Sämtliche Eklogen: Mit einer Einführung in Leben und Gesamtwerk des Verfassers [Reprint 2013 ed.] 9783110946130, 9783484365469

Although born near Minden (Westphalia), Johannes Bocer (1526-1565) developed his literary activity largely in the contex

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German Pages 283 [284] Year 1999

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Table of contents :
Vorwort
Einleitung
1. Zur Vita Johannes Bocers
2. Übersicht über Bocers Gesamtwerk
2.1. Gelegenheitsdichtung
2.2. Städtelob
2.3. Herrscherlob
2.4. Religiöse Dichtung
2.5. Zeitklage
3. Zu den Eklogen
4. Quellen-Anhang
4.1. Drei Aktenstücke zu Bocers Rostocker Professur
4.1.1. Verpflichtungserklärung Bocers bei seiner Anstellung als Professor in Rostock (27. April 1558)
4.1.2. Gesuch Bocers an Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg um eine Gehaltsaufbesserung (16. August 1561)
4.1.3. Befürwortungsschreiben von David Chytraeus an Herzog Johann Albrecht zu Bocers Gesuch (16. August [1561])
4.2. Drei Briefe Bocers an Lambert Ludolf Pithopoeus und Joachim Camerarius
4.2.1. An Lambert Ludolf Pithopoeus (19. Oktober 1558)
4.2.2. An denselben (28. März 1559)
4.2.3. An Joachim Camerarius (5. April 1559)
4.3. Johannes Petrus Lotichius: Ioan. Bocerus, Danus (1628)
Aeglogae septem / Sieben Eklogen (1563)
Widmungsgedicht an Herzog Johann Albrecht
Widmungsbrief an Andreas Mylius
Aegloga I. Borussus
Aegloga II. Vernovius
Aegloga III. Thuiscon
Aegloga IV. Nyctilus
Aegloga V. Phyllis
Aegloga VI
Aegloga VII. Pharmaceutria / Die Zauberin
De morte trium praestantissimorum Germaniae poëtarum aegloga / Ekloge auf den Tod dreier ganz hervorragender deutscher Dichter (1562)
Widmungsbrief an David Peifer
Eklogentext
Suerinus ecloga / Der Schweriner See. Eine Ekloge (1564)
Widmungsgedicht an Herzog Johann Albrecht
Argumentum
Eklogentext
Editionsbericht
Kommentar
Literaturverzeichnis
I. Quellen
1. Schriften von Joh. Bocer (vorläufiges Verzeichnis)
1.1. Selbständig erschienene Schriften
1.2. Fremde Publikationen oder Sammelwerke mit Beiträgen Bocers
1.3. Briefe (ohne Widmungsbriefe)
1.4. Sonstiges
2. Weitere Quellen
II. Forschungsliteratur
Register
1. Eigennamen im Editionsteil
2. Namen historischer Personen in Einleitung und Kommentar
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Sämtliche Eklogen: Mit einer Einführung in Leben und Gesamtwerk des Verfassers [Reprint 2013 ed.]
 9783110946130, 9783484365469

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Frühe Neuzeit Band 46 Studien und Dokumente zur deutschen Literatur und Kultur im europäischen Kontext In Verbindung mit der Forschungsstelle „Literatur der Frühen Neuzeit" an der Universität Osnabrück Herausgegeben von Jörg Jochen Berns, Klaus Garber, Wilhelm Kühlmann, Jan-Dirk Müller und Friedrich Vollhardt

Johannes Bocer

Sämtliche Eklogen Mit einer Einführung in Leben und Gesamtwerk des Verfassers herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Lothar Mündt

Max Niemeyer Verlag Tübingen 1999

Gedruckt mit Unterstützung des Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG Wort

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Bocer, Johann: Sämtliche Eklogen : mit einer Einführung in Lxben und Gesamtwerk des Verfassers / Johannes Bocer. Hrsg., übers, und kommentiert von Lothar Mündt. - Tübingen : Niemeyer, 1999 (Frühe Neuzeit; Bd. 46) ISBN 3-484-36546-3

ISSN 0934-5531

© Max Niemeyer Verlag GmbH, Tübingen 1999 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier Satz: ScreenArt GmbH & Co. KG, Wannweil Druck: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten Einband: Buchbinderei Klotz, Jettingen-Scheppach

Inhalt

Vorwort Einleitung

VII XI

1. Zur Vita Johannes Bocers XI 2. Übersicht über Bocers Gesamtwerk XL 2.1. Gelegenheitsdichtung XL 2.2. Städtelob XLV 2.3. Herrscherlob XLIX 2.4. Religiöse Dichtung LI 2.5. Zeitklage LIII 3. Zu den Eklogen LVI 4. Quellen-Anhang LXIII 4.1. Drei Aktenstücke zu Bocers Rostocker Professur LXIII 4.1.1. Verpflichtungserklärung Bocers bei seiner Anstellung als Professor in Rostock (27. April 1558) LXIII 4.1.2. Gesuch Bocers an Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg um eine Gehaltsaufbesserung (16. August 1561) .. LXIII 4.1.3. Befürwortungsschreiben von David Chytraeus an Herzog Johann Albrecht zu Bocers Gesuch (16. August [1561]). LXVI 4.2. Drei Briefe Bocers an Lambert Ludolf Pithopoeus und Joachim Camerarius LXVIII 4.2.1. An Lambert Ludolf Pithopoeus (19. Oktober 1558) . . . . LXVIII 4.2.2. An denselben (28. März 1559) LXXII 4.2.3. An Joachim Camerarius (5. April 1559) LXXV 4.3. Johannes Petrus Lotichius: loan. Bocerus, Danus (1628) LXXIX Aeglogae Septem / Sieben Eklogen (1563) Widmungsgedicht an Herzog Johann Albrecht Widmungsbrief an Andreas Mylius Aegloga I. Borussus Aegloga II. Vemovius

