1.2 Die Italia spagnola aus romanistischer Sicht: Sprachen und Varietäten in Kontakt
2. Sprachenpluralität und -autorisierung im Regno di Napoli: Eine theoretische Modellierung
2.1 Sprachen in Europa in der Frühen Neuzeit: Pluralität und Autorisierung
2.1.1 Pluralität und Pluralisierung
2.1.2 Autorität und Autorisierung: Macht, Prestige, (Diskurs-)Tradition
2.2 Die Räumlichkeit der sprachlichen Kommunikation
2.2.1 Der Begriff des Kommunikationsraums auf der aktuellen und der historischen Ebene
2.2.2 Die räumlichen Dimensionen der sprachlichen Kommunikation
2.2.3 Die Dimensionen des kommunikativen Raums: eine Anpassung in die Diachronie
2.3 Sprachliche Pluralität und Mehrsprachigkeit in der Verwaltungskommunikation
2.3.1 Sprachliche Pluralität und Mehrsprachigkeit
2.3.2 Manifestationen von Sprachenpluralität: Mehrsprachigkeit der Texte, Mehrsprachigkeit der Kommunikation, Mehrsprachigkeit der Personen
2.3.3 Verwaltungskommunikation und Verwaltungsschriftlichkeit
3. Die Verwaltung des spanischen Regno di Napoli
3.1 Verwaltungspersonal
3.1.1 Frühneuzeitliche Personalpolitik: Die Prammatica „De officiorum provisione“
3.1.2 Togati und Milites
3.2 Verwaltungsebenen und -institutionen
3.2.1 Die Verwaltung der italienischen Gebiete im spanischen Polysynodalsystem: Der Italienrat und die Visitationen
3.2.2 Die Zentralverwaltung in Neapel
3.2.3 Die Verwaltung der Provinzen und der Stadt Neapel
3.2.4 Repräsentationsorgane der Stadt Neapel und des Regno di Napoli
4. Manifestationen der Sprachenpluralität in der Verwaltungskommunikation des Vizekönigreichs Neapel
4.1 Transkriptionskriterien
4.2 Mehrsprachigkeit der Texte: Briefe von Sigismondo de Loffredo an Kaiser Karl V
4.2.1 Historisch-kommunikativer Kontext
4.2.2 Graphie und Phonetik
4.2.3 Morphologie und Morphosyntax
4.2.4 Syntax
4.2.5 Lexikon
4.2.6 Mehrsprachigkeit der Texte – Mehrsprachigkeit der Personen: Sigismondo de Loffredo
4.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1: Die Protokolle der Visitationsbefragungen im Regno di Napoli
4.3.1 Prozesse des Protokollierens (Medienwechsel I)
4.3.2 Die Visitationsprotokolle: Struktur und Sprachverteilung
4.3.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation – Mehrsprachigkeit der Personen: Die Visitationsprotokolle als Rekonstruktionsbasis
4.4 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 2: Der Segretario del Regno und die Kommunikation im Kollateralrat
4.5 Mehrsprachige Kommunikation 3: Weitergabe von Inhalten und ihre sprachlichen und textuellen Folgen
4.5.1 Kopieren und Elaborieren
4.5.2 Zitieren
4.5.3 Resümieren und Übertragen
4.5.4 Vorlesen (Medienwechsel II)
5. Autorität und Autorisierung der Sprachenpluralität im Regno di Napoli
6. Transkriptionen ausgewählter Quellen
6.1 Brief von Sigismondo de Loffredo an Kaiser Karl V. (10. 01.1532) (AGS ESTADO 1012 –1)
6.2 Brief von Sigismondo de Loffredo an Kaiser Karl V. (11. 02.1532) (AGS ESTADO 1012 –16)
6.3 Brief von Sigismondo de Loffredo an Kaiser Karl V. (08. 03.1532) (AGS ESTADO 1012 –15)
6.4 Brief von Sigismondo de Loffredo an Kaiser Karl V. (12. 04.1532) (AGS ESTADO 1012 –21)
6.5 Brief von Sigismondo de Loffredo an Kaiser Karl V. (17. 04.1532) (AGS ESTADO 1012 –24)
6.6 Brief von Sigismondo de Loffredo an Kaiser Karl V. (23. 04.1532) (AGS ESTADO 1012 –25)
6.7 Brief von Sigismondo de Loffredo an Kaiser Karl V. (24. 05.1532) (AGS ESTADO 1012 –27)
6.8 Interrogatorio per visitare il secretario del Regno (AGS V.I.1–1, s.f.)
6.9 Auszug aus dem Visitationsprozess gegen den Segretario del Regno Giovan di Soto (Januar 1560) (AGS V. I. 1– 1)
6.10 Consulta der Regia Camera della Sommaria (10. 01. 1572) (AGS ESTADO 1061 –167)
6.11 Voto des Statthalters der Sommaria Hernando d’Avalos (s.d.) (Copia) (AGS ESTADO 1061 –169)
6.12 Voto des Präsidenten der Sommaria Francisco Alvarez de Ribera (12. 01. 1572) (AGS ESTADO 1061 –170)
6.13 Brief des Vizekönigs und der Reggenti des Kollateralrats an Philipp II. (25. 01. 1572) (AGS ESTADO 1061 –171)
Bibliographie
Quellen
Forschungsliteratur
Internetquellen
Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen
Abbildungen
Tabellen
Stichwortregister
Personenregister
Ortsregister
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 9783110343090, 9783110343069

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Sprachenpluralität und -autorisierung

Pluralisierung & Autorität Herausgegeben vom Sonderforschungsbereich 573 Ludwig-Maximilians-Universität München

Band 42

De Gruyter

Verena Schwägerl-Melchior

Sprachenpluralität und -autorisierung Die Verwaltungskommunikation des spanischen Regno di Napoli im 16. Jahrhundert

De Gruyter

ISBN 978-3-11-034306-9 e-ISBN 978-3-11-034309-0 ISSN 2076-8281 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. 쑔 2014 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Druck: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen ⬁ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

Für Antonia Maria und Judith Anna Lena

Inhalt 1. Die Italia spagnola . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Zeiten und Territorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Die Italia spagnola aus romanistischer Sicht: Sprachen und Varietäten in Kontakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sprachenpluralität und -autorisierung im Regno di Napoli: Eine theoretische Modellierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Sprachen in Europa in der Frühen Neuzeit: Pluralität und Autorisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Pluralität und Pluralisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Autorität und Autorisierung: Macht, Prestige, (Diskurs-)Tradition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Die Räumlichkeit der sprachlichen Kommunikation . . . . . 2.2.1 Der Begriff des Kommunikationsraums auf der aktuellen und der historischen Ebene . . . . . . . . . . . 2.2.2 Die räumlichen Dimensionen der sprachlichen Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Die Dimensionen des kommunikativen Raums: eine Anpassung in die Diachronie . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Sprachliche Pluralität und Mehrsprachigkeit in der Verwaltungskommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Sprachliche Pluralität und Mehrsprachigkeit . . . . . . 2.3.2 Manifestationen von Sprachenpluralität: Mehrsprachigkeit der Texte, Mehrsprachigkeit der Kommunikation, Mehrsprachigkeit der Personen . . 2.3.3 Verwaltungskommunikation und Verwaltungsschriftlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Verwaltung des spanischen Regno di Napoli . . . . . . . . . . . . . 3.1 Verwaltungspersonal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Frühneuzeitliche Personalpolitik: Die Prammatica „De officiorum provisione“ . . . . . . 3.1.2 Togati und Milites . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Verwaltungsebenen und -institutionen . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

3.2.1 Die Verwaltung der italienischen Gebiete im spanischen Polysynodalsystem: Der Italienrat und die Visitationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 3.2.2 Die Zentralverwaltung in Neapel . . . . . . . . . . . . . . 98 3.2.3 Die Verwaltung der Provinzen und der Stadt Neapel 113 3.2.4 Repräsentationsorgane der Stadt Neapel und des Regno di Napoli . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 4. Manifestationen der Sprachenpluralität in der Verwaltungskommunikation des Vizekönigreichs Neapel . . . . . . 4.1 Transkriptionskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Mehrsprachigkeit der Texte: Briefe von Sigismondo de Loffredo an Kaiser Karl V. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1 Historisch-kommunikativer Kontext . . . . . . . . . . . . 4.2.2 Graphie und Phonetik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.3 Morphologie und Morphosyntax . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.4 Syntax . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.5 Lexikon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.6 Mehrsprachigkeit der Texte – Mehrsprachigkeit der Personen: Sigismondo de Loffredo . . . . . . . . . . . . . 4.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1: Die Protokolle der Visitationsbefragungen im Regno di Napoli . . . . . . . . . 4.3.1 Prozesse des Protokollierens (Medienwechsel I) . . . . 4.3.2 Die Visitationsprotokolle: Struktur und Sprachverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation – Mehrsprachigkeit der Personen: Die Visitationsprotokolle als Rekonstruktionsbasis . . . . 4.4 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 2: Der Segretario del Regno und die Kommunikation im Kollateralrat . . . . . . . . 4.5 Mehrsprachige Kommunikation 3: Weitergabe von Inhalten und ihre sprachlichen und textuellen Folgen . . . . 4.5.1 Kopieren und Elaborieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.2 Zitieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.3 Resümieren und Übertragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.4 Vorlesen (Medienwechsel II) . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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5. Autorität und Autorisierung der Sprachenpluralität im Regno di Napoli . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408

Inhalt

6. Transkriptionen ausgewählter Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1 Brief von Sigismondo de Loffredo an Kaiser Karl V. (10. 01. 1532) (AGS ESTADO 1012 – 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Brief von Sigismondo de Loffredo an Kaiser Karl V. (11. 02. 1532) (AGS ESTADO 1012 – 16) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3 Brief von Sigismondo de Loffredo an Kaiser Karl V. (08. 03. 1532) (AGS ESTADO 1012 – 15) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4 Brief von Sigismondo de Loffredo an Kaiser Karl V. (12. 04. 1532) (AGS ESTADO 1012 – 21) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5 Brief von Sigismondo de Loffredo an Kaiser Karl V. (17. 04. 1532) (AGS ESTADO 1012 – 24) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.6 Brief von Sigismondo de Loffredo an Kaiser Karl V. (23. 04. 1532) (AGS ESTADO 1012 – 25) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.7 Brief von Sigismondo de Loffredo an Kaiser Karl V. (24. 05. 1532) (AGS ESTADO 1012 – 27) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.8 Interrogatorio per visitare il secretario del Regno (AGS V.I. 1 – 1, s.f.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.9 Auszug aus dem Visitationsprozess gegen den Segretario del Regno Giovan di Soto (Januar 1560) (AGS V. I. 1 – 1) . . . 6.10 Consulta der Regia Camera della Sommaria (10. 01. 1572) (AGS ESTADO 1061 – 167) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.11 Voto des Statthalters der Sommaria Hernando d’Avalos (s.d.) (Copia) (AGS ESTADO 1061 – 169) . . . . . . . . . . . . . . . . 6.12 Voto des Präsidenten der Sommaria Francisco Alvarez de Ribera (12. 01. 1572) (AGS ESTADO 1061 – 170) . . . . . . 6.13 Brief des Vizekönigs und der Reggenti des Kollateralrats an Philipp II. (25. 01. 1572) (AGS ESTADO 1061 – 171) . . .

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Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483 Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483 Forschungsliteratur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485 Internetquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500 Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 501 Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 501 Tabellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 502 Stichwortregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 503

X

Inhalt

Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 509 Ortsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 511

Vorwort Die vorliegende Arbeit entstand zwischen 2008 und 2011 im Rahmen des dem Sonderforschungsbereich 573 Pluralisierung und Autorität in der Frühen Neuzeit (15.–17. Jahrhundert) angehörenden Teilprojekt C15 „Mehrsprachigkeit im Königreich Neapel (16.–17. Jahrhundert)“ an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Die Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft, der ich zu großem Dank verpflichtet bin, hat wesentlich zum Gelingen der Arbeit beigetragen und der im Rahmen des Sonderforschungsbereichs ermöglichte Austausch mit Kollegen aus unterschiedlichen Disziplinen, denen an dieser Stelle gedankt sei, hat zahlreiche Impulse und Denkanstösse für die vorliegende Untersuchung gegeben. Ein ganz besonderer Dank gebührt den Betreuern der Arbeit Prof. Dr. Thomas Krefeld und Prof. Dr. Wulf Oesterreicher, welche die Arbeit über alle Entwicklungsstufen wohlwollend, fördernd und kritisch begleitet haben. Auch den Teilnehmern des Linguistischen Oberseminars am Institut für Romanische Philologie der Ludwig-Maximilians-Universität München, insbesondere Dr. Jochen Hafner, Dr. Teresa Gruber, Dr. Sebastian Greusslich, Davide Soares da Silva und Tina Ambrosch-Baroua ein herzliches Dankeschön für Kritik und Anregungen. Viele weitere Personen haben die Entstehung der Arbeit auf vielfältige Art und Weise unterstützt, stellvertretend seien hier nur Prof. Nicola de Blasi (Università degli Studi di Napoli Federico II) sowie Isabel Aguirre Landa (Archivo General de Simancas) genannt. Für ihre stilistischen Korrekturen und Verbesserungsvorschläge möchte ich mich ganz herzlich bei Jule Fiedler und Gottfried Schwägerl bedanken. Den Herausgebern der Reihe Pluralisierung & Autorität danke ich für die Aufnahme der Arbeit, Dr. Eva-Maria Wilhelm für das aufmerksame Endlektorat und die geduldige und verständnisvolle Hilfe bei der Vorbereitung des Manuskripts. Unschätzbar wichtig war die Unterstützung im privaten Bereich durch meine Eltern Gottfried und Eva-Maria Schwägerl und meine Geschwister Martin und Julia Schwägerl. Auch meinen Schwiegereltern Pier Antonio

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Vorwort

Melchior und Enza Turco sowie meiner Schwägerin Lara Melchior möchte ich an dieser Stelle für Ihre Unterstützung und Geduld danken. Unermesslichen Dank schulde ich schließlich meinem Mann Luca Melchior, der mir wissenschaftlich ein exzellenter, vor allem aber menschlich ein wunderbarer Gesprächs- und Lebenspartner ist.

1. Die Italia spagnola 1.1 Zeiten und Territorien Mit dem Begriff Italia spagnola wird in der Geschichtswissenschaft auf die im 16. und 17. Jahrhundert vorliegende politisch-territoriale Einbindung großer Gebiete des heutigen Italien in die spanische Monarchie sowie auf deren intensive politische und kulturelle Beziehungen auch mit den nicht direkt von Spanien regierten Territorien referiert.1 So kam, nachdem das aragonesische Königshaus bereits seit 1282 die Geschicke Siziliens und seit 1297 auch diejenigen Sardiniens bestimmte, 1442 auch das Königreich Neapel zu Aragón und wurde mit dem Hof von Alfons V. zum Zentrum des aragonesischen Herrschaftsgebiets. In der Folge der seit 1494 andauernden kriegerischen Auseinandersetzungen mit Frankreich fiel das umkämpfte Königreich Neapel schließlich 1503 an die unter den katholischen Königen Ferdinand II. von Aragón und Isabella von Kastilien zusammengeführte nunmehr spanische Monarchie.2 Nach dem Tod Francesco II. Sforzas wurde 1535 darüber hinaus Mailand zu einem spanischen Herzogtum. 1

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„[…] l’‘Italia spagnola’, quel complesso cioè di formazioni politiche la cui evoluzione è stata direttamente o indirettamente segnata dal destino della Spagna e del suo sistema imperiale: non solo cioè le province sottoposte alla Corona asburgica, ma anche Stati come la Repubblica ligure, che a partire dal 1528, è integrata direttamente nella vita economica, sociale e politica della Monarchia spagnola, come lo Stato della Chiesa che con la sua rete di potere ha la Spagna quale interlocutore privilegiato, come il ducato, poi granducato di Toscana dopo la conquista di Siena“ (Musi 2004, 235). Zur Stellung Spaniens in Italien auch Galasso 1994a, 23: „Il predominio spagnolo da Carlo V in poi era, peraltro, caratterizzato sia dal controllo diretto di quasi la metà della regione geografica italiana (circa 140.000 Kmq. su circa 320.000), sia dallo stato di clientela o protettorato politico a cui furono ridotti alcuni degli Stati italiani rimasti indipendenti (Genova, innanzitutto, e i Ducati padani, nonché, a lungo, i Savoia e la Toscana), sia dal profondo condizionamento che in forza di quel predominio subivano i rimanenti fra questi Stati indipendenti (lo Stato della Chiesa e Venezia e, inoltre, in maniera intermittente Firenze e in un secondo momento i Savoia) per quanto riguardava i problemi italiani nella politica europea. Si trattava, quindi, di un predominio ben più ampio di quanto era configurato dalla sovranità della Corona spagnola su tanta parte d’Italia.“ Der Besitz Neapels wurde zwar erst im Frieden von Cateau-Cambrésis 1559 festgeschrieben, de facto wurde das Regno di Napoli aber bereits seit Anfang des 16. Jahrhunderts durch spanische Vizekönige regiert.

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1. Die Italia spagnola

Auch die Häfen in der Toskana, die 1557 unter Philipp II. als Stato dei Presidi (‘Staat der Festungen’) Teil der spanischen Territorien wurden,3 und – ab dessen Erwerb als Feudalbesitz (1598) – Finale Ligure spielten eine wichtige Rolle für die spanischen Habsburger. Die starke Einbindung Roms in die spanische Politik wurde bereits im 15. Jahrhundert durch die Pontifikate der aus Aragón stammenden und über Neapel nach Rom gelangten Borgia-Päpste Kalixt III. (1455 – 1458) und Alexander VI. (1492 – 1503) begründet und durch militärische Präsenz und Patronage-Politik im 16. Jahrhundert gefestigt.4 Durch die 1530 in Bologna5 vollzogene Kaiserkrönung und die dadurch erfolgte Legitimation Karls I. von Spanien als Kaiser Karl V. durch den im Sacco di Roma 1527 unterlegenen Papst Clemens VII. wurde Spaniens Stellung in Rom weiter gestärkt – in der kurz darauf einsetzenden Gegenreformation hatte dessen Nachfolger auf dem Stuhl Petri die Unterstützung der größten katholischen Monarchie dringend nötig. Die Seerepublik Genua schließlich, die als Geldgeber der Monarchie enorm einflussreich und wohlhabend werden sollte, pflegte ab 1528 besonders intensive Beziehungen zu Spa-

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Orbetello, Talamone, Porto Longone (Elba), Porto Ercole, Monte Argentario und Porto Santo Stefano kamen nach der Vergabe von einstmals Siena zugehörigen Territorien an Florenz unter Cosimo I. in spanischen Besitz und wurden zu militärisch-strategischen Stützpunkten ausgebaut (vgl. Placanica 1986, 290). Vgl. Dandelet 2001, 3 ff. Zu den wechselseitigen Abhängigkeiten von Rom und Spanien vgl. Dandelet 2001, 5 f.: „In the sixteenth and seventeenth centuries Rome was an old but vigorous remnant of its ancient imperial glory, living out the final chapter of Gibbon’s epic history. Spain was a rising giant that would become the world’s first modern global empire. Papal Rome was rich in religious authority, the artistic and intellectual trappings of imperial power, and historical memory; Spain in New World gold, a large navy, and Europe’s best soldiers. Each had treasures the other needed and wanted. Between 1500 and 1700, this combination of necessity and desire drew the old and new empires closely together. Rome played the wise but demanding parent trying to shape Spanish policy and practice on a local support. Spain claimed the role of dutiful son, defending the Papal State with its ships and soldiers and pouring large amount of money into the old family home, the city of Rome. In return the Spanish monarchs demanded favored-son status not only in Christian Europe but in the eternal city itself.“ Bologna war mit dem Collegio di San Clemente, das unter anderen auch Antonio de Nebrija besuchte, bereits seit dem 14. Jahrhundert eine Ausbildungsstätte spanischer Gelehrter. Vgl. http://www.bolonios.it/elcolegio.htm, [14. 03. 2013].

1.2 Die Italia spagnola aus romanistischer Sicht: Sprachen und Varietäten in Kontakt

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nien. Florenz wurde nicht zuletzt durch die Eheschließung von Eleonora de Toledo6 mit Cosimo de Medici 1539 an Spanien gebunden.7 Die enge politische und wirtschaftliche Verbindung zwischen Spanien und den verschiedenen Territorien auf der Apenninenhalbinsel hatte auch auf kultureller und künstlerischer Ebene tiefgreifende Auswirkungen. So wurde Italien zur obligatorischen Etappe auf dem Grand Tour spanischer Edelmänner: „Embarcarse hacia Italia formaba parte del currículum de un cortesano.“8 Zahlreiche Künstler und Literaten verkehrten zwischen den Ufern des Mittelmeers, und die Rezeption italienischer Kunst und Literatur war in Spanien mindestens so ausgeprägt wie diejenige spanischer Werke in Italien.9 Dieser fortwährende kulturelle Austausch und die administrativ-politischen Verbindungen führten in der Italia spagnola selbstredend auch zu intensivem Sprachkontakt zwischen spanischen und italienischen Varietäten. Die vorliegende Arbeit zeigt am Beispiel der Verwaltungskommunikation im Regno di Napoli mögliche Wege zur sprachwissenschaftlichen Rekonstruktion der durch diesen Sprachkontakt bedingten Mehrsprachigkeitsphänomene auf.

1.2 Die Italia spagnola aus romanistischer Sicht: Sprachen und Varietäten in Kontakt Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den aus den Szenarien des intensiven Sprachkontakts resultierenden literarischen und sprachlichen Entwicklungen, die für die Italia spagnola angenommen werden können, setzte bereits Ende des 19. Jahrhunderts mit Benedetto Croces La lingua spagnola in Italia (1895) ein, welchem, wie auch dem darauffolgenden La 6 7 8 9

Eleonora de Toledo (1522 – 1562), Tochter des Vizekönigs von Neapel Pedro de Toledo. Vgl. http://www.treccani.it/enciclopedia/eleonora-de-toledo-duchessa-difirenze_%28Dizionario-Biografico%29/, [14. 03. 2013]. Vgl. Dandelet / Marino 2007, 1 f. Oesterreicher 2004a, 231. So verfasste Juan de Valdés seinen Diálogo de la lengua in Neapel; enge Bezüge zum Cortigiano Castigliones sind offensichtlich (vgl. Oesterreicher 2004a, 227; Maurer 2001). Insbesondere Rom wurde zum Ziel zahlreicher Literaten und Künstler: „Powerful Spanish ambassadors like the count of Olivares maneuvered for political influence in Rome, while other, less powerful figures like Miguel de Cervantes made their way to Rome in search of a patron and perhaps inspiration. So, too, did some of Spain’s most important Golden Age painters, including José Ribera and Diego Velázquez, who left behind as a reminder of his stay one of seventeenth-century Rome’s greatest portraits, that of Pope Innocent X“ (Dandelet 2001, 10).

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1. Die Italia spagnola

Abb. 1: Die spanischen Gebiete in Italien nach dem Frieden von Cateau-Cambrésis 1559

Spagna nella vita italiana durante la rinascenza (1917), immer noch der Status eines Grundlagenwerks zukommt. Während die Arbeiten Croces sich insbesondere auf das kontinentale Süditalien und somit das Regno di Napoli konzentrieren,10 umfasst Gian Luigi Beccarias informationsreiche Monographie Spagnolo e spagnoli in Italia (1968) auch Quellenbelege aus anderen Gebieten und Hinweise auf die sprachliche Situation in diesen. Beide Autoren setzen sich in ihren Arbeiten intensiv mit dem lexikalischen 10 Vgl. auch die historiographischen Arbeiten des Autors wie z. B. Croce 21967.

1.2 Die Italia spagnola aus romanistischer Sicht: Sprachen und Varietäten in Kontakt

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Einfluss des Spanischen auf italienische Varietäten auseinander,11 schneiden aber auch schon verschiedene soziolinguistische Aspekte an. So wird z. B. bereits die spezifische Verteilung von Sprachen auf verschiedene Diskursdomänen und Verwendungskontexte angesprochen. Umfangreichere Arbeiten zum Thema fehlen seit Beccaria (1968) allerdings weitgehend.12 Einige der von Croce und Beccaria angesprochenen Aspekte wurden in den letzten Jahren des 20. und im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts in Form von Editionen13 und wissenschaftlichen Beiträgen14 aufgegriffen und auch in grundlegenden Nachschlage- und Sammelwerken zur romanischen, insbesondere zur italienischen Sprachwissenschaft, fehlt der Hinweis auf den intensiven Sprachkontakt zwischen spanischen und italienischen Varietäten in den (teils zunächst der aragonesischen und später) der spanischen Krone zugehörigen Gebieten nicht.15 Auch einschlägige Werke der italienischen Sprachgeschichtsschreibung, insbesondere diejenigen, die eine regionale Ausrichtung aufweisen, thematisieren Aspekte des spanisch-italienischen Sprachkontakts explizit und behandeln diese in unterschiedlichem Umfang.16 Gleichwohl ist der linguistische Forschungsstand zur sprachlichen Situation in den italienischen Gebieten der spanischen Monarchie im 16. 11 Der Einfluss des Italienischen auf das Spanische bleibt hingegen weitgehend ausgeklammert. 12 Die vorliegende Arbeit geht aus einem DFG-geförderten Forschungsprojekt hervor, das von 2008 – 2011 an der LMU München zur Mehrsprachigkeit im Regno di Napoli gearbeitet hat. Im Rahmen und im Umkreis dieses Forschungsprojekts sind weitere Arbeiten entstanden beziehungsweise im Entstehen begriffen, die einen Beitrag zur Schließung der Forschungslücke leisten. Vgl. Ambrosch-Baroua 2009; 2013; Gruber 2010; 2011; 2013a; 2013b; Hafner / Oesterreicher 2011; Hiltensperger 2013; Kropp 2011; Soares da Silva 2010; 2013; Schwägerl-Melchior 2010; 2011; 2013 sowie Schwägerl-Melchior (im Druck). 13 Beispielhaft sei hier nur auf die Editionen von Texten aus dem 15. Jahrhundert durch Compagna 1990 und Formentin 1998 hingewiesen, wobei Letzterer, wie auch andere Autoren, dem Gegenstand entsprechend, nicht ausschließlich den Sprachkontakt Neapolitanisch-Katalanisch fokussiert, sondern ausgehend vom durch ihn edierten Manuskript des Neapolitaners Loise de Rosa verschiedene, in diesem feststellbare italo- und iberoromanische Einflüsse aufzeigt. 14 Vgl. zu Mailand Mazzocchi 1999, zu Neapel Oesterreicher 2004a; Hafner 2009 sowie Hafner / Oesterreicher 2011, zu Sizilien Vàrvaro 1984; Alfieri 1989; Lo Piparo 1988; Sardo 2006; 2013 sowie zu Sardinien Cadeddu 2008; 2013. Hinweise zu den verschiedenen Gebieten finden sich auch bei Marazzini 1998; 2003. 15 Vgl. Lorenzetti 1998; Formisano 2006. 16 Vgl. D’Agostino, A. 1994; Serianni 22002, 610 ff. sowie die verschiedenen Beiträge in Bruni / Alfieri 1992/1994.

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und 17. Jahrhundert in vielerlei Hinsicht noch ergänzungsbedürftig. Diese Feststellung bezieht sich nicht ausschließlich auf den Kontakt zwischen iberoromanischen und italoromanischen Volkssprachen, sondern auch auf den Umstand, dass das Toskanisch-Italienische im 16. Jahrhundert erst im Begriff war, sich als historische Sprache17 zu konstituieren, indem das Florentinische des 14. Jahrhunderts in der Folge von Pietro Bembos Prose della volgar lingua (1525) sich in der Questione della lingua gegen andere Optionen als Literatursprache durchsetzte. In der Folge überdachte das aus dieser (mehr oder weniger kontingenten) Wahl hervorgegangene Toskanisch-Italienische zunehmend die primären Dialekte der Apenninenhalbinsel, wurde zur Referenzvarietät und durch die in Form von Grammatiken und Wörterbüchern erfolgende Kodifizierung zum zumindest für die literarische Schriftlichkeit präskriptiven Charakter entfaltenden Standard.18 Welchen Einfluss hatte das Modell Bembos aber in anderen Diskurstraditionen, die zwar ebenfalls in Situationen der kommunikativen Distanz19 anzusiedeln sind, aber auf andere diskurstraditionelle Modelle zurückblicken und teils auch eine andere Trägerschicht aufweisen?20 Inwieweit wurden auch vom Toskanisch-Italienischen abweichende Elemente in nicht-literarischen Diskursdomänen weiter tradiert und inwieweit konnten sich lokale Schreibtraditionen und deren Charakteristika über die Prose Bembos hinaus der Überdachung durch das Toskanische entziehen? Welchen textuellen Niederschlag findet das graduell abgestufte Spektrum zwischen nunmehr dialektalisierten süditalienischen Idiomen und dem Modell des Toskanisch-Italienischen? Neben diesen genuin italianistischen Aspekten ist die sprachliche Gemengelage in Süditalien im 16. und 17. Jahrhundert durch das Hinzutreten des Spanischen in seinen Varietäten in verschiedenen Kontexten 17 Vgl. zum Begriff der historischen Sprache Coseriu 1988. 18 Die Forschungslücke ist hinsichtlich der aragonesischen Zeit für Neapel durch rezente Beiträge von De Blasi 2000; Compagna 1991; 2000; Venetz 2009; Coluccia 1994 u. a. zumindest zum Teil geschlossen worden, während zum Cinque- und Seicento Untersuchungen weitgehend fehlen. Richtungsweisend zu Neapel zwischen 16. und 19. Jahrhundert De Blasi 2002. 19 Vgl. zum Konzept der kommunikativen Nähe und kommunikativen Distanz Koch / Oesterreicher 22011, 6 – 14. 20 Die Tatsache, dass gerade Sekretäre und hohe Amtsträger oft auch literarisch gebildet waren und selbst Literatur schufen, ist eine Konstante in der Frühen Neuzeit. Eine Teilüberschneidung der Gruppe der ‘Bürokraten’ und der Gruppe der ‘Literaten’ ist in vielen Fällen belegt, diese ist aber nicht gleichbedeutend mit sprachlicher Homogenität.

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und dessen Verwendung in einzelnen Diskursdomänen gekennzeichnet. Der vizekönigliche Hof ist Ausstrahlungszentrum spanischer Sitten und Manieren – es werden beispielsweise Beschreibungen der Hofetikette verfasst –21 und im Adel gilt es als empfehlenswert, der kastilischen Sprache mächtig zu sein, wie Valdés im Diálogo de la lengua anführt: ya en Italia assí entre damas como entre caballeros se tiene por gentileza y galanía saber hablar castellano.22

Durch das Zusammentreffen dieser beiden Umstände – die spanische Herrschaft über große Teile des heutigen Italiens zwischen Beginn des 16. und Beginn des 18. Jahrhunderts und die (literarische) Entscheidung der Questione della lingua und die aus der zunehmenden Verbreitung des literarisch-toskanischen Modells resultierende Konstituierung des Varietätenraums des Italienischen – ergeben sich in Mailand, auf Sardinien und Sizilien und im Königreich Neapel hochkomplexe mehrsprachige Kommunikationsräume, wie Oesterreicher in Bezug auf das Regno di Napoli exemplarisch darlegt: Una lengua española casi completamente elaborada y estandarizada coexiste en las diferentes dimensiones del espacio comunicativo en este reino con lenguas e idiomas autóctonos más o menos elaborados; pero que aún no están incorporados en el espacio variacional de un toscano-italiano.23

Der zitierte Passus weist mit der Verwendung des Verbs „coexistir“ auf einen wichtigen Umstand hin, der – mag er auch banal erscheinen – für die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Italia spagnola elementar ist: Bisher konnte in der Forschung kein Versuch der in irgendeiner Form sanktionierenden Einführung des Spanischen als ein den italienischen Varietäten vorzuziehendes Idiom ausgemacht werden, was für die sich gerade durch Mehrsprachigkeit auszeichnende europäische Frühe Neuzeit auch ungewöhnlich erscheinen müsste (vgl. 2.1). Die Modalitäten der Koexistenz verschiedener Idiome in einem raum-zeitlich umrissenen Kommunikationsraum können also nicht durch ein klassisches DiglossieModell mit Spanisch als H-variety und italienischen Varietäten als L-varieties beschrieben werden, wie man vermuten könnte, wenn man Nebrijas berühmten Passus in der Einleitung zur Gramática de la lengua castellana

21 Vgl. z. B. Raneo [1634] 1912. 22 Valdés [1535] 1969, 41. 23 Oesterreicher 2004a, 241, [Kursivierung im Original].

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(1492)24 als sprachpolitische Ambition interpretieren möchte. Die aus dem lengua-imperio-Topos oftmals abgeleitete Annahme einer (vermeintlichen) Gültigkeit der Gleichung Staat-Nation-Sprache versperrt und verzerrt den Blick auf die tatsächlichen Verhältnisse in der Frühen Neuzeit. Diese Verzerrung wurde im Falle Spaniens durch das bekannte Nebrija-Zitat, das oftmals stärker als sprachpolitisches Programm – dessen Umsetzung, auch wenn es als solche gedacht gewesen wäre, überprüft werden müsste –, denn als Legitimationsrhetorik für die Erstellung der ersten Grammatik einer europäischen Volkssprache interpretiert wurde, noch verstärkt. Die Annahme einer – eben gerade nicht nachweisbaren – mehr oder weniger expliziten, die Implementierung des Spanischen vorsehenden Sprachpolitik, und einer nicht durch pragmatische Erfordernisse begründeten Förderung und Bevorzugung des Kastilischen in der Italia spagnola käme einer sprachgeschichtlichen leyenda negra gleich, die ahistorisch politische Machtverhältnisse mit sprachimperialistischen Bestrebungen gleichsetzen würde. Im Gleichschritt mit der politischen Integration der italienischen Gebiete in die spanische Monarchie, welche ebenfalls unter weitgehender Beibehaltung und Respektierung lokaler Strukturen erfolgte, zeichnete sich auch der Umgang mit sprachlicher Differenz durch große Toleranz aus, wie Mazzocchi unterstreicht: È noto che, quando sorge uno screzio tra un organismo spagnolo ed uno locale italiano, il governatore, quasi di regola, da Milano dà ragione all’organo locale, o il re, da Madrid, protegge le prerogative del senato, se l’attrito è tra quest’ultimo e il governatore; è pure noto che gli spagnoli rispettano le istituzioni amministrative degli autoctoni, e che non mirano a sostituire il sistema di potere che trovano con un altro, né tantomeno a controllare direttamente con uomini propri ogni branca dell’amministrazione. Il risultato di questa politica è una lunga pace sociale: nessun moto, nessuna congiura importanti (nonostante i problemi posti dal confine occidentale) vengono a turbare il lungo dominio spagnolo. E se la tecnica di governo è questa, può sorprenderci che manchi una politica culturale di ispanizzazione linguistica? Si sarebbe trattato del resto di un obiettivo che in Europa (per l’America, data la complessità an24 „Cuando bien comigo pienso, mui esclarecida Reina, i pongo delante los ojos el antigüedad de todas las cosas que para nuestra recordación y memoria quedaron escriptas, una cosa hállo y sáco por conclusión mui cierta: que siempre la lengua fue compañera del imperio; y de tal manera lo siguió, que junta mente començaron y florecieron, y después junta fue la caída de entrambos“ (Nebrija 1990 [1492], 109). Bezeichnenderweise wird das Zitat meist nicht vollständig angeführt, so dass das durch Nebrija verknüpfte Schicksal von lengua und imperio als sprachimperialistische Zielsetzung gedeutet werden kann, während die Erwähnung von Sprachverfall und Sprachtod in der Folge des Zerfalls politischer Einheiten ausgeblendet bleibt.

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tropologica del caso, il discorso sarebbe diverso) non poteva essere tra quelli che gli Asburgo perseguivano. Né del resto questi ultimi erano interessati alla diffusione dello spagnolo. 25

Es muss folglich von einer Koexistenz verschiedener Idiome in einem Kommunikationsraum ausgegangen werden, deren differenzierte Verwendung von verschiedenen Faktoren und Bedingungen abhängen kann. Eine Rekonstruktion der kommunikativen Routinen in einem solchen, durch Sprachenpluralität gekennzeichneten Kommunikationsraum muss versuchen, den Blick durch die ‘sprachimperialistische Brille’ zu vermeiden und eine möglichst nicht durch moderne Denkschemata verfälschte Lesart der Manifestationen von Sprachenpluralität qua Formen der Mehrsprachigkeit in der Frühen Neuzeit zu erarbeiten. Der zweite wichtige Aspekt, den Oesterreicher im angeführten Zitat mit dem Hinweis auf die einsetzende, aber noch nicht abgeschlossene Überdachung nunmehr zunehmend den Status von primären Dialekten des Italienischen einnehmender, italoromanischer volgari durch das Toskanische benennt,26 wirft die Frage danach auf, in welcher Zeitspanne und auf welche Art und Weise sich die Toskanisierung in verschiedenen Diskursdomänen in den einzelnen Gebieten Italiens vollzogen hat. Wie oben bereits erwähnt, wurde das Florentinisch-Toskanische der großen Autoren des Trecento durch den Venezianer Pietro Bembo in seinen 1525 in Venedig gedruckten Prose della Volgar Lingua zum Modell für eine literarische Distanzsprache erhoben und begann, nach der Durchsetzung dieses toskanozentrischen archaischen Sprachmodells gegen die anderen in der Questione della lingua eingebrachten Optionen,27 die anderen volgari der Apenninenhalbinsel zu überdachen. So lassen sich insbesondere in der literarischen Schriftlichkeit im Laufe des 16. Jahrhunderts eindeutige Toskanisierungsprozesse beobachten, während andere sprachliche Modelle an Bedeutung verloren. Durch die Konzentration der Sprachgeschichtsschreibung auf die literarische Schriftlichkeit ist der sprachhistorische Blick auf die betreffenden Jahrhunderte allerdings oftmals durch teleologische Sichtweisen verschoben, die aus der Ex-Post-Perspektive der Nachgeborenen nur die Entwicklung hin zur vollständigen Überdachung der primären Dialekte durch das Toskanische im Blick haben und parallele 25 Mazzocchi 1999, 126 f., [Kursivierung V.S.]. Zum Fehlen eines sprachimperialistischen Impetus Spaniens auf Sizilien vgl. Lo Piparo 1988, 119 f. 26 Oesterreicher 2004a, 241. Zum Aspekt der „dialettalizzazione“ vgl. Krefeld 2013, 5 f. 27 Vgl. Vitale 1984.

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Ausbautendenzen und zeitgenössische Alternativen zum Toskanischen weitgehend ausblenden. Der zügigen Toskanisierung der literarischen Schriftlichkeit widerstrebende Tendenzen anderer Diskurstraditionen, welche eine langsamere, beziehungsweise schlichtweg anders verlaufende Hinwendung zum Toskanischen erlebten als die literarische Schriftlichkeit, wurde in der Sprachgeschichtsschreibung bisher nicht der ihnen gebührende Platz eingeräumt.28 So wird in der italienischen Sprachgeschichtsschreibung häufig nur unzureichend berücksichtigt, welche ‘Konkurrenten’ im Falle des Italienischen beispielsweise vor oder während des Überdachungsprozesses der primären Dialekte Italiens durch das Toskanische relevant waren, divergierende Tendenzen werden im Verhältnis zu den ‘auf das Ziel gerichteten’ konvergierenden Elementen nur beiläufig oder überhaupt nicht erwähnt.29 Der Fokus liegt in der Sprachgeschichtsschreibung meist auf der Literatursprache, andere Diskursdomänen werden, auch aus Gründen der Verfügbarkeit von Quellen, nur am

28 „In der italienischen Sprachgeschichtsschreibung ist die sogenannte questione della lingua allpräsent. Form und Verbreitung des Toskanischen stehen im Zentrum des sprachgeschichtlichen Interesses, weshalb sich nur wenige Sprachgeschichten der Mühe unterzogen haben, die parallel verlaufenden Ausbauanstrengungen von zumindest sechs, auch sprachlich wichtigen kulturellen Zentren mit ihren historischen Kommunikationsräumen systematisch zu berücksichtigen, also vor allem diejenigen von Genua, Mailand, Venedig, Rom, Neapel und Palermo. Dieses ‘Desinteresse’ erklärt sich nicht zuletzt durch die fast exklusive Fokussierung der Forschung auf die Literatursprache. Man kann direkt sagen – und der Reduktionismus dieser Orientierung ist nach unseren Ausführungen evident –, dass die ‘italienische’ questione della lingua im Grunde eine ‘toskanische’ questione della lingua letteraria ist. Die damit für einen weit vor der Überdachung durch das Toskanisch(-Italienische) liegenden Zeitraum vollzogene Interpretation ist wiederum Resultat einer nationalstaatlich-ideologisch motivierten invertierten Teleologie, die durch ein inhärentes Raumkonzept gestützt wird, das zur Ausblendung und zum Ausschluss konkurrierender Ausbausprachen eingesetzt wird. Man muss von einem Raumkonzept sprechen, durch das für den in Frage stehenden Zeitraum, in Verbindung mit einer in sich richtigen und auch leicht nachvollziehbaren literarisch-kulturellen Wertung – das Stichwort lautet ‘Tre Corone und die Folgen’ – kontrafaktisch, also gegen die historische Realität, eine in dieser Form inexistente italienische Sprachgemeinschaft imaginiert wird“ (Oesterreicher 2007, 75 f., [Kursivierung im Original]). Zur teleologischen Verzerrung des Blickwinkels vgl. auch Hafner 2009, 107 f. 29 Die Arbeit von Sandra Ellena zur Rolle der norditalienischen Varietäten in der „Questione della lingua“ (Ellena 2011) hat zur Überwindung dieses Forschungsparadigmas Vorbildcharakter.

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Rande behandelt.30 Gerade das Nebeneinander konkurrierender Varietäten war allerdings über lange Zeit für verschiedene Kommunikationsräume in der Romania konstitutiv – man denke nur an die mittelalterlichen Skriptae.31 Es handelt sich bei Ausbau und Überdachung32 um oftmals langwierige Prozesse: La tendenza delle lingue nazionali al monolinguismo non era neppure una necessità storica. Una lingua storica che si sta formando tramite processi di standardizzazione non soppianta automaticamente per quanto riguarda l’elaborazione eventuali varietà standard preesistenti; secondo il tipo di Stato e l’epoca, diverse varietà standard possono coesistere per secoli (si veda la situazione linguistica della Serenissima o anche la concorrenza secolare tra latino e lingue romanze).33

Die angesprochene Verengung der Perspektive – im Fall des Italienischen die Konzentration auf die Entwicklung des Toskanischen und die Überdachung anderer Idiome der Apenninenhalbinsel durch dasselbe – führte dazu, dass aus der Ex-Post-Perspektive nur in einzelnen Arbeiten regionale Entwicklungen in den Blick genommen wurden.34 Um die aufgezeigten 30 Lüdtke merkt dies beispielsweise auch (in Bezug auf Lapesa 1988) für die spanische Sprachgeschichtsschreibung an: „Dargestellt wird die Herausbildung und die weitere Entwicklung der spanischen Literatursprache in Spanien bis zum 17. Jahrhundert und ganz knapp die Kodifizierung im 18. Jahrhundert“ (Lüdtke 1999, 31); zur Konzentration der Sprachgeschichtsschreibung auf die Literatursprache vgl. auch Koch 2003, 102. 31 Ein interessantes Beispiel für ein solches, über einen bestimmten Zeitraum fortdauerndes und in Texten seinen Niederschlag findendes Neben- und Miteinander verschiedener Modelle, stellt die administrative Schriftlichkeit Siziliens dar. Vgl. Soares da Silva 2013 sowie Sardo 2013. 32 Vgl. zu den Begriffen Ausbau und Überdachung Kloss 21978. 33 Krefeld 2007, 3 f. 34 So auch Wilhelm 2003, 223: „Die sprachhistorische Rekonstruktion kleinerer regionaler Sprachräume ist in der Tat bislang erst in Ansätzen unternommen worden.“ Bezeichnenderweise spricht Wilhelm an dieser Stelle von „Sprachräumen“, an anderer Stelle aber ohne konzeptuell-referentielle Unterscheidung von „meist kleinräumig definierten Kommunikationsräumen“ (Wilhelm 2003, 225). Als Verfechter einer regional und nicht teleologisch orientierten Sprachgeschichtsschreibung legt Wilhelm in seinen Arbeiten 2003 und 2007 aber ein Raumkonzept zugrunde, das dem Erkenntnisinteresse der vorliegenden Arbeit als Vorbild dienen kann. Zur Notwendigkeit einer Neuorientierung der Sprachgeschichtsschreibung vgl. auch Krefeld 2007, 8: „Analogamente quasi tutti i progetti geolinguistici prestigiosi si dedicano a territori nazionali con l’intenzione a volte implicita di documentare il patrimonio linguistico della nazione – al contrario sfuggono alla descrizione numerosi spazi importanti per secoli (monolingui o plurilingui) perché non corrispondono a nazioni attuali […]. Manca infatti una

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Lücken in der Sprachgeschichtsschreibung schließen zu können und gerade auch mehrsprachige Kommunikationsräume beschreiben zu können, muss eine solch teleologische Perspektivierung strikt vermieden werden: Hay que revindicar la autonomía y la territorialidad de los procesos de elaboración lingüística dentro de un mismo espacio comunicativo, Italia. En la selección, presentación y evaluación de los hechos lingüísticos tenemos que evitar la unidireccionalidad evolutiva, producto de una retro-proyección expost. Esta proyección, que quiero llamar teleología invertida, se nutre, pues, del resultado de un proceso histórico contingente, concebido desde el punto de llegada. 35

In nicht-literarischen Diskursdomänen lassen sich für Zeiten, in denen sich das Toskanische in Poesie und Prosa bereits weitgehend durchgesetzt hatte,36 auch Tendenzen feststellen, die nicht zwingend als zielgerichtete Konvergenzphänomene auf dem Weg zum Toskanisch-Italienischen zu deuten sind, sondern entweder die Tradierung anderer italienischer Varietäten37 oder aber die Herausbildung und Verstärkung regionaler Ausgleichstendenzen vorsahen und dabei nicht zwingend das ToskanischItalienische als (einziges) Referenzmodell aufwiesen.38 Diese Phänomene potenzieren die durch das Hinzutreten spanischer Varietäten ohnehin gegebene sprachliche Pluralität der habsburgischen Territorien in Italien.

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concezione di storia linguistica fondata sullo spazio comunicativo […].“ Als richtungsweisend für die ‘Regionalisierung der Sprachgeschichtsschreibung’ sind die in Serianni / Trifone 1993/1994 und Bruni / Alfieri 1992/1994 versammelten Beiträge, Bianchi / De Blasi / Librandi 1993; Blasco Ferrer 1984 respektive zu Neapel und Sardinien und die Bände der bei Carocci erscheinenden von Pietro Trifone geleiteten Reihe „La lingua delle città italiane“, zuletzt De Blasi 2012 und Morgana 2012 zu nennen, wobei beim letztgenannten Titel erstaunt, dass die Rolle des Spanischen in der Lombardei im Kapitel zu Cinque- und Seicento nicht zur Sprache kommt. Oesterreicher 2004a, 241, [Kursivierung im Original]. Der Aufschwung der letteratura dialettale riflessa insbesondere im 17. Jahrhundert ist als symptomatisch für die nunmehr in der Literatur klare Unterscheidung zwischen Sprache und Dialekt zu werten. Vgl. Eufe 2006 zu Venedig. „El toscano de la época que aquí tratamos no fue de ningún modo un punto de referencia clave, si se tiene en cuenta el ámbito de la distancia comunicativa en su totalidad, y no sólo el dominio de la literatura. De lo contrario no lograremos eliminar la ‘ilusión óptica’ originada por la inversión teleológica de la historiografía de la ‘lengua italiana’“ (Oesterreicher 2004a, 243). Interessant ist in diesem Kontext auch die Anpassung des toskanischen Modells an regionale Gegebenheiten und dessen Integration durch vorhandene Modelle, die Soares da Silva am Beispiel Claudio Mario Arezzos illustriert (Soares da Silva 2013, 90 f.).

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Es muss für die Betrachtung der sich ergebenden sprachlichen Situation in den verschiedenen Kommunikationsräumen der Italia spagnola auch einzelsprachlich gefragt werden, welche Modelle neben dem Toskanischen – als Alternative oder in Ergänzung zu Letzterem – in nicht-literarischen Diskursdomänen Wirkung entfalten konnten. Dass die Relationierung der verschiedenen volgari zum Toskanischen im Bereich der kommunikativen Nähe und in der pragmatischen Schriftlichkeit durchaus anders gestaltet war als das Verhältnis zwischen Toskanisch und anderen volgari, welches für die literarische Distanzsprache in den gängigen Werken der Sprachgeschichtsschreibung festgestellt wird, wurde in der italienischen Sprachwissenschaft hinreichend erkannt.39 Dennoch sind die von Marazzini angeführten Fragen bisher noch für weite Teile Italiens unbeantwortet: Resta da chiedersi quale tipo di italiano fosse impiegato da parte di burocrati, cancellieri e notai, e quale italiano fosse utilizzato nei libri di genere extraletterario, in particolare in quelli di respiro culturale minore […]. E, scendendo verso il basso, ci si può chiedere ancora quale tipo di italiano fosse usato nelle scritture pratiche, nei diari, negli editti rivolti dall’autorità ad un pubblico largo.40

Verschiedene Diskursdomänen verhielten sich hinsichtlich des wirkmächtig werdenden Einflusses des Toskanischen durchaus unterschiedlich und die Ablösung eines Modells erfolgte oftmals nicht abrupt, sondern graduell.41 Auch müssen Veränderungen innerhalb von mit bestimmten 39 Vgl. z. B. Marazzini 1998; 2003. 40 Marazzini 1993, 42. 41 Dies gilt auch für die Literatur, wie Trovato anführt: „È possibile caratterizzare in modo essenziale un periodo anche linguisticamente complicato come il primo Cinquecento rispetto ai secoli precedenti? Chi sia costretto a rispondere, per qualsiasi motivo, a questa domanda, è tentato di indicare nella consapevole, diffusa adozione del fiorentino trecentesco come lingua unitaria della letteratura (solo in qualche caso, anche della comunicazione colta) il tratto di maggior novità. L’apparizione, in un’epoca nella quale il libro a stampa sta diventando un bene diffuso, di capolavori fiorentineggianti che si impongono a un vasto pubblico […] è verosimilmente tra le cause prime di quest’unificazione a largo raggio. Naturalmente, ciò non significa brusca rottura con il passato. Il processo, tutt’altro che lineare e immediato, era avvertibile, almeno per la lirica e la lingua delle cancellerie, già nella produzione di fine Quattrocento. E d’altra parte, né il latino né le diverse parlate locali perdono da un giorno all’altro la loro importanza […]“ (Trovato 1994, 11). Vgl. zur Konkurrenz anderer Modelle auch Maraschio 1993, 173: „Ma nonostante tutti questi sforzi, la grafia in Italia, soprattutto in alcuni tratti, ha stentato ad uniformarsi e le oscillazioni nelle stampe sono continuate notevoli almeno per tutto il Cinquecento. Troppo rilevante era il peso delle diversificate

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Diskursdomänen verbundenen Graphietraditionen nicht ausschließlich durch die Aufwertung und Übernahme eines externen Modells bedingt sein, sondern können auch durch die Ausbildung überregionaler Schreibtraditionen und die Eliminierung von einzelnen als stark diatopisch und unter Umständen in der Folge diastratisch markiert empfundenen Elementen erfolgen, ohne dass dies zwingend als unmittelbarer Toskanisierungseffekt beschrieben werden muss.42 Die unterschiedliche Präsenz des Spanischen und die Questione della lingua mit ihren Folgen machen die somit ‘gedoppelte’ Mehrsprachigkeit der verschiedenen Gebieten der Italia spagnola zu einem komplexen Themenkreis, bei dessen Bearbeitung es gilt, nicht nur die sprachimperialistische, sondern auch die teleologische Brille abzusetzen, um den Gegenstand adäquat und nicht durch Ideologien verbrämt beschreiben zu können. Die Vielsprachigkeit der Territorien wurde, wie oben angesprochen, in der romanistischen Forschung bereits aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet: Hierbei lag der Fokus eines Großteils der Arbeiten auf dem lexikalischen Einflusses des Katalanischen und Kastilischen auf italienische Varietäten zwischen 15. und 17. Jahrhundert.43 Auch literarischkünstlerische Zeugnisse und Darstellungen des Sprach- und Kulturkontakts auf italienischem Boden, insbesondere im Theater, wurden, ebenso wie die italienisch-spanische Grammatikographie und Lexikographie, tradizioni scrittorie regionali, anche letterariamente fondate, che erano in molti punti antifiorentine e piuttosto latino-centriche.“ 42 In Bezug auf Süditalien kann die Frage nach der Existenz einer Ausgleichsvarietät in nicht-literarischer, aber dennoch der Distanzkommunikation zuzuordnender Schriftlichkeit nicht durch die Suche nach und die Beschreibung einer spezifisch süditalienischen Koine beantwortet werden, wie es für Norditalien eher möglich erscheint. Vgl. Coluccia 1994, 373 f., zur Frage nach der Existenz einer süditalienischen Koine vgl. Vàrvaro 1990. Bedenkenswert ist die Überlegung von Coluccia, die auf die andersartige Beschaffenheit des Gegenstands hinweist, zu der die gängigen Beschreibungskategorien und Begriffe nicht passen: „Non è una questione terminologica: parlando di coinè si pone l’accento sull’esistenza di sistemi linguistici unificanti (sovramunicipali, sovraregionali, ecc.) intenzionalmente creati e relativamente stabili, per i quali sia possibile individuare una serie di tratti specifici a vari livelli della lingua e indicare i limiti diatopici di diffusione; scripta sembra invece alludere a ‘normali’ oscillazioni interne ad ogni sistema, in cui esiti di diversa provenienza convivono piú o meno pacificamente. In mancanza di un quadro univoco di riferimento (circostanza che deve indurre a cautela), si può almeno convenire sul fatto che nel Mezzogiorno la spinta uniformante si esercita piú per via negativa, cioè per sottrazione di tratti locali, che in positivo, mediante la creazione di un modello comunicativo apposito“ (Coluccia 1994, 374). 43 Vgl. z. B. Lorenzetti 1998; D’Agostino, A. 1994; Formisano 2006.

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verschiedentlich thematisiert.44 Ein weiterer Themenkreis, der bei Croce (1895) und Beccaria (1968) angesprochen, allerdings nicht exhaustiv behandelt wurde, ist die Frage nach Formen der individuellen und kollektiven Mehrsprachigkeit, welcher bislang seltener en détail nachgegangen wurde. Es fehlen nach wie vor Untersuchungen und Fallstudien, welche die bereits von Croce aufgezeigten vielfältigen und in enger Verknüpfung miteinander stehenden möglichen Fragestellungen unter Einbeziehung von Methoden später entwickelter Disziplinen, wie beispielsweise der Sozio- und der Migrationslinguistik, aufgreifen und somit einen neuen, diskurstraditionell und kommunikationsräumlich orientierten Zugang zur Italia spagnola und deren Mehrsprachigkeit aufzeigen können. Inwieweit findet das Spanische Gebrauch z. B. in der Verwaltungskommunikation in den verschiedenen Territorien, und in welcher Art und Weise greifen die Idiome im Verwaltungsalltag ineinander? Stellt es sich tatsächlich so dar, dass sich der administrativen Hierarchie entsprechend signifikante sprachliche ‘Auffächerungsprozesse’ feststellen lassen, wie Hafner aufwirft: Es darf angemerkt werden, dass von Seiten der spanischen Krone in den hier interessierenden Jahrhunderten eine offizielle Sprachpolitik gerade nicht existierte. Dies bedeutet, dass im Einzelnen der gesamte vizekönigliche Verwaltungsapparat, die Umsetzung der Direktiven, die Visitationen und weitere wichtige Verwaltungsakte selbstredend auf Spanisch funktionierten. Je weiter man in diese administrativen Hierarchie jedoch nach unten dringt, desto größer und vielfältiger wird die Mehrsprachigkeit: süditalienische Notare etwa, die in Diensten der spanischen Gerichtsbarkeit stehen, verhalten sich mehrsprachig: Eingaben, Petitionen, Gesuche der autochthonen Bevölkerung werden nicht etwa auf Toskanisch eingereicht, um dann ins Kastilische übersetzt zu werden, sondern durchlaufen – ausgehend vom Neapolitanischen, Kampanischen oder Sizilianischen – mehrere sprachliche Stadien; auf Spanisch verfasste Protokolle oder Zeugenaussagen zum Beispiel verfügen nicht allein über die klassischerweise noch in Latein gehaltenen Anfangs- und Schlussformeln, sondern geben bisweilen auch wörtliche Rede in süditalienischen Idiomen wieder, so dass wir auch einer massiven Sprachmischung in den Zeugnissen pragmatischer Schriftlichkeit selbst begegnen können.45

Welche Arten des Umgangs mit der skizzierten sprachlichen Pluralität – auf den Begriff der Mehrsprachigkeit wird an dieser Stelle noch bewusst verzichtet – lassen sich erkennen? Die vorliegende Arbeit möchte anhand von Beispielen aus der Verwaltungskommunikation des Regno di Napoli Erkenntnisse und Methoden der synchron orientierten Disziplinen der Sozio- und Migrationslinguistik 44 Vgl. z. B. Gruber 2010; Maurer 2001. 45 Hafner 2009, 113 f., [Kursivierung im Original].

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für die Diachronie fruchtbar machen und somit Wege zur sprachgeschichtlichen Rekonstruktion von Kommunikationsräumen aufzeigen, die einen möglichst weder durch die teleologische noch durch die sprachimperialistische Brille verzerrten Blick auf die sprachlichen Verhältnisse in der Italia Spagnola ermöglichen.46 Der Schwerpunkt liegt hierbei auf der ternären Opposition Spanisch-Italienisch-Latein, wobei insbesondere in Kapitel 4.2 auch die hier in ihrer Problematik skizzierten, das Italienische betreffenden einzelsprachlich-varietätenlinguistischen Aspekte behandelt werden. In einem ersten Schritt wird in Kapitel 2 der theoretisch-begriffliche Rahmen für die Analyse erarbeitet. Kapitel 3 gibt einen Überblick über den Verwaltungsapparat des Regno di Napoli, um eine möglichst präzise Kontextualisierung der behandelten Quellen sicherzustellen. Kapitel 4 widmet sich der Analyse von diskursiven Manifestationen der Sprachenpluralität in Form von ‘Mehrsprachigkeit von Texten’ und ‘Mehrsprachigkeit der Kommunikation’, aus denen Hypothesen zur ‘Mehrsprachigkeit von Personen’ gebildet werden. Kapitel 5 fasst die Ergebnisse der Untersuchung zusammen. Kapitel 6 gibt Transkriptionen ausgewählter Quellen wieder.

46 Es lassen sich für diesen Kommunikationsraum sicherlich Parallelen, aber auch Divergenzen zu anderen frühneuzeitlichen Staaten auf dem Territorium der heute bestehenden Republik Italien aufzeigen: Die diglossische Dichotomie LateinVolkssprache prägte die Verwaltungskommunikation beispielsweise auf der gesamten Apenninenhalbinsel noch weit über das Cinquecento hinaus. Die jeweils spezifische Konfiguration der Kommunikationsräume in den verschiedenen Gebieten der spanischen Krone machen allerdings allgemeingültige Aussagen, beispielsweise zur Rolle des Spanischen zu allen Gebieten der Italia spagnola, schwierig, wie auch die Beiträge in Krefeld / Oesterreicher / Schwägerl-Melchior (2013) zeigen. Vergleichende Studien sind zweifellos ein noch ausstehendes Forschungsdesiderat.

2. Sprachenpluralität und -autorisierung im Regno di Napoli: Eine theoretische Modellierung 2.1 Sprachen in Europa in der Frühen Neuzeit: Pluralität und Autorisierung Divergierende Entwicklungen, die Verfügbarkeit verschiedener Optionen und das zwischen diesen bestehende und sich entwickelnde Verhältnis kennzeichnen die geschichts- und kulturwissenschaftlich als ‘Frühe Neuzeit’ oder ‘Vormoderne’ gefasste Zeitspanne. Die Begriffe ‘Pluralisierung und Autorität’ haben sich im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 573 ‘Pluralisierung und Autorität in der Frühen Neuzeit (15. – 17. Jahrhundert)’47 als fruchtbares Binom zu deren Beschreibung erwiesen. Es ermöglicht die Erfassung unterschiedlicher, teils in einem resultativen Abhängigkeitsverhältnis stehender Tendenzen. Aus allgegenwärtigen Pluralisierungsprozessen, die stets auch bisherige Autoritäten in Frage stellen und aufbrechen, fächert eine Vielzahl an Optionen auf, aus denen durch mehr oder weniger explizite Normierungsprozesse und Geltungsansprüche Autorität (neu) herauskristallisiert. Es können allerdings nicht nur offensichtliche Autorisierungsprozesse festgestellt werden, die durch die Sanktionierung eines Geltungsanspruches seitens mit entsprechender Macht und Durchsetzungsbefugnis ausgestatteter Instanzen erfolgen, wie es das heutige Verständnis des Autoritätsbegriffes nahelegt.48 Daneben lassen sich auch weniger evidente Prozesse der Konkurrenz und Kanonisierung verschiedener Optionen mit unterschiedlich großem Prestige in einzelnen Bereichen ausmachen und damit verbunden differenzierte Setzungen – und dadurch auch Pluralisierung – von Autorität selbst. Werden Autoritäten durch Pluralisierungstendenzen geschwächt und aufgebrochen, ist Pluralität von in Konkurrenz oder in Konflikt stehenden Elementen ein mögliches Ergebnis, welches wiederum durch Autorisierungsprozesse in neu gesetzte, in ihrem Wesen veränderte oder eine neue Qualität aufweisende Autorität(en) münden kann. Ebenso wenig wie 47 http://www.sfb-frueheneuzeit.uni-muenchen.de, [14. 03. 2013]. 48 Vgl. http://www.sfb-frueheneuzeit.uni-muenchen.de/einfuehrung.html, [09. 09. 2013].

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2. Sprachenpluralität und -autorisierung im Regno di Napoli

Autorisierung als Konstitutionsprozess von Autorität zwangsläufig immer (nur) eine singuläre Autorität erzeugen muss, ist „Pluralisierung […] also keineswegs auf lineare Verlaufsmodelle zu reduzieren, die etwa als Ergebnis von Pluralisierung stets Pluralität erwarten“.49 Die Konzepte von Pluralisierung und Autorität stehen in einem engen, nicht dichotomischen, sondern vielmehr komplementären Verhältnis zueinander. Je nach Gegenstand erscheint es lohnenswert, die Perspektivierung hinsichtlich der den Begriffen inhärenten Dynamik beziehungsweise Statik umzukehren und zu doppeln. So können Pluralität und Autorisierung als Konterpart zu Pluralisierung und Autorität als hermeneutische Schlüssel hinzugezogen werden.50 Die vorliegende Arbeit zeigt anhand von Beispielen aus der Verwaltungskommunikation im spanischen Regno di Napoli Möglichkeiten auf, wie die Begriffe der Autorität / Autorisierung und Pluralität / Pluralisierung verbunden mit dem Konzept des kommunikativen Raums51 ein neues Verständnis von sprachlicher Pluralität in der frühneuzeitlichen europäischen Romania ermöglichen. Dies geschieht mit dem Ziel, eine Ergänzungsmöglichkeit der nationalphilologischen Sprachgeschichtsschreibung um die Beschreibung mehrsprachiger und territorial nicht mit den heutigen Nationalstaaten übereinstimmender geographisch-kultureller Räume aufzuzeigen. Im Folgenden werden die Begriffe der Pluralität und Pluralisierung sowie der Autorität und Autorisierung in ihrer Anwendung auf sprachgeschichtliche Gegenstände näher bestimmt. 2.1.1 Pluralität und Pluralisierung Mit Pluralisierung ist „zunächst die Vermehrung und Vervielfältigung jener Repräsentationen von Wirklichkeit gemeint, die in einem Lebens- oder Kulturbereich bekannt, relevant und legitimationsfähig sind und dort verarbeitet und normativ bewertet werden müssen“52 gemeint. Der Pluralisierungsbegriff steht in engem Zusammenhang mit dem Begriff der Autorität, denn Letztere wird immer dort sichtbar und erzeugt, wo theo49 Zwierlein 2005, 41. 50 Diese spiegelbildliche Profilierung der Leitbegriffe wurde für das Teilprojekt C15 des SFB 573 vorgenommen, in dessen Rahmen die vorliegende Arbeit entstanden ist. Vgl. http://www.sfb-frueheneuzeit.uni-muenchen.de/projekte/c/c15.html, [14. 03. 2013]. 51 Vgl. Krefeld 2004, 19 – 25. 52 Müller 2010, VI.

2.1 Sprachen in Europa in der Frühen Neuzeit: Pluralität und Autorisierung

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retisch oder auch rein hypothetisch alternative Optionen bestehen: in Kontexten also, in denen Pluralität an Geltungsansprüchen gegeben ist oder Pluralisierungsprozesse diese auffächern lassen. Autorisierungsprozesse sehen stets die Selektion einer oder mehrerer Optionen aus einer zumindest Dualität, wenn nicht Pluralität der Optionen, vor. In der Frühen Neuzeit erscheinen die Prozesse, die durch die Beschreibungskategorien des SFB 573 gefasst werden, unweigerlich miteinander verknüpft: Wenn die Epoche zwischen Spätmittelalter und der ‘Sattelzeit’ des 18. Jahrhunderts als ein Feld gesteigerter Pluralisierungen und sich verändernder Pluralisierungsmuster erscheint, dann werden diese wiederum durch autoritative Institutionen und Prozesse der Autorisierung nicht nur begrenzt und kanalisiert, sondern auch stimuliert und weitergetrieben. Die Begriffe ‘Pluralisierung’ und ‘Autorität’ bezeichnen also nicht oppositive Größen, denen dichotome kulturelle Objektivationen zugeordnet werden könnten, sondern die Pole von Spannungskonstellationen, wie sie frühneuzeitliche Ordnungen der Macht, des Wissens, der Rede herausbilden.53

Pluralität und Pluralisierung finden sich in Bezug auf Sprachliches im frühneuzeitlichen Europa in der bereits angesprochenen Vielfalt an Sprachen und Varietäten wieder, die sich im Kommunikationsraum Neapel wie in einem Brennspiegel verdichtet. Abgesehen von der Präsenz des Spanischen, die in unterschiedlichem Ausmaß auch die kommunikativen Routinen auf Sizilien und Sardinien sowie im Herzogtum Mailand prägt, ist die sprachliche Situation im Regno di Napoli schon von Haus aus durch sprachliche Pluralität gekennzeichnet – der Kommunikationsraum ist ‘doppelt mehrsprachig’ (vgl. 1.2.). Die dynamischen und statischen Profilierungen von Pluralität / Pluralisierung und Autorität / Autorisierung ermöglichen es nun, Aspekte dieses sprachlichen Laboratoriums zu beleuchten, ohne die (nur) aus der heutigen Perspektive projizierte sprachgeschichtliche ‘Zielrichtung’ als gegenstandsbestimmend zu werten. Die Ex-Post-Perspektive verschafft zwar die Kenntnis über die zeitliche Begrenzung der spanischen Machtausübung in Süditalien und die fortschreitende Überdachung der italienischen Varietäten durch das Toskanisch-Italienische und deren dadurch bedingte Dialektalisierung, sprachliche Befunde sollten aber nicht auf diese späteren Verhältnisse gerichtet interpretiert werden, sondern in ihrer jeweiligen Synchronie beleuchtet werden.54 Die Wahrnehmung von durch 53 Müller 2010, V f. 54 So auch Zwierlein zum hermeneutischen Ansatz des SFB 573: „Im Sonderforschungsbereich […] werden keine Zentralgebiete, keine Stufenfolgen von Neu-

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2. Sprachenpluralität und -autorisierung im Regno di Napoli

Pluralität gekennzeichneter Verhältnisse kann durch teleologische Denkweisen verstellt werden.55 Die „Position der Nachgeborenen“56 birgt aber auch den Vorteil, dass der analytische Blick geschärft ist für die „Wahrnehmung der differenten Phänomene, die man epochal, systematisch oder funktional unterschiedlichen ‘Zeiten’ oder Valenzen zuordnen müsste“.57 Die enge Verbindung zwischen Autorität und Pluralisierung sowie Pluralität und Autorisierung erlaubt es, Konstellationen, die aus heutiger Sicht und mit dem Wissen um spätere Entwicklungen als konfliktuell (oder als Konfliktpotential bergend) eingeschätzt werden können, in ihrem Funktionieren zu betrachten. Wenn man es in der evolutionstheoretischen Terminologie formulieren will, so könnte man pointieren, dass die Perspektive von Pluralisierung & Autorität fragt, wie – jenseits der Diachronie der Folge von Selektionen – in der Synchronie viele verschiedene Mutationen / Variationen, die aus der ex-post-Perspektive noch Vorstufen des zu selegierenden Endzustands sind, sich verhalten, miteinander agieren und modi vivendi fanden. Das ist eine Frage, die im evolutionstheoretischen Rahmen wenig erörtert wird. Für die Menschen in ihrer jeweiligen Gegenwart kam es aber darauf an, sich einzurichten, zurechtzukommen mit den verschränkten und verwobenen Strukturen und diskursiven Ordnungen; sie mussten und wollten lieber kirchturmlose katholische Kirchen hinter den Fassaden ausgehöhlter Bürgerhäuser bauen (so in Amsterdam im 17. Jahrhundert), als auf die endgültige Trennung von Religion- und Politiksystem zu warten. Müssen wir also nicht viel genauer diese Mechanismen des Ausweichens, Aushaltens, Transformierens, des bewussten Wegschauens als spezifische Phänomene der frühen Neuzeit herausarbeiten? In diese Richtung weisen die Arbeiten des SFB immer mehr. Es wird gerade darum gehen, solche Phänomene des Aushaltens und Entschärfens der konflikthaften Beziehung von Pluralisierung und Autorität mikroskopisch genau in den Blick zu nehmen.58

Die Unmöglichkeit, moderne Konzepte von Sprachpolitik auf die Frühe Neuzeit zu übertragen (vgl. 2.1.2), macht es notwendig, andere, durch

55 56 57 58

tralisierung untersucht; überhaupt stehen nicht die epochemachenden GesamtAufhebungen, Lösungen, Neutralisierungen im Zentrum der Untersuchung, sondern in einem eher mikroskopischen Blick die Frage danach, wie in NichtUmbruch-Zeiten, in Zeiten langsamer Entwicklung, in Zeiten und Bereichen des Neben- und Gegeneinanders, also in der langen Zeit, die das Leben von Menschen in einer Epoche ausmacht, die nicht von Revolution geprägt ist, die Dinge trotzdem funktionieren“ (Zwierlein 2010, 8). Vgl. in Bezug auf die Sprachgeschichtsschreibung 1.2. Zwierlein 2010, 8. Zwierlein 2010, 8. Zwierlein 2010, 24 f., [Kursivierung im Original].

2.1 Sprachen in Europa in der Frühen Neuzeit: Pluralität und Autorisierung

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verschiedene Formen von Autorität und Autorisierung gesteuerte Strategien des Umgangs mit sprachlicher Pluralität in den Blick zu nehmen. Letztere werden dahingehend untersucht, welche Arten und Formen von Mehrsprachigkeit diese umfassten und erforderten. Der Ansatz von Pluralität und Autorisierung – in der somit im Vergleich zu den Leitbegriffen des Sonderforschungsbereichs 573 umgekehrt profilierten hermeneutischen Perspektive – ist umso vielversprechender, führt man sich die sprachlichen Verhältnisse in weiten Teilen des frühneuzeitlichen Europa vor Augen. Der durch die Herausbildung der (oftmals vermeintlichen) Einheit von Staat, Nation und Sprache postulierte ‘Normalfall’ der Einsprachigkeit von Gesellschaften und Individuen war im frühneuzeitlichen Europa in mehrfacher Hinsicht die Ausnahme. Um eine teleologische Perspektivierung auf die sprachhistorischen Fakten zu vermeiden, ist es unabdingbar, sich der Gefahr „of projecting back into the early modern period the close associations between language and nation that only became common at the end of the eighteenth century“59 bewusst zu sein und von Mehrsprachigkeit als Normalfall auszugehen. Denn: „[l]inguistic pluralism was commonplace in early modern Europe, as it had been in the Middle Ages, and this at official as well as unofficial levels“.60 Wenn Mehrsprachigkeit (und damit stets verschiedene Manifestationen sprachlicher Pluralität (vgl. 2.3.)) in der Zeit zwischen 1500 und 1700 (und darüber hinaus) als individueller und gesellschaftlicher Normalfall anzusehen sind, ist dies an und für sich auch kein frühneuzeitliches Novum, da mit einer Autorisierung der Volkssprachen neben dem und teils auf Kosten des Lateinischen in einigen Diskurstraditionen schon vor diesem Zeitpunkt von Sprachenpluralität gesprochen werden kann. Schon zu Beginn des 16. Jahrhunderts verfügten einzelne Idiome durch ihre differenzierte Verwendung über unterschiedlich ausgestaltete Autorität in verschiedenen Diskursdomänen, die für die sprachliche Gestaltung des „kommunikativen ‘Haushalts’“61 einer Gesellschaft enorme Bedeutung 59 Burke 2004, 63. 60 Burke 2004, 63. 61 Vgl. zum in der Diskussion um den Begriff der Diskurstradition (vgl. z. B. FrankJob 2003, 21) immer wieder aufgegriffenen Begriff des „kommunikativen ‘Haushalts’“ Luckmann 1988, 284 f.: „Den Begriff des kommunikativen ‘Haushalts’ führe ich ein, um die spezifisch kommunikative Dimension des gesellschaftlichen Lebens zu bezeichnen. […] Der kommunikative ‘Haushalt’ einer Gesellschaft besteht aus unterschiedlichen Arten kommunikativer Prozesse, wobei sich diese Unterschiedlichkeit nicht nur auf den Inhalt, sondern auch auf die Form bezieht. Vieles an diesem ‘Haushalt’ kann nur geschätzt werden. Er ist lose

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2. Sprachenpluralität und -autorisierung im Regno di Napoli

hat. So findet sich im Kommunikationsraum Neapel das erste im volgare abgefasste Dokument der „corrispondenza diplomatica familiare e statale“62 der Kanzlei bereits 1346, das Lateinische hatte aber weiterhin einen festen Platz beispielsweise in der Jurisprudenz.63 Sprachliche Pluralität und die durch die – bereits vor 1500 erfolgte – mehr oder weniger exklusive Autorisierung einzelner Idiome in bestimmten Bereichen bereits vorhandene, spezifisch ausgeprägte Autorität der am Kommunikationsraum beteiligten Idiome, ist somit bereits als Ausgangspunkt anzunehmen. Allerdings stellt die sprachliche Situation sich nach 1500 durch die Questione della lingua und das (teils neue) Hinzutreten iberoromanischer Idiome in den einzelnen Kommunikationsräumen der Italia spagnola anders dar als zuvor. Das Konzept der Diglossie, welches auf das Verhältnis zwischen Latein und Volkssprache durchaus berechtigt Anwendung findet, ist für den Fall Neapel im 16. und 17. Jahrhundert nicht geeignet. Auch in seinen verschiedenen Entwicklungen und Fassungen64 ist es zu starr und greift für die Beschreibung von dynamischen sprachlichen Pluralisierungs- und Autorisierungsprozessen in fieri zu kurz. strukturiert und enthält ‘spontane’ kommunikative Vorgänge. Aber der wichtigste Bestandteil dieses ‘Haushalts’ hat die wesentlich strengere Form eines Systems. Es besteht aus einem Feld kommunikativer Gattungen. […] Das heißt, daß kommunikative Gattungen nicht nur durch eine verhältnismäßig festere Organisation ihrer Bestandteile (die sie von den ‘spontanen’ Formen der Kommunikation unterscheidet) bestimmt sind, sondern auch durch systematische Beziehungen untereinander. In einem Feld von Gattungen haben Veränderungen einer Gattung Folgen für die anderen Gattungen“[Kursivierungen im Original]. 62 Senatore 1998, 191. 63 Damit setzte die Verwendung des volgare in der neapolitanischen Kanzlei im Vergleich zu anderen italienischen Staaten relativ früh ein: „Quella milanese fu tra le ultime cancellerie ad adottare il volgare per la corrispondenza diplomatica familiare e statale: la prima lettera viscontea in volgare che ci è pervenuta è infatti del 1426, data vicina a quella documentata anche per Mantova e Ferrara (1427), mentre a Firenze si cominciò addirittura nel 1311 – 1340 e a Napoli nel 1346 (ma la documentazione è frammentaria)“ (Senatore 1998, 191). Die Datierung der ersten volkssprachlichen Belege am neapolitanischen Hof schwankt. Coluccia 1994 nennt das Jahr 1356, in dem „sotto il regno di Giovanna I, un piccolo contingente di lettere, di cui quattro indirizzate dalla regina e dal marito Luigi d’Angiò al Gran Siniscalco Niccolò Acciaiuoli ‘per conoscenza’ degli originali spediti dai medesimi reali di Napoli al principe Roberto d’Angiò, e una quinta trasmessa da Giovanna allo stesso Acciaiuoli, documenta l’apparizione del volgare meridionale nella cancelleria della corte napoletana, atto con il quale si infrange il monopolio del latino“ (Coluccia 1994, 383). 64 Vgl. Kremnitz 2004. Anwendbar ist dagegen der Begriff der Polyglossie als „cas de contacts linguistiques multiples“ (Lüdi 1990, 320).

2.1 Sprachen in Europa in der Frühen Neuzeit: Pluralität und Autorisierung

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Für die kommunikationsräumliche Organisation verschiedener Idiome wird in der Soziolinguistik traditionell eine funktionelle und diskurstraditionelle Aufteilung angenommen. Lüdi dazu: Aus Gründen der Sprachökologie kann das ungeordnete Nebeneinander mehrerer Sprachen in einer Gesellschaft kein Dauerzustand sein; das System strebt einen stabileren Zustand an, durch funktionelle Abgrenzung oder durch Eliminierung einer Varietät. Die Beschreibung dieser Prozesse kann die funktionelle Komplementarität als eigenständige Lösung der Frage des Managements eines pluriellen Repertoires betonen.65

Lüdi legt den Fokus hier auf das Resultat von Autorisierungsprozessen, bei deren Betrachtung die auf den beziehungsweise die Autorisierungprozess(e) Einfluss nehmenden Faktoren nicht mehr oder nur unzureichend erkennbar sind. Zu bedenken bleibt, dass der „kommunikative Ausgleich“ in mehrsprachigen Kommunikationsräumen nicht nur durch funktionelle Abgrenzung und Spezialisierung erfolgen kann – das klassische Beispiel hierfür wäre eben die diglossische Distribution zweier oder mehrerer Idiome als H- und L-varieties – sondern sich auch andere, die bestehenden Kommunikationshindernisse überwindende und konfliktentschärfende Ausgleichsprozesse vollziehen können, z. B. Koineisierung und (kollektiver) Erwerb zumindest passiver Sprachkenntnisse, wie Krefeld anführt: L’equilibramento comunicativo è in ogni caso altamente specifico del luogo in cui si svolge – non meno specifico dell’esistenza di una varietà locale autoctona (un dialetto p.es.); si presentano numerose soluzioni, fra le quali: generalizzazione di una varietà della lingua autoctona […], sia preesistente, sia di formazione recente (p.es. sotto forma pidginizzata); generalizzazione di una varietà di un’altra lingua (non autoctona) rappresentata da qualche locutore […], sia preesistente, sia di formazione recente; formazione di una koiné (nel caso in cui le lingue o varietà primarie interessate siano sufficientemente apparentate); acquisizione di competenza multipla almeno passiva che permetta ad ognuno di mantenere la propria lingua attivamente e di capire nello stesso tempo gli altri.66

Im Fall des Regno di Napoli sind, wie in 1.2 beschrieben, nicht ‘nur’ zwei Mitspieler zu betrachten, und somit stellt sich auch der kommunikative Ausgleich nicht als durch nur binäre Oppositionen gekennzeichnet dar. Neben dem Verhältnis zwischen Latein und Volkssprache sind das Toskanisch-Italienische, dessen Einfluss auf die lokalen und regionalen volgari in den spezifischen Anwendungsbereichen untersucht werden muss, und 65 Lüdi 1996, 237. 66 Krefeld 2002, 19 f.

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2. Sprachenpluralität und -autorisierung im Regno di Napoli

insbesondere die Rolle des Spanischen mit einzubeziehen. Dementsprechend komplex stellt sich der Kommunikationsraum dar. Es muss von sprachlicher Pluralität ausgegangen werden, deren konkreter Niederschlag in Textzeugnissen abhängig ist von Autorisierungsprozessen unterschiedlicher Natur. 2.1.2 Autorität und Autorisierung: Macht, Prestige, (Diskurs-)Tradition Zunächst muss an dieser Stelle eine Ambiguität geklärt werden, die der deutschen Sprache zu eigen ist, und die eine begriffliche Differenzierung erforderlich macht. Ist von „Sprachgeschichte“ beziehungsweise „sprachgeschichtlich“ die Rede, kann damit zweierlei gemeint sein: in der ersten möglichen Lesart die Geschichte und Herausbildung einer historischen Sprache, welche gleichzusetzen ist mit auf den intensiven folgenden extensivem Ausbau,67 d. h. einer erfolgreichen Autorisierung eines Idioms in weiten Bereichen der Distanzsprachlichkeit.68 Folglich setzt sich Sprachgeschichte in dieser Fassung mit Elementen interner und externer Sprachgeschichte auseinander, die eng miteinander verflochten sind. So sind der intensive Ausbau und die Kodifizierung eines Idioms eng mit der durch Sprecher und / oder Institutionen getragenen Ambition einer Überdachung anderer Idiome verknüpft. Allerdings ist die Zuschreibung beziehungsweise ‘Unterstellung’ einer solchen Ambition als (exklusiver) Autorisierungsversuch teils durch eine teleologische Perspektivierung der Sprachgeschichtsschreibung bedingt, wie Christiane Maaß (2002) eindrücklich am Beispiel der Cerchia um Lorenzo de’ Medici gezeigt hat. Dies weist auf die zweite Lesart von „Sprachgeschichte“ und „sprachgeschichtlich“ hin: Die Fokussierung auf die sprachliche Geschichte eines Territoriums oder einer Gesellschaft. Diese erlaubt es, die in der Frühen Neuzeit so alltägliche Mehrsprachigkeit in den Blick zu nehmen, die nicht als Sprachgeschichte einer Einzelsprache, sondern im Gegensatz dazu pluralisch als Sprachengeschichte eines Territoriums oder einer Gesellschaft gefasst werden kann. In den romanischen Sprachen ist bereits in Form verschiedener Begriffe die Unterscheidung der Perspektiven angelegt: storia della lingua / storia linguistica, histoire de la langue / histoire linguistique; 67 Zum Ausbaubegriff vgl. Kloss 21978. 68 Zu den Begriffen der kommunikativen Nähe und Distanz vgl. Koch / Oesterreicher 2 2011, 4 – 14.

2.1 Sprachen in Europa in der Frühen Neuzeit: Pluralität und Autorisierung

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historia de la lengua / historia lingüística. Die vorliegende Arbeit versucht, beide Perspektiven im Blick zu behalten. Einerseits wird die Kopräsenz verschiedener Idiome auf dem Territorium des Königreich Neapels als historisch gegeben vorausgesetzt und somit zwingend die Betrachtungsperspektive einer storia linguistica eines nicht mit dem heutigen italienischen Staat übereinstimmenden Territoriums eingenommen. Die Arbeit stellt sich folglich in den Kontext einer regionalen Sprachgeschichtsschreibung und der Beschreibung mehrsprachiger Räume.69 In Bezug auf einzelne Quellen werden aber mit dem Verhältnis zwischen ToskanischItalienisch und lokalen und regionalen Varietäten und deren Verortung im sich konstituierenden Diasystem des Italienischen auch die storia della lingua italiana betreffende Aspekte berücksichtigt. Rückbezogen auf die Begriffe der Autorität / Autorisierung und Pluralität / Pluralisierung heißt dies, dass eine Auseinandersetzung sowohl mit der durch den Eintritt Neapels in die nunmehr spanische Monarchie veränderten Pluralität der (historischen) Sprachen als auch mit der Pluralität der Varietäten einer sich durch Autorisierungsprozesse70 konstituierenden historischen Sprache erforderlich ist. Es bleibt mithin zu klären, welche Elemente dem Begriff der Autorität, der „ein weites Spektrum formeller und informeller Normierungsansprüche umfasst“,71 innerhalb der Sprachgeschichte (im genannten doppelten Sinne) inhärent sind. Rickard unterscheidet „authority“ in „power to enforce obedience“ und „power to influence action, opinion or belief“,72 von denen [t]he first involves legal supremacy and the right to exact obedience, to command or to give an ultimate and compelling decision; while the second confers power to ‘influence’ the conduct and actions of others; it implies personal and practical influence of a moral or intellectual kind.73

Maaß entwickelt ausgehend von Rickards Zweiteilung mehrere Konstellationen zwischen Macht und Prestige als Elemente, die Autorität konstituieren können.74 Sie schlägt die Trennung und unterschiedliche Kombination von Macht und Prestige als Autorisierungsfaktoren für die Sprachgeschichtsschreibung vor: 69 70 71 72 73 74

Vgl. Wilhelm 2007. Als solche können z. B. Selektions- und Kodifizierungsprozesse gedeutet werden. Müller 2010, VI. Rickard 1993, 23. Rickard 1993, 23. Maaß 2002, 24 ff.

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2. Sprachenpluralität und -autorisierung im Regno di Napoli

[…] für den jeweilig untersuchten Fall muß […] konkret festgestellt werden, mit wie viel Macht das Prestige auftritt. Definiert man Macht als konkrete politisch-institutionelle Eingriffsmöglichkeit und Prestige als Anerkennung der Hochkonnotierung einer Sache oder Handlung durch den überwiegenden Teil der Mitglieder einer Kommunikationsgemeinschaft, so kann man drei mögliche Fälle unterscheiden: (1) Macht und Prestige fallen zusammen, Beispiel: die französische Sprache in Frankreich. Diese Sprache wird politisch-institutionell gestützt und verfügt über ein enormes kulturelles Prestige, das sich zweifellos in bedeutendem Maße eben der politischen Einflußnahme verdankt. (2) Macht ist vorhanden, aber kein Prestige, Beispiel: das Russische in den Schulen der DDR. Fraglos wurden alle Schüler in Russisch ausgebildet, ein Engagement in diesem Bereich verbesserte die beruflichen Aufstiegschancen erheblich, ein wirkliches Prestige oder auch nur eine neutrale Akzeptanz in der Bevölkerung entfaltete sich jedoch nie. (3) Prestige ist vorhanden, jedoch keine Macht, Beispiel: Lorenzos Einsatz für die florentinische Sprache, der sich nicht auf eine reale Macht des florentinischen Staates stützen konnte, sondern sich des kulturellen Prestiges der florentinischen Literatur bediente.75

Vor dem Hintergrund der politischen Zugehörigkeit des Regno di Napoli, den institutionell davon getrennten Gebieten Sizilien und Sardinien, die wie Neapel durch Vizekönige regiert wurden, sowie des Herzogtums Mailand zur spanischen Krone und der damit eigentlich gegebenen (sprach-)politischen Handlungsmöglichkeit der spanischen Monarchie kann diese Unterscheidung für die vorliegende Arbeit fruchtbar gemacht werden. Der Autoritätsbegriff muss hierfür wie von Maaß vorgeschlagen differenziert werden in Macht und Prestige, auch wenn die von Rickard genannten Aspekte der bewussten sanktionierenden Einflussnahme und der Vorbildcharakter aufweisenden Ausbildung von Prestige durchaus nicht immer voneinander trennbar sind.76 Es muss – in enger Verknüpfung mit den genannten Aspekten – allerdings noch ein weiterer Bestandteil von Autorität in die Betrachtung kommunikativer Routinen einbezogen werden: Die mögliche Entfaltung von Autorität durch (Diskurs-)Traditionen. Eufe (2006) konnte am Beispiel Venedigs und des Venezianischen zeigen, dass nicht-toskanische Varietäten sich in verschiedenen Diskursdomänen und -traditionen unterschiedlich lange der Überdachung durch das Toskanisch-Italienische entziehen konnten. Auch das Lateinische wird 75 Maaß 2002, 25 f. 76 Vgl. Rickard 1993, 23: „As we all know, however, semantic issues and semantic distinctions are seldom clearcut […], and it is obvious that by metaphor or by hyperbole, for instance, one kind of authority may be expressed in terms of another.“

2.1 Sprachen in Europa in der Frühen Neuzeit: Pluralität und Autorisierung

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im geographisch mit signifikanten chronologischen Unterschieden verlaufenden Ausbauprozess der romanischen Sprachen in verschiedenen Diskursdomänen unterschiedlich schnell von den Volkssprachen abgelöst. Man denke hier nur an die langen Nachhall findende Verankerung des Lateinischen im sakralen Bereich.77 Die in einer Gesellschaft tradierte Anbindung bestimmter Idiome und Varietäten an einzelne Diskurstraditionen kann mit Macht und / oder Prestige einhergehen und Letzteres verstärken. Wilhelm verdeutlicht die Wirkmächtigkeit von Diskurstraditionen folgendermaßen: Mit Peter Koch (1988 [Koch, Peter (1988b): „Italienisch: Externe Sprachgeschichte I“, in: Holtus / Metzeltin / Schmitt (Hrsg.): LRL IV, 343 – 360, V.S.]: 343) können wir davon ausgehen, daß die Sprecher / Schreiber früherer Epochen ‘sich meist in erster Linie als Praktiker einer Diskurstradition […] und erst in zweiter Linie als Vertreter einer bestimmten Sprache oder Sprachvarietät verstanden und letztere denn auch nach den Maßstäben diskurstraditioneller Effizienz auswählten’. Zu präzisieren wäre dabei allenfalls, daß die Wahl einer bestimmten Sprache oder Varietät nicht allein funktionalen Gesichtspunkten folgt, sondern oftmals bereits traditionell vorgegeben ist […].78

Als konstitutive Elemente für sprachliche Autorisierung und Autorität werden im Folgenden Macht, Prestige und Tradition näher betrachtet. Autorität / Autorisierung durch Macht Mit Autorisierung durch Macht können autoritative sanktionierende Setzungen von Sprachnormen und Sprachgebrauchsnormen durch Institutionen oder Herrscher in Form von Erlassen, Gesetzen etc. korreliert werden, wobei bei der Verwendung des mit dieser Art der Autorisierung eng verknüpften Begriffes „Sprachpolitik“ in der Frühen Neuzeit Vorsicht geboten ist. Wenn man Sprachpolitik als „Instrumentalisierung der Sprache für politische Zwecke bzw. in politischem Kontext“79 und Sprachgeschichte folglich als „Geschichte der Instrumentalisierung von Sprache“80 fasst, ist die Finalität des Einwirkens auf sprachliche Routinen 77 Predigt und Katechese müssen hier jedoch separat behandelt werden, insofern es sich um Bereiche handelt, die sich vergleichsweise früh den Volkssprachen öffneten und anhand derer erkennbar wird, dass innerhalb einer (hier: der religiösen) Diskursdomäne verschiedene Diskurstraditionen auch durchaus mit verschiedenen Idiomen verbunden sein können. Vgl. Oesterreicher 2004c. 78 Wilhelm 2001, 474. 79 Maaß 2002, 19. 80 Maaß 2002, 21.

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2. Sprachenpluralität und -autorisierung im Regno di Napoli

von institutioneller Seite insbesondere in der Frühen Neuzeit nicht immer deckungsgleich mit der Zielsetzung von Sprachpolitik, wie sie Bochmann definiert, nämlich als kohärentes Handeln mit dem deklarierten oder aus dem politischen Handeln schlüssig abzuleitenden Ziel, eine Sprache sozial zu etablieren, zu standardisieren und auszubauen, allenfalls noch ihren Geltungsbereich zu erweitern.81

Pragmatische Beweggründe sind in der Sprachgeschichte Europas für bestimmte Konstellationen insbesondere vor (und auch nach) der Französischen Revolution mindestens ebenso wichtige Einflussfaktoren. In vielen Fällen war die erfolgreiche Kommunikation wichtiger als die Frage nach Macht und Prestige einzelner Idiome, wie z. B. für die mittelalterliche Hanse aufgezeigt wurde. Neben der in der Skandinavistik unter dem Begriff der „Semikommunikation“ geläufigen und auch als „rezeptive Mehrsprachigkeit“ bekannten Strategie der Verständigung mit Sprechern eng verwandter Sprachen durch die Verwendung der jeweils eigenen Muttersprache,82 war die Toleranz von sprachlicher Diversität durch politische Institutionen teils sogar institutionell verankert, wie beispielsweise im Alten Österreich.83 Auch Pluralität kann also durch mit politischer Macht ausgestattete Instanzen autorisiert sein oder werden. Die Autorisierung und ggf. Sanktionierung (nur) eines Idioms für bestimmte kommunikative Zwecke, die häufig Gegenstand und / oder Ziel von Sprachpolitik ist, ist nur eine von vielen Möglichkeiten des Umgangs mit sprachlicher Pluralität. Gerade das Nebeneinander von Sprachen und Varietäten und das mehrsprachige Funktionieren von geographisch-territorial teils kleinräumig umrissenen Kommunikationsräumen und das Fehlen von autoritativen Setzungen für deren Regelung sind für die Frühe Neuzeit kennzeichnend. Bei der Beschreibung frühneuzeitlicher Verhältnisse stößt die oben genannte Definition von Bochmann, die sich auf die Zeit nach der Französischen Revolution bezieht (und auf diese auch durchaus zutreffen mag) also klar an ihre Grenzen. Es ist problematisch, wie Maaß richtig anführt, „ausschließlich sprachpolitische Erklärungsversuche […]“84dann 81 Bochmann 1998, 1. 82 Vgl. Braunmüller / Zeevaert 2001. Vgl. hierzu auch das Konzept der „Nebensprachen“, das Kloss 1929 einbrachte und das in der Sprachwissenschaft des 20. Jahrhunderts wohl aufgrund des politischen Kontextes nicht ausreichend rezipiert wurde. 83 Vgl. Goebl 1997. 84 Maaß 2002, 23.

2.1 Sprachen in Europa in der Frühen Neuzeit: Pluralität und Autorisierung

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anzusetzen „wenn andere staatliche Organisationsformen als die heute üblichen vorliegen, wie das u. a. in der weiter zurückliegenden Geschichte der Fall ist“.85 Die Zielsetzung sprachplanerischer Maßnahmen war in der Frühen Neuzeit meist eine andere, als wir sie heute kennen und aus diesem Grund ist der Begriff der Sprachpolitik (wenn überhaupt) nur eingeschränkt anwendbar, wie auch Burke darlegt: Attempts by governments to impose certain forms of written language have a long history, especially in the domains of law and administration. One scholar has spoken of an official ‘language policy’ in the time of Charlemagne, since the king tried to impose a reformed version of Latin on his realm […], although he also encouraged the use of German for administrative purposes.[…] The phrase ‘language policy’ has also been used about the actions of the Dutch East India Company, and again about kings Henry IV and Henry V of England, in the course of arguing that their support of English as a chancery language, for instance, at the expense of Latin and French, was a way of gaining legitimacy for their new dynasty. […] The problem with the modern phrase ‘language policy’ is that it implies more than a personal interest by the rulers in linguistic matters, as in Charlemagne’s case. It implies planning for change, rather than reacting to problems as they arise […] For this reason it might be wise to avoid the term in the case of Europe before 1789, or at least to emphasize its limitations.86

Der pragmatische Umgang mit sprachlich begründeten Problemstellungen, den Burke treffend als „reacting to problems as they arise“ beschreibt, ist in der Auseinandersetzung mit dem frühneuzeitlichen Europa nicht zu vernachlässigen. Zu berücksichtigen bleibt weiterhin, dass ‘sprachpolitische’ Maßnahmen häufig auch durch politisch-religiöse Interessen motiviert waren. Die Gründe für das Verbot des Arabischen auf der Iberischen Halbinsel durch Philipp II. 1567 sind wohl eher im religions- denn im sprachpolitischen Bereich zu suchen.87 Ebenso wird der Umgang mit der Sprachproblematik in den amerikanischen Besitzungen der spanischen Monarchie erst vor dem Hintergrund der Mission verständlich.88 Auch wenn in der Recopilacion de las Leyes de Indias von 1680 festgehalten ist, dass 1550 gesetzlich gewünscht wurde, „que donde fuere possible, se pongan Escuelas de la lengua Castellana, para que la aprendan los Indios“,89 85 86 87 88 89

Maaß 2002, 23. Burke 2004, 72 f. Vgl. Burke 2004, 76. Vgl. Milhou 1993, 35 –40. Olmos / Ruméu de Armas [1681] 1973, Bd. 2, fol. 190 (= Libro VI, Titulo I, ley XVIII).

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2. Sprachenpluralität und -autorisierung im Regno di Napoli

beruhte der Besuch des Spanischunterrichts auf Freiwilligkeit90 und erreichte wohl nur einen kleinen Teil der indigenen Bevölkerung. Politisch-militärische Machtausübung ging in den Staaten der Frühen Neuzeit nur eingeschränkt mit Versuchen der Herrscher einher, sprachliche Autorisierungsprozesse zu beeinflussen und zu steuern. Von dieser Feststellung muss der Fall des Lateins (und dessen Erhalt bzw. Ersetzung durch die Volkssprachen) ausgenommen werden, welches sehr wohl zum Gegenstand von Verordnungen wurde und vielfach an Autorität einbüßte – auch hier steht aber der Aspekt der erfolgreichen Verständigung im Vordergrund und nicht machtpolitisches Kalkül. So wird häufig die Ordonnance de Villers-Cotterêts als Beleg für die sprachliche Homogenisierung in Frankreich angeführt. Dabei wird allerdings nur unzureichend berücksichtigt, dass in der Ordonnance zunächst einmal ‘nur’ das Latein als Sprache der Verwaltung und Rechtsprechung abgelöst wurde. Eine Spezifizierung der Einheitlichkeit beziehungsweise eine Information dazu, in welchem Umfang welche Varietäten unter die Bezeichnung des „langage maternel françois“ fallen, fehlt. Auch die Einführung der jeweiligen Volkssprache (Französisch und Italienisch) durch die ab 1560 erlassenen Edikte von Emanuele Filiberto in Jurisprudenz und Verwaltungsschriftlichkeit, „l’italiano in Piemonte e il francese in Valle d’Aosta“,91 die durch ihren expliziten und präskriptiven Charakter eingeschränkt als frühneuzeitliche „Sprachpolitik“ gewertet werden können, zielen vor allem pragmatisch auf die Verständlichkeit.92 Bei der Auseinandersetzung mit Aspekten sprachlicher Autorität, die mit politischer Macht verknüpft sind, ist also stets zu bedenken, dass die Gleichung Staat-Nation-Sprache in der Frühen Neuzeit nicht anwendbar ist. Die teleologische Annahme einer solchen Gleichsetzung verzerrt das Bild auf die sprachlichen Verhältnisse im frühneuzeitlichen Europa. Auch eine Gleichsetzung von Autorität und Autorisierung mit Singularisierung, und somit der Selektion und Förderung ausschließlich einer Option unter vielen, verengt den Blick auf die sprachlichen Verhältnisse. Das weitgehende Fehlen expliziter Autorisierungsmaßnahmen durch mit politischer Macht ausgestattete Institutionen kann als ‘Autorisierung der Pluralität’ 90 „Y haviendo resuelto que convendrá introducir la Castellana, ordenamos que á los Indios se les pongan maestros, que enseñen a los que voluntariamente la quisieren aprender, como les sea de menos molestia, y sin costa“ (Olmos / Ruméu de Armas [1681] 1973, Bd. 2, fol. 190 (= Libro VI, Titulo I, ley XVIII), [Kursivierung V.S.]. 91 Cortelazzo / Viale 2006, 2114. 92 Vgl. Cortelazzo / Viale 2006, 2114 sowie Fiorelli 1994, 576 f.

2.1 Sprachen in Europa in der Frühen Neuzeit: Pluralität und Autorisierung

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gedeutet werden, als nicht zwingend Konfliktpotential bergendes und einer Auflösung zustrebendes Nebeneinander mehrerer Optionen und modi vivendi beziehungsweise bezogen auf die sprachliche Ausgestaltung der Kommunikation modi loquendi. Autorität / Autorisierung durch Prestige Autorität eines bestimmten Sprachgebrauchs durch Prestige kann definiert werden als ‘Resultat einer durch pragmatische oder soziale Gründe induzierten oder durch kulturelle Hochschätzung begünstigten Hinwendung zu einem, oft gleichzeitig auch kulturelle und soziale Implikationen tragenden, sprachlichen Modell’. Texte großer Autoren – wie in Italien diejenigen der Tre Corone Dante, Petrarca und Boccaccio – haben oft nicht nur sprachlichen Vorbildcharakter für die literarische Schriftlichkeit, sondern werden (sekundär) auch als Modelle für andere Bereiche herangezogen. In der Betrachtung sprachlicher Autorisierungsprozesse durch Prestige darf folglich nicht außer Acht gelassen werden, zu welchem Zweck ein sprachliches Modell etabliert wird – ob die passende Sprachverwendung für eine literarische Gattung bestimmt oder eine Referenz beispielsweise auch für die Mündlichkeit gegeben werden soll. Autorität als und durch Prestige spielt auch soziolinguistisch eine große Rolle, wie beispielsweise in der häufigen Instrumentalisierung von Lateinkenntnissen zur sozialen Abgrenzung bestimmter Schichten von den illitterati im Italien der Frühen Neuzeit zum Vorschein kommt. Auch in der Abwendung vieler Autoren von der Volkssprache im Rahmen des italienischen Humanismus des ausgehenden Trecento sowie des Quattrocento spiegelt sich eine Frage des literarischen Prestiges der klassischen Autoren und ihrer Sujets wider; desgleichen im Falle der als Questione della lingua bekannten Diskussionen um die zu kodifizierende Literatursprache im Cinquecento. In deren Ausgang wurde nicht etwa das zeitgenössische Florentinisch aufgegriffen, sondern es setzte sich Pietro Bembos prestigebegründete Favorisierung des Modells der großen Autoren des Trecento durch. Eher im Bereich der Autorität als und durch Prestige denn im Bereich der Autorität als und durch Macht ist auch die – begünstigt durch die Drucklegung des Werks im annus mirabilis 1492 häufig als sprachpolitische Forderung interpretierte, aber meist nicht im Kontext des Prologs gesehene – in 1.2 bereits angesprochene Passage in Antonio Nebrijas Gramática de la lengua castellana zu verorten:

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2. Sprachenpluralität und -autorisierung im Regno di Napoli

siempre la lengua fue compañera del imperio; y de tal manera lo siguió, que juntamente començaron, crecieron y florecieron, y después junta fue la caída de entrambos.93

Durch die Gleichstellung des Kastilischen mit den klassischen Sprachen – die Verwendung des Perfekts im Passus weist in die Vergangenheit und nicht programmatisch in die Zukunft – wird diesem erst die Würde und das Prestige verliehen, die das Abfassen einer Grammatik rechtfertigen. Martínez González und Torres Montes führen so auch Prestige als wichtigsten Faktor für die Überdachung anderer (auf der iberischen Halbinsel gesprochenen) Idiome durch das Kastilische unter den Habsburgern an: Es decir, con los Austrias la expansión del español a los otros reinos de la corona se llevó a cabo por razones de orden social, cultural, comercial, migratorio, administrativo o, simplemente, por el mayor prestigio de esta lengua.94

Im Fall Spaniens, und noch viel deutlicher in Frankreich, trug die durch Prestige bedingte Ausstrahlungskraft der am Hofe geschätzten und verwendeten Varietät sprachpolitische Züge und kann somit als Sprachpolitik im weitesten Sinne eingeordnet werden, ohne dass zwingend eine Autorisierung auch durch Macht erfolgen musste. Es bleibt aber stets zu unterscheiden, ob es sich um ein sprachliches Vorbild handelt, das kodifiziert zum Standard erhoben wird und dessen Vorbildcharakter legislativ-politisch festgeschrieben wird und somit auch durch Macht autorisiert wird, oder ob das Vorbild dieser Stützung nicht bedarf und somit rein durch Prestige wirkmächtig wird. Dass Prestige oft denjenigen Varietäten zukommt, die von Eliten verwendet werden, bedingt eine häufige Korrelation von Autorität durch Prestige und Autorität durch Macht. Die von Mattheier eingebrachte Unterscheidung in kodifizierte und nicht-kodifizierte, dennoch offiziell akzeptierte Normen95 lässt dieser Übergangszone zwischen Macht und Prestige den nötigen Raum. Varietäten, die durch Prestige Autorisierung erfahren, können durchaus in der Folge ihre Autorität auch durch Macht unterstützt finden. So schwingt in der expliziten Forderung nach Verwendung des Toskanischen in Verwaltung und Jurisprudenz im Edikt Francesco de’ Medicis I. von 1585 neben dem Aspekt der Verständlichkeit und der Klage über mangelnde Lateinkenntnisse auch ein Prestigeanspruch des Toskanischen im Vergleich mit anderen europäischen Volkssprachen mit: 93 Nebrija [1492] 1990, 109. 94 Martínez González / Torres Montes 2003, 856, [Kursivierung V.S.]. 95 Mattheier 1997, 4.

2.1 Sprachen in Europa in der Frühen Neuzeit: Pluralität und Autorisierung

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Perché si vede, che molti Notari, per la lor poca intelligenza formano i piú degl’Instrumenti con parole, & vocaboli non volgari, né latine, ma al tutto Barbare, e spesso mettono un vocabolo per un’altro, cosa che genera gran dubbii, e liti fra le persone, onde per levar via tali abusi, poi che anticamente in tutte quasi le parti del Mondo gl’Instrumenti si formavano sotto la lingua, e parlare di ciascuna Regione; come ancora si vede, che oggi s’usa in Spagna, Francia, Alemagna, & altri Regni; Sendo che la lingua Toscana superi di longe tutte l’altre, & che da tutti s’intenda bene; Si mette però in consideratione, che sarebbe molto a proposito, e conveniente, che in l’avvenire tutti i Notari di detta Città, e suo Stato, & non solamente questi, ma tutti gli altri dei felicissimi Stati di Sua Alt[ezza] Sereniss[ima] dovessino scrivere, e formare tutti i Contratti, quasi Contratti, Testamenti, & ultime Dispositioni in detta lingua.96

Im Laufe der Selektion einer Standardvarietät spielt der Faktor Prestige häufig eine ausschlaggebende Rolle. Man denke hier noch einmal an die verschiedenen Optionen, die innerhalb der italienischen Questione della lingua vertreten wurden, und die allesamt explizit Prestige-Ansprüche für die eigene Position geltend machten. Die Kodifizierung einer Standardvarietät schreibt in der Folge der nunmehr selegierten Varietät mitunter auch Autorität durch Macht zu – wobei diese nicht ausschließlich und zwingend in direkter politischer Ausprägung auftreten muss. Auch nichtstaatliche aber teils staatlich autorisierte (oder zumindest tolerierte) Referenzinstitutionen können Autorität durch Prestige mit Autorität durch Macht verknüpfen und entfalten – und dies auch über Staatsgrenzen hinweg, wie an Sprachakademien exemplifiziert werden kann. Autorität / Autorisierung durch (Diskurs-)Tradition Unter den Aspekt der Autorität als Tradition fallen insbesondere diskurstraditionelle Setzungen, die auf die sprachliche Gestaltung einzelner Texte und Diskurse Einfluss nehmen. Wie Koch herausstellt, ist es „innerhalb der Sprachgeschichte […] darüber hinaus immer wieder von Interesse, die Interaktion (nicht Identität!) zwischen einzelsprachlichen Varietäten und Diskurstraditionen zu beobachten“.97 Die neben den historischen Sprachen auf der historischen Ebene anzusiedelnden Diskurstraditionen – jeder Diskurs realisiert sich nicht nur notwendigerweise in einer Einzelsprache, sondern ist gleichzeitig auch stets Manifestation einer Diskurstradition – sind oft an bestimmte Varietäten gebunden und 96 Fiorelli 1994, 577 f., [Kursivierung V.S.]. 97 Koch 2003, 103.

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2. Sprachenpluralität und -autorisierung im Regno di Napoli

werden in dieser Verbindung tradiert.98 Dies gilt nicht nur für den literarischen Bereich, für welchen die provenzalische Dichtung am Hof von Friedrich II. oder auch die Verwendung des Galizischen in der Lyrik durch Alfons den Weisen als Beispiele genannt werden können, sondern auch in anderen Diskursdomänen. Insbesondere im juristisch-administrativen Bereich, in dem eine bestimmte Form und somit auch Sprache stets eine wichtige Rolle spielt, kann von einer starken Bindung bestimmter Diskurstraditionen an bestimmte Formen und Sprachen – und somit sprachlicher Autorität durch (Diskurs-) Tradition – ausgegangen werden. Zur Veranschaulichung sei an die ersten Zeugnisse der romanischen Volkssprachen und deren textuelle Beschaffenheit erinnert. In den Placiti Campani beispielsweise bleibt der lateinische Rahmen der Schwurformeln erhalten, während der Schwur an sich, der zwar ebenfalls formelhaften Charakter hat, aber auch den inhaltlichen, wandelbaren Kern bildet, volkssprachlich gehalten ist. Habitualisierung von traditionellen Mustern mit ihrer Rechtsgültigkeit und juristischen Verbindlichkeit spielt in der sprachlichen Gestaltung von Verwaltungsdokumenten eine wichtige Rolle, was mitunter ein Erklärungsmoment für die lange Persistenz des Lateinischen in der europäischen Verwaltungs- und Rechtsgeschichte ist.99 Wenn man wie im Fall des Regno di Napoli mehrsprachige Kommunikationsräume (vgl. 2.2.1) betrachtet, die ein Repertoire verschiedener Idiome unterschiedlichen Status aufweisen, können neben dem Lateinischen nun nicht nur verschiedene Varietäten einer historischen Einzel98 Coseriu unterteilt Sprachliches als auf der universellen, historischen und aktuellen Ebene zu verortende Phänomene: „El lenguaje es una actividad humana universal que se realiza individualmente, pero siempre según técnicas históricamente determinadas. […] En el lenguaje se pueden, por tanto, distinguir tres niveles: uno universal, otro histórico y otro individual“ (Coseriu 1981, 269 f., [Kursivierung im Original]). Koch 1997, 45 doppelt Coserius Modell auf der historischen Ebene und verortet auf dieser sowohl die Einzelsprachen als auch Diskurstraditionenen. 99 Die lange exklusive Tradition und die sich daraus ableitende Autorität des Lateinischen gerade im Bereich der Jurisprudenz stellten jedoch zunehmend ein kommunikatives Hindernis und eine Exklusion für große Teile der Bevölkerung dar. Domenico Scandella, genannt Menocchio, führt dies im 16. Jahrhundert eindrücklich vor Augen. Er beklagt, dass Personen niederen Standes und geringer Bildung angesichts der Stellung des Lateinischen bei Gericht vor einer nur durch das Hinzuziehen von sprachlichen Mittlern überwindbaren sprachlichen Barriere stehen: „Io ho questa opinione, che il parlar latin sia un tradimento de’ poveri, perché nelle litte li pover’ homini non sano quello si dice et sono strussiati, et se vogliono dir quatro parole bisogna haver un avocato“ (Ginzburg 1976, 12).

2.1 Sprachen in Europa in der Frühen Neuzeit: Pluralität und Autorisierung

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sprache eine Affinität zu bestimmten Diskurstraditionen aufweisen. Es sind gleichzeitig auch stets Varietäten verschiedener Einzelsprachen an der Gestaltung des „kommunikativen Haushalts“ beteiligt. Diskurstraditionen und Gattungen und die für diese feststellbare spezifische Sprach- bzw. Registerwahl stehen neben weiteren „Autoritäten der Form“,100 die auf die sprachliche Gestaltung der uns interessierenden Verwaltungskommunikation Einfluss nehmen. Oesterreicher nennt als solche sprachbezogene Vorgaben und Anforderungen, die von der Sprachenwahl (etwa Latein vs. Volkssprache usw.) über die Etablierung von präskriptiven sprachlichen Normen und der sogenannten Registerwahl (Akzeptanz bestimmter Sprachvarietäten, proskribierte Sprachformen usw.) bis zu Verschriftungsfragen (etymologisierende Schreibungen, Wahl von Schriftarten, Gebrauch bestimmter Schreibschriften usw.) reichen.101

Die genannten Formen der Autorität – Macht, Prestige und Tradition und als Letzterer zugehörig Form – treten selten getrennt voneinander auf, da jede der genannten Autoritäten sozusagen zeitgleich Auswirkungen auf die Verfasstheit bestimmter Diskurse hat. Sie sind somit in ihrem Zusammenspiel und ihrer jeweiligen Gewichtung zu betrachten. Als in den Bereich der Autorität der Form fallend und mit Autorität durch Macht, Prestige und Tradition verknüpft, muss zweifellos berücksichtigt werden, dass verschiedenen Idiomen teils auch eine individuell-spezifische rechtliche Stellung und Rechtsgültigkeit zukommt. Sei es nun die lang währende Bindung der notariellen Schriftlichkeit an das Lateinische, die unterschiedlich schnell aufgegeben wurde102 oder die wortgetreue Wiedergabe von teils unter Folter erzwungenen Aussagen in Inquisitionsprozessen. Eine 100 Oesterreicher 2003, 13. 101 Oesterreicher 2003, 14, [Kursivierung im Original]. Daneben führt Oesterreicher Layout, Register und Tabellen als Autoritäten der Form an und definiert diese als „bestimmte ausdrucksbezogene Mittelstrukturen und Systematisierungen in Texten, die sich im Layout, in Gliederungs- und Verweisstrukturen, in tabellarischen Darstellungen, in Registern, auch in bestimmten Typen des Einsatzes von Illustrationen usw. manifestieren“ und „auf medialen Vorentscheiden und Darstellungsregulationen beruhen, die ihrerseits jeweils schon klar ‘begriffliche’ Prägungen voraussetzen und diese nachvollziehen“ (Oesterreicher 2003, 15). 102 Vgl. Marazzini 1998, 12: „In nessuno stato italiano la decisione [das Latein abzulösen, V.S.] investì allo stesso tempo tutti i settori dell’amministrazione, dalla giustizia alla burocrazia al notariato. Quest’ultimo è forse il settore più interessante, anche perché nella maggior parte degli stati i notai continuarono a scrivere i loro atti in latino, a volte anche fino al Settecento.“

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2. Sprachenpluralität und -autorisierung im Regno di Napoli

solche ist eindrucksvoll in den von Luigi Firpo edierten Akten der Prozesse gegen Tommaso Campanella zu beobachten: Et cum ministri duxissent eum ad locum tormentorum, et ibi fuisset spoliatus, ligatus, et fuit de mandato in funem elevatus. Qui sic elevatus incepit exclamare hoimè che moro, à traditori figlioli di cornuti, bagasce, mi hanno ammazzato madonna santissima aiutami. Inter.s de quo tempore fuit carceratus et à quo. – Resp.t Jesus, questi che mi legorno et mi attaccorno li traditori furono di gioia hoi me li cornuti, hoi me li assassini, deinde dixit scenditimi che vi dico ogni cosa che volete, Deinde antequam deponeretur dixit al Papa al Papa, Deinde depositus dixit che assassinamenti son questi, che cose son queste, perché mi fati questo, madonna delo Reto tu sai che ti voleva fare una chiesa, figlioli di bagasce, Deinde dixit se il Sig. Marchese d’Arena havesse fatto, non pateria questo. Inter.s ut respondeat ad propositum alias iterum in funem elevabitur. – Resp.t io me ne andava con li ferrazoli, et fui preso da piú di mille. Inter.s cur fuerit captus.– Resp.t io predicava il giudicio, et bisogna che venga il Papa, se il papa non viene che rimedia ad ogni cosa, le cose non vanno bene. Inter.s quod omninò elevabitur. – Resp.t hò Dio non mi ammazzati io non vi hò offeso in cosa alcuna, quella figura di San Rocco lhà fatta Paolo Campanella, Deinde dixit se volete cosí, la quarta non si pagarà piú. Et sic Domini mandarunt elevari. – Qui elevatus cepit exclamare. Inter.s cur depositus veritatem non dixerit, et ad propositum non responderit. – Dixit non posso campare piú che moro. Inters quamdiu fuerit carceratus Romae, Resp.t sempre sempre, scenditimi. 103

Dieses Beispiel und die zuvor angeführte Stellungnahme Menocchios veranschaulichen, dass diskurstraditionell und auch durch Aspekte der Rechtsverbindlichkeit bedingte Sprachenwahl im Rahmen von Verwaltungs- und juristischer Schriftlichkeit ein wichtiges Element der Autorität der Tradition und Form darstellten. Die drei Elemente sprachlicher Autorität und Autorisierung – Macht, Prestige und Tradition – stehen, wie oben angesprochen, nicht unverknüpft nebeneinander und auch ihre relative historische Gewichtung ist wandelbar. So können die bereits erwähnten Fälle von politisch sanktionierter und präskribierter Ablösung des Lateinischen durch die Volkssprachen in der Verwaltungsschriftlichkeit in dieser Lesart als durch pragmatische Beweggründe ausgelöster Übergang von Autorität durch Tradition zu Autorität durch Macht (mit gleichzeitiger Aufwertung des Prestiges der Volkssprachen) interpretiert werden. 103 Firpo 1998, 234 [verbale del tormento della corda], [Kursivierungen V.S.]. Firpo stellt der Transkription der Prozessakten eine Version gegenüber, in der der lateinische Rahmen auf Italienisch wiedergegeben wird.

2.2 Die Räumlichkeit der sprachlichen Kommunikation

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2.2 Die Räumlichkeit der sprachlichen Kommunikation 2.2.1 Der Begriff des Kommunikationsraums auf der aktuellen und der historischen Ebene Oesterreicher (2007) grenzt anhand der Coseriu’schen Ebenen-Systematik104 verschiedene Lesarten des Begriffs des Kommunikationsraums voneinander ab. Für das Erkenntnisinteresse der vorliegenden Arbeit sind die aktuelle Ebene als die Ebene des individuellen Diskurses, auf welcher jede sprachliche Äußerung zunächst zu verorten ist, und die historische Ebene ausschlaggebend. Letztere gewinnt durch die Unterteilung in (a) sprachliche Techniken, also historische Einzelsprachen und (b) Diskurstraditionen zweifache Relevanz. Auf der aktuellen Ebene konstituieren sich Kommunikationsräume durch die jeweils spezifische Interaktion der beteiligten Personen: Streng genommen gibt es raumbezogen auf der Ebene des konkreten Diskurses / Textes nämlich nur Kommunikationsräume unterschiedlichster Art und Extension, in denen sich konkrete Sprecher, Hörer, Schreiber und Leser ‘begegnen’ und miteinander kommunizieren; die Kommunikanten müssen dabei übrigens nicht einmal immer sprachlich aktiv sein, außerdem können sie – sowohl verschiedene Kommunikationspartner als auch ein einzelner Produzent – unterschiedliche Sprachen benutzen. Dabei versteht sich von selbst, dass das Kommunikationsgeschehen und die Produzenten- und Rezipientenrollen in ihrer Spezifik aus den Kennzeichen der jeweiligen Typik der Kommunikationssituation und ihrer personellen Besetzung resultieren.105

Wurde zuvor vom Kommunikationsraum des Vizekönigreichs Neapel gesprochen, bezog sich der Begriff hingegen nicht auf das einzelne kommunikative Ereignis, sondern auf einen geographisch abgegrenzten Raum, in dem sich kommunikative Routinen ausbilden. Auf der historischen Ebene106 kann der Begriff des Kommunikationsraums nicht mehr konkret auf das individuelle Kommunikationsereignis bezogen werden, sondern muss aus – ihrerseits auf der aktuellen Ebene zu verortenden – einzelnen 104 Vgl. Anm. 97. 105 Oesterreicher 2007, 59, [Kursivierung im Original]. 106 Mit historischer Ebene wird hier die Terminologie Coserius aufgegriffen, nicht etwa eine diachrone Limitierung des Konzepts des Kommunikationsraums impliziert, auch wenn die folgenden Ausführungen sich bedingt durch die historische Thematik auf die Rekonstruktion historischer Kommunikationsräume konzentrieren.

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2. Sprachenpluralität und -autorisierung im Regno di Napoli

Kommunikationsereignissen als Abstraktion extrapoliert werden. Der Begriff kann hier also „nur noch abstrakt einen geographischen Raum öffne[n] für zahlreiche koexistierende, möglicherweise intern sogar chronologisch gestaffelte sprachliche Fakten und Faktenkonfigurationen“.107 Dies bedeutet, anders gesagt, dass sich nur aus der Analyse und dem Vergleich verschiedener Kommunikationsräume auf der aktuellen Ebene, wie sie aus der schriftlichen Dokumentation aufscheinen, Kommunikationsräume auf der historischen Ebene rekonstruieren lassen. Für die Eingrenzung von Kommunikationsräumen auf der historischen Ebene können beispielsweise natürliche und / oder staatliche Grenzen eines bestimmten Gebietes herangezogen werden. Je nach Erkenntnisinteresse können (bzw. müssen) Kommunikationsräume aber auch kleiner oder größer gefasst werden.108 Wollte man – was in einer Arbeit dieses Formats nicht möglich ist – den geographisch-politisch umrissenen Kommunikationsraum des Vizekönigreichs Neapel über den Zeitraum der zwei ‘spanischen’ Jahrhunderte untersuchen, so fielen in diesen selbstverständlich nicht nur die hier exemplarisch untersuchte Verwaltungskommunikation, sondern auch alle anderen kommunikativ-sprachlichen Routinen, die sich dort ausgebildet haben. Es kann folglich nicht Ziel dieser Arbeit sein, diesen Kommunikationsraum zur Gänze zu rekonstruieren. Vielmehr werden mithilfe von konkreten Fallbeispielen aus der Verwaltungskommunikation ‘Teilräume’ des historischen Kommunikationsraums in ihrer sprachlichen Verfasstheit und in den für sie rekurrenten Mustern skizziert. Auch wenn eine umfassende Beschreibung des Kommunikationsraums ‘Regno di Napoli im 16./17. Jahrhundert’ also nicht erreicht werden kann, ermöglicht das Konzept des Kommunikationsraums dennoch die Überwindung teleologischer Deutungsmuster der Sprachgeschichtsschreibung, da es die Beschreibung mehrsprachiger, durch Pluralität gekennzeichneter Territorien ermöglicht.109 Es erlaubt, das konkrete Ineinandergreifen von Idiomen in – nicht zwingend mit (späteren) territorialen und / oder kulturell-sprachlich als zusammengehörig begriffenen Einheiten übereinstimmenden – geographischen Räumen zu beleuchten, ohne dabei die einzelsprachliche Perspektive zu verstellen oder zu blockieren. Ganz im Gegenteil: Die Geschichte von Einzelsprachen, Standardisierungsprozesse und Konstitu107 Oesterreicher 2007, 67. 108 Vgl. Hafner 2009, 111. 109 Vgl. dazu 1.2 und exemplarisch Oesterreicher 2007; Krefeld 2004, 139 ff.; Hafner 2009.

2.2 Die Räumlichkeit der sprachlichen Kommunikation

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ierung des Diasystems sind im Rahmen des Konzepts des Kommunikationsraums verankert und sollten aus dieser Perspektive heraus beschrieben werden: Die Geschichte jeder Einzelsprache sollte grundsätzlich aus der Geschichte des potentiell mehrsprachigen Raums heraus entwickelt werden.110

Aus welchem Grund wird nun der Begriff des ‘Kommunikationsraums’ dem Begriff des ‘Sprachraums’ vorgezogen? Oesterreicher fasst die Problemhaftigkeit des zuletzt genannten Begriffs, der häufig hochgradig politisch verwendet wird, folgendermaßen zusammen: Die bequeme, aber unreflektierte Rede vom ‘Sprachraum’ oder auch die nur unbewusste Orientierung an dieser Idee, spiegelt dem Betrachter vor, dass Sprachen ‘Räume füllen’ würden, was sie […] nie und nirgends können.111

Der Begriff ‘Sprachraum’ impliziert Uniformität von sprachlichen Phänomenen im Raum. Bedenkt man die menschheitsgeschichtliche Konstante der Bewegung von Sprechern (verschiedenster Idiome) im Raum, sei diese nun durch Handel, Migration, Kolonisation, Kriege und Vertreibungen, Transhumanzbewegungen etc. ausgelöst, wird deutlich, dass es wohl äußerst selten einen geographischen Raum gibt oder gab, in dem nicht zumindest zeitweise verschiedene Idiome koexistierten.112 Aber auch in Bezug auf eine historische Einzelsprache verleitet der Begriff des ‘Sprachraums’ zu einer vereinfachenden Betrachtungsweise, die sich durch 110 Krefeld 2004, 141. 111 Oesterreicher 2007, 70. 112 Oesterreicher (2007, 69) zieht Katalonien und Hispanoamerika als Beispiele für eine die Realität verzerrende Rede von (katalanischen bzw. spanischen) ‘Sprachräumen’ heran. Krefeld (2004, 11) zeigt eindrücklich, wie gerade in der sich der diatopischen Variation widmenden Sprachgeographie die Mehrsprachigkeit im Raum als Phänomen häufig systematisch ausgeblendet wurde: „Raumspezifische und kontaktlinguistische Fragestellungen gehören auf selbstverständliche Art zusammen. Erstaunlicherweise ist ihre systematische Verknüpfung jedoch durchaus nicht selbstverständlich. Die in unseren Handbüchern üblichen Sprachenkarten […] folgen nämlich dem Modell des Mosaiks, so dass größere Räume als Zusammensetzung mehr oder weniger kleinerer, jeweils einsprachiger Teilräume erscheinen; berücksichtigt werden dabei […] einerseits Nationalsprachen, andererseits sog. Sprachinseln […]. Sprachenkarten dieser Art können (und wollen) die Mehrsprachigkeit ein- und desselben Ortes bzw. Raums nicht darstellen – selbst dann nicht, wenn sie wie etwa im Fall der Elsässer oder Südtiroler ganze Sprachbzw. Sprechergemeinschaften auszeichnet. Denn Sprachenkarten dieses Typs erfassen eben Sprachen und nicht Sprechergemeinschaften und zwar ausschließlich in einer ganz spezifisch geographischen Sicht, nämlich als ob sie konstitutive Elemente der Topographie eines Raumes wären.“

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2. Sprachenpluralität und -autorisierung im Regno di Napoli

die Konzentration auf die als Standard sanktionierte Referenzvarietät auszeichnet und das Miteinander verschiedener Varietäten innerhalb des Diasystems unterschlägt.113 Schließlich birgt der Begriff des ‘Sprachraums’ und die darin implizit mitschwingende Homogenität die Gefahr, bei der Bearbeitung von diachronischen Themen und gerade in der Sprachgeschichtsschreibung allzu leicht wieder Opfer einer „teleología invertida“,114 zu werden und vom Standpunkt des heutigen Betrachters monodimensional auf die Entwicklung zu blicken, die zur heutigen Konfiguration des als mit einem nationalen Territorium zusammenfallend angenommenen (italienischen, spanischen, französischen etc.) Varietätenraums mit dessen ‘Mitspielern’ geführt hat. Muss der Begriff ‘Sprachraum’ nun konsequent vermieden werden oder ist er bei genauer Definition und Abgrenzung unter Umständen doch verwendbar? Oesterreicher grenzt ihn klar ein und lässt Sprachräume auf historischer Ebene höchstens gelten als „sprachkriterial-raumbezogene Abgrenzungen, die allein aussagen, dass bestimmte Sprecher und Sprechergruppen in einem Kommunikationsraum bestimmte Sprachen oder Dialekte diskurstraditionell differenziert einsetzen“.115 Es kann somit nur innerhalb eines Kommunikationsraums von Sprachräumen die Rede sein, wobei bei Letzterem der ‘Raum’ eher metaphorisch zu verstehen ist. Allerdings bleibt fraglich, ob der Begriff, auch bei dieser reduzierten und klar in seiner Referenz definierten Verwendung, nicht dennoch zu einer (unbewussten) teleologischen Orientierung des Zugriffs in Bezug auf die Rekonstruktion historischer Kommunikationsräume führen kann. Eine solche wäre im Hinblick auf das Forschungsinteresse der vorliegenden Arbeit, die Beschreibung der Kopräsenz verschiedener Idiome und deren unterschiedlicher Status und diskurstraditioneller Verteilung – in diesem Sinne deren ‘Sprachraum’ – im spanischen Vizekönigreich Neapel, fatal.

113 „[A]ußerdem koexistieren Sprachformen qua Varietäten schon beim Sprecher gegebenenfalls nicht allein mit anderen Varietäten; und der Standard ist in der Regel eben auch eine derartige, allerdings ausgezeichnete Varietät, die in der Regel überhaupt erst als ‘Zweitsprache’ erlernt wird“ (Oesterreicher 2007, 66 f.). 114 Oesterreicher 2004a, 241. 115 Oesterreicher 2007, 67.

2.2 Die Räumlichkeit der sprachlichen Kommunikation

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2.2.2 Die räumlichen Dimensionen der sprachlichen Kommunikation Wie lässt sich die nun als Teilraum des historisch und geographisch umrissenen Kommunikationsraums des Vizekönigreichs Neapel gefasste Verwaltungskommunikation116 hinsichtlich der in 1.2 angesprochenen Fragestellungen beschreiben? Für die vorliegende Arbeit werden die von Krefeld (2004) eingeführten Dimensionen des kommunikativen Raums, die über die rein geographische Fassung des Konzepts des Kommunikationsraums hinausweisen, in die Diachronie überführt. Krefeld fasst in seiner Einführung in die Migrationslinguistik den Begriff des kommunikativen Raums mehrdimensional auf, um „die eindimensionale Beschränkung auf den diatopischen Raum einer Einzelsprache zu überwinden und auch die räumliche Konditionierung solcher Konstellationen in den Blick zu nehmen, die sich durch prekäre, mit einer starken Variation einhergehende Mehrsprachigkeit auszeichnen“.117 Der kommunikative Raum konstituiert sich durch die Dimensionen 1. [der] Räumlichkeit der Sprache (im Sinn der Arealität118 und Territorialität) 2. [der] Räumlichkeit des Sprechers (im Sinn der Provenienz und Mobilität)

116 Zum Begriff der Verwaltungskommunikation vgl. 2.3.3. 117 Krefeld 2004, 19. 118 Krefeld 2004, 22, [Hervorhebungen im Original]. Krefeld unterscheidet in der Räumlichkeit der Sprache zwischen „sprachliche[r] Arealität, d. h. der Bindung sprachlicher, in der Regel dialektaler Merkmale an einen spezifischen Ort“ (Krefeld 2004, 23, [Hervorhebung im Original]) und „d[er] sprachsoziologisch zu beschreibende[n] Territorialität, d. h. d[er] staatlich garantierte[n] und nicht selten juristisch sanktionierte[n] Geltung einer Staatssprache in einem administrativ scharf begrenzten Gebiet. Diese Sprachen, die in der Regel über voll ausgebaute und normierte Standardvarietäten verfügen, bezeichnet man als ‘implementiert’. Man spricht auch von ‘Dachsprachen’, da sie durch ihre großräumige Verbreitung zu Leit- und Bezugsvarietät für mehr oder weniger zahlreiche und womöglich sehr unterschiedliche kleinräumige Idiome werden, die eben durch die ‘Überdachung’ den sprachsoziologischen Status von Dialekten bekommen und gewissermaßen in symbiotischer Verflechtung mit dem Standard zur Herausbildung komplexer ‘historischer Sprachen’ führen“ (Krefeld 2004, 23 f., [Hervorhebung im Original]).

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2. Sprachenpluralität und -autorisierung im Regno di Napoli

Abb. 2: Die Räumlichkeit der sprachlichen Kommunikation, aus Krefeld 2004, 23

3. [der] situative[n] Räumlichkeit des konkreten Sprechens (im Sinn der Positionalität der Kommunikanten und ihrer Interaktion)119 Die genannten räumlichen Dimensionen der Kommunikation nehmen allesamt Einfluss auf die sprachliche Gestaltung der Mitteilung (vgl. Abb. 2). Der von Krefeld verwendete Begriff des kommunikativen Raums, in dessen jeweils spezifischen Kontext jeder Diskurs eingebettet ist, geht teilweise über die Ebene des aktuellen Diskurses hinaus, da er nicht nur das einzelne Kommunikationsereignis umfasst, sondern gerade auch die Habitualisierung des Duktus’ desselben durch bestimmte Sprecher oder Sprechergruppen in konkreten Räumen120 in den Blick nimmt. Fundamental für den Begriff des kommunikativen Raums, wie ihn Krefeld 119 Unter Positionalität fasst Krefeld (2004, 25) die relative Nähe / Distanz der an der Kommunikation Beteiligten während die Situationalität die relative pragmatische Nähe in Abhängigkeit von der spezifischen Kommunikationssituation bezeichnet. 120 Der Begriff Raum wird von Krefeld explizit nicht metaphorisch gebraucht (vgl. Krefeld 2004, 22, Anm. 31).

2.2 Die Räumlichkeit der sprachlichen Kommunikation

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verwendet, ist dessen Sprecherzentriertheit, die angesichts der Verortung in der Migrationslinguistik als einzig mögliche erscheint. Die auf der gleichen Ebene wie die Räumlichkeit des Sprechers angeordnete Räumlichkeit des Hörers, die sich – wie Erstere – durch dessen Provenienz, Mobilität und sein (mitunter durch diese beiden Faktoren bedingtes) Repertoire auszeichnet, ist für die vorliegende Untersuchung von besonderer Bedeutung: Sie erlaubt die Einbeziehung des Rezipienten und dessen Mehrsprachigkeit in die Analyse der Verwaltungskommunikation. Eng mit dem Begriff des kommunikativen Raums verknüpft ist der Begriff des Glossotops, welcher ebenfalls sprecher- beziehungsweise sprechergruppenzentriert ist und sich definiert als die Gesamtheit der Regularitäten (und damit der kommunikativen Reichweiten), die den lokalen Gebrauch der sprachlichen Varietäten in einer bestimmten lebensweltlichen Gruppe (zum Beispiel einer Familie, einer Nachbarschaft, einer peer-group etc.) steuern; das nicht sprach sondern sprecher(gruppen)basierte Konzept fasst die varietätengebundenen kommunikativen Gewohnheiten sowohl der Gruppenmitglieder untereinander als auch die zwischen Gruppenmitgliedern und eher locker verbundenen oder ganz außenstehenden Sprecher(inne)n zusammen. Glossotope bilden die kleinstmöglichen und deshalb grundlegenden Einheiten des kommunikativen Raums überhaupt.121

Beide Begriffe – kommunikativer Raum und Glossotop – weisen durch die Einbeziehung der Entstehung und Habitualisierung von kommunikativen Routinen innerhalb bestimmter Netzwerke schon auf die Verwendung des Begriffs des Kommunikationsraums auf der historischen Ebene hin. Die geographische Verankerung des Begriffs des Kommunikationsraums, deren Primat Oesterreicher auch für die Verwendung des Begriffs des Glossotops fordert, tritt in Krefelds Beschreibungsmodell neben die anderen räumlichen Dimensionen der sprachlichen Kommunikation. Indem das Krefeld’sche Konzept des kommunikativen Raums nicht auf die ausschließliche Beschreibung von diatopischer Variation (Arealität) (und somit rein Sprach-geographischer Beschreibung) abzielt, sondern die Räumlichkeit der Sprache in Arealität und Territorialität geteilt wird, sowie neben dieser auch die Dimension des Sprechers und die Dimension des Sprechens Eingang finden, trägt es auch sprachsoziologischen und soziolinguistischen Faktoren Rechnung, welche die kommunikativen Routinen entscheidend prägen. Nun stellt sich die Frage nach der Art der Verankerung des Kommunikationsraums auf der historischen Ebene. Ist der Kommunika121 Krefeld 2004, 25 f.

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2. Sprachenpluralität und -autorisierung im Regno di Napoli

tionsraum primär geographisch zu fassen, wie Oesterreicher dies fordert,122 oder sind die Netzwerke aus Sprechern und deren Kommunikationsräume als personen- beziehungsweise gruppengebundene Größen in den Vordergrund zu stellen, wie es das Krefeld’sche Modell nahelegt? Letztere sind zwar geographisch in einem Raum zu verorten, unter Umständen weisen sie aber mit den eigenen Kommunikationsroutinen auch über diesen hinaus, was beispielsweise durch hohe Mobilität oder den intensiven Kontakt mit anderen Kommunikationsräumen bedingt sein kann. Eine Verbindung beider Perspektiven scheint mir für die vorliegende Arbeit sinnvoll. Diese kann durch die, auf die Diskursdomäne der Verwaltungskommunikation beschränkte, partielle Rekonstruktion der räumlichen Dimensionen der Kommunikation innerhalb eines raum-zeitlich abgesteckten Kommunikationsraums aus den konkreten Kommunikationszeugnissen, also den Texten beziehungsweise als solchen überlieferten Diskursen erfolgen. Die Rekonstruktion des Kommunikationsraums Regno di Napoli auf glossotopischer Grundlage lässt sich freilich im Rahmen dieser Arbeit schon angesichts der territorialen und zeitlichen Ausdehnung des spanischen Vizekönigreichs und der dadurch bedingten Vielzahl an unterschiedlichen Glossotopen nicht leisten. Auch kann eine diachrone Analyse zwangsläufig nur Bruchstücke von diesen rekonstruieren, da der Bereich der medialen Mündlichkeit höchstens indirekt erschlossen werden kann und die Überlieferung medial schriftlich abgelaufener Kommunikation nur einen kleinen Ausschnitt der kommunikativen Gewohnheiten einer Sprechergruppe umfasst. Innerhalb des politisch-territorial klar umrissenen Kommunikationsraumes sollen aus der Rekonstruktion der räumlichen Dimensionen der sprachlichen Kommunikation aus einzelnen Kommunikationsereignissen der Verwaltungskommunikation dennoch zumindest kommunikative Teilräume dargestellt werden. Diese geben sprecherbezogen auch Hinweise 122 „Diejenigen, die mit dem Konzept ‘Sprachraum’ hantieren, sollten – wenn sie schon nicht das Konzept des Kommunikationsraums akzeptieren – nach meiner Meinung wenigstens den von Thomas Krefeld schon früh ins Spiel gebrachten Begriff des Glossotops stark machen, allerdings strikt historisch-geographisch definiert – und gerade nicht schon vorgängig metonymisch-soziolinguistisch auf bestimmte Sprechergruppen verschoben und eingeschränkt. Der Begriff sollte nämlich zuerst einmal ohne Ansehen ihres jeweiligen Status von vornherein alle an einem Ort koexistierenden Sprachen und Varietäten, auch in ihrer Dynamik, fokussieren; soziopragmatische Funktionskennzeichnungen können dann selbstverständlich folgen“ (Oesterreicher 2007, 68, [Kursivierungen im Original]).

2.2 Die Räumlichkeit der sprachlichen Kommunikation

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auf Prozesse und Ergebnisse des „equilibramento comunicativo“123 und somit auf die Ausgestaltung sprachlicher Pluralität im Vizekönigreich Neapel. Im folgenden Abschnitt werden Möglichkeiten aufgezeigt, wie die skizzierten Konzepte aus der synchron orientierten Migrationslinguistik für die Diachronie fruchtbar gemacht werden können. 2.2.3 Die Dimensionen des kommunikativen Raums: eine Anpassung in die Diachronie Für das Vizekönigreich Neapel kann angesichts des Forschungsbefunds und des Fehlens einer expliziten Sprachpolitik (vgl. 2.1.2) für die Räumlichkeit der Sprache nicht von Territorialität im Sinne der (expliziten) und exklusiven Sanktionierung einer Einzelsprache und somit von deren Implementierung gesprochen werden. Dennoch erscheinen bestimmte Idiome in gewissen kommunikativen Kontexten mehr oder weniger stark autorisiert. Ohne zwingend explizite Sanktionierung zu umfassen, kann in Bezug auf die räumlich-institutionelle Gültigkeit von Idiomen qua deren mehr oder weniger obligatorischen und exklusiven Verwendung von ‘Institutionalität’ gesprochen werden. Diese wird hier verstanden als ‘habitualisierte Verwendung und dadurch erfolgende Autorisierung von einzelnen Idiomen durch bestimmte Verwaltungsinstitutionen oder deren Vertreter innerhalb spezifischer Diskurstraditionen’.124 Es muss unterstrichen werden, dass damit nicht beabsichtigt wird, einzelne Idiome bestimmten Institutionen im Sinne von Verwaltungsorganen zuzuordnen. Es geht vielmehr darum, die Korrelation von bestimmten administrativen Kommunikationssituationen mit spezifischen Idiomen aufzuzeigen. Institutionalität kann sich einerseits hinsichtlich einer Institution im Sinne eines Verwaltungsorgans, andererseits hinsichtlich der Textsorte beziehungsweise Diskurstradition manifestieren; beide Aspekte können auch miteinander verknüpft sein. Unter Umständen kann die Institutionalität von Idiomen aber auch durch individuelle Sender-Empfänger Konstellationen bedingt sein. An dieser Stelle offenbart sich der Übergang zur Räumlichkeit des Sprechers, insofern sich aus der potentiell vorhandenen Institutionalität verschiedener Idiome in verschiedenen Diskurstraditionen, als deren Produzenten respektive Rezipienten Vertreter oder Vertretergruppen ein123 Krefeld 2002, 19. 124 Schwägerl-Melchior 2011, 137.

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zelner Institutionen fungierten, Erkenntnisse hinsichtlich dieser Personen und ihrer Sprachkenntnisse gewinnen lassen. Auch wenn die Problematik der nicht (immer) gleichzusetzenden Instanzen verschriftende Person, Autor und Mittent, einen direkten Rückschluss auf einzelne Personen teils erschwert (vgl. 2.3.2), legt die sprachlich diversifiziert gestaltete Partizipation einzelner Personen an verschiedenen Kommunikationssituationen doch nahe, die Dimension der Person in die Überlegungen mit einzubeziehen. Aus dem Vergleich verschiedener Kommunikationssituationen, an denen bestimmte Personen oder Personengruppen als Sender und / oder Empfänger beteiligt sind, kann das Repertoire der betroffenen Personen – und somit ein Teil der Räumlichkeit des Sprechers – zumindest teilweise rekonstruiert werden.125 In Einzelfällen liegen darüber hinaus metasprachliche Beobachtungen zur Sprachverwendung einzelner Personen vor, die sowohl in die Rekonstruktion der Institutionalität bestimmter Idiome in bestimmten Kommunikationssituationen als auch in die Hypothesenbildung hinsichtlich des Repertoires einzelner Sprecher beziehungsweise Sprechergruppen einfließen. Hypothesen bezüglich des Repertoires einzelner Sprecher lassen sich neben textuellen Belegen und metasprachlichen Beschreibungen auch aus Angaben zu deren Herkunft beziehungsweise deren Biographie bilden. So verhält es sich beispielsweise im Fall des Neapolitaners Sigismondo de Loffredo, der im Dienste der spanischen Krone einige Jahre seines Lebens in Spanien und in Flandern verbrachte. Diese Aufenthalte sind durch prosopographische Werke und teils auch durch Angaben in seinen eigenen Briefen dokumentiert und spiegeln sich sprachlich in den diesem Mittenten zuzuordnenden Texten in außergewöhnlicher Art und Weise wider (vgl. 4.2). Auch im Rahmen der Protokolle der Visitationen wird häufig zu Beginn der Zeugenbefragung unter den soziodemographischen Angaben wie Alter, Name und Beruf auch die Herkunft erwähnt.126 Die gesetzliche Festlegung eines Proporzsystems zur Ämterbesetzung (vgl. 3.1.1) erlaubt ebenfalls zumindest teilweise Rückschlüsse auf die anzunehmende geographische Herkunft bestimmter 125 Vgl. Schwägerl-Melchior 2011. 126 Hier stellt sich die Angabe napolitano in manchen Fällen als problematisch dar, da frühneuzeitliche ‘Staatsangehörigkeit’ andere Züge trug, als heute und hinsichtlich der anzunehmenden Erstsprache des Befragten nicht immer zuverlässig ist. Vgl. 3.1.1. Aufschlussreich ist hingegen der Hinweis auf die Herkunft eines Zeugen von der iberischen Halbinsel – die betreffende Person wird beispielsweise als „Hispanus“ deklariert –, da es sich angesichts des Befragungsorts Neapel bei den betreffenden Befragten zumeist um frühneuzeitliche Migranten, die teils schon mehrere Jahrzehnte in Neapel ansässig waren, handelte. Vgl. 3.2.1 und 4.3.2.

2.3 Sprachliche Pluralität und Mehrsprachigkeit in der Verwaltungskommunikation

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Amtsträger. Selbstverständlich impliziert diese Feststellung nicht die automatische Gleichsetzung der geographischen Herkunft mit einer spezifischen Sprachverwendung. Die Hinweise auf die geographische Herkunft können aber, gerade wenn die verwendete Sprache in Relation dazu eine allochthone Sprache darstellt, Hypothesen zur Mehrsprachigkeit der Personen plausibel werden lassen. Aber nicht nur Provenienz und Mobilität nehmen im Vizekönigreich Neapel Einfluss auf das Repertoire einzelner Sprecher. Angesichts der Zusammenarbeit von Spaniern und Regnicoli im Verwaltungsapparat ist hier eine Ergänzung der die Dimension des Sprechers kennzeichnenden Faktoren durch die Komponente des aus der Zusammenarbeit resultierenden Netzwerkes und einer dadurch eventuell annehmbaren Erweiterung des Repertoires einzelner Personen nötig. Gerade hinsichtlich dieser durch Netzwerke bedingten potentiellen Erweiterung des Repertoires bleibt neben aktiver Sprachverwendung die Ausbildung von Phänomenen der Interkomprehension zwischen den romanischen Muttersprachen und der Erwerb von zumindest passiven Kenntnissen des jeweils anderen Idioms zu berücksichtigen.127 Hinsichtlich der Räumlichkeit des Sprechens ist im Bereich der Verwaltungskommunikation eine vorwiegende Verortung in Richtung des Pols der kommunikativen Distanz anzunehmen. Nähesprachliche Elemente sind aber in Verhörprotokollen aus Prozessen und den Visitationen in unterschiedlichem Ausmaß greifbar (vgl. 4.3.2).

2.3 Sprachliche Pluralität und Mehrsprachigkeit in der Verwaltungskommunikation 2.3.1 Sprachliche Pluralität und Mehrsprachigkeit Der Begriff der sprachlichen Pluralität ist sprachwissenschaftlich und allgemeinsprachlich bei Weitem nicht so geläufig wie der Begriff der Mehrsprachigkeit.128 Dieser Umstand macht eine Definition des Begriffs, wie er in der vorliegenden Arbeit verwendet wird, in seiner Relation zum Begriff der Mehrsprachigkeit, welcher seinerseits differenziert werden muss, nötig. Im Anschluss an die Ausführungen zum Pluralisierungsbegriff wird ‘sprachliche Pluralität’ in der vorliegenden Arbeit verstanden als 127 Vgl. Schwägerl-Melchior 2011; 2013. 128 Der Begriff findet sich allerdings in den Erziehungswissenschaften, beispielsweise bei Allemann-Ghionda 2006.

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2. Sprachenpluralität und -autorisierung im Regno di Napoli

‘Kopräsenz verschiedener Idiome in einem bestimmten geographisch klar umrissenen Gebiet’. Der Begriff der sprachlichen Pluralität erfordert keine weiteren Bestimmungskriterien sprachsoziologischer oder soziolinguistischer Natur, etwa den Ausbaugrad und Status der beteiligten Idiome betreffend. Er referiert zunächst einmal nur auf die Tatsache, dass in einem geographisch umrissenen Kommunikationsraum mehrere Idiome vorhanden und in diesem organisiert sind.129 Er entspricht somit inhaltlich dem Begriff der territorialen Mehrsprachigkeit, wie er von Lüdi als „wie auch immer gelagerte Koexistenz von mehreren Sprachen auf ein- und demselben Territorium wie in der Stadt Brüssel (Niederländisch, Französisch)“130 definiert wird. Sprachliche Pluralität – wie sie in der oben skizzierten Fassung grundsätzlich allgegenwärtig ist, wenn man unter den Begriff Idiom nicht nur historische Sprachen, sondern auch deren Varietäten fasst – findet ihren Niederschlag in verschiedenen Phänomenen von Mehrsprachigkeit. Diese können, müssen aber nicht zwingend miteinander verknüpft sein.131 In Abgrenzung zum Oberbegriff der ‘sprachlichen Pluralität’ wird im Folgenden der Begriff der ‘Mehrsprachigkeit’ differenziert. Lüdi unterscheidet neben der territorialen Mehrsprachigkeit (im Sinne sprachlicher Pluralität) „individuelle Mehrsprachigkeit oder Multilingualität von Menschen mit mehr als einer Sprache in ihrem Repertoire […]“, „soziale Mehrsprachigkeit oder Diglossie von Gesellschaften, in denen mehrere Sprachen mit unterschiedlichen Funktionen koexistieren, wie Rätoromanisch und Deutsch in Graubünden oder Französisch und Arabisch in den Immigrantenvorstädten von Paris“ sowie „institutionelle Mehrsprachigkeit von nationalen oder internationalen Verwaltungen wie die europäische Union, welche ihre Dienste in verschiedenen Sprachen anbietet“.132 Es ist davon auszugehen, dass im spanischen Vizekönigreich Neapel die territoriale Mehrsprachigkeit bzw. Sprachenpluralität in Formen der individuellen Mehrsprachigkeit zum Ausdruck kam, aber auch die Ausprägung sozialer sowie institutioneller Mehrsprachigkeit nach sich zog. 129 Vgl. Oesterreicher 2007, 67. 130 Lüdi 1996, 233. 131 Der Begriff der Mehrsprachigkeit und auch die romanischen Äquivalente wie das italienische plurilinguismo beinhalten im Element ‘Sprache’ den impliziten Hinweis auf den sprachsoziologischen Status der beteiligten Idiome. In der vorliegenden Arbeit wird der Begriff ausdrücklich auch in Kontexten verwendet, in denen er auf die Kopräsenz von (sich relationierendem) Dialekt und (entstehender) Standardvarietät referiert 132 Lüdi 1996, 234.

2.3 Sprachliche Pluralität und Mehrsprachigkeit in der Verwaltungskommunikation

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In der Diachronie lassen nur die verschiedenen „diskursiven Manifestationen des Sprachkontakts“133 Rückschlüsse auf Formen der individuellen, kollektiven, sozialen und institutionellen Mehrsprachigkeit im durch sprachliche Pluralität geprägten Kommunikationsraum zu. Hinsichtlich der diskursiven Manifestationen von Mehrsprachigkeit lassen sich nach Lüdi zwei Gruppen von Fragestellungen unterscheiden: diejenige nach der Sprachenwahl und diejenige nach der gegenseitigen Beeinflussung zweier Sprachsysteme: Am Schnittpunkt zwischen individueller und sozialer Mehrsprachigkeit gelegen haben verschiedene diskursive Manifestationen des Sprachkontakts in den letzten Jahren vermehrt die Aufmerksamkeit der Forschung auf sich gezogen. Dabei lassen sich zwei Gruppen von Fragestellungen unterscheiden: (a) jene danach, welche Sprache welcher Situation angemessen ist (! Sprachenwahl) und (b) jene nach den Typen und Funktionen formaler Manifestationen des Kontaktes zwischen zwei Sprachsystemen in der Rede (! transkodische Markierungen).134

Beide Arten der diskursiven Manifestation von Sprachkontakt dienen im Folgenden als Ausgangspunkt für die Eingrenzung der verschiedenen Formen der Mehrsprachigkeit, die sich in der neapolitanischen Verwaltungskommunikation feststellen lassen. 2.3.2 Manifestationen von Sprachenpluralität: Mehrsprachigkeit der Texte, Mehrsprachigkeit der Kommunikation, Mehrsprachigkeit der Personen An die Zweiteilung der diskursiven Manifestationen von Mehrsprachigkeit von Lüdi lassen sich Überlegungen zu Möglichkeiten und Limitierungen der diachronen Rekonstruktion von mehrsprachigen Kommunikationsräumen anschließen. Wird der Fokus der Untersuchung auf Sprachenwahl gelegt, so stehen meist soziolinguistische Interessen im Vordergrund. Es wird primär nach Ausprägungen der sozialen Mehrsprachigkeit gefragt, wobei diese selbstredend nicht unabhängig von individueller und kollektiver Mehrsprachigkeit und institutioneller Mehrsprachigkeit ist. Werden hingegen als Untersuchungsgegenstand transkodische Markierungen gewählt, liegt das Erkenntnisinteresse stärker auf dem Aspekt individueller Mehrsprachigkeit und reicht somit in Bereiche der Psycholinguistik und 133 Lüdi 1996, 240 134 Lüdi 1996, 240.

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2. Sprachenpluralität und -autorisierung im Regno di Napoli

der Spracherwerbsforschung hinein. Beide Arten der diskursiven Manifestation von Mehrsprachigkeit sind für die Rekonstruktion historischer Kommunikationsräume gleichermaßen wichtig, da sprachliche Pluralität (beziehungsweise territoriale Mehrsprachigkeit) sich in Phänomenen der Mehrsprachigkeit auf verschiedenen Ebenen manifestieren kann, die im Folgenden differenziert werden. Zuvor ist es an dieser Stelle notwendig, den Begriff des Dokuments vom Begriff des Textes abzugrenzen. Inwieweit ist der Begriff des Textes deckungsgleich mit dem Begriff des Dokuments beziehungsweise der Quelle, wie sie in der Geschichtswissenschaft, der Diplomatik und Paläographie verwendet werden? Zur Beantwortung dieser Frage wird hier eine von Jan Fellerer in seiner Arbeit zur mehrsprachigen Verwaltung im österreichischen Galizien skizzierte Unterscheidung zwischen Text und Dokument oder Akte aufgegriffen: Ein archivalisches Dokument kann, wie Fellerer darlegt, durchaus mehrere Texte umfassen (zum Beispiel eine Klage und einen Kanzleivermerk).135 Dass diese Unterscheidung von großer Bedeutung für die Untersuchung der im Folgenden skizzierten Arten von Mehrsprachigkeit ist, sei anhand zweier Beispiele illustriert. Bei (1) handelt es sich um einen kurzen Auszug aus einem Brief, der vom neapolitanischen Mitglied des den Vizekönig beratenden Consiglio Collaterale 136 an den spanischen König Karl I. geschickt wurde: 137 (1) […] El cardinale non resto contento et mando exequutare lo che havea mandato ya, y assi se li corto la manu poco ante de no che a la misma hora Despiaciome non me essere trovato con lo cardinale quando huvo esto otro, che si como provecchai ad non far aggravar lo primero haverria operato che non fosse aggravato questo altro per che secundo dicen quelli che si trovarono presente quando rignieron lo chi levao lo boffettone havea dicto ad lo otro che mentea per lo che non todo fuera de raçon lo otro le piego el boffettone y ultra de esto hay orden en la vicaria che chi da boffettone, o, perde la mano, o, paghe dece oncze che son sexanta docati. Et tanto meno se_li potea cortare la manu a este che la perdio che, e homo de maior qualita de lo otro, per che, e gentilhomo, de caserta et la muger de su padre, su madre, e, de muy buona casta de questa cita Et ipso era homo de arme de v(ostra) M(aes)ta homo ben creato et che altre volte non havea delinquito et lo otro, e homo de inferior gradu attriveto et in dicta casa attrivio per essere sobrino de un 135 Fellerer 2005, 22. 136 Zu einer Analyse dieses und anderer Briefe des Mittenten vgl. 4.2. 137 Die Angabe der Archivakte bzw. -dokuments (hier: Archivo General de Simancas, Estado, Legajo 1012, Dokument 24) erfolgt nach dem Zitat. Vgl. zu den verwendeten Transkriptionskriterien und der Zitierweise der Archivquellen ausführlich 4.1.

2.3 Sprachliche Pluralität und Mehrsprachigkeit in der Verwaltungskommunikation

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clerico che sirve al cardinale per falconero. Quisto casu assi repentino ha turbato la mente de tutti universalmente tanto piu che la cita molti seggi et molti cavalierj supplicarono al cardinale con molta humilita che non mandasse fare dicta exequuitione, et non volse obtorgarlo. Jo, si havesse saputo che lo dicto che ha perdida la manu era in dicta casa non serria partito da lla et forsi haverria iovato in alcuna cosa, et de po che io ne hebbi notitia era tard […] et como el cardinal posa fuera la cita non huvi lo tiempo de volver alla per che luego al dicto se li corto la manu, et in esto se vede quanto e damnoso che el cardinale stea apposentado fuera la cita, et che solo sin conseio et pareçer de vostri ministri lettradi mande et scriva sin lo nombre et sig(i)llo de v(ostra) M(aes)ta lo che le pareçe porche ahunche el sia ombre cuerdo non pote accertare solo et sin pareçer de lettradi quello che vole la iustitia Me è pareçido de questo dar notitia ad v(ostra) M(aes)ta para che seppa como, e, raçon como, e, passato este negotio […].138

In Beispiel (1) handelt es sich um einen von einer graphisch eindeutig nur einem Schreiber zuzuordnenden Hand geschriebenen Text, der massive Phänomene von Code-Switching und Code-Mixing und somit transkodische Markierungen aufweist. In diesem Fall kann von einem mehrsprachigen Text gesprochen werden, da der Text als Ganzes einer einzigen Kommunikationssituation zugeordnet werden kann. Im zweiten Beispiel, einem Schreiben des höchsten Finanzgerichtshofs in Neapel der Regia Camera della Sommaria, das sich ebenfalls an den spanischen König richtet, ist der Fall anders gelagert. (2) [1r] S(acratissima) Ces(area) et Cath(olica) M(aes)ta Poi de haver Basato su[…] Imperial mano: li Giorni passati hebemo l(ette)re de la M(aes)ta v(ost)ra directe a questa R(eg)ia Camara per le quale ne comandao che dovessemo revedere il libro de li offitij de la R(eg)ia Corte de quisto Regno: che altra volta fo facto et embiato per questa camara a_la M (aes)ta v(ostra) Et che lo Dovessimo accomodare et reformare. Et cossi lhavemo fatto: con tucta la diligentia che se ha possuto con havere ancora agionti tucti quilli offitij che da poi del altro libro se son trovati: como per quillo la M(aes) ta v(ostr)a potra mandar veder quale li embiamo clauso et sigillato: La M(aes) ta v(ostra) ne ha ancora comandato che li embiamo copia de le cedule, o, vero cunti chi si presenteranno In questa camara del administratione del mag (nific)o Alonso sanch(e)z thesorero g(e)n(er)ale de quisto Regno: et cossi havemo fatto copiare le Due ultime che conteneno l’administratione de uno anno Integro dal primo de Juglio 1552 fi al ultimo de Jugnio 1553: Et perche [1v] da li dettj doi cunti depende laltro cunto del Introito et exito che se e’ fatto a la Impresa de Siena, quale e’ gia presentato: Pero embiamo a v(ost)ra M(aes) ta le copie de li dicti Doi cunti de uno anno: et del altro cunto del administratione Del exercito de siena giontamente: In li quali cunti stanno tucte le 138 Archivo General de Simancas (AGS), Estado (EST) 1012 – 24, (Dokument ohne Paginierung, aber 1v – 2r), [Hervorhebungen V.S.].

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2. Sprachenpluralität und -autorisierung im Regno di Napoli

partite de Introito et exito de verbo ad verbum como In li proprij orginali: Et cossi continuaremo di embiarli le copie de tucti li altri cunti che Da qua avante se presentaranno per d(ic)to thesorero da sei In sei mesi, como la M(aes) ta v(ostr)a comanda: Et non se maraveglie che piu presto non siano embiati perche e stato bisognio aspettare che se presente il detto cunto del exercito de siena: et in Gra(tia) de v(ostra) M(aes)ta muy Humilmente ne ricomandamo. Pregando sempr(e) n(ostro) s(ignor) Dio per la salute et prosperita de la M(aes)ta v(ostr)a como per epsa se Desidera: scripta In Napoli a XIIJ de septembro 1553 De v(ostra) s(acratissima) ces(area) et Cath(olica) M(aes)ta Humili servitori et Vassalli chi su[…] Imp(eri)al mano Basano: lo locum(tenen)te et Presidenti de la R(eg)ia Cam(e)ra De la summaria Fran(ces)co de Rev(er)ter 139 el doctor guerrero Paulo de Magnanis io(hannes) Bap(tist)a hogeda Miguel […] Gomez […] Segura [2r alba] [2v]140 Nap(ole)s 1553 a su Ma(gesta)d De_la Regia Camara de_la sumaria de xiij de septiembre MDLIIJ Con el libro de_los officios del Reyno y las dos Cuentas del Th(esore)ro g(e)n(er)al alonso sanchez dessde primero de Julio […] hasta el ultimo de Junio […] y la cuenta del gasto de_la empresa de sena q(ue) depiende de las dos primieras. 141

Die auf 2v befindliche kurze Zusammenfassung des Inhalts des Schreibens unter Nennung des Absenders und Angabe der beiliegenden Dokumente wurde von anderer Hand vermutlich innerhalb der Administration des spanischen Hofs angefertigt. Es handelt sich somit um zwei verschiedene Texte, die zwar in engem inhaltlichem und auch materiellem Zusammenhang stehen, aber zwei unterschiedlichen Kommunikationssituationen entstammen. Wie Fellerer anführt, ist für den Textbegriff mit dem Kriterium der deiktischen Integrität die Möglichkeit der Zuordnung zu einer bestimmten Kommunikationssituation notwendig: Die grundlegenden Merkmale, die jeder Text notwendigerweise aufweisen muss, um überhaupt als sprachliches Kommunikat gelten zu können, sind deiktische und extensionale Integrität, wie etwa innerhalb der pragmatisch orientierten polnischen Textlinguistik deutlich ausgearbeitet wurde. […] Deiktische Integrität bedeutet, dass das sprachliche Gebilde, das als Text gelten soll, von einem Autor oder Autorenkollektiv stammt, an einen Adressaten bzw.

139 Die Unterschriften stammen von unterschiedlichen Händen und können den einzelnen Amtsträgern der Regia Camera della Sommaria zugeordnet werden (vgl. die entsprechenden Einträge bei Intorcia 1987). 140 Der Text auf 2v ist eindeutig nicht von derselben Hand verfasst wie der Brief auf fol. 1. Neben dem transkribierten Text findet sich auf 2v von der Hand, die auch den Brief schrieb, der Adressat des Briefes genannt mit S(acratissimae) Ces(areae) et Cath(olicae) M(aesta)ti. 141 AGS, EST 1045 – 292, [Hervorhebungen V.S.].

2.3 Sprachliche Pluralität und Mehrsprachigkeit in der Verwaltungskommunikation

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Adressatenkreis gerichtet ist und an einem Ort, zu einem Zeitpunkt oder in einem Zeitraum produziert wurde.142

Wendet man dieses Kriterium auf das zweite angeführte Beispiel an, wird klar, dass es sich um zwei klar getrennte Texte handelt, auch wenn beide physisch auf einem Dokument vereint sind. Autor, Entstehungsort und -zeitpunkt sind nicht identisch. Außerdem ist nicht zwingend der gleiche Adressat und das gleiche kommunikative Ziel anzunehmen – im genannten Beispiel hat der Brief mit dem König als Adressaten das klare Ziel der reinen Mitteilung, während der Vermerk auf 2v den Inhalt desselben zu Zwecken der Rationalisierung und Archivierung (in einer anderen Sprache!) zusammenfasst (vgl. Kapitel 4.5). Ein solcher Textbegriff, der den eindeutigen Bezug auf eine konkrete Kommunikationssituation in den Vordergrund stellt, ermöglicht es, auch die in der Frühen Neuzeit gängigen Verfahren, vorangegangene Schriftstücke im aktuellen Schriftverkehr zur Gänze zu zitieren oder diese zusammenzufassen, einzuschätzen. Als Grundeinheit für die Analyse der Formen der Mehrsprachigkeit im spanischen Vizekönigreich Neapel müssen Texte als Zeugnisse vergangener Kommunikationssituationen herangezogen werden und ggf. Dokumente, die mehrere Texte umfassen, in diese unterteilt werden. Die Entstehung der einzelnen Texte, wie diejenige jeglicher Diskurse, ist durch ihre Verankerung innerhalb eines „Kommunikationsraums, in dem Diskurse in konkreten historischen Situationen funktionieren“143 gekennzeichnet, denn [f ]ür jeden Diskurs – und dies gilt auch für Diskurstypen – ist ja eine ganz bestimmte Konstellation von Kommunikationsbedingungen konstitutiv, die die jeweils spezifischen Diskurskennzeichen sowie die jeweiligen Produktionsund Rezeptionsmodalitäten steuern und den Diskurs im Nähe-DistanzKontinuum verankern.144

Auch wenn die Rekonstruktion der Kommunikationsbedingungen, die die Entstehung der uns überlieferten Texte kennzeichneten, in vielen Fällen sicherlich nicht bis ins Detail, teils gar nur bruchstückhaft möglich ist, […] sind diese Texte grundsätzlich daraufhin zu befragen, wie sich ihre uns vorliegende schriftlich fixierte Form zu einem originären kommunikativen Geschehen verhält, das in der Regel zumindest in seiner Grundstruktur rekonstruiert werden kann.145 142 143 144 145

Fellerer 2005, 27 f., [Kursivierungen im Original]. Oesterreicher 1998, 21 f., [Kursivierung im Original]. Oesterreicher 1998, 22. Oesterreicher 1998, 22 f. Vgl. auch Oesterreicher 2007, 59.

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2. Sprachenpluralität und -autorisierung im Regno di Napoli

Bei der Auseinandersetzung mit der textuellen Überlieferung muss also neben der linguistischen Analyse des reinen Textbefundes eine möglichst umfassende Kenntnis der kommunikativen Situation erreicht werden, die Wissen über Sender und Empfänger, Zweck, Anlass, Ort und Zeit der Kommunikation beinhaltet. Lassen sich nun bei der Untersuchung einer ausreichenden Anzahl an hinsichtlich Adressat, Sender und anderer Variablen ausreichend homogener Texte146 Parallelen oder Divergenzen hinsichtlich der Sprachenwahl feststellen, so ist dies als Hinweis auf die spezifische Ausprägung der institutionellen Mehrsprachigkeit und indirekt wiederum auf soziale und individuell / kollektive Mehrsprachigkeit zu bewerten. Festzuhalten bleibt, dass eine strikte Trennung zwischen Text als einer bestimmten Kommunikations- und Verschrift(lich)ungssituation entspringendes schriftliches Zeugnis eines historischen Diskurses und Dokument, welches unter Umständen auch mehrere Texte umfassen kann, erforderlich ist. Der Begriff Text wird unabhängig davon, ob es sich um eine Verschrift(lich)ung eines zunächst phonischen Kommunikationsereignisses oder um einen graphisch fixierten Diskurs handelt, der kein phonisches Vorbild wiedergibt, sondern medial ausschließlich graphisch verfasst wurde – in Bezug auf alle medial schriftlich fixierten und einer bestimmten Kommunikationssituation entspringenden Zeugnisse verwendet.147 Nur die klare Abgrenzung und Definition des Textbegriffs als eine Quelle, welche einem Kommunikationsraum auf der aktuellen Ebene entspringt,148 erlaubt es, den Mehrsprachigkeitsbegriff zu differenzieren. Wie aus den ersten beiden Beispielen ersichtlich wird, handelt es sich bei An146 Diese Kriterien wendet auch Fellerer an: „Texte von vergleichbaren Sendern an vergleichbare Adressaten werden zusammengenommen, und es wird weiters sichergestellt, dass sie in denselbem Zeitraum und an vergleichbaren Orten mit Bezug auf dieselbe ‘Welt’ entstanden sind. Das heißt, es ist zum Beispiel anzunehmen, dass eine Gruppe von Texten mit gleichem Sender und Adressat, mit entsprechendem Ort und Zeitraum der Produktion sowie mit vergleichbarer Referenz auf eine ‘Welt’ regelmäßig in derselben Sprache oder in denselben Sprachen verfasst ist. Entscheidend ist, was unter gleichem Sender und Adressat, unter entsprechendem Ort und Zeitraum der Textproduktion sowie unter vergleichbarer Referenz zu verstehen ist. Denn ‘gleich’, ‘entsprechend’ und ‘vergleichbar’ heißt nicht identisch“ (Fellerer 2005, 28 f.). 147 In der vorliegenden Arbeit werden mit Oesterreicher (1998, 11) also alle graphisch fixierten Diskurse als Texte bezeichnet. Ursprünglich mündliche Diskurse, die medial verschriftet, beispielsweise in Form eines Protokolls, überliefert wurden, können in dieser Fassung des Textbegriffs mit in die Analyse aufgenommen werden. 148 Vgl. Oesterreicher 2007, 59.

