Sophie von La Roches Briefe an Johann Friedrich Christian Petersen (1788–1806): Kritische Edition, Kommentar, Analyse 9783110408638, 9783110405163

The first historical-critical edition of the 195 letters of Sophie von La Roche to the educator of princes Johann Friedr

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German Pages 674 [676] Year 2015

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Table of contents :
Vorwort
Inhalt
Einleitung
1. Das Briefkonvolut
2. Der Briefpartner Johann Friedrich Christian Petersen
3. Die Briefpartner und der Hof von Darmstadt als Ort der Auseinandersetzung zwischen Aufklärung und Gegenaufklärung
4. Prinzenerziehung
5. Sophie von La Roches Heiratsprojekte
6. Sophie von La Roches Geschichtsbild
7. Sophie von La Roches Äußerungen zum Untergang des Alten Reichs in ihren Briefen an Petersen
8. Sophie von La Roches politische Einstellung im Alter
Schlussbemerkung
Editorische Vorbemerkungen
Abkürzungs- und Siglenverzeichnis
Handschriftenproben
Briefe und Stellenkommentare
Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum. Brief 1 – Brief 50
Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum. Brief 51 – Brief 100
Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum. Brief 101 – Brief 150
Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum. Brief 151 – Brief 194
Goethe-Schiller Archiv/Klassik Stiftung Weimar
Haus der Stadtgeschichte/Archiv Offenbach
Abbildungsverzeichnis
Quellen- und Literaturverzeichnis
Verzeichnis der Briefe
Personenregister
Verzeichnis der Briefstellen und Stellenkommentare, in denen Werke Sophie von La Roches erwähnt werden
Anmerkungen zu den Zitaten auf S. VII
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Sophie von La Roches Briefe an Johann Friedrich Christian Petersen (1788–1806): Kritische Edition, Kommentar, Analyse
 9783110408638, 9783110405163

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Patricia Sensch Sophie von La Roches Briefe an Johann Friedrich Christian Petersen (1788–1806)

Quellen und Forschungen zur Literatur- und Kulturgeschichte Begründet als

Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kulturgeschichte der germanischen Völker von

Bernhard Ten Brink und Wilhelm Scherer

Herausgegeben von

Ernst Osterkamp und Werner Röcke

83 (317)

De Gruyter

Sophie von La Roches Briefe an Johann Friedrich Christian Petersen (1788–1806) Kritische Edition, Kommentar, Analyse

von

Patricia Sensch

De Gruyter

Die vorliegende Edition wurde im Wintersemester 2013/14 als Dissertation von der Philosophischen Fakultät der Universität zu Köln angenommen.

ISBN 978-3-11-040516-3 e-ISBN (PDF) 978-3-11-040863-8 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-040870-6 ISSN 0946-9419 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2016 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Satz: le-tex publishing services GmbH, Leipzig Druck und buchbinderische Verarbeitung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen ∞ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

Vorwort Sehr herzlich bedanke ich mich bei meinem Doktorvater Herrn Professor Peter J. Brenner, der meine Arbeit so lange geduldig und kritisch begleitet hat. Mein Dank gilt auch Herrn Professor Walter Pape und Frau Professor Claudia Liebrand, die sich als weitere Gutachter zur Verfügung stellten. Für die Betreuung in der frühen Phase der Arbeit habe ich Herrn Professor Detlef Haberland zu danken. Herrn Professor Dr. Ernst Osterkamp sowie dem De Gruyter-Verlag bin ich für die Aufnahme in die Reihe „Quellen und Forschungen zur Literatur- und Kulturgeschichte“ sehr verbunden. Frau Dr. Anja-Simone Michalski danke ich für ihre engagierte lektorale Betreuung. Ich danke der Direktorin des Freien Deutschen Hochstifts/Frankfurter Goethehaus, Frau Professor Anne Bohnenkamp-Renken, dass sie mir das Briefkonvolut zur Veröffentlichung anvertraute. Die damalige Leiterin der Handschriftenabteilung, Frau Dr. Renate Moering, gab mir wichtige Hinweise und tröstete mich über die Dauer des Projekts. Ihr Nachfolger Herr Dr. Konrad Heumann kam allen meinen Anfragen und Bitten liebenswürdig entgegen. Besten Dank für die Veröffentlichung eines La Roche-Briefes und für die Bereitstellung dreier Abbildungen schulde ich auch der Stadtarchivarin Frau Anjali Pujari vom Haus der Stadtgeschichte Offenbach. Dort erhielt ich vielfältige und schnelle Hilfe durch Frau Antje Meier. Dem Goetheund Schiller-Archiv in Weimar danke ich für die Druckbewilligung eines La Roche-Briefes. Die Freundschaft spielte eine zentrale Rolle im Leben Sophie von La Roches, daher nimmt es nicht wunder, dass „sympathetische Bande“ diejenigen verbinden, die sich mit ihr beschäftigen. Ein überaus treuer, hilfreicher und kluger Begleiter auf dieser zurückliegenden langen Wegstrecke war für mich Herr Dr. Michael Schippan. Sein immenses Wissen und seinen weiten, vorurteilsfreien Blick als Historiker bewundere ich sehr und danke ihm vielmals. Von Beginn an haben mich Frau Dr. Ulrike Leuschner und Frau Professor Helga Meise mit wertvollen Ratschlägen unterstützt und zu Kolloquien eingeladen. Mein Dank geht auch an Frau Professor Barbara Becker-Cantarino, Frau Professor Gudrun LosterSchneider und Frau Dr. Miriam Seidel für ihre Einladungen zu Tagungen in Marbach und Düsseldorf.

VI

Vorwort

Es war stets ein großer Gewinn für „Herz und Kopf“, sich mit Frau Dr. Claudia Bamberg, Herrn Dr. Andreas Jakob, Frau Professor Ulrike Fichera und Frau Dr. Brigitte Scherbacher-Posé intensiv über unsere Protagonistin und ihren europäischen Freundeskreis auszutauschen. Herr Dr. Kevin Hilliard und seine Frau Catherine aus Oxford haben mir liebenswürdigerweise bei biographischen Recherchen geholfen. Frau Sabine Schäfer vom Goethe- und Schillerarchiv in Weimar versorgte mich mit schwer zugänglicher Literatur und half kundig bei der Identifikation von Personen. Mit Herrn Dr. Burkhard Bittrich und seiner Frau Waltraud verbinden mich viele anregende Unterhaltungen zur Epoche der Spätaufklärung in ihrem Studiolo mit Blick auf die Ahr. Da Sophie von La Roches Gebrauch der französischen Sprache recht eigenwillig ist, war ich froh, dass Herr Burkhard Abel und seine Frau Therese sowie Herr Realschulrektor i. R. Dieter Kettering sich die Zeit nahmen, mit mir den Sinn kryptischer Textstellen zu diskutieren. Dankbar habe ich die Hilfe von Frau Annemarie Flemmig und Herrn Karl-Heinz Flemmig bei der Entzifferung der Briefe angenommen. Mit Frau Monika Götze wie auch mit Herrn Enno Albert unternahm ich vergnügte und komfortable Exkursionen, um die Archive in Basel, Zürich und Schloss Harburg zu besuchen. Dafür sei ihnen nochmals herzlich gedankt. Einen großzügigen Druckzuschuss verdanke ich Frau Dr. Helge Dhonau-Herrenberg, mit der mich die Begeisterung für das Dix-huitième verbindet. Meinem Sohn Albrecht danke ich, dass er zuhause einen zeitweilig herrschenden atmosphärischen Überhang des 18. Jahrhunderts akzeptierte und zu allen Tages- und Nachtzeiten eine verlässliche Stütze bei Problemen mit der Elektronik war. Ich danke auch Herrn Hans Jürgen Soiné aus Nußbaum für seine mannigfaltige, treue Hilfe während vieler Jahre. Nußbaum, im Frühjahr 2015

„C’est par l’etude que nous sommes Contemporain[s] des touts les Hommes Et citoyens de tous les Lieux.“ Sophie von La Roche

„On raconteroit les grands effets et ceux qui passent pour les avoir produit: et à côté l’on feroit connaître les causes et les agens ignorés: ce seroit l’histoire souterraine, si l’on peut s’exprimer ainsi.“ Charles Joseph Prince de Ligne

Anmerkungen zu den Zitaten auf S. 663.

Sophie von La Roche (1730–1807). Titelblatt ihres Werks „Mein Schreibetisch“ von 1799 (Archiv im Haus der Stadtgeschichte Offenbach P 410).

Inhalt Einleitung .................................................................................................................... 1 0.1 Forschungsstand der Sophie von La Roche-Briefe ............................... 6 0.2 Erschließung einer neuen Quelle ............................................................. 9 0.3 Die Verfasserin der Briefe ........................................................................ 10 0.4 Kapitelübersicht ......................................................................................... 12 1 Das Briefkonvolut ............................................................................................... 1.1 Neuidentifizierung des Briefpartners Petersen ...................................... 1.2 Chronologische Reihenfolge und Überlieferung der Briefe ................. 1.3 Briefmaterialien .......................................................................................... 1.4 Briefzustellung ............................................................................................ 1.5 Einordnung der Briefe in die zeitgenössischen Brieftheorien ............. 1.6 Briefinhalte..................................................................................................

15 15 16 17 17 18 19

2 Der Briefpartner Johann Friedrich Christian Petersen................................... 2.1 J. F. Chr. Petersen in der literaturwissenschaftlichen und historischen Forschung ............................................................................. 2.2 Lebenslauf J. F. Chr. Petersens ................................................................ 2.3 Die Beziehung der Briefpartner ............................................................... 2.4 Familie Petersen ......................................................................................... Georg Wilhelm Petersen .................................................................... Karl Ludwig Adolph Petersen ........................................................... Philipp Heinrich Gerhard Petersen................................................... Johann Wilhelm Petersen ................................................................... Ludwig Petersen .................................................................................. Die drei Schwestern Petersen ............................................................

23

3 Die Briefpartner und der Hof von Darmstadt als Ort der Auseinandersetzung zwischen Aufklärung und Gegenaufklärung ............... 3.1 Bemerkungen zur dynastischen Folge des Hauses HessenDarmstadt ................................................................................................... 3.2 Der Hof von Darmstadt in den 1770er und 1780er Jahren ................. 3.3 J. F. Chr. Petersens Einstellung zur Innen- und Außenpolitik des Darmstädter Hofs ...................................................................................... 3.4 Die Rebmann-Kopie .................................................................................

23 25 28 32 32 33 34 35 37 38 39 39 40 48 50

X

Inhalt

3.5 3.6 3.7 3.8 3.9

Belege aus den Briefen Sophie von La Roches an Petersen................. Die Außenpolitik Hessen-Darmstadts von 1795–1806 ........................ Belege aus den Briefen Sophie von La Roches – Fortsetzung ............ Sophie von La Roche und die Gegenaufklärer ...................................... Zusammenfassung .....................................................................................

54 59 61 64 66

4 Prinzenerziehung ................................................................................................. 4.1 Lebenslauf und Erziehung des Erbprinzen Louis von HessenDarmstadt ................................................................................................... 4.2 Sophie von La Roches pädagogische Beratung ..................................... 4.3 Zwei zeitgenössische Publikationen zur Prinzenerziehung.................. 4.4 Bettine von Arnim als Prinzenerzieherin ................................................

67 67 70 71 74

5 Sophie von La Roches Heiratsprojekte ............................................................ 77 6 Sophie von La Roches Geschichtsbild ............................................................. 6.1 Lektüren zur Geschichtsphilosophie....................................................... 6.2 Der Genfer Naturwissenschaftler Jean André Deluc ........................... 6.3 Sophie von La Roche und Jean André Deluc ........................................ 6.4 Zusammenfassung .....................................................................................

79 79 84 87 90

7 Sophie von La Roches Äußerungen zum Untergang des Alten Reichs in ihren Briefen an Petersen ............................................................................... 91 8 Sophie von La Roches politische Einstellung im Alter .................................. 99 Schlussbemerkung ..................................................................................................... 105 Editorische Vorbemerkungen .................................................................................. Transkription der Brieftexte............................................................................... Die Anordnung der Brieftexte ........................................................................... Datierung der Briefe............................................................................................ Interpunktion ....................................................................................................... Orthographie ........................................................................................................ Wiedergabe fremdsprachiger Briefstellen......................................................... Unterstreichungen ............................................................................................... Schriften ................................................................................................................ Lemma .................................................................................................................. Editorische Zeichen ............................................................................................

107 107 111 111 112 112 113 113 113 113 113

Inhalt

Abkürzungs- und Siglenverzeichnis ........................................................................ Archivstandorte der Handschriften Sophie von La Roches, gegebenenfalls mit Siglen .......................................................................... Archivstandorte anderer Handschriften, gegebenenfalls mit Siglen ............. Weitere Siglen.......................................................................................................

XI 115 115 116 116

Handschriftenproben ................................................................................................ 117 Briefe und Stellenkommentare ................................................................................. 127 Abbildungsverzeichnis .............................................................................................. 587 Quellen- und Literaturverzeichnis ........................................................................... Werke und Briefe Sophie von La Roches ........................................................ Zeitgenössische Quellen ..................................................................................... Forschungsliteratur und weitere Quellen .........................................................

589 589 590 602

Verzeichnis der Briefe ............................................................................................... 627 Personenregister ......................................................................................................... 633 Verzeichnis der Briefstellen und Stellenkommentare, in denen Werke Sophie von La Roches erwähnt werden ........................................................... 661 Anmerkungen zu den Zitaten auf S. VII ................................................................ 663

Einleitung Sophie von La Roche behauptete ihre Stellung als anerkannteste deutsche Autorin bis ins hohe Alter. Noch 1804 erwog der Leipziger Verleger Georg Joachim Göschen, sie mit der Redaktion des „Journal für deutsche Frauen“ zu betrauen.1 Daraus spricht die unverminderte Wertschätzung, die man ihr als einer öffentlichen Person entgegenbrachte, auch wenn man im Hinblick auf ihre dreiundsiebzig Jahre letztendlich davon Abstand nahm, sie in das Projekt einzubinden. Die Vita der Schriftstellerin war außergewöhnlich und wechselvoll. Gleiches gilt für das Nachleben. Sophie von La Roche, die wenige Monate vor ihrem Tod im Februar 1807 ein letztes Werk publizierte, geriet zunächst für lange Zeit in Vergessenheit. Einen festen Platz im kulturellen Bewusstsein erhielt sie erst ab den 80er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts. Ihre Wiederentdeckung verdankt sie der genderorientierten Literaturwissenschaft, die in der freischaffenden Schriftstellerin und Erzieherin des weiblichen Geschlechts ein dankbares Objekt fand. Von diesem späten Nachruhm zeugen außerdem die Ausstellungen, Vorträge und Publikationen im Jahr 2007 aus Anlass der 200-jährigen Wiederkehr ihres Sterbejahres. Michael Maurer zog damals eine positive Bilanz der vergangenen drei Jahrzehnte, in denen sich die literaturwissenschaftliche Forschung der „erste[n] deutsche[n] Schriftstellerin von europäischem Rang“2, wie sie nunmehr tituliert wurde, und ihrem im Spannungsfeld von Empfindsamkeit und Spätaufklärung entstandenen Werk zugewandt hatte.3 Es boten 1

2 3

Journal für deutsche Frauen von deutschen Frauen geschrieben. Besorgt von [Christoph Martin] Wieland, [Friedrich] Schiller, [Friedrich] Rochlitz, [Johann Gottfried] Seume. Leipzig 1805. Seume hatte Sophie von La Roche in Offenbach 1802 und vermutlich nochmals 1804 besucht (Dirk Sangmeister: Seume und einige seiner Zeitgenossen. Beiträge zu Leben und Werk eines eigensinnigen Spätaufklärers. Erfurt, Waltershausen 2010 [= Deutschlands Achtzehntes Jahrhundert. Hrsg. von Franz-Ulrich Jestädt. Studien. Bd. 2], S. 182 u. S. 196). Claudia Bamberg: Sophie von La Roche. Mit einem Beitrag von Patricia Sensch. Ausstellung im Freien Deutschen Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum vom 18. Februar bis 6. Mai 2007. Frankfurt am Main 2007, S. 5. Michael Maurer: Die Aktualität der Sophie von La Roche – Rezeptionsgeschichte und Forschungsbericht. In: Jürgen Eichenauer (Hrsg.): Sophie von La Roche (1730–1807). Schriftstellerin der Empfindsamkeit. Katalog der Ausstellung im Haus der Stadtgeschichte Offenbach vom 21. Oktober 2007 bis 6. Januar 2008.

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Einleitung

sich dazu neben der geschlechterspezifischen Perspektive weitere Ansatzpunkte: Als Verlobte und Freundin Christoph Martin Wielands, als Korrespondenzpartnerin bedeutender Persönlichkeiten, als Verfasserin des erfolgreichen Debütromans „Geschichte des Fräuleins von Sternheim“ (1771)4 sowie zahlreicher Briefromane und Moralischer Erzählungen, als Herausgeberin der ersten deutschen Frauenzeitschrift „Pomona“, als Reiseschriftstellerin und als Großmutter der Romantiker Clemens und Bettine Brentano. Doch der Anschub der Forschung erfolgte nicht auf allen Gebieten mit dem gleichen Elan. Selbst als etwa um 2000 herum der ideologische Überschwang der feministischen Literaturwissenschaft abklang, wollten Quellenforschung und Werkausgaben nicht voranschreiten. Aus diesem Grund müssen in der La Roche-Bilanz auch Passiva angesetzt werden. Zweihundert Jahre nach ihrem Ableben liegt weder eine historischkritische Ausgabe ihrer Werke noch ihrer Briefe vor. Abgesehen von dem „Sternheim“-Roman sind heute, im Jahr 2013, lediglich einige Titel ihrer Reisetagebücher im Buchhandel zu erwerben. Vier Reprintdrucke von 1987 und 1992 sind vergriffen.5 Auch hat man der Autorin bisher immer noch keine fundierte Biographie gewidmet. Ein solches Desiderat kann nur ansatzweise begründen, warum der lückenhafte Erkenntnisstand zum Alterskapitel der Schriftstellerin nie ins Auge fiel. Offenbar boten die zwei anschaulich geschriebenen Lebensläufe aus den Jahren 1859 und 1935 eine befriedigende Detailfülle zu den Lebensstationen Kaufbeuren, Augsburg, Mainz, Warthausen, Bönnigheim, Ehrenbreitstein, Speyer und Offenbach.6 Gemeint sind „Sophie von La Roche, die Freundin Wieland’s“ von Ludmilla Assing (1821–1880) und „Sophie La Roche, die Großmutter der Brentanos“ von Werner Milch

4 5

6

Weimar 2007 (= Offenbacher Studien. Schriftenreihe des Hauses der Stadtgeschichte 2), S. 13–27. Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Von einer Freundin derselben aus Original=Papieren und andern zuverläßigen Quellen gezogen. Hrsg. von C. M. Wieland. 2 Theile. Leipzig 1771. Pomona für Teutschland Töchter. Speyer 1783/84. Hrsg. von Jürgen Vorderstemann. 4 Bde. München, London. New York 1987; Der Eigensinn der Liebe und Freundschaft: eine engländische Erzählung; nebst einer kleinen deutschen Liebesgeschichte aus dem Französischen übersetzt von Sophie von La Roche. Nachdruck der Ausgabe Zürich 1778. Eschborn 1992; Geschichte von Miss Lony und der schöne Bund von Sophie, Witwe von La Roche. Nachdruck der Ausgabe Gotha 1789. Eschborn 1992; Schattenrisse abgeschiedener Stunden in Offenbach, Weimar und Schönebeck im Jahr 1799. Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1800. 2. Auflage. Eschborn 1992. Zu Quellenarbeiten vgl. Jürgen Vorderstemann: Sophie von La Roche (1730– 1807). Eine Bibliographie. Mainz 1995.

Einleitung

3

(1903–1950).7 In beiden Publikationen bleibt indes die Darstellung der in Offenbach verlebten zwanzig Lebensjahre im Vergleich zu der Jugendzeit und Lebensmitte inhaltsarm.8 Sie beschreiben hervorstechende Ereignisse, wie die familiären Verluste (1788 starb Georg Michael Frank von La Roche, 1791 der jüngste Sohn Franz und 1793 die Tochter Maximiliane) und die unternommenen Reisen in die Schweiz, nach Driburg und Weimar. Als Quelle für die dort geschilderte Lebenswirklichkeit dienten die 1844 verfassten Erinnerungen der Enkelin Bettine Brentano9 an die in der Gartenstadt vor den Toren Frankfurts verlebten Jugendjahre. Auch wenn ein lebendiges Portrait der als phantasievoll und zugleich ehrwürdig geschilderten Großmutter gelang, so konnte deren produktivste Lebensperiode nicht angemessen erfasst worden sein. Es waren Eindrücke und Beobachtungen einer Halbwüchsigen, welche die Erwachsene stark bearbeitet wiedergab. Es ist zutreffend, dass Sophie von La Roche – gezwungen, mit schriftstellerischen Arbeiten ihren Lebensunterhalt zu verdienen – ihr letztes Domizil, das Haus in der Offenbacher Domstraße, selten verließ. Jedoch strömte ihr mit den täglichen Besuchern „viel text von allen seiten“10 zu. Ab 1789 waren es häufig Nachrichten von welthistorischer Bedeutung. Präzise Auskunft über Reflexionen, Kontakte, Aktivitäten und Pläne in dieser Zeit kann nur der epistolarische Nachlass geben. Weil erst ein geringer Teil davon erschlossen wurde und Recherchen in den Archiven zu diesem speziellen Thema unterblieben, ruht ein unvermuteter Reichtum bis heute im Verborgenen. Mangelnde Neugier und Forscherkreativität hatten zur Folge, dass Werner Milchs Vorstellung von der müde lächelnden alten Dame und Großmutter in Haus und Garten, welche vermutlich in Anlehnung an das unpolitische Frauenbild der Dreißiger Jahre entstand, sich nicht gänzlich auflösen wollte, und mit ihr hält sich das unscharfe, blasse Tableau der Offenbacher Jahre zählebig bis in die Gegenwart.11 7 8 9 10 11

Ludmilla Assing: Sophie von La Roche, die Freundin Wieland’s. Berlin 1859; Werner Milch: Sophie La Roche. Die Großmutter der Brentanos. Frankfurt am Main 1935. Sophie von La Roche wird in Handbüchern, Lexika etc. mit Artikeln unterschiedlicher Länge bedacht. Sie wird nicht erwähnt in Heinz Schlaffer: Die kurze Geschichte der deutschen Literatur. München 2002. Bettine von Arnim: Clemens Brentano’s Frühlingskranz aus Jugendbriefen ihm geflochten, wie er selbst schriftlich verlangte. Charlottenburg 1844. Brief 97 Zeile 13 f. Milchs Auffassung kulminiert in dem Satz „die Grillenhütte lag außer der Zeit“. (Sophie La Roche [1935], S. 247) Entsprechend ist Kapitel XIV betitelt „Die einsame alte Frau“. Im darauffolgenden Kapitel XV „Die Grossmutter“ heißt es: „Nun, im Jahre 1799, kam sie still und befriedigt aus Weimar und Oßmannstedt zurück, eine Greisin, die den Sinn des von ihr oft mißbrauchten Wortes: Resignation endlich begriffen hat.“ (S. 223); „Hier lebte Sophie. Zwar saß sie noch je-

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Einleitung

Zwar hatte Ludmilla Assing zum Leben in der Domstraße ebenso wenig beizutragen, doch lässt aufmerken, dass sie im Gegensatz zu Milch die ungebrochene geistige Präsenz und die wache Anteilnahme Sophie von La Roches am Zeitgeschehen bis an das Lebensende immer wieder betont,12 konnte sie doch Personen befragen, die jene persönlich gekannt hatten. Die Schlussworte lauten: „[S]ie verfolgte den Fortschritt des Jahrhunderts in allen seinen Abstufungen und Wandlungen. […] sie sah das deutsche Kaiserthum erlöschen, das französische erstehen, zuletzt den Sturz der Monarchie Friedrich’s [Schlacht von Jena und Auerstedt am 14. Oktober 1806, Anm. P.S.], – man kann wohl sagen, sie war die antheilvolle Zeugin eines großen Stückes Weltgeschichte.“13

Die dezidierte Charakterisierung durch die älteste La-Roche-Biographin ist gewissermaßen Richtungs- und Zielvorgabe in einem. Es ist hohe Zeit für einen Neuansatz in der Grundlagenforschung, denn das fragmentarische, schiefe Bild der alten Schriftstellerin wirkt mehr und mehr inadäquat. Seit dem Jubiläumsjahr 2007 wendet man sich in zunehmendem Maße den formalen, stilistischen Kriterien ihrer Texte zu und analysiert Polyperspektivität und innovative Schreibweisen, welche sich aus der La-Rochetypischen engen Verbindung zwischen gesprochenem Wort, Brief und literarischem Produkt ergeben.14 Was ihre Zeitbezogenheit in thematischer

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13 14

den Tag einige Stunden am Schreibtsch, dichtete Romane und Erinnerungen, blieb die Alte, sobald Besuch sie daran erinnerte, wer sie einst gewesen war; im Herzen aber war sie nichts als Großmutter.“ (S. 235); „Die Großmutter ahnte nichts von den Pflichten und Lebensformen, denen sich die Enkel unterstellen mußten; sie sprach von vergangenen Zeiten, als gelte noch jetzt, was einst in ihrer Jugend Geltung hatte.“ (S. 245) Assing: Sophie von La Roche (1859), S. 349: „In den ersten Tagen des Februars 1807 wurde sie von einer Krankheit befallen, die sie mit geduldiger Fassung ertrug, und in welcher sie sich ihre ganze Geisteskraft und Klarheit bewahrte.“ Anläßlich ihres Besuchs in Weimar 1799 bemerkte Karl August Böttiger: „Die neunundsechzigjährige Frau verbindet mit der lebhaftesten Phantasie ein außerordentliches treues und gehorsames Gedächtnis.“ (Literarische Zustände und Zeitgenossen in Schilderungen aus Karl Aug. Böttiger’s handschriftlichem Nachlasse. Herausgegeben von K. W. Böttiger, Hofrathe und Professor zu Erlangen. Erstes Bändchen. Leipzig 1838, S. 243) Auch die Autopsie ihrer letzten Briefe und Billette beweist, dass die Schreiberin bis zum Schluss bei klarem Verstand war und noch zwei Wochen vor ihrem Tod in der Lage, einen kleinen Zettel (6 cm mal 8 cm) mit dreizehn regelmäßigen Zeilen eng zu beschriften. (TSAG Geheimes Archiv EXIII C Nr. 6 vom 6. Februar 1807) Assing: Sophie von La Roche (1859), S. 363. Vgl. Wilfried Barner: Sophie von La Roche im Feld kosmopolitischer Literatur der späten Aufklärung. In: „Ach, wie wünschte ich mir Geld genug, um eine Professur zu stiften“. Sophie von La Roche im literarischen und kulturpoliti-

Einleitung

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Hinsicht betrifft, so lagen schon bald nach ihrer Wiederentdeckung Ergebnisse zur künstlerisch reflektierten Revolutionsproblematik ihrer Romane „Schönes Bild der Resignation“ und „Erscheinungen am See Oneida“ vor.15 Für die Interpretationen ihrer späten Werke und der literarhistorischen Positionierung innerhalb der Spätphase der Empfindsamkeit16 ist die tiefenscharfe Erfassung der Altersperiode wichtig und hilfreich, denn

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16

schen Feld von Aufklärung und Empfindsamkeit. Hrsg. von Gudrun LosterSchneider und Barbara Becker-Cantarino unter Mitarbeit von Bettina Wild. Tübingen 2010, S. 287–300, hier S. 27–44; Helga Meise: Hirnkinder. Gattungsvorgabe und hybride Schreibweise in Sophie von La Roches Pomona für Teutschlands Töchter. In: Monika Lippke, Matthias Luserke-Jaqui, Nikola Roßbach (Hrsg.): „bald zierliche Blumen – bald Nahrung des Verstands“. Lektüren zu Sophie von La Roche. Hannover 2008, S. 123–139; Helga Meise: „[…] wie sehr ich die Geschichte liebe“. Hybridisierung und Pfropfung in Sophie von La Roches „Pomona für Teutschlands Töchter“ am Beispiel ihres Bezuges auf die Geschichte. In: „Ich will keinem Mann nachtreten“. Sophie von La Roche und Bettine von Arnim. Hrsg. von Miriam Seidler und Mara Stuhlfauth. Frankfurt am Main 2013, S. 111–123; Patricia Sensch: „[…] thu einem Leidenden gutes so wirst du trost empfinden“. Sophie von La Roche zitiert aus Edward Youngs „Night Thoughts“. In: Helga Meise (Hrsg.): Sophie von La Roche. Le savoir de son temps. Reims 2013, S. 267–280. Vgl. Victor Lange: Empfindsame Abenteuer. Materialien zu Sophie La Roches Roman „Erscheinungen am See Oneida“. Hrsg. Von Eckhard Heftrich und Jean-Marie Valentin. In: Gallo-Germanica. Wechselwirkungen und Parallelen deutscher und französischer Literatur (18.–20. Jahrhundert). Nancy 1986, S. 47– 70; Helga Meise: Politisierung der Weiblichkeit oder Revolutionierung des Frauenromans? Deutsche Romanautorinnen und die Französische Revolution. In: Die Marseillaise der Weiber. Frauen, die Französische Revolution und ihre Rezeption. Hrsg. Inge Stephan, Sigrid Weigel. Hamburg 1989, S. 55–73; Mechthild Vahsen: Die Politisierung des weiblichen Geschlechts. Deutsche Romanautorinnen und die Französischen Revolution 1790–1820. Berlin 2000; Gudrun LosterSchneider: Sophie von La Roche als Feld-Pionierin des Amerika-Romans? In: Dies. u. Barbara Becker-Cantarino (Hrsg.): „Ach, wie wünschte ich mir Geld genug, um eine Professur zu stiften“. Sophie von La Roche im literarischen und kulturpolitischen Feld von Aufklärung und Empfindsamkeit. Unter Mitarbeit von Bettina Wild. Tübingen 2010, S. 190–209. Vgl. Gerhard Sauder: Empfindsamkeit. Bd. 1. Voraussetzungen und Elemente. Stuttgart 1974, Exkurs: Periodisierung der Empfindsamkeit Bd. 1,5, S. 234: „Für die allgemeine Tendenz ist der Gipfel 1773 erreicht – von diesem Jahr an wird der Vorwurf der Modekrankheit erhoben. Von der Mitte der 80er Jahre an häuften sich die Zeugnisse über ein Ende. 1790 stellten Kritiker den Schluß einer Periode fest. Doch erlebt die Empfindsamkeit mit der zweiten Welle der SterneRezeption in der Mitte der 90er Jahre einen letzten Aufschwung, um dann romantisch adaptiert, von Epigonen trivialisiert und im Biedermeier sentimental popularisiert zu werden.“

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Einleitung

sie geht, von der Klärung biographischer Umstände abgesehen, mit einer weitreichenden Korrektur bzw. Differenzierung der bisher konstatierten geistigen und politischen Standpunkte einher. Die Neuerschließung ihrer Briefe an einen engvertrauten Altersfreund aus den Jahren 1788 bis 1806 unternimmt einen Vorstoß in diese Richtung. Sie sollen im übernächsten Abschnitt vorgestellt werden. Zunächst folgt ein kritischer Kommentar zu jenen Druckfassungen von Briefen, aus denen vorzugsweise zitiert wird.

0.1 Forschungsstand der Sophie von La Roche-Briefe Die ‚dringenden Desiderate‘, die häufig als Coda literaturwissenschaftlicher Beiträge zu Sophie von La Roche erscheinen, sprechen es aus: Der auf dem Gebiet gegenwärtig erreichte Forschungsstand wird dem Kommunikationsnetzwerk einer kosmopolitisch agierenden Autorin nicht annähernd gerecht. Die Archivarbeit ist in ihrem Fall besonders zeitaufwendig und kostenintensiv, da sich ihre Briefe und Nachlässe über 36 Orte verstreut finden. Jürgen Vorderstemann gab mit seinem Bestandsnachweis aller Nachlässe und Autographen 1995 erstmals einen verlässlichen Überblick.17 Jeder einzelne Brief ist in „Kalliope“, der digitalen Datenbank der Zentralkartei der Autographen der Staatsbibliothek zu Berlin, erfasst, die sich aus der 1966 gegründeten Zentralkartei der Autographen (ZKA) entwickelt hatte.18 Die Folgeschritte der Sichtung, Ordnung, Aufarbeitung und der Einbeziehung der Nachträge der La-Roche-Materialien unterblieben indessen. An dieser Stelle können nicht die Druckfassungen vereinzelter Briefe betrachtet werden, bei denen allesamt kritische Editionsformen nicht zur Anwendung kamen.19 Nur ihre an literarische Größen wie Christoph Martin Wieland, Johann Wolfgang von Goethe, Johann Heinrich Merck oder Karl Viktor von Bonstetten gerichteten Briefe bilden die Ausnahmen. Hier kann die Autorin vom Editionsstandard ihrer männlichen Schriftstellerkollegen profitieren. Kritisch geprüft werden sollen die Druckwiedergaben dreier Korrespondenzen und ein Briefsammelband, aus welchen vornehmlich zitiert wird. Sie repräsentieren so etwas wie die gegenwärtige kanonische Zustandssumme der Sophie von La RocheBriefe.

17 18 19

Vorderstemann: Sophie von La Roche – Bibliographie (1995). Der deutsche Verbund zur Katalogisierung von Nachlässen und Autographen steht im Internet unter www.kalliope-portal.de. Die Erfassung der Briefe von Sophie von La Roche ist nicht auf dem neuesten Stand. Vorderstemann: Sophie von La Roche Bibliographie (1995), S. 12–18.

0.1 Forschungsstand der Sophie von La Roche-Briefe

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Ihre siebzig Briefe an Bernhard Crespel aus den Jahren 1775 bis 1782 erschienen 1914 in deutscher und französischer Sprache in dem Band „Bernhard Crespel, Goethes Jugendfreund“. Der Autor und Herausgeber Gottfried Wilhelm Hertz behält die Orthographie und eigenwillige Interpunktion der Originale bei. Er unterscheidet zwischen Fraktur und der lateinischen Schreibschrift, in welcher die französischen Briefpassagen geschrieben wurden. Obwohl der Zeilenumbruch nicht markiert wird, sind die Briefinhalte aufgrund eines großzügigen Druckbildes einwandfrei zu erfassen. Große Zeilenabstände, breite Spatien und lange Gedankenstriche, wie sie das Original aufweist, spielen dabei die entscheidende Rolle.20 Aus dem Konvolut von 328 Briefen, die Sophie von La Roche in den Jahren 1787 bis 1807 an die Gräfin Elisabeth (Elise) zu Solms-Laubach (1753–1829) richtete, erschienen 1965 etwa zwei Drittel in gedruckter Fassung.21 Etliche Briefe werden dabei aber nur in Auszügen und ohne Anrede wiedergegeben. Die Auswahlkriterien des Herausgebers Kurt Kampf sind unverständlich und aus editionsphilologischer Perspektive höchst bedenklich. Sein Vorwort, in dem er den Charakter der Briefschreiberin, den Inhalt der Briefe, Orthographie und Schrift schulmeisterlich lobt und tadelt, ist nicht geeignet, Vertrauen in sein Textverständnis aufkommen zu lassen. Zu kritisieren ist letztlich nicht die fünfzig Jahre alte Publikation des Offenbacher Geschichtsvereins, die eindeutig vor lokalgeschichtlichem Hintergrund entstanden war, sondern die Tatsache, dass man sich mit den Kampfschen Auszügen begnügt und sie in den Rang einer Textgrundlage erhebt. Die im Offenbacher Stadtarchiv aufbewahrten Originale harren also nach wie vor ihrer Entdeckung und einer fachgerechten Bearbeitung.22 Michael Maurer stellte 1983 einen Band von 345 Briefen unter dem Titel „Sophie von La Roche, Ich bin mehr Herz als Kopf, Ein Lebensbild in Briefen“ zusammen.23 Mit der Transkribierung vieler unbekannter Briefe war ein facettenreiches Portrait entstanden, das das Interesse an der Schreiberin zu wecken und zu steigern vermochte. Die Auswahl kann indessen keinen Begriff von der Bedeutung und Entwicklung der jeweiligen Bezie20 21 22 23

Gottfried Wilhelm Hertz: Bernhard Crespel. Goethes Jugendfreund. Nach ungedruckten Briefen und Urkunden aus dem Frankfurter Goethekreis. München 1914, S. 139–176 u. S. 263–266. Kurt Kampf (Hrsg.): Sophie La Roche. Ihre Briefe an die Gräfin Elise zu SolmsLaubach 1887–1807. Herausgegeben vom Offenbacher Geschichtsverein. Offenbach 1965. In der Edition der Petersen-Briefe wird nach den Originalen im SAO zitiert, gegebenenfalls erfolgt der Hinweis auf Kampf. Verweise auf Maurer beziehen sich auf die 2., durchgesehene Auflage von 1985.

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Einleitung

hung geben. Biographische Zusammenhänge und Zwischentöne werden nicht deutlich. Die Briefstellen in französischer Sprache erscheinen in deutscher Übersetzung. Orthographie und Interpunktion wurden verändert. Es ist verständlich, dass die La-Roche-Forschung bei der Suche nach passenden Belegen gerne auf das verlockend reichhaltige Florilegium an Briefen zurückgreift. Aus den genannten Gründen eignen sich die mit zahlreichen Fehlern behafteten Übertragungen aber nicht als Arbeitsgrundlage. Die Transkription der acht Briefe an Sophie Gräfin zu Solms-Laubach (1771–1807), Tochter der oben genannten Gräfin Elisabeth, stellt 2007 den einzigen quellenkundlichen Beitrag zur 200. Wiederkehr ihres Todesjahrs dar.24 Im Hinblick auf die Menge der unerforschten Korrespondenzen ist er allerdings nicht mehr als ein Almosen, ein ‚douceur‘, wie man im 18. Jahrhundert sagen würde. Die von Julia Bastian besorgte Erstedition mit Einführung und Stellenkommentar stellt dennoch einen kleinen Schritt nach vorn dar. Hier wurden Orthographie, Interpunktion, Zeilenund Seitenumbruch des Originals erstmalig beachtet. Worte und Textpassagen in lateinischer Schrift erscheinen kursiv. Die Briefe sind ohne jeden Eingriff aufgrund des eingehaltenen Zeilenumbruchs sehr gut lesbar. Die Editorin geht allerdings nicht so weit, die Zeilenanordnung mimetisch wiederzugeben – sie erscheinen linksbündig. Die von Ulrike Leuschner und Helga Meise 2013 herausgegebenen, aus dem Französischen übersetzten und ausführlich kommentierten neun Briefe Sophie von La Roches an Karoline Luise Riedesel zu Eisenach, geb. von Seckendorff-Aberdar (1751–1805) erschließen einen neuen Personenkreis der Schriftstellerin. „Die Wiedergabe erfolgt zeichengetreu, normiert ist lediglich die im Original unregelmäßige Gestaltung der Absätze. Seitenumbrüche sind im französischen Original durch Haarstriche | gekennzeichnet, der Zeilenfall wurde ignoriert.“25 Abschließend ist zu sagen, dass der Schriftstellerin die philologische Kärrnerarbeit nicht länger verweigert werden darf, wächst andernfalls doch die Gefahr, dass sich ein ‚Zitatenkarussell‘ zu drehen beginnt, was jeder hermeneutischen Bemühung abträglich sein muss. Die aus dem Zu24

25

Julia Bastian: Sophie von La Roches Briefe an Sophie Gräfin zu SolmsRödelheim und Assenheim. In: Jürgen Eichenauer (Hrsg.): Sophie von La Roche (1730–1807). Schriftstellerin der Empfindsamkeit. Katalog der Ausstellung im Haus der Stadtgeschichte Offenbach vom 21. Oktober bis 6. Januar. Weimar 2007, S. 277–290. Vgl. die Editorischen Vorbemerkungen zu den PetersenBriefen. Ulrike Leuschner und Helga Meise: Neun unbekannte Briefe von Sophie von La Roche an Karoline Luise Riedesel zu Eisenach. In: Helga Meise (Hrsg.): Sophie von La Roche. Le savoir de son temps. Université de Reims ChampagneArdenne 2013, S. 305–355, hier 307.

0.2 Erschließung einer neuen Quelle

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sammenhang gerissenen Briefstellen können zu stereotypen, unklaren oder falschen Ergebnissen führen. Ihre Interpretation hat vor dem Hintergrund der zu erforschenden persönlichen Beziehung zu erfolgen.

0.2 Erschließung einer neuen Quelle Die vollständige Erschließung des zweitgrößten und weitgehend unerforschten Briefkonvoluts der Autorin an ihren Freund Petersen öffnet Türen zu unbekannten biographischen Räumen. Die Schreiben entstanden in den in Offenbach verlebten Jahren von 1788 bis 1806 und sind somit zeitgleich mit den an die Gräfin Elisabeth zu Solms-Laubach gerichteten Briefen entstanden. Die Neuidentifizierung des Briefempfängers stellt ein erstes überraschendes Ergebnis dar, denn in der Literaturwissenschaft geschieht es selten, dass ein intimer Altersfreund einer literarischen Größe über einen langen Zeitraum gänzlich unbekannt bleibt. Zwei Brüder wurden bei der archivalischen Behandlung der Briefe verwechselt. Dass man den Irrtum jahrzehntelang nicht aufgedeckt hat, obwohl die unmissverständlichen Titulierungen auf den Umschlägen und zahlreiche Briefstellen Hinweise geben, darf als ein grober ‚Fahndungsfehler‘ bezeichnet werden. Allerdings konnte auch der irrtümlich angenommene Empfänger nicht das Interesse der Forschung auf sich ziehen.26 Die Briefe waren an den Juristen und Pädagogen Johann Friedrich Christian Petersen (1753–1827) gerichtet, der ab 1782 als Prinzenerzieher am Hof des Landgrafen von Hessen-Darmstadt diente. Mit dem dreiundzwanzig Jahre jüngeren, hochgebildeten, literarisch interessierten Junggesellen pflegte Sophie von La Roche, seit sie in der Isenburger Residenzstadt Offenbach lebte, einen intensiven mündlichen und schriftlichen Gedankenaustausch über Literatur, bildende Kunst, Musik, Pädagogik, Reisen, Politik und gesellschaftliche Ereignisse. Da seine Antwortbriefe nicht vorhanden sind und die Quellenlage äußerst dürftig ist, stellte die ‚Wiederbelebung‘ seiner Person und Rekonstruktion seiner Ansichten eine reizvolle detektivische Herausforderung dar. Dank einer privilegierten Stellung konnte er der Offenbacher Freundin in Zeiten finanzieller Not nützlich sein, wenngleich die eigene Existenz in vielerlei Hinsicht nicht minder problematisch war. Wie sein Bruder, der Hofprediger Georg Wilhelm Petersen, sah er sich fortwährend von den am Hof rivalisierenden Parteien unter Druck gesetzt. Die Briefpartner verfolgten deren Machtwechsel ebenso aufmerksam wie den Überlebenskampf anderer kleiner Territorialstaaten unter den 26

Siehe Gudrun Loster-Schneider: Sophie La Roche. Paradoxien weiblichen Schreibens im 18. Jahrhundert. Tübingen 1995, S. 296.

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Einleitung

Großmächten Preußen, Österreich und Frankreich und den Zerfallsprozess des Reichs. Es zeigt sich, dass nicht nur der Briefempfänger, sondern auch die Briefschreiberin eine politisch aktive Rolle spielte – eine Terra incognita in deren bisher bekanntem biographischen Kosmos.

0.3 Die Verfasserin der Briefe Der Leser, der bereits einen Eindruck von der Persönlichkeit der Schriftstellerin gewonnen hat, erfährt bei der Lektüre der Petersen-Briefe keine Überraschungen. Von ihrem Charakter geht etwas Oszillierendes aus. Gegensätzliche Züge finden sich darin vereint: Feenhafte Phantasie mit pragmatischem Realismus, Raffinesse und Schmeichelkunst mit festen Grundsätzen, narzisstische Züge mit Hilfsbereitschaft, seichte Sentimentalität mit Witz. Eine Wertung ist nicht angebracht, vielmehr stellt sich die Frage, ob ein gradlinig strukturierter Charakter überhaupt die Empathie und die Neugierde aufgebracht hätte, feinste Gefühlsregungen anderer Menschen aus Mienen, Worten, Briefen oder deren Buchanstreichungen abzulesen, wie sie es vermochte. Von entscheidender Bedeutung für die junge Ehefrau waren ihre Aufenthalte am kurfürstlichen Hof von Mainz und in Schloss Warthausen bei Biberach, wo sie die französische Gesellschaftskultur in sich aufnahm und verinnerlichte. Das Bild der weltgewandten, gebildeten Dame prägte ihren Lebensentwurf. Im Paris der „lumières“ lebten die weithin berühmten Vorbilder. Zu nennen ist beispielsweise Marie-Thérèse Geoffrin (1699– 1777), Marie-Anne Marquise du Deffand (1697–1780) oder Suzanne Necker (1737–1794). Ihre Häuser und Wohnungen bildeten entscheidende Institutionen der Wissensvermittlung und kritischen Kunstbetrachtung. Zwei Generationen später zeigte das restaurative Frankreich für diese einflussreichen Frauen des 18. Jahrhunderts erneut Interesse. „La Femme au dix-huitième siècle“ (1862)27 und „Galerie de femmes célèbres“ (1862)28 lauten die Werktitel von Charles-Augustin Sainte-Beuve und der Brüder Jules und Edmond de Goncourt. Darin kommen die zahlreichen Fähigkeiten und Talente zur Sprache, deren es bedurfte, um im Zentrum einer geistvollen Gesellschaft zu stehen. Neben einer umfassenden Bildung, Belesenheit und geschliffenen Diktion gehörte dazu das diplomatische Geschick, die Gäste und ihre oft kontroversen Gespräche zu lenken, neue Geister zu rekrutieren und in den Zirkel einzugliedern, Talente zu 27 28

Edmond und Jules de Goncourt: La Femme au dix-huitième siècle. Paris 1862. Charles-Augustin Sainte-Beuve: Galerie de femmes célèbres, tirée des Causeries du lundi. Paris 1862; ders.: Nouvelle Galerie de femmes célèbres, tirée des Causeries du lundi. Paris 1865.

0.3 Die Verfasserin der Briefe

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erkennen und zu fördern, Kunstwerke zu initiieren und Mildtätigkeit auszuüben. Aus diesem Katalog gesellschaftlicher und intellektueller Kompetenzen hatte Sophie von La Roche vieles aufgenommen und eindrucksvoll verkörpert,29 doch konnte sie weder in Ehrenbreitstein noch in Speyer jemals die beherrschende Rolle einer Salonnière ausüben. Vielleicht erfüllte das immense Netzwerk ihrer Korrespondenten als ‚virtueller Salon‘ eine Art Ersatzfunktion. Als Vorbild bei ihren Bemühungen um die Erziehung des hessen-darmstädtischen Erbprinzen Louis30 dürfte die bereits genannte Madame Geoffrin gedient haben. Deren mütterlich zärtliche Beziehung zu dem jungen polnischen König Stanislaus-Auguste Poniatowski (1732– 1798) war der kultivierten Welt in ganz Europa bekannt.31 Im Gegensatz zu der Französin, die darauf achtete, dass ihre kommerziellen Interessen als Unternehmerin mit dem gesellschaftlichen Comment harmonisierten, führte Sophie von La Roches berechnendes Verhalten öfters zu Konflikten. Ihr hohes Einfühlungsvermögen ging durchaus nicht immer mit einer sensiblen, rücksichtsvollen Behandlung der anderen einher. Die Tochter Maximiliane übte 1787 mit Blick auf den von Schlaganfällen gezeichneten Vater einem gemeinsamen Freund gegenüber Kritik an der Reisetätigkeit ihrer Mutter: „[I]hr Vater sey von ihrer Mutter nie geliebt worden. U. s. w.“32 Auch nahestehende Freunde wie Hofrat Johann Bernhard Crespel33 und Johann Friedrich Christian Petersen34 äußerten Missfallen an der Art, wie Sophie von La Roche sie für die eigenen Zwecke zu manipulieren versuchte. Dass ihr zielstrebiger Pragmatismus bisweilen zu einem Schachern um Belohnung und Dankbarkeit herabsank, war nicht etwa durch die Angst begründet, während der Kriegswirren zu verarmen. Bereits in Friedenszeiten sieht man sie in Machenschaften verstrickt, die sie selbst treffend als „falsches mic mac“35 bezeichnet. Chris29 30 31 32

33 34 35

Siehe Brief 125 Komm. zu Zeile 86 f. Siehe Kapitel 4. Maison de Chateaubriand (Hrsg.): Madame Geoffrin, une femme d’affaires et d’esprit. Paris 2011, S. 39–45. „Heute Vormittag besuchte ich endlich Madame Brentano, auf ihre Einladung allein. Herr Leuchsenring gefällt ihr nicht. Ihre Mutter gefällt ihr auch nicht! An dieser letzteren mißfällt ihr am meisten das Reisen. Sie meint, ihr Vater sey von ihrer Mutter nie geliebt worden. U. s. w.“ Johann Joachim Christoph Bode: Journal von einer Reise von Weimar nach Frankreich im Jahr 1787. Hrsg. sowie mit einer Einleitung, Anmerkungen, einem Register und einem dokumentarischen Anhang versehen von Hermann Schüttler. Neuwied 1994, S. 168. Gottfried Wilhelm Hertz: Bernhard Crespel. Goethes Jugendfreund. Nach ungedruckten Briefen und Urkunden aus dem Frankfurter Goethekreis. München 1914, S. 135–137. Brief 52 Zeile 2–10. Brief 43 Zeile 41.

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Einleitung

toph Martin Wieland, der zu seiner ehemaligen Verlobten lebenslang Verbindung hielt, konnte das nicht verborgen bleiben. Dem Dichter Friedrich von Matthisson gegenüber bezeichnet er sie einmal als „moralisches Unding – mit moralischen Farben überklext“36. Bei einer anderen Gelegenheit bemerkte er, „[e]s fehle ihr […] durchaus an Takt und Menschenkenntnis, ob sie gleich vierzig Jahre mit Menschen aus den obersten Ständen umgegangen ist“37. Johann Heinrich Merck stellte 1772 zu Beginn ihrer Freundschaft fest: „Ein energischer Mensch, diese Frau La Roche, ich habe schon bemerkt, daß gegen sie nicht anzukommen ist.“38 Bei auffallend widersprüchlicher Beurteilung bleibt diese energetische Kraft, die von ihrer Persönlichkeit ausging, als gemeinsamer Nenner bestehen. In ihren Briefen hat sie sich spürbar erhalten.

0.4 Kapitelübersicht Um den Kontext der edierten und kommentierten Briefe vollständig verstehen zu können, müssen folgende Themen in dieser Einleitung ausführlich behandelt werden: In Kapitel 1 werden Briefkonvolut, Reihenfolge, Überlieferung, Materialien, Zustellung der Briefe und Verbleib der Gegenbriefe erörtert. Es enthält ferner die brieftheoretische Einordnung und eine Übersicht über die Briefinhalte. Kapitel 2 beinhaltet den Lebenslauf des Briefpartners Johann Friedrich Christian Petersen, seine Stellung in der literaturwissenschaftlichen und historischen Forschung und die wechselseitige Beziehung der Briefpartner. Es enthält Kurzbiographien der fünf akademisch gebildeten Brü36

37

38

„[I]ch weiß nicht wie wir zuletzt auf die la Roche kamen. Wieland ist sehr unzufrieden mit ihr. Er nennt sie ein moralisches Unding – .“ Friedrich von Matthisson: Das Stammbuch Friedrich von Matthissons. Faksimile, Transkription und Kommentar. Hrsg., kommentiert und mit einem Nachwort versehen von Erich Wege, Doris und Peter Walser-Wilhelm sowie Christine Hollinger in Zusammenarbeit mit Bonstettiana, Archiv und Edition sowie der Anhaltischen Landesbücherei Dessau. Göttingen 2007, S. 177. Siehe Brief 77 Komm. zu Zeile 5– 7. Karl August Böttiger: Literarische Zustände und Zeitgenossen in Schilderungen aus Karl Böttiger’s handschriftlichem Nachlasse. Herausgegeben von K. W. Böttiger, Hofrathe und Professor zu Erlangen. Erstes Bändchen. Leipzig 1838, S. 247. Zitiert nach Milch: Sophie La Roche (1935), S. 102. Zur problematischen Charaktererfassung Sophie von La Roches vgl. Christine Touaillon: Der deutsche Frauenroman des 18. Jahrhunderts. Wien, Leipzig 1919, S. 69; Loster-Schneider: Sophie La Roche (1995), S. 54 f.

0.4 Kapitelübersicht

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der des Briefempfängers, die allesamt Stellungen an Höfen im Südwesten Deutschlands innehatten. In Kapitel 3 werden die Haltungen der Briefkorrespondenten zur Innen- und Außenpolitik des Territorialstaates Hessen-Darmstadt unter den Landgrafen Ludwig IX. und Ludwig X. analysiert bzw. rekonstruiert sowie Einblicke in die wechselnden Machtverhältnisse der Hofparteien gegeben. Kapitel 4 stellt Erziehung und Lebenslauf des Erbprinzen Louis von Hessen-Darmstadt vor. Es geht den Spuren einer Prägung nach, welche die Enkelin Bettine Brentano im Offenbacher Haus ihrer Großmutter empfing. Sophie von La Roche arbeitete an der Realisierung einer Heirat zwischen dem Neffen des hessen-darmstädtischen Landgrafen und einer braunschweigischen Prinzessin. Dieses langwierige Projekt wie auch ihr Plan einer Verbindung des Prinzen Louis von Hessen-Darmstadt mit der englischen Königstochter Amelia sind die Themen von Kapitel 5. Ihre Bemühungen, zum Ende des 18. Jahrhunderts ein Geschichtsmodell aus der Lektüre geschichtsphilosophischer Werke zu erstellen, werden in Kapitel 6 nachgezeichnet. Kapitel 7 zeigt anhand aufgelisteter Briefstellen und historischer Eckdaten, wie die Briefpartner den Zusammenbruch des Reichs verfolgten. Kapitel 8 unternimmt eine politische Standortbestimmung Sophie von La Roches in nachrevolutionärer Zeit. Die Schlussbemerkung beantwortet noch einmal die Frage der Zeitbezogenheit der alten Sophie von La Roche. Die zur Textwiedergabe überleitenden Editorischen Vorbemerkungen sprechen die Schreibweise der Briefe und Probleme der Textwiedergabe an.

1 Das Briefkonvolut 1.1 Neuidentifizierung des Briefpartners Petersen Gegenstand der Untersuchung sind 194 Briefe der Schriftstellerin Sophie von La Roche aus den Jahren 1788−1806, die im Freien Deutschen Hochstift in Frankfurt am Main aufbewahrt werden. Sie sind an „Herrn Hofrath Petersen“, „Monsieur Petersen Conseiller de la Regence“, bzw. „Conseiller Intime Petersen“ in Darmstadt gerichtet. Das Briefkonvolut wurde vom Hochstift 1939 von einer Brentano-Nachfahrin erworben. Bei der Identifizierung des Empfängers kam es bei der archivalischen Behandlung der Einlieferung zu einem Irrtum, der auch von den Literaturwissenschaftlern, welche die drei Kästen in der Folge inspizierten, nicht bemerkt wurde.1 Zwar fehlt auf den erhaltenen Umschlägen der Vorname, allein die deutschen und französischen Titulierungen weisen deutlich darauf hin, dass es sich hierbei nicht um den angegebenen Theologen und Hofprediger Georg Wilhelm Petersen (1744−1816) handeln kann, der zu diesem Zeitpunkt als Kirchen- und Schulrat in Darmstadt fungierte. Der Empfänger ist vielmehr sein jüngerer Bruder, der Geheimrat und spätere Regierungsrat Johann Friedrich Christian Petersen (1753−1827), der dem hessen-darmstädtischen Fürstenhaus ab 1782 als Erzieher des Erbprinzen Ludwig (1777−1848) diente. Bereits der erste Brief des Konvoluts2 weist auf die Anwesenheit zweier Brüder am Hof von Darmstadt hin. Sophie von La Roche wendet sich darin ausnahmsweise an beide Brüder: „theure Edle Freunde Petersen!“3 Offensichtlich wurde auch in dem Brief vom 20. Juni 1798 der Satz „Ihr Herr bruder soll herkommen! Den H Hofprediger mein ich“ überlesen.4 Die unterlaufene Verwechslung hatte möglicherweise auch deshalb Bestand, weil Georg Wilhelm Petersen bis 1775 dort ebenfalls als Prinzenerzieher tätig gewesen war. Seine Zöglinge gehörten jedoch der vorhergehenden Generation an. Sie waren die Onkel des Prin1 2 3 4

Siehe Patricia Sensch: Johann Friedrich Christian Petersen – unbekannter Briefpartner Sophie von La Roches. In: Claudia Bamberg: Sophie von La Roche. Mit einem Beitrag von Patricia Sensch. Frankfurt am Main 2007, S. 129−134. Brief 1 (29. September 1788). Brief 1 Zeile 2f.: „theure Edle Freunde Petersen!“ u. Zeile 8: „Sie würdige Brüder“. Brief 114 Zeile 42f.; siehe auch Brief 61 Zeile 7f. u. Brief 83 Zeile 70.

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1 Das Briefkonvolut

zen Ludwig von Hessen-Darmstadt.5 Lediglich Sophie von La Roches Brief vom 29. Oktober 1801 ist in der Tat an den Hofprediger Georg Wilhelm gerichtet. Darin erkundigt sich Sophie von La Roche besorgt nach dem Verbleib seines Bruders Johann Friedrich Christian.6 Bedauerlicherweise blieben die Gegenbriefe des Prinzenerziehers trotz intensiver Suche verschollen. Vermutlich hatte ihm Luise von Möhn seine Briefschaften nach dem Tod ihrer Mutter 1807 zurückgeschickt. Bei einer so zurückhaltenden Person, wie es Petersen allem Anschein nach gewesen ist, kommt in Betracht, dass er sie vernichtet hat. Auf welche Weise und zu welchem Zeitpunkt Petersen die Briefe seiner Offenbacher Freundin an deren Nachfahren übergeben hat, konnte nicht ermittelt werden.

1.2 Chronologische Reihenfolge und Überlieferung der Briefe Die ursprüngliche, chronologische Reihenfolge der Schreiben war nicht mehr gegeben, als sie in den Besitz des Freien Deutschen Hochstifts gelangten. In dieser Erstedition sind die 21 bisher undatierten Briefe bis auf eine Ausnahme zeitlich eingeordnet worden. Zu dem im Freien Deutschen Hochstift bewahrten Konvolut kommt jeweils ein Sophie von La Roche-Brief aus dem Goethe- und Schiller-Archiv in Weimar und aus dem Stadtarchiv Offenbach hinzu. Beide sind zweifelsfrei an Johann Friedrich Christian Petersen gerichtet.7 La Roches Briefe an ihn sind damit keinesfalls vollständig erfasst, es bestehen Unterbrechungen von mehreren Monaten.8 Wahrscheinlich hatte der Empfänger die Briefe einer Sichtung unterzogen, bevor er sie in die Hände eines Mitgliedes der Familie Brentano gab. Brief 128 zeigt starke Knitterspuren und einen Abriss am linken Seitenrand, der eindeutig nicht beim Öffnen des Siegels entstanden sein konnte. Aus den stehengebliebenen Wort- und Satzfragmenten geht hervor, dass hier Textstellen getilgt wurden, die ein allzu schwärmerisches 5 6

7

8

Friedrich Ludwig (1759−1802) u. Christian (1763−1830) von HessenDarmstadt. Dieses Billett (FDH, Sig. Hs-6540) erhält in der Edition keine Briefnummer. Der volle Wortlaut erscheint im Kommentar zu ihrem Brief an den Prinzenerzieher, mit dem die unterbrochene Korrespondenz wieder aufgenommen wird (Brief 150 Komm. zu Zeile 10). Bei dem ersten Brief wurde der Adressat fälschlich mit Georg Wilhelm Petersen angegeben, bei dem zweiten wurde der Empfänger vonseiten des Archivs nicht identifiziert. Beide erscheinen im Anschluss an das Briefkonvolut. Sie tragen die römischen Ziffern I bzw. II. So nimmt Sophie von La Roche in ihrem Brief vom 6. September 1805 beispielsweise Bezug auf ein Schreiben, das nicht überliefert ist (Brief 174 Zeile 9f.).

1.4 Briefzustellung

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Lob seiner Freundschaft und seiner Person enthielten. Der auf diese Weise zensierte Brief erschien ihm aber offenbar doch als erhaltenswert.

1.3 Briefmaterialien Sophie von La Roches Schreiben weisen unterschiedliche Formate auf – vom gefalteten Doppelblatt bis zum zurechtgeschnittenen Zettel. Sie benutzte durchgängig gelblich weißes, geripptes Büttenschreibpapier (‚papier vergé‘) und eine schwarzbraune Tinte. Einige Blätter tragen das Wasserzeichen der größten holländischen Papiermühle „J. Honig & Zoonen“ mit dem gekrönten Posthornwappen. Abgesehen von der altersbedingten Vergilbung befinden sich die Briefe in einem guten Zustand. Auf den erhaltenen Umschlägen, bzw. Rückseiten der beschriebenen Blätter, die zum Umschlag gefaltet wurden, sind in einigen Fällen die roten und schwarzen Siegel erhalten. Sie zeigen das Allianzwappen der Familien La Roche und Gutermann oder Sophie von La Roches Initialen.9

1.4 Briefzustellung Die Beförderung von Sophie von La Roches Briefen an Petersen nach Darmstadt erfolgte in der Regel von der Offenbacher Poststelle aus. Ein Bote brachte die Sendungen zum Postamt nach Frankfurt am Main, von wo sie mit dem kaiserlichen Postwagen nach Darmstadt abgingen.10 Dem Hessen-Darmstädtischen Staatskalender vom Jahr 1796 ist auf S. 317 zu entnehmen, dass die hessen-darmstädtische Briefpost am Montag und Donnerstag von Gießen kommend zwischen sieben und acht Uhr morgens in Frankfurt im „Darmstädter Hof“ auf der Zeil Station machte und von dort den Weg nach Darmstadt nahm. Zur damaligen Zeit konnte das Porto auf zweierlei Art bezahlt werden. Bei dem sogenannten „Taxbrief“ bezahlte der Empfänger die Gebühr, die der Postmeister des Aufgabepostamtes auf die Vorderseite des Briefs neben die Adresse notiert hatte. Der „Francobrief“ hingegen wurde vom Absender auf dem Postamt bezahlt und erhielt auf der Vorderseite ein Francokreuz oder einen Stempel („Franco“), die anzeigten, dass der Empfänger nichts mehr zu zahlen hatte. Vermerke über die Taxierung des 9 10

Von den zahlreichen erwähnten Einschlüssen und Beigaben ihrer Briefe sind lediglich drei überliefert, deren Verbleib im jeweiligen Zeilenkommentar vermerkt ist. Siehe Brief 115 Zeile 23f.: „unßer bott nach Frankfurt ist schon da“.

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1 Das Briefkonvolut

Briefs nach Gewicht und Entfernung erfolgte auf der Rückseite neben dem Absender. Bisweilen brachten reitende Eilboten („expressen“) ihre Briefsendung auf direktem Weg nach Darmstadt.11 Auch Freunde oder Bekannte dienten als Überbringer der Briefe und Beigaben. Dazu zählte der in Offenbach ansässige Fabrikant van Amerongen, der seinen in hessen-darmstädtischen Militärdiensten stehenden Sohn besuchte und dabei die Sendung im Residenzschloss abgeben und gegebenenfalls Antworten retour bringen konnte.12

1.5 Einordnung der Briefe in die zeitgenössischen Brieftheorien Zur Mitte des 18. Jahrhunderts bemühten sich Frauen aus bürgerlichen Schichten, den steifen, unpersönlichen oder zeremoniellen Schreibstil ihrer Briefe zugunsten einer ‚natürlichen‘ Schreibweise zu verbessern,13 die sich durch Lebendigkeit und Vielfältigkeit des Ausdrucks auszeichnete. Dazu bot ihnen die führende zeitgenössische Brieflehre Christian Fürchtegott Gellerts von 1751 die Beispiele.14 Sophie von La Roche war zu diesem Zeitpunkt ihres Lebens nicht auf einen Briefsteller angewiesen. Als junge Ehefrau bewegte sie sich im familiären Umkreis des VoltaireVerehrers Friedrich Anton Heinrich Graf Stadion (1691−1768) am kurfürstlichen Hof zu Mainz und auf Schloss Warthausen bei Biberach. Ihre in Deutsch und Französisch abgefassten Briefe an ihren Vetter Christoph Martin Wieland aus dieser Lebensperiode beweisen, dass sie den Ton, wie ihn eine gebildete Adlige des Ancien Régime in ihrer intimen Korrespondenz anschlug, beherrschte.15 Leitkultur für die höfischen Kreise war Frankreich, wo schon im 17. Jahrhundert die „unter hocharistokratischem Einfluß durchgedrungene Akzentuierung der Nachlässigkeit, der Vertrau-

11 12 13 14 15

Brief 91 Zeile 28. Siehe Brief 159 Zeile 14. Karin Scheffer: Briefkultur des 18. Jahrhunderts. Medialität und Freundschaft. München 2007, S. 34f. Christian Fürchtegott Gellert: Briefe, nebst einer praktischen Abhandlung von dem guten Geschmacke in Briefen. Leipzig 1751, S. 78f. [Christoph Martin Wieland:] Wielands Briefwechsel. Hrsg. Von der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Institut für deutsche Sprache und Literatur (seit 1968: durch Hans Werner Seiffert; ab 1795: Hrsg. von der Akademie der Wissenschaften der DDR durch Hans Werner Seiffert; ab 1990: Hrsg. von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften durch Siegfried Scheibe. 19 Bde. Berlin 1963−2007, hier Bd. 3 (1975).

1.6 Briefinhalte

19

lichkeit“ in der Briefgattung der ‚lettres familières‘ anzutreffen war.16 Als Musterbriefe galten damals die Schreiben der Marquise de Sévigné an ihre Tochter, die dreißig Jahre nach ihrem Tod 1726 veröffentlicht wurden.17 Auch Gellert bezieht sich in seiner Brieflehre auf den vorbildlichen Plauderton der französischen Frauenbriefe einer Sévigné, Ninon de Lenclos oder Marquise de Lambert, die in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts auch in deutscher Sprache vorlagen.18

1.6 Briefinhalte Sophie von La Roches Schreiben an Petersen sind privater Natur. Sie waren nicht dazu bestimmt, veröffentlicht oder im Freundeskreis weitergereicht oder vorgelesen zu werden, wie es in den 1770er Jahren, der Blütezeit der empfindsamen Freundschaftskultur, üblich war.19 Für die Philologie dürfte eine Sammlung von „Alltagsbriefen“20 nicht weniger interessant und aufschlussreich sein als ein literarischer Briefwechsel; dennoch bleibt im Fall dieses Briefkonvoluts der Verdacht bestehen, dass es bisher verkannt wurde, weil sein Inhalt, bestehend aus einem Potpourri vermischter Nachrichten, auf den ersten Blick keinen speziellen Anreiz zur Veröffentlichung enthielt. Unter dieses Verdikt fiel auch die Person des Empfängers. Der Schein trügt. Es besteht ein gravierender Unterschied zwischen der Korrespondenz mit Petersen und jener mit anderen Briefpartnern, die in größerer Entfernung zu ihr wohnten. Zwischen den Postsendungen kam es häufig zu persönlichen Begegnungen, wie Sophie von La Roches Bemerkungen zu entnehmen ist. Im Durchschnitt erfolgte ein schriftlicher oder mündlicher Austausch in dreiwöchigem Rhythmus. Mit Ausnahme der Wochen und Monate, in denen die Briefpartner sich andernorts aufhielten, fand ihre Kommunikation demnach durchgängig auf zwei Ebenen statt, was sich maßgeblich auf die Form und den Inhalt der Briefe auswirk16

17 18 19 20

Werner Krauss: Fritz Nies zur Geschichte der Sévigné-Briefe. In: Werner Krauss. Das wissenschaftliche Werk. Spanische, französische und italienische Literatur des Absolutismus. Hrsg. von Horst F. Müller und Peter Jehle. Bd. 3. Berlin 1997, S. 509. Marie de Rabutin-Chantal Marquise de Sévigné: Lettres de Madame RabutinChantal, Marquise de Sévigné, à Madame la Comtesse de Grignan. [Rouen] 1726. Barbara Becker-Cantarino: Schriftstellerinnen der Romantik. Epoche – Werk – Wirkung. München 2000, S. 165. Franz Michael Leuchsenring: Briefe von und an F. M. L. Hrsg. und kommentiert von Urs Viktor Kamber. Stuttgart 1976, 2. Halbbd., S. 128. Peter Bürgel: Der Privatbrief. Entwurf eines heuristischen Modells. In: DVjs (1976), S. 281–297.

20

1 Das Briefkonvolut

te. Sophie von La Roche fasste ihre Schreiben als Fortsetzung der lebendigen Wechselrede ihrer Begegnungen auf, auch wenn ihr Gegenüber bis zum nächsten Posttag schwieg.21 In den Briefen werden die darin behandelten Themen dementsprechend einmal als „gegenstände der unteredung“22 bezeichnet. An anderer Stelle schreibt sie, dass sie sich das Vergnügen versagen muss, länger mit ihm zu „sprechen“23. Der heutige Leser der Briefe weiß nichts über den Gang ihrer Konversationen und kann nur in ganz wenigen Fällen mittelbar auf Inhalte der Gegenbriefe schließen. Dennoch sind die dominierenden Themen im Großtext der über zwei Jahrzehnte mündlich und schriftlich geführten Unterhaltung klar zu erkennen. Die politische Lage am Darmstädter Hof, die Erziehung des Erbprinzen, der Zerfall des Deutschen Reichs, Lektürehinweise, Neuigkeiten aus der Literatur- und Kunstszene, Gesellschaftsnachrichten, Geldprobleme, seelische und körperliche Befindlichkeiten werden fortlaufend behandelt. Das Bild eines Stoffgewebes soll hier der Veranschaulichung dienen. Die am Rahmen fixierten, senkrechten Kettfäden entsprechen hierbei den ‚feststehenden‘ Themen, welche durch den waagerechten Einschuss in Form eines Briefes oder eines nicht dokumentierten Gesprächs hervorgehoben werden oder nicht. So erklärt sich der „Ragout“-Charakter24 vieler Schreiben an Petersen, in denen Inhalte der verschiedensten Art ohne Überleitung aneinandergereiht werden.25 Dieser vorherrschende Typus entstand im Bewusstsein nachbarlicher Nähe und im Hinblick auf ein baldiges Wiedersehen.26 Der kunstvoll arrangierte, beziehungsreiche Brief vom 13. September 1803 stellt eine Ausnahme dar: Unter dem Motto „Landbau“ subsumiert 21 22 23 24 25 26

Für Reinhard M. Nickisch ist die Dialogizität gattungskonstitutive Grundqualität des Briefs (Brief. Stuttgart [1991], S. 81 u. S. 229; siehe Bürgel: Der Privatbrief [1976], S. 285f.). Brief 83 Zeile 54f. Brief 115 Zeile 25f. Hans Herbert Ohms: Die weiße Brücke. Eine Studie über den Brief. Göttingen 1948, S. 14: „Augenblicks- und Ragout-Stil“. In Brief II liegt den unterschiedlichen Themen eine assoziative Reihung zugrunde, die Petersen vermutlich nachvollziehen konnte. Siehe Komm. zu Zeile 14 u. 15. Auch in Sophie von La Roches Briefen an Elisabeth Gräfin von Solms (SAO, Sig. M 24) ist eine Akkumulierung unterschiedlichster Themen zu beobachten, doch ist diese Briefstruktur dort weniger ausgeprägt als in den Petersen-Briefen. „Persönlich getroffen haben sich die beiden Damen sehr selten.“ (Jürgen Vorderstemann: Sophie von La Roches Briefe an Elisabeth Gräfin Solms. In: „Ach, wie wünschte ich mir Geld genug, um eine Professur zu stiften“. Sophie von La Roche im literarischen und kulturpolitischen Feld von Aufklärung und Empfindsamkeit. Hrsg. von Gudrun Loster-Schneider und Barbara Becker-Cantarino unter Mitarbeit von Bettina Wild. Tübingen 2010, S. 267–286, hier S. 270)

1.6 Briefinhalte

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Sophie von La Roche die Begrüßung ihres Briefpartners, die Bemerkungen über die vergilschen „Georgica“, ein populärphilosophisches Werk Christian Garves über die Verschönerung der Erde, das Politikum der Landverteilung und der Landpflege in der hessen-darmstädtischen Landgrafschaft, die Schenkung eines Grundstücks an eine alte Frau, eine Pleinair-Miniaturmalerei des emigrierten französischen Künstlers Chateaubourg und ihre Verehrung für die Landgräfin Luise.27 Einen launig-lässigen Übergang enthält ihr Brief vom 31. Mai 1802. Darin benutzt sie „Wielands grundsaz [...] alles was möglich ist muß seyn“28 als Tertium comparationis zwischen geschichtsphilosophischen Betrachtungen und Gesellschaftsklatsch. Der Brief kann als Beleg für Goethes oft zitierte Bemerkung anlässlich ihres Besuchs in Weimar 1799 gelten: „Sie gehört zu den nivellierenden Naturen, sie hebt das Gemeine herauf und zieht das Vorzügliche herunter und richtet das ganze alsdann mit ihrer Sauce zu beliebigem Genuß an.“29 Wie alle Korrespondenzen enthält das Briefkonvolut aber auch andere Brieftypen. Als Gegenstück zu den oben genannten können die Schreiben angesehen werden, in denen einzelne Themen ausführlich behandelt werden. Sophie von La Roche will dann Überzeugungs- und Überredungsarbeit leisten in Angelegenheiten, die ihr zum Vorteil gereichen, wie hinsichtlich des Heiratsprojekts für Prinz Georg Karl von Hessen-Darmstadt und dem Verkauf der Zweitauflage ihrer Zeitschrift „Pomona“.30 Ferner sind eine Reihe kurzer Billette zu nennen, die in Zeitnot entstanden oder als „Frachtbrief“31 Materialsendungen begleiteten.

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Brief 168. Als Beispiel einer Überleitung im Konversationston siehe Brief 184 Zeile 32−35. Siehe Ingrid Wiede-Behrendt: Lehrerin des Schönen, Wahren und Guten. Literatur und Frauenbildung im ausgehenden 18. Jahrhundert am Beispiel Sophie von La Roche. Frankfurt am Main 1987 (= Europäische Hochschulschriften. Reihe 1. Deutsche Sprache und Literatur 997), S. 304f. Brief 163 Zeile 10−63. Zu Wielands Zitat siehe Brief 91 Zeile 34f. u. Komm. zu Zeile 35. Goethe an Friedrich Schiller am 24. Juli 1799. In: Friedrich Schiller: Friedrich Schillers Werke. Nationalausgabe. Begründet von Julius Petersen. Fortgeführt von Lieselotte Blumenthal. Herausgegeben im Auftrag der Stiftung Weimarer Klassik und des Schiller-Nationalmuseums in Marbach von Norbert Oellers. Weimar 1943ff., hier Bd. 38/1 (1975), S. 126. Brief 32 Zeile 2−60 u. Brief 35 Zeile 2−75; Brief 74 Zeile 40−70. Siehe Johann Heinrich Merck: Briefwechsel. Hrsg. von Ulrike Leuschner in Verbindung mit Julia Bohnengel, Yvonne Hoffmann und Amélie Krebs. 5 Bde. Göttingen 2007, hier Bd. 2, S. 221, S. 222, Fußnote 17: ‚Frachtbriefe‘, rein funktionale Begleitschreiben zu Materialsendungen aller Art, galten Merck als beste Form, unter Freunden zu verkehren […].“

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1 Das Briefkonvolut

Der Leser der Briefe kommt nicht umhin zu bewundern, mit welcher Geschicklichkeit Sophie von La Roche fortwährend ihre Anliegen in die „correspondance littéraire“ aus Offenbach zu integrieren versteht. Hier ist eine psychologisch geschulte Strategin am Werk, die das Prinzip ‚do ut des‘ mit leichter Hand umsetzt.32 Ähnlich wie in der Gartenbaukunst könnte man von einer durch allerlei Unterhaltungsstoff ‚gebremsten Perspektive‘ sprechen, die im zentralen Fluchtpunkt einer Forderung endet.33 Der La-Roche-Forscher Jürgen Vorderstemann sieht in der „Sprunghaftigkeit“, mit der die Autorin in ihren „sentimentalen“ Briefen an die Gräfin Solms die Themen wechselt, eine Bestätigung ihrer Aussage „ich bin mehr Herz als Kopf“.34 Im Fall von Petersen, der in der Überlebensorganisation ihres Lebensabends eine wichtige Rolle spielte, gewinnt man sehr schnell den Eindruck, dass hier bei aller Sympathie für den Freund das Kalkül nicht außer Acht gelassen wird. Dem komplexen Charakter der Schriftstellerin dürfte mit dem dargebotenen schlichten Antagonismus von Kopf und Herz kaum beizukommen sein. Auch die Selbsteinschätzung ist als ein von ihr arrangiertes Vexierspiel täuschender Dimensionen anzusehen. Die diplomatische Transkription dieser Erstedition bietet alle Voraussetzungen, die Durchdringung von ‚petitio‘ und ‚persuatio‘ im Text und ihre Umsetzung in das lebhaft gegliederte Schriftbild zu untersuchen.35

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Vgl. Bürgel: Der Privatbrief (1976), S. 291. Dieser Terminus aus der Landschaftsarchitektur beschreibt eine vom militärischen Festungsbau inspirierte Gestaltung des Geländeprofils in französischen Gärten des 17. Jahrhunderts. André Le Nôtre (1613−1700) brachte die „perspective ralentie“ in seinem Gartenentwurf für das Château Vaux-le-Vicomte zur Anwendung: Eine hochdifferenzierte Veränderung der Proportionen täuscht das Auge und verhindert, dass es die Anlage sogleich bis in die Tiefe erfasst. Siehe Horst Bredekamp/Pablo Schneider: Visuelle Argumentationen. Die Mysterien der Repräsentation und die Berechnung der Welt. München 2004, S. 53f.; Oliver Schulz: Festungsbau und Landschaftsgestaltung. Kulturelle Verarbeitung von Militärtechniken des 17. Jahrhunderts. Magisterarbeit des Instituts für Kunstund Bildungsgeschichte der Humboldt-Universität Berlin 2004, S. 55. Siehe Brief 106 Zeile 17−24. Vorderstemann: Sophie von La Roches Briefe an Elisabeth Gräfin Solms (2010), S. 269f. Siehe Editorische Vorbemerkungen.

2 Der Briefpartner Johann Friedrich Christian Petersen 2.1 J. F. Chr. Petersen in der literaturwissenschaftlichen und historischen Forschung Es findet sich keine plausible Erklärung für die Tatsache, dass Sophie von La Roches intimer Altersfreund Petersen innerhalb weniger Jahrzehnte fast vollständig in Vergessenheit geriet. Nahen Freunden wie Elisabeth Gräfin Solms und Johann Isaak Freiherr von Gerning (1767–1837) war er nachweislich bekannt.1 Die Enkelin Bettine Brentano musste dem Prinzenerzieher in Offenbach mehrfach begegnet sein, doch in ihrem Buch „Clemens Brentano’s Frühlingskranz“ (1844), das zahlreiche Erinnerungen an die in Offenbach verbrachten Jahre enthält, bleibt er ungenannt.2 Sophie von La Roches erste Biographin Ludmilla Assing, die 1859 – zweiunddreißig Jahre nach Petersens Tod – „Sophie von La Roche, die Freundin Wieland’s“ veröffentlichte, wusste von dieser Beziehung offenbar nichts mehr. Die Dedikation „An Herrn G. R. P. in D.“ in „Mein Schreibetisch“ von 1799 und sein Auftritt als Initiator zu Beginn des Werks hatte sie ebenso wenig zu Nachforschungen gereizt wie alle diejenigen, die ihr als Interpreten nachfolgten.3 1

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In Sophie von La Roches Brief an Elisabeth Gräfin Solms (SAO, Sig M 24 ohne Datum, um 1802) ist die Rede vom „hofmeister der prinzen von darmstadt“. Brief Sophie von La Roches an Isaak von Gerning ohne Datum (FDH, Sig. Hs4744). Siehe Sophie von La Roche: Mein Schreibetisch. An Herrn G. R. P. in D. Zwei Bändchen. Leipzig 1799, hier Erstes Bändchen, S. 1 f.: „Ich kenne sie wohl, die forschenden Blicke, des, bey aller Sanftheit, scharfsehenden Freundes, als er, aus Achtung für die, in meinem Wohnzimmer gehaltenen, Lehrstunden meiner Enkelinnen, sich so gerne in das kleine Stübchen begab, welches meinen Schreibetisch, einige Lieblingsbücher und Bilder faßt.“ „An Herrn Geheimrat Petersen in Darmstadt“. Vgl. Assing: Sophie von La Roche (1859), S. 357; Bernd Heidenreich: Sophie von La Roche – eine Werkbiographie. Frankfurt am Main, Berlin, Bern 1986, S. 223–231 u. S. 415–420; Vanda Perretta: Alte und neue Schreibtische. In: Instituto Universitario Orientale Napoli (Hrsg.): Annali Studi tedeschi XXXII (1989), Nr. 3, S. 63–72; LosterSchneider: Sophie La Roche (1995), S. 293 u. S. 452 Fußnote 2.

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2 Der Briefpartner Johann Friedrich Christian Petersen

Den Spezialisten der hessen-darmstädtischen Landesgeschichte war er hingegen kein Unbekannter. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts sind als erstes die „Denkwürdigkeiten aus dem Dienstleben des Staatsministers Freiherrn Bos du Thil“ zu nennen, in welchem der karrierebewusste Höfling Du Thil eine mokant-amüsante Beschreibung des Prinzenerziehers im reiferen Alter gibt.4 Ihm folgt 1848 die kurze Charakteristik Petersens, verfasst von dem Juristen und Historiker Johann Wilhelm Steiner (1785– 1870) für seinen Nachruf auf den Großherzog Ludwig II., in dem er ehrerbietig und voller Anerkennung von dem gelehrten Fürstendiener spricht.5 Kritisch beurteilt ihn der Historiker und Prinzenerzieher Philipp Dieffenbach (1786–1860). Er habe die guten Anlagen brach liegen lassen und ihnen nicht „die gehörige Richtung zu geben“ verstanden.6 Unter den Forschern der Neuzeit sind Hermann Bräuning-Oktavio, Eckhart Franz und Robert Seidel zu nennen, die ihn als Erzieher von Prinz Louis erwähnen, nicht aber seiner Verbindung zu Sophie von La Roche auf die Spur kommen.7 Im Hessischen Staatsarchiv Darmstadt befinden sich in der Kabinettsregistratur neben Petersens Bestallungs-, Pensions- und Beförderungsurkunden auch ein Dutzend Briefe von seiner Hand, die an den erwachsenen Erbprinzen gerichtet sind, und der Bericht seiner Obduktion.8 Ein weiteres wichtiges Dokument stellen die Abschriften von neunundzwanzig Briefen des Erbprinzen an seinen Erzieher aus den Jahren 1792–1820 dar.9 Es ist nicht zu klären, ob Petersens Nachlass unter die Kriegsverluste des Zweiten Weltkriegs gezählt werden muss, oder ob es sein ausdrücklicher Wille war, dass nur diese kleine Auswahl an Papieren für die Nachwelt erhalten bleiben sollte. 4 5 6 7

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Karl Wilhelm Heinrich Du Bos Du Thil: Denkwürdigkeiten aus dem Dienstleben des hessen-darmstädtischen Staatsministers Freiherr Du Thil. 1803–1848. Hrsg. von Heinrich Ulmann. Stuttgart, Berlin 1921, S. 337. Johann Wilhelm Christian Steiner: Ludewig II. Großherzog von Hessen und bei Rhein, nach seinem Leben und Wirken. Offenbach 1849, S. 3 f. Rainer Maaß: Großherzog Ludwig II. von Hessen und bei Rhein (1777–1848). Eine unbekannte Charakteristik des Historikers Philipp Dieffenbach aus dem Jahre 1856. Archiv für hessische Geschichte 72 (2014), S. 157–188, hier 171. Hermann Bräuning-Oktavio: Georg Wilhelm Petersens Kampf um die Freiheit der Presse. In: Archiv für die Geschichte des Buchwesens 11 (1971), Sp. 474–526, hier Sp. 476; Eckhart G. Franz: Flucht vor der Revolution. Das Eisenacher Hoflager Ludwigs X. von Hessen-Darmstadt im Winter 1795/96. In: Michael Gockel, Volker Wahl (Hrsg.): Thüringische Forschungen. Festschrift für Hans Eberhardt zum 85. Geburtstag am 25. September 1993. Weimar, Köln, Wien 1993, S. 317– 332, hier S. 325; Robert Seidel: Literarische Kommunikation im Territorialstaat. Funktionszusammenhänge des Literaturbetriebs in Hessen-Darmstadt zur Zeit der Frühaufklärung. Tübingen 2003 (=Frühe Neuzeit 83), S. 401. HSAD, Sig. D 12 37/38. HSAD, Sig. D 4 713/6.

2.2 Lebenslauf J. F. Chr. Petersens

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Es folgt zunächst die aus raren Quellen rekonstruierte Vita Petersens. Im zweiten Teil der von seinem Großneffen Adolf Petersen verfassten Familienchronik von 1898 wird der Prinzenerzieher im Verhältnis zu seinen Verwandten erstaunlich kurz abgehandelt.10 Die Analyse der am Darmstädter Hof opponierenden Personengruppen im Kapitel 3 lässt sodann seine Konturen noch etwas schärfer hervortreten und offenbart tragische Aspekte seines Lebens.

2.2 Lebenslauf J. F. Chr. Petersens Johann Friedrich Christian Petersen entstammte einem der protestantischen Pfarrhäuser, die bekanntermaßen für viele deutsche Intellektuelle und Künstler des 17. und 18. Jahrhunderts den fruchtbaren Nährboden bildeten. Der Vater, Georg Petersen (1708–1783), dessen Vorfahren in langer Folge als Geistliche auf der Ostseeinsel Alsen tätig waren, stand seit 1740 als Hofprediger in Diensten des Herzogs Christian IV. von PfalzZweibrücken.11 Er versah zeitweise auch das Amt des Superintendenten am Hof der Herzoginwitwe Caroline in Bergzabern. Diese war die Mutter der „Großen Landgräfin“ Karoline Henriette von Hessen-Darmstadt, die seinen Rat in geistlichen Angelegenheiten ebenfalls zu schätzen lernte.12 Als Besitzer einer reichhaltigen Bibliothek verfügte er über eine kosmopolitische Bildung, die er auch für seine sechs Söhne anstrebte.13 Für deren akademische Ausbildung waren er und seine Frau Euphrosyna Regina, eine geborene von der Lith, Tochter des Ansbacher Stadtpfarrers, bereit, große persönliche Entbehrungen auf sich zu nehmen, indem sie sich bis ins hohe Alter mit der Tilgung der geliehenen Gelder belasteten.14 Wie seine Brüder besuchte Johann Friedrich Christian Petersen zunächst die Bergzaberner Lateinschule, um dann auf das Herzog-WolfgangGymnasium („Gymnasium Bipontinum illustre“) zu wechseln, das unter seinem damaligen Professor Georg Christian Crollius (1728–1790) in einem ausgezeichneten Ruf stand.15 Am 22. April 1774 begann er an der

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Adolf Petersen: Chronik der Familie Petersen. Hrsg. Adolf Petersen, emer. Pfarrer. 2 Teile. München 1895 u. 1898, hier 2. Teil, S. 5 f. Petersen: Chronik (1895), 1. Teil, S. 2–8. Bräuning-Oktavio: Georg Wilhelm Petersen (1971), Sp. 474. Siehe Kapitel 2.4 Familie Petersen. Euphrosyna Regina von der Lith war die Tante von Goethes Urfreund Karl Ludwig von Knebel (1744–1834). Friedrich Vogelsang: Die Matrikel des Herzog-Wolfgang-Gymnasiums 1631– 1811. Speyer 1967, S. 102. Unter der Matrikelnummer 548 wird er mit drei Vor-

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2 Der Briefpartner Johann Friedrich Christian Petersen

Universität Tübingen Jurisprudenz zu studieren.16 Für ein letztes Sommersemester schrieb er sich am 14. April 1777 in die Matrikel der Universität Erlangen ein. Einer seiner Exmatrikulation beigefügten Notiz zufolge ging er zum Jahresende als Gesandtschaftssekretär nach Wien.17 Vermutlich war der Markgraf von Ansbach sein Dienstherr. Die mütterliche Verwandtschaft von der Lith aus Ansbach könnte ihm diese erste Anstellung vermittelt haben.18 Die Länge seines Aufenthalts in der Kaiserstadt ist nicht auszumachen, wie auch der Zeitpunkt seines Eintritts als Lehrer in die ‚École militaire‘ in Colmar nicht zu präzisieren ist. Wahrscheinlich hatte ihm dazu sein Zweibrücker Schulfreund Franz Christian Lerse (1749–1800) verholfen, der dort seit 1774 als Direktor tätig war.19 Mit dem Gründer des Instituts für protestantische Knaben, dem erblindeten Fabeldichter Gottfried Konrad Pfeffel (1736–1809), blieb er auch nach seinem Weggang sehr verbunden, wie der freundschaftliche Ton in den elf Briefen des ehemaligen Vorgesetzten beweist.20 Anfang des 19. Jahrhunderts ging Pfeffels Nachlass durch einen Brand verloren. Dies mag erklären, warum der ‚instituteur‘ Petersen in der Forschungsliteratur zu diesem 1773 gegründeten, europaweit bekannten Erziehungsinstitut nirgends erwähnt wird.21 Seine pädagogischen Fähigkeiten mussten im Umgang mit der internationalen Schülerschar überzeugt haben, ansonsten hätte ihn Pfeffel, der seit 1763 den Titel eines hessen-darmstädtischen Hofrats trug, nicht 1782 diesem Fürstenhaus als Erzieher für den fünfjährigen Sohn des Erbprinzen anempfohlen. Zunächst als Sous-Gouverneur angestellt, zog er schon bald mit Prinz Louis in den Glockenbau des Schlosses. Auch der jüngere Prinz Georg (1780–1856) wurde ihm zur Ausbildung übergeben. Im Ernennungsdekret zum landgräflichen Rat von

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namen genannt, während Adolf Petersen in seiner Chronik der Familie Petersen (1898) auf S. 5 f. nur die beiden ersten angibt („Johann Friedrich“). Die Matrikel der Universität Tübingen. Im Auftrag der Württembergischen Kommission für Landesgeschichte hrsg. von Heinrich Hermelink und bearbeitet von Albert Bürk u. Wilhelm Wille. Bd. 3 (1710–1817). Tübingen 1953, S. 260. Karl Wagner: Register zur Matrikel der Universität Erlangen 1743–1843. München, Leipzig 1918 (Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte. 4. Reihe. Bd. 4, S. 365. Siehe Fußnote 14. Vogelsang: Matrikel des Herzog-Wolfgang-Gymnasiums (1967), S. 67. FDH, Sig. Hs-6415–6425. Auch hier wurde bei der archivalischen Behandlung seinerzeit irrtümlich Georg Wilhelm Petersen angegeben. Gottlieb Konrad Pfeffel widmete ihm das Gedicht „Die drey Stände, An Herrn Rath Petersen“ in: Poetische Versuche. Basel 1789/90, S. 160. Vgl. Achim Aurnhammer/Wilhelm Kühlmann (Hrsg.): Gottlieb Konrad Pfeffel (1736–1809). Signaturen der Spätaufklärung am Oberrhein. Freiburg im Breisgau 2010.

2.2 Lebenslauf J. F. Chr. Petersens

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1790 heißt es: „Aus vorzüglicher Zufriedenheit mit dessen Diensten, wegen seiner großen Rechtschaffenheit, seiner Treue und Freundschaft für unsere Prinzen“.22 Sein schlechter Gesundheitszustand erlaubte es nicht, den Prinzen Louis in dessen Studienort Leipzig zu begleiten. Er erhielt eine lebenslängliche Pension von 1100 Gulden und blieb dem Hof weiterhin auf das engste verbunden.23 Von dem aufstrebenden Höfling Du Thil stammt die ein wenig abschätzige Beschreibung des korpulenten Frühpensionärs: „Petersen nun hatte sich an das Leben eines Stubengelehrten gewöhnt; er liebte die Bequemlichkeit, er hasste frühes Aufstehen und blieb bis zu später Stunde, wo die Notwendigkeit sich zu kleiden eintrat, in seiner Morgen-Sauce. Körperliche Bewegung und frische Luft waren ihm nicht Bedürfnisse.“24 Mit Sicherheit war im Laufe seines fünfundvierzigjährigen Dienst- und Hoflebens ein Portrait von ihm entstanden. Leider sind die Bestände der Großherzoglich Hessischen Privatsammlung für die Forschung zurzeit nicht zugänglich, und so bleiben die „so schön bedeutungs volle Physiognomie“25 und Gestalt dieses „feine[n] und besonders geschmackvolle[n] Kenners der Wissenschaften“26 noch zu entdecken. Neben der offiziellen Beförderung zum Geheimrat im Jahr 1803 beweisen die Briefe der jüngsten Fürstengeneration, dass Petersen nicht nur von der Mutter seiner Zöglinge, Landgräfin Luise, als honoriger Mann geschätzt wurde, was den Neid und Argwohn mancher Höflinge hervorgerufen haben könnte.27 In der idyllischen Sommerresidenz „Fürsten22 23

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Zitiert nach Petersen: Chronik (1898), 2. Teil, S. 6. Der überlieferte Bericht seiner am 8. Dezember 1827 erfolgten Obduktion enthüllt eine hochgradige Skoliose, Schilddrüsenprobleme und Verwachsungen der Hirnhaut. Petersen litt zu Lebzeiten unter Kopfschmerzen und depressiven Verstimmungen (HSAD, Sig. D 12 37/38). Du Thil: Denkwürdigkeiten (1921), S. 337. Brief 177 Zeile 11. Wilhelm Butte: Blicke in die Hessen-Darmstädtischen Lande, bearbeitet und hrsg. von Wilhelm Diehl. Friedberg 1913 (= Hessische Volksbücher 16), S. 261. Diese Vertrauensstellung belegt ein Brief der Schwester von Prinz Louis, Prinzessin Luise von Anhalt-Koethen, an Petersen vom 21. Juni 1803: „Seulement un mot, mon digne Ami pour Vous faire mes remercimens, pour Votre aimable lettre, et Vous feliciter pour le nouveau Geheim Rath, que Vous portés à si juste titre. Je regrette bien que Vous n’etes plus chez moi, soyez en persuadé, car il est rare de trouver un Ami comme Vous etes: Dimanche le 3. Juillet j’espere etre auprés de mes Excellens Parens et de Vous tous, ich freue mich kindisch darauf, n’oublies pas de venir à ma rencontre, avec mon Cher frere Louis: de bouche nous parlerons de mille choses, que le tems ne me permet plus de mettre ici: Adieu pensés souvent à une Amie, qui n’oubliera jamais toute la reconnaissance qu’elle Vous doit; l’Amitié quele Vous porte Vous est connue! Mille complimens au Hofprediger. Louise“ („Nur ein Wort, mein würdiger Freund, um Ihnen für Ihren lieben Brief zu danken und Ihnen zum neuen Geheimratstitel zu gratulie-

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2 Der Briefpartner Johann Friedrich Christian Petersen

lager“ bei Auerbach an der Bergstraße pflegte er sich durch Heilwasserkuren von den Strapazen des Hoflebens zu erholen. Petersen blieb zeit seines Lebens unverheiratet. Abgesehen von jährlichen Badeaufenthalten in Ems und Wiesbaden, dem Besuch bei seinem Zögling in Leipzig im Sommer 1796, einer Reise nach Dresden 1801 und einem mehrmonatigen Aufenthalt am Hof von Anhalt-Köthen 1803, wo er der jung verwitweten Prinzessin Luise, der Schwester des Erbprinzen, zur Seite stand, scheint er seine bescheiden eingerichtete Wohnung in der Ludwigstraße kaum verlassen zu haben. Großherzog Ludwig I. verlieh ihm das große Kreuz des Ludwigsordens und erhob ihn und seine potenziellen Nachkommen 1809 in den Freiherrnstand, eine Ehrenbezeugung, die er nur selten vergab.28 Der Sohn, Großprinz Louis, pflegte den alten, von Krankheit gebeugten Freund und Berater jeden Morgen in seinem Palais am Ludwigsplatz zum Frühstück zu empfangen. Am 7. Dezember 1827 starb Petersen als letzter von sechs Brüdern mit vierundsiebzig Jahren qualvoll an einem Lungenödem, nachdem er zuvor einen Oberschenkelhalsbruch erlitten hatte.29

2.3 Die Beziehung der Briefpartner Sophie von La Roche hatte Petersen vermutlich um 1780 anlässlich eines Besuchs im Haus seines Bruders, des Syndikus Karl Ludwig Adolph, in

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ren, den Sie so sehr zurecht tragen. Ich bedauere sehr, dass Sie nicht mehr bei mir sind. Seien Sie dessen versichert, denn selten findet man einen Freund, wie Sie es sind. Sonntag den 3. Juli hoffe ich bei meinen verehrten Eltern zu sein und bei Ihnen allen, ich freue mich kindisch darauf, vergessen Sie nicht, mit meinem lieben Bruder Louis zu mir zu kommen. Mündlich werden wir dann über tausend Dinge reden, die ich aus Zeitmangel hier nicht schreiben kann. Adieu, denken Sie oft an eine Freundin, die niemals die große Dankbarkeit vergessen wird, die Sie Ihnen schuldet. Die Freundschaft, die sie für Sie empfindet, ist Ihnen bekannt! Tausend Komplimente an den Hofprediger. Louise“ FDH, Sig. Hs-6621). Petersen bekam ein ‚sprechendes‘ Wappen verliehen, das folgendermaßen interpretiert werden könnte: Der Fisch auf dem Schrägbalken weist auf die Heimat seiner väterlichen Vorfahren, die Ostseeinsel Alsen, hin. Der Schwan im unteren Teil, als Symboltier Luthers, nimmt Bezug auf die lange Ahnenreihe der Prediger seit der Reformation. Der Stern im oberen Teil steht als Lichtmetapher für den Geist der Aufklärung. Von Prinz Georg, dem jüngerer Bruder von Prinz Louis, ist ein an Petersen gerichteter Glückwunsch zur Nobilitierung aus Wien überliefert (FDH, Sig. Hs-6622). Irrtümlich wurde bei der archivalischen Behandlung auch hier Georg Wilhelm P. als Adressat angegeben. HSAD, Sig. D 12 37/18.

2.3 Die Beziehung der Briefpartner

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Speyer kennengelernt.30 Mit dem 1786 erfolgten Umzug nach Offenbach konnten die Gespräche mit dem gebildeten, jüngeren Mann intensiver fortgesetzt werden. Es ist nicht zu übersehen, dass ihm als Höfling schon bald die Rolle eines wichtigen Agenten zukam, der bereitwillig ihre großen und kleinen Petitionen an das Landgrafenpaar weiterleitete, in deren unmittelbarer Nähe er sich täglich bewegte. Auch sorgte er in der Residenzstadt für Subskribenten ihrer Werke31 und erbat von seinem Bruder, dem Hofprediger Georg Wilhelm, die entsprechenden Rezensionen.32 Wenn die Besucherscharen der „Grillenhütte“ einmal fernblieben, klagte Sophie von La Roche, dass Offenbach einer „Sandbank“33 gleiche und ihre Tage ohne der „Seele nöthigen umgang“34 verflössen. In vielen Briefen wünschte sie sich den Freund herbei, sie wollte ihn hören, sprechen und sein „feines lächlen“35 sehen. „[D]ank sey Ihrem edlenthatenvollen Herzen - daß Sie mit dem kleinen Theil des Tages, in meinem Hauß so zufrieden waren - Ihre erscheinung ist für mich ein Theil moralischen glüks“, kommentierte sie sein Kommen am 11. Mai 1791.36 Auf den ersten Seiten von „Mein Schreibetisch“ erfährt der Leser, dass Petersen Zutritt zu ihrem kleinen Schreibkabinett im ersten Stock hatte.37 Zwischen 30

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Sophie von La Roche schrieb an Jean André Deluc am 27. Oktober 1800 in Zusammenhang mit dem Erbprinzen von Hessen-Darmstadt: „[J]e suis depuis 20 ans l’amie de son instituteur - homme du grand merite en tout“ („Seit zwanzig Jahren bin ich die Freundin seines Erziehers - ein sehr verdienstvoller Mann“ PLBS, Sig. 158/6). Brief 3 Komm. zu Zeile 69 f. Brief 19 Zeile 13. Siehe Kapitel 2.4 Familie Petersen. Brief 102 Zeile 11; Brief 138 Zeile 62. Brief 102 Zeile 10 f. Brief 182 Zeile 36. Brief 26 Zeile 2–7. Mein Schreibetisch (1799), Erstes Bändchen, S. 1–4. In diesem Zimmer, zu dem noch ein weiteres Gelass gehörte, übernachtete etliche Jahre nach ihrem Tod der Schriftsteller Johann Konrad Friedrich (1789–1858). In seinen Lebenserinnerungen „Vierzig Jahre aus dem Leben eines Todten, Hinterlassene Papiere eines französisch-preußischen Offiziers“ schrieb er: „In Offenbach hatte ich mich im Gasthaus zum Isenburger Hof einquartiert, dessen Wirth Z […] noch eine junge hübsche Frau und zwei artige Töchter, Stiefkinder der letzten hatte. Das Haus hatte früher der bekannten Schriftstellerin Sophie von La Roche gehört, und ich bewohnte die Zimmer, in welchen diese Dame ihre meisten Romane und Familiengeschichten in Briefen schrieb. Sie war bald nachdem ich das Vaterhaus zum Erstenmal verlassen, schon 1807 gestorben. Ich hoffte, daß mich ihr Geist oder vielmehr der ihres geliebten Wieland bei meinen literarischen Arbeiten umschwebe. Eine Nacht glaubte ich wirklich Sophiens Gestalt, und zwar mit einem sehr zürnenden Gesicht, vor meinem Bett stehen zu sehen, es mag aber wohl ein Gebilde meiner Phantasie gewesen seyn, denn ich hatte den Abend vorher in einer Laube ihres ehemaligen Gartens einen Aufsatz für meine Zeitschrift, die ich

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2 Der Briefpartner Johann Friedrich Christian Petersen

ihren Büchergestellen und wohlgeordneten Papieren fand der anregende Austausch über gesellschaftliche Ereignisse, Tages- und Weltpolitik, über Neuerscheinungen auf dem Gebiet der Literatur und Pädagogik sowie die eigene Befindlichkeit statt. Wie vertraut man miteinander war, geht aus der Tatsache hervor, dass sich Sophie von La Roche dem Prinzenerzieher gegenüber spöttische Bemerkungen über Christoph Martin Wielands langatmigen Schreibstil und seine zeitweilige Doppelexistenz als Dichter und Gutsherr erlaubte.38 Für Petersen wiederum wurde Sophie von La Roche schon bald zur Vertrauten in Problemen, die seine große Geschwisterschar mit sich brachte.39 Sie kümmerte sich um Christiane, die jüngste der drei Schwestern, die – körperlich und nervlich labil – in verschiedenen Kosthäusern und Haushalten Offenbachs lebte. Als er glaubte, um sein Renommee bei Hof fürchten zu müssen, weil sein Speyerer Bruder als Jakobiner und Maire der Stadt auftrat, verteidigt sie diesen im gesellschaftlichen Zirkel der isenburgischen Residenz, auch wenn sie den „riß in der schönen Kette der 6 verdienstvollen Brüder“ bedauert.40 Mit wachsendem Einvernehmen vertraute der Prinzenerzieher ihr Interna des Darmstädter Hofs an. Sie versuchte mit guten Worten und anregender Lektüre seine düstere Stimmung aufzuheitern, wenn ihn Mitglieder der Hofgesellschaft schikanierten oder wenn ihn die Bürde der Verantwortung für die geistige und charakterliche Entwicklung der Prinzen zu sehr drückte. In der Erzieherin von „Teutschlands Töchtern“41 fand er eine Beraterin, die in pädagogischen Fragen kompetent war wie kaum eine zweite in seinem Umkreis.42 Die Regelmäßigkeit, mit der er ihr zwei Jahrzehnte lang schrieb und sich trotz schlechter körperlicher Verfassung zu

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jetzt dreimal wöchentlich erscheinen ließ, geschrieben, in dem von ihr die Rede war.“ (Tübingen 1848, Bd. 3, S. 472) Brief 99 Zeile 22 f. u. Brief 139 Zeile 40–47. Siehe Kapitel 2.4 Familie Petersen. Brief 74 Zeile 6 f. (5. Juni 1793). Zwei weitere Brüder waren jakobinisch gesinnte Demokraten: der Stuttgarter Bibliothekar Johann Wilhelm und der Wallensteinische Regierungsrat Ludwig Petersen. Das Kapitel 2.4 enthält kurze Lebensläufe dieser mit außergewöhnlichen Kenntnisse und scharfem Intellekt ausgestatteten Persönlichkeiten, die in der historischen und literaturwissenschaftlichen Forschungsliteratur oftmals verwechselt wurden. Der Titel von Sophie von La Roches 1783/84 erschienenen Zeitschrift lautet „Pomona. Für Teutschlands Töchter“. Als fachkundige Gesprächspartnerin kam bis 1794 die aus Neuchâtel stammende Salomé de Gélieu (1742–1820) in Frage. Sie war die Erzieherin der Prinzessinnen von Mecklenburg-Strelitz, die zeitweilig am Darmstädter Hof lebten. Nach deren Verheiratung mit den preußischen Prinzen kehrte sie in ihre Heimat zurück. Siehe Brief 61 Komm. zu Zeile 10.

2.3 Die Beziehung der Briefpartner

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Besuchen in Offenbach und „rendes vous“43 in der Umgegend aufraffte, beweisen, dass ihn die dreiundzwanzig Jahre ältere Frau mit ihrem beweglichen Geist, ihrer außerordentlichen Bildung, ihrer Eloquenz in ihr Kraftfeld gezogen hatte. Petersen konnte es kaum anders als Pfarrer Johann Ludwig Ewald (1747–1822) ergangen sein, den die „noch immer schöne, äußerst lebendige Frau“ faszinierte. Es war vor allem ihre geistige Frische, die ihn bei diesem „herrliche[n] Tete-a-Tete“ begeisterte. „Sie hört übrigens auch so ganz, wenn sie hört; versetzt sich so ganz in den andern hinein, der ihr etwas sagt; alles an ihr hört. Und sie spricht so ganz, wenn sie spricht. […] Es ist aber eine Frau, die man sicher nie vergißt, wenn man sie Einmal sah.“44 Völlig ungetrübt blieb das Verhältnis zwischen den Freunden indessen nicht. Aus ihrem Brief vom 20. Juni 179245 geht hervor, dass auch der Prinzenerzieher zumindest einmal die Erfahrung ihrer Unaufrichtigkeit und ihres „falsche[n] mic mac“46 im Umgang machen musste. Sie verstand, die maßgeblichen Personen im Heiratsprojekt für Prinz Georg Karl zu manipulieren. Er reagierte offenbar tief beleidigt auf den heftigen Ton ihrer Vorwürfe und erwog, die Beziehung abzubrechen. Drei beschwichtigende Briefe aus Offenbach waren vonnöten, um den Frieden wieder herzustellen. Das absichtsvolle Spiel ihrer Rochaden und Schmeichelkünste bemerkte übrigens auch ihr aus Weimar angereister Freund Johann Joachim Christoph Bode (1730–1793) bei seinem Besuch am 20. Mai 1787 und notierte sein Missfallen darüber in seinem privaten „Journal“: „Die Frau von La Roche bewieß heute einen Zug Coquetterie zwischen Gemmingen und mir. Denn mich hatte sie, und Gemmingen wollte sie anziehen. Ich sagte ihr aber meine Meynung über dergleichen Behandlung […]. Madame La Roche fühlte es, und nahm mich, um mich zu trösten, allein in ihr ordentliches Zimmer!! Ach du lieber gerader schlichter Menschenverstand, und ungekünsteltes Herz!!!“47 43 44 45 46 47

Brief 81 Zeile 81. Johann Ludwig Ewald: Fantasien auf der Reise und bei der Flucht vor den Franken. Von E. P. V. B. Berlin 1797, S. 209 u. S. 214. Brief 51 Zeile 24–34. Brief 43 Zeile 41. Johann Joachim Christoph Bode: Journal von einer Reise von Weimar nach Frankreich im Jahr 1787. Hrsg. sowie mit einer Einleitung, Anmerkungen, einem Register, und einem dokumentarischen Anhang versehen von Hermann Schüttler. Neuwied 1994, S. 181. Siehe auch S. 31 f. der Einleitung: „Sophie LaRoche, deren Werke er emsig verbreiten half, war eine Herzensfreundin, so daß Ende 1788 das Gerücht einer Heirat der beiden umging – Bode war damals 58 Jahre alt, Frau LaRoche gerade ein Jahr jünger. ‚Aber da würden mehrere Damen Einspruch thun, denn eine solche Partie wie Bode läßt man sich nicht gerne entgehen‘, meinte dazu Schiller, der den Übersetzer schon seit längerem kannte.“

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2 Der Briefpartner Johann Friedrich Christian Petersen

Die Quellenlage ist zu dürftig, um das Verhältnis der Briefpartner eindeutig festzuschreiben. Nach Sophie von La Roches eigenen Worten lebte es von den „banden der Sympathetischen gesinnungen“48. Neben wechselseitigen Hilfeleistungen und gleichgestimmten schöngeistigen Interessen bildete die kritische Beobachtung der Innen- und Außenpolitik des Landgrafen Ludwig X. (ab 1806 Großherzog Ludwig I.) zwischen beiden einen besonders starken ‚Faden‘, dessen Fasern in Kapitel 3 analysiert werden.

2.4 Familie Petersen Georg Wilhelm Petersen Die Riege der studierten Männer führt als Ältester der Theologe Georg Wilhelm Petersen an (1744–1816).49 Nach einem glänzenden Schulabschluss im Herzog-Wolfgang-Gymnasium in Hornbach bei Zweibrücken, dem 1559 gegründeten „Bipontinum“, immatrikulierte er sich 1763 neunzehnjährig als Student der Philosophie und Theologie in Tübingen, 1767 kehrte er für ein Jahr zu privaten Studien nach Hause zurück. Ein weiteres Studienjahr absolvierte er in Göttingen, wo er Theologie und Vorlesungen über englische Sprache und Literatur hörte. 1770 erhielt er den Ruf an den Hof von Darmstadt, wo er die Prinzen Christian und Friedrich, die jüngeren Brüder des damaligen Erbprinzen Ludwig, unterrichtete. Die Laufbahn seiner geistlichen Ämter begann er 1775 als Hofdiakon, 1787 wurde er zweiter Hofprediger, 1790 Konsistorialrat, 1803 Kirchen- und Schulrat und 1806 Superintendentur-Vikar der Provinz Starkenburg. Der Junggeselle lebte streng zurückgezogen im Glockenbau über dem Küchentrakt des Schlosses. Seine spannungsreiche Existenz als aufgeklärter Theologe und Schriftsteller wurde im Kapitel 3.2 angesprochen. 1816 starb Georg Wilhelm Petersen als hochgeschätzter Gelehrter. Sein Vermögen vermachte er gering dotierten Pfarreien.

48 49

(Schiller an Charlotte von Lengefeld am 11. Dezember 1788. Schiller, Nationalausgabe 25, S. 157, Fußnote 81) Sophie von La Roche war seit 1776 mit dem Verleger und Übersetzer englischer und französischer Literatur befreundet. In ihren Briefen an Petersen fällt sein Name nicht. Brief 139 Zeile 15–18. Pfarrer Adolf Petersen, Großneffe der Brüder, verfasste eine Familienchronik, die überwiegend kurze, auf mündlicher Überlieferung basierende Lebensläufe der sechs Brüder und drei Schwestern enthält (Adolf Petersen: Chronik der Familie Petersen. Hrsg. von Adolf Petersen, emer. Pfarrer. 2 Teile. München 1895 u. 1898). Sie konnten durch Archivfunde in Berlin, Darmstadt, Gotha, Stuttgart, Wallerstein und Zweibrücken ergänzt und korrigiert werden. Siehe dazu ausführlich Patricia Sensch: Familie Petersen (2010), S. 287–300.

2.4 Familie Petersen

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Auch mit ihm fühlte sich Sophie von La Roche freundschaftlich verbunden – durch den jüngeren Petersen, ihren Briefpartner, ließ sie ihm Grüße und Lektüren übermitteln. Lediglich ein Brief an ihn vom 29. Oktober 1800 ist überliefert.50 Mit der Neuidentifizierung des Briefpartners von Sophie von La Roche ist der Hofprediger zwar kein Intimus mehr, dafür fällt ihm die Rolle des Rezensenten zu. In dem Brief an den Prinzenerzieher vom 14. Januar 1791 bittet sie, der Hofprediger möge ihre „Briefe über Mannheim“ besprechen.51 Karl Ludwig Adolph Petersen Der zweitälteste Bruder, Karl Ludwig Adolph Petersen (1746–1827), studierte Rechtswissenschaften in Nancy, Tübingen, Halle und Jena.52 Die Ansbacher Verwandtschaft seiner Mutter vermittelte ihn an den Hof von Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha (1745–1804), als Gesandtschaftssekretär an den Wiener Kaiserhof, wo er Einblicke in die Reichspolitik erhielt.53 Im Jahr 1777 bewarb er sich um die Stelle des Rechtskonsulenten in der Reichsstadt Speyer. Seit dem Einzug der La Roches in das Hohenfeldsche Haus im Jahr 1800 pflegten die Familien engen Kontakt. Sophie von La Roche wurde Patentante von Petersens zweiter Tochter Sophie. Den Einmarsch der Französischen Revolutionstruppen im Jahr 1792 begrüßte der erfahrene Verwaltungsmann als Möglichkeit einer dringend anstehenden administrativen Neuordnung der vom katholischen Klerus ausgepressten Region. Der Syndikus war zu diesem Zeitpunkt bereits sechsundvierzig Jahre alt. Um so weniger verstand sie sein politisches Engagement, als der frankophile Republikaner von den Besatzern provisorisch als „Maire“ von Speyer eingesetzt wurde.54 Dem „halb verirrten“55 hielt sie in Erinnerung 50 51 52 53

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55

Brief 150 Komm. zu Zeile 10. Brief 19 Zeile 11–14 (14. Januar 1791). Briefe über Mannheim von Sophie von La Roche. Mannheim. Bey C. F. Schwan, und G. E. Götz 1791. Petersen: Chronik (1895), 1. Teil, S. 9–26. Karl Ludwig Adolph Petersens Aufzeichnungen über seine Tätigkeit als Legationsrat in Wien befinden sich im TSAG, Geheimes Archiv, Sig. U. U. VII/3. Er war Mitglied des Illuminatenbundes, welcher bis 1793 unter dem Schutz des Herzogs Ernst II. von Sachsen-Gotha stand. Karl Ludwig Adolph Petersen bekam von der unverändert reichsständisch gesonnenen Bevölkerung wenig Rückhalt. Vgl. Manfred Stanjura: Revolutionäre Reden und Flugschriften im rheinisch-pfälzischen Raum (1791–1801). Studien zu literarischen Formen jakobinischer Agitation in Worms, Speyer, Landau, Frankenthal, Bergzabern und Zweibrücken/Blieskastel. 2 Bde. St. Ingbert 1997, hier Bd. 1, S. 111. Brief 63 Zeile 32 (18. April 1793).

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2 Der Briefpartner Johann Friedrich Christian Petersen

an die glücklich verlebten Jahre trotzdem die Treue und nahm ihn gegenüber Angriffen aus ihrem Bekanntenkreis in Schutz. Nach der Rückeroberung der linksrheinischen Gebiete durch die alliierten Truppen sah er sich gezwungen, dem französischen Oberbefehlshaber General Custine nach Straßburg zu folgen, wo er 1793 als gemäßigter Jakobiner in Gefangenschaft geriet. Im März 1794 entlassen, kehrte er mit seiner Frau und vier Kindern in die erneut französisch gewordene Pfalz zurück.56 Seine Fachkompetenz und außergewöhnlichen Führungsqualitäten ließen ihn in der Beamtenhierarchie bis zum Unterpräfekten des Département du MontTonnerre (Donnersbergkreis) aufsteigen. Auch wurde er als dessen Vertreter in die Gesetzgebende Körperschaft in Paris gewählt. Seinen Lebensabend verbrachte er im bayerischen Landau im Haus seines Sohnes.57 Philipp Heinrich Gerhard Petersen Der dritte Bruder des Prinzenerziehers, der Arzt Philipp Heinrich Gerhard Petersen (1749–1794), absolvierte das Studium der Medizin in Göttingen und Straßburg. Daraufhin kehrte er in das Herzogtum Zweibrücken zurück und famulierte in Kusel.58 Der zweibrückischen Beamtenkartei ist zu entnehmen, dass er bereits zehn Jahre später die Spitzenposition eines Oberamtsphysikus von Kusel und Leibmedikus für die herzogliche Residenz Karlsberg und die Jägersburg einnahm.59 Sein Dienstherr Karl II. August (1746–1795) entsprach dem Typ des wankelmütigen, gereizten Potentaten, der von der Bauwut erfasst seine Untergebenen schlecht bezahlte.60 Folglich ist Philipp Heinrich Gerhard zusammen mit den Darmstädter Brüdern zu den loyalen Fürstendienern zu zählen. Im Juli 1793 überfielen die französischen Revolutionstruppen das Herzogtum und ließen Schloss Karlsberg in Flammen aufgehen. Der 56 57 58 59 60

Im gleichen Jahr starb Karl Ludwig Adolph Petersens Frau Juliane, geb. Retzer. 1798 heiratete er in zweiter Ehe Friederike Hermanny, Tochter eines Salinenbesitzers aus Kreuznach. Wegen einer verdienstvollen Mission im Bayerischen Erbfolgekrieg (1778/79) erhielt Karl Ludwig Adolph Petersen ab 1818 eine Pension von König Maximilian I. von Bayern (siehe Petersen: Chronik [1895], 1. Teil, S. 25). In Petersen: Chronik (1898), 2. Teil, S. 5 wird irrtümlich „Cassel“ angegeben. Freundlicher Hinweis von Herrn Florian Fottner, Stadtarchiv Zweibrücken. Einen farbigen Bericht der Hofhaltung gibt der dort ebenfalls im Dienst stehende Maler und Architekt Johann Christian von Mannlich: Rokoko und Revolution. Lebenserinnerungen des Johann Christian von Mannlich (1741–1822). Aufgrund der Ausgabe von Dr. Eugen Stollreither neubearb. durch Dr. Friedrich Matthaesius. Stuttgart 1966, S. 211 f. Leibarzt Philipp Heinrich Gerhard Petersen wird nicht erwähnt.

2.4 Familie Petersen

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fünfundvierzigjährige Arzt starb im folgenden Jahr. Sein Tod könnte in Zusammenhang mit den verheerenden Verwüstungen und dem Elend stehen, das die feindliche Übermacht über das Land brachte. Aus seiner Ehe mit der Tochter eines Zweibrücker Kammerrats gingen keine Kinder hervor. Ein persönlicher Kontakt zwischen Philipp Heinrich Petersen und Sophie von La Roche ist nicht nachweisbar.61 Johann Wilhelm Petersen Der fünfte Sohn des Zweibrücker Hofpredigers, Johann Wilhelm (1758– 1815), erlangte als Jugendfreund Friedrich Schillers von allen Brüdern den größten Bekanntheitsgrad. Auf Empfehlung seines zweibrückischen Landesherrn erhielt er einen Platz in der Hohen Karlsschule bei Stuttgart.62 Nach Abschluss der Schule 1779 entschied er sich für die Bibliothekslaufbahn, die er als Unterbibliothekar der herzoglichen öffentlichen Bibliothek begann. Zusammen mit seinem ehemaligen Lehrer Friedrich Abel (1751– 1829) fungierte er als Kritiker in der Entstehungsphase von Schillers „Räubern“. 1782 begleitete er den Autor zur Uraufführung des Stücks nach Mannheim.63 Im selben Jahr trat er offiziell dem Geheimbund der Illuminaten bei, der in Stuttgart ab 1783 unter Abels Leitung stand. Als 1790 unter dem Eindruck der Französischen Revolution in Stuttgart eine Umwandlung geheimbündlerischer Vereinigungen in politische Clubs stattfand, war die Aufmerksamkeit der Aufsichtsbehörde auf den zum Bibliothekar und Professor für Heraldik und Diplomatik aufgestiegenen Petersen gerichtet, der sich durch aufrührerische Reden in Gasthäusern verdächtig gemacht hatte. Im Juli 1794 provozierte er in betrunkenem 61

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Dennoch lässt sich eine kleine Verbindung zwischen beiden Personen ziehen. Philipp Heinrich Gerhard P. schrieb unter anderem Artikel für das „Neue[…] Magazin für Aerzte“ (1779–1798), das in Leipzig erschien. Herausgeber dieser Zeitschrift war der Marburger Mediziner Ernst Gottfried Baldinger (1738–1804). Auf seinen Wunsch hin veröffentlichte Sophie von La Roche 1791 in Offenbach die Lebensbeschreibung seiner verstorbenen Frau Dorothea Friederika, geb. Gutbier (1739–1786), unter dem Titel „Lebensbeschreibung von Friderika Baldinger, von ihr selbst verfaßt. Herausgegeben und mit einer Vorrede begleitet von Sophie, Witwe von La Roche“. Petersen: Chronik (1898), 2. Teil, S. 7–18; Julius Hartmann: Schillers Jugendfreunde. Stuttgart, Berlin 1904, S. 186–213; Reinhard Buchwald: Wilhelm Petersen, Bibliothekar und Schriftsteller. In: Schwäbische Lebensbilder IV (1948), S. 187–195. Zur Protektion Friedrich Schillers durch das Netzwerk der Illuminaten siehe Hans-Jürgen Schings: Die Illuminaten in Stuttgart, auch ein Beitrag zur Geschichte des jungen Schiller. In: DVjs 66 (1992) Heft 1, S. 48–87, hier S. 74.

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2 Der Briefpartner Johann Friedrich Christian Petersen

Zustand die nächtliche Wachpatrouille. Seine Verhaftung und Amtsenthebung waren die Folge. Erst der nachfolgende Herzog Friedrich Eugen (1732–1797) gab ihm Ende 1795 sein Bibliotheksamt unter der Bedingung zurück, sich fortan jeglicher politischen Äußerung zu enthalten. Für den Polyhistor mit seinem „Wundergedächtnis“64 konnte offenbar kein adäquater Ersatz gefunden werden. Schon Anfang 1797 schien sein Ruf als rebellischer Untertan durch Wohlverhalten wiederhergestellt gewesen zu sein, da er zu den Bibliothekaren zählte, die der Herzog am 22. Januar 1797 als Zensoren für die im Land verlegte Literatur bestimmte.65 Neben Publikationen in Zeitschriften gingen nur wenige seiner literarischen Arbeiten in den Druck. 1782 ließ der Junggeselle und eifrige Wirtshausgänger eine „Geschichte der deutschen National=Neigung zum Trunke“ anonym in Leipzig erscheinen. Große Beachtung fand in jenem Jahr die von ihm angefertigte erste vollständige, kommentierte Prosaübersetzung der „Ossian“-Gedichte des Schotten James Macpherson.66 In der Landesbibliothek Stuttgart befindet sich sein umfangreicher handschriftlicher Nachlass. Petersen sammelte lebenslang Curiosa und Rara der deutschen Literatur, Geschichte und Kulturgeschichte, die nach Fachgebieten gebündelt oder in Kladden geheftet einen monströsen ‚Catalogue raisonné‘ bilden. Diese Lesefrüchte, die er zum Teil in den seltenen Druckwerken württembergischer Klöster entdeckt hatte, stellen sein noch zu entdeckendes Lebenswerk dar.67 Johann Wilhelm Petersen starb 1815, von der großen Schar seiner Freunde betrauert. Der Epigrammatiker Friedrich Haug (1761–1829) überschrieb seinen Nachruf mit der Sentenz: „Durch seinen Geist, durch Rechtlichkeit wert und als heitrer Genosse, war er Gelehrten sogar selbst eine Bibliothek.“68 Sophie von La Roche hatte ihn persönlich vermutlich nicht gekannt. Sie wollte dem bekannten Ossian-Übersetzer einen Besuch machen, als sie 1792 aus der Schweiz kommend in Stuttgart Station mach64 65

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„Ach dein Wundergedächtnis, Dein Scherz, dein geistiger Reichtum, Dein sokratischer Ton sind auf immer dahin!“ heißt es in Friedrich Haugs Elegie auf Petersens Tod (zitiert nach Petersen: Chronik [1898], 2. Teil, S. 17). Siehe Ina Ulrike Paul: Württemberg 1797–1816/19. Quellen und Studien zur Entstehung des modernen württembergischen Staates. München 2005 (= Quellen zu den Reformen in den Rheinbundstaaten. Hrsg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften durch Karl Otmar von Aretin. Bd. 7, Teilbd. 2), S. 705. Die Gedichte Ossians neuverdeutscht. Tübingen 1782. WLBS, Kollektaneen Cod. Hist. Q. 257. Die Elegie trägt den Titel „Als Petersen starb (den 26. Dezember 1815)“. Es folgt als Motto die lateinische Sentenz „Ingenio, probitate placens hilarisque sodalis, / Divaque vel doctis bibliotheca fuit“ und die obengenannte deutsche Übersetzung. Zitiert nach Petersen: Chronik (1898), 2. Teil, S. 16.

2.4 Familie Petersen

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te. Doch traf sie Johann Wilhelm Petersen in seiner Wohnung am Karolinenplatz nicht an.69 In ihrem Werk „Mein Schreibetisch“ gibt sie eine Passage aus dem melancholischen Schlussgesang des „Ossian“ wieder, ohne den Übersetzer zu nennen.70 Ein Vergleich deutscher Übersetzungen zeigt, dass sie (mit kleinen Veränderungen) Johann Wilhelm Petersens Version zitiert.71 In dem nicht betitelten Kupferstich des Leipziger Künstlers Christian Schule auf der linken Titelseite des „Zweyten Bändchens“ von „Mein Schreibetisch“ könnte die Auffindung der ausgesetzten Fürstentochter Ninathoma dargestellt sein. In diesem Fall wäre dort neben der angeführten Widmung an den Darmstädter Prinzenerzieher ein weiterer Petersen-Bruder angesprochen.72 Ludwig Petersen Über das Leben des jüngsten der Brüder, Ludwig Petersen, ist wenig bekannt.73 Als Geburtsjahr kann 1755 oder 1756 angenommen werden. Zum Wintersemester 1772 schrieb er sich als Student der Rechtswissenschaften an der Göttinger Universität ein. Seine Ansbacher Verwandtschaft verschaffte ihm 1781 einen Posten im Fürstentum Oettingen-Wallerstein. Die Vermutung des Chronisten, dass der zum Regierungsrat aufgestiegene Petersen sein zwölftes Dienstjahr im Duodez-Fürstentum nur widerwillig absolvierte, wird bei der Durchsicht seiner Personalakte im Wallersteinschen Archiv auf der Harburg bestätigt.74 Am 27. März 1793 kam es zwischen Fürst Ernst Kraft von Oettingen-Wallerstein (1748–1802) und seinem Untergebenen zu einem heftigen Wortwechsel über mutmaßliche Jakobiner am Hof. Nach diesem Auftritt wurde Petersen fristlos entlassen. In seinen in selbstbewusstem Ton abgefassten Promemoriae übte er offene Kritik am Regime und drohte mit einem Prozess. Sein ehemaliger Dienstherr versah seine Eingaben jeweils mit dem Vermerk „Zu den alten 69 70 71

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Erinnerungen aus meiner dritten Schweizerreise (1793), S. 500. Mein Schreibetisch (1799), Zweytes Bändchen, S. 409–411. Sophie von La Roche wählte eine Passage, in der eine Schlacht, ein tödlicher Zweikampf und der Freitod der unglücklich liebenden Fürstentochter Ninathoma beschrieben werden. Wolfgang Gerhard Schmidt: Kommentierte Neuausgabe deutscher Übersetzungen der „Fragments of ancient poetry“ (1766), der „Poems of Ossian“ (1782) sowie der Vorreden und Abhandlungen von Hugh Blair und James Macpherson. In: W. G. Sch. (Hrsg.): „Homer des Nordens“ und „Mutter des Romantik“. Bd. 3. Berlin 2003, S. 464–465. Die Widmung „An Herrn G.R.P. in D.“ bedeutet „An Herrn Geheimrat Petersen in Darmstadt“. Petersen: Chronik (1898), 2. Teil, S. 18 f. Fürstlich Wallersteinsches Archiv in Harburg, Personalakte Petersen.

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2 Der Briefpartner Johann Friedrich Christian Petersen

Aktenbergen dess infamen Petersen“. Erst im Juli kam man zu einer Einigung über das noch ausstehende Gehalt. Sophie von La Roche hatte im September 1792 von Karl Ludwig Adolph Petersen aus Speyer erfahren, dass dessen jüngerer Bruder auf Stellungssuche war.75 Sie informierte daraufhin ihren Freund, den Prinzenerzieher, über Vakanzen, von denen sie in ihrem Umkreis erfuhr.76 Ihr Vorschlag, der Stuttgarter Bruder Johann Wilhelm solle sich am Württembergischen Hof für Ludwig verwenden, wurde nicht realisiert.77 Sie war, wie es scheint, über die politische Umtriebigkeit des Bibliothekars nicht im Bilde. Den Stuttgarter Behörden war im Übrigen auch der unbotmäßige Rat aus Wallerstein schon längst bekannt, da seit 1789 eine dynastische Verbindung zwischen den Fürstenhäusern bestand.78 Der Chronist der Familie Petersen vermutet, dass Ludwig Petersen in der Schweiz entweder aufgrund einer lebensgefährlichen Krankheit starb oder ermordet wurde.79 Dem widerspricht eine Stelle in Sophie von La Roches Brief vom 16. Februar 1798 an den Prinzenerzieher, wo sie Näheres über Ludwigs Reise nach England erfahren möchte.80 Die drei Schwestern Petersen Von den drei Schwestern Petersen wurde die unverheiratete jüngste, Christiane, bereits in Kapitel 2.3 erwähnt. Ihr Geburtsjahr konnte wie das der beiden älteren Schwestern nicht ermittelt werden. Ihre Darmstädter Brüder sorgten für ihren Unterhalt und Taschengeld. Auch Sophie von La Roche kümmerte sich um die körperlich und nervlich labile Frau, die ihr Leben als Pensionsgast in diversen Offenbacher Haushalten fristete. Sie starb im Dezember 1798 im Haus ihres Bruders Karl Ludwig Adolph in Mainz.81 Die zweitälteste, Henriette Juliane, pflegte die 1783 verwitwete Mutter. Sie starb zwei Jahre später wenige Monate nach deren Tod.82 Einzig Caroline war ein glücklicheres Los beschieden. Sie heiratete 1783 Pfarrer Heß aus Böchingen an der Weinstraße, mit dem sie einen Sohn und drei Töchter hatte.83 75 76 77 78 79 80 81 82 83

Brief 54 Zeile 20 f. Brief 54 Zeile 20–31. Brief 73 Zeile 11–21. 1789 hatte Fürst Ernst Kraft von Oettingen-Wallerstein eine zweite Ehe mit der Württembergischen Prinzessin Wilhelmine Friederike (1764–1817) geschlossen. Petersen: Chronik (1898), 2. Teil, S. 19. Brief 108 Zeile 45–47 (16. Dezember [1798]). Brief 120 (14. Dezember 1798); Petersen: Chronik (1898), 2. Teil, S. 22. Petersen: Chronik (1898), 2. Teil, S. 22. Petersen: Chronik (1898), 2. Teil, S. 19–21.

3 Die Briefpartner und der Hof von Darmstadt als Ort der Auseinandersetzung zwischen Aufklärung und Gegenaufklärung 3.1 Bemerkungen zur dynastischen Folge des Hauses Hessen-Darmstadt Zum besseren Verständnis folgen hier zunächst einige Anmerkungen zu Titeln und Erbfolge der drei ‚Ludwig-Generationen‘, die für die Sophie von La Roche-Briefe an Petersen relevant sind. Der Briefwechsel beginnt in der Regierungszeit des Landgrafen Ludwig IX. (1719–1790). Er residierte in Buchsweiler im elsässischen Landesteil Hanau-Lichtenberg und frönte im nahen Pirmasens seiner Passion, zwei Regimenter nach preußischem Reglement zu exerzieren. Seine schöngeistige Frau Henriette Karoline (1721–1774) aus dem Hause Zweibrücken, die „Große Landgräfin“ genannt, hielt Hof in Darmstadt, wo sich auch der Sitz der Regierung befand. Sie drang auf die Einstellung von Friedrich Karl von Moser (1723–1798) als Kanzler, der mit durchgreifenden Maßnahmen das Land vor dem drohenden finanziellen Ruin bewahren sollte. 1780 wurde der eigenmächtige Reformer nach einem Streit mit dem Landesherrn entlassen. Das neue Mitglied des Geheimen Rats, Christian Hartmut Samuel Gatzert (1739–1807), überflügelte binnen kurzem die dienstältesten Mitglieder des Konsiliums als einflussreicher, fähiger Ratgeber des Landgrafen. Als Direktor der Darmstädter Regierung ergriff er drakonische Maßnahmen gegen Misswirtschaft, Schlendrian der Beamtenschaft und die Auswirkungen eines veralteten Steuersystems, die alsbald Erfolge zeigten. Gatzert blieb unter dem ab 1790 regierenden Landgrafen Ludwig X. im Amt. Er verfügte über beste Verbindungen zum Kaiserhof in Wien und vertrat eine reichstreue Politik bis zum Ende seiner Laufbahn 1798. Landgraf Ludwig X. (1753–1830) wird im nachfolgenden Text – wie auch in den Sophie von La Roche-Briefen – bis zum Amtsantritt April 1790 zunächst noch „Erbprinz“ genannt. Seit 1777 war er mit seiner Kusine ersten Grades, Luise von Hessen-Darmstadt (1761–1829), verheiratet. Ihr erstgeborener Sohn Prinz Ludwig (1777–1830) war der Zögling des Prinzenerziehers Johann Friedrich Christian Petersen. Sophie von La Roche nennt ihn in ihren Briefen „Prinz Louis“. Unter diesem Namen

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3 Die Briefpartner und der Hof von Darmstadt als Ort der Auseinandersetzung

erscheint er auch in den nachfolgenden Ausführungen, um die Verwechslung mit dem Vater zu vermeiden. Die Familie lebte in dem Residenzschloss in Darmstadt. Die Sommermonate verbrachte dieser sogenannte „Junge Hof“ im idyllisch gelegenen Sommersitz „Fürstenlager“ bei Auerbach an der Bergstraße. 1790 rückte der dreizehnjährige Prinz Louis in die Position des „Erbprinzen“. Diesen Titel verwendet auch Sophie von La Roche ab diesem Zeitpunkt in ihren Briefen. Der Beitritt zum Rheinbund 1806 bescherte dem Landesherrn den Titel „Großherzog Ludwig I.“1. Der Erbprinz Louis wurde entsprechend „Großprinz“ tituliert. Die Titel „Großherzog“ und „Großprinz“ kommen in Sophie von La Roches Briefen nicht vor. Erbprinz bzw. Großprinz Louis trat 1830 die Regierung als Großherzog Ludwig II. an. Zu diesem Zeitpunkt war sein Erzieher Petersen schon drei Jahre tot.

3.2 Der Hof von Darmstadt in den 1770er und 1780er Jahren Der Darmstädtische Kriegsrat Johann Heinrich Merck schreibt in seinen Briefen mehrfach, dass er in Darmstadt wie in einer Wüste lebe.2 Er konnte dies nur im Vergleich zum Musenhof Weimar oder zu der Epoche der schöngeistigen „Großen Landgräfin“ Karoline Henriette geäußert haben, denn auf Grund ideologischer und theologischer Auseinandersetzungen zählte die Residenz der Landgrafschaft ebenso wie ihre Universitätsstadt Gießen in den siebziger und achtziger Jahren zu den entscheidenden „Kampfort[en] der Aufklärung“3. Wie in München, Wien und Berlin wurden hier im Vorfeld der Französischen Revolution tiefgreifende Konflikte zwischen den Vertretern der Aufklärung und den ‚Gegenaufklärern‘ ausgefochten. Letztere sahen vor allem nach der Radikalisierung der revolutionären Ereignisse in Frankreich 1791/92 in dem fortschreitenden Aufklärungsprozess einen Angriff auf Altar und Thron, den es mit allen Kräften zu verhindern bzw. rückgängig zu machen galt.4 Wie die führenden geisti-

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Die offizielle Titel war „Großherzog Ludewig von Hessen und bei Rhein“. Seidel: Literarische Kommunikation in Hessen-Darmstadt (2003), S. 296 u. S. 651. Roland Mortiers Bezeichnung für das aufgeklärte Berlin (Diderot in Deutschland 1750–1780. Stuttgart 1967, S. 40). Vgl. die einleitenden Bemerkungen zum Thema ‚Gegenaufklärung‘ im Sammelband von Christoph Weiß (Hrsg.): Von „Obscuranten“ und „Eudämonisten“. Gegenaufklärerische, konservative und antirevolutionäre Publizisten im späten 18. Jahrhundert. In Zusammenarbeit mit Wolfgang Albrecht. St. Ingbert 1997 (=

3.2 Der Hof von Darmstadt in den 1770er und 1780er Jahren

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gen Schichten im Reich kamen auch die Briefpartner Sophie von La Roche und Petersen nicht umhin, in diesem „Krieg zwischen Feinden und Freunden der Vernunft“5 Stellung zu beziehen. Er bildet gewissermaßen die in kontrastierenden Farben wetterleuchtende Kulisse des hier analysierten Briefwechsels. Mit der Beschreibung einiger Persönlichkeiten, welche die Bühne des Darmstädter Hofs Ende der siebziger Jahre beherrschten, muss begonnen werden, bevor Johann Friedrich Christian Petersen – im Sommer 1782 von Colmar kommend – als weiterer Akteur in der Rolle des Prinzenerziehers hinzutritt. Ein Gemälde des Johann Heinrich Schmidt (1757–1821) aus dem Jahr seines Amtsantritts stellt das „Lustlager bei Groß-Gerau“, einer Ortschaft im Süden von Darmstadt, dar.6 Im Vordergrund erblickt man den Erbprinzen (ab 1790 regierender Landgraf Ludwig X.) und seine Frau Luise mit ihrem gemeinsamen ältesten Sohn Louis an der Hand. Der fünfjährige Prinz ist Petersens Zögling. Sie sind von einem kleinen Gefolge von Höflingen umgeben, unter denen das schwarze Habit eines Geistlichen hervorsticht. Diese Gestalt ist bisher nicht identifiziert worden, auch wenn ihre Deutung nahe liegt.7 In diesen Jahren übte ein Theologe starken Einfluss auf den Erbprinzen und seine am Hof lebenden Brüder und Vettern aus: Oberhofprediger und Konsistorialrat Johann August Starck (1741– 1816).8 Seine Berufung im Jahr 1778 erfolgte nicht in erster Linie als Ge-

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Literatur im historischen Kontext. Studien und Quellen zur deutschen Literatur und Kulturgeschichte vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart 1), S. 7–34. „Oberdeutsche Allgemeine Literaturzeitung“, Mai 1788. Zitiert nach Christoph Hippchen: Der Illuminatenorden im Spiegel deutscher Publizistik (1776–1800). Köln, Weimar, Wien 1998 (= Walter Schmidt [Hrsg.]: Kontext. Studien zur Literatur- und Kulturgeschichte der Neuzeit 4), S. 71. Siehe Magistrat der Stadt Darmstadt (Hrsg.): Darmstadt in der Zeit des Barock und Rokoko. Katalog der Ausstellung auf der Mathildenhöhe vom 6.9. bis 9.11.1980. 2 Bde. Darmstadt 1980, S. 132 u. Bildkommentar S. 135. Das aufwendig inszenierte Kampieren im Freien – der Betrachter sieht eine luxuriöse Zeltstadt mit Feldküche und Musikanten im Hintergrund – hatte repräsentativen Charakter und gehörte zu den Aufgaben des in Darmstadt lebenden „Jungen Hofs“. In dem Gemälde werden die Fürstlichkeiten auf einen Reisenden aufmerksam gemacht, der auf die Gruppe zugeht. Der kleine Prinz hebt aufmerkend den Arm. Sollte hier womöglich die Ankunft seines Erziehers Petersen dargestellt worden sein? Nicht gedeutet im Bildkommentar des in Fußnote 125 genannten Katalogs. Johann August Freiherr von Starck (1741–1816) studierte in Göttingen Theologie. 1763–65 war er Lehrer in St. Petersburg. Er gilt als eine der maßgeblichen Personen in der Frühzeit der Freimaurerei in Russland. Bis Sommer 1766 hielt er sich zu Studien in Paris auf, danach wurde er Konrektor in Wismar. 1769–1777 lehrte er als Professor der Theologie in Königsberg, wo er auch als Hofprediger tätig war. Nach einem vierjährigen Aufenthalt in Mitau in Kurland (1777–1781) wurde er durch Vermittlung von Karl von Mecklenburg-Strelitz (1741–1816),

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3 Die Briefpartner und der Hof von Darmstadt als Ort der Auseinandersetzung

lehrter und Prediger, sondern vor allem als prominenter Meister der Freimaurerei, zu der der Erbprinz sich vehement hingezogen fühlte. Starcks „mysteriosophisches und alchemistisches Engagement“9 zeigte sich alsbald in dem „Bund der Sieben“, einer geheimen Vereinigung, welcher der Erbprinz und seine fürstlichen Vettern beitraten.10 Starcks ehrgeizige Be-

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Schwager des hessen-darmstädtischen Erbprinzen Ludwig, als Oberhofprediger nach Darmstadt berufen. Sein Amt als Konsistorialrat legte er 1791 nieder. 1811 wurde er in den Freiherrnstand erhoben. Vgl. Jean Blum: J.-A. Starck et la querelle du crypto-catholicisme en Allemagne 1785–1789. Paris 1912; Gustav Krüger: Starck im Licht der Briefe Petersens. In: Ich dien. Festgabe zum 60. Geburtstage von Wilhelm Diehl. Hrsg. von Hans von der Au, Heinrich Hassinger, Hermann Bräuning-Oktavio. Darmstadt 1931, S. 260–270; ders.: Johann August Starck, der Kleriker. Ein Beitrag zur Geschichte der Theosophie im 18. Jahrhundert. In: Festgabe, von Fachgenossen und Freunden Karl Müller zum 70. Geburtstag dargebracht. Tübingen 1922, S. 244–266; ders.: Johann August Starck und der Bund der Sieben. In: Hans von der Au, Heinrich Hassinger, Hermann Bräuning-Oktavio (Hrsg.): Ich dien. Festgabe zum 60. Geburtstag von Wilhelm Diehl. Darmstadt 1931, S. 237–259; Wilhelm Kreutz: „L’Inscription qu’on pourra mettre sur les ruines des trônes, (…) peut être conçue dans ces deux mots: ‚L’ouvrage de l’Illuminatisme!‘“ Johann August Starck und die ‚Verschwörungstheorie‘. In: Christoph Weiß (Hrsg.): Von „Obscuranten“ und „Eudämonisten“. Gegenaufklärische, konservative und antirevolutionäre Publizisten im späten 18. Jahrhundert. In Zusammenarbeit mit Wolfgang Albrecht. St. Ingbert 1997 (= Christoph Weiß und Reiner Wild (Hrsg.): Literatur im historischen Kontext. Studien und Quellen zur deutschen Literaturgeschichte vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart 1), S. 269–304; Erich Donnert: Antirevolutionäre konterrevolutionäre Publizistik in Deutschland am Ausgang des Alten Reiches: Johann August Starck (1741–1816), Ludwig Adolf Christian von Grolman (1741–1809), Friedrich Nicolai ( 1733–1811). Frankfurt am Main, Berlin, Bern u. a. 2010; Michael Vesper: Aufklärung – Esoterik – Reaktion. Johann August Starck (1741–1816). Geistlicher, Gelehrter und Geheimbündler zur Zeit der deutschen Spätaufklärung. Darmstadt 2012 (= Quellen und Studien zur hessischen Kirchengeschichte Band 3). Kreutz: Starck und die ‚Verschwörungstheorie‘ (1997), S. 269. „Daß Erbprinz Ludwig und sein Bruder Christian Ludwig, der zunächst nicht zu den ‚Sieben Verbündeten‘ zählte, enge Kontakte zu den französischen ‚Chevaliers Bienfaisants de la Cité Sainte‘ sowie zu anderen Hochgradsystemen kabbalistisch-theosophischer Provenienz knüpften, ist bekannt, auch, daß Ludwig der Pariser Loge der ‚Philalethen‘ und zusammen mit seinem Bruder dem ‚Illuminatenbund‘ angehörte oder daß Johann Joachim Bode während seiner später berühmt-berüchtigten Paris-Reise sich einige Tage in Darmstadt aufhielt und Christian Ludwig brieflich über die Gespräche mit den französischen Maurern unterrichtete.“ (Kreutz: Starck und die ‚Verschwörungstheorie‘ (1997), S. 269 f. Zum Protektorat des Erbprinzen über die Gießener Loge vgl. Rolf Haaser: „als wenn ich ein Erzaufklärer wäre …“. Der Gießener Regierungsdirektor und reaktionär-konservative Publizist Ludwig Adolf Christian von Grolman. In: Chris-

3.2 Der Hof von Darmstadt in den 1770er und 1780er Jahren

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strebungen hatten zum Ziel, in das Hochgradsystem der Freimaurerei vorzudringen, um dort ein dem Templerorden angelehntes Klerikat einzuführen.11 Dem Theologen mit bewegter Vergangenheit haftete der Ruf an, ein Kryptokatholik und Jesuit zu sein. Die Öffentlichkeit registrierte mit Misstrauen diesen gefahrvollen Umgang für den Thronfolger protestantischen Glaubens. Den Warnungen durch die Presse trat Starck 1787 mit einer monströsen Verteidigungsschrift entgegen, in der er zum Gegenangriff überging. Er beschuldigte die Berliner Aufklärer und die Mitglieder des 1784/85 in Bayern und anschließend in allen Reichsterritorien verbotenen, angeblich weiterhin im Geheimen aktiven Illuminatenbundes, ein Komplott gegen Kirche und Staat gebildet zu haben, das in Zukunft allgemeine und nachteilige Umwälzungen auslösen würde.12 Dem Erbprin-

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toph Weiß (Hrsg.): Von „Obscuranten“ und „Eudämonisten“. Gegenaufklärerische, konservative und antirevolutionäre Publizisten im späten 18. Jahrhundert. In Zusammenarbeit mit Wolfgang Albrecht. St. Ingbert 1997 (= Christoph Weiß und Reiner Wild [Hrsg.]: Literatur im historischen Kontext. Studien und Quellen zur deutschen Literaturgeschichte vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart 1), S. 305–365, hier S. 315. „Ungeachtet seines Renommees in Freimaurerkreisen, das er vor allem den verschiedenen Ausgaben seiner Apologie des Ordens der Frey-Mäurer verdankte, blieb der Erfolg seines ‚Klerkats‘ bescheiden.“ (Kreutz: Starck und die ‚Verschwörungstheorie‘ (1997), S. 273) Die Freimaurerei steckte damals in ihrer größten Krise. Eine Klärung der verworrenen Strukturen sowie der Mysterieninhalte versprachen sich die Vertreter der verschiedenen Systeme von dem 1782 veranstalteten ‚Wilhelmsbader Konvent‘. Der Kampf um die Oberherrschaft der ‚Strikten Observanz‘ hatte sich in den vorhergehenden Jahren abgespielt. So unternahm auch der Illuminatenbund Anstrengungen, die Freimaurerei mit ihren eigenen Mitgliedern zu durchsetzen und zu zerstören. Vgl. Ludwig Hammermayer: Der Wilhelmsbader Freimaurer-Konvent von 1782. Ein Höhe- und Wendepunkt in der Geschichte der deutschen und europäischen Geheimgesellschaften. Heidelberg 1980; Hermann Schüttler: Der Wilhelmsbader Freimaurerkonvent im Spiegel der Illuminaten. In: Geheime Gesellschaft. Weimar und die deutsche Freimaurerei. Katalog zur Ausstellung der Stiftung Weimarer Klassik im Schiller-Museum vom 21. Juni bis 31. Dezember 2002. Hrsg. von Joachim Berger u. Klaus-Jürgen Grün. München, Wien 2002. „Über Krypto-Katholicismus, Proselytenmacherey, Jesuitismus, Geheime Gesellschaften und besonders die ihm selbst von den Verfassern der berliner Monatsschrift gemachten Beschuldigungen, mit Acten=Stücken belegt. Frankfurt und Leipzig, 1787“. Der Nachtrag erschien in Gießen 1788. Die 2362 Seiten umfassende Schrift ist Thema eines Briefes von Gottlieb Konrad Pfeffel an den Prinzenerzieher Petersen vom 1. März 1788: „Von der Starkischen Apologie konnte ich nicht einmal den ersten Band hinunterbringen, und was Sie mir zum 2 B [zweiten Band, Anm. P.S.] melden, ist nicht fähig, meinen Appetit aufzuwecken.“ (FDH, Sig. Hs-6417) Als Adressant ist irrtümlich Hofprediger Georg Wilhelm Petersen angegeben.

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3 Die Briefpartner und der Hof von Darmstadt als Ort der Auseinandersetzung

zen gegenüber gab er sich devot, jede Konfrontation vermeidend. Er verstand, „alles ins Dunkle zu spielen“13, und so bleibt auch ungeklärt, in welche Schwüre und Bande er den jugendlichen Erbprinzen Ludwig verwickelte, der es auch nach seiner Distanzierung von Starck zu Beginn der 1790er Jahre nicht zu einem Bruch kommen ließ und ihn weiterhin mit Nachsicht behandelte.14 Starck scharte am Hof einen Kreis von Auserwählten um sich, die nicht namentlich bekannt waren.15 Er stand darüber hinaus in bestem Einvernehmen mit Ludwig Adolf Christian von Grolman (1741–1809), dem umtriebigen Präsidenten des Gießener Appellationsgerichts. Dessen Bekanntschaft hatte er schon 1763 während des Studiums in Göttingen gemacht.16 Als es in den ersten Regierungsjahren Ludwigs X. unter dem Eindruck der französischen Revolution zu Unruhen in der Universitätsstadt Gießen und im Odenwald kam, unterstützte Grolman nachhaltig den ‚Kurswechsel‘ des Landgrafen hin zu einer repressiven Politik.17 Er warnte den Landgrafen und das führende Mitglied des „Geheimen Raths“, Christian Hartmut Samuel Gatzert, vor angeblichen Komplotten gegen die Regierung, um auf diese Weise eine Erweiterung seiner eigenen Machtbefugnisse zu erlangen. Eigenmächtige, rechtswidrige Aktionen und Intrigen charakterisierten Grolmans Amtszeit.18

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Krüger: Starck im Licht der Briefe Petersens (1931), S. 263. Krüger: Starck im Licht der Briefe Petersens (1931), S. 266 f. Nicht jeder sah in ihm eine zwielichtige Gestalt. Vgl. Friedrich Ludwig Textor: Charakteristik der jetzt lebenden bekanntesten Hessen=Darmstädtischen Theologen und Prediger. Mit Rücksicht auf ihre moralische und vorzüglich Wissenschaftliche Cultur. Gießen, Darmstadt 1801, S. 90 f.: „[S]eine ‚freimütigen Betrachtungen über das Christentum ec.‘ sind Schriften von ihm, die wir selbst studieret haben, und die den hellen, philosophischen Denker, den Mann voll Geist und Wahrheit, und von einem gebildeten Geschmak bezeuge.“ Der russische Schriftsteller Nikolaij Michajlovič Karamsin (1766–1826) bedauerte Starck als angebliches Opfer von Nachstellungen durch die Berliner Aufklärer (Nikolaj Michajlovič Karamsin: Briefe eines russischen Reisenden. Berlin 1977, S. 81 u. S. 187). Kreutz: Starck und die ‚Verschwörungstheorie‘ (1997), S. 269, Fußnote 6. Vgl. Haaser: Der Gießener Regierungsdirektor L. A. Chr. von Grolman (1997), S. 313 f. Eckhart G. Franz: Hessen-Darmstadt, Kurmainz und die Französische Revolution. In: Hessisches Jahrbuch für Landesgeschichte 40 (1990), S. 125–143, hier S. 131. Spektakuläre Vorfälle waren die Verhaftung Benjamin Minnigerodes (1739– 1789), des Stadtsyndikus von Alsfeld, die Inhaftierung des Gießener Dozenten Ludwig Justus Greineisen (1751–1831) und der Zensurprozeß gegen den Professor der Fortifikation und Kriegswissenschaften Georg Friedrich Werner (1754– 1798) (Haaser: Spätaufklärung und Gegenaufklärung [1997], S. 122 u. S. 107 f.).

3.2 Der Hof von Darmstadt in den 1770er und 1780er Jahren

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In dieser „Krise der Aufklärung“19 gelang Oberhofprediger Starck die erstaunliche Verwandlung vom machthungrigen, Proselyten machenden Freimaurer zu einem der schärfsten Kritiker der Geheimbünde. Mit seinen Anschuldigungen gegenüber Freimaurern, Illuminaten und den „Philosophen“ der Aufklärung20 war er ein publizistischer Verbündeter des französischen Jesuiten Augustin Barruel (1741–1820), der wenige Jahre später, 1797, deren angebliches konspiratives Wirken als eine europaweite Verschwörung auslegte.21 Starcks und Grolmans Sprachrohr war die 1795 19

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Das Zitat ist der Titel eines Aufsatzes von Eckhart Franz: Krise der Aufklärung. Das Ende des Ancien Regime in Hessen-Darmstadt. In: Aufklärung in Hessen. Facetten ihrer Geschichte. Hessische Landeszentrale für Politische Bildung. Hrsg. von Bernd Heidenreich. Wiesbaden 1999–2002 (= Kleine Schriftenreihe zur hessischen Landeskunde 7), S. 57–66. Blum bemerkt zur Mutation Starcks: „La Révolution a rendu à Starck un grand service: elle l’a fait oublier. Elle va lui en rendre un autre encore: elle va lui permettre de se refaire une virginité, de paraître sous un nouveau caractère et de montrer son passé, sinon ses passés, sous un jour favorable.“ („Die Revolution hat Starck einen großen Dienst erwiesen, sie hat ihn dem Vergessen anheim gegeben. Sie wird ihm einen weiteren erweisen: sie wird ihm ermöglichen, eine Jungfäulichkeit zu erlangen, als neuer Charakter zu erscheinen und seine Vergangenheit, wenn nicht seine Vergangenheiten, in vorteilhaftem Licht erscheinen zu lassen.“ J. A. Starck et la querelle du crypto-catholicisme en Allemagne 1785–1789 [1912], S. 161) Starck sieht im verderblichen „Philosophismus“ eine jahrhundertealte Tradition, die in jüngster Zeit durch die französischen Aufklärer (Diderot, Voltaire) verstärkt wurde und deutsche Gelehrte (die „falschen“ Aufklärer) infizierte. Siehe Johannes Rogalla von Bieberstein: Die These von der Verschwörung. Philosophen, Freimaurer, Juden, Liberale und Sozialisten als Verschwörer gegen die Sozialordnung. Bern 1976 (= Europäische Hochschulschriften). Kreutz behauptet, dass dem Kontakt des Oberhofpredigers Starck zu Barruel, hergestellt durch den Vorleser der englischen Königin Jean André Deluc (1727–1817), eine entscheidende Bedeutung für das Entstehen der ‚Verschwörungstheorie‘ zukomme (Johann August Starck und die ‚Verschwörungstheorie‘ [1997], S. 290; siehe Kapitel 6.3). Haaser schreibt Grolman eine ähnliche Funktion zu (Spätaufklärung und Gegenaufklärung [1997], S. 66). Diese Beobachtungen bezeugen, dass die in Darmstadt stattfindenden Kämpfe weit über lokale Querelen hinaus in Bezug zu den großen ideologischen Auseinandersetzungen der Sattelzeit standen und diese mit beeinflussten. Zu der weitgreifenden Wirkung von Augustin Barruels Werk „Mémoires pour servir à l’histoire du Jacobinisme, London 1797/98“ bemerkt Darrin McMahon: „[T]he stunning success of Barruel’s work, in itself, is convincing testimony to the changed fortunes of the anti-philosophe discourse in the aftermath of the Terror. Published in both London and Hamburg in 1797, the four-volume, multi-thousand-page work tore through four revised French editions by 1799 and was translated into English, German, Italian, Spanish, Swedish, and Russian, countless editions of which were issued seperately in London, Hambourg, Augsburg, Strengnàs, Luxembourg, St. Petersburg, Dublin, Hartford, Lisbon, Palma de Mallorca, Vic, Naples and Rome before the

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3 Die Briefpartner und der Hof von Darmstadt als Ort der Auseinandersetzung

gegründete, in Gießen verlegte Zeitschrift „Eudämonia“, der „journalistische[…] Sammelpunkt des Konservativismus“22. Das Publikationsprojekt erhielt finanzielle Unterstützung von Angehörigen des hessischen Fürstenhauses, die darin eine Möglichkeit sahen, die Ausbreitung des revolutionären Gedankenguts im Lande zu verhindern.23 Ein entschlossener Gegner Starcks und Grolmans war der ebenfalls im Hofdienst stehende Theologe Georg Wilhelm Petersen, der älteste Bruder von Sophie von La Roches Briefpartner Johann Friedrich Christian.24 Der durchreisende Student Wilhelm von Humboldt – die Schriftstellerin avisiert den Brüdern seinen Besuch in einem Billett25 – äußerte sich über die offenkundige Feindschaft zwischen Hofprediger Petersen und dem Oberhofprediger Starck in seinem Reisetagebuch.26 Schon wenige Monate nach seiner 1770 erfolgten Einstellung als Hofdiakon und Religionslehrer der Geschwister des Erbprinzen, Prinz Friedrich Ludwig und Prinz Christian Ludwig, meinte Georg Wilhelm Petersen, die Absicht seines Vorgesetzten Starck durchschaut zu haben, den Erbprinzen und seine Brüder dem Katholizismus zuzuführen.27 Als emsiger Rezensent der „Frankfurter Gelehrten Anzeigen“ – seine Mitarbeiter waren u. a. Goethe, dessen Schwager Johann Georg Schlosser (1739–1799) und Johann Heinrich Merck (1741–1791) – registrierte er seismographisch die klimatische Verschlechterung für die Pressefreiheit unter der strengen Zensur des Darmstädter Präsidenten Friedrich Karl von Moser.28 Über die bedenkli-

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fall of Napoleon, making it, as one scholar has observed, ‚one of the most widely read books in its day‘.“ (Enemies of the Enlightenment. The French CounterEnlightenment and the Making of Modernity. New York 2001, S. 113) Klaus Epstein: Die Ursprünge des Konservativismus in Deutschland. Berlin 1973, S. 620. Dazu gehört der ehemals engagierte Freimaurer Christian Ludwig von HessenDarmstadt (1763–1830), der jüngste Bruder des regierenden Landgrafen Ludwig X. Vgl. Kreutz: August Starck und die ‚Verschwörungstheorie‘ (1997), S. 280; Hippchen: Der Illuminatenorden im Spiegel deutscher Publizistik (1998), S. 45. Siehe Kapitel 2.4. Brief 1. „Seine ärgsten Feinde sind: Höpfner, Wenk und der Hofprediger Petersen.“ (Wilhelm von Humboldt: Tagebücher. Hrsg. von Albert Leitzmann. In: W.v. H.: Gesammelte Schriften. Hrsg. von der Preußischen Akademie der Wissenschaften. Bd. 14: Abt. 3 1788–1798. Berlin 1916, S. 36). Krüger: Starck im Licht der Briefe Petersens (1931), S. 265. Zu Petersens Rezensionen vgl. Bräuning-Oktavio: Georg Wilhelm Petersen (1971), Sp. 486; ders.: Herausgeber und Mitarbeiter der Frankfurter Gelehrten Anzeigen 1772. Tübingen 1966 (= Freies Deutsches Hochstift Reihe der Schriften, begründet von Ernst Beutler, hrsg. von Detlev Lüders, Bd. 20), S. 122–140; Christine Pezzoli-Bonneville: Vie intellectuelle et Lumières à Darmstadt entre

3.2 Der Hof von Darmstadt in den 1770er und 1780er Jahren

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chen Entwicklungen und Vorkommnisse bei Hofe korrespondierte er seit 1772 mit Christoph Friedrich Nicolai (1733–1811), dem geistigen Haupt der Berliner Aufklärung.29 Sein Kampf gegen die aufklärungsfeindlichen, orthodoxen Kräfte der katholischen wie der protestantischen Kirchenleitungen konnte nicht mehr allein über die „Frankfurter Gelehrten Anzeigen“ geführt werden. Er musste außerhalb der Landesgrenzen nach Berlin verlagert werden, im Schulterschluss mit den dortigen Hauptvertretern der Aufklärung unter dem Schutz der bis Juli 1788 geltenden Pressefreiheit. Seine scharf formulierten Rezensionen literarischer und theologischer Werke erschienen anonym in Nicolais „Allgemeiner Deutscher Bibliothek“, dem „Tabernakel und letzte[n] Refugium aufklärerischen Geistes in Deutschland“30. Am 1. Dezember 1772 schrieb Georg Wilhelm Petersen an Nicolai: „Als Mitarbeiter der ‚Allgemeinen Deutschen Bibliothek‘ bin ich keiner Seele bekannt als Ihnen und einem einzigen Freund hier, der kein Theologe ist und auf dessen gänzliche Verschwiegenheit ich mich völlig verlassen kann.“31 Dieser Freund war Merck, sein Mitstreiter bei den „Frankfurter Gelehrten Anzeigen“. Von Georg Wilhelm Petersens Autorschaft wusste jedoch in späterer Zeit noch eine weitere Person: Sein Bruder Karl Ludwig Adolph (1746–1827), der als Rechtskonsulent in Speyer tätig war.32 Dieser behielt die Information nicht für sich. Die hessen-darmstädtische Obrigkeit war alarmiert. Nur eine kurzzeitige Flucht und striktes Leugnen in Form einer Erklärung mit dem Titel „An das Publikum“ (1777) konnten Georg Wilhelm Petersen vor Strafe und Amtsenthebung retten. Für die folgenden Jahre sah er sich gezwungen, nur im Geheimen zu agieren.33 Der Kühnheit seiner in Rezensionen geäußerten Auffassungen tat es hingegen keinen Abbruch. Er wetterte gegen die Lehre von der Erbsünde und dem Satan, sprach von dem „geschmack- und nahrungslosen Gericht der Dreieinigkeit“, lehnte das Mittleramt Jesu ab und trat für ein diesseitiges, tätiges Christentum ein. Zu einem zweiten Eklat kam es 1785, als die „Berlinische

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1770 et 1774. Baroque, Empfindsamkeit et Sturm und Drang. Villeneuve d’Ascq 2000, S. 458 f. Vgl. Bräuning-Oktavio: Georg Wilhelm Petersen (1971), Sp. 486. Mortier: Diderot in Deutschland (1967), S. 118. Ab dem Frühjahr 1792 musste das Rezensionsorgan nach Hamburg verlegt werden. Bräuning-Oktavio: Georg Wilhelm Petersen (1971), Sp. 499 f; vgl. Seidel: Literarische Kommunikation in Hessen-Darmstadt (2003), S. 325. Mit seiner Familie hatten die La Roches in Speyer freundschaftlichen Umgang gepflegt. Sophie von La Roche erwähnt die Beziehung zum Speyerer Rechtskonsulenten in ihrem Werk „Briefe über Mannheim. Zürich 1791“, S. 330. Bräuning-Oktavio: Georg Wilhelm Petersen (1971), Sp. 514 f. Sophie von La Roche lässt G. W. Petersen in ihrem Brief vom 17. Mai 1790 grüßen (Brief 10 Zeile 38 f.): „viel Freundliches an den Stillen in sich gekehrten H- Hofprediger“.

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3 Die Briefpartner und der Hof von Darmstadt als Ort der Auseinandersetzung

Monatsschrift“ Starck des Kryptokatholizismus bezichtigte. Georg Wilhelm Petersen könnte dazu das beweiskräftige Material aus Darmstadt geliefert haben. Der in die Enge getriebene Starck strengte daraufhin auf Anraten Grolmans einen Prozess gegen die Herausgeber Gedike und Biester an, der jedoch in einer Niederlage endete. Georg Wilhelm Petersen konnte sein Inkognito bewahren und schritt auf der Ämterlaufbahn voran.34 In der Phalanx der Aufgeklärten bei Hof, die Starck als ihren gefährlichen Widersacher betrachteten, standen noch zwei weitere Personen: Helfrich Bernard Wenck (1749–1803), Rektor des Darmstädter Pädagogiums, und Ludwig Julius Friedrich Höpfner (1751–1840), Geheimer Obertribunalrat.35 Beide waren sie Rezensenten der „Frankfurter Gelehrten Anzeigen“.

3.3 J. F. Chr. Petersens Einstellung zur Innen- und Außenpolitik des Darmstädter Hofs Es ist kaum anders denkbar, als dass der Prinzenerzieher Johann Friedrich Christian Petersen von seinem Bruder Georg Wilhelm schon vor seinem Eintreffen im Sommer 1782 über die in Darmstadt gemachten Erfahrungen und die dort herrschende Lagerbildung unterrichtet worden war.36 Die Harmonie der Brüder untereinander, wie man sie im Verlauf von zwei Jahrzehnten den Briefen der Sophie von La Roche entnehmen kann, lässt vermuten, dass der Prinzenerzieher als vierte Person von den Berliner Kontakten seines Bruders Georg Wilhelm wusste. Vom ersten Tag seines Amtsantritts an hatte er mit offenen und verdeckten Feindschaften zu rechnen. Als Erzieher des Prinzen befand er sich stets in privilegierter Nähe zum Fürstenpaar. Man erwartete von ihm die Charakterbildung und die geistige Prägung des zukünftigen Souveräns. Sein Posten bot daher Anlass zu Spannungen mit Personen, die nicht zusehen wollten, wie Versuche, den Erbprinzen in ihrem Sinne zu manipulieren, auf Dauer unterbunden wurden. Hierzu muss man wahrscheinlich die Sympathisanten um Oberhofprediger Starck und Grolman rechnen. Für diese Hypothese spricht, dass Petersens Klagen über Schikanen nach dem Rückzug dieser beiden Männer aufhörten.37 Der Prinzenerzieher Petersen mit seinen an 34 35

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Siehe Kapitel 2.4 Familie Petersen. „Seine ärgsten Feinde sind: Höpfner, Wenk und der Hofprediger Petersen.“ W. v. Humboldt: Tagebücher (1916), 1. Band, S. 36; Bräuning-Oktavio: Die Herausgeber und Mitarbeiter der Frankfurter Gelehrten Anzeiger 1772 (1966), S. 103 u. S. 253. Siehe Kapitel 2. Krüger vermutet, dass Starcks Ansehen beim Landgrafen bereits Ende der achtziger Jahre zu sinken begann (Starck im Licht der Briefe Petersens [1931],

3.3 J. F. Chr. Petersens Einstellung zur Innen- und Außenpolitik des Darmstädter Hofs

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der Lehre des Pädagogen Johann Bernhard Basedow (1723–1790) ausgerichteten Erziehungsprinzipien38 und sein Bruder Georg Wilhelm als einer der bedeutendsten und radikalsten Theologen der Aufklärung bildeten demnach eine Art ideologischen Schutzwall um den Erbprinzen, der nicht wie einst sein Vater in den Bannkreis der „Obscuranten“39 fallen durfte.40 Der Landgraf schätzte die hochgebildeten, menschlich integren Männer. Das beweisen die Beförderungen und selten vergebenen Ehrungen, mit denen er sie bis an ihr Lebensende auszeichnete.41 Es ist denkbar, dass Landgraf Ludwig X. das Brüderpaar, das allem Anschein nach weder den Illuminaten noch den Freimaurern angehörte,42 als wichtige Repräsentanten einer aufgeklärten Geisteshaltung ansah, der er sich auch in Krisenzeiten (Ära Grolman) zutiefst verpflichtet fühlte. In der zweiten Hälfte seiner

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S. 266). Grolman scheint Gießen 1797 bereits verlassen zu haben. Vgl. Haaser: Der Gießener Regierungsdirektor L. A. Chr. Grolman (1997), S. 353. Siehe Kapitel 4. „Der Begriff bezeichnet einen äußersten Kontrast zum Selbstverständnis der Aufklärer nach Maßgabe der traditionsreichen Lichtmetaphorik. Prägnant erfaßt der metaphorische Begriff die Grundabsicht jener Gegenbewegung, das alle menschlichen Belange erhellende natürliche (Sonnen-)Licht der Aufklärung, besonders der praxisorientierten sozialreformerischen Spätaufklärung, zu verkleinern und letztendlich auszulöschen.“ (Christoph Weiß: Was heißt Gegenaufklärung? In: ders. [Hrsg.]: Von „Obscuranten“ und „Eudämonisten“. Gegenaufklärische, konservative und antirevolutionäre Publizisten im späten 18. Jahrhundert. In Zusammenarbeit mit Wolfgang Albrecht. St. Ingbert 1997 [= Christoph Weiß und Reiner Wild [Hrsg.]: Literatur im historischen Kontext. Studien und Quellen zur deutschen Literaturgeschichte vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart 1], S. 734, hier S. 7) An dieser Stelle sei bemerkt, dass sich der Vater der Brüder, der pfalzzweibrücker Hofprediger Georg Petersen, einst in vergleichbarer Lage befand. Bei dem Konfessionswechsel des Prinzen Friedrich Michael von PfalzBirkenfeld (1724–1767) zum Katholizismus im Jahr 1746 hatte er klare Worte gegen den Jesuitenpater Franz Josef von Seedorf (vor der Nobilitierung Fegeli; 1691–1758) gesprochen (siehe Bräuning-Oktavio: Georg Wilhelm Petersen [1971], Sp. 474; Kap. 2.4). Vgl. Kapitel 2 u. 2.4. Als Widersacher Grolmans wäre eine Mitgliedschaft in der Gießener Loge undenkbar (vgl. Haaser: Der Gießener Regierungsdirektor L. A. Chr. Grolman [1997], S. 315). Sie erscheinen ebenso wenig als Mitglieder des Illuminatenordens (vgl. Schüttler: Die Mitglieder des Illuminatenordens 1776–1787/93. München 1991 [= Deutsche Hochschuledition 18]). Krüger erwähnt einen Brief Georg Wilhelm Petersens an Nicolai, in dem er die Vermutung, selbst Freimaurer zu sein, ablehnt. „Er sei zwar 1783 aufgemuntert worden, in den Orden zu treten, habe aber gar keine Neigung dazu.“ (Starck im Licht der Briefe Petersens [(1931], S. 265)

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3 Die Briefpartner und der Hof von Darmstadt als Ort der Auseinandersetzung

vierzigjährigen Regierungszeit nahm er das abgebrochene Werk seiner Reformen wieder auf und führte es zu Ende.43 Die Annahme, dass Petersen in das Lager der Aufklärer gehörte, wird auch durch seine Freundschaft mit August Friedrich Wilhelm Crome (1753–1833) bestätigt, der seit 1787 als Professor für Kameralistik an der Universität Gießen lehrte. In seiner „Selbstbiographie“ bezeichnet Crome den Prinzenerzieher Petersen als seinen „innigsten Freund“, den er „bis an seinen Tod liebte und verehrte“.44 Crome hatte die Jahre zuvor ebenfalls als Reformpädagoge in dem von Basedow gegründeten Erziehungsinstitut „Philanthropin“ im Fürstentum Anhalt-Dessau gewirkt, bevor er 1787 durch die Vermittlung des aufgeklärten Theologen Karl Friedrich Bahrdt (1741–1792) den Ruf an die Universität Gießen bekam.45 Als Mitherausgeber einer politischen Zeitschrift, des „Journal[s] für Staatskunde und Politik“ (1790–1796), das die Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse in Deutschland zum Ziel hatte, war er der erklärte Intimfeind des gegenaufklärerischen Grolman und lebte in ständiger Gefahr, von diesem denunziert zu werden.46

3.4 Die Rebmann-Kopie Für die bisher nur mittelbar erfolgte Standortbestimmung Petersens kann ein Beweis angeführt werden. Aus der Jugendzeit des Erbprinzen haben 43

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Zu den Reformen Ludwig X., die er nach seinem Regierungsantritt 1790 anordnete, vgl. Dagobert Karenberg: Die Entwicklung der Verwaltung in HessenDarmstadt unter Ludewig I. (1790–1830). Darmstadt 1964 (= Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 20), S. 16–23; Seidel: Literarische Kommunikation im Territorialstaat (2003), S. 17: „[A]ls Rheinbundfürst, erster Großherzog, Förderer eines modernen Kulturbetriebs und Stifter der ersten Verfassung [setzte er] Marksteine für die hessen-darmstädtische Geschichte des 19. Jahrhunderts.“ „August Friedrich Wilhelm Crome: Selbstbiographie. Ein Beitrag zu den gelehrten und politischen Memoiren des vorigen und gegenwärtigen Jahrhunderts. Stuttgart 1833“. Crome machte 1786 seinen Antrittsbesuch am Darmstädter Hof: „Zu gleicher Zeit lernte ich auch den Erzieher der beiden Prinzen von 10– 13 Jahren kennen, nämlich den vortrefflichen Petersen, der mit seinen erlauchten Zöglingen, Ludwig und Georg, auf dem fürstlichen Schlosse seinen eigenen Etat hatte. Dieser war zum Erzieher gleichsam geboren; ein kluger, sehr instruierter Mann, von sanftem edlen Charakter, und menschenfreundlichem Herzen. Petersen wurde mein i n n i g s t e r Freund, den ich 44 Jahre bis an seinen Tod liebte und verehrte.“ Ebd., S. 168. Er trat die Nachfolge des führenden deutschen Physiokraten Johann August Schlettwein (1731–1802) an. Siehe Haaser: Spätaufklärung und Gegenaufklärung (1993), S. 126.

3.4 Die Rebmann-Kopie

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sich seinen Unterricht betreffend vereinzelte Abschriften französischer Gedichte und ein aussagekräftiges, wenngleich zunächst irritierendes Schriftstück erhalten.47 Es ist ein handschriftlicher Auszug aus dem 1796 erschienenen Werk „Die Wächter der Burg Zion“ des zeitgenössischen Schriftstellers und Publizisten Georg Friedrich Rebmann (1768–1824).48 Die ersten einunddreißig Zeilen schrieb Prinz Louis, der weitaus größere Teil der Abschrift stammt von der Hand seines Erziehers. Das zeigt ein Vergleich ihrer Handschriften mit erhaltenen Autographen.49 Der Name des Autors lässt aufmerken. Was verbindet den aufgeklärten Pädagogen und Fürstendiener Petersen, der, wie er Gottlieb Konrad Pfeffel gegenüber geäußert hatte, den französischen Parlamentarismus als die schlimmste Form der Despotie empfand,50 mit dem rigorosen Demokraten Rebmann?51 Der Beantwortung dieser Frage müssen einige Erläuterungen zu dem angesprochenen Werk vorausgehen. Der Titel dieser Schrift ist ironisch gemeint und beziehungsreich: „Die Wächter der Burg Zion, Nachrichten von einem Geheimen Bunde gegen Regenten- und Völkerglück [gemeint sind die Aufklärer, Anm. P.S.] und Enthüllung der einzigen wahren Propaganda in Deutschland [durch die Gegenaufklärer, Anm. P.S.]“.52 Mit der Bezeichnung „Wächter der Burg 47 48

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52

HSAD, Sig. D 4 698/2. „Die Wächter der Burg Zion, Nachrichten von einem Geheimen Bunde gegen Regenten- und Völkerglück und Enthüllung der einzigen wahren Propaganda in Deutschland“. Georg Friedrich Rebmann: Werke und Briefe. Komm. von Wolfgang Ritschel. 3 Bde. Berlin 1990, hier: Bd. 2, S. 55–88. Die Identifizierung der Schriften beruht auf dem Vergleich mit den Briefen des Prinzen Louis an seine Schwester Luise aus dieser Zeit (HSAD, Sig. D 4 709/2), bzw. auf den Briefen Petersens an den Prinzen Louis (HSAD, Sig. D 4 684/18). Gottlieb Konrad Pfeffel zitiert Petersens Äußerung in seinem Brief vom 20. April 1788 an den Prinzenerzieher (FDH, Sig. Hs-6416). Als Adressat ist irrtümlich Hofprediger Georg Wilhelm Petersen angegeben. Rebmann galt vielen Zeitgenossen als der radikale „Jakobiner“ schlechthin. Zur Problematik seiner heutigen Einordnung siehe Rainer Kawa: Georg Friedrich Rebmann (1768–1824). Studien zu Leben und Werk eines deutschen Jakobiners. Bonn 1980, S. 11 f. Zur Biographie siehe Einleitung in Rebmann: Werke (1990), Bd. 1, S. 5–52. Sowohl Petersen als auch Rebmann studierten an der Universität Erlangen: Der erste 1777, Rebmann 1781 und 1789. Es ist ein Kontakt Rebmanns mit der Familie des jakobinisch gesinnten Karl Ludwig Adolph Petersen in späteren Jahren nachzuweisen. Siehe einen Brief Rebmanns an den Juristen Johann Peter Job Hermes (1765–1833) vom 18. März 1816 (Rebmann: Werke [1990], Bd. 3, S. 499). Rebmann: Werke (1990), Bd. 2, S. 55 f. Die Schrift „Wächter der Burg Zion“ erschien als separater Druck des vierten Beitrags in Rebmanns Sammelband „Haideblümchen, Hamburg 1796“. Auch dieser vermeintlich harmlos klingende Titel entspricht Rebmanns ironiegesättigtem Stil: Die Blumen auf der Haide sind

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3 Die Briefpartner und der Hof von Darmstadt als Ort der Auseinandersetzung

Zion“ nimmt Rebmann Bezug auf eine Äußerung seines Gegners Johann August Starck im 1789 erschienenen dritten Teil der Veröffentlichung „Über Krypto-Catholizismus“, in dem es heißt: „die feinen Aufklärer und Zionswächter, [bildeten] das wirkliche naturalistische Complott, dem man das Handwerk zu legen, und dessen Absichten man zuvor zu kommen und gegen deren Bosheit und Ränke man die bürgerliche Gesellschaft und das Christentum zu sichern hat.“53 Die Schrift entstand unmittelbar nach Rebmanns dramatischer Flucht aus dem kurmainzischen Erfurt, von wo aus er sich, wegen seiner freimütigen politischen Äußerungen im Dezember 1795 von Husaren verfolgt, bis ins dänische Altona durchschlug.54 In der Freiheit angelangt, holte der Schriftsteller Luft zu einer großangelegten Analyse der Lage an Deutschlands Fürstenhöfen. In Form eines indirekten Beweises überführt Rebmann die „Verschwörungstheorie“ der Obskuranten und Eudämonisten der Lächerlichkeit und fasst in sieben Thesen deren wahre Absichten zusammen. Die „Gänse“, wie er die Gegenaufklärer tituliert, gäben vor, das Kapitol, also das Reich, schützen zu wollen, „sie wollen die Fürsten zu tyrannischen Maßregeln verleiten, um dadurch das Volk zum Murren zu bringen. Dieses Murren schelten sie Aufruhr und geben ihre persönlichen Feinde als Urheber desselben an, um so mit Hilfe der Fürsten ihre niedrige Rache zu befriedigen.“55 Rebmann konzentriert seine Polemik auf drei Gestalten, von denen die ersten beiden von Darmstadt aus agieren: Starck und Grolman. Die dritte ist der Wiener Publizist Leopold Alois Hoffmann (1760–1806), den die beiden erstgenannten mit gegenaufklärerischen Artikeln ohne Verfasserangabe versorgen.56

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ein Topos für die herausragenden Missstände im weiten Feld seiner Zeit. Vgl. dazu seinen Satz aus der Vorrede zu „Holland und Frankreich, in Briefen geschrieben auf einer Reise von der Niederelbe nach Paris im Jahr 1796 […]“: „Mein Feld, das ich mir gewählt habe, ist so groß und reichhaltig, daß noch manche Blume gepflückt werden kann, ehe es vollkommen geleert ist.“ (Bd. 2, S. 172) Starck: Über Krypto-Catholizismus (1789), S. 52 f. Kawa: Georg Friedrich Rebmann (1980), S. 295 f.; Rebmann: Werke (1990), Bd. 2, S. 74. Rebmann: Werke (1990), Bd. 2, S. 75. Hoffmann war Herausgeber der „Wiener Zeitschrift“, die gegen die „Tollwuth der Aufklärungsbarbarei und ihre […] falschen Apostel“ vorgeht (Wiener Zeitschrift 1, 1792, S. 3 f., zitiert nach Helmut Reinalter: Gegen die „Tollwuth der Aufklärungsbarbarei“. Leopold Alois Hoffmann und der frühe Konservatismus in Österreich. In: Christoph Weiß (Hrsg.): Von „Obscuranten“ und „Eudämonisten“. Gegenaufklärische, konservative und antirevolutionäre Publizisten im späten 18. Jahrhundert. In Zusammenarbeit mit Wolfgang Albrecht. St. Ingbert 1997 (= Christoph Weiß und Reiner Wild [Hrsg.]: Literatur im historischen Kontext. Studien und Quellen zur deutschen Literaturgeschichte vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart 1), S. 229, siehe auch S. 221–244.

3.4 Die Rebmann-Kopie

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Der „Betrüger Stark“, im Dienst des „furchtbarste[n] aller Orden“, der Jesuiten, führt die Reihe derer an, denen Rebmann die Larve vom Gesicht reißen will. Es folgt Grolman, dessen „Spießgeselle“, ein „Spion“ und „meineidlicher Verräter am Illuminaten-Orden, dem er so lange anhing, als er Nutzen davon zu ziehen hoffen konnte“.57 Er erwähnt ein prominentes Opfer Grolmans, den Gießener Privatdozenten der Rechtswissenschaften und Sekretär Cromes, Ludwig Justus Greineisen.58 Es sei vor allem die „grenzenlose Unwissenheit“ der Regenten, fährt Rebmann fort, die die Fürsten solchen „Schuften“ in die Arme treibt. Schon von Jugend an würden sie durch falsche Erziehung, durch Etikette und das Heer von schmeichelnden Höflingen gehindert, ihre eigenen Leidenschaften zu beherrschen und Land und Bewohner kennenzulernen. Sie sind daher unfähig, „die wahre Lage der Dinge einzusehen“59. Als Pädagoge einer neuen Prinzengeneration musste sich Petersen an dieser Stelle besonders angesprochen gefühlt haben. Die analytische Schärfe von Rebmanns Darlegung erachtete er möglicherweise als die richtige Medizin für seinen Erbprinzen, der ab Herbst 1795 als Student in Leipzig für mehrere Jahre seiner Protektion entzogen wurde. Mit der Publikation Rebmanns könnte er den Prinzen anlässlich seines Besuchs in Leipzig im Spätsommer 1796 oder 1799 nach Abschluss der Studienzeit bekannt gemacht und ihn zur Abschrift ermuntert haben. 1796 hatte die Zeitschrift „Eudämonia“ den Höhepunkt ihrer publizistischen Aktivität erreicht. In dieser späten Phase der Auseinandersetzung, in der es schon längst nicht mehr um Austausch von Argumenten ging, kam den Aufklärern die aggressive Rhetorik Rebmanns zupass. Er bot ihnen Schützenhilfe mit Waffen, die sie selbst in dieser Schärfe innerhalb der Landesgrenzen nicht mehr zu führen wagten. So sah sich bei57 58

59

Rebmann: Werke (1990), Bd. 2, S. 66 u. 73 f. Zu Grolman als Illuminat vgl. Haaser: Spätaufklärung und Gegenaufklärung (1997), S. 74 f. Die Kopie von Petersens Hand bricht unmittelbar vor der Nennung Grolmans ab. Rebmann: Werke (1990), Bd. 2, S. 66. Ludwig Justus Greineisen verfasste einen Bericht über seine einjährige, gesetzwidrige Inhaftierung in Gießen, der ebenfalls 1796 außerhalb der Landesgrenzen im dänischen Altona erschienen war: „Eine Geschichte politischer Verketzerungssucht, in Deutschland, im letzten Jahrzehend des 18ten Jahrhunderts. Ein Beytrag zur Geschichte des Aristokratism in den Hessen-Darmstädtischen Landen, und der dasigen Obscuranten. Nebst einigen Aufschlüssen über die ehemalige Verbindung des Regierungs-Direktors von Grolman zu Gießen, mit dem Illuminaten-Orden“. Rebmann nimmt an, dass „diese Schrift dem Herrn Landgrafen von Hessen-Darmstadt die Augen geöffnet habe“ (S. 73). Diese Vermutung ist von der Geschichtswissenschaft bisher nicht belegt worden. Vgl. Seidel: Literarische Kommunikation im Territorialstaat (2003), S. 400 f., Fußnote 127. Rebmann: Werke (1990), Bd. 2, S. 78.

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3 Die Briefpartner und der Hof von Darmstadt als Ort der Auseinandersetzung

spielsweise auch der in der „Eudämonia“ schwer beleidigte Gießener Magister Friedrich Christian Laukhard (1757–1822) durch Rebmanns Stimme im „Obskuranten-Almanach“ in der Öffentlichkeit verteidigt und verzichtete auf eine selbstverfasste Philippika.60 Nach vielen Jahren des Beobachtens und Erleidens in der untergründig gespannten Atmosphäre des Darmstädter Hofs könnte Petersen also diese in einem sarkastischen Ton verfasste, mit drastischen Formulierungen durchsetzte Schrift Rebmanns mit Genugtuung zur Kenntnis genommen haben. Zur Beantwortung der eingangs gestellten Frage dient auch der Hinweis, dass Rebmann in jener Hamburger Periode keinen radikalen Vorstellungen anhing. „Rebmann umreißt auch seine eigenen Auffassungen, offenbar um nachzuweisen, daß diese nicht so revolutionär sind, als daß eine Verfolgung Grund hätte. Er grenzt sich pathetisch von jedem Versuch ab, in Deutschland auf eine Revolution hinzuarbeiten.“61 Petersen und Rebmann dürfen also sehr wohl in einem Atemzug genannt werden.62 Die Abschrift des RebmannTextes erweist sich als Schlüssel zur politischen Orientierung Petersens. Sie ist der Dreh- und Angelpunkt für die Interpretation der relevanten Textstellen in den Briefen Sophie von La Roches an Petersen.

3.5 Belege aus den Briefen Sophie von La Roches an Petersen Sophie von La Roche war sich bewusst, dass das Briefgeheimnis nicht durch ihre roten und schwarzen Siegel geschützt war. Ludwig IX. bzw. Ludwig X. behielten sich als Landesherren eines absolutistischen Staates die Inspektion der einlaufenden Postsendungen vor. Sie hütete sich, den Hof, an dessen Wohlwollen ihr in vielerlei Hinsicht gelegen war, mit kritischen Bemerkungen zu verärgern.63 Über die Innen- und Außenpolitik der Landgrafschaft bzw. des Großherzogtums Hessen-Darmstadt äußerte sie sich daher sehr zurückhaltend. Namen von führenden Politikern und hochrangigen Chargierten des Hofes fallen bis auf eine Ausnahme nicht.64 Die Erörterung heikler Themen, „die nicht mit dinte gesagt werden kön60 61 62

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Siehe Haaser: Spätaufklärung und Gegenaufklärung (1997), S. 135 f. Kawa: Georg Friedrich Rebmann (1980), S. 302, siehe auch S. 303 f. Seidel erwähnt den Auszug aus dem „Haideblümchen“ in seinem Kapitel über literarische Adelsbildung (Literarische Kommunikation im Territorialstaat [2003], S. 400 f.). Er bezeichnet diesen Fund als „überraschend“ und vermutet, dass die Rebmann-Auszüge „dem Erbprinzen möglicherweise durch seinen Erzieher […] nahegebracht worden waren.“ Petersens und Prinz Louis’ Handschriften werden von ihm nicht identifiziert. Siehe Kapitel 1. In Brief 129 Zeile 17 fällt der Name des Generaladjutanten Johann Hendrik Graf van Oyen. Er galt als Protegé der Landgräfin Luise.

3.5 Belege aus den Briefen Sophie von La Roches an Petersen

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nen“65, schienen die Briefpartner für Treffen aufgespart zu haben. In den Briefen Sophie von La Roches finden sich trotzdem etliche versteckte Hinweise auf die politischen Zustände am Darmstädter Hof. Sie aufzuschlüsseln und in Zusammenhang zu bringen, ist unter mehreren Aspekten lohnend: So kann der politisch-geistige Standort der Briefpartner plausibel rekonstruiert werden.66 Mit dieser Sichtweise lassen sich ferner neue Rückschlüsse auf die Lagerbildung am Hof von Darmstadt ziehen, dessen Rolle im „Netzwerk überregionaler Kommunikation“67 nach den Zeiten der „Frankfurter Gelehrten Anzeigen“ erneut für Deutschland große Bedeutung gewann. Es zeigt sich, dass Sophie von La Roche ein ausgeprägtes Interesse an der Politik dieses ihrem Wohnsitz Offenbach benachbarten Territorialstaates hatte und aktiv zu dessen Erhaltung beitragen wollte.68 Doch soll hier anhand der Briefe zunächst weiterhin die Position Petersens am Darmstädter Hof klarer herausgearbeitet werden. Seit September 1788 sind Briefe von Sophie von La Roche an Petersen erhalten. Im März 1791 – im neunten Jahr seiner Amtszeit – beklagte sich der Prinzenerzieher über die spannungsgeladene Situation am Hof, wie ihrem Brief vom 31. März zu entnehmen ist.69 Diese schien ihm so zuzusetzen, dass er den Plan hegte, Darmstadt zu verlassen.70 Das lässt auf eine Unzufriedenheit schon in der vorangehenden Zeit schließen, über die kein Quellenmaterial vorliegt. Sophie von La Roche wollte den Termin seiner Entscheidung, das Osterfest des Jahres 1791, nicht akzeptieren: „dennoch theurer Lieber Freund habe ich den muth Sie noch um ein Jahr gedult zu bitten - harren Sie noch, um zu sehen was die Leute für einen weg nehmen - ob keine zu starke abweichungen vorgenommen werden wobey Ihre Eleves [Prinz Louis und seine Brüder, Anm. P.S.] zu viel verlöhren wenn Sie nicht an der hand bleiben, um das schwanken des Rohrs zu hindern […] gutes thun ist ja der Höchste zwek des edlen mannes der schon lange weiß, das man es nicht ohne Kampf mit dem bösen ausführen kann […] bleiben Sie noch aus Großmuth weil Sie hoffen können noch gutes zu thun - wenn Sie das böse ertragen“.71 Sie appellierte an sein Verantwortungsgefühl. Den im vorangehenden Kapitel geäußerten Ver65 66

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Brief 175 Zeile 8 f. Seidel bemerkt, dass über das sonstige Wirken des jüngeren Petersen in Darmstadt nichts bekannt sei. Vgl. Literarische Kommunikation im Territorialstaat (2003), S. 400 f. Die Briefe Sophie von La Roches erwähnt er folglich im Zusammenhang mit dem Hofprediger, den er aufgrund der falschen archivalischen Zuordnung für den Empfänger hielt (S. 324). Seidel: Literarische Kommunikation im Territorialstaat (2003), S. 326. Siehe Kapitel 3. Brief 25 Zeile 6–8. Brief 25 Zeile 6 f. Brief 25 Zeile 6 f., 19 f. u. 29 f.

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3 Die Briefpartner und der Hof von Darmstadt als Ort der Auseinandersetzung

mutungen zufolge, könnte sie damit die Clique um Starck und Grolman samt Anhängerschaft gemeint haben, die Petersen desavouierten. Zu diesem Zeitpunkt vollzog die landgräfliche Politik die bereits erwähnte Kursveränderung unter der Ägide Grolmans. Sophie von La Roche gab zu bedenken, dass der Landgraf Ludwig von Darmstadt eine „moralische […] stüze“ 72 bei Petersens Fortgang verlöre. Petersens Existenzkrise kulminierte in einer schweren Erkrankung, von der er vermutlich ein chronisches Nervenleiden zurückbehielt.73 Sophie von La Roche stellte die Ähnlichkeit seiner „übel“ mit denen ihrer verstorbenen Brieffreundin Julie Bondeli fest.74 Es deutete auf eine Zerrüttung der Nerven aufgrund einer starken Frustration hin, wie Julie Bondeli bei sich diagnostizierte, ein quälendes Missverhältnis zwischen „état et goût“75. Bei Petersen war es die Zerreißprobe zwischen Pflicht und Selbsterhaltungstrieb. Der Rekonvaleszente unternahm eine Badereise und folgte der fürstlichen Familie für die Sommermonate in die ländliche Idylle des „Fürstenlagers“ bei Auerbach. Dann fasste er den schwerwiegenden Entschluss, an der Seite seines Zöglings zu bleiben. Eine einzige Zeile von Sophie von La Roche an Petersen gibt Auskunft über das ausschlaggebende Motiv dieser Entscheidung. Sein Schicksal gleiche dem der Hofdame und Schriftstellerin Stéphanie Félicité Comtesse de Genlis (1746– 1830).76 In einer Art Rechtfertigungsschrift beschreibt die Comtesse, wie sie der Prinzessin Marie Louise Adelaide von Orléans, der Nichte von Louis XVI., in ihrer Rolle als Gouvernante in den Revolutionswirren zur Seite stand und mit ihr im April 1793 die Flucht in die rettende Schweiz antrat.77 Loyalität und Zuneigung gegenüber Prinz Louis waren bei Peter72

73 74 75 76 77

Brief 23 Zeile 25. Die vollständige Briefstelle lautet „Sie waren Sie würden mir immer dießer Freund für ihn [Franz von La Roche, Anm. P.S.] seyn, und das Eiserne vorurtheil beraubt Ludwigen von darmstadt - und den guten angehenden Diener Franz dießer moralischen stüze“. Mit dem Versuch, das „Eiserne vorurtheil“ zu interpretieren, begibt man sich auf unsicheres Gebiet: Sophie von La Roche spielt vielleicht damit auf Landgraf Ludwigs unbeirrbare Befürwortung Grolmans an, die Petersen dazu bewegt, seinen Abschied zu nehmen. Siehe Kapitel 2. Brief 48 Zeile 9 f. (14. Mai 1992). Vgl. Angelica Baum und Brigitte Schnegg: Julie Bondeli. Ein Portrait in Briefen. Bern 1998, S. 11. Brief 116 Zeile 40. Stéphanie Félicité Du Crest de Saint-Aubin Comtesse de Genlis Marquise de Sillery: Precis de la conduite de Madame de Genlis depuis la revolution. Hamburg 1796. Sophie von La Roche erhielt dieses Buch von der Verfasserin aus Berlin und schickte es an Petersen weiter (Brief 116 Zeile 40 f.). Siehe Stéphanie Félicité Comtesse de Genlis: Mémoires. Paris 2004, S. 22. Marie Louise Adélaïde de Bourbon-Penthièvre, Duchesse d’Orléans (1753–1821) und Prinz Louis von Hessen-Darmstadt waren zur fraglichen Zeit beide achtzehn Jahre alt.

3.5 Belege aus den Briefen Sophie von La Roches an Petersen

57

sen offenbar stärker als der Wunsch, der prekären Situation bei Hof den Rücken zu kehren und eine neue Existenz aufzubauen. Möglicherweise kam es in Darmstadt zu einer ähnlich tränenreichen Szene, wie sie die Comtesse de Genlis schildert, in der die Prinzessin sie flehentlich bittet, sie nicht zu verlassen.78 Sein Entschluss, dem Prinzen die Treue zu halten, ihn vor schädlichen Einflüssen zu schützen und sein Lebenswerk, einen aufgeklärten Fürsten zu erziehen, zu vollenden, führte ihn jedoch immer tiefer in ein Dilemma, dessen Qualen auch die guten Ratschläge seiner Offenbacher Freundin nicht zu lindern vermochten.79 Im Frühjahr 1793 erfuhr Petersen zu seiner Beunruhigung, dass sein Bruder Karl Ludwig Adolph, der Illuminat und Jakobiner, in dem von den Franzosen besetzten republikanischen Speyer zum „Maire“ gewählt worden war.80 Der Prinzenerzieher sorgte sich um das Schicksal der Familie, aber auch um seine eigene Reputation, denn er musste die Gesinnungsschnüffelei Grolmans befürchten. Sophie von La Roche beruhigte ihn („alle welt denkt von Ihnen wie man soll“81) und hielt ihn über Gerüchte auf dem Laufenden. Er konnte nur hoffen, dass die Informationen über zwei weitere, ebenfalls jakobinisch gesinnte Brüder der Darmstädter Hofgesellschaft nicht zu Ohren kamen.82 Petersen schien unter dem Druck der Probleme einem physischen und psychischen Zusammenbruch nahe. „Sie lieber Freund! Sie jammern mich - ein verhängnisvoll weh scheint Sie zu verfolgen - leiden, und mitleiden theilen die fühlbarkeit Ihrer Seele“.83 Ein Brief von ihm nach viermonatigem Schweigen (Ende März 1795) bietet ein beredtes Zeugnis seiner tiefen Niedergeschlagenheit, denn sie schrieb ihm voller Besorgnis zurück: „warum verlieren Sie die lust zum Leben“84. In nicht geringem Maße konnte zu seiner Verzweiflung auch die gefährliche Lage seines Freundes Crome beigetragen haben. Dieser entging zu diesem 78

79 80

81 82 83 84

Die Briefe des Prinzen Louis, die er aus seinem Studienort Leipzig an Petersen schrieb, zeugen von seiner tiefen Bindung an seinen Erzieher, der er in immer neuen, treuherzigen Wendungen Ausdruck verlieh. In seinem Brief vom 18. März 1796 zitiert er Petersens Worte, dass diesem in Darmstadt alles öde und leer vorkomme (HSAD, Sig. D 4 713/6). Brief 22 Zeile 5; Brief 69 Zeile 30 f. Brief 63 Zeile 21 f.; Brief 65 Zeile 12. Nach der Rückeroberung der linksrheinischen Gebiete durch die alliierten Reichstruppen im Sommer 1793 folgte Karl Ludwig Adolph Petersen dem französichen General Custine nach Straßburg (Brief 65 Zeile 13). Der Convent in Paris verurteilte Custine zum Tod durch die Guillotine am 28. August 1793. K. L. A. Petersen wurde für ein Jahr inhaftiert. Siehe Kapitel 2.4. Brief 69 Zeile 20 f. Gemeint sind Johann Wilhelm und Ludwig Petersen. Siehe Kapitel 2.4. Brief 65 Zeile 11. Brief 85 Zeile 19 f.

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3 Die Briefpartner und der Hof von Darmstadt als Ort der Auseinandersetzung

Zeitpunkt nur knapp einem denunziatorischen Anschlag von Seiten Grolmans. Crome schildert die Szene in seiner „Selbstbiographie“.85 Der Landgraf zeigte sich zunächst von der Richtigkeit der Verleumdung des Gießener Professors völlig überzeugt. Als Retterin in der Gefahr trat die Landgräfin Luise auf, die den Verdacht gegen Crome an der Hoftafel ins Lächerliche zog und auf diese Weise den Landgrafen zum Einlenken bewog.86 Ihre Hofdame Caroline von Bodé87 hatte zuvor dem beschuldigten Crome die Gelegenheit zu einem klärenden Gespräch mit der Landesherrin vermittelt. Ihr Name taucht mehrfach in den Briefen an Petersen auf. Die Gesellschaftsdame und der Prinzenerzieher, beide wichtige Personen in der Entourage Luises, verkehrten auf vertrautem, freundschaftlichem Fuß.88 Mitte des Jahres 1796 klagte Petersen in seinen Briefen an seine Briefpartnerin und den Erbprinzen in Leipzig dann ein letztes Mal über „Chicanen“, denen er sich am Hof ausgesetzt fühlte.89 Der Landesherr war zu diesem Zeitpunkt vor den französischen Besatzern nach Leipzig geflohen, was eine besonders angespannte Lage der im Residenzschloss verbliebenen Hofleute zur Folge gehabt haben musste. Mit dem Verschwinden von Petersens Widersachern, die ihm wie eine vielköpfige Skylla jahrelang zugesetzt hatten, hörten derartige Klagen auf. Grolman hatte Gießen vermutlich nach 1796 verlassen.90 Starck erkrankte 1797 schwer; er lebte die folgenden Jahre in großer Zurückgezogenheit. Zweifellos trat die Aufklärungsdebatte angesichts der französischen Besetzung ab den späten neunziger Jahren gegenüber den akuten Überlebensproblemen des Landes in den Hintergrund. Doch Petersen hatte weiterhin Anlass, sorgenvolle Briefe zu schreiben: Wie Charybdis drohte der französische Aggressor das Staatsgebilde von Hessen-Darmstadt als Ganzes zu verschlingen. Ein kurzer Blick auf die Außenpolitik der Landgrafschaft ist angebracht, bevor die politische Orientierung des Prinzenerziehers in den Turbulenzen der nächsten Jahre unter Zuhilfenahme der Briefe Sophie von La Roches weiterverfolgt wird. 85 86 87

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Crome: Selbstbiographie (1833), S. 234–239. Haaser: Spätaufklärung und Gegenaufklärung (1997), S. 129. Über Caroline von Bodé (Lebensdaten nicht ermittelt) schreibt Wilhelm von Humboldt anlässlich seines Besuchs in Darmstadt 1789: „Am meisten unterhielt ich mich mit Fräulein Bodé. Es ist ein sehr gescheutes Mädchen, das sehr viel, vorzüglich deutsch gelesen hat.“ (W. v. Humboldt: Tagebücher [1916], 1. Bd., S. 38) Auch Sophie von La Roches Freund Johann Joachim Christoph Bode begegnete ihr 1787 am Hof (Bode: Journal von einer Reise von Weimar nach Frankreich. Im Jahr 1787 [1994], S. 214, S. 216 u. S. 218) Brief 100 Zeile 2 f.; Brief 175 Zeile 21 f. Brief 95 Zeile 9; Prinzen Louis geht in seinem Brief an Petersen vom 18. März 1796 auf die Klagen seines Erziehers ein (HSAD, Sig. D 4 713/6). Haaser: Der Gießener Regierungsdirektor L. A. Chr. Grolman (1997), S. 353.

3.6 Die Außenpolitik Hessen-Darmstadts von 1795–1806

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3.6 Die Außenpolitik Hessen-Darmstadts von 1795–1806 Das „System“, wie der Landgraf Ludwig X. und seine rechte Hand, Regierungsdirektor Gatzert, ihre Schaukelpolitik nannten, die Reichstreue und Neutralisationsabkommen mit dem Feind Frankreich in immer neuen Balanceakten zu verbinden suchte, war Mitte der neunziger Jahre ausgereizt.91 Der Frieden von Campo Formio von 1795 besiegelte die Abtretung der linksrheinischen Gebiete an die Franzosen. Auch die Festungen Mainz, Ehrenbreitstein und Philippsburg waren von den alliierten Truppen binnen Wochen zu räumen und an Frankreich zu übergeben. Für Hessen-Darmstadt bedeutete dieses Abkommen den endgültigen und ersatzlosen Verlust des elsässischen Landesteils Hanau-Lichtenberg. Die fehlenden Steuergelder entsprachen der Hälfte der Landeseinnahmen. Plünderungen der durchziehenden Truppen und hohe Kontributionen hatten das Land und seine Bewohner erschöpft. Eine politische Verständigung mit Frankreich schien nun unumgänglich, denn das französische Militär war bis auf Sichtweite herangerückt. Nach den ergebnislosen zweijährigen Verhandlungen der Reichsstände in Rastatt (1797–1799), von denen sich Darmstadt eine Entschädigung durch das Reich in Form von säkularisierten Kirchengütern erhofft hatte, kam die Stunde der „Franzosenpartei“ am Hof, die mit Verve auf ein Abkommen mit Frankreich hinarbeitete. Treibende Kraft hierbei waren Carl Ludwig Freiherr von Barkhaus Wiesenhütten (1761–1823), der vom Direktor des Kriegskollegs zum Außenminister aufstieg, und sein Neffe August Wilhelm von Papenheim (1759–1826), der in Paris sein diplomatisches Geschick und üppige Geschenke „en valeur metallique“ erfolgreich einsetzte.92 Im März 1799 kam es zu einem Abkommen, in dem Hessen-Darmstadt – zur Neutralität verpflichtet – den Durchzug französischer Armeen gewährte und seinen Truppenanteil aus dem österreichischen Heer zurückrief. Im Gegenzug setzte sich Frankreich für die Restituierung der verlorenen Gebiete ein. 1803 erhielt Hessen-Darmstadt ehemals kurkölnische Territorien in West91

92

Verwendete Literatur zu diesen entscheidenden Jahren der hessischen Geschichte: Karenberg: Die Entwicklung der Verwaltung in Hessen-Darmstadt (1964); Arthur Imhof: Die Neutralitätskonvention vom März 1799 zwischen HessenDarmstadt und Frankreich. Ein Beitrag zu ihrer Entstehung. In: Archiv für Hessische Geschichte. Neue Folge 30 (1967/70), S. 297–311; Franz: Der Finanzplatz Frankfurt und die Hof- und Staatsfinanzen der hessischen Fürstenstaaten (1989), S. 43–62; Franz: Hessen-Darmstadt, Kurmainz und die Französische Revolution (1990); Germann: Die Entschädigungsverhandlungen HessenDarmstadts mit Frankreich 1798–1815 (1998); Christian Vogel: HessenDarmstadt zwischen Baseler Frieden und Staatskrise 1795–1796. In: Archiv für hessische Geschichte und Altertumskunde 61 (2003), S. 21–92. Vgl. Imhof: Die Neutralitätskonvention 1799 (1969–1970), S. 297–311.