1 2 4 10 20 V

Aegloga III. Thuiscon Aegloga IV. Nyctilus Aegloga V. Phyllis Aegloga VI Aegloga VII. Pharmaceutria / Die Zauberin

28 40 48 58 72

De morte triam praestantissimorum Germaniae po 'etamm aegloga / Ekloge auf den Tod dreier ganz hervorragender deutscher Dichter (1562) Widmungsbrief an David Reifer Eklogentext

81 82 88

Suerinus ecloga/Der Schweriner See. Eine Ekloge (1564) Widmungsgedicht an Herzog Johann Albrecht Argumentum Eklogentext

103 104 106 108

Editionsbericht

125

Kommentar

131

Literaturverzeichnis

181

I. Quellen 1. Schriften von Joh. Bocer (vorläufiges Verzeichnis) 1.1. Selbständig erschienene Schriften 1.2. Fremde Publikationen oder Sammelwerke mit Beiträgen Bocers 1.3. Briefe (ohne Widmungsbriefe) 1.4. Sonstiges 2. Weitere Quellen II. Forschungsliteratur

181 181 181

Register 1. Eigennamen im Editionsteil 2. Namen historischer Personen in Einleitung und Kommentar

195 195 198

VI

185 187 187 188 190

Vorwort

Nach meiner 1996 in der gleichen Reihe erschienenen Edition der Eklogen von Simon Lemnius (1511-1550)' lege ich nun mit diesem Band das bukolische Gesamtwerk eines etwas jüngeren, zu seiner Zeit nicht weniger bekannten Vertreters der neulateinischen deutschen Literatur vor. Eine Fortführung des Begonnenen mit einer kleinen Auswahl weiterer deutscher Bukoliker des 16. Jahrhunderts zur Erhellung der Gattungsgeschichte der in der Frühen Neuzeit sehr beliebten und vielseitig genutzten, von der Forschung aber viel zu wenig beachteten neulateinischen Eklogendichtung ist geplant. Entsprechend dem vorwaltend gattungsgeschichtiichen Interesse, das hinter der Erarbeitung dieser wie der ihr voraufgegangenen Edition steht, liefert der Kommentar, abgesehen von der notwendigen Erläuterung von regionalund zeitgeschichtiichen Zusammenhängen und sonstigen Realien, hauptsächlich Nachweise von Anklängen an die klassische bukolische Tradition bzw. an zeitgenössische Muster. Similia anderer Art werden nur gelegentlich mitgeteilt.^ Manche mythologischen Erläuterungen, die dem Klassischen Philologen entbehrlich erscheinen mögen, wurden im Blick auf Leser aus dem Bereich der neueren Philologien, vornehmlich der Germanistik, geschrieben. Für deren Vertreter, insbesondere die der jüngeren Generation, für die die Sagenweh des Klassischen Altertums kein aus Jugendlektüre oder Schulunterricht vertrautes Bildungsgut mehr ist und bei denen man erst recht nicht mit später erworbener Belesenheit in den klassischen lateiniSimon Lemnius, Bucolica - Fünf Eklogen. Hrsg., übers, u. komment. von Lothar Mündt. Tübingen 1996 (= Frühe Neuzeit. 29). Ich verfahre hierin also anders als die Herausgeber der >Ecloga bucolici canmnis< von Bartholomaeus Coloniensis (1995), die sich bemüht haben. Anklänge an antike lateinische Autoren auch rein sprachlicher Art (bis hin zum Nachweis bestimmter Wortverbindungen) systematisch und möglichst vollständig zu erfassen: Bartholomaeus Coloniensis, Ecloga bucolici carminis. Silva carminum. Eingel., hrsg., übers, u. mit Anmerkungen vers. von Christina Meckelnborg u. Bernd Schneider. Wiesbaden 1995 (= Gratia. 26), S. 74-91. Jeder, der neulateinische Editionen benutzt, wird für solche Dokumentationen dankbar sein. Es fragt sich allerdings, ob der damit verbundene Aufwand an Mühe und Zeit hochqualifizierter Fachleute im rechten Verhältnis zu dem daraus zu gewinnenden Erkenntnisfortschritt steht, vor allem aber, ob es angesichts der gewaltigen Masse an editorischen Aufgaben, vor denen die neulateinische Philologie steht, sinnvoll sein kann, Einzeltexten diese Art von luxuriöser Zuwendung zuteil werden zu lassen, falls der Zweck ihrer Herausgabe dergleichen nicht zwingend erfordert. VII

sehen Dichtem rechnen kann, sind solche Informationen, etwa bei der sehr wünschenswerten Einbeziehung neulateinischer Texte in Seminarveranstaltungen zur deutschen Literatur des 16. und 17. Jahrhunderts, nach meiner Einschätzung absolut notwendig. Da zu Johannes Bocer wie zu so vielen von den Zeitgenossen hochgerühmten neulateinischen Autoren kaum Forschungsliteratur vorhanden ist, habe ich mich entschlossen, der Edition einen möglichst stoffreichen Überblick über sein Leben und sein literarisches Gesamtwerk beizugeben. Für die Darstellung von Bocers Vita mußte in Ermangelung direkter Quellen besonders für die Zeit vor Antritt seiner Rostocker Professur vielfach auf biographisch verwertbare Selbstaussagen des Autors in verschiedenen Schriften zurückgegriffen werden. Hierbei konnte ich mich auf die gründlichen Ermittlungen stützen, die Johann Karl Opitz (1688-1756), seinerzeit Rektor des Mindener Gymnasiums, 1750 in einem lateinischen Schulprogramm veröffentlicht hat^ der einzigen wissenschaftlich belangvollen Publikation über Bocer bis in die jüngste Zeit. - Als Nebenergebnis meiner biographischen Studien ist ein auf Vollständigkeit angelegtes, mit Sicherheit aber noch ergänzungsfähiges Werkverzeichnis entstanden, das ich ebenfalls glaubte mitteilen zu sollen, um künftige Forschungen über diesen nicht nur wegen seiner Eklogen interessanten und lesenswerten Autor zu erleichtem, zumal auch die Zahl der überlieferten Exemplare seiner Schriften, von wenigen Titeln abgesehen, sehr spärlich ist. Schon im 18. Jahrhundert mußte der Bibliograph und Büchersammler Johann Ludolf Bünemann (1687-1759) feststellen: »Omnia Boceri scripta sunt rara.«" Und heute wie damals gih von vielen Werken Bocers das gleiche wie von seinem Lobgedicht auf die Stadt Minden, nach dem Bünemann dreißig Jahre vergeblich gesucht hatte, bis es ihm gelang, ein Exemplar ausfindig zu machen und zu erwerben: »Paucis doctis notum, paucioribus visum.«' Den beiden für diesen Titel zuständigen Mitherausgebem der Reihe >Frühe NeuzeitAeglogae septem< eingeflossen sind. Das Erscheinen der vorliegenden Ausgabe wurde - ebenso wie das des Vorgängerbandes zu den Eklogen von Simon Lemnius - ermöglicht durch einen Druckkostenzuschuß aus dem Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG WORT GmbH (München), der für ihr Verständnis herzlich gedankt sei. »Deficiente PECÜ- deficit omne -NIA.« (Rabelais). Berlin-Marienfelde, im September 1998

