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German Pages 167 Year 2016
Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 456
Sicherheiten für künftige Forderungen in der Insolvenz
Von
Nina Kuszlik
Duncker & Humblot · Berlin
NINA KUSZLIK
Sicherheiten für künftige Forderungen in der Insolvenz
Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 456
Sicherheiten für künftige Forderungen in der Insolvenz
Von
Nina Kuszlik
Duncker & Humblot · Berlin
Die Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Bielefeld hat diese Arbeit im Jahre 2015 als Dissertation angenommen.
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Für Manuel
Vorwort Die Fakultät für Rechtswissenschaft hat diese Arbeit im Wintersemester 2015 / 2016 als Dissertation angenommen. Das Erstgutachten hat Prof. Dr. Florian Jacoby, das Zweitgutachten Prof. Dr. Frank Weiler erstellt. Beiden möchte ich für die sehr zügige Begutachtung danken. Zu großem Dank bin ich auch der Studienstiftung ius vivum sowie der Johanna und Fritz Buch Gedächtnis-Stiftung verpflichtet, deren großzügige Druckkostenzuschüsse die Veröffentlichung dieser Arbeit ermöglicht haben. Die Arbeit ist im Wesentlichen während meiner Tätigkeit am Lehrstuhl von Prof. Dr. Florian Jacoby entstanden, dem ich für die spannenden und äußerst lehrreichen Jahre, die ich an seinem Lehrstuhl zunächst als studentische Hilfskraft und später als wissenschaftliche Mitarbeiterin verbringen durfte, besonders herzlich danken möchte. Seine fachliche Betreuung sowie seine ständige Diskussionsbereitschaft waren hervorragend und von unschätzbarem Wert für das Gelingen der Arbeit. Zu der in fachlicher wie menschlicher Hinsicht wunderbaren Zeit an seinem Lehrstuhl haben außerdem sämtliche meiner damaligen Kollegen und Freunde, insbesondere Dr. Mady Meiners, Thomas Schilling und Dr. Christof Wagner, maßgeblich beigetragen. Meine Freunde in Bielefeld sind eine große Bereicherung für mich und auch ihnen möchte ich für ihre Hilfe und Freundschaft von Herzen danken. Vielfältige Unterstützung habe ich außerdem meiner Familie zu verdanken. Schließlich möchte ich Dr. Manuel Holzmann für seine durchgehende und bedingungslose Unterstützung in jeder Hinsicht besonders danken. Er hat mir nicht nur in den guten, sondern auch den schwierigen Zeiten, die ein solches Projekt mit sich bringt, Freude, Kraft und Zuversicht gegeben. Dank ihm waren und sind auch harte Tage stets schön. Hamburg, im März 2016
Nina Kuszlik
Inhaltsverzeichnis § 1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 A. Einführung: Das Absonderungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 B. Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 C. Überblick: Sicherheiten für künftige Forderungen im BGB . . . . . . . . . 19 I. Bedingte und künftige Gläubigerrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 1. Forderung, Anspruch, Verbindlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 2. Bedingt und künftig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 II. Sicherungsfähigkeit künftiger Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 1. Bürgschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 2. Hypothek . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 3. Pfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 III. Wirkungen des Sicherungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 1. Akzessorietät . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 2. Bürgschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 3. Hypothek . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 4. Pfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 5. Vergleich Grundschuld und sonstige abstrakte Sicherheiten . . . 29 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 V. Bedeutung für die Frage der Insolvenzfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . 31 § 2 Erwerbsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 A. Problemeinführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 B. Überblick Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 I. Rechtsprechung des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 1. Vermieterpfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 2. Legalzession einer bedingten Forderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 3. Zession nach Verfahrenseröffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 II. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 1. Grundsätzlich kein insolvenzfester Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 a) Begründung des Erwerbsverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 b) Schuldnerverfügung gemäß § 81 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 c) Aufschiebend bedingte Forderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 2. Grundsätzlich insolvenzfester Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 3. Abhängigkeit von Verfügungsbefugnis des Schuldners . . . . . . . 40 C. Kritische Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 I. Bezugspunkt Rechtserwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
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Inhaltsverzeichnis 1. Erwerb des dinglichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 2. Einredeverlust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 3. Erwerb des Absonderungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 II. Keine Anwendbarkeit des § 81 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 1. Keine Verfügung über die Eigentümergrundschuld . . . . . . . . . . 44 2. Keine Verfügung bei Grundschuld und Pfandrecht . . . . . . . . . . 44 3. Fehlende Verallgemeinerungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 III. Absonderungsrecht für „begründete“ Forderung . . . . . . . . . . . . . . . 46 1. Konflikt zwischen BGB und InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 2. Problematik Drittsicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 3. Verfahrenseröffnung als Zeitpunkt der Haftungsrealisierung . . . 49 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 IV. Zession nach Verfahrenseröffnung: Begründetheit der Forderung in der Person des Sicherungsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 1. BGH NJW 1975, 122 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 2. Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 a) Abgeleiteter Forderungserwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 b) Reichweite des Sicherungszwecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 c) Vergleich zu § 96 Abs. 1 Nr. 2 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 D. Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
§ 3 Anfechtbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 A. Problemeinführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 I. Sicherheit als Deckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 II. Problemstellung bei Sicherheiten für künftige Forderungen . . . . . . 59 B. Überblick Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 I. Höchstrichterliche Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 1. BGHZ 86, 340: bürgerlich-rechtliche Betrachtungsweise . . . . . 61 2. BGHZ 170, 196: wirtschaftliche Betrachtungsweise . . . . . . . . . 62 II. Meinungsbild im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 1. Forderungsentstehung nicht maßgeblich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 2. Gegenauffassung: Maßgeblichkeit der Forderungsentstehung . . 64 a) Auslegung § 140 Abs. 1 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 b) Parallele zu Sicherheiten an künftigen Forderungen . . . . . . . 66 c) Einflussmöglichkeit des Gläubigers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 d) Ausnahme bei bedingter Forderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 C. Kritische Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 I. Einseitige Wertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 II. Verschiedene Wirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 III. Vergleich mit Sicherheiten an künftigen Forderungen . . . . . . . . . . 70 IV. Billigkeitserwägung Mitwirkung des Gläubigers . . . . . . . . . . . . . . . 72 V. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
Inhaltsverzeichnis11 D. Deckungsanfechtung der Sicherheitenbestellung für eine künftige Forderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 I. Wirkungsbezogenheit der Anfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 1. Herleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 2. Übertragung auf Sicherheiten für künftige Forderungen . . . . . . 75 3. Alternativ: Anfechtung der Valutierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 4. Gleichbehandlung aller Sicherungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 II. Deckung eines Insolvenzgläubigers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 1. Zeitpunkt der Deckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 a) BGHZ 59, 230: Sicherheit vor Forderungserwerb . . . . . . . . . 81 b) Kritik im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 c) Zeitliches Zusammenfallen von Forderungsentstehung und Deckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 aa) Gleichzeitigkeit von Forderungserwerb und Deckung . . 82 bb) Gleichzeitigkeit in der höchstrichterlichen Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 (1) BGH ZIP 2004, 1060: Zession . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 (2) BGH ZIP 2009, 1674: originärer Erwerb . . . . . . . . 84 d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 2. Vergleich mit § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 a) Herstellung einer Aufrechnungslage zugunsten eines Schuldners des späteren Insolvenzschuldners . . . . . . . . . . . . . 86 b) Herstellung der Aufrechnungslage zugunsten des Schuldners als Deckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 aa) Anwendung der §§ 130, 131 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 bb) Einwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 cc) Deckungsanfechtung und Aufrechnung in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 (1) BGH NZI 2010, 903 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 (2) BGH NZI 2010, 17 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 (3) OLG Köln NJW-RR 2001, 1493 . . . . . . . . . . . . . . . 91 3. Kritische Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 a) Wirkungsbezogenheit der Anfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 b) Bargeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 aa) Früheres Verständnis des Bargeschäfts . . . . . . . . . . . . . . 94 bb) Sicherheit gegen Darlehen als Bargeschäft . . . . . . . . . . . 95 4. Fazit zur Insolvenzgläubigerstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 III. Gläubigerbenachteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 1. Konkrete gläubigerbenachteiligende Wirkung . . . . . . . . . . . . . . 97 a) Erwägungen gegen das Vorliegen einer Gläubiger benachteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 b) Erwägungen für das Vorliegen einer Gläubigerbenachteiligung. 98
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Inhaltsverzeichnis 2. Keine Gläubigerbenachteiligung bei vor Verfahrenseröffnung begründeter Forderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 a) Vorwirkung der par condicio creditorum . . . . . . . . . . . . . . . . 99 b) Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 c) Zession in der Krise: Begründetheit in der Person des Sicherungsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 3. Ergebnis zur Gläubigerbenachteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 E. Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
§ 4 Die „begründete“ Forderung gemäß § 38 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 B. Kasuistik zum Begriff der „begründeten“ Forderung . . . . . . . . . . . . . . 105 I. Allgemeine Umschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 II. Aufschiebend bedingte und befristete Forderungen . . . . . . . . . . . . . 106 III. Einschränkung: Handeln des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 IV. Forderungsanwartschaft als Abgrenzungsmerkmal . . . . . . . . . . . . . . 107 C. Kritische Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 I. Begriffliche Unklarheiten bei der Abgrenzung von bedingten und künftigen Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 1. Rechtsbedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 2. § 191 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 II. Ambivalenz des Begriffs der „gesicherten Rechtsposition“ . . . . . . 111 1. Gesicherte Rechtsposition und Aufrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . 111 2. Gesicherte Rechtsposition und Erwerbsverbot . . . . . . . . . . . . . . 112 3. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 III. Lösung über Abgrenzung der verschiedenen Forderungsarten . . . 115 1. Masseforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 2. Neuverbindlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 § 5 Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 A. Gesellschaftsrechtlicher Auseinandersetzungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . 122 I. Allgemeine Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 II. Insolvenzfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 B. Regressanspruch des Bürgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 I. Allgemeine Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 II. Begründetheit der Regressforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 III. Insolvenzfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 C. Valutierung eines Darlehens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 I. Praxis: Kündigungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 II. Insolvenzrechtliche Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 1. Begründete Forderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 2. Leistung des Darlehensgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 3. Wahlrecht des Insolvenzverwalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 4. Sicherung der Nichterfüllungsforderung gemäß § 103 Abs. 2 InsO . 129
Inhaltsverzeichnis13 III. Insolvenzfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 1. Forderungsbegründung vor Verfahrenseröffnung oder Eintritt der Krise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 2. Exkurs: Bargeschäftsprivileg bei Begründung der Forderung in der Krise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 D. Mietrechtliche Ansprüche und Vermieterpfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . 132 I. BGHZ 170, 196 und die Anwendung des § 140 Abs. 3 InsO . . . . 132 II. Rechtsprechung zur Forderungspfändung und -zession . . . . . . . . . . 133 1. Neuere Rechtsprechung: Gesicherte Rechtsposition . . . . . . . . . . 133 2. Übertragbarkeit auf Besicherung künftiger Mietforderungen . . . 134 III. Maßgeblichkeit der Mietforderung als begründete Forderung . . . . 134 IV. Insolvenzfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 E. Angebot des späteren Insolvenzschuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 I. Annahmefähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 II. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 III. Vergleich: Ansprüche nach Ausübung von Gestaltungsrechten und Gewährleistungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 IV. Anwendungsfall Vormerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 1. Anforderungen an den gesicherten künftigen Anspruch . . . . . . . 139 2. Die Vormerkung für eine künftige Forderung in der Insolvenz . 140 a) Überblick Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 V. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142
§ 6 Vergleich: Künftige Aufrechnungslagen in der Insolvenz . . . . . . . . . . . . 143 A. Wirkungsweise der Insolvenzaufrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 B. Künftige Aufrechnungslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 I. Bedingungsbegriff im Sinne des § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO . . . . . . . 146 1. Rechtsbedingte Forderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 2. BGHZ 160, 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 II. Geltung für Gegenforderung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 III. Kritische Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 1. Mitwirkungshandlung des Gläubigers in der Rechtsprechung . . 149 a) Hauptforderung der Masse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 b) Auslegung des § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO in anderen Fällen . . 150 c) Gegenforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 2. Vertrauensschutz? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 3. Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 4. Folgerungen zum Bedingungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 C. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 § 7 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166
§ 1 Grundlagen A. Einführung: Das Absonderungsrecht Die in den §§ 765, 1113, 1204 BGB vorgesehenen Sicherungsrechte Bürgschaft, Hypothek und Pfandrecht sowie die Sicherungsgrundschuld im Sinne des § 1192 Abs. 1a BGB bezwecken die Absicherung eines Gläubigers für eine bestimmte, auf Geldzahlung gerichtete Forderung. Während die Bürgschaft als Personalsicherheit dem Gläubiger einen persönlichen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Bürgen einräumt, entsteht bei Hypothek, Grundschuld und Pfandrecht ein gesondertes dingliches Recht, das den jeweiligen Sicherungsgegenstand belastet und dem Gläubiger die Befriedigung durch Verwertung des jeweiligen Gegenstands ermöglicht.1 Die Insolvenzordnung hat für diese dinglichen Sicherungsrechte Sonderregelungen im Hinblick auf ihre Wirkungsweise im Insolvenzverfahren aufgestellt. Die bürgerlich-rechtliche dingliche Sicherheit findet ihre insolvenzrechtliche Entsprechung im Institut des Absonderungsrechts, welches dem Gläubiger in der Insolvenz des Sicherungsgebers die bevorzugte Befriedigung aus einem Massegegenstand ermöglicht.2 § 49 InsO sieht die Absonderungsberechtigung für Gegenstände vor, die der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unterliegen. Hypotheken- und Grundschuldgläubiger sind gemäß § 49 InsO absonderungsberechtigt. Für gesetzliche oder rechtsgeschäftliche Pfandrechte an beweglichen Sachen ist die Absonderungsberechtigung in § 50 InsO vorgesehen. Das Absonderungsrecht bedeutet für den jeweiligen Rechtsinhaber eine dem Insolvenzverfahren grundsätzlich standhaltende spezielle haftungsrechtliche Zuweisung des belasteten Vermögensgegenstands.3 Damit ist der Sicherungsnehmer kein bloßer Insolvenzgläubiger, der sich nur quotal aus der Masse befriedigen kann, sondern Inhaber eines Rechts, das ihm eine vorrangige Befriedigungsmöglichkeit vermittelt.4 Richtet sich die besicherte Forde1 Vgl. §§ 1204 Abs. 1, 1113 Abs. 1 BGB: Befriedigung aus der Sache bzw. aus dem Grundstück. 2 Häsemeyer, InsR, Rn. 18.01; MünchKomm/Ganter, InsO, Vor §§ 49–52 Rn. 1; Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 49 Rn. 1; zu den Verwertungsmodalitäten vgl. §§ 165 ff. InsO. 3 Jaeger/Henckel, InsO, § 38 Rn. 19. 4 Jaeger/Henckel, InsO, Vor §§ 49–52 Rn. 10.
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§ 1 Grundlagen
rung zudem auch persönlich gegen den Schuldner, ist der Anspruchsinhaber mit dieser Forderung ebenfalls Insolvenzgläubiger gemäß §§ 38, 52 InsO.5 Die Anerkennung von Absonderungsrechten und der daraus resultierenden Vorzugsstellung im Insolvenzverfahren ist keine Selbstverständlichkeit.6 Denn „Kernstück“7 des Insolvenzrechts ist der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gläubiger (par condicio creditorum) bei der Befriedigung. Die Gläubigerbefriedigung richtet sich im Insolvenzverfahren gerade nicht nach dem in der Einzelvollstreckung geltenden Prioritätsprinzip, sondern verfolgt den Grundsatz der gemeinschaftlichen Befriedigung (§ 1 InsO). Das Absonderungsrecht ermöglicht dem Gläubiger nunmehr aber unter Durchbrechung des sonst geltenden Gläubigergleichbehandlungsgrundsatzes die Vorzugsbefriedigung für seine Forderung aus dem Verwertungserlös einzelner massezugehöriger Gegenstände.8 Der durch ein Absonderungsrecht privilegierte Sicherungsnehmer kann für seine Forderung die gesonderte Verwertung und vorrangige Befriedigung aus dem Erlös verlangen (§§ 165 ff. InsO). Das Recht der abgesonderten Befriedigung dient somit der Bewährung der Sicherungsrechte in der Insolvenz und ist Ausdruck der grundsätzlichen Beachtung bürgerlich-rechtlicher Sicherungsinstrumentarien im Insolvenzverfahren.9 Damit birgt es aber auch die Gefahr, dass im Insolvenzfalle schon nahezu das gesamte haftende Vermögen unter den besicherten Gläubigern vorweg verteilt ist.10 Der Anerkennung von Absonderungsrechten ist damit der Konflikt zwischen ungesicherten und gesicherten Gläubigern im Hinblick auf den Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung immanent.11 Die Rechtfertigung der Existenz von Absonderungsrechten wird aus diesem Grunde kritisch beurteilt.12 Der Gesetzgeber allerdings hat der zivilrechtlichen Haftungsordnung mit ihren Sicherungsinstrumentarien den Vorrang vor dem Prinzip strenger Gleichbehandlung eingeräumt und sich gegen Zwangseingriffe und Vermögensverlagerungen im Insolvenzfall ausgesprochen.13 5 Uhlenbruck/Brinkmann,
InsO, § 49 Rn. 3. ausführlich hierzu Brinkmann, Kreditsicherheiten, S. 238 ff. 7 BGHZ 88, 147 (151). 8 Adolphsen, InsR-Handbuch, § 39 Rn. 3; Häsemeyer, InsR, Rn. 18.01; Jaeger/ Henckel, InsO, Vor §§ 49–52 Rn. 7; MünchKomm/Ganter, InsO, Vor §§ 49–52 Rn. 1. 9 Bork, InsR, Rn. 293. 10 Häsemeyer, InsR, Rn. 18.02; Jaeger/Henckel, InsO, Vor §§ 49–52 Rn. 5; ferner Serick, FS Einhundert Jahre Konkursordnung, S. 271 ff. 11 Vgl. zu diesem Konflikt ausführlich und m. w. N. Klinck, Insolvenzanfechtung, S. 39 ff. 12 Siehe Häsemeyer, InsR, Rn. 18.04. Zu diskutierten Alternativvorschlägen siehe die Nachweise bei MünchKomm/Ganter, InsO, Vor §§ 49–52, Rn. 7 f. 13 Begründung Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443, S. 78. 6 Siehe
B. Fragestellung17
Ein Gläubiger kann nach alledem für seine Forderung aus der Zeit vor Verfahrenseröffnung bevorzugte Befriedigung verlangen, wenn ihm für diese Forderung eine Sicherheit eingeräumt wurde.