2.3 Sprachliche Pluralität und Mehrsprachigkeit in der Verwaltungskommunikation

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Abb. 3: Mehrsprachigkeit der Texte

wendung des skizzierten Textbegriffs im ersten Beispiel um einen ‘mehrsprachigen Text’. Dieser entspringt einer Kommunikationssituation, die durch spezifische Sender- und Empfängerrollen sowie die personelle Besetzung derselben und deren jeweiliger Verortung auf dem Nähe-DistanzKontinuum gekennzeichnet ist. Im zweiten Beispiel hingegen gehen die beiden auf einem Archivdokument und materiell auf ein und demselben Blatt Papier vereinten Texte auf zwei verschiedene Kommunikationssituationen zurück. Sie wurden von verschiedenen Händen an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten mit unterschiedlichen Finalitäten verfasst. Dennoch lässt der – in diesem Fall materiell sicht- und greifbare – enge Zusammenhang, in dem beide auf einem Blatt befindlichen Texte zueinander stehen, Rückschlüsse auf Formen der Mehrsprachigkeit und den Umgang mit sprachlicher Pluralität in der Verwaltungskommunikation des Vizekönigreichs Neapel zu – in diesem Fall auch unter Einbeziehung des spanischen Rätesystems. Das hier sichtbare textuelle Resümierungsverfahren, wie auch Fälle, in denen auf ein in Idiom 1 abgefasstes Schreiben mit einem in Idiom 2 abgefassten Schreiben geantwortet wird, stellen Beispiele für ‘mehrsprachige Kommunikation’ dar. Ausgehend von der Eingrenzung des Textbegriffs und der Abgrenzung von mehrsprachiger Kommunikation kann ‘Mehrsprachigkeit der Texte’ (vgl. Abb. 3) als ‘Kopräsenz von Elementen mehrerer Sprachen beziehungsweise Varietäten in einem einer spezifischen Kommunikationssituation entspringenden von einem Sender oder einer Sendergruppe ausgehenden schriftlich fixierten Diskurs’ gefasst werden. Mehrsprachige Texte zeichnen sich durch die Verwendung von Elementen mehrerer Idiome innerhalb eines von einem Sender in einer bestimmten Situation verfassten Kommunikats aus. Lassen sich für einen Sender oder eine Sendergruppe stark mehrsprachige, durch Code-Mixing und Code-Switching gekennzeichnete Texte nachweisen, kann dies Hinweise auf die Mehrsprachigkeit der Personen, insbesondere der Sender, geben. ‘Mehrsprachigkeit der Texte’ muss unterschieden werden von ‘Mehrsprachigkeit der Kommunikation’. Mit dem letztgenannten Begriff wird

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2. Sprachenpluralität und -autorisierung im Regno di Napoli

Abb. 4: Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1

die Verwendung verschiedener Sprachen beziehungsweise Varietäten in entweder zusammenhängenden oder aber auch – wie unten näher erläutert wird – unabhängig voneinander erfolgenden Kommunikationsereignissen zwischen identischen beziehungsweise vergleichbaren Sendern und Empfängern beschrieben. Abb. 4 illustriert die Konstellation, in der auf ein in einem bestimmten Idiom abgefasstes Schreiben unter Verwendung eines anderen Idioms geantwortet wird, wobei ein kommunikativer und inhaltlicher Zusammenhang zwischen Kommunikationsereignis (1) und Kommunikationsereignis (1’) besteht. Der Begriff der ‘Mehrsprachigkeit der Kommunikation’ wird in der vorliegenden Arbeit nicht nur auf die für die klassischen Kommunikationsmodellen begriffsbestimmenden Sender-Empfänger-Modelle, bei denen Mittent und Rezipient in wechselseitigem kommunikativen Austausch stehen und hierbei die respektiven Rollen tauschen (Abb. 4), beschränkt verwendet, sondern auch in Bezug auf die in Abb. 5 und Abb. 6 dargestellten Vorgänge, die im Folgenden erläutert werden. Auch unabhängig voneinander bzw. nicht in direktem Zusammenhang stehende Kommunikationsereignisse, bei denen jedoch die Kommunikationspartner identisch oder zumindest vergleichbar sind, werden in der vorliegenden Arbeit zur Rekonstruktion der ‘Mehrsprachigkeit der Kommunikation’ herangezogen. Dieses erweiterte Verständnis des Kommunikationsbegriffs ermöglicht es, Texte, die unterschiedlichen Diskurstraditionen angehören, aber ähnliche Sender-Empfänger-Konstellationen aufweisen, hinsichtlich ihrer sprachlichen Gestalt zu befragen und somit der Frage nach der Autorität der Form und der Diskurstradition (vgl. 2.1.1) und deren Wirkmächtigkeit in vergleichbaren Kommunikationssituatio-

2.3 Sprachliche Pluralität und Mehrsprachigkeit in der Verwaltungskommunikation

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Abb. 5: Mehrsprachigkeit der Kommunikation 2

nen nachzugehen. Abb. 5 stellt diese Fälle dar, in denen zwar A und B vergleichbar (im Idealfall identisch) sind, die Kommunikationsvorgänge 2 und 3 sowie 4 und 5 aber weder in einem inhaltlich-kommunikativen noch in einem kausal-zeitlichen Zusammenhang stehen. Schließlich hat die Forschungsarbeit zunehmend erkennen lassen, dass nicht nur der kommunikative Austausch zwischen einzelnen Personen oder Personengruppen als Repräsentanten einzelner Institutionen für die Einschätzung der kommunikativen Routinen relevant ist. Auch die Weiterleitung und textuelle Elaboration von Informationen muss in die Betrachtung der ‘Mehrsprachigkeit der Kommunikation’ mit einbezogen werden. Wie in Abb. 6 dargestellt, stehen hier die einzelnen Kommunikationsereignisse (3 und 3’ sowie 4 und 4’) zwar in einem kommunikativinhaltlichen Zusammenhang, allerdings handelt es sich nicht um „kreisförmige“ Kommunikationsketten, sondern um die Weitergabe von Informationen durch B an einen zweiten Empfänger (C beziehungsweise A). Die Beteiligung einer dritten kommunikativen Instanz ist für die Einschätzung der Institutionalität einzelner Idiome in der Verwaltungskommunikation und die aus der ‘Mehrsprachigkeit der Texte’ und der ‘Mehrsprachigkeit der Kommunikation’ erfolgende Rekonstruktion der ‘Mehrsprachigkeit der Personen’ wesentlich miteinzubeziehen, da sie unter Umständen bedeutsame sprachliche und textuelle Elaborationsprozesse (Zusammenfassungen, Übersetzungen, Zitate) bedingt, aus denen Rückschlüsse auf die Autorisierung einzelner Idiome gezogen werden können. Die schematische Darstellung der Kommunikation in den Abb. 4 – 6 soll selbstverständlich nicht dazu verleiten, aus der Analyse auszublenden, dass in bestimmten Kommunikationskonstellationen auch Einsprachigkeit der Kommunikation festgestellt werden kann, d. h. dass in Bezug auf die in Abb. 4 dargestellte ‘Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1’ sowohl der Kommunikationsvorgang (1) als auch das Kommunikationsereignis (1’)

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2. Sprachenpluralität und -autorisierung im Regno di Napoli

Abb. 6: Mehrsprachigkeit der Kommunikation 3

unter ausschließlicher Verwendung nur eines Idioms erfolgen. Die Feststellung einsprachiger Kommunikationswege und -netze ist für die Rekonstruktion der kommunikativen Routinen im Regno di Napoli genauso wichtig wie diejenige mehrsprachiger Kommunikationswege. Ebenso wenig ist die Sprachenpluralität im Regno di Napoli auf eine reine Zweiteilung ‘Italienisch’–‘Spanisch’ reduzierbar, da – ganz abgesehen von der Questione della lingua und der Frage nach der Abgrenzbarkeit von zwei keineswegs klar distinkten Entitäten Neapolitanisch und Toskanisch – mit dem Lateinischen zumindest ein dritter Mitspieler einzurechnen ist. Es sind also durchaus komplexere Konstellationen möglich, als sie die Abb. 4 – 6 darzustellen vermögen. Diese verstehen sich als Abstraktion möglicher Konstellationen. Selbstverständlich ist für die Kommunikation in Abb. 4 z. B. auch die invertierte Verteilung der Idiome auf Kommunikationsvorgang 1 und 1’ denkbar, beziehungsweise es kann auch Idiom3 anstelle von Idiom1 oder / und Idiom2 auftreten. Aus den verschiedenen diskursiven Manifestationen der sprachlichen Pluralität – ‘Mehrsprachigkeit der Texte’ und ‘Mehrsprachigkeit der Kommunikation’ 1, 2 & 3 – lassen sich schließlich Hypothesen zur ‘Mehrsprachigkeit der Personen’ und zur Ausprägung der sozialen Mehrsprachigkeit ableiten. Fokussiert man eine Person oder eine Personengruppe als Mittenten, kann diese sowohl mehrsprachige Texte verfassen (Abb. 3), als auch mehrsprachig kommunizieren, d. h. in verschiedenen Kommunikationssituationen verschiedene Idiome verwenden (Abb. 4 – 6). Als Rezipient wiederum kann sie mehrsprachige Texte empfangen, als auch – isoliert betrachtet – einsprachige Texte. Stellt man diese aber in ihren kommunikativen Zusammenhang und gleicht sie mit anderen Texten ab, können sich unter Umständen Konfigurationen der mehrsprachigen Kommunikation wie in Abb. 4 – 6 dargestellt erkennen lassen. Abb. 7 fasst diese zusammen und illustriert somit einen Ausschnitt aus einem ‘mehr-

2.3 Sprachliche Pluralität und Mehrsprachigkeit in der Verwaltungskommunikation

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Abb. 7: Mehrsprachiges Kommunikationsnetz

sprachigen Kommunikationsnetz’,149 welches als Basis zur Rekonstruktion der ‘Mehrsprachigkeit der Personen’ gesehen werden kann. Betrachtet man die einzelnen Personen beziehungsweise Personengruppen innerhalb eines solchen, hier nur in einem kleinen Ausschnitt abstrakt dargestellten mehrsprachigen Kommunikationsnetzes, lassen sich – selbst wenn keine explizit mehrsprachigen Texte vorliegen und somit am einzelnen Text keine Mehrsprachigkeitsphänomene festgemacht werden können – anhand der jeweiligen Sender- und Empfängerrollen Hypothesen zur ‘Mehrsprachigkeit der Personen’ aufstellen, die sich in teils hochgradig individuellen mehrsprachigen Netzwerken bewegten. Im Bereich der Verwaltungskommunikation wird die Beantwortung der Frage nach der ‘Mehrsprachigkeit der Personen’ allerdings durch verschiedene Faktoren erschwert. Banal erscheint die Feststellung, dass die Person, die ein Schriftstück unterzeichnet, in vielen Fällen nicht die Person ist, die den Text tatsächlich materiell verschriftet hat.150 In zahlreichen Fällen ist es in der Tat unmöglich auszumachen, wer einen bestimmten 149 Die Mehrsprachigkeit der Kommunikation, die in Abbildung 6 mit 4 und 4’ gekennzeichnet ist, fließt in das mehrsprachige Kommunikationsnetz unter 6 und 6’ ein. Die Mehrsprachigkeit der Texte, wie sie in Abb. 3 illustriert wurde, ist nicht Teil des hier dargestellten Schemas, das die verschiedenen Formen der Mehrsprachigkeit der Kommunikation zusammenfasst. Davon unbenommen lassen sich selbstverständlich mehrsprachige Texte häufig auch in mehrsprachigen Kommunikationsnetzen verorten. 150 Vgl. die Feststellung von Enrico Malato in seiner Edition von Galiani ([1779] 1970, 128, Anm. 277): „[…] è da osservare che la responsabilità per cosí dire letteraria di un documento politico o amministrativo non può mai farsi risalire a colui che lo sottoscrive.“

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2. Sprachenpluralität und -autorisierung im Regno di Napoli

Text materiell zu Papier gebracht hat. Trotz der unwiederbringlichen Verluste, die dem neapolitanischen Staatsarchiv im Sommer 1943 durch die Wehrmacht beigebracht wurden,151 umfasst die Dokumentation der verschiedenen Verwaltungsorgane aus den beiden ‘spanischen Jahrhunderten’, die heute im Archivio di Stato di Napoli (ASN) und im Archivo General de Simancas (AGS) aufbewahrt wird, eine unüberschaubare Menge an Material. Die verfügbaren Texte wurden von einer Vielzahl von Schreibern abgefasst, deren Identität häufig nicht aus den Dokumenten hervorgeht. Allein die Regia Camera della Sommaria, das höchste Verwaltungsorgan in Steuer- und Finanzangelegenheiten mit Sitz in Neapel (vgl. 3.2.2) hatte beispielsweise laut Aussage ihres Leiters, des Luogotenente Andrés Ponce de León neben dem Notador, den er näher definiert als „secretario para las cosas de la camara“,152 und anderen Funktionären „por lista mas de quatrocientos escrivanos“.153 Unschwer wird erkennbar, dass es sich angesichts dieser Zahlen um eine oft aussichtslose Aufgabe handelt, einzelne Schreiber konsequent zu verfolgen. In manchen Fällen findet sich allerdings die institutionell mit der Verschriftung bestimmter Verwaltungsakte betraute Person in der geschichtswissenschaftlichen Literatur erwähnt oder kann aus den Quellen herausgearbeitet werden. Dies ist zum Beispiel anhand der Akten der Visitation des Segretario del Regno Giovan di Soto (auch: Juan de Soto) durch den Visitator Gaspar de Quiroga möglich.154 In den Aussagen, die von verschiedenen Personen hinsichtlich der Amtsführung des betreffenden Sekretärs gemacht werden, finden sich zahlreiche Beschwerden darüber, dass Giovan di Soto sich bei einer bestimmten Tätigkeit, die eigentlich er in seiner Funktion als Segretario del Regno persönlich ausüben sollte, vertreten ließ.155 Aus diesen Aussagen lässt 151 Vgl. Filangieri 1996, 8 – 11. 152 AGS, EST 1046 – 211, 4v. 153 AGS, EST 1046 – 211, 4v. Das Dokument, dem diese Information entnommen ist, ist nicht datiert, stammt aber vermutlich aus dem Jahr 1566 wie auch Coniglio (1987 I, 290), der das Dokument für geschichtswissenschaftliche Zwecke vollständig ediert hat (ebd.), annimmt. 154 Vgl. zu den Visitationen des neapolitanischen Verwaltungsapparats durch die spanische Monarchie 3.2.1 sowie ausführlich Peytavin 2003. 155 So sagt beispielsweise Pietro Papa, ein Schreiber aus der Kanzlei, aus: „E cosi detto gio(van) de soto resto Inhabile in questa parte di non saper grammatica, per Il che hoggi di entra in consiglio collaterale un certo Pier Ant(oni)o Tizzano scrivano privato di cancellaria creato del detto gio(vanni) di soto che non e’ ufficiale Reggio Il quale fa le decretationi in latino ali memoriali perche detto gio(vanni) di soto non sa, anchora che entrar ditto Tizzano In consiglio collaterale e’ contra la pragmatica fatta da sua M(aes)ta Ces(are)a la quale prohibisce che nisciuno sia presente in ditto

2.3 Sprachliche Pluralität und Mehrsprachigkeit in der Verwaltungskommunikation

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sich ableiten, dass institutionell eine bestimmte Person kraft ihres Amtes mit einer bestimmten Verschriftungstätigkeit betraut war. Es wird aber auch ersichtlich, dass, selbst wenn uns diese Information vorliegt, nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass diese institutionellen Regeln immer befolgt wurden. Welche Faktoren sind – sieht man einmal von der skizzierten Problematik der teils unsicheren oder unmöglichen Zuordnung von Schriftzeugnissen zu einzelnen materiell verschriftenden Personen ab – als entscheidend für die Sprachenwahl in der Verwaltungskommunikation anzusehen? Fellerer unterscheidet zwischen zwei Arten der „Modellierung der sozialen Faktoren, die mit dem Gebrauch von Varietäten korreliert werden sollen“156 wie folgt: Hier steht auf der einen Seite die Vorstellung der sozial definierten Kommunikationssituation. Individuen treten in einer gewissen Rolle in solche Situationen ein und steuern entsprechend ihre Sprachwahl. Domänen, Subdomänen, Interaktionstypen, aber auch Stilsphären und sogar Textsorten sind im weitesten Sinn ganz oder teilweise situativ begründete Modellierungen außersprachlicher, sozialer Faktoren. Auf der anderen Seite steht die Vorstellung des Senders bzw. Gruppen von Sendern, deren Sprach- oder Sprachenwahl mit individuellen, häufig demographisch erfassbaren Charakteristika in Verbindung gebracht wird.157

Es ist zu fragen, ob es möglich ist, die neapolitanische Verwaltungskommunikation Seite situativ zu beleuchten und „administrative Sprachgebrauchsbereiche“158 als „typische Kommunikationssituationen, an denen im historischen Kontext Repräsentanten bestimmter Ämter bzw. sog. Parteien in unterschiedlicher Konstellation beteiligt waren“159 herauszuarbeiten, wie dies Fellerer in seiner Studie zum galizischen Verwaltungswesen in der österreichischen Monarchie unternimmt. Um Zeugnisse der Verwaltungskommunikation grob situativ unterteilen zu können, wird in der vorliegenden Arbeit neben der Zuordnung zu einzelnen Institutionen zwischen verschiedenen Bereichen administrativer Kommunikation unterschieden. In Abhängigkeit davon, ob sich die Kommunikation

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consiglio fuora dal detto secretario, e che da man sua s’habbiano a scrivere le espedittioni e decretationi che si fanno dentro di detto Consiglio.“ (AGS, Visitas de Italia 1 – 1, 4r, Aussage vom 10. 01. 1560). Zu den mangelnden Lateinkenntnissen von Giovan di Soto und der decretatione dei memoriali vgl. 4.4. Fellerer 2005, 14. Fellerer 2005, 14. Fellerer 2005, 15. Fellerer 2005, 15.

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2. Sprachenpluralität und -autorisierung im Regno di Napoli

(a) zwischen einzelnen Institutionen und / oder deren Vertretern (b) zwischen Institutionen und Einzelpersonen oder (c) institutionsintern abspielt wird von (a) interinstitutioneller, (b) extrainstitutioneller und (c) intrainstitutioneller Kommunikation gesprochen.160 Diese Unterteilung erfolgt mit der Absicht, den Textbefund so präzise wie möglich einzuordnen, sowie eventuelle autoritative Setzungen und / oder habitualisierte Muster im Sprachgebrauch zu erkennen. In der Tat nehmen aber auf jegliche Kommunikation stets beide der von Fellerer genannten Arten von Faktoren – situative und individuelle – Einfluss, wobei deren relative Prominenz historisch wandelbar sein kann161 bzw. teils auch beide Faktoren in unterschiedlicher Art und Weise den betreffenden Kommunikationsraum prägen können. So merkt Mazzocchi zu Mailand an, dass in manchen Fällen Korrelationen zwischen bestimmten Institutionen und der Wahl einer bestimmten Sprache feststellbar sind, in anderen aber auch spezifische Sender-Empfänger-Konstellationen ausschlaggebend sind: […] Il ricercatore si renderebbe infatti conto che l’uso di una lingua o dell’altra non è casuale, ma risponde ad una serie di fattori che mi provo a schematizzare: a) Certe strutture (quella militare, ad esempio, saldamente in mano a spagnoli, e in costante contatto con l’amministrazione centrale) producono documentazione in grande prevalenza in spagnolo. b) Altre utilizzano quasi solo l’italiano: così le amministrazioni prevalentemente o totalmente indigene, sia centrali (il Senato) sia periferiche (i consigli cittadini), utilizzano con netta preferenza l’italiano: ciò vale anche per la Tesoreria e il Magistrato Ordinario, retti di norma da italiani, che corrispondono normalmente in italiano, anche con Madrid (all’Archivo General di Simancas – sezione Secretarías Provinciales – le loro note sono spesso conservate nelle versioni in castigliano realizzate in Spagna). c) Esiste una zona di interfaccia in cui l’uso di una lingua o dell’altra è in funzione della lingua del destinatario: ciò non solo quando quest’ultimo sia un organo o un’istituzione; i visitadores, ad esempio, quando si interrogano i soldati fanno usare con gli italiani (che hanno finto di essere spagnoli per essere arruolati), l’italiano (e in italiano sono verbalizzate le deposizioni); sono poi sempre in italiano le deposizioni dei testimoni indigeni. Le eccezioni non mancano, e possono essere in funzione del 160 Eine den gleichen Prinzipien folgende Unterteilung in inneren, äußeren und internen Behördendienst unternimmt Fellerer (2005, 63) und differenziert diese nochmals in Abhängigkeit von der betreffenden Verwaltungsebene. 161 „In manchen historischen Sprechgemeinschaften mögen mehr senderzentrierte, in anderen eher situativ verankerte Segmentierungen des kommunikativen Spektrums relevant gewesen sein“ (Fellerer 2005, 15).

2.3 Sprachliche Pluralität und Mehrsprachigkeit in der Verwaltungskommunikation

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segretario che verga il documento; il Governatore e il Gran Cancelliere corrispondono talvolta in spagnolo con gli organi locali.162

Die situative Verankerung der Kommunikation ist nur einer der Faktoren, der Einfluss auf die sprachliche Ausgestaltung derselben nimmt. Neben Formen der sprachlichen Autorität, die sich beispielsweise durch die Anbindung bestimmter Idiome an die Kommunikation bestimmter Institutionen oder an spezifische Diskurstraditionen äußern, sind auch SenderEmpfänger-Konstellationen zu berücksichtigen. Auch wenn sich für manche historische Situationen – wie in Fellerers Studie zu Galizien – feststellen lässt, dass situative Faktoren im Vordergrund stehen – und hier kommt Autorität durch (Diskurs-)Tradition ins Spiel – schließt dies das Einbeziehen der Dimension der ‘Mehrsprachigkeit der Personen’ durchaus nicht aus: Es bietet sich – auch wenn die Beispiele teils hochgradig individuell sind – gerade durch die Betrachtung verschiedener Diskurstraditionen und Kommunikationsmomente und somit einer situativen Perspektivierung die Möglichkeit, die Mehrsprachigkeit der Personen, die an den Kommunikationsvorgängen als Produzenten und oder Rezipienten beteiligt waren, zu rekonstruieren.163 Gerade wenn in verschiedenen Kommunikationssituationen verschiedene Idiome habitualisiert verwendet werden und somit unter Umständen sogar exklusiv autorisiert sind, macht dies ein hohes Maß an sprachlicher Flexibilität der beteiligten Personen erforderlich. Dies trifft sicherlich in größerem Maße auf Funktionäre und Beamte eines mehrsprachigen Verwaltungsapparats zu, als auf Personen, die mit diesem nur sporadisch in Kontakt treten. Die vorliegende Arbeit legt aus diesem Grund einen Analyseschwerpunkt auf die ‘Mehrsprachigkeit des Verwaltungspersonals’ (und somit die Räumlichkeit des Sprechers und Hörers), wie sie sich aus der ‘Mehrsprachigkeit der Texte’ und der ‘Mehrsprachigkeit der Kommunikation’, welche durch die verschieden ausgeprägte Institutionalität von Sprachen in bestimmten Diskurstraditionen im Regno di Napoli (und somit Räumlichkeit des Sprechens und Räumlichkeit der Sprache) determiniert wurden, rekonstruieren lässt. 162 Mazzocchi 1999, 124. 163 Fellerer selbst zeigt diese Möglichkeit auf: „Auch wenn nun die administrativen Sprachgebrauchsbereiche situativ verankerte Interaktionstypen darstellen, so können sie doch auf die an der Interaktion beteiligten Individuen, d. h. Beamte bzw. Parteien, rückbezogen werden; dies zumindest soweit die Quelle die entsprechenden Informationen hergibt. Man hält sich damit gewissermaßen eine Hintertür zur senderspezifischen Modellierung des Sprachgebrauchs offen“ (Fellerer 2005, 15).

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Eine Einbeziehung der kommunizierenden Personen als Sprecher und Hörer ist auch aufgrund der Tatsache nötig, dass davon auszugehen ist, dass in der Verwaltung des spanischen Vizekönigreichs Spanier und Neapolitaner beziehungsweise Regnicoli 164 zusammenarbeiteten, und dies teils sogar gesetzlich festgeschrieben wurde (vgl. 3.1.1). Wie groß waren also im Verwaltungsapparat des Regno di Napoli die „gruppi bilingui, i quali operano con particolare estensione ed effetti duraturi in ambienti e classi sociali legate alla Spagna per contatti politici, amministrativi e culturali“165 und welche Arten der individuellen Mehrsprachigkeit lassen sich für diese annehmen? Welche Arten der sozialen Mehrsprachigkeit lassen sich darüber hinaus ausgehend vom Quellenbefund als plausibel einschätzen?166 2.3.3 Verwaltungskommunikation und Verwaltungsschriftlichkeit Bei den diskursiven Manifestationen von sprachlicher Pluralität in Form von mehrsprachigen Texten und mehrsprachiger Kommunikation, auf deren Grundlage die vorliegende Arbeit entstanden ist, handelt es sich um schriftlich fixierte Diskurse, die in manchen Fällen durch metasprachliche Äußerungen und Informationen zu einzelnen Kommunikationsvorgängen ergänzt werden. Bedingt durch den historischen Gegenstand können bestenfalls fragmentarisch Informationen zu mündlicher Sprachverwendung und zu Vorgängen des Medienwechsels innerhalb der Verwaltungsorgane im Königreich Neapel und am spanischen Hof hinzugezogen werden (vgl. 4.3.1 und 4.5.4). Es wäre naheliegend, in der Folge in Bezug auf den Untersuchungsgegenstand von ‘Verwaltungsschriftlichkeit’ zu sprechen. Mehrere Gründe sprechen gegen die Verwendung dieses Begriffs. Der Begriff ‘Verwaltungsschriftlichkeit’ schließt zum einen die Berücksichtigung metasprachlicher Informationen zu medial mündlicher Kommunikation, so klein deren Zahl auch sein mag, a priori aus. Auch 164 Der Begriff Regnicolo bezeichnet, grob gesagt, eine Person, die aus dem Vizekönigreich Neapel stammt. Vgl. 3.1.1. 165 Beccaria 1968, 5. 166 Hier bleibt zu prüfen, ob sich für Neapel gar ein Modell annehmen lässt, das in die Richtung weist, die Kremnitz (2004, 160) aufzeigt: „Schließlich wird man vor allem für koloniale und postkoloniale Gesellschaften noch an ein Modell denken müssen, in dem ein oberes Stratum der Gesellschaft nur H beherrscht, ein unteres nur L (wobei L natürlich in Gestalt mehrerer Sprachen oder Varietäten auftreten kann), zwischen die sich zweisprachige Schichten schieben, welche sozusagen das ‘Gelenk’ der Gesamtgesellschaft darstellen.“

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medial zunächst mündlich verlaufene und sekundär verschriftete Kommunikationsereignisse wie z. B. Verhörprotokolle liegen uns zwar ‘nur’ in Schriftform vor, sind aber gerade hinsichtlich des Grads der Verschriftlichung167 und der damit einhergehenden sprachlichen Elaboration von großem Interesse. Diesbezüglich könnte der Begriff der Schriftlichkeit den Blick auf die ursprünglich mündlich konzeptionalisierte Äußerung und deren mit Phänomenen der (konzeptionellen) Verschriftlichung einhergegangene (medialen) Verschriftung verstellen. Zum anderen stellt der Begriff der Schriftlichkeit eine Referenz auf nur einen Teil der vier sprachlichen Fertigkeiten – das Schreiben – her, welche m. E. aber nicht alle Phänomene von Mehrsprachigkeit der Personen im neapolitanischen Verwaltungsapparat umfasst. Die rezeptiven Fähigkeiten, also Hör- und Lese-Verstehen, sind in der Diachronie zwar mindestens genauso schwer fass- und belegbar wie die mediale Mündlichkeit. Dennoch legen die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit nahe, dass einem der Axiome, die Giuseppe Mazzocchi zur Verwendung des Spanischen im Herzogtum Mailand aufstellt, wohl auch in Bezug auf Neapel zugestimmt werden kann: „lingua nota non significa lingua usata“168 aus dem im Umkehrschluss abgeleitet werden kann, dass eine nicht aktiv verwendete Sprache nicht zwingend eine unbekannte bzw. unverstandene Sprache sein muss – lingua non usata non significa lingua non nota. Bietet beispielsweise die Annahme von Phänomenen der „rezeptiven Mehrsprachigkeit“169 zumindest für einen Teil der kommunikativen Routinen einen Erklärungsansatz? Die Mehrsprachigkeit des Verwaltungspersonals kann (und sollte) nicht nur aufgrund der jeweiligen Funktion einer Person oder einer Gruppe von Personen als Mittent170 eines Textes untersucht werden. In die Analyse der Mehrsprachigkeit der Personen und Gruppen muss auch deren Rolle als 167 Unter Verschriftlichung wird hier mit Koch / Oesterreicher in Abgrenzung zum rein auf den Medienwechsel bezogenen Begriff der Verschriftung auf eine Veränderung der Konzeption einer sprachlichen Äußerung und damit auch auf deren Verortung auf dem Nähe- / Distanzkontinuum referiert: „Die rein mediale Umsetzung vom phonischen ins graphische Medium bezeichnen wir als Verschriftung. Ihr steht die Verschriftlichung gegenüber, die rein konzeptionelle Verschiebungen in Richtung Schriftlichkeit meint“ (Koch / Oesterreicher 1994, 587, [Hervorhebung im Original]). Vgl. hierzu auch Koch 2003, 104 und Oesterreicher 1998, 12. 168 Mazzocchi 1999, 125, [Kursivierung im Original]. 169 Vgl. zum Begriff Braunmüller / Zeevaert 2001, 2 – 6. 170 Die Begriffe „Mittent“ bzw. „Sender“ werden dem Begriff „Autor“ aufgrund der möglichen Divergenz zwischen der kommunizierenden Person oder Gruppe und der tatsächlich verschriftenden Person vorgezogen.

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Rezipienten von Texten einfließen und somit im Rahmen des Möglichen auch z. B. das Leseverstehen thematisiert werden. Auch eine andere Überlegung spricht für die Wahl des Begriffs „Verwaltungskommunikation“ anstelle von „Verwaltungsschriftlichkeit“. Das Hauptaugenmerk der vorliegenden Arbeit liegt nicht auf der Untersuchung von unter Umständen auftretenden Koineisierungsprozessen und der Frage nach der Existenz einer süditalienischen Skripta171 oder fachsprachlichen Erscheinungen, die im Rahmen von Arbeiten mit ebendiesen Forschungsinteressen näher untersucht werden müssten und in denen der Begriff der Verwaltungsschriftlichkeit weniger problembehaftet Anwendung finden kann.172 Der Schwerpunkt der Arbeit liegt dagegen auf der oben skizzierten Rekonstruktion von ein- und mehrsprachiger Kommunikation aus ein- und mehrsprachigen Texten, die Rückschlüsse auf die Mehrsprachigkeit von Personen ermöglichen soll. Pragmatisch-kommunikative Aspekte stehen also im Vordergrund, für deren Beschreibung der Begriff der Kommunikation besser geeignet ist als derjenige der Schriftlichkeit. In der vorliegenden Studie wird der Begriff der ‘Verwaltungskommunikation’ verwendet, ohne dass damit nur auf die Kommunikation zwischen Verwaltung und Bürgern referiert wird – auch Kommunikationsvorgänge zwischen Institutionen und solche, die sich innerhalb einer Institution abspielen, fallen darunter. Inhaltlich steht der Begriff der Verwaltungskommunikation also dem von Marazzini geprägten Begriff der „lingua degli usi istituzionali“ nahe, gefasst als: uso pubblico e ufficiale, cioè l’uso della lingua scritta e parlata in occasioni lontane dalla dimensione privata e familiare, in rapporto alle funzioni del potere statale, legislativo, amministrativo e giudiziario.173

Diese, auch als „lingua ufficiale“174 bezeichnete Gesamtheit der im Zusammenhang mit staatlicher Administration entstehenden Kommunikation stellt sich, durch unterschiedliche Sender-Empfänger-Konstellatio171 Vgl. zur Problematik der Begriffe Koine und Skripta in Bezug auf Süditalien Vàrvaro 1990. 172 Das hier analysierte Material bietet sicherlich interessante Aspekte für in diese Richtungen weisende Fragestellungen, auf die auch hingewiesen wird. Eine ausführliche Behandlung derselben ist im Rahmen der vorliegenden Arbeit allerdings nicht möglich. Im Rahmen der Frage nach dem Grad und der Art der Toskanisierung der Verwaltungskommunikation scheinen aber auch diesen Thematiken inhärente Aspekte immer wieder durch. 173 Marazzini 2003, 43. 174 Marazzini 1998, 5

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nen175 und Verschriftlichungsstrategien176 bedingt, in höchstem Grade heterogen dar. Sie ist, wenn nicht durch die Verwendung verschiedener Sprachen, so zumindest stets durch die Verwendung verschiedener Varietäten beziehungsweise Register gekennzeichnet: [l]a categoria stessa di ‘lingua ufficiale’ […] non può essere intesa come qualche cosa di omogeneo, ma anzi mostra subito appena ci si accosta alla concretezza dei testi, la sua natura plurilingue, caratterizzata da varietà di registri, a seconda delle situazioni, da compromessi con vari livelli di tecnicismo, che veicolano inevitabilmente anche il dialettismo, oltre al latinismo giuridico o ecclesiastico. E ciò che del resto possiamo verificare assai bene nelle carte dei processi del Cinque e Seicento, caratterizzate appunto da un vistoso mistilinguismo, prima di tutto per il contrasto tra volgare e latino, che si fa tanto più sorprendente e marcato là dove il fascicolo processuale deve seguire minuti eventi, fatti concreti, riportando ad esempio le parole pronunciate dall’imputato, o registrando le sue reazioni, le sue grida sotto tortura. Anche questa, è una scrittura ‘ufficiale’, che non di rado, però, scende ad un livello basso, appunto in quanto verbalizzazione del quotidiano, come nelle carte del processo a Campanella, ad esempio in quella, impressionante, del supplizio della ‘veglia’, con i repentini passaggi.177

Aus zwei Gründen schien eine Übernahme und eventuelle Übersetzung des Begriffs „lingua ufficiale“, der im Kern den Gegenstand meint, auf den in der vorliegenden Arbeit mit „Verwaltungskommunikation“ referiert wird, wenig geeignet. 1. Die Verwendung des Singulars lingua beziehungsweise ‘Sprache’ impliziert eine Homogenität, die – wie Marazzini selbst schreibt – nicht gegeben ist. Insbesondere in einem hochgradig durch die Kopräsenz von verschiedenen historischen Sprachen in Form ihrer Varietäten gekennzeichneten Kommunikationsraum birgt dies terminologische Schwierigkeiten. Es müsste eigentlich dem Gegenstand angemessen auch bei bloßer Kopräsenz von Latein und Volkssprache, wie sie in weiten Teilen Europas in der Frühen Neuzeit den Regelfall darstellt, im 175 „La lingua ufficiale, infatti, non viene solo e sempre dal potere, anche se è evidente che esso ne rappresenta il maggior produttore. Quando l’analfabeta o il semicolto devono comunicare con l’amministrazione dello Stato, o incappano nella Giustizia, sono costretti a misurarsi con il linguaggio ufficiale, e in certe speciali condizioni possono produrre essi stessi comunicazioni in una lingua completamente diversa da quella a cui sono abituati nella vita quotidiana. Ecco dunque la petizione, la lettera all’autorità, la richiesta, la supplica“ (Marazzini 2003, 44). 176 Man denke hier z. B. an die Figur des öffentlichen Schreibers und die spezifischen Kennzeichen der Schriftzeugnisse von unzureichend alphabetisierten semicolti. 177 Marazzini 1998, 5.

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Plural von lingue ufficiali gesprochen werden, da stets zumindest das Lateinische und mindestens eine Volkssprache an der Gestaltung des kommunikativen Haushalts und insbesondere an der Verwaltungskommunikation beteiligt waren. 2. Im Italienischen ist der etymologische und semantische Bezug zwischen ufficiale und ufficio als ‘Amt’ und somit die ‘Sprache der Ämter’ zumindest in einer Lesart noch transparent. Die zweite, durchaus auch im Italienischen geläufige(re) Lesart, die in der möglichen deutschen Übersetzung mit ‘offizielle Sprache’ allerdings exklusiv wäre, verweist auf eine Sanktionierung und eine Autorisierung durch Macht eines oder mehrerer Idiome für Verwaltungstätigkeiten, die in der dieser Arbeit zugrundeliegenden Forschung nicht erkennbar wurde. Aus demselben Grund scheidet auch der Begriff der „Amtssprache“ aus. Was meint schließlich der Bestandteil ‘Verwaltung’ im gewählten Begriff der ‘Verwaltungskommunikation’? Aus historiographischer Sicht ist Brendecke bezüglich der unmöglichen Abgrenzung administrativer Aufgaben von anderen Bereichen der Herrschaftsausübung zuzustimmen: ‘Verwaltung’ ist ein anachronistischer und zugleich missleitender Begriff, zumindest dann, wenn man darunter einen eigenen, abgeschlossenen Wirkungsbereich des Staates verstehen will. Der Begriff suggeriert, wie Klaus-Gert Lutterbeck es ausdrückte, dass man in Prozessen der Herrschaftsausübung unterscheiden kann ‘zwischen der Regierungstätigkeit, die wesentlich im Entscheiden bestehe, und der Verwaltungstätigkeit, deren vornehmste Aufgabe in der neutralen Umsetzung der Entscheidungen der Politiker liege, so daß die administrative Praxis als rein technische erscheint’. [Lutterbeck, KlausGert: „Methodologische Reflexionen über eine politische Ideengeschichte administrativer Praxis“, in: Jahrbuch für europäische Verwaltungsgeschichte, Bd. 15, 2003, 337 – 366, 337, V.S.] Diese Warnung gilt für die Vormoderne in ungleich höherem Maß, da ihre Instanzen in aller Regel so konstruiert waren, dass sie mehrere Funktionen erfüllten. Der Indienrat war beispielsweise ein politisches Ratsgremium, ein Berufungsgericht und auch mit Verwaltung beschäftigt. […] Es ist deshalb nicht sinnvoll, ‘Verwaltung’ als einen abtrennbaren Sektor zu verstehen, als ein Gebilde aus Instanzen, das sich im Verfassungsmodell abgrenzen ließ, so als hätte es einen fixen Ort (und eine einzige Funktion) im Gehäuse der Staatsmaschinerie.178 178 Brendecke 2009, 27. Dennoch räumt Brendecke die Existenz und Spezifik von Zeugnissen aus dem Bereich der „pragmatischen Schriftlichkeit“, die hier unter dem Terminus Verwaltungskommunikation gefasst werden, ein: „Was sich jedoch sicher findet und nach den Ergebnissen der Forschung zur ‘pragmatischen Schriftlichkeit’ geradezu als Kennzeichen des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit gelten kann, ist die Ausbildung einer administrativen Schriftlichkeit und entsprechender verwaltungsförmiger Verfahren“ (ebd.).

2.3 Sprachliche Pluralität und Mehrsprachigkeit in der Verwaltungskommunikation

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In der vorliegenden Arbeit wird der mit dem Begriff ‘Verwaltung’ bezeichnete Komplex nicht als ein „eigener, abgeschlossener Wirkungsbereich des Staates“179 verstanden, der sich mit der rein technisch-praktischen Umsetzung politischer Direktiven befasst, sondern als eng verwoben mit den erst bei Locke klar ausdifferenzierten Aufgaben der Exekutive, Judikative und Legislative aufgefasst. Eine terminologische Ersetzung ist bei diesem Begriffsverständnis nicht nötig. Zusammenfassend kann ‘Verwaltungskommunikation’ für die vorliegende Arbeit definiert werden als ‘Gesamtheit aller medial schriftlichen oder mündlichen Kommunikationsvorgänge, die in Ausübung staatlicher Ämter und Vertretung autonomer Repräsentationsorgane sowie diesen gegenüber erfolgen’.

179 Brendecke 2009, 27.

3. Die Verwaltung des spanischen Regno di Napoli Mit dem Sieg des Gran Capitán Consalvo de Cordoba über die Franzosen180 fiel das kontinentale Süditalien 1503 an Spanien und wurde in den darauffolgenden zwei Jahrhunderten bis zum spanischen Erbfolgekrieg (1701 – 1714) und dem Frieden von Rastatt 1714 als ein der spanischen Krone zugehöriges Vizekönigreich (it. Viceregno, sp. Virreinato / Virreyno)181 von einer langen Reihe von Vizekönigen (it. Viceré, sp. Virrey / Visorey) regiert. Die spanische Herrschaft über das Königreich Neapel wurde zwar erst mit dem Frieden von Cateau-Cambrésis 1559 offiziell festgeschrieben, es ist allerdings sprachgeschichtlich wenig sinnvoll, den Kommunikationsraum Neapel erst ab diesem Zeitpunkt als in höchstem Grade durch Sprachenpluralität und Formen der Mehrsprachigkeit geprägt zu betrachten. Es handelt sich hierbei um eine nachträgliche Legitimierung einer de facto bereits seit über fünfzig Jahren bestehenden Machtausübung, in die beispielsweise auch die über zwanzig Jahre andauernde Regentschaft des wohl bekanntesten spanischen Vizekönigs Pietro di Toledo (Pedro Álvarez de Toledo y Zúñiga, Vizekönig von 1532 – 1553) fiel.182 180 Zum französisch-spanischen Konflikt um Neapel vgl. z. B. Musi 1986, 213 f. 181 Im Folgenden werden die italienischen und spanischen Termini zur Bezeichnung einzelner Institutionen und Verwaltungsinstrumente teils in der Fremdsprache aufgegriffen. Durch eine generelle Übersetzung ins Deutsche würde die Referenz auf die – bis auf einzelne französische und englische Ausnahmen – nahezu ausschließlich auf Italienisch beziehungsweise Spanisch verfügbaren geschichtswissenschaftlichen Arbeiten unnötig an Transparenz verlieren. Die fremdsprachigen Termini werden im Text kursiviert, aber in Bezug auf Groß- und Kleinschreibung dem deutschen Fließtext angepasst; die geschichtswissenschaftlichen Arbeiten in der jeweiligen Fremdsprache sind in Bezug auf Groß- und Kleinschreibung der hier erwähnten Begriffe und Bezeichnungen nicht einheitlich. In Fällen, in denen eine Übersetzung ins Deutsche bereits geläufig ist beziehungsweise unproblematisch erscheint, wird diese vorgenommen. Bei der ersten Nennung des Amtes oder der Institution wird in Klammern die italienische, respektive die spanische Bezeichnung mit angeführt. 182 Schwer nachvollziehbar erscheint aus diesem Grund die Feststellung von Marazzini 1993, 10 f.: „Per l’influenza della lingua ispanica, ad esempio, è fondamentale la data del trattato di Cateau-Cambrésis, quel 1559 che segna l’inizio della presenza spagnola nel nostro paese.“ Dies mag für Mailand, das erst nach dem Tod von Francesco II. Sforza 1535 definitiv zur spanischen Krone kam, in anderer Weise

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Um die in der vorliegenden Arbeit untersuchten Zeugnisse und Beispiele aus der Verwaltungskommunikation in ihren historisch-kommunikativen Kontext stellen zu können, werden im folgenden Kapitel die wichtigsten Verwaltungsorgane mit ihren Hauptaufgaben und hinsichtlich ihrer personellen Besetzung skizziert.183 Im nachstehenden Abschnitt werden anhand der Prammatica „De officiorum provisione“ und den Unterscheidungen zwischen Regnicoli und Forestieri sowie zwischen Togati und Milites zunächst Kriterien der Gruppenzugehörigkeit erläutert, die für die Besetzung von Verwaltungsposten relevant waren.

3.1 Verwaltungspersonal 3.1.1 Frühneuzeitliche Personalpolitik: Die Prammatica „De officiorum provisione“ Einer der Gründe, die eine Arbeit zur Sprachenpluralität in der Verwaltungskommunikation des Vizekönigreichs Neapel besonders vielversprechend erscheinen ließen, ist die ‘Personalpolitik’ der spanischen Krone. Während der Vizekönig meist von der Iberischen Halbinsel stammte,184 verfolgte die spanische Monarchie bezüglich anderer wichtiger politischer und administrativer Posten eine Politik des Interessenausgleichs mit den ortsansässigen Eliten. Diese kulminierte 1550 in der in Form einer gelten als für Neapel. Für Letzteres ist mit Sicherheit bereits mit der Jahrhundertwende vom 15. zum 16. Jahrhundert ein vermehrter Einfluss des Kastilischen anzunehmen. Die spanische Herrschaft stellte überdies nur eine Ablösung von bereits zuvor Süditalien regierenden nicht-autochthonen Herrscherhäusern – im Fall Neapel Anjou und später Aragón – dar. Neben der Kontinuität mancher Verwaltungsstruktur war somit auch die Situation der Sprachenpluralität kein Novum. Unter aragonesischer Herrschaft waren bereits seit 1442 mit dem Katalanischen und teils auch dem Kastilischen iberoromanische Idiome im Kommunikationsraum des Regno di Napoli vertreten. Vgl. Venetz 2009; 2013 sowie Compagna 2000. 183 Ausgenommen von der folgenden Darstellung ist die kirchliche Verwaltung. 184 Bedeutende Ausnahmen waren der aus Flandern stammende und von 1522 – 1527 regierende Charles de Lannoy (vgl. Coniglio 1967, 30 ff.), der aus der FrancheComté stammende Prinz von Orange Philibert de Chalon (1502 – 1530, Vizekönig von 1528 – 1530) (zu seiner Person vgl. Soisson 2005), der aus der römischen Colonna-Familie stammende Pompeo Colonna (Regierungszeit 1530 – 1532) sowie der in Besançon geborene Kardinal Antoine Perrenot de Granvelle, der nach langjährigem Dienst für die spanische Krone, unter anderem in Rom, von 1571 bis 1575 das Amt des Vizekönigs innehatte (vgl. Coniglio 1967, 118 – 126).

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3. Die Verwaltung des spanischen Regno di Napoli

Prammatica vorgenommenen definitiven Festschreibung eines Proporzsystems für die Vergabe der wichtigsten Ämter.185 Die Prammatica „De officiorum provisione“ wird hier in der Fassung, die Giustiniani zu Beginn des 19. Jahrhunderts in seiner Sammlung der neapolitanischen Prammatiche aufnahm, wiedergegeben:186 De officiorum provisione sive distributione facienda Regnicolis, et exteris Tit. CCVIII Prammatica prima Item atteso, che per l’immortal memoria del Re Cattolico Avo di Vostra Cesarea Maestà, essendo supplicato, che di tutti gli officj del Regno ne provvedesse Napoletani, e Regnicoli, detta supplicazione fu decretetata nel modo seguente, videlicet. Placet Regiae Majestati providere Neapolitanis, et aliis Regnicolis idoneis de dictis Officiis, come apparisce per capitolo spedito in Segovia. Poi essendo Vostra Maestà in Napoli, in Parlamento generale fu supplicata del medesimo, e detta supplicazione fu decretata, che de’detti officj, ut plurimum, se ne provvedessero Napoletani, e Regnicoli; per il che è causato, che detti Napoletani, e Regnicoli sono rimasti defraudati di detta grazia primo loco conceduta per Sua Cattholica Maestà, nè mai hanno potuto goderla interamente, attento che ut plurimum di detti officj ne sono stati provveduti forestieri, e non Napoletani, e Regnicoli; per il che quando Vostra Maestà fu in 185 Als Prammatica wurden auf Sizilien, Sardinien und im Königreich Neapel Texte mit legislativem Charakter bezeichnet. Hierzu Trèves Garetto 1966, 554: „Con il nome di ‘Prammaticae’, ricollegandosi alla legislazione romana del Basso Impero, vennero chiamati i provvedimenti legislativi di portata generale emanati dai sovrani Aragonesi in Sicilia, in Sardegna e nel Napoletano. Le prime prammatiche Aragonesi furono emanate dal re Alfonso I: ispirate direttamente ai princìpi del diritto romano, dettavano disposizioni in materia sia civile che penale. Quelle che si ebbero subito dopo l’unione di Napoli alla Sicilia conservarono in genere gli stessi caratteri. Con l’andare del tempo, e specialmente all’epoca di Ferdinando il Cattolico, comincia a farsi strada l’uso delle prammatiche emanate dal re dietro parere di qualche grande ufficiale della Magna Curia, che sottoscriveva anch’egli. Nel periodo del viceregno spagnolo, come le ‘grida’ lombarde, le prammatiche recavano nell’intitolazione il nome del re, a cui era aggiunto quello del vicerè che le pubblicava; inoltre, poichè la potestà accordata in campo legislativo ai vicerè era esercitata con il sussidio del collaterale, venivano firmate sia dal vicerè che dal reggente. Peraltro esistono anche, sebbene poche, prammatiche emanate dai vicerè senza ingerenza di consultori: si tratta in questi casi di una sorta di lettere, dirette a magistrati governativi, volte a richiamare l’attenzione sopra un fatto specifico e isolato: queste prammatiche eccezionali, firmate dal solo vicerè, sono più frequenti in Sicilia che negli Stati di terraferma“ und Rezasco 1881, 842: „Legge, Decreto, Bando, Rescritto perpetuo di autorità sovrana, nelle Provincie napoletane e siciliane.“ Zur sprachlichen Gestaltung der Prammatiche vgl. 4.5.2. 186 Lat. Randvermerke aus Giustinianis Edition, die meist den Inhalt des jeweiligen Abschnitts bezeichnen, werden hier nicht aufgeführt.

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Napoli, in Parlamento generale fu supplicata del medesimo, benchè essi supplicanti si restringessero agli officj, e beneficj d’alcune Provincie solamente, e detta supplicazione fu decretata del modo seguente, videlicet. Placet Caes. et Cathol. Majestati gratiam Regis Catholici confirmare, jubetque illam observari diligenter, curabitque, ut Regnicolae quemadmodum ceteris in rebus, ita etiam in hoc propensam Suae Majestatis animum ad eorum commodum, & existimationem cognoscant. E perchè detta decretazione non è del tutto chiara, essi supplicanti non hanno conseguita con effetto la prima grazia del Serenissimo re Cattolico, spedita in Segovia. Per tanto supplicano la Vostra Caesarea Maestà, che si degni far osservare, e di nuovo aeque principaliter concedere la prefata gratia della prefata Cattolica Maestà, con provvedere i Napoletani, e Regnicoli, di tutti gli officj del Regno, maggiori, e minori, e tanto di giustizia, quanto di pecunia, senza diminuzione, nè eccezione alcuna, et etiam di Castellanie, ed altri officj, e Capitanie pertenenti alla guerra, tanto terrestre, come marittima, e similmente di tutt’i beneficj, Arcivescovadi, e Vescovadi, Abazie, Giurispatronati, e Prelature del Regno, spettanti alla presentazione, e collazione di Vostra Cesarea Maestà, provvedere i prefati Napoletani, e Regnicoli, oriundi, e che oriundi s’abbiano da intendere etiam tutti quelli di qualsivoglia nazione, che di presente hanno Castelli, o beni feudali nel presente Regno. Placet Caes. et Cath. Majestati concedere, quod ab inde officia, quae vacaverint in dicto Regno conferantur Regnicolis oriundis, modis tamen, et formis infrascriptis, intelligendo oriundos omnes etiam natos extra Regnum, dummodo fuerint juxta Privilegium Fidelissimae Civitatis facti Cives Neapolitani per Magnificos Electos, et pariformiter alios Cives factos per alias Civitates demaniales dicti Regni, quae ex privilegiis Regiis eis concessis habent facultatem creandi cives, dum tamen duxerint uxores Regnicolas, et habuerint domos proprias in dictis Civitatibus, in quibus fuerint facti cives, et habitaverint in Regno saltem per quinquennium, et etiam omnes tenentes Baroniam, vel alia feuda, et omnes, qui habitaverint per annos decem cum uxoribus, possidentes bona statim allodialia. Et forma erit hujusmodi in conferendis dictis officiis, et beneficiis. In primis officium Viceregis, Locumtenentis, et Capitanei Generalis ad beneplacitum Caesareae Majestatis, septem vero officia, videlicet Magni Comestabilis, Magistri Justitiarii, Magni Admirati, Protonotarii, Magni Camerarii, Magni Cancellarii, et magni Senescalchi, quatuor ex eis conferantur Regnicolis, cum vacaverint, et tria conferantur ad beneplacitum Caes. Majestatis, vel quando vacaverint alternis vicibus, incipiendo a dictis Regnicolis, pro ut S. M. videbitur. In Collaterali Consilio, cum vacaverint loca Baronum, seu militum Regnicolarum, eligantur et creentur Regnicolae, et similiter observetur vacantibus locis Regentium Cancellariam, ut in loco Regnicolae creetur Regnicola, ceteri vero eligantur ad beneplacitum Caes. Majestatis; similiter Thesaurarius generalis, Secretarius, et Scriba Portionis eligantur Regnicolae; in Sacro vero Consilio Praeses providebitur ad beneplacitum Caes. Majestatis; Consiliarii tamen debent esse pro duabus partibus Regnicolae, et pro tertia reservantur arbitrio Caes. Majestatis, et ceteri Officiales dicti Consilii debeant creari Regnicolae tantum. In Camera Summariae Locumtenentis ponantur ad beneplacitum Caes. Majestatis; Praesidentes vero pro duabus partibus eligantur Regnicolae tantum. Regens

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Magnae Curiae Vicariae debeat providere singulis annis alternis vicibus, videlicet: uno anno Regnicola, et alio ad beneplacitum Caes. Majestatis; Judices vero pro medietate Regnicolae, pro altera ad beneplacitum; Magistri Actorum, Subactuarii, et ceteri Officiales dictae Curiae debeant creari Regnicolae tantum; Capitanei deputati ad custodiam dictae Civitatis Neapolis alternis vicibus cum vacaverint, videlicet: una provideatur Regnicola, et alia ad beneplacitum Caes. Majestatis; Capitanei annales terrarum demanialium similiter pro duabus partibus provideantur Regnicolae, et pro tertia provideantur ad peneplacitum [sic] Caes. Majestatis; et idem servetur in Assessoribus dictorum Capitaneorum, Castellani, Capitanei armigerorum, et peditum, et triremium, ad beneplacitum Caesar. Majestatis, Magistrorum Portulanorum, et Secretorum officia, cum vacaverint, conferantur pro medietate Regnicolis, et pro alia medietate ad beneplacitum Caes. Majestatis; Dohanerius Dohanae Menepecudum Apuliae ad beneplacitum Caes. Majestatis; Auditor, Credenzerii, Cavallerii, et ceteri Officiales omnes dictae Dohanae provideantur Regnicolae tantum, Perceptores vero Provinciarum pro duabus partibus eligantur Regnicolae, pro tertia ad beneplacitum Caes. Majestatis; Dohanerii, et Credenzerii aliarum omnium Dohanarum et Fundicorum, et ceteri omnes Officiales dictarum Dohanarum debeant creari, et provideri Regnicolae tantum; Magistri Actorum Sacri Consilii, Scribae mandati, et regesti, et Magistri Camerae per Provinicias omnes debeant creari Regnicolae; Magister Siclae, Credenzerii, et ceteri Officiales omnes dictae Siclae debeant creari Regnicolae. Magistri Rationales, Judices, Perceptor, et ceteri Officiales omnes Regiae Siclae debeant creari Regnicolae tantum. Quo vero ad Beneficia Ecclesiastica, videlicet, Archiepiscopatus, Episcopatus, Abbatiae, Prioratus, Canonicatus, Praebendae, et cetera beneficia quaecumque spectantes, et spectantia ad collationem, seu nominationem, et praesentationem Caes. Majestatis, conferantur pro medietate Regnicolis, pro alia ad beneplacitum, et cum vacaverint alternatim provideantur, pro ut servatur in Regno Siciliae ultra Pharum, hoc videlicet modo, et forma: quod beneficia per exteros quomodolibet vacantia Regnicolis conferantur; cum vero per Regnicolas vacare contigerit, provideantur ad Caes. et Catholicae Majestatis arbitrium, et beneplacitum. Inter cetera concessa per Caes. Majestatem Caroli V. Imperatoris Civitatis Neapol. 12. Martii 1550 Bruxellis extat supradictum Capitulum.187

Die von Kaiser Karl V. in Brüssel unterzeichnete Prammatica „De officiorum provisione“ legte die Besetzung der Mehrheit der Posten durch Regnicoli – Personen aus dem Königreich Neapel – fest. Eine obligatorische Besetzung der restlichen Posten durch Spanier wurde nicht explizit festgeschrieben, die Vergabe der übrigen Ämter erfolgte vielmehr ad beneplacitum, nach Gutdünken des Souveräns. Die ad beneplacitum zu besetzenden Ämter wurden, auch wenn dies nicht explizit festgeschrieben 187 Giustiniani 1805, 36 ff., [Kursivierung im Original].

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wurde, allerdings meist mit Spaniern beziehungsweise „forasteros“ besetzt wie Álvarez-Ossorio Alvariño anmerkt: […] los regnícolas tenían reservadas dos tercios de las plazas de los tribunales, mientras que el resto quedaba ad beneplacitum del rey, que las solía conceder a forasteros o españoles.188

Neben der Verteilung der Posten bestimmte die Prammatica auch klar, wer als Regnicolo zu gelten hatte und gibt somit interessante Hinweise zur Frage nach der Zugehörigkeit einer Person zu einem Gemeinwesen, sprich der frühneuzeitlichen Stadt- beziehungsweise Staatsbürgerschaft. Eine Einordnung als Neapolitaner konnte der Prammatica zufolge aufgrund verschiedener Voraussetzungen vorgenommen werden: Neben den in Neapel und seinen Casali 189 gebürtigen Personen konnten auch nicht aus Neapel 188 Álvarez-Ossorio Alvariño 2004, 607, [Kursivierung im Original]. Während für die Regnicoli das Gros der Posten reserviert war, hatten die Spanier offiziell keine entsprechenden Vorrechte für die Besetzung der restlichen Ämter. In der Praxis wurden diese aber durchaus systematisch durch Spanier besetzt: „Ningún puesto de ministro en Italia […] estaba reservado por disposiciones legales a los españoles, aunque en la práctica se sucediesen en algunos de ellos durante más de un siglo y medio“ (Álvarez-Ossorio Alvariño 2004, 614). Im 17. Jahrhundert wurde allerdings ein zusätzlicher Posten als Reggente im Kollateralrat und ein Amt im Sacro Regio Consiglio u. a. aufgrund der Loyalität der Aragonesen während der katalanischen Revolte für einen Aragonesen reserviert (vgl. Álvarez-Ossorio Alvariño 2004, 606; 614). 189 Als Casale wurde „un nucleo cittadino senza mura di cinta e senza amministrazione propria“ (Caracciolo 1974, 40) bezeichnet. Die Städte des Königreichs Neapel waren oftmals von Casali umgeben, die die Versorgung derselben mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen sicherstellten. Vgl. Muto 1989, 264 f.: „Tutti questi luoghi [i casali, V.S.] all’origine furono certamente villaggi autonomi, ma già nel XV secolo compaiono come ‘pertinenze’ della città. Le fonti testimoniano una fisionomia amministrativa alquanto incerta e comunque poco definita; la trattatistica giuridica si mostra assai più sicura nel configurare ‘casalia sunt pars corporis civitatis’ e gli abitanti ‘quamvis orti extra moenia et suburbia civitatis sunt tamen veri cives ipsius civitatis et gaudent omnibus honoribus, privilegiis, commoditatibus, et immunitatibus quibus gaudent ipsimet cives orti in civitate et tenentur contribuere omnibus oneribus civitatis’. Il territorio dei casali presenta spesso una dinamica produttiva e demografica più vivace della città cui appartengono e ciò alimenta tensioni che in qualche occasione mettono capo a richieste di autonomia amministrativa, come avviene nel territorio delle tre università nocerine nella seconda metà del Cinquecento. È questa, di norma, l’area privilegiata dell’investimento fondiario dei ‘cittadini’ che consente in particolare al ‘ceto mezzano’ d’impegnare somme non eccessivamente elevate nell’acquisto di piccoli appezzamenti dati poi in affitto o nella costituzione di censi, che essi possono controllare con comodità e senza l’ingombrante presenza di intermediari. Sono questi territori

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stammende Personen durch die Ductio uxoris, d. h. die Heirat mit einer Neapolitanerin sowie den Nachweis eines stabilen Wohnsitzes in der Stadt, die neapolitanische Cittadinanza erlangen. Diese war z. B. auch aufgrund von Steuerprivilegien und anderen Vorteilen attraktiv. Als Regnicoli galten neben den Neapolitanern Feudalherren, die Feudalbesitz im Vizekönigreich hielten und Personen, denen die jeweilige Cittadinanza von einer Stadt im Vizekönigreich verliehen worden war, die sich als Città demaniale nicht in Feudalbesitz befand, sondern direkt dem Staat unterstellt war.190 An den verschiedenen Möglichkeiten, die dazu führen konnten, als Regnicolo betrachtet zu werden, wird schnell ersichtlich, dass eine Gleichsetzung von Cittadinanza mit (einer) Erstsprache nicht möglich ist. Vorsicht ist hier auch aufgrund der zahlreichen Eheschließungen zwischen Spaniern und Neapolitanerinnen geboten, deren Kinder sowohl als Spanier als auch als Regnicoli und ggf. Napoletani gelten konnten.191 Nur wenn il vero mercato agricolo delle città da cui esse ricevono gli approvvigionamenti quotidiani e ciò spiega le resistenze che esse oppongono ai frequenti tentativi d’infeudazione, assai pressanti dal terzo decennio del Seicento. Ai casali possono accostarsi i borghi e i villaggi, più vicini alla città ma pur sempre fuori delle mura cittadine. Casali, borghi e villaggi formano dunque il distretto o territorio della città sul quale essa estende la sua giurisdizione; in tal senso, e solo per la evidente funzionalizzazione di quest’area alle esigenze primarie della vita urbana, questo territorio può ben configurarsi di fatto come un vero contado della città meridionale.“ 190 Zur neapolitanischen Cittadinanza vgl. Ventura 1995 und 2007. 191 Vgl. beispielsweise den Fall von Carlo Tapia, der als Sohn eines Spaniers und einer Neapolitanerin zu den herausragenden Juristen des Vizekönigreichs zählte: „Carlo mismo ha nacido en Nápoles; tiene la posibilidad, pues, de beneficiarse no solamente de ser natural del reino de Nápoles, sino igualmente de la ciudadanía que Nápoles concede a los que han sido concebidos y nacidos allí“ (Peytavin 1998, 112). Angesichts der Mehrsprachigkeit Tapias fragt Peytavin weiter „¿Ha sido enviado a España para completar su educación? Es capaz de publicar en ambas lenguas. ¿Se trata de una facultad extendida en el reino?“ (ebd.) und weist so bereits auf die Schwierigkeit hin, aus einzelnen Beispielen Generalisierungen vorzunehmen. Zu den Eheschließungen zwischen spanischen und neapolitanischen Adligen vgl. Álvarez-Ossorio Alvariño 2004, 613: „¿Que sucedió cuando surgío un grupo de familias a la vez naturales y forasteras? La mezcla de sangres entre foráneos y regnícolas configuró una nación hibrida, los jenízaros. En coyunturas propicias a estos mestizos se les atribuían algunas de las virtudes de ambas naciones: la lealtad al soberano y el conocimiento práctico de la situación del territorio. En cambio, los detractores de los jenízaros les consideraban inhábiles para el ejercicio del ministerio al alegar que no podían ser imparciales dados sus vínculos de parentesco y sus intereses patrimoniales en la provincia administrada. Para un grupo de ministros hispanos los jenízaros no eran españoles ‘efectivos’, mientras que para una parte de

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konkrete Daten oder zumindest glaubwürdige Hinweise zu einzelnen Personen vorliegen können Zuordnungen vorgenommen werden. Eine Überlegung drängt sich bezüglich der in der Prammatica präzisierten Eingrenzung der Regnicoli 192 angesichts der Präsenz verschiedener Personengruppen aus anderen frühneuzeitlichen italienischen Staaten auf. Es stellt sich in Abgrenzung zum ‘Eigenen’ die Frage nach der Bestimmung des ‘Fremden’: Welche Gruppen wurden in Neapel als Auswärtige, als Forestieri gewertet? Bereits vor Beginn der spanischen Herrschaft war das Königreich Neapel ein attraktives Ziel für Migranten aus anderen Teilen des heutigen Italien und dem gesamten Mittelmeerraum – es blieb dies auch in spanischer Zeit.193 Bestimmte Berufsgruppen wurden durch Personen bestimmter Herkunft dominiert. So wurden etwa die Zünfte der Woll- und Seidenweber (Arte della Seta und Arte della Lana) bereits in aragonesischer Zeit durch Florentiner begründet.194 Letztere hatten – wie auch Personen provenzalischer, genuesischer, und venezianischer Herkunft – zwischen dem 14. und 15. Jahrhundert zahlreiche Ämter inne: Parallelamente […] anche le cariche centrali e periferiche del regno napoletano vengono conferite ad elementi forestieri – provenzali, genovesi, veneziani, toscani, fiorentini – con un prevalere sempre più netto, fin dai primi decenni del ’300 di questi ultimi.195

192 193 194 195

la oligarquía tampoco eran auténticos regnícolas“. Die von Alvárez-Ossorio Alvariño eingebrachte zeitgenössische Bezeichnung „jénizaros“ wird von diesem auf eine bestimmte Gruppe von Personen eingegrenzt, von der der Hochadel ausgenommen erscheint: „El termino jenízaro no se utilizaba para designar a los vástagos de estos enlaces aristocráticos hispano-italianos. […] Más bien, esta palabra se reservaba a familias de rango medio e inferior, en un contexto de competencia por plazas y beneficios que frecuentemente tenían una adscripción nacional, es decir, que estaban reservadas por ley o costumbre a los naturales de un territorio. Las personas designadas como jenízaras eran hijos de matrimonios mixtos hispanoitalianos, siendo la ocupación de los padres por lo general asociada al servizio al príncipe en puestos medianos, como plazas de ministro u oficial o mandos medios del ejército“ (Álvarez-Ossorio Alvariño 2004, 618, [Kursivierung im Original]). In der Praxis war die Zuordnung allerdings durchaus nicht immer eindeutig: „La definizione di naturale del regno rimase di fatto irrisolta nel Cinquecento“ (Ventura 2007, 353 f.). Vgl. Del Treppo 1989, 180. Vgl. Del Treppo 1989, 182. Del Treppo 1989, 196.

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Einige dieser Gruppen waren aufgrund unterschiedlicher damit verbundener Privilegien196 sehr bestrebt, die Cittadinanza Neapels oder einer Stadt im Vizekönigreich zu erhalten oder andere Kriterien zu erfüllen, um als Regnicolo gelten zu können. So führt Del Treppo an, dass Genueser Kaufleute diese über Feudaltitel zu erlangen suchten.197 Auf toponomastische Spuren der verschiedenen (im 17. Jahrhundert teils bereits untergegangenen, teils noch existierenden) Kolonien und deren topographischer Verortung in Neapel weist Capaccio (1634) in seiner ausführlichen Beschreibung „De gli Habitatori di varie nationi nella Città di Nap(oli)“ (= Kap. 8 von Il forastiero)198 hin: Vi dirò prima de i Catalani, de i quali ancora sta in piedi la Rua c’havrà perpetuo il nome in questa cità; come i Francesi; c’hanno anco la Rua Francesca, e si può congiungere con questa la Robertina che fù piena dell’istessa natione nel dominio di Re Roberto. […] Habitano anco i Fiorentini con l’istesso splendore di civiltà, e negotij, e fattasi una Colonia ritiene il nome di strada di Fiorentini.199

Die Lombarden verortet Capaccio mit Hilfe ihrer Kirche (heute: Sant’Anna dei Lombardi): Lombardi habitano, e la Maggiore Parte con splendidezza delle mercature, & altri maneggi, con la lor chiesa dedicata a S. Anna che ogni giorno viene da essi ampliata, & illustrata di opere di eccellentissimi pittori, e del Caravaggio si veggono tavole rarissime, così non fusse morto il pover’homo disgratiatamente.200

Auch die Griechen werden mit ihrer den Aposteln Peter und Paul geweihten Kirche201 und der nach ihnen benannten Straße erwähnt: F[orastiero]: Mi han riferito che in Nepoli [sic] sia infiniti habitatori Greci C[ittadino]: Han riferito quel ch’è. E vi dovea commemorar prima la Rua di Greci.202 196 Bürger der Stadt Neapel waren beispielsweise von zahlreichen Steuern befreit (vgl. Ventura 2007, 355). 197 Vgl. Del Treppo 1989, 227. 198 Es handelt sich bei dem Werk des neapolitanischen Stadtschreibers, der auch als Historiograph und Verfasser von Sekretärsliteratur bekannt wurde, um einen umfangreichen Dialog zwischen einem Forastiero und einem Cittadino der Stadt Neapel, in dem Letztere, deren Geschichte, Sehenswürdigkeiten und Besonderheiten beschrieben werden. 199 Capaccio 1634, 671. 200 Capaccio 1634, 675 f. 201 Capaccio 1634, 677, heute: Chiesa dei Santi Pietro e Paolo dei Greci. 202 Capaccio 1634, 677.

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Andere, numerisch kleinere Gruppen scheinen ebenfalls über eine stabile topographische Verortung in der Stadt verfügt zu haben: Venetiani, se ben non può dirsi che facciano Colonia, tutta volta quella serenissima Republica tiene una propria casa dove habitano i suoi Residenti, gentil’homini di gran merito e qualità.203

Die ebenfalls über ihre eigene Kirche, S. Margherita, verfügenden „Alemani“ werden über ihre Tätigkeiten identifiziert: Habitano parimente Alemani, che se ben prima vi erano, furono poi introdotti dal Duca d’Ossuna seniore204 per guardia della sua persona, levando via quella de gli Spagnoli.205

Darüber hinaus erwähnt Capaccio, dass „Genovesi sempre sono stati in Napoli, e si sono ritrovati nell’una e nell’altra fortuna di questa cità […]“206 sowie „tanti altri habitatori, del Regno istesso Calabresi, Pugliesi, Apruzzesi e più vicini Costaioli, Cavaioli“,207 die in Neapel ansässig geworden sind. Darüber hinaus: „Zingari, o Cingari, habitatori però fuor le mura della cità, e’l loco dove dimorano, non tiene altro nome che di Cingari“.208 Schließlich werden auch noch die Spanier, wohlgemerkt getrennt von den – erst später detailliert als verschiedenen sozialen Gruppen zugehörig beschriebenen – Neapolitanern,209 aufgeführt: Non parlo di Spagnoli che per dominio, casamenti, Magistrati, poderi, feudi sono fatti in questa cità e Regno immortali, ancor che ritrovarete sepolture infinite di famiglie. Mexia, Quesada, Gomez, Basurti, Mardones, Xarqui, Iciz, de Quadros, Vega, Urries, Toralta, Marichez, Castiglio, De Rescio, Ruiz, Carriglio, De Quiros, Maiorga, Coviglio, Parrinos, De Salines, e tante altre che ritrovarete voi quando andarete vedendo le chiese nostre.210

Die Einordnung einer Person als Regnicolo erfolgte somit nicht ausschließlich in Abgrenzung zu Personen von der Iberischen Halbinsel. Auch Personen, die zwar aus der geographischen Region Europas, die heute die 203 Capaccio 1634, 672. 204 Gemeint ist wohl Pedro Téllez-Girón de la Cueva Velasco y Toledo, der erste Vizekönig dieses Namens, der von 1582 – 1586 regierte. Ein nahezu gleichnamiger Vizekönig (Pedro Téllez-Girón y Velasco Guzmán y Tovar), der ebenfalls Graf von Ossuna war, regierte Neapel von 1616 – 1620. 205 Capaccio 1634, 674. 206 Capaccio 1634, 678 f. 207 Capaccio 1634, 690. 208 Capaccio 1634, 690. 209 Vgl. Capaccio 1634, 692 ff. 210 Capaccio 1634, 688.

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Republik Italien darstellt, stammten, aber eben nicht aus dem Königreich Neapel, wurden als Forestieri 211 angesehen. Dadurch muss die Annahme einer potentiellen Mehrsprachigkeit innerhalb der Institutionen aufgrund gemischter Besetzung durch Sprecher verschiedener L1 zumindest relativiert werden. Unter Umständen konnten auf die Plätze, die ad beneplacitum besetzt werden sollten – ganz abgesehen von der Möglichkeit, auch diese Posten an Neapolitaner zu vergeben – auch ‘Italiener’ aus Staaten außerhalb des Regno di Napoli gelangen. Für diese Personen sind eher verschiedene diatopische Varietäten einer historischen Einzelsprache, die im Begriff ist, sich als solche zur konstituieren, denn Varietäten zweier historischer Sprachen als herkunftsbedingter Teil des sprachlichen Repertoires anzunehmen. Die Frage, ob Kastilier oder Personen aus den anderen die spanische Monarchie bildenden Gebieten als Forestieri angesehen wurden (was unserer modernen Staatsvorstellung zunächst widerstrebt), lässt sich aufgrund der Festlegungen der Prammatica „De officiorum provisione“ ebenfalls beantworten: Für Kastilier, Katalanen, Aragonesen galten wohl die gleichen Bedingungen zum Erwerb der Cittadinanza Neapels oder anderer Städte, wie für Personen anderer Herkunft. Angesichts der aggregativen Struktur der verschiedenen Königreiche, die in Personalunion von den spanischen Habsburgern regiert wurden, erstaunt dies nicht.212 Die Personalpolitik der spanischen Krone in Form der Prammatica „De officiorum provisione“ und die wiederkehrenden Bittgesuche des neapolitanischen Parlaments (vgl. 3.2.4), welche immer wieder die Einhaltung und Verbesserung des Proporzsystems zu Gunsten der Neapolitaner einforderten und sich auch nach Erlass der Prammatica an den spanischen König richteten,213 sind trotz der genannten Abgrenzungsschwierigkeiten 211 Zur Bezeichnung von Auswärtigen vgl. Del Treppo 1989, 181. 212 Vgl. Peytavin 1998. Bezeichnend für die Komplexität der Gruppenzugehörigkeit erscheint die Wortwahl bei Álvarez-Ossorio Alvariño, der einmal von „forasteros españoles (Álvarez-Ossorio Alvariño 2004, 606) und eine Seite später von „forasteros o españoles“ (Álvarez-Ossorio Alvariño 2004, 607) spricht. 213 Vgl. beispielsweise das Bittgesuch des neapolitanischen Parlaments von 1556 in D’Agostino, G. 1984, 49 ff. Darauf, dass die Loyalität zum König teils im Kontrast zur Loyalität zur jeweiligen „patria“ und dem Zugehörigkeitsgefühl zu Letzterer stand, und dies durchaus konfliktuell werden konnte, weist die Äußerung des Graf von Olivares Gaspar de Gúzman von 1640 hin: „Cuando en el ejército real acampado ante las murallas de Salces se originó una violenta discusión entre el virrey de Cataluña, conde de Santa Coloma, catalán de nacimiento, y el maestre de campo, marqués de Torrecuso, napolitano, no fue capaz de ocultar su indignación. ‘¡Malditas sean las naciones, y malditos son los hombres nacionales! Amo a todos

3.1 Verwaltungspersonal

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zwischen Regnicoli und Forestieri als Anhaltspunkte dafür zu werten, dass es in der neapolitanischen Verwaltung auf zahlreichen Ebenen zu Kontakten zwischen L1-Sprechern verschiedener historischer Sprachen gekommen sein muss, da diese in enger Zusammenarbeit administrativen Aufgaben nachgingen. Es ist allerdings nicht genau bekannt, wie viele Spanier214 tatsächlich im Königreich Neapel waren, wie Peytavin anmerkt: Es cierto que el número de españoles presente en las posesiones italianas de la Monarquía, a saber el reino de Sicilia, el reino de Nápoles y el ducado de Milán, es una incógnita de gran evergadura sin posibilidad alguna de calibrar exactamente.215

Es erfolgte keine Kontrolle oder Registrierung der aus Spanien in Richtung Italien Ausreisenden, wie es für Reisen in die spanischen Besitzungen in Übersee in der sevillanischen Casa de Contratación der Fall war.216 Die vielfach in sprach- und geschichtswissenschaftlichen Arbeiten geäußerte Annahme, dass in Neapel im Vergleich zu Mailand und Sizilien verhältnismäßig viele Spanier ansässig waren,217 lässt sich für die direkte Entourage des Vizekönigs und das Militär teils auch numerisch belegen.218

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215 216

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los vassallos del Rey nuestro señor, y a los napolitanos por ventura dando ocasión de celos a los españoles, porque me parece grande pilar de la monarquía del Rey, y no soy nacional, que es cosa de muchachos’ [BNM Ms. 1630, fols. 186 – 187v, Olivares a Torrecuso, 4 de enero de 1640]“ (Elliott 1990, 549). Die Einordnung einzelner Personen als Spanier stellt sich aus den genannten Gründen, wie den zahlreichen gemischten Eheschließungen, ähnlich schwierig dar, wie die Einordnung einzelner Personen als Regnicoli. Dies führte dazu, dass die Einordnung der eigenen Person teils auch den jeweiligen Gegebenheiten oder Erfordernissen angepasst wurde: „Las polémicas sobre las identidades nacionales de los oficiales del rey en Italia, y la pujanza de personas de sangre mixta que podían optar a puestos de varias naciones afectaba por igual a la esfera de las magistraturas supremas que a los cargos medios e inferiores de oficiales. Estas controversias no sólo se suscitaban con las plazas de la nación española, sino también en puestos de naturales“ (Álvarez-Ossorio Alvariño 2004, 610). Peytavin 1998, 90. Vgl. Peytavin 1998, 91: „Hasta donde se puede saber, los desplazamientos de personas de una peninsula a la otra no estuvieron sujetos a ninguna especie de autorización o de control: ninguna condición que cumplir, ninguna lista de embarco como sucedía, por el contrario, con los navíos que zarpaban a América.“ Vgl. Peytavin 1998, 92. Vgl. beispielsweise Summonte (1675, Tomo IV, 176 f.), der für das Jahr 1537 die Ankunft von 3000 spanischen Soldaten in Neapel vermerkt, von denen 1000 anschließend von der neapolitanischen Bevölkerung gelyncht wurden, da sie für die durch sie entstandene Zeche nicht aufkommen wollten (ebd.). Hinweise auf die numerische Präsenz insbesondere von spanischen Soldaten lassen sich auch aus

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3. Die Verwaltung des spanischen Regno di Napoli

Dennoch wurde innerhalb des zivilen Verwaltungsapparats hin und wieder auch die geringe Zahl an Spaniern beklagt, wie ein Dokument aus dem Generalarchiv in Simancas belegt: In einer nicht datierten, aufgrund der enthaltenen Hinweise auf verschiedene Amtsträger aber wohl auf die Jahre 1559 bis 1561 zu datierenden Konsultation (it. / sp. Consulta) des Italienrats (it. Consiglio d’Italia, sp. Consejo de Italia, vgl. 3.2.1) an Philipp II. wird über die Besetzung eines Postens in eben diesem Rat beraten, welcher durch einen Spanier eingenommen werden sollte.219 Allerdings hätte hierfür ein Spanier aus Neapel an den Hof berufen werden müssen, was angesichts der geringen numerischen Präsenz von Spaniern in gehobenen Verwaltungsfunktionen im Vizekönigreich problematisch erschien: Haviendo fallesçido el Doctor Castillo220 a quien V(ostra) M(agesta)d havia mandado llamar para la plaça de Regente deste consejo que tiene el Regente Polo,221 se ha pensado y platicado diversas Vezes sobre la persona que convendria para este cargo. y visto que los que tienen platica de_las cosas del Reyno de nap(ol)es y que estan puestos en Tribunales preheminentes: como son los Regentes

Informationen zum Hofstaat des Vizekönigs und zum Staatshaushalt des Vizekönigreichs gewinnen. So vermerkt beispielsweise das in Simancas unter der Signatur Estado 1046 – 217 aufbewahrte undatierte Dokument, das vermutlich wie die inhaltlich damit eng zusammenhängenden von Coniglio (1987, I, 182 – 193) edierten Dokumente aus dem Zeitraum zwischen 1559 und 1571 stammt, die Zahl von „tres mill españoles“, die Sold erhalten. Bezüglich der Besetzung von Verwaltungsposten vgl. auch Álvarez-Ossorio Alvariño 2004, 606: „Mientras en Lombardía el reinado de Felipe II fue crucial para introducir a los españoles en los tribunales, en el reino de Nápoles el proceso había comenzado mucho antes, vinculado al final de las campañas del Gran Capitán. Fernando el Católico estableció un Consejo Colateral como cancillería y supremo organo consultivo del virrey con tres plazas numerarias, una de las cuales estaba reservada a naturales y otras dos solían desempeñarse por forasteros españoles. Durante la primera mitad del siglo XVII las plazas numerarias del Colateral se incermaron en dos, una para un regnícola y otra para un aragonés, privilegio concedido al reino de Aragón por Felipe IV en las Cortes de 1646 como recompensa por su fidelidad durante la revuelta catalana, hunto a otras magistraturas en Italia.“ 219 Auch für den Italienrat gab es ein ähnliches Proporzsystem (vgl. 3.2.1). Die Datierung des Dokuments ergibt sich aus dem Hinweis auf die Visitation (sp. / it. visita, zu den Visitationen vgl. 3.2.1) von Gaspar de Quiroga, die im Jahr 1559 begann und dem bei Intorcia (1987, 246) für das Jahr 1561 vermerkten Tod des in der Passage erwähnten Reggente des Kollateralrats (vgl. 3.2.2) Villanova. 220 Antonio Castillo, Präsident der Regia Camera della Sommaria (vgl. 3.2.2) ab 1566 (Intorcia 1987, 222). 221 Lorenzo Polo, Reggente des Kollateralrats ab 1548 (Intorcia 1987, 245).

3.1 Verwaltungspersonal

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Reverter y Vilano del consejo colateral, 222 y Juan Andrea de curtis del de Capuana, han sido suspendidos de sus offiçios en esta visita, y que otros tres, o quatro españoles letrados que alli ay no son de consideraçion para tractar dello en esta ocasion, ha paresçido despues de comunicado y conferido todo con el Visitador Quiroga, que el mas aproposito para este lugar es el Regente Patino assi por su bondad y letras, como por la platica y experiençia que tiene de_las cossas de aquel Reyno, por lo mucho que ha que sirve en el, pues aun que ha sido condemnado en esta Visita en trezientos escudos no es de inconveniente, atento tambien los pocos subjectos espanoles que ay en aquel Reyno de que echar mano, si bien no dexa de considerar se la falta que hara alla su persona por no haver en aquel consejo al presente mas que el y el marques de Oriolo,223 pero vista la neçessidad que aqui ay de Regente paresçe que se deve proveer a_lo que mas urge y siendo V(uestra) M(agesta)d servido de proveer le deste cargo podra pedir se nomina al Virrey de_las personas que le occurieren para la plaça que el tiene en aquel Reyno.224

Wenn auch die Präsenz (und enorme Fluktuation) von zahlreichen Soldaten für das Vizekönigreich nachgewiesen werden kann, scheint aus der angeführten Quelle doch auf, dass die Zahl der für höhere Ämter qualifizierten Spanier im Vizekönigreich zumindest zeitweise nicht sehr groß war. 3.1.2 Togati und Milites In der zuletzt zitierten Quelle wird ein zweites Kriterium erwähnt, das für die Besetzung zahlreicher Ämter von großer Bedeutung war.225 Sowohl die Bezeichnung von Antonio Castillo als „Doctor Castillo“ als auch der Hinweis auf „otros tres, o quatro españoles letrados que alli ay“ weisen auf die Qualifikation dieser Personen als Rechtsgelehrte hin. Diese Personengruppe, deren Vertreter häufig als Togati „cioè uomini di toga, giuristi“226 bezeichnet wurden, gewannen in der Politik und Administration während des spanischen Vizekönigreichs im Vergleich zum Adel, den

222 Francesco Reverter, ab 1557 Reggente des Kollateralrats und vermutlich Francesco Villanova, der seit 1557 anstelle von Lorenzo Polo Reggente in Neapel war (Intorcia 1987, 246). 223 Mit „Marques de Oriolo“ kann hier nur Marcello Pignone gemeint sein, der 1558 von Philipp II. den Titel des „Marchese von Oriolo“ erhielt (Galasso 31992, 53) und den Intorcia (1987, 245) ab 1556 als Reggente des Kollateralrats verzeichnet. 224 AGS, Secretarías provinciales 1, 5r, [Kursivierung V.S.]. 225 Vgl. Schwägerl-Melchior 2010, 24 f. 226 Allocati 1968, 79.

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3. Die Verwaltung des spanischen Regno di Napoli

Milites, zunehmend Einfluss.227 Für den Zugang zu Führungsposten und die Partizipation an politisch-administrativen Entscheidungsprozessen wurde es zunehmend notwendig, sich als Doctor utriusque juris ausweisen zu können. Die Unterscheidung zwischen beiden Gruppen, derjenigen der Rechtsgelehrten und derjenigen der Adligen, entbehrt jedoch – ebenso wie diejenige zwischen Regnicoli und Forestieri – teils der Trennschärfe. Eine Zugehörigkeit zu beiden Gruppen war durchaus möglich, wie Muto in Bezug auf die Reggenti di Cancelleria (sp. Regentes de Cancillería) des Kollateralrats feststellt: […] b) In the age of Charles V a compact group of regents were both patricians and doctors of law. It is thus possible that the urban nobles who occupied the post of regent in this period (names such as Loffredo, Muscettola, Albertino, and Pignone) sought to differentiate themselves from the titled nobility and to put themselves forward as a dependable ally of the crown by lending support to the crown’s project of streamlining the apparatus of government; c) Possessing a law degree – being a togato – was thus not incompatible with being a patrician di seggio or a member of the urban nobility. What is more, throughout the first half of the sixteenth century the nobility showed itself open to the civilization of letters on a number of occasions; d) The patrician component in the chancellery lessens gradually as time went by, but it was still significant until the revolt of 1647 – 48; e) Only after Masaniello’s Revolt did the non-noble togati seem to have gained complete control of the chancellery.228

Nichtsdestoweniger ist das Wissen um die Existenz dieser, nur idealtypisch trennscharfen Unterscheidung wichtig, da hinsichtlich der Besetzung einzelner Gremien von unterschiedlichen Mehrheitsverhältnissen und Repräsentanzfunktionen für die beiden Gruppen auszugehen ist. In einer sprachwissenschaftlichen Arbeit wie der vorliegenden wird dieses Wissen vor dem Hintergrund relevant, dass in metasprachlichen Quellen und grundlegenden Arbeiten zur Italia spagnola für den Adel eine besonders intensive Hinwendung zum Spanischen angenommen wurde. In der bereits angeführten Feststellung des lange Jahre in Neapel ansässigen Zeitgenossen Valdés, dass „ya en Italia assí entre damas como entre caballeros se 227 Vgl. insbesondere Pilati 1985 und 1999 sowie Rovito 1981a. Die mehr oder weniger vollständige Ablösung des Adels durch die Rechtsgelehrten wird von Muto (2007, 281 – 285) durch schlagkräftige Argumente in Frage gestellt, die dafür sprechen, dass sich zumindest in einzelnen Institutionen anstelle eines plötzlichen Wandels vielmehr die Ablösung einer Gruppe durch die andere über eine langfristige Koexistenz in Form von doppelten Zugehörigkeiten einzelner Personen – sowohl zum Adel als auch zur Gruppe der Rechtsgelehrten – vollzogen hat. 228 Muto 2007, 283 f., [Kursivierung im Original].

3.2 Verwaltungsebenen und -institutionen

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tiene por gentileza y galanía saber hablar castellano“229 scheint dies ebenso durch, wie in Croces Beschreibung der Beschäftigungen der feinen Gesellschaft: [L]a lingua spagnola era spesso adoperata nelle imprese allora solite tra i signori e i militari, e, nelle società eleganti, tra le canzonette italiane, si udivano talora cantare quelle spagnuole.230

Es bleibt also zu fragen, ob sich auch für stark durch den Adel geprägte Institutionen unter Umständen eine verstärkte Hinwendung zum Spanischen feststellen lässt.

3.2 Verwaltungsebenen und -institutionen Die politische und administrative Steuerung und Kontrolle der habsburgischen Gebiete in Italien erfolgte durch ein sich auf verschiedenen Ebenen artikulierendes und in jedem Gebiet jeweils spezifisches Verwaltungssystem, dessen Fäden in den Räten der spanischen Monarchie zusammenliefen. Der folgende Überblick skizziert die wichtigsten Verwaltungsorgane hinsichtlich ihrer zentralen Aufgaben und ihrer personellen Besetzung. Auf diejenigen Institutionen, die als Sender und Empfänger in der folgenden Quellenanalyse zur Sprache kommen, wird dabei näher eingegangen. Es werden daneben für die beschriebenen Institutionen typische Kommunikationssituationen und Verschriftlichungsmomente mit in die Beschreibung aufgenommen. Von diesen werden einzelne in Kapitel 4 aufgegriffen und anhand der Quellenbefunde näher beleuchtet. 3.2.1 Die Verwaltung der italienischen Gebiete im spanischen Polysynodalsystem: Der Italienrat und die Visitationen Das kontinentale Süditalien erfuhr durch die Integration in die spanische Monarchie tiefgreifende institutionelle Veränderungen. Das einstige Zentrum des ferrantinischen Teils der aragonesischen Monarchie, in dem der König seit der Regierung von Alfons V. ansässig war, wurde zu einem Teil der spanischen Krone, in dem weder das Königspaar Ferdinand und Isabella noch deren Nachfolger das geographische und politische Zentrum 229 Valdés [1535] 1969, 41. 230 Croce 1895, 11.

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3. Die Verwaltung des spanischen Regno di Napoli

ihrer Monarchie verorteten. Diese Verlagerung der Gewichte führte dazu, dass Neapel sich in der Peripherie wiederfand.231 Der vizekönigliche Hof trat an die Stelle des eigenen Königshofs, auch wenn Neapel nach wie vor nominell ein Königreich blieb. Der Souverän hatte nunmehr nicht nur ein Königreich unter sich, sondern mehrere und ließ sich dadurch bedingt vor Ort vertreten. Der Einführung des Amtes des Vizekönigs und der Schaffung des Kollateralrats (vgl. 3.2.2) zur Unterstützung und Kontrolle desselben als Neuerungen steht jedoch auch eine große Zahl an Kontinuitätsmomenten gegenüber. Sie unterstreichen den Status Neapels als ein Königreich unter vielen, die in Personalunion von Vertretern einer Dynastie regiert wurden.232 Zahlreiche Ämter und Verwaltungsinstitutionen wurden aus aragonesischer Zeit weitergetragen und von spanischer Seite – wenn überhaupt – nur vorsichtig in Struktur und Besetzung verändert. Für ein Europa der „composite monarchies“233 war ein solches Verfahren bei der Zusammenführung verschiedener Territorien unter einer Krone typisch: The greatest advantage of union aeque principaliter was that by ensuring the survival of their customary laws and institutions it made more palatable to the 231 Der Peripherie-Aspekt wird häufig in geschichtswissenschaftlichen Arbeiten thematisiert, was sich auch in Titeln widerspiegelt, wie beispielsweise bei Galasso 1994b. Zum Peripherie-Aspekt vgl. auch Metzler 2004. 232 Der Frage, ob mit der Bezeichnung als Viceregno, die durch die Arbeiten Croces große Verbreitung gefunden hat, der Blick auf die tatsächliche legislative Gleichstellung mit anderen Gebieten der spanischen Krone verstellt wird, geht Galasso nach und stellt fest: „Ora, quella espressione crociana [„Altra via non si offriva per uscire da quell’anarchia e dai pericoli delle invasioni se non di entrare come parte di un più vasto stato; e cosi, per logica necessità di cose, il ‘regno di Napoli’ discese a ‘viceregno’“ (Croce 21967, 88)] può essere considerata da due punti di vista: dal punto di vista giuridico e da quello politico. È bene sgombrare subito dagli equivoci il campo giuridico, dove ciò è più facile, ricordando che, sotto questo riguardo, nessuna discesa o mutamento di status del Regno vi fu o poteva esservi per il fatto che il sovrano politicamente e diplomaticamente riconosciuto di Napoli risiedeva a Madrid, era sovrano anche di altri regni e dominî e perciò si faceva rappresentare a Napoli e vi governava mediante un viceré. Il Regno era e rimase un regno; il sovrano portava il titolo di re; tutte le carte, la legislazione e i documenti, nonché la teoria giuridica e politica, la pubblicistica, le cronache e ogni altro tipo di letteratura relativa a Napoli nei secoli XVI e XVII parlano sempre ed esclusivamente di Regno, Reyno, Royaume, Realme, Regnum e cosí via“ (Galasso 1994b, 14 f.). Der Begriff des Vizekönigreichs bezeichnet in Bezug auf die europäischen Gebiete also einen durchaus anderen Status als derjenige der Virreynados und deren Bevölkerung in Übersee (vgl. ebd.). 233 Zum Begriff Elliott 1992.

3.2 Verwaltungsebenen und -institutionen

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inhabitants the kind of transfer of territory that was inherent in the international dynastic game. No doubt they often felt considerable initial resentment at finding themselves subordinated to a ‘foreign’ ruler. But a promise to observe traditional laws, customs and practices could mitigate the pains of these dynastic transactions, and help reconcile elites to the change of masters. The observance of traditional laws and customs involved in particular the perpetuation of estates and representative institutions.234

Die Fäden eines weltumspannenden Herrschaftsbereiches liefen in Spanien in einem ausgeklügelten und relativ kompakten Rätesystem zusammen. Schon früh begann in Kastilien die Abwicklung verschiedener administrativ-politischer Aufgaben in Ratsgremien.235 Mit der Verwaltung der 234 Elliott 1992, 53 f., [Kursivierung im Original]. Bezüglich des aggregativen Charakters der spanischen Monarchie vgl. auch Galasso (1994b, 9): „‘Impero’, ‘federazione’ o ‘confederazione di Stati’, ‘Commonwealth’ sono, infatti, termini impiegati assai spesso per designare la realtà istituzionale della monarchia spagnola nell’età moderna. Termini, peraltro, quasi sempre inadeguati e assai mal rispondenti a quella realtà. Quel che, in generale, non viene colto a sufficienza è che il complesso dei dominî della monarchia non formava, in alcun modo, una realtà istituzionale unitaria, designabile con i termini sopra indicati o con altri equivalenti nel delineare un’unità di struttura giuridica. Da questo punto di vista la realtà sostanziale della monarchia era costituita dalla unione personale di piú stati sotto lo stesso sovrano, o – per dire meglio – sotto la stessa dinastia: una serie, dunque di entità o formazioni politiche ciascuna autonoma e giuridicamente indipendente rispetto alle altre.“ Vgl. zur Struktur der spanischen Monarchie auch Musi 2007, 74: „Ferdinand was the initiator of Spain’s ‘new monarchie’, a model of political and administrative development that followed a basically patrimonial conception of the state. This model, rather than fusing the various territories into one domain, worked to construct unity in diversity and to respect the autonomy and traditional law system of each territory.“ 235 „Das politische Alltagsgeschäft wurde im Wesentlichen durch das System der Kronräte bestimmt. Schon im 14. Jahrhundert entstand ein Königlicher Kastilienrat (Consejo Real de Castilla), der ab 1480 zentrale politische Aufgaben der Innen- und Außenpolitik bündelte, die Besetzung wichtiger Ämter regelte und den Obersten Gerichtshof darstellte. Ein entsprechender Oberster Aragonienrat (Consejo Supremo de Aragón) wurde 1494 für die aragonesischen Länder eingerichtet. Unter den Katholischen Königen setzte eine sachliche Differenzierung der Räte ein. Als erstes ist hier der Inquisitionsrat zu nennen, der 1483 eingerichtet wurde und erstmals beide Kronen, also Kastilien und Aragonien betraf. Es folgten ein für die Ritterorden zuständiger Consejo de Ordenes (1495), ein Kreuzzugsrat (1509, Consejo de la Cruzada), sowie um 1520 dann der Indienrat (Consejo de Indias). Diese Ratsgremien vereinten üblicherweise drei Funktionen: Sie waren ein Beratungsgremium, das Entscheidungen des Königs vorbereitete, eine teilweise selbständig handelnde Verwaltungsbehörde und stellten zugleich für ihr jeweiliges Jurisdiktionsgebiet die oberste gerichtliche Instanz dar. Eine übergeordnete poli-

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3. Die Verwaltung des spanischen Regno di Napoli

einzelnen spanischen Gebiete in Italien waren neben dem Staatsrat der Aragonienrat und später der Italienrat betraut. Der von Ferdinand 1494 geschaffene Aragonienrat236 war zunächst mit den Angelegenheiten Aragoniens, Siziliens, Kataloniens und Valencias sowie mit der Verwaltung der bis dato aragonesischen Gebiete Neapel und Sardinien betraut. Mit dem Übergang der Krone von Karl I. auf Philipp II. wurden um 1558 die italienischen Gebiete Mailand, Sizilien und Neapel dem neu geschaffenen Italienrat unterstellt, während Sardinien weiterhin in den Kompetenzbereich des Aragonienrats fiel. Für die neapolitanische Verwaltung sind somit der Aragonienrat237 und als dessen Nachfolger in neapolitanischen Belangen der Italienrat von primärem Interesse. Dort wurde der Schriftverkehr mit den italienischen Gebieten abgewickelt und über die Belange derselben beraten und verhandelt. Allerdings können die genannten Räte nicht losgelöst von den anderen Räten betrachtet werden.238 So wurden im Staatsrat auch nach Gründung des Italienrats noch häufig ‘italienische’ Angelegenheiten verhandelt. Außerdem ging dort in großem Umfang Schriftverkehr aus Italien ein. Der Italienrat Der Italienrat wurde in der Zeit des Übergangs der neapolitanischen Krone und später auch der anderen spanischen Gebiete an Philipp II. geschaffen, wobei die Datierung des Gründungsdatums schwankt.239 Innerhalb dieses Rats, und somit im Herzen der spanischen Monarchie,240 setzte sich das

236 237 238 239

240

tische Funktion fiel dem 1529 eingerichteten Staatsrat (Consejo de Estado) zu“ (Brendecke 2009, 90, [Kursivierung im Original]). Vgl. Giardina 1936, 5. Da für die vorliegende Arbeit nur der Italienrat einbezogen wurde, wird auf eine Beschreibung des Aragonienrats an dieser Stelle verzichtet. So lassen sich bei administrativ-textuellen Verfahren erhebliche Parallelen zwischen den verschiedenen Räten aufzeigen (vgl. 4.5.3). Karl I. von Spanien trat 1554 anlässlich der Heirat Philipps mit Maria Tudor das Königreich Neapel an seinen Sohn ab, verzichtete aber erst 1555 zu dessen Gunsten auf Mailand und 1556 auf die spanischen Länder (vgl. Galasso 1994b, 12). Nachdem in den ersten fünfzig Jahren der spanischen Herrschaft die italienischen Angelegenheiten über den Aragonienrat und dessen zunehmend auf einzelne Territorien spezialisierte Sekretäre abgewickelt worden waren (vgl. Rivero Rodríguez 1992, 207 ff.), wurde 1556 Diego de Vargas zum „secretario de Italia“ ernannt (Rivero Rodríguez 1992, 215), worauf 1558 die explizite Instaurierung des Italienrats folgte (vgl. Rivero Rodríguez 1992, 216). Der Italienrat hatte seinen Sitz in der spanischen Hauptstadt (Valladolid bis 1561, Madrid von 1561 – 1600, Valladolid 1600 – 1606 und ab 1606 definitiv in Madrid

3.2 Verwaltungsebenen und -institutionen

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Proporzsystem der Ämterbesetzung, das in Neapel durch die oben genannte Prammatica festgeschrieben wurde, fort: [T]hree Italian ministers […] sat on the council of Italy at the side of their three Spanish colleagues […] who were prepared to respond to questions regarding their land of origin.241

Die gemischte Besetzung des Italienrats resultierte auch aus praktischen Erfordernissen: Unter dem Vorsitz eines spanischen Adligen berieten die Reggenti (sp. Regentes) des Rates über spezifisch lokale Fragen, welche die italienischen Gebiete der spanischen Monarchie betrafen.242 Die Kenntnis der örtlichen Gegebenheiten, über die die Reggenti aus den jeweiligen Gebieten verfügten, war hierfür ein wichtiges und unersetzliches Instrument.243 Die höchste Funktion im Italienrat war die Position des Präsidenten (it. / sp. Presidente), der im Falle einer längeren Vakanz des Postens als Interims-Lösung von einem Gouverneur (it. Governatore / sp. Gobernador) vertreten wurde.244 Weitere Ratsmitglieder waren die bereits erwähnten Reggenti, deren Zahl sich im Laufe der Zeit erhöhte und deren Besetzung im erwähnten Proporzsystem erfolgte. Für die Verwaltungskommunikation wichtige Ämter waren der Posten des Sekretärs (it. Segretario / sp. Secretario), den bis 1595 für alle Gebiete nur eine Person innehatte. Danach verfügten die einzelnen Territorien über einen jeweils eigenen Sekretär, wodurch die Zahl der Sekretäre sich auf drei erhöhte.245 Diesen unterstellt waren wiederum als Officiali bezeichnete Schreiber.246 Besonders interessant für das Erkenntnisinteresse der vorliegenden Arbeit ist das auf den 3. Juli 1667 datierte und von der Königin unterzeichnete Ernennungsschreibens für einen solchen Schreiber in der für Neapel zuständigen Secretaría. Aus diesem geht klar hervor, dass Italienischkenntnisse für die dortige Tätigkeit durchaus relevant und erwähnenswert erschienen:

241 242 243 244 245 246

(vgl. Giardina 1936, 85)) und folgte dem König teils bei längeren Reisen: „Il Supremo Consiglio d’Italia risiedeva nella Capitale spagnuola […] e seguiva, più o meno ridotto in numero, il Re nei suoi viaggi“ (Giardina 1936, 85). Peytavin 2007, 357. Hiervon ausgenommen war das weiterhin unter den Kompetenzbereich des Aragonienrats fallende Sardinien. Vgl. Peytavin 2007, 370. Für jede italienische Provinz waren jeweils ein „regente provincial natural“ (später auch „nacional“) und ein „regente provincial español“ zuständig (Álvarez-Ossorio Alvariño 2004, 600). Vgl. Giardina 1936, 11 ff. Giardina 1936, 42. Giardina 1936, 43.

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3. Die Verwaltung des spanischen Regno di Napoli

Por quanto por promocion del Secretario don Manuel de Villareal a la Plaza de official mayor de la secreteria del Reyno de Napoles que cerca de mi reside, ha vacado una de las Plazas ordinarias de la dicha Secreteria, y Don Iñigo Lopez de C ¸ arate cavallero de la orden de Santiago mi secretario y de la negociacion de lo dicho Reyno de Napoles en el Consejo Supremo de Italia ha nombrado para ello a Vos Don Sebastian del Castillo mi Secretario, por las buenas partes que en vuestra persona concurren de latinidad, suficiencia y integridad y platica de la lengua Italiana y haverme servido por espacio de seys años en Plaça de Official segundo del numero de la dicha Secreteria, he tenido por bien de approbar como en virtud de la presente appruebo el nombramiento hecho en vuestra persona por el dicho Don Iñigo Lopez de C ¸ arate, a cuya orden haveys de estar y asistir a la expedición de los negocios de dicha Secreteria.247

Italienischkenntnisse wurden neben der Beherrschung des Lateinischen auch in Bezug auf die Secretaría de Sicilia als Qualifikation einzelner Personen angeführt, wie die folgenden Beispiele aus den letzten Jahrzehnten der Herrschaft der spanischen Habsburger über Neapel und Sizilien belegen: Don Junio de Quadro ha que sirve 21 años, entrando a hazer merito de orden del Señor Secretario Don Gerónimo de Ortega el año de 69 por su inteligencia en de [sic] las lenguas latina y italiana, sin emolumentos hasta 16 de Febrero de 76 que se le despachò título firmado de S.M. Don García de Bustamante, y sobre consulta de 27 de henero de 81 se le conzedieron 8 escudos al mes […].248 Don Joseph Carabajal ha 14 años que sirve en esta Secretaria y en Consejos; de la satisfaccion y inteligencia de las lenguas latina y italiana y otras buenas prendas con que lo ha hecho, S. M. en Decreto de 24 de Diziembre de 86 le hizo merced de 15 escudos al mes, que Don Henrique Bambelle y Aguiar, oficial mayor, le cediò, y pidiò se le pasasen de su renta, y después sobre consulta del Consejo, se le concediò la ayuda de costa de 200 duchados; y goze en todo 4180 reales.249

Einen wichtigen Hinweis darauf, dass die sprachliche Differenz der italienischen Gebiete im Italienrat durchaus spezifische Anforderungen an das Verwaltungspersonal stellten, die nicht von jedem Anwärter erfüllt werden konnten, gibt eine weitere von Giardina angeführte Quelle. Sie verdeutlicht, dass ohne Italienischkenntnisse die adäquate Erfüllung der Amtsaufgaben im Italienrat geradezu unmöglich erschien: 247 AGS, Secr. Prov. Libro 639, zitiert in der Transkription von Giardina 1936, 44 f., [Kursivierung V.S.]. 248 A. H. N. M. Estado, Cons. Ital. leg. 2284, vermutlich von 1690, zitiert in der Transkription von Giardina 1936, 158, [Kursivierung V.S.]. 249 A. H. N. M. Estado, Cons. Ital. leg. 2284, vermutlich von 1690, zitiert in der Transkription von Giardina 1936. 159, [Kursivierung V.S.].

3.2 Verwaltungsebenen und -institutionen

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A estos seys sugetos añade el Consejo otros dos Avogados de esta Corte Don Miguel de Monjalve y Don Francisco Felohaga en que no podemos concurrir porque si bien los tenemos por luzidos letrados y dignos de que V. M. los emplee en fiscalias de los Consejos de Castilla, para esta no pueden ser a proposito; no saben el estilo de aquellos Tribunales, ignoran las leyes capitulos y Pragmaticas de aquellas Provincias, no entienden la lengua italiana; pues ¿como podran defender las Regalias y hazienda de V. M., como podran seguir los pleytos y visitas, reconozer las quentas y balanzos y papeles que de ella vienen en lengua italiana? 250

Worin bestanden die zentralen Aufgaben des Italienrats, die augenscheinlich den dort beschäftigten Personen Kompetenzen in mehreren Sprachen abverlangten – neben dem selbstverständlich erscheinenden Kastilischen auch des Lateinischen und der „lengua italiana“? Der an drei Tagen pro Woche tagende Italienrat251 wurde mit der Behandlung eingehender Bittgesuche betraut, während die Staats- und Kriegsdinge betreffende Korrespondenz weiterhin im Staatsrat abgehandelt werden sollte, wie aus der Instruktion an den Sekretär Vargas von 1559 hervorgeht: Y por que no se confundan los cargos declaramos ser nuestra Voluntad que a vos como Secretario de Napoles y Sicilia y Milan tocaran los negocios de la governacion de aquellas provincias y la justicia y provision de los officios beneficios y mercedes sin empacharos de lo que tocare al Secretario de estado que sera lo de guerra y paz y cosas dependientes desto y la correspondencia que tendra cada ministro de qualquier destas provincias con lo de las otras y con los Principes potentados y estados y con los Embaxadores.252

Es sollte vorwiegend über Bittgesuche von weltlicher und geistlicher Seite entschieden werden,253 während der Staatsrat politische Dinge behandelte.254 250 A. H. N. M., Estado, Cons. Ital., leg. 2284, Consulta vom 04. 09. 1648, zitiert in der Transkription von Giardina 1936, 40, [Kursivierung V.S.]. 251 Im 17. Jahrhundert wurde die Arbeitszeit kurzfristig von Philipp IV. auf „todos los dias“ (Archivo Historico Nacional Madrid, Estado, Cons. Ital. leg. 1999, zitiert in Giardina 1936, 89) erhöht, später aber unter Vorbehalt der Einberufung allfälliger Sondersitzungen wieder auf drei Tage beschränkt (vgl. Giardina 1936, 89). 252 AGS, Consejo de Castilla, leg. 2797, lib. 48 f8 157 Instruction vieja del secretario Vargas, § 12, zitiert in der Transkription von Peytavin 2003, 65. 253 Vgl. Peytavin 2003, 64 f. 254 Dieser Umstand erklärt hinlänglich, warum zahlreiche Neapel und die anderen durch Spanien verwalteten Gebiete Italiens betreffende Dokumente im Generalarchiv Simancas in der Sektion Estado aufbewahrt werden. In den Akten, die im Archivbestand der Secretarías provinciales konserviert sind, liegen dagegen überwiegend Bitt- und Gnadengesuche vor.

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Nach Eingang eines Schreibens im Italienrat musste der für das jeweilige Territorium zuständige Reggente „prenderne visione, per alleggerire il lavoro dei colleghi ed esporne poi in seduta, con conoscenza particolare, il contenuto“.255 Anschließend wurde über die Entscheidung und das weitere Vorgehen abgestimmt, wobei der Reggente, der den Vorgang vorgestellt hatte, als erster sein Votum aussprach.256 Nach der Abstimmung wurde entweder – bei getroffener Entscheidung in einer Sache, die den Kompetenzbereich des Italienrats nicht überschritt – ein entsprechendes Dekret ausgefertigt, oder eine formelle Konsultation an den König angefertigt.257 Der Italienrat hatte somit die Aufgabe, Informationen zu sammeln und zu synthetisieren, teils selbst Entscheidungen zu treffen und den König bei dessen Entscheidungsfindung zu beraten.258 Ähnlich wie im Indienrat259 wurden zu diesem Zweck im Italienrat Konsultationen abgefasst. Dem König wurde ein Sachverhalt geschildert und gleichzeitig diesbezüglich ein Handlungsvorschlag unterbreitet. Auf der Konsultation vermerkte der König – zumeist eigenhändig –260 seine Entscheidung in der Sache und leitete sie zurück an den Präsidenten des Italienrats, der nach Lektüre im Rat den Bittstellern oder betreffenden Parteien die Entscheidung bekannt gab.261 Die daneben wichtigste Aufgabe des Italienrats bestand in der Entsendung der Visitationen (it. visite / sp. visitas) in die einzelnen italienischen Gebiete. Dabei handelte es sich um Inspektionen des Verwaltungsapparats 255 Giardina 1936, 92. Zu Resümierungsvorgängen im Italienrat vgl. 4.5.3. 256 Vgl. Giardina 1936, 92. 257 Vgl. Giardina 1936, 92 f. Zur Bestimmung von Angelegenheiten, zu denen eine Konsultation nötig war, vgl. Giardina 1936, 111. 258 Die Beratung wurde teils vom König selbst erbeten, wobei der Italienrat nicht viel Zeit zur Erfüllung der gestellten Aufgaben hatte: „Con dispaccio del 29 ottobre 1622 il re ordinava che alle sue domande si rispondesse non al di là del terzo giorno e in forma breve […]; e cosí pare con ordine del 2 novembre 1629 raccomandava la brevità nel disbrigo degli affari […]“ (Giardina 1936, 91). 259 „Seine [des Indienrates, V.S.] vornehmste Aufgabe bestand darin, dessen Entscheidungsbildung vorzubereiten und getroffene Entscheidungen des Monarchen anschließend umzusetzen. Der Austausch mit dem König erfolgte durch eine formelle Konsultation (consulta). Dazu wurde nach einer internen Vorberatung der Angelegenheiten eine Anfrage formuliert. Die Consulta fasste so die Sachlage zusammen und fügte eine Empfehlung des Rates zur Lösung der Frage hinzu. Sie konnte auf diese Weise zu einer direkten Beschlussvorlage werden“ (Brendecke 2009, 162, [Kursivierung im Original]). 260 Vgl. Giardina 1936, 98. 261 Vgl. Giardina 1936, 98 f. Zur sprachlichen Verfasstheit der Konsultationen vgl. 4.5.2

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des jeweiligen Territoriums, welche die Amtsführung einzelner Personen aber auch die Verwaltungsinstitutionen als solche betrafen.262 Die Visitationen Seit dem Bestehen des Italienrats und bis zum Ende der Herrschaft der spanischen Habsburger über Süditalien wurden in Neapel sechs Generalvisitationen durchgeführt.263 Obwohl die Visitation stets nur temporär im Königreich Neapel erfolgte und somit keine fest verankerte Institution darstellte, konnte sie durch ihre regelmäßige Wiederholung und die sich meist über einige Jahre hinziehende geregelte Befragungs- und Investigationstätigkeit doch Merkmale institutionellen Charakters ausbilden.264 Im Rahmen der Visitationen lassen sich wie in fest verankerten Administrationsorganen habitualisierte Kommunikationsvorgänge feststellen, die somit der Verwaltungskommunikation in der hier verwendeten Fassung 262 Zu dieser Doppelfunktion und der Tradition der Visitationspraxis vgl. Peytavin 2007, 362: „The visit has a long history in Mediterranean kingdoms and in Spanish, Italian and French territories. It was codified as a juridical procedure and was used to examine persons as well as institutions.“ 263 Peytavin (2003, 28 ff.) führt folgende Visitationen unter dem Namen der jeweiligen Visitatoren auf: Gaspar de Quiroga (1559 – 1564), Lope de Guzmán (1581 – 1584), Juan Beltrán de Guevara (1606 – 1612), Francisco Antonio de Alarcón (1628 – 1631), Juan Ponce de León y Chacón (1645 – 1648), Danese Casati (1679 – 1681). Bereits vor der offiziellen Einrichtung des Italienrats wurden erste Inspektionsreisen unternommen. So von Charles Leclerc (1517), Íñigo López de Mendoza (1530) und Pedro Pacheco (1536). (Vgl. Peytavin 2003, 47). 264 „La grâce royale s’exerçant sur la Sicile, Naples et Milan ne s’applique effectivement que sous le contrôle du conseil. Régents italiens et espagnols produisent de concert consultes et avis, comme dans les longues discussions sur le sort qu’il faut réserver au tribunal de la Zecca ou les résultats de la correspondance avec les vice-rois et les visiteurs. Régents du Conseil et visiteurs s’épaulent mutuellement, les effets de leurs décisions respectives sont correctement répercutés et les propositions des uns sont reprises et discutées par les autres. Considérée à la fois dans un cadre italien et dans celui de ses relations avec le Conseil, la visite devient une institution dont la caractéristique la plus forte est la permanence. La présentation qu’on en fait habituellement, celle d’une procédure exceptionnelle, se trouve totalement contredite. Qu’il s’agisse d’envoyer des recommandations régulières aux visiteurs ou des ordres particuliers provoqués par des évènements précis ou encore de siéger après leur retour dans les juntes de visite, le Conseil est occupé de façon permanente par la visite générale, qu’il organise lui-même. Elle lui apporte sans relâche les éléments lui permettant de travailler, de réfléchir, de proposer des réformes et d’agir sur les hommes et les institutions. Elle justifie sa propre existence et la nécessité qu’on a du Conseil“ (Peytavin 2003, 79 f.). Zur Einordnung der Visitation als Institution vgl. Peytavin 2003, 44 f.

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zugeordnet werden können (vgl 2.3.3). Aus diesem Grund wird die Visitation in der vorliegenden Arbeit mit den Verwaltungsorganen, die räumlich und zeitlich kontinuierlich Präsenz auf dem Territorium aufwiesen, als Institution aufgefasst. Im Folgenden werden Eckpunkte des Ablaufs der Visitationen vor Ort skizziert. Die Visitatoren (it. visitatori / sp. visitadores) wurden auf Vorschlag des Italienrats vom König ernannt und mit umfangreichen Vollmachten, einer Kommission und detaillierten Instruktionen ausgestattet nach Neapel entsandt.265 Mit Ausnahme von Danese Casati (1679 – 1681) war der Visitator immer ein Spanier.266 Nach Ernennung reiste dieser mit dem ihm zur Seite gestellten Sekretär, einem Prokurator (it. Fiscale / sp. Fiscal), einem Nuntius und den für ihn in den Provinzen arbeitenden Kommissaren (it. Commissari / sp. Comisarios) ins Königreich Neapel. Er hatte dort die Aufgabe, die Amtsführung einzelner Amtsträger zu überprüfen, wobei insbesondere Rechtsprechung und Staatsfinanzen im Fokus standen.267 Abgesehen von allen Belangen, die den Vizekönig selbst betrafen, verfügte der Visitator über sehr umfangreiche Befugnisse: Pour une telle somme de procès, le visiteur est un magistrat instructeur et non un juge. Dans le cadre de ce qui correspondrait exclusivement à une phase d’instruction et en aucun cas à un jugement complet, le roi lui confie ses 265 Vgl. Peytavin 2003, 11 ff. 266 Nicht immer bedeutete dies allerdings, dass der Visitator nicht mit italienischen Angelegenheiten vertraut war und unter Umständen auch schon längere Zeit in Italien zugebracht hatte. Gaspar de Quiroga beispielsweise „en 1554, fue nombrado oidor en el Tribunal de la Sacra Rota de Roma“ (Martínez Millán / De Carlos Morales 1998, 466) und befand sich somit schon gut fünf Jahre vor Beginn der neapolitanischen Visitation in Italien. Dennoch stellte die Ernennung des Mailänders Casatis als Visitator eine Ausnahme dar: „La sua [di Danese Casati, V.S.] nomina, peraltro, rappresentava un fatto inconsueto, perché, proprio per garantire una efficace azione repressiva, sin dal secolo precedente, era invalso l’uso di affidare l’incarico di visitatore a elementi spagnoli. Ciò si sarebbe dovuto verificare anche nel 1678: il 20 agosto, infatti, il Consiglio d’Italia aveva proposto al sovrano i nomi di alcuni ministri spagnoli. All’ultimo momento, però, era stato preferito il C.[asati, V.S.] perché, trovandosi ancora a Milano, avrebbe potuto raggiungere più rapidamente la sua destinazione. Se la nomina, quindi, era stata ispirata dall’esigenza di stringere i tempi, il fatto che si fosse potuto scegliere un magistrato italiano dimostrava quale alto concetto si avesse del C. a corte. E ciò, tanto più se si considera che, a differenza dei suoi immediati predecessori spagnoli, inviati nel viceregno con compiti limitati, egli godeva delle più ampie facoltà di controllo e d’indagine.“ http://www.treccani.it/enciclopedia/danese-casati_%28DizionarioBiografico%29/, [18. 03. 2013]. 267 Peytavin 2003, 11 f.

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pouvoirs et son autorité. Il confère à ses décisions le même poids qu’auraient les siennes propres. Ce que le visiteur ordonne, que ce soit comme si le roi l’avait ordonné, à condition néanmoins qu’il laisse le vice-roi hors de son champ d’action. Le contenu de ces commissions est absolument extraordinaire puisque le roi se dépouille de ses prérogatives et qu’il se sépare de ses regalia, comme le droit de suspendre et d’exiler, qu’il délègue à son envoyé.268

Nach Verlesen der Kommission vor den Vertretern der verschiedenen Institutionen269 wurde im ganzen Königreich die Ankunft der Visitation durch einen Bando, einen Aushang, bekannt gemacht und – einer Aufforderung zur Denunziation gleichkommend – zur Einreichung von Beschwerden über einzelne Amtsträger aufgerufen.270 Der Visitator begann anschließend mit der Inspektion der einzelnen Institutionen, die er besuchte und die Arbeitsweise des dort tätigen Personals beobachtete, wobei er verifizierte, ob die Vorschriften und tradierten Gepflogenheiten eingehalten wurden.271 Im Anschluss begann der Visitator in seinen eigenen Räumen272 mit der systematischen Befragung einzelner Personen zu bestimmten Ämtern und der Amtsführung durch die Personen, welche diese innehatten. Die Befragungen erfolgten in Anwesenheit des Zeugen, des Visitators und des Sekretärs der Visitation meist mit Hilfe eines zuvor, auch auf Grundlage der eingegangenen Anschuldigungen angefertigten Fragebogens, teils wurden aber auch darüber hinausgehende (Nach-)Fragen in die Vernehmung aufgenommen.273 Die im Rahmen einer Visitation vorgenommenen Befragungen gehen in ihrer Systematizität allerdings weit über anlassbezogene Verifizierungen von anonym getätigten Denunziationen hinaus: 268 Peytavin 2003, 13, [Kursivierung im Original]. 269 Vgl. Peytavin 2003, 15. Zur Situation des Vorlesens innerhalb der Verwaltungskommunikation vgl. 4.5.4. 270 „Un ban est publié dans tout le royaume, appelant ceux qui auraient à se plaindre des officiers du roi à se faire connaître et promettant que leur nom ne sera pas révélé. C’est un appel à la délation organisée et récompensée, puisque les dénonciateurs ne sont pas poursuivis pour les délits auxquels ils auraient participé et qu’ils bénificient d’un pourcentage des sommes éventuellement récupérées par le patrimoine royal“ (Peytavin 2003, 16). 271 Vgl. Peytavin 2003, 16 f. 272 „Le visiteur général s’installe dans ses propres quartiers, surtout pas trop voisins du siège commun aux tribunaux et Conseils supérieurs, qui à Naples sont regroupés dans le château de Capuana depuis le vice-roi Pedro de Toledo“ (Peytavin 2003, 16 f.). 273 Vgl. Peytavin 2003, 17 f. sowie zur textuellen Struktur der Visitationsprotokolle 4.2.3.

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Abb. 8: Initiale aus einem Bando aus der Visitation von Lope de Guzmán España. Ministerio de Educación, Cultura y Deporte. Archivo General de Simancas, VIT 24,2, 519

Auch wenn kein Hinweis auf Fehlverhalten vorlag,274 wird die Visitationsbefragung durchgeführt.275 Nach Abschluss der Befragungen wurde der 274 Die Definition dessen, was als Fehlverhalten gewertet wird, ist größtenteils abhängig vom Visitator und dem habituell-traditionell etablierten Normen- und Regelkatalog und erweist sich in Ermangelung einer schriftlich fixierten Form desselben als relativ willkürlich: „Générales et particulières, les charges mésurent toujours un écart à la norme, à ce dont les visiteurs décident que c’est la norme, par rapport à ce qu’on leur en dit, par rapport à ce qu’ils ont vu ailleurs, en Castille, par exemple, ou dans leur diocèse quand ils ont été évêques résidants, ou dans d’autres tribunaux où ils ont eux-mêmes été magistrats ou qu’ils ont déjà visités“ (Peytavin 2003, 21). Auffällig häufig finden sich beispielsweise die Fragen danach, ob bestimmte Amtsträger für den Erhalt ihrer Position Zahlungen geleistet hätten und

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Inhalt der Aussagen verglichen und daraus resultierende Vorwürfe gegenüber Funktionärsgruppen und einzelnen Vertretern derselben in Anklagepunkten (it. Carichi, auch Capi, sp. Cargos) zusammengefasst, wobei zwischen allgemeinen Problemen in der Funktionsweise der Institution (z. B. bezüglich der Arbeitszeiten) und Vorwürfen gegen Einzelne unterschieden wurde. Die ohne Angabe der beschuldigenden Personen formulierten Anklagepunkte wurden durch den Visitator und den Sekretär der Visitation den betroffenen Personen übermittelt. Danach wurde Letzteren die Möglichkeit gegeben, innerhalb eines kurzen Zeitraums zu den Vorwürfen Stellung zu beziehen und entlastende Dokumente vorzulegen sowie Entlastungszeugen beizubringen, für deren Befragung allerdings die Beschuldigten selbst einen Tribut entrichten mussten.276 Nach Abschluss der Befragungen wurden in manchen Fällen durch den Visitator Suspendierungen und Exilierungen angeordnet oder auch Konfiszierungen vorgenommen,277 zur definitiven Urteilsfindung wurden allerdings die Akten gesammelt an die junte de la visite, collège formé pour l’occasion avec une partie des régents du Conseil d’Italie, des régents d’autres Conseils, le visiteur général, le secrétaire du Conseil d’Italie pour la province concernée et le secrétaire de la visite générale278

überstellt.279 Der zeitliche Abstand der Juntas zu den Visitationen war teils beträchtlich. So wurde zwar die Visitation von Gaspar de Quiroga zügig nach Abschluss der Investigation vor Ort (1559 – 1564) ab 1564 in der entsprechenden Junta behandelt, im Fall der Visitation von Lope de Guzmán (1581 – 1584) ist dies allerdings erst für 1588 verzeichnet – also mit einem Abstand von vier Jahren zum Abschluss der eigentlichen Visitation.280 In der Junta wurde aufgrund der Akten und der diesbezüglichen Erläuterungen des Visitators ein Urteilsvorschlag entwickelt, der dem

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280

ob sie Geschenke jedweder Art angenommen hätten, was nahelegt, dass u. a. Korruption als Fehlverhalten gewertet wurde. Vgl. Peytavin 2003, 19 f. Vgl. Peytavin 2003, 22 ff. Vgl. Peytavin 2003, 13. Peytavin 2003, 27. Vgl. auch Peytavin 2007, 363: „These dossiers were then passed on to entities capable of taking decisions, whether this means punishment, congratulations, or filing the information away without further action. In the early modern period, this role was usually taken by special juntas, and it was at this stage in the process that the councils entered the picture.“ Peytavin 2003, 28 f.

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König vorgelegt und von diesem entweder als solcher übernommen, verändert oder auch zur Neubearbeitung an die Junta zurückverwiesen wurde – die Spannweite der königlichen Urteile war hierbei groß.281 Anschließend wurden die Urteile an den Vizekönig geschickt „qui est chargé de les publier solennement devant tous les tribunaux réunis et de les appliquer“.282 Die Visitationen übten gemeinsam mit dem Italienrat und von diesem ausgehend somit höchste Kontrollfunktionen in der Administration des Königreichs Neapel aus. 3.2.2 Die Zentralverwaltung in Neapel Der Vizekönig und der Kollateralrat Wie dem Visitator kam auch dem Vizekönig als ständigem Repräsentanten der Krone vor Ort eine wichtige Funktion zu. Zahlreiche dem König zustehende Vorrechte wurden auf den Vizekönig übertragen. So stand der Vizekönig, dessen offizielle (aber erneuerbare) Amtszeit drei Jahre betrug,283 als Statthalter (it. Luogotenente / sp. Lugarteniente) und oberster Militär (Kapitän-General, it. Capitano generale / sp. Capitán general) sowohl militärisch als auch politisch an der Spitze der Politik und Verwaltung in Neapel.284 Allerdings war seine Macht durch die Vorrechte des Königs in der Ämtervergabe und in anderen Bereichen eingeschränkt.285 Abgesehen von den vier in Anm. 184 genannten Vizekönigen entstammten die Personen, die in dieses Amt gelangten, ausnahmslos großen Adelsfamilien von 281 Vgl. Peytavin 2003, 33: „La répartition des sentences s’effectue entre recommandations de respecter les lois et les pragmatiques, répréhensions, restitutions de sommes frauduleusement acquises avec calcul des intérêts, amendes, privations de l’office temporaire ou définitives, interdictions d’exercer tout type d’office.“ 282 Peytavin 2003, 33. 283 Insgesamt 42 Vizekönige regierten das Königreich Neapel als Stellvertreter des spanischen Königs in der Zeit zwischen 1505 und 1707 (vgl. Muto 1989, 268). Die mit über 20 Jahren längste Amtszeit erlebte Pedro de Toledo (Vizekönig von 1532 – 1553). 284 Vgl. Muto 1989, 268. 285 „Nomina dei funzionari, vendita degli uffici e concezione di benefici ecclesiastici (oltre i cento ducati di stipendio o di rendita), assenso alla alienazione ed ai trasferimenti di beni feudali spettavano esclusivamente al sovrano, che prendeva le sue iniziative in collaborazione con il Consiglio d’Italia, residente a Madrid. Mancavano, dunque, al vicerè, strumenti importanti di governo, dei quali avrebbe potuto servirsi anche per fronteggiare la pressione degli istituti rappresentativi“ (Villari 1967, 17).

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der Iberischen Halbinsel, unter ihnen fand sich auch manch hochrangiger Kleriker. Dem Vizekönig waren zwei persönliche Segreterie zugeordnet (Segreteria di Stato e di Guerra und Segreteria di Giustizia), über die er mit den Institutionen des Königreichs kommunizierte.286 Im Gegensatz zum Segretario del Regno (sp. Secretario del Reyno, vgl. unten) waren diese Segreterie, neben denen einige Autoren auch die Segreteria di Cifra anführen, allerdings keine öffentlichen Ämter und allein dem Vizekönig zugeordnet.287 Einen interessanten Hinweis auf die Institutionalität von Sprachen innerhalb dieser Segreterie, insbesondere auf die Stellung des Spanischen in diesen, augenscheinlich Spaniern vorbehaltenen Ämtern,288 gibt Giannone: „Non s’usa nelle loro Segreterie altra lingua che la Spagnuola.“289 Bereits kurz nach der Inkorporation des Königreichs Neapel in die spanische Monarchie wurde dem Vizekönig der Kollateralrat (it. Consiglio Collaterale / sp. Consejo Colateral) in Funktion eines Staatsrats zur Seite 286 Für eine detaillierte Beschreibung der Segreterie des Vizekönigs und dessen weiteren Hofstaats, zu dem unter anderem auch „traduttori di lingue estere“ (Muto 1989, 269) gehörten, vgl. Muto 1989, 268 f. 287 AGS; V.I. 24 – 1, 34r. Die Legajos der Visitationen umfassen teils mehrere Prozesse beziehungsweise mehrere Aktenbündel, die als „Folio“ durchnummeriert sind – auch wenn es sich dabei um ganze Akten und nicht um einzelne Blätter handelt. Die Angabe der verwendeten Folios aus einem bestimmten Legajo erfolgt hier diesem Archivierungssystem folgend. Die Angabe AGS, V.I. 1 – 1, 34r entspricht somit dem Archivbestand Archivo General de Simancas, Visitas de Italia, Legajo 1, fol. 1, Blatt 34r. 288 „Intorno al viceré era costituito un complesso di segreterie con membri di sua fiducia e comunque spagnoli: segreteria di giustizia, segereteria di guerra e segreteria di cifra“ (Comparato 1974, 58). Die schriftliche Dokumentation der persönlichen Segreterie der Vizekönige wurde im Zweiten Weltkrieg durch die Wehrmacht mit zahlreichen anderen Beständen des neapolitanischen Staatsarchivs nahezu vollständig zerstört (vgl. Mazzoleni 1974, 105). 289 Giannone 1822, 278. Diese Behauptung konnte im Rahmen der vorliegenden Arbeit aus mehreren Gründen nicht überprüft werden. Die Archivbestände der vizeköniglichen Segreterie in Neapel sind nahezu vollständig den Kriegsschäden zum Opfer gefallen. Die Verfasserin hatte Gelegenheit, in die im Staatsarchiv Neapel verbliebenen Viglietti aus dem 17. Jahrhundert kursorisch Einsicht zu nehmen. Allerdings handelt es sich bei dem eingesehenen Material hauptsächlich um an den Vizekönig gerichtete Eingaben und Suppliken in Form von Memoriali, die das Ziehen von Schlüssen zur Sprachverwendung der Segreterie selbst nicht zulassen. Für die in anderen Texten zitierten Viglietti, die aus den vizeköniglichen Segreterie stammen, kann die konstante Verwendung des Spanischen unter Vorbehalt einer möglichen Falsifizierung durch umfangreichere Quellenauswertungen, bestätigt werden.

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gestellt.290 Unter dem Vorsitz des Vizekönigs arbeiteten hier zunächst drei Reggenti (sp. Regentes), deren Zahl im Lauf der Zeit auf sechs erhöht wurde, wobei ein bis zwei Reggenti am Hof – ab dessen Gründung im Italienrat – das Vizekönigreich repräsentierten. Die Nationalität der Reggenti wurde in der Prammatica „De officiorum provisione“ 1550 nicht festgelegt; der vom Kollateralrat nach Spanien entsandte Reggente musste jedoch aus dem Vizekönigreich stammen291 und der Platz eines Reggente, den ein Neapolitaner innehatte, musste bei Neubesetzung auch wieder auf einen Neapolitaner beziehungsweise Regnicolo entfallen. Dennoch scheint aber gerade im Kollateralrat die gemischte Besetzung der Positionen der Reggenti durch Spanier und Neapolitaner üblich gewesen zu sein.292 In den ersten Jahren der spanischen Herrschaft nahmen an den Sitzungen des Kollateralrats teils auch adlige Consiglieri (sp. Consejeros) teil, die den Staatsrat (it. Consiglio di Stato / sp. Consejo de Estado), auch Collaterale di cappa corta genannt, bildeten, welcher in Kriegsfragen zu Rate gezogen wurde.293 290 Die Datierungen schwanken. Meist wird die Gründung des Kollateralrats für den Zeitraum zwischen 1505 und 1507 angesetzt. Coniglio gibt zur Entstehung des Kollateralrats an: „Questo importantissimo organo centrale dell’amministrazione napoletana collaborava col viceré dando pareri in affari di stato e nelle più importanti circostanze di governo. Aveva radici nei secoli precedenti; si ha notizia di consiglieri collaterali fin dall’epoca angioina, poi riuniti in organo consultivo da Alfonso d’Aragona col nome di Consiglio Reale. Fu poi attribuito ad una riforma dei primi tempi del dominio spagnolo; fu fatta coincidere con la venuta nella capitale di Ferdinando il Cattolico e avrebbe avuto luogo nel 1507“ (Coniglio 1983, 17). 291 Vgl. Villari 1967, 20. 292 Vgl. Peytavin 2003, 229: „Le Conseil Collatéral est l’organisme supérieur de gouvernement, composé de régents espagnols et napolitains et présidé par le vice-roi […]“ [Kursivierung V.S.] sowie Mazzoleni 1974, 94: „Il Consiglio Collaterale aveva funzione di Consiglio di Stato presso il Viceré e le sue segreterie e per morte o assenza del viceré assumeva la direzione del governo. Si riuniva in giorni stabiliti, presieduto dal Viceré e da due Reggenti poi divenuti cinque, due italiani e tre spagnuoli: le questioni che gli competevano erano discusse e approvate o meno mediante votazione“ [Kursivierung V.S.]. Zur steigenden Zahl der Reggenti auch Caracciolo 1974, 20 f.: „I reggenti del Collaterale crebbero di numero, passarono da tre (oltre al segretario del Regno e a un consigliere napoletano che risedette in Spagna, presenziando prima a Corte e partecipando poi al Consiglio d’Italia), quanti erano ancora nella seconda metà del Cinquecento, a cinque, quanti erano nella prima metà del Seicento, a sei in seguito alle riforme assolutistiche degli ultimi anni del Seicento.“ 293 Vgl. Muto 1989, 207 f. Der Consiglio di Stato hatte somit seinem Namen zum Trotz nicht die Funktion eines Staatsrats, diese hatte der aus den Reggenti ohne die Consiglieri des Consiglio di Stato bestehende Kollateralrat inne. Insbesondere im

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Zu den Aufgaben des Kollateralrats gehörte die Ausarbeitung und Publikation der vom Vizekönig ausgehenden Prammatiche, weiterhin die allgemeine und politische Beratung des Vizekönigs, der den Empfehlungen des Kollateralrats Folge zu leisten hatte,294 sowie oberste Aufgaben in der Rechtsprechung „per mezzo dell’istituto dell’avocazione, richiamando cioè presso di sé molte cause in discussione presso altre corti, specie quelle che si svolgevano nelle lontane provincie“.295 Hier liefen die Fäden der Verwaltung des Königreichs zusammen, die anderen Institutionen hatten (meist wöchentlich) vor diesem Gremium Bericht zu erstatten296 und erhielten bindende Aufträge und Anweisungen von diesem. Die Zusammenarbeit zwischen Kollateralrat und anderen zentralen Einrichtungen artikulierte sich allerdings nicht nur in Kontrolle, sondern auch in informierender Tätigkeit der anderen Institutionen, die dem wichtigsten neapolitanischen Rat in zahlreichen Angelegenheiten beratend zur Seite standen.297 Von den Reggenti des Kollateralrats wurde darüber hinaus über zahlreiche Eingaben (it. Memoriali / sp. Memoriales) entschieden, welche die der Kanzlei angehörenden Scrivani di Mandamento (sp. Escrivanos de Mandamiento) und der Segretario del Regno vorlegten (und teils vorlasen, vgl. 4.5.4), um nach

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Kollateralrat entbrannte der Konflikt zwischen Rechtsgelehrten und Adligen in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts besonders heftig. Dies führte schließlich zum Ausschluss der Nicht-Gelehrten Consiglieri aus allen nicht Kriegsdinge betreffenden Sitzungen des Kollateralrats (vgl. Pilati 1985). „Le Conseil Collatéral exerce une fonction de conseil auprès du vice-roi: le sens de cette fonction n’est pas du tout que le Collatéral donne des avis consultatifs que le vice-roi pourrait ou non respecter, mais qu’il a une obligation de conseil envers le vice-roi. Le conseil donné par le Collatéral s’impose impérativement aux vice-roi […]“ (Peytavin 2003, 246). Muto 1989, 270. So referierte beispielsweise die Regia Camera della Sommaria stets am Freitag Nachmittag ihre Geschäfte im Kollateralrat: „ […] el Viernes en el principio del Tribunal se oyen las cartas y de […] Tambien a_los d(ic)hos Raçionales sobre la relacion de_las (cuent)as y en la Ultima ora confieren y acuerdan las cosas q(ue) se an de tratar a_la tarde en Collateral, y a_la Tarde va todo el Tribunal qu_es el lugarTen(ien)te y Presidentes letrados y Idiotas y abogado fiscal al Collateral donde hazen relaçion en presençia de su ex(cellenci)a de_las causas y negoçios que llevan acordadas“ (AGS, V. I., 32 – 1, Prozess des Luogotenente und der Presidenti der Sommaria, Aussage des Notador Decio Raparo am 8. 02. 1583, 232r – 232v). Durch solche Praktiken konnte eine große Menge an Information in einem relativ kleinen, aus den Reggenti und dem Vizekönig bestehenden Gremium gebündelt zusammen finden, was innerhalb der Strategien der Wissens- und Informationsverarbeitung der spanischen Monarchie, die Brendecke (2009) aufzeigt, kaum erstaunt. Es sei an dieser Stelle auf die beratende Tätigkeit der Regia Camera della Sommaria, die in 4.5.2 am Beispiel der Konsultationen beleuchtet wird, verwiesen.

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der Beratung die dazu getroffene Entscheidung oder Handlungsanweisung der Reggenti auf dem Bittgesuch zu vermerken (Decretatione dei Memoriali, vgl. 4.4). Weiterhin wurden von den Reggenti umfangreiche legislative Aufgaben wahrgenommen, so unterzeichneten sie z. B. gemeinsam mit dem Vizekönig zahlreiche Schreiben und auch Gesetze.298 Die Befugnisse des Kollateralrats waren so weitreichend, dass die Reggenti sich meist allein berieten, und nur wenn sie es in einer Sache für nötig befanden, den Vizekönig in die Entscheidungsfindung miteinbezogen.299 Dieser versuchte seinerseits nicht selten, den Kollateralrat durch seine eigenen Segreterie und die Verwendung der so genannten Viglietti „come venivano chiamati a quel tempo gli ordini spediti mediante le segreterie“,300 zu umgehen.301 In Zeiten, in denen das Amt des Vizekönigs vakant war, da der Vizekönig verstorben oder von seinem Amt entbunden worden war, übernahm der Kollateralrat kommissarisch die Regierungsgeschäfte.302 Auch die Kommunikation mit dem Italienrat lief oftmals über dieses Gremium.303 Prinzipiell muss an dieser Stelle angemerkt werden, dass die Kommunikation mit dem spanischen Hof nicht ein Privileg des Vizekönigs oder des Kollateralrats darstellte, sondern sich Schreiben auch durchaus von einer Institution oder einer einzelnen Person auf direktem Weg an den König richten konnten.304 Den beiden so genannten Reggenti di Cancelleria des Kollateralrats zugeordnet war auch die offizielle Kanzlei (it. Cancelleria / sp. Cancillería), in der der Segretario del Regno das wichtigste Amt innehatte.305 Dieser 298 Vgl. Peytavin 2003, 243: „Si le vice-roi choisit de traiter une affaire au sein de son propre secrétariat, il la résout avec l’émission de billets (viglietti) signés de lui seul. Si l’affaire est traitée par le secrétaire du royaume, elle est résolue par la production d’un document rédigé en forme de chancellerie, collégialement discuté et signé par le vice-roi et le Collatéral.“ 299 Vgl. Peytavin 2003, 247. 300 Capograssi Barbini 1965, 230. 301 Vgl. Peytavin 2003, 246. 302 Vgl. Coniglio 1983, 21. 303 Vgl. Peytavin 2003, 249. 304 Vgl. Peytavin 2003, 15. Dass die an den König gerichteten Schreiben in der Tat in den Kronräten behandelt wurden, minderte den bei den Untertanen entstehenden Eindruck, einen ‘direkten Draht’ zur Spitze der Monarchie haben zu können, vermutlich nur unwesentlich. Zur via supplicationis in den italienischen Staaten der Frühen Neuzeit vgl. Nubola 2005. 305 „Le secrétaire de la Chancellerie est le secrétaire du royaume, et donc celui du Collatéral“ (Peytavin 2003, 240). Zumindest im 16. Jahrhundert hatten das Amt meist Spanier inne (vgl. Ascione 1992).

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„‘funzionario’ […] dirigeva gli uffici annessi al Tribunale di cancelleria e Consiglio collaterale massimo organo politico durante il Viceregno […]306 ist aufgrund der seinem Amt innewohnenden prominenten Verschriftungsaufgaben für die vorliegende Arbeit von besonderem Interesse (vgl. 4.4). Er hatte unter anderem die Aufgabe, die Sitzungen des Kollateralrats zu protokollieren und verzeichnete die Geschehnisse in den als Notamenti bekannten Büchern.307 Der Segretario del Regno war somit die einzige Person, die – wenn auch ohne eigenes Stimmrecht – neben den Reggenti an den Sitzungen teilnehmen durfte, und er war bei diesen mit der Ausfertigung der Schriftstücke betraut.308 Er vermerkte beispielsweise die Entscheidungen auf den eingehenden Bittgesuchen (wobei hierbei auch die Scrivani di Mandamento eine Rolle spielten (vgl. 4.4)). Der Segretario del Regno leitete die dem Kollateralrat zugeordnete Kanzlei, in der „4 cancellieri erano incaricati della spedizione degli atti, mentre tra i funzionari minori vi erano il protonotario, il guardasigilli, il capitano dei balestrieri, il governatore delle regie razze o montiero maggiore; esisteva anche il Corriere maggiore che aveva l’organizzazione del servizio dei corrieri“.309 Ebenfalls der Kanzlei zugehörig waren die Scrivani di Mandamento, die die Aufgabe hatten, „di leggere e poi scrivere le deliberazioni sulle suppliche“,310 sowie die Scrivani di Registro, die insbesondere damit beschäftigt waren, die Dokumente zu Archivierungszwecken in die „registri di Cancelleria“311 zu kopieren. Auch der Kontakt mit dem spanischen Hof sowie mit anderen Institutionen und der Öffentlichkeit verlief in den meisten Fällen über die Kanzlei des Kollateralrats,312 die somit zur kommunikativen Schnittstelle zwischen Spanien und dem Königreich Neapel wurde.313 Das Amt des

306 Ascione 1992, 569. 307 Vgl. Ascione 1992, 569. 308 Vgl. Muto 1989, 270 sowie Peytavin 2003, 240: „Il [le secrétaire du Royaume, V.S.] assiste, responsable de la fabrication et de la conservation des documents, à toutes les séances du Conseil que préside le vice-roi“ und Comparato 1974, 62: „Il Segretario del Regno era, infatti, il segretario del Collaterale: non aveva diritto di voto, ma partecipava a tutti i consigli e ne verbalizzava le decisioni.“ 309 Mazzoleni 1974, 94, [Kursivierung im Original]. 310 Allocati 1968, 80. 311 Allocati 1968, 80, [Kursivierung im Original]. 312 Vgl. Allocati 1968, 80 f. 313 „S’il y a un centre politique dans le royaume de Naples, s’il y a un centre de décision et de pouvoir, il est là, dans la salle du Conseil où ne cessent d’entrer et de sortir juges, comptables, greffiers, secrétaires, officiers convoqués, témoins divers, le viceroi en personne et le visiteur général en compagnie du vice-roi. […] Le Collatéral

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Segretario del Regno, der dieser Einrichtung vorstand, ist somit auch von politischer Bedeutung, was oftmals für eine Konkurrenz zu den persönlichen Segreterie des Vizekönigs sorgte.314 Zunächst wohl für die Besetzung durch einen Spanier reserviert,315 konnten im Laufe des 17. Jahrhunderts auch Neapolitaner das käufliche Amt des Segretario del Regno erlangen. Nicht ganz klar ist die Bestimmung der Prammatica „De officiorum provisione“ in Bezug auf die Besetzung des Amtes, insofern sie nur von „secretarius“ spricht und nicht weiter spezifiziert: In Collaterali Consilio, cum vacaverint loca Baronum, seu militum Regnicolarum, eligantur et creentur Regnicolae, et similiter observetur vacantibus locis Regentium Cancellariam, ut in loco Regnicolae creetur Regnicola, ceteri vero eligantur ad beneplacitum Caes. Majestatis; similiter Thesaurarius generalis, Secretarius, et Scriba Portionis eligantur Regnicolae, in Sacro vero Consilio Praeses providebitur ad beneplacitum Caes. Majestatis; Consiliarii tamen debent esse pro duabus partibus Regnicolae, et pro tertia reservantur arbitrio Caes. Majestatis, et ceteri Officiales dicti Consilii debeant creari Regnicolae tantum.316

Aus dem angeführten Passus wird nicht klar, um welchen „Secretarius“ es sich handelt. Die Ämter des Tesoriere generale (sp. Tesorero general) und des Scrivano di Razione (sp. Escrivano de Racíon), die in einem Atemzug mit dem „Secretarius“ genannt werden, stehen in enger Verbindung mit der Regia Camera della Sommaria (vgl. 3.2.2) und könnten darauf hinweisen, dass im zitierten Passus der Prammatica auf den Sekretär der Sommaria (it. Segretario della Camera / Notatore / sp. Notador) Bezug genommen wird. Es könnte aber auch der Segretario del Regno gemeint sein. Dafür würde die Tatsache sprechen, dass der Spanier Giovan de Soto, der 1558 das Amt vom letzten Vertreter der Familie Martirano, die lange Zeit das Amt dominierte (Bernardino Martirano,317 Coriolano Martirano und Martio Martirano)318

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315 316 317

est certainement un nœud du pouvoir, un passage obligé entre le Conseil d’Italie et le royaume“ (Peytavin 2003, 249). Vgl. Peytavin 2003, 242: „À son échelle, le secrétaire du royaume de Naples exerce des fonctions aussi importantes et a une position aussi centrale que le secrétaire pour les affaires d’Italie à Madrid. Ils sont absolument comparables et ont naturellement tendance, le premier au sein du Collatéral, le second au sein du Conseil, à concentrer l’organisation des dossiers autour d’eux et à favoriser certaines solutions et certaines personnes plutôt que d’autres“. Zum Kompetenzkonflikt mit den Segreterie des Vizekönigs vgl. Peytavin 2003, 243 sowie Ascione 1992, 571 f. Vgl. Ascione 1992, 269. Giustiniani 1805, 37, [Kursivierung V.S.]. Sprachgeschichtlich interessant ist die Tatsache, dass der um 1490 in Cosenza geborene Bernardino Martirano, der ca. ab 1528 für rund zwanzig Jahre das Amt

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übernahm, zuvor die neapolitanische Cittadinanza angenommen hatte.319 Fast zwanzig Jahre später, im Jahr 1580, geht das Amt auf den Spanier Bastida de Muñatones über. Im Rahmen dieses Amtswechsels ergeben sich Hinweise auf das Bestreben der spanischen Monarchie, mit Hilfe der Besetzung des Amtes durch Spanier Kontrolle über die so einflussreiche Position des Segretario del Regno zu behalten, wie Ascione herausarbeitet: Da una dichiarazione rilasciata dello stesso Muñatones si apprende che già verso il 1575 Juan de Soto aveva chiesto alla regia corte la facoltà di ‘renuntiare’ l’ufficio in favore di chi fosse disposto a comprarlo, con la clausola di poterlo vendere ad un italiano, ‘porque no hallava español que se lo comprasse’. La ferma risposta negativa del sovrano (‘assy nunca pudo obtener licentia para renunciarlo a italiano’) e le pressioni del viceré e del Collaterale dovettero alla fine convincere il Soto a cederlo a lui.320

Unter den spanischen Sekretären nennt Ascione nach Soto und Muñatones auch dessen Nachfolger Bernardino Barrionuevo.321 1601 übergab Barrionuevo, der selbst in den Italienrat und später in den Kollateralrat aufstieg, das Amt an den letzten ‘spanischen’ Sekretär Andrés de Salazar, der es 1623 an den Neapolitaner Giovan Angelo Barile, Graf von Caivano, abtrat.322 In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts wechselten sich spanische und neapolitanische Sekretäre ab.323 Als Österreich das Königreich Neapel einnahm, befand sich mit Francesco Ardia der Spross einer neapolitanischspanischen Familie im Amt, der sich augenscheinlich seine individuelle Mehrsprachigkeit zu Nutze machen konnte: „Tre giorni più tardi questi giurava secondo il solito rito e iniziava il suo lavoro con ottimi presupposti giacché, essendo bilingue, alternava, nella stesura dei Notamenti, l’italiano ad un perfetto spagnolo.“324

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des Segretario del Regno innehatte und auch literarisch aktiv war, offensichtlich in Briefkontakt mit Pietro Bembo stand und diesem auch seine Werke zur kritischen Überprüfung zukommen ließ. (vgl. Tisano 1993 sowie den Eintrag im Dizionario biografico degli italiani unter http://www.treccani.it/enciclopedia/bernardinomartirano_%28Dizionario-Biografico%29/, [18. 03. 2013]. Vgl. Ascione 1992, 581 f. Vgl. Ascione 1992, 582. Ascione 1992, 587, Zitat aus AGS, Visitas de Italia, legajo 31 f. 59 in der Transkription von Ascione. Ascione 1992, 581. Dieser hatte das Amt ab 1589 inne und zählte im Gegensatz zu seinem Vorgänger auch zu den Rechtsgelehrten. Vgl. Ascione 1992, 570 f. Ascione 1992, 592 ff. Vgl. Ascione 1992, 605 – 621. Ascione 1992, 622, [Kursivierung im Original].

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Die Regia Camera della Sommaria Dem Kollateralrat hierarchisch untergeordnet, aber dennoch mit erheblicher Autonomie ausgestattet, befanden sich in der Stadt Neapel weitere zentrale Verwaltungsorgane. Die im Folgenden dargestellten, aufgrund ihrer judikativen Tätigkeiten auch als Tribunali bezeichneten Institutionen wurden gemeinsam mit den Gefängnissen im Zuge der urbanistischen Neuorganisation durch den Vizekönig Pietro di Toledo (1532 – 1553)325 im – pars pro toto – auch als Vicaria bekannten Castel Capuano, zusammengelegt und lassen sich somit topographisch gut verorten. Die Regia Camera della Sommaria (im Folgenden auch: Sommaria) war zentraler Rechnungshof und das höchste Organ der Finanz- und Steuerverwaltung des Vizekönigreichs.326 Die Sommaria hatte in allen die Staatsfinanzen betreffenden Dingen die Rechtsprechung, administrative und beratende Aufgaben inne327 und war allen anderen diesem Sektor zugehörigen Institutionen übergeordnet: La Camera della Sommaria compilava il bilancio ed aveva compiti di consulenza su problemi di carattere generale e particolare molto delicati […]. Controllava poi tutta l’attività amministrativa e finanziaria; pertanto vigilava sul funzionamento degli uffici finanziari centrali e periferici. I primi erano la Scrivania di Razione e la Tesoreria Generale. Organi periferici erano le dogane, i fondachi, i portolani, i secreti. Vi erano poi uffici particolari come la Dogana delle pecore di Foggia, che controllava l’affitto dei pascoli del Tavoliere, riserva statale, agli allevatori che portavano a svernare i loro greggi dall’Abruzzo. La Sommaria aveva cura della riscossione dei tributi, quelli indiretti e quelli diretti, che erano versati ai percettori e tesorieri provinciali attraverso le amministrazioni comunali. Si trattava dunque di una delle più importanti funzioni della Sommaria, che organizzava e gestiva le numerazioni o censimenti a carattere fiscale, che teoricamente avrebbero dovuto aver luogo ogni quindici anni; ciò però accadeva a più larghi intervalli. Si inviavano a tale scopo commissari, che procedevano alla rilevazione dei fuochi, nuclei familiari chiamati a contribuire.328 325 Die wohl bekannteste städtebauliche Maßnahme des Vizekönigs war die Errichtung der heute noch unter dem Namen Quartieri spagnoli bekannten Viertel, die der Unterbringung von spanischen Soldaten dienten. Zur Bautätigkeit Toledos in Neapel vgl. z. B. Bayon 1969. 326 Die Regia Camera della Sommaria stellte eines der genannten Kontinuitätsmomente zur aragonesischen sowie zur Anjouzeit dar, da die Struktur bereits in dieser vorhanden war. Zur Entstehung der Institution vgl. Delle Donne 1991. 327 So fiel z. B. auch die Erstellung der regelmäßigen Bilanzen des Königreichs in den Aufgabenbereich der Sommaria. 328 Coniglio 1983, 29 f.

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Die Aufgaben der Sommaria reichten über den Sektor der reinen Finanzverwaltung hinaus und umfassten Bereiche (volks-)wirtschaftlichen und auch politischen Charakters, wie beispielsweise die von Coniglio angeführte Kontrolle über die verschiedenen Zollämter (it. Dogane / sp. Aduanas) und die Verantwortung für die Zählung der Herdstellen (it. Fuochi / sp. Fuegos) für die Festlegung der zu entrichtenden Steuer (it. Focatico). Hier wurde auch die Vergabe von Feudaltiteln, deren Übertragung auf die Nachkommen und die Einziehung der darauf zu entrichtenden Abgaben geregelt, sowie die Kontrolle über die Steuereinnahmen der Gemeinden, den Università,329 und die in den Provinzen des Königreichs tätigen Steuereintreiber (it. Percettori) ausgeübt.330 Neben diesen administrativ-exekutiv und judikativen Tätigkeiten, die (schriftlichen) Kontakt zwischen der Sommaria und dieser untergeordneten Institutionen oder Personen331 bedingten, hatte die Institution auch eine wichtige beratende Funktion gegenüber dem Vizekönig und dem Kollateralrat. Letztere fand ihren Ausdruck in der Abfassung spezifischer Consulte an Vizekönig und Kollateralrat in zahlreichen die Wirtschafts- und Finanzverwaltung betreffenden Fragen (vgl. zu den Consulte der Sommaria 4.5.2). Die immense 329 Zum Begriff der Università als Bezeichnung für Siedlungen in Süditalien: „Nella storia e nella storiografia del Mezzogiorno medievale e moderno il termine universitas indica comunemente, senza bisogno di ulteriori precisazioni, uno specifico ente collettivo: la universitas civium o universitas loci, che si autogoverna entro certi ambiti e con determinati poteri tradizionali, in dipendenza da un’autorità superiore di varia natura (regia, feudale, cittadina) con la quale contratta in occasioni ordinarie o straordinarie (dedizioni, rese, passaggi di signoria o di dinastia) sia la propria costituzione (e la riforma della stessa), sia le modalità, talvolta anche la consistenza, delle proprie contribuzioni in denaro e in servizi. La medesima forma giuridica ed istituzionale (l’universitas) connota dunque realtà insediative e politiche assai diverse, dal villaggio rurale alla città, alla sua stessa articolazione interna: non esisteva differenza formale non solo tra una università demaniale e una feudale, ma neppure tra l’università generale di un centro e le plurime università che, a livello inferiore, rappresentavano – stabilmente o occasionalmente – parti sociali o parti del territorio“ (Senatore 2009, 447 f., [Kursivierung im Original]). 330 Zu den zahlreichen Aufgaben der Sommaria auch Muto (1999, 388 f.): „[…] la Regia Camera della Sommaria […] per un verso era l’organo che amministrava e gestiva il patrimonio regio, la fiscalità, il controllo sui feudi e, in generale, tutto quanto afferiva alla gestione dell’economia; per un altro verso essa era anche il tribunale che disciplinava il contencioso [sic] fiscale e amministrativo tanto nei rapporti tra i privati che tra questi e la pubblica amministrazione“, [Kursivierung im Original]. 331 Man denke hier auch an die Bandi, die von der Sommaria anlässlich verschiedener Verkaufsvorgänge ausgehängt wurden.

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Bedeutung, welche die Sommaria für das Königreich und die spanische Monarchie hatte, wird deutlich, wenn man bedenkt, dass, während Sizilien der spanischen Krone als Kornkammer und Seidenproduzent diente und gemeinsam mit dem Königreich Neapel als mediterranes Bollwerk gegen die Türken galt,332 Letzteres vor allem durch seine hohen finanziellen Tribute bedeutsam für die spanische Monarchie war: As for economic functions, Sicily was the system’s granary and a leading producer of silk; the Kingdom of Naples generated the second-highest tax revenues in the imperial group, and when Castile underwent an economic crisis the Neapolitan kingdom faced an even heavier fiscal load.333

Angesichts der zahl- und umfangreichen Aufgaben der Sommaria erstaunt es nicht, dass es sich bei dieser um eine zahlreiche Ämter umfassende Institution handelte. An ihrer Spitze stand ein Statthalter (it. Luogotenente / sp. Lugarteniente), welcher den – zunächst sechs und später bis zu zehn – Präsidenten (it. Presidenti / sp. Presidentes) die von diesen zu behandelnden Fälle und Vorgänge verschiedenster Natur zuwies.334 Eine Sonderstellung hatte innerhalb der Sommaria der in den verhandelten Fällen die Interessen des Staates vertretende Avvocato fiscale (sp. abogado fiscal). Wie der Kollateralrat verfügte auch die Sommaria über einen eigenen Sekretär, den bereits erwähnten Notatore (auch: Segretario della Camera / sp. Secretario de la Cámara oder Notador), der die Protokollierung der Sitzungen der Präsidenten und des Statthalters in den als Libri Notamentorum (vgl. 4.3.1) bekannten Büchern vornahm. Daneben übte er informierende Tätigkeiten gegenüber den hierarchisch übergeordneten Personen aus und hatte bei der Abfassung der Consulte und der Ausfertigung zahlreicher Dokumente explizite Authentifizierungs- und teils auch Verschriftungsaufgaben: Al notador, che svolge le funzioni di segretario della regia camera, è affidata la stesura dei verbali delle adunanze del tribunale da redigersi in appositi volumi detti notamentorum. Egli ha cura di registrare in due distinti libri tanto le significatorie che le certificatorie spedite a favore o contro il regio fisco. Questa funzione di certificazione autentica si estende ad un’infinità di altri volumi e registri, pur non incombendo a lui la custodia materiale di essi. Egli deve controfirmare tutti gli atti (decreti, sentenze, consulte, provvisioni e ordinanze) che sono emanati e / o spediti per la regia camera. La sua posizione è intermedia tra i due livelli gerarchici del tribunale e in certo senso funge da 332 „Sicily and the Kingdom of Naples were assigned the task of containing the Turkish peril“ (Musi 2007, 85). 333 Musi 2007, 86. 334 Muto 1999, 390.

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raccordo tra essi; infatti ogni lunedì si reca a relazionare al luogotenente circa lo stato e l’andamento dei problemi trattati e da trattare nel tribunale.335

Neben den genannten Personen versahen noch „due percettori, cinque conservatori, quattro mastrodatti, due procuratori fiscali, tre sollecitatori fiscali, un archivista“336 ihren Dienst in der Sommaria.337 Hinsichtlich der personellen Besetzung sah die Prammatica „De officiorum provisione“ auch für die Sommaria eine klare Mehrheit an Regnicoli vor. Zwar zählte der Posten des Statthalters zu den Ämtern, die ad beneplacitum vergeben werden konnten, aber immerhin 2/3 der Präsidenten sollten Regnicoli sein. Die von Muto vorgenommene Analyse der Ämterbesetzung zwischen 1516 und 1700 ergibt für den Posten des Statthalters hinsichtlich der Herkunft der verschiedenen Amtsinhaber Folgendes: Nel periodo preso in esame i 24 luogotenenti si distribuiscono in 17 spagnoli e 7 regnicoli e questo rimarca come, anche nel provvedere alla nomina dei luogotenenti, i sovrani spagnoli non abbiano voluto conservara [sic] una significativa presenza di napoletani. Éda [sic] rilevare che per tutta la prima metà del Cinquecento la carica di luogotenente è sempre occupata da napoletani, così come tra il 1558 e il 1602, quando durante il regno di Filippo II si registra, anche su altri piani, una significativa apertura di credito politico ai gruppi dei togati napoletani.338

Bei den Präsidenten stellt sich das Bild anders dar, da hier die Neapolitaner – sogar in größerem Umfang als von der Prammatica festgelegt – in der Mehrheit waren: A questa carica si sono avvicendati, nel periodo in esame, ben 207 soggetti, dei quali 156 nacionali [sic] e 51 spagnoli. Le proporzioni fissate nella prammatica del 1550 sono state più che rispettate, nel senso che a fronte della quota di 1/3 riservata a soggetti spagnoli,339 essa è stata ricoperta da essi nella misura di 1/4.340 335 Muto 1980, 44. 336 Muto 1999, 390. 337 Darüber hinaus sind noch die „impiegati d’ordine che hanno compiti esecutivi molto particolari ma che risultano assolutamente decisivi per il buon funzionamento dell’istituzione; tali appunto sono gli attuari, i razionali, gli scrivani, i computanti, gli attitanti e i portieri, tutti in un numero che doveva oscillare tra i quaranta e i cinquanta elementi“ (Muto 1999, 390) sowie die bereits erwähnten zahlreichen mit Verschriftungsaufgaben betrauten Personen (vgl. 2.3.2) zu verzeichnen. 338 Muto 1999, 390 f., [Kursivierung V.S.]. 339 Es ist wichtig, sich an dieser Stelle in Erinnerung zu rufen, dass die Prammatica nicht explizit den Anteil der Spanier festlegte, sondern nur den Anteil der zwingend an Regnicoli zu vergebende Posten („In Camera Summariae Locumtenentis pon-

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Auch die wichtige Funktion des Avvocato fiscale wurde ausschließlich von Neapolitanern ausgeübt.341 Bezüglich des Notatore ergibt sich bei der Festlegung der Prammatica „De officiorum provisione“ eine gewisse, bereits in 3.2.2 angesprochene Unsicherheit, da unklar erscheint, ob im Passus „similiter Thesaurarius generalis, Secretarius, et Scriba Portionis eligantur Regnicolae“ mit „Secretarius“ der Segretario del Regno gemeint ist oder der Notatore der Sommaria. In der Visitation von Lope de Guzmán äußert sich ein Zeuge zur Nationalität der Personen, die das Amt des Notatore in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts innehatten, folgendermaßen: Super primo capitulo Interrogatorij342 dixit che de vinte anni in qua’ si recorda haverno fatto l’officio di segretario, et pronotatore In la regia Camera dela Sum (aria) lo primo fù uno spagnuolo di casa Coscolino, appresso poi Franc(es)co Palumbo Paulo de Curtis Cesare Raparo Gio(vanni) Battista Coppola, et decio Raparo al P(rese)nte segretario.343

Aus dieser Aussage und dem Abgleich mit Informationen zur Herkunft der an dieser Stelle genannten, aber nicht näher charakterisierten Personen geht hervor, dass sowohl Spanier als auch Neapolitaner das Amt ausübten.344 Manche der aus den Dokumenten aufscheinenden personellen Diskrepanzen zwischen (gewünschter oder vorgeschriebener) offizieller Besetzung und tatsächlicher Ausübung eines Amtes erklären sich aus der Tatsache, dass zahlreiche Amtsinhaber sich von anderen Personen vertreten ließen und von den ihnen daraus erwachsenen Renditen lebten. So übte beispielsweise Francesco Palumbo das Amt des Notador stellvertretend – „per substituto“ – für den bereits den eigentlichen Amtsinhaber, Bernardino

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antur ad beneplacitum Caes. Majestatis; Praesidentes vero pro duabus partibus eligantur Regnicolae tantum“ (Giustiniani 1805, 37)), wodurch die restlichen Ämter durchaus ebenfalls durch Neapolitaner eingenommen werden konnten, wie es hier der Fall gewesen zu sein scheint. Muto 1999, 391 f. Muto 1999, 392. Die erste Frage des Interrogatorio lautete: „Si cononcen à Decio Raparo, y a los demas que an sido Notadores ò secretarios de_la R(eg)ia Cam(e)ra su(m)maria d’ Veinte Años a esta parte, y que tanto t(iem)po à que es secretario el d(ic)ho Decio“ (AGS, V.I. 32 – 1 Prozess gegen den Segretario der Sommaria, Interrogatorio para Visitar el secretario ò Notador dela Regia Cam(e)ra Sum(m)aria, s.f. Punkt 1). AGS, V.I. 32 – 1 Prozess gegen den Segretario der Sommaria, s. f., Aussage von Antonio Squillante vom 24. 01. 1583, Punkt 1. So wird Decio Raparo z. B. in AGS, V.I. 32 – 1, Prozess gegen den Percettore delle Significatorie, 1r als „napolitano“ bezeichnet.

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(Bernabe) García, vertretenden Martino Coscolin, aus, wie der Schreiber Jacobo Celio innerhalb der Visitation von Gaspar de Quiroga aussagt: Et Interrogatus super primo articulo ex de super Insertis345 dixit che esso testimonio non conosce Bernardino Garcia notator contento nell’ prese(n)te articulo per che non lo have visto mai esercitare l’ufficio Super secundo346 dixit nihil scire per la causa contenta nell’ precedente ar(tico)lo. Super tertio347 dixit che lo salario ordinario del notatore de_la Regia camara é cento cinqua(n)ta ducati l’anno secondo have Inteso dire, qua(n)to à li proventi et emolume(n)ti se ne refere alla pandetta. Super quarto348 dixit che Il notatore cio é Il detto Bernardino Garcia have sempre servito per substituto, e ci é stato un tempo Il q(uondam) Jo(hannes) Coscolin e poi Il suo fratello, Martino Coscolin, in assentia del quale fa l’uff(ici)o al presente francisco Palumbo scrivano extraordinario de_la Camara, é quanto a_la facolta del detto Bernardino Garzia per substituire esso testimonio non sape se la tiene ò non ma se Refere al privilegio.349

Hinsichtlich der Erwartung, in bestimmten Positionen auf Personen zu treffen, die als Spanier oder als Regnicolo eingeordnet werden können, muss also berücksichtigt werden, dass durch Kauf und Vermietung von Ämtern Verschiebungen in der personellen Besetzung auftreten konnten. Mit der Regia Camera della Sommaria in enger Verbindung stehend erfüllten zwei weitere zentrale Institutionen Aufgaben in der Verwaltung der Staatsfinanzen: die Scrivania di Razione und die Tesoreria generale. Der Scrivano di Razione war für die Ausstellung und Ausführung von Zahlungsanweisungen jeglicher Art zuständig und hatte mit der Kontrolle der

345 „Si conocen a Bernardino, o Bernabe Garçia q(ue) pretende tener el off(ici)o de notador de_la Regia camara summaria“ (AGS, V.I. 5 – 9 Prozess gegen den Segretario der Sommaria, 1r Interrogatorio para examinar los testigos en la Visita del notador dela Regia camara dela Summaria, Punkt 1). 346 „Si huvo el dicho off(ici)o por dineros, o por otra Illicita via o forma, e si tiene previlegio del“ (AGS, V.I. 5 – 9 Prozess gegen den Segretario der Sommaria, 1r Interrogatorio para examinar los testigos en la Visita del notador dela Regia camara dela Summaria, Punkt 2). 347 „Que salario, derechos, y emolumentos tiene el dicho off(ici)o“ (AGS, V.I. 5 – 9 Prozess gegen den Segretario der Sommaria, 1r Interrogatorio para examinar los testigos en la Visita del notador dela Regia camara dela Summaria, Punkt 3). 348 „Si sirve el dicho off(ici)o personalmente, o por substituo, y si tiene facultad para servirle por substituto, y quien ha sido y es el tal substituto“ (AGS, V.I. 5 – 9 Prozess gegen den Segretario der Sommaria, 1r Interrogatorio para examinar los testigos en la Visita del notador dela Regia camara dela Summaria, Punkt 4). 349 AGS, V.I. 5 – 9, 2r.

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militärischen Ausgaben eine wichtige Funktion inne,350 während der Tesoriere generale verantwortlich für alle Einnahmen der Staatskasse war: Il denaro esatto a vario titolo, nelle province o direttamente a Napoli, era versato nelle casse della Tesoreria generale, i cui ufficiali attestavano l’avvenuto versamento attraverso l’emissione di ‘polize de recepto’ […]. Nel meccanismo dei pagamenti interveniva invece la Scrivania di razione.351

Insbesondere aufgrund der zum Zwecke der Füllung der leeren Staatskasse Spaniens352 zunehmenden Veräußerung von Staatseigentum und Verwaltungsposten353 wurden beide Ämter enorm wichtig: Ils sont responsables du patrimoine royal ou plutôt, à partir du début du XVIIe siècle, de l’exécution des ordres qu’ils reçoivent concernant les aliénations qui sont infligées à celui-ci.354

Laut Prammatica war sowohl das Amt des Scrivano di Razione als auch das des Tesoriere generale für Regnicoli vorgesehen.

350 Vgl. Peytavin 2003, 275: „Dans ce contexte de quête monétaire de plus en plus difficilement satisfaite, l’escrivano di ración remplit la colonne ‘dépenses’ des états financiers. Il paie les officiers, les militaires, les frais des châteaux, les réserves de poudre et de salpêtre, les coûts de l’arsenal et des galères.“ Vgl. zur Scrivania di Razione auch Comparato 1974, 72 f.: „La Scrivania di razione, un complesso di uffici scaturito da un’unica funzione originaria (fino al 1612 tutte le operazioni si eseguivano nella casa dello Scrivano) aveva competenza e controllo su tutti i pagamenti militari, sui castelli, sui presidi e persino sulle spese del R. Palazzo.“ Zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurden die das Militär betreffenden Aufgaben in die separate Cassa militare ausgelagert: „A partire dal 1612 alla cassa della Tesoreria si affiancò la Cassa militare, diretta da un proprio governatore, la quale disponeva di un fondo fisso per le spese ritenute essenziali (guerra, difesa, stipendi dell’apparato) garantito da entrate che, almeno in teoria, non potevano essere alienate“ (Muto 1989, 272). 351 Muto 1989, 272. Vgl. auch Peytavin 2003, 276: „Le tesorero général […] remplit la colonne ‘recettes’ des états financiers“, [Kursivierung im Original]. 352 Vor dem Hintergrund der finanziellen Schwierigkeiten der spanischen Monarchie im 16. und 17. Jahrhundert, die verschiedentlich, so 1557, 1575 und 1607, zum Staatsbankrott führten, wird die Bedeutung der neapolitanischen Zahlungen deutlich. 353 Vgl. Peytavin 2003, 275. 354 Peytavin 2003, 273.