Lothar Mündt

IX

Einleitung

1.

Zur Vita Johannes Bocers'

Das »Prooemium« überschriebene erste Gedicht von Buch I der in seinem Todesjahr 1565 erschienenen >Sacra carmina et piae precationes< (>Geistliche Gedichte und fromme GebeteHaus zum Berge< genannten Burg der EdeUierren vom Berge, in deren Schutz er sich entwickelte. Siehe Westfälisches Städtebuch. Hrsg. von Erich Keyser. Stuttgart 1954 (= Deutsches Städtebuch 11,2), S. 175. Job. Bocer, De origine, antiquitate et celebritate urbis Mindae, ad ripam Visurgis in veteri Saxonia sitae, brevis declaratio. Rostochii: Stephanus Myliander 1563 (Weimar, HAAB), Bl. A2'-A3'. - S. dazu auch die Herkunftsangabe auf dem Titelblatt von Bocers Erstlingspublikation: Triumphus Domini nostri lesu Christi crucifixi pro nobis [...] Descriptus ä Johanne Bodeker Hustenbergensi. Witebergae: [Veit Kreutzer] 1551 (Wolfenbüttel, HAB); >HustenbergensisHaus zum Berge< (s.Anm.5). Weiterer eindeutiger Hinweis auf Hausberge als Geburtsort in der Rostocker Matrikel, Eintrag unter dem 5. Januar 1558: »Joaimes Bocerus Huspergius, poeta laureatus, honoratus.Mgr.« (Die Matrikel der Universität Rostock. Bd. II: Mich. 1499 - Ost. 1611. Hrsg. von Adolph Hofmeister. Rostock 1891, S. 135b).

XII

Mehrfach hat Bocer in seinen Dichtungen die ihm von seiner Kindheit her vertraute Landschaft an der Porta Westfalica geschildert.^ Sein Alter gibt Bocer in den zitierten Anfangsversen des Prooemiums zu den >Sacra carmina< mit 38 Jahren an; die Zahl ergibt sich aus der Addition der sieben Lustren bzw. Jahrfünfte mit den drei Wintern, von denen zwei vergangen sind und einer gerade wieder bevorsteht. Das Geburtsjahr läßt sich aus dieser Angabe jedoch nicht ohne weiteres errechnen, da das Gedicht nicht datiert ist. Man darf aber annehmen, daß es als Einleitungsgedicht der ganzen Sammlung zuletzt geschrieben wurde bzw. auf jeden Fall zu deren jüngsten Texten gehört (von den mit Datumsangabe versehenen Gedichten sind die jüngsten aus dem Jahr 1564, das älteste von 1556). Eine Bestätigung dieser Annahme liegt in der Tatsache, daß Bocer das Wort »duplex« in Vers 2 des Prooemiums in der ebenfalls 1565 erschienenen erweiterten und veränderten Neuausgabe seiner >Sacra carmina< in »triplex« geändert hat®: womit sich die Zahl der Winter, die zu den sieben Lustren zu addieren sind, auf vier erhöht und das Lebensalter somit jetzt 39 Jahre beträgt. Da der an den Rat der Stadt Danzig gerichtete Widmungsbrief zur Erstausgabe auf den 10. März (»VI. Idus Martii«') 1565 datiert ist, kann es, wenn die Änderung von »duplex« zu »triplex« einen Sinn haben soll, nur der Winter 1564/65 gewesen sein, von dem Bocer in der Erstfassung schrieb, er stelle sich nun wieder ein (»iterum [...] recurrit«). Der Winter aber, von dem in der zweiten Ausgabe das gleiche gesagt wird, ist dann der Winter 1565/66, den Bocer zwar nicht mehr erleben sollte, da er bereits am 6. Oktober 1565 verstarb, den er aber vor Augen hatte, als er die zweite Ausgabe auf den Weg brachte (dies kann nicht allzu lange vor seinem Tode geschehen sein, denn ein paar Monate wird der Ausverkauf der ersten Ausgabe, die nach der Datierung des Widmungsbriefes frühestens im März 1565 erschienen sein kann, auch bei bestem Absatzerfolg in Anspruch genommen haben). Rechnet man also 38 Jahre von 1564 bzw. 39 von 1565 zurück, ergibt sich 1526 als Geburtsjahr. Ebendieses Jahr ist auch aus der Altersangabe in einem auf Weihnachten 1562 datierten Gedicht aus Buch I der >Sacra carminaEtwas von lo. Bocero< (1739; wie Anm. 1), S. 700. Bocer, Sacra carmina (' 1565; wie Anm. 3), Bl. A8". Ebd., Bl. D2'-D4'.