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3 Die Briefpartner und der Hof von Darmstadt als Ort der Auseinandersetzung

falen zugesprochen, sowie ehemals kurmainzische und bischöflich wormsische Ämter an der Bergstraße. Doch die preußisch gesinnte Hofpartei, welche sich unter der französischen Besetzung immer stärker herausgebildet hatte, arbeitete auf den Sturz des übermächtigen Ministers Barkhaus hin. An ihrer Spitze stand die politisch ambitionierte Landgräfin Luise. Traditionelle Bindungen, verwandtschaftliche Beziehungen zu Preußen, sowie die Protektion ihres Favoriten, des Generaladjutanten ihres Mannes, Oberst Hendrik Johann Graf van Oyen (1771–1850), waren die Hintergründe für die dezidierte Lagerbildung, welche in der Folgezeit zu einem Politikum werden sollte.93 Barkhaus’ Fall 1805 – ausgelöst durch einen von Oberst van Oyen geschürten Streit mit dem Landgrafen – ließ die Preußenpartei zum Zuge kommen. Doch währte deren Triumph nicht lange. Friedrich Wilhelm III. von Preußen wollte Hessen-Darmstadt keine Schutzgarantie geben, er beließ es bei unbestimmten Antworten und suchte zuletzt selbst über seinen Außenminister von Haugwitz den Anschluss an Frankreich. Als sich die Lage nach der Schlacht von Austerlitz (2. Dezember 1805) zum Jahreswechsel 1805/1806 dramatisch zuspitzte, erkannten selbst van Oyen und Gatzert, dass eine Wiederaufnahme der Kontakte zu Frankreich der letzte Ausweg war, die Landgrafschaft zu erhalten. Man schickte den französischen Emigranten Oberst von Moranville zu einer Unterredung mit Napoleon nach München, der seinen Groll über das Cliquenwesen in Darmstadt und den „miserablen“ Holländer van Oyen in scharfe Worte fasste.94 Seine Entlassung war für ein neues Freundschaftsbündnis mit Frankreich unabdingbar. Eine Rückkehr Barkhaus’ wusste die Landgräfin zu verhindern.95 Von Papenheim hingegen durfte mit neuen Direktiven 93

94

95

Wie die Crome-Episode zeigt, trat die Landgräfin Luise, Tochter des preußischen Generalmajors Georg Wilhelm von H.-D. (1722–1782), als eigenständig denkende, selbstbewusst agierende Person auf, deren Stimme gehört wurde. Königin Luise von Preußen, Gemahlin Friedrich Wilhelms III., war ihre Nichte. Zur Lagerbildung am Hof von Darmstadt vgl. Du Thil: Denkwürdigkeiten (1921), S. 59 f.; Germann: Entschädigungsverhandlungen Hessen-Darmstadts mit Frankreich 1798–1815 (1998), S. 38, Fußnote 59. Marion Wierichs: Napoleon und das „Dritte Deutschland“ 1805/06. Die Entstehung der Großherzogtümer Baden, Berg und Hessen. Frankfurt am Main 1978 (= Europäische Hochschulschriften 3, 127), S. 14. Siehe Correspondance de Napoléon Ier publiée par l’ordre de l’empereur Napoléon III. Bd. 11. Paris 1863, S. 272. „Nirgends ist Napoleon mehr gehaßt worden als in dem Kreis der fürstlichen Damen. Die Nichten des Landgrafen, Königin Luise von Preußen und Kurfürstin Karoline von Bayern, seine Schwester, Markgräfin Amalie von Baden, wetteiferten darin mit der Landgräfin Luise von Hessen-Darmstadt, in der der Schmerz um ihre unglückliche Freundin Marie Antoinette noch nachzitterte. Wir

3.7 Belege aus den Briefen Sophie von La Roches – Fortsetzung

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nach Paris reisen. Ludwig X., als neugewonnener Rheinbund-Fürst 1806 zum Großherzog Ludwig I. erhoben, zeigte sich als treuer Vasall Napoleons bis zur Niederlage bei Waterloo im Jahre 1815.

3.7 Belege aus den Briefen Sophie von La Roches – Fortsetzung Zu welcher der Hofparteien hatte der Prinzenerzieher Petersen tendiert? Darüber können wiederum nur die versteckten Hinweise in Sophie von La Roches Briefen an ihn Auskunft geben. Seine marode Gesundheit ist ein durchgängiges Thema ihrer Korrespondenz; aber von großen Krisen und gesteigerten Lamenti seinerseits erfuhr Sophie von La Roche zum Ende der neunziger Jahre immer nur dann, wenn sich eine franzosenfreundliche Wendung in der landgräflichen Politik vollzog. Barkhaus’ Aufstieg zum Außenminister fand Widerhall in den Briefen, die zwischen Offenbach und Darmstadt gewechselt werden. In ihrem Brief vom 2. Oktober 1798 an Petersen schreibt Sophie von La Roche: „es geht schlimm unter dem mond und das meiste über den traum einer vollkomnen regierung“. Sie bedauerte zwar, dass Petersen nicht in Offenbach lebte, doch hielt sie sein Ausharren in der Residenz für wichtig: „[D]och renoncirte [ich] gerne wenn Sie - Ihre grundsäze, und kentnis - im thätigen Creis des besten, klügsten benüzt würden […] ich wende mich ab“.96 Petersen musste sich in ähnlicher Weise zuvor geäußert haben, denn Sophie von La Roche war froh, wie sie im gleichen Brief anführt, dass er Größe zeigte und das „unrecht verachten“97 konnte, welches ihm mit dieser Unterbewertung seiner Person und seiner Stimme geschah. Bemerkenswert ist, dass er als Erzieher diesen Anspruch auf Einflussnahme erhob.98 Das Taktieren Ludwigs X. und dessen mehrfach erst im letzten Moment unter äußerstem Druck erfolgte Entscheidungen trug er nicht mit.99 Sophie von

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wissen nicht, wieweit sich die Landgräfin in die hohe Politik einmischte, wissen aber, daß sie in der Folge die entschiedenste Gegnerin des allmächtigen Ministers [Barkhaus-Wiesenhütten, Anm. P.S.] war.“ Julius Reinhard Dieterich: Die Politik Landgraf Ludwig X. von Hessen-Darmstadt von 1790–1806. In: Archiv für Hessische Geschichte. Neue Folge 7 (1910), S. 417–453, hier S. 432 Brief 116 Zeile 45, 53 u. 60. Brief 115 Zeile 60. Welchen Charakter sollte der Berater eines Herrscher haben? Diese Frage beschäftigte sowohl Sophie von La Roche als auch die politische Pädagogik ihrer Zeit. Siehe Kapitel 4. 1910 versucht Julius Reinhard Dieterich das herrschende Bild von Landgraf Ludwig X. als Franzosenfreund zu korrigieren, indem er dessen Entscheidungs-

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3 Die Briefpartner und der Hof von Darmstadt als Ort der Auseinandersetzung

La Roche bezog sich zweifellos auf die beleidigte Abwendung Petersens von der offiziellen Politik Darmstadts; das zeigen zwei weitere Briefe aus den entscheidenden Wochen der erneuten Kontaktaufnahme mit Frankreich vom Jahreswechsel 1805/1806. Sie schreibt in beiden von den „schmerzen der indignation“, über die Petersen stöhnte. „Sie was leiden Sie? Denn indignation ist ein Großer Schmerz, für einen edel denkenden o man mag und kann, nicht weit umsehen, nicht laut denken - Napoleon hat nicht allein in materieller welt - Gipfel der höchsten Gebirge erniedrigt […] Er macht es mit den Politischen Größen eben so - u überall findt er tausend handlanger dazu, in allen Classen“.100 Im zweiten Brief, sieben Wochen später, heißt es: „ich bitte, nur um eine zeile, die mir sage - daß Sie ungeachtet deß schmerzen der indignation - und ungewißheit leidentlich wohl sind - Gott erhalte Sie; in Kraft der gesundheit, um die neue entwiklung eines Chaos zu beobachten ach vielleicht können Sie mit einem fingerzeig gutes auf zukunft wirken“.101 Ihr Briefempfänger beobachtete die Offensive der Franzosenpartei am Hof also mit Ingrimm. Friedrich Schiller schreibt in seiner medizinischen Abhandlung von 1780: „Tiefe chronische Seelenschmerzen, besonders wenn sie von einer starken Anstrengung des Denkens begleitet sind, worunter ich vorzüglich denjenigen schleichenden Zorn, den man Indignation heißt, rechne, nagen gleichsam an den Grundfesten des Körpers und trocknen die Säfte des Lebens aus.“102 Petersen hätte dafür ein Paradebeispiel abgeben können. Gegen die innere Austrocknung schien der korpulente Petersen mit Bordeaux-Weinen aus dem fürstlichen Keller Vorsorge getroffen zu haben.103 Der Beitritt Darmstadts zum Rheinischen Bund 1806 war nochmals Anlass für Sophie von La Roche, Petersens unbefriedigende Position im Abseits in einer vorsichtigen Umschreibung zu bedauern und zu kritisie-

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prozesse, die ihn zu Bündnissen mit Frankreich führten, detailliert nachvollzieht. Er stellt ihn als einen nervenstarken Souverän dar, dessen abrupte Gesinnungswechsel einzig unter dem Gesichtspunkt der Realpolitik zu erklären sind (Die Politik Landgraf Ludwigs X. von Hessen-Darmstadt von 1790–1806 [1910], S. 417–453). Brief 175 Zeile 18 f.–26. Brief 179 Zeile 2–9. Zum Wortgebrauch von „indignation“ bei Sophie von La Roche vgl. Brief 124 Zeile 32 f. über den Gesandtenmord bei Rastatt vom 29. April 1799: „[W]ie abscheulich endigt das 18 jahrhundert! Der gesand Secretaire Roßenstiel soll wahnsinnig sein man möchte es aus indignation werden -“. Friedrich Schiller: Versuch über den Zusammenhang der thierischen Natur des Menschen mit seiner geistigen. Stuttgart 1780. Es handelt sich hierbei um die Streitschrift, die der Zulassung zum mündlichen Examen vorauszugehen hatte. In seinen Briefen an den Erbprinzen wiederholt Petersen die Bitte, ihm als krankem Mann Wein aus dem Fürstlichen Keller zu schicken (HSAD, Sig. D 12 37/38).

3.7 Belege aus den Briefen Sophie von La Roches – Fortsetzung

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ren: „ob ich schon nicht glaube, von Ihnen! gute, und helle aussichten angezeigt zu bekommen, oder Ihnen so was zu melden; So es ist mir doch Süß, und tröstlich an Sie zu schreiben, weil ich sicher binn, den wiederhall der Stimme der wahren Klugheit, und Menschenliebe zu hören, welche so selten geworden sind, und am wenigsten an ort, und stelle gehört werden, wo sie am nötigsten und wirksamsten seyn könnten. O mein Freund! was ist aus teutschland, und seinen Fürsten geworden?“104 Weitere Einzelbeobachtungen führen ebenfalls zu der Annahme, dass Petersen nicht etwa der kaisertreuen Hofpartei Gatzerts angehörte, sondern eindeutig ‚fritzisch̉‘̉ gesinnt war und somit der Preußenpartei der Landgräfin nahestand. Preußen ist ein häufig behandeltes Thema in den Briefen an den Freund, es schien „ein Faden mehr zu den banden der Sympathetischen gesinnungen“105 zu sein. Beide Briefpartner verehrten „den Einzigen Friderich“106. Petersen erinnert sie an den Preußenkönig anlässlich der „Surprise“ 107, womit die Rückeroberung von Mainz im Juli 1793 gemeint ist. Ihn interessierte offenkundig die junge Generation des Preußischen Königshauses – so erfreute er die Freundin in Offenbach mit seiner schriftlich fixierten Charakterstudie der Erbprinzessin Auguste von Hessen-Kassel (1780–1841), die eine Tochter Friedrich Wilhelms II. war.108 Überdies bestand eine freundschaftliche Verbindung zum Sohn des preußischen Ministers Christian August von Haugwitz (1752–1832).109 Bezeichnend ist ebenfalls, dass Sophie von La Roche ihre Anliegen und Segenswünsche via Petersen bis auf wenige Ausnahmen allein an die Landgräfin und nicht etwa den regierenden Landgrafen richtete: die Verbindung zwischen der Landgräfin und Petersen, die sich über die persönliche Beziehung hinaus durch die ähnliche Beurteilung des politischen Geschehens entwickelt haben mochte, garantierte ihr die prompte Erledigung ihrer Bitten. An dieser Stelle muss ein Blick auf Prinz Louis geworfen werden, auf den sich die angestrengten Bemühungen so vieler Personen konzentrierten. Für den starken Einfluss, den Mutter und Erzieher auf seine politische Gesinnung hatten, spricht die Widerwilligkeit, mit der er den vom Vater anbefohlenen Repräsentationspflichten bei dem Besuch Napoleons in Mainz 104 Brief 190 Zeile 4 f. 105 Brief 139 Zeile 15–18. 106 Brief 74 Zeile 29 f.: „daß Sie sich so richtig so an passend an den Einzigen Friderich erinnern mußten“. 107 Brief 74 Zeile 24. 108 Brief 118 Zeile 30. Die von Petersen verfasste Charakterstudie ist nicht erhalten. 109 Sophie von La Roche schreibt in einem Brief an Elisabeth Gräfin Solms vom 10. März 1802, dass der Prinzenerzieher von Darmstadt – gemeint ist Petersen – sehr heftig mit einer „Kriebel Krankheit“ auf den Freitod des jungen Haugwitz, des einzigen Sohns des Ministers, reagiert habe (SAO, Sig. M 24). Über diese Bekanntschaft sind keine weiteren Details in Erfahrung zu bringen.

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3 Die Briefpartner und der Hof von Darmstadt als Ort der Auseinandersetzung

1804 Folge leistete. „Der Herr Erbprinz sollte dort seinen Herrn Vater vertreten, das war, bei Seinen Ansichten, auch schwer zu bewirken. Barkhaus bittet den Landgrafen, den Prinzen kommen zu lassen. Dieser versteht sich, aber nur als gehorsamer Sohn, dazu“, bemerkt der Hessen-Darmstädtische Staatsminister Karl Wilhelm Heinrich du Bois Du Thil (1777–1859) in seinen Lebenserinnerungen.110 Seiner Aussage nach stand der Erbprinz auf der Seite van Oyens.111 Die Umstände, unter denen sich der Sturz des frankophilen Ministers Barkhaus vollzog, hatte Prinz Louis dennoch missbilligt.112 Die Landgräfin Luise – ab 1806 Großherzogin – entwickelte sich indes in späterer Zeit zur glühenden Verehrerin Napoleons. Hinsichtlich Petersens politischer Gesinnung lassen sich über das Jahr 1806 hinaus keine näheren Angaben mehr machen. Seine Briefe an den Erbprinzen aus den nachfolgenden Jahren bezeugen lediglich seine unablässigen Bemühungen bei der Abwicklung komplizierter Schuldverschreibungen eines Prinzen im Wartestand.113

3.8 Sophie von La Roche und die Gegenaufklärer Die zahlreichen Stellen aus den Briefen, anhand derer Petersens politische Verortung in den bewegenden Jahren in groben Zügen rekonstruiert werden konnte, haben auch Sophie von La Roches Position bereits weitgehend zur Sprache gebracht. Zum Abschluss muss auf eine „Grauzone“ im Meinungsaustausch der Freunde hingewiesen werden. So einhellig die Kritik beider Briefpartner an der frankophilen Politik des Landgrafen von Hessen-Darmstadt und anderer Reichsfürsten war, in der Krise der ersten Regierungsjahre Ludwigs X. konnte in Wahrheit kein Konsens zwischen ihnen bestanden haben, da sie die damaligen aufklärungsfeindlichen Aktionen und Publikationen unterschiedlich beurteilten. Petersen, der seinem Prinzen Rebmanns messerscharfe Analyse vorlegte, teilte Sophie von La Roches Meinung, Deutschlands aufgeklärte Gelehrte und Philosophen hätten das Feuer der Revolution entfacht,114 mit Sicherheit nicht. Sie be110 Du Thil: Denkwürdigkeiten (1921), S. 54. 111 Du Thil: Denkwürdigkeiten (1921), S. 75. 112 „Der damalige Herr Erbprinz hatten den Grundsatz über das, was Ihr durchlauchtigster Herr Vater oder seine Regierung tat, niemals zu s p r e c h e n ; was man aber tun kann, um, ohne Worte, seine Mißbilligung des gegen Barkhaus eingehaltenen Verfahrens, das Er einer Intrige zuschrieb, an den Tag zu legen, das hat dieser Herr damals und später getan.“ (Du Thil: Denkwürdigkeiten [1921], S. 45; Hervorhebung durch den Autor) 113 HSAD, Sig. D 12 37/38. 114 Brief 40 Zeile 51 f.

3.8 Sophie von La Roche und die Gegenaufklärer

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diente sich damit des Hauptarguments der Gegenaufklärer, für das Oberhofprediger Starck und der von ihr geschätzte Genfer Naturwissenschaftler Jean André Deluc115 die ideologische Munition lieferten. Dass letzterer von Hannover aus Starck den Kontakt zu dem in London lebenden Jesuiten Barruel ermöglicht hatte,116 musste den Petersen-Brüdern nicht unbedingt bekannt sein. Allein durch Delucs unablässige scharfe Angriffe gegen die Berliner Aufklärer und die protestantische, neologische Theologie als „antichristliche Konspiration“117 war er ihr erklärter Gegner. Dem Schweizer Theologen Johann Friedrich Abegg (1765–1840), der ihn am 25. Juli 1798 in Berlin besuchte, nannte Deluc namentlich Georg Wilhelm Petersen und den Abt des Predigerseminars Heinrich Philipp Conrad Henke (1752–1809) aus Blankenburg im Harz als Hauptvertreter der natürlichen Religion, die es zu bekämpfen galt. Die Antwort auf die Frage, wie die Briefpartner bei so unterschiedlicher Beurteilung der Lage ihre Beziehung ohne sichtbare Trübung aufrecht erhielten, kann folgendermaßen lauten: Petersen beklagte sich bei Sophie von La Roche zwar über zwischenmenschliche Affronts seiner Feinde, bewahrte aber weitgehend Schweigen über den Kampf um eine aufgeklärte Politik, den er und sein Bruder gegen die Obskuranten und Eudämonisten Anfang der 1790er Jahre zu bestehen hatten. Es war kein Zufall, dass die Brüder es vermieden, in Offenbach zu erscheinen, solange dort Erzfeinde wie die Bischoffswerders verkehrten.118 Sophie von La Roche wiederum möchte Petersen über die Angriffe der gegenaufklärerischen Personenclique hinwegtrösten. Sie tadelt zwar deren moralische „schwärze“119, findet aber im Zenit der Grolman-Ära nur euphemistische

115 Brief 116 Zeile 65. 116 Marita Hübner: Jean André Deluc (1727–1817). Protestantische Kultur und moderne Naturforscher. Göttingen 2010 (= Religion, Theologie und Naturwissenschaft. Hrsg. Von Willem B. Drees, Antje Jackeén, Gerhard Löhr und Ted Peters. Bd. 21), S. 182. 117 Hübner: Jean André Deluc (2010), S. 183: „Die Ähnlichkeit von Barruels und Delucs Ausdrucksweise bei der Bezeichnung ihrer jeweiligen Gegner ist frappierend. Deluc bediente sich in Berlin offenbar aus Barruels Arsenal. Er titulierte die protestantischen und jüdischen Aufklärer in Berlin zwischen 1799 und 1804 als „Sekte“, die die Jugend „verführte“ und eine „antichristliche Konspiration“ im Schilde führte. In Kooperation mit dem Gothaer Schriftsteller Heinrich A. O. Reichard (1751–1828) trieb Deluc die Übersetzung von Barruels „Mémoires“ ins Deutsche voran, deren erster Band um 1800 erschien und Barruels Verschwörungstheorie der Beteiligung des Illuminatenordens an der Französischen Revolution auch in Deutschland bekannt machte.“ 118 Brief 68 Zeile 63 f. 119 Brief 61 Zeile 14.

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3 Die Briefpartner und der Hof von Darmstadt als Ort der Auseinandersetzung

Worte zu deren politischem Habitus: „harren Sie noch, um zu sehen was die Leute für einen weg nehmen“.120 Wohlgemerkt, selbst für den Fall, dass es nicht die gegenaufklärerische Hofclique war, die Petersen das Leben erschwerte, sondern nur impertinente Höflinge, bleibt die unausgesprochene Diskrepanz zwischen ihren Einstellungen in puncto Gegenaufklärer bestehen. Im Kapitel 6 werden Sophie von La Roches und Delucs analoge Vorstellungen zu Glauben und Aufklärung näher betrachtet.

3.9 Zusammenfassung Der Prinzenerzieher Johann Friedrich Christian Petersen kam 1782 an den Hof von Hessen-Darmstadt. Als überzeugter Aufklärer nahm er in den frühen, krisenreichen Regierungsjahren Ludwigs X. eine oppositionelle Haltung ein. Die regressive Politik des Landgrafen als Reaktion auf die Auswirkungen der Französischen Revolution lehnte er ebenso ab wie dessen realpolitische Entscheidungen für Bündnisse mit den übermächtigen Franzosen. In beiden Perioden war er als Untergebener zum Schweigen gezwungen und litt unter dem Druck und der Missachtung, die von den jeweils dominierenden Lagern der ‚Gegenaufklärer‘ und der ‚Franzosen-Partei‘ ausgingen. Sein Entschluss, am Hof zu bleiben, kam einem Akt der Selbstopferung gleich. Es gelang ihm offenbar, den zukünftigen Souverän Prinz Louis über die Machenschaften der Gegenaufklärer am Hof die Augen zu öffnen. Mit der Fürstin Luise verband ihn die Bewunderung für Preußen. Der Erbprinz, von beiden deutlich ablesbar geformt, stand in Opposition zu der offiziellen Landespolitik seines Vaters. Petersen erfuhr in seiner Rolle als Präzeptor eine nicht unwesentliche Unterstützung durch Sophie von La Roche.

120 Brief 25 Zeile 8 f.

4 Prinzenerziehung 4.1 Lebenslauf und Erziehung des Erbprinzen Louis von Hessen-Darmstadt Über Unterricht und Erziehung des Erbprinzen Louis gibt es im Großherzoglichen Archiv in Darmstadt kein Quellenmaterial.1 Man kann davon ausgehen, dass Petersen seine Aufgabe als Präzeptor gewissenhaft erfüllt hat. „[G]ründliche Kenntnisse wie dieser haben der deutschen Prinzen nicht viele“, lobte Rath Wilhelm Butte (1772–1833), der bis 1796 Erzieher des jüngeren Bruders Friedrich war.2 Der fünfjährige Prinz erlernte zunächst Lesen, Schreiben3 und Rechnen. Daran schloss sich die Unterweisung in Landes- und Staatskunde, alter und neuer Geschichte und Philosophie an.4 Unterricht in Französisch und Englisch erteilte meist ein zeitweilig engagierter Sprachmeister. Die religiöse Erziehung übernahm Hofprediger Georg Wilhelm Petersen. Als Rechtswissenschaftler konnte Petersen ihm auch erste juristische Kenntnisse in Vorbereitung auf das im Herbst 1795 angetretene Studium an der protestantischen Universität von Leipzig vermitteln. Die enge Bindung zwischen Lehrer und Schüler, die wohl auch darin gründete, dass beide oftmals ernsthaft krank waren und ein phlegmatisches Temperament besaßen,5 sah der Höfling Du Thil kritisch: „Körper1

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„Über die literarische – und politische– Unterweisung Ludwigs II. ist allerdings ebenso wenig Genaueres bekannt wie über das sonstige Wirken des jüngeren Petersen in Darmstadt.“ Seidel: Literarische Kommunikation in Hessen-Darmstadt (2003), S. 401. Eine Ausnahme bildet die bereits in Kapitel 3 erwähnte „Rebmann-Abschrift“. Butte: Blick in die Hessen-Darmstädtischen Lande (1913), S. 261. Schon im frühkindlichen Alter erlernten die Fürstenkinder das Verfassen von Komplimentierbriefen. Kollbach konzentriert sich bei ihrer gründlich recherchierten Darstellung der Prinzen- und Prinzessinnenerziehung an den Höfen Hessens und Badens auf die Generation Ludwigs X. Im Falle HessenDarmstadts werden die Direktiven der „Großen Landgräfin“ Karoline Henriette für ihren Sohn Ludwig, Vater von Prinz Louis, untersucht (Claudia Kollbach: Aufwachsen bei Hof. Aufklärung und fürstliche Erziehung in Hessen und Baden. Frankfurt am Main, New York 2009 [= Campus Historische Studien 48]). Auch Latein könnte in der Zeit des beginnenden Neuhumanismus zu den Unterrichtsfächern gehören. Vgl. Briefe des Prinzen Louis an seinen Erzieher (HSAD, Sig. D 4 713/6).

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4 Prinzenerziehung

liche Bewegung und frische Luft waren ihm [Petersen, Anm. P.S.] nicht Bedürfnisse. Hatte der junge Prinz ähnliche Neigungen, so war Petersen nicht der Mann, sie zu bekämpfen.“6 Möglicherweise bestimmte man aus diesem Grund den Oberstlieutenant Ernst von Baumbach (?–1837)7 als Begleitperson für den knapp vierjährigen Aufenthalt des Prinzen in Sachsen. Ein an den Landgrafen gerichtetes Schreiben Baumbachs, in dem er sich über einen tätlichen Angriff des Prinzen beschwert, lässt darauf schließen, dass sich ihr Zusammenleben bisweilen schwierig gestaltete.8 Schon am 2. Februar 1796 schrieb der Prinz an seinen „teuresten und besten Freund“ Petersen nach Darmstadt: „hätten wir uns doch nie getrennt!“9 Einen Anflug von Unbeschwertheit und Lebensfreude empfand der melancholische Prinz nach langem Krankenlager und heftigem Liebeskummer um „ein gutes und natürliches Mädchen“ erst wieder, als er seine Tante, Herzogin Luise,10 am Hof von Weimar besuchen durfte, „wo ein jeder gleichsam wetteiferte um uns Vergnügen zu machen“11. Nach Abschluss der Studien 1799 führte die obligatorische Kavalierstour in Begleitung von Baumbachs verständlicherweise nicht nach Paris, wo zuvor zahllose deutschen Prinzen (darunter auch sein Vater) die Beherrschung der Etikette unter Beweis stellen mussten und einen letzten Schliff im weltgewandten Parlieren und Räsonieren beim Besuch der „philosophes“ erhielten, sondern in die naturschöne Schweiz, wo ein Aufenthalt in Genf, dem „protestantischen Rom“, angesagt war. Eine zweite Reise ging in den Nordosten Deutschlands an den preußischen Hof in Berlin und weiter nach Wörlitz zu Fürst Leopold III. Franz Ferdinand von Anhalt-Dessau (1740–1817).12 In die Residenz zurückgekehrt, über6 7

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Du Thil: Denkwürdigkeiten (1921), S. 337. Du Thils Urteil über von Baumbach, der Deutschordensritter von der Marburger Balley war, lautete: „Einen geraden, offenen, redlichen Mann, der gewiß bemüht war, seinem fürstlichen Zögling chevalereske Grundsätze beizubringen, dem ich aber, wenn ich ihn anders richtig beurteile, weder besondere Geistesgaben noch besondere Kenntnisse beizumessen vermag.“ (Denkwürdigkeiten [1921], S. 337) „Zurechtweisung wegen einer schweren Beleidigung des Erbprinzen gegenüber von Baumbach“ (HSAD, Sig. D 4 650/20). HSAD, Sig. D 4 713/6. Herzogin Luise von Sachsen-Weimar (1757–1830) war die Schwester seines Vaters, Landgraf Ludwig X. Brief vom 23. Juni 1796 (HSAD, Sig. D 4 713/6). Vgl. Friedrich Wilhelm von Ketelhodt: Das Tagebuch einer Reise der Schwarzburg-Rudolstädtischen Prinzen Ludwig Friedrich und Karl Günther durch Deutschland, die Schweiz und Frankreich in den Jahren 1789 und 1790. Bearbeitet und kommentiert von Joachim Rees und Winfried Siebers. Hrsg. von der Gesellschaft für Buchkultur und Geschichte e. V. Rudolstadt und der Historischen Bibliothek der Stadt Rudolstadt. Weimar 2004.

4.1 Lebenslauf und Erziehung des Erbprinzen Louis von Hessen-Darmstadt

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nahm Prinz Louis Repräsentationsaufgaben13 und widmete sich seiner militärischen Ausbildung. Seine Laufbahn beendete er als General der Infanterie, nachdem er zunächst einem eigenen Regiment als Generalmajor vorgestanden hatte. Im Sommer 1804 verheiratete er sich mit seiner Kusine Prinzessin Wilhelmine von Baden (1788–1836). Im November des gleichen Jahres sandte ihn sein Vater zur Kaiserkrönung Napoleons nach Paris. 1814 vertrat er Hessen-Darmstadt auf dem Wiener Kongress. Nach dem Tod seines Vaters bestieg er mit dreiundfünfzig Jahren am 6. April 1830 den Thron als Großherzog Ludwig II. Die maßgebliche Figur seiner gesamten Regierungszeit war der schon unter seinem Vater zum Legationsrat und Minister avancierte Karl Wilhelm Freiherr Du Thil, der den reaktionären Kurs noch verschärfte, als die oppositionelle Bewegung im Großherzogtum militante Züge annahm.14 In seinen „Denkwürdigkeiten“ charakterisiert dieser seinen Dienstherrn als wohlinformierte, großzügige, aber verschlossene und schwer beeinflussbare Persönlichkeit. Er sei „weniger selbst handelnd und durchgreifend als Sein Herr Vater“15. Ähnlich urteilt der Erzieher des Erbprinzen Philipp Dieffenbach. Er kritisiert dessen desolate Haushaltsführung und die mangelnde Werthschätzung der Zeit“16. Die Auftritte bei Hof vermied Ludwig II. ebenso wie den Kontakt zum Volk, er bevorzugte die gewohnte familiäre Zurückgezogenheit. In den Monaten vor der 1848er Revolution fühlte sich der Einundsiebzigjährige nicht mehr Herr der Lage. Am 5. März 1848 bestimmte er seinen Sohn Ludwig (1806–1877) zum Mitregenten. Wenige Monate später, am 16. Juni, starb er. Der neuzeitlichen historischen Forschung ist die Gestalt Ludwigs II. keine eingehende Darstellung wert gewesen. Seine unrühmliche Ära wurde überstrahlt von der siebenunddreißigjährigen Regentschaft des Vaters, der den Aufstieg des Reichsstaates zum souveränen Großherzogtum vollbracht hatte. Schon in Jugendjahren hatte sein Wille zur Macht und sein 13 14 15

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Über die Einbindung des Prinzen Louis in das politische Tagesgeschäft durch Besuch des Konsiliums, wie es bei seinem Vater der Fall gewesen war, liegen keine Quellenangaben vor. Siehe Kollbach: Aufwachsen bei Hof (2009), S. 331. Siehe Steiner: Ludewig II., Grossherzog von Hessen und bei Rhein, nach seinem Leben und Wirken. Offenbach (1842); vgl. Eckhart G. Franz: Das Haus Hessen. Eine europäische Familie. Stuttgart 2005. „Ludwig II. war ein edler Herr im vollsten Sinne des Wortes. Großmütig, freigebig, mild, wohlwollend gegen alle, zum Verzeihen stets geneigt; kurz, Er besaß alles, was den edlen Menschen ausmacht, war dabei gescheit und unterrichtet, aufgeklärt und im ganzen ohne Vorurteile, auch durch seine Urbanität liebenswürdig. Gegen Damen namentlich hatte er die Manieren eines artigen und wohlerzogenen Privatmannes, wobei der Fürst nicht durchblickte.“ (Du Thil: Denkwürdigkeiten [1921], S. 332) Maaß: Großherzog Ludwig II. von Hessen und bei Rhein (2014), S. 172.

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4 Prinzenerziehung

ausgeprägter Eigensinn, von einer ungebrochenen Vitalität befeuert, bei einem Besuch in Weimar einen starken Eindruck auf Wieland gemacht.17 Es bleibt Spekulation, in welchem Verhältnis Vererbung, Lebensumstände und Erziehung Einfluss darauf hatten, dass aus Prinz Louis ein unvergleichlich schwächerer Landesherr wurde, doch fallen der psychische Druck durch die gespannte Hof- und Familiensituation sowie die übergroße Disziplinierung und Überfrachtung mit Lernstoff18 und vielleicht auch die Schwächung seines Ego durch den liebevollen Seeleninquisitor an seiner Seite ins Gewicht.

4.2 Sophie von La Roches pädagogische Beratung Die Titulierung „Seeleninquisitor“ für den so bemühten und redlichen Petersen fordert eine Erklärung, die gleichzeitig den Einfluss Sophie von La Roches auf die Entwicklung des Prinzen zur Sprache bringt. Bedeutsam in diesem Kontext ist ihr Brief aus dem Frühjahr 1789.19 Er gibt zum einen eine Vorstellung von der Intensität, mit der sich die Korrespondenzpartner über das Prosperieren des fürstlichen Sorgenkindes beraten haben mochten. Die Gefahr, dass Briefe kontrolliert wurden, war groß, deshalb, so hat es den Anschein, behandelten die beiden dieses heikle Thema vorzugsweise mündlich. Zum anderen wird deutlich, welches feine Sezierinstrument dem Erzieher im letzten Jahrzehnt des pädagogischen Jahrhunderts an die Hand gegeben wurde, um in die Psyche seines Schülers vorzudringen.20 Sophie von La Roche erfährt von der Mutter des elfjährigen Prinzen, dass dieser seine Missetaten gerne leugnet. Sie beschwört Petersen, den Knaben niemals im Beisein der Hofangehörigen aufzufordern, seine Fehler zu bekennen, um sein Ehrgefühl nicht zu verletzen. Die Schmach, die ihm ein öffentlicher Verweis bereiten würde, müsse ihm unter allen Umständen erspart bleiben, weil sie das schlimmste aller Gefühle sei.21 Eine Bestrafung seiner Verfehlung reicht aber nicht 17

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19 20 21

Christoph Martin Wieland an Johann Heinrich Merck am 7. Oktober 1776: „Gnade Gott jedem in seinem lande der unterm hut und unterm brustlaz nicht fest ist, wenn er einmal zur Regierung kömmt. Il vous fera voir païs à tous tant que Vous etes.“ („Er wird Euch allen Beine machen.“ Merck: Briefwechsel [2007], Bd. 1, S. 687) Schon 1771 hatte Johann Eustach Graf von Goertz (1737–1821) in seinem in Heilbronn erschienenen Werk „Briefe eines Printzen-Hofmeisters über Basedows Printzenerziehung und hauptsächlich über dessen Agathokrator“ die Überforderung der Prinzen kritisiert. Brief 3 Zeile 1–41 ([25. März 1789]). Siehe Kollbach: Aufwachsen bei Hof (2009), S. 185. Brief 3 Zeile 42–48.

4.3 Zwei zeitgenössische Publikationen zur Prinzenerziehung

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aus. In dem von Sophie von La Roche vorgeschlagenen Zwiegespräch hat der Erzieher in die „innerste Falte [s]einer Seele“22 vorzudringen: „gehen Sie auf die spur“.23 Der Prinz wird durch seine engste Vertrauensperson zum seelischen Kotau gezwungen, er soll sich seines Fehlers schämen und jede innere Widersetzlichkeit aufgeben.24 Man könnte einwenden, die Verstocktheit des Prinzen sei ein für die Flegeljahre typisches Verhalten. Ein Blick auf seine weitere Entwicklung in postpubertären Jahren vor seiner Heirat lässt eher vermuten, dass es die ersten Alarmzeichen einer mentalen Fehlentwicklung waren, die sich später in Anfällen von Jähzorn, Depressionen und physischen Zusammenbrüchen25 zeigte und dazu geführt haben könnte, dass der erwachsene Erbprinz und Großherzog sein Heil in der Regression suchte. Unter den persönlichen Schriftstücken des Prinzen hat ein undatiertes Blatt die Zeit überdauert, auf dem ein einzelner, vielsagender Satz von seiner Kinderhand geschrieben steht: „Ma chère Mère! Je ne saurais Vous exprimer combien je suis peiné“.26

4.3 Zwei zeitgenössische Publikationen zur Prinzenerziehung Sophie von La Roches Anleitung zur Gesinnungserforschung findet eine Entsprechung in dem 1791 in Wien und Berlin erschienenen Werk „Lettres sur L’éducation des princesses“ der Herzogin Juliane von Giovane, das sie Petersen brieflich ankündigt.27 Die in Wien lebende Schriftstellerin erlangte mit ihrer erfolgreichen Neukonzeption der Prinzessinnenerziehung Gunst und Zutrauen des kaiserlichen Hofs. In späteren Jahren erhielt sie die angestrebte Einstellung als Oberhofmeisterin der jungen Erz22 23

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Sophie von La Roche: Briefe über Mannheim (1791), S. 1. Brief 3 Zeile 37. Die Landgräfin musste auch bei ihrem jüngeren Sohn Friedrich einen Hang zum Lügen feststellen und schrieb am 11. September 1799 an seinen Erzieher: „L’histoire des amours de Fritz est au fond un enfantillage, mais […] Monsieur, que vous veillés assiduement sur ses actions, je dirois presque sur ses pensées, car il me paroit que le mensonge ne l’a pas quitté encore.“ („Die Liebesgeschichte des Fritz ist im Grunde eine Kinderei, aber […] mein Herr, überwachen Sie gewissenhaft seine Handlungen, ich möchte fast sagen auch seine Gedanken, denn es schien mir, dass er immer noch lügt“ Kollbach: Aufwachsen bei Hof [2009], S. 182) Kollbach: Aufwachsen bei Hof (2009), S. 183 u. S. 185. HSAD, Sig. D 4 713/6; vgl. Fußnote 8. „Meine liebe Mutter! Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr ich betrübt bin“ HSAD, Sig. D 4 706/4. Das erfolgreiche Werk erlebte mehrere Auflagen. Hier wird aus der dritten, verbesserten Auflage zitiert, die 1793 in Wien erschien. Siehe Brief 29 Komm. zu Zeile 34 f. u. Brief 41 Komm. zu Zeile 27–29.

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herzogin Maria Louise, welche 1810 Napoleon heiratete.28 Zweifelsohne war der von ihr gewählte Zeitpunkt für eine strenge Revision der höfischen Erziehung geschickt gewählt, da der Wiener Hof seit Jahren das unwürdige Benehmen der Habsburgerin Marie Antoinette als Dauphine und Königin von Frankreich wahrnehmen musste.29 Die Leichtfertigkeit, mit der diese sich ihrer Verantwortung als Herrscherin entzog, ließ auch auf gravierende Mängel in ihrer Ausbildung schließen, die in der Tat in frühen Jahren nachlässig und erst in den letzten Monaten vor ihrer Abreise nach Frankreich überhastet und planlos durch katholische Geistliche erfolgt war. Darauf hebt Herzogin Giovane mit ihrem Entwurf eines praktikablen, in drei Lernphasen gegliederten Erziehungsplans ab, bei dem differenzierte Kenntnisse, u. a. in Ökonomie, Rechtsgeschichte, alter und neuer Geschichte, mit einer Erziehung des Herzens („former l’ésprit et le coeur“)30 einhergehen sollen. Es muss überwacht werden, ob die innere Disposition des Zöglings dem angestrebten hohen moralischen Niveau entspricht. Auch hier heißt es: „observez […] attentivement, de quelle source ils [die Impulse, Gutes zu tun, Anm. P.S.] dérivent.“31 Reicht die Prinzessin einem Bettler ein Almosen, so soll sie es nur aus Gutherzigkeit tun und nicht, um sich den Anschein der Großzügigkeit zu geben.32 Weder Sophie von La Roche noch Herzogin Giovane hatten Zweifel, ob es möglich war, mit Hilfe der Introspektion den Seelenadel eines jungen Fürstenkindes wie ein inneres Kastell auszuspähen, das es zu kontrollieren und zu verstärken galt, damit späterhin die Unangreifbarkeit des tugendhaften Menschen neben dem Gottesgnadentum als Legitimitätsprinzip der Herrschaft politisch nutzbar gemacht werden konnte.33 28 29 30

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Brief 10 Zeile 35 (17. Mai 1790). Siehe auch Brief 26 Komm. zu Zeile 21–26. Hinterberger: Herzogin Juliane von Mudersbach (1946), S. 8. „[…] la tâche importante de former l’ésprit et le coeur des princesses à la félicité des peuples, et ainsi à leur propre bonheur.“ („[…] die wichtige Aufgabe, den Geist und das Herz der Prinzessinnen zu formen zum Wohl der Völker wie auch zu ihrem eigenen Glück.“ (Juliane Herzogin von Giovane: Lettres sur L’éducation des princesses. Wien 1793, S. 12 u. S. 50 f.). „Beobachten Sie aufmerksam, welcher Quelle sie entspringen.“ Siehe Giovane: Lettres sur L’éducation des princesses (1793), S. 45 f. Giovane: Lettres sur L’éducation des princesses (1793), S. 43 f. „C’est l’humanité et la sagesse de princes, qui doit […] maintenir [les forces centrifuges et centripètes] dans l’équilibre, sans lequel ou l’individu gémit sous des fers injustes, ou les liens de la société se dissolvent, et l’ordre social se détruit“. („Es ist die Menschlichkeit und die Weisheit der Prinzen, die […] [die zentrifugalen und zentripetalen Kräfte, Anm. P.S.] im Gleichgewicht halten müssen, ohne sie jammert das Individuum entweder unter den ungerechten Fesseln, oder es lösen sich die Bande der Gesellschaft, und die soziale Ordnung zerfällt“. Giovane: Lettres sur L’éducation des princesses [1793], S. 67)

4.3 Zwei zeitgenössische Publikationen zur Prinzenerziehung

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Dass sich Sophie von La Roche mit ihren Ratschlägen an den Prinzenerzieher auch auf der Höhe der Zeit befand, kann mit einer weiteren zeitgenössischen Erziehungspublikation zum höchsten Amt auf breiterer Textbasis belegt werden. Sie beantwortet die Frage, wie eine heranwachsende Herrschergeneration präpariert werden müsse, um mit den Herausforderungen der krisenhaften Umbruchzeit fertig zu werden, in ähnlicher Weise. Es ist hier der 1798 in Berlin erschienene „Fürstenspiegel“ des Prinzenerziehers und Schriftstellers Johann Jakob Engel (1741–1802). Ihm war 1787 die philosophische Erziehung des preußischen Thronanwärters Friedrich Wilhelm (1770–1840) anvertraut worden. Schon im Vorjahr des Erscheinens hatte Sophie von La Roche in ihrem Brief an Petersen die dringende Notwendigkeit eines engen Freundes für einen jungen Prinzen propagiert, wie er und sein Freund Johann Friedrich Euler (1741–1800) es für Prinz Louis und Prinz Wilhelm Friedrich von OranienNassau (1772–1843) waren.34 Auch Engel stellt fest, dass die guten Absichten eines Beraters im politischen Bereich nichts bewirken können, wenn er nicht den Souverän auch als Person herzlich und innig liebe.35 Eine weitere Parallele zu Engel stellt Sophie von La Roches Anregung dar, die Prinzen anhand von Charakteristiken großer Herrscher wie Marc Aurel und von Darstellungen geschichtlicher Begebenheiten vor Überraschungen in der Zukunft zu feien.36 Engel führt im Kapitel „Geschichte“ ein Beispiel für diese Methode an. Aus dem Fehlverhalten des oströmischen Kaisers Flavius Valerius Leo (um 401–474) kann Einsicht zur Prävention in vergleichbarer Lage entstehen.37 Sophie von La Roche und Engel begegnen dem Prinzen bzw. Regenten voller Devotion und ohne Kritik. Die Schriftstellerin preist die „edle güte - edle größe“ des verehrungswürdigen Fürstensohnes, um nur eine der vielen Huldigungen und Segenssprüche zu nennen.38 Am 22. Januar 1793 schreibt sie: „die armèe bettet den Prinz von preußen an das ist 34 35 36

37 38

Brief 98 Zeile 22–25 (9. Februar 1797); siehe auch Brief 10 Zeile 37 (17. Mai 1790), Brief 23 Zeile 19–22 (28. Februar 1791), Brief 177 Zeile 23 f. (8. Januar 1806). Johann Jakob Engel: J. J. Engel’s Schriften. 3. Bd. Der Fürstenspiegel. Berlin 1802, S. 39 f.; Jordheim: Fürstenkult und bürgerliche Subjektivität (2005), S. 187. Brief 109 Zeile 21–26 (6. März 1798). Siehe Sophie von La Roches Brief an Friedrich von Sachsen-Gotha vom 3. Juli 1804: „[J]e me plais fort en disant - que la Conaissançe, de l’histoire des tems passèes, garantiras votr’ame, des Surprises quelquonque“ („[I]ch gefalle mir sehr darin, zu sagen, dass die Kenntnis der Geschichte vergangener Zeiten Ihre Seele vor jedweden Überraschungen schützt.“ TSAG, Sig. E XIII C Nr. 6). Engel: Fürstenspiegel (1802), S. 177–181. Brief 109 Zeile 10–20 (6. März 1798).

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4 Prinzenerziehung

schön - sagen Sie es dem Erbprinz“.39 Diese zur „Anbetung“ gesteigerte Verehrung des Monarchen durch die Untertanen führt Engel im Kapitel „Sicherheit“ als geeignetes Rezept an, dem „fürchterlichen Phänomen“ im Reich entgegenzutreten, das „jenes schwarze Gewitter im Westen“ verursacht hatte.40 Die Forschung hat seinen „apologetisch konservativ[en]“ „Fürstenspiegel“ daher als Vorwegnahme der Restauration bezeichnet.41 Auch Sophie von La Roche hatte viele Jahre daran mitgewirkt, einen tugendhaften „Herkules“42 – wie ihn Petersen in einem Brief titulierte – für die Zukunft heranzubilden: „[W]ie bete ich - daß jede Alt teutsche Fürsten tugend - in dem Herzen Ihres Erbpinzen, eine zuflucht finde - sich da halte biß Klugheit sie wieder handlen, und reden lasse“.43

4.4 Bettine von Arnim als Prinzenerzieherin Abschließend soll auf ein bisher unbearbeitetes Forschungsthema hingewiesen werden: Sophie von La Roches Bemühungen um den hessendarmstädtischen Erbprinzen und ihr Kontakt zu dem Erbprinzen Friedrich von Sachsen-Gotha (1774–1825) konnten der Enkelin Bettine Brentano, die zeitweise der Erziehung durch die Großmutter anvertraut wurde, nicht entgangen sein. 1808 – ein Jahr nach dem Tod Sophie von La Roches – machte Bettine in München die Bekanntschaft des bayerischen Kronprinzen und späteren Königs Ludwig I. (1786–1868). „In ih39 40

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Brief 59 Zeile 36–38. Engel: Fürstenspiegel (1798), S. 246. Siehe auch Giovane: Lettres sur L’éducation des princesses (1793), S. 52: „Comme leur destination est unique, leur éducation doit être particulière aussi; et être parfaitement adaptée au grand but qu’on s’y propose, de rendre les hommes heureux par la sagesse et les vertus des princes.“ („Ebenso wie ihre Bestimmung einzigartig ist, so muss auch ihre Erziehung eine besondere sein und vollkommen auf das große Ziel ausgerichtet sein, das man sich hier setzt, und zwar die Menschen durch die Weisheit und die Tugenden der Prinzen glücklich zu machen.“) Wolfgang Biesterfeld: Von der Prinzenerziehung zur Emanzipation des Bürgers. Der Fürstenspiegel als Roman im Zeitalter der Aufklärung. In: W. B.: Aufklärung und Utopie. Gesammelte Aufsätze und Vorträge. Hamburg 1993, S. 39–58, hier S. 54; vgl. Helge Jordheim: Fürstenkult und bürgerliche Subjektivität. In: Alexander Košenina (Hrsg.): Johann Jakob Engel (1741–1802). Philosoph für die Welt, Ästhetiker und Dichter. Kolloquium zu Johann Jakob Engels 200. Todestag am 28. Juni 2002. Hannover 2005, S. 161–188, hier S. 162. So tituliert Petersen den Prinzen in seinem Brief vom 16. Dezember 1810 (HSAD, Sig. D 12 Nr. 37/18). Haaser weist auf die Wirkmächtigkeit des Herkules-Mythos bei den deutschen Herrschern Maximilian I. (1459–1519) und Kaiser Franz II. (1768–1835) hin (Spätaufklärung und Gegenaufklärung [1997], S. 164). Brief 138 Zeile 70–74 (4. Juli 1800).

4.4 Bettine von Arnim als Prinzenerzieherin

75

rem ‚Goethebuch‘ verschmolz sie diese Begegnung mit ihrer Erfahrung des Aufstandes der Tiroler gegen Napoleon im Jahr 1809 zum Bericht über einen Brief, in dem sie Kronprinz Ludwig zur Fürsprache für die in München gefangen gehaltenen Tiroler Freiheitskämpfer aufgefordert habe, einen Brief, auf den hin Ludwig ihr versprochen habe, sich fortan für das bedrängte Volk einsetzen zu wollen. [… D]iese Episode [führte] ihr Projekt der politischen Fürstenerziehung in Gestalt eines geglückten Musterfalls ein, von dem aus die Autorin nach Erscheinen des Buches ihre pädagogische Einflussnahme auch auf die Herrschersöhne ihrer Zeit legitimieren konnte.“44 Intensiver noch als in ihren Briefen an Friedrich Wilhelm IV. (1795–1861) und Prinz Waldemar von Preußen (1817–1849)45 gestaltete sich die Beziehung zu dem württembergischen Kronprinzen Karl Friedrich Alexander (1823–1891), der erstmals Ostern 1841 als achtzehnjähriger Student in ihrem Berliner Salon erschien.46 Das zwanglose Treiben des Arnimschen Kreises, gebildet aus den drei schönen Töchtern des Hauses und deren Altersgenossen, entsprach seinem weichen, musischen Naturell. Im Gespräch mit der verwitweten Schriftstellerin standen indessen die politischen und caritativen Aufgaben eines Regenten im Vordergrund, wie es auch in ihrem vier Jahre umfassenden Briefwechsel der Fall war.47 Eine Beobachterin dieser Beziehung merkte kritisch an, dass Prinzenerziehung schon längst kein adäquates Mittel mehr war, die verschleppten Reformen im Staat auf den Weg zu bringen.48 Bettine von Arnim musste als Impulsgeberin auch deshalb scheitern, weil sich ihr Zögling zu einem unmännlichen, blumenzüchtenden Sonderling entwickelte, den sein Vater „von jedem Einfluß, jeder öffentlichen Thätigkeit eifer44

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46 47 48

Ulrike Landfester/Friderike Loos: Lieber Kronprinz! – Liebe Freundin! Briefwechsel zwischen Bettine von Arnim und Karl von Württemberg. Mit einem Anhang: Briefwechsel zwischen Bettine von Arnim und Julius von Hardegg. Heidelberg 1998, S. 16. Ihm widmet sie das Werk „Clemens Brentano’s Frühlingskranz“ von 1844. Am Schluss ihrer dreiseitigen, unpaginierten Widmung versichert sie den „Leute[n] auf dem Markt“: „daß gleich in der Brust jener großen Männer [der Vergangenheit, Anm. P.S.], auch ihm das vaterländisch Edle, der Eifer für Wahrheit, der Glaube an göttliche Dinge, die Würdigung der Volkseigenthümlichkeit inne wohnen, die sein eigenes Streben mit den Kräften des Gemeingeistes zu allen erhabenen Opfern zusammenschmelzen.“ Siehe Gertrud Meyer-Hepner: Das Bettina von Arnim-Archiv. In: Sinn und Form 6 (1954), S. 594–611. Landfester/Loos: Briefwechsel zwischen Bettine von Arnim und Karl von Württemberg (1998), S. 7–28. Brief von Emma Herwegh (1817–1904) an ihren Mann, den Schriftsteller Georg H. (1817–1875), am 12. Dezember 1847 nach ihrer Begegnung mit Bettine von Arnim in Berlin. Siehe Landfester/Loos: Briefwechsel zwischen Bettine von Arnim und Karl von Württemberg (1998), S. 22 f.

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4 Prinzenerziehung

süchtig fern gehalten; selbst zu letzt noch, als er ihm nothgedrungen einen Theil seiner Machtvollkommenheit übertragen mußte, diesen möglichst zu beschränken gesucht.“49 Auch König Karl I. entbehrte jener „herculische[n] Kräfte“, die – hervorgehend aus „unbeschränkter Geistesbildung“ – nötig waren, um „gegen jeden Mißbrauch unter dem Panier der Wahrheit zu fechten“, wie es Sophie von La Roches Enkelin von ihm erwartet hatte.50

49 50

Landfester/Loos: Briefwechsel zwischen Bettine von Arnim und Karl von Württemberg (1998), S. 25. Landfester/Loos. Briefwechsel zwischen Bettine von Arnim und Karl von Württemberg (1998), S. 133.

5 Sophie von La Roches Heiratsprojekte Die Intensität und Ausdauer, mit der Sophie von La Roche das von ihr initiierte Heiratsprojekt zwischen Prinz Georg, dem Neffen des Landgrafen von Hessen-Darmstadt, und Prinzessin Caroline von Braunschweig ab Sommer 1791 drei Jahre lang vorantrieb, lässt den Eindruck entstehen, die Schriftstellerin verfolge möglicherweise ein wichtigeres Ziel als die Geneigtheit hoher Standespersonen und ein angemessenes Geschenk nach erfolgreichem Abschluss.1 Angesichts der schwankenden politischen Lage, ausgelöst durch das Jahrhundertereignis der Französischen Revolution, könnte sie eine genetische Zuchtwahl unter den heiratsfähigen Fürstenkindern aus konservativen protestantischen Häusern im Sinn gehabt haben, die eine linientreu gezogene Nachkommenschaft in der Zukunft garantierte. Für Prinz Louis – „il est tout ce que le plus Vertueux des Rois peut desirer dans un fils“2 – hatte sie ebenfalls das „Bild eines Wunsches“: Prinzessin Amalia, die jüngste Tochter des englischen Königs Georg III., sollte seine Braut werden.3 Sie forderte ihren Freund, den Naturwissenschaftler Jean André Deluc, auf, die Sache am englischen Hof in die Wege zu leiten.4 Auch dieser dynastischen Verbindung lag möglicherweise eine 1 2 3 4

Siehe Brief 29 Komm. zu Zeile 20. Die Ehe würde obendrein eine Stärkung der Preußenpartei am Darmstädter Hof bedeuten. Vgl. Kapitel 3. „Er ist alles, was der tugendhafteste aller Könige sich von einem Sohn wünschen kann“. Sophie von La Roches Brief an Jean André Deluc am 27. Oktober 1800 (PLBS, Sig. 158/6). Brief 110 Zeile 3 f. Brief 116 Komm. zu Zeile 65. Sophie von La Roches Brief an Jean André Deluc am 27. Oktober 1800: „Sur ce que je vous ai manè au sujet de l’aimable vertueux et spirituel Prince Hereditaire de Hesse Darmstadt - qui serait si digne du bonheur d’etre reçu dans la famille Royale - et de trouver son bonheur dans les vertus, et l’Esprit d’une Princesse Soeur, de L’adorable Duchesse de Wurtemberg j’ose dire mon Digne ami! que L’Europe n’a pas de Prinçe d’un Caractere plus noble, de sentiments et d’une Conduite plus morale de meilleure Culture de Conaissançe d’Esprit - de plus de bonté de Coeur et de plus de beautè de sa Personne - mon attachement à la famille Royale est sans borne - mon respect, ma veneration ne sont surpassè de Personne“ („Über das was ich Ihnen zur Angelegenheit des liebenswürdigen, tugendhaften und geistvollen Erbprinzen von Hessen-Darmstadt geschickt habe, der so würdig des Glücks wäre, in der königli-

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5 Sophie von La Roches Heiratsprojekte

ideologisch-politische Intention zugrunde. In „Mein Schreibetisch“ wird die gemeinsame Herkunft von Deutschen und Engländern betont und der geistige und politische Zusammenschluss der Länder als Chance für den „nur eingeschlummerten National-Charakter“5 der Deutschen anvisiert: „Die Keime alter nordischer Größe des alten nordischen Denkens der Angelsachsen, haben vereint auf brittischem Boden, Größe und Stärke der Seele, ausdauernden, unternehmenden Muth in den Bewohnern der ausgezeichneten Insel erhalten. Dort hat der uns verbrüderte Geist sieben Königreiche zum allgemeinen Besten miteinander verbunden. Die einfachen, alten, zu großen Gefühlen und großen Thaten rufenden Gedichte Ossians wiederhallten in jeder brittischen Seele. Wir Deutsche nahmen sie nach dem geheimen, innern Zug der altbrüderlichen Verwandtschaft mit so viel Beyfall und Liebe auf; sollte nicht die Verschwisterung sich auch im treuen Fürsten- und Provinzenverein gegen Zerstörer des Glücks, der Ruhe und der Sitten Deutschlands, sich zeigen.“6 Die 1795 erfolgte Vermählung der Prinzessin Caroline aus dem Haus Braunschweig mit ihrem englischen Vetter, dem Kronprinzen George und späteren König George IV., schien Sophie von La Roche letztlich akzeptiert zu haben,7 auch wenn damit der Import des ideologischen Remediums aus England für die Landgrafschaft Hessen-Darmstadt entfiel. Diese Art der Instrumentalisierung ihres lebenslang gewebten Netzwerks zu den deutschen und ausländischen Höfen bildet neben der Erziehung des Erbprinzen Louis in der unmittelbaren Nachbarschaft die zweite zukunftswirksame Unternehmung Sophie von La Roches.

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chen Familie aufgenommen zu werden und sein Glück in den Tugenden und dem Geist von einer Prinzessin Schwester von der liebenswürdigen Herzogin von Würtemberg zu finden. Ich wage zu bemerken, mein würdiger Freund, dass Europa keinen Prinzen von edlerem Charakter, moralischerem Empfinden, Betragen und höherer Geistesbildung hat - von größerer Herzensgüte und größerer Schönheit der Gestalt ist. Meine Anhänglichkeit an die königliche Familie ist grenzenlos! Mein Hochachtung, meine Verehrung werden von niemandem übertroffen.“ PLBS, Sig. 158/6) Zu Deluc siehe Kapitel 6. Mein Schreibetisch (1799), Zweytes Bändchen, S. 136 f. Mein Schreibetisch (1799), Zweytes Bändchen, S. 137 f. Zu Sophie von La Roches Anglophilie siehe Michael Maurer: Aufklärung und Anglophilie in Deutschland. Göttingen, Zürich 1987 (= Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Instituts London 19), S. 180. Die Hochzeit der Welfentochter entsprach der traditionell engen dynastischen Verbindung mit Großbritannien. Georg I. Ludwig (1660–1727) regierte seit 1714 in Personalunion das Kurfürstentum Hannover und das Königreich Großbritannien. Prinzessin Carolines Vater, der preußische Generalfeldmarschall Karl Wilhelm Ferdinand (1735–1806), war mit der Schwester des englischen Königs Georg III. (1738–1820), Prinzessin Augusta (1737–1813), verheiratet.

6 Sophie von La Roches Geschichtsbild 6.1 Lektüren zur Geschichtsphilosophie Das Ende des 18. Jahrhunderts, vor allem aber das Epochenereignis Französische Revolution mit europaweiten Auswirkungen fand bei Sophie von La Roche Niederschlag in Form zahlreicher geschichtsphilosophischer Äußerungen, in ihren Briefen wie in ihren literarischen Werken. Wolfgang Adam bescheinigt ihr in seinem Aufsatz „Die Schweizer Reisen der Sophie von La Roche“ zwar „seismographische[…] Fähigkeiten“ und eine „genaue[…] Beobachtungsgabe“1 bei der Rezeption der politisch aufgewühlten Stimmung des Landes im Herbst und Winter 1791, endet aber mit der Skizze einer resignierten, wehmütig zurückblickenden Frau: „Sophie von La Roche versteht die Zeit nicht mehr. […] Sie wird in ihren letzten Lebensjahren immer einsamer, die politischen und ästhetischen Entwicklungen gehen an ihr vorbei, ihr Alterswerk wird kaum noch zur Kenntnis genommen.“2 Er schlägt damit den Tenor der älteren La RocheForschung an, die auf Alter und Schwäche der Autorin verweist, wo die biographische Lücke klafft,3 während neuere Publikationen ihre politisch differenzierte Wahrnehmung durchaus würdigen.4 In der Tat muss das Bild ihrer ,schönen Resignation‘ schärfer konturiert werden. Die besagte letzte Reise in die Schweiz scheint Anstoß und Auftakt eines Reflexionsprozesses bei der Schriftstellerin gegeben zu haben, der bis zum Lebensende anhielt. Zweifellos stellte das im Reisebericht beschriebene Genfer Diner mit dem ehemaligen französischen Finanzminister Jacques Necker und seiner Frau als hochrangige Protagonisten der Ereignisse in Paris den gesellschaftlichen Höhepunkt der Reise dar. Hinsichtlich der damaligen Presselage bot sich die seltene Gelegenheit, Informationen aus erster Hand zu erhalten. Erkenntnisbereichernd und 1 2 3 4

Wolfgang Adam: Die Schweizer Reisen der Sophie von La Roche. In: Hellmuth Thomke, Martin Bircher, Wolfgang Proß (Hrsg.): Helvetien und Deutschland. Amsterdam–Atlanta 1994, S. 21–55, hier S. 53. Adam: Die Schweizer Reisen der Sophie von La Roche (1994), S. 54 f. Maurer: Aufklärung und Anglophilie in Deutschland (1987), S. 174: „Sie war alt, enttäuscht, verlassen und ein wenig hilflos angesichts einer Welt, die auf dem Kopf zu stehen schien […].“ Maurer: Die Aktualität der Sophie von La Roche (2007), S. 25.

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6 Sophie von La Roches Geschichtsbild

intellektuell stimulierend wirkte sicherlich ein weiterer Gast der illustren Tafelrunde, der in Lausanne lebende englische Historiker Edward Gibbon.5 Sein 1776 bis 1788 in London erschienenes, vielbeachtetes Werk „The Decline and Fall of the Roman Empire“ ein geschichtliches Monumentalgemälde, schildert die Bedingungen, Symptome und Prozesse des Niedergangs des römischen Weltreiches von den Kaisern der Spätantike bis zur Einnahme Konstantinopels durch die Türken 1453 und offerierte so eine Fülle strukturanaloger Ideen zur gedanklichen Bewältigung des schockierenden aktuellen Geschehens.6 Sophie von La Roche bedauerte, während ihres Aufenthalts in Nyon nicht die Bekanntschaft des Naturforschers Charles Bonnet (1720–1793) gemacht zu haben, der von Krankheit gezeichnet auf dem schwiegerelterlichen Landsitz Genthod 17 km nördlich von Genf weilte. Allein der Blick auf sein Portrait regt sie an, „nach seiner Anweisung, über die Stuffenfolge alles Geschaffenen, nachzudenken; […] Hügel und Steine steigen, von dem Sandkorn bis zu den Granitgebürgen die vor mir liegen, die Graspflanze bis zu dem höchsten Baum ein Wassertropfen bis zum Weltmehr, in vermehrten einstimmenden Kräften, eben so Fähigkeiten der Menschen. Aber wie viele Stuffen der Kenntniß und Tugend, bis zu Socrates und Marc Aurel […]“.7 Schließlich spielte auf dieser dritten Schweizreise die Bergwelt selbst keine geringe Rolle. War sie 1784 und 1789 für die „naiv-optimistische […] Reisende“8 Sinnbild für die Allmacht Gottes,9 so lieferte sie Ende 1791 wie unter einer veränderten Bühnenbeleuchtung mit ihren aufragenden Bergspitzen, scharfen Graten und tiefen Täler das Bild für die dramatischen Verschiebungen und Brüche in der gesellschaftlichen Tektonik. „Aber diese Gipfel der Berge zeigen mir auch: daß es immer nur einen Punkt der Vollkommenheit giebt, nur eine Zeit, nur ein Land, die in Allem begünstigt wurden, Schönheit, Fruchtbarkeit und Verdienst dieser Erde, diesseits jeden Schritt zu Höhen der Vollkommenheit hinan, jenseits jeden Schritt wieder ab- und davon entfernt.“10 Ihre Gedanken nahmen gerne 5 6 7 8 9 10

Edward Gibbon lebte im Norden von Lausanne im Landhaus eines Freundes. Erinnerungen aus meiner dritten Schweizerreise (1793), S. 84 u. S. 200; Brief an Elisabeth Gräfin Solms-Laubach vom 15. Oktober 1792 (SAO, Sig. M 24 [77]; Kampf: Sophie von La Roche Briefe [1965], S. 41). Erinnerungen aus meiner dritten Schweizerreise, S. 199 f. Bonnet hatte seine Vorstellung von der Kette aller Wesen („chaîne des êtres“) in seinem Werk „Contemplation de la Nature. Amsterdam 1764“ entwickelt. Adam: Die Schweizer Reisen der Sophie von La Roche (1994), S. 41. Siehe Tagebuch einer Reise durch die Schweitz. Von der Verfasserin von Rosaliens Briefen. Altenburg 1787, S. 141 f. Erinnerungen aus meiner dritten Schweizerreise (1793), S. 199 f.

6.1 Lektüren zur Geschichtsphilosophie

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den „Gang des vergleichens“, und dazu fand sie in der fremden, pittoresken Umgebung allenthalben „neuen auffallenden Stoff“.11 An dieser Stelle ist einer der einflussreichsten Urheber der Geschichtsphilosophie zu nennen, der bereits siebzehn Jahre zuvor die ununterbrochene, aufstrebende Linie der Fortschrittsverwirklichung durch ein dynamisches Konzept ersetzt sehen wollte. „Gipfel gränzt an Thal“, heißt es 1774 in Johann Gottfried Herders (1744–1803) Werk „Auch ein Versuch der Geschichte zur Philosophie der Menschheit“.12 Darin wird „ein Plan des Fortstrebens“ zur Verwirklichung der Humanität weiterhin angestrebt, den einzelnen Epochen aber ein eigenes organisches Wachstum und somit auch ein „Mittelpunkt der Glückseligkeit in sich selbst“13 zugestanden. Entsprechend bewertet er die „dunklen“, von Revolutionen erschütterten Zeiten als entwicklungsbedingte Stufen: „Auf einem menschlichen Schauplatze laß alle menschlichen Leidenschaften spielen! in jedem Zeitalter sie dem Alter gemäß spielen, so in jedem Welttheile, in jeder Nation!“14 Ob die Spur von Sophie von La Roches hyperbolischer Formulierung „Die Erde ein haufen Koth, und die menschen ameisen“15 auf das von Herder mehrfach angeführten Ameisengewimmel der Menschheit16 zurückzuführen ist, kann nicht bewiesen werden. Es scheint jedoch naheliegend, dass der ‚femme de lettres‘ diese maßgebliche Veröffentlichung bekannt und bei der neuen Perspektivbildung präsent war. Ferner erhoffte sich Sophie von La Roche Klarheit über den Ablauf der Geschichte durch die Lektüre der Werke des Göttinger Geschichtsprofessors August Ludwig Schlözer (1735–1809), zum einen „Vorstellung seiner Universal=Historie“ aus dem Jahr 1772, das in „Mein Schreibetisch“ als das einzig bedeutende Geschichtswerk ihrer Bibliothek genannt wird.17 In ihrem Brief an Petersen vom 9. Februar 1797 erwähnt sie, dass sie zum anderen auch seine im gleichen Jahr erschienene „Weltgeschichte nach ihren Haupt Theilen im Auszug und Zusammenhange“ las.18 Hier 11 12 13 14 15 16 17 18

Erinnerungen aus meiner dritten Schweizerreise (1793), S. 421. Herder: Auch eine Philosphie der Geschichte zur Bildung der Menschheit. Leipzig 1774, S. 508. Herder: Auch eine Philosphie der Geschichte zur Bildung der Menschheit (1774), S. 512. Herder: Auch eine Philosphie der Geschichte zur Bildung der Menschheit (1774), S. 521. Brief 139 Zeile 83 f. Herder: Auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit (1774), S. 513, S. 531 u. S. 585. Mein Schreibetisch (1799), ,, Zweytes Bändchen, S. 385. Vgl. Brief an Elisabeth Gräfin Solms-Laubach vom 30. März 1997 (SAO, Sig. M 24 [134]; Kampf: Sophie von La Roche Briefe [1965], S. 71). Brief 98 Zeile 27–31.

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6 Sophie von La Roches Geschichtsbild

fand sie in der Einleitung den Verweis auf den zyklischen Verlauf des historischen Geschehens. „Sie [die Weltgeschichte, Anm. P.S.] siehet Völker keimen, blühen, welken, und verschwinden: und Revolutionen, die den Erdkreis erschüttert […], wo sie die agierenden Personen vom Zufälligen entkleidet, und in das Wesentliche ihrer Handlungen eindringt, entdeckt sie überall eine auffallende Übereinstimmung und Ähnlichkeit […] sie findet, daß nichts neues mehr unter der Sonne geschehe“.19 Vermutlich fanden folgende gedankliche Ansätze ihre Zustimmung. Schlözer spricht von „Ruhepuncten oder Specialepochen“20, strukturierenden Elementen, mit Hilfe derer er das Studium der überwältigenden Fülle an historischen Fakten erleichtern möchte. Als Spiritus rector stellt er ihnen jeweils „universalhistorische, d.i. hauptwichtige Personen“ voran, „in der alten Geschichte, Cyrus, Alexander, und Christus; in der neuern aber Mohammed, Karl der Grosse, und Dschinkis-Chan“.21 Auch Sophie von La Roche orientierte sich im Strom der Zeit an derartigen Leitfiguren. Petersen gegenüber klagt sie, „ach unsere Ottos - Friederiche - u der Engländer alfred“ 22 und „aber was half Moses - die Propheten, Socrates Christus - was Marc aurel“23. Damit greift sie wie Schlözer auf das Konzept der antiken und humanistischen Historiographie zurück. Für Sophie von La Roche bildet die Herrschergestalt mit „Alleingeist“24, die an der Spitze einer von Tugend und Vernunft geleiteten Regierung steht, den „Punkt der Vollkommenheit“. Der römische Philosophenkaiser Marc Aurel und Friedrich II. haben für sie eine starke moralische Strahlkraft, die ähnlich den Leuchtfeuern auf Berggipfeln über alle Jahrhunderte hinweg richtungsweisend ist. Eine solche spirituelle Übertragung von Tugend und Weisheit fand statt, wenn der Preußenkönig Zwiesprache mit der Büste Marc Aurels auf seinem Schreibtisch hielt.25 Auch Friedrich Graf Stadion, dessen aufklärerische Haltung in ihren Augen für Schwaben viel Gutes gebracht hatte, zählte sie zu diesen Lichtgestalten. Sein Geist sollte seinen Enkel, den reichspatriotisch österreichischen Minister Johann Philipp Graf Stadion, beflügeln und leiten.26 19 20 21 22 23 24 25 26

August Ludwig von Schlözer: Weltgeschichte nach ihren Haupt Theilen im Auszug und Zusammenhange. Göttingen 1785, S. 9. August Ludwig von Schlözer: Vorstellung seiner Universal=Historie. Göttingen 1772, S. 85. Schlözer: Vorstellung seiner Universal=Historie (1772), S. 85. Brief 163 Zeile 44–46 (31. Mai 1802). Brief 114 Zeile 47 f. (20. Juni 1798). In ihrem Brief an Elisabeth Gräfin zu Solms-Laubach vom 14. Februar 1795 spricht sie von dem „Allein-geist“ Friedrichs des Großen (SAO, Sig. M 24). Mein Schreibetisch (1799), Erstes Bändchen, S. 131. Brief 179 Zeile 12 f.

6.1 Lektüren zur Geschichtsphilosophie

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In Zeiten, da es ihrer Meinung nach an Führerpersönlichkeiten mangelte und sich politisches Gebaren und öffentliche Moral auf Talfahrt befanden, beschäftigten sie die Bedingungen für die Genese von geschichtlicher Größe, die der junge Prinz von Hessen-Darmstadt verinnerlichen sollte.27 Am 21. Mai 1793 schrieb sie an Petersen: „Eine gesellschaft gelehrte, giebt ein Philosophisches wörter buch heraus ach was für einen belehrenden artikel könte das wort groß - größe liefern“.28 In der historisch offenen Situation des Jahres 1799 erwog sie noch zweifelnd, von Belagerungen und Einquartierungen zermürbt, ob Bonaparte zum Wohltäter von Europa werden könnte.29 Die Titulierung „Napoleomagne“30 amüsierte sie. Trotz seines unbezwingbaren Willens, durch den er „nicht allein in materieller welt - Gipfel der höchsten Gebirge erniedrigt“ hatte, und seines militärischen Genies besaß er im Gegensatz zu Karl dem Großen nicht die „wahre[…] Größe eines Fürsten“31. Der politisch motivierte Mord an dem Herzog von Enghien am 21. März 1804 (aus diesem Jahr fehlen Briefe an Petersen) könnte ihr als Bestätigung gedient haben. Napoleon, „an welche[n] alle glaubten“32, zeigte sich mit dieser groben Verletzung des Völkerrechts als unumschränkter Despot. Der Beiname „der Große“ wurde in nachnapoleonischer Zeit nicht mehr vergeben.33 Die Schlözer-Studien könnten ihr des weiteren auch Anregung zu einer synchronistischen Geschichtsbetrachtung gegeben haben: „[W]enn sie [die Universalgeschichte, Anm. P.S.] die agirenden Personen vom Zufälligen entkleidet, und in das Wesentliche ihrer Handlungen blickt, so entdeckt sie überall eine frappante Uebereinstimmung und Aehnlichkeit.“34 Ihr Blick wandte sich hoffnungsvoll nach Norden, wo für sie noch die großen, männlichen Tugenden zu finden waren.35 Sie unternahm einen Vergleich der Verfassungen Englands und der Eidgenossen, denn diesen 27 28 29 30 31 32 33

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Brief 10 Zeile 33–36; Brief 89 Zeile 27 f.; Brief 110 Zeile 11–13. Brief 72 Zeile 41–43. Brief 130 Zeile 17 f. (30. Dezember 1799). Sophie von La Roches Brief an Elisabeth Gräfin zu Solms-Laubach vom 31. Mai 1804 (SAO, Sig. M 24 [245]; Kampf: Sophie von La Roche Briefe [1965], S. 98). Brief 110 Zeile 12 f. Brief 183 Zeile 16 f. Vgl. Michael Kaiser: Friedrichs Beiname „der Große“. Ruhmestitel oder historische Kathegorie? In: Friedrich und die historische Größe. Beiträge des dritten Colloquiums in der Reihe „Friedrich 300, Colloquien 3“ vom 25./26. September 2009. In www.perspectivia.net, S. 1–55, hier S. 10 u. S. 49. Schlözer: Vorstellung seiner Universal=Historie (1772), S. 36. Brief an Elisabeth Gräfin Solms-Laubach vom 17. Juli 1798 (SAO, Sig. M 24 [151]); Kampf: Sophie von La Roche Briefe (1965), S. 77; Mein Schreibetisch (1799), Zweytes Bändchen, S. 137 f.; siehe Kapitel 5.

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6 Sophie von La Roches Geschichtsbild

Staatengebilden war es ehemals gelungen, mit Hilfe legislativer Initiativen eine drohende Revolution zu verhindern.36 Als sie feststellen musste, dass sich die revolutionären Ideen über die deutschen Lande ausbreiteten und daher nicht mehr mit dem aufbrausenden Charakter der Franzosen zu erklären waren,37 führte sie als Begründung häufig die „göttliche Vorsehung“, das „schiksal“38 bzw. die Göttin „Nemesis“39 an. Es ist zu kurz gegriffen, das göttliche Strafgericht lediglich als Wehklage einer gottergebenen alten Frau zu interpretieren.40 Vielmehr ruft dieses Stichwort Sophie von La Roches Korrespondenten Jean André Deluc auf den Plan, der von der literaturwissenschaftlichen Forschung kaum41 und in der Wissenschaftsgeschichte erst in jüngster Zeit Beachtung fand.42 Auch wenn die Quellenlage es nicht erlaubt, seinen unmittelbaren Einfluss auf die Autorin zu belegen, so sind die Parallelen im Denken beider mehr als augenfällig. Dieser Gesinnungsfreund kann als Indikator bei der Feineinstellung ihrer Alterssicht auf das Zeitgeschehen dienen. In dem folgenden Kurzportrait können nur jene Hauptartikel seines wissenschaftlichen Credos angerissen werden, auf die seine Briefpartnerin rekurriert.43 Als Kontrahent der Darmstädter Petersen-Brüder steht ihm ein gebührender Platz im Alterskapitel der ausstehenden La Roche-Biographie zu.

6.2 Der Genfer Naturwissenschaftler Jean André Deluc Die Biographie des 1727 in Genf geborenen Physikers, Geologen, Meteorologen und Literaten Jean André Deluc44 weist einen entscheidenden Bruch auf. Mitte der 1760er Jahre war er in geistiger Entente mit Jean 36 37 38 39 40 41 42 43

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Brief an Elisabeth Gräfin Solms-Laubach ohne Datum [Dezember 1791] (SAO, Sig M 24). Brief 57 Zeile 41–43 (17. Dezember 1972). Brief 83 Zeile 51. Brief 189 Zeile 26. Maurer: Aufklärung und Anglophilie in Deutschland (1987), S. 174. Maurer zitiert die an Deluc gerichteten Briefe vom 3. Mai 1781 und 31. Januar 1795 (Sophie von La Roche Briefe [1985], S. 234–236 u. S. 354–356). Siehe Fußnote 41. Der Genfer Wissenschaftler wurde bereits in Kapitel 3.8 und Kapitel 5.2 erwähnt. Im GSA wird ein Brief von Deluc an die Schriftstellerin vom 1. Dezember 1787 aus Windsor aufbewahrt (Sig. 65/42). Sechs französisch abgefasste Briefe Sophie von La Roches an Deluc aus dem Zeitraum von 1781–1800 befinden sich in der LBZS, Autograph 158, 1–6. Vgl. Hübner: Deluc (2010). Sophie von La Roches Name erscheint weder im Text noch in der Korrespondentenliste, die als „unvollständig“ bezeichnet wird (S. 228–238).

6.2 Der Genfer Naturwissenschaftler Jean André Deluc

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Jacques Rousseau der führende Kopf einer demokratischen Erhebung gegen das Patriziat der Stadt. Auch wenn 1768 ein blutiger Bürgerkrieg durch sein kompromissbereites Verhandlungsgeschick vermieden werden konnte, bewirkte diese Erfahrung bei ihm in den Folgejahren eine Wandlung vom Verfechter der Volkssouveränität zum streitbaren, meinungsstarken Konservativen. 1773 verließ Deluc sechsundvierzigjährig die Schweiz und reiste im Vertrauen auf sein schon in jungen Jahren gesponnenes Netzwerk an Beziehungen nach England. Dank seines Renommees als genialer Konstrukteur physikalischer Messinstrumente (dazu zählte ein tragbares Barometer) und unermüdlich reisender Erforscher der Erdgeschichte blieb seine Präsentation am Hof König Georgs III. nicht ohne die erhoffte Anstellung. Ab 1774 erhielt er das Amt des Vorlesers der Königin Charlotte (1744–1818) in Windsor.45 Die anstrengende Tätigkeit – das Rezitieren erfolgte über Stunden im Stehen – währte indes nur eine begrenzte Anzahl von Jahren. 1776 bis 1778, 1782 und 1786 unternahm Deluc als Diplomat und Informant der Krone zahlreiche geologische Exkursionen auf dem Kontinent. Die Bekanntschaft des Ehepaars La Roche machte er 1776 in Ehrenbreitstein auf seiner Rheinreise zur Erkundung der Vulkanvorkommen.46 Auf Anordnung des englisch-hannoverschen Königs erhielt er 1798 eine Professur für Philosophie und Geologie an der Universität Göttingen. Von den Pflichten der Antrittsrede und Lehrtätigkeit entbunden, sah er als ferventer Anti-Kantianer seine Hauptaufgabe darin, durch rastlose Publikationstätigkeit die akademische Jugend vor dem „pompeux nonsense“47 der falschen Aufklärung zu warnen, welche einzig die Untergrabung der Religion und des gottbegründeten Königtums beabsichtige. Folglich führten seine „Geologische[n] Briefe an Hrn. Prof. Blumenbach“48 (1793–1796) zu Spannungen in der Kollegenschaft der Professoren der Augusta Georgia. Auch in seiner Berliner Zeit von 1799 bis 1804 setzte der fast achtzigjährige Deluc den Kampf gegen die dortigen Aufklärer und 45 46

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Sophie von La Roche traf ihn auf ihrer Englandreise 1806. Siehe Jean André Deluc: Lettres physiques et morales sur l’histoire de la terre et de l’homme adressées à la Reine de la Grande Bretagne. Paris, La Haye 1779, Bd. 4, S. 283 f. Die La Roches machten Deluc mit ihrem Freund, dem Festungsbauingenieur Christian Trosson bekannt, der ihn auf einigen Exkursionen begleitete. Siehe Brief 182 Zeile 38 f. Hübner: Deluc (2010), S. 154: „C̉’est se battre avec le vent, que d’attaquer directement ce pompeux nonsense. Il faut lui opposer une physique réelle […]“. („Es hieße, sich mit dem Wind herumschlagen, wenn man diesen pompösen Unsinn angreift. Man muß ihm eine Physik des Realen entgegensetzen […]“. Notiz Delucs über Kant ohne Datum und Ortsangabe. Yale UL., box 37). Jean André Deluc: Geologische Briefe an Hrn. Prof. Blumenbach aus der französischen Handschrift. In: Magazin für das Neueste aus der Physik und Naturgeschichte (1793–1796).

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6 Sophie von La Roches Geschichtsbild

protestantischen Neologen mit missionarischer Hingabe fort, was ihn an den Rand seiner psychischen und physischen Kräfte brachte.49 Nach England zurückgekehrt widmete er sich unter anderem der Elektrizitätsforschung. Die Zusammenfassung seiner geologischen Erkenntnisse („Abrégé de géologie“), die man als ideologisches Vermächtnis bezeichnen könnte, erschien 1816, ein Jahr vor seinem Tod.50 Delucs langes Forscherleben stand unter dem Leitgedanken, dass seine mit empirischen Methoden gewonnenen naturwissenschaftlichen Erkenntnisse den Wahrheitsgehalt der biblischen Offenbarung manifestierten. Die Erde erschien ihm als ein vollkommener Schauplatz des göttlichen gerechten Wirkens.51 Ihre Bewohner hatten allein durch Verbesserung der Erdkruste (Humusbildung) dazu beizutragen, die Schichtenfolge zu vollenden.52 In seiner Apologetik des bäuerlichen Standes als einer schlichten, naturgemäßen Lebensform traf er sich gedanklich mit seinem calvinistischen Landsmann Albrecht von Haller. Im Gegensatz zu diesem aber verwarf er den Fortschrittsgedanken, weil die Zäsur der Sintflut seiner Auffassung nach eine stufenförmige Entwicklung widerlegte. Die große Flut hatte für den Neptunisten historische Faktizität. Dass die alten Kontinente vor etwa 4000 bis 6000 Jahren unter den ansteigenden Wassermassen verschwanden und sich neue aus den vormaligen Meeresböden bildeten, bewiesen ihm die an vielen Orten Europas untersuchten Sande, Versteinerungen und Tierknochen.53 Die Absenkung des Festlandes erklärte sich der Wissenschaftler durch riesige Kavernen im Unter49

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Siehe Kapitel 3.8. Deluc knüpfte ein dichtes Netzwerk internationaler und überkonfessioneller Kontakte. „Während Deluc in der Öffentlichkeit als Verteidiger des Moses auftrat, wirkte er im Verborgenen an der Verbreitung der Verschwörungstheorie des im englischen Exil lebenden Abbé Barruel, dem Verfasser der 1797–1798 in London erschienenen ‚Mémoires pour servir à l’histoire du Jacobinisme‘. Dabei profitierte Deluc von Johann Georg Zimmermanns Netzwerk. Wie Zimmermann hatte Deluc die gesamte Berliner Aufklärung im Visier, die er wie Zimmermann abwertend ‚Aufklärungssynagoge‘ nannte. Barruel hatte ähnlich von einer ‚Synagoge der Irrreligion‘ gesprochen. Bereits 1797 stellte Deluc während seines Aufenthaltes in Hannover den Kontakt zwischen dem Darmstädter Oberhofprediger Johann August Starck (1741–1816), einem weiteren Anhänger der Verschwörungstheorie, und Barruel her.“ (Hübner: Deluc (2010), S. 182) Die Drucklegung besorgte Henri de La Fite, Sohn von Marie-Elisabeth de la Fite (1750–1794), geb. Bouée, mit der Sophie von La Roche korrespondierte (siehe Brief 24 Zeile 51; Hübner: Deluc [2010], S. 210). Hübner: Deluc (2010), S. 196. Hübner: Deluc (2010), S. 216. In dem zweiten Band seines Werks „Les Epoques de la Nature“ nahm GeorgesLouis Leclerc Comte de Buffon (1707–1788) ein Erdzeitalter von etwa 35000 Jahren an (Paris 1780, S. 53 u. S. 61).

6.3 Sophie von La Roche und Jean André Deluc

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grundgestein, in denen Wasserdampf und Erdmaterie, durch Gärung erhitzt, eruptierten und so die Höhlungen zum Einsturz brachten. In den von atheistischen „Lumières“ geprägten Jahren vor der Französischen Revolution deutete er außergewöhnliche Nebelbildungen als untrügliche Zeichen einer neuen Sintflut. Als die prognostizierte Erdrevolution ausblieb, meinte er sie daraufhin in Gestalt der zu Terror und Krieg gesteigerten sozialen Gärungen zu erkennen. Als einzig mögliche Rettung erschien ihm ein „lever en masse“ der Frommen.54 Schon in seiner Heimatstadt Genf hatte Deluc der freikirchlichen Erneuerungsbewegung des „Reveil“ nahegestanden.55 In Windsor verkehrte er mit dem Leiter der englischen Methodisten James Hutton (1715–1795) auf vertrautem Fuß. Seine „als Universalgeschichte konzipierte Geologie“56 stellt einen späten, keineswegs aber den letzten Versuch dar, das Auseinanderdriften von Theologie und Naturwissenschaften und die Vorherrschaft letzterer zu verhindern.57 Dies bedeutete einen spannungsreichen Zweifrontenkampf zu führen. Er musste gegenüber seinen europäischen Fachkollegen unanfechtbare (mit der Genesis konforme) Forschungsergebnisse aufbieten und gleichzeitig die geistigen Vertreter der eigenen Konfession im Pakt mit katholischen Gegenaufklärern niederringen. Moralische Wucht verlieh er seiner Argumentation, indem er mit seinem naturrechtlichen Ansatz auf voraufklärerisches Denken zurückgriff: Göttliche Strafe erfolge dort, wo der Mensch „das ihm angeborene bzw. von Natur aus eingeprägte Gesetz“ missachtet, zu dem ihn der Dekalog verpflichtet.58

6.3 Sophie von La Roche und Jean André Deluc Man kann davon ausgehen, dass Sophie von La Roche dem Autor des fünfbändigen Werks „Lettres physiques et morales sur l’histoire de la terre et de l’homme adressées à la Reine de la Grande Bretagne“ (1779/80) schon allein deshalb Bewunderung zollte, weil es seine erklärte Absicht war, mittels einer leichtverständlichen Schreibweise auch eine wenig gebil-

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Hübner: Deluc (2010), S. 218. Hübner: Deluc (2010), S. 43 f. u. S. 126 f. Hübner: Deluc (2010), S. 212. Hübner erwähnt die Theorien der Katastrophen- und Flutgeologien von Georges Cuvier (1769–1832), William Buckland (1784–1856) und Hugh Miller (1802– 1856) (Deluc [2010], S. 218). Gunther Wenz: Grundfragen ökumenischer Theologie. Gesammelte Aufsätze. 2 Bde. Göttingen 2009/10, hier Bd. 2. (2010), S. 108.

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dete Leserschaft, insbesondere die Frauen,59 in das Reich der Natur einzuführen, wie sie es selbst in ihrem Werk „Briefe an Lina“ (1785) unternommen hatte. Ungleich bedeutungsvoller aber ist die Tatsache, dass sie in dem europaweit berühmten, von Johann Gottfried Herder60 wie von Georg Christoph Lichtenberg bewunderten Wissenschaftler61 einen hochkarätigen Gewährsmann für ihre Ausdeutung der europäischen Geisteskrisis fand, der gleich ihr im Deismus, respektive Atheismus der französischen „philosophes“62 und ihren deutschen Nachfolgern63 den Ursprung allen Übels sah. Was ihre persönliche Vorliebe für anschauliche Vergleichungen betrifft, so kam ihr Delucs Erdgeschichte auf höchstem Niveau entgegen. Anhand der sechs erhaltenen Briefe Sophie von La Roches an Deluc aus den Jahren 1781, 1794, 1795, 1798, 1799 und 1800 – eine unbestimmte Anzahl ist verschollen – kann man auf ihre genaue Kenntnis seiner geologischen Theorien rückschließen. So schreibt sie am 5. Januar 1799: „[Q]ui peut vous parler entendre les reponses sur des questions et des doutes de ces lignes paralelles - tracé par la main Devin pour le Cours de la terre et les êtres moraux des hauts des bas - des volcans des bouleversements une Isle de Tinian, et une terre de feu dans les deux mondes“.64 Des Weiteren wird deutlich, dass Sophie von La Roche über seine Agitationen gegen die Aufklärer in Göttingen bzw. Berlin durch ihn informiert war. In ihrem Brief vom 31. Januar 1795 erhoffte sie den Erfolg seiner Gegenkampagne und wünschte ihm Gottes Segen dazu. „[J]e suis en general persuadèe, que La Providençe veut changer la facon d’etre des Eu59

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„Die Lettres physiques et morales adressierte Deluc direkt an die weibliche Leserschaft. Er wollte den Frauen, die zu wenig über die Natur wüssten, mit seinen Argumenten ‚Waffen‘ gegen die Unmoral und den Unglauben der Zeit an die Hand geben.“ (Hübner: Deluc [2010], S. 101) Hübner: Deluc (2010), S. 171. Hübner: Deluc (2010), S. 31 u. S. 141. Hübner: Deluc (2010), S. 207. Brief 40 Zeile 51 f.; Hübner: Deluc (2010), S. 183. „Wer kann Ihre Antworten auf die Fragen und die Zweifel über diese Parallelen zwischen dem Lauf der Erde und den hohen und niederen moralischen Wesen, die von der göttlichen Hand gezogen werden, vernehmen - Vulkane und Umwälzungen einer Insel Tinian und ein Feuerland in den beiden Welten.“ LBZS, Autograph 158,5. Die Insel Tinian gehört zu dem pazifischen Mariannenarchipel. Vgl. auch Sophie von La Roches Brief an Deluc vom 27. Oktober 1800: „[L]es français detruisent la forteresse d’Ehrenbreitstein de Coblence à cet heure vous pouries à votre aise examiner les Rocher Culbultee par un volcans - et ceux culbute par les français“ („Die Franzosen zerstören die Festung Ehrenbreitstein von Koblenz, zu dieser Stunde könnten Sie ganz bequem die durch einen Vulkan übereinandergestürzt Felsen untersuchen - und diejenigen, welche durch die Franzosen über den Haufen geworfen werden.“ LBZS, Autograph 158,6).

6.3 Sophie von La Roche und Jean André Deluc

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ropèens - quil lui fallait des instruments de Punitions, et que la nation la plus remuante - la moins Scrupuleuse dans les moyens d’agir etait le plus propre, pour remplir ses vues - puissiez vous remplir L’ouvrage meritoire auquel vous travallès [‚Geologische Briefe an Hrn. Prof. Blumenbach‘, Anm. P.S.] - et que Dieu Benisse vous Par la recompense de voir encore le bien que vous alles faire“.65 In ihrem Schreiben vom 30. Oktober 1798 heißt es: „[V]ous avez fait un Sejour à Berlin bon bon Digne Monsieur de Luc! Quelles observatoire pour votre ame morale pour votre Genie Scrutateur - ah puissies vous vivre pour faire tout le bien que vous defines“.66 In hochgestimmtem Ton zollt Sophie von La Roche Deluc Bewunderung für sein religiös-zivilisatorisches Sendungsbewusstsein: „[J]e repons tard à une belle lettre qui m’a fait verser des larmes de joye venant d’une double sourçe - sentant le prix du zele pour le vray bien - et le bonheur du souvenir de ce Digne Monsieur de Luc = ah que Dieu benisse votre intention et qu’avec le sentiment - de respirer tranquilement à la conclusion de la Paix - il entre de meme une nouvelle Conviction quil n’y à que la Religion Pure et simple, du Fondateur des principes du Christianisme - qui fonderas le bienêtre de cette vie et de celle de l’auttre monde; encore une fois Dieu benisse vos travaux si meritoire - et vous ouvre les Coeurs, - et les Esprits“.67 65

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„Ich bin im allgemeinen überzeugt, dass die Vorsehung die Lebensart der Europäer ändern will, dass sie Werkzeuge zur Bestrafung brauchte und dass die unruhigste Nation und die in ihrer Handlungsweise skrupelloseste die geeignetste war, das Anvisierte auszuführen - mögen Sie das verdienstvolle Werk [‚Geologische Briefe an Hrn. Prof. Blumenbach‘, Anm. P.S.] vollenden, an dem Sie arbeiten - und Gott möge Sie segnen durch die Belohnung, noch das Gute zu sehen, was Sie auf den Weg bringen.“ LBZS, Autograph 158,3 „Sie sind in Berlin gewesen, guter, guter, würdiger Herr Deluc! Welcher Beobachtungsposten für Ihre moralische Seele und Ihren Forschergeist. Ach mögen Sie leben, um all das Gute zu machen, was Sie bestimmen.“ LBZS, Autograph 158,4 „Ich antworte spät auf einen schönen Brief, der mir Freudentränen entlockte aus zweifacher Quelle, weil ich den Preis des Eifers für das wahre Gute erahne und das Glück der Erinnerung an den würdigen Herrn Deluc - = ach, möge Gott Ihre Absicht segnen und dass mit dem Gefühl, den Friedensschluß ruhig zu erwarten, sich eine neue Überzeugung breit macht, dass es nur die pure und einfache Religion des Gründers der Prinzipien des Christentums gibt, die das Wohlsein dieses Leben und das in der anderen Welt gründen wird. Noch einmal, Gott möge Ihre so verdienstvollen Arbeiten segnen und Ihnen die Herzen und die Geister öffnen.“ 30. Oktober 1798. LBZS, Autograph 158,4. Im selben Brief kommt sie noch einmal auf seine Erweckungsidee zu sprechen: „votre lettre, le souvenir dont vous m’avez honnorèe L’ouverture sur le plan - de la glorieuse entreprise de votre Genie - cetait comme des Rayons du soleil sur ma Cabane, et ma chambre solitaire“. („Ihr Brief, die Erinnerung mit der Sie mich beehrten, die

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6 Sophie von La Roches Geschichtsbild

Ihre Anglophilie erfuhr im Alter nochmals eine Steigerung.68 Denkbar ist, dass im Gleichklang mit Delucs Faszination für die Erweckungsbewegung eine religiöse Motivation hinzukam. Nicht nur das Staatsgebilde und die kultivierte Lebensweise der Engländer erschienen ihr bewunderungswürdig, auch als Inselrefugium des christlichen Glaubens kam England mit Georg III. als königlichem Beschützer Vorbildfunktion in einer Zeit zu, „in der die franken […] als Heyden unüberwindlich geworden [sind] und die christen keine legion tonans gegen sie [haben]“.69

6.4 Zusammenfassung Das Fazit dieser Überlegungen zu Sophie von La Roches Geschichtsauffassung kann demnach lauten: Unter dem Eindruck der Kriegsjahre, die den Zusammenbruch des Deutschen Reichs zur Folge hatten, gerät ihr aufklärerischer Fortschrittsoptimismus zunächst ins Wanken. Auf der Basis von Herders organischem Geschichtsmodell und unter dem Eindruck diverser Lektüren entwickelt sie eine eigene Variante des naturmorphologischen Zyklusgedankens. Als überragender Wissenschaftler und Verfechter der ‚wahren Aufklärung‘ scheint Deluc mit seinem brennenden Eifer dazu beigetragen haben, ihr den Blick auf eine hoffnungsträchtige Zukunft freizugegeben.70 Ob diese Vision so stark war, ihr eigenes Konstrukt des Geschichtsverlaufs dahingehend zu modifizieren, dass im Auf und Ab der Völkerschicksale doch eine teleologisch perspektivierte aufsteigende Zackenlinie zu sehen sei, bleibt fraglich.

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Eröffnung des Plans - die großartige Unternehmung Ihres Geistes - das waren Sonnenstrahlen auf meine Hütte und in mein einsames Gemach.“) Maurer: Aufklärung und Anglophilie (1987), S. 181. Brief 122 Zeile 23–25. Vgl. auch Brief 169 Zeile 71–73: „mein haupt gelübde, sind für die Gute Teutsche Fürsten - und Für Engelland“. Hübner vermutet Ähnliches bei Deluc: „Delucs Flutgeologie implizierte, dass die Fruchtbarmachung und Kolonisierung der Welt legitim durch Noahs Nachfahren von der neuen Insel, dem Berg Ararat, ausgeht. Dies konnte im übertragenen Sinn besonders auf die britischen Inseln zutreffen, wo unter Georg III. ein besonders christlich orientierter Monarch regierte.“ (Hübner: Deluc (2010), S. 111) Hübner: Deluc (2010), S. 216.

7 Sophie von La Roches Äußerungen zum Untergang des Alten Reichs in ihren Briefen an Petersen Die Analyse der Petersen-Korrespondenz zeigt, dass resignative Stagnation und Politikverdrossenheit1 bei der Schriftstellerin nicht andauerten. Sie nahm die staatlich-politischen Umwälzungen in allen Aspekten kontinuierlich und differenziert bis zum Lebensende wahr. Wie aus der beigefügten Liste ihrer Äußerungen zum Kampf des alten Reichs mit dem revolutionären Frankreich hervorgeht, war es ein fortlaufend behandeltes Thema, ein „Kettfaden“2 ihres schriftlichen und mündlichen Austauschs. Was im Einzelbrief als kurzes Bulletin oder Tagesnachricht erscheint, fügt sich im Großtext der Korrespondenz zu einem umfassenden Krankenbericht des Staatskörpers zusammen.3 Die beobachteten Symptome des physischen und moralischen Verfalls zeichnen gleichsam die Fieberkurve des Patienten „Heiliges Römisches Reich deutscher Nation“ ab – vom ersten Infektionsstadium bis zu seinem vermeintlichen Exitus. In diesem Zusammenhang sei an das oben genannte Stufenmodell Bonnets erinnert.4 Hier scheint es dekomponierend Anwendung gefunden zu haben, wie die diesem Kapitel beigefügte tabellarische Auflistung (S. 94–97) verdeutlicht. Das Gottvertrauen ließ Sophie von La Roche hoffen, „Gerechtigkeit - und Frieden, wieder kommen zu sehen“5. Der Neuanfang nach der Sintflut der gottlosen Revolution, die Reanimation konnte in ebensolchen kleinen Schritten von den „vermehrten einstimmenden Kräften“ und den „Fähig1 2 3

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Brief 139 Zeile 80 f. (8. August 1800); Brief an Elisabeth Gräfin Solms-Laubach [1794] (SAO, Sig. M 24 [106]; Kampf: Sophie von La Roche Briefe [1965], S. 58). Siehe Kapitel 1. Vgl. den Brief von Goethes Mutter, Katharina Elisabeth G., vom 18. August 1806: „Mir ist übrigens zumute, als wenn ein alter Freund sehr krank ist. Die Ärzte geben ihn auf, man ist versichert, daß er sterben wird, und mit aller Gewißheit wird man doch erschüttert, wenn die Post kommt, er ist tot.“ Albert Köster: Die Briefe der Frau Rath Goethe. Gesammelt und herausgegeben von A. K. 2 Bde. Leipzig 1905, hier Bd. 2, S. 144. Kapitel 6. Brief 192 Zeile 11 (11. Dezember 1806).

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7 Sophie von La Roches Äußerungen zum Untergang des Alten Reichs

keiten der Menschen“6 zu Wege gebracht werden, wenn Gott sich erbarmte.7 In dem letzten überlieferten Brief an Petersen, den sie am 11. Dezember 1806 zwei Monate nach der verheerenden preußischen Niederlage von Jena und Auerstedt schrieb, äußert sie sich zukunftsorientiert: „ach neu wünsche ich mir Geld genug, um eine Professur zu Stiften, wo junge leute, die für hohe Kriegs und CabinetsStellen bestimmt werden - den unterschied der national Caracter Studiren könnten - wie dieße, in Frieden und in Streitt sich zeigen - wie belehrend für die zukunft, sollte die geschichte der revolution Frankreichs - und das benehmen der andren seyn - wie viel die analise großer anlaagen eines Italiener - durch Französische erziehung gebildet - - O mein Freund! sagen Sie würde dießer Lehrstuhl unüz seyn für zukunft?“ Hierbei handelte es sich mitnichten um eine „phantastische Schwärmerey“ der Sechsundsiebzigjährigen, wie behauptet,8 denn der Vorsatz zur Konkretisierung bestand: Sie wollte dem badischen Außenminister Georg Ludwig Baron von Edelsheim (1740–1814) schreiben, um ihn zu bitten, einen Lehrstuhl für Philosophie der Geschichte an der Universität Heidelberg einzurichten.9 Ihre langjährigen Bemühungen um den zukünftigen Landesherrn von Hessen-Darmstadt, um die dynastischen Verbindungen dieses Hauses und ihre Überlegungen zu dem „nur eingeschlummerten National-Charakter“10 zielten auf das Wiedererstarken der alten Ordnung ab. In ähnlicher Weise hatte Deluc in seinem Veröffentlichungsfuror lebenslang nicht nachgelassen, da für ihn das moralische Gleichgewicht im Gegensatz zum sich selbst regulierenden physikalischen Kräftegleichgewicht stets der Offenbarung bedurfte.11 6 7 8

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Meine dritte Schweizerreise (1793), S. 199. Brief an Elisabeth Gräfin Solms [1794] (SAO, Sig. M 24 [106]; Kampf: Sophie von La Roche Briefe [1965], S. 58). Gudrun Loster-Schneider u. Barbara Becker-Cantarino (Hrsg.): „Ach, wie wünsche ich mir Geld genug, um eine Professur zu stiften“. Sophie von La Roche im literarischen und kulturpolitischen Feld von Aufklärung und Empfindsamkeit. Unter Mitarbeit von Bettina Wild. Tübingen 2010, S. 7. Sophie von La Roches Brief an Friedrich von Sachsen-Gotha-Altenburg vom 3. Juli 1804: „diesem Augenblick fasse ich den festen Vorsatz, dem Herrn von Edelsheim nach Karlsruhe zu schreiben, daß er, da er gerade mit der einrichtung der Universität Heidelberg beschäftigt ist, dort einen Lehrstuhl für Philosophie der geschichte gründen möchte und für Diplomatenlehrlinge Unterricht in Bezug auf die Verschiedenheit der National-Charaktere; dies glaube ich, könnte für die Zukunft sehr nützlich sein“ (zitiert nach Paul von Ebart [Hrsg.]: Briefe der Sophie von La Roche an den Prinzen von Gotha-Altenburg. In: Westermanns Monatshefte LXXXIX [März 1901], S. 771–781, hier S. 775). Mein Schreibetisch (1799), Zweytes Bändchen, S. 136 f. Hübner: Deluc (2010), S. 100.

7 Sophie von La Roches Äußerungen zum Untergang des Alten Reichs

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Der hochbetagte Forscher erlebte im Sommer 1815 noch Napoleons endgültige Niederlage und den Beginn der neuen restaurativen Ära. Delucs Biographin Marita Hübner begründet seine „Modernität“ mit dem Argument, dass er durch Inversion der vom Materialismus und Deismus geprägten Konzeptionen auf gleichem begrifflichem Boden wie die Aufklärer zu stehen kam. Auf diese Weise nahm er Anteil an dem Prozess der wechselseitigen Regulierung von Aufklärung und Gegenaufklärung.12 Mit einer dergestalten Positionierung des seinerzeit umstrittenen Konservativen trägt sie der komplizierten Gemengelage politischer Ausrichtungen Rechnung, welche die Schwellenzeit nach der Revolution und vor der Restauration charakterisiert. Das letzte Kapitel beantwortet nun die Kernfrage: Befand sich die alte Sophie von La Roche ebenfalls auf Augenhöhe mit ihren Zeitgenossen?

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Hübner: Deluc (2010), S. 214.

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7 Sophie von La Roches Äußerungen zum Untergang des Alten Reichs

Sophie von La Roches Äußerungen zum Verfall des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation. Siehe Seite 91–93. Brief

Datum

Textstelle

Ereignis

Kommentar

16

15.10.1790

* „diesen auszug von teutschlands großen - reichen - gescheiten, und schönen artigen leuten zu beobachten“ * „verstimmte Frankreich“ * „daß man in England - alle tage einer Volks empörung entgegen sehe“ * „ach wenn doch unßere Liebe teutsche Fürsten in Zeiten darüber nachdenken, und ihre Minister nicht allein Herschen lassen“ * „Mißbrauch der obergewalt bringt alles dieses hervor“ * „in braunschweig soll ein Foyer von revolutionaire seyn […] aber überhaupt in teutschland, die Gelehrte das Feuer anfachen“ * „aüßerst democratischen gesinnungen des [braunschweigischen Ministers, Anm. P.S.] H* v. Feronçe“ * „äußerungen der bauren bey leßung von zeitungs artikel bemerkt - es zeigt nichts gutes“ * „alle emigrirte zusamen verdienen nicht, das ein trophe teutschen bluts für sie vergossen werde - oder wir einen thaler für sie verwenden“ * „Gott verhüte das unßer volk nicht auch die gesinung des Franken Volks annehme“ * „mögen unßere große Klug - u gerecht mit ihrer obermacht umgehen - und die minister u Lieblinge edel denken“ * „möge […] die irrende Emigrirte unßern adel - del denken und Leben lehren“ * „Gott leitte u Seegne Engelland, denn allein von ihnen kann man hoffen“

Kaiserkrönung Leopold II.

Gesunder Staatskörper des Reichs

Zeile 20–23

26

11.05.1791

Zeile 13 47 f. 49–51

40

24.11.1791

Zeile 45 f. 49–52

47

03.05.1792

Zeile 7 f.

54

12.09.1792

Zeile 63 f.

56

10.10.1792

Zeile 9–12

57

17.12.1792

Zeile 41 43

58

06.01.1793

Zeile 12f

59

22.01.1793

Zeile 28 f.

67 Zeile 52 74

01.05.1793

* „ich werde alle tage gewißer, das moralische Hefe, in allen Köpfen u Eken gährt“ * „wahre Staatsklugheit von Franz II“

Am 20.4.1791 hatte Infektion der NachFrankreich dem barstaaten Reich den Krieg erklärt Warnung vor Fehlverhalten













1. Koalitionskrieg gegen Frankreich

Warnung vor riskantem Fehlverhalten





Französ. Emigranten in Koblenz



Am 21.1. wurde der französ. Monarch Louis XVI. hingerichtet Belagerung des republikanischen Mainz

Erhoffte Hilfestellung Anhalten der Krise Hoffnung durch das neue Staatsoberhaupt

7 Sophie von La Roches Äußerungen zum Untergang des Alten Reichs Brief

Datum

Textstelle

Ereignis

78

23.07.1793

* „Nun gottlob wird teutschland wieder teutsch werde - möge mit den franken sich alles verliehren und verschwinden“ * „Ach war [was, Anm. P.S.] kann aus schiksal u caracter der Menschen werden - alles ist aus dem gleichgewicht“ * „teutschland braucht wahres Fürsten verdienst“

23.7.1793 Ende der Hoffnung auf GeMainzer Republik sundung

28.12.1797

* „das denken über wirklichkeit macht heut zu Tage nicht glüklich“

20.06.1798

* „aber was half Moses - die Propheten, Socrates Christus was Marc aurel“ * „der Enthousiasmus für den Kön in preussen sey sehr vermindert“ * „ich danke Gott daß ich nicht in Rastatt bin - in meinen alten tagen würde ich noch Hypochondrisch - O Gott! welcher anblik! Germanien mit füßen getretten“ * „warum sind nur noch so wenig teutsche in teutschland?“

Kongress von Amputation Rastatt 1797–1799, linkes Rheinufer an Frankreich „ Unaufhaltsamer Zerfallsprozeß

Zeile 2–4

83

04.11.1793

Zeile 51–53

89

02.11.1795

Zeile 31 f

105 Zeile 11 f

114 Zeile 47 f.

116

02.11.1798

Zeile 68 f. 75–77

123

13.02.1799

Zeile 36 f.

124

06.05.1799

Zeile 25– 27 f. 32 f.

125 Zeile 71–73 73–79

29.05.1799

95

Kommentar

Vermutlich: Verfolgung Mainzer Klubisten

Symptom: Schwindel



Medizin der moralischen Aufrüstung

Rastatt

Unfähigkeit und Schwäche





29.4.1799 Rastatter „ Gesandtenmord, Ende der deutschfranzösischen Friedensverhandlungen Kampf der Zukunftsvision einer * „lieben Sie den alten Schultheiß Steiger von Bern nicht - der Schweizer Konser- Genesung vativen gegen Schweizer zu befreygung der franz. Besetzung Schweiz führt“ * „Ach wenn daß an seinem end häßliche 18 jahrhundert - die alte ordnung nach dem abschütlen deß mooses u Staubs wieder, rein darstelte so vergütete es viel. Doch würde ich beten daß fürsten und minister - u Philosophen die lehrstüke, über mißbrauch der vorzüge nicht vergessen möchten“ * „O was ein Fleken für den teutschen boden ist die ermordung der franz = gesandten“ * „wie abscheulich endigt das 18 Jahrhundert“

96

7 Sophie von La Roches Äußerungen zum Untergang des Alten Reichs

Brief

Datum

Textstelle

Ereignis

Kommentar

130

30.12.1799

* „O wenn Buonaparte - Pitts Ruhm übersteigen möchte - so könnte Er Europas Wohlthäter werden“

Selbstaufgabe

23.02.1801

* „in der allgemeinen Kirchen güter sache“ * „was für Häßliches Zeug im ganzen! Wie viel weh - wie viel Haß - wie viel thorheit - und übermuth“ * „teutschland - verdient jezo die aufschrift von troja - Wie elend endigen wir! nation zu seyn“ * „wenn ich mir die Wappen unßerer Größen denke u sehe den Stolzen preusischen adler auf Bonapartes Finger sizen“ * „wie sehr mangelt es in allen Ständen - an rechtschaffenheit, und Edelmuth“ * „Suchen Sie doch Sur les moyens de rendre les Revolution Utiles zu bekommen“

25.12.1799 Frankreich erhält eine neue Verfassung; Napoleon Erster Konsul auf 10 Jahre 9.2.1801 Frieden von Lunéville?



Todesgewissheit





Zeile 16–18

146 Zeile 6 11 f.

147

05.03.1801

Zeile 30–32 37–40

150

06.11.1801

Zeile 23 f.

154

10.12.1801

Zeile 34–36

Schrift des Franzo- Idee der Radikalkur sen J. E. Bonnets über die Infektion des Staatskörpers und Präventivmaßnahmen zur Verhinderung von Revolutionen „ „

* „mein haupt gelübde, sind für die Gute Teutsche Fürsten - und Für Engelland“ Es fehlen Briefe aus dem Zeitraum von Ende 1803 (Reichsdeputationshauptschluss) bis Anfang 1805. 175 08.12.1805 * „Napoleon hat nicht allein in 2.12.1805 Schlacht Korrumpierung Zeile materieller welt - Gipfel der von Austerlitz, Sieg durch den Feind 21–26 höchsten Gebirge erniedrigt Er der napoleonischen Napoleon macht es den Politischen GröTruppen ßen eben so - u überall findt er tausend handlanger dazu, in allen Classen“ 01.02.1806 * „daß der Geist von Großhof- Johann Philipp von Moralische Aufrüs179 Zeile meister Stadion - auf seinen Stadion wird tung durch große 12 f. würdigen Enkel ruhen“ österr. AußenGestalten der Vergangenheit minister 168

Zeile 71–73

13.09.1802

Zerfallsprozess

7 Sophie von La Roches Äußerungen zum Untergang des Alten Reichs Brief

Datum

Textstelle

180

13.02.1806

* „das die große in teutschland Napoleon zum spaß, das spiel, nur 4 Eken, und 5 H* [Herren, Anm. P.S.] spielen wo einer lauscht wie eine Eke zu haschen ist“

Ereignis

26.12.1805 Friede von Preßburg u. a.: Vorderösterreich an Baden. Venetien, Istrien und Dalmatien an die Cisalpinische Republik 181 28.02.1806 * „denn was ist aus der berühm- „ Zeile ten moralischen Welt geworden, 10–14 seitdem die Franz - Revolution aus der unglüks Schachtel der Pandora gekommen ist“ 12.05.[1806] * „O was sind und werden noch „ 183 Zeile unßere teutsche Fürsten, durch 15–17 den - an welchen alle glaubten?“ 13.11.1806 * „was ist aus teutschland, und 189 6.8.1806 Ende des Zeile seinen Fürsten geworden? weil Hlg. Röm. Reichs 15–17 sie dieße Stimme [‚der wahren dt. Nation Klugheit, und Menschenliebe‘] nicht kannten“ * „man muß sich also fügen, 25–29 und Harren, biß Nemesis beru- 14.10.1806 higt ist = wir wollen den Rheini- Schlacht bei Jena schen bund Seegnen, der weund Auerstedt, nigsten jezo unßere ruhe Preußische Niedersichert!“ lage 24.11.1806 * „was die Göttliche Allmacht, „ 191 Zeile und Güte zuläßt - müssen wir 41 f. ruhig tragen und geschehen lassen!“ 42–44 * „arme, armess teutschland, armes Preussen - wäre ich in PotsDam, ich weinte bey Friedrichs Asche“ 11.12.1806 * „was war teutschland? Was 192 „ Zeile ganz Europa, als ich 1753 den 50 f. Rhein, und maynz, das erstemal sah“ 52 * „ach neu wünsche ich mir Geld genug, um eine Professur zu Stiften, wo junge leute, die für hohe Kriegs und Cabinets Stellen bestimmt werden - den unterschied der national Caracter Studiren könnten“ Zeile 23–25

97

Kommentar Selbstaufgabe



„ Der Hoffnungsträger Preußen ist besiegt. Schlacht bei Jena und Auerstedt. Schicksalsergebenheit



Rückblick auf das Alte Reich Präventivmaßnahme

8 Sophie von La Roches politische Einstellung im Alter Im Gegensatz zu der Konstellation der aufklärerischen und gegenaufklärerischen Höflinge, die in Darmstadt zwischen 1789 und der restaurativen Wende 1815 allem Anschein nach recht konstant blieb, kann auf reichsdeutscher Ebene in diesem Zeitraum kaum von Lagerbildung gesprochen werden. Diese sogenannte „Sattelzeit“1 zeichnet sich durch die große Vielfalt der politischen Positionen und durch eine Fluktuation der ‚Meinungsträger‘ aus.2 Darüber hinaus fanden sich oftmals auch progressive und reaktionäre Beweggründe im Denken ein und derselben Person vereint. Die als Exkurs beigefügten Kurzbiographien der Gebrüder Petersen illustrieren die ganze Spannbreite politischer Ausrichtungen, wie sie selbst innerhalb einer Familie möglich war.3 Die Parameter hierfür konnten das Lebensalter, Temperament und die im jeweiligen Land vorherrschende Konfession sein. Auch vollzogen sich in den Jahren um die Jahrhundertwende auf undramatische Weise Wandlungen einzelner Personen von einem überzeugten Jakobiner zu einem nobilitierten Hof- und Staatsdiener, wie es etwa bei dem Leibarzt des hessen-darmstädtischen Großherzogs Georg Wedekind (1761–1831) und dem bereits in Kapitel 3 vorgestellten Juristen und Publizisten Georg Friedrich Rebmann der Fall war.4 1 2

3 4

Reinhard Koselleck: Einleitung. In: Otto Brunner, Werner Conze und Reinhart Koselleck (Hrsg.): Geschichtliche Grundbegriffe, Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland. Stuttgart 1992, Bd. 1, S. XV. Der englische Historiker Norman Hampson vergleicht die Französische Revolution mit einem Autobus, in den die Leute ständig ein- und aussteigen (La contrerévolution a-t-il existé? In: François Lebrun und Roger Dupuy [Hrsg.]: Les resistences à la Revolution. Actes du colloque de Rennes. Paris 1987, S. 462–468, hier S. 462). Siehe Kapitel 2.4. Georg Wedekind, der ab 1787 zeitweise am Hof des Mainzer Kurfürsten diente und als Professor an der dortigen Hochschule lehrte, war Gründungsmitglied des Mainzer Jakobinerklubs im Oktober 1792 und Berater des Besatzungsgenerals Custines. Als Militärarzt der französischen Armee hielt er sich 1808 in Darmstadt auf. Er bewirkte die Genesung des schwerkranken Großherzogs, worauf er mit Einwilligung Napoleons dort die Stelle als Leibarzt annahm. 1809 erhob ihn Ludwig I. in den Freiherrnstand. Wedekinds vollständigen Gesinnungswechsel offenbart seine 1816 erschienene Publikation „Ueber den Werth des

100

8 Sophie von La Roches politische Einstellung im Alter

Allein die angeführten Beispiele zeigen, dass man Personen durch Etikettierungen wie ‚konservativ‘ oder ‚radikal‘ in vielen Fällen nicht gerecht wird, weil sie in dynamischen Prozessen mit nuancenreichen Formierungen involviert waren. Klaus Epstein unterscheidet drei Haupttypen von Konservativen: Verteidiger der bestehenden Verhältnisse, Reformkonservative und Reaktionäre.5 Wenn Michael Maurer Sophie von La Roche als „Reformkonservative“ bezeichnet, so trifft das für die vorrevolutionäre Zeit ohne Einschränkung zu. Darunter ist derjenige Staatsbürger zu verstehen, „der die Vorzüge des gegenwärtigen Zustands bewahren [will], indem er sich um Veränderungen im einzelnen bemüht“6. In der Tat begrüßte die Schriftstellerin aufklärerische Ideen zur Weiterentwicklung von Bildung, Wissenschaften oder Agrarwirtschaft mit dem ihr eigenen Enthusiasmus. Sie dienten der Optimierung des Ständestaates, an deren Spitze der tugendhafte aufgeklärte Fürst, der „vorderste[…] – auf laufbahn des verdiensts um vatterland“7 stand. Der Fortschrittsgedanke war vor 1789 noch nicht zwingend an eine Änderung des Gesellschaftskonzepts gekoppelt. Mit den Ereignissen im Nachbarstaat Frankreich und seiner Herrschaft auf deutschem Territorium trat die Auseinandersetzung über den Aufklärungsbegriff aus der ersten Phase, in der theologische Fragestellungen vorherrschten, in ihre zweite, gesellschaftspolitische Phase. Zeitgleich mit dem in Kapitel 3.2 beschriebenen gegenaufklärerischen „Kurswechsel“ in Darmstadt verschärfte sich der Ton in Sophie von La Roches Briefen und Werken hinsichtlich der Gelehrten, die das Feuer anfachten.8 In dieser Schuldzuweisung und in der Behauptung, es handele

5 6

7 8

Adels und über die Ansprüche des Zeitgeistes auf Verbesserung des Adelsinstituts“. Rebmann war ab 1816 Präsident des Appellationsgerichts von Zweibrücken. Er erhielt von dem bayrischen König Maximilian I. Joseph ein Adelsdiplom, dessen er sich aber nicht bediente. Klaus Epstein: Die Ursprünge des Konservativismus in Deutschland. Berlin 1973, S. 19–22. Michael Maurer: Sophie von La Roche und die Französische Revolution. In: Wieland-Studien 2 (1987), S. 130–155, hier S. 150. Aus der Sicht von Claudia Opitz war die Schriftstellerin eine „Konservative“, „[a]ber dennoch unterschied sie sich bis zum Schluß in manchen wichtigen Punkten – etwa bezüglich der Bedeutung der (Frauen-)Bildung, der öffentlichen Debatte, der Rolle der Literatur, des (Rechts-)Gleichheitsgrundsatz – von den Vordenkern des Konservatismus spürbar.“ (Sophie von La Roche und die Französische Revolution. In: Jürgen Eichenauer [Hrsg.]: Sophie von La Roche 1730–1807. Schriftstellerin der Empfindsamkeit. Katalog der Ausstellung im Haus der Stadtgeschichte Offenbach vom 21. Oktober 2007 bis 6. Januar 2008. Weimar 2007 [= Offenbacher Studien. Schriftenreihe des Hauses der Stadtgeschichte 2], S. 123–133, hier S. 133) Brief 109 Zeile 31. Brief 40 Zeile 51 f.

8 Sophie von La Roches politische Einstellung im Alter

101

sich um eine länderübergreifende Bewegung,9 bediente sie sich der Argumente der Gegenaufklärer. Als ein solcher kann ihr Freund Jean André Deluc bezeichnet werden, dessen Reconquista gegen die Göttinger und Berliner Aufklärer sie begrüßte.10 Gehörte die ehemals engagierte Aufklärerin Sophie von La Roche im Alter auch zu den Anhängern dieser destruktiven Gegenbewegung, die „sich mit aufklärerischen Ideen, Vorstellungen und Prinzipien auseinander[setzt], um sie herabzuwürdigen, auszuhöhlen, zu verdrehen und derart wider ihre Urheber umzukehren“?11 Man wird ihrer Forderung nach gesteigerter staatlicher Autorität wohl am ehesten gerecht, wenn man sie als eine Art allergische Kurzzeitreaktion interpretiert. Abscheu vor den Revolutionären teilte sie mit vielen Menschen in ihrem Umfeld und im Reich.12 Die Berichte von Greuelszenen aus Paris, aus Mainz und der Pfalz erzwangen bei ihr geradezu die Schlussfolgerung, dass die geistige Entgleisung der Demokraten und Jakobiner mit moralischer Verkommenheit einhergehen musste.13 Fassungslos berichtete sie Deluc von dem Auftritt ihres Freundes Johann Georg Forster (1754– 1794), der 1792 in seiner Funktion als Vizepräsident der von General Custine eingerichteten Administration im Weilburger Residenzschloss mit dem Säbel die Hofbediensteten bedroht und herrschaftliche Köpfe aus Gemälden geschnitten haben soll.14 Der berühmte Forscher und ehemalige kurfürstliche Universitätsbibliothekar war in ihren Augen vom „wahren“ zu einem „falschen“ oder auch „sogenannte[n]“ Aufgeklärten konvertiert.15 9 10 11

12

13 14

15

Brief an Elisabeth Gräfin zu Solms vom 18. September 1794 (SAO, Sig. M 24 [104]; Kampf: Sophie von La Roche Briefe [1965], S. 57). Siehe Kapitel 6. Weiß/Albrecht: Einleitende Bemerkung zur Beantwortung der Frage : Was heißt Gegenaufklärung? (1997), S. S. 15. Zu reaktionären Ansätzen im Denken der als reformkonservativ eingestuften Schriftsteller äußert sich Maurer: Sophie von La Roche und die Französische Revolution (1994), S. 152. Die Frankfurter Bürger hatten auf die revolutionäre Propaganda des französischen Generals Custine mit Gegenpamphleten reagiert (Brief 57 Zeile 27 f.). Das dort ansässige Handelshaus Brentano unterstützte die bedrängten französischen Bourbonen mit hohen Krediten (Christoph Perels [Hrsg.]: Herzhaft in die Dornen der Zeit greifen. Bettina von Arnim 1785–1859. Ausstellung im Freien Deutschen Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum vom 4. April bis 30. Juni. Frankfurt am Main 1985, S. 20). Vgl. Erich Schneider: Revolutionserlebnis und Frankreichbild zur Zeit des ersten Koalitionskrieges (1792–1795). In: Francis 8 (1980), S. 277–393. Siehe Sophie von La Roches Brief an Jean André Deluc vom 5. Januar 1799 (LBZS, Autograph 158,5). Hingegen behandelte sie Karl Ludwig Adolph Petersen, der als „Maire“ von Speyer an vergleichbarer Stelle stand und in ihren Augen moralisch unanfechtbar war, mit achtungsvollem Mitleid. In Brief 63 Zeile 32 bezeichnet sie ihn als den „guten halb verirrten“. Brief 40 Zeile 57 (24. November 1791).

102

8 Sophie von La Roches politische Einstellung im Alter

Die Debatte um den Schlüsselbegriff der ‚wahren‘ Aufklärung, der zu Beginn der 90er Jahre auf unterschiedlichen intellektuellen Ebenen (so auch in der Modezeitschrift „Journal des Luxus und der Moden“)16 stattfand, erbrachte keine Klärung des Problems. Die Antipoden erhoben gleichermaßen Anspruch auf die Richtigkeit ihrer konträren Lösungsansätze. Entscheidend war der Rahmen, innerhalb dessen sich der Aufklärungsprozess vollziehen durfte oder sollte. In der Feuerprobe der Revolutionsjahre fiel Sophie von La Roches Entscheidung für das in der Vorzeit erprobte Modell des absolutistisch regierten Staates. Er galt insofern als ‚aufgeklärt‘, als die Gelehrten ihre Verbesserungsideen dem Landesherrn andienen durften. Ihr klagender Ausruf „alles ist aus dem gleichgewicht!“17 war zugleich Programm. Die Schieflage von Moral und politischem Selbstverständnis in Folge ‚falscher‘ Aufklärung verlangte eine korrigierende Gewichtsverlagerung durch verschärfte innenpolitische Gegenmaßnahmen. Sie setzte ihre Hoffnung auf das noch unbesiegte Preußen, wo König Friedrich Wilhelm II. die restriktiven Maßnahmen seines Ministers Johann Christoph von Wöllner guthieß. In Wien verabschiedete der Kaiser entsprechende Hofdekrete zur Pressezensur.18 16

17

18

Vgl. Friedrich Johann Justin Bertuch: Noch Etwas über die Suspension des Modeworts Aufklärung. In: Journal des Luxus und der Moden. Hrsg. von Friedrich Justin Bertuch und Georg Melchior Kraus. Weimar 1793, Nr. 3, S. 175–188, hier S. 183–188. Brief 83 Zeile 52 f. (4. November 1793). Siehe auch Brief an Elisabeth Gräfin Solms vom 7. November 1793 (SAO, Sig. M 24). Auch in der Prinzenerziehung wird die Aufmerksamkeit auf das Gleichgewicht der Kräfte gelenkt: „C’est l’humanité et la sagesse de princes, qui doit […] maintenir [les forces centrifuges et centripètes] dans l’équilibre, sans lequel ou l’individu gémit sous des fers injustes, ou les liens de la société se dissolvent, et l’ordre social se détruit […]“ („Es ist die Menschlichkeit und die Weisheit der Prinzen, die sie [die zentrifugalen und zentripetalen Kräfte] im Gleichgewicht halten müssen, ohne sie jammert das Individuum entweder unter den ungerechten Fesseln oder es lösen sich die Bande der Gesellschaft, und die soziale Ordnung zerfällt […]“ Giovane: Lettres sur L’éducation des princesses [1793], S. 67). Siehe Kapitel 4. Vgl. hierzu Wolfgang Albrechts These vom Gegenaufklärerischen Absolutismus: „Kurzum, was Wöllner in Berlin leistete, vollbrachte Hoffmann in Wien; er gewann den Kaiser [Leopold II., Anm. P.S.] gleichfalls für einen sowohl publizistisch-propagandistischen als auch administrativ-legislativ geführten Krieg gegen die Aufklärung im eigenen Lande. […] Zudem hatte jenes innenpolitische Ziel […] ein genaues außenpolitisches Pendant. Man war sich am Wiener und am Berliner Hof prinzipiell darüber einig, daß die schlimmste und gefährlichste Wirksamkeit der Aufklärung gegenwärtig im revolutionären Frankreich erfolge. So kam es zur wechselseitigen Annäherung Preußens und Österreichs, die es ermöglichte, den jeweiligen administrativ geführten Krieg gegen die eigenen Aufklärer zu überführen in einen gemeinsamen militärischen Feldzug gegen die zur Herrschaft gekommenen französischen. Wenn man den Interventionsfeld-

8 Sophie von La Roches politische Einstellung im Alter

103

Aus dem Sicherheitsbedürfnis entstand bei ihr vermutlich der Wunsch einer preußischen Hegemonie im Rheinland.19 Am 27. Februar 1805 schrieb sie an Petersen: „hätte doch teutschland, noch einen Stein Nassau, um ihn darmstadt – zu geben“.20 Heinrich Friedrich Karl Freiherr von und zum Stein wurde Ende Oktober 1804 auf Betreiben von Königin Luise zum Finanz- und Wirtschaftsminister ernannt. Als Anhänger der sogenannten Kriegspartei drängte er auf eine militärische Auseinandersetzung mit Frankreich. Sophie von La Roche erlebte in ihren letzten Monaten noch die Tiefpunkte eines doppelten Untergangs, die Auflösung des Reichs im August 1806 und wenige Wochen später die militärische Niederlage Preußens bei Jena und Auerstedt, nicht mehr jedoch die von Stein, Hardenberg, Humboldt und Scharnhorst geschaffenen Reformen der Folgejahre.21 Ihre gegenwartsbezogene Reizreaktion in Kombination mit ihrer Vorstellung einer göttlichen Strafe, die es zu ertragen galt,22 lässt die Hypothese zu, dass sie in Friedenszeiten, in denen eine administrative Festigkeit die sozialen Konflikte erneut zu überdecken vermochte, wieder zu einem reformkonservativen Standpunkt zurückgefunden hätte. Dieser war in Preußen wie in Hessen-Darmstadt, also in den Staaten, auf welche sich ihr Augenmerk richtete, bis ins dritte Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts

19

20 21

22

zug neuerdings eher als einen ideologisch verbrämten Eroberungskrieg statt üblicherweise als konterrevolutionären Kreuzzug gesehen hat, dann möchte ich die These aufstellen: Er war der Beginn militanter Außenpolitik eines gegenaufklärerischen Absolutismus, der mit allen Mitteln seinen Fortbestand sichern wollte. […] Es bahnte sich die Restaurationspolitik des frühen 19. Jahrhunderts an. Und sie, so meine Schlußthese, bereitete nicht nur allem aufgeklärten Absolutismus ein definitives Ende, sondern brachte zugleich den Paradigmenwechsel von Gegenaufklärung zu einer neuartigen konservativen Widerständigkeit in der sogenannten Ära Metternich (Gegenaufklärerischer Absolutismus um 1800).“ In: Helmut Reinalter und Harm Klueting (Hrsg): Der aufgeklärte Absolutismus im europäischen Vergleich. Wien, Köln, Weimar 2002, S. 291–299, hier S. 298 f.). Am 29. November 1802 schrieb sie rückblickend an Vollrath Graf von SolmsRödelheim (1762–1818): „O hätten die Dhomherrn von Maynz nach dem antrag des Preußischen Hofs, durch Baron von Stein, einen Preußischen Printzen zum Coadjutor von Mayntz gewält so wäre unser Linkes Rheinufer noch teutsch, und ein Weltlicher Fürst im Besitz von Mayntz“ (zitiert nach Wilhelm Karl Prinz von Isenburg: Graf Volrat zu Solms-Rödelheim 1762–1818. Leipzig 1927, S. 214; siehe Brief 78 Zeile 20–28). Brief 170 Zeile 11 f. Dazu zählte die Aufhebung der Leibeigenschaft 1807, die Städteordnung 1808, die Heeres- und Universitätsreform, Einführung der Gewerbefreiheit und Judenemanzipation 1812 (Friedrich Henning: Frühgeschichte des deutschen Liberalismus. 2., erweiterte Auflage. Bonn 1976, S. 25–67, hier S. 30). Siehe Kapitel 6.2.

104

8 Sophie von La Roches politische Einstellung im Alter

vorherrschend.23 So aber bleibt an ihrem Lebensende das politische Profil einer Konterrevolutionärin mit deutlich gegenaufklärerischen Zügen bestehen, das sich in unmittelbarer Fühlungnahme mit der Tagespolitik und aufgrund genauer Beobachtung der „neue[n] entwiklung eines Chaos“24, wie sie sich Petersen gegenüber am 1. Februar 1806 ausdrückte, herausgebildet hatte. Zu ergänzen wäre noch Sophie von La Roches persönliches Interesse an der Aufrechterhaltung des Ständestaates. Die Zugehörigkeit der Familie Gutermann von Gutershofen zu den Reichsadeligen schien nicht einwandfrei geklärt zu sein,25 auch die Nobilitierung von Georg Michael Frank von La Roche durch Kaiser Joseph II. von 1775 wurde bei der Etablierung des jüngsten Sohnes Franz am Darmstädter Hof zunächst nicht anerkannt. Es wird deutlich, dass sie in diesem Kontext auf die Distinktionsvorteile der adeligen Klasse nicht verzichten wollte.26

23 24 25 26

Siehe Kapitel 4.1. Brief 179 Zeile 71. Brief 11 Zeile 53–59. Brief 11 Zeile 10–33.

Schlussbemerkung Um es abschließend noch einmal in der von Sophie von La Roche geschätzten Anschaulichkeit zu formulieren: Man hat die „wiederentdeckte“1 Schriftstellerin in ihrer letzten Lebensperiode auf dem Zeitstrahl mit rückwärtsgewandtem Blick im Ancien Régime stehenlassen. Selbst wenn ihre Erscheinung im altmodischen dunklen Seidenkleid und mit umflorter Witwenhaube einige zeitgenössische Besucher zu irritieren vermochte2 und deren überliefertes abschätziges Urteil, sie sei antiquiert, in der Folge zu einer Art Quelltopf für das änderungsresistente Altersbild wurde – sie war geistig im 19. Jahrhundert angekommen, für das sie dezidierte Vorstellungen und Hoffnungen entwickelt hatte. Die Briefe an den Prinzenerzieher enthüllen die geistige Beweglichkeit und Aufnahmebereitschaft gegenüber der zeitgenössischen Literatur, Kunst und Musik, wie auch das Geschick, mit der sie die Gewogenheit des hessen-darmstädtischen Landgrafenpaars für sich und andere zu nutzen verstand. Ihre pädagogischen Ratschläge zur Erziehung des Erbprinzen waren auf der Höhe der Zeit. Sie wurden angenommen und zogen politische Konsequenzen nach sich.3 Der reaktionäre Konservatismus der Autorin in den postrevolutionären Jahren entsprang nicht einer verstockten, resignativen Abkehr, sondern einer wachen, wohlunterrichteten Entschiedenheit, die Rückhalt in den Verlautbarungen namhafter Stimmführer und den offiziellen Regierungsdirektiven Preußens und des Reichs fand. Dass sie sich mit Wehmut an Friedenszeiten und ihr ebenso reiches wie leidvolles Leben erinnerte, spricht nicht dagegen. Klaus Epstein zählt zu den wesentlichen Merkmalen des Konservativismus die Verbindlichkeit eines „ewig gültigen Bezugsrahmens, Abneigung gegen unnötigen sozialen Wandel und die Neigung, im status quo Befriedigung zu finden. Den so definierten Konservativismus hat es vom Anbeginn der uns überlieferten Geschichte gegeben, selbstbewußt, argumentativ und explizit ist er […] jedoch erst geworden, als er seit Beginn des späten achtzehnten Jahrhunderts genötigt war, der Herausforderung eines aggressiven Progressismus in einer dynamischeren

1 2 3

Siehe Einleitung 0.1. Zu Charlotte von Kalbs Bemerkung siehe Brief 145 Kom. zu Zeile 49 f. Siehe Kapitel 4.

106

Schlussbemerkung

Gesellschaft zu begegnen.“4 Zu dieser modernen Strömung lieferten u. a. Justus Möser (1720–1794), Johann Georg Zimmermann (1728–1795) und August Wilhelm Rehberg (1757–1836), die allesamt Stellungen in vormodernen Staaten innehatten, die theoretischen Grundlagen. Sophie von La Roche starb am 18. Februar 1807 sechsundsiebzigjährig in Offenbach. Gesetzt den Fall, es wäre ihr als Vierundachtzigjährige vergönnt gewesen, noch die erneute Umgestaltung der politischen Landschaft Europas zu erleben: die in zahlreichen Briefen propagierte Taktik, geduldig stillzuhalten und abzuwarten, hätte in ihren Augen das Ziel erreicht.5 „Alt teutsche Fürsten tugend [konnte] wieder handlen, und reden […]“.6 Auch die Nachricht von der 1815 erfolgten Ernennung Jean André Delucs zum Mitglied der Göttinger Akademie der Wissenschaften könnte sie als eine späte Genugtuung begrüßt haben. „Alles was möglich ist, muß sein“7, heißt die Devise, mit der Sophie von La Roche sich immer wieder zur Aufnahme des Ungewohnten und Unverständlichen der letzten beiden Jahrzehnte anhielt. In diesem Sinne ist es auch möglich, dass neue Züge und farbige Partien das gewohnte Bild der Schriftstellerin verändern, sobald der epistolarische Nachlass aus den Archiven ans Licht kommt. Allein die Kenntnis, Analyse und Auswertung der Korrespondenz mit Johann Friedrich Christian Petersen waren geeignet, das Klischee von der Domstraße als geistiger Sackgasse aufzulösen und durch ein neues, gewichtiges biographisches Kapitel zu ersetzen.

4 5

6 7

Epstein: Die Ursprünge des Konservativismus in Deutschland (1973), S. 35. In einem undatierten Brief an Elisabeth Gräfin zu Solms-Laubach führt Sophie von La Roche ein Beispiel aus ihrem persönlichen Umkreis an. Der Isenburger Hofmarschall Joachim von Lepel hatte sich über die frankophile Politik seines Landesherrn erregt: „[E]s ist keine neue [Leidenschaft, Anm. P.S.] entstanden nur verfeinerungen, durch welche daß böße vergrößert, und daß wahre gute, zu mehrer verborgenheit gezwungen wird - wodurch es sich aber erhält - der gedanke daß verborgenes deß vorzüglichen kam so lebhafter in mein gedächtnis weil ich überzeugt bin - daß wenn HE - v. Lepel die hälfte seines feinen bemerkungs geist verborgen hätte - waren seine Tage länger, und gluklicher geworden“ (SAO, Sig. M 24). Zu Lepel siehe Brief 63 Komm. zu Zeile 28 f. Brief 138 Zeile 70–74: „[W]ie bete ich - daß jede - in dem Herzen Ihres Erbpinzen, eine zuflucht finde - sich da halte biß Klugheit sie wieder handlen, und reden lasse“. Siehe Brief 91 Komm. zu Zeile 34–36.

Editorische Vorbemerkungen Transkription der Brieftexte Norbert Oellers registrierte 1998 die wachsende Einsicht in die Berechtigung des Authentizitätsprinzips bei der neugermanistischen Edition von Briefen: „Das historisch Überlieferte, in das ein Editor nicht nach wechselnden Regeln der Rechtschreibung oder nach wechselndem Gutdünken eingreift, kann allein das dauerhaft Bleibende, also das stets Moderne sein. […] denn die jetzige Orthographie ist ja nicht die künftige.“1 Sophie von La Roches Editoren haben indessen fast ausnahmslos Anpassungen an die heutige Orthographie und Interpunktion vorgenommen.2 Offenbar zeigte Michael Maurers resigniertes Fazit von 1985 noch eine langanhaltende Wirkung: „Alle bisherigen Versuche, Briefe Sophie von La Roches in originaler Interpunktion zu bieten, sind deshalb als gescheitert anzusehen: Sie führen öfters originalgetreu in die Irre als zu einem vernünftigen Verständnis des Gemeinten. Die Konsequenz aus dieser Einsicht ist die radikale Neuordnung der Interpunktion nach den heutigen Richtlinien durch den Herausgeber.“3 Für die Edition der La Roche-Briefe an Petersen wird hier erstmals mit der diplomatisch-standgenauen Umschrift eine Editionsform gewählt, 1

2

3

Norbert Oellers: Authentizität als Editionsprinzip. In: Der Text im musikalischen Werk. Editionsprobleme aus musikwissenschaftlicher und literaturwissenschaftlicher Sicht. Hrsg. von Walter Dürr, Helga Lühning, Norbert Oellers und Hartmut Steinecke. Berlin 1998 (= Beiheft zur Zeitschrift für deutsche Philologie 8), S. 43–57, hier S. 43. Möglicherweise ist diese Tendenz auch im Zusammenhang mit der in den 1970er Jahren in Frankreich entwickelten „critique génétique“ zu sehen, welche sich mit der „Rekonstruktion und Interpretation literarischer Schreibprozesse anhand von schriftlich überliefertem Entstehungsmaterial“ auseinandersetzt (Almuth Grésillon: Literarische Handschriften. Einführung in die „critique génétique“. Bern 1999, S. 294). Almuth Grésillon plädiert für die diplomatische Transkription. Die Topographie des Originals bewahrend ermöglicht sie leichtes Lesen der erstarrten Schreibspuren. Siehe Forschungsstand der Einleitung (0.1). Julia Bastian gibt Orthographie, Interpunktion, sowie Zeilenfall und Umbruch originalgetreu wieder. Sie verzichtet aber auf eine mimetische Zeilenanordnung. Die Briefzeilen erscheinen im Druckbild linksbündig (Sophie von La Roches Briefe an Sophie Gräfin zu Solms-Rödelheim und Assenheim [2007], S. 277–290). Maurer: Sophie von La Roche Briefe (1985), S. 396.

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Editorische Vorbemerkungen

die auf „invasive[…] Editionsbemühung[…]“4 verzichtet und dem historischen Erscheinungsbild Raum gewährt. Die Herausgeberhinweise beschränken sich dabei auf ein Minimum, d. h. den Doppelstrich | | für Seitenwechsel, […] für Papier- oder Textverlust. Durch die Wiedergabe der visuellen Einheiten im Geschriebenen wird dem heutigen Leser die entscheidende optische Orientierungshilfe gegeben, die einst auch dem Briefempfänger Petersen ermöglichte, einen Text zu erfassen, dessen Interpunktion fast ausschließlich aus Gedankenstrichen besteht.5 Gegenüber den Briefen mit links- und rechtsbündigem, ununterbrochenem Zeilenfluss überwiegen solche, die von einem ausgeprägten Gestaltungswillen der Schreiberin zeugen. Diese bewegte graphische Topographie ist psychostrukurelles Charakteristikum ihrer epistolarischen Verständigung mit dem Altersfreund und zugleich Ordnungsfaktor. Im Schriftbild fallen die zahlreichen abgetreppten Einzüge einzelner Zeilen6 sowie vor- und zurückspringende linksbündige Zeilenblöcke ins Auge.7 Mit der über Seitenund Blattwechsel kontinuierlich fortgeführten Positionierung und Portionierung der Zeilen8 werden nicht nur die mannigfaltigen „gegenstände der unteredung“9, sondern auch Ausrufe, Fragen, Zitate10, französischsprachige Sätze und Verse durch diese schriftlichen Gebärden markiert. Sie entsprechen der Modulation der Stimme, die im Gespräch einzelne Wörter oder Sätze hervorhebt. Auf diese Weise konnte sich ein Hörerlebnis der vertrauten Stimme in Petersens Kopf noch intensivieren. Auch der exzessive Gebrauch von Gedankenstrichen ist dahingehend zu interpretieren.11 Sie halten das fingierte einseitige Gespräch im Fluss, weil sie anders als der Punkt nur eine kleine Fermate anzeigen. Die Schilderung vom Besuch der staunenswerten Gräfin Harrach in Brief 91 Zeile 12–36 enthält beispiels-

4

5 6 7 8 9 10 11

Wolfgang Bunzel: Schreib-/Leseszenen. In: Der Brief – Ereignis & Objekt. Katalog der Ausstellung im Freien Deutschen Hochstift/ Frankfurter GoetheMuseum vom 11. September bis 16. November 2008. Hrsg. von Anne Bohnenkamp und Waltraud Wiethölter. Frankfurt am Main 2008, S. 237–247, hier S. 247. Das Verteilungsprinzip der gelegentlich verwandten Kommata ist unerfindlich. Auffallend viele ihrer Sätze enden ohne Zeichen am rechten Blattrand. Siehe beigefügte Handschriftenproben S. 117–125. Beispielsweise Brief 86 Zeile 26; Brief 89 Zeile 26; Brief 116 Zeile 38; Brief 179 Zeile 17. Beispielsweise Brief 109; Brief 132; Brief 145; Brief 154; Brief 179; Brief 181. Brief 51 Zeile 22 f.; Brief 91 Zeile 58 f. Brief 83 Zeile 54 f. Brief 109 Zeile 63–66; Brief 125 Zeile 67–70; Brief 150 Zeile 39 f. Möglicherweise lag ein Einfluss Johann Gottfried Herders vor, der die Interpunktionsemphase in seinen Schriften häufig anwandte.

Transkription der Brieftexte

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weise vierzehn Gedankenstriche und ebenso viele Kommata.12 Sophie von La Roches Fassungslosigkeit findet in dem ‚fassungslosen‘ Satzbündel über vierundzwanzig Zeilen ihre Entsprechung. In der Briefforschung hat man das hochindividuelle, komplexe Zusammenwirken von sprachlichen und nichtsprachlichen Elementen im Brief als Seelenabdruck bezeichnet.13 In diesem Sinne kann man von dem Charme der Sophie von La RocheBriefe sprechen. Sie will Geist und Gemüt des Adressaten mit fürsorglichen, schmeichelnden, aufmunternden, burschikosen Sprachwendungen erreichen und setzt im Schriftbild die entsprechenden suggestiven, optischen Reize. In der Editionswissenschaft stellt die diplomatische Umschrift seit dem Erscheinen der 1988 bzw. 1995 begonnenen Gesamtausgaben Heinrich von Kleists und Franz Kafkas kein Optimum der Wiedergabe mehr dar.14 Die Editoren Roland Reuß und Peter Staengle postulieren ein neues, umstrittenes editorisches Ideal. Durch die Trias bestehend aus dem Faksimile der Handschrift, der synoptisch dazu angelegten Transkription und dem Kommentar werden die Handschriften in ihrer Materialität dokumentiert und so „einem unmittelbaren, voraussetzungslosen Zugriff aktualisierender Lektüre ausgesetzt“15. Warum ist diese Editionsform, bei der auch kleinste Informationen des Originals erhalten bleiben, nicht maßgeblich für die Petersen-Briefe mit ihren graphisch bewegten Schriftbildern? Zwei Gründe sprechen dagegen: Den Briefen Heinrich von Kleists liegt ein Schreibkonzept zugrunde, das sein dichterisches Schaffen konstituiert – beispielhaft erkennbar anhand „Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Reden“ (1805). Seine Sprache ist kompliziert, die verwendeten Ausdrücke bedeutungsschwer. Da die Entstehungsgeschichte seiner Texte in großen Teilen nicht belegt bzw. lückenhaft ist, kommt der Dokumentation der Text12 13 14

15

Siehe auch der Bericht über den Tod des jungen Ludwig von Bechtolsheim in Brief 192 Zeile 35–45. Georg Steinhauser: Geschichte des deutschen Briefes. Zur Kulturgeschichte des deutschen Volkes. 2. Auflage. Leipzig 1968, S. 287. Heinrich von Kleist: Sämtliche Werke. Brandenburger [bis 1991 Berliner] Ausgabe. Hrsg. von Roland Reuß und Peter Staengle. Frankfurt am Main, Basel 1988–2010; Franz Kafka: Historisch-Kritische Ausgabe sämtlicher Handschriften, Drucke und Typoskripte. Hrsg. von Roland Reuß und Peter Staengle. 1995 f. Bernd Hamacher: Kleist-Editionen. In: Editionen zu deutschsprachigen Autoren als Spiegel der Editionsgeschichte. Hrsg. von Rüdiger Nutt-Kofoth, Bodo Plachta. Tübingen 2005 (= Bausteine zur Geschichte der Edition Bd. 22), S. 263–283, hier S. 281. Auf eine unabänderliche Einschränkung sei hingewiesen. Nicht vermittelbar bleiben die für die Textgenese wichtigen Informationen über Papierbeschaffenheit und -farbe und das Wasserzeichen.

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Editorische Vorbemerkungen

genese und Lesarten eine zentrale Rolle zu.16 Bei den fraglichen La RocheBriefen, die lediglich an eine Person gerichtet sind, handelt es sich um eine andere Art der Textgattung. Sie entstanden im Kontext alltäglicher Interaktionen. Entsprechend oberflächlich bleibt die Kommunikation, wenn die Verfasserin sich über politisches, historisches, gesellschaftliches Geschehen etc. äußert. Über eigene Werke fallen nur organisatorische Bemerkungen. In dem an die Gräfin Solms-Laubach gerichteten Brief vom 12. Dezember heißt es: „sie meine briefe sind selten von gehalt“.17 Auch wenn solch ein selbstkritisches Urteil keinerlei Einfluss auf die philologische Genauigkeit haben kann, in diesem Zusammenhang bringt die Autorin das entscheidende Argument, auf die Faksimilierung sämtlicher Briefe zu verzichten, selbst vor. Stattdessen sind nur einige wenige Schriftproben in Originalgröße des Schriftträgers beigefügt, welche Varianten ihres Schreibduktus’, die oben angesprochene gliedernde Topographie und kleine editorische Probleme (Ligaturen, Suspensionsschlingen, Verschleifungen etc.) exemplarisch vorführen. In der langen Editionsgeschichte der Werke und Quellen Heinrich von Kleists haben sich einige seiner Herausgeber verleiten lassen, durch mehr oder weniger einkalkulierte Ungenauigkeiten in der Grundlagenaufbereitung (Konjekturen, Emendationen) ‚ihren Kleist‘ zu erschaffen.18 Das puristische Editionskonzept von Reuß und Staengle ist als Befreiungsschlag gegenüber der Heroisierung und ideologischen Vereinnahmung des Autors zu verstehen.19 Ein Beweggrund für die Faksimilierung der handschriftlichen Originale Franz Kafkas dürfte auch deren zu großen Teilen gefährdeter Erhaltungszustand sein.20 Anders liegt der Fall bei der erst in den 1980er Jahren wiederentdeckten Schriftstellerin, wie der Überblick über den Forschungsstand (0.1) in der Einleitung zeigt. Es geht in aller16

17 18 19

20

Vgl. Hamacher, Kleist-Editionen (2005), S. 263: „[S]o bietet die Geschichte der Kleist-Edition ein Lehrstück für die Schwierigkeiten, denen sich der Versuch, die Bruchstücke der Überlieferung zu einem Mosaik zusammenzusetzen, zumal dann ausgesetzt sieht, wenn die Dokumentation der Textgenese als eine der wichtigsten, wenn nicht gar als die wichtigste Aufgabe der Editionswissenschaft angesehen wird […].“ SAO; Kampf: Sophie von La Roche Briefe (1965), S. 33. Hamacher: Kleist-Editionen (2005), S. 263–283. Vgl. Reuß im Einleitungsband der Franz-Kafka-Ausgabe (1995), S. 16 f.: „Zugleich wird damit der ideologische Zug einer germanistischen und verlegerischen Praxis deutlich werden, die statt in eine adäquate Darstellung der Materialien und eine damit immer einhergehende Kritik der Filter und kulturellen Zensurinstanzen ihren Ehrgeiz vor allem in eine neuerliche autoritäre Textkonstituierung setzt – obwohl hierzu seit den Brodschen Textvorgaben (die ihre historische Berechtigung hatten und bis heute haben) gar keine Veranlassung mehr besteht.“ Der Erhaltungszustand der Briefe an Petersen ist gut. Vgl. Kapitel 1.3.

Datierung der Briefe

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erster Linie darum, die Grundlagenforschung voranzutreiben und solides Handwerkszeug für die ausstehende Biographie, die Werkausgabe und die Interpretation ihrer Texte bereitzustellen.

Die Anordnung der Brieftexte Der Briefkopf (Editortext) gibt Auskunft über die von der Herausgeberin vergebene Briefnummer und das gesicherte bzw. erschlossene Datum des Briefs. Der Brief wird nach dem Original mit dem vollständigen Wortlaut und mit allen von Sophie von La Roche vorgenommenen Änderungen zeilengenau in diplomatischer Transkription wiedergegeben. Der Schreibspiegel des Briefs – das gilt auch für Orts- und Datumsangabe, Gruß und Unterschrift – wird im Satzspiegel annähernd abgebildet. Überlange Zeilen werden rechtsbündig in der nicht nummerierten Folgezeile umgebrochen. Der Seitenwechsel wird mit doppelten senkrechten Haarstrichen angegeben. Die Leerzeilen des Originals werden beibehalten. Jeder Brief ist mit einem Zeilenzähler versehen, der pro Brief zählt. Die Adressangabe erscheint nach dem Brieftext. Der Zeilenfall wird hier durch einen einfachen senkrechten Haarstrich angegeben. Der Eingangsabsatz vor dem Stellenkommentar enthält Angaben über den Aufbewahrungsort (Bibliothekssigle), die Signatur sowie Vermerke über Siegel, Poststempel und Fremdeinträge. Er erhält ferner den Nachweis des Erstdrucks, sofern es sich um eine vollständige Wiedergabe handelt. Es schließen sich der Kritische Apparat und der Stellenkommentar an.

Datierung der Briefe Alle Briefe erscheinen in ihrer mutmaßlichen chronologischen Reihenfolge. Der überwiegende Teil der Briefe weist ein Datum auf, hinzu kommen etwa zehn Prozent undatierter Briefe. Die neuerschlossenen Briefdaten und die neuerschlossenen begrenzten Zeiträume für undatierbare Briefe stehen in eckigen Klammern. Die Begründung hierfür erfolgt in der ersten Zeile des Stellenkommentars. Lediglich ein einziger Brief konnte nicht datiert werden. Er steht am Schluss der mutmaßlichen chronologischen Brieffolge. Unter der Bezeichnung Brief I und Brief II werden zwei Briefe Sophie von La Roches aus dem GSA und dem SAO wiedergegeben, die mit größter Wahrscheinlichkeit ebenfalls Johann Friedrich Christian Petersen zum Adressaten haben.21 21

Siehe Kapitel 1.2.

112

Editorische Vorbemerkungen

Interpunktion Die Interpunktion wird vollständig und in nicht normalisierter Form wiedergegeben. Sophie von La Roche befolgt in der Zeichensetzung keine Regel. Das entsprach Gepflogenheiten des 18. Jahrhunderts. (Ein festgeschriebenes Regelwerk für Interpunktion und Orthographie wurde erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts aufgestellt.) Ihre Sätze enden auffallend oft am rechten Blattrand. Statt des Punkts rückt Sophie von La Roche häufig das erste Wort des neuen Satzes in die folgende Zeile ein. Einfache und doppelte Gedankenstriche ersetzen bei ihr jede Art von Satzzeichen. Unterschiedliche Strichlängen wurden vereinheitlicht zu kurzen. Sie schreibt das Fragezeichen mit einem waagerechten Strich statt Punkt, im Text erscheint das Zeichen mit Punkt. Bei Worttrennung am Zeilenende wird der einfache oder doppelte Trennungsstrich wiedergegeben. Fehlende Trennungsstriche und Klammern werden nicht ergänzt. Zierschnörkel vor und zwischen Briefabsätzen und verlängerte Endschleifen im Namenszug werden im Kritischen Apparat vermerkt.

Orthographie In der Transkription wird Sophie von La Roches Schreibweise mit allen auftretenden Fehlern originalgetreu wiedergegeben. Die Entscheidung zwischen Getrennt- und Zusammenschreibung, sowie zwischen Großund Kleinschreibung von Wörtern ist oft nicht eindeutig zu treffen. Schwierigkeiten bereiten die Buchstaben a, m, o, v und w am Wortanfang. In solchen Fällen wird mit Blick auf das Wortumfeld entschieden, ob Groß- oder Kleinschreibung gemeint sein könnte. Problematisch sind auch f, k und t als Anfangsbuchstaben. Sie erscheinen zwar nur in Minuskelform, werden aber gelegentlich etwas größer geschrieben und signalisieren offenbar Großschreibung (z. B. „freund“ wird in diesem Fall als „Freund“ transkribiert). In dieser Form stehen sie aber auch am Anfang von Wörtern, bei denen Großschreibung nicht zu vermuten ist. In solchen Fällen werden f, k und t im edierten Text klein geschrieben. Der Buchstabe „z“ erscheint bei Sophie von La Roche am Wortanfang wie innerhalb eines Wortes stets in Majuskelform. Er wird in der Transkription immer als Minuskel wiedergegeben (z. B. „zu“). Die in der deutschen Kurrentschrift gebräuchlichen unterschiedlichen Schreibweisen für „s“ (Rund-s und Schaft-s) werden als rundes „s“ wiedergegeben. Sophie von La Roches Korrekturen ihrer Schreibfehler und Ergänzungen werden im Kritischen Apparat einzeln nachgewiesen. Unverständliche Schreibweisen von Wörtern erläutert der Stellenkommentar (z. B. „Boine“ für „Beauharnais“ in Brief 155 Zeile 15).

Editorische Zeichen

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Wiedergabe fremdsprachiger Briefstellen Briefstellen in französischer, englischer und lateinischer Sprache werden im Text unverändert wiedergegeben. Die Übersetzung erscheint im Stellenkommentar. Stilistische Besonderheiten werden hierbei nicht beachtet. Die fehlerhaft geschriebenen Personen- und Ortsnamen werden in der Übersetzung korrigiert.

Unterstreichungen Einfache und doppelte Unterstreichungen erscheinen in den Brieftexten. Mehrfachunterstreichungen werden als doppelte Unterstreichungen wiedergegeben und im Apparat bezeichnet.

Schriften In der Wiedergabe der Brieftexte wird zwischen deutscher Kurrentschrift (Garamond) und lateinischer Schreibschrift (Open Sans) unterschieden.

Lemma Die im Text vorhandenen Auszeichnungen (Unterstreichungen) erscheinen nicht im Lemma.

Editorische Zeichen   { }/ \ […] ·

Kleine, spitze Klammern: Hinzufügung von Sophie von La Roche (Wort bzw. Wörter, die über, unter oder neben der Zeile stehen) Geschweifte Klammern: Streichung durch Sophie von La Roche Geschweifte Klammern mit Schrägstrichen: Sophie von La Roches Verbesserung mittels Überschreibung Eckige Klammern: Text- oder Papierverlust, Wort nicht entziffert Hochgesetzter Punkt: nicht lesbarer Buchstabe oder Zahl

114

·· ··· (Wort) /   Wort

Editorische Vorbemerkungen

Zwei hochgesetzte Punkte: unbestimmte Anzahl von nicht lesbaren Buchstaben Drei hochgesetzte Punkte: einzelnes nicht lesbares Wort Einfache, recte gesetzte Klammern: von Sophie von La Roche im Brieftext verwandte Klammern Einfacher Schrägstrich: Anmerkungszeichen Sophie von La Roches Einfacher senkrechter Haarstrich: Ende einer Zeile Doppelter senkrechter Haarstrich: Seitenwechsel Wort von Sophie von La Roche unterstrichen. Auf Doppel- und Dreifachunterstreichungen wird im Stellenkommentar hingewiesen.

Abkürzungs- und Siglenverzeichnis Sophie von La Roches Korrespondenzpartner Johann Friedrich Christian Petersen erscheint mit vollem oder abgekürztem Vornamen (J. F. Chr.), seine fünf Brüder hingegen mit vollem Namen. Folgende Abkürzungen werden im Text aufgelöst: ŋ m n HE H H.

Kürzel für „en“, z. B. „liegŋ“ aufgelöst zu „liegen“ Geminationsstrich auf m für mm Verdoppelungsstrich auf n für nn Herrn Herrn Herrn

Folgende Abkürzungen werden im Text nicht aufgelöst und im Kritischen Apparat bei ihrem ersten Erscheinens erklärt: u. u

und und

Archivstandorte der Handschriften Sophie von La Roches, gegebenenfalls mit Siglen DLAM FDH GBK GHH GSA HABW HSAD LBZS SAM SAO

Bern, Sarasinsches Familienarchiv Deutsches Literaturarchiv Marbach Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum Freiherr-vom-Stein-Archiv Schloss Cappenberg Selm Gesamthochschul-Bibliothek Kassel Gleimhaus Halberstadt Goethe-Schiller Archiv/Klassik Stiftung Weimar Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel Hessisches Staatsarchiv Darmstadt Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz/Pfälzische Landesbibliothek Speyer Stadtarchiv Mainz Haus der Stadtgeschichte/Archiv Offenbach

116

Abkürzungs- und Siglenverzeichnis

TSAG UBFB ULBK WMB

Thüringisches Staatsarchiv Gotha Schloss Friedenstein/Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha Universitätsbibliothek Freiburg im Breisgau Universitätsbibliothek Kassel, Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel Universitätsbibliothek Kassel Wieland-Museum Biberach Württembergische Landesbibliothek Stuttgart

Archivstandorte anderer Handschriften, gegebenenfalls mit Siglen GLAK HHSAW HSAM LSA SAL

WLBS

Fürstlich Wallersteinsches Archiv Harburg Generallandesarchiv Karlsruhe Hessische Hausstiftung Hessisches Landesmuseum Darmstadt Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden Hessisches Staatsarchiv Marburg Kurfürstliche Bibliothek/Japanisches Palais Dresden Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt Dessau Österreichisches Staatsarchiv Wien Staatsarchiv Ludwigsburg Staatliches Gebietsarchiv Pilsen, Familien-Archiv Stadion Klattau University Library Yale Württembergische Landesbibliothek Stuttgart

Weitere Siglen AdB DW GBV KSW KVK NdB RISM BT SK

Allgemeine deutsche Biographie Deutsches Wörterbuch Gemeinsamer Bibliotheksverbund Klassik Stiftung Weimar Karlsruher Virtueller Katalog Neue deutsche Biographie Répertoire International des Sources Musicales Brieftext Stellenkommentar

Handschriftenproben Sophie von La Roche an Johann Friedrich Christian Petersen vom 6. März 1798 Brief 109 FDH, Sig. Hs-6522.

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Handschriftenproben

Handschriftenproben

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Handschriftenproben

Handschriftenproben

Sophie von La Roche an Johann Friedrich Christian Petersen vom 30. November 1800 Brief 145 FDH, Sig. Hs-6555.

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Handschriftenproben

Handschriftenproben

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Handschriftenproben

Handschriftenproben

Sophie von La Roche an Johann Friedrich Christian Petersen vom 1. Februar 1806 Brief 179 FDH, Sig. Hs-6587.

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Briefe und Stellenkommentare

Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum

Brief 1 11

29. September 1788

Offenbach den 29 7br 1788

theure Edle Freunde Petersen! nehmen Sie doch den Herrn von Humbold 55 aus Berlin mit güte auf Er verdient es aus aller absicht - und ich wünsche sehr das Er Sie würdige brüder kenne - Ich bin mit ver 10 10 Ehrung, und Freundschaft Ihre dienerin La Roche den Herrn| Hofrath Petersen| in| Darmstadt

FDH, Sig. Hs-6426 1

Offenbach] {o}/O\ffenbach

1

Offenbach] Sophie von la Roche bewohnte seit Dezember 1786 in Offenbach, der Residenzstadt der Reichsfürsten von Isenburg-Birstein, ein einstöckiges Haus mit einem Garten in der Oberen Domstraße 23 (siehe Abb. S. 324). Ihr Mann Georg Michael Frank von La Roche (1720−1788) hatte das Haus mit finanzieller Hilfe seines Schwiegersohns Peter Anton Brentano (1735−1797) erworben, während sie eine Reise durch Holland und England unternahm. Offenbach, vor den Toren der Freien Reichsstadt Frankfurt am Ufer des Main gelegen, hatte zu Beginn des achtzehnten Jahrhunderts einen Aufschwung in Handel und Gewerbe durch Ansiedlung von Hugenotten erlebt. Die durch zahlreiche Gärten aufgelockerte Bebauung gab der Stadt in vorindustrieller Zeit einen heiteren, beschaulichen Charakter (vgl. Emil Pirazzi: Bilder und Geschichten aus Offenbachs Vergangenheit. Eine Festgabe zur Hessischen LandesGewerbe-Ausstellung in Offenbach am Main. Offenbach 1879). 29 7br] 29. September. theure Edle Freunde Petersen] Das früheste Schreiben des Briefkonvoluts ist ausnahmsweise an zwei Brüder Petersen gerichtet, die beide im Dienst des Landgrafen Ludwig IX. von Hessen-Darmstadt (1719−1790) standen. Georg Wilhelm Petersen (1744−1816) hatte die Stellung eines Hofpredigers und Kon-

1 2f.

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7 12

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Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum

sistorialassessors inne. Sein jüngerer Bruder Johann Friedrich Christian (1753−1827) trug den Titel eines Hofrats und war Erzieher des elfjährigen Prinzen Ludewig (genannt Prinz Louis) (1777−1848), des erstgeborenen Sohns des Erbprinzen Ludewig (auch Ludwig genannt) von Hessen-Darmstadt (1753−1730). Er ist der Briefpartner der folgenden 193 Briefe und nicht, wie die Forschung bis 2007 annahm, der Hofprediger Georg Wilhelm Petersen (siehe Kapitel 2). Um eine Verwechslung des Korrespondenten mit seinen fünf Brüdern auszuschließen, werden diese in den Stellenkommentaren mit Vornamen genannt. Humbold] Wilhelm von Humboldt (1767−1835) war zum Zeitpunkt des Briefs einundzwanzig Jahre alt. Er studierte zusammen mit Sophie von La Roches zweitältestem Sohn Carl (1767−1839) in Göttingen. Auf seiner Reise in die Schweiz stattete er ihr Ende September in Offenbach einen Besuch ab. Humboldts Dankesbrief vom 14. November 1788 an sie ist überliefert (GSA, Sig. 56/30; abgedruckt in Robert Hassenkamp: Aus dem Nachlaß der Sophie von la Roche nebst einem Schreiben von Gellert und Lavater. Berlin 1898, S. 490f.). In seinem Tagebuch bezeichnet er sein Gespräch mit dem Darmstädter Hofprediger Georg Wilhelm Petersen als „recht angenehm, aber nicht eben sonderlich interessant und bemerkenswerth“ (Humboldt: Tagebücher [1916] 1. Bd., S. 37). aus Berlin] Der preußische Gelehrte, Staatsmann und Mitbegründer der Berliner Universität wuchs zusammen mit seinem Bruder Alexander (1769−1859) in dem nordwestlich von der preußischen Hauptstadt gelegenen Familiensitz Schloss Tegel auf, das er 1797 übernahm. absicht] Hier im Sinne von Hinsicht (DW, Bd. 1, Sp. 119). den Herrn Hofrath Petersen in Darmstadt] Der Brief ist an den Prinzenerzieher Johann Friedrich Christian Petersen adressiert, der mit seiner Einstellung im August 1782 den Titel eines Fürstlichen Rats erhielt (HSAD, Sig. D 8 256/19). Die erhaltenen Umschläge tragen mit wenigen Ausnahmen die Anschrift „in Darmstadt“ bzw. „à Darmstadt“, wo Sophie von La Roches Korrespondenzpartner im Residenzschloss mit den Prinzen in der mittleren Etage des Glockenbaus eine Suite bewohnte. In den Sommermonaten folgte er der fürstlichen Familie auf deren Landsitz „Fürstenlager“ bei Auerbach an der Bergstraße, 24 km südlich von Darmstadt, wohin ihm ein Bote die Post brachte. Ihr Brief vom 20. Juli 1791 ist dorthin adressiert (Brief 30 Zeile 29f.). Rotes Siegel.

Brief 2 11

1. Dezember 1788 offenbach den 1 xbr 1788

Ich schreibe Ihnen spat, mein theurer Herr Rath über den würklich unvermutheten Tod meines werthen verdienstvollen Mannes - den ich dachte

Brief 2 – 1. Dezember 1788

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55

gewiß ihn den winter durchleben zu sehen, so wohl war er nach den umständen, als ich von Darmstadt kam - aber er litte viel, und einen schreklichen todes Kampf, der mich lange, und noch stark rühren wird - ich bete um seiner auflößung 10 10 ich dankte Gott, als man mir den lezten Pulsschlag ansagte - Er hat eine verdienst, und mühvolle Laufbahn beschlossen, und ruht in den armen des Ewigen Friedens - Er schmerzt unendlich der riß eines 35 Jahr gedaurten Bandes 15 Gott lohne sein verdienst, u vergebe denen die ihn 15 mißhandelten Sagen Sie H- Merk meine empfelung - H- Bruder auch eine, ich bin noch in einer art betaübung aber Ihre Freundin voll Hochachtung wie immer

20 20

Sophie La Roche

à Monsieur| Monsieur Le Conseiller| Petersen| à| Darmstadt

FDH, Sig. Hs-6427 1 4

1 xbr] 1. Dezember. Mannes] Sophie von La Roches Ehemann Georg Michael Frank von La Roche starb am 23. November 1788 an den Folgen eines Schlaganfalls in seinem Haus in Offenbach. Als Katholik wurde er auf dem Friedhof der Kirche St. Pankratius in dem bei Offenbach gelegenen Dorf Bürgel beigesetzt (Embach: Georg Michael Frank La Roche [2005], S. 64). 4 den] Lies: denn. 14 Bandes] Die Trauung fand am 27. Dezember 1753 in der Kapelle von Schloss Warthausen bei Biberach statt (Assing: Sophie von La Roche [1859], S. 75). 15f. denen die ihn mißhandelten] La Roche hatte im September 1780 seine Ämter als Konferenzkanzler und Direktor des Kriegsrats am Hof des Trierer Kurfürsten Clemens Wenzeslaus (1739−1812) aufgrund einer Intrige verloren (siehe Embach: Georg Michael Frank La Roche [2005], S. 60f.; Brief 108 Zeile 52−62; Brief 109 Zeile 52−61). 17 H- Merk] Gemeint ist der Hessen-Darmstädtische Kriegsrat Johann Heinrich Merck (1741−1791), der als Schriftsteller, Verleger und Rezensent u.a. der „Frankfurter gelehrten Anzeigen“ (1772) und des „Teutschen Merkur“ bedeutenden Einfluss auf das literarische Geschehen seiner Zeit hatte. Mit Sophie von La Roche war er seit dem Frühjahr 1772 persönlich bekannt. Seine anfänglichen Vorbehalte gegen die Schriftstellerin schien er gegen Ende der Achtziger Jahre abgebaut zu haben, wie sein Brief vom 21. November 1789 an Christine Luise von Werner (1766−?) bezeugt: „Sie ist und bleibt für mich das erste Ideal, was ich mir in einer ausgebildeten Weiber-Seele denken kann, und ich glaube, wenn ich schon halb jenseits der eliseischen Felder angelangt wäre, sie würde mich mit

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17 21 21

Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum

einem Wink zurückzaubern können.“ (Merck: Briefwechsel [2007], Bd. 4, S. 581; Bd. 5, S. 49−51; siehe Bräuning-Oktavio: Goethe und J. H. Merck [1970], S. 23) Merck sah beide Brüder Petersen täglich bei Hof. Ein besonders enges Vertrauensverhältnis verband ihn mit Hofprediger Georg Wilhelm Petersen (siehe Kapitel 3). H- Bruder] Hofprediger Georg Wilhelm Petersen. à Monsieur […] à Darmstadt] Frz.: „an Herrn Herrn Rath Petersen in Darmstadt“. Schwarzes Siegel, Doppelblatt mit Trauerrand.

Brief 3 11

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[24./25. Februar 1789]

die Frau Erbprinzeß klagte mir vor Mad Beth mann u denen andren das Prinz Louis, seine begangne fehler so gern laügnete diese öfentliche anklage schmerzte mich - vielleicht allein, weil sie ganz gegen meine erziehungs grund säze ist - indem ich meinen kindern nie etwas in gegenwart ihrer geschwister, noch weniger bey fremden verwieße, aus furcht - entweder das edle gefühl volle zu schmerzlich zu drüken oder dem das anlage zu stärke hätte, in ei nem moment von empörung dieß zu geben was servon le courage de la honte heißt welches mir bey Prinzen noch viel fürchterli cher scheint als bey andren menschen - das fürsten Leben ist so, ein ofenes Leben, u ein junger Prinz, von dem edlen lieben Caracter des Prinz Louis - verhehlt gewiß, u laügnet seine fehler - weil er ihrer schämt, u sie gern im verborgnen beßern möchte um deß Himmels willen, gewöhnen Sie, die edle junge Seele, nicht an die gefahr, fehler zu bekennen, und von vielen Personnen verweiße darüber zu hören - glauben Sie mir theurrer freund! es ist ein falscher grundsaz und so wahr ich Lebe - wir alle H- Jennisson dazu gerechnet - verdienten nicht, das ein | | edles Kind wie Prinz Louis, von Einer Mutter wie seine so Liebens würdige Frau Mutter ist, uns mit einem

Brief 3 – [24./ 25. Februar 1789]

30 30 fehler, der bey ihm gewiß auf edlem

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gutem grund liegt angeklagt werde lassen Sie mich bitten Schäzbarer Freund! dem Prinzen immer allein von seinen Fehlern zu reden - garantisses le aussi long

tems que vous pouves! du Courage de la honte c’est le plus terible de touts les courage

wenn er laügnet, gehen Sie auf die spur Sie finden das gefühl, das er sich des fehlers schämt, und aus unerfahrenheit u jugend ihn durch Läugnen zu deken hoft - und nie - Ach nie öfentliche verweiße - verzeyhen Sie - aber ich sah, in einem großen Hauß - einen großen Mann diesen fehler machen - u die Söhne gerad die fehler beyhalten, die der vatter dadurch bessern wolte - sie behielten sie aus rachsucht über den ange thanenen Schimpf - warfen Haß auf alle die zeugen der verweiße waren u am meisten auf die mit welchen der vater, über die fehler sprach; auch wurde darinn der grund zu der entfernung des la Roche aus dem Stadionischen Hauß gelegt welches so schrekliche folgen, für meine familie hatte - aber darüber im May oder Juny | | mündlich - verzeyhen Sie mir im Fbr dießen ängstlichen zettel den 25 - abends ich erhalte Ihren brief von gestern u sage nur zuerst - in Zukunft ja keine Hoch wohl - u so weiter an Ihre wahre alte Freundin Sie sehen aus der note, das Sie die fehler nicht erathen haben von welchen man sprach - - ich vor mein theil hofe P. Lbehalte, in seinem aüßerlichen den außdruk von Caracter den er hat - und zugleich das moralisch edle, und denkend einfache = Sagen Sie der Frau E- P- nichts von dießem Zettel ich bitte Sie theurrer Freund! dank, für Ihre bemühung mit Miss Lony - ach sind Sie zufrieden mit der erzählung selbst? reut Sie nicht - sich darum angenomen zu haben?

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Leben Sie wohl! und Seegen ruhe auf Ihren Stunden und der edlen ver 75 75 wendung Ihrer Kentnisse die Schwester ist wohl, bald mehr von ihr von Sophie La Roche Mad. andrèe will die recepte suchen u dankt | | über die ombre Carte hinweg dem 80 80 H- Merk, welchem viel, viel schönes sage - recht sehr -

FDH, Sig. Hs-6600 20

willen] 

[24./ 25. Februar 1789] Tag- und Monatsangabe des Briefs ergibt sich aus den Zeilen 53 und 55, wobei der erste Teil des Schreibens bis Zeile 54 auch am Vortag verfaßt sein könnte. Die Erwähnung des Manuskripts oder Abdrucks ihres 1789 erschienenen Werks „Geschichte von Miß Lony und der schöne Bund“ in Zeile 69f. gibt den Anhaltspunkt für das Entstehungsjahr ihres Schreibens. 1 Erbprinzeß] Erbprinzessin Luise von Hessen-Darmstadt (1761−1829) war die Tochter Georg Wilhelm von H.-D. (1722−1782), des Bruders des regierenden Landgrafen Ludwig IX. Sie heiratete 1777 ihren Vetter, Erbprinz Ludwig, der als Ludwig X. am 6. April 1790 die Regierung übernahm (Kapitel 3). 1f. Bethmann] Katharina Elisabeth von Bethmann-Metzler (1753−1813) entstammt der einflussreichen Frankfurter Bankiersfamilie. Ihr Vater, Johann Jakob B. (1717−1792), besaß in Bordeaux eine Reederei und ein Handelskontor. Sie wurde im Haus ihres Onkels Simon Moritz von B. (1721−1782) in Frankfurt erzogen. 1769 heiratete sie Peter Heinrich von Metzler (1744−1800), der von 1769−1799 Teilhaber der „Gebrüder Bethmann“ war. Sophie von La Roche hatte mit ihrer Mutter Elise von B. (1725−1785), geb. Desclaux de Latané, eine Reise nach Bordeaux unternommen. 2 Prinz Louis] Petersens Zögling, der elfjährige Prinz Ludewig (1777−1848), genannt Louis, stand an der Schwelle zur Pubertät (Kapitel 4). 6 kindern] Von ihren acht Kindern überlebten fünf das Kindesalter: Maximiliane (1756−1793), auch Maxe oder Max genannt, Friedrich (1757− ab 1814 verschollen), auch Fritz genannt, Luise (1759−1832 ), auch Lulu genannt, Georg Carl, auch Carl genannt, und Franz Wilhelm (1768−1791), auch Franz genannt. 9f. das edle gefühl volle […] stärke hätte] Lies: das edle gefühlvolle Kind zu schmerzlich zu drücken, oder dem Kind, das Anlage zu Stärke hätte. 12 servon le courage de la honte]  Frz.: „dem Mut zur Schande dienend“.

Brief 4 – 2. Juli 1789

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H- Jennisson] Es könnte der Hofmarschall Franz Graf Jenison-Wallworth gemeint sein, der zeitweilig als Gesandter in London akkreditierte (HSAD, Sig. D 8 9/4 u. D 12 26/25). 34−36 garantisses le aussi […] les courage] Frz.: „Gewährleisten Sie ihm dies, solange Sie können, der Mut zur Schande, das ist das furchtbarste unter allen starken Gefühlen.“ 42 großen Hauß] Siehe Komm. zu Zeile 50. 50 Stadionischen Hauß] Nach dem Tod von Anton Heinrich Friedrich Graf von Stadion (1691−1768), dem Kurmainzischen Großhofmeister und Konferenzminister, Georg Michael Frank von La Roches natürlicher Vater, der für ihn Ziehvater und Dienstherr in einer Person gewesen war, kam es zu Spannungen zwischen dem Ehepaar La Roche und dem Sohn und Erben Franz Conrad Graf von Stadion (1736−1787) (vgl. Hellmuth Rössler: Graf Johann Philipp Stadion. Napoleons deutscher Gegenspieler. Wien, München 1966, S. 55f.). 53 Fbr] Februar. 60 note] Gemeint ist der in Zeile 54 als „Zettel“ bezeichnete erste Teil des Briefs. 62 P. L-] Prinz Louis. 66 E- P-] Erbprinzessin. Gemeint ist Erbprinzessin Luise von Hessen-Darmstadt, die Mutter von Prinz Louis (Komm. zu Zeile 1). 67 dießem Zettel] Gemeint ist Sophie von la Roches eigener Brief, vgl. Zeile 54. 69f. Miss Lony] Petersen hatte sich um Käufer, bzw. Subskribenten für ihr 1789 bei Carl Wilhelm Ettinger (1741−1804) in Gotha erschienenes Werk „Geschichte von Miß Lony und der schöne Bund“ in Darmstadt bemüht (Brief 4 Zeile 4). 76 Schwester] Die unverheiratete Christiane Petersen (?−1797) war die jüngste von drei Schwestern des Briefempfängers. Sie lebte als Kostgängerin in einem Offenbacher Haushalt. Ihre angegriffenen Nerven erlaubten ihr nicht, einer Beschäftigung nachzugehen. Die beiden in Darmstadt lebenden Brüder kamen für ihren Lebensunterhalt auf (siehe Petersen: Chronik [1898], 2. Teil, S. 22; Kap. 2.4). 78 Mad. Andrèe] Gemeint ist Katharina Elisabeth André, geb. Schmaltz (1739−1816), die Frau des in Offenbach ansässigen Musikverlegers und Komponisten Johann Anton André (1741−1799). 79 die ombre Carte] „L’Ombre (l’hombre)“ ist ein Kartenspiel für drei Personen. 80 H- Merk] Siehe Brief 2 Komm. zu Zeile 17.

Brief 4 11

offenbach den 2 July 1789 Hier mein würdiger Freund! 24 bestellte Ex- der Miss Lony Ex 1 zum andenken für die mühe

2. Juli 1789

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welche die waiße u ihre mutter Ihnen gaaben dank dafür - u tausend dank für das durchleßen der briefe über Mannheim - aber! mein gütiger Freund! hat nicht ein günstiges vorurtheil Sie zu einem zu einem günstigen urtheil verleitet? ich wäre zu glüklich, wenn es gerech tigkeit wäre würde sehr glüklich geweßen seyn | | wenn gute entwürfe nicht zu traum würden unßere gute Christiane ist wohl und recht zufrieden lassen Sie sie, wo sie ist alle gute menschen lieben sie sie lebt ruhig, ohne verdruß und sorge - u dieß muß bey ihren schwachen nerven seyn den 7 - oder 8 reiße ich mit Hmerk ab - Sie wünschen uns doch Ihren Seegen adieu Edler rechtschafener Freund von Sophie la Roche

FDH, Sig. Hs-6428 1 3 3

4 5

2 July] 2. Juli. Ex-] Exemplare. Miss Lony] Die in Darmstadt bestellten Exemplare ihres Werks „Geschichte von Miß Lony und der schöne Bund“, das 1789 in Gotha erschien, wurden als Beilage mitgesandt. Petersen diente als Mittelsmann bei der Abwicklung der Geschäfte. Die Ausgabe kostete einen Gulden und zwölf Kreuzer (Barbara BeckerCantarino: Kommentiertes Werkverzeichnis. In: Das Achtzehnte Jahrhundert 17 Heft 1 [1993], S. 42). Ex 1] ein Exemplar. die waiße u ihre mutter] Gemeint sind die elternlose Titelfigur „Miss Lony“ und Sophie von La Roche als Autorin.

Brief 5 – 5. Februar 1790

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8f.

briefe über Mannheim] Gemeint ist Sophie von La Roches Werk „Briefe über Mannheim“, das 1791 im Verlag von Christian Friedrich Schwan (1733−1815) in Mannheim erschien. 11f. zu einem zu einem Lies: zu einem, Verschreibung. 17 gute entwürfe] Sie hofft, dass ihre Bücher in den Augen der Kritiker bestehen können. 19 Christiane] Christiane Petersen. Siehe Brief 3 Komm. zu Zeile 76. 26 den 7- oder 8] den 7. oder 8. Juli. 26f. H- merk] Der Plan, gemeinsam mit Johann Heinrich Merck in das Bad Pyrmont zu reisen, kam nicht zustande. Sie besuchte stattdessen Marburg, wo ihr jüngster Sohn Franz Forstwirtschaft studierte (vgl. Brief Sophie von La Roches an Johann Heinrich Merck vom 17. Juli 1789 in: Merck: Briefwechsel [2007], Bd. 4, S. 569).

Brief 5 11

offenbach den 5 Fbr 1790

Man sagt mir mein würdiger Schäzbarer Freund der Herr Rath Petersen von Darmstadt wolle 55 dieser tage nach offenbach reißen ich freue mich unendlich darüber aber ich beschwöre und bitte Sie ja nicht zu kommen eh ich von Maynz zurük bin wohin ich Sontags wegen 10 10 meiner gesundheit gehe, 4 tage auf das längste da bleibe, und also künftigen Freytag wieder hier bin kommen Sie ja nicht indessen ich bitte Sie sehr wenn Sie es hindern 15 15 können - und leßen Sie indessen diese Idyllen von einem ausgetretnen Mönch Sie bringen sie mir wieder - tausend | | Schöns an H- bruder u Freund Merk - von der alten 20 Dame la Roche 20 NB. ich werde Leuchsenring bald sehen

5. Februar 1790

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FDH, Sig. Hs-6429 1

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5 Fbr] 5. Februar. Sophie von La Roche vorerst letzter überlieferter Brief datiert vom 2. Juli 1789. Nach sieben Monaten setzt die Korrespondenz wieder ein. Die Unterbrechung erklärt sich möglicherweise durch ihre von August bis November unternommene Reise in die Schweiz. meiner gesundheit gehe] In Mainz konsultierte sie den Mediziner Melchior Adam Weikart (1742−1803): „der gute freundliche arzt erlaubt mir wieder manchmal zu scheiben“ (Brief Sophie von La Roches an Elisabeth Gräfin Solms vom 8. April 1789 (SAO, Sig. M 24 [49]); siehe Kampf: Sophie von La Roche Briefe (1965), S. 34). Mönch] Autor und Titel des Buchs sind nicht zu ermitteln. Die im Kontext mit der josephinischen Kirchenreform von 1782 erfolgten Klosteraufhebungen fanden Eingang in zahlreiche Berichte und Dichtungen. H- bruder] Hofprediger Georg Wilhelm Petersen. NB] Nota bene. Lat.: „Wohlgemerkt“. Leuchsenring] Die Beziehung Sophie von La Roches zu dem Prinzenerzieher, Schriftsteller und Philologen Franz Michael Leuchsenring (1746−1827) ging auf den Mai 1771 zurück, als im Haus der La Roches in Koblenz-Ehrenbreitstein ein „Empfindsamer Kongress“ stattfand, zu dem auch Christoph Martin Wieland (1733−1813), Johann Georg Jacobi (1740−1814) und Friedrich Heinrich Jacobi (1743−1819) anreisten. Sie sah dem Besuch des umherreisenden, gut informierten Freundes mit Interesse entgegen. „Ja ich bin biß End May in Offenbach und werde mich Ihrer Gesellschaft freuen - [...] gewiß haben wir uns viel zu sagen und zu fragen, der Himmel geleite Sie“, schrieb sie ihm im Januar 1790 (Leuchsenring: Briefe [1976], 1. Halbbd., S. 122).

Brief 6 11

offenbach den 14 Fbr 1790

meinem versprechen nach - sage ich Ihnen theurester Freund - daß ich wieder hier bin - und mich freuen 55 werde Sie bald zu sehen - indessen schike ich Ihnen den brief von Madslle d’oleire den ich bey meiner rükunft an traf - indem ich noch nicht zeit hatte die andre aufzusuchen 10 10 ich schike Ihnen das blat u sage dieß weil ich weiß daß Sie meine innige verehrung und ergebenheit für die Frau

14. Februar 1790

Brief 7 – 10. März 1790

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Erbprinzeß kennen - u von H- Merk gehört haben werden, daß ich für Madsle 15 15 d’oleire, den plaz wünsche, welchen eine andre verließ - gewiß es wird keine reue geben - indessen leben Sie wohl u bleiben Freund von der alten Sophie la Roche

FDH, Sig. Hs-6430 1 4 6 6f. 6f.

8f. 10 13 14

14 Fbr] 14. Februar. wieder hier bin] Sie war von dem Arztbesuch aus Mainz zurückgekehrt (siehe Brief 5 Komm. zu Zeile 10). brief] Der Einschluss ist nicht überliefert. Madslle Mademoiselle. Frz.: „Fräulein“. d’oleire] Es könnte sich um eine Tochter oder Verwandte des Waadtländers Jean Pierre d’Oleyres handeln, der sich im Sommer 1790 in Frankfurt am Main aufhielt. Er gehörte zu dem Freundeskreis der in der Schweiz verheirateten holländischen Schriftstellerin Isabelle de Charrière (1740−1805), geb. van Tuyll van Seroorskerken (siehe Isabelle de Charrière und Benjamin Constant: Correspondance 1787−1807. Éd. établie, préf. et ann. par Jean-Daniel Candaux. Paris 1996, S. 133). die andre] Nicht ermittelt. blat] Gemeint ist der Einschluss von Zeile 6. Erbprinzeß] Petersen soll das Bewerbungsschreiben der Erbprinzessin Luise von Hessen-Darmstadt übergeben. Madsle] Mademoiselle.

Brief 7 11

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offenbach den 10 Merz 1790 Sagen Sie mir mein theurer und würdiger Freund! ist es an dem was H- Merk der Madame May sagte Er wünsche Mademoiselle Petersen als gesellschafterinn bey seiner Frau? mir sagte Er nichts auch der guten Christiane nicht, die sich

10. März 1790

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10 auf die von Mad. May erhaltene 10

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nachricht sehr freut - u jezo aber auch, weil es ihren Kostleuten bekant wurde die weißung bekomt in 3 Monat ein ander Hauß zu suchen - ihr selbst sagten sie es auch nicht, aber | | der Madame May - welche dem guten Kind das Kosthauß geschaft hatte - ich möchte wohl ganz Herr in meinen Hauße seyn ich nähme sie zu mir - aber mein theurer Freund! ich kan nicht was ich will ist es den nicht möglich, Sie auf ein paar Stunden außer Ihren Baraden zu sehen? adieu theurer Schätzbarer Freund Christiane verdient, das Sie sich stets ihrer annehmen - u der gedanke des Herrn Merk - wäre vortreflich - adieu von Sophie la Roche

FDH, Sig. Hs-6431 1 5

10 Merz] 10. März. Madame May] Antoinette Elisabeth May (1745−1815), Frau des Portraitmalers Georg Oswald May (1738−1816), führte in Offenbach eine Pension für Mädchen. Sie war eine Schwester des in Offenbach ansässigen Musikverlegers Johann André (1741−1799). 7 gesellschafterinn bey seiner Frau] Christiane Petersen trat die Stelle als Gesellschafterin von Louise Françoise Merck (1743−1810), geb. Charbonnier, nicht an. 18 Kosthauß] Pension. 19−23 ich möchte […] was ich will] Sophie von La Roche nimmt Bezug auf finanzielle Verpflichtungen gegenüber ihrem Schwiegersohn Peter Anton Brentano (1735−1796) (siehe Brief 1 Komm. zu Zeile 1). 26 Baraden] Paraden. Öffentliche Auftritte.

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Brief 8 – 20. April 1790

Brief 8 11

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20. April 1790 offenbach den 20 aprill 1790

gestern mein theurer edler Freund! erhielt ich abends Ihren lieben brief - Seegnete Sie und dankte Ihnen für alles was Sie in diesem entscheidenten moment des lezten besten glüks meines Lebens mir sind Hier die briefe, welche ich Ihrer güte, und Ihrem Seegen vertraue - Gott erfülle Ihre wünsche, und meine bitten - doch erlauben Sie mir hinzuzusezen daß wenn Seine durchlaucht meinen Franz damit begnadigen, daß Er auf die adeliche Bank bei dem Forstamt komme - Er kan mit Zeugnissen von der Ritterschaft beweißen das er es verdient u die voreltren meines Manns schon unter den Ferdinanden in adelstand erhoben waren - Frank von Lichtenstein sich schrieben - und nur mein Mann den vom Großhofmeister Stadion ihm beygelegten Nahmen La Roche, aus liebe trug und behielt - Es ist an sich nebensache aber meinem | | Franz doch sehr wichtig Sie sind meiner Seele willkommen, und der Sontag würde mir lieb seyn, wenn auch hofnung wünsche und furcht für Franz nicht vorausgegangen wären So würden Sie als Freund, und als mann dessen Caracter ich schon so lang verehre willkomm geweßen seynder Himmel leite alles zum besten ich kann sonst nichts mehr sagen - aber die Asche des Vatters würde durch die hand belohnt, die den guten Sohn glüklich machte S. d. der Landgraf entschuldigt wohl das ich keinen Canzley Stil habe - u Sie helfen entschuldigen Christiane werden Sie trefen bey Ihrer Freundinn la Roche schicken Sie den Mann nur mit einem empfang schein zurük

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FDH, Sig. Hs-6432 1 20 aprill] 20. April. 2−4 gestern mein theurer […] entscheidenten moment] Bei der beruflichen Etablierung von Franz von La Roche erwies sich Petersen als nützlicher Verbindungsmann zum Hof von Hessen-Darmstadt. Sein Brief enthielt den positiven Bescheid auf eine erste Anfrage. 6 die briefe] Sophie von La Roche wandte sich mit einer Bittschrift an Landgraf Ludwig X., der zwei Wochen zuvor, am 6. April 1790, die Regierung übernommen hatte. Von den Einschlüssen ist die in Zeile 29 erwähnte Bittschrift vom 20. April 1790 überliefert (HSAD, Sig. D 12/ 30/3). Franz von La Roche erhielt zu Beginn des Jahres 1791 eine Stelle als Forstassessor. 10 adeliche Bank] Adlige Hofbeamte besaßen Privilegien gegenüber ihren bürgerlichen Kollegen, z.B. in der Sitzordnung. 13 voreltren] Vorfahren. 13 Ferdinanden] Gemeint sind die römisch deutschen Kaiser Ferdinand II. (1578−1637) und sein Sohn Ferdinand III. (1608−1657). 13−17 voreltren meines Manns […] und behielt] Georg Michael Frank von La Roche gibt Auskunft über das Adelsdiplom seiner Vorfahren und den „Beynahmen La Roche“ in einem Brief aus Wien vom 11. März 1775 (siehe Adolf Bach: Neues aus dem Kreise La Roche-Brentano. In: Euphorion 27 [1926], S. 321−333, hier S. 325). 15f. Großhofmeister Stadion] Anton Heinrich Friedrich von Stadion (1691−1768), Geheimer Konferenzminister am Kurfürstlichen Hof von Mainz. 23 so lang verehre] Sophie von La Roches Freundschaft mit Petersen musste ihrer Äußerung in „Mein Schreibetisch“ (1799), „Erstes Bändchen“, S. 6 zufolge im Jahr 1784 in Speyer ihren Anfang genommen haben (siehe Kapitel 2). 25−27 die Asche […] glüklich machte] Lies: Es wäre zu wünschen, dass der Landgraf Franz von La Roche im Hinblick auf die 1780 erlittene unehrenhafte Entlassung ihres Mannes die Laufbahn eines Forstassessors eröffnete. 28 S. d.] Seine Durchlaucht. 29 Canzley Stil] Siehe Komm. zu Zeile 6. 32 Mann] Die Briefsendung, die das Bittschreiben an den Landgrafen enthielt, wurde durch einen Fußboten oder reitenden Boten bestellt.

Brief 9 11

offenbach den 11 mai 1790 mein unschäzbarer Freund! eine kleine anwandlung meines Lezten Nerven Fiebers ist

11. Mai 1790

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Brief 10 – 17. Mai 1790

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ursache das ich erst donerstag abends in darmstadt seyn und die dankgelübde bringen werde ach die böße ärzte wollen schon wieder nicht Leiden das ich viel 10 schreibe - adieu von Herzen 10 Ihre alte ergebene Freundinn La Roche

à Monsieur| Monsieur Le Conseiller Petersen| à| Darmstadt

FDH, Sig. Hs-6433 1 4 7

8 13

11 mai] 11. Mai. Nerven Fieber] Neuralgische Entzündung. dankgelübde] Siehe Brief 8 Komm. zu Zeile 2−5. Am 12. Mai 1790 schrieb Sophie von La Roche an Elisabeth Gräfin Solms: „nun beste! gütigste Fürstinn hat der himmel die hohe lezte große Erde Freude gegeben - mein Franz ist versorgt der landgraf von darmstadt hat ihn zum assessor bei dem oberforstamt gemacht - mit versicherung des avancements - dies hat vielfaches glük für mich mein Kind darf sein Brod nicht unter den mördern seines Vatters Essen - und ich habe ihm durch meine arbeit seit drei monat die mühe erspart - an thüren zu pochen“ SAO, Sig. M24 (60); siehe Kampf: Sophie von La Roche Briefe [1965], S. 36). ärzte] Siehe Brief 5 Komm. zu Zeile 10. Schwarzes Siegel.

Brief 10 11

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17. Mai 1790 offenbach den 17 may 1790

nehmen Sie mein theurer Freund! nochmals meinen dank für alles was Sie in der Lezten größten angelegenheit mir waren: ich hofe der Himel läßt mich nun auch den Plan für den abend meines Lebens durchsezen, und führt mich den Herbst nach d- verschiedene Sachen scheinen sich recht artig zu dieser absicht zu neigen - - Legen Sie meinen erneuten dank - meine noch tiefer in meine Seele gedrungene verehrung und ergebenheit zu

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den Füssen der Frau Landgräfinn = Gott Schüze - und Seegne die Tage dießer Frau - so wie er sie mit allem begabte was Liebens würdig, und edel genannt werden kan gewiß mein Freund! auch die, welche die Liebe Frau seit vielen Jahren umgeben können Sie nicht mehr lieben, nicht mehr antheil nehmen als ich - ich möchte sie unsichtbar umschweben, und vor allem bewahren können, daß gegen ihre ruhe seyn möchte - - doch der Himel mag wohl einen beßern Schuzgeist für Sie haben, ich wünsche ihm nur die treue welche ich hätte Seegen ruhe auf dem H- Landgrafen - u dem Ruhm welchen Er schon erwarb - Es ist wohl schwer ihn zu erhalten, aber gewiß das Publicum hat richtiges gefühl für das wahre in jeder großen That sache wenn Sie mein theurer Freund! gelegenheit finden, so | | Sagen Sie etwas, von meinem Ewigen dank und verehrung - ich hätte dieße gesinnung wenn ich auch die gesuchte gnade für einen fremden erhalten hätte Gott Seegne diesen Fürsten mit menschen, die denken wie Er - den ich glaube in meinen briefen über Mannheim sehr wahr gesagt zu haben die Fürsten wollen oft gutes - und man hindert Sie daran - doch alles dieß ist nicht für briefe aber der Wunsch für den Erbprinzen ist es Seegen auf Ihre Leitente Hand - für alles was in ihm liegt - - wenn Er nicht edle güte - edle Größe in sich vereint - - so trügt alles - der Himel erhalte ihn - und Sie seinen wahren Freund. viel Freundliches an den Stillen in sich gekehrten H- Hofprediger - und nun adieu mit der bitte den einschluß gleich bey ankunft des vortreflichen Manns zu bestellen. denken Sie ich bin biß halb zehen uhr im Wald irre geführt worden - eine bedeutung das ich hätte in darmstadt bleiben sollen - adieu von der alten La Roche | | verzeyhen Sie die erinnerung wegen erlaubnis die jagd uniform zu tragen - Es wird keine Folgen zu Pretentionen haben - die ich mir wohl denken kann - aber mein guter Franz hatte nun in der oficier uniform immer das recht, und die Ehre Cour zu machen - ist Sohn eines Churtrierischen

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Brief 10 – 17. Mai 1790

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Canzler, der Vatter schon lang vom Kayser geadelt unter diesen umständen - kan ich meinen Sohn nicht zanken u nicht tadlen - und mein betragen 55 in d- soll einmal dieß von einer alten retirirten 55 Frau seyn - die nichts als ruhe will, ich werde meinem Franz seinen gang nicht erschweren auf allen fall könte Er im Forstweßen dienen u eine oficier uniform tragen - à la suite, ou gentilhomme

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du departement de la Chasse - car j’ose asurer quil ne seras jamais à Chasser -

FDH, Sig. Hs-6434 12 34 49

edel ed{**}/de\l Leitente] Leitete hatte] hat

1 17 may] 17. Mai. 6 d-] Darmstadt. 16f. gegen ihre ruhe] Landgräfin Luise erwartete ihr fünftes Kind (siehe Brief 15 Komm. zu Zeile 4). 21 Ruhm welchen Er schon erwarb] Ludwigs X. hatte in seinen ersten Regierungserklärungen Kritik an den unter seinem Vater eingerissenen Missständen geäußert und Maßnahmen zur Verwaltungsreform bekannt gegeben (Karenberg: Die Entwicklung der Verwaltung in Hessen-Darmstadt [1964], S. 16f.). 29 den] Lies: denn. 29f. in meinen briefen […] gesagt zu haben] In ihrem 1791 erschienenem Werk „Briefe über Mannheim“ lobt Sophie von La Roche die in die Tat umgesetzte „grosse liebreiche Idee“ des Kurfürsten Carl Theodor von der Pfalz (1724−1799), sein Naturalienkabinett der Öffentlichkeit zugänglich zu machen: „denn sie wollen oft Gutes die Fürsten und werden daran gehindert“ (S. 103). 39 H- Hofprediger] Hofprediger Georg Wilhelm Petersen, Bruder des Prinzenerziehers. 40f. den einschluß […] zu bestellen] Der Einschluss war vermutlich an den Hofprediger Georg Wilhelm Petersen adressiert. 42 Wald] Die fünfstündige Kutschfahrt von Darmstadt nach Offenbach führte durch die Forstgebiete der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt und des angrenzenden Fürstentums Isenburg-Birstein. Sophie von La Roche wollte dem Fürstenpaar persönlich ihren Dank abstatten (siehe Zeile 8). 48 Pretentionen] Ansprüche. 51 Cour zu machen] bei Hof erscheinen. 52 vom Kayser geadelt] Siehe Brief 8 Komm. zu Zeile 13−17.

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55 d-] Darmstadt. 55 retirirten] zurückgezogenen. 59–61 à la suite […] jamais à Chasser] Frz.: „als Kammer- oder Jagdjunker, denn ich kann versichern, dass es nicht zum Jagen sein wird.“ Möglicherweise spielt Sophie von La Roche auf die von Seiten der Aufklärer stark kritisierte Parforcejägerei an, welche vom Erbprinz und späterem Landgrafen Ludwig X. im Gegensatz zu seinem jagdbesessenen Großvater Ludwig VIII. (1691−1768) in erträglichem Rahmen ausgeübt wurde (siehe Gerhard Heinemann: Die Parforcejagd des Erbprinzen [späteren ersten Großherzogs] Ludewig von Hessen. In: Archiv für Hessische Geschichte und Altertumskunde. Neue Folge 45 [1989], S. 181−210).

Brief 11 11

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Mein theurer würdiger Freund! Sie schrieben mir nichts wegen der uniform Eines jagdjunkers für meinen Franz ich habe also ursache zu vermuthen, das dießer artikel mehr anstand findet als die ernste anstellung in dem Forstdepartement - und dießer anstand komt gewiß weder von dem Edelgesinnten Landes Fürstinn, noch von der aufgeklärten fürstin die wohl überzeugt sind, das wo die Söhne und Enkel von Bankiers ihren vom Kayser erhalten adel gelten machen, wohl auch der Sohn eines HofCanzlers von Chur trier, dessen adels Brief und rechte durch den Ritter Hauptmann von Kergau und Ritter Räte anerkant werden, sich neben sie stellen, und dem edlen Fürsten als adelichen jagdjunker dienen kann - Sagen Sie mir bey wem dieße rechte bewießen werden müssen, mein ältester Sohn will nach darmstadt komen, und die beweiße bringen mit welchen Er bey dem Regiment eintrat, und wie mein Sohn Franz den zutritt bey dem Churtrierischen Hof hatte - ich kann meinen Sohn nicht tadlen wenn er die vom Kayser erhaltene, und von seinem Vatter genoßene Rechte auch geniessen will, und gewiß der Hof vergiebt sich nichts, wenn Franz von Frank - | | genannt de la Roche, die Ehre hat als adelicher jagdjunker die uniform zu tragen, und seinem Fürsten in dießer qualitet zu dienen und Cour zu machen - mein Sohn begehrt nichts weiter ich bin auch weit entfernt größere Pretention zu machen, als uns die rechte, gegen einwendungen gewißer Personen erlauben Sagen Sie, soll ich wegen dießem anstand mich an Ihro durchLaucht wenden: Mein Carl genießt in Berlin, Gotha und

Brief 11 – 30. Mai 1790

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Weimar die entrèes, wird von den Prinzen und Minestres als Edelmann behandlet, So wie mein ältester Sohn - wenn Ihro durchlauchten dieße beweiße wissen, so werden Sie Einem jungen Mann voll edler Ehrbegierde, den caracter des adelichen jagdjunkers gewiß gerne geben - und ihm in dießer qualitet die Ehre gönnen dienst u Cour zu machen. ich weiß das auf den geburts tag alle glükliche genannt werden - es ist natürlich daß ich wünsche mein Franz werde darunter genannt - Sagen Sie mir sichere nachrichten darüber - ich kan niemand als Sie - und die mit einem edlen Geist, und edler güte beseelte Frau Landgräfinn darüber sprechen - sagen Sie, soll ich | | die schöne wünsche und rechte meines Sohns zu den füssen der Frau landgräfinn, oder deß Herrn Landgrafen legen und beweißen - den wenn die andre etwas sagten, das mein Sohn der Ehre eines jagdjunkers nicht fähig sey, so werden die beweiße anders geführt Schreiben Sie mir bald ich bitte Sie theurer Freund! ach eine gnädige erklärung des Landesherrn über dieße wünsche würde alle andre schweigen machen - ziehen Sie mich theurrer Freund bald aus der verlegenheit ich bitte Sie inständig, und geben mir weißung - ich bin mit verehrung u dank Ihre alte Freundinn v. la Roche / wenn es meinem Franz zu was dient, so kome ich u erzäle wie mein ur ur anherr, in einer schlacht gegen die türken, dem getödteten Cornet die Standarte, welche man ihm nehmen wolte entriß, die Stange brach und das Panier um den leib knüpfte, und die türken ihn mit dem Panier in Stüken hauten u deßwegen den oficier Guterman nach seinem tod in adel erhoben u seine Familie eine kayserliche Standarte in das wapen bekam: ach Freund! was ein Contrast - in Frankreich bringt adel un glük - u bey uns - - à Monsieur| Monsieur Petersen -| Conseiller de la Regence| à| Darmstadt /

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FDH, Sig. Hs-6435 1 5 7 8f.