3.2 Verwaltungsebenen und -institutionen

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Der Sacro Regio Consiglio Der als Consiglio di Santa Chiara (sp. Consejo de Santa Clara)355 und teils auch als Consiglio di Capuana bekannte höchste Gerichtshof des Königreich Neapels trug den offiziellen Namen Sacro Regio Consiglio („Heiliger Königlicher Rat“ / sp. Sacro Regio Consejo). Vor diesem bereits in aragonesischer Zeit gegründeten Gericht356 wurden letztgültige juristische Entscheidungen getroffen und Fälle verhandelt, die von anderen Gerichten an dieses verwiesen worden waren. Die Urteile des Sacro Regio Consiglio hatten über die Grenzen des Regno di Napoli hinaus357 Modellcharakter für Juristen und dessen Decisiones wurden auch außerhalb Italiens gedruckt. Juristen ersten Ranges besetzten die Ämter im Sacro Regio Consiglio, welcher von einem Präsidenten geleitet wurde und auf dessen drei, ab 1597 vier Kammern (it. Ruote / sp. Ruedas) verteilt 24 Consiglieri tätig waren.358 Die Prammatica „De officiorum provisione“ überlässt die Besetzung des Präsidenten des Sacro Regio Consiglio dem Gutdünken des Königs, während zwei Drittel der Posten als Consiglieri an Regnicoli vergeben werden sollten. Neben den Aufgaben im Sacro Regio Consiglio hatten die dort tätigen Consiglieri teils auch wichtige Funktionen in anderen rechtssprechenden Institutionen, so z. B. in der Gran Corte della Vicaria inne. 3.2.3 Die Verwaltung der Provinzen und der Stadt Neapel Der Gerichtshof der Gran Corte della Vicaria, der metonymisch für das Gebäude des Castel Capuano, in dem Pietro di Toledo die Verwaltungsinstitutionen versammelte, Pate stand (Vicaria), war das wichtigste Gericht der Stadt Neapel und der diese umgebenden Provinz Terra di Lavoro. Er war außerdem Berufungsgericht für Fälle aus den staatlichen regionalen Gerichtshöfen der anderen Provinzen, den Udienze (sp. Audiencias). Ei355 Nach dem vor der Zusammenlegung der Gerichtshöfe im Castel Capuano üblichen Versammlungsort des Gerichtshofes, dem Kloster von Santa Chiara. 356 Zur Entstehung des Sacro Regio Consiglio vgl. Cassandro 1959. 357 „Il Sacro Regio Consiglio era la massima corte di giustizia del regno, presso la quale era consentito porre appellazione dai tribunali inferiori e dalla Corte della Vicaria, composto dai più prestigiosi giuristi, le sue sentenze facevano testo presso tutta la magistratura meridionale e spesso anche per quella di altri stati italiani“ (Muto 1989, 271). Zur juristischen Tradition des Sacro Regio Consiglio vgl. Miletti 1995; 1998. 358 Caracciolo 1974, 20, Anm. 19.

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3. Die Verwaltung des spanischen Regno di Napoli

nerseits hatte die Gran Corte della Vicaria dadurch als Berufungsgericht Funktionen für das ganze Königreich Neapel inne. Andererseits war sie aber auch für lokal und geographisch auf die Stadt Neapel beschränkte Dinge zuständig und teilte sich hier die Kompetenzen mit den anderen regionalen Gerichtshöfen. Die beiden Kammern der unter Leitung eines Präsidenten arbeitenden Vicaria, die respektive für Zivil- und Strafrecht zuständig waren und aufgrund teils harter Urteile gefürchtet waren,359 wurden jeweils von einem Richter (it. Giudice / sp. Juez) geleitet, der gleichzeitig Consigliere im Sacro Regio Consiglio war.360 Somit war Letzterer ein Bindeglied zwischen mittlerer und oberer Verwaltungsebene. Am Gerichtshof der Vicaria waren neben den Richtern zahllose weitere Personen tätig.361 Die kurze Amtszeit der Richter an der Vicaria, die nur für maximal zwei Jahre ernannt wurden und im Anschluss im Gegensatz zu den Funktionären der höheren Ämter dem Sindacato, 362 der Überprüfung ihrer Amtsführung durch die Vertreter der Stadt Neapel unterlagen, führte zu einer enormen Personalfluktuation. Die Prammatica „De officiorum provisione“ legte für den Posten des Präsidenten in der Vicaria eine alternierende Besetzung fest: Für jeweils ein 359 Vgl. Peytavin 2003, 265; De Frede 1995. 360 Vgl. Muto 1989, 271. 361 Vgl. Muto 1989, 271: „[…] una pletora di uffici minori: avvocati e procuratori fiscali, avvocato e procuratore dei poveri, segretari, percettori, credenzieri, algonzini, sollecitatori fiscali, titolari del diritto di sigillo, mastrodatti, scrivani, subattuari, capitani di giustizia, carcerieri, medici, guardiani, cappellani, barbieri, oltre a caporali, soldati e boia.“ 362 Beim Sindacato handelte es sich um ein Verfahren von „contrôle exercé par les municipalités“ (Peytavin 2003, 342). Am Ende der Amtszeit eines Funktionärs wurde dessen Amtsführung durch die Institutionen vor Ort überprüft. Nach vollzogener Überprüfung erhielt der Funktionär die lettere liberatorie, sofern gegen ihn keine Beschwerden vorlagen, und konnte nur unter Vorlage derselben ein neues Amt antreten (vgl. Peytavin 2003, 343). Zum Sindacato vgl. ausführlich Rovito 1981b; 1981c sowie zu dessen Motivation Peytavin 2003, 344 f.: „Les officiers municipaux sont nommés par les municipalités pour remplir un certain nombre de tâches utiles à l’ensemble de la population, qui vont préserver et augmenter le bien commun. Jouissant d’une position privilégiée, ces officiers peuvent faillir de deux manières. Ils peuvent agir de telle façon que le bien commun ne soit ni préservé ni augmenté, en toute bonne foi, parce qu’ils auront pris de mauvaises décisions. Ils peuvent profiter de leur autorité pour mal se comporter vis-à-vis des habitants, que les injustices commises soient ou non de nature financière. Pour remédier à ces possibles errements, ils doivent le sindacato en fin de charge. Le gouvernement de la municipalité vérifie que le bien commun n’a pas reçu de préjudice et les habitants qui se sentent lésés peuvent demander réparation des torts qu’ils ont subis.“

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Jahr sollte er durch einen Regnicolo besetzt werden, im darauffolgenden Jahr ad beneplacitum. Die Richter dagegen sollten zur Hälfte Regnicoli sein, die andere Hälfte der Posten konnte ad beneplacitum besetzt werden. Die Vertretung der staatlichen Justiz und Repräsentanz des Monarchen in den zwölf Provinzen des Königreichs Neapel wurde durch die Udienze (sp. Audiencias) ausgeübt.363 Hierbei handelte es sich um lokale Gerichtshöfe, die für die Administration und die Rechtsprechung in erster Instanz zuständig waren, wobei nicht jede der Provinzen364 über eine Udienza verfügte: Le Udienze, espressione diretta del Consiglio Collaterale nel territorio delle province, alla fine del Cinquecento erano presenti solo in otto di esse. Mentre la provincia di Terra di Lavoro, per essere l’ambito territoriale più prossimo alla capitale, ricadeva sotto la giurisdizione diretta delle magistrature centrali, l’Udienza di Chieti investiva i due Abruzzi, quella di Salerno il Principato Citra e il Molise, almeno fino al 1642, Montefusco il Principato Ultra, Trani la Terra di Bari, Lucera la Capitanata e il Molise, Lecce la Terra d’Otranto, Cosenza la Calabria Citra e Catanzaro la Calabria Ultra.365

363 Die sich mit der vom Monarchen ausgehenden Autorität und dessen Repräsentanz auf dem Territorium teils überschneidende beziehungsweise mit dieser konkurrierende von Feudalherren und der Kirche ausgehende administrative und judikative Tätigkeit wird in der vorliegenden Arbeit nicht dargestellt. Zu einer Übersicht zum Feudalwesen vgl. Visceglia 1992 sowie Cernigliaro 1983, zur kirchlichen Verwaltung Metzler 2004. 364 Das Regno di Napoli umfasste in spanischer Zeit zwölf Provinzen – hier in der Beschreibung von Bacco Alemanno: „Questo Regno era nel tempo antico diviso in sette Provincie principali, come Terra di Lavoro. Contado di Molise, Basilicata, Capitanata, Abruzzo, Terra d’Otra(n)to, è [sic] Calabria, le quali si veggono à nostri te(m)pi distinte in dodici: e sono le seguenti La prima Provincia è Terra di lavoro, detta anticamente campagna Felice. La seconda Principato Citra, detta anticamente Picentina con parte della Lucania. La terza Principato Ultra, ov’era il Sannio, e gl’Irpini. La quarta Basilicata, anticamente detta Lucania, qual è situata nel mezzo, overo è l’umbilico del Regno. La quinta Calabria Citra, già de’ Brutij. La sesta Calabria Ultra, parte della gran Grecia. La setima Terra d’Otra(n)to, detta anticamente Iapigia, Hydrunto, Messapia, e Salentina. L’ottava Terra di Bari, nominata anticame(n)te Puglia Peucetia. La nona Apruzzo Citra. La decima Apruzzo Ultra, come à dire di là del fiume Pescara, le qual due Provincie con commune vocabulo furono da gli antichi annoverate nel Sannio, e più frescamente dette Aprutium. L’undecima, è il Contado di Molise, pur de i popoli Sanniti. La duodecima, & ultima Provincia del Regno è Capitanata, dove era la Daunia, e la Iapigia col Monte Gargano, hor detto Monte di Sant’Angelo“ (Bacco Alemanno 1622, 1 f.). 365 Muto 2004, 515.

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3. Die Verwaltung des spanischen Regno di Napoli

Der Posten des Gouverneurs (it. Governatore / sp. Gobernador), der neben rechtlichen auch militärische Befugnisse hatte,366 wurde für die Dauer von zwei Jahren meist an Repräsentanten des Adels vergeben. Hingegen stellte die Tätigkeit als Uditore, von denen jeweils zwei bis drei in einer Udienza tätig waren, die erste Stufe in der Karriere zahlreicher Rechtsgelehrter dar.367 Für das Einziehen von Steuergeldern in den Provinzen waren die der Regia Camera della Sommaria unterstehenden Percettori Provinciali zuständig, von denen jeder jeweils eine Provinz zu verwalten hatte.368 Für dieses Amt sah die Prammatica die Besetzung von 2/3 der Posten durch Regnicoli und die Vergabe der restlichen Posten ad beneplacitum vor. 3.2.4 Repräsentationsorgane der Stadt Neapel und des Regno di Napoli Die Seggi napoletani Neben den durch König und Vizekönig gesteuerten und diesen hierarchisch untergeordneten Institutionen und Ämtern gab es im Königreich Neapel verschiedene Repräsentationsorgane, die an der Administration der res publica mitwirkten und bestimmte Interessengruppen vertraten. In seiner Studie zum österreichischen Galizien verwendet Fellerer (2005) in Bezug auf vergleichbare Strukturen den Begriff „Autonome Behörden“, der in der vorliegenden Arbeit übernommen wird.369 Solche ‘parastaatlichen’ Organe der Selbstverwaltung fanden sich im Königreich Neapel auf verschiedenen Verwaltungsebenen und standen in engem Kontakt zur staatlichen Verwaltung. Auch wenn es sich bei diesen 366 Vgl. Peytavin 2003, 257. 367 Vgl. Muto 1989, 273 f. Weitere Ämter in den Udienze waren: „[…] un segretario, un avvocato fiscale, un procuratore fiscale, un maestro di camera, un credenziere del maestro di camera, un avvocato dei poveri, un procuratore dei poveri, un avvocato da delegare a Napoli, un medico, un archivista, un mastro d’atti, un capitano di alabardieri con 12 uomini al servizio del governatore, un capitano di campagna, un cappellano un caporale e quattro aguzzini, un trombettiere e un portiere“ (Caracciolo 1974, 21 Anm. 23). 368 Vgl. Muto 1989, 274: „Erano essi [i percettori, V.S.] a operare il prelievo fiscale ordinario e straordinario dalle università e a rimetterlo, nelle forme prima illustrate, alla Tesoreria generale, nonché a eseguire i pagamenti e le assegnazioni dovute. Pur titolari dell’azione fiscale, i percettori non espletavano giurisdizione, essendo il contenzioso di merito e di legittimità rimesso direttamente alla competenza esclusiva del Tribunale camerale.“ 369 Fellerer 2005, 45.

3.2 Verwaltungsebenen und -institutionen

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Repräsentationsorganen nicht um staatliche Ämter handelte, wird deren Kommunikation zur Verwaltungskommunikation gerechnet. Es bestand ständiger Kontakt zwischen den verschiedenen Repräsentationsorganen und staatlichen Behörden. Auch hier stellten die Personen unauflösbare Verbindungen zwischen diesen her, indem sie neben Repräsentationsaufgaben in autonomen Behörden auch staatliche Ämter innehatten. Mit den Seggi und dem Parlamento generale werden die wichtigsten dieser Strukturen vorgestellt. Viele adlige Familien zahlreicher Städte in Süditalien zeichneten sich durch ihre Zugehörigkeit zu einem Seggio (auch: Sedile oder Piazza) der jeweiligen Stadt aus. Die Stadt Neapel verfügte im 16. und 17. Jahrhundert über fünf Seggi nobili, die bestimmten Stadtvierteln zugeordnet waren370 370 Die Seggi nobili der Stadt Neapel waren Capuana, Nilo (teils auch Nido), Montagna, Portanova und Porto. Die Zahl der Seggi war in den vorangegangenen Jahrhunderten weitaus größer gewesen und wurde durch das Aussterben einzelner Adelsfamilien und damit der von ihnen gebildeten Seggi und Zusammenlegungen reduziert (vgl. Peytavin 2003, 303 f.). Während der beiden spanischen Jahrhunderte wurde die Aufnahme von noch nicht in den Seggi integrierten adligen Familien in diese Repräsentationsorgane zunehmend schwieriger und war schließlich nur noch durch den Nachweis der Verwandtschaft mit bereits den Seggi angehörigen Familien möglich (vgl. Del Bagno 1984). Nur wenige Familien, darunter aber auch spanische Adelsfamilien, wurden im 16. und 17. Jahrhundert in die Seggi aufgenommen (Del Bagno 1984, 192; Muto 2003, 628 ff.) und erhielten dadurch auch automatisch die Cittadinanza der Stadt Neapel (zu diesem Vorrecht der Seggi vgl. Muto 2003, 617). Die Aufteilung der Stadt in Seggi lässt sich anhand einzelner Toponyme in Neapel heute noch nachvollziehen. Der Seggio di Capuana hatte seinen Sitz in der Nähe der Porta di Capuana, der Seggio di Nilo zunächst bei der namensgebenden Statue des Nil an der Piazzetta Nilo und später in der Chiesa di Sant’Angelo a Nilo. Der Seggio di Portanova war an der Piazza Portanova angesiedelt, während in der Via Mezzocannone nur noch das Wappen des Seggio di Porto an diesen erinnert. Die Gebäude der Seggi, in denen die Adelsgruppierungen sich versammelten, sind in Neapel nicht erhalten. In der Tat wiesen die Seggi eine spezifische Architektur auf: „I Sedili anche di Teatro, Loggia o Portico presero il nome come talora in documenti antichi si nota e ciò per la forma architettonica che tali edifici ebbero costruiti ad arcate, a quadrilateri con porticati ed ampie gradinate avanzati, chiusi solo da un lato dove era posta una sala chiusa per le riunioni degli ascritti patrizi della città“ (De Lutio di Castelguidone 1973, 68). Zur architektonischen Gestalt der Seggi vgl. auch Croce 1922, 49 f.: „Che cosa erano materialmente i Seggi? Erano portici quadrilaterali con cancelli di ferro, e a uno dei lati una sala chiusa per le riunioni, discussioni e deliberazioni. Senza parlare dei resti che si notavano, fino ad alcuni decennî or sono, in via Mezzocannone e altrove, dei più antichi (perchè i sedili, o logge, o tocchi, o teatri furono dapprima moltissimi con l’ufficio di semplici luoghi di riunione nelle varie strade, e poi, formati o rassodati gli aggruppamenti sociali e politici e costituiti i sedili propriamente detti,

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3. Die Verwaltung des spanischen Regno di Napoli

und denen die in diesen ansässige Nobiltà di Seggio angehörte.371 Darüber hinaus gab es noch einen Seggio del Popolo. Dessen Vertreter (Eletto del Popolo)372 bildete zusammen mit den sechs Vertretern (Eletti) der fünf Seggi nobili 373 im Kloster von San Lorenzo das Tribunale di San Lorenzo und somit als Città di Napoli die Stadtregierung. Diese war für die finanzielle, wirtschaftliche und zivile Verwaltung der Stadt verantwortlich: Les seggi étaient la structure fondamentale de la municipalité de la ville: les six élus nobles (le seggio de Montagna avait droit à deux élus, car il représentait aussi le vieux seggio de Forcella) formaient avec l’élu du Peuple un organisme politique et administratif, le tribunal de San Lorenzo, qui était chargé de la gestion des finances de la ville, de l’Annone et de la police urbaine. A cette organisation par seggi était par ailleurs rattachée la défense du territoire de la ville. La tradition voulait que les cinq places nobles élisent cinq capitaines de guerre, auxquels étaient confiées les clefs de la ville, la garde des murs et des portes de Naples.374

Als besonders wichtige Aufgabe lag die Verwaltung der Lebensmittelversorgung und der Lebensmittelvorräte – die Annona –375 der Großstadt Neapel bis in die 1560er Jahre in den Händen der Eletti des Tribunale di San Lorenzo.376 Die Eletti hatten darüber hinaus die Verpflichtung, im

371 372 373 374 375 376

quelli che non servirono a tal uopo rimasero come luoghi pubblici da gridarvi i bandi (finchè caddero affatto in desuetudine); e senza parlare della ‘piazza’ del Popolo, che si radunava nel convento di Sant’Agostino“. Vgl. auch die Abbildung des „nuovo sedile di Porto“ bei Croce 1896, 69. An der Fassade der Kirche von San Lorenzo, erinnern noch die Wappen der verschiedenen Seggi an die wichtige Funktion der hier tagenden Città di Napoli – der Versammlung der Vertreter der Seggi nobili und des Seggio del popolo. Zur Unterteilung des Adels in verschiedene Gruppen vgl. Muto 1991; 2003. Die Bezeichnung „Eletto del popolo“ ist zumindest ab 1547 irreführend, als Pietro di Toledo die Nominierung des Eletto del Popolo durch den Vizekönig beschließt (vgl. Coniglio 1976, 249). Der Seggio di Montagna, in dem der ehemals eigenständige Seggio di Forcella aufgegangen war, stellte zwei Eletti (vgl. De Lutio di Castelguidone 1973, 111). Visceglia 1993, 824, [Kursivierung im Original]. Zur Annona vgl. Coniglio 1976. Später übernahm der durch den Vizekönig ernannte Grassiere, meist ein Vertreter des Kollateralrats, die höchste Verantwortung hierfür (vgl. Coniglio 1976, 249 f.; Muto 1989, 278). Die Bedeutsamkeit dieser Aufgabe wird deutlich, wenn man die enorme Größe der Stadt schon zu Beginn des 16. Jahrhunderts (125.000 Einwohner) und deren rasches Wachstum bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts (ca. 300.000 Einwohner) – nach Paris war Neapel damit die bevölkerungsreichste Stadt Europas (vgl. Délille / Marin / Muto / Ventura 2000, 576) – bedenkt. Schließlich spielte die unzureichende beziehungsweise überteuerte Nahrungsmittelversorgung bei der Entstehung von Revolten und Aufständen häufig eine ausschlaggebende Rolle. Sowohl der Aufstand von 1585, bei dem der Eletto del

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Rahmen des Verfahrens des Sindacato die Richter und anderen Beschäftigte der Gran Corte della Vicaria zu überprüfen.377 Staatliche, durch die spanische Monarchie gesteuerte Behörden wurden somit durch autonome Behörden des Königreichs kontrolliert.378 Die Vertreter der Seggi bildeten in der Stadtregierung verschiedene Deputationen, die mit spezifischen Aufgaben in der Stadtverwaltung betraut waren und an deren Spitze zumindest seit der Visitation von Guevara (1606 – 1612) ein Consigliere des Kollateralrats stand, was die enge Verschränkung von vizeköniglicher Verwaltung mit den autonomen Behörden verdeutlicht.379 Die Stadtregierung entsandte bei Einberufung des Parlamento generale durch den Vizekönig zwei Gesandte pro Seggio, die gemeinsam mit den ebenfalls zwölf Vertretern der Feudalherren die Deputazione delle Grazie bildeten. Jeweils ein Seggio nobile hatte turnusgemäß darüber hinaus die Aufgabe, den Bürgermeister (it. Sindaco) zu bestimmen, der im Parlamento generale der Deputazione delle Grazie vorstand.380 Die Repräsentanten der Stadt Neapel waren somit in entscheidender Position im wichtigsten parastaatlichen Repräsentationsorgan des Königreichs Neapel vertreten, dessen Aufgaben und Zusammensetzung im Anschluss skizziert werden. Ab 1642 übernahmen die Seggi schließlich die Angelegenheiten des Parlaments zur Gänze.

377 378 379 380

Popolo Storace gelyncht wurde, als auch die Revolution Masaniellos 1647 wurden durch Hunger beziehungsweise die übermäßige Preiserhöhung und Besteuerung von Lebensmitteln ausgelöst (vgl. Musi 1986, 256). Zur Größe der Stadt Neapel und deren Wachstum vgl. auch Braudel 1990, 508 ff. Vgl. Villari 1967, 26. Eine ähnlich privilegierte Stellung und entscheidende Funktion kommt dem Parlament im Rahmen der Erhebung von Steuern zu, die nicht ohne dessen Zustimmung durchgeführt werden konnte. Vgl. Peytavin 2003, 305. Vgl. D’Agostino G. 1979, 19 f.: „Quindi notificava, con altro ‘viglietto’ o tramite un incaricato, agli Eletti della Città, congregati in San Lorenzo, il giorno in cui intendeva venire colà per ‘celebrare il Parlamento’, affinché questi lo partecipassero alle Piazze nobili della Città (Capuana, Nido, Portanova, Montagna e Porto) cui toccava eleggere a turno, ‘per ordine di rota’ un proprio membro che svolgesse il delicato ed impegnativo incarico di Sindaco, al tempo stesso presidente dell’assemblea generale, della deputazione ristretta incaricata dell’elaborazione delle grazie da chiedere al sovrano ed al viceré, mentre continuava regolarmente a rappresentare ufficialmente la Città in seno al parlamento, e perché nel contempo si procedesse all’elezione dei deputati della Città, due per ciascuna piazza, compresa nella circoscrizione la piazza del Popolo, che insieme ai dodici rappresentanti dei Baroni avrebbero formato la deputazione per le grazie.“

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3. Die Verwaltung des spanischen Regno di Napoli

Das Parlamento generale Im seit 1442 bestehenden Generalparlament (it. Parlamento generale / sp. Parlamento general) kamen in spanischer Zeit, wie bereits erwähnt, neben den Vertretern der Seggi der Stadt Neapel auch Vertreter der anderen, nicht in Feudalbesitz befindlichen Città demaniali des Regno di Napoli sowie Vertreter des Feudaladels zusammen. Die Versammlung wurde durch den seinerseits im Auftrag des Königs handelnden Vizekönig einberufen. Die Hauptaufgabe des Generalparlaments bestand in der Bewilligung von Steuern. Im Gegenzug für deren Gewährung wurden in den Parlamentssitzungen Bittgesuche an König und Vizekönig ausgearbeitet.381 In der Zeit von der Integration des Königreichs Neapel in die Gebiete der spanischen Monarchie bis zum letzten Parlament 1642 wurde die Versammlung meist in zweijährigem Turnus einberufen. Initiiert durch ein Schreiben des Königs forderte der Vizekönig „tramite lettere circolari“382 beziehungsweise durch von den persönlichen Segreterie des Vizekönigs ausgestellte „viglietti“383 die verschiedenen, das Parlament konstituierenden Gruppen dazu auf, ihre Vertreter zu bestimmen.384 Daraufhin erschienen diese entweder selbst zur Parlamentsversammlung in Neapel oder übertrugen ihr Stimmrecht auf Mandatare (it. Procuratori / sp. Procuradores).385 Das Parlament versammelte sich schließlich im Kloster von San Lorenzo, wo die Arbeit des Gremiums durch das Verlesen des königlichen Briefs386 und die einleitenden Worte des Vizekönigs eröffnet wurde.387 Durch den Sindaco wurde daraufhin offiziell die Beratung des Parlaments über die Möglichkeiten der Erfüllung der geforderten Tributzahlungen durch das Regno di Napoli einberufen und im Anschluss daran verließ der Vizekönig die Versammlung.388 An der folgenden vom Sindaco geleiteten Abstimmung über die zu entrichtenden Steuern beziehungsweise Tribute nahmen die Vertreter 381 382 383 384

385 386 387 388

Vgl. Caracciolo 1971, 53. D’Agostino G. 1979, 19. D’Agostino G. 1979, 19. So bestimmte der turnusgemäß zuständige Seggio, wie oben bereits erwähnt, den Sindaco, der den Parlamentsvorsitz, sowie den Vorsitz der Deputazione delle Grazie, des Ausschusses, der mit der Erstellung der Bittgesuche an König und Vizekönig betraut war, innehatte. Ebenso bestimmten die einzelnen Seggi jeweils zwei Vertreter aus den eigenen Reihen, die in derselben Deputation gemeinsam mit den Baronen über die Bittgesuche verhandeln sollten (vgl. D’Agostino G. 1979, 19 f.). Vgl. D’Agostino G. 1979, 19 ff. Zum Vorgang des Vorlesens vgl. 4.5.4. Vgl. D’Agostino G. 1979, 21 – 25. Vgl. D’Agostino G. 1979, 24.

3.2 Verwaltungsebenen und -institutionen

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der Seggi der Stadt Neapel nicht teil, da Letztere von direkten Steuern ausgenommen und somit von den zu entrichtenden Zahlungen auch nicht direkt betroffen war.389 In der Verhandlung über die Gewährung des erbetenen Geldbetrages, des Donativo, hatte einer der Inhaber der Sieben Ämter (it. Sette uffici / sp. Siete oficios) das Vorrecht, als Erster seine Stimme abzugeben.390 Die meisten Aufgaben der Sieben Ämter391 (Gran Contestabile, Gran Giustiziere, Grande Almirante, Gran Camerario, Gran Protonotario, Gran Siniscalco, Gran Cancelliero), von denen laut der Prammatica „De officiorum provisione“ vier der Besetzung durch Regnicoli vorbehalten war, waren zwischen dem 15. und 16. Jahrhundert auf andere Ämter übertragen worden.392 Dennoch verfügten die Inhaber der Sieben Ämter innerhalb der Abstimmung über den Donativo noch über einen gewissen Einfluss. Nachdem die Abstimmung über die Gewährung des vom König erbetenen Donativo durch das Parlament erfolgt war, wurde dessen Arbeit offiziell beendet und die aus den zwölf Repräsentanten der Seggi der Stadt Neapel und zwölf Vertretern der Feudalherren bestehende Deputazione delle Grazie mit der Ausarbeitung der Bittgesuche beauftragt.393 Nach ausführlicher Beratung, die sich teils über Tage und Wochen hinzog, wurden Stück für Stück die an den König und Vizekönig zu richtenden Bittgesuche (it. Grazie / sp. Graçias) formuliert. In diesem Zusammenhang lassen sich Hinweise auf verschiedene Schritte der Textelaboration feststellen:

389 390 391 392

Vgl. D’Agostino G. 1979, 25. Vgl. D’Agostino G. 1979, 27. Vgl. Mazzoleni 1974, 94. „I Sette Grandi Uffici erano ancora in vigore a metà del Cinquecento, ma quasi esclusivamente come cariche onorifiche (e retribuite). Le effettive funzioni dei grandi ufficiali passarono in tutto o in parte ai consigli del regno o ad altri organi di governo. I poteri del Gran Contestabile furono trasferiti al vicerè, che aveva anche il titolo di ‘luogotenente generale del re nelle guerre di terra’; la sovrintendenza all’amministrazione della giustizia, già esercitata dal Gran Giustiziero, passò al reggente della Vicaria; l’amministrazione della giustizia ‘sopra gli huomini marittimi’ spettava ancora al Grande Almirante, mentre per l’organizzazione generale della flotta fu creato il capitano generale delle galere; l’ufficio di Gran Camerario fu trasferito al luogotenente della Sommaria. Così anche le funzioni del Gran Protonotario (che leggeva memoriali e petizioni davanti al re e creava i notai), del Gran Siniscalco (maestro di casa del re) e del Gran Cancelliero (che sigillava le lettere e i privilegi reali) in parte vennero meno per l’assenza del re, in parte passarono al segretario del regno ed al Consiglio Collaterale“ (Villari 1967, 21 f., [Kursivierung im Original]). 393 Vgl. D’Agostino G. 1979, 28 f.

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3. Die Verwaltung des spanischen Regno di Napoli

In queste sessioni prendevano corpo gradualmente, attraverso ripetute lettere, ripensamenti, proposte di emendamenti, le grazie come sarebbero state richieste. Con la supervisione degli Avvocati della Città, che curavano tra l’altro la parte tecnica della stesura della grazie stesse, cominciando col rivedere quelle già chieste nelle precedenti occasioni e non ancora concesse, si preparavano degli abbozzi sui quali impostare la successiva discussione. Prima di giungere alla redazione finale, quella che veniva sottoscritta da tutti i deputati, o semplicemente prima della firma delle ‘scritture’, venivano ascoltati i rappresentanti delle Università e Città demaniali, sindaci e procuratori, i quali sfilavano innanzi alla commissione esponendo le loro suppliche o consegnando memoriali: […] Finalmente si dava il benestare a che le grazie fossero ‘poste in bello’, e dopo un’ultima lettura, si procedeva alla firma, ultima formalità d’un cerimoniale assai spesso movimentato ed essa stessa causa di controversie […]. Parallelamente la Deputazione aveva anche proceduto a far redigere da uno degli Avvocati o da un proprio esponente, i documenti riassuntivi dei lavori parlamentari: l’‘offerta’ e le lettere per il sovrano.394

Die durch das Parlament an König und Vizekönig gerichteten Bittgesuche fanden schließlich in mehr oder weniger veränderter Form Eingang in die Privilegien (it. Privilegi / sp. Privilegios) und Statuten (it. Capitoli / sp. Capitúlos) des Königreichs Neapel.395 So geht auch die Prammatica „De officiorum provisione“ auf ein Bittgesuch des Parlaments zurück, das durch Karl V. gewährt wurde.396 Der Einfluss der Vertreter der Città demaniali in der Parlamentsversammlung schwand im Lauf der Zeit unter anderem durch die zunehmende Feudalisierung. Aber auch der Einfluss des Feudaladels wurde mit der Zeit schwächer, während derjenige der Stadt Neapel und der diese vertretenden Seggi beständig wuchs: In quanto ai comuni, la loro rappresentanza in seno al parlamento fu, fin dall’inizio, esigua, e perdette ulteriormente importanza a mano a mano che si ridusse il numero dei comuni non infeudati: al punto che, nei parlamenti del secolo XVII, i superstiti comuni demaniali non inviarono più rappresentanti, limitandosi a consegnare la loro delega a ministri regi. Il parlamento, però, conservava in pieno i suoi ampi poteri: non solo, infatti, determinava l’entità e 394 D’Agostino G. 1979, 32 ff., [Kursivierungen V.S.]. 395 Vgl. Caracciolo 1974, 86: „Parlamento e seggi domandavano grazie alla Corona dopo avere votato donativi. Quando erano accolte, quelle richieste si mutavano in capitoli e privilegi che andavano ad arricchire il corpo delle costituzioni“ sowie Villari 1967, 15: „Ogni volta, che si riuniva [il Parlamento, V.S.] (e ciò avvenne quasi regolarmente ogni due anni, fino al 1642), veniva avanzata la richiesta di ‘grazie’, che il sovrano traduceva poi, più o meno integralmente, in ‘privilegi’ e ‘capitoli’, cioè in quel complesso di norme che formavano le ‘costituzioni del regno’.“ 396 Zur sprachlich-textuellen Gestalt der Prammatiche vgl. 4.5.2.

3.2 Verwaltungsebenen und -institutionen

123

la ripartizione del carico tributario, ma era anche in grado di orientare la legislazione generale del regno.397

Das zunehmende Gewicht der Stadt Neapel im Generalparlament mündete schließlich in die Übernahme der Funktionen desselben durch die Seggi ab 1642.398 Die folgende Übersicht illustriert die wichtigsten Institutionen der verschiedenen Verwaltungsebenen. Schraffiert dargestellt finden sich Institutionen, deren Ämter potentiell durch Neapolitaner und ad beneplacitum besetzt werden konnten. Bei Institutionen, deren Schriftverkehr in die Analyse in Kapitel 4 einfließt, sind darüber hinaus typische Kommunikationswege vermerkt.399

397 Villari 1967, 14 f. 398 „Il processo in atto che trasferiva ai rappresentanti della capitale prerogative proprie di baroni e città sfociava, dopo l’ultimo parlamento del 1642, nel trasferimento della funzione di votare i donativi ai sedili della città di Napoli, che la conservavano nei decenni successivi“ (Caracciolo 1971, 53). 399 Die folgende Übersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern möchte Kommunikationswege und Schnittstellen aufzeigen, für die die Produktion und Rezeption von mehrsprachigen Texten bzw. Mehrsprachigkeit der Kommunikation (vgl. Abb. 4 – 6) vermutet werden kann. Eine auch in anderen Publikationen wieder aufgegriffene schematische Darstellung des neapolitanischen Verwaltungsapparats findet sich bei Villari 1967, 22 f.

124

3. Die Verwaltung des spanischen Regno di Napoli

Abb. 9: Die Verwaltung des Regno di Napoli und ausgewählte Kommunikationswege

4. Manifestationen der Sprachenpluralität in der Verwaltungskommunikation des Vizekönigreichs Neapel Im folgenden Kapitel werden mehrere, für diese Arbeit erstellte exemplarische Korpora untersucht, wobei nach Erläuterung der Transkriptionskriterien (4.1) mit den Briefen von Sigismondo de Loffredo an Karl V. in 4.2 zunächst ein Fall von ‘Mehrsprachigkeit der Texte’400 vorgestellt wird. In Kapitel 4.3 wird mit den Visitationsprotokollen ein Bereich betrachtet, der sich zwischen ‘Mehrsprachigkeit der Texte’ und ‘Mehrsprachigkeit der Kommunikation’ bewegt. In 4.4 schließlich werden mit den Verschriftungsaufgaben des Segretario del Regno Beispiele für ‘Mehrsprachigkeit der Kommunikation’ illustriert. Die Weitergabe von Inhalten in der Verwaltungskommunikation und deren sprachliche Form wird in 4.5 anhand der Konsultationen der Regia Camera della Sommaria, der Prammatiche, der Akten des Parlamento generale und weiterer Quellen behandelt.

4.1 Transkriptionskriterien Für die Transkriptionen der Archivmaterialien wurden die folgenden Kriterien verwendet: • Abbreviaturen wurden in runden Klammern aufgelöst: S(an)to • Eckige Klammern […] stehen für Wörter oder einzelne Buchstaben, die aufgrund von Löchern im Papier, Tintenflecken o. Ä. nicht oder nicht eindeutig lesbar sind. Handelt es sich bei der Auslassung in der Transkription um einzelne Buchstaben, steht die Klammer unmittelbar nach dem letzten beziehungsweise vor dem ersten lesbaren Buchstaben des betreffenden Wortes. Handelt es sich dagegen um ein ganzes Wort, wird die Klammer durch Leerzeichen vom vorangehenden und nachfolgenden Wort getrennt.

400 Vgl. 2.3.2.

126 • • •







• •

4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Runde Klammern (…) stehen für von der Autorin vorgenommene Auslassungen im zitierten Textabschnitt. Im Original durchgestrichene, aber dennoch lesbare Wörter wurden als solche transkribiert: cancellato. Unterstreichungen wurden, wenn nicht anders vermerkt, aus den Dokumenten übernommen; Randvermerke sowie Interlineareinfügungen werden in eckigen Klammern am Zeilenanfang (Vermerk links vom Text) beziehungsweise an der betreffenden Stelle der Einfügung transkribiert. Ebenso wird in eckigen Klammern vermerkt, wenn ein Handwechsel vorliegt. In Fällen, in denen nicht erkennbar ist, ob die (insbesondere in spanischen Texten und Textabschnitten auftretende) scriptio continua ausschließlich graphischer Konvention geschuldet ist, oder diese als Hinweis auf beginnende Syllabifizierungsprozesse wie z. B. die Entstehung der preposizioni articolate gewertet werden muss, wird die Zusammenschreibung im Manuskript in der Transkription durch einen Unterstrich zwischen den betreffenden Elementen symbolisiert: de_la. und wurden ihrem phonetisch-phonologischen Wert entsprechend differenziert. Alle anderen Grapheme werden in der Form wiedergegeben, in der sie in den Manuskripten auftreten. So finden sich sowohl als auch . Auch diakritische Zeichen sowie Groß- und Kleinschreibung werden graphisch möglichst getreu wiedergegeben. Teils ist nicht klar erkennbar, ob es sich bei einem Akzent um einen Gravis oder einen Akut handelt. In diesen Fällen wird der Akzent nach dem betreffenden Vokal angeführt: a’. Auffällig ist in den Manuskripten die Setzung eines vor und nach betonten Vokalen, für die ein Akzent erwartet werden könnte, so beispielsweise bei der 3. Pers. Sing. Ind. Präsens von essere, die häufig als auftritt und in dieser Form transkribiert wurde. Die Interpunktion wurde nicht den modernen Gewohnheiten angepasst, sondern aus den Manuskripten übernommen.401 Um die Auffindung der im Text zitierten Beispiele zu erleichtern, werden – auch wenn diese nicht in allen Dokumenten expliziert werden – Blatt und Seite (recto / verso) folgendermaßen vermerkt: „1r“. Darüber hinaus erfolgt bei Belegen für einzelne sprachliche Merkmale nach der Blatt- und Seitenangabe die Angabe der Zeilen, in denen das

401 Hier lässt sich der eine oder andere Interpretationsfehler insbesondere aufgrund der graphischen Ähnlichkeit zwischen und nicht ausschließen.

4.2 Mehrsprachigkeit der Texte: Briefe von Sigismondo de Loffredo

127

Phänomen auftritt, in Schrägstrichen: „/1/“.402 Ist ein im Text behandeltes Archivdokument oder eine bestimmte Akte nicht allein durch die Archivsignatur identifizierbar, da beispielsweise unter einer Signatur mehrere Prozessakten aufbewahrt werden, wird auf die zitierte Akte über die Signatur hinaus mittels inhaltlicher oder anderer archivalischer Merkmale gesondert hingewiesen.

4.2 Mehrsprachigkeit der Texte: Briefe von Sigismondo de Loffredo an Kaiser Karl V. 4.2.1 Historisch-kommunikativer Kontext Die im folgenden Abschnitt analysierten und in Kapitel 6 vollständig transkribierten sieben Briefe wurden im Zeitraum zwischen 10. 01. 1532 und 24. 05. 1532 vom neapolitanischen Reggente des Kollateralrats Sigismondo de Loffredo an Kaiser Karl V. gerichtet und werden in sehr gutem Zustand im Archivo General de Simancas (AGS), im Legajo 1012 des Bestandes Estado (EST) aufbewahrt.403 Sigismondo de Loffredo, dessen genaues Geburtsdatum unbekannt ist,404 entstammte einem dem Seggio di Capuana angehörenden neapolitanischen Adelsgeschlecht und besetzte ab 1512 den Posten eines Präsidenten der Regia Camera della Sommaria.405 Nur fünf Jahre später, 1517, 402 Diese Angaben finden sich auch in den integralen Transkriptionen einzelner Texte in Kapitel 6 und sollen die Betrachtung einzelner behandelter Phänomene auch in einem größeren sprachlichen Kontext vereinfachen. 403 Die sieben aus Neapel an Karl V. geschickten Briefe, die Gegenstand der folgenden Analyse sind, werden im Generalarchiv Simancas in einem Aktenbündel gemeinsam mit ebenfalls an den spanischen König gerichteten Briefen anderer Funktionäre und Institutionen aufbewahrt und stellen ein exemplarisches Korpus dar. Eine weiterführende Sichtung der betreffenden Akten, insbesondere der Vergleich mit zeitgenössischen Texten anderer Mittenten ist zweifellos wünschenswert (s.u.). Dies konnte im Rahmen dieser Arbeit nicht in gebührendem Maß vorgenommen werden, da eine exhaustive Behandlung der Produktion Loffredos und deren Vergleich mit Briefen anderer Sender notwendigerweise den Verzicht auf für die Gesamtschau der Sprachenpluralität in der Verwaltungskommunikation wichtige Aspekte wie die Mehrsprachigkeit der Kommunikation (4.3 – 4.5) bedeutet hätte. 404 U.a. EDIT 16 führt folgende Lebensdaten an: „Nato nel 1480 circa e morto nel 1539“, http://edit16.iccu.sbn.it/scripts/iccu_ext.dll?fn=11&i=8351, [27. 03. 2013]. 405 Vgl. Della Pepa 2005, 50.

128

4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Tabelle 1: Sieben Briefe von Sigismondo de Loffredo an Karl V. Archivsignatur

Datum

AGS, EST 1012 – 1

10. 01. 1532

AGS, EST 1012 – 16

11. 02. 1532

AGS, EST 1012 – 15

08. 03. 1532

AGS, EST 1012 – 21

12. 04. 1532

AGS, EST 1012 – 24

17. 04. 1532

AGS, EST 1012 – 25

23. 04. 1532

AGS, EST 1012 – 27

24. 05. 1532

wurde er als erster Neapolitaner zum Reggente des Kollateralrats ernannt.406 In dieser Funktion verbrachte er „lunghi periodi“407 als Repräsentant des Regno di Napoli und später als Reggente des Aragonienrats408 am spanischen Hof,409 vermutlich vorwiegend in Flandern.410 Als Jurist verfügte Loffredo 406 Die beiden anderen Posten als Reggenti hatten der Katalane Geronimo de Coll und der Sizilianer Ludovico Montalto inne. Später wurde diesen drei Reggenti noch der aus Gaeta stammende Marcello Gazzella zur Seite gestellt, der sich mit Sigismondo de Loffredo als Repräsentant des Regno di Napoli am spanischen Hof abwechselte (vgl. Cernigliaro 1983, 86, 93; Sicilia 2010, 107). 407 Pilati 1994, 21. 408 Vgl. zur doppelten Zugehörigkeit Loffredos zu Kollateral- und Aragonienrat Sicilia 2010, 170. 409 Vgl. Pilati 1994, 7 f., Anm. 8 – 10. 410 Toppi vermerkt zu Loffredo für das Jahr 1517: „miles Neap. Praes Regiae Camerae vocatus à Sua Maiestate apud Teutonicos, ut ibi in Reg. Curia uti Rege(n)s resideret. Et hoc anno fuit additus Tertius Regiam Cancel. Regens“ (Toppi 1666, 146). Auch 1518 und 1519 verbrachte Loffredo als Mitglied des Aragonienrats „[i]n Curia“ (Toppi 1666, 147); vgl. Arrieta Alberdi 1994, 600, bis er 1520 vorläufig vom nunmehr vierten Reggente des Kollateralrats Marcello Gazzella am Hof abgelöst wurde und nach Neapel zurückkehrte (vgl. Muto 1995, 1799). Für 1521 vermerkt Toppi „Sigismundus Loffredus iterùm Germania versùs“ und Loffredo scheint die folgenden Jahre bis 1525 am Hof verbracht zu haben (vgl. Toppi 1666, 147 ff.). 1525 wurde er erneut zum Reggente des Aragonienrats berufen (vgl. Toppi 1666, 148; auch Arrieta Alberdi 1994, 600). Für den Zeitraum zwischen 1526 und 1529 liegen keine Informationen zu Loffredos Aufenthalt vor, von 1530 bis 1533 ist Loffredo wieder Reggente des Kollateralrats (vgl. Toppi 1666, 148 f.). Für 1537 ist ein neuerlicher Aufenthalt am Hof verzeichnet (vgl. Toppi 1666, 150). 1539 stirbt Sigismondo de Loffredo (vgl. Toppi 1666, 151).

4.2 Mehrsprachigkeit der Texte: Briefe von Sigismondo de Loffredo

129

zweifellos über hervorragende Lateinkenntnisse.411 Die Briefe, für die er zumindest als Sender – wenn auch eventuell nicht als materieller Schreiber – angenommen werden kann, geben Anlass zur Annahme, dass neben dem Lateinischen aber auch das Kastilische Teil seines Repertoires war, sowie das Neapolitanische und das Toskanische in unterschiedlichem Maß Einfluss auf die sprachliche Gestaltung seiner Briefe nahmen. Die hier behandelten, über einen Zeitraum von etwas mehr als vier Monaten verteilt geschriebenen Briefe tragen allesamt die Ortsangabe Neapel und betreffen verschiedene Aspekte der Politik des Vizekönigreichs.412 Für die Unterzeichnung der Briefe wurde augenscheinlich ein anderes Schreibgerät verwendet als für den Brief selbst. Aufgrund der (unter Umständen auch infolgedessen) im Vergleich zum Text der Briefe unterschiedlich erscheinenden Handschrift ist nicht auszuschließen, dass Sigismondo de Loffredo sich eines Schreibers bediente, dessen Identität sich allerdings nicht durch eine Unterschrift oder einen Vermerk feststellen lässt. Ein Vergleich zwischen der Handschrift, die den Text der Briefe Loffredos auszeichnet, mit der Hand des Segretario del Regno Bernardino Martirano aus einem Brief des Kollateralrats413 legt nahe, dass es sich um die gleiche Person handeln könnte. Während der Brief in AGS, EST 1012 – 28 von den Reggenti des Kollateralrats, dem Tesoriere generale Sánchez und dem vermutlich mit der materiellen Verschriftung betrauten Segretario del Regno Bernardino Martirano unterzeichnet ist, fehlt im Kolophon der Briefe Loffredos allerdings der Hinweis auf den Schreiber. Angesichts der großen Ähnlichkeit der Schriftbilder kann unter Vorbehalt jedoch vermutet werden, dass Martirano auch die Briefe Loffredos zu Papier brachte. Ob ein gegebenenfalls mit der Verschriftung beauftragter Schreiber in Form eines Diktats den phonischen Diskurs Loffredos verschriftet hat oder ob es sich um eine Abschrift eines zuvor angefertigten Entwurfs handelt, lässt sich ebenfalls nicht nachvollziehen. Es kann weder mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass Loffredo selbst die Briefe 411 Man denke nur an den Modellcharakter seiner 1572 postum in Venedig publizierten Consilia sive responsa, item paraphrases feudales, subtilissimaeque quaestiones utiles et quotidianae, necnon doctissima commentaria ad l. iurisconsultus. ff. de gradib. Sigismundi Loffredi. 412 Die inhaltliche Spanne reicht von der Türkengefahr im Mittelmeer und den aufgrund dieser Bedrohungslage getroffenen Vorkehrungen über die Beschreibung von Auseinandersetzungen im Kollateralrat (vgl. die inhaltliche Analyse des Briefs AGS, EST 1012 – 25 durch die Historikerin Pilati 1994) bis hin zur Beschreibung brutaler Strafen wie der Amputation einer Hand in AGS, EST 1012 – 24. 413 AGS, EST 1012 – 28.

130

4. Manifestationen der Sprachenpluralität

zu Papier gebracht hat und lediglich zur Unterzeichnung ein anderes Schreibgerät verwendet hat, noch ist es für den Fall, dass ein Schreiber im Spiel war, möglich, dessen Identität eindeutig festzustellen. Es lässt sich aus diesem Grund nicht klar einschätzen, welche sprachlichen Fakten dem Mittenten und welche gegebenenfalls dem Schreiber zuzurechnen sind. Dieser Umstand steht – so wichtig er für die bezüglich der Mehrsprachigkeit der Personen zu ziehenden Schlussfolgerungen auch sein mag – der textuellen Analyse der Briefe Loffredos bezüglich der in ihnen feststellbaren Einflüsse verschiedener historischer Einzelsprachen und ihrer Varietäten auf morphologischer, syntaktischer und lexikalischer Ebene sowie der Wirkung unterschiedlicher Graphiemodelle und der annehmbaren Phonem-Graphem-Relationen, die im Folgenden vorgenommen wird, allerdings nicht im Wege. Für die sich daran anschließende Rekonstruktion der Mehrsprachigkeit der Person Sigismondo de Loffredos auf der Basis der ihm zumindest als Sender zuzurechnenden mehrsprachigen Texte darf dieser Faktor indessen nicht vernachlässigt werden. 4.2.2 Graphie und Phonetik Schwankungen in der Graphie sind für den Zeitraum, aus dem die Briefe Loffredos stammen, nicht ungewöhnlich und nachgerade konstitutiv für die pragmatische Schriftlichkeit. Eine eindeutige Korrelation von Graphie und phonischer Realisierung im Sinne einer festen Phonem / GraphemZuordnung kann aus diesem Grund nicht angenommen werden. Einige graphische Besonderheiten lassen klar auf den Einfluss einzelner Varietäten und Schreibtraditionen schließen. Andere Elemente lassen sich dagegen nicht eindeutig einer Sprache beziehungsweise Varietät zuordnen, da beispielsweise mehrere Systeme die gleiche Lautentwicklung aus dem Vulgärlatein aufweisen, welche sich auch in identischen graphischen Repräsentationen widerspiegelt. Insbesondere Parallelen zwischen süditalienischen Varietäten und dem Kastilischen, die sich unabhängig vom Sprachkontakt der Italia spagnola ergeben haben, zwingen dazu, dichotomische Unterscheidungen und auf den ersten Blick scheinbar eindeutige Zuordnungen zu vermeiden:

4.2 Mehrsprachigkeit der Texte: Briefe von Sigismondo de Loffredo

131

Abb. 10: Brief Sigismondo de Loffredos an Karl V., 17. 04. 1532 España. Ministerio de Educación, Cultura y Deporte. Archivo General de Simancas, EST, LEG 1012, 24

132

4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Col quale ultimo [dialetto napoletano, V.S.] la lingua spagnola ha parecchie conformità fonetiche: nell’uno e nell’altra, per. es. l’e latino in posizione [sic] non impedisce lo sviluppo del dittongo ie, e l’o si sviluppa in uo […]. Nella sintassi, l’oggetto personale dei verbi in ispagnuolo come in napoletano richiede il terzo caso, e al matar a uno spagnuolo risponde il napoletano accidere a uno. Ma chi parla per questo di un’influenza fonetica o sintattica dello spagnuolo sul napoletano, sogna.414

Im Folgenden werden einzelne graphische Besonderheiten der Briefe Loffredos bezüglich des für sie annehmbaren Verhältnisses zu phonetischen Merkmalen der beteiligten Idiome, der Wirkmächtigkeit insbesondere des lateinischen Graphiemodells und der unterschiedlichen graphischen Repräsentationen klar kastilischer Lehnwörter diskutiert. Vokalismus Die wohl auffälligste phonetische Erscheinung des Neapolitanischen ist die Metaphonie, welche für die auf Lateinisch e¯ und ˘ı beziehungsweise Lateinisch o¯ und u˘ (und in der Folge vulgärlateinisch /e/ und /o/) zurückgehenden Vokale in betonter Silbe vor auslautendem [-i] ( [- ]) […].“ e

4.2 Mehrsprachigkeit der Texte: Briefe von Sigismondo de Loffredo

137

Dass es sich hier um Pluralmarkierungen handelt – und somit die durch Metaphonie bewirkte Vokalalternanz morphologische Relevanz erhält – wird deutlich, wenn man die Beispiele (38) – (45) mit Okkurrenzen der entsprechenden Substantive im Singular vergleicht, wie am Beispiel provisione / provisiune gezeigt werden soll: In Pluralkontexten findet sich durchgehend provisiune, so in (46) le provisiune necessarie (1012 – 1, 1v /18/) und (47) a_le bulle provisiune et citatiune che vengono da Roma (1012 – 27, 2r /6/) während in den folgenden Fällen provisione klar den Singular ausdrückt: (48) si deve fare provisione (1012 – 1, 2v /6/), (49) sancta provisione (1012 – 16, 7r /18/), (50) alcuna provisione (1012 – 25, 3r /5/), (51) buona provisione (1012 – 25, 3r /8/).

Auch im Fall von ragione ist distinktiv für den Numerus. Während (52) le altre raiune (1012 – 21, 1v /6/) eindeutig als Plural zu werten ist, findet sich im Singularkontext (53) Dando raione (1012 – 25, 1v /6/). Übergeneralisierung der metaphonetischen Diphthongierung oder aber die hyperkorrekte Setzung des (vermeintlich) toskanischen Diphthongs (teils in geschlossener Silbe)427 lassen sich für (54) puosta (1012 – 27, 1r /8/), (55) vuolse (1012 – 1, 1v /3/),428 und (56) suole (1012 – 15, 4r /19/) annehmen. Darüber hinaus treten neben der neapolitanischen Form (57) bone (1012 – 15, 2v /4/) auch die toskanisierenden Varianten (58) buona (1012 – 25, 3r /8/) und (59) buone (1012 – 1, 1v /9/) auf.429 Eine Bemerkung sei an dieser Stelle bezüglich der graphischen Repräsentation der Vokale noch gemacht: Im Fall der femininen Substantive, deren Pluralform sich durch den Tonvokal von der Singularform unterscheidet, konnte festgestellt werden, dass im Auslaut erhalten bleibt und vermutlich / / repräsentiert (vgl (46), (47), (52)). Es fehlt also in diesen Fällen eine graphische Numerusmarkierung im Auslaut. Diese ist dagegen bei männlichen Substantiven und Adjektiven der numerisch stärksten Deklinationsparadigmen generell durch die Alternanz zwischen e

427 Die Diphthongierung erfolgte im Toskanischen nur in offener Silbe, vgl. Maiden 1998, 50 ff. 428 Vgl. De Blasi 2008, 54: „La componente toscana risalta con particolare evidenza nella dittongazione di può e suoi; è invece improprio e ipercorretto il dittongo in sillaba atona di puotesse, che tuttavia è indizio piuttosto vistoso della volontà dello scrivente di uniformarsi a una caratteristica del toscano (imitata però in modo inadeguato).“ 429 In diesen Fällen kann die Diphthongierung entweder eine Übergeneralisierung der neapolitanischen Metaphonie sein, oder – mit größerer Wahrscheinlichkeit – auf das Toskanische hinweisen. Der vorliegende Diphthong ist für das Altneapolitanische ungewöhnlich.Vgl. Formentin 1998 I, 111.

138

4. Manifestationen der Sprachenpluralität

bzw. im Singular und im Plural gegeben; phonisch ist teils auch Palatalisierung von [k] zu [tS] anzunehmen (vgl. z. B. (60) lo inimico (1012 – 16, 5r /20/), (61) li inimici (1012 – 1, 4r /19/), (62) lo Re (1012 – 16, 3v /5/), (63) li Ri (1012 – 1, 4r /4/).430 Die Graphie tritt u. a. in folgenden Beispielen auf: (64) fuera (Konj. Imp. von ser) (1012 – 16, 2r /17/), (65) fuesse (1012 – 16, 2r /19/), (66) luego (1012 – 16, 2v /8/), (67) despues (1012 – 16, 4r /2/), (68) cuerdo (1012 – 15, 2r /4/), (69) fuera ‘draußen, außerhalb’ (1012 – 24, 1v /18/), (70) puede (1012 – 25, 2v /11/), (71) impuesto (1012 – 27, 2r /4/).

Da es sich bei (64) – (71) ausschließlich um spanische Lehnwörter handelt, die überwiegend in spanischen oder stark spanisch durchsetzten Textpassagen auftreten, ist eine Zuordnung zum spanischen Graphiesystem und die Annahme des Diphthongs [we] plausibel.431 Auch in der graphischen Darstellung der lateinischen Diphthonge au, ae und oe und deren romanischer Fortsetzungen wird die große Variationsbreite der Texte deutlich. Während in den Beispielen (72) thesaurero (1012 – 16, 1r /13/) und (73) thesaureria (1012 – 16, 2r /6/) das lateinische Digramm erhalten ist, weisen (74) thesoreria (1012 – 15, 4r /17/ – /18/) und (75) thesorero (1012 – 24, 1r /18/) die monophthongierte (toskanische und süditalienische) Fortsetzung auf. Die folgenden Beispiele zeugen dagegen klar von der Autorität des lateinischen Graphiemodells: (76) poene (1012 – 16, 6v /16/), (77) praeiudicare (1012 – 27, 1v /7/), (78) praecessori (1012 – 1, 1r /8/), (79) audientia (1012 – 16, 5r /4/), (80) auditore (1012 – 16, 4v /8/).

Das Graphem tritt in etymologischen Schreibungen wie in (81) tyranno (1012 – 1, 1r /19/) sowie in Eigennamen auf: (82) carlo de la noy (1012 – 16, 1r /4/), (83) raymundo (1012 – 16, 2v /3/), (84) loysio (1012 – 27, 1v /5/). Auch zeichnet sich jedoch in den Briefen Loffredos durch seine Polyfunktionalität aus. So repräsentiert neben den Beispielen (82) – (84) auch in anderen Fällen das zweite Element eines fallenden

430 Vgl. zur Substantivflexion weiter unten. 431 Das in (71) angeführte Partizip ist das einzige Element, das unter Umständen auch als Flexionseinfluss des Kastilischen auf ein autochthones Lexem gewertet werden könnte. Die Graphie ist dem Altneapolitanischen nicht unbekannt und wird mitunter als Einfluss des Spanischen eingeordnet. Vgl. zur diesbezüglichen Diskussion Russo 2007, 22 – 25.

4.2 Mehrsprachigkeit der Texte: Briefe von Sigismondo de Loffredo

139

Diphthongs – unabhängig davon, welcher Sprache das Lexem entstammt:432 (85) virrey (1012 – 16, 2v /8/), (86) hay (1012 – 16, 4r /2/), (87) muy (1012 – 16, 5r /16/), (88) cuydado (1012 – 16, 7r /2/), (89) layci (1012 – 16, 5v /20/), (90) sey ‘sechs’ (1012 – 16, 6v /13/), (91) poy (1012 – 16, 7r /13/), (92) may (1012 – 25, 2v /7/).

Die Graphie kann aber auch für das erste Element eines steigenden Diphthongs stehen: (93) haya (1012 – 16, 3r /7/), (94) cayeta (1012 – 16, 5r /23/), (95) chiaya (1012 – 15, 4r /1/), (96) ya (1012 – 24, 1v /12/), (97) oyesse (1012 – 25, 2r /18/).

Darüber hinaus wird in der Schreibung der koordinierenden Konjunktion [y] des Kastilischen verwendet, wie in (98) y assi se li corto la manu (1012 – 24, 1v /12/ – /13/). Die Schreibung (99) yre (1012 – 16, 3v /13/) schließlich lässt sich nicht eindeutig einordnen, da sie sowohl ein Einfluss des Kastilischen als auch eine neapolitanische Graphie sein könnte.433 Konsonantismus Im Konsonantismus ist die Wirkmächtigkeit und Autorität der lateinischen Schrifttradition besonders klar erkennbar. Für den auf -ct- zurückgehenden Nexus überwiegt die latinisierende Graphie , obwohl volkssprachlich der Erhalt der Phonie /kt/ nicht angenommen werden kann, wie die Beispiele (100) octo (1012 – 1, 1v /3/) und (101) exacto (1012 – 16, 2r /9/) zeigen. Die Ausnahmen (102) plattici (1012 – 1, 1r /12/), (103) barletta (1012 – 1, 3v /7/), (104) fatto (1012 – 16, 3v /2/), (105) fatte (1012 – 25, 1r /12/), (106) ditto (1012 – 15, 3v /14/), (107) vittoria (1012 – 21, 2v /15/), (108) expettativa (1012 – 25, 1r /12/), (109) effettu (1012 – 25, 3r /1/), (110) trattase (1012 – 21, 1v /17/)

weisen auf die italoromanische Entwicklung /t:/ hin, tauchen aber jeweils nur einmal im Korpus der Briefe Loffredos auf. In den weitaus zahlreicheren anderen tokens der entsprechenden types findet sich die Graphie .434 Angesichts dieser Dominanz der latinisierenden Graphie 432 Bei (85) – (88) handelt es sich eindeutig um lexikalisches Material aus der Iberoromania, bei (89) – (92) dagegen um autochthone Lexeme. 433 Ire ist lexikalisch in süditalienischen Varietäten durchaus bekannt, so dass in diesem Fall keine klare Zuordnung erfolgen kann. Vgl. Formentin 1998 I, 93. 434 So tritt z. B. auch barlecta im Korpus auf (1012 – 1, 3v /10/).

140

4. Manifestationen der Sprachenpluralität

überraschen die Hyperkorrekturen (111) placta 435 (1012 – 16, 2v /22/) und (112) remectano (1012 – 15, 2v /13/) nicht. Auch der auf Lateinisch -pt- zurückgehende Nexus, für den in den beteiligten italoromanischen Idiomen phonisch ebenfalls /t:/ angenommen werden kann, wird meist mit Hilfe des Digramms dargestellt wie in (113) scripto (1012 – 1, 1v /15/), (114) apti (1012 – 1, 2r /10/), (115) descriptione (1012 – 1, 2r /16/), (116) perceptorie (1012 – 16, 1v /17/), (117) septemilia (1012 – 16, 1v /19/), (118) cumpto (1012 – 16, 2r /2/), (119) septanta (1012 – 16, 2v /16/), (120) intercepti (1012 – 16, 2v /19/), (121) scriptura (1012 – 16, 3r /4/), (122) receptano (1012 – 16, 6v /5/), (123) prompto (1012 – 15, 1v /4/), (124) captare (1012 – 27, 1r /18/).

Ebenso werden die auf -bt- und -mn- zurückgehenden volkssprachlichen Geminaten /t:/ und /n:/ nicht durch bzw. repräsentiert, sondern es werden die latinisierenden Graphien und gesetzt wie in (125) sobto (1012 – 16, 1v /18/) und (126) damni (1012 – 21, 1r /7/). Auch die Schreibung der Präfixe ob-, ad-, ab- und sub- ist klar latinisierend: (127) obviare (1012 – 1, 2v /13/), (128) obcecatione (1012 – 1, 3r /8/), (129) observava (1012 – 1, 3r /9/), (130) obtorgava (1012 – 16, 2v /10/), (131) non obstante (1012 – 16, 6r /2/), (132) absentia (1012 – 27, 1r /13/), (133) adiongerria (1012 – 16, 4r /13/), (134) administrano (1012 – 16, 4r /20/), (135) adiutare (1012 – 15, 1v /15/), (136) advocato (1012 – 15, 2v /18/), (137) subdito (1012 – 25, 1r /13/), (138) subiu(n)xi (1012 – 25, 1v /21/), (139) substituto (1012 – 1, 3v /11/).

Darüber hinaus werden die Endungen /tsja/ und /tsj ne/ in der lateinischen Graphie -tia und -tione wiedergegeben: c

(140) notitia (1012 – 15, 1r /10/), (141) potentia (1012 – 1, 1r /16/), (142) gratia (1012 – 1, 4r /15/), (143) propagatione (1012 – 1, 4v /1/), (144) distributione (1012 – 16, 1v /10/), (145) reparatione (1012 – 21, 2r /9/).

Häufig bleiben auch die Konsonantenverbindungen bl-, pl-, cl- und flam Silbenbeginn graphisch dem lateinischen Modell verpflichtet: (146) plazere (1012 – 25, 2r /13/), (147) complire (1012 – 16, 1v /12/), (148) clerico (1012 – 24, 2r /6/), (149) concluso (1012 – 16, 7r /19/), (150) Declarare (1012 – 16, 7v /17/), (151) flacca (1012 – 16, 6v /17/), (152) blanco (1012 – 16, 6v /14/).

435 Auch hier gibt es andere Realisierungen wie z. B. platta (1012 – 16, 2v /1/).

4.2 Mehrsprachigkeit der Texte: Briefe von Sigismondo de Loffredo

141

Es liegen aber mit (153) si chiama (1012 – 16, 7r /11/), (154) piaccia (1012 – 15, 2r /18/), (155) pieno (1012 – 15, 3v /9/) und (156) piego (1012 – 24, 1v /19/) auch Beispiele für italienische Graphiemodelle vor. Wiederum dem lateinischen Modell geschuldet ist der Erhalt von vor , wie in (157) monstrava (1012 – 25, 2r /17/), (158) conscientia (1012 – 25, 2v /9/), (159) instructiune (1012 – 16, 1r /15/) und (160) instantia (1012 – 16, 7r /19/). Das Graphem tritt überwiegend in Kontexten auf, in denen es auf die Etymologie des jeweiligen Lexems zurückzuführen ist; so beispielsweise im Verbalparadigma des Verbs avere / haber – unabhängig davon, welcher Sprache die jeweilige Okkurrenz zugeordnet werden kann:436 (161) haverra (1012 – 1, 1r /2/), (162) ho (1012 – 1, 1r /12/), (163) ha (1012 – 16, 1r /2/), (164) havimo (1012 – 1, 1v /19/ – /20/), (165) hebbi (1012 – 24, 2r /12/), (166) haya (1012 – 16, 3r /7/).

Daneben ist in folgenden Fällen etymologisch: (167) homini (1012 – 1, 1r /12/), (168) habile (1012 – 16, 2r /17/), (169) honore (1012 – 16, 3v /9/), (170) hoie (1012 – 16, 7r /1/), (171) habitare (1012 – 16, 7r /16/), (172) horto (1012 – 15, 3v /20/), (173) herbagi (1012 – 21, 1v /16/), (174) hora (1012 – 24, 1v /13/), (175) humilita (1012 – 24, 2r /9/), (176) praeheminentia (1012 – 27, 2r /8/ – /9/), (177) exhausto (1012 – 16, 2v /19/).

Ebenfalls etymologisch begründet ist in Lexemen griechischer und arabischer Herkunft wie (178) thumula (1012 – 1, 2v /7/), (179) christiani (1012 – 1, 3r /4/), (180) catholico (1012 – 16, 1r /6/), (181) thesaureria (1012 – 16, 2r /6/), (182) thesorero (1012 – 24, 1r /18/) sowie in den Eigennamen (183) stephano (1012 – 15, 2v /20/), (184) philippo (1012 – 1, 3v /17/). Die Graphie tritt darüber hinaus in den Formen der spanischen Lexeme hazer, hablar, 437 hallarse, hasta, haber und hombre 438 auf, so in 436 Die Beispiele (161), (162), (164) und (165) lassen sich klar der Italoromania zuordnen, während (166) dem kastilischen Paradigma zuzurechnen ist und (163) morphologisch nicht klar einzuordnen ist, da es sowohl dem kastilischen als auch zumindest dem toskanisch-italienischen Paradigma angehört. Im Kontext erscheint die Zuordnung zum Toskanischen bzw. Neapolitanischen wahrscheinlicher. Zur Verbalmorphologie vgl. 4.2.3. 437 Im Fall von hablar findet sich allerdings auch eine Okkurrenz ohne initiales : ablamo (1012 – 24, 1r /20/). 438 Im Falle von hombre und haber handelt es sich ebenfalls um eine etymologisierende Schreibung, in den Fällen von hazer und hablar spiegelt sich die reguläre Entwicklung des lateinischen f im Kastilischen wider. Der Arabismus hasta, der auch in

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

(185) haga (1012 – 16, 4v /12/), (186) hacze (1012 – 16, 4r /2/), (187) harra (1012 – 25, 2v /15/), (188) se halla (1012 – 1, 4r /11/), (189) hablano (1012 – 25, 2r /16/), (190) hay (1012 – 16, 4r /2/), (191) huvi (1012 – 24, 2r /13/), (192) hombres (1012 – 25, 2r /1/),439 (193) hasta (1012 – 1, 4r /10/).

Die Graphie ist nicht eindeutig interpretierbar. Klar etymologische Schreibungen wie in (194) experientia (1012 – 1, 1r /20/), (195) expedire (1012 – 16, 1r /6/), (196) maxime (1012 – 16, 3r /9/) und (197) excommunica (1012 – 27, 2r /7/) stehen neben Fällen, in denen vermutlich verschiedene spanische und italienische Phoneme repräsentiert. Für die folgenden Beispiele kann angenommen werden, dass für einen stimmlosen postalveolaren Frikativ steht:440 (198) lexo (1012 – 16, 5r /16/), (199) quexarra (1012 – 15, 2r /21/), (200) dixo (1012 – 25, 2r /8/), (201) diximo (1012 – 24, 1r /20/).

Für (202) baxo (1012 – 16, 4r /23/) kann keine eindeutige Erklärung gegeben werden: Entweder es wird angenommen, dass es sich um eine ähnliche Phonem-Graphem-Zuordnung handelt, wie in den Beispielen (198) – (201), oder es kann eine graphische Repräsentation eines (in süditalienischen Varietäten generell stimmlosen)441 alveolaren Frikativs vorliegen. Für (203) xirocco (1012 – 15, 3v /11/) ist anzunehmen, dass für den stimmlosen postalveolaren Frikativ /S/ steht. Die Graphie ist neben den genannten Fällen in (204) io dixi (1012 – 24, 1r /15/) und (205) sexanta (1012 – 24, 1v /20/) in Kontexten zu verzeichnen, in denen sie vermutlich einen stimmlosen alveolaren Frikativ repräsentiert – dieselbe Phonemzuordnung ist wohl auch für die Graphie in (206) baso (1012 – 15, 1r /3/) anzunehmen. Opak bleibt der Fall (207) dixe [3. Sing.] der Graphie (1012 – 1, 3r /2/) auftritt, ist keiner der beiden Gruppen zuzuordnen. 439 Auch für hombre ist mit ombre (1012 – 24, 2r /18/) eine Ausnahme zu verzeichnen. 440 Zur späteren Palatalisierung und Velarisierung der Sibilanten im Kastilischen und zur -Graphie vgl. Lapesa 1981, 320 f.: „Pero en castellano los cambios no se detuvieron ahí: la necesidad de evitar la confusión con las sibiliantes alveolares […] hizo que las prepalatales retrajeran su articulación hacia la parte posterior de la boca: el grado inicial de este proceso está reflejado en grafías mexior, dexiara, moxiere […] registradas en Lima en una carta de 1559 y que parecen corresponder a una pronunciación mediopalatal sorda, como la de la ch alemana en ich […] En España la velarización llegó a ser completa y el resultado fue la fricativa sorda /w/: ya Nebrija y Juan de Vergara equiparan el sonido de la x castellana con el de la w griega.“ Auf der Grundlage der von Penny (22006, 124) nachgezeichneten Entwicklung scheint die Annahme einer postalveolaren Realisierung für das 16. Jahrhundert plausibel. 441 Vgl. Rohlfs 1966, 284 f.

4.2 Mehrsprachigkeit der Texte: Briefe von Sigismondo de Loffredo

143

(1012 – 16, 5v /22/), da entweder wie in (198) – (201) einen stimmlosen postalveolaren Frikativ repräsentieren kann und somit das spanische Flexionsparadigma anzunehmen wäre, oder aber – wie für (204) und (205) angenommen – ein stimmloser alveolarer Frikativ und somit ein der Italoromania zuzurechnendes Flexionsparadigma vorliegen kann. Neben findet sich auch die Graphie in spanischen Lehnwörtern, in denen für sie die Repräsentation eines postalveolaren Frikativs angenommen werden kann; so in allen token des Verbs escoger ((208) excogerra (1012 – 16, 4v /2/), (209) se excogeno (1012 – 16, 3v /21/), (210) excogessero (1012 – 16, 4v /12/)), ebenso wie in (211) muger (1012 – 24, 2r /3/). Der stimmlose postalveolare Frikativ wird neben und teils graphisch auch durch die den italienischen Graphiemodellen entsprechenden Digraphen oder 442 repräsentiert, wie in den Beispielen (212) abascio (1012 – 15, 2r /11/) und (213) lassare (1012 – 24, 3v /18/). Andere Besonderheiten der Briefe Loffredos weisen eindeutig auf neapolitanische Schreibtraditionen hin. So tritt die neapolitanische Graphie für die stimmlose alveolare Affrikate443 auf in (214) forcze (1012 – 1, 2v /13/), (215) fortellicze (1012 – 1, 3v /8/), (216) credenczarie (1012 – 16, 1v /17/), (217) terczia (1012 – 16, 2r /7/), (218) preczo (1012 – 16, 1v /22/), (219) meczo (1012 – 16, 2r /3/), (220) ricchecza (1012 – 16, 2v /15/), (221) ammaczaro (1012 – 16, 7r /12/), (222) descalczati (1012 – 16, 7v /6/), (223) oncze (1012 – 16, 7v /13/), (224) apruczo (1012 – 16, 5v /16/).

Diese Graphie variiert mit ,444 wie in (225) fortellize (1012 – 1, 1v /14/), (226) apruzo (1012 – 21, 2r /3/), (227) plazere (1012 – 25, 2r /13/), (228) franza (1012 – 27, 1v /5/).

Der beginnende Einfluss des Toskanischen auf das neapolitanische Graphiemodell lässt sich an einem den Konsonantismus betreffenden Hyperkorrektur-Phänomen erkennen. Im Bemühen, die regionalen Aussprachegewohnheiten zu kaschieren – im Neapolitanischen „ns, ls, rs, diventano rispettivamente nz, lz, rz“ –,445 wird ausgehend von dem in (229) pensare (1012 – 16, 6r /9/) sichtbaren toskanischen Modell der Setzung von

442 Diese Graphie ist für das 15. Jahrhundert in Neapel belegt (vgl. Formentin 1998 I, 80). 443 Vgl. Formentin 1998 I, 67 – 71. 444 Die Graphie hingegen tritt im gesamten Korpus nicht auf. 445 De Blasi / Imperatore 22000, 135, [Kursivierung im Original].

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

nach Nasal, Liquid oder Vibrant, dieses auch in den Fällen (230) sensa (1012 – 1, 2v /12/) und (231) ansi (1012 – 16, 6r /13/), appliziert.446 Ein starker Einfluss der lokalen Schreibtraditionen kann auch anhand der Graphien und im Anlaut festgemacht werden, die sowohl in Fällen auftreten, in denen sie auf die neapolitanische Entwicklung von g + Palalatvokal hinweist wie in (232) iovaimo ‘gioimmo’ (1012 – 24, 1v /2/),447 als auch in Kontexten, in denen sie auf lateinisches ˘ı zurückgeht: (233) iovarria ‘gioverebbe’ (1012 – 16, 4v /8/),448 (234) iovato ‘giovato’ (1012 – 24, 2r /12/), (235) iovedi (1012 – 27, 2r /4/), (236) jennaro (1012 – 1, 4v /3/), (237) iorare (1012 – 27, 1r /19/). Auch in (238) Jo (1012 – 16, 7r /18) und dem auf d + Halbvokal zurückgehenden /j/ in (239) ia (1012 – 16, 5r /23/)449 kommen bzw. zum Zuge.450 Abschließend soll eine Überlegung zur Entwicklung von /v/ und /b/ und deren graphischen Repräsentationen die Schwierigkeit der Zuordnung einzelner Graphien zu einer der in Loffredos Briefen zusammentreffenden Sprachen und Varietäten noch einmal verdeutlichen: Die Einordnung einer -Graphie als (graphischer) Hispanismus in Kontexten, in denen das Toskanisch-Italienische vorsieht, wird von der Tatsache in Frage gestellt, dass com’è noto, in tutta l’Italia centro-meridionale B e V latini si sono confusi nell’unico esito /v/, che foneticamente si realizza come [v] in posizione iniziale assoluta e tra vocali (per es. napoletano [vatt r ] ‘battere’, [na varka] ‘una barca’), come [b] dopo una consonante diversa da /r/ ([zbatt r ] ‘sbattere’, [im ee

ee

446 De Blasi / Imperatore (22000, 175) setzen iberoromanischen Einfluss zur Erklärung dieses Phänomens an: „La resistenza verso la fonetica locale sembrerebbe invece compatta in età aragonese a fine ’400, tanto che la -z- viene evitata anche nei casi in cui sarebbe etimologica. Si trovano perciò grafie come alsarsi per ‘alzarsi’, scalsi per ‘scalzi’, forsa ‘forza’, sensa per ‘senza’ […]. Ma è anche vero che forme di questo genere, molto frequenti in epoca aragonese e in autori di cultura elevata, sono del resto spiegabili con l’influenza di una pronuncia di tipo spagnolo, che forse veniva imitata in certi ambienti.“ Die Graphie ist im gesamten Korpus der Briefe Loffredos konstant. 447 In diesem Fall kann auch die Wortgeschichte zur Verwendung der Graphie beigetragen haben, da das italienische gioire aus dem Altfranzösischen joir abgeleitet wurde. Vgl. Battaglia VI, s.v. 448 Auch in der Variante Jovarria (1012 – 16, 6v /12). 449 Auch in der Variante Ja (1012 – 16, 2v /2/). Vgl. zu dieser Entwicklung De Blasi / Imperatore 22000, 173. 450 Vgl. zur für die neapolitanische Schrifttradition typischen Graphie Formentin 1998 I, 194 – 197.

4.2 Mehrsprachigkeit der Texte: Briefe von Sigismondo de Loffredo

145

barka], ‘in barca’), come [bb] in contesto rafforzante [a bbatt r ] ‘a battere’, [tre. bbark ] ‘tre barche’).451 ee

e

Folglich sind (240) arriva ‘arriba’ (1012 – 25, 1v /11/) und (241) mansevo ‘mancebo’ (AGS, EST 1012 – 1, 3v /17/) zwar lexikalisch als Hispanismen einzuordnen, die graphische Repräsentation als ist allerdings nicht nur dem Kastilischen zu eigen, sondern kann auch durch (parallele Entwicklungen aufweisende) lokale Graphietraditionen beziehungsweise phonische Realisierungsgewohnheiten induziert bzw. verstärkt worden sein. Transgraphie Der folgende Abschnitt geht der Frage nach, welche graphischen Repräsentationen für Lexeme eindeutig iberoromanischer Herkunft in den Briefen Loffredos festgestellt werden können.452 Teils werden, wie im letzten Abschnitt bereits ins Auge fiel, für Lehnwörter klar süditalienische, toskanische oder latinisierende Graphien verwendet, teils werden die kastilischen Graphien mit übernommen, teils liegen Übergangslösungen vor. Im ersten Fall kann von der Übertragung einer in einem Idiom konventionalisierten Graphem-Phonem-Relation auf ein Element, das in seiner Ursprungssprache graphisch anders repräsentiert wird, gesprochen werden. Dies wird im Folgenden als ‘Transgraphie’ bezeichnet. Beginnend mit einigen Fällen der Transgraphie soll die Bandbreite der Lösungen illustriert werden. Im Beispiel (242) alcanso (1012 – 27, 1v /19/) wird die neapolitanische Hyperkorrektur nach Nasal auf ein Lexem iberoromanischen Ursprungs ausgeweitet. In den Fällen (243) ganancza (1012 – 16, 2v /18/), (244) hacze (1012 – 16, 4r /2/), (245) raczon (1012 – 16, 5r /8/) und (246) aczemile (1012 – 16, 2v /22/) tritt die typisch süditalienische Graphie in Elementen kastilischen Ursprungs auf. Nicht nur graphisch, sondern auch morphologisch perfekt angepasst integrieren sich einzelne Verben und Verbalperiphrasen kastilischen Ursprungs in die Texte, wie in (247) accabare (1012 – 16, 5v /9/), (248) tomano (1012 – 1, 2r /18/), (249) tomati (1012 – 1, 3r /5/ – /6/), (250) havere falta (1012 – 1, 3v /13/), (251) 451 Formentin 1998 I, 188 f. 452 Die toskanischen und neapolitanischen und folglich dem italienischen Diasystem in fieri zuzuordnenden Elemente stellen trotz mannifaltiger Code-Mixing und CodeSwitching-Phänomene, an denen das Spanische beteiligt ist, die Grundlage der Texte dar. Dadurch kommt den spanischen Einflüssen und Passagen der Status von Lehnelementen zu.

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

pedirle (1012 – 16, 1r /22/), (252) falterria (1012 – 15, 1v /15/), (253) arrobano (1012 – 16, 7r /9/), (254) cortare (1012 – 24, 2r /1/), (255) ire (1012 – 15, 1v /10/).453

Ähnlich verhält es sich bei einigen Konjunktionen, Substantiven und Adjektiven, die mitunter so sehr an das graphische System angepasst werden, dass die Entlehnung erst auf den zweiten Blick erkennbar ist: (256) tam bene (1012 – 15, 2v /18/), (257) para che (1012 – 24, 2r /20/), (258) tam pocho (1012 – 1, 3r /9/), (259) verdatero (1012 – 16, 2r /13/), (260) seppa (1012 – 15, 1v /16/),454 (261) ahon (1012 – 25, 3r /4/), (262) ahonche (1012 – 1, 2r /3/), (263) porche (1012 – 24, 2r /17/).

Das Digramm ersetzt die kastilische Graphie für den velaren Okklusiv in vielen (vgl. (257), (262), (263)), allerdings nicht in allen Fällen, wie die folgenden Beispiele zeigen, in denen die spanische Graphie erhalten ist: (264) nunqua (1012 – 1, 1r /9/), (265) queda (1012 – 16, 2v /19/), (266) quitar (1012 – 16, 4r /8/), (267) quedava (1012 – 16, 5r /4/), (268) quitano (1012 – 16, 6v /8/), (269) quereno (1012 – 16, 6v /8/), (270) para que (1012 – 16, 7v /3/),455 (271) se quexarra (1012 – 15, 2r /21/), (272) quedato (1012 – 25, 2v /2/).

Auch die Repräsentation des vom Halbkonsonanten /w/ gefolgten velaren Okklusiv schwankt zwischen wie in (273) qualquiere (1012 – 16, 3r /6/ – /7/) und wie in (274) cuydadi (1012 – 16, 4v /4/). Eine ‘Zwischenlösung’ für die Repräsentation von /k/, die das Zusammentreffen verschiedener Graphietraditionen besonders anschaulich illustriert, findet sich im Beispiel (275) acqua ‘acá’ (1012 – 27, 1v /22/). Das Lexem findet sich andernorts auch in der Graphie (276) acca (1012 – 1, 4r /11/), wobei für die Geminierung das neapolitanische Modell Pate gestanden haben dürfte. In anderen Fällen werden die lexikalischen Hispanismen in der kastilischen Graphie verschriftet, wie die folgenden Beispiele zeigen:

453 Fortsetzungen von ire liegen, wie bereits angemerkt, allerdings auch in der Italoromania vor. 454 Die graphische Konsonantendoppelung kann als Einfluss der neapolitanischen Schreibtradition gewertet werden (vgl. Formentin 1998 I, 80 ff.). Vgl. hierzu auch sonno (1012 – 24, 2v /8/), inannte (1012 – 15, 3r /4/), semmana (1012 – 16, 5r /9/) und sabbato (1012 – 16, 5r /3/). 455 Im Vergleich von (257) und (270) wird ersichtlich, dass die Graphien selbst für ein und dasselbe Lexem schwanken.

4.2 Mehrsprachigkeit der Texte: Briefe von Sigismondo de Loffredo

147

(277) excoger (1012 – 16, 2r /16/), (278) ahora (1012 – 1, 3r /7/), (279) haga (1012 – 1, 3r /16/), (280) se halla (1012 – 1, 4r /11/), (281) luego (1012 – 16, 2v /8/), (282) mas (1012 – 25, 1v /12/), (283) el virrey (1012 – 16, 2v /8/), (284) todavia (1012 – 25, 2v /19/), (285) abrir (1012 – 16, 4v /4/), (286) ruegos (1012 – 16, 4v /13/), (287) cuerdo (1012 – 24, 2r /18/), (288) conteçio (1012 – 24, 1v /4/), (289) muy (1012 – 16, 5r /16/).

Weder graphisch noch morphologisch angepasst sind auch zahlreiche Partizipien wie (290) concluido (AUX avere)456 (1012 – 15, 2r /8/), (291) tomado (1012 – 25, 1v /14/),457 (292) pareçido (1012 – 24, 2r /19/), (293) commettido (1012 – 15, 2v /1/),458 (294) provehido (1012 – 15, 3r /2/), (295) rignido (1012 – 24, 1r /5/), (296) compellido (1012 – 24, 2v /9/).

Auch wenn für die intervokalische Lenisierung eine parallele Entwicklung des Neapolitanischen459 unter Umständen als begünstigend in Betracht gezogen werden kann, legt die Tatsache, dass es sich durchweg um spanische Partizipien und Substantive handelt, die einfache Übernahme der kastilischen Graphiegewohnheiten nahe. Die Spannweite der graphischen und morphologischen Realisierungen zeigt sich deutlich auch an der 3. Person Plural des Verbs decir / dire. Während in (297) dicen (1012 – 24, 1v /16/) die kastilische Flexion und Graphie intakt bleiben, zeigt die Endung in (298) diceno (1012 – 24, 1r /10/) eine beginnende Anpassung an das italienische Flexionssystem, wobei als Tonvokal noch [e] auftritt.460 Schließlich zeigt (299) dicono (1012 – 1, 3r /10/) die toskanisch-italienische Flexion, die auch für das Neapolitanische angenommen werden kann.

456 Alternanz mit concluso (AUX essere) (1012 – 16, 7r /19/). 457 Auch in diesem Fall finden sich für ein Lexem verschiedene ‘Lösungen’. Vgl. das der italienischen Flexion angepasste (249) tomati (1012 – 1, 3r /5/ – /6/). 458 Hier kann das neapolitanische Modell die Graphie begünstigt haben. Vgl. Anm. 454. Auch ein Einfluss der lateinischen Schreibung kann aber nicht ausgeschlossen werden. 459 Vgl. Ledgeway 2009, 58 ff. 460 Dies kann entweder als Überrest des spanischen Flexionsparadigmas gewertet werden, oder als Neapolitanisch eingestuft werden. Zur Alternanz -eno / -ono in der 3. Person Plural der 2. und 3. Konjugation im Altneapolitanischen vgl. Ledgeway 2009, 376. Da die Endung -eno in diesem Fall Palatalisierung des vorangehenden Konsonanten auslösen müsste, erscheint die Interpretation als durch das Spanische beeinflusste Graphie allerdings plausibel: „Nei testi in cui si conserva -ono accanto al maggioritario -eno, il primo viene normalmente adoperato solo con i verbi con tema velare per impedire un’eventuale palatalizzazione dello stesso […]“ (Ledgeway 2009, 376).

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Als zumindest durch das spanische Graphiemodell begünstigt ist die Repräsentation für die dentale Frikative einzuschätzen.461 Auch diese Graphie findet ausschließlich in Lehnmaterial, teils in morphologisch angepasster Form, Anwendung: (300) descançati (1012 – 21, 1r /2/), (301) pareçer (1012 – 24, 2r /16/), (302) cabeça (1012 – 24, 1r /9/), (303) raçon (1012 – 24, 2r /20/), (304) pareçe (1012 – 24, 2r /17/), (305) empeçasse (1012 – 25, 1v /10/), (306) Me e’ pareçido (1012 – 24, 2r /19/).

Die Graphie für den palatalen Nasal [ł] in (307) mannana (1012 – 15, 3r /7/) steht ebenfalls eindeutig in der spanischen Graphietradition, die im 16. Jahrhundert häufig noch diese Repräsentation vorsah.462 Außerhalb von Lehnwörtern hingegen wird konsequent die autochthone Graphie verwendet, wie in (308) campagna (1012 – 15, 2r /14/), (309) bisogno (1012 – 1, 4r /10/) und (310) spagnoli (1012 – 16, 7v /9/). Die Graphie in (311) calcaneo (1012 – 27, 1r /19/) kann entweder als latinisierend oder als eine Übernahme der spanischen Schreibung interpretiert werden. Für die palatale Laterale [·] findet sich die kastilische Graphie 463 in den Lexemen iberoromanischer Herkunft (312) se halla (1012 – 1, 4r /11/), (313) alla (1012 – 15, 1v /2/), (314) llego (1012 – 24, 1r /10/) sowie in (315) ellos (1012 – 25, 2r /6/). Dagegen findet sich die italienische Graphie in den lexikalisch autochthonen Elementen (316) pigliao (1012 – 16, 1r /21/), (317) figlio (1012 – 16, 5v /20/), (318) consiglio (1012 – 16, 3v /8/), (319) mogliere (1012 – 16, 1r /20/), (320) meglior (1012 – 16, 2r /19/), (321) dissoglieno (1012 – 16, 2r /22/), (322) miglia (1012 – 15, 1v /11/), (323) voglia (1012 – 21, 2v /2/), (324) maravigliava (1012 – 25, 2r /12/),

sowie im Toponym (325) castiglia (1012 – 16, 5r /15/). In Anbetracht der Homographie zwischen Altitalienisch464 und Altspanisch können die Personalpronomina (326) ella (1012 – 15, 1v /13/) und (327) ello (1012 – 25, 1r /4/) nicht eindeutig einem Idiom zugeordnet werden. 461 Vgl. Penny 22006, 121. 462 Vgl. Penny 22006, 83. 463 Die Graphie war sowohl im Lateinischen als auch im Altneapolitanischen ab dem 14. Jahrhundert bekannt (vgl. De Blasi / Imperatore 22000, 135) und typisch für die Kanzleischriftlichkeit (vgl. Formentin 1998 I, 79). Da es sich bei den Beispielen (312) – (315) allerdings ausschließlich um auch lexikalisch dem Kastilischen zuzuordnendes Material handelt, ist die Annahme einer spanischen Graphie plausibel. 464 Vgl. Rohlfs 1968, 133.

4.2 Mehrsprachigkeit der Texte: Briefe von Sigismondo de Loffredo

149

Die stimmlose postalveolare Affrikate findet sich im Korpus der Briefe Loffredos nur im Eigennamen (328) Sancho (1012 – 24, 1r /22/) eindeutig durch die typisch spanische Graphie repräsentiert. Auch hier scheint eine direkte Übernahme der spanischen Graphie wahrscheinlicher als die Manifestation einer kontinuierlichen Entwicklung aus der Stauferzeit, deren Fortsetzung für Neapel bis ins 15. Jahrhundert belegt ist.465 Abgesehen von (328) tritt in allen anderen Fällen das italienische Modell ( vor und , vor , und für die stimmlose postalveolare Affrikate (Beispiel (329) – (332)) beziehungsweise vor und , vor , , für die stimmhafte postalveolare Affrikate ((333) – (335)) auf: (329) facciamo (1012 – 27, 2r /3/), (330) caracciolo (1012 – 1, 3v /20/), (331) principessa (1012 – 16, 1r /19/), (332) decembre (1012 – 16, 1r /3/), (333) allogiata (1012 – 21, 2r /11/), (334) privilegio (1012 – 16, 6r /22/), (335) gente (1012 – 16, 1v /11/).

Unklar bleiben die Fälle (336) provecchiao (1012 – 1, 2r /11/) und (337) approveccharsi (1012 – 16, 1v /23/). Phonetisch kann die Realisierung der stimmlosen postalveolaren Affrikate [tS] angenommen werden. In beiden Fällen findet sich , in (337) fehlt allerdings das (im Italienischen) diakritische , welches graphisch die Palatalisierung anzeigen würde. Durch die Geminierung des Konsonanten ist aber auch die spanische Graphie nicht kohärent (vgl. (328)). Die Setzung des diakritischen zur Markierung eines velaren Konsonanten vor und und dessen Auslassung vor , , ist in den Briefen Loffredos (noch) nicht gefestigt. In der Tat stehen neben der Setzung vor z. B. in (338) chepitanei (1012 – 27, 1v /12/) Fälle, in denen auf kein potentiell Palatalisierung auslösender Vokal folgt: (339) turcho (1012 – 1, 1r /2/), (340) chari (1012 – 16, 1v /19/), (341) cargho (1012 – 16, 1r /5/), (342) largha (1012 – 16, 8r /13/), (343) convengha (1012 – 15, 3r /19/).

Eher durch Metathese denn durch das Zusammentreffen verschiedener Graphietraditionen kann schließlich wohl (344) calvacca ‘cavalca’ (1012 – 1, 2v /11/) begründet werden.

465 Vgl. De Blasi / Imperatore 22000, 136 sowie Maraschio 1993, 164. Das Vorhandensein paralleler Entwicklungen kann die Übernahme zweifellos begünstigt haben.

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

4.2.3 Morphologie und Morphosyntax Die bezüglich der Graphien und der anzunehmenden Phonem-GraphemRelationen aufgezeigte Heterogenität der Briefe Loffredos setzt sich in Morphologie und Morphosyntax fort, wie im folgenden Abschnitt anhand der Verbal-, Substantiv- und Adjektivflexion sowie des Pronominalsystems gezeigt wird. Verbalmorphologie Forme nominali flesse Das Altneapolitanische weist im Verbalparadigma eine Besonderheit auf, die mit den Begriffen infinito coniugato (‘konjugierter Infinitiv’) beziehungsweise forme nominali flesse (‘flektierte Nominalformen’) bezeichnet wird. Damit ist die Tatsache gemeint, dass die (im Italienischen wie auch im heutigen Neapolitanischen) nicht flektierenden Verbformen Gerund und Infinitiv sowie die Partizipien im Altneapolitanischen in den Pluralpersonen die Kategorien Person und Numerus morphologisch durch spezifische Personalendungen zum Ausdruck bringen konnten.466 Die ursprünglich angenommene Limitierung des Gebrauchs dieser Formen auf die literarische Schriftlichkeit467 ist mittlerweile widerlegt, wie Loporcaro anführt: Le forme nominali flesse non sono proprie dei soli testi letterari, ai quali si è limitata fin qui la nostra esemplificazione. Nel secondo Quattrocento, a Napoli, esse costituiscono un tratto caratteristico anche del volgare cancelleresco.468

Auch in den Briefen Loffredos finden sich einige forme nominali flesse. Für das Gerund verzeichnen sie in der 1. Pluralperson (345) uscendomo (1012 – 24, 1r /4/) und (346) essendomo (1012 – 25, 1r /2/) sowie in der 3. Pluralperson (347) essendono (1012 – 1, 2v /1/) und (348) standono (1012 – 16, 2r /5/). Flektierte Formen des Infinitivs lassen sich ebenfalls für die 3. Pluralperson feststellen:

466 „Nel napoletano antico, e in particolare nei testi del tardo Quattrocento e del primo Cinquecento, l’infinito, il participio ed il gerundio possono ricevere le desinenze -mo, -vo, -no così da essere concordati con un soggetto di prima, seconda o terza persona plurale“ (Loporcaro 1986, 173 f.). Vgl. zum Phänomen auch Savj-Lopez 1900. 467 Vgl. Savj-Lopez 1900. 468 Loporcaro 1986, 182.

4.2 Mehrsprachigkeit der Texte: Briefe von Sigismondo de Loffredo

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(349) farnosi (1012 – 16, 1v /23/),469 (350) tenerno (1012 – 16, 3r /23/), (351) haverno (1012 – 16, 3v /1/), (352) esserno (1012 – 16, 4r /6/), (353) starno (1012 – 16, 4r /22/), (354) poterno (1012 – 16, 4v /10/), (355) andarno (1012 – 16, 5r /11/).

Das Korpus der Briefe Loffredos verzeichnet keine Okkurrenzen von flektierten Partizipien und forme nominali flesse der 2. Person Plural. Das Fehlen flektierter Partizipien kann der Korpusgröße geschuldet sein, das Fehlen der 2. Person Plural ist auf die im Text auftretende Personaldeixis zurückzuführen. Einfache Tempora und Modi Innerhalb einiger Tempora und Modi lässt sich starke Variation (zwischen verschiedenen Flexionsparadigmen) feststellen, während andere relativ stabil sind. Es folgt ein Überblick über rekurrente Realisierungen, wobei die Auxiliarien sowie morphologisch interessante Einzelfälle, z. B. aus dem Bereich der Modalverben, in der Darstellung der einzelnen Tempora und Modi gesondert betrachtet werden. Für den Indikativ Präsens ist die dem Kastilischen, Toskanischen und Neapolitanischen gemeinsame Endung der 1. Person Singular in allen drei Konjugationsklassen regelmäßig, wie in (356) penso (1012 – 15, 3r /17/). Für die 2. Person Singular liefern uns die Briefe Loffredos keine Belege, was angesichts des Adressaten nicht verwundert. Für die 3. Singularperson findet sich bei Verben der 1. Konjugation regelmäßig – auch hier unterscheiden sich die beteiligten Idiome nicht – , wie (357) bisogna (1012 – 1, 1r /16/) und (358) si spera (1012 – 1, 1v /10/) illustrieren. Verben der 2. und 3. Konjugation weisen durchgängig auf, wie in (359) scrive (1012 – 21, 2r /3/), (360) consiste (1012 – 27, 1v /23/), (361) perde (1012 – 24, 1v /20/), (362) convene (1012 – 16, 3v /1/).

In (362) wie auch in vergleichbaren Fällen tritt kein (als toskanisch zu wertender) Diphthong /je/ auf, was als Indiz für die relative Stabilität des neapolitanischen Flexionsmusters gewertet werden kann. Auch die erste Pluralperson zeigt überwiegend das süditalienische Paradigma, wie in (363) speramo (1012 – 21, 1v /19/), (364) votamo (1012 – 25, 2r /3/) und (365) tenemo (1012 – 27, 1r /11/) erkennbar ist. Teils werden aber auch toskanische Einflüsse sichtbar, wie in (366) facciamo (1012 – 27, 2r /3/). Für die zweite Pluralperson verzeichnet das Korpus mit (367) dicete (1012 – 25, 1r /18/) und (368) dicitelo (1012 – 25, 2r /4/) nur zwei Okkurrenzen des Verbs 469 In diesem Fall mit enklitischem Reflexiv.

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

dire. Neapolitanische Flexionseigenschaften scheinen in der 3. Person des Indikativ Präsens der Verben auf -ere und -ire mit der Endung -eno wie in (369) vendeno (1012 – 16, 1v /18/), (370) exigeno (1012 – 16, 2r /1/), und (371) serveno (1012 – 1, 2r /19/) häufiger auf.470 Der Diphthong /w /, auf den die Graphie in (372) muoveno (1012 – 21. 1v /6/) hinweist, kann als Indiz für die dennoch vorhandene Relevanz des toskanischen Modells gewertet werden.471 Einer klaren Einordnung entzieht sich (373) credano (1012 – 15, 1r /15/), welches morphologisch als Konjunktiv gewertet werden könnte, dessen Setzung allerdings im Kontext weder syntaktisch noch semantisch eindeutig begründet scheint.472 Die Verben der 1. Konjugationsklasse weisen in der 3. Pluralperson die Endung -ano auf, wobei diese nicht nur an (auch) autochthonen Lexemen wie (374) si exercitano (1012 – 1, 2r /18/) und (375) pagano (1012 – 16, 1v /21/), sondern wie in (376) tomano (1012 – 1, 2r /18/) auch an lexikalischen Hispanismen auftritt. Für essere als Hilfs- und Vollverb verzeichnet das Korpus sowohl token aus dem süditalienischen Flexionsmuster wie c

(377) so (1. Sing.) (1012 – 21, 2r /20/), (378) simo (1.Plur.) (1012 – 15, 3v /18/), (379) so (3. Plur.) (1012 – 15, 2r /16/), (380) sonno (3. Plur.) (1012 – 15, 3v /15/),

als auch Formen, die nicht eindeutig nur einem Paradigma zugeordnet werden können, da sie sowohl im Neapolitanischen als auch im Toskanischen bekannt sind,473 wie (381) sono (3. Plur.) (1012 – 15, 2r /19/) und 470 Während in der Toskana -ono früh die -eno-Endung verdrängte (vgl. Rohlfs 1968, 255), ist im Altneapolitanischen -eno weit verbreitet (vgl. Ledgeway 2009, 376). Die Setzung von -eno könnte in den vorliegenden Texten auch durch das /e/ vorsehende kastilische Flexionsparadigma begünstigt worden sein. 471 Vgl. Formentin 1998 I, 106 f.: „Una volontà di contrapporsi all’uso napoletano sarebbe provata dalla presenza di dittonghi incondizionati di tipo toscano o di ipercorrezioni.“ Zur Abwesenheit des Diphthongs im Altneapolitanischen vgl. die Form mova bei Ledgeway (2009, 464). 472 „Li di passati videndo io lo periculo de le cose del turco propuossi alcune cose per servitio de v(ostra) Alt(ezza) per che si facesse alcuno remedio para en casu che sequesse la invasione che se dice et havendo molto sollicitato per che molti, o, per che non credano tale invasione, o, pensando che el te(m)po non passasse cossi presto como ia e in precinctu de essere passato non poneano in questo molta attentione […]“ (1012 – 15, 1r /12/ – /17/). Die vorliegende Flexion könnte unter Umständen auch auf eine Generalisierung des Paradigmas der 1. Konjugationsklasse hindeuten, wie sie sich beispielsweise im florentinischen Dialekt vollzogen hat. Vgl. Rohlfs 1968, 255. 473 Vgl. De Blasi / Imperatore 22000, 185.

4.2 Mehrsprachigkeit der Texte: Briefe von Sigismondo de Loffredo

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toskanisierende Formen wie (382) siamo (1. Plur.) (1012 – 25, 2r /2/).474 Die nicht nur im Indikativ Präsens feststellbare häufige Verwendung von stare in Funktionen, in denen das Toskanisch-Italienische essere vorsehen würde, wird von De Blasi / Imperatore als spanischer Einfluss gewertet, da diese in neapolitanischen Texten des 14. und 15. Jahrhunderts noch nicht auftritt: A proposito delle coniugazioni di essere e avere si precisa un’importante differenza lessicale tra l’uso presente e quello antico: nei testi del ’300 e del ’400 manca sia l’uso di stare per ‘essere’, sia l’uso di tenere per ‘avere’, che invece sono abituali nel dialetto contemporaneo. Sembra perciò probabile che l’uso più esteso di stare e tenere sia in qualche modo da ricondurre a influenza dello spagnolo.475

In Loffredos Briefen findet sich stare in Kopulafunktion in (383) sta armata (1012 – 1, 2r /13/), (384) sta deputato (1012 – 15, 2v /2/), (385) sta fasta ahora provehido (1012 – 15, 3r /2/), (386) sta exhausta (1012 – 21, 2r /9/).

Für avere / haber finden sich für den Indikativ Präsens im Korpus die Okkurrenzen (387) ho (1.Sing.) (1012 – 1, 1r /12/), (388) have (3. Sing.) (1012 – 16, 3v /4/), (389) ha (3. Sing.) (1012 – 15, 2r /8/), (390) havimo (1. Plur.) (1012 – 1, 1r /19/-/20/), (391) havete (2. Plur.) (1012 – 25, 2r /9/), (392) hanno (3. Plur.) (1012 – 16, 3v /2/),476 (393) haveno (3. Plur.) (1012 – 16, 4r /17/),

wobei die Alternanzen in der 3. Person Singular ((387) – (389)) und Plural ((392) – (393)) Anzeichen für das Zusammentreffen verschiedener Flexionsparadigmen sind. Auch tenere weist Flexionsalternanzen auf. Während die 2. Person Singular und die 2. Person Plural im Korpus nicht, die 1. Person Singular und die 1. Person Plural respektive mit (394) tengo (1012 – 15, 2v /4/) und (395) tenemo (1012 – 27, 1r /11/) jeweils nur einmal auftreten, finden sich für die 3. Person Singular die Formen (396) tene (1012 – 21, 2v /1/) und (397) tiene (1012 – 15, 2r /5/) sowie für die 3. Person Plural die Formen (398) teneno (1012 – 1, 3v /10/), (399) tenghono (1012 – 16, 7r /15/) und (400) tengono (1012 – 27, 1r /14/). 474 Vgl. Ledgeway 2009, 381 ff. 475 De Blasi / Imperatore 22000, 185. 476 Die für hanno festgestellte token-Zahl (3) liegt weit unter derjenigen von haveno (17). Dies könnte als Beleg dafür angeführt werden, dass für die nicht-literarische Schriftlichkeit die Beobachtung von De Blasi / Imperatore (22000, 187) überdacht werden muss: „Per la terza plurale è significativo che il tipo anno (in sostanza identico all’italiano hanno) prevalga probabilmente già nel ’300 […] sulla forma locale aveno.“

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Während (396) als Neapolitanisch eingeordnet werden kann, fallen das Kastilische und das Toskanische in der in (397) festgestellten Form zusammen. Für die 3. Person Plural lässt sich zwischen (399) und (400) rein graphische Variation feststellen. (398) unterscheidet sich durch die fehlende Stammerweiterung auch morphologisch. Avere und essere werden im vorliegenden Korpus sowohl als Vollverben als auch als Hilfsverben und in Verbalperiphrasen eingesetzt. Avere wird als lexikalisches, Possession ausdrückendes Verb in (401) quilli che haveno dignita imperiale et regale (1012 – 27, 2r /7/) ebenso verwendet wie als Auxiliar in (402) hanno dato (1012 – 21, 2v /10/) und als Teil einer deontischen Periphrase in Verbindung mit den Präpositionen ad in (403) pare che si habia ad redducere (1012 – 21, 1v /10/ – /11/) oder da in (404) se ha da gastare (1012 – 21, 2r /9/).477 Eine interessante Funktionsüberschneidung zweier Strukturen wird angesichts der Verwendung von avere in existentieller Semantik ersichtlich, da diese in den Briefen Loffredos auch von esserci abgedeckt wird. In den Fällen (405) haverse acca (1012 – 16, 1r /18/) und (406) ha uno camino pieno de luto (1012 – 15, 3v /9/) hat avere beziehungsweise aversi eine vergleichbare Semantik wie esserci in (407) ce e (1012 – 1, 4r /11/), (408) ce sonno (1012 – 16, 3v /17/) und (409) non ce so (1012 – 21, 1v /12/). In Beziehung dazu ist auch die alternierende Setzung von avere und essere in den Bedarf ausdrückenden Periphrasen mit den lexikalischen Elementen bisogno und menestiere zu sehen,478 die an den Beispielen (410) ha bisogno (1012 – 15, 3r /8/), (411) ha menestiere (1012 – 15, 3r /14/), (412) era bisogno (1012 – 15, 1r /20/), (413) si menestiere fuera (1012 – 16, 2r /17/), (414) era menestiere (1012 – 15, 1v /13/), (415) quando fosse menestiere (1012 – 25, 2r /10/), (416) serria menestiere (1012 – 1, 4r /15/)

ersichtlich ist. Eine weitere Verwendung von avere in (417) ha doi annj che una altra volta se renovao (1012 – 16, 7r /21/ – /22/) sieht dessen Setzung in Funktion einer Temporaladverbiale vor. 477 Zur deontischen Funktion der Periphrasen vgl. Ledgeway 2009, 385: „Importante funzione del verbo avé(re) diffuso nel Meridione […] è quella che assume insieme all’infinito per marcare la modalità deontica e / o il tempo futuro.“ Eine vergleichbare Verwendung von ‘tenere’, das lexikalisch ‘avere’ mitunter ersetzen kann, in Kontexten, in denen diesem Auxiliarfunktion oder deontische Semantik zukommen würde, lässt sich in Loffredos Briefen nicht finden, was auf eine zunehmende Spezialisierung der beiden Verben hindeutet (vgl. Ledgeway 2009, 626 ff. sowie Rohlfs 1969, 126 f.). 478 Eventuell kann die Setzung von avere durch den spanischen Ausdruck der Existentialität hay begünstigt worden sein.

4.2 Mehrsprachigkeit der Texte: Briefe von Sigismondo de Loffredo

155

Für die durch die konkurrierenden Periphrasen mit avere seltenen Okkurrenzen des Modalverbs dovere im Singular (418) devo (1012 – 16, 1v /12/) und (419) deve (1012 – 16, 3r /15/) ist die Zuordnung zu (nur) einem Flexionsparadigma der Italoromania unmöglich. In (420) devimo (1012 – 15, 4r /7/) und (421) deveno (1012 – 27, 1v /2/) ist hingegen der Einfluss des süditalienischen Flexionsparadigmas deutlich. Auch die Okkurrenzen von volere zeigen sowohl toskanische als auch süditalienische Einflüsse. Während der Diphthong in (422) vuole (1012 – 1, 1r /6/) vermutlich toskanischer Herkunft ist, sind die nicht-diphthongierte Form in (423) vole (1012 – 1, 1r /3/) sowie die Endung -eno in (424) voleno (1012 – 16, 6v /1/) klar dem neapolitanischen Paradigma zuzuordnen. Für sapere taucht das toskanische (425) so (1012 – 21, 2v /1/) neben dem spanischen (426) se (1012 – 24, 2v /10/) auf; ein neapolitanisches saccio 479 ist hingegen abwesend. Die 3. Person Singular weist neben der häufigeren süditalienischen Form480 (427) sape (1012 – 16, 7v /12/) auch das toskanische (428) sa (1012 – 16, 2v /14/) auf. Für potere schließlich finden sich im Korpus die Formen (429) pote (3. Sing.) (1012 – 24, 2r /18/), (430) potemo (1.Plur.) (1012 – 15, 4r /9/) und (431) poteno (3. Plur.) (1012 – 16, 5r /19/), bei denen die Affinität zum neapolitanischen Paradigma deutlich ist. Neben den strukturellen Entlehnungen wie z. B. der Verwendung von stare für essere treten im Korpus auch zahlreiche lexikalische Entlehnungen von Verben auf, die in unterschiedlichem Maß an die toskanische beziehungsweise neapolitanische Morphologie und Graphie angepasst sind. Eine morphologisch unveränderte Übernahme findet sich in (432) es (1012 – 16, 2v /5/), (433) hay (1012 – 24, 1v /19/), (434) puede (1012 – 25, 2v /11/), (435) hacze (1012 – 16, 4r /2/), (436) sirve (1012 – 24, 2r /6/)

während für die Fälle (437) alcanso (1012 – 27, 1v /19/), (438) queda (1012 – 16, 2v /19/), (439) sacca (1012 – 16, 2v /21/), (440) posa (1012 – 24, 2r /13/), (441) recerca (1012 – 15, 2r /2/), (442) pareçe (1012 – 24, 2r /17/), (443) se halla (1012 – 1, 4r /11/), (444) passa (1012 – 15, 1v /16/)

nicht einschätzbar ist, ob eine morphologische Anpassung stattgefunden hat – die drei volkssprachlichen Paradigmen stimmen für die Desinenzen der 1. und die 3. Person Singular überein. Auffällig ist, dass die entlehnten Verben in der 3. Person Plural mit der Ausnahme von (445) dicen (1012 – 479 Vgl. Ledgeway 2009, 386. 480 Vgl. Ledgeway 2009, 388; Rohlfs 1968, 284 f.

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

24, 1v /16/) durchgängig an das – im Falle der Verben auf -are – toskanische und dem mit diesem homographe neapolitanische, im Falle der Verben auf -ere an das neapolitanische Flexionsparadigma angepasst werden: (446) quitano (1012 – 16, 6v /8/), (447) hablano (1012 – 25, 2r /16/), (448) tomano (1012 – 1, 2r /18/), (449) quereno (1012 – 16, 6v /8/), (450) hazeno (1012 – 16, 6v /10/), (451) excogeno (1012 – 16, 3v /21/), (452) diceno (1012 – 24, 1r /10/).

Für das einfache Perfekt finden sich Formen aus Paradigmen aller drei Volkssprachen. Eindeutig dem neapolitanischen Flexionsparadigma zuzuordnen sind u. a. für die 3. Person Singular (453) enviao (1012 – 1, 1r /21/), (454) trovao (1012 – 1, 3r /1/) und (455) pigliao (1012 – 1, 1r /21/) sowie die Okkurrenzen der 1. Person Plural (456) narraimo (1012 – 15, 1v /3/) und (457) enviaimo (1012 – 15, 1r /22/).481 Im Fall von (458) ablamo (1012 – 24, 1r /20/) ist nicht differenzierbar, ob die auf die Entlehnung angewandte Flexionsendung toskanisch oder neapolitanisch ist, da sie beiden Paradigmen bekannt ist und sich überdies abgesehen von , welches schlichtweg apokopiert worden sein könnte, mit der kastilischen Desinenz deckt. Die Endung in der dritten Person Singular in den Beispielen (459) parlo (1012 – 24, 1v /1/), (460) llego (1012 – 24, 1r /10/), (461) arranco (1012 – 24, 1r /11/) und (462) se hablo (1012 – 25, 2r /17/ – /18/) kann aufgrund der Homographie zwischen (zumindest) Kastilisch und Toskanisch ebenfalls nicht eindeutig zugeordnet werden. Ebenso verhält es sich mit in (463) intervennimo (1012 – 16, 1r /12/), welches sowohl dem Altneapolitanischen als auch dem Spanischen bekannt ist, wobei der Digraph auf das Neapolitanische hindeutet. Weder in der 3. Person Singular noch in der 3. Person Plural lassen sich schwache toskanische Perfektformen auf beziehungsweise feststellen.482 Andere Endungen, wie in der ersten Person Plural in (464) enviai (1012 – 15, 1v /7/) und (465) hablai (1012 – 25, 2r /18/) lassen keine dichotomische Einordnung als toskanisch oder neapolitanisch zu. In anderen Fällen wie (466) invadio (1012 – 1, 3r /7/), (467) partio (1012 – 15, 481 Vgl. Ledgeway 2009, 398: „Alla 1pl. è normale in tutte e due le coniugazioni il dileguo del formativo perfettivo -v- del latino classico […], accompagnato sistematicamente nei verbi in -e- / -i-, ma solo raramente nei verbi in -a-, dall’assimilazione della [-i-] successiva manifestantesi nell’allungamento della nasale (*-aimu>-aimo (>-ammo), *imus> -immo (e per analogia -emmo), anche se non sempre rappresentato graficamente […].“ 482 Da die zweite Person Singular im Korpus nicht auftaucht, lässt sich auch kein finden.

4.2 Mehrsprachigkeit der Texte: Briefe von Sigismondo de Loffredo

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1r /8/) und (468) volvio (1012 – 24, 1r /21/) ist das kastilische Flexionsparadigma erkennbar. Allerdings kennt auch das Altneapolitanische die Endung in der 3. Person Singular der Verben auf -ere und -ire,483 so dass die Beispiele (466) – (468) sowohl dem einen als auch dem anderen Idiom zugeordnet werden können. Klar kastilisch ist die Flexion von decir in der 1. Person Singular in (469) dixe (1. Sing.) (1012 – 24, 1r /3/) und mit großer Wahrscheinlichkeit auch die Flexion der 1. Person Plural in (470) diximo (1012 – 24, 1r /20/). Die 3. Person Plural tritt sowohl mit der Endung / wie in (471) ferero (1012 – 24, 1r /8/), (472) concertaro (1012 – 24, 2v /6/), (473) accabaro (1012 – 27, 1r /9/) und (474) perdero (1012 – 1, 1r /9/), als auch als auf wie in (475) forno (1012 – 27, 1v /2/) und (476) legerno (1012 – 16, 1r /14/). Beide Formen sind ein weiteres Mal sowohl dem Toskanischen als auch dem Neapolitanischen bekannt.484 Auf exklusiv toskanischen Einfluss ist hingegen mit großer Wahrscheinlichkeit in (477) supplicarono (1012 – 24, 2r /9/) und (478) si trovarono (1012 – 24, 1v /16/ – /17/) zurückzuführen.485 Die Endung in (479) rignieron (1012 – 24, 1v /17/) hingegen kann durch den Einfluss des kastilischen indefinido bedingt sein. Häufig sind darüber hinaus starke sigmatische Perfektformen: (480) volse (3. Sing.) (1012 – 24, 2r /10/), (481) resposi (1. Sing.) (1012 – 25, 2r /6/), (482) scripsi (1. Sing.) (1012 – 15, 1r /4/), (483) non passe avante (3. Sing.) (1012 – 1, 3r /6/), (484) propuossi (1. Sing.) (1012 – 15, 1r /12/), (485) non si posse in effectu (3. Sing.) (1012 – 16, 4r /16/).

Frequent ist auch die Geminierung des Stammkonsonanten (z. B. (486) venne (3. Sing.) (1012 – 1, 1v /4/)), welche typisch für das Altneapolitanische ist.486 Auch bei essere ist für (487) fui (1012 – 24, 2v /9/) nicht entscheidbar, welchem Paradigma die Form der 1. Person Singular zuzuordnen ist, denn sowohl das Toskanische, das Neapolitanische als auch das Kastilische kennen diese.487 Die 3. Person Singular verzeichnet indessen sowohl das süditalienische (488) fo (1012 – 24, 2v /10/) als auch das toskanisierende (489) fu (1012 – 16, 6r /15/). Neben der in (475) bereits aufgezeigten Form forno findet sich in der 3. Person Plural auch (490) foro (1012 – 16, 1r /15/). 483 484 485 486 487

Vgl. Formentin 1998 I, 357. Vgl. Ledgeway 2009, 400; Rohlfs 1968, 313. Vgl. Rohlfs 1968, 313. Vgl. De Blasi / Imperatore 22000, 189. Vgl. Rohlfs 1968, 326; Ledgeway 2009, 419; Penny 22006, 262.

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Das einfache Perfekt von avere zeigt sich nicht in den endungsbetonten Formen, die für Kampanien erwartbar wären,488 sondern in den toskanisierenden Formen (491) hebbi (1012 – 24, 2r /12/), (492) hebbe (1012 – 24, 1r /9/) sowie in den dem kastilischen Paradigma von haber zuzurechnenden Okkurrenzen (493) huvo (3 Sing.) (1012 – 24, 1v /14/) und (494) huvi (1.Sing.) (1012 – 24, 2r /13/).489 Im Imperfekt alternieren Formen mit und ohne intervokalischen labiodentalen Verschluss. So finden sich (495) teneva (1012 – 16, 1r /20/), (496) diceva (1012 – 25, 1v /9/) und (497) faceva (1012 – 16, 4r /21/) neben (498) tenea (1012 – 16, 1r /9/), (499) dicea (1012 – 25, 2r /6/) und (500) facea (1012 – 24, 1r /20/).490 Durch eine Übergeneralisierung der Endung auf die 1. Konjugation491 ist vermutlich (501) steva (1012 – 1, 1v /1/) bedingt. Die Endung findet sich in der 1. und in der 3. Person Singular. Dieser Synkretismus ist sowohl dem Kastilischen als auch den älteren Sprachstufen in der Italoromania bekannt und zeigt sich an den Beispielen (502) io non era de quisto parere (1012 – 24, 1r /15/) und (503) ipso era homo de arme (1012 – 24, 2r /4/). Die Differenzierung zwischen Konjunktiv und Indikativ ist in den Briefen Loffredos in der indirekten Rede sowie in Volitiv- und Dubitativausdrücken relativ stabil und durchgehend morphologisch markiert.492 In der folgenden morphologischen Beschreibung wird zu den Konjunktivformen jeweils ein minimaler (syntaktischer) Kontext angeführt, um die Einschätzung als Konjunktivformen transparent zu machen; die Formen, auf die Bezug genommen wird, werden hierbei hervorgehoben. Die Verben der 1. Konjugation weisen für die 1. und die 3. Person Singular 488 Vgl. Rohlfs 1968, 327 f.; Formentin 1998, 371 f. 489 Ebenfalls dem Kastilischen zuzurechnen ist vermutlich de von ‘dar’ (3. Sing.) (1012 – 24, 1r /6/). Zur Entwicklung des Perfekts von ‘dar’ im Spanischen vgl. Penny 22006, 223. 490 In einigen Verben scheint die Form ohne Labiodental zu überwiegen: devea (1012 – 25, 1v /10/), morea (1012 – 1, 3r /8/), deveano (1012 – 16, 3v /2/), poteano (1012 – 16, 4r /9/), havea (1012 – 21, 1r /5/), volea (1012 – 25, 2r /21/). 491 Vgl. Rohlfs 1968, 287. 492 Die Einschätzung Formentins kann – will man nicht alle Okkurrenzen des Konjunktivs auf den Einfluss des Toskanischen zurückführen, was m.E. nicht gerechtfertigt wäre – somit eventuell auf das 16. Jahrhundert ausgeweitet werden: „[…] bisogna insomma concludere che il congiuntivo presente dimostra ancora una certa vitalità nel napoletano quattrocentesco, sia nelle proposizioni indipendenti sia nelle subordinate, e non solo nei verbi cosiddetti irregolari, che spesso nel Meridione hanno conservato tale modo fino al giorno d’oggi, seppure a volte soltanto in frasi cristallizzate, allo stato di semplice relitto“ (Formentin 1998 I, 441 f.).

4.2 Mehrsprachigkeit der Texte: Briefe von Sigismondo de Loffredo

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sowie für die 3. Person Plural auf. Diese Flexion entspricht dem neapolitanischen, aber auch dem kastilischen Paradigma und tritt in den folgenden Beispielen auf: (504) lo che me manda che io continue (1012 – 15, 1r /4/ – /5/), (505) mandare che se liquideno (1012 – 16, 3r /18/), (506) mandare che si leve (…) et la envieno (…) (1012 – 16, 3r /16/ – /17/), (507) para che la Summaria use (1012 – 16, 3r /20/), (508) lo che ,e, impertinente cosa che lo locumten(en)te signe le lettere (1012 – 16, 6 v /20/ – /21/), (509) mandare che cossi se continue (1012 – 16, 5r /11/), (510) ponerce homo che ben lo guarde (1012 – 1, 3v /14/).

Daneben finden sich auch aufweisende Formen, wie in (511) non ce e una persona grande et valorosa che mandi (1012 – 1, 4r /11/ – /12/) und (512) Declarare se mande che li emolumenti se contino (1012 – 16, 7v /17/ – /18/).493 Dies kann entweder auf den Einfluss des Toskanischen oder auf eine Analogiebildung zur 3. Konjugation, wie sie auch dem toskanischen Paradigma zugrunde liegt,494 zurückzuführen sein. Bei den Verben auf -ere tritt hauptsächlich in der 3. Person Singular und Plural495 auf: (513) chi sacca moneta (…) lo perda (1012 – 16, 2v /21/ – /22/), (514) per che v(ostra) M(aes)ta veda (1012 – 16, 2v /24/), (515) et sta determinato che cada die se intenda in ello (1012 – 15, 1v /5/), (516) piaccia ad Dio (1012 – 15, 2r /18/), (517) ben che la spesa para grossa (1012 – 16, 5v /7/ – /8/), (518) E menestiere (…) che si provedano (1012 – 1, 3v /4/), (519) permittere che li offitj pecuniarij si vendano (…) (1012 – 16, 2r /21/).

Darüber hinaus finden sich Formen mit wie in (520) darse occasione che li offitialj pecuniarij dissoglieno (1012 – 16, 2r /22/) und (521) serra possibile che ipsi recorreno (1012 – 24, 2v /14/ – /15/), was einer Analogie zum neapolitanischen -are-Paradigma geschuldet sein kann. Verben auf -ire flektieren regelmäßig mit wie in (522) ha bisogno (…) che non se divertano (1012 – 15, 3r /8/ – /9/) und entsprechen somit dem neapolitanischen wie auch dem toskanischen Paradigma. Im Fall der Entlehnung pedir in (523) homo che non lo pida et che sia habile (1012 – 16, 2r /16/ – /17/) weist das kastilische Paradigma in der Desinenz Homonymie zu den Flexionsparadigmen des Neapolitanischen und Toskanischen auf.

493 Am angeführten Abschnitt fällt auf, dass mit mande und contino beide Flexionsalternativen auftreten. 494 Vgl. Rohlfs 1968, 296. 495 Auch hier besteht kein Unterschied zwischen Toskanisch und Neapolitanisch. Vgl. Rohlfs 1968, 296; Ledgeway 2009, 463.

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Für essere und avere lässt sich kein Unterschied zwischen neapolitanischem und toskanischem Paradigma feststellen,496 wie die folgenden Beispiele belegen: (524) ante che sia certa (1012 – 1, 3v /1/ – /2/), (525) non siano (1012 – 27, 1r /14/), (526) pare che si habia ad redducere (1012 – 21, 1v /11/ – /12/).

Dem spanischen Paradigma können die Formen in (527) qualquiere cosa che lo virrey haya de mandare in scriptis (1012 – 16, 3r /6/ – /7/) und (528) penso che sea al cabo (1012 – 15, 3r /17/ – /18/) zugeordnet werden, die sich in stark spanisch geprägten Textpassagen finden. Auch für tenere 497 und volere 498 sind die Flexionsparadigmen des Konjunktiv Präsens in der 3. Person Singular und Plural im Toskanischen und Neapolitanischen homonym und eine eindeutige Zuordnung der Formen in (529) non so chi lo tengha (1012 – 1, 3v /19/ – /20/), (530) lo che Dio non voglia (1012 – 21, 2v /2/) und (531) se vogliano equalarli (1012 – 27, 1v /16/) ist aus diesem Grund nicht möglich. In den Okkurrenzen von andare sind lokale süditalienische Formen wie vaano,499 vascia 500 vaa o vaga 501 nicht zu verzeichnen, wohingegen das toskanisierende Paradigma in (532) che vada secundo v(ostra) Alt(ezza) lo manda (1012 – 1, 1v /14/) und (533) non permitteno che li ministri regali vadano (1012 – 16, 6v /2/) auftritt. Zumindest graphisch dem toskanischen Modell angepasst erscheinen die token von potere im Konjunktiv Präsens: (534) para que possa quella mandare lo che sia piu conveniente (1012 – 16, 7v /3/), (535) Ad tal che (…) non possano pigliare (1012 – 21, 1r /20/ – 1v /2/).502

Auch fare tritt in verschiedenen Varianten auf. Während in (536) manda che si faccia (1012 – 16, 5v /15/), (537) che si facciano quattro milia fanti (1012 – 21, 1r /18/) und (538) lamentano che (…) li ministri de v(ostra) M(aes)ta facciamo prohibitione de extrahere carne salata (1012 – 27, 2r /2/ – /3/) das toskanische, dem neapolitanischen gemeine Paradigma auftritt, ist 496 Genuin süditalienische Formen wie aggia tauchen nicht auf (vgl. Ledgeway 2009, 466). 497 Vgl. Ledgeway 2009, 467; Rohlfs 1968, 259. 498 Vgl. Ledgeway 2009, 465; Rohlfs 1968, 301. 499 Ledgeway 2009, 465. 500 Rohlfs 1968, 201 zum Salento. 501 Formentin 1998 I, 376. 502 Hierbei kann es sich um eine rein graphische Anpassung handeln, da das Altneapolitanische ähnliche Formen wie poza (Ledgeway 2009, 464) oder poccza (Formentin 1998 I, 377) aufwies.

4.2 Mehrsprachigkeit der Texte: Briefe von Sigismondo de Loffredo

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die Form in (539) si, è, concluso che si faccie (1012 – 16, 7r /19/ – /20/) nur schwer einzuordnen.503 Daneben tritt u. a. in (540) si manda che si haga (1012 – 1, 3r /16/) auch das kastilische Konjunktivparadigma auf. Für stare und dare finden sich die sowohl dem Toskanischen als auch dem Neapolitanischen des 16. Jahrhunderts504 bekannten Formen (541) Dea grande auctorita (1012 – 15, 2r /2/), (542) stea apposentado (1012 – 24, 2r /15/), (543) si deveno appercepire tutti li baroni che steano (1012 – 1, 2r /5/ – /6/), (545) mandare che non stia (1012 – 16, 6r /8/).

Homographie zwischen Toskanisch und Neapolitanisch trifft auch auf die Fälle (546) li dica (1012 – 16, 6v /11/), (547) recognosca (1012 – 27, 1r /15/), (548) lo papa ,e, de parere che (…) non si redduca (1012 – 21, 1v /3/ – /5/) zu. Klar dem kastilischen Paradigma zuzurechnen ist die Flexion von votar in (549) lo permitte che sus conseieros voten libere (1012 – 25, 2v /10/). Ebenfalls kastilischer Herkunft, allerdings durch die Konsonantendoppelung an die neapolitanische Graphietradition angepasst, sind die Okkurrenzen von saber in (550) para che seppa lo che passa (1012 – 15, 1v /16/) und (551) che vedano (…) et seppano (1012 – 25, 2r /2/ – /3/). Venire und Verben, deren Derivationsbasis venire ist, treten im Konjunktiv Präsens in der 3. Person Singular in der Form auf, die sowohl dem neapolitanischen als auch dem toskanischen und kastilischen Flexionsparadigma angehört: (552) como piu convengha ad su servitio (1012 – 16, 5r /1/ – /2/), (553) ante che quello che è chiamato vengha (1012 – 15, 4r /20/ – 4v /1/).

Im Konjunktiv Imperfekt verzeichnen die Texte Loffredos folgendes Flexionsparadigma für die Verben der ersten Konjugation: (1. Sing.) (3. Sing.) (1. Plur.) und (3.Plur.):505 503 Es könnte sich in (538) entweder um eine durch auslautendes [ ] induzierte Graphie oder um die übergeneralisierte Anwendung der im Toskanischen und im Neapolitanischen für die 2. Person Singular verbreiteten Endung [e] auf die 3. Person Singular handeln (vgl. Rohlfs 1968, 297; Formentin 1998 I, 374). Die letztgenannte Hypothese ist allerdings als unwahrscheinlich einzuschätzen, da erstens in anderen Fällen durchaus auftritt und zweitens, da „[d]obbiamo in ciò [im Ersatz des durch in der 2. Person Singular, V.S.] riconoscere una chiara tendenza a differenziare la desinenza della seconda persona da quelle della prima e della terza“ (Rohlfs 1968, 297). Denkt man die aufgestellte Hypothese einer Übergeneralisierung der 2. auf die 3. Person Singular weiter, würde dies bedeuten, dass eine einmal geschaffene Differenzierung sich in neuerlichem Synkretismus auflöst. 504 Vgl. Rohlfs 1968, 297 sowie Ledgeway 2009, 466 f. 505 Die hier analysierten Briefe Loffredos enthalten keine Beispiele für die 2. Person Singular und Plural. e

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

(554) che io signalassi (1012 – 24, 2v /8/ – /9/), (555) per fin che en roma se empeçasse et accabasse la causa del petitorio (1012 – 25, 1v /10/ – /11/), (556) pensando che el te(m)po non passasse cossi presto (1012 – 15, 1r /15/ – /16/), (557) ante che cavalcassemo (1012 – 24, 1r /19/), (558) et che li castigassemo (1012 – 25, 1v /2/), (559) perche lo locumt(enen)te del scrivano de ratione o otros legos del consiglio non pensassero (1012 – 25, 2r /4/ – /5/).

Stare und dare verzeichnen wie schon im Imperfekt auch im Konjunktiv Imperfekt in der Tonsilbe: (560) desse (1012 – 16, 3v /12/), (561) stesse (1012 – 15, 4v /5/). Die Verben des -ere-Paradigmas flektieren regelmäßig mit den Endungen (1. Sing.)506, (3. Sing.) und (3. Plur.): (562) che vostra Alt(ezza) tenesse volunta (1012 – 1, 3r /18/ – /19/), (563) sensa che si vedesse si ne teneva titulo et privilegio (1012 – 16, 6r /21/ – /22/), (564) mandare che (…) si preponessero et excogessero in consiglio (1012 – 16, 4v /11/ – /12/), (565) quando se eligessero persune grave et temperate (1012 – 16, 4v /17/ – /18/).

Auch die Verben auf -ire weisen in Loffredos Briefen im Konjunktiv Imperfekt die Endungen (3. Sing.) und (3. Plur.) auf: (566) lo exhortava et mandava che servesse bene (1012 – 1, 2v /18/ – /19/), (567) mando che de nuovo se le expedesse (1012 – 25, 2v /1/ – /2/), (568) che si proveda li turchi venessero (1012 – 25, 3r /6/ – /7/).507

Heterogener stellt sich das Bild bei essere und avere sowie bei Verbalperiphrasen dar. Avere weist regelmäßig Formen auf, die sowohl im Toskanischen als auch im Neapolitanischen bekannt sind,508 wie im Fall von (569) Jo, si havesse saputo (…) non serria partito (1012 – 24, 2r /10/ – /11/) und (570) serria possibile che alcuni potentati christiani havessero capitulato 506 Im ere-Paradigma ist der Synkretismus zwischen 1. und 3. Person Singular weitaus länger regelmäßig als im are-Paradigma (vgl. Rohlfs 1968, 303). 507 Die Konvergenz der Verben auf -ire und -ere in einem einzigen Paradigma im Konjunktiv Imperfekt ist für das Neapolitanische und süditalienische Dialekte typisch, wie Ledgeway (2009, 469) feststellt: „Si noti infine che la distinzione tra le coniugazioni in -e- e in -i- si è risolta a favore di una generalizzazione della vocale tematica -e- analogamente a quanto osservato negli altri paradigmi verbali […]“; vgl. auch Rohlfs 1968, 303. Das Korpus verzeichnet allerdings keine Okkurrenzen der Endung -eno im Konjunktiv Imperfekt, wie sie im Altneapolitanischen noch vorhanden und auch dem Toskanischen (vgl. Rohlfs 1968, 303 f.) bekannt war, was die Beobachtung von Ledgeway (2009, 468) bestätigt: „A partire dal Cinquecento sono però davvero rari gli esempi dell’uscita in -eno, anche se quest’ultima è l’unica ricordata dalle grammatiche otto- e novecentesche per il dialetto moderno […]“. 508 Vgl. Rohlfs 1968, 303 ff.; Ledgeway 2009, 467 ff.

4.2 Mehrsprachigkeit der Texte: Briefe von Sigismondo de Loffredo

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(1012 – 1, 3r /3/ – /4/). Für essere hingegen liegen Okkurrenzen aus dem toskanischen beziehungsweise dem mit diesem in den Beispielen (571) si li capitanei fossero hominj iusti (1012 – 16, 4v /19/) und (572) quando fosse menestiere (1012 – 25, 2r /10/) homophonen neapolitanischen Paradigma vor. Daneben belegen die Briefe auch (573) si menestiere fuera compellirlo ad exercitarlo (1012 – 16, 2r /17/ – /18/) und (574) meglior serria darle de pecunia tanto dinero quanto v(ostra) M(aes)ta fuesse servita de la renta (1012 – 16, 2r /19/ – /20/), in denen die beiden Konjunktivparadigmen des Kastilischen ser zum Vorschein kommen.509 Eindeutig dem Spanischen zuzuordnen ist schließlich – wieder in einen spanischen Satz eingebettet – auch (575) sin che otro nos oyesse (1012 – 25, 2r /18/). Der Konditional tritt ausschließlich im auf Infinitiv + habebam zurückgehenden Paradigma auf: (576) desiderraria (1. Sing.) (1012 – 25, 3r /2/ – /3/), (577) convenerria (3. Sing.) (1012 – 15, 2r /2/ – /3/), (578) andarriamo (1. Plur.) (1012 – 15, 1v /2/), (579) poterriano (3. Plur.) (1012 – 16, 5v /5/). 509 Die beiden Paradigmen des kastilischen Konjunktiv Imperfekt konnten bis zum 19. Jahrhundert nicht in allen Kontexten frei variiert werden. Für unseren Fall könnte unter Umständen die Setzung einer Form des ra-Paradigmas in der Protasis eines konditionalen Satzgefüges und die Setzung einer Form des se-Paradigmas in einem Komparativsatz darauf hinweisen, dass zu Beginn des 16. Jahrhunderts der Einsatz der ra-Formen zwar im Konditionalsatz bereits üblich war, für den Komparativsatz allerding nur das se-Paradigma herangezogen werden konnte beziehungsweise gebräuchlich war. Vgl. Penny 22006, 235: „Solo hacia el final de la Edad Media se pueden encontrar casos de formas en -ra con valor de imperfecto de subjuntivo. De nuevo, los orígenes de este cambio hay que buscarlos en las oraciones condicionales que expresan improbabilidad o imposibilidad. Acabamos de ver que un tipo de oración frecuente en español medieval para expresar estos significados era si ellos le viessen, non escapara (es dezir, el tipo si pudiesse, fiziéralo). Sin embargo, al comenzar el siglo XIV, encontramos ejemplos de un nuevo tipo (si pudiera, fiziérlo) que posiblemente debe sus orígenes a una tendencia universal a otorgar formas similares a los dos verbos en las oraciones condicionales, una tendencia claramente visible en latín […]. En el siglo de Oro, este es el tipo preferido para expresar condiciones cuyo complimiento es improbable o imposible, aunque coexiste con otros tipos […]. Por vez primera, aunque sólo en oraciones condicionales, las formas en -ra se convirtieron así en equivalentes a las formas en -se, y podemos concluir que el paradigma de -ra había adquirido valor de imperfecto de subjuntivo. Pero esta equivalencia entre las formas en -ra y -se tardó siglos en ser aceptada en otros tipos de oraciones. Por ejemplo, en el Siglo de Oro, la forma en -ra no se encuentra en oraciones finales, en las que -se es esclusivo […] y la total intercambialidad de ambos paradigmas no se alcanza hasta el siglo XIX.“ Zur Funktionserweiterung des ra-Paradigmas vgl. auch Veiga 2006, 174 ff.

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Das ebenfalls auf Infinitiv + habebam zurückgehende kastilische Flexionsparadigma könnte die Verwendung des süditalienischen Paradigmas im Gegensatz zum im Korpus nicht auftretenden toskanischen, aus Infinitiv + habui entstandenen Paradigma begünstigt haben.510 Im Themavokal lässt sich eine klare Dominanz von im Verhältnis zu feststellen. Auch hier zeichnen sich die Briefe Loffredos allerdings durch große Variation aus – am Beispiel von essere lässt sich diese an (580) serria (1012 – 1, 3r /3/) und (581) sarria (1012 – 16, 4v /21/) erkennen.511 Das auf die Verbindung aus Infinitiv + habeo zurückgehende Futur512 tritt in den analysierten Briefen bei Verben der 1. Konjugation in den Endungen (1. Sing.), (3 . Sing.), (3. Plur.) auf, so in (582) lassarro (1012 – 27, 1r /13/), (583) pensarra (1012 – 21, 2v /1/), (584) adiutarranno (1012 – 1, 2v /16/).

Unter Umständen auf einen Schreibfehler ist die weder auf das Kastilische513 noch auf autochthone süditalienische Entwicklungen514 zurückgehende Form in (585) ella mandare (1012 – 25, 2v /15/ – /16/) zurückzuführen. Das Paradigma der Verben auf -ere weist parallel zu den Beispielen aus dem -are-Paradigma in (582) – (584) in den Endungen (1. Sing.) und (3. Sing.) das Digramm 515 auf: (586) scriverro 510 Die Tatsache, dass sich keine Okkurrenzen von Formen des auf Infinitiv + habui zurückgehenden Paradigmas finden lassen, obwohl für Neapel ein „paradigma misto, in cui si ha contaminazione dei due tipi ‘infinito + habebam’ (1a e 3a pers. sing. 1a pers. plur.) e il tipo ‘infinito + habui’ (2a pers. plur.), come si osserva oggi a Napoli e in altre zone dell’Italia meridionale“ (Formentin 1998 I, 362) angenommen werden kann (vgl. auch Rohlfs 1968, 344 f.), erklärt sich unter Umständen durch das Fehlen von Formen der 2. Person Singular und Plural im Korpus. In eben diesen Personen würde in Neapel das gemischte Paradigma auf Infinitiv + habui zurückgehende Formen wie auf -issi und -issivu vorsehen (vgl. Rohlfs 1968, 345). 511 Vgl. Ledgeway 2009, 428: „Al pari del futuro, il tipo in -ìa continua una formazione originariamente analitica composta dall’infinito e una forma finita di habere, nella fattispecie una forma indebolita dell’imperfetto indicativo […]. Tale parallelismo con il futuro […] si manifesta in un’identica oscillazione tra le vocali tematiche, inizialmente a favore di -e- […], e poi a favore di -a-.“ 512 Vgl. Rohlfs 1968, 331. 513 Vgl. Penny 22006, 238. 514 Vgl. Rohlfs 1968, 333. 515 Das regelmäßige Auftreten des für die neapolitanische Graphie typischen Digramms in allen Futur- und Konditionalformen kann als Indiz für die „autoctonia del futuro nel Meridione“ (Ledgeway 2009, 446) gewertet werden.

4.2 Mehrsprachigkeit der Texte: Briefe von Sigismondo de Loffredo

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(1012 – 15, 1r /10/), (587) provederra (1012 – 1, 1r /9/). Auch hier zeigt das Verb correre eine andere Flexion (vgl. (521) Konj. Präs. recorreno) und weist im Fall (588) corrirra (1012 – 21, 1r /17/) auf. 516 Auch (589) sequirra (1012 – 16, 4v /1/) stellt eine Ausnahme dar, da die Endung im Gegensatz zu den anderen Verben auf -ire steht, welche wie partire in (590) parterra (1012 – 1, 1v /16/) auf flektieren. Avere und tenere sowie essere zeichnen sich wie die Verben auf -ere und -ire durch den Themavokal aus: (591) haverra (1012 – 21, 1v /3/), (592) haverranno (1012 – 16, 2r /9/), (593) tenerra (1012 – 16, 5r /10/), (594) serro (1012 – 15, 1r /9/), (595) serra (1012 – 15, 2r /17/).

Lexikalische Hispanismen, in denen zwar (auch) iberoromanische Graphien feststellbar sind, die sich aber aufgrund der Homonymie der Flexionsparadigmen aus morphologischem Gesichtspunkt nicht eindeutig einordnen lassen, treten in den Beispielen (596) faltarra (1012 – 1, 2r /2/), (597) excogerra (1012 – 16, 4v /2/), (598) se quexarra (1012 – 15, 2r /21/) und (599) harra (1012 – 25, 2v /15/) auf. In den zusammengesetzten Tempora und Modi sind die Hilfsverben avere und essere nach folgenden Gesichtspunkten distribuiert: Avere wird hauptsächlich mit transitiven Verben sowie mit wenigen intransitiven Verben gebraucht (s.u.). Essere wurde im Altneapolitanischen mit unak-

516 Die Schwankungen in den Formen von correre und in von diesem abgeleiteten Verben lassen die Vermutung zu, dass die Zuordnung des Verbs zu einer Konjugationsklasse nicht gefestigt ist. Im Konjunktiv Präsens finden sich Formen, die mit dem are-Paradigma übereinstimmen, im Futur dagegen zeigen sich Parallelen zu den Verben auf -ire. Die Unsicherheit der Zuordnung zu einem Paradigma weist Ähnlichkeiten zum Fall credere im Beispiel (373) auf. Die generalisierte Verwendung der Endung in allen Konjugationsklassen, wie sie in den Ricordi von Loise de Rosa festgestellt werden konnte (Formentin 1998 I, 359 f.), scheint ein halbes Jahrhundert später nicht mehr so umfassend zu sein. Manche Verben auf -ire weisen zwar die Endung auf wie Beispiel (590), in anderen Fällen überwiegt aber klar der eigene Themavokal. Vgl. Ledgeway 2009, 421 f.: „A giudicare dalle testimonianze offerteci dal tardo quattrocentesco Ferraiolo, possiamo concludere però che gia verso la fine del Quattrocento / l’inizio del Cinquecento la generalizzazione di -esembra allentarsi a favore di un’estensione di -a-, mai del tutto scomparso sebbene prevalentemente sostituito da -e- nei testi precedenti, il quale veniva ad interessare non solo i verbi della 1a coniugazione dove ormai -e- era del tutto assente […], ma in modo crescente anche i verbi in -e- […] e in -i-.“

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

kusativen Verben sowie mit medialen Reflexiven verwendet.517 Das Korpus weist folgende Beispiele aus diesen Gruppen auf: (600) si son facti et fanno ricchi (1012 – 16, 7v /6/-/7/), (601) ad questo se e parlato (1012 – 16, 2r /7/), (602) si è perduto (1012 – 1, 1v /19/), (603) si so saccate (Plur.) (1012 – 16, 6r /14/), (604) come,e, accaduto (1012 – 15, 4r /2/), (605) è passato (1012 – 24, 2r /20/), (607) è Ja morto (1012 – 16, 2v /2/).518

Darüber hinaus tritt essere in der Passiv-Diathese auf: (608) li so’ state date (Plur.) (1012 – 1, 1v /18/), (609) non è stato facto (1012 – 16, 6r /15/ – /16/), (610) me è stato referito (1012 – 16, 6v /4/), (611) è stato comparato (1012 – 16, 8r /11/), (612) so stati suspenduti (Plur.) (1012 – 15, 2v /16/), (613) era data faculta (1012 – 16, 7v /12/), (614) lo che era stato accordato (1012 – 25, 1v /15/), (615) haverria operato che non fosse aggravato questo altro (1012 – 24, 1v /15/ – /16/).

Essere wird daneben in den folgenden Fällen als Hilfsverb für stare und essere, für Bewegungsverben sowie für parere / pareçer verwendet: (616) è stata (1012 – 16, 2v /1/), (617) sonno stati (1012 – 16, 3v /3/), (618) so stato malo (1. Sing.) (1012 – 15, 2r /11/), (619) era stato (1012 – 24, 1r /4/), (620) serria stato (1012 – 15, 2v /19/), (621) si primo non sia stato (1012 – 16, 4v /7/), (622) si ipso cardinale fosse stato papa (1012 – 16, 6r /1/), (623) è ia venuto (1012 – 1, 1v /15/), (624) somo quedato (1012 – 25, 2v /2/), (625) non serria partito (1012 – 24, 2r /11/), (626) fossero desmontati (1012 – 21, 2v /2/ – /3/), (627) fosse fugito (1012 – 24, 1r /12/), (628) me è parso (1012 – 27, 2r /13/), (629) è parso bene ad tutti (1012 – 1, 2v /9/), (630) Me e’ pareçido (1012 – 24, 2r /19/).519 517 Letztere umfassen echte reflexive Verben, transitive medial gebrauchte (pseudoreflexive) Verben, Antikausativa sowie Konstruktionen mit dem si-passivante. Vgl. hierzu und zur Setzung der Auxiliarien Ledgeway 2009, 592 ff. 518 In diesem Fall handelt es sich um eine resultative Verbalperiphrase. 519 Das Altneapolitanische sah die ausschließliche Verbindung von parere, piacere und convenire mit dem Auxiliar avere vor (vgl. Ledgeway 2009, 600). Die Setzung von essere kann daher als Einfluss des Toskanischen gewertet werden. Auch die Setzung des spanischen, um die auslautende Sibilante apokopierten (vgl. zur Schwächung bis hin zum Ausfall des /-s/ Lapesa 1981, 328) somo in (624) könnte durch diesen bestärkt worden sein. Zwar war auch im Kastilischen an der Schwelle zwischen Mittelalter und Früher Neuzeit die Verwendung von ser als Auxiliar bei intransitiven Verben im Rückgang begriffen, aber doch noch üblich (vgl. Penny 22006, 194). Angesichts der Tatsache, dass das Partizip in (624) auf das lateinisch Mediopassive quietari zurückgeht, überrascht die Setzung von ser nicht allzu sehr (vgl. Romani 2006, 318 f.). Auffällig ist allerdings die fehlende Numerus- und Genusmarkierung des Partizips, da in der Flexion mit ser im mittelalterlichen Spanisch die Genus- und Numeruskongruenz des Partizips durchaus regelmäßig war (vgl. Penny 22006, 194), während sie in der Flexion mit haber relativ früh ausfiel (vgl. Romani 2006, 249

4.2 Mehrsprachigkeit der Texte: Briefe von Sigismondo de Loffredo

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Wie bereits angedeutet setzen nicht alle nicht-transitiven Verben essere. Die Beispiele (631) haveano intervenuto (1012 – 25, 1v /1/), (632) si haverria potuto fare descriptione (1012 – 1, 2r /15/ – /16/), (633) non havesse ipso potuto venire (1012 – 15, 1v /2/), (634) havendo voluto continuare (1012 – 15, 3v /19/) und (635) non è homo che habia voluto darci remedio (1012 – 16, 7r /2/) veranschaulichen die Setzung von avere in nicht-transitiven Kontexten. Insbesondere in (631) überrascht die Verwendung von avere, da intervenire den unakkusativen Verben zugeordnet werden kann, die sich durch einen „basso grado di transitività“520 auszeichnen und normalerweise mit essere flektieren. Eindeutig scheint hier die Tendenz zur Generalisierung von avere auch für unakkusative Verben.521 Sowohl in (631) als auch in (633) tritt avere mit Verben beziehungsweise innerhalb von Verbalperiphrasen auf, für die sowohl für das Toskanische als auch das Neapolitanische der Gebrauch von essere erwartet werden könnte, das Partizip kongruiert in diesen Fällen nicht.522 Kommt dagegen das Auxiliar essere zum Einsatz, tritt die Genus- und Numerusmarkierung regelmäßig auf sowie 330 f.). An dieser Stelle muss der temporale Wert des Beispiels (624) überprüft werden. Romani (2006, 339) unterstreicht angesichts der Polyvalenz der Verbalperiphrasen „haber + participio“, dass die „resultativa transitiva“ gleichzeitig eine „perífrasis de anterioridad“ sein kann, die „surgió del reanálisis semántico y sintáctico de aquella construcción“ und dass „ser + participio“, welches bereits im Lateinischen „constituía una perífrasis verbal y, al mismo tiempo, una construcción resultativa intransitiva“ darüber hinaus „la forma analítica de la pasiva romance“ (ebd.) bildet. 520 Ledgeway 2009, 592. 521 „All’infuori di questo sistema generale di codifica attiva appena visto, ci sono tuttavia tracce di un allentamento dell’originaria distinzione tra verbi inergativi e inaccusativi che si intravede nella graduale penetrazione di avere nel territorio degli inaccusativi che porterà in seguito al suo uso come ausiliare perfettivo generalizzato, nonché alla successiva eliminazione dell’accordo del participio passato con il soggetto […]“ (Ledgeway 2009, 601). 522 Für das Neapolitanische führt Ledgeway (2009, 595) an: „Al contrario del napoletano moderno, dove viene sempre selezionato l’ausiliare avere […] nei testi antichi influisce anche la natura dell’infinito incassato. In particolare, mentre viene selezionato avere quando l’infinito incassato è del tipo che richiede indipendentemente l’ausiliare avere, viene selezionato l’uno o l’altro ausiliare quando l’infinito incassato richiede indipendentemente l’ausiliare essere.“ Die Wahl zwischen essere und avere ist in diesen Fällen folglich schwer nachzuvollziehen, wie auch Rohlfs unterstreicht: „Ancor poco chiare son le condizioni nel Mezzogiorno. Mentre nell’abruzzese si usa sempre l’ausiliare avere, perché usuale anche per i verbi intransitivi […], l’uso oscilla nel napoletano“ (Rohlfs 1969, 126). Das Toskanisch-Italienische verhält sich in diesen Fällen meist anders: „Coi verbi servili reggenti un infinito, italiano e toscano scelgono il verbo ausiliare non secondo il verbo servile, bensí prendono l’ausiliare dell’infinito“ (Rohlfs 1969, 126).

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

(vgl. z. B. (616), (617), (626)). Aber auch in mit avere gebildeten zusammengesetzten Tempora kongruiert das Partizip in einigen Fällen. Dies geschieht bei vorangestellten Objektpronomina wie in (636) li havea perduti (1012 – 16, 2v /11/) und (637) li ha pigliati ad cambio et pagato li Interessi (1012 – 16, 2r /4/ – /5/). Es liegen allerdings daneben auch Beispiele vor, in denen in vergleichbaren morphosyntaktischen Kontexten keine Kongruenz erfolgt, wie in (638) li havea interceputo (1012 – 16, 2v /12/). Als Überrest der auch mit avere erfolgten Kongruenz ohne vorausgehendes Objektpronomen,523 welcher durch die resultativ-possessive Semantik begünstigt erscheint, kann schließlich (639) lo dicto che ha perdida la manu (1012 – 24, 2r /10/ – /11/) angesehen werden. Einen Sonderfall stellt die Doppelung des Partizips in (640) et fu tomado preso lo guardiano del passu (1012 – 16, 6r /14/ – /15/) dar, in welchem lexikalisch sowohl auf das Kastilische als auch auf das Toskanisch-Italienische beziehungsweise Neapolitanische zurückgegriffen wird. Substantivflexion, Artikel und Präpositionen Die männlichen Substantive im Singular enden in den Texten Loffredos teils auf , wie in den (allesamt auf die 4. Deklination zurückgehenden) Beispielen (641) statu (1012 – 1, 1r /3/), (642) exercitu (1012 – 1, 1v /1/), (643) casu (1012 – 16, 5r/1/), (644) processu (1012 – 24, 1v /10/ – /11/), (645) intellectu (1012 – 1, 3r /8/), (646) fructu (1012 – 21, 2r /2/), (647) vultu (1012 – 25, 2r /17/).524

Daneben finden sich und , wie in (648) zelo (1012 – 1, 1r /7/), (649) adiuto (1012 – 1, 1r /18/), (650) comte (1012 – 1, 3v /16/), (651) monte (1012 – 16, 5r /22/).

Die männlichen Substantive beider Flexionsparadigmen bilden den Plural auf (z. B. (652) li regenti (1012 – 16, 5r /7/), (653) li ministri (1012 – 16, 6v /2/), (654) li turchi (1012 – 16, 5v /4/)) und weisen teils Metaphonie auf wie (655) li puorti (1012 – 21, 1r /19/) und (656) li passagieri (1012 – 523 Vgl. Rohlfs 1969, 115. 524 In den Beispielen (646) und (647) lässt sich, wie bereits in 4.2.2 angesprochen, nicht unterscheiden, ob in der Tonsilbe als latinisierende Graphie oder als Effekt der metaphonetischen Vokalschließung einzuschätzen ist. Die Graphie des Auslauts kann entweder als latinisierend interpretiert werden, oder als Repräsentation eines noch nicht vollständig in schwa reduzierten Auslauts gesehen werden. Ich danke Thomas Krefeld für diesen Hinweis.

4.2 Mehrsprachigkeit der Texte: Briefe von Sigismondo de Loffredo

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16, 2v /13/). Für die weiblichen Substantive verzeichnet das Korpus und im Singular (vgl. z. B. (657) en camera (1012 – 24, 1r /3/), (658) la relatione (1012 – 25, 1v /5/)), sowie im Plural für die Substantive der a-Deklination , wie in (659) le cose (1012 – 25, 2v /7/)). Darüber hinaus findet sich der Plural in Fällen, in denen phonisch /’a/ anzunehmen ist, wie in (660) quelle cita (1012 – 15, 2r /9/). Teils wird der Plural bei weiblichen Substantiven der e-Deklination durch metaphonetische Vokalschließung, wie in (661) li presuni (1012 – 16, 5r /13/),525 nicht in allen Fällen aber zwingend auch (graphisch) durch den Auslautvokal markiert: (662) passiune (1012 – 25, 2v /7/). Während die regelmäßige Setzung von im Plural der männlichen Substantive von der Bildung des Schreibers und der Kenntnis des Toskanischen zeugt, manifestiert sich in den Fällen (661) und (662) der Einfluss des Neapolitanischen. Erstaunlich erscheint auf den ersten Blick die Genuszuordnung im Falle von (663) le castelle (1012 – 1, 3v /10/), welches im Gegensatz zu (664) li castelli (1012 – 1, 3v /12/) steht. Die Erklärung für die unterschiedlichen Genera und die doppelte Pluralbildung liefert der Kontext, der klar die neapolitanische Bedeutungsdifferenzierung zwischen „un’interpretazione numerabile e / o traslata“526 für den maskulinen Plural in (664) und der „interpretazione non numerabile e / o letterale“527 für die feminine Form in (663) aufzeigt.528 Die Numerusmarkierung erfolgt neben den geschilderten Mechanismen im Falle einzelner Lehnwörter auch durch das sigmatische Modell des Kastilischen, wie in (665) cosas de caza (1012 – 25, 2r /16/), (666) testicos (1012 – 25, 1v /1/), (667) hombres legos (1012 – 25, 2r /1/), (668) otros legos (1012 – 25, 2r /5/), (669) conseieros (1012 – 25, 2v /10/), (670) ruegos (1012 – 16, 4v /13/).

525 Für (661) bleibt anzumerken, dass die hier auftretende Form zwar den metaphonetischen Vokal in der Tonsilbe, nicht aber die von Ledgeway (2009, 73) für den Plural anhand eines Beispiels aufgezeigten durch Vokalharmonie bedingte Schließung in [i] in der dieser vorangehenden Silbe („prisùne“, ebd.) aufweist. 526 Ledgeway 2009, 145. 527 Ledgeway 2009, 145. 528 Beide Formen treten im folgenden Passus auf, in welchem der semantische Unterschied zwischen den verschiedenen Pluralmarkierungen (vgl. Ledgeway 2009, 145) klar zum Vorschein kommt: „Et è uno inconveniente per che in brindise hotranto, taranto galipoli trano barlecta et manfredonia tutti li castellani teneno le castelle per substituto lo che è multo necessario che si proveda, uno de li castelli de brindise tene lo dicto alarcone“ (1012 – 1, 3v /9/ – /12/).

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Im Bereich der Substantive muss über die Numerusflexion hinaus auf eine Besonderheit des Neapolitanischen eingegangen werden: Neben den beiden Genera Femininum und Maskulinum wird für das Neapolitanische die Existenz einer Klasse von Neutra angenommen.529 Es handelt sich bei dieser Klasse nicht um die Fortsetzung lateinischer Neutra, sondern um eine Gruppe Kollektiva oder Abstrakta bezeichnender Substantive. Diese zeichnen sich gemeinsam mit den ebenfalls morphosyntaktisch zu den Neutra zählenden substantivierten Adjektiven, Partizipien und Infinitiven durch die Eigenschaft aus, dass sie nach Artikel beziehungsweise Demonstrativ einen verstärkten Anlautkonsonanten aufweisen, wie in (l)o bbene. Da der bestimmte Artikel des Neutrums homophon und homograph mit dem bestimmten Artikel männlicher Substantive ist und sich die Anlautintensivierung bis zum 18. Jahrhundert in der Graphie nicht widerspiegelt, ist die Abgrenzung von Neutra und Maskulina in den vorliegenden Texten nur sehr eingeschränkt möglich. Nur semantische Kriterien und beispielsweise die Unterscheidung der Demonstrative in chesto / chello vor Neutra im Gegensatz zu chisto / chillo für Maskulina sowie die „conservazione della laterale lunga dell’articolo determinativo, la quale normalmente viene resa scempia davanti a nome singolare [+num]“530 könnten Hinweise auf das dritte Genus geben. Da in den Briefen Loffredos das System der Demonstrativa stark durch Variation gekennzeichnet ist (s.u.), erlaubt dieses keine klare Zuordnung einzelner Substantive ausschließlich aufgrund des diese determinierenden Demonstrativs. Auch die Anlautverstärkung ist erwartungsgemäß in der Graphie nicht nachweisbar. Für die Beispiele (671) questo preconar (1012 – 16, 2v /24/), (672) lo far (1012 – 21, 1r /17/), (673) questo stare (1012 – 15, 3v /14/) und (674) lo extraherse (1012 – 16, 2v /19/ – /20/) wird somit vor allem aufgrund der Tatsache, dass es sich um substantivierte Infinitive handelt, davon ausgegangen, dass es sich um Neutra handelt. Abschließend sei noch auf die Substantive hingewiesen, die ein auf lateinisch -arius zurückgehendes Suffix enthalten. In Loffredos Briefen findet sich in keinem Fall die toskanische Entwicklung -aio. Regelmäßig tritt dagegen die süditalienische Entwicklung -aro 531 mit der Pluralform -ari auf:

529 Vgl. De Blasi / Imperatore 22000, 68 ff.; kritisch Ledgeway 2009, 150 und 152. 530 Ledgeway 2009, 151, [Kursivierung im Original]. 531 Vgl. Rohlfs 1969, 392 ff.

4.2 Mehrsprachigkeit der Texte: Briefe von Sigismondo de Loffredo

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(675) cavallaro (1012 – 16, 2v /5/), (676) migliaro (1012 – 16, 4v /22/), (677) febraro (1012 – 15, 1r /2/), (678) sellaro (1012 – 25, 1r /10/), (679) dinari (1012 – 1, 1v /19/), (680) lochari (1012 – 1, 3r /6/).

Als toskanisch-neapolitanische Hybridbildung oder als dem Kastilischen entlehnt kann (681) notario (1012 – 25, 1r /21/) eingeschätzt werden. Neben diesen Okkurrenzen verzeichnen die Briefe Loffredos auch – teils in den gleichen Lemmata – das ursprünglich aus der Galloromania stammende Suffix -iero / -ero: 532 (682) consigliero (1012 – 25, 1r /4/), (683) cavaliero (1012 – 1, 3v /19/),533 (684) cancellero (1012 – 16, 1r /9/), (685) thesaurero (1012 – 16, 1r /13/), (686) correro (1012 – 15, 1r /7/), (687) falconero (1012 – 24, 2r /7/).

Der bestimmte Artikel für weibliche Substantive ist in den Texten Loffredos la im Singular und le im Plural. Bei männlichen Substantiven finden sich die Allomorphe lo und el im Singular und li im Plural. Keine Okkurrenzen verzeichnen dagegen il, gli und i. Apokopierte, teils durch Apostroph gekennzeichnete Formen des bestimmten Artikels beider Genera im Singular treten vor vokalischem Anlaut z. B. in (688) l’altra (1012 – 1, 3v /5/), (689) lalt(r)a (1012 – 21, 1v /15/), (690) laltro (1012 – 15, 2v /8/) oder auch nach Vokal wie in (691) che’l turco (1012 – 21, 1r /5/) auf, wobei der auslautende Vokal in manchen Fällen mit elidiert wird, wie in (692) ch’l marches (1012 – 15, 2r /10/). Allerdings verursacht ein Vokal im Anlaut des determinierten Substantivs nicht immer Elision des Vokals des bestimmten Artikels. So verzeichnet das Korpus auch bei mit Vokal anlautenden Substantiven Beispiele, in denen der Vokal des Artikels graphisch repräsentiert ist: (693) la experientia (1012 – 1, 1r /20/), (694) la invasione (1012 – 1, 3r /14/), (695) la una (1012 – 16, 3v /22/), (696) la opera (1012 – 24, 2v /19/), (697) la altra (1012 – 27, 1v /6/), (698) lo uno (1012 – 16, 7v /1/), (699) lo altro (1012 – 15, 3r /10/), (700) lo osso (1012 – 24, 1r /10/ – /11/).

Die einzige, auch in der Synchronie erhaltene Ausnahme der Verbindung eines auf (heute ) auslautenden Substantivs mit dem Artikel findet sich im Beispiel 532 Der Umstand, dass dieses immer und in keinem Fall aufweist, kann der entsprechenden Entwicklung des Suffixes im Kastilischen geschuldet sein. 533 Auffällig sind Lexeme, die sowohl mit der Endung -(i)ero als auch in Verbindung mit -aro auftreten, wie im Vergleich zwischen (683) und (675) ersichtlich ist. In diesem Fall liegt vermutlich eine klare semantische Differenzierung vor, wobei cavallaro auf einen Boten referiert, cavaliero aber einen Mann eines gewissen Ranges bezeichnet.

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

(701) la manu (1012 – 24, 1v /13/).534 Betrachtet man die Verteilung der Allomorphe des männlichen Artikels el und lo, lässt sich feststellen, dass lo numerisch bei Weitem häufiger ist.535 Auffällig ist, dass el, welches z. B. in (702) El turcho (1012 – 1, 1v /9/), (703) el regno (1012 – 1, 2r /9/), (704) el Re (1012 – 1, 2r /11/), (705) el cardinale (1012 – 15, 4r /5/) und (706) el marchese (1012 – 25, 2r /3/) auftritt, häufig, aber nicht ausschließlich, in Verbindung mit einer Reihe von Substantiven erscheint, die möglicherweise, aber nicht in allen Fällen notwendigerweise als lexikalische Hispanismen eingeschätzt werden können: (707) El virrey (1012 – 16, 2v /8/), (708) el conseio (1012 – 25, 2r /17/). Für die beiden letztgenannten Beispiele können verschiedene Hypothesen aufgestellt werden. Einerseits kann davon ausgegangen werden, dass das Nominalsyntagma als Ganzes entlehnt wurde und sich die Verwendung des bestimmten Artikels el dadurch erklärt. Andererseits könnte auch die Autochthonie von el im Neapolitanischen als Faktor für die Verwendung dieses Artikelallomorphs angeführt werden.536 Gegen eine Generalisierung der erstgenannten Hypothese kann angeführt werden, dass das Korpus auch Verbindungen zwischen lo und Lehnwörtern aufweist, so in (709) lo virrey (1012 – 16, 3r /7/). Der Gebrauch des Artikels ist auch bei den anderen genannten Substantiven nicht stabil. Neben den Okkurrenzen in Verbindung mit dem Allomorph el in ((702) – (706)) finden sich dieselben Lexeme in den Briefen Loffredos auch mit dem Artikel lo: (710) lo regno (1012 – 16, 5v /22/), (711) lo turcho (1012 – 1, 2v /8/), (712) lo Re catholico (1012 – 16, 3v /5/), (713) lo cardinale (1012 – 24, 1r /20/), (714) lo marchese (1012 – 25, 1r /3/).

Die Heterogenität setzt sich beim Blick auf die Verbindung zwischen bestimmtem Artikel und den Präpositionen a, di und da fort, die teils mit dem bestimmten maskulinen Artikel verschmelzen wie in (715) al (1012 – 15, 4r /1/), (716) del (1012 – 15, 4r /11/) und (717) dal (1012 – 24, 1r /2/), sowie in der Datumsangabe (718) alli (1012 – 21, 2v /16/). Aber auch nicht morphonematisch verschmolzene Okkurrenzen – zumindest nicht deren

534 Hier zeigt sich eine Parallele zu den aus der gleichen Deklinationsklasse hervorgegangenen und ebenfalls erhaltenden männlichen Substantiven in den Beispielen (641) – (647). 535 Gegenüber 62 Okkurrenzen des Artikels el verzeichnet der Artikel lo 240. 536 Aber auch die Homophonie zwischen dem im Toskanischen und im Neapolitanischen vorhandenen bestimmten Artikel lo und dem unbestimmten Relativ des Spanischen könnte die sporadische Verwendung von el begünstigt haben.

4.2 Mehrsprachigkeit der Texte: Briefe von Sigismondo de Loffredo

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graphische Repräsentation – lassen sich für die gleichen Präpositionen in Verbindung mit dem männlichen Artikel nachweisen: (719) de lo (1012 – 24, 1v /4/), (720) da lo (1012 – 16, 1v /22/), (721) ad l’altro (1012 – 24, 1r /6/), (722) ad lo (1012 – 24, 1v /18/), (723) a li (1012 – 21, 1r /6/), (724) De li (1012 – 1, 1r /8/).

Bei den Präpositionen in, con und per sowie in Verbindung mit dem weiblichen bestimmten Artikel in Singular und Plural erscheinen Präposition und Artikel graphisch regelmäßig getrennt, wie z. B. in (725) per lo (1012 – 15, 4v /5/), (726) per el (1012 – 21, 2r /11/), (727) per la (1012 – 24, 2v /13/), (728) con le (1012 – 25, 2r /9/), (729) con el (1012 – 25, 2r /15/), (730) con lo (1012 – 1, 1r /7/), (731) con la (1012 – 16, 1v /1/), (732) in la (1012 – 1, 2r /11/), (733) in lo (1012 – 27, 1v /2/), (734) in el (1012 – 25, 1v /3/), (735) de la (1012 – 27, 1v /15/), (736) de le (1012 – 16, 1v /14/), (737) a la (1012 – 16, 1v /10/), (738) a le (1012 – 15, 4v /4/), (739) da la (1012 – 16, 4r /19/).

Adjektivflexion und -komparation Die Adjektivflexion zeigt zahlreiche Parallelen zu derjenigen der Substantive. Die maskuline Form der Adjektive auf 537 weist gemeinsam mit den maskulinen Adjektiven auf im Plural auf: (740) pochi dinari (1012 – 21, 1v /12/-/13/), (741) beni feudali (1012 – 1, 3r /15/), (742) buoni consiglieri (1012 – 16, 4r /8/), (743) fanti inhabili descalczati et mal vestiti (1012 – 16, 7v /6/), (744) li principali doctori (1012 – 16, 3v /7/), (745) baroni aragonisi et imperiali (1012 – 1, 2r /15/), (746) pagamenti fiscali (1012 – 16, 1v /17/),538 (747) li ministri regali (1012 – 16, 6v /2/)539, (748) negotij particulari (1012 – 15, 1r /9/).540

Auch in der Adjektivdeklination stellt sich die Situation hinsichtlich der weiblichen Form komplexer dar als für das maskuline Paradigma. Im Singular auf auslautende Adjektive flektieren im Plural auf , wie die Beispiele (749) tante buone provisiune (1012 – 1, 1v /9/)541 und

537 Zu dieser Klasse zählt in den Briefen augenscheinlich auch malo in malo vultu (1012 – 25, 2r /17/). In sto malo (1012 – 21, 2r /19/), (1012 – 15, 2r /11/) tritt diese Form auch in adverbialer Funktion auf. 538 Die Singularform des Adjektivs tritt in advocato fiscale (1012 – 15, 2v /18/) auf. 539 Vgl. im Singular patrimonio regale (1012 – 15, 2v /13/) und die apokopierte vorangestellte Form regal servitio (1012 – 27, 1r /3/). 540 Vgl. im Singular uno negotio particulare (1012 – 15, 1r /18/). 541 Vgl. im Singular buona infanteria (1012 – 1, 1v /6/).