XIII

( » E r richtet seine Rede an Sonne und Mond, in der Christnacht 1562«), zu erschließen. Gegen Ende des Gedichts richtet Bocer nämlich folgende Bitte an die beiden Gestirne: Et mihi ter denos et sex post insuper annos Huius quae facitis festa redire diei: Visite me dextris, felicia lumina, signis, Et placidfe cursus continuate meos." [Dir glückhaften Leuchten, die ihr für mich dreißig und darüber hinaus dann noch sechs Jahre das Fest dieses (Weihnachts-)Tages wiederkehren laßt, schaut auf mich mit günstigen Zeichen und laßt meinen Lebensgang weiter firiedsam verlaufen.] Ein drittes Selbstzeugnis, das in diesem Zusammenhang anzuführen ist, zwei Verse aus einem ebenfalls in den >Sacra carmina< abgedruckten undatierten Gedicht an seinen Schutzengel ( » A d angelum suum«'^), scheint den beiden eben diskutierten Quellen zu widersprechen, denn hier schreibt Bocer sich bereits ein Alter von vierzig Jahren zu, vor dessen Erreichen er doch jenen anderen Quellen zufolge bereits gestorben sein muß: Tu vitae cursum per denos quatuor annos Servasti illaeso cunctaque nostra statu." [Vierzig Jahre lang hast du meinen Lebensgang und alles, was mir angehört, in unversehrtem Zustand bewahrt.] Zur Beseitigung dieses Widerspruchs möchte ich vorschlagen, die »denos quatuor annos« dieser übrigens in der Neuausgabe der >Sacra carmina< gestrichenen Verse'" nicht auf die Goldwaage zu legen, sondern als eine gerundete Zahl zu betrachten. Somit wäre also festzuhalten, daß Bocer 1526 in Hausberge (heute Stadt Porta Westfalica) nahe Minden geboren wurde."

Ebd., Bl. D3\ Ebd., Bl. L2''-L3''. Ebd., Bl. L2\ Vgl. Bocer, Sacra carmina (M565; wie Anm. 3), Bl. L7'. In der Bocer-Literatur sind viele differierende Angaben über sein Geburtsjahr zu finden, die in ihrer Mehrzahl, da quellenmäßig nicht fundiert oder begründet, hier übergangen werden können. Die Berechnungen, mit denen Opitz (Boceri vita [1750; wie Anm. 1], S. lOf.) anhand der auch von mir zitierten Selbstzeugnisse auf das Jahr 1524 gekommen ist, vermag ich nicht nachzuvollziehen. Vgl. hierzu die Kritik von Clement, Bibl. curieuse, tome 4 (1753; wie Anm. 1), S.382, der seinerseits 1525 als Geburtsjahr ansieht. Weder Opitz noch Clement konnten zu einem korrekten Ergebnis gelangen, da sie zum einen die Variante »duplex«/»triplex« in der 1. und 2. Auflage der >Sacra carmina< nicht wahrgenommen haben (s. Anm. 8) und zum anderen beide dem Vorurteil anhingen, daß Bocer Gedichte auf das Weihnachtsfest, soweit sie datiert seien, stets mit der Jahreszahl des kommenden Jahres versehe, weil er den Tag der Geburt Christi und nicht den 1. Januar als den Beginn des neuen Jahres betrachte. Opitz, dem sich Clement hierin anschließt, glaubt dies aus der Überschrift eines Gedichtes aus Buch IV der >Sacra carmina< ('1565, Bl. 14') schließen zu dürfen, welche lautet: »In natali Domini nostri lesu Christi, qui inchoabat annum humanae salutis 1565.« (»Am Geburtstag unseres Herrn Jesus Christus, mit dem das 1565. Jahr des menschlichen Heils begann«). Man vergleiche damit aber die folgende Überschrift ei-

XIV

Sein eigentlicher Name war Bodeker'®; über seine Eltern ist nichts bekannt. Aus seiner 1560 entstandenen Elegie auf die Hochzeit Johannes Schossers, an deren Beginn er einen Besuch in seinem Elternhaus nach zwanzigjähriger Abwesenheit schildert, geht hervor, daß er Brüder und Schwestern hatte und sein Vater zu diesem Zeitpunkt noch am Leben war" (die Mutter war schon vor 1554 verstorben"). In dem auf den 3. Juli 1563