30 may] 30. May. anstand findet] Bedenken, Zaudern (DW, Bd. 1, Sp. 474). Landes Fürstinn] Lies: Landesfürst. Verschreibung. Söhne und Enkel von Bankiers] Die Teilhaber des Frankfurter Bankhauses Johann Jakob Bethmann (1717−1792) und sein Schwiegersohn Peter Heinrich Metzler (1744−1800) waren 1776 von Kaiser Joseph II. von Habsburg-Lothringen (1741−1790) in den erblichen Ritterstand erhoben worden. 10 Sohn eines HofCanzlers] Franz von La Roche. 11 Ritter Hauptmann von Kergau] Siehe Komm. zu Zeile 54f. 14−16 mein ältester Sohn […] Regiment eintrat] Fritz von La Roche diente ab 1779 in dem französischen Regiment „Deux Ponts“ (Zweibrücken) der „Gardes Françaises“ (vgl. Victor Lange: Empfindsame Abenteuer. Materialien zu Sophie La Roches Roman „Erscheinungen am See Oneida“. Hrsg. von Eckhard Heftrich und Jean-Marie Valentin. In: Gallo-Germanica. Wechselwirkungen und Parallelen deutscher und französischer Literatur [18.–20. Jahrhundert]. Nancy 1986, S. 47–70, hier S. 49f.). 18 Kayser] Gemeint ist Josef II. 25 gewißer Personen] Nicht ermittelt. 27f. Mein Carl] Gemeint ist Sophie von La Roches zweitältester Sohn, der preußische Bergrat Carl von La Roche, der ab 1784 gefördert durch den preußischen Minister und Leiter des Bergbau- und Hüttendepartements Friedrich Anton von Heinitz (1725−1802) an der Berliner Bergakademie studiert hatte. 28 entrèes] Frz.: „Zutritte“. 28 Minestres] Frz.: „Ministern“. 29 mein ältester Sohn] Siehe Komm. zu Zeile 14−16. 34 auf den geburts tag] Ludwig X. feierte am 14. Juni 1790 seinen 37. Geburtstag. Der Souverän pflegte an diesem Tag Hofbedienstete und Gäste zu beschenken. 42 den] Lies: denn. 52 v. la Roche] von la Roche. 53−59 mein ur ur […] wapen bekam] Der in kaiserlichen Diensten stehenden Fähnrichs J. J. Gutermann bewies großen Mut in der Schlacht am Gotthard 1664 gegen das osmanische Reich. Sophie von La Roches Vater, Georg Friedrich von Gutermann (1705−1784), hatte die Familie 1741 mit Hinweis auf dessen Heldentat unter dem Namen „Gutermann von Gutershofen“ in die Wappenrolle der Reichsadeligen aufnehmen lassen. Die Beglaubigung stellte der Ritterhauptmann Kergau aus. Im Goethemuseum des FDH befindet sich ein Ölgemälde mit der Darstellung dieser Szene (vgl. Hansjörg Schelle: Neue Quellen und Untersuchungen zum Kreise Sophie von La Roches und C. M. Wielands. 1. Teil. In: Lessing-Yearbook 20 [1988], S. 205–291, hier S. 210). 56 Panier] Frz.: „Fahne“. 59f. in Frankreich bringt adel unglük] Die radikale Jakobinerpartei drang auf die Abschaffung der Adelstitel, welche am 19. Juni in der Verfassungsgebenden Nationalversammlung beschlossen wurde.

Brief 12 – 11. Juni 1790

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à Monsieur […] à Darmstadt] Frz.: „An Herrn Herrn Petersen Regierungsrath in Darmstadt“. Petersens Beförderung zum Regierungsrat mußte in der zweiten Maihälfte erfolgt sein. Ihr Brief vom 11. Mai 1790 war noch an den „Conseiller Petersen“ adressiert (Brief 9 Zeile 13). Das Beförderungsschreiben ist nicht überliefert. Schwarzes Siegel, Poststempel: FRANCFORT.

Brief 12 11

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11. Juni 1790 offenbach den 11 Juny 1790

tausend tausend dank theurer unschäzbarer Freund! für Ihren Lezten brief und für alles was Sie für 55 Franz und mich gethan haben übermorgen geh ich auf ein paar tage nach dieburg zu H- von Großschlag welchem Sie so großmütig, so vieles zuschrieben aber ich werde die Lebendige quelle die 510 mich erquikte, nie gegen die Wasser Leittung vertauschen Hier ein brief von Franz an seinen Fürsten - leßen Sie ihn und sehen ob er übergeben werden kan 15 15 den an Sie habe ich mit dem wapen meines Vatters gesieglet - u Franz soll die proben mit sich bringen, die dazu ge | | hören - heut ist von Beroldingen da, welcher wegen der 20 20 lieutenant stelle für seinen Nepoten handlet - also ein Kurzes adieu voll dank, verehrung und Freund schaft - von Sophie von la Roche

FDH, Sig. Hs-6436 21

also] a{d**}/lso\

1 6f.

11 Juny] 11. Juni. dieburg] Die Schlossanlage Stockau der Freiherrn von Groschlag befindet sich außerhalb des Stadtkerns von Dieburg, ca. 18 km östlich von Darmstadt.

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H- von Großschlag] Karl Friedrich Willibald von Groschlag Freiherr von Dieburg (1729−1799) war von 1764 bis 1774 Konferenzminister und Vizehofgroßmeister am Kurmainzer Hof. Die freundschaftliche Verbindung zu dem Ehepaar La Roche bestand seit Beginn seiner politischen Karriere in Mainz (vgl. KarinJutta Krüger: Karl Friedrich Willibald von Groschlag 1729−1799. Ein Beitrag zur Kurmainzer Politik und zur Aufklärung im Rhein-Main-Gebiet. Köln 1970, S. 218f.). Über die in Dieburg verlebten Tage berichtete sie Elisabeth Gräfin Solms am 15. Juni 1790: „den die tage die ich bei dem edlen von Groschlag verlebte, waren glüks tage für mich - voll erinnerung an den Großen Stadion, an alte und neue tugend - Sah große Kentnis, hörte den feinsten Geist sprechen eine höchst Liebenswerthe Mutter und Kinder - Einen Garten wie ich ihn liebe Domestiquen, und unterthanen glüklich“ (SAO, Sig. M24 [66]; Kampf: Sophie von La Roche Briefe [1965], S. 37). Sophie von La Roche zeichnet das Bild des kunstsinnigen Grandseigneurs in ihrem Werk „Briefe über Mannheim“ (1791), S. 32f. Freiherr von Groschlag hatte den im französischen Stil gestalteten Garten in den Jahren 1772 bis 1777 unter der Leitung des Hofgärtners Johann Ludwig Petri (1714−1794) in einen englischen Park umwandeln lassen (vgl. Karl Diel: Ein Parkvorbild der Goethezeit. Der Lustgarten der Freiherren von Groschlag zu Dieburg. Ein Heimatbuch. Darmstadt 1941, S. 21−28 u. S. 36−86). 8 so vieles zuschrieben] Offenbar hatte auch Groschlag bei der Etablierung von Franz von La Roche seinen Einfluss am Darmstädter Hof geltend gemacht. 12 Hier ein brief] Der Einschluss ist nicht überliefert. 15 den an Sie] Der Einschluss ist nicht überliefert. 15 wapen] Siehe Brief 11 Komm. zu Zeile 54−59. 17 proben] Gemeint sind Dokumente, die zum Beweis der Ritterbürtigkeit dienen. 18f. von Beroldingen] Joseph Anton Siegmund Freiherr von Beroldingen (1738−1816), Domherr von Speyer und Hildesheim und Fürstlich Speyerischer Hof- und Rentkammerpräsident, war ein Freund der La Roches während ihrer Speyerer Jahre (vgl. Assing: Sophie von La Roche [1859], S. 205 u. S. 296; Max Braubach: Josef von Beroldingen und die Aufklärung. In: Schweizer Zeitschrift für Geschichte 2 [1952], S. 41−70). 20 Nepoten] Lat.: „Neffe, Enkel, Vetter, Verwandter“. Die Person wurde nicht ermittelt.

Brief 13 11

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offenbach den 27 Juny 1790 theurer freund! vergeben Sie mir Kürze und Sudlen ich geh morgen auf 4 wochen auß meinem Hauß - in welchem sich doch alles zu meiner verpflan zung anschikt- aber ich kan es heut nicht sagen -

27. Juni 1790

Brief 14 – 2. August 1790

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Leben Sie wohl! der himmel erhalte den Prinz Louis von dessen Geist und Herzen ich so viel gutes hofe, und glaube Gott Seegne was Sie für diesen Prinzen thun - u erhalte Sie 15 15 als Freund von Franz u Sophie

10 10

v La Roche

à Monsieur| Monsieur Petersen -| Conseiller de la Regence| à| Darmstadt

FDH, Sig. Hs-6437 1 3 5 6f. 7f. 10 16 17

27 Juny] 27. Juni. Sudlen] Sudeln. Unsauberes Schreiben. auß meinem Hauß] Sophie von La Roche reiste zur Badekur nach Bad Driburg im südlichen Teutoburger Wald (siehe Brief 14 Komm. zu Zeile 1). verpflanzung] Ortswechsel. ich kan es heut nicht sagen] Der Zusammenhang ist unklar. Prinz Louis] Petersens Zögling Prinz Louis wurde mit dem Regierungsbeginn seines Vaters, Landgraf Ludwigs X., Erbprinz des Hauses Hessen-Darmstadt. v] von Schwarzes Siegel, Poststempel: DE FRANCFORT.

Brief 14 11

driburg im Paderbornischen den 2 august 1790

theurer würdiger Freund! ich dachte in der that nicht das ich Ihnen von hier aus 55 schreiben würde - aber der einschluß den ich allein Ihrem Herzen anvertraue bringt mich dazu - vielleicht hat Ihnen Pfefel selbst auch geschrieben = aber ich muß es thun - die gute Liebe Piquot welche Sie 10 10 bey mir sahen als ich aus der Schweiz zurük kam, hatte mir den schönen traum erzält das Prinz Max von Zweybrüken sie zur hofdame bey der Prinzeß von Taxis vorgeschlagen habe

2. August 1790

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15 15 ich brauchte dießes in einem brief nach

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düsseldorf, um ihr bey Nesselrodt desto mehr achtung zu erhalten - deßwe gen ist wieder die frage davon denken Sie doch nach - fragen Sie ob nichts | | für das gute Kind zu thun ist ich will sie im herbst zu mir nehmen biß sie weiter kann - Pfefel schreibt mir - es müsse keine Dame, keine fürstinn seyn sie geh auch in ein ander hauß zu Kindern ich werde ende dießes monats wieder zu hauß seyn - u Ihnen dann in darmstadt einmal erzälen, was man in Westphalen alles sieht u hört - viel viel - das man nirgend anderswo findet - sieht u hört - die natur hat viel gutes u schönes - aber die Pfaffen viel abscheuliches u die Ritter viel tolles drolligt ist die wirkung des aufenthalts der Fürstinn Galizin u der matematik des H- v. Fürstenberg ich war in Pirmont - Sah täglich die Herzoginn von Braunschweig - mit einem hohen maaß güte - herablassung u wahrheit begabt - die Herzoginn | | von Meklenburg alles dieß, auf eine andre art - die von Curland wieder Frau v. der Reke - Nicolai - Möser Schimmelmann - u die Frau v. Riez mit der Königs tochter Gräfin von der Mark, u den Stafetten welche ihr von Krieg und Frieden erzälen O wie Bunt war es das bewegliche Gemälde welches in dießem ort vor uns vorüber gieng lassen Sie mich doch einen brief von Ihnen in meinem Hauß finden und Sagen Sie mir wie sich die Liebe Liebens würdige Frau Landgräfinn befindet - legen Sie mich ihr mit allen den wünschen zu füßen welche mein ganzes Herz - für ihr Leben, und ihr glük

Brief 14 – 2. August 1790

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55 55 macht - ach Freund! der Himmel | |

erfülle sie diese wünsche - auch die für den Erbprinzen, und seine brüder und der Prinzen besten Freund adieu an Sie - an H- Hofprediger 60 und die Merks - von Sophie la Roche 60

FDH, Sig. Hs-6438 9 14 42 52

Piquot] {Fr}/Pi\quot Taxis] {vo}/Tax\is Gräfin]  {g}/G\räfin Sie] 

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driburg] In dem westfälischen Badeort Driburg lebte seit 1779 der braunschweigische Oberkammerjägermeister Caspar Heinrich Freiherr von Sierstorpff (1750−1842). 1782 erwarb er in Erbpacht die Mineralquelle von der fürstbischöflichen Kammer in Paderborn. Mit der Neugestaltung der Parkanlagen im Stil englischer Landschaftsgärten gab er entscheidende Impulse zur Blüte des Kurortes (vgl. Heinz Jansen: Sophie von La Roche im Verkehr mit dem geistigen Münsterland. Nebst ungedruckten Briefen Sophies an Sprickmann. Münster 1931, S. 51). Im Sommer 1790 befand sich unter den Driburger Badegästen der junge münsterländische Gelehrte Johann Christoph Schlüter (1767−1841), der Sophie von La Roche während ihres Kuraufenthaltes nicht von der Seite wich. In seinem Tagebuch äußert er sich bewundernd über die Eloquenz und Frische der Sechzigjährigen (S. 45f.). 2 august] 2. August. von hier aus] Sophie von La Roche wohnte im Badehotel Drostenhof, das gleichzeitig Wohnhaus von Caspar Heinrich Freiherr von Siersdorpff und seiner ersten Frau Maria Sophia (1743−1808), geb. von Brabeck, war. einschluß] Der Einschluss ist nicht überliefert. Das Schreiben wurde vermutlich in Colmar abgesandt und nahm Bezug auf die Vermittlung der jungen Elsässerin. Siehe Komm. zu Zeile 7 u. Zeile 9. Pfefel] Auf dem Weg in die Schweiz pflegten Reisenden in den Jahren 1773 bis 1793 die von dem Pädagogen und Fabeldichter Gottlieb Konrad Pfeffel (1736−1809) gegründete „École militaire“ in Colmar zu besuchen, die als Erziehungsinstitut für protestantische Knaben einen ausgezeichneten Ruf in ganz Europa genoss. Auch seine starke Persönlichkeit wirkte anziehend auf die internationale Besucherschar. Seine 1758 eingetretene vollständige Erblindung hinderte ihn nicht, organisatorisch wie schriftstellerisch rastlos tätig zu sein. 2198 Besucher trugen sich in sein Fremdenbuch ein (siehe Heino Pfannenschmid: Pfeffel’s Fremdenbuch mit biographischen und culturgeschichtlichen Erläuterungen.

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Colmar 1892; Gabriel Braeune: Pfeffel l’Européen. Esprit français et culture allemande en Alsace au siècle des Lumières. Straßburg 1994). Als Mitglied der aufklärerisch gesinnten, 1761 gegründeten „Helvetischen Gesellschaft“ stand er mit Sophie von La Roches Freunden Johann Georg Schlosser (ab 1776), Johann Georg Jacobi (ab 1784) und Jakob Sarasin (siehe Brief 37 Komm. zu Zeile 6) in Verbindung. Mit Sophie von La Roche war er seit 1783 befreundet. Sie besuchte ihn vom 16. bis 21. August 1784 und ein zweites Mal im Oktober 1789. Pfeffels Tochter Catharina Margarethe (1764−?), genannt Peggy, wurde im Sommer 1784 zeitweilig in den Haushalt der La Roches in Speyer aufgenommen, während ihr Sohn Franz für ein Jahr bis Juli 1785 das Institut in Colmar besuchte. Petersen hatte zu diesem Zeitpunkt seine Stelle als „instituteur“ des Instituts bereits für das Amt des Prinzenerziehers am Hof von Hessen-Darmstadt aufgegeben. Die Vermittlung verdankte er vermutlich seinem Vorgesetzter Pfeffel, der seit 1763 den Titel eines hessen-darmstädtischen Hofrats trug (siehe Kapitel 2). Aus den elf erhaltenen Briefen Pfeffels an den Prinzenerzieher geht hervor, dass ihre Meinungen hinsichtlich der Politik zu Beginn der Französischen Revolution differierten. Petersen lehnte Pfeffels anfangs geäußerten Optimismus ab (FDH, Sig. Hs-6415−6425; bei der archivalischen Bearbeitung wurde irrtümlich Georg Wilhelm Petersen als Empfänger angegeben). Nach Schließung der Militärschule im Jahr 1793 arbeitete Pfeffel als Übersetzer und übernahm Ämter im Erziehungswesen und der lutherischen Kirchenverwaltung des Elsass (siehe Brief 108 Komm. zu Zeile 78f.). Unter den wenigen überlieferten Papieren, die Petersen hinterließ, findet sich ein Brief Adele Schnetzlers, Frau des Freiburger Kreisrats und Herausgebers der „Freyburger Zeitung“ Franz Xaver Sch., vom 3. Mai 1809 an ihn mit der Nachricht vom Tod Pfeffels (FDH, Sig. Hs-6624). Auch hier wurde irrtümlich Georg Wilhelm Petersen als Empfänger angegeben. Piquot] Charlotte de Picquot-Pinsack (Lebensdaten nicht ermittelt) war die Tochter der verwitweten Franziska Henriette de P.-P., geb. de Nardin, aus dem Elsass (siehe Pfannenschmid: Pfeffel’s Fremdenbuch (1892), Nr. 1400−1404). Pfeffel bemühte sich, die Lage der verarmten Familie zu verbessern, obwohl er mit Ausbruch der Revolution selbst in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet. Sophie von La Roche und Petersen unterstützten ihn dabei. Charlotte de P.-P. erhielt eine Stelle als Hofdame. Für ihren Bruder, dessen Vorname und Lebensdaten nicht ermittelt werden konnten, wurde eine Stelle in einem Regiment gefunden (siehe Pfeffels Briefe an J. Fr. Chr. Petersen, FDH, Sig. Hs-6421, 6423, 6424). Prinz Max] Prinz Maximilian Joseph von Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld (1756−1825) war mit der darmstädtischen Prinzessin Auguste Wilhelmine (1765−1796), der Schwester des Landgrafen Ludwig X., verheiratet.. Prinzeß von Taxis] Prinzessin Therese Mathilde von Mecklenburg-Strelitz (1773-1839) heiratete 1789 Karl Alexander Joseph von Thurn und Taxis (1770−1827). Ihre Jugendjahre verlebte sie in Darmstadt im Palais ihrer Großmutter Landgräfin Marie Luise Albertine von Hessen-Darmstadt (1729−1818), einer Schwägerin Ludwigs IX. Nesselrodt] Vermutlich ist der in Düsseldorf ansässige kurpfälzische Kämmerer und bergische Landcommissarius Carl Franz Alexander Johann Reichsgraf von Nesselrode-Ehreshoven (1752−1803) gemeint. Es bestand ein enger Kontakt zu Sophie von La Roches Freund Friedrich Heinrich Jacobi. In Frage kom-

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men auch dessen Vater Carl Franz Reichsgraf von N.-E. (1713−1798), jülichbergischer Kanzler, kurpfalzbairischer Geheimer Staats- und Konferenzminister, Landkommissar, Oberamtmann von Steinbach, Erbauer des Palais Nesselrode in Düsseldorf sowie Johann Franz Joseph Graf von Nesselrode-ReichensteinLandskron (1755−1824), kurkölnischer Geheimer Extra-Konferential-Rat und Hofrats-Präsident, Obrist-Kämmerer, Statthalter der Festung Recklinghausen, Amtmann zu Kempten und Oedt, Erbmarschall und Erbkämmerer des Herzogtums Berg und Erbdirektor der Bergischen Ritterschaft. Zwischen 1806 und 1815 war er Innen-, Justiz- und Kriegsminister, schließlich Präsident des Staatsrates des Großherzogtums Berg. 33 Fürstinn Galizin] Fürstin Adelheid Amalia von Gallitzin (1748−1806), geb. Gräfin Schmettau, bildete das Zentrum einer Gruppe katholischer Intellektueller in Münster („Kreis von Münster“). Sie selbst war im Sommer 1786 zum Katholizismus konvertiert. Ihre Beziehung zu Sophie von La Roche war nicht freundschaftlich zu nennen, wenngleich sie Interesse für die bekannte Schriftstellerin zeigte (Jansen: Sophie von La Roche im Verkehr mit dem geistigen Münsterland [1931], S. 25f.). 33f. matematik des H- v. Fürstenberg] Mathematik des Herrn von Fürstenberg. Franz Friedrich Wilhelm Freiherr von Fürstenberg (1729−1810), Freund der Fürstin Gallitzin, war bis 1780 leitender Minister im Bistum Münster. Ihm unterstanden als Kurator die Universität Münster und die Höheren Lehranstalten. Die Einführung von Mathematik und Deutsch als Pflichtfach gehören zu den vielbeachteten Reformen seiner Amtszeit (siehe Siegfried Sudhof: Schulordnung 22. Jan. 1776. Franz Freiherr von Fürstenberg. Zum 150. Todestag des Gründers der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster am 16. September 1960. Hrsg. im Auftrag des Rektors und des Kurators. Mit einem Nachwort von Siegfried Sudhof. Münster 1960; ders.: Von der Aufklärung zur Romantik. Die Geschichte des „Kreises von Münster“. Berlin 1973, S. 163 u. S. 166; Jansen: Sophie von La Roche im Verkehr mit dem geistigen Münsterland [1931], S. 2). 35 Pirmont] Pyrmont, zwischen Hameln und Paderborn gelegen, war zu dieser Zeit ein beliebter Bade- und Erholungsort für den Adel, das gehobene Bürgertum und die Geisteselite. Das Bad liegt 45 km nordöstlich von Driburg. 35f. Herzoginn von Braunschweig] Gemeint ist Herzogin Augusta Friederike von Braunschweig-Lüneburg (1737−1813), geb. Prinzessin von Britannien und Irland, verheiratet mit Herzog Karl II. Wilhelm Ferdinand von B.-L. (1735−1806), dem Oberbefehlshaber der preußischen Armee. 37f. Herzoginn von Meklenburg] Gemeint ist Herzogin Luise von Mecklenburg (1756−1808), geb. Prinzessin von Sachsen-Gotha-Altenburg, verheiratet mit Friedrich Franz I. von M. (1756−1837). 39 von Curland] Gemeint ist Anna Charlotte Dorothea von Kurland (1761−1821), geb. Gräfin von Medem. Sie war die Stiefschwester von Elisabeth von der Recke (siehe Komm. zu Zeile 40). 40 Frau v. der Reke] Frau von der Recke. Gemeint ist die Dichterin und Schriftstellerin Elisabeth Charlotte Constanzia (Elisa) von der Recke (1754–1833), geb. Gräfin Medem. 40 Nicolai] Friedrich Nicolai (1733−1811), Schriftsteller und Verleger, galt als das Haupt der Berliner Aufklärung. Er stand im geheimen Briefwechsel mit Hofprediger Georg Wilhelm Petersen (siehe Kapitel 3). Sophie von La Roche er-

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wähnt sein 1801 entstandenes Werk „Über den Gebrauch falscher Haare und Perrucken“ in Brief 145 Zeile 41f. 40 Möser] Justus Möser (1720−1794), Schriftsteller und Beamter in Osnabrück, hielt sich bis Ende Juli in Begleitung seiner Tochter Jenny in Pyrmont auf. Mit beiden stand Sophie von La Roche seit 1782 im Briefverkehr (vgl. Jansen: Sophie von La Roche im Verkehr mit dem geistigen Münsterland [1931], S. 33−35). 41 Schimmelmann] Gemeint ist der dänische Finanzminister und Staatsmann Ernst Heinrich Graf Schimmelmann (1747−1831). Sophie von La Roche machte seine Bekanntschaft im August 1778 in Ems (Jansen: Sophie von La Roche im Verkehr mit dem geistigen Münsterland [1931], S. 62). 41 Frau v. Riez] Frau von Rietz. Gemeint ist Wilhelmine Rietz (1753−1820), geb. Encke (Enke), die frühere „maîtresse en titre“ des Kronprinzen und späteren Königs Friedrich Wilhelm II. von Preußen (1744−1797). 1782 wurde die Verbindung durch den König gelöst. Drei ihrer fünf gemeinsamen Kinder überlebten. Er arrangierte eine Ehe seiner Geliebten mit seinem Kammerdiener Johann Friedrich Rietz, die später geschieden wurde. Durch ein Dekret erhob der König sie kurz vor seinem Tod zur Gräfin von Lichtenau. 42f. Königs tochter Gräfin von der Mark] Marianne Gräfin von der Mark (1780−1814) war die illegitime Tochter des Preußischen Königs Friedrich Wilhelms II. aus seiner Verbindung mit Wilhelmine Encke (siehe Komm. zu Zeile 41). 43f. Stafetten] Reitende Eilboten. 44 Krieg und Frieden] Sophie von La Roche beobachtete die hektischen Aktivitäten, welche die offiziellen Friedensverhandlungen zum Ende des „RussischTürkischen Kriegs“ einleiteten, an dem auch Preußen, Polen, Österreich und Schweden beteiligt waren. Am 27. Juli 1790 kam es zu der „Konvention zu Reichenbach“. 57 Erbprinzen] Prinz Louis, Petersens Zögling. 57 seine brüder] Gemeint sind Prinz Georg (1780−1856) und Prinz Friedrich (1788−1867). 58 besten Freund] Gemeint ist der Briefpartner, Prinzenerzieher Johann Friedrich Christian Petersen.

Brief 15 11

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10. September 1790 offenbach den 10 7ber 1790

Ein garstiges stük Nerven Fieber, welches mir die Eigen Liebe zuzog - hat mich gehindert Ihnen früher meine innige Freude über die entbindung, und das wohlseyn, der Edlen geliebten Frau Landgräfinn zu schreiben dem Himmel sey dank daß die Frau erhalten wurde Es war mir bange um sie - und ich zäle die tage biß ich erscheinen kann: die Sache welche mir anliegt hat keine Eile - Es

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betrift die verpflanzung des Stifts Wallerstein aus dem HessenCasslschen, in das Darmstädtische - weil ich die Damen versicherte, daß der Hessische Löwe in dem Leztern alle Schäzbare Eigenschaften habe, welche man von jeher dießem mächtigen Geschöpf zueignete - so wie der erstere nur das Grimmige behalten habe die Hauptsache liegt in einer Phantaisie von Ritterschaftlicher Freyheits idèe - welche wie mich dünkt die gesunde Philosophische Politik - den guten 10 Damen gerne geben wird indem sie unmöglich, mit dieser ideal Freyheit etwas anders anfangen können - als das eine junge hübsche Stifts Dame entführt, und eine artige Cammerjungfer galant wäre - indessen | | würden in dem land 20/m fl mehr bey den unterthanen verzehrt - es wäre für adeliche familien eine resource mehr und die Cammer könte, wenn irgend in der Gegend von Darmstadt ein altes verwünschtes Schloß stünde, es an das Stift verkaufen - denn die anerkennung der den Damen so am Herzen liegenden Freyheit, kann ja so abgefaßt werden das der landsherr auf alle art sein ansehen über die gute Kinder behält Cassel hat schon viel gegeben, ein wenig mehr von Darmstadt = und die Capitalien der reichen Stiftung kommen, mit den Fräuleins in die Bergstraße = Mündlich mehr, und Papiere dabey - aber ich muß bitten das niemand nichts erfährt weil sonst viel lärmen entstünde, und jemand den ich sehr Liebe unendlichen verdruß bekäme - die Juristen wissen Sie, sind keine Politiker, sondern Chikaneur - Ein Damen Stift kann ehender Freyheit erhalten, als Canonici die auch Männer sind, aber was wollen die arme Kinder mit dem schönen Spielwerk des worts Imediat machen - als mit vergnügen auf ihre ordens Bänder Bliken - und desto schönere Dinèes geben, wenn sie | | besuch bekommen - - - - tragen Sie bey theurrer Freund! diesen gesichtspunkt im rechten Licht betrachten zu lassen, denn warlich eine landsherr verliert nichts bey dem artigen traum der Damen - die in einem ernsthaften Fall, viel übler daran wären, als bei einer anerkanten herrschaft und indessen ist der vortheil im land, u bey den FamiLien -

tausend tausend wünsche zu Füßen des betts der Liebenswürdigen, und verehrten wöchnerinn - aber so viel für den Sohn -

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adieu

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theurer würdiger Freund! bald hofe ich Sie, und den Braven mann aus dem Payd de vaud zu sehen - was sagen Sie aber zu meinem Schiksal, daß ich meinem Franz die Reiße nach Italien zum zweyten mal aufopfere Zuerst aber sagen Sie mir was, über den Corespondenten den mein Franz bekam - - Es ängstigte mich im ersten Moment - ohne das ich ganz genau angeben kann warum! dieß ist Ihrem Herzen - Ihrem Geist, und Caracter vertraut - dem H- Bruder meine empfelung Christiane ist zufrieden - Leben Sie wohl, ich hofe ich kann bald kommen

FDH, Sig. Hs-6439 24

irgend] {in}/je\mand

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10 7br] 10. September. entbindung] Landgräfin Luise hatte am 3. September ihren vierten Sohn, Prinz Emil (1790−1856), geboren. Wallerstein] Lies: Wallenstein. Stifts Wallerstein] Die 1783 erfolgte Einrichtung des Stifts Wallenstein in Homberg an der Efze entstand aus dem Bedürfnis, für unverheiratete adelige Damen aus Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt eine standesgemäße Versorgung zu schaffen. Die Stifterin Marie Amalie Freiin von Schlitz, geb. von Wallenstein, zerstritt sich mit dem von ihr bestimmten Direktor. Die gerichtlichen Auseinandersetzungen endeten mit seiner Entlassung. Stiftsdirektor zum Zeitpunkt des Briefes war Ernst Johann Phillip Rau von Holzhausen, der ebenfalls durch persönliche Schuldwirtschaft in Misskredit geriet. Diese Umstände können mit dazu geführt haben, dass die Stiftsdamen in dem neuen Territorium die Reichsunmittelbarkeit anstrebten, die ihnen bei der Gründung des Stifts in Hessen-Kassel − von den kaiserlichen und landgräflichen Privilegien abgesehen − verwehrt worden war (siehe Margret Lemberg: Marianne vom Stein und das Stift Wallenstein zu Homberg/Efze und Fulda. Marburg 2007 [= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 66]). Nach Auskunft der Autorin befinden sich weder im HSAD noch im HSAM, wo das Archiv Stift Wallenstein aufbewahrt wird, Dokumente, die im Zusammenhang mit dem geplanten Umzug stehen. Hessische Löwe] Der Löwe ist das Wappentier des Kurfürstentums HessenKassel wie auch der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt. Philosophische Politik] Gemeint ist eine den Ideen der Aufklärung verpflichtete Politik, die Ludwig X. zu Beginn seiner Regierung anstrebte. 20/m fl] 20.000 Florins. Florin war eine gebräuchliche Bezeichnung für Gulden. resource] Frz.: „geschlossene Gesellschaft“. Hier ist der standesgemäße Zusammenschluss der adligen Damen gemeint.

10 10

12 18 22 23

Brief 15 – 10. September 1790

32

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Bergstraße] Aus Brief 16 Zeile 4 geht hervor, dass die Stiftsdamen Schloss Bickenbach an der Vorderen Bergstraße in Betracht zogen. 35 jemand den ich sehr Liebe] Gemeint ist Marianne Freifrau vom und zum Stein (1753−1831), die Schwester des preußischen Staatsmanns Heinrich Friedrich Karl vom und zum St. (1757−1831). Sophie von La Roche lernte sie bereits als junges Mädchen im Stammschloss der Familie in Nassau kennen (siehe Brief 65 Komm. zu Zeile 57). Durch einen Sturz im Kindesalter erlitt sie eine Rückgratverkrümmung. Eine spätere Heirat erschien damit ausgeschlossen. Ihre Familie bemühte sich daher um einen Platz im neugegründeten Damenstift Wallenstein, in das sie 1783 zusammen mit sieben anderen Damen aufgenommen wurde. Dem Stift stand sie ab 1796 als Dechantin vor. Sophie von La Roche widmete ihr 1779 das Werk „Rosaliens Briefe an ihre Freundinn Mariane von St**[Stein]“. Im „Zweyten Bändchen“ ihres Werks „Mein Schreibetisch“ von 1799 äußert sie auf S. 367f. den Wunsch, Petersen möge die Bekanntschaft der Stiftsdame machen. Erst die Rekonstruktion von Petersens politischer Einstellung − er gehörte zur „Preußenpartei“ am hessen-darmstädtischen Hof − macht diese Bemerkung verständlich: Auch Marianne vom Stein war eine glühende Verehrerin Preußens. Wegen ihrer franzosenfeindlichen Aktivitäten im „Dörnbergschen Aufstand“ wurde sie 1809 nach Paris verschleppt und vorübergehend gefangengesetzt. Von 1823 bis zu ihrem Tod 1831 bekleidete sie das Amt der Äbtissin von Stift Wallenstein (siehe Kapitel 3; Lemberg: Stift Wallenstein [2007], S. 21f. und S. 217f.). Die 52 unveröffentlichten Briefe Sophie von La Roches an Marianne vom Stein im Archiv Cappenberg (Nachlass des Freiherrrn vom Stein, Sig. C. Cap. C. I) fehlen in Vorderstemann: Sophie von La RocheBibliographie [1995]). 37 Chikaneur] Frz.: „Krittler, Rechthaber“. 38 Canonici] Lat.: „Chorherr. Mitglied eines Domkapitels“. 40 Imediat] Immediat. Reichsunmittelbarkeit. 40f. ordens Bänder] Die Stiftsdamen trugen bei feierlichen Anlässen ein hellblaues Band von der rechten Schulter zur linken Seite, sowie ein goldenes Kreuz und einen gestickten Stern auf der linken Brust (Lembach: Stift Wallenstein [2007], S. 10). 41 Dinèes] Frz.: „Festmähler“. 46 ernsthaften Fall] Gemeint ist die Verweigerung der Immediatität. 51 wöchnerinn] Landgräfin Luise von Hessen-Darmstadt. 52 Sohn] Prinz Emil. 54f. den Braven mann aus dem Payd de vaud] Nicht ermittelt. 56f. die Reiße nach Italien zum zweyten mal aufopfere] Von dem Plan einer Reise im Sommer 1790 war Petersen vermutlich schon zuvor mündlich unterrichtet worden. Auf der ersten Schweizreise 1784 wurde Sophie von La Roche von ihrem jüngsten Sohn Franz begleitet. Eine Verlängerung der Reise nach Italien kam damals nicht in Frage, weil dieser bis zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Militärschule in Colmar abgegeben werden musste (siehe Adam: Die Schweizer Reisen der Sophie von La Roche [1994], S. 40). 58 Corespondenten] Aufpasser, Begleitperson in der Öffentlichkeit. 62 H- Bruder] Hofprediger Georg Wilhelm Petersen. 63 Christiane] Christiane Petersen.

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Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum

Brief 16 11

15. Oktober 1790

offenbach den 15 8br 1790

Theurer würdiger Freund! ich plage Sie aber ich muß es um andren gutes zu thun ich wurde gebetten Bikenbach zu sehen - und 55 doch etwas sichers über die papiere zu hören welche ich mit nach Darmstadt bringen soll denn ich habe zwey drittel des Capitels ganz glühend gemacht - dann möchte ich etwas über Franz mit Ihnen sprechen - - - 10 darf ich bald auf einen tag kommen? 10 ich will die beste Liebste Fürstinn nur wenige augenblike kosten - ich weiß ihr edles Herz arbeitet an der Ruhe und dem wohl der Prinzeß von Taxis 15 15 ich bette die Frau landgräfinn deßwegen an aus taußend ursachen Lieber Freund! der Himmel soll und wird die eigene ruhe der großmütigen Frau dafür erhalten adieu theurrer Freund von Sophie la Roche

20 20 waren Sie nie in Frankfort? ich habe nichts

von alle dem Pomp gesehen - ob ich schon gewünscht diesen auszug von teutschlands großen - reichen gescheiten, und schönen artigen leuten zu beobachten | |

25 25

Cher ami! Que Personne ne Sache rien du Projet de Bikenbach, je vous en conjure = et que je vous voye bientot -

FDH, Sig. Hs-6440 13 20 24

Ruhe] {de}/ru\he Über der Zeile ein Schnörkel Que] {q}/Q\ue

1 4

15 8br] 15. Oktober. Bikenbach] Das landgräfliche Jagdhaus Bickenbach, 1720 unter Landgraf Ernst Ludwig von Hessen-Darmstadt (1667−1739) erbaut, liegt am Südrand des Ortes Bickenbach an der Vorderen Bergstraße. Sophie von La Roche sollte es

Brief 17 – 6. Dezember 1790

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im Auftrag der Stiftsdamen in Augenschein nehmen (vgl. Gisela Siebert: Jagd und Jagdhäuser in Hessen-Darmstadt. Stuttgart 1972, S. 62f.). 5 papiere] Die Stiftsdamen beauftragten Sophie von La Roche, ihnen Rückmeldung über die Reaktionen des Hauses Darmstadt hinsichtlich der gestellten Bedingungen zu geben. 7 Capitels] Hauptsätze eines Schriftstücks. Gemeint sind die Bedingungen der Stiftsdamen. 11f. nur wenige augenblike] Die Landgräfin lag im Wochenbett (siehe Brief 15 Komm. zu Zeile 4). 13f. der Ruhe und dem wohl der Prinzeß von Taxis] Gemeint ist die von der Landgräfin vermittelte Einstellung von Charlotte de Picquot-Pinsack als Gesellschaftsdame der Prinzessin von Thurn und Taxis (Brief 14 Zeile 12f.). 15 bette] Lies: bete. 20−23 waren Sie nie […] beobachten] Leopold II. von Habsburg-Lothringen (1747−1792) wurde am 9. Oktober 1790 in Frankfurt am Main zum Kaiser des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation gekrönt. 21 ob] Lies: obwohl. 22 auszug] Auslese. 24−26 Cher ami […] voye bientot] Frz.: „Lieber Freund! Dass niemand etwas von dem Projekt Bickenbach erfahre, ich beschwöre Sie = und daß ich Sie bald sehe -“. Die Zeilen stehen kopfständig am oberen Rand der letzten unbeschriebenen Seite.

Brief 17 11

offenbach den 6 xbr 1790

Theurer Freund! an meinem 60 Geburts Tag - wo Freuden, Leiden tugenden, und Fehler der langen 55 verflossenen reyhe von Jahren, bey mir vorüber giengen, schreibe ich Ihnen - weil bekantschaft Schäzbarer menschen unter edle Lebens Freuden gehören 10 10 Es ist mir traum von einer ungewöhnlich ordentlichen Folge von that sachen - in welchem mir meine Erziehung als das beste erscheint denn ohne dieße - hätte ich weder die 15 15 Schönheit, und wundervolle wohlthätigkeit der natur | | die Erde Seeligkeit der Kentnisse und die süsse gefühle der Hochachtung für verdienst, und der Freundschaft

6. Dezember 1790

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20 20 und Liebe nie gekannt - lassen Sie

25 25

30 30

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mich Ihnen nur sagen, das ich herzlich Jacobis verse wiederholte ich dankte Gott für jeden Heitern tag den mein geliebter mann an meiner Brust gezälet für jedes ungemach das meinen Muth gestählet für jede gute that und weil mein Herz verziehen hat für manchen, unverdienten Feind und für die nachbarschaft der armen und die thränen voll erbarmen - die ich den menschen | | oft geweint theurer Freund! Gott mache Ihre künftige tage - zu tagen voll glük seeligkeit des edlen rechtschafenen Manns - hier theile ich Ihnen moßers brief mit - meinen guten Franz erwarte ich alle tage - um ihn mit meinem besten Seegen, zu den besten Fürsten Kindern zu schiken adieu von Herzen von Ihrer alten Freundinn Sophie la Roche

o wie schön ist, wenn ein Fürst und Fürstinn einen Moser so schreiben macht - | | Ach warum konte die Simple aner kennung der Imediatitet des Stifts nicht geschehen - gewiß es ist Juridisches 50 50 vorurtheil der alten Zeit - welche das hindert - mich reut sehr, das ich das alberne Papier des detaillirten bittens der Damen zeigte - u nicht Simple, um Simple anerkennung 55 55 der Imediatitet, in den mauren des umfangs von dem Schloß zu Bikenbach anhielt - - denn was hätte das wohl den gerechtsamen des Fürsten verschlagen wenn die Frau abtissinn gezankt, u die junge 60 60 Damen galant geweßen wären - während fl 20/m im land zu Ewiger zeit roulirten 45

Brief 17 – 6. Dezember 1790

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FDH, Sig. Hs-6441 1 6 xbr] 6. Dezember. 2 meinem 60] meinem 60. 13 meine Erziehung] Siehe Melusinens Sommer=Abende. Halle 1806, S. I – LIII. 22−33 Jacobis verse […] oft geweint] Die Verse von Johann Georg Jacobi entstammen der kleinen Erzählung „Die Winterreise“ von 1769. Darin gibt der IchErzähler das ihm anvertraute Manuskript eines mitreisenden französischen Paters in deutscher Übersetzung wieder. Die eingestreuten Verse haben den Lebensabend und die Unsterblichkeit zum Thema: „Ihm danket er für jeden heitern Tag/ Den ein geprüfter Freund an seiner Brust gezählet/ Für jede Last, die schwer auf seinen Schultern lag/ Weil sie den Muth zu Tugenden gestählet;/ Für jede schöne That/ Und, weil er gern verziehen hat,/ Für manchen unverdienten Feind,/ Und für die Nachbarschaft der Armen,/ Und für die Thränen Voll Erbarmen,/ Die ungesehen er geweint.“ (J. G. Jacobi: Sämmtliche Werke. Zürich 1819, 1. Bd., S. 161) 38 moßers brief] Friedrich Karl Ludwig Moser (1723−1798), Staatsrechtler und Schriftsteller, wurde auf Wunsch der Großen Landgräfin Karoline an die Spitze der Hessen-Darmstädtischen Regierung gerufen, um das Land vor dem drohenden finanziellen Ruin zu bewahren. 1780 erhielt der eigenmächtige Reformer nach einem Streit mit dem Landgrafen Ludwig IX. seine Entlassung und nahm daraufhin seinen Wohnsitz in Mannheim. Dort machte er die Bekanntschaft des Ehepaars La Roche, die von Speyer kommend, jedes Jahr einige Wochen in der Residenzstadt zubrachten. Am 2. September 1790 schrieb Moser an Sophie von La Roche: „Wenn Ludwig X. ein Bauer wäre, würde er sein so oft so feierlich und an so viele abgegebenes Wort, den Undanck und die Ungerechtigkeit seines Vaters zu vergüten, längst gehalten und erfüllt haben, er ist, aber leider ein Fürst, deren Herzen, nach David den krummen Weg eines Waßerbachs nehmen und die Kunst verstehen und üben, immer nicht nur leiden, sondern auch warten zu machen.“ (GSA, Sig. 56/51) Möglicherweise ist hier dieser Brief gemeint. In diesem Fall hat Sophie von La Roches Bemerkung in Zeile 45f. einen ironischen Unterton. Es könnte aber auch ein unbekannter Brief Mosers an die Schriftstellerin gemeint sein, in dem er ihr von der versöhnlichen Geste des jungen Fürsten berichtete. Dieser ließ nach dem Tod seines Vaters einen gegen Moser laufenden Prozess niederschlagen und setzte ihm eine jährliche Rente aus. 39f. meinen guten Franz erwarte ich] Franz von La Roche hatte nach seiner Studienzeit in Marburg eine Kavalierstour in den Nordosten Deutschlands gemacht, bei der er Antrittsbesuche am preußischen Königshof in Berlin und bei dem Fürsten von Dessau absolvierte (siehe Brief 18 Zeile 31f.). 42 Fürsten Kindern] Gemeint sind der regierende Landgraf Ludwig X. und Landgräfin Luise. 46 einen Moser so schreiben macht] Siehe Komm. zu Zeile 38. 47−61 Ach warum konte […] zeit roulirten] Ihre Vermittlungen zwischen den Stiftsdamen und der hessen-darmstädtischen Regierung, in denen auch Petersen seinen Einfluss geltend machen sollte, wurden nicht von Erfolg gekrönt. Sie scheiterten mit hoher Wahrscheinlichkeit schon im Vorfeld an der Weigerung Hessen-Kassels, das bedeutende Vermögen der Stiftsdamen außer Landes gehen zu lassen und nicht etwa − wie Sophie von La Roche vermutete − am Ein-

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Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum

spruch Darmstadts gegen einzelne Klauseln (Brief 17 Zeile 52−61). Erst im Dezember 1823 − unmittelbar nach dem Tod der Äbtissin Marianne vom Stein − wurde den Stiftsdamen die Umsiedlung nach Fulda bewilligt (Lemberg: Stift Wallenstein [2007], S. 250f.). 49 Juridisches] Juristisches. 58 den gerechtsamen] den rechtmäßigen Ansprüchen. 58 verschlagen] ändern, etwas ausmachen (DW, Bd. 25, Sp. 1089). 59f. die Frau abtissinn] Henriette Sophie Christine Rau zu Holzhausen war Äbtissin des Stifts Wallenstein in den Jahren 1784−1796. Sophie von La Roche skizziert mit leichter Ironie die Gepflogenheiten eines Damenstifts. 61 roulirten] kursierten.

Brief 18 11

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27. Dezember 1790 offenbach den 27 xbr 1790

mein theurer würdiger Freund! ich laß Ihren schäzbaren brief in meinem bett, in welches mich ein neuer obschon schwacher anfall von nerven fieber seit 5 tagen gebannt hatte: heut bin ich aufgestanden theils weil ich besser bin, und auch weil ich Ihnen schreiben will und muß - wegen einem anliegen meines ich darf es sagen sehr rechtschafenen Franz Er ist seit 2 Tagen hier - etwas müde weil er von Berlin biß hieher ritt - Er ist - mein theurer Freund! wünschen Sie mir glük - Er ist was ich wünschte - in caracter Kentnissen und Ton des lebens - Er verdient den Seegen seines Vatters - und den meinigen ganz - Er verdient die gnade, und das wohlwollen des Edlen Fürsten welchem Er seine dienste weyht - Er wird ein guter, treuer diener seyn. hätte Er meine Philosophie, so würden seine wünsche nach dem Forst oder jagd junker titel nicht so Eifrig geweßen seyn aber da ich gewiß hoffen kann dieses soll von nun an sein größter fehler geweßen seyn, so muß ich Sie bitten, mir und dem guten jungen Mann eine aufklärung zu geben - warum Herr von Busch bey dem ersten brief - ihn auf der adresse | | und dem inhalt Jagd junker nannte - bey dem Zweyten aber nur Forst assessor - So wie die antwort des gnädigsten Landgrafen - und Ihre benennung seines Nammens in Ihrem lezten brief auch so ist - da doch in der ersten theilnehmenden Freude Ihres freundschaftlichen Herzens - Sie gentilhomme de Chasse auf die adresse an Franz schrieben - als Sie mir auch meldeten, der Herr

Brief 18 – 27. Dezember 1790

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Landgraf habe diesen wunsch gewährt Nun hat Franz sich gefreut - gerne seinen Lieutenants Rok und gerechtsame an jedem Hof zu erscheinen, gegen die jagd junker uniform von Darmstadt getauscht, und ist in Berlin bey Hof - in Dessau bey dem fürsten auf einer par Force jagdt - und überall mit diesem so sehr erbettenen caracter erschienen - war auch so, bey H- von Baumbach in Romrod wo Er acht tage sich aufhielt, und viel güte genoß - Er war auch unter diesem, ihm so lieben nahmen bey fürst Isenburg und Prinz Reuß - Sagen Sie mir um des Himmels willen haben neider was daran geändert? soll er diese zugesagte Gnade wieder verlohren haben - da ihm doch keine Eigenschaft | | dazu fehlt - Lieber Freund! legen Sie meine angst und meine bitte zu den Füssen der Frau Landgräffinn, ich bin nicht wohl genug selbst zu schreiben - aber ich bitte aus dem innigsten meines mütterlichen Herzen, um die erhaltung dieser gnade, die mein Sohn, bey seiner gewiß untadelhaften ambition als Sporn gebrauchen wird um auf der Bahn eines Forst assessor um so nüzlicher und Eifriger zu dienen Sie werden meiner schrift ansehen, das ich wegen fieber und bewegung zittre - ich kann deßwegen auch nichts von meinem lieben Stift schreiben welches ich noch immer nach Bikenbach wünsche - die Damen sind jezo mit ihrem Director überspannt, der sie zu allem führte was hindern konte, daß sie aus dem Casselschen kämen - sonst wären auch ihre Saiten in etwas gelinder gespannt geweßen - aber davon ein ander Mal = bitten Sie die liebenswürdige Frau landgräffinn Schutzengel der bitte meines Franz zu seyn - adieu thun Sie als Freund u anwald des guten Edlen jungen Manns was Sie können - Sie machen dadurch mich eben so glüklich als den guten | | Franz Sagen Sie - haben Sie bey Hof die schöne edition von Geßners Idyllen in 4 - mit seinen Kupfern adieu

65 65

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die Schwester ist wohl u hat viele Freude an dem mantel von den 2 darmstadter brüdern Vergeben Sie, das ich meine bitte durch einen Expressen mache - mein Franz will sich seinem Fürsten übermorgen zu Füßen legen - o sorgen Sie das er es als der glükliche Jagdjunker thun kann - u sagen Sie

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Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum

70 70 darf er die Preusische jagdjunker uniform tragen, die

Er sich machen lassen mußte als er der Königinn vorge stellt wurde - adieu verzeyhen Sie das gesudel der alten hand von Sophie de La Roche

FDH, Sig. Hs-6442 67 1 2 4 20

sich] 

27 xbr] 27. Dezember. laß] las. nerven fieber] Gemeint ist eine Neuralgie oder ein rheumatischer Anfall. Herr von Busch] Nicht ermittelt. Möglicherweise handelt es sich bei ihm um den in Brief 15 Zeile 58 genannten Aufpasser. 24 Nammens] Lies: Namens. 26 gentilhomme de Chasse] Frz.: „Jagdjunker“. 30 gerechtsame] Rechtskräftiges Tun; Recht, etwas zu tun (DW, Bd. 5, Sp. 3615). 32 Berlin bey hof] Gemeint ist der Hof des preußischen Königs Friedrich Wilhelm II. 32 Dessau] Gemeint ist der Hof des Fürsten Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau (1740−1817) in Dessau. 32f. par Force jagdt] Hetzjagd zu Pferd mit Hundemeute. 33 erbettenen caracter] erbetenen Status. In der „Fremdenliste vom März 1770 bis September 1806“, Blatt 104 findet sich am 2. November 1790 der Eintrag „Jagdjunker de la Roche aus Darmstadt“ (LSA, Abteilung Dessau A 12 a Nr. 19). 34 H- von Baumbach] Gemeint ist der fürstliche Jägermeister Ernst Christian von Baumbach, Franz von La Roches Vorgesetzter. Sophie von La Roche erwähnt ihn in den „Erinnerungen aus meiner dritten Schweizerreise“ (1793), S. 87. 34 Romrod]  In Schloss Romrod im Vogelsbergkreis befand sich ab 1790 eines der vier Oberforstämter des Fürstentums Hessen-Darmstadt (vgl. Karenberg: Die Entwicklung der Verwaltung in Hessen-Darmstadt [1964], S. 12). 36 fürst Isenburg] Gemeint ist Reichsfürst Wolfgang Ernst II. von IsenburgBirstein (1735−1803), der seit 1754 in Offenbach residierte. 37 Prinz Reuß] Es bleibt unklar, ob Reichsfürst Heinrich IV. von Reuss-Greiz (1722−1803) gemeint ist oder einer der drei Brüder der Fürstin Ernestine von Isenburg-Birstein. Heinrich XIII. (1747−1817) wie auch Heinrich XIV. (1749−1799) und Heinrich XVII. (1761−1807) hielten sich zeitweise in Offenbach auf. 45 ambition] Berufliches Streben, Ehrgeiz. 51 Director] Der Kaiserliche Kammerherr Ernst Johann Philipp Rau zu Holzhausen war Direktor des Stifts von 1783 bis 1794 (Lembach: Stift Wallenstein [2007], S. 15). 53f. ihre Saiten in etwas gelinder gespannt geweßen] sie hätten weniger heftig reagiert.

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Brief 19 – 14. Januar 1791

61f. edition von Geßners Idyllen] Gemeint ist vermutlich die 1773 in Zürich erschienene Ausgabe der „Contes Moraux et Nouvelles Idylles de D… et Salomon Gessner“ des schweizer Malers und Idyllendichters Salomon Gessner (1730−1788) (siehe Paul Leemann-van Elck: Salomon Gessner. Sein Lebensbild mit beschreibenden Verzeichnissen seiner literarischen und künstlerischen Werke. Zürich, Leipzig 1929, S. 285; Brief 95 Zeile 38−48; zu Sophie von La Loches Begegnung mit Gessner 1784 in Zürich siehe Adam: Die Schweizer Reisen der Sophie von La Roche [1994], S. 33−55). 62 in 4] in Quart. 63 die Schwester] Christiane Petersen. 65 2 darmstadter brüdern] Georg Wilhelm und Johann Friedrich Christian Petersen. 66 Expressen] Eilboten. Petersen bezahlt den Aufpreis. 71 Königinn] Königin Friederike Luise von Preußen (1751−1805), Gemahlin Friedrich Wilhelms II., war die Schwester Ludwigs X. von Hessen-Darmstadt.

Brief 19 11

14. Januar 1791 offenbach den 14 Jenner 1791

Nun haben Sie meinen Franz - theurer Lieber Freund nehmen Sie nochmals dank und Seegen von der Mutter für alles was Sie für Franz waren - und gethan haben 55 Walte Gott Sie könten immer sein Schuzgeist bleiben Sind Sie mit ihm, mit dem was Sie von ihm wahrnehmen zufrieden? ach bieten Sie ihm noch immer die hand - und geben ihm nüzliche winke - der Himmel Seegnet Sie dafür die Witterung hat meine gesundheit etwas zerüttet - aber es 10 10 hat nichts zu bedeuten nur soll ich nicht viel schreiben, und meine Rosalie ruft um das ende ihrer geschäfte - weil ich Ihnen in 8 Tagen meine briefe über Mannheim schiken kann, und Sie um die Recension Ihres Herrn bruders bitten werde - adieu mein unschäzbarer, würdiger lieber 15 15 Freund! ach warum - warum - muß ich einen Zeitpunkt denken wo Sie weit von mir seyn werden viel schönes an die prinzen - ist der Erbprinz meinem Franz gut? und andre - O mein Freund nur weniges darüber an 20 Sophie la Roche 20 den| Herrn Regierungs Rath| Petersen| in| Darmstadt

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FDH, Sig. Hs-6443 1 11

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14 Jenner] 14. Januar. Rosalie] Der 4. Band von Sophie von La Roches Werk „Rosaliens Briefe“ erschien 1791 unter dem Titel „Rosalia und Cleberg auf dem Lande“ im Verlag Weiß und Brede in Offenbach. Es stellt den vierten Teil zu „Rosaliens Briefe an ihre Freundinn Mariane von St**“ dar, von dem 1779, 1780 und 1781 die drei ersten Teile erschienen waren. briefe über Mannheim] „Briefe über Mannheim von Sophie von La Roche. Mannheim. Bey C. F. Schwan, und G. E. Götz 1791“. die Recension Ihres Herrn bruders] Die Rezension des Hofprediger Georg Wilhelm Petersen konnte nicht nachgewiesen werden. In der „Allgemeinen deutschen Bibliothek“ erschien eine Rezension (Berlin 1792, 108. Bd., 1. St., S. 241−244). Der Autor bemerkt, dass er „Mannheim und den übrigen Kreis der Verf. [Verfasserin, Anm. P.S.] kennt“. Er lobt die lebendige Schilderung der Stadt, die mit „moralischen Beobachtungen über bürgerliche Verhältnisse“ verwoben sei. Ihre „gar zu reiche Einbildungskraft“ locke die Verfasserin „auf Nebenpfade“, die ohne ein Register oder eine Inhaltsangabe auf 400 Seiten kaum wiederzufinden seien. „Stich haltende Resultate“ und Reflexionen, die aus „Grundprinzipien fließen“, erwarte er von weiblichen Autoren generell nicht. „Das sanftere [Geschlecht, Anm. P.S.] belehre uns über Bedürfnisse des Augenblicks, Cultur der Einbildungskraft und Befriedigung des Herzens!“ Ihre „Ungleichheiten des Styls“ sollten eingeebnet, ihre „Provinzialismen“ getilgt werden: „Daß es der treflichen Schriftstellerin gefallen möge, ihre Handschrift irgend einem ihrer sprachkundigen Freunde, deren sie doch so viele zählte, mitzutheilen.“ Große Bedenken hegt er, dass sich viele junge Frauenzimmer von der Reiselust der Verfasserin anstecken lassen, und „die Sucht fremde Luft zu athmen“ um sich greife. wo Sie weit von mir seyn werden] Petersen erwägt, das Amt des Fürstenerziehers aufzugeben und Darmstadt zu verlassen. Seine Beweggründe lassen sich mittelbar aus Sophie von la Roches Briefen erschließen, wie im Kapitel 3 ausführlich dargelegt wird. An dieser Stelle sei kurz bemerkt, dass am Hof von Darmstadt starke Spannungen zwischen Verfechtern der Aufklärung und deren Gegnern bestanden, wie sie zur gleichen Zeit auch an den Höfen von Wien, München und Berlin zu beobachten waren. Angesichts der Unruhen, die die Französischen Revolution in Hessen auslöste, gewannen die „Gegenaufklärer“ Einfluss auf den Landgrafen und bewirkten einen Kurswechsel seiner anfänglich reformfreudigen Politik (vgl. Haaser: Spätaufklärung und Gegenaufklärung [1997], S. 58−139). Die Brüder Petersen standen auf der Seite der Aufklärer, zu denen auch ihr Freund Merck gehörte. Während der Hofprediger zurückgezogen lebte und seine Kontakt zu den Berliner Aufklärern in aller Heimlichkeit pflegte, musste der Prinzenerzieher mit seinen Zöglingen öffentlich agieren und war folglich dem Hofklatsch und den Intrigen der gegenaufklärerischen Kamarilla ausgeliefert. Zwischen Pflichtgefühl und Selbsterhaltung schwankend geriet Petersen unweigerlich in eine schwere psychische und physische Krise, während der er zeitweise den Lebensmut verlor (siehe Brief 85 Zeile 19f.). Rotes Siegel, Poststempel: DE FRANCFORT.

Brief 20 – 30. Januar 1791

Brief 20 11

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30. Januar 1791

offenbach den 30 Jenner 1791 Nehmen Sie edler lieber Freund! dießes in denk und druk art äuserst Fehlerhafte product, meiner schreibseligen Feder gütig auf - und gewähren mir eine bitte mit meinem Franz einen Ritt hieher zu machen - der Sie wenig zeit kosten wird - Ihrer gesundheit wohl thut - mir einen glüklichen Tag giebt - und der kranken Christiane zum trost seyn wird - indem Sie den Leuten wo sie wohnt - durch diese achtung für Ihre Schwester, desto mehr eifer für ihre besorgung einflößen werden Wir haben nun durch dießen anfall die Haupt ursache | | der Krämpfe entdekt - es sind würmer aber die geben Fieber - ohnmachten u schmerzen Kommen Sie nach meinem vorschlag nehmen ein bett bey mir - u gehen den andren morgen mit aurora nach darmstadt zurük grüßen Sie meinen Franz - u bitten den H- bruder um die recesion meines buchs - in eil die alte la Roche

FDH, Sig. Hs-6444 1 4

30 Jenner] 30. Januar. Fehlerhafte product] Gemeint ist „Briefe über Mannheim“ (1791), das zahlreiche Druckfehler enthält. Sophie von La Roche schrieb am 2. Februar 1791 an Elisabeth Gräfin Solms: „ich glaube wirklich das von der ersten auflage des Eulenspiegel biß zum Callender des Hinkenden Boten - nichts mit so viel drukfehler erschien als dieße arme briefe - die mich jammern wegen dem anstoßen, das die Leßer fühlen müssen und wegen dem zweifel der in meine gesunde vernunft gesezt werden muß“ (SAO, Sig. M24 [69]; siehe Kampf: Sophie von La Roche Briefe [1965], S. 37).

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Ritt] Reiten galt in der Medizin des achtzehnten Jahrhunderts als probates Mittel gegen Melancholie (vgl. Johann Friedrich Herrenschwand: Abhandlung über die vornehmsten und gemeinsten innerlichen und äusserlichen Krankheiten zum Gebrauch junger Aerzte und Wundaerzte und solcher aufgeklärter und wohlthätiger Menschenfreunde, welche auf dem Land die Arzneykunst ausüben oder, die wegen Entfernung medizinischer Hülfe ihre eigne Aerzte seyn müssen. Bern 1788, S. 349). 18−20 es sind würmer […] u schmerzen] Möglicherweise war Christiane Petersen von Spulwürmern befallen. 26 recesion] Rezension, Besprechung. 27 meines buchs] Siehe Brief 19 Komm. zu Zeile 13.

Brief 21 11

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[Januar/Februar 1791]

tausend dank theurer Freund für alles - taußendfache Freundschaft und verehrung für alles was Sie sind und was Sie thun Edler lieber Petersen! ach nehmen Sie doch keinen endlichen entschluß Sans apell - sich von dem ort zu entFernen wo Sie so viel gutes thun können adieu von Ihrer la Roche /

FDH, Sig. Hs-6618 [Januar/Februar 1791] Der Brief kann mit Vorbehalt auf die zweite Hälfte des Januars oder auf die erste Hälfte des Februars 1791 datiert werden. In ihrem Schreiben vom 14. Januar 1791 äußert sie, dass Petersen sein Amt als Prinzenerzieher quittieren und Darmstadt verlassen will (Brief 19 Zeile 15f.). Im vorliegenden Brief wird ihre Bitte, am Hof zu bleiben, dringlicher (Zeile 5−8). In ihrem Brief vom 23. Februar ist erstmals die Rede von Petersens Ultimatum (Brief 22 Zeile 10f.). 7 Sans apell] Frz.: „unwiderruflich“. 7f. sich von dem ort […] thun können] Siehe Brief 19 Komm. zu Zeile 16; Brief 25 Zeile 7−11.

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Brief 22 – 23. Februar 1791

Brief 22 11

23. Februar 1791

offenbach den 23 Fbr 1791

Ich darf Ihnen wohl sagen mein edler würdiger Freund! das Ihr langes Stillschweigen mich sehr bekümmert - denn Sie 55 hatten mich durch freundliche antworten verwöhnt - - Sie sind wohl sagt mir meine Tochter Brentano - Sie lassen mich grüßen / Sind Sie mir noch gut wie sonst? / Sind Sie mit Franz zufrieden? 10 / muß ich noch immer vor dem termin 10 ostern zittern? - O nur wenige zeilen über dieße Fragen - und ein Finger zeig, über beyliegenden brief wenn Sie mir ihn zurük schiken 15 Freund Merk - war einst Freund dießes 15 Mannes, ist es nicht mehr - u warum? O warum ist edelmütige güte so selten bey Scharfem verstand! theurer Freund! Sie verbanden beydes - zeigen Sie es durch eine Zeile an

20 20

Sophie la Roch

/ für Sie allein Franz wird Fräulein Piquot, und meine tochter Madame Möhn - auf den Ball bringen - ich habe mit der guten Piquot die absicht das sie 25 25 den Fürstinen bekant werde - und eine aussicht erhalte - denn mein Sohn zieht in die maronne - und kann sie nicht mitnehmen - tragen Sie bey edler guter Mann dem guten Kind eine Stelle zu erhalten 30 30 ich bitte Sie - ich will auch an die Frau land Gräfinn schreiben - aber mein Freund! schreiben auch Sie mir - ich habe nichts gethan das mich Ihrer Freundschaft berauben soll die mir unschäzbar ist - Ihr stillschweigen 35 35 ist nicht natürlich - mein bößes geschik scheint wieder erwacht zu seyn - u quält mich mit neuem unrecht

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Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum

FDH, Sig. Hs-6445 1 7

10f. 13 17f. 22 23

26f.

35f.

23 Fbr] 23. Februar. Tochter Brentano] Maximiliane Brentano lebte seit 1774 als Frau des begüterten Handelsherrn Peter Anton B. in Frankfurt am Main. Petersen pflegte ihr Besuche abzustatten, wenn ihn Geldgeschäfte und Einkäufe im Auftrag der Fürstlichkeiten in die Handelsstadt führten. Bei einem längeren Aufenthalt logierte Petersen in der Residenz „Darmstädter Hof“ auf der von repräsentativen Bauten gesäumten Zeil. termin ostern] Petersen erwog, sein Amt als Prinzenerzieher aufzugeben und Darmstadt zu verlassen (siehe Brief 19 Komm. zu Zeile 16; Brief 21 Komm. zu Zeile 6). beyliegenden brief] Der Einschluss ist nicht vorhanden. Der Briefschreiber ist ein ehemaliger Freund Johann Heinrich Mercks, der nicht mit Bestimmtheit angegeben werden kann. O warum ist […] verstand] Der Ausruf bezieht sich auf Mercks schwierigen Charakter. Fräulein Piquot] Charlotte de Picquot-Pinsack lebte zeitweilig im Haushalt von Fritz von La Roche in Offenbach (siehe Zeile 26f.). Madame Möhn] Sophie von La Roches jüngste Tochter Luise heiratete 1779 den kurtrierischen Revisionssekretär und Hofrat Christian Joseph von Möhn (1754−1804) aus Koblenz. Dass dieser Verbindung kein Glück beschieden sein würde, hatten die Freunde der Familie schon früh prognostiziert. Luise von M. lebte seit der 1789 erfolgten Entmündigung ihres alkoholabhängigen, gewalttätigen Mannes in Sophie von La Roches Haushalt in Offenbach. Die Ehe wurde 1791 geschieden (siehe Brief 23 Zeile 65; Eugen Caspary und Rudolf Wolf: Christian Joseph Möhn und Luise von La Roche. Spuren der Familien Möhn, La Roche und Brentano in Niederselters. Selters im Taunus 1990). mein Sohn zieht in die maronne] Fritz von La Roche und seine holländische Frau Elsina (1761−1831), verw. Espinasse Langeai, geb. Merkus, planten den Umzug zu Elsinas verwitweter Schwester namens Rondeau, die ein Anwesen bei Nieulle in der Marenne, einem Küstenstrich am französischen Atlantik, besaß. Nieulle liegt im heutigen Département Charente-Inférieur. mein bößes […] erwacht zu seyn] Sophie von La Roche nimmt Bezug auf die traumatischen Erlebnisse ihres Lebens. Dazu ist die Auflösung ihrer ersten Verlobung und der Verlust ihrer gesellschaftlichen Stellung bei der Amtsentlassung ihres Mannes zu zählen.

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Brief 23 – 28. Februar 1791

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28. Februar 1791 offenbach den 28 Fbr 1791

dank viel dank theurer würdiger Freund für Ihren zu großen brief - denn so sehr ich wünschte etwas von Ihnen zu leßen - so sehr schmerzte mich die anstreng ung, welche der große brief Ihnen geben mußte = der Himmel Heile Sie - und Erleuchte die andre ich kann nicht ohne weh meiner Seele, an Ihre entfernung denken - so wie das blinde unrecht mir weh thut = o was würde es mit mir seyn - hätte ich meiner ersten Impulsion gefolgt, und wäre hinüber gezogen den Merk hätte mir Sie weder weit noch nah ersezt - - Gott Seegne Sie und mache Sie glüklich wie ich es wünsche möchten Sie denn nicht auf die Regierung mit Ihrem jezigen gehalt - und dann ein edles reiches mädgen glüklich machen - Sie wären dann | | in zukunft Ihrem Erbprinzen was hier Regierungs Rath Pietsch für Carl von Isenburg ist - Einziger geliebter Freund ach bey dießem ausdruk denk ich meines Franzen in ansehung Ihrer - Sie waren Sie würden mir immer dießer Freund für ihn seyn, und das Eiserne vorurtheil beraubt Ludwigen von darmstadt - und den guten angehenden Diener Franz dießer moralischen stüze = Gott sey dank daß Sie mit Franz zufrieden sind - reichen Sie ihm noch manchmal die Hand - auf dem so schlüpfrigen und ungleichen Hofboden - und bleiben Ewig des Seegens, der verehrung und innigen Freundschaft der mutter versichert: dank für Leuchsenring - der Sonderbare mann thut alles zur unrechten zeit - und stellt wie mich dünkt selbst das gute auf die un- | | rechte Eke, so mag er den erfolg auch nehmen =

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das Ihr H- bruder meine Mannheimer briefe recensirt ist mir Herzliche Freude - ich hofe er handelt nach der Schrift ohne ansehen der Person Ihr beyfall ruht auf güte und nachsichtsvoller Freundschaft - aber er macht mich sehr glüklich, mein würdiger Freund Sagen Sie Ihrem H- bruder, Er solle doch einmal einen schönen Tag nehmen um Christiane mit der es besser geht zu besuchen und die große werke in der Bibliotek meines Sohns Friz zu sehen die leute ziehen end Jully à la Rochelle ich sagte sie solten die schwere bücher die aus dem verlag des merkus von Amsterdam sind verkaufen - Sie haben Ein Gymnase und | | vielleicht legt wohl der landgraf eine Bibliotek an Wissen Sie was ich bey den Colmarschen und Elsasser unruhen wünschte der Landgraf soll seinem Hofrath Pfeffel Bikenbach für seine militaire Schule anbieten - so wär Pfeffel geborgen und Darmstadt gewönne viel adieu, ich Sudelte - Ach ich mußte in dem Ehscheid Prozess meiner Luise etwas schreiben und das verstimmte mich Frl- Piquot ist nun bekant u empfolen das Schiksal mag gönnerinnen inspiriren der Churfürst von Bayern ist ja so krank da wird Prinz max doch ein größerer Herr u kann seiner Gemalin ein Frl mehr geben die dazu ein gegenstand von Großmuth ist bitten Sie doch den landgrafen auf die schöne regal große landschaft von Everdingen - prächtig von Prestel gestochen zu suscribiren 1 Carolin es ist auch wohl that für den großen Künstler - adieu von Sophie la Roche

Brief 23 – 28. Februar 1791

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FDH, Sig. Hs-6446 52 68 1 5f.

ziehen] {g}/zi\ehen mag] ma{*}/g\

28 Fbr] 28. Februar. die anstrengung] Bei Petersens Erkrankung handelte es sich vermutlich um Hirnhautentzündung in Folge einer Lungentuberkulose aus früheren Jahren. Der Obduktionsbericht konstatiert Verwachsungen der Hirnhaut, welche allem Anschein nach der Grund für Petersens chronische Kopfschmerzen waren (HSAD, D 12 37/38; siehe Kapitel 2). 10 entfernung] Hier im Sinne von „Weggehen“ gebraucht, da die Entscheidung von Petersen ausging. Sophie von La Roche war nicht nur aus Eigennutz daran gelegen, dass Petersen am Hof von Darmstadt blieb. Seinen Auftrag, den zukünftigen Souverän geistig und charakterlich zu formen, sollte er verantwortungsvoll weiterhin wahrnehmen (siehe Kapitel 4). 10f. blinde unrecht] Es bleibt ungeklärt, ob damit die ungerechte Beurteilung durch Höflinge oder Petersens unrechtmäßige Lage gemeint ist. 13 Impulsion] Impuls. 21 H Regierungs Rat Pietsch] Hofrat Johann Balthasar Pietsch (1747−1826) war von 1775 bis 1782 Erzieher des Erbprinzen Prinz Karl Friedrich Ludwig Moritz von Isenburg-Birstein (1766−1820). Als Mitglied der Isenburgischen Regierung blieb er bis zu seiner Entlassung 1793 in unmittelbarer Nähe seines Zöglings. Die enge Bindung zu Pietsch hatte bei dem Prinzen zu einem Autoritätskonflikt mit seinem Vater geführt. Er wurde 1793 entlassen (siehe Sophie von La Roches Brief an Elisabeth Gräfin Solms am 3. Juni 1793 [SAO, Sig. M24 (83)]; Kampf: Sophie von La Roche Briefe [1965], S. 47; siehe Kapitel 4). 26 Eiserne vorurtheil] Eine eindeutige Interpretation der Textstelle ist nicht möglich. Vermutlich ist die Ablehnung Petersens durch ihm feindlich gesinnte Höflinge gemeint (siehe Kapitel 3). 35 dank für Leuchsenring] Der Zusammenhang ist unklar. Franz Michael Leuchsenring (siehe Brief 5 Zeile 21) befand sich zum Zeitpunkt des Briefs ohne Anstellung in Berlin, wo er zurückgezogen in einem Gasthof logierte. Um seine Finanzen stand es schlecht, wie aus seinem Schreiben vom 22. Januar 1791 an den Landgrafen von Hessen-Homburg hervorgeht, in dem er auch um Unterstützung durch den Landgrafen von Hessen-Darmstadt bittet (siehe Leuchsenring: Briefe [1976], 1. Halbbd., S. 128). 37−39 das gute […] auch nehmen] Der Zusammenhang ist unklar. Leuchsenrings politische Umtriebigkeit am Hof von Berlin und seine offen geäußerte Verbindung zu Jakobinerkreisen führte im Mai 1791 zu seiner gewaltsamen Ausweisung aus Preußen (Leuchsenring: Briefe [1976], 2. Halbbd., S. 270; Brief 5 Komm. zu Zeile 21). 40−42 H- bruder […] Herzliche Freude] Die Rezension Georg Wilhelm Petersens konnte nicht nachgewiesen werden. Siehe Kapitel 2.4, Brief 19 Komm. zu Zeile 13.

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H- bruder] Hofprediger Georg Wilhelm Petersen. à la Rochelle] Fritz und Elsina von La Roche schifften sich erst im Herbst 1792 in der französischen Hafenstadt La Rochelle nach Nordamerika ein. 53−55 schwere bücher […] von Amsterdam sind] Elsina von La Roche besaß Bücher aus dem Amsterdamer Verlag ihres Vaters Henricus Mercus. Der Verlag existierte von 1740−1782 (Jan A. Gruys und Clemens de Wolf: Thesaurus 1473−1800. Nederlandse Boekdrukkers en Boekverkopers1473−1800. Met plaatsen en jaren van werkzaamheid. Dutch printers and booksellers. With places and years of activity. Nieuwkoop 1989 [= Bibliotheca Bibliographica Neerlandica 28], S. 120). 55 Gymnase] Das Darmstädter Gymnasium entstand aus dem 1629 von Landgraf Georg gegründeten Pädagogium. Unter Rektor Helfrich Bernard Wenck (1739−1803) wurde ab 1769 ein neues Bildungsprogramm eingeführt, das dem deutschen Sprach- und Literaturunterricht Vorrang vor alten Sprachen gab (siehe Seidel: Literarische Kommunikation in Hessen-Darmstadt [2003], S. 82−92; Ludwig Fertig: Darmstädtische Schulen im 18. Jahrhundert. In: Magistrat der Stadt Darmstadt [Hrsg.] : Darmstadt in der Zeit des Barock und Rokoko. Bd. 1. Darmstadt 1980, S. 184−196). 57 Bibliotek] 1781 war in der Fürstlichen Invalidenanstalt eine Leihbibliothek eingerichtet worden (vgl. Seidel: Literarische Kommunikation in HessenDarmstadt [2003], S. 214). 58f. Colmarschen und Elsasser unruhen] Seit Juli 1789 erlebte das Elsass revolutionäre Aufstände der Bauern und des Pöbels (vgl. Jörg Sieger: Kardinal im Schatten der Revolution. Der letzte Fürstbischof von Straßburg in den Wirren der Revolution am Oberrhein. Kehl [1986], S. 39). 60−63 der Landgraf […] gewönne viel] Sophie von La Roche unterbreitete Pfeffel diesen Vorschlag in einem Brief vom 7. Mai 1791 (siehe Hassencamp: Aus dem Nachlaß der Sophie von La Roche [1898], S. 497). Vier Tage später fragt sie bei Merck an: „Glauben Sie nicht das der Landgraf Herrn Pfeffel das Bikenbacher Haus für sein Institut eingäbe, wenn er Elsaß verliert“ (Merck: Briefwechsel [2007], Bd. 4, S. 634). Das Jagdschloss Bickenbach wurde im Zusammenhang mit der Umsiedlung des Stifts Wallenstein erwähnt (siehe Brief 16 Zeile 4). 65 Ehscheid Prozess meiner Luise] Siehe Brief 22 Komm. zu Zeile 23. Sophie von La Roche schrieb an Elsina de La Roche am 30. November 1805: „Louise a gagné son procès et aura tous les ans 400 florins“ (zitiert nach Joseph Dresch: Sophie von La Roche et sa famille d’après des documents inedits. Revue germanique 12 [1921], S. 16−45, hier S. 41). 67 Frl- Piquot] Fräulein Picquot. Sophie von La Roche hatte sich um die Anstellung der mittellosen Charlotte de Picquot-Pinsack als Gesellschaftsdame der Prinzessin Auguste von Pfalz-Zweibrücken (1765−1796) bemüht. Diese war eine Schwester des Landgrafen Ludwig X. von Hessen-Darmstadt (siehe Brief 25 Zeile 37f.). 69f. Churfürst von Bayern ist ja so krank] Kurfürst Karl Theodor von der Pfalz (1777−1799) hatte einen Schlaganfall erlitten. Sophie von La Roche spekulierte auf die Hofhaltung seines potentiellen Nachfolgers Prinz Maximilian Joseph von Pfalz-Zweibrücken (Brief 14 Komm. zu Zeile 12). 70 seiner Gemalin] Prinzessin Auguste, Schwester des Landgrafen Ludwig X.

Brief 24 – 7. März 1791

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regal große] Bezeichnung für ein übergroßes Papierformat („Königsformat“), wie es für Landkarten und Aufrissen gebraucht wird. Everdingen] Gemeint ist der niederländische Landschaftsmaler und Radierer Allaert van Everdingen (1621−1675). Prestel] Der Kupferstecher Johann Gottlieb Prestel (1739−1808) war für die Qualität seiner druckgraphischen Werke bekannt, die unter Mitarbeit seiner Frau Maria Catharina Prestel (1747−1794) in seinem Atelier in Frankfurt am Main entstanden. Carolin] Karolin. Handelsmünze im Wert von elf Gulden, bzw. zwei Dukaten.

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offenbach den 7 merz 1791 dank mein edler würdiger Freund für die auf meine bitten horchende güte und gefälligkeit - sorgen Sie vorzüglich für Ihre gesundheit - das übrige bleibt ja immer vor Ihrem denkenden und urtheilenden auge liegen Sie sprechen von einem Baad, daß Sie brauchen müssen - mein Carl meine Luiße müssen auch in ein Baad - ich habe meinem Carl - Baaden bey durlach vorgeschlagen - Pfeffel komt auch hin - u ich werde in dieser zeit in Carlsruh bey schlosser seyn O wie schön wäre es, Sie dabey zuwis- | | sen, bey dem so herrlichen wasser und vortreflichen gegend nehmen Sie wenigstens antheil an der edlen Freude welche ich bey dieser möglichen hofnung genoß, mich dünkt das vergnügen bey schönen entwürfen, eben so wie der anblik schöne gegenden, und wohnsize im vorbey reißen - man kann freylich nicht austeigen, und sich ansidlen aber es war ein angenehmer mom ment sich da einheimisch zu denken Fragen Sie den H- Bruder ob er das blat schon sah - u schiken | |

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mir es wieder Sie haben einen Prinzen der so viel malen läßt - soll der nicht für Prestel Subscribiren adieu in Eile - sagen Sie doch meinem Franz - das ich nach Lausanne geschrieben habe - und nun hörte das man den guten teutschen Forstmann nur auf 2- oder 3Jahre wünscht - welches mich ubillig und sonderbar dünkt adieu und Seegen für Sie und jede handlung Ihres edlen Lebens Leßen Sie das neue teutsche museum | | in darmstadt nicht? Es sind im 90 Jahrgang vortrefliche sachen für Prinzen - und besonders schöne sachen von Schlosser haben Sie bardt mit der Eisernen Stirne - oder die union geleßen Es soll von Kozebue seyn hier les reponses à demeler votre vraye amie La Roche

FDH, Sig. Hs-6447 12 1 3f.

durlach] dur{ch}/l\ach

7 merz] 7. März. auf meine bitten […] gefälligkeit] Offenbar hatte Petersen am Hof für Prestels Kupferstich geworben (siehe Brief 23 Zeile 73−76). 9 mein Carl] Gemeint ist Sophie von La Roches zweitältester Sohn Carl von La Roche (siehe Brief 11 Komm. zu Zeile 14−16). 10 meine Luiße] Luise von Möhn (siehe Brief 22 Komm. zu Zeile 23). 11f. Baaden bey durlach] Gemeint ist das sogenannte „Bäderbrünnlein“, eine aus dem 17. Jahrhundert stammende Badeeinrichtung in Durlach in der Markgrafschaft Baden-Durlach. Ab 1817 wurde die neueingerichtete Anlage „Amalienbad“ genannt (Siegmund Friedrich Gehres: Kleine Chronik von Durlach. Ein Beitrag zur Kunde deutscher Städte und Sitte. 1. Teil. Karlsruhe 1824, S. 157). 14 in Carlsruh bey schlosser] Der aus Frankfurt am Main stammende Schriftsteller und Jurist Johann Georg Schlosser, Goethes Schwager, zählt zu Sophie von La Roches vertrautesten Freunden. Zum Zeitpunkt des Briefs war er badischer

Brief 24 – 7. März 1791

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Geheimrat und Direktor des Hofgerichtes in Karlsruhe. Siehe Brief 127 Komm. zu Zeile 17. 23 schöne] Lies: schöner. 28 H- Bruder] Hofprediger Georg Wilhelm Petersen. 29 das blat] Der Einschluss ist nicht überliefert. Vermutlich handelt es sich um eine Annonce des in Zeile 33 genannten Drucks (siehe Brief 23 Zeile 73−76). 31 Prinzen] Vermutlich ist Prinz Christian von Hessen-Darmstadt (1763−1830), der jüngste Bruder des Landgrafen, gemeint, der um die Jahrhundertwende eine Bildersammlung anlegte. (Ernst Emmerling: Friedrich Jakob Hill. Der Miniaturmaler des Grossherzogs Ludewig I. von Hessen-Darmstadt. Darmstadt 1934, S. 25). 33 für Prestel Subscribiren] Siehe Brief 23 Zeile 73−76. 37f. den guten teutschen Forstmann] Nicht ermittelt. 40 ubillig] unbillig. Dialektal. 43 neue teutsche museum] Gemeint ist die Zeitschrift „Neues Deutsches Museum“, das in Leipzig von dem Schriftsteller Heinrich Christian Boie (1744−1806) herausgegeben wurde. 45 90 Jahrgang] 90. Jahrgang. 46f. schöne sachen von Schlosser] Gemeint sind die Artikel „Ueber Herrn Garvens Abhandlung der Frage: In wie fern es möglich sei, die Moral des Privatlebens bei der Regierung der Staaten zu beobachten?“ (S. 465−504 u. S. 569−611) und „Von der Handhabe der Staatsverfassung. Ueber eine Stelle des Machiavells“ (S. 1031−1108) von Sophie von La Roches Freund Johann Georg Schlosser (siehe Komm. zu Zeile 14; Kapitel 4). 48−50 haben Sie bardt […] Kozebue seyn] Die Schmähschrift „Doctor Bahrdt mit der eisernen Stirn, oder Die deutsche Union gegen Zimmermann. Ein Schauspiel in vier Aufzügen, von Freyherrn von Knigge, [Greiz im Vogtland, Anm. P.S.] 1790“ stellte einen Tiefpunkt in der seit einem Jahrzehnt geführten Auseinandersetzung zwischen Vertretern der Aufklärung und den sogenannten Gegenaufklärern dar. Wohl hatte deren polemischer Schlagabtausch in den jeweiligen Presseorganen an Polemik zugenommen, das von Injurien strotzende Pasquill indessen verletzte den publizistischen Ehrenkodex. Adolf Franz Friedrich Freiherr von Knigges Autorschaft war fingiert. Auf der Suche nach dem wahren Autor kam es in den folgenden drei Jahren zu mehreren Prozessen. Verfasser war der Komödiendichter August von Kotzebue (1761−1819), der seinen Freund, den hannoverschen Leibarzt und Popularphilosophen Johann Georg Zimmermann (1728−1795), gegen die Angriffe der Aufklärer − darunter Adolph Freiherr von Knigge (1752−1796 ) − verteidigen wollte. In vier Akten lässt er u.a. den bis 1775 in Gießen lehrenden Aufklärungstheologen und Gründer der freimaurerischen „Deutschen Union“ Carl Friedrich Bahrdt (1741−1792), die Berliner Aufklärer Friedrich Nicolai, Johann Erich Biester (1749−1816), Franz Michael Leuchsenring sowie die Braunschweiger Gelehrten Jakob Mauvillon (1743−1794) und Joachim Heinrich Campe (1746−1818) als verschwörerische, lüsterne Trunkenbolde auftreten, die Zimmermann schaden wollen. Dieser befiehlt selbstbewusst, ihre Schriften in den Abort zu kehren. Es ist fraglich, ob Sophie von La Roche die Schrift tatsächlich in den Händen gehalten hat. In Hannover wurden Exemplare der kleinen Auflage stundenweise für Geld verliehen (siehe Brigitte Erker und Winfried Siebers: „…von Pyrmont ab mit häßli-

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Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum

chen Materialien beladen“. Das Bahrdt-Pasquill. Eine literarische Fehde zwischen Aufklärung und Gegenaufklärung. In: Badegäste der Aufklärungszeit in Pyrmont. Hrsg. von Dieter Alfter. Bad Pyrmont 2004, S. 899−933; siehe Kapitel 3). les reponses à demeler] Gemeint ist die 1791 in Lausanne erschienene Publikation „Réponses à démêler ou l’oracle pour servir à l’instruction et à l’amusement des jeunes gens, Lausanne 1791“ der französischen Autorin Marie-Elisabeth de la Fite (1750−1794), geb. Bouée. Sie verfasste mehrerer Erziehungsschriften, in denen sie ihren Lesern in sanftem Ton − vorzugsweise in Dialogform − ihre Auffassung von Moral und Religion nahebrachte. Dazu gehört das hier angeführte Werk (siehe Brief 25 Komm. zu Zeile 59). Sie unterstützte ihren Mann, den protestantischen Prediger Jean-Daniel de la F., in seinen literarischen Arbeiten und übersetzte Werke ins Französische, darunter auch Sophie von La Roches 1771 erschienenen Roman „Geschichte des Fräuleins von Sternheim“. Sophie von La Roche schrieb am 5. Januar 1772 an Johann Heinrich Merck: „Aber was für ein fürchterliches urtheil fällen Sie über meine bewunderin im Haag; Sie machen würklich daß ich vor dem francösischen Firnis fürchte den sie meinem Gutem Mädchen geben will“ (Merck: Briefwechsel [2007], Bd. 1, S. 297f.). Nach dem Tod ihres Mannes verließ de la F. Den Haag und ging nach England, wo sie der englischen Königin als Vorleserin diente. In dieser Funktion machte sie die Bekanntschaft der Schriftstellerin, die 1786 eine Englandreise unternahm. Drei ihrer an Sophie von La Roche gerichtete Briefe in französischer Sprache bewahrt das GSA auf (Sig. 56/37). Sie enthalten überwiegend Neuigkeiten aus der englischen Gesellschaft. votre vraye amie] Frz.: „Ihre wahre Freundin“.

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31. März 1791 offenbach den 31 merz 1791

Ich will mein theurer würdiger Freund! diesen monat mit einer erneuten bitte an Sie beschliessen - denn die ostern nahen heran welche Sie mir als ein ziel zeigten - und die 55 Nachricht das jemand zu der Princess Luise komme - macht mich an die idèe einer garnitur denken - dennoch theurer Lieber Freund habe ich den muth Sie noch um ein Jahr gedult zu bitten harren Sie noch, um zu sehen was die Leute für einen weg nehmen - ob keine zu starke abweichungen vorgenommen wer10 10 den wobey Ihre Eleves zu viel verlöhren wenn Sie nicht an der hand bleiben, um das schwanken des Rohrs zu hindern entfernen Sie sich nicht zu schnell, nicht zu weit - und, soll ich es ganz sagen - lassen Sie mir nur für diesen Sommer noch die hofnung daß Sie bleiben, und dann vielleicht mit mir eine 15 15 reiße machen die Ihnen vergnügen, und mir erquickung geben wird - Es ist ja schon öfter ein edler erwachsener Sohn mit

Brief 25 – 31. März 1791

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einer guten Mutter gereißt - welche immer natürlicher weiße älter als ihr gefärthe seyn mußte = indessen thun Sie noch gutes - und gutes thun ist ja der Höchste zwek des edlen mannes der schon lange weiß, das man es nicht ohne Kampf mit dem bösen ausführen kann - der weiße muß thoren übersehen - Ach wenn er | | dieße Last nicht hätte, wäre nicht schon auf dieser Erde ein theil von seinem Paradieß = denken Sie an gutes das Sie gethan - lassen Sie dießes das einzige band bleiben so Sie heftet - lieben Sie den Seegen welchen ich auf Ihre tage lege - wegen gutes welches Sie für Franz thaten - Lieben Sie den, welchen Sie von Frau v. Piquot erhalten werden - theurer theurer Freund! bleiben Sie noch aus Großmuth weil Sie hoffen können noch gutes zu thun - wenn Sie das böse ertragen die Zeit geht so geschwind - der Sommer wird um seyn, ehe Sie es vermuthen - biß dahin entsteht vielleicht eine liebliche aussicht zum ersten Flug, nach den gelößten Banden - vorjezt sorgen Sie für Ihre gesundheit - vollführen Sie das gute werk für Piquot und sagen Sie - hat Ihnen die Landgräfinn nichts gesprochen von der bitte welche ich für Frl- Piquot machte = Der Pfalzgraf hat der Mutter so viel zugesagt - - ich bat um eine kleine Pension von 2 biß höchstens 300 Livres für Fl Piquot - den es giebt sich nichts als Hof oder Gesellschafts Dame - und anfangs august ziehen meine Kinder nach

Nantes

40 40 und können sie nicht mitnehmen - hundert kleine thaler - oder auch nur

hundert teutsche gulden wäre eine kleine, aber gewiß edle wohlange- | | wandte ausgabe des Pfalzgrafen - - sagen Sie mir was darüber ich bitte Sie - und gehen Sie meinem Franz an die hand - wenn er bittet, das eine von den durchlauchten auf 45 des großen guten Künstlers Prestel schöne Landschaft nach 45 Evertingen mit einer Carolin Subscribire - das blatt wird sehr schön 2 schu hoch 2 1/2 breit, mit einem wasserfall - Prestel giebt damit eines seiner meisterstüke - und es ist das verdienst der unterstüzung der Kunst damit ver50 50 bunden der IV band meiner Rosalie ist nun unter der Presse Sie sollen das erste Ex erhalten - ich bereue sehr das ich Ihnen nicht die briefe stükweiß im manuscript schikte - denn ich binn darin immer unglüklich gewesen 55 55 niemand gehabt zu haben der meine arme Papiere Laß - eh sie in die welt giengen - morgen will ich das neue Buch der Mad- la Fite Reponses à demeler an Sie schiken - Sorgen Sie ein wenig für Debit H Weiß u Brede haben eine Partie von dem

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original

druk bey muray in London adieu würdiger unschäzbarer Freund - wenn der nach Julio Romano gemalte Saal meines Sohns fertig ist - so bitte ich Fr- Landgräfinn die

Prinzen

mit Ihnen herzuschiken, und dieß, neben der schönen Landschaft zu sehen - adieu von Ihrer ergebenen La Roche

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à Monsieur| Monsieur Petersen - Conseiller de La| Regençe de S. A S. Mosgr le Landgrafe| de Hesse| à| Darmstadt

FDH, Sig. Hs-6448 30 1 4

das] d{en}/as\

31 merz] 31. März. ziel] Petersen erwägt, sein Amt als Prinzenerzieher aufgeben. (Siehe Zeile 7 und Brief 19 Zeile 16). 5 Princess Luise] Prinzessin Luise Auguste Wilhelmine Amalie (1776−1810) war die Tochter von Herzog Karl II. von Mecklenburg-Strelitz (1741–1816) und Friederike Caroline Luise von Hessen-Darmstadt (1752–1782). Nach dem Tod der Mutter wurde sie mit zwei ihrer Schwestern zeitweilig in Darmstadt im „Alten Palais“ der Großmutter Marie Luise Albertine von H.-D. unter der Führung der schweizer Gouvernante Salomé de Gélieu (1742−1820) erzogen. Bemerkenswert ist, dass Sophie von La Roche die Erzieherin der späteren preußischen Königin weder in Briefen noch in ihren Werken erwähnt, zumal sie sich zu diesem Zweig des Fürstenhauses besonders hingezogen fühlt (siehe Claudia von Gélieu: Die Erzieherin von Königin Luise: Regensburg 2007, S. 83−87). Zum Zeitpunkt des Briefs war Prinzessin Luise fünfzehn Jahre alt. Es bleibt ungeklärt, welche Person in Darmstadt erwartet wurde. Hinsichtlich ihrer Verlobung mit dem preußischen Kronprinz Friedrich Wilhelm im April 1793 siehe Brief 61 Komm. zu Zeile 10. 6 garnitur] Ausstattung. 8−10 was die leute […] vorgenommen werden] Die Analyse der Personenkonstellation am Darmstädter Hof deutet darauf hin, daß es sich hierbei um eine Hofpartei handelt, die Einfluss auf den Erbprinzen nehmen wollte und seinem Erzieher entsprechend feindlich gegenüberstand (siehe Kapitel 3). 10−12 Ihre Eleves […] zu weit] Petersen erzog zeitweise auch zwei Brüder des Erbprinzen, Prinz Georg und Prinz Friedrich. 20 Kampf mit dem bösen] Siehe Komm. zu Zeile 8. 28 Frau v.- Piquot] Frau von Picquot-Pinsack. Siehe Brief 14 Komm. zu Zeile 9. 36 Pfalzgraf] Prinz Maximilian Josef von Pfalz-Zweibrücken.

Brief 25 – 31. März 1791

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Mutter] Franziska Henriette de Picquot-Pinsack, geb. von Nardin (siehe Brief 14 Komm. zu Zeile 9). 38 Livres] Französische Handelsmünze im Wert von 1,875 Gulden. 38 Fl Piquot] Fräulein Picquot. 39 meine Kinder nach Nantes] Fritz und Elsina von La Roche (siehe Brief 22 Komm. zu Zeile 26f.). 41 teutsche gulden] Handelsmünze im Wert von 2/3 Taler. 46 Evertingen] Siehe Brief 23 Komm. zu Zeile 74. 47 schu] Schuh. Längenmaß von 28 cm. 51 IV band] vierte Band. 51 meiner Rosalie] Als vierter Band von „Rosaliens Briefe an ihre Freundinn Mariane von St**“ aus dem Jahr 1779-1781 erschien „Rosalie und Cleberg auf dem Lande“ bei den Offenbacher Verlegern Weiß und Brede im Jahr 1791. 54−56 denn ich binn […] welt giengen] Siehe Brief 19 Komm. zu Zeile 13. 57 Mad- la Fite] Madame la Fite. Siehe Brief 24 Komm. zu Zeile 55. 58 Debit] Frz.: „Umsatz, Verkauf“. Petersen sollte in Darmstadt Personen zum Kauf des Buchs animieren. 59 H Weiß u Brede] Die Offenbacher Verleger Ulrich Weiß (1731−1792) und sein Schwiegersohn Karl Ludwig Brede (1758−1836) hatten vermutlich durch Sophie von La Roches Vermittlung eine Übersetzung von Marie-Elisabeth de la Fites Erziehungsschrift „Reponses à démêler“ („Das Orakel oder Versuch durch Frag- und Antwortspiele auf eine leichte Art die Aufmerksamkeit der Jugend zu üben, und sie auf eine nützliche und angenehme Art zu unterhalten“) gedruckt. Siehe Brief 24 Komm. zu Zeile 51. Die französische Autorin hatte ihr Honorar nach drei Jahren nur teilweise erhalten. Am 13. Mai 1794 schrieb sie an Sophie von La Roche: „Veuillez, ma chère ami, arranger de votre coté, mon affaire avec Mr. Brede qui m’a fait payer 3 Carlines par Mr. Gerning et qui m’en promettait 3 autres que je n’ai jamais recus.“ (GSA, Sig. 56/37). Zu der Geschichte und den Publikationen des 1775 gegründeten Verlags siehe Adolf Völker: Ulrich Weiß, Carl Ludwig Brede und die Bredesche Druckerei. Ein Beitrag zur Geschichte der Offenbacher Buchdruckerkunst von der Rokoko-Zeit bis zu den Tagen des Biedermeier. In: Alt-Offenbach 6 (1930), S. 1−18. 60 muray in London] Der Schotte John Murray (ursprünglich McMurray; 1748−1793) war der Begründer eines erfolgreichen, bis in die Gegenwart existierenden Londoner Verlagshauses, das aus einer 1768 übernommenen Buchhandlung auf der Fleet Street hervorging (siehe William Zachs: The First John Murray and the Late Eighteenth-Century London Book Trade. With a checklist of his publications. Oxford 1998, Checklist Nr. 775). 1791 publizierte Murray die englische Übersetzung des Werks „Questions to be resolved, a new method of exercising the attention of young people […]“, Checklist Nr. 834. 61f. Julio Romano […] fertig ist] 1790 war Fritz von La Roche von Rom kommend in Offenbach eingetroffen, wo er ein Haus erwarb. In seiner Begleitung befand sich der Frankfurter Maler Johann Georg Schütz (1755−1813), der sich sechs Jahre in Rom zu Studienzwecken aufgehalten hatte. Vermutlich war er es, der den Auftrag zur Dekoration des neuerworbenen Domizils erhielt. Bei der Konzeption des Deckengemäldes holte er sich Anregung bei dem italienischen Maler und Architekten Giulio Pippi (1492−1546), genannt Romano, der für die

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kühnen, illusionistischen Effekte seiner Malerei berühmt war (siehe Merck: Briefwechsel [2007], Bd. 4, S. 641). 63 Landschaft] Gemeint ist Prestels Kupferstich nach dem Gemälde von Allaert Evertingen (siehe Brief 23 Komm. zu Zeile 75). 66f. Rotes Siegel, Poststempel: DE FRANCFORT.

Brief 26 11

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11. Mai 1791 offenbach den 11 may 1791

dank sey Ihrem edlen - thatenvollen Herzen - daß Sie mit dem kleinen theil des tages, in meinem Hauß so zufrieden waren - Ihre erscheinung ist für mich ein theil moralischen glüks - möge Ihnen so wohl gehen als Sie gerne wohl thun wegen Pfeffel haben Sie vollkommen recht - und Er muß noch etwas zu sehen - doch glaube ich, die schweizer würden ihre Söhne lieber nach teutschland, als in das verstimmte Frankreich schiken Seegen ruhe auf dem moment in dem mein Franz, das | | zeugnis seiner obern, und die mühe das Sie es schrieben verdiente ich hoffe so lange zu leben, als Er meine unterstüzung noch braucht von Giovine erwarte nachrichten Es ist eine der besten caractere die ich in meinem geschlecht sah - bey nah zu gut - zu Liebend - u gewiß ein geistvoller Kopf - doch davon ein andermal wollen Sie dießen einschluß über geben - Es wird das glük eines rechtschafnen Mannes gegründet und ich schike Ihnen dann von ihm etwas für | | das armen oder waißen Hauß Fragen Sie H- Bruder - ob sie in

Brief 26 – 11. Mai 1791

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der Bibliotek schon Du Pin - u Fleuri

35 35 Kirchen geschichte schön gehalten haben -

u viele andre die Er bey mir sehen solle - denn mein ältester Sohn bleibt hier - behält also Bücher u Mds Piquot Leztes freut Ihre alte Freundinn 40 am meisten 40 Sophie la Roche

Kozebue war bey mir - u man glaubt gewiß, er sey verfasser von Barth mit der Eißen Stirne - | | 45 45 / Ein end merz aus England gereißter Freund schreibt mir vom 22 aprill aus Paris - daß man in England - alle tage einer Volks empörung entgegen sehe ach wenn doch unßere Liebe teutsche Fürsten in Zeiten darüber nachdenken, und ihre 50 Minister nicht allein Herschen lassen der Hofmusikus mangold - hat von mir die musik der versöhnungs Feyer der Grazien erhalten - wozu man auch die 55 vollständige Musik haben kann - machen 55 Sie doch das es einmal versucht wird Sie bekommen eine Liebe Sängerinn an Madsl Willmann - u es wäre noch eine recht artige zu haben 60 60 wäre es möglich den Rath bald fertig zu Kriegen so ist die gnade zehenfach - ich suche ihm ein landguth im Darmstadtischen Kaufen zu machen die requete ist teutsch, man sagte ihm es müsse so seyn - u sie hat einen eignen ton

FDH, Sig. Hs-6450 45

end] {im}/en\d

1 11 may] 11. Mai. 10f. Er muß noch etwas zu sehen] Er muß noch abwarten (DW, Bd. 32, Sp. 82). 11−13 die schweizer […] nach teutschland] In ihrem Brief vom 7. April 1791 hatte sie ihrem Freund Gottlieb Konrad Pfeffel, dem Leiter der Militärschule in

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Colmar, vorgeschlagen, aus dem politisch unruhigen Elsass in die Landgrafschaft Hessen-Darmstadt umzusiedeln. Dieser antwortete ihr am 12. April ablehnend. Der Verlust sämtlicher Immobilien, die Aufgabe einer gut eingespielten Organisation, sowie seine angegriffene Gesundheit waren Beweggründe, Colmar mit seinen verbliebenen dreißig Schülern nicht zu verlassen. „Il ne me reste donc plus, ma respectable Amie, que d’attendre de pied ferme le dénouement de notre tragédie“ („Mir bleibt nurmehr übrig, meine verehrungswürdige Freundin, den Ausgang unserer Tragödie standhaft abzuwarten.“ Zitiert nach Hassencamp: Aus dem Nachlaß der Sophie von La Roche [1898], S. 497f.). 15−18 das zeugnis seiner […] es schrieben] Der Zusammenhang ist unklar. Franz von La Roche besuchte Pfeffels Militärschule in Colmar in den Jahren 1784 bis 1787. Da Petersen seine Lehrertätigkeit dort bereits 1782 aufgegeben hatte, um das Amt des Prinzenerzieher in Darmstadt anzutreten, musste die freundschaftliche Verbindung zwischen ihm und dem Knaben vermutlich bei seinem Besuch in Speyer ihren Anfang genommen haben, wo sein Bruder Karl Ludwig Adolph (1746−1827) mit Familie lebte. Das Zeugnis sollte vielleicht durch eine Charakterisierung von Seiten des Pädagogen Petersen ergänzt werden, der mit Pf. weiterhin korrespondierte. Zehn Briefe Pfeffels an Petersen aus den Jahren 1780 bis 1792 befinden sich im FHD, Sig. HS-6415−6425. Bei der archivalischen Bearbeitung wurde irrtümlich Hofprediger Georg Wilhelm Petersen als Empfänger angegeben (siehe Kapitel 1). 20 meine unterstützung] Sophie von La Roche kam für die Kosten für Uniform und Gebühren auf, die mit dem Eintritt in landgräfliche Dienst anfielen: „[I]ch habe so viel für die equipirung des Franz von meinen wittib gehalt geopfert“ (Brief 37 Zeile 10f.). 21−26 von Giovine […] ein andermal] Herzogin Juliane von Giovane (1766– 1805), geb. Freiin von Mudersbach, verfasste Beiträge für Sophie von La Roches Zeitschrift „Pomona“, darunter eine italienische Übersetzung von Gessners „Idyllen“. Zahlreiche Reisen führten sie durch ganz Europa. In Neapel wurde sie Palastdame und enge Vertraute der Königin Maria Karoline von Neapel und beider Sizilien (1752−1814). Johann Wolfgang von Goethe stattete ihr dort als Ehefrau des Herzogs Niccolò Giovane de Girasole am Abend des 2. Juni 1787 einen Besuch ab, den er in seiner „Italienischen Reise“ beschreibt (Goethe: Sämtliche Werke [1993], 1. Abt. Bd. 15, Teil 1, S. 368−370). Nach gescheiterter Ehe verließ sie Mann und Kinder und begab sich nach Wien. Ihre vielbeachtete, mehrfach aufgelegte Erziehungsschrift „Lettres sur L’éducation des princesses. Wien, Berlin 1791“ trug zweifellos dazu bei, dass sie in späteren Jahren die Stelle der Oberhofmeisterin der jungen Erzherzogin Maria Louise (1791−1847) erhielt. 1802 stieg sie zur Palastdame der Kaiserin Maria Theresia (1772−1807), der Gemahlin Franz II. (1768−1835), auf. Das von Sophie von La Roche entworfene Charakterbild von Herzogin Giovanes Persönlichkeit traf hinsichtlich ihrer moralischen Qualitäten nicht zu. Schon im Jahr ihres gesellschaftlichen Triumphs begann man am Wiener Hof den Intrigen und Betrügereien der Herzogin auf die Spur zu kommen. 1804 stand sie bereits nicht mehr auf der Liste der Palastdamen. Unter Zurücklassung von 200.000 Gulden Schulden musste sie nach Budapest in die Verbannung gehen, wo sie 1805 von Krankheit gezeichnet starb. Eine Biographie dieser begabten, gebildeten Frau mit skrupellosem Charakter steht noch aus. Hans Hinterberger stellte lediglich biographische Fakten

Brief 26 – 11. Mai 1791

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zusammen (Herzogin Juliane von Giovane geb. Freiin von Mudersbach, gest. 1805. Eine Zusammenfassung der wichtigsten biographischen Mitteilungen über die Herzogin nebst einem chronologischen Verzeichnis derartiger Mitteilungen und Erwähnungen der Herzogin in historischen Werken, Briefwechseln u. dgl. Mit Abdruck von Goethes Beschreibung seines Besuches auf dem Schlosse der Herzogin [Italienische Reise 2. Juni 1887]. Zusammengestellt von Heinrich Hinterberger. Mit einem Portrait der Herzogin. Wien 1946 [= Bibliophile Zeit- und Streitfragen. Hrsg. von Leopold Heidrich. 5. Heft]). In seinem biographischen Roman „Ich, eine Tochter Maria Theresias, Ein Lebensbild der Königin Marie Karoline von Neapel-Sizilien.München 1950“ zitiert Egon Caesar Conte Corti aus Briefen der kaiserlichen Familie, die Einblick in das Ränkespiel der Herzogin Giovane geben. Die Dokumente befinden sich im Österreichischen Staatsarchiv in Wien. 27 einschluß] Der Zusammenhang ist unklar. Der Einschluss ist nicht überliefert. 29 rechtschafnen Mannes] Der Bittsteller konnte nicht ermittelt werden. 32 waißen Hauß] „Das Waisenhaus, jetzt der Vorderbau des Ludwig-GeorgGymnasiums, wurde in den Jahren 1749−1750 gebaut nach Plänen, die der Stadtprediger und spätere Superintendent Johann Konrad Lichtenberg (gestorben 1751), der Vater des Satirikers und Physikers Georg Christoph Lichtenberg, entworfen“ (Karl Esselborn: Darmstadt und sein Hof zur Zopfzeit in zeitgenössischen Schilderungen. Hrsg. und bearb. Von K. E. Friedberg 1915 [= Hessische Volksbücher 21/22], S. 207). 33 H- Bruder] Hofprediger Georg Wilhelm Petersen. 34f. Du Pin […] Kirchen geschichte] Es kommen die Werke „Louis Ellies Du Pin, Bibliothèque universelle des historiens, contenant leurs vies, l’abregé, la chronologie, la géographie, et la critique de leurs histoires, Amsterdam 1708“, bzw. „Histoire ecclesiastique, Par Mrs. L’Abbé Fleury, Paris 1722“ in Betracht (siehe Brief 161 Komm. Zeile 36). 37 Sohn] Fritz von La Roche hatte den Plan, nach La Rochelle (Brief 22 Zeile 26f.) umzusiedeln, zeitweilig wieder aufgegeben. Im Herbst 1792 verließ die Familie Europa und landete im November in New York (siehe Lange: Empfindsame Abenteuer [1986], S. 52). 38 Mds Piquot] Mademoiselle Picquot. 42 Kozebue] Der Dramatiker und Schriftsteller August von Kotzebue machte, von Mainz kommend, in Frankfurt und Offenbach Station, um zu seinem Verleger nach Leipzig weiterzureisen. Sophie von La Roche gegenüber verhehlte er seine Verfasserschaft des „Bahrdt-Pasquills“, zu der er sich erstmals am 21. Januar 1792 im „Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten“ äußerte (siehe Erker/Siebers: Das Bahrdt-Pasquill [2004], S. 935). 46 Freund] Die Person wurde nicht ermittelt. 52 mangold] Gemeint ist der Geiger Georg Mangold (1767−1835), der bereits als Neunjähriger der Hofkapelle Landgraf Ludwigs IX. angehörte. Zusammen mit seinem Vater Johann Wilhelm Mangold (1735−1806), der seit 1763 das Amt des Turmbläsers an der Stadtkirche von Darmstadt bekleidete, wurde er als Kammermusiker in die neu gegründete Hofkapelle Ludwigs X. übernommen (siehe Friedrich Blume: Musik in Geschichte und Gegenwart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik. 20 Bde. 2. Neubearbeitete Ausgabe hrsg. von Ludwig Finscher. Kassel, Basel, London u.a. 1994−2008, hier Bd. 11, Sp. 973).

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53f. versöhnungs Feyer der Grazien] Gemeint ist die Komposition „Die Versöhnungs-Feyer der Venus Urania oder: Gesänge aus Charmides und Theone“ für Stimmen und Instrumente des Komponisten Friedrich Gaupp (Lebensdaten nicht ermittelt). Die Musikalie wurde in dem Offenbacher Musikverlag André gesetzt. Ein Exemplar des Werks als Klavierauszug, ebenfalls gedruckt bei André, befindet sich in der Musikabteilung der SBB (Sig. RISM A/I−Nr. GG 598 I,1). Der Text stammt von Johann Georg Jacobi, der ihn unter dem Titel „Gesänge aus Charmides und Theone“ 1790 in Karlsruhe veröffentlichte. In der Einleitung heißt es: „Charmides und Theone lebten nicht weit von Paphos, wo man der Liebesgöttin, der so genannten gemeinen Venus opferte. Sie errichteten eine Schule der sittlichen Grazie, in welcher die Töchter des Landes im Dienste der Huldgöttinnen unterwiesen, und vorbereitet wurden, sich zu Priesterinnen der himmlischen Venus zu weihen. Eine dieser Priesterinnen war mit einem edlen Jüngling verlobt. Zur Zeit der Weinlese gieng sie nach Phaphos, ließ von einem anderen Jüngling sich bethören, mischte sich in den wilden Schwarm der Bacchanten, und wurde den Grazien, so wie ihrem ersten Geliebten, ungetreu. Charmides versammelte hierauf die zurückgebliebnen Mädchen. Er führte sie in den Hain der himmlischen Venus, um den Verlust ihrer gefallenen Gespielinn zu beklagen, und die Göttinn zu versöhnen. Hier, vor dem einfachen hölzernen Bilde derselben, an einem schlechten Rasen-Altar, stimmten sie folgende Gesänge an“ (S. 2f.). 58 Madsl Willmann] Mademoiselle Willmann. Die Sopranistin Johanna Magdalena Willmann (1771−1801), Tochter des Instrumentalisten und Kapellmeisters Johann Ignaz W. (1739−1815), studierte bei dem italienischen Komponisten und Sänger Vicenzo Righini (1756−1812) in Wien, wo sie 1784 debütierte. Sie erhielt Engagements in Frankfurt, Berlin und Bonn. Mitte der Neunziger Jahre trat sie in Wien und in Venedig auf. Eine letzte Gastspielreise führte sie nach Dresden, Leipzig und Hamburg (siehe Blume: Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Hrsg. von L. Finscher. Kassel, Basel, London, u.a. 2007, Bd. 17, Sp. 990). 60 den Rath bald fertig zu Kriegen] Die Ernennung zum Rat zustande zu bringen. 61 ihm] Die Person, um deren Etablierung sich Sophie von La Roche bemüht, ist nicht ermittelbar (siehe Zeile 29). 63 requete] Frz.: „Bittschrift“. Sophie von La Roche nimmt Bezug auf den in Zeile 27f. erwähnten Einschluss. 63f. Die requete […] eignen ton] Die beiden Zeilen stehen kopfständig am oberen Rand der vierten Seite.

Brief 27 11

den 24 mai 1791 übergeben Sie theurer Freund diesen einschluß, mit erneutem dank - denn ich bekam das Patent

24. Mai 1791

Brief 27 – 24. Mai 1791

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gewiß aus den händen der Frau Landgräfinn damit es ganz frey sey - es ist äußerst Edel - und in vergleich mit andren Fürsten noch Edler - aber es müssen doch Canzley gebühren gegeben wer den - und dann sollen Sie auch etwas für arme waißen oder was sonst für eine Stiftung da ist erhalten sagen Sie mir doch einmal ob es wahr ist | | das bey dem Prinzen des H- Pfalzgrafen, ein gewißer abèe Toussaint de La Sarre als gouverneur ist der junge Prinz hätte einen wirklich geistvollen - Schäzbaren Mann, den ich seit vielen Jahren kenne - und denn ich einmal aufordern würde, der Frau Land Gräfinn sein Schiksal zu erzälen indem Er auch viele Jahr in der Bastille saß und 3 Jahr à la Tour de Vincennes - durch seine mathematische Kentnisse sich endlich freymachte - - am end seiner geschichte solte er - auf der Flöte welche er aus zinnernen tellern machte - ein Stück blaßen, | | ich muß heut kurz seyn - aber ich verehre Sie - wegen Ihrem caracter und Ihren Kentnissen - Ewig als Ihre dankbar ergebene Freundinn La Roche vous ai je ecris l’idèe qu’on me mandat de londre - Sur la garde nationale qu’on comparait à L’arc en Ciel - qui ne parait qu’apres lòrage - et qu’un democrate repondait - oui Monsieur - mais il asure aussi quil n’y auras plus de Deluge -

FDH, Sig. Hs-6449 1 3

24 mai] 24. Mai. einschluß] Möglicherweise handelt es sich um Sophie von La Roches Dankschreiben an das Landgrafenpaar. Der Einschluss ist nicht überliefert.

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4−7 denn ich bekam […] ganz frey sey] Der Kaufpreis der Bestallung wurde ihr von der Landgräfin erlassen. Siehe Zeile 10. 15f. Prinzen des H Pfalzgrafen] Gemeint ist Prinz Ludwig Karl August von PfalzZweibrücken (1786−1868), der älteste Sohn des Pfalzgrafen Maximilian. 16f. abèe Toussaint de La Sarre] Vermutlich ist der Exfranziskaner Jean-Baptist Toussaint de la Sarre gemeint, der 1777 als Mitglied und Bibliothekar der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München fungierte (Alexander Ecker: Recht und Rechtsgeschichte in der Bayerischen Akademie der Wissenschaften von 1759 bis 1827. Regensburg 2004, S. 90). 20 denn] Lies: den. 24 Tour de Vincennes] Der mittelalterliche Wehrturm des im Barock ausgebauten Schlosses Vincennes im Osten von Paris diente seit dem 15. Jahrhundert als Staatsgefängnis. 29 blaßen] Lies: blasen. 35−40 Vous ai je […] de Deluge] Frz.: „Habe ich Ihnen den geistreichen Einfall mitgeteilt, den man mir aus London zukommen ließ - über die Nationalgarde, die man mit dem Regenbogen verglich, der nur nach dem Gewitter erscheint und dass ein Demokrat antwortete - ja mein Herr - aber er gewährleistet uns auch, dass es keine Sintflut mehr geben wird.“ Im Sommer 1789 entstand in Frankreich aus der bewaffneten Bürgerwehr die rot-blau uniformierte Nationalgarde. In der Bibel lässt Gott nach der Sintflut dem geretteten Noah als Zeichen eines Neuen Bundes den Regenbogen erscheinen (1. Moses 9, Vers 8−17).

Brief 28 11

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offenbach den 1 Juny 1791 theurer Freund! was eine traurige geschichte mit Merk - trösten Sie den Ehrlichen Sturmfels der für sein glük u Fabrike besorgt ist - ich bin es für fl 50 welche ich dem druker den er mir aufschwäzte voraus gab ich hab Sturmfels gesagt, das gewiß seine anstalt nichts dabey verliehre der Himmel gebe Ihnen in der freyen Natur, stärke der gesundheit und lasse Sie Rose u Eichbäume - blumen und Korn ähren - Sonne u Regenbogen in der Physischen und moralischen Welt mit Ihrem edlen reinen Geist in ruhe vergleichen - und resultate ziehen - jeder blik auf | |

1. Juni 1791

Brief 28 – 1. Juni 1791

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die schöne gegend soll Ihnen wohl thun - ich kann heut nicht mehr Sagen als Gott Seegne meinen würdigen theuren Freund Petersen wie viel wird nun über Königs Flucht u unglükliche Königs diener gesprochen -

Les caractere de La nation à bien Mangè les Chevaliers Francais ne Savent plus Conduire un enlevement - eux qui en fournissaient les models pour touts les Romans possible - adieu digne ami ah que vos Princes aprenent à etudier, les | | devoirs des Princes Cromes unteredung mit Leopold

wird nächstens erscheinen - das ist gewiß Lehreich die innigste Hochachtung u Seegen von Ihrer alten Freundinn La Roche

FDH, Sig. Hs-6451 28 1 2f. 4f.

en] 

1 Juny] 1. Juni. traurige geschichte mit Merk] Siehe Komm. zu Zeile 5. Ehrlichen Sturmfels […] besorgt ist] Der Fabrikant Sturmfels hatte Niederlassungen in Offenbach und Darmstadt. Er unterhielt Geschäftsverbindungen mit Merck (Merck: Briefwechsel [2007], Bd. 4, S. 635f.). 5−7 ich bin es […] voraus gab] Im März 1791 hatte Merck Sophie von La Roche den in seinem Arheiliger Hause arbeitenden Drucker Johann Franz Peter Stahl für den Neudruck der beiden Jahrgänge ihrer Zeitschrift „Pomona für Teutschlands Töchter“ vermittelt (siehe Sophie von La Roches Briefe an Merck vom 11., 16. März und 19. Juni 1791 in: Merck, Briefwechsel [2007], Bd. 4, S. 634, S. 635 u. S. 640). Im vorliegenden Brief bereute sie die eine geleistete Vorauszahlung, als Schwierigkeiten bei der Abwicklung des Unternehmen auftraten (siehe Sophie von La Roches Brief an Merck vom 19. Juni, Merck, Briefwechsel [2007], S. 640; Brief 74 Zeile 60−62). Die Neuauflage der „Pomona“ ist für die literaturwissenschaftliche Forschung ein Novum. Sie wird erstmalig durch ihre Briefe an Petersen belegt, wenngleich kein Exemplar in den Datenbanken des GBV nachgewiesen werden kann (Brief 77 Komm. zu Zeile 5–7).

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fl 50] 50 Florins. schöne Gegend] Nach einer schweren Krankheit erholte sich Petersen in der Sommerresidenz der Landgrafen. Das „Fürstenlager“ liegt östlich von Auerbach in einem anmutigen Tal. Ludwig X. hatte eine besondere Vorliebe für die Kuranlage gefasst und gab 1790 mehrere kleine Nebengebäude in Auftrag. Damenbau, Prinzenbau, Wachhaus und Weißzeughäuschen gruppieren sich asymmetrisch um das zweistöckige schlichte Herrenhaus. Eine vertiefte Rotunde umfasst die Heilwasserquelle, die zu Bade- und Trinkkuren genutzt wurde. Die Anlage umgibt ein Landschaftsgarten mit Tempel und Eremitage im Stil der Empfindsamkeit. 23f. Königs Flucht] In der Nacht zum 21. Juni unternahmen der französische König Louis XVI. (1754−1793) und seine Familie den Versuch, die Ostgrenze Frankreichs zu erreichen, wo ein königstreues Regiment zu ihrem Schutz bereit stand. Die Flüchtenden wurden auf der Brücke des Ortes Varennes kurz vor der Grenze erkannt, festgenommen und von der revolutionären Miliz nach Paris zurückgeführt. 26−32 Les caractere […] devoirs des Princes] Frz.: „Der Characterzug der Nation hat versagt, die französischen Chevaliers wissen nicht mehr, wie man eine Entführung bewerkstelligt - sie, die darin die Modelle für alle möglichen Romane lieferten - adieu werter Freund - ach mögen Ihre Prinzen lernen, die Prinzenpflichten einzuüben“. 33−35 Cromes unteredung […] gewiß Lehreich] August Wilhelm Crome (1753− 1833) war von 1787−1831 ordentlicher Professor der Kameralistik an der Universität Gießen und seit 1788 hessen-darmstädtischer Regierungsrat. Anfang Oktober 1790 wurde ihm am Rande der Krönungsfeierlichkeiten in Frankfurt am Main eine Audienz bei Kaiser Leopold II. (1747−1792) gewährt. Seine hier angesprochene Publikation ist ein ausführlicher Kommentar zur „Wahlkapitulation“ des Herrschers, in der seine Rechte und Pflichten aufgeführt werden. Jedem Kurfürsten wurde sie mit Siegel und Unterschrift zugestellt, worauf dieser dem Kaiser eine Urkunde über die erfolgte Wahl gab („Die Wahlkapitulation des römischen Kaisers, Leopold des Zweiten; mit historischen und publicistischen Anmerkungen und Erklärungen nebst den dazu gehörigen kurfürstlichen Kollegialschreiben, Hildburghausen 1791“). Aufgrund eines überlieferten Briefs von Crome an Sophie von La Roche vom 20. Juli 1788, den er ein Jahr nach seinem Eintreffen in Gießen verfaßte, kann man auf intensiveren Kontakt der beiden in der Vergangenheit schließen, denn neben einer finanziellen Angelegenheit und der Schilderung des Besuchs von Franz von La Roche in Gießen vertraut er ihr seine Gedanken zur Wahl der richtigen Gattin an (GSA, Sig. 56/15). Auch zu dem Prinzenerzieher Petersen fühlte Crome sich seit seinem Eintreffen in Gießen im Jahr 1787 hingezogen. Er bezeichnet ihn als seinen „innigsten Freund“, den er „44 Jahre bis an seinen Tod liebte und verehrte“ (Crome: Selbstbiographie [1833], S. 168); siehe Kapitel 3).

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Brief 29 – 3. Juli 1791

Brief 29 11

3. Juli 1791 den 3 Jully 1791

dank edler würdiger Mann! Für Ihren brief durch Sturmfels - und für das gute was Sie dem Mann beweißen Rath Krausse von Weimar, war gestern bey mir 55 und sagte - man würde in W. etwas Stuzen aber wegen erinnerung von tausend boßheiten ihn gar nicht bedauren giebt es nicht unter den giftigen thieren welche 10 die auch durch dieße eigene disposition umkomen? 10 Mein Sohn erhielt von einem oficier des Regiments Zweybreük die nachricht aus mez - das Bouillèe war den König zu deken - mais qu’aucun Regiment

de 6- quil comandait ne voulait donner pour la 15 defense du Roi - et qu’on croyait quil serait demis = 15 le Dauphin elevè par L’assemblèe nationale, et la Reine rendu à ses Parens - - - quelle Leçon pour tous! mich freut das Frau von Bulow - reussierte - wenn sie mir nur nicht ein klein project derangirt ich möchte das Prinz George die Princesse Caroline von 20

Braunschweig begehrte - sie ist gut - schön u Reich aber muß einen mann von Geist haben, der sie regiert und dieß ist dießer Prinz - Sagen Sie mir was darüber ich bitte Sie - ich schreib denn Mehr 25 ich habe Cavalli gebetten, das Mad Merk mir meine briefe zurük schiken soll die ich ihrem mann schrieb es machte sehr glüklich u Ruhig - ach warum sind Sie nicht in Darmstadt 30 Frl - v. Piquot Seegnet Sie - und freut 30 sich unausprechlich über das etablissement ihres bruders haben Ihre Prinzen Schlossers Seuthos geleßen? die Herzoginn Giovani - schreibt über die Erziehung 35 der Prinzessinnen ich soll das werk so gleich haben 35 und dann gewiß Sie auch - hier ist was von ihr - Sie heben mir es auf - lassen Sie doch Ihre Prinzen etliche blätter von marc aurel leßen. adieu mein theurer Freund!

40 je vous dedie la belle idèe 40

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L’amitiè ce sentiment enchanteur - avec lequel seul le createur aurait aquitè tout quil devait à ceux qui recurent de lui le jour, et une penible Existence. haben Sie die declaration von Braunschweig

45 45 auf dem Reichs Tag geleßen -

sie wird für sehr weiße und gut gehalten adieu Lieber guter Freund! grüßen Sie in meinem Nahmen, die schöne gegend um auerbach 50 der Herzog von Weimar versamlet die 50 merkwürdigste Damen F.v. Dieden - u dann hat Er Frau v. Goudenhove nach seinem baad geladen - Hessen Cassel - Schweden - Prinz Ferdinand von Preussen gehen sich zu baden 55 es ist ein Gefühl das die H- sich weiß waschen wollen? aber der Stolz von Weimar ist schön - da sie sagen unßere unterthanen sind so glüklich u zufrieden, daß wenn rings um alles rebellirt 60 so bleiben unßere Leute ruhig u attachirt 60 der Prinz bekommt alle Tag Söhne ordentlicher leute zum Spielen - da sagte einst Herders Sohn sein Vatter wolle sich adlen lassen - u der Prinz von weimar geht zu Wielands Phillip - u sagt - da wird Herders August  65 65 Stolz werden und nicht mehr mit uns spielen eine probe, des wegs den man diesen fürsten Sohn führt - - ich glaube ihn nicht ganz sicher / O wie die alte so viel verwirrtes zeug schwäzt - La Roche

FDH , Sig. Hs- 6452 10 16

durch dieße] durch le Dauphin] {·} le Dauphin

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3 Jully] 3. Juli. Sturmfels] Gemeint ist der Darmstädter Fabrikant Sturmfels (siehe Brief 28 Komm. zu Zeile 4). Krausse] Der Maler und Leiter der Fürstlichen Zeichenschule in Weimar Georg Melchior Kraus (1737−1806) besuchte seine Geburtsstadt Frankfurt am Main. Bei seiner Visite in Offenbach berichtete er Sophie von La Roche von den Reaktionen der Weimarer auf den Selbstmord Mercks vom 27. Juni.

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Brief 29 – 3. Juli 1791

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W.] Weimar. giftigen thieren] Gemeint ist der Skorpion, der sich dem Volksglauben nach in auswegloser Lage mit seinem Stachel tötet (siehe Sophie von La Roches Brief an Elisabeth Gräfin Solms vom 20. Juli 1791 [SAO, Sig. M24 (73)]; Kampf: Sophie von La Roche Briefe [1965], S. 39). 11 Mein Sohn] Fritz von La Roche war 1779 als Offizier in das Regiment Zweibrücken eingetreten (siehe Lange: Empfindsame Abenteuer [1977], S. 49). 12 Bouillèe] François Claude Amour Marquis de Bouillé (1739−1800), Oberkommandeur der Festung Metz und Vertrauter Louis XVI., hatte die Kutschen der fliehenden Königsfamilie mit sechzig Dragonern bei Châlons erwartet, um ihnen Deckung bis zur Grenze der spanischen Niederlande zu geben. 13−17 mais qu’aucun […] pour tous] Frz.: „aber dass keines der 6 Regimenter, die er kommandierte, zur Verteidigung des Königs angreifen wollte - und dass man glaubte, er [Louis XVI., Anm. P.S.] wäre abgesetzt, der Dauphin würde von der Nationalversammlung erzogen und die Königin [Marie Antoinette, Anm. P.S.] zu ihren Eltern zurückgeschickt - - - welch eine Lektion für alle!“ 18 Frau von Bulow] Gemeint ist Charlotte von Bülow, geb. von Mandelsloh (Lebensdaten nicht ermittelt), Hofmeisterin und Erzieherin der Prinzessin Luise (1779−1811), der einzigen Schwester des Erbprinzen Louis. 18 reussirte] Erfolg hatte. Der Zusammenhang ist unklar. 19 derangirt] stört, verdirbt. 20−24 ich möchte […] dießer Prinz] Möglicherweise war der Plan zu einer Allianz der Häuser Hessen-Darmstadt und Braunschweig schon im Jahr zuvor während ihrer Kur im westfälischen Modebad Pyrmont entstanden, wo auch die Herzogin Augusta von Braunschweig-Lüneburg unter den Kurgästen weilte (Brief 14 Zeile 35f.). Das „klein project“ hielt Sophie von La Roche über drei Jahre in Atem. Es wurde ein Misserfolg (Brief 39 Komm. zu Zeile 11; Kapitel 5). 20 Prinz George] Der siebenunddreißigjährige Prinz Georg Karl (1754−1830), Bruder der Langräfin Luise, war beiden Briefpartnern persönlich bekannt. Mit seinen Eltern, Georg Wilhelm von Hessen-Darmstadt und Maria Luise Albertine, geborene Leiningen-Dagsburg, fühlte sich Sophie von La Roche schon seit den frühen Siebziger Jahren besonders verbunden (Brief 32 Zeile 43−45), da sie als Autorin des Romans „Geschichte des Fräuleins von Sternheim“ in deren Residenz, dem „Alten Palais“, in Darmstadt empfangen wurde. „[D]ie Prinzeß wünscht einen schönen Liebenswerthen Prinzen zum Gemal - die Herzoginn Rechtschafenheit und Güte in dem Caracter - der Herzog Geist - dießes alles sah ich in dem Prinzen vereint von welchem Sie mir selbst schrieben das - Er der edelste würdigste Sterbliche sey - denn Sie kennen“, lautet die lobende Beurteilung Georg Karls, der von ihr auch als fortschrittlicher Agronom auf seinen zahlreichen Gütern sowie als agiler Geschäftsmann und Mühlenbesitzer geschätzt wurde (Brief 32 Zeile 11−15). Sophie von La Roches mußte von dem Geheimnis seiner Reise in das revolutionäre Frankreich erfahren haben. Er wollte die bedrängte Königin und ihre Kinder retten (Brief 68 Zeile 56f.). Die Schattenseiten seines Charakters sind ihr womöglich zeitlebens verborgen geblieben. Als gewissenloser Geschäftemacher verursachte er den Bankrott der Kattunund Baumwollspinnerei ihres Freundes Merck, der daraufhin den Freitod wählte. Das Gebäude seiner Spekulationen brach in späteren Jahren zusammen. Der

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hochverschuldete Junggeselle zog sich nach Schloß Neustrelitz in Mecklenburg zurück, wo er am 28. Januar 1830 starb. 20 Princesse Caroline] Prinzessin Caroline Amalie Elisabeth (1768−1821) war die zweitälteste Tochter des regierenden Herzogs Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbüttel (1735−1806). Zu Zeitpunkt des Briefs war sie dreiundzwanzig Jahre alt. Man rechnete offenbar nicht mehr mit ihrer Verheiratung, da der Vater sie als Kanonissin in das Reichsstift Quedlinburg und das Stift zu Gandersheim aufnehmen ließ. Die Prinzessin hielt sich aber nachweislich weiterhin am Hof in Braunschweig auf. Dem Urteil der Zeitgenossen zufolge war die kleinwüchsige, blonde Welfenprinzessin mit tiefliegenden blauen Augen nicht unansehnlich. Ständigen Anlass zur Kritik gab indes ihre vernachlässigte Körperpflege und Garderobe. Die englische Mutter hatte durch konfuse Direktiven bewirkt, dass der Unterricht der Prinzessin planlos und unregelmäßig abgehalten wurde. Ihre Kenntnisse der Orthographie und Grammatik waren mangelhaft. Englisch erlernte sie nicht, Französisch beherrschte sie nur mündlich. Vor der Heirat sollte der Bildungsmangel der Fürstentochter noch einmal forciert angegangen werden. „[I]ch soll schöne und nüzliche schriften nach braunschweig schiken“, meldete Sophie von La Roche an den Prinzenerzieher (Brief 32 Zeile 75f.). Es bleibt ungeklärt, inwieweit sie über das unbändige, leichtlebige Naturell der Prinzessin unterrichtet worden war, deren Eskapaden man unter Kontrolle zu halten glaubte, indem man ihr den Besuch von Bällen und sonstigen Vergnügungen weitgehend verbot. 1795, ein Jahr nach dem Scheitern der Mitgiftverhandlungen mit Darmstadt, heiratete sie ihren Vetter, den Prinzen von Wales (1762−1830), der 1821 als George IV. den englischen Thron bestieg. Die Geschichte dieser unter prekären Umständen geschlossenen Ehe war eine nicht abreißende Folge von Skandalen und Prozessen, an denen ganz Europa teilnahm. Queen Caroline wurde von den Krönungsfeierlichkeiten in der Westminster Abbey ausgeschlossen. Kurze Zeit später starb sie mit dreiundfünfzig Jahren. Ihr Sarg wurde nach Braunschweig überführt und in der Fürstengruft der Welfen im Dom aufgestellt, wie sie es zu Lebzeiten angeordnet hatte (vgl. Elke Schlüter: Caroline Amalie Elisabeth von Braunschweig-Lüneburg, Prinzessin von Wales. In: Christoph Römer [Hrsg.]: Braunschweig-Bevern. Ein Fürstenhaus als europäische Dynastie 1667−1884. Braunschweig 1997 [= Veröffentlichung des Braunschweigischen Landesmuseums 84], S. 49−75). Siehe Kapitel 5. 26 Cavalli] Der darmstädter Kaufmann und Kommerzienrat Johann Franz Anton Cavalli (?−1807) war ein Freund der Familie Merck. 26 Mad Merk] Madame Merck. Gemeint ist Louise Françoise Merck (1743−1810), geb. Charbonnier, Ehefrau von Johann Heinrich M. (siehe Hermann BräuningOktavio: Luise Merck. Geschichte einer Ehe. Darmstadt 1982). 29 nicht in Darmstadt] Petersen befand sich mit der fürstlichen Familie in der Sommerresidenz „Fürstenlager“ bei Auerbach an der Bergstraße (siehe Zeile 48f.; Brief 28 Komm. zu Zeile 18). 31f. etablissement] Frz.: „ Versorgung“. 33 Schlossers Seuthos] In seinem 1788 in Straßburg erschienenen Werk „Seuthes oder der Monarch“ erörtert Johann Georg Schlosser in Dialogform Fragen der Fürstenerziehung. Er widmete es Johann Heinrich Jacobi (siehe Brief 24 Komm. zu Zeile 14; Kapitel 4).

Brief 29 – 3. Juli 1791

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34−36 Herzoginn Giovani […] gewiß Sie auch] Das Werk spielt eine führende Rolle in der Prinzessinnenerziehung des späten 18. Jahrhundert. In fünf Briefen wendet sich die Verfasserin an eine imaginäre Nichte, die sich anschickt, als Erzieherin an einem Hof in Stellung zu gehen. In den ersten vier Briefen werden Erziehungsgrundsätze erörtert, die auch für Zöglinge männlichen Geschlechts gelten. Der letzte Brief enthält einen Lehrplan für Prinzessinnen, der neben den Unterrichtsfächern Mathematik, Geographie und Sprachen ein gründliches Studium der alten und neuen Geschichte vorsieht (Brief 26 Komm. zu Zeile 21; siehe Kapitel 4; vgl. Bärbel Raschke: Aufklärung am Sächsischen Hof. Kurfürstin Maria Antonias Auseinandersetzung mit Voltaire und Friedrich II. von Preußen. In: Anneliese Klingenberg, Katharina Middell, Matthias Middell, Ludwig Stocklinger (Hrsg.): Sächsische Aufklärung. Leipzig 2001, S. 129−146). 36f. hier ist was von ihr] Der Einschluss ist nicht überliefert. 38 Ihre Prinzen] Gemeint sind der vierzehnjährigen Erbprinz Louis und sein elfjähriger Bruder Prinz Georg. 38 marc aurel] Gemeint sind die „Selbstbetrachtungen“ des römischen Kaisers Marc Aurel (121−180). In „Mein Schreibetisch“ (1799), „Erstes Bändchen“ erwähnt Sophie von La Roche ein „Exemplar von Marc Aurels Leben und Schriften“, „so beständig von mir liegt“ (S. 132 u. S. 134). Vermutlich besaß sie die 1755 in Hamburg erschienene 5. Ausgabe „Des römischen Kaysers Marcus Aurelius erbauliche Betrachtungen über sich selbst. Aus dem Griechischen übersetzt nebst kurtzen Anmerkungen, auch mit seinem Leben vermehrt von Johann Adolph Hofmann. 5. Ausgabe. Hamburg 1755“. Beiden Briefpartnern erschien der Philosoph und Staatsmann als Identifikationsgestalt für einen heranwachsenden Souverän erstrebenswert („Mein Schreibetisch“ (1799), „Erstes Bändchen“, S. 134; siehe Kapitel 4). 40−43 je vous dedie […] penible Existence] Frz.: „ich widme Ihnen die schöne Idee die Freundschaft dieses entzückende Gefühl - mit welchem allein der Schöpfer alles zurückzahlt, was er denen schuldet, die von ihm das Leben und ein mühseliges Dasein erhielten“. 44−46 die declaration […] gut gehalten] Im Frühjahr 1791 traten die Fürstentümer Braunschweig-Wolfenbüttel sowie Hannover und Mecklenburg auf dem Reichstag in Regensburg für einen friedlichen Ausgleich mit dem revolutionären Frankreich ein, während die katholischen Herrscher, darunter die Kurfürsten von Mainz und Köln, auf einen Konflikt hinarbeiteten. Eine Deklaration des Herzogs Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig aus der Zeit vor dem Juli 1791 ist nicht als gesonderter Druck überliefert. 50 Herzog von Weimar] Herzog Carl August von Sachsen-Weimar (1757−1828) pflegte im Sommer den kursächsischen Kurort Lauchstädt zu besuchen. 51 F. v. Dieden] Frau von Diede. Gemeint ist Ursula Margareta Konstantia Luise von Diede zum Fürstenstein (1752−1803), geb. Reichsgräfin von CallenbergMuskau. Ihr Mann Wilhelm Christoph von D. zum F. (1732−1807) war von 1758 bis 1777 dänischer Gesandter in Berlin und London. Das Paar kehrte nach Deutschland zurück, wo es sich im väterlichen Besitz Schloss Ziegenberg in der Wetterau niederließ. Von dort aus ergaben sich Kontakte zum Hof von Weimar (vgl. Valentin Veit: Goethes Beziehungen zu Wilhelm von Diede mit 6 ungedruckten Briefen. Frankfurt 1899, S. 7−47).

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Frau v. Goudenhove] Frau von Coudenhoven. Gemeint ist Sophie Gräfin von Coudenhoven (1747−1825), geb. Gräfin von Hatzfeldt-Wildenburg. Sie war Oberhofmeisterin und Vertraute des Mainzer Erzbischofs Friedrich Karl Joseph Reichsfreiherr von Erthal (1719−1802). Vier Jahre nach dem Tod ihres Mannes, Feldmarschallleutnant Georges Louis de C., erhob Kaiser Leopold II. die Witwe und ihre Kinder im Oktober 1790 in den Grafenstand (ADB [1876], Bd. 4, S. 533; Genealogisches Reichs- und Staats-Handbuch auf das Jahr 1805. Erster und Zweyter Theil komplett. Des Heiligen Römischen Reichs Genealogischund Schematischer Calender, auf das Jahr nach Christi Geburt 1805, welches ein gemein Jahr von 365 Tagen ist. Frankfurt 1805, S. 453). 52 nach seinem baad] Siehe Komm. zu Zeile 50. 53f. Prinz Ferdinand von Preussen] Vermutlich ist Prinz August Ferdinand von Preußen (1730−1813), der jüngste Bruder Friedrich II. (1712−1786), gemeint. 61 der Prinz] Gemeint ist der achtjährige Erbprinz Carl Friedrich von SachsenWeimar (1783−1853), der in den Jahren 1787 bis 1799 von dem aus Hamburg gebürtigen Juristen Johann Kornelius Rudolf Ridel (1759−1821) erzogen wurde. Sophie von La Roche mokierte sich über die Lockerung der Standesschranken, die eine groteske Auswirkung auf das kindliche Gemüt des Prinzen zeigte (siehe Kapitel 4). 64 Wielands Phillip] Philipp Siegmund Albrecht Wieland (1780−1794) war der vierte Sohn ihres Vetters und ehemaligen Verlobten Christoph Martin W. 64 Herders August] August Herder (1776−1838) war der zweitälteste Sohn des Weimarer Generalsuperintendenten und Schriftstellers Johann Gottfried H. (1744−1803).

Brief 30 11

den 20 Jully offenbach 1791

darf ich mein würdiger Freund, Sie bitten - mir nur mit wenig worten zu sagen, ob Sie meinen Lezten brief 55 erhalten haben - und ob Sie die idèe der Heurath des P- George, mit der schönen Reichen Caroline von braunschweig gut oder böß finden Christiane soll nach Speyer auf einige zeit 10 10 u dann der Himmel weiß wohin - ich dächte, man liesse sie, wo sie ist biß sie zu dem H- bruder von Wallenstein kann Ihnen gesagt - sie hat seit der sorge, bey ihrer schwägerinn zu gehen - ihre nerven

20. Juli 1791

Brief 30 – 20. Juli 1791

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15 15 wieder angegriffen u spricht mit mehr

mühe - wird sie wieder krank, so kostet es ja mehr, als was die gute Brüder jezo thun ich habe gebetten das meine briefe aus | | 20 20 Merks papiren ungeleßen komen mögen ist es nicht möglich Lieber Freund? bald mehr von Ihrer ergebnen Sie innig hochschäzenden Freundinn

25 25 Mein Sohn will den

La Roche

jungen piquot mit sich nach Holland nehmen kann er eintreffen - es wäre im august -

30 30

à Monsieur| Monsieur Petersen - Conseiller de| La Regence de S- A. SMosgr Le| Landgrafe de Hesse Darmstadt| à| Auerbach

FDH, Sig. Hs-6453 1 5f. 9

20 Jully] 20. Juli. idèe der Heurath] Siehe Brief 29 Komm. zu Zeile 20f. Christiane] Christiane Petersen sollte für einige Monate im Haus ihres Bruders Karl Ludwig Adolph P. in Speyer aufgenommen werden. 12 H- bruder von Wallenstein] Lies: Herr Bruder von Wallerstein. Der unverheiratete Ludwig Petersen (um 1755 − ab 1793 verschollen), Regierungsrat im Fürstentum Oettingen-Wallerstein, war offenbar an der Reihe, sich um die mittellose Schwester zu kümmern (siehe Kapitel 2.4). 14 ihrer schwägerinn] Juliane Petersen, geb. Retzer, war die Tochter eines wohlhabenden Weingutsbesitzers aus Freinsheim. Sie hatte eine sorgfältige Erziehung im Philanthropin in Schloss Böchingen an der Weinstraße erhalten (Petersen: Chronik [1895], 1. Teil, S. 14). Sophie von La Roche bemerkt in Brief 65 Zeile 64f., „das man sie Stolzem weßens anklagte“. 19 gebetten] gebeten. Siehe Brief 29 Zeile 26f. 19f. ich habe gebetten […] kommen mögen] Sie hatte sich mit ihrer Bitte schriftlich an Mercks Witwe gewandt (siehe Brief 29 Zeile 26). 25 Mein Sohn] Fritz von La Roche. 26 piquot] Bruder der Charlotte de Picquot-Pinsack (siehe Brief 14 Komm. zu Zeile 9). 29f. à Monsieur […] à Auerbach] Frz.: „An Herrn Herrn Petersen - Regierungsrat Seiner Hochwürden dem Herrn Landgraf von Hessen-Darmstadt in Auerbach“. 29f. Schwarzes Siegel.

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Brief 31 11

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19. August 1791 offenbach den 19 august 1791

was machen Sie theurer würdiger Freund! wie leben Sie Reuling sagte mir daß Sie nicht ganz wohl sind, und ich höre nichts von Ihnen Gott erhalte Sie, und lasse Sie noch frohe tage geniessen bald werde ich Sie um rath bitten Es ist bey einer angesehenen Familie die ich sehr liebe die Frage Einen sehr rechtschafenen Mann zum hofmeister für den einzigen guten Sohn zu finden der an meiner seite erzogen werden soll und mit welchem ich so gar in der schweiz leben kann wenn ich will Wissen Sie jemand der auch mir Freund u gesellschaft seyn könte? aber sagen Sie noch niemand das innere der Sache - ich fände es glüklich einen solchen Mann von Ihrer hand zu finden am montag hofe der Frau landgräfinn den 4 theil von Rosalie zu schiken als eine ländliche Lecture wissen Sie nichts vom Prinzen wegen dem jungen Piquot den mein Sohn muß den 5 7br abreißen - aber wenn der junge Mensch noch nichts zieht so kann | | Er so nicht existiren, und muß warten biß er eintreffen kann - denn die Familie wird immer immer bedrängter. adieu biß auf meinen nächsten brief - der Himmel gebe mir gute nachrichten von Ihrem befinden, und Ihrer gesinnung für Sophie la Roche was macht Fral- Jennisson! à Monsieur| Monsieur Petersen - Conseiller de la| Regence de S. A. S. Monsgr Le Landgraf| de Hesse Darmstadt| à| Darmstadt /

FDH, Sig. Hs-6454 1 3 7

19 august] 19. August. Reuling] Vermutlich ist der Generalstabsarzt Georg Friedrich Reuling (1739−1799) gemeint. Sein Bruder, der Geheime Forst- und Kammerrat Ludwig Wilhelm R. (1731−1816), stand ebenfalls in hessen-darmstädtischen Diensten. angesehenen Familie] Gemeint ist die Frankfurter Bankiersfamilie von Bethmann-Metzler (siehe Brief 3 Komm. zu Zeile 1f.).

Brief 32 – 23. August 1791

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einzigen guten Sohn] Christian Eduard von Bethmann-Metzler (1786−1839), der jüngste Sohn von Sophie von La Roches Freundin Katharina Elisabeth von B.-M., hatte zwei ältere Brüder: Jakob Philipp (1770−1811) und Simon Moritz (1772−1854) (siehe Klaus Weber: Deutsche Kaufleute im Atlantikhandel 1680−1830. Unternehmen und Familien in Hamburg, Cadiz und Bordeaux. München 2004, S. 217). 10 an meiner seite erzogen werden soll] Der Zögling und sein Hofmeister wurden im März 1794 in Sophie von La Roches Haus aufgenommen (Sophie von La Roche an Elisabeth Gräfin Solms am 14. März 1794 [SAO, Sig. M24 (97)]; siehe Kampf: Sophie von La Roche Briefe [1965], S. 51). 17f. 4 theil] vierten Teil. Auf die 1779, 1780 und 1781 erschienen drei Teile von „Rosaliens Briefe an ihre Freundinn Mariane von St**“ folgte 1791 der vierte Teil „Rosalie und Cleberg auf dem Lande“ im Offenbacher Verlag Weiß und Brede. 18 ländliche Lecture] Die Landgräfin hielt sich in der Sommerresidenz „Fürstenlager“ bei Auerbach auf. 19 Prinzen] Gemeint ist Prinz Maximilian Joseph von Pfalz-ZweibrückenBirkenfeld. 19 jungen Piquot] Gemeint ist der Bruder von Charlotte de Picquot-Pinsack, der sich als Soldat verdingen wollte. Die Angebote erschienen ihm in Hinblick auf die Reisekosten zu vage (siehe Brief 14 Komm. zu Zeile 9). 19 den] Lies: denn. 19 mein Sohn] Fritz von La Roche. 20 5 7br] 5. September. 22 die Familie] Siehe Brief 14 Komm. zu Zeile 9. 26 Fral- Jennisson] Fräulein Jenison. Die Hofdame Jenison (Vorname und Lebensdaten nicht ermittelt) könnte eine Verwandte des hessischen Gesandten Franz Graf Jenison-Wallworth gewesen sein (siehe Brief 3 Komm. zu Zeile 25). 27f. Schwarzes Siegel.

Brief 32 11

23. August 1791 offenbach den 23 august 1791

Sie erinnern sich mein theurrer Freund! der anfrage welche ich bey Ihnen machte ob nicht der so Schäzbare Prinz Georg von Darmstadt bruder unßerer geliebten Frau Landgräfinn 55 sich zu vermälen gedächte - Sie sagen mir kurz u freymütig Sie glaubten ja - aber es müsse eine Reiche Frau seyn Sie wissen wie viele gnade die Frau Herzoginn v. braunschweig für mich hat - und kennen die vertraute Freundschaft welche zwischen mir u einer ihrer Damen seit so vielen Jahren besteht 10 10 durch dieße lezte kenne ich die wünsche der Princess tochter, und die gesinnungen der H Mutter - die Prinzeß wünscht einen schönen Liebenswerthen Prinzen zum Gemal - die Herzoginn Rechtschafenheit und

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Güte in dem Caracter - der Herzog Geist - dießes alles sah ich in dem Prinzen vereint von welchem Sie mir selbst schrieben das - Er der edelste würdigste Sterbliche sey - denn Sie kennen nun habe ich theurrer Freund gedacht - dieß ist ein Gemal für Caroline von Braunschweig - und schrieb darüber an meine Freundinn - dieße geht mit Eifer ein und schikt mir nun dieße zwey briefe - ich bitte Sie auf das innigste mit der gnädigen Landgräffinn, und dem edlen Prinzen zu | | sprechen - mich dünkt die allianz mit dem Hauß, die mitgift der Princess welche wie ich hoffe noch vermehrt werden könte - selbst die gegenwart der Frau Statthalterrinn, und die Erbprinzeß von Braunschweig würden auf die eine oder andre art, wie der Herzog auch, zu vermehrung des wohlstandes des Prinzen und der Princess beytragen, besonders da der Gesundheits zustand des Herzogs, die Prinzeß und beyde Eltren ein angenehmes Etablissement wünschen macht - so dünkt mich in allem der zeit punkt recht gewünscht zu seyn - und dem Hauß des Prinzen, auch auf dießer seitte ein band mit dem Englischen Hauß anzubieten = Ich kenne Sie theurrer Freund! und Ihre gesinnungen für das darmstadtische Hauß - ich kenne den edlen Caracter der Landgräfinn - und schike Ihnen daher dieße briefe ohne den mindesten zweifel das ich auf irgend eine art verdruß darüber haben könte - Legen Sie Ihro durchlaucht die brochirte Rosalie zu Füssen - ich rede in meinem beygelegten brief, von meinen bey Ihnen geäuser- | | ten idèen dießer allianz - und bitte Ihro durchlaucht alles von Ihnen anzuhören - also lieber Freund thun Sie es, sprechen Sie darüber - - bitten Sie die Frau Landgräffin - mir diesen Eifer zu gut zu halten - mein Herz wolte dem Haus aus welchem Sie ist, einen kleinen beweiß meiner Liebe, und ergebenheit für die würdige tochter Louise geben ich schreibe mit einem botten - weil ich in 8 tagen mit einer lieben Freundinn u ihrem kranken Sohn auf 14tag nach Straßburg reiße, und gerne etwas wegen braunschweig wissen möchte = tragen Sie bey mein Freund! ich bitte Sie von dem edlen geprüften Herzen der Frau Landgräffinn hofe ich Freundschaft für Caroline v. Braunschweig, die eine zu strenge harte jugend hatte, wie alle Kinder dieses Haußes - u dann das schiksal der Fürstinnen dulten muß, auch von andren zu streng beurteilt zu werden - ich will meine Freunde anspornen alles zu

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55 55 vermehrung des glüks, des edlen Prinzen u der guten Prinzess

zu verwenden - helfen Sie mir von Ihrer seitte den schönen traum meines attachements für das Hauß George wahr zu machen - adieu und gesundheit mit vergnügen des Geistes für meinen schäzbaren Freund Petersen - von 60 Wittib La Roche | | 60 Einen artigen auftritt in der literarischen welt muß ich doch melden in dem trabschen journal wird ein brief erscheinen, den Cozebu an Schulze in Berlin schrieb, als er ihm die vignette mit den Krallen für die schrift die teutsche Union oder barth mit der Eisernen Stirn 65 bestellte - in diesem brief giebt Coz. dem Schulz den anschlag wie er 65 es in einem falschen brief machen soll, das die sache verdekt bleibe, u ein andrer als verfasser in Verdacht komme - enfin alles geht zum beweiß - das Cozebue - Zimmermann selbst u Schulz in Compagnie, an dem schönen werk arbeiteten 70 Mauvillon ist darüber in der größten Freude 70 aber was sind gelehrte manchmal für eine erscheinung Falsche Eide schwören - Freunde verrathen u mißbrauchen o wie garstig steht nun wieder Zimmermann da in dem moment wo Er alle Fürsten belehren will -

75 75 Nennen Sie mir doch ein recht gutes werk oder mehrere

ich soll schöne, und nüzliche schriften nach braunschweig schiken /

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wie]  beyde] bey{h}/d\e mit] 

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23 august] 23. August. anfrage] Sophie von La Roche bezieht sich auf ihren Brief vom 3. Juli 1791 (Brief 29 Zeile 20). Herzoginn v. braunschweig] Herzogin von Braunschweig. Im Juli 1790 begegnete sie Herzogin Auguste von Braunschweig-Wolfenbüttel in Pyrmont (Brief 14 Zeile 35f.). einer ihrer Damen] Sie besuchte im Juli und August 1790 in Driburg ihre Freundin Maria Sophie von Siersdorpff, die erste Frau des braunschweigischen Oberforstmeister Caspar Heinrich von S. Möglich ist, dass bereits in jenen Wochen der Plan zu einer Verbindung der Häuser Hessen-Darmstadt und Braunschweig-Wolfenbüttel entstand (siehe Brief 14 Komm. zu Zeile 1 u. 4). Princess tochter] Prinzessin Caroline von Braunschweig-Wolfenbüttel. Siehe Brief 29 Komm. zu Zeile 20.

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H Mutter] Herzogin. Herzogin Auguste von Braunschweig-Wolfenbüttel war die älteste Schwester des englischen Königs Georg III. 13 Herzog] Gemeint ist der preußischer Generalfeldmarschall Herzog Karl II. Wilhelm Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbüttel. 14 Prinzen] Georg Karl von Hessen-Darmstadt. 15 denn] den. 19 zwey briefe] Die Einschlüsse sind nicht überliefert. Siehe Zeile 36 und Zeile 39. 23f. Frau Statthalterinn] Prinzessin Friederike Sophie Wilhelmine (1751−1820), Schwester des preußischen Königs Friedrich Wilhelm II., war die Ehefrau des Erbstatthalters der Niederlande, Wilhelm V. von Oranien (1748−1806). Mit dem Haus Braunschweig war sie über ihre Mutter Viktoria Luise Amalie (1722–1780), eine Prinzessin von Braunschweig-Wolfenbüttel, verbunden. Der Herzog von B. übernahm zeitweise die Regierungsgeschäfte des Erbstatthalters. 24 Erbprinzeß] Erbprinzessin Friederika Louisa Wilhelmina von BraunschweigWolfenbüttel (1770−1819), geb. Prinzessin von Oranien, war verheiratet mit Erbprinz Karl George August von B.-W. (1766−1806). 28 Etablissement] Frz.: „Versorgung, Verheiratung“. 31 Englischen Hauß] Siehe Komm. zu Zeile 28. 35f. dieße briefe] Vermutlich handelt es sich um Schreiben aus Braunschweig. Die Einschlüsse sind nicht überliefert. 38 brochirte Rosalie] Petersen sollte der Landgräfin Luise ein Exemplar ihres jüngst erschienenen Werks „Rosalie und Cleberg auf dem Lande“ überreichen (Brief 25 Zeile 51). Der Student Wilhelm von Humboldt schrieb anlässlich seines Besuchs in Darmstadt im Oktober 1788 über die Landgräfin: „Ihre Lektüre aber ist bloss französisch. Nur der La Roche Bücher liest sie auch.“ (Humboldt: Tagebücher [1916], Bd. 1, S. 38) Die Beigabe ist nicht vorhanden. Das broschierte Exemplar hatte einen Papier- oder dünnen Pappumschlag. Der Buchbinder gestaltete den festen Einband nach Wünschen des Eigentümers. 39 beygelegten brief] Sophie von La Roches Brief an die Landgräfin ist nicht überliefert. 43−45 dem Haus […] Louise geben] Siehe Brief 3 Komm. zu Zeile 1; Brief 192 Zeile 12. 46 botten] Lies: Boten. 47f. lieben Freundinn […] Straßburg reiße] Gemeint ist Marie Charlotte von Steinberg (1754−1793), geb. Freifrau vom und zum Stein, eine jüngere Schwester der Wallensteiner Stiftsdame Marianne v. und z. St. (Brief 15 Komm. zu Zeile 35). 1779 heiratete sie den hannoverschen Gesandten und Minister Georg August von Steinberg (1739−1801). Zwei Kinder starben nach der Geburt. Ihr blieben die Tochter Sophie (1782−1800) und der Sohn Georg, der unter epileptischen Anfällen litt (vgl. Lemberg: Stift Wallenstein [2007], S. 37). Vermutlich wurden in Straßburg Ärzte der Medizinische Fakultät konsultiert, die zu dieser Zeit einen herausragenden Ruf hatte. Das eigentliche Ziel der Reisenden war jedoch Lausanne, wo der bekannte Arzt Simon André David Tissot (1728−1797) praktizierte. 51 v. Braunschweig] von Braunschweig. 57 attachements] Frz.: „Anhänglichkeit“. 57 Hauß George] Siehe Komm. zu Zeile 43. 60 Wittib] Witwe.

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Brief 33 – [August 1791]

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trabschen journal] Gemeint ist das „Braunschweigische Journal“, das philosophische, philologische und pädagogische Themen zum Inhalt hatte. Herausgeber war der Pädagoge und Schriftsteller Ernst Christian Trapp (1745−1818). Als Schulreformator und Hauptrezensent pädagogischer Werke in Nicolais „Allgemeiner deutscher Bibliothek“ gehörte er zu der Gruppe der aufgeklärten Gelehrten, die August von Kotzebue in seinem Pasquill „Doctor Bahrdt mit der eisernen Stirn“ lächerlich gemacht hatte (siehe Brief 24 Komm. zu Zeile 48−50). Der Brief August von Kotzebues an den Romanschriftsteller und Geschichtsprofessor Friedrich Schulz (1762−1798) wurde im „Braunschweigischen Journal“ nicht publiziert. 63 als er ihm] Lies: als er bei ihm. 62−67 ein brief […] in Verdacht komme] Sophie von La Roche informiert ihren Briefpartner über die jüngste Enthüllung in der „Bahrdt-Affaire“, die Kotzebue als Verfasser entlarvt (siehe Brief 24 Komm. zu Zeile 48−50). Dieser hatte den Schweizer Kupferstecher Heinrich Lips (1758−1817) in Weimar mit einem Entwurf für die Titelvignette der Schrift beauftragt und ihm geraten, einen anonymen Buchhändler als Auftraggeber anzugeben (siehe Friedrich Schulz: Briefe. Hrsg. und kommentiert von Gerhard Kosellek. Bielefeld 2001, S. 130−140). 68−70 alles geht […] größten Freude] Der schweizer Arzt und Schriftsteller Johann Georg Zimmermann, zu dessen Verteidigung das Pasquill entstanden war, geriet in den Verdacht, selbst der Autor zu sein. In seinen Schriften „Über Friedrich den Großen und meine Unterredung mit Ihm kurz vor seinem Tode“ (Leipzig 1788) und „Fragmente über Friedrich den Großen zur Geschichte seines Lebens, seiner Regierung und seines Charakters“ (Bd. 1−3, Leipzig 1790) hatte er die Berliner Aufklärer heftig attackiert. Mitte März legte der Offizier und Schriftsteller Jakob Mauvillon vor einer Untersuchungskommission in Braunschweig dar, dass der hannoversche Leibarzt Zimmermann als Autor der Schmähschrift anzusehen sei. Als Zimmermann dieses unter Eid leugnete, bestrafte das Gericht Mauvillon mit Hausarrest. Zum Zeitpunkt des Briefs zeichneten sich jedoch die Machenschaften der gegenaufklärerischen Partei ab und bestätigen damit in teilen Mauvillons Beweisführung (vgl. Erker/Siebers: Das Bahrdt-Pasquill [2004], S. 920f.). 75f. ein recht gutes […] nüzliche schriften] Prinzessin Carolines Bildung war auf allen Wissensgebieten lückenhaft (siehe Brief 29 Komm. zu Zeile 20).

Brief 33 11

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[August 1791]

hier Freund! ein zimmlich verwirter aber wahrheit in sich Fassender brief - der Herzog wünscht nur den Prinzen zu sehen, Er spricht gar nichts von seinem viel oder wenig besizenden vermögen - enfin la Chose est belle, et les

idèes les plus flateuses pour le Prince - on lui feras en tout point des avantages - et penses à tout ce qui en pouras resulter pour la maison - faites que Md. la Landgrafe presse le retour ou au

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moins une petite reponse - j’ai ecrit que le Prince est absent repondes moi au plutot - Sur ce que vous Semble de cette lettre - il est Sur, que la maladie du Duc est la Cause de la Hate de mes amis de Siersdorf que le Duc aime pour leur Esprit - - O wenn die arme Liebe piquot

die Stelle | | der Fraül Jenisson erhalten könte - Lieber Petersen wie glüklich Sagen Sie wie weit ist auerbach von mannheim oder worms - wäre da eine entrevue möglich? ich wolte Frau v- St- dazu bewegen - oder wäre openheim gut? sagen Sie es Ihrer alten Freundinn La Roche

FDH, Sig. Hs-6605 3 4

nichts] {vo}/ni\chts besizenden] besi{*}/ze\nden

[August 1791] Die Datierung des Briefs ist auf August anzusetzen, da die in Zeile 14 geäußerte Idee, Petersen auf der ersten Reiseetappe zu treffen, in Brief 35 Zeile 79−81 wieder verworfen wird. 2 brief] Der eingeschlossene Brief, der von Sophie von La Roches Freundin Charlotte von Siersdorpff aus Braunschweig stammen könnte, ist nicht überliefert. 2 Herzog] Herzog Karl II. Wilhelm Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbüttel, preussischer Generalfeldmarschall. 7 Md. La Landgrafe] Madame Landgräfin. Landgräfin Luise von Hessen-Darmstadt. 4−11 enfin la Chose […] pour leur Esprit] Frz.: „nun steht die Angelegenheit gut und die schmeichelhaftesten Gedanken für den Prinzen - man wird ihm in jeder Hinsicht entgegenkommen - und denken Sie an alles, was dem Haus daraus an Vorteilen erwachsen wird - bewirken Sie, dass die Frau Landgräfin schnell antwortet oder wenigstens eine kleine Antwort schickt - ich schrieb, dass der Prinz abwesend ist, antworten Sie mir so schnell wie möglich - welchen Eindruck Ihnen dieser Brief macht - es ist sicher, dass die Krankheit des Herzogs der Grund für die Eile meiner Freunde Siersdorf ist, die der Herzog wegen ihres Geistes liebt“. 12 Fraül Jenisson] Fräulein Jenisson. Hofdame der Landgräfin Luise (siehe Brief 31 Komm. zu Zeile 26). 14 entrevue] Frz.: „Treffen, Begegnung“. 15 Frau v- St-] Frau von Steinberg (siehe Brief 32 Komm. zu Zeile 47). 13−16 Sagen Sie wie […] openheim gut] Petersen sollte für ein kurzes Wiedersehen das fürstliche Sommerdomizil „Fürstenlager“ an der Bergstraße verlassen, um Sophie von La Roche in Oppenheim am Rhein 19 km südlich von Mainz zu treffen.

Brief 34 – [Ende August 1791]

Brief 34 11

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[Ende August 1791]

Lieber Freund! ich bitte Sie! tragen Sie bey zu dießer Heurath, der Herzog u die Herzoginn wünschen es - u ich denke Sie sollen auch dafür belohnt werden Kämpfen Sie gegen die Klagen die man über die P- macht - Sie ist ein gutes schönes geschöpf - ich will für das reichere Heurath guth sorgen u das der Prinz wenigsten 100/m in die hand bekomt die 2te könen verzinßt werden - da ist es doch artig biß auf das Erb von der Herzoginn mutter - es könte ja auch wieder ein Regiment für den Prinz erscheinen, den die Statthalterinn würde dazu helfen u das wäre nüzlich - der Herzog freut sich und wünscht einen Prinzen von Geist in sein Hauß zu bekommen - das wird viel zum mehrerem vortheil beytragen | | ich glaube ich mußte dem P. G. was davon schreiben - lassen Sie mich doch L’à peu pres von der aussicht wissen es muß nicht durch den botten seyn wenn, ich nur weiß - daß Sie u die Fr. Landgräffinn mit mir zufrieden sind - wenn es möglich ist so gebe ich Ihnen noch einmal nachricht, eh ich nach Straßburg geh - adieu guter Lieber Freund! den ich viel höher schäze als Sie glauben -

FDH, Sig. Hs-6602 15

nüzlich] nü{*}/z\lich

[Ende August 1791] Die Datierung des Briefs ergibt sich aus Zeile 26: Sophie von La Roche hoffte, vor ihrer Abreise noch einmal ausführlich schreiben zu können (siehe Brief 35 vom 29. August 1791). 6 P-] Prinzessin. Der Charakter der Prinzessin Caroline von Braunschweig wurde am Darmstädter Hof offenbar ungünstig beurteilt (siehe Brief 29 Komm. zu Zeile 20).

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Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum

9 100/m] 100.000 Carolins. 10 die 2te] Lies: die zweiten Hunderttausend. 10−12 da ist […] Herzoginn mutter] Gemeint ist eine Festschreibung und Verzinsung des zu erwartenden mütterlichen Erbes von Prinzessin Caroline, das in ihre Mitgift einfließen sollte. Ihre Mutter war Augusta Friederike Luise, geb. Prinzessin von Großbritannien. 13 Prinz] Prinz Georg Karl von Hessen-Darmstadt. 13 den] Lies: denn. 14 Statthalterinn] Friederike Sophie Wilhelmine von Oranien, Frau des Erbstatthalters der Niederlande (siehe Brief 32 Komm. zu Zeile 23f.). 19 P. G.] Prinz Georg. 21 L’à peu pres] Frz.: „beiläufig“. 22 botten] Boten. 27 Straßburg] Siehe Brief 32 Komm. zu Zeile 47f.

Brief 35 11

29. August 1791 offenbach den 29 august 1791

glauben Sie nicht theurester Freund! das ich die sache über treibe - sondern nehmen Sie den ganz natürlichen gesichts punkt von dem was ich Ihnen heute schreiben kann: 55 der Herzog von braunschweig ist der Geistreicheste Fürst unter allen jeztlebenden - Er schäzt auch nichts höher als Geist - und hat unter seinen Söhnen keinen der ihm entspricht - was ich von Prinz Georg nach braunschweig geschrieben wußte ich schon lang - und Sie haben dieße idèe durch daß bild 10 bekräftigt welches Sie mir von dem Prinzen machten als 10 Sie sagten / der Prinz George - ist einer der verdienstvollsten / und edelsten menschen die ich kenne: gesehen habe ich seine edle gestallt selbst, als ich in darmstadt 15 war - ich konte also, da ich durch meine verhältnisse in Brwg 15 die wünsche der Prinzeß nach einem Schönen liebenswerthen Prinz / die der so guten Herzoginn Mutter, nach einem edelgesinnten / gütigen Prinzen - und die des Herzogs nach / Geist und caracter - in der Person des Prinz George versichern 20 Sie haben die antworten gesehen mein Freund! nun muß ich 20 Ihnen sagen, daß das noch nicht gedämpfte Fieber des Herzogs, ihm sehr ernste reflextionen giebt - und ursache ist warum Er nicht allein | | wünscht das seine Prinzeß tochter vermält seyn - sondern vielmehr in Einem Schwieger Sohn wie Prinz George einen

Brief 35 – 29. August 1791

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Freund seines Haußes - und seines Geists zu trefen mit dem Er von allem sich noch besprechen könne - denn mein lezter brief von 25 august sagt - das der Herzog dem oberjägermeister von Siersdorf erklärte - je conais et estime ce Prince de Berlin = ce beau fils me plait tant - que je le garderais come ami avec moi

Sind Sie sicher theurrer Freund! das ich keine Sylbe zuseze, und es nicht thun würde - theils weil ich die Frau Landgräfinn Herzlich liebe weil ich sie kenne, (auch Nb - eh mein Franz etwas hoffen konte) und also dießer Frau aus Liebe und respect keinen dunst vormachen wolte Sodann - verehre ich die in der Person des Prinz george so selten vereinte Eigenschaften - das ich auch, wäre Er Privat mann mit dem caracter welchen Er hat, gewiß in keinem Fall spielen, oder ihn nur das mindesten unangenehmes […] oder zeigen lassen würde Ich kann Sie also heilig versichern, und ich bitte Sie mein Freund Es den beyden Edlen fürstlichen geschwister - dem Prinzen und der Frau Landgräfinn so zu sagen, wie die sache sich anfieng und nun aussieht - der Eifer warum der Herzog - u seine ihm attachirten menschen (wie die Siersdorffe) - so sehr wünschen den | | Prinzen bald zu sehen - ist die gesundheit des Herzogs - man hat sorge wegen der verdoplung des Fiebers in dießen Herbstagen und Ihnen sey es gesagt - nicht allein die schöne allianz mit diesem Hauß - eine gute - schöne geistvolle Gemalin u gewiß mehr als 200/m Thaler - sondern die vollkomenste Hochachtung Eines der grösten Fürsten nach dem Geist Friedrichs - auch die Hofnung dießes Fürsten - in Prinz George von darmstadt seinen Geist und caracter - seinem Hauß, und seinem Sohn eine Stüze zu geben - dießes Lieber Freund ist Hauptsache der eifrigen wünsche daß der Prinz bald komme und ursache warum ich auch treibe, u denke, die sache u der Herzog verdient Sie - der edle Prinz - u unßere Liebe Frau landgräfinn kennen die menschen, und den gang der dinge - wie sich oft verschiedenes wohl, und weh in einen kurzen zeitraum zusamen kettet - und dieß ist wie ich sagte der gesichtspunkt aus welchem die sache des eifers angesehen werden muß - wäre nicht der / umstand der Krankheit des Herzogs - so würde die eile gar nicht seyn - aber dieses - und der Stral der Hofnung durch P- G- Geist in seinem Hauß zu sehen u nicht den Erbprinzen allein den geschäfts Leuten zurükzulassen ...... Petersen! sehen Sie deßwegen sage ich thun Sie alles - dem Herzog dießen dienst zu erweißen - das Schiksal hat meinen brief - gerad zu der zeit nach braunschweig gebracht | |

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als dießer wirklich große mann wie ich oben sagte - wegen seiner Krankheit nachdachte u o wie selten geschieht es unter großen - daß das gefühl der Hochachtung für Persönliches verdienst so lebhaft wird wie die erinnerung des Herzogs - sich über den Prinzen zeigt - u lassen Sie mich sagen - Solte es nicht den Edelgesinnten, und menschenfreundlichen Prinzen auch Freuen, in den Eigenschaften, die Er sich selbst gab - Einem großen mann aussichten auf lezte Freuden u Stüze zu geben - ich weis was ich schreibe - lieber Freund! gebrauchen Sie es wie der rechtschafene mann, die gute sache gebraucht reine wahrheit ist alles den 10 7br werde ich mit Frau v. Steinberg auf 14 tag oder 3 wochen nach Straßburg - vielleicht noch ein stük weiter gehen, da aber Frau v. Steinberg von maynz aus über worms den nächsten weeg nehmen wird - so ist es mir sehr traurig die idèe eines rendes vous zu verliehren den ich Ihnen geben wolte schreiben Sie mir doch noch ich bitte Sie Legen Sie mich der Frau Landgräffinn zu Füssen - ich freue mich daß Sie meine Herzliche ergebenheit so gut aufnahm - Sie Sympathisirt

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mit ihrem würdigen bruder - O Sie solle ihm Freundschaft für den Herzog geben - denn dießer interessirt uns alle - Sagen Sie mir! möchte man vielleicht mit jemand anders in corespondenz darüber kommen? aber glauben Sie ich weiß alles - und ich soll nach meiner rükunft nach braunschg zu der Herzoginn - adieu Theurer der Himmel Seegne die wünsche des Herzogs und die meinige - bin ich Stolz das ich dieß sage? La Roche

FDH, Sig. Hs-6456 26 37 85

noch] {b}/n\och ihn] ih{m}/n\ des] {-}/des\ interessirt]  interess{t}/i\rt

2f. 7

über treibe] Lies: übertreibe. unter seinen Söhnen] Drei Söhne des Herzogs von Braunschweig waren körperlich oder geistig behindert. Führungsqualitäten wies nur der vierte Sohn Friedrich Wilhelm (1771−1815) auf.

Brief 36 – 31. [August 1791]

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meine verhältnisse]  Gemeint ist das Ehepaar von Siersdorpff (siehe Brief 32 Komm. zu Zeile 9). 15 Brwg] Braunschweig. 17 Herzoginn Mutter] Siehe Brief 34 Komm. Zu Zeile 10−12. 22 reflextionen] Überlegungen. 25 Freund seines Hauses und seines Geists] Siehe Komm. zu Zeile 7. 28−29 je conais […] ami avec moi] Frz.: „ich kenne und schätze den Prinz aus Berlin = dieser Schwiegersohn gefällt mir so sehr - dass ich ihn wie einen Freund um mich haben würde.“ 32 Nb] Nota bene. Lat.: „wohlbemerkt“. 37 […]] Wort nicht entziffert. 40 fürstlichen geschwister] Prinz Georg Karl und die Landgräfin Luise von Hessen-Darmstadt waren Geschwister. 43 ihm attachirten] ihm verbundenen. 49 Geist Friedrichs] Herzog Karl Wilhelm Ferdinand war ein Neffe von König Friedrich II. von Preußen. 1787 wurde er zum preußischen Feldmarschall ernannt. Siehe Kapitel 5. 61 P- G-] Prinz Georg. 77 Straßburg] Siehe Brief 32 Komm. zu Zeile 47f. 80 rendes vous] Frz.: „Treffen“. Sophie von La Roche hatte Petersen in Brief 33 Zeile 13f. vorgeschlagen, sich in Oppenheim, Worms oder Mannheim zu treffen. 86 in corespondenz darüber kommen] An Fürstenhöfen wurden Heiratsangelegenheiten nach Vorverhandlungen in die Hände der erfahrenen Juristen gelegt. So „negociirte“ der im Dienst der Landgräfin Marie Luise Albertine von Hessen-Darmstadt stehende Regierungsrat Johann Philipp Schulin (?− nach 1821) die Heiraten ihrer Töchter (siehe Merck: Briefwechsel [2007], Bd. 4, S. 505 u. S. 506 Kommentar). Aus Brief 78 Zeile 11f. geht hervor, dass er auch in die Mitgiftverhandlungen mit Braunschweig eingeschaltet wurde. 87 braunschg] Braunschweig.

Brief 36 11

le 31 au Soir à L’instant ou je recus votre lettre du 28 -

Ihr brief macht mich aufleben denn sehen Sie hier einen der mich sehr 55 niederschlug glauben Sie niemals kann eine vor theilhaftere allianz in das hauß kommen der himel seegne das fortgehen hier sind die Punkte - ich muß eilen 10 10 um nichts zu versäumen - und umarme Sie - ärgern Sie sich nichts darüber

31. [August 1791]

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ich Schäze Sie und kann in eile kein kürzer u Herzlicher adieu sagen Sophie la Roche / 15 15 der Herzog hoft man wird besser - aber er wünscht dießes bündnis Eifrig, aus liebe u geschmak für P. george

FDH, Sig. Hs-6601 31. [August 1791] Der Brief wurde vor dem Tod ihres jüngsten Sohnes am letzten Augusttag geschrieben. Elf Tage später, am 11. September, starb Franz von La Roche. Die Abreise verschob sich auf den 17. September. 1f. le 31 au Soir […] lettre du 28] Frz.: „den 31. abends zum Zeitpunkt, als ich Ihren Brief vom 28. erhielt“. 4 sehen Sie hier einen] Der eingeschlossene Brief ist nicht überliefert. Vermutlich ist ein Brief von Charlotte von Siersdorpff aus Braunschweig gemeint. 9 Punkte] Vermutlich sind die Modalitäten der Eheschließung von Seiten Braunschweigs gemeint. Der Einschluss ist nicht überliefert. 10 nichts zu versäumen] Der Zusammenhang ist unklar. Es können Reisevorbereitungen gemeint sein. 15f. der Herzog hoft man wird besser] Herzog Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbüttel, Vater der Prinzessin Caroline, war schwer erkrankt (siehe Brief 35 Zeile 67). 17 P. george] Prinz Georg.

Brief 37 11

14. September 1791 off- den 14 7br 1791

mein Freund! Freund meines Franz! ich lebe noch habe meinen Franz überlebt - Frau v. Steinberg führt mich am Samstag mit sich in die Schweiz - Sie sollen 55 immer nachrichten von und den braunschweiger Sachen haben lassen Sie mich einen brief in baßel - bey Jacob Sarasin finden ich bitte Sie inständig - Ihre freundschaft wird ersaz in vielem - für Ihre arme arme Freundinn la Roche ich kann noch nicht an die Frau landgräffinn schreiben 10 aber Petersen! - ich habe so viel für die equipirung des Franz 10 von meinem wittib gehalt geopfert - ich verlohr ihn -

Brief 37 – 14. September 1791

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Ihrem Herzen sey es gesagt - das es wohlthat für mich wäre wenn die Großmuth des Landgrafen mir den rest seines Jahr gehalts nach gewohnheit der edlen Höfe reichen liesse - Sie mein 15 15 theurer Freund müssen wissen ob es sich hoffen läßt - u schiklich zu bitten ist à Monsieur| Monsieur Petersen - Conseiller de La Regence| à| Darmstadt /

FDH, Sig. Hs-6457 1 3

3 3f.

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14 7br] 14. September. meinen Franz überlebt] Ihr Lieblingssohn Franz starb am 11. September mit 23 Jahren im Haus seiner Mutter an einer „entzündungs Colik“ (Brief an Elisabeth Gräfin Solms am 14. September 1791 [SAO, Sig. M24 (75)]; Kampf: Sophie von La Roche Briefe [1965], S. 39). Die knappe Formulierung in Zeile 2f. lässt vermuten, dass Petersen schon vor dem Erhalt dieses Briefes in irgendeiner Form Nachricht von dem Tod des jungen Mannes erhalten hatte. Trotz Beerdigungsfeierlichkeiten und Reisevorbereitungen behielt sie einen klaren Kopf: Der Informationsfluss hinsichtlich des Heiratsprojekts musste auch in ihrer Abwesenheit gewährleistet sein, ferner galt es in eigener Sache beizeiten die finanzielle Hilfe zu erbitten, die Hinterbliebenen üblicherweise gewährt wurden. Frau v. Steinberg] Frau von Steinberg. Siehe Brief 32 Komm. zu Zeile 47f. führt mich […] in die Schweiz] Die Intentionen der Reise hatten sich verändert, Sophie von La Roche war nunmehr nicht mehr in der Rolle der umsorgenden Reisebegleiterin. Als Trauernde bedurfte sie selbst eines Ortswechsels und der Zerstreuung, „eine Art heilenden Balsams“, den sie von ihren beiden Töchtern verordnet bekam („Erinnerungen aus meiner dritten Schweizerreise“ [1793], S. 1). baßel] Basel. Jacob Sarasin] Der in Basel ansässige Seidenfabrikant Jacob Sarasin (1742−1802) stand mit zahlreichen geistigen Größen seiner Zeit in Kontakt. Dazu zählten Sophie von La Roches Freunde Johann Heinrich Merck, Gottlieb Konrad Pfeffel, Johann Georg Schlosser und Johann Georg Jacobi. In seinem „Weißen Haus“ verkehrten die Mitglieder der 1761 gegründeten aufklärerisch gesinnten „Helvetischen Gesellschaft“, deren Präsident er 1786 wurde. Das Nervenleiden seiner Frau Gertrud Battier (1752−1791) brachte ihn in Berührung mit dem berühmt-berüchtigten sizilianischen Hochstapler und Alchemisten Alessandro Graf von Cagliostro (eigentlich Giuseppe Balsamo 1743−1795), mit dem Sophie von La Roche 1786 in London zusammentraf. Im Sarasin’schen Familienarchiv (Universitätsbibliothek Basel) befinden sich Briefe Sophie von La Roches an Jacob Sarasin aus den Jahren 1784−1796 (Sig. PA 212a F 11.27.9). equipirung] Ausstattung (siehe Brief 26 Komm. zu Zeile 20). Schwarzes Siegel.

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Brief 38 11

17. September 1791

offenbach den 17 7br 1791 halb 9 uhr morgens

diesen augenblik mein theurrer Freund! reiße ich nach maynz - u von da auf 3 wochen weiter - legen Sie der edlen Frau Landgräfinn 55 den dank meines gebrochenen Herzens zu füssen ich kann noch nicht weitter schreiben - aber ich bitte Seine durchlaucht den H- Landgraf um gnädige aufnahm zu einem Reitknecht für den armen treuen bedienten meines 10 guten Seligen Sohns - adieu Freund! ich schreibe 10 so oft ich kann - Gott Seegne den Fürsten u sein Hauß - u alle freunde meines Franz - betten Sie für seine Mutter die arme La Roche

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à Monsieur| Monsieur Petersen - Conseiller de La Regence -| à| Darmstadt

FDH, Sig. Hs-6458 1 3

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17 7br] 17. September. auf 3 wochen] In Lausanne konsultierte Marie Charlotte von Steinberg den namenhaften Arzt Simon André Tissot. Da dieser die epileptischen Anfälle ihres Sohnes Georg längere Zeit beobachten und den Erfolg seiner Therapie überwachen wollte, verlängerte sich der Aufenthalt der Reisenden am Genfer See bis zum April 1792 (siehe Brief 32 Komm. zu Zeile 47f.). den dank] Sie hatte einen Kondolenzbrief der Landgräfin erhalten. armen treuen bedienten] Gemeint ist ein Bediensteter namens Pelzer. Am 25. Mai 1796 schrieb Sophie von La Roche an die Stiftsdame Charlotte von Zanthier: „der bediente meines theuren Franz steht jezo bey Hrn. Baron von Weyhers Hauptmann und Flügeladjudant des Hrn. Landgrafen von Darmstadt der ihn sehr liebt − u nun von seinem Herrn geschmält wird, das er seinen Eltren nicht schriebe“ (WMB, Sig. 937). betten] beten. Schwarzes Siegel, Postzeichen: DE FRANCFORT.

Brief 39 – 27. [September 1791]

Brief 39 11

Straß

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27. [September 1791] den 27-

mein würdiger Freund ich reiße den augenblik ab ich habe Ihre briefe - dank 55 sey Ihnen dafür mit dem P- G- treiben Sie auch auf Ihrer seite nicht biß mir H- v. Feronce die 200/000 th- versichert hat, ich habe deßwegen 10 gestern geschrieben 10 u Fr. v. S- an B- Groschlag verwiesen - adieu ich umarme Sie bedauren u lieben Ihre arme alte Freundinn la Roche

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à Monsieur| Monsieur Petersen - Conseiller de La| Regence de S- A. Mosgr Le Landgrafe| de Hesse Darmstadt -| à| Darmstadt

FDH, Sig. Hs-6603 27. [September 1791] Aufgrund der Erwähnung der Reisestation Straßburg (Zeile 1) kann der Brief auf den September 1791 datiert werden. 1 Straß] Straßburg. 1 den 27-] den 27. 6 P- G-] Prinz Georg. 8 H- v. Feronce] Herr von Feronçe. Geheimrat Jean Baptiste Feronçe von Rosencreutz (1723−1799) war Geheimer Rat und Finanzminister am Hof von Braunschweig-Wolfenbüttel (siehe Brief 40 Komm. zu Zeile 49f.). 8f. 200/000 th-] 200.000 Taler. Damit ist die veranschlagte Mitgiftsumme der Prinzessin Caroline gemeint. 11 Fr. v. S-] Frau von Siersdorpff. 11 B- Groschlag] Baron Groschlag. Sophie von La Roche begründet die Einbeziehung eines weiteren Verhandlungspartners mit dem Adelsdünkel des Ehepaars von Siersdorpff in ihrem darauffolgenden Brief (Brief 40 Zeile 16). Ihr Freund, Karl Friedrich Willibald Baron von Groschlag, dessen Gebaren Herzog Carl August von Sachsen-Weimar mit dem Neologismus „Weltunverschämtheit“ charakterisierte (Krüger: Karl Friedrich Willibald von Groschlag [1970], S. 223), sollte statt des bürgerlichen Regierungsrat und Juristen Petersen die Verhandlungen für den Darmstädter Hof weiterführen. Der Briefpartner reagierte offenbar verärgert. Das Gespinst der sich überkreuzenden Nachrichten aus Braunschweig und Darmstadt begann sich in dem Moment zu verwirren, als

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die Schriftstellerin ihren Standort Offenbach verließ. Mit dem Hinzutreten von Baron Groschlag steigerte sich die Komplexität der persönlichen und politischen Ambitionen aller Beteiligten (siehe Brief 41 Zeile 12−16). Der Hauptgrund für das Scheitern des zunächst auf Hofdamenebene eingefädelten Heiratsprojekts war indessen ein finanzieller. Die Sympathie des kranken und daher geschwächten Herzogs von Braunschweig für diesen Schwiegersohn, der wie er („seines Geists“) ein engagierter Freimaurer war (Brief 35 Zeile 25), schien gegenüber dem politischen Kalkül seines gutinformierten Finanzminister Feronçe an Gewicht zu verlieren („Der Prinz sey mit Banquier. verbunden, und so könne ja ein Banqueroute das ganze Capital nehmen“ Brief 54 Zeile 42−45). Die Mitgiftforderungen von Seiten des Prinzen Georg Karl wurden vermutlich nicht akzeptiert. Sophie von La Roche spricht in Brief 68 Zeile 35 vom Geiz Braunschweigs. Die Bedenken der Darmstädter Kabinettsmitglieder, dass hohe Apanagen für die Braunschweigerin und ihre potentiellen Nachkommen den Staatshaushalt übermäßig belasten würden, könnten ebenfalls die angestrebte „allianz“ verhindert haben (Brief 32 Zeile 21; siehe Kapitel 5). 15f. Schwarzes Siegel. Rechts neben der Adresse die Notiz in unbekannter Handschrift: „Heurath project u Verhandlung Btf Caroline von Braunschweig u des Prinzen Gg von H D“.

Brief 40 11

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24. November 1791 Lausanne den 24 nobr 1791.

Mein theurer würdiger Freund vergeben mir den kleinen brief und den auftrag diesen einschluß zu besorgen - er soll das leben eines edlen Mädgen retten helfen also empfele es innigst ich habe H- v. Groschlag in die sache gemischt - weil ich über H- v Feronce

10 10 unzufrieden war - u ohne hinab-

reißte - ich hatte ursache zu denken Feronce, sey von dem ersten anbiethen abgegangen, weil die sache nur durch eine Frau geführt wurde - u ich wolte 15 15 auch der oberjägermeisterinn v. Siersdorf wegen der hohen adel morgue - einen adelichen statt meiner | | zuweißen - denken Sie mein Edler würdiger Freund! ja nichts

Brief 40 – 24. November 1791

20 20 anders - gewiß ich konte keinen

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zweifel in Ihren willen u Ihr können haben - und ich hatte keinen = wäre nicht der unglükliche verlust meines Franz mitten ein getretten wodurch alle mein denken wie mein Glük zerüttet wurde - so hätte ich Ihnen dieses schon lang geschrieben tragen Sie also ja keine andre idèe von der sache als die ich bitte Sie Sie sind mir gewiß auch heiliger und Schäzbarer lieber - als B. Groshlag aber ich kann über die sache nicht mehr zu sezen: Gott gebe Ihnen gesundheit u helfe allen leidenden | | so auch den Varicourts in Versoi ziehen sich national garden zu samen - u man fängt an zu vermuthen es sey, um die von den Bernern in dem Schloss Chillon eingesezte mit der propaganda verbündete Lausanner zu befreyen - sicher war daß das Payd de vaud wie avignon an die assemblèe national übergeben werden solte Mißbrauch der obergewalt bringt alles dieses hervor - ach mein Freund! wenn Sie teutsche von verschiedenen Landen hier reden hörten in braunschweig soll ein Foyer von revolutionaire seyn Feronce mit, aber überhaupt in teutschland, die Gelehrte das Feuer anfachen - es erinnert mich an die | | gewohnheit der so genannten Wilden Einen baum umzuhauen - damit sie die Früchte pflücken können solten nicht die sogenannte aufgeklärte auch noch etwas von den obigen Wilden an sich haben - umzustürzen damit die sachen die Form bekommen die ihnen am besten deucht -

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mögen sie meinem Engel Franz können sie nichts mehr schaden - u Mir - Ach Freund! mir was kann 65 65 mir noch genommen werden? Ihre Freundschaft - - würden Sie es wohl thun - könten Sie der asche meines Franz, den Kummer geben sie so zu tretten? adieu O ich bin un70 70 glüklich genug - ich habe meinen Franz verlohren Petersen! verliehren Sie sich nicht von Sophie la Roche

FDH, Sig. Hs-6459 40 1

mit der propaganda] 

Lausanne] Die Reisegruppe logierte in einer Wohnung in Etra, einem Vorort von Lausanne. („Erinnerungen aus meiner dritten Schweizerreise“ (1793), S. 30). 1 24 nobr.] 24. November. 3 kleinen brief] Der Einschluss, vermutlich eine Bittschrift an das Landgrafenpaar, ist nicht überliefert. 6 edlen Mädgen] Nicht ermittelt. 10f. ohne hinabreißte] Lies: ohne Antwort hinabreiste. 14 eine Frau] Sophie von La Roche meint sich selbst. 16 morgue] Frz.: „Dünkel“. 36 Varicourts] Sophie von La Roche hatte während ihres Aufenthaltes in Lausanne die Bekanntschaft der Witwe Gilberte Prospère Varicourt, geb. Prez de Crassier, gemacht, die dort in einem halbverfallenen Anwesen hauste. Aus ihrer Ehe mit Etienne Rough de V. entstammten zehn Kinder, von denen ihr Sohn François (1779−1789) als Leibgardist des französischen Königspaars diente. Er wurde beim Ansturm der Revolutionäre auf Schloss Versailles am 6. Oktober 1790 massakriert (siehe „Erinnerungen aus meiner dritten Schweizerreise“ [1793], S. 282−285). 37 Versoi] Versailles. 39−44 von den Bernern […] werden solte] Das Waadtland wurde durch den Rat der Stadt Bern regiert. Die Bevölkerung zeigte unterschiedliche Reaktionen auf die vom revolutionären Frankreich ausgehende Propaganda. Am 14. Juli 1791, dem Jahrestag des Bastille-Sturms, wurden in den Städten Lausanne, Yverdun, Moudon, Vevey und Ouchy Feste gefeiert, bei denen revolutionäre Gesänge angestimmt wurden. Bern schickte eine Truppe von 2200 Mann, um die Lage zu klären. Bei den hier erwähnten Gefangenen scheint es sich um die festgenommenen Aufwiegler zu handeln (siehe Stefan Howald: Aufbruch nach Europa. Karl Viktor von Bonstetten 1745−1832. Leben und Werk. Basel, Frankfurt am Main 1997, S. 89f.).

Brief 41 – 26. November 1791

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Schloss Chillon] Das am Ostufer des Genfer Sees gelegene festungsartige Renaissanceschloss Chillon war im Besitz der Stadt Bern. 49 Foyer] Frz.: „Herd“. 49f. in braunschweig […] Feronce mit] Die von Sophie von La Roche erwähnten Revolutionäre sind namentlich nicht nachzuweisen. Zu diesem Zeitpunkt herrschte in der Bevölkerung Unruhe wegen Abgaben und Wildschaden (siehe Carl Haase: Obrigkeit und öffentliche Meinung in Kurhannover 1789−1803. In: Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte. Zeitschrift des historischen Vereins für Niedersachsen. Neue Folge [1967], S. 192−294, hier S. 213). Auf die politisch angespannte Lage deutet ein Prozess hin, der zu dieser Zeit gegen die aufgeklärten Pädagogen Joachim Heinrich Campe und Ernst Christian Trapp geführt wurde (vgl. Selma Stern: Ein Kampf um die Preßfreiheit in Braunschweig zur Zeit der Französischen Revolution. In: Jahrbuch des Geschichtsvereins für das Herzogtum Braunschweig 11 (1916), S. 18−76). Hinsichtlich der demokratischen Gesinnung des seit 1773 im Hofdienst stehende Finanzministers Jean Baptiste Feronçe von Rosenkreutz (1723−1799) findet sich in der geschichtswissenschaftlichen Forschung kein Hinweis. Der ein Jahr nach seinem Tod vom Prediger der Braunschweiger Peterskirche verfasste Nachruf „Johann Wilhelm Heinrich Ziegenbein, Ueber den verstorbenen Geheimrath Feronçe von Rosenkreutz in einem Schreiben an den Herrn von Meister in Zürich, Braunschweig 1800“ beschreibt ihn mit seiner Vorliebe für die französische Literatur als einen typischen Vertreter des Ancien Régime. Gellert, Hagedorn, Rabener und Wieland wurden von ihm ins Französische übersetzt (S. 22). Siehe Brief 47 Zeile 7. 54 der so genannten Wilden] Die Raubbau treibenden „Wilden“ befinden sich auf der untersten Stufe der Menschheitsentwicklung, an deren oberen Ende die vernunftregierte Zivilisation steht. Den revolutionsbegeisterten Gelehrten und Philosophen wird diese Spitzenposition abgesprochen. Sie fallen von der obersten Sprosses der Kulturleiter zurück in die Barbarei. Sophie von La Roche vertritt hier die Position der Gegenaufklärer (siehe Kapitel 6).

Brief 41 11

Lausanne den 26 nobr 1791

diesen augenblik erhalte ich den brief, den ich Ihnen schike - Sie heben ihn auf - denn die sache geht nun 55 ganz sanft - u wird gut gehen was die raisonements gegen Pr. Caroline antrifft - hab ich wegen baaden etwas geschrieben - u Fr- v. Siersdorf hat es unrecht verstanden - Sie zeigen 10 den brief niemand könten aber von 10

26. November 1791

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Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum

dem Cadeau der 80/m zu einem landgut sprechen - u ich weiß H- v. Groschlag wolte den Stifts damen von Homberg sein freyes Ritter gut zu Dieburg verkaufen - und 15 15 mich dünkt das wäre artig gelegen für Prinz George - ich bitte auch um gnädige / erfüllung der zusage des lezten quartals / von meinem lieben armen Franz / ach Freund! theurer Freund! diese lezte 20 20 / Gnade für Franzens Mutter - schiken Sie es an Mad. Möhn nèe de la Roche à offenbach ich umarme Sie u Gott Seegne Sie - für

Sophie la Roche | | Die Herzogin Giovane fragt mich ob 25 25 die Frau Landgräfin ein Ex- von den Kupfern von Herculanum erhalten habe? in berlin ist bey unger ein Werk von der Herzog- Giovane über erziehung der Prinzessinen erschienen 30 30 hat der H- bruder schon den Prospect - von einem Dictionaire gramaire et dialogues [drei Worte nicht zu entziffern] erhal ten ich hab Ex- vom obrist Polier des Indes Sagen Sie H- bruder, u dem verehrungswürdigen Goerlingshaußen meine empfelung - leztem danke ich innig 35 35 für seinen brief an mich - u seine liebe für meinen Franz O mein Freund! nie nie werd ich mich trösten à Monsieur| Monsieur Petersen - Conseiller| de La Regence de S. A. S. Monsgr| Le Landgrafe de Hesse| à| Darmstadt| franco Schafhause /

FDH, Sig. Hs-6461 30

der] de{m}/r\

1 3

26 nobr] 26. November. brief] Der Einschluss, vermutlich ein Schreiben aus Braunschweig, ist nicht überliefert. die sache] Gemeint ist das Heiratsprojekt. raisonements] Frz.: „Überlegungen“. Siehe Brief 34 Komm. zu Zeile 6. baaden] Der Zusammenhang ist unklar. Die Markgräfin Amalie Friederike von Baden (1754−1832) war die Tante des Prinzen Georg Karl. brief] Siehe Komm. zu Zeile 3. Cadeau] Frz.: „Geschenk“.

4 6 7 10 11

Brief 41 – 26. November 1791

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11 80/m] Lies: 80.000 Taler. 12−14 ich weiß […] zu Dieburg verkaufen] Im September 1790 hatte Sophie von La Roche die Wallensteiner Stiftsdamen in ihrem Wunsch unterstützt, aus dem Hessen-Kasselschen in das Darmstädtische Hoheitsgebiet umzusiedeln (Brief 15 Zeile 10). Baron von Groschlag besaß neben Schloss Stockau zahlreiche Liegenschaften u.a. in Messel, Eppertshausen, Hergershausen, Sickenhofen, und Raibach. Das hier genannte Rittergut ist nicht zu identifizieren (siehe Johann Wilhelm Christian Steiner: Geschichte der Stadt Dieburg u. Topographie der ehemaligen Centen und Aemter Umstadt, Babenhausen u. Dieburg. Theil 3: Alterthümer und Geschichte des Bachgaus im alten Maingau. Aschaffenburg 1829, S. 44; Diel: Der Lustgarten der Freiherren von Groschlag [1941], S. 14−16). 17 erfüllung der zusage] Die Landgräfin hatte Sophie von La Roche das Gehalt ihres verstorbenen Sohnes bis Jahresende zugesagt (siehe Brief 37 Zeile 13f.). 21 Mad. Möhn nèe de la Roche] Nach gescheiterter Ehe lebte die jüngste Tochter Luise von Möhn im Haushalt der Mutter in Offenbach (siehe Brief 22 Komm. zu Zeile 23). 24−26 die Herzogin Giovane […] erhalten habe] Zu Herzogin Giovane siehe Brief 26 Komm. zu Zeile 21−26 und Kapitel 4. Es könnte ein einzelner Band des mehrfach aufgelegten Werks „Le Antichità di Ercolano Esposte“ gemeint sein, das von 1755−1792 in der Königlichen Druckerei in Neapel erschien. 27 in berlin ist bey unger] Das von Johann Friedrich Unger (1753−1804) gegründete Berliner Verlagshaus war für die Publikation von Periodika („Königlich privilegirte Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen“) bekannt. 28 Herzog- Giovane] Herzogin Giovane. 28 erziehung der Prinzessinen] Mit ihren „Lettres sur L’éducation des princesses. Par Julie, Duchesse de Giovane née Baronne de Mudersbach. Vienne 1791“ gab Juliane Herzogin von Giovane entscheidende Impulse für die Prinzessinnenerziehung in der Spätaufklärung. Mit dem Erscheinen der Erziehungsschrift festigte sich ihre Stellung am Wiener Hof (siehe Brief 26 Komm. zu Zeile 21−26; Brief 29 Komm. Zeile 34f.; Kapitel 4). 30 H- bruder] Hofprediger Georg Wilhelm Petersen. 30−32 Dictionaire gramaire et dialogues] Frz.: „Wörterbuch, Grammatik und Dialoge“. Der Titel des Wörterbuchs ist nicht zu entziffern. Sophie von La Roche äußert sich über den hohen Wert, den dergleichen Nachschlagewerke für sie darstellen, in „Mein Schreibetisch“ (1799), ,,Zweytes. Bändchen“, S. 370f.: „Ich behauptete: Sprache, Grammatik, Schreibekunst und Wörterbücher seyen die größten, nützlichsten und wohltätigsten Kunstwerke.“ 32 Ex-] Exemplar. 32 obrist Polier des Indes] Antoine-Louis Henri Polier (1741−1795) entstammte einer Lausanner Familie. Als Siebzehnjähriger gelangte er nach Ostasien, wo sein Onkel Kommandant von Kalkutta war. 1762 wurde er als Ingenieur in den Rang eines Kapitäns befördert. Sein Militärdienst in Indien währte dreißig Jahre, währenddessen er sich durch Handel ein beträchtliches Vermögen erwarb. Seine beiden muslimischen Ehefrauen blieben zurück, als er 1788 in die Schweiz zurückkehrte. Die drei Töchter ließ er nachkommen, um ihnen eine europäische Erziehung zu geben. Polier vermählte sich erneut mit einer Lausannerin und erwarb 1792 ein Landgut bei Avignon, in dem er 1795 von Räubern ermordet wurde (siehe Jenaische Allgemeine Literatur-Zeitung, 25. Juli 1812, Nr. 148,

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Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum

Sp. 145−148). Sophie von La Roches Interesse galt seiner umfangreichen Sammlung von Manuskripten in Sanskrit, Persisch und Arabisch („Erinnerungen aus meiner dritten Schweizerreise“ [1793], S. 34, S. 310). Siehe Brief 172 Zeile 13. 33 H- bruder] Hofprediger Georg Wilhelm Petersen. 34 Goerlingshaußen] Von Goerlinghausen war Forstmeister im Oberforstamt in Darmstadt und ein Vorgesetzter ihres Sohnes Franz. Sie erwähnt ihn in „Erinnerungen aus meiner dritten Schweizerreise“ (1793), S. 87. 37f. Schwarzes Siegel, handschriftlicher Postvermerk: 3 x [unleserliches Wort] Schaffh 15 x.

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Lausanne

20. Dezember 1791 den 20 xbr 1791

haben Sie dank für Ihren lieben Lezten brief - mein theurer würdiger Freund! Ihr auftrag nach B- ist besorgt - der Himmel gebe seinen Seegen dazu - aber ich fürchte wir begehren zu viel - - - - tausend dank für alles was Sie und der Edle Herr v- Baumbach noch für das andenken meines unvergeßlichen Edlen Franz thun O mein Freund! was habe ich verlohren! hier ist ein weißes blatt mit meinem Nahmen und pittschaft schreiben Sie die vollmacht wie sie seyn muß - u handlen darinn nach Ihrem Herzen - Gott erhalte u Seegne Sie wir werden erst auf die oster messe zurük kommen - der Himmel wolle, das es dann mit Frankreich besser aussehe als jezt - den seit gestern sind wieder nachrichten von der grausamsten art gekommen - indem ich detail von dem barbarischen auftritt in Monpellier hörte | | der Banqueroute soll auch sicher seyn Lyon- u Geneve sind in der grösten Sorge darüber - u man hört nirgends nichts als Klagen - täglich kommen noch Familien aus Frankreich logiren sich auf dörfer um wohlfeiler zu leben - - denken Sie wie ich lezt in Nyon staunte Monsieur le Noir Lieutenant de la Police neben mir zu finden - u zu hören das dieser Mann 1 Stunde von Nyon in einem einzelen kleinen Hauß - mit 2 domestiquen lebt - aber seine Bibliotek um sich hat - an memoires arbeitet, und eine ganz

Brief 42 – 20. Dezember 1791

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Philosophische zufriedenheit zu haben scheint - von seinem ehmaligen aides de la Police bekomt Er noch alle neuigkeiten gedrukte u geschriebene die er mitheilt - la Puçe à L’oreille ist von den ersten eine der artigsten - Er selbst hat eine der feinsten Phisiognomien die ich kenne und einen blik - der ängstigte, wenn er nicht mit lächlen, und sanfter stimme begleitet wäre | | Er sagte uns das nächstens ein band Liebes briefe von mirabeau erscheinen würde, die man kühn kaufen solle indem sie ganz ächt seyen: der himmel, und die grazien sollen das Herz, und das Leben der Frau Landgräfinn Lohnen - für den vorsaz, der wohlthat an Frl Picot - - Sagen Sie, das ich dieses zu ihren Füssen, mit vollem Herzen sage - ach wie oft danke ich der edlen liebenswerthen Frau für alle güte gegen meinen Franz - und weine, das er sie nicht mehr geniessen kann nun kann ich nicht weiter schreiben - denn mein Franz! ist vor mir Petersen! nur ein Jahr ein kurzes, schnell verflossenes Jahr genoß ich die Freude das er Darmstadt diente - o bedauren Sie mich so oft Sie mich denken - ich bin an jeder lebens Freude arm geworden - und um arme Sie mit thränen - die alte Sophie - | | Haben Sie lieber guter Freund! den Brief an Frl von Zanthier nach Schmalkalden erhalten u besorgt? denn ach er liegt mir an der Seele -

FDH, Sig. Hs-6460 33 40

Police] Po{ll}/l\ice Liebes briefe] briefe

1 4 8

20 xbr] 20. Dezember. nach B-] nach Braunschweig. Herr v- Baumbach] Herr von Baumbach. Forstmeister Ernst Christian von Baumbach war Vorgesetzter des verstorbenen Franz von La Roche (siehe Brief 18 Komm. zu Zeile 33).