B. Fragestellung Der Begründung eines Absonderungsrechts sind durch die Insolvenzordnung indes zeitliche Schranken gesetzt. Ein Gläubiger ist grundsätzlich nur dann absonderungsberechtigt gemäß §§ 49 ff. InsO, wenn ihm vom Schuldner vor Verfahrenseröffnung für eine bereits bestehende Forderung ein Sicherungsrecht bestellt wurde. Nach Verfahrenseröffnung verhindern die §§ 81, 91 InsO den Erwerb eines die Absonderungsberechtigung begründenden Sicherungsrechts. Unter den Voraussetzungen der §§ 129 ff. InsO kann aber auch schon ein Erwerb vor Verfahrenseröffnung der Insolvenzanfechtung unterfallen. Gegenstand dieser Untersuchung ist die Frage, ob eine bevorzugte Befriedigung in Form der Absonderungsberechtigung dem Sicherungsinhaber auch für den Fall zustehen soll, dass sein Sicherungsrecht für eine erst künftig – nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder in der sogenannten „Krise“14 vor Verfahrenseröffnung – entstehende Forderung bestellt wurde. Denn das BGB lässt in den §§ 1113 Abs. 2, 1204 Abs. 2 BGB15 die Bestellung von dinglichen Sicherheiten nicht nur für gegenwärtige, sondern auch für künftige oder bedingte Forderungen zu. Neben bereits fälligen und vollständig entstandenen gegenwärtigen Forderungen können damit auch erst in Zukunft vollwertig bestehende Ansprüche gesichert werden. Das künftige Moment der jeweils gesicherten Forderung kann dabei aus unterschiedlichen Gründen herrühren. Zum einen kann nämlich die Forderung selbst später originär in der Person des Sicherungsinhabers entstehen. Zum anderen ist aber auch denkbar, dass der Sicherungsinhaber zu einem künftigen Zeitpunkt eine bestehende Forderung im Wege der Zession erwirbt. In beiden Konstellationen wird das schon bestehende Sicherungsrecht zeitlich nachgelagert mit einer Forderung „unterlegt“, in der Person des Sicherungsinhabers ist die Forderung also jeweils künftig. 14 Der Begriff der „Krise“ soll in diesem Zusammenhang die materielle Insolvenz des Schuldners im für die Deckungsanfechtung gemäß § 130 f. InsO maßgeblichen Drei-Monats-Zeitraum bezeichnen, vgl. Uhlenbruck/Ede/Hirte, InsO, § 130 Rn. 3; BGH NZI 2005, 215 (216). 15 Selbiges gilt für die Bürgschaft gemäß § 765 Abs. 2 BGB; die abstrakte Grundschuld kann ohnehin unabhängig von einer Forderung bestellt werden, siehe dazu sogleich unter § 1 C.
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Für den Fall der Besicherung erst künftig entstehender Forderungen ist unklar, ob das jeweilige Sicherungsrecht die „Bewährungsprobe“16 der Insolvenz ebenfalls bestehen und dem Sicherungsinhaber die abgesonderte Befriedigung ermöglichen kann. Im Hinblick auf die mit der Anerkennung der Insolvenzbeständigkeit von Sicherheiten einhergehenden Interessenkonflikte zwischen ungesicherten und gesicherten Gläubigern wird in dieser Arbeit die Insolvenzfestigkeit von Sicherheiten für erst künftig entstehende Forderungen untersucht. Hierbei wird unterstellt, dass das jeweilige Sicherungsrecht nach den Vorgaben des BGB wirksam bestellt wurde.17 Im Vordergrund dieser Arbeit steht die Frage, inwiefern der Gläubiger abgesonderte Befriedigung aufgrund seiner dinglichen Sicherheit verlangen kann, wenn die jeweils ge sicherte Forderung erst nach (dazu § 2) oder im anfechtungsrelevanten Zeitraum vor (dazu § 3) Verfahrenseröffnung (in der Person des Sicherungs inhabers) entsteht. In solchen Konstellationen erscheint die Absonderungsberechtigung aufgrund der jeweiligen Sicherheit unter dem Aspekt des Erwerbsverbots nach § 91 InsO bzw. der Deckungsanfechtung nach §§ 130 f. InsO zweifelhaft. Sodann werden die Anforderungen an die jeweils gesicherte Forderung unter insolvenzrechtlichen Gesichtspunkten untersucht und konkretisiert (§§ 4 und 5). Schließlich werden die für die Sicherheitenbestellung gefunden Ergebnisse mit den Anforderungen an eine künftige Aufrechnungslage im Rahmen des § 95 InsO in Beziehung gesetzt (dazu § 6). Trotz des vergleichbaren Wortlauts der §§ 1113 Abs. 2, 1204 Abs. 2 BGB einerseits sowie des § 883 Abs. 1 Satz 2 BGB andererseits, wonach jeweils die Sicherung einer künftigen Forderung bzw. eines künftigen Anspruchs zulässig ist, unterscheidet sich die Vormerkung erheblich von Hypothek und Pfandrecht. Denn anders als eine Kreditsicherheit dient sie nicht der Absicherung von Geldforderungen, sondern soll dem Gläubiger ausweislich des Gesetzeswortlauts die Durchsetzung eines grundstücksbezogenen Anspruchs ermöglichen.18 Folgerichtig gewährt die Vormerkung dem Rechtsinhaber in der Insolvenz auch kein Absonderungsrecht an dem belasteten Grundstück. Vielmehr erhält der Gläubiger gemäß § 106 InsO das Recht, vom Insolvenz verwalter die Erfüllung seines Anspruchs auf Einräumung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück oder an einem das Grundstück belastenden Recht oder auf Änderung des Inhalts oder des Ranges eines solchen Rechts aus der Masse zu verlangen. Damit kommt dem grundstückgebunSerick, FS Einhundert Jahre Konkursordnung, S. 271 (275). § 1 C. 18 Vgl. MünchKomm/Kohler, BGB, § 883 Rn. 2. 16 Vgl.
17 Dazu
C. Überblick: Sicherheiten für künftige Forderungen im BGB 19
denen Anspruch aus § 106 InsO Aussonderungskraft zu.19 Die Vormerkung zur Sicherung eines künftigen Anspruchs gemäß § 883 Abs. 1 Satz 2 BGB soll daher nicht primärer Gegenstand dieser Untersuchung sein.20
C. Überblick: Sicherheiten für künftige Forderungen im BGB Einleitend soll an dieser Stelle zur Bestimmung der Reichweite und der Wirkungen von Sicherheiten für künftig entstehende Forderungen in der Insolvenz ein Überblick über die bürgerlich-rechtlichen Anforderungen und Rechtsfolgen der gesetzlich vorgesehenen Sicherungsmöglichkeiten gegeben werden.
I. Bedingte und künftige Gläubigerrechte Die §§ 765 Abs. 2, 883 Abs. 1 Satz 2, 1113 Abs. 2, 1204 Abs. 2 BGB lassen zwar allesamt die Bestellung der jeweiligen Sicherheit für eine künftige oder eine bedingte Forderung zu, allerdings findet sich weder im Zusammenhang mit diesen Normen noch an anderer Stelle eine Vorschrift, in der diese Begriffe näher definiert werden. 1. Forderung, Anspruch, Verbindlichkeit Auffallend ist zunächst die terminologische Unterscheidung in den einzelnen Normen. Während die Vorschriften über Hypothek und Pfandrecht die Sicherung von „Forderungen“ regeln, wird im Zusammenhang mit der Bürgschaft der Begriff der „Verbindlichkeit“, bei der Vormerkung der des „Anspruch(s)“ verwendet. Nur der Begriff des Anspruchs ist im Allgemeinen Teil des BGB legaldefiniert. Danach bezeichnet er das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen (§ 194 Abs. 1 BGB). Der Begriff der Forderung hingegen wird nicht eigens legaldefiniert, § 241 Abs. 1 BGB zeigt aber, dass damit das Recht gemeint ist, eine Leistung fordern zu dürfen. Nach allgemeinem Begriffsverständnis wird die Forderung als der schuldrechtliche Anspruch verstanden.21 Die Begriffe Forde19 Jaeger/Jacoby, InsO, § 106 Rn. 1; MünchKomm/Ganter, InsO, § 47 Rn. 333; Uhlenbruck/Wegener, InsO, § 106 Rn. 27. 20 Siehe dazu aber noch unten § 5 E. IV. zum Angebot und zur Vormerkung in der Insolvenz. 21 MünchKomm/Bachmann, BGB, § 241 Rn. 6 m. w. N.; ausführlich zum Ganzen auch Eichel, Künftige Forderungen, S. 19 ff.
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rung und Anspruch sind also insoweit nicht deckungsgleich, als sich die Forderung nur auf schuldrechtliche Ansprüche (nicht also z. B. dingliche) bezieht. Dennoch ist es unschädlich, an dieser Stelle einheitlich den Begriff der Forderung zu verwenden, da für die Bestellung von Sicherheiten keine Unterschiede gelten. Die Verbindlichkeit schließlich ist perspek tivisch aus Schuldnersicht die Kehrseite der Forderung,22 besagt also inhaltlich auch nichts anderes.23 Hier soll daher trotz der unterschiedlichen Terminologie des Gesetzes der Begriff der Forderung zugrunde gelegt werden, denn inhaltlich unterscheiden sich diese Begriffe bei der Anwendung der §§ 765 Abs. 2, 883 Abs. 1 Satz 2, 1113 Abs. 2, 1204 Abs. 2 BGB nicht. 2. Bedingt und künftig Schwieriger gestaltet sich die Definition der Begriffe künftig und bedingt.24 Beide Begriffe sind im BGB jedenfalls nicht legaldefiniert. Aufschlussreich ist insoweit aber § 158 BGB. Diese Vorschrift definiert zwar den Begriff der Bedingung nicht, trifft jedoch immerhin eine Regelung für Rechtsgeschäfte, die unter einer aufschiebenden Bedingung stehen. Unter einer Bedingung im Sinne des § 158 BGB wird gemeinhin eine rechtsgeschäftliche Bestimmung verstanden, mit der die Wirkungen eines Rechtsgeschäfts vom Eintritt oder Nichteintritt eines zukünftig ungewissen Ereignisses abhängig gemacht werden.25 Damit sind die Wirkungen des Rechtsgeschäfts, wie also zum Beispiel die daraus entstehenden Forderungen, in die Zukunft verlagert, mithin künftig.26 Es handelt sich also bei einer aufschiebend bedingten Forderung gemäß § 158 BGB um eine solche, die erst künftig zur Entstehung gelangt. Die aufschiebend bedingte Forderung ist damit keine gegenwärtige, sondern – bei einem weiten Verständnis des Begriffs – vielmehr eine „künftige“ Forderung.27 22 Staudinger/Olzen,
BGB, 2015, § 241 Rn. 112. bei der Besicherung einer Verbindlichkeit wird der Begriff der Forderung synonym verwendet, vgl. MünchKomm/Habersack, BGB, § 765 Rn. 66. 24 Ausführlich hierzu Eichel, Künftige Forderungen, § 2. 25 Staudinger/Bork, BGB, 2015, Vorbem. §§ 158–163 Rn. 4. 26 Staudinger/Gursky, BGB, 2013, § 883 Rn. 176. Anders ist es bei der auflösenden Bedingung nach § 158 Abs. 2 BGB. Denn die aus dem Abschluss des Rechtsgeschäfts resultierenden Ansprüche existieren solange, bis die Bedingung eintritt. Es handelt sich also nicht um Forderungen, die erst in Zukunft entstehen. 27 Jauernig/Berger, BGB, § 883 Rn. 9; MünchKomm/Kohler, BGB, § 883 Rn. 32; Staudinger/Gursky, BGB, 2013, § 883 Rn. 176. Gleiches gilt für Forderungen aus aufschiebend befristeten Rechtsgeschäften gemäß § 163 BGB, denn ihre Entstehung hängt vom Eintritt eines Termins ab. 23 Auch
C. Überblick: Sicherheiten für künftige Forderungen im BGB 21
Neben den rechtsgeschäftlich bedingten Forderungen gemäß § 158 BGB ist auch die Existenz einer sogenannten rechtsbedingten Forderung anerkannt. Dergestalt bedingte Forderungen entstehen ebenfalls erst infolge des Eintritts eines späteren Ereignisses, allerdings sind sie dadurch gekennzeichnet, dass zum Entstehen der Forderung noch ein gesetzliches Tatbestandsmerkmal erfüllt werden muss. Als Beispiel mag hier die Regressforderung eines Bürgen gegen den Hauptschuldner dienen (vgl. § 774 BGB), welche jener erst dann erwirbt, wenn er den Gläubiger befriedigt.28 Der Erwerb dieser Regressforderung ist nicht von einem Umstand abhängig, den die Parteien rechtsgeschäftlich bestimmt haben, sondern von der Tatbestandsvoraussetzung der Gläubigerbefriedigung, die ipso iure zur Rechtsfolge des gesetzlichen Forderungsübergangs gemäß § 774 BGB führt.29 Regressforderungen werden als aufschiebend rechtsbedingte Forderungen verstanden.30 Auf Rechtsbedingungen sollen indessen die §§ 158 ff. BGB nicht anwendbar sein.31 Ob solche Forderungen dann als bedingte Forderungen im Rahmen der §§ 765 Abs. 2, 883 Abs. 1 Satz 2, 1113 Abs. 2, 1204 Abs. 2 BGB gesichert werden können, erscheint zweifelhaft,32 ist hier aber ohne Belang, da die Sicherbarkeit nicht in Zweifel steht. Denn jedenfalls könnten solche Forderungen auch als sonstige künftige Forderungen verstanden werden. Dieser Begriff der künftigen Forderung aber ist mangels gesetzlicher Umschreibung in Gänze auslegungsbedürftig.33 Jedenfalls bezeichnet er eine gegenwärtig noch nicht entstandene Forderung,34 was aber ebenso auf die bedingte Forderung zutrifft, die Abgrenzung mithin nicht erleichtert. Eine bedingte Forderung soll sich von den sonstigen künftigen Ansprüchen im engeren Sinne dadurch unterscheiden, dass bei jenen der anspruchsbegrün28 Vgl.
dazu BGH ZIP 1990, 53. gilt für den internen Regressanspruch des Bürgen gegen den Hauptschuldner aus § 670 BGB (ggf. i. V. m. §§ 677, 683) soweit dieser auf Zahlung gerichtet ist. Denn insofern fehlt es zur Entstehung nur noch an der Gläubigerbefriedigung durch den Bürgen. Freilich besteht dieser künftige Zahlungsanspruch im Innenverhältnis zum Hauptschuldner bereits zuvor als Befreiungsanspruch gemäß § 775 BGB, siehe dazu noch unten § 5 B. 30 Dazu unten § 5 B. 31 Staudinger/Bork, BGB, 2015, Vorbem. §§ 158–163 Rn. 22 ff. 32 Eichel, Künftige Forderungen, S. 34, weist darauf hin, dass die rechtsgeschäftlich bedingte Forderung nach § 158 BGB als Maß für eine bedingte Forderung verstanden wird. 33 Im BGB findet sich die Nennung der künftigen Forderung in den §§ 562 Abs. 2, 592 Satz 2, 765 Abs. 2, 883 Abs. 1 Satz 2, 1113 Abs. 2, 1179 Nr. 2, 1204 Abs. 2, 1209 BGB. 34 Damit ist die betagte, also noch nicht fällige Forderung keine künftige Forderung, siehe Eichel, Künftige Forderungen, S. 32. 29 Selbiges
22
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dende Tatbestand bereits erfüllt ist, dessen Wirkungen aber noch nicht eingetreten sind.35 Bei sonstigen künftigen Ansprüchen soll es hingegen schon am Rechtsgrund als solchem fehlen. Dies kann bei Ansprüchen aus der Vornahme eines Rechtsgeschäfts daraus resultieren, dass das anspruchsbegründende Rechtsgeschäft noch nicht vorgenommen wurde. Beispiel für solche künftigen Forderungen können bloße Zahlungsforderungen aus erst zukünftig getätigten Geschäften sein.36 3. Ergebnis Die Begriffe der künftigen und bedingten Forderung werfen eine Fülle an Abgrenzungsfragen auf, denen hier nicht nachgegangen werden soll.37 Maßgeblich für die folgende Untersuchung ist allein die Feststellung, dass sowohl künftige als auch bedingte Forderungen das erst zukünftig entstehende Recht des Gläubigers bezeichnen, eine Leistung zu verlangen.
II. Sicherungsfähigkeit künftiger Forderungen Dem Sicherungsnehmer kann gemäß §§ 765 Abs. 2, 1113 Abs. 2, 1204 Abs. 2 BGB eine Sicherheit bestellt werden für seine erst später zur Entstehung gelangende Befugnis, eine bestimmte Leistung vom Schuldner zu verlangen. Diese Möglichkeit ist dem Wortlaut nach weit gefasst und lässt keinerlei Restriktionen für die Besicherung künftiger Forderungen erkennen. Eine unbefangene Lektüre des Gesetzes ließe also den Befund zu, dass der Gläubiger sich für jedwedes später möglicherweise entstehende Recht, eine Leistung zu fordern, schon gegenwärtig sichern kann. Diese Hypothese ist Gegenstand einer kontrovers geführten Diskussion in der Rechtswissenschaft, die hier zumindest angerissen werden soll. Kern der Frage ist, ob jede noch so entfernte Möglichkeit der Forderungsentstehung ausreicht, um ein Sicherungsrecht wirksam zu bestellen, oder ob es vielmehr erforderlich ist, dass bereits im Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung eine gewisse Gewähr für die zukünftige Forderungsentstehung besteht.