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

(750) le misme pesate (1012 – 16, 4v /1/ – /2/)542 zeigen. In Fällen, in denen das Adjektiv im Singular auf flektiert, verändert sich der Auslautvokal im Plural nicht, wie bereits für die Substantive aufgezeigt wurde. So finden sich die Paare (751) dignita imperiale et regale (Sing.) (1012 – 27, 2r /7/) und (752) v(ost)re rente regale (Plur.) (1012 – 16, 1v /10/) sowie (753) persona grave (Sing.) (1012 – 15, 1v /18/) und (754) persune grave et temperate (Plur.) (1012 – 16, 4v /17/ – /18/). Nur durch den Kontext bzw. das determinierte Substantiv klar erkennbare Pluralformen lassen sich auch in (755) terre demaniale (1012 – 16, 4v /15/), (756) le altre cose pertinente (1012 – 15, 2v /6/) und (757) doi consiglieri persune notabile (1012 – 16, 4r /12/) feststellen. Das Beispiel (758) persune non del tutto habili (1012 – 16, 3v /3/ – /4/), in welchem trotz des weiblichen Genus des determinierten Substantivs die Endung auftritt, kann als beginnende Generalisierung von für die Pluralmarkierung auch von femininen Adjektiven auf und somit als Hinwendung zum Toskanischen interpretiert werden. Daneben findet sich auch die spanische Adjektivdeklination, die in der Regel ausschließlich anhand der Pluralbildung von italienischen Formen unterscheidbar ist: Bei (759) hombres legos (1012 – 25, 2r /1/) kann aufgrund der Numerusmarkierung, in (760) ombre cuerdo (1012 – 24, 2r /18/) dagegen aufgrund des Diphthongs in Verbindung mit dem determinierten Substantiv eindeutig von morphologisch nicht integrierten Hispanismen gesprochen werden. Relativ klar erscheint die Lage auch bei (761) carte (…) dirigide (1012 – 16, 6v /13/ – /14/), da das adjektivisch gebrauchte Partizip offensichtlich nach dem kastilischen Derivationsmuster gebildet ist, während in (762) molte lettere directe (1012 – 16, 6v /18/) das italienische Äquivalent in latinisierender Graphie vorliegt. Im Bereich der Adjektivkomparation lassen sich analytische Komparationsmuster eindeutig zuordnen, je nachdem, ob sie auf magis oder auf plus zurückgehen. Dem Spanischen zuzuordnen ist (763) lo mas poderoso s(ign)or (1012 – 1, 4r /16/) während (764) piu gagliardi remedij (1012 – 1, 1r /17/) in die Italoromania fällt. Bei Adjektiven, die eine synthetische Komparation aufweisen, ist es dagegen schwieriger, diese eindeutig nur einem Komparationsmuster zuzuordnen: In (765) la maior parte (1012 – 16, 2r /1/) und (766) lo maior cuydado (1012 – 16, 3r /14/) ist es unmöglich, zwischen einer latinisierenden Graphie und einem Einfluss des Spanischen zu unterscheiden. 542 Vgl. im Singular la misma causa (1012 – 15, 2v /19/). Auffällig ist hier die Applizierung des italienischen Flexionsparadigmas auf einen lexikalischen Hispanismus.

4.2 Mehrsprachigkeit der Texte: Briefe von Sigismondo de Loffredo

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Pronomina Auch das Panorama der Pronomina in Loffredos Briefen stellt sich komplex dar. Die folgende Übersicht konzentriert sich auf die Personalpronomina, bezieht aber auch eine kurze Darstellung der Demonstrativa und der Possessivpronomina / -adjektive ein. Personalpronomina Die betonten Personalpronomina werden auf Grundlage der von Ledgeway vorgenommen Differenzierung funktional in „pronomi personali tonici nominativi“ und „pronomi personali tonici obliqui“ unterschieden.543 Die Unterscheidung zwischen den beiden genannten Gruppen ist von Bedeutung, da Teile der Paradigmen im Altneapolitanischen homophon beziehungsweise homograph sind.544 Für die betonten Personalpronomina im Nominativ tritt im Korpus Jo und dessen Allograph io für die erste Person Singular auf, was als Fortsetzung von ego Toskanisch, Neapolitanisch und Kastilisch verbindet. Dies lässt zumindest graphisch keine Unterscheidung zwischen den beiden erstgenannten Idiomen zu: (767) Jo non volsi signalare dicta littera (1012 – 24, 2v /7/), (768) io avisai ad v(ostra) M(aes)ta (1012 – 1, 2r /14/). In der dritten Person Singular liegen die männlichen Pronomina el wie in (769) El dixo (1012 – 25, 2r /8/) und (770) ahunche el sia ombre cuerdo (1012 – 24, 2r /17/ – /18/) sowie ipso z. B. in (771) ma como ipso tam be se occupa (1012 – 16, 3v /9/ – /10/) vor. Wie De Blasi / Imperatore anführen, ist el mit großer Wahrscheinlichkeit als iberoromanische Entlehnung einzuschätzen und geht vermutlich auf das katalanische ‘ell’ zurück, welches bereits in aragonesischer Zeit in Neapel bekannt war.545 Die Verwendung von ipso hingegen ist klar als süditalienisch einzustufen.546 Die 543 Ledgeway 2009, 271 ff. Die Kategorie des Komitativs, die Ledgeway (ebd.) nennt, wird in der vorliegenden Analyse nicht abgegrenzt, da das Korpus hierfür keine Belege liefert. 544 Dies lässt sich beispielsweise für die Pronomina der 1. und 2. Person Plural feststellen, deren Nominativ- und Obliquus-Formen beide respektive auf nos und vos zurückgehen. Auch in den maskulinen Pronomina der 3. Person Singular, die auf ipsum und illum zurückgehen, den aus ipsam e illam entstandenen weiblichen Pronomina der 3. Person Singular sowie den auf ipsi, illi und illorum (3. Plural, männlich) und den auf ipsae, illae, illorum zurückgehenden weiblichen Pronomina der 3. Person Plural tritt diese Homonymie auf (vgl. Ledgeway 2009, 272). 545 De Blasi / Imperatore 22000, 179. 546 Vgl. Rohlfs 1968, 134; Ledgeway 2009, 276 ff.

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

latinisierende Graphie in den Okkurrenzen von ipso und des Plurals ipsi kann darauf hindeuten, dass die Formen des Neapolitanischen isso / issi als stark regional und in der Folge als diastratisch-diaphasisch niedrig markiert empfunden wurden und aus diesem Grund den lateinischen Formen der Vorzug gegeben wurde. Diese und ähnliche Phänomene zeigen deutlich, dass zwar bestimmte, vermutlich (dia-)topisch markierte Elemente vermieden wurden, dies allerdings nicht umgehend in die Übernahme des toskanischen Modells münden musste. Im Korpus fehlen in der Tat Spuren des toskanischen Subjektspronomens ello 547 ebenso wie Okkurrenzen des sukzessive Nominativfunktion übernehmenden ursprünglichen Akkusativpronomens lui. Die betonten weiblichen Subjektpronomina der 3. Singularperson, die als Form der höflichen Anrede herangezogen wird, lauten in den Briefen Loffredos ella wie in (772) in la forma che ella mandare (1012 – 25, 2v /15/ – /16/), (773) ella lo augumento (1012 – 16, 7v /13/), (774) sapendo ella che in tal carrico è menestiere ponere persona grave (1012 – 15, 1v /17/ – /18/)

und epsa wie in (775) V(ostra) M(aes)ta ultra li servitij passati tanto grandi et signalati che lo Re catholico et epsa haveno receputo (1012 – 27, 1r /5/ – /6/).

Graphisch verbindet ella ein weiteres Mal Toskanisch, Neapolitanisch und Kastilisch. Epsa dagegen ist wie ipso / ipsi als in teilweise latinisierender Graphie kaschiert auftretende süditalienische Form zu werten. Für die 1. Person Plural fehlen wie auch für die 2. Person Singular Belege. Die 2. Person Plural tritt ein einziges Mal in der Form (776) voi non havete servito con le arme (1012 – 25, 2r /8/ – /9/) auf. Mit (777) ipsi (1012 – 1, 1r /9/) für die 3. Person Plural findet sich durch die latinisierende Graphie maskiert wieder eine süditalienische Form. Auch die obliquen betonten Personalpronomina lassen oftmals keine eindeutige Zuordnung zu ausschließlich einem der beteiligten Idiome zu. So verhält es sich z. B. bei der 1. Person Singular me, welche Toskanisch und Neapolitanisch kennen, in den Belegen (778) ad me non è parso buscarle (1012 – 16, 1r /22/), (779) referio lo negotio ad me (1012 – 25, 1r /15/ – /16/), (780) per me (1012 – 25, 1v /6/),(781) di me (1012 – 25, 2r /10/).

547 Das Korpus enthält ebensowenig Belege der süditalienischen Variante der Fortsetzung von illum illo / ello.

4.2 Mehrsprachigkeit der Texte: Briefe von Sigismondo de Loffredo

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In einem Fall greift Loffredo eindeutig auf das spanische Paradigma zurück: (782) nenguno mas de mi (1012 – 25, 1v /17/ – /18/). In der dritten Person wird die angesprochene Homonymie mit den Pronomen in Nominativfunktion greifbar. Ebenso wie el und ello in (783) et subridendo con el (1012 – 25, 1v /19/ – /20/), (784) se intenda in ello (1012 – 15, 1v /5/), (785) intervene assiduo in ello (1012 – 25, 1r /3/ – /4/), (786) che sia habile para ello (1012 – 16, 2r /17/) treten in der 3. Person auch ipso und epso in Obliquus-Funktion in (787) soleva stare in ipso (1012 – 1, 3v /18/), (788) in epso non si vede primor alcuno (1012 – 27, 1v /8/) und (789) con ipso (1012 – 16, 2v /3/) auf. Genauso verhält es sich bei den obliquen weiblichen Pronomina ella und epsa in (790) si poneno in ella (1012 – 16, 3v /21/), (791) unirse con ella lo monte (1012 – 16, 5r /22/), (792) In possessione de ella (1012 – 16, 6r /19/) und (793) da epsa (1012 – 16, 2r /11/), welche ebenfalls homonym mit den aufgezeigten Pronomina in NominativFunktion sind. Während ello in Nominativfunktion nicht auftritt, steht es in Obliquus-Funktion neben epso / ipso, welche auch Nominativ-Funktionen einnehmen können. Diese Tatsache kann als Indiz für eine beginnende Toskanisierung gewertet werden, da sie der seit dem 14. Jahrhundert für das Neapolitanische beobachtbaren Entwicklung des Ersatzes der auf ille zurückgehenden Pronomina durch die Fortsetzungen von ipse genau entgegengesetzt ist.548 Da sowohl das Spanische als auch das Toskanische ello in Obliquus-Funktion aufwiesen, können hier allerdings wieder beide Idiome als Quellen gedient haben, eine eindeutige Zuordnung ist unmöglich. In der 1. Person Plural findet sich im Obliquus noi in (794) ablamo intro de noi (1012 – 24, 1r /20/); für die 3. Person Plural verzeichnen die Briefe für die männlichen Pronomina neben dem spanischen ellos in (795) por ellos (1012 – 25, 2r /6/) auch ipsi in (796) la maior parte de ipsi (1012 – 548 In Bezug auf die betonten Nominativpronomina vgl. Ledgeway 2009, 277: „Uno sguardo generale ai testi tre- e quattrocenteschi rivela però una sensibile preferenza per le forme derivate da ipse ai danni di quelle derivate da ille, generalizzazione ribadita anche da Corti (1956, CLI – CLII) e interpretata a sua volta da Barbato (2001, 546 – 547) come conseguenza di una distinzione diastratica, per cui il pronome ‘illo’ sarebbe una variante arcaica caratterizzata da un connotato basso di fronte al pronome ‘isso’, preferito dall’uso colto. Comunque sia, a partire dal Cinquecento si impongono definitivamente i continuatori di ispe [sic] […]“ und weiter: „Con la già osservata perdita di illo intorno al Cinquecento, le funzioni oblique vengono da allora in poi svolte al singolare da isso / esso e al plurale da lloro e, almeno fino al secondo Settecento, isse / esse, nonché dalle forme del dimostrativo distale chillo“ (Ledgeway 2009, 280).

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

16, 2r /1/ – /2/). Toskanisierende Formen wie ellino oder loro hingegen treten nicht auf. Das weibliche Pronomen in der 3. Person Plural findet sich im Korpus in der Form (797) ipse (1012 – 16, 1r /19/). Die klitischen Pronomina Auch die klitischen Pronomina werden im Folgenden nach Person und Numerus gruppiert dargestellt. Für jede Person wird darüber hinaus unterschieden, ob es sich um ein für ein direktes Objekt stehendes Akkusativoder um ein Dativpronomen handelt, welches den präpositionalen Anschluss eines indirekten Objekts substituiert, auch wenn die Pronomina teils homonym sind. Das Korpus liefert Belege von me in der 1. Person Singular sowohl für den Akkusativ in den Fällen (798) me manda (1012 – 15, 1r /4/)549 und (799) affruentandome (1012 – 25, 1v /18 – /19/) als auch für den Dativ in (800) me è parso (1012 – 27, 2r /13/), (801) me è stato referito (1012 – 16, 6v /4/), (802) me occorre (1012 – 16, 8r /3/), (803) me e’ pareçido (1012 – 24, 2r /19/), (804) parendome (1012 – 16, 1r /22/), (805) me fo amico (1012 – 25, 2v /7/).

Die Homonymie dieser Pronomina kann als typische Entwicklung für Kampanien angesehen werden. Eine vergleichbare Homonymie tritt auch im Toskanischen auf, allerdings in der Form mi.550 In der dritten Person Singular551 differenzieren sich die Akkusativpronomina in männlich lo, wie in (806) lo rege [il castello]552 (1012 – 1, 4r /2/), (807) lo devimo adiutare [il/lo sellaro] (1012 – 25, 1v /4/ – /5/), (808) lo deveno obedire [l’alarcone] (1012 – 27, 1v /2/),553 (809) non lo presentano [lo cumpto] (1012 – 16, 2r /2/), (810) guardarlo [lo regno] (1012 – 16, 1v /6/), (811) supplicandolo [il cardinale] (1012 – 15, 1v /1/)

und weiblich la, wie in 549 Mandare wird hier transitiv in der Bedeutung „Ordinare, comandare, dare un incarico“ (http://www.treccani.it/vocabolario/mandare/, [27. 03. 2013]) verwendet. Me fungiert folglich als direktes Objekt. 550 Vgl. Rohlfs 1968, 151. 551 Auch im Bereich der klitischen Pronomina lassen sich erwartungsgemäß keine Okkurrenzen für die 2. Person Singular feststellen. 552 In den folgenden Beispielen wird neben dem Pronomen und dem Verb in Klammern das Objekt angegeben, auf welches das Pronomen referiert. 553 Ubbidire wird hier transitiv gebraucht.

4.2 Mehrsprachigkeit der Texte: Briefe von Sigismondo de Loffredo

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(812) la envieno [la memoria] (1012 – 16, 3r /17/), (813) la perdio [la manu] (1012 – 24, 2r /1/), (814) revedendola [la lettera] (1012 – 16, 8r /9/), (815) signalarla [la carta] (1012 – 24, 2v /10/), (816) avisarla [v(ost)ra M(aes)ta] (1012 – 16, 1v /3/).

Die lokale Form des Maskulinums lu bzw. ’o tritt hingegen nicht auf.554 Für den Dativ ist das Bild weitaus heterogener. Beide Genera zeichnen sich durch den schwankenden Gebrauch von li und le aus. Um die Variation der Pronomina hinsichtlich der Abhängigkeit von ihrer syntaktischsemantischen Umgebung (Enklise / Proklise, Verbindung mit anderen Klitika, Verbalsemantik) zu prüfen, werden die Dativpronomina im Folgenden in ihrer Verbindung mit einzelnen Verben dargestellt. Hierbei wird pro type jeweils nur ein token einbezogen.555 In Verbindung mit dem Verb scrivere treten die Dativpronomina li und le auf, wie die folgenden Beispiele belegen: (817) se li è scripto [al marchese] (1012 – 1, 1v /15/), (818) scriverli [a v(ostra) M(aes)ta] (1012 – 15, 1r /5/), (819) le scrivo [a v(ostra) M(aes)ta] (1012 – 16, 1v /4/), (820) se li scrive [a v(ostra) M(aes)ta] (1012 – 27, 1v /23/).

Wie am Vergleich zwischen (819) und (820) erkennbar ist, scheint die proklitische Position nicht die Wahl eines bestimmten Pronomens zu bedingen, auch wenn das Genus des Substantivs in beiden Fällen gleich ist.556 Die Okkurrenzen der Dativklitika in Verbindung mit dare bestätigen die freie Alternation von li und le für beide Genera zumindest in proklitischer Position: (821) non li so’ state date [al marchese] (1012 – 1, 1v /18/), (822) darle [ad alcun su servitore] (1012 – 16, 2r /19/), (823) le desse [al dicto] (1012 – 24, 1r /14/), (824) le ha dato [a v(ostra) M(aes)ta] (1012 – 21, 2r /14/), (825) darle notitia [a v(ostra) M(aes)ta] (1012 – 15, 1r /10/), (826) li hanno dato buon cumpto [a v(ostra) M(aes)ta] (1012 – 21, 2v /10/).

Betrachtet man die Klitika in (822) und (824), wird deutlich, dass die Genusdifferenzierung anhand der Klitika opak erscheint – oder anders ausgedrückt: Das Genus des Substantivs bedingt nicht zwingend die Wahl eines bestimmten Klitikums im Dativ. Ähnlich große Variation lässt sich bei dire und contraddire in den folgenden Okkurrenzen feststellen: 554 Zum Formeninventar in Neapel und der Italoromania vgl. Ledgeway 2009, 300; Rohlfs 1969, 151 ff. 555 In Klammern wird das Substantiv angegeben, auf welches das Pronomen referiert. 556 Unter Umständen steht das Auftreten von li in (820) allerdings in Verbindung mit se. Vgl. zur Verbindung der Klitika in Verbindung mit se Ledgeway 2009, 347.

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

(827) le dixe [al cardinale de aragoni] (1012 – 16, 5v /22/), (828) li dixe [al cardinale] (1012 – 24, 1r /3/), (829) li possa contradire [al virrey] (1012 – 16, 4r /3/), (830) le contradicono [al virrey] (1012 – 16, 4r /4/), (831) dirle [a v(ostra) M(aes)ta] (1012 – 27, 1r /13/).557

Schlichtweg der Korpusgröße kann die Feststellung geschuldet sein, dass in Verbindung mit essere ausschließlich le in Referenz auf Substantive beider Genera auftritt: (832) essendole [al cardinale] (1012 – 25, 2v /5/), (833) le sia desreputatione [al virrey] (1012 – 16, 4r /17/ – /18/), (834) piu servitio le sia [a v(ostra) M(aes)ta] (1012 – 16, 1v /12/).

In Verbindung mit dem Verb parere beziehungsweise pareçer lässt sich – immer vorbehaltlich der Relativierung anhand größerer Korpora – in Loffredos Briefen eine Differenzierung in le bei Maskulina und li bei Feminina feststellen ((835) le pareçe [al cardinale] (1012 – 24, 2r /17/), (836) le parea [al cardinal] (1012 – 27, 1v /12/), aber (837) li para convenire [a v(ostra) M(aes)ta] (1012 – 15, 1v /17/)). Für die Verben mandare und cortare liegen nur Belege mit Referenz auf männliche Substantive vor: (838) le mando [a Don carlo] (1012 – 16, 1r /4/), (839) mandarle exercitare [al m(içer) marino] (1012 – 15, 3r /11/), (840) le cortasse [al dicto] (1012 – 24 1r /14/), (841) se li cortasse [al dicto] (1012 – 24 1v /9/), (842) se li corto [al dicto] (1012 – 24, 1r /14/).

Auch die Betrachtung anderer Beispiele zeigt eine freie Alternation von li und le. So ist in Tabelle 2 für maskuline Dativklitika ebensowenig eine systematische Differenzierung zwischen le und li erkennbar, wie in Ta557 Interessant ist der Vergleich der Belege für die Verben contraddire und ubbidire. Während für ubbidire in Beispiel (808) der transitive Gebrauch als Begründung für die Setzung des akkusativen Pronomens lo herangezogen werden kann, kommen für die Setzung des Dativpronomens li / le in den Okkurrenzen von contraddire in (819) und (830) mehrere Hypothesen in Frage: Entweder kann diese angesichts der Belege für dire auf morphosyntaktische Analogiebildung zurückgeführt werden, oder aber es kann eine Veränderung der Valenz den intransitiven Gebrauch eines im ToskanischItalienischen transitiven Verbs ermöglicht haben. Schließlich ist auch die Annahme einer zugrunde liegenden Konstruktion des Typs *contraddire a qualcuno möglich. Die Verwendung der Dativpronomina le und li an Stelle des Akkusativpronomens in Fällen, in denen das Substantiv, auf welches referiert wird, eine Person ist, ginge somit aus der präpositionalen Markierung des Akkusativs hervor. Ein ähnlicher Zusammenhang ist für spanische Varietäten belegt (zur Herausbildung des leísmo, loísmo und laísmo Lapesa 1981, 342).

4.2 Mehrsprachigkeit der Texte: Briefe von Sigismondo de Loffredo

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Tabelle 2: Dativklitika 3. Sing. mask. (843) le havea

[a lui]

1012 – 16, 2v /8/

(844) le vacasse

[a lui]

1012 – 16, 3v /13/

[al cardinale] 1012 – 15, 1v /3/

(845) li narraimo

[al governator] 1012 – 21, 2r /3/ – /4/

(846) le ha offerto (847) le piego

[a lo chi levao lo boffettone] 1012 – 24, 1v /18/ – /19/

(848) se li deve

[al Principe] 1012 – 21, 2v /5/ [al virrey] 1012 – 16, 4r /1/

(849) preponerle (850) adiongerli salario

[al m(içer) marino] 1012 – 15, 3r /13/ [al prior] 1012 – 25, 2v /2/

(851) se le expedesse (852) farli exercitare

[al m(içer) marino] 1012 – 15, 3r /13/

Tabelle 3: Dativklitika 3. Sing. fem. (853) impedirle (854) li done

[alla citta] 1012 – 1, 2v /8/ [a v.ta alt.] 1012 – 1, 4v /2/

(855) le envio

[a v(ostra) M(aes)ta] 1012 – 16, 3r /1/

(856) li conceda

[a v(ostra) M(aes)ta] 1012 – 1, 4v /2/

belle 3, die eine Übersicht über Dativklitika mit weiblichem Bezugswort gibt. Die Variation zwischen le und li scheint weder eindeutig durch das Genus des Substantivs noch durch die Position des Klitikums noch durch die Kombination mit anderen Pronomina bedingt zu sein.558 Diese Tatsache kann durch die Polyvalenz beider Formen im Toskanischen und Neapolitanischen bedingt sein: Während im Toskanischen li (später gli) für

558 So tritt zwar in Verbindung mit se für die 3. Person Singular maskulin in proklitischer Position häufiger li auf (vgl. (819), (842), (843), (849)) als le, allerdings nicht ausschließlich, wie (852) zeigt. Das Übergewicht von li kann somit auch schlichtweg der Korpusgröße geschuldet sein.

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

beide Genera gebraucht werden kann,559 „l’antico napoletano mostra invece ‘le’ [per entrambi i generi, V.S.] (per esempio dònale ‘gli dà’), in concordanza con le forme delle altre persone: me, te, se, nce, ve“.560 Daneben kann der frequente Gebrauch von le auch durch das homonyme spanische Pronomen, welches ebenfalls die Referenz auf Substantive beider Genera ermöglicht, verstärkt und bestätigt worden sein.561 Loffredos Briefe geben eindrucksvoll Einblick in ein angesichts der beginnenden Toskanisierung und der Sprachkontaktsituation instabiles Pronominalsystem. Es bleibt zu den Klitika der 3. Person Singular noch anzumerken, dass in den analysierten Briefen keine Belege für die auf hince zurückgehenden neapolitanischen Klitika auftreten. Unter Umständen handelt es sich auch bei dieser Absenz um eine Vermeidung von diatopisch und im sich konstituierenden Diasystem bereits diastratisch stark markierten Elementen. Es ist vor diesem Hintergrund wichtig, nicht nur den positiven Befund zu analysieren, sondern auch solche Elemente mit in die Überlegungen einzubeziehen, die in den beteiligten Varietäten bekannt sind, aber in den vorliegenden Briefen gerade nicht auftreten. Absent sind so auch die süditalienischen Formen der Klitika der 1. Person Plural wie das neapolitanische nce oder auch das ebenfalls süditalienische nde. Formen, in denen das Neapolitanische zumindest morphologisch Parallelen zum Toskanischen aufweist, sind hingegen vorhanden. Für die erste Person Plural etwa lassen sich in Loffredos Briefen sowohl Belege für das Dativpronomen ne ((857) ne fa le selle de cavalli (1012 – 25, 1v /4/), (858) ne le mando dare (1012 – 16, 3v /14/), als auch für ce finden ((859) ce contradixi (1012 – 25, 2v /1/).562 Dem Altneapolitanischen waren sowohl ci als auch das ältere ne bekannt. Das Toskanische kennt ebenfalls beide Formen, nce und nde dagegen nicht. Häufig ist ne auch als Akkusativpronomen der 1. Person Plural anzutreffen, wie in (860) expectarne (1012 – 15, 1v /1/), (861) exponerne (1012 – 15, 4r /7/), (862) haverne (1012 – 15, 4r /10/), (863) Dio ne guarde (1012 – 25, 3r /6/) und steht in dieser Verwendung nicht in Konkurrenz zu ce / ci, welches in diesem Kontext nicht auftritt. Eine Ausnahme zur ansonsten konstanten Verwendung von ne findet sich im spanischen Passus (864) sin che otro nos oyesse (1012 – 25, 2r /18/), in dem das alt559 „Lo sviluppo normale di illi in posizione proclitica dovrebbe essere nel toscano li per entrambi i generi. Questa forma troviamo difatti nel toscano antico […]“ (Rohlfs 1968, 154, [Sperrung im Original]). 560 Rohlfs 1968, 155, vgl. auch die empirische Bestätigung bei Formentin 1998 I, 324 f. 561 Vgl. Lapesa 1981, 342. 562 Ne geht auf nos zurück, während ce / ci sich aus hince entwickelte.Vgl. Ledgeway 2009, 300.

4.2 Mehrsprachigkeit der Texte: Briefe von Sigismondo de Loffredo

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spanische nos als Akkusativpronomen fungiert. Beispiele für die 2. Person Plural fehlen im Korpus. Für die 3. Person Plural lässt sich im Bereich der Akkusativpronomina eine klare Differenzierung zwischen li für maskuline Substantive, wie in (865) li fa presto [remedi] (1012 – 1, 1r /17/), (866) li ha pigliati [dinari] (1012 – 16, 2r /4/), (867) li quitano quanto quereno [vassalli] (1012 – 16, 6v /7/ – /8/), (868) li conducono [vacche, cavalli] (1012 – 16, 7r /10/), (869) li do rectamente [voti] (1012 – 25, 2v /11/), (870) portarli [registri] (1012 – 16, 1r /9/ – /10/), (871) poterli pagare [hominj] (1012 – 16, 7v /11/), (872) dandoli [dinari] (1012 – 16, 2r /6/)

und le für feminine Substantive feststellen: (873) le tene [le instructiune] (1012 – 16, 1r /19/), (874) le faceva [queste cose] (1012 – 16, 4r /21/), (875) ad chi le havesse da dare [carte] (1012 – 16, 6v /15/), (876) le havea expedite [le exequutoriali] (1012 – 25, 1v /14/ – /15/, (877) basteçirle [le cita] (1012 – 27, 1r /10/), (878) mandandole v(ostra) M(aes)ta buscare [le instructiune] (1012 – 16, 1r /17/ – /18/).

Das Dativklitikum ist für die 3. Person Plural maskulin563 li, wie in (879) non li danno obedientia [ai ministri] (1012 – 16, 6v /3/), (880) li dica [ai baroni] (1012 – 16, 6v /11/), (881) li ho poco credito [ai cappellecti] (1012 – 15, 2r /20/), (882) li farra [ad ditti patroni] (1012 – 21, 1v /17/),

sowie le im Fall (883) le pare sempre [al cardinale e al marchese] (1012 – 25, 2r /16/). Die mit den Dativ-Klitika der 1.Person Plural homonymen Lokativund Genitiv-Partitiv-Pronomina (wie das Italienische ne und ci) treten in den Briefen Loffredos in den folgenden Formen und Funktionen auf: Ce / ci tritt in lokativer Funktion auf wie in (884) ponerce [al castello] (1012 – 1, 3v /14/) sowie in Kontexten, in denen „[(n)ce] rimanda a un’intera preposizione, a un’idea generale o a un avvenimento piuttosto che a un referente specifico“,564 wie beispielsweise in (885) et de po se ce, e, usata grandissima negligentia (1012 – 16, 7r /20/). Vergleichbare Funktion hat ne in den Beispielen (886) se ne e vista la experientia (1012 – 16, 7r /19/), (887) non ne succederra scandalo (1012 – 1, 2v /1/ – /2/), (888) se ne haveno molte querele (1012 – 16, 4v /16/ – /17/), (889) sarria possibile che quando da alcune cita, et quando Da altre v(ostra) M(aes)ta ne havesse alcuno buono migliaro de docati (1012 – 16, 4v 563 Für das Dativpronomen in Referenz auf weibliche Substantive im Plural liegen keine Belege vor. 564 Ledgeway 2009, 312.

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

/21/ – /22/), (890) sapendo che v(ostra) M(aes)ta con su sapientissimo iuditio ne tiene lo cuytado (1012 – 15, 2r /4/ – /5/).

In genitiv-partitiver Funktion finden sich keine Belege für die von Ledgeway als Allomorphe für Neapel genannten Formen de oder nde,565 sondern ausschließlich Okkurrenzen von ne: (891) non ne vedo principio (1012 – 25, 3r /4/), (892) per la certinita che qua ne tenemo (1012 – 27, 1r /11/), (893) ne resultarra gran desservitio (1012 – 27, 1v /16/), (894) Me è parso avisarne v(ostra) Alt(ezza), (1012 – 27, 2r /13/), (895) ne perdero alcuno (1012 – 1, 1r /9/), (896) se ne saccasse buona quantita de dinari (1012 – 1, 3v /2/ – /3/), (897) concederlo per farne mercede (1012 – 16, 2r /15/ – /16/), (898) ne sequeano buoni effecti (1012 – 16, 5r /10/), (899) v(ostra) M(aes)ta ne serria ben servita (1012 – 16, 5r /14/), (900) ne teneva titulo et privilegio (1012 – 16, 6r /21/ – /22/), (901) ne le do notitia (1012 – 16, 7v /2/ – /3/), (902) Me è parso darne questa notitia ad v(ostra) M(aes)ta (1012 – 15, 1v /15/ – /16/), (903) cinquanta altre ne havea (1012 – 21, 1r /5/), (904) se ne have alcuno fructu (1012 – 21, 2r /2/), (905) io ne hebbi notitia (1012 – 24, 2r /12/), (906) avisarnela (1012 – 24, 2v /15/).

Die von Ledgeway angeführte zunehmende Durchsetzung von ne gegenüber nde und de um 1500,566 wird hier bestätigt. Demonstrativa Auch das Panorama der Demonstrativa stellt sich in Loffredos Briefen sehr vielfältig dar. Es finden sich zahlreiche Belege für das toskanische questo (z. B. (907) questo Regno (1012 – 27, 1r /10/), (908) questa v(ost)ra cita (1012 – 1, 2r /5/), (909) questi mesi (1012 – 16, 7r /18/), (910) queste parole (1012 – 1, 3r /2/); teils finden sich aber auch Belege, die dem neapolitanischen chisto zugeordnet werden können (z. B. (911) quisto vuostro Regno (1012 – 27, 1r /17/), (912) quista v(ost)ra cita (1012 – 24, 3r /6/), (913) quisti altri gubernatori de provintia (1012 – 27, 1v /1/ – /2/)). Ebenso verhält es sich beim zweiten Demonstrativ, das in einem Teil der Okkurrenzen eher dem neapolitanischen chillo denn dem toskanischen Paradigma quello zugeordnet werden kann: 565 Ledgeway 2009, 313. 566 Ledgeway 2009, 314. „Tale variazione allomorfica cessa però intorno al Cinquecento, data a partire dalla quale emerge una sola forma, vale a dire ne […] impiegata per le funzioni sia genitivo-partitiva ed elativa […]“ (Ledgeway 2009, 314). Auch hier setzt sich eine Form durch, die Parallelen zum Toskanischen aufweist, während andere Formen, die stärker regional begrenzt und diatopisch markiert erscheinen, zunehmend ausfallen.

4.2 Mehrsprachigkeit der Texte: Briefe von Sigismondo de Loffredo

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(914) quello impio tyranno et infidele (1012 – 1, 1r /18/ – /19/), (915) quel tempo (1012 – 16, 3v /7/), (916) quillo turcho (1012 – 1, 3r /8/), (917) quella gendarma (1012 – 16, 1v /7/), (918) quelli che li comperano (1012 – 16, 1v /21/), (919) quilli chepitanei (1012 – 27, 1v /12/), (920) quelle cita (1012 – 27, 1v /12/).

Die Entwicklung chisso (M M>S

medial Verlaut(lich)ung Verschriftung

konzeptionell Vermündlichung Verschriftlichung

Abb. 11: Vierfelderschema (Schlieben-Lange 1997, 5)

Während in einer Diktatsituation, wie sie beispielsweise für die Briefe Loffredos vorstellbar ist, häufig der medial mündliche Diskurs aufgrund der intentional bewusst angestrebten Verschriftung bereits konzeptionell schriftliche Elemente umfasst, kommt bei der Abfassung eines Protokolls, wie sie beispielsweise für eine Befragungs- oder Verhörsituation anzunehmen ist, dem Schreiber eine größere Rolle in der, auch konzeptionellen, Verschriftlichung zu, da der mündliche Diskurs nicht mit der Finalität der Verschriftung entsteht. Beide Überlegungen beziehen sich selbstredend auf ‘Idealtypen’ der beiden Verschriftungsvorgänge. So ist es zweifelsohne denkbar, dass in einer Diktatsituation der Schreiber massiv in die konzeptionelle Gestaltung des Diskurses beziehungsweise – als dessen mediale

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Transposition – des Textes eingreift.632 Aber auch der Vorgang des Protokollierens kann in seinem Authentizitätsanspruch ganz unterschiedliche Abstufungen aufweisen633 und in manchen Fällen gerade eine möglichst genaue, rein mediale Verschriftung des mündlichen Diskurses vorsehen. In anderen Fällen können aber auch erhebliche konzeptionelle Elaborationsvorgänge festgestellt werden, die im Diktat bereits an anderer Stelle, sprich in der mündlichen Vorlage, anzusetzen sind. Der Grad der beim Verschriftungsvorgang auftretenden Verschriftlichung hängt somit einerseits vom vorangehenden mündlichen Diskurs ab, also davon, ob dieser bereits in Richtung Schriftlichkeit konzipiert wurde, andererseits wird er auch von der Art des Protokolls und den dieses betreffenden diskurstraditionellen Vorgaben bedingt, die sich innerhalb der Verwaltung in verschiedenen Kommunikationssituationen stark voneinander unterscheiden können. Die Protokolle von Inquisitionsprozessen sind z. B. eine der klassischen Quellen für diachrone Mündlichkeitsforschung,634 da eine (wort-)getreue Wiedergabe der Aussagen auch juristische Relevanz hatte und somit der Schreiber die möglichst akribische mediale Transposition des Gesprochenen zur Aufgabe hatte.635 Es gibt aber auch Protokollarten, in denen die Distanz zur Mündlichkeit durch den Faktor der Verschriftlichung weitaus größer ist.636 Die Kenntnis der Position, die der Schreiber als „emisor secundario“637 im Verschriftungsprozess eines Protokolls ein632 Man denke hier nur an die Figur des öffentlichen Schreibers, der lange Zeit eine Mittlerfunktion für Menschen hatte, denen die mediale Schriftlichkeit und der distanzsprachliche Bereich nicht oder nur unzureichend zugänglich war. Sie mussten sich z. B. zum Zwecke der Kontaktaufnahme mit Behörden dieser Mittlerinstanz bedienen. 633 Zur Spannweite von Protokollierungsvorgängen vgl. Schlieben-Lange 1983, 48 f. 634 Vgl. Oesterreicher 2004b. 635 Vgl. z. B. den in 2.1.1 angeführten Fall des Prozesses gegen Tommaso Campanella. 636 Zur mit der medialen Transposition einhergehenden konzeptionellen Verschiebung vgl. Schlieben-Lange 1997, 5: „Bei genauer Betrachtung der Vierfeldersystematik wird deutlich, daß es deutliche Asymmetrien zwischen den beiden senkrechten Kolonnen gibt. Im Fall des medialen Übergangs [Verlautlichung und Verschriftung, V.S.] ist vorausgesetzt, daß bereits etwas im jeweils anderen Medium existiert, was bei den Prozessen der rechten Spalte [Vermündlichung und Verschriftlichung, V.S.] nicht notwendigerweise der Fall ist. Andererseits wird der einfache Medienwechsel, die Transkodierung als defizitär empfunden. Die Normalformerwartung ist die, daß mit dem Wechsel des Mediums entsprechende Veränderungen der Formulierung, der Versprachlichung, Veränderungen also konzeptionneller Art, einhergehen, jedenfalls außer in ganz eingeschränkten Funktionszusammenhängen (z. B. Protokoll eines Verhörs, Verlesen eines Dokuments).“ 637 Cano Aguilar 1998, 221.

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nimmt, ist fundamental für die Einschätzung der konzeptionellen Veränderungen, die sich bei der medialen Transposition ergeben.638 Die Analyse der jeweiligen diskurstraditionellen Vorgaben und der spezifischen konzeptionellen Elaborationsaufgabe des Schreibers ist zwingend erforderlich, um die sich aus der für die Art des Protokolls spezifischen Verschriftlichung und der sich daraus ergebenden Distanz des Textes zur vorangegangenen Mündlichkeit einschätzen zu können.639 Darüber hinaus muss berücksichtigt werden, dass in der Verwaltungskommunikation nicht nur Verlaufsprotokolle in Form einer Mitschrift eines ursprünglich mündlichen Diskurses angefertigt werden, sondern auch Ergebnisprotokolle, die Beschlüsse etc. festhalten, aber nur in äußerst begrenztem Umfang auf mündliche Kommunikationsvorgänge schließen lassen. Im folgenden Abschnitt werden Aspekte des Protokollierens in der neapolitanischen Verwaltungskommunikation ausgehend von der materiellen Dokumentation und metasprachlichen Beschreibung der jeweiligen 638 Vgl. Opielka 2002, 136: „Er [der Schreiber, V.S.] ist derjenige, dem in der Situation selbst die Aufgabe zufällt, das ursprüngliche Protokoll (als ‘Modalität des Sprechens’) den Schreibtraditionen gemäß in die Textsorte des Protokolls (als ‘Modalität des Schreibens’) umzuformen.“ 639 So schreibt Opielka bezüglich der von ihr untersuchten Zeugenaussagen der Residencia de Zuazo auf Hispaniola aus dem Jahre 1517: „Mit den Zeugenaussagen, die uns in der Residencia de Zuazo in Protokollform vorliegen, handelt es sich um einen Typ des Gerichtsprotokolls, in dem die Aussagen schriftlich fixiert wurden, die als Antwort auf einen – uns in einem anderen Teil der Akte ebenfalls vorliegenden – Fragebogen unter Eid gemacht wurden. Es ist anzunehmen, dass sie aufgrund ihrer Finalität mit dem Anspruch verschriftlicht wurden, den Inhalt der Zeugenaussagen dem mündlichen Vorbild nächstmöglich zu formulieren. Durch die Situation, in der die uns vorliegende Quelle verfasst wurde – in der nämlich der Kanzleischreiber, der Hörer und Schreiber in einem ist, die mündlich realisierte Aussage in schriftliche Form bringt – erlangt der Aspekt der Mündlichkeit in der Textsorte mehr als intuitiv Präsenz. Trotz allem stoßen wir mit Zeugenaussagen aus dem 16. Jh. auf die grundlegende Frage, inwieweit die Mündlichkeit, die als einleuchtende Konsequenz der Situation anzunehmen ist, in der uns nur schriftlich vorliegenden Quelle nachvollzogen und Elemente der Mündlichkeit eindeutig als solche erkannt werden können. Der wohl wichtigste Grund für diese Frage ist die starke Formelhaftigkeit, von der die Aussagen geprägt sind, da sie bei der Verschriftung einem tradierten Modell der Kanzleisprache angepasst wurden, dem der Schreiber der Textsorte gemäß folgte“ (Opielka 2002, 136). Zum Verhältnis zwischen ursprünglicher Mündlichkeit und Protokoll vgl. auch Topalovic´ 2003, 164: „Vernehmungsprotokolle sind als juristische Textsorte also keine Abbilder der tatsächlich stattgefundenen Kommunikation: sie unterliegen nicht nur sprachlichen, sondern auch institutionellen, hier verfahrenstechnischen, Modifikationen, die als institutionelle Vertextungs- und Reformulierungsstrategien verstanden werden können.“

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Vorgänge skizziert. Anhand von zwei Beispielen sollen unterschiedliche Arten des Protokolls mit Blick auf das Verhältnis zwischen Kommunikationssituation und Niederschrift skizziert werden, bevor die Visitationsprotokolle näher untersucht werden. Aus der Analyse der zuletzt genannten Protokolle werden im Anschluss Hypothesen zur Mehrsprachigkeit der diesen Protokollen zugrunde liegenden mündlichen Kommunikation und zur Mehrsprachigkeit der daran beteiligten Personen erarbeitet. Das Protokoll eines Prozesses vor dem Kollateralrat In den Akten der Visitation von Gaspar de Quiroga (Archivo General de Simancas – Visitas de Italia (im Folgenden AGS, V.I.)) wird im Legajo 348 – 19 die Mitschrift eines Prozesses aufbewahrt, der nicht im Rahmen der Visitation, sondern einige Jahre vor Beginn derselben vor dem Kollateralrat geführt wurde. Aus dem Prozessprotokoll wird hier exemplarisch ein Teilstück transkribiert. Während sich die Angabe von Ort und Datum, sowie teils die Narration von außersprachlichem Geschehen auf Latein findet, erfolgt die Transkription der Aussagen des Verhörten, der während der Befragung gefoltert wird, zunächst volkssprachlich in direkter Rede. Auch die Äußerungen, die durch die den Angeklagten verhörenden Regenten des Kollateralrats getätigt werden, werden teils in direkter Rede protokolliert, teils – ebenfalls auf Italienisch – in indirekter Rede wiedergegeben oder paraphrasiert.640 Erstaunlich erscheint am vorliegenden Protokollausschnitt, dass, sobald die Folter beendet ist und die Aussage des Gefangenen ausführlicher wird, die Wiedergabe der Zeugenaussage in indirekter Rede weitergeführt wird641 und nur vom Zeugen wiedergegebene vorangegangene Sprechakte in direkter Rede verschriftet werden.642 An dieser Stelle übernimmt der Schreiber stärker die Aufgabe der Selektion und Strukturierung der verschrifteten Aussage.643 (1261) Die 38 (sept)embris 1554 neap(oli) in R(eg)io cast(ell)o ovi 640 Es lassen sich in diesem Fall durch die Wiedergabe direkter Rede auf der ersten Seite der Prozessmitschrift Parallelen zum Protokoll des ebenfalls unter Folter geführten Prozesses gegen Tommaso Campanella sowie zu zahlreichen Inquisitionsprozessen ziehen. Der an dieser Stelle nur in einem kleinen Ausschnitt zitierte Prozess ist sehr umfangreich, gut erhalten und hält interessantes Material für eine nähere Untersuchung bereit. 641 Im Dokument ab 1v /16/. 642 Im Dokument ab 1v /22/. 643 Vgl. Opielka 2002, 138.

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Jo(hann)es Vincentius piscicillus predittus duttus in eode(m) loco torture preparato intus d(ic)tum R(egi)u(m) Castrum ante p(rese)ntiam ditti ex(cellen)ti d(omi)ni Regentis Polo, et mag(nifi)ci Antonij patigni regij cons(lia)rij et co(m)missario[…] Et monitus che voglia dire la verita chi foro li compagni ch’interven(n)ero co(n) esso deposa(n)te al trattato di pigliare, et tenere lo castiello, et t(er)ra di altavilla in servitio del Re di franza et de ferr(an)te sanseverino olim principe di sal(er)no dix(i)t signor no(n) ei la verita io no(n) ne sò nienti Et pluries monitus che voglia dir(e) la verita, et no(n) farse tormentare dix(i)t: sig(n)or mio per l’amor(e) de_la passione di (crist)o informative bene ch’io no(n) ne sò nienti, et lo tale et altri vendero p(er) arrobare Et man(da)to pred(ic)toru(m) d(omi)noru(m) p(er) exequtione[…] sup(radic)ti decreti citra […] p(re)iuditium probatoru(m), et ad sciendum complices […] ligatus ad cordam, et monitus che voglia dire la verita chi foro li (com)pagni che con esso deposante interven(n)ero al trattato in diservitio de sua M(aest)a dix(i)t no(n) ne sò nienti s(ign)or mio Jesu (cris)to ayutame à dire la verita, q(ue)llo che ho’ ditto ei la verita. pluries hec verba repetendo. Et alciatus ad corda(m) pluries vociferavit ho cristo mio, cristo mio, cristo mio, Et pendente in corda pluries vociferavit scenditime che dirò la verita scenditime che dirò la verita Et leviter depositus ad t(er)ram, et monitus che dica la verita chi foro li compagni di esso dep(osan)te che interven(n)ero ad assaltare, tenere, et render(e) lo castiello, et t(er)ra de Altavilla in servitio di Re de franza, et del’olim prencipe di sal(er)no dix(i)t che no(n) ne sape nienti. Et alciatus iteru(m) ad cordam dix(i)t scenditime che lo tale de tale se trovò al d(et)to trattato, et pluries monitus che dica la verita dixit nullo s(ign)or nullo io non so’ che dire sig(no)r polo mio mai tale fo’ et essendoli ditto chi foro li compagni toi interven(n)ero al ditto trattato dix(i)t mai tale cosa fo’ s(ignor) polo mio oime figli mei, oyme figli mei. Et pendens in corda dix(i)t per amor de dio scenditime, et essendoli ditto voi dire la verita dix(i)t s(ign)or si et essendoli ditto di la verita da loco dix(i)t mai tale cosa fo’ ne tale conserto si fece per me (cris)to mio beneditto, et demum tacuit. Et pendens in corda dix(i)t: he’ s(ign)or mio como io so stato bon servidor’ à sua M(aes)ta cossi me possi aiutare anuntiata mia gloriosa aiutame a_la verita. pluries hec verba repetendo. Et pendens in corda dix(i)t: figli mei pregati dio per me a_la verita, et essendoli ditto di la verita dix(i)t ch[…] volite che dica s(igno)r polo mio non ho’ che dicere. Et pendens in corda dix(i)t scenditemi che voglio dicer(e) la verita, et cu(m) fuisset dittu(m) alguczerijs ut ip(s)um deponerent dix(i)t che volite che dica, et essendoli dicto volemo che dichi la verita, dixit la verita la hò ditta, et sic non fuit depositus Et pendens in corda dix(i)t scenditimi s(ign)ori che voglio dire la verita, et essendoli ditto per ditto s(ign)or Regente polo adverti che dici la verita de tutto il fatto dix(i)t signor si calatime et leviter depositus ad t(er)ram, et positus ad sedendum super sedia, et monitus che dica la verita chi foro li compagni de esso dep(osan)te interven(n)ero al ditto trattato de pigliare il ditto castello In disservitio di sua M(aes)ta Ces(area) dixit ha’ sig(n)or mio per amor de (cris)to, et essendoli ditto di la verita dixit s(igno)r patigno mio non ci fo’ nesciuno io no(n) ne so’ nienti ho signor mio Jesu (cris)to aiutame et Iteru(m) alciatus ad cordam dum alciaret: dix(i)t s(igno)r scenditime io dissi a_lo tale de tale che venesse scenditime che dirò la verita Et man(da)to pred(ic)toru(m) d(omi)norum iterum leviter depositus ad t(er)ram, et positus ad

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sedendu(m) super sedia et monitus che voglia dire la verita chi foro li compagni di esso dep(osan)te intervennero al ditto trattatto di rendere, et tenere ditto castello in servitio de d(et)to olim principe di salerno, et di Re de franza dixit io sulo sig(n)or io sulo, et demum tacuit, et essendoli ditto dicite la verita dix(i)t como volite che dica la verita che non lo so dire dixit di q(ue)llo che hai fatto, et cossi lo saperai dire respondidit io non lo ho fatto Et iterum alciatus ad cordam dix(i)t ha misericordia a’ misericordia io non so che dire et pendens in corda dixit a’ signori scenditime che dirò la verita, et essendoli ditto dillo da loco dixit fui io sulo sulo che lo dissi a_lo tale che venesse scenditimi che lo voglio dire, dixit volite che dica che fo’ lo tale che me_lo comandao, et essendoli ditto di_la verita, noi non ve dicimo nienti dix[…] sig(no)ri lo tale me_lo comandao che lo facesse scenditime che dirò la verita, et essendoli ditto voi dire la verita dix(i)t sig(no)ri scenditime che a fede diro la verita et depositus iterum man(da)to pred(ic)torum d(omi)norum leviter ad t(er)ram, et sedens sup(er) sedia monitus che dica la verita poi che hai chiamato dio, et p(re)gatolo che te aiuta a’ dire la verita, dillo che dio vole che la dici, et considera che la corte non veneria a q(ue)ssi termini con voi senza gran causa, et avertite che farite gran servitio a dio, et a sua Ces(area) M(aes)ta a dire la verita de tutto il fatto, dixit che del mese de Jugno o Julio proxime passato ha’ fatto lo anno, et proprie in q(ue)llo t(em)po che la s(igno)ra principessa di salerno stava et allogiava in li casi del s(igno)r Don ferr(ante) de consaga, et che dalla a quattro o cinque di se_ne intrò in castello retrovandose esso dep(osan)te in nap(oli) chiamato dal tale ch’era venuto da Altavilla un di essendo esso dep(osan)te in camera de_lo tale lo quale alhora era venuto da roma, ditto tale disse ad esso dep(osan)te in secreto, et appartato como l’armata del turcho insiemi con lo p(rin)cipe di salerno venea, et gia era in regno perche se intendea che era verso la roccella de calabria, et che era de bisogno fare uno servitio al tale, et al p(rin)cipe, et in q(ue)sto parlare sopravenendo llà lo tale, et volendose retirare esso dep(osan)te de d(et)to parlamento per causa de d(et)to tale ditto tale disse ad esso dep(osan)te: no(n) ve curate per che questo è de_li n(ost)ri, et ve_ne possite fidare, et ditto questo sequio lo parlamento suo dicendo com’e’ necessario che facciate una opera che andate subbito in Altavilla, et parlati con q(ue)ssi forasciti cio e’ con lo tale de Altavilla, et tale, et tale, et le pregate, consertate, et astregnite da parte del tale che vogliano fare quanti gente poteno, et che vengano in altavilla, et piglieno la t(er)ra, et lo castiello, et che se facciano forti llà et lo tengano ad Instantia del p(rin)cipe di Salerno, et di Re de franza (…).644

An dem zitierten Ausschnitt ist erkennbar, dass in Protokollen dieser Art zwar prinzipiell ein Zugang zur Mündlichkeit in der Diachronie gegeben sein kann,645 dessen Qualität aber in erheblichem Umfang von der Art der Verschriftlichung abhängt, die der Protokollant vornimmt. Während im ersten Teil des Prozesses die Aussagen in direkter Rede verschriftet werden, sorgt im späteren Verlauf die Verwendung der indirekten Rede für die Wiedergabe der Zeugenaussage, abgesehen von in dieser enthaltenen 644 AGS, V.I. 348 – 19, 1r – 1v, [Hervorhebungen V.S.]. 645 Vgl. Oesterreicher 2004b, 752 ff.

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Aussagen Dritter, und die dadurch erfolgende deiktische Verschiebung für eine erhebliche Distanz zur Mündlichkeit. Die Libri notamentorum der Regia Camera della Sommaria Eine andere Art des Protokolls, die eher als Ergebnisprotokoll denn als Transposition mündlicher Diskurse ins graphische Medium eingestuft werden kann und sich damit sowohl vom Protokoll des Prozesses vor dem Kollateralrat als auch von den später zur Sprache kommenden Visitationsprotokollen unterscheidet,646 findet sich in den Büchern, in denen innerhalb der Regia Camera della Sommaria das dort ablaufende Tagesgeschäft protokolliert wurde.647 Es handelt sich hierbei um die so genannten Libri Notamentorum, in denen vom Notador 648 die wichtigsten „Eckdaten“ zur Anwesenheit der Presidenti und des Luogotenente, zu verhandelten Fällen und Entscheidungen festgehalten wurden, wie sich aus der Frage 9 des Interrogatorio im Prozess gegen den Notador aus der Visitation von Gaspar de Quiroga entnehmen lässt: 9 Si el dicho substituto649 que es y ha sido ha servido y sirve su off(ici)o fiel- y continuamente, annotando dia por dia lo que se haze en el tribunal de_la 646 Wir befinden uns hier also nur noch eingeschränkt im Bereich dessen, was SchliebenLange (1983, 48) als Modalität des Sprechens bezeichnet. Berücksichtigt man die Tatsache, dass es sich – auch wenn auf einer sich durch die erhebliche Elaboration der Protokolle vielfach durch Opazität hinsichtlich der sprachlichen Gestalt der ursprünglichen Kommunikation auszeichnenden Ebene – in vielen Fällen um Paraphrasierungen des Inhalts von einzelnen Aussagen handelt, müssen allerdings auch diese Protokolle in eine Betrachtung der Protokollierungsvorgänge in der Verwaltungskommunikation einfließen. 647 Es handelt sich um den Archivbestand Archivio di Stato di Napoli – Sommaria – Notamentorum. Auch im Consiglio Collaterale wurden Protokolle (‘Notamenti’) der einzelnen Sitzungen durch den Segretario del Regno angefertigt: „Tra le mansioni più rilevanti che il segretario era tenuto a svolgere è sicuramente la stesura dei verbali delle riunioni: vincolato alla massima segretezza per ovvie ragioni professionali, egli presiedeva a tutte le sedute del Consiglio e annotava nel suo prezioso registro (notamento) ogni opinione espressa da ciascuno dei membri (reggenti e viceré, nel Collaterale; consiglieri, in S. Chiara)“ (Ascione 1992, 569). Eine vergleichende sprachwissenschaftliche Untersuchung der verbliebenen Notamenti im Staatsarchiv Neapel mit den Protokollen der Sommaria wurde bisher nicht durchgeführt, könnte aber sicherlich Hinweise auf Wiedergabestrategien und Formen der Mehrsprachigkeit geben, die im Rahmen dieser Arbeit nicht aufgegriffen werden konnten. 648 Vgl. zum Amt des Notador 3.2.2. 649 Da das Amt von einem Vertreter des eigentlichen Amtsinhabers ausgeübt wurde, bezieht sich das Interrogatorio hier bereits auf den Stellvertreter.

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Camara, y si vienen a el el lugartin(iente) y presidentes o faltan y la causa porque dexan de venir.650

Die im Archivio di Stato di Napoli (ASN) aufbewahrten Libri notamentorum sind nicht die direkte Mitschrift eines mündlichen Diskurses und auch nicht die erste Fassung des Ergebnisprotokolls, sondern die Abschrift „in bona littera“ eines vorangegangenen „squarciafoglio“, wie uns der das Amt des Notador ausübende Francesco Palumbo in seiner Aussage mitteilt: Item pone como detto off(ici)o è d’assai travaglio, et faticha, havendo pensiere, di notare tutto quello che si tratta in la bancha della R(eg)ia camera, fando ciascuno mese di tal’ notamento un’ quinterno di carta detto squarciafoglio Il qual squarciafoglio poi è tenuto copiarlo in bona littera, et ponerlo in libro notamentor(um), taliter che ciascun’ mese si viene à far fatica de scrittura de doi quinterni di carta.651

Neben der formalen Reinschrift kann eine textuelle und auch sprachliche Elaboration auf dem Weg vom (der Verfasserin nicht vorliegenden und vermutlich nicht erhaltenen) „squarciafoglio“ zum Libro notamentorum nicht ausgeschlossen werden. Nichtsdestoweniger soll hier ein kurzer Überblick über den sprachlichen und formalen Charakter der Einträge in den Libri notamentorum gegeben werden:652 Der lateinische Rahmen der Protokolle wird an manchen Stellen durch den Einschub von einzelnen, auf Italienisch wiedergegebenen Meinungsäußerungen in direkter oder indirekter Rede unterbrochen. Oft werden aber auch die Äußerungen einzelner Presidenti auf Latein paraphrasiert.653 Neben italienischen Einschüben sind in den Protokollen sporadisch auch spanische Abschnitte eingefügt, wie beispielsweise im Buch Nota-

650 AGS, V.I. 5 – 9, Interrogatorio para examinar los testigos en la Visita del notador dela Regia camara dela Summaria, Punkt 9, [Hervorhebung V.S.]. 651 AGS, V.I. 5 – 32, Ex[…]ones que offertuntur probiri coram R[…]mo d(omi)no Visitatore, pro parte Franc(isc)i palumbi exercentis officium notatoris R(eg)ie Cam(era)e Sum(maria)e, Punkt 2, [Hervorhebung V.S.]. 652 Aufgrund des schlechten Zustands der Libri notamentorum basieren die folgenden Ausführungen auf einer nur kursorischen Sichtung einzelner Bände. 653 Diese Tatsache ist nicht nur vor dem Hintergrund der deiktischen Verfasstheit des Protokolls interessant. Vergleicht man die vom Notador Decio Raparo angefertigten Protokolle mit den oftmals auf Spanisch verschrifteten Aussagen derselben Person in der Visitation von Lope de Guzmán, ist davon auszugehen, dass es sich bei Decio Raparo um eine mehrsprachige Person handelte, die je nach Situation und Diskurstradition das individuelle sprachliche Repertoire unterschiedlich nutzte. Vgl. die Rekonstruktion des Repertoires von Decio Raparo in 4.3.3.

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mentorum 34 angesichts der Ankunft des neuen Vizekönigs in Neapel, die folgendermaßen vermerkt wird: (1262) (…) oy a_las veinte o venteuna hora vino el Ill(ustrissi)mo y ex(cellentissi)mo s(eñor) don perafan de ribera duque de alcala y marques de tarifa y virrey deste reyno el qual vino con las galeras despana y del principe doria desembarco en el muelle de napoles donde le tenian hecho un puente dentro en mar cubierto de tafeta(n) royo y amarillo, salieronlo a recebir todos los tribunales [Randvermerk: entrada del virrey en napoles] los quales se havian juntado en palacio para este efeto fue […] deste ano el Ill(ustre) duque marques de lauro y assi con la dicha compania y otros muchos cavalleres se vino derecho a palacio […] n(uest)ro s(eñor) le de gra(tia) que haga lo que toca a su servicio y al de su rey y de sus vasallos. 654

Dasselbe lässt sich auch anhand des auf den darauffolgenden Tag datierten Eintrags beobachten, der die Prozession des Vizekönigs durch Neapel beschreibt: 654 Archivio di Stato di Napoli (ASN), Sommaria, Notamentorum 34, 225v, Eintrag vom 13. 06. 1559. Der Schreiber ist in diesem Fall wahrscheinlich Martin Coscolin, der das Amt des Notador in Vertretung des eigentlichen Amtsinhabers Bernardino beziehungsweise Bernabe García ausübte, bevor er sich ca. ab dem Jahr 1560 selbst von Francesco Palumbo vertreten ließ (vgl. die auf den 28. 01. 1562 datierte Aussage von Francesco Palumbo, in der er angibt, das Amt seit ca. 2 Jahren im Auftrag von Coscolin auszuüben: „Et dum eidem testis diceretur como exercita este deposante el d(ic)ho officio de notador si no conoce al patron del, y en cuyo nombre l[…] exercita: dixit che lo mag(nifi)co Martino Coscolino sonno circa doi anni che parti da Napoli per spagna et disse ad esto deposa(n)te che lo havea nominato per Notator de_la Regia camara, e che per detta camara se ne era spedita consulta a’ sua ecc(ellenz)a et era rimasto servito che esso deposante esercitasse detto officio. Però una mattina entro esso dep(osan)te nella banca, e quelli s(igno)ri li ordinorono che servesse in detto officio et cossi incominciò a servire et lo ha continuato et continuerà insin’ a’ tanto che li sarà altramente ordinato. Seu insin’ à tanto che ritornera Il detto Coscolino Il quale per avanti lo esercitava in nome del detto patrone cognomine de Garzia secondo esso deposante intendeva dire“ (AGS, V.I. 5 – 9, 9r /6/ – /18/, [Hervorhebung V.S.]). Vom in der Regia Camera della Sommaria tätigen Antonio Squillante wird Martin Coscolin in der Visitation von Lope de Guzmán als Spanier bezeichnet (vgl. 3.2.2), was unter Umständen die Verwendung des Spanischen begünstigt hat: „Super primo capitulo Interrogatorij dix(it) che de vinte anni in qua’ si recorda haverno fatto l’officio di segretario, et pronotatore In la regia Camera de_la Sum(aria) lo primo fù uno spagnuolo di casa Coscolino, appresso poi Franc(es)co Palumbo, Paulo de Curtis, Cesare Raparo, Gio(vanni) Battista Coppola, et decio Raparo al p(rese)nte segretario, et anco Gioan de Florio, et esso t(estimon)io alli 15 di questo mese ha fatto pro notatore per Impedi(men)to di detto Decio“ (AGS, V.I. 32 – 1, Prozess gegen den Segretario der Sommaria, s. f., Aussage von Antonio Squillante vom 24. 01. 1583, Punkt 1, [Hervorhebung V.S.]).

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(1263) (…) oy a veinte horas lo Ill(ustrissi)mo y ex(cellentissi)mo s(eñor) virey salio de palacio acompanado de todos los tribunales, y de la nobleza y cavalleria y demas y fuè a_la [Randvermerk: possessione del vicere] […] mayor donde fue leyda su comissio(n) de visorey deste reyno y despues de dicho el te deum laudam(us), se […] y de_los castillos se le hizo grande salva.655

Es liegt in den Büchern der Archivserie Notamentorum trotz der genannten volkssprachlichen Einschübe ein im Vergleich zur Wiedergabe direkter Rede im Prozess vor dem Consiglio Collaterale eher am anderen Endpunkt der Spannweite angesiedelter Protokollierungsvorgang vor: Anstelle einer (wort-)getreuen Verschriftung, wie sie in Beispiel (1260) zumindest partiell festgestellt wurde, stellen sich die Protokolle hier überwiegend als inhaltliche Resümees dar. Bezüglich der Mehrsprachigkeit der Verwaltungskommunikation wird durch den hohen Anteil an Latein innerhalb der Libri Notamentorum und den über weite Strecken feststellbaren Charakter des Ereignis- bzw. Ergebnisprotokolls die Hoffnung auf eine mögliche Rekonstruktion der (volkssprachlichen) Mehrsprachigkeit der intrainstitutionellen Kommunikation, d. h. der eventuell mehrsprachigen Kommunikation zwischen den Presidenti unterschiedlicher Herkunft enttäuscht. Nur in wenigen Passagen lassen die Protokolle plausible Rückschlüsse auf die in der Mündlichkeit verwendeten Sprachen zu.656 Zu Ablage- und Archivierungszwecken, die dem Bereich der intrainstitutionellen Kommunikation zugerechnet werden können, hatte das Lateinische an dieser Stelle offensichtlich im 16. Jahrhundert noch eine herausragende Funktion. Allerdings lassen die in die Bücher der Archivserie Notamento655 ASN, Sommaria, Notamentorum 34, 227v, Eintrag vom 14. 06. 1559. 656 So z. B. im Falle des von Muto (1982, 498) zitierten Passus aus dem Eintrag vom 27. April 1543 im Buch ASN, Sommaria, Notamentorum 24, 44v : „dominus Bart. Camerarius locum. regiae camere dixit in vulgare sermone. notatore nota che io dico che si lo ill.mo signor viceré mi lassa a me con li miei compagni presidenti di questa regia camera fare il servizio senza empaccio de quilli che li vanno alle orecchie con dire che tutte le mie cose sono vacanterie dinanzi de uno anno yo darò a la M. Ces. de vera intrata cento mille ducati di intrata et che S. M. C. et Sua Excelencia ne remeneno li miei servitii passati“, in dem die Sprachverwendung durch „dixit in vulgare sermone“ explizit thematisiert wird (Transkription und Quellenangabe nach Muto 1982). Dass beim Übergang vom nicht vorliegenden „squarciafoglio“ zum eigentlichen Libro Notamentorum ein tiefgreifender sprachlicher Elaborationsprozess und eventuell auch Übersetzungsprozess Volkssprache(n) – Latein vonstatten ging, kann zwar nicht ausgeschlossen werden, ist aber angesichts des zitierten Passus, in dem die Verwendung der Volkssprache in der Mündlichkeit metasprachlich thematisiert und als solche wiedergegeben wird, eher unwahrscheinlich.

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rum des Staatsarchivs Neapel als Belege mit eingebundenen Schreiben anderer Parteien und Organe Rückschlüsse auf extra- und interinstitutionelle Kommunikation verschiedener Instanzen mit beziehungsweise innerhalb der Regia Camera della Sommaria zu.657 4.3.2 Die Visitationsprotokolle: Struktur und Sprachverteilung Während in den in Kapitel 4.2 analysierten Briefen Loffredos mehrsprachige Texte vorliegen, die einer monodirektionalen Kommunikationssituation entstammen, werden im folgenden Abschnitt Texte behandelt, die zwar an der Oberfläche als mehrsprachige Texte erscheinen, deren Bestandteile aber aufgrund der Tatsache, dass es sich um Protokolle der Visitationsbefragungen handelt, nicht nur von einem Sender ausgehen. Sie sind vielmehr Zeugnis von mehrsprachiger Kommunikation zwischen verschiedenen Akteuren und als mehrsprachige Protokolle nur das Ergebnis der Verschriftung (und Verschriftlichung) eines medial zunächst mündlich ablaufenden Kommunikationsgeschehens mit verschiedenen Beteiligten, die sich als Sender und Empfänger abwechseln. Aus diesem Grund werden die Visitationsprotokolle hier als Zeugnisse mehrsprachiger Kommunikation und nicht (nur) als mehrsprachige Texte behandelt.658 657 Zum systematischen Einbinden verschiedener Schreiben in die Bücher Notamentorum gibt uns Francesco Palumbo in seiner Aussage vom 28. 01. 1562 Auskunft: „Qua(n)to all’altro libro de_le sententie et decreti che se Interponeno alle cause dice che e’ lo medesimo libro notament(orum) dove se scrive ogni cosa e non se fa libro à parte perche non se e’ fatto mai Che habbia visto esso deposante, et melius recordatus dixit che da circa dieci mesi in qua in camera per novo ordine se é observato che lo Rationale quale viene à Riferire porta due copie de dubij una tiene in mano su[…] et l’altra consegna al notatore et alla margine de ciaschuna partita se nota quello se provede In detti dubij Itaq(ue) se viene à notare ogni cosa et se di sopra esso dep(osan)te non lo have ditto e’ stato non per non volerlo dire ma perche non se ne ricordava à causa che lo libro di detto tempo notamentor(um) non lo ha legato ancora ne lo quale se coseno à loro giornate dette copie de dubij“ (AGS, V.I. 5 – 9, 11r /17/ – 11v /5/). 658 In der hier vorliegenden Analyse liegt das Hauptaugenmerk auf der Analyse der Sprachverteilung und der Besonderheiten der Struktur der Visitationsprotokolle in Bezug auf die Art der Verschrift(lich)ung des medial mündlichen Diskurses. Die angeführten Quellen und die in Simancas aufbewahrten Akten bieten aber auch für andere Untersuchungen wertvolles Material. So wären sowohl eine varietätenlinguistische Analyse des verwendeten ‘Italienisch’ als auch die Untersuchung von vereinzelt auftretenden Interferenzen zwischen beiden Volkssprachen und deren Rückführung auf Zeugen und Schreiber hochinteressant.

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Wie in 3.2.1 erläutert, wurde der Verwaltungsapparat des Regno di Napoli in regelmäßigen Abständen durch die Visitationen inspiziert. Die Protokolle der im Rahmen der Visitationen durchgeführten Befragungen, bei denen der Zeuge, der Visitator und der Sekretär der Visitation, dem die Protokollierungsaufgabe zufiel, anwesend waren, werden im umfangreichen Bestand Visitas de Italia des Archivo General de Simancas aufbewahrt.659 Für die vorliegende Arbeit wurden die den Kollateralrat und die Regia Camera della Sommaria betreffenden Akten der Visitationen von Gaspar de Quiroga (1559 – 1564) und Lope de Guzmán (1581 – 1584) aus den Faszikeln Visitas de Italia 1, 5, 31 und 32 gesichtet. Anhand von diesen Akten entnommenen Beispielen wird im Folgenden die Struktur und sprachliche Gestalt der Visitationsprotokolle unter Berücksichtigung der in 4.3.1 aufgezeigten Faktoren der Verschriftung und Verschriftlichung besprochen und deren Aussagekraft bezüglich der Mehrsprachigkeit der zugrundeliegenden Kommunikation diskutiert. Vor Beginn der eigentlichen Mitschrift eines Prozesses liegt den Akten meist ein Interrogatorio, ein Fragenkatalog, bei, auf den sich die folgenden Befragungen beziehen. Das sich anschließende Protokoll eines typischen Visitationsprozesses660 beginnt mit Nennung des Ortes, des Datums sowie der Person / der Personen und Ämter, zu denen die Zeugen befragt werden sollen.661 Die Mitschriften der einzelnen Befragungen beginnen jeweils mit dem Hinweis auf das Befragungsdatum und Informationen zur aussa-

659 Vgl. zum Archivbestand De la Plaza Bores / De La Plaza Santiago 1982. Neben den Protokollen der Befragungen umfasst der Archivbestand auch zahlreiche Dokumente und Abschriften von Dokumenten, die beispielsweise von Beschuldigten zu ihrer Entlastung beigebracht wurden und die zum Teil besonders wertvoll sind, da ihre Vorlagen in Neapel aufgrund der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg nicht erhalten sind. Auch die Mitschrift (vermutlich in Abschrift) des Prozesses vor dem Kollateralrat, die in 4.3.1 thematisiert wurde, wird in den Visitationsakten in Simancas aufbewahrt. 660 Dieser hat in der Regel zunächst einmal investigativen Charakter und es werden Informationen zu Institutionen und zur Amtsführung bestimmter Personen gesammelt. 661 Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die Beobachtungen, die die Autorin anhand der Sichtung eines prozentual kleinen Teils der in Simancas konservierten Visitationsprozesse machen konnte und erheben daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Allgemeingültigkeit. Gewisse diskurstraditionell feste und juristisch verbindliche Merkmale, wie die Nennung von Datum und Ort sowie die Nennung der Person oder der Institution, bezüglich derer Informationen gesammelt werden, lassen sich aber sicherlich auch in hier nicht behandelten Prozessen feststellen.

4.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1

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genden Person.662 Den Zeugen werden, nachdem sie sich verpflichten mussten, wahrheitsgemäß Auskunft zu geben, die Fragen des Interrogatorio gestellt und ihre Antwort zum jeweiligen Punkt protokolliert, in vielen Fällen schließen sich daran freie Fragen an.663 Die Aussagen werden durch die Verschwiegenheitsverpflichtung des Zeugen und die Unterzeichnung des Protokolls durch diesen abgeschlossen.664 Betrachten wir als Textbeispiel die erste Aussage, die im Prozess gegen den Segretario del Regno bei der Visitation Gaspar de Quirogas durch den Scrivano di Mandamento Cirio de Mari getätigt wurde. Zunächst soll anhand dieses und weiterer Protokolle das Verhältnis der Visitationsprotokolle zur Befragungssituation in Bezug auf die Art der Verschrift(lich)ung des ursprünglich medial mündlichen Diskurses geklärt werden. In einem zweiten Schritt wird dann die Sprachverteilung in den Blick genommen. (1264) Visita del secretario del Reyno [Randvermerk: t(estigo) 1 Cirio de Mari] En la ciudad de napoles a nueve dias del mes de Enero del año del nascimiento de n(uest)ro s(eñ)or Jesu (c)risto de mill e quinie(n)tos e sesenta años parecio presente ante el muy R(everen)do padre y 662 Meist werden Herkunft, Beruf und Alter genannt, sowie auf die Zugehörigkeit zu einem Seggio nobile oder die Qualifizierung als Rechtsgelehrter hingewiesen. Stammen die befragten Personen nicht aus dem Regno di Napoli, wird häufig auch eine Information zur bisherigen Verweildauer der Person in der Stadt beziehungsweise im Regno gegeben. Werden Zeugen innerhalb eines Prozesses oder auch innerhalb der gesamten Visitation mehrmals befragt, wird anstelle der Wiederholung der soziodemographischen Angaben darauf hingewiesen, dass die Person schon einmal befragt wurde. 663 Manchmal treten – beispielsweise bei wiederholter Befragung eines Zeugen – auch ausschließlich freie Fragen auf, die sich nicht auf das Interrogatorio beziehen, sondern beispielsweise auf die vorangegangene Aussage des Zeugen oder die Angaben, die durch einen anderen Befragten gemacht wurden. 664 In einigen Fällen wird vermerkt, dass der Zeuge des Schreibens nicht mächtig ist beziehungsweise aus anderen Gründen nicht selbst unterzeichnen kann. In diesem Fall findet sich der entsprechende Vermerk des Sekretärs der Visitation und dessen Unterschrift, teils auch diejenige des Visitators. So z. B. im Fall der Befragung von Benaduccio Ferruccio am 30. 01. 1562 im Prozess gegen die Mastrodatti, Attuari und Scrivani der Regia Camera della Sommaria: „Juravit servare silentiu(m) […] et quia dixit nescire scribere Ideo pro eo me subscripsi ego [andere Hand: Gaspar de Quiroga] Jo(hannes) de Casanatis secret(arius)]“ (AGS, V.I. 5 – 7, 23r /6/ – /8/) sowie im Fall von Pedro Mandolls Aussage vom 10. 01. 1562 im Prozess gegen den Luogotenente und die Presidenti der Regia Camera della Sommaria: „Juravit Idem testi[…] servare silentium […] et quia ob ocul[…] infirmitatem qua dixit […] gravari, no potuit se subscribere ut asservit Ideo pro eo me subscripsi ego Jo(hannes) de Casanatis secret(arius)“ (AGS, V.I. 5 – 1, 46v /13/ – /16/).

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

mag(nifico) s(eñ)or [unleserliche Streichung] Mons(eñ)or Gaspar de Quiroga Visitador de su m(agestad) Catholica en este Reyno de napoles Cirio de mari t(estig)o llamado por mandado de su m(erce)d para Informacion e prueva de_lo contenido en_el Interrogatorio perteneneciente y q(ue) toca a_la Visita del secretario del d(ic)ho Reyno, el qual d(ic)ho Cirio de mari t(estig)o susodicho Juro en forma devida de derecho sobre la cruz y sanctos quatro evangelios de dezir verdad de qua(n)to fuesse preg(unta)do e mediante el d(ic)ho Juramento preguntado como se llama dixo que Cirio de Mari preguntado de adonde es natural dixo que desta ciudad de napoles preguntado de que edad es dixo que de trenta y tres años por mas, o menos, preguntado que arte haze dixo que es scrivano de mandamiento. E siendo preguntado por las preguntas del Interrogatorio de suso contenido respondio como se sigue A_la primera 665 dixo que conoce este t(esti)go a Joan de Soto nombrado en la pregunta desde el t(iem)po que era el d(ic)ho soto secretario del duque de alva de haverlo visto dos o tres vezes e que le conoce de haverle platicado y tratado desde el mes de enero del_año passado de 59 en_el qual t(iem)po este t(esti)go tomo la possessio(n) de escrivano de mandamie(n)to, e que sabe que el d(ic)ho Joan de soto es secretario del Reyno de napoles desde antes que este t(estig)o fuesse escrivano de mandamie(n)to e que esta en possession del d(ic)ho officio A_la segunda pregunta 666 dixo che e necessario che l’ secretario di questo Regno sia litterato, o almanco che sia latino, e che sa esso testimonio che e’ di bisogno così per haver, come che ha, da fare le decretatione latine, e che detto secretario gio(van) de soto non sa latino [Randvermerk: non sa latino] atteso che esso testimonio ha visto memoriali decretati di man’ sua di tal manera falsi latini che dimostra non saperne cosa nisciuna, e che havera visto questo fin’ a otto volte, e e’ tenuto e Reputato detto gio(van) de soto per homo che non sa latino, e per questo defetto ch’ha detto secretario di non saper’ latino pone un suo [Randvermerk: pone un creato che entra In consiglio et decreta li memoriali] cancilliero o creato che non e’ ufficiale Reggio Il quale dentro d’il consiglio decreta gli memoriali contra la forma de_la pragmatica di sua M(aes)ta che comanda che nisciuno stia dentro d_il Consiglio se non gli Regenti e Il detto secretario per causa del secreto Preguntado como se llama el canceller que el d(ic)ho Joan de soto pone para decretar los dichos memoriales. dixit che se chiama pier ant(oni)o tizzano. Preguntado como sabe este t(estig)o que el d(ic)ho Pier Ant(oni)o entra en consejo collateral a decretar los dichos memoriales, dixit che perche questo testimonio ha visto detto Pier antonio intrar in consiglio a ispedire memoriali et successive poi ha visto gli memoriali decretati da man sua la qual mano conosce bene esso testimonio per che l’ha visto molte [Randvermerk: insufficiencia] volte scrivere, Onde esso testimonio tiene al detto gio(van) de soto per persona insufficiente per il detto ufficio e que esto es lo_que sabe desta pregunta 665 „1 Primieramente se conoscono Gio(van) di sotto ch’hoggi tiene e possiede Il detto ufficio. Et si conobbero gli secretarij che furono in detto ufficio di Vint’anni in qua“, (AGS, V.I. 1 – 1, s.f., Interrogatorio per visitare Il secretario del Regno, Punkt 1, vgl. die Transkription des Interrogatorio in 6.8). 666 „2 Item se sanno che detto gio(van) di sotto é habile et suffitiente per Reggere et servire detto ufficio di secretario del Regno“, (AGS, V.I. 1 – 1, s.f., Interrogatorio per visitare Il secretario del Regno, Punkt 2, vgl. 6.8).

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A_la tercera 667 dixo que no la sabe A_la decima pregunta 668 dixo hoc tantum scire che esso testimonio da ch’ha pigliato l’ufficio de scrivano di mandamento ha visto in detta Regia cancellaria che s’e’ exatto da gli suditi di sua M(aes)ta un carlino [Randvermerk: Exigentiae Indebita] per qualsivoglia privileggio che se ispedisce in detta Regia cancellaria, oltra gl’altri dritti ordinarij e grana cinque per ciasched’una provisione in carta di bambaggio che similmente s’ispidisce in detta Regia cancellaria e che questi dritti si dano alli portieri del detto secretario e volendose esso testimonio informare s’era di Raggione, o, non, gli e’ stato detto ad esso testimonio da le persone che son state antiche in detta cancellaria (cioé da messer nardo [unleserlicher Randvermerk] da porta, M(esser) Ludovico Lobera, M(esser) Pietro Papa, et da altri) che questo e’ stato un’abuso fatto per lo q(uondam) Bernardino Martirano olim secretario del detto Regno per Remunerare alchuni servi(to)ri antichi suoi e che questo esso testimonio l’ha visto esiggere da che e’ stato scrivano di mandamento anchora da gli portieri d’il detto sig(nor) secretario gio(van) di soto, E di piu detto gio(van) de soto ha [Randvermerk: Jus cancellariae] esatto e de presente esigge lo Jus cancellari(a)e d’Il quale ad esso non spetta cosa alchuna si come appare per un’ decreto dato nell’anno 1540 per lo Ill(ustre) (quondam) Don Pietro di Toleto e collateral consiglio, Il qual decreto dice chel’ Jus cancellari(a)e si divida tra gli scrivani di mandamento e gli scrivani de la cancelleria vulgarmente chiamati canciellieri, e questo testimonio pensa che [Randvermerk: Thomaso Agnello salernitano] sia questo per consiglio del Mag(nifi)co Thomaso Agnello salernitano Presidente de_la summaria, atteso detto mag(nifi)co Thomaso agnello publicamente ha consultato ,o, consigliato detto sig(no)r secretario nella lite mossa per il detto secret(ari)o contra gli scrivani di manda(men)to. E 667 „3 Item se sanno che ispedisce gli negotianti con brevita e buona gratia ,o, se sanno Il contrario che sia dissaporito et aspero con detti negotianti Et negligente e lungo nella ispeditione di detti negotij“, (AGS, V.I. 1 – 1, s.f., Interrogatorio per visitare Il secretario del Regno, Punkt 3, vgl. 6.8). 668 „10 Item se sanno che detto gio(van) de sotto habbia eletto e posto di man’ sua nella cancellaria negli uffitij di cancellieri, o altri, di che tocchi a lui la nominatione, persone Inhabili et Insufficie(n)ti o ver’ di mala vita, e trista fama, e di poca fidelta, o se gli ha eletti gratis, o per danari e presenti, dicano quell’ che san(n)o particolarmente“, (AGS, V.I. 1 – 1, s.f., Interrogatorio per visitare Il secretario del Regno, Punkt 10, vgl. 6.8). Der Verweis im Protokoll lautet „A_la decima pregunta“, weshalb hier die zehnte Frage des Interrogatorio transkribiert wurde. Da diese allerdings keinen inhaltlichen Zusammenhang mit der Aussage des Zeugen aufweist und auch die chronologische Abfolge durchbrochen ist, ist es plausibel, hier einen Fehler des Schreibers anzunehmen. Die Antwort bezieht sich inhaltlich offensichtlich auf die vierte Frage des Interrogatorio, welche lautet: „4 Item se sanno che detto gio(van) de soto ,o, alcuno de_gli secretarij che per il detto tempo son stati habbino dimandat[…], o ricevuti sotta mani doni, o diritti soverchi oltre di quelli che son tassati, et statuti per la pandetta, o ver’se sanno ch’habbino esatti, o esiggiano da_gli negotianti i dritti a loro debiti per la ispeditione de le suppliche, e memoriali Inanzi alla publicatione e notificatione di dette decretationi E se non volendole le parti per non contentarsi, di quelle l’habbia exatta alcuna cosa“ (AGS, V.I. 1 – 1, s.f., Interrogatorio per visitare Il secretario del Regno, Punkt 4, vgl. 6.8).

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

questo perche detto Sig(no)r secretario paga ogni mese da circa vinte ducati all’ mag(nifi)co gio(van) Ant(oni)o Salernitano patre del detto mag(nifi)co Thomaso agnello come cancelliero di detta cancellaria non obsta(n)te che non serva. fue preguntado como sabe que_el d(ich)o Thomas agnello salernitano haya consejado al dicho secretario soto en la causa que trata con los dichos escrivanos de manda(mien)to? dixit che esso testimonio ha visto’ detto mag(nifi)co Thomas agnello con lo mag(nifi)co Pier ant(oni)o Lanaro, advocato del detto secretario, et il mag(nifi)co antonio di soto fratello del detto secretario far collegio sopra la detta causa all’ vescovato et anchora che lo procuratore di detto sig(no)re secret(ario) nomine M(esser) Gio(van) Antonio Tuerno presente esso testimonio ha detto alla bancha de M(esser) Hieronymo pozza[…] mastrodatta di detta causa che havesse portato Il processo e tutte le scritture presentate per detto Scrivano di mandamento In casa del detto Thomaso agnello salernitano per che le volea vedere, e che, dipoi esso testimonio dimando al scrivano de ditta bancha che ci le porto (che crede esso testimonio che si chiama M(esser) gio(van) dominico) se havea portato dette scritture al detto sig(no)r Thomas Agnello e detto scrivano gli Rispose che gliele havea portato e lasciato ad esso proprio. Fue preguntado como sabe que el d(ic)ho secret(ari)o soto da veynte ducados cada mes al dicho Joan ant(oni)o Salernitano dixit che esso testimonio l’ ha Inteso dire pu(bli)camente In detta cancellaria, e no sabe otra cosa. fue preguntado si sabe que el dicho secretario haya hecho con su officio algun agravio a algunas personas dixit che a esso testimonio e a gli suoi compagni scrivani di mandamento n’ha fatti infiniti agravij In non restituirli li memoriali signati de i lor nomi, tutti ma di quelli pigliatosi ogni di quando vinte quando Trenta et quelli consignatoli a_le parti non obstante gli decreti dati In favore di gli detti scrivani di mandamento in consiglio collaterale e ha intertenute Le provisioni de_gli memoriali di essi scrivani di mandamento strazziando le parti et massime ad alcuni forastieri gli quali stavano in napoli solo ad effetto di dette provisioni e che [interlinear: ad] alcuni bisognava Interceder con favore col detto secretario per haver dette ispeditioni presto. y que esto sabe cerca esta pregunta lo qual y todo lo que de suso ha dicho es verdad para El Juramento que ha hecho e firmolo de su nombre fuele otra vez leydo et perseveravit in dictis fuit iniunctum eidem testi silentium de per eum dictis et de his de quibus fuit interrogatus qui promisit servare sub eode(m) Jura(men)to [Handwechsel] Ego sup(radic)tus Cirius de Marij deposui ut sup(r)a m(anu) p(ro)pria. 669

Zunächst werden im Folgenden ausgehend von Beispiel (1264) Aspekte der Verschrift(lich)ung der Visitationsprotokolle diskutiert. Aufgrund der Befragungssituation und der akribischen Protokollierung der Aussagen könnte man davon ausgehen, mit den Visitationsprotokollen einen privilegierten Zugang zur medialen Mündlichkeit gefunden zu haben. Bei der Lektüre der Akten, die zu großen Teilen Protokolle enthalten, die bezüglich der Redewiedergabe ähnlich strukturiert sind wie das Beispiel (1264), wird jedoch schnell klar, dass die Schreiber der Protokolle nicht nur eine mediale Transposition der Zeugenaussagen vorge669 AGS, V.I. 1 – 1, 1r – 3r, Befragung von Cirio de Mari am 9. 1. 1560.

4.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1

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nommen haben, sondern auch in großem Umfang konzeptionell verschriftlicht haben. Wie sich an (1264) und anderen gesichteten Protokollen unschwer erkennen lässt, erfolgt die Wiedergabe der Zeugenaussagen, unabhängig davon, ob diese auf Spanisch oder auf Italienisch wiedergegeben werden, in indirekter Rede. Nur in Ausnahmefällen finden sich die Zeugenaussagen in direkter Rede wiedergegeben. Auf redeeinleitende Elemente wie „dixo“ / „dixit“, folgt die die indirekte Rede einleitende Konjunktion „che“ beziehungsweise „que“, die bei weiteren Aussagen auch als einziges einleitendes Element der Aussage fungiert, ohne dass das verbum dicendi nochmals aufgegriffen wird.670 Im Zuge der Wiedergabe der Aussagen in der indirekten Rede verändert sich notwendigerweise auch die Personaldeixis: Auf den befragten Zeugen wird meist mit „este testigo“ / „esso testimonio“ in der dritten Person referiert.671 Die durch die Protokollierung in indirekter Rede erhöhte Distanz zur ursprünglichen Mündlichkeit wird umso deutlicher, wenn man sie mit der in einzelnen Fällen auftretenden Wiedergabe direkter Rede vergleicht, wie das folgende Beispiel zeigt, das derselben Prozessakte entstammt wie das in (1264) gezeigte Protokoll: (1265) Eodem die 672 R(everen)dus Antonius Lucifer de Cotron subdiaconus, ut dixit, aetatis annor(um) triginta unum in circa Residens I(n) h(uius)m(od)i civitate Neap(oli) a’mense Novembri proxime elapso in circa testis vocatus […] qui Juravit in forma de veritate dicenda Interrogatus si este t(estigo) haze en esta ciudad los negocios de_la Universidad de Cotron: dixit che qualche cosa [interlinear: volta] quando la università de Cotrone li manda alcuna lettera per darla al s(igno)r ViceRe sopra alcuno neg(oti)o di detta università gliela ha dato Interrogatus si tiene salario o provision de_la d(ic)ha Universidad dixit de non Interrogatus si por parte de_la dicha Universidad de Cotron ha hecho este t(estigo) algun presente de ò donativo de dineros ò otras cosas à algun official de un año a esta parte. dixit che tiene mala memoria esso testimonio Interrogatus si ha hecho algun donativo ò presente à Joan de soto secretario del Reyno por se o por Interposita persona? dixit che ho ditto che haggio mala memoria non mi ricordo Interrogatus si es verdad que este t(estigo) dio cien ducados de donativo al dicho Joan de Soto ò à otra persona para el en nombre de_la d(ic)ha Universidad al t(iem)po que el d(ic)ho secretario se caso ò despues? dixit haggio ditto che non mi ne ricordo che haggio una memoria maliss(im)a Interrogatus si diò este t(estigo) à Adriano Inaurato official 670 Vgl. hierzu die Beobachtungen von Wesch 1998, 200 f. 671 Zum dadurch ausgelösten Origo-Wechsel und den daraus resultierenden veränderten deiktischen Elementen vgl. Opielka 2002, 142. 672 Für die vorangegangene Aussage ist das Datum 2. Mai 1563 angegeben (AGS, V.I. 1 – 1, 144r).

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

del secret(ari)o soto algun donativo o presente de dineros ò otras cosas dixit […] de non che non lo conosco nelo manco li ho dato niente Interrogatus si este t(estigo) ha communicado con el Capitan trespuentes que queria hazer el d(ic)ho donativo al d(ic)ho secretario antes que l[…] hiziesse y despues le dixo como le havia dado cient ducados en dineros dixit Jo haggio mala memoria signore Et dum sibi diceretur que no es verosimil que de semejante cosa no se acuerde Et monitus que Recorra su memoria y diga la verdad y se acuerde q(ue) ha jurado y que es obligado à dezirla: dixit Jo haggio malissima memoria e non vorria incorrer In alcun errore Et dum sibi diceretur q(ue) se acuerde que assy es testimonio falso el que encubre y calla la verdad como el que depone la falsedad porque uterque reus est, et qui veritatem occultat et qui mendacium dicit y que este t(estigo) segun ha dicho es persona ecclesiastica y es obligado à dezir la verdad [interlinear: maxime] havendo Jurado segun dicho es y q(ue) se_le amonesta en Jesuchristo en cuya presencia esta que diga la verdad de_lo que cerca desto passa pues es servi(cio) de dios y de su m(agesta)d y beneficio de_la cosa publica? dixit haggio ditto che […] ho malissima memoria non me ne ricordo. 673

Beispiel (1265) ist das einzige umfangreichere Protokoll in den für diese Arbeit gesichteten Visitationsakten, in dem die Zeugenaussage (nach der eingangs auch hier feststellbaren Wiedergabe in indirekter Rede) überwiegend in direkter Rede angeführt wird. Das gestrichene Pronomen „che“ vor Beginn der (in Fettdruck hervorgehobenen) direkten Redewiedergabe deutet darauf hin, dass der Protokollant sich an dieser Stelle zunächst nicht im Klaren darüber war, wie die Verschriftung der Aussage erfolgen sollte und die Wiedergabe in indirekter Rede fortzusetzen beabsichtigte. In zwei weiteren Protokollen konnte die Wiedergabe einzelner Aussageteile in direkter Rede festgestellt werden. Allerdings handelt es sich bei den Elementen, die in direkter Rede wiedergegeben werden, jeweils nur um die Anrede des Visitators mit „Signor“ und einen Negationspartikel, während der Rest der Aussage in indirekter Rede wiedergegeben wird. Um diesen Unterschied zu verdeutlichen, ist die Wiedergabe im Rahmen eines etwas größeren Textausschnitts angebracht: (1266) Interrogatus si de_las otras letras que se expiden por la dicha Regia camara en_la forma susodicha sin haver precedido decreto Inscript(is) si exigge este dep(osan)te los dichos dos carlines: dixit che per quelle provisioni che se espediscono non facta relatione in banca nec notato in libro notamentor(um) quello che se provede non exigge detti doi carlini ne cosa alcuna ne li have esatti mai ne li exiggera Et dum sibi diceretur si ha visto hazer la dicha exiggentia por otros substitutos de notador dixit signor’ non excepto come di sopra esso deposante ha detto e che questa e’ la verita. 674 673 AGS, V.I. 1 – 1, 145r – 146r, [Hervorhebungen V.S.]. 674 AGS, V.I. 5 – 9, 13r, /3/ – /11/, [Hervorhebung V.S.].

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(1267) Interrogatus si este deposante trato y procuro que el d(ich)o Benaduca se hiziesse malato à effecto que pudiesse ser habilitado como lo fue? Dixit che esso testimonio de questo se nce’ esaminato un’altra volta nella Regia Camara per uno Jo(hannes) marino scrivano de_la summaria et à quella esamina se Refere Interrogatus si el dicho Jo(hannes) bernardino arcella Intervino en_ el concierto q(ue) se hizo de far habilitar al d(ic)ho Benaduca como malato ut supra dixit p(ro) ut supra dixit e che se ne rimette alla sua prima esamina Interrogatus si es verdad que este t(estig)o communico con el d(ic)ho Jo(hannes) ber(nardi)no arcella la forma q(ue) se podria tener para hazer habilitar al d(ic)ho Benaduca y que el d(ic)ho Jo(hannes) Bernardino Consejo que se hiziesse malato y que assy se podria habilitar como se habilito? dixit signor non e che pur se rimette alla prima sua esamina.675

In den für diese Arbeit gesichteten Materialien stellt die Wiedergabe der Zeugenaussagen in indirekter Rede allerdings den Normalfall dar. Dieser Umstand erschwert den Zugriff auf die Mündlichkeit, wie an (1264) sowie den anderen im vorliegenden Abschnitt und in Kapitel 6.9 transkribierten Zeugenaussagen unschwer zu erkennen ist.676 Die Beispiele (1265) – (1267) sind „[Elemente] von Mündlichkeit, die diese Formelhaftigkeit durchbrechen und als direkte Übernahme aus den Aussagen zu sehen sind“677 und somit als wertvolle Hinweise auf die im Normalfall „vom Schreiber realisierten Umsetzungsvorgänge der Mündlichkeit in Schriftlichkeit“678 gewertet werden müssen. Nur eingeschränkt kann also davon ausgegangen werden, in den Protokollen der Visitationsbefragungen „hablado escrito“ zu finden, wie es in juristischen Dokumenten andernorts mitunter möglich ist.679 Der hohe Grad der konzeptionellen Verschriftlichung bei der Erstellung dieser Protokolle, der sich nicht nur auf den individuellen Schreiber, sondern auch auf traditionell innerhalb der Vi675 AGS, V.I. 5 – 7, 34v, /1/ – /13/, [Hervorhebung V.S.]. 676 In Kapitel 6.9 finden sich die Transkriptionen der ersten neun Aussagen des Prozesses gegen den Segretario del Regno, da diese exemplarisch einen Einblick in die mehrsprachige Gestalt der Prozessakten geben können und darüber hinaus interessante metasprachliche Informationen zu den Verschriftungsaufgaben des Segretario del Regno enthalten. Vgl. 4.4. 677 Opielka 2002, 136. 678 Opielka 2002, 136. 679 Vgl. Oesterreicher 2004b, 752 f.: „La transcripción de auténticas enunciaciones de la inmediatez es relativamente rara. Sin embargo, existe un espacio comunicativo en el que este tipo tiene importancia sistemática: se trata de una ‘cita’ que pretende ser fiel en el marco de las actas de un tribunal, una denuncia, etc. donde es necesario recoger al pie de la letra blasfemias, maldiciones, insultos o ultrajes. […] Con todo, hay que tener en cuenta también en estos casos las modificaciones concepcionales que puedan atribuirse al escribano que, a fin de cuentas, es un profesional.“

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

sitationen verwendete Verschriftungsarten zurückführen lässt, versperrt den Blick auf die zugrundeliegende Mündlichkeit. Ein unerwarteter Zugang zu dieser ergibt sich aber an anderer Stelle: Nicht durch den ‘Filter’der indirekten Rede beeinflusst finden sich innerhalb der in indirekter Rede wiedergegebenen Aussagen einzelner Zeugen vorangegangene Äußerungen Dritter in direkter Rede zitiert, wie die folgenden Beispiele illustrieren: (1268) A_la Tercera pregunta dixit che sa esso testimonio che in questa lite che verte tra gli scrivani di mandamento e detto gio(van) di soto ha visto lamentare molti negotianti con dire che non hanno possuto esser ispediti da detto gio(van) di soto tanto per la firma del Sig(no)re Vicerè quanto per la firma sua, dicendo che antonio di soto fratelo di detto secretario gli diceva perche non venite a ispedire gli vostri negotij in questa cancellaria, peggio per voi che mai sariti ispediti quando anderete a far’ le spedittioni da gli scrivani di mandamento, fue preg(unta)do a quien oyo dezir lo que ha dicho en esta preg(un)ta dixo que a algunos negotiantes de cuyos nombre no se acuerda, y esto es lo q(ue) sabe desta preg(un)ta. 680 (1269) E di piu dice che esso testimonio ha Inteso dire pu(bli)camente [Randvermerk: lic(encias) de armas] et é publica voce et fama che detto secretario soto si fa pagare de_le licentie di spade vinticinque carlini l’una, et ha fatto che le licentie de_gli vicere passati per portar spade (per Il Regno fuor di Napoli) non vagliano accioche habbino da venir ad esso soto per nuove licentie, et esso testimonio ha mandati da detto secretario amici suoi molti per haver detta licentia dicendoli andate da detto secretario soto che esso ve_la dara dandoli vinti cinque carlini per una y q(ue) esto es lo q(ue) sabe desta pregu(n)ta.681 (1270) Il prefatto s(ign)or Marchese se alterò et disse al portiero et se mal non se ricorda ad uno de casa arciella che venne insieme con esso. diccite al s(igno)r locotenente ch’io haveria desiderato che per servitio de sua M(aes)ta sua s(ignori)a havesse usata questa diligentia quando s’incanto’ la terra de laurino, volendo decchiarare che detto incanto non se era fatto legitimamente e che detta terra non se vendette in quello che realmente valeva.682 (1271) Have di piu detto gio(van) di soto tratenuta la firma del Vicere per piu d’un mese nelle cose ispedite per detti scrivani di mandamento per che gli negotianti che gli ispedivano non haveano fatta la ispedittione da esso gio(van) di soto, et ha fatto passar l’anno de_la pragmatica a molti privileggii de assensi ispediti per detti scrivani di mandamento. specialmente si ricorda esso testimonio haver fatto questo detto gio(van) di soto nelli privileggij de fabio Gesualdo, Isabella nobilione, 680 AGS, V.I. 1 – 1, 4r /15/ – /24/, [Hervorhebung V.S.]. 681 AGS, V.I. 1 – 1, 13r /14/ – /22/, [Hervorhebung V.S.]. 682 AGS, V.I. 5 – 1, 17r /9/ – /15/, [Hervorhebung V.S.].

4.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1

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Gio(van) battista Ravaschier, Michele Laureo, Hippolita figliomarino, et ad altri, e questo non obstante che detto secret(ari)o era pagato de_gli diritti perche parte di quelli ne ha pagato esso testimonio e parte le parti come appare per gli notame(n)ti de_gli libri. e che detto gio(van) di soto dicia a_le parti non havete venuto da me se non da gli scrivani di mandamento, e pero’ non vi voglio ispedire, e molti per […] esser ispediti presto hanno tornato a far’ una altra volta le ispedicioni per man di detto gio(van) di soto havendole fatte prima per li scrivani di manda(men)to come e’ la provisione di notar’ gio(van) francesco de abramo(n)te e de_la università di motula, e de_la universita di monte Corvino, e de una altra de marsino […] vetere, Il quale per haver detta provisione gli bisogno andar dal [interlinear: fratello di] detto secretario con lo sig(no)re Placito di sangiune, per ricuperarla, e detto fratello di soto disse a detto sig(no)r Placito Jo la dono per amor di V(ostra) S(ignori)a con questo che da mo inanti V(ostra) s(ignori)a faccia che costoro non vadino da_gli scrivani di mandamento.683 (1272) Et inspecie se recorda esto testimonio che un di à tempo che lo R(everendissi)mo Mons(igno)re Hogeda era nella banca dela s(crivani)a de la summaria trattandosi de far un certo calculo ci era Vincentio Bolognino Rationale et lo detto Mons(igno)r disse al detto Vincentio che lo havesse fatto Il qual conto era un poco difficile et se ne sorrise tra se Il detto Mons(igno)r Il quale Vincenzo disse che voleva uscir fuora à farlo Et il detto mons(igno)r ridendo disse fattelo qua Reputandosi per quello che ne vedde esso testimonio de lo riso de detto mons(ignor)e che il detto Vincenzo non ne saria uscito de far detto calculo.684 (1273) Super decimo dixit che multi negotianti et litiganti che hanno neg(otia)to et litigato nella banca de esso testimonio e’ accascato volerno veder li processi originali e farli portar in casa de loro advocati o procuratori, et ricchiesto e pregato esso testimonio che havesse voluto lasciare detti processi, Il che esso testimonio ha ricusato et non lo ha voluto far et ditti negotianti et litiganti han(n)o ditto ad esso testimonio, come li altri lo fanno et lasciano li processi à gli Advocati et vuoi non lo volete fare. e con tutto questo esso testimonio mai have voluto lasciare detti processi ma fattoli veder’ in p(rese)ntia de uno scrivano, chi fussero stati le detti parti ne de che scrivani dicessero che li mostravano li processi al presente non se ne ricorda.685 (1274) estava a Una Ventana que cae al patio Otaviano Pagano escriv(an)o de Cancilleria el qual Viendo entrar a’ este t(estigo) le dixo estas palabras và che estai fresco y no le dixo otra cosa de_lo qual este t(estigo) no entendiendo por que causa se_lo dixo tiene miedo q(ue) alguno aya avisado al d(ic)ho Juan Donato que este t(estigo) avia

683 AGS, V.I. 1 – 1, 13v /14/ – 14r /14/, [Hervorhebungen V.S.]. 684 AGS, V.I. 5 – 3, 10v /23/ – 11r /7/, [Hervorhebung V.S.]. 685 AGS, V.I. 5 – 7, 3r /2/ – /13/, [Hervorhebung V.S.].

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

venido a’ esta Casa y procure destruirle y q(ue) no sabe otra cosa y que esa es la verdad.686

Die in diesen Fällen feststellbare Aufnahme der direkten Rede in das Protokoll könnte dem Umstand geschuldet sein, dass die wiedergegebenen Passagen als Beweismaterial gegen bestimmte Amtsträger eingesetzt werden sollten und so eine möglichst authentische Reproduktion der in der Zeugenaussage wiedergegebenen direkten Rede Dritter erfolgen sollte.687 Daneben ist aber auch denkbar, dass die indirekte Wiedergabe einer Äußerung innerhalb der ohnehin schon in indirekter Rede verschrifteten Aussage die Zuordnung der jeweiligen Mitteilung zum befragten Zeugen beziehungsweise zu Dritten erschwert hätte. Betrachtet man beide Aspekte gemeinsam, wird klar, dass die Wiedergabe der vorangegangenen Aussage Dritter in direkter Rede quotative Funktion hat, da eine klare Abgrenzung zwischen Aussagendem und der (im Protokoll schließlich in direkter Rede wiedergegebenen) Äußerung eines Dritten erfolgt. Syntaktisch und diskursiv stellt die direkte Wiedergabe der „Aussage in der Aussage“ für den Protokollanten im Vergleich zur Alternative der gestaffelten Verwendung indirekter Rede die einfachere Lösung dar, da der Schreiber es vermeidet, „doppelte Referenzverschiebungen“688 vornehmen zu müssen. Während die Zeugenaussage an sich in die indirekte Rede transformiert wird und somit die sprachliche Gestalt der Aussage, wie wir sie verschriftet finden, zwangsläufig stark von der mündlichen Äußerung abweicht, liefert die direkte Wiedergabe von durch die Zeugen zitierten Sprechakten bessere Einblicke auch in Elemente der gesprochenen Sprache. Paradoxerweise scheint so die Mündlichkeit deutlicher in gestaffelt – aber direkt – wiedergegebenen Aussagen von Dritten durch, als in der Wiedergabe der Zeugenaussage an sich, da Letztere in indirekter Rede erfolgt. Folgende Sequenz, in der ein aus der Toskana stammender Befragter immer wieder einzelne Personen, die mit ihm in einer bestimmten Sache kommuniziert haben, in direkter Rede zitiert, veranschaulicht dies: (1275) E despues de lo susodicho En la dicha ciudad de Napoles [Randvermerk: Pietro 686 AGS, V.I. 31 – 1 Prozess gegen die Scrivani di mandamento, 15v /15/ – /22/, [Hervorhebung V.S.]. 687 Vgl. hierzu die Anmerkung von Topalovic´ (2003, 194 f.) in Bezug auf Injurienklagen: „Da Beleidigungen und Beschimpfungen jedoch bereits in mittelalterlichen Urkunden mit Blick auf künftige Gerichtsverfahren – zum Teil auch dialektal – festgehalten wurden, ist auch eine rechtsrelevante Erklärung in Betracht zu ziehen.“ 688 Topalovic´ 2003, 198.

4.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1

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Beghino Lucchese] a Diez y ocho dias del mes de septiembre del año susodicho de mil e quinientos e sesenta años antel dicho s(eñ)or Visitador parecio presente Pietro Beghino Lucchese portiero de la cancellaria natural q(ue) dixo ser de la tierra de Camaiora de la señoria de Luca Ha q(ue) vive en esta ciudad diez y ocho años in circa. dixo ser de edad de cinquenta y cinco años in circa t(estig)o llamado por mandado de su m(erce)d El qual Juro en forma devida de derecho de dezir verdad de qua(n)to fuesse preguntado Et medio p(redic)to Juramento Interrogatus como passa la vendita de_la tratta de quarenta bottas de vino que este t(estig)o vendio estos dias passados a Jo(hannes) Bernardino de maxo, e si sabe que en la dicha trata huviesse Intervenido alguna fraude. fuele mandado q(ue) so cargo del Juramento q(ue) ha hecho diga y declare particularme(n)te lo q(ue) cerca desto passa? dixit che havera da Tredeci giorni in circa che stando esso testimonio passeggiando all cortiglo del palatio de cancellaria alla strada de Toledo venne ad orinare li appresso la porta dove e’ solito orinare Pier’ antonio Tizzano cancellier de_la cancellaria Il quale come vidde esso testimonio lo chiamo e li disse M(esser) Pietro come se vendeno adesso le tratte et esso testimonio li Rispose, signore adesso se vendeno a buon’ mercato per rispetto che ci e’ vino assai a Roma impero credo se ne truoverebbero quatro ducati in circa per botta e detto Pier’ antonio disse so un amico mio che n’ha una de quaranta botte e la vorrebbe vender vedi di quanto piu si puo vendere e riferiscemilo ch’Il beveraggio tuo non ti manchera et esso testimonio piglio la cura. Et essendo venuto quell’ di ,o, vero Il seguente che non bene si ricorda, da esso testimonio come e’ l’usanza sua Nicolo Bravante Sanzaro, o, mezzano a dimandarli se sapea d’alcuno che havesse tratta da vender’ esso testimonio li rispose che ce n’era una de quaranta botte che ne vorrebbe cinque ducati per botta, e li disse che andasse e vedesse de truovar lo piu che potesse e lo tornasse a riferire ad esso testimonio e cosi detto nicolo se n’ando allhora Dapoi un’altro di che crede fusse sabbato vespro de_la madon(n)a detto Nicolo torno da esso testimonio e li disse qualme(n)te havea trattato di vender detta tratta a Jo(hannes) Bernardino de Maxo mercante de vino a raggione de quaranta sei carlini per botta cavandone quello che toccava alla corte del novo imposto ma che detto mercante no(n) potea darli danari per fin all’ultimo del mese e che haverebbe fatta la polisa de pagarli per tal giorno, et esso testimonio ando, a dar relatione di_cio a Pier’ antonio tizzano e veder se se contentava e ditto Pier’ antonio stava in dubbio de voler’ aspettare un mese li danari pure se ne contento del tempo e del prezzo, e addimandoli esso testimonio in facie de chi s’havea a far’ la polisa, detto Pier’ antonio disse non voglio che si facia in facie mia ma vieni questa sera in casa che ti daro Il nome, e cosi la sera ando esso testimonio in casa de detto Pier’ antonio per sapere Il nome In facie de chi se havea de far’ la polisa e detto Pier’ antonio scrisse in una poliseta o vero la fece scrivere ad esso testimonio un nome quale dicea Philippo e poi li parse che non si facesse in facie de quello e disse poi ti daro lo nome. et ando esso testimonio in cancellaria e detto pier’ antonio diedde la patente scritta in mezzo foglio de carta firmata de man’ del vicere e de_li Regenti e del secretario In forma cancellari(a)e e dicea de quaranta botte de vino in facie de un fratello del Car(dinal) san georgio, che crede si chiamasse N. cervellone, et esso testimonio ando da M(esser) Hieronymo d’Angelo Registratore e gliela diedde accio

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

la havesse Registrata quale la piglio e la sera ci torno esso testimonio da esso M(esser) Hieronymo per la patente quale li disse li disse 689 che chi le havea data quella patente et esso testimonio li Rispose che un […] amico suo et ch’esso testimonio gliel’havea data e volendo saper’ detto M(esser) Hieronymo chi era Il tale amico esso testimonio li disse che era Pier’ antonio Tizzano, e detto M(esser) Hieronymo fece un certo atto quasi maravigliandosi e disse voglio portar’ io questa patente a Pier’ Antonio non te la voglio dar’ a te e cosi detto M(esser) Hieronymo et esso testimonio e Nicolo bravante et uno notar’ virgilio sigillatore andarono tutti de compagnia verso la casa de detto pier’ antonio e detto M(esser) virgilio se ne […]parti et detto M(esser) hieronymo entro in casa de detto Pier’ antonio et andato su stette un’ poco e poi basso abasso e disse ad esso testimonio quale stava aspettando qualmente esso havea data la pate(n)te a detto Pier’ antonio et che havea ditto de voler’ parlare col Secretario e che esso testimonio andasse suso e cosi esso testimonio, ando su e ditto Pier’ antonio li diedde la patente sudetta serrata e sigillata e li disse va portala e fala spedire in summaria e vedi che l’mercante non ti gabbe, et esso testimonio se ne parti et ando col detto Nicolo Bravante in casa del detto Jo(hannes) bernardino Maxo et havendolo truovato li diedde la patente quale la piglio e disse volerla far’ expedire lunedi in summaria Poi esso testimonio ando da detto Jo(hannes) Bernardino per sollecitarlo quale disse esser gia spedita la provisione in summaria e che la havea portata all’mastroportulano e questo fu martedi, et havendo Inteso cio esso testimonio ando in palatio del vicere’ a truovar detto Pier’ antonio et havendolo truovato li disse qualme(n)te la patente ,o, licentia, era passata in summaria e che vedesse in facie de chi s’havea da fare la polisa e detto Pier’antonio disse che poiche era expedita in summaria non volea polisa se non che volea che Il mercante li dasse danari in contanti, et esso testimonio se ne mareviglio forte di cio havendo trattato con ditto Jo(hannes) Bernardino a un altro modo et in questo detto Pier’ antonio intro in consiglio et esso t(estimoni)o Resto suspenso da quello che dovea fare e consigliandosi con detto Nicolo bravante […] si risolse de pigliar la polisa de detto Gio(van) ber(nardi)no fatta a nome et in facie di esso testimonio poi che detto Pier’ ant(onio) non li havea voluto dar’ Il nome e che dapoi esso testimonio haverebbe dato li danari al detto Pier’ antonio E cosi risoluto ando a truovare mercordi al tardo al detto Jo(hannes) Bernardino e non have(n)dolo truovato in casa cercandolo lo ascontro appresso la loggia dove li parlo e li richiese che li havesse fatto la polisa, e detto Jo(hannes) Bernardino disse oi me come ho da far’ la polisa che Il mastro portulano non ha voluto passar’ la patente, e dicendolo esso testimonio per che causa detto Jo(hannes) bernardino disse che perche dicea che detta tratta era duplicata imperoche quella medesima era stata spedita un’altra volta da_la medesima qua(n)tita de vino et in facie d’una medesima persona, et esso testimonio se ne mareviglio fortemente de tal cosa e la mattina segue(n)te ando dal detto Pier’ antonio e li narro cio che havea passato con detto Gio(van) bernardino, quale pier’ antonio disse che se esso testimonio havesse ricuperata la patente del mercante e portatala ad esso non sarebbe accaduto cio e li disse che havesse andato dal mastro portulano e che intendesse che cosa era quella. e cosi esso testimonio ando da Gio(van) batt(ist)a de Piato Regente l’officio de 689 „li disse“ erscheint sowohl auf AGS, V.I. 1 – 1, 42v als auch auf 43r und wurde aus diesem Grund hier zweimal transkribiert.

4.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1

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Mastroportulano e volendo intender d’esso Il fatto li disse qualme(n)te detta patente era duplicata e che la havea data in poter’ al advocato fiscal de_la summaria per veder se ci_era errore o fraude e cosi esso testimonio se ne parti e in cio non ha parlato piu, eccetto che detto Pier’ antonio li guarda de mal occhio e gia doi o tre volte et specialme(n)te questa mattina li ha detto basta che tu hai saputo ben’ negotiare, lamentandosi de haversi truovata duplicata detta patente o tratta e che questa e’ la verita de tutto qua(n)to passa circa Il fatto contento nell’interrogatorio et aluid dixit nescire In causa scienti(a)e quod vidit Interfuit et scit ut supra de loco tempore et contestibus dixit ut supra fuit sibi lectum et perseveravit in dictis Iniunctum fuit eidem testi silentiu(m) […] quod promisit servare sub eodem Jurame(n)to et de manu propria subscripsit [Handwechsel] Jo pietro begino o disposto ut supra. 690

Der Aussagende scheint die vorangegangenen Sprechakte anderer Personen häufig in direkter Rede angeführt zu haben, was sich im Protokoll – im Gegensatz zur Wiedergabe der Zeugenaussage an sich, welche in indirekter Rede erfolgt – auch als solche widerspiegelt.691 Die Wiedergabe bereits vom Zeugen angeführter vorangegangener Kommunikationssituationen und des dort Gesagten erfolgt allerdings nicht immer in direkter Rede. Auch im folgenden Beispiel kommt einmal die direkte Rede zum Einsatz, in einem zweiten Teil wird auf die indirekte Rede zurückgegriffen.692 (1276) Ben vero dice esso testimonio che lo s(igno)r Advocato fiscale di detta Regia camera scipione Gattinario una matina uscendo del tribunale li disse va à benaduccio et dili quello che vuol dir à me che lo dieci à te et esto testimonio ando dal detto Bernaduccio e glielo disse Il quale no(n) li rispose altro eccetto che Il detto Advocato fiscale havesse molto bene mirato à questa causa atteso Il s(igno)r Antonio del Castiglio, sapeva come passava lo fatto.693

Auch die in der Zeugenaussage von Luys de Lobera wiedergegebene vorangegangene Kommunikation mit dem Vizekönig Pietro di Toledo wird teils in direkter, teils in indirekter Rede wiedergegeben:

690 AGS, V.I. 1 – 1, 41v /15/ – 44r /19/, [Streichungen im Original, Hervorhebung V.S.]. 691 Die Wiedergabe des vorangegangenen Sprechakts in direkter Rede durch den Zeugen führt Topalovic´ auf ein „universale[s] Sprachmuster“ zurück, welches „im Gegensatz zu anderen Formen der Redewiedergabe einen höheren Grad an Authentizität, in dem Sinne, daß die wiedergegebenen Äußerungen tatsächlich irgendwann einmal in der Vergangenheit – so wie dargestellt – gesagt wurden oder aber hätten gesagt werden können“ (Topalovic´ 2003, 199 f.) aufweist. 692 Die Anteile in direkter Rede werden in den folgenden drei Beispielen in Fettdruck hervorgehoben, diejenigen in indirekter Rede unterstrichen. 693 AGS, V.I. 5 – 7, 13v/18/ – /25/, [Hervorhebung V.S.].

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

(1277) Por que en el año siguie(n)te 1548 a la fin del mes de setiembre yendose el dicho visorrey don p(edr)o a Puçol a estarse alli algunos meses como era su costumbre cada año mando a este testimonio q(ue) se quedasse en esta ciudad a entender en ciertos negocios con el Regente Polo. Y que acabados aquellos se fuesse a Puzol con los neg(oci)os y con la librança que alli dixò q(ue) firmaria y assy este t(estig)o acabado q(ue) huvo los neg(oci)os con el d(ic)ho Reg(en)te Polo se fue a Puçol y como fue en la presencia del d(ic)ho s(eñ)or Visorrey le dixo haveys visto a Mardones que era su mayordomo. y Respondiendole este t(estig)o que no por q(ue) poco havia que era llegado dicho Visorrey le dixo q(ue) fuesse abaxo y dixesse al d(ic)ho mardones q(ue) le mostrasse una carta de su M(agesta)d que el le havia dado. (…) y assy este t(estig)o visto q(ue) huvo la dicha carta y orden de su M(agesta)d sin mas se bolvio al dicho Visorrey El qual enviendole dixo tales o semejantes palabras. Mira a nos lobera no os tengo de dezir como os haveys de governar. Solo os advierto y os mando que en ninguna manera delas licencias de armas q(ue) yo concedierè a qualquier persona no tomeys ni un solo Real dellas y advertio que no me venga ninguna reclamacio(n) ni quexa de lo contrario 694

Im folgenden Beispiel wird nicht nur die vom Zeugen zitierte Aussage einer anderen Person in indirekter Rede wiedergegeben, sondern auch eine frühere Äußerung des Zeugen selbst – wie in (1277) bereits erkennbar:695 (1278) 2 Int(errogatu)s se le cose contente nel detto mem(oria)le sono vere, et come le sa esso t(estimonio) dix(i)t che sono vere le cose contente nel detto mem(oria)le le quali sa’ esso t(estimon)io per ditto del detto suo patre, et perche esso t(estimon)io anco per ordine del detto suo patre portò al detto Marcello velluto per le seggie, teletta di seta, et capesciola, tocche per legare le calzette, strenghe, et zagarelle, et perche ancora doppò morto il detto suo patre il detto Marcello mandò à chiamare esso t(estimon)io per Paulino Cimino, et li disse che si ricordava devere al suo patre per Insino a vinte docati, et che li voleva dare diece docati per allhora, et che tornasse doppò che li daria gli altri, et esso t(estimon)io li disse che avvertesse che li deveva dare più di quaranta doc(a)ti di bona concientia, et il detto Marcello li disse che pigliasse li detti diece doc(a)ti et esso t(estimon)io per necessità li pigliò per mano di Paulino Cimino al quale esso t(estimon)io fece una polisa de_la ricevuta, et esso t(estimon)io dallhora In qua più volte have adimandato li detti denari al detto Marcello, quale l’ha trattenuto sempre, et hiere proprio esso t(estimon)io li dimando detti denari quale li respose che haveva altro che fare, et dicendoli esso t(estimon)io che saria venuto dal s(igno)r Visitatore, li disse che andasse dove volesse.696

694 AGS, V.I. 1 – 1, 34v /1/ – /12/ sowie nach der durch (…) gekennzeichneten Auslassung 34v /23/ – 35r /6/, [Hervorhebung V.S.]. 695 Die entsprechenden Abschnitte sind hier unterstrichen. 696 AGS, V.I. 32 – 1, Prozess gegen den Luogotenente und die Presidenti der Sommaria, 166v /12/ – /30/, [Hervorhebung V.S.].

4.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1

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Auch andernorts erfolgt die Wiedergabe des „Dialogs im Monolog“697 in indirekter Rede, wie beispielsweise in der Aussage eines aus der Metropole des Buchdrucks Venedig stammenden Druckers, der über die Auftragserteilung zum Druck der Prammatiche berichtet:698 (1279) Die Quarto Maij MDLXIIJ Neap(oli) Nob(ilis) Baptista de Christophoro mercator libror(um) natus ut dixit Venetijs habitator in h(uius)mo(d)i civitate Neap(oli)s aetatis annor(um) quadraginta septem [Randvermerk: t(estigo) 86 bap(tis)ta de (cris)toforo] in circa testis vocatus […] qui juravit in forma de veritate dicenda Interrogatus si este t(estigo) hizo […] Imprimir las nuevas pragmaticas hechas por el s(eñ)or Duque de Alcalà Virrey deste Reyno por el año 1559 dixit de si che esso testimonio fece Imprimere dette nove pragmatiche come appare per la Impressione et stampa de_le medesime pragmatice Interrogatus quien diò a este t(estig)o à Imprimir las dichas pragmaticas y si porque se las diessen à Imprimir pagò alguna cosa y à quien? dixit che la verità e’ questa che uno Raymo Tarchagnotto nepoto de Jo(hannes) Tarchagnotto che stà in Cancellaria venne da esso testimonio [Randvermerk: Jo(hannes) Andrea Botti] et da Jo(hannes) Andrea Botti suo compagno et li disse qualme(n)te Il signor soto secretario havea fatto gratia al detto Jo(hannes) Tarchagnetto di dette pragmatice, e che se esso testimonio e compagni le voleano far Imprimer che gli si davano le originali et Il privileggio et loro Risposero de si Et essendosi trattato del prezzo che se devea dare al detto Jo(hannes) Tarchagnetto per tal causa furono daccordio de darli da quaranta dui ducati Et cosi furono dati detti quarantadoi du(ca)ti in circa al detto Raymo Tarchagnetto per mano del detto Jo(hannes) Andrea Botti in p(rese)ntia de esso testimonio in diverse volte, et Il detto Raymo li diedde dette pragmatice originali Una con lo privilegio de sua ecc(ellenz)a expedito per Decennium In persona de esso testimonio solamente e che questa e’ la verità In causa scientiae quia deponit de facto proprio Interrogatus si los dichos quarenta y dos ducados in circa fueron para el dicho Jo(hannes) Tarchagnetto ò para el dicho secretario soto dixit che furono per detto Jo(hannes) Tarchagnetto per causa che havea copiate dette pragmatice correttole et riduttole in buona forma e per la fatica che in ciò havea presa per qua(n)to dicea detto Raymo e per quanto crede esso testimonio e lo tiene certissimo lectis eidem testi praemissis […] ea ratificavit Juravit servare silentium […] et addidit che andorono de spesa da sette scudi nella speditione del privilegio quali li pago detto Jo(hannes) Tarchagneto et andorono inclusi in detti ducati quaranta dui in circa [Handwechsel] Jo(hannes) bap(tis)ta de (christo)foro o deposto ut sup(r)a. 699

Ein weiterer Beleg für die Verschriftung von durch den Zeugen wiedergegebenen vorangegangenen Sprechereignissen in indirekter Rede findet sich in (1280). Auch hier ist nicht mehr nachvollziehbar, ob die Transposition in indirekte Rede bereits durch den Zeugen erfolgt ist, oder ob der 697 Topalovic´ 2003, 193. 698 Zur textuellen Verfasstheit der Prammatiche vgl 4.5.2. 699 AGS, V.I. 1 – 1, 155r /18/ – 156r /8/, [Hervorhebung V.S.].

240

4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Schreiber neben der materiellen Verschriftung konzeptionell eine doppelte Verschriftlichungsleistung im Sinne „doppelter Referenzverschiebung“700 erbracht hat. (1280) Die Vigesimo quarto mensis Augusti 1582 Neap(oli) Avante il s(igno)r Visitatore è comparso Gio(van) Dominico de Angelis nap(olita)no [Randvermerk: Jo(hannes) Dom(eni)co d’Angelis] procuratore in vicaria test(imoni)o chiamato da sua s(igno)ria dallo quale piglio il giuramento in forma di dire la verità, et che è di ettà di vintequattro annj, et habita sotto s(an)ta Lucia del monte 1 Int(errogatu)s se esso t(estimon)io conosce Salvatore Polverino di Lipari, et per qual causa et occasione, et se per lui ha’ trattato alcun negotio, et sopra di che, dix(it) che haverà da uno anno et mezo in circa che notaro Gio(van) Fran(ces)co de Angelis zio di esso t(estimon)io li disse che aiutasse Salvatore Polverino di Lipari sopra certa quantità di cascio che li era stata presa et venduta in tempo de_la peste, et esso t(estimon)io disse che lo haveria aiutato et volendo intendere dal detto Polverino più a_pieno il fatto di q(ue)sto negotio. Il detto Polverino li disse, qualm(en)te essendo nell’anno setta(n)tasette, venuto da Termine di Sicilia con una barca supra la quale portava certa quantità di cascio, et come fu’ ne_le bucche di Capri lo arrivò la fragata de_la guardia, et lo domandò che portava, et lo detto salvatore li disse che portava cascio, et la’ detta guardia li disse che andasse à scarricare alli magazenj di Surrento, dove per obedire al detto ordine, andò a’ scarricare, et per un mese continuo, et più a’ sue spese tenne piu’ huominj a’ guardare detto formaggio, et fra’ questo tempo arrivò in detta Città di Surrento Beneditto de Joffreda et Thomase Anello de Arminio deputati sopra di detta peste, et arrivati trovorno più robbe, et tra’ l’altre lo detto cascio del detto Polverino, lo quale cascio fecero pesare, et lo vendero a Giacobo Ant(oni)o [Randvermerk: Jacobo Antonio fucito] fucito a’ docati sei lo cantaro, et si pigliorno li denari, dicendoli di più il detto salvatore, che se la robba sua si fusse preteso essere suspetta di peste, la dovevano abbrusciare insieme con la barca, et castigare ad esso salvatore, et se la robba non fusse stata suspetta de_la pesta, non se la dovevano pigliare, et venderla, lo che havendo inteso esso t(estimon)io formo un mem(oria)le a’ sua ecc(ellen)za, et per la ecc(ellen)za sua fu’ commesso al Regente salazar per che ne le facesse relatione. et esso t(estimon)io volendo che in detto fatto ce intervenesse uno Avvocato, se ne ando a parlare al dottor Ugo Brayda, il quale si pretende che fusse pare(n)te al detto Regente Salazar. Et havendoli contato il fatto, disse che haveva un’altro negotio simile di certo melazzo, et che fra’ pochi di li voleva fare sodisfare. et un di essendo andato il detto Ugo con il detto t(estimon)io a’ parlare al detto R(egen)te salazar sopra tal negotio Il Regente, et ugo parlorno all’orecchie l’uno, et l’altro, et il Rege(n)te disse ad esso t(estimon)io che se_ne andasse con dio perche la robba era intercetta et esso t(estimon)io li replicò che se era intercetto, dove era il denaro del prezzo, et il detto Regente li mostrò con la testa che se_ne fusse andato. 701 700 Topalovic´ 2003, 198. 701 AGS, V.I. 31 – 1, Prozess Kollateralrat und Reggenti der Cancelleria , 94r /1/ – /40/, [Hervorhebungen V.S.].

4.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1

241

Anders als es bei der Wiedergabe mündlicher Diskurse in direkter Rede der Fall ist, erlaubt die in den Visitationsprotokollen überwiegende Art der Verschriftung der Zeugenaussagen in indirekter Rede nur eingeschränkt Rückschlüsse auf die tatsächliche sprachliche Gestaltung des mündlichen Diskurses – und dies betrifft sowohl die Anteile von bereits vom Zeugen wiedergegebener Rede als auch dessen Aussage selbst. Der folgende Abschnitt stellt mehrsprachige Kommunikationssituationen innerhalb der Visitationsbefragungen dar, wie sie aus den Protokollen der Visitationen rekonstruiert werden können. Grundlage hierfür ist die exemplarische Darstellung der Verteilung der Idiome in Teilen des Prozesses gegen den Segretario del Regno Giovan di Soto aus der Visitation von Gaspar de Quiroga.702 Die Beobachtungen, die anhand dieses im Verhältnis zu den umfassenden Akten der Visitationen kleinen Ausschnitts gemacht werden können, werden durch Aspekte ergänzt, die in den Prozessen der Regia Camera della Sommaria und des Kollateralrats in den Visitationen von Quiroga und Guzmán sowie aus dem vergleichbaren Prozess gegen den Segretario del Regno Bastida de Muñatones aus der Visitation von Guzmán ausgemacht werden konnten und werden hinsichtlich der Fragestellung nach der Autorisierung verschiedener Idiome bei den Visitationen sowie der Mehrsprachigkeit der Personen ausgewertet. Da es in der sich nun anschließenden Analyse der Sprachverteilung primär um die Verteilung der Idiome in mehrsprachiger Kommunikation geht und nicht um die Abgrenzung zwischen toskanischen und süditalienischen Elementen, werden im Folgenden und in den Tabellen 5 – 7 die Bezeichnungen Spanisch (S), Italienisch (I) und Latein (L) verwendet. In Fällen, in denen in einem Abschnitt mehrere Idiome auftreten, etwa wenn eine Aussage teils auf Italienisch wiedergegeben wird und anschließend noch auf Spanisch darauf verwiesen wird, dass der Zeuge nicht mehr als das bereits Gesagte zum Sachverhalt weiß, wird der entsprechende Abschnitt als zweisprachig gekennzeichnet. Neben der Angabe der verwendete(n) Sprache(n) werden in den Tabellen 5 – 7 die Protokollteile den Kommunikationsanteilen der Beteiligten der Befragung zugeordnet. „0“ steht für den Rahmen des Protokolls, der keine Wiedergabe einer mündlichen Kommunikation darstellt, wie im Fall der Nennung des Orts und des Datums, des Verweises auf den Fragebogen im Incipit, Handlungsbeschreibungen und ähnliches. Ebenfalls mit „0“ gekennzeichnet werden Informationen über einen kommunikativen Austausch, ohne dass für den 702 Vgl. 6.9. Der Inhalt der Aussagen ist in anderem Kontext von metasprachlichem Interesse und wird in 4.4 wieder aufgegriffen.

242

4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Abschnitt des Protokolls klar entschieden werden kann, wem dieser als Aussage zugeordnet werden kann. „V“ steht bei Bestandteilen des Protokolls, die eine Kommunikation von Seiten des Visitators wiedergeben. Mit „Z“ werden schließlich die Bestandteile bezeichnet, die als Aussage des Zeugen eingeschätzt werden können. Wenn wir zum bereits als Beispiel (1264) angeführten Protokoll zurückkehren, welches in Tabelle 5 bezüglich der feststellbaren Sprachverteilung analysiert wird, ist dessen sprachliche Heterogenität auf den ersten Blick erkennbar. Die Mehrsprachigkeit des Protokolls entbehrt aber keineswegs der Systematizität: Der Rahmen der Aussage, also die Angabe des Orts und des Datums der Befragung sowie die Informationen zu Name, Beruf, Alter und Herkunft des Befragten wurden auf Spanisch verschriftet. Auch die Wiedergabe der dem Zeugen durch den Visitator gestellten Fragen erfolgt im Protokoll durchgängig in indirekter Rede auf Spanisch.703 Ebenso wurde die Antwort auf die erste Frage des Interrogatorios noch auf Spanisch protokolliert.704 Nach der ebenfalls auf Spanisch erfolgenden Referenz auf die zweite Frage ist ein Sprachwechsel feststellbar und die Aussage des Befragten wird danach auf Italienisch wiedergegeben.705 Diese Struktur – (1) Referenz auf die Frage des Interrogatorio auf Spanisch – (2) verbum dicendi auf Latein oder Spanisch – (3) „que“ / „che“ – (4) Wiedergabe der Aussage auf Italienisch – wiederholt sich im Laufe des Protokolls mehrfach. Der Schreiber greift nach dem einleitenden „dixo“ einmal sogar auf eine lateinische Standardformel zurück und die Sequenz stellt sich in der Verschriftung dreisprachig dar.706 Auch nach dem Sprachwechsel nach der Antwort auf die erste Frage finden sich noch Abschnitte, in denen Aussagen des Zeugen auf Spanisch wiedergegeben werden, wie im in (1264a) hervorgehobenen Abschnitt sichtbar wird. 703 Vgl. Beispiel (1264): „fue preguntado si sabe que el dicho secretario haya hecho con su officio algun agravio a algunas personas“ (AGS, V.I. 1 – 1, 3r /1/ – /2/). 704 AGS, V.I. 1 – 1, 1r /16/ – /23/. In diesem Punkt unterscheidet sich das vorliegende erste Protokoll des Prozesses gegen den Segretario del Regno Giovan di Soto von den sich an dieses anschließenden Protokollen, in denen bei Zeugen, deren Aussagen überwiegend auf Italienisch wiedergegeben werden, dies bereits bei der Antwort auf die erste Frage erfolgt. Vgl. z. B. die Aussage von Cirio de Mari in Tabelle 6. Die Sprache, in der die verba dicendi erscheinen, ist von der vorliegenden Analyse ausgenommen, da sie diese zu einer sehr feinen und zwangsläufig unübersichtlichen Gliederung zwingen würden, die nicht im Sinne des Erkenntnisinteresses hinsichtlich der Mehrsprachigkeit der Kommunikation ist. 705 AGS, V.I. 1 – 1, 1r /24/ – 1v /13/. 706 „A_la decima pregunta dixo hoc tantum scire che esso testimonio (…)“, (AGS, V.I. 1 – 1, 1v /25/).

Datum (09. 01. 1560) und Ort (Neapel), Nennung des beginnenden Prozesses und des befragten Zeugen

Schwur des Zeugen

Fragen zur Person und Antworten des Zeugen

1 /2/ – /8/

1r /8/ – /10/

1r /11/ – /15/ S

S

S

Z/V

0a)

0

0

e mediante el d(ic)ho Juramento preguntado como se llama dixo que Cirio de Mari preguntado de adonde es natural dixo que d_esta ciudad de napoles preguntado de que edad es dixo que de

el qual d(ic)ho Cirio de mari t(estig)o susodicho Juro en forma devida de derecho sobre la cruz y sanctos quatro evangelios de dezir verdad de qua(n)to fuesse preg(unta)do

En la ciudad de napoles a nueve dias del mes de Enero del año del nascimiento de n(uest)ro s(eñ)or Jesu christo de mill e quinie(n)tos e sesenta años parecio presente ante el muy R(everen)do padre y mag(nifico) s(eñ)or [unleserliche Streichung] Mons(eñ)or Gaspar de Quiroga visitador de su m(agesta)d Catholica en este Reyno de napoles Cirio de mari t(estig)o llamado por mandado de su m(erce)d para Informacion e prueva de_lo contenido en el Interrogatorio perteneneciente y q(ue) toca a_la Visita del secretario del d(ic)ho Reyno,

Visita del secretario del Reyno

S

Titel des Prozesses

1r /1/

r

Sprache(n) Kommuni- Text kation geht aus von

AGS, V.I. 1 – Protokollteil 1, 1r – 3r

Tabelle 5: Verteilung von Idiomen im Visitationsprotokoll AGS; V.I. 1 – 1, 1r – 3r : Befragung von Cirio de Mari

4.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1

243

Protokollteil

Verweis auf Interrogatorio

Verweis auf Frage 1 aus dem Interrogatorio

Antwort

Verweis auf Frage 2 aus dem Interrogatorio

AGS, V.I. 1 – 1, 1r – 3r

1r /15/ – /16/

1r /17/

1r /17/ – /24/

1r /25/ S

S

S

S

0

Z

0

0

A_la segunda pregunta dixo

que conoce este t(esti)go a Joan de Soto nombrado en la pregunta desde el t(iem)po que era el d(ic)ho soto secretario del duque de alva de haverlo visto dos o tres vezes e que le conoce de haverle platicado y tratado desde el mes de enero del_año passado de 59 en el qual t(iem)po este t(esti)go tomo la possessio(n) de escrivano de mandamie(n)to, e que sabe que el d(ic)ho Joan de soto es secretario del Reyno de napoles desde antes que este t(estig)o fuesse escrivano de mandamie(n)to e que esta en possessio(n) del d(ic)ho officio

A_la primera dixo

E siendo preguntado por las preguntas del Interrogatorio de suso contenido respondio como se sigue

trenta y tres años por mas, o menos, preguntado que arte haze dixo que es scrivano de mandamiento.

Sprache(n) Kommuni- Text kation geht aus von

Tabelle 5: Verteilung von Idiomen im Visitationsprotokoll AGS; V.I. 1 – 1, 1r – 3r : Befragung von Cirio de Mari (Fortsetzung)

244 4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Protokollteil

Antwort

Nachfrage

AGS, V.I. 1 – 1, 1r – 3r

1r /25/ – 1v /13/

1v /13/ – /14/ S

I

V

Z

Preguntado como se llama el canceller que el d(ic)ho Joan de soto pone para decretar los dichos memoriales. dixit

che e necessario che l’ secretario di questo Regno sia litterato, o almanco che sia latino, e che sa esso testimonio che e’ di bisogno così per haver, come che ha, da fare le decretatione latine, e che detto secretario gio(van) de soto non sa latino [Randvermerk: non sa latino] atteso che esso testimonio ha visto memoriali decretati di man’ sua di tal manera falsi latini che dimostra non saperne cosa nisciuna, e che havera visto questo fin’ a otto volte, e e’ tenuto e Reputato detto gio(van) de soto per homo che non sa latino, e per questo defetto ch’ha detto secretario di non saper’ latino pone un suo [Randvermerk: pone un creato che entra In consiglio et decreta li memoriali] cancilliero o creato che non e’ ufficiale Reggio Il quale dentro d’il consiglio decreta gli memoriali contra la forma de_la pragmatica di sua M(aes)ta che comanda che nisciuno stia dentro d_il Consiglio se non gli Regenti e Il detto secretario per causa del secreto

Sprache(n) Kommuni- Text kation geht aus von

Tabelle 5: Verteilung von Idiomen im Visitationsprotokoll AGS; V.I. 1 – 1, 1r – 3r : Befragung von Cirio de Mari (Fortsetzung)

4.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1

245

Antwort

Verweis auf Frage 10 aus dem Interrogatorio

Antwort

1v /24/

1v /25/

1v /25/ – 2v /5/

L/I

S

S

S

Verweis auf Frage 3 aus dem Interrogatorio

S

1v /24/

Nachfrage

1v /15/ – /17/

I

I/S

Antwort

1v /14/ – /15/

Z

0

Z

0

Z

V

Z

hoc tantum scire che esso testimonio da ch’ha pigliato l’ufficio de scrivano di mandamento ha visto in detta

A_la decima pregunta dixo

que no la sabe

A_la tercera dixo

che perche questo testimonio ha visto detto Pier antonio intrar in consiglio a ispedire memoriali et successive poi ha visto gli memoriali decretati da man sua la qual mano conosce bene esso testimonio per che l’ha visto molte [Randvermerk: insufficiencia] volte scrivere, Onde esso testimonio tiene al detto gio(van) de soto per persona insufficiente per il detto ufficio e que esto es lo que sabe desta pregunta

Preguntado como sabe este t(estig)o que el d(ic)ho Pier Ant(oni)o entra en consejo collateral a decretar los dichos memoriales, dixit

che se chiama pier ant(oni)o tizzano.

Sprache(n) Kommuni- Text kation geht aus von

1v /17/ – /23/ Antwort

Protokollteil

AGS, V.I. 1 – 1, 1r – 3r

Tabelle 5: Verteilung von Idiomen im Visitationsprotokoll AGS; V.I. 1 – 1, 1r – 3r : Befragung von Cirio de Mari (Fortsetzung)

246 4. Manifestationen der Sprachenpluralität

AGS, V.I. 1 – 1, 1r – 3r

Protokollteil

Regia cancellaria che s’e’ exatto da gli suditi di sua M(aes)ta un carlino [Randvermerk: Exigentiae Indebita] per qualsivoglia privileggio che se ispedisce in detta Regia cancellaria, oltra gl’altri dritti ordinarij e grana cinque per ciasched’una provisione in carta di bambaggio che similmente s’ispidisce in detta Regia cancellaria e che questi dritti si dano alli portieri del detto secretario e volendose esso testimonio informare s’era di Raggione, o, non, gli e’ stato detto ad esso testimonio da le persone che son state antiche in detta cancellaria (cioé da messer nardo [unleserlicher Randvermerk] da porta, M(esser) Ludovico Lobera, M(esser) Pietro Papa, et da altri) che questo e’ stato un’abuso fatto per lo (quondam) Bernardino Martirano olim secretario del detto Regno per Remunerare alchuni servi(to)ri antichi suoi e che questo esso testimonio l’ha visto esiggere da che e’ stato scrivano di mandamento anchora da gli portieri d’il detto sig(nor) secretario gio(van) di soto, E di piu detto gio(van) de soto ha [Randvermerk: Jus cancellariae] esatto e de presente esigge lo Jus cancellari(a)e d’Il quale ad esso non spetta cosa alchuna si come appare per un’ decreto

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Tabelle 5: Verteilung von Idiomen im Visitationsprotokoll AGS; V.I. 1 – 1, 1r – 3r : Befragung von Cirio de Mari (Fortsetzung)

4.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1

247

Protokollteil

Freie Frage

AGS, V.I. 1 – 1, 1r – 3r

2v /5/ – /7/ S

V

fue preguntado como sabe que el d(ich)o Thomas agnello salernitano haya consejado al dicho secretario soto en la causa que trata con los dichos escrivanos de manda(mien)to? dixit

dato nell’anno 1540 per lo Ill(ustre) (quondam) Don Pietro de Toleto e collateral consiglio, Il qual decreto dice chel’ Jus cancellari(a)e si divida tra gli scrivani di mandamento e gli scrivani de la cancellaria vulgarmente chiamati canciellieri, e questo testimonio pensa che [Randvermerk: Thomaso Agnello salernitano] sia questo per consiglio del Mag(nifi)co Thomaso Agnello salernitano Presidente de_la summaria, atteso detto mag(nifi)co Thomaso agnello publicamente ha consultato ,o, consigliato detto sig(no)r secretario nella lite mossa per il detto secret(ari)o contra gli scrivani di manda(men)to. E questo perche detto Sig(no)r secretario paga ogni mese da circa vinte ducati all’mag(nifi)co gio(van) Ant(oni)o Salernitano patre del detto mag(nifi)co Thomaso agnello come cancelliero di detta cancellaria non obsta(n)te che non serva.

Sprache(n) Kommuni- Text kation geht aus von

Tabelle 5: Verteilung von Idiomen im Visitationsprotokoll AGS; V.I. 1 – 1, 1r – 3r : Befragung von Cirio de Mari (Fortsetzung)

248 4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Protokollteil

Antwort

Freie Frage

AGS, V.I. 1 – 1, 1r – 3r

2v /7/ – /21/

2v /21/ – /23/ S

I

V

Z

Fue preguntado como sabe que el d(ic)ho secret(ari)o soto da veynte ducados cada mes al dicho Joan ant(oni)o Salernitano dixit

che esso testimonio ha visto’ detto mag(nifi)co Thomas agnello con lo mag(nifi)co Pier ant(oni)o Lanaro, advocato del detto secretario, et il mag(nifi)co antonio di soto fratello del detto secretario far collegio sopra la detta causa all’ vescovato et anchora che lo procuratore di detto sig(no)re secret(ario) nomine M(esser) gio(van) Antonio Tuerno presente esso testimonio ha detto alla bancha de M(esser) Hieronymo pozza[…] mastrodatta di detta causa che havesse portato Il processo e tutte le scritture presentate per detto Scrivano di mandamento In casa del detto Thomaso agnello salernitano per che le volea vedere, e che, dipoi esso testimonio dimando al scrivano de ditta bancha che ci le porto (che crede esso testimonio che si chiama M(esser) gio(van) dominico) se havea portato dette scritture al detto sig(no)r Thomas Agnello e detto scrivano gli Rispose che gliele havea portato e lasciato ad esso proprio.

Sprache(n) Kommuni- Text kation geht aus von

Tabelle 5: Verteilung von Idiomen im Visitationsprotokoll AGS; V.I. 1 – 1, 1r – 3r : Befragung von Cirio de Mari (Fortsetzung)

4.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1

249

Protokollteil

Antwort

Freie Frage

Antwort

Wahrheitsbezeugung

AGS, V.I. 1 – 1, 1r – 3r

2v /23/ – /24/

3r /1/ – /2/

3r /2/ – /13/

3r /13/ – /14/ S

I/S

S

I/S

Z

Z

V

Z

lo qual y todo lo que de suso ha dicho es verdad para El Juramento que ha hecho

che a esso testimonio e a gli suoi compagni scrivani di mandamento n’ha fatti infiniti agravij In non restituirli li memoriali signati de i lor nomi, tutti ma di quelli pigliatosi ogni di quando vinte quando Trenta et quelli consignatoli a_le parti non obstante gli decreti dati In favore di gli detti scrivani di mandamento in consiglio collaterale et ha intertenute Le provisioni de_gli memoriali di essi scrivani di mandamento strazziando le parti et massime ad alcuni forastieri gli quali stavano in napoli solo ad effetto di dette provisioni e che [interlinear: ad] alcuni bisognava Interceder con favore col detto secretario per haver dette ispeditioni presto. y que esto sabe cerca esta pregunta

fue preguntado si sabe que el dicho secretario haya hecho con su officio algun agravio a algunas personas dixit

che esso testimonio l’ha Inteso dire pu(bli)camente In detta cancellaria, e no sabe otra cosa.

Sprache(n) Kommuni- Text kation geht aus von

Tabelle 5: Verteilung von Idiomen im Visitationsprotokoll AGS; V.I. 1 – 1, 1r – 3r : Befragung von Cirio de Mari (Fortsetzung)

250 4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Unterzeichnung, Vorlesen der Aussage, Verschwiegenheitsverpflichtung

Unterschrift

3r /15/ – /17/

3r /18/ L

S/L

Z

0

[Handwechsel] Ego sup(radic)tus Cirius de Marij deposui ut sup(r)a m(an)u p(ro)pria

e firmolo de su nombre fuele otra vez leydo et perseveravit in dictis fuit iniunctum eidem testi silentium de per eum dictis et de his de quibus fuit interrogatus qui promisit servare sub eode(m) Jura(men)to

Sprache(n) Kommuni- Text kation geht aus von

Es wird an dieser Stelle nicht der Schwur wiedergegeben, sondern die Handlung des Schwörens beschrieben, aus diesem Grund wird die Kommunikation nicht einem der beiden Kommunikanten zugeordnet.

a)

Protokollteil

AGS, V.I. 1 – 1, 1r – 3r

Tabelle 5: Verteilung von Idiomen im Visitationsprotokoll AGS; V.I. 1 – 1, 1r – 3r : Befragung von Cirio de Mari (Fortsetzung)

4.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1

251

252

4. Manifestationen der Sprachenpluralität

(1264a) Preguntado como se llama el canceller que el d(ic)ho Joan de soto pone para decretar los dichos memoriales. dixit che se chiama pier ant(oni)o Tizzano. Preguntado como sabe este t(estig)o que el d(ic)ho Pier Ant(oni)o entra en consejo collateral a decretar los dichos memoriales, dixit che perche questo testimonio ha visto detto Pier antonio intrar in consiglio a ispedire memoriali et successive poi ha visto gli memoriali decretati da man sua la qual mano conosce bene esso testimonio per che l’ha visto molte volte scrivere, Onde esso testimonio tiene al detto gio(van) de soto per persona insufficiente per il detto ufficio e que esto es lo que sabe desta pregunta A_la tercera dixo que no la sabe. 707

Auffällig ist – und dies nicht nur im Falle des als Beispiel (1264) angeführten Protokolls, sondern auch in anderen Abschnitten des betreffenden Prozesses –, dass solche Wiedergaben der Zeugenaussage auf Spanisch meist in ‘Standard-Passagen’ auftreten. In diesen Abschnitten wird z. B. angeführt, dass der Zeuge nicht mehr Kenntnis vom Sachverhalt zu haben angibt, als er bereits gesagt hat oder auf eine Frage nicht antworten kann, da er nichts darüber weiß. Diese Beobachtung legt nahe, dass es sich in diesem Fall zwar um die Wiedergabe des Inhalts der Zeugenaussage handelt, aber, da es sich um einen ‘Standardinhalt’ handelt, der bei mehreren Zeugen und bei mehreren Fragen immer wieder auftritt, nicht auf die Paraphrasierung in indirekter Rede auf Italienisch zurückgegriffen wird, sondern direkt die spanische ‘Standardparaphrase’ eingesetzt wird und damit neben der Paraphrasierung auch ein Sprachwechsel durch den Schreiber vollzogen wird. Die spanische Standardformulierung verfügt in diesem Kontext (und in diesem Protokolltyp) über diskurstraditionell habitualisierte „Autorität der Form“.708 Die Hypothese, dass die Wiederkehr ähnlicher Angaben in den Zeugenaussagen die gleiche sprachliche Wiedergabe derselben unabhängig von der Sprache, in der diese ursprünglich gemacht wurden, begünstigte, lässt sich auf die, häufig auch in Protokollen, in denen die restlichen Aussagen des Zeugen weitgehend auf Italienisch wiedergegeben werden, auf Spanisch protokollierten soziodemographischen Angaben ausweiten. Der Übergang von der Wiedergabe einer Aussage in direkter Rede zur Wiedergabe in indirekter Rede bis hin zur Paraphrasierung derselben durch eine anderssprachige Standardformulierung ist an einigen Stellen wie im in (1264a) angeführten Abschnitt fließend. Ein weiteres Argument lässt sich für die Annahme einer Übertragungstätigkeit in den Fällen von „que no la sabe“ und ähnlichen Formulierungen anführen: Neben der spanischen Wiedergabe mancher ‘Standard-Passagen’ treten auch lateinische Formu707 AGS, V.I. 1 – 1, 1v /13/ – /24/, [Unterstrichen im Original, Hervorhebungen V.S.]. 708 Vgl. Oesterreicher 2003 sowie 2.1.2.

4.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1

253

lierungen in ähnlichen Kontexten auf, wie oben bereits in Bezug auf Beispiel (1264) angedeutet wurde. So wird auch „nihil scire“ häufiger als Paraphrasierung der Auskunft, der Zeuge wisse zum betreffenden Punkt nichts, herangezogen: (1281) A_la quinta nihil scire.709

Ebenso finden sich immer wieder (1282) hoc tantum scire 710

und (1283) In causa scienti(a)e.711

Diese Form der Wiedergabe in den Protokollen ist mit großer Wahrscheinlichkeit nicht auf eine lateinische Aussage des Zeugen zurückzuführen. Neben spanischen und lateinischen finden sich auch italienische Paraphrasierungen für solche Auskünfte, wie in (1284) e questo lo sa perche 712 (1285) e non sa altro di questo articolo. 713

Die Paraphrasierungen von Standardpassagen auf Spanisch, Italienisch und Latein treten auch miteinander verknüpft auf. Im Fall (1286) schließt sich so z. B. an die italienische Paraphrasierung einer Standardaussage die spanische Wiedergabe des am Ende zahlreicher Aussagen auftretenden Elements der Wahrheitsbezeugung des Gesagten an: (1286) fue preguntado si sabe algun otro excesso, o extorsiones, o cosas Indevidas q(ue) haya hecho el dicho Joan de Soto, demas de_lo q(ue) tiene dicho dixo che non sa altro se non quell’ che ha detto y q(ue) esta es la Verdad para El Juramento q(ue) ha hecho. 714

Ob der Sprachwechsel im Protokoll auf einem Switch des Zeugen in dessen Aussage beruht, oder auf der Elaboration und (teils) anderssprachigen Paraphrasierung durch den Schreiber, kann auch hier nicht definitiv nachvollzogen werden. 709 710 711 712 713 714

AGS, V.I. 1 – 1, 13r /22/. AGS, V.I. 1 – 1, 1v /25/. AGS, V.I. 1 – 1, 5r /7/. AGS, V.I. 1 – 1, 4v /19/. AGS, V.I. 1 – 1, 5r /21/ – /22/. AGS, V.I. 1 – 1, 21v /7/ – /10/, [Hervorhebungen V.S.].

254

4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Die skizzierten Beobachtungen werfen einige Fragen hinsichtlich des sprachlichen Authentizitätsanspruchs auf, dem die Protokolle im Rahmen der Visitationen genügen mussten: Sind für die zugrundeliegende Aussage des Zeugen entsprechend des Textzeugnisses an bestimmten Stellen CodeSwitching-Phänomene anzunehmen – und somit müsste auch von Mehrsprachigkeit der Texte im Sinne der Mehrsprachigkeit der einzelnen ursprünglich mündlichen Diskurse der beteiligten Kommunikanten715 und nicht nur von Mehrsprachigkeit der Kommunikation gesprochen werden – oder handelt es sich bei den spanischen Teilen der Aussagewiedergabe (beispielsweise bei der Angabe soziodemographischer Daten) um Ad-hocÜbersetzungen des Schreibers, der nach der Übersetzung der ersten Antwort dazu übergeht, die Aussagen doch auf Italienisch zu protokollieren und nur noch „Standardformeln“ wie „que no la sabe“ auf Spanisch beziehungsweise Latein wiederzugeben? Auch darüber, in welcher Sprache die Fragen des Interrogatorio letztlich gestellt wurden,716 gibt das Protokoll keine Auskunft. In diesem wird nur auf die Nummerierung der Fragen im Interrogatorio Bezug genommen, was aufgrund der kastilisch-toskanisch-neapolitanischen Homonymie mancher Ordinalzahlen bereits zum Teil opak ist und hinsichtlich der mündlichen Formulierung der Fragen – wurden diese vorgelesen, paraphrasiert oder gar übersetzt ? – keinerlei Aussagekraft hat. Die Tatsache, dass über das Interrogatorio hinausgehende Fragen im Fall der als Beispiel herangezogenen Aussage (1264) auf Spanisch und die Antworten auf diese sowie auf die Fragen des Interrogatorio auf Italienisch protokolliert wurden, legt dennoch nahe, dass wir es mit dem Protokoll 715 Vgl. Anm. 147. 716 Der Prozess des Segretario del Regno Giovan di Soto in AGS, V.I. 1 – 1 ist der einzige von der Verfasserin gesichtete Prozess, in dem das Interrogatorio auf Italienisch vorliegt. In den Prozessen, die im Rahmen der Visitation durch Gaspar de Quiroga die verschiedenen Ämter der Regia Camera della Sommaria betrafen (AGS, V.I. 5 – 1, 1r – 1v ; V.I. 5 – 3, 1r – 1v ; V.I. 5 – 7, s.f.; V.I. 5 – 9, 1r – 1v), finden sich ebenso spanische Interrogatorios, wie in den Prozessen aus der Visitation von Lope de Guzmán, welche den Kollateralrat (AGS, V.I. 31 – 1, folgende Prozesse: „Consejo Colateral y Regentes de la Cancillería“, s.f. „Secretario“, s.f.; „Escrivanos de mandamiento“, s.f.; „Escrivanos de Registro“, s.f.) und die Sommaria (AGS, V.I. 32 – 1, folgende Prozesse: „Lugartenientes y presidentes“, s. f.; „Racionales“, s.f.; „Secretario de la Sumaria“, s.f.; „Perceptor de las significatorias“, s.f.) betrafen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass unter Umständen bei bestimmten Befragungen auch zwei verschiedensprachige Versionen der Interrogatorios existierten und abhängig vom Zeugen eingesetzt wurden.

4.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1

255

einer mehrsprachigen Kommunikationssituation zu tun haben.717 Ein Sprachwechsel innerhalb des Protokolls erschiene ansonsten unbegründet. Allerdings verbietet es sich, angesichts der Möglichkeit von nicht nur Verschriftungs-, sondern unter Umständen auch Resümierungs- und Übertragungsleistungen des Schreibers, eine unbedingte Gleichsetzung zwischen Protokoll und anzunehmender ursprünglicher Sprachverwendung innerhalb der Befragungen vorzunehmen. Allein die Wiedergabe der Aussagen in meist indirekter Rede spricht für eine sich parallel zur medialen Verschriftung vollziehende hochgradige konzeptionelle Verschriftlichung durch den Protokollanten (vgl. 4.3.1). Durch Letzteren in einzelnen Abschnitten vorgenommene Übersetzungsvorgänge, welche ursprünglich mehrsprachige Kommunikation für die Rekonstruktion aus den Protokollen unzugänglich machen würden, können dabei nicht immer ausgeschlossen werden. Sie sind für Teile der Protokolle, in denen in ansonsten italienischen Aussagen formelhafte Elemente auf Spanisch erscheinen, sogar als wahrscheinlich anzunehmen. Die Erstellung des Protokolls erfolgte sicher häufig unter enormem Zeitdruck, so dass die ohnehin durch die Form des Protokolls in indirekter Rede erforderliche Paraphrasierung in Momenten, in denen eine Paraphrasierung auf Spanisch einen erheblichen Mehraufwand und eine wahre Übersetzungsleistung dargestellt hätte, auf Italienisch erfolgte, in anderen Fällen aber direkt auf die spanische ‘Standard-Paraphrase’ zurückgegriffen wurde, ohne dass dies zwingend in der Sprachwahl des Zeugen begründet wäre und somit der Sprachwechsel im Protokoll auf ein Code-Switching des Zeugen zurückzuführen wäre. Dass die Protokolle direkt in der Befragungssituation erstellt wurden, ist neben der Unterzeichnung durch die jeweiligen Zeugen auch an Streichungen und Hinzufügungen des Schreibers erkennbar. So gibt beispielsweise die Streichung im folgenden Absatz und die nachfolgende Umformulierung der Aussage Auskunft über eine Korrektur des Schreibers: (1286) et e’ publica’ voce et fama che detto gio(van) de soto non sa latino, et ha Inteso specialmente esso testimonio publicamente dire a un certo dottore che non si ricorda Il nome suo, et ad altri che detto gio(van) di soto havea sottoscritto un Instrumento In lingua latina nel quale dicea ego Joannes de soto testes Interfuit, Dal che Judica esso testimonio et si puo comprender che detto gio(van) di soto sia Inhabile et non atto a detto ufficio, perche gli manca la latinita la quale e’ necessario a_la persona che ha di esercitare detto ufficio perche ha di scrivere le decretationi de_gli me717 Vgl. die Analyse der Sprachverteilung in Tabelle 5.

256

4. Manifestationen der Sprachenpluralität

moriali che si fanno in consiglio collaterale le quali tutte si scriveno In latino per la maggior parte. 718

Auch im folgenden Textausschnitt hat der Schreiber eine Streichung vorgenommen, die auf eine spontane Reformulierung schließen lässt: (1287) fue preguntado si conforme a_la pandetta El dicho secretario puede llevar derechos de_las dichas polizas? dixo che non per che sono cose private che non si deveno pagare ne ci e’ pandetta di tal pagamento. Depone di piu esso testimonio che all’tempo che morse lo q(uondam) Martio Martirano predecessore secret(ari)o del detto gio(van) di soto ritruovandosi Il duca d’alva nella guerra di campagna di Roma scrisse una lettera all’collaterale consiglio che detto ufficio di secretario se raccomandasse a detto gio(van) di soto tra tanto che altramente la M(aes)ta sua lo provedesse, e la pre(det)ta M(aes)ta stette un’anno a’ provedere detto ufficio in persona di detto gio(van) di soto tal(ite)r che per tempo di detto anno perceppe piu de tremillia e cinquece(n)to ducati di emolumenti di detto ufficio et detti emolumenti so(n)no de_la Regia corte perche detto Ill(ustre) Duca ne il collateral’ consiglio non poteano ne posson’ disponer’ di simili emolumenti ascendenti a si grossa sum(m)a e questo esso testimonio lo sa, come persona che stava nella Regia cancellaria et Interveniva all’ far’ de_gli conti di detti emolumenti, e molto [unleserliche Streichung] [interlinear: bene] lo sa Lobera et altri ufficiali di detta cancellaria, et essendo andato esso testimonio gli mesi prossime passati a far’ intendere questo a federico longo advocato fiscale de_la Regia Camera che come defensore de le cose di sua M(aes)ta le havesse proviste uso male parole ad esso testimonio mostrando apertamente haver per male che si parlasse che contra detto gio(van) di soto volendo favorire piu presto detto secretario che la M(aes)ta sua. 719

Im folgenden Abschnitt ist das hier hervorgehobene Element im Protokoll über der Zeile eingefügt: (1288) fue preguntado que como sabe q(ue) no sabe latin el d(ic)ho Joan de soto dixo q(ue) porque El dicho Joan de soto lo ha confessado y confessa muchas vezes delante de_los [interlinear: del] dicho consejo y de_los virreyes en presentia deste t(estigo) y dicho q(ue) no sabe latin. 720

Teilweise wird eine Ergänzung, die interlinear eingefügt wurde, am Ende einer Aussage noch einmal wiederholt, wie am folgenden Textausschnitt deutlich wird: (1289) Acuerdase tambien este testigo haver visto sempre a tempo de_gli altri secretarij 718 AGS, V.I. 1 – 1, 14v /20/ – 15r /7/, [Unterstrichen und Streichung im Original, Fettdruck V.S.]. 719 AGS, V.I. 1 – 1, 6v /2/ – 7r /3/, [Streichung im Original, Hervorhebung V.S.]. 720 AGS, V.I. 1 – 1, 10r /8/ – /11/, [Hervorhebung V.S.].

4.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1

257

da_gli detti otto anni in qua che quando venivano gli memoriali decretati per far le provisioni erano mostrati a_le parti le quali li guardavano e se gli piacevano le decretationi li pigliavano e pagavano duoi carlini per ciaschun memoriale quali duoi carlini dipoi si discontavano de_gli diritti de_la provisione [interlinear: e se non gli piacevano no(n) pagavano niente] mo si usa un altra cosa et esso testimonio la ha visto molte volte, che gli ufficiali di detto secretario soto che stanno in cancellaria In prima che mostrino a_le parti li memoriali decretati bisogna che pague et si fanno pagare d’ogni memoriali duoi carlini e dipoi gliele lasciano vedere, e che gli piacia, ,o, non gli piacia la decretatione restano pagati gli detti duoi carlini senza ritornargliele piu eccetto che quando gli piacino gliele scomputano de_li diritti de la provisione e questo e’ occorso ad esso testimonio tutte le volte che ha havuto da far ispeditioni de_gli detti duoi anni in qua in circa, et ha visto essersi fatto Il medesimo con gli altri negotianti generalmente de gli cui nomi al presente non si ricorda e non sa altro esso testimonio fuit sibi lectum et perseveravit in dictis per Juramentum Iniunctum fuit sibi silentium qui promisit servare […] e firmolo de su nombre Va entre Reglones dize e se non gli piacevano non pagavano niente, vala [Handwechsel] Ita est Jo(hann)es Pet(ru)s […] manu propria p[…]ta deposui. 721

Die inhaltliche Ergänzung wurde unter Umständen nach dem Verlesen des Protokolls vor dem Zeugen durch diesen noch vorgenommen und nachträglich durch den Schreiber an der betreffenden Stelle eingefügt.722 Ähnliches lässt sich auch für den folgenden Fall feststellen: (1290a) E cosi realmente pago esso testimonio a [interlinear: quello che stava in cancellaria in nome di] detto secretario quaranta e cinque carlini per che gli relasciassi detto privileggio oltre che gli fece star’ aspettando per haverlo vinti duoi di in questa citta spendendo de_la Robba sua.723

Auch hier findet sich der interlinear eingefügte Abschnitt am Protokollende wieder:

721 AGS, V.I. 1 – 1, 24r /21/ – 24v /19/, [Hervorhebung V.S.]. Eine ähnliche Ergänzung findet sich im selben Prozess auf 33v. 722 Eine interessante nachträgliche Korrektur, die ebenfalls für die Ad-Hoc-Verschriftungsaufgabe des Schreibers spricht, findet sich im Prozess der Regenten des Kollateralrats und der Kanzlei aus der Visitation von Lope de Guzmán AGS, V.I. 31 – 1, 86v : Unter dem Randvermerk, der den Zeugen mit „Jo(hannes) Do(meni)co de ligorio“ benennt, findet sich folgender Vermerk: „este nombre se puso assi por error, por q(ue) el t(estig)o es Bar(tolo)meo de ligorio […] como parece por la firma“. In der Tat wurde die entsprechende Aussage in AGS, V.I. 31 – 1, Prozess des Kollateralrats und der Reggenti der Cancelleria, 87v mit dem Namen Bartolomeo de Ligorio unterzeichnet. 723 AGS, V.I. 1 – 1, 33v /8/ – 10/, [Hervorhebung V.S.].

258

4. Manifestationen der Sprachenpluralität

(1290b) va entre Reglones […] quello che stava in cancellaria in nome di, va la e no empezca. 724

Derartige Korrekturen und Ergänzungen legen nahe, dass das Protokoll relativ schnell geschrieben wurde und keine Zeit für eine spätere Ab- beziehungsweise Reinschrift desselben vorhanden war. Das Protokoll liegt wohl in der Form vor, in der es in der mündlichen Kommunikationssituation angefertigt wurde. Dass Einfügungen teils metasprachlich auf Spanisch kommentiert werden, ist ein weiteres Argument dafür, dass auch die Paraphrasierung von Standardaussagen auf Spanisch eventuell auf den Schreiber zurückgeht. Nicht die formale, sondern die inhaltlich korrekte Wiedergabe der Zeugenaussage war prioritär, so dass der Schreiber sich in der Paraphrasierung von diskurstraditionell wiederkehrenden Aussagebestandteilen der einen und / oder der anderen Sprache bedienen konnte. Trotz der verbleibenden Unsicherheit hinsichtlich der Instanz, welcher Code-Switching-Phänomene im Protokoll der Zeugenaussagen zugerechnet werden können, legen die Protokolle Zeugnis von mehrsprachiger Kommunikation zwischen Visitator und Zeugen ab. Es ist nicht plausibel, für eine Kommunikation, die in einem mehrsprachigen Protokoll mündet, ursprünglich Einsprachigkeit anzunehmen. Aus dieser Überlegung heraus wird die Mehrsprachigkeit der Kommunikation, d. h. die Verwendung verschiedener Idiome durch die an der Kommunikation Beteiligten, wie sie aus den Protokollen der Visitationen hervorgeht, als das Mindestmaß dessen angesehen, was für die ursprüngliche Kommunikationssituation an Mehrsprachigkeit angenommen werden kann. Die Phänomene von CodeSwitching innerhalb von Protokollteilen, die nur einem Beteiligten der Kommunikation zuzuordnen sind, sind unter Umständen zum Teil auf den Vorgang der Verschriftlichung zurückzuführen und können somit nicht eindeutig hinsichtlich der Mehrsprachigkeit der Kommunikation in der Befragungssituation gewertet werden. In Tabelle 6 und 7 wird nach dem bereits behandelten Protokoll der Befragung von Cirio de Mari ((1264) und Tabelle 5) die Verteilung der Idiome in zwei weiteren Befragungen aus dem Prozess des Segretario del Regno aus der Visitation von Gaspar de Quiroga dargestellt.725 724 AGS, V.I. 1 – 1, 33v /19/ – /20/. 725 Es handelt sich hierbei um die Aussagen der Zeugen Pietro Papa und Luys de Lobera, die im Anschluss an die in (1264) und Tabelle 5 dargestellte Befragung von Cirio de Mari verhört wurden. Auf den hier nicht analysierten Seiten 6r – 9r zwischen den Aussagen Papas und Loberas befindet sich eine zweite Aussage Pietro Papas (Abb. 12).

Angaben zur Person

Verweis auf Interrogatorio

Verweis auf Frage 1 aus dem Interrogatorio

3r /23/ – 3v /2/

3v /3/ – /4/

3v /5/

3v /5/ – /13/ Antwort

S

Schwur des Zeugen

3r /22/ – /23/

I

S

S

S

S

3r /19 – /22/ Datum (10. 01. 1560) und Ort (Neapel), Nennung des Zeugen

Z

0

0

Z

0

0

Sprache(n) Kommunikation geht aus von

AGS, V.I. Protokollteil 1 – 1, 3r – 5v

che ha circa Trenta duoi anni che esso testimonio ha servito nella Regia cancellaria de scrivano ordinario da tempo del secret(ari)o seron, e Martirano gli quali

A_la primera dixo

e siendo preguntado por las preguntas del Interrogatorio Respondio como se sigue

q(ue) se llama Pietro Papa, e dixo ser natural desta ciudad de napoles, e de edad de cinquenta años poco mas, o menos, e que es escrivano de cancilleria

El qual Juro en forma devida de derecho de dezir verdad de qua(n)to fuesse preguntado, e mediante El d(ic)ho Juramento dixo

[Randvermerk: t(estigo) 4 Pietro Papa] E despues de_lo susodicho a Diez dias del mes de Enero del año susodicho de Mil e quinientos e sesenta años en la d(ic)ha ciudad de napoles ante el d(ic)ho s(eñ)or visitador parecio presente Pietro Papa t(estig)o llamado por mandado de su m(erce)d

Text

Tabelle 6: Verteilung von Idiomen im Visitationsprotokoll AGS, V.I. 1 – 1, 3r – 5v : Befragung von Pietro Papa

4.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1

259

Antwort

Nachfrage

3v /14/ – /21/

3v /21/ – /22/

S

I

S

Verweis auf Frage 2 aus dem Interrrogatorio

3v /14/

V

Z

0

Sprache(n) Kommunikation geht aus von

AGS, V.I. Protokollteil 1 – 1, 3r – 5v

fue preguntado que como sabe que el d(ic)ho Joan de Soto no sabe latin, dixit

che non tiene esso testimonio detto gio(vanni) de soto per sufficie(n)te [Randvermerk: Insufficientia] e habile per detto ufficio per che bisogna che le decretationi de_gli memoriali che si fanno in consiglio collaterale si facciano in lingua latina, e non sapendo come non sa detto gio(van) di soto latino pare a questo testimonio che detto gio(van) de soto non e’ habile e sufficiente per Regger et esercitare detto ufficio di secretario del Regno.