nes Gedichts aus Buch II (Bl. 06"): »Finitis feriis natalitiis lesu Christi anni 62. cum publicam praelectionem rursus inchoaret, in exordio anni 63.« (»Als er nach Beendigung der Weihnachtsfeiertage des Jahres 1562 seine öffentliche Vorlesung zu Anfang des Jahres 1563 wieder aufnahm«). Ich sehe also keinen Grund, mit Opitz und Clement anzunehmen, daß nicht Weihnachten 1562, sondern Weihnachten 1561 in der Überschrift des oben (S.XIV) zitierten Gedichts aus Buch I (Bl. D2') gemeint sei, in dem Bocer sein Alter mit 36 Jahren angibt: »Solem et Lunam alloquitur, in nocte natalitia lesu Christi, anno 1562.« (»Er richtet seine Rede an Sonne und Mond, in der Christnacht 1562«), S.o., Anm.6 die Namensangabe auf dem dort zitierten Titelblatt von Bocers >Triumphus Domini nostri lesu Christi< (1551). Dem entspricht die Namensform in der Wittenberger Matrikel (s.u., S.XVII). - In seiner zweiten Publikation nennt er sich Bokerns: Panegyris de divo lohanne Baptista [...]. Wittebergae: loh. Crato 1553 (Wolfenbüttel, HAB), Bl. A' (Titelseite) u. A3' (Widmungsunterschrift). Tristior occiduis nuper digressus ab oris. Cum liqui patriae moenia cara meae, Transivi sylvas, famulo comitatus, et acris Me dolor et patriae maximus ussit amor. Et reputans caros fratres carasque sorores, Ut flentes abitu condoluere meo, Quaeque mihi genitor madidis narravit ocellis Verba, quibus patrii plenus amoris ait: »Quäm mea canicies gelidas descendat ad umbras Hasque mei ponam corporis exuvias. Ad me, nate, prius, quod si potes ipse, recurre, Nate, senectutis fida columna meae. Bis duo lustra mihi iam non conspecte, relinquis Tam cito cur patriae moenia cara domus?« [Als ich neulich in sehr gedrückter Stimmung, nach Verlassen der teuren Mauern meiner Heimat, aus jener westlich gelegenen Region abgereist war, durchquerte ich in Begleitung eines Dieners die Wälder, und mich brannte ein scharfer Schmerz und sehr große Liebe zu meiner Heimat, und ich gedachte meiner lieben Brüder und lieben Schwestern, wie sie sich weinend über meinen Weggang betrübten, und all der von väterlicher Liebe erfüllten Worte, mit denen mein Vater feuchten Auges zu mir sprach: »Wenn es in deiner Macht steht, mein Sohn, verläßliche Säule meiner alten Tage, so komm wieder, noch bevor mein graues Alter zu den kühlen Schatten hinabsteigt und ich dieses Gewand meines Leibes ablege. Warum verläßt du so schnell die teuren Mauern deines Vaterhauses, da ich dich doch schon zwanzig Jahre nicht mehr gesehen habe?«] Zit. nach: Delitiae poetarum Germanorum huius superiorisque aevi illustrium. Pars I. Collectore A. F. G. G. [= lanus Gruterus]. Francofuiti 1612 (Wolfenbüttel, HAB), S. 669. In der Johannes Pfenningbutell (s. Anm. 29) gewidmeten XII. Elegie seines >Elegiarum Uber primus< (Lipsiae: G. Hantzsch 1554 [Dresden, LB]) bemerkt er auf Bl. E3': Nec pia, quae [Druck: qui] dudum fatis absumta quiescit, Mater erit nostro sollicitanda rogo.

XV

datierten Widmungsbrief zu seinem Lobgedicht auf die Stadt Minden berichtet Bocer beiläufig von einem weiteren, damals zwei Jahre zurückliegenden Besuch bei seinem altersschwachen (»senio confectum«) Vater in Hausberge." Seine Schulzeit verbrachte Bocer seit etwa 1533 an dem 1530 gegründeten evangelischen Martinsgymnasium in Minden.^" Rückblickend schreibt er dazu in besagtem Lobgedicht auf diese Stadt (1563): Minda mihi tenero fuit urbs quae cognita lusu, Carmen erit: Mindae meritos debemus honores. Haec primum patriis puerum me excepit ab oris, Arx ubi vicini retinet cognomina montis. Hic ego vitales haust puer editus auras, Minda sed Aonias me primum duxit in artes. Hic ego prima meae traduxi tempora vitae, Saepeque colludens ad flumina nota Visurgis, Fessaque sub viridi prostratus corpora ripa, Sicut eram cinctus libris, ter dulce Maronis Et mirabar opus, Scythicis quod Ovidius oris Egit in undenas rerum cum pondere leges. Et mihi iam puero Musarum sacra placebant, Immisitque mihi furtim se Phoebus Apollo.^' [Minden, die Stadt, die ich von meiner Kindheit her durch meine Schulzeit kenne, wird mein Gedicht sein: der Stadt Minden bin ich die ihr gebührenden Ehrungen schuldig. Diese Stadt hat mich als Knaben zuerst beherbergt, als ich die Gegend meiner Heimat verließ, wo eine Burg den Namen des benachbarten Berges trägt. Ebenhier habe ich als neugeborenes Kind die lebenspendende Luft eingesogen. Minden aber hat mich zuerst in die musischen Künste eingeführt. Hier habe ich die erste Zeit meines Lebens verbracht; und oft, während ich mir an den berühmten Fluten der Weser die Zeit vertrieb und, mit Büchem beladen, wie ich war, den ermatteten Leib am grünen Ufer hinstreckte, bestaunte ich das über die Maßen süße Werk Vergils und auch das Werk, das Ovid im Lande der Skythen zu gewichtigen Themen in eine elf-

[Und meiner frommen Mutter, die schon lange im Grabe ruht, wird mein Untergang keinen Kummer machen.] Bocer, De origine [... ] urbis Mindae (1563; wie Anm. 6), Bl. A3': »Quo cum salutandi parentem senio confectum gratia ante biennium rursum me contuhssem [...]« (»Als ich mich vor zwei Jahren nochmals dorthin [nach Hausberge] begeben hatte, um meinen altersschwachen Vater zu begrüßen [...]«). Ebd., Widmungsbrief an die Mindener Ratsherren, Bl. A6^: »Et cum in urbe vestra, vestris salutaribus auspiciis, prima literarum fundamenta puer in schola Martiniana didici [...]« (»Und da ich in eurer Stadt, unter eurer segensreichen Leitung, als Knabe die elementaren Grundlagen der Wissenschaft an der Martinsschule erlernt habe [...]«). - Das Jahr 1533 als ungefährer Beginn von Bocers Schulzeit ergibt sich aus folgender Stelle des Widmungsbriefes (Bl. A4'; »Et ante triginta annos cum puer prima literarum fundamenta ibi discerem [...]« (»Und als ich vor dreißig Jahren dort als Knabe die elementaren Grundlagen der Wissenschaft erlernte [...]«).- Zur Geschichte der Mindener Martinsschule, die z. Zt. des Erscheinens von Bocers Schrift über Minden von Hermann Huddaeus geleitet wurde (dieser lobend erwähnt im Widmungsbrief, Bl. A5") s. Friedrich Däcke, Versuch einer Geschichte des Gymnasiums zu Minden zur Jubelfeier der Anstalt im Jahr 1830. Minden 1830. Bocer, De origine [...] urbis Mindae (1563; wie Anm. 6), Bl. B"-B2'.