35 Staudinger/Gursky,
BGB, 2013, § 883 Rn. 176. nach Eichel, Künftige Forderungen, S. 32. 37 Vgl. hierzu jüngst ausführlich Eichel, Künftige Forderungen, passim. 36 Beispiel
C. Überblick: Sicherheiten für künftige Forderungen im BGB 23
1. Bürgschaft Bei der Bürgschaft handelt es sich um einen den Bürgen einseitig verpflichtenden Vertrag.38 Als Personalsicherheit begründet er eine persönliche Verpflichtung für diesen.39 Der Gläubiger hat also neben seinem Anspruch gegen den Hauptschuldner noch einen weiteren persönlichen Leistungsanspruch gegen den Bürgen. Der Bürge kann seine Bürgschaftsverpflichtung gemäß § 765 Abs. 2 BGB auch für eine erst künftig entstehende Hauptverbindlichkeit übernehmen. An diese künftig entstehende und zu sichernde Hauptverbindlichkeit werden in Rechtsprechung und Schrifttum, soweit ersichtlich, keine hohen Anforderungen gestellt. Es soll genügen, dass die künftig entstehende Forderung hinreichend bestimmbar ist.40 Das Bestimmbarkeitserfordernis beinhaltet keine weiteren Anforderungen an die gesicherte Verbindlichkeit. So wird insbesondere noch keine Bindung der Parteien gefordert. Auch ist eine genaue Bezeichnung der künftigen Forderung nicht erforderlich. Es muss nur das künftig abzuschließende forderungsbegründende Rechtsgeschäft bereits der allgemeinen Art nach bestimmbar sein.41 So kann beispielsweise eine Bürgschaft für alle künftigen Forderungen aus einer bestehenden Geschäftsverbindung bestellt werden.42 Der Hinweis auf die konkrete Geschäftsbeziehung stellt in einem solchen Fall eine sachliche Begrenzung dar. Maßgeblich ist nach alledem nur, dass die gesicherte Forderung im Zeitpunkt ihres Entstehens der Bürgschaftsverpflichtung zugeordnet werden kann. Auf eine erhöhte Wahrscheinlichkeit des Entstehens kommt es indessen nicht an, es reicht die bloße Möglichkeit, dass die Forderung zur Entstehung gelangt. 2. Hypothek Anders als die Bürgschaft verschafft die Bestellung einer Hypothek dem Gläubiger ein eigenständiges dingliches Recht, vermittels dessen er sich wegen seiner Forderung aus dem Grundstück befriedigen darf. Gemäß § 1113 Abs. 2 BGB kann eine Hypothek auch für eine künftige oder bedingte Forderung bestellt werden.43 Auch wenn die Norm dem Wortlaut nach 38 Palandt/Sprau,
BGB, § 765 Rn. 1; Hk/Staudinger, BGB, § 765 Rn. 1. BGB, § 765 Rn. 1. 40 BGHZ 25, 318 f.; BeckOK/Rohe, BGB, § 765 Rn. 16 f.; MünchKomm/Habersack, BGB, § 765 Rn. 67. 41 BGHZ 25, 318 f. 42 Vgl. BGHZ 130, 19; BeckOK/Rohe, BGB, § 765 Rn. 17; Hk/Staudinger, BGB, § 765 Rn. 9; Jauernig/Stadler, BGB, § 765 Rn. 18. 43 So soll die Verkehrshypothek der Absicherung künftig entstehender Darlehensforderungen dienen, vgl. Eichel, Künftige Forderungen, S. 201. 39 MünchKomm/Habersack,
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§ 1 Grundlagen
§ 765 Abs. 2 BGB weitgehend entspricht, werden andere Anforderungen an die erst künftig entstehende Forderung als bei der Bürgschaft gestellt. Streitig ist dabei, inwiefern die gesicherte Forderung schon durch eine Bindung des Verpflichteten gekennzeichnet sein muss. Parallel zur Vormerkung44 verlangt Eickmann, dass für die Anspruchsentstehung schon eine einseitige Bindung des Verpflichteten eingetreten ist, die es ihm unmöglich macht, das Entstehen des Schuldverhältnisses zu verhindern. Der Gläubiger müsse dabei umgekehrt die alleinige Möglichkeit haben, das Schuldverhältnis zur Entstehung zu bringen.45 Wie bei der Bewilligung einer Vormerkung für eine künftige Forderung müsse auch hier eine „ewige Grundstücksbelastung“ unzulässig sein.46 Anderenfalls wäre den anderen Gläubigern des Schuldners der Zugriff auf den vollen Grundstückswert dauerhaft unmöglich. Die Gegenauffassung verneint indes die Vergleichbarkeit mit der Interessenlage der Vormerkung und lehnt daher eine parallele Auslegung des § 883 Abs. 1 Satz 2 BGB einerseits und des § 1113 Abs. 2 BGB andererseits ab.47 Das Erfordernis der gesicherten Rechtsgrundlage soll danach bei der Bestellung einer Hypothek für künftige Forderungen nicht gelten. Im Falle der gegenwärtigen Einräumung eines Grundstücksrechts sei diese einschränkende Auslegung des § 1113 Abs. 2 BGB nicht notwendig. Voraussetzung sei danach lediglich die hinreichende Bestimmtheit der künftigen Forderung.48 3. Pfandrecht Den Wortlaut des § 1113 Abs. 2 BGB teilt auch § 1204 Abs. 2 BGB für das Pfandrecht.49 Welche Anforderungen an die erst künftig entstehende 44 Dazu
MünchKomm/Kohler, BGB, § 883, Rn. 28 m. w. N. BGB, § 1113 Rn. 50. 46 MünchKomm/Eickmann, BGB, § 1113 Rn. 49. 47 Wilhelm, Sachenrecht, Rn. 1586; ausführlich und mit weiteren Nachweisen Becker-Eberhard, Sicherungsrechte, S. 272 ff. 48 Staudinger/Wolfsteiner, BGB, 2015, § 1113 Rn. 18 f., 40. Eichel, Künfige Forderungen, S. 226, spricht sich ebenfalls gegen das Erfordernis eines gesicherten Rechtsbodens im Sinne einer Bindung des Schuldners aus, verlangt aber aufgrund des sachenrechtlichen Spezialitätserfordernisses eine Präzisierung der künftigen Forderung dergestalt, dass bereits eine Willenserklärung einer Partei vorliegt, welche die Bestimmbarkeit der künftig entstehenden Forderung gewährleistet. 49 Bedeutendes Praxisbeispiel eines Pfandrechts zur Sicherung einer erst künftig entstehenden Forderung stellt das Pfandrecht der AGB der Banken und Sparkassen dar, vgl. Nr. 14 Abs. 2 Satz 1 AGB Banken: „Das Pfandrecht dient der Sicherung aller bestehenden, künftigen und bedingten Ansprüche, die der Bank mit ihren sämtlichen in- und ausländischen Geschäftsstellen aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung gegen den Kunden zustehen. 45 MünchKomm/Eickmann,
C. Überblick: Sicherheiten für künftige Forderungen im BGB 25
gesicherte Forderung zu stellen sind, war auch hier Gegenstand der rechtswissenschaftlichen Diskussion. Die Materialien zum BGB erweisen sich als wenig aufschlussreich. Der historische Gesetzgeber hat ausweislich der Motive zum BGB die Antwort auf die Frage, ob und inwiefern für die zu sichernde künftige Forderung bereits eine gewisse Grundlage – beispielsweise durch eine Gebundenheit einer oder beider Kontrahenten – gegeben sein muss, ausdrücklich „Wissenschaft und Praxis“ überlassen.50 Hierfür hat sich ebenfalls das Kriterium der (bloßen) Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit durchgesetzt,51 die dann zu bejahen sein soll, wenn die gesicherte Forderung im Zeitpunkt ihrer Entstehung zweifelsfrei als solche ermittelt werden kann.52
III. Wirkungen des Sicherungsrechts Wird ein akzessorisches Sicherungsrecht für eine erst zu einem künftigen Zeitpunkt entstehende Forderung bestellt, so stellt sich die Frage, wann die Wirkungen des Sicherungsrechts eintreten, ist dessen Existenz im Ausgangspunkt doch von der gesicherten Forderung abhängig. 1. Akzessorietät Bürgschaft, Hypothek und Pfandrecht sind akzessorisch ausgestaltet. Demnach sind diese Sicherungsrechte in ihrer Entstehung grundsätzlich vom Entstehen der gesicherten Forderung abhängig.53 Im Ausgangspunkt ist also das akzessorische Sicherungsrecht nicht ohne die besicherte Forderung denkbar. Diese Sicherungsrechte setzen schon im Wortlaut der jeweiligen Norm die besicherte Forderung voraus. So verpflichtet sich der Bürge, „für“ (§ 765 Abs. 1 BGB) die Erfüllung der Verbindlichkeit eines Dritten einzustehen. Die Hypothek ermöglicht die Befriedigung „wegen“ (§ 1113 Abs. 1 BGB) einer Forderung und das Pfandrecht schließlich wird ebenfalls „zur“ (§ 1204 Abs. 1 BGB) Sicherung einer Forderung bestellt. 50 Mugdan,
Materialien, S. 445. BGB, § 1204 Rn. 11. 52 MünchKomm/Damrau, BGB, § 1204 Rn. 23; Staudinger/Wiegand, BGB, 2009, § 1204 Rn. 24 f. Eichel, Künftige Forderungen, S. 254 ff., vertritt demgegenüber den Ansatz, dass die bloße Bestimmbarkeit den Wirkungen eines für eine erst künftig entstehende Forderung nicht gerecht werde und fordert daher einen schon gesetzten Rechtsboden dergestalt, dass die Forderung ohne weiteres Zutun des Gläubigers entstehen kann. 53 Vgl. Palandt/Sprau, BGB, Einf. v. § 765 Rn. 1; Staudinger/Wolfsteiner, BGB, 2015, Vor §§ 1113 ff. Rn. 4 ff. 51 Palandt/Bassenge,
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§ 1 Grundlagen
Hierdurch wird eine spezielle gesetzlich vorgesehene Verknüpfung von Forderung und Sicherungsrecht hergestellt.54 In Anbetracht dieser Verknüpfung stellt sich die Frage, in welchem Zeitpunkt das jeweilige Sicherungsrecht entsteht, wie weit also die akzessorische Bindung reicht und welche Wirkungen die Bestellung einer Sicherheit vor dem Entstehen der jeweiligen Forderung hat. 2. Bürgschaft Für die Bürgschaft beantwortet das Gesetz diese Frage nach dem Entstehen der Personalsicherheit mit § 767 Abs. 1 Satz 1 BGB. Demnach ist für die Bürgenschuld der jeweilige Bestand der Hauptverbindlichkeit maßgeblich. Solange die Hauptschuld nicht entstanden ist, entsteht auch die den Bürgen persönlich treffende Schuld nicht. Freilich ist er durch die Übernahme der Bürgschaft bereits vor Forderungsentstehung rechtlich an sein Bürgschaftsversprechen gebunden. Wird die Hauptverbindlichkeit begründet, so entsteht in diesem Zeitpunkt ohne weiteres Zutun des Bürgen auch die Bürgenschuld.55 Davon abgesehen besteht die Bürgschaft aber vor dem Entstehen der gesicherten Forderung nicht als eigenständiges Gläubigerrecht. Die Funktion der Bürgschaft für eine künftige Forderung erschöpft sich damit in der vorgelagerten schuldrechtlichen Bindung des Bürgen. 3. Hypothek Anders stellt sich die Rechtslage bei der Hypothek dar. Wird diese zur Sicherung einer erst künftig entstehenden Forderung bestellt, so soll trotz der akzessorischen Verknüpfung bereits ein eigenständiges dingliches Recht entstehen. Allerdings soll dieses nach herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum nicht dem Gläubiger zustehen, sondern vielmehr bis zum Zeitpunkt der Forderungsentstehung gemäß §§ 1163, 1177 BGB dem Eigentümer als (vorläufige) Eigentümergrundschuld gebühren.56 Ob54 Baur/Stürner, Sachenrecht, § 36 Rn. 75; Becker-Eberhard, Sicherungsrechte, S. 49. 55 Becker-Eberhard, Sicherungsrechte, S. 285 f.; Eichel, Künftige Forderungen, S. 277. 56 BGHZ 86, 340 (348); Baur/Stürner, Sachenrecht, § 37 Rn. 21; Jauernig/Berger, BGB, § 1113 Rn. 9; MünchKomm/Eickmann, BGB, § 1113 Rn. 52; Staudinger/Wolfsteiner, BGB, 2015, § 1113 Rn. 38, § 1163 Rn. 32. Die Gegenansicht spricht sich gegen die Existenz einer Eigentümergrundschuld im Falle der Hypothekenbestellung für eine künftige Forderung aus, vgl. Wilhelm, Sachenrecht, Rn. 1448 ff. Ausführlich zu den mit der Anerkennung der Eigentümergrundschuld einhergehenden Brüchen Eichel, Künftige Forderungen, S. 217 ff.
C. Überblick: Sicherheiten für künftige Forderungen im BGB 27
wohl also zugunsten des Gläubigers eine Hypothek im Grundbuch eingetragen wird, entsteht nicht sogleich ein Gläubigerrecht. Der Umstand, dass dem Eigentümer das jeweilige Recht noch als Eigentümergrundschuld zusteht, erlaubt es diesem aber nicht, das Grundbuch zu seinen Gunsten gemäß § 894 BGB berichtigen zu lassen.57 Denn dafür fehlt es schon an der Unrichtigkeit des Grundbuchs, das die Hypothekenbestellung gerade für eine künftige Forderung zugunsten des Gläubigers ausweist.58 Der Gläubiger wird außerdem dadurch gesichert, dass ihm eine Anwartschaft auf den Erwerb der durch die Entstehung der Forderung auflösend bedingten Hypothek gebührt.59 Kommt es zur Forderungsentstehung, so wandelt sich die Eigentümergrundschuld automatisch – also ohne dass weitere Rechtshandlungen erforderlich sind – in eine Gläubigerhypothek um.60 Für dieses Ergebnis der herrschenden Auffassung findet sich zwar keine explizite gesetzliche Anordnung, es wird aber gerade aus der Möglichkeit der Besicherung künftiger Forderungen, § 1113 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 1163, 1177 BGB, hergeleitet.61 Der Rang des Grundpfandrechts richtet sich dann gemäß § 879 BGB nach dem Zeitpunkt der Eintragung.62 Entsteht also die gesicherte Forderung, ist der Gläubiger auch vor Zugriffsmaßnahmen Dritter im Wege der Zwangsvollstreckung geschützt, da sein Recht im Range vorgeht. Die zwischenzeitlich bestehende Eigentümergrundschuld sichert also dem Gläubiger bis zur Forderungsentstehung auch den Rang, obwohl dieser durch den dinglichen Bestellungsakt als solchen noch keine Hypothek erwirbt. Darüber hinaus kann der Gläubiger sich auf ein automatisches Entstehen des Sicherungsrechts im Zeitpunkt des Forderungsentstehens verlassen, er ist also insofern nicht mehr auf weitere Rechtshandlungen des Schuldners angewiesen. Solange die gesicherte Forderung nicht entstanden ist, fehlt der Hypothek zwar ihre Befriedigungsfunktion. Da der Sicherungsnehmer aber seinerseits auch noch kein Befriedigungsinteresse hat, ist dies nur sachgerecht. Trotz der Tatsache, dass dem Sicherungsnehmer selbst noch kein Gläubigerrecht 57 MünchKomm/Eickmann,
BGB, § 1163 Rn. 16. BGB, 2015, § 1113 Rn. 38. 59 Becker-Eberhard, Sicherungsrechte, S. 272 ff.; Staudinger/Wolfsteiner, BGB, 2015, § 1163 Rn. 32. 60 BGHZ 53, 60 (62 f.); Staudinger/Wolfsteiner, BGB, 2015, § 1163 Rn. 32. 61 Becker-Eberhard, Sicherungsrechte, S. 310 ff.: Entsteht die gesicherte Forderung, so besteht dem Gesetz nach kein Bedürfnis mehr für die bloß vorläufige Eigentümergrundschuld, weswegen sich das Grundpfandrecht automatisch umwandeln soll. 62 Vgl. Becker-Eberhard, Sicherungsrechte, S. 312. 58 Staudinger/Wolfsteiner,
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§ 1 Grundlagen
zusteht, wird er durch die Hypothekenbestellung bereits vor Entstehung der Forderung umfassend gegenüber dem Schuldner und Dritten gesichert. 4. Pfandrecht Die gesetzlichen Vorschriften zum Pfandrecht geben keinen Aufschluss darüber, wie ein Pfandrecht zur Sicherung künftiger Forderungen vor Forderungsentstehung rechtlich einzuordnen ist. Eine den §§ 1163, 1177 BGB vergleichbare Regelung fehlt im Abschnitt über das Pfandrecht. Kontrovers beurteilt wird daher, ab wann ein Pfandrecht gemäß § 1204 Abs. 2 BGB für eine erst künftig entstehende Forderung zu existieren beginnt. Teilweise wird vertreten, dass aufgrund des Akzessorietätsgrundsatzes Pfandrechte für künftige Forderungen bis zur Forderungsentstehung keine wirklichen Pfandrechte seien.63 Überwiegend hat sich hingegen mittlerweile die Ansicht durchgesetzt, dass das dingliche Recht bereits im Zeitpunkt des Bestellungsakts entstehe, die Forderungsentstehung selbst also für die Entstehung des Pfandrechts nicht notwendig sei.64 Hier unterscheidet sich die Rechtslage von derjenigen der Hypothek, die zunächst als Eigentümergrundschuld entsteht, solange es an der gesicherten Forderung fehlt. Beim Pfandrecht indes soll sogleich ein Gläubigerrecht entstehen. Freilich fehlt dem Gläubiger bis zum Zeitpunkt der Forderungsentstehung das Verwertungsrecht, was der Eigentümer einredeweise geltend machen kann.65 Seine vornehmliche Funktion – nämlich die der Befriedigung – kann ein Pfandrecht ohne existierende Forderung noch nicht erfüllen.66 Dennoch wird der Gläubiger einer durch ein Pfandrecht gesicherten Forderung auch schon vor Forderungsentstehung geschützt.67 Zum einen dadurch, dass das Pfandrecht als dingliches Recht schon vor Entstehung der Forderung existiert. Zum anderen erfordert die Bestellung eines Pfandrechts ohnehin regelmäßig, dass dem Gläubiger der Sicherungsgegenstand übergeben wird. Durch die Anerkennung des dinglichen Rechts wird dem Gläubiger auch der Anspruch aus §§ 1227, 985 BGB gewährt. Der gegenwärtige Schutz des Gläubigers wird insbesondere dadurch offenbar, dass sich der Rang des Pfandrechts gemäß § 1209 BGB durchweg nach dem Bestellungs63 MünchKomm/Damrau, BGB, § 1204 Rn. 22; siehe auch die Kritik bei v. Lübtow, FS Lehmann, S. 328 (348 f.). 64 BGHZ 86, 340 (346); Staudinger/Wiegand, BGB, 2009, § 1204 Rn. 26 ff.; Jauernig/Berger, BGB, § 1204 Rn. 14. 65 Vieweg/Werner, Sachenrecht, § 10 Rn. 23. 66 Freilich setzt die Verwertung des Pfandes nach § 1228 Abs. 2 BGB neben dem Entstehen der gesicherten Forderung noch deren Fälligkeit voraus. 67 Vgl. Baur/Stürner, Sachenrecht, § 55 Rn. 13.