A_la segunda dixo

conobbe esso testimonio e sa che furono secretarij del Regno, et hoggi di conosce a gio(van) di soto el quale ha conosciuto dal tempo del duca dalva In qua e sa esso testimonio che detto gio(van) de soto e secretario del Regno e esercita Il detto ufficio, a’ gli quali secretarij serone, e Martirano, e detto gio(van) di sotto esso testimonio ha conosciuto dal tempo che ha detto respettive di vista pratica e contrattatione

Text

Tabelle 6: Verteilung von Idiomen im Visitationsprotokoll AGS, V.I. 1 – 1, 3r – 5v : Befragung von Pietro Papa (Fortsetzung)

260 4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Z

I/S

3v /21/ – 4r /14/

Antwort

Sprache(n) Kommunikation geht aus von

AGS, V.I. Protokollteil 1 – 1, 3r – 5v che per che esso testimonio ha visto molte decretationi di memoriale fatte per detto gio(van) di sotto con tanti solecismi e barbarismi che ogn’un giudicara che detto gio(van) di soto non sa niente di latino, e di piu sa che detto gio(van) di soto di poi che e secretario volse imparare grammatica et si accordo’ con un mastro di grammatica che non si ricorda del nome Il quale ando per molti di in casa di detto gio(van) di soto e vedendo che non faceva util nisciuno perche non poteva imparare lo licentio’, E cosi detto gio(van) di soto resto Inhabile in questa parte di non saper grammatica, per Il che hoggi di entra in consiglio collaterale un certo Pier ant(oni)o Tizzano scrivano privato di cancellaria creato del detto gio(van) di soto che non e’ ufficiale Reggio Il quale fa le decretationi in latino a_li memoriali perche detto gio(van) di soto non sa, anchora che entrar ditto Tizzano In consiglio collaterale e’ contra la pragmatica fatta da sua M(aes)ta Ces(are)a la quale prohibisce che nisciuno sia presente in ditto consiglio fuora dal detto secretario, e che da man sua s’habbiano a scrivere le espedittioni e

Text

Tabelle 6: Verteilung von Idiomen im Visitationsprotokoll AGS, V.I. 1 – 1, 3r – 5v : Befragung von Pietro Papa (Fortsetzung)

4.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1

261

Antwort

Nachfrage

Antwort

4r /15/ – /22/

4r /22/ – /23/

4r /23/ – /24/ S

S

I

S

Verweis auf Frage 3 des Interrogatorio

4r /15/

Z

V

Z

0

Sprache(n) Kommunikation geht aus von

AGS, V.I. Protokollteil 1 – 1, 3r – 5v

que a algunos negotiantes de cuyos nombres no se acuerda, y esto es lo q(ue) sabe desta preg(un)ta

fue preg(unta)do a quien oyo dezir lo que ha dicho en esta preg(un)ta dixo

che sa esso testimonio che in questa lite che verte tra gli scrivani di mandamento e detto gio(van) di soto ha visto lamentare molti negotianti con dire che non hanno possuto esser ispediti da detto gio(van) di soto tanto per la firma del sig(no)re Vicere’ quanto per la firma sua, dicendo che antonio di soto fratelo di detto secretario gli diceva perche non venite a ispedire gli vostri negotij in questa cancellaria, peggio per voi che mai sariti ispediti quando anderete a far’ le spedittioni da gli scrivani di mandamento,

A_la Tercera pregunta dixit

decretationi che si fanno dentro di detto Consiglio y esto sabe desta pregunta

Text

Tabelle 6: Verteilung von Idiomen im Visitationsprotokoll AGS, V.I. 1 – 1, 3r – 5v : Befragung von Pietro Papa (Fortsetzung)

262 4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Antwort

4v /1/ – /9/

I

4v /11/ – /20/

Antwort

S

4v /9/ – /11/ Nachfrage

S/I

S

Verweis auf Frage 4 des Interrogatorio

4v /1/

Z

0

Z

0

Sprache(n) Kommunikation geht aus von

AGS, V.I. Protokollteil 1 – 1, 3r – 5v

che e cosa publica e manifesta e che tutti gli negotianti lo dicono cosi e lo dirano per ch’e la verita, e di piu sa che detto sotto piglia et esigge Il Jus cancellarie Il quale non toccha in nisciun modo a detto secretario, ma a_gli scrivani di mandamento et a_gli cancellieri che […]

preguntado como sabe que el d(ic)ho soto toma de_la […]spedition de_los mandatos a_dos o a tres por ciento, dixit

q(ue) lo q(ue) sabe desta pregunta es q(ue) esso testimonio ha sentito dire a ludovico lobera scrivan di mandamento che quando si fecero quest’ultime pragmatiche venne dal detto secretario un stampatore per voler stampare dette pragmatiche, e detto gio(van) di sotto lo compose in ottanta scudi, e detto stampatori glieli pago secondo ha ditto Lobera ad esso testimonio. E di piu sa che ditto sotto fa pagare gli speditioni de gli mandati duoi o tre per cento da gli negotianti non si dovendo pagare per caggione de_la ispedittione di detti mandati cosa nisciuna a detto secretario,

A_la quarta pregunta dixo

Text

Tabelle 6: Verteilung von Idiomen im Visitationsprotokoll AGS, V.I. 1 – 1, 3r – 5v : Befragung von Pietro Papa (Fortsetzung)

4.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1

263

Antwort

4v /22/ – 5r /9/ I

S

Nachfrage

4v /21/ – /22/ Z

V

Sprache(n) Kommunikation geht aus von

AGS, V.I. Protokollteil 1 – 1, 3r – 5v

che ha visto detto gio(van) di soto Ricever prese(n)ti di cose di magniare, cose di zucchero, caponi botte di vino, et altre cose tanto in queste feste di natale quanto Inanti, ma non sa esso testimonio da chi riceveva le dette cose Il detto Jo(an) di sotto. Et da piu sa esso testimonio che detto secretario gio(van) di sotto fa un mazzo di tutti gli memoriali decretati et qua(n)do gli negotianti vengano a veder’ quell’che si e’ provisto pagano a detto secretario Inanti che vedano gli memoriali, duoi carlini per ciascheduno, e che si contentino, o non da la decretationi bisogna che lascino, e lasciano pagati gli detti duoi

fue preguntado que cosas ha visto este t(estig)o Recebir al dicho Jo(an) de soto dixit

servono, e che sa questo esso testimonio per che lo ha visto molte volte. et [Randvermerk: p(re)sentes] anchora sa che detto gio(van) di soto piglia et Riceve presenti di ogni cosa tanto di cose di magniare come de altre Robbe tanto di negotianti quanto d’ogn’un’altro, e questo lo sa perche lo ha visto esso testimonio piu volte et e’ cosa publica et notoria

Text

Tabelle 6: Verteilung von Idiomen im Visitationsprotokoll AGS, V.I. 1 – 1, 3r – 5v : Befragung von Pietro Papa (Fortsetzung)

264 4. Manifestationen der Sprachenpluralität

I/S

Antwort

Verweis auf Frage 4 des Interrogatorio

Antwort

5r /11/ – /12/

5r /13/

5r /13/ – /21/ I

I/Sa)

S

5r /9/ – /11/ Freie Frage

Z

0

Z

V

Sprache(n) Kommunikation geht aus von

AGS, V.I. Protokollteil 1 – 1, 3r – 5v

che nisciuno va dal detto secretario soto per interceder in lor favore per ufficij che non si facia molto ben extrapagare et alcune volte dimanda detto secretario a_gli Rege(n)ti di cancellaria ufficij di assessorati atteso che spetta a detti Reg(en)ti provederli, et si fa molto ben’ pagare da_gli negotianti, In causa scienti(a)e perche alcune persone che hebbero detti ufficij per man’ di detto gio(van) di soto s’hanno lamentato con esso testimonio de_gli

A_la quinta dixit

che non e’ stato esso testim(oni)o in cancellaria di poi di detto tempo in qua y esto es lo q(ue) sabe desta pregunta

fue preguntado si lo ha visto este t(esti)go despues de_las pragmaticas y ultimo orden q(ue) se ha dado al d(ic)ho Joan de Soto dixit,

carlini che dettero Inanzi a detto gio(van) di soto. In causa scienti(a)e perche lo ha visto esso testimonio più volte trovandosi presente nella cancellaria et e cosa publica e notoria,

Text

Tabelle 6: Verteilung von Idiomen im Visitationsprotokoll AGS, V.I. 1 – 1, 3r – 5v : Befragung von Pietro Papa (Fortsetzung)

4.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1

265

Antwort

Nachfrage

5r /22/ – 5v /10/

5v /10/ – /12/ S

I

S

Verweis auf Frage 10 des Interrogatorio

5r /22/

V

Z

0

Sprache(n) Kommunikation geht aus von

AGS, V.I. Protokollteil 1 – 1, 3r – 5v

Preguntado como sabe che los susodichos exceto el dicho adriano, son personas Inhabiles y de poca prattica como ha dicho, dixo

che esso testimonio sa che havendo pigliato detto gio(van) di soto possessione di detto ufficio di secretario dicendo che volea ridur’ la cancellaria in buona forma e manera e che volea mandar a chiamare gli cancellieri di Venetia di Roma et d’altre parti pur che fussero stati habili non ha fatto cosa nisciuna anzi quelli che [gestrichenes unleserliches Wort] ha eletto per cancellieri sono certi criati suoi che non tengono littere ne prattica nisciuna de_le cose de_la cancellaria, come son’ uno che si chiama salzedo Il quale non ha prattica ne manco littere et un’altro che ha mandato in corte che ancora e’ senza littere e Idiota e senza isperientia, et un’Adriano Inaurati Il quale anchora che e’ habile serve nella cancellaria particulare del vicere.

A_la decima pregunta dixo

nomi de gli quali non si ricorda esso testimonio e non sa altro di questo articolo

Text

Tabelle 6: Verteilung von Idiomen im Visitationsprotokoll AGS, V.I. 1 – 1, 3r – 5v : Befragung von Pietro Papa (Fortsetzung)

266 4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Antwort

Verschwiegenheitsverpflichtung

Unterschrift des Zeugen

5v /17/

5v /20/ – /22/

5v /23/

„A_la quinta“.

a)

Frage

5v /15/ – /17/

L

S

S

S

I/S

Antwort

5v /12/ – /14/

Z

0

Z

V

Z

Sprache(n) Kommunikation geht aus von

AGS, V.I. Protokollteil 1 – 1, 3r – 5v

[Handwechsel] ego Pet(ru)s papa deposui p[…]ta et me sub(scrip)si

fue encargado al dicho t(estig)o que entre tanto tenga en secreto lo q(ue) le ha sido preguntado y lo que ha dicho so cargo del Jurame(n)to q(ue) ha hecho el qual lo promettio assy y lo firmo de su no(m)bre

q(ue) este t(estig)o Recorrera su memoria cerca esta materia y vendra a dezir su dicho por_q(ue) sabe algunas cosas sobre las quales ha menester pensar y Recorrer su memoria

fue preguntado si sabe que el dicho secretario haya hecho algun agravio o extorsion a algunas personas ultra de_lo q(ue) le ha sido demandado dixo

che perche esso testimonio gli ha trattati e comunicati et sa quell’ che ha detto y esto es lo q(ue) sabe desta pregunta

Text

Tabelle 6: Verteilung von Idiomen im Visitationsprotokoll AGS, V.I. 1 – 1, 3r – 5v : Befragung von Pietro Papa (Fortsetzung)

4.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1

267

Schwur des Zeugen

Angaben zur Person

Verweis auf Interrogatorio

Verweis auf Frage 1 aus dem Interrogatorio

Antwort

9r /15/ – /16/

9r /17/ – /19/

9r /19/ – /20/

9r /21/

9r /21/ – 9v /7/ S

S

S

S

S

S

Datum (11.01. 1560) und Ort (Neapel)a), Nennung des Zeugen

9r /13/ – /15/

Z

0

0

Z

0

0

Sprache(n) Kommunikation geht aus von

AGS, V.I. Protokollteil 1 – 1, 9r-11v

que conoce muy bien este t(estig)o a Joan de soto secretario deste Reyno de vista habla e contratation desde el año de quarenta [interlinear: cinquenta] y siete aca e q(ue)

A_la primera dixo

e siendo preguntado por las preguntas del Interrogatorio Respondio como se sigue

e mediante el d(ic)ho Juramento dixo q(ue) se llama luys de lobera, e que es natural de Perpiñan ciudad de españa, e que es de edad de cinquenta años poco mas, o menos, dixo ser escrivano de mandamiento,

El qual Juro en forma devida de derecho […] de dezir verdad de quanto fuesse preguntado

[Randvermerk: t(estig)o iij] Este dicho dia mes e año susodichos en la dicha ciudad de napoles antel d(ic)ho [Randvermerk : luys de lobera] s(eñ)or visitador parecio presente luys de lobera escrivano de mandamiento t(estigo) llamado por mandado de su m(erce)d

Text

Tabelle 7: Verteilung von Idiomen im Visitationsprotokoll AGS, V.I. 1 – 1 9r – 11v : Befragung von Luys de Lobera

268 4. Manifestationen der Sprachenpluralität

S

9v /15/

Verweis auf Frage 2 aus dem Interrrogatorio

S

9v /8/ – /14/ Antwort

0

Z

V

S

9v /7/ – /8/

Freie Frage

Sprache(n) Kommunikation geht aus von

AGS, V.I. Protokollteil 1 – 1, 9r-11v

A_la segunda dixo

que este t(estigo) sirvio el d(ic)ho officio de secretario y cogio los derechos del desde los siete de enero del año de cinquenta y siete hasta el ultimo de setiembre del dicho año que el d(ic)ho Joan de soto vino proveydo del dicho officio por su m(agesta)d e q(ue) havido Respecto a_lo q(ue) Recibio en los dichos meses le parece a este t(estig)o q(ue) frutara Tresmil ducados al año poco mas o menos y esto no llevando derechos demasiados

fue preguntado que tanto frutara este officio de secretario al año dixo

conocio assy mesmo a Bernardino Martirano, Coriolano Martirano ob(is)po de san marco su hermano y Martio Martirano sobrino de entrambos q(ue) murio pocos dias ha por cuya muerte huvo el officio, Joan de soto, q(ue) todos fueron Respectivamente secretarios del Reyno a_los quales conocio de vista habla e contratation y sabe q(ue) fueron secretarios, y el dicho Joan de soto lo es al presente deste dicho Reyno de napoles.

Text

Tabelle 7: Verteilung von Idiomen im Visitationsprotokoll AGS, V.I. 1 – 1 9r – 11v : Befragung von Luys de Lobera (Fortsetzung)

4.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1

269

S

9v /15/ – 10r Antwort /8/ Z

Sprache(n) Kommunikation geht aus von

AGS, V.I. Protokollteil 1 – 1, 9r-11v

q(ue) este testigo no tiene por habil y sufficiente al d(ic)ho [Randvermerk: de Inhabilitate] Joan de soto para servir el dicho officio de secretario del Reyno porque el d(ic)ho Joan de soto no sabe grammatica e siendo (como es) necessario que el d(ic)ho secretario sepa latin porque las decretationes de_los memoriales todas se hazen en latin y otras muchas cosas q(ue) se tratan en el consejo collateral y los votos q(ue) en el se dan, se dan en latin y el secretario acostumbra assertar los dichos votos no puede El dicho Joan de soto hazer este offiçio por lo qual entra a hazer el d(ic)ho officio en el d(ic)ho consejo Piero antonio Tizzano Italiano Criado del d(ic)ho Joan de soto e antes del entrava este t(estigo) Porque el dicho Joan de soto no sabe (como ha dicho) latin ni puede assentar las cosas q(ue) se hazen en el d(ic)ho consejo q(ue) todas son en latin. Aunque es contra las pragmaticas de su M(agesta)d y deste Reyno que en el d(ic)ho consejo no este presente otra persona q(ue) el dicho secretario, Pero q(ue) fuera de_las cosas q(ue) tocan al latin este t(estigo) tiene por habil y sufficiente al d(ic)ho Joan de soto

Text

Tabelle 7: Verteilung von Idiomen im Visitationsprotokoll AGS, V.I. 1 – 1 9r – 11v : Befragung von Luys de Lobera (Fortsetzung)

270 4. Manifestationen der Sprachenpluralität

S

S

10r /9/ – 16/ Antwort

Verweis auf Frage 3 des Interrogatorio

Antwort

Verweis auf Frage 4 des Interrogatorio

10r /17/

10r /17/ – /19/

10r /20/ S

S

S

10r /8/ – /9/ Nachfrage

0

Z

0

Z

VA

Sprache(n) Kommunikation geht aus von

AGS, V.I. Protokollteil 1 – 1, 9r-11v

A_la quarta pregunta dixo

q(ue) sabe este t(estigo) que el dicho Joan de Soto despacha los negociantes con brevedad y buena gratia y criança e no sabe q(ue) haga lo contrario

A_la tercera dixo

q(ue) porque el dicho Joan de soto lo ha confessado y confessa muchas vezes delante de_los [interlinear: del] dicho consejo y de_los virreyes en presentia deste t(estigo) y dicho q(ue) no sabe latin y este t(estigo) lo ha platicado y tratado y ha visto q(ue) no lo sabe ni lo entiende, e se vee y parece por muchas decretationes de memoriales escritas de mano del d(ic)ho secretario soto. Las quales estan falsas de latin y incongruas y como escritas de mano de pers(on)a q(ue) no le entiende y esto es publico y notorio

fue preguntado que como sabe q(ue) no sabe latin el d(ic)ho Joan de soto? dixo

Text

Tabelle 7: Verteilung von Idiomen im Visitationsprotokoll AGS, V.I. 1 – 1 9r – 11v : Befragung von Luys de Lobera (Fortsetzung)

4.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1

271

S

10r /20/ – 11r Antwort /19/ Z

Sprache(n) Kommunikation geht aus von

AGS, V.I. Protokollteil 1 – 1, 9r-11v

q(ue) lo que desta pregunta sabe es que al tiempo che el d(ic)ho Joan de Soto vino proveydo del dicho cargo de secretario del Reyno traxo una carta de su M(agesta)t en que mandava al Visorrey que entonces era se Informasse si en algun tiempo El cargo de_la cifra y mandatos havia sido annexo al officio y cargo de secretario porque de antes al t(iem)po de_los martiranos no lo era sino que dichos Martiranos hazian El officio de secretario q(ue) tocava al Reyno y los visorreyes tenian cabe_si otro secret(ari)o para dicha çifra y mandatos la qual carta fue decretada y Remitida al Regente albertino para q(ue) se Informasse de_lo contenido en ella e hiziesse de todo Relacion Inscriptis al Collateral para embiarla a su M(agesta)t y q(ue) dicha consulta o Relacion fue hecha por dicho Reg(en)te Albertino y embiada a su M(agesta)t y en ella dicho secretario soto por traer mas a su M(agesta)t a_lo que queria dezir Juntandose El officio de secretario Con secretario de_la cifra y mandatos su M(agesta)t ahorraria docie(n)tos ducados q(ue) se pagavan y otros salarios q(ue) se

Text

Tabelle 7: Verteilung von Idiomen im Visitationsprotokoll AGS, V.I. 1 – 1 9r – 11v : Befragung von Luys de Lobera (Fortsetzung)

272 4. Manifestationen der Sprachenpluralität

AGS, V.I. Protokollteil 1 – 1, 9r-11v Sprache(n) Kommunikation geht aus von pagavan a escrivanos q(ue) sirven en la d(ic)ha secretaria de_la Cifra y la dicha consulta fue embiada a su M(agesta)t la qual vista por su M(agesta)t y su consejo suppremo, lo confirmo todo y expressame(n)te en el privilegio q(ue) sobre ello mando despachar dezia y mandava que dicho salario de secretario de_la cifra se extinguiesse y para este effetto fue mandado al escrivano de Racion q(ue) no passasse mas el d(ic)ho salario y q(ue) dello hiziesse notami(en)to en sus libros y este t(estigo) lo sabe porque puso la mano como, Regente el officio de secretario, en los dichos ordenes, E despues de venido El s(eñ)or duque de alcala Visorrey q(ue) oy es este t(estig)o ha visto otro mandato dirigido al escrivano de Racion en q(ue) se_le ordenava que no obstante q(ue) los dias passados le fue ordenado q(ue) extinguiesse dicho salario de secretario de_la cifra, de nuevo lo tornasse a assentar al dicho Joan de soto, y destos mandatos se hizieron dos porque llevandolos a firmar al d(ic)ho virrey no le pareciendo q(ue) estuviesse bien El uno hizo hazer otro y le firmo y esto es lo q(ue) sabe quanto a esto,

Text

Tabelle 7: Verteilung von Idiomen im Visitationsprotokoll AGS, V.I. 1 – 1 9r – 11v : Befragung von Luys de Lobera (Fortsetzung)

4.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1

273

Antwort

11r /20/ – /21/ S

S

Verweis auf Frage 10 des Interrogatorio

11r /20/ Z

0

Sprache(n) Kommunikation geht aus von

AGS, V.I. Protokollteil 1 – 1, 9r-11v

que sabe que el dicho secretario soto ha puesto por officiales en la cancilleria los q(ue) se estavan y otros de nuevo a_los quales este t(estig)o no tiene por sufficientes por q(ue) los

A_las diez preguntas dixo

Demas desto sabe q(ue) el d(ich)o Joan de soto toma El Jus cancellari(a)e el qual pertenece por decretos a los scrivanos de mandamiento y cancellieres y el d(ic)ho Joan de soto se lo tiene oydia usurpado todo no obstante los decretos q(ue) sobre ellos ha havido, e que tambien se exhige en la dicha cancilleria cierto derecho en nombre de porteros como son medio Real de cada letra q(ue) se despacha de cancilleria, y un carlin de_las cosas q(ue) tambien se despachan escritas en pergamino lo qual se toma el d(ic)ho Joan de Soto e lo Reparte entre sus criados y q(ue) sobre esto dize este t(estigo)o no hay pandeta ni pragmatica sino abuso, e que la corte paga al d(ic)ho Joan de soto un portero, al qual cree se dan dezyocho ducados al año, y esto sabe desta pregunta

Text

Tabelle 7: Verteilung von Idiomen im Visitationsprotokoll AGS, V.I. 1 – 1 9r – 11v : Befragung von Luys de Lobera (Fortsetzung)

274 4. Manifestationen der Sprachenpluralität

S L

I/S

11v /5/ – /6/ Wahrheitsbezeugung, Unterzeichnung

11v /7/ – /8/ Verschwiegenheitsverpflichtung

11v /9/ – /10/ Z

0

Z

Z

[Handwechsel] Jo Luys Lobera scrivano de man(damien)to […] firmo ut supra manu p(ro)pria

Fuit iniunctum silentium eidem testi de hisqu[…] dixit et de quibus fuit interrogatos qui promisit sub eodem Juramento

lo qual es verdad para El Juramento q(ue) ha hecho y firmolo de su nombre

q(ue) no sabe mas de_lo qu(e) tiene dicho de_suso

Demas desto el d(ic)ho s(eñ)or Visitador encargo al d(ic)ho t(estig)o […] cargo del d(ic)ho Jura(men)to q(ue) diga y declare si sabe algunas extorsiones o agravios q(ue) haya hecho el d(ic)ho Joan de soto a alguna persona, o personas? dixo

ha visto e conoce e sabe q(ue) no tienen sufficiencia

Text

Datum und Ort wurden der vorausgegangenen Befragung entnommen, auf die hier Bezug genommen wird: „Este dicho dia mes e año susodichos en_la dicha ciudad de napoles“ (AGS, V.I. 1 – 1 9r /13/).

a)

S

11v /4/ – /5/ Antwort

Unterschrift

S

11v /1/ – /4/ Freie Frage V

Sprache(n) Kommunikation geht aus von

AGS, V.I. Protokollteil 1 – 1, 9r-11v

Tabelle 7: Verteilung von Idiomen im Visitationsprotokoll AGS, V.I. 1 – 1 9r – 11v : Befragung von Luys de Lobera (Fortsetzung)

4.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1

275

276

4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Vergleicht man die Sprachverwendung der einzelnen Protokollteile in Tabelle 5 – 7, kann eine kontinuierliche Verwendung des Spanischen in den vom Visitator ausgehenden Kommunikationsvorgängen festgestellt werden. Auch hinsichtlich des Rahmens des Prozesses sowie den nicht eindeutig einer Person zuzuordnenden Bestandteilen des Protokolls lassen sich mit der überwiegenden Verwendung des Spanischen Parallelen zwischen den Protokollen feststellen. Bezüglich der Wiedergabe der Zeugenaussagen unterscheiden sich die in Tabelle 5 und Tabelle 6 dargestellten Protokolle jedoch erheblich vom Protokoll, dessen Struktur in Tabelle 7 skizziert ist. Während die Aussage von Luys de Lobera „natural de Perpiñan ciudad de españa“726 durchgängig auf Spanisch wiedergegeben wird (Tabelle 7), überwiegt in den Protokollen der Aussagen der Neapolitaner Pietro Papa (Tabelle 6)727 und Cirio de Mari (Tabelle 5)728 – alle drei Zeugen üben übrigens als Scrivani di mandamento in der Kanzlei des Kollateralrats den selben Beruf aus – die Wiedergabe der Aussage derselben auf Italienisch, auch wenn spanische Elemente im Protokoll durchaus enthalten sind. Wie oben angeführt, kann für diese nicht mit Sicherheit entschieden werden, ob es sich um ein Code-Switching des Zeugen handelt, wie das Protokoll auf den ersten Blick nahelegt, oder um eine Ad-HocÜbersetzung beziehungsweise anderssprachige Paraphrasierung der Aussage durch den Protokollanten. Im Fall der Aussage von Luys de Lobera erscheint eine komplette Übersetzung der Aussage ins Spanische auf jeden Fall unwahrscheinlich. Naheliegender ist die Hypothese, dass sich der aus dem katalanischen Sprachgebiet stammende Lobera im Gespräch mit dem Visitator direkt des Kastilischen bedient hat, während die Neapolitaner Pietro Papa und Cirio de Mari auf Italienisch ausgesagt haben und unter Umständen – rechnet man die spanischen Passagen im Protokoll ihrer Aussagen den Zeugen und nicht dem Schreiber zu – auch das Spanische verwendet haben. Eine unbedingte Gleichsetzung der Sprachen im Protokoll mit der mündlichen Kommunikationssituation kann, wie oben erläutert, nicht vorgenommen werden. Allerdings erlauben die aufgezeigten Befunde und die in Simancas vorgenommene kursorische Sichtung 726 AGS, V.I. 1 – 1, 9r /7/ – /8/. Das heute französische Perpignan war bis zum Pyrenäenfrieden 1659 aragonesischer Besitz. 727 Laut eigener Auskunft: „e mediante el d(ic)ho Juramento preguntado como se llama dixo que Cirio de Mari preguntado de adonde es natural dixo que desta ciudad de napoles“ (AGS, V.I. 1 – 1, 1r /11/ – /13/). Zur Schwierigkeit der Bestimmung von „Staatsangehörigkeit“ vgl. 3.1.1. 728 „e mediante el d(ic)ho Juramento dixo q(ue) se llama Pietro Papa, e dixo ser natural desta ciudad de napoles“ (AGS, V.I. 1 – 1, 3r /23/ – 3v /1/).

4.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1

277

der Prozessakte, aus der die Protokolle entnommen sind, doch die Bildung von Hypothesen hinsichtlich der Autorisierung von Idiomen innerhalb der Visitationsbefragungen. Vergleicht man die Verteilung der Idiome in den Tabellen 5 –7 mit anderen Aussagen derselben Zeugen im selben Prozess, stellt sich in der Tat heraus, dass in diesen bezüglich der Sprachverteilung dieselben Beobachtungen gemacht werden können: Luys de Loberas Aussagen werden auch im Protokoll der Befragung vom 04. 09. 1560,729 also fast acht Monate nach der ersten Befragung im betreffenden Prozess, sowie in den über zwei Jahre später stattfindenden Befragungen vom 09. 01. 1563730 und vom 31. 03. 1563731 auf Spanisch wiedergegeben, während die Aussagen von Pietro Papa732 und Cirio de Mari733 stets überwiegend auf Italienisch protokolliert wurden. Die vom Visitator ausgehenden Kommunikationsanteile und der Rahmen des Protokolls bleiben hierbei weiterhin Spanisch (Letzterer teilweise auch Lateinisch). Die Sprache, die in der Wiedergabe der Aussagen der befragten Zeugen erscheint, kann somit durchaus als Indiz für individuelle Sprachwahlprozesse gewertet werden. Eine vorschnelle Interpretation des gezeigten Befunds dahingehend, dass das Spanische nur durch Spanier verwendet wurde, und Neapolitaner stets ‘Italienisch’ aussagten, wird allerdings durch die Tatsache entkräftet, dass teils auch die Aussagen von Personen, die sich als Neapolitaner oder Süditaliener ausgeben, komplett auf Spanisch wiedergegeben werden. So verhält es sich beispielsweise – ebenfalls im Prozess gegen den Segretario del Regno Giovan di Soto – bei den Aussagen von Francesco Russo734 und denjenigen von Jo(hannes) Paulo Benet,735 Cristoforo Grimaldi,736 Horatius Homodius,737 Geronimo Pignatello,738 Aloysius Marra739 und Hector Pignatello.740 In der entgegengesetzten 729 730 731 732 733 734 735 736 737 738 739 740

AGS, V.I. 1 – 1, 33v – 35v. AGS, V.I. 1 – 1, 105v – 107r. AGS, V.I. 1 – 1, 108v – 109v. Beispielsweise die Aussagen vom 09. 01. 1562 (AGS, V.I. 1 – 1, 73v – 74r) und vom 08. 01. 1563 (AGS, V.I. 1 – 1, 104v – 105v). Z.B. die Aussagen vom 30. 12. 1561 (AGS, V.I. 1 – 1, 48v – 50r) und 30. 04. 1563 (AGS, V.I. 1 – 1, 141r – 141v). AGS, V.I. 1 – 1, 111r – 112r. AGS, V.I. 1 – 1, 113r – 117v ; V.I. 1 – 1, 213v – 217v. AGS, V.I. 1 – 1, 117v – 120r. AGS, V.I. 1 – 1, 140r – 141r. AGS, V.I. 1 – 1, 195v – 196r. AGS, V.I. 1 – 1, 198v – 199r. AGS, V.I. 1 – 1, 199v – 200r ; 209v.

278

4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Perspektive fällt jedoch auf, dass Aussagen von Personen, die sich als Spanier ausgeben, durchgängig auf Spanisch protokolliert werden. Bezüglich der Mehrsprachigkeit der Kommunikation und der Autorisierung von Idiomen in den Visitationsbefragungen lässt sich festhalten, dass der Visitator in der Befragungssituation vermutlich das Spanische verwendete. Aufgrund des Vorhandenseins eines italienischen Fragebogens im Prozess kann allerdings nicht ausgeschlossen werden, dass die dort verzeichneten Fragen teils auch auf Italienisch gestellt wurden – und eben nur die Referenz auf diese im Protokoll auf Spanisch erfolgte. Was die durch die Befragten verwendeten Sprachen anbelangt, lässt sich feststellen, dass die Verwendung autochthoner Idiome durchaus zulässig und üblich erschien. Die Anforderung an einen zu benennenden Visitator für das Königreich Neapel, die der Regent des Italienrats Muñoz noch im Jahr 1644 – und somit 80 Jahre nach der Visitation Quirogas – formulierte, die zu ernennende Person möge doch der Sprache mächtig sein, kann als in der Sprachenpluralität der italienischen Gebiete begründet gesehen werden. In seiner Stellungnahme zu den vorgeschlagenen Kandidaten führt Muñoz in der Tat Folgendes an: (…) mi parecer es que no basta que el Ministro que hubiere de yr a una cosa de tanta importançia y consideraçion tenga solam(en)te las calidades que los propuestos por el Cons(ej)o, sino que precissa, y necessariamente a de tener tambien las que se siguen 1. Que sepa la lengua para no star sugeto a una traducion falsa o, mal entendida del traductor, o interprete, o tal papel le pueden dar que no(n) convenga que lo entienda otro que el Visitador 2 Que anticipadam(en)te tenga notiçia de_los medios, y modos con que an echo estas usurpaçiones y robos, y de_las cabeças de hierro, en quien estan puestas la rentas y otros bienes, pues sin esta circunstançia quando los visitados saliessen convençidos de_la Visita podriasse proceder a su castigo, pero’ no recobrar V(uestra) Mag(esta)d su hazienda que no es el menos principal intento de haçerla ni el menos necesario, y mas en este tiempo 3 Que sea platico, y notiçioso de_las leyes prematicas, capitulos, ordenes de V(uestra) Mag(esta)d que tiene dadas para la buena administraçion, y govierno de aquellos Tribunales y de_la Real hazienda. 4 Que sea independente de_los Ministros y personas poderosas que le puedan impedir el obrar, y de conoçido zelo y valor para resistirlos 5 Que tenga inclinaçion natural al officio, y ministerio de fiscal acreditada con actos positivos en el.741

741 AGS, Secretarías provinciales 227, Voto de don heronimo Muñoz, 07. 04. 1644, 1v /2/ – /20/, [Hervorhebung V.S.].

4.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1

279

Ebenso wie für das Personal des Italienrats (vgl. 3.2.1) lässt sich hier auch für den Visitator die Anforderung erkennen, wenn nicht selbst mehrsprachig zu agieren, so doch zumindest die andere Sprache zu verstehen. Es bestätigt sich hier, was aus den Visitationsprotokollen klar hervorgeht: Die Kenntnis des Spanischen mochte zwar gewisse Vorteile mit sich bringen, dessen Verwendung in der Verwaltungskommunikation, in diesem Fall mit dem den König repräsentierenden Visitator, war aber durchaus nicht verpflichtend. Der Passus gibt im Gegenteil einen Hinweis darauf, dass eine Möglichkeit des Umgangs mit der Sprachenpluralität im Erwerb zumindest passiver Sprachkenntnisse und der bevorzugten Entsendung von Personen, die über diese verfügten, sowie in der Beschäftigung von Übersetzern lag. Die Verwendung autochthoner Idiome in der Verwaltungskommunikation war dadurch zumindest in den Visitationsbefragungen grundlegend autorisiert. Die oben dargelegten Befunde aus dem Prozess gegen den Segretario del Regno Giovan di Soto legen – abgesehen von der genannten Unsicherheit bezüglich der Existenz verschiedensprachiger Fragebögen – wie bereits angeführt nahe, zumindest für den Visitator die kontinuierliche Verwendung des Spanischen anzunehmen. Allerdings bediente sich der Visitator beispielsweise im Briefkontakt mit anderen Institutionen beziehungsweise mit deren Vertretern auch des Italienischen. So finden sich z. B. in AGS, V.I. 348 – 17 einige Schreiben des Visitators, die auf Italienisch abgefasst sind.742 In AGS, V.I. 24 – 2, 519r – 520v liegt auch ein an die Öffentlichkeit gerichteter und somit der extrainstitutionellen Kommunikation zuzurechnender Bando des Visitators vor, der zu großen Teilen Italienisch ist. Vergleicht man die Beispiele aus dem Protokoll des Prozesses gegen Giovan di Soto nun mit denjenigen anderer Befragungen, lassen sich teils Parallelen, teils aber auch Divergenzen feststellen, welche notwendigerweise die Aufmerksamkeit noch einmal auf die Form des Protokolls und das anzunehmende Verhältnis zur Befragungssituation lenken: Zunächst kann festgestellt werden, dass der Rahmen des Protokolls in vielen Fällen auch mehrheitlich oder ausschließlich auf Latein vorliegt. Dies lässt sich schon im Prozess gegen Giovan di Soto (ab der Aussage auf 92r – 95r) selbst feststellen. Die nach diesem Wechsel vorliegende Struktur des Protokolls illustrieren Auszüge aus den Aussageprotokollen von später getätigten 742 Unter anderem ein Schreiben an den Scrivano di Razione Geronimo Pignatello, dessen Aussage im Prozess gegen Giovan di Soto auf Spanisch protokolliert wurde (AGS, V.I. 1 – 1, 195v – 196r) und für den mit großer Wahrscheinlichkeit Spanischkenntnisse anzunehmen sind.

280

4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Abb. 12: Mehrsprachiges Befragungsprotokoll aus der Visitation von Gaspar de Quiroga España, Ministerio de Educación, Cultura y Deporte. Archivo General de Simancas, VIT, 1, 1,6.

Aussagen der Zeugen Papa und Lobera in dem nunmehr lateinischen Rahmen:

4.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1

281

(1291) Die viij Januarij MDLXIIJ Neap(oli) [Randvermerk: t(estimoni)o 55 Petrus Papa] Eg[…] Petrus Papa scriba Regiae cancellariae al(iu)s examinatus nunc vocatus […] qui juravit in forma […] de veritate dicenda Interrogatus si sabe este t(estig)o que_el ex(celen)te secretario Joan de Soto haya dado ò de à actitar algunas causas criminales a algun mastrodatta de_la vicaria e que del haya havido o haya alguna contribucion por tal causa? dixit che e’ vero che molte cause criminali quale dependeno del consiglio collaterale e li processi vieneno in detto consiglio collaterale et se rimetteno alla Vicaria Il detto secretario soto le ha soluto far et fa andare per un certo tempo in poter de Giacobo de martino Mastrodatta criminale di detta gran corte et da un’anno in qua li ha mandati in poter de Lutio Cacciuttulo Da_li quali se ha fatto dar la parte de_li danari che han guadagnato. In detti processi sicome fa de p(rese)nte e questo lo sa esso testimonio come scrivano che sta in cancellaria che ha visto quando li processi li ha portati Il mag(nifi)co Lobera dal Consiglio collaterale. e che [unleserliche Streichung] li ha mandati alli detti Jacobo de Martino et lutio Cacciuttulo Respective per ordine del detto secretario, et auditur pu(bli)ce et est pu(bli)ca vox et fama che li predetti hanno contribuito al detto secretario ut supra Addens che per tenerne particular co(n)to detto secretario con li detti Mastridatti accio non lo havessero gabbato, detto secretario ha fatto far un quinterno dove detti Mastridatti notavano li processi che ricepevano quale quinterno ha visto esso testimonio. 743 (1292) Die viiij Januarij M.D.LVIIJ Neap(oli) [Randvermerk: t(estimoni)o 56 ludovicus Lobera] Mag(nifi)cus Ludovicus de Lobera Scriba man(damen)ti h(uius)mo(d)i Regni al(iu)s ex(amina)tus nunc de novo vocatus qui juravit in forma […] de veritate dice(n)da Interrogatus si sabe este t(estig)o que_el ex(celen)te Secretario Joan de Soto haya dado ò de à actitar algunas causas criminales à algun mastrodatta de_la Vicaria e que del haya havido o haya alguna contribucion por tal causa? dixit que lo que este t(estig)o sabe de_lo contenido en_el presente Interrogatorio es que el s(eño)r secretario Jo(an) de Soto pretende que todos los Commissarios que la ex(celenci)a del virrey y cons(ej)o collateral despachan para tomar alg(un)as Informaciones por las provincias del presente Reyno à el le toca como secretario nominar y deputar el Mastrodatta ò scrivano q(ue) ha de yr con los Commissarios a tomar las d(ic)has Informaciones y q(ue) assy al p(rese)nte se usa que el d(ic)ho secretario pone y da los d(ic)hos Mastrodattas ò scrivanos a_los d(ic)hos Commissarios con los quales se concierta que le dan un tanto cada dia que si mal no se acuerda son tres carlines de_las Jornadas q(ue) vacan del salario que le da la corte ò 2 las partes qua(n)do se va à tomar Informacion por cosa de partes y para esto les haze hazer una polisa ò cautela para que quando viene(n) […]obrelo que le toca y destos mastrodattas y de hazerse esta polisa tienen cargo deles Cola de afflito scrivano de mandame(n)to Jo(an) Paulo Benet y luys barrile scrivano de_la cancilleria el qual oydia es conservador de_las d(ic)has poliças y quando los commissarios y Mastrodattas vienen con la Informacion q(ue) han tomado se leen en_el consejo collateral y las mas dellas se Remitten a_la gran corte de_la Vicaria para q(ue) las vea y haga Relacion dellas à su ex(celenci)a y estos processos ò In743 AGS, V.I. 1 – 1, 104v /1/ – /23/, [Streichung im Original, Hervorhebungen V.S.].

282

4. Manifestationen der Sprachenpluralität

formationes que de alla viene(n) Remittidas que son à la Vicaria ò à otro tribunal el d(ic)ho Secretario tiene ordenado que de primero se diessen en poder de Jacobo de martino Mastrodatta criminal de_la Vicaria al qual este t(estig)o le ha remmittido muchas dellas como parece por poliça y fe que el d(ic)ho Jacobo de martino le hazia y al presente ha ordenado que se dan a otro Mastrodatta de ditta Vicaria llamado Lutio Cacciuttulo, los quales Jacobo de Martino Rispondiò y el d(ic)ho lutio Responde segun es fama publica del Retra[…]o de_las dichas Informaciones de un centum […] al d(ic)ho secretario, però este t(estig)o ha mas de dos años que no se empacha en estas cosas, pero las sabe porque las ha visto y dellas es publica voz y fama. 744

An beiden Ausschnitten wird deutlich, dass die Ablösung des Spanischen durch das Latein nur den Rahmen der Befragung betrifft. So werden Ort und Datum sowie der Zeuge auf Latein genannt, und auch die Wiedergabe der verba dicendi erfolgt – sowohl was die Fragen des Visitators betrifft als auch bei den Aussagen der Zeugen – mehrheitlich auf Latein. In Beispiel (1291) findet sich darüber hinaus ein Teil der Zeugenaussage auf Latein paraphrasiert. Die dem Visitator zuzuordnenden Kommunikationsanteile werden auch hier auf Spanisch verschriftet, die Aussagen der Zeugen in (1291) auf Italienisch, in (1292) auf Spanisch, wobei dies, wie oben angemerkt, vor allem von der befragten Person abzuhängen scheint. Während sich in den ebenfalls der Visitation Gaspar de Quirogas angehörenden Prozessen, welche die Ämter der Sommaria betrafen,745 ähnliche Beobachtungen machen lassen wie die für den Prozess gegen Giovan di Soto gezeigten, stellen sich die Akten der Visitation von Lope de Guzmán (1581 – 1584) in ihrer sprachlichen Struktur anders dar: In verschiedenen Prozessen aus der Visitation von Lope de Guzmán lässt sich feststellen, dass in den einzelnen Protokollen die dem Visitator und den aussagenden Zeugen zuzuordnenden Redeanteile jeweils in derselben Sprache verschriftet wurden. Dadurch haben die Protokolle, zumindest was die Paraphrasierungen der einzelnen Kommunikationsvorgänge anbelangt, einsprachige Gestalt. Diese Beobachtung ist insofern interessant, als sie entweder von einsprachigen Kommunikationssituationen zeugt, in denen die Befragten und der Visitator jeweils die gleiche Sprache verwendeten (wie z. B. für die oben besprochenen Befragungen von Luys de Lobera in der Visitation von Gaspar de Quiroga anzunehmen ist), oder aber die respektive Einsprachigkeit der Protokolle in der Visitation von Lope de Guzmán einem im Vergleich zur Visitation von Gaspar de Quiroga veränderten Protokollierungsverfahren geschuldet ist. Dass Letzteres eine 744 AGS, V.I. 1 – 1, 105v /17/ – 106v /7/, [Hervorhebungen V.S.]. 745 V.a. AGS, V.I. 5.

4.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1

283

Rolle spielen könnte, wird durch die Tatsache nahegelegt, dass die jeweils (bis auf den teils lateinischen Rahmen) einsprachigen Protokolle sich nicht personenabhängig im Prozess abwechseln, wie es in den gesichteten Prozessen aus der Visitation von Gaspar de Quiroga der Fall ist. Es liegen nun in den Prozessen jeweils en bloc eine Serie von spanischen Protokollen beziehungsweise eine Serie von italienischen Protokollen vor, auf die wiederum eine Reihe von Mitschriften in der respektive anderen Sprache folgt. Es lassen sich somit an bestimmten Stellen komplette Sprachwechsel in der Prozessakte feststellen, wohingegen die bisher behandelten CodeSwitching-Vorgänge innerhalb einzelner Protokolle vorliegen. Eine solche Sequenz, in der ein Sprachwechsel das gesamte Prozess- und nicht ein einzelnes Befragungsprotokoll betrifft, findet sich z. B. im Prozess gegen die Beschäftigten des Kollateralrats746 zwischen dem komplett spanischen Protokoll der Aussage von Jo(hannes) Bernardino Mottula am 11. 06. 1582747 und dem italienischen Protokoll der Aussage von Antonino Scaglione am 23. 08. 1582.748 Bei der Aussage von Paulo de Mantillo vom 09. 09. 1582 kehrt das Protokoll vollständig zum Spanischen zurück.749 Die beiden Sprachwechsel werden im Folgenden nur anhand des jeweils letzten und ersten Abschnitts der betreffenden Aussagen illustriert: (1293) [Randvermerk: 10] Preguntado si este t(estig)o hablando con el d(ic)ho Regente la ultima vez ò en otro algun t(iem)po dixo al d(ic)ho Reg(en)te Daroca que_le hiziesse plazer de favorecerle por le ser contrario como hasta entonces lo avia hecho Reprovandole y tratandole de ladron? dixo que no fue tal cosa Jamas sino de_la manera q(ue) ha d(ic)ho de suso 11 E siendole d(ic)ho que Recurra su memoria si algun Regente dixo ò declaro a este t(estig)o que_el d(ic)ho Reg(en)te Daroca avia reprovado su persona deste t(estig)o y tratadolo de ladron dixo q(ue) no ni por pensam(ien)to y que esta es la verdad para el Juram(en)to q(ue) tiene hecho fuele leydo sud(ic)ho y encargado el secreto y firmolo [Handwechsel] I[…] qui supra Jo(hann)es Ber(nardinu)s Motul(us). 750 [Handwechsel]751Die vigesimo tertio mensis Augusti 1582 neap(oli) Avante il 746 747 748 749 750

AGS, V.I. 31 – 1. AGS, V.I. 31 – 1, Prozess Kollateralrat und Reggenti der Cancelleria, 90r – 92r. AGS, V.I. 31 – 1, Prozess Kollateralrat und Reggenti der Cancelleria, 92r – 93r. AGS, V.I. 31 – 1, Prozess Kollateralrat und Reggenti der Cancelleria, 96r – 98r. Für die hier zu Ende gehende Befragung verzeichnet der Prozess den 11. Juni 1582 (AGS, V.I. 31 – 1, Prozess Kollateralrat und Reggenti der Cancelleria, 88v). 751 [Handwechsel] bezieht sich hier auf die vorangegangene Unterschrift des zuletzt befragten Zeugen. Die Differenz zwischen der Handschrift, die in der Verschriftung der ersten Aussage auftritt, und derjenigen, die in der zweiten Aussage erkennbar ist, scheint auf den ersten Blick so groß, dass sie auf zwei verschiedene Schreiber hindeuten könnte. Dies kann an dieser Stelle zwar nicht ausgeschlossen werden, aller-

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

s(igno)r Visitatore e’ comparso il dottor Antonino Scaglione [Randvermerk: Antonino Scaglione] de Civitate nicotera ad p[…]ns habitante in nap(oli) testimonio chiamato da sua s(igno)ria dallo quale piglio’ il giuramento informa di dire la verità, et che è di ettà di vintedoi anni in circa, et habita di dietro al sp(irit)o santo Int(errogatu)s se esso t(estimoni)o conosce salvatore Polverino di Lipari dix(it) che esso t(estimoni)o non lo conosce per vista, ma’ per averlo Inteso nominare si. Et essendoli detto da chi ha’ inteso nominare il detto salvatore Bolverrino, et à che causa, dix(i)t che havera’ da quattro mesi incirca. 752 (1294) Int(errogatu)s in quanto prezzo fu’ venduto il detto cascio, et che ne fù fatto de_li denari del detto prezzo, dix(i)t che non si recorda de_la quantita de_li denari, ma’ si refere alle scritture, et che detti denari intrarno in potere di esso t(estimon)io, et la maggior parte di essi ne ha pagati a’ diverse persone per ordine, et liberanza de_li Eletti et deputati de_la Città, et una poco cosa che e’ restata è in potere di esso t(estimoni)o per darne conto quando se_li liquideranno li conti Int(errogatu)s se tutti detti denari proceduti dal detto cascio, o’ parte di essi sono pervenuti in potere di alcuno officiale, o’ ministro regio, dix(it) di no’, et che per quello medes(im)o banco dove li furuno liberati, per quello fece li pagame(n)ti; secondo esso t(estimoni)o si recorda, et questo dice essere la verità, et che non sape altra cosa per il giuramento che tiene dato Fuit sibi lectum, et iniunctum silentium in fo(rm)a et se subscripsit [Handwechsel] Jo Bene(di)tto de iofreda o diposto ut supra [Handwechsel] En Napoles à nueve dias del mes de septiembre de mill e quinientos y ochenta y dos años, el señor Visitador mando parecer ante_el a Paulo de Montielo natural de Aversa del qual tomo Juramento en forma devida de derecho que diria verdad de_lo que supiere q(ue) fuere pregun(ta)do su cargo del qual […] dixo ser de edad de quarenta y quatro años incirca 1 Pregun(ta)do que officio y exercicio haze este t(estig)o en la d(ic)ha ciudad de Aversa, dixo que al presente tiene la posta en la ciudad de Aversa, y que los años atras a sido Bailivo (en) la d(ic)ha ciudad y sus casales y particularmente el año passado de mill y qu(inient)os y ochenta y uno, y antes del d(ic)ho año tres años atras 2 Pregun(ta)do que officio es el off(ici)o de Bailivo y en que consiste. Dixo que consiste en andar por la campaga, a mirar los animales que hazen daño. 753

Nur vereinzelt treten in den Protokollen der Visitation von Lope de Guzmán innerhalb der Wiedergabe von Kommunikationsbestandteilen, die nur einem der an der Kommunikation Beteiligten zuzurechnen sind, als Code-Switching einzustufende Phänomene auf. Zwei Beispiele für solche Ausnahmen seien an dieser Stelle angeführt. In (1295) findet sich neben dings kann auch der Wechsel zwischen der Verschriftung verschiedener Sprachen starke Veränderungen in der Handschrift ein und derselben Person mit sich bringen, wie sich in den Visitationen auch innerhalb einzelner mehrsprachiger Aussageprotokolle, die mit Sicherheit nur von einer Hand verschriftet wurden, häufig zeigt. 752 AGS, V.I. 31 – 1, Prozess Kollateralrat und Reggenti der Cancelleria, 92r /4/ – /28/. 753 AGS, V.I. 31 – 1, Prozess Kollateralrat und Reggenti der Cancelleria, 96r /1/ – /31/.

4.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1

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den ansonsten auf Spanisch protokollierten Angaben des Zeugen auch ein Teil der Aussage auf Italienisch: (1295) En este mismo dia mes y año. 754 Antel s(eñ)or Visitador pareçio presente [Randvermerk: notar Fabio Romano] not(aro) 755 Fabio Romano nap(olita)no testigo llamado por su m(erced) da lo qual tomo el Jur(amen)to en for(ma) de d(erech)o que dira la verdad de lo q(ue) le fuese preguntado, y dixo ser de edad de treynta y quatro años in circa 1 Preg(unta)do si este t(estig)o conoçe a_los escrivanos de mandam(ien)to de_la regia Cancell(eria) dixo que si q(ue) los conoçe de vista y platica 2 Preg(unta)do de cuya mano es una anotacion q(ue) dize 3. Decembris 1578 q(ue) esta à[…] espaldas de un mem(oria)l de assensu de Ju(an) vincençio de_la Tolfa dixo q(ue) es de mano deste t(estig)o, lo qual hizo estando, como esta en la curia de not(ar)o Anelo de Martino 3 Preg(unta)do si este t(estig)o a hecho otras anotaciones a’ otros mem(oria)les de assensu semejantes, y a quien se an dado, dixo q(ue) en otros muchos mem(oria)les a puesto las dichas anotaciones, y la mayor parte [Randvermerk: Jo(hannes) Donato Russo Ligoro] se an dado a Ju(an) Donato Russo, y algunos [interlinear: pocos] de poco t(iem)po aca a Ju(an) Dominico de Ligorio 4 Preg(unta)do a’ que efeto se an puesto las dichas anotaciones, dixo q(ue) se an puesto para q(ue) los dichos escrivanos de mandam(ien)to expidan los d(ic)hos mem(oria)les de aquella Jornada notada en ellos. 5 Preg(unta)do si este t(estig)o sabe, cree, o suspecha q(ue) los dichos escrivanos de mandam(ien)to ayan antepuesto la Jornada del dia verdadero en q(ue) se leyeron y decretaron los dichos mem(oria)les, dixo q(ue) este t(estig)o no se a hallado presente para poderlo veer, pero q(ue) a oydo dezir y cree q(ue) no siempre los dichos escrivanos de mandam(ien)to pueden negociar con los Regentes para poder expedir los mem(oria)les el dia q(ue) se les dan, y q(ue) con licencia de_los dichos Regentes aunq(ue) se lean despues ponen la Jornada del dia q(ue) les fueron consignados 6 Preg(unta)do q(ue) daño o q(ue) provecho se puede seguir de poner la Jornada anterior, o’ posterior en los dichos mem(oria)les dixo che puo apportare pregiuditio a_la parte in favore di chi e’ lo contratto, poi che se poi stipulato quello lo contrahente venesse a’ revocare prima che si espedesse lo assenso, il contratto non vale, et non tiene, nisi ratione Interesse secondo il giuditio di esso t(estimoni)o et la prattica che have havuto in napoli, et che ancora puo’ apportare pregiuditio a’ creditori delle parti. 7 Preg(unta)do si sabe este t(estig)o q(ue) los dichos escrivanos de mandam(ien)to ayan reçibido dineros, ò otras cosas de_las partes, ò otros per aver anticipado las dichas Jornadas, dixo este t(estig)o q(ue) no sabe tal cosa, y que esta es la verdad, y q(ue) no sabe otra cosa por el Juram(en)to que tiene

754 10. 09. 1582, vgl. AGS, V.I. 31 – 1, Prozess gegen die Scrivani di mandamento, 20r. 755 Die Auflösung der Abbreviatur ist im vorliegenden Beispiel notwendigerweise dahingehend varietätenlinguistisch interpretativ, dass die süditalienische Fortsetzung von -arius eingesetzt wird, die auch in den nicht einer Kürzung unterliegenden Okkurrenzen des Lexems in den für dieses Kapitel verwendeten Visitationsakten auftritt.

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

hecho Fuit sibi lectum, et injunctum silentium in for(m)a et se subscripsit [Handwechsel] Jo N. Fabio Romano accetto, et depongo[…].756

In Beispiel (1296) lassen sich sowohl in den Protokollteilen, in denen die Kommunikation des Visitators wiedergegeben wird, als auch in den Aussagen des Zeugen verschiedene Idiome feststellen, was den Anschein eines durch Code-Switching geprägten Gesprächs erweckt:757 (1296) [Randvermerk: t(estig)o […]] Die setimo Mensis septembris M.D. LXXXIJ Neap(oli) Eodem die antel d(ic)ho señor Visitador parecio presente Anello Scolese [Randvermerk: Anello Scolese] al qual mando traer de_la Carcel del Almiragliato, y aviendo Jurado en forma […] Dixo ser napolitano de edad de Veynte y ocho Anos incirca 1 Preguntado q(ue) exerçiçio haze Dixo q(ue) a sido quatro Años escrivano en Cancilleria en_el off(ici)o de Juan Donato Russo escriv(an)o de Mandam(ien)to y abra un Ano que dexo de asistir en_la Cancilleria porque Uvo de ir à Tierra de Otranto con su casa 2 preguntado qual fue la causa porque dexo de seguir al d(ic)ho Juan Donato Russo q(ue) si tuvo alguna enemistad con el, Dixo q(ue) el Conde de Ugento le dixo q(ue) le fuese a servir de Capitan a la Ciudad de Ugento, y assi este t(estig)o fue y que no tuvo enemist(a)d ninguna con el d(ic)ho Juan Donato Ruso el qual dize ques su pariente 3 Preguntado si en el ti(em)po que Residio en_el d(ic)ho off(ici)o de Juan donato Russo sabe o’ a’ oydo dezir quell d(ic) ho Juan Donato aya cometido alguna falsedad en algunos memoriales de asensu o’ en otros en_el Cuerpo dellos o’ en las datas, o’ en los previlegios de asensu, o’ en otra qualquiera scrip(tur)a o provision, y en que y quando y como, fue amonestado q(ue) su cargo del Juram(en)to que tiene […] diga y declare la verdad cerca esto, Dixo che in quel tempo che esso testimonio stette nel ufficio del detto Gio(van) donato Russo in cancellaria vedde più e’ più volte che essendo stati portati da diversi notarij al detto Gio(van) Donato memoriali d’assenso sopra obligationi de beni feudali il detto Gio(van) Donato ad instantia delli detti Notari non ci metteva la giornata della presentatione di detti memoriali dal di che ce li consignavano ma d’uno e’ dui Mesi avanti piu e’ meno secondo li [Randvermerk: Nota[…]] detti notari aveano di bisogno per far anteriori creditori quelli che domandavano lo assenso, e’ questo esso testimonio lo vedde como ha ditto piu volte e lo potrano ancho deponere 756 AGS, V.I. 31 – 1, Prozess gegen die Scrivani di mandamento, 21v /15/ – 22r /24/, [Hervorhebung V.S.]. 757 Zur Veranschaulichung werden die italienischen Bestandteile der Kommunikation fett herausgehoben, spanische Passagen unterstrichen. Die grau unterlegten – italienischen und spanischen – Bestandteile sind dem Visitator zuzuordnen. Grau unterlegte Passagen in Fettdruck sind also Stellen, in denen der Visitator das Italienische verwendet – ist die unterlegte Passage unterstrichen, handelt es sich um spanische Bestandteile, die dem Visitator zuzurechnen sind. Nicht farblich unterlegte unterstrichene Passagen sind auf Spanisch wiedergegebene Aussagen des Zeugen, italienische Bestandteile der Zeugenaussage werden nur durch Fettdruck hervorgehoben.

4.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1

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Gio(van) de [Randvermerk: Gio(van) de Camillis Gio(van) Luyse Campellone Ottav(ian)o Pagano Gio(van) Batt(ist)a Fantasia] Camillis, Gio(van) Loise Campellone, Ottavian Pagano, Gio(va)n Battista Fantasia […] scrivani in Cancelleria, e’ per maggior prova di questa verita’ dice esso t(estimoni)o che se’ si pigliano dal detto Gio(van) donato Russo li detti memoriali si trovera in molti di essi notata de mano de_li medesimi notari la giornata quale volevano che si metesse, che se il detto Gio(van) Donato havesse voluto’ meter la giornata dal di medesimo che si leggevano no(n) bisognava altramente che li detti notari ci annotasseno la giornata, et dice esso t(estimoni)o che questo lo fece il detto Gio(van) Donato per alcuni Anni tra tanto che era Vivo il q(uondam) Regente Reverter perche dopo che lui morse non crede averlo fatto’ altramente et la causa e’ questa che il detto Gio(van) donato portava detti memoriali al detto Regente Reverter in casa sua e glieli leggeva senza meterse la giornata egli le faceva firmare qual Regente come che era vechio decrepito non vedeva e’ facilmente sotto scriveva e’ poi il detto Gio(van) donato ci meteva la data come voleva e’ li porteva a’ passar da gli altri Regenti e’ questo esso t(estig)o lo vedde e si retrovo presente piu volte 4 Interrogatus chi sono detti notari che dice aver dato detti memoriali [Randvermerk: Notar Cirio de Mari Anello de Martino Notar Gonsalvo Calefato] ut sup(r)a al detto Gio(van)Donato dixit che notar Cirio de Mari e’ Anello de Martino e’ Notar Consalvo Califato et altri 5 Int(errogatu)s si sabe de otras falsedades cometidas por el d(ic)ho Juan Donato Russo, Dixit che sape anchora esso t(estiomoni)o che havera da dui anni incirca a’ tempo del Ultimo fallimento del banco de Ravaschier, essendo uno di casa Spicicacasso, che no(n) li sa il nome creditore del detto Ravaschier in […]certa quantita di ducati che non si ricorda quanti fosero ma crede cherano migliara e’ ritruovandosi esser posteriore creditore ad alcuni et desiderando esser fatto anteriore per poter recuperare il suo creditto ve(n)ne dal detto Gio(van) Donato e’ li disse quanto gli importava esser anteriore e’ q che le havese espedito il memoriale anteriore e’ questo esso t(estimoni)o non lo vedde trattare ma’ li vedde parlar piu’ volte insieme in casa del detto Gio(van) Donato in Cancelleria e’ per la strada e’ senti esso t(estimoni)o chel detto Spicicacasso diceva al detto Gio(van) Donato ch_era aroinatto se‘ non si faceva quel [Randvermerk: 6] negotio e’ vedde anchora esso t(estimoni)o che un Notar Alesandro [Randvermerk: Notar Alex(andr)o de Monto] de Monte che habita a_la porta piccola de santo Laurentio [Randvermerk: exa(mina)tus […]] prego’ piu volte al detto Gio(van) Donato che havese per racomandato al detto Spicicacasso che lo havria molto bene remunerato et da_la ad alcuni di vedde esso t(estimoni)o chel detto Gio(van) Donato […]spedi 758 il memoriale con la data de dui anni in 758 Vor der flektierten Form von spedire scheint an dieser Stelle ein prosthetischer Vokal ( oder ) gestrichen bzw. in korrigiert worden zu sein. Dasselbe lässt sich auch für die zwei Zeilen weiter unten auftretende Form [e]spedi anmerken, für die die Interpretation des gestrichenen Vokals als klar erscheint. Die beiden Streichungen oder Korrekturen sind vor dem Hintergrund der Annahme, dass die Protokolle von einem Schreiber mit Erstsprache Kastilisch verschriftet wurden, als

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

dietro incirca è lo fece passare dal detto Regente Reverter come gli altri ut sup(r)a e’ poi [e]spedi il previlegio en forma Regia Cancellerie e’ vedde anchora che il detto Gio(van) Donato parlo da poi col detto Spicicacasso dentro al vico della Citta e’ li disse […] quel negotio era accapato e’ chi li dese la promessa e’ questo e’ quanto sape esso t(estimoni)o e non altro 7 Int(errogatu)s chi potria deponere circa di questo fatto dixit che il detto Spicicacasso si fosse vivo ma che e’ morto et il detto notar Alessandro de Monte, altri non sa esso t(estimoni)o Int(errogatu)s si el d(ic)ho Juan Donato Reçibio por tal caso del d(ic)ho Spicicasso algunos dineros o otra cosa ò de otro por el, dixit queste t(estig)o no lo sabe pero que cree que si por las palabras que a d(ic)ho Preguntado si tiene odio o’ enemistad contra el dicho Juan Donato dixit de no e chi quello che ha ditto e’ stato per […] la verita e’ per virtu del Juramento Fuele leydo y encargado el secreto en forma y firmolo [Handwechsel] Jo Aniello Scolese ho deposto ut sup(r)a. 759

In der weitaus größeren Zahl der für diese Arbeit gesichteten Protokolle aus der Visitation von Lope de Guzmán lässt sich jedoch feststellen, dass diese – abgesehen vom Rahmen – meist einsprachig sind, d. h. die Aussagen des Zeugen werden im selben Idiom wiedergegeben wie die Fragen des Visitators. Bevor aus dieser Tatsache Schlüsse hinsichtlich der anzunehmenden sprachlichen Gestaltung der dem Protokoll zugrundeliegenden mündlichen Kommunikation gezogen werden können, muss noch ein weiterer Faktor einbezogen werden: Die von der Verfasserin gesichteten Protokolle aus der Visitation von Gaspar de Quiroga und die Protokolle aus der Visitation von Lope de Guzmán wurden vom selben Sekretär angefertigt. Dessen Schriftbild unterscheidet sich teils stark zwischen einzelnen Protokollen sowohl innerhalb einer Visitation, als auch zwischen den beiden Visitationen, was vor allem von der verwendeten Sprache abzuhängen scheint.760 Der Vermerk, dass Juan de Casanate als Sekretär für den Zeugen unterzeichnet hat, findet sich aber nicht nur in einzelnen Protokollen der Visitation von Gaspar de Quiroga,761 sondern auch in den 20 Jahren später entstandenen Protokollen aus der Visitation von Lope de Guzmán, und nachträglich korrigierte Interferenzen zu werten, auch wenn das prosthetische im vorliegenden phonologischen Kontext auch im Italienischen noch bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts durchaus geläufig war und auch in den Visitationsprotokollen regelmäßig auftritt. Vgl. z. B. die Okkurrenzen in (1268) und (1271). 759 AGS, V.I. 31 – 1, Prozess gegen die Scrivani di mandamento, 9r /13/ – 11r /9/, [Streichung im Original, Hervorhebungen V.S.]. 760 Vgl. Anm. 751. 761 So z. B. in den in Anm. 664 erwähnten Fällen, in denen Casanate für den Zeugen unterzeichnet.

4.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1

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dies sowohl im Fall eines italienischen Protokolls762 als auch im Fall einer spanisch verschrifteten Befragung.763 Zwei Hypothesen lassen sich zur Erklärung der divergierenden Gestalt der Protokolle in den beiden Visitationen aufstellen: a) Die Autorisierung der Mehrsprachigkeit der Kommunikation hat bei Lope de Guzmán im Vergleich zur vorangegangenen Visitation eine Schwächung erfahren. Nunmehr schien es die Regel zu sein, sich im Gespräch des Idioms des Gegenübers beziehungsweise des in der Befragungssituation des jeweiligen Prozesses üblichen Idioms zu bedienen – Akkommodationsprozesse konnten in beide Richtungen ablaufen, d. h. dass entweder durch den Visitator das Italienische verwendet wurde, oder durch die befragten Zeugen das Spanische. Besonders interessant erscheint vor diesem Hintergrund die komplett auf Italienisch protokollierte Aussage des spanischen (!) Segretario del Regno Bastida de Muñatones im Prozess gegen die Scrivani di mandamento.764 Auch die vom (ebenfalls spanischen!) Visitator gestellten Fragen sind hier komplett auf Italienisch protokolliert. Autorität der Form und (Diskurs-)Tradition scheinen an dieser Stelle des Protokolls mit einer so großen Wirkmächtigkeit versehen, dass sie hier sogar nicht durch den Umstand aufgehoben worden zu sein scheint, dass sowohl für den Visitator als auch für den Befragten und den Sekretär angenommen werden kann, dass sie als (eine) Erstsprache Spanisch aufwiesen; vergleichbare Konstellationen scheinen in den gesichteten Protokollen aus der Visitation von Gaspar de Quiroga dagegen durchgängig die Wahl des Spanischen bedingt zu haben. b) Betrachtet man die zwar italienischen und spanischen, im Einzelfall gesehen aber jeweils einsprachigen Protokolle der Visitation von Lope de Guzmán aus der Perspektive der Autorität der Form, kann auch die Frage danach gestellt werden, ob unter Umständen die Autorität der Form / Diskurstradition, wie sie sich in der Einsprachigkeit der Protokolle zeigt, sich nicht auf die zugrundeliegende Kommunikation bezog, sondern mehr oder weniger ausschließlich auf das Erstellen des 762 AGS, V.I. 31 – 1, Prozess Kollateralrat und Reggenti der Cancelleria, 95v „fuit sibi lectum, et Iniunctu(m) silentium in forma, et non se subscripsit q(ui)a dixit nescire Juan de Casanate secret(ariu)s“. 763 AGS, V.I. 31 – 1, Prozess gegen die Scrivani di mandamento, 9r : „fuele encargado el secreto y no lo firmo porq(ue) dixo q(ue) no sabia escrevir Juan de Casanate secret(ari)o.“ 764 AGS, V.I. 31 – 1, Prozess gegen die Scrivani di mandamento, 47v – 49v.

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Protokolls derselben. Diese Hypothese würde eine umfassende Übersetzungstätigkeit durch den Schreiber – vermutlich in beide Richtungen – implizieren. Gegen diese Hypothese sprechen in jedem Fall die (zwar im Vergleich mit der Visitation Quirogas selteneren) Beispiele von klar nur einer Person zuzuordnendem Code-Switching, wie sie in (1295) und (1296) dokumentiert werden konnten. Darüber hinaus erscheint die Annahme einer Übersetzungsleistung des Schreibers dadurch unwahrscheinlich, dass eine solche angesichts des Quellenbefunds sowohl in die eine als auch in die andere Richtung hätte erfolgen müssen und somit kein – als Zielsetzung einer Übersetzung anzunehmender – sprachlicher Homogenisierungseffekt über das einzelne Befragungsprotokoll hinaus erzielt worden wäre. Es ist an dieser Stelle unmöglich, die genannten Hypothesen anhand der begrenzten Anzahl der gesichteten Protokolle zu überprüfen und auszuschließen, dass im Rahmen der Visitationsbefragungen von Lope de Guzmán nicht auch teilweise übersetzt wurde. Eine größere Rolle spielten aber vermutlich im Vergleich zur Visitation von Quiroga häufiger vollzogene Akkommodationsleistungen im Sinne von Sprachwechsel durch einzelne Befragte beziehungsweise den Visitator. Vorstellbar – aber durch den derzeitigen Forschungsstand nicht belegbar – ist auch die Festlegung einer „Verhandlungssprache“ durch den Visitator an einzelnen Verhandlungstagen. 4.3.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation – Mehrsprachigkeit der Personen: Die Visitationsprotokolle als Rekonstruktionsbasis Inwieweit können die Visitationsprotokolle als Basis für die Rekonstruktion der Mehrsprachigkeit der ihnen zugrundeliegenden Befragungen und der an diesen beteiligten Personen herangezogen werden? Wie im vorangegangenen Abschnitt aufgezeigt wurde, kann durch einen Teil der Protokolle die Hypothese gestützt werden, dass eine der zum Zuge kommenden Möglichkeiten des Umgangs mit der Sprachenpluralität im Regno di Napoli der Erwerb von zumindest passiven Sprachkenntnissen war. Befragte Zeugen und Visitator verstanden einander, auch wenn sie sich unterschiedlicher Idiome bedienten. Dieser Befund legt nahe, dass für eine soziolinguistische Betrachtung der Italia spagnola ein Konzept fruchtbar gemacht werden kann, das bisher vorwiegend im Bereich der Skandinavistik Anwendung gefunden hat: Die Mindestannahme, die aus der

4.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1

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Analyse der Mehrsprachigkeit der Kommunikation, wie sie in den Protokollen der Visitation von Gaspar de Quiroga klar zum Vorschein kommt, abgeleitet werden kann, ist die Ausbildung von Formen der „rezeptiven Mehrsprachigkeit“. Diese wird von Braunmüller / Zeevaert folgendermaßen definiert: Unter rezeptiver Mehrsprachigkeit wird die passive Beherrschung einer (oftmals genetisch eng verwandten Fremd-)Sprache verstanden, wobei zu unterscheiden ist, ob dieses Verstehen durch (zum Teil in Vergessenheit geratenes) aktives Lernen bewusst erworben wurde, ob es von vorne herein angestrebtes Ziel des Erwerbs war (etwa das Erreichen einer Lesekompetenz) oder ob es durch ein intensives Ausschöpfen des Wissens bezüglich der Varietäten des eigenen Diasystems erreicht worden ist.765

Auch wenn der Erwerb elementarer passiver Sprachkompetenzen nicht ausgezeichnete Fremdsprachenkenntnisse der einzelnen Personen bedeutete, wurde dadurch eine erfolgreiche Kommunikation zwischen Personen unterschiedlicher Muttersprache sicher gestellt und somit das Ziel erreicht, welches Braunmüller für den Umgang mit frühneuzeitlicher Sprachenpluralität anführt: Mastering two or more languages, however, does not mean that the persons in question were ‘perfect’ bilinguals who could manage all situations in their lives in any of the languages they knew. Receptive bilingualism, functionally restricted multilingualism or the command of a foreign linguistic variety as a lingua franca were absolutely normal. Nobody would ever have expected to know other languages ‘perfectly’ (whatever that may mean in detail). This expectation seems to be a quite modern idea when discussing issues of bilingualism or multilingualism in general. Diglossia, i. e. the functional distribution between a written H-variety (often a standardized language) and a spoken L-variety or vernacular, functional multilingualism in general, the use of a lingua franca, e. g. as a language of instruction or administration, or the command of an academic language was a natural part of everyday life and guaranteed that one could master the various domains of work, trade and religion without greater problems. The main point was to achieve effective communication e. g. at the workplace and not a ‘perfect’ multilingualism in every respect.766

Die passiven Kompetenzen, im Fall der Visitationsbefragungen bezogen auf das Hörverstehen, ermöglichten und autorisierten mit großer Wahrscheinlichkeit die Verwendung verschiedener Idiome durch die Beteiligten einer Befragung innerhalb der Visitationen – sie war angesichts der in765 Braunmüller / Zeevaert 2001, 2, [Kursivierung im Original]. 766 Braunmüller / Ferraresi 2003, 3, [Hervorhebung V.S.].

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

stitutionalisierten Verwendung verschiedener Idiome erforderlich und ihre Ausbildung wurde durch diese wiederum befördert. Die als wahrscheinlich anzunehmende überwiegende Paraphrasierung und Verschriftung der Aussagen in der Sprache, in der diese getätigt wurden, ermöglicht den Vergleich verschiedener Aussagen einzelner Personen hinsichtlich ihrer sprachlichen Gestaltung. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass bezüglich der Sprachverwendung von Pietro Papa, Cirio de Mari und Luys de Lobera im Prozess des Segretario del Regno Kontinuitäten zwischen den einzelnen Aussagen vorhanden sind: Diejenigen von Luys de Lobera sind durchgängig auf Spanisch protokolliert, während bei Pietro Papa und Cirio de Mari kontinuierlich das Italienische zum Zug kommt. Auch wurde bereits erwähnt, dass im selben Prozess durchaus auch die Aussagen einzelner Neapolitaner auf Spanisch protokolliert wurden, während die (häufig aus Katalonien stammenden)767 ‘Spanier’ durchwegs auf Kastilisch wiedergegeben werden. Naheliegend ist nun bei der Frage nach der Mehrsprachigkeit der Personen die Suche nach mehrmals befragten Zeugen, deren Aussagen in verschiedenen Befragungen sprachlich unterschiedliche Gestalt aufweisen.768 Anhand zweier Fallbeispiele sollen die Möglichkeiten der Rekonstruktion der Mehrsprachigkeit der Personen auf der Grundlage der Visitationsprotokolle aufgezeigt werden.

767 Die Verwendung des Kastilischen in der Wiedergabe der Aussagen katalanischer Zeugen zeugt von der Funktion des Kastilischen als lingua franca zwischen Personen unterschiedlicher Provenienz aus den Gebieten der spanischen Krone auf der Pyrenäenhalbinsel. Neben dem aus Perpignan stammenden Luys de Lobera werden auch die Aussagen von Franciscus Trobatt („Hispanus natus in civitate Barchinonae“, AGS, V.I. 1 – 1, 186r – 187r) sowie Gulielmus Mirò („officialis ut dixit Regiae Generalis Thesaureriae natus in oppido de Rialia in Regno Cathaloniae“AGS, V.I. 1 – 1, 178r – 179r) auf Kastilisch protokolliert. 768 Aufgrund der oben dargelegten Punkte wird hier davon ausgegangen, dass die in den Befragungsprotokollen für die Wiedergabe der Zeugenaussagen verwendeten Idiome, abgesehen von der eventuell auch eine fremdsprachliche Paraphrasierung umfassenden Wiedergabe von ‘Standardinhalten’ (s. o.), den tatsächlich durch die Zeugen in der Befragungssituation verwendeten Sprachen beziehungsweise Varietäten entsprachen, auch wenn die Aussagen in indirekter Rede und somit nicht im Wortlaut wiedergegeben werden.

4.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1

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Horatio Mollo Die erste hier näher betrachtete Person ist ein Schreiber aus der Kanzlei des Kollateralrats. Horatio Mollo tritt das erste Mal im Prozess des Segretario del Regno Soto in der Visitation von Quiroga auf, in welchem er zweimal aussagte.769 In beiden Fällen werden seine Aussagen im Protokoll auf Italienisch wiedergegeben, wie die folgenden Ausschnitte zeigen:770 (1297) Eodem die 771 [Randvermerk: t(estimoni)o 60 Horatio Mollo] Eg[…] Horatius Mollus Neapolitanus aetatis annor(um) Vigenti quatuor in circa testis vocatus […] qui Juravit In forma de veritate dicenda Interrogatus que exercicio haze este t(estig)o dixit che e’ scrivano in cancellaria Interrogatus que tanto tiempo ha q(ue) pratica en cancilleria dixit che have da circa dieci anni Interrogatus que orden se tiene quanto se ha de desalojar alg(un)a compañia de soldados de alg(un)a tierra, e que provisiones e despachos se suelen expedir por cancilleria? dixit che quello che esso testim(oni)o ha visto usare et costumarsi per Il predetto tempo che ha pratticato in cancellaria per disloggiare alcuna compagnia e’ questo che havendosi dato memoriale al viceRe da parte de la Università sopra tal disloggiame(n)to Il viceRe comette a_la scrivania de Racio(n) che se Informe del tempo che tal università e’ stato con detto alloggiamento et dove se potria acom(m)odare detta compagnia, et ne faccia Relatione, et fatta detta Relatione, se spedisce poi provisione diretta allo scrivano de Ratione ordinandoli che faccia disloggiare detta compagnia et acom(m)odarla altrove secondo la Sua Relatione, Il qual scrivan de Ratione spedisce la pate(n)te conforme à questo. Et cosi lo ha visto osservare però da circa doi mesi in quà poco piu ò meno se e’ Inventato che no(n)obstante detta patente abisogna per disloggiare la polisa o lettera particulare quale la sol fare Morales officiale del secretario soto, et esto testimonio lo ha Inteso da piu persone che hanno spedite dette lettere per parte de università, et ne ha visto spedita clausa et sigillata una che dicea uno quale crede fusse sindico o’ procuratore de alcuna terra che no(n) sape come se chiama che fusse di dette lettere, però questo e’ cosa publica In cancellaria e che questa e’ la verità. 772 (1298) Die XXVIIIJ Aprilis M.D.LXIIJ Neap(oli) [Randvermerk: t(estimoni)o 72 Horatius Mollus] Eg[…] Horatius Mollus scriba In Regia Cancellaria testis al(iu)s examinatus nunc vocatus […] qui Juravit in forma de veritate dicenda Interrogatus si este t(estig)o sabe ò ha oydo dezir q(ue) por parte de_la Universidad de Cotron ò de algun particular haya sido dada e pre769 AGS, V.I. 1 – 1, 110r – 111r Aussage vom 31. 03. 1563; AGS, V.I. 1 – 1, 135v – 136r, Aussage vom 29. 04. 1563. 770 Im folgenden Abschnitt werden, bis auf das Beispiel (1298), nur Ausschnitte der einzelnen Aussagen wiedergegeben. 771 Das Datum der vorangehenden Aussage ist mit „Die ultimo martij M.D.LXIIJ“ (AGS, V.I. 1 – 1, 108v ) vermerkt. 772 AGS, V.I. 1 – 1, 110r /1/ – 110v /5/.

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

sentada alg(un)a quantidad de dineros al mag(nifi)co Joan de Soto secretario del Reyno y quando por quien y por que causa? dixit che quello sape esse testimonio e’ questo che haverà da doi mesi in circa che ritruovandosi esso testimonio uno di in cancellaria la venne uno prete nominato lo Abbate Lucifero quale e’ de Cotrone Insieme con tre ò quatro altri che crede fussero pur di Cotrone tra li quali ven’era uno che portava dentro de un saccocciolo molta quantità di danari et dimandorono ad esto testimonio Che faceva Il secretario? et esso testimonio li Risposi che stava di sopra con sua moglie et dimandandoli esso testimonio Che ne voleano fare? loro dissero che li portavano per presento da parte de_la città di Cotrone Cento ducati, E si partirono e andorono di sopra dov’il detto Secretario stava, et esso testim(oni)o da là ad alcuni di vedendo il detto Abbate ò uno de quelli ch’andavan in sua compagnia (che non se ricorda chi fusse) li dimandò se Il detto secretario havea pigliati detti cento ducati, et lui Rispose che si, Altro esso testimonio non sape del contento nello Interrogatorio Interrogatus que otras personas podrian deponer cerca de lo susodicho? dixit che ne potria deponere Pietro Papa al quale Il detto Abbate parlò similmente secondo Il detto Pietro disse ad esso testimonio lectis eidem testis praemissis […] ea ratificavit Juravit servare silentium […] [Handwechsel] Jo Horatio Mollo ho deposto il sup(rascrip)to manu p(ro)pria. 773

Der gleiche Zeuge sagt auch in der Visitation von Lope de Guzmán mehrfach aus. In der Befragung zum Segretario del Regno – nunmehr hat das Amt Bastida de Muñatones inne – tritt Mollos Aussage (in einem komplett spanischen Prozessteil) auf Spanisch auf, wie folgender Ausschnitt illustriert: (1299) Despues de_lo suso d(ic)ho e(n) la d(ic)ha Ciudad de Nap(ol)es à onze Dias del mes de enero de myll e qui(niento)s y ochenta y dos antel d(ic)ho señor visit(ad)or parecio pres(en)te Oratio Molo Canciller de_la regia Cancilleria t(estig)o alias examinado y nuevam(en)te llamado por m(anda)do de su m(erce)d el qual Jurò en forma de dezir verdad […] A_la Primera preg(unt)a 774 Dixo que este t(estig)o conoce a Bastida de Muñatones secretario del Reyno contenido (en) la preg(unt)a y conocio al q(uondam) secretario Juan de Soto como official antiguo ques de_la d(ic)ha regia Cancilleria 2 A_la seg(un)da 775 dixò que sabe y es notorio que el d(ic)ho Bastida de Munatoñes compro’ [gestrichenes Wort] el d(ic)ho officio por diez y seys mill Ducados reservadas la mitad de_los emolumentos para El secretario 773 AGS, V.I. 1 – 1, 135v /6/ – 136r /14/. 774 Die erste Frage lautete: „1 Si conocen a Bastida de Muñatones secretario del Reyno, y que tanto t(iem)po a que sirve a su Mag(esta)d assi en el d(ich)o officio de secretario como en otros, y si conocieron a_los otros secretarios que antes del an sido de veynte Años a esta p(ar)te“ (AGS, V.I. 31 – 1, Prozess gegen den Segretario del Regno Bastida de Muñatones; Interrogatorio Para el secretario del Rey(n)o s.f., Punkt 1). 775 Die zweite Frage lautete: „Item si saben que ayan avido o alcançado el d(ic)ho officio o officios por Dineros o por otra via illicita“ (AGS, V.I. 31 – 1, Prozess gegen den Segretario del Regno Bastida de Muñatones; Interrogatorio Para el secretario del Rey(n)o s.f., Punkt 2).

4.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1

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Juan de Soto y sus herederos y q(ue) tambien el d(ic)ho Juan de Soto compro el d(ic)ho officio de_la Regia Corte por veynte myll escudos segun à oydo dezir. 776

Im Prozess der Scrivani di mandamento aus der Visitation von Lope de Guzmán hingegen tritt seine Aussage – in einem italienischen Prozessteil – auf Italienisch auf: (1300) Die primo mensis Decembris 1582 Neapoli [Randvermerk: Horatio Mollo] Horacio Mollo regio Cancelliero de_la regia Cancellaria di napoli altre volte ess(amina)to ne_la p(rese)nte visita, et di novo comparso Ava(n)te il s(igno)r Visitatore per mandato di sua s(igno)ria Il quale giuro’ In forma di dire la verità di quel tanto li sarà domandato Int(errogatu)s se esso t(estimon)io conosce li scrivanj di mandame(n)to, et quanti sono et chi li elige, dix(i)t che esso t(estimon)io conosce li detti scrivani di mandamento come […] cancelliero che e’ di cancellaria, et sono ludovico de lobera seniore che hoggi serve in suo luogo per uno anno con licenza del s(igno)r Vicere passato per la sua decrepita ettà Loise de Lobera suo figlio, il quale have da succedere In detto officio mediante l’ampliatione che ne tiene In sua persona da sua M(aes)tà et li altri sono Gioan Donato Russo Gio(van) Loise Tagliavia, Gio(van) Dominico de ligorio, Gio(van) Vincenzo de_la Porta, et Gio(van) Vincenzo de Julijs, et li detti officij li provede sua M(aest)à mediante privilegio de_la M(aes)ta sua vita durante di ciascuno de_li predetti, et sempre e’ stato solito provederli.777

Im Prozess der Scrivani di Registro der Kanzlei des Kollateralrats wird Mollos Aussage, die in diesem Fall auf eine am selben Tag (29. 11. 1582) getätigte italienisch protokollierte Aussage folgt, wieder auf Spanisch wiedergegeben: (1301) En napoles en_el d(ic)ho dia mes y Año d(ic)hos antel d(ic)ho Señor Vis(itad)or pareçio pres(en)te [Randvermerk: Horatio Mollo] Horatio Molo Canciller t(estig)o alias examinado del qual fue tom(a)do y R(egistra)do Juramento en forma devida de derecho cocargo del qual prometio de dezir verdad […] Preguntado si tiene notiçia de_los scrivanos de forma y quantos son y quien los nombra y elige y en que consiste el exerciçio de su off(ici)o Dixo que conoce 778 todos los escrivanos de forma que sirven en Cancilleria y cerca de_los officiales della y que numerados todos Juntos cree que llegaran a Treynta mas o menos. y q(ue) los eligen el secret(ari)o del Rey(n)o aquellos que sirven cerca su persona y que los Cancilleres eligen los suyos y los scrivanos de mandam(ien)to los que assisten con ellos y que ese t(estig)o que tiene el cargo de Canciller q(ue) haze todos los despachos tocantes al 776 AGS, V.I. 31 – 1, Prozess gegen den Segretario del Regno Bastida de Muñatones , 5r /13/ – 5v /8/. 777 AGS, V.I. 31 – 1, Prozess gegen die Scrivani di mandamento, 43v /21/ – 44r /8/. 778 Das Fehlen des im Kastilischen üblichen präpositionalen Objekt-Anschlusses kann eine toskanische Interferenz sein.

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

serviçio de su m(agesta)d de_los quales por ellos no se llevan dineros y que es menester que de dia y de noche atienda al serviçio de hazer los d(ic)hos despachos y assi los dias de domingo y de navidad es menester q(ue) atienda al d(ic)ho serviçio regio Teni(en)do en su casa a su costa dos scrivientes que de noche ellos y otros queste t(estig)o trae de fuera atienden a’ scrivir con este t(estig)o hasta las quatro oras de noche cada noche, mas o menos segun lo necess(ari)o tiene este t(estig)o seys o’ siete scrivanos de forma que son de_los mas habiles onrados y ombres de bien y de_los mas bien nacidos que sean en Cancilleria y quel off(ici)o de scriv(an)o de forma consiste en que se_les haze scrivir todos los despachos de partes y ayudan algunos dellos en poner en forma los despachos de corte conforme a_lo que se_les dita por este t(estig)o como canciller por lo que toca a_los d(ic)hos despachos de Corte, es bien verdad que si los officiales de Cancilleria como son los Cancilleres y scrivanos de mandam(ien)to que si ellos quieren scrivir de sus manos despachos de partes los an hecho y hazen.779

In dem im selben Faszikel aufbewahrten Prozess der Scrivani di forma erscheint – im Anschluss an einen spanischen Protokollabschnitt – die Befragung Mollos wieder konsequent auf Italienisch: (1302) Die decimo nono mensis novembris 1582 neapoli [Randvermerk: t(estig)o Horatio Mollo] Horatio Mollo regio cancelliero de_la regia Cancellaria di Napoli e’ comparso per ordine del s(igno)r visitatore il quale giurò In forma di dire la verità di quel tanto li sara’ domandato, et disse essere di etta’ di annj quaranta quattro Int(errogatu)s se esso t(estimon)io sape, o’ ha Inteso dire che il segretario Bastida de Muñatones essendo stata espedita alcuna com(m)issione et firmata per pigliarsi alcuna Informatione fora Napoli ad Instanza di parte, l’habbia occupata, o’ stracciata et fattone fare un’altra a’ modo suo, et particolarm(en)te la Comissione espedita In persona del dottor spata, et un’altra per processare il comendatore di Maruggio. Fu’ li detto che dechiari particolar(men)te quel che li occorre circa il presente Interrogatorio, dix(i)t che esso t(estimon)io non sa altro solo che molti mesi sono essendosi fatta commiss(ion)e per ordine del Conseglio coll(atera)le in persona del dottor Gio(van) Pietro de Rosa per andare a’ processare il Comendatore di Maruggio figlio del Marchese di Grottola, et essendosi firmata d(et)ta commiss(io)ne dalli regenti di Cancellaria, et datasi per Gio(van) Dominico de ligorio scrivano di mandamento al segretario Bastida de muñatones per farla firmare dal s(ign)or Vicere del regno per stare à carrico del detto segretario la firma del s(igno)r Vicere, et essendo negotio del detto Gio(van) Dom(ini)co de ligorio et pretendendo che spettava ad esso ligorio la nominatione del mastro datta che haveva da andare con il detto Com(m)iss(ari)o et che ne doveva essigere dal mastro datta p(rede)tto tre Carlinj il di per tutto il tempo che stesse occupato In detta Com(missio)ne havendoci posto il detto ligorio il nome del mastrodatta che parse ad lui in detta comiss(ion)e havendola havuta In mano il detto segretario Bastida, ha visto esso t(estimoni)o lamentare il detto de ligorio, che doppò il detto segretario havesse lacerato la detta commiss(ion)e che era firmata dalli s(igno)ri Regenti, et fattala 779 AGS, V.I. 31 – 1, Prozess gegen die Scrivani di Registro, 17r /12/ – 17v /14/.

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renovare, et firmare di nuovo da_li Regenti p(rede)tti et postoci un’altro mastrodatta come parse ad esso segretario, et che cosi fù espedita, et hà sentito di più esso t(estimon)io lamentare il detto ligorio che il detto segretario si haveva essatto In suo beneficio li tre carlinj il di dal detto mastro datta che esso segretario ci deputò et questo e’ quanto sa’ esso t(estimon)io. 780

Davon ausgehend, dass die Protokolle der Visitationen keine umfangreichen Übersetzungen der Zeugenaussagen aufweisen, sondern zumindest was die Sprachwahl in den ausführlicheren Aussagen anbelangt, die Kommunikation der Ausgangssituation getreu wiederzugeben scheinen, lässt sich aus den aufgezeigten Beispielen klar erkennen, dass Horatio Mollo situationsabhängig mehrere Volkssprachen verwendete und sich somit in einem mehrsprachigen Kommunikationsnetz (vgl. Abb. 7) bewegte, das unterschiedliche Anforderungen an ihn stellte und in dem er selbst sprachlich differenziert agierte. Decio Raparo Die zweite hier untersuchte Person ist der bereits in 4.3.1 erwähnte Notatore der Sommaria Decio Raparo, dessen Vater, ein Schreiber aus der Sommaria, bereits in der Visitation von Gaspar de Quiroga aussagte781 und dessen Bruder Mutio ebenfalls in der Sommaria beschäftigt war.782 Er war kraft seines Amtes mit der Führung der Libri notamentorum betraut und hatte weitere wichtige Verschriftungsaufgaben. Decio Raparo sagte in verschiedenen Prozessen in der Visitation von Lope de Guzmán aus. Im ersten der sich hier anschließenden Beispiele wurde die Aussage auf Spanisch protokolliert, im zweiten auf Italienisch. (1303) En la d(ic)ha Ciudad de Nap(ole)s a’ ocho dias del Mes de Hebrero de Mill e qui(niento)s y ochenta y tres Años antel d(ic)ho señor Visitador pareçio pres(en)te Decio Raparo secretario ò notador de_la regia Camara Sum(m)aria del qual tomo y R(egistr)o Juramento en forma devida de derecho de dezir verdad de_lo que supiere y le fuere preg(unta)do socargo del qual dixo ser de edad de quarenta y uno Años 1 Preguntado que diga y declare como’ se gastan las oras en cada dia de toda la semana en el Tribunal de_la regia Camara de_la Sumaria y Como se govierna el d(ic)ho Tribunal, Dixo que ese t(estig)o como notador ques de_la d(ic)ha regia Camara dira todo lo que passa conforme a_lo que […] preg(unta)do lo qual es 780 AGS, V.I. 31 – 1, Prozess gegen die Scrivani di forma, 73r /10/ – 73v /20/. 781 Eine auf Italienisch protokollierte Aussage von Cesare Raparo findet sich z. B. im Prozess gegen die Razionali der Sommaria (AGS, V.I. 5 – 3, 10v – 12r). 782 Vgl. dessen auf Italienisch wiedergegebene Aussage in V.I. 32– 1, Prozess gegen den Segretario der Sommaria, s.f.

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

de_la manera q(ue) se sigue, Que cada lunes se hazen causas en las quales el fisco es actor referiendolas y prepuniendolas los presidentes que son comiss(ari)os dellas cada uno en su ora, el Martes, en enpecando a regirse el Tribunal se entienden las cartas que se embian al d(ic)ho Tribunal por ministros y otros de cosas que por lo ordin[…] son por servicio del fisco y despues se entienden los raçionales en las Relaçiones que hazen por deduciones de significatorias que se pretenden por los ministros contra los quales son despachadas las d(ic)has significatorias y se hazen las deduçiones que parece deverse hazer y se entienden y es oydo el Perceptor de_las significatorias, en las cosas que propone de su officio. y de sobra t(iem)po el d(ic)ho dia se entiende en oir algunos rationales en Cosas de cuentas y de sus officios y las cart(as) que tiene d(ic)has las refiere Paulo de Curtis p(ar)a el se encarga que responda lo que […] el Miercoles se spiden las causas que son de partes contra el fisco y de partes contra partes en que pretende el fisco interes, y assi mismo conocen de algunas causas y [interlinear: negocios] de Gabellas de Universidades o’ de appellaçiones de algunos officiales de_las quales la sumaria a de conocer o’ otras semejantes, referiendo cada Presidente en su ora las tales causas de_las quales ellos son Comissarios, el Jueves al principio de_las oras se refieren cartas y sentiende en ellas ni mas ni menos quel Martes y son oydos los rationales en las Relaçiones de sus cuentas y relevios, el Viernes en el principio del Tribunal se oyen las cartas y despues Tambien a_los d(ic)hos Raçionales sobre la relacion de_las (cuent)as y en la Ultima ora confieren y acuerdan las cosas q(ue) se an de tratar a_la tarde en Collateral, y a_la Tarde va todo el Tribunal ques el lugarten(ien)te y Presidentes Letrados y Idiotas y abogado fiscal al Collateral donde hazen relaçion en presençia de su ex(cellenci)a de_las causas y negoçios que llevan acordadas, y el sabado se haze lo mismo q(ue) se haze el Miercoles, y se refiere lo que resulto del Cons(ej)o Collateral del dia precedente y se dize a este t(estigo) para que lo note y ponga en el libro notamentorum conforme a su cargo. 783 (1304) Die vigesimo septimo mensis Januarij 1583 neap(oli) [Randvermerk: t(estig)o Decio Raparo] Decio Raparo napolitano notatore de_la regia Camera de_la som(ma)ria di ettà di annj quaranta uno è comparso per mandato del s(igno)r Visitatore, il quale giurò In forma di dire la verità di quel ta(n)to li sarà domandato 1 Int(errogatu)s se conosce al percettore delle significatorie de_la regia Camera de_la Sum(m)aria, et li altri che sono stati percettori In quella da vinte annj in qua’, Dix(i)t che esso t(estimon)io conosce Gio(van) Battista sansone che e’ stato da quattro annj In qua’ In circa, et è al prese(n)te Percettore delle significatorie, et conobbe li quon(dam) Anello Candido che fù […], ò percettore, et anco lo quon(dam) Gioan Battista Spinola che similmente fu’ percettore di dette significatorie, et fu’ predecessore del detto Gio(van) Battista Sansone. 784

Ebenfalls auf Italienisch wiedergegeben finden sich Raparos Aussagen in den Prozessen gegen den Percettore delle significatorie 785 und die Mastrodatti 783 AGS, V.I. 32 – 1, Prozess gegen den Luogotenente und die Presidenti der Regia Camera della Sommaria, 231v /18/ – 232v /9/, [Streichung im Original]. 784 AGS, V.I. 32 – 1, Prozess gegen den Percettore delle significatorie, 1r /2/ – /13/. 785 AGS, V.I. 32 – 1, Prozess gegen den Percettore delle significatorie, 1r – 3r.

4.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1

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und Schreiber der Regia Camera della Sommaria.786 Im Prozess um sein eigenes Amt finden sich hingegen spanische Aussagen.787 Für Decio Raparo lässt sich somit wie für Horatio Mollo feststellen, dass er nicht nur die jeweils andere Volkssprache verstand, wie die mehrsprachige Befragungssituation in der Visitation von Gaspar de Quiroga nahelegt, sondern diese auch situationsabhängig und diskurstraditionell differenziert aktiv verwendete. Um eine möglichst umfassende Rekonstruktion des kommunikativen Netzwerkes und des Repertoires einer Person zu erreichen, ist es sinnvoll, die Beobachtungen aus den Visitationsprotokollen mit Schriftzeugnissen und metasprachlichen Aussagen zu ergänzen. Dies soll hier für Decio Raparo geschehen. Hierbei wird auch die diskurstraditionell unterschiedliche Autorität verschiedener Idiome in der Verwaltungskommunikation in den Blick genommen. Die Visitationsprotokolle weisen, wie oben gezeigt, die Wiedergabe der Aussagen des Notatore in beiden Volkssprachen auf. In 4.3.1 konnte aufgezeigt werden, dass der Notatore der Sommaria in der Abfassung der Libri Notamentorum überwiegend das Lateinisch, aber auch die Volkssprachen verwendete. Eine weitere Quelle zur Rekonstruktion der Mehrsprachigkeit liefert die im Rahmen der Visitation den beschuldigten Personen eingeräumte Möglichkeit zur Verteidigung bezüglich der aus den Befragungen hervorgehenden Anklagepunkte und deren Dokumentation. Auch Decio Raparo musste sich in der Visitation von Lope de Guzmán verantworten. Die von ihm als Verteidigung auf die spanischen Cargos 788 vorgebrachten Argumente sind auf Italienisch verfasst:789 (1305) Risposte che si danno, et Intendono provare per Detio raparo not(ato)re e’ sec(retari)o de_la reg(i)a Cam(er)a de_la Sum(ari)a alli […] carricchi, et capi, che resultano contra di esso In_la Regia Visita In p(rim)o capite v(idelicet): Siendo attuario de la Regia camara sumaria ricibio presentes de cosas de comer de litigantes, y otras personas indefferentemente 1 Si Risponde come esso Detio ha tenuto sempre per cosa chiara, et indubitata che all’ Attuarij della Regia camera non sia stato, ne sia prohibito di possere pigliare 786 AGS, V.I. 32 – 1, Prozess gegen die Mastrodatti, Attitanti und Scrivani der Regia Camera della Sommaria, 1r – 6v. 787 AGS, V.I. 32 – 1, Prozess gegen den Segretario della Regia Camera della Sommaria, s.f. 788 Zur Elaboration der Cargos vgl. 4.5.3. 789 Ob sie von diesem selbst zu Papier gebracht wurden, ist nicht erschließbar, da das Dokument nicht unterzeichnet ist. Der Handschriftenvergleich zu den Libri notamentorum lässt es allerdings als wahrscheinlich erscheinen, dass Raparo hier einen Schreiber hatte.

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

presenti da negotianti ne che siano stati li attuarij inclusi nelle Reg(i)e prag(mati)ce con le quale si prohibiscie à certi officiali il pigliare presenti, massime che essi attuarij non ministrano giustitia ne hanno giurisdittione alcuna tanto piu ch’e’ stato lecito ad essi attuarij de pigliare denarj per pagam(en)to di quello che li ha spettato per lloro deritti, ultra che detti presenti alcuna volta hanno possuto succedere In loco di detto pagam(en)to et che questo non si cura di provarlo, poiche crede che altri m(ast)ri d’atti o’ attuarij l’habbiano forsi provato in loro defensioni in la p(rese)nte regia visita.790

Im Archivbestand AGS, V.I. 48 – 7, s.f. liegt darüber hinaus ein spanisches Bittgesuch Decio Raparos an den Visitator vor –791 auch hier ist nicht ersichtlich, ob es eigenhändig verfasst wurde. Unter den in der Akte V.I. 338 – 4, s.f. gesammelten Dokumenten liegt aber auch ein von eigener Hand verfasstes und unterzeichnetes Schreiben Raparos an den Visitator vor – dieses wurde auf Italienisch abgefasst.792 Auch für Decio Raparo lässt sich somit festhalten, dass er in ein mehrsprachiges Kommunikationsnetz eingebunden war und vermutlich über hervorragende Kenntnisse des Lateinischen und beider Volkssprachen verfügte. Aus den in Bezug auf die Visitationen skizzierten Beobachtungen lassen sich folgende Zwischenergebnisse formulieren: In der interinstitutionellen Kommunikation mit dem Visitator waren offensichtlich beide Volkssprachen autorisiert. Dies manifestiert sich in den Befragungen aus der Visitation Gaspar de Quirogas in Form von teils mehrsprachigen Befragungsprotokollen. Aus diesen kann geschlossen werden, dass auch die zugrundeliegende Kommunikation wohl mehrsprachig verlaufen ist. In der Visitation von Lope de Guzmán scheinen dagegen – schließt man die Möglichkeit umfangreicher Übersetzungen aus – vermehrt einsprachige Befragungen stattgefunden zu haben, die allerdings zwischen den beiden Volkssprachen alternierten, so dass sich trotz einsprachiger spanischer und italienischer Befragungsprotokolle dennoch ein mehrsprachiges Prozess790 AGS, V.I. 48 – 7, Risposte di Decio Raparo, 1r /2/ – /16/. 791 Das betreffende Dokument ist nicht nummeriert. Das Schreiben beginnt mit den Worten „Ill(ustrissi)mo s(eñ)or Decio Raparo notador en al R(eg)ia Cam(er)a de_la sum(ari)a supp(li)ca v(ostra) s(eñoria) Ill(ustrissi)ma mande ynformarse (aunq(ue) cree q(ue) ya esta ynformado de todo) sy es verdad q(ue) el supp(lican)te a’ que sirve en_el dicho tribunal de treynta años a esta parte, y los doze dellos en_el dicho offiçio de notador (…)“ und liegt direkt vor den Risposte von Decio Raparo. 792 Auch hier sind die Dokumente nicht nummeriert. Das Schreiben Raparos beginnt mit den Worten: „Ill(ustrissi)mo S(eñ)or 1 Detio Raparo notatore e secretario in la r(egi)a cam(er)a de_la sum(ari)a fa intender ad v(ostra) s(ignoria), ancora che esso per Respetto del suo officio, no(n) sia incluso in la prohibitione, ch’haverra da circa tre anni (…).“

4.3 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1

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protokoll ergibt. Es sind aber wohl weniger Situationen der mehrsprachigen Kommunikation anzunehmen als bei Gaspar de Quiroga. Eine explizite Autorisierung beziehungsweise Sanktionierung des Gebrauchs der verschiedenen Idiome innerhalb der Visitationsbefragungen und im Kontakt mit dem Visitator lässt sich zum derzeitigen Kenntnisstand nicht feststellen. Die Mehrsprachigkeit der Personen betreffend machen die Visitationen die Hypothese der Ausbildung verschiedener Arten der Mehrsprachigkeit plausibel. Auf der einen Seite war das reine Verstehen der jeweils anderen Volkssprache wohl eine relativ verbreitete Möglichkeit des kommunikativen Ausgleichs in der Verwaltungskommunikation des Regno di Napoli.793 Die sprachliche Differenz der italienischen Gebiete im Vergleich zu den Ländern der Krone auf der Pyrenäenhalbinsel machte den Erwerb zumindest passiver Kenntnisse notwendig. Die Sprachenpluralität der „composite monarchy“794 wurde im Regno di Napoli durch die sprachliche Praxis der Visitationsbefragungen eindeutig autorisiert, wie auch an der aufgezeigten Anforderung der (passiven) Sprachkenntnisse für die Benennung eines Visitators ersichtlich wird. Auch wenn die Protokolle aus der Visitation Lope de Guzmáns im Vergleich zu den mehrsprachigen Protokollen bei Gaspar de Quiroga mehrheitlich einsprachig sind, so sind sie doch nicht exklusiv auf Spanisch verfasst. Die italienische Wiedergabe von Zeugenaussagen und Fragen des Visitators tritt regelmäßig auf, ‘italienische’ und ‘spanische’ Protokolle wechseln sich in den Visitationsakten ab. Selbst der Visitator verwendete hier und in anderen Kommunikationssituationen nicht ausschließlich das Spanische: Neben den auf Italienisch wiedergegebenen Fragen in zahlreichen Protokollen liegen auch öffentliche Aushänge des Visitators auf Italienisch vor.795 Die Verwendung der verschiedenen Volkssprachen durch den Visitator verstärkt den Eindruck der Situations- und Adressatenabhängigkeit der Sprachenwahl – beide Volkssprachen scheinen neben dem Lateinischen autorisiert für die Kommunikation mit und durch die Institution der Visitation gewesen zu sein. Stärker durch den Aspekt der Autorität der Diskurstradition und Form geprägt ist die Sprachwahl in anderen Bereichen der Verwaltungskommunikation. Hierauf geben bereits einige me-

793 Vgl. Schwägerl-Melchior 2013. 794 Elliott 1992. 795 Ebenso konnten aus der Visitation Quirogas italienische und lateinische Vorladungen von zu befragenden Zeugen gesichtet werden (V.I. 348 – 17, s.f., Vorladungen von Geronimo Pignatello, Michael Colonna und Alfonso di Sangro).

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

tasprachliche Äußerungen aus den Visitationsakten Hinweise, wie im folgenden Kapitel näher beleuchtet wird.

4.4 Mehrsprachigkeit der Kommunikation 2: Der Segretario del Regno und die Kommunikation im Kollateralrat Die Visitationsprotokolle konnten Einblick in mehrsprachige Kommunikation im Sinne der Verwendung verschiedener Idiome durch die kommunizierenden Personen / Instanzen in aufeinander bezogenen Kommunikationssituationen (vgl. Abb. 4) geben. Die Untersuchung hat gezeigt, dass bezüglich des Sprachgebrauchs in den Visitationsbefragungen verschiedene Konstellationen aufscheinen, von denen jedoch keine exklusiven Charakter im Sinn der Festlegung auf nur eine Sprache aufweist. Die Sprachenpluralität ist somit autorisiert und spiegelt sich in verschiedenen Formen der Mehrsprachigkeit der Kommunikation wider. Der folgende Abschnitt widmet sich dagegen der Autorisierung eines Idioms in einer bestimmten, dem Segretario del Regno zufallenden Aufgabe der Verwaltungskommunikation, wie sie exklusiver nicht sein könnte. Von dieser ausgehend wird im Anschluss in Ansätzen das mehrsprachige Kommunikationsnetz des wichtigsten Sekretärs im Königreich Neapel rekonstruiert. Hierfür werden zunächst die inhaltlichen Bestandteile der Aussagen in den in 4.3 bereits behandelten Visitationsprozessen des Segretario del Regno 796 sowie danach Texte herangezogen, welche dem Sekretär als materiell verschriftender Person und / oder als Sender zugeordnet werden können. Die zweite Frage des Interrogatorio im Prozess Giovan di Sotos in der Visitation von Gaspar de Quiroga lautet: 2 Item se sanno che detto gio(van) di sotto e’ habile et suffitiente per Reggere et servire detto ufficio di secretario del Regno.797

Sie zieht inhaltlich sehr ähnliche Antworten verschiedener Zeugen nach sich, die hinsichtlich der Frage nach einer mehr oder weniger fixen Bindung einzelner Idiome an bestimmte Diskurstraditionen interessant sind: Nahezu alle Befragten bemängeln in ihren Aussagen, dass Giovan di Soto zu wenig beziehungsweise nur schlecht Latein könne. Dessen gute 796 AGS, V.I. 1 – 1 und AGS, V.I. 31 – 1, Prozess gegen den Segretario del Regno Bastida de Muñatones. 797 AGS, V.I. 1 – 1, Interrogatorio per visitare il secretario del Regno, s.f., Punkt 2.

4.4 Mehrsprachige Kommunikation 2: Der Segretario del Regno

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Kenntnis sei aber für die Ausübung des Amtes unabdingbar, da der Segretario del Regno im Kollateralrat für Verschriftungsaufgaben zuständig sei, von denen zumindest eine exklusiv dem Lateinischen vorbehalten sei. Kehren wir zur in 4.3 bereits bezüglich ihrer sprachlichen Gestalt analysierten ((1264) und Tabelle 5) ersten Aussage von Cirio de Mari im Prozess gegen Giovan di Soto zurück und betrachten dessen Antwort auf die zweite Frage als metasprachliche Quelle aus inhaltlicher Sicht: A_la segunda pregunta dixo che e necessario che l’ secretario di questo Regno sia litterato, o almanco che sia latino, e che sa esso testimonio che e’ di bisogno così per haver, come che ha, da fare le decretatione latine, e che detto secretario gio(van) de soto non sa latino [Randvermerk: non sa latino] atteso che esso testimonio ha visto memoriali decretati di man’ sua di tal manera falsi latini che dimostra non saperne cosa nisciuna, e che havera visto questo fin’ a otto volte, e e’ tenuto e Reputato detto gio(van) de soto per homo che non sa latino, e per questo defetto ch’ha detto secretario di non saper’ latino pone un suo [Randvermerk: pone un creato che entra In consiglio et decreta li memoriali] cancilliero o creato che non e’ ufficiale Reggio Il quale dentro d’il consiglio decreta gli memoriali contra la forma de_la pragmatica di sua M(aes)ta che comanda che nisciuno stia dentro d_il Consiglio se non gli Regenti e Il detto secretario per causa del secreto Preguntado como se llama el canceller que el d(ic)ho Joan de soto pone para decretar los dichos memoriales dixit che se chiama pier ant(oni)o tizzano. Preguntado como sabe este t(estig)o que el d(ic)ho Pier Ant(oni)o entra en consejo collateral a decretar los dichos memoriales, dixit che perche questo testimonio ha visto detto Pier antonio intrar in consiglio a ispedire memoriali et successive poi ha visto gli memoriali decretati da man sua la qual mano conosce bene esso testimonio per che l’ha visto molte [Randvermerk: insufficiencia] volte scrivere, Onde esso testimonio tiene al detto gio(van) de soto per persona insufficiente per il detto ufficio e que esto es lo que sabe desta pregunta.798

Cirio de Mari, Scrivano di mandamento, hebt in seiner Aussage deutlich hervor, dass er Giovan di Soto aufgrund seiner schlechten Lateinkenntnisse für ungeeignet für das von ihm ausgeübte Amt hält. Er gibt auch einen ersten Hinweis darauf, in welchem kommunikativen Kontext diese unabdingbar waren: bei der Anfertigung der „decretatione latine“. Worum es sich hierbei handelt, spezifiziert die Aussage von Pietro Papa (vgl. Tabelle 6): A_la segunda dixo che non tiene esso testimonio detto gio(van) de soto per sufficie(n)te [Randvermerk: Insufficientia] e habile per detto ufficio per che bisogna che le decretationi de_gli memoriali che si fanno in consiglio collaterale si facciano in lingua latina, e non sapendo come non sa detto 798 AGS, V.I. 1 – 1, 1r /25/ – 1v /23/, [Unterstreichungen im Original, Hervorhebung V.S.].

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

gio(van) di soto latino pare a questo testimonio che detto gio(van) de soto non e’ habile e sufficiente per Regger et esercitare detto ufficio di secretario del Regno. fue preguntado que como sabe que el d(ic)ho Joan de Soto no sabe latin, dixit che per che esso testimonio ha visto molte decretationi di memoriale fatte per detto gio(van) di sotto con tanti solecismi e barbarismi che ogn’un giudicara che detto gio(van) di soto non sa niente di latino.799

Bei den Decretationi handelt es sich um das Anbringen des Entscheidungsvermerks oder eines weiterführenden Auftrags auf Suppliken und Eingaben, den Memoriali, welches innerhalb des Kollateralrats durch den Segretario del Regno erfolgen sollte. Teils wurde die Aufgabe aber auch durch die Scrivani di mandamento ausgeführt.800 Auch Luys de Lobera zielt mit seiner Aussage (vgl. Tabelle 7) auf den gleichen Punkt: A_la segunda dixo q(ue) este testigo no tiene por habil y sufficiente al d(ic)ho [Randvermerk: de Inhabilitate] Joan de soto para servir el dicho officio de secretario del Reyno porque el d(ic)ho Joan de soto no sabe grammatica e siendo (como es) necessario que el d(ic)ho secretario sepa latin porque las decretationes de_los memoriales todas se hazen en latin y otras muchas cosas q(ue) se tratan en_el consejo collateral y los votos q(ue) en_el se dan, se dan en latin y el secretario acostumbra assertar los dichos votos no puede El dicho Joan de soto hazer este offiçio.801

Das Anbringen der diktierten Decretatione auf den Memoriali war laut Zeugenaussagen strikt an das Lateinische geknüpft. Die mangelnden Lateinkenntnisse von Giovan di Soto als Kritikpunkt geben so indirekt einen Hinweis auf eine nicht durch die Volkssprachen angreifbare Autorität des Lateinischen in dieser bestimmten Verschriftungsaufgabe. Giovan di Soto – sich seiner mangelnden Fähigkeiten durchaus bewusst – versuchte zunächst, diese durch Unterricht aufzubessern. Da dieses Ansinnen nicht erfolgreich war, beauftragte er einen vom ihm abhängigen Schreiber mit der Erfüllung der – aufgrund der Verwendung des Lateinischen für ihn diffizilen – Aufgaben im Kollateralrat, wie Pietro Papa dem Visitator mitteilt: e di piu sa che detto gio(van) di soto di poi che e secretario volse imparare grammatica et si accordo’ con un mastro di grammatica che non si ricorda del nome Il quale ando per molti di in casa di detto gio(van) di soto e vedendo che non faceva util nisciuno per che non poteva imparare lo 799 AGS, V.I. 1 – 1, 3v /14/ – /25/, [Unterstreichungen im Original, Hervorhebung V.S.]. 800 Über das genaue Verfahren gibt Horatio Mollo Auskunft: AGS, V.I. 31 – 1, Prozess gegen die Scrivani di Mandamento, 44r /9/ – 45r /5/. Vgl. die Transkription in 4.5.4. 801 AGS, V.I. 1 – 1, 9v /15/ – /23/, [Unterstreichung im Original, Hervorhebung V.S.].

4.4 Mehrsprachige Kommunikation 2: Der Segretario del Regno

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licentio’, E cosi detto gio(van) de soto resto Inhabile in questa parte di non saper grammatica, per Il che hoggi di entra in consiglio collaterale un certo Pier ant(oni)o Tizzano scrivano privato di cancellaria creato del detto gio(van) di soto che non e’ ufficiale Reggio Il quale fa le decretationi in latino a_li memoriali perche detto gio(van) di soto non sa.802

Zahlreiche Zeugen führen an, dass der Segretario del Regno sich aufgrund seiner mangelnden Lateinkenntnisse vertreten lasse. Da die Vertretung durch eine andere Person allerdings gegen eine Prammatica 803 verstößt, wird von den Befragten dieses Verhalten gerügt. Erst durch die unzureichende Erfüllung der Aufgabe und die dadurch ausgelöste Strategie des Sekretärs, die eigene Unkenntnis durch einen Stellvertreter zu kaschieren, wird die Autorität des Lateinischen ersichtlich und thematisiert. Einhellig sagen die Zeugen im Prozess Giovan di Sotos aus, dass die Bearbeitung der Memoriali im Kollateralrat mit der Verwendung des Lateinischen verknüpft sei.804 Ausgehend von diesen Aussagen wird schließlich der entsprechende Anklagepunkt der Visitation formuliert: 802 AGS, V.I. 1 – 1, 3v /24/ – 4r /9/, Aussage von Pietro Papa, [Hervorhebungen V.S.]. 803 Es konnte im Rahmen der Forschungsarbeit nicht geklärt werden, auf welche Prammatica hier hingewiesen wird. Allerdings findet sich in den Instruktionen an den Vizekönig Pietro Afan di Ribera, Duca D’Alcala vom 10. 01. 1559 ein Hinweis auf die Vorrechte des Sekretärs: „16. Y porque somos informados que quando el virrey no está en Consejo los escrivanos de mandamiento entran todos dentro y están pressentes al decretar de los memoriales, por lo que hay alguna confussión y poco secreto, comunicando con los regentes si será bien que no entrasse allí sino al secretario, como quando assiste el virrey, nos daréis avisso de ello con vuestro parezer“ (Biblioteca Nacional de Madrid, Ms. 6938 „Istruzioni di Filippo al Duca d’Alcala“, Transkription nach Coniglio 1987 I: 109). Allerdings war auch der Segretario del Regno nicht immer erwünscht: „15. Si deve intervenir el secretario del reyno. En el votar las caussas se quiere libertad y estando pressentes personas, que no tienen votó pro o contra podriasse temer que revelassen a las partes quien votó pro o contra, por lo qual veréis si convendría que se halle presente el secretario del reyno a estar quando se votaren“ (ebd.). 804 So auch Gio(van) Franc(es)co de Campalon: „A_la segunda dixit che esso testimonio spesse volte s’e’trovato in casa [Randvermerk: Inhabilità] del Regente Villano quando gli son stati portati gli memoriali fatti in consiglio collaterale decretati alcuni di essi da man di detto secretario soto la qual conosce esso testimonio. et ha visto che volendo gli sottoscrivere detto Regente e leggendo le decretationi scritte dal detto gio(van) di soto, non ci n’ha trovata parola buona cioe’ di congruo latino, e pero’ detto Regente no[…] ha voluto metter la man’sua, e quando, la ha meso e’stata la decretatione breve d’un verso e Detto Regente li ha acconciate le parole da sua mano, e piu dice esso testimonio che luiggi di lobera a tempo decretava gli memoriali In consiglio collaterale ha donato a copiar memoriali ad esso testimonio gli quali erano scritti di mano di detto secret(ari)o soto per esser non latinamente ne congrua scritti, Et cosi non

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

2 Por no saber grámatica el dicho secretario Jo(an) de soto, ha servido en [Randvermerk: culpa] su lugar para hazer las decretaciones de los memoriales en latin segu(n) se acostumbra en el consejo collateral Pier Antonio Tizzano su official e otras personas entrando y assistiendo en el dicho consejo donde devria assistir el dicho Secretario personalme(n)te e no faltar como falta quasi de ordinario en el dicho consejo.805

sapendo detto gio(van) di soto latino e bisognando come bisogna che l’secretario scriva le decretationi latine, esso testimonio giudica detto gio(van) di soto per persona Inhabile et non atta al tale esercitio di secretario del Regno e sa esso testimonio […] che per non saper latino detto gio(van) di soto fa intrare in consiglio collaterale un suo creato nomine Pier antonio Tizzano Il quale fa le decretationi de_gli memoriali, In causa scienti(a)e perche esso testimonio ha visto e vede hoggidi piu e piu memoriali decretati di man di detto pier’ antonio, et alli di passati faceva detto gio(van) di soto decretare gli memoriali da mani de altri creati suoi, cioe’ di uno chiamato morales et d’un altro, chiamato Adriano, che e’ Aquilano, et esso testimonio vidde molti memoriali decretati di mani di detti morales et Adriano. Di che risentendosi gli scrivani di mandamento che veniva in preiuditio loro havendo recurso da_gli Regenti fu ordinato che gli predetti morales et Adriano non decretassero piu memoriali e cosi non gli decretano piu y no sabe otra cosa desta pregunta (…)“ (AGS, V.I. 1 – 1, 12r /9/ – 12v /15/, [Unterstreichungen im Original]). Daneben äußert sich auch Hannibal Cesario zu den mangelnden Kenntnissen Sotos’: „A_la seconda dixit che esso testimonio ha visto piu decretationi di memoriali presentati in consiglio scritte di mano del p(redet)to gio(van) di soto per quell’ che si diceva che era di mano sua e per la subscrittione e perche venivano del Consiglio collaterale al consiglio Reggio. in alcune de_le quale decretationi esso testimonio have letto a_le volte mala grammatica, cio é in alcuni nomi che voleano esser’ in un caso era posto in un’altro et altre cose di questa sorte che non si ricorda al presente e che si le ditte decretationi se hanno di far’ in latino non pare a esso testimonio conveniente che escano da_un’consiglio collaterale con falsi latini, aluid dixit nescire (…)“ (AGS, V.I. 1 – 1 30r /7/ – /16/). Derselbe Punkt wird von Joan Pedro de Juvena angesprochen: „A_la segunda dixit che esso testimonio ha visto alcuni memoriali sottoscritti di detto secretario Soto gli quali nelle decretationi sue cio e’ in una che vidde ci era alcuna scorruttione di latino, che esso testimonio non potria giudicare se era de_la penna, o vera[…]mente errore et incongruita di detto secretario“ (AGS, V.I. 1 – 1, 30v /10/ – /14/). Joan Donato Russo weist darüber hinaus darauf hin, dass die Fehler von Soto teils im Nachhinein korrigiert werden mussten: „A_la segunda dixo che a tempo che esso testimonio piglio la possessione dell’ufficio de scrivano di mandamento et Incomincio a far’ lo mese nella Reggia cancellaria e per far le provise a tutti gli memoriali che si decretavano in consiglio collaterale le decretationi de_li quali ne erano molte scorrette mal com[…]petate e di mala grammatica de le quali ce n’era alcuna che si bisognava radersi altre bisognava copiar di novo Il memoriale e far’ di novo la decretatione le quali decretationi erano scritte di mano di detto secret(ari)o Soto“ (AGS, V.I. 1 – 1, 31r /12/ – /20/). Da die Argumente in anderen Aussagen in nahezu identischer Form wiederkehren, sollen die genannten Beispiele an dieser Stelle genügen. 805 AGS, V.I. 1 – 2, 1v /1/ – /6/.

4.4 Mehrsprachige Kommunikation 2: Der Segretario del Regno

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Die Verwendung des Verbs „acostumbrar“ macht deutlich, dass die Stellung des Lateinischen bei dieser Aufgabe primär nicht einer Autorität durch Macht entsprang. Vielmehr wird die Autorität der (Diskurs-)Tradition, welche in den Visitationsbefragungen ans Tageslicht befördert wurde, in der Formulierung des Anklagepunkts in der Visitation deutlich, da das seinen mangelnden Kenntnissen geschuldete Fernbleiben Sotos als Fehlverhalten gewertet wurde. An der diskurstraditionellen Anbindung des Lateinischen an die Verschriftungsaufgabe wurde hingegen nicht gerüttelt. Wie verhielt es sich mit anderen Verschriftungsaufgaben des Segretario del Regno? Waren auch diese an das Lateinische gebunden? Einen ersten Hinweis auf die Mehrsprachigkeit der für den Consiglio Collaterale anzunehmenden Kommunikationsvorgänge gibt eine bereits in (1286) hinsichtlich des Protokollierungsvorgangs thematisierte Streichung und die sich daran anschließende Reformulierung innerhalb der Aussage von Ottaviano Pagano: A_la segunda dixit che sa esso testimonio ha visto molti memoriali decretati da man di detto secretario soto (la qual mano conosce esso testimonio perche gl’ha visto molte volte scrivere) gli quali memoriali nelle sue decretationi haveano molti falsi latini et erano Incongruamente scritti e come da persona che non Intendea latino, et e’ publica voce et fama che detto gio(van) de soto non sa latino, et ha Inteso specialmente esso testimonio publicamente dire a un certo dottore che non si ricorda Il nome suo, et ad altri che detto gio(van) di soto havea sottoscritto un Instrumento In lingua latina nel quale dicea ego Joannes de soto testes Interfuit, Dal che Judica esso testimonio et si puo comprender che detto gio(van) di soto sia Inhabile et non atto a detto ufficio, perche gli manca la latinita la quale e’ necessario a_la persona che ha di esercitare detto ufficio perche ha di scrivere le decretationi de_gli memoriali che si fanno in consiglio collaterale le quali tutte si scriveno In latino per la maggior parte. Et sa esso testimonio et ha visto che in deffetto di non saper’ detto gio(van) di sotto latino fa intrare in consiglio collaterale un suo creato chiamato Pier’ ant(oni)o Tizzano. Il quale scrive le decretationi de_li memoriali et esso testimonio ha visto detto Pier’ Antonio intrar’ in consiglio collaterale et ha visto piu e piu memoriali decretati di man di detto Pier’ antonio Tizzano e di questo e la pu(bli)ca voce et fama.806

Der Sekretär der Visitation streicht das bereits geschriebene „tutte“ und ersetzt es durch „per la maggior parte“. Lässt das auf eine zunehmende Lockerung der exklusiven Autorität des Lateins schließen? Die folgenden Aussagen legen Zeugnis davon ab, dass zwar das Lateinische offensichtlich 806 AGS, V.I 1 – 1, 14v /15/ – 15r /15/, Aussage von Ottaviano Pagano, [Unterstreichungen und Streichungen im Original, Hervorhebung V.S.].

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

für einige Aufgaben des Segretario del Regno vorgesehen war, dieser aber auch in Kontexten tätig war, welche den Volkssprachen zugänglich waren: A_la segunda dixo che have visti esso testimonio decretationi di memoriali scritte per detto secretario gio(van) di soto p(er) le quali evidentemente si dimostra detto secretario non solum non esser latino ma mancho haver principio di grammatica per che son mal latinamente scritti et incongrui, e per questo esso testimonio lo tene per persona Inhabile in tal’esercitio per haversi d’scrivere in consiglio collaterale molte cose ordinate da esso consiglio latine, e publicamente intende dire per napoli da persone literate e massime di cancellaria che detto secretario soto sia Inhabile in tal’ esercitio. Potria ben esser che in volgare sapesse la parte sua. Pero li secretarij passati son stati tutti buonissimi litterati et a giuditio d’esso testimonio per tener’ ufficio di tanta Importanza e che bisogna scriversi latino molti negotij che detto secretario deve esser buon latino per haver di scriver, come ha detto, cose latine.807

Der Zeuge Miguel Jordan spricht im zitierten Ausschnitt zwar davon, dass der Segretario „cose latine“ schreiben muss. Er verweist aber bereits davor darauf, dass es wohl sein könne, dass Giovan di Soto „in volgare sapesse la sua parte“. Expliziter findet sich der Verweis auf die volkssprachlichen Verschriftungsaufgaben in der folgenden Aussage von Jo(hannes) Antonio Spina. Neben dem Lateinischen, das in den Decretationi der Memoriali zur Anwendung kam, kamen in anderen Kommunikationskontexten auch die Volkssprachen zum Zug: A_la segunda dixo che esto testimonio non sa se detto secretario soto e habile o non per le cose secrete e despaci volgari per che non lo ha trattato esso testimonio ma nelle altre cose di latino, cio e’ decretationi di memoriali ha sentito dire publicamente che detto gio(van) di soto e’ Insufficiente e non atto per non saper come non sa latino, et esso testimonio ha visto molti memoriali gli quali si dicea esser decretati di man di detto secretario soto, et haveano falsi latini, et una volta si ricorda esso testimonio all’tempo che piglio detto gio(van) di soto la possessione di ditto ufficio di secretario decreto un memoriale e lo vidde esso testimonio Il quale diceva exequatur et fiat mandados nell’quale constava de la Incongruita e falsita di latino, et molti altri memoriali ha visto esso testimonio secondo ha ditto di sopra con simili latini falsi che si diceva esser scritti di man di detto secretario soto.808

Interessant ist die Aussage Spinas insbesondere aufgrund der daraus abzuleitenden Vermutung, dass für geheime Angelegenheiten, die „cose secrete“, unter Umständen auch eine spezifische Sprachverwendung vor807 AGS, V.I. 1 – 1, 19v /7/ – /21/, Aussage von Miguel Jordan, [Unterstreichungen im Original, Hervorhebung V.S.]. 808 AGS, V.I. 1 – 1, 18r /1/ – /14/, Aussage von Jo(hannes) Antonio Spina, [Hervorhebungen V.S.].

4.4 Mehrsprachige Kommunikation 2: Der Segretario del Regno

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gesehen war. War dieser Bereich dem Spanischen vorbehalten und wodurch zeichnet er sich aus? Oder erscheint er aus einem anderen Grund von den „despaci volgari“ getrennt und was fällt genau unter den Begriff der Letzteren? 809 Dass der Segretario del Regno weitaus mehr Verschriftungsaufgaben hatte als das Anbringen der Decretationi und das Führen der Notamenti (vgl. 3.2.2), ergibt sich aus Sotos eigener Verteidigung zum oben angeführten Anklagepunkt:810 809 Der Begriff „secrete“ kann sich schlichtweg auf eine bestimmte Art von Dokumenten beziehen, die in einem Archivbestand mit ähnlichem Namen, den die Verfasserin mehrfach erwähnt fand, „Curie secretorum“, aufbewahrt wurden. Er kann aber unter Umständen auch ein Hinweis auf bestimmte kryptographische Verfahren, wie das Schreiben „in cifra“, also die Kodierung geheimer Botschaften mittels Zahlencodes, sein. Eine dritte Lesart wäre diejenige, die unter den „cose secrete“ die Dinge versteht, die der Segretario del Regno exklusiv für den Vizekönig anfertigt und die nur von diesem ausgehen. Die Frage nach der tatsächlichen Referenz, auf die mit „cose secrete“ hier hingewiesen wird, konnte nicht abschließend geklärt werden. 810 Die betreffende Akte enthält zwei verschiedene Dokumente, die als Verteidigung vorgelegt wurden. Der oben angeführte Ausschnitt ist dem zweiten dort aufbewahrten spanischen Dokument entnommen, das wohl vor der offiziellen Verteidigung dem Visitator zuging, wie der einleitende Passus, der als Referenz für das Zitat herangezogen wurde, belegt (s. o.). Das erste Dokument der Archivakte beginnt dagegen auf Latein. Nach der Referenz auf den jeweiligen Anklagepunkt wird dann die Verteidigung auf Italienisch angeführt. Zum Vergleich mit oben stehendem Zitat wird hier ein Ausschnitt aus der Verteidigung zur zweiten Anschuldigung angeführt: „Quo ad secundum caput 2. Come al tempo delli predecessori Segretarij del presente regno, et praecise al tempo delli Martirani è stato continuamente osservato tanto al tempo che detti seg(reta)rij erano presenti in questa Città di napoli, quando essendo absenti in lo scrivere delle decretationi delli memoriali spediti in conseglio collateral, intervenire al detto scrivere alcuno huomo confidato, et di esperientia, cosi come in detti tempi intervennero in nome delli prefati segretarij il mag(nifi)co Gio(van) Antonio Salernitano, il m(agnifi)co q(uondam) Franc(es)co de Avitara, et il m(agnifi)co q(uondam) Michele Alberto, li quali continuamente per li tempi predetti intervenivano in Conseglio collaterale, scrivendo decretationi di memoriali il che e’ stato publico, notorio, et manifesto, et si vedeva, et tollerava dall’Ill(ustrissi)mi s(igno)ri vicere’ che pro tempore sono stati, et non si è mai tenuto per cosa mala. 3 Come li predetti, che intervenivano in conseglio collaterale all’effetto predetto, ut supra non solo in nome delli seg(reta)rij che pro temporibus sono stati hanno scritto le decretat(io)ni predette ut supra, ma anchora in nome delli detti seg(reta)rij hanno firmato diversi privilegij et dispacci di cancellaria, nelle quali necessariamente dovea intervenire mano, et firma del segretario, come può questo facilmente apparere da molti privilegij firmati nel modo predetto quali si producono, si reperiri contigerit, non tamen renunciando testibus 4 Come le decretationi che si fanno alli memoriali, quali si leggono in conseglio collaterale si dittano dalli signori Regenti, li quali decretano, talche lo scrivere di quelle è cosa facilissima, et in ciò a’ giuditio d’ogni

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

2 La ausencia que el dicho secretario suele hazer en los Consejos, no es por causa de no saber gramatica para scrivir las decretaciones de los memoriales de Justicia, pues van tan en forma q(ue) ordenandolas, como las ordenan los señores Regentes, es necessaria poca gramatica para ellas, sino que siendo los negocios de tanto numero como se sabe, y precediendo de ordinario, como es razon, los negocios del stado a los de_la Justicia, en los quales se occupa el dicho secretario todo el tiempo q(ue) es menester, sirviendo en ellos de la manera q(ue) es notorio, y su m(agesta)d deve estar informado por los muchos despachos q(ue) de aqui se embian a su Real corte, demas de los que cada ora son necessarios hazer para todas las Provincias del Reyno, no puede de contino assistir a_los d(ic)hos consejos, aunque lo haze todas las vezes q(ue) esta desoccupado de las cosas de stado, e de otras dellas dependientes. Por esta causa principalmente ha assistido Pero Ant(oni)o Tizano, y al p(rese)nte assiste Luis de Lobera uno de los scrivanos de mandamiento en el Consejo a decretar memoriales, no paresciendole al d(ic)ho secretario inovar en esto cosa alguna, antes siguiendo el estilo q(ue) de muchos años a esta parte se ha acostumbrado tener en el d(ic)ho officio, en el qual no solamente han servido por los secretarios passados diversas personas como son Juan Antonio salernitano, Miguel Alberto, Fran(cis)co de Abitaya, y el d(ic)ho Lobera, pero han firmado los previlegios, cartas, y otros despachos q(ue) se han hecho en su tiempo, referendandolos por secretario, como se puede ver por un numero infinito de privilegios, y otras scripturas de q(ue) esta lleno el Reyno de Napoles, y para mayor informacion de Mon(seño)r Visitador se le han p(rese)ntado muchos dellos con los articulos que se le han dado, respondiendo a los cargos del dicho Juan de soto por la via ordinaria, de manera que quanto a este capitulo no solo no pretende haver herrado, pero merescer mucha m(erce)d por haver atendido a servir en las cosas de stado, que son las que mas importan, con la diligencia, y bondad q(ue) es notorio y publico a todos los que le conoscen.811 persona savia non è necessaria molta cognitione di grammatica, tanto piu che quasi tutte le decretationi predette, che di continuo occorreno sono facili, et di poche parole, che ogni persona per pochissima cognitione di gram(m)atica che habbia e’ habile a’ poterle scrivere, et non è verisimile che per tal causa detto s(igno)r segretario non sia intervenuto allo spesso a scrivere dette decretationi, ma per altre giustissime cause, ut infra particulariter demonstrabitur“, (AGS, V.I. 1 – 3 „Quae offeruntur probanda coram Illustri, et R(everendissi)mo domino visitatore generali pro parte mag(nifi)ci et circumspecti Joannis de soto regij secretarij in hoc regno adversus capita, quae contra eum praetenduntur in generali visitatione sunt infrascripta v(idelice)t“, 1r /12/ – 1v /14/, [Nummerierung der Verteidigung im Original]). Die Tatsache, dass die offiziellen Verteidigungspunkte wohl auf Italienisch abgefasst wurden, spricht für eine Autorisierung der autochthonen Varietäten, die so weit geht, dass der Spanier Giovan di Soto sich dieser bedient, obwohl ihm die Anklagepunkte auf Spanisch zugestellt wurden. Das Vorliegen einer spanischen ‘Ergänzung’ der Verteidigung lässt den Schluss zu, dass in der Kommunikation mit dem Visitator auch dieses Idiom autorisiert war – allerdings nur für den Nachtrag genutzt wurde. 811 AGS, V.I. 1 – 4, „Lo que se responde a los capitulos que se han dado a Juan de Soto por Mons(eño)r Visitador Quiroga para su informacion y de quien havra de ver el

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Soto führt seine Verpflichtungen in den „cosas de stado“ als Grund für seine häufige Säumigkeit im Kollateralrat an. Eine mangelnde Lateinkenntnis sei schon deshalb kein Grund für sein Fehlen, da die formelhaften Decretationi ohnehin keine großartigen Kenntnisse erforderlich machten. Er gibt in seiner Aussage auch einen Hinweis auf seine Tätigkeit in der Kommunikation mit dem spanischen Hof – die „muchos despachos q(ue) de aqui se embian a su Real Corte“ – und den Provinzen des Regno di Napoli („demas de los que cada ora son necessarios hazer para todas las Provincias del Reyno“). Die Vermutung liegt nahe, dass diese Aufgaben nicht zwingend mit der Verwendung des Lateinischen verknüpft waren. Wäre dies der Fall, hätte Soto ein solch überzeugendes Argument zu seinen Gunsten sicher nicht unterschlagen und die Zeugen hätten prinzipiell nicht zwischen „cose latine“ und „volgare“ unterschieden. Es handelt sich bei diesen Aufgaben vermutlich um die oben erwähnten „cose secrete“ und „despaci volgari“. Allerdings wird in den Aussagen keine nähere Spezifizierung der Kontexte vorgenommen, in denen die beiden Volkssprachen differenziert zum Zuge kamen. Auch in der Visitation von Lope de Guzmán tauchen Klagen über die mangelnden Lateinkenntnisse des Segretario del Regno, nunmehr Bastida de Muñatones, auf. Bereits die Formulierung der Frage im Interrogatorio ist vor dem Hintergrund des Prozesses gegen Soto interessant: Die Frage 3 „Item si saben que el d(ic)ho Bastida de Muñatones es abil y suficiente para servir el d(ic)ho officio, o si es por el contrario, in abil o incapaz del“ wurde offensichtlich später, vermutlich von anderer Hand, um Folgendes ergänzt: „y si sabe latin como es neçessario para exerçer el dicho off(ici)o de secretario“.812 Auf diese Frage antwortet Dominico de Ligorio mit dem Hinweis auf die weiterhin wirkmächtige diskurstraditionelle Anbindung des Lateins an die Decretationi: 3 A_la tercera, Dixo que ese t(estig)o tiene al dicho secret(ari)o Bastida por abil y suficiente (en) su officio excepto que le falta la gramatica que es la parte mas necessaria en el dicho officio porque a’ de escrivir las decretationes de_los memoriales en latin y los botos de_los regentes y otros regentes que votan en Cons(ej)o Collateral las quales decretationes siempre se an acostumbrado escrivir en latin.813 processo, demas de los articulos q(ue) se daran por la via ordinaria es lo siguiente“, 1r /6/ – 1v /4/. 812 AGS, V.I. 31 – 1, Prozess gegen den Segretario del Regno Bastida de Muñatones; Interrogatorio Para el secretario del Rey(n)o, s.f. 813 AGS, V.I. 31 – 1, Prozess gegen den Segretario del Regno Bastida de Muñatones, 1v /1/ – /7/, [Hervorhebungen V.S.].

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Interessanterweise weist der Zeuge nur in Bezug auf die Decretationi wieder auf die diskurstraditionell habitualisierte Verwendung des Lateinischen hin. Eine Spezifizierung der Sprache, in der die Verschriftung der Stellungnahmen, der Voti der Reggenti, erfolgte, fehlt dagegen. Luys de Lobera hatte auch für diese das Lateinische als diskurstraditionell übliche Sprache angeführt (s. o.). Die separate Erwähnung des Lateinischen in Bezug auf die Decretationi weist am Ende der Aussage Ligorios aber darauf hin, dass für die Votos das Lateinische nicht in dem Umfang diskurstraditionell vorgegeben und somit institutionalisiert war wie für die Decretationi. Auch der bereits mehrfach erwähnte Horatio Mollo bezieht ausführlich Stellung zu den Lateinkenntnissen von Muñatones: 3 A_la tercera Dixo que ese t(estig)o no tiene por abil al dicho secretario Bastida para exercitar el dicho officio porque no sabe latin el qual es necesario que lo sepan los que fueren secretarios del Rey(n)o porque todas las decretaciones de_los memoriales que se despachan en Consejo Collateral pasan por sus manos Las decretationes se hazen en latin, y tambien todos los otros decretos que se mandan hazer en el dicho Collateral Consejo y casi todas las cosas que se hazen por manos del dicho secretario se hazen en latin. y demas desto no sabe leer bien ni pronunciar el latin por no lo entender y cree este t(estig)o como ombre que a entrado onze Años dentro del Consejo Collateral por las ausencias de_los Secretarios que se pierden muchos negocios los quales se mandan hazer en el dicho Collateral Consejo por no los entender el dicho secretario quando se_le ordenan en daño de_las partes y de_lo que toca al servi(ci)o de su mag(esta)d y questo este t(estig)o lo sabe porque muchas vezes aviendo tratado con el d(ic)ho Secretario Bastida le a preguntado como avia de hazer algunas decretationes y decretos y aunq(ue) este t(estig)o le dezia palabra por palabra lo que avia de escrivir en latin no acertava el dicho secretario à saberlo escrivir. y este t(estig)o lo escrivia en Una carta y se_lo dava a trasladar.814

In seiner Aussage wird deutlich, dass nicht nur alle Decretationi auf Latein abgefasst wurden, sondern dass auch „todos los otros decretos que se mandan hazer en el dicho Collateral y casi todas las cosas que se hazen por manos del dicho secretario se hazen en latin“. Die Betonung liegt aus dem Blickwinkel der vorliegenden Arbeit auf der Aussage, dass fast alle Dinge, mit denen der Sekretär beschäftigt war, an die klassische Sprache gebunden waren, wohlgemerkt nicht alle. Dass ein Gutteil der Aufgaben des Segretario mit der Verwendung der Volkssprachen verknüpft war, verdeutlicht die Aussage von Vincentio de Julijs, der zwar angibt, Bastida de Muñatones habe wie Soto einen Lateinlehrer gehabt, um eine dem Amt 814 AGS, V.I. 31 – 1, Prozess gegen den Segretario del Regno Bastida de Muñatones , 5v /10/ – 6r /8/.

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entsprechende Kenntnis zu erlangen, darüber hinaus aber auch anführt, die volkssprachlichen würden bei Weitem die lateinischen Verschriftungstätigkeiten übersteigen: 3 A_la tercera dixo que por quanto este t(estig)o conoce y puede Juzgar ha tenido al d(ic)ho Secretario Bastida y le tiene por muy platico en_el officio de secretario in specie por ser persona Inteligente y de buen ingenio. Pero por lo que ha visto y entendido en los principios del d(ic)ho officio de secretario no parecia que tuviesse letras de latin pero que de passo en passo se ha ydo siempre mejorando en el latin y segun ha oydo dezir ha tenido un mastro que le ha enseñado latin, y algunas vezes ha visto este t(estig)o al d(ic)ho Mastro yr à casa del dicho Secretario para el d(ic)ho effecto. y que el officio de secretario del Reyno consiste mas en cosas vulgares que latinas.815

Schenkt man Vincentio de Julij und Jo(hannes) Vincentio dela Porta, der die untenstehende Aussage tätigte, Glauben, fruchtete der Lateinunterricht bei Muñatones mehr als bei seinem Vorgänger Soto: A_la tercera pregunta dexada la segunda dixo q(ue) en quanto a_la lengua latina no sabe mas de_lo que vee en las decretationes q(ue) el d(ic)ho secretario haze cada dia en latin, y q(ue) estan de manera q(ue) se puede passar y fuera de latin este t(estig)o le tiene por Secret(ari)o habilissimo y de Gentil ingenio tanto como otro qualquiera q(ue) aya sido secret(ari)o del Reyno.816

Im Urteil anderer Befragten allerdings wiederholt sich die Klage über seine mangelhaften Kenntnisse.817 In Bezug auf die Mehrsprachigkeit der Kommunikation und die Verschriftungsaufgaben, mit welchen der Segretario betraut ist, und die daraus resultierenden unterschiedlich gut ausgeprägten Kompetenzen – die Mehrsprachigkeit der Person – äußert sich auch der Reggente des Kollateralrats Francisco Daroca: 3 A_la tercera q(ue) por lo que este t(estig)o trata al dicho secret(ari)o Bastida y le oye leer cosas de latin sabe este t(estig)o que no sabe latin que queriendole 815 AGS, V.I. 31 – 1, Prozess gegen den Segretario del Regno Bastida de Muñatones , 47r /19/ – 47v /6/, [Hervorhebungen V.S.]. 816 AGS,V.I. 31 – 1, Prozess gegen den Segretario del Regno Bastida de Muñatones , 50r /13/ – /18/. 817 So z. B. in der Aussage von Jo(hannes) Donato Russo: „A_la 3a dixo q(ue) sabe este t(estig)o q(ue) muchas vezes quando el d(ic)ho secretario ha decretado los memoriales ha hecho en las decretationes dellos muchos falsos latinos, y quando los s(igno)res regentes los han firmado los han hecho emendar y acomodar y que es necessario que el Secretario del Reyno sepa latin y q(ue) del resto este t(estig)o tiene al dicho Secretario por habil y sufficiente.“ (AGS, V.I. 31– 1, Prozess gegen den Segretario del Regno Bastida de Muñatones , 51v /11/ – /16/).

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escrivir haze errores en el y grandes y que en lo demas que es de Romance le tiene por habil y sufficiente.818

Was ist nun mit dem wiederkehrenden Hinweis auf die Dinge gemeint, die vom Segretario auf „Romance“ oder „Volgare“ behandelt wurden? Beziehen sich die Bezeichnungen auf beide Volkssprachen oder nur auf eine? Und in welchen Kontexten werden diese vom Segretario del Regno verwendet? Die aus den Visitationsakten gewonnenen metasprachlichen Hinweise werden im Folgenden aufgegriffen und anhand von Textzeugnissen, die verschiedenen Verschriftungsaufgaben des Segretario del Regno zuzuordnen sind, überprüft und ergänzt. Für die Decretationi lässt sich an verschiedenen Beispielen die in den Visitationsaussagen immer wieder thematisierte Verwendung des Lateinischen sowohl durch Soto als auch durch seinen Nachfolger Muñatones nachweisen. Für die Rekonstruktion dieser augenscheinlich dem Lateinischen vorbehaltenen Aufgabe bietet es sich an, andere Dokumente heranzuziehen, in die der Text der Memoriali und die darauf angebrachte Dekretation inseriert ist und welche in 4.5.2 noch näher betrachtet werden:819 die Konsultationen der Regia Camera della Sommaria. Es geschah relativ häufig, dass ein Bittgesuch oder eine Anfrage formell an den Vizekönig herangetragen wurde und im Kollateralrat behandelt wurde. Über die Entscheidung im betreffenden Anliegen verfügte entweder direkt der Kollateralrat, oder es wurden andere Verwaltungsinstanzen zu Rate gezogen. In Fällen, in denen die Regia Camera della Sommaria hinzugezogen wurde, wurde das beim Kollateralrat eingegangene Memoriale mit einer Decretatione versehen und an das Finanzgericht weitergeleitet.820 Die Sommaria greift in ihrer Consulta das Memoriale auf und inseriert dieses mitsamt der auf diesem angebrachten Decretatione in den Text ihres Schreibens und ermöglicht so die Rekonstruktion einer ursprünglich nicht von ihr ausgegangenen Kommunikation. So findet sich z. B. in einer Consulta vom 11. 12. 1549 nach der Insertion des betreffenden Memoriale

818 AGS V.I. 31 – 1, Prozess gegen den Segretario del Regno Bastida de Muñatones , 10r /15/ – /18/. 819 Zur Praxis des Zitierens und Inserierens vgl. 4.5.2. 820 In anderen Fällen erfolgte der Auftrag zur Erstellung einer Consulta auf andere Art, teils mündlich, teils in Form eines ausführlichen volkssprachlichen Schreibens. An dieser Stelle interessiert zunächst, dass in den Konsultationen häufig das Memoriale und die entsprechende Dekretation zitiert wird. Vgl. zu den Consulte der Regia Camera della Sommaria 4.5.2.

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die Decretatione von Sotos Vorgänger Coriolano Martirano folgendermaßen wiedergegeben: (1306) R(eg)ia camera sum(aria)e de supplicatis se Informet et referat Ill(ustrissi)mo domino proregi Polo R(egen)s provisum per Ill(ustrissim)um dominum proregem In castro novo neap(olis) die xvj septembris 1549 coriolanus martiranus secretarius. 821

Im Fall einer Consulta vom 16. 12. 1571 bestätigt die Dekretation auf dem zitierten Memoriale, dass Soto sich bei der Tätigkeit von Luys de Lobera vertreten ließ: (1307) Regia Camera Sum(m)arie super supplicatis de Justicia provideat Reverterius Regens. Provisum per Ill(ustrissimu)m et R(everendissimu)m D(omi)num locumtenentem g(enera)lem neapoli die quinto septemb(ris), lobera p(ro) secret(ari)o. 822

Einige der oben angeführten Aussagen deuten auf eine zunehmende Verdrängung des Lateinischen durch die Volkssprachen hin. So wurde auch die Autorität des Lateinischen bei den Dekretationen in den 1580er Jahren im Vergleich zur Zeit Giovan di Sotos allmählich angreifbar. Auf dem in der Konsultation vom 16. 01. 1582 inserierten Memoriale etwa findet sich eine spanische Dekretation von einem Baltassar Lopez: (1308) Ill(ustrissi)mo et ecc(ellentissi)mo s(ign)or [Randvermerk: scrivano d(i) r(azi)o(n)e circa il soldo d(e) le navi] Post debitam comen(dationem) In questa Reg(i)a camera e’ stato p(rese)ntato mem(oria)le con dec(retatio)ne de v(ostra) e(ccellenza) in pede d’esso descritta qual’e’ del tenor seg(uen)te v(idelice)t Ill(ustrissi)mo y ex(cellentissi)mo s(eñ)or Alvaro de Lugo hermano y testament(ari)o de don Pedro velasquez dize que los padrones de naves que el año prox(im)e pass(ad)o 1579 fueron recibida al sueldo de su m(ages)tad en liorni, y Genua deven los assientos a’ razon de 25 d(ucad)os por cada 2000 salmas conforme a_la declaratoria de_la reg(i)a cam(er)a y por que entre otros capitulos q(ue) hizieron fue no pagar assiento y por essa causa es de[…]edor dellos la Reg(i)a corte supp(li)ca v(ostra) e(ccellenza) los mande librar para acabar [interlinear de] pagar parte de_las deudas que dexa que lo rescibiran por m(e)r(ce)d de v(ostra) e(ccellenza). El señor lugart(enien)te ribera haga relacion cons(ultad)o a x de settiembre 1580, Baltassar Lopez. 823

821 AGS, EST 1039 – 1, 1r /23/ – /26/. 822 AGS, EST 1061 – 88, 1r /22/ – /24/. 823 AGS, Secr. Prov. Lib. 40, 195r /1/ – /12/, [Hervorhebung V.S.].

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Es konnte nicht geklärt werden, in welchem Amt die Person tätig war, die die Decretatione auf dem Memoriale angebracht hat. Unter Umständen gehörte Lopez den persönlichen Segreterie des Vizekönigs an, für die verschiedentlich die bevorzugte Verwendung des Spanischen angeführt wurde,824 oder er vertrat den Segretario del Regno Muñatones. Auch für Letzteren lassen sich spanische Dekretationen nachweisen, so z. B. im Falle des Vermerks auf dem folgenden, an den Vizekönig gerichteten Schreiben aus den Akten des Parlaments von 1579: (1309) Illustrissimo et Eccellentissimo Signore, Giovanni Ferrante Sugnica Procuratore della Serenissima Madama d’Austria, Giulio di Minadois a chi fu dato pensiero d’assistere in lo scrutinizare che s’haveva da fare delli Voti del presente Parlamento, et altri, fanno intendere a Vostra Eccellenza come nel scrutinizzare che si fé hieri 24 del presente mese d’Aprile delli Voti delli Baroni Titolati del presente Regno, seu loro Procuratori, per l’elettione delli sei Deputati per li detti Baroni Titolati e loro Procuratori si pretende dovernosi connumerare tra li detti baroni Titolati li subscritti Signori, li quali de Justitia non si devono connumerare tra li Baroni titolati li e similmente si lasciò di connumerare tra detti Baroni Titolati li subscritti, li quali si devono connumerare in virtù delle Procure per essi fatte alli subscritti. Per tanto supplicano Vostra Eccellenza sia servita ordinare che sopra l’uno capo e l’altro si proveda conformemente a giustitia, acciò dopoi provisto si possa procedere a fare il Scrutinio e declararsi quelli che devono restare eletti per Deputati di detti Baroni Titolati. Quelli che non si devono connumerare tra li Baroni titolati per quello ch’al presente occorre sono, Videlicet: lo Signor Don Cesare d’Avolos d’Aragona lo figlio Primogenito del Signor Prencipe di Conca lo figlio Primogenito del Signor Duca di Madaluni lo Signor Conte d’Altavilla la Signora Duchessa di Castrovillari Caracciola la Signora Duchessa di Castrovilalri [sic] Toleda (192r) la Signora Marchesa di Castrovetere la Signora Contessa di Migniano Quelli che si devono connumerare tra detti Baroni Titolati, sono, Videlicet: lo Signor Duca di Francavilla in la Procura del Regente Salernitano lo Signor Marchese di Castelvetere in la procura del detto Regente Salernitano lo Signor Conte di S. Severino in la procura del Signor Alfonso Caracciolo Que lo Magnifico y circonspetto Presidente del Consejo y Antonio Cadena, y Vincenzo de Franquis, y Iacobo Anello de Bottis summariamente se Informen y provean de Justitia, consultado con su Eccellenza. A 25 de Abril 1579, Bastida de Muñatores [sic] Secretarius. 825 824 Giannone 1822, 278. Vgl. Anm. 289. 825 D’Agostino 1984, 509 f., [Hervorhebung V.S.]. Da die Verfasserin diese Dokumente nicht selbst eingesehen hat, wird hier die Transkription von D’Agostino 1984

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Beispiele für Dekretationen, in denen der Segretario del Regno im Auftrag des Vizekönigs das Lateinische verwendete und somit eine Sprachverwendung, die den Beschreibungen aus den Visitationsaussagen entspricht, finden sich in den von D’Agostino edierten Akten des Parlamento generale. Da das Memoriale recht umfangreich ist und an dieser Stelle nur die Sprachwahl für die Dekretation interessiert, werden nur kurze Abschnitte des Anfangs und Endes wiedergegeben: (1310) Illustrissimo et eccellentissimo Signore Giovanni Ferrante Sugnica Procuratore della Serenissima Madama d’Austria et Giulio de Minadois, il quale have havuto pensiero di riconoscere le procure in lo presente parlamento, esponeno a Vostra Eccellenza […]. e per questo si protestavano che per esso Sindico non si procedesse ad atto alcuno di publicatione di scrutinio si non risoluti tutti li dubij di una medesima persona. Per tanto poiché li detti contraditori così hanno instato al detto Illustre Sindico son costretti ricorrere a Vostra Eccellenza, e quella supplicare, come humilmente supplicano, sia servita ordinare che li medesimi, Illustri et Eccellenti Signori Commissarij procedano alla resolutione delli predetti dubij e difficoltà summarie senza strepito, ombra o figura di Juditio, ma solo secondo la qualità del caso in simili negotij ricerca, et l’haveranno a gratia singularissima da Vostra Eccellenza – Ut Deus. Magnificus et circonspectus Antonius orificij Sacri Consilij Praesidens, et Viceprothonotarius, Antonius Cadena, Vicentius de Franchis et Jacobus Anellus de Bottis, Regij Consigliarij supra supplicatis de Justitia celeriter sine figura Juditij, simpliciter et de plano, (195v) pro ut negotij qualitas requirit provideant, et pro dicto effectu de mane et de sero conveniant, ut quam citius negotium predictum terminetur. Reverter Regens Prouisum [sic] per Illustrem et Eccellentem Dominum Proregem. Neapoli die 2 mensis Junij 1579 Bastida de Mugnatores [sic].826

Ebenfalls auf Latein sind die von Muñatones angebrachten Entscheidungsvermerke zu den einzelnen Grazie, den Gnadengesuchen, um deren Gewährung die Stadt und das Königreich Neapel im Parlament von 1584 bittet.827 Die Verwendung des Spanischen durch den Segretario del Regno scheint dagegen in vom Vizekönig ausgehenden Schreiben geringen Umfangs, mit denen Institutionen und Personen Aufträge erteilt wurden, den so geübernommen. Dies ist unproblematisch, da anhand der Akten des Parlaments hier nur Sprachenwahl untersucht wird. Die recte eingefügten Vermerke [sic] beziehen sich auf vermutete philologische Ungenauigkeiten in der Edition des Historikers. 826 D’Agostino 1984, 512 f., [Hervorhebung V.S.]. 827 Vgl. D’Agostino 1984, 656 – 661.

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nannten Viglietti, üblich gewesen zu sein.828 Auch diese finden sich teilweise in den Consulte der Sommaria zitiert: (1311) Ill(ustrissi)mo et ecc(ellentissi)mo si(gno)re Post debitam comendationem havemo recevuto viglietto scritto dal circu(m)spetto secretario Bastida di ordine di v(ostra) e(ccellenza) del tenor seque(n)te Muy Ill(ustr)e señor esta copia de carta de su mag(esta)d me ha’ mandado su ecc(elenci)a que la embie a v(uestra) s(eñoría) y con occasion de lo que tratta de dineros dize su ecc(elenci)a que la Cam(e)ra para de oy en ocho dias trayga visto y considerado remedios para que no se saque moneda deste Reyno y tambien expedientes para que entre; avisolo a v(uestra) s(eñoría) para q(ue) proveda exequtar lo que sua ecc(ellenci)a manda da Canc(illerí)a a 16 di Jenn(a)ro 1587 b(esa) l(as) manos a’ v(uestra) s(eñoría) su ser(vido)r Bastida. 829

Von Giovan di Soto verschriftete Viglietti liegen in den Visitationsakten unter der Signatur AGS, V.I. 347 – 9 vor. Diese richten sich wie folgendes Beispiel unter anderem an den Hafenmeister (sp. Guardian del puerto) von Neapel: (1312) [recto] muy mag(nifi)co s(eñor) Juan Troyano Stinca su ex(celenci)a ha mandado que se libre la nave que vino de Trapana cargada de Trigos para que pueda seguir su viaje a gaeta, y assi lo podra v(uestra) m(erced) seguir, de P(alaci)o a xxj de enero 1561 Soto [verso] Al muy mag(nifi)co s(eñ)or el s(eño)r Ju(an) Troyano stinca guardian del puerto. 830

Auch andere kurze Schreiben wurden auf Spanisch abgefasst. Die Kopie einer Cédula, die in die Prozessakte des Segretario del Regno eingenäht ist, belegt dies: (1313) [recto] Copia de una poliça escrita, à lo que por ella parece, por el Ex(celen)te Secretario Jo(an) de soto, dirigida al ex(celen)te Andres Ponce de Leon cuyo tenor es este q(ue) se sigue, en el sobrescripto, Al muy ex(celen)te señor Andres Ponce de Leon mi s(eñ(or) e dentro de_la dicha poliça dize assy. Muy ex(celen)te s(eñ)or A noche hablè à su Ex(celenci)a sobre el negocio de la s(eño)ra Condessa de Policastro, y Respondiome q(ue) havia dicho à V(uestra) s(eñoría) q(ue) por tres meses se sobreseyesse en el, porq(ue) havia escrito sobre ello à su M(agesta)d, pero que no se hiziesse scriptura por la consequencia. Avisolo à V(uestra) s(eñoría) porque el q(ue) esta darà anda solicitando la expe828 Vgl. Croce 1895, 15 sowie 4.5. 829 AGS, Secr. Prov. Lib. 40, 10r /1/ – /9/, [Hervorhebung V.S.]. 830 AGS, V.I. 347 – 9, s.f.

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dicion, De pal(aci)o à 5 de Hebrero 1563 D(e) v(uestra) s(eñoría) m(uy) e(xcelente) […] Soto y à una parte de_la dicha poliça hazia el pie della estan escritas las palabras siguientes Notatu(m) in libro notamentor(um) 16 fol. 63 De la qual dicha poliça, por mandado de Mons(eño)r Gaspar de Quiroga Visitador general por su M(agesta)d en_el presente Reyno de Napoles, yo Joan de Casanate secretario de_la Visita saquè la presente copia la qual concorda con la original. En Napoles xviij de Março 1563 Ita est qui supra, Jo(hannes) de Casanatis secret(arius) [verso] cedula del s(eñ)or s(ecretari)o soto para El s(eñ)or Andres Ponçe lugarteniente de_la camara q(ue) el s(eñ)or virey se contenta q(ue) a_la s(eñ)ora condesa de Policastro q(ue) estava significada por las diligencias de Ja(cobo) Ant(oni)o de Pene ante el visitador se spere por tres meses. 831

Interinstitutionelle Kommunikation in Form von Viglietti, die vom Vizekönig ohne die Mitwirkung des Kollateralrats ausgingen und von einem Sekretär aus dessen eigenen Segreterie beziehungsweise vom Segretario del Regno verschriftet wurden, lief häufig auf Spanisch ab. Man vergleiche hierzu auch das spanische Schreiben des Vizekönigs an den Scrivano di Razione Geronimo Pignatello, welches von Giovan di Soto verschriftet wurde:832 (1314) Sp(etta)b(i)le 833 Don Hieronimo Piñatelo scrivano de racion y del cons(ej)o de su m(agesta)d en este Rey(n)o. Haviendo sido, Ant(oni)o de Laurenciij de Ascoli hombre darmas y Alferez de la Comp(añí)a del Ill(ustr)e Principe de Bisiñano, dado por libre de lo q(ue) contra el se pretendia, nos ha parescido escrivir a la comp(añí)a q(ue) le reintegren en su estandarte como lo tenia primero, y a vos la p(rese)nte para os dezir q(ue) assi lo tengais entendido y q(ue) le libreis su sueldo al t(iem)po y quando se librare y pagare a su d(ic)ha comp(añí)a q(ue) tal es mi voluntad. Dat(um) en Nap(ole)s a ult(im)o de Março 1560. Don Perafan Por man(da)do de su ex(celenci)a Juan de Soto, In mandator(um) v8 […] 88 Sacose esta copia del Registro intitulado Mandatorum quinto f. 88 con el qual concorda de verbo ad verbum. en Nap(ole)s a XX de Ag(os)to 1563 Jo. de Morales pro secret(ario).834

831 AGS, V.I. 1 – 1, zwischen 112v und 113r, [Hervorhebungen V.S.]. 832 Bei folgendem Beispiel handelt es sich um eine Kopie, die im Lauf der Visitationen angefertigt wurde. Das Hinzuziehen von Kopien für die Untersuchung der Sprachenwahl ist weniger problematisch als für eine streng philologische Untersuchung des Textes. 833 Die vorliegende Abbreviatur „Spble“ legt die Auflösung hin zum italienischen Spettabile näher als diejenige zum spanischen Espectable, auch wenn sich diese am Beginn eines spanischen Schreibens befindet. 834 AGS, V.I 1 – 4, 47r /1/ – /13/, [Hervorhebung V.S.].

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Eine Kopie eines Viglietto aus den persönlichen Segreterie des Vizekönigs wurde von Coniglio ediert: (1315) Copia. Napoli (Posillipo), 6 agosto 1616 /c. 1/ Su Ex.a me a mandado embie a v. ss. esa copia de carta de s. M.d en que, como verán v. ss., a ordenado a don Geronimo de Guevara se venga acudiendo v. ss. en el negocio de lo que a su Ex.a, de que avissa a v. ss. como su M.d se lo manda. 835

Inseriert in eine Consulta der Sommaria findet sich folgendes, ebenfalls aus den persönlichen Segreterie des Vizekönigs stammendes Beispiel: (1316) In questa Regia Camera s’è ricevuto viglietto scritto per il secretario Geronimo de la Torre con robrica di v. e. del tenor sequente videlicet: A tergo, a don Alonso de la Carrera del Consejo de su M.d, real y Camera de Castilla y lugarteniente dela Summaria del reyno de Nápoles. Intus vero: El duque mi señor me ha mandado remitir a v.s. essa copia de carta de su M.d en que manda se le avise de los motivos que huvo para suspender los residuos que devían las universitades deste reyno por todo el año de 1634 y de la forma en que se dió esta orden y dize s.e. que v.s. juntamente con esse tribunal le hagan relación de uno y otro para que se pueda responder a su M.d con claridad y destinción que conviene. Guarde Dios a v.s. Palacio, 5 de marzo 1638. Geronimo de la Torre.836

Auch der langjährige Segretario del Regno Duca di Caivano verschriftet im 17. Jahrhundert spanische Viglietti des Vizekönigs: (1317) Copia Napoli, 10 dicembre 1642 /c.1/ Essendosi ricevuto viglietto scritto dal secretario del reyno con rubrica di v.e. del tenor sequente videlicet. s.e. me ha mandado remitir a v.s. los inclusos papeles que trattan de la materia del catasto y estimo de bienes con las dudas que en esto se ofrezía y el modo de la cobranza del servicio que se ha hecho a su M.d. en el parlamento general, para que comunicandolo todo en este tribunal se haga consulta a s.e. para el martes, tratandose de materia que no sufre dilación por haver de empezar la dicha cobranza en el principio del entrante anno 1643. Dios guarde a v.s. Palacio, 4 diciembre 1642 y que junte v.s. en tribunal en su casa. El duque de Cayvano. 837

835 Viglietto von Cesare Velli, Segretario des Vizekönigs Duca D’Osuna an die Eletti der Stadt Neapel, AGS, EST 1109 – 170, Transkription nach Coniglio 1990 II, 733 836 AGS, Secretarías provinciales 252, Transkription nach Coniglio 1990 III, 1450 f., [Hervorhebung V.S.]. 837 AGS, EST 3266 – 109, Transkription von Coniglio 1990 III, 1504 f., [Hervorhebung V.S.].

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Verschriftungsaufgaben, die mit dem Italienischen verknüpft waren, hatte der Segretario del Regno dagegen offenbar beim Abfassen von längeren Schreiben, welche vom Kollateralrat und dem Vizekönig gemeinsam ausgingen. Dies kann am Beispiel Sotos aufgezeigt werden: So findet sich in AGS, EST 1053 – 78 die an den Hof zu schickende Kopie eines vom Vizekönig und dem Reggente Patigno stammenden italienischen Schreibens an einen unbekannten Adressaten, welches von Soto als verschriftende Person gezeichnet wurde. Im auf 20. 03. 1572 datierten Brief an die Mastri portulani der Provinzen Calabria ultra und Calabria citra, dessen Kopie in AGS, EST 1061 – 23 vorliegt, und welcher bis auf Insertionen anderer Schreiben auf Italienisch abgefasst ist, wird nach der Nennung des Vizekönigs und der Reggenti der Hinweis auf den Soto vertretenden Lobera („Lobera pro secretario“) vermerkt. Ein Beispiel für durch Soto verschriftete italienische Schreiben findet sich, ebenfalls in einer Kopie aus der Visitation, in AGS, V.I. 1 – 4, 54r – 54v. Dieses Schreiben ist wie (1314) an den Scrivano di Razione Geronimo Pignatello gerichtet: (1318) S(petta)b(i)le Don Hier(ony)mo […] Per altro man(da)to fu or(dina)to si pagasse lo soldo al m(agnifi)co Alonso carrillo davalos m(ast)ro di campo della regia gendarme a ragione di duc(a)ti cento lo mese cor(rente) per d(et)to carrico di m(ast)ro di campo, al p(rese)nte e’ n(ost)ra volu(n)ta che se li paghi d(et)to soldo solam(en)te a ragione di duc(at)i cinquanta cor(renti) lo mese, Incominciando dalli 22 del mese di Giugno prox(im)e passato avanti, recuperandosi per questo reg(i)o off(ici)o le liberanze che fossero stato spedite dal d(et)to di 22 di giugno fino al p(rese)nte. le quale per cautela de_la reg(i)a corte le lacerarete, et per alcuni respecti et cause moventono la mente n(ost)ra, volemo che ultra lo p(redet)to soldo se li paghi per agiuto di costa per una volta tantum duc(a)tj cento cinquanta cor(renti). Per tanto darete or(di)ne al mag(nifi)co Th(esoriero) […] que de qualsivoglia denari di sua administratione reservati ad qualsivoglia uso et pagam(en)to, debbia pagare a d(et)to mag(nifi)co m(ast)ro di Campo d(et)to suo soldo a ragione di duc(a)ti cinquanta lo mese. Incominciando dal d(et)to di 22 di Giugno prox(im)e passato avanti confor(m)e alle liberanze che ne saranno exp(edi)te per q(ue)sso off(ici)o et cussi anchora li p(redet)ti duc(at)i cento cinquanta cor(renti) di agiuto di costa per una volta tantu(m) exequendosi con Interp[…]ne del off(cia)le di v(ost)ro off(ici)o Dat(um) Neap(olis) iij (octo)bris 1558 Don Ju(an) Manrique v(idi)t Albertinus R(egen)s v(idi)t Villan(us) R(egen)s V(idi)t Pignon(us) R(egen)s v(idi)t Rev(er)t(eri)us R(egen)s Por m(anda)do de su ex(celenci)a Ju(an) de Soto. Sacose la retroscripta copia del Registro intitulado Mandat(orum) viij F. 132 con el qual concorda de verbo ad verbum en N(apoles) a XX de Agosto 1563 Jo(an) de morales pro secretario. 838 838 AGS, V.I. 1 – 4, 54r /1/ – 54v /3/, [Hervorhebung V.S.].