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Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum

pittschaft] Petschaft. Handstempel zum Siegeln. Petersen erhält die Vollmacht für Geldangelegenheiten, die in Zusammenhang mit dem Tod des Sohnes Franz in Abwesenheit der Mutter geregelt werden müssen. 15 oster messe] Gemeint ist die Frühjahrsmesse in Frankfurt am Main. 17 den] Lies: denn. 20 barbarischen auftritt in Monpellier] In der südfranzösischen Stadt Montpellier kam es seit dem Frühjahr 1791 bei der Einführung der gewählten Priesterschaft der „Église constitutionelle“ zu Zusammenstößen zwischen der Nationalgarde und der Bevölkerung (siehe Gérard Cholvy: Histoire de Montpellier. Toulouse 1985, S. 235). 21 Banqueroute] Frz.: „Bankrott“. Hohe Emissionen von Papiergeld konnten den drohenden Bankrott der französischen Staatsfinanzen nur kurzfristig verschleiern. 27 Monsieur le Noir Lieutenant de la Police] Jean Charles Pierre Lenoir (1732− 1807) erfüllte seine Aufgabe als Generalleutnant der Polizei in den Jahren 1774 bis 1785 mit dem Aktivismus eines überzeugten Aufklärers. Sein umfangreiches Erneuerungsprogramm betraf alle Bereiche der öffentlichen Sicherheit. Darunter verstand er nicht allein den Brandschutz, die Hygienevorschriften und Beleuchtung der Straßen, sondern auch die Kontrolle des sozialen Lebens, das von störenden Elementen frei gehalten werden sollte. Die perfekt ausgebildete Organisation seiner Späher durchdrang selbst die Privatsphäre der Familien, deren Schwächen in Veröffentlichungen der Lächerlichkeit preisgegeben wurden. Als Lenoir wegen einer Serie von Pamphleten 1785 sein Amt niederlegte, übertrug man ihm umgehend den Vorsitz der Königlichen Finanzkommission. Der Revolution stand er distanziert gegenüber. 1790 demissionierte er und zog sich in die Schweiz an den Genfer See zurück. Mit der Niederschrift seiner Lebenserinnerungen verfolgte er zwei Absichten: Es galt, eine positive Bilanz seiner Amtsjahre aufzuzeigen und darüber hinaus die gegen ihn gerichtete Anklage des ministeriellen Despotismus zu entkräften. 1802 kehrte er nach Paris zurück, wo er fünf Jahre später starb (Maxime Comte de Sars: Le Noir, Lieutenant de Police 1732−1807. Paris 1948; siehe Komm. zu Zeile 31). 29 Nyon] Die Stadt Nyon, 27 km nördlich von Genf am Westufer des Genfer Sees, zählte zu den fünfzig Vogteien, welche von der Stadt Bern beherrscht wurden. 30 domestiquen] Frz.: „Bediensteten“. 31 memoires] Frz.: „Lebenserinnerungen“. Lenoir vollendete nur etwa ein Drittel seiner Memoiren, die nicht in den Druck gingen. Die Manuskripte und Entwürfe werden in der Stadtbibliothek von Orléans aufbewahrt. 33 aides de la Police] Frz.: „Polizeigehilfen“. 35 La Puçe à L’oreille] Frz.: „Floh im Ohr“. Gemeint ist ein Spitzel. 36 den ersten] Sie bezieht sich auf die in Zeile 33 erwähnten Polizisten. 40f. Liebes briefe von mirabeau] Das Werk „Lettres Original De Mirabeau, Écrites Du donjon De Vincennes, pendant les années 1777, 1778, 79 et 80 Contenant tous les détail sur sa vie privée, ses malheurs, et ses amours avec Sophie Ruffei, marquise de Monnier, Honoré-Gabriel de Riquetti de Mirabeau, Paris 1792“ erschien ein Jahr nach dem Tod des französischen Politikers und Schriftstellers Honoré Gabriel Victor de Riqueti, Marquis de Mirabeau (1749−1791). 1777 wurde er wegen Ehebruchs gefangen gesetzt und zum Tode verurteilt. Nach Aufhebung des Urteils ging er vorübergehend ins Exil. Sophie von La Roche

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Brief 43 – 17. Januar 1792

bekam das Werk von ihrer Reisegefährtin Marie Charlotte von Steinberg geschenkt. Ihre „Erinnerungen aus meiner dritten Schweizerreise“ (1793) enthalten ins Deutsche übertragene Auszüge aus den „Lettres“ (S. 316−334). Darin wird Mirabeaus Urteil über Lenoir zitiert: „Auch hat gewiß niemals ein Policeilieutenant das Lob erhalten, welches Mirabeau dem le Noir gab, da er ihn ein eben so gefühlvolles als mächtiges, eben so kluges als muthiges, redliches, nachsichtsvolles Wesen nennt“ (S. 339). 60 Frl] Fräulein. 60f. den Brief an Frl von Zanthier nach Schmalkalden] Die Stiftsdame Charlotte von Zanthier in Schmalkalden war eine Freundin von Franz von La Roches Verlobter Henriette von Bültzingslöwen. Sophie von La Roche war mit ihr nicht persönlich bekannt. Der eingeschlossene Brief trägt das Datum vom 24. November 1791. Sie dankt darin für den erhaltenen Kondolenzbrief und lädt die Stiftsdame nach Offenbach ein (ULBK, Sig. 4° Ms. hist. litt. 34; unter dieser Signatur befinden sich weitere zehn Briefe der Schriftstellerin an Charlotte von Z. aus den Jahren 1791/95 sowie Briefe von Franz von La Roche an dieselbe aus den Jahren 1790 und 1791).

Brief 43 11

17. Januar 1792

Lausanne den 17 Jenner 1792

Ich schike Ihnen mein teurrer Freund alle papiere wieder, welche Sie mir im nahmen des edlen Prinz George mitheilten - und ich lege die 2 Lezte briefe 55 der Frau v. Siersdorf bey - nebst der antwort welche ich auf den vom ersten jenner gebe - den Sie gütig auf der post besorgen - und das Billet darinn lassen, oder nach dem willen des Prinzen wegnehmen können - ich bin zu weit entfernt um allem 10 10 vorzubeugen - und bereue meine Schweizer Reiße auch um dießer ursache willen tausendmal - denn gewiß die sache wäre geendigt wenn ich anstatt hieher nach Braunschweig gegangen wäre aber ich glaubte so gut zu thun als ich H- v. Groschlag 15 15 alles übergaab - und weiß mir nur meine Fehler, das ich den brief nicht nach darmstadt schikte worinn gesagt wurde die Herzoginn giebt 80/m thaler - das Land 20/m - und nach dem tod der Herzoginn könne die Prinzeß wegen 20 20 dem recht auf Englische u Hanovrische Dot noch 80/m thaler erwarten - den von der aussicht auf ein Holländischessches gouvernement | |

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habe ich geschrieben ich bin mein würdiger Freund! mit alle meiner verehrung und ergebung für beyde Häußer zu werk gegangen - ich habe die wahrheit von beyden gesagt - und beyden vorgetragen - H- v. Groschlag sagte mir gleich, man muß die 200/m thaler gleich für das gute etablissement geben - der Herzog thut dieses für das glük seiner tochter - - - warum wußte ich seit dem 13 7br nichts von dem brief u der note des H- v. Feronce - - ach mein theurrer Petersen! Sie werden nicht Compromitirt aber Ihre arme Freundinn La Roche die noch dabey nicht alle briefe von B. zeigen kann - aber Frau v. Siersdorf bitten wird alle die meinige nach darmstadt zu schiken ich habe nur eine palpable rechtfertigung für mich zu citiren = glauben Sie wohl? das ich meinen geliebten edlen Franz, durch ein falsches mic mac Compromitirt haben würde - adieu theurer Freund! versichern Sie | | dem würdigen Prinz George - meine verehrung und dankbarkeit wegen des zutrauens ich lege die nehmliche gesinnung zu den füssen der Frau Landgräfinn - u danke Ihnen für alles was Sie noch für Franz u seine Mutter gethan haben Sophie v. La Roche

meine handschrift wird mit meinen augen schlechter - den vieles weinen u wenig schlaf schwächt mein gesicht ausserordentlich - da ich nichts thun kann als Leßen -

55 55 sorgen Sie Lieber Freund das auf meinen

brief an Fr- v- S- kein darmstadter Post zeichen komt - ehenden eins von Frankfort /

Brief 43 – 17. Januar 1792

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FDH, Sig. Hs-6462 1 2 5 8 14 18 18 20 21f. 22 28 29 31 32

34 35 35f. 38 41 50 52 53 55f. 56 56f. 57

17 Jenner] 17. Jenner. alle papiere] Die Einschlüsse sind nicht überliefert. antwort] Der Einschluss ist nicht überliefert. des Prinzen] Prinz Georg Karl von Hessen-Darmstadt. H- v. Groschlag] Herr von Groschlag. Siehe Brief 39 Komm. zu Zeile 11. die Herzoginn] Gemeint ist die Herzogin Auguste von BraunschweigWolfenbüttel, Mutter der Prinzessin Caroline. 80/m] 80.000. Dot] Dotationen. Ausstattung mit Vermögenswerten. Gemeint ist das Heiratsgut der Prinzessin Caroline. Holländisches- sches] Lies: Holländisches. Verschreibung. gouvernement] Frz.: „Behörde, die einem Gouverneur unterstellt war“. Siehe Brief 34 Zeile 13. 200/m] Lies: 200.000 Taler. etablissement] Frz.: „Versorgung“. 13 7br] 13. September. note des H- v. Feronce] Der Finanzminister Geheimrat Jean Baptiste Feronçe von Rosencreutz führte die Mitgiftverhandlungen für den Braunschweiger Hof. Seine abschlägige Erklärung machte Sophie von La Roches bisherigen Bemühungen zunichte und ließ ihre Vermittlertätigkeit in den Augen der Darmstädter fragwürdig erscheinen. Compromitirt] in Verlegenheit gesetzt. B.] Braunschweig. die noch dabey nicht alle briefe von B. zeigen kann] Die Braunschweiger Briefe befanden sich in ihrem Haus in Offenbach und waren daher als Beweisstücke nicht zur Hand. palpable] Frz.: „naheliegende“. mic mac] Frz.: „Hin und Her; falsches Spiel“. v. La Roche] von La Roche. den] denn. gesicht] Sehkraft. meinen brief] Es ist der in Zeile 5 erwähnte Antwortbrief. Fr- v- S-] Frau von Siersdorpff. kein darmstadter Postzeichen]  Ihre Befürchtung, dass der nach Braunschweig verschickte Brief durch die dortige Poststelle kontrolliert werden könnte, bewahrheitete sich (Brief 46 Zeile 16). ehenden] eher.

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28. Januar 1792

Lausanne den 28 Jen. 1792 ich bin unruhig theurrer Freund! über Ihren, und meinen Lezten brief - sagen Sie mir doch ich bitte Sie inständig alles was an der Sache gethan u gesagt wird ich war aufrichtig, und wahr u gerad - nur zu einer hingeworfnen unschuldigen idèe hat mich Freundschaft, und die vorstellung des geschenks der Herz. verleitet - nemlich zu sagen Es könte eine kleine Herrschaft gekauft werden - sonst nichts - u dieße idèe kam vor mich, da gerad damals mit den Stifts Damen von Homberg die rede von dem Kauf von Dieburg geweßen - u ich H. v. Groschlags vortheil, und das vergnügen der Prinzeß von Br. in dem besiz des schönen Garten berechnete der nicht zu nah nicht zu fern von darmstadt seyn würde - ich hatte niemand genannt - und H. v. G- weiß keine Sylbe davon - aber in den händen des H. v. Feronce wird alles anders es scheint aber im großen u kleinen etwas über das Schiksal der fürsten verhängt - O | | Lehren Sie den liebenswerthen Erbprinz die liebe der unterthanen achten, und suchen u das er nie menschen folge, die von allen edlen verachtet werden Leßen Sie doch die beschreibung der Inßel Scy aus dieser kam ein Particulier nach ostindien u dann nach Europa zurük u dießer hatte Frankreichs Schiksal in händen adieu

theurrer Lieber Freund! Gott Seegne Ihr Leben und bringe mich im aprill glüklich zurük fragen Sie H- bruder in Speyer ob er meinen brief habe - u viel schöns an ihn, an Frau u Christiane 35 35 geht es gut? - H- Hofprediger meine empfelung bleiben Sie freund der armen la Roche à Monsieur| Monsieur Petersen - Conseiller de La Regence| de S. A. Mosgr Le Landgraffe de Hesse| à| Darmstadt| franco Schafhause|

Brief 44 – 28. Januar 1792

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FDH, Sig. Hs-6463, 1 5 7 9

28 Jen.] 28. Jenner. an der Sache] Gemeint ist das Heiratsprojekt. idèe] Siehe Zeile 10. Herz.] Herzogin. Gemeint ist die Herzogin von Braunschweig (siehe Brief 43 Komm. zu Zeile 18). 10f. Es könte […] gekauft werden] Siehe Brief 41 Zeile 12−16. 16 Br.] Braunschweig. 16 schönen Garten] Siehe Brief 12 Komm. zu Zeile 7. 19 H. v. G-] Herr von Groschlag. 20 H. v. Feronce] Herr von Feronçe. 23 Erbprinz] Erbprinz Louis von Hessen-Darmstadt, Petersens Zögling. 28 Particulier] Frz.: „Privatmann“. 27−30 Leßen Sie doch […] in händen] Die Beschreibung der vor der Westküste Schottlands gelegenen Insel Skye stammt von dem schottischen Baron John Macpherson (1710−1765), der als Altphilologe einen hohen Verwaltungsposten an der Universität Aberdeen inne hatte. 1768 veröffentlichte er in London das Werk „Critical Dissertations on the Origin, Antiquities, Language, Gouvernment, Manners, and Religion of the Ancient Caledonians, their Posterity, the Picts, and the British and Irish Scots“. Sophie von La Roche verwechselt ab Zeile 28 den Vater mit seinem jüngsten Sohn, der den gleichem Vornamen trägt. John Macpherson Junior (1745−1821) segelte im Dienst der OstindienKompagnie mehrfach nach Indien. 1785−1786 war er Generalgouverneur Indiens. Er trat die Nachfolger von General Warren Hastings an, den Sophie von La Roche auf ihrer Englandreise 1786 auf seinem Landgut besuchte. 1789 hielt sich Macpherson Junior in Florenz auf, wo er Großherzog Leopold von Toskana in finanziellen und administeriellen Angelegenheiten beriet. Anlässlich der Kaiserkrönung Leopolds im Jahr 1790 reiste er nach Wien. Die Formulierung, er habe Frankreichs Schicksal in den Händen gehabt, bezieht sich auf seinen Einfluss hinsichtlich der Reichspolitik. Auch in ihren „Erinnerungen aus meiner dritten Schweizerreise“ (1793) erwähnt sie Baron Macpherson als Freund des deutschen Kaisers (S. 368; siehe Brief 55 Zeile 8−16; Kapitel 4). 33 H- bruder in Speyer] Gemeint ist der in Speyer als Rechtskonsulent tätige Karl Ludwig Adolph Petersen (Kapitel 2.4). 34 an Frau] Juliane Petersen. Siehe Brief 30 Komm. zu Zeile 14. 34 Christiane] Christiane Petersen verbrachte einige Monate im Haus ihres in Speyer ansässigen Bruders Karl Ludwig Adolph (siehe Brief 30 Zeile 9). 37f. Schwarzes Siegel, Postvermerk: de Schaffh.

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Brief 45

14. Februar 1792

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den 14 Fbr 1792

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Hier Lieber Freund! ein brief den ich so eben erhalte Gott gebe dem edlen Prinz Georg - und der guten Mutter zu braunschweig eine glükliche Stunde des zusamen kommens - Legen Sie mich der landgräfin zu Füssen - u bleiben Sie Freund von Sophie la Roche die Briefe heben Sie auf ich habe Feronce - u Sie G - sehr richtig erathen

FDH, Sig. Hs-6464 1 2 4 7 8 8

14 Fbr] 14. Februar. brief] Der Einschluss ist nicht überliefert. Mutter zu braunschweig] Herzogin Auguste von Braunschweig-Wolfenbüttel. Briefe] Die Einschlüsse sind nicht überliefert. G] Groschlag. ich habe Feronce […] richtig erathen] Sophie von La Roche spielt auf Charaktereigenschaften der Verhandlungspartner Feronçe und Freiherr von Groschlag an, die einem erfolgreichen Abschluss des Heiratsprojekts abträglich sein könnten. Fünf Monate später sah sie ihre Vermutung bestätigt (Brief 51 Zeile 26−41).

Brief 46 11

Lausanne den 6 merz 1792

theurrer Lieber Freund! um des Himmels willen sagen Sie mir was von dem Schiksal unßers Edlen Prinz George! 55 ich war 4 wochen im Schloß Nyon - und hofte briefe von Ihnen zu finden - besonders da von braunschweig alles so gut lautete - der Herzog will ja sogar das junge paar einige zeit bey sich 10 10 behalten - nur H- v. Fer- sprach von gandersheim u quedlinburg - der Herzog und

6. März 1792

Brief 46 – 6. März 1792

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die Herzoginn ziehen P- G- allen andren etablissements vor - Fr- v. Siersdorf möchte das die Fr- mutter des Prinz etwas abgäbe von 15 15 ihren einkünften von Broich - u jammert das mein brief offen war bester mann schreiben Sie mir bald legen Sie mich der Frau Landgräfinn zu füssen und bleiben Sie mein Freund 20 20 ich hofe im aprill in offenbach zu seyn - aber ich will noch einen brief von Ihnen u bald - alte la Roche ich hab vorige Woche bey neker gespeißt ein mir | | merkwürdiger tag -

25 25

à Monsieur| Monsieur Petersen - Conseiller| de La Regence| à| Darmstadt| Franco Schafhause /

FDH, Sig. Hs-6465 1 5

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12 13 13

6 merz] 6. März. Schloß Nyon] Sophie von La Roche war Gast im Stadtschloss von Nyon, dem Amtssitz des Berner Landvogts Karl Viktor von Bonstetten (1745−1832) in den Jahren 1787 bis 1793. „Bei meinem edlen lieben von Bonstetten und Watteville, fand ich nicht allein herzliche Aufnahme meines Besuchs, sondern auch alle gewünschte Theilnahme an meinem Weh, neben der sanftesten Bemühung mich von meinem Trübsinn abzuleiten.“ („Erinnerungen aus meiner dritten Schweizerreise“ [1793], S. 62) Bonstettens Frau Maria Margaretha Salomé (1758−1805) entstammte dem Berner Patriziergeschlecht von Wattenwyl. Die freundschaftliche Verbindung zu dem Politiker und Literaten wurde vermutlich bereits auf Sophie von La Roches erste Schweizreise 1784 geknüpft. Im Juli 1786 besuchte Bonstetten sie in Speyer. Dort machte diese ihn erstmalig mit der Lyrik des Schriftstellers Friedrich von Matthisson (1761−1831) bekannt, die ihn nachhaltig beeindruckte (siehe Howald: Bonstetten [1997], S. 109f.). H- v. Fer-] Herrn von Feronçe. Siehe Brief 40 Komm. zu Zeile 49f. gandersheim u quedlinburg] „Caroline war bereits 26 Jahre alt, als sie am 19. 11. 1785 als Kanonissin in das Stift zu Gandersheim aufgenommen wurde. Daß der Vater die Hoffnung auf eine Heirat schon nahezu aufgegeben hatte, zeigt die Tatsache, daß er seine Tochter 1792 auch im Reichsstift Quedlinburg aufnehmen ließ.“ (Schlüter: Caroline Amalie von Braunschweig-Lüneburg [1997], S. 306f.) P- G-] Prinz Georg. etablissements] Frz.: „Verheiratung“. Fr- v. Siersdorf] Frau von Siersdorpff.

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Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum

14f. Fr- mutter] Frau Mutter. Gemeint ist Marie Luise Albertine von HessenDarmstadt, geb. Gräfin von Leiningen-Dagsburg. Aus großmütterlichem Besitz erbte sie die Herrschaft Broich bei Mühlheim an der Ruhr. 16 mein Brief offen war] Sophie von La Roche hatte dergleichen in ihrem Brief vom 17. Januar befürchtet (Brief 43 Zeile 56f.). 22 neker] Am 4. September 1790 hatte der französische Finanzminister Jacques Necker (1732-1804) seine Entlassung erhalten. Er zog sich in der 1784 erworbenen Baronie Coppet am Genfer See zurück. Sophie von La Roches Begegnung mit dem Ehepaar Necker fand in Begleitung ihrer Freunde von Bonstetten in Genf statt (siehe „Erinnerungen aus meiner dritten Schweizerreise“ [1793], S. 419−426). 24f. Schwarzes Siegel, Postvermerk: 101.

Brief 47 11

3. Mai 1792 offenbach den 3 mai 1792

theurrer Lieber Freund! was machen Sie was unßer Prinz George? ich bin nicht über Carlsruh - H- v. Groschlag machte mir bange wegen braunschweig - warum hat unßer 55 Liebenswerther Prinz so lange gezaudert? hinzu gehen - ich bin wegen den aüßerst democratischen gesinungen des H- v. Feronçe besorgt - sagen Sie mir was ich bitte Sie 10 viel kann ich noch nicht sagen und schreiben 10 denn ich muß mich erst mit dem Hauß aussöhnen in welchem mein Franz - Ach mein Franz starb O Petersen! bedauern Sie mich immer u bleiben mein Freund 15 soll keine hofnung seyn Sie einmal zu sehen? 15 mich däucht wir haben uns viel zu sagen - adieu an Sie - und H bruder - weiß er das Klakenbring über die Rasende geschichte von den elenden blätern Bart mit der Eisern Stirne wahnsinnig ist - O Freund! was ist heut Philosophie u moral 20 gott lob sie sindin Ihrer Seele - u dem gefühl von der alten 20 La Roche

à Monsieur| Monsieur Petersen Conseiller de La Regence de S. A. S.| Monsgr Le Landgraffe de Hesse| à| Darmstadt /

Brief 48 – 14. Mai 1792

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FDH, Sig. Hs-6466 1

offenbach] Sophie von La Roche kehrte nach sieben Monaten von ihrer dritten Schweizreise nach Hause zurück. 1 3 mai] 3. Mai. 4 Carlsruh] Möglicherweise war auch der badische Hof in Karlsruhe über die Entwicklung der Mitgiftverhandlungen informiert (siehe Brief 41 Zeile 7). 4 Groschlag] Baron von Groschlag hatte sie wissen lassen, dass man am Darmstädter Hof über den Verlauf der Mitgiftverhandlungen verärgert war (siehe Zeile 11). 7f. aüßerst democratischen […] v. Feronçe] Siehe Brief 40 Komm. zu Zeile 49f. 8 H- v. Feronçe] Herr von Feronçe. 11 Hauß] Fürstenhaus Hessen-Darmstadt. 17 H bruder] Hofprediger Georg Wilhelm Petersen. 17 Klakenbring] Friedrich Arnold Klockenbring (1742−1795), Geheimer Kanzleisekretär in Hannover, verkraftete die Verspottung seiner Person in Kotzebues Schmähschrift „Doktor Bahrdt mit der Eisernen Stirn“ nicht. Am 20. Dezember 1790 hatte er sich mit dem Artikel „Etwas über die Paßquille“ im „Hannoverisches Magazin“ Luft gemacht. Darin schlug er vor, „jene literarisch tollen Hunde rechtlich oder literarisch totzuschlagen, wie die Physisch tollen Hunde würklich ertötet werden“ (Hannoverisches Magazin; 102. Stück, Sp. 1631f.). Auf die erlittene Schmach reagierte er mit einer manisch-depressiven Psychose. „Indessen ist Klockenbring, der die Sache am eifrigsten trieb [d.h. Beweise für Kotzebues Autorschaft heranzuschaffen, Anm. P.S.], rasend geworden“, schrieb Adolph von Knigge an Friedrich Nicolai am 1. März 1792 (Adolph Freiherr von Knigge und Friedrich Nicolai: Briefwechsel 1779−1795. Hrsg. von Mechthild und Paul Raabe. Göttingen 2004, S. 109). Im Juni 1792 lieferte man den entmündigten Klockenbring in die „Heilanstalt für verwirrte Standespersonen“ nach Georgenthal in Thüringen ein, die damals unter der Leitung des renommierten Arztes Samuel Hahnemann (1755−1843) stand. Nach einem dreiviertel Jahr wurde er geheilt entlassen (Hahnemann Verein e. V. [Hrsg.]: Samuel Hahnemann in Georgenthal. Leben und Wirken in der Zeit der Aufklärung. Georgenthal 2005, S. 43−46; siehe Brief 24 Zeile 48f.). 20 sindin] sind in. 22f. Schwarzes Siegel, Poststempel: DE FRANCFORT.

Brief 48 11

14. Mai 1792 offenbach den 14 mai 1792

wie leben Sie theurer Schäzbarer Freund! was macht Prinz George? antworten Sie mir doch darüber ich bitte,

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Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum

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und nehmen Sie hier den größten beweiß von hochachtung und Freundschaft an, den ich irgend jemand zu geben im Stand bin die mitheilung eines briefs von Julie Bondely weil ich eine ähnlichkeit Ihrer übel zu sehen 10 10 glaube - Leßen Sie also mit aufmerksamkeit und wenn Sympathie Ihnen zuflüstert, was meine freundschaft vermuthet- so heilen Sie sich auf nehmliche weiße wie Julie damals geheilt wurde - verwahren Sie mir den brief 15 15 wohl - und bringen mir ihn wieder dem H- bruder empfelen Sie mich u geben ihm beyliegenden anzeige die 1756 von H- […] aus den […] gezogne vorhersagung der francö- revolution habe noch nicht 20 20 wieder habhaft werden können sonst legte sie bey weil sie äußerst merkwürdig ist Frau Landgräfinn lege mich zu Füssen - ich war in frank fort krank - sonst hätte früher geschrieben adieu von Ihrer ergebene la Roche

FDH, Sig. Hs-6467 1 8

14 mai] 14. Mai. Julie Bondely] Sophie von La Roche hatte die Schweizerin Julie Bondeli (1731−1778), die geistreiche Salonière des aufgeklärten Bern, persönlich nie kennengelernt. Die in sechszehn Jahren erhaltenen Schreiben bewahrte sie wie teure Reliquien in ihrem Schreibtisch auf (Brief 119 Zeile 16 und Zeile 25). In „Mein Schreibetisch“ (1799), „Zweytes Bändchen“ veröffentlichte sie einen großen Teil der in französischer Sprache verfassten Briefe Julie Bondelis (S. 144−303). 9 ähnlichkeit Ihrer übel] Siehe Komm. zu Zeile 14. 14 geheilt wurde] Julie Bondeli hatte wegen Erschöpfungszuständen, Husten und Kopfschmerzen den Schweizer Universalgelehrten und Arzt Albrecht von Haller (1708−1777) in Bern konsultiert, der ihr eine Milchdiät und Chinarinde verordnete (Eduard Bodemann: Julie von Bondeli und ihr Freundeskreis. Wieland, Rousseau, Zimmermann, Lavater, Leuchsenring, Usteri, Sophie Laroche, Frau von Sandoz u.a. Nebst bisher ungedruckten Briefen der Bondeli an Zimmermann und Usteri. Hannover 1874, S. 308). 16 H- bruder] Hofprediger Georg Wilhelm Petersen 17 anzeige] Der Zusammenhang ist unklar. Der Einschluss ist nicht überliefert. 18−20 die 1756 […] habhaft werden können] Aufgrund der nicht zu entziffernden Wörter kann die Briefstelle nicht kommentiert werden. 18f. gezogne vorhersagung] Der Zusammenhang ist unklar.

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Brief 49 – 31. Mai 1792

19 francö-] französischen. 22f. ich war in frankfort krank] Sophie von La Roche hatte sich vermutlich im Haus „Zum Goldenen Kopf“ in der Großen Sandgasse bei ihrer Tochter Maximiliane Brentano aufgehalten.

Brief 49 11

31. Mai 1792

offenbach den 31 mai 1792

Sagen Sie nicht theurer Freund! daß ich Sie mit meinen briefen verfolge = aber Sie waren nach Ihrem lezten 55 Kränklich - - ich schikte einen brief meiner Julia Bondeli an Sie = weil ich selbst für meinen Franz nicht mehr hätte können - und nun ist natürlich das ich wünsche etwas von Ihrem be10 10 finden - von der sichern ankunft dießes mitgetheilten briefs- und von Prinz Georg zu erfahren - meine nach richten sind zweifelhaft - der Liebenswerthe Prinz - hat ja eine zweyte aussicht erhalten 15 15 die beste Frau ist darüber sehr traurig und ich auch - wie steht es bey Ihnen die edle liebe Frau Landgräfinn was sagt diese? aber sehr angelegen möchte ich was Ihrer gesundheit wissen 20 20 und den H- Hofprediger bitte ich um nachricht über die unglüklich unternomne Neue auflage des 2 Jahrsgangs der Pomona für Ihre alte dienerinn v. La Roche | | ist es an dem daß Sie in darmstadt

25 25 einen so guten Kupferstecher haben

es liegt uns u einem Freund daran es zu wissen verzeyhen Sie - schreiben Sie ein wort an mich - u leben Sie so wohl u glüklich als Sie es verdienen /

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à Monsieur| Monsieur Petersen-Conseiller de La| Regence de S. A. S. Mosgr Le Landgraffe| de Hesse| à| Darmstadt /

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Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum

FDH, Sig. Hs-6468 1 6 14 15 20f. 21f.

22 23 25 26 30f. 31f.

31 mai] 31. Mai. Julia Bondeli] Siehe Brief 48 Komm. zu Zeile 8. zweyte aussicht] Der Zusammenhang bleibt unklar. Prinz Georg Karl blieb unverheiratet. beste Frau] Vermutlich ist Charlotte von Siersdorpff, Sophie von La Roches Korrespondentin in Braunschweig, gemeint. H- Hofprediger bitte ich um nachricht] Hofprediger Georg Wilhelm Petersen war ein enger Vertrauter des Hessen-Darmstädtischen Kriegsrats Johann Heinrich Merck. unglüklich unternomne Neue auflage] Die von Sophie von La Roche herausgegebene Zeitschrift „Pomona“ war in den Jahren 1783/84 in Speyer im Selbstverlag erschienen. Im Frühjahr 1792 hatte Merck ihr den in seinem Arheiliger Hause arbeitenden Drucker Johann Franz Peter Stahl für den Neudruck der beiden Jahrgänge empfohlen. Sie bereute eine geleistete Vorauszahlung, als das Unternehmen nicht in Gang kommen wollte (Brief 28 Zeile 5−7 u. Brief 74 Zeile 59−61). Auf dringende Bitten ließ ihr dafür der preußische König Friedrich Wilhelm II. „100 Fred’or“ zukommen (Brief 77 Zeile 5f.). Im GVK ist kein Exemplar nachzuweisen. 2 Jahrsgangs] 2. Jahrgangs. v. La Roche] von La Roche. Suspensionsschlinge nach dem Namen. Kupferstecher] Gemeint ist der Stecher Johann Konrad Felsing (1766−1819) aus Darmstadt. Er erhielt den Auftrag, ein Portrait des verstorbenen Franz von La Roche anzufertigen (siehe Brief 60 Zeile 10). einem Freund] Es kann der Pate des verstorbenen Franz von La Roche, der Kaiserliche Kammergerichtsassessor Franz Wilhelm von Loskant aus Wetzlar (1722−1796), gemeint sein (siehe Brief 60 Komm. zu Zeile 13). à Monsieur […] Darmstadt] Frz.: „an Herrn Petersen Regierungsrat Seiner Hochwürden des Landgrafen von Hessen in Darmstadt“. Schwarzes Siegel.

Brief 50 11

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12. Juni 1792 den 12 Juny 1792

Sind Sie glüklich zurük Lieber - rechtschafener Freund! Sind Sie mit mir zufrieden? und warum fügte es der Himmel nicht das Sie am Samstag kamen, da würden Sie leuchsenring mit einer geistvollen artigen jungen Dame - als seiner frau gesehen haben - der auf befehl des Königs mit Ihr von Berlin exilirt ist, und die Preussische Staaten

Brief 50 – 12. Juni 1792

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verlassen mußte - alle seine papiere sind zurük gehalten - und sie war Fräulein von Bielefeld oberhofmeisterinn der Princess augusta von Preussen hat Prinz George von Darmstadt oft gesehen - - enfin eine seltsame geschichte - aber kein großes maaß klugheit - 2 geistvolle Köpfe zu verbannen - u so zu erbit15 15 tern, das alle ihre Kräfte gegen die gewaltige wirken werden - sie wolten nach der Schweiz sagten sie haben den weg nach straßburg, auf einem leiter wagen am Sontag an darmstadt vorbey genommen - Fürsten u Philosophen! was sonderbare schritte machen die - u die erste gerad jezt! adieu in eile Ihre 20 alte la Roche 20

10 10

à Monsieur| Monsieur Petersen - Conseiller de la Regence de S. A. S-| Mosgr le Landgrafe de Hesse| à| Darmstadt /

FDH, Sig. Hs-6469 1 12 Juny] 12. Juni. 2 glüklich zurük] Petersen hatte ihr in Offenbach einen Besuch abgestattet. 5−18 leuchsenring mit einer […] genommen] Am 25. Mai musste Franz Michael Leuchsenring Preußen verlassen. Seine Lebensgefährtin Elisabeth von Bielefeld, Gouvernante der Prinzessin Auguste Christine Friederike von Preußen (1780−1841), folgte ihm ins Exil. Das Paar heiratete in der Niederlausitz und reiste anschließend über Erfurt, Homburg, Offenbach und Zürich nach Paris, wo es mit drei Kindern ein zurückgezogenes, von Existenssorgen belastetes Leben führte. „Nicht nur die offen bekundete Begeisterung für die Französische Revolution war Grund für seine gewaltsame Ausweisung aus Preußen, sondern die aktive Mitwirkung bei Intrigen am Hofe und die Verbindungen zu Mitgliedern des Jakobinerklubs und der französischen Gesandtschaft in Berlin. Zudem stand hinter den Ereignissen der alte Gegensatz von Rosenkreuzern (Wöllner, Bischoffwerder) und Illuminaten (Nicolai, Leuchsenring etc.). Aus den im Geheimen Staatsarchiv überlieferten Akten geht hervor, dass Leuchsenring in Verbindung mit der Hofdame Elisabeth von Bielefeld […] und der Sophie von Dönhoff (1768−1834), die seit 1790 mit dem König Friedrich Wilhelm II. in morganatischer Ehe vermählt war, versuchte, einem Krieg Preußens gegen Frankreich entgegen zu wirken.“ (Franz Michael Leuchsenring: Briefe von und an F. M. L. Hrsg. und kommentiert von Urs Viktor Kamber. 2 Halbbd. Stuttgart 1976 (= Metzler Quellentexte 1), hier: 2. Halbbd., S. 270) Die Schriftstellerin war möglicherweise über die Hintergründe nicht informiert, denn Leuchsenrings politische Agitationen konnte sie nicht gutheißen (siehe Brief 5 Komm. zu Zeile 21). Die Frau des preußischen Generals Johann Rudolf von Bischoffwerder war ab April 1793 drei Monate zu Gast in Offenbach. Sophie von La Roche bekam somit die Gelegenheit, die Darstellung der gegnerischen Seite zu vernehmen (Brief 61 Zeile 18).

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enfin] Frz.: „kurzum, mit einem Wort“. gegen die gewaltige] Lies: gegen die Gewaltigen. Gemeint ist die preußische Regierung. 21f. Schwarzes Siegel.

Brief 51 11

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20. Juni 1792 offenbach den 20 Juny 1792

nehmen Sie nochmals theurer würdiger Freund meinen dank für Ihren besuch - und meine wünsche für Ihr wohlseyn und vergnügen - Gott erfülle sie meine wünsche für meine Freunde - denn für mich habe ich keine mehr - ich kann nach dem verlust meines Franz wohl sagen il n’est plus pour moi des charmes qui puissent me consoler ce n’est qu’en versant des Larmes que mes jours vont s’ecouler -

Legen Sie der Edelmütigen Frau Landgräfinn meinen innigen zu füssen - Ihre gnade hätte mir meinen Franz schon lang unvergeßlich gemacht, und sein bild von ihrer hand zeigt mir jezo auf immer, das Er die jagd uniform Ihrem gütigen vorspruch zu danken hatte - ach mein Freund! ich kann mich noch nicht über alles das auslassen - meine Seele liegt zu boden, es ist wohl vor dem Thron des allmächtigen, aber sie ist gedrükt Frankforter nachrichten sagen mir aber mehr von darmstadt als Sie - Ihre geschäfts Führer sollen die verbindung des Prinz George nicht gerne sehen, und hindernisse machen, die ich ungerecht dem H- v. Groschlag zumessen wolte, und ihm einen mir sehr empfindlichen brief | | von Braunschweig zuschikte - - Sie schrieben mir der Prinz geht hin - als ich noch in der schweiz war - Sie sagen, ich weiß nichts von seinen briefen, aber er hat in Berlin den Herzog gesehen - - O Petersen! was sind hofleute? auch die beste edelste - hätte es Sie bey mir was gekostet zu sagen die geschäfts Führer fürchten es kommen zu viel Prinzen! warum wird mir dieß von Frankfort gesagt? und warum fürcht man die Söhne eines edlen Manns wie Prinz George O Petersen! ich weiß nicht ob meine trauer auf meinen verstand wirkte - oder ob die allgemeine verwirrung die in der ganzen

Brief 51 – 20. Juni 1792

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welt außgestreut zu seyn scheint - auch den guten Geist des Prinz George, und den Ihrigen ergrifen hat - weil ich in einer 35 35 angelegenheit, die mein Herz mit so viel wahrer verehrung betriebe, wo ich für das ganze Hauß von dem Herzog von Br- erwartungen hatte, so im dunkel gelassen bin - natürlich muß auf Baron Grossch mehr rüksicht genomen werden. ungeachtet ich glaubte Braunschweig verdiene auch einige - aber 40 40 ich wünsche nicht mehr solche briefe von Br zu erhalten als der lezte war - indessen habe ich auch Leuchsenrings frau von Prinz George sprechen hören, den sie oft sah - - adieu und Gutes für die ganze weltLa Roche - | |

45 45

wie ich meinen Brief endigen wolte - kam der junge Piquot - unentschlossen ob er dem francösischen geist Folgen u in dem Regiment des Prinz Max bleiben, oder nach holland solle - nahm er sich vor nach Darmstadt zu gehen und mit dem Prinzen Max oder Ihnen zu sprechen 50 50 rathen Sie ihm theurrer Freund! ich bitte Sie à Monsieur| Monsieur Petersen - Conseiller de la| Regence de S. A. S Monseigneur le Landgraff| de Hesse| à| Darmstadt

FDH, Sig. Hs-6470 1 20 Juny] 20. Juni. 7−10 il n’est plus […] s’ecouler] Frz.: „es gibt für mich keine Reize mehr, die mich trösten könnten, nur unter Tränen werden meine Tage entschwinden.“ Die Verse entstammen der „Romance“ eines unbekannten Autors. Sie wurden in dem „Journal de Lyon“ Nr. 15 (6.8.1788) S. 233 abgedruckt. Die Fußnote verweist auf den anonym erschienenen Roman „Miss Lucinda Osburn“ (A Novel in Two Volumes by a young Lady. Dublin 1787) als Quelle. 11 innigen] Lies: innigen Dank. 13 bild] Der Darmstädter Miniaturmaler Friedrich Jakob Hill malte 1791 im Auftrag der Landgräfin ein kleinformatiges, ovales Bild von Franz von La Roche in dreiviertel Gestalt (siehe Emmerling: Der Miniaturmaler Friedrich Jakob Hill [1934], S. 21; siehe Brief 60 Zeile 10). Das Bild konnte in der Kurhessischen Hausstiftung nicht nachgewiesen werden. 14 jagd uniform] Sie hatte bei der Anstellung ihres Sohnes Franz mit Erfolg um die Anerkennung seines adligen Status gekämpft. Er durfte seinerzeit in der Uniform eines adligen Jagdjunkers bei Hof erscheinen (siehe Brief 11 Zeile 20−23). 14 vorspruch] Fürsprache. Siehe Brief 12 Zeile 4f.

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Ihre geschäfts Führer] Gemeint sind die Mitglieder des geheimen Ministeriums des Landgrafen Ludwig X., das zu diesem Zeitpunkt aus drei Mitgliedern bestand: Andreas Peter von Hesse (1728−1803), Geheimrat Franz Ludwig Gottfried Lehmann (1738−1808) und Christian Hartmann Samuel von Gatzert (1739−1807), wobei der letzte über alle auswärtigen Angelegenheiten entschied (vgl. Karenberg: Entwicklung der Verwaltung in Hessen-Darmstadt [1964], S. 8f.). In den Zeilen 28−30 wird der Grund für den Widerstand des Kabinetts hinsichtlich einer Verbindung mit dem ungleich mächtigeren Haus Braunschweig-Wolfenbüttel genannt: Bei der angespannter Finanzlage des Landes war man nicht bereit, für die aufwendigen Apanagen des Paares und seiner Nachkommen aufzukommen. Sophie von La Roche musste zu ihrem größten Ärger sehen, dass das mit Eifer betriebene Heiratskomplott an diesem nicht vorhersehbaren Hindernis zu scheitern drohte. Sie beschuldigte Petersen, diese wichtige Information verschwiegen zu haben und verglich ihn in ihrer Rage mit einem opportunistischen Höfling. Petersen reagierte in einem Antwortschreiben offensichtlich tief beleidigt und drohte ihr die Freundschaft zu kündigen. Sophie von La Roche gelang es, ihn durch drei besänftigende Schreiben zu versöhnen (siehe Brief 52 Zeile 2f.; Brief 53 Zeile 7f.; Brief 54 Zeile 3f.). 21 H- v.] Herr von. 23f. der Prinz geht hin] Prinz Georg Karl reiste nach Braunschweig (siehe Brief 52 Zeile 13). 25 Herzog] Herzog Karl II. Wilhelm Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbüttel. 36f. von Br-] von Braunschweig. 38 Grossch] Groschlag. 40 Br] Braunschweig. 41 Leuchsenrings frau] Elisabeth Leuchsenring, geb. von Bielefeld (siehe Brief 50 Komm. zu Zeile 5f.). 45 wie] Über dem Wort ein Federstrich. 46 junge Piquot] Siehe Brief 14 Komm. zu Zeile 9. 47 in dem Regiment des Prinz Max] Prinz Maximilian Joseph von PfalzZweibrücken war von 1776 bis zum Ausbruch der Französischen Revolution Kommandeur des Fremdenregiments „Royal Alsace“ in Straßburg. 51f. Schwarzes Siegel.

Brief 52 11

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10. Juli 1792 offenbach den 10 Jully 1792

ist es moglich mein theurer unschäzbarer Freund! daß Sie meinen lezten brief so ganz mißverstanden haben den zu glauben ich hätte Sie und Ihr betragen mißdeutet O nein gewiß gewiß nicht - mein eifer gieng auf die geschäftige Leute die alle Ihre arbeit, und meine wünsche zerstörten - - einige worte floßen aus

Brief 52 – 10. Juli 1792

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meiner Feeder, die wenn ein Fremder meinen brief gesehen, ihm als ableiter dienen solten 10 10 gewiß ich mißkenne Sie nicht - verehre u liebe Sie wie Sie es verdienen - nehme antheil an Ihrem unverdienten Leiden, und hofe gutes Sie wissen der P. G- war in brau - ist allgemein geliebt - u ich habe ihm heut ein Billet des Herzogs 15 mitgetheilt worinn von ihm die rede ist, das ihn 15 freuen wird - Er findt die Pss- schön u geistreich - es wird gehen wie ich so lang hofte - die Herzoginn nennt ihn mon aimable P- George - der Himmel wolle es gut enden - und mir meinen Edlen Freund Petersen in leben 20 20 wohlseyn u vergnügen erhalten - haben Sie briefe von Piquots Mutter? antworten Sie ihr gütig bald - u lassen H- Pfarrer Scriba sagen Er möge mir doch antworten u die Pomona schiken wie ich ihn vor 10 tagen bat. Ihre alte la Roche à Monsieur| Monsieur Petersen - Conseiller de La| Regence - de S. A. S. Monsgneur Le Land-| Graf de Hesse| à| Darmstadt

FDH, Sig. Hs-6471 1 3

10 Jully] 10. Juli. lezten brief] Gemeint ist Sophie von La Roches Schreiben vom 20. Juni 1792 (Brief 51). 4 den] Lies: denn. 9 ableiter] Ablenkung, Finte. Sie versucht den verärgerten Petersen zu besänftigen. Nach zwei weiteren Briefen war der Friede zwischen den Briefpartnern Mitte September 1792 wieder hergestellt. 13 P. G-] Prinz Georg. 13 brau] Braunschweig. 16 Pss-] Prinzessin. 18 mon aimable P-] Frz.: „mein lieber Prinz“. 20f. Piquots Mutter] Gemeint ist die Witwe Franziska Henriette de PicquotPinsack, geb. de Nardin (siehe Brief 14 Komm. zu Zeile 9). 21f. H- Pfarrer Scriba […] Pomona schiken] Ludwig Gottlieb Scriba (1736−1804), war protestantischer Pfarrer in Arheilgen und Gräfenhausen (Seidel: Literarische Kommunikation in Hessen-Darmstadt [2003], S. 317). Ungeklärt ist, ob hier ein oder mehrere verliehene Exemplare der Erstauflage der „Pomona“ oder die Hefte einer in Arheilgen gedruckten zweiten Auflage gemeint sind. 24f. Schwarzes Siegel.

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Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum

Brief 53 11

20. August 1792 off- den 20 august 1792

die gegenwart meines Carls und seiner Frau nimt mir alle Stunden aber ich muß einige augenblike 55 haben - wo ich meinen edlen theuren Freund Petersen - meiner Ewigen Hochachtung versichere u ihm sage das mein lezter brief nur als ton einer Schuzwehr geschrieben war 10 wenn ungefähr von einer gewißen 10 Seite etwas gesprochen würde... die sachen gehen gut u ich hofe sie enden auch gut - bald mehr von Ihrer Sie verehrenden alten Freundin 15 nebst tausend wünschen für Ihr 15 wohl u bitte um ein zeilen für la Roche à Monsieur| Monsieur Petersen - Conseiller de La| Regençe| à| Darmstadt

FDH, Sig. Hs-6472 1 1 2 3

off-] Offenbach. 20 august] 20. August. Carls] Carl von La Roche, ihr zweitältester Sohn. seiner Frau] Gemeint ist Jeanette Friederike Eleonore von La Roche (1772−?), Tochter des Majors Johann Adolf Ludwig von Stein-Miltitz (?−1797. Sophie von La Roche lobt ihre Schwiegertochter in ihrem Werk „Reise von Offenbach nach Weimar und Schönebeck im Jahr 1799. Schattenrisse abgeschiedener Stunden in Offenbach, Weimar und Schönebeck im Jahr 1799. Leipzig 1800“, S. 107f.: „Seine hübsche Frau führte mich, wie eine wahre Tochter, in dem von ihr so schön besorgten Gebieth ihres Hauswesens umher, - und innig segnete ich Friederike von Stein Mihitz [sic! Anm. P.S.] bey den Beweisen des Geistes, der Ordnung, Klugheit und Sanftmuth, welcher alle ihre Handlungen leitet, und sie, durch die Vereinigung jeder liebenswerthen Tugend der Mutter, Hausfrau und Gattin, die Belohnung des frühen Fleißes und der edlen Rechtschaffenheit meines theuren Sohnes geworden ist - ich S i e das Ideal von meiner Lina nenne […].“ Gemeint ist ihr Werk „Briefe an Lina“ (1785).

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Brief 54 – 12. September 1792

8 12 18

mein lezter brief] Sie schien ihr Schreiben vom 10. Juli (Brief 52) vergessen zu haben. Die Anfrage bezieht sich auf ihren vorletzten Brief (Brief 51). die sachen] Gemeint ist das Heiratsprojekt. Schwarzes Siegel, Poststempel: DE FRANCFORT.

Brief 54 11

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12. September 1792 offenbach den 12 7br 1792

Mein edler würdiger Freund! solte es wohl an dem seyn - das eine mißverstandene vorsicht, für Ihre ruhe mich Ihrer Freundschaft beraubte - denn gewiß ich schriebe den bewußten brief, allein deßwegen, daß wenn ohngefähr etwas von den nachrichten vermuthet würde die ich wegen dem aufenthalt des P- G in Berlin hatte = ja nichts auf Sie kommen, und mein brief Sie rechtfertigen könne theurrer güte voller mann! dieß ist einzige wahre seite, den brief anzusehen - und ich beschwöre Sie es nicht anders zu nehmen, und mir das glük Ihrer freundschaft ungetrübt zu erhalten - thun Sie es Edler lieber Freund! denn ich habe mich dessen nicht unwürdig gemacht - thun Sie es, um mir die einzige schadloßhaltung für den verlust meines Franz zu gewähren - ach gestern war es ein jahr das ich ihn verlohr - den besten, und geliebtesten Sohn - erhalten Sie mir die güte und das wohlwollen Ihres edlen Herzens aus mitleiden - denn mein Freund! dieße wunde meiner Seele wird nie heilen ich schike Ihnen hier papiere die mir H- Consulent Petersen anver traute - als er mir den wunsch, deß H- bruders in wallerstein schriebe - u zugleich die nachricht gaab - das Christiane bey H- Rath | | Wrede gehört das der Rath und beamte in Birstein sehr alt und kränklend sey - - nun habe mit Wrede gesprochen der sagt ja - aber man solle nicht directe dieße stelle wünschen sondern vorjezo nur, durch eine Person von dem Darmstadter Fürst-Hauß den ötingischen Hofrath Petersen bey einer ereigneten vacatur empfelen - wrede u ich wolten dann das übrige besorgen - ich schriebe es schon nach Speyer - besorgen Sie es lieber Freund bey Ihrem Hof - es ist ja eine kleine unschuldvolle brüderliche bitte ich komme aus dem Schlangenbaad wo ich Frau von Siersdorff besuchte - und für den Prinzen G- sprach - es ist traurig das es auf ganz andre art geht als ich es glaubte - H- von

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Feronce hätte nur zum schein wenigstens geschont werden sollen Er hat freylich bey des Herzogs abreiße angeboten, alles dabey zu dienen und zu aplaniren - der Herzog hat aber Seiner gemalin vollmacht gelassen, die verbindung während seiner abweßenheit zu schliessen - u der P- hätte nur einen brief nöthig an den H- um die P- zu begehren - nun will P- G- fest gesezt haben, das die 80/m thaler ihm Frey übergeben würden - u H- v. Feronçe will sie zu ankauf von liegenden güthern die der P- bleiben sollen - da man schriebe, der Prinz sey mit Banquier. | | verbunden, und so könne ja ein Banqueroute das ganze Capital nehmen - - - Frau v. Siersdorf sagt der P- soll nach braunschweig Er würde in einer viertel Stund von der Herz- alles erhalten was er wünschen könne - briefe u andre menschen würden das nicht ausrichten Sie wissen es gewiß ach machen Sie das der P- es thut - es ist nun auch ein brief neuer großer Zeugnisse für den Edlen caracter des P- G nach braunschweig - Gott Seegne jeden buchstaben u endige es gut - denn die Princess wünscht liebe u eifer nach ihrem besiz zu sehen - und ihr leztes Billet an ihre Frau Mutter war sie würde mit vergnügen, den willen ihrer Eltern befolgen - mehr konte sie und dorfte sie nicht deutlich sagen: ich sah lezt den H- v. Bulau bey mir - gemahl der Frau v. Bülaw an Ihrem Hofe - was ein armseeliger caracter liegt in diesem Mann! und wie zweifelhaft ist die waagschale des Schiksals in der Französischen angelegenheit Gott gebe allen geschäftsführern weißheit um der wirkung der revolution bey uns vorzukommen - denn ich habe den eifer u die äußerungen der bauren bey leßung von zeitungs artikel bemerkt - es zeigt nichts gutes - adieu von Ihrer alten traurigen vla Roche

à Monsieur| Monsieur Petersen - Conseiller| de La Regence-| à| Darmstadt

FDH, Sig. Hs-6473 7 27 44

P- G] P- {in}/G\ ötingischen] {*}/ö\tingischen und] {da}/und\

Brief 54 – 12. September 1792

1 3f.

245

12 7br] 12. September. mißverstandene vorsicht] Petersen hatte verärgert auf ihre Anschuldigungen in Brief 51 Zeile 26−34 reagiert, die sie bereits in Brief 53 Zeile 9 als Finte für unberechtigte Leser zu erklären versucht hatte. 7 P- G] Prinz Georg. 20 H- Consulent Petersen] Rechtskonsulent Karl Ludwig Adolph Petersen in Speyer (siehe Kapitel 2.4). 21 H- bruders in wallerstein] Ludwig Petersen, der jüngste der sechs Brüder, hatte nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Göttingen 1781 eine Stelle als Regierungssekretär im Fürstentum Oettingen-Wallerstein angenommen. Später erfolgte die Beförderung zum Regierungsrat. Das Verhältnis Ludwig Petersens zu seinem Dienstherrn Ernst Kraft von Oettingen-Wallerstein (1748−1802) war auf Grund seiner demokratischen Gesinnung gespannt. Einer bereits 1791 eingereichten Bitte um Entlassung wurde nicht entsprochen (siehe Kapitel 2.4). Sophie von La Roches Bemühungen, dem Bruder ihres Korrespondenzpartners eine neue Stelle zu verschaffen, könnten als Wiedergutmachung ihrer heftigen Vorwürfe im Brief vom 20. Juni 1792 (Brief 51 Zeile 26−34) verstanden werden (siehe Brief 60 Zeile 4; Brief 73 Zeile 10−21; Brief 83 Zeile 29−37). 22f. H- Rath Wrede] Vermutlich ist der Isenburgische Hofrat Karl Christian Wrede gemeint, der zuvor ab 1762 als Rentmeister, bzw. Haushofmeister in Birstein, ab 1771 als Landrentmeister in Offenbach gedient hatte (freundlicher Hinweis von Herrn Dr. Decker; das Fürstlich Isenburgische Archiv in Birstein ist derzeit nicht zugänglich.). Er wohnte mit seiner Familie gegenüber von Sophie von La Roches Haus in der Domstraße (siehe Bettine von Arnim: Clemens Brentano’s Frühlingskranz [1844], S. 101). 23 Rath und beamte Birstein] Nicht ermittelt. Schloss und Herrschaft Birstein zwischen Frankfurt am Main und Fulda am Rand des Vogelbergs gelegen gehörte zum Besitz der Reichsfürsten Isenburg-Birstein. 24 nun habe] Lies: nun habe ich. 25 directe] Lat.: „auf direktem Weg“. 26 vorjezo] erst einmal. 28 vacatur] Lat.: „unbesetztes Amt“. 32 Schlangenbaad] Der Kurort Schlangenbad am östlichen Hang des Taunus besitzt Thermalquellen. 33 Prinzen G-] Prinz Georg. 37 aplaniren] ebnen. 39 der P-] der Prinz. 39 H-] Herzog. 40 P-] Prinzessin. 40 P- G-] Prinz Georg. 40 80/m] 80.000. 42 liegenden güthern] Liegenschaften. 42 P-] Prinzessin. 43 Banquier] Bankier. Gemeint ist der Frankfurter Bankier Isaak Löw Beer (?− 1816) (vgl. Merck: Briefwechsel [2007], Bd. 4, S. 558, Anm. 19). 44 Banqueroute] Frz.: „Bankrott“. 45 v. Siersdorf] von Siersdorpff. 45 P-] Prinz.

246 46 49 51 58

58 61 62 65 66

Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum

Herz-] Herzogin. P-] Prinz. P- G] Prinz Georg. H- v. Bulau] Herr von Bülow. Hofrat Heinrich Wilhelm von Bülow (1748−1810) vertrat Hessen-Darmstadt bei dem „Immerwährenden Reichstag“ in Regensburg. 1792 erschien sein Werk „Ueber Geschichte & Verfassung des gegenwärtigen Reichstages“ in Regensburg. Frau v. Bülaw] Frau von Bülow. Zu Charlotte von Bülow siehe Brief 29 Komm. zu Zeile 18. Französischen angelegenheit] Als Reaktion auf das „Manifest von Koblenz“ des Herzogs von Braunschweig vom 25. Juli 1992 erfolgte in jenen Wochen die Mobilmachung der französischen Truppen. geschäftsführern] Gemeint sind die verantwortlichen Regierenden. vla Roche] von La Roche. Schwarzes Siegel, Postvermerk: DE FRANCFORT.

Brief 55 11

2. Oktober [1792]

den 2 8br

theurer Freund - nur 2 worte sagen Sie mir von unserm Bruder in Speyer der gute 55 schazbare mann hatte in seinem lezten den 25 7b vorbedeutung des unglüks ach wie oft denke ich an Chevalier macpherson der Leopo u den 10 10 L. von P- sagte warum wolt Ihr truz fürsten um 2 hand voll francö Edel- Eure Armeen u Schuz aufopfern - besezt Eure gränzen 15 15 u laßt die nation sich selbst zu grund richten - adieu Herzlich von la Roche à Monsieur| Monsieur Petersen -| Conseiller de la Regence| à Darmstadt /

Brief 56 – 10. Oktober 1792

247

FDH, Sig. Hs-6604 [1792] Die Datierung des Briefs auf das Jahr 1792 kann aus Zeile 4−7 geschlossen werden: Der Speyerer Rechtskonsulent Petersen sah eine Niederlage der Alliierten im Frankreichfeldzug voraus. 1 2 8br] 2. Oktober. 6 lezten] Lies: letzten Brief. 6 25 7b] 25. September. 7 unglüks] Gemeint ist der Rückzug der alliierten Truppen nach dem Artilleriegefecht mit den französischen Revolutionstruppen im Département Marne am 20. September 1792 („Kanonade von Valmy“). Unter General Adam Philippe de Custine (1740−1793) stießen die Franzosen von ihrer vorgeschobenen Grenzfestung Landau aus in die Pfalz vor. Am 30. September nahmen sie Speyer ein, vier Tage später Worms. 8f. Chevalier macpherson] Der schottische Baron John Macpherson war Berater des deutschen Kaisers Leopold II. von Habsburg-Lothringen (siehe Brief 44 Komm. zu Zeile 27−30). 9 Leopo] Leopold. Der deutsche Kaiser Leopold II. war am 1. März 1792 gestorben. 10 den L. von P-] Die Abkürzungen konnten nicht entschlüsselt werden. 11 truz fürsten] Trutzfürsten. Gemeint sind Fürsten des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. 12 francö] französischer. 13 Edel-] Edelleute. Gemeint sind die auf deutsches Territorium geflüchteten französischen Adligen (siehe Brief 56 Komm. zu Zeile 9−12). 15 nation] Frankreich. 18 Schwarzes Siegel, Poststempel: FRANCFORT.

Brief 56 11

off- den 10 8br 1792

haben Sie dank lieber würdiger Freund für Ihren brief - ich theile Ihnen hier den von Ihrem H bruder mit - so wie Sie 55 gewiß meine wünsche für ihn - und für die armèe der guten teutschen theilen - man quält mich mit schlimen nachrichten von mangel, und desertion - - - O gewiß alle Emigrirte zusamen von Monsieur 10 10 angefangen - verdienen nicht, das ein tropfe teutschen bluts für sie vergossen werde oder wir einen thaler für sie verwenden -

10. Oktober 1792

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O Chevalier Macpherson! warum sahest du allein besser, als alle minister unßerer Höfe 15 15 warum wurde dein Rath nicht befolgt ich bin traurig - obschon meine angst vorbey ist - denn man behauptet Custine gehe nicht über den Rhein - den Dhomherrn schadete der besuch nicht - wenn sie nicht nachher ihre bauren drükten 20 20 um wieder zu haben: ich schreib kleine briefe um mein journal zu endigen weil H- Brede es will ich umarme Sie - u Seegne Ihr leben - viel schöns an Herrn bruder für seinen gütigen brief an Sophie la Roche den einschluß an H- Hill - bitte zu besorgen /

FDH, Sig. Hs-6474 18 1 1 3f.

Dhomherrn] D{*}/h\omherrn

off-] Offenbach. 10 8br] 10. Oktober. den von Ihrem H bruder] Der eingeschlossene Brief des Rechtkonsulenten Karl Ludwig Adolph Petersen aus Speyer ist nicht überliefert. 5 meine wünsche für ihn] Speyer wurde am 30. September von 17.000 französischen Soldaten erobert. 5f. und für die armèe der guten teutschen] Siehe Komm. zu Zeile 7f. 7f. schlimen nachrichten […] und desertion] Der Oberbefehlshaber der Alliierten, Karl Wilhelm Ferdinand Herzog von Braunschweig, ordnete am 30. September, zehn Tage nach der „Kanonade von Valmy“, den Rückzug des Heers nach Koblenz an. Er fand unter katastrophalen Bedingungen statt. Bei anhaltenden Niederschlägen kamen Menschen, Pferde und Wagen im Morast nur langsam voran. 8 desertion] Frz.: „Fahnenflucht“. 9−12 O gewiß alle […] sie verwenden] Unmittelbar nach dem Sturm auf die Bastille am 14. Juli 1789 setzte ein stetig ansteigender Strom französischer Emigranten nach Deutschland ein. Neben Worms war es in erster Linie Koblenz, wo die Flüchtenden die Gastfreundschaft des Kurfürsten von Trier für drei Jahre in Anspruch nahmen. Die Brüder Louis XVI., Louis Stanislas Xavier Graf von Provence (1755−1824), genannt „Monsieur“, und Charles Philippe Graf von Artois (1757−1836), versammelten als legitime Repräsentanten der Alten Monarchie einen adligen Hofstaat im Stil Versailles um sich. Ihre gegenrevolutionären Aktivitäten beschränkten sich zunächst auf Manifeste. Im Sommer 1792 konstituierte sich unter ihrer Führung in Koblenz ein Heer von ca. 10.000 Emigranten, das jedoch in der Ausstattung und Disziplin erhebliche Mängel aufwies. Bei der Aufstellung der alliierten Truppen wurde es von seinen deutschen Verbündeten in drei Korps aufgeteilt und an strategisch unbedeutenden Stellen positioniert.

Brief 57 – 17. Dezember 1792

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Nach der Pattsituation der „Campagne“ am 20. September zog die Emigrantenarmee in die Gegend von Lüttich, wo sie am 23. November aufgelöst wurde. Die finanziellen Zuwendungen von Seiten der Alliierten wurden eingestellt. Die französischen Prinzen erhielten vom preußischen König die westfälische Stadt Hamm als Residenz zugewiesen (Christian Henke: Coblentz − Symbol für die Gegenrevolution. Die französische Emigration nach Koblenz und Kurtrier 1789−1792 und die politische Diskussion des revolutionären Frankreichs 1791−1794. Stuttgart 2000 [= Beiheft der Francia 47], S. 272−291). 13−15 Chevalier Macpherson […] nicht befolgt] Siehe Brief 55 Zeile 8−16. 17f. denn man behauptet […] über den Rhein] Die französischen Revolutionstruppen waren linksrheinisch bis Mainz vorgedrungen, das am 21. Oktober 1792 kapitulierte. Auf rechtsrheinischer Seite befestigten die Angreifer lediglich den Brückenkopf in Mainz-Kastel. 18 Dhomherrn] Der Erzbischof und Kurfürst von Mainz und Bischof von Worms, Friedrich Karl Joseph Reichsfreiherr von Erthal, zog sich auf die rechte Rheinseite in seine Aschaffenburger Sommerresidenz zurück. Der Fürstbischof von Speyer, Damian August Philipp Karl Reichsgraf von Limburg-Stirum (1721−1797), floh von Bruchsal nach Würzburg, als die Franzosen am 30. September Speyer eroberten. Das Speyerer Domkapitel tagte fortan in Bruchsal. 20 kleine Briefe] Gemeint sind kurze Briefe wie der vorliegende. 21 mein journal] Gemeint ist der Bericht ihrer 1791 unternommenen Reise in die Schweiz, der 1793 unter dem Titel „Erinnerungen aus meiner dritten Schweizerreise. Meinem verwundeten Herzen zur Linderung, vielleicht auch mancher trauernden Seele zum Trost geschrieben“. 21 H- Brede] Gemeint ist Sophie von La Roches Offenbacher Verleger Carl Ludwig Brede (siehe Brief 25 Komm. zu Zeile 51). 23 Herrn bruder] Der Brief des Hofpredigers Georg Wilhelm Petersen an Sophie von La Roche ist nicht überliefert. 24 einschluß an H- Hill] Sophie von La Roches Brief an den Darmstädter Miniaturmaler Friedrich Jakob Hill ist nicht überliefert. Vermutlich ist das Portrait von Franz von La Roche Thema des Schreibens (siehe Brief 51 Komm. zu Zeile 13). Die Zeile steht kopfständig am oberen Blattrand links.

Brief 57 11

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17. Dezember 1792 offenbach den 17 xbr 1792

gestern mein edler lieber Freund! erhielt ich briefe von der guten piquot die mir den einschluß an Sie - so zuge kleks schikte das als ich meinen brief öfnete, das Siegel des Ihrigen so wurde wie Sie es sehen ich weiß theurer Freund! Sie thun für den armen jungen menschen

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was Sie können - möge Gott so für uns sorgen wie seine allmacht es vermag wer wird sich auslaßen über alles was man hört, und sieht ich bin traurig das die Stelle Ihres HBruders in Speyer ihm keine briefe mehr an mich erlaubt - und stehe auch deßwegen in Kummer weil behauptet wird H Dhomdechant von Hohenfeld sey auf seiner rükreiße von Engelland mit dem verunglükten paketboth zu grund ge | | gangen - mit sambt der Fr. von Zurhein - es wäre ein betrübtes Schiksal - so zu endender Himmel Seegne alle die gutes thun, und gutes wollen was sagen Sie zu den Pamphlets und zeitungen aus maynz? was sind die menschen! was wird aus den menschen! so bald mißbrauch der Kräfte, der gewalt, und leidenschaft eintritt armer louis XVI - O wenn ich diesen denke - So scheint mir das Schiksal wolle ein reines schuldloßes Söhnopfer für alle verbrechen der nation O Petersen! jahrhunderte dachten, sprachen aßen - giengen, puzten u lebten große andrer nationen nach dem model der großen Frankreichs Gott verhüte das unßer volk nicht auch | | die gesinung des Franken Volks an nehme mögen unßere große Klug - u gerecht mit ihrer obermacht umgehen - - und die minister u Lieblinge edel denken adieu theurer edler Freund die berliner Poetin Fr. v. Bandemer ist bey mir, ich kann nicht weiter schreiben Ihre alte la Roche

Brief 57 – 17. Dezember 1792

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FDH, Sig. Hs-6475 1 4 4f. 9

17 xbr]  17. Dezember. den einschluß an Sie] Der Einschluss ist nicht überliefert. zugekleks] zugekleckst. für den armen jungen menschen] Gemeint ist der Bruder von Charlotte de Picquot-Pinsack (siehe Brief 14 Komm. zu Zeile 9). 13 auslaßen] äußern. 15f. die Stelle Ihres H- Bruders in Speyer] Der Speyerer Rechtskonsulent Karl Ludwig Adolph Petersen war die treibende Kraft in der Revolutionierung der Reichsstadt. Er gehörte zu den konstituierenden Mitgliedern des am 12. November 1792 gegründeten Speyerer Jakobinerclubs. Am 25. November setzten die Besatzer den führenden Funktionär als „Maire“ der neuen Administration ein (Manfred Stanjura: Revolutionäre Reden und Flugschriften im rheinischpfälzischen Raum 1791-1801. Studien zu literarischen Formen jakobinischer Agitation in Worms, Speyer, Landau, Frankenthal, Bergzabern und Zweibrücken/Blieskastel. 2 Bde. St. Ingbert 1997, hier Bd. 1, S. 106; Franz Dumont: Die Mainzer Republik von 1792/93. Studien zur Revolutionierung in Rheinhessen und der Pfalz. 2., erweiterte Auflage. Alzey 1982 [= Alzeyer Geschichtsblätter. Sonderheft 9], S. 122 u. S. 137; Kapitel 2.4). 19−22 H Dhomdechant […] zu grund gegangen] Die Englandreise des 1791 zum Domdechanten gewählten Christoph Philipp Freiherrn von Hohenfeld (1743−1822) erfolgte im Auftrag des Bischofs von Speyer. Er sollte um Unterstützung des von den Franzosen besetzten Bistums anfragen, wie es im Januar 1802 erneut geschah (siehe Brief 157 Zeile 35−39). Sophie von La Roches Verhältnis zu dem Freund ihrer Familie in den Speyerer Jahren war nach der Übersiedlung nach Offenbach aufgrund eines noch nicht erforschten Umstandes getrübt (siehe Embach: Georg Michael Frank La Roche [2005], S. 70−84). H. hielt sich in späteren Jahren in Frankfurt am Main auf, eine Begegnung mit ihm wäre jederzeit möglich gewesen. Bettine Brentano traf ihn ab 1804 bisweilen im Cronstetten-Hynspergischen adligen Damenstift, wo sie ihre Freundin Karoline von Günderrode (1780-1806) besuchte (Bettine von Arnim: Brentano’s Frühlingskranz [1844], S. 176). 22f. Fr. von Zurhein] Nicht ermittelt. Vermutlich war sie eine Verwandte des Wormser Domdechanten, Regierungs- und Vicariats-Präsidenten Franz Anton von Zurhein. 27f. Pamphlets und zeitungen aus maynz] Auf Befehl General Custines setzte im Herbst 1792 eine massive Propaganda in Form von Flugbättern und Plakaten ein, die links- wie rechtsrheinisch verbreitet wurden („Aufruf an die gedrückte Menschheit in Deutschland, im Namen der Frankenrepublik“; vgl. Franz Dumont: Revolutionäre Diaspora. Die Auswirkungen des Mainzer Jakobinismus auf Hessen. In: Aufklärung in Hessen. Facetten ihrer Geschichte. Hrsg. Dr. Bernd Heidenreich. Hessische Landeszentrale für politische Bildung. Wiesbaden 1999, S. 139−150, hier S. 143; Dumont: Mainzer Republik [1982], S. 63−66). Am 24. November wurde die revolutionäre Flugschrift des Juristen Christoph Friedrich Cotta (1758−1838) „Von der Staatsverfassung in Frankreich zum Unterrichte für die Bürger und Bewohner im Erzbisthume Mainz und den Bisthümern Worms und Speier“ auf Anordnung der Mainzer Administration von den

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Kanzeln verlesen (siehe Stanjura: Revolutionäre Reden und Flugschriften im rheinisch-pfälzischen Raum [1997], S. 106f.). louis XVI] Am 11. Dezember 1792 begann der Prozess gegen den französischen König Louis XVI. vor dem Nationalkonvent. Söhnopfer] Sühneopfer. unßere große] unsere Großen. Fürsten und Staatsmänner. Lieblinge] Günstlinge. Fr. v.] Frau von. Bandemer] Gemeint ist die Schriftstellerin Susanne von Bandemer (1751−1828), geb. Franklin. Nach der Scheidung ihrer erster Ehe mit dem preußischen Major von B. heiratete sie Graf von Bohlen. Auch diese Ehe wurde geschieden, und sie nahm den Namen ihres ersten Ehemanns an. Die Dichterin, die mit Karl Wilhelm Ramler (1725−1798), Anna Luisa Karsch (1722−1791), Herder und Wieland befreundet war, verfasste den Sophie von La Roche gewidmeten Roman „Klara von Bourg“ (Frankfurt am Main 1798), Dramen (u.a. „Sydney u. Eduard, oder was vermag die Liebe?“ [Hannover 1792], „Knapp Edmund oder die Wiedervergeltung [Frankfurt am Main 1800], einige Gedichtbände (u.a. „Poetische und prosaische Versuche“ [Berlin 1787, 2. vermehrte Auflage Berlin 1802], „Neue vermischte Gedichte“ [Berlin 1802] und Aufsätze. Auf der Subskriptionsliste zum letztgenannten Werk stehen „Madame Fleischmann aus Offenbach am Mayn“ (Brief 145 Komm. zu Zeile 10) und „Regierungsrath Euler in Haag“ (Brief 98 Komm. zu Zeile 22). Von Sophie von La Roche sind 18 Briefe an von B. aus den Jahren 1794−1799 erhalten. Sie bezeugen ihr Bemühen, die zeitweise mittellose Kollegin zu stützen, indem sie ihr kleine Geldbeträge ihrer Frankfurter Freunde zukommen ließ und ihr Ratschläge bei der Drucklegung eines Gedichtbandes gab, für den sie Subskribenten warb (FDH, Sig. Hs-3650−3666; DLAM, Sig. B:S. La Roche). In ihrem Brief vom 31. April 1794 an Johann Isaak von Gerning schlägt Sophie von La Roche vor, sie als Gesellschafterin an den Badischen Hof zu empfehlen (FDH, Sig. Hs-3650). Zu von B. Verwandtschaft mit Benjamin Franklin (1706−1790) siehe Helga Slessarev: Susanne von Bandemer und Benjamin Franklin. In: American Notes and Queries 4 (1966) Heft 10, S. 149−150.

Brief 58 11

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6. Januar 1793 Frankfort den 6 Jenner 1793

ich bin mein würdiger Freund! seit beynah 8 Tagen bon grè mal grè moi - in dem mir unangenehmen Frankfort - und schreibe Ihnen heute vor meiner rükreiße nach meiner liebe Hütte in offenbach ich freue mich Ihrer rükunft in Darmstadt, und der Hofnung für den gute Piquot - der Himmel Seegne alle die trösten

Brief 58 – 6. Januar 1793

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wie glüklich achtete ich die Stunde in welcher ich Sie sprechen könte, und hören könte - - ich habe eine gute bekantschaft gemacht Luchesini Freund von Friedrich dem Großen - es Freut so einen mann zu sehen, und das zeugnis zu hören, das Er rechtschafener mann ist - möge das Schiksal des Louis XVI uns übrigen die Freude geben, alle große Klug zu sehen - und die irrende Emigrirte unßern adel - edel denken und Leben lehren - mir, ist ein teutsche Fürstinn sehr lieb geworden die mir schrieb dächten die große an dieß, was gott und den menschen gehört so würden sie ihre pflichten erfüllen, denn die Zurecht weißung des Schiksals ist immer Hart unßer guter rechtschafner bruder zu Speyer wird vielen menschen mißkant u mißdeutet - ich spreche vor ihn u von ihm wie er es verdient - ich bitte Sie inständigst mir was von ihm zu schreiben er gab mir seine adresse als maire u da habe auf 4 briefe keine antwort - bitten Sie ihn um nachricht wegen Dhomdechant v Hohenfeldt, u um den nahmen des Banqui. der ihm die wechsel nach England schikte denn man glaubt - Hoh. sey mit | | Frau v. Zurhein in dem verunglükten paketboth zu grund gegangen was für ein Schiksal wäre das? Mein Freund! Schreiben Sie Fragmenten Ihrer reflexionen und idèen so wie sie erscheinen - denn gewiß die beste kommen gerad in dem moment wo die sache vor uns ist adieu biß Sie den brief bekommen ist entschieden - was die viele Courriers - die abreiße des Königs um 3 Uhr nachts u die viele wagen mit better die abgehen zu bedeuten haben ach Freund! theurrer würdiger Freund! warum - warum alle ruhe von Europa verlohren Gott erhalte u Seegne Sie - u gönne mir bald die Freude Sie zu sehen

FDH, Sig. Hs-6476 14

mir] mi{*}r

1 3 3f.

6 Jenner] 6. Januar. bon grè mal grè moi] Frz.: „gezwungenermaßen“. unangenehmen Frankfort] Sophie von La Roche besuchte ihre älteste Tochter Maximiliane im Haus der Familie Brentano im Haus „Zum Goldenen Kopf“ in Frankfurt am Main. Das Bild der Stadt war gezeichnet von den Kampfhandlun-

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gen der Wiedereinnahme durch hessische und preußische Truppen vom 2. Dezember 1792. 6 Ihrer rükunft] Petersen war mit dem Darmstädtischen Hof aus dem befestigten Gießen nach Darmstadt zurückgekehrt. 7 Piquot] Siehe Brief 57 Komm. zu Zeile 9. 10 Luchesini Freund von Friedrich dem Großen] Gemeint ist der preußische Staats- und Kriegsminister Girolamo Marchese di Lucchesini (1751−1825). An den Universitäten Padua und Modena hatte der italienische Adlige eine umfassende naturwissenschaftliche und literarisch-klassische Bildung erworben. Auf seiner Reise durch Deutschland wurde er an den Hof Friedrichs II. empfohlen, der ihn 1780 zum Kammerherrn ernannte. Nach dem Thronwechsel beauftragte ihn sein Nachfolger Friedrich Wilhelm II. mit diplomatischen Missionen in Rom und Warschau. Als preußischer Gesandter begleitete er den König auf dem Frankreichfeldzug. Ende 1792 wurde er in den Rang eines Ministers erhoben. 12 Schiksal des Louis XVI] Schicksal des Louis XVI. Nach dem Sturm auf die Tuilerien am 10. August 1792 wurde der König mit seiner Familie im Temple inhaftiert. Am 21. September erklärte ihn der Nationalkonvent für abgesetzt und verurteilte ihn am 16. Januar zum Tode. 13 große] Lies: Großen. 13f. irrende Emigrirte] „In großer Unordnung mussten sie [die Emigrierten, Anm. P.S. ] Frankreich verlassen und fluteten in ihre Ausgangsquartiere, vor allem aber in die österreichischen Niederlande, zurück. Hier versuchten sie sich zu Beginn des Winters 1792/93 neu zu gruppieren, obwohl durch nachrückende Einheiten, beispielsweise des Korps Bourbon, die Unordnung weiter vergrößert wurde. Die Moral dieser Ansammlungen war jedoch durch die Ereignisse gebrochen, da die Hoffnung auf eine baldige Rückkehr nach Frankreich nun nicht mehr bestand. […] Unter katastrophalen Bedingungen lösten sich jetzt die Ansammlungen dieser militanten Anhänger des Ancien Régime auf und zerstreuten sich.“ (Henke: Coblentz − Symbol für die Gegenrevolution [2000], S. 288−289). Siehe Brief 56 Komm. zu Zeile 9−12. 15 teutsche Fürstinn] Möglicherweise ist ihre langjährige Briefpartnerin Elisabeth Gräfin Solms-Laubach, geb. Prinzessin von Isenburg-Birstein, gemeint. 19−22 unßer guter […] keine antwort] Siehe Brief 57 Komm. zu Zeile 15−17. 20 vor ihn] für ihn. 21 maire] Frz.: „Bürgermeister“. 22 Dhomdechant v Hohenfeldt] Domdechant von Hohenfeld. Siehe Brief 57 Komm. zu Zeile 19−22. 23 Banqui.] Bankiers. Der Zusammenhang ist unklar. Der Name konnte nicht ermittelt werden. 23 Hoh.] Hohenfeld. 24 Frau v. Zurhein] Frau von Zurhein. Siehe Brief 57 Zeile 22f. 26 Fragmenten Ihrer reflexionen] Petersen schien auf den Vorschlag Sophie von La Roches eingegangen zu sein, denn in Brief 118 Zeile 30f. lobt sie eine von ihm verfasste Charakterstudie der jungen Erbprinzessin Auguste von HessenKassel. Seine literarischen Produkte sind nicht überliefert. Die Behauptung des Familienchronisten, Petersen sei durch Merck zur Mitarbeit bei den „Frankfurter Gelehrten Anzeigen“ herangezogen worden (Petersen: Chronik [1895], 2. Teil, S. 3), wird in Bräuning-Oktavio: Herausgeber und Mitarbeiter der FGA (1966)

Brief 59 – 22. Januar 1793

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nicht bestätigt. Kurioserweise bleibt der Nachwelt nur eine Epigrammzeile Petersens erhalten, die sein Nachfahre, der Chronist Adolf Petersen in Erinnerung behielt: „Empört durch die Nachrichten über das sittenlose Treiben der Kaiserin Katharina II. verfaßte er, erfüllt von heftiger sittlicher Entrüstung, ein beißendes Epigramm auf dieselbe, in welchen [sic! Anm. P.S.] er sie bezeichnete als die ‚Jesebel des Nordens‘. Von dem Inhalte desselben, der mir einst vollständig bekannt war, blieb mir nur noch der Schluß in Gedächtniß. Auf die Frage nämlich, ob einst die Hunde das Blut aus dieser ‚Jesebel‘ lecken würden, folgte die Antwort: ‚Nein, solch ein ekles Blut leckt kein honetter Hund.‘“ (Petersen: Chronik [1898], 2. Teil, S. 7) Die phönizische Prinzessin Jesebel hatte ihren Gemahl, den Königs Ahab von Israel, dazu gebracht, die phönizischen Götter an Stelle Jachwes anzubeten. Ihre Gestalt wurde zum Inbegriff weiblicher Boshaftigkeit und Hinterlist. Ihre Leiche wurde von einem Turm gestoßen und von Hunden zerrissen (siehe Altes Testament, 1. König 16, 29−34). Courriers] Frz.: „Eilboten“. abreiße des Königs] Das preußische Heer verließ Frankfurt und rückte gegen das französisch besetzte Mainz vor. Nachdem französischen Truppenteile im Süden der Stadt in Richtung Elsass abgedrängt worden waren, nahmen die Preußen zusammen mit den Truppen Österreichs, Sachsens, Hessens und PfalzBayerns Aufstellung in Form eines Belagerungsrings. Das preußische Hauptquartier befand sich fünf Kilometer südwestlich von Mainz auf der Anhöhe von Marienborn. better] Betten.

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22. Januar 1793 offenbach den 22 Jenner 1793

bey der unruhe welche mir zwey östereichische artillerie leute geben, die in meinem Hauß sind 55 muß ich doch dem guten Piquot seine Papiere übermachen und meinem theuren lieben Freund etwas von meiner daurenden verehrung sagen: aber dabey auch 10 10 um nachricht von unßerm bruder in Speyer bitten - seit er maire ist, schrieb ich 4 mal blieb immer ohne antwort - Sagen Sie mir was von ihm - der Himmel schüze sein 15 15 Leben, und das glük seiner Familie Weiß er noch nichts von Hohenfeldt?

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ich habe König - Herzog u Prinzen auf einem Ball gesehen u gesprochen ein Freund wolte | | den wunsch des Königs mich zu sprechen zu meinem vortheil nüzen Gott weiß was daraus wird - so wie nur Gott das end der unruhen sieht, die aus den alten Ritter büchern und turniren hervorkomen - denn mein Freund! warum führen wir Krieg? Gott leitte u Seegne Engelland, denn allein von ihnen kann man hoffen O wenn Sie einmal nach Frankfort gehen, lassen Sie mich es wissen, ich komme so gleich hin - am Sontag aß ich mit Herzoginn zu weimar mitag Eine edle verehrungs werthe Frau adieu und Seegen auf Ihre tage die armèe bettet den Prinz von preußen an das ist schön - sagen Sie es dem Erb- | | prinz - Nb ich hab auch Luchesini, und Wöllner u Struensen gesehen und gesprochen - ach Freund! warum sind Sie mir nicht näher viel schöns an Piquot - Collote ist wohl in Rosenfeld im Holsteinischen mit Gräfin Ranzau

FDH, Sig. Hs-6477 39

Wöllner] Wölner

1 3

22 Jenner] 22. Januar. östereichische artillerie leute] Das Marschziel der kurzzeitig in Offenbach einquartierten österreichischen Truppenteile war der Belagerungsring um Mainz. dem guten Piquot seine Papiere] Die Beigaben sind nicht überliefert. Hohenfeldt] Siehe Brief 58 Komm. zu Zeile 22. König] Friedrich Wilhelm II.

5f. 16 17

Brief 59 – 22. Januar 1793

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Herzog]  Mit Beginn der Belagerung von Mainz waren in Frankfurt am Main zahlreiche deutsche Fürstlichkeiten versammelt. Vermutlich ist der Herzog Carl August von Sachsen-Weimar gemeint (siehe Komm. zu Zeile 32f.). 19−22 ein Freund wolte […] vortheil nüzen] In der Unterhaltung zwischen dem preußischen König und einem nicht zu ermittelnden Freund könnte der Verkauf der „Pomona“-Neuauflage angesprochen worden sein. 28 Engelland] England. Von England erwartete man zu diesem Zeitpunkt militärische Maßnahmen gegen Frankreich. „England wolle nun gantz ernstl. Franckreich zu leibe gehn, was hoffentlich der Sache den Außschlag geben werde“, schrieb Herzog Carl August von Sachsen-Weimar an Goethe am 3. Februar 1793 (Hans Wahl [Hrsg.]: Briefwechsel des Herzogs-Großherzogs Carl August mit Goethe. Berlin 1915, Bd. 1: 1775−1806, Nr. 107). 32f. am Sontag aß […] weimar mitag] Das Mittagessen fand am Sonntag, den 20. Januar 1793, in Frankfurt am Main statt. Zu den Gästen zählten die Herzogin Luise von Sachsen-Weimar, einige preußische Offiziere und Katharina Elisabeth Goethe (1731−1808), die ihrem Sohn in ihrem Brief vom 22. Januar 1793 davon berichtet (GSA, Sig. 28/356 St. 8). 36 bettet] betet. 36 Prinz von preußen] Gemeint ist Louis Ferdinand von Preußen (1772–1806), Neffe Friedrichs des Großen, der u.a. bei dem nächtlichen Angriff der Franzosen auf das preußische Hauptquartier Marienborn in der Nacht des 30. Mai 1793 seine Unerschrockenheit bewies. 38 Luchesini] Siehe Brief 58 Komm. zu Zeile 10. 39 Wöllner] Johann Christoph von Wöllner (1732−1800) war von 1788−1798 preußischer Justizminister unter Friedrich Wilhelm II. (siehe Brief 61 Komm. zu Zeile 18; Kapitel 3). 39 Struensen]  Carl August Struensen von Carls (1735−1804) wurde im Oktober 1799 vom preußischen König Friedrich Wilhelm II. zum Staatsminister für Wirtschaft und Finanzen ernannt. Sophie von La Roche begegnet ihm im August 1799 in Schönebeck an der Elbe (siehe „Schattenrisse abgeschiedener Stunden in Offenbach“ [1800], S. 153-168). 42 Collote] Die Person wurde nicht ermittelt. Möglichweise ist Charlotte von Diede zu Fürstenstein (1773−1846) gemeint. Sie heiratete 1795 Christian Detlev Carl Reichsgraf von Rantzau (1772−1812). Ihre Mutter Ursula Margareta D. zu F. wird in Brief 29 Zeile 51 genannt. 43f. Rosenfeld im […] Gräfin Ranzau] Das holsteinischen Dorf Rosenfeld liegt 5 km nördlich der Stadt Preetz. Unweit davon liegt Gut Rastorf, das sich seit 650 Jahren im Besitz der Grafen von Rantzau befindet. Zum Zeitpunkt des Briefs stand dort die von dem Eutiner Hofbaumeister Rudolph Matthias Dallin (1680−1743) in den Jahren 1723−1729 errichtete barocke Gutsanlage, die einen 1720 durch Brand zerstörten Vorgängerbau ersetzte. Nach dem Tod des Auftraggebers Christian Emil von Rantzau (1716−1777) wurde es von seiner jungen Witwe Anna Sabine Gräfin Rantzau (1750−1829), geb. von Buchwald, und ihren beiden Söhnen bewohnt.

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Brief 60 11

8. Februar 1793 offenbach den 8 Fbr 1793

theurer Freund! nur 2 worte H Hofcamerrath Kugler von hier ist gestorben wollen Sie nicht für H- bruder in Wallerstein 55 besorgt seyn - u durch H- landgraf ein vorwort einlegen lassen - Thun Sie es bald, ich will morgen Preveniren, wo es nöthig ist Fragen Sie doch ich bitte - u werfen Sie einen blik 10 10 auf das Portrait meines Franz bei H- Felsing von mir u meinen Freunden kann er fl 50 zählen H- Hengstenberg hat auch viele, denn die zahl 50 komt bey mir durch den Pathen des Franz - der den Stich wünschte u zalt 15 warum ist Hill abweßend! Er könte jezt in frank 15 fort geld verdienen, sagen Sie es ihm ich bitte entschuldigen Sie meine Eile, ich umarme Sie von Herzen - nächstens von einem brief Schlossers u seiner Frau an Ihre alte La Roche

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à Monsieur| Monsieur Petersen - Conseiller| de La Regençe de S. A. S. Monseigneur| Le Landgrafe de Hesse| à| Darmstadt /

FDH, Sig. Hs-6478 19

an] {-}/an\

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8 Fbr] 8. Februar. H Hofcamerrath Kugler] Gemeint ist Kammerdirektor Friedrich Kugler (?−1793). Seine Söhne Karl und Christian Gottfried traten ebenfalls in Isenburgische Dienste. H- bruder in Wallerstein] Ludwig Petersen, Regierungsrat im Fürstentum Oettingen-Wallerstein (siehe Brief 54 Komm. zu Zeile 21). vorwort] Fürsprache. Preveniren] zuvor benachrichtigen. Portrait meines Franz bei H- Felsing] Der Darmstädter Kupferstecher Johann Conrad Felsing hatte in Punktiermanier ein Brustbild von Franz von La Roche in den Maßen 27 cm mal 19,5 cm angefertigt. Als Vorlage diente ihm das von dem Miniaturmaler Friedrich Jakob Hill im Auftrag der Landgräfin 1791 ausge-

4 6 7 10

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Brief 61 – 3. April 1793

führte Bild des Verstorbenen. Die Kartensammlung des HSAD und das SAO besitzen jeweils ein Exemplar des Stichs. Siehe Abbildung S. 260 11 fl 50] 50 Florins. 12 H- Hengstenberg] Heinrich Karl Hengstenberg (1770−1834) studierte von 1787 bis 1790 Theologie an der Universität Marburg, wo er Franz von La Roche vermutlich im Haus des Professors für Kameralwissenschaften Johann Heinrich Jung-Stilling (1740−1817) kennenlernte. Er ging als Hauslehrer in Romrod, Darmstadt und Offenbach in Stellung. 1795 wurde er Gymnasiallehrer in Hamm, danach reformierter Pfarrer am adligen Fräuleinstift im sauerländischen Fröndenberg. H. verfasste religiöse Gesänge und patriotische Lieder (siehe Brief 79 Komm. zu Zeile 6). 12 viele] Lies: viele Freunde. 13 Pathen des Franz] Gemeint ist der katholische Jurist Franz Wilhelm von Loskant, der von 1764 bis 1791 als kurmainzischer Reichskammergerichtsassessor in Wetzlar tätig war. Seine Bekanntschaft mit der Familie La Roche geht auf seine frühere Tätigkeit als Hofrat unter dem Kurmainzer Geheimrat und späteren Fürstbischof von Bamberg Franz Konrad Graf Stadion (1679−1757), zurück. Zur selben Zeit stand dessen jüngerer Halbbruder Anton Heinrich Friedrich Graf Stadion-Warthausen als Großhofmeister und Konferenzminister in Kurmainzer Diensten, der als der leibliche Vater Michael Georg Frank von La Roches gilt (Sigrid Jahns: Das Reichskammergericht und seine Richter. Verfassung und Sozialstruktur eines höchsten Gerichts im Alten Reich, Bd. 1, Teil 2: Biographien. Wien, Köln, Weimar 2003 [= Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im Alten Reich 26], S. 27−34). Loskants Name erscheint in der Widmungsschrift des Stiches (siehe Brief 79 Komm. zu Zeile 5). 15 Hill] Der Miniaturmaler Friedrich Jakob Hill sollte bei den hohen Militärs und Standespersonen, die sich derzeit in Frankfurt aufhalten, Aufträge zu Bildnissen einholen. 18 von einem brief Schlossers] Johann Georg Schlosser war zu diesem Zeitpunkt Direktor des badischen Hofgerichtes in Karlsruhe. 19 seiner Frau] Nach dem Tod seiner ersten Ehefrau Cornelia (1750−1777), geb. Goethe, heiratete Schlosser im September 1778 Johanna Katharina Sibylla Fahlmer (1744−1821), die angeheiratete Tante der Brüder Jacobi aus Düsseldorf. 20f. Schwarzes Siegel, Poststempel: DE FRANCFORT.

Brief 61 11

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3. April 1793 offenbach den 3 aprill 1793 theurrer Lieber Freund! o sagen Sie mir was von dem bruder in Speyer, ich bin unruhig weil man mir sagte Er sey in Kayserlichen arest gekommen - andre behaupten Er werde von Frankreich geschüzt weil Er so viel geheimniße wisse der gute Mann - die Frau, Kinder und Schwester alle alle

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Franz von La Roche (1768–1791); siehe Brief 60 (Archiv im Haus der Stadtgeschichte Offenbach AZ 12/2008. La-Roche-Ausstellung. Slg. V. Fotografen der Fa. Seitz-Gray-Foto, Frankfurt am Main).

Brief 61 – 3. April 1793

10 10

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jammern mich - und Sie! treuer edler bruder! und der Herr Hof prediger - ach wie vielerley art weh in der welt! bey Ihrem Hof wie viele art von Freude! aber die geschichte der Heurath des Lieben vortreflichen P. G-. . . . O Petersen wie glüklich wenn ich eine Stunde mit Ihnen sprechen könte - über das kleine der großen männer über verborgne boßheit und schwärze gewißer Leute Leßen Sie mit Herrn bruder dießen schweizer brief und schiken mir ihn wieder - mit nachrichten von Speyer adieu die gemalin von Bischofs werder wohnt für 3 monat bey mir - grüßen Sie mir Piquot, und nehmen Sie meinen dank, und Seegen für dieß was Sie an ihm thun adieu Lieber rechtschafener Freund, von der alten la Roche o wie viel schaden habe ich durch merks anstalt des druks von Pomona -

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à Monsieur| Monsieur Petersen - Conseiller de la| Regençe de S. A. S. Monseigneur Le| Landgraffe de Hesse| à| Darmstadt

FDH, Sig. Hs-6479 1 3f.

3 aprill] 3. April. bruder in Speyer […] arest gekommen] Karl Ludwig Adolph Petersen blieb in seiner Funktion als Maire der Stadt Speyer bis zum Ende der Mainzer Republik in der Pfalz. Im Juli 1793 folgten er und seine Familie dem abziehenden General Custine nach Straßburg. Die Nachricht von seiner Inhaftierung war folglich ein Gerücht. 6 die Frau, Kinder] Juliane Petersen, geb. Retzer, hatte einen Sohn namens Johann Wilhelm (1786−1863) und drei Töchter. Sophie, das zweitälteste Mädchen, war Patenkind von Sophie von La Roche (siehe Brief 30 Komm. zu Zeile 14). 6 Schwester] Christiane Petersen. 8 Herr Hof prediger] Georg Wilhelm Petersen. 10 wie viele art von Freude] Am 24. April 1793 fand in Darmstadt die Verlobung zweier Enkelinnen des verstorbenen Landgrafen Georg Wilhelm von HessenDarmstadt statt. Luise von Mecklenburg-Strelitz (1776−1810) wurde dem preußischen Erbprinzen Friedrich Wilhelm versprochen, ihre Schwester Friederike (1778−1841) dessen jüngerem Bruder Friedrich Ludwig Karl (1773−1796). 11 P. G-] Prinz Georg. 11−14 geschichte der Heurath […] gewißer Leute] Sophie von La Roche spielt auf die Werbung des Prinzen Georg Karl um die braunschweigische Prinzessin

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Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum

Caroline an. In den Mitgiftverhandlungen konnte keine Einigung zwischen Darmstadt und Braunschweig erzielt werden. Die Personen sind nicht zu ermitteln. 15 schweizer brief] Der Absender ist nicht zu ermitteln. Der Einschluss ist nicht überliefert. 18 gemalin von Bischofs werder] Wilhelmine Katharine von Bischoffwerder (1759−1833), geb. von Tarrach, verw. Gräfin von Pinto, logierte für drei Monate bei Sophie von La Roche in Offenbach, während sich ihr Mann, der preußischer Generalmajor Johann Rudolf von Bischoffwerder (1741−1803), im preußischen Feldlager befand. Er galt als enger Vertrauter des Königs Friedrich Wilhelm II. Als Mitglied des Geheimbundes der Gold- und Rosenkreuzer war es Bischoffwerder seinerzeit gelungen, durch geschickt inszenierte Geistererscheinungen starken Einfluss auf den jugendlichen König zu gewinnen. In dem Bestreben, die preußische Sektion des religiös-mystischen Ordens als Instrument einer gegenaufklärerischen Machtpolitik auszubauen, kollaborierte er mit dem 1788 zum Justizminister ernannten Johann Christoph von Wöllner (vgl. Dirk Kemper: Obskurantismus als Mittel der Politik. Johann Christoph von Wöllners Politik der Gegenaufklärung am Vorabend der Französischen Revolution. In: Christoph Weiß [Hrsg.]: Von „obskuranten“ und „Eudämonisten“. Gegenaufklärerische, konservative und antiaufklärerische Publizisten im späten 18. Jahrhundert. In Zusammenarbeit mit Wolfgang Albrecht. St. Ingbert 1997, S. 198−202). Sophie von La Roche empfing nicht allein eine hochgestellte Persönlichkeit des preußischen Hofs, die bei Bittgesuchen an den König von Nutzen sein konnte, sondern die Frau des größten Widersachers der Berliner Aufklärer und deren Mitstreiter im Reich. Dazu gehören die beiden Petersen-Brüder am Darmstädter Hof (siehe Kapitel 3). 19 Piquot] Gemeint ist der Bruder von Charlotte de Picquot-Pinsack. 23f. durch merks anstalt des druks von Pomona] Johann Heinrich Merck hatte ihr den Drucker für eine zweite Auflage der Pomona vermittelt (Brief 28 Komm. zu Zeile 4−9). 25f. Schwarzes Siegel, Poststempel: DE FRANCFORT.

Brief 62 11

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10. April 1793 offenbach den 10 aprill 1793

Theurrer Lieber Freund! Joung sagt bist du traurig - hast du Kummer in der Seele! Liß in der bibel - versöhne dich mit einem Feind - oder thu einem Leidenden gutes - so wirst du trost empfinden Ihre Seele edler schäzbarer Mann! ist würklich gequält - gewiß niemand auf der Erde kann mehr antheil nehmen an Ihrem Weh als ich - und doch kann ich Ihnen keinen andren Trost anbieten - als den - einer leidenden wohl zu thun

Brief 62 – 10. April 1793

10 10 und das bin ich - deßwegen schreibe ich an den guten König

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von Preussen - und bitte die gute Frau Landgräfinn die bittschrift, mit einer Fürbitte zu begleiten der König sprach mir gnädig von meinen werken - und ich bitte um die einzige gnade 100 Ex. von den 2 Jahrgängen der Pomona - als zur Erziehung der Töchter geschriebenen büchern von mir zu Kaufen - ich bin in umständen voll Kummer voraus der edelmütige bezalte preiß dießer 100 Ex à 5 thaler das Expl. zu 6 bänden - mich ziehen würde - der König macht so viele tausende glüklich, ist so gut - die Frau Landgräfinn - Ihre Frau | | Mutter - die zwey so glüklich blühende Princessinen von Meklenburg haben Güte, haben mich güte versichert, u güte erzeigt Ach mein Freund! helfen Sie mir, dieße gute teutsche fürstinnen zu einer großmütigen fürbitte für mich bewegen der werth dießer 100 Ex- ist 500 thaler - die mich auf immer von allen vorwürfen meines tochtermanns befreyen, und wie Sie in der beylage sehen mich in den Stand sezen, meinem guten Carl die 100 Thaler zu schiken, um die Er bittet Meine arme an dem Krebs an der brust sterbenden Schwester in augspurg zu unterstüzen - schon lange jahre half ich ihr - von dem ertrag meiner Feeder - aber die f 500 von dem 4 theil der Rosalie - gaab ich Franz zu der Reiße nach Berlin dieß was meine neue Schweizer Reiße trägt - wird mir erst nach der leipziger Messe vollends bezalt - indem ich wegen vorwürfen des Brentano, dem Carl f 100 voraus davon gaab (denn der reiche Mann giebt mir nichts) u will ich soll meinen etablirten Söhnen auch nichts mehr geben von dem was mein ist für meine Schwester zu retten keinen pfening wohlthat O lieber Freund! leßen Sie dieße beylagen - bedauren Sie mich | | und bitten Sie bey den Fürstinen für mich aber man muß meinen brief dem König selbst nicht an irgend einen minister geben - ich flehe auf den Knien um dieße gnade nie - nie mehr brauche ich Freunde oder einen Menschen zu plagen - aber jezt da ich für meinen Franz noch bey Cavalli f 100 zu zahlen, und Carl u meine unglükliche Schwester sterbend stüzen muß - ach jezt ist es wohlthat großmütige - wohlangewandte wohlthat an Ihrer armen Freundinn La Roche | | hier 1 Ex- von der lezten Reiße nach der Schweiz der buchhändler machte den Titel weil sein Geiz glaubte Er verkaufe dadurch mehr Ex-

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FDH, Sig. Hs-6480 Abgedruckt in Maurer: Sophie von La Roche Briefe (1985), S. 350f. M. transkribiert „in deiner Seele“ statt „in der Seele“ (Zeile 3); „einem Leidenden“ statt „einer Leidenden“ (Zeile 9). 1 10 aprill] 10. April. 2−5 Joung sagt […] trost empfinden] Es handelt sich um eine Zusammenstellung von frei übersetzten Textstellen des englischen Schriftstellers Edward Young (1683−1765) aus seinem 1742−1745 in London erschienenem Werk „The complaint, or night thoughts of life, death and immortality“, deren Anordnung nicht der Vorlage entspricht. Vielmehr liegt ein Amalgam aus Versen der „Achten Nacht“ und der „Ersten Nacht“ vor. Der Sinnzusammenhang ist folglich gegenüber dem Original verändert. Die Zeile 3f. „bist du traurig − hast Du Kummer in der Seele! Liß in der bibel“ findet eine vage Entsprechung in den Blankversen „Most true, a wise man never will be sad; But neither will sonorous, bubbling mirth a shallow stream of happiness betray: Too happy to be sportive, he’s seren. Yet wouldst thou laugh but at thy own expense. This counsel strange should I presume to give − Retire, and read the Bible, to be gay.“ Die Zeilen 4f. „versöhne Dich mit einem Feind - oder thu einem Leidenden gutes“ geht zurück auf „Chain down some passion; do some generous good; Teach ignorance to see, or grief to smile; Correct thy friend; befriend thy greatest foe; […] Thy gloom is scatte’d sprightly spirits flow“. Das Ende der Zeile 5 „so wirst Du trost empfinden“ klingt an im Vers „The good deed would delight me“ aus der „Ersten Nacht“ (zitiert aus der 1805 in Philadelphia erschienenen Ausgabe, S. 183 u. S. 182 („Achte Nacht“) u. S. 25 („Erste Nacht“). Siehe Brief 165 Zeile 51−55 u. ihr Werk „Schönes Bild der Resignation. Zwei Theile. Leipzig 1795/96“, hier Teil 2, S. 122. Zu ihrer Zitierweise siehe Helga Meise: Hirnkinder. Gattungsvorgabe und hybride Schreibweise in Sophie von La Roches Pomona für Teutschlands Töchter. In: Monika Lippke, Matthias Luserke-Jaqui, Nikola Roßbach (Hrsg.): „bald zierliche Blumen – bald Nahrung des Verstands“. Lektüren zu Sophie von La Roche. Hannover 2008, S. 123–139; dies.: „wie sehr ich die Geschichte liebe“. Hybridisierung und Pfropfung in Sophie von La Roches „Pomona für Teutschlands Töchter“ am Beispiel ihres Bezuges auf die Geschichte. In: „Ich will keinem Mann nachtreten“. Sophie von La Roche und Bettine von Arnim. Hrsg. von Miriam Seidler und Mara Stuhlfauth. Frankfurt am Main 2013, S. 111–123; Patricia Sensch: „[…] thu einem Leidenden gutes so wirst du trost empfinden“. Sophie von La Roche zitiert aus Edward Youngs „Night Thoughts“. In: Helga Meise (Hrsg.): Sophie von La Roche. Le savoir de son temps. Université de Reims Champagne-Ardenne 2013, S. 267−280. 6−8 Ihre Seele […] als ich] Petersen sorgt sich um seinen politisch engagierten Bruder Karl Ludwig Adolph P. im französisch besetzten Speyer. 10f. König von Preussen] König Friedrich Wilhelm II. von Preußen. 12 bittschrift] Es bleibt ungeklärt, ob das Bittschreiben, das nicht überliefert ist, als Beigabe mitgeschickt wurde. Möglicherweise handelt es sich um die in Zeile 26 genannten „beylage“.

Brief 62 – 10. April 1793

14 17 17 19f.

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Ex.] Exemplare. Ex à] Frz.: „Exemplare zu“. thaler] Handelsmünze im Wert von 1 ½ Gulden. Ihre Frau Mutter] Landgräfin Marie Luise Albertine von Hessen-Darmstadt war die Mutter der regierenden Landgräfin Luise. 20f. Princessinen von Meklenburg] Die Prinzessinnen Luise und Friederike von Mecklenburg-Strelitz waren Nichten der Landgräfin Luise (siehe Brief 61 Komm. zu Zeile 10). 24 Ex-] Exemplare. 25 vorwürfen meines tochtermanns] Peter Anton Brentano hatte sich finanziell bei dem Erwerb des Offenbacher Hauses beteiligt. Ihm missfiel, dass seine Schwiegermutter ihren Söhnen nach abgeschlossener Ausbildung weiterhin Geld zukommen ließ (siehe Zeile 35f.). 26 beylage] Die Beilage ist nicht überliefert. Vermutlich ist ein Brief ihres Sohnes Carl gemeint (siehe Zeile 27). 27 meinem guten Carl] Sophie von La Roches zweitältester Sohn Carl von La Roche (siehe Brief 11 Komm. zu Zeile 27f.). 28f. Schwester in augspurg] Katharina Christine (Cateau) von Hillern (1734−1793), geb. Gutermann von Gutershofen, war mit dem Bürgermeister von Biberach Johannes von Hillern (1725−1765) verheiratet. „Seit 1765 Witwe, hatte sie ihr Erbe bald verschwendet und lebte die meisten der nachfolgenden Jahre unter ärmlichen Umständen.“ (Thomas C. Starnes: Christoph Martin Wieland. Leben und Werk. Aus zeitgenössischen Quellen chronologisch dargestellt. 3 Bde. Sigmaringen 1987, hier Bd. 2, S. 323, Anmerkung 60; vgl. Hansjörg Schelle: Neue Quellen und Untersuchungen zum Kreise Sophie von La Roches und C. M. Wieland. 1. Teil. In: Lessing-Yearbook 20 [1988], S. 237−240) 30 f 500] 500 Florins. 31 4 theil] 4. Teil. 31 Rosalie] Gemeint ist Sophie von La Roches Werk „Rosalie und Cleeberg auf dem Lande. Offenbach 1791“. 31 Reiße nach Berlin] Siehe Brief 18 Zeile 29−32. 32 neue Schweizer Reiße] Gemeint ist das Autorenhonorar für „Erinnerungen aus meiner dritten Schweizerreise“ (1793), das ihr der Offenbacher Verleger Carl Ludwig Brede zahlte. Siehe Brief 25 Komm. zu Zeile 51. 33 leipziger Messe] Leipziger Herbstmesse. 34 f 100] 100 Florins. 36 etablirten] selbstständigen. 38 beylagen] Die Einschlüssen sind nicht überliefert. Möglicherweise handelt es sich um Briefe aus Augsburg, in denen vom Zustand der kranken Schwester berichtet wird. 40 meinen brief] Siehe Komm. zu Zeile 12. 44f. aber jezt da […] zu zahlen] Franz von La Roche hatte während seiner Darmstädter Dienstzeit bei dem Darmstädter Hoflieferanten Johann Franz Anton Cavalli Schulden gemacht (siehe Brief 29 Komm. zu Zeile 26). 45 f 100] 100 Florins. 49 1 Ex-] 1 Exemplar. Das Exemplar ihres Werks „Erinnerungen aus meiner dritten Schweizerreise“ (1793) wird als Beilage mitgeschickt. 49−51 Die Zeilen stehen kopfständig am unteren Rand der letzten Seite.

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der buchhändler] Gemeint ist Carl Ludwig Brede. den Titel] Gemeint ist der Untertitel „Meinem verwundeten Herzen zur Linderung vielleicht auch mancher trauernden Seele zum Trost geschrieben“. Ex-] Exemplare.

Brief 63 11

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18. April 1793 offenbach den 18 aprill 1793

ich will Ihnen mein theurer Freund noch einmal schriftlich für Ihre liebe erscheinung danken, u Sie auch mit meiner Feeder bitten der Frau Landgräfin meinen innigsten dank und verehrung zu Füßen zu Legen - für die gnädige versicherung ihrer fürsprache bey dem so guten König - Ach - Sie rettet mich von dem größten Kummer der mich nach dem verlust meines Franz treffen konte - erhalten Sie doch die liebe edle Frau bey Ihrer großmütigen güte, für die arme trauer volle Mutter von Franz la Roche am Montag Frühstükte der gute König - mit Elise Bethmann, und ihrer familie auf dem forsthauß - sagte gestern Major v. Hompesch bey mir, da Er mit Frau v. Bischofswerder bei mir aß - Er ist so gut dießer König für alle menschen - Gott lasse es doch auch für mich seyn! Sagen Sie amen dazu lieber theurer Freund! ich bitte Sie Gestern war auch Canonicus Linz von Speyer bey mir - der sehr überzeugt ist | | das es der Herr bruder sehr gut mit der Stadt Speyer meinte - aber doch auch dabey von vielen Feinden sprach die Er habe - genannt wurde niemand besonders da auch, so viele Leute in meiner Stube waren, weil alle weizische zu mir kamen der sanfte männliche ton, bey der anzeige in der lezten zeitung hat recht guten eindruk gemacht bey den meisten - selbst bey H- Hofmarschall v. Lepel, der so eifrig gegen den Petersen von Speyer zu sprechen anfieng - als wir dort waren Sie glauben doch wohl das ich beytrage was ich kann - dem guten halb verirrten dienste zu leisten - Gott schüze ihn und erhalte Sie. bey allem was Sie thun - man sagt das vermögen Ihres H- bruder habe so sehr gelitten -

Brief 63 – 18. April 1793

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35 35 adieu bester redlichster Freund! und Seegen über Sie ganz nach den wünschen der alten la Roche /

à Monsieur| Monsieur Petersen - Conseiller de la| Regençe de S. A. S. Monsgr le| Landgrafe de Hesse Darmstadt| à| Darmstadt /

FDH, Sig. Hs-6481 8 1 7

mich] mi{r}/ch\

18 aprill] 18. April. guten König] König Friedrich Wilhelm II. von Preußen befand sich wechselweise in Frankfurt, im preußischen Hauptquartier in Gerau oder bei seinen Truppen in Marienborn südlich von Mainz. 12f. Elise Bethmann] Katharina Elisabeth von Bethmann-Metzler. 13 und ihrer familie auf dem forsthauß] Am Montag, den 15. April hatten Sophie von Bethmann-Metzler und ihre Mutter der brieflichen Einladung des preußischen Königs in das Forsthaus an der Landstraße von Frankfurt nach Gerau unweit von Niederrad angenommen (vgl. Richard Schwermer [Hrsg.]: Der Liebesroman eines preußischen Königs. Der Briefwechsel König Friedrich Wilhelm II. mit Sophie von Bethmann-Metzler 1793−1796. Frankfurt am Main 1929). 14 Major v. Hompesch] Gemeint ist Karl Freiherr von Hompesch (um 1740−1812). „[Er] schloß sich, nachdem er aus der österreichischen Armee 1788 als Offizier ausgetreten war, der ungarischen Opposition gegen Joseph II. an und nahm an der Adelsverschwörung des Barons Orczy (1788) lebhaften Anteil; die Wiener Polizei, die in H. einen Agenten des preußischen Kabinetts vermutete, verhaftete H. in Wien, als er eben nach Weimar reisen wollte, um dem Großherzog die ungarische Krone anzutragen. Joseph II. begnadigte ihn unter der Bedingung, daß er fortan im Ausland leben werde. H. trat dann in die Dienste Friedrich Wilhelms II. von Preußen und bereitete einen Aufstand in Ungarn vor. Diesen Plänen machte aber Josephs Tod ein Ende. Als Minister Hertzberg am Reichenberger Kongreß [1815, Anm. P.S.] sich bereit erklärte, H. an Österreich auszuliefern, entfloh H. nach England.“ (Meyers Großes Konversationslexikon (1905), Bd. 9, S. 526) Sophie von La Roche schrieb an Elisabeth Gräfin Solms am 5. März 1793: „dießer Major Hompesch - ist ein höchst merkwürdiger mensch u war wichtiges werkzeug, der vorhabenden revolution in ungarn. O wie hat der Preußische Staat, seit Fridrich dem großen geändert - -“ (SAO, Sig. M24). 14f. Frau v. Bischofswerder] Frau von Bischoffwerder. Zu Wilhelmine Katharine von Bischoffwerder siehe Brief 61 Komm. zu Zeile 18). 15f. Er ist so […] alle menschen] Sie zitiert einen Satz des Freiherrn von Hompesch. 19 Canonicus Linz] Vermutlich ist Peter Josef Xaver Linz (1779−?) aus Koblenz gemeint. „1794−1802 Kanoniker. Er war 1794 [in das St. Marien-Stift in Pfalzel bei Trier, Anm. P.S.] aufgenommen und nach den drei Karenzjahren am 24. Juni 1797 als Kapitularkanoniker in das Kapitel eingetreten […]. Am 15. April 1797 empfing er mit Weihetitel eines Kanonikates in Pfalzel die Niederen Weihen und

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die Weihe zum Subdiakon […]. Peter Xaver Linz war in Koblenz geboren und 1805 26 Jahre alt. Er wohnte damals nicht in Pfalzel, sondern im Rhein-MoselDepartement, vermutlich in Koblenz […]“ (Franz Joseph Heyen: Das St. Marien-Stift in [Trier]-Pfalzel. Berlin 2005 [= Germania Sacra. Neue Folge 43. Das Erzbistum Trier 10], S. 397. Bettine von Arnim erwähnt Linz „aus Koblenz“ mehrfach als Besucher ihrer Großmutter in „Clemens Brentano’s Frühlingskranz“ [1844], S. 252f. u. S. 257). 21−23 das es der Herr bruder […] Speyer meinte] Karl Ludwig Adolph Petersen gehörte der Speyerer Niederlassung des Geheimbundes der Illuminaten an. Er stellte sich wie viele seiner Ordensbrüder rückhaltlos in den Dienst der französischen Republik. Von General Custine am 24. November mit dem führenden Verwaltungsamt des Maire der Stadt betraut, konnte K. L. A. Petersen seine Position in der am 8. März 1793 durchgeführten Wahl nicht behaupten. Die Speyerer entschieden sich nicht zuletzt aus Furcht vor den heranrückenen Truppen der Allierten mit großer Mehrheit gegen die Revolutionierungspläne Petersens, indem sie ihre Stimmen dem ehemaligen Ratsherrn Johann Becker gaben. Dieses Ergebnis modifizierten die Kommissare des Konvents, indem sie K. L. A. Petersen bis auf weiteres die Funktion eines Nationalkommissärs übertrugen, dessen Anordnungen notfalls durch den Kommandanten der in Speyer stationierten Militärs mit Waffengewalt Nachdruck verliehen werden sollte (Stanjura: Revolutionäre Reden und Flugschriften im rheinisch-pfälzischen Raum [1997], Bd. 1, S. 106−113; Kapitel 2.4). 25 weizische] Nicht ermittelt. 26f. anzeige in der lezten zeitung] Unter den sieben im republikanischen Mainz erscheinenden Zeitungen war die „Mainzer Nationale Zeitung“ das offizielle Regierungsorgan (siehe Dumont: Die Mainzer Republik [1982], S. 138f.). 28f. Hofmarschall v. Lepel] Hofmarschall von Lepel. Joachim Otto Friedrich Freiherr von Lepel (1740−1802) „[wurde] in Maastricht, Holland erzogen, kam im Alter von fünfzehn Jahren durch Vermittlung eines Oheims in herzoglichwürttembergische Dienste, wurde zunächst Leibedelknabe des Herzogs, dann Leibpage im Rang eines Lieutenants, 1763 Beförderung zum Rittmeister und Obristwachtmeister bei der Leibgarde zu Pferde, ging dann als Kammerherr in den Hofdienst […]. Unmittelbar nach seiner Ehescheidung schied er aus dem herzoglichen Dienst, ging nach Amsterdam und gründete dort ein Knabenpensionat, wurde später von dem souveränen Fürsten von Isenburg-Birstein als Kammerpräsient und Hofmarschall angestellt, verblieb in dieser Stellung bis zu seinem Tode, in Offenbach kaufte er sich ein Haus, in dem er bis zu seinem Lebensende wohnte.“ (Andreas Hansert und Oskar Matthias von Lepel: Historisch-Genealogisches Handbuch der Familie v. Lepel auf der Grundlage familiengeschichtlicher Quellen unter Mitarbeit von Klaus Bernard v. Lepel und Herbert Stoyan. Insingen 2008, S. 57f.) Lepel wurde 1781 von Caroline Maria Friederike Freiin von Röder (1749–1802) geschieden. In zweiter Ehe heiratete er 1793 Mary Mills (1764−1837). 31f. dem guten halb verirrten] Gemeint ist der Karl Ludwig Adolph Petersen, von dessen integerem Charakter Sophie von La Roche ebenso überzeugt war wie von seinen geistigen Fähigkeiten. Sein politisches Engagement als Jakobiner in französischen Diensten erschien ihr deshalb umso unverständlicher. Aus diesem Dilemma rettete sie sich, indem sie den Freund als einen „halb verirrten“ bezeichnete (siehe Kapitel 6). 37f. Schwarzes Siegel.

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Brief 64 – 20. April [1793]

Brief 64 11

20. April [1793] offenbach den 20 aprill

Ihnen mein treuer Freund! und dem gütigen edlen Herzen der Frau Landgräfinn vertraue ich 55 das Billet so mir den augenblik durch einen reutenden geschikt wird halb 4 uhr nachmitag - Sagen Sie der Frau Landgräfinn - ich liebe Bethmann schon viel jahre - sie hat mir guts gethan - ich sagte ihr lezt, all meine hofnung ruhe 10 10 in der Hand der frau landgräfinn - also bat ich sie heut mich bey ihr zu unterstüzen das der Beste monarch der schon so viel tausende glüklich machte - mein leztes einziges gesuch in der welt erfüllen möge Großmuth von der Frau Landgräfinn Kann es allein 15 15 O mit was für einem gefühl würde ich an Herzoginn von Weimar schreiben - die Edle - großmütige gute Landgräfin von darmstadt, hat alle meinen Kummer so gern geendet - Ach was Seegen für die Frau - für Sie in der Seele der armen laRoche

FDH, Sig. Hs-6482 20. April [1793] Aufgrund der in Zeile 11−13 genannten Bitte um Ankauf der „Pomona“-Exemplare kann der Brief auf das Jahr 1793 datiert werden. 1 20 aprill] 20. April. 5 Billet] Aus Zeile 10−12 geht hervor, dass das Billett ein Bittgesuch von Katharina Elisabeth von Bethmann-Metzler enthielt, das die Landgräfin Luise von Hessen-Darmstadt dem König überreichen sollte, den man in Darmstadt am 24. April anlässlich der Verlobungsfeier seiner beiden Söhne mit den Mecklenburgischen Prinzessinnen erwartete. Der Einschluss ist nicht überliefert. 8 ich liebe Bethmann schon viel jahre] Katharina Elisabeth von BethmannMetzler (1753–1813), geb. von Bethmann. 11 der beste monarch] König Friedrich Wilhelm II. von Preußen. 15−18 O mit was […] so gern geendet] Sophie von La Roche spielt auf die verwandtschaftlichen Beziehungen der beiden Fürstenhäuser an. Herzogin Luise von Sachsen-Weimar war die jüngste Schwester des Landgrafen Ludwig X. von Hessen-Darmstadt.

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24. April 1793 offenbach den 24 aprill 1793

dank mein edler treuer Freund! tausend Dank! für Sie und unßere güte volle Frau landgräfinn - ich befolge um so lieber den Rath, weil mir die hand, der F- L. Gunendlich schäzbarer ist - und meine Seele ehender er höht, als verwundet - der Himmel leite, und Seegen ist alles was ich jezo sagen kann - legte das Schiksal die gewalt in meinen willen - thätigen dank und ergebenheit zu zeigen - ich würde alles mögliche thun Sie mein Freund! Sie jammern mich - ein verhängnis voll weh scheint Sie zu verfolgen - leiden, und mitleiden theilen die fühlbarkeit Ihrer Seele = Ihr bruder wurde ver blendet - und verirrt, der gute mann! was kann Straßburg ihm helfen - die geißlen welche auß maynz abgeführt wurden u im Palais von Zweybrüken wohnen, können doch heraus an verwandte nach Coblenz schreiben - da solte Ihr H- bruder wohl auch mittel finden - uns aus der angst zu ziehen Gott wolle nur Sie theurer mann in der Kraft halten zu tragen - weil doch nun der schöne alte gedanke an Ihnen wahr seyn solle das die Götter den rechtschafnen mann, so gerne mit der wiederwärtigkeit Kämpfen sehen - geben Sie Ihren zöglingen | | als lezten wohlthätigen zug des plans Ihrer Erziehung den beweiß - das Ihre grundsäze, im Sturm festen Sinn und muth geben - denn gewiß unßere zeiten haben bewießen das Fürsten Söhne - grundsäze, und denken eben so nöthig haben, als wie gute übrige Erden Kinder verliehren Sie theurer liebster Freund! Ihren edlen schönen muth nicht - ich bitte Sie - denken Sie - Sie seyen zum wohlthun berufen - und sehen Sie um sich, ob nicht alle die in nahem und fernem verhältnis mit Ihnen stehen - allen moralischen reichthum Ihres Geists und Herzens nöthig haben - und das so wie ich es sehe - Sie unter die weßen gehören, welche ihr glük nur in dem wohl finden das sie verbreiten Sie können einen so befriedigenden blik auf Ihren zurük gelegten weeg werfen - Sie können, einen schönen abend des Lebens erinnerungen erwarten - Freund! erhalten Sie sich dazu! zeigen zu was weißheit und güte der Seele taugen - Gott schüze den bruder um den Sie jammern und erhalte Sie edelsten besten - | |

Brief 65 – 24. April 1793

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traurig ist nur, das der tag welcher eine art erholung seyn solte - neues Leiden für Sie erzeugte - und dazu auf der so empfindlichen Seite des Erbprinzens wohl u weh - ich | | erinnerte mich bey dießem theil Ihres briefs - das meine Julie recht hatte zu sagen - man kann nicht alles durch dinte mitheilen - denn Sie denken wohl das ich diese neue Sorge Ihres Herzens zu kennen wünsche du mourier zeuge der verlöbnis zweyer Königs Söhne und Fürsten töchter - ist eine erscheinung, die mit zu den sonderbaren begebenheiten dießer lezten zeiten gehört - um des Himmels willen - nehmen Sie doch den augenschein von dießem Menschen gesicht, mit eigenem blik H- v. Stein - ist mir unbegreiflich geworden ist im ganzen u in detail nicht mehr, was Er in dem Hauß seiner so edlen Eltern war auf H- v. Lepel will ich acht haben u Ihnen nachricht geben adieu verehrung - und Seegen von der alten La Roche viel viel für die gute Christiane die ich umarme H- Cano. Linz sagte mir das Fr. Petersen sehr viel aus dem Comissair titel gemacht habe - u ich bemerkte das man sie Stolzen weßens anklagte à Monsieur| Monsieur Petersen. Conseiller de la| Regence de S. A. S. Monsgr le Land| Graffe de Hesse| à| Darmstadt

FDH, Sig. Hs-6483 63 1 4

aus] au{f}/s\

24 aprill] 24. April. Rath] Die Landgräfin von Hessen-Darmstadt hielt es nicht für opportun, dem König das Bittgesuch von Katharina Elisabeth von Bethmann-Metzler zu übergeben (Brief 64 Zeile 5−13; Brief 66 Zeile 24−26). 4 F- L. G-] Frau Landgräfin. 5 ehender] eher. 12f. Ihr bruder] Karl Ludwig Adolph Petersen. 13 Straßburg] Sophie von La Roche schien etwas von den Zukunftsplänen des Speyerer Petersen erfahren zu haben. Im Fall einer Rückeroberung der französisch besetzten Gebiete durch die alliierten Truppen wollte er mit seiner Familie nach Straßburg ziehen.

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14−16 die geißlen […] Coblenz schreiben] Die Briefstelle könnte sich auf die von den französischen Besatzern zu diesem Zeitpunkt angeordnete Verschleppung von Mainzer Bürgern beziehen, die sich weigerten, den Eid auf die französische Verfassung zu leisten. Darunter zählten Beamte, Geistliche und die Mainzer Juden. 22 Ihren zöglingen] Gemeint sind Erbprinz Louis und seine Brüder Georg (1780−1856) und Friedrich (1788−1867). 22−27 geben Sie […] übrige Erden Kinder] Siehe Kapitel 4. 37f. schönen abend des Lebens] Petersen war zu diesem Zeitpunkt neununddreißig Jahre alt (siehe Kapitel 2). 40 bruder] Siehe Komm. zu Zeile 12. 42−44 traurig ist […] wohl u weh] Der Zusammenhang ist unklar. 45−47 das meine Julie […] dinte mitheilen] Der Ausspruch von Julie Bondelis konnte nicht nachgewiesen werden. 49−54 du mourier […] eigenem blik] Am 5. April 1793 unternahm der französische General Charles François Dumouriez (1739−1823) den Versuch, die Jakobinerherrschaft zu beenden und durch eine konstitutionelle Monarchie zu ersetzen. Er scheiterte und floh in das österreichische Lager. Am 24. April − dem Datum des Briefs − fand die Verlobungsfeier der beiden Prinzessinnen von Mecklenburg-Strelitz mit den Söhnen König Friedrich Wilhelms II. in Darmstadt statt. Dumourriez befand sich unter den geladenen Gästen. Der Überläufer fand Zuflucht auf dänischen Hoheitsgebiet bei Hamburg, wo er 1794 seine Memoiren schrieb („Mémoires du général Dumouriez, écrits par lui-même, 2 Bänd. Hamburg, Leipzig 1794“). 55 H- v. Stein] Herr von Stein. Sophie von La Roche musste erfahren haben, dass der 1787 zum preußischen Gesandten ernannte Johann Friedrich Freiherr vom und zum Stein (1749−1799) im Vorgriff amtlicher Entscheidungen gegenüber Mainzer Republikanern handgreiflich geworden war. „Die vor Ende der Besatzung in preuß. Hände gefallenen und ebenfalls auf den Königstein festgesetzten Klub- und Konventsmitglieder, darunter Blau, Arensberger, Scheurer, Pape, waren schwer mißhandelt worden. Pape hatte der Gesandte v. Stein eigenhändig verprügelt.“ (Georg Forster: Werke. Hrsg. von der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Institut für Deutsche Sprache und Literatur durch Gerhard Steiner. Bd. 17 Briefe 1792 bis 1794 und Nachträge bearb. Von KlausGeorg Popp. Berlin 1989, S. 353) Er war der ältere Bruder des nachmaligen preußischen Ministers Heinrich Friedrich Karl von und zum St., der Wallensteiner Stiftsdame Marianne von und zum St. (siehe Brief 15 Komm. zu Zeile 35) und Marie Charlotte von Steinberg (siehe Brief 32 Komm. zu Zeile 47f.). 57 edlen Eltern] Während ihres Aufenthaltes in Ehrenbreitstein (1771−1780) pflegte das Ehepaar von La Roche freundschaftliche Kontakte zu dem Kurmainzischen Geheimrat Karl Philipp Freiherr von und zum Stein (1708−1788) und seiner Frau Henriette Karoline (1721−1783), geb. Langwerth von Simmern, verw. Löw von und zu Steinfurth. 58 H- v. Lepel] Herr von Lepel. Siehe Brief 63 Zeile 28f. 62 Christiane] Christiane Petersen besuchte ihre beiden Brüder in Darmstadt. 63 H- Cano. Linz] Herr Canonicus Linz. Siehe Brief 63 Komm. zu Zeile 19. 63 Fr. Petersen] Frau Petersen. Karl Ludwig Adolph Petersens Frau Juliane war von Hause aus wohlhabend und hatte eine sorgfältige Erziehung genossen (siehe Brief 30 Komm. zu Zeile 14).

Brief 66 – 29. April 1793

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63f. Comissair titel] Frz.: „Titel des Regierungskommissars“. 66f. Schwarzes Siegel.

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29. April 1793 offenbach den 29 aprill 1793

verzeyhen Sie mein lieber würdiger Freund! das ich Sie plage, aber wenn Sie die lage meines Herzens und denkens kenten so würden Sie meine Frage mit nachsicht und mitleid leßen kann ich hoffen? kann ich es? Gott wolle es - aber ich war gestern nach einem langen einladen und versprechen bey Mad- Bethmann zu mitag Essen, kam etwas früher als die mitag Stunde - und fand sie in einem jahst - über die boßheit und verlaümdung, welche auf ihre unteredung mit dem König auf dem Forsthauß - - - entstanden sey - das sie von nun an keiner Seele nichts gutes mehr erweißen wolle - - - daß sie um die Sängerinn Friedel zu etabliren, den König gesprochen - - - ich bin auch von der ersten Stunde davon über zeugt geweßen, und sagte es ihr - nun zeigte sie mir die briefe von Wilhelm Johanot an ihre Sophie - der seit jahren Sophie Liebte - Eifersüchtig wurde - nicht haben wolte, daß sie auf den Ball gehe - und dann zuerst in darmstadt war auf dem Ball selbst den König beunruhigt haben soll, und nun die Heurath mit den beleidigensten außdrüken bey zurük schiken der briefe abbrach - der Schmerz der Mutter - redte stark, über die vermuthungen, wegen der liebe des Königs für Sophie sie jammerte mich - ich suchte sie zu besänftigen - - fande also | | schon wegen dießer gemüts stimmung keinen anlaß zu fragen - und da ich sie nach dem wunsch der edlen güte von Frau landgräfinn, wegen mir um nichts gebetten, so schwiege ich auch deßwegen - sah aber so viele, durch den König glüklich gewordene menschen - biß auf den Hofmeister des Kleinen der eine goldne uhr von dem guten König bekam - die beynah den werth meiner bitten und wünsche übertrift - ach Freund! ich habe den muth nicht mir Ihr schweigen zu erklären, aber ich schlafe nicht mehr - ich sehe mich um, nach dem landguth eines Edelmanns, bey dem ich als lezte resource = vor unerträglichem aber gewiß unverdienten Kummer = wenigsten ein jahr lang wohnen, und zwey seiner Niecen erziehen helfen will - ach, er wünschte es dießen Herbst - wolte Gott ich wäre zu ihm Sie wären nicht geplagt, und ich -

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vergeben Sie O mein Freund! vergeben Sie mir, das ich Ihr gutes Herz leiden mache - das meine ist so gepreßt als es durch hofnung erhaben war Gott sey dank, das ich vielen half - Er weiß es - Er weiß warum ich meinen Franz - warum ich alle außicht auf das lezte einzige glük und rettung verliehren mußte - theurrer lieber Freund! schreiben Sie mir warum bey so vielen glüklich gemachten - ich - ich arme redliche unglüklich bleibe ach bedauren Sie mich - wegen meinem verhängnis - Gott Seegne Sie u helfe Ihrer armen alten la Roche a Monsieur| Monsieur Petersen - Conseiller de la| Regençe de S. A. S. Monsgr le Landgrafe| de Hesse| à| Darmstadt

FDH, Sig. Hs-6484 18 32 1 7 8

auf] {und}/auf\ Edelmanns] Edel{s}/m\anns

29 aprill] 29. April. Mad- Bethmann] Madame Bethmann. jahst] Aufregung, Erregung. Katharina Elisabeth von Bethmann-Metzler erregte sich über das Gerücht, ihre Tochter Sophie sei die Maitresse des preußischen Königs Friedrich Wilhelm II. Siehe Brief 63 Komm. zu Zeile 13. 12 Sängerinn Friedel] Franziska Friedel (1779−1847) kam nach ihrem Engagement am Frankfurter Stadttheater 1794 an die Königliche Italienische Oper in Berlin. 1795 heiratete sie den Dekorationsmaler Peter Ludwig Burnat (1762−1817). „Ihre Stimme, obwohl angenehm, erwies sich für das große Theater als etwas zu schwach, doch besaß sie viel Fertigkeit und war, was man so nennt, eine bella cantatrice.“ (Hans Michel Schletterer: Johann Friedrich Reichardt. Sein Leben und seine Werke. Dargestellt von H. M. Sch. Bd. 1: Reichardt, der Musiker. Augsburg 1865, S. 508) 15 Wilhelm Johanot] Gemeint ist der Frankfurter Kaufmann Johann Wilhelm Eberhard Johannot (1757−?). 17 Ball] Der Maskenball fand am 25. April zur Feier der Verlobung der Prinzessinnen Luise und Friederike von Mecklenburg-Strelitz mit den preußischen Prinzen in Darmstadt statt. 23f. keinen anlaß zu fragen] Siehe Brief 65 Komm. zu Zeile 4. 27 Hofmeister des Kleinen] Der Name des Hofmeisters von Christian Eduard von Bethmann-Metzler wurde nicht ermittelt. 32 resource] Frz.: „Rettung, Auskommen“. 34 Niecen] Frz.: „Nichten“. Die Personen wurden nicht ermittelt. 46f. Schwarzes Siegel.

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Brief 67 – 1. Mai 1793

Brief 67 11

1. Mai 1793 offenbach den 1 mai 1793

dank mein treuer gütiger Freund! für die trostvolle aussicht welche ich durch Sie erhielt - ich will der edlmüthigen Frau Landgräfinn heute mit keinem brief beschwerlich fallen 55 aber Sie bitte ich - meinen innigsten dank, zu ihren Füßen zu legen - nicht allein für die großmütige erfüllung meiner bitte, sondern auch besonders für die art mit welcher die fürsprache geschah, und für die, nur in der Seele der Frau Landgräfin 10 entstehende, schöne wohlthätige delicatesse mit welcher Sie 10 mir schreibt - nous verons l’effet de notre Sollicitation -

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ah dites lui come j’ai Sentè cela, dans l’interieur de mon ame, et Come je suis convainque quil n’y à quelle qui Sache etre, et soit telle que Dieu remplisse touts les vœux de son coeur, come Elle remplis ceux du mien - toute auttre expression ne me sufit pas. mais ma reconaissance et mon attachement sont come le sentiment de mes peines au plus haut degrè - ah que Dieu veuille Couronner le bon ouvre commencè - le marquis Fe il me fait trembler - - je ne Pourais le dire avec de L’Encre - ah mon ami! was haben Sie mit dem Billet meiner tochter gemacht? können

Sie es mir nicht wieder schiken, ich bin sehr unruhig, für meine Max darüber - ach wenn der Himmel dießen lezten wunsch meines lebens erfüllt - so will ich für meine übrige tage fortfahren, allen die ich mit trost, und hülfe ereichen kann, gutes zu thun und trost zu geben | | denn die neue erfahrungen des Kummers, und des süssen balsams der güte - fordern mich zu mitleiden, und hülfe auf Sie denken das ganz frankfort unsere arme gute Bethmann u ihre tochter auf alle weiße, in jeder gesell schaft vor den unbarmherzigen Richterstuhl der bösen vermuthungen zieht - mir ist leid daß Sie nicht auf dem masquen Ball seyn konten, damit ich gewiß heit auch von Ihrer seite darüber hörte - glücklicher weiße hat Bethmanns tochter nie keine Sorge zu fürchten und zu tragen - und die gute Mutter kann auch darüber hinaus gehen - - - unßer bruder - wo ist der? wo die Kinder, und die gute gute Christiana? ach nur eine Sylbe darüber! ich bin nun ängstig weil nun alle briefe die nach Straßburg kommen, u davon abgehen, von einer Comission eröfnet werden - wo auch erst die Tochter des H- v. Lepel erscheinen mußte, weil ein brief

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von ihrem bruder an sie kam, worinn er ihr sagte ich bin mit dem Regiment da - - nun sagt sie - ich habe an meinen bruder kein wort geschrieben wußte nicht wo er war mein vatter hat ihn placirt - - - da wurde ihr bedeutet das sie bey dem nächsten brief an sie worinn von armèe - u s.w die rede seyn würde, in arest genommen, und Strafe haben solle zu allem glük konte sie diese nachricht, durch einen treuen fremden an vatter u bruder schreiben | | um wenigstens dießer drohung keinen anlaß zur außführung zu geben - theurrer theurer Freund! ich werde alle tage gewißer, das moralische Hefe, in allen Köpfen u Eken gährt Gott helfe uns allen amen: wenn der Berner Edelmann v. Wittenbach Sohn des Canzlers von Bern wieder nach darmstadt komt wünschte ich das man mit dem jungen guten Kopf über Schweiz und Holland spreche, man würde sehr zufrieden seyn - u dabey einen wahren Berner Edelmann sehen, der sehr liebenswerth ist. Er möchte gerne als Volontaire dienen u verdiente ausnahme gestern hörte den einzigen artigen einfall des Custine der Churfürst v. Maynz bat, um seine flöten uhr Custine bewilligts läßt aber vorher, die walze ändern und ca ira - und die marseillaise darauf sezen wie gefällt Ihnen aber das der Churfürst, dem edlen, Geist und tugendvollen Graf Stadion, vorwürft; das er sich den winter über den unterthanen so beliebt machte - - Er sey nicht Churfürst u. s. w- elende boßheit, und neid - anstatt des danks das Stadion, den armen landmann tröstete, und ihm half wo Er konte Gott sey dank - das unßer Kayser auf den rechten weeg kam auf welchem die Herzen, neben dem Geld und dem leben der unterthanen gewonnen werden - ach mögen alle es fühlen das weh von Louis XVI - u die | | wahre Staatsklugheit von Franz II - die Strafe des närischen Carlsruher Leuchsenring erwekt viel böße gesinnungen dieße Strafe war nicht Staatsklug - warum den Doctor nicht in Ein tollhauß gesezt? nun soll der Herzog von Jork und der Prinz v. oranien sich Duellirt haben oranien blessirt seyn - mein Gott! was wolten die zwey gute fürsten Söhne da mit außrichten? adieu lieber würdiger Freund! Gott gebe Ihnen von Ihrem H- bruder so gute Nachrichten als Sie mir gaben - nur der Himmel kann dieß lohnen - adieu von Ihrer La Roche

Brief 67 – 1. Mai 1793

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FDH, Sig. Hs-6485 13 13 13 14 65 74

je]  suis] {*}/su\is quelle] Apostroph nach dem zweiten Buchstaben. Elle] {e}/E\lle vorwürft] vorwürf{e}/t\ {machen} närischen] {**}/n\ärischen

1 1 mai] 1. Mai. 11−19 nous verons […] ah mon ami] Frz.: „wir werden die Wirkung unseres dringlichen Bittgesuchs sehen - ah, sagen Sie ihr, wie ich das in meinem Seeleninnersten gefühlt habe und wie überzeugt ich bin, dass nur sie es ist, die ihr Dasein sinnvoll gestaltet und dass sie es sein soll, der Gott alle Wünsche ihres Herzens erfüllt, wie sie die meinigen erfüllt. Jede andere Formulierung käme mir unpassend vor. Aber meine Wertschätzung und meine Anhänglichkeit sind so groß wie das Gefühl meiner schlimmsten Leiden. Ach, möge Gott das gute, angefangene Werk krönen - der Graf Fe lässt mich zittern - ich kann es mit Tinte nicht sagen - ach mein Freund!“ 18 Fe] Feronçe. Siehe Brief 40 Komm. zu Zeile 49f. 20−22 Billet meiner tochter] Gemeint ist Maximiliane Brentano. Der Zusammenhang ist unklar. 35f. kann auch darüber hinaus gehen] Im Sinne von „kann es auch verschmerzen“. 37 unßer bruder - wo ist der] Karl Ludwig Adolph Petersen befand sich bis Ende Juli mit seiner Familie in Mainz . 41 Tochter] Gemeint ist Juliane Henriette Johanna von Lepel (1772−1850), die 1793 den Straßburger Buchhändler Armand König heiratete. Sie war die älteste Tochter von Joachim von L. aus dessen erster Ehe mit Karoline Maria Friederike Freiin von Röder. Die Ehe wurde 1781 in Straßburg geschieden. 41 H- v. Lepel] Herrn von Lepel. 42 ihrem bruder] Gemeint ist Eugen August Hellmuth von Lepel (1773−1812). Er absolvierte die Hohe Karlsschule in Stuttgart und wurde 1791 zunächst Fahnenjunker, 1792 Fähnrich im Preußischen Dragonerregiment Anspach-Bayreuth. 1792 zum Fähnrich befördert nahm er am Ersten Koalitionskrieg gegen Frankreich teil. Als Lieutenant nahm er 1800 seinen Abschied und trat als Rittmeister in württembergische Dienste. Acht Jahre später wechselte er in den Dienst des Königsreichs Westfalen. Unter König Jérôme brachte er es zum Kommandeur der Kürassier-Brigade. Er starb an den Folgen einer schweren Verwundung, die er bei der Schlacht von Borodino, 115 km westlich von Moskau, am 7. September 1812 erhielt (Hansert/von Lepel: Historisch-Genealogisches Handbuch der Familie v. Lepel [2008], S. 59−61). 45 placirt] aufgesetzt. 54 v. Wittenbach] von Wyttenbach. 54f. Edelmann v. Wittenbach Sohn des Canzlers von Bern] Da mehrere Mitglieder der Berner Patrizierfamilie von Wyttenbach eine Position in der Akademie bzw. Universität inne hatten, kann hier Johann von W. (1763−1811) nur mit Vorbehalt genannt werden. Er studierte in Göttingen, trat später in die Berner Staats-

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kanzlei ein und wurde Mitglied des Kleinen Stadtrates. „[1787 wurde er] Kommissionsschreiber […]; besuchte die Versammlung der Helvetischen Gesellschaft als Gast 1787, 1789, 1790, danach regelmäßig als Mitglied.“ (Karl Viktor von Bonstetten: Bonstettiana. Historisch-kritische Ausgabe der Briefkorrespondenzen Karl Viktor von Bonstettens und seines Kreises 1753–1832. Hrsg. von Doris und Peter Walser-Wilhelm. Bern, Wolfenbüttel, Göttingen 1996ff., hier Bd. 5 [2005], Teilbd. 1, S. 803) 59 Volontaire] Frz.: „Freiwilliger“. 59 ausnahme] Aufnahme. Verschreibung. 60 Custine] Der General der französischen Revolutionsarmee Adam Philippe de Custine hielt die Stadt Mainz bis zur Kapitulation am 23. Juli besetzt. 61 Churfürst v. Maynz] Kurfürst von Mainz. Der mainzer Kurfürst Friedrich Karl Joseph Reichsfreiherr von Erthal war vor den Franzosen nach Aschaffenburg in seine Residenz Schloss Johannisburg geflohen. 61 flöten uhr] Gemeint ist eine im späten 18. Jahrhundert entwickelte Uhr mit eingebauten Orgelflöten. Durch eine Stiftwalze werden Flöten gesteuert, die der Vorgabe entsprechend eine Melodie spielen. 63 ca ira] Gemeint ist das um 1790 entstandene Kampflied der französischen Revolutionäre „Ça ira, ça ira, les aristocrates à la lanterne“. 63 marseillaise] Die „Marseillaise“ ist ein von dem französischen Offizier Charles Rouget de Lisle gedichtetes und komponiertes Lied, das erstmalig im August 1792 von einem Marseiller Bataillon beim Sturm auf die Tuilerien gesungen wurde. Seit 1879 ist sie die Nationalhymne der Franzosen („Allons, enfants de la patrie, le jour de gloire est arrivé“). 65 Graf Stadion] Der Diplomat Johann Philipp Karl Joseph von Stadion Graf von Warthausen (1763−1824) war der Sohn Franz Konrads von St. (1736−1787) (siehe Brief 109 Komm. zu Zeile 71f.) und der Enkel des Großhofmeisters Friedrich von St. Bereits mit vierundzwanzig Jahren erhielt er 1787 den Gesandtenposten in Stockholm. Ab 1790 vertrat er Österreich für drei Jahre als außerordentlicher Gesandter in England, wo er maßgeblich zum Eintritt Englands in die Koalitionskriege gegen das revolutionäre Frankreich beitrug. Zum Zeitpunkt des Briefs hatte er aus Ärger über eine Zurücksetzung von Seiten seiner Regierung seine Entlassung gefordert und war nach Deutschland zurückgekehrt. Für sieben Jahre privatisierte er in Regensburg und auf seinen Besitzungen in Böhmen und Schwaben, bis er 1801 erneut die politische Bühne betrat. Rössler bemerkt, dass Sophie von La Roche den jungen Diplomaten ihren schwedischen Freunden empfohlen hatte (Graf Johann Philipp Stadion [1966], 1. Bd., S. 60). 70 unßer Kayser] Franz II. von Habsburg-Lothringen (1768−1835), wurde am 14. Juli 1792 als letzter Kaiser des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation in Frankfurt am Main gekrönt. 74 Franz II] Franz II. 74−77 die Strafe des […] tollhauß gesezt] Johann Ludwig Leuchsenring (1732− 1812), Leibarzt des Markgrafen von Baden, hatte im Sommer 1790 den Straßburger Jakobinerclub um Aufnahme gebeten. Ihm wurde der Status eines „associé étranger“ zugestanden. Die badische Justiz bestrafte ihn mit einer Tracht Prügel, was die Empörung der Gleichgesinnten hervorrief (siehe Daniel Schönpflug: Radikalisierung und Konflikte im Straßburger Jakobinerclub

Brief 68 – 10. Mai 1793

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1790−1795. In: Francis 8 [1980], S. 57). Er war der Bruder von Sophie von La Roches Freund Franz Michael Leuchsenring (siehe Brief 5 Komm. zu Zeile 21). 78 Herzog von Jork] Prinz Friedrich August von Großbritannien und Irland (1763−1827), Herzog von York und Albany, war ein Sohn des englischen Königs Georg III. 78 Prinz v. oranien] Prinz von Oranien. Prinz Wilhelm Friedrich von OranienNassau (1772−1843) war der erstgeborene Sohn des Erbstatthalters der Niederlande Wilhelm V. von Oranien. Seine Jugend verbrachte er ab 1788 am Hof seines Onkels König Friedrich Wilhelm II. in Berlin. 1791 heiratete er dessen Tochter Friederike Luise Wilhelmine (1774−1837) (siehe Brief 98 Komm. zu Zeile 23). 78f. Duellirt haben] Die Umstände des Duells wurden nicht ermittelt. 82 H- bruder] Karl Ludwig Adolph Petersen.

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10. Mai 1793 offenbach den 10 mai 1793

ich glaube mein theurer Freund! Ihnen dieße gestern erhaltene briefe mitheilen zu können - weil ich weiß wie Sie dem Edlen Prinzen attachirt sind - und mir mit aufrichtigkeit antworten werden, ohne das die briefe weiteres aufsehen machen. O mein Freund! wie verschieden sind Menschen und sachen, in der ferne und nähe - wie verschieden heut, biß morgen um so mehr von einem jahr zum andern wie lauteten die briefe vor mehr als einem jahr an mich - wie die gespräche in Pyrmont Erhabene gebirge - in der ferne so lieblich grün - so schön von der Sonne beleuchtet Früh und abend - wenn im niedern Thale alles im Schatten ist - wie anlokend sucht man sich zu nähern - u Findt büsche von Stech palmen - unwegsame pfade - Kälte - rauhe Fühllose Fels klumpen | | ich will nicht weiter - ich bin mit der Fernen größe entzweyt - liebe die leute nicht mehr die so schöne briefe schreiben von dem persönlichen verdienst so eingenommen scheinen - und dann ändren warum?

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ich bin nicht getröstet bey dem schiksal der Königs Schwester - das dieße wie tausend 30 30 andre Ehfrauen und mütter nicht alles gute thun darf, was sie ihren Kindern gutes will - sondern ich bin erboßt über den mangel der wahrheit, und der Edelmütigkeit - die freylich neben der 35 35 unbegränzten Goldliebe nicht stehen kann. ich binn traurig, das man mich von B. aus seit jahren, so hinhielt mit schönen idèen = mich alles glauben machte was man sagte

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ah les beau mani - - - - et les Pots de Pomade ... digne et bon ami! ou est le Frere de Spire? ou est la bonne | | Soeur Chretiene? que fait votre Santè coment Soutenes vous tout cela? bon-estimable ami! apellè à tant d’epreuves Dieu vous Soutienne et vous Conserve -

wo ist P. G- ich mag den Edlen mann nicht immer mit meinen briefen plagen - aber ich wünschte das er dieß was Sie in den beylagen ihm dienlich 50 der sache nüzlich finden wüßte 50 ich bedaure die P- C- auf dem punkt ge weßen zu seyn - gemalin des liebens würdigsten Mannes ihres Standes zu werden - und nun auf dem punkt des 55 55 verlusts aber jemand sagte mir eine ursach - die mir den Caracter des P. G- heilig macht - die ich aber nicht schreiben kann - möge Er glükliche und ruhe volle tage erleben 60 60 adieu Einziger unendlich geschäzter Freund von Sophie la Roche | | ach wenn offenbach in aarheilgen wär viel schönes an H- Bruder, warum seh ich ihn nicht?

FDH, Sig. Hs-6486 33 39

der] de{m}/r\ mani - - - -] mani{··}/- - - - \

Brief 68 – 10. Mai 1793

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10 mai] 10. Mai. briefe] Die Einschlüsse sind nicht vorhanden. Prinzen] Prinz Georg Karl. attachirt] zugetan. gespräche in Pyrmont] In ihrem Brief vom 2. August 1790 schrieb Sophie von La Roche: „ich war in Pirmont - Sah täglich die Herzoginn von Braunschweig mit einem hohen maaß güte - herablassung u wahrheit begabt“ (Brief 14 Zeile 35−37). 28f. schiksal der Königs Schwester] Herzogin Augusta von Braunschweig-Wolfenbüttel, war die Schwester des englischen Königs Georg III. 35 unbegränzten Goldliebe] Sie spielt auf mangelnde Großzügigkeit Braunschweigs in Hinblick auf die Mitgift von Prinzessin Caroline an. 36 B.] Braunschweig. 37 seit Jahren] Sie hatte das Heiratsprojekt im Juli 1791 in Angriff genommen (Brief 29 Zeile 20). 39 mani - - - - ] Aufgrund der Tilgung der nachfolgenden Silben bleibt der Sinn unklar. 39−45 ah les beau […] et vous Conserve]  Frz.: „o, die schönen Mani - - - - und die Pomadentöpfe ... würdiger und guter Freund! wo ist der Bruder aus Speyer? Wo ist die gute Schwester Christiane? Was macht Ihre Gesundheit? Wie ertragen Sie das alles? Hochgeschätzter Freund! Der in so vielen Notlagen um Hilfe angerufen wird. Gott stütze Sie und bewahre Sie - “. 46 P. G-] Prinz Georg. 49 was Sie in den beylagen] Die Beilagen sind nicht überliefert. 51 P- C-] Prinzessin Caroline. 56f. die mir den Caracter des P. G- heilig macht] Sophie von La Roche hatte von der geheimen Aktion des Prinzen Georg Karl erfahren, der mit Begleitern im Sommer 1792 inkognito nach Paris gereist war, um Königin Marie Antoinette und ihre Kinder aus den Tuilerien zu befreien und in Sicherheit zu bringen. Der Plan kam nicht zur Ausführung, da die Königin ihm keine Gelegenheit gab, sie zu sprechen. Als Geflügelhändler verkleidet gelangte er wohlbehalten über die Grenze auf deutschen Boden. Die riskante Unternehmung hatte eine Vorgeschichte. Seit dem Besuch des Darmstädter Fürstenpaars 1780 in Versailles − sie reisten in Begleitung des Prinzen Georg Karl − wechselten die Königin und Landgräfin Luise freundschaftliche Briefe. Zu dem obengenannten Versuch ihrer Rettung schrieb Königin Marie Antoinette im Juli 1792 nach Darmstadt: „Ihre Freundschaft, Ihre Fürsorge, Madame, haben mich bis in den Grund meiner Seele gerührt. Die Person [Prinz Georg Karl, Anm. P.S.], die wieder abreist, wird Ihnen die Gründe sagen, die sie so lange zurückgehalten haben. Er wird Ihnen auch sagen, daß ich ihn selbst jetzt nicht bei mir zu sehen wage. Nein, meine Prinzessin, Ihre Anerbieten, deren vollen Wert ich fühle, kann ich nicht annehmen. Mein ganzes Leben ist meinen Pflichten und den mir teuren Personen gewidmet, deren Unglück ich teile, und die, was man auch darüber sagen möge, durch den Mut, womit sie ihre Stellung behaupten, alle Teilnahme verdienen.“ (Zitiert nach Esselborn: Darmstadt und sein Hof zur Zopfzeit [1915], S. 79; siehe Simone Bertière: Marie Antoinette l’insoumise. Les reines de France au temps des bourbons. Paris 2002, S. 732)

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P. G-] Prinz Georg. aarheilgen] Arheilgen. „In Arheilgen weilte ich einige Zeit; dieser Ort zählt an 1200 Seelen. Er liegt an der Chaussee, die nach Frankfurt führt, eine Stunde von Darmstadt. Man bemerkt sehr viele Wirtshäuser an den heraushängenden Schildern, die leicht verleiten, auf Wohlstand zu schließen.“ (Esselborn: Darmstadt und sein Hof zur Zopfzeit [1915], S. 172f.) Das Mercksche Haus in Arheilgen hatte seine Witwe Anfang 1792 versteigern lassen. H- Bruder] Hofprediger Georg Wilhelm Petersen.

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den 15 mai an Sophiens Tag dank sey Ihnen, lieber edler Freund für jeden antheil den Sie an mir nehmen Ewiger dank sey der großmuth unserer Frau Landgräfinn - so bald ich was höre schreib ich heut komt der König auf Sophiens Tag nach Frft - ich speißte gestern mit Gl in v. Bischofs. bey Wilmer Bethmann war - Sophie gefiel sehr u wurde sehr aufgesucht - Johanot ist fort nach Engelland - bald mehr darüber heut den brief von Christiana Ach Freund! wie viel weh gießt Enthousiasmus jeder art auf unsere tage - armer bruder - arme liebe übrige brüder! aber theurer! würdiger Freund! Erhalten Sie sich ich bitte Sie - alle welt | | denkt von Ihnen wie man soll das gewitter, wird Ihren H- Bruder vorsichtig machen u die Sonne komt wieder - die Kinder haben vermögen von der Mutter - ach lassen Sie Ihre edle Seele - Ihren klarsehenden Geist nicht zur Erde beugen Freund! lassen Sie mir den traum den süssesten traum nach dem verlust

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Brief 69 – 15. Mai [1793]

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meines Franz - das wenn Sie nicht mehr im joch seyn wolten Sie in meinem Hauß einen Theil Ihrer Pension, mit meiner Bibliotek u Fryheit u Freundschaft geniessen werden - - wollen Sie nicht liebe 2 darmstadter brüder, das ich mit frau may für die gute Christiana spreche - u ihr etwa sage - Sie geben f 50 spiel u kleidgeld für die Christiana - ob nicht Mad- may sie | | als Sous gouvernante für Kost u wohnung halten würde ich wolte einmal diese Frage für Caroline pfeffel machen - - ich muß schließen den es kommen leute Gott erhalte - Stärke u Seegne Sie mein unschäzbarer Freund! Sie helfen - leiten - trösten und tragen weh, und fehler der andren sollen dieße Kräfte des Edelmuths und der erfahrnen weißheit nichts für Sie selbst wirken? vergeben Sie dem irrenden bruder, und den tollen feinden adieu in Eile aber ganz Ihre alte Freundinn la Roche

FDH, Sig. Hs-6487 15. Mai [1793] Die Datierung des Briefs auf das Jahr 1793 kann aus der bevorstehenden Rückeroberung des französisch besetzten Mainz geschlossen werden (Zeile 22). 1 15 mai] 15. Mai. 1 Sophiens Tag] Der 15. Mai ist der Namenstag der Heiligen Sophie. Im Volksmund heißt die Schutzpatronin gegen die späten Fröste im Mai „Kalte Sophie“. 5 Ewiger dank] Die Landgräfin hatte sich für den Ankauf der Neuauflage der „Pomona“ bei dem preußischen König Friedrich Wilhelm II. eingesetzt. 8 König] Der preußische König Friedrich Wilhelm II. 9 Frft] Frankfurt.

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Gl in v. Bischofs.] Generalin von Bischoffwerder (siehe Brief 61 Komm. zu Zeile 18). 10 Wilmer] Aufgrund seiner geschäftlichen Beziehungen zur preußischen Regierung erhielt Johann Jakob Willemer (1760−1838) 1788 den Titel eines Geheimen Rats. 1816 wurde er vom österreichischen Kaiser geadelt. Dass er mit Sophie von La Roche in Verbindung stand, bezeugt die Tagebucheintragung Johann Joachim Christoph Bodes (1731−1793) vom 24. August 1787 über den gemeinsam verbrachten Nachmittag im Hause La Roche (Journal von einer Reise von Weimar nach Frankreich im Jahr 1787. Hrsg. sowie mit einer Einleitung, Anmerkungen, einem Register und einem dokumentarischen Anhang versehen von Hermann Schüttler. München 1994, S. 356). 10f. Bethmann war] Lies: wo Frau von Bethmann war. 11 Sophie] Gemeint ist Sophie von Bethmann-Metzler, die der preußische König umwarb. 12 Johanot] Johann Wilhelm Eberhard Johannot. Siehe Brief 66 Komm. zu Zeile 15. 14 den brief von Christiana] Christiane Petersen befand sich vermutlich noch bei ihrem Bruder in Speyer. 17 armer bruder] Karl Ludwig Adolph Petersen. 18 übrige brüder] Gemeint sind Georg Wilhelm, Johann Wilhelm (1758−1815), Philipp Heinrich Gerhard (1749−1794) und Ludwig Petersen; siehe Kapitel 2.4). 20f. alle welt denkt von Ihnen wie man soll] Drei von Petersens Brüdern waren politisch aktive Anhänger der Französischen Revolution. Nach Lage der Quellen schien Sophie von La Roche nur von der demokratischen Gesinnung des Speyerer Jakobiners Karl Ludwig Adolph P. und dem Wallersteiner Regierungsrats Ludwig P. erfahren zu haben (Brief 73 Zeile 12−16). Auch der Bibliothekar in Stuttgart, Johann Wilhelm P., wurde wegen seiner jakobinischen und geheimbündlerischen Aktivitäten von der Obrigkeit überwacht. Der Prinzenerzieher fürchtete um seine eigene Reputation bei Hof (siehe Kapitel 2.4). 22 gewitter] Das reinigende Gewitter steht als Metapher für die bevorstehende Rückeroberung des französisch besetzten Mainz durch die alliierten Truppen. 22 H- Bruder] Karl Ludwig Adolph Petersen. 25 Mutter] Juliane Petersen war die Tochter des vermögenden Weinhändlers Johann Jakob Retzer aus dem rheinhessischen Freinsheim. Das Wohnhaus der Familie in Speyer war Teil ihrer Mitgift. 33 Pension] Auch nach seiner Pensionierung im Mai 1796 blieb Petersen als Berater des Erbprinzen am Hof von Darmstadt. Er erhielt eine lebenslange Jahrespension von 1100 Gulden (HSAD, Sig. D 12 37/18). 33 meiner Bibliothek] In ihrem Werk „Mein Schreibetisch“ von 1799 gibt sie eine kommentierte Aufzählung ihrer Bibliothek in Offenbach. 37 frau may] Antoinette Elisabeth May führte in Offenbach eine Pension für Mädchen (siehe Brief 7 Komm. zu Zeile 10). 39 f 50] 50 Florins. 40 Mad- may] Madame May. 41 Sous gouvernante] Frz.: „untergeordnete Zweite Erzieherin“. 44 Caroline pfeffel] Caroline Pfeffel (1769−?) war die zweitälteste Tochter von Gottlieb Konrad Pfeffel aus Colmar. Sophie von La Roche hatte die ältere

Brief 70 – 16. Mai [1793]

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Schwester Katharina Margarete (genannt Peggy) in den Speyerer Jahren zeitweise als Haustochter aufgenommen. 45 den] Lies: denn. 54f. irrenden bruder] Karl Ludwig Adolph Petersen (siehe Brief 63 Komm. zu Zeile 31f.).

Brief 70 11

16. Mai [1793]

den 16 mai

den augenblik komt fr generalin von Gerau zurük - und sagt P- G- sey von Coburg zurük 55 gekommen wollen Sie ihm jezo die 2 briefe mitheilen theurer Edler Freund! Gott erhalte Sie - und gebe mir die hülfe eines glüklichen außgangs 10 10 der großmütigen verwendung der Frau landgräfinn u Fürst meklenburg ach Freund - ich bin nicht wohl Banquier Wilmer läßt gestern um 9 uhr abends wissen - Dampiere sey tod u 15 15 die Convertion schike nach England friede zu machen à quel prix que ce Soit -

Vives mon digne ami! pour voir la fin de cette tragi-Comedie Politico Philosophique -

FDH, Sig. Hs-6488 16. Mai [1793] Zeile 14 gibt den Hinweis für die Datierung auf die fehlende Jahresangabe: Der französische Oberbefehlshaber Dampierre starb am 9. Mai 1793 an seiner Kriegsverletzung (siehe Komm. zu Zeile 14). 1 16 mai] 16. Mai. 2 fr generalin] Frau Generalin. Wilhelmine Katherine von Bischoffwerder hatte ihren Mann in Gerau besucht. 3 Gerau] In Gerau und Nauheim befanden sich in den Jahren 1793−1799 die Hauptquartiere der preußischen und österreichischen Truppen. 4 P- G-] Prinz Georg. 4 Coburg] Coburg war die Residenz des Herzogs Ernst Friedrich von SachsenCoburg und Saalfeld (1724−1800). Seine Ehefrau war Sophie Antonie von

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Braunschweig-Wolfenbüttel (1724−1802), eine Verwandte der umworbenen Prinzessin Caroline. 6 2 briefe] Die Einschlüsse sind nicht überliefert. 9 eines glüklichen außgangs] Sophie von La Roche hatte die Landgräfin Luise gebeten, den preußischen König Friedrich Wilhelm II. zum Kauf der Neuauflage der „Pomona“ zu bewegen (siehe Brief 67 Zeile 8f.). 11 Fürst meklenburg] Erbprinz Karl Ludwig Friedrich von Mecklenburg-Strelitz (1741−1816) war der Schwager der Landgräfin Luise von Hessen-Darmstadt. 13 Banquier Wilmer] Siehe Brief 69 Komm. zu Zeile 10. 14 Dampiere] Der Oberbefehlshaber der französischen Truppen, General Auguste Henri Marie Picot Marquis de Dampierre (1756−1793), wurde in der Schlacht um die nordfranzösische Stadt Condé durch eine Kanonenkugel tödlich verwundet. 15 die Convertion] Lies: der Konvent. Die Rückeroberung der österreichischen Niederlande und die Sprengung des nordfranzösischen Festungsgürtels bei Condé sowie die gegenrevolutionären Erhebungen im Westen Frankreichs ließen Mitte des Jahres 1793 auf einen vollständigen Sieg über das Revolutionsheer hoffen. Zum offiziellen Friedensangebot des französischen Konvents an England kam es nicht (siehe Michael Wagner: England und die französische Gegenrevolution 1789−1802. München 1994, S. 112f.). 16−18 à quel prix […] Politico Philosophique] Frz.: „zu welchem Preis es auch immer sei. Leben Sie würdiger Freund! um das Ende dieser politischphilosophischen Tragikomödie zu sehen.“

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17. Mai 1793 den 17 mai 1793

theuerer Lieber Freund! nur ein Billet nebst diesem brief, den mir den mir die Generalin von Gera mitbrachte - welcher ich gesagt - ich glaubte, der marquis sey gegen mich 55 ich soll am dienstag mit Genl. bey bethmann speißen, weil bey ihrem Garten eine volksbelustigung gegeben wird - man glaubt wie wilmer sagt - der König kome auch von ohngefähr nachmitag hin - Fragen Sie, ob ich wenn es wahr ist - gelegenheit suchen soll dem König von der fürbitte der Frau LandG. zu sagen - zu fragen 10 wem ich die 600 bände der 100 Ex abgeben - enfin ein finger zeig der 10 Frau landg- soll mich leiten - legen Sie ihr die bitte zu füssen nicht zu ermüden - meine edle, güte volle wohlthäterin bey dieser sache zu seyn ich brauche dann von der ganzen welt nichts mehr ach die 500 thaler erleichterten u geben mir alles - selbst 50 Carlins schenken mir ruhe des lebens | |

Brief 71 – 17. Mai 1793

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Nb. ich habe aussicht die gute Christiana als geselschaftrin nach Frankfort in ein gutes Hauß zu bringen adieu in Eile von der armen la Roche ach ich mögte des Königs wohlthat von der Fr- landgräfin ihrer hand haben, die alles veredelte

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Coup d’oeil sur les relations de la suisse avec la france qu’on nome un Chef d’oeuvre c’est du Colonel weis de Bern

FDH, Sig. Hs-6488 9 11 1 2 2

zu] {f}/z\u die] {z}/d\ie

17 mai] 17. Mai. Billet] Gemeint ist Sophie von La Roches eigener Brief. brief] Der Einschluß ist nicht überliefert. Der Briefschreiber konnte nicht ermittelt werden. 3 den mir den mir] Lies: den mir. Verschreibung. 3 Generalin] Wilhelmine Katherine von Bischoffwerder. 3 Gera] Gerau. 4 marquis] Frz.: „Graf“. Gemeint ist Girolamo Marchese di Lucchesini, der König Friedrich Wilhelm II. im Rang eines Staats- und Kriegsministers auf dem Feldzug gegen Frankreich begleitete (siehe Brief 58 Komm. zu Zeile 10). 5 Genl.] Generalin. 5 bethmann] Katherina Elisabeth von Bethmann-Metzler. 7 wilmer] Gemeint ist der Frankfurter Bankier und Senator Johann Jakob Willemer (siehe Brief 69 Komm. zu Zeile 10). 9 LandG.] Landgräfin. 10 Ex] Exemplare. 10 enfin] Frz.: „schließlich“. 14 500 Thaler] 500 Taler entsprachen 670 Gulden. 14 Carlins] Carolins. Handelsmünzen. Ein Karolin hatte den Wert von 5 Gulden. 50 Karolins entsprachen 250 Gulden. 15 Nb.] nota bene. Lat.: „wohlgemerkt“. 16 gutes Hauß] Die Frankfurter Familie wurde nicht ermittelt. 21−24 Die Zeilen stehen senkrecht am rechten Blattrand. 21−24 Coup d’oeil […] weis de Bern] Frz.: „Blick auf die Beziehungen der Schweiz zu Frankreich, die man als Meisterwerk bezeichnet. Sie stammt von Colonel Weiss aus Bern.“ Der Berner Oberbefehlshabers Franz Rudolf von Weiss (1751−1818) war „Offizier in Frankreich, dann in preussischen Diensten, Amts-

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statthalter in Zweisimmen 1786, Stadtmajor zu Moudon 1793, bern. Oberst 1794, betätigte sich als philosophisch-polit. Schriftsteller im Sinne der Aufklärung und zugunsten der Reform der bernischen staatlichen Organisation und Verfassung, ging 1793 und später in privater und offizieller Mission als Vertreter der bern. Friedenspartei nach Paris, wurde als reformfreundlicher General im Januar 1798 zum Oberbefehlshaber der bernischen Truppen in der Waadt ernannt, vermochte aber nicht mehr die Ruhe aufrecht zu erhalten und die Besetzung des welschen bern. Staatsgebiets durch die Franzosen unter General Menard (Ende Jan. 1798) zu verhindern, lebte dann bis 1801 im Ausland und starb 1818 zu Nyon.“ (Historisch-biographisches Lexikon der Schweiz [1934], Bd. 7, S. 463) In seiner 1793 in Paris erschienenen Schrift „Coup d’oeil sur les relations politiques entre la république française et le corps helvétique“ nahm er Stellung zu einem möglichen Krieg zwischen Frankreich und den Eidgenossen.

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21. Mai 1793 offenbach den 21 mai 1793

theurer Freund! schiken Sie mir Ihre gute Schwester Christiana H- Rath und Frau Räthin Wrede wollen Sie wieder nehmen biß sie eine bessere versorgung hat also dießer Stein wäre einstweilen von Ihrem Edlen Herzen abgewälzt - Gott gebe das es zu Ihrem wohlseyn beytrage - wir erwarten alle, das gute Kind mit Herzlicher Freundschaft die Fete welche Fr. Bethmann heut geben wolte, wurde durch den anonymen brief, davon ich Ihnen schrieb unterbrochen denn da die Generalin - und die marquise Luchesini dabey seyn, und der König nachmitag auch kommen solte - wollte die gute Bethmann - ohngeachtet der versicherung, ihre Tochter würde geheurathet seyn - doch keine zusamenkunft mehr zugeben - weil schon die abreiße u vorwürfe des jungen Johanot u die ernste vorstellungen in dem brief, ihr viel Kummer machten, und auch die Bethmann in dem Baßler Hof - wo ihr oncle und tante sind - sehr viel dagegen hatten - enfin die arme gute Elise war sehr geängstigt, und declarirte dem geheimen Rath Willemer, das wenn ihre Sophie selbst Königinn werden solte - würde sie es nicht zugeben - Sie denken mein theurer Freund! wie viel comentars über den | | text dießer liebes und Helden geschichte gemacht werden gestern sah ich die marquise bey mir - Eine sehr schöne geistvolle einnehmende Frau - die ihre Schwester besuchte und den aufenthalt in openheim mit ihr verabredete - wohin

Brief 72 – 21. Mai 1793

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auch morgen früh meine Frau Generalin abreißt ich solle ihr noch einen brief an den General mit geben in welchem der König gebetten wird die Sängerin Friedel 30 30 (welche die gute bethmann - durch den Capelmeister Righini in dienste brachte) ihre Stelle niederlegt, und um gnädiges geschenk des ersten jahrgehalt à 600 thaler bittet, um dadurch ihrem bräutigam eine austeuer mitzubringen der Himmel weiß was daraus wird - so wie nur er weiß 35 35 was meine Sollicitationen erhalten werden - ich bin so weit durch das gedränge, in welches mich die laage meiner Schwester sezt - das ich gerne nur 4 thaler - ja wohl nur 3 - par Explannehmen würde, und mich unausprechlich glüklich achtete, diese hülfe zu finden - denn für die Zukunft bin ich geborgen - da mein Carl nun 40 40 nichts mehr von mir will - indem Er auch eine zulag bekam Eine gesellschaft gelehrte, giebt ein Philosophisches wörter buch heraus ach was für einen belehrenden artikel könte das wort groß - größe liefern theurer theurer Freund! Gott heile - schüze und erhalte Sie, nach den wünschen der alten la Roche

FDH, Sig. Hs-6489 10 28 44

davon] {***}/dav\on General] General {in}/m\it schüze] schü{*}/z\e

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21 mai] 21. Mai. H- Rath] Hofrat Karl Christian Wrede. Siehe Brief 54 Komm. zu Zeile 22f. Frau Räthin Wrede] Vorname und Lebensdaten der Hofrätin Wrede wurden nicht ermittelt. Fete] Frz.: „Fest“. Siehe Brief 71 Komm. zu Zeile 5f. Fr. Bethmann] Frau Bethmann. Katharina Elisabeth von Bethmann-Metzler. anonymen brief] Ein Brief Sophie von La Roche, in dem sie das anonyme Schreiben erwähnt, ist nicht überliefert. marquise Luchesini] Charlotte Marchesa di Lucchesini (1759−1838), geb. Tarrach, war die jüngere Schwester von Wilhelmine Katharine von Bischoffwerder (Brief 61 Komm. zu Zeile 18). brief] Gemeint ist der in Zeile 10 genannte anonyme Brief. Baßler Hof] Das Haus „Zum Baseler Hof“ war das Stammhaus des von den Gebrüdern Bethmann im Jahr 1748 begründeten Bankhauses.

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oncle] Frz.: „Onkel“. Vermutlich ist der Großonkel Sophies Johann Philipp Bethmann (1715−1793) gemeint. tante] Vermutlich ist Sophie von Bethmann-Metzlers Großtante Katharina Margarethe B. (1741−1822), geb. Schaaf, gemeint. enfin] Frz.: „schließlich“. Elise] Katharina Elisabeth von Bethmann-Metzler, Mutter von Sophie. zugeben] sich einverstanden erklären. marquise] Charlotte Marchesa di Lucchesini (siehe Komm. zu Zeile 11). ihre Schwester] Siehe Komm. zu Zeile 11. openheim] Die Stadt Oppenheim liegt 20 km südlich von Mainz am linken Rheinufer. General] Generalmajor Johann Rudolf von Bischoffwerder. Sängerin Friedel] Franziska Friedel. Siehe Brief 66 Komm. zu Zeile 12. Capelmeister Righini] Der italienische Komponist, Kapellmeister und Gesangslehrer Vincenzo Righini war von 1787 bis 1792 Leiter der Hofmusik in Mainz. Wegen der französischen Besetzung hielt er sich für kurze Zeit in Frankfurt am Main auf, um dann 1793 in Berlin die Stelle des Hofkapellmeisters und Leiters der italienischen Oper anzunehmen (siehe Brief 26 Komm. zu Zeile 58; Brief 76 Zeile 44). bräutigam] Nicht ermittelt. Sollicitationen] Gesuche, dringende Bitten. meiner Schwester] Katharina Christine von Hillern war an Brustkrebs erkrankt (siehe Brief 62 Komm. zu Zeile 28). 3 - par Expl-] Lies: 3 Taler pro Exemplar. da mein Carl […] zulag bekam] Ihr zweitältester Sohn, der preußische Bergrat Carl von La Roche. Eine gesellschaft […] wörter buch heraus] Nicht ermittelt.

Brief 73 11

3. Juni 1793 den 3 Juny 1793

mein Theurer Lieber Freund! ich schreibe Ihnen heute aus zwey verschiedenen ursachen, die Ihr Herz und Ihre zusichten aufodern 55 Eines - die idèe welche mir Madame Bethmann an hand gaab das Frl. v. Bode für die familie eines Kriegs Rath in darmstadt eine art Freundinn oder gouvernante wünsche welche sehr gut Francösisch spreche - - - Könte man dieße Stelle Caroline Pfeffel vorschlagen? oder darf man nicht, um eine schwache Seite zu schonen 10 10 Zweytens - kam Christiane mir im nahmen des H- Rath und Frau zu sagen, es würde hier bald wieder eine Stelle frey Man solle an H- Bruder in Wallenstein denken - - -

Brief 73 – 3. Juni 1793

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Nun wissen Sie lieber Freund! Ihre eigene bedenken, wegen dem Falschen licht in welches H- Consulent v. Speyer sich stelte 15 15 worüber Sie eine art Scrupel bekamen, besonders bey erinnerung an den besuch bey H- v. Lepel - - - da ich aber eine vermuthung habe, als dächten etwa H- Wrede u Frau zugleich an einer aussicht der versorgung ihrer artigen, und klugen ältesten tochter - so achtete ich doch schuldig zu seyn es Ihnen zu schreiben - ob etwa der H- bruder 20 20 wie es oft der fall ist ( ,und auch Sie in eine solche idee eingehen würden - - welche vielleicht bey erhaltung der Stelle würken könte ich mag aber ohne Ihren beyrath, keine Sylbe darüber sagen und bin in Eile Ihre alte dienerinn la Roche danken Sie der Frau landgräfinn für Ihren gnädigen theilnehmenden 25 brief - leßen Sie dießen brief - schiken mir ihn wieder u sagen ob Sie 25 nicht Mathison sehen möchten - | | le Coup d’oeil behalten Sie / H- bruder soll mir doch was über Bonstettens Schriften sagen 30 bitte bitte à Monsieur| Monsieur Petersen - Conseiller| de La Regence| à| Darmstadt /

FDH, Sig. Hs-6490 2

heute] heute{s}

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3 Juny] 3. Juni. aufodern] auffordern. Frl. v Bode] Fräulein von Bode. Caroline von Bodé (Lebensdaten nicht ermittelt) stammte ursprünglich aus Westfalen. Sie trat schon vor dem Regierungsantritt Ludwig X. als „dame d’honneur“ in den Dienst der Erbprinzessin Luise. „Von Gesicht war sie ungewöhnlich häßlich, übrigens aber in der Tat eine bedeutende Person. Durch Geist und eine für Damen selten wissenschaftliche Kenntnis und Belesenheit zeichnete sie sich aus. Namentlich war sie auch der französischen, mehr noch der englischen Sprache und Literatur ganz mächtig. Danach darf man sie ein ‚Original‘ nennen, vermöge einer naiven, kindlichen Gutmütigkeit, Leichtgläubigkeit und Unüberlegtheit, wie man sie etwa bei einem ganz jungen Mädchen findet.“ (Esselborn: Aus den Denkwürdigkeiten des Staatsministers Freiherrn du Thil [1922], S. 297−301) Der Student Wilhelm von Humboldt notierte im September 1788 anläßlich seines Besuchs in Darmstadt in sein Tagebuch: „Am meisten unterhielt ich mich mit Fräulein Bodé. Es ist ein sehr gescheutes Mädchen, das viel, vorzüglich deutsch gelesen hat. Sie sprach

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auch sehr gut von Engels, Garves, Ramlers, Voss et. at. Schriften.“ (Humboldt: Tagebücher [1916], 1. Bd., S. 38) Nach langen Dienstjahren fiel sie 1819 bei Hof in Ungnade. Der Grund waren ihre zerrüttete Finanzlage, in die sie ihr langjähriger Verlobter, der Offizier Ernst Adolf Cuhn (1750−1802), seit 1793 Erzieher des Prinzen Georg (1780−1856), gebracht hatte (siehe Brief 160 Komm. zu Zeile 13−15). Das gerichtliche Einschreiten wollte sie nicht in Darmstadt über sich ergehen lassen und entfloh deshalb zu Fuß nach Oppenheim. Man einigte sich auf eine Jahresrente unter Abzug der Schulden und ihrem Verbleib im Linksrheinischen (HSAD, Sig. D 4 652/29; siehe Kapitel 3). 6 Kriegs Rath in darmstadt] Vermutlich ist Kriegsrat Hans Wilhelm Hoffmann (1754−1813) gemeint (siehe Brief 153 Zeile 13). Ein weiteres Mitglied des Kriegskollegiums war Kriegsrat Johann Lorenz Köhler (1744−1804) (vgl. Friedrich [Wilhelm] Euler: Die Geheimen Räte und ihre Söhne in Hessen-Darmstadt um 1790. In 50 Jahre Hessische Familiengeschichtliche Vereinigung e. V. Darmstadt. Festschrift. Mit Beiträgen zur hessen-darmstädtischen Genealogie. Darmstadt 1971, S. 69−96). 8 Caroline pfeffel] Siehe Brief 69 Komm. zu Zeile 44. 9 schwache Seite] Vermutlich wollte Caroline Pfeffel als Haustochter aufgenommen werden, aber nicht als Gouvernante dienen. 10 H- Rath] Hofrat Karl Christian Wrede (Brief 54 Komm. zu Zeile 22f.). 11 Frau] Nicht ermittelt. 12 H- Bruder in Wallerstein] Gemeint ist der Anfang März aus Wallersteinischen Diensten entlassene Ludwig Petersen, der jüngste Bruder des Prinzenerziehers (siehe Brief 54 Komm. zu Zeile 21). 14 H- Consulent v. Speyer] Herr Konsulent von Speyer. Karl Ludwig Adolph Petersen. 16 H- v. Lepel] Herr von Lepel. Joachim Freiherr von Lepel (siehe Brief 63 Komm. zu Zeile 28f.). 19 H- bruder] Ludwig Petersen. 20f. eingehen würden] Lies: eingehen würden). 25 dießen brief] Der Einschluß ist nicht überliefert. Siehe Komm. zu Zeile 26. 26 Mathison] Als Verfasser des Briefs kommt Friedrich von Matthisson (Brief 46 Komm. zu Zeile 5) in Frage, den Sophie von La Roche am 15. September 1785 im Haus des Professor Johann Heinrich Jung (genannt Jung-Stilling) in Heidelberg kennengelernt hatte. Siehe Brief 46 Komm. zu Zeile 5. 27 le Coup d’oeil] Frz.: „Überblick“. Es ist die in Brief 71 Zeile 21−24 genannte Broschüre des Berner Oberbefehlshaber Franz Rudolf von Weiss. 26−30 le Coup […] bitte bitte ] Diese Zeilen stehen senkrecht auf der Rückseite des Blatts rechts oben neben der Adresse. 28 H- bruder] Hofprediger Georg Wilhelm Petersen. 29 Bonstettens Schriften] Sie bezieht sich möglicherweise auf die von Friedrich von Matthisson herausgegebenen „Schriften“ Karl Viktor von Bonstettens (Zürich 1793). 31 Schwarzes Siegel.

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Brief 74 – 5. Juni 1793

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5. Juni 1793 offenbach den 5 Juny 1793

unßere gute Christiana ist wohl bey uns angelangt, und scheint sehr vergnügt wieder hier zu seyn - - was soll man aber zu alle den geschichten sagen die sie erzält? als die ausserordentliche verblendung eines guten Kopfs und Herzens bedauren - - - mich schmerzt dießer riß in der schönen Kette der 6 verdienstvollen Brüder - aber mein Freund! mein theurer Freund! erhalten Sie sich - ich rufe Ihre Seele an - Sie zu stüzen und für Ihre gesundheit zu sorgen - denn es ist nur zu sicher das bey denen welche innere Kräfte haben - das äußere zutragen unöthig und unüz ist - Gott erhalte Sie dann in dem genuß und wirksamkeit dessen was er Ihnen gaab von dem berühmten Roman denken Sie wohl, wird immer viel gesprochen - viele besuche gemacht - unversehens die Nachtsuppe im Gartenhauß begehrt - - - ich war seit 8 Tag nicht in der Stadt - weiß also nichts neues darüber - die gute Frau hat sich selbst irre gegangen und wurde irre geführt wie weit das ganze rollen mag - weiß ich nicht, aber es machte mich traurig - wenn ich an die bestimmung eines Regenten und einer Mutter denke - und alle die Menschen die um den guten Mann sind - alle die geschäfte zu besorgen haben ..... hörte und sah - Herzog von Weimar zögling von Wieland Freund von Göthe - Göthe bey ihm - Stein zur Seite - - und dann die Surprise die so viel menschen kostete - ohne die haupt sache ein Haar breit weiter zu bringen - traurig ist mir, für | | so viel gute menschen, vor einem jahr alle hofnung auf Herzog v. Br. dießmal auf Kalkreuth - und .. ach wir wollen schweigen - und ich neu trauren - daß Sie sich so richtig so an passend an den Einzigen Friderich erinnern mußten les effets Sont les Esclaves des Causes - warum denken es nur Sie -? O mein Freund! möge Gott Ihre Hand bey der bildung Ihrer Prinzen Seegnen - mit allem was Fürsten so nöthig ist - - - Carl pfeffel war lezten Sontag bey mir - er steht in dem Comtoir des Banquier Willemer - Lerse ist in Wien, als Hofmeister des Graf Frieß, mit 200 Ducaten apointements

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ich suche Caroline anzubringen - aber es spart jezt jedermann Sagen Sie Ihrem H- bruder das ich sehr böße war von Christiane zu hören, das er sie nach Frankfort und nicht nach offenbach bringen wolte - warum? möge Frau landgräfinn bald wieder wohl seyn - und durch den Genius des wohlwollens auf den Pfad der idèen geleitet werden - wo sie ihre güte volle absicht für mich ereichen kann ich kenne Sie Freund! Gott Seegne und lohne Sie der jammer volle zustand meiner Schwester ist unbeschreiblich nun komt auch die Hize - ihre Haußleute leiden auch unendlich wegen dem die Krankheit begleidenden Geruch - u ich - ach ich kann sie nicht ohne hülfe lassen - Ewiger Gott - wie viel muß man für andre, und mit andren tragen - - wenn ich meinen ältesten | | Sohn von dem 15 biß 27 jahr denke - meinen elenden bruder in biberach - dieße Schwester in augspurg - ich kann nichts ich will, um meiner ruhe - um der ruhe meiner tochter willen, nichts von dem nehmen, was Brentano von den kleinen einkünften verwaltet die mir von la Roche blieben der Ertrag meiner lezten Reiße war f 224 dieße sind für meine Schwester weg - dieß was ich für die 100 Ex Pomona hofte war einziger trost man wolte ich soll für 2 Jahrgänge thl 5 fodern ich will mit innigem dank gerne nur 3 thaler anehmen - ach wäre Merk treu u Klug mit mir umgegangen - so könt ich Pomonens 2 jahrgänge, an bürgerliche für f 3 verkaufen ohne zu flehen, und zu fürchten vergebung Freund! Edelmütiger werther Freund! vergebung für alles das ermüdende - es soll nie nie wieder vorkommen von Ihrer la Roche. à Monsieur| Monsieur Petersen - Conseiller de La| Regence| à| Darmstadt /

FDH, Sig. Hs-6491 29 30 49 54

Einzige] {e}/E\inzigen denken] denk{en}/t\ tragen] tr{g}/a\gen von] {l}/v\on

Brief 74 – 5. Juni 1793

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1 5 Juny] 5. Juni. 2−6 unßere gute Christiana […] Herzens bedauren] Christiane Petersen hatte einige Wochen bei ihren Brüdern in Speyer und Darmstadt verbracht. Von ihr erfuhr Sophie von La Roche Einzelheiten über das bewegte politische Leben des Jakobiners Karl Ludwig Adolph P. in den letzten Tagen der Mainzer Republik. 6f. dießer riß […] 6 verdienstvollen Brüder] Siehe Brief 69 Komm. zu Zeile 18. Siehe Kapitel 2.4). 10f. bey denen welche […] und unüz ist] Gemeint sind vermutlich die drei politisch aktiven revolutionsbegeisterten Brüder Karl Ludwig Adolph, Johann Wilhelm und Ludwig Petersen. 10f. das äußere zutragen] Einreden (DW, Bd. 32, Sp. 865). 13 Roman] Die Romanze des preußischen Königs Friedrich Wilhelm II. mit Sophie von Bethmann-Metzler war in Frankfurt am Main und Offenbach Stadtgespräch. Postillon d’amour war zeitweise Kapellmeister Vicenzo Righini (Brief 72 Zeile 30). 16 in der Stadt] Frankfurt am Main. 16f. die gute Frau hat sich selbst irre gegangen] Katharina Elisabeth von Bethmann-Metzler empfing Friedrich Wilhelm II. mehrfach in ihrem Haus und besuchte mit ihrer Tochter Sophie zweimal das preußische Heerlager. 21 guten Mann] König Friedrich Wilhelm II. von Preußen. 22 hörte und sah] Lies: ich hörte und sah. 22 Herzog von Weimar] Herzog Carl August von Sachsen-Weimar befehligte als Generallieutenant die 6. Kavallerieeinheit des preußischen Heers („Ascherslebener Kurassiere“). 22 zögling von Wieland] Am 17. Juli 1773 trat Christoph Martin Wieland auf Wunsch der verwitweten Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar sein Amt als Erzieher des fünfzehnjährigen Erbprinzen Carl August und seines vierzehnjährigen Bruders Konstantin (1758−1793) an. 23 Freund von Göthe - Göthe bey ihm] Johann Wolfgang von Goethe nahm als Zivilist vom 12. Mai bis zum 22. August an der Belagerung von Mainz teil. Sophie von La Roche schrieb an Johann Isaac von Gerning am 6. Juli 1793: „Goethe mißfällt mir unendlich“ (FDH, Sig. Hs-3660). 23 Stein zur Seite] Gemeint ist der preußische Gesandte Johann Friedrich vom und zum Stein (siehe Brief 65 Komm. zu Zeile 55). 24 Surprise] Frz.: „Überraschung“. Gemeint ist der Operationsplan der alliierten Truppen, das seit dem 22. Oktober 1792 von den Franzosen besetzte Mainz einzuschließen. Am 10. April 1793 konnte der Belagerungsring geschlossen werden, der auch das rechtsrheinische Ufer einbezog. 24f. haupt sache] Gemeint ist der Sieg über das französischen Revolutionsheer und die Wiederherstellung der französischen Monarchie. 27 Herzog v. Br.] Herzog von Braunschweig. Herzog Karl II. Wilhelm Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbüttel hatte den Oberbefehl über die alliierten Streitkräfte nach Beendigung des Frankreichfeldzugs im September 1792 abgegeben. 27 Kalkreuth] Generalleutnant Friedrich Adolf Graf von Kalckreuth (1737−1818) hatte den Oberbefehl über die Truppen der Allierten von Mainz. 29 Einzigen Fridrich] Beide Briefpartner verehren den Preußenkönig Friedrich II. (siehe Kapitel 3 u. 6). 30 les effets Sont les Esclaves des Causes] Frz.: „die Auswirkungen sind die Sklaven der Ursachen“. Vermutlich handelt es sich um eine Spruchweisheit.

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Ihrer Prinzen] Petersen war auch für die Erziehung der Prinzen Georg und Friedrich Gustav von Hessen-Darmstadt verantwortlich. 34 Carl pfeffel] Karl Friedrich Pfeffel (1775−1858) besuchte die Militärschule seines Vaters in Kolmar. Die weitere Ausbildung des Achtzehnjährigen sollte außerhalb des revolutionären Elsass erfolgen. Seine Tätigkeit im Büro des Frankfurter Bankhauses Willemer entsprach einer Lehre. Von 1795 bis 1798 arbeitete er im Büro des französischen Gesandten in Basel. Eine anschließend angestrebte militärische Laufbahn endete wegen mangelnden Sehvermögens im Herbst 1799. Anfang 1800 trat er in das Bankhaus Guinouth in Reims ein, das im folgenden Jahr Konkurs ging. Als Teilhaber des Bankhauses Bethmann kehrte er 1802 nach Frankfurt am Main zurück. Von 1808 bis 1837 war er Teilhaber des Bankhauses (siehe Pfannenschmid: Pfeffel’s Fremdenbuch [1892], S. 291f.; Wilhelm Kühlmann und Walter Ernst Schäfer: Zwischen Direktorium und Empire. Die Briefe Gottlieb Konrad Pfeffels an Johann Gottfried Schweighäuser [1795−1808]. Heidelberg 1992, S. 231). 35 Comtoir] Frz.: „Schreibstube“. 35 Banquier Willemer] Johann Jakob Willemer. Siehe Brief 69 Komm. zu Zeile 10. 35f. Lerse […] Frieß] Franz Christian Lerse (Lersé, 1749−1800) war ein Schulfreund Petersens (siehe Vogelsang: Die Zweibrücker Matrikel [1967], S. 100; Kapitel 2). Als Student der Theologie der Universität Straßburg befreundete er sich 1770 mit Goethe. Nachdem er 1771 für drei Jahre als Erzieher der Kinder des Diplomaten und Historikers Christian Friedrich Pfeffel (1726−1807) in Versailles tätig war, kehrte er ins Elsass zurück und ging bei dessen jüngerem Bruder Gottlieb Konrad Pfeffel in Stellung. Ab 1774 unterrichtete er Geschichte und neuere Sprachen an dessen „École Militaire“ in Colmar. Für seine Verdienste als leitender Direktor erhielt er den Pfalz-Zweibrücker Hofratstitel. Nach Schließung des Instituts im Jahr 1793 diente Lerse kurzzeitig in der Nationalgarde in Colmar, um danach Moritz Christian Graf Fries (1777−1826) aus Wien als Hofmeister auf seiner Kavalierstour zu begleiteten. 1794 reisten beide nach Leipzig, wo der junge Adlige das Studium der Rechte begann (siehe Brief 139 Komm. zu Zeile 55). 36 200 Ducaten] Ein Golddukaten hatte den Wert von 4 Gulden. 36 apointements] Frz.: „Gehalt“. 37 Caroline] Gemeint ist Caroline Pfeffel. 38 H- bruder] Vermutlich wollte Hofprediger Georg Wilhelm Petersen ein Zusammentreffen mit Frau von Bischoffwerder im Haus La Roche vermeiden. Ihr Mann Johann Rudolph von B. war neben Minister von Wöllner verantwortlich für die gegenaufklärerische Politik unter der Regentschaft Friedrich Wilhelms II. (siehe Kapitel 3). 45 jammer volle zustand meiner Schwester] Katharina Christine von Hillern litt an Brustkrebs im fortgeschrittenen Stadium (siehe Brief 62 Zeile 28). 49f. meinen ältesten […] jahr denke] Fritz von La Roche war in seiner Jugend schwer erziehbar. Von 1769−1772 lebte er als Eleve bei Wieland in Erfurt (siehe Brief 116 Zeile 10−13; Lange: Empfindsame Abenteuer [1986], S. 49). 50 15 biß 27 jahr] 15. bis 27. Jahr. 50f. meinen elenden bruder in biberach] Jacob Emanuel Gutermann von Gutershofen (1744−1812) arbeitete zunächst als Gerichtsassessor in Biberach. Zum

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Zeitpunkt des Briefs lebten er und seine Frau völlig verschuldet im städtischen Arbeitshaus. Seine letzten Lebensjahre fristete er als Torwächter der Stadt. 53 meiner tochter] Maximiliane Brentano. 53 Brentano] Gemeint ist der Frankfurter Handelsherr Peter Anton Brentano, Sophie von La Roches Schwiegersohn. 53f. von den kleinen […] la Roche blieben] Ihr standen jährlich 500 Florins aus der Witwenkasse zu (siehe Brief 109 Zeile 63−66). 55 der Ertrag meiner lezten Reiße] Gemeint ist das Honorar für ihr neuerschienenes Werk „Erinnerungen aus meiner dritte Schweizerreise“ (1793). 55 f 224] 224 Florins. 57 Ex] Exemplare. 58 thl 5] 5 Taler. 60−63 ach wäre Merk […] und zu fürchten] Johann Heinrich Merck hatte ihr für die zweite Auflage der „Pomona“ einen Drucker in Arheilgen empfohlen, dem sie bereits 50 Taler als Vorschuß für den Druck gezahlt hatte (siehe Brief 28 Zeile 5−7). 62 f 3] 3 Florins. 67 Schwarzes Siegel.

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11. Juni 1793 den 11 Juny 1793

Theurer Freund! Leßen Sie die briefe und sehen, wie ich in ansehung der umstände meiner Schwester leide 55 die Dose ist 8 ekigt in Gold gefaßt Sie sehen, sie ist mein - ich wolte sie gern zu Geld machen um meiner Schwester noch guts zu thun weil ich nichts von la Roche zurük 10 10 gelaßner Pension nehmen will Könnte sie bey Ihnen zu Geld gemacht werden? adieu in Eile Lieber Freund von Ihrer alten la Roche 15 ach ich fürchte 15 alle Hofnung für mich scheitert bey dem Kö

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11 Juny] 11. Juni. briefe] Die Einschlüsse sind nicht überliefert. Die Briefe berichten vermutlich vom Zustand der kranken Schwester Katharina Christine von Hillern in Augsburg. Sie sehen, sie ist mein] Auch Elisabeth Gräfin Solms wurde die Dose angeboten. Siehe Sophie von La Roches Brief an Elisabeth Gräfin Solms, ohne Datum (SAO, Sig. M24; Kampf: Sophie von La Roche Briefe [1965], S. 50f.). von la Roche zurük gelaßner Pension] Siehe Brief 74 Komm. zu Zeile 53. Kö] König. Friedrich Wilhelm II. von Preußen.

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verzeyhen Sie mein theurer würdiger Freund! Sie werden von mir geplagt, aber es soll das Lezte seyn, das weiß ich indem ich meiner selbst müde werde - und nur mit Ihnen noch einmal zu reden wage - weil Sie wissen in was für sorgen geschwister einen ohne die geringste schuld stürzen können, und dann unßer Herz nicht erlaubt sich loßzureißen So wie es herz und verstand nicht erlaubt, über alles zu reden denn, O mein Freund! wer denkt wie Sie - u erlauben Sie mir zu sagen wie ich - welches wird sich rechtfertigen wenn die andre so viel verliehren solten - - mein Schiksal ist darinn unbegreiflich - doch es sey - soll dießes lezte streben dießes mit so viel schmerzhaften empfindungen verbundne bitten - ermüden - und mißlingen - so will ich unter das joch meines tochtermanns mich beugen - sagen wie lear vorwürfe - harte rauhe idèen! seyd mir ton der Freundschaftund güte - - lear sagte unglük! sey mein glük! Willemer . Luchesini . Mannstein - - - - S- genießt die Frucht Eurer Boßheit - - - von andrem schweige O wenn man sieht in was für händen wohl und weh - recht und unrecht liegt - wie lüge die wahrheit - boßheit die güte überwiegt - Gott sey dank - Einst konte ich gutes thun Gott sey dank ich that es getreu - und nun vergebung theurer Freund! vergebung für | | dieße gewiß gewiß Lezte plage Leßen Sie den brief der generalin Bischofswerder, die ich bat durch ihren gemal, die gütige aüßerung des Königs, zum

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wirklichen entschluß zu bringen - u die mir sagte der König habe wollen 50 friedrich d’or- Geben, u Bischof habe gedacht Es sey zu wenig - dadurch sey es gestokt - - Sie sehen den rath den sie mir giebt - ich folge ihm durch die verfolgung der noth in die mich meine Schwester drängt - u schreibe noch einmal an der König - zittrend bitte ich die Frau landgräfin aus großmuth - selbst den natürlichen unmuth den ich ihr geben muß zu überwinden, und dießen brief noch einmal zu übergeben mit dem zusaz das wenn Ihro Mays. nur 50 Ex nehmen es gnade seyn würde - aber dann müßte ich bey 5 Thalr für ein Ex bleiben legen Sie mich mit dießer bitte Ihro durchlaucht zu füssen Sagen Sie ich fühle mit schmerz, das ich Ihr edles Herz quäle und mißbrauche - Sie soll mir vergeben - Es geschieht nie nie mehr von Bethmann kann ich nicht schreiben - ich kenne nichts mehr verstehe nichts mehr von unßern verhältnissen- - - - Sie lebt mit niemand mehr als Rihgini - Sängerinn Knäusel, Friedel.. dieße frau, der Herzog v. Braun - Bar. Stein - - ach was soll ich - was kann ich sagen - will es der Himmel das alles in der moralischen welt umgekehrt werde? es scheint so - denken Sie sich die aufträge | | die ich vor drey Jahren von B. bekam - die briefe, die aus sichten, und auszüge die mündliche erklärungen - O was liegt alles darinn - was thun fürsten - was unternehmen Minister? O mein Freund! Gott erhalte Sie bey leben, und bey Ihrem Caracter, und Geist. nun noch ein wunsch - wenn es möglich wäre für die doße eine aussicht des verkaufs bey Ihnen zu finden - so schike ich sie und Sie mein Freund behalten fl 50 für das bild meines Franz das übrige schiken Sie mir - aber fangen Sie Ihren brief ja mit der versicherung an - daß die Frau Landgräfinn und Sie mir alle gegebne mühe verzeyhen adieu theurer rechtschafner Mann! bleiben Sie Freund von Sophie la Roche der gute König sieht die Bethmanns oft soll ich da einen versuch machen beyde brüder! leßen Sie dieße 2 schweizer briefe aber ich bitte sie wieder zurük

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Geben] {u}/G\eben Rihgini] R{e}/ih\gini Sie] {s}/S\ie

1 14 Juny] 14. Juni. 10f. welches wird sich […] verliehren solten] Lies: wer wird sich über das Ausmaß seiner Hilfeleistungen Rechenschaft abgeben wollen, wenn es anderen schlecht geht? 15 joch meines tochtermannes] Peter Anton Brentano hatte seiner Schwiegermutter untersagt, ihre finanzielle Rücklage zum Wohl der Kinder zu verwenden (siehe Brief 62 Zeile 25). 15−17 sagen wie lear […] sey mein glük] Sie nimmt Bezug auf William Shakespeares Tragödie „König Lear“, 1. Akt, 1. Szene. Der Zorn des Königs richtet sich gegen seine Tochter Cordelia: „So be my grave my peace, as here I give Her father’s heart from her!“ Zur eigenwilligen Zitierweise Sophie von la Roches siehe Brief 62 Komm. zu Zeile 2−5. 18 Mannstein] Gemeint ist Ernst Johann von Manstein (1742−1808), Generaladjutant von Friedrich Wilhelm II. 18 S-] Vermutlich sind ihre Freunde von Siersdorpff gemeint (siehe Brief 14 Komm. zu Zeile 1). 19 schweige] Lies: schweige ich. 26 brief] Der Einschluss ist nicht vorhanden. 29 friedrich d’or] Preußische Goldmünze mit dem geprägten Kopf Friedrich II. 29 Bischof] Bischoffwerder. Generalmajor Johann Rudolf von Bischoffwerder (Brief 61 Komm. zu Zeile 18). 35 dießen brief] Der Einschluss ist nicht überliefert. 36 Mays.] Majestät. 36 Ex] Exemplare. 37 Ex] ein Exemplar. 42 Bethmann] Katharina Elisabeth von Bethmann-Metzler. 44 Rihgini] Gemeint ist der italienische Kapellmeister und Komponist Vincenzo Righini (siehe Brief 72 Komm. zu Zeile 30). 44 Sängerinn Knäusel] Henriette Kneisel (1767−1801) war Sängerin am Mainzer Hoftheater. Sie folgte Kapellmeister Righini 1792 nach Frankfurt am Main und in der zweiten Jahreshälfte 1793 nach Berlin, wo sie ihn im darauffolgenden Jahr heiratete. 44 Friedel] Franziska Friedel. Siehe Brief 66 Komm. zu Zeile 12. 45 dieße frau] Katharina Elisabeth von Bethmann-Metzler. 45 v. Braun] von Braunschweig. 45 Bar. Stein] Baron Stein. Gemeint ist der preußische Gesandte Johann Friedrich vom und zum Stein (siehe Brief 65 Komm. zu Zeile 55). 49 von B] von Braunschweig. 54 doße] Lies: Dose. Siehe Brief 75 Zeile 5. 56 fl 50] 50 Florins.

Brief 77 – 26. Juni 1793

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bild meines Franz] Petersen hatte ihr offenbar einen Beitrag zu den Kosten für das in Punktiermanier ausgeführte Portrait des verstorbenen Franz von La Roche zukommen lassen. beyde brüder] Johann Friedrich Christian Petersen und Georg Wilhelm Petersen. 2 schweizer briefe] Die beiden Einschlüsse sind nicht überliefert. Als Absender kommt Karl Viktor von Bonstetten in Betracht, den Sophie von La Roche in ihrem übernächsten Brief erwähnt (Brief 78 Zeile 8).

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26. Juni 1793 den 26 Juny 1793

Gott lob - theurrer Lieber Freund! ich kann Ihnen u der gütigen Frau landgräfin einen Freuden 55 brief schreiben - der König hat mir 100 Ex der Pomona - mit 100 Fred d’or bezahlt - O danken Sie mit mir der edlen güte Vollen Frau Landgräfin bald mehr - indessen dieß zu leßen 10 10 und die anzeige des endes der leiden meiner Schwester - ach mögen die Leiden aller unglüklichen geendet werden, wie die meinige - mögen alle Gute einen Freund Finden wie Sie sind für Sophie la Roche 15

FDH, Sig. Hs-6494 Abgedruckt in Maurer, Sophie von La Roche Briefe (1985), S. 354. 1 26 Juny] 26. Juni. 5−7 der König hat […] Fred d’or bezahlt] Siehe Brief 28 Komm zu Zeile 5. Der mit Sophie von La Roche bekannte Dichter Friedrich von Matthisson bemerkte in seinem Tagebuch am 15. Mai 1794 über ein Gespräch mit Wieland: „[…] ich weiß nicht wie wir zuletzt auf die la Roche kamen. Wieland ist sehr unzufrieden mit ihr. Er nennt sie ein moralisches Unding − mit moralischen Farben überklext. Sie schrieb einmal an den Herzog von Braunschw[eig], doch den König von Preußen zu bitten ihr 500 St[ück] von der Pomona abzukaufen − der Herzog las 500 Pfund Pomade, weil sie sehr unleserlich schreibt und trug dem Kö-

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nig die Sache vor − der ihr denn auch Geld schickte.“ (Das Stammbuch Friedrich von Matthissons [2007], S. 177) Bereits der Restposten der ersten Auflage der „Pomona“ hatte neun Jahre zuvor eine fürstliche Abnehmerin gefunden. Fürstin Luise von Anhalt-Dessau notierte im 1. Band der eigenhändigen Abschrift ihrer Tagebücher am 1. April 1784: „Ich schickte der La Roche für die ihr übrig gebliebenen Exemplare der Pomona 400 Rthl“ (LSA, Abt. Dessau, Sig. A9e Nr. 15 [21]). Ex] Exemplare. Fred d’or] Frédéric d’or. Preußische Goldmünze mit dem geprägten Brustbild des König Friedrich II. im Wert von 10 Talern. dieß] Der Einschluss ist nicht überliefert. Der Zusammenhang ist unklar. anzeige des endes] Todesanzeige. Der Einschluss ist nicht überliefert. Katharina Christine (Cateau) von Hillern starb mit neunundfünfzig Jahren in Augsburg (Brief 75 Komm. zu Zeile 2). meinige] meinigen.