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zeitpunkt richtet. Damit geht auch einher, dass der Gläubiger den Sicherungsgegenstand nicht an nachrangig gesicherte Gläubiger herausgeben muss, § 1232 BGB. Auch stehen dem Pfandgläubiger vor Forderungsentstehung die Rechte aus § 1219 BGB zu. Der Gläubiger darf also schon ab dem Bestellungszeitpunkt des Pfandrechts darauf vertrauen, dass ihm das Verwertungsrecht vorrangig gebührt, sobald die Forderung zur Entstehung gelangt und fällig wird. Damit ist sichergestellt, dass der Gläubiger schon vor Entstehen der gesicherten Forderung umfassend vor dem Zugriff Dritter auf den Sicherungsgegenstand geschützt wird.68 5. Vergleich Grundschuld und sonstige abstrakte Sicherheiten Anders als die dargestellten akzessorischen Rechte ist die abstrakte Grundschuld der gesetzlichen Konzeption nach grundsätzlich nicht von einer Forderung abhängig.69 Vielmehr gewährt die Grundschuld dem Gläubiger schlechthin einen Anspruch auf Befriedigung aus dem jeweils belasteten Grundstück. Dementsprechend findet sich in § 1191 Abs. 1 BGB auch keine Erwähnung der gesicherten Forderung. In der Praxis ist freilich die sogenannte Sicherungsgrundschuld (vgl. § 1192 Abs. 1a BGB) besonders relevant, die gerade zur Sicherung eines Anspruchs bestellt wird. Die Verknüpfung von gesicherter Forderung und Sicherungsrecht ist zwar auch hier nicht gesetzlich geregelt, erfolgt aber über die Sicherungsabrede zwischen Gläubiger und Schuldner.70 Durch diesen Vertrag verpflichtet sich der Sicherungsgeber, dem Sicherungsnehmer zur Sicherung einer Forderung eine Grundschuld zu bestellen.71 Die Grundschuld entsteht aber auch in einem solchen Fall sogleich unabhängig von der gesicherten Forderung, wird mithin nicht zum akzessorischen Recht.72 Die Verwertungsbefugnis wird indes durch den Sicherungsvertrag geregelt und richtet sich nach der Fälligkeit der gesicherten Forderung.73 Also kann der Gläubiger sich in der Regel ebenfalls nicht ohne fällige Forderung befriedigen, sodass auch bei der Grundschuld zur Sicherung von Forderungen bis zu deren Entstehen und Fälligkeit der jeweilige Sicherungscharakter im Vordergrund steht. 68 Zur Sicherungsfunktion des Pfandrechts ausführlich Eichel, Künftige Forderungen, S. 249 ff., 261. 69 Staudinger/Wolfsteiner, BGB, 2015, Vor §§ 1191 ff. Rn. 4. 70 Baur/Stürner, Sachenrecht, § 45 Rn. 9. 71 MünchKomm/Eickmann, BGB, § 1191 Rn. 13. 72 BeckOK/Rohe, BGB, § 1192 Rn. 49. 73 Baur/Stürner, Sachenrecht, § 36 Rn. 78, sprechen von „vertraglich geschaffener Akzessorietät“.
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§ 1 Grundlagen
Selbiges gilt für die Übertragung von Sicherungseigentum und der Sicherungsabtretung von Forderungen.74 Bei diesen fiduziarischen Sicherungsrechten wird dem Sicherungsnehmer zwar sogleich das Vollrecht eingeräumt, im Innenverhältnis zum Sicherungsgeber sind seine Befugnisse aber durch den jeweiligen Sicherungsvertrag beschränkt und richten sich insbesondere nach der gesicherten Forderung. Danach kann der Sicherungsnehmer typischerweise erst dann verwerten, wenn die gesicherte Forderung nicht wie vorgesehen erfüllt wird.75
IV. Zusammenfassung Das BGB lässt die Bestellung akzessorischer Sicherheiten auch für erst künftig entstehende Forderungen zu. Dadurch wird der Sicherungsnehmer schon vor Entstehung der Forderung besonders gesichert. Anders als im Falle der Bürgschaft, bei der – wie die gesicherte Forderung auch – das Sicherungsrecht selbst auf einen Leistungsanspruch gegen den Sicherungsgeber gerichtet ist, gewähren die dinglichen Sicherheiten dem Gläubiger ein besonderes Recht auf Befriedigung aus dem Sicherungsgegenstand. Dem Gläubiger wird in diesen Fällen nämlich nicht ein persönlicher Anspruch gegen den Sicherungsgeber eingeräumt. Vielmehr entsteht infolge des Verfügungsakts sogleich ein eigenständiges dingliches Recht und zwar bis zu einem gewissen Grade unabhängig von der gesicherten Forderung. Dieses jeweilige Recht belastet das Eigentum des Sicherungsgebers sogleich mit dem Bestellungsakt. Freilich ist der Gläubiger nicht dazu befugt, vor Entstehen und Fälligkeit der gesicherten Forderung den sichernden Gegenstand zu verwerten. Dennoch wirkt das jeweilige dingliche Recht schon sogleich zu seinen Gunsten. Neben der Eigentumsbelastung auf Sicherungsgeberseite und der Aussicht auf künftige Befriedigung auf Sicherungsnehmerseite bewirkt das Sicherungsrecht schon im Bestellungszeitpunkt – also auch bevor die gesicherte Forderung entsteht und damit die Befriedigungsfunktion des Sicherungsrechts akut wird – die Sicherung des Gläubigers. Die frühzeitige Bestellung des Sicherungsrechts und die damit verbundene „Reservierung“ des Befriedigungsobjekts bewirken so den Schutz vor der Konkurrenz anderer Gläubiger, der dem früher gesicherten Gläubiger gerade ab dem Bestellungszeitpunkt zukommen soll.76 Der Gläubiger darf nach der bürgerlich-rechtlichen 74 Auch hier sieht die Insolvenzordnung trotz Einräumung des Vollrechts eine Absonderungsberechtigung gemäß § 51 Nr. 1 InsO vor. 75 MünchKomm/Roth, BGB, § 398 Rn. 108; MünchKomm/Schwab, BGB, § 812 Rn. 258; Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, Rn. 488 ff. 76 Becker-Eberhard, Sicherungsrechte, S. 302.
C. Überblick: Sicherheiten für künftige Forderungen im BGB 31
Konzeption darauf vertrauen, dass ihm die klassische Befriedigungsfunktion des jeweils eingeräumten dinglichen Rechts zukommt, sobald die Forderung entstanden ist. Dies wird durch die vorgezogene Sicherungsfunktion ab dem Zeitpunkt der Bestellung gewährleistet.
V. Bedeutung für die Frage der Insolvenzfestigkeit Sowohl für die akzessorischen Sicherheiten Pfandrecht und Hypothek – freilich in Gestalt der Eigentümergrundschuld – als auch für die abstrakte Grundschuld gilt, dass sie schon vor dem Zeitpunkt der Forderungsentstehung existieren. Damit erfüllen sie schon ihre Sicherungsfunktion, während ihre Befriedigungsfunktion erst später einsetzt.77 Denkbar ist demnach also auch, dass die Sicherungsfunktion schon besteht, während die Befriedigungsfunktion, die in der Insolvenz durch das Absonderungsrecht verkörpert wird, erst später in der Krise oder nach Verfahrenseröffnung durch Forderungsentstehung bedeutsam wird. Dies führt zu der Frage, ob die mit Bestellung des Sicherungsrechts einsetzende Sicherungsfunktion dem Sicherungsnehmer im Verhältnis zur Gläubigergesamtheit auch eine Sicherung dahingehend verschafft, dass er in der Insolvenz des Sicherungsgebers auf die mit Forderungsentstehung einsetzende Befriedigungsfunktion vertrauen darf.
77 Siehe zur Unterscheidung zwischen Sicherungsinteresse und Verwertungsinteresse auch Eichel, Künftige Forderungen, S. 245.
§ 2 Erwerbsverbot Der Erwerb eines Sicherungsrechts – und damit der Befugnis zur abgesonderten Befriedigung – wird nach Verfahrenseröffnung grundsätzlich durch die §§ 80 ff. InsO verhindert. Räumt also der Schuldner nach Verfahrenseröffnung einem Gläubiger beispielsweise ein Pfandrecht an einem massezugehörigen Gegenstand ein, so steht einem wirksamen Rechtserwerb § 81 InsO entgegen. Denn die Bestellung eines Pfandrechts ist eine dingliche Belastung des Eigentums und daher eine Verfügung.78 Selbst wenn dem potentiellen Rechtserwerb auf Gläubigerseite keine wegen § 81 InsO unwirksame Verfügung des Schuldners zugrunde liegt – beispielsweise bei einer Rechtshandlung Dritter –, ist ein Erwerb nach Maßgabe von § 91 InsO ausgeschlossen. Danach können an Gegenständen der Insolvenzmasse nach Eröffnung des Verfahrens keine Rechte erworben werden, auch wenn keine Verfügung des Schuldners und keine Zwangsvollstreckung zugrunde liegt. Der Entstehungstatbestand des zur Absonderung berechtigenden Rechts muss vor Verfahrenseröffnung vollständig abgeschlossen sein; ein lediglich eingeleiteter Erwerbsakt ist nicht ausreichend.79 Näherer Untersuchung bedarf in diesem Zusammenhang die Frage, ob ein vor Verfahrenseröffnung eingeräumtes Sicherungsrecht auch dann zur Absonderung berechtigt, wenn zwar das Sicherungsrecht vor Verfahrenseröffnung bestellt wurde, die zu sichernde Forderung aber erst nach diesem Zeitpunkt entsteht. Dabei gilt besonderes Augenmerk der Frage, ob der Geltendmachung eines Absonderungsrechts im eröffneten Verfahren die Vorschrift des § 91 InsO entgegensteht.
A. Problemeinführung Wird eine Hypothek für eine künftige Forderung bestellt, so existiert das Grundpfandrecht nach herrschender Ansicht zunächst als Eigentümergrundschuld.80 Entsteht dann nach Verfahrenseröffnung die gesicherte Forderung, so erwirbt der Gläubiger erst in diesem Zeitpunkt die Fremdhypothek. Da der Schuldner die Hypothek aber schon vor Verfahrenseröffnung bestellt hat – die maßgebliche Verfügungshandlung also vor Verfahrenseröffnung Jauernig / Berger, BGB, § 1204 Rn. 1. InsO, Vor §§ 49–52 Rn. 17; Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 49 Rn. 5. 80 Nachweise siehe oben § 1 C. III. 3. 78 Vgl.
79 MünchKomm/Ganter,
B. Überblick Meinungsstand33
liegt –, erscheint eine Anwendung von § 81 InsO ausgeschlossen. In Betracht kommt in einem solchen Fall aber der Ausschluss sonstigen Rechtserwerbs nach § 91 InsO. Obwohl es sich ebenfalls um ein akzessorisches Sicherungsrecht handelt, stellt sich die Rechtslage bei der Pfandrechtsbestellung für eine künftige Forderung anders dar. Denn nach überwiegender Ansicht in Rechtsprechung und Literatur soll das Pfandrecht für eine künftige Forderung bereits im Zeitpunkt des dinglichen Bestellungsakts entstehen, die Forderungsentstehung selbst also trotz der Akzessorietät für die Entstehung des Pfandrechts nicht notwendig sein.81 Die Verfügungshandlung des Pfandschuldners liegt zeitlich vor der Verfahrenseröffnung, weswegen § 81 InsO mit seiner Unwirksamkeitsanordnung für Schuldnerverfügungen nicht einschlägig ist. Aber auch der Rechtserwerb als solcher findet vor Eröffnung statt; mithin scheint – anders als bei der Hypothek – auch § 91 InsO nicht anwendbar zu sein. Weiter gedacht bedeutete dies für das Mobiliarpfandrecht, dass ein Gläubiger, der nach Verfahrenseröffnung eine Forderung gegen den Schuldner erwirbt, durch das vor Verfahrenseröffnung wirksam bestellte Sicherungsrecht in den Genuss der abgesonderten Befriedigung kommen könnte, der Hypothekengläubiger indessen nicht. Ähnlich wie beim Pfandrecht erscheint die Situation im Falle der Grundschuld. Als abstraktes Recht erwirbt der Gläubiger diese zweifelsfrei mit dem dinglichen Bestellungsakt und der Eintragung ins Grundbuch,82 weswegen eine Anwendung des § 91 InsO mangels Rechtserwerbs nach Verfahrenseröffnung ausscheiden müsste und der Gläubiger für seine später entstehende Forderung abgesonderte Befriedigung verlangen könnte. Dies bedeutete folglich, dass sich die Absonderungsberechtigung nach dem gewählten Sicherungsrecht richten würde. Da der Erwerb der Hypothek erst mit Forderungsentstehung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vollendet ist, müsste § 91 InsO ebenjenen Erwerb hindern. Dieses Ergebnis gälte indes nicht für Pfandrecht und Grundschuld, da der Gläubiger diese Rechte bereits vor Forderungsentstehung erwirbt.
B. Überblick Meinungsstand Die Frage der Insolvenzfestigkeit eines Sicherungsrechts für eine erst nach Verfahrenseröffnung entstehende Forderung wird uneinheitlich beurteilt. Der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist dabei kein eindeutiger Standpunkt zu entnehmen. Die Ansichten im Schrifttum divergieren ebenfalls stark. 81 Nachweise 82 Nachweise
siehe oben bei § 1 C. III. 4. siehe oben bei § 1 C. III. 5.
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§ 2 Erwerbsverbot
I. Rechtsprechung des BGH 1. Vermieterpfandrecht In seiner Entscheidung aus dem Jahr 2007 zur Frage der Insolvenzfestigkeit eines Vermieterpfandrechts83 stellt der BGH zunächst klar, dass auch das gesetzliche Pfandrecht bereits mit Einbringung (also dem gesetzlichen Erwerbstatbestand gemäß § 562 BGB) entsteht, selbst wenn es erst künftig entstehende Forderungen sichert. Da das Gericht im konkreten Fall aber über die Anfechtbarkeit des Pfandrechts zu befinden hatte, geraten die Ausführungen zur Anwendbarkeit des § 91 InsO als obiter dictum recht kurz.84 Der BGH hält für ein Eingreifen des Erwerbsverbots maßgeblich, „ob ein Vermögensgegenstand bereits im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung ganz oder teilweise aus dem Vermögen des Schuldners ausgeschieden ist, ohne dass für ihn die Möglichkeit besteht, diesen aufgrund alleiniger Entscheidung wieder zurückzuerlangen“.85 Das Gericht führt weiter aus, dass es, eine „wirtschaftliche Betrachtungsweise“ zugrunde legend, dazu tendiert, eine Schmälerung des Schuldnervermögens erst im Zeitpunkt der Forderungsentstehung zu sehen.86 Dies könnte den Schluss darauf zulassen, dass der BGH § 91 InsO grundsätzlich für anwendbar hält, wenn ein Sicherungsrecht zwar vor Verfahrenseröffnung wirksam bestellt wurde, aber die gesicherte Forderung erst nach Verfahrenseröffnung entsteht. 2. Legalzession einer bedingten Forderung In einem anderen Fall hat der BGH das Absonderungsrecht eines Kau tionsversicherers am sicherungshalber abgetretenen Festgeldguthaben des insolventen Versicherungsnehmers indes anerkannt, obwohl der Versicherer die gesicherte Forderung erst nach Verfahrenseröffnung erworben hatte.87 Der Fall unterscheidet sich insofern von der hier zu untersuchenden Konstellation, als nicht die Frage der Insolvenzfestigkeit eines klassischen bürgerlich-rechtlichen Sicherungsrechts (Grundschuld, Hypothek, Pfandrecht) in Rede stand, sondern die Absonderungsberechtigung aufgrund einer Sicherungsabtretung. Diese war zweifelhaft, weil der Gläubiger die gesicherte Forderung erst nach Verfahrenseröffnung erworben hatte. 83 BGHZ
170, 196. BGH führt § 91 InsO nur vergleichend an. 85 BGHZ 170, 196 Rn. 17. 86 BGHZ 170, 196 Rn. 17. 87 BGH ZIP 2008, 885. 84 Der
B. Überblick Meinungsstand35
In dem zugrundeliegenden Fall übernahm der klagende Kautionsversicherer eine Bürgschaft für Verbindlichkeiten der nachmaligen Insolvenzschuldnerin bei deren Gläubigerin. Die Insolvenzschuldnerin hat die ihr zustehenden Ansprüche aus einem Festgeldkonto zur Sicherung aller bestehenden und künftigen Forderungen an den Bürgen abgetreten. Nachdem das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, zahlte der Kautionsversicherer nach Anfordern auf die der Gläubigerin gewährte Bürgschaft. Für seine Regressforderung verlangte der Kautionsversicherer nunmehr abgesonderte Befriedigung aus dem Festgeldguthaben. Der BGH hat angenommen, dass dem Kläger an dem zur Sicherheit abgetretenen Festgeldguthaben ein insolvenzfestes Absonderungsrecht zustehe.88 Wie schon in der Vermieterpfandrechtsentscheidung89 formuliert das Gericht, dass es dabei für die Anwendung des § 91 InsO entscheidend sei, ob das Recht bereits im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung ganz oder teilweise aus dem Vermögen des Schuldners ausgeschieden sei, ohne dass für ihn die Möglichkeit bestehe, dieses aufgrund alleiniger Entscheidung wieder zurückzuerlangen. Die Abtretung sei zwar im zu entscheidenden Fall unbedingt erfolgt, sollte aber ausweislich der Sicherungsabrede dem Gläubiger unter der Bedingung eine Sicherung verschaffen, dass der Sicherungsfall eintritt und dem Versicherer eine Forderung gegenüber der Schuldnerin zusteht. Da beide Bedingungen eingetreten seien, stehe dem Kläger ein Absonderungsrecht zu. Dass der Versicherer die Gläubigerin erst nach Verfahrenseröffnung befriedigt habe und somit auch erst dann die Forderung gemäß § 774 BGB erlangen konnte, für die er nunmehr abgesonderte Befriedigung verlange, solle dabei unerheblich sein. In dieser Entscheidung sieht der BGH auch keinen Widerspruch zur Vermieterpfandrechtsentscheidung. Dies begründet er damit, dass die dort angeführten Erwägungen sich auf künftige Forderungen bezögen, während hier bedingt begründete Rechte in Rede stünden.90 Denn der Rechtsgrund des Regressanspruchs entstehe bereits im Zeitpunkt der Übernahme der Bürgschaft, weswegen die Hauptforderung der Gläubigerin gegen die Schuldnerin auch dem Kautionsversicherer als Bürgen im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung schon bedingt zustehe. Dieser Umstand könne von der Schuldnerin auch nicht mehr beeinflusst werden, da mit der Hergabe der Sicherheit und der Übernahme der Bürgschaft schon der Rechtsboden für die gesicherte Regressforderung begründet worden sei. Damit aber sei bei der 88 BGH
ZIP 2008, 885 Rn. 11. oben BGHZ 170, 196 sowie bei BGH ZIP 2008, 885 Rn. 9 die weiteren Nachweise. 90 Dass der BGH in der Vermieterpfandrechtsentscheidung aber die Anfechtbarkeit gerade mit der Erwägung ablehnt, die Forderungen des Vermieters gegen den Mieter sei aufschiebend befristet, wird nicht näher erläutert. 89 Vgl.