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Allerdings scheint die Autorisierung des Italienischen in den Schreiben, die vom Kollateralrat als Gremium und dem Vizekönig ausgingen, nicht exklusiv gewesen zu sein. So findet sich in der gleichen Kommunikationskonstellation in einem weiteren Schreiben des Kollateralrats und des Vizekönigs an just denselben Scrivano di razione Pignatello das Spanische: (1319) Sp(etta)b(i)le 839Don Hieronimo Piñatelo scrivano de racion y del Cons(ej)o de su m(agesta)d en este Rey(n)o. Por q(ue) el mag(nifi)co Th(esore)ro Alonso Sanchez del dicho cons(ej)o ha pagado de n(uest)ro orden verbal al m(agnifi)co Alonso carrillo de avalos m(ast)ro de campo de la gente darmas Cient duc(ad)os cor(rientes) por el viage q(ue) le havemos ordenado hazer desta ciudad de Nap(ole)s en las ciudades y tierras del p(rese)nte Rey(n)o donde residen las siete comp(añí)as de gente darmas y una de cavallos ligeros para apercebirlas, a tal que esten en orden y promptas al servi(ci)o de su m(agesta)d. Por tanto dareis orden al dicho m(agnifi)co Th(esore)ro g(e)n(er)al q(ue) de la sobredicha suma se haga exito en sus quentas no ob(sta)nte q(ue) en el dicho pagam(en)to no aya intervenido el official de V(ost)ro off(ici)o fecha en Nap(ole)s a ult(imo de (octu)bre 1559 Don Perafan v(idi)t Albertin(us) R(egen)s v(idi)t Villan(us) R(egen)s v(idi)t Rev(er)t(eri)us R(egen)s Por m(anda)do de su ex(celenci)a Ju(an) de Soto, In mandator(um) ij f. 122 Sacose esta copia del Registro intitulado Mandator(um) ij8 f. 122 con el qual concorda de verbo ad verbum. En Nap(ole)s a xx de Agosto 1563. Jo(an) de Morales pro secret(ari)o. 840

Im Vergleich zwischen (1314), (1318) und (1319) ist erkennbar, dass Kommunikationskonstellationen mit identischen oder zumindest vergleichbaren Sendern und Empfängern nicht immer identische Sprachenwahlen bedeuteten. Eine statistische Auswertung der Sprachwahl für Schreiben, als deren Sender der Vizekönig mit dem Kollateralrat fungiert, erschien für die vorliegende Arbeit nicht sinnvoll, da die kontingente Quellenlage vorschnelle Schlüsse induzieren könnte, die durch weiteres Material widerlegt werden könnten. Die von Marazzini angeführte Beobachtung der auffallend häufigen Verwendung des Spanischen in der Gesetzgebung in Militärangelegenheiten841 findet sich zum Teil in den verschiedenen ge839 Vgl. zur Auflösung der Abbreviatur an dieser Stelle Anm. 833. 840 AGS, V.I. 1 – 4, 58r /1/ – /19/, [Hervorhebung V.S.]. 841 „Lo spagnolo, ovviamente, si trova accanto al volgare italiano nelle Prammatiche di Napoli e di Sicilia, ciò che strappava ad uno storico del diritto come il Pertile un indignata rampogna contro l’assoggettamento allo straniero, rampogna che mi pare interessante collocare nella storia linguistica dell’Italia postunitaria, e che viene da uno dei pochi storici del diritto che nella sua imponente opera si sia mostrato pronto a dar spazio almeno occasionalmente alla tematica linguistica. In realtà però, indignazione nazionalistica a parte, la presenza dello spagnolo nelle Prammatiche napoletane non

4.4 Mehrsprachige Kommunikation 2: Der Segretario del Regno

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druckten spanischen Militär-Anordnungen von Vizekönig und Kollateralrat in AGS, V.I. 24 – 2 bestätigt. So sind beispielsweise die „Ordenancas de la Milicia del Reyno de Napoles“ vom 25. 02. 1580842 und die „Ordenes para la Cavaleria Ligera dela Nueva Militia“ vom 06. 05. 1580843 beide auf Spanisch. Das erstgenannte Dokument geht vom Vizekönig mit zwei Reggenti des Kollateralrats aus, während das zweite nur die Namen des Vizekönigs und des Sekretärs in der Unterzeichnung trägt. Aber auch diese Feststellung lässt keine klaren Zuordnungen einzelner Idiome zu einzelnen ‘Sachgebieten’ der Verwaltung zu. Bezieht man die in der Visitationsakte direkt anschließenden „Ordenanzas dela Gente d’Arma y Cavalleria Ligera del Reyno de Napoles“844 in die Betrachtung ein, kann für diese festgestellt werden, dass sie eigentlich aus zwei Anordnungen bestehen: Die erste spanische Ordenanza geht am 09. 03. 1580 vom Vizekönig Don Juan de Zuñiga aus, der auf diese die Kopie einer italienischen Anordnung des Vizekönigs Don Perafan de Ribera vom 10. 3. 1564 folgen lässt, welche im Kolophon neben dessen Namen auch den Vermerk der beteiligten Reggenti sowie den Hinweis auf den verschriftenden Sekretär Soto trägt.845 Bemerkenswert ist mit Blick auf den Umgang mit der Sprachenpluralität in den Königreichen der spanischen Monarchie die Tatsache, dass sogar Schreiben, die vom Vizekönig und den Reggenti des Kollateralrats ausgehen und an den spanischen König gerichtet sind, häufig auf Italienisch abgefasst sind.846 Schreiben, die nur vom Vizekönig ausgehen, sind dagegen oft auf Spanisch abgefasst. Dies lässt sich anhand von separaten Briefen illustrieren, die als Begleitbriefe zu Schreiben neapolitanischer Institutionen nach Spanien gingen. So wird die italienische Consulta der

842 843 844 845 846

ha un’incidenza statistica alta, e spesso si giustifica con i destinatari dei provvedimenti, militari o funzionari spagnoli. Nelle prammatiche di Napoli, dopo che il latino è sparito, ciò che mi pare accada attorno alla metà del Cinquecento, si passa ad un italiano sufficientemente standardizzato con una minoranza di testi spagnoli, rari dopo i primi anni del Seicento, inesistenti dalla metà del Settecento in poi (anche se le mie affermazioni vanno prese con cautela, essendo basate su di uno spoglio per campioni, limitato ad alcuni settori tematici estratti dall’enorme collezione delle Prammatiche napoletane)“ (Marazzini 1998, 11 f.). AGS, V.I. 24 – 2, 521r – 526v. AGS, V.I. 24 – 2, 527v – 530r. AGS, 24 – 2, 531v – 535r. Zur Textgestalt von Anordnungen und Gesetzen wie den Prammatiche vgl. 4.5.2. Vgl. z. B. die jeweils vom Vizekönig und den Reggenti ausgehenden und vom Segretario del Regno verschrifteten Briefe vom 8. 6. 1550 (AGS, EST 1039– 21, Sekretär Coriolano Martirano) und den von Muñatones gezeichneten Brief vom 13. 06. 1579 (AGS, EST 1079 – 34).

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Sommaria vom 23. 07. 1579847 vom Vizekönig nach Spanien weitergeleitet und von einem auf den 31. 07. 1579 datierten spanischen Brief desselben begleitet.848 Ebenso verhält es sich mit anderen Dokumenten: Während die Briefe der einzelnen Seggi 849 und der Città di Napoli 850 an Prinz Philipp von Spanien, später Philipp II., auf Italienisch abgefasst sind, sind die begleitenden Briefe des Vizekönigs Toledo auf Spanisch.851 Daneben lässt sich aber auch die Verwendung des Italienischen durch den Sender Vizekönig ohne Beteiligung des Kollateralrats belegen – besonders eindrücklich anhand eines auf den 14. 4. 1550 datierten, von Lobera „pro secretario“ verschrifteten Schreibens Pietro di Toledos, welches sich vom Vizekönig an den Kollateralrat richtet und abgesehen vom lateinischen Incipit, einer spanischen Insertion und dem Vermerk „Por mandado de su ex(celenc)ia Lobera“ auf Italienisch abgefasst ist.852 Die Beteiligung der Reggenti des Kollateralrats an Schreiben des Vizekönigs scheint die Verwendung des Italienischen begünstigt zu haben. Diese war jedoch offensichtlich nicht obligatorisch, wie (1318) belegt. Ebenso war die Verwendung des Spanischen durch die Vizekönige nicht exklusiv, auch das Italienische kam hier – wenn auch vermutlich deutlich seltener – zum Zug. Unter Umständen lässt sich durch die An- beziehungsweise Abwesenheit der den Vizekönig beratenden Reggenti des Kollateralrats die Differenzierung erklären, die Jo(hannes) Antonio Spina in seiner Aussage in Sotos Visitationsprozess aufwirft, indem er zwischen „le cose secrete“ und „despaci volgari“ unterscheidet.853 Geht man davon aus, dass mit den „cose secrete“ die Kommunikationsvorgänge gemeint sind, die nur vom Vizekönig als Sender ausgehen, lässt sich eine größere Affinität derselben zur Verwendung des Spanischen feststellen: Dieses wird in den Viglietti und auch in zahlreichen längeren Schreiben des Vizekönigs an verschiedene Adressaten eingesetzt. Mit den „despaci volgari“ wären in der Folge die volkssprachlichen Schreiben des Kollateralrats mit und ohne Beteiligung des Vizekönigs gemeint, die, wie die von der Autorin gesichteten Quellen nahelegen, wohl häufiger auf Italienisch denn auf Spanisch abgefasst wurden. Neben Schreiben in beiden Volkssprachen gehen von den Reggenti 847 AGS, EST 1079 – 170. 848 AGS, EST 1079 – 169. 849 AGS, EST 1038 – 32, Seggio di Montagna vom 30. 09. 1548; AGS, EST 1038 – 33, Seggi di Capuana, Nido, Porto und Porta nova vom 04. 10. 1548. 850 AGS, EST 1038 – 34 Città di Napoli vom 07. 10. 1548. 851 AGS, EST 1038 – 36 vom 11. 10. 1548; AGS, EST 1038 – 37 vom 13. 10. 1548. 852 AGS, EST 1039 – 10. 853 AGS, V.I. 1 – 1, 18r.

4.4 Mehrsprachige Kommunikation 2: Der Segretario del Regno

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des Kollateralrats und dem Vizekönig auch lateinische Schriftstücke, so z. B. Privilegien aus. Es kann zum derzeitigen Forschungsstand für die vom Segretario del Regno erfüllten Verschriftungsaufgaben in Kommunikationsvorgängen, bei denen Vizekönig und Kollateralrat als Sender fungieren, festgestellt werden, dass das Lateinische und mit der Zeit zunehmend auch das Spanische für das Abfassen der Dekretationen auf Suppliken oder anderen Schreiben verwendet wurde. Die kommunikative Kurzform der nur vom Vizekönig ausgehenden und von entweder einem Sekretär aus den privaten Segreterie oder vom Segretario del Regno verschrifteten Viglietti zeichnete sich hingegen in den gesichteten Quellen durch die exklusive Verwendung des Spanischen aus. Spanisch und Italienisch kamen in längeren Schreiben des Vizekönigs, an deren Abfassung auch der Kollateralrat beteiligt war, gleichermaßen zum Zuge.854 Längere Schreiben, die nur vom Vizekönig ausgingen, wurden meist – aber ebenfalls nicht ausschließlich – auf Spanisch abgefasst. Hinsichtlich der sprachlichen Anforderungen an die Personen, die das Amt des Segretario del Regno inne hatten, lässt sich somit als wahrscheinlich erachten, dass diese neben dem Lateinischen auch beider Volkssprachen mächtig sein mussten. Deren Kenntnis war offensichtlich weniger problembehaftet als diejenige des Lateinischen, da eine mangelhafte Erfüllung der volkssprachlichen Aufgaben an keiner Stelle von den Zeugen gegen einen Segretario del Regno ins Feld geführt wird. Dass sich beide in der vorliegenden Untersuchung näher betrachteten Sekretäre Giovan di Soto und Bastida de Muñatones wie selbstverständlich beider Volkssprachen bedienten, lässt sich verschiedentlich belegen. Auch in Kommunikationskontexten, in denen sie als Sender und nicht (nur) als verschriftende Person agierten, verwendeten sie beide Volkssprachen. Ein weiteres Mal kommt der Rekonstruktion hierbei die Kopier-Praxis der Visitationen zugute. Im Prozess gegen Soto liegen Kopien von entlastenden Dokumenten vor. Darunter findet sich ein Schreiben des Vizekönigs und Kollateralrats an Soto, in welchem zwei von Letzterem eingereichte Me854 Auch die von Coniglio edierten Dokumente verzeichnen sowohl italienische als auch spanische Schreiben des Vizekönigs, welche durch den Kollateralrat und den Segretario del Regno als verschriftende Person unterzeichnet wurden. Vgl. z. B. das von Soto auf Spanisch verschriftete Schreiben des Vizekönigs und Kollateralrats, welches in ein anderes Schreiben inseriert ist in Coniglio (1987 I, 218) und das ebenfalls von Soto auf Italienisch verschriftete Schreiben der Reggenti und des Vizekönigs in Coniglio (1987 I, 321), in welchem ein Ausschnitt aus einem spanischen Brief des Königs an den Vizekönig zitiert wird.

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

moriali zitiert werden. Eines davon ist auf Italienisch, eines auf Spanisch verfasst: (1320) Philippus […] [Randvermerk: […] secondu(m) caput] Magnifice, et circumspecte vir regie consiliarie fidelis dilectissime, Per v(ost)ra parte ci è, stato p(rese)ntato memoriale con consulta spedita de n(ost)ro ordine per la regia camera de_la sum(m)aria del tenor sequente v(idelicet): Ill(ustrissi)mo, et ecc(ellentissi)mo s(ign)or Gioan de soto secretario de sua M(aes)ta, et servitore de v(ost)ra ecc(ellenz)a li reduce a memoria come li di passati la supplicò che restasse servita de fare vedere li privilegij d’esso supp(lican)te, accio che conforme alla potesta’ che esso tiene de possere sustituire nel officio de secretario persona à co(n)tentamento di v(ostra) ecc(ellen)tia havesse possuto farlo quando li accadea. et per che fo poi ordinato che la regia camera facesse sopra de cio’ consulta, la quale havendo visto et considerato il privilegio d’esso supp(lican)te, et de soi predecessorj ha fatto la p(redet)ta co(n)sulta la quale è stata p(rese)ntata a’ v(ost)ra ecc(ellenz)a, et al p(rese)nte no(n) resta altro che fare si no(n) interponere decreto che sia licito a’ esso de sustituire conforme alla consulta p(redet)ta procedendo il tutto per li ordini di pura, et assoluta giustitia supp(li)ca pero’ v(ostra) e(ccellenza) che coma(n)de che cossi se proveda, accio’ che possa quando piacera’ a’ esso supp(lican)te fare la sustitut(ion)e conforme alla potesta’ che ne tiene, et benche sia giusto lo recevera a’ gra(tia) sequita il tenor de detta consulta, et e’ lo infrascritto A tergo Ill(ustrissi)mo et ex(cellentissi)mo d(omi)no Don Perafan de ribera duci alcale […] sacre cattho(licae) M(aestat)is in hoc regno viceregi, locumt(enen)ti et cap(ita)neo gen(era)li […] Intus vero Ill(ustrissi)mo, et ecc(ellentissi)mo s(ign)or Post debitam com(endatione)m In questa regia camera è stato p(rese)ntato memoriale co(n) decretatione de v(ostra) e(ccellenza) del tenor sequente v(idelicet): Ill(ustrissi)mo, et ecc(ellentissi)mo s(ign)or Gioan de soto secretario de su M(agesta)d en este reyno y servidor de v(uestra) e(xcelencia) dize ch(e) aunque el esta en possession de poder substituir en su lugar en el dicho off(ici)o de secretario persona habil a contento di v(uestra) e(xcelencia) como lo han hecho todos sus passados no di menos supp(li)ca v(uestra) e(xcelencia) mande veer sus privilegios y declararlo conforme a razon q(ue) lo riçibira a particular merced tenor vero decretationis talis est R(eg)ia camera sum(m)ariae de supp(lica)tis se informet et referat cu(m) voto Villan(us) r(egen)s p(rovisu)m per Ill(ustre)m Dominu(m) Proregem, neap(olis) tertio decembris 1569 Morales pro secretario et per essequire quanto v(ostra) e(ccellenza) co(n) la ditta decretatione ne ha comandato, havemo reconosciuto li privilegij (…).855

Auch hier lässt sich feststellen, dass innerhalb vergleichbarer Kommunikationskonstellationen und innerhalb einer Diskurstradition verschiedene Idiome autorisiert waren und von der Person Giovan di Soto gleichermaßen verwendet wurden. 855 AGS, V.I. 1 – 4, 5r /1/ – /27/, [Hervorhebungen V.S.].

4.4 Mehrsprachige Kommunikation 2: Der Segretario del Regno

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Für Bastida de Muñatones lassen sich neben in verschiedenen Sprachen abgefassten Schriftstücken auch verschiedensprachige Aussagen innerhalb der Visitation von Lope de Guzmán aufzeigen. Im Prozess der Reggenti des Kollateralrats ist Muñatones’ Aussage auf Spanisch wiedergegeben, im Prozess der Scrivani di mandamento hingegen auf Italienisch, wie die folgenden Ausschnitte zeigen: (1321) En Napoles catorze dias del mes de Hebrero de mill y quinientos y ochenta y tres años el s(eño)r Visitador mando parecer ante el à Bastida de Muñatones secret(ari)o del Reyno, del qual tomo Juram(en)to en forma que diria verdad de_lo que supiese y fuese pregun(ta)do, so cargo del qual dixo ser de edad de treinta y seis en treinta y siete años 1 Pregun(ta)do que dias y à que horas se juntan los s(eño)res Regentes en el Consejo collateral, y que calidad de neg(oci)os se tratan en_ellos si son de Govierno ò Justicia ò de estado, y si ent y que otras personas entran en_el d(ic)ho Consejo, Dixo que el lunes es dia de Consejo, y que quando al consejo de Capuana se_le ordena q(ue) venga a referir en el alguna causa, se_le señala este dia, y que quando no ay causa q(ue) venga à referir como tiene d(ic)ho el d(ic)ho dia, se gasta en neg(ocio)s cometidos a Regentes, de Govierno, Materias de Jurisdicion, cartas de Governadores Provinciales, y de com(m)iss(ari)os que estan despachadas por el Reyno assi en materia de foraxidos como en otros casos, y que en esto se passa el consejo, si bien en este dia a_la primera hora y en todos los demas dias que se tiene consejo se da à los memoriales de Justicia, y entran à despacharlos en esta primera hora los escriv(an)os de man(damien)to, y el secret(ari)o del Reyno, y los escriv(an)os de mandam(ien)to, que son los dos como yà otra vez (en) su dep(osici)on a’ d(ic)ho y que en esta hora el virrey, no assiste en consejo, y que esta misma orden se tiene en_el negociar de_la primera hora en todos los otros dias de_la semana. 856 (1322) Eodem die 857 Bastida de Muñatones al(ias) essaminato ne presente [Randvermerk: Bastida de Muñatones] processo f(oli)o 34 et de novo comparso Avante il S(igno)r Visitator[…] per mandato di sua s(igno)ria Il 858 qual giuro In forma di dire la verita’ di quel tanto li sara domandato 1 Et subito il detto s(igno)r Visitatore fece leggere la depositione che detto s(igno)r Bastida fece a’ di 24 del mese di novembre prossi[…] passato, la qual intesa Fuit Int(errogatu)s se tiene esso t(estimon)io per buono ordine che li memoriali che si leggeno nela prima hora post prandium In Conseglio coll(ateral)e si consignano de_la manera che si consignano a’ ciascuno de_li detti regenti, et si espediscano de_la manera che si spediscono, et ha detto esso t(estimon)io nela detta sua depositione, o’ se convenerà pigliarsi altro 856 AGS, V.I. 31– 1, 127v /18/ – 128r /13/, Prozess Kollateralrat und Reggenti der Cancelleria, Aussage vom 14. 02. 1583, [Streichung im Original]. 857 Die vorausgehende Aussage ist auf den 01. 12. 1582 datiert (AGS, V.I. 31 – 1, Prozess gegen die Scrivani di mandamento, 43r). 858 An dieser Stelle ist mit Blick auf den zunehmenden Einfluss des Toskanischen bemerkenswert, dass der Schreiber ein zuerst geschriebenes „el“ in „il“ änderte.

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

ordine nela espeditione di detti mem(oria)li, Dix(it) che secondo la moltitudine delli negotij se tutti tre li regenti non leggessero non saria possibile spedirnosi tutti li memoriali che si danno, pero che non lassa di tenere Inconveniente perche stando li officij di scrivano di mandamento In quelle persone che stanno, facilm(en)te con occasione de_la Intrata che hanno In detto Conseglio et con annotarsi loro le decretationj, espedire in loro case memoriali, senza potersi intendere se sono espediti In Conseglio, o’ no’, et anco alterare, et agiungere nele decretationj, et che pero’ reputaria molto necessario che le annotationj di detti mem(oria)lj non le facesse altro che lo segretario del regno dentro del conseglio In presenza de_li regenti, et che doppo’ li estendessero li scrivanj di mandame(n)to ogni uno li soi, perche cosi si toglieriano due cose: Prima che non potriano detti scrivanj di mandam(en)to espedire piu mem(oria)li di quello che effettivamente fussero visti nel Conseglio. Secundo che le dette decretationj, essendo annotate dal detto segret(ari)o non potriano alterarle di quello che veram(en)te in Conseglio fusse ordinato, Et che in questa materia ne dara esso t(estimon)io nota a parte al detto s(igno)r Visitatore dell_Inconvenienti, o’ convenienti a’ questo potriano tenere.859

Sowohl für die Kommunikationsvorgänge, in denen der Segretario del Regno reine Verschriftungsaufgaben hatte, als auch für die Kommunikation, die von diesem als Sender ausgeht, lässt sich die diskurstraditionell und situationell differenzierte Verwendung verschiedener Idiome feststellen (vgl. Abb. 5: Mehrsprachigkeit der Kommunikation 2). Davon ausgehend ist es legitim, anzunehmen, dass die Personen, die dieses Amt inne hatten, nicht nur über gute Lateinkenntnisse verfügen sollten, sondern auch aktiv verschiedene Volkssprachen verwendeten und verschrifteten. Für die Personen, die als Sender der vom Segretario del Regno verschrifteten Texte fungierten, also die Reggenti des Kollateralrats und die verschiedenen Vizekönige, lassen sich dagegen nur unter Vorbehalt Schlüsse bezüglich deren Mehrsprachigkeit ziehen. Es kann angenommen werden, dass die Reggenti des Kollateralrats, an die sowohl spanische als auch italienische Bittgesuche herangetragen wurden, und die in beiden Volkssprachen abgefasste Schriftstücke unterzeichneten, zumindest passive Kenntnisse beider Idiome hatten. Aussagen über einzelne Personen und deren Repertoire lassen sich ausschließlich aus deren Handeln als Vertreter eines Gremiums aber nur eingeschränkt treffen. An dieser Stelle kann zumindest festgehalten werden, dass die Reggenti und der Vizekönig regelmäßig in Kontakt mit beiden Volkssprachen kamen – Mehrsprachigkeit der Kommunikation von und mit diesen Instanzen ist in jedem Fall anzunehmen. Wenige letzte Bemerkungen seien der mündlichen Sprachverwendung im Kollateralrat gewidmet. Im Ausschnitt aus einem Prozess 859 AGS, V.I. 31 – 1, Prozess gegen die Scrivani di mandamento, 47v /25/ – 48r /26/, Aussage vom 01. 12. 1582.

4.4 Mehrsprachige Kommunikation 2: Der Segretario del Regno

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vor dem Kollateralrat, der in 4.3.1 (Beispiel 1260) bereits hinsichtlich der Struktur des Protokolls betrachtet wurde, fällt auf, dass die Äußerungen des gefolterten Angeklagten ebenso wie die Fragen und Drohungen der verhörenden Reggenti des Kollateralrats auf Italienisch protokolliert werden. Obwohl für die Reggenti anzunehmen ist, dass einige von ihnen Spanier waren, kommt das Kastilische hier nicht zum Einsatz. Einen weiteren Hinweis auf ein mögliches Übergewicht der Verhandlungssprache ‘Italienisch’ liefert uns Francesco D’Andrea860 in seiner Beschreibung des als affektiert und ungewöhnlich gewerteten sprachlichen Habitus eines Juristen aus Lecce: Francesco Maria Prato credea esser grand’oratore, ma a mio giudizio e di tutti gl’altri non potea riporsi ne anco tra mediocri: aveva una maniera affettata et un accento leccese che più tosto lo rendea ridicolo, benché non li mancasse dottrina per quanto era necessario nell’uso dell’orare. Si pregiava di parlare spagnuolo, onde due cause celebri, in Collaterale, alla presenza del signor duca d’Arcos861 le parlò in lingua spagnuola, ciò che non s’era fatto da nessun altro prima.862

Die Beschreibung D’Andreas ist in mehrfacher Hinsicht interessant. Die Abwertung des Akzents von Lecce ist relevant für die perzeptive Wertung von verschiedenen sprachlichen Modellen in Neapel, die an dieser Stelle nicht weiter behandelt werden kann. Der zweite Teil des Zitats jedoch ist für die Einschätzung kommunikativer Routinen vor dem Kollateralrat interessant: Francesco Maria Prato versuchte offensichtlich bei zwei Verhandlungen vor dem Ratsgremium in Anwesenheit des Vizekönigs seine Spanischkenntnisse anzubringen. Dies scheint aber ungewöhnlich gewesen zu sein und kann gegen diskurstraditionelle Tradierungen verstoßen haben, schenkt man der Bemerkung Glauben, dass „ciò […] non s’era fatto da nessun altro prima“.

860 Der Jurist und Philosoph Francesco d’Andrea (Ravello 1625 – Candela 1698) hinterließ mit seinen Avvertimenti ai nipoti eine eindrucksvolle Beschreibung der Gelehrtengesellschaft Neapels im 17. Jahrhundert. 861 Rodrigo Ponce de Léon, Duca d’Arcos, Vizekönig vom 11. Februar 1646 bis 19. Januar 1648, (vgl. D’ Andrea 1990, 296). 862 D’Andrea 1990, 149, [Hervorhebung V.S.].

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

4.5 Mehrsprachige Kommunikation 3: Weitergabe von Inhalten und ihre sprachlichen und textuellen Folgen Eine Besonderheit der Verwaltungskommunikation, die bereits in 4.4 bezüglich der in anderen Dokumenten enthaltenen Decretationi des Segretario del Regno erkennbar wurde, ist die Weiterleitung von Informationen im Verwaltungsapparat, die mittels verschiedener kommunikativtextueller Verfahren erfolgte. In Abb. 6 wurde unter dem Titel ‘Mehrsprachigkeit der Kommunikation 3’ die Weiterleitung von Informationen von einem ersten Adressaten zu einem dritten Beteiligten illustriert, ohne zu spezifizieren, welche sprachliche Form diese hat. Im Lauf der Forschungsarbeit ließen sich zwei Verfahren ausmachen, die zum Zweck der Referenz auf ein vorangegangenes Kommunikationsereignis und der Weiterleitung von Information eingesetzt wurden: das Zitat und die Zusammenfassung. Im Falle eines Zitates beziehungsweise der Weiterleitung einer Kopie lässt sich keine Veränderung der Sprachwahl zwischen dem ersten Text und dessen Weiterleitung / Zitierung feststellen (Abb. 13); Zusammenfassungen des Inhalts eines vorangegangenen Textes gehen dagegen teils mit einem Sprachwechsel einher (Abb. 14).

Abb. 13: Weiterleitung von Kommunikation in Form von Zitat oder Kopie

Abb. 14: Weiterleitung von Kommunikation in Form von Zusammenfassungen

Inwiefern sind diese Verfahren, die sich auch andernorts in den „Papierfluten“863 der spanischen Verwaltungsschriftlichkeit feststellen lassen, relevant für die Untersuchung der Sprachenpluralität im Fall Neapel? Zitate und Kopien dienten primär der Referenzherstellung auf vorange863 Brendecke 2006.

4.5 Mehrsprachige Kommunikation 3

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gangene Kommunikationsereignisse mit Belegcharakter, Zusammenfassungen der Wiedergabe des zentralen Inhaltes einer vorangegangenen Kommunikation oder eines Dokuments. Aus dem Blickwinkel der vorliegenden Arbeit geben die unterschiedlichen Formen der ‘Textverarbeitung’ wichtige Hinweise auf die Art des Umgangs mit der Sprachenpluralität im Regno di Napoli: Aus der Betrachtung dieser Phänomene lassen sich Erkenntnisse zu Autorität und Autorisierung einzelner Idiome in verschiedenen Kontexten der Verwaltungskommunikation gewinnen, welche die reine Analyse der Sprachverteilung ergänzen.864 Der Abschnitt 4.5.1 beschäftigt sich mit Aspekten des Kopierens in der Verwaltungskommunikation und wirft hierbei einen Blick auf die Divergenzen zwischen verschiedenen Versionen eines Textes, die durch Kopier- und oder Elaborationsvorgänge erklärbar sind. In 4.5.2 wird die Zitierpraxis in der Verwaltungskommunikation anhand einer ausgewählten Diskurstradition, den Konsultationen (Consulte) der Regia Camera della Sommaria beleuchtet. In diesem Abschnitt wird vor dem Hintergrund der Zitierpraxis auch die Sprachverteilung in den Prammatiche betrachtet. In 4.5.3 werden Praktiken der Inhaltszusammenfassung skizziert und insbesondere anhand der Akten des Parlamento Generale exemplifiziert. Hierbei liegt der Fokus auf Zusammenfassungsprozessen, die nicht nur eine Resümierungsleistung, sondern gleichzeitig auch eine Übersetzungsbeziehungsweise Übertragungsleistung erkennen lassen. 4.5.1 Kopieren und Elaborieren Dass in der Verwaltungskommunikation das Kopieren von Dokumenten ein alltäglicher Vorgang war, wurde bereits verschiedentlich erwähnt. So sind z. B. die in Neapel in den Büchern Sommaria – Consultationum vorliegenden Consulte allesamt Kopien der aus der Sommaria an den Vizekönig und / oder den Kollateralrat gerichteten Originale. Auch der Notador der Regia Camera della Sommaria hatte mit der Übertragung einzelner Dokumente in seine Bücher ein großes Arbeitspensum zu bewältigen. Darüber hinaus spielte z. B. im Rahmen der Visitationen die Kopie eine große Rolle: Die Dokumente, die dem Visitator zur Entlastung einzelner Beschuldigter vorgelegt wurden, sind überwiegend eigens zu diesem Zweck 864 Aber auch die Analyse der Sprachverteilung an sich erfährt beispielsweise durch das Einbinden von Zitaten in Texte einen großen Vorteil, da so auch anderweitig nicht (mehr) rekonstruirbare Kommunikationswege nachvollzogen werden können.

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

angefertigte Kopien. Während bei diesen meist die wörtliche Übereinstimmung mit der genannten Vorlage der Abschrift durch den Schreiber bestätigt wird, liegt in anderen Fällen kein expliziter Hinweis auf das Verhältnis zwischen zwei Texten vor. Die Forschungsarbeit hat gezeigt, dass gerade der Vergleich verschiedener Versionen des gleichen Textes, bei denen nicht klar auf die reine Kopierleistung verwiesen wird, sprachwissenschaftlich interessant ist.865 Im Folgenden soll anhand eines Beispiels das Erkenntnispotential solcher Vergleiche hinsichtlich der Vexata quaestio nach der Toskanisierung der Verwaltungsschriftlichkeit vor Augen geführt werden. Es werden die Texte zweier Dokumente einander gegenüber gestellt, die in Simancas unter den Signaturen AGS, EST 1066 – 95 und AGS, EST 1066 – 97 aufbewahrt werden. Beide Schreiben gehen vom Vizekönig Íñigo López de Hurtado de Mendoza, Marqués de Mondéjar866 und den Reggenti des Kollateralrats aus und richten sich an Philipp II. von Spanien. Beide Schreiben sind Originale und sowohl vom Vizekönig als auch von den Reggenti des Kollateralrats unterzeichnet, unterscheiden sich allerdings in der Datierung um elf Tage. Das erste Schreiben vom 2. November 1575867 trägt den Hinweis auf die verschriftende Person „Viladamoz p(ro) secret(ari)o“. Beim zweiten Schreiben868 fehlt ein solcher Vermerk. Das Schriftbild unterscheidet sich so stark, dass die Vermutung naheliegt, dass die beiden Schriftstücke von verschiedenen Händen verschriftet wurden. Vergleicht man den Text der beiden Dokumente, wird schnell klar, dass der später datierte Brief keine getreue Kopie des ersten Briefes ist, sondern dass es sich um verschiedene Versionen des gleichen Schreibens handelt. Der Text unterscheidet sich in den beiden Briefen signifikant. In Tabelle 8 steht links der Text des auf den 02. 11. 1575 datierten und von Viladamoz 865 Im Vergleich zur rein materiellen Kopie sind solche Textpaare selbstverständlich auf die Gesamtheit der Verwaltungskommunikation seltener. Aus sprachgeschichtlicher Sicht sind Analysen auf der Grundlage von reinen – meist getreuen – materiellen Kopien allerdings bei Weitem nicht so interessant wie der Vergleich verschiedener Versionen eines Textes. Material für solche Vergleiche lässt sich z. B. in den verschiedenen Sammlungen von Gesetzestexten und Beschreibungen des Regno di Napoli, die ab dem 16. Jahrhundert gedruckt wurden, gewinnen. Ein Vergleich zwischen verschiedenen gedruckten und handschriftlichen Versionen einzelner dieser Texte, der hier aus Platzgründen nicht vorgenommen wurde, kann Aufschluss über verschiedene Elaborations- und ggf. Toskanisierungsgrade verschiedener Versionen derselben Texte geben. 866 Vizekönig von 1575 – 1579, (vgl. Coniglio 1967, 126 ff.). 867 AGS, EST 1066 – 95. 868 AGS, EST 1066 – 97.

4.5 Mehrsprachige Kommunikation 3

333

Abb. 15: Brief des Vizekönigs Marqués de Mondéjar und des Kollateralrats an Philipp II. von Spanien vom 2. November 1575 España. Ministerio de Educación, Cultura y Deporte. Archivo General de Simancas, EST, LEG, 1066 – 95, 1

334

4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Abb. 16: Brief des Vizekönigs Marqués de Mondéjar und des Kollateralrats an Philipp II. von Spanien vom 13. November 1575 España. Ministerio de Educación, Cultura y Deporte. Archivo General de Simancas, EST 1066,97, 1

gezeichneten Briefs. In der rechten Tabellenspalte ist diesem der Text des Schreibens vom 13. 11. 1575 gegenübergestellt, welches keinen expliziten

4.5 Mehrsprachige Kommunikation 3

335

Hinweis auf die verschriftende Person enthält. Sprachliche Divergenzen zwischen den Texten sind in Fettdruck markiert. Tabelle 8: Zwei Versionen eines Briefes des Vizekönigs Íñigo López de Hurtado de Mendoza, Marqués de Mondéjar, und der Reggenti des Kollateralrats an Philipp II. AGS, EST 1066 – 95

AGS, EST 1066 – 97

1r /1/ S(acra) Regia, et Cattholica M(aes)tà /2/ Scrissi li di passati alla M(aes)tà v(ost)ra qualm(en)te havendo il viditore Obiedo, /3/ l’officiale del scrivano di ratione datomi alcuni advertimenti preten=/4/dendo, che in la consignatione fatta delle quaranta galere al Mar=/5/chese di S(an)ta Croce in essecutione dello assento, et capitulatione fir= /6/mata tra la M(aes)tà v(ost)ra, et il detto Marchese si era eccesso dalla for(m)a /7/ contenta in detto assento in pregiuditio, et danno del real patrimonio /8/ di v(ost)ra M(aes)tà Jo havea comunicato il tutto al s(igno)r Don Giovanni, et /9/ con sua voluntà rimesso la resulutione, et provisione alla reg(i)a Ca=/10/ mera della Summaria, in la quale l’advocato fiscale del Regio pa=/11/trimonio ha’ fatto instantia, et domandato doversi di giustitia prove=/12/dere alla sua indennità, et havendo la detta Regia Cam(e)ra proceso ad /13/ alcuni atti, detto s(igno)r Don Giovanni hà di nuevo difficultatomi, la pro=/14/secutione di detto negocio in la detta Regia Cam(e)ra come negocio, che /15/ dice spettare alla sua cognitione, et giurisditione, et volendome io ri=/16/solverme in questo, con la maturità, che il caso ricerca, ordinai che la d(et)ta /17/ Regia Cam(e)ra si giontasse con il cons(igli)o coll(atera)le, et che considerato quello, /18/ che si deve, et l’instruttione, che tengo dalla M(aes)tà v(ost)ra, et le sue reale /19/ lettere, che sopra ciò ha’comandato scrivermese, me havessero detto /20/ che era quello, ch’io posseva fare senza appartarme ponto dall’ord(i)ne 1v /1/ della M(aes)tà v(ost)ra, et dal peso, che tengo, et tutti tanto quelli della Regia /2/ Cam(e)ra come li Regenti di Cancellaria son stati di parere, che non solo /3/ considerando le parole delle d(et)te instruttioni, et lettere, ma ancho la na=/4/tura del negocio stesso, il quale contiene di provedere sopra il Reale /5/ patrimonio di questo Regno, dal quale hà da uscire l’essecutione di /6/ quello, che la M(aes)tà v(ost)ra hà promesso in detto assento, et à benefitio del /7/ quale tendeno le pretensioni delli detti Avocato fiscale, et viditore /8/ Obiedo, et che l’essecutione di detto assento si ha’ da fare per me in no=/9/me di v(ostra) M(aesta) la determinatione, et cognitione

1r /1/ Sacra R(eg)ia Cath(oli)ca Maestà /2/ Scrissi li di passati alla Maesta vostra qualmente havendo il Veditore /3/ obiedo, et l’offitiale del scrivano di ratione datomi alcuni advertime(n)ti /4/ pretendendo che in la consignatione fatta delle quaranta galere al mar=/5/chese di santa croce in essecutione dell’Assento, et capitulatione fir=/6/ mata tra la maestà vostra, et il detto Marchese si era eccesso dalla for/7/ma contenta in detto assento in pregiuditio, et danno del real patrimonio /8/ di vostra Maestà, Jo havea comunicato il tutto al s(igno)r Don Giovanni, /9/ et con sua voluntà rimesso la resolutione, et provisione alla regia Came=/10/ ra de_la summaria, in la quale l’Advocato fiscale del regio patrimonio /11/ hà fatto instantia, et domandato doversi di giustitia provedere alla sua /12/ indennita, et havendo la detta regia camera proceso ad alcuni atti /13/ detto s(igno)r Don Giovanni hà di nuovo difficultatomi la prosecutione di d(et)to /14/ negotio in la detta regia camera, come negotio che dice spettare alla sua /15/ cognitione, et giurisdittione. Et volendo io resolverme in questo con /16/ la maturita che il caso ricerca, ordinai che la detta regia Camera si gion=/17/tasse con il Conseglio Collaterale, et che considerato quello che si deve, et 1v /1/ l’instruttione che tengo dalla Maesta vostra, et le sue real l(ette)re /2/ che sopra ciò hà comandato scrivermesi, me havessero detto /3/ che era quello che io posseva fare, senza appartarmi ponto /4/ dall’ordine della Maesta vostra, et dal peso che tengo, et /5/ tutti tanto quelli della regia Camera, quanto li Regenti di /6/ cancellaria sono stati di parere che non solo considerando /7/ le parole delle dette instruttioni, et lettere, ma’ ancò la natura /8/ del negotio Istesso, il quale contiene de provedere sopra il reale /9/ patrimonio di questo regno, dal quale hà da uscire la essecu=/10/tione di quello che la Maestà vostra hà promesso in detto as=/11/sento, et a benefitio del quale tendeno le pretentioni delli detti /12/ Avocato fiscale, et Veditore obiedo, et che la essecutione di /13/ detto assento si hà da fare per me in nome di vostra Maestà, /14/ la determinatione, et cognitione predetta non può spettare /15/ ad altro che à detta regia Camera per

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Tabelle 8: Zwei Versionen eines Briefes des Vizekönigs Íñigo López de Hurtado de Mendoza, Marqués de Mondéjar, und der Reggenti des Kollateralrats an Philipp II. (Fortsetzung) AGS, EST 1066 – 95

AGS, EST 1066 – 97

p(rede)tta non puo spetta=/10/re ad altro, che à d(et)ta Regia Cam(e)ra per l’ordini, et instruttioni, che /11/ sono in questo Regno, se altro però non comanda la M(aesta) v(ostra) la q(u)ale /12/ in lo’ assento p(rede)tto dicono tutti li p(rede)tti Regenti, et presidenti di d(et)ta /13/ Cam(e)ra che solo in l’articulo dell’apprezzo di quello che si ha=/14/veria da consignare, hà ordinato, che lo detto s(igno)r Don Giovanni /15/ facesse nominare uno, et un‘altro nominasse il d(et)to Marchese: Jo /16/ non ostante questo per accertare in lo d(et)to negotio, hò preso risulu=/17/tione di scrivere alla M(aesta) V(ostra) la p(rese)nte con inviarli ancho origi=/18/nalm(en)te la consulta p(redet)ta et supplicarla, che sia servita ordinar=/19/mi quello, che in ciò haverò da esseguire, et n(ostro) s(igno)re la sua real per= /20/sona guardi, et esalti, col il dominio di piu maggiori stati, et signo=/21/rie, come da noi, creati, et vassalli si desea Da Napoli a dui di /22/ Novembro 1575 /23/ De V.S. R. c. M.tà /24/ Creato, et vassallo, che sue real mani basa /25/ El marq(ue)s /26/ Fran(cis)co de Rev(er)ter Tho(mas) Saler(nita)no Alonso d(e) Salazar /27/ s. Viladamoz p(ro) secret(ari)o 2r [alba] 2v Cath.cae M.ti

li ordini, et instruttioni /16/ che sono in questo regno, si altro però non comanda la Maestà /17/ vostra, la quale in l’assento predetto, dicono tutti li predetti /18/ Regenti, et Presidenti di detta Camera che solo in l’articolo /19/ dell’apprezzo di quello che s’haveria da consignare hà ordi=/20/nato che lo detto s(igno)r Don Giovanni facesse nominare uno, et 2r/1/ un’altro nominasse il detto Marchese. Jo non ostante questo /2/ per accertare in lo detto negotio hò preso resolutione de scrivere /3/ alla Maestà v(ost)ra la presente, con inviarli ancò originalmente /4/ la consulta p(redet)ta et supplicarla che sia servita ordinarmi /5/ quello che in ciò havero da esseguire. et n(ostro) s(igno)re la real /6/ persona di v(ostra) M(aes)tà guardi, et essalti con il dominio di /7/ maggiori stati, et signorie, come da soi fideliss(im)i vassalli, et /8/ creati si desea. Da Nap(oli) a xiii di (nov)embre 1575 /9/ Di v.s. R.C. M.tà /10/ Creato, et vassallo /11/ El marq(u)es /12/ Fran(cis)co de Rev(er)ter Thomaso saler(nita)no Alonso d(e) Salazar 2v /1/ A_la s. c. R. Mag.d /2/ el rey n(uest)ro s(eñ)or /3/ [Handwechsel quer] Nap(ol)es /4/ A su m(agesta)d /5/ del a camara de la sum(ari)a Colateral a xviij de novi(embr)e 1575

4.5 Mehrsprachige Kommunikation 3

337

Die beiden Versionen des Textes unterscheiden sich signifikant. Während im ersten Text (EST 1066 – 95)869 Spuren des neapolitanischen Vokalismus auffindbar sind (z. B. (1323) viditore (1066 – 95, 1r /2/), (1324) resulutione (1066 – 95, 1r /9/), (1325) risulutione (1066 – 95, 1v /16/ – /17/), treten im zweiten Text (EST 1066 – 95) die toskanischen Formen auf: (1326) veditore (1066 – 97, 1r /2/), (1327) resolutione (1066 – 97, 1r /9/). Auffällig ist außerdem die Setzung des als Hispanismus einschätzbaren (1328) nuevo im ersten Text (1066 – 95, 1r /13/) gegenüber (1329) nuovo in der später angefertigten Version (1066 – 97, 1r /13/). Die Verschriftung von [ts] (und [tS]) erfolgt im ersten Brief schwankend zwischen , und (so finden sich (1330) l’officiale (1066 – 95, 1r /3/), (1331) resulutione (1066 – 95, 1r /9/), (1332) negocio (1066 – 95, 1r /14/), (1333) giurisditione (1066 – 95, 1r /15/), (1334) l’essecutione (1066 – 95, 1v /5/ ), (1335) pretensioni (1066 – 95, 1v /7/) während in der zweiten Version durchgängig die latinisierende Graphie auftritt: (1336) resolutione (1066 – 97, 1r /9/), (1337) negotio (1066 – 97, (1338) giurisdittione (1066 – 97), (1339) negotio (1066 – 97, 1r /14/), (1340) essecutione (1066 – 97, 1v /9/ – /10/), (1341) resolutione (1066 – 97, 2r /2/) sowie hyperkorrekt in (1342) l’offitiale (1066 – 97, 1r /3/). Weitere Unterschiede finden sich hinsichtlich der Apokope des bestimmten Artikels und der Konjunktion che vor Vokal, der Setzung von Akzenten und im Bereich der preposizioni articolate wie die folgenden Tabellen zeigen: Tabelle 9: Apokope vor Vokal in AGS, EST 1066 – 95 und AGS, EST 1066 – 97 AGS, EST 1066 – 95 r

l’officiale (1 /3/) dello assento (1r /5/) ch’io (1r /20/) l’essecutione (1v /5/ und 1v /8/) l’ordini (1v /10/) Lo’ assento (1v /12/) l’articulo (1v /13/) si haveria (1v /13/ – /14/)

AGS, EST 1066 – 97 l’offitiale (1r /3/) dell’Assento (1r /5/) che io (1r /3/) la essecutione (1v /9/ – /10/ und 1v /12/) li ordini (1v /15/) l’assento (1v /17/) l’articolo (1v /19/) s’haveria (1v /19/)

869 Im Folgenden wird auf den Text AGS, Estado 1066 – 95 mittels des Kürzels 1066 – 95 verwiesen, auf den Text AGS, Estado 1066 – 97 mit 1066 – 97. Von der Verfasserin hinzugefügte Folio- und Zeilenangaben werden, wie in 4.1 erläutert, zum Auffinden der besprochenen Phänomene hinzugefügt.

338

4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Tabelle 10: Gravis-Akzent im Vergleich AGS, EST 1066 – 95 und AGS, EST 1066 – 97 AGS, EST 1066 – 95 r

indennità (1 /12/) puo (1v /9/) ancho (1v /3/) haverò (1v /19/) à (1v /6/)

AGS, EST 1066 – 97 indennita (1r /12/) può (1v /14/) ancò (1v /9/) havero (2r /5/) a (1v/11/)

Im Bereich der Morphologie und Syntax lassen sich folgende Unterschiede feststellen: Während im ersten Text die Präposition ‘di’ unter anderem in den Okkurrenzen (1344) risulutione di scrivere (1066 – 95, 1v /16/ – /17/) und (1345) contiene di provedere (1066 – 95, 1v /4/) auftritt, finden sich im zweiten Text (1346) resolutione de scrivere (1066 – 97, 2r /2/ ) und (1347) contiene de provedere (1066 – 97, 1v /8/).870 Die Klitika in (1348) scrivermese (1066 – 95, 1r /19/) treten im zweiten Text in anderer Form auf: (1349) scrivermesi (1066 – 97, 1v /2/). Auch das Reflexivpronomen weist in (1350) appartarme (1066 – 95, 1r /20/) und (1351) appartarmi (1066 – 97, 1v /3/) unterschiedliche Formen auf. Eine besonders interessante morphosyntaktische Differenz lässt sich anhand der beiden Formulierungen (1352) volendome io risolverme 1066 – 95, 1r /15/ – /16/) und (1353) volendo io resolverme (1066 – 97, 1r /15/) erkennen. Im ersten Text ist das Reflexivum gedoppelt und tritt sowohl an das Gerund als auch an den Infinitiv. Im zweiten Text tritt das Reflexivpronomen nur am Infinitiv auf. In beiden Texten fällt auf, dass die Referenz auf die Person mehrfach ausgedrückt wird: Im ersten durch das doppelte oblique Pronomen und das betonte Subjektpronomen, im zweiten immerhin noch durch das betonte Subjektpronomen und das enklitische Pronomen am Infinitiv. Die mehrfache Determination der Person in (1352) könnte durch die altneapolitanische morphologische Markierung der Person an infiniten Verbformen in den Pluralpersonen („forme nominali flesse“, vgl. 4.2.3) begünstigt worden sein – eine Übertragung der Flexion auf die erste Person Singular durch einen vermutlich Spanischmuttersprachler ist nicht auszuschließen, wenn sie auch ungewöhnlich anmutet. Eine ähnlich redundante Struktur wird angesichts der doppelten Komparation in (1354) piu maggiori stati (1066 – 95, 1v /20/) im ersten Text ersichtlich. Im zweiten Text steht dagegen nur die synthetische

870 [Hervorhebungen V.S.].

4.5 Mehrsprachige Kommunikation 3

339

Komparation (1355) maggiori (1066 – 97, 2v /7/). Der abschließende Satz des Briefes divergiert in Wortwahl und Syntax in den verschiedenen Versionen. Was lässt sich aus dem Vergleich der beiden Versionen des Textes schließen? In welchem Verhältnis stehen die beiden Briefe zueinander? Es lassen sich hierzu zwei Hypothesen aufstellen: Es könnte sich einerseits um Parallelschriften handeln, die wir als Texte definieren können, die in ein und derselben Diktatsituation von zwei verschiedenen Schreibern notiert wurden. Die stilistischen Divergenzen im letzten Abschnitt und die Ersetzung von (1356) come (1066 – 95, 1v /2/) durch (1357) quanto (1066 – 97, 1v /5/) im zweiten Text sowie die unterschiedliche Datierung sprechen allerdings gegen diese Annahme. Es könnte sich andererseits – und diese Hypothese erscheint plausibler – beim zweiten Text auch um eine spätere Kopie und Korrektur des ersten Textes handeln. Dadurch ließe sich auch die Differenz in der Datierung erklären. Der fehlende Hinweis auf die verschriftende Person kann als Indiz dafür gewertet werden, dass im Fall des zweiten Textes der Segretario del Regno kraft Amtes mit der Verschriftung betraut war. Hat die Verschriftung durch dessen Vertreter Viladamoz Anlass zur Beanstandung gegeben? Und gab es hierfür einen sprachlichen Grund? Diese Frage lässt sich mit letzter Sicherheit nicht beantworten. Auffällig ist in jedem Fall, dass in der später datierten Version des Briefes einige sprachliche Merkmale, die eindeutig auf neapolitanische Einflüsse hindeuten – wie beispielsweise die auf typische Erscheinungen des Vokalismus hindeutenden Graphien – im zweiten Text nicht mehr auftreten und durch das Toskanische beziehungsweise weniger stark regional markierte Formen ersetzt werden. Andere, auf die Graphietraditionen der im Regno di Napoli vorhandenen (und für das Repertoire des Schreibers anzunehmenden) Volkssprachen zurückzuführende Merkmale des ersten Textes (z. B. (1328), (1330), (1332), (1334)) werden im zweiten Text zugunsten des lateinischen Modells eliminiert. Auch weitere lexikalisch-graphische Unterschiede zwischen den beiden Versionen legen die Hypothese einer sprachlichen Elaboration auf Grundlage des ersten Textes nahe: Während in Letzterem die Form (1358) stesso (1066 – 95, 1v /8/) auftritt, lautet die Okkurrenz im zweiten Text toskanisierend mit Epenthese (1359) Istesso (1066 – 97, 1v /8/). Im ersten Text ist aufgrund der Abbreviatur der Vokal in (1360) Con(sigl)io (1066 – 95, 1r /17/) nicht belegt. Die Tatsache, dass in AGS, EST 1066 – 97 aber (1361) Conseglio (1066 – 97, 1r /17/) in nicht gekürzter Form vorliegt, spricht für ein Toskanisierungsbestreben der verschriftenden Person. Es ist plausibel, anzunehmen, dass die erste Version des Briefes nicht den sprachlichen Anforderungen der Diskurstradition entsprach und der Text aus diesem Grund elaboriert wurde. Nun vollzog sich hierbei kein reiner Toskanisierungsprozess durch Übernahme von toskanischen Elementen. Die

340

4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Elaboration zeigt auch die Verwendung von diatopisch unmarkierten Elementen, wie des latinisierenden Graphems für [ts] und die Ersetzung von diatopisch stark markierten Elementen wie z. B. von durch Vokalharmonie determinierten Vokalen durch weniger stark markierte, zum Toskanischen konvergierende Elemente. Der aufgezeigte Vergleich führt eindrücklich vor Augen, dass es nicht möglich ist, aufgrund einzelner Textbelege allgemeine Schlüsse hinsichtlich der Art und der Geschwindigkeit der Toskanisierung zu ziehen, da zum gleichen Zeitpunkt noch die Wirkkraft mehrerer Modelle in unterschiedlichem Ausmaß festgestellt werden kann und verschiedene Faktoren, wie z. B. die individuellen Kenntnisse verschiedener Idiome eines einzelnen Schreibers, zu ganz unterschiedlichen graphischen Realisierungen führen konnten. Die tiefgreifenden Unterschiede zwischen zwei Versionen des gleichen Textes, die im Abstand von wenigen Tagen entstanden, legen eindrücklich Zeugnis davon ab, dass in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts aller Wahrscheinlichkeit nach für Neapel eine Normierung der Verwaltungsschriftlichkeit vonstatten ging, die auf der einen Seite sicherlich durch den zunehmenden Einfluss des Toskanischen gekennzeichnet war. Andererseits musste aber die Abkehr von diatopisch stark markierten Formen nicht zwingend eine auschließliche Hinwendung zum Toskanischen implizieren. Auch die weitere Tradierung des lateinischen Graphiemodells ist kennzeichnend für die Verwaltungsschriftlichkeit, und deren Verwendung an Stelle regionaler Formen ist eine Form der sprachlichen Entregionalisierung, die nicht gleichzeitig Toskanisierung bedeutet. Im vorliegenden Fall ist es als Glücksfall zu betrachten, dass beide Versionen des Briefes – vermutlich aufgrund eines Missverständnisses oder eines Zufalls – tatsächlich nach Spanien geschickt wurden und dort bis zum heutigen Tag aufbewahrt wurden. Ob eine solche Elaboration und Korrektur von Texten regelmäßig stattfand, lässt sich vom heutigen Standpunkt aus nicht mehr sagen, ist aber als unwahrscheinlich anzusehen, da sie einen enormen auch finanziellen Mehraufwand bedeutet hätte – man denke nur an die Kosten für Papier und Postweg. 4.5.2 Zitieren Ein Verfahren der Referenzherstellung zu einem vorangegangenen Kommunikationsgeschehen ist die Zitierung eines von diesem zeugenden Textes in einem Text, der in einer zeitlich darauf folgenden Kommunikationssituation entsteht. Auf diese Weise wird der Inhalt der ersten Kommunikation nicht nur

4.5 Mehrsprachige Kommunikation 3

341

einfach weitergegeben, wie es beim Weiterleiten einer Kopie der Fall ist, sondern in einen neu entstehenden Text integriert, so dass er ein Bestandteil desselben wird. Zeitgenössisch hatte das Verfahren die Funktion einer Betreffzeile, wie sie in modernen Kommunikationsformen wie amtlichen Briefen oder E-Mails üblich ist. Aber auch die Funktion, durch die wörtliche Wiedergabe eines Textes diesen als rechtsverbindliche Grundlage für das eigene Handeln anzuführen, darf nicht vergessen werden. Das in der neapolitanischen Verwaltungskommunikation weit verbreitete Verfahren wird an zwei Diskurstraditionen exemplarisch illustriert. Zunächst werden ausgewählte Consulte der Regia Camera della Sommaria mit Blick auf ihre textuelle Struktur untersucht. Anschließend werden mit den Prammatiche Texte, denen Gesetzescharakter zukam, ebenfalls hinsichtlich ihrer textuellen Struktur betrachtet, wobei die Frage im Mittelpunkt steht, wodurch die vielfältige Gestalt der Prammatiche bedingt ist, und ob in Anbetracht dieser eine Fassung der Prammatiche als klar abgrenzbare Textsorte beziehungsweise Diskurstradition möglich ist. „Del tenor seguente videlicet“: Die Consulte der Regia Camera della Sommaria Die Regia Camera della Sommaria fertigte auf Anweisung des Vizekönigs und / oder des Kollateralrats regelmäßig beratende und informierende Schreiben in Angelegenheiten an, die in ihren Verantwortungsbereich – v. a. Finanz- und Steuerangelegenheiten – fielen.871 Beispiele für diese Consulte liegen sowohl in verschiedenen Sektionen des Generalarchivs in Simancas (Estado, Visitas de Italia) in größerer Zahl vor, als auch im Staatsarchiv Neapel, in welchem auch Abschriften der Konsultationen aufbewahrt werden (Archivio di Stato di Napoli (ASN) – Sommaria – Consultationum). Im Folgenden wird die Struktur einer typischen Consulta illustriert. In der rechten Spalte der Tabelle 11 findet sich die Transkription der als Beispiel herangezogenen Consulta, in der linken Spalte werden die einzelnen textuellen Bestandteile derselben benannt. Die Teile der Consulta, die keine Zitate sind 871 Vgl. Coniglio 1983, 27: „La Camera della Sommaria compilava il bilancio ed aveva compiti di consulenza su problemi di carattere generale e particolare molto delicati“ sowie D’Angiolini / Pavone 1986, 23:“Esercitò inoltre funzioni consultive in materia finanziaria, mediante relazioni scritte ‘consulte’, che rimetteva al re, a sostegno delle decisioni sovrane“ und Allocati 1968, 89: „Per le decisioni sovrane e quindi per la formulazione delle prammatiche (così sono dette le leggi) che riguardano il ramo finanziario, la Sommaria è chiamata a dare il suo parere, che rimette al re con relazioni scritte, dette consulte“, [Kursivierung im Original].

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

und somit als Kommunikation den Presidenti und dem Luogotenente der Sommaria als Sender zuzurechnen sind, sind grau unterlegt, in den Text der Consulta eingebettete Zitate sowie der Inhaltsvermerk sind nicht hinterlegt. Tabelle 11: Zitatstruktur innerhalb einer Consulta der Regia Camera della Sommaria I 1 Anrede des Vizekönigs, Eröffnung der Consulta durch „Post debitam comendationem“ (1r /1/ – /3/)

Ill(ustrissi)mo et R(everendissi)mo s(ign)or Post debitam comen(dationem). li di passati fo in questa Regia cam(er)a p(rese)ntato memoriale con decretatione de v(ostra) s(ignoria) Ill(ustrissi)ma in pede del tenor sequente v(idelice)t.

2 Memoriale des Ill(ustrissi)mo y R(everendissi)mo s(eñor) el marq(ue)s de Marchese von Santa s(anta) cruz haze entender a v(uestra) s(eñoría) Cruz an den Vizekönig Ill(ustrissi)ma como entre los otros capitulos q(ue) hay en (1r /3/ – /22/) las Instructiones del cargo q(ue) tiene de capitan general de_las Regias galeras deste Reyno, hay uno en q(ue) su mag(esta)d manda q(ue) por cada arrayz q(ue) las d(ic)has galeras tomaren se pague al supp(lican)te cien ducados, y por cada esclavo treynta, en virtu del qual capitulo le han sido pagado algunas particillas de dineros por las causas sobredichas contando los sobredichos ducados a razon de doze carlines por cadauno assi come ha sido siempre acostumbrado en tiempo de sus predecessores, y es la Intention de su mag(esta)d y por que la regia Camera en la liquidacion de_las cuentas del q(uondam) Juan Vicezo catala pagador q(ue) fue de_las d(ic)has galeras han sinificado el d(ic)ho pagador en quatrocientos y cinquenta uno ducados, y tres tarines, los quales haya de cobrar del supplicante por causa q(ue) pretende q(ue) los d(ic)hos ducados han de ser de à diez carlines, y no de à doze. Por tanto supplica a v(uestra) s(eñoría) Ill(ustrissi)ma le haga merced de ordinar a_la dicha regia camera q(ue) presentando el supp(lican)te fe del vehedor françisco de murillo a cuy officio pertene el dicho negotio de como los dichos ducados se han de entender de a doze carlines haya de anular la dicha condenation, y revocar la sinificatoria q(ue) sobrello como dicho es, y ha sido despachado q(ue) lo recibira a senalada m(erce)d de V(uestra) s(eñoría) Ill(ustrissi)ma ut Deus […]

4.5 Mehrsprachige Kommunikation 3

343

3 Decretatione durch den Regenten des Kollateralrats Reverter/Luys de Lobera (1r /22/ – /24/)

Regia camera sum(m)arie super supplicatis de Justicia provideat Reverterius Regens Provisum per Ill(ustrissimu)m et R(everendissimu)m D(omi)num locumtenentem g(e)n(er)alem neapoli die quinto septem(bris) 1571 lobera p(ro) secret(ari)o

4 Fortsetzung der Consulta (1r /25/ – 1v/14/)

Insieme con lo quale memoriale foro anco produtte le Instructioni che forno date per la sacra Regia M(aes)ta al detto Ill(ustre) Marchese don Alvaro de bazan del carrico de capitan general de_le galere de questo regno de napoli, et la copia de_le Instructioni che per avante erano state date al Ill(ustre) don sancio de leyva suo predecessore. et stando per provedersi In questa Regia Camera sopra detta pretendentia havimo recevuto altro memoriale dato ad v(ostra) s(ignoria) Ill(ustrissi)ma per detto Ill(ustr)e Marchese sopra del medesmo: Et per v(ostra) s(ignoria) Ill(ustrissi)ma ad questa Regia Camera remesso con polisa che de suo ordine ce ha scritta lo mag(nifi)co ludovico de lobera pro secret(ari)o continente che mercordi XII del p(rese)nte questa Regia Camera venesse ad farli rel(ati)one del contento In esso memoriale. Et volendo questa Regia Camera obedire como e, tenuta a_li ordini et mandati de v(ostra) s(ignoria) Ill(ustrissi)ma se fe detta relatione In p(rese)ntia de v(ost)ra Ill(ustrissi)ma s(igno)ria et suo coll(ateral)e consiglio. Et fo concluso che detta signi(ficator)ia al(ia)s exp(edi)ta per questa regia Camera contra lo detto Jo(an) vice(n)zo catala regio pagatore fosse stata bene expedita attento che In le Instructioni date per la M(aes)ta sua al predetto Ill(ustre) marchese n(umer)o 32 se dice che ogni uno de_li schiavi che se pigliano et dan(no) a_la Regia corte li siano pagati ducati trenta como appare per detto cap(itu)lo del tenore sequente v(idelice)t

344

4. Manifestationen der Sprachenpluralität

5 Capitulo aus den Instrucciones des Marchese don Alvaro de Bazan del carrico Capitan General der Galeeren (1v/14/ – 2r /11/)

las presas y cavalgadas asi de mar como de tierra q(ue) con v(uest)ras galeras y […] corte dellas saltando en tierra se hizieren como quiera que eran n(uest)ras, y nos pertenescian tenemos por bien por os hazer merçed a vos y a los otros capitanes, y gente di guerra que anduviere en las d(ic)has galeras se partan, y apliquen en esta manera q(ue) allando vos os presente, o, v(uest)ro lugarteniente ayays vos tres quintas partes, y los otros capitanes de_las galeras de v(uest)ro cargo que se hallaren presentes hayan otra quinta parte, la qual se reparta entrellos conforme al numero de galeras que cadauno tuviere, y la gente di guerra de todas las galeras que se hallaren en la tal Jornada, o, presa ayan la otra quinta parte con que todos los esclavos que se tomaren en las d(ic)has presas y cavalgadas ayan de ser n(uest)ros, y para n(uest)ro serviçio dando por cada uno dellos treynta ducados sin distintion ni diferentia de edad in que sean de vescate por que los unos y los otros sin ninguna diferentia han de ser n(uest)ros pagando el d(ic)ho presçio excepto en lo que toca a los arraezes q(ue) se han de guardar lo contenido en otro capitulo adelante desta ynstrucion, y esta misma orden se ha de tener en la distribucion y aplicacion de_la parte de_las presas, y cavalgadas q(ue) se hizieren donde las galeras de v(uest)ro cargo y otras Junta(men)te concurrieren para q(ue) rrespettivam(en)te a quella se parte entre, vos, y los d(ic)hos capitanes, y gente de guerra en la d(ic)ha forma, y haveis de tener cuydado particular q(ue) esta rrepartiçion se haga Juxta e ygualmente de manera q(ue) cada uno haya lo que le pertenescer’ y en quanto toca al arropa y otras cosas q(ue) se tomaren y huvieren de_los enemigos en qualquier força o plaça q(ue) se tome por combate se guardara lo contenido e un capitulo de_la ynstrucion q(ue) havemos dado al d(ic)ho Ill(ustrissi)mo don Ju(an) d’austria que desto trata del qual se os dara copia:

6 Fortsetzung der Consulta (2r /11/ – /12/)

Et per li Raysi, o, capitanei de galer(e), et galeotte ducati cento co(m)e appare In n(umer)o 33 per altro capitulo de_le medesmo Instructioni del tenor seq(ue)nte v(idelice)t

4.5 Mehrsprachige Kommunikation 3

345

7 Capitulo aus den Instrucciones des Marchese don Alvaro de Bazan del carrico, Capitan General der Galeeren (2r /13/ – /20/)

Los arraezes, o, capitanes de galeras, o, galeottas, o otros navios, o, vaxeles de turcos, y moros q(ue) se tomaren an de ser nuestros dandose por cada uno de_los d(ic)hos arraezes q(ue) se tomaren a_los capitanes cient ducados con q(ue) estos se_les ayan de dar por los q(ue) fueren verdaderam(en)te capitanes, y arraezes, y no con los armadores, y otros parçioneros como dize q(ue) se_a hecho hasta qui ordenando esto de manera q(ue) no aya ni pueda aver fraude ni engaño, y quando los d(ic)hos arraezes se tomaren se nos a de dar luego aviso para que nos ordenemos lo que se a de hazer dellos no embargante lo que hasta aqui teniamos ordenado de q(ue) se aorcasen

8 Fortsetzung der Consulta (2r /21/ – 2v/1/)

Et non distinguendo la Maesta sua la qualita de_la moneta ne dicendo ducati de oro si deve Intender(e) de ragione de ducati de_la moneta di questo Regno, dove ,e, destinato Il pagamento, che ,e, ad ragione de Carlini dece per ducato, come In simili casi ne sono molte altre volte expedite diverse Consulte da questa Regia Camera. Ma perche per parte del detto Ill(ustre) Marchese si e allegato che sempre a_li generali, che so stati de_le galere del Regno de nap(oli) se_li so pagati de_li denari de_la situatione per ciascuno schiavo ducati trenta di oro larghi de dudici Carlini l’uno, et in questa co(n)formita ne ha produtta fede del mag(nifi)co veditor franc(es)co morillo del tenore sequente v(idelice)t

9 Fede des Veditor Murillo (2v /2/ – /8/)

Se certifica por mi fran(cis)co de murillo vedor de_las galeras del Reyno de nap(ole)s por su mag(esta)d como a_los generales q(u)e han sido dellas se_les han pagado del dinero de_la situaçion por cada un esclavo de_los q(ue) han tomado en baxeles de enemigo treynta ducados largos de a_doze carlines y a esta razon se han siempre hecho las libranças, y por q(ue) asi conste de_la p(rese)nte firmada de mi nombre fecha en nap(ole)s a 25 de agosto 1571 años francisco de murillo.

10 Fortsetzung der Consulta (2v /9/ – /11/)

Et In le dette Instructioni olim date al detto Ill(ustre) Don Sancio de leyva suo predecessore In lo capitulo quarto se dice che per ogni schiavo se_li habiano da dar’ ducati trenta di oro quale cap(itu)lo e del tenor sequente v(idelice)t

346

4. Manifestationen der Sprachenpluralität

11 Capitulo aus den Instrucciones des Veditor Don Sancho de Leyva (2v /11/ – /16/)

Item de mas y allende desto es nuestra voluntad de hazer merced como por la p(rese)nte la hazemos al d(ic)ho don sancho de_los quintos q(ue) nos perteneçen de todas las presas y cavalgadas que con las galeras de su cargo se hizieren assi por mar como por tierra con tanto q(ue) se hay q(ue) de obligado a nos dar y de cada cabeça de esclavo q(ue) quisieremos tomar q(ue) sean de diez y siette años arriba utiles para el Remo en treynta ducados de oro los quales mandamos al d(ic)ho veedor general ,o, su teniente q(ue) le libren y hagan pagar de quales quier dineros q(ue) obiere de contado y sino dentro de algun termino razonable y conbiniente, y que se hechen luego a_la cadena y los assienten por n(uest)ros en los libros y de_los otros q(ue) no se tomaren podra el d(ic)ho don sancho desponer a su voluntad ecetto siendo arraezes o personas de rescatte q(ue) en esto se ha de tener la horden q(ue) abaxo se dira, y mandamos al d(ic)ho veedor general o, su teniente q(ue) luego q(ue) se hiziere alguna presa miren con todo cuydado y diligentia los d(ic)hos moros y los tomen segun d(ic)ho es sin_que haya ninguna falta

12 Fortsetzung der Consulta (2v /27/ – 3r /1/)

Si ben In lo capitulo ottavo de_le medesmo Instructioni, quando parla de altri turchi de rescatto dice solu(m) de ducati como appare per detto capitulo quale e del tenor sequente v(idelice)t

13 Capitulo aus den Instrucciones des Veditor Don Sancho de Leyva (3r /1/ – /5/)

y los otros moros ,o, turcos que fueren de rescatte de hasta ciento y cinquenta ducados y dende arriba reserbamos q(ue) los podamos tomar y tomemos por esta cantidad para nos, y el d(ic)ho capitan general sea obligado a nos lo dar y entregar y no quiriendo_los le damos facultad para q(ue) pueda disponer dellos a su voluntad

4.5 Mehrsprachige Kommunikation 3

14 Fortsetzung und Abschluss der Consulta (3r /6/ – /28/)

347

Et v(ostra) s(ignoria) Ill(ustrissi)ma et R(everendissi)ma al tempo che se_li fe d(et)ta relatione declaro’ che lo Ill(ustre) comendator mayor de castiglia li ha oreten(us) fatta fede che la mente de_la M(aes)ta sua sia stata de dar’ al detto Ill(ustre) don Alvaro ad ragione de ducati de oro. et che cossi si e observato, et observa de p(rese)nti con tutti altri generali de_la M(aes)ta sua Et per queste considerationi parse che questo caso si debia Consultar’ con la M(aes)ta sua, et expettarne la declaratione […] ordine che In cio sara servita donar’. Et che tratanto si superseda In la exigentia di detta sign(o)ria per quattro mesi. questo e, quel che passa, et occorre, sopra detto negotio del che se fa rel(atio)ne a v(ostra) s(ignoria) Ill(ustrissi)ma In bona gratia de_la quale de Continuo ce racomandamo ex Regia Cam(er)a Sum(aria)e Die 16 dece(mbris) 1571 […] v(ost)re Ill(ustrissi)me et R(everendissi)me Dominationis Servitores Locumtenens et Preside(n)tes R(egia)e Camer(ae) Sum(aria)e Her(nan)do davalos m.c.l. Alf(onsu)s de salazar Anibal Moles com(issariu)s Ant(oniu)s de David F(rancisco) alvarez de Ribera Py(rrus) Ant(oniu)s stinca Jo(hannes) Bapt(ista) Crispus mag(ister) attor(um) Notavit Paulus de curtis De Curtis

Archivierungsvermerk [Rand]

R[…]ta In Consultar(um) Curiae quarto f.o 38 La consulta In lo negotio de_li scavi et raysi del Ill(ustre) marchese de s(anta) croce

Adressat (3v)

Ill(ustrissi)mo et r(everendissi)mo D(omi)no D(omi)no Anto(nius) Perenoto car(dina)le de granvela et In […] R(eg)ie et catt(holicae) m(aiesta)tis loc(umtenen)ti g(enera)li

15 Inhaltsvermerk ([Handwechsel] 3v quer)

la consulta deli schiavi et raysi dell s(igno)r mar(che)se de s(an)ta croce 872

Die Consulta ist mit zahlreichen Zitaten durchsetzt: Insgesamt sind sieben verschiedene Textpassagen in den von der Sommaria ausgehenden Text der Consulta inseriert, die nicht aus der Kommunikationssituation der Consulta selbst – die Beratung des Vizekönigs durch die Regia Camera della Sommaria – stammen. Nach dem durch die feste Eingangsformel „Post debitam comendationem“ eingeleiteten ersten italienischen Teil der Consulta (Abschnitt 1) folgt das erste Zitat: ein spanisches Memoriale des Marqués de 872 AGS, EST 1061 – 88, Consulta der Sommaria vom 16. Dezember 1571, [Hervorhebungen und Anmerkungen in der linken Spalte V.S.].

348

4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Santa Cruz (Abschnitt 2), welches sich an den Vizekönig richtete. Aufgrund der auf diesem Memoriale materiell durch Luys de Lobera in Vertretung des Segretario del Regno angebrachten und im Anschluss an das Memoriale ebenfalls zitierten lateinischen Decretatione (Abschnitt 3) wird die Consulta erstellt. Der vierte Teil der Consulta ist wieder ein von der Sommaria ausgehender italienischer Textabschnitt. Daran anschließend wird ein spanisches Capítulo aus den Instruktionen des Marchese Don Alvaro de Bazan del carrico, Capitán General der Galeeren, zitiert (Abschnitt 5). Nach einer kurzen italienischen Überleitung (Abschnitt 6) greift die Sommaria zum nächsten Zitat: Ein weiteres Capítulo aus den oben genannten Instruktionen wird auf Spanisch wiedergegeben (Abschnitt 7). Nach diesem Zitat wird die Consulta der Sommaria zunächst auf Italienisch fortgesetzt (Abschnitt 8) bevor mit der Fede des Veditor Murillo wieder ein spanischer Text zitiert wird (Abschnitt 9). Nach einem weiteren von der Sommaria ausgehenden italienischen Textbestandteil der Consulta (Abschnitt 10), wird ein spanisches Capítulo aus den Instrucciones des Veditor Don Sancho de Leyva eingefügt (Abschnitt 11). In Abschnitt (12) wird die Consulta durch die Sommaria auf Italienisch fortgesetzt, woran sich in Abschnitt (13) mit einem weiteren Capítulo aus den zuletzt genannten Instrucciones ein letztes Zitat anschließt. Die Consulta wird dann durch die Sommaria auf Italienisch abgeschlossen, im Kolophon treten auch lateinische Passagen auf; die Nennung des Adressaten auf dem Verso des letzten Folio findet sich ebenfalls auf Latein während der kurze Inhaltsvermerk, der sich quer auf derselben Seite befindet, auf Italienisch ist. Die Consulta der Sommaria stellt sich somit an der Oberfläche als mehrsprachiger Text dar. Allerdings ist dessen Mehrsprachigkeit auf einer anderen Ebene anzusiedeln als die Mehrsprachigkeit der Texte, wie sie in 4.2 an den Briefen Sigismondo de Loffredos aufgezeigt wurde. Im vorliegenden Fall verfasst nicht die Sommaria ‘von sich aus’ einen mehrsprachigen Text, sondern fügt in ihren italienischen Text anderssprachige Zitate ein, ohne diese zu übersetzen und somit an den eigenen Textanteil anzupassen. Aus diesem Verfahren entsteht ein mehrsprachiger Text, dessen einzelne Bestandteile unterschiedlichen Ursprungs sind. Dadurch geben die Consulte als mehrsprachige Texte Auskunft über mehrsprachige Kommunikationsvorgänge in der Verwaltungskommunikation. Aus der Consulta in Tabelle 11 lassen sich folgende Schlüsse zur Sprachverwendung durch verschiedene Instanzen in verschiedenen Diskurstraditionen und Kommunikationssituationen ziehen: Die Sommaria als Gremium verwendet, abgesehen von den verschiedenen Zitaten, die nicht dieser als originärer Kommunikationsinstanz zuzurechnen sind, das

4.5 Mehrsprachige Kommunikation 3

349

Italienische für die Abfassung des Textes der Consulta, welche sich an den Vizekönig und den Kollateralrat richtet. Das in der Consulta zitierte Memoriale des Marqués de Santa Cruz, welches dieser an den Vizekönig adressiert hatte, ist auf Spanisch abgefasst. Aus dem Kollateralrat stammt die lateinische Dekretation des Memoriale. Die spanischen Instruktionen des Marchese Don Alvaro de Bazan del carrico Capitán general gingen vom König aus, wie an anderer Stelle aus der Consulta zu entnehmen ist.873 Es ist anzunehmen, dass auch die Instrucciones von Sancio de Leyva, aus denen mit Abschnitt (11) ebenfalls ein spanischer Textteil zitiert wird, vom König ausgingen. Die Fede des Veditor Murillo, in der dieser verschiedene Zahlungen bestätigt, ist ebenfalls auf Spanisch verfasst. Neben den direkten Zitaten gibt die Consulta auch noch an anderer Stelle Hinweise auf vorangegangene Kommunikationsereignisse. So wird in Abschnitt 4 in Tabelle 11874 über die der Consulta vorangegangenen Kommunikationsereignisse – die Weiterleitung des Memoriale und den Auftrag an die Sommaria, dazu vor dem Vizekönig zu referieren sowie die mündliche Beratung desselben – berichtet, Textzeugnisse dieser Kommunikationsereignisse werden aber nicht als Zitat oder Protokoll wiedergegeben. Nun enthält die in Tabelle 11 dargestellte Consulta ausschließlich ein lateinisches und zahlreiche spanische Zitate, sowie den Hinweis auf weitere Kommunikationssituationen, über deren sprachliche Gestaltung uns nichts bekannt ist. In anderen Fällen werden durchaus auch italienische Texte als Zitate in den Consulte wiedergegeben, wie der folgende Ausschnitt, in dem das italienische Zitat hervorgehoben ist, illustriert: (1362) Ill(ustrissi)mo s(ign)or Post debitam comendationem Da parte de_la Mag(nifi)ca francesca de via campo e’ stato presentato In questa regia camera memoriale porretto ad v(ostra) ex(cellen)tia et per quella ad questa regia camera remisso del tenor sequente v(idelice)t Ill(ustrissi)mo et ex(cellentissi)mo s(ign)or francesca de viacampos fideliss(im)a de su M(aes)ta et serva di v(ostra) ex(cellenti)a dice che li Anni passati su M(aes)ta stando in especie a scripto una carta a v(ostra) ex(celen)tia In favor di epsa supplicante et del m(agnifi)co diego Jaymes de haro su cognato sopra la renunciation et cession que essa supplicant[…] desea far al ditto M(agnifi)co diego Jaymes et a_la s(ignor)a donna Joanna sua mogliere de tutte le ragioni che ad essa supplicant[…] competeno et tene per le sue dote et antefato sopra lle castelle de paglieta et santovito che forno de_la cita de lanciano et con regio assenso de su M(aest)a et sententia de_la 873 AGS, EST 1061 – 88, 1r /25/ – 1v /2/. Vgl. Tabelle 11, Abschnitt 4 & 5. 874 AGS, EST 1061 – 88, 1v /3/ – /14/.

350

4. Manifestationen der Sprachenpluralität

regia camera de_la summaria fo ad essa supplicante fatta cautela per ditte sue dote et antefato ascendenteno a_la summa de ducati dudici milia In circa et epsa supplicant[…] supplico a su M(aes)ta li facesse gratia de suo regio assenso et beneplacito sopra dicta cessione et renunciation Intendeva fare lo che sua M(aes)ta ha remesso ad v(ostra) ex(celen)tia como tutte le altre cose de Importantia che v(ostra) ex(celen)tia se Informasse del contento In suo memoriale et faczia relatione a’ sua M(aes)ta con lo parer suo supplica humilmente v(ostra) ex(celen)tia le voglia fare gratia et merce che se voglia Informare de_la pura verita da_la R(eg)ia camera de_la summaria et reste servita fare ditta relatione a su M(aes)ta, attalche epsa supplicante possa effettuar Il deseo tene de fare d(et)ta renuncia et cessione al ditto M(agnifi)co diego Jaymes suo cognato. Il che lo reputera ad gratia singularissima ut deus […] R(eg)ia camera sum(aria)e de supplicatis se informet et referat Ill(ustrissi)mo domino proregi. Polo R(egen)s provisum per Ill(ustre)m dominum proregem In castro novo neap.die xvj septembris 1549 coriolanus martiranus secretarius: sono state ancora presentate per parte de ditta m(agnifi)ca franc(es)ca littere de_la ces(are)a M(aes)ta et memoriale ad sua M(aest)a ces(are)a dato da sua parte del tenor sequente v(idelicet): (…).875

In einigen Consulte werden auch andere Consulte zitiert – die Texte nehmen so die Gestalt einer Matroschka an, wie das Beispiel in Tabelle 12 zeigt, in dem die verschiedenen Stufen der Zitate graphisch dargestellt werden. Die Teile der den Rahmen bildenden Consulta, die von der Sommaria ausgehen, sind dunkelgrau hinterlegt, die Zitate in dieser und in den Zitaten selbst durch Hinterlegung in unterschiedlichen Grautönen in ihrer Staffelung dargestellt. Bei den jeweiligen Textabschnitten sind daneben in Klammern die für ihre Entstehung anzunehmenden Sender-Empfänger-Konstellationen vermerkt. Tabelle 12: Zitatstruktur in einer Consulta der Regia Camera della Sommaria II 1 Beginn der Consulta (1r /1/ – /3/) (Sommaria ! Vizekönig & Kollateralrat)

Ill(ustrissi)mo et R(everendissi)mo s(ign)or Post debitam comen(dationem). li giorni passati In virtu de ordine de v(ostra) s(ignoria) I(llustrissima) questa r(eg)ia camera li espedio, et mando consulta del tenor seque(n)te v(idelice)t

2 Beginn der zitierten Consulta (1r /3/ – /5/) (Sommaria ! Vizekönig & Kollateralrat)

Ill(ustrissi)mo et R(everendissi)mo s(igno)r Post debitam comendationem Havemo ricevuto l(ette)re di v(ostra) s(igno)ria Ill(ustrissi)ma et R(everendissi)ma del tenor seq(ue)nte v(idelice)t

875 AGS, EST 1039 – 1, 1r /1/ – /29/, [Hervorhebung V.S.].

4.5 Mehrsprachige Kommunikation 3

351

3 In zitierter Consulta zitierter Brief des Vizekönigs und Kollateralrats (1r /5/ – /7/) (Vizekönig & Kollateralrat ! Sommaria)

Philippus Dei gr(ati)a Rex […] m(agnifi)ci circumspecteq[…] viri c(o)ll(atera)lis et cons(ilia)rij R(eg)ij fideles dil(ectissi)mi Per l’Ill(ustrissi)mo Don Giovan d’austria ci e’ stato scritto un cap(itu)lo in una l(ette)ra sua de_la data delli xxij del passato del tenor seque(n)te v(idelice)t

4 In Brief des Vizekönigs und Kollateralrats inserierter Briefausschnitt von Don Giovanni d’Austria (1r /7/ – /14/) (Don Giovanni d’Austria ! Vizekönig)

y porq(ue) m[…]re Anibal de_la rossa, y fabricio luguino han hecho partido aqui con los officiales de_las galeras despaña de dos mill remos, y una dozena de arbores y otra depares de antenas los quales se han de cortar en calabria en las montañas de Bervicaro, Arena y castelvetere, mandera v(uestra) s(eñoría) q(ue) se embie orden y Patentes para ello, y questa con brevedad por q(ue) son de_las cosas que tanpoco sufren dilacion, y mande v(uestra) s(eñoría) que me avisen luego del reçibo desta, y de_la orden q(ue) sobrello se havra dado,

5 Fortsetzung des Briefes des Vizekönigs und Kollateralrats (1r /15/ – 1v /11/) (Vizekönig & Kollateralrat ! Sommaria)

et di piu il detto Ill(ustrissi)mo Don Giovanni ci ha’ scritto un’altro cap(itu)lo in un cap(itu)lo de_la medesmo data, continente tra le altre cose, come ha’ scritto al m(ast)ro Portulano della provincia de calab(ri)a ultra sopra la provisione de alcune quantita di ligname per le galere che se ritrovano nel porto de messina, et che per cio’ dovessemo dare ordine al d(et)to m(ast)ro Portulano che dovesse fare la detta provisione di legnami. et visto per noi q(ua)nto per lo d(et)to Ill(ustrissi)mo Don Giovanni ne e’ stato avisato per possere espedire li or(di)nj necessarij sopra il tagliare, et condure de d(et)ti legnami ci e’ parso farvi la p(rese)nte per la quale ve dicemo, et or(dina)mo che al ricevere di questa senza perdere un momento di tempo debbiate trattare in quessa R(eg)ia cam(er)a si se hà da pagare alli padroni delli boschi, et montagnie li legnami p(redet)ti che hanno da servire per le d(et)te galere de spagnia, come di sopra e’ detto, non ostante che non siano di questo regno, et cosi anco’ si se haveranno da pagare li passi, et altri deritti per condursi alla marina, et estrahernosi da questo regno, et ce ne farete consulta In scriptis con il v(ost)ro parere, et subito ce la consignarete, non fando lo cont(rari)o per quanto havete cara la gr(ati)a, et ser(viti)o di sua m(aes)ta Dat(um) Neap(oli) die (dec)imo (decem)bris 1571. Ant(onius) Card(inal) de granvela v(idi)t Rev(erterius) R(egen)s v(idi)t salazar R(egen)s Lobera p(ro) s(ecretari)o In curie secretor(um).

352

4. Manifestationen der Sprachenpluralität

6 Fortsetzung der inserierten Consulta (1v /11/ – 2r /3/) (Sommaria ! Vizekönig & Kollateralrat)

Et volendo questa R(eg)ia cam(er)a obedire come e’ tenuta alli or(di)ni et mandi de v(ostra) s(ignoria) Ill(ustrissi)ma havemo trattato lo negotio p(redet)to In banca de detta R(eg)ia cam(er)a, et discusso negotio p(redet)to referimo a’ v(ostra) s(ignoria) Ill(ustrissi)ma che quanto alli legnami si se deve pagare il prezzo alli padroni delli boschi, o’ no, questa R(eg)ia camera non potria essere de altro voto solo che detti Particularij siano obligati pagare il prezzo di essi alli padroni delli boschi per haverno detti legnami da servire per galere che non sono designate per questo regno. Verum a’ rispetto delli passi, et deritti pare a’ questa R(eg)ia cam(er)a che si trattino franchi stante che sono vettigali delli quali pare che si debbia osservare Immunita per queste cose che son parate all’essercito remettendoce pero’ al più sano Iuditio, et parere di v(ostra) s(ignoria) Ill(ustrissi)ma, In bona gr(ati)a della quale de’ co(n)tinuo ci racomandamo. ex R(eg)ia cam(er)a summ(aria)e die xj (decem)bris 1571 Alfonsus de salazar p(ro) m.c. Anibal moles. Franc(iscu)s Ant(oniu)s de david. Franc(iscu)s Alvarez de ribera. Pirrus Ant(oniu)s stinca. Jo(hann)es Bap(tis)ta crispus mag(iste)r Actor(um) not(avi)t Paul(us) de curtis. In cons(ul)ta(rum) Cur(ie) quarto.

7 Fortsetzung der Consulta (2r /3/ – /4/) (Sommaria ! Vizekönig & Kollateralrat)

Et a’ questo Infra(scri)tto di havemo ricevute altre l(ette)re di v(ostra) s(ignoria) Ill(ustrissi)ma del tenor seque(n)te v(idelicet)

8 Zitat eines Briefes des Vizekönigs und Kollateralrats (2r /5/ – /10/) (Vizekönig & Kollateralrat ! Sommaria)

Philippus dei gr(ati)a Rex […] m(agnifi)ci circunspecteq[…] viri coll(ateral)is et cons(ilia)rijs regij fideles dil(ectissi)mi: lo Ill(ustrissi)mo Don Gio(van) de Austria in risposta di quello che per noi fu’ scritto circa lo tagliare li remi per servitio delle regie galere di spagna lo che fu’ In conformita de_la consulta di quessa R(eg)ia cam(er)a a’ noi transmessa scrive quello che in lo cap(itu)lo del tenor seque(n)te si contiene.

9 In Brief des Kollateralrats und Vizekönigs inseriertes Zitat eines Briefs von Don Giovanni

He’ visto lo que v(uestra) s(eñoría) me scrive por su carta de_los 8 del p(rese)nte cerca de lo que toca a_la Patente que he embiado a pedir para cortar dos mil remos para provision de_las Galeras de su m(agesta)d, y como paresce algunos de su Real cons(ej)o q(ue) hay residen

876 scheint hier nachträglich in geändert worden zu sein.

4.5 Mehrsprachige Kommunikation 3

d’Austria (2r /11/ – 2v /13/) (Don Giovanni d’Austria ! Vizekönig)

353

q(ue) no siendo los dichos remos para galeras desse reyno, se haria agravio a_los Barones, y particulares de cortarlos francos, yo señor soy muy moço para ponerme a examinar Iurisdiciones, pero pareçeme q(ue) si las galeras, q(ue) hay aqui despaña, estuvieren en aquellos reynos, y si 876 se embiaran a pedir los dichos dos mil remos al visorey desse reyno que los encaminara al puerto de s(an)ta maria con una nave, sin poner en disputa para que galeras eran, pues es la verdad que todas son de su M(agesta)d, y a lo que me han enformado no son la gente dessas partes, tan amigas de perder lo q(ue) esta en costumbre por sus capitulos en su favor, q(ue) no paresca Conveniente que los ministros de su m(agesta)d no se conserve(n) en la possession de lo que se acostumbra a_lo menos ya no abrire esta puerta de que se corten remos a mi’ tiempo para las galeras de su m(agesta)d con nuevas graveças de su hazienda, por que si sus vaxallos han recibido las haziendas con aquel peso, no es Justo que se_les quite sin su orden. Todo esto entendra v(uestra) s(eñoría) mejor con su gran prudencia estando, como esta sobre el negocio. Parescerme y a mi si a v(uestra) s(eñoría) paresciesse que se podria cortar cantidad de remos para las galeras desse reyno, y darnoslos para las de spaña por n(uest)ro dinero, quando fuesse menester, y desta manera vernian a cesar todos los Inconvenientes que se representan y acomplirse con lo necessario. v(uestra) s(eñoría) lo considere, y provea como le parescera que mas conve(n)ga q(ue) lo que en esta parte ordenare, t[…] yo por mas acertado

10 Fortsetzung des Briefes des Vizekönigs und Kollateralrats (2v /14/ – /23/) (Vizekönig & Kollateralrat ! Sommaria)

Et Perche desideramo provedere come si conviene Vi dicemo, et or(dina)mo che debbiate con ogni celerita, come lo caso ricerca, accio’ non si manchi al R(eg)io servitio trattare, et concludere sopra lo contento In d(et)to p(re)Inserto capitolo q(ue)llo che a’ quessa R(eg)ia cam(er)a pare, et senza perdere tempo farci rel(atio)ne Inscriptis cu(m) voto. Et cosi lo essequirete non fando lo contrario per quanto havete cara la gr(ati)a R(eg)ia. Dat(um) Neap(oli) die 8 Januarij 1572. Ant(onius) Card(inal) de Granvela. v(idi)t Revert(eriu)s R(egen)s v(idi)t sal(aza)r R(egen)s v(idi)t Mo(n)tenegro R(egen)s lobera p(ro) s(ecretari)o In cur(ie) secretor(um).

11 Abschluss der Consulta (2v /23/ – 3v /28/) (Sommaria !

Et volendo questa R(eg)ia cam(er)a obedire alli or(di)nj et mandati de v(ostra) s(ignoria) I(llustrissima) subito havemo trattato, et discusso il negocio p(redet)to In banca di questa R(eg)ia cam(er)a, et li referimo che

354 Vizekönig & Kollateralrat)

4. Manifestationen der Sprachenpluralität

questa camera e’ del medes(im)o vo(to) del quale fu’ quando li espedi l’altra p(re)Inserta co(n)sulta et si ben alcune volte dacqua’ si sono mandati Remi In spagna sono stati di quelli che erano conservati nel R(eg)io tarcenale, ma’ non per questo sempre che se dubito de simil casi, si lasciò de consultare Il medes(im)o, come si vede che In questa conformita havendo sua m(aes)tà catt(oli)ca In lo an(n)o 1565 comandato che si facessero alcune galere nel regno di sicilia ultra faru(m) per lo Ill(ustre) Don Garcia de toledo allhora vicere del detto Regno, et g(e)n(er)ale del mare, ne fu’ scritto al q(uondam) Ill(ustre) Duca de alcala allhora vicere di questo regno che concedesse Patente per lo tagliare delli legnami; et Remi che erano necessarij p(er) la costruttione di quelle. Et essendo stato tal negotio rimesse a’ questa R(eg)ia cam(er)a, che si fusse informata, et riferitoli come si era costumato per li tempi passati circa lo tagliare delli legnami In li boschi di questo regno, per costruere galere fora del regno in altri regni di sua m(aes)tà, et che in casu che no(n) si trovasse per lo passato alcuno solito questa R(eg)ia cam(er)a havesse consultato detto q(uondam) Ill(ustre) vicere di quello che di giust(iti)a li fusse parso, et che ne_li facesse relatione Inscriptis cu(m) voto d(et)ta R(eg)ia cam(er)a fe’ deligentie con havere anco’ rel(atio)ne delli off(icia)li della scrivania di ratione, et non si trovo che per li tempi passati la R(eg)ia corte di questo regno habbia fatto tagliare lignami dalli boschi de detto regno per construere galere nel regno di sicilia. Et cosi discusso negotio Audito fisco considerato che le galere p(redet)te se haveano da costruere In d(et)to regno de sicilia, et no(n) in questo regno fu’ del medesmo parere che al p(rese)nte e’, che alla R(eg)ia corte era licito per la costruttione de d(et)te galere fare tagliare nelli boschi di questo regno tutta la quantita delli legnami, et remi necessarij per la costruttione p(redet)ta con pagarsi pero’ alli padroni delli boschi Il giusto prezzo delli legnami: Jux(ta) lo arbitrio, et tassa da farsi per questa R(eg)ia cam(er)a, et che medesmame(n)te per lo condure di d(e)tti legnami alla marina si fussero comandate quelle t(er)re che fusse parso piu’ espedie(n)te con pagarli il giusto prezzo declarando, et arbitrando […] come piu’ clarame(n)te appare per la cons(ul)ta che ne fu’ spedita a’ 22 de (novem)bre 1561. questo e’ quanto occorre sop(ra) d(et)to negotio, et quello che a’ detta R(eg)ia cam(er)a pare, del che se ne fa’ a v(ostra) s(ignoria) I(llustrissima) q(ue)sta rel(atio)ne,

4.5 Mehrsprachige Kommunikation 3

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remettendo Il tutto al prudentiss(im)o Juditio, et parere de v(ostra) s(ignoria) Ill(ustrissima) In bona gr(ati)a della quale di co(n)tinuo ci racomandamo ex R(eg)ia cam(er)a (dec)imo Jan(ua)rij 1572. e v(ostra) Ill(ustrissi)me et R(everendissi)me […] Ser(vito)res loc(umtenen)s et Preside(n)tes R(egi)ae cam(er)ae summ(ari)ae Her(nan)do davolos M(agnae) ca(merae) loc(umtenen)s Ber(nardinu)s de s(an)ta cruce Alf(onsu)s de salazar Anibal moles Franc(iscu)s Ant(oniu)s de David Franc(iscu)s Alvarez de ribera com(issariu)s Pirrus Ant(oniu)s Stinca Jo(hanne)s Bap(tis)ta cripus mag(iste)r actor(is) Not(avi)t Paulus de Curtis R(egistra)ta In cons(ul)tar(um) cur(ie) quarto 12 Inhaltszusammenfassung (4v /1/ – /4/)877

copia consulta de la sumaria de nap(ol)es sobre el cortar los arboles En aquel Rey(n)o para el […] de_las Galeras despana 878

An Tabelle 12 wird deutlich, dass die textuelle Struktur der Consulte durch das Zitierverfahren komplex und teils unübersichtlich wird: Dieses hatte zwar den Zweck der Referenzherstellung, der Weitergabe von Informationen und Transparenz der Handlungen. Ein Beleg dafür, dass die daraus resultierende textuelle Gestalt allerdings auch für Zeitgenossen Verständnis- und Interpretationsprobleme aufwerfen konnte, kann in der Tatsache gesehen werden, dass – ähnlich wie in den Tabellen 11 und 12 durch die Verfasserin vorgenommen – in einem auf den 22. 02. 1603 datierten Fall die einzelnen Textabschnitte, aus denen sich die Consulta zusammensetzt, von anderer Hand später im Text markiert und mit Hilfe von Randvermerken benannt wurden, wie der folgende Ausschnitt zeigt. Der jeweilige auf dem Dokument angebrachte Randvermerk in der linken Spalte steht neben dem Text der kopierten Consulta in der rechten Spalte. (1363) Copia viglietto del vicerè

Ill(ustrissi)mo et exc(ellentissi)mo signor Post debitam comend(atione)m in questa Regia Camera e’ venuto viglietto scritto de ordine di v(ostra) e(ccellenza) del tenor

877 4r vakat. 878 AGS, EST 1061 – 167, [Hervorhebungen und Kommentare in der linken Spalte V.S.]. 879 AGS, EST 1099 – 2428 Consulta vom 22. 02. 1603, 1r /1/ – /16/, [Markierungen und Unterstreichungen im Original].

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

copia delli dui capitolj mandati col viglietto

sequente v(idelicet) || su ex(celenci)a ha mandado que se’ libre a’ Don Baldaxar aquaviva el officio di Th(esore)ro general, conforme a_la offerta que ha hecho por sessenta mil ducados, y se vera’ per la copia de_los Capitulos que va’ con este y es servido se que de_los treynta mil ducados q(ue) ha da pagar agora le despache Certificatoria luego para que se haga introyto dellos en quenta de_la administration di Pietro anelo moscano caxero que ha’ sido de_la th(esore)ria general y que essa Regia Camera provea que esto se enequa alli, da palacio a’ 19 di hebrero 1603 Juan Lezcano et insieme con detto viglietto, la copia di detti doi Capi di offerta cio è ||quali ducati sissantamilia prometto pagarli […] et ottenuto sara il detto regio assenso nel modo infra(scritto), cio e’ docati trentamilia data sara’ in mia persona (…).879

Um bei der inhaltlichen Bezugnahme auf einzelne Punkte eines zitierten Textes Übersichtlichkeit zu gewährleisten, werden Zitate – wie in Tabelle 11 und 12 erkennbar – teils gestückelt. Nach einem zitierten Abschnitt aus einem Text wird die Consulta zunächst mit Bezug auf diesen fortgesetzt, bevor der nächste Absatz des zitierten Textes angeführt wird. Besonders eindrücklich ist dies an einer Consulta erkennbar, die im Rahmen der Visitation durch Gaspar de Quiroga entstanden ist. Die Sommaria zitiert die spanischen Cargos einzeln und bezieht im Anschluss an jeden Cargo auf Italienisch Stellung dazu. Die inserierten Cargos aus der Visitation sind im folgenden Ausschnitt hervorgehoben, die anderen Textabschnitte umfassen die Stellungnahme der Sommaria. (1364) Ill(ustriss)imo et ex(cellentissi)mo s(igno)r Post debita(m) com(endationem) Questa regia cam(er)a ha recevute piu l(ette)re de v(ostra) ex(cellenza) cum inserto de note de molti cap(ito)li de l(ette)re de_la M(aes)ta sua circa la exequ(utio)ne della regia visita et havendoce comandato che q(ue)sta regia cam(er)a discorra li cap(ito)li p(redet)ti et referisca a_la ex(cellenz)a v(ost)ra quale de essi observandosi ne causeria inconveniente Jux(ta) la polisa ch(e) de or(di)ne de v(ostra) e(ccellenza) ha inviata ad q(ue)sta regia cam(er)a lo m(agnifi)co Ludovico de Lubera q(u)ale al p(rese)nte exercita l’off(iti)o de secretario della regia cancellaria have q(ues)ta regia cam(er)a descussi li cap(ito)li p(redet)ti et le referimo che circa li Infr(ascritt)i ne occorre videlicet

4.5 Mehrsprachige Kommunikation 3

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Quanto al cap(itu)lo videlicet: Juan Bartholomeo stinca rational de_la sum(ar)ia ad […] que las sig(nificato)rias que diese sean liquidas y las que se deven dar de manera q(ue) no aya deductiones y guarde la prematica et lo simile cap(itu)lo si e’ facto ad respecto de tutti li altri mag(nifi)ci rationali de questa regia cam(er)a Ad q(ue)sta regia cam(er)a occorre referire ad v(ostra) e(ccellenza) che per detta regia cam(er)a et per li detti m(agnifi)ci r(ati)onali si expediscono sig(nificato)rie alcune da esse p(er) bilanzo de Introyto et exito de_li conti, alcune altre p(er) cau(te)le non producte et alcune altre p(er) discussione de partite et q(ue)lle che sono p(er) bilanzo de Introyto superante l’exito non se deduceno altram(en)te excepto p(er) pagamento che se fa In th(esore)ria g(enera)le et q(ue)lle che se expediscono p(er) cau(the)le non producte al tempo de_la presentatione del cunto meno se deduceno nisi p(er) solutionem In g(e)n(er)ali th(esore)ria, ver[…] quando post p(rese)ntat(um) ditt(um) comput(um) se producess(er)o le cau(te)le habet […] de illis ratio In computo sequentis anni Jux(ta) regias Instruttiones, ver[…] quando la significatoria se expedisce p(er) mancamento de procura seu mandato […] con lo cunto se fosse produta la polisa de soluto, q(ue)sta regia Cam(er)a ha constumato de fare deducere detta sig(nificato)ria p(er) la p(rese)ntatione de dette scripture In supplim(en)to de probatione et de_le scripture necessarie p(er) la partita di detto exito et In q(ues)to caso pare ad q(ue)sta regia cam(er)a che serria Inconveniente observare la Instructione la q(u)ale dice […] habeat[…] ratio In computo sequentis anni q(ua)ndo non se p(rese)nta la cau(te)la con lo cunto p(er) che eo tempore che p(rese)nta con lo cunto la cau(te)la de soluto pare che se satisfaccia a_la mente de_la Instructione poi che realm(en)te lo pagam(en)to e’ fatto et p(er)cio p(rese)ntando poi la procura, o’ lo man(da)to che manca q(ue)sta regia camera sole fare deducere detta sig(nificato)ria parendole cossi de Just(iti)a et avisa q(ue)sta regia cam(er)a v(ostra) e(ccellenza) che al servitio de sua M(aes)ta et a_la bona expeditione de_li soi conti convene farse cossi como de sopra e’ detto p(er)(che) quando se vede il conto et se descute la partita se fanno le debite deligentie p(er) videre si se deve significar(e) o, non lo ministro et como al hora non consta de sua […] ragione non puo la cam(er)a far de meno de significarlo p(er)che lo cunto reste concluso et serrato lo che non serria si se suspendesse la detta partita p(er) che li conti resteriano aperti et sarria confosione et disservitio del patrimonio de sua M(aes)ta a_la quale et ad v(ostra) e(ccellenza) q(ue)sto se remette (che) lo proveda como meglio li pare et le significatorie che se expediscono p(er) discussione de partite se exequiscono et non se deduceno nisi p(er) solutionem In ditta th(esore)ria g(e)n(er)al(e) o, vero mostrando ragione et scripture p(er) le quale consta (che) de Just(iti)a non se ha possuto fare detta sig(nificato)ria lo che accade alcune volte p(er) non e(ss)erno li computantj de_li ministri como sono li medesmo menistri quali monstrano poi la r(azi)one et como q(uest)a sia cosa de Jus(tit)ia pare ad q(ue)sta regia cam(er)a che sarria Inconveniente lassarla de observare, Benvero ch(e) In li conti de_li or(di)ni como ch(e) la Instructione […] habeat[…] ratio In conputo sequentis annj q(ua)ndo no(n) pr(ese)nta la cau(the)la con lo cunto non parla ad respecto de essi sempre (che) porta la cau(te)la del pagamento se le deduce la significatoria poi che cossi pare ad q(ue)sta regia cam(er)a ch(e) se degia fare de Just(titi)a

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Quanto al cap(itu)lo v(idelice)t: la multitud de procuradores de pleytos q(ue) ay en este reyno e’ causa segun entendemos que entre ellos aya muchos Ignorantes y que por diversas vias dañan a_las partes y aunq(ue) para lo de adelante en lo que toca a_la sufficientia se ordena lo que vereis todavia per q(ue) tanbien se juzga q(ue) seria conveniente limitar el numero destos, havemos querido antes de resolver nos en ello tener primero vostro parescer seremos servido que Informandos primero si seria bien hazerse assi o no nos lo avisereis para que visto podamos hazer sobrello la deliberation que mas conviene Ad q(ue)sta regia cam(er)a occorre ch(e) per e(ss)ere q(ues)ta fideliss(im)a cita de Nap(oli) capo del regno et starnosi li p(rincipa)li tribunali de Just(iti)a concorreno in q(ue)sta piu et diversi del regno p(redet)to alcuni p(er) lite che han(n)o et alcuni con animo de Imparare et considerando ch(e) quando se limetasse il numero de_li procu(rato)ri potriano causare piu Inconvenienti primo ch(e) se toglieria lo adito ad molti de venire ad Imparare et secundo che molti poveri quali havess(er)o In Nap(oli) lloro parenti, o’ altri studenti, o’ de profexione de p(rocura)turi si excludess(er)o da_la facolta de procurare non veneria(n) ad fare lloro lite et potria essere che mancassero de consequire lloro Just(iti)a. Tertio ch(e) in Nap(oli) sono tribunalj piccoli cio e’ q(ue)llo de l_arte de_la seta del miragliato de s(an)to Paulo et de_la zeccha dove non bisognano tanto expertj et dotti procu(rato)ri quarto ch(e) quando il detto num(er)o se limetasse q(ue)lli ch(e) fossero electj del num(era)to voleriano p(re)levarse a_le q(u)ale Interveness(er)o magior pagam(en)to et mercede poi ch(e) si eveterriano tanti altri ch(e) non possessero procurare et de q(ue)sto causeria Intere(ss)e et danno a_li litiganti p(er)che seriano forzati pagare q(ua)nto voless(er)o et tamen non limetandose detto numero potriano havere alcuni lloro parenti et amici li q(u)ali potriano servirlj senza pagamento seu con meno pagamento de […] (che) q(ue)sta regia cam(er)a p(er) le r(agi)one et cause p(rede)tte haverria p(er) Inconveniente la limetatione del numero de decti p(rocurat)ori, tanto piu (che) le persune (che) practicano In decti tribunali sono ut in plurimum Intelligenti et ch(e) san(n)o bene defendere le ragiune de_le parte, verum quando ad sua M(aes)ta et ad v(ostra) e(ccellenza) paresse deverse tutta volta refrenare decto num(era)to et farse matricula de essi q(ue)sta regia Cam(er)a In q(ue)sto se remecte a_le persone et […] lloro p(erche) lo sacro cons(iglio) ha referito seu referera a v(ostra) e(ccellenza) accio q(uesta) regia cam(er)a circa tale electione non sia differe(n)te dal decto sa(cr)o cons(igli)o. (…)880

Die Consulta setzt sich in dieser Struktur fort. Was lässt sich nun bezüglich der Sprachverteilung in den Consulte feststellen? Eine statistische Auswertung erscheint problematisch, da die sprachliche Gestalt der Consulta als textuelles Ergebnis der Beratungstätigkeit der Sommaria stark von der Zahl und Art der in diese inserierten Zitate aus anderen Kommunikationsvorgängen abhängt. Und darüber hinaus: Selbst der gleiche kommunikative Vorgang musste nicht immer 880 ASN, Sommaria – Consultationum 2, 184r /1/ – 185v /15/.

4.5 Mehrsprachige Kommunikation 3

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sprachlich-textuell die gleiche Form aufweisen.881 Dies lässt sich anhand des in den Consulte verschiedentlich thematisierten Vorgangs der Anforderung derselben durch den Vizekönig und / oder den Kollateralrat feststellen, welcher z. B. durch eine – häufig lateinische – Decretatione auf einem weitergereichten Memoriale erfolgen konnte wie in (1362) und in Tabelle 11. In (1364) wird der Auftrag des Vizekönigs durch die Sommaria auf Italienisch paraphrasiert – in welcher Form und Sprache dieser ursprünglich erfolgte, wird so in der Consulta nicht ersichtlich. In der in Tabelle 12 dargestellten Consulta dagegen wird diese durch ein italienisches Schreiben des Vizekönigs und Kollateralrats angefordert,882 in welches wiederum ein spanisches Schreiben inseriert ist.883 Für die Zitate lässt sich feststellen, dass beide Volkssprachen und das Lateinische in Form von Zitaten in den Consulte auftreten. Die Abfassung der Textabschnitte, die direkt von der Sommaria ausgehen und nicht das Zitat einer vorausgegangenen Kommunikation darstellen, erfolgte im 16. Jahrhundert auf Italienisch.884 Während für die Consulte, abgesehen von den verschiedensprachigen Zitaten, somit das Italienische einen hohen Grad an Institutionalität aufweist, stellt sich das Bild bei individuellen Stellungnahmen einzelner Vertreter der Sommaria anders dar: Die den Consulte in manchen Fällen beiliegenden Voti des Luogotenente oder der Presidenti des Gerichtshofes sind häufig im Unterschied zur Consulta selbst auf Spanisch abgefasst. Ein solcher Fall liegt z. B. bei der bereits in Tabelle 12 analysierten Consulta in AGS, EST 1061 – 167 (vgl. 6.10) vor.885 Während die von der Sommaria 881 Vgl. auch 4.4 bezüglich der unterschiedlichen sprachlichen Verfasstheit der Decretationi der Memoriali im Kollateralrat 882 Tabelle 12, Abschnitte 3 & 5. 883 Tabelle 12, Abschnitt 4. 884 Diese Feststellung resultiert aus den für die vorliegende Arbeit analysierten Consulte, die nur einen Bruchteil der Consulte darstellen. Eine statistisch relevante Auswertung konnte aufgrund des Umfangs der zumindest in Kopie erhaltenen Consulte nicht vorgenommen werden. Die Inventare des Bestands Consultationum des Staatsarchivs Neapel geben zwar meist an, dass einzelne Consulte z. B. Spanisch und Italienisch aufweisen. Dies bezieht sich aber auf die verschiedene sprachliche Gestalt der einzelnen Textabschnitte, also z. B. darauf, dass in einen italienischen Text der Sommaria ein spanisches Viglietto des Vizekönigs inseriert ist. Es lässt sich anhand der Inventare keine zuverlässige Auswertung der Sprachwahl der Sommaria für die Abfassung des eigenen Ratschlags vornehmen. Diese geben zwar häufig Hinweise auf das Vorhandensein verschiedensprachiger Zitate in einer Consulta, selten aber auf eine Varianz der Sprachwahl der Sommaria selbst. 885 Vgl. auch die Transkription in 6.10.

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

ausgehende Consulta auf Italienisch ist, sind die dazugehörigen, von den einzelnen Vertretern der Sommaria an den Vizekönig gerichteten Stellungnahmen (Voti) des Luogotenente der Sommaria Hernando D’Avalos (AGS, EST 1061 – 169, vgl. 6.11) und des Presidente Francisco Alvarez de Ribera (AGS, EST 1061 – 170, vgl. 6.12) auf Spanisch abgefasst. Im selben Faszikel liegt daneben auch ein sich ebenfalls auf die Consulta beziehender Brief des Vizekönigs und Kollateralrats auf Italienisch vor (AGS, EST 1061 – 171, vgl. 6.13). Anhand der Consulte der Sommaria lässt sich somit eine Parallele zur bereits in 4.4 festgestellten Divergenz zwischen der Sprachwahl in Schreiben des Vizekönigs in Abhängigkeit von der Einbindung des Kollateralrats feststellen: Während unter Beteiligung des Gremiums der Presidenti und des Luogotenente innerhalb der Diskurstradition der Consulte das Italienische habituell verwendet wurde und somit durch Autorität der Form institutionalisiert war, liegen die einzelnen Stellungnahmen der Präsidenten häufig auch auf Spanisch vor. Die Kommunikation einzelner Presidenti an den Vizekönig konnte aber auch auf Italienisch abgefasst sein. So ist z. B. die „Relazione del presidente della Sommaria Tommaso Salernitano concernente i possessi degli antichi Re di Napoli in Levante“ in AGS, EST 1058 – 135, welche in der Quellenedition von Coniglio vorliegt,886 ebenso auf Italienisch, wie der dem Statthalter der Sommaria David zuzurechnende Bericht aus dem Jahr 1591, welcher ebenfalls von Coniglio ediert wurde.887 Solche Divergenzen zwischen institutionalisierter und diskurstraditionell habitualisierter Sprachwahl, wie sie in den – in der Basis italienischen, durch die Zitate aber oft mehrsprachigen – Consulte zum Vorschein kommt, und der Sprachwahl einzelner Amtsträger lassen es zu, Schlüsse über deren Repertoire zu ziehen: Die Zitierweise der Sommaria belegt, dass im Schriftverkehr mit dieser und auch mit dem Vizekönig und Kollateralrat beide Volkssprachen gleichermaßen autorisiert waren.888 Ein zumindest passives Verständnis derselben ist somit für die an der Erstellung der Consulte beteiligten Präsidenten und den Statthalter unabhängig von deren Herkunft annehmbar. Wenn die Sprachwahl des Gremiums von der Sprachwahl des Einzelnen abweicht,

886 Coniglio 1987 II, 346 datiert das Dokument auf 1567. 887 Coniglio 1987 II, 667. 888 Dieser Schluss resultiert aus der Tatsache, dass die in den Consulte inserierten Memoriali und Briefe, die an den Kollateralrat und den Vizekönig gerichtet waren und von diesen an die Sommaria weitergeleitet wurden, teils auf Italienisch, teils auf Spanisch verfasst waren.

4.5 Mehrsprachige Kommunikation 3

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wie es sich an einzelnen Consulte und Voti zeigen lässt, kann ein mehrsprachiges Repertoires für einzelne Personen angenommen werden. Die Textgestalt der neapolitanischen Prammatiche Es mag verwundern, dass die sprachliche und textuelle Gestalt der neapolitanischen Prammatiche erst an dieser Stelle zur Sprache kommt. Legislative Texte werden häufig als erster Indikator für die Autorität einzelner Idiome in bestimmten Kommunikationsräumen und insbesondere in der Verwaltungskommunikation herangezogen.889 So führt Alfieri in ihrer Auswertung für Sizilien an: Le prammatiche risultano più che mai indicative ai fini dell’italianizzazione in ambito burocratico medio-alto, consentendo una valutazione quantitativa e qualitativa estesa all’intero periodo di amministrazione vicereale della Sicilia (1415 – 1798). Da un semplice conteggio intanto risulta evidente, di contro al proporzionato rapporto numerico tra prammatiche in castigliano (189) e in latino (180), l’assoluta preponderanza di quelle in italiano, precisamente 538.890

Eine rein numerische Auswertung der Sprachverteilung in den sizilianischen wie auch den hier behandelten neapolitanischen Prammatiche ist allerdings allein aus dem Grund unzureichend, dass in diesen häufig das Italienische nicht allein auftritt, wie Alfieri für Sizilien selbst ergänzt: Di queste poi ben 446 appaiono promulgate insieme a prammatiche in latino o in castigliano, il che ne accentua il peso sociale e comunicativo relativamente al trilinguismo ufficiale, e 92 formano un corpus monolingue autonomo […].891

Sicherlich lässt sich auch für Neapel die Präsenz von rein spanischen Prammatiche nachweisen. Die für diese Arbeit vorgenommene stichprobenhafte Analyse der neapolitanischen Prammatiche in der zu Beginn des 889 Vgl. z. B. Marazzini 2003, 53: „Le gride, le prammatiche e gli editti sono in relazione con le scelte delle cancellerie, non senza una certa dipendenza dai gusti delle corti. […] La cancelleria, inoltre, proprio perché adiacente alla corte, è il punto d’osservazione ideale per verificare le scelte di politica linguistica del signore e dei suoi collaboratori, e per questo si collega anche ai gusti letterari della corte“ sowie ders. 2003, 52 f.: „Al primo posto stanno i testi giuridici, i codici, le leggi, gli editti, le gride, le prammatiche, testi eventualmente isolati, ma anche (ovviamente) le raccolte di questo materiale.“ 890 Alfieri 1992, 822. 891 Alfieri 1992, 822. Leider gibt Alfieri an dieser Stelle keine weitere Auskunft über die textuelle Form des „insieme“.

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

19. Jahrhunderts erschienenen Sammlung von Giustiniani892 bestätigt jedoch die Einschätzung Marazzinis: In realtà però, indignazione nazionalistica a parte, la presenza dello spagnolo nelle Prammatiche napoletane non ha un’incidenza statistica alta, e spesso si giustifica con i destinatari dei provvedimenti, militari o funzionari spagnoli.893

Anhand der Prammatiche lässt sich vielmehr die Abwesenheit eines sprachimperialistischen Impetus Spaniens im kontinentalen Süditalien ein weiteres Mal bestätigen, auf den für den Bereich der Gesetzgebung bereits Croce hinwies: Il linguaggio della cancelleria era ordinariamente lo spagnuolo; non cosi quello delle leggi, o grida o prammatiche, che, se in Sardegna si promulgavano in catalano e in castigliano, in Sicilia, a Napoli, in Lombardia si promulgavano in italiano, benché vi si solessero inserire testualmente le lettere e i biglietti spagnuoli dei sovrani e dei vicerè.894

Insbesondere die in 4.4 vorgestellten Forschungsergebnisse zum Kollateralrat legen nahe, dass die in Croces Ausführung als diskurstraditionell exklusiv erscheinende Institutionalität respektive des Spanischen und des Italienischen für die von ihm genannten Bereiche der neapolitanischen Verwaltungskommunikation – die Cancelleria und die Leggi – einer Korrektur beziehungsweise Präzisierung bedarf, welche zum Teil bei Croce auch schon anklingt. Weder kann für die Cancelleria des Kollateralrats angenommen werden, dass dort ausschließlich das Spanische verwendet wurde, wie sich z. B. an den italienischen Briefen des Kollateralrats und des Vizekönigs und den lateinischen Decretationi der Memoriali zeigen lässt. Noch ist es zulässig für die Prammatiche die ausschließliche Verwendung des Italienischen anzunehmen. Croce selbst führt an, dass in die italienischen Prammatiche „si solessero inserire testualmente le lettere e i biglietti spagnuoli dei sovrani e dei vicerè“. Auch im Bereich der Prammatiche 892 Die Sammlung ist hinsichtlich der wiedergegebenen Sprachwahl zuverlässig, wie deren Herausgeber anführt: „Se io il primo ho voluto dare il titolo a questo libro in Italiano, non credo di meritare l’altrui censura; avvengachè la maggior parte delle nostre prammatiche sono scritte appunto in Italiano, poche in latino, e pochissime nel linguaggio Spagnuolo“ (Giustiniani 1803, XII) und weiter „Riguardo poi alle leggi non ho già mai voluto secondare il desiderio di alcuni, nel volere tradotte in Italiano le prammatiche Spagnuole; e tanto meno mi è piaciuto secondare l’opinione di altri di voltare le latine in Italiano, per cagione che le leggi de’ nostri Sovrani, come sagri monumenti, non lice altrimenti esporle, che come vennero da’ medesimi promulgate“, (Giustiniani 1803, XIII). 893 Marazzini 1998, 11. 894 Croce 1895, 15.

4.5 Mehrsprachige Kommunikation 3

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spiegelt die Praxis des Zitierens mehrsprachige Kommunikation innerhalb des Verwaltungsapparats wider. Eine numerische Auswertung der Sprachverteilung in den Prammatiche wäre somit nur dann sinnvoll, wenn die Auswertung diese nicht als mehr oder weniger homogene Textsorte auffasst, sondern im Einzelfall berücksichtigt, von welchen Kommunikationssituationen die einzelnen Bestandteile der Prammatiche Zeugnis ablegen. Diese sind nicht eine bestimmte, mit modernen Kriterien eingrenzund beschreibbare Textsorte, sondern setzen sich häufig aus Briefen und Anweisungen zusammen, die an einzelne Personen und / oder Institutionen gerichtet waren und erst später Teil eines den Status einer Prammatica erlangenden Rechtstextes wurden. Die Verteilung der einzelnen Idiome in der Gesetzgebung lässt somit nur bedingt auf spezifisch auf die Legislationspraxis gerichtete, die Sprachwahl betreffende autoritative Setzungen schließen. Vielmehr spiegeln sich in den Gesetzen verschiedene, mehr oder weniger alltägliche Kommunikationswege in der ihnen eigenen sprachlichen Gestalt wider, die der ‘normalen’ Verwaltungsroutine entstammen und die auch in Texten, die nicht in den Rang von Prammatiche erhoben wurden, nachvollzogen werden können. Croce spricht im angeführten Zitat von den „biglietti spagnuoli dei sovrani e dei vicerè“. In 4.4 wurde gezeigt, dass das Spanische in solchen textuellen Kurzformen häufig eingesetzt wurde – die Zitierung der spanischen Viglietti innerhalb der Prammatiche ist also zunächst Indiz für die institutionalisierte Verwendung des Kastilischen in dieser vorangegangenen Kommunikationssituation und erst in einem zweiten Schritt für die Prammatica an sich. Aber auch andere Texte wurden in die Prammatiche inseriert – in der bereits als Quelle zitierten Prammatica „De officiorum provisione“ treten z. B. die Entscheidungsvermerke des Souveräns zum italienischen Bittgesuch des Parlaments auf Latein auf. In der Prammatica VII der unter dem Titel „De Officio Secretarii seu a Libellis et his, quae incumbunt in Regia Cancellaria, Nunc vero in Regali Camera Sanctae Clarae“ gesammelten Gesetze werden dagegen in eine italienische vom Vizekönig und Kollateralrat ausgehende Prammatica Abschnitte eines spanischen Briefes des Königs Philipps II. inseriert.895 In der dritten der unter dem Abschnitt „De officio scribae portionis“ aufgeführten Prammatiche von 1624 ist in den italienischen Text des Kollateralrats und des Vizekönigs ein lateinisches Dekret des Kollateralrats eingefügt.896 In der zwölften unter dem Kapitel „De officio secretarii seu a libellis et his, quae 895 Giustiniani 1805, 242 ff. Vgl. auch 4.5.4. 896 Giustiniani 1805, 197 f.

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

incumbunt in Regia Cancellaria, nunc vero in Regali Camera Sanctae Clarae“ versammelten Prammatiche wird dagegen in einem italienischen Text von 1631 u. a. ein italienisches Memoriale des Segretario del Regno Duca di Caivano zitiert.897 Die sprachliche Gestalt der Prammatiche als Diskurstradition ist nicht durch autoritative Setzungen für eine bestimmte Textsorte determiniert, da die Prammatiche sich aus verschiedenen Textsorten speisen. Die Heterogenität der Textsammlungen der neapolitanischen Gesetzgebung und die Mehrsprachigkeit der Prammatiche resultiert aus den in den Prammatiche in Zitatform enthaltenen Textbestandteilen, die auf vorangegangene Kommunikationssituationen mit unterschiedlichen Sender-EmpfängerKonstellationen zurückgeführt werden können und zu Prammatiche und Capitoli erhoben beziehungsweise Teil dieser werden können. Eine detaillierte qualitative Auswertung der neapolitanischen Prammatiche unter Einbeziehung der Kommunikationssituationen und Sender-EmpfängerKonstellationen, die hinter den einzelnen Textabschnitten stehen, kann an dieser Stelle nicht geleistet werden. Eine rein numerische Auswertung ist nicht zielführend, da die Sprachwahl innerhalb der Prammatiche, wie erläutert, nicht durch eine Textsorte „Prammatica“ bedingt ist, sondern vielmehr durch die auch andernorts übliche wörtliche Insertion verschiedener Texte in einem neuen Text. Die Prammatiche, in denen das Inserieren von Zitaten zum Zweck der Referenzherstellung und Weitergabe von Kommunikation wie in den Consulte der Sommaria allgegenwärtig ist, geben nichtsdestotrotz entscheidende Hinweise auf die Autorisierung mehrsprachiger Kommunikation im Neapel der Frühen Neuzeit, da sowohl spanische als auch italienische als auch lateinische Texte und Textbestandteile den Rang einer Prammatica erhalten und somit in allen drei Sprachen rechtlich bindende Texte abgefasst werden konnten. 4.5.3 Resümieren und Übertragen Ein anderes Verfahren der Weitergabe beziehungsweise der Verarbeitung von Inhalten ist die Paraphrasierung von zeitlich vorangegangenen Kommunikationshandlungen und die Abfassung von inhaltlichen Resümees derselben. Während bei der Weiterleitung von Kommunikationsinhalten in Form von Kopien und Zitaten die sprachliche Gestalt der weitergelei897 Giustiniani 1805, 253 – 258.

4.5 Mehrsprachige Kommunikation 3

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teten Texte weitgehend unverändert bleibt,898 kann ein Resümierungsvorgang auch sprachlich erhebliche Effekte, beispielsweise einen Sprachwechsel, nach sich ziehen.899 Um dies zu illustrieren wird zunächst noch einmal das Beispiel der Consulta, welche in Tabelle 11 vorgestellt wurde,900 herangezogen. In AGS, EST 1061 – 87, also im Dokument, das der Consulta in der Archiveinheit direkt vorausgeht, liegt eine Zusammenfassung derselben vor: (1365) Consulta de_la Sumaria sobre lo q(ue) El Marques de s(an)ta cruz pretende q(ue) se_le paguen los Esclavos a 30 d(uca)dos de a 12 carlines. Vinen Insertos en esta consulta Un memorial q(ue) el d(ic)ho Marques dio al Car(den)al de Granvela y los Capitulos de_la Instr(ucci)on de V(uestra) m(agesta)d q(ue) tiene, en que dize q(ue) se_le paguen a 30 d(ucad)os. y por esta razon dize la Sumaria q(ue) se le deven apagar a 10 Carlines solam(en)te Viene assi mismo Inserto una fee del Veedor Morillo en que dize q(ue) a_los Generales de aquellas Galeras se han pagado a 30 d(ucad)os de a 12 Carlines. Tambien vienen Insertos dos Capitulos de_la Instr(ucci)on q(u)e don Sancho de leyva tenia de v(uestra) M(agesta)d en que dize q(ue) se_le paguen d(uca)dos de [interlinear:[…]oro] de a un Carlino La Sumaria concluye con dezir q(ue) attento q(ue) el Com(endad)or mayor de Castilla dixo al car(den)al q(ue) la Intençio(n) de V(uestra) m(agesta)d avia sido q(ue) se pagassen d(ucad)os de oro como se hazia con los otros Capitanes ge(ner)ales de galeras, q(ue) es necess(ari)o declaraçion de V(uestra) m(agesta)d para ello. 901

Die Zusammenfassung der ursprünglich – abgesehen von spanischen Zitaten –902 italienischen Consulta erfolgt auf Spanisch. Hierbei wird mit der Formulierung „Vinen insertos en esta consulta“ explizit thematisiert, dass in die Consulta Texte aus anderen Kommunikationssituationen Eingang fanden. Allerdings ist die durch die Insertion verschiedener Texte entstandene Mehrsprachigkeit der Consulta in der Zusammenfassung nicht mehr ersichtlich. Letzere trägt keinen Vermerk hinsichtlich ihres Entstehungsdatums und -ortes. Es kann aber vermutet werden, dass sie in Spanien zur Besprechung und Archivierung der Consulta und zur besseren Findbarkeit der einzelnen Dokumente in den königlichen Archiven angefertigt wurde. Diese Annahme wird durch die Kenntnis verschiedener „admi898 Vgl. Abb. 13. Von dieser Feststellung bleiben selbstverständlich Fälle ausgeschlossen, in denen umfangreiche Elaborationsprozesse feststellbar sind, wie sie in Tabelle 8 exemplarisch gezeigt wurden. 899 Vgl. Abb. 14. 900 AGS, EST 1061 – 88. 901 AGS, EST 1061 – 87, 1r /1/ – /24/, [Streichung im Original]. 902 Vgl. Tabelle 11, Abschnitte 2, 3, 5, 7, 9, 11, 13.

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

nistrativer Reduktionsverfahren“903 gestützt. Die Informationsflut, die in Form von Briefen, Berichten, aber auch durch Gesandte am spanischen Hof aus allen Winkeln des habsburgischen Herrschaftsgebietes einging, wurde durch das um den spanischen König aufgebaute System der Räte kanalisiert und systematisiert. Brendecke führt so für den Indienrat die wichtige Funktion des Relators an: Der Weiterverarbeitung von Information innerhalb des Rates widmete sich auch das Amt des Relators. Dieser ‘Berichterstatter’ – es gab anfangs einen, später bis zu drei – hatte den Inhalt längerer Dokumente zusammenzufassen. Tendenziell fiel also den Sekretären und den ihnen zuarbeitenden Schreibern die Aufgabe der Ausstellung von Dokumenten zu, den Relatoren diejenige des geordneten Empfangs der Informationen, deren effizienter Weiterverarbeitung und geordneten Ablage.904

In 3.2.1 wurden ähnliche Vorgänge für den Italienrat angesprochen. Für den Staatsrat, in dem der Text in (1365) vermutlich behandelt wurde, können vergleichbare Praktiken angenommen werden. Aus der Perspektive der vorliegenden Arbeit sind solche Verfahren von großem Interesse und werfen verschiedene Fragen auf, die im folgenden Kapitel behandelt werden. Die erste Frage, die sich aufdrängt, ist diejenige nach der Regelhaftigkeit solcher Vorgänge. Handelt es sich um einen Einzelfall oder lassen sich vergleichbare Resümees auch in anderen Fällen finden? In einem zweiten Schritt stellt sich die Frage nach der sprachlichen Form der Resümees: Wurden diese stets auf Spanisch abgefasst oder liegen auch italienische Zusammenfassungen vor? Wurden Resümees nur für italienische Texte angefertigt oder geschah dies unabhängig von der Sprache der Ausgangsdokumente? Gab es darüber hinaus neben solchen Zusammenfassungen auch umfangreichere Übertragungsvorgänge im Sinne von wörtlichen Übersetzungen? Die erste Frage wird anhand verschiedener Beispiele behandelt. In den aus Neapel stammenden Akten der Sektion Estado im Generalarchiv Simancas treten mit (1365) vergleichbare Zusammenfassungen relativ häufig auf. Diese sind meist auf dem Verso des letzten Blattes eines Schreibens angebracht, so dass sie zur schnellen Findbarkeit einzelner Dokumente beim Durchblättern der Akten beitragen konnten. Solche auf dem Archivdokument angebrachten Inhaltsangaben oder Resümees können unterschiedlichen Umfangs sein: Die Spannweite reicht von umfangreicheren Texten wie in (1365) bis zur reinen Angabe des Adressaten und / oder Senders und der Art des Dokuments. So wird im 903 Brendecke 2006, 25. 904 Brendecke 2009, 163.

4.5 Mehrsprachige Kommunikation 3

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folgenden Beispiel auf dem Deckblatt und im Versovermerk auf dem letzten Blatt von anderer Hand jeweils auf Spanisch auf den Typ des italienischen Dokuments hingewiesen, dessen Inhalt aber nicht wiedergeben: (1366) Capitulos q(ue) demanda la ciudad de Napoles (…)905 Napoles 1555 Los Capitulos q(ue) demanda la cibdad de Nap(oles) 906

Ein umfangreicherer Text wie in (1365) findet sich im folgenden Beispiel: Auf dem Verso des letzten Blattes des italienischen Schreibens der Sommaria, welches sich direkt an den König richtet, findet sich neben der Nennung des Adressaten auch der folgende Vermerk: (1367) Nap(ole)s a su M(agesta)d 1553 De la Regia Camara de_la Sumaria de XXIIIJ de Agosto MDLIIJ Dizen lo mucho q(ue) sirven y travajos q(ue) padesen Incessanteme(n)te y lo mucho q(ue) todos se […] en el augume(n)to de_la hazienda de su ma(gesta)d y supplican q(ue) se_les haga la m(erce)d que a_los de capuana, Mayormente q(ue) se podra hazer sin daño de las entradas ordinarias, porque se sacaron de las extr(aordinari)as, como son penas, compositiones de penas de Contrabando y otras cosas desta qualidad. 907

Die Zusammenfassungen dieser Art, welche die Verfasserin in der kursorischen Durchsicht der das Regno di Napoli im 16. Jahrhundert betreffenden Akten der Sektion Estado einsehen konnte, wurden durchgängig auf Spanisch angefertigt. Allerdings wurden solche Resümees nicht nur für italienischsprachige Schreiben erstellt, sondern finden sich auch bei spanischen Schreiben. So liegt auch die Zusammenfassung eines spanischen Schreibens der Eletti der Stadt Neapel vor,908 wie die folgende Transkription zeigt, in der die Verso-Zusammenfassung hervorgehoben ist: (1368) [1r] Ill(ustrissi)mo señor Los gobornadores de la confradia de santa m(aria) del […] de_la redention de captibos desta çiudad desean hazer redençion en argel donde entienden q(ue) ay gran numero de captivos christianos y mayorm(en)te deste reyno, no pudiendo tomar tracto ni ayuntamiento en aq(ue)lla t(ie)rra si primero no al[…] salvo conducto y aun con hazer capitulaçiones para q(ue) de los dineros y mercaderias q(ue) ynbiaran no se aya de pagar derechos ningunos y prinçipalmente de_los dineros y mercaderias q(ue) se entraran y no se podran expedir en aquella t(ie)rra y por q(ue) se persuaden q(ue) aquel s(eñ)or q(ue) 905 906 907 908

AGS, EST 1048 – 90, 1r. AGS, EST 1048 – 90, 26v. AGS, EST 1045 – 293, 2v /1/ – /16/. Es liegen sowohl spanische als auch italienische Schreiben der Eletti an den König vor. Das Dokument in AGS, EST 1048 – 90 beispielsweise ist auf Italienisch abgefasst.

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

governa argel tendra por bien q(ue) platiquen personas deste rey(n)o con mercaderjas en bian a V(uestra) s(eñorí)a una copia del salvo conducto y capitulaçion q(ue) desean para poder platicar por mucho t(iem)po en aquella ti(er)ra y quando no se pudiese alcançar como lo pedimos y deseamos nos contentaremos con aquello q(ue) se podra alcançar para lo qual suplicamos a V(uestra) s(eñorí)a por hazer m(erce)d a esta çiudad sea servido q(ue) con el primer viaje q(ue) se ofriesca en aquellas partes mande se procure d(ic)ho salvo conducto y capitulaçion pues V(uestra) s(eñorí)a ve el bien q(ue) del resultara por la redençion de_los catibos y a nosotros en particular yg(ua)l nos hara la m(erce)d con la qual que daremos no con poca obligaçion de servirla a V(uestra) s(eñorí)a y no ofreçiendose otro çesamos besando las manos de v(uestra) Ill(ustrissi)ma s(eñorí)a y con el deseo de servirle siempre emos tenido de napoles a XXIIJ de março de 1555. […] Al servjçio de V(uestra) s(eñorí)a Ill(ustrissi)ma los electos de_la fidelisima çiudad de napoles lois santilli(us) paganus secretarius [1v] [Handwechsel] copia de_la carta de_la cibdad de napoles de 23 de março 1555 [Handwechsel] La ciudad de napoles y cofradia de_la redençion de captivos della embian a pedir al duq(ue) de maqueda q(ue) pues desde valençia ay mucho trato en argel embie a pedir al rey della les de un salvo conduto para yr a ella a rescatar los captivos napolitanos q(ue) ay alla p(rese)ntan la capitulaçion q(ue) se a de hazer con el d(ic)ho rey de argel y copia de un guyaje q(ue) (el) d(ic)ho rey dio para poder yr a hazer la d(ic)ha redençion El d(ic)ho duq(ue) sup(li)ca se le de lic(enci)a para embiar a pedir el d(ic)ho salvo conduto [Handwechsel] q(ue) de lic(enci)a al q(ue) le […] p(ar)a q(ue) lo […] para q(ua)l lo pide. 909

Die Anders- beziehungsweise Mehrsprachigkeit der eingegangenen Schreiben und damit die sprachliche Differenz der süditalienischen Gebiete der spanischen Krone werden durch die spanischen Zusammenfassungen an der archivalischen Oberfläche unsichtbar. Der Sprachwechsel erfolgte allerdings im Rahmen eines Resümierungs- und Rationalisierungsvorgangs, der auch auf spanische Schriftstücke Anwendung findet und ist somit als ‘Nebeneffekt’ und nicht als primäres Ziel dieses textuellen Verfahrens einzuschätzen. Der Weg der neapolitanischen Capitoli und Grazie durch die spanischen Räte Auch im Italienrat wurden spanische Zusammenfassungen von ursprünglich auf Italienisch eingegangenen Schreiben angefertigt. Diese Zusammenfassungen dienten häufig als Entscheidungsgrundlage für den König. Dies wird im folgenden Abschnitt anhand des Wegs der neapoli-

909 AGS, EST 1048 – 132, 1r /1/ – 1v /22/, [Hervorhebung V.S.].

4.5 Mehrsprachige Kommunikation 3

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tanischen Capitoli und Grazie durch die spanischen Räte und den sich dabei ergebenden sprachlichen Veränderungen illustriert. Auf der Grundlage der aus Neapel eingegangenen Bittgesuche des Parlaments (it. Grazie / sp. Graçias, Mercedes) erstellte der Italienrat eine Consulta an den König. Hierbei wurden die einzelnen Gesuche nicht auf Italienisch zitiert, sondern auf Spanisch wiedergegeben. Links neben den so angeführten Suppliken des Parlaments vermerkte der Italienrat einen Handlungsvorschlag. Der König notierte zu diesen in manchen Fällen, ob er in der vorgeschlagenen Form ausgeführt werden sollte oder ob er eine andere Entscheidung befürwortete. Bei anderen Handlungsvorschlägen fehlt dieser Vermerk.910 Die Darstellung in Tabelle 13 ist chronologisch von rechts nach links zu lesen: In der rechten Spalte stehen die vom Parlament in Neapel verfassten italienischen Bittgesuche,911 im rechten Teil der linken Spalte steht die im Italienrat angefertigte spanische Zusammenfassung der erbetenen Grazie, in der äußersten linken Spalte schließlich stehen die Handlungsvorschläge des Italienrats und – wo dieser auf dem Dokument vorhanden ist – der Entscheidungsvermerk des Königs.912 Tabelle 13 : Der Weg der neapolitanischen Grazie durch die spanischen Räte913 AGS, SSP 1, 41

D’Agostino, Guido (1984, 127 – 129, Fettdruck V.S., im Original kursiv)

Las gra(cia)s que la Ciudad de Nap(ole)s y Barones del Reyno han pidido en este Ultimo parlamento, son las siguientes,

910 Zur Konsultationspraxis in den spanischen Räten (am Beispiel des Indienrates) vgl. Anm. 261. 911 Diese werden aus der Transkription der Parlamentsakten von D’Agostino G. (1984) übernommen. Dadurch erklären sich die lateinischen Vermerke zu den einzelnen Grazie, die eigentlich erst nach den Beratungen im Italienrat und der Entscheidung des Königs angebracht wurden. 912 Die Konsultation im Italienrat fand im August 1563 statt, wie das Dokument auf der letzten Seite vermerkt: Las gracias, por que supp(li)co el rey(n)o de Nap(ole)s (consulta)do a ij de Agosto 1563. 913 In der folgenden Tabelle werden nicht alle Grazie aufgeführt, die das neapolitanische Parlament erbat und die im Italienrat behandelt wurden, da es primär um die textuellen Verarbeitungsstrategien von Information geht, die auch anhand eines Ausschnittes erkennbar sind. Das bei D’Agostino unter 1. transkribierte Bittgesuch, das einer allgemeinen Captatio benevolentiae gleichkommt, wird durch den Italienrat nicht erwähnt. Aus diesem Grund beginnt die Analyse hier mit 2.

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Abb. 17: Die Bittgesuche des neapolitanischen Parlaments im Italienrat, España. Ministerio de Educación, Cultura y Deporte. Archivo General de Simancas, SSP, 1, 41.

4.5 Mehrsprachige Kommunikation 3

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Tabelle 13 : Der Weg der neapolitanischen Grazie durch die spanischen Räte (Fortsetzung) AGS, SSP 1, 41 no conviene alterar la forma del cap(itul)o, sino q(ue) se_les respo(n)da q(ue) desseando tanto v(uestra) M(agesta)d el acresçentam(ien)to y grandeza de aquel Rey(n)o no le ha paresçido Innovar en esto cosa alguna, si bien el Virrey es de parescer q(ue) se_les conçeda como lo supp(lic)an [Handwechsel] bien

D’Agostino, Guido (1984, 127 – 129, Fettdruck V.S., im Original kursiv) Primeram(en)te que por quanto entre las otras condiçiones que en los capitulos que V(uestra) M(agesta)d conçedio al Reyno en el parlamento passado, ay una que dize, que para concurrir en los offiçios y beneficios, se entiendan ser naturales los casados, y que por tiempo de Diez años huvieren habitado en el Reyno y tuvieren bienes estables, debaxo de_la qual se Incluyen mucha diversidad de gentes, que por Indirecto vernian agozar de_lo mismo q(ue) los antiguos y Verdaderos regniculos, supp(lic)an a V(uestra) M(agesta)d se quite la d(ic)ha condiçion por ser tan per Judiçial a_los naturales

2. Item supplicano Vostra Cattolica et Serenissima Maestà atteso nel servitio prossimo fu con ogni debita reverentia data supplica et ottenuta l’infrascritta decretatione. Videlicet: - Se inseresca tutto lo Capitolo dell’officij et beneficij con la decretatione – , et perché in questa decretatione che la Maestà Vostra fa de Regnicoli et oriundi, ultimamente è restata servita restrengerla a quattro conditioni, videlicet: li nati veramente in questo Regno; li figli de patri che fussero nati qua nel medesimo Regno; li feudatarij cum iurisditione; et quelli che per dieci anni havessero habitato con moglie et beni stabili. Et perché sotto questa quarta conditione se comprende uno infinito numero di gente, talmente che li veri regnicoli et oriundi non vengano a godere del beneficio sopplicato et concessoli per Vostra Maestà […] non parendo dovere che li cittatini di così poco spatio debbiano essere equiparati alli viri naturali e che con li persone loro dell’ave et antecessori hanno sempre servito sua Real Corona. Per questo si supplica a Vostra Maestà che per quella parte che è restata servita concedere detti officij et beneficij a regnicoli et oriundi, s’intendano con li primi tre conditioni penitus excludendo la quarta delli habitante per decennio, per li quali et per altri a chi Vostra Maestà comandasse, rimane una gran parte di officij a poterneli investire, giaché questa gratia non si supplica a Vostra Maestà per tutti l’officij di questo Regno, ma solo per quella parte che nell’incluso capitolo appare essere la mente di Vostra Maestà che se ne

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Tabelle 13 : Der Weg der neapolitanischen Grazie durch die spanischen Räte (Fortsetzung) AGS, SSP 1, 41

En esto se_les podra responder lo mismo q(ue) en los cap(itul)os passados offresçiendoles q(ue) en sus occasio(n)es terria v(uestra) M(agesta)d de_los naturales la mem(ori)a y consideraçion q(ue) es razon, y tan buenos y leales vassallos meresce(n) y mandara q(ue) el Virrey tenga la misma y se sirvia dellos siendo benem(eri)tos y sufficientes, en lo qual concurre tambien el Virrey [Handwechsel] i[…]

D’Agostino, Guido (1984, 127 – 129, Fettdruck V.S., im Original kursiv)

Assi mismo supp(lic)an que el Capitan g(e)n(er)al de_las galeras que agora ay en el Reyno, y de_las que mas en el se armaren, con los Capitanes particulares dellas, sean Regniculos, y no estra(n)geros, y se provean en ellos assi como fueren vacando

provedano regnicoli et oriundi da declararse in questo modo che humilmente si supplica. Cum Regia et Catholica Maiestas ipsius Regni ampliationem vehementer exoptet nihil ei visum est in hac re innovari. 3. Item similmente et con ogni reverentia fu nel servitio passato supplicato a Vostra Maestà dell’infrascritto capitolo, videlicet: - Si inserisca lo capitolo del generalato delle galere con la decretatione -. Pertanto supplicano quanto più efficacimente si può a Vostra Maestà atteso che dalla provisione del generalato non si è altrimenti per Vostra Maestà fatta decretatione alcuna, sia servita exequire con il complimento che si desidera, così concedere detta gratia supplicata del generalato delle galere in questo Regno, come più chiaramente comandare che tutti li capitani particulari di ditte galere vacando s’habbiano da provedere in persona di detti Regnicoli ut supra, possendo […] essere più che certa Vostra Maestà che in detto suo fidelissimo Regno non mancheranno persone dalli quali et per fede e per habilità se ne potria promettere ogni buono et honorato servitio. Cum se occasiones obtulerint Regia et Catholica Maiestas eam indigenarum memoriam rationemque habebit quam tam fidis integrisque vassallorum animis intelligit deberi eamdemque suo Proregi habendam iubebit in benemeritos ex Regia […] potiusque alios ad huiusmodi munera proveat.

4.5 Mehrsprachige Kommunikation 3

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Tabelle 13 : Der Weg der neapolitanischen Grazie durch die spanischen Räte (Fortsetzung) AGS, SSP 1, 41 Aunq(ue) el Virrey es de parescer que se_les podria conçeder q(ue) la gra(cia) en q(ue) su m(agesta)d cess(are)a les estendio’ esta succession hasta los primos herm(an)os varones se entendiesse tambie(n) por las hembras, puede se_les responder q(ue) si bien holgara v(uestra) m(agesta)d de dar_les en esto toda satisfaction, no le ha parescido por agora Innovar ningu(n)a cosa sobrello [Handwechsel] i[…]

D’Agostino, Guido (1984, 127 – 129, Fettdruck V.S., im Original kursiv) Que la suçession de_los feudos antiguos, ya que V(uestra) M(agesta)d no sea servido que se extienda hasta el septimo grado, como les es permittido por la razon comun de_los feudos, a_lo menos lo sea en que se extienda a_la linea transversal utriusq(ue) sexus us(que) ad quartum gradum.

4. Item supplicano Vostra Maestà atteso similmente nel servitio prossimo fu supplicata restasse servita essendo per ragion comune di feudi permessa la successione in linea collaterale in sino al settimo grado, il che poi è stato ristretto per particolare costituzione del Regno in sino al terzo grado, et per la Maestà del Catholico Re vostro bisavo, di gloriosa memoria declarato per detta costitutione lo cio succedere al nepote et per la Cesarea Maestà di Vostro Padre d’immortale memoria declarato che in ogni caso nel quale succedesse il patruo succeda similmente l’amita e di più estesa detta successione alli frati patrueli descendenti per linea mascolina dal primo acquisitore del feudo includere non solo detti frati patrueli ma tutte le persone compresi nel quarto grado, mascoli e femmine, del che non restò Vostra Maestà servita per all’hora, come per la supplica e decretatione infrascritta: - Inseratur capitulum successionis feudorum – Pertanto così come amorevolissimi e devotissimi vassalli di Vostra Maestà Catholica non lasciano in ogni occasione servirla con la prontezza che così chiaramente si vede non lasceranno ancora […] confidati principalmente alla Real magnanimità sua tornarla a supplicare per la concessione di detta gratia accioché per più di quello che vene per natura e voluntà ad essi supplicanti di servire s’agiunga ancora l’obligo dela liberalità et beneficio di vostra Catholica Maestà.

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Tabelle 13 : Der Weg der neapolitanischen Grazie durch die spanischen Räte (Fortsetzung) AGS, SSP 1, 41

D’Agostino, Guido (1984, 127 – 129, Fettdruck V.S., im Original kursiv) Quamquam Regia Catholica Maiestas Regni optatis annuere summopere cuperet dignis rationibus ipsi visum non est quicumque super hoc innovari.

Es handelt sich bei dem von D’Agostino (1984) transkribierten und in der rechten Spalte der Tabelle 13 wiedergegebenen Text offensichtlich nicht um die Version der Bittgesuche, die nach Spanien gegangen ist.914 Der Text ist in seiner Form nicht vollständig. Es fehlen die in den Grazie eingefügten Zitate – auf die Aufgabe, diese noch an bestimmten Stellen einzufügen, weist der Text selbst folgendermaßen hin: „Se inseresca tutto lo Capitolo dell’officij et beneficij con la decretatione.“915 Auch wenn für die Textversion in D’Agostino (1984) aus diesem Grund nicht angenommen werden kann, dass genau dieser Text in einer Abschrift in Spanien einging, kann doch festgestellt werden, dass der Weg der Grazie durch die Verwaltung ausgehend von italienisch formulierten Suppliken zu spanischen Zusammenfassungen und Handlungsvorschlägen führt. Diese sollten so umgesetzt werden, wie sie im Lauf der Beratung angemerkt wurden, wie der abschließende Vermerk „Conforme a_lo apuntado“ auf der in Tabelle 13 in Ausschnitten zitierten, in Simancas aufbewahrten Konsultation belegt. Betrachtet man nun die Entscheidungsvermerke, die in den von D’Agostino edierten Akten bereits integriert sind,916 wird erkennbar, dass im administrativen Prozedere eine weitere Sprache ins Spiel kommt: Die Entscheidungsvermerke sind im vorliegenden Fall auf Latein abgefasst.917 914 Bei den von D’Agostino edierten Dokumenten handelt es sich um Kopien der Parlamentsakten aus dem 17. Jahrhundert, vgl. D’Agostino G. 1984, IX f. 915 D’Agostino G. 1984, 126. 916 Dies kann als weiteres Argument für die Einschätzung herangezogen werden, dass die bei D’Agostino G.(1984) edierte Textversion erst später als (unvollständige) Abschrift entstanden ist als die Suppliken, die tatsächlich nach Spanien gingen. 917 In anderen Fällen lassen sich auch spanische Decretationi nachweisen, so z. B. anhand der Akten des Parlaments von 1568, in denen spanische Decretationi vorangegangener Bittgesuche angeführt werden: „4. Item perché fu supplicata per l’infrascritto capitolo la Maestà Vostra, videlicet: Item fu supplicata similmente Vostra Maestà nel precedente parlamento perché restasse servita che l’Abbatie, priorati et Prepositure di

4.5 Mehrsprachige Kommunikation 3

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Ausgehend von zu den italienischen Suppliken erstellten spanischen Handlungsvorschlägen des Italienrats und den daraus resultierenden spanischen Vermerken des Königs wurde eine lateinische Entscheidung zu den Bittgesuchen verfasst. Betrachtet man nun ausschließlich die von D’Agostino edierten neapolitanischen Akten, entzieht sich der ‘Umweg’ über das Spanische, der sich im spanischen Räteystem vollzieht, in vielen Fällen an der textuellen Oberfläche völlig. Dass die Bittgesuche dort tatsächlich auf Italienisch eingingen, belegt auch das Dokument in AGS, EST 1046 – 99, in dem die an den Vizekönig gerichteten und durch diesen behandelten Suppliken auf Italienisch mit den lateinischen Vermerken des Vizekönigs vorliegen. In AGS, EST 1046 – 97 liegt daneben die Vorlage eines diesbezüglichen spanischen Briefes des Königs an den Vizekönig vor. In AGS, EST 1046 – 98 finden sich auf Latein die einzelnen Entscheidungen des Königs zu den durch den Vizekönig bereits gewährten beziehungsweise von diesem an den König verwiesenen Suppliken. Der Weg der Bittgesuche und die Sprachverwendung in unterschiedlichen Kommunikationssituationen und Diskurstraditionen soll anhand von Ausschnitten dieser Dokumente genauer nachvollzogen werden.

presentatione et collatione di Vostra Maestà in questo Regno, se riducessero in comende, et quelli si concedessero a regnicoli oriundi, con havere ancora alcuna parte di pensione sopra l’ecclesie che sono a presentatione di Vostra Maestà, del che restò servita decretare detto capitolo che havuta l’informatione di quello che sopra questo si potesse fare, che Vostra Maestà provederia al beneficio et aumento del regno et perché da Vostra Maestà non s’hanno da sperare cose se non grandi in beneficio di questo suo Regno, com’è grande et infinita l’affettione di tutti verso la sua Real Corona, per essere per quanto s’intende detti beneficij d’assai poco valore che non ne succederia il fine per il quale si domanda la constitutione di dette comende, per questo si supplica Vostra Maestà che del più espediente modo li serà servito voglia constituire una cosa certa sopra, alcuno assignamento particulare, affinché dette incomende si possano constituire, oltra l’unioni di detti Priorati, abbatie, Prespositure e beneficij che non mancarà allora il Regno, per la parte sua, aiutare questa Santa opra, vedendosi questo buono Principio di Vostra Maestà la quale potrà similmente ordinare all’Illustrissimo Vicerè di questo Regno che con la sua prudentia, come […] presente nel luoco, trattasse et concludesse, il titolo, il modo, et l’ordine al dette incomende da fundarsi, attalché Vostra Maestà poi potesse confirmarli di quel modo migliore che restasse servita, et al predetto capitolo Vostra Maestà è restata servita, fare la decretatione infrascritta: Su Majestad havida informacion dal Virrey cerca la forma y manera que havra para satisfazerles y de la suma que se podia haver para este effetto, tomara en ello la resolucion que se pudiere y huviere lugar tenendo respetto alla affecion que el Reyno tiene a su servitio“ (D’Agostino G. 1984, 250 f., [Hervorhebung V.S.]).

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Zeitlich an erster Stelle stehen die Bittgesuche des Parlaments und die entsprechenden Entscheidungsvermerke – die Decretationi – des Vizekönigs, die materiell auf demselben Dokument zu finden sind, allerdings von unterschiedlichen Händen angefertigt wurden: (1369) Capituli et gr(ati)e si supp(lica)no a sua M(aes)ta Ces(are)a et In suo nome a_la ex(cellenz)a del Ill(ustrissi)mo et ex(cellentissi)mo s(ign)or Don Petro di Toledo Marchese de villafrancha vicerre locot(enen)te et cap(ita)no g(e)n(er)ale de sua mag(es)ta Ces(are)a Nel p(rese)nte regno S.C.C.M. 1 In Primis Basciando le mane et piedi de sua [interlinear: v(ost)ra] M(aes)ta Ces(are)a et In suo nome del Ex(cellenz)a v(ostra) de_la gr(ati)a factali de_la concessione de_li sette offitij et de tutti li benefitti del regno, di nuovo la supp(lica)no che riguardando a tanti servitij facti et a_la continua prompteza de animo de farne sempre magiori, exponendo la vita et sangue et le proprie faculta in tante angustie de t(em)pi per compimento di decta gr(ati)a sempre da la citta et regno desiderata, li sia servitio concederli Il resto de tutti offitij del regno, magiori et minori, tanto di guerra et stato, como de giustitia et pecunia, castellanie et altri qualsivoglia non exettuandone altro che lo offitio del vicerre del regno, et castellania del castello novo de Neap(oli) quali restino ad beneplacito de sua [interlinear: v(ost)ra] mag(es)ta et de quelli provederne solam(en)te Neap(olita)ni et regnicoli oriundi tantum et non altri con declarare per regnicoli et compresi In decta gr(ati)a quelli forastieri solamente che fussero nati In regno, o vero In quello havessero habitato per anni diece con casa propria et moglie regnicola et non altri, accio che li naturali et oriundi del regno havendo occasione de servirla sempre si facciano de continuo piu habili a suo real servi(ti)o fandoli gr(ati)a expedirli Il p(rese)nte cap(itu)lo per verbum placet senza reservatione o excettuatione alcuna, et di decta gr(ati)a di sette offitij et benefitij per regnicoli oriundi mande se_ne expedisca privilegio In forma canc(ellaria)e [Handwechsel] sua ex(cellen)za Interponet partes suas cum ces(are)a Ma(iesta)te pro obtinentia dicta gratia pro ut supplicatur [Handwechsel] 2 Et similmente la supp(lica)no per la Ampliatione de_la succ(essio)ne de_li feudi per tutto Il quarto grado, o, almeno che li fra(te)lli alle sorelle consobrine et e contra le sorelle alli fra(te)lli et le sorelle ad Invicem in feudis antiquis luno al altro succeda de claro et aperto Jure conforme a quello che altre volte e’ stato supp(lica)to havendo la decretatione del p(rese)nte cap(itu)lo per verbum placet per lege et pragmatica da observarsi Inviolabilmente [Handwechsel] Sua Ex(cellenti)a Interponet partes suas con sua Ces(are)a Ma(iesta)te [Handwechsel] 3 Item supp(lica)no v(ostra) Ex(cellenz)a [interlinear: M(aes)ta] che conforme al cap(itu)lo altra volta supp(lica)to a v(ostra) Ex(cellenz)a resti servita ordinare che tutte le cause tanto civili como criminali ordinariamente se agiteno in li proprij tribunali ne da quello se extrahano per particulare provisione, o, deputatione de Judici, acteso piu facilmente le lite et cause se tractano senza suspictione per uno tribunale che per poco Judici delegati, tanto piu che q(ua)ndo ragionevolm(en)te de Judici de un Tribunale si po havere suspictione alcuna sempre che la ex(cellen)za v(ostra) [interlinear: del vicere del regno] Judica convenirse a_la qualita de_la causa, gia sole comandare che si tratte

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et vote in sua presentia. [Handwechsel] Placet nisi ex causis moventibus mentem sue Ex(celenti)e secundu(m) qualitate(m) causarum. 918

Die oben ersichtliche Sprachverteilung – italienische Bittgesuche und lateinische Vermerke – setzt sich in den weiteren Capitoli fort. Im Blatt, das innerhalb der Archiveinheit unmittelbar vor den Capitoli liegt, finden sich kurze Bemerkungen zu einzelnen Bittgesuchen des Parlaments auf Spanisch. Hier werden nur die ersten drei Punkte transkribiert: (1370) 11 919 off(ici)os y Castellanias q(ue) en la prov(isi)on destos su m(agesta)t terra la consideracio(n) q(ue) respecto a su fidelidad y servi(ci)os meresce(n) 2 Se contenten con de por agora con lo q(ue) en esto se ha hecho [Randvermerk: adverten(ci)a] 3 en esto […]cure siempre darles satisfa(cci)on porq(ue) esta es Justa demanda y ley. 920

In welchem Zusammenhang stehen diese Anmerkungen zu den Capitoli? Ein Blick auf den Brief des Königs an den Vizekönig, der als Minuta, also in Entwurfsform, in AGS, EST 1046 – 97 vorliegt, bringt Klarheit. Der König bezieht hierin auf Spanisch Stellung zu den einzelnen Punkten, die durch das Parlament an ihn und den Vizekönig herangetragen wurden. Am Beispiel des dritten Capitolo, das bereits in (1369) wiedergegeben und in (1370) erwähnt wurde, soll dies gezeigt werden. (1371) Al visorey de napoles Con otras que se os scriven verey se satisfaze a_las particularidades de v(uest)ras Cartas, y est y en esta solamente se tocara lo que ha respecto a_los Capitulos del Reyno, los q(ua)les Como quier que para mas auctoridad v(uest)ra se hayan despachado conforme a_las decretaciones que alla se hizieron In haziendose aca tan solamente las que a_nos venia(n) remitidas y en que […] de Interceder, como lo vereys por el privilegio que sera con esta el qual va en la forma ordinaria, no havemos querido dexar de advertiros algunas cosas q(ue) nos han parecido de Consideracion para que sabiendo n(uest)ra voluntad e Intention os governeys conforme a’ ella en las particularidades que se os apuntan 918 Links daneben befindet sich noch ein Randvermerk von anderer Hand: Confirma(cion). AGS, EST 1046 – 99, 2r /1/ – 2v /16/, [Streichungen im Original, Hervorhebungen V.S.]. 919 „11“ ist beim ersten Punkt angegeben, vermutlich bezieht sich die Anweisung allerdings auf das erste Capitolo, welches explizit um die Bevorzugung der Neapolitaner bei der Ämterbesetzung bittet. 920 AGS, EST 1046 – 99, 1r /1/ – /6/.

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Primieram(en)te en el Terçer Capitulo donde supplican que no se saquen de sus proprios Tribunales, por provisiones particulares, o diputacion de Juezes las causas assi Civiles como Criminales, Deveys procurar de dar siempre satisfaction al Reyno, porque alle(n)de de pareçer Justa demanda es verisimil que mas facilmente como ellos dize(n), y sin menos sospecha se tractaran las Causas por todo un tribunal que por pocos Juezes delegados, pues quando la hay y la qualidad de_la Causa lo requiere ya vos acostumbrays proveer q(ue) se vote en v(uest)ra p(rese)ntia. 921

Klar nimmt der König hier Bezug auf den dritten der vom Parlament erbetenen Gnadenerweise in (1369). Vergleicht man die Formulierung des königlichen Briefs in (1371) nun mit der entsprechenden Kurznotiz in (1370), werden erhebliche Parallelen ersichtlich. Es kann angenommen werden, dass das erste Blatt in AGS, EST 1046 – 99 eine Art Notizzettel war, von welchem ausgehend der Brief des Königs formuliert wurde. Die in AGS, EST 1046 – 98 gesammelten lateinischen Vermerke sind vermutlich eine Version der Decretationi des Königs zu den einzelnen Suppliken, die später Eingang in die Capitoli gefunden hätten. Dies wird wieder an den ersten drei Punkten gezeigt: (1372) 1 Sua Caes(are)a et Catholica M(aes)tas in providendis h(uiusm)o(d)i officijs et Castellanijs eam rationem habebit, quam Regni fidelitas et servitia promerentur 2 Provisione et concessione iam al(ia)s hac in re per suam Ces(area)m Ma(iesta)tem facta, pro nunc contenti sint 3 Placet suae Caes(ar)ea. et Catho(lic)ae Ma(iesta)ti nisi ex causis digne moventibus suam regiam mentem, seu sui Illustris in digne dicto regno viceregis secundum qualitate(m) causarum, aliter statuatur. 922

Die zunächst in einer spanischen Notiz festgehaltene Entscheidung des Königs, die auch auf Spanisch Eingang in den Brief an den Vizekönig gefunden hat, wird hier in Form einer Decretatione auf Latein angeführt. Ob diese Decretationi wiederum mit den entsprechenden Capitoli in ein neues Dokument überführt werden sollten, bevor sie nach Neapel geschickt werden sollten, kann an dieser Stelle nicht festgestellt werden. Der Versovermerk auf dem letzten Blatt der Capitoli gibt Folgendes an: (1373) Napoles 1554 [Handwechsel] gracias pedidas y concedidas Por el Visorrey [Handwechsel] No se despacho esta Confirma(ci)on porq(ue) sobrevinieron los Capitulos que traxo el Syripando.923 921 AGS, EST 1046 – 97, 1r /1/ – /27/, [Streichung im Original]. 922 AGS, EST 1046 – 98, 1r /1/ – /9/, [Streichung im Original]. 923 AGS, EST 1046 – 99, 8v /1/ – /5/, [Hervorhebung V.S.].

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Die Anmerkungen zu den Capitoli wurden anscheinend nicht mehr nach Neapel geschickt, da von dort bereits neue – und vermutlich ähnliche – Bittgesuche durch den Gesandten Girolamo Seripando924 eingelangt waren. Nichtsdestoweniger geben die Texte in den drei aufeinander folgenden Archiveinheiten Auskunft über den Vollzug von Sprachwechseln auf verschiedenen administrativen Verarbeitungsstufen: Die italienischen Capitoli und Grazie der Vertreter des Regno di Napoli wurden, versehen mit der lateinischen Decretatione des Vizekönigs, in Spanien im Staatsrat gesichtet. Auf einen durch die Verwendung des Spanischen gekennzeichneten Entscheidungsprozess folgten die königlichen Decretationi wieder auf Latein, während der den Vorgang betreffende Brief an den Vizekönig auf Spanisch abgefasst wird. Dieser Ablauf ist vermutlich eine nicht immer in genau dieser Form verlaufende Prozedur – das Vorhandensein spanischer Vermerke des Vizekönigs in den Parlamentsakten allein spricht dagegen.925 Parallelen zum Beispiel in Tabelle 13 können allerdings in der ‘Brückenfunktion’ des Spanischen am Hof gesehen werden, die in (1369) – (1372) gezeigt wurde. Die Entscheidung des Königs, der auf italienische Eingaben reagiert, wird auf Spanisch vorbereitet – durch Notizen oder Zusammenfassungen. Zurück nach Neapel gehen die Decretationi allerdings auf Latein, so dass die sprachliche Differenz der unterschiedlichen Gebiete der spanischen Monarchie an der textuellen Oberfläche insofern unsichtbar bleibt, als das Spanische in der abschließenden Textform der Capitoli nicht zwingend auftritt. Bei deren Entstehung und Aushandlung spielte es aber durchaus eine Rolle. Die Formulierung der Cargos in den Visitationen Ähnliche, in einzelnen Aspekten aber auch divergierende Beobachtungen können anhand der Visitationsakten gemacht werden. Hier lassen sich zunächst einmal inhaltliche Zusammenfassungen einzelner Abschnitte der Zeugenaussagen als Randvermerke ausmachen, wie aus den in Kapitel 4.3 transkribierten Auszügen bereits hervorgeht. Diese Randvermerke sind teils auf Italienisch, teils auf Latein und teils auf Spanisch verfasst. Im Prozess gegen Giovan di Soto etwa wird gleich bei der ersten Aussage am 924 Der Kardinal Girolamo Seripando (Neapel 1493 – Trient 1563), der im Rahmen des Konzils von Trient eine wichtige Rolle spielen sollte, reiste im Jahr 1553 als Botschafter Neapels nach Brüssel und überbrachte die Bittgesuche des Königreichs (vgl. Galiani ([1789] 1970, 127 f.). 925 Vgl. z. B. D’Agostino G. 1984, 132 ff.

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Rand auf Italienisch vermerkt: „non sa latino“.926 Im weiteren Verlauf des Prozesses finden sich sowohl spanische als auch lateinische Vermerke, so auf 8r der spanische Vermerk „lic(enci)as de armas“ und auf 9v der lateinische Hinweis „de Inhabilitate“. Ein Zusammenhang zwischen der Sprache des Protokolls und der Sprache des Randvermerks ließ sich nicht feststellen. Die Randvermerke dienten offensichtlich dem raschen Auffinden bestimmter für das weitere Verfahren der Visitation relevanter Stellen in den Protokollen. Häufig werden hierbei schlichtweg Namen genannt oder knapp auf bestimmte Sachverhalte hingewiesen, ausführlichere Anmerkungen sind selten. Für die Frage nach den sprachlichen Veränderungen, die sich im Rahmen von Resümierungsverfahren vollziehen, ist es interessant, die Elaboration der Anschuldigungspunkte in den Visitationsprozessen, der Cargos, nachzuvollziehen: Ausgehend von den in den Verhören gemachten Angaben der Zeugen werden einzelne Anklagepunkte formuliert. Bei Giovan di Soto wird so z. B. der bereits in 4.4. ausführlich behandelte Schwachpunkt der Person – die mangelnden Lateinkenntnisse – in den Cargos folgendermaßen benannt: (1374) 2 Por no saber grámatica el dicho secretario Jo(an) de soto ha servido [Randvermerk: culpa] en su lugar para hazer las decretaciones de los memoriales en latin segu(n) se acostumbra en el consejo collateral Pier Antonio Tizzano su official e otras personas entrando y assistiendo en el dicho consejo donde devria assistir el dicho Secretario personalmente e no faltar como falta quasi de ordinario en el dicho consejo. 927

Nach der Formulierung des Cargos wird auf die einzelnen Zeugen hingewiesen, die den entsprechenden Punkt angesprochen haben und teils deren Aussage zitiert beziehungsweise paraphrasiert. Im Fall Sotos schließt sich an den in (1374) zitierten Abschnitt Folgendes an:928 (1375) Cirius de Mari processu secretarij Jo: de Soto fol. 1 pagina p(rim)a et (secund)a art(ticul)o (secund)o deponit de Insufficientia Soti ad officium secretarij eoq[…] latinam linguam ignoret quam necessariam iudicat et scit, Regni secretarijs propter latinas decretationes, et deponit de certa scientia tanq[…] unus ex scribis mandati. Addens che per tal causa detto segretario ha fatto’ entrare in consiglio collateral à far le decretationi, Pier Antonio Tizzano suo scrivan’ ò cancelliero, non obstante che 926 AGS, V.I. 1 – 1, 1v. 927 AGS, V.I. 1 – 2, 1v /1/ – /6/. 928 An dieser Stelle wird nur ein Ausschnitt aus den Belegstellen zitiert, die im entsprechenden Faszikel angegeben sind.

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per la pragmatica se prohibisce entrar’ in collateral[…] altro che gli Regenti’ et segretario. Idem dicit Petrus Papa eod(em) proc. fol. 3 pa(gina) 2 dicit Idem pro ut dictus Ciri[…] Ludovicus de lobera eod. Process. Fol. 9 pa(gina) 2 dicit Idem pro ut supradicti tanq[…] practicus. Pero q(ue) fuera de las cosas de latin le tiene por habil. Jo(an) franciscus Campellonus eod(em) proces. fol.12 pa(gina) 1 ar(ticolo) 2 dicit che giudica detto Soto per persona inhabil’ e non atta al tale esercitio de segretario del Regno et hac deponit ut s(upra)dicti. 929

An den Verweisen auf die Belegstellen wird klar, dass der oben angeführte Anklagepunkt sich aus den verschiedenen Zeugenaussagen speist. Wie am Prozess gegen Soto deutlich gemacht wurde, war es durchaus üblich, die Zeugenaussagen sowohl auf Italienisch als auch auf Spanisch zu protokollieren. Die Formulierung der Anschuldigungspunkte erfolgte jedoch – ausgehend von einer mehrsprachigen Basis – ausschließlich auf Spanisch.930 Im folgenden Beispiel werden neben ausgewählten Cargos, die in der Visitation von Gaspar de Quiroga gegen den Schreiber der Regia Camera della Sommaria Giovanni de Florio formuliert wurden, die im Anschluss an die Cargos angeführten Verweise auf die entsprechenden Aussagen aus dem Prozess angeführt. In der rechten Spalte stehen die Cargos mit Nennung der betreffenden Befragungen, in der linken Spalte wird diesen der Text der entsprechenden Stellen aus den Prozessen gegenüber gestellt. Chronologisch folgt hier die rechte Spalte auf die linke – die Elaboration der Cargos auf den Prozess. In der Rekonstruktion wurde in die Gegenrichtung vorgegangen und ausgehend von den Cargos wurden die Belegstellen im Prozess gesucht. Die jeweils korrespondierenden Abschnitte zwischen Cargo und Aussage, sowie Aussage und Belegstellenzitierung erscheinen, soweit Letztere nicht nur numerisch erfolgt, grau hinterlegt.931

929 AGS, V.I. 1 – 2, 1v, /7/ – /21/. 930 Diese Aussage kann sich selbstverständlich nur auf den Teil der Akten beziehen, den die Verfasserin für die vorliegende Arbeit eingesehen hat. In diesem erscheint die Formulierung der Cargos auf Spanisch jedoch der Regelfall zu sein. 931 Zur besseren Findbarkeit der angeführten Belegstellen in der betreffenden Archivakte werden in den Tabellen 14 und 15 Seiten- und Zeilenangaben in der Transkription der jeweiligen Abschnitte integriert (vgl. zu den verwendeten Kriterien 4.1).

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Tabelle 14: Formulierung der Cargos gegen Jo(hannes) de Florio932 AGS, V.I. 5 – 7

AGS, V.I. 5 – 8

6r /1/ Lo que resulta de_la Visita contra Jo(an) Florio scrivano de_la Regia /2/ Camara y exercitante el off(ici)o de Conservador de_los Registros y scripturas (…) /13/ 2 Por el mes de Agosto 1561 haviendo el dicho Jo(an) de Florio a’ instantia de Alexandro /14/ pansa procurador de_la Universidad de Taranto buscado un Inventario antiguo /15/ hecho en tiempo del principe de Taranto, e haviendole hallado pidiò al d(ic)ho /16/ Alexandro que le diesse dos escudos por la cercadura, no le tocando mas de cinco /17/ carlines. e porque no se_los diò no le quiso dar el dicho Inventario 14v /7/ Et Interrogatus si sabe este t(estig)o /18/ Hac deponit Idem Alexander pansa proc. actuar. Reg: cam: fol. 14 pa. 2 /19/ e ,o, ha oydo dezir que algu/8/no de_los che detto Jo(an) de florio dicea che esso Mastrodattas ò actuarios de_la Regia camara /9/ Summaria haya Recibido o testim(oni)o glieli havea promesso detti /20/ doi scudi, e Realmente non se l’havea pedido alguna subornacion /10/ sottamano bevrajo o presente ò haya hecho promessi Pandecta Reg. Cam. In […] fol. 38. pa. 2 alguna ex/11/torsion, o delinquido en alguna manera en el d(ic)ho officio /12/ ò n8 38. 933 en otro que haya tenido ò tenga en la dicha Regia camara /13/ dixit che quello che sa esso testimonio e’ che dal mese de /14/ Agosto incirca prossime passato secondo Il ricordo de esso /15/ testimonio essendoli stato scritto et ordinato dala Un(iversi)ta /16/ de Taranto che procurasse de cercar In summaria Uno Inve(n)/17/tario fatto à tempo del q(uondam) Principe de Taranto molti anni /18/ sonno in taranto dove se truovariano scritti li confini de la /19/ detta città de Taranto, per causa de certa lite che havea /20/ mosso la detta città ò 932 Zur besseren Findbarkeit der angeführten Belegstellen in der betreffenden Archivakte werden in den Tabellen 14 und 15 Seiten- und Zeilenangaben in der Transkription der jeweiligen Abschnitte integriert (vgl. zu den verwendeten Kriterien 4.1). 933 Die hier erwähnte Pandetta der Regia Camera della Sommaria konnte von der Verfasserin nicht gesichtet werden und wird aus diesem Grund nicht als Belegstelle angeführt.