XVI

fache Ordnung gefügt hat?^ Schon als Knabe gefiel es mir, den Musen zu opfern; und unvermerkt übte Phoebus Apollo seinen Einfluß auf mich aus.] Der aus d e m Schülerkreis u m Georg Sabinus hervorgegangene neulateinische Dichter Lactantius Johannes Codicius (geb. ca. 1534)^^ berichtet in seinem Widmungsgedicht zu Bocers Werk über die dänischen Könige (1557)^", daß Bocer als Knabe auch noch andere Schulen - i m Rheinland und in Verden a. d. Aller(?) - besucht habe: Te Rhenus puerum cantantem nobile Carmen Audiit, et liquidis Werda" senilis aquis.^' [Der Rhein und das alte Verden (?) mit seinen klaren Wassern haben, als du Knabe warst, deinen edlen Gesang vernommen.] Wieweit diese A n g a b e stichhaltig ist, muß dahingestellt bleiben. Sie läßt sich aus anderen Quellen weder bestätigen noch widerlegen. In noch sehr jugendlichem Alter^'', mit vierzehn Jahren (damals nichts Ungewöhnliches), wurde B o c e r an der Universität Wittenberg immatrikuliert. D i e Eintragung in die Matrikel unter d e m Jahr 1540, » M e n s e N o vembri«, lautet: »Joannes Bodecker Mindensis«^^ Über Verlauf und Inhalt

^^ Die elegischen Dichtungen, die Ovid nach seiner Verbannung nach Tomis am Schwarzen Meer (8 n. Chr.) geschrieben hat (Tristia; Ibis; Ex Ponto). Mit der >elffachen Ordnung< sind die zusammengenommen elf (eigentlich aber zwölf) Füße der beiden Verse des elegischen Distichons (Hexameter und Pentameter) gemeint. " Zu dem aus Schluckenau/Böhmen gebürtigen Codicius s. Antom'n Truhläf u. a., Enchiridion renatae poesis Latinae in Bohemia et Moravia cultae. Tom. 1. Pragae 1966, S. 402-^04. " Joh. Bocer, Carminum de origine et rebus gestis regum Daniae et ducum Holsatiae comitumque Schowenburgensium libri quinque. Lipsiae: Georg Hantzsch 1557. " Es gibt mehrere Orte dieses Namens. Ich vermute (wegen der geographischen Nähe zu Bocers Heimatregion), daß hier Verden a. d. Aller (lat. u. a.: >Verda< bzw. >Ferda sechs Winter< zurücklag, könnten sich seine Studien an dieser Universität über die lange Zeit von neun Jahren (1540-1549) erstreckt haben, sicher mit Unterbrechungen in der Zeit des Schmalkaldischen Krieges (1546/47), in der die Universität zeitweise geschlossen wurde." Vier Jahre, nachdem er Wittenberg verlassen hatte, ließ sich Bocer an der Universität Leipzig einschreiben. Wo er sich in der Zwischenzeit aufgehalten hat, wissen wir nicht; die Eintragung in die Leipziger Matrikel zum Sommersemester 1553 gibt in Verbindung mit anderen Quellen aber einen sicheren Anhaltspunkt, denn sie lautet: »Joannes Bocerus Lubecensis 10 gr.«'®. D. h. also, daß Bocer sich vor dem Rektor als Lübecker ausgegeben hat oder daß er aufgrund irgendeines nicht mehr rekonstruierbaren Irrtums oder gewisser plausibler Umstände für einen solchen gehalten werden mußte. Auch in seinem Bekanntenkreis scheint man ihn für einen Sohn der Stadt Lübeck gehalten zu haben, wie aus der Überschrift des Grußgedichtes hervorgeht, das Georg Fabricius (1516-1571)^', der berühmte Rektor der Meiß-

an den großen Melanchthon auszuhändigen«). Aus einer kurzen Elegie an Bocer vom 13. Juni 1558. Vgl. auch Opitz, Boceri vita (1750; wie Anm. 1), S.24. - Von einem Briefwechsel Bocers mit Melanchthon, den es sicher gegeben hat, hat sich nichts erhalten. In dem überiieferten Briefwechsel Melanchthons taucht der Name Bocers nur ein einziges Mal auf: in dem unten (S. XXIII) zitierten Brief Melanchthons an Petrus Vincentius aus dem Jahre 1556. ' ' Pithopoeus, Poematum libri IV (1585; wie Anm. 35), S.273; zit. auch bei Opitz, Boceri vita (1750; wie Anm. 1), S.25. - Abdruck des ganzen Briefes unten, Anhang 4.2.2., S. LXXII-LXXV. ' ' Die Universität Wittenberg war am 6. November 1546 geschlossen worden; den Studenten hatte man bereits am 20. Juli freigestellt, die Hochschule zu verlassen. S. dazu Walter Friedensburg, Geschichte der Universität Wittenberg. Halle a.S. 1917, S. 251f Die Matrikel der Universität Leipzig. Hrsg. von Georg Erler. Bd. 1: Die Immatrikulationen von 1409-1559. Leipzig 1895 (= Codex diplomaticus Saxoniae Regiae. 11,16). - Reprint Nendeln/Liechtenstein 1976, S.693b (»10 gr.« = 10 Groschen, die Immatrikulationsgebühr). ' ' Zu Fabricius s. jetzt Wilhelm Kühlmann u. a. (Hrsg.), Humanistische Lyrik des 16. Jahrhunderts. Lateinisch und deutsch. In Zusammenarbeit mit Christof Bodamer u.a. ausgew., übers., erläut. u. hrsg. Frankfurt a. M. 1997 (= Bibliothek der Frühen