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Schuldnerin keine Rechtsposition mehr verblieben, deren Verlust nach Verfahrenseröffnung eine Anwendung des § 91 InsO rechtfertigen könne. Der BGH stellt in dieser Entscheidung im Wesentlichen darauf ab, dass der Bürge durch die Abtretung des Anspruchs auf Auszahlung des Festgeldguthabens und der bereits bedingten Regressforderung bereits vor Verfahrenseröffnung besonders gesichert sei. Kennzeichnend sei also hier, dass der Gläubiger mit der unbedingten Abtretung sofort einen Sicherungsgegenstand erworben habe und die Forderung selbst derart verfestigt sei, dass sie als „bedingte“ Forderung erscheine, woraus der BGH eine besondere Schutzwürdigkeit ableitet. Darin sieht er einen entscheidenden Unterschied zur oben dargestellten Vermieterpfandrechtsentscheidung.91 3. Zession nach Verfahrenseröffnung In einem älteren Fall zur Unterdeckungnahme von Forderungen hat der BGH sich indes gegen die Anerkennung eines Absonderungsrechts ausgesprochen.92 In diesem Fall war die Bank Inhaberin von Grundschulden, die nach der Sicherungsabrede auch künftige, von der Bank erst durch Abtretung zu erwerbende Forderungen sichern sollten. Es wurde sodann keine Forderung der Bank gegen die Schuldnerin begründet, sondern nach Verfahrenseröffnung erwarb die beklagte Bank Forderungen gegen die Schuldnerin im Wege der Zession. Der BGH verneinte ein insolvenzfestes Absonderungsrecht für diese Forderungen aufgrund der vor Verfahrenseröffnung erworbenen Grundschulden. Das Gericht ging davon aus, dass der „Erwerb eines Absonderungsrechts“ an § 15 KO (nunmehr § 91 InsO) scheitern solle, wenn sich „eine Bank nach Konkurseröffnung von einem anderen Gläubiger eine bis dahin ungesicherte Forderung gegen den Gemeinschuldner abtreten [lasse]“.93 Zwar würden die Sicherungsgrundschulden der Bank grundsätzlich die Möglichkeit der abgesonderten Befriedigung eröffnen. Jedoch müsse der Bank für die in Rede stehenden Forderungen das Absonderungsrecht verwehrt bleiben, da die Abtretung der Forderungen erst nach Verfahrenseröffnung erfolgte. Ein eigenes Absonderungsrecht der Bank könne also auch erst in diesem Zeitpunkt entstanden sein und dürfe daher keine Wirksamkeit gegenüber den anderen Gläubigern beanspruchen. Der BGH hat mit dieser Entscheidung klargestellt, dass allein der Umstand eines vor Verfahrenseröffnung wirksam bestehenden Sicherungsrechts noch nicht die Absonderungsberechtigung für nach Verfahrenseröffnung erworbene Forderungen zu rechtfertigen vermag. 91 BGH
ZIP 2008, 885 Rn. 13. dazu ausführlich sogleich § 2 C. IV. 93 BGH NJW 1975, 122. 92 Siehe
B. Überblick Meinungsstand37
II. Schrifttum Die Ansichten im Schrifttum zu der aufgeworfenen Frage der Insolvenzfestigkeit einer Sicherheit bei erst künftig entstehender Forderung sind geteilt. Während vereinzelt für die Insolvenzfestigkeit plädiert wird, spricht sich ein Großteil gegen die Möglichkeit der Absonderungsberechtigung bei erst nach Verfahrenseröffnung entstehender Forderung aus. 1. Grundsätzlich kein insolvenzfester Erwerb a) Begründung des Erwerbsverbots Die Begründung der Anwendbarkeit des Erwerbsverbots gemäß § 91 I nsO gerät für die Vertreter dieses Standpunkts im Falle der Hypothekenbestellung für eine künftige Forderung vergleichsweise einfach, da das dingliche Recht „Gläubigerhypothek“ infolge der Forderungsentstehung erst nach Verfahrenseröffnung entsteht. Die nach Verfahrenseröffnung für § 91 InsO relevante Masseschmälerung soll danach in dem Verlust der Eigentümergrundschuld zu sehen sein.94 In Bezug auf das Pfandrecht findet sich ebenfalls verbreitet die Ansicht, dass das Erwerbsverbot aus § 91 InsO einschlägig sei, wenn die durch das Pfandrecht gesicherte Forderung erst nach Verfahrenseröffnung entstehe.95 Zwar entstehe das Pfandrecht sogleich mit der dinglichen Verfügung ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt der Forderungsentstehung, sodass der Gläubiger auch sogleich – und eben nicht, wie von § 91 InsO gerade gefordert, nach Verfahrenseröffnung – das dingliche Recht erwerbe. Dennoch sollen die Voraussetzungen für ein Erwerbsverbot gegeben sein, da der Masse bis zur Forderungsentstehung die sogenannte Einrede mangelnder Valutierung96 zustehe. Diese erlaube es dem Sicherungsgeber, sich vor Forderungsentstehung darauf zu berufen, dass das Sicherungsrecht noch nicht für die jeweilige Forderung hafte, da diese noch nicht entstanden sei. Eine Verwertung des Sicherungsrechts sei allein aufgrund der bloßen Bestellung nämlich noch nicht möglich. Diese Einrede verliere die Masse nunmehr nach Verfahrenseröffnung, wenn auch erst in diesem Zeitpunkt die Valutierung des Pfandrechts er-
94 HK/Kayser, InsO, § 91 Rn. 25 f.; MünchKomm/Breuer, InsO, § 91 Rn. 27 f. Häsemeyer, InsR, Rn. 10.26 ff. 95 Häsemeyer, InsR, Rn. 10.27. 96 Ähnlich auch BGH ZIP 2008, 885 Rn. 11 in einem Fall zur Sicherungszession: „Eine nach § 91 InsO beachtliche Rechtsposition, wie etwa die Einrede einer fehlenden Valutierung des zur Verfügung gestellten Sicherheitsgegenstandes, […]“.
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folge.97 Daher könne die nachträgliche Valutierung keine Absonderungsberechtigung des Gläubigers begründen. Zur Anwendbarkeit des § 91 InsO bei der Grundschuld gelangt diese Auffassung mit der gleichen Argumentation wie beim Mobiliarpfandrecht.98 Zwar sei die Rechtslage hier auch dergestalt, dass die abstrakte Grundschuld sogleich mit ihrer Bestellung unmittelbar als Fremdrecht entstehe. Wie beim Pfandrecht sei es aber so, dass dem Sicherungsgeber die Einrede der Nichtvalutierung zustehe, solange die gesicherte Forderung noch nicht entstanden sei. Diese Einrede verlöre die Masse im Zeitpunkt der Forderungsentstehung, weswegen die für § 91 InsO maßgebende Masseschmälerung mithin ebenfalls erst im Zeitpunkt der Forderungsentstehung vorliege. b) Schuldnerverfügung gemäß § 81 InsO Die Verfechter des Erwerbsverbots differenzieren weiter zwischen einer Anwendung von § 81 InsO einerseits und § 91 InsO andererseits, abhängig davon, ob die Begründung der Forderung gegenüber dem Schuldner (dann § 81 InsO) oder einem Dritten (dann § 91 InsO) erfolge.99 § 81 InsO setzt eine Verfügung des Schuldners voraus, § 91 erklärt einen Erwerb auch ohne eine Schuldnerverfügung für unwirksam. Zur Verdeutlichung möge hier der Fall dienen, dass vor Verfahrenseröffnung für ein erst zukünftig auszureichendes Darlehen eine Hypothek bestellt wird. Nehme der Schuldner selbst die Darlehensvaluta entgegen, finde § 81 InsO Anwendung. Habe hingegen der Schuldner das Sicherungsrecht für eine Drittverbindlichkeit bestellt und werde gegenüber dem Dritten valutiert, sei § 91 InsO einschlägig, wenn die Forderung nach Verfahrenseröffnung entstehe. Begründet wird dies mit der Besonderheit, dass die Fremdhypothek erst mit der Forderung entsteht. Die Umwandlung der Eigentümergrundschuld in die Gläubigerhypothek infolge der Entgegennahme der Darlehensvaluta durch den Schuldner selbst stelle eine unmittelbare Rechtsänderung und damit eine Verfügung im Sinne des § 81 InsO dar. Werde die Darlehensvaluta aber nicht an den Schuldner ausgekehrt, sondern die Rückzahlungsforderung vielmehr gegenüber einem Dritten begründet, so lasse sich die Rechtsänderung nicht auf eine Schuldnerverfügung zurückführen, weswegen § 91 InsO Anwendung finde. Diese 97 Jaeger/Windel, InsO, § 91 Rn. 31; MünchKomm/Breuer, InsO, § 91 Rn. 21; K. Schmidt/Sternal, InsO, § 91 Rn. 18; HK/Kayser, InsO, § 91 Rn. 33; vgl. auch schon Jaeger/Henckel, KO, 9. Auflage, § 15 Rn. 21. 98 HK/Kayser, InsO, § 91 Rn. 26; MünchKomm/Breuer, InsO, § 91 Rn. 27 f.; Uhlenbruck/Mock, InsO, § 91 Rn. 45. 99 HK/Kayser, InsO, § 91 Rn. 25 f.; HambKomm/Kuleisa, InsO, § 91 Rn. 17. MünchKomm/Breuer, InsO, § 91 Rn. 27 f.; Muthorst, ZIP 2009, 1794 (1797 f.); Schellewald, Sicherung, S. 224 für die Hypothek.
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Unterscheidung zwischen § 81 InsO bei Forderungsbegründung gegenüber dem Schuldner einerseits und § 91 InsO bei einer Drittverbindlichkeit andererseits wird ebenso für die abstrakte Grundschuld und das akzessorische Pfandrecht100 vertreten, obwohl diese Sicherungsrechte bereits vor dem Zeitpunkt der Forderungsentstehung als Fremdrechte bestehen und es zu keiner Umwandlung mehr kommt wie bei der Hypothek. c) Aufschiebend bedingte Forderung Der dargestellten Ansicht zufolge verhindert also grundsätzlich entweder § 81 InsO oder § 91 InsO, dass der Gläubiger abgesonderte Befriedigung aus seinem Sicherungsrecht für eine erst nach Verfahrenseröffnung entstehende Forderung verlangen kann. Allerdings soll insofern eine Einschränkung für aufschiebend bedingte Forderungen gelten.101 Das Sicherungsrecht ermögliche die Vorzugsbefriedigung dann, wenn die nach Verfahrenseröffnung entstehende Forderung bereits vorher bedingt entstanden war. Denn in diesen Fällen führe nicht eine Rechtshandlung des Schuldners, sondern der Eintritt der Bedingung zum Absonderungsrecht des Gläubigers. Daher müsse der Rechtsgedanke des § 161 Abs. 1 Satz 2 BGB Anwendung finden.102 2. Grundsätzlich insolvenzfester Erwerb Die Gegenauffassung im Schrifttum spricht sich grundsätzlich für die Insolvenzfestigkeit der Sicherheitenbestellung für künftige Forderungen aus, wenn jene nach bürgerlich-rechtlichen Vorgaben wirksam erfolgt ist. Gegen die Anwendbarkeit der §§ 81, 91 InsO wird geltend gemacht, dass der Gesetzeszweck der §§ 1113 Abs. 2, 1204 Abs. 2 BGB es erfordere, dem Gläubiger sogleich eine insolvenzfeste Stellung einzuräumen.103 Die Ermögli100 A. A. zur Anwendung des § 7 KO beim Pfandrecht aber Schellewald, Sicherung, S. 227 f. 101 Kübler/Prütting/Bork/Lüke, InsO, 45. EL 8/2011, § 91 Rn. 42; ähnlich auch Obermüller/Kuder, FS Fischer, S. 385 (393). Auch der BGH lässt den bedingten Forderungen einen besonderen Schutz zukommen. So hat er in BGH ZIP 2008, 885 Rn. 11 entschieden, dass dem Kautionsversicherer die Hauptforderung des Gläubigers gegen den Schuldner schon vor Verfahrenseröffnung und Befriedigung bedingt zusteht und er deshalb abgesonderte Befriedigung aus einem ihm zur Sicherheit abgetretenem Festgeldguthaben verlangen kann. Vgl. außerdem die Entscheidung zu Anfechtbarkeit des Vermieterpfandrechts BGHZ 170, 196, in der die Mietforderung als aufschiebend befristete Forderung eingeordnet wurde. 102 Bork, InsR, Rn. 181; Häsemeyer, InsR, Rn. 10.28; a. A. Eichel, Künftige Forderungen, S. 231 f., 248. 103 Becker-Eberhard, Sicherungsrechte, S. 305 ff.; HK/Lohmann, InsO, § 50 Rn. 12; MünchKomm/Ganter, InsO, Vor §§ 49–52 Rn. 35.
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chung der Sicherheitenbestellung für künftige Forderungen solle dem Gläubiger gerade bereits im Bestellungszeitpunkt die Gewissheit verschaffen, dass er bei Forderungsentstehung sogleich ohne weitere noch vorzunehmende Handlungen gesichert sei. Dieser Zweck könne nicht erreicht werden, wenn das Erwerbsverbot Anwendung fände. Kreuzberg spricht sich ebenfalls gegen das Eingreifen des Erwerbsverbots aus, wenn die Voraussetzungen des gesetzlichen Erwerbstatbestands erfüllt sind.104 Eine Ausnahme macht sie für die Hypothek, da diese als Gläubigerrecht erst mit der Forderung entstehe und daher § 91 InsO Anwendung finden solle.105 Für das Eingreifen des Erwerbsverbots bestehe davon abgesehen keine Notwendigkeit, da die übrigen Gläubiger durch die Anfechtungsmöglichkeit nach §§ 129 ff. InsO geschützt würden.106 Außerdem müsse der Rechtsgedanke des § 161 BGB bei der Besicherung einer künftigen Forderung ebenso Platz greifen wie beim bedingten Rechtserwerb.107 Zwar sieht Kreuzberg einen potentiellen Konflikt mit der Regelung des § 38 InsO, der für die Berücksichtigung einer Forderung im Verfahren fordert, dass der Anspruch bereits begründet ist, entscheidet aber zugunsten des Sicherungsrechts.108 Der Erwerb des Sicherungsrechts müsse unabhängig von der gesicherten Forderung betrachtet werden, da auch generell die Geltendmachung eines „isolierten“ Absonderungsrechts möglich sei. 3. Abhängigkeit von Verfügungsbefugnis des Schuldners Eichel vertritt den Standpunkt, dass für die Insolvenzfestigkeit nur der Grad der Verfestigung der gesicherten Forderung entscheidend sei. § 91 InsO finde demnach keine Anwendung. Dabei wendet er sich aber gegen die oben109 dargestellte Sichtweise, wonach ein Sicherungsrecht für eine 104 Kreuzberg, Drittsicherheiten, S. 70 ff.; 88 f. Ausweislich des Titels der Arbeit wird die Insolvenzfestigkeit von Drittsicherheiten behandelt. Dabei untersucht Kreuzberg die Konstellation, dass nach Verfahrenseröffnung ein Darlehen ausgereicht wird (S. 23). Die Anwendbarkeit des § 91 InsO wird dann bezogen auf das Dreipersonenverhältnis aus Darlehensnehmer, Darlehensgeber/Sicherungsnehmer und Insolvenzschuldner/Sicherungsgeber geprüft (S. 61 ff.) mit der Begründung, dass sich die Frage nach der Insolvenzfestigkeit im Zweipersonenverhältnis nicht stellen würde, wenn der Insolvenzverwalter die Durchführung des Darlehensvertrags in der Insolvenz des Sicherungsgebers ablehnen könne. Die dort angestellten allgemeinen Erwägungen zum Erwerbsverbot lassen sich aber ebenfalls für die hiesige Untersuchung heranziehen. 105 Kreuzberg, Drittsicherheiten, S. 71. 106 Kreuzberg, Drittsicherheiten, S. 77 ff. 107 Kreuzberg, Drittsicherheiten, S. 85 f. 108 Kreuzberg, Drittsicherheiten, S. 87 f. 109 § 2 B. II. 1. c).
C. Kritische Stellungnahme41
künftige Forderung nicht zur Absonderung berechtige, das für eine bedingte Forderung hingegen schon. So sei auch eine Darlehensforderung rechtsbedingt und müsse daher grundsätzlich auch die Absonderungsberechtigung begründen können. Außerdem sei nicht die dingliche Verfügung selbst bedingt vorgenommen, weswegen § 161 Abs. 1 Satz 2 BGB schon nicht einschlägig sein könne. Befriedigung könne vielmehr nur dann nicht verlangt werden, wenn dem Erwerb der Forderung durch den Gläubiger die §§ 80 ff. InsO entgegenstünden. So könne beispielsweise für eine nach Verfahrens eröffnung begründete Darlehensrückzahlungsforderung keine abgesonderte Befriedigung verlangt werden, weil nach Verfahrenseröffnung nicht mehr wirksam an den Schuldner geleistet werden könne.110
C. Kritische Stellungnahme Der dargestellte Überblick über die vertretenen Ansichten ergibt kein einheitliches Bild. Unklar erscheint zum einen schon in terminologischer Hinsicht, welcher Erwerb (dingliches Recht, Einrede, Absonderungsrecht) auf Gläubigerseite bzw. welcher Verlust auf Seiten der Masse durch das Erwerbsverbot verhindert werden soll. Zum anderen ist die Abgrenzung von § 81 und § 91 InsO zweifelhaft. Schließlich wird die Anwendung des Erwerbsverbots pauschal bejaht oder verneint, ohne die Zwecke der Sicherheitenbestellung und des Insolvenzverfahrens ausreichend zu berücksichtigen.
I. Bezugspunkt Rechtserwerb Der Bezugspunkt des Erwerbsverbots ist beim dargestellten Meinungsstand unklar. Ausweislich seines Wortlauts will § 91 InsO verhindern, dass „Rechte an Gegenständen der Insolvenzmasse“ nach Verfahrenseröffnung erworben werden können. 1. Erwerb des dinglichen Rechts Maßstab für den Rechtsbegriff in § 91 InsO ist die Terminologie des allgemeinen Zivilrechts.111 Danach werden also das Eigentum oder beschränkt dingliche Rechte an Gegenständen erfasst. Dies bedeutete hier, dass § 91 InsO den Erwerb des dinglichen Sicherungsrechts Pfandrecht / Grundschuld / Hypothek als solchen nach Verfahrenseröffnung verhindern würde. 110 Vergleiche
zum Darlehen in der Insolvenz unten § 5 C. InsO, § 91 Rn. 8.