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Tabelle 14: Formulierung der Cargos gegen Jo(hannes) de Florio (Fortsetzung) AGS, V.I. 5 – 7 AGS, V.I. 5 – 8 volea mover, esso testimonio per questo /21/ se ne ando da Jo(an) de Florio attuario de_la Summaria /22/ et che tiene carico de conservare le scritture di esse e li /23/ diedde carico che havesse cercato detta scrittura Il quale in /24/ p(rese)ntia de esso testimonio cerco detta scrittura et disse no(n) /25/ truovarla et esso testimonio per quella fatica che havea 15r /1/ presa in cercarla li diedde doi carlini secondo suo ricordo /2/ Poi da la à certi di Jo(an) de Florio disse ad esso testimonio /3/ che havea truovata Una scrittura che credeva faceva al pro/4/posito de quello che esso testimonio voleva, et mostrandola /5/ ad esso testimonio, esso testimonio vidde che faceva bene /6/ à quello che voleva, et In questo Il detto Jo(an) de florio disse /7/ ad esso testimonio che li havesse donato doi scuti per la cercatura /8/ di detta scrittura si come li havea promesso, et esso testimonio disse /9/ che non li toccava eccetto che cinque carlini, e che tal cosa no(n) /10/ li havea promesso si come in verita dice esso testimonio che /11/non li promise mai de donarli tali doi scudi, Et vennero sopra /12/ di cio in contrasto, talmente che Il detto Jo(an) de Florio /13/ disse che non daria la scrittura se esso testimonio non gli /14/ dava doi scudi per la cercatura et esso testimonio non ci_li /15/ volse dare, ma scrisse quello passava sopra di cio alla /16/ Universita predetta di Taranto et non se ricorda che li /17/ hanno risposto, se non quanto la scrittura non e’ stata /18/ cavata altramente per non haver pagati li detti doi /19/ scudi al detto Jo(an) de Florio, e questo dice esser qua(n)to sape /20/ circa quello li e’ stato Interrogato. /22/ 3 Por el dicho Año 1561 incirca litigando en la Regia Camara el Arrendador de_la /23/ Regia Duana de Napoles con las Universidades de Gifuni, s(an)to Cipriano y /24/ Castiglione, e

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Tabelle 14: Formulierung der Cargos gegen Jo(hannes) de Florio (Fortsetzung) AGS, V.I. 5 – 7

27r /15/ Super decimo tertio dixit che non sape altro eccetto che havera da /16/ Un anno in circa che litigando la universita de s(an)to cipriano et /17/ Gifoni, con lo arrendatore de_la duana de napoli et Il Regio /18/ fisco nella Regia camara su(m)maria fu fatto decreto che lite pen=/19/dente la universita predetta de santo cipriano et gifoni et anco caste=/20/ glione non siano costretti à pagamento alcuno fatta la annotatione /21/ de_le Robbe et prestita cautione, extensive tamen à causa che /22/ principalmente Il decreto fu fatto con la Universita de Gragniano /23/ e poi fu declarato che se intendesse ancora con esse Uni(versi)ta de Gifoni /24/ santo cipriano et casteglione , et de questo decreto fu fatta /25/ lettera ò provisione con Inserta forma per Jo(an) de florio attuario /26/ de_la causa, de_la qual provisione Il detto Jo(hannes) de Florio disse toc=/27/carli un scudo, et tanto li ne fu dato cioè undeci carlini 27v /1/ per mano de M(icer) Pomponio de Leone vicino et habitante in s(an)to cipriano /2/ In p(rese)ntia de esso testimonio proprio alla banca del detto Jo(an) de florio /3/ et ci erano de_li soi scrivani che precise non se ricorda chi de loro /4/ fusse, et la qual esiggentia fu soverchia et eccessiva’ per /5/ quello che dapoi esso testimonio have visto nella detta pandetta /6/ fu soverchia perche de quella non se deveano pagare piu che /7/ Tre carlini et se refere al tenore et forma de_la detta pandetta /8/ Il qual Jo(an) de Florio

AGS, V.I. 5 – 8 haviendo las dichas Universidades obtenido decreto que no /25/ fuessen obligadas a pagamento alguno como’ se pretendia, y haviendo expedido /26/ cerca de_lo susodicho una provision con Insertion del dicho decreto el dic(h)o Joan 6v /1/ florio se hizo dar della un escudo excediendo de_la pandetta /2/ Salvator de Alfano proc. actuar. Reg. cam. fol. 27 ar .13 che esso testim(oni)o /3/ tiene et è comunemente tenuto Jo(an) Florio per homo tyrannissimo nella /4/ exigentia delli pagamenti, et havera da un anno (et deponit de mense febru=/5/arij 1562) che fu’ fatto decreto in Summaria in una causa tra il Arrendatore /6/ de_la Duana de Napoli con la Università de Gifuni, et s(an)to Cipriano che dette /7/ Università et ancho Castiglione non fussero (co)strette à pagamento alcuno /8/ annotate le Robbe et prestita cautione, et de_la letera ò provisione fatta /9/ cum inserta forma detto Jo(an) Florio se fecce dare un escudo dove che nella /10/ pandetta trova che non se_le dovea dare piu che tre Carlini Refferendosi /11/ à detta Pandetta Pandetta in nova Impressione fol. 37 pa (gina) 2 n8 5 […] et n8 8.

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Tabelle 14: Formulierung der Cargos gegen Jo(hannes) de Florio (Fortsetzung) AGS, V.I. 5 – 7 AGS, V.I. 5 – 8 e’ tenuto com(m)unemente per homo tiranissimo nel:/9/la esiggentia de_li diritti et pagamenti e che sia eccessivo de_la /10/ pandetta et cossi lo tiene esso testimonio per quello che have /11/ deposto di sopra /13/ 4 No tomò las scripturas del Archivio de_la Regia Camara summaria por In=/ 14/ventario al tiempo que huvo el dicho officio, ni despues aca le ha hecho /15/ como’ era y es obligado, ni tiene las dichas escripturas en el Recaudo y /16/ concierto q(ue) seria Razon /17/ vide depositionem dicti Jo(hannis) 35v /28/ [Randvermerk: No hay Inventario] Interrogatus si hay Inventario Florij proc. actuar. Reg. cam. fol 35 et de_las escripturas y cuentas y si las Re/29/ sequ[…] cibiò por Inventario y quien tiene el dicho Inventario? dixit che 36r /1/ non ci e’ Inventario de_le scritture perche non le piglio per Inventario /2/ ne manco lo have havuto detto Jo(an) Paulella ne Il suo predecessore /3/ come e’ notorio, et In quanto alli conti tiene lo Inventario de quelli /4/ conti che dall’anno 1552 in qua l’hanno consignat[…] li Rationali /5/ de la summaria, Tiene ancora Inventario de_li processi antichi /6/ de summaria e non d’altro /18/ 5 No dà cuenta de algunos libros y quadernos de cuentas y cautelas y otras scrip=/19/turas q(ue) por la Revision presente de_las cuentas deste Reyno le han sido /20/ pedidas por Mons(eño)r Visitador diziendo que no las tiene por lo qual se han /21/ dexado de ver y liquidar algunas cuentas de Importancia y señaladamente /22/ no dà cuenta de_los libros originales de_los passos deste Reyno que por el /23/ dicho Mons. Visitador le han sido pedidos /7/ Interrogatus si faltan algunas /24/ Vi p.ta depo.ne Jo: de Florio proc. escripturas de_las que este dep(osan)te actuar. R.C.S. fol. 36 pa. 1 tiene /8/ à cargo? dixit che non che sappia (…) esso dep(osan)te /9/ [Randvermerk: libros

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Tabelle 14: Formulierung der Cargos gegen Jo(hannes) de Florio (Fortsetzung) AGS, V.I. 5 – 7 AGS, V.I. 5 – 8 de_los passos] Interrogatus donde estan los libros originales de_los passos del Reyno /10/ dixit nescire e che non son(n)o venuti mai in poter de esso testimonio /11/ Interrogatus donde està el Inventario q(ue) se hizo de_los bienes del /12/ q(uondam) principe de salerno? dixit nescire e che non stanno in poter(e) /13/ de esso dep(osan)te e che questa e’ la verita’

Es ist leicht erkennbar, dass die Belegstellen bei der Elaboration der Cargos nicht wörtlich übernommen, sondern auch mit Blick auf den zu untermauernden Anschuldigungspunkt in vielen Fällen synthetisiert und paraphrasiert wurden. Darüber hinaus ist ersichtlich, dass auch aus ausschließlich italienischen Aussagen ein spanischer Anklagepunkt formuliert wurde. In diesem Fall verhält es sich also im Vergleich mit der textuellen und sprachlichen Vorgehensweise im Falle der Capitoli und Grazie ähnlich: Italienisch abgefasste Texte wurden als Beleg herangezogen, die Formulierung der Cargos dagegen erfolgte auf Spanisch, welches in einem Teil der zugrunde liegenden Aussagen völlig abwesend war. Für die mit der Ausarbeitung der Cargos betrauten Personen ist anzunehmen, dass sie beider Volkssprachen mächtig waren. Allerdings erfolgte bei der Zustellung der Cargos an die beschuldigten Personen kein neuerlicher Sprachwechsel, wie er bei den Decretationi der Parlamentsgesuche festgestellt wurde. Auch für die Personen, denen die jeweils betreffenden Anschuldigungen zugestellt wurden, kann somit ein zumindest passives Verständnis des Spanischen als wahrscheinlich angenommen werden. Die Stellungnahmen der einzelnen Amtsträger zu den ihnen zugestellten Cargos liegen allerdings durchaus häufig auf Italienisch vor: Mehrsprachigkeit der Kommunikation war auch hier der Normalfall. Ein interessanter Übersetzungsvorgang lässt sich anhand der Verteidigung des Schreibers Bartolomeo de Ligorio gegen Anschuldigungspunkte der Visitation feststellen. Die auf den 12. April 1584 datierten Cargos, die diesem durch den Visitator Lope de Guzmán zugestellt wurden, sind auf Spanisch abgefasst.934 In der Verteidigung, die Bartolomeo de Ligorio daraufhin vorlegte, zitierte er allerdings die einzelnen Anklage934 AGS, V.I. 56 – 7, 1r – 2v.

4.5 Mehrsprachige Kommunikation 3

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punkte auf Italienisch, wie in folgender Übersicht anhand der ersten acht Anklagepunkte935 deutlich wird. In der linken Spalte erscheinen die Anschuldigungspunkte, die von Lope de Guzmán ausgehend dem Beschuldigten zugestellt wurden. In der rechten Spalte werden diesen die Anklagepunkte, wie sie innerhalb der italienischen Verteidigungsschrift des Beschuldigten aufgegriffen wurden, gegenübergestellt. Tabelle 15: Versionen der Cargos gegen Bartolomeo de Ligorio AGS, V.I. 56 – 7 „Lo que resulta dalla visita Contra Bartolome de ligorio escrivano“

AGS, V.I. 56 – 7 Responsiones et ex(cusatio)nes v(idelicet)

1r /4/ 1 Aviendo sido el dicho Bartolome de ligorio pocos annos ha escrivano civil extraordinario /5/ de_la vicaria y’ muy’ pobre, y sin posseer hagienda ninguna, despues aca’ con diversos /6/ negocios que han passado per su mano, y’ particularmente mientras ha hecho el officio /7/ de escrivano de_la visita, que se hizo Contra los mastresdatas, y’ escrivanos se à hecho /8/ rico, que vale al p(rese)nte su hazienda quatro, ò cinco mill ducados. /9/ 2 Por el mes d’Agosto del’anno de 81 el dicho Bartolome de Ligorio fue co(n) un Capitan de /10/ Justitia a la casa de Lucio Piscicello Gentilhombre del segio di Capuana, donde /11/ a la sazon estavan Juan vicencio galiota, y’ lelio, y’ octavio Imperato, y’ Pedro /12/ paulo de Leon, y’ Marco Ant(on)io piscicello, y’ so color, que se Jugava en la dicha Casa /13/ a_los dados, no aviendo en ella tal genero de Juego, con Impeto, y’ Colera hizo llevar /14/ presos alla vicaria à todos los susod(ic)hos, y’ tambien à tres criados del d(ic)ho Lucio /15/ que alli se hallaron, y’à ocho fabricatores, que estavan fabricando en la d(ic)ha Casa, /16/ y’ à un bastar, por que no dizian, que avian visto Jugar à los susod(ic)hos, y’ no quiso /17/ que se escriviesen sus deposiciones, y’ à todos los hizo poner en Criminales donde /18/

4r /5/ Quo ad primum caput /6/ Per lo quale si pretende che esso Bar(tolom)eo con essere scrivano /7/ extraordinario In Vicaria, et poi In la visita della vicaria /8/ si habbia fatto ricco con ducati quattro, o’ cinque milia

6r /1/ Quo ad (secund)um Capud /2/ Per lo quale si pretende che sia andato In Casa di Lutio piscicello /3/ dove si teneva gioco di Dadi, et non havendoli trovati In fragranti /4/ à giocare à Dadi habia Car(cera)ti d(et)to Lutio, marco ant(on)io suo figlio /5/ Pietro paulo de lione, Lelio, et octavio Imparati, et Gio(van) Vic(enz)o /6/ galiota, et anco Car(cera)ti li testimonij, che no(n) lo volevano deponere /7/ et fatto ritirare la moglie di d(et)to Lutio dentro una Camera, et /8/ questo habia fatto senza ordine di superiore

935 Insgesamt werden in den Cargos 26 Anschuldigungen gegen Bartolomeo de Ligorio erhoben. Aus Platzgründen wird hier nur ein knappes Drittel betrachtet.

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Tabelle 15: Versionen der Cargos gegen Bartolomeo de Ligorio (Fortsetzung) AGS, V.I. 56 – 7 „Lo que resulta dalla visita Contra Bartolome de ligorio escrivano“ estuvieron muchos dias con trabajo, y’ Costa, y’ de mas desto encerrò a_la m(agnifi)ca Leonor /19/ Ferracina muger del d(ic)ho Lucio Piscicello, y’ à sus Criados, en unos aposentos, con /20/ mucho discomedimiento y’ poco respecto, y’ esto por su propria autoridad, y’ sin parecer /21/ que tuviese orden para ello de quien lo podia, y’ devia mandar /22/ 3 El dicho Bartolomeo tomo a_los dichos gentiles hombres los dineros que tenian, y’ par=/23/ticularmente al dicho lelio Imperato catorze ducados en Reales, y’ un doblon de oro /24/ y’ despues y’ à que a peticion del dicho Lelio le restituyò una parte de_los d(ic)hos dineros /25/ sequendo con otra parte diziendo que le tocavan per su trabajo /26/ 4 Al tiempo che tomo la plegeria para la habilitacion de_los dichos Lucio, y’ Marco Antonio /27/ piscicello recibio y’ tomò Cinco Carlines por parte de_los susodichos, no se le deviendo /28/ cosa alguna /29/ 5 Item al mismo tiempo de_la prison de_los susodichos, sacò da_la faleriquera del dicho Pedro /30/ paulo de leon viente y’ quatro Carlines, y se los llevò Contra su voluntad

AGS, V.I. 56 – 7 Responsiones et ex(cusatio)nes v(idelicet)

7r /10/ Quo ad (terti)um Capud /11/ Per lo quale si pretende che esso Bar(tolom)eo si piglio’ In suo potere /12/ li Dinari che tenevano d(e)tti giocatori, cio è d(uca)ti quattordici, /13/ et una dobla di oro de Lelio Imparato, et che poi cell’havesse /14/ restituitj, et tenutane per esso Bar(tolom)eo una parte per sue fatiche (…)

7v (…) /23/ Quo ad (quart)um capud /24/ Per lo quale si pretende che esso Bar(tolom)eo havesse stipulata la /25/ pleggiaria di d(et)to Lutio piscicello, et l’havesse pagati Car(li)ni /26/ Cinq(ue) per detta pleggiaria (…) 8r (…) /9/ Quo ad (quint)um Capud /10/ Per lo quale si pretende che quando pigliò detti giocatori havesse anco /11/ pigliatosi In suo potere Car(li)ni vintiquattro, che teneva detto Pietro /12/ paulo de lione, uno di detti giocatori /31/ 6 Demas de_lo susodicho, el dicho 8r /22/ Quo ad (sext)um Capud /23/ Per Bartolome de ligorio, tomò de Pedro paulo lo quale si pretende che esso Bar(tolom)eo de leon, y’ de ottavio /32/ y’ Lelio Imperato, havia havuti duc(a)ti octo da d(et)ti /24/ giocatori per mano di d(et)to Pietro Paulo y’ Juan vicenso galeota susodichos, ocho ducados, por mano del d(ic)ho /33/ Petro de lione (…) Paulo socolor de_la plegeria que avia tomado’ por ellos 8v /30/ Quo ad (septim)um Capud /31/ 1v /1/ 7 Aviendo sido preso Horatio de Cristina, Inquisido de homicidio, y’ Per lo quale si pretende che esso Contumaz a 15 de /2/ agosto de 79. siendo Bar(tolo)meo non volse recepere uno /32/ su Commissario el q(uondam) Jacobo guidatico di Horatio Cristino forascito, che Anello de Bottis teniendo un /3/ guidatico era Incappato /33/ preggione, quale

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Tabelle 15: Versionen der Cargos gegen Bartolomeo de Ligorio (Fortsetzung) AGS, V.I. 56 – 7 „Lo que resulta dalla visita Contra Bartolome de ligorio escrivano“ que le Concedio Carlo Spinello, coronel de Infanteria Italiana, lo /4/ presentò per orden del Commissario por medio de Anello de Christina patre del /5/ d(ic)ho Horatio al d(ic)ho Bartolome de ligorio, pediendole que le recibiese, y posiese /6/ en el processo para su defension, el d(ic)ho Ligorio no lo quiso recibir, diziendo que /7/ no era menester, por lo qual el d(ic)ho Horatio fue atormentado, y dende à Ciertos /8/ dias del trabajo de tormento y prision murio. /9/ 8 Al tiempo que se hizo el afronto y Carcamiento del dicho Horatio de Cristina, deviendo /10/ hazerse en presentia, y’ con Intervencion del d(ic)ho Jacobo Anello de Botis Comm(issar)io /11/ y‘ deviendo poner al d(ic)ho Horatio, en medio de personas semeiantes a el, y’ de su /12/ suerte, y vestido come se suol’ hazer, el d(ic)ho Bartolome hizo el d(ic)ho afronto /13/ sin Intervencion del d(ic)ho Comm(issar)io ni de Juez otro [interlinear: Juez] y le hizo poner entre unos sbirros /14/ quitandole de entre otras personas que traya consigo de su talle y’ manera

AGS, V.I. 56 – 7 Responsiones et ex(cusatio)nes v(idelicet) guidatico l’havesse p(rese)ntato Anello (cris)pino 9r /1/ patre di detto Horatio. Per lo che fò Carcerato, hebbe /2/ la Corda, et poi fosse morto per lo travaglio di detta /3/ Tortura, et Carcere (…)

9v (…) /27/ Quo ad (octav)um Caput /28/ Per lo quale si pretende che d(et)to Bar(tolom)eo habbia fatte le recognitioni, et /29/ affronti al d(et)to Horatio senza la p(rese)ntia del Commissario, et l’habia /30/ posto In mezo ad uno sbirro, et non In mezo à quelli s’haveva trovatj /31/ di sua taglia, et manera

Es ist klar erkennbar, dass die italienische Version knapper ausfällt als der ursprüngliche spanische Anschuldigungspunkt. Eine wörtliche Übersetzung liegt auch hier nicht vor. Das Anführen des jeweiligen Cargo in den eigenen Verteidigungen diente primär der Referenzherstellung. Die Tatsache, dass hier ein Sprachwechsel vorliegt, kann eventuell durch den Formulierungs- und Elaborationsprozess der Verteidigung erklärt werden, in deren Rahmen an einem bestimmten Punkt die inhaltliche Quintessenz des jeweiligen Anschuldigungspunktes auf Italienisch reformuliert wurde. Auch hier scheint der Übertragungsvorgang pragmatischen Erfordernissen geschuldet – die italienische Version entstand im Zuge der auf Italienisch

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

verfassten Verteidigung aber wohl nicht aus dem Grund, dass das Spanische nicht verstanden wurde. Anders verhält es sich im Falle eines Dokuments aus Simancas, das bei Coniglio ediert vorliegt.936 Das von Coniglio auf März 1537 datierte Schreiben, das als von der Sommaria ausgehender Consuntivo mit der Auflistung diverser Ausgaben und Einnahmen die finanzielle Situation des Vizekönigreichs darstellt und sich an den Vizekönig richtete, weist zwischen den einzelnen Punkten, die von der Sommaria angeführt werden, spanische Inhaltszusammenfassungen derselben auf: (1376) Iesus Relatione se dona al ill.mo s.or don Petro de Toledo viceré locotenente et capitaneo generale de la Maestà cesarea del anno VIIIe ind. si como il predicto ill.mo s.or in Collaterale Consiglio mandò de le quantità che per introyto et exito annotate in quillo lo mag.co Alonso Sanchez, regio thesoriero generale in lo regno de Napoli et del Conseglio Collaterale, se have facto introyto dal primo de septembro 1535 VIIIIe ind. proxime decurso et per tucto il mese de febraro 1537, la quale pecunia exapta è de lo anno predicto VIIIIe ind. secondo in le cedule de sua administratione sono state continuate le partite, come anchora de tucti altri introyiti et exiti facti in dicta generale Thesoreria per lo dicto tempo per altre cause, de le quale in lo bilanzo de la prefata Maestà cesarea non se è facta mentione, exceptuate le quantità per introyto poste de li donativi facti a la dicta Maestà cesarea peroche foro destinati a li merchanti et a li altri exiti de li quali in la presente relatione non se è havuto de ipsi ragione. Reservato de alcune quantità che realmente sono pervenute de contanti de la summa de li residui, con la distinctione de quello se resta ad exigere et ancho ad pagare de le dicte partite in lo dicto bilanzo de la prefata Maestà continuate. En esta rubrica se declaran dos cosas, la una que en esta relación no se da razón de los servicios si no de los otros introytos del reyno y de los residuos que son entrados o eran devidos a la nona ind., la otra es que declara como esta cuenta se saca de las mismas cedulas del thesoreroy no de otra parte y como se han tomado las cedulas desdel primero dia de setiembre de MDXXXV que empeçava la VIIIIa ind. hasta por todo el mes de hebrero MDXXXVII que es de la Xa ind. no porque quisiera tomar el introyto de la Xa ind. mas por tomar lo que ha entrado en ella que es devido a la VIIIIa ind. y no se ha contado sino por todo hebrero porque fasta allá se acabacaron de ver las cedulas del thesorero pero hay más introyto que es venido después, del qual no se habla en esta relación (…).937

Die spanischen Zusammenfassungen auf dem Dokument wurden eindeutig von anderer Hand verfasst, als das Schreiben der Sommaria. Es kann 936 Coniglio 1984 I, 241 ff. 937 AGS, EST 1027 – 49, Transkription nach Coniglio 1984 I, 241 f., [Hervorhebungen V.S.].

4.5 Mehrsprachige Kommunikation 3

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allerdings nicht festgestellt werden, ob die Resümierungs- und Übertragungstätigkeit noch in Neapel oder bereits in Spanien stattgefunden hat. Schwierig ist auch die Interpretation des nächsten Beispiels: Es handelt sich um ein Viglietto des Segretario del Regno Giovan di Soto an den Hafenmeister von Neapel Joan Troyano Estinca. Das spanische Viglietto gab diesem die Anweisung, das Schiff eines gewissen Antonino de Altavila mit einer bestimmten Quantität und Qualität Proviant versehen auslaufen zu lassen. Der Proviant wird auf dem Viglietto auf Spanisch aufgelistet.938 Auf der Rückseite des Viglietto finden sich von anderer Hand die einzelnen Bestandteile des Proviants auf Italienisch: (1377) [1r] Muy mag(nifi)co Joan Troyano estinca Guardian del Puerto desta C¸iudad La voluntad de su ex(celenci)a es que dexe partir de este puerto a Antonino de Altavila de napoles con su fragata de ocho bancos el qual va la buelta de n(uest)ra felicis(i)ma armada De pal(aci)o a XX de En(er)o 1560 a […] de v(uestra) m(erced) Soto Tambien sele dexaran llevar en la dicha fragata la ropa de comer que se sigue v(idelicet) – veinte quintales de mançanas – tres medias botas de tarales, susameli y friselos de bizcocho – un quartarol de […]i – un quintal de copeta – dos quintales de sobrasadas – veinte y çinco tum(ul)os de castañas y avellanas – tres quintales de higos – dos tum(ul)os de olivas – veinte arbarelos de conserva rosada y codoñ[…] [1v] mila cantara vinti tarallj sosamella […] di biscotto […] copeta duj quartarolj sorpissati duj cantara duj castangni nocillj tumila […] vinti cinco […] para cinqua(n)tase […] fici cantara 3 aulivj t(umul)a 2 un poco di (con)serva & […] circa arborellj 20. 939 938 Bemerkenswert sind im spanischen Text die nur teils morphologisch integrierten lexikalischen Entlehnungen, wie susameli und olivas. 939 AGS, V.I. 347 – 9, s.f., [Streichung im Original]. Der Archivbestand umfasst mehrere Viglietti von Soto, die nicht einzeln nummeriert sind. Die Folio- und Zeilenangaben in der Transkription beziehen sich somit nur auf das Viglietto, das hier transkribiert wurde, nicht auf den gesamten Bestand in AGS, V.I. 347 – 9.

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Worum handelt es sich bei der in Teilen sehr schlecht lesbaren italienischen Auflistung des Proviants auf der Rückseite des Viglietto? Eine Hypothese könnte lauten, dass der Hafenmeister für den Besitzer des Schiffes eine italienische Version des Viglietto anfertigen wollte und sich dabei einfach der Rückseite des Schreibens bediente. In diesem Falle, in dem man davon ausgehen müsste, dass der Seefahrer erstens alphabetisiert war und zweitens diesem das an den Hafenmeister gerichtete Viglietto ausgehändigt wurde, würde sich allerdings nicht erklären lassen, wie das Viglietto gemeinsam mit anderen an den gleichen Adressaten gerichteten Schreiben in das Generalarchiv nach Simancas gelangt ist. Eine andere Hypothese erscheint plausibler: Es ist denkbar, dass der Hafenmeister sich zu oder bei einer Kontrolle der Warenladung auf dem Schiff kurze Notizen machte und diese mit den Angaben auf dem Viglietto abgleichen wollte. Vorstellbar ist aber auch eine Situation, in welcher der Schiffseigner beispielsweise auf Zuruf die Quantität der jeweils zugeladenen Lebensmittel kundtat – dies würde beispielsweise die Nachstellung der Kardinalzahlen in der italienischen Fassung erklären. Gab es neben den gezeigten Vorgängen auch andere Übertragungstätigkeiten, welche explizit die Übersetzung einzelner Texte von einer Volkssprache in die andere vorsahen und nicht nur als Nebeneffekt eines administrativen Reduktions- beziehungsweise Synthetisierungsvorgangs auch einen Sprachwechsel zeitigten beziehungsweise pragmatischen Erfordernissen entsprangen? Die Untersuchung von Cáceres Würsig (2004) zu Übersetzungstätigkeiten in der Secretaría de Interpretación brachte mit eine Institutionalisierung der Übersetzung am spanischen Hof eine Strategie des Umgangs mit Sprachenpluralität ans Licht, die moderne Züge trägt. Die 1527 gegründete Secretaría de Interpretación war neben anderen, direkt in den Räten mit Übersetzungsaufgaben betrauten mehrsprachigen Personen, die privilegierte Übersetzungsinstanz am spanischen Hof.940 Durch die Vielsprachigkeit der habsburgischen Territorien und die diplomatischen Beziehungen auch mit fernen Ländern war diese Einrichtung von großer Bedeutung: Die am meisten übersetzten Sprachen während der Regierungszeit von Karl I. von Spanien waren zwar die europäischen Sprachen Latein, Französisch, Italienisch, Portugiesisch und Katalanisch,941 allerdings war die Bandbreite durchaus größer: 940 Vgl. Cáceres Würsig 2004, 51 ff. 941 Cáceres Würsig 2004, 53.

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Merced à la organización que acertò a’ dar Gracián en esa época [1527, V.S.] a’ la oficina, empezò a’ traducirse en ella, además del árabe, turco, sirio y persa, del y al latín, flamenco, toscano, alemán y francés, no solamente la multitud de papeles que llegaba de Roma, Flandes, Italia, Francia y Alemania, sino también los que iban allá: que, a la sazón, y durante un largo transcurso de tiempo, no se limitò la Interpretación de Lenguas a’ poner en castellano los documentos que recibía, sino que también los traducía en los idiomas expresados antes, y los autorizaba, con la circunstancia de que todavía bajo el reinado de Felipe IV, el nombramiento de Juan Botin (Cédula de 8 de Agosto de 1641) para secretario de alemán, previene que es con el cargo de refrendar todos los despachos y cartas que firma S.M. en aquella lengua.942

Was aber wurde in dieser Institution übersetzt? Cáceres Würsig gibt hierzu folgende Information: El principal cometido de la Secretaría de Interpretación de Lenguas consistía en traducir todos los documentos que llegaban a la oficina o al domicilio particular del secretario. Estos podían proceder de cualquier órgano de la Administración y se llamaban, como ya anticipamos ‘papeles de oficio’.943

Die Übersetzungsaufträge für verschiedene Arten von Dokumenten wurden folglich von den Räten des spanischen Konsiliarsystems an die Secretaría de Interpretación herangetragen.944 Neben dieser gab es, wie bereits erwähnt, aber vermutlich auch in den einzelnen Räten Übersetzer, so z. B. im Staatsrat und im Italienrat.945 Das einzige Zeugnis einer solchen expliziten Übersetzungstätigkeit, das im Lauf der Forschung für die vorliegende Arbeit ausfindig gemacht werden konnte, ist die spanische Übersetzung einer auf den 9. September 1643 datierten Consulta der Sommaria, auf der Folgendes vermerkt ist: „Copia traducida de italiano“.946 Darüber hinaus wird im Voto von Heronimo Muñoz, das die nötigen Qualitäten des zu designierenden Visitators beschreibt und darunter auch die Sprachkenntnisse nennt (vgl. 4.3.2), implizit auf eine mögliche Mittlerfunktion von Übersetzern und Dolmetschern verwiesen. Allerdings wird deren Einsatz in diesem Fall aus Gründen der Diskretion und Geheimhaltung wohl eher vermieden, denn explizit gefördert.947 942 943 944 945 946 947

Juderias Bender 1885, 156. Cáceres Würsig 2004, 103. Vgl. Cáceres Würsig 2004, 111. Vgl. Cáceres Würsig 2004, 141. Eine Transkription des Dokuments findet sich in Coniglio (1991 III, 1515 ff.). Der entsprechende Passus lautet: „1 Que sepa la lengua para no star sugeto à una traducion falsa o mal entendida del traductor, o interprete, o tal papel le pueden dar que no(n) convenga que lo entienda otro que el Visitador“ (AGS, Secretarías provinciales 227, Voto de don heronimo Muñoz, 07. 04. 1644).

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Wie lässt es sich aber nun erklären, dass für die neapolitanische Verwaltungskommunikation trotz des Vorhandenseins einer Einrichtung wie der Secretaría de Interpretación und der offensichtlichen Präsenz von Übersetzern in Spanien und vermutlich auch in Neapel über einzelne Beispiele hinaus keine systematischen, primär die Überführung eines Textes von einer Sprache in eine andere zum Ziel habenden, und nicht im Zuge administrativer Synthetisierungsverfahren ‘nebenbei’ erfolgenden Übersetzungstätigkeiten festgestellt werden konnten? Auch hierfür könnte die Annahme, dass die Überwindung der sprachlichen Diversität hauptsächlich durch die Mehrsprachigkeit der Personen – angefangen von „rezeptiver Mehrsprachigkeit“ bis hin zu sehr guten bilingualen auch aktiven Kompetenzen einzelner Personen – erfolgte, ein möglicher Erklärungsansatz sein. Die Toleranz der Vielsprachigkeit war zweifellos politisches Programm – die frühe Einrichtung eines Übersetzungsdienstes spricht ebenso dafür wie auch andere Strategien des Umgangs mit sprachlicher Pluralität, wie z. B. gerade das Fehlen expliziter ‘sprachpolitischer’ Regelungen. Sprachkenntnisse in verschiedenen Volkssprachen wurden dem Adel und den Monarchen als selbstverständlich abverlangt. Das Toskanisch-Italienische hatte dabei in Spanien und Europa eine besondere Stellung inne: Con el paso del tiempo, el latín se fue relegando más y más al ámbito escrito, mientras que en el trato cortesano emergen en primer lugar el italiano y después el castellano y el francés. En la segunda mitad del siglo XVI, en el nivel oral y en el trato cortesano, las lenguas más extendidas fueron primero el italiano y después el castellano. La lengua italiana conoció una difusión muy importante en esta época estimulada por la literatura y el arte italianos. Carlos V, Francisco I de Francia e Isabel de Inglaterra dominaban el italiano y lo utilizaban en ocasiones para redactar cartas. La mayoría de los cortesanos de Felipe II hablaba más el italiano que el francés. Esta lengua también se impuso en la corte de los Habsburgo, además del español. Los ingleses de la época de Isabel I conocían mejor el italiano que el francés. En la corte francesa gobernaron dos reinas italianas […] y su influencia se hizo patente entre los cortesanos franceses, hasta el punto de que el francés recibió una importante aportación de vocabulario italiano.948

Umgekehrt war das Kastilische durch die politische Dominanz Habsburgs mit ihrem politischen Zentrum Kastilien in der Verwaltungskommunikation autorisiert und wurde – denkt man beispielsweise an die Cargos in den Visitationen – in Neapel vermutlich auch von einfachen Amtsträgern zumindest verstanden. Bevor in Kapitel 5 dieser Gedanke wieder aufge948 Cáceres Würsig 2004, 31.

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nommen wird, werden im folgenden Abschnitt Hinweise auf Vorgänge des Vorlesens innerhalb der Regia Camera della Sommaria, des Consiglio Collaterale und des neapolitanischen Parlaments sowie bei der Protokollierung der Aussagen innerhalb der Visitationen zusammengeführt und in den Kontext der Analyse des Umgangs mit Sprachenpluralität und den daraus resultierenden Formen der Mehrsprachigkeit gestellt. 4.5.4 Vorlesen (Medienwechsel II) Eine besondere Form der Weitergabe von Inhalten an ein bestimmtes Gremium oder ein breiteres Publikum ist der Vorgang des Vorlesens. Kommunikationssituationen, in denen ein schriftlich fixierter Text vorgelesen wird, stehen Prozessen der Verschrift(lich)ung des zuerst gesprochenen Textes gegenüber, wobei „der Leser in der Vorlesesituation den Text oralisiert“.949 Der Bereich der Oralisierung eines schriftlich fixierten Diskurses entzieht sich in der Diachronie nahezu vollends der wissenschaftlichen Rekonstruktion. Wie genau z. B. das Vorlesen der Kommission des neuen Vizekönigs am 14. 06. 1559 in Neapel, das im bereits in 4.3.1 als Beispiel (1263) zitierten Ausschnitt aus dem Buch Notamentorum der Regia Camera della Sommaria erwähnt wird, verlaufen ist, lässt sich nicht mehr nachvollziehen: oy a veinte horas lo Ill(ustrissi)mo y ex(cellentissi)mo s(eñor) virey salio de palacio acompanado de todos los tribunales, y de la nobleza y cavalleria y […] y fuè a_la […] mayor donde fue leyda su comissio(n) de visorey deste reyno y despues de dicho el te deum cantam(us), se unio y delos castillos se le hizo grande salva.950

Ad-hoc-Übersetzungsvorgänge lassen sich für den angeführten Vorgang ebenso wenig mit Sicherheit ausschließen wie das Vorlesen eines (spanischen) Textes, der vom Publikum nicht oder nur unzureichend verstanden 949 Schlieben-Lange 1983, 49. Schlieben-Lange (1983, 48) ordnet die beiden Vorgänge ‘Protokollieren’ und ‘Vorlesen’so auch gemeinsam dem Bereich der Semi-Oralität zu. Zu Aspekten des Medienwechsels, bei dem im Rahmen von Verschriftungs- und Verschriftlichungsvorgängen eine zunächst mündlich erfolgte Kommunikation in das Medium der Schrift überführt wird vgl. 4.3.1. 950 ASN Sommaria – Notamentorum 34, 227v, Eintrag vom 14. 06. 1559, [Hervorhebung V.S.].

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

wurde.951 Es können für die Rekonstruktion von Vorgängen der Verlautlichung und Vermündlichung952 nur metasprachliche Quellen herangezogen werden, die als Hinweise auf die Existenz von Prozessen des Vorlesens gewertet werden können, auch wenn sie meist nicht Aufschluss über den genauen Ablauf dieser Prozesse geben. Im Folgenden werden dennoch exemplarisch einige Momente der Verwaltungskommunikation beschrieben, in denen die Oralisierung eines schriftlich fixierten Diskurses regelmäßig auftrat.953 Vorlesen in der Regia Camera della Sommaria In der Regia Camera della Sommaria lief sowohl von über- als auch von untergeordneten Institutionen, von einzelnen Amtsträgern, von Bittstellern sowie Parteien fortwährend schriftliche Korrespondenz ein. Dadurch wurde in dieser wie auch in anderen Verwaltungsorganen ein großer Teil der Arbeitszeit der Funktionäre auf die Beschäftigung mit den eingegangenen Briefen verwendet. Dies wird eindrücklich durch den Bericht belegt, den der Notador Decio Raparo vor dem Visitator bezüglich der Nutzung der Arbeitszeit im Gericht gibt: En la d(ic)ha Ciudad de Nap(ole)s a’ ocho dias del Mes de Hebrero de Mill e qui(nient)os y ochenta tres Años antel d(ic)ho señor Visitador pareçio pres(en)te Decio Raparo secretario ò notador de_la regia Camara sum(m)aria del qual tomo […] Juramento en forma devida de derecho de dezir verdad de_lo que supiere y le fuere preg(unta)do socargo del qual dixo ser de edad de quarenta y uno Años 1 Preguntado que diga y declare como se gastan las oras en cada dia de toda la semana en e Tribunal de_la regia Camera de_la Sumaria y Como se govierna el d(ic)ho Tribunal, Dixo que ese t(estig)o como notador qu_es de_la d(ic)ha regia Camara dira todo lo que passa conforme a_lo que le […] preg(unta)do lo qual es de_la manera q(ue) se sigue, que cada lunes se hazen causas en las quales el fisco es actor referiendolas y prepuniendolas los presidentes que son comiss(ari)os dellas, cada uno en su ora, el Martes, en 951 So führt Hafner (2009, 114) an, die Ansprachen der Vizekönige ans Volk seien übersetzt worden. In der Forschung für die vorliegende Arbeit wurden keine Hinweise zur Stärkung oder Widerlegung dieser These gefunden. 952 Vgl. Schlieben-Lange 1988, 5. 953 Es handelt sich hierbei um ausgewählte Beispiele. Auch andere, hier nicht ausführlich dargestellte Prozesse des Vorlesens sind belegt. So geht z. B. aus einer Befragung Francesco Palumbos hervor, dass ihm die Instruktionen der Razionali vorgelesen worden seien: „E quanto al cumplime(n)to delas Instructiones de su M(agesta)d cath(oli)ca las quales fueron leydas a este d(ic)ho t(estig)o en qua(n)to toca alos dichos Rationales dixit che crede che tutte se observa(n) e non sape che à quella se contravenga“ (AGS, V.I. 5 – 3, 33v /22/ – /25/).

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enpecando a regirse el Tribunal se entienden las cartas que se embian al d(ic)ho Tribunal por ministros y otros de cosas, que por lo ordin[…] son por servicio del fisco y despues se entienden los raçionales […] las Relaçiones que hazen por deduciones de significatorias que se pretenden por los ministros contra los quales son despachadas las d(ic)has significatorias y se hazen las deduçiones que parece deverse hazer y se entienden y es oydo el Perceptor de_las significatorias, en las cosas que propone de su officio y di sobra t(iem)po el d(ic)ho dia se entiende en oir algunos rationales en cosas de cuentas y de sus officios y las cart(as) que tiene […] las refiere Paulo de Curtis y a el se encarga que responda lo que […], el Miercoles se spiden las causas que son de partes contra el fisco y de partes contra partes en que pretende el fisco interes, y assi mismo conocen de algunas causas y negocios de Gabellas de Universidades ò e appellaçiones de algunos officiales de_las quales la sumaria a de conocer ò otras semejantes, referiendo cada Presidente en su ora las tales causas delas quales ellos son Comissarios, el Jueves al principio de_las oras se refieren cartas y sentiende en ellas ni mas ni menos quel Martes y son oydos los rationales en las Relaçiones de sus cuentas y relevios, el Viernes en el principio del Tribunal se oyen las cartas y despues Tambien alos d(ic)hos Raçionales sobre la relacion delas (cuent)as y en la Ultima ora confieren y acuerdan las cosas q(ue) se an de tratar a_la tarde en Collateral, y a_la Tarde va todo el Tribunal ques el lugarTen(ien)te y Presidentes letrados y Idiotas y abogado fiscal al Collateral donde hazen relaçion en presençia de su ex(cellenci)a de_las causas y negoçios que llevan acordadas, y el sabado se haze lo mismo q(ue) se haze el Miercoles, y se refiere lo que resulto del Cons(ej)o Collateral del dia precedente y se dize a este t(estigo) para que lo note y ponga en el libro notamentorum conforme a su cargo.954

Die Auskunft hinsichtlich des genauen Verfahrens, in dem die Briefe „se refieren“ und „se oyen“ bleibt vage. Aus der Aussage lässt sich nicht erkennen, ob es sich bei den Vorgängen, auf die Raparo sich bezieht, um wortgetreues Vorlesen oder um Resümierungsvorgänge (vgl. 4.5.3) handelt. Außer Zweifel steht allerdings durch die oben stehende Aussage, dass der Inhalt der eingehenden Briefe vor dem entscheidenden Gremium der Presidenti und dem Luogotenente medial mündlich vorgetragen wurde, da die Briefe „angehört“ wurden.955 Ob die schriftlich vorliegende Information immer ausschließlich durch eine Tätigkeit des wörtlichen Vorlesens übermittelt wurde oder auch zumindest teilweise Vorgänge der – an dieser 954 AGS, V.I. 32 – 1, Prozess gegen den Luogotenente und die Presidenti der Sommaria, 231v /18/ – 232v /9/, Aussage des Notador Decio Raparo am 8. 02. 1583, [Hervorhebungen V.S.]. Der Text wurde bereits als Beispiel (1303) für die Rekonstruktion des Repertoires von Decio Raparo herangezogen. An dieser Stelle wird er als metasprachliche Quelle aus einer anderen Perspektive betrachtet. 955 Eine zusätzliche Lektüre durch einzelne Personen ist dadurch selbstverständlich keineswegs ausgeschlossen.

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4. Manifestationen der Sprachenpluralität

Stelle mündlichen – Inhaltszusammenfassung und / oder eventuell der parallelen Lektüre anzunehmen sind, kann vom heutigen Standpunkt aus nicht beantwortet werden. Vorlesen im Kollateralrat Auch für das Alltagsgeschäft im Kollateralrat sind Prozesse der Oralisierung eines schriftlichen Diskurses und insbesondere des Vorlesens metasprachlich belegt. Dies soll anhand zweier Beispiele illustriert werden, die der extrainstitutionellen und der interinstitutionellen Kommunikation zugeordnet werden können. Im ersten Fall handelt es sich um Eingaben, die ‘von unten’, von Parteien und teils auch Institutionen an den Consiglio Collaterale gerichtet wurden, im zweiten Fall dagegen um königliche Briefe und Anweisungen. Die Memoriali Bezüglich des Vorlesens der an den Vizekönig gerichteten Bittgesuche, der Memoriali, über die der Kollateralrat zu entscheiden hatte, gibt uns Horatio Mollo, einer der Cancellieri der Cancelleria Auskunft: 2 Int(errogatus) se veneno li detti scrivanj di mandamento ogni giorno post prandium à leggere li mem(oria)li nel conseglio coll(ateral)e, et quanti veneno, et che manera tengono di espedire li mem(oriali) Dixit che ha visto esso t(estimon)io che doi scrivanj di mandame(n)to, et alle volte più, e’ ben vero che li regenti ordinano sicome ha’ visto ordinare esso t(estimon)io quando sono più di doi che vadano fuora del conseglio coll(ateral)e, et restino doi tantum, et li detti doi il di di collaterale che fanno tra di loro concerto d’andarno ogni di doi dividendosi tra di loro, et in detto Conseglio coll(ateral)e in la prima hora alle volte detti doi scrivanj di mandamento legono li mem(oria)li di giustitia che portano In loro manj in presenza de_li regenti dove ancora persiste il segretario del regno, et alle volte che e’ la maggior parte, et quasi sempre che si ha da leggere de_li detti mem(oria)li li danno in mano de_li detti regenti, et essi medesimi Regenti ogni uno da per se legge li mem(oria)li che tiene in mano, et ordina a’ detti scrivanj di mandam(en)to quello che si appunta, et il scrivano di mandamento che piglia il tale ordine lo nota in piede, o’ indorso del mem(oria)le et doppo’ finita la hora fuora del detto Conseglio coll(ateral)e se ne vanno detti scrivanj di mandame(n)to, et dice di piu esso t(estimoni)o che si costuma di due manere lo leggere, et ordinare de_li decreti neli mem(oria)li In detto Conseglio coll(ateral)e, cio e’ che il secretario del regno da li soi memoriali allo piu antico Regente, et li doi scrivanj di mandamento danno li loro memorialj alli altri doi regenti, et ogni regente legge da per se solo senza

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che gli altri regenti lo intendano, et quando li pare che sia negotio di darne parte alli compagni, dice oretenus quello che il mem(oria)le prepone, et si vota per tutti tre, et il segretario, o’ scrivano di mandamento di chi e’ il negotio nota in detto memoriale quello che si conclude, et quando al regente che legge il mem(oria)le non li pare che sia negotio di trattarlo et comunicarlo con gli altri compagni si resolve da se solo et ordina con parole basse sum[…] voce al segretario, o’ scrivano di mandamento di chi e’ il negotio quello che si ha da decretare, et cosi si appunta, et s’essegue, lo che si e’ osservato di questa manera da tempo del governo del quon(dam) s(igno)r Marchese de Mondejar, et in la prima hora del detto conseglio coll(ateral)e et a’ tempo che non ci e presente il s(igno)r Vicere Et per prima ha visto esso t(estimon)io osservare che li mem(oria)li si leggevano In detta prima hora per il segretario, et per li scrivani di mandamento Alta voce un memoriale per ciascuno a turno et il primo regente diceva quello che li pareva che si dovesse decretare, et se alli altri regenti li occorreva alcuna cosa ci replicavano, et si votava et quello che la maggior parte era di voto si poneva in essecutione, et quando non li occorreva cosa nessuna si notava, et essegueva quello che il detto primo Regente diceva, et votava, et questo esso t(estimoni)o lo sa de causa scientia per che dall’anno 1564 mille cinquece(n)to sessanta quattro per Insino all’anno 1575 che corsero da undece anni sempre intrò in tutti li consegli nel detto coll(ateral)e leggendo li memoriali tanto In detta prima hora quanto avante li s(igno)ri vicere che furono In quelli tempi li memoriali in luogo del segretario del regno per ordine di detti s(igno)ri Vicere 3 Int(errogatu)s quale de_li predetti doi modi di leggere, et ordinare le decretationj In detti memoriali li pare ad_esso t(estimon)io che sia megliore Dix(it) che li pare che sia piu’ a preposita che si leggano come per prima si leggevano, et provedevano che era Alta voce che ogni uno l’intendeva di detti regenti, et posseva dire il suo voto.956

In seiner Aussage beschreibt Horatio Mollo die verschiedenen Verfahrensweisen, die bei der Besprechung der Memoriali im Kollateralrat angewandt wurden. So war es wohl zunächst üblich, dass die Scrivani di mandamento nacheinander die Memoriali laut vorlasen, damit jeder Reggente des Kollateralrats Kenntnis von diesen nahm. Später veränderte sich dieses Prozedere laut der Aussage Mollos dahingehend, dass die Scrivani di mandamento und der Segretario del Regno den verschiedenen Reggenti die einzelnen Memoriali zur stillen Lektüre überreichten und nur wenn ein Reggente es für nötig befand, dieser den Inhalt des ihm vorliegenden Schreiben den anderen mündlich mitteilte. Der aussagende Zeuge bedauert allerdings diesen Wandel und stellt fest, dass durch das laute Vorlesen der Inhalt der Suppliken allen Reggenti zugänglich wurde und sie somit auch mit über das weitere Verfahren in der Sache – die jeweils auf dem Memoriale anzubringende Decretatione – entscheiden konnten. Im 956 AGS, V.I. 31 – 1, Prozess gegen die Scrivani di mandamento, 44r /9/ – 45r /5/, Aussage von Horatio Mollo, [Streichung im Original, Hervorhebungen V.S.].

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Gegensatz zur Finalität des Protokolls, welches eine ursprünglich mündlich ablaufende Kommunikationssituation durch die Transposition ins schriftliche Medium nicht anwesenden Personen zu einem späteren Zeitpunkt zugänglich macht, hat das Vorlesen hier die Finalität, einer Gruppe von Personen Kenntnis über eine vorausgegangene schriftliche Kommunikation zu verschaffen. Die königlichen Briefe In einer ähnlichen Funktion wie im Fall der Memoriali – Verfügbarmachung von Information für eine Gruppe von Personen – ist das Vorlesen der an den Vizekönig gerichteten Anordnungen des Königs vor dem Kollateralrat zu sehen. Philipp II. ordnete am 3. Januar 1593 explizit an, seine Briefe und Anweisungen mögen vor dem Kollateralrat verlesen werden, wie die Prammatica VII der von Giustiniani unter dem Titel „De Officio Secretarii seu a Libellis et his, quae incumbunt in Regia Cancellaria, Nunc vero in Regali Camera Sanctae Clarae“957 zusammengefassten Prammatiche belegt: Tra gli altri capi dell’Ordinazioni, Constituzioni, e Prammatiche generali, la Maestà del Re N. Signore per la Real lettera de’ 3. Gennajo del 1593 ha comandato stabilire e guardare in questo Regno di Napoli, procedenti della visita, che in esso fece il licenziato D. Lopez de Guzmán per commissione, ed ordine di S.M. vi sono gli infrascritti, videlicet. 1. De no se haver registrado las cartas, y ordenes, que de un tiempo à otro he ydo donando à mis Virreyes, tanto en materia de Govierno come de Justicia, y hazienda, ha sucedido con la mudanza de los Ministros, y Officiales, que por no tener noticia dellas se han contravenido, y alterando en muchas cosas, y conveniendo prevenir à este enconveniente, y que los Ministros, que entraren a servirme de nuevo, tengan entera noticia de las dichas ordenes; Mando, que mi Secretario del Reyno registre todas las dichas cartas y ordenes y vaya dando copia dellas a los Regentes, para que esten advertidos dellas, avisandome al cabo del ano de las que assi huviere registrado, y dado à los dichos Ministros, a fin que yo sepa, y entienda de la manera, que esto se cumple, y executa; y para que se pueda mejor hazer, y cumplir, ordeno, que mi Visorey luego que haya recibido las tales ordenes, y cartas, las haga leer en Collateral, y entregar a mi Secretario para que las pueda registrar, como se le manda […] 7. Et volendo Noi, che gli ordini, e mandati di S.M. abbiano loro debita esecuzione, ed effetto, Vi diciamo, ed ordiniamo, che dobbiate osservare, ed eseguire da’ detti Regj Scrivani di mandamento, ed altri Officiali e Scrivani di cotesta Regia Cancelleria inviolabilmente quanto per la M.S. viene ordinato, e comandato ne’ preinserti Capitoli, ed ordini, juxta sui seriem, et tenorem, a’ quali similmente ordiniamo, e comandiamo, che in quanto a loro tocca li 957 Giustiniani 1805, 230 ff.

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debbano eseguire ed osservare ad unguem, senza replica, nè diminuzion alcuna; e cosi s’esegua per quanto si ha cara la grazia, e ‘l servizio della predetta Maestà. Datum Neap. die 17 mensis Augusti 1594. El Conde de Miranda958. Vid. Moles Reg. Vid. Ribera Reg. Vid. Gorostiola Reg.959 In Cur. 9. fol. 30960

Da für die königlichen Briefe davon auszugehen ist, dass diese meist auf Spanisch verfasst wurden und auch auf Spanisch in Neapel beim Vizekönig eingingen, kann für das Vorlesen derselben angenommen werden, dass dieses ebenfalls auf Spanisch erfolgte. Im Falle der Memoriali hingegen ist es wahrscheinlich, dass diese teils auf Spanisch und teils auf Italienisch vorgelesen wurden, da sie teils auf Spanisch und teils auf Italienisch verfasst waren.961 Vorlesen vor dem Parlament Neben anderen Schriftstücken wurden Briefe des Königs – schenkt man der wiederholten metasprachlichen Referenz auf diese Tätigkeit in den Akten Glauben – auch vor den Vertretern des neapolitanischen Parlaments vorgelesen. Im Folgenden soll auf ausgewählte Momente des Vorlesens aufmerksam gemacht werden, auf die in den von D’Agostino (1984) edierten Akten des neapolitanischen Parlaments hingewiesen wird. Nach der Einberufung des Parlaments durch den Vizekönig wurde bei dessen Zusammenkunft zunächst durch den Segretario del Regno 962 der 958 Vizekönig Juan de Zúñiga y Avellaneda (1586 – 1595), vgl. Musi 2000, 30. 959 Ribera, Gorostiola und Moles waren allesamt Reggenti des Kollateralrats (vgl. Intorcia 1987, 247). 960 Giustiniani 1805, 242 ff., [Kursivierung im Original, Hervorhebung V.S.]. Lateinische Randvermerke aus Giustiniani wurden nicht übernommen. 961 Man denke hier beispielsweise auch an die italienischen und spanischen Memoriali, die sich in den Consulte der Sommaria zitiert finden. Vgl. 4.5.2. 962 Vgl. auch D’Agostino G. 1979, 17 f.: „In tali lettere, di cui si dava pubblica lettura nella seduta d’apertura dei lavori dell’assemblea, erano esposte le ragioni per le quali si rendeva necessario sollecitare dal parlamento la concessione del ‘donativo’, cioè del contributo in denaro che gradualmente si era risolto per il Regno in una gravosa imposta diretta ordinaria: per lo più, le enormi e sempre crescenti ‘necessidades’ del Patrimonio reale, debilitato dall’erogazione continua di ingentissimi fondi a sostegno dello stato di guerra pressoché costante della Monarchia spagnola in questo periodo.“ Zur Information, dass die Lektüre durch den Segretario del Regno erfolgte, vgl. D’Agostino 1979, 24: „Sistematisi tutti ai propri posti e fattosi silenzio, il Viceré comandava all’‘Usciero’ di chiamare il segretario del Regno (o il funzionario che occasionalmente ne svolgeva le mansioni) al quale chiamato e inginocchiato porgeva la lettera del sovrano perché la leggesse. La lettura era fatta a voce chiara e forte perché fosse intesa da tutti: vi si riferiva l’assillo del re per le spese sempre maggiori che doveva sostener per ,el sostiento de mis esercitos, y armadas, defensa y conservacion

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königliche Brief verlesen, der die Versammlung erforderlich gemacht hatte. In einigen Fällen findet sich der königliche Brief in den Akten des jeweiligen Parlaments im spanischen Wortlaut eingefügt,963 in den Akten anderer Parlamentsversammlungen fehlt er dagegen.964 Meist werden nach den Beratungen des Parlaments auch die während dieser formulierten Bittgesuche noch einmal vorgelesen.965 Bei diesen Vorgängen waren andere Amtsträger für die Lektüre zuständig, so z. B. der Sekretär der Città di Napoli.966 Als Beispiel für die metasprachliche Thematisierung der systematischen Vorlesevorgänge vor dem Parlament werden aus den in D’Agostino (1984) edierten Akten die Stellen aus dem Parlament von 1560 herausgegriffen, die auf diese Prozesse der Oralisierung verweisen. Zu Beginn des

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de la paz publica’, come egli stesso si esprimeva, l’impossibilità a farvi fronte in modo diverso dal richiedere al Regno i donativi, il rammarico di non poter alleviare i sudditi dai pesi cui erano sottoposti date le sfavorevoli circostanze, l’assicurazione della sua buona disposizione a venir loro incontro appena possibile e la certezza che la sua richiesta avrebbe trovato il consueto e lieto (sic) consenso.“ Der explizite Verweis darauf, dass der Segretario del Regno kraft seines Amtes mit dem Verlesen der das Parlament eröffnenden Briefe des Königs betraut war, findet sich z. B. in folgendem Abschnitt des Parlaments von 1566, in dem einmal mehr der Segretario del Regno Soto von einem Scrivano di Mandamento vertreten wird: „Arrivato Sua Eccellenza in Santo Lorenzo, et seduto nella sua sedia nel apparato solito, per ordine suo fu letta l’infrascritta lettera scrittali da Sua Maestà per la celebratione di detto parlamento, per lo magnifico Guerrera scrivan di mandamento ne la Regia general Cancellaria per [sic] secretario, del tenor sequente: […]“ (nach D’Agostino G. 1984, 191). Unter anderem im Parlament von 1579 verlas Bastida de Muñatones als Segretario del Regno den königlichen Brief (D’Agostino 1984, 461). Vgl. z. B. D’Agostino G. 1984, 39 f. Vgl. z. B. D’Agostino G. 1984, 119. Vgl. z. B. D’Agostino G. 1984, 589: „A 7 di detto di ottobre in dì della festività della gloriosa Santa Maria della Vittoria si conferì in S. Lorenzo il Signor Viceré accompagnato da detto Signor Sindico Signori eletti, Baronaggio e Signori officiali Regij com’è il solito. E sedutosi nella sedia in detto apparato […] fu per detto Signor Sindico referitoli con quanta prontezza d’animo s’era concluso detto Servitio, così come l’Eccellenza Sua in nome della Maestà del Re Nostro Signore haveva comandato, e come si contiene più particolarmente nell’offerta che per detto signor Sindico se li presentava letta per Sua Signoria presentia dell’Eccellenza Sua e di tutti l’altri predetti Signori, qual è del tenore seguente […].“ Vgl. z. B. D’Agostino G. 1984: 81, 277, 403. Der Stadtsekretär führte augenscheinlich auch das Protokoll, wie aus folgendem Passus aufscheint: „A 19 Giugno 79 Nel parlamento Generale è stata presentata per lo Signor Cesare Miroballo deputato del Parlamento, et in nome delli sottoscritti signori suoi compagni la presente comparsa all’Illustrissimo Signor Sindico congregato in detto Parlamento, e letta da me Secretario alta voce […]“ (D’Agostino G. 1984, 545, [Hervorhebung V.S.]).

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Parlaments von 1560 wurde nach einigen einführenden Worten des Vizekönigs der an diesen gerichtete spanische Brief des Königs und im Anschluss daran ein auf Italienisch verfasster Brief des Vizekönigs an die Vertreter des Parlaments zu Gehör gebracht: A dì XI del mese de giuglio 1560 per detto Illustrissimo et Eccellentissimo Signor Vicerè è stato celebrato parlamento generale in nome di sua Maestà, in loco solito di San Lorenzo, dove sono intervenuti la fidelissima Città di Napoli, Baroni et terre demaniali del presente Regno; et in detto parlamento comparse per Sindico lo Signor Giovan Maria […] di Costanzo, del seggio dela Montagna, al qual per ordine di rota toccava farsi il Sindico, precedendo detta città secondo il solito a tutti Baroni del Regno et Università demaniali; et arrivata Sua Eccellenza in San Lorenzo accompagnata more solito et postasi in la sua sedia nel loco a detto effetto apparato, et per lei dette alcune parole, qualmente detto parlamento si convocava per ordine di Sua Maestà nel presente Regno fu letta l’Infrascritta lettera inviata da detta Maestà a Sua Eccellenza, del tenor sequente, videlicet: [es folgt ein Brief des Königs an den Vizekönig auf Spanisch].967 Et letta detta lettera fu anco per ordine di sua Eccellenza letta per detto Signor Secretario in sumptis quello che Sua Eccellenza haveva d’intention de supplire a bocca per la credenza datali in quella da Sua Maestà, qual fu del tenor sequente [es folgt ein italienischer Brief des Vizekönigs an das Parlament].968

Im Parlament von 1560 wurde – im Unterschied zu den Parlamentsversammlungen anderer Jahre – auch am zweiten Tag der Versammlung, nunmehr durch den Segretario della Città, ein weiterer spanischer Brief des Königs vorgelesen, der sich diesmal direkt an die Mitglieder des Parlaments richtete: Lo dì appresso che forno li 12 del sopradetto mese, si congregorno in detto apparato il detto Signor Sindico, Baronaggio et Procuratori deli Baroni absenti, et dele Università delle Città et terre demaniali, presentate per lloro et admesse le lloro procure, con potestà che non si facci pregiuditio alcuno a dette Università et terre demaniali per la pretendentia lloro, et fu letta in presentia di detti Signori per il Secretario della Città un’altra lettera inviata per la Maestà Sua alla Città, Baronaggio et Regno et invyatali a quel tempo per il detto Signor Secretario Soto per ordine di Sua Eccellenza, del tenor seguente, videlicet: [es folgt ein Brief des Königs auf Spanisch].969

An einer anderen Stelle findet sich ein Hinweis darauf, dass die Offerta, die das Parlament erarbeitete, zu einem späteren Zeitpunkt dem Vizekönig vorgelesen werden sollte: 967 D’Agostino G. 1984, 77 ff., [Hervorhebung V.S.]. 968 D’Agostino G. 1984, 79 f., [Hervorhebung V.S.]. 969 D’Agostino G. 1984, 81, [Hervorhebung V.S.].

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Lo dì sequente che foro li 14 si congregorno detti Signor Sindico et Signori Deputati del Baronaggio, senza li Signori Deputati dela Città, et se reassumpiero li voti sopra l’esaptione et repartimento di detto donativo, conforme a la infrascritta offerta la quale si haverà da legere et offerire per lo detto Signor Sindico a Sua Eccellenza lo dì che sarà chiamata per riciverla.970

Bevor die Offerta und die Bittgesuche allerdings tatsächlich dem Adressaten kommuniziert wurden, wurden im Parlament selbst die formulierten Bittgesuche vorgelesen, gegebenenfalls ergänzt und nochmals vorgelesen: Lo dì appresso che foro li 16 essendono congregati detti Signori Sindico et Signori Deputati della Città et Baronaggio, forno lette le dette suppliche per le sopraddette gratie per lo Secretario dela Città.971 L’altro dì appresso 18, congregati li sopradetti Signori Sindico et Signori Deputati et seduti nel modo predetto forno lette tutte le gratie che si haveano da dimandare, tanto a Sua Maestà com’a Sua Eccellenza scripte et affinate per ordine di detti Signori Deputati.972

Schließlich wurde in Anwesenheit des Vizekönigs die durch das Parlament an diesen gerichtete Offerta vorgelesen: Lo dì sequente 19, non si congregorno altramente detti Signori, però lo dì appresso sabbato 20 nel quale era stata chiamata Sua Eccellenza per ricevere il detto donativo dal detto Signor Sindico, et da lui et dal Baronaggio accompagnata, com’è il solito, al tardo arrivò et intrata nel’apparato predetto et sedutasi con l’altri Signori eletti, l’accompagnaro neli lochi lloro; fu letta per il detto Signor Sindico ad Sua Eccellenza l’offerta conclusa sopra il detto donativo, del tenore ut infra. (…).973

Hinweise darauf, ob auch die sich in den edierten Akten augenscheinlich unmittelbar an die Offerta anschließenden Briefe an Vizekönig und König sowie die an Vizekönig und König gerichteten Bittgesuche (selbstverständlich abgesehen von später hinzugefügten Entscheidungsvermerken auf denselben) ebenfalls vorgelesen wurden, lassen sich aus den Akten nicht gewinnen. Vorlesen bei den Visitationen Ein letzter Vorgang des Vorlesens, der hier angesprochen werden soll, tritt in den Akten der Visitationen ans Licht. Zahlreiche, wenn auch nicht alle Aussagen enden mit dem Vermerk, dass die jeweilige Aussage der Zeugnis 970 Kurz nach dem zitierten Ausschnitt wird die italienische Offerta im Text wiedergegeben, vgl. ebd. D’Agostino G. 1984, 81, [Hervorhebung V.S.]. 971 D’Agostino G. 1984, 85, [Hervorhebung V.S.]. 972 D’Agostino G. 1984, 86, [Hervorhebung V.S.]. 973 D’Agostino G. 1984, 87, [Hervorhebung V.S.].

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ablegenden Person vor Unterzeichnung nochmals vorgelesen wurde und danach der Zeuge zur Verschwiegenheit verpflichtet wurde. Betrachtet man den Verlauf einer Befragung, so stellt man also zunächst einen Prozess der Verschriftung und Verschriftlichung des mündlichen Diskurses fest, am Ende der Befragung wird der nunmehr schriftlich fixierte Diskurs nochmals vorgelesen und somit verlautlicht. Mediale Mündlichkeit steht also am Beginn und am Ende, wie bereits Cano Aguilar in Bezug auf „transcripciones de declaraciones efectuadas por quienes son llamados a deponer en un juicio“974 schreibt: Los textos que consideramos tienen la impronta ‘oral’ en su origen y en su destino. Tratan de ser transcripciones de lo que han dicho las personas interrogadas […]. Una vez completados, debían ser leídos a quienes habían emitido los discursos recogidos, para que garantizaran la fidelidad del texto.975

In manchen Protokollen fehlt der Hinweis auf das Vorlesen der Aussage und es wird am Ende des Protokolls nur auf die Verpflichtung zur Geheimhaltung des Inhalts der Unterredung verwiesen. Der Vorgang des Vorlesens wird in vielen Fällen auf Latein beschrieben,976 in einem Fall lassen sich auch Code-Switching-Phänomene zwischen Spanisch und Latein beobachten.977 Interessanterweise handelt es sich im betreffenden Fall um die erste Aussage im Prozess gegen den Segretario del Regno Giovanni di Soto, der im Archivbestand in Simancas die Signatur Visitas de Italia 1 – 1 trägt. Es kann also unter Umständen davon ausgegangen werden, dass der Beginn des Protokolls und der ‘Einstieg’ in die Diskurstradition noch von einer gewissen Unsicherheit bezüglich der – unter Umständen auch durch juristische Motive begründeten – Sprachwahl für bestimmte Protokollabschnitte zeugt. In der zweiten protokollierten Aussage desselben Prozesses fehlt ein Vermerk bezüglich des Vorlesens und die Verschwiegenheitsverpflichtung wird auf Spanisch wiedergegeben.978 In der fünften Aussage des Prozesses erfolgt das erste Mal der lateinische Hinweis auf die Tätigkeit des Vorlesens, an die sich auch die Verpflichtung zur Verschwiegenheit an974 Cano Aguilar 1998, 219. 975 Cano Aguilar 1998, 220. 976 So z. B. in den folgenden Fällen „lectis eidem testi praemissis per eum ut supra dep[…]nis ea ratificavit“ (AGS, V.I. 5 – 1, 4v /19/); „Fuit sibi lectum et perseveravit in dictis per juramentum“ (AGS, V.I. 1 – 1, 19r /10/). 977 „Fuele otra vez leydo et perseveravit in dictis“ (AGS, V.I., 1 – 1, 3r /15/). 978 „fue encargado al dicho t(estig)o que entre tanto tenga secreto lo q(ue) le ha sido preguntado y lo que ha dicho su cargo del Jurame(n)to q(ue) ha hecho el qual lo promettio assy y lo firmo de su nombre“, AGS, V.I. 1 – 1, 5v /20/ – /22/.

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schließt.979 Im weiteren Verlauf des Prozesses lässt sich bei verschiedenen Aussagen immer wieder der Vermerk des Vorlesens auf Latein feststellen. In den Akten der Visitation von Lope de Guzmán sind lateinische und spanische Hinweise auf den Vorgang des abschließenden Vorlesens der Aussage nachweisbar.980 Auffällig ist, dass der Vermerk in den für diese Arbeit gesichteten Akten zwar teils auf Spanisch erfolgt, wobei dies insbesondere in Protokollen, deren Rahmen komplett auf Spanisch gehalten ist, der Fall ist, italienische Vermerke aber fehlen. In überwiegend auf Italienisch gestalteten Protokollrahmen bleibt das Lateinische im Hinweis auf das Vorlesen erhalten. Unabhängig davon, ob der Vorgang des Vorlesens in den Prozessakten auf Latein oder auf Spanisch beschrieben wurde, ist es von großer Bedeutung, dass das Protokoll der jeweiligen Aussage dem Befragten am Ende der Befragung vorgelesen wurde. Neben der Kontrollfunktion über die Richtigkeit des Protokolls, die wohl auch angesichts der teils geringen oder fehlenden Alphabetisierung der Zeugen medial mündlich erfolgte, ist das Verfahren für die vorliegende Arbeit von Bedeutung, da sich in Anbetracht der oftmals mehrsprachigen Textvorlage – das klassische Beispiel ist die Kombination aus spanischer Frage und italienischer Aussage – die Frage stellt, wie das Protokoll vorgelesen wurde. Wurde dieses als Ganzes vorgelesen und kam somit seine Mehrsprachigkeit deutlich zum Vorschein oder wurden unter Umständen nur die vom Zeugen getätigten Aussagen wiederholt? Auch wenn sich diese und andere Fragen aus der Ex-PostPerspektive nicht mehr beantworten lassen, ist das Wissen um die Regelmäßigkeit von Prozessen des Vorlesens innerhalb der Verwaltungskommunikation wichtig für die Einschätzung der Mehrsprachigkeit der Personen. Bezieht man die vielfältigen Prozesse des Vorlesens beispielsweise im Parlament mit ein, erweitert sich der Kreis der Personen, für die zumindest ein passives Verständnis der jeweils anderen Volkssprache angenommen werden kann, auch wenn – wie in den einzelnen Visitationsaussagen auch – keine aktive Verwendung mehrerer Sprachen in der Kommunikation einzelner Personen nachgewiesen werden kann. Das neapolitanische Parlament verwendete in den vom ihm ausgehenden Texten nicht aktiv das Spanische. Das Verständnis der spanischen Briefe des Königs scheint aber keine Probleme bereitet zu haben. Mit großer Wahrscheinlichkeit kann auch davon ausgegangen werden, dass die eingehenden Schriftstücke im 979 „fuit sibi lectum et perseveravit In dictis per Juram(en)tum. Iniunctum fuit silentium eidem testi pro ut alijs qui promisit servare […]“, AGS, V.I. 1 – 1, 14r /20/ – /22/. 980 Vgl. z. B. AGS, V.I. 31 – 1 87v Latein, 88v Spanisch.

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Kollateralrat jeweils in der Sprache vorgelesen wurden, in der sie abgefasst waren – und für die Memoriali lässt sich problemlos feststellen, dass beide Volkssprachen gleichermaßen vertreten waren. In der Beschreibung der Vorlese-Tätigkeiten im Kollateralrat wird aber an keiner Stelle erwähnt, dass die Mehrsprachigkeit der eingehenden Kommunikation Verständnisprobleme verursacht hätte. Auch die Mehrsprachigkeit der Kommunikation innerhalb der Visitationsbefragungen spiegelt sich in deren Protokollen wider. Aber selbst das Vorlesen solcher mehrsprachiger Protokolle wird an keiner Stelle als problematisch beschrieben. Diese Überlegungen stärken die bereits thematisierte Annahme, dass für größere Teile des neapolitanischen Verwaltungsapparats als Mindestmaß dessen, was als Mehrsprachigkeit der Personen angenommen werden kann, die Ausbildung von „rezeptiver Mehrsprachigkeit“ angesehen werden kann.

5. Autorität und Autorisierung der Sprachenpluralität im Regno di Napoli Welche Ergebnisse lassen sich aus den in Kapitel 4 untersuchten Beispielen für mehrsprachige Texte und mehrsprachige Kommunikation bezüglich der in Kapitel 2 skizzierten Fragestellung nach der Verwendung der verschiedenen Idiome sowie deren Autorität und Autorisierung in der neapolitanischen Verwaltungskommunikation formulieren? Weisen die verschiedenen Sprachen – und hier wird zunächst wieder grob vereinfacht von der Trias Spanisch, Italienisch und Latein gesprochen – eine unterschiedlich stark ausgeprägte Institutionalität in einzelnen Bereichen auf ? Wurde die sprachliche Differenz thematisiert und problematisiert? Welche Strategien zum Umgang mit der vorhandenen Sprachenpluralität gab es? Sind explizite und implizite Autorisierungsprozesse für einzelne und / oder mehrere Sprachen erkennbar und von welchen Instanzen gingen diese aus? Anders gesagt: Welche der in 2.1.2 diskutierten Formen der Autorität können als im Regno di Napoli wirkmächtig betrachtet werden? Welche Schlüsse lassen sich schließlich aus der rekonstruierten Mehrsprachigkeit der Texte und Mehrsprachigkeit der Kommunikation innerhalb der Verwaltung hinsichtlich der Mehrsprachigkeit der an den Kommunikationssituationen beteiligten Personen und Gremien ziehen? Und nicht zuletzt: Wie ist aus varietätenlinguistischer und sprachgeschichtlicher Sicht die Beschaffenheit der ‘italienischen’ Texte der neapolitanischen Verwaltungskommunikation einzuordnen? Zur Frage nach der Distribution einzelner Idiome in unterschiedlichen Kommunikationssituationen und Diskurstraditionen und somit deren spezifischer ‘Institutionalität’986 lassen sich verschiedene Ergebnisse formulieren: Einzelne Diskurstraditionen der inter- und extrainstitutionellen Kommunikation scheinen relativ stark an bestimmte Idiome gebunden gewesen zu sein, welche somit eine teils exklusive diskurstraditionelle ‘Institutionalität’ aufwiesen. Eine solche lässt sich unter anderem für die Verwendung des ‘Italienischen’ in von ‘Italienern’ abgefassten Briefen an 986 Vgl. 2.2.3.

5. Autorität und Autorisierung der Sprachenpluralität im Regno di Napoli

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den Monarchen vermuten und kann z. B. im Fall der Briefe Sigismondo de Loffredos die Verwendung eines in der Tat „curioso gergo italo-spagnuolo“987 anstelle der Nutzung der offensichtlich vorhandenen Spanischkenntnisse begünstigt haben.988 Auffällig ist auch die relativ starke Bindung des Lateinischen an die Abfassung von Decretationi auf zuvor an König und Vizekönig gerichteten Bittgesuchen, die aus der Klage über die sprachlich unzureichende Erfüllung der Aufgabe durch den Segretario del Regno ans Tageslicht tritt. Die hier sichtbare Autorität der Form beziehungsweise Diskurstradition beginnt im 16. Jahrhundert allerdings offensichtlich zunehmend zu bröckeln, wie an der feststellbaren Verwendung des Spanischen für einzelne Decretationi erkennbar ist.989 Auch in anderen Kontexten scheint die Autorität einzelner volkssprachlicher Idiome stark an Diskurstraditionen gebunden zu sein. Dies ist beispielsweise für das Spanische bei der kommunikativen Kurzform der vom Vizekönig ausgehenden Viglietti als auch für das Italienische für die Consulte der Regia Camera della Sommaria – mit Ausnahme der darin inserierten Zitate – zu konstatieren.990 Dass die Einschätzung der ‘Institutionalität’ der verschiedenen Idiome beispielsweise im Bereich der Gesetzgebung durchaus nicht unproblematisch ist, hat der Blick auf die Textgestalt der Prammatiche gezeigt. Die qualitative Rückführung deren einzelner Bestandteile auf ihren jeweiligen Entstehungskontext ist vor dem Hintergrund der administrativen Zitierpraxis in jedem Fall zielführender als eine numerisch-statistische Auswertung der Prammatiche nach den in ihnen vorhandenen Sprachen.991 In anderen Kontexten, wie beispielsweise bei den Visitationsaussagen oder bei der Abfassung von Suppliken, konnten beide Volkssprachen ‘Italienisch’ und ‘Spanisch’ verwendet werden, ohne dass dies metasprachlich thematisiert wurde. Solche Diskurstraditionen, für die beide Volkssprachen gleichermaßen über Institutionalität verfügen, wie es z. B. auch bei den Voti und Schreiben einzelner Vertreter eines Verwaltungs987 988 989 990 991

Croce 1917, 245. Vgl. 4.2. Vgl. 4.4. Vgl. 4.4 und 4.5.2. Vgl. 4.5.2. Einzelne Subdomänen innerhalb der Legislation könnten unter Umständen allerdings durchaus verschiedene sprachliche Schwerpunkte aufweisen; so z. B. die Militärverwaltung eine vermehrte Verwendung des Spanischen (vgl. Marazzini 2003, 11 f.). Eine statistische Überprüfung der letztgenannten Annahme konnte in der vorliegenden Arbeit nicht vorgenommen worden. Die kursorisch gesichteten Prammatiche und Dokumente weisen aber in die gleiche Richtung.

410 5. Autorität und Autorisierung der Sprachenpluralität im Regno di Napoli organs der Fall ist, zeugen von der prinzipiell gleichberechtigten Autorisierung beider Volkssprachen in administrativen Kontexten, geben gleichzeitig aber auch Hinweise auf individuelle Sprachwahlprozesse.992 Bezüglich der Mehrsprachigkeit der Kommunikation bei den Visitationsbefragungen ließ sich feststellen, dass in den gesichteten Akten der Visitation von Lope de Guzmán weniger mehrsprachige Protokolle vorliegen, als in denjenigen der zwanzig Jahre zuvor stattgefundenen Visitation von Gaspar de Quiroga. Unter Umständen lässt dieser Befund den Schluss zu, dass die Autorisierung der Mehrsprachigkeit in den beiden Visitationen unterschiedlich ausgeprägt war: In der Visitation Quirogas war die Mehrsprachigkeit der Kommunikation und die Verwendung des Spanischen und des Italienischen innerhalb einer einzelnen Befragung autorisiert. In der Visitation Guzmáns dagegen kam es zu Akkommodationsprozessen, die zu jeweils einsprachigen Befragungssituationen auf Spanisch oder Italienisch führten. Beide Volkssprachen waren aber für die Befragungen prinzipiell autorisiert, ihre alternierende Verwendung innerhalb einer konkreten Befragungssituation allerdings wohl in geringerem Maß als noch bei der Visitation Quirogas.993 Im Gegensatz zur aus heutiger Sicht erstaunlich selten explizit thematisierten Differenz zwischen den verschiedenen Volkssprachen, wurde insbesondere in den Visitationsbefragungen die Differenz zwischen den Volkssprachen und dem Lateinischen stärker metasprachlich thematisiert. Das Lateinische verfügte in seinen Anwendungsbereichen wohl über eine exklusivere – aber wie in 4.4 aufgezeigt durchaus teils bröckelnde – ‘Institutionalität’ als die einzelnen Volkssprachen. Eine metasprachliche Thematisierung der volkssprachlichen Mehrsprachigkeit beziehungsweise – im Vergleich zum Kastilischen – Anderssprachigkeit des Regno di Napoli erfolgte hauptsächlich in Spanien. Allerdings wurde hier nicht etwa eine Änderung dieser Situation angestrebt oder die sprachliche Differenz als Sprachenkonflikt problematisiert. Im Gegenteil: Die Forderung von 992 Die in 4.5.2 anhand der Consulta in Tabelle 12 und den dazugehörigen Voti aufgezeigten individuellen Sprachwahlprozesse (vgl. 6.10 – 6.13), die meist die Verwendung der jeweiligen Muttersprache in individuell von einem Amtsträger an Vizekönig und König gerichteten Schreiben vorsahen, lassen sich an zahlreichen anderen Beispielen in den in Simancas aufbewahrten Akten nachvollziehen. 993 Eine Überprüfung der statistischen Relevanz dieses Befundes anhand weiterer Akten aus beiden Visitationen konnte im Rahmen dieser Arbeit nicht geleistet werden. Eine weiterführende dahingehende Untersuchung der Visitationsprotokolle auch der im 17. Jahrhundert stattgefundenen Visitationen ist zweifelsohne ein Forschungsdesiderat.

5. Autorität und Autorisierung der Sprachenpluralität im Regno di Napoli

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Sprachkenntnissen, der einzelne Amtsträger genügen mussten, die in engem Kontakt mit Süditalien standen oder dorthin entsandt werden sollten,994 kommt einer Autorisierung der Verwendung des ‘Italienischen’ im Regno di Napoli durch dessen Bevölkerung, Repräsentanten und Verwaltungsinstitutionen im Vizekönigreich selbst und im Kontakt mit dem Zentrum der spanischen Monarchie gleich. Diese Autorisierung ist eine weit von jeglichem Sprachimperialismus entfernte Reaktion auf die pragmatischen Erfordernisse. Ausgehend von der Prämisse, dass Spanien nicht die Einführung des Spanischen als exklusive Verwaltungssprache verfolgte, und sich somit fast notwendigerweise eine mehrsprachige Administration ergab, lassen sich mehrere Strategien im Umgang mit der Mehrsprachigkeit in der Verwaltungskommunikation erkennen: Die mehr oder weniger exklusive ‘Institutionalität’ einzelner Idiome innerhalb bestimmter Diskurstraditionen führte einerseits zu einer relativ stabilen Verteilung der verschiedenen Sprachen in Teilen der Verwaltungskommunikation. Allerdings lässt diese Differenzierung sich weder auf bestimmte administrative Sprachgebrauchsbereiche, Verwaltungsinstitutionen und -ebenen noch auf bestimmte Personen dergestalt eingrenzen, dass in bzw. von diesen jeweils nur eine Sprache verwendet wurde. Die ‘Mehrsprachigkeit der Kommunikation’ funktionierte auf der Ebene der Sprachwahl teils nach den mehr oder weniger exklusiven Anforderungen bestimmter Diskurstraditionen, teils erfolgte diese aber augenscheinlich auch in Abhängigkeit von persönlichen Präferenzen und Kenntnissen.995 Bevor die bis hierher zusammengefassten Ergebnisse mit Blick auf die Autorisierung von Sprachen in der neapolitanischen Verwaltungskommunikation gedeutet werden können, müssen sie an dieser Stelle in Bezug gesetzt werden zu den daraus ableitbaren Schlüssen zur Mehrsprachigkeit der Personen: An zahlreichen Befunden konnte gezeigt werden, dass die Beteiligung an mehrsprachigen Kommunikationsszenarien und der Umgang mit ein- und ausgehender mehrsprachiger Kommunikation zumindest passive Sprachkenntnisse bei einer relativ großen Gruppe von Amtsträgern des neapolitanischen und eines Teils des spanischen Verwaltungsapparats erforderlich machte. Die Ausbildung und der Erwerb von Sprachkenntnissen wurden als Mittel zum konfliktlosen Umgang mit der sprachlichen Andersartigkeit der italienischen Gebiete von den spanischen Habsburgern auf administrativ-politischer Ebene genutzt und 994 Vgl. 4.3.2. 995 Vgl. u. a. die in 4.4. analysierte Kommunikation des Kollateralrats.

412 5. Autorität und Autorisierung der Sprachenpluralität im Regno di Napoli angestrebt. Die Forderung nach ausreichenden Sprachkenntnissen für Spanier, die mit Neapel in Verbindung standen oder dorthin entsandt wurden, kommt einer ‘Institutionalisierung der Mehrsprachigkeit der Personen’ gleich. Spanischkenntnisse sind auch für viele neapolitanische Amtsträger als wahrscheinlich anzunehmen und wurden von diesen diskurstraditionell differenziert eingesetzt, wie in 4.3 an den Fallbeispielen Horatio Mollo und Decio Raparo gezeigt werden konnte. Eine doch beachtlich große Gruppe von Funktionären bewegte sich in mehrsprachigen Kommunikationsnetzen und musste den daraus erwachsenden Anforderungen an ihre Sprachkenntnisse genügen. Allerdings wurde der Einsatz von Spanischkenntnissen (und vielleicht auch Italienischkenntnissen) außerhalb der Diskurstraditionen, in denen dieser exklusiv habitualisiert und dadurch auch für Nicht-Muttersprachler autorisiert war, in manchen Fällen – wohl aufgrund der daneben bestehenden nicht untergeordneten Autorität der autochthonen Idiome – als überflüssig empfunden.996 Die Ausbildung von Phänomenen zumindest rezeptiver Mehrsprachigkeit und deren pragmatische Instrumentalisierung als Reaktion auf eine intensive Sprachkontaktsituation unter eng verwandten Sprachen, kann nun als grundsätzliche Autorisierung der Sprachenpluralität selbst gesehen werden. Häufig kam es wahrscheinlich auch zur Ausbildung von mehr als nur die Fertigkeiten des Lese- und Hörverstehens umfassenden, auch aktiven Sprachkenntnissen, wozu die Zusammenarbeit zwischen regnicoli und spanischen forasteros im Verwaltungsapparat ihren Teil beigetragen haben mag. Mehrsprachigkeit, die sich rein auf passives Lese- und bzw. oder Hörverstehen beschränkt, stellt somit einen Endpunkt eines Kontinuums dar, an dessen anderem Ende für einzelne Amtsträger durchaus relativ ausgeglichene bilinguale Kompetenzen für alle sprachlichen Fähigkeiten angenommen werden können. Die sprachliche Situation in der neapolitanischen Verwaltung musste nicht mittels der Autorisierung (nur) einer Amtssprache durch Macht geändert werden; die Strategien des Umgangs mit der sprachlichen Vielfalt – neben der Mehrsprachigkeit der Personen auch die verschiedenen in 4.5.2 aufgezeigten Resümierungs- und Übertragungsvorgänge – machten eine solche autoritative Setzung unnötig. Dass die (teils mehr als) gleichberechtigte Autorisierung der autochthonen Idiome neben dem Kastilischen in der Verwaltungskommunikation sprach- und machtpolitisches Programm der spanischen Habs996 Vgl. 4.4.

5. Autorität und Autorisierung der Sprachenpluralität im Regno di Napoli

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burger für Süditalien im 16. Jahrhundert war, belegt schließlich auch der Bericht über eine Szene am spanischen Hof unter Philipp II., die uns Capaccio in seinem bereits erwähnten Werk Il Forastiero liefert: Re Filippo sapea varie lingue997 C[ittadino] (…) Si dilettò questo gran Re frà l’altre virtù di saper varie lingue come il suo Zio Massimiliano, acciò che negotiando havesse la chiara intelligenza delle cose. E se ne pregiava in modo che volea che tutti sapessero che a tempi nostri anco sono stati i Mitridati. Si ch’una volta andato in Corte un nostro Napolitano & havuta l’Audienza, credendosi esser meglio inteso parlando Spagnolo, che parlava benissimo in quell’Idioma, il Re quasi havendo per male che un’Italiano parlasse in quella lingua, gli disse, Habla en su lengua. F[orastiero]: Quasi che parlando in altra lingua un’Italiano mostrasse di non star sicuro che un Re così grande intendesse tutte le lingue cosa tanto necessaria a Principi c’han da trattar con tutte le Nationi del mondo. Restò credo io scornato il Napolitano che forse ragionava assai bene Spagnolo. C[ittadino]: Crediate che rimanesse affrontato. Et intorno al parlar bene Spagnolo come dite, vi dirò cosa che forse anco la sapete; che i Napolitani han gran felicità di potere esprimere tutti gli Idiomi, siano quanto si voglia barbari, e di ragionarli come se fussero proprij nativi di quei paesi delli quali esprimono le lingue con la favella. Se parlano Francese, par che siano nativi di Parigi, ne sentirete pronuntia goffa come si racconta de i Brittoni che poi a tempo di Ludovico il Re il Santo acquistò una soavità che’l Santissimo Urbano Ottavo Sommo Pontefice nelle soavissime Ode sue Latine chiamò Gratia di lingua: che veramente sono soavissimi i Francesi nobili nel parlare, e pare c’habbian come dell’Attico frà i Greci. Se parlano Spagnolo, direte che niente cedono a Castigliani, e san fingere destrissimamente i Catalani, e i Portoghesi linguaggi un poco fastidiosi998 997 Diese Zusammenfassung des Inhalts des folgenden Abschnitts steht bei Capaccio als Randvermerk. 998 Capaccio 1634, 318 f., [Hervorhebung V.S.]. Die Ausführungen über die Sprachbegabung der Neapolitaner setzen sich folgendermaßen fort: F[orastiero] Di maniera che senza timore nel bisogno pronunciarebbero ciceri, e cepolla, non siseri e seboglia; come il siboleht, e sciboleth de gli Hebrei. C[ittadino]: Al sicuro non si lasciarebbero incappare. F[orastiero]: Han pure non sò che aprir di bocca nella pronuntia.C[ittadino]: Con l’istessa si accomodano poi ne gli altri Idiomi che se gli fanno naturali. ritrovavasi più scabra lingua dell’Etrusca, Sabina, Osca, in certa pronuntia fastidiosissima, e pure i Latini vi si accomodavano. Voreste sentire come i Napoletani se accomodarono con la barbarie de i Goti, di Longobardi, di Ongheri, come si accomodano co i Cingari che i Francesi chiamano Boemi, Per vita mia che mi han detto persone degne di fede li quali si sono ritrovati con Napolitani nel Perù, e nel Messico che ancor che gli Spagnoli siano fatti nativi di quei paesi, nessuno mai apprese con maggior prestezza, e con vera pronuntia l’Idiomi Quicano, Aimaro, Puquino, Guaranio, quattro generali lingue per lo spatio di tremila, & ottocento miglia, che i Regnicoli, e massime i Napoletani, e che particolarmente parlano con tanta franchezza la lingua del Cusco la qual fù in gra(n)

414 5. Autorität und Autorisierung der Sprachenpluralität im Regno di Napoli Die hier beschriebene, an einen Spanisch sprechenden Neapolitaner gerichtete Aufforderung Philipps II., er möge doch in seiner Muttersprache sprechen, autorisiert diese für die Kommunikation mit dem Souverän. Auch der König verfügte zumindest über eine ausreichende passive Kompetenz des Italienischen, wie er sie auch seinen Bediensteten in den mit Italien betrauten Räten abverlangte.999 parte a tempo di Gauainicapa padre de gli Inci popoli che trovarono gli Spagnoli, ch’è cosa incredibile. F[orastiero]: Per amor di Dio, già che un Napolitano ci hà trasportati à questa curiosità de gli Idiomi, un’altro si degni farmi partecipe del parlar Indiano, in qualche particella. C[ittadino]: Io non sò colorir tanto, ma pigliate questo abbozzo. Sappiate che le loro lingue differiscono in pronuntia, in voci, in sillabe. Il quicuano per esempio, chiama la Vita, Vinnay, l’Aimaro, Vinnaya. il Puquino, concorda; il Guaranio, Te cobe puca. Vedete che differenza. Alcune volte aggiungono sillabe alle dittioni, e se’l Quicuano dirà Mariaman, Pedroman Baptistama(n) nomi c’hanno imparato da Cristiani, il Puquino dirà Mariaguta, Pedroguta; l’Aimaro aggiunge Ro, Mariaro, Baptistaro. Il Quicuano Man, Mariaman, Baptistaman. I Quicuani chiamano il Padre Yapap, l’Aimari, Auquina; i Puquini, Yquim, i Guaranij, Taba. il figlio, il primo dicono Churip, i secondi Yocansa, i terzi Cusca(n), i quarti Tai ra. Questi mo sono brevi nelle sillabe, e per dir, io ricevo, dicono Haè, che abe, aypi, hi. Gli Aimari sono lunghissimi, e per dir l’homo, hanno Carihua huacunactam, e per la femina Huaccay, hacuydrich. I Puquini ogni cosa terminato in ens Cuyacicattiuens, Tariuens, Haceriuns, Hatans. Altri alle nostre voci c’hanno imparato, aggiungono varie sillabe, come Sacramentosti i Quicuaui. Sacramentox i Puquini. e giungono di più, ca, pi, op, onsa, ota, ma che volete? Non sò come si comportarebbe un Napolitano nella lingua e pronuntia Biscaina, c’han detto Vascona, Cantabrica, Bazque, e Bazuenze, lingua ritrovata credo in Babale, ancor che da Biscacini sia chiamata Vergine, perche rimase all’esser suo dopò che in Spagna tutte le lingue per varij accidenti si confusero. Udite il Pater noster ch’essi dicono, e consideriate il resto. Gure nita cerui tan aicena Santifica bedi bire iacena Et hor bedi bire iacena. Eguin bedi hirè reoco(n)datea Cervan bezala lurrean ere, Gure egunece ognia igue egun Eta quitta iet lague gure corrac nola gueregare Perduney quittat zen hai travega Eta et gaitzala far eraci tentationem haina Deliura gaitzac gaich totia. F[orastiero]: Oh Signor Dio che mostri sono questi? Se non fusse stato Napolitano quello che parlava col Re, direi c’havesse parlato in questa lingua, che per ciò non intendendolo quella Maestà, havesse detto, Habla en su lengua“ (Capaccio 1634, 319 f.). Die letzte Äußerung des Forastiero gibt zu denken: Die amerikanischen Sprachen und das Baskische stellten eine sehr viel größere Herausforderung für die Spanier dar als italienische Varietäten. Gerade die enge Verwandtschaft zwischen den romanischen Idiomen ermöglichte die Autorisierung der Verwendung der autochthonen Idiome in den italienischen Gebieten der spanischen Krone und durch die Funktionalisierung von (rezeptiver) Mehrsprachigkeit der Personen eine relativ einfache Überwindung der sprachlichen Differenz. 999 Vgl. Cáceres Würsig (2004, 48 f.): „Este imperador insistió en que su hijo, el futuro Felipe II, aprendiera correctamente el latín para que pudiera hablar directamente

5. Autorität und Autorisierung der Sprachenpluralität im Regno di Napoli

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Abb. 18: Autorisierung der sprachlichen Pluralität in der neapolitanischen Verwaltungskommunikation

Die Sprachenpluralität wurde somit – verweist man das oben angeführte Gespräch zwischen Philipp II. und dem neapolitanischen Gesandten nicht ins Reich der Anekdoten – von höchster Stelle explizit autorisiert; im Umgang mit ihr machte sich die Krone in großem Umfang die von elementarer rezeptiver Mehrsprachigkeit bis zu ausgeglichenem Bilingualismus reichende Mehrsprachigkeit der Personen zu nutze, welche die Kontinuität der dadurch ihrerseits implizit autorisierten Mehrsprachigkeitssituation ermöglichte, wie Abb. 18 zeigt. Neben den Sprachkenntnissen der Funktionäre dienten in der Verwaltungskommunikation Resümierungsverfahren teils en passant auch einem Sprachwechsel und auch Übersetzer kamen wohl zumindest in manchen Situationen zum Einsatz, selbst wenn keine Hinweise auf eine

con los embajadores sin tener que recurrir a los intérpretes. Sin embargo, Felipe, cuando sus maestros se dirigían a él en latín, respondía en castellano. Su manejo del latín fue regular y su conocimiento del griego elemental […]. Entendía también el francés, italiano y portugués, aunque evitaba expresarse en otro idioma que no fuera el español. Según Kamen, a diferencia de su padre, el castellano era el único idioma oficial de Felipe. Toda su vida tuvo muy presente su ignorancia lingüística, pero jamás le puso remedio. Esto contribuyó a la imagen que se extendió de Felipe II entre los extranjeros, pues en un viaje en 1548 por Europa se granjeó fama de persona silenciosa y taciturna. Aunque este monarca evitara hablar en francés o en italiano, los comprendía sin dificultades y al parecer entendía algo de catalán, ya que tenía relaciones con la casa de Requenses y estuvo presente en los debates de las Cortes, donde siempre se hablaba el catalán […].“

416 5. Autorität und Autorisierung der Sprachenpluralität im Regno di Napoli regelmäßige und umfangreiche Übersetzungstätigkeit in Neapel gefunden werden konnten. Betrachtet man die sprachlichen Verhältnisse in Neapel vor diesem Hintergrund nun noch einmal hinsichtlich der verschiedenen Formen der Autorität, lässt sich eine mit der expliziten und impliziten ‘Autorisierung der sprachlichen Pluralität’ in engem Zusammenhang stehende ‘Pluralisierung der sprachlichen Autorität’ feststellen, denn die Autorität der Idiome in der Verwaltungskommunikation wurde durch ihre in verschiedenen Kontexten unterschiedlich ausgeprägte ‘Institutionalität’ segmentiert. Es lassen sich verschiedene Formen der Autorität und Autorisierung bestimmter Idiome und Sprachverwendungen erkennen: Zunächst lässt sich ‘Autorität der Form’ in Gestalt der (mehr oder weniger) exklusiven ‘Institutionalität’ einzelner Idiome für bestimmte Diskurstraditionen, wie die Decretationi, die Viglietti und die Consulte belegen. ‘Autorität und Autorisierung durch Macht’ lassen sich ebenfalls feststellen, allerdings nicht im Sinne der Verpflichtung auf eine singuläre allgemeingültige Autorität, wie sie eine umfassende Einführung des Spanischen als einzige Verwaltungssprache bedeutet hätte. Im Gegenteil: Die spanische Monarchie autorisierte die sprachliche Differenz des Regno di Napoli und die verschiedenen diskursiven Manifestationen von Sprachenpluralität im Sinne von ‘Mehrsprachigkeit der Texte’ und ‘Mehrsprachigkeit der Kommunikation’. Aus welchem Grund geschah dies? Ein möglicher Erklärungsansatz ist die fehlende Notwendigkeit einer Einführung des Spanischen als einzige in Verwaltungskontexten anwendbare Sprache, die in der Verwandtschaft der im Kommunikationsraum kopräsenten romanischen Sprachen begründet liegt. Ein weiterer Erklärungsansatz ist mit Autorität durch Prestige verknüpft: Das hohe Prestige, welches das Toskanisch-Italienische unter anderem am spanischen Hof genoss, trug ohne Zweifel dazu bei, dass dieses bzw. dessen Varietäten ‘in fieri’ durchaus mit dem Kastilischen konkurrieren konnte(n). Spanien hatte wohl auch aufgrund des hohen Prestiges des Toskanisch-Italienischen keinerlei Anlass, an der durch Form und Diskurstradition bereits autorisierten Verwendung der autochthonen Idiome in bestimmten Bereichen zu rütteln. Dadurch lässt sich eventuell auch erklären, warum die Repräsentationsorgane des Adels in ihren Bittgesuchen nur selten zum Spanischen griffen, obwohl einzelne Repräsentanten derselben vermutlich durchaus des Spanischen mächtig waren. Die Diskursdomäne der Verwaltung war wohl nicht der Ort, an dem eine – nicht der bereits etablierten Autorität der Diskurstraditionen und der in

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diesen verwendeten Sprachen entsprechende – Zurschaustellung der eigenen Spanischkenntnisse für Neapolitaner angemessen erschien. Dessen unbenommen konnten diese vermutlich sehr gut sein und in anderen Kontexten, wie bei Festen und Zusammenkünften von Adligen, in literarischen Zirkeln und bei anderen Gelegenheiten durchaus angewendet werden. Werden die aufgezeigten Ergebnisse vor der Folie der in Kapitel 2.2.3 in die Diachronie überführten Dimensionen der Räumlichkeit der sprachlichen Kommunikation betrachtet, wird deren unauflösbare Verknüpfung deutlich: Die in unterschiedlichen administrativen Sprachgebrauchsbereichen unterschiedlich starke und exklusive ‘Institutionalität’ der verschiedenen Idiome lässt Rückschlüsse auf die – wenn nicht explizite, so doch implizite – Autorisierung von Idiomen im Regno di Napoli im Sinne der ‘Territorialität’ zu: Spanien autorisierte grundsätzlich die Sprachenpluralität. Die praktische Realität stellte mit der teilweise erfolgenden Spezialisierung von Idiomen auf einzelne Diskurstraditionen und Kommunikationskontexte eine klare Differenzierung der Sprachen im Sinne der ‘Räumlichkeit des Sprechens’ dar. Je nach Diskurstradition war die Verwendung eines oder aber auch der Gebrauch verschiedener Idiome autorisiert. In der Verwaltungskommunikation wurden die Sprachen durch diskurstraditionelle Habitualisierung einzelnen Funktionsbereichen zugeordnet und ein relativ stabiles kommunikatives Gleichgewicht etablierte sich. Die Autorisierung der Sprachenpluralität und die Organisation der Idiome im Kommunikationsraum lassen letztlich auch Schlüsse auf die ‘Räumlichkeit des Sprechers’ zu: Zahlreiche Amtsträger verwendeten diskurstraditionell differenziert verschiedene Idiome. Die Autorisierung der Pluralität machte Sprachkenntnisse wie auch andere Strategien des Umgangs mit Sprachenpluralität, wie Übersetzungsvorgänge im Rahmen von Resümierungstätigkeiten, erforderlich. Gleichzeitig ermöglichten aber erst die Mehrsprachigkeit der Personen und die Strategien des Umgangs mit der Sprachenpluralität innerhalb der Verwaltung die Kontinuität derselben. Der Frage nach der Toskanisierung und somit dem zweiten Aspekt der in 1.2 skizzierten ‘doppelten Mehrsprachigkeit’ Neapels wurde in der vorliegenden Arbeit nur in 4.2 und 4.5.1 ansatzweise nachgegangen. Zweifellos hält das analysierte Material wertvolle Daten auch für eine varietätenlinguistische Analyse bereit, die einen wichtigen Beitrag zur bisher noch nicht in befriedigendem Umfang behandelten Diachronie der Verwaltungsschriftlichkeit des Regno di Napoli im Cinque- und Seicento leisten könnte.

418 5. Autorität und Autorisierung der Sprachenpluralität im Regno di Napoli Es sei an dieser Stelle auf eine bereits in 4.2.6 skizzierte Überlegung hingewiesen, die bei weiterführenden Studien berücksichtigt werden sollte. Bei der Sichtung der Archivmaterialien wurde ohne statistische Auswertung einzelner Aspekte und Texte auf charakteristische Elemente der neapolitanischen Verwaltungsschriftlichkeit geachtet, die für den Toskanisierungsprozess bedeutsam sein könnten, wie die graphische Repräsentation von durch Metaphonie bzw. Vokalharmonie alterierten Vokalen und deren morphologische Konsequenzen im Bereich der Substantivflexion, bestimmte Besonderheiten der Verbalflexion, des Systems der Demonstrativa sowie der klitischen Pronomina. Aus dieser kursorischen Sichtung ist eine These erwachsen, die bei anderer Gelegenheit überprüft werden sollte: Während einzelne deutlich süditalienische Merkmale beispielsweise im Bereich des Vokalismus mit der Zeit immer spärlicher werden, halten sich andere, ebenfalls süditalienische Elemente länger:1000 So verhält es sich zum Beispiel bei den forme nominali flesse, die in den gesichteten Texten mit großer Regelmäßigkeit auftreten, während etwa im Bereich der Klitika klar neapolitanische Formen dem Anschein nach relativ früh aufgegeben wurden. Diese Tendenz, die auf eine über einen langen Zeitraum verlaufende Toskanisierung hinweist, könnte als Indiz dafür gewertet werden, dass sich hinsichtlich mancher diatopischer Elemente frühzeitig (auch) diastratisch-diaphasische Markierungsveränderungen ergeben haben, die zu einer Eliminierung derselben aus Distanzdiskursen geführt haben. Andere Elemente scheinen diesen Prozess der Markierungsveränderung und Ersetzung erst später durchlaufen zu haben und blieben als diskurstraditionell tradierte Fossilisierungen der lokalen Schreibtradition länger erhalten. Die Aufgabe bestimmter topisch markierter Elemente musste aber nicht immer zu Gunsten der toskanischen Entsprechung erfolgen, sondern konnte z. B. auch die Verwendung ‘unmarkierter’ latinisierender Elemente vorsehen und varietätenlinguistisch somit an der Oberfläche auf den ersten Blick ‘unsichtbar’ vonstatten gehen. In den hier verwendeten Termini kann also festgehalten werden, dass ein Autoritätsverlust einzelner Elemente des lokalen und regionalen – in unserem Falle neapolitanischen – Modells nicht umgehend in einen Autoritätsgewinn des Toskanischen münden musste. Der Blick sollte sich also bei einer varietätenlinguistischen Untersuchung der hier behandelten Texte und anderer vergleichbarer Quellen nicht nur auf die Sichtbarkeit des toskanischen Elements beschränken, sondern 1000 Ähnliche Beobachtungen machen auch Sardo (2013) und Soares da Silva (2013) für Sizilien.

5. Autorität und Autorisierung der Sprachenpluralität im Regno di Napoli

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auch andere Mittel und Wege der sprachlichen ‘Deregionalisierung’ berücksichtigen, die wichtige Hinweise auf – sich sozusagen ‘im Verborgenen’ vollziehende – Markierungsveränderungen im sich sukzessive etablierenden Diasystem des Toskanisch-Italienischen und den sich in dieses eingliedernden Varietäten geben können. Das in der vorliegenden Arbeit verwendete begriffliche Instrumentarium zu sprachlicher Pluralität und Autorisierung kann – so die Hoffnung der Autorin – auch in diesem Bereich fruchtbar gemacht werden.

6. Transkriptionen ausgewählter Quellen Für die folgenden Transkriptionen einzelner in der vorliegenden Arbeit analysierten Quellen wurden die in 4.1 dargelegten Kriterien verwendet. Um die Auffindung der im Text zitierten Beispiele zu erleichtern, wird am Ende einer Seite der Originalquelle in der Transkription ein Absatz eingefügt sowie die Angabe des Blattes und der Seite (Format: 1rv) vermerkt, auch wenn diese nicht in allen Dokumenten expliziert werden. Die Zeilenangabe, welche die Auffindung einzelner in der Arbeit erwähnter Belege vereinfachen soll, erfolgt in den Transkriptionen in Schrägstrichen: /1/.

6.1 Brief von Sigismondo de Loffredo an Kaiser Karl V. (10. 01. 1532) (AGS ESTADO 1012 – 1) 1r /1/ Sacra(tissi)ma Caes(area) et Catth(olica) M(aes)ta /2 /Ja haverra inteso v(ostra) Alt(ezza) lo che se minaccia del turcho che per una /3/ parte per austria vole invadere personalmente la (christ)ianita et lo statu /4/ de austria contra v(ostra) M(aes)ta et contra lo serenissimo Re de romani fratre /5/ de v(ostra) Alt(ezza) et che tam bene vole fare altra invasione che per inbrain /6/ suo basciano vuole fare contra quisto v(ost)ro regno et spero che v(ostra) M(aes)ta /7/ con lo zelo che tene a la sancta fe (christ)iana et a la conservatione de /8/ v(ostri) regni De li quali De poi che li serenissimj Ri v(ost)ri praecessori li /9/ acquistaro nunqua ipsi ne v(ostra) M(aes)ta ne perdero alcuno provederra /10/ a lo che serra oportuno et necessario. Et per che io como vuostro /11/ buon servitore et vassallo et como (christ)iano so obligato dare notitia /12/ a la M(aes)ta v(ostra) De lo che ho inteso da homini plattici de guerra et de /13/ cose de turco me è parso scriverli questo /14/ V(ostra) M(aes)ta con su sapientissimo iuditio ia vede che la provisione contra /15/ le cose del turcho è piu periculosa de quella si ha da fare contra altri /16/ potentati per che quella è maior potentia et per questo bisogna fare /17/ piu gagliardi remedij et si v(ost)ra Alt(ezza) li fa presto et con tempo non sulo /18/ con lo adiuto de dio serra victorioso ma serra causa che quello impio /19/ tyranno et infidele diverterra da suo

6.1 Brief von Sigismondo de Loffredo an Kaiser Karl V.

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malo proposito […] de questo ha-/20/vimo visto la experientia per che lo bisavolo de questo turcho quando /21/ enviao suo exercitu et pigliao hotranto lo fece per che questo regno 1v /1/ steva desemparato et lo exercitu de Re ferrando primo che al hora /2/ regnava era con lo duca de calabria in tuscana et de po lo avvolo /3/ de quisto turcho da lla ad octo anni vuolse invadere quisto regno /4/ et venne per fi a la velona con grande exercitu et per che dicto Re /5/ ferrando enviao con grande exercitu in apulia lo dicto Duca suo /6/ figlio con tre milia hominj de arma et con buona infanteria et con /7/ una poterosa armata de mare con la quale enviao lo principe de /8/ altamura al·hora Don federico suo figlio secundogenito lo quale /9/ De po fo Re El turcho viste tante buone provisiune se ne tornao /10/ et non invadio quisto Regno. Per lo che si como si spera v(ostra) M(aes)ta /11/ farra grande provisiune o vero diverterra dicta invasione o /12/ vero si el turcho enviarra su exercitu serra v(ostra) M(aes)ta victoriosa /13/ Jo in questo v(ost)ro consiglio ho propuosto che si sollicite lo Ill(ustre) marchese /14/ alarcone che vada secundo v(ostra) Alt(ezza) lo manda ad fortificare le fortellize /15/ de terra de hotranto et se li è scripto in caieta et è ia venuto /16/ et subito parterra per che per lo che ho visto sempre ha tenuto la /17/ buon(a) volunta che è costumato tenere in lo servitio de v(ostra) Alt(ezza) ma /18/ per che per lo passato non li so’ state date le provisiune necessarie /19/ ne dinari si è perduto tempo et piaccia ad la divina clementia 2r /1/ che ahora che va assi tardo possa accabare la dicta reparatione /2/ lo che penso che non faltarra per ipso marchese alarcone /3/ Ho tam bene dicto che ahonche lo regno ha servito de seicentomilia /4/ docati ad v(ostra) M(aes)ta et pendente dicto servitio non si possa imponere /5/ altro. Todavia supervenendo questa grande necessita si deveno /6/ appercepire tutti li baroni che steano in ordine para iunctarse con /7/ lo exercitu de v(ostra) Alt(ezza) per che si se retrahino cadauno in su ba-/8/ronia serriano tutti preda de inimici et che ahora che haveno /9/ da andare per el regno li numeratori si deverriano descrivere /10/ tutti li homini che sono apti ad menare arme ahonche esto /11/ poco provecchiao in la guerra de hotranto per che el Re fer-/12/ rando poco se avalio de fanteria del regno per che non era como /13/ ahora non e plattica ne sta armata et per questo lo anno passato /14/ io avisai ad v(ostra) M(aes)ta che de li homini del Regno de quilli che /15/ sonno vassalli de baroni aragonisi et imperiali si haverria po/16/ tuto fare descriptione de fanti et farli armare per che ad uno /17/ tale bisogno in octo di si trovarriano a la campagna et li hominj /18/ de quisto v(ost)ro regno quando tomano la plattica et si exercitano /19/ in guerra

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6. Transkriptionen ausgewählter Quellen

serveno bene como se ne e vista la experientia in /20/ la proxima invasione de lautrecho che fece in quisto Regno 2v /1/ et essendono dicti fanti vassalli de imperiali non sulo non ne succederra /2/ scandalo ma con ipsi si tenerriano piu basci li angioinj. Et al /3/ p(rese)nte per desanimare el turcho et per reputatione si dirra che lo regno /4/ per cada tanti fuochi serverra ad v(ostra) Alt(ezza) de_uno fante che serriano /5/ trentamilia /6/ Ho tam bene propuosto in consiglio che si deve fare provisione per /7/ questa v(ost)ra cita de ducento milia thumula de frumento per che /8/ si lo turcho ha da assalire el regno per impedirle la ricolta accele-/9/rerra et è parso bene ad tutti Ma como in quisto regno stamo /10/ de la manera che v(ostra) Alt(ezza) sape, non sempre che se insella si /11/ calvacca /12/ Per servitio de dio et de v(ostra) Alt(ezza) quella ha da pensare che sensa su /13/ adiuto et favore con le forcze del regno non si basta ad obviare /14/ a la potentia del turcho et però spero che lo mandarra provedere /15/ Et non so quanto possa v(ostra) M(aes)ta confidare che li altri potentati /16/ adiutarranno in questa guerra per che in la guerra de hotranto /17/ papa sisto enviao una armata in hotranto et de po subito enviao /18/ al capitanio de la armata uno honorato breve in lo quale lo exhor-/19/tava et mandava che servesse bene ad Re ferrando in quella /20/ guerra et intro lo breve era una litera in cifra la quale tutta era 3r /1/ De nihil importante et solamente lo descifratore trovao in epsa /2/ littera queste parole quod scribimus honoris causa scribimus /3/ tu autem q(uam) primum ad nos veni cum classe et serria possibile /4/ che alcuni potentati christiani havessero capitulato con el turcho /5/ como fecero in la guerra de hotranto che invaso lo regno et to/6/mati alcuni lochari non passe avante per che cossi capitularo /7/ con el turcho che invadio hotranto lo che fo et ahora serria /8/ obcecatione de intellectu per che si quillo turcho non morea /9/ non lo observava et tam pocho non lo observerria questo turcho /10/ Et per che secundo dicono hominj experti in guerra v(ostra) M(aes)ta en este /11/ casu ha menestiere de trentamilia fanti et de milli et ducento /12/ hominj de arma et de cavalli descançati legeri [interlinear: et artellaria] v(ostra) Altezza) con su sapientissimo /13/ iuditio poterra mandare lo che vederra che cumpla ad su imp(er)ial /14/ servitio Tanto piu che essendo vera la invasione non si tro/15/varranno dinari de chi comparasse beni feudali et pero si pensa /16/ che serria maior servitio de v(ostra) Alt(ezza) si manda che si haga lo /17/ partito con laquila mandarlo che si haga presto et assi mismo /18/ de mandare componer’ alcuno de quelli che v(ostra) Alt(ezza) tenesse vo-/19/lunta farli componere et de li servitori remunerati quando v(ostra) /20/ M(aes)ta mandasse lo che sia su volunta in revocare o vero in

6.1 Brief von Sigismondo de Loffredo an Kaiser Karl V.

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3v /1/ limitare le cose concesse ad beneplacito, si se fa presto et ante /2/ che sia certa la invasione del turcho serria possibile che se ne /3/ saccasse buona quantita de dinari /4/ E menestiere per lo servitio de v(ostra) Alt(ezza) che si provedano due cita /5/ una in puglia, l’altra in terra de hotranto con gente et bastimiento /6/ per potere succurrere dove serra menestiere, et e necessario che in /7/ brindise hotranto, taranto, galipoli, trano barletta et manfre-/8/donia se […] buona gente per guardia de q(ue)lle fortellicze et cita /9/ Et è uno inconveniente per che in brindise hotranto, taranto galipoli /10/ trano barlecta et manfredonia tutti li castellani teneno le castelle /11/ per substituto, lo che è multo necessario che si proveda, uno de /12/ li castelli de brindise tene lo dicto alarcone, et in questo non pote /13/ havere falta, per che como e homo grande et capitanio ha como-/14/dita de ponerce homo che ben lo guarde, lo altro de brindise /15/ tene lo comendatore urries, hotranto tene lo comendator pi/16/ gnalosa che è in la corte, galipoli tene lo comte de golisano, ta-/17/ranto tene lo figlio de philippo de herrera che è mansevo et /18/ soleva stare in ipso don francisco carros su cognato, lo quale è /19/ cavaliero ma nunqua fo in guerra, lo de trano non so chi lo /20/ tengha, lo de barletta tene marcello caracciolo et lla tene uno altro 4r /1/ homo Manfredonia tene don petro sarmiento el qual[…] tam bene /2/ lo rege per substituto /3/ Sape v(ostra) M(aes)ta che questo regno per lo passato lo defendeano per-/4/sonalmente li Ri et de po li vice Ri como fo lo gran capitanio, et /5/ con ipsi erano prospero et fabritio colonna Duca de termole /6/ lo primero et li altri capitanei et lo marchese de pescara, ahora /7/ in lo regno non ,e, si non alarcone, et in italia sono li Illustri /8/ marchese del vasto et antonio de leiva, et poi che lo regno sta /9/ de esta manera penso sia servitio de v(ostra) Alt(ezza) mandare prove/10/ dere al bisogno per che hasta ahora ce vedo poco de buono /11/ de lo che acca se halla et si non ce e una persona grande et /12/ valorosa che mandi ad tutti v(ostra) Alt(ezza) serra male servita et lo /13/ regno in periculo de perderse /14/ El turcho si ha da fare esta impresa enviarra poterosa ar-/15/ mata et per questo serria menestiere che v(ostra) Alt(ezza) che per gratia /16/ de N(ost)ro s(ign)or e lo mas poderoso s(ign)or de la (christ)ianita et spero che /17/ lo serra maior mande proveher de altra armata grossa de /18/ galere et nave con le quale et con lo segnal de la sancta cruce /19/ superarra li inimici de la sancta fe (christ)iana con servitio de 4v /1/ N(ost)ro s(ign)or dio et propagatione de su sancto nome e gloria de v(ostra) M(aes)ta /2/ a la quale N(ost)ro s(ign)or li conceda esto et li done sanita et vita longissima /3/ In la v(ost)ra Cita de napoli allj x de

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6. Transkriptionen ausgewählter Quellen

Jennaro 1532 /4/ De v(ostra) caes(area) et cath(olica) M(aes)ta /5/ Fidelissimo vassallo et /6/ Servitore /7/ Sigismundo de Loffredo 5r [alba] 5v /1/ Sacratissimae Caesareae /2/ Et Catholicae M(aiesta)ti [quer von anderer Hand] Napoles al Emp(erad)or 1532 De m(içer) Sigismundo a x de Enero 1532

6.2 Brief von Sigismondo de Loffredo an Kaiser Karl V. (11. 02. 1532) (AGS ESTADO 1012 – 16) 1r /1/ Sacr(atissi)ma Caes(area) et Cattho(lica) M(aes)ta /2/ Visto lo che v(ostra) M(aes)ta me ha mandato scrivere per la carta de xxx de /3/ decembre proximamente passato, la aviso che v(ostra) Alt(ezza) quando creao vice_Re /4/ de quisto regno lo Ill(ustre) quondam Don carlo de la noy le mando fare privile-/5/gio et commissione continente la potesta del dicto cargho la quale fo conforme /6/ a la che el Re catholico de gloriosa memoria mando expedire per don raymu(n)do /7/ de cardona la quale penso che si v(ostra) M(aes)ta serra servita mandarla vedere /8/ si trovarra in li registri li quali credo che el quondam secretario petro /9/ garçia o vero lo molto R(everen)do gran cancellero de v(ostra) M(aes)ta tenea cargho por-/10/tarli con se appresso la corte Et ultra la dicta commissione v(ostra) M(aes)ta /11/ mando expedire instructiune al dicto vice Re don carlo in le quale con /12/ dicto gran cancellero intervennimo quattro persune che forno el vice-/13/cancellero m(içer) augustino, et lo thesaurero el comte de cariate et io, et se /14/ legerno ad v(ostra) M(aes)ta et fo servito mandarle despacciare le quale non /15/ me ricorda si foro una o doe compositiune de instructiune, et per che /16/ el dicto secretario era diligente in lo che toccava al servitio de v(ostra) M(aes)ta /17/ penso che in venire in italia le porto et serria possibile che mandandole v(ostra) M(aes)ta /18/ buscare si trovassero intro le scripture de dicto secretario De haverse acca /19/ lo originale de ipse penso che o vero le tene la Ill(ustre) principessa de sulmona /20/ mogliere de dicto don carlo o vero la mogliere de brescegno lo quale teneva /21/ la cifra del dicto vice Re don carlo o vero la mogliere del quondam secretario /22/ seron et ad me non è parso buscarle ne pedirle non parendome bene farlo /23/ sensa mandato de v(ostra) M(aes)ta Et simile commissione per mandato de v(ostra) M(aes)ta /24/ fo facta al Ill(ustre) prencepe de orange 1v /1/ Et per che le cose del mundo como v(ostra) M(aes)ta sape con la continua experientia /2/ et nuovi successi haveno menestiere de nuova

6.2 Brief von Sigismondo de Loffredo an Kaiser Karl V.

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provisione me pare tam be’ /3/ servitio de v(ostra) M(aes)ta avisarla de alcune cose che haverriano bisogno de /4/ remedio et per questo le scrivo le infrascripte /5/ V(ostra) M(aes)ta sape che lo governo de quisto v(ost)ro regno consiste in la buona admi-/6/nistratione de la iustitia et in guardarlo da inimici et si have da conser-/7/vare con quella gendarma et cavalli leggieri che v(ostra) Alt(ezza) mandarra /8/ tenerse in dicto regno con le galee et con le castelle et de piu per tutte le /9/ susodicte cose bisognano dinari, si v(ostra) M(aes)ta serra servita si have da dare /10/ buon recapito a la exactione et fidele distributione de v(ost)re rente regale /11/ in le quale cose v(ostra) M(aes)ta sapientissima mandarra dare quello ordine /12/ che piu servitio le sia et per complire como devo con su servitio le scrivo /13/ le infrascripte partite /14/ Una de le cause per le quale la exactione et administratione de vostre /15/ rente regale se ritarda è che tutti li offitij pecuniarij como sonno dohane /16/ con le quale va la dohana de napole et la dohana de le pecore de apulia /17/ et perceptorie de pagamenti fiscali per cada provintia et credenczarie si /18/ vendeno sobto spetie de renuntia, et si danno a li comparatori con assensu /19/ de v(ostra) M(aes)ta et si comparano molto chari et per fi a la summa de septemilia /20/ docati alcuno de ipsi et non sonno si non offitij duranti per vita Per lo che /21/ quelli che li comparano et pagano per epsi tanti dinari, pote pensare v(ostra) M(aes)ta /22/ che non pensano si non saccare da lo offitio li dinari pagati per preczo /23/ de ipsi offitij et quilli saccati pensano approveccharsi et farnosi ricchi 2r /1/ per lo che li dinari che exigeno sempre se li retenino la maior parte de /2/ ipsi per molti mesi per che lo cumpto non lo presentano in summaria si /3/ non passati doi mesi del anno et in quisto meczo fanno mercantia de /4/ vostri dinari et v(ost)ra Regia corte molte volte li ha pigliati ad cambio /5/ et pagato li Interessi standono li dinari in potere de li offitiali et non /6/ dandoli in v(ost)ra generale thesaureria /7/ Et ad questo se e parlato molte volte che dicti offitiali cada terczia ,o, cada /8/ mese enviassero in la generale thesaureria et in la summaria et in la scri-/9/vania de ratione bilantio de quello che haverranno exacto et tamen non /10/ se è facto ne si fa et pote pensare v(ostra) M(aes)ta che non stando in quisto /11/ regno persona auctoriczata da epsa con commissione de vice Re se ce farra /12/ pocho bene et non si poterra complire con lo servitio de v(ostra) Alt(ezza) Ma lo /13/ verdatero remedio de esto malo è che v(ostra) M(aes)ta mande, si serra servito, /14/ che nullo offitio pecuniario se possa vendere ne renuntiare per dinari, et /15/ che v(ostra) M(aes)ta quando li ha da concedere non pense solamente concederlo /16/ per farne mercede al concessionario ma deverria excoger homo che non /17/ lo pida et che sia habile para ello et si menestiere fuera compellirlo ad /18/ exercitarlo et si v(ostra) M(aes)ta vol fare mercede

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6. Transkriptionen ausgewählter Quellen

ad alcun su servitore /19/ meglior serria darle de pecunia tanto dinero quanto v(ostra) M(aes)ta fuesse /20/ servita de la renta che de quella administratione specta ad v(ostra) M(aes)ta /21/ che permittere che li offitj pecuniarij si vendano con gran desservitio /22/ de v(ostra) M(aes)ta et con darse occasione che li offitialj pecuniarij dissoglieno /23/ vostri subditi /24/ Saperra v(ostra) M(aes)ta che è prohibito da quisto su regno saccarse moneta 2v /1/ et oro et platta, et non se observa, et la causa è stata che uno ministro, che /2/ è Ja morto, como havea del todo ganata la volunta del dicto vice Re Don /3/ raymundo de cardona et tenea con ipso molta auctorita et credito cada /4/ semmana facea dare licentia de saccare buon colpe de dinari, et li enviava /5/ con lo percaccio che es cavallaro che cada semmana va da napole in /6/ roma, et che quando li passi de terra che se esce dal regno et se va in /7/ terra de roma che sonno li puorti sicchi se intercepea alcuna quantita de /8/ dinari luego saltava el dicto ministro con dirle che el virrey le havea /9/ dato licentia verbale, et lo vice Re don raymundo tenendo per bene lo /10/ che quello havesse mandato in nome de ipso vice Re lo obtorgava et /11/ mandava restituirsi li dinari ad quillo che li havea perduti, et levava /12/ lo guadagno de la quarta parte ad quillo che li havea interceputo /13/ Da donde sequeva che li passagieri non usavano piu diligentia in buscar /14/ chi saccasse moneta et si lo predicto ministro de esto toccava parte lo sa /15/ dio et si pote ben considerare a la ricchecza che ha lassato en su casa /16/ non havendo salario da v(ostra) M(aes)ta si non cento septanta docati lo anno /17/ et de po del prefato ministro se è tenuto lo mismo stilo in manera che /18/ v(ost)ra Regia thesaureria credo che habia havuto poca ganancza de tali /19/ intercepti, et tuttavia el regno queda exhausto de dinari et in lo ex-/20/traherse per mare se usa pocha diligentia, et per questo credo che /21/ buonamente v(ostra) M(aes)ta poterra mandare preconare che chi sacca moneta /22/ o massa de oro et placta lo perda con tutta la mercantia, aczemile /23/ cavalli et navi con li quali li portarra, et che in questo si ponga gran /24/ diligentia. et per che v(ostra) M(aes)ta veda che questo preconar non è iniusto 3r /1/ le envio translato de altro bando facto per chi portasse sale in regno sensa /2/ licentia, et si haverria da dire in lo bando che lo vice Re non possa remet-/3/terli et dire che li ha dato licentia verbale, si la licentia non si monstra /4/ per scriptura expedita in v(ost)ra cancellaria, et non in cancellaria privata /5/ de ipso vice Re /6/ Et questo per servitio de v(ostra) M(aes)ta penso che serria bene ordinare che qual-/7/quiere cosa che lo virrey haya de mandare in scriptis sia con littera /8/ de cancellaria con lo nome glorioso de v(ostra) M(aes)ta et titulo che si pone in /9/ cima de la

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littera, o, provisione et con lo sigillo de v(ostra) M(aes)ta maxime q(ua)ndo /10/ sia cosa che tocca iustitia, o interesse de v(ost)ra Regia corte, o de altro, et /11/ non sia cosa de statu /12/ Per le cose de la pecunia et conservatione de v(ost)ro regal patrimonio fo or-/13/dinato lo tribunale de la summaria, lo quale è gran tribunale, et per-/14/che li cumpti cada anno si renuovano, lo maior cuydado che per quello /15/ tribunale si deve havere deve essere in liquidare li cumpti. Per questo /16/ credo che serria servitio de v(ostra) M(aes)ta mandare che si leve una memoria /17/ de tutti li cumpti che non sonno liquidati et che la envieno ad v(ostra) M(aes)ta /18/ per che possa mandare che se liquideno et poterria v(ostra) M(aes)ta mandare /19/ che de po cada anno in la fine de’llo se dea al vice Re la dicta memoria /20/ para che la Summaria use toda diligentia in la terminatione de quillj /21/ La causa de non essersi visti li cumpti et liquidati è che lo locumtenente /22/ lo quale de ipsi tene grande experientia, continuamente va in lo co(n)siglio /23/ collaterale, et in quelle hore li praesidenti, o, per non tenerno poco cuydado 3v /1/ o per non haverno tutta la auctorita che convene con li rationali che re-/2/feriscono li cumpti, non hanno fatto tutto quello che deveano, maxime /3/ che da molti annj in qua buona parte de li praesidenti sonno stati persune /4/ non del tutto habili. Per lo che como v(ostra) M(aes)ta have ia incomenczato, poter-/5/ria mandare lo total assiento de dicto tribunale como fe lo Re catholico /6/ quando fo in napole Dove constituio tre docturi per praesidenti, li quali ad /7/ quel tempo erano de li principali doctori del regno de doctrina et fama /8/ Lo tribunale del consiglio de sancta clara have alcune persune da bene et /9/ docte et lo presidente che è homo de honore et de conscientia, ma como ipso /10/ tam be se occupa continuamente in lo consiglio collaterale, credo si usarria /11/ maior diligentia in expedire le cause et fare iustitia, si non perdesse quello /12/ tempo et si desse del tutto ad intendere in le cause de su tribunale et /13/ quando le vacasse tempo poterria yre in lo consiglio collaterale per la /14/ faculta che nuovamente v(ostra) M(aes)ta ne le mando dare, et In la reformatio(n)e /15/ che v(ostra) M(aes)ta havesse da fare poterria v(ostra) Alt(ezza) mandare ponere alcuna /16/ altra persona docta et virtuosa in dicto consiglio per che iuncti con li altri /17/ habili che ce sonno la iustitia se ministrarria piu facilmente /18/ La gran corte de la vicaria sta molto male, et la causa è che da molto tempo /19/ in qua lo offitio de regente de quella corte se è dato ad alcun soldato /20/ per merce’ et fanno de le cose non belle, et li quattro iudici che cada anno /21/ si poneno in ella, a lo piu se excogeno hominj de pocha qualita, per doe /22/ cause: la una per che non si excogeno le persune che potessero bene /23/ exercitare dicto offitio, et non se prepone in lo consiglio collaterale

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6. Transkriptionen ausgewählter Quellen

4r /1/ la electione de ipsi ma ahora va uno al virrey ad preponerle un lettrado /2/ y despues va otro ad preponere otro, et si el virrey lo hacze solo no(n) Hay /3/ homo che li possa contradire, et si lo propone in consiglio como cosa che ipso /4/ vuole, rare volte li consiglieri le contradicono. La altra causa e che /5/ doctori docti et de manera non lassano la ganancza de lo advocare /6/ per esserno iudici de la vicaria per un anno, et per questo per servitio de /7/ v(ostra) M(aes)ta quando io era in la corte propossi che v(ostra) M(aes)ta poterria addere /8/ doi buoni consiglieri in dicto consiglio de sancta clara et quitar doi de li /9/ iudici de la vicaria et cada anno si poteano ponere doi iudici in la dicta /10/ vicaria et dal consiglio susodicto cada anno doi de li consiglieri de dicto /11/ consiglio andassero ad stare in vicaria. et in questa manera lla starriano /12/ per iudici doi consiglieri persune notabile con doi altri iudici, et v(ostra) M(aes)ta /13/ non adiongerria gasto per che tanto salario tene lo iudice de la vicaria /14/ quanto lo consigliero de sancta clara, et li doi iudici che faltarriano in /15/ la vicaria cada anno salerriano dal consiglio. et v(ostra) M(aes)ta lo mando /16/ assi screvir, et qua non si posse in effectu, per che alcunj che non /17/ hanno havuto buona intentione haveno persuaso a_li vice Ri che le sia /18/ desreputatione che v(ostra) M(aes)ta mandasse in cosa de iustitia Dicendo che /19/ per questo dandose remedio da la corte se demonstrarria che epsi non /20/ administrano bene la iustitia, et anchora proponeano che v(ostra) M(aes)ta /21/ non intendeva in queste cose ma che le faceva lo gran cancellero, et /22/ diceano che era vergogna De li viceRi privati de v(ostra) M(aes)ta starno de /23/ baxo del gran cancellero, et ad alcuno io resposi che le carte de v(ostra) M(aes)ta /24/ haveno su valore per la firma sua, et sigillo Regio, et non per lo 4v /1/ signale del gran cancellero et non disconfido che forsi alcuno sequirra le /2/ misme pesate con lo vice Re nuovo, Ma penso che v(ostra) M(aes)ta lo excogerra /3/ tam buono et prudente che non si farra ingannare, et uno de_li prin-/4/cipali cuydadi che si tenea, era in abrir le carte de consiglieri per vedere /5/ che scriveano ad v(ostra) M(aes)ta /6/ Poterria tam be v(ostra) M(aes)ta mandare che nullo doctore possa essere consigliero /7/ de sancta clara ne praesidente de la Summaria si primo non sia stato /8/ iudice de la vicaria et auditore de provintie, per che questo iovarria che /9/ li buonj doctori affectarriano essere iudici de dicta vicaria, et auditori /10/ de provintie per po poterno subire al consiglio et a la summaria /11/ Poterria v(ostra) M(aes)ta mandare che la nomina de dicti iudici et auditori, si pre/12/ponessero et excogessero in consiglio, altramente quando se haga /13/ Particularmente et per ruegos, non si farra electione tanto buona, q(ua)nto /14/ si deverria /15/ Li capitanei che cada anno se

6.2 Brief von Sigismondo de Loffredo an Kaiser Karl V.

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poneno in le terre demaniale quando si /16/ danno ad soldati per merce’ non administrano buona iustitia, et se ne /17/ haveno molte querele, ma quando se eligessero persune grave et /18/ temperate, si farria ben la iustitia, et in alcune cita che haveno /19/ buona renta si li capitanei fossero hominj iusti con buona magna /20/ saccarriano alcuno servitio particulare da dicte terre demaniale /21/ per v(ost)ra M(aes)ta et sarria possibile che quando da alcune cita, et quando /22/ Da altre v(ostra) M(aes)ta ne havesse alcuno buono migliaro de docati. per lo 5r /1/ che quando accade el casu poterra v(ostra) M(aes)ta mandarlo provedere como piu /2/ convengha ad su servitio /3/ In tempo del vice Re Don raymundo cada sabbato uno iudice de la vicaria /4/ a la tarda quedava in vicaria ad dare audientia ad li litiganti, et lo /5/ regente con li altri tre iudici andavano in consiglio collaterale, et In p(raese)ntia /6/ de dicto vice Re et consiglio narravano tutte le cause criminali, et lo /7/ vice Re con parere de li regenti la cancellaria le mandava lo che haveno /8/ da fare, et encaminava la iustitia, et cada sabbato devano raczon de /9/ quello che haveano facto la semmana. Questo era cosa molto buona /10/ et ne sequeano buoni effecti. si v(ostra) M(aes)ta lo tenerra in servitio lo poterra /11/ mandare che cossi se continue, per che con questo ordine et con andarno /12/ li regenti la v(ost)ra cancelleria, cada semmana un di, uno de ipsi in vicaria /13/ ad visitare li presuni et sollicitare la iustitia, quella se administrarria /14/ molto megliore et v(ostra) M(aes)ta ne serria ben servita /15/ La M(aes)ta v(ost)ra con gratia de Dio farra su residentia in castiglia como regno /16/ piu poderoso de li altri su regni, et questo su regno sta da lla muy lexo /17/ et altri potentati de christianj sempre teneno la mira in occuparlo, ultra /18/ che el turcho non pensa in altro, et le forcze de ipsi sonno molto propinque /19/ al regno in manera che facilmente lo poteno invadere et v(ostra) M(aes)ta non /20/ pote molto presto soccorrere De manera che ante del succurso lo inimico /21/ tomarria buona parte del regno. et per questo credo che si v(ostra) M(aes)ta manda /22/ che si accabe la fortificatione de questa cita et unirse con ella lo monte /23/ De sancto eramo et con fortificare capua et con cayeta che, è, ia fortificata 5v /1/ et con fortificare le terre de terra de hotranto de terra de bari et capiti-/2/ nata dove sonno li puorti poterra v(ostra) M(aes)ta essere certa che non solamente /3/ venendo lo exercitu de inimicj non farria nada, ma sapendo che non /4/ poterria pigliare el regno ne christianj ne turchi tentarriano invaderlo /5/ sapendo che non poterriano sallir con la sua et si ben tomassero tutto /6/ el resto del regno, v(ostra) M(aes)ta tenendo Nap(oli) et dicte altre fortallecze /7/ in una semmana recuperarria lo perdido, et ben che la spesa para /8/ grossa non, è, tanta che per epsa se

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6. Transkriptionen ausgewählter Quellen

devesse lassare tanto bene, et si /9/ v(ostra) M(aes)ta mandasse accabare esto poterria tenere el regno sensa ordi-/10/nancza de gendarma si non tanto quanto la volesse tenere per repu-/11/tatione, et per respectu de le altre cose de italia. Li puorti sonno, tara(n)to /12/ galipoli, hotranto et brindisi et manfredonia et sonno tam be monopoli /13/ trano et barlecta che non haveno puorto, ma per starno a la frontera /14/ del turcho et de venetianj serria bene farli fortificare, et si v(ostra) M(aes)ta /15/ manda che si faccia la fortallecza in laquila, serra tenere lo freno /16/ ad tutto apruczo et impedire exercitu de inimico che non passe /17/ da lla, et la provintia non si rebellarria /18/ V(ostra) M(aes)ta sape’ che per tenere la sede apostolica lo directo dominio de /19/ questo regno sempre have tentato ponere manu in la iurisdictione /20/ sopra regnicoli layci, et lo primo cardinale de aragonia figlio del /21/ serenissimo Re ferrando primo parlando de questo con dicto Re /22/ su patre le dixe che lo desiderio de cada papa, è, unire lo regno con lo 6r /1/ altro patrimonio de la ecclesia, et che si ipso cardinale fosse stato papa /2/ pensava che haverria havuto lo mismo desiderio non obstante che /3/ ad ipso Re era figlio et servitore, et per questo serria bene che /4/ v(ostra) M(aes)ta mandasse al vice Re che mirasse bene sopra de questo puncto /5/ et per che non acciacche de le decime lo papa tene qua el nuntio /6/ el quale sempre procura ganare auctorita, et, è, cosa nuova app(re)sso /7/ vice Re nuntio ne ambaxatore. Credo che serria gran servitio de /8/ v(ostra) M(aes)ta mandare che non stia nuntio residente in questo regno, ma /9/ che baste lo che sta in la corte Altramente ben pote pensare v(ostra) Alt(ezza) /10/ che cosa se poterria offerire che la residentia del nuntio in questo regno /11/ non serria v(ost)ro servitio /12/ Quisto v(ost)ro regno per la guerra sta molto in penuria de vacche, et si tene /13/ poca cura in serrare li puorti sicchi, ansi da lo passu de arpino per /14/ informatione tomada si so saccate mille et ducento vacche et fu tomado /15/ preso lo guardiano del passu et mio pareçer fu che si inforcasse, non /16/ è stato facto cosa alcuna per lo favore de la marchesa de pescara /17/ utile s(igno)ra de arpino, et si tene quella scafa sensa titulo sulo per decreto /18/ de la summaria, ad mio iuditio, non ben dato continente che por-/19/che la marchesa tene la barca se conserve In possessione de ella /20/ Per che toccandose cosa regale, et tanto praeiuditiale ad v(ost)ro regno /21/ non si devea permittere tale novita sensa che si vedesse si ne /22/ teneva titulo et privilegio 6v /1/ Saperra v(ostra) M(aes)ta che alcunj baronj voleno essere in le sue terre como /2/ Ri et non permitteno che li ministri regali vadano lla ad citare, ansi /3/ minacciano vostri ministri et non li danno obedientia alcuna, et /4/ secundo me è stato referito uno de ipsi rascao una citatione de

6.2 Brief von Sigismondo de Loffredo an Kaiser Karl V.

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v(ost)ra /5/ audientia provintiale. Tam be receptano fuorusciti in le sue terre, et /6/ hominj foriudicati, in manera che pare che questo regno non sia uno /7/ ma molti. Tam be alcuni di epsi tractano male su vassallii et li /8/ quitano quanto quereno. Serra gran servitio de v(ostra) M(aes)ta che mande /9/ et admoneste al vice Re che use in questo virilita, et che admoneste li /10/ baronj che tale hazeno maxime quelli che sonno degni de respectu /11/ et li dica che si non si emendano ipse vice Re tenerra piu respectu al /12/ servitio de v(ostra) M(aes)ta et a la iustitia, che ad epsi, et credo che Jovarria /13/ si v(ostra) M(aes)ta mandasse scrivere sey ,o, vero octo carte con lo nome in /14/ blanco dirigide ad baronj para che el virrey ponesse el nome de li /15/ baronj ad chi le havesse da dare, et sopra de questo sonno facte /16/ pragmatiche con molte poene ma non se observano per che la iustitia /17/ et auctorita et auctorita [sic] sta molto flacca /18/ E un abusu in questa v(ost)ra cancellaria che molte lettere directe al gran /19/ camerlingo et al locumtenente, et presidenti de la summaria, se signano /20/ per manu de ipso locumtenente, et de_li regenti la cancellaria, lo che /21/ ,e, impertinente cosa, che lo locumten(en)te signe le lettere che vanno 7r /1/ dirigide ad ipso medesmo, et de la forma che hoie se sta in questo regno /2/ non è homo che habia voluto darci remedio per lo poco cuydado et /3/ menor virilita de molti, et si alcuno particularmente lo dice, è tenuto /4/ per homo importuno et che vole soprasapere, Per questo v(ostra) M(aes)ta po-/5/terra mandare in questo et in tutto lo che le sia servitio /6/ Li greci albanesi, et scavoni che stanno in quisto regno non haveno /7/ sede permanente et cada anno se numeranno como fuochi ex(tra)ordinarij /8/ et che si solino mutare da un locho ad un altro, et generalmente sonno /9/ gran latri, et teneno cavalli, et arrobano vacche cavalli, et altri ani-/10/ mali de nocte in una provintia et per boschi li conducono in altra pro-/11/vintia. et in apulia lo anno passato in uno loco che si chiama la incoro-/12/nata ammaczaro in piu volte piu de cinquanta hominj, et primo lj am(m)a-/13/ czavano et poy li arrobavano et ad alcunj di epsi non trovavano si non /14/ doi carlinj. et per che v(ostra) M(aes)ta li annj passati informata de questo ma(n)do /15/ che dicti greci scavoni et albanesi che tenghono cavalli o eque non /16/ potessero habitare in aldei ma habitassero in lugar murati et circati /17/ ad tal che quando uscessero la nocte se sapesse Ben che questa fu /18/ sancta provisione, non è stata exequtata et Jo in questi mesi ho /19/ facto instantia che si renuove lo dicto ordine et si ,è, concluso che si /20/ faccie, et de po se ce ,e, usata grandissima negligentia, et non è stato /21/ mandato ad exequutione, et ha doi annj che una altra volta se /22/ renovao, et ad instantia del quondam theodoro boccali et del marchese

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6. Transkriptionen ausgewählter Quellen

7v /1/ de la atripalda, lo uno greco et l_altro albanese fo revocato. Per questo /2/ per descargho de mia conscientia et servitio de v(ostra) M(aes)ta ne le do /3/ notitia para que possa quella mandare lo che sia piu conveniente /4/ et servitio de dio et suo /5/ Li capitanei de le guardie de questa v(ost)ra cita serveno male, et teneno /6/ fanti inhabili descalczati et mal vestiti, et ipsi capitanei si son facti /7/ et fanno ricchi, ho pensato che da alcune provintie del regno li go-/8/vernatorj de quelle enviassero da lla hominj da bene et apti, accio /9/ che servessero bene per che fanti spagnoli non voleno servire in tale /10/ offitio, et questo e parso bene al R(everendissi)mo cardinal colonna, ma non se ,e, /11/ exequutato per fin che ce sia forma de poterli pagare cada mese /12/ La m(aes)ta v(ost)ra sape che al vice Re don raymundo era data faculta de pro-/13/vedere de li offitij de xij oncze in baxo, et ella lo augumento al /14/ vice Re Don carlo de la noy per fi ad la summa de cento docati /15/ et per che alcunj offitij haveno menor provisione et salarij, ma teneno /16/ emolumenti et alcuno de ipsi consiste sulo in emolumenti. Poterra /17/ v(ostra) M(aes)ta si serra servitio Declarare se mande che li emolumenti /18/ se contino in dicta summa de xij oncze, o, de cento docatj. /19/ Avisai per altra mia quello che se era accordato in consiglio de le /20/ bastitite de nap(oli) per respectu de quello che se dice del turcho, Non, è 8r /1/ anchora mandato ad exequutione, et per che è cosa che importa quanto /2/ v(ostra) M(aes)ta vede, me e parso essere obligato ad avisarnela /3/ Circa la forma Del regersi lo consiglio collaterale quello che me occorre /4/ lo envio in una carta apparte che va con questa, la quale v(ostra) M(aes)ta /5/ poterra mandare mirare et ordinare quello che sia su volunta et /6/ servitio /7/ Envio tam be ad v(ostra) M(aes)ta lo translato de una lettere sua directa al /8/ vice Re in la quale se da ordene circa lo decretare de memoriali /9/ per che v(ostra) M(aes)ta revedendola mande exequutare lo che serra servito /10/ Envio tam be una altra carta per lo che me occorre circa le castelle /11/ per che lo offitio de proveditore tam be è stato comparato como li altri /12/ susodictj, et N(ostro) s(ignor) Dio ad v(ostra) Caes(area) et catho(lica) M(aes)ta conceda sanita et /13/ vita largha et li conceda total victoria contra el turcho Neapoli xj /14/ februarij 1532 /15/ De V(ostra) Caes(area) et Cath(olica) M(aes)ta /16/ Fidelissimo vassallo et /17/ servitore /18/ sigismu(n)do de loffredo 8v /1/ Sacra(tissi)mae Caesareae et /2/ Catholicae Maestati [quer von anderer Hand] A su m(agestad) /4/ de Sigismundo de Lofredo 9r /1/ De iure salis /2/ Extra regnum vel de alia provintia non potest sal inmicti /3/ quia amictitur sal hic et cedit lucro cabelloti capientis, /4/ Tam

6.3 Brief von Sigismondo de Loffredo an Kaiser Karl V.

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sal q(uem) animali sicut et ferrum aczarum taliter in-/5/ missum, et si per mare inmictatur vaxellum et sal est /6/ cabelloti capientis, Personae captae in eo debent curiae as-/7/signari ad curiae beneplacitum ponienda 9v/1/ Bando seu translado de /2/ bando per chi portasse sale in lo regno de nap(oli) sensa /3/ licentia per che su alt(eza) /4/ pueda mandare mirar /5/ si se ha de hazer assi /6/ en lo de la moneta [von anderer Hand] Nap(ol)es A su ma(gest)ad /8/ Marzo 1532 /9/ de m(içer) sigismundo de Lofredo año Mdxxxij /10/ sobre las provisiones q(ue) parescia se devjan hazer /11/ contra el turco, y las cosas q(ue) se devja horde/12/nar en los tribunales

6.3 Brief von Sigismondo de Loffredo an Kaiser Karl V. (08. 03. 1532) (AGS ESTADO 1012 – 15) 1r /1/ Sacr(atissi)ma Caes(area) et Cath(olica) M(aes)ta /2/ la lettera de v(ostra) Alt(ezza) de xxvj de febraro da auburg ho receputo, et visto lo che /3/ me mando scrivere et respondere, Baso soi pedi che sia dignata tener en /4/ servitio lo che per le mie littere le scripsi, et per lo che me manda che io /5/ continue in scriverli lo che, è, su servitio, io como su humile et fidele ser-/6/vitor et subdito lo farro como so obligato, et como v(ostra) M(aes)ta lo manda /7/ Et per che per lo magnifico andalo et de po con lo correro che nuovamente /8/ partio ho scripto ad v(ostra) M(aes)ta lo che me parea convenire para su servitio, con /9/ esta non serro largo in negotij particulari de su servitio, ma tam solam(en)te /10/ scriverro esto poco circa le cose del turcho per darle notitia de lo che occorre /11/ et si, è facto /12/ Li di passati videndo io lo periculo de le cose del turco propuossi alcune /13/ cose per servitio de v(ostra) Alt(ezza) por che si facesse alcuno remedio para en /14/ casu che sequesse la invasione che se dice et havendo molto sollicitato /15/ per che molti, o, per che non credano tale invasione, o, pensando che el te(m)po /16/ non passasse cossi presto como ia, e, in precinctu de essere passato non /17/ poneano in questo molta attentione. et essendo andato lo R(everendissi)mo cardinale co-/18/lonna ad caccia li del v(ost)ro collaterale consiglio per uno negotio particulare /19/ ne congregaimo in lo monasterio de monte oliveto dove exclamai como /20/ era bisogno et era per protestarme a li altri del consiglio et enviare la copia /21/ del protesto ad v(ostra) Alt(ezza) Per che ne tenesse notitia et mandasse lo che era /22/ su servitio per lo che quello di se discusse alcuna cosa, et enviaimo una l(ette)re

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6. Transkriptionen ausgewählter Quellen

1v /1/ al dicto R(everendissi)mo cardinale in peczulo supplicandolo che fosse servito expectarne che /2/ andarriamo alla quando non havesse ipso potuto venire et respose che non /3/ andassimo per che tra doi di retornarria et retornato che fo li narraimo /4/ lo che haveamo discusso, et lo trovaimo como, e, suo costume prompto al servitio /5/ De v(ostra) Alt(ezza) et sta determinato che cada die se intenda in ello et se avise /6/ de tutto v(ostra) M(aes)ta et per che secundo una memoria de alcune cose lo trans-/7/lato del quale per dicto correro enviai ad v(ostra) M(aes)ta bisogna providere molte /8/ cose maxime farese quattro milia fanti per ponerli in le terre et cita de /9/ terra de hotranto, terra de baro et capitinata et fornire le castelle de comere /10/ et monitione et de buoni compagni et fare ire la gendarme xxv, o, xxx /11/ miglia vicino la marina et congregare tutti baroni et feudatarij del regno /12/ in alcuno loco, lo R(everendissi)mo cardinale si monstrao prompto, ma dixe che como non /13/ tenea potesta ne commissione da v(ostra) Alt(ezza) era menestiere che ella ,o, enviasse /14/ vice Re, o, homo con potere, et auctorita, o, che la enviasse ad ipso et che /15/ enviandola v(ostra) M(aes)ta ad altro ipso non falterria adiutare et servire Me /16/ è parso darne questa notitia ad v(ostra) M(aes)ta para che seppa lo che passa, et q(ua)n(do) /17/ li para convenire ad su servitio lo mande provedere, sapendo ella che /18/ in tal carrico è menestiere ponere persona grave che sia para la pace /19/ et para la guerra et che seppa governare in pace et iustitia et seppa /20/ fare guerra, governare exercitu et vincere per che v(ostra) Alt(ezza) sape chi /21/ fo el gran capitanio et li altri vice Ri ch’el Re cathol(ico) et v(ostra) Alt(ezza) 2r /1/ haveno tenuto in quisto regno, et quisto, e, cargho et, e, tempo lo che corre /2/ che recerca persona a la quale v(ostra) Alt(ezza) Dea grande auctorita, et con-/3/venerria al servitio de v(ostra) M(aes)ta che fosse lo mismo vice Re et capitanio /4/ generale En lo che io conosco essere poco cuerdo in scrivirlo sapendo che /5/ v(ostra) M(aes)ta con su sapientissimo iuditio ne tiene lo cuytado et lo mandarra /6/ providere conforme ad su gran prudentia /7/ El dicto R(everendissi)mo cardinale in consiglio con la sua accostumata Di-/8/ligentia ha concluido alcune cose da providere per la defensione contra /9/ el turco et maxime circa la guardia de quelle cita de la marina, et /10/ ordinò ch’l marches d(e) la t(ri)palda guarde galipoli. Jo non ce intervenni per che /11/ so stato malo per la causa che abascio dirro et per questo lo che haverria /12/ dicto in consiglio lo scrivo ad v(ostra) Alt(ezza). El dicto marchese al p(rese)nte è /13/ governatore de quelle provintie de terra de otranto et de terra de baro /14/ et deverria stare lla in la campagna ad providere le cose necessarie /15/ per tutta la provintia, et non se deve inserrare in uno logare fuorte, maxime /16/ che ipso fa provisione de tenere

6.3 Brief von Sigismondo de Loffredo an Kaiser Karl V.

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mando in li greci et albanesi che so in /17/ regno et dice che serra buona banda de cappellecti per lo che tanto meno /18/ se deve ipso marchese inserrare. Pero piaccia ad Dio che dicti cappel-/19/lecti quando venessero li turchi non vadano ad servirli, per che sono /20/ tali che io, li ho poco credito, /21/ In dicta forma de providere dubito che lo Ill(ustre) alarcone se quexarra per 2v /1/ tenere ipso lo potere commettido da v(ostra) Alt(ezza) et essere facto sensa su inter-/2/ventu et maxime che sta deputato per caieta lo comte de madalune quale /3/ sta ad cargo de dicto alarcone, Ben che le provisiune de altri che se de-/4/putano in cada logare non le tengo si non per bone perche cada uno tiene /5/ su terre circa del logar dove si deputa da onde pote servire et adiutare /6/ Circa le altre cose pertinente a la guerra non me allargo per che dal cardinale /7/ v(ostra) M(aes)ta serra largamente avisata /8/ De altre cose per andalo et per laltro correro ho scripto ad v(ostra) M(aes)ta. solame(n)te /9/ circa le cose de la summaria aviso v(ostra) M(aes)ta che oltra le altre raione dicte /10/ che impediscono che in quello tribunale non si vedeno li cumpti e, che /11/ pendeno in ipso molte cause de parte Per lo che serria servitio de v(ostra) Alt(ezza) /12/ che mandasse che se intenda in la liquidatione de li cumpti, et che li /13/ processi che non toccano al patrimonio regale se remectano a li altri /14/ tribunali. /15/ Miçer marino mastro iudice se pone in summaria per presidente in luocho /16/ de uno de li dui che per mandato de v(ostra) Alt(ezza) so stati suspenduti, et per che /17/ non se sape si v(ostra) M(aes)ta lo mandarra confirmare in dicto offitio, se li da /18/ con conditione che reste tam bene advocato fiscale. In questo era uno /19/ inconveniente, che serria stato advocato et iudice in la misma causa /20/ lo che è iniusto et non costumato per che uno antonello de stephano 3r /1/ fo procuratore fiscale et presidente et in le cause che procurava non /2/ deva voto per lo che sta fasta ahora provehido en este lo mismo, /3/ che dove sia advocato non sia iudice, et in este medio poterra advocare /4/ in lo consiglio collaterale, in lo de sancta clara in vicaria, et inannte /5/ li iudici de rebelli. /6/ Et per che in esto va lo servitio de v(ostra) M(aes)ta non lassarro dire lo che /7/ me occorre. Dicto tribunale si rege due vece cada die, la mannana /8/ et la tarde et ha bisogno che lo locumtenente et presidente non se /9/ divertano in altre cose, et per questo si dicto miçer marino vole fare dictj /10/ doi offitij credo che non serra ben provisto ne in lo uno ne in lo altro /11/ cargo et per questo serria servitio de v(ostra) M(aes)ta mandarle exercitare /12/ tam solamente lo uno de ipsi, et si per sui servitij v(ostra) Alt(ezza) serra /13/ servita adiongerli salario serria meno damnoso che farli exercitare /14/ doi offitij, de li quali cada uno ha menestiere de

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6. Transkriptionen ausgewählter Quellen

todo lo homo. Ben /15/ poterria v(ostra) Alt(ezza) mandare che lo dicto m(içer) marino ahonche sia in /16/ summaria possa prosequire como advocato le cause che so contra /17/ rebelli, per che quella commissione contra rebelli penso che sea al /18/ cabo, et durarra poco. Però v(ostra) Alt(ezza) lo mandarra providere como /19/ piu convengha ad su servitio /20/ Al tempo che el quondam comte de s(an)ta severina in absentia del quondam 3v /1/ vicere don carlo de la noy era locumtenente generale de v(ostra) M(aes)ta in quisto /2/ regno per che dicto comte teneva una casa fuora de la cita, ma non /3/ molto distante da quella volendo tenere consiglio in dicta casa, fo per /4/ v(ostra) Alt(ezza) et per dicto vice Re don carlo, ordinato che tenesse consiglio intro /5/ questa v(ost)ra cita, et lo dicto R(everendissi)mo cardinale cossi lo costumava per el /6/ passato che tenea consiglio in lo monasterio de monte oliveto, che /7/ ,e, intro la cita. De po comparao un iardino fuora de la cita in una /8/ camarcha che se dice chiaya, lo quale è lontano da la cita circa un /9/ miglio et de inverno ha un camino pieno de luto, et la estate caloroso /10/ et pieno de polve’, et lo inverno quando ,e, lo vento che qua se chiama /11/ xirocco che vene da barbaria, e, molto damnoso a la sanita de li hominj /12/ per essere vento turbido et humido et per andare quel camino se /13/ passa per la incoronata che, e, dintro la cita dove, e, un malissimo sereno /14/ et questo stare del dicto cardinale in ditto iardino, e, molto incommodo /15/ a li negotianti, tra li quali sonno hominj vecchi et femine donne ho-/16/norate che alcuna volta haveno menestiere de parlare ad dicto R(everendissi)mo /17/ cardinale et, e, incommodo et dannoso a la salute de tutti li consiglieri /18/ li quali tutti simo vecchi, per lo che io per non lassare lo servitio /19/ de v(ostra) M(aes)ta havendo voluto continuare de andare in consiglio in dicto /20/ horto so stato et sto male de catarro et oltra questo la dicta residentia 4r /1/ in chiaya è damnosa al buon regimento, per che si dentro questa v(ost)ra /2/ cita accadesse una nocte come, e, accaduto molte volte alcun rumore /3/ et gente de la cita tomassero le arme, non poterria lo regente de /4/ la vicaria et capitanei de la guardia ben provedere, per che ante che /5/ andassero ad consultare el cardinale se poterria fare grande seditio(n)e /6/ et inconveniente. Me è parso cosa conveniente avisarne v(ostra) M(aes)ta /7/ per che si como in casu de necessita tuttj devimo exponerne a la /8/ morte per servitio de v(ostra) Alt(ezza) assi in casu dove non, è necessita /9/ potemo sperare in la benignita de v(ostra) M(aes)ta che tenga volunta de /10/ haverne piu presto vivj che muorti: et piu presto sani che dolenti, /11/ et spero che si como v(ostra) M(aes)ta lo mandao providere in tempo del comte /12/ de sancta severina assi lo mandarra providere in quisto casu,

6.4 Brief von Sigismondo de Loffredo an Kaiser Karl V.

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ma-/13/xime essendo chiaya molto piu distante de lo che era la casa de /14/ lo dicto comte et tanto piu che stando in consiglio bisogna alcune /15/ volte enviare ad chiamare alcuno offitiale, o, mercante per servitio /16/ de v(ostra) M(aes)ta como e alcuno iudice de la vicaria, o, lo regente de q(ue)lla /17/ o, advocato et procuratore fiscali, o, alcuno de la summaria, o, de the-/18/soreria, o, de scrivano de ratione, o, alcuno altro, per havere /19/ dinari o, alcuna altra persona secundo suole accadere, et per /20/ tenerse lo consiglio tanto lontano da nap(oli) ante che quello che è 4v /1/ chiamato vengha se fa nocte et se dissolve lo consiglio in manera /2/ che si retarda lo servitio de v(ostra) M(aes)ta et tanto piu convene che /3/ lo R(everendissi)mo cardinal habitasse dentro questa cita per che havendose /4/ da provedere a le cose del turco, bisognarra che la nocte et lo di /5/ se stesse in consiglio per lo servitio de v(ostra) M(aes)ta, per lo che v(ostra) m(aes)ta /6/ poterra provedere lo che piu convengha ad su imperial servitio /7/ et N(ostro) s(ign)or Dio conceda ad v(ostra) caes(area) et catho(lica) M(aes)ta sanita et vita /8/ larga et total victoria contra el turco Da la v(ost)ra Cita de nap(oli) /9/ allj viij de martio 1532 /10/ De v(ostra) sacr(atissi)ma caes(area) et Cath(olica) M(aes)ta /11/ Fidelissimo vassallo et /12/ Servitore /13/ Sigismundo de Loffredo 5r [alba] 5v /1/ Sacr(atissi)mae Caes(ar)eae et Catho(licae) M(aiesta)ti

6.4 Brief von Sigismondo de Loffredo an Kaiser Karl V. (12. 04. 1532) (AGS ESTADO 1012 – 21) 1r /1/ Sacr(atissi)ma Caes(area) et Cath(olica) M(aes)ta /2/ Stevamo questi di descançati intendendose che la armata maritima /3/ del turco se refredava, et se sperava qua che per questo anno, non ce serria /4/ stato tale aggressione et guerra. De po per lettere de venetia et de roma /5/ se è inteso che’l turco armava cento galere, et cinquanta altre ne havea /6/ de corsari, et se dubitava che enviasse dicte cento cinquanta galere a li /7/ damni de quisto v(ost)ro Regno. Et qua(n)tumq(ue) questa non serria invasio(n)e /8/ tanto grande che potesse pigliare el regno gran damno serria et desser-/9/vitio [interlinear: de v(ostra)M(aes)ta] che dicta armata expugnasse alcuna cita, o, terra maritima /10/ de questo regno per che la fortificarriano et serria necessario de po /11/ che v(ostra) M(aes)ta con molto grande_spesa la recuperasse et debellasse li /12/ turchi, lo che serria difficile per la vicinita che è da la velona in terra /13/ de hotranto, per lo che

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6. Transkriptionen ausgewählter Quellen

cada dia poterriano soccorrere. Per questo/14/ penso che per servitio de Dio et de v(ostra) M(aes)ta quella farra le provisiune /15/ necessarie, maxime de la armata poderosa che ha mandato fare in /16/ genoa, la quale serrà lo total remedio de questa cosa Ma per che in /17/ lo far de dicta armata corrirra forsi alcuna dilatione, io so stato /18/ de parere in quisto v(ost)ro consiglio che si facciano quattro milia fanti /19/ et se distribuano per la guardia de li puorti et terre de terra de hotra(n)to /20/ terra de bari et capitinata, et in calabria cotrone. Ad tal che quindeci 1v /1/ o, vintimilia persune che poterriano venire in dicte cento cinquanta /2/ galere non possano pigliare alcuno de dicti puorti, o, cita, et in questa /3/ opinione tanto piu sto che come v(ostra) Alt(ezza) haverra inteso, lo papa, e, /4/ de parere che lo Ill(ustre) marchese del vasto et lo exercitu de v(ostra) M(aes)ta che /5/, e, in lombardia non si redduca in quisto regno lo che credo che su s(anti)ta /6/ dica con buono zelo, et intra le altre raiune che forsi la muoveno /7/ poterria essere che lo dicesse per havere dicta gente vicino ad ancona /8/ quando alla andassero li turchi. Però con tutta questa necessita /9/ Ben che in questo v(ost)ro consiglio collaterale li di passati era concluso /10/ che si facesse dicto numero de quattromilia fanti, Al p(rese)nte pare che /11/ si habia ad redducere ad doimilia et non piu et questo con dire che /12/ non ce so dinari, lo che ben cognosco che, e, vero che sonno qua pochi /13/ dinari. Ma ad mia opinione se poterria buscar forma de fare tutto /14/ lo numero de li quattro milia si de_li dinari che se retrahino questo mese /15/ da la dohana de le pecore, De li quali una parte ,e, de v(ostra) M(aes)ta et [interlinear: lalt(r)a] de li /16/ patroni de li herbagi De la quale parte questa v(ost)ra R(eg)ia corte se ser-/17/verra et ad ditti patroni li farra alcuna consignatione. Trattase /18/ anchora de far partito sopra la dicta dohana per lo anno futuro et /19/ tam bene speramo havere alcuna quantita de quello che si Impo-/20/nerra a la exitura del vino, Ben che penso che non serra tanto q(ua)nto /21/ fo scripto ad v(ostra) M(aes)ta. Tam ben se è enviato per le provintie de 2r /1/ quisto v(ost)ro Regno a le universita et ad particulari ad pedir dinari in /2/ dono o, imprestito, et per fi al p(rese)nte se ne have alcuno fructu, per che /3/ garçi manrique governator de apruzo scrive che la aquila le ha /4/ offerto doimilia docati, et miçer loys Ram ,e, stato in capua, la quale /5/ have offerto altri doi milia docati, et scipione pignatello governatore /6/ de basilicata et principatu citra scrive havere alcuno principio de /7/ dinari, Per lo che se spera che anchora per questa via se haverra al/8/cuna quantita da cada parte del Regno Ma como la thesaurerria /9/ sta exhausta et se gasta in la reparatione de le cita et se ha da gastare /10/ in la infanteria et bisognano almeno piu de trentamilia docati per /11/ movere la gendarma

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che sta allogiata per el regno, et perdita per /12/ havere tanto tempo che non have havuto dinari, et lo gasto in q(ue)sti /13/ tempi ha da essere continuato mese per mese. Penso che v(ostra) M(aes)ta /14/ con su sapientissimo iuditio et con lo potere che N(ostro) s(ignor) Dio le ha dato /15/ et spero le darra maiore provederra in mandare lo che se ha da /16/ fare en lo de laquila et in le cose concesse ad beneplacito, et mandarra /17/ tam bene provedere a lo piu maxime per fin che serra in ordene /18/ la armata che v(ostra) M(aes)ta manda fare in genoa, la qual serra lo total /19/ remedio de esto malo che el turco pensa fare in questo regno et in lo /20/ de sicilia. Me è parso come fidel vassallo et servitor che so de v(ostra) Alt(ezza) /21/ darle questa poco notitia la quale tam bene con su prudentia grande 2v /1/ spero che pensarra como so che tene cuytado eligere la persona have da reger’ /2/ et governare queste cose, maxime quando lo che Dio non voglia, fos-/3/sero desmontati quindeci milia turchi, o piu, o, meno, et bisognasse /4/ tenere exercitu in la frontera a la campagna, per che homo per /5/ capo in questo regno de experientia non ce, e, altro che lo R(everendissi)mo cardi-/6/nal colonna et lo Ill(ustre) marchese alarcone lo quale ,e, muy buon cap(itan)o /7/ come v(ostra) M(aes)ta sape Ma credo serria servitio de v(ostra) M(aes)ta che ce fosse /8/ alcuna persona che in nome de v(ostra) M(aes)ta tenesse el mando, per che in /9/ questi casi al Re cattholico et ad v(ostra) M(aes)ta quelli che haveno proposto /10/ et deputato, li hanno dato buon cumpto de lo che toccava ad v(ost)ro s(er)vitio /11/ supplico v(ostra) M(aes)ta lo che scrivo, pense sia per su servitio, et che lo scrivo /12/ como su fidel vassallo et servitore, et penso che quando io preter-/13/mettesse de avisarla de lo che tocca ad su imperial servitio, farria /14/ gran falta et N(ostro) s(ign)or Dio ad v(ostra) Caes(area) et catho(lica) M(aes)ta conceda sanita /15/ et vita larga et li conceda total vittoria contra el turco. Da questa v(ost)ra /16/ cita de napoli Alli xij de aprile 1532 /17/ De v(ostra) Caes(area) et cath(olica) M(aes)ta /18/ Fidelissimo vassallo et ser/19/vitore /20/Sigismu(n)do de loffredo 3r [alba] 3v /1/Sacr(tissi)mae Caes(ar)eae et Catho(licae) M(aesta)ti [Quer von anderer Hand] Napoles al Emp(erad)or Del Reg(en)te Loffredo a xij de abril 1532

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6.5 Brief von Sigismondo de Loffredo an Kaiser Karl V. (17. 04. 1532) (AGS ESTADO 1012 – 24) 1r /1/ Sacr(atissi)ma Caes(area) et Catho(lica) M(aes)ta /2/ Antiheri levandosi dal consiglio lo R(everendissi)mo cardinal colonna et li consiglieri /3/ de v(ostra) M(aes)ta entro en camera uno creato de dicto cardinale et li dixe che /4/ fora in altra su camera era stato ruido et uscendomo fora in una logia /5/ de quella casa se trovo uno de quilli che haveano rignido el quale /6/ havendo dicto sopra certe parole ad l’altro che mentea quillo le de /7/ un boffettone et ipso in recepirlo arrancò la spata et assi la arrancò /8/ lo altro tam bene, et non si ferero, ma uno de casa del cardinale in-/9/terponendose per partirli hebbe una ferita in la cabeça la quale /10/ diceno che non, e, de importantia per che non llego ad accortare lo /11/ osso. lo dicto cardinale in haver en su poter lo dicto che arranco le /12/ arme pensando anchora como tutti pensavamo che lo altro fosse fugito /13/ mando per una su cedula privada al Regente de la vicaria che al ditto che /14/ arranco le desse tre, o, quattro tratte de corda et che subito le cortasse /15/ una manu, lo che audendo io dixi che io non era de quisto parere poy /16/ che quillo havea arrancata la spata depoy che recepio lo boffettone, con /17/ todo esto el cardinal che havea pigliato molta colera envio dicta cedula al /18/ Regente, et per che miçer colle miçer cicco de loffredo, lo thesorero lo se-/19/cretario et io ne despedivimo dal cardinale, et ante che cavalcassemo /20/ ablamo intro de noi et diximo che quello che lo cardinale facea era /21/ contra iustitia, Per lo che lo secretario volvio al cardinale et li dixe n(ost)ro /22/ pareçer, o, a lo meno lo che io dixi et lo mag(nifi)co sancho bravo tam bene 1v /1/ fece molto buono offitio che parlo al cardinale molto buonamente De ma-/2/nera che iovaimo che al dicto non fosse cortata la manu, et essendomo /3/ partiti da casa del cardinale dove solamente era restato dicto sancho bravo /4/ conteçio che uno romano de casa del cardinale parente, o, amico de lo /5/ ferito dixe al cardinale che intrando in la camera de un gentilhomo del /6/ cardinale chiamato miçer roberto havea trovato lla lo altro che havea rignito /7/ et che havea dato lo boffettone. El dicto cardinale con molta colera entrao /8/ in dicta camera et saccao lo dicto che havea dato lo boffettone, et luego /9/ mando che se li cortasse la manu. Lo che vedendo lo dicto Sancho che no(n) /10/ era partito de buona manera dixe al cardinale che facesse fare lo /11/ processu informativo et depo lo determinasse. El cardinale non resto /12/ contento et mando exequutare lo che havea mandato ya, y assi se /13/ li corto la manu poco ante de no che a la misma

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hora. Despiaciome/14/ non me essere trovato con lo cardinale quando huvo esto otro, che si /15/ como provecchai ad non far aggravar lo primero, haverria operato che /16/ non fosse aggravato questo altro per che secundo dicen quelli che si tro-/17/varono presente quando rignieron lo chi levao lo boffettone havea dicto /18/ ad lo otro che mentea per lo che non todo fuera de raçon lo otro le /19/ piego el boffettone, y ultra de esto hay orden en la vicaria che chi /20/ da boffettone, o, perde la mano, o, paghe dece oncze che son sexanta docati 2r /1/ Et tanto meno se_li potea cortare la manu a este che la perdio che, e /2/ homo de maior qualita de lo otro, per che, e gentilhomo, de caserta et /3/ la muger de su padre, su madre, e, de muy buona casta de questa cita /4/ Et ipso era homo de arme de v(ostra) M(aes)ta homo ben creato et che altre volte /5/ non havea delinquito, et lo otro, e homo de inferior gradu attriveto et /6/ in dicta casa attrivio per essere sobrino de un clerico che sirve al cardi-/7/nale per falconero. Quisto casu assi repentino ha turbato la mente /8/ de tutti universalmente tanto piu che la cita molti seggi et molti cavalierj /9/ supplicarono al cardinale con molta humilita che non mandasse fare dicta /10/ exequuitione, et non volse obtorgarlo. Jo, si havesse saputo che lo dicto /11/ che ha perdida la manu era in dicta casa non serria partito da lla et forsi /12/ haverria iovato in alcuna cosa, et de po che io ne hebbi notitia era tard[…] /13/ et como el cardinal posa fuera la cita non huvi lo tiempo de volver /14/ alla per che luego al dicto se li corto la manu, et in esto se vede quanto /15/ e, damnoso che el cardinale stea apposentado fuera la cita, et che solo /16/ sin conseio et pareçer de vostri ministri lettradi mande et scriva sin /17/ lo nombre et sig(i)llo de v(ostra) M(aes)ta lo che le pareçe porche ahunche el /18/ sia ombre cuerdo non pote accertare solo et sin pareçer de lettra-/19/di quello che vole la iustitia. Me e’ pareçido de questo dar notitia /20/ ad v(ostra) M(aes)ta para che seppa como ,e, raçon como, e’ passato este negotio 2v /1/ Molti mesi si fa che li hominj de arme de_la retroguardia haveano impe-/2/trato una lettera dal cardinale et consiglio continente che v(ostra) M(aes)ta a la /3/ quale se scrivea mandasse complitamente pagar dicta gente Dicendo /4/ che lo accordio che fece dicta gente con lo Ill(ustre) Principe de orange de re-/5/mittir la mita de lo che se li deve, non era valida, per che quelli che tale /6/ concertaro non teneano potere de dicta gente Da la quale diceano essere /7/ enviati al ditto principe. Jo non volsi signalare dicta littera, et novame(n)te /8/ sonno comparsi in consiglio para che el cardinale determinasse che io /9/ signalassi dicta carta. Jo donai raçon tale che non fui compellido ad /10/ signalarla et allegai che in actu tam notorio como fo esto non se si ,e, mene-/11/stieri procura, et dixi tam ben che lo mismo fece la

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6. Transkriptionen ausgewählter Quellen

infanteria che re-/12/mittio nove paghe che si esto si facesse con la gendarme se aperer-/13/ria la porta per la infanteria, et serria damno ad v(ostra) M(aes)ta forsi de tre-/14/cento milia docati tra lo uno et lo altro et perche serra possibile che /15/ ipsi recorreno ad v(ostra) M(aes)ta me, e parso fare mio debito in avisarnela /16/ Per alcuni avisi se intende che le cose del turco contra quisto v(ost)ro regno /17/ non sonno tanto caldi quanto se dubitava. con todo esto penso che per /18/ servitio de v(ostra) M(aes)ta non se deve lassare de fare le provisiune ne-/19/cessarie et maxime se deve continuare la opera che fa lo Ill(ustre) marchese 3r /1/ alarcone in reparar’ le cita et fortallecze che v(ostra) M(aes)ta ha mandato, per /2/ che si si continuarra operare in tutto quisto anno venidero, como spero /3/ che v(ostra) M(aes)ta lo mandarra, lo turco non pensarra piu à la impresa /4/ de quisto regno et N(ostro) s(ignor) Dio ad v(ostra) Caes(area) et catho(lica) M(aes)ta conceda sa-/5/nita et vita larga et li conceda total vittoria contra el turco Da /6/ quista v(ost)ra cita de napoli Allj xvij de aprile 1532 /7/ De v(ostra) caes(area) et cath(olica) M(aes)ta /8/ Fidelissimo vassallo et /9/ servitore /10/ Sigismu(n)do d(e) Loffredo 3v Sacr(atissi)ma Caes(ar)ea et Catho(licae) M(aiesta)ti [quer] a su Mag(estad) de Sigismundo de_Lofredo XVij de abril [von anderer Hand] Napoles Suceso en casa del Cardinal colona por el […] que mando cortar la mano a un sujeto suyo acto de su prueba […]

6.6 Brief von Sigismondo de Loffredo an Kaiser Karl V. (23. 04. 1532) (AGS ESTADO 1012 – 25) 1r /1/ Sacr(atissi)ma Caes(area) et Catho(lica) M(aes)ta /2/ Hoie in v(ost)ro collaterale consiglio essendomo tutti de dicto consiglio iunctati /3/ et tam bene lo marchese de la tripalda lo quale da poco in qua intervene /4/ assiduo in ello si proposse per el consigliero m(içer) martiale uno negotio /5/ lo quale ipso et io haveamo tractato, lo quale, e, che essendo stato re-/6/signato uno benefitio de valore de ducento docati de renta ad uno figlio /7/ de uno gentilhomo de questa cita, et de po per spatio de alcuni mesi /8/ morendo lo renunciante lo dicto obtenuto la expeditione dal papa /9/ tomo la possessione sensa exequutoriale de v(ost)ra cancellaria et de po /10/ uno sellaro de questa cita en virtu de una expectativa de cento do-/11/cati de renta che per uno su figlio obtenne Dal Papa tomo lo di se-/12/quente la possessione [interlinear: con exequutoriale fatte sopra su expettativa] et lo primo volendo continuare la sua venero /13/ per iustitia et

6.6 Brief von Sigismondo de Loffredo an Kaiser Karl V.

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fo commessa la causa al v(ost)ro cappellano maiore del /14/ quale era consultore dicto m(içer) martiale et como io era lo chi havea /15/ decretato la delegatione del memoriale m(içer) martiale referio lo ne-/16/gotio ad me, et io lo percunctai chi de li doi tenea iustitia, et me re-/17/spose che la tenea lo che primo sensa exequutoriale havea tomado /18/ la possessione, io le dixi ahonche sia assi y este che voi dicete ha /19/ iustitia devimo fare signale contra ipso per havere attrivito de /20/ tomare la possessione sin exequutoriale regie, et li dixi che suspe(n)-/21/desse la possessione et che havessimo in n(ost)ro potere lo notario et 1v /1/ testicos che haveano intervenuto in tomar dicta possessione sin exe-/2/quutoriale, et che li castigassemo, et assi fo decretato per m(içer) martiale /3/ et referendose esto in el principio lo dicto marchese dixe ahora ,e, /4/ guerra, et este otro, e, sellaro che ne fa le selle de cavalli, lo devimo /5/ adiutare. et facta la relatione per m(içer) martiale io suppli alcuna cosa /6/ Dando raione de lo che era facto per ipso et per me. El R(everendissi)mo cardinal /7/ colonna non volendo expectare che si votasse per li altri et si concludesse /8/ per ipso luego parlao in favor del sellaro dicendo che era in esta manera /9/ poco mirare per la praeminentia de v(ostra) M(aes)ta et diceva che la possessione /10/ devea stare in sequestro per fin che en roma se empeçasse et accabasse la /11/ causa del petitorio. Io ad questo dixi, che mio parere era lo che arriva /12/ sta scripto et che la falta del exequutoriale non devea mas raçone al /13/ competitore, ma solamente ad v(ostra) Alt(ezza) toccava castigare lo che non /14/ havea tomado li exequutoriali tanto mas che de po le havea ex-/15/pedite, et li dixi che lo che era stato accordato per me et dicto ad m(içer) /16/ martiale era iustissimo, et quanti eramo lla con dicto R(everendissi)mo cardinale /17/ miravamo per lo servitio de v(ostra) M(aes)ta como io, ma nenguno mas de /18/ mi et continuando dicto R(everendissi)mo cardinale lo mismo sempre affruentan-/19/dome de poco mirar per lo servitio De la M(aes)ta v(ostra) et subridendo con /20/ el lo dicto marchese, io dixi, R(everendissi)mo s(ign)or v(ostra) s(ignoria) R(everendissi)ma poterria recogliere /21/ li voti de questi altri consiglieri et de po epsa concluderria et subiu(n)xi 2r /1/ me pare gran cosa entrano en consiglio hombres legos et che non son del /2/ consiglio che vedano che li consiglieri siamo affrontati da v(ostra) R(everendissi)ma s(ignor)ia /3/ et seppano lo che votamo. El marchese me perconto Dicendo /4/ dicitelo per me, io per non negare la verda, et per che lo locumt(enen)te /5/ del scrivano de ratione o otros legos del consiglio non pensassero /6/ che lo dicea por ellos resposi al marchese che lo diceva por epso. /7/ A lo che el marchese se alterao allegando soi servitij con molto bra-/8/vare. Jo resposi che de servitij non me passava. El

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dixo: voi non /9/ havete servito con le arme Jo dixi che v(ostra) Alt(ezza) se havea servito /10/ di me [interlinear: non] con le arme et quando fosse menestiere serverria con le /11/ arme como lo ha notabilmente fatto mio figlio, per che lo tractare /12/ de le arme me venea per natura, et che me maravigliava che se /13/ resentesse che io non tengha plazere votare ante chi non è del consi-/14/glio et esserce affrontato et lo cardinale R(everendissi)mo como ha visto che /15/ siempre io sto con mi votare, et como sta molto ionctato con el mar-/16/chese et hablano de cosas de caza et de altre cose che le pare sempre /17/ me monstrava malo vultu. Jo de po accabato el conseio dove se /18/ hablo de altre cose hablai al cardinale sin che otro nos oyesse, et /19/ dixi v(ostra) s(ignoria) creda che lo che dico e’ la verda et recordese v(ostra) s(ignoria) R(everendissi)ma /20/ che el prior de capua de la orden de san ioan hierosolimitano tomo /21/ possessione del prioratu con exequutoriale de lautrech, et de po volea 2v /1/ conservatorio de la cancellaria et ce contradixi et assi v(ostra) s(ignoria) R(everendissi)ma mando /2/ che de nuovo se le expedesse lo exequutoriale et en esto somo quedato /3/ Spero che v(ostra) Alt(ezza) per su benignita pensarra che io non voto si non /4/ lo che me pare iusto. Et piu en este casu se havea da pensare dal /5/ R(everendiss)mo cardinale essendole en esta discussione referito da alcuno de v(ost)ro /6/ conseio che dicto gentilhomo ad chi esto toccava era mio adversario /7/ in le cose et passiune de questa cita et may me fo amico, ne con me /8/ havea havuto conversatione. Jo sacratissima M(aes)ta attenderro /9/ ad servire v(ostra) Alt(ezza) votando tanto quanto mi conscientia me dicta /10/ Et si como v(ostra) Alt(ezza) lo permitte che sus conseieros voten libere, et esto /11/ libero votar puede credere v(ostra) Alt(ezza) che [interlinear: li do rectamente] en cada cosa et molto piu in /12/ li voti che do in favor et servitio de v(ost)ra regal corte et fisco quando /13/ la iustitia lo accompagna. Et spero in N(ostro) s(ign)or che alcuno di quando /14/ serra mas servitio de v(ostra) M(aes)ta, mandarra dare tal orden en su /15/ conseio che cada uno harra lo che deve et in la forma che ella /16/ mandare. Et como fidelissimo vassallo et servitore me ,e, pare-/17/çido darle raçon desto. /18/ De le cose del turcho, per queste parte vengono diverse relatiune et /19/ uno di si agravano, altro si alleviano. Todavia lo Ill(ustre) alarcone /20/ scrive che si deve fare la infanteria che era dicto per ponerse in 3r /1/ guardia de quelle cita et puorti. Qua si parlava de fare per dicto effettu /2/ quattro milia fanti ahora hablamo de doi milia, et in questi io de-/3/siderarria maior diligentia per che ia simo al tempo del periculo /4/ et ahon non ne vedo principio. Penso che lo R(everendissi)mo cardinale expecta /5/ vedere alcuna provisione de v(ostra) M(aes)ta et in quella

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confido che lo /6/ mandarra providere. Et Dio ne guarde che ante che si proveda /7/ li turchi venessero et tomassero alcuna cita. Ma con la iustitia et /8/ recta intentione et buona provisione de v(ostra) M(aes)ta spero che non suc-/9/cederra tanto damno. et N(ostro) s(ign)or Dio Ad v(ostra) Caes(area) et cath(olica) M(aes)ta con-/10/ceda sanita et vita larga, et li conceda total vittoria contra lo turco /11/ Da la v(ost)ra cita de nap(oli) allj xxiij de aprile 1532 /12/ De v(ostra) Sacr(atissi)ma Caes(area) et Cath(olica) M(aes)ta /13/ Fidelissimo vassallo et ser/14/vitor /15/ Sigismundo d(e) Loffredo 3v Sacr(atissi)mae Caes(a)reae et Catho(licae) M(aesta)tj [quer von anderer Hand] Nap(ol)es A su mag(estad) 1532 de Sigismundo de Lofredo de xxiij de abril 32

6.7 Brief von Sigismondo de Loffredo an Kaiser Karl V. (24. 05. 1532) (AGS ESTADO 1012 – 27) 1r /1/ Sacr(atissi)ma Caes(area) et Cath(olica) M(aes)ta /2/ Per la lettera del R(everendissi)mo cardinale colonna et de li chi simo in vuostro collateral /3/ consiglio v(ostra) M(aes)ta serra cerciorata de lo che importa per su regal servitio et /4/ conservatione de la christiana fede A lo che non me allargo /5/ V(ostra) M(aes)ta ultra li servitij passati tanto grandi et signalati che lo Re catholico /6/ et epsa haveno receputo dal Ill(ustre) marchese alarcone, tene causa tenerse da ipso /7/ servito per la gran diligentia che con molto gran prudentia dicto alarcone ha /8/ puosta et pone in le cose de terra de hotranto et de terra de baro, si in fortificar’ /9/ quelle cita in tanto breve spatio, lo che numqua accabaro li altri Ri che resi-/10/deano in questo Regno, como in basteçirle et in fare per da lla infanteria /11/ sensa dinari che veramente per la certinita che qua ne tenemo pare opera /12/ sancta et procedente da divina gratia. Però sacratissima M(aes)ta como v(ost)ro /13/ vero subdito et servitor non lassarro dirle che quando in absentia de v(ost)ra /14/ imperial pers(o)na quilli che tengono cargo de defensare Regni non siano intra /15/ se conformi et che lo minor recognosca el maior lo servitio de v(ostra) M(aes)ta no(n) pote /16/ andar bene. Et per questo pare necessario che per bene encaminare esta /17/ defensione de quista v(ost)ra cita, li altri ministri et capitanei de guerra /18/ che hoie so in quisto Regno deveno captare et obedire al dicto alarcone /19/ per che si alcuno de ipi vole erigere lo calcaneo et iorare de pare con dicto /20/ alarcone, como si dubita per alcuni, farra gran desservitio ad la

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6. Transkriptionen ausgewählter Quellen

M(aes)ta v(ostra) /21/ ansi per dicto alarcone essere de la experientia et valere che v(ostra) Alt(ezza) 1v /1/ sape et homo invecchiato in le arme cada uno de quisti altri gubernatori de /2/ provintia et capitanei che forno in lo regno, lo deveno obedire, et lo che /3/ Dico, lo dico con experientia, per che due volte che li ministri so stati in /4/ discordia, la una si ,è, perdita la empresa, lo che fo in tempo de fran/5/cisi, quando fo lo regno diviso intra lo Re catho(lico) et lo Re loysio de franza, /6/ Et la altra in tempo che don hugo de moncada gubernava questo regno /7/ Et quisto Dico sensa volere praeiudicare al dicto alarcone, per che in ve-/8/rita in epso non si vede primor alcuno, Ansi mirando ipso solamente /9/ al servitio de v(ostra) Alt(ezza) have scripto al R(everendissi)mo cardinal colonna che si devea /10/ procurare con v(ostra) Alt(ezza) che lo Ill(ustre) marchese del vasto venesse a la defen-/11/sione del Regno con la gente che e’ in lombardia, et che lo R(everendissi)mo cardinale /12/ providesse in quelle cita lo che le parea, et ponesse quilli chepitanei ad /13/ guerra che le parea in dicte cita. Però quanto piu ipso, e, cortese et come/14/dito tanto piu se li deve crescere la auctorita per lo che tocca al servitio /15/ de v(ostra) M(aes)ta in lo quale si ipso non tene lo potere in le cose de la guerra /16/ et altri inferiori se vogliano equalarli, ne resultarra gran desservitio /17/ ad v(ostra) M(aes)ta, et per questo lo mando in dicte provintie circa lo pertine(n)te /18/ ad guerra de turchi per servitio de v(ostra) Alt(ezza) deve essere in ipso alar-/19/cone per lo che vedo et alcanso, per che essendo assi, et tenendo con /20/ el lo R(everendissi)mo cardinale buona intelligentia como la spero, et remet/21/tendo lo dicto cardinale ad ipso alarcone lo che da lla bisognarra /22/ farse, et adiutandolo v(ostra) M(aes)ta serra ben servita De lo che acqua si pote /23/ Ma como per la altra se li scrive lo total remedio consiste in la poderosa 2r /1/ armata che v(ostra) Alt(ezza) ha mandato fare in genoa /2/ La sanctita del Papa et cardinali si lamentano che in quisto Regno li mini-/3/ stri de v(ostra) M(aes)ta facciamo prohibitione de extrahere carne salata et /4/ che sia impuesto lo scuto per botte de vino, et tam bene lo iovedi sancto /5/ in la bulla de coena dominj have excommunicati quilli che fanno exe-/6/ quutoriale a_le bulle provisiune et citatiune che vengono da roma, et /7/ excommunica tutti etia(m) quilli che haveno dignita imperiale et regale /8/ cosa molto nuova et in […] casi iniusta et insolita, et contra la praehe-/9/ minentia de v(ostra) Alt(ezza) et (per)iculosa, maxime in quisto regno che e’ vicino /10/ roma, et in lo quale per tenerse in feudum da la sancta ecclesia, li eccle-/11/siastici haveno tentato extendere su iurisdictione, Et la de v(ostra) Alt(ezza) /12/ si è conservata con dare exequutoriali dove si deve et de negarle dove /13/ non si deve dare. Me è parso avisarne v(ostra) Alt(ezza)

6.8 Interrogatorio per visitare il secretario del Regno

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per che possa mandar /14/ en todo lo che piu cumpla ad su imperial servitio et N(ostro) s(ign)or Dio ad /15/ V(ostra) Caes(area) et cathol(ica) M(aes)ta conceda sanita et vita larga et li conceda /16/ total victoria contra el turco Da la v(ost)ra cita de nap(oli) De lj xiiij de /17/ maio 1532 /18/ De v(ostra) Caes(area) et Catho(lica) M(aes)ta /19/ Fidelissimo vassallo et /20/ servitore /21/ Sigismu(n)do d(e) Loffredo 2v Sacr(atissi)mae Caes(ar)eae et Catho(licae) M(aesta)ti [quer von anderer Hand] a su mag(estad) de Sigismundo de lofredo de xiiij de mayo [andere Hand] 1532 Sobre la defensa de la Italia contra el turco

6.8 Interrogatorio per visitare il secretario del Regno (AGS V.I. 1 – 1, s.f.)1001 Interrogatorio per visitare Il secretario del Regno 1 Primieramente se conoscono Gio(van) di sotto ch’hoggi tiene e possiede Il detto ufficio. Et si conobbero gli secretarij che furono in detto ufficio di Vint’anni in qua. 2 Item se sanno che detto gio(van) di sotto é habile et suffitiente per Reggere et servire detto ufficio di secretario del Regno 3 Item se sanno che ispedisce gli negotianti con brevita e buona gratia ,o, se sanno Il contrario che sia dissaporito et aspero con detti negotianti Et negligente e lungo nella ispeditione di detti negotij 4 Item se sanno che detto gio(van) de soto ,o, alcuno de_gli secretarij che per il detto tempo son stati habbino dimandat[…], o ricevuti sotta mani doni, o diritti soverchi oltre di quelli che son tassati, et statuti per la pandetta, o ver’ se sanno ch’habbino esatti, o esiggiano da gli negotianti i dritti a loro debiti per la ispeditione de le suppliche, e memoriali Inanzi alla publicatione e notificatione di dette decretationi E se non volendole le parti per non contentarsi, di quelle l’habbia exatta alcuna cosa 5 Item se sanno che detto sig(no)re gio(van) de sotto, o ver’ gli secretarij che sono stati oltre gli suoi diritti habbino dimandati o ricevuti per se o per 1001 Das Interrogatorio befindet sich auf dem ersten Blatt des Faszikels AGS, V. I. 1 – 1, das auch den Prozess des Segretario del Regno umfasst. Da der eigentliche Prozess im gleichen Faszikel mit der Folierung 1 beginnt, wird hier aufgrund der möglichen Verwechslung keine Seiten- und Zeilennummerierung eingefügt. Mittels der Übernahme der numerischen Bezeichnung der Befragungspunkte aus dem Original bleibt die Auffindung einzelner Stellen dennoch gewährleistet.