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ner Fürstenschule St. Afra, Bocers im selben Jahr (1553) in Leipzig erschienenem Lobgedicht auf die Stadt Freiberg beigab: »Georgius Fabricius in Fribergum loannis Boceri Lubecensis«"". Was immer auch den Irrtum in diesen beiden konkreten Fällen bewirkt und was auch immer Bocer bewogen haben mag, ihn aufrechtzuerhalten: es ist nicht zu bezweifeln, daß er einen gewichtigen biographischen Hintergrund hat, d. h. daß Bocer in einem bestimmten Zeitraum zwischen seinem Weggang von Wittenberg und seiner Immatrikulation in Leipzig, also zwischen 1549 und 1553, in Lübeck gelebt hat. Daß seine Beziehungen zu dieser Stadt sehr intensiv waren, bezeugen mehrere seiner Schriften. Bereits sein 1551 in Wittenberg erschienener Erstling >Triumphus Domini nostri lesu Christi< ist dem Lübecker Ratsherrn Hermann Falke (Falco) gewidmet."" Sein Epicedium auf Melanchthon (1560) widmete er zwei anderen Ratsmitgliedem dieser Stadt^^: Heinrich Köhler (Kollerus)"' und Gotthard von Hoeveln'", mit der Begründung, daß er hiermit einem schon lange gehegten Wunsch nachgebe, sich für die ihm von beiden Ratsherren erwiesenen Wohltaten dankbar zu erzeigen."' Von den siebzehn Elegien in seinem >Elegiarum liber primus< (1554) sind sehr viele an Lübecker Patrizier adressiert, darunter auch eine an seinen ehemaligen Wittenberger Kommilitonen Johannes Penningbuttell, der, wie schon er-

Neuzeit. 1,5 = Bibliothek deutscher Klassiker. 146), S. 607-651 (Textauswahl) u. S. 1311-1335 (Kurzbiographie, Literaturhinweise u. Kommentar). Bocer, Fribergum in Misnia (1553; wie Anm. 28), Bl. A'. - Auch Petrus Albinus bezeichnet Bocer in seiner Sabinus-Biographie als einen Lübecker (»Lubicensis Saxo«; s.u.,S.XXIV). Bocer, Triumphus Domini nostri lesu Christi (1551; wie Anm. 6), Bl. A2'. Überschrift des aus 14 elegischen Distichen bestehenden Widmungsgedichts: »Clarissimo viro eruditione et virtute praestanti D. Hermanno Falconi Doctori Iuris, Senatori Lubecensi, Patrono suo lohannes Bodeker Hustenbergensis S. D.« (»Den hochansehnhchen, durch Gelehrsamkeit und Tugend herausragenden Herrn Hermann Falke, Dr. iur.. Lübeckischen Ratsherrn, seinen Beschützer, grüßt Johannes Bodeker aus Hausberge«). Das Gedicht schließt mit den Versen: Non te Pieridum fovisse pigebit alumnum. Quae potero, rursus, munera grata feram. [Es wird dich nicht verdrießen, einen Zögling der Musen unterstützt zu haben. Meinerseits werde ich Dankesleistungen darbringen, soweit ich dazu imstande sein werde.] Hermann Falke war in Lübeck 1548 Ratsherr, 1553 Bürgermeister; gest. 1559 (nach Fehling, Lübeckische Ratslinie [1925/1978; wie Anm. 29], S. 103, Nr. 658). Bocer, Epicedion Ph. Melanthonis (1560; wie Anm. 33), Bl. A2'-A3\ Heinrich Köhler war 1537 Ratsherr, 1548-1553 und 1556-1559 Kämmereiherr in Lübeck; gest. 1563 (nach Fehling, Lübeckische Ratshnie [1925/1978; wie Anm. 29], S. 101, Nr. 648). "" Gotthard von Hoeveln wurde in Lübeck 1558 zum Ratsherrn bestellt und war 15651568 ebendort Kämmereiherr; gest. 1571 (nach Fehling, ebd., S. 104, Nr. 667). Bocer, Epicedion Ph. Melanthonis (1560; wie Anm. 33), Bl. A2': »Hoc autem lugubre meum Carmen, clarissimi prudentissimique viri, ob eam causam vestrae amplitudini dedicavi, quod pro vestris singularibus in me meritis et officiis vobis illustri aliquo

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wähnt, später seinerseits ein Gedicht zu B o c e r s poetischer Geschichte der H e r z ö g e von Mecklenburg beisteuerte.'^ Über B o c e r s an der Universität L e i p z i g betriebene Studien ist nichts bekannt. Zweifellos hat er bei J o a c h i m Camerarius gehört; ihm widmete er eine seiner Elegien"'', und Camerarius seinerseits beehrte später B o c e r s Werk über die Herzöge von Mecklenburg mit einem griechischen Gedicht"^ In die Zeit zwischen d e m W e g g a n g von Wittenberg und der Immatrikulation in L e i p z i g fallen die A n f ä n g e seiner literarischen Produktion: 1551 erschien in Wittenberg sein Erstlingswerk, eine kleine Dichtung von 113 elegischen Distichen über die Auferstehung Christi und seinen S i e g über die Mächte der Hölle"', 1553 sein sicher bekanntestes Werk, das Lobgedicht auf das sächsische Freiberg^", im selben Jahr ein dem R a t der Stadt Annaberg ( S a c h s e n ) gewidmeter Panegyrikus auf Johannes den Täufer, verbunden mit einer kurzgefaßten Darstellung der Grundlehren des Christentums und der Pflichten eines Christenmenschen^', 1554 schließlich das E l e g i e n - B u c h " . Parallel zu dieser literarischen Tätigkeit liefen jahrelange Bemühungen, irg e n d w o beruflich festen Fuß zu f a s s e n und ein gesichertes Auskoirmien zu erlangen. Von der Vergeblichkeit dieser B e m ü h u n g e n legen B o c e r s Elegien