Brief 78 11

23. Juli 1793 offenbach den 23 Jully 1793

Nun gottlob wird teutschland wieder teutsch werden - möge mit den franken sich alles verliehren und verschwinden 55 ich speiste mit meiner luiße bey Madame Bethmann - u muß eilend Ihre güte anrufen mir zu sagen ob Sie jemand für Bonstetten wissen - oder ob Sie mit dießem H10 Peterson in irgend einem verhältnis stehen. 10 Geheimer Rath Schulin hat mir einen brief von P. G- an Frau v. Siersdorf gebracht - aber auch sonderbare sachen dabey erzält - die ich wohl mündlich, aber nicht mit der Feeder Ihnen 15 15 sagen möchte Lieber! unschäzbarer innig verehrter Freund! erhalten Sie sich - u lassen Sie mir Hofnung für meine wünsche ach sie gährt noch so sonder […] moralische Hefe20 […] sagen Sie zu der | | 20 idèe das H- v. Stein im Rheingau Geld und anreden austheilte - gegen den jezt regier- Churfurst. von maynz - u das es besser seyn würde, sie hätten einen Prinz v. Preussen

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Graf Schulenburg soll in aschaffenburg selbst dem Churf. 30 bittschriften von maynz. gemeinden gegeben haben die Preus schuz verlangten - - - adieu theurester bester Freund von Sophie la Roche

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soll] {**}/so\ll

23 Jully] 23. Juli. teutschland wieder teutsch] Die Tagesnachricht von der Kapitulation des französisch besetzten Mainz hatte Offenbach binnen kürzester Zeit erreicht. 5 meiner luiße] Luise von Möhn. 6 Madame Bethmann] Katharina Elisabeth von Bethmann-Metzler. 8 jemand für Bonstetten] Der Zusammenhang ist unklar. Möglicherweise wird hier die Förderung zweier junger Verwandter von Karl Viktor von Bonstetten angesprochen. „Sie [Sophie von La Roche, Anm. P.S.] begünstigte mit ihren weitreichenden Beziehungen Bonstettens jung verwaiste Cousins Sigismund und Salomon, deren Laufbahn er lenkt und überwacht; Sigismund verdankt ihr seine gute Partie mit einer holländischen Adligen.“ (Bonstettiana [1998], Bd. 7, Teilbd. 1, S. 161) 9f. H- Peterson] Nicht ermittelt. 11 Geheimer Rath Schulin] Regierungsrat Johann Philipp Schulin stand im Dienst der verwitweten Landgräfin Marie Luise Albertine von Hessen-Darmstadt (siehe Merck: Briefwechsel [2007], Bd. 4, S. 505; Brief 35 Komm. zu Zeile 87). 12 P. G-] Prinz Georg. 19 […]] Textverlust. Erschlossene Fehlstelle: bar, die. 20 […]] Textverlust. Erschlossene Fehlstelle: was. 21 H- v. Stein] Herr vom Stein. 21f. das H- v. Stein […] anreden austheilte] Der Versuch des preußischen Gesandten Johann Friedrich Freiherr vom und zum Stein, die Hegemonie Preußens nach dem Sieg der Alliierten in dem rechtsrheinischen, kurmainzischen Rheingau auf Dauer zu etablieren, fand offenbar Sophie von La Roches Zustimmung, da sie am 29. November 1802 rückblickend an Vollrath Graf von SolmsRödelheim (1762−1818) schrieb: „O hätten die Dhomherrn von Maynz nach dem antrag des Preußischen Hofs, durch Baron von Stein, einen Preußischen Printzen zum Coadjutor von Mayntz gewält so wäre unser Linkes Rheinufer noch teutsch, und ein Weltlicher Fürst im Besitz von Mayntz“ (zitiert nach von Isenburg: Graf Volrat zu Solms-Rödelheim [1927], S. 214); siehe Zeile 25−28; Kapitel 5 u. 6). 23 regier- Churfurst. von maynz] regierenden Kurfürsten von Mainz. Gemeint ist Kurfürst Friedrich Karl Joseph von Erthal, der sich für die Zeit der französi-

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schen Besatzung von Mainz in seine Sommerresidenz Aschaffenburg zurückgezogen hatte. v. Preussen] von Preußen. Graf Schulenburg] Als Minister für Auswärtige Angelegenheiten war Friedrich Wilhelm Graf von der Schulenburg-Kehnert (1742−1815) verantwortlich für die Heeresversorgung während des Rheinlandfeldzugs (siehe Komm. zu Zeile 21f.). Churf.] Kurfürst. maynz.] mainzer. Preus] Preußischen.

Brief 79 11

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26. Juli 1793 offenbach den 26 Jully 1793

verzeyhen Sie bester Freund! das schon wieder ein brief von mir da ist - aber er betrift die lezte güte für unsern Franz - ich lege H- Hills brief bey, und überlasse Ihnen die endliche bestimung der unterschrift das latein ist von Hengstenberg und dünkt mich gut gewält aus Horaz an virgil - er hätte auch das vorgehende nehmen können / das Teutsche von mir - verzeyhen Sie lieber! der Mutter die sagt| wahre tugend und güte - nüzliche Wissenschaft und schöne Kentnis zierten sein leben - Gott nahm ihn der Welt - seiner Mutter - und seiner braut im 24 Jahr Sein Taufpathe Franz Wilhelm v. Loskant - kayserlicher Camergerichts assessor zu wezlar wünscht durch dieses bild sein andenken zu erhalten Es ist freylich viel geschrieben - aber mich dünkt, die menschen müssen wissen warum der junge mann in Kupfer erscheint und wer es that - ich dachte auch die vorgehende verse perpetuus Sopor - - - hätten können in dem nahmen seines Pathen hinge sezt werden - aber Frauenzimmer denke ich leßen mein teutsches lieber - aber männer liebten gewiß den größern außzug aus der ode des Horaz - Sie sein gütiger - seiner mutter Freund Sie sollen entscheiden - besonders wenn das bild ähnlich und schön gearbeitet ist - seine arme braut- fand sein Porträt lezthin so ähnlich, das | | sie aus schmerz zitternd, und krank wurde Ihnen mein theurer Freund wünsche ich, das Sie einst in einem eignen Hauß u Gärtgen - sich an die 1 ode des Horaz

Brief 79 – 26. Juli 1793

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im III buch erinnern mögen - und ich freue mich der Zeile Ihres briefs wo Sie hoffen - über alles zu lächlen 30 würdiger guter Mann! leben Sie nur sorgen Sie 30 nur für Ihre gesundheit - Ihr Geist - Ihr rechtschaffenheit giebt Ihnen das recht des lächlens - über die u das übrige die heurath lassen wir von nun an beyseite adieu theurer Lieber Freund! geben Sie einlage 35 an H Hill - ich warte gern mit Ihrer antwort 35 zürnen Sie nur nicht das ich Ihnen so oft schreibe - aber Sie wissen nicht - was Sie mir sind - auch alle dienste abgerechntet - nur Sie allein - adieu von alter la Roche

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Geld soll Maynz erobert haben vielleicht komt Caroline pfeffel als gesellschaftrinn zu Frau v. Geelfink den| Herrn Regierungs Rath| Petersen| in| Darmstadt

FDH, Sig. Hs-6496 18 20 38

in] {*}/i\n liebten] lieb{e}/t\en alter] {*}/a\lter

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26 Jully] 26. Juli. brief] Ihr letzter Brief war drei Tage zuvor, am 23. Juli 1793, abgesandt worden. H- Hills brief] Der eingeschlossene Brief des Hofmalers Friedrich Jakob Hill ist nicht überliefert. endliche bestimung der unterschrift] Für den Druck wurde folgender Text gewählt: „Franz von la Roche/ Fürstl. Hessen-Darmstädt. Jagdjunker und Oberforstamts Assessor/ geb. d. 22. April. 1768. gest. d. 11. Sept. 1791./ Multis ille bonis flebilis occidit./ Franz Wilhelm von Loskant, Kais. CammergerichtsAssessor, wünscht/ das Andenken seines Liebenswerthen, Geist- und Tugendvollen Pathen/ durch dieses Bild zu erhalten.“ das latein ist von Hengstenberg] Karl von Hengstenberg hatte ein Zitat des römischen Dichters Horaz (65−8 v. Chr.) aus dessen 24. Ode des Ersten Buchs ausgewählt (Brief 60 Zeile 12). Der Dichter beklagt darin gegenüber Vergil (70−19 v. Chr.) den Tod des gemeinsamen Freundes Quintilius Varus (um 70−24 v. Chr.). Hengstenberg schrieb die erste Verszeile der zweiten Strophe zusammen mit der deutsche Übersetzung von Sophie von La Roche (Zeile 8) auf einen Papierstreifen, der an den linken Rand der ersten Seite ihres Briefs geklebt wurde: „Multis ille bonis flebilis occidit. Er starb der Thränen vieler Guten werth.“ Die vollständige Strophe lautet bei Horaz „Multis ille bonis flebilis occidit/ Nulli flebilior quam tibi, Vergili./ Tu frustra pius heu non ita cre-

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ditum/ Poscis Quintilium deos.“ („Ja, manch Trefflicher weint innig dem Toten nach,/ Niemand inniger denn du, o Vergilius!/ Doch dein treues Gebet fordert umsonst den Freund − / den du Göttern vertraut − zurück.“ Quintus Flaccus Horatius [Horaz]: Sämtliche Werke. Lateinisch und deutsch. Hrsg. von Hans Färber. München 1979, S. 44f.) 7 Horaz an virgil] Siehe Komm. zu Zeile 6. 11 seiner braut] Gemeint ist Henriette von Bültzinghoven. Siehe Brief 43 Komm. zu Zeile 60f. 11 24 jahr] 24. Jahr. 12 Franz Wilhelm v. Loskant] Franz Wilhelm von Loskant. Siehe Brief 60 Komm. zu Zeile 13. 18 perpetuus Sopor] Die zweite Strophe lautet „Ergo Quintilium perpetuus sopor/ Urget? Cui Pudor et Iustitiae soror,/ Incorrupta Fides, nudaque Veritas/ Quando ullum inveniet parem?“(„Also ewigen Schlaf schläft nun Quintilius!/ Wann wird Adel der Seel’ und unbestechliche/ Treu, die Schwester des Rechts, offene Wahrheit wann/ Seinesgleichen auf Erden sehn?“ Horatius: Sämtliche Werke [1979], S. 44f.) 21 ode des Horaz] Siehe Komm. zu Zeile 6. 23 braut] Siehe Komm. zu Zeile 11. 27 1 ode] 1. Ode. 27f. die 1 ode des Horaz im III buch] die 1. Ode des Horaz im III. Buch. Die Zuordnung der Textstelle ist nicht korrekt. Da die Oden in der vom Autor selbst autorisierten Reihenfolge und Anordnung überliefert worden sind, handelt sich hier um die 24. Ode im Ersten Buch (siehe Komm. zu Zeile 6). Die Ode III, 1 hingegen ist die erste der berühmten sechs „Römeroden“, die schon in der Antike als einheitlicher Zyklus wiedergegeben wurden. 29 über alles zu lächlen] Denkbar ist, dass sich Petersen zu diesem Zeitpunkt in der Sommerresidenz „Fürstenlager“ aufhielt, wo er fern der höfischen Kabalen sein seelisches Gleichgewicht wiederfinden konnte. 33 heurath] Der Zusammenhang ist unklar. Entweder ist die angestrebte Verbindung des Prinzen Georg Karl oder Petersens Junggesellentum gemeint, das mündlich und schriftlich bereits erörtert wurde (siehe Brief 23 Zeile 17f.). 34 einlage] Der Einschluss ist nicht übermittelt. 39 Geld soll Maynz erobert haben] Das Gerücht entstand aufgrund der kampflosen Übergabe der Stadt am 22. Juli. Graf von Kalckreuth bewilligte die von dem französischen Brigadegeneral François Ignace Ervoil d’Oyré (1739−1798) vorgeschlagenen Kapitulationspunkte. Die Belagerten erhielten freien Abzug mit allen Waffen. 40 Caroline pfeffel] Siehe Brief 69 Komm. zu Zeile 44. 41 Frau v. Geelfink] Frau von Geelvinck. Vermutlich ist sie eine Familienangehörige des Holländers Geelvinck, der 1791 das Privileg der fürstlichen Isenburgischen Regierung zur Errichtung eines Tabakbetriebes in Offenbach erhielt (siehe Maria Meissner: Die wirtschaftliche Entwicklung Offenbachs unter dem Hause Isenburg-Birstein. Offenbach 1972 [= Offenbacher Geschichtsblätter 22. Hrsg. vom Offenbacher Geschichtsverein], S. 52). 42 Schwarzes Siegel.

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Brief 80 – 12. August 1793

Brief 80 11

12. August 1793 offenbach den 12 august 1793

theurer Lieber Freund! O ich bitte Sie innigst besorgen Sie dieß was als unterschrift, auf unßers Franzens Kupfer bild gesezt werden soll 55 Thun Sie dem Lieben Todten - und der armen lebenden Mutter - noch dieße edle gütige Freundschaft erzeigen gewiß muß sein geburt u Sterb jahr u seine Ehren Stelle mit genant werden - niemand 10 10 niemand unter allen, wird dießes so schön, so wie es seyn soll machen als Sie thun Sie es edler lieber mann! ich bitte Sie so sehr ich kann und hoffe es von Ihrer großmüthigen treuen Freundschaft - o sagen Sie mir bald was von Ihnen 15 15 selbst u leßen Sie dießen einschluß, der braunschweig u unßere Heurath verhandlung betrift - der brief war v. P. G aus Wien - adieu u alles gute über Ihr Leben nach den wünschen v. Sophie la Roche à Monsieur| Monsieur Petersen - Conseiller| de La Regence| à| Darmstadt /

FDH, Sig. Hs-6497 1 3 4 15 16 17 18 19

12 august] 12. August. unterschrift] Siehe Brief 79 Komm. zu Zeile 5. Kupfer bild] Siehe Brief 79 Komm. zu Zeile 5−22. einschluß] Der Einschluss ist nicht überliefert. brief] Der nicht überlieferte Brief ist möglicherweise mit dem in Zeile 16 genannten Einschluss identisch. v. P. G] von Prinz Georg. v.] von. Schwarzes Siegel.

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Brief 81 11

21. August 1793 den 21 august 1793

ich bin sicher theurer Freund - das dießer brief Sie auch wegen dem Ludi Kirchberger interessirt und daß Sie den Geist meiner freundinn lieben 55 bleiben Sie mir gut - gewiß niemand kann Sie wegen Ihrem geist und caracter mehr verehren als ich - niemand kan redlichere wünsche für Ihre zufriedenheit und wohlseyn zum Himmel schiken Ewig Seegne liebe - und danke ich für alles 10 was Sie für mich waren, und was Sie sind 10 adieu - schreiben Sie doch ein par zeilen an Christiana - durch Ihre la Roche Ein Sohn von dem großen gottes gelehrten Michaelis - der von einer reiße nach wien und allen merkwürdigen Spitäler in Italien 15 15 zurük gekomen wünscht als Medicus in Darmstadt angestellt zu werden Er hat viele wissenschaft viel geist Philosophie - und schöne Kentniß - auch sehr guten caracter, u welt Kentnis

FDH, Sig. Hs-6498 15

Medicus] {m}/M\edicus

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21 august] 21. August. brief] Julie Bondeli ist die Verfasserin des nicht überlieferten Einschlusses (siehe Zeile 4). Ludi Kirchberger] Ludi (Ludwig?) Kirchberger (um 1777−?) war der jüngste Sohn des Berner Staatsschreibers Samuel K. (1735−1786), welcher mit Julie Bondeli und Christoph Martin Wieland bekannt war. Er besuchte Pfeffels „École militaire“ in Colmar bis 1789. Sein Mitschüler Wild erwähnt ihn in einem Brief an Franz von La Roche vom 23. Dezember 1788 (GSA, Sig. 56/111). Geist meiner freundinn] Auch in ihrem Werk „Mein Schreibetisch“ (1799), das Petersen gewidmet ist, weist Sophie von La Roche ihn wiederholt auf die intellektuelle Brillanz Julie Bondelis hin („Zweytes Bändchen“, S. 149, 187, 192 u. 202). Christiana] Christiane Petersen lebte zu diesem Zeitpunkt im Haushalt des Isenburger Hofrats Wrede in Sophie von La Roche unmittelbarer Nachbarschaft.

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Brief 82 – 9. September 1793

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13−16 Ein Sohn […] Kentniß] Gottfried Philipp Michaelis (1768−1811) entstammte der zweiten Ehe des Göttinger Theologen und Orientalisten Johann David Michaelis (1717−1791) mit Louise Philippine Antoinette, geb. Schröder. In seiner Heimatstadt Göttingen wurde er 1790 zum Doktor promoviert. Dort war er als praktischer Arzt tätig, bis er 1796 eine Stelle als Garnisonsarzt in Harburg annahm. Sophie von La Roches Engagement für ihn ging vermutlich auf die vier Jahre zuvor in Marburg gemachte Bekanntschaft mit seiner Schwester Caroline (1763−1809), nachmalig verheiratete Böhmer-Schlegel-Schelling, zurück. 15 Medicus] Lat.: „Arzt“.

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9. September 1793 offenbach den 9 7br 1793

ich glaube mein würdiger Freund Sie haben einen sichereren weg als ich um einen brief nach Colmar zu bringen und bitte Sie daher dießes Billet an Caroline Pfeffel zu schiken - ich lege auch das blat bey so ich lezt vergaß - und da ich nicht weiß ob Christiana an Sie geschrieben so will nur kurz anmerken, das wir auch nachricht erhielten Mad. Petersen sey in Straßburg auf den tod Krank geweßen und noch nicht ganz hergestellt ich wünsche Herzlich Ihrem Herrn bruder tausend gutes - und am meisten aber das Sie in auerbach neue gesundheit und wohlseyn gefunden haben möchten ich kämpfe gegen eine große versuchung da mich eine Engelländerinn in 14 tagen mit sich nach Italien nehmen will Eine Frau von 30 Jahren die mit 14 ihrem Mann nach ostindien folgte - mit 16 in China | | war - ganz Frankreich - Spanien u Italien samt Sicilien - leztes jahr aber unßer teutschland durchreißte u nun durch die Schweiz, nach Italien will, mir adressirt wurde Freundschaft für mich bekam - und mich in die grausame versuchung führte morgen seh ich sie wieder u will

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30 30 Ihnen das weitere schreiben -

Kommen Sie oder H- bruder nicht auf die Meß? ich möchte Sie so gern sehen und sprechen adieu theurer Lieber! würdiger Freund der alten la Roche

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FDH, Sig. Hs-6499 1 5 5f. 6 10

9 7br] 9. September. Billet] Der Einschluss ist nicht überliefert. Caroline Pfeffel] Siehe Brief 79 Komm. zu Zeile 40f. blat] Der Einschluss ist nicht überliefert. Der Zusammenhang ist unklar. Mad. Petersen] Madame Petersen. Gemeint ist Juliane Petersen, verheiratet mit Karl Ludwig Adolph P. 13 Herrn bruder] Nach der Wiedereroberung von Mainz am 22. Juli 1793 durch die alliierten Truppen folgte Karl Ludwig Adolph Petersen dem aus Speyer abziehenden General Custine nach Straßburg. 15 auerbach] Petersen verbrachte die Sommermonate in der fürstlichen Sommerresidenz „Fürstenlager“ bei Auerbach an der Bergstraße. 18 Engelländerinn] Vermutlich ist eine Engländerin namens Newnham gemeint. Sophie von La Roche erwähnt ihren „angenehmen Besuch“ in ihrem Brief vom 16. Oktober 1793 an Wieland (Starnes: Wieland [1987], Bd. 2, S. 323). 20 14] 14 Jahren. 20f. ihrem Mann nach ostindien folgte] Der Gouverneur der „East Indian Company“ Robert Clive (1725−1774) kehrte 1760 aus Indien nach England zurück, wo er eine Gruppe fähiger Männer − darunter seinen späteren Nachfolger Warren Hastings (1732−1818) − zur Übernahme der Verwaltungsaufgaben in Indien bestimmte. Möglicherweise gehörte der Ehemann der Engländerin zu diesem Personenkreis (Douglas M. Johnston: The historical foundations of world order − the tower and the arena. Leiden, Boston 2008, S. 443). 21 mit 16] mit 16 Jahren. 31 H- bruder] Hofprediger Georg Wilhelm Petersen. 32 Meß] Herbstmesse in Frankfurt am Main.

Brief 83 11

offenbach

4. November 1793 den 4 nobr 1793

Sie sind unruhig mein würdiger Freund! wegen meinem schweigen - aber ich wolte Sie schonen mit meinen briefen und

Brief 83 – 4. November 1793

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Ihre ländliche Cur aus halten lassen ich glaube auch ich sagte es Ihnen in dem lezten brief - aber Ihre nachfrage thut meinem Herzen wohl - und ich danke Ihnen für dießen beweiß Ihrer mir noch stets erhaltenen Freundschaft Christiana sagte mir aber nicht - ob Sie ganz wohl zurük kamen oder nicht haben Sie doch selbst die güte es mir zu sagen ich habe vor ohngefähr 3 wochen antwort von Colmar erhalten - und sie nach amster damm geschikt - wo nun Carolinens schiksal den winter über bestimt seyn wird ihre briefe an mich u Mad- Geelvinck waren | | sehr schön und müssen ihr - u ihrer erziehung Ehre machen - der Himmel Seegne unßere wünsche für das gute mädgen - und die erleichterung des vatters der uns beyden danken läßt das in unsern briefen kein wort von Politic war Sie gaab mir die adresse, für meine briefe a Mess - les freres Paravicini au Faucon à Basle -

ich habe das Papier betrefend Ihren guten

30 30 H- bruder von Wallenstein geleßen -

dopelt weh thut mir seine jezige laage da nun der Schwiegervatter seines ehmaligen H- Herzog von Würtemberg ist und vielleicht der H- bruder Bibliotecar 35 35 etwas für ihn bewirken konte - bey uns o mein lieber - mein würdiger Freund! sind die aussichten so ganz verschoben - - wie mich dünkt - sagen Sie mir nur | | ob die Frau landgräffin einmal schriebe 40 40 u was unßere Fürstinn antwortete wenn ich irgend eine hofnung sehe - O so glauben Sie, das meine herzliche verehrung und Freundschaft für Sie alles thun wird Gott erhalte Sie mit Ihren tugenden 45 Ihrem Geist u Ihren edlen Sorgen 45 Gott Schüze und rette den entfernsten Ihrer brüder - Ach mein Freund!

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mein lieber edler Freund! glauben Sie dann das die Franz. idèen die welt - die natur der leidenschaften - geändert - gebeßert hätten Ach war kann aus schiksal - u caracter der Menschen werden - alles ist aus dem gleichgewicht Sagen Sie H- Bruder um die gegenstände der unteredung abzuändren - ob ihn nicht Freue, das man in der Plaine von Troya das grab des achills fand - in welchem | | unter 2 großen gegeneinander gestellten Steinen eine Metallne urne mit asche und Kohlen nebst einer kleinen Statue der minerva auf einem wagen mit 4 pferden auch von Metall - vortreflich gearbeitet u erhalten stund - indem die 2 Steine ein gewölbe machten - welches allem einfluß der zeit von 3000 Jahren, und allem was menschen auf dießem boden machten wiederstanden haben die anzeige hat in Edinburg Doctor Dalzel geleßen Göthes Iphigenia wird in England höher als die des Euripides geschäzt adieu würdige brüder! zu prüfungen berufen - der Himmel Stüze und lohne Sie - auch meinetwegen. adieu von der alten la Roche /

FDH, Sig. Hs-6500 32 60 1 3

seines] {d}/s\eines nebst] {*}/n\ebst

4 nobr] 4. November. schweigen] Sophie von la Roches letzter Brief trägt das Datum vom 9. September 1793 (Brief 82). 5 ländliche Cur] Petersens hielt sich in der Sommerresidenz „Fürstenlager“ auf. 15f. antwort von Colmar] Caroline Pfeffel antwortete auf das in Brief 82 Zeile 5 erwähnte Billett von Sophie von la Roche. Der Brief wurde nach Amsterdam an Frau von Geelvinck geschickt, die das Mädchen als Gesellschafterin engagieren wollte (Brief 79 Zeile 40f.). 19 Mad- Geelvinck] Madame Geelfinck. Siehe Brief 79 Komm. zu Zeile 41.

Brief 83 – 4. November 1793

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erleichterung des vatters] Gottlieb Konrad Pfeffel verlor in den Jahren der Französischen Revolution den größten Teil seines Vermögens. 27 a Mess] à Messieurs. 27f. a Mess les freres Paravicini au Faucon à Basle] Frz.: „an die Herrn Gebrüder Paravicini zum Falken zu Basel“. Gemeint sind die Brüder Friedrich (1736−1801) und Samuel Paravicini (1737−1798) oder die Söhne des letzteren, Samuel P.-Socio (1768–1817) und Emanuel P.-Battier (1779–1854). „Bei den Paravicini zum Falken handelt es sich um die Inhaber einer Eisenhandlung, die 1773 gegründet wurde und im Haus zum Falken (heutige Freie Straße 49−51) domiziliert war.“ (Mitteilungen des Historischen Vereins des Kantons Schwyz. Einsiedeln 1998, Bd. 90, S. 183) 29f. ich habe […] Wallenstein geleßen] Regierungsrat Ludwig Petersen, der im Dienste des Fürsten Ernst Kraft von Öttingen-Wallerstein stand, war am 23. März 1793 nach einem heftigen Streit mit seinem Herrn fristlos entlasssen worden. Im Juli verließ er Wallerstein mit unbekanntem Ziel (siehe Kapitel 2.4). 30 Wallenstein] Lies: Wallerstein. Verschreibung. 31 jezige laage] Der Chronist der Familie Petersen vermutet, daß er eine Reise in die Schweiz antrat (Petersen: Chronik [1895], 2. Teil, S. 19). 32f. da nun der Schwiegervatter seines ehmaligen Herzog von Würtemberg ist] Lies: da nun der Herzog von Württemberg der Schwiegervatter seines ehemaligen Herrn ist. 32−35 da nun der […] bewirken konte] Fürst Ernst Kraft von Oettingen-Wallerstein hatte 1789 in zweiter Ehe Prinzessin Wilhelmine Friederike von Württemberg (1764−1817), Tochter Herzogs Ludwig Eugen von W. (1731−1795), geheiratet. Der Stuttgarter Bibliothekar Johann Wilhelm Petersen sollte die dynastische Verbindung der Fürstenhäuser für das Fortkommen seines jüngsten Bruders nutzen. Sophie von La Roche wusste offenbar nicht, dass die Stellung des Bibliothekars ebenfalls wegen seiner Revolutionsbegeisterung und politischer Umtriebigkeit gefährdet war (siehe Kapitel 2.4). 35 konte] Lies: könnte. 37 aussichten] Gemeint ist eine Anstellung Ludwig Petersens im Dienst des Fürsten von Isenburg-Birstein (siehe Brief 73 Zeile 11f.). 39f. ob die Frau landgräffin […] Fürstinn antwortete] Landgräfin Luise von Hessen-Darmstadt könnte an ihre Schwägerin, die Markgräfin Amalie von Baden ein Empfehlungsschreiben für Ludwig Petersen schicken. 46f. entfernsten Ihrer brüder] Karl Ludwig Adolph Petersen in Straßburg. 49 Franz. idèen] Französische Ideen. Gemeint sind die Leitgedanken der Französischen Revolution: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. 51 war] was. Verschreibung. 54 H- Bruder] Hofprediger Georg Wilhelm Petersen. 55 unteredung] Unterredung. Gemeint ist ein Themenwechsel in ihrem als Unterhaltung aufgefaßten Schreiben an Petersen (siehe Kapitel 1). 56 Plaine] Frz.: „Ebene“. 56 Troya] Troja. 57−66 grab des achills […] wiederstanden haben] Die Ausgrabungen fanden in dem Bezirk der antiken Polis, dem heutigen Hirsalik in der Westtürkei statt (siehe Komm. zu Zeile 67).

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die anzeige hat in Edinburg Doctor Dalzel geleßen] Der französische Archäologe Jean Baptiste Le Chevalier (1752−1836) unternahm in den Jahren 1785, 1786 und 1787 im Auftrag der französischen Gesandtschaft in Konstantinopel Forschungsreisen in die Ebene Trojas. Seine Entdeckung der antiken Stadt trug er am 21. und 28. Februar und 21. März 1791 in französischer Sprache der Königlichen Sozietät in Edinburgh vor. Die „anzeige“ seines Vortrags konnte nicht nachgewiesen werden. Der Bibliothekar und Professor für Griechisch der Edinburgher Universität Andreas Dalzel (1742−1806) verfasste die englische Übersetzung seines bis dahin noch nicht veröffentlichten Berichts („Description of the Plain of Troy. London 1791“). Das „grab des achills“ wird S. 149 erwähnt. In „Mein Schreibetisch“ (1799) , „Erstes Bändchen“, S. 175 zählt Sophie von La Roche die Besprechung des Werks im „Monthly Review“ (London 1793) zu den Schriften, die sie zu besitzen wünscht. Ihr könnte auch die 1792 in Leipzig erschienene deutsche Übersetzung „Beschreibung der Ebene von Troja. Mit Anmerkungen und Erläuterungen von Andreas Dalzel. Vorrede, Anmerkungen und Zusätze von Chr. G. Heyne, deutsch von K. F. Dornedden“ bekannt gewesen sein. 68f. Göthes Iphigenia […] Euripides geschäzt] Johann Wolfgang von Goethe nahm für sein 1787 erschienenes Versdrama „Iphigenie auf Tauris“ die um 414 vor Chr. entstandene Tragödie „Iphigenie bei der Tauerern“ des griechischen Dramatikers Euripides (um 480−406 v. Chr.) als Vorlage. In England veröffentlichte erstmalig William Taylor 1793 seine Übersetzung als Privatdruck („Iphigenia in Tauris, A Tragedy written originally in German by J. W. von Goethe. Norwich, London 1793“), den er Goethe in Weimar zukommen ließ. Eine zweite Auflage erschien 1794 bei Johann Friedrich Unger in Berlin (siehe Jean-Marie Carré: Bibliographie de Goethe en Angleterre. Paris 1920, S. 38). Sophie von La Roches Bemerkung widerspricht der von Proescholdt-Obermann unternommenen Analyse von zeitgenössischen englischen Zeitschriften. „William Taylor’s translation of Iphigenia in Tauris (1793), although one of the best translations from the German at the time, remained practically unknown to readers and was not produced on the stage. It appeared at a time when sentimental or Gothic plays and stories were at the most popular, and when the market was already flooded with German translations of all kinds. Only the Monthly Review and the Critical Review discussed the work, and they agreed in their praise of both authors and translator. The critic of the Monthly Review when comparing Goethe’s play with that of Euripides clearly comes out in favour of the former. […] The reviewer also believes that Goethe has succeeded in increasing the moral effect of the play.“ (Catherine Waltraud Proescholdt-Obermann: Goethe and his British Critics. The Reception of Goethe’s works in Britih periodicals 1779−1855. Frankfurt am Main, Bern, Brüssel u.a. 1992, S. 72f.) In Sophie von La Roches Briefen an Johann Friedrich Christian Petersen ist Schillers „Musenalmanach“ von 1797 der einzige Hinweis auf ein Werk der Weimarer Klassik. Sie erwähnt die von Goethe und Schiller verfassten „Xenien“ und Schillers Gedicht „Die Klagen der Ceres“ (Brief 97 Zeile 28f. u. 52). 70 würdige Brüder] Prinzenerzieher Johann Friedrich Christian Petersen und Hofprediger Georg Wilhelm Petersen. 71 zu prüfungen berufen] Sophie von La Roche wurde von Petersen über die Anfeindungen bei Hof und den Mühen eines Prinzenerziehers mündlich und schriftlich fortlaufend unterrichtet. Es bleibt ungeklärt, ob sie auch über die

Brief 84 – 27. November [1794]

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Feindschaft des Hofpredigers Georg Wilhelm P. gegenüber dessen Vorgesetzten Oberhofprediger Johann August von Starck (1741−1816) informiert war. Dass die repressive Landespolitik für beide der Aufklärung verpflichteten Brüder eine Zeit der „prüfungen“ darstellte, kann hier nicht gemeint sein, da sie die Querelen am Darmstädter Hof unter einem moralischen Aspekt betrachtete (Brief 25 Zeile 20f.; siehe Kapitel 3).

Brief 84 11

27. November [1794] den 27 nobr -

Chevalier de Chateaubourg

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- kam erst gestern von Haußenstamm, aus der layischen Familie zurük - u wünscht um den sichern preiß zu sagen, das Gemälde zu sehen, welches er Copiren soll - sein Nepot sagte - für Portraid mit 2 händen u proportionirter größe 10 mit 1 hand 8 - u ohne hände 6 Carolins aber vollkommen schön gemalt Sie werden bald das glük haben H Schmidt aus Rom zu sehen - und die Herrschaften die Freude geniessen - einem großen Künstler, die bahn zu vollkommenheit geebnet zu haben - Sie werden edle erhohlungs Stunden mit dem Mann verleben und ich freue mich Ihrer Edlen, Ihrem Caracter so anständigen Freude - möge sie | | auch zu bestärkung Ihrer gesundheit und gemüts heiterkeit dienen Ihre erscheinung, mit dem Schäzbaren H Leib arzt - hat mir glükliche momenten und Christiane heilsame beruhigung gegeben - Ach nur einmal möchte ich Sie wieder ein paar Stunden wie in Langen sehen - wenn Sie lieber Freund! einmal mit H- Schmidt nach Frankfort kömen möchte es wissen und Sie beyde sehen - mir sind Männer welche ihre Seele mit Idealen des guten schönen und vollkomnen beschäftigen unendlich Schäzbar - theurrer - würdiger

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Freund! O machen Sie mir die freude durch H- Schmidt in einer der freundschaft 35 35 geweyhten Stunde, zu erfahren, was eine | | oeconomisch eingerichtete Reiße u eben solcher winter in Rom kosten würde ich möchte mit Hirts anschlag vergleichen

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adieu je vous embrasse pour finir avec un Sentiment digne de ce que je pense et fais, pour le plus digne de mes Amis La Roche

à propos

- würden Sie nicht gerne allein die neue Erzälung Resignation leßen 45 45 wahres urtheil mir sagen - ob ich etwas daran verdiene - denn ich lebe jezt von dem Kostgeld des jungen bethmann Die franken haben in Trier einen Nepoten von la Roche ermordet 33 jahr alt vortreflicher mann 50

FDH, Sig. Hs-6607 7

Portraid] {*}/P\ortraid

27. November [17974] Der Brief lässt sich auf Grund des in Zeile 44 erwähnten Manuskripts der „neuen“ Erzählung „Schönes Bild der Resignation“ und der Ankunft der beiden Hausgäste (Zeile 47) auf das Jahr 1794 datieren. 1 27 nobr] 27. November. 2 Chevalier de Chateaubourg] Charles Joseph de la Celle Chevalier de Chateaubourg (1758−1837) emigrierte 1792 nach London, wo er seinen Lebensunterhalt als Miniaturist verdiente. Ab 1794 hielt der Künstler sich an den Höfen von Darmstadt, Ansbach, Berlin und Petersburg auf. 1806 kehrte er in seine Heimatstadt Nantes zurück. 3 Haußenstamm] Das südlich von Offenbach gelegene barocke Schloss Heusenstamm war seit 1661 im Besitz der Grafen Schönborn. Zum Zeitpunkt des Briefwechsels lebten dort Franz Philipp Joseph von Schönborn (1768−1841) und seine Frau Sophie, geb. von der Leyen. 4 layischen Familie] Reichsgraf Philipp von der Leyen (1766−1829) und seine Familie fanden nach der französischen Besetzung ihrer linksrheinischen Besitzungen Zuflucht bei den Verwandten in Heusenstamm. 6 Gemälde] Es bleibt ungeklärt, welches Gemäldes von Chevalier de Chateaubourg kopiert werden sollte. 7 Nepot] Neffe, Verwandter. Nicht ermittelt.

Brief 84 – 27. November [1794]

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Portraid] Porträt. mit 1 hand] mit einer Hand. H Schmidt] Gemeint ist der Maler Johann Heinrich Schmidt (1757−1828), genannt „Fornaro“, der nach seiner Ausbildung bei dem Hofmaler Johann Jakob Samhammer (1728−1787) in Saarbrücken weitere Lehrzeiten in Darmstadt bei Hofmaler Johann Ludwig Strecker (1721−1799) und in Mannheim bei Peter Anton von Verschaffelt (1710−1793) absolvierte. „Die in den Jahren 1782 bis 1784 entstandenen Porträts des Erbprinzen Ludwig und der Darmstädter Prinzessinnen Marie Luise Albertine (1752−1782) und ihrer Schwester Luise Henriette Karoline (1761−1829) […] gefielen […] so sehr, daß Schmidt mit Pensionen der Weimarer Herzogin Luise und des Darmstädter Hofes 1787 zur weiteren Ausbildung nach Italien geschickt wurde.“ (Merck: Briefwechsel [2007], Bd. 2, S. 446f. Kommentar) In Rom heiratete er die Italienerin Teresa Banducci, die ihm zwei Töchter, Maria Luisa (1793) und Carolina (1795), gebar. Den Akten des römischen Vikariats zufolge war er bis 1798 ununterbrochen in Rom anwesend. Auch die Tatsache, dass Schmidt 1794 eigene Werke nach Darmstadt spedierte, spricht dafür, daß die hier angesprochene Reise nach Deutschland nicht stattfand. 1798 siedelte die Familie nach Neapel um (freundliche Auskunft von Frau Dr. Sattel-Bernardini; siehe Ingrid Sattel-Bernardini: Johann Heinrich Schmidt, genannt Fornaro (1757−1828) in Rom und Neapel. In: Kunst in Hessen und am Mittelrhein. Neue Folge 2 [2006], S. 63−81 u. Neue Folge 3 [2008], S. 53−68). Herrschaften] Landgrafenpaar von Hessen-Darmstadt. anständigen] geziemenden. Leib arzt] Gemeint ist Georg Thom (1757−1808), Leibarzt des Landgrafen Ludwig X. heilsame beruhigung] Der Besuch der beiden Darmstädter galt in erster Linie der kranken Christiane Petersen. Langen] Der seit 1600 zu Hessen-Darmstadt gehörende Ort Langen liegt auf der Hälfte der Wegstrecke zwischen Offenbach und Darmstadt. möchte es] möchte ich es. oeconomisch eingerichtete] kostengünstige, preiswerte. Hirts anschlag] Aloys Ludwig Hirt (1759−1837), Archäologe, Historiker und Schriftsteller, lebte ab 1782 in Rom, wo er deutschen Italienreisenden − darunter Goethe, Herder und Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar − als Führer diente. Mit öffentlichen Anschlägen warb er in der Messestadt Frankfurt am Main (möglicherweise auch in Offenbach) um Interessenten für die von ihm organisierten Reisen nach Rom. Fritz und Elsina von La Roche hatten den Cicerone 1790 in Rom kennengelernt und Freundschaft mit ihm geschlossen. Auf diese Weise dürfte auch der Kontakt zu Sophie von La Roche zustande gekommen sein. In dem an sie gerichteten Brief vom 27. Mai 1792 lobt er ihre „Briefe über Mannheim“: „Wieland mein Lieblingsschriftsteller, und Frau von La Roche der weibliche Wieland! − die nemliche Grazie des Geistes, die nemliche fülle des Gefühls, neben jener biegsamen, der Sache sich anpaßende, volle Ausdruck der Sprache. […] Kommen Sie nach Italien, nach Rom, und Sie finden eine neue Welt − in trümmern zwar, aber Ihr geist schaffet dieselben sich lebendig, gegenwärtig: Sie werden in ihr wandeln − und mit einem Blick in sich gekehrt ausrufen: Es waren Menschen. Auch das moderne Italien verdient Ihre Aufmerk-

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samkeit: die Frauenwelt dieses Landes möchte ich von Ihnen geschildert sehen. Sie würden gewiß unpartheyisch seyn − Sie werden manches, was diesem Geschlechte hier mangelt, und so sehr zu wünschen wäre, in dem Quell aufschüren, und die herrlichen Figuren, die da und dort durchblicken, nicht verkennen − mit Nachsicht beurtheilen. Kommen Sie: die Reise ist weniger beschwerlich als man gemeiniglich denkt. Ich reise Ihnen entgegen, und bin bey Ihnen, wo Sie mich haben wollen. Im August müßten Sie abreisen, den September in Oberitalien, und im Oktober zu Rom seyn.“ (GSA, Sig. 56/29; zu Hirt siehe Claudia Sedlarz [Hrsg.]: Aloys Hirt. Archäologe, Historiker, Kunstkenner. Tagungsband einer im April 2000 in Berlin veranstalteten Tagung. Hannover-Laatzen 2004) 39−41 adieu je vous embrasse […] de mes Amis] Frz.: „Leben Sie wohl. Ich umarme Sie, um mit einem Gefühl zu enden, würdig dessen, was ich für den ehrenwertesten meiner Freunde denke und tue.“ 44 Erzälung Resignation] Gemeint ist das Manuskript von Sophie von La Roches neuerstandener Erzählung „Schönes Bild der Resignation“ (siehe Brief 85 Zeile 41). 47 Kostgeld] Unterhalt. 47 jungen bethmann] Eduard von Bethmann-Metzler, der jüngste Sohn von Katharina Elisabeth von B.-M. (siehe Brief 31 Komm. zu Zeile 8). Am 23. Oktober 1794 schrieb Sophie von La Roche an Elisabeth Gräfin Solms: „Trier u Rhein in franz - händen nehmen mir alle aussicht auf meine Einkünfte - Bethmann giebt mir ihren Sohn in die Kost mit dem Hofmeister, damit sie ein Vorteil mache - sie rettet meine marelle [Mühlenspiel, Anm. P.S.] mit den ihrigen und mich mit ihrem Sohn So bekommt reichthum wert und verdienst, mit dem Seegen, des unglüklichen vor Gott“ (SAO, Sig. M24 [105]; Kampf: Sophie von La Roche Briefe [1965], S. 57). 48 franken] Franzosen. 49 Nepoten von la Roche] Der Verwandte ihres Ehemanns Georg Michael Frank von La Roche wurde nicht ermittelt.

Brief 85 11

2. April 1795 den 2 aprill 1795

lassen Sie mich Ihnen mein theurer würdiger Freund! von der Freude reden welche Ihr gütiger durch H v Haxthaußen 55 geschikter brief mir gaab Ich habe also meinen Schäzbaren unendlich verehrten Freund nicht verlohren! dank meinem doch hie und da lächlenden Schiksal - dank Ihrem 10 10 guten rechtschafnen Herzen, welches nicht gerne weh thun will - und

Brief 85 – 2. April 1795

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warlich - Sie würden dem besten theil meiner Seele empfindlich weh thun, wenn Sie mir etwas von Ihrem wohlwollen nehmen - aber nun eine Frage Sie haben mir - Sie wollen niemand nicht weh thun! warum Freund! warum Sorgt Ihr Geist - Ihr gutes edles Herz | | nicht für Sie selbst? warum verlieren Sie die lust zum Leben Sie der gutes that - gutes thut und thun kann - ach mein Freund! lassen Sie mich meine alte wünsche erneuren - Sie einmal bey angenehmer retraite hier zu sehen, die liebe Schäzbare Ehrmann wird das Hauß meines Sohns Kaufen, Sie wissen nicht wie viel in dießer Frau liegt ich wünschte Sie würden in sie verliebt das wäre erheitrung Ihrer düstrenheit oder theurer theurer Freund! Sind Sie es vielleicht sonstens - und quält Sie das Schiksal? machen Sie mich zur vertrauten ich mache Sie indessen zu dem meinigen | | und schike Ihnen hier, die erste sehr fehlerhafte bogen einer neuen erzälung - Leßen Sie, sie, aber allein theurer Freund! u sagen mir Ihre gedanken darüber gerne sehr gerne hätte Ihnen das manuscript geschikt - aber wissen Sie das ich wegen Ihrem langen schweigen den muth nicht hatte würden Sie Freude haben, die schöne Stellungen der Lady Hamilton zu sehen, von denen in Resignation die Frage ist? so sagen Sie es ich schike Sie Ihnen - adieu meine Marie Md. Ehrmann grüßt Sie u ist auch recht sehr mit Ihnen zufrieden - Bethmann | | als Bourgois actif du Pays de vaud zurük gekommen und sagt - es würde alles recht gut gehen - im großen Nb Prinz max ist nun Herzog von Zweybrüken - und Churfürstinn

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von Pfalz Bayern Schwanger - viel Stoff - zu neuen betrachtungen, wie die unausprechliche Reue - der Holländi schen Patrioten 60 adieu guter theurer Freund! 60 O leben Sie gerne! Wer weiße und gut ist wie Sie muß das Leben Lieben adieu von alter laRoche 65 65 die bogen wimlen von drukfehlern, besonders auch Pedantische Corection wie z.b- an statt des weiblichen Pietè Filiale in dem aufsaz von Eugenie - das Steiffe fatale latein gesezt wurde

FDH, Sig. Hs-6501 4 14 19 32 1 4

durch] du{c}/rc\h wohl-] wohl selbst] sel{*}/b\st sonstens] 

2 aprill] 2. April. H v Haxthaußen] Herr von Haxthausen. Es könnte Christian Freiherr von Haxthausen-Carnitz (1766−1849), ein Jugendfreund des Erbprinzen Louis, gemeint sein. Im HSAD befinden sich 38 Briefe von Haxthausen an den Erbprinzen (Sig. D 4 Nr. 713/59). 6−8 Ich habe also […] nicht verlohren] Nach viermonatiger Pause hatte Sophie von La Roche einen Brief Petersens erhalten, der ein Zeugnis einer seelischen Krise war (Zeile 20). Sein schlechter Gesundheitszustand erlaubte ihm nicht, Prinz Louis zum Studium nach Leipzig zu begleiten. Nicht auszuschließen ist, dass ihn auch die politische Affäre seines Freundes August Friedrich Wilhelm Crome, Professor für Kameralistik an der Universität Gießen, zu schaffen machte, der zu diesem Zeitpunkt nur mit knapper Not einem denunziatorischen Anschlag von Seiten der gegenaufklärerischen Hofclique entgangen war (Brief 28 Zeile 33f.; siehe Kapitel 3). 16 Sie haben mir] Sie haben mir geschrieben. 19f. warum verlieren Sie die lust zum Leben] In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass Petersens Vetter Wilhelm Karl Maximilian von Knebel (1753−1790), ein jüngerer Bruder des in Weimarer Diensten stehenden Karl Ludwig von Knebel (1744−1834), sich am 7. Mai 1790 in einem Anfall von Schwermut mit einem Gewehrschuss das Leben genommen hatte (Hellmuth Freiherr von Maltzahn: Karl Ludwig von Knebel. Goethes Freund. Jena 1929, S. 144−146).

Brief 85 – 2. April 1795

25 26

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retraite] Frz.: „Ruhesitz“. Schäzbare Ehrmann] Gemeint ist die Schriftstellerin Marianne (Maria Joanna Francisca) Ehrmann (1755−1795), geb. Brentano. Die unglückliche erste Ehe der gebürtigen Schweizerin wurde 1779 geschieden. Unter dem Künstlernamen „Madame Sternheim“ versuchte sie sich als Schauspielerin, bis sie 1784 in Straßburg den Juristen und Reiseschriftsteller Theophil Friedrich Ehrmann (1762−1811) kennenlernte. 1786 heirateten beide und zogen nach Isny, 1788 nach Stuttgart. Neben ihren Romanveröffentlichungen gab Marianne E. die monatlich erscheinenden Frauenzeitschriften „Amaliens Erholungsstunden“ (Tübingen 1790−1792) und „Die Einsiedlerinn aus den Alpen“ (Zürich 1793/94) heraus, für die sie zahlreiche eigene Beiträge verfasste. 1795 erschien in Heidelberg als letztes Werk ein Band „Erzählungen“. Am 14. August 1795, also fünfeinhalb Monate nach dem hier wiedergegebenen Brief, starb sie infolge einer Lungenentzündung (vgl. Helga Neumann: Protagonistinnen des deutschen Zeitschriftenwesens im ausgehenden 18. Jahrhundert 1779−1795. Würzburg 1999, S. 83−130 u. S. 169−186). 27 Hauß meines Sohns Kaufen] Fritz von La Roche und seine Familie hatten sich nach Amerika eingeschifft. Zum Kauf ihres Hauses in Offenbach durch das Ehepaar Ehrmann kam es nicht (siehe Komm. zu Zeile 26). 30 erheitrung Ihrer düstrenheit] Theophil Friedrich Ehrmann schrieb im Nachruf auf seine lebensfrohe Frau: „[I]hre Einbildungskraft glühte immer und riss sie leicht, wenn sie sich von dem ersten eindrukke überraschen liess, zum Enthusiasmus oder zu übereilten Handlungen hin, die sie bei kälterem Nachdenken sich selbst zum Vorwurf machte […]. Ihr ganzer Karakter war überhaupt offen und zwanglos.“ (Denkmal der Freundschaft und Liebe der verewigten Frau Marianne Ehrmann errichtet, und allen ihren Gönnerinnen, Freundinnen und Leserinnen geweiht. Leipzig 1796, S. 112) 31f. Sind Sie es vielleicht sonstens] Lies: Sind Sie vielleicht in jemand anderen verliebt? Über Petersens Beziehungen zu Frauen konnte aufgrund mangelnder Quellen nichts ermittelt werden (siehe Brief 79 Komm. zu Zeile 33). 36f. neuen erzälung] Gemeint ist der erste Teil ihres Werks „Schönes Bild der Resignation“, das 1795 im Verlag von Heinrich Gräff in Leipzig erschien. 41 manuscript] Sophie von La Roche hatte bereits am 27. November 1794 angefragt, ob Petersen das Manuskript der „Resignation“ lesen wolle (siehe Brief 84 Zeile 44). 42 langen schweigen] Es war eine viermonatige Unterbrechung in der Korrespondenz entstanden. Siehe Komm. zu Zeile 6−8. 45 schöne Stellungen der Lady Hamilton] Die aus bescheidenen Verhältnissen stammende Engländerin Emma Hart (eigentlich: Amy Lyon, 1761−1815) heiratete 1791 den britischen Gesandten in Neapel Sir William Hamilton (1730−1803). Den kunstbegeisterten Diplomaten und seine Gäste entzückte sie mit „Lebenden Bildern“. Im raschen Wechsel mimte sie in ausdrucksvollen Stellungen dramatische und erotische Gestalten der Antike. Ihr Mann hatte für die Darbietungen einen großen, schwarz ausgeschlagenen Kasten anfertigen lassen, der zum Publikum hin offen war. Der dunkle Hintergrund und die Umrahmung ließen die in Schals und Schleier Gehüllte effektvoll hervortreten. Der Maler, Grafiker und Kunstschriftsteller Friedrich Rehberg (1758−1835), der sich ab 1786 in Rom aufhielt, fertigte zwölf Zeichnungen von Lady Hamiltons Posen

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46f. 48f. 50 50 51

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an, die 1794 mit Erläuterungen versehen in einem Druckwerk erschienen. (Drawings Faithfully copied from Nature at Naples and with permission dedicated To the Right Honourable Sir William Hamilton, His Britannic Majesty’s Envoy Extraordinary and Plenipotentiary at the Court of Naples. By his most humble Servant Frederick Rehberg Historical Painter in his Prussian Majesty’s Service at Rome. Engraved by Thomas Piroli 1794. Rom 1794) Am 4. Februar 1795 schrieb Sophie von La Roche an Elisabeth Gräfin Solms: „den Edlen Grafen Volrath bitte um Rehbergs brief − denn die Bilder von Lady Hamilton sind gekommen ich möchte dem großen, großen Künstler bald antworten − und dann will ich den geliebten edlen bewohnern des Schlosses assenheim, die bilder schiken“ (SAO, Sig. M24 [85]; siehe Kampf: Sophie von La Roche Briefe [1965], S. 59; siehe Brief 156 Komm. zu Zeile 56f.). Eine Schilderung der Verwandlungskünste der Lady Hamilton gibt Adelaide Comtesse de Boigne (1781−1866) in „Mémoires de la Comtesse de Boigne. Paris 1907, S. 122f. in Resignation die Frage ist] Die „lebenden Bilder“ der Emma Hamilton werden in Sophie von La Roches Werk „Schönes Bild der Resignation“ als Stickvorlage für einen Kaminschirm in Betracht gezogen (1. Teil, S. 92f.). Marie Md. Ehrmann] Marie Madame Ehrmann. Siehe Komm. zu Zeile 26. mit Ihnen zufrieden] Der Zusammenhang ist unklar. Bethmann] Es wurde nicht ermittelt, welches Mitglied der Familien Bethmann oder Bethmann-Metzler hier gemeint ist. Bourgois actif du Pays de vaud] Frz.: „aktiver Bürger des Waadtlands“. Auf ein schriftliches Gesuch hin erteilte der von den Revolutionären gebildete Bürgerrat jedem in der Schweiz Ansässigen den Titel „Bourgeois actif“, sofern er das achtzehnte Lebensjahr vollendet hatte. es würde alles recht gut gehen] Der Zusammenhang ist unklar. Die Aussage könnte sich auf die politische Situation im republikanischen Waadtland ebenso wie auf die Entwicklung der eigenen Geschäfte beziehen. Nb] Nota bene. Lat.: „Wohlbemerkt“. Prinz max ist nun Herzog von Zweybrüken] Nach dem Tod Karls II. von Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld (1746−1795) am 1. April 1795 ging die Herzogswürde an seinen Bruder Maximilian Joseph über. Der sogenannte „Herzog ohne Land“ war mit seiner Familie 1793 vor der Französischen Revolutionsidee nach Mannheim geflüchtet. Churfürstinn von Pfalz Bayern] Die neunzehnjährige Erzherzogin Maria Leopoldine von Österreich-Este (1776−1848) heiratete 1794 den zweiundfünfzig Jahre älteren Kurfürsten Karl Theodor von der Pfalz und Bayern (1724−1799). Auch diese zweite Ehe des Kurfürsten blieb kinderlos. Sophie von La Roche kolportiert demnach ein Gerücht. Möglicherweise spielt ihre Bemerkung auf die Beziehung der Kurfürstin zu Maximilian von Pfalz-Zweibrücken an. die unaussprechliche Reue - der Holländischen Patrioten] In den 1780er Jahren verschärften sich in den Niederlanden die politischen Auseinandersetzungen zwischen den „Oraniern“, die dem Statthalter Wilhelm V. noch mehr Macht verleihen wollten, und der profranzösischen Partei der „Patrioten“. 1785 brach ein Aufstand gegen das Haus Oranien aus, der durch den Einmarsch preußischer Truppen unter dem Kommando des Herzogs von Braunschweig niedergeschlagen werden konnte. Seit dem Februar 1793 befanden sich die Niederlande und das republikanische Frankreich im Kriegszustand. Im Winter 1794/95 rückten

Brief 86 – 4. Mai 1795

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französische Truppen in den Niederlanden ein. Am 19. Januar 1795 wurde durch die pro-französischen Republikaner die „Batavische Republik“ ausgerufen, am 20. Januar Amsterdam von den Franzosen besetzt. Im Friedensvertrag von Den Haag vom Mai 1795 wurde jedoch der „Batavischen Republik“ von den Franzosen eine hohe Kontribution auferlegt. 30.000 Mann der französischen Republik waren ständig zu unterhalten, und die Niederlande mussten sich an den Kriegen gegen Österreich und Großbritannien beteiligen. Da sich nun die Franzosen immer mehr als Besatzer zeigten, machte sich unter den „Patrioten“ Ernüchterung breit. 61 weiße] weise. 65 wimlen] wimmeln. 66 Corection] Frz.: „Verbesserung“. Siehe Komm. zu Zeile 36f. 67 z.b-] zum Beispiel. 67 Pietè Filiale] Frz.: „Elternliebe“. 67f. weiblichen Pietè […] von Eugenie] Sophie von La Roche hatte die vom Verlag vorgenommene Korrektur in ihrem Werk „Schönes Bild der Resignation“ (1795) nicht akzeptiert. Im 1. Teil auf S. 143 entwickelt die Hauptfigur Eugenie in ihrem Aufsatz die Genese der adligen Geschlechter vor dem Hintergrund der Französischen Revolution: „Daher kam es, daß der anfangs so edle, so gerechte Stolz auf den Nahmen und die Verdienste eines großen Mannes in beleidigenden Uebermuth der Enkel ausartete. Doch mag oft unter dem übertriebenen Stolze auf einen alten guten Nahmen auch etwas von der Verehrung der Tugend des alten Ahnherrn, und das, was die Römer pieté filiale nannten, mit eingemischt gewesen seyn.“

Brief 86 11

off- den 4 may 1795

dank theurer würdiger Freund für Ihren brief vom 28 - und für die hofnung Sie wenigstens einen 55 Abend in meiner Hütte, als in einer von der Herzlichsten verehrung angebotnen Herberge zu sehen der Himmel erleichtere jedes weh Ihres Lebens - Ihre nerven werden 10 10 nur unter Italiens Himmel eine art herstellung - ruhe und Kräfte erhalten - und dieß solten den Herbst 1795 unternommen werden O wie gerne werde ich Sie über

4. Mai 1795

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Sophie von La Roches Haus in der Domstraße in Offenbach am Main (rechts im Bild), das 1960 abgerissen wurde; siehe Brief 1 u. Brief 86 Komm. zu Zeile 4 (Archiv im Haus der Stadtgeschichte Offenbach M 46/34. Das Foto, das den Fotografen Jean Knöss als Urheber ausweist, entstand um 1938).

Brief 86 – 4. Mai 1795

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15 15 alles alles - sprechen hören - u Ihre

Fragen beantworten - biß dahin ist das Ex. der Resig. ergänzt und ich höre Sie ganz darüber - jezt freue mich - daß | | es Sie etwas zerstreute 20 20 Leßen Sie hier, das gedicht welches Ein Reichs Graf meinem Franz noch weyhte - schiken Sie mir es aber wieder - denn ich liebe es, wegen dem gegenstand 25 25 und dem verfasserGraf Volrat von Solms assenheim. Chlr- de la Lance ist sehr beglükt durch die güte von Darmstadt zurük gekommen - an beyfall für 30 30 Chateaubourg zweifelte nie - er ver dient es, ist auch voll verehrung, und dank adieu theurer theurer Freund! adieu von alt ergebner la Roche

FDH, Sig. Hs-6502 14 20 31

werde] werd{·}/e> hier] hier{*} ist] {-}/ist\

1 1 3 5

off-] Offenbach. 4 may] 4. Mai. vom 28] vom 28. April. Hütte] „Hütte“ ist Sophie von La Roches scherzhafte Bezeichnung für ihr schlichtes Haus in der Offenbacher Domstraße (siehe Brief 1 Komm. zu Zeile 4). In diesem Zusammenhang ist das Schreiben der römischen Dichtervereinigung „Arcadia“ vom 2. April 1790 zu erwähnen, in dem sie unter dem Namen „Artemia Sidonia“ als Mitglied aufgenommen wird (GSA, Sig. 56/89). Die Urkunde schmückt eine Vignette: Eine kleine Schilfhütte, Behausung der arkadischen Hirten, flankiert von zwei Lorbeersträuchern, bekrönt von einer Pinie, die ewigen Ruhm symbolisieren. Etwas schwingt von diesem arkadischen Motiv mit, wenn sie von ihrer „Hütte“ in der Offenbacher Villeggiatura spricht. Kunstschaffende mit Geist und Phantasie bedürfen keiner repräsentativen Bauten. Italiens Himmel] Die Korrespondenzpartner haben eine gemeinsame Italienreise im Herbst ins Auge gefasst (siehe Brief 84 Komm. zu Zeile 36−38). Ex. der Resig.] Exemplar der Resignation.

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ergänzt] Petersen hatte am 2. April einen Teil der Korrekturbögen erhalten (Brief 85 Zeile 36). 20 gedicht] Der Einschluss ist nicht überliefert. Das Gedicht ist jedoch in „Mein Schreibetisch“ (1799), „Erstes Bändchen“, S. 56−59 abgedruckt: „Als Graf Volrat von Assenheim, Herrn Hengstenbergs Gedicht, an Henriette von Bülzingslöwen las, worin Er sich des Verlustes ihres Bräutigams, des HessenDarmstädtischen Jagdjunkers Franz von la Roche erinnerte. 1794“. 21 Reichs Graf] Gemeint ist Vollrath Graf von Solms-Rödelheim und Assenheim (siehe Zeile 26). Seine Schwiegermutter Elisabeth Gräfin Solms-Laubach machte ihn mit Sophie von La Roche bekannt. Im Sommer 1786 besuchte er die Schriftstellerin in Speyer. Anschließend stationierte er in Colmar, wo er in Pfeffels Militärinstitut ihren Sohn Franz kennenlernte. Es erfolgten wechselseitige Besuche und Briefe, die bezeugen, dass der Graf lebhaften Anteil an ihrem literarischen Schaffen nahm. Zweiunddreißig von Sophie von La Roche verfasste Briefe befinden sich in der Gräflich Solms-Laubachschen Bibliothek in Schloss Laubach (siehe Isenburg: Graf Volrat zu Solms-Rödelheim [1927], S. 120−124). 26 Solms assenheim] Das Stammschloss der Grafen Solms-Rödelheim liegt in Assenheim in der Wetterau. 27 Chlr-] Chevalier. 27−32 Chlr- de la Lance […] und dank] Der französische Emigrant Chevalier de la Lance komponierte Kammermusikstücke, von denen zwanzig Titel in der RISM-Serie A/I nachgewiesen sind. Vier Titel wurden im Offenbacher Musikverlag von Johann Anton André verlegt. Dabei handelt es sich um zwei Titel mit jeweils drei Instrumental-Trios für die Besetzung Violine, Violoncello und Pianoforte (RISM A/I: L 291 u. LL 292a), sowie ein großes Klavierquartett für Pianoforte, Violine, Viola und Violoncello (RISM A/I: L 297) und zwei Variationszyklen („Airs variés“) für Flöte oder Violine und Pianoforte (RISM A/I: L 296). Darüber hinaus ist eine Abschrift einer von de la Lance komponierten Vokalromanze mit Klavierbegleitung unter dem Titel „Derniers momens de Verther“ in der Musikaliensammlung der Landesbibliothek Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin erhalten (D-SWl, Sig. Mus. 3333/3; Nachweis in der RISM-Serie A/II: 240002971). Der Text der sechs Strophen stammt von dem französischen Emigranten Chevalier de Chateaubourg. Möglicherweise bezieht sich Sophie von La Roche hier auf eine Aufführung ihres Gemeinschaftswerks am Hof von Darmstadt (siehe Brief 84 Komm. zu Zeile 2). 30 zweifelte nie] zweifelte ich nie.

Brief 87 11

27. Juli 1795 offenbach den 27 Jully 1795

wollen Sie mein theurer Freund die güte haben - einen günstigen moment zu suchen - um bey der mir

Brief 88 – 2. September 1795

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so verehrungs als Liebenswürdigen Frau Landgräfinn durchlaucht - meine erinnerung zurük zu rufen, und Ihr dießes jüngste Kind meiner Feeder zu Füssen zu legen - der gedanke soll 10 10 mir süß seyn - wenn ich weiß das es die Edle Frau Leutseelig aufnahm Sagen Sie - das ich alle innige Wünsche für das vollkomenste Glük damit verbinde - und die bitte an die vorsicht hinzu 15 15 seze - das es für das ganze Leben dauren möge nicht unterbrochen werde, wie das glük einen Franz zu haben - bey Ihrer armen alten Freundinn LaRoche

FDH, Sig. Hs-6503 1 8 14

27 Jully] 27. Juli. jüngste Kind meiner Feeder] Gemeint ist der erste Teil der neuerschienenen Erzählung „Schönes Bild der Resignation“. vorsicht] Vorsehung. DW, Bd. 26, Sp. 1569.

Brief 88 11

den 2 7br 1795

da lieber theurer Freund einen brief - den Sie wie ich mit wehmut und vergnügen Leßen wer55 den - ich würde viel dazu schreiben wenn nicht jemand von dem bethmannischen Hauß gekommen wäre O Sagen Sie mir von Ihrem Wohl von Ihrem Herrn bruder zu Rhein 10 türkheim - ach er interessirt mich 10 und seine Kinder alle - und ver zeyhen Sie - ich möchte von Ihnen auch etwas, über meine Resignation wissen - adieu ich umarme Sie!

2. September 1795

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Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum

15 15 kommen Sie mit mir nach Weimar

auf acht tage - Leßen Sie Terphicore von Herder 2 bänd - u seine briefe über Humanitet - adieu in eile Ihre laRoche

FDH, Sig. Hs-6504 1 3 6f. 9f.

2 7br] 2. September. brief] Der Einschluss ist nicht überliefert. Der Zusammenhang ist unklar. bethmannischen Hauß] Gemeint ist die Familie von Bethmann-Metzler. Herrn bruder zu Rhein türkheim] Aus mehrmonatiger Gefangenschaft in Straßburg entlassen, zog Karl Ludwig Adolph Petersen im März 1794 mit Frau und Kindern zurück in die französisch besetzte Pfalz, wo die Familie im nördlich von Worms am Rhein gelegenen Ort Rheintürkheim Quartier fand. Das Haus der Familie in Speyer war 1793 vor der Abreise nach Straßburg veräußert worden. 15 Nach Weimar] Ihre Reise nach Weimar und Schönebeck an der Elbe fand im Sommer 1799 statt. 16f. Terphicore von herder 2 bänd] Terpsichore von Herder in zwei Bänden. Sophie von La Roche bezieht sich auf das zweibändige Werk Johann Gottfried Herders „Terpsichore“, das 1795 und 1796 in Lübeck und Jena erschien. Die drei Teile enthalten seine Übersetzungen der neulateinischen Dichtungen des Jesuiten Jakob Balde (1604−1668). 17f. seine briefe über Humanitet] Zu diesem Zeitpunkt waren sechs der zehn Sammlungen „Briefe zu Beförderung der Humanität“ erschienen (Riga 1793−1797). In „Mein Schreibetisch“ (1799), „Zweytes Bändchen“, S. 402f. hebt Sophie von La Roche einen Gedanken aus diesem Werk Herders hervor, der ihrem Denken vollkommen entspricht. Es ist die verheerende Wirkung der Leidenschaften auf die menschliche Psyche. „Ich verdanke jedem dieser Briefe schöne Tage, vorzüglich aber der weisen, belehrenden Abhandlung über den W a h n . Diese sprach wirklich für die wahre Humanität, und ist Wohlthat für den menschlichen Verstand; denn was störte von jeher den Gang und die Wirkung alles Guten, als der W a h n . Ich möchte auf allen Universitäten eigene Lehrstunden über diese Abhandlung stiften können, und würde glauben mehr zu seyn, als Minerva für die Griechen war.“ (Siehe Kapitel 6)

Brief 89 – 2. November 1795

Brief 89 11

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2. November 1795 offenbach den 2 nobr 1795

haben Sie dank theurer Freund! für Ihre gütige erinnerung aus der Ferne! der Himmel erhalte Sie, und gebe Ihnen eben so viel gesundheit und glükliche tage - als er Ihnen edle gesinnung, und geist gegeben Sie sind nun in gelegenheit - die gestirne erster größe - von unßerm Literarischen Horizont zu beobachten, und ich hofe Sie thun es - in Erfort, und Weimar - - - - dießes würde eine sehr artige verwendung Ihrer erlangten Freyheit seyn - und müßte Ihre erinnerungen verschönern - so wie das betragen des Herrn Erbprinzen - Ihnen das andenken an mühvolle Jahre versüßt Gott lasse jedes Saamen Körnchen welches Sie mit treuer hand in seine Seele legten wohl bewahrt, und ungehindert keimen wachsen, und einst Früchte tragen | | Edlen Ruhms, und edlen Fürsten Glüks - zu dem glük seiner lande amen - theurer Freund! nicht wahr Sie haben dem so edel gestalteten eine schöne güte volle Seele in seinen zügen tragenden Prinzen, von der wahren Fürsten größe gesprochen - verzeyhen Sie die Frage - ich weiß Sie haben es gethan = Gott erfülle alles was Sie wünschten und wolten - teutschland braucht wahres Fürsten verdienst - O wie erquikend wird Ihnen der abend Ihres lebens seyn - wenn Sie Zeuge des schönen Lebens, Ihres Fürstlichen Zöglings sind - - Gott wolle beydes = die guten nachrichten werden Ihnen wohl auch zukommen - die Providenz hat gütig für uns gewacht - und läßt uns ruhe

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40 40 hoffen - das betragen der Franken ist über

allen ausdruk abscheulich | | und unmenschlich - il est horible mon ami

45 45

il est triste de penser au Haut degrè de Culture d Esprit, et des beaux arts - et d’etre temoin de tout ce qui se passat depuis 6 ans - mon bon - mon Digne ami! ah taches de faire quelques observations sur les environs, du Pays ou vous etes - denken Sie Wieland - Göthe, Herder -

- - - - denken Sie das dieße bitte sich an

50 50 die betrachtung anschloß - über das we-

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nige gute = welches das Hohe Studium, des schönen in Frankreich wirkte - Pfeffel soll Ihre grüße haben denn ich konte bißher nicht schreiben weil ich die adresse vergessen hatte Frl- Picot möchte was von ihrem bruder wissen können Sie mir was melden - o so thun Sie es mögen Sie bey Ihrer zurükunft nicht vergessen das Sie mir die aussicht auf Ihren besuch zeigten | | mögen Sie dießes schöne versprechen aus Edelmütigkeit halten, weil Sie mich so glüklich machen würden Christiane ist zimlich wohl - sieht gut aus - muß aber mit der natur gedult haben - die ihr empfindliche nerven gab und es ist schwer die Knoten in diesen Fäden zu lößen adieu Herzlich - und bitte mir nur hie und da eine Sylbe zu schreiben wenn Sie noch nicht in weimar waren wenn Gräfinn Eglofstein noch da ist schreiben Sie mir es, und ich gebe Ihnen aufträge, an die höchstliebenswerthe Frau, und edlen Mann - auch an Wieland / nun ernsthaft adieu von alter la Roche wissen Sie das ich 2 th- Resig schreibe / hatte ich recht oder unrecht?

Brief 89 – 2. November 1795

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FDH, Sig. Hs-6505 13 27 63 1 3f.

artige]  tragenden] {z}/t\ragenden aus] a{*}/u\s

2 nobr] 2. November. erinnerung aus der Ferne] Petersen befand sich in Thüringen. Nach umfangreichen Vorbereitungen hatte Landgraf Ludwig X. am 22. September den Befehl zur Evakuierung des Darmstädter Hofs gegeben. Ein Rückzug in das befestigte Gießen wie im Jahr 1792 schien nicht geraten, da die französischen Truppen am 16. September den Rhein bei Neuwied überschritten hatten und durch die Nassauischen Fürstentümer weiter nach Süden vordrangen. Fluchtziel war daher das 225 km entfernte Eisenach im Herzogtum Sachsen-Weimar, wo die Herrschaften im Schloss am Markt, einer Nebenresidenz der Weimarer Herzöge, logierten. Das Gefolge kam in den Mietquartieren der Stadt unter. Herzog Carl August war zur Stelle, um seinen Schwager und dessen Familie zu empfangen. Am 17. Januar 1796 statteten die Darmstädter Fürstlichkeiten Weimar einen Gegenbesuch ab. Die politische Lage hatte sich Ende Januar insoweit entspannt, dass man an die Rückkehr nach Darmstadt denken konnte (vgl. Franz: Flucht vor der Revolution, S. 316−331; siehe Komm. zu Zeile 37−40). 8f. gestirne erster größe] Gemeint sind u.a. Christoph Martin Wieland, Johann Gottfried Herder, Friedrich Schiller und Johann Wolfgang von Goethe (siehe Komm. zu Zeile 42−48). 13 erlangten Freyheit] In Eisenach nimmt Petersen nach vierzehn Jahren Abschied von Prinz Louis, der in der Begleitung des Oberstleutnant Ernst Freiherr von Baumbach (Lebensdaten nicht ermittelt) nach Leipzig weiterreist, wo er sich für das Wintersemester immatrikuliert. Dies veranlasst Sophie von La Roche, Petersens Erziehungswerk der zurückliegenden Jahre zu würdigen und hoffnungsvolle Blicke in die Zukunft zu werfen (siehe Kapitel 4). 37−40 guten nachrichten […] uns ruhe hoffen] Die Kriegslage am Rhein hatte sich verbessert. In einer Gegenoffensive eroberten österreichische Truppen am 22. November das von den Franzosen besetzte Mannhein zurück. 42−48 il est horible […] ou vous etes] Frz.: „es ist entsetzlich, mein Freund, es ist traurig, an die hohe Stufe der Kultur, des Geistes und der Schönen Künste zu denken - und Zeuge dessen zu sein, was sich seit sechs Jahren abspielt - mein guter - mein würdiger Freund! Ach, versuchen Sie einige Beobachtungen in der Umgebung des Landes, wo Sie sind, zu machen.“ Die Nachrichten von den Grausamkeiten der französischen Soldateska erwecken bei Sophie von La Roche Zweifel an den irreversiblen Errungenschaften einer Kulturnation. Für dieses gewichtige Gesprächsthema sollte Petersen in Weimar – an einer Quelle deutschen Geistes − Material für einen Vergleich zwischen den Nationen sammeln. Dass mit „ quelques observations sur les environs“ keinesfalls nur gesellschaftliche Neuigkeiten über Land und Leute gemeint sind, geht aus der Analyse der Themenstränge hervor, welche die Korrespondenz mit Petersen durchziehen (siehe Kapitel 3 u. 7). Der Krankenbericht des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation bildet in dem Großtext ihrer Briefe einen starken Kettfaden.

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Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum

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Pfeffel] Gottlieb Konrad Pfeffel hatte nach Schließung seiner Militärschule 1793 vermutlich seinen Wohnsitz gewechselt. 56f. Frl- Picot […] bruder wissen] Siehe Brief 92 Zeile 41−45. 65 Christiane] Christiane Petersen. 74 Gräfinn Eglofstein] Henriette Sophie Freiin von Egloffstein (1773−1864) war seit 1788 mit dem preußischen Kammerherrn Gottlieb Friedrich Leopold Graf E. (1766−1830) verheiratet. Sie hatte im Oktober 1795 in Weimar ihr viertes Kind Carl August geboren. 77 Frau, und edlen Mann] Siehe Komm. zu Zeile 69. 77 Wieland] In Starnes: Wieland (1987), Bd. 2 findet sich kein Hinweis auf ein Zusammentreffen des Schriftstellers mit der Darmstädter Reisegruppe. 80 2 th- Resig] 2. Teil Resignation. Der zweite Teil der Erzählung „Schönes Bild der Resignation“ erschien 1796 in Leipzig. 81 recht oder unrecht] Der Zusammenhang ist unklar.

Brief 90 11

den 10 Fbr 1796

willkomm! Theurer edler Freund in der nachbarschaft - willkomm! mit tausend wünschen, das Ihnen 55 dieße bewegung - in allem recht wohl gethan haben möge und das Sie Ihre alte wohlwollende Freundschaft für mich - nicht zurükgelassen haben 10 leßen Sie dießen brief von meiner 10 Schwieger tochter - schiken Sie mir ihn bald wieder - u sagen mir ob / Sie nicht auf den Herbst 96 mit einer / recht guten reiße gesellschaft für ¼ 15 / der depense nach Rom wallfarthen wollten 15 von dießer Frage aber sprechen Sie niemand adieu in Eile Ihre Sie innig verehrende Freundin laRoche

10. Februar 1796

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Brief 91 – 31. März 1796

FDH, Sig. Hs-6506 1 5

10 Fbr] 10. Februar. dieße bewegung] Petersen war am 31. Januar 1796 mit dem Landgrafenpaar, der Entourage und dem Tross von Eisenach aufgebrochen und fünf Tage später wieder in Darmstadt eingetroffen. 10f. dießen brief von meiner Schwieger tochter] Es bleibt ungeklärt, ob es sich hierbei um einen Brief Elsina von La Roches aus den Jahren 1794 bis 1797 handelt, in dem sie ihrer Schwiegermutter ihre Eindrücke von New York und von den Reisen nach Albany berichtete. Es könnte sich auch um eines ihrer früheren Schreiben aus Rom handeln, wo sie 1790 mit ihrem Mann unter der sachkundigen Führung von Aloys Hirt mehrere Wochen verbracht hatte (siehe Brief 84 Komm. zu Zeile 38). In diesem Fall sollte der mitgesandte Brief Petersens Interesse an der in Zeile 14 genannten Reisegesellschaft wecken. Der Einschluss ist nicht überliefert. 14 reiße gesellschaft] Nicht ermittelt. 15 depense] Frz.: „Unkosten“.

Brief 91 11

31. März 1796 offenbach den 31 merz 1796

ich habe meinen theuren würdigen Freund etwas versäumt - aber gewiß Sie verzeyhen mir wenn ich sage, das ich einige tage nicht gerade zu krank 55 aber etwas unpäßlich war - und daneben eine der sonderbarsten erscheinungen auszuhalten hatte die möglich sind - nahmlich den besuch Einer Dame aus mähren, welche als lezte Erbin des großen Haußes Hohen Ems - zu ihrer Frau 10 Mutter reißte, um den, von den Lehen abge10 sonderten dörfern vorgestellt zu werden dieße Dame welche schon in dem besiz der Herrschaft KuneWald in mähren ist (wo die Wiege der Herrnhuter Gemeinden, in den mährischen Brü15 dern war) und dieße Gräfinn Truchseß Zeil, in 15 Folge einer mißlungnen Liebes Heurath - und verlohrnen tochter, eine Kranke Seele wurde, sich von ihrem Mann trennte, dießer seinen Sohn nach Zeil in Schwaben führte - und sie bey den mährischen 20 Brüdern trost | | 20 und ruhe in der einrichtung der Schulen aber eine beschäftigung fand - meine Pomona laß, mich lieb ge

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wann und nachdem sie - auf der reiße aus mähren biß HohenEms - alle Hernhuter, und auch alle erziehungs anstalten - dreßden, und weimar = Lavater, und Geßner besucht hatte auch mir zulieb auf einige Tage hieher kam - dieße frau hätte verdient, das ich Ihnen einen expres. geschikt Sie zu bitten hieher zu kommen - wieland und Herder haben sie während ihrem aufenthalt in weimar besucht - und ich bin sicher, sie angestaunt, als eine art moralisches Phenomen - wie sie auch mir, etwas ganz eigenes neues - im Physischen und moralischen war - und neu - Wielands grundsaz bestättigte - alles was möglich ist muß seyn! und erscheint bald hie bald da - also dieße frau, und der 3 band - briefe an Lina - störten mein schreiben an Sie - mein würdiger Schäzbarer Freund ungeachtet ich sogar eine | | angelegenheit in meinem Herzen herum trage welche ich Ihnen vorlegen wolte wenn Sie dieße zeiten gekommen wären der gnädige gruß ihro durchlaucht der Edlen Frau Landgräfinn = verleitete mich wenigstens dießer gütigen Fürstinn eine idèe vorzulegen welche mit der Composition, von dem schönen bild der Resignation verbunden war weil die idèe der gemahlin und des Sohns von dem Chevalier de Chateaubourg, den grund dazu machte weil der König gnade für mich gezeigt - und die beyde Prinzeßinen von meklenburg mir ehmals güte und wohlwollen bewießen - so bat ich den König um erlaubnis dieße blätter der Prinzeß von Preussen zu widmen - erhielt sie - und ich bekenne, daß ich durch die umstände meines ganz verlohrnen einkommens gezwungen war, auf eine Königliche gnade zu hoffen - dabey aber mir vorgesezt hatte - das geschenk auf eine edle weiße | | mit dem Kleinen Eduard Chateaubourg zu theilen ich ließ Exemplare - an die zwey Prinzeßinen gehen schriebe dazu - erhielt keine antwort, und - - - jezo mein Freund! hat mich das Kostgeld, von dem jungen bethmann, und seines hofmeisters - nebst dem, was ich, für den ersten und 2 theil der Resignation erhielt - biß hieher gebracht - ich erwarte und wünsche nichts mehr für mich = aber ich bekenne

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Brief 91 – 31. März 1796

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wenn es möglich wäre - die zwey fürstinnen zu bewegen - im nahmen ihrer jungen Prinzen etwas für den kleinen Eduard zu thun - welcher eine so artige rolle in Resignation spielt - so würde ich mich glüklich achten - solte es nur eine Bonboniere für Einigen werth für den guten Knaben seyn - oder sonst was - aber ja nicht als ob die idèe von mir gekommen - eine Cadetten stelle, und den ertrag alle monat dafür O wie edel, wie großmüthig wäre das - - - theurer freund denken Sie nach - darf nicht dießer wunsch der edlen Frau landGräfinn zu füßen gelegt werden - Chevlier Chateauburg komt bald nach frankfort - mein Herz hängt an dem gedanken, sehen Sie - denken Sie - für das gute Kind - - und kommen Sie doch bald hieher, eine Stube ist Ihnen geweyht - u Nb- lassen Sie mich das

Portrait

von der frau landgräfinn sehen so in England gestochen wurde -

La Roche

FDH, Sig. Hs-6507 64 72 1 8

was] wa{*}/s\ Einigen] {d}/E\inige

31 merz] 31. März. Dame aus mähren] Gemeint ist Maria Walburga Josepha Cajetane Gräfin von Harrach-Hohenembs-Kunwald (1762−1828). Die vier Kinder aus ihrer Ehe mit Clemens Alois Reichserbtruchsess von Waldburg-Zeil (1753−1817) starben früh. Nach der Trennung von ihrem Mann lebte sie in Schloß Kunwald in Mähren, wo die bedeutenden Bibliotheken der Familien Hohenembs und Harrach Aufstellung gefunden hatten. Gräfin Maria Walburga erweiterte sie durch umfangreiche Ankäufe, darunter die Schriften der führenden zeitgenössischen Pädagogen. 1792 gründete sie in Kunwald eine Erziehungsanstalt für Jungen und Mädchen (siehe auch Brief vom 30. Januar 1785 an Elisabeth Gräfin zu SolmsLaubach [SAO, Sig. M24]). 9f. Frau Mutter] Gemeint ist Maria Rebekka Gräfin von Harrach-HohenembsKunwald (1742−1806), geb. Reichsgräfin von Hohenembs. 10f. abgesonderten] entfernt liegenden. 12f. Herrschaft KuneWald in mähren] Siehe Komm. zu Zeile 8. 13−15 die Wiege […] Brüdern war] Die am Urchristentum orientierte Religionsgemeinschaft der Mährischen Brüder (auch „Böhmische Brüder“ genannt) entstand im 15. Jahrhundert. Sie fand Eingang in die um 1722 in der Oberlausitz von Graf Nikolaus Ludwig von Zinzendorf (1700−1760) gegründete pietistische Herrnhuter Brüdergemeinde.

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Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum

Zeil in Schwaben] Das Renaissanceschloss Zeil bei Leutkirch am nördlichen Rand des Allgäus ist Stammsitz der Reichsgrafen von Waldburg und von Zeil. 21 einrichtung der Schulen] Es gibt keine Hinweise auf weitere Schulgründungen der Gräfin Harrach (siehe Komm. zu Zeile 8). 24 HohenEms] Gemeint ist das Renaissanceschloss der Reichsgrafen von Hohenembs im Vorarlberg. 1755 wurden in der Schlossbibliothek Teile des Nibelungenliedes entdeckt. 26 Lavater] Der reformierte Theologe und Schriftsteller Johann Kaspar Lavater (1741−1801) − ab 1786 Pfarrer der Kirche St. Peter in Zürich − stand europaweit mit bedeutenden Persönlichkeiten in brieflichem und persönlichem Kontakt. 1775−1778 entstand sein in Zürich und Winterthur gedrucktes Hauptwerk „Physiognomische Fragmente. Zur Beförderung der Menschenkenntnis und Menschenliebe“. 26 Geßner] Siehe Brief 18 Komm. zu Zeile 60f. 28 expres.] Expressen. Frz.: „Kurier, Eilboten“. 29 wieland] Christoph Martin Wieland. 30 Herder] Johann Gottfried Herder. 32 eine art moralisches Phenomen] Mit Umsicht und Konsequenz hatte es Gräfin Harrach vermocht, ihre pädagogischen Ambitionen in die Tat umzusetzen. Diese Charaktereigenschaften standen Sophie von La Roche gleichermaßen zu Gebot, doch im Gegensatz zu der vermögenden Dame von Stand war sie mittellos. Der virtuos lancierte Einsatz ihrer persönlichen Beziehungen reichte nicht aus, eine Akademie in Neuwied zu errichten (siehe Heribert Risse: Ende einer Affaire. Sophie von La Roche und Christoph Martin Wieland in den Neuwieder Akademieplänen. St. Katherinen 2008). 34−36 Wielands grundsaz […] hie bald da] 1749 immatrikulierte sich Wieland an der Universität Erfurt zum Studium der Philosophie. Er wohnte bei dem Medizinprofessor Johann Wilhelm Baumer (1719−1788), einem Verwandten seiner Mutter, der ihn mit der Philosophie von Gottfried Wilhelm Leibniz (1646−1716) und Christian Wolff (1679−1754) bekannt machte. Bereits 1750 kehrte er nach Biberach zurück, wo er in Liebe zu seiner Cousine Sophie entbrannte und sich mit ihr verlobte. In dieser Periode ließ er sie an seinen gewonnenen Erkenntnissen u.a. über die Leibnizsche Theodizee teilhaben. Ihren schriftlichen Ausdruck fanden sie in seinem naturphilosophischen Lehrgedicht „Die Natur der Dinge“, das ohne Angabe des Verfassers 1752 in Halle erschien. In Wielands Einleitung heißt es: „Da die höchste Vollkommenheit der Welt darinn bestehet, daß sie die Vollkommenheiten Gottes so viel als möglich abbildet; so kann eine Welt, worinn nur ein einziges mögliches Bild der Gottheit, so schwach und schatticht es auch seyn mag, vermißt wird, die vollkommenste nicht seyn. Es fehlet ihr eine mögliche Schönheit, eine Nachahmung Gottes, eine Realität, welche mit den übrigen sehr verträglich wäre. Dieses ist es, warum wir in unsre Welt alle Möglichkeiten eingeschlossen haben.“ (S. 5 der unpaginierten Einleitung; siehe Brief 163 Zeile 12−14). 37 der 3 band] der 3. Band. 37 briefe an Lina] Gemeint ist der letzte Band von Sophie von la Roches Werk „Briefe an Lina als Mutter. Ein Buch für junge Frauenzimmer die ihr Herz und ihren Verstand bilden wollen“, das 1797 bei Heinrich Gräff in Leipzig erschien.

Brief 91 – 31. März 1796

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idèe der gemahlin] Gemeint ist die Vorstellung von dem Schicksal der in Frankreich zurückgebliebenen Ehefrau Chateaubourgs. Sophie von La Roche schrieb vom 13. Januar 1793 an Elisabeth Gräfin Solms: „gerne möchte ich - das Sie einen der schönsten Männer landsmann von der Sevignè Graf Chateaubourg sehen könten, der mit der vortreflichsten Miniatur arbeit sich geld verdienen will […] o beste Fürstinn wenn der miniatur mahler das bild seiner Frau und seines Kindes zeigt [...] man wird unglüklich mitten in seiner erhaltnen ruhe -“ (SAO, Sig. M24 [80]; siehe Kampf: Sophie von La Roche Briefe [1965], S. 44f.; siehe Brief 84 Komm. zu Zeile 2). 50 der König gnade für mich gezeigt] Der preußische König Friedrich Wilhelm II. hatte Anweisung zum Kauf der zweiten Auflage der „Pomona“ geben lassen (siehe Brief 77 Zeile 5−7). 50−52 beyde Prinzeßinen […] wohlwollen bewießen] Gemeint sind die Prinzessinnen Luise und Friederike von Mecklenburg-Strelitz, die bis zu ihrer Verheiratung im Dezember 1793 zeitweise unter der Obhut ihrer Großmutter Landgräfin Marie Luise Albertine in Darmstadt lebten. 53 Prinzeß von Preussen] Im ersten Band der „Resignation“ steht die gedruckte Widmung zwischen Titelblatt und Text an die Erbprinzessin Luise von Preußen, geb. Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz: „An die Prinzeßin von Preußen. Bildhauer werden Euer Königlichen Hoheit die Gruppe der G r a z i e n weihen - : I c h lege den Auszug aus dem Leben einer verdienstvollen Frau mit allen den Gefühlen zu Ihren Füßen, mit welchen sich eine Griechinn, in den schönen Zeiten ihres Vaterlandes, dem Altare der Tugend näherte, und die Stufen mit Blumen bestreute. - Gott erfülle jede Hofnung, mit welchen die Preußischen Staaten auf Eure Königliche Hoheit blicken, und alle Wünsche, welche für HöchstDero Leben und glückliche Tage gemacht werden! Möchten Eure Königliche Hoheit dieses Gelübde gnädigst aufnehmen von Dero alten, unterthänigsten Dienerinn, Wittwe von La Roche.“ 55f. die umstände meines ganz verlohrnen einkommens] Siehe Brief 109 Komm. zu Zeile 65 u. Zeile 71f. 59 Kleinen Eduard Chateaubourg] Siehe Komm. zu Zeile 48. 60 Exemplare] Gemeint sind Buchexemplare ihres Werks „Schönes Bild der Resignation“ (1795/96). 64 2 theil] 2. Teil. 68 ihrer jungen Prinzen] Gemeint sind die beiden erstgeborenen Söhne Friedrich Wilhelm (1795−1861) und Friedrich Ludwig (1794−1863) von Erbprinzessin Luise und ihrer Schwester Friederike von Preußen. 70 artige rolle] Eduard de Chateaubourg gab das Vorbild für den Sohn der Hauptfigur Eugenie in ihrem Werk „Schönes Bild der Resignation“ (1795/96). 71 Bonboniere] Frz.: „Pralinenpackung“. 74 eine Cadetten stelle […] monat dafür] Dem in Frankreich lebenden Sohn des Emigranten könnte der Sold einer hessen-darmstädtischen Kadettenstelle ausbezahlt werden. 77 Chevlier Chateauburg] Chevalier Chateaubourg. 80 Nb-] Abkürzung von Nota bene. Lat.: „wohlbemerkt“. 80f. das Portrait von […] gestochen wurde] Es handelt sich um ein ovales, halbfiguriges Portrait der Landgräfin Luise, das sie nach rechts gewandt im Dreiviertelprofil zeigt. Der Kupferstich mit den Maßen 33,3 x 26,6 cm ist mit der Anga-

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be „Painted by [Johann Heinrich, Anm. P.S.] Schroeder, engraved by Tho[ma, Anm. P.S.]s Burke, Engraver to His Serenec. Highness the Prince of HessenDarmstadt“ versehen. Das Blatt befindet sich im Besitz der Kurhessischen Hausstiftung (Nr. 1123 S. 96/106).

Brief 92 11

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den 15 april 1796 dank theurer Freund! für alles gute das Sie wollen, um einen wunsch meines Herzens zu erfüllen - Gott wolle uns beyde durch Krönung, der edelsten schönsten hofnung belohnen - ein so gutes rechtschafnes Herz arbeitet daran gewiß theurer würdiger freund gewiß wenn der Himmel uns in einer Kutsche reißen läßt - so gehen Sie würdiger Freude Ihres Geistes und beßerer gesundheit entgegen denn dießes land heilt alles nerven weh - O wie Seelig würde ich seyn Sie gesund Freudig, an meiner Seite in dießem einzigen land zu sehen - | | wenn Sie wahrhaft mein Freund sind - schreiben Sie mir doch einige Particulariteten von dem was die Liebenswürdige Herzoginn von Zweybruken betrift - ich bitte sie etwas das andre nicht so wissen ich liebte und verehrte diese frau ach Petersen. was ist leben und dieß was man Groß nennt? wie unsicher erstes - wie Klein das zweyte - zeugnis der güte in unßerer Seele - gefühl der kentnis in unßerm Geist das das allein - ist das beste Sie komen nicht in die Messe aber Sie kommen doch einmal, wenn

15. April 1796

Brief 92 – 15. April 1796

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35 35 der frühling ganz da - ganz wohl | |

thätig lächlend ist - u Sie wohnen einige Tage in meinem Hauß dann ist auch Caroline pfeffel hier nur 20 schritt von mir 40 40 etablirt hier ein Brief von Piquot der meine ist vor gestern mit dem bild meines Franz weg das gefühl des verlusts von Franz 45 45 wird dieß von dem tod des bruders durchkreuzen u den schmerz theilen adieu lieber Schäzbarer Mann! Gott erhalte Sie - und heile Sie kennen Sie Herders briefe 50 über die Humanitet? sie verdie50 nen Ihnen bekannt zu seyn adieu von alt laRoche

FDH, Sig. Hs-6508 17 1 4

gesund] ges{*}/u\nd

15 april] 15. April. wunsch meines Herzens] Sophie von La Roche spielt auf den Plan einer gemeinsamen Italienreise an (siehe Komm. zu Zeile 11f.). 8 rechtschafnes Herz] Gemeint ist der Briefpartner Petersen (siehe Zeile 2f.). 11f. wenn der Himmel […] reißen läßt] Der von Jugend an gehegte Wunsch, Italien, „das Vaterland der Wunder der Natur und der Künste“, zu sehen, erfüllt sich nicht. In der Nacht zum 28. Juni schenkt ihr ein Traum das Erlebnis einer Kutschfahrt entlang der neapolitanischen Küste („Mein Schreibetisch“ (1799), „Erstes Bändchen“, S. 363 u. S. 364f.). 21 Particulariteten] Einzelheiten. 21−23 von dem was […] Zweybruken betrift] Sie möchte Näheres über den Tod der einunddreißigjährigen Herzogin Auguste Wilhelmine von Pfalz-Zweibrücken (1765−1796) erfahren. Die Herzogin starb am 30. März in Schloss Rohrbach bei Heidelberg an ihrem Lungenleiden. Sie war eine Schwester der Landgräfin Luise von Hessen-Darmstadt. 23 sie] Sie. 33 Messe] Gemeint ist die Frühjahrsmesse in Frankfurt am Main. 38 Caroline pfeffel] Caroline Pfeffel sollte als Gesellschafterin in Offenbach untergebracht werden. François Mathieu Johannot (1759−1838), ein Nachfahre hugenottischer Glaubensflüchtlinge, war − wie späterhin auch die Söhne

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Charles, Alfred und Tony − Maler und Kupferstecher. In seinem Offenbacher Atelier entwickelte er den Steindruck als künstlerische Ausdrucksform. Petersen kannte die Pfeffelsche Familie seit seiner Tätigkeit als Lehrer in Colmar. 40 etablirt] untergebracht. 41 ein Brief von Piquot] Der eingeschlossene Brief von Charlotte de PicquotPinsack ist nicht überliefert. 45 tod des bruders] Nicht ermittelt. Der Bruder von Charlotte de Picquot-Pinsack war als Soldat im französischen Militärdienst gefallen. 49f. Herders briefe über die Humanitet] Sophie von La Roche wiederholt die Lektüreempfehlung in ihrem Brief vom 2. September 1795 (Brief 88 Komm. zu Zeile 17f.).

Brief 93 11

29. April 1796 den 29 april 96

verzeyhen Sie theurer lieber das Kleine blatt - und Sudlen aber die ostern der juden 55 pressiren mich heute haben Sie die güte wegen dem Menschen zu fragen, nach dem hier gefragt wird - und wegen Christiana Sind Sie ruhig 10 10 die Sache ist nicht so arg ich habe mit Frau Räthin gesprochen sie soll sich nur in dem Zimmer gedulden biß die Cur mit der so stark riechenden Salbe von Hoze 15 15 vorbey ist - morgen mehr von alter la Roche -

FDH, Sig. Hs-6509 3

Kleine] {*}/K\leine

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29 april 96] 29. April 1796. Sudlen] Schmieren. ostern der juden] Gemeint ist das Pessach-Fest der Juden. Der Brief wurde an einem Freitag verfaßt. Nach jüdischer Tradition findet an diesem Tag eine gründliche Säuberung des Haushalts statt. Sophie von La Roche könnte dem-

Brief 94 – 6. Juni [1796]

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nach den Frühjahrsputz in ihrem Haus gemeint haben. In Offenbach lebten zu dieser Zeit etwa hundert jüdische Familien (siehe Meissner: Die wirtschaftliche Entwicklung Offenbachs [1972], S. 24−26; Magistrat der Stadt Offenbach (Hrsg.): Geschichte der Juden in Offenbach am Main. Band 2. Von den Anfängen bis zum Ende der Weimarer Republik. Offenbach 1990, Bd. 2, S. 228−240). pressiren mich] treiben mich zur Eile. wegen dem Menschen] Nicht ermittelt. hier] Der Einschluss ist nicht überliefert. Christiana] Christiane Petersen war erkrankt (siehe Zeile 12−15). Frau Räthin] Frau Rätin Wrede beherbergte Christiane Petersen. Hoze] Der renommierte schweizer Arzt Johannes Hotze (1734−1801), sah sich 1795 (möglicherweise auch erst 1796) gezwungen, seinen Wohnsitz in Richterswyl am Zürichsee zu verlassen. Seine Schlichtungsversuche zwischen der aufständischen Bevölkerung und der Stadt Zürich hatten zur Folge, dass er selbst bei der Obrigkeit in Verdacht geriet. Hotze verbrachte seine letzten Lebensjahre in Frankfurt am Main, wo seine Tochter Regula (?−1835) mit dem Arzt Matthias de Neufville (1762−1842) verheiratet war. Dort begegnete ihm 1797 der reformierte Theologe und Schriftsteller Johann Ludwig Ewald (1748−1822): „Er vermischt soviel patriarchalische Einfalt mit dem feinen Geschmack unseres Jahrhunderts; so viel Liebe mit seinem männlichen Wesen, und so viel Demuth und ächte Bescheidenheit mit seiner Gabe, sich allbeliebt zu machen; daß man ihm alle seine schönen Eigenschaften verzeiht, − nicht nur verzeiht, sondern ihrer herzlich froh werden kann.“ (Johann Ludwig Ewald: Fantasien auf der Reise und bei der Flucht vor den Franken. Berlin 1797, S. 202)

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6. Juni [1796] den 6 Juny

ich freue mich mein theurer würdiger Freund! daß Sie in meiner Hütte zufrieden waren 55 aber der edle gute denkt so wie Sie - dank dem Schiksal das ich Sie kenne - das ich Sie zu schäzen weiß und das Sie mein Freund sind Freund meines Franz waren. 10 Möge dieße Kleine Reiße Ihnen 10 wohl gethan haben - Amen O was ist Italien - jezo vor eine idèe geworden - was die hofnung auf edle schöne unterstüzung | | 15 15 für mein hohes schönes glük des Lebens? Freund! warum wird

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alles vollkomne dießer Erde traum Sollen wir immer beweiße in uns fühlen - das unßere Seele - und das beste was sie zu denken u zu wollen vermag - nicht für diese welt ausführbar ist - und nur vor schmak, von dem bessern land ist wo sie einst leben soll - auch fingerzeig, das wir das beste, nicht außer uns sondern in uns finden müssen ach Freund! das suchen von trostgründen - beweißt - leiden und mangel an wohl - | | wissen Sie! das die frau Land gräfinn, mir ein gar zu schönes geschenk mit einem medaillon machte für meine Resignation - dieße Eine Fürstinn - dachte Fürstlich edel - gütig - für alte la Roche

Samstag den 28 may ist Caroline Pfeffel von hier weg nach frankfort - weil die Procedès dans la famille Joanot ihr unerträglich waren - seit dem habe nichts vor ihr 40 40 gehört - aber Johanot u Dorvilles desto mehr - hätte ich doch nicht angefangen! aber meine Julie | | Bondely auf deren Briefe ich Sie ein lade - sagt

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L’enragerie de la bienveuillance m’a jouè un tour - je serais à l’avenir Sur mes gardes - adieu bon, Digne et Cher ami - de Sophie la Roche revenes - et j’irais avec vous par mer et par terre / ma Fille aussi

FDH, Sig. Hs-6575 36

den 28 may] 

Brief 94 – 6. Juni [1796]

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6. Juni [1796] Die Datierung des Briefs auf das Jahr 1796 ergibt sich aus Zeile 38f. Caroline Pfeffel verließ die Familie Johannot, in der sie erst Ende April 1796 aufgenommen worden war (Brief 92 Zeile 38−40). Auch Zeile 13f. weist auf das Jahr 1796 hin: Das französische Heer besetzte Oberitalien. 1 6 Juny] 6. Juni. 12 Italien] Der Plan zu einer gemeinsamen Italienreise musste aufgegeben werden. Unter dem Oberbefehl von Napoleon Bonaparte (1769−1821) hatten die Franzosen Mitte Mai die Lombardei und Mailand eingenommen. Anschließend drangen die Truppen nach Süden gegen den römischen Kirchenstaat vor. 22f. vorschmak] Vorgeschmack. 33 meine Resignation] Siehe Brief 87 Zeile 8f. 35 Waagerechter Strich nach Zeile 35. 36 28 may] 28. Mai. 37f. Procedès dans la famille Joanot] Frz.: „Betragen der Familie Johannot“. 40 aber Johanot u Dorvilles] Lies: aber von den Johannots und den d’Orvilles. 40 Dorvilles] Der aus einer hugenottischen Familie stammende Kaufmann Jean George d’Orville (1747−1811) war Mitinhaber der Schnupftabakfabrik in Offenbach, die 1733 von den aus Straßburg zugewanderten Gebrüdern Bernard gegründet worden war. Seine Frau Jeanne Rahel (1751−1822) war eine geborene Bernard. Beide Familien bewohnten ein 1775 erbautes Palais in Sophie von La Roches unmittelbarer Nachbarschaft. 41 hätte ich doch nicht angefangen] Sophie von La Roche hatte sich um die Unterbringung von Pfeffels Tochter Caroline in Offenbach bemüht (siehe Brief 92 Komm. zu Zeile 38−40). 1797 wurde diese im Haus von Johann Georg Schlosser aufgenommen (Pfannenschmid: Pfeffel’s Fremdenbuch [1892], S. 33f.). 43f. auf deren Briefe ich Sie einlade] Die Briefe ihrer verstorbenen schweizer Freundin Julie Bondeli liegen als Proben weiblichen Genies auf ihrem Schreibtisch: „Beweisen sie nicht die alte schöne Wahrheit, daß die Natur keinen Unterschied der Seelen machte. Nur unterschiedliche Erziehung wirkt. Da man bey uns die schwache, bey den Knaben die starke Seite der Anlage des Geistes und des Charakters vorzüglich anbaut.“ („Mein Schreibetisch“ (1799), „Zweytes Bändchen“, S. 187f.). Die geistreichen Briefe sollten als Fetisch guten Einfluss auf Sophie von La Roches eigenes Schreibvermögen nehmen (S. 141; siehe Claudia Bamberg: Zwischen Souvenir, Freundschaftsgabe und Erkenntnisobjekt. Die Andenkensammlung der Sophie von La Roche im Kontext von Empfindsamkeit und Spätaufklärung. In: Monika Lippke, Matthias Luserke-Jaqui, Nicola Roßbach (Hrsg.): „bald zierliche Blumen bald Nahrung des Verstands“. Lektüren zu Sophie von La Roche. Hannover 2008, S. 141−168). 45−50 L’enragerie […] ma Fille aussi] Frz.: „Die Versessenheit, unbedingt Gutes tun zu wollen, hat mir einen Streich gespielt - ich werde in der Zukunft auf der Hut sein - Leben Sie wohl guter, würdiger und lieber Freund von Sophie la Roche. Kommen Sie wieder, und ich würde mit Ihnen zu Wasser und zu Lande gehen/ meine Tochter ebenfalls.“ 50 ma Fille] Luise von Möhn.

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offenbach den 30 Juny 1796 vergeben Sie theurer Freund! die versäumnis Ihnen die briefe der Frau von Clarenberg zurük zu senden ich antwortete gleich - daß die Stelle vergeben sey - und muß alles andre vergessen haben, vergeben Sie mir aber wie soll ich denen vergeben welche Sie chicaniren - wie denen welchen Ihnen verdruß machen? O mein theurer Freund! ich dachte Sie so glüklich - weil ich Sie mit gerechtigkeit behandlet achtete - und nun muß ich glauben, das wirklich alles gute und edle von der Erde verbannt ist - weil man Ihnen anlaß zu klagen giebt - ach wären die Franken nicht Meister von Italien | | geworden - wie schön würde unßer Herbst verflossen seyn: wie hart ist mir die aufgaabe, dieser Resignation! denn nach dem verlust meines Franz - ist dießer der größte - welchen mein Erde glük zu erdulten hatt - wenn der ver fasser des eingeschlossnen briefs (welchen er mir vorlaß) recht hat, so würde der 8br noch ein Frühlings monat für uns werden können - wenn das verhängnis nicht eine Laune an uns ausläßt du Frêne - hatt eigensinn - aber die leute haben so viel unglük zu tragen das man ihnen etwas verzeyhen muß. er sezte einen zu hohen | | preiß auf seine kleine bildchen sonst hätte er eine menge absezen können - ich hatte die idèe er solle unter / der hand nach Gesners zeichnung in den / Idyllen, eine Samlung machen u sie / für England bestimmen - wo Gesner so ge

30. Juni 1796

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/ liebt wird, ich wolte indessen unter / Engländrinen anzeigen lassen - das / eine solche liebliche Samlung Gesners zu / haben wäre und eine edle zierde / eines Damen Cabinets seyn würde indem / Geßners manier ganz genau beybehalten / sey - - - - aber er machte nur eins der Himmel Seegne den guten Pistor und Sie meinen theuren Freund zuerst ich hofe es solle in allem besser gehen als man | | glaubt - wenn nur die Note von der Kays. von Rußland recht wirkt ich muß aufhören - u wegen einem Enkel schreiben, dem man dem wahnsinn nahe glaubt - woran ein tolles Studiren des Kannt ursach seyn soll - adieu Edler Lieber würdiger Freund von Sophie laRoche /

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30 Juny] 30. Juni. Frau von Clarenberg] Nicht ermittelt. die Stelle vergeben sey] Der Zusammenhang ist unklar. chicaniren] böswillig Schwierigkeiten bereiten. Siehe Kapitel 3. Franken] Franzosen. Meister von Italien] Siehe Brief 94 Komm. zu Zeile 12. aufgaabe] auferlegte Übung. Resignation] Gemeint ist der Verzicht auf die Italienreise. verfasser des eingeschlossnen briefs] Der Briefschreiber ist nicht zu ermitteln. Der Einschluß ist nicht überliefert. 8br] Oktober. du Frêne] Marquis Du Fresne (Vorname und Lebensdaten nicht ermittelt) gehört zu einer Gruppe französischer Emigranten, die vom Prinz Condé an Sophie von La Roches Schwiegersohn Brentano empfohlen wurden. Sie waren 1792 in Frankfurt am Main bzw. Offenbach eingetroffen. Sophie von La Roche erwähnt ihn bereits in ihrem Brief vom 13. Januar 1793 an Elisabeth Gräfin Solms: „Marquis du Frêne der nun bei einem Kupferstecher als landschaftszeichner arbeitet“ (SAO, Sig. M24 [80]). Seine Zeichnungen dienten den Kupferstiche im ersten Band von „Schönes Bild der Resignation“ als Vorlage. In ihrem Werk „Schattenrisse abgeschiedener Stunden in Offenbach, Weimar und

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Schönebeck im Jahr 1799“ (1800) erwähnt sie seine „prächtigen“ Zeichnungen der Wartburg auf S. 35. 38−48 ich hatte die […] beybehalten sey] Sie schlägt dem Emigranten Marquis Du Fresne vor, die Illustrationen der 1773 in Zürich erschienenen Ausgabe der „Contes Moraux et Nouvelles Idylles“ des Schweizer Autors und Kupferstechers Salomon Gessner für eine zu veranstaltende ähnliche Ausgabe nachzuahmen (siehe Brief 18 Zeile 61f.; Brief Sophie von La Roches an Elisabeth Gräfin Solms am 21. Juni 1791 [SAO, Sig. M24 (72)]). 49 Pistor] Der russischer General Pistor (Vorname und Lebensdaten nicht ermittelt) gehörte dem Hessen-Darmstädtischen Hofstaat an. Landgraf Ludwig X. hatte seine Bekanntschaft während seines Aufenthalts in Russland 1773−1775 gemacht. „Ein steifer, pedantischer Mann, der ehedem in Rußland für einen gelehrten Militär gegolten hatte, aber schon seit vielen Jahren außer Aktivität war.“ (Du Thil: Denkwürdigkeiten [1921], S. 72) 51−53 es solle in allem […] als man glaubt] Der Zusammenhang ist unklar. 53f. die Note der Kays. von Rußland] Datum und Inhalt des Bulletins, in dem sich die russische Zarin Katharina die Große (1729−1796) vermutlich über den französischen Aggressor äußerte, sind nicht zu ermitteln. 54 Kays.] Kaiserin. 57 Enkel] Gemeint ist Clemens Wenzeslaus Brentano (1778−1842), der zweitälteste Sohn ihrer Tochter Maximiliane, der zum Zeitpunkt des Briefs in seinem Frankfurter Elternhaus lebte. Im Frühjahr 1797 immatrikulierte er sich als Student der Kameralistik an der Universität Halle. 59 ein tolles Studiren des Kannt] Der achtzehnjährige Clemens Brentano verzweifelte bei dem Versuch, sich das schwer fassliche philosophische System Immanuel Kants (1724−1804) im Selbststudium anzueignen. In mehreren deutschen Städten boten aus diesem Grund ausgemachte Kenner in Vortragsreihen eine Einführung in seine Werke an. Der Schriftsteller und Jurist Friedrich Bouterwek (1765−1828) hielt im Herbst 1794 in Darmstadt vor einem Kreis Gebildeter Vorlesungen zu diesem Thema (siehe Esselborn: Darmstadt und sein Hof zur Zopfzeit [1915], S. 191f. und S. 233). Es ist denkbar, dass sich dazu auch die Gebrüder Petersen einfanden. Wie Zeile 59f. zu entnehmen ist, lehnte Sophie von La Roche die idealistische Philosophie entschieden ab: „mich dünkt die Philosophen gehen auf schönem weeg irre - und treten gutes nieder, ohne gutes zu thun - denn ist sie anders möglich als im ideal - die reine uneigennüze moral u wie soll sie in die Seele der menge?“, schrieb sie am 13. Februar 1799 an Petersen (Brief 123 Zeile 44−52). Sie sah sich durch Streitschriften ihres Freundes Johann Georg Schlosser bestätigt, der heftige Kritik an der Philosophie Kants äußerte („Platos Briefe“ (1793/94 u. 1795), bzw. „Schreiben an einen jungen Mann, der die kritische Philosophie studieren wollte“ (1797). Beide befürworteten die Popularphilosophie seines Gegners Christian Garve (1742−1798), der in seinen Aufsätzen den erzieherischen Impetus der Aufklärung aufnahm und lebensnahe, moralische Direktiven gab. Aus Brief 98 Zeile 19−21 u. Brief 128 Zeile 54f. kann auf ihre Lektüre von zwei Spätschriften Kants − „Zum ewigen Frieden“(1795) und „Anthropologie“ (1798) − geschlossen werden (siehe Kapitel 6).

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Brief 96 – 12. September 1796

Brief 96 11

12. September 1796

offenbach den 12 7br 1796

nur wenige zeilen - theurer würdiger Freund! wünsche - das die Freude, Ihren Eleve, und Hofrath Lerse zu sehen 5 und das land, und die Gegend und menschen - Ihrer gesundheit wohl thun mögen - denn mit Ihrer Seele, brauchen Sie nichts 10 10 als gleichgewogne Kräfte des Cörpers wünschen Sie mir, einen ruhigen abend meines lebens - und die edle Freude Sie imer als meinen Freund zu denken, und manchmal zu sehen alt Sophie la Roche 15 den| Herrn Petersen -| geheimer Regierungs Rath - von| Hessen Darmstadt| in Leipzig

FDH, Sig. Hs-6511 1 5

12 7br] 12. September. Eleve] Frz.: „Schüler, Zögling“. Im Sommer 1796 entschloss sich Petersen, Prinz Louis in Leipzig zu besuchen. Das Fourierbuch des Weimarer Hofs (Thüringisches Hauptarchiv Weimar, Großherzogliches Hausarchiv E, Nr. 45) gibt Auskunft über die Personen der Reisegruppe, welche auf dem Hin- und Rückweg in Weimar bei der Schwester des Landgrafen von Hessen-Darmstadt, Herzogin Luise von Sachsen-Weimar, stationierten. Neben Petersen − er wird als „Geheimer Regierungsrath von Petersen“ aufgeführt, obgleich seine Nobilitierung erst 1809 erfolgte − gehörten dazu die Geschwister des Prinzen, Luise, Friedrich, Gustav und Emil sowie die Oberhofmeisterin von Schrautenbach, die Hofdame Charlotte von Bülow, drei weitere Hofdamen, Oberhofmeister Duchatel, der Oberhofschenk von Uttenrodt mit Frau, Leibmedikus Georg Thom mit Frau, ein Kanzlist, ein Capelldirektor, drei Kammerfrauen, zwei Garderobefrauen, zwanzig Bedienstete und und zehn Dragoner. Auf der Hinreise logierten die Reisenden in Weimar im Jägerhaus bzw. im Gasthof „Erbprinz“ vom 29. bis 31. Juli. Am ersten Tag waren sowohl bei der Mittagstafel als beim Souper neben der Herzogin Luise auch Goethe und der französische Emigrant Comte Dumanoir anwesend. Auf der Rückreise machte man wiederum Rast in Weimar. Dem Fourierbuch zufolge tafelte diesmal auch Herzog Carl August mit seinen Gästen. Die Eintragung vom 18. November lautet: „Durchl. Herrschaf-

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ten speißeten heute mittag sämtl. im Palais [bei der Herzoginmutter Anna Amalia, Anm. P.S.]. War adelicher ball und durchl. Herrschaften waren im Redouten Hauße von dem Hofjäger Hauptmann mit versorget.“ (Freundlicher Hinweis von Herrn Dr. Joachim Berger) Hofrath Lerse] Franz Christian Lerse, ein Jugendfreund Petersens, hielt sich als Hofmeisters des Grafen Fries in Leipzig auf, der seit 1794 an der dortigen Universität immatrikuliert war (siehe Brief 74 Zeile 35f.). Mit letzterem stand Erbprinz Louis in freundschaftlicher Verbindung. Im Mai 1797 reisten beide mit ihren Gouverneuren zu einem Besuch nach Weimar. In Goethes Tagebuch steht unter dem Datum des 4. Mai die Notiz: „Früh Lerse und v. Baumbach“ und am Folgetag: „Frühstück bey mir. Prinz v. Darmstadt. Gr. Friese“ (Goethe: Werke. Weimarer Ausgabe, III. Abtl., 2. Bd., S. 66). gleichgewogne Kräfte des Cörpers] Siehe Brief 100 Komm. zu Zeile 11−14. in Leipzig] Petersens Aufenthaltsort in Leipzig oder Umgebung ist nicht bekannt. Der Prinz bewohnte ein ländliches Quartier außerhalb der lebhaften Messestadt. Grund dafür mochte u.a. seine anhaltend schlechte Gesundheit gewesen sein. Schwarzes Siegel.

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den 3 des jahrs 1797

Es ist mir nicht genug mein würdiger Freund! von Christiana zu wissen, das Sie wieder mein 55 Nachbar sind - ich muß Ihnen selbst Willkomm sagen - muß Ihnen schreiben das ich innig wünsche der Himmel Gebe Europa Frieden - und meinem theuren edlen Freund Petersen 10 Gesundheit - amen 10 Sie glauben wohl, daß sich der wunsch anschließt Sie einmal wieder zu sehen und zu höhren es giebt so viel text von allen seiten, über welchen man 15 15 nur mit einem edlen geistvollen Mann reden kann - | | Leipzig muß doch was für Sie geweßen seyn - mögen Sie auf dießer Reiße würze - für lange Winter 20 20 Tage gesamlet haben - und süße stärkende erinnerung, in Ihren

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beobachtungen, des theuren zöglings Ihrer Seele - wie fanden Sie Lerße? wie Wieland würde ich fragen wenn Sie auf der bank in meiner Hütte neben mir säßen - doch eins frage schriftlich wie gefällt Ihnen Schillers Musenalmann 97 - über die Xenien schrieb jemand / Göthe und Schiller haben das Publicum / mit einer Schüssel voll teufels drek bewirthet der abscheu- | | / lich stinkt - doch haben sie das Nest / zimmlich rein gehalten - - - - bitten Sie Ihren Herr bruder nebst meiner empfelung - mir doch in den Xenien dieß zu erklären was den Wieland betrift seite 208 - Prosaische Reimer wieland wie reich ist dein Geist! das kann man nun erst empfinden sieht man wie fad, und wie leer dein Caput mortuum ist Sie mein edler unschäzbarer! und vorgezogner Freund! geben Sie mir Ihren Seegen zu den briefen von dem See oneida Gott Seegne Sie und Ihr leben - biß zu | | einem schönen Heitren Abend, ohne schmerz und ohne trauer Sie bitte ich in dem nehmlichen allmanach seite 34 die Klagen der Ceres wo auf seit- 39 wo der dichter zeigt das durch eine pflanze auf dem grab der geliebten noch verbindung zwischen Mutter und Kind sey - Sie- Sie werden fühlen das ich da an die Graßhalmen dachte die auf dem Grab meines Franz wachsen aber wie kann ich außdrüken was ich dabey fühlte - adieu bester Freund und erneutes Leben und wohlseyn nach wünschen alter la Roche

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Graßhalmen] Graßhal{l}/m\en

den 3 des jahrs] den 3. Januar des Jahres. wieder mein Nachbar] Petersen war mit den Fürstenkindern und den sie begleitenden Hofbediensteten nach halbjährigem Aufenthalt in Leipzig Ende November 1796 wieder nach Darmstadt zurückgekehrt. 7f. der Himmel Gebe Europa Frieden] Ihr Friedenswunsch zum Jahreswechsel bezog sich auf die zu erwartenden kriegerische Auseinandersetzung zwischen Frankreich und Österreich in Norditalien, die knapp zwei Wochen später am 14. und 15. Januar in der Schlacht von Rivoli ausbrachen. Bonapartes Italienfeldzug endete siegreich mit dem Frieden von Campo Formio am 17. Oktober 1797. 18−23 mögen Sie auf […] Ihrer Seele] Aus dem Brief des Erbprinzen Louis an Petersen vom 3. Januar 1797 geht hervor, dass Petersens Aufenthalt in Leipzig nicht so harmonisch verlief, wie Sophie von La Roche es erwartet hatte. Grund dafür könnte neben beider angegriffenen Gesundheit die gleichzeitige Anwesenheit des Landgrafen Ludwig X. sein, der im Juli 1796 vor den einrückenden Franzosen nach Leipzig geflüchtet war, wo er mehrere Monate in Schloss Kleinzschocher südwestlich der Stadt verweilte. „Daß Ihnen die Rückkehr nach Darmstadt, nicht anders als sehr erwünscht, seyn konnte, sehe ich nur zu gut ein, wenn ich mich in Ihre Lage denke; hier in Leipzig hatten Sie (:zu meiner größten Betrübnis:) wenig Veranlassung zur Freude; auch mir ist der hiesige Aufenthalt nicht ganz angenehm, wie Sie lieber Freund wohl wissen. Die Hauptursache dieses Misvergnügens ist, doch einzig und allein von Ihnen und allen andern mir teuren Personen getrennt zu sein, eine Nebenursache ist denn auch meine Gesundheit.“ (HSAD, Sig. D 4 713/8; siehe Kapitel 4). 24 Lerße] Petersen hatte seinen Jugendfreund Franz Christian Lerse als Hofmeister des jungen Grafen Fries in Leipzig angetroffen (siehe Brief 96 Komm. zu Zeile 5). 24 Wieland] In Starnes: Wieland (1987), Bd. 2 ist kein Zusammentreffen Wielands mit der Darmstädter Suite vermerkt. 28f. Schillers Musenalmann 97] Schillers Musenalmanach 1797. Gemeint ist der „Musen-Almanach für das Jahr 1797. Herausgegeben von Schiller. Tübingen 1796, bey Cotta. VIII und 303 Seiten in kl. 8. Mit lateinischen Lettern, und einem von Bolt gestochnen Titelkupfer“. 29 Xenien] Unter dem Titel „Xenien“ (Gastgeschenke) erschienen im „MusenAlmanach“ von Schiller und Goethe verfasste scharfzüngige Epigramme im Stil des römischen Epigrammatikers Marcus Valerius Martialis (Martial, um 40−um 103). Sie übten damit Kritik am literarischen Schaffen diverser Schriftsteller und Dichter in Deutschland. Es entbrannte daraufhin der „Xenienstreit“ zwischen den abgestraften Autoren und den Verfassern. 29−34 schrieb jemand […] rein gehalten] Sophie von La Roche gibt ihre eigene Formulierung wieder. In ihrem Brief an Graf Vollrath zu Solms-Rödelheim vom 31. Dezember 1796 schreibt sie: „Schiller und Göthe - haben im allmanach die Musen mit einer schüssel voll Teufelsdrek bewirthet, der abscheulich stinkt und ihnen Feindseeligkeit zuziehen wird. ohngeachtet sie das nest ziemlich rein gehalten haben“ (zitiert nach Isenburg: Graf Volrat zu Solms-Rödelheim [1927], S. 122).

Brief 98 – 9. Februar 1797

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Herr bruder] Hofprediger Georg Wilhelm Petersen. Sophie von La Roche vermutete offenbar einen religiösen Hintergrund des Begriffs „Caput mortuum“ und wandte sich deshalb an den Theologen (siehe Komm. zu Zeile 43). 38 Wieland] Christoph Martin Wieland, Goethes langjähriger Freund in Weimar, wird von der Spottlust der Xenien-Dichter nicht ausgenommen. Er antwortet ihnen mit einer siebzigseitigen Replik unter dem Titel „Parodien auf die Xenien. Ein Körbchen voll Stachelrosen den Herren Goethe und Schiller verehrt, mit erläuternden Anmerkungen zum Verstande der Xenien“, deren Druckkosten er selber bestritt. Ein anonymer Rezensent in Nicolais „Neuer allgemeiner deutscher Bibliothek“ bezeichnete Wielands literarische Replik als ein schwaches Machwerk ohne Geist (1797, 34. Bd., 1. Stück, S. 147f.). 39 Prosaische Reimer] Auf kleinstem Raum nimmt die Überschrift bereits das Acumen des Distichons vorweg (siehe Komm. zu Zeile 43). 43 Caput mortuum] Lat.: „toter Kopf“. „Caput mortuum, ein alchemistischer Ausdruck, der den nach einer Destillation in der Retorte bleibenden Rückstand bezeichnet. Man verglich die Masse mit einem todten Kopf, aus dem die Destillation den Geist, den Spiritus, ausgetrieben hatte.“ (Jöns Jakob Berzelius: Lehrbuch der Chemie. Aus der schwedischen Handschrift des Verfassers übersetzt von F[riedrich] Woehler. 10 Bde. Dresden, Leipzig 1833−1841, hier Bd. 4, 2. Abteilung [1831], S. 825) Sophie von La Roche hatte keine Lateinkenntnisse und folglich erkannte sie das Acumen des Distichons am Schluss des Pentameters nicht. Goethe und Schiller spielen auf Wielands antikisierte Romangestalten an. 46f. zu den briefen […] Oneida] Gemeint ist Sophie von La Roches im Entstehen begriffener Briefroman „Erscheinungen am See Oneida“, der 1798 in Leipzig bei Heinrich Gräff in drei Bändchen erschien. 52 Klagen der Ceres] Lies: Klagen der Ceres zu lesen. Ceres ist eine römische Fruchtbarkeitsgottheit. Sie wurde als Göttin des Ackerbaus und der Feldfrüchte verehrt. Sophie von La Roche schreibt am 17. Januar 1797 an Friedrich Schiller, um ihm persönlich für das Gedicht im „Musen-Almanach für das Jahr 1797“ zu danken: „das Sie meinen Seegen auf die Stunde annehmen, in welcher die Klagen der Ceres aus Ihrer Feeder kamen“ (GSA, Sig. 83/341). Auch ihr Lesepublikum von der tröstlichen Wirkung des Gedichts auf ihr Gemüt („Mein Schreibetisch“ (1799), „Erstes Bändchen“, S. 75−78). 52f. wo auf seit- 39 wo der dichter] Lies: wo auf Seite 39 der Dichter.

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9. Februar 1797 offenbach den 9 Fbr 1797

Einer der ärgsten Catharre - läßt mich nicht viel denken - aber hatte doch das gefühl meines Herzens nicht angegriffen, den ich Freute mich ungemein einen brief von Ihnen zu sehen haben Sie dank theurer edler Freund! Für dieße wahre Freude - und für die nachricht

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daß Sie besser sind - und für jeden buchstaben der in den worten liegt welche mir die dauer Ihrer Freundschaft sichern - denn es verbinden unEndlich Seelige gefühle damit - die mir neu Die hofnung zeigen, das der abend meines Lebens schöner seyn wird als der morgen und mitag nicht seyn konnten - Sorgen Sie theurrester meiner freunde Für Ihre gesundheit - schenken Sie dem ärger über Fürsten Kinder nicht den geringsten theil Ihrer ruhe Und Ihres wohlseyns - denn Ach - warum ist es | | von dem allmächtigen der uns alle hersezte, immer zugelassen worden - das der einzele, in allen Ständen anlage - u Freyheit hatte, in der moralischen Welt zu seyn was er will u kann= O wie Seegnete ich Eulern u Sie über dieß was Ihr brief von Ihrem Erbprinz u Friederich von oranien sagt = warum hatten andre fürsten Söhne keine solchen Freunde ihrer jugend! ich habe Schlözers außzug der geschichte neu geleßen - wie viele Stellen - wie viele auf tritte der Menschheit u jahrhunderte beweißen das unßere Leidenschaften, und unßer Wissen auch einen immerwährenden Kreißlauf machen wie die Sonne - Mond u Sterne ich kann nicht viel fortschreiben oneida ruft mich - da leßen Sie die gewagte | | beschreibung des gebieths der Seele - u sagen Sie mir was ich hätte lassen sollen - thun sollte und recht machte ich schreibe bald wieder u Freue mich alle tage Ihrem Frühlings besuch näher entgegen zu kommen adieu Edler Schäzbarer Freund von alter laRoche Sophie Bethmann wird als Frau v. Schwarzkopf an Ihrem Hof erscheinen - geben Sie ein bißgen acht / ich schike einen brief aus liefland mit wo eine artige anectode von Paul dem I enthält bitte ihn bald zurük -

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1 9 Fbr] 9. Februar. 2 Catharre] Katarrh. 15f. ärger über Fürsten Kinder] Petersen war mit der Erziehung der beiden jüngeren Fürstensöhne betraut: Prinz Georg war zu diesem Zeitpunkt siebzehn Jahre alt, Prinz Friedrich Gustav neun Jahre. 19−21 das der einzele […] will u kann] Die Formulierung deuten auf eine Beschäftigung mit Kants Altersschrift „Zum ewigen Frieden. Ein philosophischer Entwurf“ von 1795 (2. erweiterte Auflage 1796) hin (siehe Brief 95 Komm. zu Zeile 59; siehe Kapitel 6). 22 Eulern] Gemeint ist der Mathematiker, Bibliothekar und Prinzenerzieher Johann Friedrich Euler (1741−1800). Er stammte wie Petersen aus Zweibrücken. Über Eulers Ausbildung ist nichts bekannt. Sicher ist, dass er sich eine Reihe von Jahren in Berlin aufhielt, bevor er 1776 als Erzieher der beiden Söhne des Niederländischen Statthalters Wilhelm V. von Oranien nach Den Haag ging. Die Mutter seiner Schützlinge Wilhelm Friedrich (siehe Brief 67 Komm. zu Zeile 78) und Wilhelm Georg Friedrich (1774−1799) war Prinzessin Friederike Sophie Wilhelmine von Preußen, Tochter von Prinz August Wilhelm Prinz von P. (1722−1758). Wie im Fall Petersens bestand ein enges Vertrauensverhältnis zwischen dem Regierungsrats, der Fürstin und dem Erbprinz. Letzteren stand Euler in späteren Jahren als Sekretär zur Seite. Wie Petersen schien auch er kränklicher Natur zu sein (David Hess: Johann Caspar Schweizer. Ein Charakterbild aus der Zeit der französischen Revolution. Eingeleitet und hrsg. von Jakob Baechthold. Berlin 1884, S. XXVII). Seine hervorgehobene Stellung wird durch seine ab 1782 ausgeübte Tätigkeit als Kryptologe der Statthalterfamilie unterstrichen. Für die 1795 von den Franzosen vertriebenen Oranier war die sichere Verschlüsselung der versandten Botschaften eine Überlebensfrage. Ihr Netzwerk war weit gespannt: Wilhelm V. und seine Frau befanden sich in Hampton Court als Gäste der englischen Königsfamilie, Prinz Wilhem Friedrich lebte am preußischen Hof, etliche ihrer Verwandten harrten in Den Haag aus, und die Exiloranier waren über ganz Deutschland verteilt. Euler starb 1800 in den Haag (Karl de Leeuw und Jan Bergstra: Cryptology in the Dutch Republic. A case study. Amsterdam 2007, S. 358). Die Behauptung der Autoren, Euler sei ein Cousin des berühmten Schweizer Mathematiker Leonard Euler (1707−1783), wird nicht belegt. Sophie von La Roches Freund August Wilhelm Crome spricht in seiner Selbstbiographie (1833) von E. als von seinem „Gönner und Freunde“ (S. 188, siehe auch S. 106, 115, 233; siehe Kapitel 4 u. 6). Der „Regierungsrath Euler in Haag“ findet sich auf S. XIV der Subskriptionsliste zu Susanne von Bandemers „Neuen vermischen Gedichten“ (1802) (siehe Brief 57 Komm. zu Zeile 49). 23f. Friederich von oranien] Prinz Wilhelm Friedrich von Oranien-Nassau. Siehe Komm. zu Zeile 22; Brief 67 Komm. zu Zeile 78. 25 Freunde ihrer jugend] Gemeint sind die loyalen, verständnisvollen Erzieher der Prinzen (siehe Kapitel 3 u. 4).

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Schlözers außzug der geschichte] Gemeint ist das Werk des Göttinger Geschichtsprofessors August Ludwig von Schlözer (1735−1809) „Weltgeschichte nach ihren Haupt Theilen im Auszug und Zusammenhange. Göttingen 1785“, das Sophie von La Roche in „Mein Schreibetisch“ (1799), „Zweytes Bändchen“, S. 385 als einziges bedeutendes Geschichtswerk ihrer Bibliothek nennt. In der Einleitung weist Schlözer auf den zyklischen Verlauf des historischen Geschehens hin. „Sie [die Weltgeschichte, Anm. P.S.] siehet Völker keimen, blühen, welken, und verschwinden: und Revolutionen, die den Erdkreis erschüttert […] wo sie die agierenden Personen vom Zufälligen entkleidet, und in das Wesentliche ihrer Handlungen eindringt, entdeckt sie überall eine auffallende Übereinstimmung und Ähnlichkeit […] sie findet, daß nichts neues mehr unter der Sonne geschehe […]“ (S. 9; siehe Kapitel 6). 27−31 wie viele Stellen […] Mond u Sterne] Diesen Gedanken führt Sophie von La Roche erneut im Zusammenhang mit der Erwähnung von Schlözers „Weltgeschichte“ in „Mein Schreibetisch“ (1799), „Zweytes Bändchen“, S. 387 an: „Sie gehen auch in einem Kreise umher, die Leidenschaften der Menschen, ihre Tugenden und ihre Fehler, wie ihr durch Erfahrung geübter Verstand heute noch mit ihnen durch das Gebiet des Wahns eilte, dem kleine Uebel unerträglich scheinen, und Abänderungen herbeyruft, wodurch oft nur größeres Weh über sie kommt. Arme Menschen, ihr quält euch, macht euch elend wegen Meinungen, welche Herrschsüchtige euch geben!“ 32 oneida] Sophie von La Roche schrieb an ihrem Roman „Erscheinungen am See Oneida“ (siehe Brief 97 Komm. zu Zeile 47f.). 33f. gewagte beschreibung des gebieths der Seele] Der beigefügte Manuskriptteil ist nicht überliefert. Darin schildert sie die inneren Befindlichkeit der Hauptfigur Emilie de Wattines, die ein einsames, hartes Leben fern jeder Zivilisation meistert. In einem undatierten Brief (vermutlich 1798) an Elisabeth Gräfin Solms bemerkt sie, dass hierbei die eigene Offenbacher Existenz ihre Vorstellungskraft beflügelt habe: „ich konnte mich lebhaft an die stelle einer Mutter, einer Gattinn stellen - konnte mir da ich wirklich in ansehung meines Geists und Herzens ganz allein - ganz Einsam hier leben - und da ich Gott sey dank bücher habe und liebe zu arbeiten, und mir zu helfen weiß, konnte ich wohl in Emiliens laage mich sezen - und die durch mein eigen Schicksal lebhaft erneuerte u hervor gerufne grundsaze auf Emilie anwenden - dem Himmel sey dank, meine feeder nahm den richtigen weg - denn meine gefühle, und ideen wurden nur in, und die Holz hütte auf die Insel gepflanzt - wirkten durch die innere wahrheit - auf das bild der darstellung - und machten Fürstin Elise zufrieden mit der alten Sophie Eine wahrhaft edle Seele zufrieden und mir Selbstzufriedenheit“ (SAO, Sig. M24). 42 Sophie Bethmann] Sophie von Bethmann-Metzler. 43 Frau v. Schwarzkopf] Frau von Schwarzkopf. Sie hatte im Dezember 1796 in Kassel den großbritannischen und kurbraunschweigischen Geheimen Kanzleiund Legationssekretär Joachim von Schwarzkopf (1766−1806) geheiratet. Er gilt als Begründer der deutschen Zeitungswissenschaft („Ueber Zeitungen. Ein Beytrag zur Staatswissenschaft. Frankfurt am Main 1795“).

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Brief 99 – 8. Mai 1797

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47 47

brief aus liefland] Der Verfasser des Briefs aus Livland könnte Sophie von La Roches Briefpartner General Christian Trosson sein, der in russischen Diensten stand. Katharina II. von Russland hatte ihm für seine geleistete Vermessungsarbeit mit einem Landbesitz in Livland beschenkt (siehe Brief 182 Komm. zu Zeile 38f.; Brief Sophie von La Roches an Jean André Deluc vom 30. Oktober 1798 [LBZS, Sig. 158 Nr. 4]). Der Einschluss ist nicht überliefert. artige anectode] Nicht ermittelt. Paul dem I] Paul I. Paul Romanow (1754−1801), Sohn von Katharina II. von Russland, bestieg im 17. November 1796 den Zarenthron. Er war in erster Ehe mit einer Schwester des Landgrafen Ludwig X., Prinzessin Wilhelmine von Hessen-Darmstadt (1755−1776), verheiratet.

Brief 99 11

8. Mai 1797 offenbach den 8 mai 1797

Erst seit gestern weiß ich ganz gewiß das mein edler Schäzbarer Freund Petersen in darmstadt ist - und noch mehr ich hörte daß Sie bey guter witterung nach frankfort und hieher 55 kommen gewiß glauben Sie an die Freude die ich haben werde Sie wieder einmal zu sehen und zu hören - denn wie lange ist es seit Ihrer lezten erscheinung und gewiß - glauben Sie auch an die hoffnung welche 10 ich habe Sie wieder ein kleines zimmer in meiner Hütte 10 einnehmen zu sehen - theurer! würdiger Freund! dießes alles sage ich abgebrochen - aber mit der Stimmen der vollkomsten Hochachtung, und Freundschaft unßere Christiane - ist schon jezt entzükt über die Idee 15 15 Sie zu sehen - Sie zeigte mir einen brief von dem Herrn bruder von Speyer - den Sie nun auch leßen werden Ach möge Er und die Seinige glüklich werden - ich kann nie - nie vergessen - das Er unter verdienstvollen Freunden meines Haußes war u ich - so schöne tage 20 20 seiner gesellschaft fand Kennen Sie die Erb Lehe Herrschaft osmanstedt - u Schloß bey Weimar an der Ilm - Wieland hat sie gekauft - Seltenes Schiksal für einen Poeten in teutschland - adieu und hoffnung Sie zu sehen - von der alt dankbar ergebnen La Roche /

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FDH, Sig. Hs-6514 1 8

8 mai] 8. Mai. lezten erscheinung] In ihrem Brief vom 9. Februar 1797 (Brief 98 Zeile 38) hatte Sophie von La Roche den „Frühlings besuch“ ihres Freundes erwartet. 12 Stimmen] Stimme. Verschreibung. 16 Herrn bruder von Speyer] Nach seiner Rückkehr in die französisch besetzte Pfalz übernahm Karl Ludwig Adolph Petersen für kurze Zeit die Verwaltung der Salinen in Dürkheim und Kreuznach. Der Zusatz „von Speyer“ dient Sophie von La Roche hier zur Unterscheidung von weiteren drei Brüdern, die gemeint sein könnten. 17 Er und die Seinige] K. L. A. Petersens erste Frau war im Frühjahr 1794 an den Folgen einer Frühgeburt gestorben (Petersen: Chronik [1895], 1. Teil, S. 21). 1798 heiratete er in zweiter Ehe Friederike Hermanny, Tochter eines Kreuznacher Salinenbesitzers. 19 meines Haußes] Während ihrer Speyerer Jahre von 1780 bis 1786 waren die La Roches mit der Familie des damaligen Rechtskonsulenten Petersen eng befreundet (siehe Kapitel 2.4). 21 Erb Lehe] Erblehen. Ein Bauernlehen, für das alle Rechte und Verpflichtungen des Lehnsrechts gelten, ausgenommen die Verpflichtung zu Ritterdiensten. 21 Herrschaft osmanstedt - u Schloß] Gut Oßmannstedt liegt auf halber Strecke zwischen Weimar und Apolda. Das Gutshaus ist „Teil eines unvollendeten Schlosskomplexes nahe der Ilm, dessen Bau 1756 wahrscheinlich unter Leitung von Johann Georg Schmidt aus Dresden begonnen und nach dem Tod des Bauherren Heinrich Graf Bünau 1762 eingestellt wurde. […] Von den geplanten Baulichkeiten nur ein vierflügeliger Trakt an der Westseite und ein Abschnitt des entsprechenden Traktes an der Ostseite eines Ehrenhofes fertiggestellt.“ (Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Thüringen. Bearbeitet von Stephanie Eißing, Franz Jäger u.a. Hrsg. in Zusammenarbeit mit dem Thüringischen Landesamt für Denkmalpflege. München 1998, S. 948) 22 Wieland hat sie gekauft] Am 15. März 1797 verpflichtete sich Christoph Martin Wieland gegenüber der Gemeinde Oßmannstedt zum Kauf von Wohnhaus, Garten, Ackerland und Wald für 22.000 Reichstaler. 22f. Seltenes Schiksal] Nicht allein Sophie von La Roche äußerte sich kritisch über den Kauf des Landgutes, dessen Bewirtschaftung der Schaffenskraft eines Schriftstellers und Poeten abträglich sein musste. Den Aufzeichnungen Karl August Böttingers zufolge gab auch Wieland beim Wiederverkauf des Gutes im April 1803 letztendlich zu: „Ich hätte dies Gut wol eigentlich nie kaufen sollen. Die Reise in die Schweiz, der ländliche Aufenthalt am reizenden Zürcher See hatten den längst im Stillen genährten Wunsch, ein Landmann zu werden, zu lebhaft in mir aufgeregt. Die Fee Fantasie oder Mab spielte mir einen ihrer bösen Koboltstreiche.“ (Zitiert nach Starnes: Wieland [1987], Bd. 3, S. 587)

Brief 100 – 14. Juni 1797

Brief 100 11

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10 10

15 15

20 20

25 25

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14. Juni 1797

den 14 Juny 1797 ich schriebe so eben an Fräulein von Bode - kann ich Darmstadt denken - ohne an den Schäzbarsten edelsten meiner Freunde zu denken, ohne mir zu sagen wie lange - lange hörte ich nichts von Geheimen Rath Petersen - warum wird bey dießem Mann, der schöne Wunsch der alten nicht erfüllt / dein Cörper sey gesund wie / deine Seele - theurer theurer Freund! warum | | höre und sehe ich nichts von Ihnen ach wie sehr erinnert mich dießer mangel, an den verlust meines Franz denn wenn dießer lebte wäre ich in darmstadt und könnte alle Tage wissen wie Sie sich befinden und wie Sie denken für alte Freundinn laRoche /

FDH, Sig. Hs-6515 1 2f.

14 Juny] 14. Juni. Fräulein von Bode] Caroline von Bodé war Hofdame der Landgräfin Luise von Hessen-Darmstadt (siehe Brief 73 Komm. zu Zeile 6). 11−14 der schöne Wunsch […] deine Seele] Das Zitat nimmt Bezug auf einen Satz in der 10. Satire des römischen Schriftstellers Decimus Junius Juvenalis (um 60− nach 127). „Orandum est, ut sit mens sana in corpore sano“ ist mit „Man bitte um einen gesunden Geist in einem gesunden Körper“ zu übersetzen. Sophie von La Roche gibt hier und in späteren Briefen eine spielerische Variante der Sentenz an (siehe Brief 101 Zeile 20−22; Brief 108 Zeile 74f.; Brief 117 Zeile 20f.; Brief 161 Zeile 23f.; Brief 177 Zeile 43f.). Dass auch der chronisch kranke, oftmals deprimierte Petersen das antike Zitat in abgewandelter Form im

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Munde führte, geht aus dem Brief des Erbprinzen Louis an ihn vom 17. Februar 1796 hervor: „Sie sagen daß ohne einen gesunden Körper, die Seele wenig wirken könne“ (HSAD, Sig. D 4 713/6). Es bleibt Vermutung, ob der Erzieher damit das Credo der Basedowschen Erziehungslehre wiedergeben wollte, die körperliche Ertüchtigung und geistige Entwicklung des Kindes gleichermaßen befördern möchte (siehe Kapitel 2).

Brief 101 11

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10 10

15 15

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den 23 Juny Mein theurer würdiger Freund! ich wolte Ihnen einen großen brief schreiben aber es war nicht möglich Für den moment welchen der gute Chevalier Du Frêne wünschte - der Himmel gebe Ihnen und dem Schäzbaren Herrn Pistor die Freude, den guten unglüklichen gutes zu thun - mein 3 band an lina wird nun bald fertig - dann schreib ich nichts mehr als briefe an meine liebe | | Freunde, und Sie Sie müssen wissen das Sie in die erste stelle gehören adieu Edler - lieber Mann Gesundheit des Cörpers, wie die welche der Himmel Ihrer Seele gaab, ist der einzige wunsch den man für Sie zu machen hatt laRoche | | tausend an Fräulein von Bode - ich antworte nächstens selbst

23. Juni [1797]

Brief 101 – 23. Juni [1797]

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wissen Sie das daß Directorium

30 30 in Paris die Koniginn v Neapel bewundert -

FDH, Sig. Hs-6599 23. Juni [1797] Der in Zeile 12 erwähnte dritte Band von Sophie von La Roches Werk „Briefe an Lina als Mutter“ deutet auf 1797 als Entstehungsjahr des Briefs hin. 1 23 Juny] 23. Juni. 7 Chevalier Du Frêne] Der französische Emigrant Marquis Dufresne bestritt als Zeichner und Buchillustrator seinen Lebensunterhalt in Offenbach (siehe Brief 95 Komm. zu Zeile 49). 10 Herrn Pistor] Siehe Brief 95 Komm. zu Zeile 49. 10f. den guten unglücklichen] Gemeint sind die in Darmstadt und Offenbach lebenden französischen Emigranten. 12 3 band an lina] 3. Band an Lina. „Briefe an Lina als Mutter. Ein Buch für junge Frauenzimmer die ihr Herz und ihren Verstand bilden wollen von Sophie von La Roche. Dritter Band. Mit einen Kupfer von Penzel. Leipzig, 1797. Bey Heinrich Gräff“. 20−22 Gesundheit des […] Seele gaab] Siehe Brief 100 Komm. zu Zeile 11−14. 26 tausend] tausend Schönes. Siehe Brief 5 Zeile 17f. 26f. Fräulein von Bode] Caroline von Bodé war die Hofdame der Landgräfin Luise von Hessen-Darmstadt (siehe Brief 73 Komm. zu Zeile 6). Die Zeilen stehen kopfständig auf der ersten Seite links unten. 29−31 das daß Directorium […] Neapel bewundert] Königin Maria Karolina galt als die eigentliche Herrscherin von Neapel-Sizilien (siehe Kay Kufeke: Himmel und Hölle in Neapel. Mentalität und diskursive Praxis deutscher Neapelreisender. Köln 1999, S. 183). Die Habsburgerin, Schwester von Königin Marie Antoinette, zeigte sich unerschrocken gegenüber dem französischen Aggressor, der ihrem Königreich immer bedrohlicher wurde. Im Einverständnis mit dem fünfköpfigen Direktorium der Revolutionsregierung ließ Napoleon Bonaparte Tochterrepubliken auf italienischem Boden errichten. Aus der ehemaligen Adelsrepublik Genua entstand die am 14. Juni 1797 ausgerufene „Ligurische Republik“. Das Staatsgebilde der am 29. Juni 1797 gegründeten „Cisalpinen Republik“ umfasste die heutige Lombardei, einen Teil der Emilia Romagna sowie die nordwestliche Toskana. 30 Koniginn v Neapel] Königin von Neapel.

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Brief 102 11

4. Juli 1797 den 4 Jully 1797

Sie bekommen mein Edler theurer Freund! einen klage brief - warum - O warum kommen Sie nicht weder hieher noch in die nachbarschaft 55 Nun kommen schöne tage, schöne abende schenken Sie der Freundschaft einige davon theurer Rechtschafner Mann! Sie verbinden wohltat für mich damit, und verschönern den abend meines Lebens - der so einsam 10 10 und beynah so ohne den, meiner Seele nöthigen umgang verfließt - als ob ich auf einer Sandbank wohnte - kommen Sie - leßen Sie die corespondenz unßers großen Wieland von 1760 - biß jezt - mit Ihrer Sie Herzlich verehrenden Freundinn La Roche 15 lohnen Sie mich durch Ihren besuch 15 für erlittenes weh - und Seegnen Sie mich ein zu der erziehung meiner drey jüngsten Enkelinen die zu end dießes monats zu mir kommen - adieu bester mann!

FDH, Sig. Hs-6516 9

einsam] ein{*}/s\am

1 4 Jully] 4. Juli. 4 nachbarschaft] Petersens Schwester Christiane lebte in Offenbach. 12f. leßen Sie […] biß jezt] In der ersten Junihälfte des Jahres 1760 unterrichtete Sophie von La Roche ihren Freund Wieland, der zu dieser Zeit die Stelle eines Kanzleiverwalters der Stadt Biberach bekleidete, von ihrem bevorstehenden Umzug in das nahegelegene Schloss Warthausen (vgl. Starnes: Wieland [1987], Bd. 1, S. 172; Christoph Martin Wieland: Wieland, Christoph Martin: Briefwechsel. Hrsg. von der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Institut für deutsche Sprache und Literatur; seit 1968: durch Hans Werner Seiffert; ab 1975: Hrsg. von der Akamie der Wissenschaften der DDR durch Hans Werner Seiffert; ab 1990: Hrsg. von der Akademie der Wissenschaften, Berlin, durch Siegfried Scheibe; ab 1993: Hrsg. von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften durch Siegfried Scheibe. 19 Bde. Berlin 1963–2007, hier Bd. 2, S. 2f.).

Brief 103 – 20. Juli 1797

16 18

erlittenes weh] Gemeint sind der Tod des Sohnes Franz sowie ihre prekäre finanzielle Situation. drey jüngsten Enkelinen] Gemeint sind Elisabetha (1785−1859), genannt Bettine, Ludovica (1787−1854), genannt Lulu, und Magdalena (1788−1861), genannt Meline. Die drei jüngsten Töchter der 1793 verstorbenen Maximiliane Brentano besuchten für vier Jahre das von Ursulinen geleitete Klosterpensionat in Fritzlar bei Kassel. Nach dem Tod des Vaters am 9. März 1797 übernahm ihr älteste Halbbruder Francesco (1765−1844), genannt Franz, die Vormundschaft. Er vertraute die Erziehung der halbwüchsigen Vollwaisen der siebenundsechzigjährigen Großmutter an, welcher die damit einhergehende Geldzuwendung zustatten kam. Sophie von La Roches Enkelin Bettine, verh. von Arnim, gibt eine poetisch ausgestaltete Schilderung ihrer Offenbacher Jugendjahre in ihren Werken „Die Günderode“ (Berlin 1840) und „Clemens Brentano’s Frühlingskranz“ (1844).

Brief 103 11

20. Juli 1797

offenbach den 20 Jully 1797

nur mit wenigen Zeilen, dank meinem theuren edlen Freund Petersen - für den lezten brief - aber auch innige Bitte - ja so bald als möglich nach Wißbaaden zu gehen - weil 55 Doctor Hoze der aüßerst rechtschafne, und geschikte arzt da ist - geben Sie ihm dießen einschluß - Sie sehen zugleich eine seiner töchter aus zürch - u eine art auszug 10 teutscher menschen Kinder, aller art 10 O mein edler würdiger Freund! weißen Sie, die Zerstreuung für Ihren Geist - und lindrung Ihrer Cörperlichen übel nicht zu lange ab - gehen Sie bald hin nach Wißbaaden - Sie können ja 15 das wasser so Kühl werden lassen als Sie wollen 15 Schäzbarer theurer Freund! Gott Seegne jeden tropfen mit dopelter Heil Kraft - vielleicht giebt Ihnen in Maynz einen rendes vous Ihre alte innig ergebne Freundinn

20 20

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LaRoche

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FDH, Sig. Hs-6517 1 5 6 8 8f. 9 9 11 15

20 Jully] 20. Juli. Wißbaaden] Wiesbaden. Doctor Hoze] Gemeint ist der Schweizer Arzt Johann Jakob Hotze (siehe Brief 93 Komm. zu Zeile 14). dießen einschluß] Der Einschluß ist nicht überliefert. eine seiner töchter] Regula de Neufville, geb. Hotze (siehe Brief 93 Komm. zu Zeile 14). zürch] Zürich. auszug] erlesene Auswahl. weißen] weisen. das wasser so Kühl werden lassen] Wiesbadens zahlreiche Thermalquellen treten mit Temperaturen von 49 bis 67 Grad Celsius an die Erdoberfläche.

Brief 104 11

offenbach den 28 7br 1797

Eine anfrage an meinen theuren würdigen Freund Petersen werde ich Sie nicht sehen ehe Schne 55 und Eiß, meinen wunsch nach Ihrer erscheinung zu einer Sünde machen O warum nahmen Sie Ihren weeg nach wißbaaden nicht über offenbach wie viele Freude würde ich, und 10 10 die gute Christane genossen haben doch sagen wir uns wenn Er nur wohl, und vergnügt ist der Schäzbare Bruder - der unschäzbare Freund! aber Sie lassen uns auch 15 15 darüber in ungewißheit - und Sorgen können Sie das? Edelmütiger guter Mann! ich glaube es nicht, und schreibe die ursache deß | | schweigens den umständen zu 20 20 welche wie ich hoffe sich ändren werden = indessen habe ich mit dem vortreflichen Herrn von Wildermatt viel von Ihnen gesprochen - und mich Ihrer freundschaftlichen verbindung

28. September 1797

Brief 104 – 28. September 1797

25 25 gefreut - denn ich sage und fühle es

30 30

35 35

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/ L’amitiè ce Sentiment enchanteur / avec la quelle Seule le createur semble / aquitèr tout ce quil devait à ceux, qui / reçurent de Lui le jour, et une penible / existançe - O mein Freund!

versagen Sie dem Edlen Herrn von Wildematt die Freude nicht Sie im kommenden monat zu uns zu Führen - und bringen Sie meinen guten Swinburn mit | | aus welchem ich auszüge versprochen habe - Sie bekommen ihn wieder, und finden vielleicht etwas für die winter abende bey mir - leßen Sie den Spectateur du Nord? der ist fürtreflich - ich habe seine bekanntschaft durch einen der interessantesten Menschen gemacht dem Regierenden Herzog von Aremberg - welchem in dem alter von 25 Jahren seine augen auf einer jagd ausgeschossen wurden, und nun da er gegen 50 geht verliehrt er die belgische revolution alle seine Güther - kommt von 800/m gulden ein künfte - zu 8/m herab - hatt dieße nicht sicher, und seine Frau | | Frau Mutter, Gemalin u 4 Söhne zu besorgen - Er wohnt hier kommt oft in mein Hauß - u verdient daß Sie Freund eines Liebenswürdigen Prinzen - dießen Herzog kennen, und von ihm dann sprechen ich nenne mich nicht - aber ich werde es, als ein geschenk der großmuth Für mein Herz ansehen wenn Sie eine Stunde mir Ihren besuch schenken ich will sie dann eintheilen dieße Stunde auf erinnerungen für den winter - solte es die rechnung von 2553542800 geben wie die zal der idèen welche Haller unßerm

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Hirn zuschreibt - um so viel würde das andenken an Sie erneuert werden - adieu von Herzen - von alter laRoche

FDH, Sig. Hs-6518 67 1 8

viel] viel{e}

28 7br] 28. September. wißbaaden] Sophie von La Roche hatte Petersen empfohlen, den Schweizer Arzt Johann Jakob Hotze in Wiesbaden zu konsultieren (siehe Brief 103 Zeile 5f.). 19 umständen] Gemeint sind Petersens körperliche Leiden (siehe Kapitel 2). 22 Wildermatt] Die Person ist nicht eindeutig zu identifizieren. Es könnte der Schweizer Major Alexander Wildermett (1764−1819) aus Bienne gemeint sein, der wie sein Vater Sigismond W. (1739−1791) mit Sophie von La Roches Freund Jakob Sarasin aus Basel in Kontakt stand (Brief 37 Komm. zu Zeile 6). Möglich ist auch, dass hier eine Verschreibung vorliegt. Im „Hochfürstlich Hessen-Darmtädtischen Staats- und Adreß Kalender auf das Jahr 1796“ wird auf S. 20 Obristlieutenant Johann Henrich von Wildermuth angeführt. 26 L’amitiè ce […] penible existançe] Frz.: „Die Freundschaft, dies bezaubernde Gefühl, mit welcher allein der Schöpfer denen, die von ihm das Leben und eine mühsame Existenz erhielten, alle Schulden bezahlt.“ 32 Wildematt] Wildermett. Siehe Komm. zu Zeile 22. 34f. meinen guten Swinburn] Gemeint ist die zweibändige Reisebeschreibung des englischen Autors Henry Swineburne (1743−1803) „Travels to the two Sicilies by Henry Swineburne, Esq., In the years 1777, 1778, 1779 and 1780. London 1783/1785“. Der Titel der zweibändigen deutschen Ausgabe lautet „Reisen durch Beide Sicilien. Henr. Swineburne: Übersetzt mit Anmerkungen von Jo. Reinhold Forster. Hamburg und Halle 1785−1787“ (siehe „Mein Schreibetisch“ (1799), „Zweytes Bändchen“, S. 380). Auf ihren Reisen durch Europa wurden Henri S. und seine Frau Martha, die beide katholischer Konfession waren, von zahlreichen Monarchen empfangen. Kaiserin Maria Theresia verlieh Martha S. den Sternkreuzorden. Kaiser Joseph II. übernahm die Patenschaft für ihren gleichnamigen Sohn. Von 1786 bis 1788 hielten sie sich in Paris auf, wo ihr ältester Sohn als Page am Hof von Königin Marie Antoinette diente. 40f. Spectateur du Nord] Im Januar 1797 erschien in Hamburg das erste Heft der monatlich erscheinenden Emigrantenzeitschrift „Le spectateur du nord. Journal politique, littéraire et moral“ im Verlag von Pierre François Fauche (1763−1814), der einer Buchhändlerfamilie aus Neuchâtel entstammte. Herausgeber war der emigrierte Franzose Marie-Jean-Louis-Amable de Baudus (1761−1822). In der „Allgemeinen Literatur-Zeitung“ hebt ein anonymer Rezensent die Intentionen des Herausgebers hervor: „Sein Zweck ist, den verschiedenen Völkern Europens gegenseitige Achtung gegen einander einzuflößen, die Bande des Vertrauens und der Zuneigung zwischen den Regenten und Völkern von Neuem zu knüpfen, und das allgemeine Band, welches die Menschen unter einander verbindet, zu

Brief 105 – 28. Dezember 1797

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verschönern und fester anzuziehen. Um diese große Absicht zu erreichen, will er vorzüglich die engherzigen Nationalvorurtheile bekämpfen. […]. Ein solches Werk bietet sich von selbst den Erziehern an; der Herausgeber fordert sie auf, sich mit ihm zu gleichen Zwecken zu verbinden.“ (Nr. 375, 25. November 1797, Sp. 497; siehe Brief 192 Zeile 52−61) 44−52 Herzog von Aremberg […] nicht sicher] Herzog Ludwig Engelbert von Arenberg (1750−1820), Erbe großer Besitzungen in Lüttich und Chalons, verlor 1775 sein Augenlicht bei einem Jagdunfall. Im Herbst 1794 verließ er mit seiner Familie seine linksrheinischen Besitzungen, darunter Burg Arenberg in der Eifel und nahm Quartier in Offenbach. „seine Frau mutter und gemalin sind in Brussel um noch zu retten, was sie können“ Sophie von La Roche an Elisabeth Gräfin Solms am 24. September 1797 (SAO, Sig. M24 [138]; siehe Kampf: Sophie von La Roche Briefe [1965], S. 72). 48f. verliehrt er] verliert er durch. 49 belgische revolution] Im Frieden von Campo Formio von 1797 trat Österreich die österreichischen Niederlande an Frankreich ab, die 1793 und erneut 1794 von französischen Revolutionstruppen besetzt worden waren. 50 800/m gulden] 800.000 Gulden. 51 8/m] 8.000 Gulden. 52f. Frau Frau Mutter] Frau Mutter. Verschreibung. Luise Margarethe, geb. Gräfin von der Mark (Lebensdaten nicht ermittelt). 53 Gemalin] Luise-Antoinette von Lauraguais (1758−1812), Tochter von Ludwig Leopold von L., Herzog von Brancas. 53 4 Söhne] Prosper Ludwig (1785−1867), Philemon Paul Maria (1788−1844), Peter d’Alcantara Karl (1790−1877) und Philipp Joseph (1794−1815). 53 er wohnt hier] Die Unterkunft des Herzogs von Arenberg in Offenbach wurde nicht ermittelt. 54 kommt oft in mein Haus] Bettine Brentano, verh. von Arnim, erwähnt die häufigen Besuche des Herzogs von Arenberg im Haus ihrer Großmutter in „Clemens Brentano’s Frühlingskranz“ (1844), S. 16 u. S. 79f. 64−66 die rechnung […] Hirn zuschreibt] Der Schweizer Universalgelehrte Albrecht von Haller praktizierte ab 1753 als Arzt in seiner Heimatstadt Bern. Er behandelte mit Erfolg das nervöse Leiden von Sophie von La Roches Schweizer Freundin Julie Bondeli (siehe Brief 48 Komm. zu Zeile 14). Seine Forschungen über die Lebensvorgänge legte er u.a. in dem achtbändigen Werk „Elementa physiologiae corporis humani. 8 Bde. Lausanne, Bern 1757−1766“ dar. Die Textstelle bezüglich der „zal der idèen“ wurde nicht ermittelt.

Brief 105 11

offenbach den 28 xbr 1797 dank sey meinem theuren Freund für die nachricht von seinem befinden Gott wolle Ihnen bessere tage geben

28. Dezember 1797

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und mich Sie bald sehen lassen Amen hier das 2te bändchen der neuen Phantasien meines Herzens - denn Sie wissen schon lange, das mein Geist in meinen empfindungen, nicht im 10 10 denken wohnt - und wohl mir denn, das denken über wirklichkeit macht heut zu Tage nicht glüklich - nur die auschweifungen in das land deß möglichen guten - giebt uns heitre momente 15 bedauren Sie mich u Emilie Watinnes 15 daß der Künstler sie so abscheulich darstelte die holde Sittsame Frau - adieu Schäzbarer, und verehrtester Freund von Sophie la Roche /

FDH, Sig. Hs-6519 5 1 6

Amen] {a}/A\men

28 xbr] 28. Dezember. 2te bändchen] zweite Bändchen. Gemeint ist das „Zweyte Bändchen“ ihrer Erzählung „Erscheinungen am See Oneida“ (1798). Sophie von La Roche hatte schon zum Jahresende 1797 Autorenexemplare des Buch von ihrem Verleger Heinrich Gräff aus Leipzig erhalten. 8−10 das mein Geist […] denken wohnt] Siehe Kapitel 1. Den psychologischen Aspekt dieses Satzes untersucht Verena Ehrich-Haefeli: Gestehungskosten tugendhafter Freundschaft. Probleme der weiblichen Rolle im Briefwechsel Wieland − Sophie La Roche bis zum Erscheinen der Sternheim (1750−1771). In: Frauenfreundschaft − Männerfreundschaft. Literarische Diskurse im 18. Jahrhundert. Hrsg. von Wolfram Mauser und Barbara Becker-Cantarino. Arbeitsgespräch „Freundschaft im 18. Jahrhundert“ in Wolfenbüttel 1990. Tübingen 1991, S. 75−135, hier S. 118f.; siehe Sophie von La Roches an Elisabeth Gräfin Solms-Laubach vom Brief vom 25. Juni 1783: „den ich bin mehr Herz als Kopf - Möser sagte mir, ich solle zufrieden darüber seyn den das Herz berechne unendliche Größen - der Kopf nur endliche - dieser auspruch war ein Herrlicher Text für mich den ich sagte mir dann, der beste Geist ist der - welcher den Cirkel von pflichten in welchen Gott, ihn stelte getreu erfült und mich däuchte das alles was eine Frau zu thun hat, in dem würksamen gebieth des Herzens Liege daß so gar kein fall für unsern verstand denkbar ist, welcher nicht auf dießem Grund steht - und sonach bemühte ich mich um den Geist deß Herzens wenn ich so sagen kan“ (SAO, Sig. M24). 11 denken über wirklichkeit] Zum Ende des Jahres 1797 drückten Sophie von La Roche familiäre Sorgen: sie erhielt die Nachricht, dass ihr Sohn Fritz das Vermö-

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Brief 106 – 29. Januar 1798

gen seiner holländischen Frau in Amerika verspekuliert und die Familie zum zweiten Mal verlassen hatte. Die Eheleute kehrten getrennt nach Europa zurück. Fritz kam im Oktober1787 und im Januar und Februar 1798 zu Besuch nach Offenbach. Frankreich, England, Altona, Berlin, Dänemark und Peterburg waren Stationen seines weiteren Lebenswegs, bis sich seine Spur verwischt (siehe Lange: Empfindsame Abenteuer [1986], S. 55f.). Elsina von La Roche blieb mit drei Kindern bei ihrer Verwandtschaft in Nieulle in Frankreich, wohin ihr Sophie von La Roche am 26. Januar 1798 schrieb: „Comment donc pourrais-je faire quelque chose pour Elsy et ses enfant? […] croyez que l’idée de ce fils aîné ronge le frond de mon âme suffisamment“ („Wie könnte ich denn etwas für Elsy und ihre Kinder tun? […] Glauben Sie, der Gedanke an diesen ältesten Sohn zerfurcht die Stirn meiner Seele genügend.“ Zitiert nach Dresch: Lettres [1921], S. 22f.). 13f. in das land deß möglichen guten] Die Formulierung bezieht sich auf den utopisch anmutenden Charakter ihrer Erzählung „Erscheinungen vom See Oneida“ (1798). Sophie von La Roche gestaltet aus Berichten ihrer Schwiegertochter Elsina „eine Art intellektuelle[…] Robinsonade“ des französischen Emigrantenpaares Charles und Emilie de Wattines, das für vier Jahre fern der zivilisierten Welt auf einer Insel des Oneida Sees im Staat New York Landwirtschaft betrieb (siehe Touaillon: Der deutsche Frauenroman [1919], S. 164); Lange: Empfindsame Abenteuer [1986], S. 47−70). Zu Beginn des Werks auf S. 3 äußert sich der anonyme Erzähler zur Rolle der Künstlers als Vermittler: „Dichter schaffen mit ihrem Geiste das Mögliche, Große und Schöne, welches sie in der wirklichen Welt zu sehen wünschen; - und mein Herz sucht es auf, wo ich es zu finden hoffen kann. Neues lieben wir alle in Allem“ (zur vernunftgebundenen Ästhetik Sophie von La Roches siehe Andeas Jacob: Überlegungen zu Geschichtsphilosophie und Ästhetik bei Sophie von La Roche. In: Monika Lippke, Matthias Luserke-Jaqui, Nikola Roßbach [Hrsg.]: „bald zierliche Blumen − bald Nahrung des Verstands“. Lektüren zu Sophie von La Roche. Hannover 2008, S. 57−87, hier S. 80 f.; Kapitel 6). 15 Emilie Watinnes] Die französische Adlige Emilie de Wattines ist die seelenvolle, charakterstarke Hauptfigur des Romans. 16 daß der Künstler sie so abscheulich darstelte]  Die Kupferstiche in allen drei Bändchen stammen von dem Leipziger Zeichner und Kupferstechers Georg Christian Schule (1764−1816). Sophie von La Roche bezieht sich auf die Illustration auf dem Frontispiz, welche die Ankunft der schwangeren Emilie bei den Indianern darstellt. Eine Indianerin rafft deren mantelartiges Gewand zur Seite, so dass ihr Unterleib in hautengen Beinkleidern zu sehen ist.

Brief 106 11

29. Januar 1798

offenbach den 29 deß Jahrs 1798 da sind so schöne heitre wintertage! die weege gut, die luft stärkend für die Nerven - - - und ich sollte in einem dießer tage meinen theuren würdigen Freund - den Geheimen

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Regierungs Rath Petersen sehen - in meinem Hauße - wo ich ihm ein reinlich Zimmer und bett - meine gesunde Suppe u gemüß Herzliche verehrung, und Freundschaft anbieten kann Wird er nicht kommen? wird Er nicht an Schwester u Freundinn die güte beweißen, welche in seinem Herzen wohnt? kann Er 10 10 die Freude versagen welche in seiner Gewalt ist? O mein Schäzbarer Freund! horchen Sie auf die Stimme Ihres Herzens - und auf die bitten der unßern! überwinden Sie sich um des wohltuns willen! Freund! wenn Sie bitten versagen welche Sie erfüllen können - So will ich selbst an mir 15 15 zweiflen - und gewiß von keiner Menschen Seele was erwarten und mir sagen auch das mußte ich erleben, daß ende des wohlwollens - in der Seele eines der Edelsten Sterblichen - wie ich das blühende leben meines Franz überleben mußte - aber ach! wie ver20 schieden denn gerne hätte Franz seiner Mutter die Freude seines 20 lebens erhalten aber er konnte nicht - und Sie können Freude geben - adieu! Seegen auf Ihre tage - u alte begierde zu wohlthun - es machte Sie sonst so glüklich - theurer Freund! noch einmal Ihre Erscheinung in der Hütte von alt Sophie laRoche -

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à Monsieur| Monsieur Petersen - Conseiller Intime| de la Regençe| à| Darmstadt

FDH, Sig. Hs-6520 1 6

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29 deß Jahrs 1798] 29. Januar des Jahrs 1798. meine gesunde Suppe u gemüß] Im Gegensatz zu seinem asketisch schlanken Bruder Georg Wilhelm neigte Petersen zur Fülle. Sophie von La Roche bot ihm indessen keine besonderen Leckerbissen an, sondern eine der Gesundheit zuträgliche Hausmannskost, die mit ihrer disziplinierten Lebensweise einherging: „O es ist leicht mit mir leben - ich brauche wenig - essen meist nur Suppen Fragen Sie wer mich kennt“, schrieb Sophie von La Roche am 9. November 1798 an Wieland (GSA, Sig. 93/III 3, 16). Schon in ihrem ersten Roman „Geschichte des Fräuleins von Sternheim“ (1771) lässt sie die Hauptfigur sagen: „Wir brauchen Nahrung, um die Kräfte unseres Körpers zu unterhalten. Und diesen Endzweck der Natur können wir durch die simpelsten Speisen am leichtesten erreichen. Diese werden von dem kleinen Einkommen nicht zu viel wegnehmen, und wir folgen dadurch der Stimme der Natur für unsre Gesundheit, und geben zugleich unserm Schicksal nach, welches uns die Ausschweifungen unsrer Einbildung ohnehin nicht erlaubte.“ (Zitiert nach Becker-Cantarino [Hrsg.][1997], S. 164f.) Schwarzes Siegel.

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Brief 107 – 12. Februar 1798

Brief 107 11

12. Februar 1798 offenbach den 12 Fbr 1798

ich hoffe mein würdiger Freund! daß Sie, und Ihr edler begleiter, nach unßern wünschen glüklich angelangt sind besonders aber machte ich gelübde für Ihr wohlseyn - damit der 55 kleine ausflug Sie niemals reue - mir war Ihre erscheinung in meiner hütte, eben so werth und so bedeutend als jezo dem Landmann einfallende Straalen der wiederkehrenden frühlings Sonne seyn müssen - Er fühlt daß das Leben der Erde sich erneut - und ich fühlte neue versicherung des glüks, Ihres wohlwollens mit 10 10 dem erneuten genuß Ihres Geistes - denn o mein Freund! Ihre Seele - Ihr Geist, waren in vermehrten Kräften vor mir der Himmel erhalte Sie so - vergeben Sie meine erinnerrung an meinen ersten Freund - ach, ich muß an ihn denken - wenn ich den beweiß sehe daß Er mich auf guten 15 15 weg führte - weil ich da Ihrer Freundschaft würdig ward sagen Sie sich so dankbar sie sich an den geliebten erinnert - eben so an den Freund ihrer alten tage aber Sie sollen nicht mehr damit geplagt werden adieu lohn - durch Ihren edlen Erbprinzen, für dieß was Sie sind für alt Sophie laRoche / 20

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12 Fbr] 12. Februar. Ihr edler begleiter] Die Person kann nicht ermittelt werden. Petersen hatte Sophie von La Roche vermutlich in Begleitung des Erbprinzen besucht. ersten Freund] Mit siebzehn Jahren lernte Sophie von La Roche den Italiener Giovanni Lodovico Bianconi (1717−1781), Leibarzt des Augsburger Fürstbischofs, kennen. Dieser erteilte ihr Unterricht in Mathematik, Italienisch und Archäologie. Die Verlobung mit B. wurde 1749 auf Geheiß ihres Vaters gelöst. Freund ihrer alten tage] J. F. Chr. Petersen war in den fünfzehn Jahren ihrer Beziehung vom Agenten am Darmstädter Hof zum hochgeschätzten Gesprächspartner und Seelenfreund aufgestiegen (siehe Kapitel 2).

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den 16 Fbr Gestern mein, Freund! bringt mir ein brief aus berlin dieße Copien und die zeilen / der Regenten wechsel hat keinen einfluß auf mich als den allgemeinen, daß die ganze nation neu athmet - u neue Kraft fühlt - sich glüklich preißt, unter dem Väterlichen auge eines jungen Weißen Es ist unglaublich wie dießer junge König wahren Regenten Sinn - mit ächtem Menschen gefühl verbindet - wie Er an dem Geist der zeiten festhält, und durch einen adel der Seele, Seine würde feste gründet, nichts als weißheit eines Nestor, und Klugheit einen ulisses, ist bißher in seinen handlungen erschienen - und wenn er so fortfährt, so kann Europa sich glüklich preißen einen solchen Regenten zu haben, und die menschheit Stolz auf ihn seyn - wenn er immer im Sinn der 2 Cabinets ordres handelt | | dann kann nur der böße, und schlechte untherthan verliehren die an sämtliche Inspectoren gegebne weisung ist sehr bedeutend - und ich möchte Ihren, von allen menschen geliebten Erbprinzen darüber sprechen hören: Sie meinen theuresten Freund aber wünschte ich vorgestern in meine Stube als 2 Frankforter von der aussicht sprachen, daß sie dem H Landgraffen von Hessen Darmstadt anheim fallen solten - die Stadt soll sich von dießem oberherrn mehr gutes versprechen als von andren - - aber sie will auch bedingnisse machen - - - ich sah bey dieser Sache - den theil verändrung welche dieße Eke unßeres teutschlands mit dem reissenden Strom des ganzen trift - wünschte allgemeines gute, und freute mich innig | |

16. Februar [1798]

Brief 108 – 16. Februar [1798]

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bey dem gedanken - daß Sie mein edler würdiger Freund! in meine nachbarschaft kommen amen warum sagten Sie mir nicht - das Ihr Herr bruder Louis in England ist - es ist mir eine angenehme nachricht geweßen Christiana sagt mir - H Bruder von Speyer würde in maynz etablirt, da kann ich wohl einmal von alten schlimen zeiten mit ihm sprechen = Er kannte / meinen Mann - weißt das der gute LaRoche den adel gegen sich aufbrachte als Er den vorschlag unterstüzte das alle Todte auf dem Kirchhoff vor der Stadt begraben werden sollten - der Eifer mit welchem Er sich des landmanns annahm mißfiel auch oft und die guten briefe des ersten bandes über das mönchweßen - beraubten ihn vollends seiner Stelle - denn Sie der 2te und dritte band | | waren nicht von La Roche aber dießes alles ist kein gegenstand für einen brief - wohl aber die bitte für Ihre gesundheit zu sorgen und die kleine nachricht - das ich schon angefangen habe die geschichte meines Schreibtisches und der Fenster mauer zu entwerfen welche im kleinen und großen ganz wahr seyn soll - und Ihnen zugeignet wird adieu mein gütiger verehrungswerther Freund! Gott erhalte Sie - und gebe Ihnen volle erfüllung des schönen wunsches der alten - indem Er Ihrem Cörper, die gesundheit Ihrer Seele mitheile O wenn Sie wohl u Heiter mein nachbar sind - Sie können doch für unßern Pfeffel u sein Institut sorgen - dieße beschäftigung wird Ihrer Seele wohlthun, u Ihr Erbprinz der Kentniß liebt wird gerne beytragen junge leute zu kentnis leiten zu sehen - adieu u Seegen auf jedem Odemzug LaRoche

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FDH, Sig. Hs-6608 16. Februar [1798] Die Datierung des Briefs ergibt sich aus dem in Zeile 5 erwähnten Regierungsantritt Friedrich Wilhelms III. von Preußen im Jahr 1797 am 17. November 1797. 1 Fbr] Februar. 3 brief aus berlin] Der Absender des Brief ist nicht zu ermitteln. 3 Copien] Der Einschluss ist nicht vorhanden. 5−23 der Regenten wechsel […] untherthan verliehren] Gemeint ist der Regierungsantritt des preußischen Königs Friedrich Wilhelms III. am 17. November 1797. Das Zitat aus dem Berliner Brief endet Zeile 23. 15 Nestor] In der homerischen „Ilias“ tritt der betagte Nestor, König von Pylos, als weiser Berater der Griechen im Kampf um Troja auf. 16 ulisses] Odysseus. 21 Cabinets ordres] Frz.: „Anweisungen“. „An sämtliche Verwaltungsbeamte erließ Friedrich Wilhelm schon am 23. November eine Warnung, Schlendrian und Mißbräuche nicht weiter zuzulassen und ihre Pflichten ernst zu nehmen. Die vom König eigenhändig entworfene Kabinettsorder drückt nichts weniger als die Absicht aus, mit dem eisernen Besen durchzukehren. […] Sämtliche Departementchefs, Präsidenten usw. sollen einfach schwarze Listen von entweder unfähigen (kranken oder überforderten) Beamten oder ‚moralisch untauglichen‘ anfertigen und ‚höheren Orts‘ einreichen.“ (Thomas Stamm-Kuhlmann: König in Preußens großer Zeit. Friedrich Wilhelm III. Der Melancholiker auf dem Thron. Berlin 1992, S. 138) 24 Inspectoren] Verwaltungsbeamte. 30 2 Frankforter] Nicht ermittelt. 42f. daß Sie mein […] nachbarschaft kommen] Sophie von La Roche bezieht sich auf das Gerücht, Frankfurt am Main würde Hessen-Darmstadt zugesprochen. 46 bruder Louis in England] Gemeint ist der ehemalige Wallersteiner Regierungsrat Ludwig Petersen. Der Chronist der Familie behauptet dagegen, dass er bereits Ende 1793 in der Schweiz zu Tode kam (siehe Petersen: Chronik [1898], 2. Teil, S. 19). 48f. H Bruder […] maynz etablirt] Karl Ludwig Adolph Petersen war von 1798 bis 1800 Rat an der Präfektur des „Département du Mont-Tonnerre“ (Donnersberg) in Mainz. 52−62 das der gute LaRoche […] von La Roche] Sophie von La Roche äußert sich in einem Schreiben an ihren Sohn Carl vom 6. März 1806 eingehend über die Entstehung und Folgen der von Georg Michael Frank von La Roche verfassten „Briefe über das Mönchswesen von einem catholischen Pfarrer an einen Freund“, die 1771 anonym in Zürich erschienen. Die vielbeachtete Publikation kritisiert das Treiben der zahlreichen Bettelmönche und regt Reformen zur Ausbildung der Mönche an. 1780 fügte Johann Kaspar Riesbeck (1749−1786) anonym einen zweiten Band hinzu, der radikale Forderungen enthielt. Es folgten zwei weitere Bände. Politische Gegner am Hof des kurtrierischen Hofs nahmen sie zum Anlass, den aufgeklärten reformfreudigen Kanzler La Roche aus dem Amt zu drängen. Er fiel bei Kurfürst Clemens Wenzeslaus in Ungnade und erhielt am 26. September 1780 seine Entlassung (Embach: Georg Michael Frank La Roche [2005], S. 57−62; siehe Brief 109 Komm. zu Zeile 52−61).

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Brief 109 – 6. März 1798

67f. geschichte meines Schreibtisches] Petersen unverhohlenes Interesse an ihrem kleinen Schreibkabinett im ersten Stock des Hauses gab ihr die Anregung zu ihrem Werk „Mein Schreibetisch“ (1799), „Erstes Bändchen“ (S. 1−3). Sie verfasste eine kommentierte Aufzählung aller dort befindlichen Papiere und Bücher. Das Werk erschien im darauffolgenden Jahr 1799 bei ihrem Leipziger Verleger Heinrich Gräff. 68 Fenster mauer] Das Bücherregal stand an der Außenmauer des Zimmers. 70 Ihnen zugeignet] Sie wählte eine diskrete Form der Widmung. Die Abkürzung auf der Titelseite „an Herrn G. R. P. in D.“ bedeutet „an Herrn Geheim Rath Petersen in Darmstadt“ (siehe Kapitel 1). 74f. indem Er Ihrem Cörper […] Seele mitheile] Siehe Brief 161 Komm. zu Zeile 23f. 76 nachbar] Siehe Komm. zu Zeile 42f. 78f. unßern Pfeffel u sein Institut sorgen] Sophie von La Roche erinnert an ihren sieben Jahre zuvor geäußerten Vorschlag, die Militärschule Pfeffels in die Landgrafschaft Hessen-Darmstadt umzusiedeln (Brief 23 Zeile 58−64). 1793 wurde das Institut in Colmar geschlossen: „er selbst [Pfeffel, Anm. P.S. ] verlor durch die Revolutionskriege und die Assignatenwirtschaft fast sein ganzes Vermögen, weshalb der Dichter sich genötigt sah, die Stelle eines Übersetzers an der Verwaltung des oberrheinischen Departements anzunehmen. […] In der Öffentlichkeit erlangte Pfeffel immer mehr Anerkennung: 1796 wurde der Dichter zum Mitglied des Zentral-Geschworenengerichts des öffentlichen Unterrichts für die Organisation der Kreisschule ernannt, nachdem er Ende 1794 in die Jury d’Instruction berufen ward, wobei er die Lehrkräfte der Volksschule des Distrikts auszuwählen, die Prüfungen abzuhalten und Untaugliche aus dem Schuldienst zu entlassen hatte.“ (Edgar Guhde: Gottfried Konrad. Satiriker und Philantrop. Eine Ausstellung der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe. Hrsg. von der Badischen Landesbibliothek in Zusammenarbeit mit der Stadt Colmar. Ausstellungskatalog. Karlsruhe 1964, S. 21) Diese Aufgabe erfüllte er bis November 1798.

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6. März 1798 offenbach den 6 merz 1798 -

Eine viertelstunde nachdem ich H- v ochßenstein um die adresse des H von Wildermuth gebetten, um mich bey dießem nach Ihrem befinden zu erkundigen, weil ich 55 Sie Krank fürchtete - eine viertelstunde nachher erhielte ich den schönen, geist und güte vollen brief meines edlen würdigen Freundes von 2 dießes dank unendlichen dank für jede Zeile - Rechtschafner guter Mann! Gott erhalte Sie - für noch gute Zeiten - für die 10 10 welche Ihr liebenswerther von allen guten geliebter Erbprinz, Ihren künftigen tagen bereiten wird - o sagen

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Sie ihm alle gute menschen hofften auf ihn - beten das Er bey seinem jezigen Geist und caracter bleibe - beten daß Schmeichler und böße Rathgeber von ihn entfernt bleiben mögen - - Krönen Sie theurer Freund dieß was Sie für dießen interessanten jungen Fürsten waren Krönen Sie Ihre treue vieljährige mühe, mit einem verwahrungsmitel gegen Schmeichler - und mit den wahrzeichen eines bößen Rathgebers - O daß Er gut aber nicht weich werde - geben Sie mit Ihrer liebe für ihn Eine Caracteristik der Kurz verstorbnen - und lebenden Regierenden Fürsten von Joseph dem II an = nur ein Freund wie Sie ihm sind und, verzeyhen Sie die asosiation | | bittre Feinde der Fürsten überhaupt - können neben der geschichte, dem Edlen Liebenswürdigen Erbprinzen von Darmstadt wahrhaft nüzen - und seinen Caracter für das glük und den Ruhm seiner tage - und das glük seiner unterthanen, zu der schönen höhe des wahren verehrungswerthen Fürsten führen - denn Er ist schön der Nahme Fürst erster vorderster - auf laufbahn des verdiensts um vatterland daß Ihnen die wenige bücher welche Sie hier fanden, ein vergnügen machen, erhöht den werth dießer bücher bey mir - aber auch den werth meines Freunds - weil er nichts nimmt - und nichts verwirft ohne geprüft zu haben Sie wissen nicht was Swinburn mir wurde - seitdem Sie sagten daß Er Ihre ganze achtung habe das Liteltons briefe auch nach ihren werth an wahrheit kentnis, und wiz - Sie amusirten = freut mich unendlich de l’olme - wurde selbst in England für das beste werk über dießen gegenstand gehalten - mich freut - das der brave Mann - einem der besten Männer, durch mich bekannt wurde kennen Sie - das beyliegende ding? - u schiken Sie mir es bald wieder | | O möchten Sie wohl genug seyn um über den Geist der jezigen Zeit u ihre begebenheiten zu schreiben dann dießes werk Ihrem geliebten würdigen Zögling zuzueignen - wie schön - wie einzig u nüzlich versuchen Sie doch nur fragmente! / dem H bruder wünschte seine Stelle im trierschen / Er weißt - das la Roche - wegen brief über das / mönchsweßen - seiner Stelle beraubt wurde weil / die Pfaffen sich rächten -

Brief 109 – 6. März 1798

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55 / la Roche ward dem adel verhaßt - weil Er bey dem an55

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/ trag, der Regierung, das die begräbnisse ausser den / Kirchen, auf einem gemeinsamen Kirchhoff seyn solten - etwas zu ernst sagte - der adel habe kein vorrecht - seine Miteinwohner, durch Ihr verweßen krank zu - machen - vor Gott sey alles gleich - - - / Er sprach auch zu viel für rechte der bauren - - - Ach mir sagte er hier Sophie! wir wollen mit dem was wir haben unßre kinder versorgen u stüzen - du hast nach meinem tod deine Pension - von Wittib Cassa u f 1100 vom zoll zu Bopart - - - | | wie gerne willigte die Mutter in alles - und nun habe ich seit 1794 8br nichts als f 500 erhalten - u ich verlohr also da die Wittib Casse fl 500 trägt über f 5000 und binn nun ganz ohne nichts Nb die f 1100 vom zoll, waren ersaz, des bey Graf Stadion verlohrnen wittwen gehalt, der f 1500 betrug - - - dem H- bruder wünsche für ihn selbst - für tausend fache mühe und Sorgen einen glüklichen abend des Lebens und glük für seine frau und Kinder gerne möchte ihn wieder einmahl sprechen über alt u neu von seinem Herzen hoffte gewiß gutes für mich wenn es von ihm abhängt - möge er in maynz dem Cammer Registrator albertus Frank was gutes thun können - es ist ein Nepote von la Roche adieu von alter Freudinn Sophie bald schike ein artig bild /

FDH, Sig. Hs-6522 9

Sie] 

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laufbahn] {**}/lau\fbahn der] {*}/d\er durch] {***}/durch\ Ihr] I{**}/hr\

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6 merz] 6. März. H- v ochßenstein] Herr von Ochsenstein. Vermutlich ist einer der beiden Söhne des Isenburgischen Geheimen Rats Heinrich Christoph Ochs von Ochsenstein (1715−1773) gemeint. H von Wildermuth] Herr von Wildermett. Siehe Brief 104 Komm. zu Zeile 22.

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von 2 dießes] vom 2. dieses Monats. Joseph dem II] Joseph II. Kaiser Joseph II. regierte von 1765 bis 1790 das Heilige Römische Reich Deutscher Nation. 22 nur ein Freund wie Sie ihm sind] Siehe Kapitel 4. 23 asosiation] Assoziation. 36 Swinburn] Im Sommer 1797 hatte sich Petersen Henry Swineburnes Werk „Reisen durch Beide Sicilien“ ausgeliehen (siehe Brief 104 Komm. zu Zeile 34f.). 38 Liteltons briefe] Unter den ins Deutsche übersetzten Werken des englischen Staatsmanns und Historikers Baron George Lyttelton (1709−1773) ist vermutlich „Des Lord Lytteltons Geschichte von England, in einer Folge von Briefen an seinen Sohn, aus dem Englischen übersetzt, Berlin 1777“ gemeint (siehe „Mein Schreibetisch“ [1799], „Erstes Bändchen“, S. 173). 40f. de l’olme […] gegenstand gehalten] Der in Genf geborenen, von 1769-1775 nach England emigrierte Jurist Jean Louis de Lolme (1741−1804) schrieb 1771 sein einflussreiches Werk „Constitution de l’Angleterre“, das 1775 ins Englische übertragen wurde. Die konstitutionelle Monarchie Großbritanniens wird darin als vorbildliche Staatsform dargestellt. 44 beyliegende ding] Der Zusammenhang ist unklar. Die Beilage ist nicht überliefert. 51 H bruder] Gemeint ist Karl Ludwig Adolph Petersen, der in diesem Jahr aufgrund seiner Ernennung zum Rat der Präfektur des Département du MontTonnerre (Donnersberg) von Kreuznach nach Mainz umgezogen war. 51 wünschte seine Stelle] wünschte ich eine Stelle. 51 im trierschen] Gemeint ist das ehemalige Herrschaftsgebiet des Kurfürsten von Trier (siehe Komm. zu Zeile 52−61). 52−61 er weißt […] rechte der bauren] Sophie von La Roche wäre es eine Genugtuung, wenn Karl Ludwig Adolph Petersen dazu beitragen könnte, die seinerzeit gescheiterten Reformenansätze ihres Mannes zu realisieren. 55f. bey dem antrag, der Regierung] bei dem Antrag der Regierung. 62 hier] Georg Michael Frank von La Roche lebte bis zu seinem Tod am 23. November 1788 in dem 1786 erworbenen Haus in Offenbach. 65 Wittib Cassa] Witwenkasse. 65 f 1100] 1100 Florins. 65f. vom zoll zu Bopart] Das einträgliche Amt des Zollschreibers von Boppard übernahm Georg Michael Frank von La Roche 1780 von Heinrich Joseph von Möhn, dem Vater seines Schwiegersohns. Im Staatskalender von 1789 wird vermerkt: „Boppard. Zollschreiberey. Den Genuß der Stelle hat die verwittibte Frau geheime Staatsrätin von La Roche. Den Dienst versehet Hr. Niklas Siebenbeutel, Kurf. Kammerrath.“ (Christian von Stramberg: Denkwürdiger und nützlicher Rheinischer Antiquarius, welcher die wichtigsten und angenehmsten geographischen, historischen und politischen Merkwürdigkeiten des ganzen Rheinstroms, von seinem Ausflusse in das Meer bis zu seinem Ursprunge darstellt. Von einem Nachforscher in historischen Dingen. Abt. 2 Bd. 4. Koblenz 1856, S. 289; siehe Brief 22 Komm. zu Zeile 23) 68 1794 8br] Oktober 1794. 68 f 500] 500 Florins. 69 f 5000] 5000 Florins. Für die vergangenen vier Jahre standen Sophie von La Roche 6400 Florins abzüglich der bereits erhaltenen 500 Florins zu.

Brief 110 – 8. März 1798

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71 Nb] Nota bene. 71f. bey Graf Stadion verlohrnen wittwen gehalt] Die entsprechende Verfügung im Testament Friedrich Reichsgraf von Stadions vom 9. Juni 1763 lautete: „Wann Er laRoche, in ein oder anderm Fall, vor seiner Frau mit Tod abgehet, sollen dieser alsdann, qua wittib, die naturalien von mehrerwehnter Bestallung, auch lebenslänglich, als ein GnadenGehalt, von Quartal zu Quartal gereicht, und unweigerlich verabfolget werden.“ (Staatliches Gebietsarchiv Pilsen, Zweigstelle Klattau, Familienarchiv Stadion, Inv. Nr. 167; siehe Charlotte Nerl-Steckelberg und Klaus Pott: „Das wahre Glück ist in der Seele des Rechtschaffenen.“ Sophie von La Roche 1730−1807. Eine bemerkenswerte Frau im Zeitalter von Aufklärung und Empfindsamkeit. Katalog zur Ausstellung im Museum Sophie La Roche, Bönnigheim. Bönnigheim 2000, S. 42f.) Vermutlich war die Einstellung der Zahlungen durch politischen Umstände begründet und nicht etwa eine späte Folge des Zerwürfnisses zwischen dem Ehepaar La Roche und dem Nachfahren Franz Konrad Reichsgraf von Stadion. 72 f 1500] 1500 Florins. 73 H- bruder] Karl Ludwig Adolph Petersen. 75 seine frau] Gemeint ist dessen zweite Ehefrau Friederike, geb. Hermanny (siehe Brief 99 Komm. zu Zeile 17). 75 Kinder] Gemeint sind seine drei Töchter und der Sohn aus der ersten Ehe mit Juliane Retzer. 77 hoffte gewiß] hoffte ich gewiß. 78 wenn es von ihm abhängt] Lies: wenn es ihm in seiner Position möglich ist. 79 Cammer Registrator albertus Frank] Gemeint ist der in Mainz geborene Hofkammersekretär Albert Anselm Frank (1739−?), der im Kurmainzer Hof- und Staatskalender auf das Jahr 1784, Mainz 1784, S. 125 als Registrator aufgeführt wird (freundlicher Hinweis von Herrn Dr. Frank Teske, Stadtarchiv Mainz). 80 Nepote] Neffe, Verwandter. 82 artig bild] Sophie von La Roche kündigt ein Portrait oder eine Charakterbeschreibung der englischen Prinzessin Amelia Sophia Eleonor (1783−1810), der jüngsten Tochter Königs Georg III. an (siehe Brief 110 Komm. zu Zeile 3).

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den 8 merz 1798 hier mein würdiger Freund das Bild eines wunsches - für das glük deß besten Erbprinzen machen Sie ihn doch mit der Mad la Fite Entretiens d’Eugenie avec Ses Eleves

bekannt - denn darinn findt er die grundsäze nach welchen - Geist und Herz - dießer jungen Fürstinn gebildet wurden - ihr nahme

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10 10 ist Amelia -

Sagen Sie ihm auch - das nach dem Er in marc aurel die wahre Größe eines Fürsten sah u liebte - so wünsche ich daß Er die zweyte wichtige Kentnis 15 15 eines Regenten - minister wälen in dem leben des Suger Minister von Louis VII sich eigen mache - möge er dieße Lecture mit Ihnen vornehmen - und Ihnen manchmal die Hand drüken - dann glaub 20 20 ich an seinen Geist - Herz u glük adieu in Eile von alt laRoche

FDH, Sig. Hs-6523 14 15 1 3

wichtige] wichtig{t}/e\ minister wälen] 

8 merz] 8. März. das Bild eines wunsches] Sophie von La Roche schickt ein Bild oder eine Personenbeschreibung der englischen Prinzessin Amalia. Die Beigabe ist nicht überliefert. Sie stand in Korrespondenz mit dem Vorleser der englischen Königin Jean André Deluc. In ihrem Brief vom 27. Oktober 1800 erbittet sie erneut seine Meinung zu der von ihr vorgeschlagenen Verbindung von Erbprinz Louis von Hessen-Darmstadt mit einer Tochter des englischen Königshauses (LBZS, Sig. 158/6). Siehe Brief 166 Komm. zu Zeile 3f. 5 Mad la Fite] Madame La Fite. Gemeint ist die französische Schriftstellerin Marie Elisabeth de La Fite, die als Vorleserin der Königin am englischen Hof lebte. Siehe Brief 24 Komm. zu Zeile 51. 6 Entretiens d’Eugenie avec Ses Eleves] Unterhaltungen Eugénies mit ihren Schülern. Gemeint ist die Erziehungsschrift in Dialogform „Eugénie et ses élèves: ou lettres et dialogues à l’usage des jeunes personnes, Paris 1787“. Siehe Brief 24 Komm. zu Zeile 51. 10 Amelia] Siehe Komm. zu Zeile 3f. 12 marc aurel] Siehe Brief 29 Komm. zu Zeile 38. Siehe „Mein Schreibetisch“ (1799), „Erstes Bändchen“, S. 134. 14−17 daß Er die zweyte […] sich eigen mache] Lies: daß er die zweite wichtige Fähigkeit eines Regenten, seine Minister auszuwählen, sich am Beispiel von Suger, dem Minister von Louis VII., aneignen solle. Suger (um 1081−1151) war Abt des nördlich von Paris gelegenen Klosters Saint Denis, der Begräbnisstätte der französischen Könige. Unter seiner Führung errichtete ein Baumeister unbekannten Namens die erste Kirche in gotischem Stil an Stelle eines Vorgängerbaus. Suger fungierte als wirtschaftlicher und politischer Berater der Könige Louis VI. (1108−1137) und Louis VII. (1120−1180). Während des Zweiten Kreuzzugs

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Brief 111 – 11. März [1798]

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(1147−1149) führte er in der Abwesenheit des Letzteren die Staatsgeschäfte. In „Mein Schreibetisch“ (1799), „Erstes Bändchen“ schreibt Sophie von La Roche: „Nun werden Sie, hoffe ich, nicht ganz phantastisch finden, daß ich eines Tages die Lebensbeschreibung des unter L o u i s l e g r o s und L o u i s l e j e u n e in Frankreich so berühmten Abbé Suger von St. Denis, zu dem Werke des Marc Aurel legte, um das Bild eines vollkommenen Ministers, neben dem eines vollkommenen Regenten zu haben. Ich mußte es beynahe wegen meinen eignen Grundsätzen thun, weil ich immer bey den jetzigen Zeiten so oft wider den Ausdrücken des Hasses und des Widerwillens gegen Fürsten, halb im Scherz, halb ernst sagte: ‚Ach, was thun sie, die armen Fürstenkinder und Regenten? Sie befolgen die Vorstellungen und Rathschläge ihrer Minister, denn wie wenige waren wie Friedrich!‘“ (S. 135−137). Siehe Kapitel 3. Lecture] Lektüre.

Brief 111 11

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11. März [1798] offenbach den 11 merz morgens

mein theurer Freund! ich achte es als einen zusaz meines wiederwärtigen Schiksals, daß ich Ihren gütigen brief am 7 dieß erst gestern abend erhielt, also Nichts thun konnte - als Ihrer guten Schwester dieße zwey zeilen zu schreiben wie gerne würde ich Herrn Bruder sprechen - ! O wenn Er Christiana selbst zurükführte und dann / einen augenblik mit seiner Frau - und Ihnen in meine Hütte käme - ich darf wegen einem umstand meiner gesundheit, nicht in kalte luft - da ich alle nacht stark transpirire so bekenne ängstlich zu seyn Sagen Sie Herrn bruder tausend empfehlungen Es wäre großmuth alter Freundschaft wenn er besuchte alte Sophie la Roche \

ich schrieb die zeilen an Christiana auf ihren brief, welchen diesen moment habe holen lassen u ihn abschickte / ich binn froh daß die gute 20 20 bey Ihnen war.

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Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum

FDH, Sig. Hs-6615 11. März [1798] Die Datierung des Briefes auf das Jahr 1798 ergibt sich aus Zeile 7−9: Christina Petersen hatte zehn Monate vor ihrem Tod den dringenden Wunsch, ihren Bruder Karl Ludwig Adolph in Mainz zu besuchen, wo er als Rat der Präfektur des Département du Mont-Tonnerre tätig war. 1 11 merz] 11. März. 2 zusaz] zusätzliche Belastung. 4 am 7 dieß] am 7. dieses Monats. 5 Ihrer guten Schwester] Gemeint ist Christiane Petersen, die Sophie von La Roche noch in Darmstadt vermutet. 6 zwey zeilen] Die Briefzeilen sind nicht überliefert. Sie wurden getrennt versandt. Siehe Komm. zu Zeile 16−20. 7 Herrn Bruder] Karl Ludwig Adolph Petersen. 9 seiner Frau] Gemeint ist die aus Kreuznach gebürtige zweite Ehefrau Friederike, geb. Hermanny. 12 so bekenne] so bekenne ich. 13 Herrn bruder] Karl Ludwig Adolph Petersen. 14 großmut alter Freundschaft] Siehe Kapitel 2.4. 16−20 die zeilen […] bey Ihnen war] In der Annahme Christiane Petersen würde sich noch in Darmstadt aufhalten, fügte Sophie von La Roche dem an Petersen gerichteten Brief zwei Zeilen an seine Schwester bei. Sie erfuhr dann durch den Brief ihres Korrespondenzpartners vom 7. März, dass Christiane Petersen Darmstadt bereits verlassen hatte. Der nach Darmstadt adressierte Brief wurde von der Offenbacher Poststelle geholt. Petersen erhielt die ihm zugedachten Zeilen mit dem erklärenden Zusatz, während die an Christiane Petersen gerichteten Zeilen gesondert mit Adresse des in Mainz lebenden Bruders versehen abgeschickt wurden. 17 ihren Brief] Ihren Brief.

Brief 112 11

den 27 merz 1798

ich solle - mein edler Freund! am freytag den 30 dieß - wegen meiner gesundheit eine 55 Schüttelreiße machen - u gehe nach Carlsruh - O wenn ich Sie in aarheilgen oder sonst in der nähe von darmstadt sehen könnte - denn krank am gemüth 10 10 u ängstlich - kann ich unmöglich in die Stadt, die erinnerung an

27. März 1798

Brief 112 – 27. März 1798

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Franz - zeriß mein Herz - ohne nuzen - adieu - O wenn ich diese Reiße mit Ihnen machen könnte 15 wie glüklich wäre Ihre alte 15 Freundinn la Roche sagen Sie doch niemand nichts davon. Sie können einen plaz haben gehen Sie mit - | |

20 20 Nb. Sie mein Freund! schaften

mir kosten zu dießer Reiße denn die ersten Blätter vom schreibtisch gaaben Mir schon f 100 à Monsieur| Monsieur Petersen - Conseiller| Intime de la Regence| à| Darmstadt /

FDH, Sig. Hs-6524 8 23 1 3 5

nähe] nä{*}/h\e gaaben] g{*}/a\aben

27 merz] 27. März. den 30 dieß] den 30. dieses Monats. Schüttelreiße] Die rüttelnde Bewegung einer Kutschfahrt galt in der damaligen Medizin als probates Mittel, den Organismus anzuregen. 6 Carlsruh] In Karlsruhe lebte der evangelische Theologe Friedrich Wilhelm Wucherer (1743−1816), Professor am dortigen Gymnasium. Er unterrichtete Franz von La Roche in den Anfangsgründen der Mathematik. Siehe Brief Sophie von La Roches an Elisabeth Gräfin Solms am 8. März 1787: „mein freund, der Professor Wucherer von Karlsruh einer der besten Köpfe, und Caracter“ (SAO, Sig. M24 [6]; Kampf: Sophie von La Roche Briefe [1965], S. 29). In ihrem Werk „Liebe-Hütten“ (1804), „Zweyter Theil“, wird Wucherer auf S. 41 neben Petersen als Freund ihres Sohns Franz genannt. 7 aarheilgen] Der Ort Arheilgen liegt 5 km nördlich von Darmstadt. Siehe Brief 68 Zeile 62. 11 Stadt] Darmstadt. 20−23 Die Zeilen stehen in der Mitte der zweiten Seite. 20 Nb.] Nota bene. Lat.: „wohlbemerkt“. 20−23 schaften mir […] gaaben Mir] Sie erhielt das Honorar für das „Erste Bändchen“ ihres Werks „Mein Schreibetisch“ (1799) von ihrem Leipziger Verleger Heinrich Gräff. 23 f 100] 100 Florins. 24 Schwarzes Siegel.

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Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum

Brief 113 11

31. März [1798] den 31 merz

theurer edler Freund! vergeben Sie daß der traum Sie zu sehen - so oft erscheint 55 ich muß meine reiße aufschieben den Bonstetten von Bern flüchtet mit einem seiner Knaben und ich muß ihn erwarten frau v- Wateville ist todt starb 10 bey dem schrekbaren einzug der 10 franken - die zürcher landleute wollen die vestungs werke der Stadt schleifen u noch viel anders thun Gott schüze u erhalte meine Freunde 15 besonders Sie bald schreibe 15 die nachrichten von bonstetten L. R à Monsieur| Monsieur Petersen - | Conseiller Intime de la Regençe| a| Darmstadt

FDH, Sig. Hs-6609 18

Darmstadt] {d}/D\ar{n}/m\stadt

31. März [1798] Die Datierung des Briefs auf das Jahr 1798 ergibt sich aus der in Zeile 5 erwähnten Reise, die in ihrem Brief vom 27. März für den 30. März angekündigt wurde (Brief 112 Zeile 7−9). 1 31 merz] 31. März. 3f. der traum Sie zu sehen] Sie hatte Petersen ein Treffen in der Umgebung von Darmstadt vorgeschlagen. Siehe Brief 112 Zeile 7−9. 5 ich muß meine reiße aufschieben] Die vom Arzt verordnete „Schüttelreiße“ (Brief 112 Zeile 5) nach Karlsruhe fand vermutlich zu einem späteren Zeitpunkt statt. Sophie von La Roche schrieb am 16. Juni 1802 an Petersen: „die güte […] die Frau Erbprinzeß von baaden auch vor 3 Jahr in Carlsruh bewieße“ (Brief 165 Zeile 29−32). 6 den] denn.

Brief 113 – 31. März [1798]

6f.

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den Bonstetten […] seiner Knaben] Nach Einnahme der Stadt Bern durch französische Truppen im März 1798 reiste Karl Viktor von Bonstetten mit seiner Familie zunächst nach Lausanne. Dort hatte er sich als ehemaliger Berner Landvogt von Nyon vor der neu eingesetzten „Assemblée électorale“ zu verteidigen. Im Gegensatz zu anderen Bernern Patriziern wurde Bonstetten eine tadellose Amtsführung bescheinigt. Seine Frau Marianne und der jüngere Sohn Eduard kehrten auf das von den Franzosen besetzte Landgut Valeyres zurück. Der fünfzehnjährige Sohn Karl David wurde bereits am 2. März in die Obhut eines Professors nach Tübingen geschickt. Bonstetten traf am 20. April in Rastatt ein. Seine Reise führte ihn und Sohn Karl weiter nach Frankfurt am Main, wo er Goethes Mutter besuchte. In Offenbach war er ab dem 9. Mai einige Tage Gast bei Sophie von La Roche: „Vorgestern bin ich hier angekommen, wo ich in einem sehr schönen Stübchen gegen den Garten wohne. Die gute La Roche ist ein Engel für mich; sie hat mich wieder aufgerichtet. Ich fing an zu sinken, was aber bleibt mir, als mein Mut?“ (Karl Viktor von Bonstetten: Briefe an Friederike Brun. Hrsg. von Friedrich von Matthisson. Erster Theil. Frankfurt am Main 1829, S. 41) Über Kassel, Göttingen, Hannover, Lüneburg, Lübeck und Travemünde gelangte er nach Kopenhagen, wo er sich von Mai 1798 bis Juni 1801 als Gast seiner Freundin, der aus Deutschland stammenden Schriftstellerin Friederike Brun (1765−1835), geb. Münter, aufhielt (Howald: Bonstetten [1997], S. 129f.). 9 frau v- Wateville ist todt] Frau von Wattenwyl. Gemeint ist Bonstettens Schwiegermutter Salomé von Wattenwyl (1731−1798), geb. Rothpletz, die am 16. März 1798 beerdigt wurde (siehe Bonstettiana [1998], Band VII/I, S. 160f. und Band VII/II, S. 979). Sophie von La Roche schrieb am 12. März 1798 an Elisabeth Gräfin Solms: „meine freundinn Wattevill hatt auf ihrem Sterbebett ihre einzige tochter mit ihren 2 jungen Söhnen, in die gebirge flüchten sehen was für eine laage für Mutter und Tochter?“ (SAO, Sig. M24 [147]) In ihrem Werk „Tagebuch einer Reise durch die Schweiz“ (1787) heißt es: „Frau von Watteville, die ich als Erbin, und Mitgenoßinn der Tugenden und Verdienste von Julie Bondely verehre, und als eine höchst schätzbare Frau liebe, welche einen wahren feinen Geist, mit den sanftesten Gefühlen vereint, und in dem vollkommnen Verstand den Charakter zeigt, welchen die Engelländer unter den Ausdruck delicacy verstehen“ (S. 356). 10f. einzug der franken] Von der verzweifelten Lage der Berner Bevölkerung beim Einmarsch der Franzosen berichtet Bonstetten in einem Brief vom 4. März 1798 an seinen Sohn Karl in Tübingen. (Siehe Bonstetten, Briefe an Friederike Brun, Erster Theil (1829), S. 71−73) 11−13 die zürcher […] anders thun] Die Behauptung entsprach nicht den Tatsachen: unmittelbar vor Bonapartes Einzug in Zürich im April 1798 war keine nennenswerte Schleifung der mittelalterlichen Befestigungsmauern erfolgt. Mit dem Abbruch einiger Tore hatte man bereits 1784 begonnen. Die vollständige Entfernung der Mauern und Wälle zog sich bis in das erste Drittel des 19. Jahrhunderts hin (siehe Dölf Wild: Stadt Zürich. In: Brigitt Sigel [Hrsg.]: Stadt- und Landmauern im Kanton Zürich. Kataloge, Darstellungen im Kanton Zürich. Bd. 2. Zürich 1996 [= Beiträge zum Stand der Forschung. Hrsg. vom Institut

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für Denkmalpflege der ETH. Bd. 2], S. 368−395, hier S. 372). „Unter dem Druck der militärischen Bedrohung, der ultimativen ländlichen Forderungen und des städtischen Schutzbedürfnisses trat der Große Rat am 13. März ein letztes Mal zusammen − auf dem Münsterhof wurde ein Freiheitsbaum errichtet und die Stadt von einer Landgarnison unter Major Wipf aus Marthalen besetzt. Am 15. März bildete die Landkommission die neue Regierung. […] Die neue Regierung hoffte, dass auch sie mit der Weiterführung der Beschwichtigungspolitik gegenüber den vordringenden Franzosen eine Besetzung des Kantons vermeiden könnte.“ (Historisches Lexikon der Schweiz. Hrsg. von der Stiftung Historisches Lexikon der Schweiz [HLS]. Unter der Leitung von Marco Jorio. Basel 2002ff., hier Bd. 6 [2007], S. 498f.) bald schreibe] bald schreibe ich. L. R -] La Roche. Schwarzes Siegel, Poststempel: VON FRANKFURT.