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6. Transkriptionen ausgewählter Quellen

Interposte persone, o permesso che in casa nelle lor case si ricevano Danari, Doni, gioie, o, presenti, o altre cose, d’alcune persone per intercedere con gli Sig(no)ri Vicere che furono gia, che a le sudette persone fussero donati ufficij, cioe capitanati di terre di demanio, Auditorati di provincia, Iudici de_la Viccheria, Capitanati et altri ufficij di gente di guerra. 6 O se sanno detti secretarij habbino ricevute alcune de_le sudette cose di persone che erano o sono creditori de_la corte per Interceder con Il Sig(no)re Vicere che gli sia pagato quell’ che gli si deve, e si faccia al Thesorier poliza privata di detto paga(men)to 7 ,o, ch’habbino ricevute alcune delle sudette cose di persone le qual[…] per gratia di sua M(aes)ta habbino intrata in questo Regno accio che Interceda che detta intrata gli sia consegnata in alcuna banda certa e sicura. 8 o ch’habbino ricevut[…] alcune de_le sudette cose d’alcun condanato per riccheria per interceder che gli sia fatta gratia, o ver sia adm[…]sso a compositione, o (se é condanato a morte) che si [interlinear: com]mute detta pena in galera. 9 o che habbia ricevuto detto gio(van) di soto alcune de_le sudette cose per Interceder col Sig(no)re Vicere per far dar licenza di tratta di vino o d’altre vitovaglie quando le tratte son sarrate, Dicano i testimonij particularmente le cose che hanno detti secrettarij ricevute da chi, e quando. 10 Item se sanno che detto gio(van) di sotto habbia eletto e posto di man’sua nella cancellaria negli uffitij di cancellieri, o altri, di che tocchi a lui la nominatione, persone Inhabili et Insufficie(n)ti o ver’di mala vita, e trista fama, e di poca fidelta, o se gli ha eletti gratis, o per danari e presenti, dicano quell’ che san(n)o particolarmente. 11 Item se sanno che detto sig(no)re gio(van) di sotto vive bene et honestamente o se sanno il contrario cioe che stia Infamato d’alcun vicio ,o, diffetto notabile. 12 Item se sanno che detto gio(van) di sotto o gli altri secretarij che già furon habbino rivelate o discoperte directe o indirecte per segni o per parole le cose pratticate et diterminate nell’consiglio collaterale e dechiarato il voto o voti dati in alcuna causa o cause per gli detti sig(no)ri Regenti o consiglieri, overo alcun altro secreto de Importanza toccante al loro ufficio. Dicano et dechiarino a chi, e quando, e che secreti discoperse. 131002 e se sanno che detto secretario non habbia date le provisioni che requirevano secreto, in persona all’cancellier Il quale serve da secretario anzi 1002 Die Ziffer steht am Rand vor „a chi, e quando, e che secreti discoperse“ (Punkt 12) bezieht sich aber offensichtlich auf den danach beginnenden nächsten Punkt.

6.9 Auszug aus dem Visitationsprozess gegen den Segretario del Regno

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gl’habbia dati a gli portieri accioche egli le facessero sottoscrivere, Registrare e sigillare.

6.9 Auszug aus dem Visitationsprozess gegen den Segretario del Regno Giovan di Soto (Januar 1560) (AGS V. I. 1 – 1)1003 1r /1/ Visita del secretario del Reyno /2/ [Randvermerk: t(estigo) 1 Cirio de Mari] En la ciudad de napoles a nueve dias del mes de Enero del año /3/ del nascimiento de n(uest)ro s(eñ)or Jesu christo de mill e quinie(n)tos e sesenta /4/ años parecio presente ante el muy R(everen)do padre y mag(nifico) s(eñ)or [unleserliche Streichung] Mons(eñ)or Gaspar de Quiroga Visitador de su m(agesta)d Catholica en este Reyno de /6/ napoles Cirio de mari t(estig)o llamado por mandado de su m(erce)d para /7/ Informacion e prueva de_lo contenido en el Interrogatorio perteneneciente y /8/ q(ue) toca a_la Visita del secretario del d(ic)ho Reyno, el qual d(ic)ho Cirio /9/ de mari t(estig)o susodicho Juro en forma devida de derecho sobre la cruz y /10/ sanctos quatro evangelios de dezir verdad de qua(n)to fuesse preg(unta)do /11/ e mediante el d(ic)ho Juramento preguntado como se llama dixo que /12/ Cirio de Mari preguntado de adonde es natural dixo que desta ciudad /13/ de napoles preguntado de que edad es dixo que de trenta y tres años /14/ por mas, o menos, preguntado que arte haze dixo que es scrivano /15/ de mandamiento. E siendo preguntado por las preguntas del /16/ Interrogatorio de suso contenido respondio como se sigue /17/ A_la primera dixo que conoce este t(esti)go a Joan de Soto nombrado en la /18/ pregunta desde el t(iem)po que era el d(ic)ho soto secretario del duque de alva /19/ de haverlo visto dos o tres vezes e que le conoce de haverle platicado /20/ y tratado desde el mes de enero del_año passado de 59 en_el /21/ qual t(iem)po este t(esti)go tomo la possessio(n) de escrivano de mandamie(n)to, /22/ e que sabe que el d(ic)ho Joan de soto es secretario del Reyno de napo/23/les desde antes que este t(estig)o fuesse escrivano de mandamie(n)to e que /24/ esta en possessio(n) del d(ic)ho officio /25/ A_la segunda pregunta dixo che e necessario che l’ secretario di questo 1v /1/ Regno sia litterato, o almanco che sia latino, e che sa esso testimo/2/nio che e’ di bisogno così per haver, come che ha, da fare le decre/3/ tatione latine, e che detto secretario gio(van) de soto non sa latino /4/ 1003 Der Beginn des Protokolls der Aussage eines Zeugen wird in der Transkription jeweils durch das Einfügen einer Leerzeile graphisch kenntlich gemacht.

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6. Transkriptionen ausgewählter Quellen

[Randvermerk: non sa latino] atteso che esso testimonio ha visto memoriali decretati di man’ /5/ sua di tal manera falsi latini che dimostra non saperne cosa /6/ nisciuna, e che havera visto questo fin’ a otto volte, e e’ tenuto /7/ e Reputato detto gio(van) de soto per homo che non sa latino, e per questo /8/ defetto ch’ha detto secretario di non saper’ latino pone un suo /9/ [Randvermerk: pone un creato che entra In consiglio et decreta li memoriali] cancilliero o creato che non e’ ufficiale Reggio Il quale dentro /10/ d’il consiglio decreta gli memoriali contra la forma de_la prag=/11/matica di sua M(aes)ta che comanda che nisciuno stia dentro d_il /12/ Consiglio se non gli Regenti e Il detto secretario per causa del /13/ secreto Preguntado como se llama el canceller que el d(ic)ho Joan de /14/ soto pone para decretar los dichos memoriales. dixit che se chiama /15/ pier ant(oni)o tizzano. Preguntado como sabe este t(estig)o que el d(ic)ho /16/ Pier Ant(oni)o entra en consejo collateral a decretar los dichos me/17/moriales, dixit che perche questo testimonio ha visto detto Pier /18/ antonio intrar in consiglio a ispedire memoriali et successi/19/ve poi ha visto gli memoriali decretati da man sua la qual /20/ mano conosce bene esso testimonio per che l’ha visto molte /21/ [Randvermerk: insufficiencia] volte scrivere, Onde esso testimonio tiene al detto gio(van) de soto per /22/ persona insufficiente per il detto ufficio e que esto es lo que sabe desta /23/ pregunta /24/ A_la tercera dixo que no la sabe /25/ A_la decima pregunta dixo hoc tantum scire che esso testimonio da 2r /1/ ch’ha pigliato l’ufficio de scrivano di mandamento ha visto in detta /2/ Regia cancellaria che s’e’ exatto da gli suditi di sua M(aes)ta un carlino /3/ [Randvermerk: Exigentiae Indebita] per qualsivoglia privileggio che se ispedisce in ditta Regia cancella/4/ria, oltra gl’altri dritti ordinarij e grana cinque per ciasched’una /5/ provisione in carta di bambaggio che similmente s’ispidisce in detta /6/ Regia cancellaria e che questi dritti si dano alli portieri del /7/ detto secretario e volendose esso testimonio informare s’era di /8/ Raggione, o, non, gli e’ stato detto ad esso testimonio da le persone /9/ che son state antiche in detta cancellaria (cioé da messer nardo /10/ [unleserlicher Randvermerk] da porta, M(esser) Ludovico Lobera, M(esser) Pietro Papa, et da altri) che /11/ questo e’ stato un’abuso fatto per lo (quondam) Bernardino Martirano /12/ olim secretario del detto Regno per Remunerare alchuni servi(to)ri /13/ antichi suoi e che questo esso testimonio l’ha visto esiggere da /14/ che e’ stato scrivano di mandamento anchora da gli portieri d’il /15/ detto sig(nor) secretario gio(van) di soto, E di piu detto gio(van) de soto ha /16/ [Randvermerk: Jus cancellariae] esatto e de presente esigge lo Jus cancellari(a)e d’Il quale ad esso non /17/ spetta cosa alchuna si come appare per un’ decreto dato nell’/18/

6.9 Auszug aus dem Visitationsprozess gegen den Segretario del Regno

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anno 1540 per lo Ill(ustre) (quondam) Don Pietro di Toleto e collateral con/19/siglio, Il qual decreto dice chel’ Jus cancellari(a)e si divida tra /20/ gli scrivani di mandamento e gli scrivani de la cancellaria /21/ vulgarmente chiamati canciellieri, e questo testimonio pensa che /22/ [Randvermerk: Thomaso Agnello salernitano] sia questo per consiglio del Mag(nifi)co Thomaso Agnello salernitano /23/ Presidente de_la summaria, atteso detto mag(nifi)co Thomaso agnello /24/ publicamente ha consultato ,o, consigliato detto sig(no)r secretario 2v /1/ nella lite mossa per il detto secret(ari)o contra gli scrivani di manda(men)to. /2/ E questo perche detto Sig(no)r secretario paga ogni mese da circa vinte /3/ ducati all’mag(nifi)co gio(van) Ant(oni)o Salernitano patre del detto mag(nifi)co Tho/4/maso agnello come cancelliero di detta cancellaria non obsta(n)te /5/ che non serva. fue preguntado como sabe que_el d(ich)o Thomas /6/ agnello salernitano haya consejado al dicho secretario soto en la /7/ causa que trata con los dichos escrivanos de manda(mien)to? dixit che/8/ esso testimonio ha visto detto mag(nifi)co Thomas agnello con lo mag(nifi)co /9/ Pier ant(oni)o Lanaro, advocato del detto secretario, et il mag(nifi)co antonio /10/ di soto fratello del detto secretario far collegio sopra la detta causa /11/ all’ vescovato et anchora che lo procuratore di detto sig(no)re secret(ario) /12/ nomine M(esser) Gio(van) Antonio Tuerno presente esso testimonio ha /13/ detto alla bancha de M(esser) Hieronymo pozza[…] mastrodatta /14/ di detta causa che havesse portato Il processo e tutte le scritture /15/ presentate per detto Scrivano di mandamento In casa del detto /16/ Thomaso agnello salernitano per che le volea vedere, e che, /17/ dipoi esso testimonio dimando al scrivano de ditta bancha che /18/ ci le porto (che crede esso testimonio che si chiama M(esser) gio(van) do/19/minico) se havea portato dette scritture al detto sig(no)r Thomas /20/ Agnello e detto scrivano gli Rispose che gliele havea portato /21/ e lasciato ad esso proprio. Fue preguntado como sabe que el d(ic)ho /22/ secret(ari)o soto da veynte ducados cada mes al dicho Joan ant(oni)o /23/ Salernitano dixit che esso testimonio l’ha Inteso dire pu(bli)ca/24/mente In detta cancellaria, e no sabe otra cosa. 3r /1/ fue preguntado si sabe que el dicho secretario haya hecho con su officio /2/ algun agravio a algunas personas dixit che a esso testimonio e /3/ a gli suoi compagni scrivani di mandamento n’ha fatti infiniti /4/ agravij In non restituirli li memoriali signati de i lor nomi, tutti /5/ ma di quelli pigliatosi ogni di quando vinte quando Trenta et /6/ quelli consignatoli a_le parti non obstante gli decreti dati In /7/ favore di gli detti scrivani di mandamento in consiglio collaterale /8/ e ha intertenute Le provisioni de_gli memoriali di essi scri/9/vani di mandamento strazziando le parti et

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6. Transkriptionen ausgewählter Quellen

massime ad alcuni /10/ forastieri gli quali stavano in napoli solo ad effetto di dette pro/11/visioni e che [interlinear: ad] alcuni bisognava Interceder con favore col detto /12/ secretario per haver dette ispeditioni presto. y que esto sabe cerca /13/ esta pregunta lo qual y todo lo que de suso ha dicho es verdad /14/ para El Juramento que ha hecho e firmolo de su nombre /15/ fuele otra vez leydo et perseveravit in dictis /16/ fuit iniunctum eidem testi silentium de per eum dictis et de his /17/ de quibus fuit interrogatus qui promisit servare sub eode(m) Jura(men)to /18/ [Handwechsel] Ego sup(radic)tus Cirius de Marij deposui ut sup(r)a m(an)u p(ro)pria /19/ [Randvermerk: t(estigo) 4 Pietro Papa] E despues de_lo susodicho a Diez dias del mes de Enero del año susodicho de /20/ Mil e quinientos e sesenta años en la d(ic)ha ciudad de napoles ante el /21/ d(ic)ho s(eñ)or visitador parecio presente Pietro Papa t(estig)o llamado por mandado /22/ de su m(erce)d El qual Juro en forma devida de derecho de dezir verdad de qua(n)to /23/ fuesse preguntado, e mediante El d(ic)ho Juramento dixo q(ue) se llama 3v /1/ Pietro Papa,e dixo ser natural desta ciudad de napoles, e de edad de /2/ cinquenta años poco mas, o menos, e que es escrivano de cancilleria /3/ e siendo preguntado por las preguntas del Interrogatorio Respondio como /4/ se sigue /5/ A_la primera dixo che ha circa Trenta duoi anni che esso testimonio ha servito /6/ nella Regia cancellaria de scrivano ordinario da tempo del secret(ari)o /7/ seron e, Martirano gli quali conobbe esso testimonio e sa che furono /8/ secretarij del Regno, et hoggi di conosce a gio(van) di soto el quale ha /9/ conosciuto dal tempo del duca dalva In qua e sa esso testimonio che /10/ detto gio(van) de soto e secretario del Regno e esercita Il detto ufficio, /11/ a’ gli quali secretarij serone, e Martirano, e detto gio(van) di sotto /12/ esso testimonio ha conosciuto dal tempo che ha detto respettive di vista /13/ pratica e contrattatione /14/ A_la segunda dixo che non tiene esso testimonio detto gio(vanni) de soto per sufficie(n)te /15/ [Randvermerk: Insufficientia] e habile per detto ufficio per che bisogna che le decretationi de_gli /16/ memoriali che si fanno in consiglio collaterale si facciano in /17/ lingua latina, e non sapendo come non sa detto gio(van) di soto latino /18/ pare a questo testimonio che detto gio(van) de soto non e’ habile e suffi/19/ciente per Regger et esercitare detto ufficio di secretario del Reg=/20/no. fue preguntado que como sabe que el d(ic)ho Joan de Soto no sabe /21/ latin, dixit che per che esso testimonio ha visto molte decretatio/22/ni di memoriale fatte per detto gio(van) di sotto con tanti solecismi /23/ e barbarismi che ogn’un giudicara che detto gio(van) di soto non sa /24/ niente di latino, e di piu sa che detto gio(van) di soto di poi che

6.9 Auszug aus dem Visitationsprozess gegen den Segretario del Regno

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4r /1/ e secretario volse imparare grammatica et si accordo’ con un mastro /2/ di grammatica che non si ricorda del nome Il quale ando per molti di /3/ in casa di detto gio(van) di soto e vedendo che non faceva util nisciuno per /4/ che non poteva imparare lo licentio’, E cosi detto gio(van) di soto resto /5/ Inhabile in questa parte di non saper grammatica, per Il che hoggi /6/ di entra in consiglio collaterale un certo Pier ant(oni)o Tizzano scri/7/vano privato di cancellaria creato del detto gio(van) di soto che non e’ /8/ ufficiale Reggio Il quale fa le decretationi in latino a_li memoriali /9/ perche detto gio(van) di soto non sa, anchora che entrar /10/ In consiglio collaterale e’ contra la pragmatica fatta da sua M(aes)ta /11/ Ces(are)a la quale prohibisce che nisciuno sia presente in ditto con/12/siglio fuora dal detto secretario, e che da man sua s’habbiano a /13/ scrivere le espedittioni e decretationi che si fanno dentro di detto /14/ Consiglio y esto sabe desta pregunta /15/ A_la Tercera pregunta dixit che sa esso testimonio che in questa lite che /16/ verte tra gli scrivani di mandamento e detto gio(van) di soto ha visto lamen /17/tare molti negotianti con dire che non hanno possuto esser ispediti da /18/ detto gio(van) di soto tanto per la firma del sig(no)re Vicere’ quanto per la /19/ firma sua, dicendo che antonio di soto fratelo di detto secretario gli /20/ diceva perche non venite a ispedire gli vostri negotij in questa /21/ cancellaria, peggio per voi che mai sariti ispediti quando ande/22/rete a far’ le spedittioni da gli scrivani di mandamento, fue preg(unta)do /23/ a quien oyo dezir lo que ha dicho en esta preg(un)ta dixo que a algunos /24/ negotiantes de cuyos nombres no se acuerda, y esto es lo q(ue) sabe desta preg(un)ta 4v /1/ A_la quarta pregunta dixo q(ue) lo q(ue) sabe desta pregunta es q(ue) esso testimonio /2/ ha sentito dire a ludovico lobera scrivan di mandamento che quando /3/ si fecero quest’ultime pragmatiche venne dal detto secretario un /4/ stampatore per voler stampare dette pragmatiche, e detto gio(van) di /5/ sotto lo compose in ottanta scudi, e detto stampatori glieli pago /6/ secondo ha ditto Lobera ad esso testimonio. E di piu sa che ditto /7/ sotto fa pagare gli speditioni de gli mandati duoi o tre per cento /8/ da gli negotianti non si dovendo pagare per caggione de_la ispedittione /9/ di detti mandati cosa nisciuna a detto secretario, preguntado como /10/ sabe que el d(ic)ho soto toma de_la […]spedition de_los mandatos a_dos /11/ o a tres por ciento, dixit che e cosa publica e manifesta e che tutti /12/ gli negotianti lo dicono cosi e lo dirano per ch’e la verita, e di /13/ piu sa che detto sotto piglia et esigge Il Jus cancellarie Il quale /14/ non toccha in nisciun modo a detto secretario, ma a_gli scrivani /15/ di mandamento et a_gli cancellieri che […] servono, e che /16/ sa questo esso testimonio per che lo ha visto molte volte. et /17/ [Randvermerk: p(re)sentes] anchora sa

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6. Transkriptionen ausgewählter Quellen

che detto gio(van) di soto piglia et Riceve presenti di /18/ ogni cosa tanto di cose di magniare come de altre Robbe tanto /19/ di negotianti quanto d’ogn’un’altro, e questo lo sa perche lo /20/ ha visto esso testimonio piu volte et e’ cosa publica et notoria /21/ fue preguntado que cosas ha visto este t(estig)o Recebir al dicho Jo(an) /22/ de soto dixit che ha visto detto gio(van) di soto Ricever prese(n)ti /23/ di cose di magniare, cose di zucchero, caponi botte di vino, et /24/ altre cose tanto in queste feste di natale quanto Inanti, /25/ ma non sa esso testimonio da chi riceveva le dette cose 5r /1/ Il detto Jo(an) di sotto. Et da piu sa esso testimonio che detto secretario /2/ gio(van) di sotto fa un mazzo di tutti gli memoriali decretati et qua(n)do /3/ gli negotianti vengano a veder’ quell’ che si e’ provisto pagano /4/ a detto secretario Inanti che vedano gli memoriali, duoi carlini /5/ per ciascheduno, e che si contentino, o non da la decretationi bisog/6/na che lascino, e lasciano pagati gli detti duoi carlini che dettero /7/ Inanzi a detto gio(van) di soto. In causa scienti(a)e perche lo ha visto esso /8/ testimonio più volte trovandosi presente nella cancellaria /9/ et e cosa publica e notoria, fue preguntado si lo ha visto este t(esti)go /10/ despues de_las pragmaticas y ultimo orden q(ue) se ha dado al d(ic)ho /11/ Joan de Soto dixit, che non e’ stato esso testim(oni)o in cancellaria /12/ di poi di detto tempo in qua y esto es lo q(ue) sabe desta pregunta /13/ A_la quinta dixit che nisciuno va dal detto secretario soto per in/14/terceder in lor favore per ufficij che non si facia molto ben ex/15/trapagare et alcune volte dimanda detto secretario a_gli Rege(n)ti /16/ di cancellaria ufficij di assessorati atteso che spetta a detti Reg(en)ti /17/ provederli, et si fa molto ben’ pagare da_gli negotianti, In causa /18/ scienti(a)e perche alcune persone che hebbero detti ufficij per man’ /19/ di detto gio(van) di soto s’hanno lamentato con esso testimonio de_gli /20/ nomi de gli quali non si ricorda esso testimonio e non sa altro /21/ di questo articolo /22/ A_la decima pregunta dixo che esso testimonio sa che havendo pigliato detto /23/ gio(van) di soto possessione di detto ufficio di secretario dicendo che 5v /1/ volea ridur’ la cancellaria in buona forma e manera e che volea /2/ mandar a chiamare gli cancellieri di Venetia di Roma et d’/3/altre parti pur che fussero stati habili non ha fatto cosa nisci=/4/una anzi quelli che [gestrichenes unleserliches Wort] ha eletto per cancellieri sono certi /5/ criati suoi che non tengono littere ne prattica nisciuna de_le /6/ cose de_la cancellaria, come son’ uno che si chiama salzedo /7/ Il quale non ha prattica ne manco littere et un’altro che ha man/8/dato in corte che ancora e’ senza littere e Idiota e senza ispe/9/rientia, et un’Adriano Inaurati Il quale anchora che e’ habile /10/ serve nella cancellaria particulare del vicere. Preguntado

6.9 Auszug aus dem Visitationsprozess gegen den Segretario del Regno

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como /11/ sabe che los susodichos exceto el dicho adriano, son personas /12/ Inhabiles y de poca prattica como ha dicho, dixo che perche /13/ esso testimonio gli ha trattati e comunicati et sa quell’ che ha /14/ detto y esto es lo q(ue) sabe desta pregunta /15/ fue preguntado si sabe que el dicho secretario haya hecho algun agravio /16/ o extorsion a algunas personas ultra de_lo q(ue) le ha sido deman/17/dado dixo q(ue) este t(estig)o Recorrera su memoria cerca esta materia /18/ y vendra a dezir su dicho por_q(ue) sabe algunas cosas sobre las /19/ quales ha menester pensar y Recorrer su memoria /20/ fue encargado al dicho t(estig)o que entre tanto tenga en secreto lo q(ue) /21/ le ha sido preguntado y lo que ha dicho so cargo del Jurame(n)to /22/ q(ue) ha hecho el qual lo promettio assy y lo firmo de su no(m)bre /23/ [Handwechsel] ego Pet(ru)s papa deposui p[…]ta et me sub(scrip)si 6r /1/ [Randvermerk: t(estigo) El dicho Pietro papa] E despues de_lo susodicho En la dicha ciudad de napoles a onze dias /2/ del mes de enero del dicho año de mil e quinie(n)tos e sesenta parecio /3/ presente ante El dicho s(eñ)or Visitador el dicho Pietro Papa testigo de_suso /4/ proximamente examinado El qual queriendo dezir su dicho el /5/ q(ue) havia recorrido en su memoria e se acuerda cerca la ultima pregu(n)ta /6/ q(ue) le hizo el d(ic)ho s(eñ)or Visitador ayer Juro de nuevo en forma devida de /7/ derecho de dezir verdad […] e mediante El dicho Juramento dixo /8/ che essendo ordinato per la ecc(ellenz)a del vicere che hoggi e’ all’ Thesoriero /9/ Generale che non pagasse quantita nisciuna di danari a nisciuna per/10/ sona senza poliza privata di detto Sig(no)re Vicerre Detto gio(van) di sotto che /11/ fa le dette polize private si fa pagare dette polize almeno duoi car /12/lini l’una che fanno la summa di piu di Mille ducati l’anno per/13/che vi sono di quelle polize di grossa summa di danari che fanno /14/ ad instanza d’alcun’ cavalliero e se gli fa pagare vinte e vinti /15/ cinque scudi l’una e di questo pagamento n’e publica voce et fama /16/ fue preguntado si las polizas que el virrey manda dar para el dicho The/17/sorero si las haze El dicho Joan de Soto? dixo che si, fue preguntado /18/ si hazer las dichas poliças es cosa que pertenece al dicho officio /19/ de secretario dixo q(ue) si. fue preguntado si los secretarios passados /20/ llevavan los dichos derechos, o otros algunos por las dichas poliças? /21/ dixit che come non si facevano le dette polize in numero assai /22/ come si fanno adesso pensa esso testimonio che gli altri secretarij /23/ non se le facevano pagare, fue preguntado si lo sabe de otra ma/24/nera mas q(ue) por pensarlo? che atempo de gli altri secretarij non

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6. Transkriptionen ausgewählter Quellen

6v /1/ ha visto esso testimonio lamentarsi come si lamentano alcuni adesso /2/ dal detto Jo(hannes) de sotto, fue preguntado si conforme a_la pandetta /3/ El dicho secretario puede llevar derechos de_las dichas polizas? /4/ dixo che non perche sono cose private che non si dev[…]no pagare /5/ ne ci e’ pandetta di tal pagamento. /6/ Depone di piu esso testimonio che all’tempo che morse lo q(uondam) Martio /7/ Martirano predecessore secret(ari)o del detto gio(van) di soto ritruovandosi /8/ Il duca d’alva nella guerra di campagna di Roma scrisse una /9/ lettera all’collaterale consiglio che detto ufficio di secretario /10/ se raccomandasse a detto gio(van) di soto tratanto che altramente /11/ la M(aes)ta sua lo provedesse, e la pre(det)ta M(aes)ta stette un’anno a’ /12/ provedere detto ufficio in persona di detto gio(van) di soto tal(ite)r che /13/ per tempo di detto anno perceppe piu di tremillia e cinquece(n)to /14/ ducati di emolumenti di detto ufficio et detti emolumenti so(n)no /15/ de_la Regia corte perche detto Ill(ustre) Duca ne il collateral’ consig=/16/lio non poteano ne posson’ disponer’ di simili emolumenti as=/17/cendenti a si grossa sum(m)a e questo esso testimonio lo sa, come /18/ persona che stava nella Regia cancellaria et Interveniva all’ /19/ far’de_gli conti di detti emolumenti, e molto [unleserliche Streichung] [interlinear: bene] lo sa Lobera /20/ et altri ufficiali di detta cancellaria, et essendo andato esso /21/ testimonio gli mesi prossime passati a far’ intendere questo /22/ a federico longo advocato fiscale de_la Regia Camera che /23/ come defensore de le cose di sua M(aes)ta le havesse proviste 7r /1/ uso male parole ad esso testimonio mostrando apertamente haver /2/ per male che si parlasse che contra detto gio(van) di soto volendo favo /3/rire piu presto detto secretario che la M(aes)ta sua /4/ fue preguntado si quando dize que el duque de Alva puso El officio /5/ de secretario del Reyno en cabeça del dicho Joan de soto entretanto /6/ q(ue) su M(agesta)d proveya si El dicho secretario sirvio El dicho officio por /7/ su persona, dixo che non perche lo servia in assentia sua che /8/ stava nella corte di sua M(aes)ta, ludovico de Lobera, fue preg(unta)do /9/ si sirvio el dicho officio El dicho lobera por nombramiento del d(ic)ho /10/ Joan de soto, dixo che si. /11/ Di piu dice esso testimonio che in tempo del olim Bernardino Marti(ra)no /12/ qual fu secretario di questo Regno impose un novo pagamento /13/ d’un’carlino per privileggio e grana cinque per ciascuna scrittu/14/ra di bambace da pagarsi per gli negotianti Il qual pagamento si /15/ chiama del portiero et ascend’ogni anno passa la summa di du/16/cati ducento et detto martirano gli facea dividere in quatro /17/ parti et ne pagava lo mayordomo, lo camariero lo mastro de /18/ stalla et un’altro che gli guardava Il giardino di pietra bian/19/ca di modo che il soldo de_gli creati di casa sua lo cacciava /20/ da le borse de gli negotianti non obstante

6.9 Auszug aus dem Visitationsprozess gegen den Segretario del Regno

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che la Reggia cor/21/te sempre habbia pagato si com’al presente paga un portiero /22/ al secretario, et lo Mag(nifi)co gio(van) di soto fa similmente esiggere /23/ detto pagamento nell’modo predetto, e questa e’ cosa chiara e 7v /1/ manifesta e consta ad esso testimonio In causa scienti(a)e come a huo/2/mo prattico de_la detta Regia cancellaria /3/[Randvermerk: priviligi] Depone anchora esso testimonio come degli privileggij che si /4/ ritruovano ispediti per gl’altri secretarij passati quali si ritruo/5/vano in poter’di detto gio(van) di soto anchora che habbino pa/6/gato gli diritti del secreta(ri)o passato et lo Jus cancellari(a)e detto /7/ gio(van) di sotto si fa pagare molte volte tanto gli diriti che spet/8/tano ad_esso de_la firma sua quanto d’il detto Jus cancellari(a)e /9/ et se gli converte in suo proprio util, e questo esso testimonio /10/ lo sa perche gliel’ha ditto uno de_gli sigillatori nomine Virgilio /11/ de Voluito al quale si son lamentate le parti quando son /12/ andate a sigillare gli predetti privileggij /13/ Depone di piu esso testimonio che quando detto gio(van) di soto /14/ [Randvermerk: Co(m)mi(ssio)ni] spedisce alcune commissioni di giudici de_la Vicaria o di /15/ Auditorato di provintia per che la forma di dette com(m)issioni /16/ dice se gli da’ l’ufficio per annum unum et deinde inantea /17/ ad beneplacitum, se fa pagare dupplicato, cio e’ de_gli ufficij /18/ d’auditorati come prima pagavano duoi ducati per la man’ /19/ sua et duoi per la cancellaria adesso ne fa pagare otto /20/ cio e’ quatro per la man’ sua, e quatro per la cancellaria, et Il /21/ simile fa de_le commissioni de gli giudici de_la vicaria e questo /22/ e publico e manifesto et appare per lo libro de_la esigentia /23/ di detti diritti – fue preguntado si los otros secret(ari)os 8r /1/ anteçessores del dicho gio(van) de soto llevavan los dichos derechos assy /2/ dupplicados, dixo che mai gli hebbe nisciuno de_gli altri secre/3/tarij eccetto adesso Il detto secretario soto che gli piglia dupli/4/cati, fue preguntado que como sabe q(ue) los otros secretarios nunca /5/ llevaron los dichos derechos duplicados hasta El d(ic)ho Joan de soto? /6/ dixo che perche esso testimonio e prattico et anticho nella can/7/cellaria nell’ufficio di detto secretario che sono Trenta duoi anni /8/ che prattica e tratta in detta cancellaria et In detto ufficio di /9/ secretario e tiene per certo che si alcuno de_gli secretarij passati /10/ havessi pigliati detti diritti in duplum esso testimonio lo /11/ saperia e non potria esser’ altramente atteso che com’ha detto /12/ ha pratticato per il tempo sudetto In detta cancellaria et In detto /13/ ufficio di secretario: fue preguntado que porque Razon,o causa /14/ El dicho Jo(an) de soto lleva los dichos derechos duplicados no los /15/ haviendo llevado sus antecessores sino senzillos dixit se /16/ gli fa pagare detto gio(van) di soto in duplum, per quelle parole /17/ che diceno le commissioni, per annum et deinde ad benepla/18/citum, volendo argo-

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6. Transkriptionen ausgewählter Quellen

mentare che quella parola et deinde /19/ ad beneplacitum sia un’altra commissione /20/ Di piu depone esso testimonio come detto gio(van) di soto ha procurato con Il /21/ [Randvermerk: lic(enci)as de armas] Sig(no)re Vicere’ presente di far publicare bandi per tutte le provintie /22/ del Regno che chi tiene licenza di spada e non e’ firmata di mano /23/ di detto sig(no)re Vicere’ non gli vaglia ad effetto ch’ogn’uno venga 8v /1/ ad ispedire dette licentie ad esso gio(van) di soto da_le qual[…] licentie per /2/ esser’ infinite ne potra cacciare Dieci Millia ducati e piu per /3/ che si fa pagare ogni licenza di spada Carlini vinticinque /4/ e se sara un patre con tanti figli o fratelli che vogliono detta /5/ licentia tanti vinticinque carlini ne vole et si fa pagare /6/ e questa e cosa chiara e manifesta e tra gl’altri che l’hanno /7/ detto ad_esso testimonio e’ M(esser) donato negotiante quale alli di /8/ passati si venne a lamentare ad_esso testimonio con dirli /9/ che un domingo creato di detto gio(van) di soto fece lo patto con /10/ esso donato de dargli per duoi licentie de spada carlini /11/ vinticinque et essendo firmate dette licentie dal sig(no)r Vicere /12/ andando detto Donato per pigliarle gli disse lo detto domin/13/go non ne voleva meno di cinque ducati e che cosi gliele /14/ pago /15/ Di piu dice esso testimonio circa gli diritti de_le ispedittioni che si /16/ fanno nella Reggia cancellaria del pagamento di esse tanto /17/ de_la mano di detto gio(van) di soto quanto del Jus cancellari(a)e /18/ se ecceda la forma de_la pandetta data et ispedita per la /19/ felice memoria del Re Catholico atteso in tempo del secret(ari)o /20/ seron fu inventata e fatta una certa postdatam seu dechiara /21/tione a detta pandetta tutta contraria alla predetta pandetta /22/ e che si se esiggessero gli diritti per la pandetta dell’ pre(det)to/23/ Re Catholico sarebbon’ la mita meno di quell’ ch’hoggi si 9r /1/ esiggeno. De la qual postdat(am) seu dechiaratione non si ritruova per /2/ pensamento originale ne e’ in rerum natura, e ditto pagamento /3/ che cosi s’esigge monta l’anno migliari e migliari di ducati /4/ e questo esso testimonio lo sa di causa scienti(a)e quia vidit et /5/ Interfuit fue preguntado si los otros secret(ari)os antecessores /6/ del dicho Joan de soto han llevado los dichos derechos confor/7/me a_la dicha postdat(am)? dixo che si que desde Seron aca sie(m)/8/pre los han llevado y q(ue) esta es la verdad para el Jurame(n)to /9/ q(ue) ha hecho /10/ fuit iniunctum eidem testi silentium ut supra qui promisit /11/ servare […] y lo firmo de su nombre /12/ [Handwechsel] ego Petrus papa de nap(oli) deposui p[…]ta /13/ [Randvermerk: t(estig)o iij] Este dicho dia mes e año susodichos en la dicha ciudad de napoles antel d(ic)ho /14/ [Randvermerk: luys de lobera] s(eñ)or visitador parecio presente luys de lobera escrivano de

6.9 Auszug aus dem Visitationsprozess gegen den Segretario del Regno

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mandamiento t(estigo) /15/ llamado por mandado de su m(erce)d El qual Juro en forma devida de derecho […] /16/ de dezir verdad de quanto fuesse preguntado e mediante el d(ic)ho Juramento /17/ dixo q(ue) se llama luys de lobera, e que es natural de Perpiñan ciudad de /18/ españa, e que es de edad de cinquenta años poco mas, o menos, dixo ser /19/ escrivano de mandamiento, e siendo preguntado por las preguntas del /20/ Interrogatorio Respondio como se sigue /21/ A_la primera dixo que conoce muy bien este t(estig)o a Joan de soto secretario deste /22/ Reyno de vista habla e contratation desde el año de quarenta [interlinear: cinquenta] y siete aca 9v /1/ e q(ue) conocio assy mesmo a Bernardino Martirano Coriolano Marti/2/rano ob(is)po de san marco su hermano y Martio Martirano sobrino /3/ de entrambos q(ue) murio pocos dias ha por cuya muerte huvo el offi/4/cio, Joan de soto, q(ue) todos fueron Respectivamente secretarios del /5/ Reyno a_los quales conocio de vista habla e contratation y sabe q(ue) /6/ fueron secretarios, y el dicho Joan de soto lo es al presente deste /7/ dicho Reyno de napoles. fue preguntado que tanto frutara este offi/8/cio de secretario al año dixo que este t(estigo) sirvio el d(ic)ho officio de /9/ secretario y cogio los derechos del desde los siete de enero del año /10/ de cinquenta y siete hasta el ultimo de setiembre del dicho año /11/ que el d(ic)ho Joan de soto vino proveydo del dicho officio por su m(agesta)d e q(ue) /12/ havido Respecto a_lo q(ue) Recibio en los dichos meses le parece /13/ a este t(estig)o q(ue) frutara Tres mil ducados al año poco mas o menos /14/ y esto no llevando derechos demasiados /15/ A_la segunda dixo q(ue) este testigo no tiene por habil y sufficiente al d(ic)ho /16/ [Randvermerk: de Inhabilitate] Joan de soto para servir el dicho officio de secretario del Reyno /17/ porque el d(ic)ho Joan de soto no sabe grammatica e siendo (como /18/ es) necessario que el d(ic)ho secretario sepa latin porque las /19/ decretationes de_los memoriales todas se hazen en latin y otras /20/ muchas cosas q(ue) se tratan en el consejo collateral y los votos /21/ q(ue) en el se dan, se dan en latin y el secretario acostumbra asser/22/tar los dichos votos no puede El dicho Joan de soto hazer /23/ este offiçio por lo qual entra a hazer el d(ic)ho officio en el d(ic)ho 10r /1/ consejo Piero antonio Tizzano Italiano Criado del d(ic)ho Joan de soto /2/ e antes del entrava este t(estigo) Porque el dicho Joan de soto no sabe /3/ (como ha dicho) latin ni puede assentar las cosas q(ue) se hazen en el /4/ d(ic)ho consejo q(ue) todas son en latin. Aunque es contra las prag/5/ maticas de su M(agesta)d y deste Reyno que en el d(ic)ho consejo no este /6/ presente otra persona q(ue) el dicho secretario. Pero q(ue) fuera de_las /7/ cosas q(ue) tocan al latin este t(estigo) tiene por habil y sufficiente al d(ic)ho /8/ Joan de soto fue preguntado que como sabe q(ue) no sabe latin /9/ el

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6. Transkriptionen ausgewählter Quellen

d(ic)ho Joan de soto? dixo q(ue) porque El dicho Joan de soto lo ha con/10/ fessado y confessa muchas vezes delante de_los [interlinear: del] dicho consejo /11/ y de_los virreyes en presentia deste t(estigo) y dicho q(ue) no sabe latin /12/ y este t(estigo) lo ha platicado y tratado y ha visto q(ue) no lo sabe ni lo /13/ entiende, e se vee y parece por muchas decretationes de memo/14/riales escritas de mano del d(ic)ho secretario soto. Las quales estan /15/ falsas de latin y incongruas y como escritas de mano de pers(on)a /16/ q(ue) no le entiende y esto es publico y notorio /17/ A_la tercera dixo q(ue) sabe este t(estigo) que el dicho Joan de Soto despacha los /18/ negociantes con brevedad y buena gratia y criança e no sabe /19/ q(ue) haga lo contrario /20/ A_la quarta pregunta dixo q(ue) lo que desta pregunta sabe es que al tiempo che /21/ el d(ic)ho Joan de Soto vino proveydo del dicho cargo de secretario del /22/ Reyno traxo una carta de su M(agesta)t en que mandava al Visorrey 10v /1/ que entonces era se Informasse si en algun tiempo El cargo de_la /2/ cifra y mandatos havia sido annexo al officio y cargo de /3/ secretario porque de antes al t(iem)po de_los martiranos no le era /4/ sino que dichos Martiranos hazian El officio de secretario q(ue) /5/ tocava al Reyno y los visorreyes tenian cabesi otro secret(ari)o /6/ para dicha çifra y mandatos la qual carta fue decretada /7/ y Remitida al Regente albertino para q(ue) se Informasse de_lo /8/ contenido en ella e hiziesse de todo Relacion Inscriptis al /9/ Collateral para embiarla a su M(agesta)t y q(ue) dicha consulta o Re /10/lacion fue hecha por dicho Reg(en)te Albertino y embiada a su /11/ M(agesta)t y en ella dicho secretario soto por traer mas a su M(agesta)t /12/ a_lo que queria dezir Juntandose El officio de secretario /13/ Con secretario de_la cifra y mandatos su M(agesta)t ahorraria docie(n)/14/tos ducados q(ue) se pagavan y otros salarios q(ue) se pagavan a /15/ escrivanos q(ue) sirven en la d(ic)ha secretaria de_la Cifra y la /16/ dicha consulta fue embiada a su M(agesta)t la qual vista por su /17/ M(agesta)t y su consejo suppremo, lo confirmo todo y expressame(n)te /18/ en el privilegio q(ue) sobre ello mando despachar dezia y manda/19/va que dicho salario de secretario de_la cifra se extinguiesse /20/ y para este effetto fue mandado al escrivano de Racion q(ue) no /21/ passasse mas el d(ic)ho salario y q(ue) dello hiziesse notami(en)to /22/ en sus libros y este t(estigo) lo sabe porque puso la mano como, /23/ Regente el officio de secretario, en los dichos ordenes, E despues 11r /1/ de venido El s(eñ)or duque de alcala Visorrey q(ue) oy es este t(estig)o ha visto /2/ otro mandato dirigido al escrivano de Racion en q(ue) se_le ordenava /3/ que no obstante q(ue) los dias passados le fue ordenado q(ue) extin/4/guiesse dicho salario de secretario de_la cifra, de nuevo lo tor

6.9 Auszug aus dem Visitationsprozess gegen den Segretario del Regno

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/5/nasse a assentar al dicho Joan de soto, y destos mandatos se /6/ hizieron dos porque llevandolos a firmar al d(ic)ho virrey no le /7/ pareciendo q(ue) estuviesse bien El uno hizo hazer otro y le firmo /8/ y esto es lo q(ue) sabe quanto a esto, Demas desto sabe q(ue) el d(ich)o Joan de /9/ soto toma El Jus cancellari(a)e el qual pertenece por decretos a los /10/ scrivanos de mandamiento y cancellieres y el d(ic)ho Joan de soto /11/ se lo tiene oydia usurpado todo no obstante los decretos q(ue) sobre /12/ ellos ha havido, e que tambien se exhige en la dicha cancelleria /13/ cierto derecho en nombre de porteros como son medio Real de /14/ cada letra q(ue) se despacha de cancilleria, y un carlin de_las cosas /15/ q(ue) tambien se despachan escritas en pergamino lo qual se toma /16/ el d(ic)ho Joan de Soto e lo Reparte entre sus criados y q(ue) sobre esto /17/ dize este t(estigo)o no hay pandeta ni pragmatica sino abuso, e que la /18/ corte paga al d(ic)ho Joan de soto un portero, al qual cree se dan /19/ dezyocho ducados al año, y esto sabe desta pregunta /20/ A_las diez preguntas dixo que sabe que el dicho secretario soto ha /21/ puesto por officiales en la cancilleria los q(ue) se estavan y otros de /22/ nuevo a_los quales este t(estig)o no tiene por sufficientes por q(ue) los /23/ ha visto e conoce e sabe q(ue) no tienen sufficiencia 11v /1/ Demas desto el d(ic)ho s(eñ)or Visitador encargo al d(ic)ho t(estig)o […] cargo del d(ic)ho /2/ Jura(men)to /3/ q(ue) diga y declare si sabe algunas extorsiones o agravios q(ue) haya /4/ hecho el d(ic)ho Joan de soto a alguna persona, o personas? dixo q(ue) /5/ no sabe mas de_lo qu(e) tiene dicho de_suso lo qual es verdad para El /6/ Juramento q(ue) ha hecho y firmolo de su nombre /7/ Fuit iniunctum silentium eidem testi de hisqu[…] dixit et de quibus /8/ fuit interrogatos qui promisit sub eodem Juramento /9/ [Handwechsel] Jo Luys Lobera scrivano de man(damien)to […] firmo /10/ ut supra manu p(ro)pria /11/[Randvermerk t(estig)o iiiv] E despues de lo susodicho en la dicha ciudad de napoles a diez /12/ [Randvermerk: Gio(van) Fran(ces)co Campalon[…]] y seys dias del mes de enero del año susodicho de mil e quin(ien)tos /13/ e sesenta años antel dicho s(eñ)or Visitador parecio presente Joan /14/ francisco Campellon t(estig)o llamado por mandado de su m(erce)d El /15/ qual Juro en forma devida de derecho de dezir verdad de /16/ quanto fuesse preguntado e mediante el d(ic)ho Juramento dixo q(ue) /17/ se llama Joan francisco Campellon, e que es natural desta /18/ ciudad de napoles e de edad de veynte y seys años In circa /19/ e que es uno de_los escrivientes que estan en la scrivania de_los /20/ escrivanos de mandamiento, e preguntado por las preguntas /21/ del Interrogatorio Respondio como se sigue /22/ A_la primera dixit che esso testimonio have conosciuto

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6. Transkriptionen ausgewählter Quellen

lo Vescovo /23/ di san marco secretario di sua M(aes)ta In questo Regno, e suo /24/ nepote Martio martirano medesima mente secretario, 12r /1/ che ambi duoi son morti come scrivano ordinario che allhora era /2/ esso testimonio nella Regia cancellaria. Et anchora conosce /3/ a Giovanni di soto che al p(rese)nte e’ secretario, e sa esso testimonio /4/ che gli predetti Coriolano martirano Vescovo, e Martio martirano /5/ al tempo che vivevano erano, et de p(rese)nte Il detto Gio(van) di soto e’ /6/ Respective secretarij di questo Regno e per tali furono tenuti /7/ trattati e reputati, et Il detto gio(van) di soto e’ tenuto trattato e riputa/8/to /9/ A_la segunda dixit che esso testimonio spesse volte s’e’ trovato in casa /10/ [Randvermerk: Inhabilità] del Regente Villano quando gli son stati portati gli memoriali /11/ fatti in consiglio collaterale decretati alcuni di essi da man di detto /12/ secretario soto la qual conosce esso testimonio. et ha visto che /13/ volendo gli sottoscrivere detto Regente e leggendo le decretationi /14/ scritte dal detto gio(van) di soto, non ci n’ha trovata parola buona /15/ cioe’di congruo latino, e pero’detto Regente no[…] ha voluto met/16/ter la man’ sua, e quando, la ha meso e’ stata la decretatione /17/ breve d’un verso e Detto Regente li ha acconciate le parole /18/ da sua mano, e piu dice esso testimonio che luiggi di lobera a /19/ tempo decretava gli memoriali In consiglio collaterale ha /20/ donato a copiar memoriali ad esso testimonio gli quali erano /21/ scritti di mano di detto secret(ari)o soto per esser non latinamente /22/ ne congrua scritti, Et cosi non sapendo detto gio(van) di soto latino /23/ e bisognando come bisogna che l’secretario scriva le decretatio/23/ni latine, esso testimonio giudica detto gio(van) di soto per persona 12v /1/ Inhabile et non atta al tale esercitio di secretario del Regno /2/ e sa esso testimonio […] che per non saper latino detto gio(van) di soto /3/ fa intrare in consiglio collaterale un suo creato nomine /4/ Pier antonio Tizzano Il quale fa le decretationi de_gli memo/5/riali, In causa scienti(a)e perche esso testimonio ha visto e vede /6/ hoggi di piu e piu memoriali decretati di man di detto pier’ /7/ antonio, et alli di passati faceva detto gio(van) di soto decretare /8/ gli memoriali da mani de altri creati suoi, cioe’ di uno chia/9/mato morales et d’un altro, chiamato Adriano, che e’ /10/ Aquilano, et esso testimonio vidde molti memoriali decretati /11/ di mani di detti morales et Adriano. Di che risentendosi /12/ gli scrivani di mandamento che veniva in preiuditio loro /13/ havendo recurso da_gli Regenti fu ordinato che gli predetti /14/ morales et Adriano non decretassero piu memoriali e cosi /15/ non gli decretano piu y no sabe otra cosa desta pregunta /16/ A_la tercera dixo q(ue) no la sabe /17/ A_la quarta dixit che quello che sa di questo articolo e’ che ha/18/vendo fatto ispidire un pri-

6.9 Auszug aus dem Visitationsprozess gegen den Segretario del Regno

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vileggio di notaro per un huomo di /19/ ottaiano che non si ricorda esso testim(oni)o del suo nome, et havendo /20/ pagato gli diritti del Jus mandati et cancellari(a)e si come appa/21/reva et appare per gli libri, detto gio(van) di soto volse esser /22/ pagato e si fece pagare una altra volta detti diritti, cioe’ /23/ Il Jus mandati e cancellari(a)e, et ha esso testimonio inteso /24/ dire da notaro virgilio de voluito che tiene gli sigilli Regij 13r /1/ che molti si son lamentati con esso che lo secretario soto volea esser /2/ pagato una altra volta de_gli diritti e che per questo ne veni/3/va danno allo sigillo che per tratenimento non si sigillava /4/ Et anchora esso testimonio ha sentito lamentarsi molte persone /5/ negotianti de gli cui nomi non si ricorda che detto secret(ari)o soto ha /6/ voluto e si era fatto pagare doi Jus mandati e duoi Jus cancella/7/ri(a)e de uno privileggio de legittimatione in persona di duoi, non /8/ dovendo farsi pagare eccetto simplemente per esser uno privi/9/leggio. E piu ha inteso dire publicamente che detto secretario /10/ si ha fatto pagare duplicatamente gli diritti de_li assessorati et /11/ Auditorati per quella clausula che dice per annum et deinde /12/ Inantea ad beneplacitum, non dovendo haver li diriti piu /13/ che semplici secondo esso testimonio ha visto sempre mai in detta /14/ cancellaria. E di piu dice che esso testimonio ha Inteso dire pu(bli)ca/15/ [Randvermerk: lic(enci)as de armas] mente et e’ publica voce et fama che detto secretario soto si fa pagare /16/ de_le licentie di spade vinticinque carlini l’una, et’ha fatto che /17/ le licentie de_gli vicere passati per portar spade (per Il Regno /18/ fuor di Napoli) non vagliano accioche habbino da venir ad esso /19/ soto per nuove licentie, et esso testimonio ha mandati da detto /20/ secretario amici suoi molti per haver detta licentia dicendoli /21/ andate da detto secretario soto che esso ve_la dara dandoli vinti /22/ cinque carlini per una y q(ue) esto es lo q(ue) sabe desta pregu(n)ta /22/ A_la quinta nihil scire 13v /1/ A_la sexta dixit che non sa altro esso testimonio se non che e’ publica /2/ voce e fama che nisciuno ha poliza privata dal vicere che no(n) /3/ paghi alcuna cosa a detto secretario soto per la detta poliza pri/4/vata /5/ fue preguntado por todas las preguntas q(ue) se siguen del Interrogatorio, e di/6/xo que no las sabe /7/ E q(ue) lo q(ue) siendo preguntado si sabe de algunos extorsiones, o cosas /8/ no devidas que el d(ic)ho secretario soto haya hecho de mas de lo /9/ q(ue) d(ic)ho tiene dixo che sa esso testimonio che per haver detto gio(van) /10/ di soto tutti gli diritti et accioche ogn’uno vada da esso have /11/ straciati e tagliati con le forfici duoi privileggi firmati di man /12/ del Regente vilano quale si donoró a detto secretario per la fir /13/ma del vicere et erano stati ispediti per gli scrivani di man/14/damento. Have di piu detto gio(van) di soto tratenuta la firma del /15/ Vicere per piu

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6. Transkriptionen ausgewählter Quellen

d’un mese nelle cose ispedite per detti scriva/16/ni di mandamento per che gli negotianti che gli ispedivano /17/ non haveano fatta la ispedittione da esso gio(van) di soto, et /18/ ha fatto passar l’anno de_la pragmatica a molti privileggii /19/ de assensi ispediti per detti scrivani di mandamento. special/20/mente si ricorda esso testimonio haver fatto questo detto gio(van) /21/ di soto nelli privileggii de fabio Gesualdo, Isabella nobilio/22/ne, Gio(van) battista Ravaschier, Michele Laureo, Hippolita /23/ figliomarino, et ad altri, e questo non obstante che detto secret(ari)o /24/ era pagato de_gli diritti perche parte di quelli ne ha pagato 14r /1/ esso testimonio e parte le parti come appare per gli notame(n)ti /2/ de_gli libri. e che detto gio(van) di soto dicia a_le parti non havete /3/ venuto da me se non da gli scrivani di mandamento, e pero’ /4/ non vi voglio ispedire, e molti per […] esser ispediti presto han/5/no tornato a far’ una altra volta le ispedicioni per man di detto /6/ gio(van) di soto havendole fatte prima per li scrivani di manda(men)to /7/ come e’ la provisione di notar’ gio(van) francesco de abramo(n)te e /8/ de_la università di motula, e de_la universita di monte Corvino /9/, e de una altra de marsino […] vetere, Il quale per haver detta /10/ provisione gli bisogno andar dal [interlinear: fratello di] detto secretario con lo sig(no)re /11/ Placito di sangiune, per ricuperarla e detto fratello di soto /12/ disse a detto sig(no)r Placito Jo la dono per amor di V(ostra) S(ignori)a con questo /13/ che da mo inanti V(ostra) s(ignori)a faccia che costoro non vadino da_gli /14/ scrivani di mandamento. E di piu esso testimonio sa che de_gli /15/ memoriali dati all’vicere per gli scrivani di mandamento /16/ se n’ha pigliati molti detto secretario soto e datogli a_le /17/ parti e recuperatosi gli diritti gli quali toccavano a_gli scri/18/vani di mandamento, e que esta es la verdad para el /19/ Juramento q(ue) ha hecho e firmolo de su nombre /20/ fuit sibi lectum et perseveravit In dictis per Jura(men)tu(m) /21/ Iniunctum fuit silentium eidem testi pro ut […] qui promisit /22/ servare /23/ [Handwechsel] Jo Joan Fran(ces)co Campellone de nap(oli) ho deposto ut supra manu p(ro)pria 14v /1/ [Randvermerk: t(estig)o v Ottaviano Pagano] Este dicho dia mes y año susodichos en la dicha ciudad de napoles /2/ antel dicho s(eñ)or Visitador parecio presente octaviano Pagano t(estig)o /3/ llamado por mandado de su m(erce)d e haviendo Jurado en forma devida /4/ de derecho de dezir verdad de quanto fuesse preguntado media(n)te /5/ el dicho Juramento dixo q(ue) se llama Ottaviano Pagano, e que es /6/ natural desta ciudad de napoles de edad de veynte y tres años /7/ poco mas, o menos, e dixo ser scriviente en la escrivania de los /8/ escrivanos de mandamiento, e

6.9 Auszug aus dem Visitationsprozess gegen den Segretario del Regno

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tiene notitia de_la Regia cancille/9/ria de tres años a esta parte. E siendo preguntado por las /10/ preguntas del Interrogatorio Respondio como se sigue /11/ A_la primera dixo che esso testimonio conosce lo mag(nifi)co secretario Gio(van) /12/ di soto da un anno In qua e sa che e’ secretario di questo Regno /13/ et esercita detto ufficio, e conobbe anchora Il (quondam) mag(nifi)co Martio /14/ Martirano Il quale similmente fu secretario di questo Regno /15/ A_la segunda dixit che sa esso testimonio ha visto molti memoriali /16/ decretati da man di detto secretario soto (la qual mano conosce /17/ esso testimonio perche gl’ha visto molte volte scrivere) gli /18/ quali memoriali nelle sue decretationi haveano molti falsi /19/ latini et erano Incongruamente scritti e come da persona /20/ che non Intendea latino, et e’ publica voce et fama che detto /21/ gio(van) de soto non sa latino, et ha Inteso specialmente esso /22/ testimonio publicamente dire a un certo dottore che non si ricor/23/da Il nome suo, et ad altri che detto gio(van) di soto havea /24/ sottoscritto un Instrumento In lingua latina nel quale dicea 15r /1/ ego Joannes de soto testes Interfuit, Dal che Judica esso testimo /2/nio et si puo comprender che detto gio(van) di soto sia Inhabile /3/ et non atto a detto ufficio, perche gli manca la latinita la /4/ quale e’ necessario a_la persona che ha di esercitare detto /5/ ufficio perche ha di scrivere le decretationi de_gli memoriali /6/ che si fanno in consiglio collaterale le quali tutte si scriveno /7/ In latino per la maggior parte. Et sa esso testimonio et ha visto /8/ che in deffetto di non saper’ detto gio(van) di sotto latino fa intra/9/re in consiglio collaterale un suo creato chiamato Pier’ ant(oni)o /10/ Tizzano. Il quale scrive le decretationi de_li memoriali et /11/ esso testimonio ha visto detto Pier’ Antonio intrar’ in consiglio /12/ collaterale et ha visto piu e piu memoriali decretati di man /13/ di detto Pier’ antonio Tizzano e di questo e la pu(bli)ca voce et /14/ fama /15/ A_la tercera dixo che ha visto esso testimonio che a_gli negotianti /16/ che ispediscono per via di detto gio(van) di soto sono ispeditti con buo/17/na gratia di lui, e con brevita ma quelle che si ispediscono /18/ per via degli scrivani di mandamento et vanno dal detto secret(ari)o /19/ per la firma sua e per la del vicere sono distraciati et dilunga/20/ti e non gli spedisce con buona gratia, In causa scienti(a)e per che /21/ esso testimonio ha intesso spesse volte lamentarsi molti nego/22/tianti de gli cui nomi non si ricorda, gli quali dicevano che /23/ Ant(oni)o di soto fratello di detto Gio(van) di soto gli dicea che non /24/ andassero a spedire gli negotij da_gli scrivani di mandame(n)to 15v /1/ perché mai n’haverebbono havuta ispeditione e che venessero /2/ dal detto gio(van) di soto, e subito sarebbono ispediti, et ha sentito dire

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6. Transkriptionen ausgewählter Quellen

/3/ esso testimonio da gli medesimi negotianti cioe’ ad alcuni di essi /4/ che piu presto hanno perso gli suoi negotii che potessero ricupera/5/ri gli suoi dispaci, e espeditioni d’Il detto Gio(van) di soto per esser’ /6/ andati da_gli scrivani di mandamento y esto es lo q(ue) sabe desta /7/ pregunta /8/ A_la quarta dixit nihil scire /9/ fue preguntado por todas las otras preguntas del Interrogatorio e dixo /10/ q(ue) no las sabe /11/ fue preguntado si sabe de otro algun excesso, o extorsiones q(ue) haga /12/ el d(ic)ho Joan de Soto demas de_lo q(ue) ha dicho dixit che sa esso testimonio /13/ che detto secretario soto piglia et esigge Il Jus cancellari(a)e de_gli /14/ privileggij gli quali non dependono da memoriali Il qual Jus can/15/cellari(a)e pertenesce la mita a_gli scrivani di mandamento e l’altra /16/ mita a gli cancellieri posti dal detto secretario. e di piu ha /17/ [Randvermerk: Armas] Inteso dire esso testimonio publicamente che detto gio(van) di soto si fa /18/ pagare venticinque carlini per ogni licentia de_le arme, e fa /19/ una cancellaria a parte in palazzo di che si seguita preiudi/20/tio al sigillo Regio et alle Registratura anchora perche no(n) /21/ si sigillano ne si Registrano in cancellaria come si doveria /22/ far et e’ solito farsi per il passato. E di piu dice che detto /23/ gio(van) di soto esigge de_gli […] negotianti certo diritto che si dice /24/ del portiero cioe’ mezzo carlino per provisione di littera 16r /1/ et un carlino per privileggio scritto in pergameno de_gli quali /2/ diritti partecipano alcuni servitori di esso secretario, In causa /3/ scienti(a)e per che esso testimonio l’ha visto et esatto per il detto /4/ secretario soto, Il che ha visto esso testimonio servarsi ancho/5/ra In tempo di martio martirano secretario y q(ue) esta es la Ver/6/dad para el Juramento que ha hecho y firmolo de su no(m)bre /7/ fuit lectum eidem testi qui perseveravit In per eu(m) dictis /8/ fuit eidem Iniunctum silentium pro ut […] /9/ [Handwechsel] Ego Octavianus Pagan(us) de n(ea)p(olis) p[..]tta deposui et me sub(crip)si /10/ [Randvermerk t(estig)o vj Scipione de Amore] E despues de_lo susodicho en la dicha ciudad de napoles este dicho /11/ dia mes y año susodichos antel dicho s(eñ)or Visitador parecio p(rese)nte /12/ scipion de amore t(estigo) llamado por mandado de su m(erce)d El qual des/13/pues de haver Jurado en forma devida de derecho de dezir verdad /14/ de quanto fuesse preguntado, dixo mediante El d(ic)ho Juramento /15/ q(ue) se llama Scipion de amor e que es natural desta ciudad de /16/ Napoles, de edad de veynte y quatro años in circa, e que es uno /17/ de los escrivientes que estan en la scrivania de_los escrivanos de /18/ mandamiento /19/ fue preguntado por la primera pregunta del Interrogatorio e dixo /20/ che esso testimonio

6.9 Auszug aus dem Visitationsprozess gegen den Segretario del Regno

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conosce lo secretario soto Il quale e secretario /21/ di questo Regno, e tiene et esercita detto ufficio di secretario del /22/ Regno di anni doi, o tre in qua, et anchora conobbe esso testimonio 16v /1/ Il vescovo martirano, e successive Martio martirano quali /2/ furono secretarij di questo Regno al tempo che vissero respettive /3/ e gli vidde esso testimonio esercitar detto ufficio di secretario Res/4/pettive /5/ A_la segunda pregunta dixit che esso testimonio ha inteso dire publi/6/ camente da molte persone et specialmente da luiggi di lobera, /7/ ed a M(esser) Cola d’afflitto et da tutti gli altri scrivani di mandame(n)to /8/ che detto secretario gio(van) di soto e’ ignorante e non e’ sufficiente /9/ a detto ufficio perche non ha lettere sa latino, et esso testimonio /10/ ha visto alcune decretationi di memoriali gli quali diceano esser /11/ di man di detto secretario soto e quelle erano male latine et /12/ In alcune parte incongrue e falsi latini, e che per questa causa /13/ entra in consiglio collaterale a decretare detti memoriali Pier’ /14/ antonio Tizzano, et in primis intrava un figlio luiggi di /15/ lobera a far dette decretationi, e che ha inteso dire da gli detti /16/ scrivani di mandamento che ci e’ la pragmatica che non possa /17/ intrar’ in consiglio collaterale altro che Il secretario, o il /18/ ufficiale che ha d’esser scrivano di mandamento /19/ A_la terza dixit che sa esso testimonio che detto gio(van) di soto gli /20/ negotij che fa esso gli ispedisce con brevita, e gli altri che fa(n)/21/no gli scrivani di mandamento gli ha ritardati e ritarda a /22/ ispedirli In causa scientiae perche esso testimonio ha sentito la/23/mentare molte persone che detto gio(van) di soto gli ritardava /24/ la sua speditione dicendo le dette persone che l’fratello di 17r /1/ detto gio(van) di soto chiamato antonio di soto gli diceva che non li /2/ volea ispedire perche non voleano venir da lui a esser ispediti /3/ et se n’andavano da gli scrivani di mandamento /4/ A_la quarta dixit che sa esso testimonio che detto gio(van) di soto piglia /5/ intieramente Il Jus cancellariae conciosiacosa che la mita apar/6/tiene a gli scrivani di mandamento e l’altra mita a gli /7/ cancellieri e niente all’detto gio(van) di soto, In causa scientiae per/8/che esso testimonio lo ha pagato a quelli che stano in nome di /9/ detto gio(van) di soto e lo ha visto pagare ad altri, Et anchora ha /10/ Inteso dire che detto gio(van) di soto piglia vinticinque carlini per /11/ ciascheduna licentia di portar spade e che ha fatto revocare /12/ le licentie d’arme date per gli altri vicere accioche vengan’ da /13/ esso secretario per nuove licentie, et sa esso testimonio che fu /14/ [Randvermerk: privilegio] ispedito un privilegio di notariato del quale erano stati gia pa /15/gati gli diritti secondo dicea la parte, di cui nome non si ricorda, /16/ e detto gio(van) di soto si fece pagare gli ditti diritti una altra /17/ volta e ripugnava firmarlo per non esser stato ispedito in t(em)po /18/ suo. E di piu

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6. Transkriptionen ausgewählter Quellen

sa esso testimonio che si paga di qualsivoglia is/19/peditione in carta di pargameno un carlino, et in carta bambacina /20/ grana cinque gli quali si pagano a_gli portieri che servono a detto /21/ gio(van) di soto e questo sempre lo ha visto pagare esso testimonio anchora /22/ al tempo de_gli detti secretarij martirani da che e’ stato esso t(estimonio) /23/ In cancellaria che son piu di sei anni. E di piu dice che ha /24/ visto esso testimonio piu volte che in tempo de_gli altri secretarij che 17v /1/ ha ditto di sopra et in tempo di questo gio(van) di soto inanzi che le /2/ parti vedessero gli suoi memoriali si faceano pagar duoi car/3/lini per uno ciaschun’memoriale, ma di poco in qua ha in/4/teso esso testimonio che detto gio(van) di soto lascia a_le parte /5/ veder’ gli suoi memoriali ma senza fargli prima pagare /6/ e q(u)esta es la Verdad para El Juramento q(ue) ha hecho. e firmolo /7/ de su nombre /8/ Fiat Iniunctum silentiu(m) eidem testi pro ut […] qui promisit ser/9/vare /10/ [Handwechsel] Ego scipio de amore de neap(olis) deposui ut […] /11/ [Randvermerk: t(estig)o vij Jo(an) Antonio Spina] Este dicho dia mes y año susodichos ante el d(ic)ho s(eñ)or Visitador parecio /12/ presente Joan Antonio Spina t(estigo) llamado por mandado de su m(erce)d /13/ El qual despues de haver Jurado en forma devida de derecho sobre /14/ la cruz y sanctos evangelios de dezir verdad de qua(n)to fuesse /15/ preguntado mediante El dicho Juramento dixo ser natural /16/ desta ciudad de napoles, e de edad de Veynte y dos años In circa /17/ e que es escriviente de_los de_la escrivania de_los escrivanos de mandamiento /18/ fue preguntado por la primera pregunta del Interrogatorio e dixo /19/ che esso testimonio conosce gio(van) di soto e sa che e’ secretario di questo /20/ Regno et esercita detto ufficio, e conobbe anchora a_li q(uondam) Coriola/21/no martirano, et a Martio martirano gli quali sa che furono se/22/cretarij di questo Regno Respective [interlinear: successive] et esercitarono detto ufficio /23/ tratanto che esso testimonio gli conobbe fin che morsero et /24/ cosi e’ pu(bbli)co e notorio 18r /1/ A_la segunda dixo che esto testimonio non sa se detto secretario soto e habile /2/ o non per le cose secrete e despaci volgari per che non lo ha trattato /3/ esso testimonio ma nelle altre cose di latino, cio e’ decretationi /4/ di memoriali, ha sentito dire publicamente che detto gio(van) di soto /5/ e’ Insufficiente e non atto per non saper come non sa latino, et esso /6/ testimonio ha visto molti memoriali gli quali si dicea esser decre/7/tati di man di detto secretario soto, et haveano falsi latini, et una /8/ volta si ricorda esso testimonio all’tempo che piglio detto gio(van) di soto la possessione di ditto /9/ ufficio di secretario decreto un memoriale /10/ e lo

6.9 Auszug aus dem Visitationsprozess gegen den Segretario del Regno

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vidde esso testimonio Il quale dicea exequatur et fiat /11/ mandados nell’quale constava de la Incongruita e falsita di la/12/tino, et molti altri memoriali ha visto esso testimonio secondo ha ditto di sopra con simili latini falsi che si diceva esser scritti /13/ di man di detto secretario soto. e sa esso testimonio che un creato /14/ di detto gio(van) di soto decreta gli memoriali che si fanno in consiglio /15/ collaterale et esso testimonio gli ha visto e conosce ben la lettera /16/ di detto creato quale si chiama Pier antonio Tizzano et ha /17/ Inteso dire esso testimonio che detto Pier antonio entra in consiglio /18/ a far le dette decretationi per non saper detto gio(van) di soto latino /19/ A_la tercera dixit nihil scire /20/ A_la quarta dixit che sa esso testimonio che detto gio(van) di soto de gli privi/20/ leggij che si ispediscono si piglia Il Jus cancellari(a)e et Jus mandati /21/ et form(a)e cioe’ la scrittura. sa anchora che d’og ma che si toccan detto /22/ gio(van) di soto o non esso testimonio non lo sa perche e’ lite fra lui e gli 18v /1/ scrivani di mandamento sopra di cio, sa anchora che detto /2/ gio(van) di soto fa esiggere un carlino di ogni provisione scritta in /3/ pergameno o cinque grana de_le provisioni scritte in carta di /4/ bambace gli quali diritti son per il portiero suo, gli quali dirittti /5/ gli esigge quello che tiene a carico Il sigillo, E di piu ha inteso /6/ [Randvermerk: Lic(enti)a de arme] dire esso testimonio che detto gio(van) di soto si fa pagare d’ogni /7/ persona che ha licentia di arme vinticinque carlini per una /8/ et ha inteso dire esso testimonio che e’ stato buttato bando che /9/ nisciuna licentia d’arme de_gli altri Vicere vaglia se non e’ /10/ ispedita dal vicere presente ma non ha inteso dire se ha /11/ procurato detto gio(van) di soto che si buttasse detto bando, E di /12/ [Randvermerk: privilegi] piu ha inteso dire esso testimonio publicamente che in alcuni /13/ privileggij ispediti da gli altri secretarij quali erano stati pagati /14/ venendo dal detto gio(van) di soto per la firma sua e del detto sig(no)r /15/ vicere si fa et ha fatto pagare un altra volta gli diritti de_gli /16/ detti privilegij. Et anchora ha Inteso dire publicamente che /17/ [Randvermerk: Com(missio)ni] de gli [interlinear: le] provisioni e patenti di Judici de_la vicaria et altri ufficij /18/ che hanno la clausula ad annum et deinde ad beneplacitum /19/ detto gio(van) di soto si fa pagare gli diritti dupplicati sotto /20/ pretesto che siano duoi provisioni essendo in effetto una sola /21/ [Randvermerk: arme] patente. Et ha inteso anchora publicamente che detto gio(van) /22/ di soto fa ispedire le dette licentie de_le arme et altre cose /23/ molte in casa sua senza sigilarle e registrarle nella reggia /24/ cancellaria di che si seguita danno all’Regio sigillo e alla /25/ Regia cancellaria preiudicio. Et ha visto esso testimonio in

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19r /1/ tempo de gli ditti secretarij martirani et anchora a tempo di /2/ detto gio(van) di soto che inanzi che le parti vedessero li suoi memo/3/riali si faceano pagare doi carlini per ciaschuno, ma dipoi /4/ di alcuni di Inqua ha Inteso [interlinear: dire] esso testimonio che non si fa cosi /5/ anzi ditto secretario soto li mostra a_le parti prima che paghino /6/ e non come prima si faceva /7/ fue preguntado por la quinta pregunta y por las demas del d(ic)ho /8/ Interrogatorio e dixo que no las sabe e que lo que ha d(ic)ho es /9/ la verdad para el Juramento q(ue) ha hecho /10/ fuit sibi lectum et perserveravit in dictis per Jurame(n)tum /11/ Iniunctum fuit eidem testi silentium pro ut alijs qui promisit […] /12/ [Handwechsel] Ego Joannes An(toniu)s spina de neap(oli) p[…]tta deposui manu p(ro)p(ri)a /13/ [Randvermerk: t(estig)o viij Michael Jordan] E despues de_lo susodicho en la dicha ciudad de napoles a diezyocho /14/ dias del mes de enero del año susodicho de mil e quinientos e /15/ sesenta años antel dicho s(eñ)or visitador parecio presente Miguel /16/ Jordan t(estigo) llamado por mandado de su m(erce)d el qual despues de haver /17/ Jurado en forma devida de derecho de dezir Verdad de qua(n)to fuesse /18/ preguntado, mediante el dicho Juramento dixo q(ue) se llama Miguel /19/ Jordan, e que es natural de Tramonte tierra de_la provincia del /20/ principado citra, e dixo ser de edad de quarenta años in circa /21/ Preguntado que arte tiene dixo que es escrivano de mandamiento /22/ fue preguntado por la primera pregunta del Interrogatorio e dixo che 19v /1/ esso testimonio conosce Gio(van) di soto secretario di questo Regno et sa /2/ che esercita detto ufficio di secretario del Regno, et conobbe /3/ anchora a_li q(uondam) Coriolano martirano, et Martio martirano /4/ suo nipote quali furono secretari di questo Regno et esso testi/5/monio gli vide esercitare detto officio successive l’uno, e dipoi /6/ al_altro. /7/ A_la segunda dixo che have visti esso testimonio decretationi di me/8/moriali scritte per detto secretario gio(van) di soto p(er) le quali evidente/9/mente si dimostra detto secretario non solum non esser latino /10/ ma mancho haver principio di grammatica per che son mal /11/ latinamente scritti et incongrui, e per questo esso testimonio lo /12/ tene per persona Inhabile in tal’ esercitio per haversi d’scrive/13/re in consiglio collaterale molte cose ordinate da esso con/14/siglio latine, e publicamente intende dire per Napoli da per/15/sone literate e massime di cancellaria che detto secretatio soto /16/ sia Inhabile in tal’esercitio. Potria ben esser che in volgare sa/17/ pesse la parte sua. Pero li secretarij passati son stati tutti /18/ buonissimi litterati et a giuditio d’esso testimonio per tener’ ufficio /19/ di tanta Importanza e che bisogna scriversi latino /20/ molti negotij che detto se-

6.9 Auszug aus dem Visitationsprozess gegen den Segretario del Regno

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cretario deve esser buon latino per /21/ haver di scriver, come ha detto, cose latine. Et in consiglio /22/ tene un substituto nominato Pier’ antonio tizzano Il quale /23/ non e’ privileggiato di sua M(aes)ta a far’ le decretationi latine con/24/tra gli ordini et Instruttioni di detta M(aes)ta che comandano che 20r /1/ nisciuno entre in consiglio se non e’ del consiglio collaterale et Il /2/ proprio secretario per se e questo e’ publico e notorio /3/ A_la terza dixit che esso testimonio ha visto gli negotij che si ispediscono /4/ per gli scrivani di mandamento che passano per mano di detto se/5/cretario si ritarda la ispeditione cio e’ non si ispediscono presto /6/ da detto gio(van) di soto tal che le parti continuamente si lamentano /7/ che non possono esser’ spedite et tra le altre un’notaro, Il nome /8/ del quale non si ricorda, si lamentava che era stato Vintiduoi di /9/ per haver’ una ispeditione e che per ultimo gli fu necessario an/10/dare con il sig(no)re Placido di sangro a far priegar Antonio di soto /11/ fratello di detto segretario che gli havesse voluto dar detta ispe/12/ditione Il quale antonio (per quanto detto notario dicea) gli ha/13/vea risposto che se esso non andava con Placido di sangro che no(n) /14/ gli haveria data la ispeditione per che dovea andar’dal secretario /15/ e non da gli scrivani di mandamento per ispedire, et a causa che /16/ detto notaro era andato da gli scrivani di mandamento gli havea /17/ ritardata la ispeditioni Dicendo_gli dipiu che se havesse andato /18/ per l’avvenire da_gli scrivani di mandamento tan poco li haveria /19/ ispedito. /20/ A_la quarta dixit che esso testimonio sa che Il Doctor Thomaso di Giu/21/ [Randvermerk: Com(issio)ni] liano Il quale e’ andato auditore de_la provincia di Capitanata se e’ /22/ lamentato con esso testimonio dicendo ch’Il secretario soto gli ha/23/vea esatti cinque ducati o cinque scuti di piu del solito di sua 20v /1/ commissione sub pretextu che gli volea per lo beneplacito a causa /2/ che la commissione si sol’ far per annum et deinde ad beneplaci/3/ tum. Sa anchora che Il dottor Hannibal Baron’ Il quale e’ /4/ andato auditore nella provincia di calabria dimando ad esso /5/ testimonio quanto si pagava del beneplacito de_la commissione /6/ a causa che detto secretario o suo substituto gli dimandava lo /7/ pagamento del beneplacito di sua commissione et esso testimonio /8/ gli rispose che non lo sapeva che lo dovea meglio saper’ esso /9/ dottor barone a causa che altre volte era stato auditor’ nella /10/ provincia d’ottranto, qual dottore disse che non era soluto pagar’ /11/ niente di detto beneplacito all’tempo passato. Di piu dice che /12/ detto secretario si ha pigliato per il tempo passato e per tutto Il mese /13/ di Agosto la mita del ius cancellari(a)e, pero se ne facesse parte /14/ ad altro di ditta meta esso testimonio non lo sa, e ben vero che /15/

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6. Transkriptionen ausgewählter Quellen

detto ius cancellari(a)e secondo il decreto dato per il consiglio con /16/ saputa di sua M(aes)ta e e conforme al solito, spetta la mita alli /17/ Regij scrivani di mandamento e l’altra mita a_li scrivani di /18/ cancellaria vulgo dictj cancellieri che […] servono. Et sa /19/ esso testimonio che detto gio(van) di soto dal primo di setembre prosi/20/me passato in qua se ha detenuto e pigliato tutto Il detto /21/ ius cancellari(a)e, et essendo andati gli scrivani di manda(men)to /22/ a priegarlo che gli volesse dar’ la rata che gli compete confor/23/me a li predetti decreti sempre gli ha data delatione mo, 21r /1/ con una iscusa, mo con un’altra tal che fin a questa hora non /2/ hanno havuto niente, solo Il mese di decembre prosime passato /3/ hebbero detti scrivani di mandamento una particella che essi /4/ si ritruovaron’ haversila esatta loro. Et have inteso esso /5/ testimonio lamentare molti negotianti che detto secretario, o il /6/ [Randvermerk: privilegi] suo agente vole esser’ pagato e si fa pagare un’altra volta gli /7/ diritti de gli privileggi pagati a_li secretari passati a causa che /8/ gli privileggij si ritruova non esser anchor consignati ad esse /9/ parti e che restarno in cancellaria. Et ha inteso esso testimonio /10/ [Randvermerk: Armas] dire publicamente che sia buttato bando per tutte le provincie /11/ del Regno che nisciuno vada armato senza licentia di sua ecc(ellenz)a /12/ non obstante che havessero licentia di Governatori di provintia /13/ et di altri ufficiali, ma non sa se l’havesse procurato detto gio(van) /14/ di soto al qual bando esso testimonio si refere. E ben vero che /15/ esso testimonio ha visto in cancellaria lista de licentie d_armi de /16/ circa Cento la quale dice che dette licentie si ritruovano al /17/ scrittorio di palazzo e che son’ licentie del mese di (decem)bre fin a questa /18/ hora. De_le quali licentie per quanto ha inteso dire esso test(imoni)o /19/ publicamente, piglia per ciascheduna persona vinticinque car/20/lini non obstante che molte persone si comprendano sotto una /21/ licentia pero esso testimonio si rimette alla verita. Et sa esso /22/ testimonio et e’ cosa publica che dette licentie di arme si ispedis/23/ cono solo con la firma di sua ecc(ellen)tia e del secretario senza Il 21v /1/ sigillo Regio quale in tal caso a giuditio di esso testimonio e’ /2/ difraudato et similiter e’ difraudato lo Jus cancellari(a)e, per /3/ ispedirse senza firma di Regente per alcuna che ne ha visto /4/ esso testimonio. y esto es lo q(ue) sabe desta pregunta /5/ fue preguntado por todas las demas preguntas del Interrogatorio una /6/ a Una e dixo que no las sabe /7/ fue preguntado si sabe algun otro excesso, o extorsiones, o cosas /8/ Indevidas q(ue) haya hecho el dicho Joan de Soto, demas de_lo q(ue) tiene /9/ dicho dixo che non sa altro se non quell’ che ha detto y q(ue) /10/ esta es la Verdad para El Juramento q(ue) ha hecho /11/ E demas de_lo susodicho fue preguntado el dicho t(estigo) de baxo del mesmo /12/ Juramento si es

6.9 Auszug aus dem Visitationsprozess gegen den Segretario del Regno

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verdad que este t(estigo) fue por mastrodatta con El /13/ Regente Villanueva quando fue a tierra de otranto e bari a pro/14/cessar a ciertas personas? dixit che e’ vero che esso testimonio /15/ ando con detto Regente al principio del mese di novembre del anno /16/ di 58 et si occuparono In processare fin a tutto il mese di aprile /17/ del anno passato di 59. /18/ fue preguntado que que [sic] personas processo El dicho Reg(en)te Villanueva /19/ dixit che processo Il Marchese di Torre Mayor Governator’ de /20/ la provincia d’otranto, Hanniballo barone auditore di detta /21/ provincia, Coriolano Madalone secretario, similmente di detta /22/ provincia et altri ufficiali tanto di giustitia quanto di guerra /23/ che non si ricorda ma si rimette a_gli processi /24/ fue preguntado quien tiene los dichos processos que que se hiziero(n) 22r /1/ contra El dicho Marques de torremayor y contra el d(ic)ho Hanniballe /2/ baron? dixit che tutti gli processi furon consegnati all secre /3/tario Jo(hannes) di soto o a Pier Ant(onio) Tizzano suo substituto, de_gli /4/ quali processi parte ne tiene per Inventario esso testimonio per che /5/ li consegno esso testimonio et Il processo contra detto marchese, /6/ et Hannibal barone et altri non gli tiene In Inventario per che /7/ si ritruovo detto processo in casa del Regente Villanova a tempo /8/ che detto Regente passo di questa vita et fu pigliato con altre scrittu/9/re per detto Tizzano da la casa di detto Regente, fue preguntado /10/ quien tiene El Inventario por el quale parece que dicho Tizzano to/11/mo el dicho processo? dixit che esso testimonio crede che lo tenga/12/no, o il sig(no)r Hojeda, o Il sig(no)r Martin de Segura gli quali assi/13/stevano a tempo che si moriva detto Regente /14/ fue preguntado si este testimonio fue mastrodata del dicho processo, /15/ dixit che si fue preguntado como estava Intitulado el dicho pro/16/cesso? dixit che stava Intitulato a questo modo. Processus de /17/ extorsionibus et de suburnationibus et alijs contra Ill(ustr)em Mar/18/ chionem, et Annibalem baronem et alios. /19/ fue preguntado si sabe que estando en bari o en tierra de bari Joan /20/ lorenço Papacoda marques de capurcio hizo un presente al d(ic)ho /21/ Regente Villanueva de ciertas pieças de plata entre las quales havia /22/ un vaso de cristal de montaña e que el d(ic)ho Regente no lo quiso /23/ Recebir, dixit che esso testimonio non ha visto altro se non che /24/ un di fu mandato un vaso di cristal Il quale diceano che era 22v /1/ di detto Gio(van) Lorenzo Papacoda a detto sig(no)r Regente quale Reg(en)te lo miro /2/ et disse che era molto bello e di poi lo consegno ad un’ servitore /3/ che lo havea portato Il quale se lo tomo, e ben vero che la diceano /4/ che detto gio(van) Lorenzo havea mandato detto Vaso a detto Regente /5/ per vederlo. /6/ fue preguntado si el dicho Joan Lorenzo dio

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6. Transkriptionen ausgewählter Quellen

alguna cosa a este t(estigo) dixit /7/ che a quell’tempo non gli dette niente, e ben vero che a_le esequie /8/ de_la Regina di Polonia che furon del mese di setembro del an(n)o de 58 /9/ di alcuni atti che fece detto gio(van) lorenzo pago ad esso testimonio la /10/ Raggione che gli competea. /11/ fue preguntado si sabe o ha oydo dezir q(ue) por parte del dicho Joan Lorenzo /12/ Papacoda o por parte del[…] dicho Joan Lorenzo papacoda, o de_la dicha /13/ Reyna se huviesse o haya dado alguna suburnacion a algunos de_los /14/ ministros o officiales de su M(agesta)t dixo que no lo sabe ni lo ha oydo dezir /15/ fue preguntado si sabe o ha oydo dezir q(ue) por parte de la dicha Reyna /16/ ,o, del dicho Joan Lorenzo Papacoda hayan sido hechos algunos prese(n)tes /17/ aunq(ue) sean de cosas de comer a alguno de los d(ic)hos ministros dixo q(ue) /18/ no lo sabe mas de qua(n)to el dicho Regente Villanueva comio dos Vezes /19/ con el dicho Joan Lorenzo, e que esta es la Verdad para El Jura(men)to /20/ q(ue) ha hecho /21/ fuit sibi lectum et perserveravit in dictis per Juramentum /22/ fuit iniunctum eidem testi silentium pro ut alijs […] qui promisit ser/23/vare et firmolo de su nombre /24/ [Handwechsel] Ego Michael Jordan(us) […] deposuj

6.10 Consulta der Regia Camera della Sommaria (10. 01. 1572) (AGS ESTADO 1061 – 167) 1r /1/ Ill(ustrissi)mo et R(everendissi)mo s(ign)or /2/ Post debitam comen(dationem). li giorni passati In virtu de ordine de v(ostra) s(ignoria) I(llustrissima) questa r(eg)ia /3/ camera li espediò, et mando consulta del tenor seque(n)te v(idelice)t Ill(ustrissi)mo et R(everendissi)mo s(igno)r Post /4/ debitam comendationem Havemo ricevuto l(ette)re di v(ostra) s(igno)ria Ill(ustrissi)ma et R(everendissi)ma del tenor seq(ue)nte /5/ v(idelice)t Philippus Dei gr(ati)a Rex […] m(agnifi)ci circumspecteq[…] viri c(o)ll(atera)lis et cons(ilia)rij R(eg)ij fideles /6/ dil(ectissi)mi Per l’Ill(ustrissi)mo Don Giovan d’austria ci e’ stato scritto un cap(itu)lo in una /7/ l(ette)ra sua de_la data delli xxij del passato del tenor seque(n)te v(idelice)t y porq(ue) m[…]re Anibal /8/ de_la rossa, y fabricio luguino han hecho partido aqui con los officiales /9/ de_las galeras despaña de dos mill remos, y una dozena de arbores y otra /10/ depares de antenas los quales se han de cortar en calabria en las mon-/11/tañas de Bervicaro, Arena y castelvetere, mandera v(uestra) s(eñoría) q(ue) se em=/12/bie orden y Patentes para ello, y questa con brevedad por q(ue) son de_las /13/ cosas que tanpoco sufren dilacion, y mande v(uestra) s(eñoría) que me avisen

6.10 Consulta der Regia Camera della Sommaria (10. 01. 1572)

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/14/ luego del reçibo desta, y de_la orden q(ue) sobrello se havra dado, et /15/ di piu il detto Ill(ustrissi)mo Don Giovanni ci ha’ scritto un’altro cap(itu)lo /16/ in un cap(itu)lo de_la medesmo data, continente tra le altre cose, /17/ come ha’ scritto al m(ast)ro Portulano della provincia de calab(ri)a /18/ ultra sopra la provisione de alcune quantita di ligname per /19/ le galere che se ritrovano nel porto de messina, et che per cio’do/20/vessemo dare ordine al d(et)to m(ast)ro Portulano che dovesse fare /21/ la detta provisione di legnami. et visto per noi q(ua)nto per lo d(et)to /22/ Ill(ustrissi)mo Don Giovanni ne e’ stato avisato per possere espedire /23/ li or(di)nj necessarij sopra il tagliare, et condure de d(et)ti legnami /24/ ci e’ parso farvi la p(rese)nte per la quale ve dicemo, et or(dina)mo che al 1v /1/ ricevere di questa senza perdere un momento di tempo debbiate /2/ trattare in quessa R(eg)ia cam(er)a si se hà da pagare alli padroni delli /3/ boschi, et montagnie li legnami p(redet)ti che hanno da servire per /4/ le d(et)te galere de spagnia, come di sopra e’ detto, non ostante che /5/ non siano di questo regno, et cosi anco’ si se haveranno da pa=/6/gare li passi, et altri deritti per condursi alla marina, et /7/ estrahernosi da questo regno, et ce ne farete consulta In scrip=/8/tis con il v(ost)ro parere, et subito ce la consignarete, non fando /9/ lo cont(rari)o per quanto havete cara la gr(ati)a, et ser(viti)o di sua m(aes)ta /10/ Dat(um) Neap(oli) die (dec)imo (decem)bris 1571. Ant(onius) Card(inal) de granvela v(idi)t /11/ Rev(erterius) R(egen)s v(idi)t salazar R(egen)s Lobera p(ro) s(ecretari)o In curie secretor(um). Et /12/ volendo questa R(eg)ia cam(er)a obedire come e’ tenuta alli or(di)ni /13/ et mandi de v(ostra) s(ignoria) Ill(ustrissi)ma havemo trattato lo negotio p(redet)to In /14/ banca de detta R(eg)ia cam(er)a, et discusso negotio p(redet)to referimo /15/ a’ v(ostra) s(ignoria) Ill(ustrissi)ma che quanto alli legnami si se deve pagare il /16/ prezzo alli padroni delli boschi, o’ no, questa R(eg)ia camera /17/ non potria essere de altro voto solo che detti Particularij siano /18/ obligati pagare il prezzo di essi alli padroni delli boschi per /19/ haverno detti legnami da servire per galere che non sono de/20/signate per questo regno. Verum a’ rispetto delli passi, et /21/ deritti pare a’ questa R(eg)ia cam(er)a che si trattino franchi /22/ stante che sono vettigali delli quali pare che si debbia /23/ osservare Immunita per queste cose che son parate /24/ all’essercito remettendoce pero’ al più sano Iuditio, et /25/ parere di v(ostra) s(ignoria) Ill(ustrissi)ma, In bona gr(ati)a della quale de’ co(n)tinuo /26/ ci racomandamo. ex R(eg)ia cam(er)a summ(aria)e die xj (decem)bris /27/ 1571 Alfonsus de salazar p(ro) m.c. Anibal moles. 2r /1/ Franc(iscu)s Ant(oniu)s de david. Franc(iscu)s Alvarez de ribera. Pirrus /2/ Ant(oniu)s stinca. Jo(hann)es Bap(tis)ta crispus mag(iste)r Ac-

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6. Transkriptionen ausgewählter Quellen

tor(um) not(avi)t Paul(us) /3/ de curtis. In cons(ul)ta(rum) Cur(ie) quarto. Et a’ questo Infra(scri)tto di /4/ havemo ricevute altre l(ette)re di v(ostra) s(ignoria) Ill(ustrissi)ma del tenor seque(n)te v(idelicet) /5/ Philippus dei gr(ati)a Rex […] m(agnifi)ci circunspecteq[…] viri coll(ateral)is et cons(ilia)rijs /6/ regij fideles dil(ectissi)mi: lo Ill(ustrissi)mo Don Gio(van) de Austria in /7/ risposta di quello che per noi fu’ scritto circa lo tagliare li /8/ remi per servitio delle regie galere di spagna lo che fu’ In confor-/9/mita de_la consulta di quessa R(eg)ia cam(er)a a’ noi transmessa /10/ scrive quello che in lo cap(itu)lo del tenor seque(n)te si contiene. /11/ He’ visto lo que v(uestra) s(eñoría) me scrive por su carta de_los 8 del p(rese)nte /12/ cerca de lo que toca a_la Patente que he embiado a pedir /13/ para cortar dos mil remos para provision de_las Galeras /14/ de su m(agesta)d, y como paresce algunos de su Real cons(ej)o q(ue) hay /15/ residen q(ue) no siendo los dichos remos para galeras desse /16/ reyno, se haria agravio a_los Barones, y particulares de cor-/17/tarlos francos, yo señor soy muy moço para ponerme a exa-/18/minar Iurisdiciones, pero pareçeme q(ue) si las galeras, q(ue) /19/ hay aqui despaña, estuvieren en aquellos reynos, y si1004 se /20/ embiaran a pedir los dichos dos mil remos al visorey desse /21/ reyno que los encaminara al puerto de s(an)ta maria con una /22/ nave, sin poner en disputa para que galeras eran, pues es la /23/ verdad que todas son de su M(agesta)d, y a lo que me han enforma-/24/do no son la gente dessas partes, tan amigas de perder lo q(ue) /25/ esta en costumbre por sus capitulos en su favor, q(ue) no pa=/26/resca Conveniente que los ministros de su m(agesta)d no se conserve(n) /27/ en la possession de lo que se acostumbra a_lo menos ya no 2v /1/ abrire esta puerta de que se corten remos a mi’ tiempo para /2/ las galeras de su m(agesta)d con nuevas graveças de su hazienda, por /3/ que si sus vaxallos han recibido las haziendas con aquel /4/ peso, no es Justo que se_les quite sin su orden. Todo esto /5/ entendra v(uestra) s(eñoría) mejor con su gran prudencia estando, como /6/ esta sobre el negocio. Parescerme y a mi si a v(uestra) s(eñoría) pa/7/resciesse que se podria cortar cantidad de remos para /8/ las galeras desse reyno, y darnoslos para las de spaña /9/ por n(uest)ro dinero, quando fuesse menester, y desta ma/10/nera vernian a cesar todos los Inconvenientes que /11/ se representan y acomplirse con lo necessario. v(uestra) s(eñoría) lo /12/ considere, y provea como le parescera que mas conve(n)ga /13/ q(ue) lo que en esta parte ordenare, t[…] yo por mas acertado /14/ Et Perche desideramo provedere come si conviene Vi /15/ dicemo, et or(dina)mo che debbiate con ogni celerita, come lo /16/ 1004 scheint hier nachträglich in geändert worden zu sein.

6.10 Consulta der Regia Camera della Sommaria (10. 01. 1572)

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caso ricerca, accio’ non si manchi al R(eg)io servitio trattare, /17/ et concludere sopra lo contento In d(et)to p(re)Inserto capitolo /18/ q(ue)llo che a’ quessa R(eg)ia cam(er)a pare, et senza perdere tempo /19/ farci rel(atio)ne Inscriptis cu(m) voto. Et cosi lo essequirete /20/ non fando lo contrario per quanto havete cara la /21/ gr(ati)a R(eg)ia. Dat(um) Neap(oli) die 8 Januarij 1572. Ant(onius) Card(inal) /22/ de Granvela. v(idi)t Revert(eriu)s R(egen)s v(idi)t sal(aza)r R(egen)s v(idi)t Mo(n)tenegro R(egen)s /23/ lobera p(ro) s(ecretari)o In cur(ie) secretor(um). Et volendo questa R(eg)ia cam(er)a /24/ obedire alli or(di)nj et mandati de v(ostra) s(ignoria) I(llustrissima) subito havemo /25/ trattato, et discusso il negocio p(redet)to In banca di questa R(eg)ia /26/ cam(er)a, et li referimo che questa camera e’ del medes(im)o vo(to) 3r /1/ del quale fu’ quando li espedi l’altra p(re)Inserta co(n)sulta /2/ et si ben alcune volte dacqua’ si sono mandati Remi In /3/ spagna sono stati di quelli che erano conservati nel R(eg)io /4/ tarcenale, ma’ non per questo sempre che se dubito de simil /5/ casi, si lasciò de consultare Il medes(im)o, come si vede che In /6/ questa conformita havendo sua m(aes)tà catt(oli)ca In lo an(n)o 1565 /7/ comandato che si facessero alcune galere nel regno di si-/8/cilia ultra faru(m) per lo Ill(ustre) Don Garcia de toledo allhora /9/ vicere del detto Regno, et g(e)n(er)ale del mare, ne fu’ scritto al q(uondam) Ill(ustre) /10/ Duca de alcala allhora vicere di questo regno che concedesse /11/ Patente per lo tagliare delli legnami; et Remi che erano necessarij /12/ p(er) la costruttione di quelle. Et essendo stato tal negotio remesso /13/ a’ questa R(eg)ia cam(er)a, che si fusse informata, et riferitoli come /14/ si era costumato per li tempi passati circa lo tagliare delli /15/ legnami In li boschi di questo regno, per costruere galere fora /16/ del regno in altri regni di sua m(aes)tà, et che in casu che no(n) si /17/ trovasse per lo passato alcuno solito questa R(eg)ia cam(er)a ha=/18/vesse consultato detto q(uondam) Ill(ustre) vicere di quello che di giust(iti)a /19/ li fusse parso, et che ne_li facesse relatione Inscriptis cu(m) voto /20/ d(et)ta R(eg)ia cam(er)a fe’ deligentie con havere anco’ rel(atio)ne delli /21/ off(icia)li della scrivania di ratione, et non si trovo che per li /22/ tempi passati la R(eg)ia corte di questo regno habbia fatto /23/ tagliare lignami dalli boschi de detto regno per con-/24/struere galere nel regno di sicilia. Et cosi discusso negotio /25/ Audito fisco considerato che le galere p(redet)te se haveano da /26/ costruere In d(et)to regno de sicilia, et no(n) in questo regno fu’ 3v /1/ del medesmo parere che al p(rese)nte e’, che alla R(eg)ia corte era /2/ licito per la costruttione de d(et)te galere fare tagliare nelli /3/ boschi di questo regno tutta la quantita delli legnami, et /4/ remi necessarij per la costruttione p(redet)ta con pagarsi pero’ /5/ alli padroni delli boschi Il

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6. Transkriptionen ausgewählter Quellen

giusto prezzo delli legnami: Jux(ta) /6/ lo arbitrio, et tassa da farsi per questa R(eg)ia cam(er)a, et che /7/ medesmame(n)te per lo condure di d(e)tti legnami alla marina /8/ si fussero comandate quelle t(er)re che fusse parso piu’ espedie(n)te /9/ con pagarli il giusto prezzo declarando, et arbitrando […] /10/ come piu’ clarame(n)te appare per la cons(ul)ta che ne fu’ spedita /11/ a’ 22 de (novem)bre 1561. questo e’ quanto occorre sop(ra) d(et)to negotio, /12/ et quello che a’ detta R(eg)ia cam(er)a pare, del che se ne fa’ a v(ostra) s(ignoria) I(llustrissima) /13/ q(ue)sta rel(atio)ne, remettendo Il tutto al prudentiss(im)o Juditio, et /14/ parere de v(ostra) s(ignoria) Ill(ustrissima) In bona gr(ati)a della quale di co(n)tinuo /15/ ci racomandamo ex R(eg)ia cam(er)a (dec)imo Jan(ua)rij 1572. /16/ e v(ostra) Ill(ustrissime et R(everendissi)me […] /17/ Ser(vito)res loc(umtenen)s et Preside(n)tes R(egi)ae cam(er)ae /18/ summ(ari)ae /19/ Her(nan)do davolos M(agnae) ca(merae) loc(umtenen)s /20/ Ber(nardinu)s de s(an)ta cruce /21/ Alf(onsu)s de salazar /22/ Anibal moles /23/ Franc(iscu)s Ant(oniu)s de David /24/ Franc(iscu)s Alvarez de ribera com(issariu)s /25/ Pirrus Ant(oniu)s Stinca /26/ Jo(hanne)s Bap(tis)ta cripus mag(iste)r actor(is) /27/ Not(avi)t Paulus de Curtis /28/ R(egistra)ta In cons(ul)tar(um) cur(ie) quarto 4r [alba] 4v /1/ copia /2/ consulta de la sumaria de nap(ol)es /3/ sobre el cortar los arboles /4/ En aquel Rey(n)o para el […] /5/ de_las Galeras despana

6.11 Voto des Statthalters der Sommaria Hernando d’Avalos (s.d.) (Copia) (AGS ESTADO 1061 – 169) 1r /1/ Copia /2/ Ill(ustrissi)mo y R(everendissi)mo s(eño)r /3/ Voto del lugarteniente de_la regia camara sobre si los remos que el s(eño)r Don /4/ Juan de Austria ha’ embiado a’ pedir para serviçio de_las galeras de /5/ Spaña, que estan en Sicilia se pueden cortar de_los bosques de_los Baro=/6/nes sin pagar el pretio. los Reyes por derecho comun se pueden /7/ servir de los bienes agenos aunque no quieran los dueños pagan /8/doles su valor y concurriendo para ello causa de publica utilidad /9/ En este reyno de napoles a’ respeto de_los bosques feudales tienen los /10/ reyes mayor derecho q(ue) el de_la ley comun, por q(ue) se pueden servir /11/ dellos, no solo para cosas de publica utilidad, como es costruttion /12/ de galeras pero para los q(ue) son de voluntad, como es edificar una /13/ casa,

6.12 Voto des Präsidenten der Sommaria Francisco Alvarez de Ribera

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y lo uno, y lo otro pueden hacer sin pagar pretio alguno /14/ a_los feudatarios, lo qual se puede considerar, q(ue) tenga funda/15/mento en el directo dominio, q(ue) en los bienes feudales tiene el /16/ Rey, y en una tanta reservation deste aprovechiam(ie)nto, q(ue) la /17/ costumbre general deste reyno tiene por hecha en qualquier /18/ concession feudal, q(ue) haga el Rey. /19/ Presuppuesto esto la dubda q(ue) aora ha’ occurrido es saber si de_los /20/ bosques varonales se puede tomar madera, para servitio de /21/ galeras de su Mag(esta)d q(ue) no estan a’ cargo deste reyno. y si su reso/22/ lution consistiesse en /23/ solo ver, si su mag(esta)d puede servirse destos /24/ bosques para qualesquier de sus galeras, mi voto saria q(ue) /25/ de Justiçia lo pueda haçer, por q(ue) siendo como es toda la /26/ armada, para comun utilidad, defensa, y autoritad de todos /27/ sus estados no puede rehusar el baron dar la madera, q(ue) para /28/ ella fuere menester, entre tanto q(ue) andabien en estas par=/29/tes, pues se_le pide en nombre de su Mag(esta)d, q(ue) es Rey, y señor /30/ deste Reyno, y para uso q(ue) se enderesca a’ su defensa, y en ocasion /31/ q(ue) los enemigos estaban tan cerca de entras dentro de su districto, /32/ por la parte de_la mar. pero por que en haver distribuido su mag(esta)d /33/ el pagam(en)to de sus galeras entre sus estados, y presto unas a’ quenta /34/ deste reyno, y otras del de españa, y otras del de Sicilia, se puede 1v /1/ provablemente dubdar de si su voluntad es q(ue) no solo el pagamento, pero /2/ todos quales quier otros pesos vayan con la misma distribution, mi /3/ pareser es q(ue) v(uestra) s(eñoría) Ill(ustrissi)ma consulte este caso con su Mag(esta)d, solo para /4/ saber su voluntad. presupponiendola q(ue) quando fuere servido de /5/ declararla, conforme a_lo q(ue) el s(eñor) Don Juan escrive, lo podra /6/ haçer sin scrupulo de Iniustiçia /7/ Ill(ustrissi)mo y R(everendissi)mo s(eño)r /8/ Besa las manos de v(uestra) s(eñoría) Ill(ustrissi)ma /9/ Her(nan)do Davalos /10/ de sotomayor

6.12 Voto des Präsidenten der Sommaria Francisco Alvarez de Ribera (12. 01. 1572) (AGS ESTADO 1061 – 170) 1r /1/ Copia /2/ Ill(ustrissi)mo y R(everendissi)mo Señor /3/ Asi como en la consulta passada fui de voto contrario, asi lo soy en esto, /4/ por las mismas razones, q(ue) alli dixe, y asi no terne q(ue) añadir, sino /5/ q(ue) siendo v(uestra) s(eñoría) Ill(ustrissi)ma servido, y no le occurriendo otro inconvenj(ent)e ta(n)to /6/ mayorm(en)te podra ma(n)dar, q(ue) se le de al

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6. Transkriptionen ausgewählter Quellen

s(eño)r don Juan los 2000 Re=/7/mos del partido, q(ue) esta hecho para esta corte, pues siendo /8/ galeras de su Mag(esta)d propias, y q(ue) estan a’ defensa de todos su Rey=/9/nos, y mayorm(en)te deste, si tal es su m(en)te no ay dubda, sino q(ue) se pueda /10/ servir del leñame deste reyno, con su franqueza, y privilegio real, /11/ remittiendome siempre al prude(n)tiss(im)o Juyzio de v(uestra) s(eñoría) Ill(ustrissi)ma, al qual /12/ deseo suprema felicidad, desta reg(i)a Cam(er)a 12 de enero 1572 /13/ Di v(uestra) s(eñora) Ill(ustrissi)ma muy verdadero servj(do)r /14/ q(ue) sus Ill(ustrissi)mas manos besa /15/ Franc(is)co Alvarez de Ribera

6.13 Brief des Vizekönigs und der Reggenti des Kollateralrats an Philipp II. (25. 01. 1572) (AGS ESTADO 1061 – 171) 1r /1/ S(acra) R(eg)ia Catth(oli)ca M(aes)ta’ /2/ A x del mese passato di (decem)bre ricevì l(ette)re dell’Ill(ustrissi)mo Don Gioan(n)i d’Austria /3/ da Messina, domandando che havesse espedito patente per tagliar(e) dui/4/milia remi, dudici arbori, et dudici Antenne in Calabria in le montagne /5/ di Bervicaro, Arena, et Castellovetere per servitio delle regie galere di /6/ spagna, et per procedere giustificatamente, senza Aggravar(e) li vas-/7/salli di v(ostra) M(aes)ta’ havendo inteso, che altravolta, occorrendo simil caso, si /8/ era declarato in la regia camera, che alli padroni delli Boschi, dovea /9/ pagarsi il prezzo del ligname che havea a’ servire per le galer(e) di /10/ Spagna, il quale non si deve, quando si taglia per servitio delle regie /11/ galere di questo regno. Ordinai alla detta regia Cam(e)ra che subito dis/12/correndo questo in camera, et inteso il Fisco, mi havesse fatto consul-/13/ta con suo parere sopra di cio’, la quale mi fe’ consulta conformandosi /14/ con quello che altravolta era stato declarato, come V(ostra) M(aes)ta’ potrà re/15/star servita comandare che si veda per l’allegata copia di consulta /16/ ch’invio alla M(aes)ta’ V(ost)ra, in la quale sta’ inserta la detta precedente /17/ consulta. Onde Jo, accio’ non si perdesse tempo al servitio di v(ostra) M(aes)ta’ /18/ come me_si domandava, et li vassalli di quella non ricevessero in/19/giustitia, subito espedi’ patente, ordinando il taglio del detto ligna-/20/me, offerendo alli Padroni, et Conduttori di essi il prezzo, arbi-/ 21/trando per la regia camera, con espresso ordine che non per questa /22/ liquidatione s’intertenesse, o’ desse dilatione alcuna al tagliare di /23/ detto ligname, come similmente V(ostra) M(aes)ta’ potra’ comandare che si /24/

6.13 Brief des Vizekönigs und der Reggenti des Kollateralrats an Philipp II.

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1v /1/ veda per l’allegata copia. Et havendo l’Ill(ustrissi)mo Don Gioanni ricevu-/2/to il dispaccio p(redet)to geloso del servitio di v(ostra) M(aes)ta’ et che in suo tempo non /3/ si facesse pregiuditio alcuno per minimo che fusse al suo Real pa/4/trimonio, mi rescrisse in la forma che in la detta allegata con-/4/sulta si contiene. Et io seguendo il medesimo zelo, et tenendo /5/ il medesimo desiderio, ritornai ad ordinare alla detta reg(ia) Cam(e)ra /6/ che considerando tutto quello che me_si scriveva mi havesse fatta /7/ consulta con voto, la quale ha’ fatto la detta consulta, referendo /8/ che di giustitia si deve pagare il prezzo, et salario alli padroni, et /9/ conduttori, talche non haveria da restare detto prezzo in questa /10/ regia Th(esore)ria. Et Benche alcuno dica che questo sia peso delli feu/11/di di questo Regno, et per questo si potria tagliare senza pagam(en)to /12/ si dice alla M(aes)ta’ V(ost)ra che questo non e’ peso di feudi, ma’ e’ autorita’ /13/ reale, et costume che V(ostra) M(aes)ta’ tiene in questo suo regno pe[…] servitio /14/ delle galere di esso, et non per edificare case, o’ , palazzi, Et per /15/ questa auttorita’ la M(aes)ta’ di Carlo Quinto N(ostro) sig(no)re d’im(m)ortal me-/16/moria fe’ prammatica, Ordinando che per trenta miglia Intor-/17/no a’ questa Citta’ di Napoli non si potessero tagliare Boschi in-/18/differentemente di tutti particolari feudatarij, et non feudata/19/rij in li quali fussero lignami atti a’ construttione di galere, /20/ nondimeno io per me (conforme al parere delli Regenti) lo in-/21/tendo in questo modo, conforme a’ quello che la Camera tre /22/ volte ha’ votato, lassando di multiplicare in raggione, per no(n) /21/ fastidire V(ostra) M(aes)ta’ Et di questo medes(im)o ho’ dato aviso al detto /22/ Ill(ustrissi)mo Don Gioanni, Accio’ con sua gran prudentia, eliga /23/ quel che e’ piu’ servitio di V(ostra) M(aes)ta’ perche io per me, mi pare /24/ non potere appartarmi da quello che li Giodici che qua’ la M(aes)ta’ /25/ V(ost)ra tiene, mi dicono essere di giustitia, et dare occasione a’ /26/ suoi Vassalli di dire che se_li faccia aggravio, contra li ordi-/27/ni della M(aes)ta’ Vostra. Et N(ostro) s(igno)re la sua Real persona guar/28/di, et essalti, con il dominio di più stati, et Signorie, si 2r /1/ come da suoi fidelissimi vassalli, et cappellani si desea. /2/ Di napoli a’ xxv del mese di Gennaro 1572 /3/ Di V(ostra)S(acra) R(egia) C(attolica) M(aes)ta’ Humilissimo vassallo, et cappellano /4/ Ant(onius) Card(inal) de Granvela /5/ fran(ces)co de Rev(er)ter Tho(mas) Salernitano Don h(ernan)do de mo(n)tenegro /6/ Lobera p(ro) secretari(o) 2v […]olicae Maiestati[…] [Handwechsel; quer] napoles a su M(agesta)d del lugar teni(ent)e gen(er)al y R(egen)tes de napoles a xxv de enero 1572

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6. Transkriptionen ausgewählter Quellen

Reci(bi)da a xiij de março Con la consulta de_la Sumaria sobre el corte de_los arboles para el […] de_las galeras despaña

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Visitas de Italia Legajo 1 (fol. 1, 2, 3, 4) Legajo 5 (fol. 1, 3, 7, 8, 9, 32) Legajo 24 (fol. 1, 2) Legajo 31 (fol. 1 (Prozess gegen die Scrivani di mandamento; Prozess Kollateralrat und Reggenti der Cancelleria; Prozess gegen den Segretario del Regno Bastida de Muñatones; Prozess gegen die Scrivani di Registro), fol. 2) Legajo 32 (fol. 1 (Prozess gegen den Luogotenente und die Presidenti der Sommaria; Prozess gegen den Segretario der Sommaria; Prozess gegen den Percettore delle significatorie; Prozess gegen die Mastrodatti, Attitanti und Scrivani der Regia Camera della Sommaria)) Legajo 48 (fol. 7) Legajo 56 (fol. 7) Legajo 338 (fol. 4, 5) Legajo 347 (fol. 9) Legajo 348 (fol. 17, 19)

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Secretarías provinciales Legajos 1, 227 Libro 40

Archivio di Stato di Napoli Sommaria Notamentorum 34 Consultationum 2

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Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen Abbildungen Abbildung 1: Die spanischen Gebiete in Italien nach dem Frieden von Cateau-Cambrésis 1559 Abbildung 2: Die Räumlichkeit der sprachlichen Kommunikation, aus: Krefeld 2004, 23 Abbildung 3: Mehrsprachigkeit der Texte Abbildung 4: Mehrsprachigkeit der Kommunikation 1 Abbildung 5: Mehrsprachigkeit der Kommunikation 2 Abbildung 6: Mehrsprachigkeit der Kommunikation 3 Abbildung 7: Mehrsprachiges Kommunikationsnetz Abbildung 8: Initiale aus einem Bando aus der Visitation von Lope de Guzmán (España. Ministerio de Educación, Cultura y Deporte. Archivo General de Simancas, VIT 24,2, 519) Abbildung 9: Die Verwaltung des Regno di Napoli und ausgewählte Kommunikationswege Abbildung 10: Brief Sigismondo de Loffredos an Karl V., 17.04.1532 (España. Ministerio de Educación, Cultura y Deporte. Archivo General de Simancas, EST, LEG 1012, 24) Abbildung 11: Vierfelderschema (Schlieben-Lange 1997, 5) Abbildung 12: Mehrsprachiges Befragungsprotokoll aus der Visitation von Gaspar de Quiroga (España. Ministerio de Educación, Cultura y Deporte. Archivo General de Simancas, VIT, 1, 1, 6) Abbildung 13: Weiterleitung von Kommunikation in Form von Zitat oder Kopie Abbildung 14: Weiterleitung von Kommunikation in Form von Zusammenfassungen Abbildung 15: Brief des Vizekönigs Marqués de Mondéjar und des Kollateralrats an Philipp II. von Spanien vom 2. November 1575 (España. Ministerio de Educaión, Cultura y Deporte. Archivo General de Simancas, EST, LEG, 1066, 95, 1)

S. 4 S. 42 S. 55 S. 56 S. 57 S. 58 S. 59 S. 96

S. 124 S. 131

S. 213 S. 280

S. 330 S. 330 S. 333

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Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen

Abbildung 16: Brief des Vizekönigs Marqués de Mondéjar und des S. 334 Kollateralrats an Philipp II. von Spanien vom 13. November 1575 (España. Ministerio de Educación, Cultura y Deporte. Archivo General de Simancas, EST, LEG, 1066, 97, 1) Abbildung 17: Die Bittgesuche des neapolitanischen Parlaments im S. 370 Italienrat (España. Ministerio de Educación, Cultura y Deporte. Archivo General de Simancas, SSP, 1, 41) Abbildung 18: Autorisierung der sprachliche Pluralität in der nea- S. 415 politanischen Verwaltungskommunikation

Tabellen Tabelle 1: Tabelle 2: Tabelle 3: Tabelle 4: Tabelle 5: Tabelle 6: Tabelle 7: Tabelle 8: Tabelle 9: Tabelle 10: Tabelle 11: Tabelle 12: Tabelle 13: Tabelle 14: Tabelle 15:

Sieben Briefe von Sigismondo de Loffredo an Karl V. Dativklitika 3. Sing. mask. Dativklitika 3. Sing. fem. Lexikalische Hispanismen Verteilung von Idiomen im Visitationsprotokoll AGS, V.I. 1 – 1, 1r – 3r : Befragung von Cirio de Mari Verteilung von Idiomen im Visitationsprotokoll AGS, V.I. 1 – 1, 3r – 5v : Befragung von Pietro Papa Verteilung von Idiomen im Visitationsprotokoll AGS, V.I. 1 – 1, 9r – 11v : Befragung von Luys de Lobera Zwei Versionen eines Briefes des Vizekönigs Íñigo López de Hurtado de Mendoza, Marqués de Mondéjar, und der Reggenti des Kollateralrats an Philipp II. Apokope vor Vokal in AGS, EST 1066 – 95 und AGS, EST 1066 – 97 Gravis-Akzent im Vergleich AGS, EST 1066 – 95 und AGS, EST 1066 – 97 Zitatstruktur innerhalb einer Consulta der Regia Camera della Sommaria I Zitatstruktur innerhalb einer Consulta der Regia Camera della Sommaria II Der Weg der neapolitanischen Grazie durch die spanischen Räte Formulierung der Cargos gegen Jo(hannes) de Florio Versionen der Cargos gegen Bartolomeo de Ligorio

S. 128 S. 181 S. 181 S. 203 S. 243 S. 259 S. 268 S. 335 S. 337 S. 338 S. 342 S. 350 S. 369 S. 382 S. 387

Stichwortregister Akkommodation 289 f., 410 Anklagepunkt (Visitationen) 97, 299, 305, 307, 309 f., 356, 379 – 389, 394 Annona 118 Aragonesen 75, 80 Aragonienrat 87 – 89, 128 Ausbau 10 – 12, 24, 27, 48 Autorisierung der Mehrsprachigkeit der Kommunikation 289 Autorisierung der (Sprachen-)pluralität 28, 301 f., 408, 412, 415, 417 Autorisierung der Volkssprachen 21, 300 f., 360, 410 Avvocato fiscale 101, 108, 110, 116, 298, 397 Bando 72, 95 f., 107, 118, 207, 279, 426, 433, 458, 469, 472 Bittgesuche (Kollateralrat) 61, 99, 101 – 103, 190, 193, 226 – 228, 245 f., 250, 252, 256 f., 260 f., 264, 270 f., 286 f., 293, 303 – 317, 327 f., 342 f., 347 – 350, 359 f., 362, 364 f., 379 f., 398 – 402, 404, 407, 409, 432, 443, 447, 450 – 454, 459, 462, 464 – 469 Bittgesuche (Parlament) 72 f., 80, 119 – 122, 317, 363, 368 – 379, 386, 402, 404, 409, 416 Cancelleria s. Kanzlei (Kollateralrat) Capitoli (leg.) 72, 122, 353, 364, 368 f., 371 f., 374 f., 377 – 379, 386, 400, 477 Cargos s. Anklagepunkte (Visitationen) Casale 75 f., 284 Cassa militare 112 Città demaniali 73, 76, 107, 120, 122, 403 Cittadinanza 75 f., 78, 80, 105, 117 Code-Mixing 51, 55, 145, 199, 208

Code-Switching 51, 55, 145, 199, 208, 254 f., 258, 276, 283 f., 286, 290, 405 Collegio di San Clemente 2 composite monarchy 86, 301 Consejo de Indias s. Indienrat Consejo Supremo de Aragón s. Aragonienrat Consigliere (Kollateralrat) 100 f., 428, 436, 440, 442 f., 448 Consigliere (Sacro Regio Consiglio) 113 f., 428 Consiglio Collaterale s. Kollateralrat Consiglio d’Italia s. Italienrat Consiglio di Stato (Collaterale di cappa corta) 100 Consulta (Italienrat) 82, 90 – 92,107 f., 369, 374, 409 f., 416 Consulta (Regia Camera della Sommaria) 101, 125, 221, 272 f., 314 f., 318, 320, 323, 326, 331, 336, 341 – 353, 355 f., 358 – 361, 364 f., 393, 401, 460, 474 – 476, 478 – 482 Cortigiano(Castiglione) 3 „cose secrete“ 308 f., 311, 324, 468 Decretatione dei memoriali s. Entscheidungsvermerk (Kollateralrat) Deputazione delle grazie 119 – 121 despaci volgari 308 f., 311, 324, 468 Dialektalisierung 9, 19 Diálogo de la lengua (Valdés) 3, 7 Diglossie 7, 16, 22 f., 48, 209, 291 Diktat 129, 208, 213 f., 304, 339 direkte Rede 216, 218, 222, 229 f., 232, 234, 237, 241, 252 Diskurstradition 6, 10, 21, 27, 33 – 35, 37, 45, 56, 63, 211 f., 220, 289, 301 f., 326, 331, 339, 341, 348, 360, 364, 375, 405, 408 f., 411 f., 416 f.

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Stichwortregister

Einsprachigkeit 21, 39, 57 f., 258, 282 f., 288 f., 300 f., 410 Eletti 118 f., 284, 320, 367, 402, 404 Eletto del Popolo 118 f. Entlehnung 132, 138, 143, 145 f., 148, 155 f., 159, 169, 172, 175, 195, 197 – 199, 204, 206 f., 391 Entscheidungsvermerk (König) 363, 369, 371 – 375, 378 f., 404 Entscheidungsvermerk (Kollateralrat) 60 f., 102, 226 f., 245, 255, 257, 260 – 262, 264, 270 f., 303 – 317, 325 f., 328, 330, 342 f., 348, 359, 362, 380, 399, 409, 416, 447, 452 – 454, 459 f., 462, 465, 467 – 471 Entscheidungsvermerk (Vizekönig) 376, 379, 404 Erstsprache 46, 76, 80 f., 287, 289 extrainstitutionelle Kommunikation 62, 279, 398, 408 Fede (text.) 342, 345, 347 – 349, 354 Focatico 107 Forestieri 71 f., 75, 77, 80 – 82, 84, 412 Forme nominali flesse 150 f., 185, 209 f., 338, 418 Fragebogen (Visitation) 95, 110 f., 215, 219 f., 224 – 227, 237, 241 – 244, 246, 254, 259, 262 f., 265 f., 268, 271, 274, 278 f., 281, 294, 296, 302, 311, 447, 449, 452, 459, 461, 463, 465 f., 468, 470, 472 Fremdsprachenkenntnisse 291 Frieden von Cateau-Cambrésis 1, 4, 70 Generalparlament 72 f., 80, 117, 119 – 123, 125, 316 f., 320, 331, 363, 369 – 371, 374, 376 – 379, 395, 401 – 404, 406 Gesetze s. Prammatiche Gouverneur (Italienrat) 89 Gouverneur (Udienza) 116, 434, 438 Gramática de la lengua castellana (Nebrija) 7, 31 Grammatikographie 14 Gran Camerario s. Sette Uffici Gran Cancelliero s. Sette Uffici Gran Contestabile s. Sette Uffici Gran Corte della Vicaria 50, 74, 106, 113 f., 119, 121, 191 f., 194, 198 –

200, 240, 281 f., 387, 427 – 429, 435 – 437, 440 f., 457, 469 Grande Almirante s. Sette Uffici Gran Giustiziere s. Sette Uffici Gran Protonotario s. Sette Uffici Gran Siniscalco s. Sette Uffici Graphiemodell 130, 132, 134, 138, 141, 143, 148, 209, 340 Grassiere 118 Grazie s. Bittgesuche (Parlament) Hafenmeister 318, 391 f. Herdstellen 106 f., 422, 431 Hispanismus 144 – 146, 152, 165, 172, 174, 186, 197 f., 201 – 206, 208, 337 historische Sprache 6, 24 f., 33, 34 f., 37, 39, 41, 48, 67, 80 f., 130 Homographie 135, 148, 156, 161, 170, 175 Homonymie 159 f., 165, 175, 177 f., 182 f., 185, 254 Homophonie 163, 170, 172, 175, 188, 192 Hörverstehen 291, 412 Hyperkorrektur 134, 137, 140, 143, 145, 337 Indienrat 68, 87, 92, 366, 369 indirekte Rede 158, 216, 218, 220, 229 – 232, 234, 237 – 239, 241 f., 252, 255, 292 individuelle Mehrsprachigkeit 15, 48 f., 64, 105 infinito coniugato s. forme nominali flesse Inserieren (text.) s. Zitierverfahren Institutionalität 45 f., 57, 63, 99, 208, 359, 362, 408 – 411, 416 f. interinstitutionelle Kommunikation 62, 223, 300, 319, 398 Interrogatorio (Visitation) s. Fragebogen (Visitation) intrainstitutionelle Kommunikation 62, 222 Italia spagnola 1, 3, 7 f., 13 – 16, 22, 84, 130, 290 Italienischkenntnisse 89 f., 412 Italienrat 82, 85, 88 – 94, 98, 100, 102, 105, 278 f., 366, 368 – 370, 375, 393

Stichwortregister

Kanzlei (Kollateralrat) 60, 82, 84, 101 – 103, 227, 233, 240, 254, 257, 259, 274, 276, 281, 283 f., 286 f., 289, 293 – 296, 327, 361 f., 398, 400, 429, 452, 461 Kastilisch (sprachl.) s. Spanisch (sprachl.) Katalanen 80, 128, 207, 209, 276, 292 Katalanisch (sprachl.) 5, 14, 39, 71, 175, 276, 362, 392 Koine 14, 23, 66 Kollateralrat 50, 60, 75, 82 – 84, 86, 98 – 103, 105 – 108, 115, 118 f., 121, 127 – 129, 199, 207 f., 212, 216, 219, 222, 224, 226, 228, 240 f., 246, 250, 252, 254, 256 f., 260 f., 270 f., 276, 281, 283 f., 289, 293, 295, 302 – 308, 311 – 314, 319, 321 – 325, 327 – 329, 331 – 336, 341, 343, 349 – 354, 359 f., 362 f., 380, 395, 398 – 401, 407, 411, 427, 429, 432, 435, 438, 448, 450 – 453, 459, 462, 465, 467, 470 f., 480 kollektive Mehrsprachigkeit 15, 49, 54 Kommunikationsnetz, mehrsprachiges 59, 297, 300, 412 Kommunikationsraum 7, 9 – 13, 16, 19, 22 – 24, 28, 34, 37 – 41, 43 f., 48 – 50, 53 f., 62, 67, 70 f., 208, 211, 361, 416 f. kommunikativer Haushalt 21 f., 35, 68 kommunikative Routinen 9, 19, 26, 37 f., 43 f., 57 f., 65, 209, 212, 329 Kopie 103, 208, 212, 318 – 321, 323, 325, 330 – 332, 339, 341, 359, 364, 374 Korrektur 255, 257 f., 287 f., 306, 339 f. L1 s. Erstsprache Latein (sprachl.) 11, 13 – 16, 21 – 23, 26 f., 29 f., 33 – 36, 58, 60, 67 f., 90 f., 129, 132 – 134, 138 – 141, 144, 147 f., 156, 166 f., 170, 176, 189, 205 – 209, 216, 220, 222, 226, 241 f., 245, 252 – 256, 260 f., 270 f., 277, 279 f., 282 f., 299 – 309, 311 – 315, 317, 323 – 325, 339 f., 348 f., 359, 361 – 364, 369,

505

374 f., 377 – 381, 392, 401, 405 f., 408 – 410, 413, 449 f., 452 f., 459 f., 462, 465, 467 – 471 Lateinkenntnisse 31 f., 61, 129, 303 – 305, 311 f., 328, 380 Latinisierende Graphie 139 f., 145, 148, 168, 174, 176, 185, 194, 210, 337, 340 Latinismus (sprachl.) 67, 185, 198, 205 – 207 Leggi s. Prammatiche Lehnwort s. Entlehnung Lengua-imperio-Topos 8 Lese- und Hörverstehen 412 Letrados s. Rechtsgelehrte letteratura dialettale riflessa 12 Lexikographie 14 Libri notamentorum 108, 219 f., 222, 297, 299 Literatursprache 6, 10 f., 31 Luogotenente(Sommaria) s. Statthalter (Sommaria) Markierung – diastratisch-diaphasisch 176, 185 f., 210, 418 – diatopisch 14, 133, 182, 184, 185, 340, 418 – diskurstraditionell 210, 418 Medienwechsel 64 f., 213 f., 395 Mehrsprachigkeit – der Kommunikation 16, 49, 55 – 59, 63, 123, 125, 127, 212, 242, 254, 258, 278, 290 f., 302, 313, 328, 330, 386, 407 f., 410 f., 416 – der Personen 47, 49, 55, 57 – 59, 63, 65 f., 130, 207, 211, 241, 290, 292, 301, 394, 406 f., 411 f., 414 f., 417 – der Texte 49, 55, 57 – 59, 63, 125, 127, 207, 211, 254, 348, 408, 416 – des Verwaltungspersonals 63, 65 memoriali s. Bittgesuche (Kollateralrat) mercedes s. Bittgesuche (Parlament) Metaphonie 132 – 137, 168 f., 185, 209, 418

506

Stichwortregister

Militär 2, 30, 62, 81, 83, 85, 98, 106, 112, 116, 322 f., 362, 409 Milites 71, 83 f. Mündlichkeit 31, 44, 65, 214 f., 218 f., 222, 228 f., 231 f., 234, 405 Neapolitaner 5, 46, 64, 72 f., 75 f., 79 – 81, 100, 104 f., 109 f., 123, 128, 196, 276 f., 286, 292, 298, 368, 377, 413 f., 417 Neapolitanisch (sprachl.) 5, 15, 22, 49 f., 58, 60 f., 65, 72, 112, 129, 132 – 139, 141, 143 – 148, 150 – 172, 175 – 177, 181 f., 184 f., 187 f., 193, 196 – 198, 204 – 210, 254, 337, 339, 418 Netzwerk 43 f., 47, 59, 208, 299 Nobiltà di Seggio 118 Notador 60, 101, 104, 108, 110 f., 213, 219 – 223, 230, 297 – 300, 331, 396 f. Notamenti 103, 105, 219, 309 Offerta (Generalparlament) 122, 402 – 404 Parallelschriften 339 Parlament s. Generalparlament Personalpolitik 71, 80 Phonem-Graphem-Relation 130, 142, 150 Polyglossie 22 pragmatische Schriftlichkeit 13, 15, 68, 130 Prammatiche 27, 71 f., 74 f., 77, 80, 89, 100 – 102, 104, 109 f., 112 – 114, 116, 121 f., 125, 239, 305, 322 f., 331, 341, 361 – 364, 398 – 400, 409, 481 Prammatica ‘De officiorum provisione’ s. Proporzsystem präpositionaler Akkusativ 196 f. Präsident (Gran Corte della Vicaria) 114 Präsident (Italienrat) 89, 92 Präsident (Regia Camera della Sommaria) 52, 82, 101, 108 f., 127, 219 f., 222, 225, 227, 238, 248, 254, 298, 316, 336, 342, 359 f., 396 f., 427, 431, 435, 451, 479 Prestige (sprachl.) 17, 24 – 28, 31 – 33, 35 f., 185, 209 f., 416

Proporzsystem 46, 71 f., 74 f.,77, 80, 82, 89, 104, 109 f., 112 – 114, 116, 121 f. Prose della volgar lingua 6, 9 Protokoll 15, 46 f., 54, 65, 95, 103, 108, 125, 212 – 216, 218 – 220, 222 – 225, 227, 228 – 231, 234, 237, 241 – 279, 282 – 293, 295 – 297, 299 – 302, 307, 329, 349, 380 f., 395, 400, 402, 405 – 407, 410, 449 Protokolle, mehrsprachige 223, 301, 407, 410 Quartieri spagnoli 106 Questione della lingua 6 f., 9 f., 14, 22, 31, 33, 58 Rechtsgelehrte 71, 83 f., 91, 101, 105, 109, 116, 225, 298, 397 Reggente (Italienrat) 89, 92, 100, 207, 209 Reggente (Kollateralrat) 72, 75, 82 – 84, 100 – 103, 127 – 129, 207, 209, 219, 240, 254, 257, 283 – 285, 289, 305, 310 – 313, 321, 323 – 325, 327 – 329, 332, 335, 399 – 401, 480 Regia Camera della Sommaria 51 f., 60, 82, 101, 104, 106 – 111, 116, 121, 125, 127, 213, 219, 221 – 225, 238, 241, 254, 282, 297 – 300, 314, 318, 320, 324, 331, 341 f., 347 – 353, 356, 358 – 360, 364, 367, 381 f., 390, 393, 395 – 397, 401, 409, 474, 478 f. regionale Schreibtraditionen 6, 143 f., 146, 185, 210, 418 Regnicoli 47, 64, 71 – 77, 81, 84, 109, 112 f., 115 f., 121, 189, 371 f., 375 f., 412 f., 430 Repertoire 23, 34, 43, 46 – 48, 80, 129, 188, 205, 207 f., 220, 299, 328, 339, 360 f., 397 Resümierungsverfahren 52, 55, 57, 212, 222, 330 f., 355, 364 – 369, 374, 379 f., 390, 398, 413, 415 rezeptive Mehrsprachigkeit 28, 65, 291, 394, 407, 412, 414 f. Richter (Gran Corte della Vicaria) 114 f., 119 Romance s. Volkssprache

Stichwortregister

Sacro Regio Consiglio 75, 113 f. Scrivania di Razione 106, 111 f. Scrivani di forma 296 f. Scrivani di Registro 103, 295 f. Scrivano di Mandamento 101, 103, 213, 225 – 228, 232 – 234, 244, 246 – 250, 254, 262 f., 268, 274, 276, 285 f., 288 f., 295 f., 303 – 306, 310, 327 f., 398 – 400, 402, 449 – 451, 453, 458 f., 461 f., 464 – 472 Scrivano di Razione 104, 111 f., 273, 279, 319, 321 f., 460 Secretaría de Interpretación 392 – 394 Seggi napoletani 51, 116 – 123, 200, 238, 324, 441 Seggi nobili 2, 83, 95, 117 – 119, 127, 225, 228, 249, 324, 351, 387, 403, 424, 451, 475 Seggio del Popolo 118 Segretario della Città 402 – 404 Segretario del Regno 60 f., 99 – 105, 110, 121, 125, 129, 213, 219, 225 – 233, 235 f., 239, 241 – 245, 247 – 250, 254, 256 – 258, 260 – 274, 277, 279, 281 f., 289, 292 – 297, 302 – 314, 316 – 321, 323, 325 f., 328, 330, 339, 348, 364, 380 f., 391, 398 – 402, 405, 409, 424, 440, 447 – 457, 459 – 473 Segreterie (des Vizekönigs) 99 f., 102, 104, 120, 316, 319 f., 325 Sekretär (Italienrat) 88 – 91 Sekretär Kollateralrat s. Segretario del Regno Sekretär (Visitation) 94 f., 97, 224 f., 288 f., 307, 323 Semikommunikation s. rezeptive Mehrsprachigkeit Semi-Oralität 212, 395 Sette Uffici 121 Sindacato 114, 119 Sindaco 119 f. Sizilianisch (sprachl.) 15, 361 Skripta 11, 66 Soldaten s. Militär Spanier 8, 47, 62, 64, 74 – 76, 79 – 83, 89, 94, 99 f., 102, 104 f., 109 – 111,

507

148, 221, 277 f., 292, 310, 323, 329, 362, 412 – 414, 432 Spanisch (sprachl.) 3, 5 – 9, 11 f., 14 – 16, 19, 24, 32, 39 f., 58, 62 f., 65, 70 f., 84 f., 91, 99, 105, 126, 129 f., 132 – 134, 138 f., 141 – 149, 151 – 161, 163 f., 166, 168 f., 171 f., 174 – 177, 180, 182 f., 185 – 192, 195 – 199, 201 f., 205 – 209, 220 f., 229, 241 f., 252 – 255, 258, 276 – 279, 282 f., 285 – 287, 289, 292, 294 – 297, 299 – 301, 309 f., 315 – 320, 322 – 329, 347 – 349, 356, 359 – 369, 374 f., 377 – 381, 386, 389 – 391, 393 – 395, 401 – 403, 405 f., 408 – 416 Spanischkenntnisse 279, 329, 409, 412, 417 Sprachengeschichte 12, 24 f., 322 Sprach(en)wahl 35 f., 49, 54, 61, 212, 255, 277, 297, 301, 317, 319, 322, 330, 359 f., 362 – 364, 405, 410 f. Sprachgeschichte 10, 24 f., 27 f., 33 Sprachgeschichtsschreibung 5, 9 – 13, 18, 20, 24 f., 38, 40 Sprachkenntnisse 46, 393 f., 411 – 413, 415, 417 – passive 23, 47, 279, 290 f., 301, 328, 360, 386, 406, 411 f., 414 Sprachpolitik 8, 15, 20, 27 – 30, 32, 45 Sprachwechsel 242, 252 f., 255, 283, 290, 330, 365, 368, 379, 386, 389, 392, 415 Staatsrat (Spanien) 88, 91, 366, 379, 393 Standard 6, 11, 32 f., 40 f., 48 Statthalter (Regia Camera della Sommaria) 98, 108 f., 254, 319 f., 344, 360, 478 Statthalter (Vizekönig) s. Vizekönig Teleologie 9 – 12, 14, 16, 20 f., 24, 30, 38, 40 Tesoreria Generale 106, 112, 116 Tesoriere Generale 104, 112, 129 Textsorte 45, 61, 215, 341, 363 f. Togati s. Rechtsgelehrte

508

Stichwortregister

Toskanisch-Italienisch (sprachl.) 6, 12, 19, 23, 25 f., 133, 141, 144, 153, 167 f., 180, 185 f., 196, 394, 416, 419 Toskanisierung 9 f., 14, 66, 177, 182, 187, 210, 332, 339 f., 417 f. Toskanismus 135 Transgraphie 145, 208 Tre Corone 10, 31 Tribunale di San Lorenzo = „Città di Napoli“ 118 f., 324, 402 f. Überdachung 6, 9 – 11, 19, 24, 26, 32, 41 Übergeneralisierung 137, 158, 161 Übersetzer 99, 278 f., 393 f., 415 Übersetzung 57, 67 f., 70, 212, 222, 254 f., 276, 290, 297, 300, 331, 366, 386, 389, 392 – 395, 416 f. Udienza 113, 115 f. Uditore 116 Università 75, 107, 116, 122, 229, 233, 293, 320, 383, 384, 403, 438, 464 Veditore 335, 337, 342, 346, 365 Verschriftlichung 65, 67, 85, 212 – 215, 218, 223 f., 229, 231, 240, 255, 258, 395, 405 Verschriftung 60 f., 65, 103, 108 f., 125, 129, 212 – 215, 222 – 224, 230 – 232, 239 – 242, 255, 257, 283 f., 292, 297, 303 f., 307 – 309, 312 – 314, 321, 325, 328, 337, 339, 395, 405 Verwaltungsschriftlichkeit 30, 36, 64 – 66, 330, 332, 340, 417 f. Viglietto 99, 102, 119 f., 318 – 320, 324 f., 355 f., 359, 362 f., 391 f., 409, 416 Visitation 15, 46 f., 60 f., 82 f., 85, 91 – 99, 105, 110 f., 119, 216, 219 – 221, 224 – 226, 232, 241, 243, 254, 257 f., 278, 280, 282 – 284, 288 – 291, 293 – 295, 297, 299 – 302, 305, 307, 310 f., 319, 321, 325, 327,

341, 356, 379 – 382, 386 f., 394 f., 400, 404 – 406, 410, 449, 483 Visitator 60, 62, 83, 93 – 98, 220, 224 – 226, 230, 235, 238, 240, 242 f., 258 f., 268, 275 – 279, 282, 284 – 286, 288 – 290, 295 – 298, 300 f., 304, 309 f., 319, 327 f., 331, 385 f., 393, 396, 449, 452, 455, 458, 461, 464, 466, 468, 470 Vizekönig 1, 3, 26, 50, 70 f., 79 – 83, 86, 93 – 95, 98 – 104, 106 f., 116, 118 – 122, 219, 221 f., 229, 232, 235 – 237, 239, 256, 262, 266, 271, 273, 281,293, 295 f., 305, 309, 314, 316 f., 319 – 325, 327 – 329, 331 – 336, 341 f., 347 – 354, 359 f., 362 f., 371 – 373, 375 – 379, 390, 395 f., 398 – 404, 409 f., 426, 428, 431, 436, 448, 453 – 455, 458, 460 f., 463 – 465, 467, 469, 476 f., 480 Volgare s. Volkssprache Volkssprache 6, 8 f., 13, 16, 21 – 23, 27, 30 – 36, 67 f., 135, 150, 156, 167, 222 f., 297, 299 – 301, 304, 308, 311 f., 314 f., 322, 324 f., 328, 339, 359 f., 386, 392, 394, 406 f., 409 f., 470 Vorlesen 95, 120, 212 f., 251, 395 – 401, 404 – 407 Voto 103, 193, 201, 270, 278, 304 f., 311 f., 316, 326, 352 – 354, 359 – 361, 393, 399, 404, 409 f., 435, 443 f., 448, 459, 475, 477 – 479, 481 Zitierverfahren 53, 57, 212, 314 f., 320, 325, 330 f., 340 – 342, 347 – 352, 355 f., 358 – 360, 363 – 365, 374, 409 Zusammenfassung s. Resümierungsverfahren

Personenregister Alarcón, Francisco Antonio de Alexander VI. 2 Alfons der Weise 34 Alfons V. 1, 85 Alighieri, Dante 31 Ardia, Francesco 105

93

Barile, Giovan Angelo, Graf von Caivano 105, 320, 364 Barrionuevo, Bernardino 105 Bembo, Pietro 6, 9, 31, 105 Boccaccio, Giovanni 31 Campalon, Giovan Francesco de 305, 461 Casati, Daniele 93 f. Castiglione, Baldassare 3, 383 f. Castillo, Antonio 82 f., 90, 206 Celio, Jacobo 111 Cesario, Hanibal 306 Clemens VII. 2 Coll, Geronimo de 128, 207 – 209 Colonna, Michael 71, 301 Cordoba, Consalvo de 70 Coscolin, Jo(hannes) 111 Coscolin, Martin 111, 221 D’Andrea, Francesco 329 Daroca, Francisco 283, 313 Duca di Caivano s. Barile, Giovan Angelo Emanuele Filiberto

30

Ferdinand II. von Aragón 1, 72, 100 Florio, Johannes de 221, 381 – 385 Friedrich II. 34 García, Bernardino Gazzella, Marcello

90, 111, 221 128

Guzmán, Lope de 79, 93, 96 f., 110, 220 f., 224, 241, 254, 257, 282, 284, 288 – 290, 294 f., 297, 299 – 301, 311, 327, 386 f., 400, 406, 410 Isabella von Kastilien

1, 85, 232, 464

Jordan, Miguel 308, 470, 474 Julijs, Vincentio de 295, 312 f. Juvena, Joan Pedro de 306 Karl V. 1 f., 50, 74, 84, 88, 122, 125, 127 f., 131, 188, 208 f., 392, 394, 420, 424, 433, 437, 440, 442, 445 Kalixt III. 2 Karl I. von Spanien s. Karl V. Leclerc, Charles 93 Ligorio, Bartolomeo de 257, 386 f., 389 Ligorio, (Giovan) Dominico de 257, 285, 295 f., 311 f., 389 Lobera, Luys de (sen.) (= Lobera, Ludovico de) 227, 237 f., 247, 258, 263, 268, 275 – 277, 280 – 282, 292, 295, 304 f., 310, 312, 315, 321, 324, 343, 348, 351, 353, 381, 450, 453, 456, 458 f., 461 f., 467, 475, 477, 481 Lobera, Luys de (jun.) 295 Loffredo, Sigismondo de 46, 84, 125, 127 – 136, 138 f., 143 – 145, 149 – 151, 153 f., 158, 161 f., 164, 168, 170 – 172, 175 – 177, 180, 182 – 185, 188 f., 196 – 199, 201, 205 – 209, 211, 213, 223, 348, 409, 420, 424, 433, 437, 439 f., 442, 445, 447 López, Baltassar 315 f. López de Hurtado de Mendoza, Íñigo (Marqués de Mondéjar) 332, 335 f.

510

Personenregister

López de Mendoza, Íñigo

93

Mari, Cirio de 118, 225 f., 228, 242 f., 258, 276 f., 287, 292, 303, 380, 449 Martirano, Bernardino 104 f., 129, 227, 247, 259 f., 269, 272, 450, 452, 456, 459 f., 462, 465 Martirano, Coriolano 104, 259 f., 269, 272, 315, 323, 452, 459 f., 462, 465, 467 f., 470 Martirano, Martio 104, 256, 259 f., 269, 272, 452, 456, 459 f., 462, 465 – 468, 470 Masaniello 84, 119 Medici, Cosimo de’ 2 f., 24, 32 Menocchio (Domenico Scandella) 34, 36 Mollo, Horatio 293 – 297, 299, 304, 312, 398 f., 412 Montalto, Ludovico 128 Muñatones, Bastida de 105, 241, 289, 294 – 296, 302, 311 – 314, 316 f., 323, 325, 327, 402 Muñoz, Heronimo 278, 393 Nebrija, Antonio de

2, 7 f., 31 f., 142

Pacheco, Pedro 93 Pagano, Ottaviano 233, 287, 307, 464 Palumbo, Francisco 110 f., 220 f., 223, 396 Papa, Pietro 36, 61, 227, 247, 258 f., 276 f., 280 f., 292, 294, 303 – 305, 381, 442, 446, 450, 452, 455, 502 Patiño, Antonio 83, 321 Perafan de Ribera 319, 323, 322, 326 Petrarca, Francesco 31 Philipp II. 2, 29, 82 f., 88, 109, 324, 332 – 335, 363, 394, 400, 413 – 415, 480 Pignatello, Geronimo 277, 279, 301, 319, 321 f. Pignone, Marcello 83 f. Polo, Lorenzo 82 f., 217, 238, 315, 350 Ponce de León, Andrés 60, 318 Ponce de León, Rodrigo, Duca d’Arcos 329

Ponce de León y Chacón, Juan Prato, Francesco Maria 329

93

Quiroga, Gaspar de 60, 82 f., 93 f., 97, 111, 216, 219, 224 – 226, 241, 243, 254, 258, 278, 280, 282 f., 288 – 291, 293, 297, 299 – 302, 310, 319, 356, 381, 410, 449, 501 Raparo, Cesare 110, 221, 297 Raparo, Decio 101, 110, 220 f., 297 – 300, 396 f., 412 Raparo, Mutio 110, 297 Reverter, Francesco 83, 287 f., 315, 317, 343 Russo, Francesco 277 Russo, Joan Donato 285 – 287, 295, 306, 313 Salazar, Andrés de 105, 240, 336 Salernitano, Tommaso 228, 248 f., 309, 316, 360, 451, 481 Sangro, Alfonso di 301 Scandella, Domenico s. Menocchio Sforza, Francesco II. 1 Soto, Giovan di 60 f., 104 f., 226, 229, 241 f., 244, 253 f., 260, 265, 271 f., 274, 277, 279, 281 f., 293 – 295, 302 – 304, 306 – 315, 318 f., 321 – 326, 379 – 381, 391, 402 f., 405, 449, 452, 454 f., 460 f., 466, 472 Spina, Jo(hannes) Antonio 308, 324, 468 Squillante, Antonio 110, 221 Storace 119 Tapia, Carlo 76 Toledo, Don Pedro Alvarez de 3, 70, 79, 95, 98, 106, 113, 118, 235, 237, 324, 376, 390 Toledo, Eleonora de 3, 70, 79, 235, 324, 390 Valdés, Juan de 3, 7, 84 f. Vargas, Diego de 88, 91 Villanova, Francesco 82 f., 473

Ortsregister Apruzzo Citra Apruzzo Ultra

115 115

Basilicata 115, 438 Bologna 2 Calabria Citra 115, 321 Calabria Ultra 115, 321 Capitanata 115, 471 Contado di Molise 115 Finale Ligure 2 Flandern 46, 71, 128 Florenz 1 – 3 Gaeta 128, 318 Genua 1 f., 10, 191, 315, 438 f., 446 Königreich Neapel 1, 3 – 5, 7, 15 f., 18 f., 23, 25 f., 34, 38, 40, 44 f.,47 f., 53, 58, 64 f., 70 f., 72, 74, 76 f., 80 – 82, 86, 88, 90, 93 f., 98 f., 103 f., 105, 108, 113 – 116, 119 f., 122, 124, 128, 212, 224 – 226, 243 f., 269, 278, 290, 301 f., 310 f., 317, 319, 323, 331 f., 339, 345, 367, 379, 400, 408, 410 f., 416 – 418, 449, 459, 478 Lecce 115, 329 Lombardei 12, 194, 362, 438, 446 Madrid 8, 63, 86, 88, 98, 104 Mailand 1, 5, 7 f., 10, 19, 26, 62, 65, 70, 81, 88, 91, 93 f. Molise 115 Monte Argentario s. Stato dei Presidi Neapel 1 – 3, 5 f., 10, 12, 17, 19, 22, 25 f., 46, 51 – 53, 60, 64 f., 70 f., 75,

77 – 84, 86, 88 – 91, 93 f., 95, 98 f., 106, 112 – 114, 116 – 123, 125, 127 – 129, 133, 143, 149 f., 164, 175, 179, 184, 207 – 211, 221, 224 228, 232, 243, 250, 259, 268, 285, 295 f., 308, 318, 320, 322 f., 329 – 331, 336, 340, 343, 360 – 362, 364, 366 f., 369, 378 f., 384, 390 f., 394 f., 401, 412, 416 f., 423, 439, 442, 452, 463, 470, 481, 484 Orbetello s. Stato dei Presidi Palermo 10 Perpignan 268, 276, 292, 459 Piemont 30 Porto Ercole s. Stato dei Presidi Porto Longone s. Stato dei Presidi Porto Santo Stefano s. Stato dei Presidi Principato Citra 115 Principato Ultra 115 Rom 2 f., 10, 71, 94, 137, 162, 194, 200, 218, 235, 256, 266, 393, 426, 437, 443, 446, 454, 456 Sardinien 1, 5, 7, 12, 19, 26, 72, 88 f., 362 Siena 1 f., 51 f. Sizilien 1, 5, 7, 9, 11, 19, 26, 72, 74, 81, 88, 90 f., 108, 210, 240, 322, 354, 361 f., 418, 439, 477 – 479 Stato dei Presidi (‘Staat der Festungen’) 2 Talamone s. Stato dei Presidi Terra di Bari 115 Terra di Lavoro 113, 115 Terra d’Otranto 115

512 Valencia 88, 368 Valladolid 88 Venedig 1, 9 f., 12, 26, 129, 239

Ortsregister