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argumento et scribendi occasione animi mei gratitudinem et observantiam iam dudum declarare volui.« (»Dieses mein Trauergedicht aber, ihr hochansehnlichen und überaus klugen Männer, habe ich eurer Erhabenheit deshalb gewidmet, weil es schon lange mein Wunsch war, euch für eure mir erwiesenen einzigartigen Wohltaten und Gefälligkeiten meine dankbare Gesinnung und Ergebenheit anhand irgendeines bedeutsamen Themas oder Schreibanlasses darzulegen.«) Bocer, Elegiarum Uber primus (1554; wie Anm. 18). - Elegie Nr. 2 ist >dem Rat und dem Volk der Stadt Lübeck< gewidmet. Persönliche Widmungsempfänger in Lübeck neben Penningbuttell (El. 12) sind der Syndikus Johannes Rudel (El. 4), die Bürgermeister und Ratsherren Anton von Stilen (El. 6) und Hermann Falke (El. 7), Gerhard von Hoeveln (El. 8), Engelbert Castorp (El. 9), Anton Lüdinghusen (El. 14), Hermann von Dome (El. 16) sowie der damals als Rektor des Lübecker Gymnasiums tätige Breslauer Petrus Vincentius (El. 11). - In der 1. Elegie (Ad librum) trägt er seinem Buch auf, sich nach Lübeck zu begeben und ihn beim Rat der Stadt mit einer Rede zu empfehlen, die so beginnt: »Huc, o sacra cohors, vester me misit alumnus,/ Cui datur ä meritis vita salusque tuis.« (Bl. AB") - »Hierher, o ehrwürdige Schar, hat mich euer Zögling geschickt, dem durch dein Verdienst Leben und Wohlergehen geschenkt wird.« Ebd., Bl. D5'-D7' (Elegia X. Ad loachimum Camerarium). Bocer, De origine et rebus gestis ducum Megapolensium (1556; wie Anm. 30), Bl. A" (De loan. Boceri Principibus Megalopyrgensibus: loach. Camerarius). - Von späteren Kontakten zeugt Bocers Brief an Camerarius vom 5. April 1559 (Autograph München, Bayer. Staatsbibl., Sammlung Camerarii, vol. 18, Nr. 294), abgedruckt unten, Anhang 4.2.3., S. LXXV-LXXVIII. S.Anm.6. S. Anm. 28. Joh. Bocer, Panegyris de divo Johanne Baptista, quae coelestis doctrinae eruditam summam et Christiani hominis verum officium continet, scripta ad [...] Senatum Annaemontanum. Wittebergae: Johannes Crato 1553 (Wolfenbüttel, HAB). S. Anm. 18. XXI

beredtes Zeugnis ab; sie sind angefüllt mit düsteren Klagen über die schlimmen Zeitläufte, falsche Freunde, seine Armut, die Unsicherheit seiner Lage und die unstete Lebensweise, zu der die Umstände ihn zwangen. In der Elegie an den Lübecker Syndikus Johannes Rudel schreibt er: Multa tuli, doctis dum formo pectora Musis, Hoc quoque dum sudo pulvere, multa fero. Hactenus et miserum quem sors fera durius ussit, Nititur extremo mergere posse malo. Quid loquar aerumnas, et quos fero multos labores, Temporis indigne quid querar acta mei"? Publica privates augent incommoda luctus; Ferreus, his qui non ingemuisse potest. Sed ieiuna fames, me languida torquet egestas, Plus satis invidiae vis et amara premit.''' [Vieles hatte ich zu ertragen, während ich meinen Geist für die gelehrten Musen heranbildete, und auch während ich auf diesem Kampfplatz schwitze, habe ich viel auszuhalten. Das grimmige Schicksal, das mich Armen bisher schon mit großer Härte heimgesucht hat, versucht mit aller Gewalt, mich in das schlimmste Unheil zu stürzen. Was soll ich von den Plackereien und den vielen Mühen erzählen, die auf mir lasten, was bringt es, wenn ich mich über die unwürdigen Beschäftigungen beklage, mit denen ich meine Zeit verbringe? Öffentliche Mißstände vermehren noch die private Betrübnis. Ein eisernes Naturell muß der besitzen, der über solche Zustände keinen Kummer empfinden kann. Doch mich quält trosüoser Hunger und erschlaffende Armut, und mehr als recht ist, setzt die verletzende Gewalt der Mißgunst mir zu.] Sechs Jahre schon sei er vergeblich umhergeirrt, um einen geeigneten Platz für sich zu finden: Errando periit nostrae pars optima vitae, Indigus huc illuc dum sine fine vagor. lam sedem studiis dum quaero vigentibus aptam. Acta mihi misere sexta recurrit hyems.'^ [Mit Irrfahrten ist der beste Teil meines Lebens vergangen, indem ich ohne Ende mittellos umherstreifte, bald hierhin, bald dorthin. Auf meiner Suche nach einem Ort, der für eine lebhafte wissenschaftliche Tätigkeit geeignet ist, habe ich nun schon den sechsten Winter unglücklich vertan.] D i e Elegie schließt mit der dringenden Bitte an Rudel, beim Rat der Stadt Lübeck ein gutes Wort für ihn einzulegen. In der letzten, David Peifer^® gewidmeten Elegie kündigt er seinen Abschied aus Leipzig an: Hactenus ad Phyliram viridi semotus in umbra, Aonia cecini carmina pauca lyra. Fata vocant, iterum caris divellor amicis, Haec mihi nec stabili terra petita pede. Me miserum, quando tranquillo fme quiescam?

" Im Original: meae. Bocer, Elegiarum liber primus (1554; wie Anm. 18), Bl. B7'. " Ebd., Bl. B7\ Zuihms.u.,S.169f. XXII

Quando feret navem mollior aura meam? Hei mihi, cur lacrumis toties offundor obortis? Cur gemino toties hoc ego triste vale?" [Bisher habe ich in der Lindenstadt (Leipzig)'*, verborgen im schattigen Grün, einige wenige Lieder zur aonischen Leier gesungen. Das Schicksal ruft. Wieder werde ich von teuren Freunden getrennt: auch in dieser Region, in die ich kam, vermochte ich nicht festen Fuß zu fassen. Ich Armer, wann werde ich am Ziel sein und unbehelligt ausruhen können? Wann wird eine sanftere Brise mein Schiff forttreiben? Weh mir, warum werde ich so oft von hervorstürzenden Tränen Überflossen, warum wiederhole ich so oft dieses trübe >Lebewohl