Brief 114 11

den 20 Juny 1798

Sie wissen nicht mein theurer würdiger Freund! wie viele freude Ihr gütiger brief von gestern den 19 55 mir machte, ob er mich schon zu bett traf - nun bin besser - aber meine alte Niece Cordel desto übler - so daß ich ausser stand bin meine Suppe anzu bieten weil stets 10 10 2 Personnen um sie seyn müssen = wären die 2 Damen u mein edler Freund in Frankfurt = u schenkten mir in meiner Hütte einen nachmitag auf eine Kalt Schaale, oder thèe u obst = 15 15 so wäre es ein Fest in meiner obern Stube für mich - sehen Sie - gute Edle Menschen Kinder alle drey was Sie thun wollten - weil ich arme Frau, durch die | | umstände gehindert binn - mehr zu 20 20 thun - O Sie wie gerne, wie gerne hätte Sie gesprochen - aber ich konnte in der nähe von Darmstadt nichts als weinen

20. Juni 1798

Brief 114 – 20. Juni 1798

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mein Herz war in der Presse, unter dem stets daurenden schmerz des verlusts meines unvergeßlichen Franz es mag schwäche seyn - aber ich war seine Mutter - ich verlohr alles in ihm O ich hätte Sie seinen besten Freund! nur mit schmerz, in der nähe seines bestimm ten wohnsizes gesehen tragen Sie mich = verzeyhen Sie mir, und denken Sie bey meinen Fehlern sie ist gestraft genug - sie hat Franz verlohren ich wußte nichts von dem edlen geschenk des Königs an die großmutter seiner gemahlin - aber die Reiße deß Siyes nach Berlin - macht mich beten so wie meine reiße nach Rastadt, mir alles denken verbot | | und auch nur betten machte, - sagen Sie edler theurer Freund! amen dazu Ihr Herr bruder soll herkommen! den H Hofprediger mein ich (da erzäl ich ihm von dem Evangelist Johannes - der in dem Hollstein u Schleswigischen sich sehen läßt u mit den leuten spricht - - - aber was half Moses - die Propheten, Socrates Christus - was Marc aurel - - - adieu Sie sagen sonst man merkt daß die Frau ohnlängst an schwindel litt O möge die gesundheit u heiterkeit Ihres lebens vollkommen seyn wie meine Hochachtung u Freundschaft für Sie bester theurester Freund - von alt laRoche tausendschöns an die Ebert u ihre Schwägerinn | | möchten Sie nicht die erste blätter, von der geschichte meines Schreibtisch leßen wenn ja - so kommen Sie

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FDH, Sig. Hs-6525 1 4 5 7 7

20 Juny] 20. Juni.

den 19] den 19. Juni. ob er mich] auch wenn er mich. Niece] Frz.: „Nichte“. Cordel] Cordula Frank (1724−1818) war die Tochter des ältesten Bruders von Georg Michael Frank von La Roche. Sie lebte offenbar schon seit der Familiengründung des letzteren in dessen Familie. Carl von La Roche vermerkt in seinen „Verzeichnis der Begebenheiten meines Lebens vom October 1800“ an: „Sie hatte uns Geschwister alle gepflegt und groß gezogen. […] meine Schwester Luise gab ihr die Mühe bis in den Tod Treu wieder.“ (FDH, Sig. Hs-20179) 11f. 2 Damen] Nicht ermittelt. 16-18 sehen Sie […] thun wollten] Der Zusammenhang ist unklar. 21f. in der nähe von Darmstadt] Sophie von La Roche kehrte aus Rastatt nach Offenbach zurück. Siehe Zeile 37. 34f. edlen geschenk […] gemahlin] Empfängerin des Geschenks ist Landgräfin Maria Luise Albertine von Hessen-Darmstadt, in deren Palais Königin Luise einen Teil ihrer Jugend verbrachte. 36 Reiße des Siyes nach Berlin] Der französische Geistliche Emmanuel Joseph Sieyès (1748−1836) galt in der ersten Phase der Französischen Revolution nicht zuletzt aufgrund seiner 1789 erschienenen Schrift „Qu’est-que le Tiers État?“ als führender Kopf. Nach Abschluss des Basler Friedens von 1795 versuchte Frankreich eine Annäherung an Preußen gegen Österreich herbeizuführen. Man bediente sich hierbei des gewandten, scharfsinnigen Sieyès. In den regierungskritischen Kreisen Berlins sah man seinem Besuch mit Misstrauen entgegen. So schrieb der österreichische Gesandte Fürst Heinrich XIV. Reuss-Greiz am 30. Juni 1798 aus Berlin an den Außenminister seines Landes Johann Franz Freiherrn von Thugut (1736−1818): „Il s’est étendu en vrai jacobin sur le bonheur que la révolution répandrait sur toute la terre; il a ajouté qu’il etait venu ici pour utiliser ce pays-ci [Preußen, Anm. P.S.], ce qui semble être une annonce assez menaçante de ses perricieux projets.“ (Dominique Bourel: Preußen und die Französische Revolution. Zwischen Abwehr und Neutralität. 1789 bis 1795 u. 1795 bis 1803/06. In: Preußen und die revolutionäre Herausforderung seit 1789. Ergebnisse einer Konferenz. Hrsg. von Otto Büsch, Monika Neugebauer-Wölk. Mit Beitr. von Helmut Berding. Berlin, New York 1991 [= Veröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin 78. Forschungen zur preußischen Geschichte], S. 52, Anmerkung 19). Sophie von La Roche schien dergleichen Befürchtungen zu hegen. An Jean André Deluc schrieb sie am 1. Januar 1799: „Syès est un point du monde moral digne de votre observation - quelle influençe - quelle imense influençe fut accordè à cet homme dont je voudrais conaitre l’histoire de son Esprit et Ses Sentiments -“ (Sieyès ist als Gestalt der moralischen Welt Ihrer Beobachtung würdig. Welchen Einfluß, welchen großen Einfluß wurde diesem Mann gewährt, von dem ich die Geschichte seines Geists und seiner Gefühle gerne kennen würde.“LBZS, Sig. 158/ 5). Zu Deluc siehe Brief 116 Komm. zu Zeile 65.

Brief 115 – 30. Juli 1798

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so wie meine reiße […] denken verbot] In der markgräflich-badischen Residenzstadt Rastatt waren seit Dezember 1797 einundachtzig Gesandtschaften versammelt, um eine Regelung der Nachkriegsordnung des ersten Koalitionskriegs zu treffen. Der Rhein als Ostgrenze Frankreichs war bereits in einem geheimen Artikel des Friedensschlusses von Campo Formio vom 17. Oktober 1797 anerkannt worden. Durch säkularisierte geistige Territorien sollten deutsche Fürstentümer für linksrheinische Verluste entschädigt werden. Sophie von La Roche hoffte durch persönliche Vorsprache, bzw. Antragstellung, bei der kaiserlichen Gesandtschaft, die Zahlung ausstehenden Gelder der Witwenkasse von Ehrenbreitstein zu erreichen, die im Sommer 1794 aufgrund französischer Besetzung eingestellt wurde (siehe Brief 183 Komm. zu Zeile 12−15). 39 betten] beten. 43f. Ihr Herr bruder […] mein ich] Gemeint ist der Hofprediger Georg Wilhelm Petersen (siehe Kapitel 1 und 2.4). 44−46 Evangelist Johannes […] leuten spricht] Die Person des Wanderpredigers wurde nicht ermittelt. 46 spricht] spricht). 56 Ebert] Gemeint ist die verwitwete Luise Antoinette Henriette Ebert (1750−1826), geb. Gräfe, Tochter des Braunschweiger Kammerrats G. 1773 heiratete sie den Schriftsteller und Übersetzer Johann Arnold Ebert (1723−1795), der als Professor für Englisch und Griechisch am Collegium Carolinum in Braunschweig lehrte. Einen Brief von Sophie von La Roche an Luise E. vom 1. August 1779 aus Hamburg bewahrt die HABW (Briefsammlung Vieweg, Sig. 984). 56 Schwägerinn] Nicht ermittelt. 57−59 Die drei Zeilen stehen am unteren Blattrand der ansonsten unbeschriebenen vierten Seite. 58 geschichte meines Schreibtisch] Gemeint sind Manuskriptseiten ihres im Entstehen begriffenen Werks „Mein Schreibetisch“ (1799).

Brief 115 11

30. Juli 1798 offenbach den 30 Jully 1798

Ihr brief von dem 27 - mein theurester Freund! hatt mir nun dopelte Freude gegeben - die höchste war - daß es mit Ihrer gesundheit besser geht - der Himmel wolle 55 dießes immer mehr und mehr Amen das zweyte - daß Sie mir anlaß geben etwas für Sie zu thun - indem ich die Fragen für einen Ihrer bekannten beantworte wir haben 2 Frauenzimmer Pensionen, in beyden 10 sind Töchter gut aufgehoben u gut unterrichtet 10 in beyden sind die lehrerinen französischen ursprung

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/ von den großeltern her, weil sie von den Familien der ehmals wegen Religion emigrirten Familien sind die andre Fragen finden Sie, in den Plans beantwortet bey Madame May = sind 14 Eleves - u schlaffen 2 und zwey bey Madame Fink - nur 4 - aber jede hatt eigenes bett, (welches freylich eine sehr gute sache ist) - das übrige ist beynah gleich - nur daß Mad- Fink beynah mir gegen über wohnt, und ich mir vorseze - die Töchter Ihres Freundes besonders zu empfelen auch für die junge frauenzimmer, den umgang in meinem Haus anbiete - und eine art tante für sie seyn werde man nimmt von jedem alter - und kann 14 tag nach dem gefaßten entschluß eintretten - verzeyhen Sie würdiger Freund | | den so kurz abgebrochnen ton - unßer bott nach Frankfort ist schon da - mein Cur nahm heute ein wenig zu viel von meiner zeit - und da muß ich mir das edle vergnügen versagen länger mit Ihnen zu sprechen - welches wie Sie wissen, so viel für mich ist - aber bald bald mehr - von Ihrer Sie verehrenden alten la Roche habe ich Ihnen inliegend blätgen schon mitgetheilt? den| Herrn Geheimen Regierungs Rath| Petersen| in| Darmstadt /

FDH, Sig. Hs-6526 11 14

die] {*}/d\ie den] de{m}/n\

1 2 7f. 13

30 Jully] 30. Juli. dem 27] dem 27. Juli. einen Ihrer bekannten] Nicht ermittelt. wegen Religion emigrirten Familien] 1698, 1699 und 1703 hatte Graf Johann Philipp von Isenburg-Offenbach (1655−1718) französische Hugenotten in Offenbach angesiedelt. In der Herrnstraße erbauten sie 1718 die Französisch Reformierte Kirche. Plans] Die Einschlüsse sind nicht überliefert. Gemeint sind die Hausordnungen der Pensionen. Madame May] Gemeint ist Antoinette Elisabeth May. Siehe Brief 7 Komm. zu Zeile 7. Eleves] Frz.: „Zöglinge“. Madame Fink] Gemeint ist Anna Elisabetha Fink (? −1833).

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Brief 116 – 2. Oktober 1798

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19 die Töchter Ihres Freundes] Nicht ermittelt. 24f. unser bott nach Frankfurt] Von Offenbach brachte ein Bote die Post nach Frankfurt am Main zur Poststelle. Die erhaltenen Umschläge tragen den Poststempel DE FRANCFORT (siehe Kapitel 1). 25 mein Cur] Es können keine näheren Angaben über die Kuranwendungen gemacht werden. Sophie von La Roche schrieb an Elisabeth Gräfin Solms vom 22. März 1798, dass eine „gänzliche auflößung“ ihres Bluts vermieden werden müsse (SAO, Sig. M24 [148]; Kampf: Sophie von La Roche Briefe [1965], S. 75; siehe Brief 114 Zeile 5f.). 27 mit Ihnen zu sprechen] Sophie von La Roche fasste den Brief als einseitig geführtes Gespräch auf. Siehe Kapitel 1. 31f. inliegend blätgen] Der Einschluss ist nicht überliefert. Der Zusammenhang ist unklar. 33 Schwarzes Siegel.

Brief 116 11

2. Oktober 1798 offenbach den 2 8br 1798

gewiß dachte mein edler gütiger Freund - der geheime Rath Petersen niemals - daß ich einen, auch nur gleichgültigen brief von ihm so lange ohne Antwort lassen würde - ich binn 55 selbst darüber erstaunt - das unangenehme Familien briefe von meinem, in jedem Sinn unglüklichen ältesten Sohn, u seiner Frau mich den ausdruk meines danks für Ihr wohlwollen zurük sezen lassen konnte - und doch geschah es - vergeben Sie Ihrer stets neu von dem Schiksal gebeugten Freundinn 10 und erlassen Sie mir das detail, des unsterblichen Weh, welches 10 mein ältester Sohn über seine familie brachte - und begleit ten Sie meinen wunsch mit Ihrem Seegen das ja kein schmeichlendes, schönschwäzendes Kind - zu viel gehör finden möge theurer - theurer Freund! wie viel hatte ich - ohne meine Schuld darüber 15 15 zu leiden - und leide noch - wünschen Sie mir stärke - den Bündel dörner, und Ketten ruhig fortzutragen welche das Fatum mir auflegte. Nun will auch von blumen sprechen, welche die hand der treuen Freundschaft, über die dörner streute - dank, Ewiger dank sey Ihnen, und Herrn bruder, für dieß was Sie wollten - aber ich habe 20 die hände, durch manche rüksicht gebunden - und muß warten 20 biß der Himmel durch den frieden, und entschädigung geläutert ist die geschichte meines Schreib- | | tisches ist in Ihrem Schatten entstanden - und soll unter seinem schuz existiren - die hälfte ist schon in Leipzig - Sie nehmen es als

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25 25 Freund auf - wie soll, ach wie soll! eine Königinn freundin seyn

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einen wahren freund überwiegen - nein sie bleibt die erste natürlichste bestimmung - durch welche allein die Kraft dauernd blieb den Gedanken auszuführen - nehmen Sie nur, die critiken, welche über den einfall entstehen könnten, nicht als beleidigung für Sie selbst auf - und freuen sich mit mir das schon die erste hälfte des Kleinen werkgens, mir den vorrath meines winter holz gaab. daß Sie in den wenigen büchern, welche Ihnen bey lezter erscheinung mitgab - etwas fanden so Ihnen und Freunden angenehm wurde freut mich ungemein - noch viel mehr aber Ihre noten über bücher - und dieß was Ihnen, in eile sagen konnte Sie Ihr Schiksal würde mir Klopstoks mir so liebe idèe wiederholen wenn ich sie je vergeßen könnte das glük der besten menschen, besteht in Resignation, u in ertragen. Sie wissen daß ich es Ihnen schon zueignete = u wunder mich nicht das so vieles im Precis der Frau v. Genlis auf Sie traf - ich theile Ihnen einen brief aus Berlin über Frau v Genlis mit - welchen Sie mir mit dem Precis wieder schiken - auch theile Ihnen einen bonstett auf das neue mit - nebst einem brief aus Lausanne - O mein Freund! es geht schlim | | unter dem mond - und das meiste über den traum einer vollkomnen regierung - - O glauben Sie ich habe Resignation nötig so oft ich denke daß Sie nicht an dem ort wohnen wo ich lebe - und ich Sie nicht sprechen hören kann so oft ich wünsche Sie wissen das Schlosser nach frankfort kommt! O wünschen Sie mir glük zu dießer hofnung die für mich viel - sehr viel ist möchten Sie es sehen können das Ideal meines glüks wenn Sie in unßerm offenbach - u nun Schlosser in frankfort lebten doch renuncirte gerne wenn Sie - Ihre grundsäze, und kentnis im thätigen Creiß des besten, klügsten benüzt würden - mein egoisme wich dem gemeinen besten eines landes, das ich liebe weil mein Franz da lebte u geschäzt war, u weil Sie da so viel in die Seele des jungen Mannes legten - Ach mein Freund! ich wende mich ab - Seegne aber dieße eingelegten Keime - u. bitte den Himmel à pro pos - Thau, und Sonnen blike darauf zu gießen an Sie freut mich daß Sie unrecht verachten welches Ihnen geschieht Gott Seegne meinen theuren würdigen Freund mit eben soviel gesundheit des Cörpers, als er ihm gesundheit der Seele gab. wollen Sie nicht memoires de Gibbon Leßen? es ist Ihrer würdig Sagen Sie mir nun mit einer Zeile - daß Sie mein lang schweigen vergeben - u ob ich Ihnen nicht einen brief von Deluc mitheilte adieu u Seegen u verehrung von alter laRoche

Brief 116 – 2. Oktober 1798

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/ man sagte mir lezt - der Enthousiasmus für den Kön in preussen sey sehr vermindert - wissen Sie nicht warum? 70 der Kayserl gesandte in Berlin P. Reuß - soll seine Freundin die 70 geistvolle Israelitinn Meyer - geheurathet haben - was für eine begebenheit in teutschland! Sagen Sie - was wirkt der auszug eines briefs auf Sie - den ich soeben laß 75 / ich danke Gott daß ich nicht in Rastatt bin - in meinen 75 alten tagen würde ich noch Hyppochondrisch - O Gott! welcher anblik! germanien mit füßen getretten - doch ich bin ein schwärmerischer alter thor, daß ich germanien als eine Einheit nenne, seit dem barbarischten, unmenschlisten aller frieden 80 dem Westphälischen giebt es kein teutschland mehr 80 Sind wirklich 40000 Russen auf dem marsch nach teutschland Europa zu retten so versöhne ich mich mit Paul dem I - S -

FDH, Sig. Hs-6527 75 78 81

daß] da{s}/ß\ daß] da{s}/ß\ nach teutschland Europa zu retten]  teutschland zu retten

Abgedruckt in Maurer: Sophie von La Roche Briefe (1985), S. 368. M. transkribiert „ich wünsche“ statt „ich es wünsche“ (Zeile 48); „treten“ statt „getreten“ (Zeile 77). 1 6f. 19 19

2 8br] 2. Oktober. unglüklichen ältesten Sohn, u seiner Frau] Siehe Brief 105 Komm. zu Zeile 11. Herrn bruder] Hofprediger Georg Wilhelm Petersen. für dieß was Sie wollten] Vermutlich hatten die beiden in Darmstadt lebenden Brüder ihr Unterstützung bei der Wiedererlangung ihrer ausstehenden Witwenpension zugesagt. 20f. und muß warten […] geläutert ist] Ihre Geldforderung war den politischen Vereinbarungen des Rastatter Kongresses anhängig. 22f. die geschichte […] Schatten entstanden] Siehe Brief 108 Komm. zu Zeile 67−70. 25 ach wie soll! eine Königinn freundin seyn] Ihre Zweifel an einer Freundschaftsbeziehung zwischen Souveränin und Untergebenen steht im auffallenden Gegensatz zu der von ihr befürworteten engen Vertrautheit des Erbprinzen mit seinem Erzieher (Brief 14 Zeile 58; Brief 98 Zeile 24f.; siehe Kapitel 4).

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26f. sie bleibt die erste natürlichste bestimmung] Gemeint ist die Zueignung des Buchs an den ihr nahestehenden Freund. 34f. Ihre noten über bücher] Sie regte Petersen zu schriftstellerischen Arbeiten kleinen Formats an (Brief 58 Zeile 26 u. Brief 139 Zeile 21−24). 36−38 Klopstoks mir so liebe idèe […] in ertragen] „[Klopstock, Anm. P.S.] sagte mir einmal, da ich davon redete, alle Glückseeligkeit des Menschen bestünde doch nur in Resignation, und daß man tragen lernte, und vergessen“ (zitiert nach dem Nachdruck der Hamburger Ausgabe aus Carl Friedrich Cramer: Klopstock in Fragmenten aus Briefen von Tellow an Elisa. 2 Bde. Bern 1969 und 1971, hier 1. Bd., S. 129). Cramer (1752−1807) veröffentlichte sein zweibändiges Werk 1777/78 in Hamburg. Er führt darin biographische Interna des Dichters, Textinterpretationen und Varianten früherer Textfassungen an. Sophie von La Roche zitiert das Zitat Friedrich Gottlieb Klopstocks (1724−1803) auch in „Melusinens Sommer-Abende“ (1806), S. 315. 40 im Precis der frau v. Genlis auf Sie traf] Caroline Stéphanie-Felicité de Sillery Comtesse de Genlis (1746−1830), geb. Ducrest de Saint-Aubin war die Gouvernante der Prinzessin Marie Adélaïde d’Orléans (1777−1847). Sophie von La Roche lernte sie am 3. Juni 1785 in Paris persönlich kennen (siehe Brief an Elisabeth Gräfin Solms am 21. Juli 1785 und die in Paris verfasste Tagebuchaufzeichnung „Samstag früh, Juni [1785] [LBZS, Sig. 59/19]; vgl. auch ihr „Journal einer Reise durch Frankreich von der Verfasserin von Rosaliens Briefen. Altenburg 17872“, S. 424−434.; Maurer: Sophie von La Roche Briefe [1985], S. 275). In den Wirren der Französischen Revolution traf die Comtesse de Genlis den Entschluss, ihre eigene Familie zu verlassen, um die Prinzessin in die rettende Schweiz zu begleiten. Die dramatische Szene beschreibt sie in ihrer Lebensgeschichte „Précis de la conduite de Madame de Genlis depuis la révolution. Hamburg 1796“ (S. 64). Sophie von La Roche zieht einen Vergleich zwischen ihrer Loyalität und Petersens Bindung an seinen Zögling, dem er trotz der widrigen Umstände bei Hof die Treue hält (siehe Kapitel 2 u. 3). Die Veröffentlichung dieser Memoiren hatte einen politischen Hintergrund. Von 1794 bis 1800 lebte Comtesse de Genlis zunächst in Altona, später in Hamburg und Schleswig-Holstein. „Aufgrund ihrer engen persönlichen Beziehungen zur Familie des Herzogs von Orléans war sie zahlreichen öffentlichen Angriffen französischer Emigranten in Form von Flugschriften und Zeitungsartikeln ausgesetzt, die sie u.a. beschuldigten, die Usurpation des französischen Thrones durch den Herzog von Orléans zu unterstützen. Diese Angriffe lösten eine kontroverse öffentliche Diskussion auch in Hamburg aus. […] 1796 veröffentlichte sie in Hamburg eine Rechtfertigungsschrift „Précis de la conduite de Madame de Genlis depuis la révolution“, die allerdings wegen ihrer zu offensichtlich subjektiven Sichtweise nicht den erhofften Erfolg hatte.“ (Friedrich Gottlieb Klopstock: Briefe 1795−1798. Apparat, Kommentar, Anhang. Hrsg. von Rainer Schmidt. In: Werke und Briefe. Historisch-kritische Ausgabe [Hamburger KlopstockAusgabe]. Begr. von Adolf Beck, hrsg. von Horst Groenemeyer u.a. Bd. 2 Abt. B 9. Berlin 1996, S. 372, Kommentar; siehe Detlev W. Schumann: Französische Emigration in Schleswig-Holstein. Ein Kapitel aus der europäischen Kulturgeschichte um 1800. In: Nordelbingen 22 [1954], S. 134−156, hier S. 137−143) 41 einen brief aus Berlin] Der Einschluss ist nicht überliefert. Der Absender konnte nicht ermittelt werden.

Brief 116 – 2. Oktober 1798

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theile Ihnen einen bonstett] Lies: teile ich Ihnen einen Brief von Bonstetten mit. Karl Viktor von Bonstetten befand sich in Kopenhagen bei seiner Freundin Friederike Brun (siehe Brief 113 Komm. zu Zeile 6f.). Der Einschluss ist nicht überliefert. 43 nebst einem brief aus Lausanne] Absenderin des Briefs ist Elisabeth Marianne (auch: Isabelle Marie Elisabeth) de Polier (1742−1817); siehe Brief 117 Komm. zu Zeile 13. Der Einschluss ist nicht überliefert. 49 Schlosser nach frankfort kommt] Der Jurist Johann Georg Schlosser wurde 1798 vom Magistrat seiner Vaterstadt Frankfurt am Main zum Syndikus gewählt wurde. 52 Sie in unßerm offenbach] Sie hatte Petersen bereits am 2. April 1795 geschrieben: „Ach mein Freund! Lassen Sie mich meine alte wünsche erneuern - Sie einmal bey angenehmer retraite hier zu sehen“ (Brief 85 Zeile 24f.). 53 renuncirte] verzichtete. 53f. wenn Sie - Ihre grundsäze […] benüzt würden] Zu Petersens problematischer Stellung am Darmstädter Hof siehe Kapitel 3. 55 egoisme] Frz.: „Egoismus“. 61f. Gott Seegne […] Seele gab] Siehe Brief 100 Komm. zu Zeile 11−14. 63 memoires de Gibbon] Der englische Historiker Edward Gibbon (1737−1794) erlangte bereits mit dem 1776 erschienenen ersten Band seines Werks „The History of the Decline and Fall of the Roman Empire“ europäischen Ruhm. 1788 schloß er sein großes Oeuvre ab. Seine Lebenserinnerungen erschienen posthum unter dem Titel „Miscellaneous Works of Edward Gibbon, Esquire, With Memoirs of his Life and Writings, Composed by Himself, in Two Volumes. London 1796“. Siehe „Mein Schreibetisch“ (1799), „Erstes Bändchen“, S. 207f.: „Mémoire de Gibbon, muß ich haben, da ich ihn und seine Freunde in Lausanne kannte, in seinem Umgange und in seiner Bibliothek viel Vergnügen genoß, und noch sonst viel von dem großen Manne weiß.“ 65 brief von Deluc] Der Brief mit dem Hinweis auf ein Schreiben des Genfer Physikers, Geologen, Meteorologen und Literaten Jean André Deluc (1727−1817) ist nicht überliefert. Aus dem Reisetagebuch des protestantischen Theologen Johann Friedrich Abegg (1765−1840) geht hervor, dass er nach dem Besuch bei Deluc in Berlin am 25. Juli 1798 von jenem gebeten wurde, den besagten Brief in Offenbach zu übergeben (Reisetagebuch von 1798. Erstausgabe. Frankfurt am Main 1976, S. 289; zu Deluc siehe Kapitel 3 u. 4). 68 Kön] König Friedrich Wilhelm III. 70 Kayserl] Kaiserliche. 70 P. Reuß] Prinz Reuss. 70f. P. Reuß - soll […] geheurathet haben] Der österreichische Botschafter am preußischen Hof, Fürst Heinrich XIV. Reuss-Greiz (1749−1799) begegnete der zum Christentum konvertierten Jüdin Karoline Esperance Marianne Meyer (1770−1812) im Salon ihrer Schwester Sara, verheiratete Baronin von Grotthuß. Die Schwestern, die einer jüdischen Bankiers- und Unternehmerfamilie entstammten, erhielten eine sorgfältige Erziehung. Zum Zeitpunkt des Briefs war das Paar bereits ein Jahr verheiratet. Nach dem Tod des Fürsten 1799 erlaubte der österreichische Kaiser Franz II. der in Wien lebenden Witwe sich „Frau von Eybenberg“ zu nennen, da ihr der Titel einer Fürstin nicht zugebilligt werden

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konnte (siehe Henriette Herz: Ihr Leben und ihre Erinnerungen. Berlin 1850, S. 142−147). 73 auszug eines briefs] Der Einschluss ist nicht überliefert. Der Absender konnte nicht ermittelt werden. 75−77 ich danke Gott […] mit füßen getretten] Die Verhandlungen zwischen Frankreich und dem Deutschen Reich zur Nachkriegsordnung im Anschluss an den Frieden von Campo Formio vom 17. Oktober, die am 9. Dezember in Rastatt begannen, stockten. Die Franzosen verlangten ein Zurücklegen der Reichsgrenze auf das rechte Rheinufer. 76 Hyppochondrisch] hypochondrisch. Schwermütig, trübsinnig. Zum Begriff der Hypochondrie des 18. Jahrhunderts siehe Esther Fischer-Homberger: Hypochondrie, Melancholie bis Neurose. Krankheiten und Zustandsbilder. Bern, Stuttgart, Wien 1970; Carmen Götz: Krankheit als Effekt kultureller Konstruktionen während der Aufklärung. Das Beispiel der Hypochondrie. In: Krankheiten in Briefen im deutschen und französischen Sprachraum. 17. − 21. Jahrhundert. Hrsg. von Martin Dinges u. Vincent Barras. Institut für Geschichte der Medizin der Robert-Koch-Stiftung. Medizin − Gesellschaft − Geschichte. Beiheft 29. Stuttgart 2007, S. 111−120. 79f. seit dem barbarischten […] teutschland mehr] Durch die zwischen dem 15. Mai und dem 24. Oktober 1648 in Münster und Osnabrück abgeschlossenen Friedensverträge, die unter dem Begriff des „Westfälischen Friedens“ zusammengefasst werden, wurde eine europäische Ordnung geschaffen, die in ihren Grundzügen bis zur Französischen Revolution bestand. Sophie von La Roche erlebte in ihrem letzten Lebensjahrzehnt die Agonie dieser Friedensordnung, die mit dem Zerfall des Heiligen Römischen Reiches im Jahre 1806 endete. In einer Zeit, in der die Vorstellung von einer durch ihre gemeinsame Kultur und Literatur geprägten deutschen Nation um sich griff, sah sie in der Westfälischen Friedensordnung vor allem die Schande und Erniedrigung durch die Zementierung der politischen Zersplitterung und die institutionalisierte beständige Einmischung fremder Mächte, vor allem Frankreichs und Schwedens, die 1648 zu deutschen Reichsständen geworden waren. Diese negative Bewertung des Westfälischen Friedens setzte sich im nationalstaatlichen Denken des 19. und 20. Jahrhunderts durch. 81 Sind wirklich […] Europa zu retten] Der Anmarsch russischer Truppen war ein Gerücht, das aufgrund des Umschwungs in der russischen Politik zugunsten Österreichs und Englands entstanden sein könnte. Russlands Eintritt in einen weiteren Koalitionskrieg gegen Frankreich und seine Satellitenstaaten erfolgte erst im Frühjahr 1799. General Alexander Wassiljewitsch Suworow (1729−1800) marschierte auf Befehl Zar Paul I. in Norditalien ein, wo er sich mit den österreichischen Truppen vereinte. Ihr siegreicher Feldzug endete mit der Schlacht von Novi am 15. August. 82 paul dem I] Paul I. Der russische Zar Paul, Sohn von Katharina der Großen, stand in dem Ruf, unberechenbar und grausam zu sein. 82 S-] Sophie.

Brief 117 – 26. Oktober 1798

Brief 117 11

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26. Oktober 1798

offenbach den 26 8br 1798

ich hoffe mein edler gütiger Freund ist wohl, und glüklich durch die nachrichten welche, die Königinn, und Ihre gesellschaft 55 von Ihrem geliebten Zögling müssen gegeben haben - ich nehme antheil das wissen Sie theurer Freund! möge ihnen, dieße edle Freude wohl thun in jedem tropfen blut u jeder Nerve 10 10 darf ich Sie bitten mir das briefgen von Lausanne, zu schiken - ich möchte damit gerne ein paar reiche leute bewegen, sich für das journal der armen Polier zu unterschreiben - es kostet nur f 5 - 30 x 15 15 le Precis de la vie de Genlis - könnte H von Weyhers mitbringen welcher künftige woche seine Fraül Schwester besuchen will adieu bester - Rechtschafner Freund! möge doch der wunsch der alten - bey Ihnen 20 20 nie getheilt seyn - und die gesundheit Ihres Cörpers, der von Ihrer Seele gleichen amen Seegen der alten laRoche à Monsieur Petersen| Monsieur Petersen – Conseiller Intime| de la Regençe| à Darmstadt /

FDH, Sig. Hs-6528 1 4

26 8br] 26. Oktober. die Königinn, und Ihre gesellschaft] die Königin und ihre Gesellschaft. Nach Abschluss seines Studiums in Leipzig 1798 trat Erbprinz Louis eine Kavaliersreise in den Norden Deutschlands an. In Berlin empfing ihn Königin Luise, die von ihrer Huldigungsreise durch Preußen zurückgekehrt war. 10f. briefgen von Lausanne] Siehe Komm. zu Zeile 13. 13 journal der armen Polier] Elisabeth Marianne (auch: Isabelle Marie Elisabeth) de Polier war Stiftsdame des preußischen reformierten Ordens zum Heiligen Grabe. Zwei Jahrzehnte diente sie als Ehrendame an den Höfen Sachsen-Meiningen und Nassau-Weilburg, um sich dann 1782 mit ihren Renten in Lausanne niederzulassen. Ihre literarische Laufbahn begann sie um 1763 mit Übersetzungen von Romanen und Lustspielen ins Französische, darunter Sophie von La Roches Werk

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„Schönes Bild der Resignation“ (1795/96), das 1795 unter dem Titel „Eugénie, ou la résignation, anecdote par Sophie de la Roche“ in Lausanne erschien. Von 1793 bis 1800 gab sie das „Journal littéraire de Lausanne“ heraus, für das Sophie von La Roche in diesem Brief Abnehmer sucht. Poliers Hauptwerk über die Mythologie der Hindus basiert auf den Aufzeichnungen ihres aus Indien heimgekehrten Vetters Kolonel Antoine Louis Henri de Polier (siehe Brief 171 Zeile 13). 14 f 5 - 30 x] 5 Florins 30 Kreuzer. 15 le Precis de la vie de Genlis] Siehe Brief 116 Komm. zu Zeile 40f. 15f. H von Weyhers] Hauptmann Gustav Alexander von Weyers (1770−1847) war Generalleutnant und Flügeladjutant Ludwigs X. von Hessen-Darmstadt. 17 Fraül] Fräulein. 17 Schwester] Nicht ermittelt. 19−21 möge doch […] Seele gleichen] Siehe Brief 100 Komm. zu Zeile 11-14. 24 Schwarzes Siegel, Poststempel: VON FRANKFURT.

Brief 118 11

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offenbach den 7 nobr 1798 O mein schäzbarer Freund! wie schön zeigte mir Ihr leztes blätgen mehr als die lezte liebliche Herbstage die wohlthuende Sonne uns zeigten eine aussicht Sie dießes Jahr noch einmal zu sehen der Himmel wolle es - zu Ihrer gesundheit und meinem glük, denn gewiß - Ihre erscheinung ist gefühl von glük für meine Seele Ein Freund meines Franz - der Meine in einem Kentnis vollen, edlen Mann Fragen Sie - jemand der urtheilen kann was dießes ist! gewiß mehr als bücher und blumen - welche doch nach dem auspruch der geistvollen Rolland - für alles andre schadloß halten sollen O kommen Sie gewiß - theurer, edler! über alles geschäzter Freund! Gott gebe Ihnen gesundheit dazu - u gefühl der Freude um Freude auszutheilen adieu von alt ergebner laRoche | | theurer eine Frage gaab ich Ihnen meinen marc aurel und das blatt - Ballanz der teutschen dichter?

7. November 1798

Brief 118 – 7. November 1798

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und könnten Sie mir nicht die briefe über Irland bald schiken - Ein vortreflicher dichter der Edelsten Classe wünscht sie zu leßen 30 ich liebe sie unendlich Ihre betrachtungen 30 über die Erbprinzeß von Cassel u andres Leben Sie - theurer! würdiger Freund um lange so zu denken -

FDH, Sig. Hs-6530 28 1 12

vortreflicher] vortreflich{t}/er\

7 nobr] 7. November. Ein Freund meines Franz - der Meine] Gemeint ist ihr Korrespondenzpartner Petersen. 15−18 gewiß mehr als […] schadloß halten sollen] Die französische Schriftstellerin und Revolutionärin Marie-Jeanne Roland, Vicomtesse de la Platière, geb. Philipon (1754−1793), stellt eine der bedeutendsten Frauenpersönlichkeiten der Französischen Revolution dar. 1791 verließ sie mit ihrem Ehemann Jean Marie R. (1734−1793) die Lyoner Provinz, um in Paris der republikanischen Bewegung nahe zu sein. In ihrem gesellschaftlichen Zirkel trafen sich Künstler, Literaten und Politiker der verschiedensten Couleurs. Beide waren prominente Vertreter der girondistischen Partei. Im April 1792 übernahm Roland für ein Jahr das Innenministerium der Revolutionsregierung. Zahlreiche Reden und Manifeste stammten aus der Feder seiner Frau. Als Robespierre die Führung übernahm, ergriff er die Flucht, während Marie Jeanne Roland in Paris blieb, wo man sie zum Tod durch die Guillotine verurteilte. Ihr im Gefängnis verfasster Lebensbericht („Mémoires particuliers de Madame Roland suivis des notices historiques sur la révolution, du portrait et anecdotes et des derniers écrits et dernières pensées, par la même“) konnte Sophie von La Roche zu diesem Zeitpunkt nur in der deutschen Übersetzung von 1796/1797 bekannt sein („Das Leben der Bürgerin Rolland, von ihr selbst geschrieben, aus dem Französischen übersetzt und mit Anmerkungen begleitet, von L. F. Huber. 2 Teile“, ohne Angabe des Verlagsorts), da eine französischsprachige Ausgabe erst 1820 in Paris erschien. Ihr Augenmerk ist nicht auf die politisch aktive Frau gerichtet, vielmehr bewunderte sie die in Philosophie, antiken Sprachen und Naturwissenschaften hochgebildete Literatin Roland, die mit sensibler Naturbetrachtung („Blumen“) und intensiven Studien („Bücher“) ihr eigenes Lebensmotto anklingen lässt. Das Roland-Zitat konnte nicht nachgewiesen werden. 25 marc aurel] Sie hatte Petersen die „Selbstbetrachtungen“ Kaiser Marc Aurels bereits 1791 als Lektüre für den Erbprinzen und dessen Bruder Georg vorgeschlagen (siehe Brief 29 Zeile 38 u. Brief 110 Zeile 12). 25 das blatt - Ballanz der teutschen dichter] Gemeint ist eine gedruckte Tabelle deutscher Dichter und ihrer Werke mit dem Titel „Bilanz der Deutschen Dich-

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ter“. Sie werden nach ca. dreißig Kriterien bewertet: Witz, Scharfsinn, tiefe Beurteilung, Geschmack, Philosophie, Poetisches Feuer, Freiheit der Seele etc. „ Ich sah auf diesem Blatte die hohen und vielfachen Verdienste der Dichtkunst, kannte auch die meisten Werke; aber die strenge Goldwage konnte ich nicht fest genug halten, um die Berechnungen gegen einander zu prüfen. Mir genügte immer, daß ich mich wie bey einer Sammlung großer und kleiner goldner Münzen dachte, wovon ich das verschiedene gepräge sah, und wußte daß es Gold war.“ (siehe „Mein Schreibetisch“ (1799), „Erstes Bändchen“, S. 51f.) Der Ersteller der Auflistung, ihr Druckort und Erscheinungsjahr konnten nicht ermittelt werden. briefe über Irland] Gemeint sind „Briefe über Irland. An seinen Freund, den Herausgeber“ des deutschen Reiseschriftstellers Carl Gottlob Küttner (1755−1805), die 1785 in Leipzig erschienen. Der Autor, der als Hofmeister zahlreiche Länder Europas bereiste, entwirft ein positives Bild der armen Insel (vgl. Doris Dohmen: Das deutsche Irlandbild. Imagologische Untersuchungen zur Darstellung Irlands und der Iren in der deutschsprachigen Literatur. Amsterdam, Atlanta 1994 [= Studia imagologica 6], S. 40−44). Sophie von La Roches Interesse an diesem Werk ist zweifelsohne auf Küttners Keltophilie zurückzuführen. Im Gegensatz zu vielen Zeitgenossen hegte er keinen Zweifel an der realen Existenz des Barden Ossian, in dessen Gesängen sich das Wesen eines unverbildeten Volkes offenbarte. Entsprechend ‚ossianisch‘ sind Küttners Landschaftsbeschreibungen der Insel eingefärbt. Die Autorschaft des schottischen Dichters James Macpherson (1736−1796) wurde erst zu einem späteren Zeitpunkt nachgewiesen. Auf Ossian kommt sie ausführlich in ihrem Werk „Mein Schreibetisch“ (1799), „Zweytes Bändchen“, S. 409−411 zu sprechen. In ihrer Bibliothek befand sich die 1782 erschienene, erste kommentierte deutsche Prosaübersetzung von Petersens Bruder, dem Stuttgarter Bibliothekar Johann Wilhelm (siehe Kapitel 2.4) Ein vortreflicher dichter] Nicht ermittelt. Ihre betrachtungen] In Brief 58 Zeile 26f. hatte Sophie von La Roche ihren Briefpartner aufgefordert, literarisch produktiv zu werden: „Schreiben Sie Fragmenten Ihrer reflexionen und idèen so wie sie erscheinen“. Erbprinzeß von Cassel] Die sechzehnjährige Prinzessin Friederike Christiane Auguste (1780−1841), Tochter Friedrich Wilhelm II. von Preußen, heiratete 1797 den drei Jahre älteren Erbprinzen Wilhelm von Hessen-Kassel (1777−1847). Schon nach kurzer Zeit kam es zu unüberwindlichen Spannungen zwischen den Ehepartnern: „Im Gegensatz zu ihrem Gatten, der sich in Gesellschaft linkisch benahm, trat Auguste selbstsicher und gewinnend auf. Sie hatte bei dem Kantianer Kiesewetter eine vielseitige Bildung erhalten, war belesen, musikalisch und besaß malerisches Talent.“ (Rainer von Hessen [Hrsg.]: Lebenserinnerungen Wilhelms I. von Hessen 1743−1821. Aus dem Französischen übersetzt und hrsg. von R. von Hessen. Frankfurt am Main, New York 1996 [= Veröffentlichung des Archivs der hessischen Hausstiftung in Verb. Mit der Kommission für Hessen], S. 303, Bildunterschrift; siehe Joachim Kühn: Kurhessische Hofgeschichten 1821 bis 1866. Nach ungedruckten Dokumenten aus den Archiven von Paris, Wien, Berlin und Kassel. Berlin 1929, S. 10). Das Interesse der Briefpartner an der Königstochter ist in Verbindung mit ihrer Preußenverehrung zu sehen (siehe Kapitel 3). Auf Bitten der Schriftstellerin Friederike Brun ließ die Erbprinzessin Sophie von La Roche ab dem Sommer 1801 jährlich einen kleinen Geldbetrag zukommen (Bonstettiana [2000], Band VIII/2, S. 715).

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Brief 119 – 4. Dezember 1798

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4. Dezember 1798 den 4 xbr 1798

Spat mein würdiger Freund antworte auf Ihr liebes billet vom 12 nobrPrecis habe - und was noch viel mehr ist - ich habe Ihr versprechen Sie einen der schönen winter tage hier zu sehen daß soll aber nicht eher seyn, biß unßere Christiana wieder gesund von maynz zurük ist - Sie haben doch die güte nichts aus Ihrem gedächnis wegzuschaffen was Sie mit so viel Freundschaft mir zu erzälen versprachen - Suchen Sie indessen Melanges de feue Md- Neker zu leßen und mir dann Ihre gedanken über dieße 3 bände zu sagen - sie fassen viel - recht viel hier haben Sie 2 briefe aus den reliquen meiner Julie Bondely - die ich Ihnen mitheile weil mich dünkt, daß mein Schäzbarster Freund aus der nahmlichen ursache leidet - warum meine Schäzbarste Freundinn litt - und dann dünkt mich kann nur ein | | Genie sicher rathen was dem andern fehlt deßwegen wurde Julie nur durch Haller geheilt - à L’aplicatione Signoria da dieße briefe in eigenschaft des titels reliquie eben so mürbe sind als der mantel der Heiligen Elisabeth in Hanover - so bitte - sie auch eben so sorgsam zu behandlen - mir Ihre Freund schaft zu erhalten - und inlage zu bestellen Ihren Seegen Freund! daß ich bald mit der geschichte meines Schreibtisches zu ende komme dann kann ich wieder größere briefe schreiben aber kein buch nie - nie mehr - adieu von alt la Roche /

35 35 habe ich Ihnen gesagt daß ich lerße mit graf Frieß sah -

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FDH, Sig. Hs-6529 1 3 4

4 xbr] 4. Dezember. Zwischen Datum und Anrede ein Schnörkel. 12 nobr] 12. November. Precis habe] Précis habe ich erhalten. Gemeint sind die Lebenserinnerungen der Comtesse Genlis (siehe Brief 116 Komm. zu Zeile 40f.). 13 Melanges de feue Md- Neker] Frz.: „Vermischte Schriften der verstorbenen Madame Necker“. Gemeint sind die 1798 in Paris erschienenen drei Bände „Mélanges Extraits des Manuscrits de Mme Necker“. 1801/02 erschienen weitere zwei Bände unter dem Titel „Nouveaux Mélanges Extraits des Manuscrits de Mme Necker“. Verfasserin ist die aus dem Waadtland stammende Pfarrerstochter Suzanne Curchod (1739−1794). 1764 heiratete sie in Paris den aus Genf stammenden Bankier Jacques Necker (1732−1804). Als Finanzminister Louis XVI. scheiterte er an der Aufgabe, die desaströsen Finanzen Frankreichs in den Griff zu bekommen und zog sich nach seinem endgültigen Amtsaustritt im September 1790 mit seiner Frau auf seinen am Genfer See gelegenen Besitz Coppet zurück. Sophie von La Roche machte beider Bekanntschaft Anfang März 1792 in Genf (siehe Brief 46 Komm. zu Zeile 22). Suzanne N., welche in Paris als Salonière geglänzt hatte, wandte sich erst in den letzten Lebensjahren der Schriftstellerei zu. Die posthum erschienenen „Mélanges“ enthalten Lebensweisheiten, Briefauszüge, Erinnerungen an Gespräche, wie beispielsweise „Maximes initiés de Marc-Aurel“ (1. Bd., S. 238), „Lettre que m’a écrite M. de Buffon deux jours avant sa mort“ (1. Bd., S. 253). Ähnlich wie Sophie von La Roche (Brief 126 Zeile 6f.) beurteilt sie den französischen Nationalcharakter kritisch: „Les Français sont exagérés naturellement; aussi ajoutent-ils foi à tout ce qui porte ce caractère.“(„Die Franzosen sind von von Natur aus überdreht; auch schenken sie allem Übertriebenem Glauben.“ 2. Bd., S. 274) 16 2 briefe] Die Einschlüsse sind nicht überliefert. „Mein Schreibetisch“ (1799), „Zweytes Bändchen“, enthält einen Brief Julie Bondelis, in dem diese von ihrer Krankheit berichtet (S. 237−239). Siehe Komm. zu Zeile 19f. 16 reliquen] Reliquien. 19f. nahmlichen ursache […] Freundinn litt] Sie hatte Petersen bereits sechs Jahre zuvor auf die Ähnlichkeit seiner Krankheitssymptome mit denen Julie Bondelis hingewiesen (siehe Brief 48 Komm. zu Zeile 14). Auch wenn Petersens Name in der Widmung des Werks „Mein Schreibetisch“ (1799) diskret verschleiert wurde (Brief 116 Komm. zu Zeile 22f.), dürfte es ihn bei der Lektüre des „Zweyten Bändchens“ auf S. 237 durchzuckt haben, dass die Leserschaft von seinen Verdauungsbeschwerden erfuhr. 23f. deßwegen wurde […] Haller geheilt] Das Genie Julie Bondelis fand eine Entsprechung in der hohen ärztlichen Kunst des Universalgelehrten Albrecht von Haller (siehe Brief 48 Komm. zu Zeile 14). 24 à L’aplicatione Signoria] Der Sinn ist unklar. Möglicherweise handelt es sich um einen verstümmelt wiedergegebenen italienischen Ausdruck. 26f. mantel der Heiligen Elisabeth in Hanover] Sophie von La Roche nimmt Bezug auf eine Legende aus dem Leben der heiliggesprochenen Elisabeth von Thüringen (1207−1231). Das sogenannte „Mantelwunder“ wurde in mehreren Varianten überliefert. Die mildtätige Landesherrin hatte ihren kostbaren Mantel an einen Bettler verschenkt. Als sie geschmückt bei Hof erscheinen musste, überbrachte ihr ein Engel ein prächtiges neues Kleidungsstück.

Brief 120 – 14. Dezember 1798

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inlage] Der Einschluss ist nicht vorhanden. lerße mit graf Frieß] Nach Abschluss seines vierjährigen Jura-Studiums in Leipzig reiste der junge österreichische Graf Moritz von Fries, begleitet von seinem Hofmeister Franz Christian Lerse, nach Wien zurück (siehe Brief 74 Komm. zu Zeile 36).

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offenbach den 14 xbr 1798 unßere gute gute Christiana - hat also unerwartet für alle ihre hießigen Freunde den weeg ihrer Sorgen, und Leiden gendet ach, wohl ihr! mein theurer Freund! wie meine vernunft sagen muß wohl meinem Franz - - Gott erhalte Sie und lasse durch dießen tod - das band mit offenbach nicht abgerissen werden! alles hier, bedauert den verlust, der sanften Still Klugen - güte vollen - gefälligen Mademoiselle Pettersen - niemand der sie kannte welcher nicht - ein gefühl von Achtung Liebe - - und lob, ihrem andenken wiedmete ihrem schnellen verlust eine zähre opferte Sie werden dieße gesinnung bey allen bewohnern offenbachs finden - Madame Witting für welche Christana wie eine gute tochter dachte und lebte - beweint sie | | auch als ein geliebtes Kind - alle, auch in meinem Hauß - sprechen, von der sonderbaren unaufhaltsamen begierde, welche sie hatte nach maynz zu reißen u dort ein paar monat zu leben - alle sagen es war ahndung - leitung des Schiksals - wohl ihr wohl den brüdern, welche ihre wohlthäter waren - die welt hat wenig so reine wohlwollende Seelen, als Ihre liebenswerthe Schwester war - ich kenne ihre eigentliche Krankheit nicht - aber sie ruht - und wir Kämpfen noch gegen so vieles - adieu theurer theurer würdiger Freund!

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Sie glauben an theilnahme, meines Herzens an allem was Sie betrift Herrn bruder meine Empfelung - es wird ihm lieb seyn - sie noch gesehen zu haben, es freute sie immer so sehr, einen Damstadter Bruder zu sprechen - adieu von alt la Roche à Monsieur| Monsieur Petersen – Conseiller Intime| de l Regençe| à| Darmstadt

FDH, Sig. Hs-6531 1 14 xbr] 14. Dezember. 2−4 unßere gute […] Leiden gendet] Das Todesdatum von Christiane Petersen konnte nicht ermittelt werden. 4 gendet] geendet. 12 Pettersen] Sophie von La Roche gibt den Namen in der hessischen Aussprache der Offenbacher wieder. 17 Madame Witting] Gemeint ist die Frau (Vorname, Geburtsname und Lebensdaten nicht ermittelt) des Isenburgischen Kammerrats Wittich, die 1818 vom Landesherrn die Erlaubnis erhielt, eine Pension für Mädchen zu eröffnen (SAO, verfilmter Bestand des Archivs Isenburg-Birstein, Bd. 3.534, Film 4.501). 18 Christana] Christiana. 21 in meinem Hauß] Zu diesem Zeitpunkt wohnten die Tochter Luise von Möhn, die drei Enkelinnen und die vierundsiebzigjährige Cordula Frank (Brief 114 Komm. Zu Zeile 7) in ihrem Haus. 35 Herrn bruder] Georg Wilhelm Petersen. 37 Damstadter] Darmstädter. 39 à Monsieur […] à Darmstadt] an Herrn Herrn Petersen - Geheimer Regierungsrat in Darmstadt. Schwarzes Siegel, Poststempel: VON FRANKFURT.

Brief 121 11

27. Dezember 1798

offenbach den 27 xbr 1798 Ich konte Ihnen würdiger Freund! biß jezt und kann heute noch nichts ausführliches von der vollziehung Ihrer wünsche - über den nachlaß - der

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Brief 121 – 27. Dezember 1798

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Lieben Christana sagen - die feyertage u die Kälte hinderten Mad Witting u den Rath Diehler - daß ist gewiß - daß die gute Seelige, das beste so sie besaß mit sich nach maynz nahm, um dem H- bruder und Schwägerinn Ehre zu machen - so daß das übrige 10 10 nur beweißen wird wie genüg sam sie war, u wie sehr sie brüderliche Liebe verdiente - theurer Freund! Sie - Sie haben dieße Pflicht getreu erfüllt - auch oft ihren Seegen erhalten - Ach bester Mann! Sagen Sie mit mir - unßer Herz verlohr viel - mit Franz u Christana 15 15 aber ihnen ist wohl - was giebt wohl jezo die Suma des verdiensts - der tugend - der Kentnisse - der treuen hand - welche dieße gaaben gut verwendete? adieu in Eile ich muß an meinem Schreibtisch mit Ihnen reden - adieu von seit dem 6 - 68 jahr alten

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La Roche -

FDH, Sig. Hs-6532 5 18 1 5 6 6

sagen] {geb}/sag\en an] {*}/a\n

27 xbr] 27. Dezember. Christana] Christiana. Verschreibung. Mad Witting] Madame Wittich. Siehe Brief 120 Komm. zu Zeile 17. Rath Diehler] Philipp Jakob Diehler (um 1755−1832) studierte von 1770 bis 1771 Rechtswissenschaften in Marburg und Göttingen. Ab 1773 bekleidete er die Stelle eines Regierungsadvokaten in Offenbach, im Jahr darauf die eines Regierungssekretärs und Archivars. Als Fürstlich Isenburgischer Hofgerichtsrat wurde er ab 1797 Mitglied der Regierung. 1803 erfolgte seine Ernennung zum 1. Regierungsrat. 1816 übernahm ihn das Großherzogtum Hessen-Darmstadt als Regierungsrat am Hofgericht in Offenbach. Seit 1783 war er mit der Tochter des Hofapothekers Susanne Elisabeth Gaudelius (1764−1835) verheiratet. 8f. H- bruder und Schwägerinn] Karl Ludwig Adolph Petersen und seine zweite Ehefrau Friederike. 14 Christana] Christiana. 15−17 was giebt wohl […] gut verwendete] Lies: in welchem Ausmaß wird die auf Erden bewiesene moralische und geistige Vortrefflichkeit und Güte nun dem Seelenheil der Verstorbenen zugute kommen. Sophie von La Roche greift hier katholisches Gedankengut auf. Die reformatorische Ethik kennt keine Vergeltung guter Taten im Jenseits, da die Bereitschaft dazu einzig christlicher Liebe entspringt. Den Gläubigen ist das Seelenheil bereits durch den Opfertod Jesu verbürgt.

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ich muß an meinem Schreibtisch mit Ihnen reden] In ihrem Werk „Mein Schreibetisch“ (1799) hat Petersen die Rolle eines imaginären Gesprächspartners (siehe Kapitel 1). seit dem 6] seit dem 6. Dezember.

Brief 122 11

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11. Januar 1799

den 11 des Jahrs 1799 Madame Witting ist Krank - u hatt meine tochter kommen lassen, um ihr anzuzeigen, daß ihre Schwieger tochter noch einen Coffre fand, der Mademoiselle Petersen gehöre nun will meine Tochter dießen Coffre besorgen wenn Sie es zufrieden seyn - und will die Kleinigkeiten welche noch ausser dem da sind - auch dahinein ver schliessen - aber sie will auf Ihren beyfall warten - schreiben Sie bald ich bitte Sie theurer Freund! Frau Witting hat 74 jahr - u wir möchten den Coffre aus dem Hauß nehmen eh eine ändrung vorgeht - in Eile von Ihrer ergebnen Freundinn laRoche / | | wie elend sind die nachrichten von Neapel aber seitdem Italiens alte Helden nur als opern sänger erscheinen - u junge männer in die Clöster gestekt werden - wo ist muth und tapferkeit u treue möglich - soll man nicht sagen die franken sind als Heyden unüberwindlich geworden u die Christen haben keine legion tonans gegen sie ist nicht der alte Römmer geist, in todten ruinen - wie die alte Gebäude - erloschen ist er - selbst in dem lezten aus gearteten funken der Banditi - nur vesuv u etna haben noch inneres Feuer -

Brief 122 – 11. Januar 1799

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FDH, Sig. Hs-6533 Auf der linken Seite des Doppelbogens steht am unteren Rand ein dreizeiliger, schwer zu entziffernder Vermerk von unbekannter Hand: „à ne pas oublier de [vier Wörter nicht entziffert] aupres du prince hered. impair de à Mr [ein Wort nicht entziffert] par le landgrave ce 13 Janv 99“ 1 3 4f. 5 19

den 11 des Jahrs] den 11. Januar des Jahres. meine tochter] Luise von Möhn. ihre Schwiegertochter] Nicht ermittelt. Coffre] Frz.: „Koffer, Kasten“. nachrichten von Neapel] Nach dem gescheiterten Versuch, die französischen Truppen unter General Championnet in Rom aufzuhalten, flohen König Ferdinand IV. (1751−1825) und Königin Maria Carolina (1752−1814) mit ihren Kindern am 23. Dezember 1798 auf dem Schiff des englischen Admirals Horatio Nelson (1758−1805) nach Palermo. Am 23. Januar wurde in Neapel von den Franzosen die Parthenopeische Republik ausgerufen. Im Juli 1799 kam es unter dem britischen Befehlshaber zu einer blutigen Konterrevolution. 20f. Italiens alte Helden nur als opernsänger] Die im frühen 18. Jahrhundert in Neapel entstandene „Opera seria“ brachte im Gegensatz zur komischen Oper („Opera buffa“) Haupt- und Staatsaktionen von Königen und Helden auf die Bühne. 23 die franken] Franzosen. 24 Heyden] „Doch mit der Machtergreifung durch die radikalen Revolutionäre der Montagne und der Niederlage der gemäßigten Girondins […] in den Monaten der Schreckensherrschaft (von Mai bis Juli 1794) führte die Konventsregierung den Kult der Göttin Vernunft und unter Robespierre den des Être Suprême ein. Nun hieß es für die Geistlichen katholischer und protestantischer Konfession, auch wenn sie den Konventualeid auf die Verfassung geleistet hatten, jede Tätigkeit aufzugeben, die sogenannte Abdikation zu vollziehen, bei Androhung von Gefängnis − oder gar Todesstrafe bei Weigerung. Als dann mit dem 9. Thermidor (27. Juli 1794), dem Sturz Robespierres, nach dem Nationalkonvent der Gemäßigten von 1795−1799 die Direktorialregierung ans Ruder kam, wurde […] bei Trennung von Kirche und Staat doch wieder die Glaubensund Kultusfreiheit in die Verfassung aufgenommen, und mit Dekret vom 11. Prairial III (30. Mai 1795) wurden den Gemeinden ihre Gebäude zurückerstattet. Aber der Gottesdienst kam damit nicht überall in Gang. Es mangelte an Geld und Pfarrern.“ (Otto Ernst Strasser-Bertrand: Die evangelische Kirche in Frankreich. In: Otto J. Jong: Die Geschichte des Protestantismus in Frankreich und den Niederlanden. Göttingen 1975, S. 135−192, hier S. 173) 25 legion tonans] Lat.: „donnernde Legion“. Gemeint ist die zwölfte Legion („Legio fulminata“) unter dem römischen Kaiser Marc Aurel, in der sich viele Soldaten christlichen Glaubens befanden. 26 Römmer] Römer. 28 Banditi] Während der Napoleonischen Kriege nahm das Banditentum in Italien politische Züge an. Soldaten des Königreichs Sizilien und Angehörige der untersten Bevölkerungsschicht verbanden sich im Kampf gegen die Franzosen.

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Der Weimarer Bibliothekar und Schriftsteller Christian August Vulpius (1762−1827) hatte im Vorjahr den erfolgreichen Räuberroman „Rinaldo Rinaldini der Räuberhauptmann, eine romant. Geschichte unseres Jahrhunderts in 3 Theilen oder 9 Büchern. Leipzig 1798“ veröffentlicht, der in Kalabrien spielt.

Brief 123 11

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den 13 Fbr 1799 Nur zwey zeilen an meinen theuren Freund - eine um Ihren Seegen zu haben zu glüklicher ankunft meines Manuscript in Leipzig - u dann Ihnen von der Surprise zu sprechen durch welche, die familie, u freunde einen kleinen aufsaz, wegen meinen rükständigen Renten bey wittib Cassa u zollamt von mir erhielten welche, ein Bankier v frankfort mit einem H Link erhalten will ich hatte bißher nie das Herz gehabt mich einzelassen u wolte auf völlige organisation warten - aber ich merke eine sonderbare triebfeeder in der Sache - von welcher nicht schreiben mag aber sprechen würde, mit meinem edlen lieben Freund - der Himmel gebe Ihnen gesundheit | | Sagen Sie mir doch - ob P. Georg noch keine anstalt auf seinen Gütern macht turnips zu pflanzen - denn er kann nun in Berlin bey acchard, den Zuker daraus ziehen lernen - es ist erstauned vortheil dabey1 morgen von 180 Rhein 4 Ruth giebt 22 Cent - rohen - zuker - die blätter bleiben zu nahrung für Kühe, u. die außgepreßte reste zu Schwein mast - so wie auch das Feld noch mit weizen besaet wird. adieu in Eile - und bitte um die briefe über Irrland -

13. Februar 1799

Brief 123 – 13. Februar 1799

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haben Sie von den armen trierer gesehen? O Freund! warum sind nur noch so wenig teutsche in teutschland? Ach leben Sie nur und kommen ein mal dießen Sommer wenn ich von Weimar 40 zurük bin, mich | | 40 davon erzälen zu hören, u über andre zu reden - adieu von alt la Roche Leßen Sie doch Fichtens Rechtfertigung - darüber 45 möchte mit Ihnen reden 45 mich dünkt die Philosophen gehen auf schönem weeg irre und treten gutes nieder, ohne gutes zu thun - denn ist sie anders 50 möglich als im ideal - die reine 50 uneigennüze moral - u wie soll sie in die Seele der menge? ach lieber, lieber Freund!

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FDH, Sig. Hs-6534 7 42 1 4f.

durch] d{mit}/urch\ alt] {La}/alt\

13 Fbr] 13. Februar. ankunft meines Manuscript] Der Leipziger Verleger Heinrich Gräff bestätigte den Erhalt des Manuskripts von „Mein Schreibetisch“. 6 Surprise] Frz.: „Überraschung“. 6−10 Ihnen von der […] mir erhielten] Lies: Ihnen mitzuteilen, wie überrascht meine Familie und Freunde über die von mir erstellte kleine Auflistung meiner rückständigen Renten der Witwenkasse und dem Zollamt von Boppard waren. 11 Bankier v frankfort] Bankier von Frankfurt. Gemeint ist der Frankfurter Bankier Simon Moritz Bethmann (1768−1826). Es ist eine handschriftliche Quittung Sophie von La Roche an die Gebrüder Bethmann vom 6. Oktober 1803 überliefert (FDH, Sig. Hs-3667). 12 H Link] Nicht ermittelt. Link wird als Freund von Clemens Brentano in Bettine von Arnims „Clemens Brentano’s Frühlingskranz“ (1844) genannt (S. 295), der die Schriftstellerin bisweilen in Offenbach besucht (S. 69f.). 17 von welcher nicht schreiben mag] von welcher ich nicht schreiben mag. 21 P. Georg] Prinz Georg. Siehe Brief 29 Komm. zu Zeile 20.

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Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum

seinen Gütern] Zu den Besitzungen des Prinzen Georg Karl gehörte das sieben Kilometer nordwestlich von Darmstadt gelegene Schloss Braunshardt, die aus mütterlichen Besitz stammende Herrschaft Broich bei Düsseldorf, ferner zahlreiche Güter im Elsass, in Südpreußen, Nieder- und Oberschlesien und Österreich (siehe Fritz Herrmann: Neues vom Kriegsrat Johann Heinrich Merck. Des Kriegsrats Baumwollspinnerei und Kattunfabrik und ihr Zusammenbruch. In: Mercksche Familienzeitung 11 [1930], S. 126−148; Esselborn: Darmstadt und sein Hof zur Zopfzeit [1915], S. 149; siehe Brief 29 Komm. zu Zeile 20). 23 turnips] Engl.: „Zuckerrüben“. 24 in Berlin bey acchard] Zu Beginn des Jahre 1799 hatte der Berliner Wissenschaftler, Techniker und Landwirt Franz Karl Achard (1753−1821) mittels einer Eingabe am preußischen Hof erreicht, dass sein Verfahren zur Zuckergewinnung aus Runkelrüben mit beträchtlichen Staatsgeldern in einem mehrjährigen Großversuch zur Anwendung kommen konnte (siehe Hans Heinrich Müller: Franz Carl Achard (1753−1821). Biographie. Unter Mitwirkung von Corné J. Aertssens und Jürgen Wilke. Berlin 2002, S. 227f.). Gleichzeitig erschien in Berlin seine Publikation „Ausführliche Beschreibung der Methode, nach welcher bei der Kultur der Runkelrübe verfahren werden muß, um ihren Zuckerstoff nach Möglichkeit zu vermehren“. Als Informationsquelle könnte Sophie von La Roche ein Artikel in der „Neuen Allgemeinen deutschen Bibliothek“ von 1799, 47. Bd., 1. St., S. 49−52 gedient haben (siehe „Schattenrisse abgeschiedener Stunden in Offenbach und Schönebeck im Jahr 1799“ [1800], S. 193). 27 1 morgen] Flächenmaß von 25 a. 27 Rhein] Reihen. 27 Ruth] Ruten. Längenmaß von 3,99 m. 32f. briefe über Irrland] Siehe Brief 118 Komm. zu Zeile 27. 34 armen trierer] Gemeint sind Bewohner und Soldaten des ehemaligen Trierer Kurstaats, denen es nach der Einnahme der Stadt Koblenz durch die Franzosen im Jahr 1794 gelang, die rechtsrheinische Festung Ehrenbreitstein und Schloss Philippsburg fünf weitere Jahre zu verteidigten. Ende Januar 1799 mussten sie aus Mangel an Lebensmitteln kapitulieren. Die Familie La Roche bewohnte von 1771−1780 ein Haus an der Uferstraße von Ehrenbreitstein, das in veränderter Form noch heute existiert. 37 so wenig teutsche in teutschland] Siehe Kapitel 6. 39f. wenn ich von Weimar zurük bin] Für die Sommermonate plante sie eine Reise nach Weimar und Schönebeck an der Elbe (siehe Brief 127 Komm. zu Zeile 3). Sophie von La Roche schreibt am 9. November 1799 an Christoph Martin Wieland hinsichtlich der geplanten Reise: „ich bin zufrieden daß ich Sie und Ihre Familie nicht in Weimar zu suchen habe - ach ich glaubte nicht mehr an Ihre Freundschaft - und daß sie mich mit wohlwollen sehn würden - zu meinem Carl wollte ich - und auf dieser Reiße nach osmanstätt - nur den ort sehen wo Sie wohnen, und den Gärtner bitten, mir Ihren garten zu weißen - dießem wollte ich eine rolle papier geben - sonst niemand sehen, in weimar und zu meinem Carl o dank wieland dank daß Sie eine so schöne aussicht mir gaben“ (GSA, Sig. Hs 93/III 3, 16. Prol 4141; siehe Schelle: Sophie von la Roche und Wieland [1988], S. 260). 43f. Fichtens Rechtfertigung] Johann Gottlieb Fichte (1762−1814) war als Professor der Philosophie der Universität Jena seit Beginn seiner Lehrtätigkeit im Jahr

Brief 124 – 6. Mai 1799

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1794 Anfeindungen ausgesetzt, die in dem sogenannten „Atheismusstreit“ von 1798/99 kulminierten. Auslöser war die Oktoberausgabe des von Fichte mitherausgegebenen „Philosophischem Journals“. Sie enthielt die Schrift „Entwicklung des Begriffs der Religion“ des Kant-Schülers Friedrich Karl Forberg (1770−1848) sowie Fichtes Vorwort „Über den Grund unseres Glaubens an eine göttliche Weltregierung“, worin er dessen Religionsauffassung, dass die unbeweisbare Existenz Gottes in den Dienst der Moralphilosophie zu stellen sei, verteidigt. Fichtes angeführte Negation eines teleologischen Gottesbeweises provozierte Lesepublikum und staatliche Autoritäten gleichermaßen. Ende Oktober erhob das protestantische Dresdner Oberkonsistorium bei dem Kurfürsten von Sachsen eine Anzeige gegen den Jenenser Lehrstuhlinhaber wegen Atheismus. Die fragliche Ausgabe des „Philosophischen Journals“ wurde in Kursachsen konfisziert und die Träger der sächsischen Landesuniversität aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen. Fichte reagierte im Januar 1799 mit der stark beachteten Gegenschrift „Appellation an das Sächsische Konfiscationssreskript ihm beigemessenen atheistischen Äußerungen“, auf die sich Sophie von La Roche hier bezieht. Weitere Veröffentlichungen Fichtes und seiner Gegner folgten. In seinem Schreiben vom 22. März an den Weimarer Minister Voigt äußerte F., dass er einem Verweis mit der Abgabe seiner Demission zuvorkommen werde. Dieses inoffizielle Rücktrittsangebot wurde von Seiten Herzog Carl Augusts unverzüglich angenommen, obwohl Fichte in einem weiteren Brief vom 3. April seine Gesprächsbereitschaft signalisiert hatte. Er verließ Jena und ging nach Berlin, wo er als Privatgelehrter Vorlesungen hielt. 1805 lehrte er für ein Jahr in Erlangen, 1806 in Königsberg. Über Kopenhagen kehrte er im Sommer 1807 nach Berlin zurück, wo er 1809 zunächst Professor und 1811 Rektor der neugegründeten Universität wurde. 46−49 die Philosophen […] gutes zu thun] Siehe Brief 40 Komm. zu Zeile 54. 49−52 denn ist sie […] Seele der menge] Siehe Brief 95 Komm. zu Zeile 59.

Brief 124 11

den 6 may 1799

theurer Freund! wie lang schwieg ich nach empfang deß wechsels - ver zeyhen Sie - es mußte seyn, weil 55 sich zweifel über die schuld zeigten da Frau Witting mir u meiner tochter gesagt - Madsl Petersen sey nichts mehr schuldig - u die liebe Christiana selbst in meinem Hauß 10 10 gesagt / ich spare während meiner ab/ weßenheit daß Kostgeld - und

6. Mai 1799

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/ schafe mir bey meiner zurükunft / hemden dafür - - dießes stelte ich der Mdsl FärnCranz vor, u sagte endlich daß die hälfte der f 37 beza len wolte - sie ist es zufrieden bittet aber H Hof prediger zu Fragen wenn er das | | Lezte quartal bezalte? - immer mein unschäzbarer Freund! gebe ich nur die hälfte - weil ich überzeugt binn, daß wir nicht mehr schuldig sind O was ein Fleken für den teutschen boden ist die ermordung der franz = gesandten was für ein tief angelegtes Buben stük - mit einem zweydeutigen Schleyer bedekt! theurer - theurer Freund! wie abscheulich endigt das 18 Jahr hundert! der gesand Secretaire Roßenstiel soll wahnsinng seyn man möchte es aus indignation werden - rache | | elender - oder eines schreklichen Politikers ist die sache - oestreich teutsche - können es nicht seyn zu was end - solten 3 menschen Frankreichs mehr oder weniger sagen - es wäre raßene tollheits anstalt geweßen - aber boßheit einer blinden Rache boßheit - welche dieße männer nicht reden lassen wolte, eines von beyden wars - kein Hof kein Cabinet - hat so dumme teufels zu ihren rathgebern - u teufel waren es, die das bewirkten Mein Freund! wie wahr ist es das daß menschenHerz ein abgrund ist! Gott schüze uns vor den Folgen, adieu laRoche

Brief 124 – 6. Mai 1799

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FDH, Sig. Hs-6535 1 3

6 may] 6. Mai. wechsels] Petersen hatte ihr einen Wechsel zur Deckung der offenen Rechnung von Kost und Logis seiner Schwester ausgestellt. 6 Frau Witting] Frau Wittich. Siehe Brief 120 Komm. zu Zeile 17. 6f. meiner tochter] Luise von Möhn. 7 Madsl] Mademoiselle. 15 Mdsl FärnCranz] Mademoiselle Färncranz. Nicht ermittelt. 16 daß die hälfte] dass ich die Hälfte. 16 F 37] 37 Florins. 18 H Hof prediger] Hofprediger Georg Wilhelm Petersen. 22 weil ich überzeugt bin] Lies: immer dann, wenn ich überzeugt bin. 26f. die ermordung der franz = gesandten] die Ermordung der französischen Gesandten. Mit der französischen Kriegserklärung an Österreich vom 1. März 1799 war der Kongress von Rastatt obsolet geworden (siehe Brief 116 Komm. zu Zeile 75−77). Der österreichische Oberbefehlshaber Erzherzog Karl forderte am 10. März alle französische Diplomaten auf, das deutsche Territorium zu verlassen. Von Talleyrand erging daraufhin die Weisung, noch in Rastatt zu bleiben, was den Verdacht der Spionage bei den Österreichern nährte. Am Abend des 28. April 1799 reiste der Tross der französischen Delegation ohne militärisches Geleit ab. In der zum Rhein führenden Allee wurden die Kutschen überfallen, die Gesandten Ange Louis Antoine Bonnier d’Arco (1750−1799) und Claude Roberjot (1753−1799) ermordet und ihrer Papiere beraubt. Generalsekretär Charles Henri von Rosenstiel (1751−1825), der im letzten Wagen saß, konnte in ein nahes Gehölz flüchten; auch sein Kollege Jean Antoine Joseph Débry (1760−1834) entkam schwerverletzt. Die von Erzherzog Karl eingesetzte Untersuchungskommission vermochte nicht zu klären, ob es sich bei den Angreifern um eine Gruppe von Soldaten des in österreichischem Dienst stehenden 11. Szekler Husarenregiments gehandelt hatte, oder ob der Meuchelmord von französischen Emigrierten in diesen Uniformen verübt worden war. In der nationalen Proklamation vom 6. Mai und einem weiteren an alle Völker gerichteten Manifest vom 7. Mai bezichtigte das französische Direktorium Kaiser Franz und die österreichische Regierung selbst der Anstiftung zum Mord. 32f. 18 Jahrhundert] 18. Jahrhundert. 33f. gesand Secretaire Roßenstiel] Gesandtschaftssekretär Rosenstiel. Siehe Komm. zu Zeile 26f. 35 indignation] Empörung, Entrüstung. 38 oestreich] österreichische. 36−39 rache elender […] es nicht seyn] Siehe Komm. zu Zeile 26f. 43 anstalt] Tat, Unternehmung.

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offenbach den 29 may 1799 Endlich mein theurester Freund! kommen quitungen, über die mir anvertraute gelder - nach welchen Sie bey mir noch f 13.46 stehen haben indem ich für die, von Ihrem H bruder in maynz abgefoderte zwey Coffers Fuhrlohn an das markschiff 16 x - und dem markschiffer - - 36 geben mußte welches neben fl 8 - 54 - für daß halbe quartal u für ein bettuch fl 4 fl 13 46 _____________________________________ Möchte es Ihnen so angelegen seyn dieße kleine Sume zu haben, daß Sie in dem halben Juny selbst kämen sie zu holen und entweder mich nach weimar zu begleiten - oder mir wenigstens Ihren Seegen zu bringen - denn in der lezten woche deß brachmonats will ich abreißen - u sehen was der | | vereinte genuß neuer Gegenden, und alter Freunde auf mich wirken wird mein Carl holt mich, in Weimar ab ich vermeide jede vorgehende ahndung meiner Einbildungs Kraft, um ganz un befangne gefühle, und eindrüke zu trefen gesagt habe ich Ihnen, daß mich eine art von angst anwandelte, als ich mir, mit so vielem recht - in dem Satyrischen Falk den entwurf einer Parodie, von Julians 12 Caesarn dachte - welche bey den Göttern zu tafel gebetten waren - aber jezo sag ich - mag Er - mögen die andre - über die wandlende Ruine der Sophie la Roche lachen ich werde mir alles zu nuz machen was mir auf dießer Reiße vorkommt wenn also der Herr bruder, noch eine besondre ursache mit der anfrage ver bindet, so sagen Sie ihm, meine Reiße sey auf end Juny festgesezt - ich entfer-

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Brief 125 – 29. Mai 1799

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ne mich freylich - ich bekenne es, ungern aus der nachbarschaft, deß | | Zusammenflusses alles neuigkeiten, welche ich wegen dem Schimmer allgemeinen friedens u hoffnung auf linkes Rheinufer, sehr liebe - doch alles wird den, durch die Vorsicht gezeichneten gang gehen, u ich die schöne Jahrszeit in Sachsen verleben - wie der einschluß Ihnen sagen wird - o gehen Sie mit mir und reißen dann, mit dem vortreflichen Hufeland zurük der im Jully nach seinem Guth bey Zwingenberg reißt - Gott was freude! mit Ihnen zu reißen der vorgang bey Rastadt ist ein Räthsel das aber unmöglich nach dem wunsch deß Sineclarinnes auf rechnung deß oes- haußes gesezt werden kann - denn es wäre nicht nur abscheulich, sondern unausprechlich dumm nach allen reglen der Politik wenigstens = Ihr gesandter muß darüber nähere ver muthungen mitgebracht haben - Sagen Sie mein theurer Freund! nicht amen zu meinem Gebet, um glük Fortschritte deß E- P in der | | Schweiz - gestern war ein Helvetier bey mir, der sagte die Francosen haben das beinhauß der Burgundier zerstört - ich hoffe wir erbauen ein neues - um ihre Knochen zu sammlen - - - lieben Sie den alten Schultheiß Steiger von Bern nicht - der Schweizer zu befreygung der Schweiz führt - Ach wenn daß an seinem end häßliche 18 jahrhundert die alte ordnung nach dem abschütlen deß mooses u Staubs wieder, rein darstelte so vergütete es viel. doch würde ich beten daß fürsten u minister - u Philosophen die lehrstüke, über mißbrauch der vorzüge nicht vergessen möchten hier etwas über eine Nachtigall, Sie hören gewiß manche im Bosquet eine Frage für Sie u Ihren Kupferstecher * adieu und wunsch um einen kleinen brief

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*haben Sie jemand, der einen Pendant, zu Virgil zeichnen könnte, der seine grabschrift schreibt? adieu von alt la Roche

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wunsch] {ä}/w\unsch darstellte] {.}/d\arstellte Nachtigall] {n}/N\achtigall

29 may] 29. Mai. f 13.46] 13 Florins 46 Kreuzer. H bruder in maynz] Karl Ludwig Adolph Petersen markschiff] Marktschiff. Ab 1731 verkehrte täglich ein Marktschiff von Offenbach zum Frankfurter Metzgertor, das bis zu zweihundert Personen beförderte. In Stoßzeiten transportierte man Frachtgüter und Reisegepäck in angehängten Kähnen. Der Wagenverkehr in die Messestadt wurde erst 1794 eingerichtet (Meissner: Die Wirtschaftliche Entwicklung Offenbachs [1972], S. 40). 8 16x] 16 Kreuzer. 60 Kreuzer entsprechen einem Gulden bzw. Florin. 9 markschiffer] Marktschiffer. 9f. 36 geben] 36 Kreuzer geben. 10 fl 8 - 54] 8 Florins 54 Kreuzer. 11 halbe quartal] Gemeint ist das Pensionsgeld für Christiane Petersen. Siehe Brief 124 Zeile 20. 16f. mich nach weimar zu begleiten] Siehe Brief 127 Komm. zu Zeile 3. 19 brachmonats] Juni. 23 mein Carl] Carl von La Roche war als königlich preußischer Bergrat und Assessor beim Salzamt von Schönebeck an der Elbe tätig. 29 in dem Satyrischen Falk] Gemeint ist das „Taschenbuch für Freunde des Scherzes und der Satire“, das von 1797 bis 1804 in sieben Bänden in Leipzig, bzw. Weimar erschien. Der Herausgeber war der seit 1797 in Weimar ansässige Satiriker und Schriftsteller Joachim Daniel Falk (1768−1826). Sophie von La Roche trifft ihn in Weimar anlässlich eines Mittagessens (siehe „Schattenrisse abgeschiedener Stunden in Offenbach, Weimar und Schönebeck im Jahr 1799“ (1800), S. 68f.). 30−32 Julians 12 Caesarn […] tafel gebetten waren] Gemeint ist die in griechischer Sprache verfasste Satire „Caesares“ des römischen Kaisers und Literaten Flavius Claudius Julianus (um 331−363) aus dem Jahr 362 n. Chr. Darin lädt J. ruhmreiche Herrschergestalten − darunter Alexander, Caesar und Marc Aurel − zu einem Symposium ein, bei dem ein Wettstreit in der Darstellung der vorbildlichsten Herrschaft ausgetragen wird. Sophie von La Roche kannte vermutlich die deutsche Übersetzung von Christoph Gottfried Bardili (1761−1808) „Julians Spottschrift: die Kaiser, aus dem Griechischen übersetzt. Halle 1788“. Es bleibt

Brief 125 – 29. Mai 1799

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ungeklärt, ob sie mit der Erwähnung der „12 Caesarn“ gleichzeitig auf das um 120 n. Chr. entstandene Werk des römischen Schriftstellers Gaius Suetonius Tranquillus (70−130) „De vita Caesarum“ („Die zwölf Cäsaren“) anspielen wollte, oder ob sie die Titel der Werke verwechselte. Während ihres Aufenthalts in Weimar wurde Sophie von La Roche in der Tat zu einem „Göttermahl“ eingeladen. Goethe veranstaltete am 25. Juli 1799 ihr zu Ehren ein festliches Diner, an dem viele ihrer Weimarer Freunde und Bekannte teilnahmen. „Mich däuchte das Ganze in einer römischen Villa veranstaltet zu seyn, da man gleich in dem Vorhause eine Bildsäule erblickt, und oben vor der ersten Thüre mit dem in großen Buchstaben eingeschriebenen Salve! begrüßt wird“ („Schattenrisse abgeschiedener Stunden in Offenbach, Weimar und Schönebeck im Jahr 1799“ [1800], S. 60). 33−36 mag Er […] dießer Reiße vorkommt] Siegfried Seiferts Darstellung ihres Weimarer Aufenthalts kann um den Zug eines robusten Selbstbewusstseins ergänzen werden („Sentimentale Sandsäckchen“ versus „edle Naturen“ – Sophie von La Roches Begegnung mit dem klassischen Weimar 1799. In: Meine liebe Grüne Stube. Die Schriftstellerin Sophie von La Roche in ihrer Speyerer Zeit [1780−1786]. Hrsg. von Klaus Haag und Jürgen Vorderstemann. Speyer 2005, S. 167−197). Allein der vertraute Briefpartner Petersen erfuhr, dass sie aus dem Zusammentreffen mit Weimars Größen Profit für ein neues literarisches Produkt ziehen wollte. Sie wurde in Weimar als die „Grande Dame der Empfindsamkeit“ erwartet und war bereit, diese Rolle zu spielen, denn das Wiedersehen der gealterten Celebritäten Wieland und La Roche nach knapp dreißig Jahren war ein Ereignis, das die geistige Elite Deutschlands kommentieren würde. So schrieb der Schriftsteller Jean Paul Richter (1763−1825) schon am 27. Januar 1799 an Georg Christian Otto (1763−1828) aus Weimar: „Hier ist alles revolutionair=kühn und Gattinnen gelten nichts. Wieland nimmt im Frühling, um aufzuleben, seine erste Geliebte, die La Roche ins Haus, und die Kalb stellte seiner Frau den Nutzen vor.“ (J. P. Briefwechsel mit seinem Freunde Christian Otto. Hrsg. von E. Förster. 4 Bde. Berlin 1829−1833, hier 3. Bd [1829], S. 26) Nicht allein Johann Gottfried Herder hatte sie durch ihren Auftritt in Weimar täuschen können: „Die gute alte la Roche fährt morgen wiederum ihrem Offenbach zu. Eben schied sie von uns. Sie ist jung wie ein Mädchen von funfzehn Jahren, versteht sich nicht von Gesicht, sondern in der gutmüthigen Täuschung alle Menschen gut zu finden.“ (Brief vom 11. Oktober 1799 an Johann Wilhelm Ludwig Gleim, zitiert aus Johann Gottfried Herder: Briefe. Januar 1799 – November 1803 bearb. Von Wilhelm Dobbek und Günther Arnold. In: Nationale Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur in Weimar (Goethe- und Schiller-Archiv) [Hrsg.]: J. G. H. Briefe. Gesamtausgabe 1763−1803 unter Leitung von Karl Heinz Hahn. Weimar 1977ff., Bd. 8 [1984], S. 92) Auch Goethe vermerkt ihre vermeintliche „gutmüthige Sentimentalität“ in den Tag- und Jahresheften, und Wieland schrieb am 27. November 1799 an Sophie von La Roches Enkelin Sophie Brentano, dass die Großmutter „nicht um ein Atom weiser“ sei, als sie es mit zwanzig war (zitiert nach Seifert: ebenda, S. 194). 37 Herr bruder] Hofprediger Georg Wilhelm Petersen. 42f. aus der nachbarschaft, […] alles neuigkeiten] Gemeint ist die Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, wo sich ihr Informant Petersen aufhielt.

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44f. wegen dem Schimmer […] linkes Rheinufer] Es bleibt ungeklärt, inwieweit Sophie von La Roche über den am 3. März in Mainz unterzeichneten Pazifikationsvertrag zwischen dem französischen Oberbefehlshaber Jean Baptiste Bernadotte (1763−1844) und dem Gießener Professor für Kameralistik Crome als Bevollmächtigten der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt informiert war, der eine erneute Besetzung des Landes verhinderte (siehe Imhoff: Die Neutralisationskonvention vom März 1799 zwischen Hessen-Darmstadt und Frankreich [1967], S. 297−311). Die Rückgabe der an die Franzosen verlorenen linksrheinischen Gebiete stand nicht zur Debatte. 43 alles] aller. Verschreibung. 48 der einschluß] Der Einschluß ist nicht überliefert. 50−52 vortreflichen Hufeland […] Zwingenberg reißt] Der bedeutendste deutsche Mediziner des späten 18. Jahrhunderts Christoph Wilhelm Hufeland (1762−1836) entstammte einer thüringischen Arztfamilie. Nach dem Studium in Jena und Göttingen und Promotion (1783) arbeitete er in der väterlichen Praxis in Weimar, wo er zum Hofrat und Hofmedikus aufstieg. Als Honorarprofessor hielt er von 1793 an Vorlesungen an der Universität Jena, bis er 1801 den Ruf als königlicher Leibarzt an den preußischen Hof erhielt. Seine Auffassung, dass Lebenskraft und -dauer des Menschen durch Mäßigkeit in der Lebensführung bedeutend gesteigert werden könne, legte er in seinem Hauptwerk „Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern“ von 1796 dar. In seiner Selbstbiographie schreibt er: „Durch meine literarischen Arbeiten, besonders die Makrobiotik und das Journal, hatte ich so viel gewonnen, daß ich ein Kapital von 10.000 Talern besaß, welches ich zum Ankauf des Gutes Hänlein an der Bergstraße zu 30.000 Gulden rhein. verwendete, das ich mir als Asyl für mein Alter dachte. Aber was sind des Menschen Berechnungen! Wie ganz anders ist es gekommen! Achtzig Meilen davon, im Tiergarten bei Berlin, habe ich dieses Asyl gefunden.“ (Zitiert nach Walter von Brunn: Hufeland, Leibarzt und Volkserzieher. Selbstbiographie von Christoph Wilhelm Hufeland. Stuttgart 1937, S. 90). Der im Mittelalter urkundlich erwähnte „Hainer Hof“ bildete den Kern der späteren Dorfsiedlung Hähnlein. 54 der vorgang bey Rastadt] Gemeint ist der von unbekannten Tätern verübte Mord an zwei französischen Diplomaten in Rastatt. Siehe Brief 124 Komm. zu Zeile 26f. 56 Sineclarinnes] Der Jurist und Schriftsteller Isaak Baron von Sinclair (1775−1815) stand wie vormals sein Vater Adam Alexander von S. (1713−1778) im Dienst des Landgrafen Friedrich V. Ludwig von Hessen-Homburg (1748−1820). Seine republikanische Gesinnung wurde vom Landesherrn geduldet. Als inoffizieller Vertreter nach Rastatt gesandt, erhoffte man sich von ihm nützliche Kontakte zu dem Privatsekretär Napoleons Claude-Camille Perret (1769−1834), seinem Studienfreund aus Jena. Seine Verbindung zu den in Rastatt anwesenden radikalen Republikanern brachte ihn in den Verdacht, an einer Revolutionierung Württembergs zu arbeiten, was zunächst keine Konsequenzen nach sich zog. 1805 wurde jedoch gegen Sinclair ein Hochverratsprozess angestrengt, in dem er sich gegen den Vorwurf, einen Anschlag auf den Kurfürst von Württemberg geplant zu haben, verteidigen musste (siehe Ursula Brauer: Isaac von Sinclair. Eine Biographie. Stuttgart 1993, S. 135−139). 56 oes- haußes] österreichischen Hauses. Brief 124 Komm. zu Zeile 26f.

Brief 125 – 29. Mai 1799

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Ihr gesandter] Regierungsrat Christian Hartmann Samuel Gatzert (siehe Brief 51 Zeile 19. 64 E- P] Erbprinz. 64f. in der Schweiz] Prinz Louis befand sich in Begleitung seines Gouverneurs Freiherr von Baumbach auf seiner Kavalierstour durch die Schweiz. 65 ein Helvetier] Nicht ermittelt. In ihrem Brief vom 6. März 1799 an Elisabeth Gräfin Solms erwähnt Sophie von La Roche einen aus dem Waadtland eingetroffenen Prinzenerzieher, der von dem Unglück der dortigen Bevölkerung berichtete (SAO, Sig. M24 [167]; Kampf: Sophie von La Roche Briefe [1965], S. 80). 67−70 die Francosen haben […] zu sammlen] Am 22. Juni 1476 errangen die Eidgenossen im Verbund mit herbeigeeilten Hilfstruppen in Murten (Kanton Freiburg) einen überlegenen Sieg über das burgundische Heer unter Karl dem Kühnen (1433−1477). In dem 1485 vollendeten Beinhaus wurden die Knochen der gefallenen Feinde zur Abschreckung aufbewahrt. Die von Albrecht von Haller verfasste Inschrift beschwört den Gemeinsinn des alten Bern. Bei dem Einfall der französischen Revolutionsarmee wurde das Gebäude am 2. März 1798 zerstört. Die Eidgenossenschaft ließ 1822 an seiner Stelle einen Obelisk als Nationaldenkmal errichten. 71−73 den alten Schultheiß […] Schweiz führt] Bei der blutig verlaufenden Übernahme der Stadt Bern durch die Franzosen am 4. März 1798 verlor der Schultheiß Niklaus Friedrich von Steiger (1729−1799) sein Amt. Am darauffolgenden Tag stand er bei den kämpfenden Truppen im Süden der Stadt, von wo aus er nach der Niederlage in das 15 km entfernte Wichtrach floh. Dort entging er nur knapp der Ermordung durch betrunkene und aufgewiegelte Miliz. Der Patrizier rettete sich über den Brünig-Pass nach Süddeutschland ins Exil, von wo aus er als Anführer des konservativen Widerstands eine antirevolutionäre Koalition mit Preußen und Österreich schmiedete. Unter der Führung des Siebzigjährigen formierte sich ein Armeekorps aus Schweizer Emigranten, das zusammen mit österreichischen Truppen im Sommer 1799 einen Vorstoß bis Zürich unternahm. Steiger starb am 3. Dezember in Augsburg. Die Rückführung seines Leichnams nach Bern und die feierliche Bestattung im Münster signalisierten das Wiedererstarken der reaktionären Kräfte, das aufgrund der von Napoleon diktierten Mediationsverfassung vom März 1803 möglich wurde (vgl. Kurt von Steiger: Schultheiss Niklaus Friedrich Steiger 1729−1799. Ein Leben für das alte Bern. Bern 1976, S. 402). 74 18 jahrhundert] 18. Jahrhundert. 75−80 die alte ordnung […] vergessen möchten] Siehe Kapitel 3 u. 6. 81 hier etwas über eine Nachtigall] Der Zusammenhang ist unklar. Der Einschluss ist nicht überliefert. 82 Bosquet] Lustwäldchen, Hain. Gemeint ist der von der Großen Landgräfin im englischen Stil umgestaltete „Herrngarten“ unweit des Schlosses, der Sophie von La Roche von zahlreichen Besuchen in Darmstadt bekannt war. 83 Ihren Kupferstecher] Der Darmstädter Miniaturmaler und Kupferstecher Friedrich Jakob Hill bewarb sich zu diesem Zeitpunkt als Nachfolger des am 12. Januar 1799 verstorbenen Hofmalers, Hofkammerrats Johann Ludwig Strecker (1721−1799). Seine Bestallungsurkunde erhielt er am 18. September (Emmerling: Friedrich Jakob Hill [1934], S. 23).

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86f. jemand, der einen Pendant […] grabschrift schreibt] Gemeint ist ein 1785 entstandenes Ölbild der schweiz-österreichischen Malerin Angelika Kauffmann (1741−1807), verh. Zucchi, das unter dem Titel „Virgil schreibt in Brundisium auf seinem Totenbett sein Epitaph“ oder „Der schreibende Vergil“ bekannt wurde (Portland in Maine, USA, Privatsammlung). In ihrem letzten Werk „Melusinens Sommer-Abende“ (1806) gibt Sophie von La Roche eine Beschreibung des Gemäldes auf Seite 205f. und erinnert sich an ihre damalige Idee, Mozarts überragendes Künstlertum auf ähnliche Art und Weise zu ehren: „Mich dünkte, so viele Aehnlichkeit zwischen den letzten Tagen des Dichters und der Verwendung der Gaben seiner Muse, mit denen von dem großen Tonkünstler zu sehen, daß ich glaubte, keine geschicktre Hand könne Mozart auf einem Canapee vor seinem Claviere, mit Polstern gestützt, eine seiner Hände matt den letzten Accord greifend, mit der andern seinem Freunde zuwinkend, in einem gleich schönen Bilde, wie Angelikas Virgil, darstellen. Die heilige Cäcilia, wie in einer Wolke neben ihm stehend, mit himmlischem Trost im Auge auf ihn blickend, und in der Höhe des offnen mit sanftem Lichte erfüllten Fensters auf eine Palmenkrone zeigend. - Sollte da nicht die nahe Verwandschaft zwischen Musik und Poesie, nebst der Aehnlichkeit der Gefühle von zwei ihrer besten Zöglinge an den Gränzen der andern Welt zum Vortheile dieser zwei Bilder sympathetisch gewirkt haben? Aber widrige Umstände, welche mit der Entfremdung edelmüthiger Reichen verbunden wurden, zernichteten diesen Entwurf […]“. Bei einer früheren Gelegenheit konnte ihre Anregung zu einem Kunstobjekt verwirklicht werden. Der Porzellanmaler und Idyllendichter Salomon Gessner gestaltete eine Terrine mit Untersatz mit dem von ihr angeregten Motiv (siehe Othmar Metzger: Zürcher Porzellane der Sophie La Roche. In: Keramikfreunde der Schweiz. Mitteilungsblatt 102 [Dezember 1987], S. 2−7).

Brief 126 1

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den 18 Juny 1799 Nur zwey zeilen - an den Schäzbarsten Freund dank für lezten brief - bitte um Wielands briefe zurük - u frage wollen Sie den 1 u 3 band des Siecle

de literature - et vie privè des francais

10 10

biß wieder komme? so schike sie noch u schreibe sicher noch ehe ich gehe man sagt der König hatte in Cassel, lange weile - u bey der Illumination habe es an licht - u bey den Cascaden an Wasser gefehlt in Hanau soll bey den Damen

18. Juni 1799

Brief 126 – 18. Juni 1799

15 15

20 20

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uniform à la Cour de Proserpine seyn, schwarz Crepe Flor orange

- u Silber gestikt u gelb gefüttert - artiger artikel eines briefs an einen Philosophen adieu Herzlich in aller Eile - von alt la Roche à Monsieur| Monsieur Petersen - Conseiller Intime| de la Regençe| à| Darmstadt /

FDH, Sig. Hs-6537 16 1 5

schwarz] sch{**}/war\z

18 Juny] 18. Juni. Wielands briefe] Am 4. Juli 1797 hatte sie Petersen angeboten, die an sie gerichteten Briefe ihres langjährigen Freundes Christoph Martin Wieland zu lesen (Brief 102 Zeile 12f.). Petersen hatte demnach einen Teil der Korrespondenz bei seinem letzten Besuch in Offenbach mitgenommen. 6 1 u 3 band] 1. und 3. Band. 6f. Siecle de […] des francais] Gemeint sind zwei Bände der dreibändigen Kulturgeschichte „Histoire de la vie privée des Français depuis l’origine de la nation jusqu’à nos jours, Paris 1783“ des französischen Historikers Pierre Jean-Baptiste Legrand d’Aussy (1737−1800). Entgegen der ursprünglichen Konzeption, welche auch die Entwicklung der Behausungen, der Bekleidung und Vergnügungen vorsah, kam lediglich die Geschichte der Nahrungsmittel zum Abschluss. Das Quellenmaterial entnahm Legrand d’Aussy der 60.000 Bände umfassenden Privatbibliothek des Marquis de Paulmy in Paris. 1795 wurde er zum Handschriftenkonservator der Bibliothèque Nationale ernannt. In „Mein Schreibetisch“ (1799), „Zweytes Bändchen“ bezeichnet sie Legrand d’Aussys Werk als „[e]in mir liebes Buch“ (S. 388). Die Kunst der Franzosen, unter „verschiedenen Gattungen von Wein“ den „stark brausenden Champagner“ hervorzubringen, steht für sie in direktem Zusammenhang mit ihrem Nationalcharakter. Es offenbart sich auch hier „die traurige Gabe des Leichtsinns und der Begierde nach Genuß von Abänderung wobey ihre Thätigkeit sich nur im Zerstören zeigt.“ Sophie von La Roches Gäste hingegen behalten bei „Kaltschale“ und „thee“ einen klaren Kopf (Brief 114 Zeile 14). 8 biß wieder komme] bis ich wiederkomme. 8 so schike sie] so schicke ich sie. 9 ehe ich gehe] Gemeint ist ihre Abreise nach Weimar und Schönebeck. 10f. der König hatte in Cassel, lange weile] Anfang Juni reiste König Friedrich Wilhelm III. in Begleitung seines Außenministers Haugwitz zu Beratungsgesprächen nach Kassel. Mit Landgraf Wilhelm IX. von Hessen-Kassel (1743−1821) wollte er Preußens Beteiligung am zweiten Koalitionskrieg gegen Frankreich erörtern. Die gelangweilte Miene des Monarchen wurde auch während einer Thea-

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teraufführung registriert (siehe Hermann Hüffer: Der Feldzug der Engländer und Russen in Holland im Winter 1799 und die Stellung Preußens. In: Historische Vierteljahrsschrift 5 [1902], S. 187). Friedrich Wilhelm III. traf in Kassel mit seiner Schwester Auguste zusammen, die seit 1797 mit dem Erbprinzen von Hessen-Kassel verheiratet war (siehe Brief 118 Komm. zu Zeile 31f.). Cascaden] Gemeint sind die mit architektonischem Beiwerk ausgestatteten Wasserkaskaden, die sich den östlichen Abhang des Habichtswaldes zum Schloss Wilhelmshöhe hinabziehen. Den Plan zu der monströsen Anlage hatte der italienische Architekt und Baumeister Giovanni Francesco Guerniero (1665−1745) zusammen mit Landgraf Karl (1654−1730) entwickelt. Mit der Aufstellung der neun Meter großen Herkulesstatue auf der Dachpyramide des oktogonalen Bergschlosses wurde das Projekt 1717 vollendet. in Hanau] In Hanau residierte das Erbprinzenpaar von Hessen-Kassel in Schloss Philippsruh. Siehe Brief 118 Komm. zu Zeile 30f. uniform à la Cour de Proserpine] Frz.: „Hofuniform der Proserpina“. Proserpina, Tochter der Fruchtbarkeitsgöttin Ceres, ist in der griechischen Mythologie die Göttin der Unterwelt. Crepe Flor] Dünnes Seidengewebe mit fein gerippter Oberfläche. Philosophen] Johann Friedrich Christian Petersen. Schwarzes Siegel.

Brief 127 11

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offenbach

20. [Oktober] 1799 den 20 7br 1799

Nun mein Schäzbarer Freund! habe ich meine große Reiße geendet u binn gesund - mit tausend idèen bereichert zurük gekommen - ich hoffe Sie sind wohl und lassen sich in dießen schönen tagen einmal sehen bey alt Freundin La Roche

hier theurer Freund! den 2 th von dem armen Schreibtisch - obschon zimlich 10 10 spat, weil daß paquet mich erwartete mögen Sie damit zufrieden seyn u Ihr Herr bruder bey dem Salzwerk, auf dem Hundsrük außführen können was ich in Schönebek Lernte u ich ihm 15 15 mitheilen will - adieu in eile bald mehr - aber heute binn ich, durch Schlossers Tod ganz - ganz elend ge-

Brief 127 – 20. [Oktober] 1799

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macht - u Bernhards Banqueroute schmerzt mich auch - O was - u wo 20 ist Glük? - in der Seele deß Weißen 20 und der Guten - sage ich -

FDH, Sig. Hs-6538 1

20 7br] 20. September. Johann Georg Schlosser starb am 17. Oktober 1799 (siehe Komm. zu Zeile 17), demnach irrt sich Sophie von La Roche in der Monatsangabe. Der Brief wurde am 20. Oktober verfasst. 3 große Reiße] Sophie von La Roche und ihre Enkelin Sophie Brentano waren am 15. Juli in Oßmannstedt eingetroffen. Sie blieben vier Wochen zu Gast bei Wieland. Am 11. August holte sie Carl von La R. ab, um sie nach Schönebeck an der Elbe zu geleiten. Am 28. September trafen beide wieder in Oßmannstedt ein. Nach acht Tagen nahmen sie dort Abschied, um noch eine weitere Woche in Weimar zu verbringen. Am 12. Oktober wurde die Rückreise nach Offenbach angetreten. 8 2 th] zweiten Teil. 9f. armen Schreibtisch […] mich erwartete] Gemeint ist ein Exemplar des „Zweyten Bändchens“ von „Mein Schreibetisch“ (1799). Das Paket mit den Autorenexemplaren von ihrem Leipziger Verleger Heinrich Gräff traf in Offenbach während ihrer Abwesenheit ein. 12f. Herr bruder […] auf dem Hundsrük] Gemeint sind die Salinen von Kreuznach an der Nahe. Karl Ludwig Adolph Petersen war Mitglied der französischen Regierung, die dort kurzzeitig ihren Sitz hatte. Ab 1798 bis 1800 fungierte er als Rat an der Präfektur des Département du Mont-Tonnerre in Mainz. 14 was ich in Schönebek Lernte] Gemeint ist die Salzgewinnung mit Hilfe von Gradierhäusern, bzw. Siedepfannen in Schönebeck, die ihr ihr Sohn Carl auf einem Rundgang erläutert (siehe „Schattenrisse abgeschiedener Stunden in Offenbach, Weimar und Schönebeck im Jahr 1799“ [1800], S. 115−117). 17 Schlossers Tod] Johann Georg Schlosser starb am 17. Oktober aufgrund einer Lungenentzündung in seiner Heimatstadt Frankfurt am Main. Am 23. Oktober schrieb Goethe an Schiller: „Von Frankfurth erhalte ich Nachricht daß Schlosser gestorben ist. Die Franzosen und sein Garten sind die nächsten Ursachen seines Todes. Er befand sich in demselben als jene sich Frankfurth näherten, er verspätete sich und fand das nächste Tor schon verschlossen, er mußte bis zu dem folgenden eilen, das weit entfernt ist, kam in eine sehr warme Stube, wurde von da aufs Rathaus gerufen, worauf er in ein Fieber verfiel, das tödlich wurde und ihn in kurzer Zeit hin raffte.“ (Johann Wolfgang von Goethe: G. mit Schiller: Briefe, Tagebücher und Gespräche vom 24. Juni 1794 bis 31. Dezember 1799. Hrsg. von Volker C. Dörr und Norbert Oellers. Bd. 31 Teil 1 [1998]. In: Sämtliche Werke, Briefe, Tagebücher und Gespräche [Frankfurter Ausgabe]. Hrsg. von Friedemar Apel, Hendrik Birus und Anne Bohnenkamp u.a. 40 Bde. Frankfurt am Main 1985–1999 (= Bibliothek deutscher Klassiker 156), S. 737f.). Der Jurist zählte zu Sophie von La Roches vertrautesten Freunden. Sie hatte ihn vor ihrer Reise mit der Abfassung ihres Testaments beauftragt. „Schlosser war in morali-

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scher Schattierung von Geist u Herz meine Lieblings Farbe“ (Brief an Elisabeth Gräfin Solms am 22. Oktober 1799 (SAO, Sig. M24 [179]: siehe „Schattenrisse abgeschiedener Stunden in Offenbach , Weimar und Schönebeck im Jahr 1799“ [1800], S. 21; Brief 116 Zeile 49−52; Brief 128 Zeile 41f.) Bernhards Banqueroute] In ihrem Brief an Elisabeth Gräfin Solms vom 22. Ok tober 1799 gibt Sophie von La Roche den Verlust der Offenbacher Schnupftabakfabrikanten Peter Bernhard und Jean George d’Orville mit 600.000 Gulden an. Ursache waren gewagte Spekulationen der Londoner Filiale (siehe Auszug aus den acht Tagebüchern der Maria Elisabeth Bernard vom 3. September 1799 (SAO, Sig. P 104). An Johann Isaac von Gerning schreibt Sophie von La Roche am 5. Dezember 1799: „gute Mad andrè ist durch daß schiksal ihres sohns, welcher als ursach deß Bernardsch faillements angeklagt wird - sehr leidend - wie Mütter immer für kinder es sind“ (FDH, Sig. Hs-3666).

Brief 128 11

3. Dezember 1799 offenbach den 3 xbr 1799

warum? mein theurer Freund! komen Sie nicht an einem der lezten guten tage dießes zu ende eilenden jahrs, mit H v- Weyhers hieher? dießes 55 wolte Ihnen gleich den nehmlichen tag schreiben, dachte aber - da hätte nicht mit ihm sprechen können - hätte ihm nicht erzälen können was nur Er hören sollte - und so tröstete ich mich, über einen empfindlichen verlust komme aber, mit erneuten wünschen, daß Sie auf irgend 10 10 eine, Ihnen angenehme weiße - die kleine aber gewiß Ihrer Gesundheit nüzlichen, und mir einen glüklichen tag schenkende reiße hieher machen möchten denn briefe sind so wenig - wenn man dem besten Freund eine menge sagen will - u taugen höchstens 15 15 eine anfrage zu machen- mit welcher ich beladen binn / ob nicht Ihro durchlaucht der Herr Landgraff - einen / hübschen jungen Mann, aus einer der besten Holländi/ schen Familien - als Cadet, bey einem Regim […] nehmen / wolten 20 Sie verbinden mich unendlich mein Schä […] wenn Sie die mühe nehmen dieße Fr […] und um eine günstige antwort bitte […] es ist der älteste Sohn von 17 jahr deß H […] 25 Ein artiger, wohlgezogner junger u […] 25

Brief 128 – 3. Dezember 1799

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der Vater würde ihn so gleich selbst presentiren […] sich sehr glük […] | | dießer innige wunsch seines Herzens erfüllt werden könnte - vielleicht nehmen der gnädigste Erbprinz einigen antheil, an einem guten jüngling voll Helden Feuer - sprechen Sie auch mit H v- Wildermatt und Sagen ihm, wie sehr ich bedaure nicht hier geweßen zu seyn, als Er mit seiner Familie, die v ochsenstein besuchte lezt hätte Sie gerne einen abend hier gehabt, da eine Frau v. Haller von Bern, die aus Copenhagen kam bey mir speißte, u mit allem Geist u feuer von alten und neuen auftritten in den gebirgen der Schweiz und an der Baltischen See sprach - seit gestern hörte einen Künstler, von London erzälen, aber alles daß ersezt mir weder eine unteredung mit Ihnen noch die welche mit Schlosser gehabt hätte O Sie, […] stets neben Großchlag u Schlosser, in mei […] ung stand - an vertrauen mehr hatte […], was gerechtigkeit dießen zwey verdienten […] ißers teutschlands, an Hochachtung schuldig war […] allein alles mir ist, was der Himmel […] - als würde der rechtschaffenheit u Wahrer […] den zwey ersten zeigte - Sie der mit […] en denken u handlen - brüderliche Simpathie mit ihnen verband - | | O warum wohnen Sie weiter entfernt, als jene? aber zu was helfen die warum? - im kleinen u großen was macht Ihr Bruder Hofprediger? gerne möchte ihn über Herders MetaCritik hören - u über den ton, der Kantischen Energumenen sprechten hören - auch wohl gar um sein urteil, über eine note bitten, welche ich bey brukers geschichte der Philosophie niederschrieb Ihre noten, mein würdiger theurer Freund! über dießen brief möchte errathen oder hören können dießen Wunsch wird daß Schiksal besorgen, wenn es Sie einmal wohl und gesund hieher bringt möchten Sie lust bekommen die schöne Musik in der operette Camilla u die noch schönere Stimme der Mad Canabich zu hören - dann Sehe u Höre ich Sie auch - amen von Ihrer alt ergebnen Sophie la Roche -

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70 70 Lieber! Thun Sie was möglich - für die bitte der familie v amerongu antworten mir bald

à Monsieur| Monsieur Petersen - Conseiller Intime| de La Regençe| à| Darmstadt|

FDH, Sig. Hs-6539 7 14 29 48 49 58 1

können]  will] {**}/wi\ll eini-] ein{en}/i\Wahrer] {H}/W\ahrer Sie] {d}/S\ie bey] 

3 xbr] 3. Dezember. Der Brief weist Knitterspuren auf. Der Papierverlust ([…]) entstand eindeutig nicht beim Öffnen des Briefs, die Anfangsworte der Zeile 42−49 auf der zweiten Seite müssen vielmehr mit Absicht abgerissen worden sein. Aus den stehengebliebenen Satzfragmenten kann man schließen, dass intim-freundschaftliche Formulierungen im Hinblick auf spätere Leser entfernt wurden. Auf der ersten Seite des Blatts fehlen entsprechend die Zeilenenden Zeile 18−26. Schnörkel oberhalb der ersten Zeile. 4 H v- Weyhers] Herr von Weyers. Hauptmann Gustav Alexander von Weyers (siehe Brief 117 Komm. zu Zeile 17f.). 6 da hätte nicht] da hätte ich nicht. 8 empfindlichen verlust] Vermutlich ist der Tod ihres Freundes Johann Georg Schlosser gemeint (Brief 127 Komm. zu Zeile 17). 17−20 ob nicht Ihro […] aufnehmen wollten] Gemeint ist Gerard Godard Taets van Amerongen (1782−1858), Sohn des Holländers Joost Baron T. van A. (1761−1817), der seit 1791 mit seinem Landsmann Geelvinck in Offenbach eine Kautabakfabrik betrieb. 19 Regim[…]] Erschlossene Fehlstelle: ment. 31 H v- Wildermatt] Herrn von Wildermett. Siehe Brief 104 Komm. zu Zeile 22. 33 die v ochsenstein] die von Ochsenstein. Vermutlich sind zwei Söhne des Isenburgischen Geheimen Rats Heinrich Christoph Ochs von Ochsenstein (Lebensdaten nicht ermittelt) gemeint. Siehe Brief 109 Komm. zu Zeile 2. 36 Frau v. Haller] Frau von Haller. Vermutlich ist Friederike Amalia Katharina von Haller zu Schenkenberg (1742-1825), Tochter des Schweizer Universalgelehrten Albrecht von Haller gemeint. Ihre Tochter Charlotte Sophie (1767−1797) war nach siebenjähriger Ehe mit dem deutsch-dänischen Schriftsteller Jens Immanuel Baggesen (1764−1826) am 5. Mai 1797 in Kiel an einem Lungenleiden gestorben. 36 aus Copenhagen kam] In Kopenhagen lebte Baggesen mit seiner zweiten Ehefrau Françoise Madeleine Reybaz (1774−1822) und den Kindern aus seiner ersten Ehe.

Brief 128 – 3. Dezember 1799

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einen Künstler] Nicht ermittelt. Herders MetaCritik] Gemeint ist „Eine Metakritik zur Kritik der reinen Vernunft. Leipzig 1799“ von Johann Gottfried Herder. Der erste Teil trägt den Titel „Vernunft und Erfahrung“, der zweite „Vernunft und Sprache, Mit einer Zugabe betreffend ein kritisches Tribunal aller Fakultäten, Regierungen und Geschäfte“. 55f. Kantischen Energumenen] Sophie von La Roche bezieht sich auf die letzte von Immanuel Kant verfasste und herausgegebene Publikation „Anthropologie in pragmatischer Hinsicht. Königsberg 1798“. Darin geht es, wie es in der Vorrede heißt, um das, „was er [der Mensch, Anm. P.S.] als freihandelndes Wesen, aus sich selber macht, oder machen kann und soll.“ (S. 399). In § 33 „Von der Wahrsagergabe (Facultas divinatrix)“ bezeichnet Kant Weissagungen und Orakelsprüche zum Schicksal eines Volkes als unnütze, betrügerische Ungereimtheiten, da das Geschick „von ihm selbst verschuldet, mithin durch seine freie Willkür herbeigeführt sein soll […].“ In diesem Zusammenhang kommt er auf den „Energumenen“, den „Besessenen“, zu sprechen, der, „wenn der ihn besitzende Dämon für einen guten Geist gehalten wurde, bei den Griechen ein Mantis, dessen Ausleger aber Prophet hieß.“ (Kant, Werke (1983), S. 494 u. S. 495; siehe Kapitel 6) 57 eine note] Sophie von La Roches schriftliche Bemerkung ist nicht überliefert. 58 brukers geschichte der Philosophie] Das vielbeachtete sechsbändige Werk „Historia critica Philosophiae, a mundi incunabulis ad nostram usque aetatem deducta“ des evangelischen Theologen und Philosophiehistorikers Johann Jakob Brucker (1696−1770), das von 1742-1767 in Leipzig erschien, prägte den philosophiegeschichtlichen Diskurs der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Vermutlich ist hier die siebenbändige Publikation „Jacob Bruckers Kurtze Fragen aus der Philosophischen Historie. Ulm 1731-1736“ gemeint. B. stammte aus Augsburg, wohin er nach zwanzigjähriger Tätigkeit als Schulrektor der Lateinschule und Pfarrer der Dreifaltigkeitskirche in Kaufbeuren zurückkehrte. Der Gelehrte war mit dem Arzt Georg Friedrich Gutermann, Sophie von La Roches Vater, bekannt. „Mit dreizehn Jahren wollte der große Brucker meine Erziehung und Bildung meines Geistes besorgen. Ich bat meinen Vater auf Knien um die Einwilligung, aber er wollte nicht“ (Sophie von La Roche an Johann Caspar Hirzel [1725−1803] am 8. November 1771 (ZBZ , Sig. FA Hirzel 234.58); siehe auch „Melusinens Sommer-Abende“ [1806], S. XVII). 66 operette Camilla] Gemeint ist das am 23. Februar 1799 im Hoftheater Wien uraufgeführte Singspiel „Camilla oder das geheime Gewölbe“ („Camilla ossia le Sotterraneo“) des italienischen Komponisten Ferdinando Paёr (1771−1839). Der zweisprachige Text seines ebenfalls in Wien lebenden Landsmanns, des Schriftstellers und Kunsttheoretikers Giuseppe Antonio Carpani (1751−1825), basiert auf dem 1791 entstandenen Libretto „Camilla ou le souterrain“ des Franzosen Benoît-Joseph Marsollier des Vivetières (1750−1817). Dieser wiederum hatte den Stoff einem Briefroman der französischen Autorin Caroline Stéphanie Comtesse de Genlis entnommen.(„Adèle et Théodore ou Lettres sur l’éducation, contenant tous les principes relatifs aux trois differents plans d’éducation des princes, des jeunes personnes et des hommes. Paris 1783“; siehe Brief 116 Komm. zu Zeile 40). In Frankfurt am Main fand am 4. Juli 1799 die Erstaufführung der „Oper in drei Aufzügen“ im Städtischen Schauspielhaus („Comödien-

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haus“) am Roßmarkt statt (siehe Wolfram Enßlin: Chronologisch-thematisches Verzeichnis der Werke Fernando Paër. Bd. 1: Die Opern. Hildesheim, Zürich, New York 2004, Bd. 1, S. 306−308, S. 313; siehe Komm. zu Zeile 67). Mad Canabich] Madame Cannabich. Die Sopranistin und Schauspielerin Josephine Woraleck (1781−1830), Tochter des Komponisten Niklas W., heiratete 1798 den Komponisten und Violinspieler Karl Cannabich (1771−1806). Als kurpfalzbaierischer Konzertmeister dem Münchner Hof verpflichtet, erhielt er die Erlaubnis, ab 1796 für vier Jahre die Stelle des Musikdirektors in Frankfurt am Main zu übernehmen. familie v amerong-] Familie van Amerongen. Siehe Komm. zu Zeile 17−20. Schwarzes Siegel, Poststempel: VON FRANKFURT.

Brief 129 11

offenbach den 9 xbr 1799

Taußend, Taußend dank! bester Freund! für die so schnelle erfüllung meiner bitte 55 in ansehung deß jungen v Amerong H v. Oyen hatt geschrieben und auch dabey gesagt daß der junge Mann fl 600 jährlich nöthig haben werde - der vater kanns geben 10 10 und wird es geben - freut sich aber auch sehr über die idèe daß der junge Mensch noch, in dem militair institut sich perfectioniren soll, und wünscht ihn eher unter dem Schuz u 15 15 aufmunternten güte deß Erbprinzen zu wissen als unter dem lands mann d’oyen, dieß | | ist unter uns - der Sohn hat 17 Jahr u viele ambition - war ein jahr in 20 20 Stutgardt - fürchtet ich weiß nicht warum Er werde zu lang Cadet seyn! noch eine Frage soll Er bald kommen? und würde der H landgraff auch einen

9. Dezember 1799

Brief 129 – 9. Dezember 1799

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25 25 sehr liebens werthen reichen Holländischen Edelmann als jagdjunker, zu der gelegenheit kommen lassen, daß jagd weßen zu Studiren Wie freut mich, die aussicht 30 Sie bald zu sehen - u mit einem 30 Mann der mein Freund ist, von Männern zu reden, die meine bekannte wurden - adieu Schäzbarster - nun beynah einziger 35 35 Freund von alt Sophie la Roche /

FDH, Sig. Hs-6540 1 5 6

9 xbr] 9. Dezember. v Amerong] van Amerongen. Gerard Godard Baron Taets van Amerongen. H v. Oyen] Herr van Oyen. Der gebürtige Holländer Hendrik Johan van Oyen (1771−vermutlich 1850) trat 1771 als Offizier in hessische Dienste. 1802 wurde er zum Oberst und Generaladjutant des Landgrafen ernannt. Van Oyen gehörte der Preußenpartei an. Petersen hatte die Bitte um Einstellung vermutlich der Landgräfin vorgelegt, die van Oyen nicht nur als „Parteigänger“, sondern auch privat favorisierte (Germann: Entschädigungsverhandlungen Hessen-Darmstadts mit Frankreich 1798−1815 [1998], S. 45; Du Thil: Denkwürdigkeiten [1921], S. 40−42; Kapitel 3). 8 fl 600] 600 Florins. 12f. militair institut] Es bleibt unklar, welche militärische Ausbildungsstätte gemeint ist. 13 perfectioniren] vervollkommnen. 20 Stutgart] Gemeint ist die 1773 von Herzog Carl Eugen von Württemberg gegründeten Stuttgarter Militärakademie auf Schloss Solitude bei Stuttgart. Sie ging aus dem drei Jahre zuvor eröffneten Militärwaisenhaus hervor. 1775 erfolgte die Übersiedlung der Anstalt nach Stuttgart. Durch Kaiser Joseph II. wurde sie Ende 1781 als „Hohe Karlsschule“ („Karls Hohe Schule“) zur Universität erhoben. Nach dem Tod des Herzogs ließ sein Nachfolger Ludwig Eugen von W. sie 1794 auflösen. Von 1773−1780 war Friedrich Schiller Schüler der Karlsschule. 25f. Holländischen Edelmann] Gemeint ist der vierundzwanzigjährige Godert Alexander Gerard Philip van de Capellen (1782−?), Neffe des in Offenbach lebenden Joost Baron Taets van Amerongen (siehe Brief 130 Zeile 6). Das HSAD bewahrt ein Schreiben Sophie von La Roches, in dem sie bittet, dem holländischen Edelmann den Titel eines Jagdjunkers zu verleihen (ohne Datum; Sig. D 12 Nr. 6/5). 32 Männern] Gemeint sind Vater und Sohn van Amerongen.

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Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum

Brief 130 11

30. Dezember 1799

den 30 xbr 1799

verzeyhen Sie theurer Freund! daß wegen dem holländischen Edelmann der Jagdjunker zu werden u jagd weßen zu Studiren Wünscht 55 nicht früher antwortete Es ist ein H von Cappellen - ein sehr artiger vernünftiger Mann von 24 Jahr Neffe deß H v- Ameronguen - auch Reich - u verdiente dieße gnade 10 10 haben Sie dank für den Willen, uns zu besuchen aber in dießer Witterung verbiete ich es - und mache nur bedinngung, daß Sie einen Tag länger bleiben wenn es Reiße Wetter giebt Ach mein Freund! Gott helfe allen, die Leiden 15 und Seegne alle die einen schönen gerechten frieden 15 Wollen u bearbeiten - O wenn Buonaparte Pitts Ruhm übersteigen möchte - so könnte Er Europas Wohlthäter werden - Wie viel schöner dießes als Eroberer man sieht wohl, daß seine härte gegen Emigrirte, eine 20 20 finanz operation ist, um ihre Güter verkaufen zu können aber sie hätten gerne die hälfte - oder 2 dritel gegeben für daß neu erhaltne vaterland - ich muß Enden Gott Seegne Sie allein gebliebner Freund von alt la Roche

25 25

à Monsieur| Monsieur Petersen Conseiller Intime| de la Regençe| à| Darmstadt

FDH, Sig. Hs-6541 18 1 3 8

Wie] {O}/W\ie

30 xbr] 30. Dezember. holländischen Edelmann] Siehe Brief 129 Komm. zu Zeile 25f. H v- Ameronguen] Herr van Amerongen. Zu Joost Baron Taets van Amerongen siehe Brief 128 Komm. zu Zeile 17−20. 16−18 O wenn Buonaparte […] als Eroberer] William Pitt der Jüngere (1759−1806) wurde mit 24 Jahren von George III. zum jüngsten Premierminister von England ernannt. Sophie von La Roches Ausruf veranschaulicht die gänzlich offene historische Situation an der Schwelle zum neuen Jahrhundert. Mit dem Staats-

Brief 131 – 13. [Januar] 1800

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streich vom 18. Brumaire (11. November 1799) hatte der dreißigjährige Napoleon Bonaparte als Konsul auf Lebenszeit faktisch die Alleinherrschaft. Am 12. Dezember wurde die von Sieyès entworfene neue Verfassung verabschiedet, welche zwölf Tage später in Kraft trat. 19−22 seine härte gegen […] erhaltne vaterland] Nach einer ersten Welle von Amnestierungen, die in erster Linie der Propaganda diente, zeigte sich Bonaparte zu diesem Zeitpunkt erneut unversöhnlich. Ende Februar 1800 wurde eine dreißigköpfige Kommission eingerichtet, die alle Anträge auf Streichung aus der Liste der Emigranten prüfen sollte. Die gegen die Emigranten erlassenen Gesetze, die ein hohes Strafmaß bei Rückkehr ohne ausdrückliche Genehmigung festschrieben, blieben ungeachtet der neuen Konsulatsverfassung vom 12. Dezember bestehen (siehe Johannes Willms: Napoleon. Eine Biographie. München [2005], S. 247). 23 allein gebliebner Freund] Viele ihrer altvertrauten Freunde waren gestorben. Am 19. Januar 1800 schrieb sie an Petersen: „Sie haben daß Erb von Groschlag, und Schlosser − in meiner Hochachtung und geschmak meines verstandes gemacht“ (Brief 132 Zeile 34−36). 25 Schwarzes Siegel, Poststempel: VON FRANKFORT.

Brief 131 11

den 13 des jahrs 1800

Theurer würdiger Freund! ich wünsche daß Wildermeths hoffnung daß Sie ihn abhohlen würden, erfüllt 55 werde - aber da ich es wegen der Witter rung nicht glaube - so erlauben Sie mir die angelegne bitte - mir nur in zwey zeilen zu sagen / auf alle Ihre Fragen, werde bald 10 / mündlich antworten - und dieße 10 zwey zeilen zu unterstreichen weil ich dadurch viel erleichtert werde wegen Von Capellen muß nur sagen daß Er Jägerey zu lernen wünscht 15 15 also natürlich nichts begehren kann noch will, als nach der Ehre strebt einen titel zu […]en / adieu bester Freund von der alten la Roche 20 20 hier ein mir lieber brief aber nur für Sie - daß die huth nichts davon erfahren -

13. [Januar] 1800

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FDH, Sig. Hs-6542 1 3 9 9f.

13 des jahrs 1800] 13. Januar des Jahres 1800. Wildermeths] Brief 104 Komm. zu Zeile 22. werde bald] werde ich bald. auf alle Ihre […] mündlich antworten] Petersen wird gebeten, ihr diese vorformulierten Zeilen als Billett zu schicken. 12 weil ich dadurch viel erleichtert werde] Mit dem schriftlichen Versprechen Petersens konnte sie die Familien Amerongen und Capellen vertrösten. 13 muß nur sagen] muß ich nur sagen. 17 zu […]en] Textverlust. Lies: zu erhalten. 20 brief] Gemeint ist ein Brief der Malerin Susanna Elisabeth Huth (1772−1841), Tochter des fürstlich Nassau-Weilburgisch und gräflich Löwenstein-Wertheimischen Hofrats und Frankfurter Konsulenten Georg Adolf H. (1735−1810) und Louise Caroline Salome Ibell (?−1820). Nach ihrer Ausbildung im Atelier des Frankfurter Malers Christian Georg Schütz (1758−1823, genannt „der Vetter“) reiste sie nach Mittelitalien, wo sie in Rom und Florenz arbeitete. 1803 heiratete sie den preußischen Kriegs- und Domänenrat Johann Daniel Wilhelm Uhden (1763−1835) (Jochen Schmidt-Liebich: Lexikon der Künstlerinnen 1700−1900. Deutschland, Österreich, Schweiz. München 2005, S. 210; Bernard Koerner [Hrsg.]: Thüringisches Geschlechterbuch. Bd. 14. Görlitz 1935 [= Deutsches Geschlechterbuch Bd. 87], , S. 201). Der Einschluss ist nicht überliefert. 21f. daß die huth nichts davon erfahren] Gemeint sind die in Frankfurt lebenden Eltern der Künstlerin. Siehe Komm. zu Zeile 20.

Brief 132 11

55

10 10

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19. Januar 1800 den 19 Jenner 1800

dießes Blatt - mein edler würdiger Freund! übergiebt Ihnen - der Herr Baron v. Capellen selbst dieser wird auch danken für alles was Sie für ihn gethan haben - Es wird Sie theurer Freund! nie reuen - sich für dießen jungen Mann verwendet zu haben - Sitten, und Verstand - neben einem sehr gefühl vollen Herzen theurer Freund! O geben Sie ihm guten Rath - und winke wo, Er welche bedarf - ich bitte Sie darum denn ich liebe ihn wie einen Sohn - den guten Capellen Sagen Sie Ihro durchlaucht dem Erb prinzen, meine verehrung, und wünsche - für ihn - sagen Sie ihm auch die bitte dem Baron Capellen, sein wohl wollen zu schenken, Er ist sanft - aber Er hat Caracter u ist vorbereitet sich an den edelsten unßerer jungen Fürsten zu attachiren =

Brief 132 – 19. Januar 1800

20 20

25 25

30 30

35 35

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Er bringt Ihnen die fehlenden Le grand d’aussè welche Ihnen so gut gefallen Sie werden ihn als Ihren Protegè doch dem Landgrafen Presentiren, u wo es seyn muß Gott lohne Sie für die Freude, welche Sie mir gaben jemand Freude zu machen - | | möge dießes gefühl Ihres edlen rechtschafnen Herzen, auf Ihre gesundheit wirken - und Sie bey dem ersten grün, zu dem graukopf Ihrer alten Freundinn führen - indessen aber, mich immer etwas von Ihnen hören lassen mir war sehr angenehm daß Ihnen der brief meiner Sanna Huth vergnügen machte haben Sie Schillers allmanach 1800 u die Schwestern von Lesbos geleßen - welche von Frl von Imhoff sind die schön - u anmuths voll ist nun werde gestört - adieu bebster, Liebster meiner Freunde! Sie haben daß Erb von Groschlag, und Schlosser - in meiner Hochachtung und geschmak meines verstandes gemacht neben dem antheil den Sie schon hatten adieu Herzlich von alter La Roche à Monsieur| Monsieur Petersen - Conseiller Intime| de La Regençe| à| Darmstadt /|

FDH, Sig. Hs-6543 30

Sie] 

1 2 3 16 17 19 28f. 30f.

19 Jenner] 19. Januar. dießes Blatt] Gemeint ist ihr eigener Brief. Herr Baron v. Capellen] (Siehe Brief 129 Zeile 27f.). zu attachiren] anzuschließen. die fehlenden Le grand d’aussè] Siehe Brief 126 Komm. zu Zeile 6f.. Protegè] Frz.: „Schützling“. der brief meiner Sanna Huth] Siehe Brief 131 Komm. zu Zeile 20. haben Sie Schillers […] Lesbos geleßen] Friedrich Schiller veröffentlichte in seinem „Musen-Almanach auf das Jahr 1800. Tübingen 1800“ das in Hexametern abgefasste Epos „Die Schwestern von Lesbos. In sechs Gesängen von A. v. I.“ (S. 3−182). Die Initialen stehen für Anna Amalie Freiin von Imhoff (1776−1831), seit 1803 verheiratete von Helvig. Die Schriftstellerin und Malerin lebte zeitweise in Weimar, wo ihre schriftstellerischen Arbeiten von Goethe und Schiller geför-

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Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum

dert wurden. 1791 wurde sie Hofdame der Herzogin Luise von Sachsen-Weimar. Sophie von La Roche machte ihre Bekanntschaft während ihres Weimarer Aufenthalts im Sommer 1799 (siehe „Schattenrisse abgeschiedener Stunden in Offenbach, Weimar und Schönebeckim Jahr 1799“ [1800], S. 56 u. S. 62). 31 Frl von Imhoff] Fräulein von Imhoff. 33 nun werde gestört] nun werde ich gestört. 33 bebster] bester. Verschreibung. 34f. daß Erb von Groschlag, und Schlosser] Sophie von La Roches Freund Karl Friedrich Willibald von Groschlag starb am 25. Mai 1799 (Brief 12 Komm. zu Zeile 7), Johann Georg Schlosser am 17. Oktober 1799 (Brief 127 Komm. zu Zeile 17). 38 Roche] Nach dem Namen ein Zierschnörkel. 39 Schwarzes Siegel.

Brief 133 11

11. Februar [1800]

den 11 Fbr

v- Capellen befindet sich so wohl bey Ihrer Freundschaft - daß der junge Cadet v Ameronguen, auch einen 55 antheil wünscht - schenken Sie ihm aus edler menschenliebe - hie u da einen warnenden blik, u ein auf dem weeg deß guten, eine ermuntrende Sylbe 10 wenn! O wenn? schenken Sie Ihre 10 erscheinung der Hütte Ihrer alten Freundinn La Roche Sie könnten so schön mit H v. amerongen kommen /

FDH, Sig. Hs-6544 11. Februar [1800] Den Hinweis auf das Jahr 1800 gibt die erfolgreiche Etablierung der beiden jungen Holländer am Hof von Darmstadt (Zeile 2 u. Zeile 4), die im Dezember 1799 in Brief 128 Zeile 18f. und Brief 129 Zeile 25f. angesprochen wurde. 1 11 Fbr] 11. Februar. 4 Cadet v Ameronguen] Kadett van Amerongen. Gerard Godard Baron Taets van Amerongen (siehe Brief 128 Komm. zu Zeile 18f.). 14 v. amerongen] van Amerongen. Gemeint ist Joost Baron Taets van Amerongen, Vater des in Zeile 4 genannten Kadetten.

Brief 134 – 25. Februar 1800

Brief 134 11

55

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den 25 Fbr 1800 Theurester bester Freund! nur wenige zeilen, um Ihnen für alles zu danken was Sie für Capellen und ameronguen sind und Sie zu bitten, ja nicht zu vergessen daß bey schöner witterung keine schönere blüthe erscheinen kann - als Ihr versprochner besuch in meiner Hütte - der Himmel gebe Ihnen mit erneuten Kräften der ganzen Natur - erneute gesundheit denn, ohne wohl zu seyn, bitte ich Sie ja nicht zu reißen hier schliesse einen brief an H v- W bey - welcher mit so viel Eifer eine schöne - u gute Franz guitarre | | für den Erbprinzen, zu einem geschenk für Prinzeß Louise wünschte daß der große musiker Fränzl eine besorgte - die ich heut erhielt aber mußten 5 Louisdor dafür bezalt werden - Fränzl probirte sie, und Fand sie vortreflich - für daß geld mußte sie es auch wohl seyn Solte seine durchlaucht der Herr Erbprinz etwas ungedultig darüber seyn - so entschuldigen Sie mich ich bitte Sie dießer tage wird H Baron v Drais von Karlsruh Ihnen einen kleinen brief von mir bringen - und Sie ihn gütig aufnehmen - Er ist geheimer Regierungs Rath | | in Carlsruh - u hindert mich heut mehr zu schreiben - aber

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25. Februar 1800

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nichts wierd je unterbrechen die innige Freundschaft und Hochachtung für meinen besten edelsten Freund Petersen adieu von alt la Roche /

FDH, Sig. Hs-6545 1 15 15 17

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25 Fbr] 25. Februar. einen brief] Der Einschluss ist nicht überliefert. H v- W] Herr von W. Nicht ermittelt. Es könnte „Herr von Weyers“ gemeint sein (Brief 128 Komm. zu Zeile 4). Franz guitarre] Französische Guitarre. „Französische Gitarre: eine in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts bis ins frühe 19. Jahrhundert in Frankreich verbreitete Gitarre mit 5 oder später mit 6 einfachen Saiten.“ (Wolfgang Ruf [Hrsg.]: Lexikon Musikinstrumente. Mannheim 1991, S. 141). Das Instrument war vermutlich ein Verlobungsgeschenk des Erbprinzen Louis für seine Schwester. Prinzeß Louise] Prinzessin Luise von Hessen Darmstadt (1779−1811) vermählte sich am 27. Juli 1800 in Darmstadt mit Prinz Ludwig von AnhaltKoethen (1778−1802). der große musiker Fränzl] Gemeint ist der Violinist und Komponist Ferdinand Fränzl (1767−1833), der ab 1792 als Konzertmeister am Frankfurter Nationaltheater wirkte. Seit 1795 leitete er zusätzlich die Musikkapelle des SchnupftabakFabrikanten Peter Bernard in Offenbach (siehe Brief 94 Zeile 38f.). Ab 1799 unternahm er Konzertreisen nach Frankreich, England und Rußland (Blume [Hrsg.]: Musik in Geschichte und Gegenwart [2002], Bd. 7, Sp. 39−42). 5 Louisdor] Französische Goldmünze mit dem Kopfbild des Herrschers. Ein Louis d’or Wert entsprach ca. 11 Gulden. H Baron v Drais] Herr Baron von Drais. „Karl Wilhelm Ludwig Friedrich Drais, Freiherr von Sauerbronn, großherzogl. badischer geheimer Rath und Oberhofrichter, wurde zu Ansbach am 23. Sept. 1755 geboren. 1777 trat er in badische Dienste, wurde 1790 Obervogt zu Kirchberg in der Grafschaft Sponheim und war während des Friedenscongresses Polizeidirector zu Rastatt. 1806 hatte er im Namen der badischen Regierung den neuerworbenen Breisgau zu übernehmen und dort die neue Verwaltung einzuführen. Im nämlichen Jahre wurde er Oberhofrichter, d. h. Präsident des obersten Gerichtshofes, der damals in Bruchsal, seit 1810 in Mannheim seinen Sitz hatte. In dieser Stellung blieb er bis zu seinem am 2. Febr. 1830 erfolgten Tode.“ (ADB [1877], Bd. 5, S. 372); siehe Brief 149 Komm. zu Zeile 17)

Brief 135 – 23. März 1800

Brief 135 11

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23. März 1800

den 23 merz 1800

meine theure Frau von amerongen, will einen brief - da ist er - aber ich weiß, gar Nichts, als wünsche für daß wohl 55 meines unschäzbaren Freundes und für die baldige ankunft schöner warmer Frühlings Tage damit ich mich auch auf den mir so schönen tag Freuen könne 10 10 Sie wieder zu sehen Herr vom Ameronguen! verehrt Ihren landgraffen - u Liebt Sie unendlich wie glüklich werde ich mich achten 15 15 von Ihrer gesundheit - Ihrer Freund schaft für mich - und Ihrem festen willen hieher zu kommen - die ver sicherung zu hören - adieu Sie dessen entfernung, ich mein ganzes 20 20 leben bedauren werde, wie den verlust meines Franz - ach Petersen! Er u Sie u ich in Darmstadt wie Seelig wäre Sophie la Roche

FDH, Sig. Hs-6546 3

weiß] {*}/w\eiß

1 2

23 merz] 23. März. Frau von amerongen] Gemeint ist Susanna Arnoldina Baronin Taets van Amerongen (1763−1826), geb. van der Goes. Sie war die Mutter des von Sophie von La Roche protegierten jungen Holländers (Brief 128 Komm. zu Zeile 17−19). einen brief - da ist er] Der Einschluss ist nicht überliefert. Herr von Ameronguen] Gerard Godard Baron Taets van Amerongen. entfernung] Die 28 km lange Wegstrecke zwischen Darmstadt und Offenbach legte eine Kutsche in etwa vier Stunden zurück.

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Brief 136 11

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offenbach den 19 april 1800 ich darf meinem edlen besten Freund - wohl ganz Freymütig sagen - daß die Musik und der text von der Schöpfung - von Heydn meiner tochter - die Erschaffung der Welt - im Schwäbischen original welches Ihnen vor einem jahr gaab zurük rief - und daß sie mich bat es wieder von Ihnen zu bitten wolte Gott! Sie bekämen Lust die musik von Haydn selbst zu hören, und mir daß seltsame Schwäbsche Product, auch selbst zu überbringen ich binn nun in wenigen tagen mit der frohn arbeit - meiner Schatten risse fertig, würde also daß glük Sie | | zu sehen, und zu hören geniessen können - und auf alle Ihre fragen über weimar u osmanstädt so gerne antworten Ihre Seele thut so gerne etwas für andre - selbst auf Ihre Kosten und mit mühe - Ach nehmen Sie den entschluß unßere Bäume blühen zu sehen - indessen leßen Sie dieße zwey eingeschloßne briefe aber nur Sie - und lächlen, über Philosophen der heutigen tage, in Männer u Weiber - Md- Veit ist eine tochter von Mendelson und soll am meisten von ihres vaters Geist haben adieu ich | | lege noch einen Pariser brief bey - fast wäre einer der seltensten Reichsgrafen dazu gekommen, welchen Sie sehr lieben würden u zu dem ich Sie deßwegen bringen möchte -

19. April 1800

Brief 136 – 19. April 1800

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O mein Freund! Zeigen Sie doch - daß Rechtschafenheit Kentnisse - edler Sinn 45 und Herzens güte - wohl 45 und glüklich macht trauren Sie nicht über thoren u bleiben aber Freund der alten Phantastischen la Roche

FDH, Sig. Hs-6547 33 35 44

ihres vaters] ihre{m}/s\ Pariser] {B}/Pa\riser Kentnisse] Kentni{ß}/s\se

Abgedruckt in Maurer: Sophie von La Roche Briefe (1985), S. 377. M. transkribiert „besten“ statt „edlen besten“ (Zeile 2). 1 4f.

6 6f.

19 april] 19. April. daß die Musik […] von Heydn] Das Oratorium „Die Schöpfung“ des österreichischen Komponisten Franz Joseph Haydn (1732−1809) wurde 1798 in Wien uraufgeführt. Sein Freund und Gönner Gottfried Freiherr van Swieten (1733−1803), ein gebürtiger Niederländer, der als Diplomat in österreichischen Diensten stand, verfasste hierzu die deutsche Übersetzung eines englischen Librettos, das ein wenig bekannter Autor namens Thomas Linley ursprünglich Georg Friedrich Händel zugedacht hatte. Neben der biblischen Schöpfungsgeschichte und den Psalmen ließ sich Linley durch das 1667 veröffentlichte episches Gedicht „Paradise Lost“ des englischen Dichters John Milton (1608−1674) inspirieren. Von van Swieten stammt auch eine an die Musik Haydns angepasste Rückübersetzung ins Englische. meiner tochter] Lies: meiner Tochter gehört, die. Luise von Möhn lebte seit der 1789 erfolgten Entmündigung ihres trunksüchtigen Mannes im Haus ihrer Mutter in Offenbach. die Erschaffung der Welt - im Schwäbischen original] Gemeint ist das 1743 entstandene Singspiel „Schöpfung der ersten Menschen, der Sündenfall und dessen Stachel“ des katholischen Geistlichen Sebastian Sailer (1714−1777). Der Kapitular des Prämonstratenserstiftes Obermarchthal schuf eine im oberschwäbischen Dialekt gereimte Genesis von derber Komik, die er im Entstehungsjahr erstmalig im Kloster Schussenried pantomimisch, sich selbst mit der Geige begleitend vortrug. Sailer verkehrte in den sechziger Jahren in Schloss Warthausen. Es ist daher nicht auszuschließen, dass Sophie von La Roche damals eine Aufführung miterlebte (Sebastian Sailer: Die Schwäbische Schöpfung. Verschiedene Fassungen. Hrsg. von Walter Frei und Wolfgang Schürle in Verbindung mit dem Förderverein Schwäbischer Dialekt. Konstanz 2004, S. 108). Das Ehepaar La

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Roche besaß seit dieser Zeit offenbar eine der zahlreichen handschriftlichen Fassungen, die im Umlauf waren. Wieland erbat in seinem Brief vom 23. Juli 1769 an Sophie von La Roche eine Kopie für den Statthalter von Erfurt (siehe Starnes: Wieland, Bd. 1, S. 348). Im Druck erschienen „Die Schöpfung“ und weitere Dialektdichtungen erstmals in Buchau im Jahr 1819 unter dem Titel „Sebastian Sailers Schriften im Schwäbischen Dialekte. Gesammelt und mit einer Vorrede versehen von Sixt Bachmann“. 13f. daß seltsame Schwäbsche Product] Siehe Komm. zu Zeile 6f. 16f. frohn arbeit - meiner Schatten risse] Sie verfertigte eine Kopie ihres jüngsten Werks „Schattenrisse abgeschiedener Stunden in Offenbach, Weimar und Schönebeck im Jahr 1799“ an, das 1800 bei Heinrich Gräff in Leipzig erschien. 19f. Ihre fragen über weimar u osmanstädt] Auf ihrer Reise im Sommer 1799 besuchte sie unter anderem Weimar und das 9 km in Richtung Apolda gelegene Gut Oßmannstedt, den zeitweiligen Wohnsitz von Christoph Martin Wieland (siehe Brief 127 Komm. zu Zeile 3). 27f. dieße zwey eingeschloßne briefe] Die Einschlüsse sind nicht überliefert. 29f. lächeln, über Philosophen […] u Weiber] Siehe Komm. zu Zeile 31f. 31f. Md- Veit ist eine tochter von Mendelson] Gemeint ist die Berliner Jüdin Brendel (Dorothea) Veit, geb. Mendelssohn (1763−1839), Tochter des Berliner Aufklärer-Philosophen Moses M. (1729−1786). Zum Zeitpunkt des Briefs war sie von dem jüdischen Bankier und Kaufmann Simon Veit bereits ein Jahr geschieden. Im Oktober 1799 folgte sie dem Schriftsteller Friedrich von Schlegel (1772−1829) nach Jena. Dieser entwarf in seinem 1799 erschienen Roman „Lucinde“ ein künstlerisch freies Abbild ihrer beider Lebensgemeinschaft im Haus seines Bruders August Wilhelm von Schlegel (1767−1845). Sophie von La Roches Bemerkung in Zeile 29f. scheint Bezug auf diese Selbstdarstellung zu nehmen, die einen gesellschaftlichen Skandal verursachte. Dorothea Veit schrieb Rezensionen für die von den Brüdern Schlegel herausgegebene Zeitschrift „Athenäum“. Ihr Roman „Florentin“, herausgegeben von Friedrich von Schlegel, erschien 1801 anonym in Lübeck und Leipzig. 35 einen Pariser brief] Der Einschluß ist nicht überliefert. Der Absender wurde nicht ermittelt. 36−39 fast wäre einer […] lieben würden] Vermutlich ist Graf Vollrath zu SolmsRödelheim, der Schwiegersohn ihrer Korrespondenzpartnerin Elisabeth Gräfin Solms-Laubach, gemeint (siehe Brief 86 Komm. zu Zeile 21; Isenburg: Graf Volrat zu Solms-Rödelheim [1927]). 47 trauren Sie nicht über thoren] Sie spielt auf die Situation am Darmstädter Hof an. Petersen missbilligte die frankophile Politik des Landgrafen (siehe Kapitel 3). 48f. der alten Phantastischen la Roche] Das zweite Adjektiv ist in etwa gleichbedeutend mit „fabulierenden“. Für die genderorientierte Forschung steht Sophie von La Roches „explizite Selbstdarstellung als phantastische Herzdame“ in spannungsvoller Interaktion zu der auf männlichen Wunsch vorgenommenen „Selbst-Domestizierung“ (Loster-Schneider: Sophie La Roche [1995], S. 149).

Brief 137 – 10. Juni 1800

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den 10 Juny 1800 Theurer - gewiß theurester meiner Freunde! bedauren Sie mich - daß die elende Frohn arbeit meiner Schattenrisse mich hinderte Ihnen früher für den lieben lieben brief zu danken - welchen Sie mir selbst krank - schrieben Wie glüklich war ich wenigstens in meiner kleinen Samlung bücher etwas zu haben, was Sie hie und da zerstreuen kann O möchte zerstreuung - Ihnen wohl thun - so hoffe ich in 8 tagen Ihnen größere briefe schreiben können | | denn dieße Woche hoffe, die frohn dienste zu endigen hier ein Fragment, der blätter der Schattenrisse - weil ich einen Erbprinzen darinn nenne Sagen Sie - Ihrem würdigen Erbprinzen - meinen Seegen und mein Gebet daß Gott Sein leben - und die Stimung Seines Caracters erhalte aber ich bitte auch um Ihr Leben damit Sie zeuge seyn mögen wie alles wahre gute - u wahre Große in dem edlen jungen Fürsten aufwächst was Sie Säten | | adieu - ich kann nicht viel schreiben ich habe heute schon viel geweint, um meinen Franz - ach Freund! hier Herders Predigt außzüg von welchen sprach bleiben Sie Freund alter laRoche / nur ein wort, ob meine erklärung, wegen der

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10. Juni 1800

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vorliebe für England gut genug ist / viel schöns an H bruder den unerbitlichen der nicht 45 45 einen moment sich sehen läßt Kennt Er Herders Calligone schon

FDH, Sig. Hs-6548 7 43 1 4f.

lieben] {b}/l\ieben an] {*}/a\n

10 Juny] 10. Juni. elende Frohn arbeit meiner Schattenrisse] Siehe Brief 136 Komm. zu Zeile 16f. 17 frohn dienste] Siehe Zeile 4f.. 19 ein Fragment] Die beigelegten Manuskriptseiten der „Schattenrisse“ sind nicht überliefert. 21 Erbprinzen darinn nenne] Gemeint ist der siebzehnjährige Erbprinz Friedrich Karl von Sachsen-Weimar (1783−1853), dessen Bekanntschaft Sophie von La Roche im Sommer 1799 in Weimar machte. Sie sollte an der Seite seiner Mutter Herzogin Luise einen Teil des Parks an der Ilm kennenlernen, „aber es fand sich ein so starker Zugwind, daß man zurückgehen mußte, wo der schön-blühende Erbprinz mich mit der höflichsten Sorgfalt durch eng-gewundene Gänge leitete, und ich den Wunsch äußerte, daß der Schutzgeist von Deutschland ihn durch die oft verwickelten, oft mit täuschenden Blumengebüschen besetzten Wege der großen Hofwelt immer auf die Stelle der Wahrheit, des Ruhms, und der Fürstentugend führen möge.“ („Schattenrisse“, S. 66) 29−31 wie alles wahre […] Sie Säten] Das Bild vom Erzieher als Gärtner in einer „Pflanzanstalt“ weist auf die Lehre des Pädagogen Johann Bernhard Basedow (1723−1790) hin. Sie bildete das erzieherische Credo von Pfeffels „École militaire“ in Colmar, in der Petersen als Lehrer tätig war, bevor er mit der Erziehung von Prinz Louis beauftragt wurde (siehe Michael Niedermeier: Nützlichkeit und Mysterien der Mutter Natur. Pädagogische Gärten der Philantrophen. In: Günter Oesterle und Harald Tausch [Hrsg.]: Der imaginierte Garten. Göttingen 2001, S. 155−198, hier S. 156f.; Kapitel 4). 36 Herders Predigt außzüg] Johann Gottfried Herders Kirchenämter als Oberhofprediger und als Hauptpfarrer der Stadt beinhalteten Predigtpflichten in der Hof- wie in der Schlosskirche von Weimar. Während seiner Amtszeit von 1776 bis 1803 wurden lediglich sechs seiner Predigttexte gedruckt, da er der schriftlichen Fixierung zeitlebens ablehnend gegenüberstand. Sie stehen in Verbindung mit Ereignissen in der herzoglichen Familie (Geburt, Konfirmation). Von seinen Predigtdispositionen führte Herder nur einige wenige als Reinschriften aus, von denen Freunde Nachschriften anfertigten. Es ist zu vermuten, dass Sophie von La Roche zu dem Korrespondenzzirkel gehörte, in welchem die Kopien kursierten (zur Quellenlage der Abschriften siehe Martin Kessler: Herders Kirchenamt

Brief 138 – 4. Juli 1800

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in Sachsen-Weimar in der öffentlichen Wahrnehmbarkeit von Stadt- und Hofkirche. In: Johann Gottfried Herder. Aspekte seines Lebenswerkes. Hrsg. Von M. K. und Volker Leppin. Berlin, New York 2005 (= Arbeiten zur Kirchengeschichte 92), S. 327−351, hier S. 332). Die Beilage ist nicht überliefert. 37 von welchen sprach] von welchen ich sprach. 41f. meine erklärung […] für England] Die Frage bezieht sich erneut auf die „Schattenrisse“ (Zeile 21). In Weimar wurde Sophie von La Roche im Römischen Haus empfangen. Man führte sie vor ein Gemälde der Malerin Angelika Kauffmann, das Herzogin Anna Amalia in Rom darstellt: „ich erblickte, mit dem angenehmsten Staunen, dem Gemälde gegen über zwey englische Damen mit alle der bescheidenen Grazie und gutem Geschmack umgeben, welcher in England mich so oft entzückte, und mich nun in die schöne Zeit versetzte, in welcher ich dieses ausgezeichnete Land selbst sah“ (S. 65). 43 H bruder] Hofprediger Georg Wilhelm Petersen. 46 Herders Calligone] Gemeint ist das 1800 in Leipzig erschienene Werk Johann Gottfried Herders: „Kalligone“ (1. Teil: „Vom Angenehmen und Schönen“, 2. Teil: „Von Kunst und Kunstrichterei“, 3. Teil: Vom Erhabenen und vom Ideal“). Es stellt Herders letzte große Streitschrift gegen Immanuel Kants „Kritik der reinen Vernunft“ (Riga 1781) dar.

Brief 138 11

den 4 July 1800

Nun muß ich Sie mein theurer freund bitten, mir glük zu wünschen daß ich endlich mit meiner Frohn arbeit 55 Fertig binn - und meine bücher und gütiger Freunde ihre briefe besser geniessen kann - zuerst aber nimmt mein Freund meinen innigen dank für die erfüllung meiner lezten 10 10 bitte für die gute Frau an - und Sie haben auch die güte Ihro durchlauchten für das so edelmütig erhaltene wohlwollen und beweiße ihrer Gnade zu danken 15 könnte, O mein Freund! könnte etwas 15 mich für meinen Franz entschädigen so wäre es die dauerende Güte, seines Fürsten - für seine arme Mutter möge es der Himmel mit edler Fürsten Freude 20 belohnen - amen, | | 20

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Sie mein bester Freund! sollen aber hier die versicherung Leßen - daß ich aufhören Werde, Sie mit aufträgen zu beschweren - außgenommen, der angelegenen bitten, für Ihre gesundheit zu sorgen, um daß ende deß Kampfs, zwischen Recht und unrecht zu sehen - auf was für einem punkt steht die moralische Welt! was für ein übergewicht, hat Phantasie und Leidenschaft - und bester Freund! wenn wir von der höhe der geschichte uns umsehen - es sey Politische - Kirchen oder weltweißheits geschichte - und berech nen den ertrag, der gesammten wirksam keit der Seelen und Leibes Kräfte - so vieler Jahr hunderte - was müssen - was können wir sagen? bald schike Ihnen mehr aus züge von Herderischen Predigen, u Freue mich, Sie Ihnen mitzutheilen - kennen Sie Herders Calligone? | | was sagt ihr Herr bruder, von dem theologen, der in jüngern Jahren griechisch lernte, um daß neue testament desto gewißer zu verstehen, u es jezo benüzt seinen Schriften grichische titel zu geben – büchern die gar nicht theologisch sind - hier noch Fragmente der lezten blätter voll Schatten risse - Sie müssen sie lieben weil die frage von Plinius darinn ist soll ich Ihnen Pliniana abzeichnen lassen? Soll ich Ihnen sagen, daß ich bey […] der 42 bände von Fleurys Kirchen geschichte - bedaurte, nicht Catolisch zu seyn ich würde sagte ich - heilige orte aufsuchen würde nach Darmstadt gezogen seyn wo mein Franz lebte - wo seine beschüzer - u die zeugen seines schönen lebens wohnen = = ja ich gieng so weit mir zu sagen - wäre ich nicht zu alt - noch könnte ich dießen | | entschluß fassen - und gutes geniessen binn ich doch hier auf einer Sandbank ich habe aus der Schweiz 10 briefgen von der hand meiner Julie Bondely mitge

Brief 138 – 4. Juli 1800

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65 65 theilt bekommen - aber auch dießes

beyliegende bild erhalten - O Freund! wo ist die zeit, die goldne zeit der alten wo wahrheit treu u recht, u menschenliebe galten? 70 70 O mein Freund! wie bete ich - daß jede Alt teutsche Fürsten tugend - in dem Herzen Ihres Erbpinzen, eine zuflucht finde - sich da halte, biß Klugheit sie wieder handlen, und reden lasse - 75 Gott erhalte, und Seegne ihn und Sie adieu 75 Paul ist ein seltsamer mann - den Poet Kozebue schikt er nach Sibirien - u seiner maitresse läßt er die nase abschneiden - so was ist noch nie einer Franzactrice begegnet u dießer Regent ist fromm 80 80 wie Buonaparte Philosophe - adieu von alt laRoche

FDH, Sig. Hs-6549 38 77 78 1 4

predigen] pre{g}/d\igen Sibirien] Sibi{{b}/r\ien se] {ohre}/se\

4 July] 4. Juli. Frohn arbeit] Die Abschrift der „Schattenrisse abgeschiedener Stunden in Offenbach, Weimar und Schönebeck im Jahr 1799“ (1800). Siehe Brief 136 Zeile 16f. 9−14 die erfüllung […] zu danken] Im Auftrag von Sophie von La Roche hatte sich Petersen bei der Landgräfin für eine Bittstellerin verwandt, die nicht ermittelt wurde. 26f. um daß ende […] unrecht zu sehen] Es kann der ganz Europa umfassende Kampf konservativer Kräfte gegen das republikanische Frankreich gemeint sein. Vielleicht zielt ihre Bemerkung aber auch konkret auf die frankophile Bündnispolitik des Darmstädter Hof ab (siehe Kapitel 3). 31−37 wenn wir von der höhe […] wir sagen] Die jahrelangen, wechselvollen Kriegssituationen und der Beginn eines neuen Jahrhunderts geben der siebzigjährigen Schriftstellerin Anlass zu geschichtsphilosophischen Reflexionen, wie die gegenüber Petersen angeführten Lektüren von Brucker, Fleury und Schlözer zeigen (Brief 128 Zeile 57f.; Brief 161 Zeile 36; Brief 98 Komm. zu Zeile 26−31; Kapitel 6). 38 Herderischen Predigen] Neben den zahlreichen handschriftlichen Predigtdispositionen sind nur einige wenige Predigttexte Johann Gottfried Herders in

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gedruckter Form überliefert. Sophie von La Roche bezieht sich auf kursierende Abschriften (vgl. Kessler: Herders Kirchenamt in Sachsen-Weimar [2005], S. 333f.). 40 Herders Calligone] Siehe Brief 137 Komm. zu Zeile 46. 41 Herr bruder] Hofprediger Georg Wilhelm Petersen. 41−46 von dem theologen […] theologisch sind] Johann Gottfried Herder studierte von 1762−1764 Theologie an der Universität von Königsberg. Zum Zeitpunkt des Briefs war er Generalsuperintendent, Konsistorialrat an der Stadtkirche Weimar. 45 grichische titel] Neben „Kalligone“ ist hier Johann Gottfried Herders Werk „Terpsichore“ gemeint, das 1795/96 in Lübeck erschien. Die drei Bände enthalten seine Übersetzungen der neulateinischen Dichtungen des Jesuiten Jakob Balde (1604−1668). 47f. noch Fragmente […] voll Schattenrisse] Die Beilage ist nicht überliefert. 49 weil die frage von Plinius] Dieser Manuskriptteil wurde nicht gedruckt. Sie bezieht sich vermutlich auf die Briefe des römischen Autors und Juristen Plinius des Jüngeren (Gaius Plinius Caecilius Secundus 61 – um 113). 50 Pliniana] Plinius betreffenden Stellen. 51 […]] Wort nicht entziffert. 52f. der 42 bände von Fleurys Kirchengeschichte] Siehe Brief 26 Komm. zu Zeile 34f. 63f. 10 briefgen von der hand meiner Julie Bondely] Julie Bondeli hatte sieben Jahre bis zu ihrem Tod 1778 in Neuchâtel im Haus ihrer Freundin Henriette von Sandoz (um 1724−?), geb. von Bada, zugebracht. Der Absender der Briefe wurde nicht ermittelt. 65f. dießes beyliegende bild] Das in Kupfer gestochene Portrait von Julie Bondeli befindet sich im Besitz des FDH. 71−74 Alt teutsche Fürsten tugend […] reden lasse] Siehe Kapitel 3 u. 4. 76 Paul ist ein seltsamer mann] Gemeint ist der russische Zar Paul I., Sohn von Katharina II., der in dem Ruf unberechenbarer Grausamkeit stand. 76f. den Poet Kozebue […] nach Sibirien] Als Jakobiner verdächtigt, wurde der Komödiendichter August von Kotzebue auf seiner Reise nach Petersburg im April 1800 in Haft genommen und nach Sibirien östlich des Ural „an die Ufer von Tobol und Irtisch“ verbannt (vgl. den anonymen Artikel „Nachricht den Hrn. Von Kotzebue betreffend“, in: Der neue Teutsche Merkur, Bd. 3 [1800], S. 79−80). Am 7. Juli 1801 erfolgte seine Rehabilitation. Am 4. August traf er in Petersburg ein, wo er mit seiner aus Reval angereisten Familie zusammentraf. Er erhielt den Direktorposten des deutschen Theaters und ein Gut in Livland als Vergütung (siehe August von Kotzebue: Das merkwürdigste Jahr meines Lebens, 1. Theil. Berlin 1801). 77f. nase abschneiden] Mit dem Abschneiden der Nase, der „denasatio“, wurde im Mittelalter der Sündenmakel des Ehebruchs dem Schuldigen in das Gesicht eingezeichnet. In Russland erhielt sich diese Form der körperlichen Verstümmelung und sozialen Schändung bis ins 19. Jahrhundert (vgl. Bernard Stern: Geschichte der öffentlichen Sittlichkeit in Russland. Kultur, Aberglaube, Sitten u. Gebräuche. 2. Auflage. Berlin 1920, S. 111f.). 78 Franz-] Französischen. 79 actrice] Frz.: „Schauspielerin“.

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Brief 139 – 8. August 1800

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wie lange mein würdiger Freund! habe ich Ihren lieben großen brief, ohne eine angemeßene antwort gelaßen! ich binn froh daß Sie indessen in darmstadt mit so mancherley begebenheiten beschäftigt waren - daß Ihnen der mangel meiner grillen nicht merklich seyn konnte, zudem hat mein theurer freund - auch die unruhe nicht gefühlt welche ihm, seine güte und seine delicatesse gegeben haben würde wenn ein blatt von mir ohne anwort auf seinem schreibtisch läge: Ihre zufriedenheit mit Champford machte mir viele Freude, weil es ein Faden mehr zu den banden der Sympathetischen gesinnungen ist, welche Ihre freundschaft mir zusichern - ich liebe Champford auch, und theile Ihnen hier eine note mit, welche ein Mann den ich Persönlich kennte, mir mitheilte O möchten Sie | | die randglossen schreiben - möchten Sie Suplementen zu Champfords idèen - und bemerkungen geben - theurer Freund! dießes würde Sie erleichtern, und könte andren Freude geben - thun Sie es aus Großmuth um mich für die mitheilung dießes buchs zu belohnen - mir ist leid daß mich meine Enkelinen um zwey bände brachten und ich nur noch einen, mit ein paar theaterstüken habe welche Ihnen daß nächstmal mitgeben will - wenn wie Frau von Ameronguen mir sagt - hoffnung ist Sie bald zu sehen - mögen die bände von Popens briefen - Ihre heiterkeit unterstüzt haben Harmonisches denken, finden Sie in den besten von ihnen - und Popens zeit, dünkt mich in allem eine schöne zeit der Britten was Sie über Wielands anzeige wegen der ihn betrefenden note in Mercur sagen - ist nur zu wahr - die lange | |

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ausdehnung über die sache - ist weit von der männlichen würde entfernt, mit welcher Ein Wieland antworten solte - aber liegt nicht die gabe deß ausdehnens, in allen seinen schriften - und wer für das kleine empfindlich ist kann selten aufhören - meine Enkelin Sophie ist wieder in Osmanstädt bey Wieland und wir werden in seinem nächsten werk, daß bild von ihrem Geist, und caracter gezeichnet sehen - mein Sohn der bergrath ist seit dem 8 July auch in weimar geweßen, weil ihn der Herzog wegen seinen Salzwerken wünschte was sagte mein Freund zu dem tod von lerse welchen Sie auch, wie ich im Merkur gefunden haben werden - So treten immer welche von der Scene deß lebens, bald früher bald später ab - Göthe muß sich Freuen daß sein Gruß die lezte Freude von Lerse war ich beweinte erst kurz die schöne 18 jahr alte Sophie von Steinberg wel- | | che ein nerven Fieber hinweg nahm wie vieles erlebt - wie viel überlebt man Prinzesse Louise sagt man ist schon nach Cöthen abgereißt - der Himel mache sie glüklich mich freut daß die liebe junge Fürstinn ihren neuen wohnsiz noch in günstiger witterung zu sehen bekommt - und binn sicher, sie wird besser zufrieden seyn als man hoffte ich zäle auf die bekanntschaft, mit H- und Frau von Humbold - welche von einer reiße nach Spanien zurük nach Paris gekomen sind - indem sie den bruder alexander Humbold nach Cadix begleiteten, welcher jezo schon in mexico anlangte - wenn der Wilhelm mit seiner Frau u Kinder, mir eine sichere zeit bestimmen, so rufe ich Sie, zu dießem ausserordentlichen paar deutschen Adels - - ich mag nichts von Politic u Krieg wissen - ich weiß mir mit nichts als Frömigkeit zu helfen - die Erde ein haufen Koth, und die menschen ameisen - doch verdrießt mich daß Sie u ich zu den lezten gehören - adieu - von vielle Roche

Brief 139 – 8. August 1800

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FDH, Sig. Hs-6550 14

Champford] Champord

Abgedruckt in Maurer, Sophie von La Roche Briefe (1985), S. 382. M. setzt (…) für „Merkur“ (Zeile 40) und transkribiert „Haus“ statt „Gruß“ (Zeile 60). 1 6

8 august] 8. August. mancherley begebenheiten] Am 27. Juli 1800 hatte die Hochzeit der Prinzessin Luise von Hessen-Darmstadt mit Prinz Ludwig von Anhalt-Köthen stattgefunden. 8 grillen] Sophie von La Roches Briefe. 14 Ihre zufriedenheit mit Champford] Der französische Schriftsteller Sébastien Roch Nicolas (1740−1794), genannt Nicolas Chamfort, gilt als einer der Impulsgeber der Französischen Revolution, deren Opfer er zur Zeit der „Terreur“ wurde. Chamfort starb an den Folgen selbstzugefügter Verletzungen, die seine zweite Inhaftierung verhindern sollten. Sophie von La Roche schätzte ihn vermutlich insbesondere als Verfasser von Aphorismen im Stil der Moralisten des 17. Jahrhunderts („Pensées, maximes, caractères et anecdotes, par Nicolas Chamfort, un des quarante de L’Académie Française. Précédés d’une notice sur sa vie par Pierre Louis Guingené, London, Paris 1796“; zur deutschen Erstausgabe siehe Komm. zu Zeile 29−31). „Chamfort war, was Rousseau gern scheinen wollte: ein echter Zyniker, im Sinne der Alten mehr Philosoph, als eine ganze Legion trockener Schulweisen. Obgleich er sich anfänglich mit den Vornehmen gemein gemacht hatte, lebte er dennoch frei, wie er auch frei und würdig starb, und verachtete den kleinen Ruhm eines großen Schriftstellers. Er war Mirabeaus Freund. Sein köstlichster Nachlaß sind seine Einfälle und Bemerkungen zur Lebensweisheit; ein Buch voll gediegenem Witz, tiefem Sinn, zarter Fühlbarkeit, von reifer Vernunft und fester Männlichkeit, und von interessanten Spuren der lebendigsten Leidenschaftlichkeit, und dabei auserlesen und von vollendetem Ausdruck; ohne Vergleich das höchste und erste seiner Art.“ (Friedrich Schlegel: Kritische Fragmente. In: Lyceum der schönen Künste. Ersten Bandes, zweyter Theil. Berlin 1797, S. 133−169, hier S. 111) Möglicherweise fand Petersen Gefallen an Chamforts sarkastischen Bemerkungen über den Charakter des Höflings. 19 eine note] Der Verfasser und Schreiber des handschriftlichen Lebenslaufs Chamforts in französischer Sprache ist nicht zu ermitteln. Der von Sophie von La Roche als Einschluss versandte Doppelbogen ist überliefert (FDH, Sig. Hs-6625). 19f. ein Mann den ich Persönlich kennte] Nicht ermittelt. 23 Suplementen] Ergänzungen. 29 meine Enkelinen] Siehe Brief 102 Komm. zu Zeile 18. 29−31 zwey bände […] ein paar theaterstüken] Vermutlich ist die vierbändige französische Ausgabe „Oeuvres de Chamfort, Recueillies et publiées par un de ses Amis. Paris 1794−1795“ gemeint. In Frage kommt auch die deutsche Erstausgabe „Werke von Chamfort, aus dem Französischen von Nikolaus P. Stampeel. Leipzig 1797“.

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34f. die bände von Popens briefen] Unter den Briefausgaben des englischen Dichters und Philosophen Alexander Pope (1688−1744) kommen „The works of Alexander Pope, Volume VII−X, Berlin 1764“, bzw. der 9. bis 12. Band der Werkausgabe in deutscher Sprache „Des Alexander Pope Esq. Sämmtliche Werke, mit Wilh. Warburtons Commentar und Anmerkungen. Mannheim 1780/1781“ in Betracht. 36 Harmonisches denken] In Alexander Popes „Essay on man“ (1732−1734) endet die „Epistle I“ mit den Versen: „All Chance, Direction, which thou canst not see;/ All Discord, Harmony, not understood;/ All partial Evil, universal Good:/ And, spite of pride, in erring Reson’s spite,/ One truth is clear, Whatever is, is right.“ Dieser zentrale Gedanke seiner Dichtung findet sich u.a. auch in seinem Brief vom 2. April 1733 an den irischen Schriftsteller Jonathan Swift (1667−1745): „But it suffices me to know it […] will be exactly what region or state our Maker appoints, and that whatever is, is right.“ (Alexander Pope: Essay on man. Ed. By Maynard Mack. In: The Twickenham Edition of the Poems of A. P. General ed. John Butt. Vol. 3,1. London 1950, S. 51) 37 Popens zeit] In Sophie von La Roches Briefen an Petersen werden aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts Edward Young, Samuel Johnson und Lawrence Sterne erwähnt (Brief 62 Zeile 2−5; Brief 163 Zeile 27; Brief 145 Zeile 37f.). 39f. Wielands anzeige […] in Mercur] Gemeint ist eine dreiunddreißigseitige Rechtfertigungschrift Christoph Martin Wielands im Neuen Teutschen Merkur. Weimar 1800, 1. Band, 4. Stück, S. 243−276. Sie trägt den Titel „Meine Erklärung über einen im St. James Chronicle, January 25, 1800 abgedruckten Artikel, der zur Überschrift hat: Prediction concerning Buonaparte, mit dem Beysatz: the following Dialogue is now circulating in the higher Circles; the observations are of the pen of a foreign Minister.“ Der anonyme englische Schreiber hatte Wielands zweiten Dialog „Über den neufränkischen Staatseid „Haß dem Königthum!“ der „Gespräche unter vier Augen“ scharf attackiert, der die Zukunft des französischen Königtums thematisiert. („Neuer Teutscher Merkur“ 1 [1798], S. 259−288). Wieland wurde verdächtigt, im Dienst der Illuminaten und Jakobiner Propaganda für Bonaparte als dem zukünftigen Diktator der französischen Republik zu machen. „Man könnte sichs nicht närrischer träumen lassen“ ist die Quintessenz der weitschweifigen Erklärungen, mit denen Wieland die Unterstellung zurückweist (S. 252). 47f. meine Enkelin […] bey Wieland] Die vierundzwanzigjährige Sophie Brentano war in der zweiten Julihälfte aus Frankfurt kommend in Oßmannstedt eingetroffen. Sie hoffte an der Seite ihres väterlichen Freundes Wieland nach zwei gescheiterten Liebesbeziehungen ihre Seelenruhe wiederzufinden (siehe Klaus Günzel: Die Brentanos. Eine deutsche Familiengeschichte. Frankfurt am Main 1997, S. 155−171). 49−51 wir werden in […] caracter gezeichnet sehen] Sophie Brentanos poetisches Ebenbild findet sich in Wielands 1800−1801 in Leipzig erschienenem Briefroman „Aristipp und einige seiner Zeitgenossen“ in der Gestalt der Griechin Lais. 51−54 mein Sohn der bergrath […] Salzwerken wünschte] Im Herzogtum SachsenWeimar gab es Salzvorkommen in Salza, Creuzburg bei Eisenach und Stotternheim nördlich von Erfurt. Herzog Carl August interessierte sich für die techni-

Brief 139 – 8. August 1800

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sche Einrichtung und Produktion der Salzgewinnungsanlagen in Schönebeck an der Elbe, die dem preußischen Bergrat Carl von La Roche unterstanden. 52 8 July] 8. Juli. 55 tod von lerse] Franz Christian Lerse, Petersens Jugendfreund, starb mit 61 Jahren am 15. Juni 1800 in Vöslau, 35 km südlich von Wien, im Haus der verwitweten Anna Gräfin Fries. Sie war die Mutter des jungen Grafen, den Lerse als Hofmeister zum Studium nach Leipzig begleitete (siehe Brief 74 Komm. zu Zeile 34 und Zeile 35). 56−60 im Merkur […] von Lerse war] In Der neue teutsche Merkur. Weimar 1800, 2. Bd., S. 258 steht ein Nachruf auf den „Kunstkenner und scharfsinnigsten Numismatiker“ Franz Christian Lerse: „Wien, d. 17. Jun. 1800. […] Zwei Tage vor seinem Tode brachte ihm unser würdiger Frhr. von Retzer noch einen herzlichen Gruß von Göthe, mit welchem er in jüngern Jahren frohe Tage in Straßburg verlebt hatte. Dieß war vielleicht die letzte angenehme Empfindung, mit der er aus der Welt ging.“ 61f. die schöne 18 jahr alte Sophie von Steinberg] Sophie von Steinberg war die Tochter von Sophie von La Roches Freundin Marie Charlotte von Steinberg, die 1796 verstarb (siehe Brief 32 Komm. zu Zeile 47f.). 65f. Prinzesse Louise […] Cöthen abgereißt] Siehe Komm. zu Zeile 6. 68 neuen wohnsiz] Der Wohnsitz der Neuvermählten konnte nicht nachgewiesen werden. Vermutlich ist das Residenzschloss des regierenden Fürsten August Christian Friedrich von Anhalt-Köthen (1769−1812) in Köthen gemeint. 72 ich zäle auf die bekanntschaft] Sophie von La Roches Bemerkung bezieht sich in erster Linie auf Karoline Friederike von Humboldt (1766−1829), geb. von Dacheröden, Frau des preußischen Staatsbeamten und Privatgelehrten Wilhelm von Humboldt. Dieser hatte ihr als einundzwanzigjähriger Student in Offenbach einen Besuch abgestattet (siehe Brief 1 Komm. zu Zeile 4). 72−76 H- und Frau von Humbold […] Cadix begleiteten] Wilhelm von Humboldt und seine Familie waren am 8. September 1799 von Paris aus nach Spanien aufgebrochen. Der Zweck der Reise waren sprachwissenschaftliche Forschungen. Über Toledo, Cordoba und Sevilla gelangten sie gegen Jahresende in die Hafenstadt Cádiz im südlichen Andalusien, wo sie zehn Tage verweilten. Sein Bruder Alexander von H. (1769−1859), Naturforscher und Bergrat in preußischen Diensten, war bereits drei Monate zuvor am 5. Juni in der spanischen Hafen mit seinem französischen Begleiter Aimé Bonpland stadt La Coruna (1773−1858) an Bord gegangen. Nach fünfjähriger Forschungsreise durch Südund Mittelamerika kehrten sie am 3. August 1804 nach Bordeaux zurück. 76 Cadix] Cadiz. 76f. welcher jezo schon in mexico anlangte] Sie war über den geänderten Verlauf der Reise nicht im Bilde. Alexander von Humboldt und Bonpland landeten nach 22-tägiger Überfahrt am 16. Juli in Cumaná (Venezuela). Mexikanischen Boden betraten sie erstmals in Acapulco, wo ihr Schiff von Guayaquil (im heutigen Ecuador) kommend am 23. März 1803 einlief. 77−79 wenn der Wilhelm […] zeit bestimmen] Ein Besuch des Ehepaars von Humboldt in Offenbach war ihr offenbar im Zuge der bevorstehenden Umsiedlung nach Berlin in Aussicht gestellt worden. 78 Kinder] Gemeint sind Karoline (1792−1837), Wilhelm (1794−1803), Theodor (1797−1871)und Adelheid (1800−1856) von Humboldt.

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80f. ich mag nichts von Politic u Krieg wissen] In Offenbach befand sich zu diesem Zeitpunkt das französische Hauptquartier (vgl. Brief Sophie von La Roches an Elisabeth Gräfin Solms am 29. Juli 1800 [SAO, Sig. M24 (184)]; siehe Kampf: Sophie von La Roches Briefe [1965], S. 87). 84 vielle] vieille. Frz.: „alte“.

Brief 140 11

2. Oktober 1800

den 2 8br 1800

taußend dank für Ihren Lieben brief vom 28 7br O nehmen Sie mir die 55 Hoffnung nicht Sie dießen Monat zu sehen! ich binn unausprechlich bekümmert ich habe meine Enkelin Sophie Brentano verlohren 10 bey Wieland - und Wie? 10 O mein Freund! zu was ist die erinnerung dießer Reiße ge worden? bedauren Sie mich wenn Sie die Schatten risse leßen = 15 15 dießer brief wird Ihnen, und dem Edelmütigen Erbprinzen vergnügen Machen - für alle taugt er nicht adieu von alt la Roche

FDH, Sig. Hs-6551 17

adieu] {***}/ad\ieu

1 3 8f.

2 8br] 2. Oktober. 28 7br] 28. September. ich habe […] Brentano verlohren] Sophie Brentano starb am 19. September in Gegenwart ihrer Geschwister Kunigunde und Georg B. (1775−1851) in Oßmannstedt an einem Nervenfieber (siehe Brief 141 Komm. zu Zeile 7−11; Karin Schenck zu Schweinsberg: Meine Seele ist bey euch geblieben. Briefe Sophie Brentanos an Henriette von Arnstein. Weinheim 1985).

Brief 141 – [Oktober 1800]

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wenn Sie die Schatten risse leßen] Petersen erhielt im nachfolgenden Brief 141 (Zeile 2−4) Andrucke oder Manuskriptteile ihres 1800 in Leipzig erschienenen Reiseberichts „Schattenrisse abgeschiedener Stunden in Offenbach, Weimar und Schönebeck im Jahr 1799“. dießer brief] Der Einschluss ist nicht überliefert. Der Zusammenhang ist unklar.

Brief 141 11

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10 10

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20 20

25 25

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da mein Lieber Freund! Leßen Sie dieße blätter, die ich Ihnen geben wolte, weil ich Sie zu sehen hofte denken Sie bey p. 90 - ob es nicht vorbedeutung war daß ich auf dem plaz wo meine Liebenswerthe Enkelinn Sophie den 20 7br begraben wurde - vor einem jahr, an daß grab meines Franz dachte denken Sie bey 43 S wie gedrükt ich durch die erinnerung seyn musste - daß meine Enkelin an dem fenster bey mir war als ich die irre gegangne vernunft die- | | ßer unglüklichen bedauerte und nun daß detail von Wielands hand laß - wie das nerven fieber meine Enkelin 17 tage ihrer vernunft beraubt - u schrekliche auftritte veranlaßt hatte ach mein Freund! mein theurer Freund! zu was ist dadurch die erinnerung dießer Reiße Wieland - Weimar - - - geworden! O lassen Sie ja die schönen tage nicht hinschwinden und kommen noch einmal in meine hütte, ein zimmer - wärme verehrung - u freundschaft erwarten Sie - lassen Sie H

[Oktober 1800]

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bruder im vertrauen dießen brief über Stolberg leßen | | 35 35 kommen Sie verschönern noch einen Herbstag - und bringen einige von den alten büchern mit sich der alten la Roche 40 40 den 6 xbr zäle 70 Jahre - Sie dürfen also mit erfüllung dießer bitte nicht zu lange warten

FDH, Sig. Hs-6610 [Oktober 1800] Die Entstehungszeit des Briefs erschließt sich aus dem in Zeile 9 genannten Datum. Sophie Brentano wurde am 21. September 1800 beerdigt. Er entstand zwischen dem am 2. Oktober verfassten Schreiben (Brief 140), in welchem Sophie von La Roche erstmalig von Sophies Tod berichtet, und dem vom 22. Oktober (Brief 142), in welchem sie dieses Thema nicht mehr berührt. 2 dieße blätter] Gemeint sind Andrucke oder Manuskriptteile ihrer „Schattenrisse“. Die Beigabe ist nicht überliefert. 5 p.] page. Frz.: „Seite“. 7−11 auf dem plaz […] Franz dachte] „Gerne machte ich einen einsamen schnellen Spatziergang in der prächtigen Lindenallee von Wielands Garten nach der kleinen Aussicht auf die Ilm und das jenseitige Ufer. Wieland und seine ganze gute Familie wissen nicht, was diese Momente für mich waren, wo nur die Dryaden des Hayns mich sahen und hörten, während tausend Ideen und Gefühle mich umschwebten, und ich die Asche des Mannes segnete, welcher diese schönen Bäume und das kleine Birkenwäldchen pflanzte, worin ich eines Abends in Rückerinnerung eines traurigen Gelübdes mich beynah verirrte - indem ich glänzenden im hohen Aether hinschwimmenden Wölkchen zu lange nachsah und dachte: „Ob wohl ihr Wiederschein das Grab meines Franz beleuchtet, auf welchem mein Herz alle Wünsche alle Hoffnungen niederlegte, und n i e , n i e keine von beyden wieder aufgehoben haben sollte.“ („Schattenrisse abgeschiedener Stunden in Offenbach, Weimar und Schönebeck im Jahr 1799“ [1800], S. 89f.) 9 20 7br] 20. September. 12 43 S] Seite 43. Sophie von La Roche irrt sich in der Seitenangabe. Die Aussicht aus ihrem Gastzimmer beschreibt sie am Morgen nach der Ankunft in Oßmannstedt auf S. 44 f. „Die Ansicht aus dem Fenster war mir feyerlich. Zwey große symmetrische Wohngebäude, welche auf einer Seite durch eine dichte Reihe hoher schlanker Bäume verbunden sind, auf der andern an die Mauer des Vorhofes sich anschließen, der ein schönes Wasserbecken in der Mitte hat, welches unter dem Schutz einer Syrene den Ablauf eines doppelten Springbrunnens erhält; die tiefe Ruhe, und auch die einsame Lage dieses Wohnsitzes rührte mich, als ich dachte: ‚Dieses Ganze ist Sinnbild von Wielands Geist, alles groß, und

Brief 142 – 22. Oktober 1800

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seine Thätigkeit, wie diese Quelle, von dem frühen Morgen seines Lebens bis an den Abend seiner Tage, unerschöpflich fortströmend -‘“. 18f. daß detail von Wielands hand] „Die [Susanne] Bandemer zog bald ein Pack heraus von Scrituren und las uns erst einen Brief von Wieland vor, an die la Roche, über den Tod von Sophie Brentano. Der Schmerz selber hatte ihm nur Gemeinplätze anlocken können, es war nicht ein individuelles Wort zu hören.“ (Caroline Schlegel an August Wilhelm Schl. am 24. Febr. 1801, zitiert nach Starnes: Wieland [1987], Bd. 3, S. 36) 19−22 wie das nerven fieber […] veranlaßt hatte] Siehe Brief 140 Zeile 8f. 32f. H bruder] Hofprediger Georg Wilhelm Petersen. 34 brief über Stolberg] Der Staatsmann und politische Schriftsteller Friedrich Leopold Graf zu Stolberg (1750−1819) war am 1. Juni, dem Pfingstsonntag des Jahres 1800 gemeinsam mit seiner zweiten Frau Sophie Charlotte von Redern (1765−1842) und sieben Kindern zum katholischen Glauben übergetreten. Die Konversion, die in der Hauskapelle der Fürstin Amalie von Gallitzin (1748−1806) in Münster stattfand, erregte großes Aufsehen in der Öffentlichkeit. Als Absenderin des Briefs kommt Johanna Schlosser aus Frankfurt am Main in Betracht (siehe Brief 142 Komm. zu Zeile 44). Der Einschluß ist nicht überliefert. An ihren Freund Jean André Deluc schreibt Sophie von La Roche am 27. Oktober 1800: „quel malheur d’avoir 50 ans - Conaitre toute la sagesse des anciens et des modernes et ne pas savoir ou l’on en est avec son Createur“ („Welch ein Unglück, 50 Jahre alt zu sein, die Weisheit der antiken und modernen Schriftsteller zu kennen und nicht zu wissen, woran man mit seinem Schöpfer ist.“ LBZS, Sig. 158/6). 37f. einige von den alten büchern] Die Titel der an Petersen verliehenen Bücher sind nicht zu ermitteln. Sie erbittet die Leihgaben erneut in ihrem Schreiben vom 22. Oktober 1800 zurück (Brief 142 Zeile 5−7). 40 6 xbr] 6. Dezember. 43 warten] Nach dem Wort ein Schnörkel.

Brief 142 11

offenbach den 22 8br 1800

ist es wahr mein theurester Freund! daß ich Sie bey mir sah ist es wahr? daß Sie noch einmal 55 zu mir kommen u einige meiner Sie lang belästigenden Bücher bringen wollen? sie war schön Ihre erscheinung wie die aussicht Sie länger zu 10 10 sehen - vielleicht sehen u hören Sie dann - den so schäzbaren

22. Oktober 1800

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General andreossi

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- welcher mir Gestern mit so vieler verEhrung von beyden Darmstadtischen Herrschaften sprach - ich bat ihn ja bey seiner nächsten Reiße, auch mit dem Erbprinzen, u seinem freund zu reden gewiß, in langer Zeit theurer Petersen! hören Sie nichts bessers, als dießen wahr Cultivirten Mann - O wenn Er - seine innere | | bemerkungen - u seine gefühle bekannt machte - wir würden eben so richtige Kentnis, von dem lauf der verwüstung u beßerung der leidenschaften erhalten, wie von dem Canal von Languedoc u dem Nil - was für eine herrliche anwendung im moralischen gebieth liess sich aus dem beet des fleuve sans leau durch seinen Scharfsinn erwarten - erfreun sie wie er Physiognomien in Camèe deß august bezeichnet u seine alte u neue geschichte kennt Sie schiken es mir bald wieder daß büchelgen - u leßen in dießem hier - das gezeichnete 186 vom Kopfweh - - o wenn ein Englisch recept - aus einem meiner bücher Ihnen erleichtrung geben könnte wie freute es die alte Sophie la Roche | | / bitte auch um brief von Frl Rotberg u Md. Schlosser - wegen Stolberg -

FDH, Sig. Hs-6552 14

beyden] {***}/beyd\e

1 6

22 8br] 22. Oktober. Bücher] Die Titel der an Petersen verliehenen Bücher konnten nicht ermittelt werden.

Brief 142 – 22. Oktober 1800

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11f. den so schäzbaren General andreossi] Antoine François Andréossy (1761−1828), Artillerist wie Bonaparte, genoss dessen besonderes Vertrauen und führte mehrfach spezielle Aufträge aus. Er gehörte zu dem kleinen Gefolge, mit dem Napoleon im August 1799 aus dem ägyptischen Feldzug zurückkehrte. Zum Zeitpunkt des 18. Brumaire war Andréossy Chef des Generalstabes der 17. Division, danach Generalinspekteur der Artillerie, Chef der für Artillerie und Geniewesen zuständigen 3. Abteilung des Kriegsministeriums. Im August 1800 übernahm Andréossy den Posten des Kommandanten von Mainz. Er befand sich zeitweise im französischen Hauptquartier in Offenbach. Später wurde er zum Gesandten in London, Konstantinopel und Wien ernannt. 1804 erhielt er den Grafentitel. Sophie von La Roche schrieb am 27. Oktober 1800 an Jean André Deluc: „cet home à la dignitè de vray - et de L’amour de L’humanitè - ornè de Siençes utiles et du gout - il est sur que Sa conversation est un regal pour la raison - et un soulagement dans [Wort nicht entziffert] de la Contemplation des maux, de cette guerre destructive et malheureuse - au moins je benissais Dieu d’ avoir donnè à L’ame d’andreossi le caractere, et la Pente du bien - esperant quil n’est pas le Seul des guerriers français qui a des Principes quils osent montrer à Dieu, et aux gens de bien -“ („Dieser Mann hat die Würde des Wahren und der Liebe zur Menschheit, geschmückt mit nützlichen Wissenschaften und Geschmack. Es ist sicher, dass seine Unterhaltung ein Genuss für die Vernunft und eine Erleichterung […] von der Betrachtung der Übel dieses zerstörerischen und unglücklichen Krieges - wenigstens dankte ich Gott, dass er Andréossys Seele den Charakter beigegeben hat und den Hang zum Guten - es steht zu hoffen, dass er nicht der einzige unter den französischen Kriegern ist, der Prinzipien hat, die er Gott und den guten Menschen zu zeigen wagt.“ LBZS, Sig. 158/ 6). 14 beyden Darmstadtischen Herrschaften] Landgraf Ludwig X. und Landgräfin Luise von Hessen-Darmstadt. 17 seinem freund] Prinzenerzieher J. F. Chr. Petersen. 27 Canal von Languedoc] Der unter Louis XIV. unternommene Bau des 240 Kilometer langen „Canal royal du Languedoc“ verbindet das Mittelmeer mit dem Atlantik. Andréossys Urgroßvater, der Ingenieur und Kartograph François A. (1633−1688), hatte in enger Zusammenarbeit mit dem Ingenieur Pierre Paul Riquet (1609−1680) das zu jener Zeit größte Bauvorhaben Europas geplant und durchgeführt. Nach vierzehnjähriger Bauzeit wurde der Kanal am 24. Mai 1681 eröffnet. Der Name „Canal Royal de Languedoc“ nimmt Bezug auf die im Süden Frankreichs gelegene Provinz, welche die Wasserstraße durchquert. General Andréossy verfasste das zweibändige, 1800 in Paris erschienene Werk „Histoire du canal du Midi, connu précédemment sous le nom de canal de Languedoc“. 28 dem Nil] Siehe Komm. zu Zeile 30. 30 beet] Bett. 30f. fleuve sans leau] Frz.: „Fluß ohne Wasser“. Sie spielt auf den Titel einer weiteren Schrift Andréossys aus diesem Jahr an. In „Mémoires sur le lac Menzaleh, et sur la valle des lacs de Natron, et celle du Fleuve Sans Eau, Paris an VIII [1800, Anm. P.S.]“ fasst er die Forschungsergebnisse einer französischen Expedition in die Libysche Wüste zusammen, an der er Ende Januar 1799 teilgenommen hatte. Seine Behauptung, es handle sich bei der weitläufigen Bodensenke um das vorgeschichtliche Bett eines westlichen Nilarmes, trifft nicht zu. Andréossy übersetzte die arabische Bezeichnung „Bihâr Bilâ-mâ“ („Meere ohne Wasser“)

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fälschlich mit „Fluss ohne Wasser“ (vgl. Gerhard Rohlfs: Neue Beiträge zur Entdeckung Afrikas von G. R. mit einem Bilde von Mohammed el Gatroni, dem Diener von Heinrich Barth, E. Vogel, M. von Duveyrier, Rohlfs und Nachtigal. Kassel 1881, S. 63). erfreun sie] erfreuen Sie sich. Camèe] Stein mit erhabener figürlicher Darstellung. deß august] Gemeint ist der römische Kaiser Augustus (63 v. Chr.−14 n. Chr.), der Begründer der julisch-claudischen Kaiserdynastie. Möglicherweise begegnete Sophie von La Roche General Andréossy am Hof des Fürsten von IsenburgBirstein in Offenbach. Antike Caméen, Gemmen und deren gipserne Abdrücke waren begehrte Objekte hochherrschaftlicher Sammler. daß büchelgen] Die als Beigabe versendete Schrift Andréossys (Zeile 30) ist nicht überliefert. in dießem] Der Titel des Buches ist nicht zu ermitteln. Die Beigabe ist nicht überliefert. das gezeichnete 186] Lies: die auf Seite 186 gezeichnete Stelle. Petersen litt unter chronischen Kopfschmerzen (siehe Kapitel 2). Roche] Nach dem Wort eine Suspensionsschlinge. Frl Rotberg] Fräulein Rotberg. Es könnte Friederike von Rotberg (nach 1759−1830), Hofdame der Herzogin von Nassau-Usingen, gemeint sein. Sie heiratete 1801 Karl Wilhelm Ludwig Freiherr von Drais (siehe Brief 134 Komm. zu Zeile 30). Md. Schlosser] Madame Schlosser. Gemeint ist Johanna Katharina Sibylla Schlosser (1744−1821), geb. Fahlmer, die zweite Frau Johann Georg S., die als Witwe in Frankfurt lebte. Ihre Stieftochter Maria Anna Luise (1774−1811) entstammte der ersten Ehe ihres Mannes mit Cornelia Goethe. Sie heiratete 1795 den Juristen Georg Heinrich Nicolovius (1767−1839). wegen Stolberg] In seiner Funktion als Kammerpräsident vermittelte Friedrich Leopold Graf Stolberg seinem Reisebegleiter und Hauslehrer Nicolovius 1795 eine Stelle als Sekretär der bischöflichen Rentkammer in Eutin. Nicolovius wollte wegen Stolbergs Konversion demissionieren und Eutin verlassen. Er entschloß sich 1805, einen Ruf seiner Heimatstadt Königsberg als Konsistorialrat anzunehmen.

Brief 143 11

2. November 1800 offenbach den 2 nobr 1800

Nur wenige zeilen theurer Freund! Schäzt Ihren Hoff unendlich in allem Er kommt bald wieder zu Ihnen - machen Sie doch daß ihm etwas von der bergstrasse gezeigt wird - zum beyspiel - daß sein Herrlich Geometrisch auge, eine Weite Andreossi

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Brief 143 – 2. November 1800

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übersicht fassen könnte, da ohne hin in dem Herbst bey abgefallnen blättern 10 10 eine landschaft deutlicher zu erkennen istthun Sie es besorgen, ich weiß, es wird ihn Freuen - ist der berg wo der thurm steht den man im Elsaß sieht nicht ein gesichts punkt den man vorschlagen könnte, mich dünkt es 15 15 auch um deßwegen da er einen altlateinischen nahmen trägt - enfin machen Sie, daß es geschieht adieu bester Schäzbarer Freund! der würdige - fürtrefliche andreossi - sprach mir auch von Ihnen - u von dem wohlwollen der Frau Landgräffin 20 für mich - ich küsse ihr die Hände dafür - adieu O der 20 Erbprinz soll wohl seyn - u Sie auch - daß buch von andreossi schiken Sie mir bald wieder adieu von alt la Roche

FDH, Sig. Hs-6553 1 3

2 nobr] 2. November. Andreossi Schäzt Ihren Hoff unendlich] Zu General Jean François Andréossy siehe Brief 142 Komm. zu Zeile 12. 5 bergstraße] Gemeint ist der Westhang des Odenwalds zwischen Darmstadt und Heidelberg. 6f. sein Herrlich Geometrisch auge] Als Militär schätzte Andréossy übersichtliches Terrain. Möglicherweise war Sophie von La Roche bei ihren Besuchen im Darmstädter Residenzschloss das 2,25m auf 3,75m große Landschaftsgemälde „Prospect von dem Meliboco und dessen Gegend“ des Malers Johann Tobias Sonntag (1716−1774) aufgefallen (Ruben Pons und Rainer Maaß: Johann Tobias Sonntag 1716−1774. Der Darmstädter Maler, sein Gesamtwerk und der „Prospect von dem Meliboco und dessen Gegend“. Darmstadt 2007 [= Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 152], S. 8−45). Nach wechselvollem Schicksal befindet es sich seit 1998 stark beschädigt wieder im Marktpalais. 12 ist der berg wo der thurm steht] Gemeint ist der 517 Meter hohe Kegel des Melibokus bei Zwingenberg an der südhessischen Bergstraße. „Von diesem höchsten Gipfel des vorderen Odenwalds kann man bei guter Fernsicht die Vogesen erblicken − nach damaliger Meinung sogar Straßburg.“ (Ludwig Fertig: Deutscher Süden. Dichter an der Bergstraße. Darmstadt 1994, S. 47) 15f. altlateinischen nahmen] Der latinisierte Name des Großen Malschen (Malchen) ist Melibokus. Siehe Komm. zu Zeile 12. 21 daß buch von andreossi] Gemeint ist General Andréossys Abhandlung über die Topographie eines Tals in der Libyschen Wüste (siehe Brief 142 Komm. zu Zeile 30f.). 23 Roche] Nach dem Namen ein Schnörkel.

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Brief 144 11

offenbach den 19 nobr 1800

Einen sehr kleinen brief, mit der innigsten danksagung für Ihre mir Ewig theure erscheinung 55 und aufenthalt in meiner hütte möge der genius der freundschaft und deß wahren geistes Sie dafür belohnen - und daß Schiksal Ihnen die Gedult mit Ihren leiden 10 10 und den menschen durch erneute und dauerhafte gesundheit vergelten - amen Kaum waren Sie lezt aus meinem Hauße - so kam Clemens

15 15

Brentano - mit Louis Wieland welcher mich an eine passage in Juliens briefe erinnerte Le larpetit Fils: du Grand Haller -

alle den Erbprinz v. Weimar betreffen-

20 20 de nachrichten sind wahr - wie die

unzufriedenheit der | | landstände - - armer Louis XVI du hättest also vergebens gelitten und geblutet für die Sünden 25 25 deinen Standes hier in Eile die antwort auf die anfrage wegen der medaillè und tausend wünsche für Sie edler - theurer - guter Freund 30 30 der Sie verehrenden alten laRoche Sagen Sie doch dem Fräulein von Bode - wie sehr ich bedaure daß ich ihr nicht statt dieser ant 35 35 wort die medaille schiken konnte u daß Elise alle Tage in Frankfort erwartet wird - auch daß sie ganz wohl ist -

19. November 1800

Brief 144 – 19. November 1800

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FDH, Sig. Hs-6554 1 19 nobr] 19. November 14f. Clemens Brentano] Zu Clemens Wenzeslaus Brentano siehe Brief 95 Komm. zu Zeile 57. 15 Louis Wieland] Ludwig (Louis) Friedrich August Wieland (1777−1819), ältester Sohn von Christoph Martin Wieland, hatte am 26. September 1800 brieflich einen Besuch bei seinem Schwager Heinrich Gessner in Zürich angekündigt (siehe Starnes: Wieland [1987], Bd. 3, S. 37). Die Reise führte ihn von Weimar zunächst nach Frankfurt am Main zu Clemens Brentano. Die freundschaftliche Beziehung der beiden jungen Männer war im Sommer 1798 während B. Aufenthalt im Hause Wielands entstanden. Über sie schrieb Johann Daniel Falk an Johann Wilhelm Ludwig Gleim am 26. Dezember 1800: „Ein gewisser Brentano, Enkel von Madame La Roche, der sich erst bey Wieland im Hause aufhielt und ihm dort seine Schwächen ablauerte, schrieb nachher ein Buch unter dem Namen Maria’s Spiele, worin er Wieland, Herder, Böttiger, Männer von denen seine Großmutter die vertrautesten Freundschaftsbezeugungen empfing auf die unanständigste Art turlupinirte. Louis Wieland, weit davon entfernt sein Misfallen darüber zu erkennen zu geben, ist iezt zu ihm nach Frankfurt gereist, vermuthlich um ihm Materialien zum zweyten Theil seines Buches zu suppeditiren. Mehr als einmal ist die Mutter dieses ungerathenen jungen Menschen auf meiner Stube in Thränen zerflossen und hat gewünscht, daß Gott ihn oder sie zu sich nehmen möchte.“ (Starnes: ebenda, S. 41f.) 16f. eine passage in Juliens briefe] In den Briefen Julie Bondelis, die im „Zweyten Bändchen“ von „Mein Schreibetisch“ (1799) abgedruckt wurden, findet sich keine Passage, die Bezug auf einen Enkel Albrecht von Hallers nimmt (siehe Komm. zu Zeile 18). 18 larpetit] Das schwer zu entziffernde Wort könnte als Abkürzung von „l’arrière petitfils“, „der Urenkel“, gedeutet werden. Vermutlich ist aber „le petitfils“, „der Enkel“, gemeint. 18 du Grand Haller] Der Zusammenhang ist unklar. Es gibt keinen Hinweis, welcher der Enkel des schweizer Polyhistors Albrecht von Haller hier gemeint ist. 19f. alle den Erbprinz […] sind wahr] Gemeint ist Erbprinz Carl Friedrich von Sachsen-Weimar. Der Zusammenhang ist unklar (siehe Brief 29 Komm. zu Zeile 61). 22 Louis XVI] Ludwig XVI. Am 21. Januar 1793 wurde das Todesurteil am französischen Königs Louis XVI. vollstreckt. Unter seiner Herrschaft war es zu einem Zusammenbruch des Staatshaushaltes gekommen, der sich schon in der Regierungszeit seiner Vorgänger Louis XV. und Louis XIV. abzuzeichnen begann. 27 anfrage wegen der medaillè] Aus Zeile 33 geht hervor, dass die Hofdame Caroline von Bodé Sophie von La Roche gebeten hatte, eine Medaille zu besorgen. Auftraggeberin ist vermutlich die Landgräfin. Möglicherweise handelte es sich hierbei um eine silberne Schaumünzen mit dem Abbild des französischen Königspaars, wie sie in Deutschland seit Ende des Jahres 1793 zu deren Andenken geprägt wurden. Neben den Hinrichtungsdaten 21. Januar und 16. Oktober 1793 trugen sie Aufschriften wie „Maertyrer durch Ungeheuer ihres Volkes/

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Schaudernd und Abscheu erregende That“ oder „Weh! Jede Thraene wird ein Fluch den Enkeln“ (Sammlung der Kunsthalle Bremen, Inv. Nr. 462−1971/6 u. Nr. 461−1971/5). 36−38 daß Elise […] ganz wohl ist] Elisabeth Katharina von Bethmann. Der Zusammenhang ist unklar.