111 Jaeger/Windel,
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Die Zugrundelegung dieser allgemeinen Terminologie ist aber für die Beantwortung der hiesigen Frage nach der Anwendbarkeit des Erwerbsverbots auf die verschiedenen Sicherungsrechte wenig befriedigend, wenn man die jeweiligen Sicherungsrechte nicht unterschiedlich behandeln möchte, was zwangsläufig die Folge dieser Lösung wäre. So entsteht die akzessorische Fremdhypothek als Gläubigerrecht erst mit Forderungsentstehung, der Gläubiger erwirbt also tatsächlich ein Recht nach Verfahrenseröffnung, während das gleichfalls akzessorische Pfandrecht nach bürgerlich-rechtlicher Lesart bereits vor Forderungsentstehung existiert, der Rechtserwerb des Gläubigers also schon vorher erfolgt. Konsequenterweise fände das Erwerbsverbot einerseits für die Hypothek aufgrund des Rechtserwerbs nach Verfahrenseröffnung Anwendung, während diese Rechtsfolge andererseits bei Pfandrecht und Grundschuld abzulehnen wäre, da sich der jeweilige Rechtserwerb schon vor Verfahrenseröffnung vollzogen hat.112 Diese unterschiedliche Bewertung der einzelnen Sicherungsrechte überzeugt aber nicht. Zwar kann das Entstehen des dinglichen Rechts nach materiell-rechtlichen Vorgaben für die Frage der Insolvenzfestigkeit nicht außer Betracht bleiben, jedoch darf dies nicht zu einer bloßen Begriffsjurisprudenz führen.113 Denn dem Gläubiger wird die abgesonderte Befriedigung nicht (nur) deswegen gewährt, weil er schon vor Verfahrenseröffnung Inhaber eines dinglichen Rechts ist, sondern weil das Absonderungsrecht Ausdruck einer besonderen Schutzbedürftigkeit ist, die auch und gerade im Insolvenzfalle Geltung beansprucht.114 Dies gilt aber unabhängig von der jeweiligen Ausgestaltung für alle genannten Sicherungsrechte, die allesamt bereits vor Entstehen der gesicherten Forderung ihre Sicherungsfunktion entfalten.115 2. Einredeverlust Will man nun für diese Sicherungsrechte die Frage nach der Anwendbarkeit des Erwerbsverbots einheitlich beantworten, dabei aber den bürgerlichrechtlichen Entstehungszeitpunkt nicht außer Betracht lassen, muss eine andere, im Hinblick auf § 91 InsO dogmatisch überzeugende Lösung gefunden werden. Das Schrifttum geht den Weg, § 91 InsO dergestalt anzuwen112 So dann auch Kreuzberg, Drittsicherheiten, S. 71 ff., ebenso Schellewald, Sicherung, S. 229 f. 113 Vgl. auch Berger, NZI 2007, 566 (568 f.), nach dem die rechtstechnische Frage, ob ein Recht akzessorisch oder abstrakt ausgestaltet ist, nicht überbewertet werden dürfe. Ebenso meint Bork, InsR, Rn. 181, dass nicht die materiell-rechtliche Konstruktion, sondern die insolvenzrechtliche Wertung des § 91 InsO den Ausschlag geben muss. 114 Jaeger/Henckel, InsO, § 38 Rn. 20. 115 Siehe oben § 1 C. III.
C. Kritische Stellungnahme43
den, dass bei der Hypothek der Erwerb des dinglichen Rechts als solcher verhindert werde, während beim Pfandrecht der Verlust der Einrede als zu verhindernde Masseschmälerung116 den Anknüpfungspunkt für § 91 InsO darstelle. Damit wird Bezugspunkt des § 91 InsO nicht mehr der Rechtserwerb auf Gläubigerseite, sondern eine Masseschmälerung auf Schuldnerseite. Dass der Verlust der Nichtvalutierungseinrede eine im Sinne des § 91 InsO zu verhindernde Masseschmälerung sein kann, hat auch der BGH mit dem Hinweis darauf anerkannt, dass neben der Begründung neuer Rechte an Vermögensgegenständen des Schuldners auch die Erweiterung bereits bestehender Rechte zu Lasten der Masse von der Unwirksamkeitsanordnung erfasst werde.117 Dieses Verständnis bringt aber ebenfalls eine gespaltene Anwendung der Norm auf die unterschiedlichen Sicherungsrechte mit sich. 3. Erwerb des Absonderungsrechts Überzeugender ist es daher, in Anbetracht dieser Differenzierungen – die freilich den Vorschriften der §§ 1163, 1177 BGB und dem darauf basierenden Verständnis der Eigentümergrundschuld118 geschuldet sind – nicht auf den Erwerb eines Rechts oder den Verlust einer Einrede, sondern vielmehr generell für alle Sicherungsrechte auf die „Absonderungsberechtigung“ abzustellen. So stellt auch der BGH in einer Entscheidung zu § 15 KO auf den „Erwerb des Absonderungsrechts“ ab.119 Ebenso wird im Schrifttum angenommen, dass als „Recht“ im Sinne des § 91 InsO auch das Absonderungsrecht verstanden werden könne.120 Diese dem jeweiligen Sicherungsrecht mit dem Entstehen der Forderung zukommende Wirkung der Absonderungsberechtigung soll gerade von § 91 InsO verhindert werden.121 Die Absonderungsberechtigung als solche kann als Erweiterung der bestehenden bürgerlich-rechtlichen Sicherheit verstanden werden. Dementsprechend sollte trotz der Tatsache, dass über § 91 InsO selbstverständlich auch der Erwerb des dinglichen Rechts selbst verhindert werden kann, bei der Sicherheitenbestellung für künftige Forderungen generell auf den Erwerb der Absonderungsberechtigung abgestellt werden, wenn das jeweilige dingliche Recht schon vor Verfahrenseröffnung durch den Gläubiger bestellt wurde. 116 Vgl.
dazu Jaeger/Windel, InsO, § 91 Rn. 8. ZIP 2008, 703; ZIP 2008, 885 Rn. 11: „Eine nach § 91 beachtliche Rechtsposition wie etwa die Einrede einer fehlenden Valutierung […]“. 118 Kritisch dazu Eichel, Künftige Forderungen, S. 219 f. 119 BGH NJW 1975, 122. 120 Kübler/Prütting/Bork/Lüke, InsO, 45. EL 8/2011, § 91 Rn. 17; MünchKomm/ Breuer, InsO, § 91 Rn. 9, jeweils bezogen auf ein Absonderungsrecht, das sich aus einem Zurückbehaltungsrecht ergibt. 121 Kübler/Prütting/Bork/Lüke, InsO, 45. EL 8/2011, § 91 Rn. 40. 117 BGH
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II. Keine Anwendbarkeit des § 81 InsO Zweifelhaft ist in diesem Zusammenhang die im Schrifttum vorgenommene Abgrenzung von § 81 und § 91 InsO nach dem Vorliegen einer Schuldnerverfügung. Nach dieser Meinungsströmung soll § 81 InsO als speziellere Vorschrift Anwendung finden, wenn die gesicherte Forderung gegenüber dem Schuldner begründet werde, da in einem solchen Falle eine Verfügung seitens des Schuldners vorliege. 1. Keine Verfügung über die Eigentümergrundschuld Zwar mag diese Unterscheidung im Falle der Hypothek noch insofern nicht gänzlich fernliegen, als durch die Forderungsentstehung tatsächlich auch eine Umwandlung der Eigentümergrundschuld in eine Fremdhypothek erfolgt und der Gläubiger auch erst in diesem Zeitpunkt ein Fremdrecht erwirbt. Indessen liegt keine Verfügung vor, wenn der Schuldner beispielsweise die vereinbarte Darlehensvaluta entgegen nimmt. Denn der Verfügungsbegriff bezeichnet ein Rechtsgeschäft, das durch Aufhebung, Übertragung, Belastung oder Inhaltsänderung unmittelbar auf ein bestehendes Recht einwirkt.122 Dieser bürgerlich-rechtliche Begriff wird auch in § 81 InsO zugrunde gelegt.123 Keine Anwendung kann er finden auf die Konstellation, dass bei einer bereits bestehenden Eigentümergrundschuld die gesicherte Forderung erst nachträglich entsteht und sich dadurch die Umwandlung der Eigentümergrundschuld in eine Fremdhypothek vollzieht. Denn dies setzte voraus, dass sich die Umwandlung der Eigentümergrundschuld in eine Fremdhypothek als rechtsgeschäftliche Folge der Valutierung darstellte, was schon in Anbetracht des Umstands, dass sich die Umwandlung gleichsam automatisch vollzieht,124 nicht zu überzeugen vermag. Außerdem ist die relevante Verfügung bereits im Bestellungszeitpunkt der Hypothek für eine künftige Forderung vorgenommen. Zu diesem Zeitpunkt wird das Eigentum mit einer Eigentümergrundschuld belastet. Die spätere Forderungsentstehung führt zwar zur Rechtsänderung, jedoch ist das zur Forderungsentstehung führende Rechtsgeschäft nicht unmittelbar auf diese Rechtsänderung gerichtet. 2. Keine Verfügung bei Grundschuld und Pfandrecht Anders als bei der Hypothek stellt sich die Rechtslage bei Grundschuld und Pfandrecht dar. Hier liegt keine unmittelbare Rechtsänderung vor, da 122 Vgl.
nur BGHZ 101, 24 (26); 75, 221 (226); 1, 294 (304). Gehrlein, WM 2014, 485 (486). 124 Siehe oben § 1 C. III. 3. 123 Dazu
C. Kritische Stellungnahme45
das von vornherein als Fremdgrundschuld bestehende (Grund)Pfandrecht seinen Charakter durch die Valutierung nicht mehr ändert. Für eine Verfügung über das dingliche Recht fehlt es daher schon an dem Merkmal der Rechtsänderung. Dennoch wird die Ansicht vertreten, dass zwar keine Verfügung über das dingliche Recht, wohl aber eine § 81 InsO unterfallende Verfügung über die zur Masse gehörende Einrede der Nichtvalutierung vorliege, wenn gegenüber dem Schuldner valutiert werde.125 Jedoch liegt auch in diesem Fall keine unmittelbare Einwirkung auf ein Recht vor, da eine bloße Einrede kein Recht im Sinne des Verfügungsbegriffs darstellt. Auch die Rechtsprechung des BGH lässt sich gegen ein solches Verständnis und die Anwendbarkeit des § 81 InsO anführen. Denn das Gericht sieht den Anwendungsbereich von § 91 InsO dort eröffnet, „wo sich die Masseschmälerung nicht im Erwerb eines Rechts am massebefangenen Gegenstand niederschlägt, sondern die Masse unter Verstoß gegen die Haftungsordnung in anderer Weise verkürzt wird“.126 Hierzu zähle „der Verlust einer Einrede, namentlich bei Valutierung nicht akzessorischer Sicherungsrechte“.127 Diese Aussage unterstützt eine generelle Anwendung des § 91 InsO auf die Valutierung von Grundschulden, unabhängig von der Frage, ob es sich bei der zu sichernden Forderung um eine Schuldnerverbindlichkeit handelt oder gegenüber einem Dritten valutiert wird.128 3. Fehlende Verallgemeinerungsfähigkeit Überdies ist – neben dem Anwendungsfall der nachträglichen Valutierung eines Darlehens – aber auch denkbar, dass kein (weiteres) Rechtsgeschäft vorgenommen wird, welches zur Entstehung der gesicherten Forderung führt, sondern vielmehr die Forderung durch bestimmte reale Gegebenheiten zur Entstehung gelangt. So liegt der Fall129, wenn ein Gesellschafter anlässlich der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen aus einer Gesellschaft ausgeschlossen wird und infolgedessen Auseinandersetzungsansprüche auch gegen diesen Gesellschafter begründet werden, für die schon vor Verfahrenseröffnung Sicherheiten bestellt wurden. 125 Siehe
oben § 2 B. II. 1. ZIP 2008, 703 Rn. 11. 127 BGH ZIP 2008, 703 Rn. 12. 128 So spricht sich auch Jaeger/Windel, InsO, § 81 Rn. 8, im Falle der Valutierung von Sicherungsgrundschulden als mittelbare Folge von Verpflichtungsgeschäften für die Anwendung von § 91 InsO aus; vgl. aber auch die Kommentierung bei § 91 Rn. 41, wonach sich die Unwirksamkeit der Entstehung des Absonderungsrechts bei Auszahlung der Darlehensvaluta an den Schuldner schon aus § 81 InsO ergeben soll. 129 Vgl. BGHZ 86, 340. 126 BGH
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§ 2 Erwerbsverbot
4. Fazit Für die Frage der Anwendbarkeit von § 81 InsO oder § 91 InsO ist eine Differenzierung nach dem jeweils gewählten Sicherungsrecht nicht überzeugend. Vielmehr sollte der Erwerb der Absonderungsberechtigung bei erst nach Verfahrenseröffnung entstehender Forderung generell – das heißt für alle genannten Sicherungsrechte – an § 91 InsO gemessen werden. Denn die nachträgliche Valutierung eines Sicherungsrechts gegenüber dem Insolvenzschuldner stellt keine Verfügung im Sinne des § 81 InsO dar.130 Mithin ist die Möglichkeit der Absonderungsberechtigung im Falle einer erst nach Verfahrenseröffnung entstehenden Forderung immer an § 91 InsO zu messen. § 81 InsO mit der Voraussetzung einer Schuldnerverfügung ist nicht einschlägig.
III. Absonderungsrecht für „begründete“ Forderung Noch ungeklärt ist die Kernfrage, unter welchen Voraussetzungen § 91 InsO die Absonderungsberechtigung aufgrund eines vor Verfahrenseröffnung wirksam bestellten Sicherungsrechts für eine nach Verfahrenseröffnung entstehende Forderung verhindert. Eine einseitige, pauschale Beantwortung der Frage, ob § 91 InsO auf die Konstellation der Sicherheitenbestellung für eine künftige Forderung Anwendung finden kann, wird den Zwecken des BGB und der InsO nicht gerecht und verbietet sich daher. Auch der in ständiger Rechtsprechung des BGH vertretene Ansatz, dass es für die Anwendung des § 91 InsO darauf ankomme, ob das jeweilige Recht bereits zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung aus dem Vermögen des Schuldners ausgeschieden sei, sodass für diesen keine Möglichkeit mehr bestehe, es aufgrund alleiniger Entscheidung wieder zurückzuerlangen, ist für die hier zu klärende Frage wenig überzeugend. Denn dieser Maßstab hilft nicht weiter, wenn das in Rede stehende Sicherungsrecht schon vollwirksam bestellt wurde und damit der Vermögenswert bereits komplett aus dem Schuldnervermögen ausgeschieden ist. Dass der BGH diesen Ansatz 130 Auch ergibt sich eine Anwendbarkeit des § 81 InsO nicht mit der Erwägung Eichels, Künftige Forderungen, S. 248 f. Fn. 72, wonach ein Absonderungsrecht nach Verfahrenseröffnung nicht mehr entstehen könne, wenn zur Forderungsentstehung noch ein Rechtsgeschäft des Schuldners erforderlich ist, welches er aufgrund der §§ 80 ff. InsO nicht vornehmen könne (vgl. zu dieser ansonsten überzeugenden Sichtweise aber noch unten § 4 C. III. 2.). Denn Forderungen kann der Schuldner uneingeschränkt noch nach Verfahrenseröffnung begründen. Diese treffen ausweislich des § 38 InsO nur nicht die Insolvenzmasse (vgl. BGH ZIP 2015, 694 Rn. 8). § 81 InsO sagt damit für sich genommen noch nichts über die Verpflichtungsfähigkeit des Schuldners aus, vgl. HK/Kayser, InsO, § 81 Rn. 6.
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zur Begründung seiner Ergebnisse selbst nicht durchweg anwendet, lässt sich am Beispiel der oben dargestellten131 Kautionsversichererentscheidung belegen. Als Aufhänger dient dem BGH dort auch dieser Passus, zur Begründung der Entscheidung subsumiert er aber nicht darunter, sondern befasst sich stattdessen mit der gesicherten Forderung und deren Bedingtheit, woraus er in einer Zusammenschau mit der unbedingten Abtretung und der Sicherungsabrede sodann die Insolvenzfestigkeit herleitet. Dieser Ansatz ist nicht zielführend, wenn das dem Grunde nach zur Absonderung berechtigende Recht schon wirksam begründet wurde. Ein anderes mag gelten, wenn beispielsweise die Pfandrechtsbestellung selbst unter einer aufschiebenden Bedingung erklärt wurde. Maßgeblich für die Beantwortung der Frage nach der Insolvenzfestigkeit muss vielmehr eine Lösung unter Berücksichtigung der jeweiligen Besonderheiten von BGB und InsO sein. 1. Konflikt zwischen BGB und InsO Ausgangspunkt bei der Beantwortung der aufgeworfenen Frage nach der Insolvenzfestigkeit der Sicherheitenbestellung für künftige Forderungen ist zunächst die Feststellung, dass das BGB den Gläubigern die Möglichkeit der Sicherung auch erst künftig entstehender Ansprüche einräumt. Diese Sicherungsmöglichkeit findet ihre insolvenzrechtliche Ergänzung in dem Institut der abgesonderten Befriedigung. Die bürgerlich-rechtlichen Sicherungsrechte dienen naturgemäß der Gläubigerabsicherung für den Fall des nicht mehr zahlungskräftigen Schuldners. Allein aus diesem Grunde ist der Ansatz einer pauschalen Ablehnung der Insolvenzfestigkeit von – bürgerlich-rechtlich gerade vorgesehenen – Sicherheiten für künftige Forderungen nicht überzeugend. Indes ist aus insolvenzrechtlicher Sicht zu berücksichtigen, dass die Verfahrenseröffnung den Schuldner in seinen Möglichkeiten, über sein Vermögen nach Belieben zu verfügen, erheblich beschneidet. So sind beispielsweise Verfügungen des Schuldners über massezugehörige Gegenstände unwirksam (§ 81 InsO). Dagegen bleiben Verpflichtungsgeschäfte zwar wirksam, der Schuldner ist also weiterhin in der Lage, Verbindlichkeiten zu begründen. Diese treffen ihn aber persönlich (Neuforderungen). Die Insolvenzmasse (§ 35 InsO) indessen haftet für solche Forderungen gerade nicht. Denn das den Gläubigern zugewiesene Vermögen dient der Befriedigung der zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung begründeten Forderungen (§ 38 InsO). Begründet aber der Schuldner noch nach Verfahrenseröffnung Forderungen, 131 Siehe
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so sind diese nicht aus dem bestehenden Vermögen, das die Insolvenzmasse bildet, zu befriedigen, sondern treffen das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners. Die Insolvenzmasse kann nunmehr nicht durch Schuldnerhandeln nachteilig beeinflusst werden. Aus dem Blickwinkel nach Verfahrenseröffnung kann der Schuldner mithin künftig noch Forderungen begründen, allerdings sind diese nicht aus dem bei Verfahrenseröffnung bestehenden Vermögen zu begleichen. Damit wird der zu lösende Konflikt ersichtlich: Das BGB ermöglicht die Sicherung für künftige Forderungen, für die allein nach dem BGB der Schuldner mit seinem Vermögen (bzw. dem sichernden Vermögensgegenstand) haftet. Auch ist die Begründung einer Forderung zu einem künftigen Zeitpunkt durch den Schuldner möglich. Aus insolvenzrechtlicher Sicht ist aber die Zäsur der Verfahrenseröffnung zu beachten. Für welche Forderungen die Masse nunmehr haften soll, ist gesetzlich geregelt (§§ 38, 53 ff. InsO). Der Schuldner kann nach Verfahrenseröffnung schlichtweg dem Grunde nach keine Verbindlichkeit mehr eingehen, die aus der Insolvenzmasse beglichen werden sollen. Soll also ein massebefangener Gegenstand eine erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch den Schuldner eingegangene Verbindlichkeit sichern, fallen gesicherte Forderung und sichernder Gegenstand auseinander. Dies lässt unter Hinweis auf § 38 InsO den Schluss zu, dass ein massebefangener Gegenstand nicht ohne weiteres zur bevorzugten Befriedigung einer Forderung dienen soll, die ihrerseits nicht aus der Masse zu berichtigen ist. Im Ausgangspunkt müsste also eine Forderung besichert sein, die der Schuldner dergestalt begründen konnte, dass die Insolvenzmasse für sie haftet.132 Dann erscheint es auch sachgerecht, für derartige Forderungen, die quotal aus der Masse befriedigt werden müssten, die gesonderte vorrangige Haftung einzelner massezugehöriger Gegenstände anzuerkennen, selbst wenn die zu sichernde Forderung erst nach Verfahrenseröffnung entsteht. 2. Problematik Drittsicherheiten Diese Überlegung, dass die Masse neben dem Sicherungsrecht auch für die gesicherte Forderung gemäß § 38 InsO haften müsse, sieht sich dem Einwand ausgesetzt, dass der Schuldner auch eine gegen einen Dritten gerichtete Forderung besichern kann. Die grundsätzliche Absonderungsberechtigung des Gläubigers ist in solchen Fällen der Besicherung fremder Schul132 In diese Richtung – freilich mit dem Hinweis auf §§ 80 ff. InsO – Eichel, Künftige Forderungen, S. 248.