Brief 145 11

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offenbach den 30 nobr 1800 Vergeben Sie mir, theurer Höchst theurer Freund! daß erst heute wegen der Frage Wachslichter antworte Wieland, und eine Enkelin Cunigonde wohnten bey mir beyde sprachen so viel von Sophie u weimar, daß ich betäubt war / Frau Fleischmann welche die Wachslicht Fabrike hat - sagte mir / daß einzele Pfund koste immer fl 1. 8 x - aber da der Centner so / viele Pfund mehr wiege - und nur hundert Pfund bezalt würden, so fände man darinn einen großen vorteil Wieland Sohn sucht sich mit einem buchhändler zu associren u in Frft zu etabliren - glük zu - ich binn | | froh, daß mir dieße idèe weder in Rath noch That zukommt, noch zugeschrieben werden kann - alte Frau von Staufenberg fiel mir ein welche den berühmten Professor Moriz fragte woher kommt es - daß man auf Universiteten, so viele gelehrte macht, u so wenig gescheude? die bändgen welche Ihnen mitgab mein unschäzbarer Freund! werden mir neu lieb u wert

30. November 1800

Brief 145 – 30. November 1800

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seyn - weil sie Ihnen - hie und da vergnügen gaaben - u von irgend einem mißfälligen gegenstand abzogen - wie lieb ist mir der gedanke - daß ich den Schatten von Sterne, auf einige momente an Ihre seite brachte wohl mir - und Ehre seinem Staub O wenn der | | Herr bruder - Nicolais neues werk über die Peruken, auf ein paar tage mir lehnen wolte so freute es mich - u ich wartete gerne länger auf die rükehr deß briefs von Md- Schlosser Sie kennen gewiß die Englische Miscellen Frau von Kalb - bedauert ihre abreiße gar sehr - mit allem geist und allem recht adieu theurer edler Freund! Ach - Gott erhalte Sie im ganzen nach dem wunsch der alten und schenke Ihren Gesundheit = wie Er Ihnen denken u güte gab adieu ich Eile - ich muß für ein paar hundert visiten Billet aus Rom danken - meine Sanna schikte sie der alten laRoche / unßer theurer Andreossi mußte nach Franken eilen, aber Er hat in Paris was großes gethan da Er - augereau u Bonaparte außöhnte -

FDH, Sig. Hs-6555 33 39 55 55

gaaben] {*}/G\aaben Ehre] E{*}/h\re Ihren] Ihre{r}/n\ Gesundheit] {***}/Gesun\dheit

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1 30 nobr] 30. November. 3−5 daß erst heute wegen der Frage Wachslichter antworte] dass ich erst heute auf die Frage nach den Wachslichtern antworte. Siehe Zeile 10−16. 6 Wieland] Gemeint ist Christoph Martin Wielands ältester Sohn Ludwig (siehe Komm. zu Zeile 17−19 u. Brief 144 Komm. zu Zeile 15). 6f. Enkelin Cunigonde] Kunigunde Brentano (1780−1863), genannt Gunda, war die zweitälteste Tochter Maximiliane B. Nach dem Tod der Mutter besuchte sie mit ihren Schwestern Bettine und Meline das Internat des Ursulinen-Klosters in Fritzlar. 1796 kehrte sie in ihr Elternhaus nach Frankfurt am Main zurück. 1804 fand ihre Hochzeit mit dem Juristen Friedrich Karl von Savigny (1779−1861), dem Freund ihres Bruders Clemens B., statt. 8f. beyde sprachen […] u weimar] Kunigunde Brentano war im September 1800 zur Pflege ihrer todkranken Schwester Sophie nach Oßmannstedt gereist. 10 Frau Fleischmann] Gemeint ist Marie Charlotte Fleischmann (Lebensdaten nicht ermittelt), geb. Diehler, Witwe des Fabrikanten Wilhelm F. (1736−1779), der 1779 in Offenbach eine Wachsbleichfabrik gegründete. Jährlich wurden dort zwischen 5000 und 6000 Pfund Wachs gebleicht und teilweise zu Kerzen verarbeitet. Der Rohstoff kam überwiegend aus Polen, das bessere Wachs aus der Ukraine. Hauptabsatzgebiete waren Schwaben, Franken und die Schweiz (siehe Philipp Andreas Nemnich: Tagebuch einer der Kultur und Industrie gewidmeten Reise. 1. Bd. Tübingen 1809, S. 146; Steven Jan van Geuns: Tagebuch einer Reise mit Alexander von Humboldt durch Hessen, die Pfalz, längs des Rheins und durch Westfalen im Herbst 1789. Hrsg. von bernd Kölbel und Lucie Terken u.a. Berlin 2007, S. 107). Sophie von la Roche gewann sie 1802 als Subskribentin der „Neuen vermischten Gedichte“ von Susanne von Bandemer (siehe Brief 57 Komm. zu Zeile 49). 13 fl 1. 8 x] 1 Florin 8 Kreuzer. 13 aber da der […] großen vorteil] Der Käufer profitierte von der ungenauen Abmessung der gezogenen Wachskerzen. 17−19 Wieland Sohn […] zu etabliren] Ludwig Wieland hielt sich nur für kurze Zeit in Frankfurt am Main auf (siehe Brief 144 Komm. zu Zeile 15). 18 associren] zusammenzuschließen. 18 Frft] Frankfurt. 23 Frau von Staufenberg] Nicht ermittelt. Siehe Komm. zu Zeile 24. 24 den berühmten Professor Moriz] Der Schriftsteller, Sprachwissenschaftler und Pädagoge Karl Philipp Moritz (1756−1793) war Herausgeber der ersten deutschen Fachzeitschrift für empirische Psychologie. Von 1783−1793 erschienen in Berlin zehn Bände seines „Magazins zur Erfahrungsseelenkunde als ein Lesebuch für Gelehrte und Ungelehrte“. Sein vierbändiges Hauptwerk „Anton Reiser, ein psychologischer Roman“, das autobiographische Züge trägt, gilt als Schlüsseltext der deutschen Aufklärung. 1789 wurde er durch Vermittlung von Carl August von Sachsen-Weimar zum Professor der Theorie der Schönen Künste an die Königliche Akademie der Wissenschaften in Berlin berufen. Seine Vorlesungen besuchten nachweislich viele Adlige. Vermutlich zielte Frau von Staufenbergs Frage auf die privaten Turbulenzen in Moritz’ letzten Lebensjahren ab. Im August 1792 heiratete der Sechsunddreißigjährige die fünfzehnjährige Christiane Friederike Matzdorff (1777−1797), Schwester des Berliner Verlegers

Brief 145 – 30. November 1800

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und Buchhändlers Karl M. (1765−1839). Die Ehe wurde nach fünf Monaten geschieden, eine Wiederverheiratung erfolgte im März 1793. 28 gescheude] Gescheite. 29 die bändgen welche Ihnen mitgab] die bändgen, welche ich Ihnen mitgab. Sophie von La Roche dankte Petersen am 19. November 1800 für seinen Besuch in Offenbach (Brief 144 Zeile 4). Es bleibt ungeklärt, ob es sich bei den verliehenen Büchern ausschließlich um Werke des englischen Autors Laurence Sterne (1713−1768) handelt (siehe Zeile 37). 36f. den Schatten von Sterne] Offenbar hatte Petersen dem englischen Autor Laurence Sterne bisher keine oder doch nur geringe Beachtung gezollt, obschon dessen Werk seit Ende der 1760er Jahre auf dem Kontinent eine breite Rezeption fand. Ungleich mehr als sein humoristischer Roman „The Life and opinions of Tristram Shandy, Gentleman“ von 1759/1767 begeisterte das schon im Erscheinungsjahr 1768 von Sophie von La Roches Freund Johann Joachim Bode übersetzte Werk „A Sentimental Journey through France and Italy“ das deutsche Lesepublikum und regte Autoren wie Johann Georg Jacobi, Johann Gottfried Schummel (1748−1813) und Moritz August von Thümmel (1738−1817) zur Nachahmung an. Seine von Menschenliebe und Toleranz durchdrungene Gestalt des „Reverend Yorick“ wurde zum Schutzpatron der empfindsamen Freundschaftsbünde in Halberstadt und Darmstadt (Gertrude Joyce Hallamore: Das Bild Laurence Sternes in Deutschland von der Aufklärung bis zur Romantik. Berlin 1936 [= Germanische Studien 132], S. 42−48; Gerhard Sauder: Sentimental Journey und die empfindsamen Reisen in Deutschland. In: Wolfgang Griep und Hans-Wolf Jäger [Hrsg.]: Reise und soziale Realität am Ende des 18. Jahrhunderts. Heidelberg 1983 [=Neue Bremer Beiträge 1], S. 302−319; siehe Brief 175 Zeile 42). 41 Herr bruder] Hofprediger Georg Wilhelm Petersen. 41f. Nicolais neues werk über die Peruken] Gemeint ist „Über den Gebrauch der falschen Haare und Perrucken in alten und neuern Zeiten: eine historische Untersuchung, Berlin 1801“ des Berliner Aufklärers Friedrich Nicolai. Die Anregung dazu gab ihm zweifelsohne das 1757 in Paris erschienene Werk des französischen Advokaten Jean Henri Marchand (?−1785) „L’Encyclopédie perruquière, ouvrage curieux à l’usage de toutes sortes de têtes par M. Beaumont“, das er 1762 ins Deutsche übersetzt hatte („Des Herrn Beaumonts berühmten Haarfriseurs zu Paris lehrreiches Perüquen-Magazin zur Bildung deutscher Köpfe eingerichtet. Zweyte verbesserte Auflage. Berlin 1762“). Den Gang durch die Kulturgeschichte der falschen Haarbeutel und Perücken nimmt Nicolai zum Anlass, die Verketzerung deutscher Schriftsteller von Seiten der Gegenaufklärer in Form einer Satire anzuprangern. Sophie von La Roche ging recht in der Annahme, dass dieses Werk den überzeugten Aufklärer und reformfreudigen Hofprediger Georg Wilhelm Petersen interessieren musste. Über dessen langjährige Korrespondenz mit Nicolai war sie nicht informiert (siehe Kapitel 3). 43 lehnen] leihen. 45f. die rükehr deß briefs von Md- Schlosser] Sophie von la Roche hatte bereits in ihrem Brief vom 22. Oktober um den Brief von Johanna Schlosser gebeten (Brief 142 Zeile 44).

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46 Md-] Madame. 47f. Englische Miscellen] Gemeint sind die drei ersten Heftchen des ersten Bandes der „Englischen Miscellen“, die 1800 anonym in Tübingen erschienen. Herausgeber und Autor war Johann Christian Hüttner (1766−1847), dessen Autorschaft erst mit dem vierten Band publik wurde. Insgesamt erschienen bis 1806 fünfundzwanzig Bände mit einer Auslese aktueller Nachrichten englischer Zeitungen und Magazinen über Kunst, Wissenschaft, Technik und Mode, sowie Besprechungen neuerschienener Bücher. H. stammte aus Guben in Sachsen. 1788 beendete er sein Philologiestudium in Leipzig und nahm den Posten eines Erziehers in London an. Seine guten Lateinkenntnisse befähigten ihn zusammen mit seinem Dienstherrn im Herbst 1792 an der von Lord Macartney geleiteten, zweijährigen Gesandtschaftsreise nach China teilzunehmen. Nach England zurückgekehrt, schrieb H. seine Beobachtungen nieder und lieferte die deutsche Übersetzung des offiziellen Reise- und Forschungsberichts. Ab 1796 bestritt er seinen Lebensunterhalt als Korrespondent deutscher Zeitungen. Seine Übersetzertätigkeit für das Außenministerium brachte ihm 1808 den Status eines britischen Beamten ein (siehe Sabine Dabringhaus: Johann Christian Hüttner. Nachricht von der britischen Gesandtschaftsreise nach China 1792−94. Sigmaringen 1996, S. 7−92; Catherine Waltraud Proescholdt: Johann Christian Hüttner [1766−1847] − a Link Between Weimar and London. In: Nicholas Boyle and John Guthrie [Hrsg.]: Goethe and the English-speaking world. Essays from the Cambridge symposium for his 250th anniversary. Rochester, New York 2002, S. 99−110). 49f. Frau von Kalb - bedauert ihre abreiße gar sehr] Mit der Schriftstellerin Charlotte von Kalb (1761-1843), geb. Freiin Marschalck von Ostheim, war seit dem gemeinsam in Mannheim verlebten Winter 1784 eine freundschaftliche Verbindung entstanden (siehe Ursula Naumann: Charlotte von Kalb. Eine Lebensgeschichte [1761−1843]. Stuttgart 1985, S. 108). Die zweite Hälfte des Jahres 1800 verbrachte diese mit ihrer Tochter in Offenbach, ein letzter Besuch erfolgte im Sommer 1802. Dazu äußert sie sich an Charlotte von Schiller (1766−1826), geb. von Lengefeld, am 28. September: „In Offenbach besuchte ich die alte Mutter La Roche. Sie ist gekleidet in den Nachtnebel des achtzehnten Jahrhunderts und Bettina Brentano, die Erstgeburt des neunzehnten, stand und lag neben ihr in der größten Naivität des neunzehnten.“ (Zitiert nach Carl Ludwig von Urlichs [Hrsg.]: Charlotte von Schiller und ihre Freunde. Bd. 2. Stuttgart 1862, S. 229; Johann Ludwig Klarmann: Geschichte der Familie von Kalb auf Kalbsrieth. Mit besonderer Rücksicht auf Charlotte von Kalb und ihre nächsten Angehörigen. Erlangen 1902, S. 299f.; siehe Kapitel 6). 55 Ihren] Ihnen. Verschreibung. 58 visiten Billet aus Rom] Zum Ausgang des 18. Jahrhunderts waren in der römischen Gesellschaft aufwendig gestaltete Visitenkarten Mode. In Kupfer gestochene Vignetten von römischen Bauwerken und Ruinen schmückten Name und Adresse. 59 meine Sanna schikte sie] Die in Rom lebende Malerin Susanna Huth hatte eine Sammlung der dekorativen Visitenkarten angelegt (siehe Brief 131 Komm. zu Zeile 20).

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Brief 146 – 23. Februar 1801

61f. unßer theurer Andreossi mußte nach Franken eilen] Als Divisionsgeneral und provisorischer Chef des Generalstabes der Batavischen Armee diente Andréossy unter General Charles Pierre François Augereau (1757−1816). Den Feldzug dieser Armee bis nach Franken, mit dem Augereau die nördlich operierende Armee des Generals Moreau entlasten wollte, beschrieb Andréossy in seinem Buch „Campagne sur le Mein et la Rednitz de l’Armée Gallo-Batave aux ordres du Général Augereau. Frimaire, Nivôse et pluviôse, an IX. (1800 et 1801). Paris 1802“. 62−64 aber Er hat […] Bonaparte außöhnte] Augereau war zur Zeit des Staatsstreiches vom 18. Brumaire (9. November) 1799 überzeugter Jakobiner und gehörte dem Rat der Fünfhundert an. Unter dem Einfluß des Artillerieoffiziers AntoineFrançois Andréossy unterwarf er sich jedoch Bonaparte und wurde im Kaiserreich Marschall von Frankreich sowie Herzog von Castiglione.

Brief 146 11

23. Februar 1801

den 23 Fbr 1801

O mein Freund! warum so lang nichts von Ihnen - warum nichts von der nachricht daß Darmstadt die ganze Bergstrasse und mannheim, zum antheil bekommt 55 in der allgemeinen Kirchen güter sache Lieber - wie freute mich daß glükliche entschädigungs Looß, deß Haußes Darmstadt Sind Sie wohl - kann ich hoffen - Sie noch 10 einmal zu sehen? zu hören . 10 was für Häßliches Zeug im ganzen! wie viel weh - wie viel Haß - wie viel thorheit - und übermuth theurer theurer Freund! Gott erhalte Sie 15 und führe Sie in schönen blühenden tagen, noch 15 einmal in die hütte Ihrer alten alten Freundinn laRoche à Monsieur| Monsieur Petersen - Conseiller Intime| de la Regençe| à| Darmstadt

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FDH, Sig. Hs-6556 23 Fbr] 23. Februar. 2f. warum so lang nichts von Ihnen] Ihr letzter Brief trägt das Datum vom 30. November 1800 (Brief 145). 4−8 daß Darmstadt […] deß Haußes Darmstadt] Seit dem zwischen Frankreich und Österreich geschlossenen Frieden von Lunéville am 9. Februar 1801 konnte sich Hessen-Darmstadt dank der geleisteten Vorarbeit seines Gesandten August Wilhelm von Pappenheim (1764−1815) in Paris berechtigte Hoffnung auf eine großzügige Entschädigung für die verlorenen linksrheinischen Gebiete machen. Die Übernahme von Mannheim war ein Gerücht. „Da man aber französischerseits interessiert war, Hessen-Darmstadt zu favorisieren und sein Territorium zu arrondieren, sollten dem Landgrafen weitere Vergrößerungen zuteil werden: Die Ämter Gernsheim, Bensheim und Heppenheim sowie die rechtsrheinischen Besitzungen von Worms, ausgenommen Neckarsteinach, des weiteren die Ämter Lindenfels und Otzberg, der größere Teil Umstadts und sämtliche Gebiete und Einkünfte innerhalb der Landgrafschaft sowie schließlich die Stadt Friedberg.“ (Germann: Entschädigungsverhandlungen Hessen-Darmstadts mit Frankreich 1798−1815 [1998], S. 171) 11 was für Häßliches Zeug im ganzen] Gemeint ist die Demontierung des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation. 17 laRoche] la Roche. Nach dem Namen ein Schnörkel. 18 Schwarzes Siegel, Poststempel: VON FRANKFORT.

Brief 147 11

5. März 1801 offenbach den 5 merz 1801

Gestern bekam ich Ihren so lieben brief von dem 2ten dieß - dank viel dank - sey Ihnen für jede zeile 55 theurer theurer Freund! Seegen Sey dem tag, und dem edlen Mann, der unßerm Schäzbaren Wildermeth - Recht schafte - es freut mich - wie ich über den triumpf 10 10 eines Sohns mich gefreut haben würde. O sagen Sie es dem guten verehrungs werten Mann Ochsenstein sagte mir noch nichts Frankforts Kaufleute hoffen eine 15 15 Gute Messe - mir wird sie durch die hoffnung schön und reich daß ich Sie sehen werde - Gott erhalt Sie gesund

Brief 147 – 5. März 1801

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zu dem guten werk - | | nun habe Complimenten von Frau von Kalb - die morgen von hier nach maynz zieht - haben Sie doch die Güte H- bruder zu schreiben Er möge sie aufsuchen bey H Claussius auf der großen bleiche dem Hotel du Prefet gegen über = H- bruder sah sie in Speyer bey mir u es wird sie unendlich Freuen = sagen Sie ihm auch gutes u schönes von mir teutschland - verdient jezo die aufschrift von troja - Wie elend endigen wir! nation zu seyn = ich hoffe daß meer, und die Themse sollen Engelland besser begeistern als die Baltische | | See, und der Rhein unßere leute wenn ich mir die Wappen unßerer Größen denke u sehe den Stolzen preusischen adler auf Bonapartes Finger sizen - Löwen = zahm sich glüklich achten, ihre Mähnen von ihm gestreichelt zu fühlen u der dopelte adler beweißt, daß zwey halbe Köpfe nichts taugen, u nur von einer seite sehen - denn von denken ist gar die rede nicht - der Junge Isenburger löwe ist gar zu den bezähmer in den hof gekrochen glük zu = wenn nur wahr wird, was Darmstad - betrift hier ein brief von der Mutter eines Reißenden | | es wäre artig wenn die schöne brieftasche, worinn der Plan zu arondissement war - mit Einem lauf zettel belohnt würde O - Freund! daß alte verlasset Euch nicht auf Fürsten denn sie sind menschen - könnte wohl umgewendet werden -

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ne vous fies pas aux Citoyens - car ils sont devenus Prinçes -

vergeben Sie, der alten Frau wenn Sie Radodirt - und bleiben 65 65 Freund der alten la Roche den lateinischen lavater u dießen Eingeschloßnen brief bitte bald wieder - Sie bekommen dann thuhrm von Babel

FDH, Sig. Hs-6557 1 3 6f. 8

5 merz] 5. März.

2ten dieß] zweiten dieses Monats. dem edlen Mann] Nicht ermittelt. Der Zusammenhang ist unklar. Wildermeth] Die Person ist nicht eindeutig zu identifizieren (siehe Brief 104 Komm. zu Zeile 22). 13 Ochsenstein sagte mir noch nichts] Der Zusammenhang ist unklar (siehe Brief 109 Komm. zu Zeile 2). 15 Gute Messe] Der Friedensschluss von Lunéville vom 9. Februar 1801 könnte den Handel während der Frankfurter Ostermesse positiv beeinflussen. 19 nun habe Complimenten] nun habe ich Komplimente. Gemeint sind die bei der Abschiedsvisite getauschten Höflichkeiten. 19f. Frau von Kalb] Siehe Brief 145 Komm. zu Zeile 49-51. 22 H- bruder] Karl Ludwig Adolph Petersen, der 1801 vom Rat an der Präfektur in Mainz zum Unterpräfekten für den Verwaltungsbezirk Kaiserslautern aufstieg, war möglicherweise bereits umgezogen. 24 H Claussius] Vermutlich ist der Juwelier Johann Christian Clausius (Lebensdaten nicht ermittelt), der 1801 in der Großen Bleiche im Haus E 54 wohnte (freundlicher Hinweis von Herrn Dr. Frank Teske, SAM). 24 großen bleiche] Der von repräsentativen Bauten gesäumte Straßenzug der Großen Bleiche verläuft rechtwinklig zum Rheinufer. Dort befindet sich auch der Stadionsche Hof, den Friedrich Graf von Stadion 1737 ersteigerte. 25 Hotel du Prefet] Ein „Hotel du Prefet“ ist im Mainzer Adressbuch für 1801 (das darauffolgende erschien erst 1825) nicht nachweisbar. Gegenüber von Clausius’ Wohnhaus auf der Großen Bleiche war aber in der Tat ein Gasthaus, das „Bierhaus zum Hirsch“ („Brasserie au cerf“ Gebäude D 287). Ob dieses Gasthaus möglicherweise nach 1801 für einige Zeit als „Hotel du Prefet“ firmierte, geht aus den vorliegenden Unterlagen nicht hervor. Der Präfekt residierte im Erthaler Hof in der heutigen Schillerstraße. In jener Zeit befand sich dort kein Gasthaus oder Hotel (freundlicher Hinweis von Herrn Dr. Frank Teske, SAM). 26 H- bruder sah sie in Speyer bey mir] Sophie von La Roche erinnert an die freundschaftliche Beziehung zu der Familie des Speyerer Stadtsyndikus Karl

Brief 147 – 5. März 1801

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Ludwig Adolph Petersen in den Jahren 1780 bis 1786 (siehe „Briefe über Mannheim“ (1791), S. 320; Kapitel 2.4). 31f. aufschrift von troja […] nation zu seyn] Ein Quellennachweis für die Aufschrift konnte nicht ermittelt werden. 33−36 ich hoffe daß meer […] unßere leute] Sophie von La Roche war offenbar über die sich anbahnende kriegerische Auseinandersetzung Englands mit Dänemark und Russland unterrichtet. Ursache war die am 16. Dezember 1800 von Zar Paul I. gegründete „Nordische Koalition zum Schutz des neutralen Handels“, der Schweden, Preußen und das Königreich Dänemark-Norwegen beitraten. Die Mitglieder deklarierten uneingeschränktes Handelsrecht mit allen Ländern und behielten sich die Kontrolle des Öresunds, des Zugangs zur baltischen See, vor. Ihre gemeinschaftliche Offensive gegen die globale Seemachtspolitik Britanniens, das auf Holz und Teer aus Schweden und Russland für den Erhalt seiner Flotte angewiesen war, blieb nicht lange unbeantwortet. Sophie von La Roches Formulierung nimmt Bezug auf den erwarteten englischen Angriff. Sie hoffte, die vitalen Engländer würden die entschiedenen Maßnahmen zur eigenen Erhaltung ergreifen, währenddessen die Deutschen dem unaufhaltsamen Zerfall ihres Reiches wie gelähmt zusahen. In den ersten Apriltagen erzwang England von Dänemark die Passage in die Ostsee in einer blutigen Seeschlacht. Zu der geplanten Vernichtung der russischen Flotte vor Reval kam es jedoch nicht mehr. Die Angreifer unter dem Kommando von Lord Nelson erfuhren am 12. Mai in baltischen Gewässern verspätet von dem Tod Pauls I. und der englandfreundlichen Politik seines Nachfolgers Alexander I. (1777−1825). 39f. preusischen adler auf Bonapartes Finger sizen] Bonaparte wird zum thronenden Jupiter mit dem ihn begleitenden Adler stilisiert. 40 Löwen] Der Löwe ist das Wappentier der hessischen Fürsten. Gesandte von Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt antichambrierten in Paris, um die Verteilung der säkularisierten Kirchengüter in ihrem Sinne zu manipulieren. 42−46 der dopelte adler […] die rede nicht] Das Wappentier des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation, der doppelköpfige Adler. 46−48 der Junge Isenburger […] hof gekrochen] Sophie von La Roche berichtet Elisabeth Gräfin Solms am 4. Februar 1801, dass Erbprinz Karl Friedrich von Isenburg-Birstein und Minister Wolfgang von Goldner (1764−1837) im Begriff waren, nach Paris zu reisen (SAO, Sig. M24 [190]; siehe Kampf: Sophie von La Roche Briefe [1965], S. 89). 49f. wenn nur wahr wird, was Darmstad - betrift] Gemeint ist die Entschädigung Darmstadts für die von Frankreich annektierten linksrheinischen Gebiete (siehe Brief 146 Komm. zu Zeile 4). 51f. hier ein brief von der Mutter eines Reißenden] Der Brief entstammt der Feder der Stiefmutter des Erbprinzen Ernestine Espérance Victoria (geb. Gräfin ReußGreiz). Die Mutter des abreisenden Erbprinzen Sophia Charlotte Ernestine (geb. von Anhalt-Schaumburg) war 1781 gestorben. Der Einschluss ist nicht überliefert (siehe Komm. zu Zeile 46−48). 53−56 es wäre artig […] belohnt würde] Siehe Komm. zu Zeile 46−48. 55 arondissement] Frz.: „Abrundung“. 56 lauf zettel] Gemeint ist eine schriftliche Anweisung für die Ausführung eines Arbeitsgangs, der am Werkstück angebracht ist.

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57−59 dass alte […] menschen] Gemeint ist Psalm 146:3 „Verlaßt euch nicht auf Fürsten; sie sind Menschen, die können ja nicht helfen.“ 61f. ne vous fies […] devenus Prinçes] Frz.: „Vertraut nicht den Bürgern, denn die sind Prinzen geworden.“ Zur Zeit der französischen Revolution war „Citoyen“ die offizielle Anrede der Franzosen untereinander. Sophie von La Roche kritisiert den Stolz und das Selbstbewusstsein von Angehörigen des dritten Standes über die erkämpften Freiheitsrechte. 64 Radodirt] albernes Zeug redet. 66 den lateinischen lavater] Es bleibt ungeklärt, welcher lateinische Text Johann Caspar Lavaters als Beigabe versandt wurde. Die UBZ bewahrt 24 Briefe Sophie von La Roches an Lavater aus den Jahren 1782−1799 (Sig. an L 518.20). 67 Eingeschloßnen brief] Der Einschluss ist nicht überliefert. Der Zusammenhang ist unklar. Es könnte der in Zeile 51f. genannte Brief der Fürstin IsenburgBirstein oder ein Schreiben Herders gemeint sein. Letzteres wird in Brief 178 Zeile 30 zusammen mit Lavaters lateinischem Text zurückgefordert. 68f. thuhrm von Babel] Gemeint ist das Theaterstück „Der Thurm zu Babel oder die Nacht vor dem neuen Jahrhundert: Lustspiel, das Göthe krönen wird, Deutschland 1801“, dessen Verfasser nicht bekannt ist. „[…] in Weimar oder Jena [hatten sich, P. S.] die Spötter ans Werk gemacht und eine Farce entworfen […] darin sitzt auf einem Parnaß Goethe¸ während der ganzen Handlung steif wie ein Jovisbild. Zu beyden Seiten unten auf zwey Maulwurfshügel sind zu sehn die Schlegel, während ihm im Stücke Wieland, Schiller, Jean Paul, Tieck, Falk, Böttiger, Merkel, Gries, Schelling und Brentano ihre Aufwartung machen, bis der ‚Geist des künftigen Jahrhunderts‘ am Schluss verkündet: ‚Du ew’ge Wiederschöpferin Natur, Wenn du gebeutst, so düngt auch Schutt die Flur, Nimm auf in dein Grab die deutsche Literatur.‘“ (Gerhard Schulz: Die deutsche Literatur zwischen der Französischen Revolution und der Restauration. Bd. 1, 2. neubearbeitete Auflage. München 2000 [= Helmut de Boor und Richard Newald: Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zur Gegenwart. Bd. 7/1], S. 680). Vermutlich ist es kein Zufall, dass neben Napoleon (Zeile 39f.) indirekt auch Goethe als Jupitergestalt angeführt wird.

Brief 148 11

den 23 merz 1801

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in Eile - Kennen Sie daß abscheuliche ding? u darf ich es zurük bitten, weil es nicht mein gehört O möge der Sturm Ihnen nicht geschadet haben theurer - Einzig er Freund

23. März 1801

Brief 148 – 23. März 1801

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ich weine über einen vater

10 10 dessen einzige tochter - sich zum

aufzug vom 5 stokwerk herab stürzte - um den mann nicht zu nehmen - den man ihr aufzwang Reichs Reverend. franks tochter in Wien 15 15 o wie vielerley weh in der Welt - O seyn Sie wohl adieu LR

FDH, Sig. Hs-6558 1 3 6 8 11 12 14 14

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23 merz] 23. März. Federstrich zwischen Datum und Zeile 1. abscheuliche ding] Der Zusammenhang ist unklar. Die Beigabe ist nicht überliefert. Sturm] Es bleibt ungeklärt, ob sich die Bemerkung auf die in Zeile 3 erwähnte Beilage bezieht oder ein orkanartiges Unwetter gemeint ist. Einzig er] einziger. 5 stokwerk] 5. Stockwerk. den mann] Nicht ermittelt. Reichs Reverend.] Reichsreferendar. franks tochter aus Wien] Ihr Vater, der Jurist Peter Anton Freiherr von Frank (1748−1818), „studierte auf dem Jesuitengymnasium [in Aschaffenburg, Anm. P.S.], von 1764−66 die Rechte in Mainz, dann noch je ein Jahr in Würzburg und Göttingen, arbeitete neun Monate in Wetzlar und kehrte dann nach Mainz zurück. Im Decbr. 1770 daselbst als außerordentlicher Professor der Rechte angestellt, nahm er im April des folgenden Jahres einen Ruf nach Trier an als ordentlicher Professor der Geschichte, des deutschen Staats- und Lehnrechts, wurde 1775 auch Oberbibliothekar, ging aber 1780 als kurfürstl. Hof-und Regierungsrath und ordentlicher Professor der Reichsgeschichte und des Staatsrechts nach Mainz zurück. Im J. 1790 ernannte ihn der trierer Kurfürst Clemens Wenzeslaus von Trier mit Zustimmung des Mainzer zum Botschaftsrath bei der Kurtrierischen Wahlbotschaft. Er wurde Kaiser Leopold II. bekannt, der ihm 1791 die durch Uebertritt des Freiherrn von Albini in Mainzische Dienste erledigte Stelle des Reichsreferendars in der deutschen Abtheilung verlieh. Er nahm Antheil an den Verhandlungen zu Rastatt 1797 und zu Regensburg 1802 und 1803, wurde Commandeur des St. Stephansordens und in den erblichen Freiherrnstand erhoben. Seit Auflösung des Reichs lebte er von den Geschäften zurückgezogen, arbeitete an staatswissenschaftlichen Werken, die aber nicht erschienen.“ (ADB, Bd. 7, S. 261f.) LR] La Roche.

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Brief 149 11

22. April 1801

offenbach den 22 april 1801

Sonne - und Mond - bescheinen die Weege von Darmstadt, und Frankfort, und die zu uns 55 blühende - baüme - warme luft verschönern alles - aber der Sonnenschein der Freundschaft komt nicht in meine Hütte wie Sie bester - guter versprochen 10 haben - warum? Gott wolle 10 daß Ihr übelseyn es nicht hinderte! was sind leib Garden - seit Louis XVI geworden? wie viel möchte ich von Ihnen hören - wie viel Ihnen sagen 15 Einziger - bester würdigster 15 Freund der alten laRoche waren die v Draiss bey Ihrem Hof? hat man von Cöthen gesprochen? o freund adieu und Sie sehen

FDH, Sig. Hs-6559 1 22 april] 22. April. 12f. was sind leib Garden - seit Louis XVI geworden] Am 24. März 1801 wurde der russische Zar Paul I. Opfer einer Verschwörung. Eine Gruppe von Gardeoffizieren − darunter der Militärgouverneur Peter Graf von der Pahlen (1777−1864) − ermordete ihn im Schlafgemach des Michailowskij-Palasts in Petersburg. Nachfolger wurde Pauls Sohn Alexander I. Sophie von La Roche erinnert Petersen an die tapferen, loyalen Schweizer Gardisten, die am 6. Oktober 1791 im Schloss von Versailles versucht hatten, die königliche Familie vor den anstürmenden Revolutionären zu schützen (siehe Brief 40 Zeile 36; „Erinnerungen aus meiner dritten Schweizerreise“ [1793], S. 282−285). 17 die v Draiss] die von Drais. Gemeint sind der 1777 in badische Dienste getretene Geheimrat und Oberhofrichter Karl Wilhelm Ludwig Drais von Sauerbronn (Brief 134 Komm. zu Zeile 30f.) und eine nicht zu ermittelnde Anzahl von Familienmitgliedern. In Frage kommen sein jüngerer Bruder Friedrich Heinrich Georg (1758−1833), der als Forstmann an verschiedenen Orten private Forstlehranstalten betrieb, und sein Sohn Karl Friedrich Christian (1785−1851). Letzterer besuchte ab 1800 die Forstschule seines Onkels in Pforzheim. Bis zur abschließenden Prüfung studierte er Mathematik, Physik und Baukunst in Heidelberg. Der 1810 zum badischer Forstmeister beförderte junge

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Brief 150 – 6. November 1801

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Drais durfte sich sehr bald bei vollem Gehalt seinen Erfindungen widmen. Dazu zählt die 1813 entwickelte zweirädrige Laufmaschine als Fortbewegungsmittel für Personen, die unter dem Namen „Draisine“ bekannt wurde. von Cöthen] Prinzessin Luise von Hessen-Darmstadt, Schwester des Erbprinzen Louis, hatte am 27. Juli 1800 in Darmstadt Prinz Ludwig von AnhaltKöthen geheiratet (Brief 134 Komm. zu Zeile 19). Zum Zeitpunkt des Briefs erwartete die Prinzessin ihr erstes Kind. Am 7. Juli 1801 gebar sie in Halle ihren Sohn Friedrich Wilhelm, der bereits am 29. Oktober starb.

Brief 150 11

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6. November 1801 offenbach den 6 nobr 1801

dem Himmel sey dank, mein bester werthester Freund! daß Er Sie wieder gesund zu uns zurükführte und Ihrem edlen Herzen die Freude gaab, gutes zu Stiften - - ich mißdeutete Ihr schweigen nicht - es Klugheit, im gegentheil ich danke Ihnen dafür - Sie konnten ruhig sagen, ich schreibe nicht - u ich auch bey nachfragen unbefangen sagen - ich erhielt so lange keine briefe - Sagen Sie Herrn bruder dank in meinem nahmen daß Er so gütig mir antwortete und mich wegen Ihrem leben beruhigte Ihnen danke ich innigst, daß Sie mit eben dem wohlwollen für mich zurük kamen - als Sie mir vorher bewießen - theurer! Schäzbarer freund. Gott Seegne u erhalte Sie - und lassen Sie mich den Gedanken außschreiben ohne Ihre bescheidenheit zu entrüsten = mögen Sie auf Ihrer wanderung menschen gefunden haben - in denen anlagen zu Rechtschaffenheit, in Edler Form - ruhte, und durch Ihren umgang zu thätigkeit gewekt wurde - nur dadurch kann Ihre lange abweßenheit ersezt werden denn theurer - würdiger Freund! wie sehr mangelt es in allen Ständen - an recht- | | schaffenheit, und Edelmuth - mir war außerordentlich leid, daß zufall Ihre unterhaltung mit meinem Carl hinderte - Er schrieb es mir gleich - wie die anlaage beweißt - mich schmerzte es - denn von allen Menschen wünschte ich meinem guten Carl am meisten Sie unter seinem dach zu sehen - ich hätte es als lohn für seine Kindliche treue

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liebe gehalten, wenn er von Ihnen gutes von seiner Mutter u gewiß auch von bruder Franz gehört - und Sie Sie gesprochen, Ihre freundschaft erhalten hätte - - - - wie war ich wieder auf das neue böß, über daß schrekliche weßen welches die alte Fatum nannten - - von dessen daseyn wohl u weh der besten, so oft abhängt - wie oft macht es mich an Klopstok denken daß glük der besten Menschen - besteht in Resignation u in Ertragen möge Einheimische Luft, im Physischer, und moralischer atmosphere, welche Sie umgiebt wohlthätig für Sie seyn in der ersten Ihr weßen neu gestärkt - u in der zweyten gerechtigkeit gegen Sie - Ihren Mut zu guten ferneren diensten - aufrecht halten | | bey der gestrigen zeitung - machte ich viele Wünsche für Ihren liebenswürdigen Erbprinzen - ich laß Er war in Stutgardt - - ich dachte absichten eines augenscheins dabey - und wünschte daß ihm, das betragen der Stiefmutter - lust zu einer tochter von Engelland - als zu der Stieftochter gegeben haben möge - - Es wäre glük meines übrigen Lebens - Sanfte Frühe weißheit - eines jungen teutschen Fürsten, mit wahrern weiblichen Fürstentugenden verbunden zu sehen - - - hier mein Freund! ein brief zu leßen, der sich auf den Prinzen bezieht - der mensch welcher ihn schrieb - ist ein hübscher ansehlicher Mann, von außgezeichnet gutem betragen - der auch weil das wort dasteht sehr hübsch zeichnet - - die heutige helle Sonnen Stunden machen mich den Himmel bitten, den tag zu beleuchten, an welchem ich Sie sehen soll - damit daß Englische sprichwort ganz wahr werden möge Freundschaft ist der Sonnen Schein deß Lebens Sie haben dießmal bey Erb- | | prinz von Isenburg keinen besuch zu machen Er ist in einer art Exil zu Birstein, wegen ungeheuren Schulden - u anklagen von Juden - - die gemalin ist bey Ihrer Familie - wird nur zu 6 ter Kindbett wieder kommen indessen leiden die meiste Kinder an Scroflen u andrem

Brief 150 – 6. November 1801

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Carl Pfeffel - steht in bethmanns Comptoir, in Frankfort - - - ach wie alles untereinander geht? nicht wahr - Sie wissen doch das Freude eine art süssen wahnsinn giebt - - u wenn soll ich Freude haben - wenn nicht über einen brief - eine Erscheinung von Ihnen adieu Gott erhalte - und Seegne Ihr leben auch um meinet willen - La Roche

Friz Jacobi - wird den Winter in Paris zubringen - wo es Guinèen und teutsche Carolins schneyen wird darf ich fragen - ob die 6 bändschen - Englische 85 85 unterhaltungen, von P- friederich außgeleßen sind?

FDH, Sig. Hs-6561 16 83 1 3

bescheidenheit] beschei{t}/d\enheit schneyen] sch{*}/ne\yen

6 nobr] 6. November. zu uns zurükführte] Petersen hatte eine mehrmonatige Reise durch das nordöstliche Deutschland unternommen. Aus Zeile 25 geht hervor, dass er Schönebeck an der Elbe besuchte, um Sophie von La Roches Sohn, den preußischen Bergrat Carl von La Roche zu treffen (Zeile 25). Vermutlich hatte Petersen zuvor der jungvermählten Darmstädter Prinzessin Luise in Köthen einen Besuch abgestattet (siehe Brief 149 Komm. zu Zeile 18). Petersens Spur kann erst in Dresden wieder aufgenommen werden: „d 12. Sept. der Geh.-Regierungsrath Petersen aus Darmstadt“, lautet die Eintragung im Besucherbuch der Kurfürstlichen Bibliothek im Japanischen Palais, die ab 1788 für die Öffentlichkeit zugänglich war (Sig. 1 B /838, Bl. 338). Zwei Tage zuvor hatte sich „Schiller aus Weimar“ als Besucher eingetragen. 5f. es Klugheit] Lies: es war Klugheit. 9 Herrn bruder] Hofprediger Georg Wilhelm Petersen. 10f. daß Er so […] leben beruhigte] Sie hatte sich am 29. Oktober 1801 schriftlich bei dem Hofprediger Georg Wilhelm Petersen nach dem Verbleib des Prinzenerziehers erkundigt: „d 29 8br 1801 Können Sie Ehrwürdiger freund mir sagen wo Ihr würdiger Herr bruder ist, u wie er sich befindet - oder wolten Sie doch einen brief von mir, an ihn schiken - ich trage es mit Kummer von dem werthesten meiner Freunde getrennt - und ganz unwissend zu seyn Theurester Herr hofprediger! ich werde den 6 xbr 71 Jahr alt - kann ich lange warten auf was ich wünsche? sagen Sie es aus Christlichem Mitleiden Ihrer alten dienerinn vlaRoche“ (FDH, Sig. Hs-6560). Das Schreiben ohne Anschrift befindet sich unter den an den Prinzenerzieher gerichteten Briefen (siehe Kapitel 1).

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17−21 mögen Sie […] ersetzt werden] Siehe Komm. zu Zeile 3. 25 daß zufall […] Carl hinderte] Siehe Komm. zu Zeile 3. 27 anlaage] Der Einschluss ist nicht überliefert. 38 an Klopstok denken] Siehe Brief 116 Komm. zu Zeile 36−38. 46 zeitung] Es könnten die „Wöchentlich Neuwiedischen Nachrichten“ gemeint sein (siehe Brief 183 Komm. zu Zeile 6f.). 48f. Er war in […] augenscheins dabey] Sophie von La Roche vermutet, dass Erbprinz Louis zur Brautschau an den Hof Herzogs Friedrich II. von Württemberg (1754−1816) nach Stuttgart gereist war (siehe Brief 151 Komm. zu Zeile 7f.). 50 lust zu einer tochter] Lies: eher lust zu einer tochter. 49−52 und wünschte daß […] haben möge] Lies: und wünschte, dass ihm das Betragen der Stiefmutter mehr Lust zu einer Tochter von England als zu deren Stieftochter gegeben haben möge. Herzogin Charlotte von Württemberg (1766−1828) war eine Tochter König Georgs III. von Großbritannien. Ihre Stieftochter Catharina (1783−1835) entstammte der ersten Ehe ihres Mannes mit Prinzessin Auguste Karoline von Braunschweig-Wolfenbüttel (1764−1788). Als „tochter von Engelland“ hatte Sophie von La Roche Prinzessin Amalie Sophie Eleonor, die jüngste Schwester der Herzogin, im Sinn (siehe Brief 163 Zeile 56f. und Brief 166 Komm. zu Zeile 37). 56 ein brief zu leßen] Der Einschluss ist nicht überliefert. 57 Prinzen] Erbprinz Louis von Hessen-Darmstadt. 57−60 der mensch […] hübsch zeichnet] Nicht ermittelt. 66f. Erbprinz von Isenburg] Schon in früheren Jahren wollte Petersen eine Begegnung mit dem nunmehr pronapoleonischen Erbprinzen Karl Friedrich von Isenburg-Birstein in Offenbach vermeiden (siehe Brief 54 Zeile 23). 68 zu Birstein] Das Schloß zu Birstein wird als „Fuldaer Lehen der Herren von Trimberg (ursprünglich vielleicht von Büdingen) 1279 genannt. 1335 z.T., seit 1457 ganz im Lehensbesitz der Grafen von Ysenburg. Seit 1517 dauernde Residenz der Grafen, seit 1744 Fürsten von Isenburg-Birstein“ (Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Hessen. Bearbeitet von Magnus Backes. 2., bearbeitete Auflage. München 1982, S. 91). 69 anklagen von Juden] „Zusätzlichen Einfluß sicherte sich das Haus Rothschild & Söhne durch die mit berechnender Kulanz an Finanzministerien und Staatskassen vorbei gewährten Darlehen für die nicht regierenden Mitglieder der fürstlichen Häuser, insbesondere die jeweiligen Thronfolger […].“ (Eckhart G. Franz: Der Finanzplatz Frankfurt und die Hof- und Staatsfinanzen der hessischen Fürstenstaaten des 17., 18. und 19. Jahrhunderts. In: Blätter für deutsche Landesgeschichte 125 [1989], S. 43−62, hier S. 58). 70 die gemalin ist bey Ihrer Familie] Fürstin Charlotte Auguste Wilhelmine von Isenburg-Birstein (1777−1846), geb. Gräfin zu Erbach-Erbach, befand sich im Residenzschloss Erbach im Odenwald.

Brief 150 – 6. November 1801

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zu 6 ter Kindbett wieder kommen] zu dem sechsten Kindbett wiederkommen. Die Fürstin gebar am 22. Januar ihren Sohn Friedrich Karl Viktor (1801−1804). Eine zweite Schwangerschaft innerhalb des Jahres 1801 endete mit einer Fehlgeburt. Am 14. September des darauffolgenden Jahres kam ihr sechstes und letztes Kind Viktor Alexander (1802−1843) zur Welt. 72 die meiste Kinder] Das Erbprinzenpaar von Isenburg-Birstein hatte zu diesem Zeitpunkt fünf Kinder: Viktoria Charlotte (1796−1837), Amalie Auguste (1797−1808), Wolfgang Ernst (1798−1866) und Franz Wilhelm (1799−1810). 72 Scroflen] Die Skrofulose ist eine chronische Entzündung der Lymphknoten am Hals sowie der Schleimhäute im Gesichtsbereich. Sie befällt vorzugsweise Kleinkinder, die unter Mangel an Bewegung und frischer Luft leiden. 73f. Carl Pfeffel […] in Frankfort] Von den dreizehn Kindern von Gottlieb Konrad Pfeffel und seiner Frau Margarethe Cleopha, geb. Divoux (1738−1809), überlebten sechs das Kindesalter. Karl Friedrich Pfeffel (1775−1858) wurde 1802 Teilhaber des Bankhauses Bethmann in Frankfurt am Main (siehe August Stöber u.a. [Hrsg.]: Elsässer Neujahrsblätter. Basel, Straßburg [1843], S. 21). 81−83 Friz Jacobi […] schneyen wird] Der Philosoph und Literat Friedrich Heinrich Jacobi hielt sich von November 1801 bis Januar 1802 als Privatmann in Paris auf (siehe Nicole Schumacher: J. H. Jacobi und Blaise Pascal. Einfluß, Wirkung, Weiterführung. Würzburg 2003, S. 26). Sophie von La Roche spielt auf die Bestechungsgelder deutscher Fürsten für Talleyrand an, mit Hilfe derer sie sich Vorteile bei der Verteilung rechtsrheinischer Kirchenbesitztümer sichern wollten. 82 Guinèen] Englische Goldmünze. Auch von Seiten Englands wurde mit Geldgeschenken Druck ausgeübt. 83 teutsche Carolins] Handelsmünze im Wert von 11 Gulden. 84f. 6 bändschen - Englische unterhaltungen] Gemeint ist das Werk „Dramatic dialogues, for the use of young persons, By the author of The blind child, Boston 1798“ der englischen Autorin Elizabeth Sibthorpe Pinchard (Lebensdaten nicht bekannt). Die kleinen rhetorischen Übungsstücke, die auch auch in Separatdrucken erschienen („The little trifler“, „The mocking bird’s nest“, „The village wedding“), waren nicht für die Bühne bestimmt. Eine deutsche Übersetzung erschien 1800 in Leipzig bei Heinrich Gräff unter dem Titel „Dramatische Unterhaltungen zur Belehrung und zum Vergnügen junger Personen, Von der Verfasserin des blinden Kindes. Nach d. Engl. Bearbeitet von Christian Felix Weisse“. Über Pinchards Leben ist wenig bekannt. Sie lebte mit ihrem Ehemann, dem Rechtsanwalt John P., mit dem sie fünf gemeinsame Kinder hatte, in Taunton in Somerset. Ihr Werk „The blind child, or anecdotes of the Wyndham family, written for the use of young people by a lady“, erfreute sich großer Beliebtheit. Die 10. Auflage erschien 1814 in London (siehe Cheryl Turner: Living by pen. Women writers in the Eighteenth Century. London, New York 1994, S. 65). 85 P- friedrich] Prinz Friedrich. Gemeint ist der dreizehnjährige Prinz Friedrich von Hessen-Darmstadt, Bruder des Erbprinzen.

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Brief 151 11

13. November 1801

den 13 nobr 1801

guter edler Freund! vergeben Sie! aber ich bitte, um meinen brief 55 von Petersburg zurük recht inständig Gott mache den Erbprinz recht glüklich - obschon nicht an der hand die ich wünschte 10 10 adieu u bitte um eine Zeile bey rüksendung deß mir so lieben briefs Ihre alte ergebne la Roche

FDH, Sig. Hs-6562 1 4f.

7f.

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13 nobr] 13. November. meinen brief von Petersburg] Es könnte ein Brief von der russischen Zarin Elisabeth Alexejewsna (1779−1826) gemeint sein, die dem badischen Fürstenhaus entstammte (siehe Brief 165 Komm. zu Zeile 37f.). Der Einschluss ist nicht überliefert. mache den Erbprinz recht glüklich] Prinz Louis war zu diesem Zeitpunkt noch ledig. Er verlobte sich im Januar 1803 mit seiner Kusine Prinzessin Wilhelmine Luise von Baden (1788−1836), der jüngsten Tochter des in Schweden verunglückten Erbprinzen Karl Ludwig. „Der damalige Erbprinz hatte erst um Prinzessin Luise, später [russische, Anm. P.S.] Kaiserin Elisabeth, geworben, dann um Prinzessin Marie, Herzogin von Braunschweig-Oels, und als diese ihm entging, wandte er sich an Prinzessin Wilhelmine, die jüngste der Schwestern.“ (Karoline von Freystedt: Erinnerungen aus dem Hofleben. Hrsg. von Karl Obser. Heidelberg 1902, S. 42). an der hand die ich wünschte] Sophie von La Roche schreibt in Brief 110 Zeile 3f., dass sie für Erbprinz Louis die englische Prinzessin Amalia als Gemahlin wünschte. Siehe Kapitel 5. mir so lieben briefs] Siehe Komm. zu Zeile 4f.

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Brief 153 – 7. Dezember 1801

Brief 152 11

15. November 1801 den 15 nobr 1801

Mein edlmütiger Freund vergiebt mir die wiederholte sehr inständige bitte, um 55 den brief von Petersburg o wenn Sie wüßten, daß dießer brief - für die ruhe, u das wohl meiner übrigen Tage ver wendet werden soll - so 10 10 legten Sie ihn gewiß in einen umschlag, u schiken ihn ab thun Sie es liebster bester Freund! ich bitte Sie - u werde Sie einst überzeugen wie sonder15 15 bar dießer brief, bestimmt werde mir einen der größten dienste zu leisten - aber o mein Freund! ich muß den brief dazu haben - verzeyhn Sie der alten armen laRoche

FDH, Sig. Hs-6563 1 15 nobr] 15. November. 5 brief von Petersburg] Siehe Brief 151 Komm. zu Zeile 4f. 7−9 das wohl […] verwendet werden soll] Der Zusammenhang ist unklar.

Brief 153 11

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den 7 xbr 1801 Freund! Ich binn spat erwacht den ersten tag meines 72 Jahr ich hatte wirklich einen Rausch der Freude -

7. Dezember 1801

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ach möge er oft überlaufen für Sie bester edelster meiner Freunde - der becher edler Freude möge ich Sie in einiger zeit 10 10 wieder wohl - längere zeit u allein ungestört mit Ihnen zu reden = nennen Sie Hoffmann NieMand u reden nicht von Bonaparte u Marengo - Sie haben nur bruch 15 15 stüke gehört - bald mehr, aber jezo um deß | | himmels willen nicht dergleichen thun als ob Sie was Wüßten ich bitte bitte - es hängt ein großer Theil meines wohls 20 20 daran - ich muß eilen adieu von alt la Roche

FDH, Sig. Hs-6564 1 3

7 xbr] 7. Dezember. den ersten tag meines 72 Jahr] den ersten Tag meines 72. Jahrs. Am 6. Dezember feierte Sophie von La Roche ihren 71. Geburtstag. 12f. Nennen Sie hoffmann NieMand] Vermutlich ist der hessen-darmstädtische Kriegsrat Hans Wilhelm Hoffmann gemeint. Der Zusammenhang ist unklar (siehe Brief 73 Komm. zu Zeile 6). 14−20 Bonaparte u Marengo […] meines wohls daran] Auch wenn die Schlacht im piemontesischen Marengo am 14. Juni 1800 mit einem glänzenden Sieg der Franzosen über die Österreicher endete, erlitt der Nimbus des Ersten Konsuls als unschlagbarer Feldherr einen irreversiblen Schaden. Offizielle Verlautbarungen verhinderten nicht, dass der wahre Ablauf der europäischen Öffentlichkeit bekannt wurde. Napoleons Niederlage war einzig durch einen erneuten Angriff seines Generals Louis Charles Antoine Desaix (1768−1800) und die darauffolgende Kavallerieattacke von General François Étienne Christophe Kellermann (1735−1820) im letzten Moment verhindert worden. Ob Sophie von La Roches Nutzen aus ihrem Wissen über das ominöse Politikum des vergangenen Jahres ziehen wollte, bleibt ungeklärt. Sie verfügte offenbar über ungewöhnliche Informationsquellen, wie es beispielsweise auch in Brief 68 Zeile 56−58 deutlich wird, wo sie auf einen geheimen Rettungsversuch der Königin Marie Antoinette durch Prinz Georg Karl von Hessen-Darmstadt anspielt.

Brief 154 – 10. Dezember 1801

Brief 154 11

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10. Dezember 1801

den 10 xbr 1801 ich konnte den 6 nicht mit Ihnen sprechen kann auch heut nicht viel schreiben - nur Wort halten in dem beweiß, daß ich in der Geschichte - deß Geistvollen obrist v Grew - u deß Edlen Fräulein von Grävenniz - auf die feinste art verwikelt war - die leute thun recht - nach frankreichs boden zu gehn = dort gedeyhen derley Pflanzen am besten O deß außerleßnen Fürstenerzieher O der schönen beredsamkeit! aber ich kannte vor etlich u zwanzig Jahren, auch 2 Damen von Stand dazu welche gemeinsam einen Schwäzer zum Ehmann nahmen u theilen | | wollten - nachdem er sie, die Moral Philosophie gelehrt hatte ein rest - erster religioser - mit etwas aberglauben gemischten idèen - rettete die Eine - - Nb es war auch eine Hofdame unter den beyden - wie Gräveniz auch hofdame war - - - ich muß enden der Himmel erhalte Sie wohl lieber - theurer bester freund von alter la Roche vielleicht kann bald was merkwürdigs schreiben / O leben Sie u wünschen daß ich noch gutes erlebe / | | Suchen Sie doch Sur les moyens de rendre les Revolution Utiles zu

bekommen - ich bitte

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FDH, Sig. Hs-6565 36 1 2 2f.

Utiles] {*}/U\tiles

10 xbr] 10. Dezember. den 6] den 6. mit Ihnen sprechen] Gemeint ist Petersens Geburtstagsbesuch oder ihr Schreiben vom 7. Dezember (Brief 153), das sie als einseitig geführte Unterhaltung auffasst (siehe Kapitel 1). 3 kann auch heut] ich kann auch heute. 5−12 daß ich in der Geschichte […] Pflanzen am besten] A. von Graefe (Vorname und Lebensdaten nicht ermittelt), Obrist der Kavallerie, war Erzieher des Erbprinzen Georg von Mecklenburg-Strelitz (1779−1860), der als Halbwaise ab 1782 zusammen mit seinen Geschwistern im Haus seiner Großmutter Marie Luise Albertine von Hessen-Darmstadt erzogen wurde. Aus Graefes Personalakte geht hervor, dass er in Darmstadt die Ehe mit der Witwe des Hofrats Willkens einging (HSAD, Sig. D 12 14/1). Seine Geliebte, „Fräulein von Grävenitz“, konnte nicht ermittelt werden. Es bleibt ungeklärt, auf welche Weise Sophie von La Roche in die Geschichte dieser ‚Ménage à trois‘ „verwikelt“ war. In ihrem Brief an Elisabeth Gräfin Solms vom 13. Dezember 1801 schreibt sie: „eine sonderbare familie ist von Darmstadt nach Paris - Obrist Greave - Erzieher deß Erbprinz von Streliz wurde durch eine leidenschaft, für eine hofdame u sie durch seinen Geist so verkettet, daß er seine frau die ihn anbetete überredete, mit ihm u seiner geliebten nach Frankreich zu ziehen, wo Er ihre drei Kinder und daß Kind der geliebten erziehen u mit ihr gut leben wolle. - - - es ist gut sagte ich - daß dieße leute ein land suchen wo alles moralische unkraut gut gedeiht“ (SAO, Sig. M24 [199]; siehe Kampf: Sophie von La Roche Briefe [1965], S. 91f.). Den Akten zufolge hatte von Graefes Verschwinden einen anderen Grund. Eigenmächtig hatte er an der Chaussee von Darmstadt nach Arheiligen zweihundert frischgepflanzte Pappeln abholzen lassen. Diese Tat brachte ihm nach missglücktem Fluchtversuch ein Verfahren, Arrest und den Unmut des Landgrafen ein (HSAD, Sig. D 12 14/1). Möglicherweise war die Liebesgeschichte ein Deckmanöver Graefes. 15−25 aber ich kannte […] unter den beyden] Gemeint sind Frau von Gaisberg (Vorname und Lebensdaten nicht ermittelt) und Friederike Eleonore von Geusau (1747−1802), Ehrendame am badischen Hof zu Karlsruhe. Der Nationalökonom und bedeutendste deutsche Vertreter des Physiokratismus Johann August Schlettwein (1731−1802) hielt sich dort seit 1763 als Kammer- und Polizeirat, sowie als agronomischer Berater des Markgrafen Carl Friedrich auf. 1773 fiel er in Ungnade und wurde entlassen. Nach einem Aufenthalt in Wien erschien er 1775 wiederum in Karlsruhe, ohne jedoch erneut zu Amt und Würden zu gelangen. Über seinen endgültigen Abschied und seine Verehelichung mit der obengenannten Hofdame (1776) äußerte sich auch der badische Prinzenerzieher Friedrich Dominikus Ring (1726−1809) im Rückblick abschätzig: „Er selbst hat uns das Fräulein von Geusau entführt und am Ende das Land mit dem Rücken ansehen müssen, in das er Verwirrung und Mißvergnügen durch alle Stände vom Fürsten an bis auf die niedrigsten Diener herunter 10 Jahre lang ausgesäet und verbreitet hatte, der Heuchler!“ (Zitiert aus Rings Aufzeichnungen

Brief 155 – 26. Dezember 1801

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zur Geschichte Badens nach Alfred Krebs: A[ugust] W[ilhelm] Schlettwein, der ‚Deutsche Hauptphysiokrat‘. Ein Beitrag zur Geschichte der Physiokratie in Deutschland. Inaugural-Dissertation der Universität Bern. Leipzig 1909, S. 21) Nach kurzer Lehrtätigkeit in Basel folgte Schlettwein 1777 dem Ruf an die neu gegründete ökonomische Fakultät der Universität Gießen, der er als Dekan vorstand. Im Sommer 1785 legte er sein Amt nieder und siedelte nach Mecklenburg um, wo er auf Gut Beseritz bei Stargard Landwirtschaft nach der von ihm propagierten Methode betrieb. Nach seiner Ehescheidung 1789 − seine Frau war durch Erbschaft alleinige Besitzerin des Guts geworden − mußte er den Besitz verlassen. Seine Dozentur an der Universität Greifswald währte nicht lange. Auch hier kam es zur Kollision zwischen dem jähzornigen Schlettwein und den Behörden. Sein Versuch, mit Kant in Korrespondenz über dessen kritische Philosophie zu treten, scheiterte. Er starb 1802 in Dorf Dahlen bei Beseritz. 24 Nb] Nota bene. Lat.: „wohlbemerkt“. 29 Roche] Nach dem Wort ein Schnörkel. 35f. Sur les moyens […] Revolution Utiles] Frz.: „Über die Wege, Nutzen aus den Revolutionen zu ziehen“. Gemeint ist das zweibändige Werk „Essai sur l’art de rendre les Révolutions utiles. Paris 1801“ des französischen Theologen Jean Esprit Bonnet (1765−1836), Prior der Kathedrale von Fréjus. Er betrachtet die im Geschichtsverlauf auftretenden Revolutionen als Infektionen der Staatskörper, denen man durch Präventivmaßnahmen in Form von Radikalkuren zuvorkommen muß. Der neuzeitlichen Philosophie macht er den Vorwurf, die Throne selbst angesteckt zu haben, da sie begännen, die Oberherrschaft des Volks stillschweigend anzuerkennen. „On prétend que cet ouvrage a été rédigé dans le cabinet de Napoléon, et qu’il est lui-même l’auteur de plusieurs chapitres, tels que celui du prétendant (Sa Majesté Louis XVIII) et celui de l’hérédité du trône.“ („Man gibt vor, dass das Werk im Kabinett Napoleons entstanden ist, und dass er selbst Autor mehrerer Kapitel sei, wie dasjenige über den Thronprätendenten und (Seine Majestät Ludwig XVIII.) und das über die Anwartschaft auf den Thron.“ Antoine-Alexandre Barbier: Dictionnaire des ouvrages anonymes et pseudonymes cites dans les deux ouvrages. Paris 1872, S. 227)

Brief 155 11

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den 26 xbr 1801 Mein würdigster Freund wird mich unendlich verbinden wenn ich der Frau v Trebra nachricht über das Guth u die jezige besizer geben kann / dann Theile einen brief von der Schwester deß obrist Grewe mit - der wirklich nach Bordeaux

26. Dezember 1801

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10 10 gereißt seyn soll -

/// und vergeben Sie bester! geschäzte ster Freund wenn ich an die 6 bände unterhaltungen […] dem Englisch bey Prinz Friederich erinnere 15 15 war der general Boine Fils adoptif du Grand mogol - nicht in Darmstadt? Er giebt heut ein unendlich Fest in Francfort adieu tres à la Hate = la Roche

FDH, Sig. Hs-6566 9 14 15 1 4

Bordeaux] Bor{*}/d\eaux Prinz] {F}/P\rinz Fils] Fi{ß}/l\s

26 xbr] 26. Dezember. Frau v Trebra] Name und Lebensdaten der holländischen Frau des Generals Friedrich Wilhelm Alexander von Trebra (1737-1809), der in Diensten Wilhelm V. von Nassau-Oranien (1748−1806) stand, wurden nicht ermittelt. 5f. nachricht über […] jezige besizer] Es bleibt ungeklärt, ob hier das Trebrasche Gut („Neuer Hof“) im thüringischen Gehofen südöstlich des Kyffhäusers gemeint ist, das sich bis 1779 im Besitz des in Nassau-Saarbrückischen Diensten stehenden Oberhofmarschalls von Trebra (1734−1815) befand. Zum Zeitpunkt des Briefs war es Besitztum der Familie von Eberstein. 7 dann Theile einen brief] dann teile ich einen Brief. Der Einschluss ist nicht vorhanden. 8−10 Schwester deß obrist […] gereißt seyn soll] Nicht ermittelt. Siehe Brief 154 Komm. zu Zeile 5−12. 12f. die 6 bände unterhaltungen] Siehe Brief 150 Komm. zu Zeile 84f. 13 […]] Textverlust. Erschlossene Textstelle: aus. 15f. general Boine Fils adoptif du Grand mogol] Frz.: „General Beauharnais, Adoptivsohn des Großmoguls“. Eugène de Beauharnais (1781−1824) entstammt der ersten Ehe von Bonapartes Frau Joséphine (1763−1814), geb. Tascher de la Pagerie, mit Alexandre Vicomte de B. (1760−1794), der 1794 in Paris guillotiniert wurde. 1797 zum Offizier ernannt, nahm er als Adjutant Bonapartes am Ägypten- und Italienfeldzug teil. Nach der Schlacht von Marengo am 14. Juni 1800 erhielt er den Rang eines Brigadegenerals. Napoleon adoptierte seinen Stiefsohn erst 1806, als sich dieser mit der bayrischen Königstochter Auguste Amalie Ludovika (1788−1851) vermählte. Im Zeremonienbuch ist für Dezember 1801 und Januar 1802 kein Besuch Eugène de B. am Hof von Darmstadt verzeichnet (HSAD, Sig. D 8, Nr. 228/1). 18 tres à la Hate] Frz.: „sehr in Eile“.

Brief 156 – 8. Januar 1802

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offenbach den 8 deß Jahrs 1802 In Eile - meinem würdigsten Freund - mitheilung eines briefs von Schwägerinn eines Ministers von Hanovre - und innigen dank, für Ihren großen, und so freundlichen brief - was sagten Sie in darmstadt zu dem todt deß Erbprinzen von Baaden? Sonderbar daß die hamburger zeitung die erste nachricht davon nach Carlsruh brachte - wo gleich der minister, der Hofprediger und leibmedicus - sich nach Hof begaben um den Guten 74 Jährigen Vater vorzubereiten - indem die Staffette von Schweden erst abends 5 uhr kam der Marggraf soll sehr gebeugt | | und alle wohldenkende äusserst traurig - daß ganze land weint Er wurde in die Gruft der Könige neben Gustav dem 3 beygesezt der König begleitete die leiche mit dem jezigen Erbprinzen von Baaden dahin - und sagte hier ist daß lezte irrdische ziel aller Menschen Könige u Fürsten in 14 Tag - kommt daß Herz deß verstorbenen u wird dann mit Traur kutschen nach Pforzheim gebracht - und zwischen seiner Frau Mutter, u seinem ersten Prinzen zu ruhen - Ruhen mein Freund und von den besten seiner Nebenmenschen beweint werden ist schön - da soviele tausende | | alle Hoffnung, die sie auf die gefühle dießes Herzens bauten = mit ihm - in die todten Gruft

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tragen sehen mehrere leute in Carlsruh sind Krank geworden die Erbprinzeß bleibt biß auf den may in Stokholm kein Mensch darf ihr was bringen was - Fragen oder sagen - so sorgt, der gute - schöne - junge König für sie - - adieu Möge Ihr edles gutes Herz noch lang schlagen, u Ihnen Kräfte zu allen wohlthätigen handlungen geben - adieu von alter Freundinn laRoche | | könnte sich nicht jezo die ErbPrinzeß von Baaden - wie die agripina - mit dem aschen Krug deß germanicus malen lassen? Aber Gott bewahre, den Edlen Erbprinz von Darmstadt - vor den nehmlichen beweißen der liebe einer gemalin

FDH, Sig. Hs-6567 1 8 deß Jahrs] 8. Januar des Jahres. 3−5 mitheilung eines briefs […] von Hanovre] Nicht ermittelt. Der Zusammenhang ist unklar. Der Einschluß ist nicht überliefert. 8f. todt deß Erbprinzen von Baaden] Das Erbprinzpaar Karl Ludwig (1755−1801) und Amalie von Baden brach am 13. Juni 1801 von Karlsruhe zu einer Reise nach Russland und Schweden auf, um ihren beiden Töchtern, der russische Zarin Elisabeth (1779−1826) und der schwedischen Königin Friederike Dorothea Wilhelmine (1781−1826), einen Besuch abzustatten. Auf der Rückreise verunglückte die Kutsche des Erbprinzen eine Stunde vor dem schwedischen Ort Arboga. Er starb am darauffolgenden Tag, dem 16. Dezember, infolge einer Gehirnerschütterung. 10f. hamburger zeitung] Die 1767 gegründete „Kayserlich privilegirte Hamburgische neue Zeitung“ war die weitverbreitetste Zeitung Norddeutschlands. 12 Carlsruh] Karlsruhe war die Residenzstadt der Markgrafen von Baden.

Brief 156 – 8. Januar 1802

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den Guten 74 Jährigen Vater] Gemeint ist der regierende Markgraf Karl Friedrich von Baden (1728−1811). 21 Gruft der Könige] Die Begräbniskirche des schwedischen Herrscherhauses war ab 1629 die Riddarhomskyrkan in Stockholm. 22 Gustav dem 3] Gustav III. Der schwedische König Gustav III. (1746−1792) starb am 29. März 1792 an den Folgen eines Attentats. 23 König] Der regierende schwedische König Gustav IV. Adolf (1778−1837) war der Schwiegersohn des verstorbenen Erbprinzen von Baden. 24 jezigen Erbprinzen] Erbprinz Karl Ludwig Friedrich von Baden (1786−1818), der Sohn des Verstorbenen. 30 Pforzheim] Die Badische Fürstengruft befindet sich in der Schlosskirche Sankt Michael in Pforzheim. 31f. seiner Frau Mutter] Markgräfin Karoline Luise von Baden-Durlach (1723−1783), geb. Prinzessin von Hessen-Darmstadt. 32 seinem ersten Prinzen] Der erstgeborene Prinz Karl Friedrich (1784−1785) starb als Säugling. 43 die Erbprinzeß] Erbprinzessin Amalia von Baden-Durlach (1754−1832), geb. Prinzessin von Hessen-Darmstadt, die Witwe des Verstorbenen. 54 könnte] In der linken Ecke des Blattes über dem Wort ein Schnörkel. 54f. Erbprinzeß] Siehe Komm. zu Zeile 43. 56f. agripina - mit dem aschen Krug deß germanicus] Der Römische Feldherr Nero Claudius Germanicus (15 vor Chr. −19 nach Chr.) wurde in Antiochia vermutlich ermordet. Seine Witwe Agrippina (14 v. Chr.−33 nach Chr.) brachte den Krug mit seiner Asche nach Rom. Sophie von La Roche könnte das Bild der erhaben trauernden Römerin möglicherweise in einer zweibändigen 1801/02 in Hamburg erschienenen Publikation des Hamburger Juristen, Schriftstellers und Domherrn Friedrich Johann Lorenz Meyer (1760−1844) gesehen haben. Auf S. 228−252 des 1. Bd. der „Skizzen zu einem Gemälde von Hamburg“ beschreibt er seine Begegnung mit Lady Emma Hamilton am 28. Oktober 1800 in einem gesellschaftlichen Zirkel Hamburgs. Sie, ihr Mann William Hamilton und Admiral Horatio Nelson befanden sich von Wien kommend auf der Reise nach England. Emma H. stellte in ihrer Darbietung auch die Gestalt der Agrippina dar (siehe Brief 85 Komm. zu Zeile 45). „In hoher Majestät, mit der Kraft einer Heroin, die den folternden Schmerz über den Tod des angebeteten Gatten im Busen verschließt, und seinen Mördern den Triumph ihrer Thränen versagt, schritt, feierlich langsam Agrippina daher, den Aschenkrug ihres ermordeten Germanicus tragend.“ (S. 242) Die Vorlage zu dem beigefügten Kupferstich, der Lady Hamilton in der Pose der Agrippina zeigt, fertigte deren Reisegesellschafterin, die Dichterin und Malerin Cornelia Knight (1757−1837), an (S. 243). 59−61 Erbprinz […] gemalin] Prinz Louis war seit 1803 mit seiner Kusine Prinzessin Wilhelmine Luise von Baden verlobt. Die Hochzeit fand am 19. Juni 1804 in Karlsruhe statt (siehe Brief 151 Komm. zu Zeile 7f.). 61 gemalin] Nach dem Wort ein Schnörkel.

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den 25 deß Jahrs 1802 in der ungewißheit - ob ich Ihnen - Mein bester Freund! dießen brief mitheilte - schliesse ihn hier bey - Er amusirt einige Momente - O wie gerne möchte ich Sie Sprechen - über dieß und jenes - - verzeyhen Sie daß brief von Wieland und Jacobi - die so alt sind beylege ich dachte - sie machen meinen theuren Freund lächlen - und daß ist ihm gesund - adieu Gott erhalte Sie auch um meinet willen - verzeyhung wenn, an meine kleine blaue bücher - bey Prinz Friderich | | erinnere - u Frage ob man gerne einer liebens werthe Dame - die Tafel geben würde = die viel schöne Künstliche sachen Weiß weit war - u gar gern bey einer edlen Fürstinn sich aufhalten möchte - sie ist artig - lebhaft - Klug - toll gefühl - u Geist voll - - - adieu ich muß schliessen Bongrè malgrè immer Ihre alt ergebne LaRoche / hab ich Ihnen gesagt - das Carl Kirchberg nach ostindischen abgeseeglet ist | | die Bischöffe v Speyer, und Würzburg - Bamb. - - haben wie ich höre - den Dhomdechant v Speyer Baron Hohenfeld nach london geschikt - um Schuz-hülfe oder sonst was gutes

25. Januar 1802

Brief 157 – 25. Januar 1802

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zu Sollicitiren Glük auf - rufen die bergleute - wenns tief geht - -

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den 25] den 25. Januar. dießen brief] Vermutlich ist einer der in Zeile 9 erwähnten Briefe gemeint. Er könnte von Christoph Martin Wieland, Friedrich Heinrich Jacobi oder dessen Bruder Johann Georg verfasst worden sein. Es bleibt daher unklar, ob der Einschluss überliefert ist. 9 daß brief von] dass ich Briefe von. Es bleibt unklar, ob der Einschluss überliefert ist. 10 Jacobi] Gemeint ist Friedrich Heinrich oder Johann Georg Jacobi (siehe Brief 17 Komm. zu Zeile 22). 26 Briefe Sophie von La Roches an Johann Georg J. aus dem Zeitraum 1770−1804 bewahrt die UBFB (Sig. NL 7/IV B 263−288). 16 kleine blaue bücher] Petersen wird erneut an die Bändchen der „Dramatic dialogues“ der englischen Autorin Elizabeth Sibthorpe Pinchards erinnert (siehe Brief 150 Komm. zu Zeile 84f.). 18f. einer liebenswerthe Dame] Nicht ermittelt. 19 die Tafel geben] Gemeint ist eine Einladung zur fürstlichen Tafel. Landgräfin Luise pflegte ohne ihren Mann in kleinem Kreis zu speisen. 25 toll] lustig, fröhlich, gewandt (DW, Bd. 21, Sp. 635). 28 Bongrè malgrè] Frz.: „wohl oder übel“. 31f. Carl Kirchberg] Nicht ermittelt. 32 ostindischen] Lies: ostindischen Inseln. Zu dem ostindischen Archipel gehören die Großen und Kleinen Sunda-Inseln, die Molukken und die Philippinen. 33 v Speyer] von Speyer. Der letzte Fürstbischof von Speyer, Philipp Franz Wilderich Nepomuk Graf von Walderdorff (1739−1810), wurde am 7. April 1797 in Bruchsal gewählt. Mit dem Frieden von Campo Formio war der linksrheinische Teil des Bistums an die Franzosen gefallen. Der rechtsrheinische Teil wurde 1802 dem Markgrafen von Baden zugesprochen. Der Fürstbischof erhielt lebenslang Wohnrecht im südlichen Teil seines ehemaligen Residenzschlosses Bruchsal, wo auch das Bischöfliche Vikariat untergebracht wurde. 34 Würzburg] Der Fürstbischof von Würzburg, Georg Karl Freiherr von Fechenbach (1749−1808), musste nach der Besetzung des Bistums Würzburg durch Bayern als weltlicher Herrscher abdanken. Bayern beanspruchte das Bistum als Ersatz für die Abtretung der Pfalz an Frankreich. Sein geistiges Amt behielt Fechenbach bei. Als Koadjutor des Fürstbischofs von Bamberg übernahm er das Bischofsamt seines Onkels Christoph Franz von Buseck nach dessen Tod am 28. September 1805 (siehe Komm. zu Zeile 34).

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Bamb.] Bamberg. Gemeint ist der Fürstbischof von Bamberg, Christoph Franz von Buseck (1724−1805). Bayrische Truppen besetzten das Fürstbistum und erzwangen seinen Rücktritt als Landesherr am 29. November 1802. Die Herrschaft übernahm der Kurfürst von Bayern. 36f. Baron Hohenfeld nach london] Siehe Brief 160 Zeile 38−41. 40 Sollicitiren] veranlassen. Nach dem Wort ein Schnörkel.

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12. Februar 1802 den 12 Fbr 1802

Mein edler gütiger Freund wird mir gewiß gerne sagen ob es wahr ist - daß in darmstadt eine sichere Cur der taubheit durch den Galvanissme bewürkt wurde - Es ist die Frage, den Erben großer Güther von taubheit zu heilen - Sie wissen, wie viel güte, und gerechtigkeit, von dem guten Gehör, eines obern abhängen u ich zäle auf Ihre betrachtung haben Sie Lichtenbergs hinterlaßne Schriften geleßen - mir gaben sie viele Freude - von H v Hohen felds absendung nach | | Albion - habe sonst nichts gehört will aber gewiß Ihnen nachricht geben so bald etwas erfahre Sie können nicht glauben, wie die ernenung deß Bonaparte zum President von Cisalbinien die Emigrirte staunte - anstatt des sen sie die einsezung Louis XVIII er warteten wie arm sind dieße Menschen in allem - adieu in Eile von alter la Roche /

Brief 158 – 12. Februar 1802

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12 Fbr] 12. Februar. eine sichere Cur der taubheit durch den Galvanissme] Die Entdeckung der Kontraktionselektrizität tierischer Muskeln durch den Bologneser Medizin- und Anatomieprofessor Luigi Galvani (1737−1798) und den Physikprofessor der Universität Pavia Alessandro Volta (1745−1827) fand zu Anfang des neuen Jahrhunderts Anwendung in der Humanmedizin. Um bei dem Patienten eine Stimulation des Hörnervs zu erreichen, wurden am Schläfenbein oder in der Eustachischen Röhre Silber- und Zinkdrähte fixiert, welche an die sogenannte „Volta-Säule“ angeschlossen waren (siehe Johannes Bartholomäus Trommsdorf: Geschichte des Galvanismus oder der galvanischen Elektricität, vorzüglich in chemischer Hinsicht. Erfurt 1803, S. 259f.). 8 Erben großer Güther] Nicht ermittelt. 14f. Lichtenbergs hinterlaßne Schriften] Die „Vermischten Schriften“ des Göttinger Professor für Physik, Mathematik und Astronomie und Schriftstellers Georg Christoph Lichtenberg (1742−1799) wurden ein Jahr nach seinem Tod von dessen älterem Bruder Ludwig Christian L. (1738−1812) in neun Bänden herausgegeben. Zum Zeitpunkt des Briefs waren vier Bände erschienen (Vermischte Schriften nach dessen Tode aus den hinterlassenen Papieren gesammelt und herausgegeben von Ludwig Christian Lichtenberg, Sächs. Goth. Legationsrathe und Friedrich Kries, Professor am Gothaischen Gymnasium. Göttingen 1800−1806). 16f. H v Hohenfelds] Herrn von Hohenfelds. 17 absendung ] Siehe Brief 160 Zeile 38−41. 18 Albion] Albion ist die vermutlich keltische Bezeichnung für die britischen Inseln. 18 habe sonst] habe ich sonst. 22f. die ernenung […] von Cisalbinien] Siehe Brief 160 Komm. zu Zeile 59. 24 Emigrirte] Siehe Brief 58 Komm. zu Zeile 13f. 25 die einsezung Louis XVIII] die Einsetzung Louis XVIII. Gemeint ist der Thronanwärter der französischen Bourbonen, Louis Stanislas Xavier Graf von Provence (1755−1824), der jüngere Bruder des enthaupteten Louis XVI., Onkel des 1795 gestorbenen Dauphins. Bis zu seiner Proklamation 1814 als Louis XVIII. lebte er im Exil in den Österreichischen Niederlanden, im Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel, Kurland und England (siehe Brief 56 Komm. zu Zeile 9−12).

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Brief 159 11

14. Februar 1802

den 14 Fbr 1802

Theurester Freund! Meine Nerven - plagen mich seit einigen tagen, so eigensinnig 55 daß ich nicht viel schreiben kann u nur Ihren guten Geist und edle Seele bitte dießen einschluß zu überdenken u mir - wegen den Fragen 10 10 deß lieben Mannes zu ant worten - - z. B- könnte Er in Ihrem land was für Söhne etablisse ment hoffen - - ameronguen geht so gleich - ich kann 15 15 nichts mehr - als Sie meiner verehrung u meines Seegens zu sichern alte laRoche

FDH, Sig. Hs-6569 15

Sie] {D}/S\i{r}/e\

1 14 Fbr] 14. Februar. 8−11 einschluß […] zu antworten] Absender des Briefs ist vermutlich Karl Viktor von Bonstetten (siehe Brief 160 Komm. zu Zeile 5 u. Zeile 10−13). Von ihm ist ein Brief vom 27. Januar 1802 an Sophie von La Roche bekannt (Bonstettiana [2002], 9. Bd., Teilbd. IX/1, S. 129). 11 z. B-] zum Beispiel. 12f. was für Söhne etablissement hoffen] Lies: etwas hinsichtlich der Versorgung seiner Söhne hoffen. Gemeint sind Karl Viktor von Bonstettens Söhne Karl David und Johann Viktor Eduard. 14 ameronguen geht sogleich] Überbringer des Briefs war der in Offenbach lebende Holländer Joost Baron Taets van Amerongen. Siehe Brief 128 Komm. zu Zeile 18f.

Brief 160 – 26. Februar 1802

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den 26 Fbr 1802 ich denke wohl mein theurer Edler Freund! daß Ihr geist, mit ganz was andres - als mit Bonstettens brief - beschäftigt ist aber bester - gütiger - ich muß Sie um den brief - u einen Finger zeig, wegen meinen idèen auf darmstadt bitten weil der gute bonstett - ehe die Brunn zurükgeht, seinen entschluß fassen will ich hörte die geschichte deß H v Kuhn. Es sind immer furchtbare Caracter die H- Emigrirte - - sagen Sie mir auch | | was Ihre gesundheit macht u ob amerongen sagte daß Er seinen Sohn in Kayser-dienste thut - eine Dame sagte es mir, der König v Schweden wird ja seine Frau Schwieger Mutter zurük führen, das freut mich für die liebe gebeugte Frau = noch mehr wird mich Freuen wenn der Frühling Sie hieher Führt - haben Sie Gleims aufruf an die Englische nation geleßen an der abdication deß Königs von England, ist nichts | | sagt mir Schwarzkopf, und die sendung deß H v Hohfeldts nach London würde auch zu nichts dienen - der Wiener Hof wolte das Dalberg seine Coadjuterie resignire - er wills nicht - auch dieß führte H- nach London u ein vorschlag bey entschädi-

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40 40 gungen daß die Erbfürsten etwas von

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ihren Foderungen zurük lassen sollen zum besten der Geistlichen Höfe - - wenn wahr ist das die franz- Rom nehmen u zur hauptstadt der Italienischen Republik machen - daß Pabst nach maltha soll - - wehe Neapel u dem Catolicißmus | | was machen Ehrgeiz - u geldgeiz für närrische u böße dinge! und wie erhöht die wirkliche geschichte den werth der Romane wissen Sie kein frauenzimer welches die verdienste einer guten Erzieherin u talente hätte - Sie könte in Estland eine vortrefliche Stelle mit 400 Roubles gehalt bekommen - der Himmel würde Ihnen eher dafür lohnen als Bonaparte für den armen König v Etrurien u die neue Republiken - was sagen Sie zu der entdekung der Rießen Lilien in Botany Bay - 20 schu hoch solten nicht die Bourbons - betrachtungen darüber machen, daß diese in frank reich zerstört auf Sandfelßen in 5 weltheil versezt sind - wo kein Versailles ist - - anfangs soll daß wappen drey Kröten geweßen seyn, u nur mißbrauch lilien daraus gemacht haben - adieu von alt LaRoche

FDH, Sig. Hs-6571 1 5

26 Fbr] 26. Februar. Bonstettens brief] Den Brief Karl Viktor von Bonstettens hatte Sophie von La Roche ihrem letzten Schreiben beigefügt (Brief 159 Komm. zu Zeile 8). 8f. wegen meinen idèen auf darmstadt] Siehe Brief 159 Zeile 11−13. 10 bonstett] Bonstetten. 10f. ehe die Brunn zurükgeht] Die Schriftstellerin Friederike Brun besuchte, von Dänemark kommend, im Frühjahr 1802 ihren Freund Karl Viktor von Bonstetten in Genf, um mit ihm gemeinsam das Wallis zu bereisen (siehe Brief 113 Komm. zu Zeile 6f.). Im August 1801 war es zu einem ersten und einzigen Zusammentreffen der Schriftstellerinnen in Offenbach gekommen. Friederike B. fügte bei einer 1832 (oder später) vorgenommenen Redaktion ihres Briefalbums folgenden Kommentar hinzu: „Ich sahe die im vorigen Jahrhundert (noch bis zu

Brief 160 – 26. Februar 1802

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Anfang des jezzigen) hochberühmte, u[nd] als damals beinahe einzige deütsche Schriftstellerin zumal für ihr Geschlecht in moralisch sittlicher Rücksicht, zum ersten u[nd] lezten Mahle 1801 in Offenbach. Es war eine schon hoch in Jahren stehende Frau, von ganz eigenthümlichem Weesen, hochgewachsen, aufrecht, mit einem Ausdruck von Würde u[nd] Urbanitaet auftretend, welcher zu sehr hätte imponiren können, wäre derselbe nicht von einem Schimmer des allgemeinsten Wohlwollens umgeben gewesen. Alles um sie athmete u[nd] duftete von Reinlichheit u[nd] Ordnung. Ihre Unterhaltung war nicht Geist reicher als ihre Schriften, aber in dem Ton paßend u[nd] angenehm. Sie welche einst Bonstetten u[nd] Matthisson am Wolfsbrunnen über Heidelberg zum treüen Freundschaftsbund vereinigte, war mir schon lange so bekannt daß nur die persönliche Erscheinung mir fehlte, so war es vielleicht auch ihr mit mir, weshalb man die so zuvorkommend über fließenden Aüßerungen, nach einer ersten Bekanntschaft, nicht gar zu überschätzend finden möge.“ (Bonstettiana [2000], 8. Bd., 2. Teilbd., S. 713f.) 13 H v Kuhn] Herr von Kuhn. Major Ernst August Kuhn (?−1802) diente zeitweilig als Gouverneur des Prinzen Georg, Bruder des Erbprinzen Louis. Er war der langjährige Verlobte der Hofdame Caroline von Bodé (Brief 73 Komm. zu Zeile 6). 13−15 ich hörte die geschichte […] H- Emigrirte] Auf einer Abendgesellschaft des Darmstädter Kaufmanns Cavalli kam es zu einem Streit zwischen Major Kuhn und dem Chevalier de Poligny (auch Baron Vogel oder Marquis de Chastelaire (?−1809), einem französischen Emigranten aus der Condéschen Armée. Kuhn hatte sich abfällig über die musikalische Darbietung des Franzosen geäußert, worauf dieser ihn zum Duell forderte. Am 23. Februar erfolgte im Wald zwischen Langen und Sprendlingen der Schusswechsel, bei dem der Major in die rechte Brust getroffen starb (siehe HSAD, Sig. D 12 Nr. 48/25 u. D 12 Nr. 6/41; Karl Esselborn: Fräulein von Bodé. Ein Sittenbild aus dem Darmstädter Hofleben vor hundert Jahren. Aus dem unveröffentlichten Teil der Denkwürdigkeiten des Staatsministers Freiherrn du Thil mitgeteilt von Dr. jur. et phil. K. E. In: Hessische Heimat. Hrsg. von K. E. 2. Bd. Darmstadt 1922, S. 298f.). Sophie von La Roche schreibt am 10. März 1802 an Elisabeth Gräfin Solms: „die Duelle wovon [ich, Anm P. S.] sprach - waren ernsthaft - ein oberleutenant von Kuhn, in Darmst. - bräutigam der hofdame von Bodè - spottete den taschenspieler Künste eines Emigrierten - wird von dießem zu genugthung gefordert v. Kuhn übt sich 4 tage in pistolenschuß nach Herz Carten trifft dieße immer sicher - schikt bey der abreiße nach dem rendez Vous - dieße Carten seiner braut, mit versicherung, sie habe nichts für ihn zu besorgen - - - - und der Emigrierte Marquis Poligny erschoss H- v. Kuhn auf der Stelle - worüber die braut, aus Kummer sterben wollte“ (SAO, Sig. M24). 15 H- Emigrirte] Herren Emigrierte. 18 amerongen] Joost Baron Taets van Amerongen. 19 seinen Sohn] Gerard Godard Taets van Amerongen war zum Jahresende 1799 als Kadett in hessen-darmstädtischen Dienst eingetreten (siehe Brief 129 Zeile 5). 19 Kayser-dienste] kaiserliche Dienste. 20 eine Dame] Nicht ermittelt.

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21−24 König v Schweden […] gebeugte Frau] Die Fürsorge des schwedischen Königs Gustav IV. galt seiner verwitweten Schwiegermutter, der Erbprinzessin Amalia von Baden. Siehe Brief 156 Komm. zu Zeile 15. Die schwedische Königsfamilie traf am 20. September 1803 zu einem mehrmonatigen Besuch in Karlsruhe ein. In ihrem Brief an Prinz Friedrich von Sachsen- Gotha vom 3. Juli 1804 schreibt Sophie von La Roche: „Ich bitte Sie, mein Prinz, daß Sie mit großmütigen Wünschen des Königs von Schweden gedenken möchten, der plötzlich Karlsruhe verlassen hat, da ihm deutlich gemacht wurde, daß der mächtige Nachbar des Landes, Baden, es wünschte und die drei Kronen Schwedens ihn nicht schützen konnten.“ (Paul von Ebart: Briefe der Sophie von La Roche an den Prinzen von Gotha-Altenburg. In: Westermanns Illustrierte Deutsche Monatshefte LXXXIX [März 1901], S. 771−781, hier S. 775) 27f. Gleims aufruf an die Englische nation] Gemeint ist Johann Wilhelm Ludwig Gleims (1719−1803) Gedicht „An das britische Volk, als es aus seinem Friedenstaumel zu sich selbst zurück gekommen war; im Dezember 1801“, das in „Zeitgedichte für wenige Leser, [ohne Erscheinungsort] 1801“, S. 92f. erschien. Die englische Flotte hatte am 2. April in der Seeschlacht von Kopenhagen und nochmals am 7. September 1801 einen überlegenen Sieg über das Königreich Dänemark-Norwegen errungen, das sich zusammen mit Russland, Schweden und Preußen zu einer anti-britischen Koalition zusammengeschlossen hatte (siehe Brief 147 Komm. zu Zeile 33−36). Am 18. März 1802 schrieb Sophie von La Roche an Johann Wilhelm Ludwig Gleim: „aber Ihr den Britten - bey den unbegreiflichen Feinden gesungenes lied - stellte mir Ihre gefühlvolle Seele, mit dem Seher geist verbunden - so lebhaft vor - erinnerte mich so an alles - was Sie sind - und waren - das mein Herz mich zu dem entschluß führte - - Sie für dieses lied zu Seegnen es Ihnen zu danken - o könnte ich es den britten übersezen, es Pitt und andren, in die Seele geben ich bitt Gott England einen Gleim zu geben, der es in ihrer Sprache dichte, und es immer - neben Rule Britania - Singen zu lassen“ (GHH, Sig. 3421). Die achte und letzte Strophe lautet: „Sollst auf unsers Homanns Charten/ Seh’n, was schon zerstöret ist,/ und besorgt seyn, und nicht warten,/ Bis auch Du kein Volk mehr bist!“ Am 11. Februar 1798 war Gleim mit der schriftlichen Bitte an seine alte Freundin herangetreten, sich von einem Maler für seine Portraitsammlung („Freundschaftstempel“) malen zu lassen. Das Bild sollte neben Wielands Portrait aufgehängt werden (GSA, Sig. 56/22). Die Aufforderung wird von folgendem Gedicht gegleitet: „An Tischbein./ Die schöne Tugend, die so gern zu helfen, geht/ Man nennt sie die Humanitaet,/ die, Schönheitskünstler! Male mir,/ Und, die Laroche sitze dir!“ 30 abdication] Abdankung. 30f. Königs von England] Bei König Georg III. zeigten sich seit 1788 wiederholt Zustände geistiger Verwirrung, die vermutlich durch arsenhaltige Medizin hervorgerufen wurden. 32 Schwarzkopf] Gemeint ist der Braunschweig-Lüneburgische Kanzlei- und Legationssekretär Joachim von Schwarzkopf (siehe Brief 98 Komm. zu Zeile 43). 33 H v Hohfeldts] Herrn von Hohenfelds. Siehe Zeile 38−41. 35−38 der Wiener Hof wolte […] er wills nicht] Seit 1787, dem Jahr, in dem Carl Theodor Reichsfreiherr von Dalberg (1744−1817) zum mutmaßlichen Nachfolger (Koadjutor) des Mainzer Erzbischofs Friedrich Karl Joseph von Erthal ge-

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wählt wurde, lagen Mainz und Wien über die Prärogativen des Reichserzkanzlers in heftigem Streit. 38 H-] Hohenfeld. 43 franz-] Franzosen. 43−47 Rom nehmen […] dem Catolicißmus] Nach dem 1801 zwischen Papst Pius VII. (1742−1823) und der Französischen Republik abgeschlossenen Konkordat waren die Beziehungen zunächst normalisiert worden, doch bahnte sich schon 1802 im Zusammenhang mit der Wahl eines neuen Großmeisters des Malteserordens ein neuer Konflikt an (siehe Komm. zu Zeile 45f.). Die von Sophie von La Roche wiedergegebenen Gerüchte über die Einnahme Roms beruhten auf einer nicht lange zurückliegenden Erfahrung. Bereits 1798 war General Berthier auf Befehl des Direktoriums nach Rom gezogen. Er hatte Papst Pius VI. (1717−1799) gefangen genommen und von Rom nach Florenz über Grenoble bis nach Valence verschleppt, wo der Einundachtzigjährige 1799 starb. Das Konklave fand daraufhin in Venedig statt, bei welchem der hier angesprochene Papst Pius VII. gewählt wurde. Zu seiner Entführung wiederum kam es zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich 1808, als die Franzosen unter General Miollis Rom erneut besetzten und der Kirchenstaat im Kaiserreich aufging. Das Kirchenoberhaupt musste sich bis 1814 in Fontainebleau als Gefangener aufhalten. 45f. daß Pabst nach maltha soll] „Diese Angelegenheit von Malta schien ganz Europa zu beschäftigen. […] Buonaparte hatte bereits den Vorschlag gethan, der Insel Malta mit offener Gewalt sich zu bemächtigen.“ (Alexis François Artaud de Montor: Geschichte des Papstes Pius VII. verfaßt von Ritter Artaud, ehemaligem Geschäftsträger Frankreichs zu Rom, zu Florenz und zu Wien, Mitglied der Akademie der Inschriften und der Schönen Wissenschaften, der Akademie de la Crusca und zu Göttingen. Aus dem Französischen übersetzt von Johann Peter Silbert. 2 Bde. Wien 1837, hier Bd. 1, S. 28). Der Plan kam nicht zur Ausführung, die Insel blieb Stützpunkt der Engländer und wurde 1814 britische Kronkolonie. 54f. in Estland eine vortrefliche Stelle] Der Zusammenhang ist unklar. 55 Roubles] Frz.: „Rubel“. Russische Handelsmünze. Ein Silberrubel entsprach dem Wert von zwei Gulden. Das Gehalt von 800 Gulden entsprach dem des Hofmeisters Lerse (Brief 74 Komm. zu Zeile 35). 58 König v Etrurien] König von Etrurien. Ferdinand III. von HabsburgLothringen-Toskana (1769−1824) verlor durch den Friedensvertrag von Lunéville im Februar 1801 das von ihm seit 1791 regierte Großherzogtum Toskana an Frankreich und erhielt dafür den Kurstaat Salzburg. Am 21. März 1801 wurde zwischen Bonaparte und seinem Bruder Lucien (1775−1840) in dessen Funktion als Senator in Madrid ein Vertrag unterzeichnet, der beinhaltete, dass der Infant Ludwig von Bourbon-Parma (1773−1803), ältester Sohn Herzog Ferdinands (1751−1802), mit dem Ableben seines Vaters die Krone des neu geschaffenen Königreichs von Etrurien auf dem Gebiet der Toskana erhalten sollte. Das bis dahin unabhängige Herzogtum Parma fiel im Tausch dafür an Frankreich, obwohl Österreich gemäß dem Frieden von Aachen (1748) darauf Anspruch gehabt hätte. Die Reise des inthronisierten Königs Ludwig nach Paris zeigte Europa einmal mehr den Machtanspruch des Ersten Konsuls auf der italienischen Halbinsel.

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die neue Republiken] Mit Annahme der französischen Konsulatsverfassung und der Wahl Bonapartes zum Präsidenten am 26. Januar 1802 wurde die „Cisalpinische Republik“ in „Italienische Republik“ umbenannt. Die Republiken Genua und Lucca erhielten neue demokratische Verfassungen. 60f. Rießen Lilien in Botany Bay] Möglicherweise ist die bis zu drei Meter große Riesenlilie „Cardiocrinum giganteum“ gemeint, die nach neunjähriger Wachstumsperiode zahlreiche rotgeäderte hängende Blüten trägt. Zu Beginn der 1780er Jahre bemühten sich mehrere Forschungsreisende, die Flora Australiens zu erfassen, darunter der englische Botaniker Robert Brown (1773−1858) und der österreichische Zeichner Ferdinand Lukas Bauer (1760−1826), der mit dem Engländer Matthew Flinders (1774−1814) an Bord der „Investigator“ den Kontinent erstmalig umsegelte. Die „Endeavour“ unter dem englischen Kapitän James Cook (1728−1779) hatte bereits am 29. April 1770 in der Botany-Bay Anker geworfen. Die tief ins Land einschneidende Bucht liegt acht Kilometer südlich vom heutigen Sydney. Sophie von La Roche selbst wurde nach ihrem Tod von ihrem Freund, dem Lyriker und Epiker Christian Karl Ernst Wilhelm Buri (1758−1817), in einem Gedicht als „Riesenlilje“ gepriesen, die „unterm ganzen Schwesternchor Sanfter Menschenlehrerinnen“ hervorragt (Der Neue deutsche Merkur. September 1808, S. 110f.). 61 schu] Schuh. Längenmaß von ca. 31 cm. Die Höhenangabe von etwa sechs Metern entsprach schwerlich der Wahrheit. 64 5 weltheil] 5. Weltteil. Australien. 66 lilien] Das französische Bourbonenwappen zeigt drei goldene Lilien auf blauem Grund.

Brief 161 11

den 26 aprill 1802

Wollen Sie theurer Freund den einschluß besorgen und mir bey rüksendung 55 deß Pariser briefs sagen wie Sie sich befinden - ach die Mutter Erde giebt allen ihren Kindern erneute Kräfte Solten Sie Sie vergessen seyn? 10 10 schöne tage - schöne blüthen, frft taußend schöne Sachen - Frau v Schwarzkopf zwillinge - und Sie keine dopelte gesundheit = ich keinen ersaz - sonderbar

26. April 1802

Brief 161 – 26. April 1802

15 15 daß zwey fürtrefliche Freunde

20 20

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30 30

35 35

40 40

von mir - die auch | | beyde meinen Engel Franz liebten - mir manchmal was sagen - beyde so wenig gesundheit haben war es wohl ehmals auch so? weil der wunsch / möge dein Cörper gesund seyn / Wie deine Seele es ist entstund o wie schön wie der Tag seyn - wo ich Sie Sie sehen, u hören werde ich binn wohl - Gott wolle es wie ich es wünsche was für ein Farçe in Paris, ostertag wie bedeutend aber - daß so viel | | mameluken - neben dem Päbstlichen gesandten - u Consulen, und Bischöffen Figurirten, et les mameluk conduisaient les choevaux de main = ich leße einen außzug der Kirchen u Staatsgeschäfte als tragi Comedie der welt! adieu, und alles was Erde leben bestes hat - soll Ihnen nach meinen wünschen werden Ihre alte Freundinn la Roche

45 45

möchten Sie nicht, les Coups d’oeil de Bonaparte sur le Prince hereditaire de W. et sur les envoyès gesehen haben - ? Könnte er |

nicht sagen -

50 50

J’ai changè ce que vous nommes tragi Comedie - en farçe et vous mon ami! ne dires vous pas que la tete m’a tourne

FDH, Sig. Hs-6572 37 46

als] {-}/als\ er] e{*}/r\

|

499

500 1 3

Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum

26 aprill] 26. April. den einschluß] Der Einschluss ist nicht überliefert. Der Zusammenhang ist unklar. 5 Pariser briefs] Der Einschluss ist nicht überliefert. Siehe Zeile 30−35. 10 frft] Frankfurt. 12 v Schwarzkopf] Frau von Schwarzkopf. 12 zwillinge] Gemeint sind Albert und Moritz von Schwarzkopf, die am 15. April zur Welt kamen. Die Zwillinge starben am 25. April, bzw. 22. März 1805. 15 zwey fürtrefliche Freunde] Neben dem Korrespondenzpartner Petersen ist vermutlich der badische Hofrat und Mathematiker Wucherer gemeint (siehe Brief 112 Komm. zu Zeile 6). 21 ehmals] Es ist die römische Antike gemeint. 23f. möge dein Cörper […] Seele es ist] Siehe Brief 100 Komm. zu Zeile 10−14. 26 wie der Tag] wird der Tag. Verschreibung. 30 Farçe in Paris, ostertag] Farçe in Paris am Ostertag. Das am 8. April 1802 von Papst Pius VII. unterzeichnete französische Konkordat beinhaltete die Neuordnung der französischen Kirche. Die Ernennung der Bischöfe des Landes lag von nun an in der Hand des Ersten Konsuls. Fünf Erzbischöfe und neunzehn Bischöfe legten am Ostersonntag, dem 18. April 1802, in der Kathedrale NotreDame in Paris den Treueeid ab. 31−34 wie bedeutend […] Figurirten] Sophie von La Roche mokiert sich über die Anwesenheit einer großen Anzahl von Muselmanen bei der christlichen Zeremonie. 32 mameluken] Bonaparte ließ eine Truppe von Mamelucken aus Ägypten nach Frankreich verschiffen. Die türkischstämmigen Reitersoldaten bildeten seitdem einen Teil seiner Leibgarde. In orientalische Gewändern gekleidet, bewaffnet mit Krummsäbeln, Streitäxten, Keulen und Feuerwaffen gab das kleine Korps ein pittoreskes Bild ab. 32f. dem Päbstlichen gesandten] Gemeint ist der italienische Kardinal Ercole Consalvi (1757−1824), der im Auftrag von Papst Pius VII. bis 1806 den Vatikanstaat in Paris vertrat. 34f. les mameluk conduisaient les choevaux de main] Frz.: „die Mamelucken führten die Handpferde.“ 36f. außzug der Kirchen u Staatsgeschäfte] Gemeint ist „Auszug aus der Kirchengeschichte des Kardinals von Fleury, verf. und mit einigen Reflexionen begleitet von Friedrich II., T. 1, Berlin 1788“. Dem Verleger unterlief im Titel ein Irrtum. Autor ist nicht der französische Kardinal André Hercule de Fleury (1653−1743), sondern dessen Landsmann, der Jurist und Theologe Claude Fleury (1640−1723). Er war Abt von Loc-Dieu und Argenteuil, später hielt er sich als Prinzenerzieher und Beichtvater des jungen Louis XV. am Hof auf. In den Jahren 1691−1720 verfaßte er die zwanzig Bände der „Histoire ecclésiastique“. Sie umfasst den Zeitraum vom Entstehen der Kirche bis 1414 und gilt als erste unvoreingenommene, allgemeinverständliche Gesamtdarstellung (siehe Brief 26 Komm. zu Zeile 34f.). 43 Am Ende der Zeile ein Schnörkel. 44−46 les Coups d’oeil […] et sur les envoyès] Frz.: „Buonapartes Blicke auf den Erbprinz von W. und die Gesandten“. 45 Prince hereditaire de W.] Frz.: „Erbprinz von Weimar“. Erbprinz Carl Friedrich von Sachsen-Weimar hatte Ende Februar 1802 zur Vollendung seiner Er-

Brief 162 – 17. Mai 1802

501

ziehung eine Reise nach Frankreich angetreten. Paris war das Hauptziel der Reise. Es folgte ein Abstecher in den Nordwesten des Landes und ein Aufenthalt in Montpellier. Der Prinz reiste unter dem Namen eines Grafen von Allstedt. Ihn begleiteten Oberhofmeister Ernst Friedrich Wilhelm Freiherr von Wolzogen (1762−1809) und der Kammerherr Major Wilhelm Maximilian von Pappenheim (1764−1815) (vgl. Heinrich Düntzer: Schiller und Goethe. Übersichten und Erläuterungen zum Briefwechsel zwischen Schiller und Goethe. Stuttgart 1859, S. 234; siehe Brief 162 Zeile 5f.). 48−51 J’ai changè […] m’a tourne] Frz.: „Was Ihr Tragikomödie nennt, habe ich in eine Farce verwandelt - und Sie mein Freund! sagen Sie nicht, dass sich mir der Kopf dreht.“ Der fingierte Ausspruch endet in Zeile 49. In den beiden letzten Zeilen wendet sich Sophie von La Roche an ihren Briefpartner.

Brief 162 11

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den 17 may 1802 ist Ihnen mein Würdiger Freund schon von Weimar bekannt worden das Bonaparte dem Erbprinzen von Weimar bey der adienz sagte Er, und die ganze nation sey dem Herzog, seinem Vater sehr verbunden, daß er die Emigrirte so Human aufgenommen habe - wie höflich der große Mann ist Sind Sie wohl - ist es Erbprinz? der auf einem Ball in frank-furt ein mißvergnügen gehabt haben soll. Gott erhalte Sie u Ihre gemütsruhe | | Herrn von lepel wurde heute begraben - wie viel sah ich bey, und in dießem Mann! wie sind fürsten zu bedauren zwischen zwey stimmungen, ihrer ersten diener zu stehen aber fürsten lebten von je her wie alle andre Sterbliche unter dem mond - u müssen sich auch seinen Einfluß gefallen lassen mögen wir alle die stunde, der

17. Mai 1802

502

Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum

mitag Sonne gebrauchen - ist auch wohl da, nur ein moment 30 wo uns kein Schatten trift 30 adieu Sie den ich mit meinem Franz an der Hand sehe - Gott wenn ich zwischen Ihnen beyden, in darmstadt | | den hügel deß lebens hinunter ge 35 35 gangen wäre - keine größere glükseeligkeit hätte gewünscht alte la Roche

FDH, Sig. Hs-6573 19 34 1 5f.

dießem] {k}/d\ießem lebens] leben{d}/s\

17 may] 17. Mai. Erbprinzen von Weimar] Erbprinz Karl Friedrich von Sachsen-Weimar. Siehe Brief 161 Komm. zu Zeile 45. 6 adienz] Audienz. 7−11 Er, und die ganze […] aufgenommen habe] Unter den Emigranten, die Anfang der 1790er Jahre in mehreren Wellen ihr Land verließen, befand sich der ehemalige Präsident der Verfassungsgebenden Versammlung Jean Joseph Mounier (1757−1806). 1795 traf er in Weimar ein. Herzog Carl August förderte seine 1797 in Schloss Belvedere eröffnete Erziehungsanstalt, die bis 1801 bestand. Auch Existenzgründungen anderer Emigrés wurden durch Landesmittel unterstützt (siehe Carl August Böttiger: Briefwechsel mit Auguste Duvau. Hrsg. und kommentiert von Klaus Gerlach und René Sternke. Berlin 2004, S. XVIII; Hans Tümmler: Das Klassische Weimar und das große Zeitgeschehen. Historische Studien. Wien, Köln, Weimar 1975, S. 41−54). Am 26. April 1802 war in Frankreich eine Amnestie für Emigranten verabschiedet worden. 15 ein mißvergnügen] Der Zusammenhang ist unklar. Siehe Brief 163 Zeile 48−52. 17 Herrn von lepel] Joachim Otto Friedrich Freiherr von Lepel (siehe Brief 63 Komm. zu Zeile 28f.). In ihrem Brief vom 23. Mai 1802 an Elisabeth Gräfin Solms berichtet Sophie von La Roche von seinem Dahinscheiden: „[I]ndem daß zurükgetretne Podagra - sich auf die brust sezte u die heftigste Krämpfe gaab“ (SAO, Sig. M24 [208]). 20−30 wie sind fürsten […] Schatten trift] Diese Passage kann als versteckte Anspielung auf die profranzösische Politik des Fürstentums Isenburg-Birstein oder bzw. und der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt interpretiert werden, die von den Briefpartnern nicht gebilligt wurde (siehe Kapitel 3). 31f. Sie den ich […] der Hand sehe] Siehe Brief 8 Komm. zu Zeile 23. 37 Roche] Rechts neben dem Namen ein Schnörkel.

Brief 163 – 31. Mai 1802

Brief 163 11

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den 31 may 1802 Ein ganz abscheulicher Husten u Catharr - hat mich einige tage - an schreiben u leßen gehindert - ich ergreife jezo nun die gelegenheit - Ihnen Mein Schäzbarster - bester Freund - dießen brief mitzutheilen - u nur im vorbeygehen zu sagen - daß ich alle tage, mehr wahrheit in Wielands asertion Finde = alles was möglich ist, im guten, und bösen - im klugen und närrischen muß seyn - denn wird dießes nicht, durch jedes blatt der geschichte vergangner zeiten - u durch die der Heutigen, be- | | wießen - Kirchen u Staaten geschichte, was Sagen u zeigen dieße nicht - O mein Freund! warum komen immer leute, die die Fehler der andren sahen u andre begiengen - hat wieland nicht etwa, denn auspruch, alles muß seyn - auch durch seine schädliche Schriften bewießen - - Gottlob daß Johnson sagte, seit Homer ist keine neue Leidenschaft - erfunden worden u ich sage - seit dem ersten Körnchen Petersil - und Eißenhütel - sind dieße die viele tausend Jahre hindurch gleich in gestalt u wirkung - hier fält mir die idèe deß schädlichen der Eißen hüttel, und, der Helmen zeit ein - könnte | | man nicht vergleich machen? hier, in den lettres West. werden den außzug von Cants Philosophie finden, welche der verfasser dem Bonaparte übergaab vor 4 Tag ist Frau v Wohlzogen von Weimar, ihrem Mann

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31. Mai 1802

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nach Paris gefolgt - u komt im 7br wieder - - Erbprinz v Wlernt tanzen in Paris - ach unsere Ottos - Friederiche - u der Engländer alfred - - stille lieber bey dem radotage der alten Frau, daß miß vergnügen Ihres E. Psoll bey einer dispute - eines seiner Cavalire, mit andren über Politische gegenstände | | gekommen seyn - von Hohenfeld weiß nichts mehr - als daß seine Bischöffe nicht zufrieden sind Catarina von würtenberg erhält also, was ich für amalie von England wünschte - es wird ja schon, an der austattung gearbeitet u die trauung geschieht, in der Pfarrkirche, wie jede bürgerliche trauung - will man haben = dieß ist auch in Reyhe deß möglichen so seyn muß - - O möge auch dießen Sommer noch, Ihr besuch in meiner Hütte auf einige tage zu den dingen kommen, die seyn müssen - o sagen Sie Amen u Gott gebe Ihnen gesundheit dazu über lepel nähstens von alt la Roche

FDH, Sig. Hs-6574 31 34 49

die] {s}/d\ie zeit] {He}/ze\it soll] {wo*}/sol\l

1 31 may] 31. Mai. 8 dießen brief] Der Einschluss ist nicht überliefert. 12 asertion] Assertion. Feststellung. 12−14 alles was möglich […] muß seyn] Siehe Brief 91 Komm. zu Zeile 34. 24 denn] den.

Brief 163 – 31. Mai 1802

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27f. Johnson sagte […] erfunden worden] Der Ausspruch des englischen Schriftstellers, Kritikers und Lexikographen Samuel Johnson (1709−1784) ist in dieser Form nicht nachzuweisen. Im Blick auf Sophie von La Roches eigenwillige Zitierweise (Brief 62 Komm. zu Zeile 2−5) könnte ein Zitat Johnsons gemeint sein, das sein Freund, der Autor James Boswell (1740−1795), in seinem Reisebericht „The Journal of a tour to the Hebrides with Samuel Johnson, London 1785“ wiedergibt: „And there are in Homer such characters of heroes, and combinations of qualities of heroes, that the united powers of mankind ever since have not produced any but what are to be found there.“ (Zitiert nach der 1807 in London erschienenen 4. Auflage, S. 66) 29 Körnchen] Samenkorn. 30 Eißenhütel] Der blaue Eisenhut (aconitum napellus) aus der Familie der Hahnenfußgewächse ist hochgiftig. Das oberste Hüllblatt ähnelt einem mittelalterlichen Helm. 33f. Helmenzeit] Mittelalter. 36 lettres West.] Lettres Westphaliennes. Gemeint ist das Werk „Lettres Westphaliennes, écrites par Monsieur le Comte de R. M. à Madame de H. sur plusieur sujets de philosophie, de littérature et d’histoire, et contenant la description de la Westphalie, Berlin 1797“ des aus Lothringen stammenden Schriftstellers Charles de Villers (1765−1815). Auf S. 132−158 plaudert der fingierte Briefschreiber über die Kantsche Philosophie („Mais quoi, direz-vous, l’on renverse tout; que mettrat-on à la place? Ce qu’on mettra? Rien, madame: la grande muraille.“ „Aber was, werden Sie sagen, man wirft alles um; was wird man an die Stelle setzen? Nichts, Madame, die große Mauer.“ [S. 153]). Villers flüchtete 1792 aus dem revolutionären Frankreich nach Lübeck. Im Frühjahr 1810 erfolgte sein Umzug nach Göttingen, wo er ab 1811 für drei Jahre als Professor an der philosophischen Fakultät lehrte. Er pflegte intensiven persönlichen und brieflichen Kontakte mit der geistigen Elite Norddeutschlands. Die Erschließung und Verbreitung der idealistischen Philosophie Kants bildete einen Schwerpunkt seiner vielfältigen Bemühungen, die französischen Landsleute für die Kultur und Denkweise der Deutschen zu begeistern und sie zu einer Reform auf moralischem und wissenschaftlichem Gebiet anzuregen („Philosophie de Kant: ou principes fondamentaux de la philosophie transcendantale. Metz 1801“). Villers lieferte in den Jahren 1798−1799 über siebzig Beiträge für die in Brief 104 Zeile 40f. genannte Emigrantenzeitschrift „Spectateur du nord“. Die Beigabe ist nicht überliefert. 36f. werden den außzug] werden Sie den Auszug. 37−39 außzug von Cants […] Bonaparte übergaab] Während eines viermonatigen Aufenthalts in Paris 1801 kam es zu einem Gespräch zwischen Villers und dem Ersten Konsul, in dem dieser einen vierseitigen Abriß der Kantschen Philosophie verlangte, der binnen vier Stunden vorliegen sollte. Villers „aperçu rapide“ erschien auf vier Bogen gedruckt als Flugschrift, nicht aber in den „Lettres Westphaliennes“ (siehe Komm. zu Zeile 36). 40 Frau v Wohlzogen] Frau von Wolzogen. Gemeint ist Karoline von Wolzogen (1763−1847), geb. von Lengefeld. Sie heiratete 1785 in zweiter Ehe ihren Vetter, den Weimarer Oberkammerherrn Wilhelm Ernst Friedrich Freiherr von W. 41f. ihrem Mann […] Paris gefolgt] Von Wolzogen war bereits Ende Februar als Begleiter des Erbprinzen Karl Friedrich von Sachsen-Weimar nach Paris gereist (siehe Brief 161 Komm. zu Zeile 45).

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Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum

43 7br] September. 43 Erbprinz v W-] Erbprinz von Weimar. Siehe Brief 161 Komm. zu Zeile 45. 45f. Ottos - Friederiche - u der Engländer alfred] Sophie von La Roche kann folgende Herrscherpersönlichkeiten gemeint haben: Die aus sächsischem Geschlecht stammenden Kaiser Otto I. (912−973), Otto II. (955−983), Otto III. (980−1002), den Stauferkönig Friedrich II. (1194−1250), den Preußenkönig Friedrich II. sowie den englischen König Alfred (um 847−899). 47 radotage] Frz.: „leeres Geschwätz“. 48 E. P-] Erbprinzen. 53 weiß nichts mehr] weiß ich nichts mehr. 53f. von Hohenfeld […] zufrieden sind] Siehe Brief 157 Komm. zu Zeile 36−40. 55 Catarina von würtenberg] Zu Prinzessin Friederike Catharina Dorothea von Württemberg siehe Brief 150 Komm. zu Zeile 49−52. Die hier angesprochene Hochzeit kam nicht zustande. Der Brautwerber wurde nicht ermittelt. Im August 1807 heiratete sie Jérôme Bonaparte (1784−1860). 56f. was ich für amalie von England wünschte] Sophie von La Roche hatte Prinzessin Amalia, Tochter von Georg III., als Braut für Erbprinz Louis von Hessen-Darmstadt gewünscht (siehe Brief 110 Zeile 10 u. Brief 166 Zeile 37−39). 60 Pfarrkirche] Gemeint ist die hochgotische evangelische Stiftskirche in Stuttgart, wo sich die Grabkammern der württembergischen Grafen und Herzöge befinden. 69 über lepel nähstens] Joachim Otto Friedrich Freiherr von Lepel (siehe Brief 162 Komm. zu Zeile 17).

Brief 164 11

den 12 Juny 1802

darf ich, theurer gütiger Freund! um den brief meines Carls bitten 55 der oncle meiner Schwieger tochter Herr v Schmerfeld in Hanau - wünscht so sehr ihn zu sehen nicht wahr Sie vergeben 10 die bitte - u sagen mir, 10 einmal was von Mad Schauer welche so gut in das Englische übersezt adieu

12. Juni 1802

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Brief 165 – 16. Juni 1802

Edler - unendlich geschäzter Freund Gott Seegn Ihr leben auch für alte la Roche

15 15

à| Monsieur Petersen - Conseiller| Intime de la Regence de S. A| S. Monseigneur le landgraffe de| Hesse à| Darmstadt

FDH, Sig. Hs-6576 1 4

12 Juny] 12. Juni. meines Carls] Sophie von La Roches zweitältester Sohn Carl war als königlich preußischer Bergrat und Assessor beim Salzamt von Schönebeck an der Elbe tätig. 5 oncle] Frz.: „Onkel“. 5f. Schwiegertochter] Friederike Eleonore von La Roche, geb. von Stein-Miltiz. 6f. Herr v Schmerfeld in Hanau] Herr von Schmerfeld. Gemeint ist vermutlich Christian Friedrich von Schmerfeld (Lebensdaten nicht ermittelt), der ab 1800 Geheimer Rat und Regierungsdirektor des Hofgerichts, des reformierten Konsistoriums, der Landkasse, der Steuerdirektion und des Witwenkasseninstituts in Hanau war. 11 Mad Schauer] Madame Schauer. Nicht ermittelt. 17f. Schwarzes Siegel.

Brief 165 11

den 16 Juny 1802

schon wieder ein paquet von mir aber der edle gütige Freund vergiebt es, der armen alten 55 Sophie la Roche - und ließt die geschichte dießes paquets mit nachsicht das von Gleims einschluß entstund - da ich ihm schrieb 10 wie ich von Erbprinz von 10 Darmstadt denke - u dazu sezte, daß dießer edel gesinnte Prinz - sein gedicht an Fürsten - gerne geleßen habe - von den

16. Juni 1802

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Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum

15 15 wünschen nach mehr Exp- sagte nichts

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es mag sein vorleßen, ihm die Freude gemacht haben | | ich hoffe unßer geliebter Prinz nimmt dieß nicht übel - u ich ver lasse mich auf Ihre vermitlung / mein Eifer wegen Frau Erbprinzeß von baden ruht auf beyliegendem brief - der Ihnen sagen wird, daß ich die güte welche daß Hauß darmstadt, noch von der Großenlandgräfinn Caroline her mir bezeugte - die Frau Erbprinzeß von baaden auch vor 3 Jahr in Carlsruh bewieße - u ich sagte bey | | den wünschen einer glüklichen reiße nach Rußland - Nb nachdem die Frau Erbprinzeß mich hatte grüssen lassen daß sie mein bey ihrer kayserlichen tochter, gedenken möge - da der unglükliche Krieg u Friede - mir alles nahm - - - ich erhielt dieße antwort - - leiten Sie mich rathen Sie mir ach, es geschah - so viel in Petersburg u Schweden für viele man sagt aber - ihr schmerz sey noch von einer uner- | | meßlichen Stärke - O möge sie Jungs Nachtgedanken leßen hast du Kummer - versöhne dich mit einem Feind thu einem Nothleidenden gutes - so wird dein schmerz weichen - - -

Brief 165 – 16. Juni 1802

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O Freund! den ich auf daß höchste Schäze hätte ich, die alte baaße deß la Roche nicht - meine tochter nicht - zu besorgen ich würde keine Zeile schreiben, als meine 60 60 bücher träume - u keinen laut hören lassen von dem was mich schmerzt u drükt - aber so spreche ich mit denen welchem daß Schiksal gewalt - u vermoggen in die hand gab - rathen Sie mir lieber Freund 65 ich bitte Sie adieu von bedaurens werther 65 la Roche

Gott erhalte den landgraf. u Sohn, ist es daß Sie Münster bekommen sollen

FDH, Sig. Hs-6577 1 2

9

16 Juny] 16. Juni. paquet] Sophie von La Roche leitete die Postsendung des Dichters Johann Wilhelm Ludwig Gleim aus Halberstadt an Petersen weiter (siehe Komm. zu Zeile 13). In Gleims Nachlass befinden sich sechs weitere Briefe von ihr (GHH, Sig. 5537 u. Sig. 3420−3424; siehe Ute Pott: Briefe Sophie von La Roches an Johann Wilhelm Ludwig Gleim. In: Sabine Eikenrodt [Hrsg.]: Freundschaft im Gespräch. Stuttgart 1998 [= Querelles 3], S. 249−257). Die Beigaben sind nicht überliefert. da ich ihm schrieb] Sophie von La Roche schrieb am 12. Mai 1802 an Frau von Elstner (Vorname und Lebensdaten nicht ermittelt), die die Korrespondenz des erblindeten Gleims erledigte: „bitten Sie Gleim - noch um ein paar Exp. seines Raths an Fürsten, und deß Rufs an Engelland […] Er solle seinen Seegen auf die tage deß liebens würdigen Erbprinzen zu darmstadt Legen - welchem ich das Exp- von dem rath an Fürsten gab“ (GHH, Sig. 3422). Der Prinz dankt Gleim in einem Schreiben vom 28. Juli 1802: „Es ist mir unmöglich, Ew. Wohlgeboren das Vergnügen, welches mir Ihre unschätzbare Zusendung vom 6ten Juni verursacht hat , mit Worten zu beschreiben. Ich erhielt dasselbe nebst den Beilagen durch die Güte der Frau von La Roche, […] Es war also dem Verfasser der unsterblichen Lieder eines preußischen grenadiers allein vorbehalten, den schlummernden Genius Germaniens wieder aufzuwecken, wenn es möglich gewesen wäre! Ew. Wohlgeboren sind der Einzige unter den teutschen Dichtern, dessen Patriotismus ebenso rein und bewundernswürdig als seine Gedichte vortrefflich und der Unsterblichkeit gewiß sind. Die Nachwelt wird dieses besser zu erkennen und zu schätzen wissen. Möchten dieselben die Aussaat für das künftige Glück und Ruhm unseres Vaterlandes sein […].“ (Zitiert nach Hermann Bräuning-Oktavio: J. W. L. Gleim und das hessische Fürstenhaus. In: Darmstädter Tagblatt 1911, Nr. 140)

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Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum

sein gedicht an Fürsten] Gemeint ist das im Separatdruck erschienene Gedicht „An Deutschlands Fürsten im Jahr 1800, vom alten Gleim“, wovon sich ein Exemplar im GHH befindet. Darin heißt es : „Fürsten! Wollt ihr fürsten bleiben?/ Lernt, wie Friedrich, Bücher schreiben,/ Oder lesen nur, und sehen./ […] Schloßt ihr euren Fürstenbund,/ Landesväter! Ohne Grund?/ Wärt ihr ihm getreu geblieben,/ ueberall besonnt/ Hätte Deutschland keinen trüben/ Horizont./ In der eintracht Sonenscheine/ Wagte sich kein Spott/ Uebern Rhein, dicht am Rheine/ Sängen wir noch immer: eine/“Veste Burg ist unser Gott.“ (siehe Komm. zu Zeile 2). 14f. von den wünschen […] sagte nichts] In ihrem Brief vom 9. Mai 1802 bestellt Sophie von La Roche sehr wohl „ein paar Exp.“ für den Erbprinzen (siehe Komm. zu Zeile 9). 15 Exp-] Exemplaren. 15 sagte nichts] sagte ich nichts. 16 sein vorleßen] Gemeint ist die Verlesung ihres Briefs (Zeile 9). Ab 1799 verschlechterte sich Gleims Sehfähigkeit. Die 1801 erfolgte Operation konnte die Erblindung nicht aufhalten. 21−29 mein Eifer […] mir bezeugte] Die Erbprinzessin Amalie Friederike von Baden war eine Tochter der „Großen Landgräfin“ Karoline Henriette von Hessen-Darmstadt, die Sophie von La Roche als Autorin der „Geschichte des Fräuleins von Sternheim“ (1771) geschätzt hatte. 23f. beyliegendem brief] Der Einschluss ist nicht überliefert. Es könnte sich um einen Brief der Markgräfin Amalie von Baden handeln. 29−32 die Frau Erbprinzeß […] Carlsruh bewieße] Lies: das die Frau Erbprinzessin von Baden auch vor drei Jahren in Karlsruhe bewies. 34 reise nach Rußland] Siehe Brief 156 Komm. zu 8f. 34 Nb] Nota bene. 37f. kayserlichen tochter] Prinzessin Luise von Baden wurde 1793 mit dem russischen Großfürsten Alexander Romanow verheiratet. Als Alexander I. im März 1801 den Zarenthron bestieg, erhielt sie den Namen Elisabeth Alexejewna. 41f. dieße antwort] Vermutlich handelt es sich um den in Zeile 23f. erwähnten Brief, da das Schreiben der Zarin Elisabeth Alexejewna Petersen bereits bekannt war (siehe Brief 151 Zeile 4f. u. Brief 152 Zeile 5−9). 46 ihr schmerz] Die Erbprinzessin Amalia von Baden trauerte um ihren Mann Karl Ludwig, der am 16. Dezember 1801 während ihrer Reise in Schweden tödlich verunglückte (siehe Brief 156 Zeile 8f.). 49−55 Jungs Nachtgedanken […] schmerz weichen] Gemeint ist Edward Youngs Werk „The Complaint, or Night Thoughts on Life, Death, and Immortality. London 1774“. Siehe Brief 62 Komm. zu Zeile 2−5. 57 die alte baaße deß la Roche] Cordula Frank war zu diesem Zeitpunkt vierundachtzig Jahre alt (siehe Brief 183 Zeile 11 u. Brief 114 Komm. zu Zeile 7). 63 vermoggen] Vermögen. 67f. Die Zeilen stehen kopfständig am oberen Rand der Seite. 68 daß Sie Münster bekommen sollen] Für die linksrheinischen, an die Franzosen verlorenen Gebiete wurde Ludwig X. nach Artikel VII des Reichsdeputationshauptschlusses vom 15. Februar 1803 u.a. mit dem ehemals kurkölnischen Herzogtum Westfalen entschädigt. Die Proklamation der Übernahme erfolgte am 6. Oktober in der Provinzhauptstadt Arnsberg.

Brief 166 – 22. Juni 1802

Brief 166 11

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den 22 Juny 1802 Theurer Edler Freund! ich habe in meinem Lezten Sie um rath gebeten - ob ich nach Frankfort zu der Frau Erbprinzeß von Baaden solte oder nicht - - aber ich habe seitdem nachgedacht - Es wäre zudringlich - die gute Fürstinn ist mit Kummer beladen, ich will keinen dazu legen u mein anblik müßte benah, eine plage für sie seyn - u wo solte, die liebe Frau zeit hernehmen alle zu sehen welche sehen sie wollen - - ich lasse es also, dem | | Himmel u dem eignen wohl wollenden Herzen - denn auch was geschehen solte, ist geschehen also Basta gestern sah eine Engelländrinn welche ich nach den Princessinen Fragte u hörte ja Princess amelia hatte etwas an einem bein, in der ersten jugend - ist aber jezo die schönste der Prinzessinnen - Schlank groß - aüßerst angenehm - und von dem fürtreflichsten Caracter voll Sanftmuth u Nb Geist, man muß sie lieben - wie alle Menschen, welche um sie sind sich glüklich achten - adieu | | theurer Freund! ich wolte nur gerechtfertigt seyn und nun für zwey Fürsten Kinder beten - die ich liebe u sie gerne glüklich sehen möchte wie annette u Lubin -

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22. Juni 1802

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Freies Deutsches Hochstift/Frankfurter Goethe-Museum

warum sagten Sie mir nie daß Sie eine so geschikte über sezerinn in daß Englische in darmstadt haben 45 45 O lassen Sie mich hoffen Sie dießen Sommer noch auf ein paar tage in meiner Hütte zu sehen - denn wie kann ich mit 71 Jahr = noch einen andern Sommer 50 hoffen - beherzigen Sie dießes 50 adieu v alt la Roche

FDH, Sig. Hs-6578 1 6 1 5−7 21 22 23

Juny] Jun{n}/y\ Baaden] Baa{b}/d\en

22 Juny] 22. Juni. nach Frankfort […] solte oder nicht] Siehe Brief 165 Komm. zu Zeile 21−29. Basta] Ital.: „es reicht“. eine Engelländrinn] Nicht ermittelt. Princessinen] Gemeint sind die unverheirateten Töchter des englischen Königs Georg III. Am Hof von Windsor lebten zu diesem Zeitpunkt Augusta Sophie (1768−1840), Elisabeth (1770−1840), Maria (1776−1857), Sophia (1777−1848) und Amalia (siehe Brief 109 Komm. zu Zeile 82). 25−34 Princess amelia […] glüklich achten] Prinzessin Amalia war Mitte der neunziger Jahre zeitweilig an Tuberkulose erkrankt. Sophie von La Roche hatte sich die Prinzessin als Braut für Erbprinz Louis von Hessen-Darmstadt gewünscht (siehe Brief 110 Komm. zu Zeile 3f.; Kapitel 5). 31 Nb] Nota bene. Lat.: „wohlbemerkt“. 37 zwey Fürsten Kinder] Erbprinz Louis von Hessen-Darmstadt verlobte sich im Januar 1803 mit seiner Kusine Prinzessin Wilhelmine Luise von Baden. 40 annette u Lubin] „La nouvelle Annette et Lubin, Pastorale. Paris 1767“ ist der Titel einer Moralischen Erzählung des französischen Schriftstellers Jean François Marmontel. Ihr liegt eine wahre Begebenheit zugrunde, die der adlige Retter des jungen Paars dem Autor in Bezons im Département Val d’Oise erzählte. Annette und Lubin, die verwaisten Kinder zweier Schwestern, bewohnen gemeinsam eine bescheidene Bauernhütte. Mit sechzehn Jahren erwartet das Mädchen ein Kind von ihrem Vetter. Weder der Pfarrer noch der zuständige Beamte wollen den Liebenden die Erlaubnis zur Heirat erteilen. In ihrer Not wenden sie sich an den Landedelmann, der ihnen den Dispens aus Rom beschafft und so ihr Glück bewirkt (Jean François Marmontel: Erinnerungen an Philosophen und Aktricen. Aus dem Französischen übertragen und mit Erläuterungen von Irmgard Nickel. Nachwort von Heide Riedel. Leipzig 1979, S. 412f.; siehe Brief 170 Komm. zu Zeile 4−7.)

Brief 167 – 23. Juni 1802

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42f. geschikte übersezerinn in daß Englische] Gemeint ist die in Brief 164 Zeile 12 genannte „Madame Schauer“. 51 v alt] von alt.

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23. Juni 1802 den 23 Juny 1802

theurester Freund! ich achte mich glüklich, Simpatetisch mit Ihnen gedacht zu haben = da ich Ihnen schriebe, die schon so sehr beschwerte Frau Erbprinzeß von Baaden, nicht mit meiner erscheinung, zu über laden - und das ganze dem Fatum zu überlassen - - wie weit wie sehr weit war ich entfernt die großmuth volle güte der Frau Landgräfin, in dieße sache ziehen zu wollen - dank sey Ihnen Sie sahen näher das wirksame wohlwollen - ich binn durchdrungen von dem gedanken in keiner anzeige sah ich daß Darmstadt - in dem verzeichnis der indemnisationen - und | | die Edelmütige Frau - will mich für meinen sorgen entschädigen helfen - Seegen werde ihren tagen für dieße güte - und mich für den beweiß daß mein glaube, an große schöne Seelen kein traum gebilde war Seegen werde Ihnen theurer Freund - ich sagte es dem Portrait meines Franz gestern abend Mögest du es wissen, was Freund Petersen - deiner Mutter ist - und mögest du lohn für ihn - und wohl für daß ganze

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darmstädtische erbitten ach mein Freund | | Sie glauben, daß mein Schlaf lange zurük gehalten wurde, weil alle Erinnerungen vor meine Seele komen, die mit dem andenken an Franz verbunden sind - unendliches vergnügen werde ich haben wenn Sie mir sagen können daß Fanny gefallen hatt der gute blinde Gleim wird sehr glüklich seyn, daß Ihr vortreflicher Erbprinz mit seinem brief u beylaage zufrieden war es ist schwer ein geschenk für einen blinden zu bestimmen der nun nichts mehr als tasten kann - - denken Sie sich daß unglük deß | | verehrungs werthen Herzog von Ahremberg - dessen Cammerdiener den Er von seinem 9 jahr erzog sich nach einem streit mit dem Herzog erschossen hat wie viele schattierungen von weh - fügen sich zu den Haupt Farben - sagen Sie mir Ihre gedanken über den Rhein - der zur hälfte aqua tophona wurde - der gute alte Rhein - ich binn froh daß Er daß tükische Holland nicht bewässern wolte, der betrug ahndete ihm früh - gestern erzälte obrist trapp, der von Paris kommt, daß 15 meist wege, ein, und außgänge, in dem schloß St. Cloud gemacht - u eben so viel Schildwachen gestelt würden - ist dießes Klugheit? fragte man adieu - adieu u Seegen von alt alt la Roche

Brief 167 – 23. Juni 1802

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FDH, Sig. Hs-6579 21 34 71 1 8

sorgen]  lohn] {h}/l\ohn und] {g}/u\nd

23 Juny] 23. Juni. das ganze] Gemeint ist Sophie von La Roche erneuter Vorstoß hinsichtlich ihrer stornierten Renten und Zolleinkünfte (siehe Brief 109 Zeile 68f.). 19 indemnisationen] Frz.: „Entschädigungen“. Im Frieden von Lunéville am 9. Februar 1801 wurden elsässische Territorien von rund 728 Quadratkilometern an Frankreich abgetreten. Für die Landgrafschaft Hessen-Darmstadt standen Entschädigungsverhandlungen an. In Berlin fand der dortige Gesandte Friedrich August Lichtenberg (1755−1819) diesbezüglich keine Unterstützung, während sein Kollege August Wilhelm von Pappenheim bei Talleyrand in Paris diplomatische Erfolge erzielte. Ende Mai 1802 standen die zur Disposition stehenden Gebiete fest. Hessen-Darmstadt erhielt neben rechtsrheinischen Besitzungen des Mainzer Erzbistums das ehemals kurkölnische Herzogtum Westfalen (siehe Germann: Entschädigungsverhandlungen Hessen-Darmstadts mit Frankreich 1798−1815 [1998], S. 166−172; Brief 175 Komm. zu Zeile 17). 30 Portrait meines Franz] Siehe Brief 60 Zeile 10. 46 daß Fanny gefallen hatt] Gemeint ist ihr zweibändiges Werk „Fanny und Julia oder die Freundinnen“, das 1801/02 in Leipzig bei Heinrich Gräff erschien. 47 gute blinde […] tasten kann] Siehe Brief 165 Komm. zu Zeile 16. 54−60 daß unglük […] erschossen hat] Herzog Ludwig Engelbert von Arenberg lebte in Offenbach. Sophie von La Roche schrieb an Elisabeth Gräfin Solms am 24. September 1797: „ein Cammerdiener, der ihm ließt und ein Medicus umgeben ihn, den schönen leidenden, gefühl vollen mann“ (SAO, Sig. M24 [138]; siehe Kampf: Sophie von La Roche Briefe [1965], S. 72). Siehe Brief 104 Komm. zu Zeile 43−51. 64f. gedanken über den Rhein] Sophie von La Roche spielt auf die seit dem Frieden von Lunéville an Frankreich abgetretenen linksrheinischen Gebiete an. 66 aqua tophona] Ital.: „Toffanisches Wasser“. Ende des 17. Jahrhunderts erfand angeblich eine Sizilianerin mit Namen Toffana einen Gifttrank, der weder in Farbe, Geruch noch Geschmack nachzuweisen war. Nur wenige Tropfen führten bei dem Opfer zu schmerzlosen Siechtum und Tod (Johann Georg Krünitz: Oekonomische Encyclopädie, oder allgemeines System der Haus- und StaatsWissenschaften in alphabetischer Ordnung. Berlin 1838, Bd. 168, S. 171). 67−69 daß Er daß […] ahndete ihm früh] Demokratische Reformen der Patrioten wurden in dem Staatsstreich von 1801 rückgängig gemacht. Das republikanische Holland (Batavische Republik) war in seiner Souveränität durch Frankreich eingeschränkt. 70 obrist trapp] Vorname und Lebensdaten nicht ermittelt. „Hern obrist Trapp welcher mir von Paris schriebe - ist ein gebohrner Sachse war aber in Russischen diensten, unter Potenkim - u zieht noch eine Ehren Pension, von 1200 Roubles“ (Sophie von La Roche an Elisabeth Gräfin Solms am 1. Februar 1802 [SAO, Sig. M24]).

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71−74 15 meist wege […] dießes Klugheit] Das Schloss von St. Cloud lag auf einem Hügel über der Seine im Südwesten von Paris. Nach zahlreichen Besitzerwechseln kaufte es König Louis XVI. für seine Frau Marie Antoinette. Am 9. November 1799 fand dort der Staatsstreich statt, der Napoleons Aufstieg zum Alleinherrscher konsolidierte. Sophie von La Roche wundert sich über die Sicherheitsmaßnahmen, welche der Erste Konsul im Zuge der aufwendigen Umbauten anordnete. Sie waren erste Anzeichen eines neuen, autokratischen Führungsstils. Chateau St. Cloud wurde der glänzende Mittelpunkt des Ersten Empires. Es erhielt u.a. einen Theatersaal und luxuriöse Appartements für Joséphine Bonaparte und deren Hofstaat.

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offenbach den 13 7br 1803 Sie wissen mein würdigster, und gütigster Freund! wie sehr ich Ihre geschäfte, u Ihr Schweigen verehre - aber dießes mal kann ich nicht stille bleiben, sondern wünsche, eine viertel stunde zu trefen wo Sie unter einem baum, oder vielmehr bey der aussicht, auf eine frisch geakerte Flur - an Virgil, und Landbau denken - und auch Ihrer Seele, und Caracter gerne nach Garve zur verschönerung, und verbesserung der Erde helfen Leßen Sie theurer Freund! die beyliegende blätter - sie entstanden, bey dem gespräch über die jezt, der offenbacher gemarkung, so viel näher gerükte Hessen darmstadtische einwirkung, auf | | das beste von so viel tausenden ich sprach mit - was ich sagte bewegte einen aüßerst rechtschafenen Mann mir dießen aufsaz zu schiken natürlich war mein nächster gedanke ihn an Sie zu schiken - und Sie zu bitten - davon zu reden -

13. September 1803

Brief 168 – 13. September 1803

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tretten Sie an des edlen von Großchlag Stelle - Sie werden, bey ihrem Fürsten die hindernis, zum wohlthun und Nuzen des ganzen nicht finden welche der vortrefliche Mann, im Churfürst Erthal Fand - als er die 50=000 morgen land bemessen, und jedem theil haber vorschlagen ließ sie zu ihrem und ihrer unterthanen Ewiger, und bessern benuzung zu vertheilen - - alle waren es auch zufrieden aber weil es von dem edlen | | verhaßten Groschlag kam - weil die andre wußten, daß er es war der die sache veranstaltet habe so wurde es versagt - und seit so vielen jahren - lieber alles öde gelassen - als das gute für so viel hundert Familien befördert O mein theurer würdiger Freund Es ist von der vorsicht für einen guten Fürsten aufbehalten - der macht - und willen vereint darmstadt ist es - und wird da durch, nicht nur der eignen neuen unterthanen sondern auch der nachbarn ihr Eigentlicher Wohlthäter wie oft jammerte mein guter Franz wenn er die öde zerstörte streken gegen dieburg, u offenbach ansah Gott! wenn sein gütiger Fürst - das Fiat zu neuen Fluren | | auspräche - und neue glükliche familien entstünden - Mögen das Wildbadt - und die luft in Auerbach - Ihrer gesundheit wohlthun und der Himmel meine wünsche Für Sie und für das schöne vermächt nis - der guten alten Frau bieger geschenkten gemarkung erfüllen = ich werde so nah bey 73 Jahr nicht mehr lange für mich zu wünschen und bitten haben - mein haupt

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gelübde, sind für die Gute Teutsche Fürsten - und Für Engelland adieu Edler Freund - Gott erhalte 75 und Seegne Sie - und lasse Sie 75 gutes thun = ich sehe die Frau landgräfinn, an einem baum sizen, wie Chateaubourg sie malte und lege ihr neben daß Farren Kraut 80 80 meine verehrung zu füssen für junge Dame Ompteda und Weyehers viel schönes von alter la Roche

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den] {b}/d\en Gute] {t}/G\ute

1 13 7br] 13. September. 10f. an Virgil, und Landbau] Das Lehrgedicht „Georgica“ („Über den Landbau“) des römischen Dichters Publius Vergilius Maro (70−19 vor Chr.) entstand in den Jahren 37−29 vor Chr. 12−14 nach Garve […] Erde helfen] Gemeint ist das Werk „Eigene Betrachtungen über die allgemeinsten Grundsätze der Sittenlehre. Ein Anhang zu der Uebersicht der verschiednen Moralsysteme, Breslau 1798“ des Popularphilosophen Christian Garve (1742−1798). Darin bezeichnet er die Römer „als Mittelspersonen, welche die Cultur und die Wissenschaft der Griechen zu den Einwohnern des westlichen und nördlichen Europas brachten.“ Ihre sittliche Wertschätzung beruhe auf der „Verschönerung der Erde“ (S. 238). 16 beyliegende blätter] Die Beigabe ist nicht überliefert. 23 rechtschafenen Mann] Nicht ermittelt. 24 dießen aufsaz] Siehe Zeile 16. 28−44 tretten Sie […] wurde es versagt] Hessen-Darmstadt wurden mit dem Reichsdeputationhauptschluß neben Westfalen auch Gebiete des aufgelösten Mainzer Erzbistums zwischen Rhein, Main und Neckar zugesprochen (siehe Germann, Entschädigungsverhandlungen Hessen-Darmstadts mit Frankreich 1798−1815 [1998], S. 169). Die seinerzeit von Minister Karl Friedrich Willibald von Groschlag vorgeschlagene Umstrukturierung und Förderung eines nicht näher zu lokalisierenden Landstrichs, welche am Einspruch des Mainzer Kurfürsten Friedrich Karl Joseph Reichsfreiherr von Erthal (1719−1802) gescheitert waren, könnten unter Landgraf Ludwig X. erneut in Angriff genommen worden sein. 49f. Es ist von […] Fürsten aufbehalten] Die Vorsehung bestimmt einen guten Fürsten dazu.

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Brief 169 – 17. November [1803]

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öde zerstörte streken] Vermutlich ist die nordöstlich von Darmstadt gelegene Gegend um Dietzenbach gemeint. Nach einem Wirbelsturm im Sommer 1774, der neben zahlreichen Gebäuden den gesamten Obstbaumbestand vernichtet hatte, kam es lange zu keinem wirtschaftlichen Neuanfang. 59 Fiat] Lat.: „es möge werden“. 63 Wildbadt] Gemeint ist die Heilquelle in der landgräflichen Sommerresidenz „Fürstenlager“. 67 Frau bieger] Nicht ermittelt. 68 geschenkten gemarkung] Die Umstände der Schenkung wurden nicht ermittelt. Der Zusammenhang ist unklar. 73 Engelland] Siehe Kap. 5 u. 6.3. 77f. Frau landgräfinn […] sie malte] Zu dem Miniaturisten Chevalier de Chateaubourg siehe Brief 84 Komm. zu Zeile 2; siehe Abbildung S. 520. 81 junge Dame ompteda] Nicht ermittelt. 81 Weyehers] Weyhers. Vermutlich ist die Schwester oder eine nahe Verwandte von Hauptmann Gustav Alexander von Weyers gemeint (siehe Brief 117 Zeile 15f. u. Zeile 17).

Brief 169 11

17. November [1803] den 17 nobr

Kann ich es wagen - meinem so verehrten, und geliebten Freund Petersen - noch einmal 55 zu schreiben - zu fragen wie Er lebt - und warum Er immer schweigt? O Sie wissen nicht wie weh Sie mir thun - sonst wäre es 10 10 unmöglich, daß Sie nichts hören nichts sehen lassen Ihre alte neu zu bedaurende freundinn vlaRoche nehmen Sie das arme büchelgen gut 15 15 auf - u geben den brief dem H bruder zu leßen, wegen bücher Schiksal - ich bin böße das Gräf 2 theile macht u sie nicht zugleich ausgiebt o schreiben Sie mir! bitte

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Landgräfin Luise von Hessen-Darmstadt (1761–1829). Miniatur gemalt von Chevalier Chateaubourg; siehe Brief 3 u. Brief 168 (Hessisches Staatsarchiv Darmstadt, Georg Biermann und [Albert Erich] Brinckmann [Hrsg.]: Die Miniaturen-Sammlung Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs Ernst Ludwig von Hessen und bei Rhein. Leipzig 1917, S. 55).

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Brief 170 – 27. Februar 1805

FDH, Sig. Hs-6606 17. November [1803] Der Brief enthält zwei Hinweise, die das Entstehungsjahr 1803 plausibel machen. Sophie von La Roche beklagt in Zeile 6f. die Unterbrechung ihrer Korrespondenz. Petersen hatte offenbar nicht auf ihren Brief vom 13. September (Brief 168) geantwortet. Bei dem „büchelgen“ (Zeile 14) handelt es sich um den ersten Band eines zweiteiligen Werks. In Betracht kommt allein das bisher nicht genannte Werk „Liebe-Hütten“, dessen erster Teil 1803 bei Heinrich Gräff in Leipzig erschien. Ein zweiter Teil folgte 1804. 1 17 nobr] 17. November. 13 vlaRoche] von la Roche. 14 das arme büchelgen] Vermutlich handelt es sich um den ersten Teil ihres 1803 bei Heinrich Gräff in Leipzig erschienenen Werks „Liebe-Hütten“. 15 den brief] Der Einschluss ist nicht überliefert. Der Zusammenhang ist unklar. 15 H bruder] Hofprediger Georg Wilhelm Petersen. 17 Gräf] Siehe Kommentar zur Datierung.

Brief 170 11

27. Februar 1805 offenbach den 27 Fbr 1805

wie freute mich, wieder Ihre handschrift gesehen zu haben - theurester bester Freund! O trinken Sie - auf marmontels gesundheit Wasser 55 warum soll teutschland wasser, einem seiner besten Söhne, nicht eben so heilsam seyn - als es Frankreichs Gewäßer den ihrigen waren - Gott seegne jeden tropfen der Ihre brust benezt - Amen ich muß um den düsseldorfer brief bitten welchen 10 Ihnen schikte - aber auch Ihnen danken für nachrichten 10 hätte doch teutschland, noch einen Stein Nassau, um ihn darmstadt - zu geben - der Edle Erbprinz wäre dieses geschenks würdig - - aber daß Fatum ist ein sonderbar ding - und der geist der zeit auch - wissen Sie? daß 15 Wieland - u dießen Sommer francfort besuchen wollen 15 ich hoffe nicht, daß sie mit der prophezeyhung der Gewitter harmoniren werden - es geht schon seltsam genug in francfort zu - Moriz Bethmann u Graf Westphal Duelliren sich - Prinz XVII von Reuss will die 20 Hofdame seiner Schwägerinn heurathen, u die Sache wird 20 zu einem Ritter Roman - - sehr schön u Weitläufig aber mitten unter | |

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dießen begebenheiten allen - wünsche ich nur den nahmen der Römischen Kayserin zu wissen welcher der Senat ein denkmal errichten ließ So eine verschleyerte gränzsäule - mit einem daneben stehenden Storch in weißem marmor hatte - Monfaucon - hat es beschrieben - Mein Sohn Friz = hat dießes werk genommen, nun muß es, in wichtiger Sache entbehren - denn es sollte in England Ein Kupfer gestochen werden wo Ein frauenzimer - dießes bedeütende denkmal zeichnet - um einer braut geschenkt zu werden gränz Steine bewegen sich nie - sind also; end eines lands oder wegs - wie heurath, gränze deß freyen ledigen Stands - eine tugendhaft, bescheidene Schöne Frau - bleibt, in ihrem Hauß, stell ihrer bestimmung, u läßt sich nicht viel sehen - hat sie Kinder zeigt sie mutter sorge u treue wie die Storche alles dießes war, wie ich glaube in Kayserinn Marzia Wenn Sie Monfaucon haben - O mein freund such Sie in denkmalen der Kayßerinnen nach - Frau von Trebra - wohnt biß end Merz | | bey mir - sagt Ihnen dank für Ihre erinnerung und würde sich freuen Sie zu sehen was ich thun würde, ach mein freund dem Himmel für Ihren anblik danken haben Sie dann Marmontel - u den 3theil von Klinger geleßen? adieu Herzlich u tausend Schöns / von alt Sophie la Roche à Monsieur| Monsieur Petersen - Conseiller| Intime de S. A. S. Msgr le| Landgraffe de Hesse| à| Darmstadt| franco

FDH, Sig. Hs-6581 1

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27 Fbr] 27. Februar. Der Prinzenerzieher hatte sich mehrere Monate im Herzogtum Sachsen-Koethen aufgehalten, um dort der 1802 verwitweten Prinzessin Luise, Schwester des Erbprinzen Louis, beizustehen. Auch wenn Zeile 2f. („wie freute mich, wieder Ihre handschrift gesehen zu haben“) auf eine Unterbrechung des Schriftverkehrs hindeuten, ist nicht auszuschließen, dass Briefe aus dem Jahr 1804 existierten, die verloren gegangen oder vernichtet wurden. Über dem Zeilenanfang ein Schnörkel.

Brief 170 – 27. Februar 1805

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4−7 trinken Sie […] ihrigen waren] Petersen plante einen Kuraufenthalt in Karlsbad (Brief 171 Zeile 19). Sophie von La Roche spielt auf eine Stelle aus den Lebenserinnerungen des französischen Schriftstellers Jean François Marmontel an, die im Jahr zuvor (1804) unter dem Titel „Mémoires d’un père pour servir à l’instruction de ses enfants“ in Paris erschienen war. Im fünften Buch schildert der Autor, wie er von immer wiederkehrenden Kopfschmerzen endlich geheilt wurde. Der königliche Stallmeister rät ihm, statt der Abendmahlzeit so viel klares Wasser als möglich zu trinken, um damit den Abfluss der Lymphflüssigkeit aus den Stirnhöhlen zu bewirken (siehe Marmontel: Erinnerungen an Philosophen und Aktricen [1979], S. 290−292; siehe Zeile 49). 9 düsseldorfer brief] Der Zusammenhang ist unklar. 9f. welchen Ihnen schickte] welchen ich Ihnen schickte. 11−13 Stein Nassau […] geschenks würdig] Heinrich Friedrich Karl Freiherr von und zum Stein wurde Ende Oktober 1804 auf Betreiben von Königin Luise zum Finanz- und Wirtschaftsminister ernannt. Beide gehörten der sogenannten Kriegspartei am Berliner Hof an, die einer militärischen Auseinandersetzung mit Frankreich mit Ungeduld entgegensah. Mit ihrem Wunsch, dem Erbprinzen einen anti-napoleonischen Minister an die Seite zu stellen, opponierte Sophie von La Roche gegen die offizielle Landespolitik Hessen-Darmstadts (siehe Kapitel 3). 15 Wieland - u […] besuchen wollen] Vermutlich ist Ludwig Friedrich August Wieland gemeint (Brief 144 Komm. zu Zeile 15). Der Name der begleitenden Person wurde nicht ermittelt. 16f. Prophezeyung der Gewitter] Der Zusammenhang ist unklar. 17 harmoniren] zeitlich übereinstimmen. 18f. Moriz Bethmann u Graf Westphal Duelliren sich] Gemeint ist der Frankfurter Bankier Simon Moritz von Bethmann (1768−1826). Vorname und Lebensdaten von Graf Westphal wurden nicht ermittelt. „[…] wie auch das Säbelduell zwischen dem Grafen Westphal und Moritz Bethmann bei Gelegenheit eines Diners im Hause des letzteren, zu welchem der erstere zu spät kam und, da alle Gäste sich schon zu Tisch gesetzt hatten, wieder fortging. Moritz, der ihn im Kasino anredete: „Ach, mein Freund, warum sind Sie nicht hereingekommen, es war doch noch genug für Sie da?“ - „Ich bin nicht Ihr Freund,“ antwortete Westphal, „sie sind ein eingebildeter Mensch, ein dummer Junge.“ Bethmann geht zu Vater Westphal, um sich über diese Insulte zu beklagen, dieser antwortet: „Mein Sohn ist majorem, ich kann ihm nichts vorschreiben.“ Freunde verwirren die Sache noch mehr und amüsieren sich, die beiden zu einem Duell zu nötigen. Die Waffen werden gewählt, die Säbel gezogen, und Moritz Bethmann wird am Arm verwundet. Die Satisfakzion ist erlangt, und es folgen Umarmungen!“ (Sophie von La Roche an Prinz Friedrich von Sachsen-Gotha-Altenburg am 24. Februar 1805, übersetzt von Ebart: Briefe der Sophie von La Roche an den Prinzen von Gotha-Altenburg [1901], S. 778f.) 19f. Prinz XVII von Reuss […] Schwägerinn heurathen] Am 5. September 1805 schloss Prinz Heinrich Reuss XVII. (1761−1807) mit Babette Beniga von Wenz zum Lahnstein (1775−1838), Tochter von Johann Joseph von W. zu L. und Isabell von Brahm, eine morganatische Ehe. Der Name der Schwägerin wurde nicht ermittelt. „Dieser Roman hat etwas Originelles und Lächerliches und wäre wert, niedergeschrieben zu werden“ (Sophie von La Roche an Prinz Friedrich von Sachsen-Gotha-Altenburg 24. Februar 1805, übersetzt von Ebart: Briefe der Sophie von La Roche an den Prinzen von Gotha-Altenburg [1901], S. 778).

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24−28 den nahmen […] es beschrieben] Gemeint ist das fünfbändige Werk des französischen Benediktinermönchs Bernard de Montfaucon (1655−1741) „L’antiquité expliquée et representée en figures. Paris 1719“ oder die deutsche Übersetzung „Griechische und Römische Alterthümer, welche der berühmte P. Montfaucon ehemals samt den dazu gehörigen Supplementen in zehen Bänden in Folio, an das Licht gestellet hat, Auszugsweise in Deutscher Sprache herausgegeben von M. Johann Jacob Schatzen, mit gelehrten Anmerkungen versehen von Johann Salomon Semlern, dermaligen Doctore und Hochverdientem Professore der H. Schrift, auf der weltberühmten Friedrichs-Universität zu Halle im Magdeburgischen, Nürnberg 1757“. Sophie von La Roche irrt sich in der Quellenangabe. Unter den Beschreibungen von „Leichenbegängnissen, Grabmahlen und Mausoleen“ im 5. Bd. wird eine dergestaltige Marmorsäule nicht erwähnt. Vermutlich trifft zu, was sie in „Schattenrisse abgeschiedener Stunden in Offenbach, Weimar und Schönebeck im Jahr 1799“ (1800) schreibt. „Ich bedauerte nun Verlust eines antiquen Steins, auf welchem das Denkmal der bescheidenen Tugend einer Kaiserin und das Sinnbild ihrer mütterlichen Zärtlichkeit durch eine ganz verschleyerte Bildsäule, einen Storch neben ihr stehend, vorgestellt war -“ (S. 89). Zum Namen der römischen Kaiserin siehe Komm. zu Zeile 41. 29f. nun muß es] nun muß ich es. 30−34 denn es sollte […] zu werden] Die Personen wurden nicht ermittelt. 35−39 gränz stein bewegen […] nicht viel sehen] Die tugendhafte, in dem häuslichen Bereich lebende und wirkende Frau der römischen Antike dient als Vorbild für eine junge Braut des frühen 19. Jahrhunderts. Sophie von La Roches lebenslanges Engagement in der Bildung des weiblichen Geschlechts basiert auf diesem konservativen Rollenverständnis der Frau. 40 Storche] Die Menschen der Antike schätzten den Storch wegen seiner ausgeprägten Brutpflege. „Mit dem Vogel verbinden sich also Begriffe sittlicher Werte und Gefühle der Sympathie.“(Der Kleine Pauly. Lexikon der Antike. Auf der Grundlage von Pauly’s Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaften unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrter und bearbeitet und hrsg. von Konrad Ziegler und Walter Sontheimer. München 1979. Bd. 5, Sp. 381) 41 Kayserinn Marzia] Es kann nicht zweifelsfrei geklärt werden, ob hier Marcia Otacilia Severa Augusta (?−249) gemeint ist, Frau des römischen Kaisers Philippus Arabs (204−249), die seit 244 n. Chr. als „Augusta, mater Caesaris, mater castrorum et senatus et patriae“ angesprochen wurde. Sie besaß das Münzrecht. In der Literatur wird ein Ehrendenkmal erwähnt (Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike. Hrsg. von Hubert Cancik, Helmuth Schneider und Manfred Landfester. Stuttgart 1999, Bd. 7, S. 854; siehe Komm. zu Zeile 24). 42 Monfaucon] Siehe Komm. zu Zeile 24−28. 43 Frau von Trebra] Siehe Brief 155 Komm. zu Zeile 4. 45 sagt Ihnen dank für Ihre erinnerung] Der Zusammenhang ist unklar. 49 Marmontel] Siehe Komm. zu Zeile 4−7. 49f. 3 theil von Klinger] dritten Teil von Klinger. Gemeint ist der 3. Teil des Werks „Betrachtungen und Gedanken über verschiedene Gegenstände der Welt und der Litteratur, nebst Bruchstücken aus e. H.s. [einer Handschrift, Anm. P.S.]“ des deutschen Dichters und Dramatikers Friedrich Maximilian von Klinger (1752−1831), das von 1803-1805 mit fingierten Verlagsorten („Cöln“ und „St. Petersburg“) und Verlegernamen (Peter Hammer junior und senior) erschien. Verle-

Brief 171 – 29. April 1805

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ger war der Rigaer Buchhändler Johann Friedrich Hartknoch (1749−1789). Klinger hielt sich von 1780 bis zu seinem Tod in hoher administrativer und militärischer Position in Petersburg auf. Zu einigen seiner Aphorismen finden sich Parallelen im Denken der alternden Sophie von La Roche: seine Ablehnung der idealistischen Philosophie Kants und Fichtes („Die Menge ist, wird und muß der empirische Plebs bleiben, und die hochfliegenden Philosophen sind nur dann lächerlich und inkonsequent, wenn sie glauben, ihn sich nachziehen zu können oder zu müssen - und noch mehr, wenn sie glauben, ihre hohe oder tiefe Speculation könne ja bedeutenden Einfluß auf das Wohl der Menschen haben.“ Aphorismus Nr. 313; vgl. Brief 95 Zeile 59) sowie seine Auffassung, dass der Zivilisierungsprozess der Menschheit immer wieder durch Rückfälle in die Barbarei gehemmt wird und somit zyklisch verläuft (Aphorismus Nr. 45 und Nr. 53; vgl. Brief 89 Zeile 40−45 u. Brief 98 Zeile 27−31) und die negative Beurteilung des aufgeklärten Intellektuellen im Gefüge der Macht (Aphorismus Nr. 14; vgl. Brief 40 Zeile 54). 53f. Schwarzes Siegel, Postzeichen: R.1. FRANCFORT.

Brief 171 11

29. April 1805 den 29 april 1805

theurer verehrter Freund! ich bitte leßen Sie - u geben Herrn bruder - dieße blätter zu leßen 55 über welche, eine prophezeyhung zu haben wünschte - denn die arme Dame will daß werk in teutschland druken lassen - Sie können nicht glauben wie dießes mich embarassirt, da ich 10 10 stetts rath geben soll die Dame war Gouvernante der Herzoginn von Gotha - u nahe baaße deß in ostindien geweßenen obrist Polier ich dachte sie, seit 4 Jahr tod, u nun 15 15 kommt Sie von Paris mit dießem Werk Sie kommen Sie nicht auf die Messe? und arme alte la Roche - Sieht sie ihren beßten edelsten Freund nicht ehe er nach Carlsbad geht? 20 20 Fürst Carl Isenburg, ist mager u traurig zu uns gekommen, verdient aber von Ihnen gesehen zu werden Seegen, verehrung für Sie u flehen um erscheinung in der hütte von laRoche

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FDH, Sig. Hs-6582 1 29 april] 29. April 3f. Herrn bruder] Hofprediger Georg Wilhelm Petersen. 4 dieße blätter] Die Beigabe ist nicht überliefert. Siehe Komm. zu Zeile 6. 6−15 die alte Dame […] diesem Werk] Zu Elisabeth Marianne de Polier siehe Brief 117 Komm. zu Zeile 13. Sie diente als Ehrendame an den Höfen SachsenMeiningen und Nassau-Weilburg, nicht aber am Hof von Sachsen-GothaAltenburg. Ihr letztes Werk über die Mythologie der Hindus basierte auf Aufzeichnungen ihres aus Indien heimgekehrten Vetters Kolonel Antoine Louis Henri de Polier (Brief 41 Komm. zu Zeile 32). Sophie von La Roche sollte vermutlich einen Verlag empfehlen. Vier Jahre später erschien es in zwei Bänden unter dem Titel „Mythologie des indous; travaillé par Mdme. La Chnsse. De Polier, sur des Manuscripts autentiques apportés de l’Inde par feu Mr. le Colonel de Polier, Membre de la Societé Asiatique de Calcutta. 2 Theile. Rudolstadt, Paris 1809“. Ein Rezensent des Buchs in der Jenaischen Allgemeinen LiteraturZeitung (Nr. 150, 28. Juli 1812, Sp. 162) kritisiert insbesondere die „mangelnden Vorkenntnisse der Herausgeberin“. 9 embarassirt] Verlegenheit bereitet. 11f. Herzogin von Gotha] Vermutlich ist Prinzessin Charlotte Amalie von Sachsen-Meiningen (1751−1827) gemeint, die 1772 mit dem Regierungsantritt ihres Mannes Ernst II. von Sachsen-Gotha (1745−1804) den Rang einer Herzogin erhielt (siehe Komm. zu Zeile 6−15). 16 Messe] Gemeint ist die Frankfurter Frühlingsmesse. 19 Carlsbad] Es konnte nicht ermittelt werden, ob und zu welchem Zeitpunkt Petersen eine Reise in den böhmischen Kurort Karlsbad antrat. 20f. Fürst Carl […] uns gekommen] Vermutlich war Fürst Karl Friedrich von Isenburg-Birstein aus Straßburg zurückgekehrt, wo eine Unterredung mit Napoleon stattgefunden hatte. 21 verdient aber von Ihnen gesehen zu werden] Der Prinz war um 1780 Schüler der Pfeffelschen „École militaire“ in Colmar gewesen, in der Petersen zu diesem Zeitpunkt als Lehrer angestellt war (siehe Kapitel 2).

Brief 172 11

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30. April [1805] den 30 april

theurer Freund! Sie sind so Krank - - O schonen Sie sich dieße Witterung ist grausam Sie sollen das gute Werk mich noch einmal mit Ihrer gegenwart zu beglüken

Brief 173 – 14. Mai 1805

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nur in recht guter Witterung vornehmen, biß dorthin ist 10 10 auch Fürst Isenb. auf dem land Gott gebe Ihnen, in jedem momennt erleichterung und jedem tropfen Ihres badwassers den Seegen wie ich 15 15 Schiken Sie mir die Notices wieder es war nur um H- bruder von was Sonderbares, zu unterrichten, daß ich Sie damit plagte - bald mehr von der Heut gejagten la Roche

FDH, Sig. Hs-6617 14

ich] {**}/ich\

30. April [1805] Eine Datierung auf das Jahr 1805 ergibt sich aus drei Briefstellen, die auf ihr Schreiben vom Vortag, dem 29. April 1805 (Brief 171 Zeile 21), Bezug nehmen (siehe Komm. zu Zeile 9f., 13 u. 15). 1 30 april] 30. April. 9f. biß dorthin ist […] auf dem land] Petersen wollte ein Zusammentreffen mit Fürst Karl von Isenburg-Birstein vermeiden (siehe Brief 171 Zeile 21). 13 badwassers] Petersen beabsichtigte, zur Kur nach Karlsbad zu reisen (siehe Brief 171 Zeile 19). 15 Notices] Frz.: „Anmerkungen“. Sophie von La Roche bezieht sich auf die in Brief 171 Zeile 4 erwähnten „blätter“ der Stiftsdame Elisabeth Marianne de Polier. 16 H- Bruder] Hofprediger Georg Wilhelm Petersen. 19 Roche] Nach dem Wort ein Schnörkel.

Brief 173 11

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14. Mai 1805 offenbach den 14 may 1805

theurer verehrter Freund! wie gerne würde meine ganze Seele sich bestreben einen Wunsch von Ihnen, eine bitte zum besten leidender zu erfüllen - ich schreibe an jemand - wegen Ihrem gestrigen brief - aber an H- von H. h - f-ld selbst. kann - wegen seit Jahren daurendem schweigen

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mich nicht wenden - - Eigene ursachen, die nicht mit dinte gesagt werden können, sind daran 10 10 Schuld - ein brief von mir, kann nicht wirken. Edler lieber Freund! möchten Sie wissen, was ich in dießer gelegenheit leide - indem alles unglük meiner Familie, erneut vor mir steht = der Himel Seegne Sie! in allem, auch besonders 15 15 in Ihrer gesundheit - aber der Geist dießes monats ist nicht günstig - wenn doch nur die nachricht wahr wäre - daß die Spanisch u Franz Flotten durch Engländer geschlagen - mit großem verlust in die mündung des tagus bey lisbonne 20 20 flüchteten tausend, und aber tausend Schöns an würdige Fraül von Bode - - von alter la Roche

FDH, Sig. Hs-6583 1 14. May] 14. May. 4 zum besten leidender] Nicht ermittelt. Der Zusammenhang ist unklar. 5 ich schreibe an jemand] Nicht ermittelt. 6 H- von H. h. f-ld] Herrn von Hohenfeld. 6−10 aber an H- […] kann nicht wirken] Die Umstände, die zum Bruch mit dem vertrauten Freund Christoph Willibald von Hohenfeld führten, sind nicht erforscht (siehe Brief 57 Komm. zu Zeile 19−22). 7−13 wegen seit Jahren […] vor mir steht] Gemeint ist die Entlassung Georg Michael Frank von La Roches aus kurtrierischen Diensten, die mithin auch den gesellschaftlichen Abstieg der Familie bedeutete. 16−20 wenn doch nur […] bey lisbonne flüchteten] Ende März 1805 war es einem Geschwader der Französischen Flotte unter Führung des Vizeadmirals Pierre Charles de Villeneuve (1763−1806) gelungen, die englische Blockadeflotte vor Toulon zu durchbrechen. Zusammen mit den aus dem Hafen von Cádiz befreiten spanischen Schiffen steuerte er die Karibik an, wohin die englische Flotte unter Admiral Nelson gelockt werden sollte. Dieser passierte wegen ungünstiger Winde erst am 7. Mai die Straße von Gibraltar, um die Verfolgung aufzunehmen. Die von Sophie von La Roche kolportierte Nachricht entsprach demnach nicht den Tatsachen. Die Auseinandersetzung der Seestreitkräfte war der erste Akt der von Napoleon geplanten Großoffensive gegenüber dem Inselstaat. Villeneuve sollte vor den Engländern in den Ärmelkanal zurückkehren und zusammen mit den Flottenteilen, die noch vom Feind blockiert im Hafen von Brest ankerten, eine Invasion Englands decken. Die Entscheidung brachte die Seeschlacht vor Kap Trafalgar am 21. Oktober 1805, bei der Nelson die französische und spanische Flotte besiegte (Brief 175 Komm. zu Zeile 30f.).

Brief 174 – 6. September 1805

22 22

Fraül von Bode] Fräulein von Bodé. Zu Caroline von Bodé, Hofdame der Landgräfin von Hessen-Darmstadt, siehe Brief 73 Komm. zu Zeile 6. Am Zeilenende ein Schnörkel.

Brief 174 11

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6. September 1805 offenbach den 6 7br 1805

O mein Freund! was für eine Freude machte mir die Zeile in Ihrem brief - Sie würden bey gebeßerter witterung hieher 55 kommen - O kommen Sie! es ist kein Prinz und kein H- v amerong hier und ein sehr reinlich Gut bett, Hochachtung, verehrung u freundschaft erwarten Sie! mich freut, Sie lachen 10 gemacht zu haben - Sie sehen den Herzog 10 in Frankfort bey dem Ballon - O kommen Sie nach bitte von alt la Roche à Monsieur| Monsieur Petersen - Conseiller| Intime de S. A. Msgr le landgrafe| de Hesse Darmstadt| à| Darmstadt

FDH, Sig. Hs-6584 9 11 1 5

Sie] {de}/Si\e Frankfort] {S*}/Fr\ankfort

6 7br] 6. September. kein Prinz] Gemeint ist der ab 1803 regierende Fürst Karl Friedrich von Isenburg-Birstein (siehe Brief 172 Zeile 10). 6 H- v amerong] Herr van Amerongen. Joost Baron Taets van Amerongen (siehe Brief 128 Komm. zu Zeile 17−19). 9f. mich freut, Sie lachen gemacht zu haben] Sophie von La Roche bezieht sich auf ein Gespräch oder eine Passage in einem nicht überlieferten Brief. Ihr letztes Schreiben an Petersen datiert vom 14. Mai 1805 (Brief 173). 10f. Herzog in Frankfort] Nicht ermittelt. 11 bey dem Ballon] Am Nachmittag des 12. September stieg der Franzose André Jacques Garnerin (1769−1823) mit einem Ballon von der außerhalb der Stadt Frankfurt gelegenen Pfingstweide auf. Acht Jahre zuvor war er als erster Luftschiffer aus dem schwebenden Ballon ausgestiegen und in dem kleinen Korb

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eines Fallschirms stehend sicher gelandet (siehe Karin Berst: Kupferstiche und Bücher aus den Anfängen der Ballonfahrt. Eine Sammlung des Landgrafen Ludwig X. In: Otto Weber: Die Erben des Ikarus. Lichtenberg und die Anfänge der Ballonfahrt. Ober-Ramstadt 1983, S. 23−58). 13f. Schwarzes Siegel, Poststempel: R.1. FRANCFORT.

Brief 175 11

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10 10

15 15

20 20

25 25

30 30

8. Dezember 1805 offenbach den 8 xbr 1805

O mein theurer verehrter Freund! wie gütig beweißen Sie mir, daß Scharfsinn des Geists und edle gesinnung deß Herzens zu gleicher zeit in voller wirksamkeit seyn können. da Sie alles im großen sehen, und beurteilen, was auf dem weiten welt theater vorgeht - und dabey die innige Freude nicht vergessen, welche Ihre Freundschaft mir, seit so viel Jahren, wie ein fortdaurendes blumen, und Frucht gewinde, zu verschönerung meines Lebens weyhte - haben Sie, Edel gesinnter rechtschafner mann tausend dank! daß Sie nie die alte mutter von Franz la Roche vergaßen und mich zur Erbinn, aller güte machten, welche er von Ihnen zu hoffen hatte - was würde dießer, mit Geist und Herzen leiden, wenn er von der höhe deß Forsts Starkenburg - die Gegend von Darmstadt betrachtete! Sie was leiden Sie? denn indignation ist ein großer Schmerz, für einen edel denkenden o man mag und kann, nicht weit um sehen, nicht laut denken - Napoleon hat nicht allein in materieller welt - Gipfel der höchsten Gebirge erniedrigt | | Er macht es den Politischen Größen eben so - u überall findt er tausend handlanger dazu, in allen Classen - - Gott Schüze, und erhalte Alexander von Rußland vor den wirkungen der list - des neids, u der treuloßen - - von welchen es wimmeln muß wie glüklich ist England, durch einen Nelson geweßen aber der Sieg selbst vergoß thränen - sagen Sie -

Brief 175 – 8. Dezember 1805

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Armer Erzherzog Carl - armer vortreflicher Johann Gott schüze auch Euch! Ungarn - rächt eine ungerecht versagte bitte, sehr empfindlich - - 35 35 wenn östreich hätte vermuthen können, daß die unüber legte verfertigte Haus Krone - so schnell mit dörnern gefüttert seyn würde, die rathgeber, der kleinen Eitelkeit, hätten das Gold zu zalung der Coupons verwendet, und dem Hauß dadurch dopelt wahre Ehre 40 40 und Freunde erhalten - - Gott! was für ein Civil - was für militaire, in Haben Sie je Joriks nachgelaßne werke geleßen? adieu ich muß Enden - O erhalten Sie Ihre gesundheit niemand verdient dießes Opfer theurer Freund glauben Sie der alten la Roche 45 à Monsieur| Monsieur Petersen - Conseiller| Intime de la Cour de Hesse| à| Darmstadt| Franco

FDH, Sig. Hs-6585 1 8 xbr] 8. Dezember. 2−15 O mein theurer […] hoffen hatte] Sophie von La Roche dankt für Petersens Besuch oder sein Glückwunschschreiben anlässlich ihres 75. Geburtstages am 6. Dezember. 16f. von der höhe deß Forsts Starkenburg] Gemeint ist der Schlossberg bei Heppenheim an der Bergstraße. Die ehemalige kurmainzer Festungsanlage der Starkenburg war seit 1765 verlassen und verfiel mit den Jahren. Erst 1803 blickte man von dort auf hessen-darmstädtisches Territorium. Mit dem Reichsdeputationshauptschluß erhielt Ludwig X. als Entschädigung für die elsässischen Verluste neben dem Herzogtum Westfalen neue Landesteile auf der rechten Seite des Rheins, darunter das ehemals Mainzische Oberamt Steinheim und die Besitzungen der ehemaligen Abtei Seligenstadt. Die Neuerwerbungen erhielten die Bezeichnung „Provinz Starkenburg“ (siehe Karenberg: Entwicklung der Verwaltung in Hessen-Darmstadt [1964], S. 22−26). 18f. Sie was leiden […] edel denkenden] Nachdem die hessen-darmstädtischen Vertreter ohne jede Schutzgarantie gegenüber Frankreich aus Berlin zurückgekommen waren, sah sich Landgraf Ludwig X. zum Jahresende gezwungen, seine Situation neu zu überdenken. Eine Annäherung an Frankreich war unausweichlich. Sie wurde am 10. Januar 1806 durch Absendung eines Bevollmächtigten an Napoleon endgültig vollzogen. Petersen registrierte diese Entwicklung. Da er seine Empörung („indignation“) nicht frei äußern durfte, fühlte er den Ingrimm eines ohnmächtigen Zuschauers (siehe Brief 179 Komm. zu Zeile 4−11, Brief 181 Komm. zu Zeile 6 u. Kapitel 3).

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20−26 o man mag […] allen Classen] Diese allgemein gehaltene, kritische Formulierung könnte auch auf die Politik Hessen-Darmstadts abzielen. Mit „tausend handlanger“ (Zeile 25) könnten die Mitglieder der erstarkten Franzosenpartei bei Hof gemeint sein. Die geschichtswissenschaftliche Forschung selbst tat sich bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts schwer, die Entscheidung des Landgrafen, den Reichsverbund zu verlassen und in das napoleonische Lager überzuwechseln, unter realpolitischen Aspekten zu betrachten (Dieterich: Die Politik Landgraf Ludwigs X. [1910], S. 417−453; siehe Kapitel 3). 27 Alexander von Rußland] Zar Alexander von Russland hatte am 2. Dezember in der Schlacht von Austerlitz durch Napoleon eine vernichtende Niederlage erlitten. Bei dem am 25. Dezember geschlossenen Frieden von Preßburg wurde Russland nicht beteiligt, da seine Truppen bei den Kampfhandlungen völlig aufgerieben wurden. Es bleibt ungeklärt, ob Sophie von La Roche sechs Tage nach der Schlacht über deren Ausgang informiert war. Sollte das nicht der Fall gewesen sein, so spielt sie hier auf die chronische Instabilität der autokratischen Gewalt im Zarenreich an. Innenpolitisch suchten der Zar Alexander I. und seine Berater Reformen einzuleiten, von denen nicht bekannt war, ob sie in die Grundlagen der Leibeigenschaftsordnung eingreifen würden. Außenpolitisch rangen Staatsmänner, die sich nach England oder Frankreich orientierten, sowie ausländische Diplomaten um Einfluss in Petersburg. Der Zar verbesserte einerseits das unter Paul I. zerrüttete Verhältnis zu England, andererseits nahm er mit Napoleon aktiven Einfluss auf die Umgestaltung im Heiligen Römischen Reich (Reichsdeputationshauptschluß von 1803). Nach der Erschießung des Herzogs von Enghien am 21. März 1804 (Brief 183 Komm. zu Zeile 16f.) fühlte sich Alexander I. immer mehr als Beschützer der legitimen Monarchien Europas und nahm schließlich am Krieg der dritten antifranzösischen Koalition teil, der mit der anfangs genannten Niederlage der russisch-österreichischen Armeen endete. 30f. wie glüklich […] vergoß thränen] Am 21. Oktober 1805 kam es am Kap Trafalgar zur entscheidenden Seeschlacht zwischen England und seinen Gegnern Frankreich und Spanien. Unter dem Kommando des Vizeadmirals Horatio Nelson trugen die Briten einen überlegenen Sieg davon. Nelson erlag am Nachmittag des Kampftages seinen Verwundungen an Bord des Flaggschiffs „Victory“. 32 Armer Erzherzog Carl - armer vortreflicher Johann] Die Schlacht von Austerlitz fand statt, bevor die beiden Brüder des deutschen Kaisers Franz II., Erzherzog Karl (1771−1847) und Erzherzog Johann (1782−1859), mit ihren Verstärkungstruppen am Kampfort in Mähren eintrafen. 33f. Ungarn - rächt […] sehr empfindlich] Die ungarische Aristokratie empfand es als tiefe Kränkung, dass Kaiser Joseph II. die ihm angetragene ungarische Königswürde ablehnte, die ungarische Stephanskrone hingegen nach Wien überführen ließ. 1790 kam es zum Ungarnaufstand (siehe Thomas Bogyay: Grundzüge der Geschichte Ungarns. Darmstadt 1967, S. 125f.). 35f. die unüberlegte verfertigte Haus Krone] Bei der Ausrufung des Kaisertums Österreich im Jahr 1804 trug Kaiser Franz I. von Österreich die zur österreichischen Hauskrone bestimmte Krone Kaiser Rudolfs II. (1552−1612). 36−40 so schnell mit […] Freunde erhalten] Der Zusammenhang ist unklar. 38 Coupons] Frz.: „Zinsschein“. 41 in] Vermutlich ist hier in Hinblick auf Zeile 35−40 „Österreich“ oder „Wien“ zu ergänzen.

Brief 176 – [Ende 1805/Anfang 1806]

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Joriks nachgelaßne werke] Gemeint sind „Yoriks nachgelaßne Werke. Aus dem Engl., Leipzig 1771“ des englischen Autors Laurence Sterne. Die deutsche Übersetzung stammte von dem Leipziger Privatgelehrten Johann Gottfried Gellius (1732−1781) (siehe Brief 145 Komm. zu Zeile 37f.). Schwarzes Siegel, Poststempel: R.1. FRANCFORT.

Brief 176 11

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[Ende 1805/Anfang 1806]

Theurer gütiger Freund!

nehmen Sie doch die Liebreiche mühe dieße blätter in müßigen Stunden durchzugehen, und mir 55 nur einige worte darüber zu sagen - es sollen Spar pfennige meines Lebens werden adieu man eilt mit allem Sie leßens allein - doch wenn 10 10 Sie finden das der H bruder nüzlich wäre so können Sie es ihm mitheilen - ich verlasse mich auf Ihren Caracter den ich verehre 15

Sophie La Roche

FDH, Sig. Hs-6618 [Ende 1805/Anfang 1806] Der Brief kann nur mit Vorbehalt auf Ende 1805 oder auf Anfang 1806 datiert werden. Mit den in Zeile 3 genannten Papieren könnten Manuskriptseiten ihres letzten, 1806 veröffentlichten Werks „Melusinens Sommer-Abende“ gemeint sein, das in Sophie von La Roches Briefen an Petersen bisher noch nicht erwähnt wurde. 3 dieße blätter] Am 21. März hatte Wieland „den Brief Sophie von La Roches vom 18. März 1806 erhalten, in dem seine alte Freundin berichtet, sie habe eine neue Arbeit ‚Die Abendstunden der Fräulein Melusine von Blonberg‘ beendet und brauche dafür einen Verleger; [Wieland hatte, Anm. P.S.] umgehend geantwortet, sich zur Revision des Manuskripts sowie auch zur Beschaffung eines Verlegers erboten und sich bereit erklärt, falls sie es wünsche, seinen Namen als Herausgeber des Werkes auf das Titelblatt drucken zu lassen.“ (Starnes: Wieland [1987], Bd. 3, S. 233). Die Beigabe ist nicht überliefert. 10 H Bruder] Hofprediger Georg Wilhelm Petersen schrieb Rezensionen ihrer Werke (siehe Kapitel 2.4).

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Brief 177 11

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10 10

15 15

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8. [Januar] 1806

offenbach den 8 des jahrs 1806 Ich muß Ihnen so gleich, für Ihren lieben brief von Gestern antworten, und Sie wegen der entdekung, der ursache Ihres marternden Kopfweh innigst zu bitten - doch auf mittel zu sinnen, Ihren Kopf vor aüßerlicher Kälte zu Schüzen - sonst wird selbst die hülfe deß Carlsbads meinem theuren edlen Freund! nur so lang, die starke ausdünstung daurt nüzen die Perukenmacher Kunst, ist zu einem grad vollkommen heit gediehen, welche Ihnen eine warme deke versichert ohne daß Ihre so schön bedeutungs volle Physiognomie dabey leiden würde - Sie schaffen sich dann einen vorrath unterkäpgen, von Fein dichtem Flanell aus England, u trügen sie immer - oder auch käppgen von papier de St Joseph - die so leicht und dünne sind, kein gepolster zu machen, u wir wissen papier den zugang der luft, am sichersten hindert ich litte lang, an einer art Gicht schmerzen, an meinem Kopf besonders gegen den naken zu - ließ oft zu ader endlich hielt meinen kopf sehr warm, und verlohr die bängstigten schmerzen völlig - O mein theurer Freund! verwerfen Sie den Rath nicht, ich bitte Sie vor dem Himmel, und allen guten, vernunftsvollen Menschen darum - erhalten Sie dem liebenswerthen und geschäzten Erbprinzen, den wahren, edlen geistvollen Freund welchen Er nach drohungen so ich hörte, so sehr zum trost nöthig haben wird - da unser | | teutschland einen strengen befehlhaber erhalten haben soll - was hatte östreich - für leute um sich! o mein Freund nun ist ein Enkel, deß alten Stadions, Minister der aus wärtigen Geschäfte - der mag zu arbeiten haben alle riße, und lüken außzubeßern - Er hat als gesandter in Schweden - England - Berlin, u Petersburg vergleichspunkte gesamlet haben - - der Himmel gebe heilsame benüzung - Einst sollte ein Stadion Cardinal, u premier Minis. in wien werden - - aber da waren schöne teutsche zeiten - Nb für den adel besonders adieu the Post of honor, is a Private Station -

Gott erhalte Sie theurer würdiger Freund! hier ein brief von neuem fürsten paar -

Brief 177 – 8. [Januar] 1806

40 40

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armer Erzherzog Carl - zu was der bewunderte rükzug? - o Fatum! unßer Fürst Carl, wird viel thun u wenden sagt man - - adieu von alt la Roche Edle gesunde Seele meines Freunds! Sorge für das wohl - seines Cörpers!

FDH, Sig. Hs-6586 8 1 4 7

starke] {**}/st\arke

8 des jahrs] 8. Januar des Jahres. marternden Kopfweh] Siehe Kapitel 2. hülfe des Carlsbads] Gemeint ist der vorjährige Kuraufenthalt Petersens im böhmischen Heilbad Karlsbad (siehe Brief 171 Zeile 19). 8 die starke ausdünstung] Gemeint ist die Reaktion des Körpers auf die bis zu 73 Grad heißen alkalischen Glaubersalzquellen, die in der Karlsbader Trinkoder Badekur Anwendung fanden. 13 unterkäpgen] Die Papierkappe wurde als wärmendes Polster unter dem Hut oder Perücke getragen. 14 papier de St Joseph] papier de Saint Joseph. Es handelt sich hierbei um ein weiches, transparentes Seidenpapier, das früher auch „Joseph-Seiden“ genannt wurde (vgl. Hans Kotte: Welches Papier ist das? Unter Mitarbeit von Heinz Fiedler u.a. Stuttgart 1959, Bd. 1, S. 18). 25 drohungen] Zu verstärkten innenpolitischen Spannungen kam es zum Jahresbeginn, als französischen Truppen unter General Augereau die Landgrafschaft besetzten. Erbprinz Louis’ politische Gesinnung war anti-französisch. Wie seine Mutter, die Landgräfin Luise, gehörte er der Preußenpartei bei Hof an. Beide standen somit zu diesem Zeitpunkt in Opposition zur offiziellen Landespolitik (siehe Kapitel 3). 29−33 nun ist ein Enkel […] gesamlet haben] Zu Johann Philipp Graf von Stadion siehe Brief 67 Komm. zu Zeile 65. 34−36 Einst sollte ein Stadion […] teutsche zeiten] Gemeint ist Franz Conrad Reichsgraf von Stadion (1679−1757). 1753 wurde er zum Fürstbischof von Bamberg geweiht. Er war der älteste Halbbruder des Mainzer Konferenzministers Friedrich von St., des Ziehvaters von Georg Michael Frank von La Roche. 35 Minis.] Minister. 36 Nb] Nota bene. Lat.: „wohlbemerkt“. 37 the Post of honor, is a Private Station] Der Satz entstammt der 4. Szene im 4. Akt der 1712 entstandenen Tragödie „Cato“ des englischen Poeten und Schriftstellers Joseph Addison (1672−1719). Dort spricht der prinzipientreue, gerechtigkeitsliebende Staatsmann der späten römischen Republik Marcus Porcius Cato (95−46 v. Chr.): „Content thyself to be obscurely good. When vice prevails, and impious men bear sway, the post of honor is a private station“ („Beschränke Dich darauf, heimlich gut zu sein. Wenn das Laster überwiegt und

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pietätlose Männer ihre Macht ausüben, beschränkt sich die Ehre auf den privaten Bereich“). Der Kontext, in dem das Zitats steht, war Petersen offenbar bekannt, denn nur so konnte er die Anspielung auf die Tagespolitik Darmstadts und die versteckte Warnung Sophie von La Roches verstehen (Zeile 38). Sie mahnte ihn zur Vorsicht in dem von den Franzosen besetzten Land (siehe Brief 175 Komm. zu Zeile 20–26; siehe Kapitel 3). Sie führt den Ausspruch Catos wiederholt in Brief 181 Zeile 30 an. 39 hier ein brief von neuem fürsten paar] Der Einschluss ist nicht überliefert. Vermutlich handelt es sich um einen Brief des Erbprinzenpaars von HessenDarmstadt. 40f. armer Erzherzog […] bewunderte rükzug] Die österreichischen Truppen unter Erzherzog Karl mussten sich nach dem gescheiterten Versuch, die Lombardei zu erobern, in das Friaul zurückziehen (siehe Brief 175 Komm. zu Zeile 32−40). 41f. unßer Fürst Carl […] sagt man] Erzherzog Karl wurde am 10. Februar 1806 zum Generalissimus ernannt. Er drang auf innenpolitische Reformen, die Franz II. jedoch nicht in die Tat umsetzte. Auf seinen Vorschlag wurde Kabinettsminister Franz de Paula Karl Graf von Colloredo-Waldersee (1736−1806) entlassen und Außenminister Johann Philipp Joseph Graf Cobenzl (1741−1810) durch Johann Philipp Graf von Stadion ersetzt. 43f. Edle gesunde […] seines Cörpers] Siehe Brief 100 Komm. zu Zeile 11−14.

Brief 178 11

den 10 -

Nur eine Zeile von Frankf wiz - man habe einen löwen in der luft gesehen welcher in einer 55 braze eine Gelbe Rübe, in der andren eine Spargel hielt u auf die Stadt herunter drohte - als der Preußische Adler auf ihn geflogen kam 10 u ihn verjagte - - 10 der franz Comandant der in meiner Stube war - sagte aber Frankfort wird nichts retten sie sind zu Stolz u haben zu viel 15 Propos über die Republik geführt 15 auch augereau sehr beleidigt | | und ihr millionaire Moriz Bethmann, den sie abschikten wird sich nicht gut aufgenommen

10. [Januar 1806]

Brief 178 – 10. [Januar 1806]

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20 20 finden - eben auch für propos.

die Einwohner wünschen wenn es seyn soll darmstadt zu gehören - Amen sag ich Prinz v. Isenburg ist von Bona 25 25 parte - sehr gut aufgenommen u soll alle hoffnung haben sein ansuchen erfüllt zu sehen adieu guter lieber Freund! bitte um latin über lavater u daß 30 30 blatt von herder zurük - sie sind nicht mein alte laRoche

FDH, Sig. Hs-6612 10. [Januar 1806] Den Anhaltspunkt für die Datierung des Briefs auf den Jahresbeginn 1806 gibt die in Zeile 2−10 erwähnte akute Bedrohung der Stadt Frankfurt am Main durch die in Friedberg stationierten preußischen Truppen. 1 den 10 -] den 10. Januar 2 Frankf] Frankfurter. 5 braze] Tatze. 5 Gelbe Rübe] Karotte. 2−10 man habe einen […] ihn verjagte] Die Allegorie imaginiert den möglichen Ausgang der damaligen angespannten politischen Lage. Das Haus HessenDarmstadt erhebt Anspruch auf den Besitz der Freien Reichsstadt Frankfurt: Der hessische Löwe präsentiert die Landesfarben Rot und Weiß mit orangeroter Mohrrübe und weißem Spargel in seinen Tatzen. Preußen, symbolisiert durch sein Wappentier, den Adler, jagt Darmstadt die Beute ab. „Seit der Jahreswende kursierte in der Landgrafschaft das Gerücht, daß Preußen Frankfurt okkupieren werde. Darüber hinaus war bekannt, daß preußische Truppenteile Friedberg besetzt hielten und weitere Truppen in der Stärke von 9000 Mann in Gießen erwartet wurden.“ (Germann: Entschädigungsverhandlungen Hessen-Darmstadts mit Frankreich 1798−1815 [1998], S. 258) 11 der franz Comandant] der französische Kommandant. Nicht ermittelt. 13 Francfort wird nichts retten] Die französischen Besatzer erpressten 4 Millionen Franken von den Bürgern Frankfurts. Mit der Ratifizierung der Rheinbundakte im Juli 1806 verlor die Stadt ihren Status als Freie Reichsstadt. 15 Propos] Frz.: „Äußerungen, Absicht“. 16 augereau] Marschall Pierre François Charles Augereau wurde in Darmstadt von Ludwig X. zuvorkommend empfangen (siehe Brief 145 Komm. zu Zeile 63), da man eine kriegerische Auseinandersetzung mit Preußen im eigenen Land vermeiden wollte. August von Pappenheim trat erneut in hessendarmstädtische Dienste und wurde umgehend nach Paris entsandt (siehe Brief 175 Komm. zu Zeile 18f.).

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17f. ihr millionair moriz bethmann] Simon Moritz Bethmann leitete das in Frankfurt ansässige Bankhaus von europäischem Rang. Als einflussreicher Finanzier und erster Bürger der Stadt übernahm er mehrfach diplomatische Missionen für seine Vaterstadt. So verhandelte er 1798 erfolgreich in Regensburg hinsichtlich der Kirchengüterverteilung (Wilfried Forstmann: Simon Moritz von Bethmann 1768−1826. Studien zur Frankfurter Geschichte. Frankfurt am Main 1973). 21−23 die Einwohner […] zu gehören] Eine Eingliederung Frankfurts in die Landgrafschaft kam nicht zustande, da Napoleon die Messestadt dem Fürstprimas des Rheinbundes Carl Theodor von Dalberg zuteilte (vgl. Germann: Entschädigungsverhandlungen Hessen-Darmstadt 1798−1815 [1998], S. 280). 24 Prinz v. Isenburg] Prinz von Isenburg. Karl Friedrich von Isenburg-Birstein. 24−27 Prinz v. Isenburg […] erfüllt zu sehen] „[D]urch Zuspruch Minister Talleyrand’s nämlich war Fürst Karl von Isenburg ohne Rücksprache mit seinem Minister oder seinen Mitständen als erster des rechtsrheinischen Adels in den französischen Dienst getreten. Noch vor Abschluß des Rheinbundes nahm ihn Napoleon, ohne seine Leistungen besonders zu schätzen, in die Ehrenlegion auf und verlieh ihm kurz darauf die Rheinbundsouveränität. Dies war eine wirkungsvolle Demonstration der Karrieremöglichkeit im französischen Dienst und der damit verbundenen politischen Protektion durch den obersten Kriegsherren.“ (Bernd Müller: Das Fürstentum Isenburg im Rheinischen Bund. Vom Territorium zum Staat. Büdingen 1978, S. 244) 29 latin über lavater] Siehe Brief 147 Komm. zu Zeile 66. 30 blatt von herder] Es bleibt ungeklärt, welches Schriftstück oder Druckwerk Johann Gottfried Herders gemeint ist.

Brief 179 11

1. Februar 1806 offenbach den 1 Februar 1806 -

theurer würdiger Freund! ich bitte, nur um eine zeile, die mir sage - daß Sie ungeachtet deß schmerzen der indignation - und ungewißheit 55 leidentlich wohl sind Gott erhalte Sie, in Kraft der gesundheit, um die neue entwiklung eines Chaos zu beobachten ach vielleicht können Sie mit einem fingerzeig gutes auf zukunft wirken 10 dem himmel sey dank, daß dieße idèe, gewiß 10 auf Sie wirkt - adieu guter, vortreflicher Mann! o wünschen Sie mit mir - daß der Geist von Groß hofmeister Stadion - auf seinen würdigen Enkel ruhen und ihm auch, die dauerhafte gesundheit, mitheilen möge 15 15 zu anfang der 1750 iger jahre, sollte ein Stadion Cardinal u Minister in wien werden - wie verschieden waren

Brief 179 – 1. Februar 1806

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damals Wien, und Rom von jezigen zeiten zwar hat Napoleon, die wiener Minister, mit abnahme der vielen Provinzen, von viel arbeit befreyt 20 Stadion war Gesandter in Schweden - England - Berlin, und 20 Petersburg - hat also viel vergleichs punkte - Seegen ruhe auf ihm adieu - sonst sage zu viel - also nur noch verehrung, und wünsche für Sie - u Erbprinzen immer alte von la Roche 25 25 bitte H- Bruder, um wielands erscheinungs buch für eine Dame zurük o Lucian über das lachen der Götter!

FDH, Sig. Hs-6587 14 18

ihm] {***}/ihm\ mit] {*}/m\it

1 1 Februar] 1. Februar. 4−11 schmerzen der […] auf Sie wirkt] Petersen litt physisch und psychisch unter der angespannten politischen Situation in der Residenz. Napoleon hatte die Entlassung van Oyens zur Bedingung für ein Freundschaftsbündnis gemacht. Eine Rückkehr des vormals entlassenen Ministers Barkhaus-Wiesenhütten konnte von der Landgräfin verhindert werden, dafür reiste von Pappenheim mit neuen Direktiven nach Paris (siehe Kapitel 3). 12−17 daß der Geist […] von jezigen zeiten] Siehe Brief 177 Komm. zu Zeile 34−36. 18f. zwar hat Napoleon […] arbeit befreyt] Nach der verheerenden Niederlage in der Schlacht von Austerlitz (2. Dezember 1805) musste Österreich am 26. Dezember im Frieden von Preßburg große Gebietsverluste hinnehmen. So fielen u.a. die Grafschaft Tirol und Teile des Vorarlbergs an das Kurfürstentum Bayern und der Breisgau an Baden. Venetien, Istrien und Dalmatien wurden in die Cisalpinische Republik eingegliedert. 20f. Stadion war […] vergleichs punkte] Siehe Brief 177 Komm. zu Zeile 31−33. 25−27 Die Zeilen stehen in der linken unteren Ecke des Blatts. 25 H- Bruder] Hofprediger Georg Wilhelm Petersen. 26 erscheinungs buch für eine Dame] Ende Juni 1805 hatte Wieland in Weimar dem abreisenden Friedrich Heinrich Jacobi für Sophie von La Roche ein Exemplar seines jüngsten erschienenen Werks „Euthanasia, drey Gespräche über das Leben nach dem Tode, veranlasst durch D. I. K. W**LS, Geschichte der wirklichen Erscheinung seiner Gattin nach ihrem Tode, hrsg. von Chr. M. Wieland. In: C. M. Wieland: Sämmtliche Werke. Bd. 37. Leipzig 1805“ mitgegeben (vgl. Starnes: Wieland [1987], 3. Bd., S. 210 u. S. 212). Sophie von La Roche dankt Wieland in ihrem Brief vom 15. Juli 1805 (GSA, Sig. 93/III 3, 16 [Nr. 5]). Wieland lässt darin das Freundespaar Selmar und Wilibald sowie dessen Schwes-

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ter Blandine über die erste Auflage eines 1804 anonym erschienenen Buches diskutieren, womit er in der Folge weitere satirische, aber auch ernsthafte Gegenschriften hervorrief. Der Titel der Originalschrift lautet: „Meiner Gattin wirkliche Erscheinung nach ihrem Tode. Eine wahre unlängst erfolgte Geschichte für jedermann zur Beherzigung und vorzüglich für Psychologen zur unpartheiischen und sorgfältigen Prüfung dargestellt von D. J. K. W. Chemnitz 1804“. Autor war der Leipziger Buchhändler und Verleger Doktor Johann Karl Wötzel (1742−1806). o Lucian über das lachen der Götter] Sophie von La Roche bezieht sich auf Wielands Übersetzung der Werke des antiken griechischen Satirikers Lukian von Samosata (um 120−nach 80) (Lucians von Samosata Sämtliche Werke. Aus dem Griechischen übersetzt und mit Anmerkungen und Erläuterungen versehen von C. M. Wieland. 6 Bände. Leipzig 1788−1789“). Über das Treiben der Götter und Menschen bricht die auf dem Olymp versammelte Götterversammlung in unendliches Gelächter aus. So berichtet Merkur dem Apollo, wie es Vulkanus gelang, seine ungetreue Frau Venus in den Armen ihres Liebhabers Mars zu fesseln. Er ruft die Götter zusammen, um sie zu Zeugen seines Glücks im Ehestand zu machen. „O zum Jupiter, er steht dabei und lacht noch lauter als alle andern!“(Bd. 2, S. 124)

Brief 180 11

55

10 10

15 15

13. Februar 1806 offenbach den 13 Fbr 1806

theurer würdiger Freund! möge H- von ameronguen Sie wohl antrefen, Er freut sich Sie zu sehen, und er verdient das edle glük, weil Er selbst wohldenkender Mann ist, und Sie zu schäzen weißt Er wird Ihnen auf meine bitte, von wohlthätigen Pastillen eines Holländischen arztes sprechen, welche ihm selbst und nun, zwey andern guten leidenden männern außerordentlich wohlgethan haben - verwerfen Sie es nicht gleich, ich bitte, und beschwöre Sie theurer vorgezogner vorzüglicher Freund! dieße Pastillen wirken gegen Gicht und Hemorodial weh - es mag verborgen seyn, wo es will - daß diese H- es anders fühlten als Sie, daß tükische Gicht - war natürlich bedenken Sie es ich bitte leben, ist mit gesundheit verbunden, in Ihrem alter eine Hauptsache - um das gutes geschehe, welches nur Sie thun können Frau landgräffinn hatt mir durch fürstinn Isenburg, äußerst gütige sachen sagen lassen, ich danke morgen dafür - -

Brief 180 – 13. Februar 1806

20 20

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amerongen

weiß ganz interessante sachen - tauschen Sie, die Ihre mit ihm, und lassen uns hoffen Sie bald zu sehen u zu hören - adieu Herzlich, und wünsche für bestes deß Erbprinzen und Sie dünkt es Sie nicht wie mich - das die große in teutschland Napoleon zum spaß, das spiel, nur 4 Eken, und 5 H- spielen wo einer lauscht 25 wie eine Eke zu haschen ist - - 25 O wer Nelson - Corwallis u Pitt - offenherzig von allem sprechen hörte! - - gewiß es muß den klügsten Elysier interessiren man sagt, es steh Hessen Cassel - ein Chagrin bevor - ein hoffrath der sonst in Casselscher Cassa schöpfte - hat ein Falli von 800 fl gemacht m glükzu 30 leben Sie doch um die entwiklung des neuen Chaos zu sehen, edler 30 braver Mann! Seegen von Ihrer alten Freundinn von la Roche à Monsieur| Monsieur Petersen Conseiller Intime| de S. A. S. Monseigneur le Landgraffe, de| Hesse Darmstadt| à| Darmstadt

FDH, Sig. Hs-6588 27 1 2

Elysier] El{i}/y\sier

13 Fbr] 13. Februar. H- von ameronguen] Der in Offenbach ansässige Holländer Joost Baron Taets van Amerongen war der Überbringer des Briefs (siehe Brief 128 Komm. zu Zeile 17−20). 7 Holländischen arztes] Nicht ermittelt. 12 Hemorodial weh] Hämorrhoidalleiden. 13 diese H-] diese Herren. 16f. um das gutes […] nur Sie thun können] Die Bemerkung zielt auf die politische Situation am Darmstädtischen Hof (siehe Brief 175 Komm. zu Zeile 18f.; Kapitel 3). 18 fürstinn Isenburg] Gemeint ist Fürstin Charlotte Auguste von IsenburgBirstein, die zeitweise im Residenzschloss in Offenbach lebte. 20 amerongen] Siehe Komm. zu Zeile 2. 24 5 H-] 5 Herren. 24f. das spiel, nur […] zu haschen ist] Der mehrmalige Ländertausch während der Napoleonischen Kriege, wie er jüngst zum Jahresende 1805 beim Frieden von Preßburg erfolgte, kam in ihren Augen einem Kinderspiel gleich (siehe Brief 179 Komm. zu Zeile 18f.).

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Nelson - Corwallis u Pitt] Drei staatstragende Persönlichkeiten Großbritanniens waren in jüngster Vergangenheit gestorben: Admiral Horatio Nelson 1805 (siehe Brief 175 Komm. zu Zeile 30f.), der General und Vizekönig von Indien Charles Cornwallis (1738−1805) und der zweimalige Premierminister William Pitt (1759−1806). 27 Elysier] In der griechischen Mythologie bewohnen die unsterblichen Götter und auserwählte Helden die elysischen Gefilde am Westrand der Erde. 28 Chagrin] Frz.: „Kummer“. 28 Ein hoffrath] Nicht ermittelt. 29 Falli] Faillissement. Frz.: „Bankrott“. 29 800 m fl] 800.000 Florins. 32f. Schwarzes Siegel.

Brief 181 11

offenbach den 28 Fbr 1806

dank - dank mein würdiger und theurer Freund - für Ihren lezten schönen, und 55 thatsachen vollen brief - nicht daß ich, dieße Sachen schön fände - Nein Ihr Geist - Ihre art davon zu reden sind schön - und dem Himmel sey dank, daß es noch weßen giebt 10 wie Sie - denn was ist aus der 10 berühmten moralischen Welt geworden, seitdem die Franz- Revolution aus der unglüks Schachtel der Pandora gekommen ist - doch alles ist nicht 15 so arg - als verwandte die auf 15 untergang Sinnen - Menschen denen tausend guts geschah treuloß wurden Haben Sie je was häßlichers - als die ideen gegen Darmstadt | | 20 20 und die liste, der verurteilten in Wien gesehen - und die beweggründe zu alle dießen Schandthaten? O mein Freund! leßen Sie in einer ruhigen Stunde Hallers Gedicht

28. Februar 1806

Brief 181 – 28. Februar 1806

25 25

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35 35

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50 50

55 55

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über die Ehre - Sie werden schöne gute Strophen besonders auch die finden O Seelig wen sein gut geschike - - welches so fein mit Mistr Shmit, stimmt

the post of honnor, is in a private Station -

und jezo sage ich - meine, sichere Frühlings tage, werden die seyn wo ich den hell, und richtig sehenden Freund P- sehen u hören werde aber da kommt noch Schnee - aber der wird schmelzen haben Sie mit ameronguen - über Pastillen gesprochen? Sorgen Sie gut für sich! Gott Seegne | | alle welche Ihnen zu gesundheit helfen - und die gerechte feinde welche einsehen wie unrecht Darmstadt behandelt wird! usingen wird gedroht - Weilburg soll es nicht erhalten Ach was wird dann, aus der Hülfe für arme trirsche dienerschaft lernt Herr des Wielands antwort auf die närische Erscheinung der frau nach dem Tod außwendig? fräulein von Haake möchte es gerne Auch leßen, bitte also innig darum Sie vergebens - u sagen haben Sie wiener liste, u das große Hasard Spiel? sonst schike sie. frau landgräfinn hat mir, mit alle ihrer Grazie u güte geantwortet - daß Schiksal möge meinen wünschen | | Für das wohl, deß besten Freundes Petersen in Darmstadt so antworten Sagen Sie amen - theurer freund der alten la Roche

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FDH, Sig. Hs-6589 1 6

28 Fbr] 28. Februar. dieße Sachen] Sophie von La Roche hatte von Petersen mündlich oder schriftlich Details zu den neuesten Entwicklungen der hessen-darmstädtischen Landespolitik mitgeteilt bekommen. Ludwig X. hatte in den vergangenen Monaten vergeblich auf militärischen Schutz von Seiten Preußens gewartet. Unter der drohenden Gefahr der von Süden einrückenden französischen Truppen mit Marschall Augereau an der Spitze fiel am 10. Januar die Entscheidung, erneut eine Allianz mit Frankreich einzugehen. Der eilig nach München entsandte Oberst von Moranville sollte Napoleons Zorn über die 1805 erfolgte Entlassung des frankophilen Ministers von Carl Ludwig von Barkhaus-Wiesenhütten besänftigen und ihm die Waffenbereitschaft Darmstadts zusagen. Damit war die Bedingung für die spätere Mitgliedschaft Hessen-Darmstadts im Rheinbund gegeben (Kapitel 3). 11−14 moralischen Welt […] Pandora gekommen ist] Siehe Kapitel 3 u. 6. 12 Franz-] Französische. 15−19 als verwandte […] gegen Darmstadt] Nicht ermittelt. Es bestanden dynastische Beziehungen zwischen dem Haus Hessen-Darmstadt und einer ganzen Reihe von europäischen Höfen. 20−22 die liste der verurteilten […] dießen Schandthaten] Möglicherweise bezog sich Sophie von La Roches Äußerung auf die gerichtliche Aburteilung österreichischer Geldfälscher, deren Betrügereien auf internationaler Ebene bereits im Vorjahr aufgedeckt worden waren. In der Hessen-Darmstädtischen privilegierten Land-Zeitung vom 4. März 1804 heißt es dazu: „Straßburg, 25. Februar. Der während des französisch-österreichisch. Kriegs suspendierte Prozeß wegen der verfälschten Wiener Banknoten wird, seit Bekanntmachung deß Preßburger Traktats [Friede von Preßburg vom 26. Dezember 1805, Anm. P.S.], wieder mit Thätigkeit betrieben. So viel man aber jetzt erfährt, wird nur gegen die für schuldig erklärten Franzosen eine Strafe verhängt werden. In Ansehung der Ausländer spricht der Spezial-Kriminalgerichtshof nur über die Schuldbarkeit der Beklagten. Diejenigen Ausländer, welche er für überwiesen erklärt, werden an ihre respektiven Regierungen ausgeliefert.“ 24f. Hallers Gedicht über die Ehre] Gemeint ist ein Jugendgedicht des schweizer Gelehrten Albrecht von Haller mit dem Titel „Über die Ehre. Als Herr D. Giller den Doctorhut annahm 1728“, das in der 11. Auflage der Sammlung „Versuch Schweizer Gedichte. Bern 1777“, S. 8−20 abgedruckt ist. Die erste Strophe lautet „Geschätztes Nichts der eitlen Ehre!/ Dir baut das Altertum Altäre./ Du bist noch heut der Gott der Welt:/ Bezaubernd Unding, Kost der Ohren,/ Des Wahnes Tochter, Wunsch der Thoren,/ Was hast Du dann, was uns gefällt?“. 28 O Seelig wen sein gut geschike] Siehe Komm. zu Zeile 24f. Sie zitiert den Anfang der viertletzten Strophe „O selig, wen sein gut Geschicke/ Bewahrt vor grossem Ruhm und Glücke,/ Der, was die Welt erhebt, verlacht;/ Der frey vom Joche der Geschäfte,/ Des Leibes und der Seele Kräfte/ Zum Werkzeug stiller Tugend macht.“ (S. 19) 29 Mistr Shmit] Mister Smith. 29f. Mistr Shmit […] private Station] Sophie von La Roche irrte sich in der Zuschreibung des Zitats. Vermutlich hielt sie Adam Smith (1723−1790), Professor

Brief 182 – 5. März 1806

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für Moralphilosophie der Universität Glasgow, für den Verfasser. Es entstammt vielmehr der Tragödie „Cato“ (4. Akt, 4. Szene) des englischen Schriftstellers Joseph Addison; siehe Brief 177 Komm. zu Zeile 37. 34 Freund P-] Freund Petersen. 37f. über Pastillen gesprochen] Siehe Brief 180 Zeile 6-14. 41−43 die gerechte feinde […] Darmstadt behandelt wird] Der Zusammenhang ist unklar. Möglicherweise besteht ein Bezug zu Zeile 15−19. 44f. usingen wird […] nicht erhalten] Die Unsicherheit über die endgültige Neuordnung der Nassauischen Fürstentümer endete mit der Ratifizierung der Rheinbundakte Mitte Juli in Paris. Das durch Zusammenlegung entstandene Herzogtum Nassau wurde von den Vettern Friedrich August von Nassau-Usingen (1738−1816) und Friedrich Wilhelm von Nassau-Weilburg (1768−1816) gemeinsam regiert. 47 arme trirsche dienerschaft] Als Witwe des kurtrierischen Konferenzministers spielt sie auf ihre eigene ungesicherte Versorgunglage an. Georg Michael Frank von La Roche hatte durch Zahlungen in die Witwenkasse von Ehrenbreitstein für ihre finanzielle Absicherung nach seinem Tod gesorgt. Mit der Besetzung Triers durch die Franzosen im Sommer 1794 wurden die Zahlungen eingestellt. Auf Beschluss der Kaiserlichen Kommission sollten sie in der Folge vom Fürstentum Weilburg aufgebracht werden (siehe Brief 183 Zeile 12−15). 48 Herr] Lies: Herr Bruder. Hofprediger Georg Wilhelm Petersen. 48−50 des Wielands antwort […] Tod außwendig] Sie hatte bereits vier Wochen zuvor um Rückgabe von Wielands jüngstem Werk „Euthanasia, drey Gespräche über das Leben nach dem Tode“ gebeten (Brief 178 Zeile 25f.). 50f. fräulein von Haake] Nicht ermittelt. 54 wiener liste] Siehe Komm. zu Zeile 20−22. 54f. das große Hasard Spiel] Glücksspiel. Möglicherweise sind hier Noten der einaktigen Oper „Das Hasardspiel“ des italienischen Komponisten Angelo Tarchi (1760−1814) gemeint, die am 24. Oktober 1804 im Theater an der Wien uraufgeführt wurde. 56f. frau landgräfinn […] güte geantwortet] Vermutlich ist ein Dankschreiben der Landgräfin Luise bezüglich ihres 45. Geburtstags am 15. Februar gemeint.

Brief 182 11

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den 5 merz 1806 Theurer gütiger Freund! O trösten Sie mich über die unbesonnenheit, mit welcher wegen Wielands Euthanasia, etwas sehr unartiges gegen herrn bruder schrieb nehmlich - das buch wieder zu schiken wenn er es auswendig wisse daß war, des Schäzbaren Mannes

5. März 1806

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10 10 unwürdig - und meiner auch

15 15

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ich hoffe - mein stets in allem edler Freund, hat seinem H- bruder nichts davon gesagt - wenn aber sagen Sie auch - daß ihn mit reue um vergebung bitte - Sie auch innigst O sagen Sie mir vergebung, nur in einer zeile! bitte bitte! ist es wahr? das Erbprinz von Darmstadt Hanau zu Residenz bekomme? O mein theurer - theurer Freund! wie schnell sind hoffnungen, schöner Stunden für den abend meines lebens aufgeblüht - da ich gewiß | | glaube Sie folgen, dem Edlen lieben Fürsten nach - mein Gott etwas Gutes muß doch auf einer Seitte entstehen - wie herrlich wäre dießes nachdem aus der unseeligen Schachtel der Pandora, noch so vieles weh auf teutschland kam -- die nachricht aber kann nicht glauben - das H- v B- zweymal gebeten wurde - die minster stelle wieder zu nehmen - u zweymal es versagte mögen nur Sie in gesundheit, auf alles dießes sehen, alles hören und Ihr feines lächlen dabey, Ihnen wohl thun adieu Edler richtig sehender Freund ich muß nach Petersburg, an General trosson schreiben - qui etait Capitaine du Genie

à Coblence - et actuellement occupè, à reconstruire einen Canal, welchen Peter der große erbaute

um das asophische, Caspische, und Baltische Meer mit einander zu verbinden - zugleich aber die gewehr Fabrik in thula dirigirt, welche alle 45 45 wochen ein ganzes regiment bewafnet - Sie sollen | | dießen u andre briefe leßen, welche Ihnen vergnügen geben werden Sind Sie nicht auf Fox arbeit im departement d’afaires etrangeres begierig 50 50 adieu verehrter theurer Freund! von alt Sophie la Roche

Brief 182 – 5. März 1806

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FDH, Sig. Hs-6590 1 5 merz] 5. März. 3−10 trösten Sie […] meiner auch] Sie entschuldigt sich für die Keckheit, mit der sie in ihrem letzten Schreiben Wielands Werk „Euthanasia“ zurückgefordert hatte (Brief 181 Zeile 48−50). 6 herrn bruder] Hofprediger Georg Wilhelm Petersen. 19 Hanau zu Residenz bekomme] Sophie von La Roche gibt hier ein Gerücht wieder. Die kurhessische Grafschaft Hanau-Münzenberg stand wie das Stammland unter französischer Militärverwaltung. Kurfürst Wilhelm I. von HessenKassel wurde ausgewiesen und ging Anfang November 1801 ins Exil nach Schleswig. 31 H- v B-] Herr von Barkhaus. Siehe Brief 179 Komm. zu Zeile 4−11. 31−33 H- v B- zweymal gebeten […] es versagte] Nach der Niederlage der Preußenpartei am Hof war der entlassene Minister Carl Ludwig von Barkhaus Wiesenhütten (1761−1823) durchaus bereit, erneut in darmstädtische Dienste zu treten. Seine Wiedereinstellung, die von französischer Seite begrüßt worden wäre, scheiterte am entschiedenen Widerstand der Landgräfin Luise. Nachdem seine eigenmächtig unternommenen diplomatischen Aktivitäten in München und Paris ihm weder auf hessen-darmstädter noch auf französischer Seite ein Amt einbrachten, zog B.-W. sich ins Privatleben zurück (Germann: Die Entschädigungsverhandlungen Hessen-Darmstadts mit Frankreich 1798−1815 [1998], S. 262f. u. S. 270; Kapitel 3). 32 minster stelle] Ministerstelle. 38f. nach Petersburg, an General trosson] Gemeint ist der französische Festungsbauingenieur Christian von Trosson (auch Trousson, 1742−1813), General in russischen Diensten unter Katharina II., Paul I. und Alexander I. Sophie von La Roches freundschaftliche Verbindung zu ihm ging auf die gemeinsame Zeit in Koblenz zurück, wo T. ab 1777 mit der Bauleitung des Kurfürstlichen Schlosses in Koblenz betraut war. Als Adjutant des für das Kanalbauwesen und die Theater zuständigen, aus Hanau gebürtigen Generals Friedrich Wilhelm von Bauer (1731−1783) zog er 1782 mit seiner Frau Maria Therese (1754−1824), geb. Brahm, und zwei Söhnen nach Petersburg. Nach von Bauers Tod 1783 weigerte er sich, seine Arbeit unter den dort bediensteten holländischen Ingenieuren fortzusetzen. Kaiserin Katharina II. wurde auf ihn durch ein Schreiben des schweizer Arztes und Schriftstellers Johann Georg Zimmermann vom 14. November 1788 aufmerksam. Sie beauftragte ihn mit dem Bau von Häfen und Straßen und der Planung eines Kanals, der die Ostsee mit dem Schwarzen Meer verbinden sollte. Den Generalstitel erwarb T. 1796 im Krieg Russlands gegen Persien (siehe Eduard Bodemann [Hrsg.]: Der Briefwechsel zwischen der Kaiserin Katharina II. und Johann Georg Zimmermann. Hannover 1906, S. 82f., S. 88f. u. S. 97; Robert Hassenkamp: Christian von Trosson, der Freund Goethes und der Familie La Roche. Ein Baumeister des Koblenzer Residenzschlosses. In: Rheinische Geschichtsblätter 3 [1896/97] Nr. 10, S. 289−309; „Mein Schreibetisch“ [1799], „Zweytes Bändchen“, S. 122 u. „Melusinens Sommer-Abende“ [1806], S. 52; Brief 98 Komm. zu Zeile 46).

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39−41 qui etait […] à reconstruire einen Canal] Frz.: „der Ingenieur-Hauptmann in Koblenz war - und zurzeit mit der Konstruktion eines Kanals beschäftigt ist“. 41−43 einen Canal […] zu verbinden] Im 18. Jahrhundert wurde mit insgesamt bescheidenem Erfolg versucht, die Wolga mit dem Schwarzen Meer, der Ostsee und dem Weißen Meer zu verknüpfen. Unter Peter I. (1672−1725) war lediglich der Bau des Kanals von Vyšnij-Voločok in Angriff genommen worden, der eine Verbindung zwischen der 1703 gegründeten neuen Hauptstadt St. Petersburg und der oberen Wolga herstellen sollte. Es folgte zwischen 1717 und 1731 der Bau des Ladoga-Kanals unter der Leitung des oldenburgischen Wasserbauspezialisten Burchard Christoph Reichsgraf von Münnich (1683−1767). „Das einzige größere Bauprojekt, das zu Beginn des 19. Jahrhunderts unter Alexander I. projektiert und - im Gegensatz zu den Bauprojekten, Wolga und Don mit einem Kanal zu verknüpfen − auch vollendet wurde, war der so genannte Marianische Kanal, die neben dem Vyšnij-Voločok und dem Tichvin’schen Kanal dritte Verbindung zwischen oberer Wolga und St. Petersburg. Das Marienkanalsystem war mit etwas über 900 Kilometern länger als der Tichvinsche Kanal, verlief von der oberen Wolga in Rybinsk über die Šeksna, den Weißen See, die Kovža, die Vyterga, den Onega-See, die Svir’ und den Ladoga-See nach St. Petersburg.“ (Guido Hausmann: Mütterchen Wolga. Ein Fluss als Erinnerungsort vom 16. bis ins frühe 20. Jahrhundert. Frankfurt am Main 2009, S. 152; Robert Jones: Getting the Goods to St. Petersburg. Water Transport from the Interior 1703−1811. In: Slavic Review 43 [1984], S. 413−433) Trosson berichtete Sophie von La Roche in seinem Brief aus Petersburg vom 22. Juli 1801 über dieses Großprojekt: „pour construire ces Canaux, ils n’ont d’autre instrument pour niveler, et pour Creuser, que la pelle, c’est leur instrument universal.“ (GSA, Sig. 56/75) Auch der ihr bekannte Dichter Jakob Michael Reinhold Lenz (1751−1792), der sich von 1781 bis zu seinem Tod 1792 in Russland aufhielt und zeitweise als Sekretär General von Bauers diente, entwarf Projekte für Kanalverbindungen zwischen den verschiedenen Landesteilen des Reiches (vgl. Heribert Tommek [Hrsg.]: Jakob Michael Reinhold Lenz. Moskauer Schriften und Briefe. Kommentarband. Berlin 2007, S. 584−593). 42 asophische] Gemeint ist das Asowsche Meer, ein Nebenmeer des Schwarzen Meers. 42 Baltische Meer] Ostsee. 44 gewehr Fabrik in thula] Die russische Stadt Tula, 200 Kilometer südlich von Moskau gelegen, wurde unter Zar Peter I. Zentrum der russischen Waffenproduktion. Die 1712 gegründete, fortschrittlich eingerichtete Tulaer Waffenfabrik produzierte nach wenigen Jahren rund 22.000 Gewehre für die Armee. In Kriegsjahren wurde die Produktion gesteigert (Peter Hoffmann: Russland im Zeitalter des Absolutismus. Berlin 1988, S. 37). 45−47 Sie sollen […] geben werden] Petersen sollte Trossons Briefe vermutlich bei einem nächsten Besuch in Offenbach lesen. Vier seiner an Sophie von La Roche gerichteten Briefe aus Petersburg sind überliefert (GSA, Sig. 56/75). Bis 1806 standen beide in Briefkontakt. Trosson liess ihr Nachricht über den in Russland verschollenen Sohn Fritz von La Roche zukommen (siehe Alexander Ritter: Deutschlands literarisches Amerikabild. Neuere Forschungen zur Amerikarezeption der deutschen Literatur. Hildesheim, New York 1977, S. 101).

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Brief 183 – 12. Mai [1806]

48f. Sind Sie nicht […] etrangeres begierig] Der englische Staatsmann Charles James Fox (1749−1806) übernahm im Januar 1806 das Amt des Staatssekretärs für auswärtige Angelegenheiten im Kabinett von Lord Grenville. Nach mehreren erfolglosen Versuchen, mit Napoleon eine Verständigung zu erzielen, sprach er sich für die Fortführung des Krieges gegen Frankreich aus. Sophie von La Roche spielt auf die glänzende Rednergabe des Whig-Politikers an. Am 10. Juni hielt er im Unterhaus eine historisch bedeutende Rede über die Abschaffung des Sklavenhandels („Abolition of the Slave Trade“). Fox starb im September des gleichen Jahres an den Folgen von Ödemen. 49 departement d’afaires etrangeres] Frz.: „Außenministerium“.

Brief 183 11

12. Mai [1806] den 12 may -

dank mein Edler würdiger Freund! für Ihre erscheinung, und Ihren gütigen brief von gestern ich fühle Ihre gesinnung, für die gütige Natur 55 und, die leidende menschheit - denken Sie wie mir gestern abend wurde da im Neuwieder blatt sah - das alle Nassauische lande dem Herzog Murat von Cleve, u hingegen alle Solmsische - - dem Fürsten von Nassau Weilburg werden sollen 10 von welchem allein meinen lebens unterhalt ha10 ben Solle - mit meiner tochter, u 86 jähriger baße meines Manns - und Weilburg mir seit dem 30 Merz daß quartal, der bey Kayßerlicher Comission außgmachten Pension schuldig ist, für welche schon lebensschein und 15 quitung für die fl 350 - einschikte - - O was sind und 15 werden noch unßere teutsche Fürsten, durch den - an welchen alle glaubten? Gott sey uns allen gnädig und barmherzig sagen Sie amen - hier ist die zeit- wo von Jacobi 20 die rede ist - - Herr bruder solle dieß 2 bücher 20 Nicht auf den plaz der Euthanasia legen, denn dort verlieren sie sich - adieu in Eile - voll Seegen u verehrung Für edlen Freund die alte la Roche

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FDH, Sig. Hs-6614 10 21

ha-] {be}/ ha\Nicht] {le}/ni\cht

12. Mai [1806] Anhaltspunkte für die Datierung des Briefs auf das Jahr 1806 sind die Erwähnung des Herzogs von Murat in Zeile 7f., sowie die Mutmaßung über die territoriale Neuordnung der Solmschen Grafschaften in den Monaten vor dem Abschluß der Rheinbundakte im 12. Juli 1806 in Zeile 8f. 1 12 may] 12. Mai. 6f. Neuwieder blatt] Gemeint sind die „Wöchentlich Neuwiedischen Nachrichten“, die 1780 aus dem 1755 von Johann Balthasar Haupt (1705−?) gegründeten „Wöchentlich Neuwiedischen Anzeiger“ hervorgegangen waren (vgl. Werner Troßbach: Der Schatten der Aufklärung. Bauern, Bürger und Illuminaten in der Grafschaft Wied-Neuwied. Fulda 1991 [= Deutschlands 18. Jahrhundert. Studien 1], S. 170). 7f. Murat von Cleve] Napoleon hatte am 15. März 1806 seinen Schwager General Joachim Murat (1767−1815) zum Großherzog von Kleve und Berg ernannt. 7−11 das alle Nassauische […] haben Solle] Gemäß Artikel 16 der Rheinbundakte erhielt das Großherzogtum Kleve und Berg „die Stadt Deutz oder Duytz mit ihrem Gebiete, die Stadt und das Amt Königswinter, und das Amt Villich.“ Zur territorialen Neuordnung Nassaus siehe Brief 181 Komm. zu Zeile 44f. 8f. alle Solmsiche […] werden sollen] „Seit dem März taucht immer wieder das Gerücht auf, das Solmser Land solle unter hessische Botmäßigkeit kommen. ‚[A]ch das wäre von allem Argen das ärgste‘, schrieb Sophie Gräfin SolmsRödelheim am 28. März 1806 an ihre Mutter Elisabeth Gräfin Solms-Laubach.“ (Zitiert nach Isenburg: Aus Zeit und Leben des Grafen Volrat zu SolmsRödelheim [1927], S. 242). Am 16. September erfolgte die offizielle Übernahme der mediatisierten Grafschaft Solms-Rödelheim durch das Großherzogtum Hessen-Darmstadt. Auch Graf Friedrich von Solms-Laubach wehrte sich vergeblich gegen die Übergabe seines Landes an Hessen-Darmstadt (vgl. Helmut Prößler: Friedrich Ludwig Christian Graf zu Solms-Laubach 1769 bis 1822. Sein Lebensweg von 1796 bis 1806. Darmstadt 1955 [= Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 18], S. 12). 10 meinen lebens unterhalt] Siehe Brief 181 Komm. zu Zeile 47. 11 meiner tochter] Luise von Möhn. 11f. 86 jähriger baße meines Manns] Cordula Frank war zu diesem Zeitpunkt zweiundachtzig Jahre alt. Siehe Brief 114 Komm. zu Zeile 7. 12−14 Weilburg mir […] schuldig ist] Vgl. „Präbendenforderung der verwitweten Kurtrierischen Frau Kanzlerin Sophie von La Roche an die Ehrenbreitsteiner Witwenkasse bzw. an die Witwenkasse zu Ehrenbreitstein auf Obligation des 18. Februars 1786 schuldige, mit 4% verzinsliche Kapital von 5000 fl.“ (HHSAW, Abt. 154, Sig. 198). 14 für welche schon] für welche ich schon.

Brief 184 – 30. Mai 1806

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lebensschein] Sie musste bei der Kasse eine von der Obrigkeit beglaubigte Lebensbestätigung vorlegen. 15 fl 350] 350 Florins. 16f. an welchen alle glaubten] Bereits im März 1804 trat Napoleons Weg in die Gewaltherrschaft klar zu Tage: Ganz Europa war entsetzt über die Entführung des Louis Antoine Henri de Condé, Herzog von Enghien (1772−1804), eines nahen Verwandten der bourbonischen Herrscherhauses, aus dem badischen Ettlingen und seine am 21. März in Vincennes erfolgte Verurteilung zum Tode. Die Verletzung des Völkerrechts und der politisch motivierte Mord an dem Unschuldigen − man unterstellte ihm Putschabsichten − waren die Gründe für Englands Premierminister Pitt, erneut einen Vorstoß gegen Napoleon zu unternehmen. Aus dem Jahr 1804 sind keine Briefe Sophie von La Roches überliefert (siehe Brief 130 Komm. zu Zeile 16−18). 19 zeit-] Zeitung. 19f. die zeit - wo von Jacobi die rede ist] Der Einschluss ist nicht übermittelt. Der Zusammenhang ist unklar. Vermutlich ist hier Sophie von La Roches Freund Johann Georg Jacobi gemeint (siehe Brief 17 Komm. zu Zeile 22−33). 20 Herr bruder] Hofprediger Georg Wilhelm Petersen. 20 dieß 2 bücher] Die Titel der beigelegten Bücher sind nicht ermittelbar. 21 plaz der Euthanasia] Gemeint ist ein Ort, an dem die Bücher „einen schönen Tod erleiden“, d.h. für immer vergessen werden. Sophie von La Roches spielt auf Wielands Werk „Euthanasia“ an. Siehe Brief 181 Zeile 48−50. 23 Roche] Nach dem Namen ein Schnörkel.

Brief 184 11

30. Mai 1806 offenbach abends den 30 mai 1806

ich habe lange versäumt meinem Edlen, und so theuren Freund zu schreiben, aber ich war eine wirklich ganz verwikelte Frau, da ich seit dem 55 14 dieß als am sterbe tag, der Frau von Schwarzkopf ihrem trostloßen Mann, und jungen Sohn - auch zweymal, die gute Mutter von Bethmann bey mir hatte: dann Savignys mit einem Urenkel - - - worüber zeit, und heiterkeit 10 10 verlohren gieng: Es ist schwer bey einem so unerwartet schnellen tod, den wichtigen gegenstand recht zu behandlen, der gute Mann traf gerad gute witterung, und konnte also die fünf tage hindurch welche er bey mir verlebte - unter den 15 15 blühenden baümen meines Gärtchens, wie er es wünschte, an seine Früh verblüthe Frau denken -

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und dann von ihr reden - wie glüklich war daß der himmel, 4 Kinder voraus nahm - sonst würde Schwarzkopf mit 7 weinen wovon das älteste 8 jahre zälte - der glaube, und wunsch Ideale zu Finden, hatt an dem leben dießer Frau genagt, und sie verhindert glüklich zu seyn, und glükliche zu machen - Gold, und Geist mangelten ihr nicht sie ist mir ein gegenstand von staunen geworden - wegen einer menge entgegen gesezten idèen, u handlungen die | | ich in ihr bemerkte, aber mich dünkt auch, der Geist der zeit, giebt und befödert dießen allem recht und wahrheit wiedersprechenden gang, in allem möge sie ruhen, wo sie ist, und ihr mann, und Kinder gedeyhen, wo dieße nun bleiben müssen viel talent, und wissen schlafen mit ihr - sollte sie, in andrer welt hören, das Doctor Gall, in frankfort vorleßung über Schädel lehre hält - so wird es sie grämen wenn sie nicht unsichtbar lauschen kann so ausserordentlich war sie eingenommen von dießen idèen, gestern war der wunder mann bey mir mit Frau Brentano, der wienerinn, und betrachtete, meine breitte ungriechische Stirne sehr genau - Er bleibt 4 wochen, und ließt für eine Carolin Subcription, seine lehre von - - Es verdient daß Sie u H- bruder einmal hingehen - weil man seinen vortrag so einnehmend schildert, und posaunt Ach tonten nur Posauen deß Friedens! und würden die länder von plage befreyt - gestern sagte jemand - Ihre landleute liebten die Franzosen, und weinten bey idèe ihrer abreiße - Gott gebe Gutes - dem land, und Landsherrn landgräfinn, und Erben - ist Frau Marggräfin da? der himmel gebe junger fürstinn eine glükliche Stunde - und führe Sie wenn Sie zu Gall reisen über offenbach nach darmstadt zurük - ach wie schön, wie glüklich wäre dieß - für alte alte la Roche à Monsieur| Monsieur Petersen - Conseiller| Intime de la Cour de Hesse| Darmstadt| à| Darmstadt Franco

Brief 184 – 30. Mai 1806

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FDH, Sig. Hs-6591 40 1 2f.

seine] {l}/s\eine

30 mai] 30. Mai. ich habe lange […] zu schreiben] Sophie von La Roches letztes überliefertes Schreiben trägt das Datum vom 12. Mai 1806 (Brief 183). 5 14 dieß] Lies: am 14. dieses Monats. 5 Frau von Schwarzkopf] Sophie von Schwarzkopf, geb. Bethmann-Metzler. 6 jungen Sohn] Nicht ermittelt. Siehe Komm. zu Zeile 18f. 7 gute Mutter von Bethmann] Katharina Elisabeth von Bethmann-Metzler, Mutter der Verstorbenen. 8 Savignys] Gemeint sind Friedrich Karl von Savigny und seine Frau Kunigunde, Enkelin Sophie von La Roches. Siehe Brief 145 Komm. zu Zeile 6f. 9 Urenkel] Gemeint ist das erstgeborene Kind der Savignys, die einjährige Tochter Bettina (1805−1835). 12 der gute Mann] Joachim von Schwarzkopf. Siehe Brief 98 Komm. zu Zeile 43. 17 wie glücklich war] wie glücklich war ich. 18 4 Kinder voraus nahm] Von den sieben Kindern des Ehepaars von Schwarzkopf starben vier im Kleinkindalter: Die Zwillinge Albert und Moritz 1805 (Brief 161 Komm. zu Zeile 12), Emma Lucie (1798−1803) und ein viertes Kind, dessen Name nicht ermittelt wurde. 18–20 mit 7 weinen […] 8 jahre zälte] Gemeint sind Ernst Heinrich (1797−1823), Karoline Friederike Mathilde (1800−1873) und Adolf Eduard Friedrich (1803−1871). 33f. Doctor Gall […] lehre hält] Der Arzt und Anatom Franz Joseph Gall (1758−1828) war Begründer einer vielbeachteten Schädellehre. Aufgrund seiner Forschungen behauptete er, dass durch Betasten und Vermessen der Schädelform Rückschlüsse auf die Charakterzüge eines Menschen geschlossen werden könnten. 1805 veröffentlichte der Phrenologe hierzu drei neue Schriften, die seine Popularität steigerten. Im gleichen Jahr brach er von Wien zu einer Vortragsreise durch Deutschland auf. Die Reaktion auf seine Auftritte, bei denen er anhand von Schädeln und Gipsmodellen seine Theorie eindrücklich zu erläutern verstand, war widersprüchlich. Sophie von La Roche gehörte eindeutig zu seinen Gegnern, währenddem ihm in Weimar (beispielsweise von Wieland und Herzogin Anna Amalia) große Sympathie entgegengebracht wurde (vgl. Starnes: Wieland [1987], 3. Bd., S. 214; siehe Brief 185 Zeile 24). 36 war sie eingenommen von dießen idèen] Eine ebensolche enthusiastische Anhängerin Galls karikiert später der Genfer Zeichner, Maler und Schriftsteller Rodolphe Toepffer (1799−1846) in seinem 1837 in Genf erschienenen Bilderroman „Monsieur Crepin“ in der Ehefrau des Titelhelden. 37f. Frau Brentano, die wienerinn] Gemeint ist Johanna Antonie Josefa Brentano (1780−1869), Tochter des kaiserlichen Hofrats und Kunstsammlers Johann Melchior Edler von Birkenstock, aus Wien. 1798 heiratete sie Franz Brentano (1765−1844), der nach dem Tod seines Vaters Peter Anton B. im Frühjahr 1797 dem Frankfurter Handelshaus vorstand. Er übernahm die Vormundschaft für

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seine jüngeren Halbgeschwister aus dessen zweiter Ehe mit Sophie von La Roches Tochter Maximiliane. 40 eine Carolin Subcription] Gemeint ist die Subskription der Druckfassung seiner Vorlesung. 41 lehre von] Lies: Lehre von den Schädeln. 41 H- bruder] Hofprediger Georg Wilhelm Petersen. 45 von plage] Der Ende Dezember 1805 geschlossene Friede von Preßburg, mit dem der 3. Koalitionskrieg gegen Frankreich seinen Abschluss fand, verhinderte nicht, dass General Augereau im Januar 1806 mit 7000 Mann das auf Neutralität bedachte Hessen-Darmstadt besetzte und dort ein Winterquartier einrichtete. Sein Einmarsch erfolgte im Gegenzug zu der Stationierung von 9000 Preußen und Kurhessen im oberhessischen Teil der Landgrafschaft. Eine kriegerische Auseinandersetzung auf hessen-darmstädtischem Territorium stand bevor. Angesichts dieser prekären Lage musste Ludwig X. erneut den Anschluss an Frankreich suchen. Augereaus Truppen verhielten sich in der Folge nicht wie Feinde, sondern wie Verbündete. „Er hatte weitgehende Schonung des Landes zugesagt: „[C]’est le devoir d’un allié!“ („Das ist die Pflicht eines Alliierten!“) Auf Befehl des Landgrafen ward er in Darmstadt auf das zuvorkommendste aufgenommen.“ (Dieterich: Die Politik Landgraf Ludwigs X. [1910], S. 446) 46 Ihre landleute liebten die Franzosen] Die Anwesenheit der vielen Militärs steigerte die Umsätze der Wirte und Kaufleute. Zudem belebten die französischen Offiziere das gesellschaftliche Leben in der Residenzstadt (vgl. Du Thil: Denkwürdigkeiten [1921], S. 69). 49 Erben] Die Erbprinzessin Wilhelmine Luise brachte am 9. Juni ihr erstes Kind zur Welt. Mit dem Sohn Ludwig (1806−1877), dem späteren Ludwig III., war die Erbfolge gesichert. Siehe Zeile 50f. 49 Frau Marggräfin] Zur Geburt ihres Enkelkindes reiste die Markgräfin Amalie von Baden aus Karlsruhe an. Sie war eine Schwester des Landgrafen Ludwig X. 54f. Schwarzes Siegel, Poststempel: R.1. FRANCFORT.

Brief 185 11

14. Juni 1806 den 14 Juny 1806

Mein edler, innigst geschäzter Freund! Herr godne von Ameronguen, will noch, seine verehrung in Darmstadt, aber besonders Ihnen zeigen, und eine 55 Comission mit nehmen - dieß ist artig er immer war, troz des oberoffizier, so den jungen mann Chicanirte O Sagen Sie dem Erbprinz - niemand als Sie nehme mehr antheil, an großen u kleinen begebenheiten so ihn betrefen als Ihre alte Freundinn, niemannd bete inniger für 10 glük seines Lebens - Gott erfülle es, dießes gebet 10

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Brief 185 – 14. Juni 1806

ist Ihre gesundheit gut Freund? gehen Sie nach Carlsbaad? Gott Schüze, und Seegne Sie in allem, damit Sie noch gutes wie Ihr rechtschafnes herz wünscht, erleben mögen - Mein Carl kommt erst end July zu mir, dann sind Sie nicht in nachbarschaft. 15 15 kennen Sie Caricature von K. u- K. in P.? o wie schwinden liebe u ergebung! ich muß Eilen - - sagen Sie doch zeit Ihrer abreiße u lassen mir, den theil, der Gleimschen Corespondenz zurük welchen Sie aus geleßen haben O wie glüklich die ameronguen - Sie ganz über alles, von allem 20 zu hören - adieu würdiger, Geehrtester Freund der alten 20 la Roche

Was wir Stadions Schatten sagen, daß der Marchall Ney - de la main Napoleon, in seinem Schloß Warthaußen wohnt? Warum komen Sie nicht Charlatan Gall zu hören

25 25

à Monsieur| Monsieur Petersen - Conseiller Intime| de S. A. S. Monseigneur le Landgraffe de| Hesse Darmstadt| à| Darmstadt|

FDH, Sig. Hs-6592 9 14 20 1 3

als] al{*}/s\ Sie] Wort dreifach unterstrichen. Geehrtester] {**}/Ge\ehrtester

14 Juny] 14. Juni. godne von Ameronguen] Im Dezember1799 war Gerard Godard Taets van Amerongen auf Vermittlung Sophie von La Roches als Kadett in den hessendarmstädtischen Militärdienst getreten. Jetzt nahm er nach sieben Dienstjahren seinen Abschied (siehe Brief 129 Zeile 4−21). 5 Comission] Der Zusammenhang ist unklar. 5 dieß ist artig er immer war] Lies: dies ist artig von ihm, wie er es selbst immer war. 6 oberoffizier] Nicht ermittelt. 11 gehen Sie nach Carlsbaad] Petersens Reise in das böhmische Heilbad Karlsbad fand nicht statt (siehe Brief 187 Zeile 4−7). 13f. Mein Carl kommt erst end July zu mir] Der preußische Bergrat Carl von La Roche lebte mit seiner Familie in Berlin. 15 Caricature] Seit Ausbruch der Französischen Revolution hatte sich die Produktion von Karikaturen als Mittel der politischen Auseinandersetzung erheblich gesteigert. Die oftmals kolorierten, in Kupfer gestochenen Blätter dienten - umgehend gedruckt und verbreitet - als probates Mittel der politischen Auseinandersetzung. Ziel der Kritik waren neben Ereignissen der Tagespolitik die Prota-

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gonisten und deren rasch wechselnde Bündnisse auf der europäischen Bühne (vgl. Roland Krischke und Sigrun Paas: Napoleon in der Karikatur. Katalog der Ausstellung in der Max Slevogt Galerie, Schluß Villa Ludwigshöhe 6. Juni bis 8. August 2004. Edenkoven 2004). 15 K. u- K. in P.] König und Königin in Preußen. 15f. o wie schwinden liebe u ergebung] Sophie von La Roche übersah die starken Spannungen in der preußischen Innenpolitik, wenn sie die karikierende Darstellung des Königspaars lediglich auf Mangel an Respekt bei den Untertanen zurückführte. Zum Zeitpunkt des Briefes wurden der König und sein Kabinett in einer Denkschrift des Ministers Karl von Stein vom 26./27. April äußerst negativ beurteilt (siehe Stamm-Kuhlmann: König in Preußens Friedrich Wilhelm III. [1992], S. 208). Ihr Tenor glich der bereits im Jahr 1800 verfassten Note des Kriegsrats Friedrich Gentz (1764−1832), der dem jungen Souverän Wankelmut und Willenlosigkeit bescheinigte. „Es ist leider wahr, daß der König […] keine große Neigung zu wichtigen diplomatischen oder militärischen Operationen hat, daß er die Geschäfte nicht sehr liebt und die auswärtigen unaussprechlich haßt, daß er seine häusliche Ruhe und den stillen Genuß der mechanischen Manoeuvres seiner Soldaten allen anderen Glückseligkeiten vorzieht, und daß es ihm am liebsten wäre, wenn er von Kriegen und Unterhandlungen und Mediationen und allen Angelegenheiten Europas forthin gar nichts mehr hören dürfte.“ (Zitiert nach Paul Wittichen: Das preußische Kabinett und Friedrich von Gentz. Eine Denkschrift aus dem Jahr 1800. In: Historische Zeitschrift 89 [1902], S. 266) 17 Gleimschen Corespondenz] Bei der Leihgabe scheint es sich um eine größere Anzahl von Gleim-Briefen aus einer früheren Periode zu handeln, die nicht überliefert sind. Zur Korrespondenz mit Sophie von La Roche in seinen letzten Lebensjahren siehe Brief 165 Zeile 8f. 19 die ameronguen] Gerard Godard Taets van Amerongen kehrte in der Begleitung seines in Offenbach lebenden Vaters in die Residenzstadt Darmstadt zurück (siehe Komm. zu Zeile 3). 22 wir] wird. Verschreibung. 22 Stadions Schatten] Gemeint ist Friedrich Graf von Stadion, in dessen Besitz sich die Herrschaft Warthausen bis zu seinem Tod am 28. Oktober 1768 befand. 23 de la main Napoleon] Frz.: „von Napoleons Gnaden“. 23f. Marchall Ney […] Warthaußen wohnt] Vom 16. Mai bis 10. September bewohnte der französische Marschall Michel Ney (1769−1815) den Stadionschen Besitz Schloss Warthausen bei Biberach. Die unter seiner Führung stehenden 40.000 Mann des 6. Armeecorps kampierten in Oberschwaben. Napoleon beabsichtigte zu diesem Zeitpunkt, seinem treuen Vasallen Besitzungen in Oberschwaben zu schenken, was Johann Philipp Graf von Stadion, Enkel Friedrich von St., zeitweilig an einen Verkauf der Herrschaft Warthausen denken ließ (SAL, Sig. D 10 Bü 25). 24 Charlatan Gall] Siehe Brief 184 Komm. zu Zeile 33f. 25f. Schwarzes Siegel.

Brief 186 – 18. Juli 1806

Brief 186 11

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18. Juli 1806 den 18 July - 1806

Länger mein verehrter, und geliebter Freund! kann nicht seyn, ohne Ihnen zu schreiben - und zu fragen wie leben Sie? gehen Sie nach Carlsbaad? und doch bald 55 ich war zeither viel, mit arm Schwarzkopf beschäftigt gestern sah H- v Ramdohr der die Hanovrische geschäfte in Paris besorgte, und in dessen armen Schwarzkopf starb wie viel sonderbares erzälte dießer - besonders noch von veränderungen - auch von mehreren Herzogen u 4 König10 10 aber der himmel helfe meinem armen Schwäbischen vaterland und lasse wielanden in guter gesundheit, und gutem Humor die revision, meiner armen Melusine endigen, welche er mit einer vorede begleitten will, mich aber zwang etwas von meinem leben u ursach meiner Schriften beyzufügen, welches 15 15 sehr ungern that - aber wegen außgebliebene quartal von Merz u Juny - - mußte das kleine hülfsmittel nehmen Ach mein Freund! mit Darmstadt, soll ja auch viel großes geschehn Gott der allmächtige gebe großes Gute für Regenten Famillie und das Land - nur Eine Zeile schreiben Sie vor der abreiße 20 20 an Ihre alte freundinn la Roche - ich bitte Sie innigst der himmel gebe Ihnen alles Wohl daß der edle weiße Menschen freund sich wünscht - die schöne Königinn von Preussen soll weinen weil König eine maitresse habe Ach was sonderbare dinge unter den fürsten Kindern! 25 Gott helfe ihnen, und uns - Isenburg regiment reißt nach Italien à Monsieur| Monsieur Petersen . Conseiller Intime| de S. A. S. Monseigneur le Landgraffe de| Hesse Darmstadt| à| Darmstadt| Franko

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18 July] 18. Juli. kann nicht seyn] kann ich nicht sein. mit arm Schwarzkopf beschäftigt] Siehe Komm. zu Zeile 7. gestern sah H- v Ramdohr] gestern sah ich Herrn von Ramdohr. Friedrich Wilhelm Basilius von Ramdohr (um 1757−1822) studierte Jura und Geschichte in Göttingen. 1803 wurde er zum Kammerrat des Oberappellationsgerichts in Celle ernannt. Im gleichen Jahr konnte er bei Napoleon in Brüssel eine Verminderung der Besatzungstruppen im Kurfürstentum Hannover erreichen. Am 27. Januar 1806 erfolgte die preußische Besitzergreifung des Landes. Über die

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hier erwähnte diplomatische Mission Ramdohrs in Paris ist nichts bekannt. Im September trat er als geheimer Legationsrat und Kammerherr in preußische Dienste. Daneben war er schriftstellerisch auf dem Gebiet der Kunst- und Kulturkritik tätig (vgl. Ludwig Schelver: Das Kurfürstenthum Hannover unter den Franzosen in den Jahren 1803, 1804, 1805 und dessen fernere Schicksale nebst einer genauen Karakteristik des Französischen Militärs von einem Augenzeugen. Braunschweig 1806, S. 36). 7 Schwarzkopf starb] Joachim von Schwarzkopf starb am 1. Juli vierzigjährig in Paris. 9 veränderungen] Mit der Gründung des Rheinbundes in Paris am 12. Juli 1806 erkannten sechzehn deutsche Staaten die französische Oberherrschaft an. Ihr Vasallentum belohnte Napoleon durch Gebietserweiterungen und Titelvergaben. 9 4 König] vier Könige. Die Inthronisation Friedrichs I. von Württemberg und Maximilian I. Josephs von Bayern war bereits am 1. Januar 1806 erfolgt. Am 26. Mai 1805 wurde Napoleon im Dom von Mailand zum König von Italien gekrönt. Am 20. Dezember 1806 erhielt der sächsische Kurfürst Friedrich August (1750−1827) die Königswürde. 10 meinem armen Schwäbischen vaterland] Die Königreiche Württemberg und Bayern sowie Baden hatten gemäß der Rheinbundakte Truppenkontingente für Napoleons „Grande Armée“ zu stellen. Sophie von La Roches schwäbische Landsleute mussten demnach gegen die vaterländischen deutschen Truppen zu Felde ziehen. Der Fall trat drei Monate später in der Schlacht von Jena und Auerstedt ein. Augsburg verlor den Status der Freien Reichsstadt, indem es dem Königreich Bayern eingegliedert wurde. Biberachs reichsstädtische Selbstständigkeit endete 1802 mit dem Friedensschluss von Lunéville. Im Tausch gegen Villingen wurde die badische Stadt 1806 württembergische Oberamtsstadt. 11−15 und lasse wielanden […] ungern that] Sophie von La Roche hatte Wieland in ihrem Brief vom 18. März 1806 um einen Verleger für ihre neue Arbeit „Die Abendstunden der Fräulein Melusine von Planberg“ gebeten. Darin erhält die junge Titelfigur in 27 Briefen der Madame L. Unterricht in Botanik, Kulturgeschichte und Naturgeschichte. Wieland, der Friedrich Justin Bertuch als Verleger gewonnen hatte, erklärte sich bereit, das Werk herauszugeben und eine Vorbemerkung zu schreiben (Horn: Wielands Briefe an Sophie von La Roche [1820]. S. 335f.). Am 25. Juli 1806 bestätigte Wieland den Erhalt ihres Manuskripts: „Ich habe Ihre Sommerstunden nun zweymal durchgesehen, nämlich bey der Durchsicht Ihres Manuscripts und bey der Correctur der Copie, die ich zum Behuf des Setzers davon machen ließ, und habe […] viel Gutes, Schönes und Angenehm-Unterhaltenes darin gefunden. […] Ihr biographischer Brief an Melusinen entspricht den Wünschen unsers Freundes B. und den meinigen vollkommen […]. Der biographische Brief hat für mich noch ein eigenes individuelles Interesse, da er mir den Gegenstand meiner ersten enthusiastischen Liebe in einem wahrern Lichte zeigt, als das, worin sie dem 17jährigen Jüngling erschien. […] Auch ist mir dadurch verschiedenes klar worden, was mir damals entweder unerklärbar war, oder in einem täuschenden Helldunkel erscheinen mußte.“(Zitiert nach Starnes: Wieland [1987], 3. Bd., S. 237f.) Aus dem angeforderten Lebensabriss erfuhr er in ihrer über sechsundfünfzigjährigen Freundschaft offenbar erstmalig die Umstände von Sophie von La Roches gescheiterter Verlobung mit dem italienischen Arzt Bianconi (S. I−LVI). Die lang

Brief 186 – 18. Juli 1806

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verschwiegene Geschichte ihrer ersten Liebe hatte aber zumindest eine Person schon früher erfahren: Pfarrer Johann Ludwig Ewald, der sie in Offenbach besuchte (siehe Ewald: Fantasieen auf der Reise [1797], S. 211−214). Sophie von La Roches letzte Publikation erschien 1806 unter dem Titel „Melusines Sommer-Abende“ im Verlag in der „Neuen Societäts-Buch und Kunsthandlung“ in Halle, die der Weimarer Unternehmer Friedrich Justin Bertuch 1804 zusammen mit dem Humanisten und Rhetorikprofessor Christian Gottfried Schütz (1747−1832) gegründet hatte. Herausgeber war Christoph Martin Wieland. 15 außgebliebene quartal] Siehe Brief 181 Komm. zu Zeile 47. 17 viel großes geschehn] Mit dem Beitritt zum Rheinbund, der mit der förmlichen Lossagung vom Reichsverbund einherging, wurde der Landgraf Ludwig X. zum Großherzog Ludwig I. erhoben. Ihm gebührte die Anrede „Königliche Hoheit“. Prinz Louis erhielt den Titel „Großprinz“. Der Gesandte August Wilhelm von Pappenheim erreichte mit Hilfe eines Wechsels in Höhe von 100.000 Livres bei Talleyrand die Arrondierung des Landes, welche der Artikel 24 des Vertrags festschrieb: „Se. Hoheit der Grosherzog von Darmstadt [wird alle Souveränitätsrechte ausüben, Anm. P.S.] über die Herrschaften Breuberg und Heubach, über die Herrschaft oder das Amt Habizheim, über die Grafschaft Erbach, die Herrschaft Ilbenstadt, den Stollberg-Gedernschen Antheil an der Grafschaft Königstein, über die in den Staaten Sr. Hoheit eingeschlossenen oder daran stoßenden Besitzungen der Freiherrn von Riedesel, namentlich die Gerichte Lauterbach, Stockhausen, Moos und Freienstein, über die Besitzungen der Fürsten und Grafen von Solms in der Wetterau mit Ausnahme der Aemter Hohensolms, Braunfels und Greifenstein, endlich über die Grafschaften Wittgenstein und Berleburg und über das Amt Hessen-Homburg, welches die davon benannte appanagirte Linie des Hauses Hessen-Darmstadt im Besitz hat.“ Das Großherzogtum verpflichtete sich, 4000 Soldaten für Napoleons „Grande Armée“ zu stellen. 22f. die schöne Königinn […] maitresse habe] Vermutlich handelte es sich um ein Gerücht. Zeitgenössischen Berichten zufolge pflegten Friedrich Wilhelm III. und seine Frau Luise eine geradezu bürgerlich-intime Zweisamkeit. 25 Isenburg regiment reißt nach Italien] Fürst Karl von Isenburg-Birstein hatte im Rang eines Brigadegenerals in den Jahren 1805 für das französische Fremdenregiment „Isembourg“ geworben, das sich aus kriegsgefangenen Österreichern, Russen und desertierten preußischen Offizieren und Soldaten zusammensetzte. „Die Werbung schritt nicht recht voran. Fürst Karl wurde von anonymer Seite energisch gewarnt, das Regiment bekam Anstände in Leipzig. Napoleon selbst drängte deshalb auf baldigen Abmarsch und auf Komplettierung in Valenciennes. […] Halb ausgerüstet, bezuschußt vom Fürsten Karl, der von Frankreich zu wenig Gelder erhielt, und durch starke Desertationen auf Drittelstärke geschmolzen, ging das Heer über den Rhein, übrigens ohne seinen Organisator, den sein altes Leiden, das Podagra, immer häufiger aufs Lager warf.“ (Müller: Das Fürstentum Isenburg im Rheinischen Bund [1978], S. 117f. u. S. 244) Erst in Toul traf Fürst Isenburg von Paris kommend auf sein Regiment, dem Avignon als Garnisonsstandort bestimmt wurde. Der Transport nach Italien erfolgte per Schiff. Bei Neapel wurde es mit den Truppen König Joseph Bonapartes (1768−1844) vereinigt. Das Königspaar Ferdinand IV. und Marie Karoline von Neapel-Sizilien hatten sich in den Schutz der Engländer nach Palermo geflüchtet. 26f. Schwarzes Siegel, Poststempel: R.1. FRANCFORT.

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Theurester Bester Freund! wie gerne hätte ich den schmerz getragen, ohne antwort auf meinen brief zu bleiben, wenn Ihre reiße nach Carlsbad daran ursach geweßen wäre; denn jezo hält mich selbst Ihr gütiger brief, nicht über den Kummer schadloß, daß Sie Ihren plan aufgeben mußten der Himmel entschädige Sie auf andre Weiße, und lasse mir, durch Sie die viele gute nachrichten Kund thun welche daß Hauß von Darmstadt erhalten soll Niemand kann mehr antheil nehmen, als meine ganze Seele, in allem was dießes Hauß betrift melden Sie mir, was die gute Frau Du Theil über den tragischen tod ihrer Schwester der StiftsDame sagte, welche sich im Rheingau, in einem Weinberg mit zwey Dolchstichen das leben nahm - liebenswürdig, und geistvoll nur 24 Jahre zälte - der verfasserinn des Bramin in meinen Herbst tagen - niemand weiß noch warum Man sagt Frankfort, und die Solmsische Häußer seyen sehr bange, über ihr Schiksal - vor drey tagen war Graf Carmer, Sohn des Canzler von Berlin bey mir, und erzälte was nicht schreiben kann, von einer Geschichte alexanders aber ich theile Ihnen, einen brief u papiere aus tula mit welche bald zurük bitte - - Ihnen taußend gutes wünsche, und dauer Ihrer Freundschaft Hoffe für alte La Roche

armer Schwarzkopf war nur 14 Tag in Paris / à Monsieur

Brief 187 – 30. Juli 1806

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FDH, Sig. Hs-6594 1 30 Jully] 30. Juli. 4 reiße nach Carlsbad] Siehe Brief 185 Zeile 11. 9 viele gute nachrichten] Siehe Brief 186 Komm. zu Zeile 17. 13−17 die gute Frau Du Theil […] 24 Jahre zälte] Wilhelmine Du Bos Baronin Du Thil (1782−1819), geb. Günderrode, war Palastdame im Rang einer Generalmajorin. Ihr Mann, der hessen-darmstädtische Regierungsrat Karl Wilhelm Heinrich du B. Baron du T. (1778−1859), stand zu diesem Zeitpunkt am Anfang einer steilen politischen Karriere. 1820 zum Minister ernannt, bestimmte er als engster Vertrauter Ludwigs I. und Ludwigs II. die Geschicke des Landes bis 1848. 14 ihrer Schwester der StiftsDame] Karoline Friederike Louise Maximiliane von Günderrode (1780−1806), ältestes Kind des badischen Kammerherrn Hector Wilhelm von G. (1755−1786), trat mit siebzehn Jahren als Stiftsfräulein in das Cronstetten-Hynspergische Adelige Damenstift in Frankfurt am Main ein. Ihr Interesse galt der zeitgenössischen Literatur und Philosophie. 1804 erschien unter dem Pseudonym „Tian“ ein kleiner Band eigener Werke („Gedichte und Phantasien von Tian. Hamburg und Frankfurt am Main 1804“). Enge Freundschaft verband sie mit Sophie von La Roches Enkelin Bettine Brentano. Diese veröffentlichte 34 Jahre nach dem Tod der Freundin ein Erinnerungsbuch („Die Günderode. Berlin 1840“), das Teile ihres Briefwechsels in bearbeiteter Form enthielt (siehe Komm. zu Zeile 17f.). 15f. welche sich […] das leben nahm] Im Juli 1806 tötete sich Karoline von Günderrode durch einen Dolchstich ins Herz. Ihren Leichnam fand man am Rheinufer in Winkel (Rheingau). 17 nur 24 Jahre zälte] Karoline von Günderrode starb mit 26 Jahren. 17f. der verfasserinn des Bramin in meinen Herbst tagen] Sophie von La Roche vorletztes Werk „Herbsttage“, das 1805 in Leipzig bei Heinrich Gräff erschien, enthält eine Sammlung von Gedanken und Lesefrüchten, darunter S. 24−47 die „Geschichte eines Braminen“, die Karoline von Günderrode verfasst hatte. 18 niemand weiß noch warum] 1804 lernte Karoline von Günderrode in Heidelberg den verheirateten Historiker und Altphilologen Georg Friedrich Creuzer (1771−1858) kennen, der ihr Interesse für die östliche Mythologie teilte und ihre Dichtungen einfühlsam und kritisch beurteilte. Sein Abschiedsbrief trieb sie in den Freitod (vgl. Doris Hopp: Karoline von Günderrode. Ausstellung im Freien Deutschen Hochstift − Frankfurter Goethe-Museum vom 27. August bis 6. Mai. Frankfurt am Main 2006, S. 43f.). 19f. Man sagt […] über ihr Schiksal] Die Freie Reichsstadt Frankfurt fiel mit dem Abschluss des Rheinbundes an das Fürstentum Aschaffenburg. Fürstprimas Karl Theodor von Dalberg übernahm die Regierung der Stadt am 9. September 1806. Die Fürstentümer Solms-Laubach und Solms-Rödelheim wurden in das Großherzogtum Hessen-Darmstadt eingegliedert. 20f. Graf Carmer, Sohn des Canzler von Berlin] Der preußische Geheime Kriegsund Regierungsrat Johann Heinrich Casimir Graf von Carmer (1721−1801) hatte zwei Söhne. Es ist nicht zu ermitteln, welcher hier gemeint ist: Kriegs- und Regierungsrat Johann Heinrich Friedrich (1765−1809) oder der Kammer-

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gerichtsrat Johann Wilhelm Heinrich von C. (1771−1841). Beide standen in preußischen Diensten. Geschichte alexanders] Der Zusammenhang ist unklar. Zar Alexander I. von Rußland war am 30. Juni 1806 eine Allianz mit Preußen eingegangen. brief u papiere aus tula] Die Einschlüsse sind nicht überliefert. Vermutlich handelt es sich um Briefe des in russischen Diensten stehenden Generals Christian von Trosson (siehe Brief 182 Komm. zu Zeile 38f. u. Zeile 44). armer Schwarzkopf war nur 14 Tag in Paris] Siehe Brief 186 Komm. zu Zeile 6. à Monsieur] Unvollständige Anschrift. Schwarzes Siegel.

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Tausend dank! bester - würdigster Freund! auch für dießen geleisteten dienst - der wirklich groß war Sie - ach Sie wie viele Jahre danke ich Ihnen Freude, und Trost Ihre Freundschaft für meinen Franz für mich arme Mutter in dem buch fand ich, eine belehrung die mich lächlen machte: an dem glüklichen Tag, wo ich Sie sehen werde will es sagen Gott Führe Sie bald, in eine trokne ärmere Gegend - und lasse uns bald die rettung, der Engländer hören - Es giebt leute die sagen es sey nicht so viel | | um landung in England zu thun, als um wegnahme der Monèe doch ist auffallend, daß Bonaparte dem Churfürst von Sachsen wissen läßt, die Englische waaren in See ländern seines Haußes zu verbieten u daß die Minister in Dresden sehr in verlegenheit gerathen sind zu spat wird man aufwachen, und umsehen -

Brief 188 – 6. November [1806]

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verzeyhen Sie edler theurer Freund! das endige ein juter Pfarrer hatt mir seinen Englischen zögling über den Hals gebracht u die zeit genommen Gott erhalte u Seegne Sie für die 35 schöne Hoffnung Ihrer erscheinung 35 in hütte bey alt la Roche

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werde] w{ill}/erde\

6. November [1806] Zeile 21f. gibt den Hinweis, dass der Brief im Jahr 1806 entstanden ist: Napoleon verbot dem französisch besetzten Kursachsen den Handel mit englischen Waren (siehe Komm. zu Zeile 21−28). Sophie von La Roches letzter überlieferter Brief an Petersen trägt das Datum vom 30. Juli 1806 (Brief 187). 1 6 nobr] 6. November. 3f. geleisteten dienst] Der Zusammenhang ist unklar. 9 in dem buch] Der Zusammenhang ist unklar. 12 will es sagen] will ich es sagen. 15 die rettung, der Engländer] Die Schlacht von Trafalgar am 25. Oktober 1805 endete mit der verheerenden Niederlage der französisch-spanischen Flotte. Napoleon musste den Plan zu einer Invasion Englands aufgeben. 19f. der Monèe] der Monnaie. Frz.: „des Geldes“. 21−28 daß Bonaparte […] und umsehen] In der Schlacht von Jena und Auerstedt am 14. Oktober 1806 hatte Sachsen auf der Seite Preußens gekämpft und war vernichtend geschlagen worden. Kurfürst Friedrich August von Sachsen schloß mit den französischen Besatzern Frieden. Im Dezember erfolgte seine Proklamation zum König. Napoleons Direktiven deuteten bereits auf die am 21. November in Berlin verkündete „Kontinentalsperre“ hin, die den Handel mit englischen Waren auf dem Festland strikt untersagte. 23f. Englische waaren in See ländern seine Haußes] Lies: englische Waren zur See in Ländern seines Hauses. 30 das endige] dass ich endige. 31 Pfarrer] Nicht ermittelt. 31f. Englischen zögling] Nicht ermittelt.

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Mein theurester geschäztester Freund! ob ich schon nicht glaube, von Ihnen! gute, und helle aussichten angezeigt zu bekommen, oder Ihnen so was zu melden; So es ist mir doch Süß, und trostlich an Sie zu schreiben, weil ich sicher binn, den wiederhall der Stimme der wahren Klugheit, und Menschenliebe zu hören, welche so selten geworden sind, und am wenigsten an ort, und stelle gehört werden, wo sie am nötigsten und wirksamsten seyn könnten. O mein Freund! was ist aus teutschland, und seinen Fürsten geworden? weil sie dieße Stimme nicht kannten : nun müssen Millionen guter unterthanen, mit wohlstand, u Leben aufgeopfert werden - - ach! es scheint Gottes Ratschluß zu seyn, und selbst die Sonne | | gegen die gewohnheit dießer Jahrs zeit, alles übel begünstigen man muß sich also fügen, und Harren, biß Nemesis beruhigt ist = wir wollen den Rheinischen bund Seegnen, der wenigsten jezo unßere ruhe sichert! Gott schüze, uns auch künftig! Gestern hörte einen brief von weimar leßen - der sagt - daß die Edle heldenmütige regierende Herzogin wohl ist, und denn innigsten Seegen von allen genießt, deren unglük sie getheilt, und durch ihre fürbitte Endigte O wie heilig ist die Stätte, auf welcher sie Kniete, und um Erbarmen bat!

Brief 189 – 13. November 1806

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40 40 ich schriebe schon, an den Director der Accademie,

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der Maler Kunst - dießes bild durch sein bestes gemälde zu verEwigen! aber | | ich hörte in dem nehmlichen brief die ursache, warum keine antwort erhielt - der Rechtschafne Director ist an den Mißhandlungen bey der Plünderung gestorben - O wie viel weh, und Greuel in Sahchsen theurer, threurer Freund! helfen Sie, ich bitte! ein weh verhindern worüber, die unglükliche gefangne und mit ihnen viele gute klagen daß die Darmstädtische oficire, und Soldaten, die arme leute, selbst die blessirte so mißhandlen, vieles kann bewießen werden - dieß sollten Freye, gesunde u glükliche nicht thun, verzeyhen Sie mir dieße bitte - Edler Freund! und Erfüllen sie, im nahmen der gerechten Menschlichkeit haben Sie den Voyageur qui repose noch nicht gesehen so schike ihn - Gott erhalte und seegne Sie u Erbprinz nach alt la Roche

FDH, Sig. Hs-6595 Abgedruckt in Maurer, Sophie von La Roche Briefe (1985), S. 388. M. transkribiert „fürbitten“ statt „fürbitte“ (Zeile 36). 1 13 nobr] 13. November. 5−14 gute, und helle […] seyn könnten.] Beide Briefpartner missbilligen die frankophile Politik des hessen-darmstädtischen Landesherrn, der am 14. August zum Großherzog erhoben worden war (siehe Kapitel 3). 18−20 nun müssen Millionen […] aufgeopfert werden] Mit der Unterzeichnung der Rheinbundakte und dem Austritt aus dem Reichsverband verpflichteten sich die sechzehn Mitgliedsstaaten, Truppenkontingente für Napoleons Armee zu stellen. 26 Nemesis] Rachegöttin der griechischen Antike. 27 Rheinischen bund] Siehe Brief 186 Komm. zu Zeile 9.

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Gestern hörte einen brief] Gestern hörte ich jemanden einen brief vorlesen. Absender und Adressat konnten nicht ermittelt werden. 33−39 heldenmütige regierende […] Erbarmen bat] Nach der vernichtenden Niederlage der preußischen und sächsischen Truppen bei Jena und Auerstedt am 14. Oktober wurde Weimar von Tausenden von plündernden französischen Soldaten heimgesucht. Herzogin Luise von Sachsen-Weimar, die im Gegensatz zu ihrer Schwiegermutter Anna Amalia nicht geflohen war, bot Hilfesuchenden Schutz im Residenzschloß. In Audienzen mit den Besatzern am 15. bzw. 16. Oktober zeigte sie eine würdevolle und unerschrockene Haltung, die Napoleons Zorn auf den Landesherrn, der auf preußischer Seite gekämpft hatte, zu besänftigten vermochte. Auf diese Weise gewann man in Weimar Zeit für diplomatische Verhandlungen, in denen das Fortbestehen der Dynastie gesichert werden konnte. Sophie von La Roche korrigiert in Brief 190 Zeile 18f. die kolportierte Nachricht, die Herzogin hätte kniend um die Schonung ihres Landes gebeten. 40−48 Director der […] Plünderung gestorben] Der Direktor der Fürstlichen Zeichenschule in Weimar Georg Melchior Kraus wurde am Abend des 14. Oktober bei der Plünderung seines Hauses durch französische Soldaten schwer verletzt. Er schleppte sich in das Haus des Unternehmers Bertuch, wo er am 5. November körperlich und seelisch gebrochen starb (siehe Brief 29 Komm. zu Zeile 5). 45 warum keine] warum ich keine. 50 threurer] treuer. Verschreibung. 52−57 die unglükliche […] bewießen werden] In der Schlacht von Jena und Auerstedt kämpften Darmstädtische Truppen siegreich auf der Seite Frankreichs. Sophie von La Roche beanstandet die brutale Behandlung einer Gruppe preußischer Gefangener (siehe Brief 191 Zeile 16−21). 56 blessirte] Blessierten. Verwundeten. 62 Voyageur qui repos] Gemeint ist der dritte Band der Lebenserinnerungen des französischen Diplomaten Louis Dutens (1730−1812) „Mémoires D’un Voyageur Qui se repose, Contenant des Anecdotes historiques, politiques et littéraires, relatives à plusieurs des principaux Personnages du siècle. Paris 1806“. Dutens, der einer protestantischen Familie aus Tours entstammte, bereiste im Zeitraum von 1775 bis 1805 Italien und Deutschland sowie Wien, Preßburg und Prag. Zum Zeitpunkt des Briefes lebte er als Historiograph des englischen Königshauses in London. 63 so schike ihn] so schicke ich ihn.

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23. November 1806 den 23 nobr 1806

Ich weiß Edler gütiger Freund! daß Sie antheil, an meiner ruhe nahmen, also schreibe Ihnen so gleich

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daß briefe von meinen Sohn, aus Berlin habe, worinn Er mich, seines und der Seinigen ihrem wohlseyn versichert und mich bittet, mit ruhigem muth in die Zukunft, zu, sehen, und für meine gesundheit zu sorgen Wieland ist aber noch zufriedner Marchall Ney war bey ihm - ihn deß besondern Kayserlichen Schuzes zu versichern Prinz Murat gab ihm Gens d’Armes - und alle hohe officiere besuchten ihn, so daß Er mehr Ehrenbezeugung genoß, als in seinem ganzen leben Herzoginn Luise! habe sich Edel, und mit Würde betragen - und nicht gekniet Göthe - hätte keinen anlaß gehabt, ihm zu dienen und Er habe ihn nicht gesehen, dabey erhielt | | ich dank für meine sorgen um ihn und bitte - nicht alles schlimm geachtete zu glauben - wie getrost die glükliche sind! sage ich im vorbey gehen - Göthe hatt sich den 13, in der Kirche Nb, mit der mutter, seines 16 jahr alten Sohnes trauen lassen - sie ist die tochter deß geweßenen Secretaire Vulpius in Weimar und lebte immer stille in Göthens hauß am Dienstag geht, der vortrefliche haupman von ochßenstein, mit trouppen, nach der großen armèe ich habe in Weimar 18 frey Expl. von den Sommer abenden meiner Melusine verlohren, u - da mein quartal von Weilburg nicht erhalte - so kann auch das vergnügen nicht haben, Einige Freunde zu bitten ein Exp anzunehmen Sie bester Freund! leßen einmal dieß so ich erhielt - den ich zweifle, ob H- bertuch, so in der | | plünderung nichts verlohr - mir auf bitte ein halb duzend schiken wird Gott erhalte Sie theurer - wohldenkender und richtig sehender Freund! auch sorge der himmel Für hessen darmstadt Hauß

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adieu ich muß nach Schließien schreiben, und den Schwestern meiner Schwieger Tochter sagen - daß die Berliner wohl sind -

ich möchte wissen, ob H- bruder Robertsons leben laß - ich möchte es ihm schiken -

FDH, Sig. Hs-6596 35 1 5 5 5 7

frey] f{r}/re\y

23 nobr] 23. November. daß briefe] daß ich briefe. meinen] meinem. meinen Sohn, aus Berlin] Bergrat Carl von La Roche. Seinigen] Gemeint sind Carl von La Roches Ehefrau Friederike, geb. von Stein-Miltitz, und die gemeinsamen Kinder Bertha (1793−1830) und Hellmuth (1798−?). 11−13 Wieland ist aber […] Schuzes zu versichern] Christoph Martin Wieland hatte Sophie von La Roche in seinem Brief vom 3. November 1806 über die Verheerungen unterrichtet, die französische Soldaten in Weimar angerichtet hatten (siehe Horn: Wielands Briefe an Sophie von La Roche [1820], S. 352−356). 12 Marchall Ney] Der französische General Michel Ney hatte entscheidend zum Sieg über die preußisch-sächsischen Truppen in der Doppelschlacht von Jena und Auerstedt beigetragen. Er erreichte Weimar am Morgen des 15. Oktober, wo er mit seinen begleitenden Offizieren in Goethes Haus am Frauenplan für zwei Tage Quartier nahm (vgl. Brief von Wielands Sohn Ludwig an Charlotte Wilhelmine Gessner vom 21. Oktober 1806. In: Wieland: Briefwechsel [2003], 17. Band, 2. Teil, S. 104). 14 Prinz Murat] Joachim Murat trug seit 15. März 1805 den Titel eines Großherzogs von Berg und Kleve. Verheiratet mit Napoleons jüngster Schwester Caroline Bonaparte (1782−1839) wurde er bereits 1804 von seinem Schwager zum kaiserlichen Prinzen ernannt (siehe Brief 183 Komm. zu Zeile 7f.). 18f. Herzoginn Luise […] nicht gekniet] Sie korrigiert ihre Angabe aus Brief 189 Zeile 38f. 20−24 Göthe - hätte […] zu glauben] Zur Sitzung des Geheimen Konsiliums am 16. Oktober, bei der Napoleon zugegen war, erschien Staatsminister Johann Wolfgang von Goethe nicht (siehe Johann Wolfgang von Goethe und Christian Gottlob von Voigt: Briefwechsel. Bearbeitet und hrsg. von Hans Tümmler. Bd. 3. Weimar 1955 [= Schriften der Goethegesellschaft 55], Bd. 3, Nr. 149, S. 132 Kommentar u. S. 421). 21f. dabey erhielt ich dank für meine sorgen um ihn] Weder ihr Brief an Goethe noch dessen Antwortschreiben sind überliefert.

Brief 190 – 23. November 1806

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27 den 13] den 13. November. 27 Nb] Nota bene. Lat.: „wohlgemerkt“. 27−31 in der Kirche […] in Göthens hauß] Nach einer achtzehn Jahre währenden Lebensgemeinschaft heiratete Johann Wolfgang von Goethe am 19. Oktober Johanna Christiane Sophie Vulpius (1765−1816), Tochter des Weimarer Amtskopisten Johann Friedrich V. (1725−1786). Die Trauung vollzog Oberkonsistorialrat Hofprediger Wilhelm Christoph Günther (1755−1826) in der Sakristei der Jakobskirche in Anwesenheit des gemeinsamen Sohnes Julius August Walter (1789−1830). 32−34 haupman von […] großen armèe] Das Fürstentum Isenburg-Birstein hatte am 12. Juli 1806 die Rheinbundakte unterschrieben und verpflichtete sich damit, Frankreich ein Truppenkontingent zu stellen. Major Ochsenstein (Vorname und Lebensdaten nicht ermittelt) gehörte der Militärkommission an (siehe Müller: Das Fürstentum Isenburg im Rheinischen Bund [1978], S. 107; Brief 109 Komm. zu Zeile 2). 35 frey Expl.] Freiexemplare. 36 sommer abenden meiner Melusine] Brief 186 Komm. zu Zeile 11−15. 40 Exp] Exemplar. 41f. dieß so ich erhielt] Sophie von La Roche sendet Petersen ein Aurorenexemplar ihres letzten, 1806 erschienenen Werks „Melusinens Sommer-Abende“. 42 den ich zweifle] denn ich zweifle. 42f. ob H- bertuch […] nichts verlohr] Nach dem Sieg der Franzosen bei Jena und Auerstedt am 14. Oktober verließ Friedrich Justin Bertuch Weimar in Richtung Erfurt. Als Verleger fürchtete er Verfolgung und Strafe durch die Besatzer aufgrund seiner anti-napoleonischen Haltung. Als er am 23. Oktober 1806 nach neuntägiger Abwesenheit nach Weimar zurückgekehrte, fand er sein Haus unversehrt vor. „Es war ein großes Glück für das Bertuchhaus gewesen, daß man hohe Einquartierungen bekommen hatte. Die hier nächtigenden Generäle Jean Verdier und Louis Gabriel Suchet konnten dank ihrer soldatischen Autorität Plünderungen, wie sie sich in der Stadt vielerorts zutrugen, verhindern.“ (Walter Steiner und Uta Kühn-Stillmark: Friedrich Justin Bertuch. Ein Leben im Klassischen Weimar zwischen Kultur und Kommerz. Wien, Köln, Weimar 2001, S. 163f.) 49 Schließien] Schlesien. 50 Schwestern meiner Schwieger Tochter] Die Personen wurden nicht ermittelt. In den „Schattenrissen“ berichtet Sophie von La Roche von dem Zusammentreffen mit den beiden jüngeren Schwestern ihrer Schwiegertochter Friederike (S. 128 u. S. 131). 52 H- bruder] Hofprediger Georg Wilhelm Petersen. 53 Robertsons leben] Vermutlich ist eines der bekanntesten Werke der englischen Geschichtsschreibung „The history of the reign of the Emperor Charles V. with an account of the Emperors life after his abdication“ von William Robertson (1721−1793) aus dem Jahr 1769 gemeint, das in deutscher Übersetzung unter dem Titel „Abriß des gesellschaftlichen Lebens in Europa bis zum Anfange des sechszehnten Jahrhunderts, nach dem 1. Theil von Robertsons Leben Carls V., bearbeitet von August Remer. Braunschweig 1792“ erschien. Es könnte hier auch das Werk des schottischen Philosophen Dugald Stewart (1753−1828) „Account of the life and writings of William Robertson. London 1801“ gemeint sein.

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24. November 1806 offenbach abends den 24 nobr 1806

Theurer würdiger Freund! dank für Ihren brief, von dem 22. und die gütige aufnahme, meiner kleinen Fürbitte für arme gefangne = Es ist mir nicht möglich zu vermeiden, daß in meinem Zimmer, von vielen Menschen über vieles gesprochen wird - - aber es eben so unmöglich, das ich beweiße davon Führe - gewiß haben die andre auch gefehlt - aber muß es an unschuldigen gerächt werden? ich bekenne auch daß nicht allein menschenliebe, sondern auch mein inniges Attachement an daß Hauß Darmstadt mich zu der fürbitte leitete - die wahre güte deß Fürstlichen Haußes - war vor mir, als von dießen unedlen mißhandlungen welche Subaltern sich erlaubten, die rede war - wie in Selbold, mehrere gefangne Preußen, in die Kirche gelegt - und morgen, bey dem aufruf zum abmarsch - ein unbesonner gefangner sagte - unßer König soll doch Leben! und eine große anzal Schläge bekam = dieß war ein mißbrach - der gewalt eines oficiers - - - ich hoffe es können | | nicht viele von den unglüklichen mehr kommen so wird dieß alle aufhören - Frankfort kann am besten davon zeugen - verzeyhen Sie Edler gütiger Freund! daß ich Ihr Herz beunruhigte und haben Sie die güte dießen einschluß zu besorsorgen: Herr von Bardeleben bruder der Fr v Lindau ist tochtermann, von Herrn von Schmerfeld - oncle meiner Schwieger tochter in Berlin - von wo ich gestern, wieder einen brief hatte - in welchem mein Sohn sagt daß sie alle ruhig sind - und nach geleistetem Eid - alle geschäfte fortgehen, auch die bezalung gesichert wurde - - - Gott wird wohl auch gutes geschehen lassen leben Sie wohl Freund! theurer Freund! um das gute wieder zu erleben - Sorgen Sie für Ihre Gesundheit - mich dünkt das Kladrige wetter greift die Nerven an - wieland hat recht -

Brief 191 – 24. November 1806

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was die Göttliche Allmacht, und Güte zuläßt müssen wir ruhig tragen, und geschehen lassen!, arme armes teutschland, armes Preussen - wäre ich in PotsDam, ich weinte | | bey Friedrichs Asche 45 45 Herzog v Braunschweig war in lezten tagen so unglüklich an leib, und Seele, wie möglich - - das lob der französischen Accademie als Er Erbprinz war - tröstete ihn nicht / O mein Freund! wie sehr sind Fürsten zu bedauren! adieu ich muß für meine Enkelinn, in Nieulle 50 50 den Consens zu ihrer Heurath schiken - adieu Fürst Isenburg, wird in Berlin verehrt und geliebt - bald mehr von alt la Roche

FDH, Sig. Hs-6597 29 1 4 7 15 16

Herrn] {d}/H\errn

24 nobr] 24. November. meiner kleinen Fürbitte] Siehe Brief 189 Zeile 51-59. aber es eben so] aber es ist eben so. Subaltern] Subalterne. Untergebene. Selbold] Gemeint ist die zum Herrschaftsgebiet des Fürsten Karl von Isenburg-Birstein gehörige Stadt Langenselbold. Sie liegt im Kinzigtal, wo damals eine der bedeutendsten Reichsstraßen die Messestädte Frankfurt am Main und Leipzig verband. 17 in die Kirche] Vermutlich ist die 1727−1735 von Baudirektor Major Christian Ludwig Hermann (1688−1751) erbaute, unter Wolfgang Ernst von IsenburgBirstein eingeweihte großräumige Evangelische Pfarrkirche gemeint (Inge Wolf: Christian Ludwig Hermann. Baudirektor am Hanauer Hof. In: Hessische Geschichtsblätter 30 [1988], S. 445−555, hier S. 482−486). 21 mißbrach] Mißbrauch. Verschreibung. 27 dießen einschluß] Der Einschluss ist nicht überliefert. 28 Herr von Bardeleben] Nicht ermittelt. 28 Fr v Lindau] Frau von Lindau. Nicht ermittelt. 29 tochtermann] Schwiegersohn. 29 Herrn von Schmerfeld] Zu Christian Friedrich von Schmerfeld (siehe Brief 164 Komm. zu Zeile 6). 30 meiner Schwieger tochter in Berlin] Friederike von La Roche, geb. SteinMiltitz. Siehe Brief 190 Komm. zu Zeile 5. 33f. nach geleistetem Eid] Am 11. November 1806 mussten alle höheren preußischen Beamten einen Eid ablegen, mit dem sie ihre Loyalität gegenüber den französischen Besatzern bekundeten. Dieser von Zeitgenossen als „traurige Zeremonie“ bezeichneter Akt, der einer Huldigung Napoleons gleichkam, fand im Berliner Schloss statt. Das Königspaar war, die Hauptstadt Berlin meidend, in

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die Festung Küstrin geflohen und reiste von dort weiter nach Königsberg und Memel. 39 Kladrige] schmutzige. 40−42 wieland hat recht […] geschehen lassen] Siehe Brief 91 Komm. zu Zeile 34–36. 43f. wäre ich in PotsDam, ich weinte bey Friedrichs Asche] Möglicherweise steht Sophie von La Roches Äußerung in Bezug zu Napoleons Besuch am Sarg Friedrich des Großen in der Gruft der Potsdamer Garnisonskirche, der einen Monat zuvor am 25. Oktober stattgefunden hatte. Zu Sophie von La Roches Preußenverehrung siehe Kapitel 3. 45 Herzog v Braunschweig] Herzog von Braunschweig. 45f. in lezten […] wie möglich] Herzog Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbüttel war bei der Schlacht von Jena und Auerstedt durch einen Schuss ins linke Auge erblindet. Per Dekret vom 21. Oktober bestimmte er seinen jüngsten Sohn Friedrich Wilhelm (1771−1815) zum Nachfolger. In Offenbach war die Nachricht von dem Ende seines Siechtums erstaunlicherweise noch nicht eingetroffen. Er war bereits am 10. November in Ottensen bei Altona gestorben. Dass Sophie von La Roches hier den Vater und nicht dessen trauernden Sohn meint, geht aus Zeile 46f. hervor. 46f. das lob […] tröstete ihn nicht] Sophie von La Roche könnte dieses biographische Detail aus den ihr bekannten Memoiren des französischen Schriftstellers Jean-François Marmontel erfahren haben: „Der Prinz von Braunschweig, der Frankreich bereiste, nachdem er gegen uns mit ritterlichem Anstand und heldenmütiger Tapferkeit Krieg geführt hatte, genoß in Paris jene hohe Achtung, die er dank seiner Tugenden verdiente: eine schmeichelhaftere Huldigung als jene herkömmliche Ehrerbietung, die man Personen seiner Geburt und seines Ranges bezeugt. Er äußerte den Wunsch, einer geschlossenen Sitzung der Académie beizuwohnen, eine Ehre, die bisher nur gekrönten Häuptern vorbehalten blieb.“ (Zitiert nach der deutschen Übersetzung „Erinnerungen an Philosophen und Aktricen“ [1979], S. 474f.; siehe Brief 170 Zeile 49) 49f. ich muß für […] Heurath schiken] Ihre Schwiegertochter Elsina lebte nach der Trennung von ihrem Mann Fritz von La Roche mit ihren Kindern Maria Sophia, George Henry Frederic und Elsina Maria Espinasse (ihrer Tochter aus erster Ehe) in Nieulle an der französischen Atlantikküste. Sophie von La Roches Enkelin Maria Sophia hatte bereits im Oktober den Kaufmann Theodor Koechlin aus Basel geheiratet, wie aus einer zweiseitigen handschriftlichen Familienurkunde („Family Record“), hervorgeht, die Geburts-, Heirats- und Todesdaten von Elsinas Nachfahren enthält. Das in englischer Sprache abgefasste Dokument stammt aus der Familie von George Henry Frederic de La R. („Franck de la Roche“), der in Baltimore am 24. März 1816 Anna Maria Mc Nulty und nach deren Tod am 19. Juni 1825 Jane Jacob heiratete (SAO, Sig. M 24−1/101). 50 Consens] Lat.: „Einwilligung“. 51f. Fürst Isenburg, wird in Berlin verehrt und geliebt] Ende Oktober 1806 war Berlin nicht mehr die Hauptstadt der Preußischen Monarchie. Mit dem Einmarsch der Franzosen konvertierte es zum Machtzentrum Napoleons. Fürst Karl von Isenburg-Birstein antichambrierte dort weit über seine Verpflichtungen als Mitglied des Rheinbundes hinaus. „Noch vor Abschluß des Rheinbundes nahm ihn Napoleon, ohne seine Leistungen besonders zu schätzen, in die Ehrenlegion auf und verlieh ihm kurz darauf die Rheinbundsouveränität. Dies war eine wirkungsvolle De-

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monstration der Karrieremöglichkeit im französischen Dienst und der damit verbundenen Protektion durch den obersten Kriegsherren.“ (Müller: Das Fürstentum Isenburg im Rheinischen Bund [1978], S. 17; Wieland Griebel: Die Franzosen in Berlin 1806−1808. Berlin 2006, S. 49 u. S. 88; siehe Kapitel 3)

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Vergeben Sie! mein unendlich verehrter Freund den spaten dank, für die gütige erinnerung an Nicolaus tag. aber ich fange an zu denken daß es sehr indiscret - und interessirt aussehen würde, wenn ich noch einmal dießen Tag erlebte, ohne alle meine gütige Freunde gebeten zu haben mir nichts als einen gütigen brief zu schreiben, daß sie zufrieden sind mich noch da zu wissen und das vergnügen mit ihnen zu theilen - Gerechtigkeit - und Frieden, wieder kommen zu sehen. dießer gedanke kam gestern lebhaft vor meine Seele, als ich von dem jungen H treutel aus Paris (welcher vor 10 tag noch in Hamburg war) alle den jammer und gewalthätigkeiten erzälen hörte, welche in der guten Stadt vorfielen, die er jahre lang blühend und glüklich sah - - immer kann man nichts anders sagen - als - Gott sieht dieß alles besser als du - und erlaubt es - da sind gute ursachen dazu - dulde und schweige badische trouppen haben hier zwey tage gewohnt, alles lobte sie - besonders auch den obrist von Stetten - und Hauptmann Keßler welchen schon lange kenne, und wegen dem lob von wissenschaft, und edlem betragen beliebt wußte, besonders | | durch seinen Lehrer der mathematik - für mich hatte er ein verdienst mehr, indem Er die Englische Sprache weißt, und liebt, auch deßwegen bey Großherzog sehr gerne gesehen ist - - - - Er wohnte bey ameronguen, die ihn sehr Schäzen lernten, ich aber ihm Englische bücher mit gaab mein theurer Freund denkt, was der zustand der Brittischen Inslen, in einer allgemeinen Blocade, für uns ward - als folge des unseeligen alles wohl verheerenden Kriegs - hatte ich das weh, der vortreflichen Frau von Bechtolsheim in Eißenach zu theilen - welche

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drey Söhne in Preußischen diensten hatte - der älteste ganz wohl blieb - der zweyte unbekannt verlohren geachtete wird der dritte auf einem Karren mit Stroh, durch einen Soldaten gehalten, vor ihr Hauß gefahren wird - nicht blessirt aber in völliger abweßenheit deß Geistes, an dem heftigsten Fieber liegt - natürlich so gleich alle pflege und hülfe erlangt, nach einigen Stunden seine Mutter erkennt Fühlt, daß er ein troknes hemd anhat und in seinen zügen über beydes Freude zeigt, etwas stärkendes bekommt, so ihm auf einige momente, die Sprache giebt wo er sagt o ma mere! Combien j’ai soufert, und hernach stirbt. 17 jahr alt - ach in dießem alter der blühte deß lebens, sah ich seine mutter, in Darmstadt bey der Großen Frau landgräfinn - dieße Erinnerung zog viele nach sich über träume des lebens - noch eh ich mein 76 jahr | | endete - was war teutschland? was ganz Europa, als ich 1753 den Rhein, und maynz, das erstemal sah ach neu wünsche ich mir Geld genug, um eine Professur zu Stiften, wo junge leute, die für hohe Kriegs und Cabinets Stellen bestimmt werden - den unterschied der national Caracter Studiren könnten - wie dieße, in Frieden und in Streitt sich zeigen - wie belehrend für die zukunft, sollte die geschichte der revolution Frankreichs - und das benehmen der andren seyn - wie viel die analise großer anlaagen eines Italiener - durch Französische erziehung gebildet - - O mein Freund! sagen Sie würde dießer Lehrstuhl unüz seyn für zukunft? Sagen Sie mir doch, möchten Sie nicht Memoires

dun Voyageur qui se repose leßen - möchten Sie nicht Fürst Primas kennen Lernen - einmal eine assemblèe von 500 Personnen bey ihm sehen - - und - und

wenigstens Einen oder 2 tag in offenbach ruhen tausend schöns an herrn bruder - O ich möchte mit einem geistvollen theologen über manches reden und mir erklären lassen 70 70 adieu Edler theurer Freund, Gott mache Sie gesund erhalte Sie Ein Prinz schrieb mir den 27 nobr que dites vous, de la Divine, et Sublime Souveraine de Wieland - qui reconcilie avec tout la Caste?

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adieu de la vielle Roche | |

/ wissen Sie das Buchhändler Gräff aus leipzig Flüchtete - wie Hoffmann u noch einer aus Hamburg, weil sie Palms schiksal zu fürchten hatten

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FDH, Sig. Hs-6598 1

11 xbr] 11. Dezember. Dieser Brief ist der letzte überlieferte Brief an Petersen. Sophie von La Roche starb am 18. Februar 1807 im Alter von 76 Jahren. Die Korrespondenz mit Elisabeth Gräfin Solms endete am 9. Februar 1807. 3f. erinnerung an Nicolaus tag] Sophie von La Roche hatte am 6. Dezember, dem Nikolaustag, Geburtstag. 4−11 daß es sehr indiscret […] wieder kommen zu sehen] Sophie von La Roche möchte vermutlich sagen, dass sie ihre Freunde vor ihrem nächsten Geburtstag gerne schriftlich von der Mühe, aufwendige Glückwünsche zu schreiben, entbinden will. 13−17 dem jungen H treutel […] glüklich sah] Vermutlich ist Charles Treuttel (Lebensdaten nicht ermittelt) gemeint, Sohn des Straßburger Druckers und Verlagsbuchhändlers Jean Georges T. (1744−1826), aus dessen kinderreicher zweiter Ehe. 1793 musste Letztgenannter als Anhänger der Girondisten seine Heimatstadt verlassen. In Versailles lebte T. senior zwei Jahre unter Polizeiaufsicht, bis er 1795 den Hauptsitz der Firma „Treuttel und Würtz“ nach Paris verlegen konnte. In London entstand 1811 die Verlagsfiliale „Treuttel jun. and Richter“ (Lachenicht: Die Presse deutscher Jakobiner im Elsaß (2004), S. 128f.) 15f. der guten Stadt] Die Hansestadt Hamburg stand seit dem 19. November unter französischer Besetzung. 21 badische trouppen] Das badische Truppenkontingent des Rheinbunds (6000 Mann) hatte am 14. Oktober in der Doppelschlacht bei Jena und Auerstedt siegreich auf der Seite Napoleons gekämpft. Bei dem hier nicht näher identifizierten Korps handelt es sich um eine Verstärkungstruppe, welche bei den französischen Offensiven in Schlesien, Pommern und den Ostseestädten zum Einsatz kam. Am 29. November war es in Karlsruhe aufgebrochen und marschierte über Bruchsal, Heidelberg, Lautenbach, Darmstadt nach Offenbach, wo ein Rasttag eingelegt wurde. Siehe Komm. zu Zeile 22f. 22 obrist von Stetten] Friedrich von Stetten (1764−1808) war 1803 Major, 1805 Obristlieutenant und 1807 Oberst der Leibgrenadiergarde bzw. Oberst und Kommandeur des 4. Linieninfanterie-Regiments von Baden. Für seine Verdienste wurde er am 18. Februar 1807 mit den Großherzoglich badischen KarlFriedrich-Orden ausgezeichnet. Er starb im darauffolgenden Jahr am 16. April in Karlsruhe. 22f. Hauptmann Keßler] Gemeint ist der badische Hauptmann und Brigademajor Johann Heinrich Kessler (1774−1823 oder 1824), der 1803 von dem HessenKasselschen in den badischen Militärdienst trat. 1805 war er Kapitän im Regiment Markgraf Ludwig. Am 26. Februar 1807 erhielt er den großherzoglich badischen Karl-Friedrich-Orden für seine Verdienste in der preußischen Kampagne 1806. Es existiert eine 1860 auszugsweise angefertigte Abschrift seines 1806 bis 1807 geführten Tagebuchs, aus dem hervorgeht, dass K. am 29. November in Karlsruhe abmarschierte. Über Bruchsal, Heidelberg, Lauterbach und Darmstadt gelangte er nach Offenbach, wo ohne Angabe des Datums „Rasttag“ angegeben wurde. Am 12. Dezember traf er in Eisenach ein, am 23. Dezember erreichte er Berlin (GLAK, Sig. 65 Nr. 714; freundlicher Hinweis von Frau Gabriele Wüst). 23 welchen schon lange kenne] welchen ich schon lange kenne.

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seinen Lehrer der mathematik] In der Residenzstadt Karlsruhe war Sophie von La Roche mit dem Gymnasialprofessor Friedrich Wilhelm Wucherer befreundet (siehe Brief 111 Komm. zu Zeile 6). 27 Großherzog] Karl Friedrich Großherzog von Baden. 30f. was der zustand […] allgemeinen Blocade] Mit dem Untergang der französischen Flotte in der Seeschlacht bei Kap Trafalgar am 21. Oktober 1805 musste Napoleon den Plan von der militärischen Invasion Englands aufgeben. Der Inselstaat sollte nun wirtschaftlich in die Knie gezwungen werden. Am 21. November 1806 verhängte der Kaiser von Berlin aus die „Kontinentalsperre“, die Britannien von den Küsten Europas abschottete. Englische Güter wurden in den von Frankreich beherrschten Gebieten beschlagnahmt, englische Händler auf dem Kontinent polizeilich verfolgt. Die Wirtschaftsblockade wurde bis 1814 aufrechterhalten. 34 Frau von Bechtolsheim in Eißenach] Juliane (Julie) Auguste Christine von Keller (1751 oder 1752−1847) heiratete 1774 ihren Onkel mütterlicherseits Johann Ludwig von Bechtolsheim (1739−1806), der ab 1775 als Kanzler und Landschaftsdirektor in Eisenach tätig war. Ihr Haus am Jakobsplan war Treffpunkt für Literaten und Künstler. Mit Goethe und Wieland verband sie eine lebenslange Freundschaft. Letzterer widmete ihr die Gedichte „Die erste Liebe, An Psyche, Im Jahr 1774“ und „An Psychen“ (1776). Ihre eigene dichterische Produktion umfasst zahlreiche Gedichte, die u.a. im „Musenalmanach“ von Johann Heinrich Voss (1751−1826) und in den „Erholungen“ von Wilhelm Gottlieb Becker (1753−1813) erschienen (Eva Schmidt: Julie von Bechtolsheim. Wielands „Psyche“. Eine Biographie. Hrsg. zu ihrem 250. Geburtstag von Hubert von Bechtolsheim in Zusammenarbeit mit dem Wieland-Museum in Biberach und unter Mitarb. von Volkmar Schumann. Rattenkirchen 2003). 35f. der älteste ganz wohl]  Kavallerieoffizier Emil von Bechtolsheim (1775−1810). 36 der zweyte unbekannt verlohren] Kavallerieoffizier Gustav von Bechtolsheim (1776−1813). 37−45 der dritte auf einem […] hernach stirbt] Der achtzehnjährige Johann Ludwig (Louis) von Bechtolsheim (1788−1806) hatte als preußischer Soldat an der Schlacht von Jena und Auerstedt teilgenommen. Am 26. November 1806 traf er zu Tode erschöpft im Haus seiner Mutter in Eisenach ein, wo er am Morgen des folgenden Tages starb. Julie von B., die am 1. September bereits ihren Mann beerdigt hatte, schrieb am 31. Dezember an den Erbprinz Carl Friedrich von SachsenWeimar: „Ce pauvre enfant mourut victime de son devoir et du desir prononcé d’aller rejoindre son bataillon à pied, le manquant toujours. […] Il fut enterré à coté de lui [son père, P. S.], et je fis mettre sur son tombeau les paroles suivantes: Diensteifer raubte ihm das Leben. Die Lilie sank um so schöner dort zu blühen.“ („Das arme Kind starb, Opfer seiner Pflicht und des ausdrücklichen Wunschs, sich zu Fuß seinem Batallion anzuschließen, das es immer wieder verfehlte. […] Es wurde an seiner Seite beerdigt, und ich ließ auf seinem Grab folgende Worte setzen […].“ Zitiert nach Schmidt: Julie von Bechtolsheim [2003], S. 150). 47 seine mutter] Anfang Mai 1772 unternahm die neunzehnjährige Juliane von K. mit ihrer Mutter Auguste von K. (1732–1781) eine Reise an den Hof von Darmstadt. Wieland schrieb am 15. Mai 1772 an Sophie von La Roche: „Daß Sie meine Julie, meinen Liebling, und ihre Mutter gesehen haben, freut mich unendlich; aber, daß es nur Augenblicke waren, verdrießt mich, Sie haben von meiner Freundin nur die Oberfläche sehen können; und der Fond verdiente so sehr von

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Ihnen gekannt zu werden. Sie ist eine von den wenigen, aus denen ich meine Republik zusammensetzte.“ (Zitiert nach Schmidt: Julie von Bechtolsheim [2003], S. 6f. Die kurze Begegnung mit Sophie von La Roche hatte nach Meinung von Schmidt in Koblenz stattgefunden.) 47f. Großen Frau landgräfin] Henriette Caroline von Hessen-Darmstadt. 50f. als ich 1753 den Rhein, und maynz, das erstemal sah] Sophie von La Roche irrt sich in der Jahresangabe. Am 27. Dezember 1753 vermählte sie sich mit Georg Michael Frank von La Roche in der Schlosskapelle von Warthausen. Der Umzug des Paares an den Mainzer Hof erfolgte zu Beginn des darauffolgenden Jahres. 52−61 ach neu wünsche […] für zukunft] In ihrem letzten überlieferten Brief an Petersen kommt ihr pädagogischer Impetus noch einmal zur Sprache. In Verbindung mit dem wehmütigen Rückblick auf die unwiederbringlich dahingegangene Welt des „ancien régime“ (Zeile 50f.) erscheint ihr Vorschlag wie ein geistiges Vermächtnis an die nachfolgende Generation. Siehe auch Sophie von La Roches Brief an Friedrich von Sachsen-Gotha-Altenburg vom 3. Juli 1804: „in diesem Augenblick fasse ich den festen Vorsatz, dem Herrn von Edelsheim nach Karlsruhe zu schreiben, daß er, da er gerade mit der Einrichtung der Universität Heidelberg beschäftigt ist, dort einen Lehrstuhl für Philosophie der geschichte gründen möchte und für Diplomatenlehrlinge Unterricht in Bezug auf die Verschiedenheit der National-Charaktere; dies glaube ich, könnte für die Zukunft sehr nützlich sein“ (übersetzt von Ebart: Briefe der Sophie von La Roche an den Prinzen von Gotha-Altenburg [1901], S. 775). Gemeint ist der badische Außenminister Georg Ludwig Baron von E. (1740−1814). 62f. Memoires dun Voyageur qui se repose] Siehe Brief 189 Komm. zu Zeile 62. 64 Fürst Primas] Dem letzten Mainzer Erzbischof Karl Theodor von Dalberg wurden in dem von Napoleon 1806 initiierten Rheinbundvertrag neben dem kurmainzischen Fürstentum Aschaffenburg die rechtsrheinisch gelegenen Reichsstädte Frankfurt am Main, Wetzlar und Regensburg, sowie das Gebiet des Fürstbistums Regensburg zugesprochen. Als Fürstprimas erhielt er den Vorsitz des in Regensburg tagenden Fürstenbunds, ein Privileg, das sich aus der Stellung der Mainzer Kurfürsten als den Erzkämmerern des deutschen Reiches herleitete. 64 assemblèe] Frz.: „Versammlung“. 65 bey ihm] Von 1807−1813 residierte Fürstprimas von Dalberg im Palais Thurn und Taxis in Frankfurt am Main. 67 herrn bruder] Hofprediger Georg Wilhelm Petersen. 71 Ein Prinz] Nicht ermittelt. 71 27 nobr] 27. November. 72f. que dites vous […] tout la Caste] Frz.: „was sagen Sie zu der göttlichen und bewundernswürdigen Fürstin von Wieland - die mit der ganzen Kaste versöhnt.“ 76 Buchhändler Gräff aus leipzig] Ab 1794 führte der Leipziger Buchhändler und Verleger Heinrich Gräff allein das von seinem Bruder fünf Jahre zuvor gegründete Unternehmen, in welchem 1789 bereits das angesehene Verlagshaus „Weidmanns Erben und Reich“ aufgegangen war. Nach der Besetzung des Kurfürstentum Sachsen musste Gräff befürchten, dass die anti-napoleonische Publikationen seines Verlages Repressalien der feindlichen Obermacht zur Folge hatten (siehe Komm. zu Zeile 78). 77 Hoffmann] Gemeint ist der Hamburger Buchhändler und Verleger Benjamin Gottlob Hoffmann (1748−1818), dessen Tochter Elisabeth 1806 seinen Kolle-

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gen August Campe (1773−1836) ehelichte. Ab 1810 überließ Hoffmann die Geschäftsführung aus gesundheitlichen Gründen seinem Schwiegersohn. 1812 kam die Fusion der beiden Verlage zustande, die nun unter „Hoffmann und Campe“ firmierten. Die Freie Hansestadt Hamburg stand seit dem 19. November unter französischer Besetzung. Siehe Komm. zu Zeile 13-17. 77f. noch einer aus Hamburg] Es könnte der Hamburger Buchhändler und Verleger Friedrich Christoph Perthes (1772−1843) gemeint sein, der für seine antinapoleonische Haltung bekannt war. 78 Palms schiksal] Am 14. August wurde der Nürnberger Buchhändler Johann Philipp Palm (1766−1806), seit 1796 Besitzer der Steinschen Buchhandlung in Nürnberg, durch die französische Miliz verhaftet und zu dem Oberbefehlshaber General Graf Bernadotte nach Ansbach gebracht. Als Verleger hatte er sich für den im Juni erschienenen anonymen Druck „Deutschland in seiner tiefen Erniedrigung“ vor einem Militärgericht zu verantworten. Palm weigerte sich jedoch, den Namen des Verfassers preiszugeben, der auf 144 Seiten scharfe Kritik an der preußischen Neutralisationspolitik und den süddeutschen Verbündeten Frankreichs übte. Ob es sich bei dem Verfasser um Philipp Christian Yelin aus Ansbach handelte, ist nicht gesichert. In dem von Napoleons angeordneten Schnellverfahren kam es weder zu einer Anhörung des Angeklagten, noch zu seiner Verteidigung. Das Todesurteil gegen ihn und zwei weitere Buchhändler aus Wien und Linz wurde am 26. August in Braunau auf österreichischem Boden vollstreckt. 6000 verteilte Exemplare des Urteilsspruchs sollten im rheinbündischen Deutschland zur Abschreckung dienen und die nationalpolitische Bewegung im Keim ersticken. Der Justizmord an Palm löste eine Welle der Empörung aus. Napoleon hatte die Gerichtsbarkeit des Königreichs Bayern, die für die Stadt Nürnberg zuständig war, willkürlich missachtet (vgl. Bernt Ture von zur Mühlen: Napoleons Justizmord am deutschen Buchhändler Johann Philipp Palm. Frankfurt am Main 2003).

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12. März [?] den 12 merz -

hier mein theurer würdiger Freund! die wünsche daß Sie eben so wohl zurük seyn mögen, u 55 Ihre Erscheinung am mayn Ihnen eben so wohl bekomme, als ich den Himmel darum bat - ich lege die mir aufgetragne Frage und antwort bey - berühre zugleich 10 10 eine idèe von trauer, daß ich die beyde mal mich nicht mit Ihnen bereden konnte = wegen einem artigen vorschlag, welcher mir gemacht wurde - von einer großen undankba-

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15 15 ren Seele etwas zu erhalten - wobey

nur wenige zeilen ohne besondre unterschrift - und ohne das mindeste beleidigende - oder gefährliche geschrieben wer den sollte - daß ich nicht selbst - sondern 20 20 ein treuer Freund kann - bald darüber von alter la Roche -

FDH, Sig. Hs-6619 12. März [?] Der Brief enthält keinerlei Anhaltspunkte für eine Datierung. 1 12 merz] 12. März. 3f. daß Sie eben […] seyn mögen] Der Zusammenhang ist unklar. 7−9 ich lege die […] antwort bey] Der Zusammenhang ist unklar. Die Einschlüsse sind nicht überliefert. 12−19 wegen einem artigen […] werden sollte] Der Zusammenhang ist unklar.

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Bester Freund!

Herr von Amerongen geht nach darmstadt – und ich erhielt gestern abend 55 den 2ten Theil meiner Fanny – gerne möchte ich Sie besser binden lassen aber die Zeit ist zu kurz – haben Sie die güte nachzusehn 10 10 ob das Exp. welches die frau Landgräfinn bekam braun gebunden war - Gräf ist dießes mal – äußerst malhonet | | mit mir umgegangen, ich 15 15 mußte mehrere Ex- zurük schiken – so schlecht sahen sie aus Fraül von Bode weiß, ob das erste Exp- braun gebunden war - u wenn es ist, so

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20 20 schiken Sie mir es wieder -

nehmen aber eins von den 2 in Türkisch papier für sich mit Freundschaft an – geben das andre Frl von Bode 25 25 welche um nachsicht bitte daß es nicht besser außieht | | der verleger schikte mir weniger Ex. als sonst u schlechter so wie er das Kupfer änderte 30 obschon ich die Zeichnung von 30 der frau Bruce bey ruinen dazu schikte – welche Sie auf der 217 seite finden werden – Wenn kommt Erbprinzeß von 35 Baaden nach Darmstadt 35 bitte – bitte lassen michs wissen – in eile alte la Roche

FDH, Sig. Hs-6611 [1802] Der Brief ist aufgrund des in Zeile 6 erwähnten 2. Teils ihres Romans „Fanny und Julia, oder die Freundinnen“ auf das Jahr 1802 zu datieren. Nach dem Erscheinen des Werks erhielt sie Freiexemplare von ihrem Verleger Gräff aus Leipzig. 2

Amerongen] Joost Baron Taets van Amerongen. Siehe Brief 128 Komm. zu Zeile 17-20. 5f. 2th Theil meiner Fanny] Siehe Datierung. 10 Ex] Exemplare. 13 malhonet] Frz.: „ unredlich“. 17 Fraül von Bode] Gemeint ist die hessen-darmstädtischen Hofdame Caroline von Bode; siehe Brief 73 Komm. zu Zeile 6. 18 Exp-] Exemplar. 22 Türkisch papier] Von Hand gestaltetes marmoriertes Papier, das auch als Überzugs- und Vorsatzpapier verwendet wurde. 28 Ex.] Exemplare. 31 frau Bruce] Auf S. 217 des Romans begegnen Lord Selby und Herr Olbach in dem Gewölbe eines verfallenen Schloß eine „ reinliche alte Frau“ am Spinnrad, die eine Schar halbwüchsiger Mädchen unterrichtet. Frau Bruce bewohnt die Ruine ihres Familiensitzes, der einstmals die Residenz der schottischen Adelsfamilie Dundonald war. 34f. Erbprinzeß von Baaden] Erbprinzessin Amalie von Baden-Durlach, geb. Prinzessin von Hessen-Darmstadt. Siehe Brief 156 Komm. zu Zeile 43.

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17. Oktober 1788 offenbach den 17 8br 1788

Ich erhielte gestern theurer Herr rath! Ihr mir auß So vielen ursachen Liebes schreiben - den Ihre freundschaft ist mir gewiß unendlich werth - unschäzbar ist mir die güte und das vertrauen einer der edelsten fürstinen an welche mein ganzes Herz sich haftete. ich freue mich, das die Liebe Erbprinzeß das edle hülfs mitel kent. Durch wohlthun das glük ihres Herzens zu finden wenn das Schiksal ihr wünsche versagt - den gewiß ist dießes oft das Los der Fürstinen welche denken wie die Erbprinzeß Nun so gleich antwort auf die vertraute frage Mad- May bildet gute Bürgerliche Mädchen, von dem mitel stand - hat auch dieße am liebsten - ist in der that eine sehr Kluge, gute erzieherinn und schäzbare Frau, will sich aber nicht gerne mit einem Fräulein beladen - - - und das ist von ihr nach allem sehr Klug und rechtschafen weil die erwar tung und absicht unßerer geliebten Edlen Fürstin nicht erfüllt würde - und gewiß in der ausgabe vielleicht höher käme als wir glauben. danken Sie in meinem nahmen Ihro durchlaucht für Ihr vertrauen in mich - ich werde es nie, auch gewiß in dieser gelegenheit nicht mißbrauchen - ich schlage also nach meiner besten überzeugung Frankenthal vor f 250 sind die ganze ausgabe - und ich darf sagen - das wenn die mindeste anlage, und nur guter thätiger wille in dem Frl v. K. Liegt - so wird meine Freundin Bertrand alles aus ihr machen was die Liebe fürstin wünscht - den Madame| | Bertrand hat nicht nur alle Kentnisse einer erzieherin, sondern weißheit sie anzuwenden und dießes ist noch viel mehr als talent - ich wollte Mad. B- schreiben das frl. v. Keller auch von der entwegen besonders zu besorgen, und ihr bey der nöthigen um sicht in der großen Haußhaltung des instituts eine partie nach der andren in untericht und übung bekant zu machen - die französische

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Sprache hat in Frankenthal große vortheile und vorzüge vor offenbach - und Lebens art, ton und bezeugen sind voll anstand welches Mad. B- von ihrem aufenthalt in Paris mitbrachte - wie wohl auch ein vortheil ist der berechnet zu werden verdient so wie ich noch der überzeugung meines Herzens u verstands versichert bin - das Frankenthal unter dießer Directrice alles Leistes was man wünscht und die großmütige absicht der fürstin am vollkomensten erfüllen wird mein brief ist etwas verwirrt, aber die neue Zufälle von schreklichen Krämpfen die meinen Mann angegrifen und alle augenblike hülfe fodern, machen meinen Kopf und meine feder unstäth - - doch muß ich dem lieben Prinz Louis noch was schönes vom Prinzen von Preußen erzä len - - Er war mit im Schleßien bey der revue - die Cavalerie mußte ein starkes manoeuvre machen zwey Leute stürzten gefährlich - der prinz eilt ihnen zu, hilft schneidt mit seinem degen zügel u Riemen entzwey - man ruft ihn zu, Er wage sein Leben ach nein der Himmel sieht das ich menschen retten will und nachher bat er auch um nachlaß der strafe weil die leute so hart gefallen waren - die armen - und alle menschenfreunde Seegneten ihn dafür | | Sagen Sie den Fräuleins von Bode und Bretlach der Postwagen bringe meine Lautenspielerin die ich so lang vergaß - und dieße wird auch den Damen was von mir sagen - nun muß ich enden verehrung meiner Seele für die frau Erbprinzeß Seegen für dieß was Sie für die Söhne dießer Frau also für ihr edles herz sind - und viel für die Prinzen zum gedeyen den der liebe des Prinz Louis für den großen friedrich - ich möchte ihm was von den guten anzeigen davon erzälen - wie Hume im Capitel der Simpathetischen bewegung der tugend - aber ich habe nicht zeit blumen zu samlen, und Bouquete zu binden Ihnen H- Bruder u Merk viel von Sophie la Roche Es soll doch jemand dem Prinz Louis den Gothaer Callender 1789 bald geben à Monsieur| Monsieur Le Conseiller Petersen| à| Darmstadt

Brief I – 17. Oktober 1788

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GSA, Sig. 33/537 Als Briefempfänger gibt das GSA irrtümlich Hofprediger Georg Wilhelm Petersen an. Das Schreiben richtet sich jedoch zweifelsfrei an den „rath“ Johann Friedrich Christian (Zeile 2), den Erzieher des Prinzen Louis (Zeile 47 u. Zeile 64) und ist damit zwischen Brief 1 vom 29. September und Brief 2 vom 1. Dezember 1788 einzuordnen. 1 3 5 7 9 9 12 12 15 23

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17 8br] 17. Oktober. den] Lies: denn. einer der edelsten fürstinen] Henriette Caroline von Hessen-Darmstadt. Siehe Kap. 3.1. Erbprinzeß] Luise von Hessen-Darmstadt. ihr wünsche versagt] Der Zusammenhang ist unklar. den] Lies: denn. Mad-] Madame. May] Gemeint ist Antoinette Elisabeth May, die eine Pension („kosthaus“) in Offenbach führte (siehe Brief 7 Komm. zu Zeile 10). Fräulein] Siehe Zeile 31. Frankenthal] Gemeint ist das Bildungsinstitut für protestantische Mädchen („Philathropin“), das 1780 mit kurfürstlicher Erlaubnis von der aus Neuchâtel stammenden Louise L’Ecuyer in Frankenthal gegründet wurde. Als die Gründerin im darauffolgenden Jahr starb, übernahmen ihre Landsmänninnen Marguerite Moisonnier und Esther Gélieu die Leitung. Letztere war eine Schwester von Salomé de G., der Erzieherin Königin Luises von Preußen (Brief 25 Kom. zu Zeile 5). Sie wurden 1786 abgelöst von der ebenfalls aus Neuchâtel stammenden Marie Anne Elisabeth Bertrand (siehe Komm. zu Zeile 26). Die ab 1782 als staatliches Institut anerkannte Anstalt bestand bis 1799. Der Besucher Friedrich von Matthisson (Brief 46 Komm. zu Zeile 5) schreibt am 6. September 1786 an Hofrat Friedrich Köpken in Magdeburg: „In Frankenthal war ich im Erziehungsinstitute für Frauenzimmer, worüber Mad. Bertrand von Neuchatel die Aufsicht führt. Diese Anstalt erhält sich noch immer im wachsenden Zustand. Das Aeusere der jungen Mädchen verkündet Frohsinn und Gesundheit, und ich sahe noch nie so viele blühende und glückliche Gesichter beisammen als hier.“ (Friedrich von Matthisson: Briefe (1795), S. 49; Lenelotte Möller: Höhere Mädchenschulen in der Kurpfalz und im fränkischen Raum im 18. Jahrhundert. Frankfurt am Main, Berlin, Bern u.a. 2001 [= Mainzer Studien zur neueren Geschichte 5], S. 296−314; Anna Maus und Burkhard Abel: Aus der zweihundertjährigen Geschichte des Karolinen-Gymnasiums. In: Staatliches KarolinenGymnasium Frankenthal/Stadtverwaltung Frankenthal (Hrsg.): Festschrift des Staatlichen Karolinen Gymnasiums Frankenthal (Pfalz) zum zweihundertjährigen Bestehen als öffentliche Schule. Worms 1980, S. 13−20) Frl. v. K.] Fräulein von Keller. Nicht ermittelt. meine Freundin Bertrand] Die Waadtländerin Marie Anne Elisabeth Bertrand (1752−?) war die Tochter des Geographen Frédéric Ostervald, einem der Mitinhaber der Société Typographique de Neuchâtel. Ihr Mann, der Theologe und Professor für Literatur Jean Elie B. (1737−1779), unterrichtete am dortigen

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Gymnasium. Sophie von La Roche besuchte die Directrice, eine „Freundinn meiner Julia Bondely, und Henriette von Sandoz“ von Speyer aus („Briefe über Mannheim“ [1791], S. 316−322). 30 Mad. B-] Madame Bertrand. 44 von schreklichen […] Mann angegriffen] Georg Michael Frank von La Roche war seit 1786 durch einen Schlaganfall halbseitig gelähmt (siehe Brief 2 Kom. zu Zeile 4). 47 Prinz Louis] Petersens Zögling war zu diesem Zeitpunkt elf Jahre alt. 47 Prinzen von Preußen] Gemeint ist Prinz Friedrich Ludwig Christian von Preußen (1772−1806), genannt Louis Ferdinand, Sohn des Prinzen August Ferdinand von P. (1730−1813), des jüngsten Bruders Friedrichs des Großen, und Markgräfin Anna Elisabeth Luise von Brandenburg-Schwedt (1738–1820). 48 revue] Frz.: „Heerschau, Truppenschau“. Die Preußen hielten jährlich nach der Getreideernte Manöver in Schlesien ab. 49 manoeuvre] Frz.: „Übung“. 57 Fräuleins von Bode und Bretlach] Gemeint sind die Hofdamen der Erbprinzessin Luise Caroline von Bodé (Brief 73 Kom. zu Zeile 6) und Marianne von Pretlach (Lebensdaten nicht ermittelt). 58 Lautenspielerin] Möglicherweise ist eine Notensammlung gemeint. 59 und dieße wird […] mir sagen] Vermutlich hatte Sophie von La Roches ein Anschreiben beigelegt. 62 Söhne] Petersen war zu diesem Zeitpunkt auch mit der Erziehung des achtjährigen Prinzen Gustav betraut. 63 und viel für die […] für den großen Friedrich] Lies: und viel Segen für die Prinzen zum Gedeihen, den Segen der Liebe des Prinz Louis für den großen Friedrich. 66 Hume] Gemeint ist der schottische Aufklärer und bedeutende Vertreter des Empirismus David Hume (1711−1776). 66f. Capitel der Simpathetischen […] der tugend]  Hume vergleicht in Part III., Bd. 2 („Of the other virtues and vices“) seines 1739/40 in London erschienenen Werks „A Treatise of Human Nature“ die Wirkungsweise der Sympathie mit derjenigen zweier gleichgespannter Saiten. „We may begin with anow the nature and force of simpathy, the mind of all men are similar in their feelings and operations; nor can anyone be actuated by any affection of which all others are not in same degree susceptible. As in strings equally wound up, the motion of one communicates itself to the rest, so all the affections readily pass from one person to another, an beget correspondent movements in every human creature.“ (1. Sektion „Of the origin of the natural virtues and vices“, in: Treatise of Human Nature. London, New York 1966, S. 271−287) 70 H- Bruder] Hofprediger Georg Wilhelm Petersen. 70 Merk] Gemeint ist Kriegsrat Johann Heinrich Merck, ein enger Freund des Hofpredigers (siehe Brief 2 Kom. zu Zeile 17; siehe Kapitel 3). 71f. Gothaer Callender von 1789] Der „Gothaischer Hof-Kalender eingerichtet zum Nutzen und Vergnügen auf das Jahr 1789“, herausgegeben in Gotha von W. Ettinger, enthält u.a. Anekdoten und Charakterzüge Friedrich II. (siehe Kapitel 3). 73 à Monsieur […] Darmstadt] Frz.: „an Herrn Herrn Rat Petersen in Darmstadt“.

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Brief II offenbach den 2 mai abends 1806

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2. Mai 1806

wenn mein edler, verehrter Freund wüsste wie sehr mich die, durch Herrn von amerongen gegebne Hoffnung freute - Sie in den schönen tagen der blüthe hier zu sehen - So wird er gewiß nicht alle blumen abfallen lassen, ehe die hoffnung erfüll ist ihn nach so langer abweßenheit, wieder zu sehen - zu hören (und ihm, von der ewigen Hochachtung und Freundschaft zu sprechen, die seinen verdiensten, und seiner güte gewidmet sind Gott wolle ja verhindern, daß Sie Ihre reiße, zu uns nicht auf die ankunft des Fürst Isenburg verschieben denn dießer geht von Paris, zu seinem Regiment nach Avignon - wo die schöne Laura begraben ist Prinz Friedrich von Gotha, ist nun in Rom u befindet Sich etwas besser - dieß wäre das schönste mirakel der Villa Santa - ich hoffe von Ihrer wallfarth in meine Hütte, unendlich viel, denn, mir dämmert der tag, wo Ihre gesundheit hergestellt, und dauerhaft seyn wird O mein theurer, würdiger Freund! was für ein glük - für alte Sophie la Roche

SAO, Sig. M24 (110) Das SAO gibt keinen Adressaten an, doch ist der Brief zweifelsfrei an Johann Friedrich Christian Petersen gerichtet. Dafür sprechen die Anrede („edler verehrter Freund“), die freudige Erwartung seines durch Amerongen angekündigten Besuchs in Zeile 3−10 und die in Zeile 19 angesprochene Kränklichkeit des Briefpartners. Auf Petersen als Briefempfänger deutet auch der warnende Hinweis in Zeile 12, dass der regierende Fürst Karl von Isenburg-Birstein erwartet wird. Ihr war bekannt, dass Petersen ein Zusammentreffen mit jenem vermeiden wollte. Der Brief ist nach dem vom 5. März 1806 (Brief 182) und vor dem des 12. Mai [1806] (Brief 183) einzuordnen.

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2 mai] 2. Mai. Herrn von amerongen] Gemeint ist der Tabakfabrikbesitzer Joost Baron Taets van Amerongen aus Offenbach (Brief 128 Komm. zu Zeile 17−20). 7 so langer abweßenheit]  Ziel und Dauer der Reise Petersens ist nicht zu ermitteln. 10 gewidmet sind] gewidmet sind). 12–14 Fürst Isenburg […] nach Avignon] Siehe Brief 186 Komm. zu Zeile 25. 14 die schöne Laura begraben ist] Die von dem italienischen Dichter Francesco Petrarca (1304−1374) besungene Laura wurde der Überlieferung zufolge 1348 in der Kirche des Franziskanerkonvents in Avignon begraben. Die Identität der verheirateten Frau konnte bisher nicht zweifelsfrei geklärt werden (siehe Johann Jakob Volkmann: Neueste Reisen durch Frankreich. Vorzüglich in Absicht auf die Naturgeschichte, Oekonomie, Manufakturen und Werke der Kunst; aus den besten neuern Schriften zusammengetragen von D. J. J. V. Leipzig 1787, S. 294). Sophie von La Roche hatte 1804 die Werke Petrarcas von Prinz Friedrich von Sachsen-Gotha-Altenburg (Komm. zu Zeile 15) aus Marseille zugeschickt bekommen, „welche mir so große Freude verursachten, weil ich Petrarca liebe seit siebenundsechzig Jahren, als ich das Italienische erlernte und mir jemand [ihr Verlobter Ludovico Bianconi, Anm. P.S.] alle Zärtlichkeiten, die nur für Laura gedacht waren, widmete.“ (Undatierter Brief zu Beginn des Jahres 1805, übersetzt von Ebart: Briefe der Sophie von La Roche an Prinz Friedrich von Sachsen Gotha-Altenburg [1901], S. 777) 15f. Prinz Friedrich […] etwas besser] Prinz Friedrich von Sachsen-GothaAltenburg (1774−1825) war im März 1803 schwer erkrankt und suchte Linderung für sein chronisches Nervenleiden in Frankreich und der Schweiz. 1805 reiste er für zwei Jahre nach Italien, wo er in Florenz, Rom und Neapel lebte. Ein weiterer Aufenthalt in Rom erfolgte 1807 bis 1810 und ein letzter von 1814 bis 1820, bei dem er zum Katholizismus konvertierte. Nach dem Tod seines Bruders übernahm er 1822 die Regierung des Herzogtums. Es lässt sich nicht nachweisen, wann Sophie von La Roche den Prinzen kennengelernt hatte. Möglicherweise war es zu einer Begegnung in Gotha gekommen, wo sie 1799 auf ihrer Reise nach Weimar und Schöneberg bei dem Direktor des Hoftheaters und Bibliothekar Heinrich Ottokar Reichard (Brief I Zeile 71f.) Station machte. Das TSAG bewahrt sechzehn in Französisch abgefasste Briefe Sophie von La Roches an ihn aus dem Zeitraum von 1804−1807. Eine ins Deutsche übersetzte Auswahl erschien 1901 in Westermanns Monatsheften (Ebart: Briefe Sophie von La Roche an Prinz Friedrich von Gotha-Altenburg [1901], S. 771−781; siehe Brief 160 Komm. zu Zeile 21−24, Brief 170 Komm. zu Zeile 18f., Brief 192 Komm. zu Zeile 52−61). 16 mirakel] Wunder. 17 Villa Santa] Vermutlich war es der Name des 1807 von Prinz Friedrich gekauften Landguts in der Umgegend Roms.

Abbildungsverzeichnis Abbildung S. VIII Sophie von La Roche (1730–1807). Titelblatt ihres Werks „Mein Schreibetisch“ von 1799 (Archiv im Haus der Stadtgeschichte Offenbach P 410). Abbildung S. 117–120 Sophie von La Roche an Johann Friedrich Christian Petersen am 6. März 1798 Brief 109 FDH, Sig. Hs-6522. Abbildung S. 121–124 Sophie von La Roche an Johann Friedrich Christian Petersen am 30. November 1800 Brief 145 FDH, Sig. Hs-6555. Abbildung S. 125 Sophie von La Roche an Johann Friedrich Christian Petersen am 1. Februar 1806 Brief 179 FDH, Sig. Hs-6587. Abbildung S. 260 Franz von La Roche (1768–1791); siehe Brief 60 (Archiv im Haus der Stadtgeschichte Offenbach AZ 12/2008. La-Roche-Ausstellung. Slg. V. Fotografen der Fa. SeitzGray-Foto, Frankfurt am Main). Abbildung S. 324 Sophie von La Roches Haus in der Domstraße in Offenbach am Main (rechts im Bild), das 1960 abgerissen wurde; siehe Brief 1 u. Brief 86 Komm. zu Zeile 4 (Archiv im Haus der Stadtgeschichte Offenbach M 46/34. Das Foto, das den Fotografen Jean Knöss als Urheber ausweist, entstand um 1938). Abbildung S. 520 Landgräfin Luise von Hessen-Darmstadt (1761–1829). Miniatur gemalt von Chevalier Chateaubourg; siehe Brief 3 u. Brief 168 (Hessisches Staatsarchiv Darmstadt, Georg Biermann und [Albert Erich] Brinckmann [Hrsg.]: Die Miniaturen-Sammlung Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs Ernst Ludwig von Hessen und bei Rhein. Leipzig 1917, S. 55).

Quellen- und Literaturverzeichnis Werke und Briefe Sophie von La Roches Briefe an Lina. Von Sophie von La Roche. Speyer 1785. Briefe über Mannheim. Von Sophie von La Roche. Zürich 1791. Der Eigensinn der Liebe und Freundschaft: eine engländische Erzählung; nebst einer kleinen deutschen Liebesgeschichte; aus dem Französischen übersetzt von Sophie von La Roche. Nachdruck der Ausgabe Zürich 1778. Eschborn 1992. Dresch, Joseph (Hrsg.): Sophie de La Roche et sa famille d’après des documents inédits. In: Revue germanique 11 (1920), S. 135–147, S. 220–247; Revue germanique 12 (1921), S. 16–45. Ebart, Paul von (Hrsg.): Briefe der Sophie von La Roche an den Prinzen von GothaAltenburg. In: Westermanns Illustrierte Deutsche Monatshefte LXXXIX (März 1901), S. 771–781. Erinnerungen aus meiner dritten Schweizerreise. Meinem verwundeten Herzen zur Linderung vielleicht auch mancher traurenden Seele zum Trost geschrieben von Sophie, Wittwe von la Roche. Offenbach 1793. Erscheinungen am See Oneida. Von Sophie von La Roche. Drei Bändchen. Leipzig 1798. Eugénie, ou la résignation, anecdote par Sophie de la Roche, traduit de l’allemand par Madame La Chanoinesse de Polier. Lausanne 1795. Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Von einer Freundin derselben aus Original=Papieren und andern zuverläßigen Quellen gezogen. Hrsg. von C. M. Wieland. 2 Theile. Leipzig 1771. Geschichte von Miss Lony und der schöne Bund von Sophie, Witwe von La Roche. Nachdruck der Ausgabe Gotha 1789. Eschborn 1992. Geschichte von Miß Lony und der schöne Bund. Von Sophie, Wittwe von La Roche. Mit zwey Kupfern. Gotha 1789. Hassenkamp, Robert (Hrsg.): Aus dem Nachlaß der Sophie von La Roche. In: Euphorion 5 (1898), S. 475–502. Herbsttage. Von Sophie von La Roche. Mit Kupfern von J. G. Penzel und mit Musik. Leipzig 1805. Journal einer Reise durch Frankreich, von der Verfasserin von Rosaliens Briefen. Altenburg 1787. Kampf, Kurt (Hrsg.): Sophie Laroche. Ihre Briefe an die Gräfin Elise zu SolmsLaubach 1787–1807. Herausgegeben vom Offenbacher Geschichtsverein. Offenbach 1965. La Roche, Sophie von: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Hrsg. von Barbara Becker-Cantarino. Stuttgart 2003. Mit einem persönlichen Nachw. von Hanno Rauterberg. Hamburg 2009.

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Zeitgenössische Quellen [anonym]: Der Thurm zu Babel oder die Nacht vor dem neuen Jahrhundert: Lustspiel, das Goethe krönen wird. Deutschland 1801. [anonym]: Deutschland in seiner tiefen Erniedrigung. [Nürnberg] 1806. [anonym]: Miss Lucinda Osburn. A Novel in Two Volumes by a young Lady. Dublin 1787. Abegg, Johann Friedrich: Reisetagebuch von 1798. Erstausgabe. Hrsg. von Walter und Jolanda Abegg in Zusammenarbeit mit Zwi Batscha. Frankfurt am Main 1976. Achard, Franz Carl: Ausführliche Beschreibung der Methode, nach welcher bei der Kultur der Runkelrübe verfahren werden muß, um ihren Zuckerstoff nach Möglichkeit zu vermehren. Berlin 1799. Addison, Joseph: Cato. A Tragedy. As it is acted at the Theatre-Royal in Drury-Lane, by Her Majesty’s Servants. By Mr. Addison. London 1713.

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Zeitgenössische Quellen

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Verzeichnis der Briefe Freies Deutsches Hochstift/Goethe Museum Frankfurt am Main Briefnummer 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28

Ausstellungsort Offenbach Offenbach Offenbach Offenbach Offenbach Offenbach Offenbach Offenbach Offenbach Offenbach Offenbach Offenbach Driburg Offenbach Offenbach Offenbach Offenbach Offenbach Offenbach Offenbach Offenbach Offenbach Offenbach Offenbach Offenbach

Datum 29. September 1788 1. Dezember 1788 [24./25. Februar 1789] 2. Juli 1789 5. Februar 1790 14. Februar 1790 10. März 1790 20. April 1790 11. Mai 1790 17. Mai 1790 30. Mai 1790 11. Juni 1790 27. Juni 1790 2. August 1790 10. September 1790 15. Oktober 1790 6. Dezember 1790 27. Dezember 1790 14. Januar 1791 30. Januar 1791 [Januar/Februar 1791] 23. Februar 1791 28. Februar 1791 7. März 1791 31. März 1791 11. Mai 1791 24. Mai 1791 1. Juni 1791

Signaturnummer Hs-6426 Hs-6427 Hs-6600 Hs-6428 Hs-6429 Hs-6430 Hs-6431 Hs-6432 Hs-6433 Hs-6434 Hs-6435 Hs-6436 Hs-6437 Hs-6438 Hs-6439 Hs-6440 Hs-6441 Hs-6442 Hs-6443 Hs-6444 Hs-6618 Hs-6445 Hs-6446 Hs-6447 Hs-6448 Hs-6450 Hs-6449 Hs-6451

628 Briefnummer 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64

Verzeichnis der Briefe

Ausstellungsort

Datum 3. Juli 1791 Offenbach 20. Juli 1791 Offenbach 19. August 1791 Offenbach 23. August 1791 [August 1791] [Ende August 1791] Offenbach 29. August 1791 31. [August 1791] Offenbach 14. September 1791 Offenbach 17. September 1791 Straßburg 27. [September 1791] Lausanne 24. November 1791 Lausanne 26. November 1791 Lausanne 20. Dezember 1791 Lausanne 17. Januar 1792 Lausanne 28. Januar 1792 14. Februar 1792 Lausanne 6. März 1792 Offenbach 03. Mai 1792 Offenbach 14. Mai 1792 Offenbach 31. Mai 1792 12. Juni 1792 Offenbach 20. Juni 1792 Offenbach 10. Juli 1792 Offenbach 20. August 1792 Offenbach 12. September 1792 2. Oktober [1792] Offenbach 10. Oktober 1792 Offenbach 17. Dezember 1792 Frankfurt am Main 6. Januar 1793 Offenbach 22. Januar 1793 Offenbach 8. Februar 1793 Offenbach 3. April 1793 Offenbach 10. April 1793 Offenbach 18. April 1793 Offenbach 20. April [1793]

Signaturnummer Hs-6452 Hs-6453 Hs-6454 Hs-6455 Hs-6605 Hs-6602 Hs-6456 Hs-6601 Hs-6457 Hs-6458 Hs-6603 Hs-6459 Hs-6461 Hs-6460 Hs-6462 Hs-6463 Hs-6464 Hs-6465 Hs-6466 Hs-6467 Hs-6468 Hs-6469 Hs-6470 Hs-6471 Hs-6472 Hs-6473 Hs-6604 Hs-6474 Hs-6475 Hs-6476 Hs-6477 Hs-6478 Hs-6479 Hs-6480 Hs-6481 Hs-6482

Verzeichnis der Briefe

Briefnummer 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100

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Offenbach Offenbach Offenbach Offenbach

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Datum 24. April 1793 29. April 1793 1. Mai 1793 10. Mai 1793 15. Mai [1793] 16. Mai [1793] 17. Mai 1793 21. Mai 1793 3. Juni 1793 5. Juni 1793 11. Juni 1793 14. Juni 1793 26. Juni 1793 23. Juli 1793 26. Juli 1793 12. August 1793 21. August 1793 9. September 1793 4. November 1793 27. November [1794] 2. April 1795 4. Mai 1795 27. Juli 1795 2. September 1795 2. November 1795 10. Februar 1796 31. März 1796 15. April 1796 29. April 1796 6. Juni [1796] 30. Juni 1796 12. September 1796 3. Januar 1797 9. Februar 1797 8. Mai 1797 14. Juni 1797

629 Signaturnummer Hs-6483 Hs-6484 Hs-6485 Hs-6486 Hs-6487 Hs-6488 Hs-6488 Hs-6489 Hs-6490 Hs-6491 Hs-6492 Hs-6493 Hs-6494 Hs-6495 Hs-6496 Hs-6497 Hs-6498 Hs-6499 Hs-6500 Hs-6607 Hs-6501 Hs-6502 Hs-6503 Hs-6504 Hs-6505 Hs-6506 Hs-6507 Hs-6508 Hs-6509 Hs-6575 Hs-6510 Hs-6511 Hs-6512 Hs-6513 Hs-6514 Hs-6515

630 Briefnummer 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122 123 124 125 126 127 128 129 130 131 132 133 134 135 136

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Datum 23. Juni [1797] 4. Juli 1797 20. Juli 1797 28. September 1797 28. Dezember 1797 29. Januar 1798 12. Februar 1798 16. Februar [1798] 6. März 1798 8. März 1798 11. März [1798] 27. März 1798 31. März [1798] 20. Juni 1798 30. Juli 1798 2. Oktober 1798 26. Oktober 1798 7. November 1798 4. Dezember 1798 14. Dezember 1798 27. Dezember 1798 11. Januar 1799 13. Februar 1799 6. Mai 1799 29. Mai 1799 18. Juni 1799 20. [Oktober] 1799 3. Dezember 1799 9. Dezember 1799 30. Dezember 1799 13. [Januar] 1800 19. Januar 1800 11. Februar [1800] 25. Februar 1800 23. März 1800 19. April 1800

Signaturnummer Hs-6599 Hs-6516 Hs-6517 Hs-6518 Hs-6519 Hs-6520 Hs-6521 Hs-6608 Hs-6522 Hs-6523 Hs-6615 Hs-6524 Hs-6609 Hs-6525 Hs-6526 Hs-6527 Hs-6528 Hs-6530 Hs-6529 Hs-6531 Hs-6532 Hs-6533 Hs-6534 Hs-6535 Hs-6536 Hs-6537 Hs-6538 Hs-6539 Hs-6540 Hs-6541 Hs-6542 Hs-6543 Hs-6544 Hs-6545 Hs-6546 Hs-6547

Verzeichnis der Briefe

Briefnummer 137 138 139 140 141 142 143 144 145 146 147 148 149 150 151 152 153 154 155 156 157 158 159 160 161 162 163 164 165 166 167 168 169 170 171 172

Ausstellungsort

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Datum 10. Juni 1800 4. Juli 1800 8. August 1800 2. Oktober 1800 [Oktober 1800] 22. Oktober 1800 2. November 1800 19. November 1800 30. November 1800 23. Februar 1801 5. März 1801 23. März 1801 22. April 1801 6. November 1801 13. November 1801 15. November 1801 7. Dezember 1801 10. Dezember 1801 26. Dezember 1801 8. Januar 1802 25. Januar 1802 12. Februar 1802 14. Februar 1802 26. Februar 1802 26. April 1802 17. Mai 1802 31. Mai 1802 12. Juni 1802 16. Juni 1802 22. Juni 1802 23. Juni 1802 13. September 1803 17. November [1803] 27. Februar 1805 29. April 1805 30. April [1805]

631 Signaturnummer Hs-6548 Hs-6549 Hs-6550 Hs-6551 Hs-6610 Hs-6552 Hs-6553 Hs-6554 Hs-6555 Hs-6556 Hs-6557 Hs-6558 Hs-6559 Hs-6561 Hs-6562 Hs-6563 Hs-6564 Hs-6565 Hs-6566 Hs-6567 Hs-6568 Hs-6570 Hs-6569 Hs-6571 Hs-6572 Hs-6573 Hs-6574 Hs-6576 Hs-6577 Hs-6578 Hs-6579 Hs-6580 Hs-6606 Hs-6581 Hs-6582 Hs-6617

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Verzeichnis der Briefe

Briefnummer Ausstellungsort 173 Offenbach 174 Offenbach 175 176 177 178 179 180 181 182 183 184 185 186 187 188 189 190 191 192 193 194

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Datum 14. Mai 1805 6. September 1805 8. Dezember 1805 [Ende 1805/ Anfang 1806] 8. [Januar] 1806 10. [Januar 1806] 1. Februar 1806 13. Februar 1806 28. Februar 1806 5. März 1806 12. Mai [1806] 30. Mai 1806 14. Juni 1806 18. Juli 1806 30. Juli 1806 6. November [1806] 13. November 1806 23. November 1806 24. November 1806 11. Dezember 1806 12. März [?] [1802]

Signaturnummer Hs-6583 Hs-6584 Hs-6585 Hs-6618 Hs-6586 Hs-6612 Hs-6587 Hs-6588 Hs-6589 Hs-6590 Hs-6614 Hs-6591 Hs-6592 Hs-6593 Hs-6594 Hs-6613 Hs-6595 Hs-6596 Hs-6597 Hs-6598 Hs-6619 Hs-6611

Goethe-Schiller-Archiv, Weimar Als Briefempfänger ist irrtümlich Hofprediger Georg Friedrich Petersen angegeben. I

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17. Oktober 1788

33/537

2. Mai 1806

M24/110

Stadtarchiv Offenbach Kein Adressat angegeben. II

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Personenregister Es wird unterschieden, ob die Person im Einführungstext (S. 5), im Brieftext (BT 5) oder nur im Stellenkommentar (SK 5) erscheint. Sophie von La Roche und ihr Briefpartner Johann Friedrich Christian Petersen wurden wegen der Häufigkeit ihrer Erwähnung nicht in das Personenregister aufgenommen. Bei verheirateten weiblichen Personen wird gegebenenfalls auf die Nennung unter dem Mädchennamen verwiesen (Arnim, Bettine von → (geb.) Brentano, Bettine). Achard, Franz Karl BT 123 Abegg, Johann Friedrich S. 65 SK 116 Abel, Friedrich S. 35 Addison, Joseph SK 177, 181 Agrippina (Witwe des Germanicus) BT 156 Alexander der Große S. 82 SK 125 Amerongen, Gerard Godard Taets van S. 18 BT 129, 133, 134, 135, 160, 185 SK 128 Amerongen, Joost Baron Taets van S. 18 BT 130, 133, 159, 160, 174, 180, 181, 192, 194 SK 128, 131 Amerongen, Frau von BT 135, 139 André, Johann Anton SK 86 André, Katharina Elisabeth (geb. Schmaltz) BT 3 SK 127 Andréossy, Antoine-François BT 142, 143, 145

Andréossy, François SK 142 Anhalt-Dessau Leopold III. Friedrich Franz Fürst von S. 68 BT 18 Luise Henriette Wilhelmine Fürstin von (geb. Brandenburg-Schwedt) SK 73, 77 Anhalt-Köthen Friedrich Wilhelm Prinz von SK 149 Ludwig Prinz von SK 134, 139, 149 Luise Prinzessin von (geb. Prinzessin von Hessen-Darmstadt) S. 27, 28, 51 BT 134, 139 SK 149, 170 August Christian Friedrich Prinz von SK 139 Arenberg, Ludwig Engelbert Herzog von BT 104, 167 Arenberg, Margarethe Herzogin von (geb. von der Mark) BT 104 Arenberg, Luise Antoinette Herzogin von (geb. von Lauraguais) BT 104 Artois, Charles Philippe Duc d’ SK 56 Arnim, Bettine von → geb. Brentano, Bettine

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Personenregister

Augereau, Pierre François Charles BT 178 SK 145, 177, 181, 184 Augustus (römischer Kaiser) BT 142 Baden-Durlach Amalie Friederike Erbprinzessin von (geb. Prinzessin von HessenDarmstadt) S. 60 BT 160, 165, 166, 167, 184, 194 SK 41, 83, 113 Karl Friedrich, Markgraf (Kurfürst, Großherzog) BT 156, 192 SK 154, 157 Karl Friedrich BT 156 Karl Friedrich Ludwig BT 156 Karl Ludwig Friedrich Erbprinz von BT 156 SK 151, 165 Karoline Luise Markgräfin von (geb. Prinzessin von HessenDarmstadt) BT 156 Luise Marie Augusta Prinzessin von → (verh.) Russland, Elisabeth Großfürstin (Kaiserin) von Marie Prinzessin von (verh. Herzogin von Braunschweig-Oels) SK 151 Wilhelmine Prinzessin von (verh. Erbprinzessin von HessenDarmstadt) BT 156 Baggesen, Jens Immanuel SK 128 Baggesen, Françoise Madeleine (geb. Reybaz) SK 128 Baggesen, Charlotte Sophie (geb. Haller zu Schenkenberg) SK 128 Bahrdt, Karl Friedrich S. 50, 61 BT 24, 26, 32, 47

Balde, Jakob SK 88, 138 Bandemer, Susanne von BT 57 SK 98, 141, 145 Barruel, Augustin S. 45, 65, 86 Barkhaus Wiesenhütten, Carl Ludwig von S. 59, 60, 61, 64 SK 179, 181, 182 Bardeleben, Herr von BT 191 Bardili, Christoph Gottfried SK 125 Basedow, Johann Bernhard S. 40, 50 SK 100, 137 Baudus, Marie Jean Amable de SK 104 Bauer, Ferdinand Lukas SK 160 Bauer, Friedrich Wilhelm von SK 182 Baumbach, Ernst Christian von S. 68 BT 18, 42 SK 89, 96, 125 Baumer, Wilhelm SK 91 Bayern Auguste Amalie Ludovika Prinzessin von (verh. de Beauharnais) SK 155 Ludwig I. König von S. 75 Maria Leopoldine Kurfürstin von (geb. Erzherzogin von Österreich-Este) BT 85 Maximilian I. Joseph König von Bayern (Herzog von Pfalz-Zweibrücken) S. 34, 100 BT 85 SK 186 Beauharnais, Eugène de BT 155

Personenregister

Beauharnais, Alexandre Vicomte de SK 155 Bechtolsheim, Juliane (Julie) Auguste Christine von (geb. von Keller) BT 192 Bechtolsheim, Johann Ludwig von S. 109 SK 192 Bechtolsheim, Emil von BT 192 Bechtolsheim, Ludwig (Louis) von BT 19 Bechtolsheim, Gustav von BT 192 Becker, Johann SK 63 Beer, Isaak Löw SK 54 Bernadotte, Jean Baptiste SK 125, 192 Bernhard, Peter BT 127 SK 134 Bernhard, Maria Elisabeth SK 127 Beroldingen, Joseph Anton Siegmund Freiherr von BT 12 Beroldingen, Joseph Freiherr von SK 12 Bertrand, Marie Ann Elisabeth BT I Bertrand, Jean Elie SK I Bertuch, Friedrich Johann Justin BT 3, 190 SK 186, 189 Bethmann, Elise (geb. Desclaux de Latané) SK 3 Bethmann, Jakob Phillip SK 31 Bethmann, Johann Jakob SK 3 Bethmann, Johann Philipp BT 72

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Bethmann, Katharina Margarete (geb. Schaaf) BT 72 Bethmann, Simon Moritz (1721–1782) SK 3 Bethmann, Simon Moritz von (1768– 1826) BT 170, 178 SK 3, 31, 123 Bethmann-Metzler, Christian Eduard von BT 31 Bethmann-Metzler, Elisabeth Katharina von (geb. Bethmann) BT 3, 63, 64, 66, 67, 71, 72, 73, 74, 78, 144 Bethmann-Metzler, Jakob Philipp von (1770–1811) SK 31 Bethmann-Metzler, Simon Moritz von (1772–1854) SK 31 Bethmann-Metzler, Sophie von (verh. von Schwarzkopf) BT 64, 67, 67, 69, 72, 98, 184 SK 63 Bianconi, Giovanni Ludovico BT 107 SK 186 Bielefeld, Elisabeth von BT 50, 51 Biester, Johann Erich S. 48 ST 24 Birkenstock, Johann Melchior Edler von SK 184 Bischoffwerder, Johann (Hans) Rudolf von S. 65 BT 72 SK 50, 61, 70, 74 Bischoffwerder, Wilhelmine Katharine von (geb. von Tarrach, verw. Gräfin von Pinto) S. 65 BT 61, 63, 69, 70, 71, 72, 76 SK 50, 74

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Personenregister

Blumenbach, Johann Friedrich S. 85, 89 Bodé, Luise Caroline von S. 58 BT 73, 100, 101, 144, 173, 194, I SK 160 Bode, Johann Joachim Christoph S. 31, 42, 58 SK 63 Boie, Heinrich Christian SK 24 Böttiger, Karl August S. 4 SK 99, 144, 147 Bonaparte, Jérôme SK 67, 163 Bonaparte, Joseph SK 186 Bonaparte, Josephine (geb. Tascher de la Pagerie, in 1. Ehe verh. de Beauharnais) SK 167 Bonaparte, Lucien SK 160 Bonaparte, Marie Louise Kaiserin von Frankreich (geb. Kaiserliche Prinzessin und Erzherzogin von HabsburgLothringen) S. 72 SK 26 Bonaparte, Napoleon (Kaiser Napoleon I. von Frankreich) S. 60, 61, 62, 63, 64, 69, 72, 83, 93, 96, 97, 99 BT 130, 138, 142, 145, 153, 158, 161, 162, 163, 175, 178, 179, 180, 185, 188 SK 125, 147, 154, 155, 160, 167, 173, 181, 186, 189, 191, 192 Bondeli, Julie S. 56 BT 48, 49, 65, 81, 94, 119, 138 SK 104, 113 Bonnier d’Arco, Ange Louis Antoine SK 124 Bonnet, Charles S. 80, 91

Bonnet, Jean Esprit S. 96 SK 154 Bonplant, Aimé SK 139 Bonstetten, Karl David von BT 113 Bonstetten, Karl Viktor von S. 6 BT 73, 78, 113, 116, 160 SK 76, 159 Bonstetten, Maria Margaretha Salomé von (geb. von Wattenwyl) SK 46 Bonstetten, Salomon von SK 78 Bonstetten, Sigismund von SK 78 Bonstetten, Viktor Eduard von SK 113 Boswell, James SK 163 Bouillé, François Claude Amour Marquis de BT 29 Bourbon-Parma Ludwig Infant von (König von Etrurien) BT 160 Ferdinand Herzog von SK 160 Bourbon de Penthièvre Bourbon de Penthièvre Duchesse d’Orléans, Marie Louise Adélaïde von S. 56, 57 Bourbon-Sizilien Ferdinand IV. König von SK 122, 186 Maria Carolina Königin von (geb. Kaiserliche Prinzessin und Erzherzogin von Habsburg-Lothringen) SK 122, 186 Bouterwek, Friedrich SK 95 Brahm, Isabell von SK 170

Personenregister

Braunschweig-Wolfenbüttel Augusta Friederike Luise Herzogin von (geb. Prinzessin von Großbritannien und Irland) BT 14, 32, 34, 35, 43, 44, 45, 46, 52, 54, 68 Caroline Amalie Elisabeth Prinzessin von (verh. Kronprinzessin von Großbritannien und Irland) S. 77, 78 BT 29, 30, 32, 34, 35, 41, 43, 44, 52, 54, 68 SK 32, 39, 46, 61, 70 Friederika Louisa Wilhelmine Erbprinzessin von (geb. Prinzessin von Oranien) BT 32 Friedrich Wilhelm Herzog von SK 191 Karl Georg August Erbprinz von SK 32 Karl II. Wilhelm Ferdinand Herzog von S. 78 BT 33, 34, 35, 36, 46, 51, 52, 54, 191 SK 14, 29, 32 Brede, Karl Ludwig BT 25, 56 Brentano, Clemens S. 2 BT 95, 144 SK 54, 63, 102, 104, 123, 145, 147 Brentano, Bettine (verh. von Arnim) S. 2, 3, 13, 23, 74, 75 BT 102, 139 SKT 54, 57, 123, 145, 187 Brentano, Francesco (Franz) SK 102, 184 Brentano, Georg SK 140 Brentano, Johanna Antonie Josefa (geb. Edle von Birkenstock) BT 184 Brentano, Kunigunde (verh. von Savigny) BT 145 SK 140 Brentano, Ludovica (Lulu) BT 102, 139

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Brentano, Magdalena (Meline) SK 102, 145 Brentano, Maximiliane (geb. von La Roche) S. 3, 11 BT 22, 67 SK 3, 48, 58, 95, 102, 104, 145, 184 Brentano, Peter Anton BT 62, 74, 76 SK 7, 95, 102 Brentano, Sophie BT 140, 141, 145 SK 125, 127 Brown, Robert SK 160 Brucker, Johann Jakob BT 128 SK 138 Brun, Friederike (geb. Münter) BT 160 SK 113, 116, 118 Buckland, William S. 87 Bülow, Charlotte von (geb. von Mandelsloh) BT 29, 54, 96 Bülow, Heinrich Wilhelm von BT 54 Bünau, Heinrich Graf SK 99 Bültzingslöwen, Henriette von BT 79 SK 42, 86 Buffon, Georges Louis Leclerc Comte de S. 86 SK 119 Buri, Christian Karl Ernst Wilhelm SK 160 Burke, Thomas SK 91 Burnat, Peter Ludwig SK 66 Busch, Herr von BT 18 Buseck, Christoph Franz von SK 157

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Personenregister

Butte, Wilhelm S. 67 Cato, Marcus Porcius SK 177 Cagliostro, Alessandro Graf (Pseudonym für Giuseppe Balsamo) SK 37 Campe, Joachim Heinrich SK 24, 40 Campe, August SK 192 Cannabich, Josephine (geb. Woraleck) BT 128 Cannabich, Karl SK 128 Capellen, Godert Alexander Gerard Philip Baron van der BT 130, 131, 132, 134 SK 129 Carmer, Hans Friedrich Heinrich Graf von SK 187 Carmer, Hans Wilhelm Graf von SK 187 Carmer, Johann Heinrich Kasimir Graf von BT 187 Carpani, Giuseppe SK 128 Cavalli, Herr BT 29 SK 160 Chamfort, Nicolas BT 139 Charrière, Isabelle de (geb. van Tuyll van Serooskerken) SK 6 Chateaubourg, Marquis de S. 530, 587 BT 84, 86, 168 Chateaubourg, Eduard de BT 91 Clarenberg, Frau von BT 95 Clausius, Johann Christian BT 147 Clive, Robert SK 82

Cobenzl, Johann Philipp Joseph Graf SK 177 Colloredo-Waldersee, Franz de Paula Karl Graf SK 177 Consalvi, Ercole SK 161 Cook, James SK 160 Cornwallis, Charles BT 180 Cotta, Johann Friedrich SK 57 Coudenhoven, Georges Louis von SK 29 Coudenhoven, Sophie Gräfin von (geb. Gräfin von Hatzfeldt-Wildenburg) BT 29 Crespel, Bernhard S. 7, 11 Crollius, Georg Christian S. 25 Crome, August Wilhelm Friedrich S. 50, 53, 57, 58, 60 BT 28 SK 85, 98, 125 Creuzer, Georg Friedrich SK 187 Custine, Adam Philippe Comte de S. 34, 57, 101 BT 56 SK 55, 61, 63, 82 Cyrus (persischer König) S. 82 Cuvier, Georges S. 87 Dalberg, Karl Theodor Freiherr von SK 160, 178, 187, 192 Dallin, Rudolph Matthias SK 59 Dalzel, Andreas BT 83 Dampierre, Auguste Henri Marie Picot de SK 70 Debry, Jean Antoine Joseph SK 124 Deffand, Marie-Anne Marquise de S. 10

Personenregister

Delolme, Jean Louis BT 109 Desaix, Louis Charles Antoine SK 153 Deluc, Jean André S. 29, 45, 65, 66, 77, 84, 85, 86, 87, 88, 89, 90, 92, 93, 101 Bt 116 SK 141 Deutschland/Österreich (Heiliges Römisches Reich deutscher Nation) Otto I. S. 82 SK 163 Otto II. S. 82 SK 163 Otto III. S. 82 SK 163 Friedrich II. von Staufen S. 82 SK 163 Ferdinand II. Kaiser BT 8 Ferdinand III. Kaiser BT 8 Maximilian I. Kaiser S. 74 Franz II. Kaiser S. 74, 94 BT 109 SK 26, 116, 124, 175, 177 Joseph II. Kaiser S. 663 BT 109 SK 11, 63, 104, 129, 175 Leopold II. Kaiser S. 94, 102 BT 28, 55 SK 16, 29, 44, 148 Maria Louise Erzherzogin von Ö. → (verh.) Bonaparte Maria Theresia Kaiserin ST 104

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Maria Theresia (1772–1807) Kaiserin SK 26 Johann, Erzherzog von Ö. BT 175 Karl der Große S. 82, 83 Karl, Erzherzog von Ö. BT 175, 177 SK 124 Ferdinand III. von HabsburgLothringen-Toskana BT 160 Diede zum Fürstenstein, Ursula Margareta Konstantia Luise von (geb. Reichsgräfin von Callenberg-Muskau) BT 29 SK 59 Diede zum Fürstenstein, Wilhelm Christoph von SK 29 Dieffenbach, Philipp S. 24, 69 Diehler, Elisabeth (geb. Gaudelius) SK 121 Diehler, Philipp Jakob SK 121 Dönhoff, Sophie von SK 50 Drais von Sauerbronn, Karl Wilhelm Ludwig Freiherr BT 134, 149 SK 142 Drais von Sauerbronn, Friedrich Heinrich Georg Freiherr BT 149 Drais von Sauerbronn, Karl Friedrich Christian Ludwig Freiherr BT 149 Dschingis Khan S. 82 Duchatel, Oberhofmeister SK 96 Du Frêsne Marquis du BT 95, 101 Du Manoir, Jean Louis Le Chanoine Comte SK 96

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Personenregister

Dumouriez, Charles François BT 65 Dutens, Louis SK 189 Du Thil, Karl Wilhelm Heinrich Freiherr Du Bos S. 24, 27, 64, 67, 69 SK 73 Du Thil, Wilhelmine Bos Freifrau Du Bos (geb. von Günderrode) BT 187 SK 187 Ebert, Luise Antoinett Henriette (geb. Gräfe) BT 114 Ebert, Johann Arnold SK 114 Edelsheim, Georg Ludwig Freiherr von S. 92 BT 192 Egloffstein, Henriette Sophie Freiin von (verh. Gräfin Egloffstein) BT 89 Egloffstein, Gottlieb Friedrich Leopold Graf BT 89 Egloffstein, Karl August Graf SK 89 Ehrmann, Marianne (geb. von Brentano) BT 85 Ehrmann, Theophil Friedrich SK 85 Engel, Johann Jakob S. 73, 74 SK 73 Enghien, Louis Antoine Henri de Bourbon-Condé Herzog von S. 83 SK 175, 183 Erthal, Friedrich Karl Joseph von BT 67, 78, 168 SK 29, 56, 160 Ertmann, Stephan Freiherr von S. VII, X, 663 Ertmann, Dorothea Freifrau von (geb. Graumann) S. VII, X, 663

Espinasse, Elsina Maria SK 191 Ettinger, Karl Wilhelm SK 3 Euler, Leonard SK 98 Euler, Johann Friedrich S. 73 BT 98 SK 57 Euripides BT 83 Everdingen, Allaert von BT 23, 25 Ewald, Johann Ludwig S. 31 SK 93, 186 Falk, Johann Daniel BT 125 SK 144, 147 Fauche, Pierre François SK 104 Fechenbach, Georg Karl Freiherr von SK 157 Felsing, Johann Konrad BT 60 SK 49 Feronçe von Rosencreutz, Johann Baptiste S. 94 BT 39, 40, 43, 44, 45, 46, 47, 54, 67 SK 4 Fichte, Johann Gottlieb BT 123 SK 170 Fink, Frau BT 115 Fite, Marie Elisabeth de la (geb. Bouée) S. 86 BT 25, 110 SK 24 Fite, Jean-Daniel de la SK 24 Fite, Henri de la S. 86 Flavius Valerius Leo Augustus S. 73

Personenregister

Fleischmann, Marie Charlotte BT 145 SK 57 Fleischmann, Wilhelm SK 145 Fleury, Claude BT 26, 138 SK 161 Fleury, André Hercule de SK 161 Flinders, Matthew SK 160 Forberg, Friedrich Karl SK 123 Forster, Johann Georg Adam S. 101 SK 104 Fox, Charles James BT 182 Fränzl, Ferdinand BT 134 Frank, Albert Anselm SK 109 Frank, Cordula (Cordel) BT 114, 165, 183 SK 120 Frank, Peter Anton Freiherr von BT 148 Frank, Fräulein von BT 148 Franklin, Benjamin SK 57 Frankreich Louis VI. König von SK 110, 119 Louis VII. König von SK 110 Louis XIV. König von SK 144 Louis XV. König von SK 144, 161 Louis XVI. König von S. 56, 94 BT 28, 29, 57, 58, 144, 149 SK 158, 167 Louis XVIII. König von BT 158 SK 154

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Louis Stanislas Xavier Graf von Provence → Provence Louis Charles Dauphin von BT 29 SK 158 Marie Antoinette Königin von (geb. Kaiserliche Prinzessin und Erzherzogin von Habsburg-Lothringen) S. 60, 72 SK 68, 101, 104, 153, 167 Napoleon I. Kaiser von → Bonaparte, Napoleon Friedel, Franziska BT 76 Friedrich, Johann Konrad S. 29 Fries, Moritz Johann Christian Reichsgraf von S. VII, 663 BT 119 SK 74, 96, 97, 139 Fürstenberg, Franz Freiherr von BT 14 Gaisberg, Frau von BT 154 Gall, Franz Joseph BT 184, 185 Gallitzin, Amalie Adelheid von (geb. von Schmettau) BT 14 SK 141 Galvani, Luigi SK 158 Garnerin, André Jacques SK 174 Garve, Christian S. 21 BT 168 SK Nr. 24, 73, 95, 168 Gatzert, Christian Hartmut Samuel S. 39, 44, 59, 60, 63 SK 51, 125 Gaupp, Friedrich SK 26 Gedike, Friedrich S. 48 Geelvinck, Frau BT 79, 83

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Personenregister

Geelfinck, Herr SK 128 Gélieu, Esther de SK I Gélieu, Salomé de S. 30 SK 25, I Gellert, Christian Fürchtegott S. 18, 19 ST 40 Gellius, Johann Gottfried SK 176 Genlis Marquise de Sillery, StephanieFelicité Comtesse de (geb. Du Chrest de Saint-Aubin) S. 56, 57 BT 116, 117 SK 119, 128 Gentz, Friedrich SK 185 Geoffrin, Marie-Thérèse S. 10, 11 Germanicus, Nero Claudius Caesar Augustus BT 156 Gerning, Johann Isaak Freiherr von S. 23 SK Nr. 25, 57, 127 Gessner, Heinrich SK 144 Gessner, Salomon BT 18, 91, 95 SK 125 Geusau, Friederike Eleonore von SK 154 Gibbon, Edward S. 80 BT 116 Giovane, Juliane Herzogin von (geb. von Mudersbach) S. 71, 72 BT 26, 29, 41 Giovane, Nicolo di Girasole Herzog von SK 26 Gleim, Johann Wilhelm Ludwig SK 125, 144, 160, 165, 167, 185 Göschen, Georg Joachim S. 1

Goethe, Johann Wolfgang von S. 6, 46, 91 BT 74, 83, 89, 97, 139, 190 SK 24, 26, 84, 96, 113, 125, 127, 132, 147 Goethe, Katharina Elisabeth (geb. Textor) S. 91 Goethe, Cornelia → (verh.) Schlosser, Cornelia Goethe, Christiane (geb. Vulpius) BT 190 Goethe, August von BT 190 Goerlingshausen (Forstmeister) SK 41 Goertz, Johann Eustach Graf von S. 70 Götz, G. E. SK 19 Goldner, Wolfgang von SK 147 Gräff, Heinrich SK 85, 97, 101, 105, 108, 112, 123, 127, 136, 150, 168, 187, 192, 194 Grävenitz, Frau von BT 154 Graefe, Oberst A. BT 154 SK 155 Greineisen, Ludwig Justus S. 44, 53 Grolman, Karl Ludwig Wilhelm von S. 44, 45, 46, 48, 49, 50, 52, 53, 56, 57, 58, 65 Groschlag, Karl Friedrich Willibald von BT 12, 39, 40, 41, 43, 44, 45, 47, 51, 128, 132, 168 SK 130 Großbritannien und Irland Alfred König der Westsachsen (Angelsachsen) S. 82 BT 163 Amelia Sophie Eleonor Prinzessin von S. 13, 77 BT 110, 163, 166 SK 109, 151

Personenregister

Augusta Sophie Prinzessin von S. 78 SK 166 Charlotte Sophie Königin von (geb. Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz) S. 85 Elisabeth Prinzessin von SK 166 Friedrich August Herzog von York und Albany Prinz von BT 67 Georg I. König von S. 78 Georg III. König von S. 77, 78, 85, 90 SK 67, 68, 130, 160, 163, 166 Georg Erbprinz von (Georg IV. König von) BT 29, 30, 32, 33 Maria Prinzessin von SK 166 Sophia Prinzessin von SK 166 Guerniero, Giovanni Francesco SK 126 Günderrode, Karoline von BT 187 SK 57 Günderrode, Hector Wilhelm von SK 187 Günther, Wilhelm Christoph SK 190 Gutermann (Offizier) BT 11 Gutermann von Gutershofen, Georg Friedrich BT 12 SK 11, 107, 128 Gutermann von Gutershofen, Jakob Emanuel BT 74 Haake, Fräulein von BT 181 Händel, Georg Friedrich SK 136 Hagedorn, Friedrich von SK 40

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Hahnemann, Samuel SK 47 Haller, Albrecht von S. 86 BT 104, 119, 144, 181 SK 48, 125 Haller zu Schenkenberg, Friederike Amalia Katharina BT 128 Hamilton, Emma Lady (geb. Hart) BT 85 SK 156 Hamilton, William Sir SK 156 Hartknoch, Johann Friedrich SK 170 Hastings, Warren SK 44, 82 Haug, Friedrich S. 36 Haugwitz, Heinrich Christian Karl Graf von S. 60, 63 Haxthausen-Carnitz, Christian Freiherr von BT 85 Haydn, Joseph BT 136 Heinitz, Friedrich Anton Freiherr von SK 11 Hengstenberg, Heinrich Karl BT 60, 79 SK 86 Henke, Heinrich Philipp Conrad S. 65 Herder, August von BT 29 Herder, Johann Gottfried von S. 81, 88, 90 BT 29, 88, 89, 91, 92, 128, 137, 138, 178 SK 57, 84, 125, 144, 147 Hermann, Christian Ludwig SK 191 Hermes, Johann Peter Job S. 51 Herwegh, Emma S. 75

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Personenregister

Herwegh, Georg S. 75 Hesse, Andreas Peter von SK 51 Hessen-Darmstadt Christian Ludwig Prinz von S. 16, 32, 41, 46 BT 24 Emil Prinz von SK 15, 96 Ernst Ludwig Landgraf von SK 16 Friedrich Prinz von S. 67, 71 BT 14, 19, 25, 74, 150, 156 SK 65, 96 Friedrich Ludwig Prinz von (1759–1808) S. 16, 32 Georg Prinz von (1780–1856) S. 26, 28, 46, 50 BT 25, 65, 74 SK 19, 73, 96, 98 Georg Karl Prinz von S. 21, 31, 77 BT 14, 19, 25, 29, 35, 36, 39, 41, 43, 45, 46, 47, 48, 49, 50, 51, 52, 52, 54, 61, 68, 78, 79, 80, 123, 153 Georg Wilhelm Landgraf von S. 60 SK 3, 29, 61 Gustav Prinz von SK 96, 98, I Karoline Henriette Landgräfin von (geb. Pfalzgräfin von PfalzZweibrücken) S. 25, 39, 40, 67 BT 191, 193 Ludwig VIII. Landgraf von SK 10 Ludwig IX. Landgraf von S. 13, 39, 54 SK 1, 3, 17 Ludwig X. Landgraf von (Großherzog Ludwig I.) S. 13, 28, 32, 39, 40, 41, 42, 43, 44, 46, 49, 50, 53, 54, 56, 58, 59, 60, 61, 63, 64, 65, 67, 68, 69, 70, 77, 99

BT 8, 10, 12, 14, 15, 17, 18, 23, 38, 60, 108, 109, 110, 128, 129, 132, 135, 142, 168 SK 3, 9, 13, 26, 28, 51, 64, 64, 68, 84, 90, 97, 117, 146, 154, 165, 175, 181, 184, 186, 187 Ludwig (Louis) Erbprinz von (Großprinz, Großherzog Ludwig II.) S. 11, 15, 24, 26, 27, 28, 29, 39, 40, 41, 48, 49, 50, 51, 53, 54, 55, 56, 57, 58, 62, 63, 64, 65, 67, 68, 69, 70, 71, 73, 74, 77, 83 BT 3, 10, 13, 19, 23, 25, 29, 44, 59, 68, 74, 89, 96, 97, 98, 107, 108, 117, 125, 128, 129, 132, 134, 137, 138, 140, 141, 150, 151, 162, 163, 165, 166, 167, 170, 177, 180, 182, 185, 189, I SK 1, 65, 69, 85, 100, 118, 149, 179, 186, 187 Ludwig III. Großherzog von S. 69 BT 184 Luise Landgräfin von (Großherzogin, geb. Prinzessin von HessenDarmstadt) S. 27, 29, 39, 41, 54, 58, 60, 63, 64, 66, 70, 71, 520, 587 BT 3, 6, 10, 11, 14, 15, 16, 17, 18, 22, 25, 27, 31, 33, 34, 35, 37, 38, 41, 42, 45, 46, 48, 49, 51, 62, 63, 64, 65, 66, 67, 69, 71, 73, 74, 76, 77, 83, 87, 91, 92, 142, 143, 144, 167, 168, 180, 181, 182, 193 SK 60, 68, 84, 91, 94, 100, 101, 157, 173, 177 Luise Prinzessin von → (verh.) Anhalt-Köthen, Luise Prinzessin von Marie Luise Albertine Landgräfin von (1729–1818, geb. Gräfin von Leiningen-Dagsburg-Falkenburg) BT 46, 62, 114 SK 14, 25, 29, 35, 78, 154 Marie Luise Albertine Prinzessin von (1752–1782) SK 84 Luise Henriette Karoline Prinzessin von SK 84

Personenregister

Wilhelmine Erbprinzessin (Großherzogin) von (geb. Prinzessin von Baden) S. 69 BT 177, 184 SK 151 Hessen-Homburg Karoline Landgräfin von (geb. Prinzessin von Hessen-Darmstadt) SK 23 Friedrich V. Ludwig Landgraf von SK 125 Hessen-Kassel Auguste Christine Friederike Erbprinzessin von (geb. Prinzessin von Preußen) S. 63 BT 50, 118 SK 58, 126 Karl Landgraf von SK 126 Wilhelm IX. Landgraf von (Kurfürst Wilhelm I.) SK 118, SK 126, 182 Wilhelm Erbprinz von (1777–1847) SK 118, 126 Hill, Friedrich Jakob BT 60, 79 SK 51, 125 Hillern, Katharina (Cateau) Christine von (geb. Gutermann von Gutershofen) BT 62, 72, 74, 75, 76, 77 Hillern, Johann von BT 62 Hirt, Aloys BT 84 SK 90 Hirzel, Johann Caspar SK 128 Hoffmann, Hans Wilhelm BT 153 SK 73 Hoffmann, Benjamin Gottlob BT 192 Hoffmann, Elisabeth SK 192 Hoffmann, Leopold Alois S. 52

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Höpfner, Ludwig Julius Friedrich S. 46, 48 Harrach-Hohenems-Kunwald, Maria Rebecca Gräfin von (geb. Reichsgräfin von Hohenems) BT 91 Harrach-Hohenems-Kunwald, Maria Walburga Josepha Cajetane Gräfin von (verh. Waldburg-Zeil) BT 91 Hohenfeld, Christoph Philipp Willibald Freiherr von BT 157, 158, 160, 163, 173 Holzhausen, Ernst Johann Philipp Rau von BT 18, 57, 58, 59 SK 15 Homer BT 163 Hompesch, Carl Freiherr von BT 63 Horaz, Quintus Hortius Flaccus BT 63 Hotze, Johannes BT 93, 103 Hüttner, Johann Christian SK 145 Hufeland, Christoph Wilhelm BT 125 Humboldt, Adelheid von BT 139 Humboldt, Alexander von BT 139 SK 1 Humboldt, Karoline von (geb. von Dacheröden) BT 139 Humboldt, Karoline von (1792–1837) BT 139 Humboldt, Theodor von BT 139 Humboldt, Wilhelm von S. 46, 58 BT 1, 139 SK 32, 73 Humboldt, Wilhelm von (1794–1803) BT 139

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Personenregister

Hume, David BT I Huth, Susanna Elisabeth (verh. Uhden) BT 131, 132, 145 Huth, Georg Adolf SK 131 Huth, Louise Caroline Salome (geb. Ibell) SK 131 Hutton, James S. 87 Imhoff, Amalie Freiin von (verh. Helwig) BT 132 Isenburg-Büdingen/Birstein Amalie Auguste Prinzessin von SK 150 Charlotte Auguste Wilhelmine Erbprinz von (geb. Gräfin zu ErbachErbach) BT 150, 180 Franz Wilhelm SK 150 Ernestine Espérance Victoria Fürstin von (geb. Gräfin von Reuss-Greiz) BT 147 Friedrich Karl Viktor Prinz von SK 150 Karl Friedrich Erbprinz von BT 23, 171, 172, 174, 178, 186, 191, II SK 147 Sophie Charlotte Ernestine Fürstin von (geb. von Anhalt-Schaumburg) SK 18, 147 Viktor Alexander Prinz von SK 150 Viktoria Charlotte Prinzessin von SK 150 Wolfgang Ernst II. Fürst von SK 142, 150 Isenburg-Büdingen, Johann Philipp Graf von SK 115 Jacobi, Friedrich (Fritz) Heinrich BT 150, 156 SK: 5, 14, 29, 179

Jacobi, Johann Georg BT 17, 156, 183 SK 5, 14, 26, 37, 145 Jennison, Fräulein von BT 3, 31, 33 Jenison-Wallworth, Franz Graf BT 3 SK 31 Johannot, Alfred SK 92 Johannot, François Matthieu BT 94 Johannot, Charles SK 92 Johanot, Johann Wilhelm Eberhard BT 66, 69 Johannot, Toni SK 92 Johnson, Samuel BT 163 Julianus, Flavius Claudius BT 125 Jung-Stilling, Johann Heinrich SK 60, 73 Juvenalis, Decimus Junius SK 100 Kafka, Franz S. 109, 110 Kalb, Charlotte Sophia von BT 145, 147 SK 125 Kalckreuth, Friedrich Adolph Graf von BT 74 SK 79 Kant, Immanuel S. 85 BT 128, 163 SK 95, 98, 123, 137, 154, 170 Karamsin, Nikolaj Michajlovič S. 44 Karsch, Anna Luisa SK 57 Kauffmann, Angelika (verh. Zucchi) SK 125, 137 Keller, Auguste von SK 192

Personenregister

Keller, Fräulein BT I Kellermann, François Etienne Christophe SK 153 Kergau, Hauptmann von BT 11 Kessler, Johann Heinrich BT 192 Kirchberg, Karl BT 157 Kirchberger, Ludi BT 81 Kirchberger, Samuel SK 81 Kleist, Heinrich von S. 109, 110 Klinger, Friedrich Maximilian BT 170 Klockenbring, Friedrich Arnold BT 47 Klopstock, Friedrich Gottlieb BT 26, 116, 150 Kneisel, Henriette (verh. Righini) BT 76 Knebel, Karl Ludwig von S. 25 SK 85 Knebel, Wilhelm Karl Maximilian SK 85 Knigge, Adolf Franz Friedrich Freiherr von SK 24, 47 Knight, Cornelia SK 156 Kotzebue, August Friedrich Ferdinand von BT 24, 32, 138 SK 47 Köhler, Johann Lorenz SK 73 Köpken, Friedrich SK I Kraus, Georg Melchior BT 29, 189 Kugler, Rat BT 60

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Kuhn, Ernst August BT 160 Küttner, Carl Gottlob SK 118 Laukhard, Friedrich Christian S. 54 La Roche, Anna Maria von (geb. Mc Nulty) SK 191 La Roche, Bertha von SK 190 La Roche, Elsina von (verw. Espinasse, geb. Merkus) BT 25, 90, 116 SK 22, 84, 105 La Roche, Franz von S. 3, 56, 104, 260, 587 BT 8, 10, 11, 12, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 22, 23, 24, 25, 26, 37, 38, 40, 41, 42, 43, 47, 49, 51, 54, 60, 62, 63, 66, 69, 76, 79, 80, 86, 87, 92, 94, 97, 100, 112, 114, 116, 120, 135, 137, 138, 141, 150, 161, 162, 167, 168, 175, 188 SK 3, 4, 9, 14, 28, 36 La Roche, Friedrich (Fritz) von BT 11, 22, 23, 25, 26, 29, 30, 31, 62, 74, 85 SK 3, 84, 90, 105, 116, 182, 191 La Roche, (Georg) Karl von BT 8, 11, 24, 53, 62, 72, 125, 139, 150, 164, 185, 190 SK 3, 108, 114, 123, 127 La Roche, Georg Michael Frank von S. 1, 11, 104 BT 2, 3, 8, 10, 11, 17, 18, 75, 108, 109, 183, I SK 1, 60, 84, 114, 173, 181 La Roche, George Henry Frederic von SK 191 La Roche, Hellmut von SK 190 La Roche, Jane von (geb. Jacob) SK 191 La Roche, Jeanette Friederike Eleonore von (geb. von Stein-Miltitz) BT 53, 164, 191 SK 190

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Personenregister

La Roche, Luise von → (verh.) Möhn, Luise von La Roche, Marie Sophia von (verh. Koechlin) BT 191 L’Ecuyer, Louise SK I Lavater, Johann Kaspar BT 91, 147, 178 Lehmann, Franz Ludwig Gottfried SK 51 Lenclos, Ninon de S. 19 Lenoir, Jean Charles Pierre BT 42 Lepel, Eugen August Helmut Freiherr von S. 106 BT 67 Lepel, Joachim Otto Friedrich Freiherr vom BT 63, 65, 67, 73, 162, 163 Lepel, Juliane Henriette Johanna (verh. König) BT 67 Lepel, Maria Friederike von (geb. von Röder) SK 63 Lerse, Franz Christian S. 26 BT 74, 96, 97, 119, 139 SK 160 Leuchsenring, Franz Michael BT 5, 23, 50, 51 SK 24 Leuchsenring, Johann Ludwig BT 67 Lichtenberg, Friedrich August Freiherr von SK 26, 167 Lichtenberg, Konrad BT 51 SK 26 Lichtenberg, Ludwig Christian SK 159

Lichtenberg, Georg Christoph S. 88 BT 158 SK 26 Ligne, Charles Joseph Prince de S. 663 Limburg-Stirum, Damian August Philipp Karl Reichsgraf von SK 56 Lindau, Frau von BT 191 Link, Herr BT 123 Linley, Thomas SK 136 Linz, Peter Joseph BT 26, 67 Lips, Johann Heinrich SK 32 Lyttelton, George BT 109 Loskant, Franz Wilhelm von BT 79 SK 49, 60 Lucchesini, Girolamo Marchese BT 58, 59, 71, 76 Lucchesini, Charlotte Marchesa (geb. von Tarrach) BT 72 Lucian von Samosata BT 179 Macchiavelli, Niccolò di Bernardo dei SK 24 Macpherson, James S. 36 SK 118 Macpherson, John (1710–1765) SK 44 Macpherson, John (1745–1721) BT 55, 56 SK 44 Mangold, Georg BT 26 Mangold, Johann Wilhelm SK 26 Manstein, Ernst Johann von BT 76

Personenregister

Marc Aurel Kaiser S. 73, 80, 82, 95 BT 29, 110, 114, 118 SK 119, 122 Marchand, Jean Henri SK 145 Marcia Otacilia Severa Kaiserin BT 170 Mark, Marianne Gräfin von der BT 14 Marmontel, Jean-François BT 170 SK 166, 191 Marsollier des Vivetières, Benoît-Joseph SK 128 Martialis, Marcus Valerius SK 97 Matthisson, Friedrich von S. 12 BT 73 SK 46, 77, 160 Matzdorff, Christiane Friederike SK 145 Matzdorff, Karl SK 145 Mauvillon, Jakob BT 32 SK 24 May, Georg Oswald SK 7 May, Antoinette Elisabeth (geb. André) BT 7, 115 Mecklenburg-Strelitz Luise Prinzessin von → (verh.) Preußen, Luise Königin von Friederike Prinzessin von → (verh.) Preußen, Friederike Prinzessin von Friedrich Franz I. Herzog von SK 14 Georg Erbprinz von SK 154 Karl II. Herzog (Großherzog) von S. 41, 182 SK 25, 70 Luise Herzogin von (geb. Prinzessin von Sachsen-Gotha) BT 14

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Meister, Leonhard SK 186 Mendelssohn, Moses BT 136 Merck, Johann Heinrich S. 6, 12, 21, 40, 46, 47, 70 BT 1, 3, 4, 5, 6, 7, 14, 22, 23, 28, 61, I SK 19, 23, 24, 29, 37, 49, 58 Merck, Louise Françoise (geb. Charbonnier) BT 29, 30 SK 68 Merkus, Henricus BT 23 Metzler, Peter Heinrich von SK 3, 11 Meyer, Karoline Esperance Marianne (verh. Reuss, genannt Frau von Eybenberg) BT 116 Meyer, Sara (verh. Baronin von Grothuß) SK 116 Meyer, Friedrich Johann Lorenz SK 156 Michaelis, Gottlieb Philipp BT 81 Michaelis, Johann David SK 81 Michaelis, Louise Philippine Antoinette (geb. Schröder) SK 81 Michaelis, Christian Friedrich BT 81 Michaelis, Karoline (verh. Böhmer, Schlegel, Schelling) SK 81, 141 Miller, Hugh S. 87 Milton, John SK 136 Minnigerode, Benjamin S. 44 Mirabeau, Honoré Gabriel Riqueti Conte de BT 42 Möhn, Heinrich Josef von SK 109

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Personenregister

Möhn, Josef Christian von SK 22 Möhn, Luise von (geb. von La Roche) S. 16 BT 22, 23, 24, 41, 78, 94, 124, 136, 183 SK 3, 114, 120 Möser, Justus S. 106 BT 14 SK 105 Möser, Jenny SK 14 Moisonnier, Marguerite SK I Monnier, Sophie Ruffei Marquise de SK 42 Montfaucon, Bernard de BT 170 Mounier, Jean Joseph SK 162 Moritz, Karl Philipp BT 145 Moser, Friedrich Karl von S. 39, 46 BT 17 Motte, Antoine Haudar de la S. 663 Mozart, Wolfgang Amadeus SK 125 Murat, Joachim (Großherzog von Cleve und Berg) BT 183, 190 Murray, John BT 25 Nassau-Weilburg, Friedrich Wilhelm Fürst von BT 183 SK 181 Nassau-Usingen, Friedrich August (Herzog von Nassau) SK 181 Neapel-Sizilien (siehe Bourbon-Sizilien) Necker, Jacques S. 79 BT 46 SK 119

Necker, Susanne (geb. Curchod de la Nasse) S. 10 BT 119 Nelson, Horatio BT 175, 180 SK 122, 147, 156, 173 Nero Claudius Caesar Augustus Germanicus SK 156 Nesselrode, Karl Franz Graf von SK 14 Nesselrode, Karl Franz Alexander Graf von SK 14 Nesselrode Reichenstein-Landskron, Johann Franz Joseph Graf von SK 14 Neufville, Regula de (geb. Hotze) SK 93 Neufville, Matthias de SK 93 Newham, Frau SK 82 Ney, Michel BT 185, 190 Nicolai, Friedrich S. 42 BT 14, 145 SK 24, 32, 47, 50, 97 Nicolovius, Georg Heinrich SK 142 Ochsenstein, Heinrich Christoph BT 109, 128, 147, 190 Oettingen-Wallerstein Ernst Kraft Fürst von S. 37, 38 SK 83 Wilhelmine Friederike Fürstin von (geb. Prinzessin von Württemberg) S. 38 ST 83 Oleire, Fräulein d’ BT 6 Oleire, Jean Pierre d’ SK 6

Personenregister

Oranien Friederike Luise Wilhelmine SK 67 Friederike Sophie Wilhelmine (geb. Prinzessin von Preußen) BT 32, 34 SK 98 Wilhelm Georg Friedrich Prinz von SK 98 Wilhelm Friedrich Prinz von S. 73 BT 67, 98 Wilhelm V. Batavus SK 32, 85, 98 Ostervald, Frédéric SK I Orville, Jean George d’ BT 94, 127 Orville, Jeanne Rachel (geb. Bernard) BT 94 Otto, Georg Christian SK 125 Oyen, Hendrik Johann van S. 54, 60, 64 BT 129 Oyré, François Ignace Ervoil d’ SK 79 Paër, Ferdinando SK 128 Pahlen, Peter Graf von der SK 149 Palm, Johann Philipp BT 192 Pappenheim, August Wilhelm von S. 59, 60 SK 146, 167, 178, 179, 186 Pappenheim, Wilhelm Maximilian SK 161 Paravicini, Friedrich BT 83 Paravicini, Samuel BT 83 Paravicini-Battier, Emanuel SK 83 Paravicini-Socio, Samuel SK 83

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Pelzer, Herr SK 38 Perret, Claude-Camille SK 125 Perthes, Friedrich Christoph SK 192 Petersen, Adolph S. 25 SK 83, 108 Petersen, Caroline (verh. Heß) S. 38 Petersen, Christiane S. 30, 38 BT 3, 4, 7, 8, 15, 18, 19, 23, 30, 44, 54, 61, 65, 67, 68, 69, 71, 72, 73, 74, 81, 82, 83, 84, 89, 93, 97, 99, 104, 106, 108, 119, 120, 121, 124 Petersen, Euphrosyna (geb. von der Lith) S. 25 Petersen, Friederike (geb. Hermanny) S. 34 BT 99, 109, 111 Petersen, Georg S. 25, 49 Petersen, Georg Wilhelm S. 9, 15, 16, 28, 29, 32, 33, 43, 46, 47, 48, 49, 55, 65, 67 BT 1, 2, 5, 10, 14, 15, 18, 19, 20, 23, 24, 26, 41, 44, 47, 48, 49, 56, 61, 68, 69, 73, 74, 76, 82, 83, 97, 106, 114, 116, 120, 124, 125, 128, 137, 138, 141, 145, 150, 168, 171, 172, 175, 176, 179, 181, 182, 190, 192, I SK 95 Petersen, Henriette Juliane S. 38 Petersen, Johann Wilhelm (1786–1863) BT 61 Petersen, Johann Wilhelm (1758–1815) S. 30, 35, 36, 37 BT 69, 83, SK 74, 118 Petersen, Juliane (geb. Retzer) S. 34 BT 30, 44, 61, 65, 82 SK 69, 88

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Personenregister

Petersen, Karl Ludwig Adolph S. 28, 30, 33, 34, 38, 51, 57, 101 BT 44, 54, 55, 56, 57, 58, 59, 61, 63, 65, 67, 68, 69, 73, 74, 82, 83, 88, 99, 108, 109, 111, 120, 121, 125, 126, 147 SK 26 Petersen, Ludwig S. 30, 37, 38, 57 BT 30, 54, 60, 69, 73, 74, 83, 108 Petersen, Philipp Heinrich Gerhard S. 34, 35 BT 69, 74 Petersen, Sophie BT 61 Peterson, Herr BT 78 Petrarca, Francesco SK II Pfalz-Birkenfeld Friedrich Michael Prinz von S. 49 Pfalz-Zweibrücken Maximilian Herzog von → Bayern, Maximilian I. Joseph König von Auguste Wilhelmine Marie Herzogin von (geb. Prinzessin von HessenDarmstadt) BT 92 Christian IV. Herzog von S. 25 Karl II. Herzog von S. 34 SK 85 Karoline Herzogin von (geb. Gräfin von Nassau-Saarbrücken) S. 25 Pfeffel, Christian Friedrich SK 74 Pfeffel, Gottlieb Konrad S. 26, 43, 51 BT 14, 23, 24, 26, 74, 83, 89, 108 SK 37, 69, 81, 86, 137 Pfeffel, Karl Friedrich BT 150 Pfeffel, Karoline BT 69, 73, 74, 79, 82, 92, 94 SK 83

Pfeffel, Catharina Margarete (Peggy) SK 14, 69 Pfeffel, Margarete Cleopha (geb. Divoux) SK 150 Philippus Arabs SK 170 Pietsch, Balthasar BT 23 Pinchard, John SK 150 Pinchard, Sibthorpe SK 150, 157 Piquot-Pinsack, Herr de BT 29, 30, 31, 51, 58, 59, 92 SK 57 Piquot-Pinsack, Fräulein de BT 14, 22, 23, 25, 26, 29, 31, 33, 57, 59, 61, 89, 92 SK 16 Piquot-Pinsack, Franziska Henriette de (geb. Nardin) BT 25, 52 SK 14 Piroli, Thomas SK 85 Pistor, General BT 95, 101 Pitt, William (1759–1806) S. 96 BT 130, 180 SK 160 Pius VI. (Papst) SK 160 Pius VII. (Papst) SK 160, 161 Plinius der Jüngere BT 138 Polier, Antoine-Louis Henri BT 41, 171 SK 117 Polier, Elisabeth Marianne (Isabelle Marie Elisabeth) BT 117, 171, 172 SK 116 Poligny, Chevalier de SK 160

Personenregister

Polen Stanislav Auguste Poniatovsky König von S. 11 Pope, Alexander BT 139 Prestel, Johann Gottlieb BT 23, 24, 25 Prestel, Maria Catharina SK 23 Pretlach, Marianne von BT I Preußen Anna Elisabeth Luise von (geb. Markgräfin von Brandenburg-Schwedt) SK I August Ferdinand Prinz von SK I Auguste Christine Friederike → (verh.) Hessen-Kassel, Auguste Christine Friederike Erbprinzessin von BT 50 Friederike Prinzessin von (geb. Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz) S. 30 BT 65 SK 91 Friederike Luise Königin von (geb. Prinzessin von Hessen-Darmstadt) BT 62, 65, 91 SK 61, 64, 66 Friedrich II. König von S. 4, 63, 82, 83, 97, 663 BT 35, 58, 74, 191, I SK 29, 32, 63, 76, 110, 161, 163 Friedrich Wilhelm II. König von S. 63, 102 BT 50, 58, 59, 62, 63, 64, 66, 69, 71, 72, 75, 76, 77, 91 SK 14, 18, 32, 49, 61, 67 Friedrich Wilhelm III. König von S. 60, 95 BT 65, 91, 107, 108, 114, 126, 185, 186, 191 SK 64, 66 Friedrich Ludwig Karl Prinz von BT 65, 91

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Friedrich Ludwig Christian (Louis Ferdinand) Prinz von BT 29, 59, I Luise Königin von (geb. Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz) S. 30, 60 BT 18, 25, 62, 91, 114, 117, 185, 186 SK 61, 64, 66, 170, I Viktoria Luise Amelia von (geb. Prinzessin von Braunschweig Wolfenbüttel) SK 32 Waldemar Prinz von S. 75 Provence, Louis Stanislas Xavier Graf von SK 158 Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von BT 186 Ramler, Karl Wilhelm SK 57, 73 Rantzau, Charlotte Gräfin (geb. Diede zum Fürstenstein) SK 59 Rantzau, Christian Detlev Carl Graf SK 59 Rebmann, Georg Friedrich S. 51, 52, 53, 54, 64, 99, 100 Recke, Charlotte Elisabeth (Elisa) Constanzia von der (geb. von Medem) BT 14 Rehberg, August Wilhelm S. 106 Rehberg, Friedrich SK 85 Reichardt, Johann Friedrich SK 66 Reichard, Heinrich August Ottokar S. 65 SK II Retzer, Johann Jakob SK 69 Reuling, Georg Friedrich BT 31 Reuling, Ludwig Wilhelm SK 31

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Personenregister

Reuss-Greiz Heinrich IV. Reichsfürst von SK 18 Heinrich VIII. Fürst von SK 18 Heinrich XIV. Fürst von BT 116 SK 18, 114 Heinrich XVII. Fürst von BT 170 SK 18 Richter, Jean Paul SK 125, 147 Riesbeck, Johann Kaspar SK 108 Ring, Friedrich Dominikus SK 154 Riquet, Pierre Paul SK 142 Riez, Wilhelmine (geb. Encke) BT 14 Ridel, Johann Cornelius Rudolf SK 29 Righini, Vincenzo BT 72, 76 SK 26 Robespierre, Maximilien de SK 118, 122 Roberjot, Claude SK 124 Robertson, William BT 190 Rochlitz, Johann Friedrich S. 1 Roland, Marie-Jeanne Vicomtesse de la Platière (geb. Philipon) BT 118 Romano, Giuliano BT 25 Rouget de Lisle, Charles SK 67 Röder, Maria Friederike SK 63 Rosenstiel, Charles Henri von S. 62 BT 124 Rotberg, Fräulein von BT 142

Rousseau, Jean-Jacques S. 85, 663 SK 48, 139 Russland Alexander I. Kaiser von BT 175, 187 SK 147, 182, 187 Elisabeth Alexejevna Großfürstin (Kaiserin) von (geb. Luise Maria Augusta Prinzessin von Baden) BT 165 SK 151 Katharina II. Kaiserin von (geb. Sophie Auguste Friederike von Anhalt-Zerbst) S. 663 BT 95 SK 58, 98, 116, 182 Paul I. Kaiser von BT 98, 116, 138 SK 147, 149, 175, 182 Natalia Alexejewna Thronfolgerin von (geb. Wilhelmine Prinzessin von Hessen-Darmstadt) SK 98 Peter I. Kaiser von SK 182 Sachsen Friedrich August III. Kurfürst von (König von) BT 188 SK 186 Sachsen-Coburg Ernst Friedrich Herzog von SK 70 Sophie Antonie Herzogin von (Braunschweig-Wolfenbüttel) SK 70 Sachsen-Gotha-Altenburg Charlotte Amalie Herzogin von (geb. Prinzessin von Sachsen-Meiningen) BT 171 Ernst II. Herzog von S. 33 SK 171 Friedrich Erbprinz von S. 73, 74, 92 BT II SK 160

Personenregister

Sachsen-Weimar-Eisenach Anna Amalia Herzogin von (geb. Prinzessin von BraunschweigWolfenbüttel) SK 136, 184, 189 Friedrich Karl Erbprinz (Großherzog) von BT 29, 137, 144, 161, 162, 163 Karl August Herzog (Großherzog) von BT 29, 74, 139 SK 39, 89, 96, 123, 145, 162 Luise Herzogin (Großherzogin) von (geb. Prinzessin von HessenDarmstadt) S. 68 BT 189, 190 SK 132, 137 Sailer, Sebastian SK 136 Sainte-Beuve, Charles-Augustin S. 10 Samhammer, Johann Jakob SK 84 Sandoz, Henriette von (geb. von Bada) SK 138 Sarasin, Gertrud (geb. Battier) SK 37 Sarasin, Jakob BT 37 SK 14, 70 Savigny, Friedrich Karl von BT 184 SK 145 Savigny, Kunigunde von → (geb.) Brentano, Kunigunde Savigny, Bettina von BT 184 Schauer, Frau BT 164 Schiller, Charlotte (geb. von Lengefeld) S. 32 SK 145 Schiller, Friedrich S. 1, 21, 31, 32, 35, 62 BT 93, 132 SK 83, 89, 129, 147

655

Schimmelmann, Heinrich Ernst Graf von BT 14 Schlegel, August Wilhelm SK 141, 147 Schlegel, Friedrich SK 136, 147 Schlettwein, Johann August S. 50 SK 154 Schlözer, August Ludwig von S. 81, 82, 83 BT 58 SK 138 Schlosser, Johann Georg S. 46 BT 24, 29, 60, 116, 126, 128, 132 SK 14, 37, 94, 95, 130 Schlosser, Johanna Katharina Sibylla (geb. Fahlmer) BT 60, 142, 145 SK 141 Schlosser, Maria Anna Luise Schlosser (verh. Nicolovius) SK 142 Schlosser, Cornelia (geb. Goethe) SK 142 Schlüter, Johann Christoph SK 14 Schmerfeld, Christian Friedrich von BT 164, 191 Schönborn, Franz Philipp Joseph Graf von SK 84 Schönborn, Sophie Gräfin von (geb. von der Leyen) SK 84 Schroeder, Johann Heinrich SK 91 Schweden Gustav III. König von BT 156 Gustav IV. König von BT 160 Schmidt, Johann Heinrich S. 41 SK 84

656

Personenregister

Schnetzler, Adele SK 91 Schrautenbach, Frau von SK 96 Schule, Christian S. 37 SK 105 Schulenburg-Kehnert, Friedrich Wilhelm Graf von der BT 78 Schulin, Johann Philipp BT 78 SK 35 Schulz, Friedrich BT 32 Schummel, Johann Gottfried SK 145 Schütz, Christian Gottfried SK 186 Schütz, Johann Georg SK 25 Schütz, Christian Georg SK 131 Schwan, Christian Friedrich SK 4, 19 Schwarzkopf, Joachim von BT 98, 160, 184, 186, 187 Schwarzkopf, Sophie Elisabeth von → (geb.) Bethmann-Metzler, Sophie Elisabeth von Schwarzkopf, Albert von SK 161, 184 Schwarzkopf, Moritz von SK 161, 184 Schwarzkopf, Emma Lucie von SK 184 Schwarzkopf, Ernst Heinrich von SK 184 Schwarzkopf, Karoline Friederike Mathilde von SK 184 Schwarzkopf, Adolf Eduard Friedrich von SK 184 Scriba, Ludwig Gottlieb BT 52 Seedorf, Franz Joseph (Fegeli) von S. 49

Seume, Johann Gottlieb S. 1 Sevigné, Marie de Rabutin-Chantal Marquise de S. 19 SK 91 Siebenbeutel, Niklas SK 109 Siersdorf, Maria Sophia von (geb. Brabeck) SK 14 Sierstorff, Charlotte von BT 33, 40, 41, 43, 46, 54, 78 SK 32, 33, 40, 41, 43, 46, 54, 78 Sierstorff, Kaspar Heinrich von BT 35 SK 14, 76 Sieyès, Emmanuel Joseph Graf BT 114 SK 130 Sinclair, Adam Alexander Baron von SK 125 Sinclair, Isaak Baron von BT 125 Shakespeare, William BT 76 Smith, Adam BT 181 Sokrates S. 80, 82, 95 BT 114 Solms-Rödelheim, Sophie Gräfin zu S. 8 SK 183 Solms-Rödelheim, Vollrath Graf zu BT 86, 136 SK 78, 85, 97 Solms-Laubach, Elisabeth Gräfin zu (geb. Prinzessin von Isenburg) S. 7, 9, 20, 22, 23, 63, 80, 81, 82, 83, 84, 91, 92, 101, 102, 106, 110 SK 5, 8, 12, 20, 23, 29, 31, 37, 58, 63, 75, 84, 85, 91, 95, 98, 104, 105, 112, 115, 125, 127, 136, 139, 147, 154, 160, 162, 167, 183 Sonntag, Johann Tobias SK 143

Personenregister

Stadion, Anton Heinrich Friedrich Graf von S. 18, 82, 96 BT 8, 109, 177, 179, 185 SK 3, 60, 67, 147 Stadion, Johann Philipp Karl Joseph Graf von S. 82, 96 BT 67, 171, 179 SK 185 Stadion, Franz Conrad Graf von SK 177 Stahl, Johann Franz Peter SK 28, 49 Starck, Johann August S. 41, 42, 43, 44, 45, 46, 48, 52, 53, 56, 58, 65, 86 SK 83 Stauffenberg, Frau von BT 145 Steiger, Niklaus Friedrich BT 125 Stein, Heinrich Friedrich Karl Reichsfreiherr vom und zum BT 74, 170 SK 15, 65, 185 Stein, Henriette Karoline Freifrau vom und zum (geb. Langwerth von Simmern, verw. Löw von und zu Steinfurth) SK 65 Stein, Johann Friedrich Freiherr vom und zum BT 65, 76, 78 Stein, Karl Philip Freiherr vom und zum SK 65 Stein, Maria Anna (Marianne) Freifrau vom und zum BT 15 SK 17, 65 Stein-Miltitz, Adolf Ludwig von SK 53 Steinberg, Marie Charlotte von (geb. Freifrau vom und zum Stein) BT 33, 35, 57, 39 SK 32, 38, 42, 65 Steinberg, Sophie von SK 32, 139

657

Steinberg, Georg von SK 32, 38 Steiner, Johann Wilhelm S. 24 Sterne, Laurence BT 145 SK 175 Stetten, Friedrich von BT 192 Stewart, Dugald SK 190 Stolberg, Friedrich Leopold Graf zu BT 141, 142 Struensen von Carls, Carl August BT 59 Strecker, Johann Ludwig SK 84, 125 Sturmfels (Reitknecht) BT 28, 29, 59 Suetonius Tranquillus, Gaius SK 125 Swinburne, Henry BT 104, 109 Swinburne, Martha SK 104 Suchet, Louis Gabriel SK 190 Suger, Abt BT 110 Suworow, Alexander Wassiljewitsch SK 116 Swieten, Gottfried Freiherr von SK 136 Talleyrand-Périgord, Charles Maurice de SK 124, 150, 167, 178, 186 Tarchi, Angelo SK 181 Tieck, Ludwig SK 147 Thom, Georg SK 84, 94 Thugut, Johann Amadeus Franz Freiherr von SK 114 Thümmel, Moritz August von SK 145 Thüringen, Elisabeth von BT 119

658

Personenregister

Thurn und Taxis, Karl Alexander Joseph Prinz von SK 14 Thurn und Taxis, Therese Mathilde Prinzessin von (geb. Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz) BT 14, 16 Tissot, Simon André David SK 32, 38 Toepffer, Rodolphe SK 184 Toussaint de La Sarre, Prinzenerzieher BT 27 Trapp, Ernst Christian BT 167 SK 32, 40 Trebra, Frau von BT 155 Treutel, Charles BT 192 Treutel, Jean Georges SK 192 Trosson, Christian von S. 85 BT 182 SK 98, 187 Trosson, Maria Therese (geb. Brahm) SK 182 Uhden, Johann Daniel Wilhelm SK 131 Unger, Johann BT 41 Varicourt, François SK 40 Varus, Quintilius SK 79 Veit, Dorothea (geb. Mendelssohn, in 2. Ehe verh. Schlegel) BT 136 Veit, Simon SK 136 Vergil (Publius Vergilius Maro) BT 79, 125, 168 Verschaffelt, Peter Anton von SK 84

Villeneuve, Pierre Charles de SK 173 Villers, Charles de SK 163 Volta, Alessandro Conte SK 158 Voltaire, François Marie Arouet de S. 18, 45, 663 Vulpius, Christian August BT 190 SK 122 Waldburg-Zeil, Clemens Alois Reichserbtruchsess von SK 91 Walderdorff, Philipp Franz Wilderich Nepomuk Graf von SK 157 Wattenwyl, Salomé de (geb. Rotpelz) BT 113 Wedekind, Georg Christian Gottlob S. 99 Weikert, Melchior Adam SK 5 Weiß, Ulrich BT 25 Weiß, Franz Rudolf von BT 71 Wenck, Helfrich Bernhard S. 46, 48 SK 23 Werner, Georg Friedrich S. 44 Werner, Christine Luise von SK 2 Westphalen, Herr von BT 170 Wenz zum Lahnstein, Babette Benigna SK 170 Wenz zum Lahnstein, Johann Joseph SK 170 Weyers, Gustav Alexander von BT 117, 128, 134 SK 38, 168 Weyers, Fräulein von BT 117, 168

Personenregister

Wieland, Christoph Martin S. 1, 2, 6, 12, 18, 30, 70 BT 5, 74, 89, 91, 99, 102, 126, 139, 140, 141, 157, 163, 179, 181, 190, 192 SK 29, 40, 57, 77, 81, 82, 84, 123, 125, 127, 136, 144, 145, 147, 160, 176, 184, 186 Wieland, Ludwig (Louis) BT 144, 170 Wieland, Philipp BT 29 Wildermett, Herr von BT 104, 109, 128, 131, 147 Willemer, Johann Jakob von BT 69, 71, 72, 74, 76 Willmann, Johanna Magdalena BT 26 Willmann, Johann Ignaz SK 26 Wittich, Frau BT 120, 122, 124 Wittich, Herr SK 120 Wolff, Christian SK 91 Wöllner, Johann Christoph S. 102 BT 59 Wötzel, Johann Karl SK 179 Wolzogen, Karoline von (geb. von Lengefeld, in 1. Ehe verh. von Beulwitz) BT 163 Wolzogen, Wilhelm Ernst Friedrich von BT 163 SK 161 Woraleck, Niklas SK 128

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Wrede, Karl Christian BT 54, 72, 73 SK 81 Wrede, Frau BT 72, 73, 93 Wrede, Fräulein BT 73 Wucherer, Friedrich Wilhelm BT 192 SK 112 Württemberg Carl Eugen Herzog von S. 36 SK 129 Friedrich I. Herzog (König) von SK 186 Karl Friedrich Alexander (Karl I.) Erbprinz (König) S. 75 Ludwig Eugen Herzog von SK 83, 129 Wyttenbach, Johann von BT 67 Yelin, Philipp Christian SK 192 Young, Edward BT 62, 165 Zanthier, Charlotte von BT 42 SK 38 Zimmermann, Johann Georg S. 86, 106 BT 32 SK 24, 182 Zinzendorf, Nikolaus Ludwig Graf von SK 91 Zurhein, Franz Anton von SK 57 Zurhein, Frau von BT 57, 58

Verzeichnis der Briefstellen und Stellenkommentare, in denen Werke Sophie von La Roches erwähnt werden Briefnummer und Zeile werden recte angegeben, wenn die Werke von Sophie von La Roche angeführt werden. Erwähnungen in den Stellenkommentaren erscheinen kursiv. Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Von einer Freundin derselben aus Original=Papieren und andern zuverläßigen Quellen gezogen. Hrsg. von C. M. Wieland. 2 Theile. Leipzig 1771. 24 Zeile 51, 106 Zeile 6 Rosaliens Briefe an ihre Freundinn Mariane von St**. Von der Verfasserin des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1–3. Altenburg 1779–1781. 19 Zeile 11, 25 Zeile 51, 31 Zeile 17 f., 32 Zeile 38, 62 Zeile 31 15 Zeile 35, 116 Zeile 40 Pomona für Teutschlands Töchter. Von Sophie La Roche. Speyer 1783–1784. 49 Zeile 22, 52 Zeile 22, 61 Zeile 24, 62 Zeile 15, 74 Zeile 57, 77 Zeile 6, 91 Zeile 22 28 Zeile 5–7, 59 Zeile 19–22, 64 Datierung, 69 Zeile 5, 70 Zeile 9, 91 Zeile 50 Briefe an Lina. Von Sophie von La Roche. Speyer 1785. 91 Zeile 37, 101 Zeile 12 53 Zeile 3, 101 Datierung Tagebuch einer Reise durch die Schweitz. Von der Verfasserin von Rosaliens Briefen. Altenburg 1787. Tagebuch einer Reise durch Holland und England. Von der Verfasserin von Rosaliens Briefen. Altenburg 1788. Geschichte von Miß Lony und der schöne Bund. Von Sophie, Wittwe von La Roche. Mit zwey Kupfern. Gotha 1789. 3 Zeile 69 f., 4 Zeile 3 Briefe über Mannheim. Von Sophie von La Roche. Zürich 1791. 4 Zeile 8 f., 10 Zeile 29 f., 19 Zeile 12, 20 Zeile 4, 23 Zeile 40 f., 41 Zeile 30–32 12 Zeile 7, 84 Zeile 38, 147 Zeile 26 Erinnerungen aus meiner dritten Schweizerreise. Meinem verwundeten Herzen zur Linderung vielleicht auch mancher traurender Seele zum Trost geschrieben von Sophie, Wittwe von la Roche. Offenbach 1793. 62 Zeile 32 u. 49 37 Zeile 3 f., 40 Zeile 1 u. 36, 41 Zeile 32 u. 34, 42 Zeile 40 f., 46 Zeile 5 u. 22, 56 Zeile 21, 74 Zeile 55, 149 Zeile 12 f.

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Verzeichnis der Briefstellen und Stellenkommentare

Schönes Bild der Resignation. Von Sophie von La Roche. Zwei Theile. Leipzig 1795– 1796. 84 Zeile 44, 85 Zeile 46 f., 86 Zeile 17, 88 Zeile 13, 89 Zeile 80, 91 Zeile 46 f., 94 Zeile 33 62 Zeile 2–5, 85 Zeile 67, 87 Zeile 8, 91 Zeile 53 u. 60 u. 70, 117 Zeile 13 Erscheinungen am See Oneida. Von Sophie von La Roche. Drei Bändchen. Leipzig 1798. 97 Zeile 47, 98 Zeile 32 105 Zeile 6 u. 13 f. Mein Schreibetisch. An Herrn G. R. P. in D. Von Sophie von La Roche. Zwei Bändchen. Leipzig 1799. 108 Zeile 67, 116 Zeile 21, 119 Zeile 31, 127 Zeile 9 f. 8 Zeile 23, 29 Zeile 38, 69 Zeile 33, 81 Zeile 3, 83 Zeile 67, 84 Zeile 20, 88 Zeile 17 f., 92 Zeile 11 f., 94 Zeile 43 f., 97 Zeile 52, 98 Zeile 26 u. 27–31, 104 Zeile 34 f., 109 Zeile 38, 110 Zeile 12 u. 14–17, 112 Zeile 22 f., 114 Zeile 58, 116 Zeile 63, 118 Zeile 25 u. 27, 119 Zeile 16 u. 19 f., 121 Zeile 18, 123 Zeile 4 f., 126 Zeile 6 f., 144 Zeile 16 f., 182 Zeile 38 f. Reise von Offenbach nach Weimar und Schönebeck im Jahr 1799. Von Sophie von La Roche. Leipzig 1799 [erstes Blatt]; Schattenrisse abgeschiedener Stunden in Offenbach, Weimar und Schönebeck im Jahr 1799. Von Sophie von La Roche. Leipzig 1800 [zweites Blatt]. 136 Zeile 16 f., 137 Zeile 5, 140 Zeile 14, 141 Zeile 2 95 Zeile 32, 123 Zeile 24, 125 Zeile 29 u. 30–32, 127 Zeile 17, 137 Zeile 21 u. 41, 138 Zeile 4, 141 Zeile 7–11, 170 Zeile 24–28, 190 Zeile 50 Liebe=Hütten. Von Sophie von La Roche. Zwei Theile. Leipzig 1803–1804. 112 Zeile 6, 169 Zeile 14 Herbsttage. Von Sophie von La Roche. Mit Kupfern von J. G. Penzel und mit Musik. Leipzig 1805. 187 Zeile 18 112 Zeile 6, 169 Datierung Melusines Sommer=Abende. Von Sophie von La Roche. Hrsg. von C. M. Wieland. Mit dem Portrait der Verfasserin. Halle 1806. 176 Zeile 3, 186 Zeile 12, 190 Zeile 36 116 Zeile 36–38, 125 Zeile 86 f., 128 Zeile 58, 182 Zeile 38 f. Journal einer Reise durch Frankreich, von der Verfasserin von Rosaliens Briefen. Altenburg 1787. 116 Zeile 40 Fanny und Julia oder die Freundinnen. 2 Teile. Leipzig 1801/02. 167 Zeile 46, 194 Zeile 5 f.

Anmerkungen zu den Zitaten auf S. VII Zitat von Sophie La Roche: Frz.: „Durch das Lernen sind wir Zeitgenossen aller Menschen und allerorten Bürger.“ Sophie von La Roche schrieb diese Zeilen am 26. März 1805 auf ein Albumblatt mit der Widmung „pour souvenir à Monsieur d’Erdmann au Cercle du digne Comte de Fries“. Quelle ist der Autographenkatalog 694 des Antiquariats J. A. Stargardt, Berlin zur Auktion am 15. und 16. Juni 2010: „Aus dem Stammbuch des österreichischen Generals Stephan Frhrn. von Ertmann (1769–1849), Ehemann der aus Offenbach stammenden Pianistin Dorothea v. E. geb. Graumann […]. Moritz Reichsgraf v. Fries (1777–1826), Mäzen Beethovens und Schuberts“ (S. 74). Die Schriftstellerin modifiziert drei Zeilen der Ode „A Messieurs de l’Academie Françoise“ des französischen Lyrikers, Dramatikers und Literaturtheoretikers Antoine Haudar de la Motte (1672–1731). Siehe „L’esprit des Poésies de M. de la Motte de l’Académie Françoise, avec quelques Notes, la Vie de L’Auteur, et des Remarques historiques sur quelques uns de ses Ouvrages. Genf, Paris 1767“, S. 58–63, hier S. 59: „Des Etats la sombre origine, / les progrès, l’éclat, la ruine, / Repassent encor sous nos yeux;/ et présens à tout, nous y sommes / Contemporains de tous les hommes, / et Citoyens de tous les lieux.“ Zitat von Charles Joseph Prince de Ligne: Frz.: „Man würde von den großen Resultaten und deren angeblichen Verursachern erzählen, daneben würde man die unbekannten Gründe und Handelnden bekannt machen. Das wäre die unterirdische Geschichte, wenn man es so ausdrücken will.“ (Lettres et Pensées du Maréchal Prince de Ligne publiées par Madame la Baronne de Staël Holstein. Contenant des Anecdotes Inédites sur Joseph II., Catherine II., Frédéric-le-Grand, Rousseau, Voltaire, etc., etc. et des Remarques Intéressantes sur les turcs. 2. Bd. London 1809, S. 276)