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den aber anerkannt.133 Der BGH führt dazu aus, dass das Absonderungsrecht in voller Höhe Geltung beansprucht, wenn der Schuldner für eine Drittverbindlichkeit die dingliche Haftung übernimmt, obwohl der Sicherungsnehmer kein Insolvenzschuldner ist.134 Dass also im Ausgangspunkt ein massezugehöriger Gegenstand für eine Forderung haftet, die ihrerseits nicht aus der Insolvenzmasse zu erfüllen ist, ist demnach zulässig und vermag die Absonderungsberechtigung des gesicherten Gläubigers nicht zu verhindern. Dies bedeutet aber für die soeben skizzierte Überlegung, dass ein massebefangener Gegenstand nicht ohne weiteres zur bevorzugten Befriedigung einer Forderung dienen soll, die ihrerseits nicht aus der Masse zu berichtigen ist, dass sie so lediglich im Zweipersonenverhältnis Geltung beanspruchen kann. Für die Konstellation einer Drittbesicherung ließe sie sich nur noch durch hypothetische Erwägungen halten.135 Denn in diesem Fall besichert der Schuldner mit einem massezugehörigen Gegenstand denknotwendig eine Forderung, die ihrerseits nicht gegen die Masse gerichtet ist, sondern einen Dritten trifft. Gesicherte Forderung und Sicherungsgegenstand fallen hier also naturgemäß haftungsrechtlich auseinander. 3. Verfahrenseröffnung als Zeitpunkt der Haftungsrealisierung Dennoch ist das Merkmal der bei Verfahrenseröffnung begründeten Forderung sachgerecht, um die Anforderungen an die insolvenzfest gesicherte Forderung zu bestimmen. Entscheidend ist nämlich, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens die ausschlaggebende Zäsur sowohl für den Schuldner als auch für die Gläubiger darstellt. Zu diesem Zeitpunkt muss bestimmbar sein, welche Forderungen aus der nunmehr zur Verfügung stehenden Vermögensmasse zu berichtigen sind und welche Gegenstände dieser Masse einer besonderen Vorzugsbefriedigung für bestimmte Forderungen dienen. Für eine gegen den Schuldner gerichtete Forderung ergibt sich dies schon aus der Erwägung, dass er bis zu diesem Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung grundsätzlich frei darin ist, nach Belieben über sein Vermögen zu verfügen und Forderungen zu Lasten der Gläubigergesamtheit zu begründen. Die 133 Aus diesem Grunde spricht sich Kreuzberg, Drittsicherheiten, S. 86 f., für die Insolvenzfestigkeit ungeachtet der gesicherten Forderung aus. Zur grundsätzlichen insolvenzrechtlichen Anerkennung der Drittbesicherung siehe Brinkmann, Kreditsicherheiten, S. 267 f. 134 BGH ZIP 2008, 1539 Rn. 15. 135 Vgl. Muthorst, ZIP 2009, 1794 (1797): „(…) ggf. als Forderung gegen den Schuldner gedacht (…)“.
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Gläubiger sind ihrerseits frei, beispielsweise durch Verträge Ansprüche gegen den Schuldner zu erwerben und diese notfalls im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzen. Das BGB ermöglicht den Gläubigern ferner, sich für diese Forderungen Sicherheiten einräumen zu lassen; durch die Anordnung der §§ 1113 Abs. 2, 1204 Abs. 2 BGB auch schon vor Entstehung der jeweiligen Forderung. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellt für diese Freiheiten aber eine zeitliche Grenze dar. Zum einen verliert der Schuldner seine Verfügungsbefugnis (§ 80 InsO) und kann keine Forderungen mehr begründen, welche die Insolvenzmasse belasten.136 Die Gläubiger zum anderen können ihre Ansprüche nur noch im Verfahren geltend machen (§§ 38, 87, 89 InsO). Die Insolvenzordnung erkennt damit grundsätzlich nur diejenigen Rechts positionen an, die vor Verfahrenseröffnung begründet wurden. Damit muss für die Anerkennung eines Absonderungsrechts maßgeblich sein, dass die in Rede stehende gesicherte Forderung zu dem für die Haftungsrealisierung maßgeblichen Zeitpunkt schon bestand, wobei § 38 InsO dafür auf die Begründetheit der Forderung abstellt. Denn grundsätzlich sollen nur solche begründeten Forderungen mit der bestehenden Masse befriedigt werden.137 Dies gilt unmittelbar für den Inhaber einer Sicherheit, die eine gegen den Schuldner gerichtete Forderung sichern soll. Zwar können auch noch nach Verfahrenseröffnung Forderungen durch den Schuldner begründet werden,138 dies bedeutet aber nicht, dass zu deren Sicherung bereits bestehende Sicherungsrechte ohne Einschränkungen herangezogen werden dürfen. Jene zeitliche und haftungsrechtliche Zäsur der Verfahrenseröffnung gilt darüber hinaus auch für denjenigen Sicherungsinhaber, dem die jeweilige Sicherheit vom Schuldner für eine Drittverbindlichkeit eingeräumt wurde. Zwar greift insofern die Überlegung nicht, dass der Schuldner durch die Verfahrenseröffnung gehindert wird, weitere Verbindlichkeiten zu Lasten der Masse zu begründen. Dennoch muss im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners (als Sicherungsgeber) zum relevanten Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung feststehen, für welche Forderungen Gegenstände der Masse verhaftet sind. Dass die Möglichkeit der Geltendmachung eines 136 Vgl.
dazu unten § 4 C. III. 2. anderes gilt für Masseforderungen gemäß §§ 53 ff. InsO, die aber nur unter besonders geregelten Voraussetzungen entstehen, siehe dazu unten § 4 C. III. 1. 138 Bei einer Forderungsbegründung gegenüber dem Insolvenzschuldner ist zu beachten, dass nach Verfahrenseröffnung regelmäßig nur noch Neuforderungen begründet werden können, wenn der Insolvenzschuldner selbst handelt, vgl. dazu noch unten § 4. 137 Ein
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isolierten Absonderungsrechts139 besteht, also der Absonderungsberechtigte nicht zugleich auch Inhaber einer gegen den Insolvenzschuldner gerichteten Forderung ist, führt zu keiner anderweitigen Bewertung. Dies zeigt allein schon die Überlegung, dass sich allgemein bei der Forderungsbesicherung die Verwertungsmöglichkeit nach der jeweils gesicherten Forderung richtet.140 Insofern ist der Begriff des isolierten Absonderungsrechts ohne Forderung gegen den Insolvenzschuldner auch irreführend. Denn das Absonderungsrecht ist nur in Bezug auf den Insolvenzschuldner relativ „isoliert“, was bedeutet, dass der Gläubiger keine Forderung gegen ihn als Sicherungsgeber hat. Trotzdem ist auch im Falle der Drittbesicherung eine bestehende Forderung Voraussetzung für die (abgesonderte) Befriedigung aus dem jeweiligen Gegenstand. Die vorgenommenen Abgrenzungen verdichten sich also zu der These, dass eine Sicherheit für eine künftige Forderung dem Gläubiger nur dann ein Absonderungsrecht gewährt, wenn die besicherte Forderung bei Verfahrenseröffnung „begründet“ im Sinne des § 38 InsO war. Für nach Verfahrenseröffnung begründete Forderungen kann die abgesonderte Befriedigung mithin nicht verlangt werden. Der durch das Sicherungsrecht ermöglichte Erwerb der Absonderungsberechtigung ist also nicht unabhängig von einer besicherten Forderung zu betrachten.141 Der Umstand, dass ein Sicherungsrecht vor Verfahrenseröffnung wirksam bestellt wurde, reicht allein nicht aus, um die Absonderungsberechtigung zu bejahen. 4. Ergebnis Wird ein Sicherungsrecht vor Verfahrenseröffnung für eine erst nach diesem Zeitpunkt entstehende Forderung bestellt, so richtet sich die Möglichkeit der Absonderungsberechtigung nach der gesicherten Forderung. Dabei ist aber eine Abgrenzung von bedingten zu künftigen Forderungen – wie sie in Rechtsprechung und Literatur vertreten wird – nicht maßgeblich,142 da diese bloßen Begrifflichkeiten, denen es alleine schon an einer universellen Definition fehlt, nicht über die Frage entscheiden können, ob sich das Sicherungsrecht in der Insolvenz bewährt. Entscheidend ist vielmehr, dass die jeweilige Forderung schon vor Verfahrenseröffnung „begründet“ im Sinne Kreuzberg, Drittsicherheiten, S. 52. dann auch Kreuzberg, Drittsicherheiten, S. 90: Der Sicherungsnehmer sei zwar berechtigt, sein Absonderungsrecht „geltend zu machen“, mangels Verwertungsreife bestehe aber vor Eintritt des Sicherungsfalles kein Anspruch auf Verwertung und Erlösauskehr. 141 A. A. Kreuzberg, Drittsicherheiten, S. 87 f. 142 Ebenso Eichel, Künftige Forderungen, S. 233. 139 Vgl. 140 So
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des § 38 InsO war. Ist dies der Fall, so kann der Sicherungsnehmer für diese nach Verfahrenseröffnung entstehende Forderung abgesonderte Befriedigung verlangen.
IV. Zession nach Verfahrenseröffnung: Begründetheit der Forderung in der Person des Sicherungsinhabers Für diese Untersuchung von Bedeutung ist ebenfalls die Konstellation, dass der Inhaber einer Sicherheit erst nach Verfahrenseröffnung eine Forderung im Wege der Abtretung erwirbt. Denn in einem solchen Fall ist denkbar, dass der Sicherungsinhaber eine für ihn zwar künftige Forderung nach Verfahrenseröffnung erwirbt, die aber ihrerseits in der Person des Zedenten nicht künftig war, sondern bereits vor Verfahrenseröffnung bestand und damit ohne die Zession als bloße ungesicherte – aber dennoch begründete – Forderung am Verfahren teilgenommen hätte.143 1. BGH NJW 1975, 122 Scheinbar im deutlichen Widerspruch zu der hier aufgestellten These, dass die abgesonderte Befriedigung für eine bei Verfahrenseröffnung begründete Forderung anzuerkennen ist, steht der – bereits oben erwähnte – vom BGH zur Unterdeckungnahme von Forderungen entschiedene Fall.144 Dieser lag so, dass die Schuldnerin der Beklagten bereits vor Verfahrens eröffnung Grundschulden abgetreten hatte, die nach der Sicherungsabrede auch erst künftig entstehende, von der Beklagten erst durch Abtretung zu erwerbende Forderungen umfassen sollten. Das Konkursverfahren über das Vermögen der Schuldnerin wurde am 06.08.1970 eröffnet, die in Rede stehende Forderung erwarb die Gläubigerin erst durch Abtretung am 11.08.1970, also nach der Zäsur der Verfahrenseröffnung. Diese Forderung stammte selbst aber aus dem Zeitraum vor Verfahrenseröffnung und war auch schon zur Tabelle angemeldet. Der BGH verwehrte der Gläubigerin das Absonderungsrecht mit der Begründung, dass die Abtretung der Forderungen erst nach Verfahrenseröffnung erfolgte und erst zu diesem Zeitpunkt ein eigenes Absonderungsrecht entstanden sei. Mithin konnte die Gläubigerin nicht abgesonderte Befriedi143 Siehe
zu dieser Unterscheidung schon oben § 1 B. NJW 1975, 122; oben § 2 B. I. 3. Siehe auch den vergleichbaren Fall zur Konkursanfechtung, in dem der BGH die Absonderungsberechtigung für in der Krise zedierte Forderungen abgelehnt hat: BGHZ 59, 230 ff., dazu unten § 3 D. II. 1. a) sowie § 3 D. III 2. c). 144 BGH
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gung für eine vor Verfahrenseröffnung begründete Forderung verlangen, weil diese ihr erst nach Verfahrenseröffnung abgetreten wurde. 2. Würdigung Dem BGH ist für diese Konstellation der nachträglichen Unterdeckungnahme im Ergebnis zuzustimmen. Dem Gläubiger ist die Absonderungsberechtigung dann zu versagen, wenn er die Vorzugsbefriedigung zwar für eine Forderung geltend macht, die schon bei Verfahrenseröffnung begründet im Sinne des § 38 InsO war, die er selbst aber in seiner Person erst nach dieser haftungsrechtlichen Zäsur erworben hat. Zwar macht eine Zession aus einer einmal „begründeten“ Forderung keine Neuforderung.145 Es ist mithin für den Gläubiger möglich, die zedierte Forderung seinerseits zur Tabelle anzumelden und dergestalt am Verfahren teilzuhaben. Jedoch sprechen gewichtige Gründe gegen eine Absonderungsberechtigung des Gläubigers für diese begründete Forderung. a) Abgeleiteter Forderungserwerb Zum einen handelt es sich infolge der Zession um einen abgeleiteten Erwerb. Die Forderung kann mithin nur so geltend gemacht werden, wie sie der Zessionar erworben hat. § 401 Abs. 2 BGB drückt dies positiv aus, wonach der Zessionar ein mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht146 für den Insolvenzfall ebenfalls geltend machen kann. Umgekehrt kann er eine bloße Forderung durch die nachträgliche Unterdeckungnahme nicht zu einer Forderung „aufwerten“, für die nunmehr abgesonderte Befriedigung verlangt werden kann. Die jeweilige vor Verfahrenseröffnung begründete Forderung fällt mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners in den Anwendungsbereich der par condicio creditorum und kann aus diesem Grunde nicht willkürlich durch Inhaberwechsel aufgewertet werden. b) Reichweite des Sicherungszwecks Der vom BGH entschiedene Fall lag so, dass der Grundschuld auch vom Gläubiger erst durch Abtretung zu erwerbende Forderungen unterstellt sein 145 Jaeger/Henckel,
InsO, § 38 Rn. 106. gehören auch bestehende Absonderungsrechte, vgl. Staudinger/Busche, BGB, 2012, § 401 Rn. 25; zum unter Geltung der Insolvenzordnung nur noch eingeschränkten Anwendungsbereich der Vorschrift MünchKomm/Roth/Kieninger, BGB, § 401 Rn. 16. 146 Dazu
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sollten, die in Rede stehende Forderung also absprachegemäß bevorzugt aus der Grundschuld befriedigt werden konnte. Diese Erweiterung des Sicherungszwecks kann allerdings nicht ohne Einschränkung auch nach der entscheidenden Zäsur der Verfahrenseröffnung gelten. Zu eben jenem Zeitpunkt der Haftungsrealisierung muss feststehen, welche massebefangenen Gegenstände welchen Forderungen zur bevorzugten Befriedigung dienen. Nach Verfahrenseröffnung kann die Haftungsreichweite der Vermögensgegenstände nicht zu Lasten der Masse ausgeweitet werden. Verlangt der Gläubiger für eine zedierte „unter Deckung genommene“ Forderung abgesonderte Befriedigung, so muss er grundsätzlich vor Verfahrenseröffnung eine Berechtigung an der Forderung erworben haben. Ein „Verschieben“ von Sicherheiten nach Verfahrenseröffnung zu Lasten der Masse kann hingegen keine Absonderungsberechtigung begründen.147 Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn bereits bei Bestellung der Sicherheit feststand, dass und welche Forderungen eines anderen Gläubigers ebenfalls von der Sicherheit gedeckt werden.148 In einem weiteren vom BGH entschiedenen Fall hatte eine Gläubigerin nach Verfahrenseröffnung ihre vom Schuldner vor Verfahrenseröffnung bewilligte Grundschuld an eine andere – ungesicherte – Gläubigerin abgetreten.149 Das Gericht entschied, dass zwar die Übertragung schon bestehender Rechte grundsätzlich nicht unter § 91 InsO falle, da sie die Insolvenzgläubiger nicht benachteilige. Allerdings sei durch die Abtretung der Grundschuld nachträglich der ungesicherte Anspruch der Zessionarin unter Deckung genommen worden. Dadurch sei der Masse die ihr zuvor zustehende Einrede der mangelnden Valutierung genommen worden, was zu einer Vertiefung der Belastung des Grundstücks durch die Grundschuld geführt habe. Im Ergebnis hat der BGH aber eine Anwendung des § 91 InsO mit der Begründung abgelehnt, dass das Darlehen der Zessionarin – infolge der Erweiterung des Sicherungszwecks vor Verfahrenseröffnung dahingehend, dass auch die Forderung der Grundschulderwerberin vollumfänglich neben derjenigen der Zedentin abgesichert sein sollte – insolvenzrechtlich wirksam unter Deckung genommen worden sei.150 147 Vgl. BGHZ 59, 230 ff. zum Fall der Unterdeckungnahme von Forderungen in der Krise; BGH ZIP 2005, 1651 (1653) zur Anfechtbarkeit einer Verrechnung sicherungszedierter Forderungen im Sicherheitenpool; kritisch dazu Bitter, FS Ganter, S. 101 (118); BGHZ 160, 107 ff. zur Konzernverrechnungsklausel. 148 Vgl. auch BGH ZIP 2005, 1651 (1652), wonach Inkongruenz eines Forderungspfandrechts nur durch einen „bestimmten Sicherungsanspruch ausgeschlossen [werden könne], der auf einen von vornherein individualisierbaren Gegenstand gerichtet ist“. 149 BGH ZIP 2008, 703 Rn. 10 ff. 150 BGH ZIP 2008, 703 Rn. 20 ff.
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c) Vergleich zu § 96 Abs. 1 Nr. 2 InsO Die Versagung der Absonderungsberechtigung für unter Deckung ge nommene Forderungen wird darüber hinaus durch die Vorschrift des § 96 Abs. 1 Nr. 2 InsO gestützt, wonach eine Aufrechnung unzulässig ist, wenn ein Insolvenzgläubiger seine (Gegen)forderung erst nach Eröffnung des Verfahrens von einem anderen Gläubiger erworben hat. Ähnlich wie die abgesonderte Befriedigung ermöglicht auch die Aufrechnung dem Gläubiger eine Vorzugsbefriedigung für seine Forderung. Statt die zedierte Forderung zur Tabelle anzumelden und damit lediglich die Aussicht auf eine quotale Befriedigung zu erhalten, kann der Gläubiger durch die Aufrechnung bis zur Höhe der gegen ihn gerichteten Hauptforderung Befriedigung seines Anspruchs erlangen. Freilich darf die Vergleichbarkeit von Aufrechnung und abgesonderter Befriedigung nicht so weit führen, dass diese vom Gesetzgeber vorgesehenen unterschiedlichen Befugnisse gleichgesetzt werden.151 Dennoch liegt § 96 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ein verallgemeinerungsfähiger Rechtsgedanke dahingehend zugrunde, dass ein derartiger Erwerb der Möglichkeit einer Vorzugsbefriedigung durch einen Gläubigerwechsel nach Verfahrenseröffnung nicht insolvenzfest sein soll.152 Eine Einschränkung lässt sich hier nur dann erwägen, wenn dem Gläubiger bereits bei Verfahrenseröffnung die zedierte Forderung bedingt zustand.153 Denn in einem solchen Fall tritt § 96 Abs. 1 Nr. 2 InsO hinter § 95 Abs. 1 InsO zurück, da der Gläubiger schon eine „gesicherte Rechtsposi tion“ bzw. eine Anwartschaft154 auf die zu erwerbende Forderung hatte, was zu der Frage führt, ob dies auch gegenüber der Masse Geltung beansprucht. Indes wirkt diese Anwartschaft nur im (Außen)verhältnis zum Zedenten und begründet gerade keine „gesicherte Rechtsposition“ gegenüber der Masse. Als Gegenbeispiel möge hier die Regressforderung des Bürgen dienen, die jener über § 774 BGB im Wege der cessio legis erwirbt. Hat sich der Bürge für seinen Regress im Vorhinein abgesichert, so kann er auch für die legalzedierte Forderung abgesonderte Befriedigung verlangen.155 Denn diese Forderung steht dem Bürgen schon mit Abschluss des Bürgschaftsvertrags zu, sodass er eine Mitberechtigung an der Forderung besitzt.156 Mit dieser Erwägung hat auch der BGH dem Kautionsversicherer die abgesonderte 151 Vgl.
MünchKomm/Ganter, InsO, Vor §§ 49–52 Rn. 16. § 91 Rn. 41, 8; vgl. auch Häsemeyer, InsR, Rn. 10.20. 153 Vgl. Adolphsen, InsR-Handbuch, § 45 Rn. 88; MünchKomm/Brandes/Lohmann, InsO, § 96 Rn. 19. 154 Vgl. zur weiten Auslegung des § 95 InsO BGHZ 160, 1 (4). 155 Siehe BGH ZIP 2008, 885, dazu unten § 5 B. 156 Vgl. hierzu auch Holzmann, Regressrisiko, S. 57 f. 152 Jaeger/Windel,
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Befriedigung aus dem vor Verfahrenseröffnung abgetretenen Festgeldguthaben für die erst nach Verfahrenseröffnung auf den Versicherer übergegangene Hauptforderung zugestanden. Der Rechtsboden für die gesicherte Forderung sei nämlich schon mit Hingabe der Sicherheit und Eingehen der Bürgschaftsverpflichtung begründet gewesen.157 Diese bedingte Begründung besteht gerade im Verhältnis zum späteren Insolvenzschuldner und nicht (nur) im Verhältnis zum Zedenten. d) Ergebnis Die gesicherte Forderung muss zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung bereits in der Person des absonderungsberechtigten Gläubigers begründet sein. Der Erwerb einer ungesicherten Forderung im Wege der Zession nach Verfahrenseröffnung genügt regelmäßig nicht, um für diese Forderung ein Absonderungsrecht geltend zu machen. Ein anderes kann dann gelten, wenn dem Zessionar schon vorher eine Mitberechtigung an der später zedierten Forderung zustand.
D. Thesen 1. Ein Gläubiger kann aufgrund eines vor Verfahrenseröffnung bestellten Sicherungsrechts für eine erst nach Verfahrenseröffnung entstehende Forderung abgesonderte Befriedigung verlangen, wenn die zugrundeliegende Forderung zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung bereits so weit „verdichtet“ ist, dass sie als begründete Forderung im Sinne des § 38 InsO angesehen werden kann. Entsteht die Forderung also erst nach der Zäsur der Verfahrenseröffnung, war sie aber zu diesem Zeitpunkt schon so weit konkretisiert, dass sie den Anforderungen des § 38 InsO entsprach, erwirbt der Gläubiger aufgrund des Sicherungsrechts im Zeitpunkt der Forderungsentstehung ungehindert von § 91 InsO ein Absonderungsrecht. 2. Das Erfordernis einer schon bei Verfahrenseröffnung begründeten Forderung gilt mit der Festlegung des maßgeblichen Zeitpunkts sowohl für den Fall, dass der insolvente Sicherungsgeber gleichzeitig auch Forderungsschuldner ist, als auch für die Konstellation der Drittbesicherung einer für den Insolvenzschuldner fremden Verbindlichkeit. 3. Um die bürgerlich-rechtlichen Sicherungsrechte Pfandrecht, Hypothek und Grundschuld einer parallelen Bewertung zu unterziehen, bietet es 157 BGH
ZIP 2008, 885 Rn. 11; kritisch dazu Holzmann, Regressrisiko, S. 45 ff.
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sich an, unabhängig von einer etwaigen akzessorischen Ausgestaltung generell im Rahmen des § 91 InsO auf den Erwerb des Absonderungsrechts als solchen abzustellen. Dadurch werden Unterschiede im Anknüpfungspunkt (Erwerb des dinglichen Rechts respektive Verlust der Nichtvalutierungseinrede) verhindert. 4. In gleicher Weise sollte die Frage der Abgrenzung von § 81 InsO und § 91 InsO erfolgen. § 81 InsO findet auf die vorliegende Konstellation der Besicherung künftiger, erst nach Verfahrenseröffnung entstehender Forderungen keine Anwendung, da es grundsätzlich an der Schuldnerverfügung nach Verfahrenseröffnung fehlt, wenn das jeweilige Sicherungsrecht schon vorher bestellt wurde und nur das Entstehen der gesicherten Forderung aussteht. 5. Erwirbt der dinglich gesicherte Gläubiger erst nach Verfahrenseröffnung durch Abtretung eine Forderung gegen den Schuldner, so berechtigt diese nachträgliche Unterdeckungnahme nicht zur abgesonderten Befriedigung. Die gesicherte Forderung, für welche abgesonderte Befriedigung verlangt wird, muss zum Zeitpunkt der Haftungsrealisierung (Verfahrenseröffnung) in der Person des jeweiligen Gläubigers begründet sein. Ein anderes gilt dann, wenn dem Zessionar schon vorher eine Mitberechtigung an der zedierten Forderung zustand.
§ 3 Anfechtbarkeit Den Gläubigern haftet gemäß § 38 InsO die Insolvenzmasse und damit zunächst nur das bei Verfahrenseröffnung bestehende Vermögen des Insolvenzschuldners, § 35 InsO. Hat der Schuldner Vermögensgegenstände vor Verfahrenseröffnung veräußert, fallen diese nicht in die Masse und sind somit dem Zugriff der Gläubigergesamtheit im Insolvenzverfahren grundsätzlich entzogen. Das Insolvenzanfechtungsrecht ermöglicht es dem Insolvenzverwalter aber, „ungerecht“ erscheinende Vermögensverschiebungen vor Verfahrenseröffnung rückgängig zu machen.158 Gemäß § 129 InsO kann der Insolvenzverwalter zu diesem Zwecke gläubigerbenachteiligende Rechtshandlungen anfechten. Dafür sieht die InsO verschiedene Anfechtungsgründe in den §§ 130 ff. InsO vor. Neben den allgemeinen, auch im AnfG normierten Gründen der Vorsatzanfechtung (§ 133 InsO) oder der Anfechtung unentgeltlicher Leistungen (§ 134) beinhalten die §§ 130–132 InsO besondere Anfechtungsgründe, die zeitlich an die „Krise“ vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens anknüpfen. Dieser Begriff bezeichnet den Zeitraum unmittelbar vor Einleitung des Insolvenz(eröffnungs)verfahrens.159 Die einzelnen Anfechtungstatbestände stellen hier auf besonders unterteilte Zeitabschnitte ab, von drei Monaten vor Eröffnungsantrag bis hin zum Zeitraum zwischen Antrag und Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Die Insolvenzanfechtung bezweckt im Allgemeinen den Schutz der Masse vor der Entziehung von Vermögenswerten. Darüber hinaus ist es vornehmliches Ziel insbesondere der Deckungsanfechtung gemäß §§ 130 f. InsO, die Durchsetzung des Grundsatzes der Gläubigergleichbehandlung zu gewährleisten, indem verhindert wird, dass sich einzelne Gläubiger im Vorfeld der Insolvenz Sondervorteile verschaffen.160
158 HK/Kreft, InsO, § 129 Rn. 1; MünchKomm/Kirchhof, Vorbemerkungen vor §§ 129–147 Rn. 2; Uhlenbruck/Hirte/Ede, InsO, § 129 Rn. 1. 159 Bork, InsR, Rn. 260; Uhlenbruck/Ede/Hirte, InsO, § 130 Rn. 3 sowie oben Fn. 14. 160 Bork, InsR, Rn. 244; Häsemeyer, InsR, Rn. 21.01; dazu sogleich unten § 3 D. III. 2. a).
A. Problemeinführung59
A. Problemeinführung I. Sicherheit als Deckung Paradigmatisch für die besondere insolvenzrechtliche Deckungsanfechtung ist der Fall, dass der spätere Insolvenzschuldner einem Gläubiger für dessen bereits bestehende Forderung während der Krise ein Sicherungsrecht bestellt. So sind nach §§ 130, 131 InsO Rechthandlungen anfechtbar, die dem Gläubiger eine Sicherung gewähren. Da die Bestellung einer dinglichen Sicherheit die Zugriffsmöglichkeiten der anderen Gläubiger auf den Sicherungsgegenstand verkürzt, ist jene grundsätzlich geeignet, die Befriedigungsaussichten der Gläubigergesamtheit im Sinne des § 129 InsO zu schmälern und deshalb gläubigerbenachteiligend zu wirken.161 Die Sicherheitenbestellung in der Krise hat überdies zur Folge, dass aus einem einfachen Insolvenzgläubiger, der im Verfahren nur quotal befriedigt würde, ein absonderungsberechtigter Gläubiger wird, der bevorzugte Befriedigung aus dem Sicherungsgegenstand verlangen kann. Damit hat sich also ein einfacher Gläubiger in der Krise einen Sondervorteil verschafft. Sind die weiteren Voraussetzungen der §§ 130, 131 InsO erfüllt, kann der Insolvenzverwalter die Gewährung der Sicherheit anfechten mit der Rechtsfolge des § 143 InsO, der dem Anfechtungsgegner eine Rückgewährpflicht auferlegt. Je nach einschlägigem Tatbestand müssen die Anforderungen an die zeitliche Nähe zum Insolvenzantrag, die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners sowie die Kenntnis des Gläubigers bei § 130 InsO und ferner bei § 131 InsO die Inkongruenz des gewährten Sicherungsrechts erfüllt sein. Ist die erlangte Deckung vom Gläubiger nicht zu beanspruchen gewesen (inkongruent), so gelten weniger hohe Anforderungen in subjektiver Hinsicht. Erfolgt die Sicherheitenbestellung zeitlich früher als drei Monate vor Stellung des Insolvenzantrages, also außerhalb des Zeitraums der sogenannten Krise, so kommt jedenfalls eine Deckungsanfechtung nach §§ 130, 131 InsO nicht in Betracht und es bleibt nur die Anfechtung nach §§ 133 InsO bei einer vorsätzlichen Gläubigerbenachteiligung (zehn Jahre) oder nach § 134 InsO im Falle der Schenkung (vier Jahre).
II. Problemstellung bei Sicherheiten für künftige Forderungen Ähnlich wie beim Erwerbsverbot gemäß § 91 InsO162 stellt sich die Frage, ob eine Anfechtung auch dann in Betracht kommt, wenn zwar die Sicherheitenbestellung als solche außerhalb der Krise, die Forderungsentste161 MünchKomm/Kayser, 162 Oben
§ 2.
InsO, § 129 Rn. 150.
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hung und damit das Werthaltigwerden des Sicherungsrechts indessen erst in der Krise erfolgt. Hier stellen sich wiederum für die jeweiligen Sicherungsrechte die gleichen Probleme wie beim Erwerbsverbot nach § 91 InsO. Wird eine Hypothek für eine künftige Forderung bestellt, existiert das Grundpfandrecht zunächst als Eigentümergrundschuld. Entsteht dann die gesicherte Forderung im anfechtungsrelevanten Zeitraum, so erwirbt der Gläubiger auch erst in diesem Zeitpunkt die eigentliche Fremdhypothek, sodass dieser Rechtserwerb unter den weiteren Voraussetzungen der §§ 129 ff. InsO anfechtbar erscheint. Anders stellt sich die Rechtlage bei der Pfandrechtsbestellung für eine künftige Forderung dar. Denn das Pfandrecht soll bereits im Zeitpunkt des dinglichen Bestellungsakts entstehen.163 Die Verfügungshandlung des Pfandschuldners kann zeitlich weit vor der Krise liegen, sodass auch der Rechtserwerb als solcher zu diesem Zeitpunkt stattfindet. Dies bedeutete beim Mobiliarpfandrecht, dass ein Gläubiger, der in der Krise eine Forderung gegen den Schuldner erwirbt, durch das vorher wirksam bestellte Sicherungsrecht in den Genuss der abgesonderten Befriedigung kommen könnte. Gleiches gälte im Falle der Grundschuld, die als abstraktes Recht mit dem dinglichen Bestellungsakt und der Eintragung ins Grundbuch entsteht. Wie bei § 91 InsO im Falle der Forderungsentstehung nach Verfahrenseröffnung, richtet sich auch die Anfechtbarkeit scheinbar nach dem jeweils gewählten Sicherungsrecht. Ausgehend von der Grundkonstellation, dass der Gläubiger sich für seine Forderung innerhalb des kritischen Zeitraums vor Verfahrenseröffnung eine Sicherheit bestellen lässt und dies grundsätzlich als Deckung wegen der Begründung einer Vorrangstellung anfechtbar erscheint, soll hier untersucht werden, inwiefern der prima facie scheinbar umgekehrte Fall, dass der Gläubiger zunächst eine Sicherheit schon im unkritischen Zeitpunkt besitzt, die jeweils gesicherte Forderung aber später in der Krise entsteht, ebenfalls als gläubigerbenachteiligende Deckung eines Insolvenzgläubigers verstanden werden und so die Anfechtungsmöglichkeit des Insolvenzverwalters eröffnen kann.
B. Überblick Meinungsstand Sowohl Rechtsprechung als auch Schrifttum halten die Deckungsanfechtungsvorschriften für einschlägig,164 beurteilen die Anfechtbarkeit aber im 163 Nachweise
siehe oben § 1 C. III. 4. BGHZ 86, 340 wird als Anfechtungsgrund § 30 Nr. 1 Alt. 2 KO, was der heutigen Deckungsanfechtung nach § 130 InsO entspricht, geprüft. BGHZ 170, 196 misst das Vermieterpfandrecht ebenfalls an § 130 InsO. Berger, NZI 2007, 566 ff., der von der Anfechtbarkeit der Sicherheitenbestellung ausgeht, nennt bei der Sicherheitenbestellung für künftige Forderungen zwar keinen konkreten Anfechtungstatbe164 In
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Ergebnis unterschiedlich. Während zumindest die frühere Rechtsprechung noch von der Unanfechtbarkeit der Sicherheitengewährung ausging, wenn lediglich die Forderung im kritischen Zeitraum vor Eröffnung des Verfahrens entsteht, ist im Schrifttum die gegenteilige Ansicht weit verbreitet. Die Kontroverse dreht sich dabei vornehmlich um die Bestimmung des Vornahmezeitpunkts der Sicherheitenbestellung. Der BGH erachtet dabei den bürgerlich-rechtlichen Entstehungszeitpunkt für maßgeblich, während die Gegenauffassung das Moment der Forderungsentstehung unter Heranziehung von § 140 InsO für entscheidend hält und so zum gegenteiligen Ergebnis der Anfechtbarkeit gelangt. Die hier zu untersuchende Problematik wird damit, soweit ersichtlich, nur mit Hinweis auf den „anfechtungsrelevanten Zeitpunkt“ – Bestellung der Sicherheit einerseits oder Entstehung der Forderung andererseits – beantwortet. Eine eingehende Auseinandersetzung mit den weiteren Voraussetzungen der Deckungsanfechtung erfolgt indessen nicht.
I. Höchstrichterliche Rechtsprechung 1. BGHZ 86, 340: bürgerlich-rechtliche Betrachtungsweise In der Entscheidung BGHZ 86, 340 machte der Konkursverwalter über das Vermögen der Gesellschaft im Wege der Anfechtung Rückgewähransprüche zur Masse geltend. Die Beklagte und die Schuldnerin hatten einen Arbeitsgemeinschaftsvertrag zur gemeinsamen Durchführung eines Bauvorhabens geschlossen. Dieser Vertrag sah vor, dass ein Gesellschafter für den Fall der Beantragung des Konkursverfahrens über sein Vermögen durch Erklärung des anderen Gesellschafters ausgeschlossen werden kann und dass ein Gesellschafter automatisch ausscheidet, wenn es zur Verfahrenseröffnung kommt. Die zur Erreichung des Gesellschaftszwecks benötigten Geräte mussten dabei bis zur Fertigstellung des Baus der Arbeitsgemeinschaft überlassen werden. An diesen Geräten sollte den anderen Gesellschaftern ein Pfandrecht wegen aller aus dem Vertrag bestehenden Ansprüche zustehen. Die Schuldnerin beantragte am 03.04.1979 die Eröffnung des Konkursverfahrens und wurde daraufhin von der Beklagten ausgeschlossen. Das Verfahren wurde am 01.06.1979 eröffnet. Gegenüber dem Begehren des Konkursverwalters auf Herausgabe der Gerätschaften machte die Beklagte ein Pfandrecht an den Gegenständen wegen ihrer Auseinandersetzungsforderung gegen die Schuldnerin geltend. stand, erwähnt aber die subjektiven Voraussetzungen der §§ 130, 131 InsO. Zenker, ZVI 2006, 327 f., benennt ebenfalls nicht ausdrücklich den einschlägigen Anfechtungstatbestand. Wenn er aber die besondere zeitliche Nähe zur Insolvenzantragsstellung erwähnt, scheint auch er implizit von einer Deckungsanfechtung auszugehen.
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Der Sachverhalt lag hier so, dass der Beklagten das Pfandrecht an den im Mitbesitz befindlichen Gegenständen bereits mit Abschluss des Arbeitsgemeinschaftsvertrags – und damit außerhalb des anfechtungsrelevanten Zeitraums – eingeräumt wurde. Dieses Pfandrecht sollte alle aufgrund des Arbeitsgemeinschaftsvertrags bestehenden Ansprüche sichern. Umfasst war somit auch die damals noch künftige Auseinandersetzungsforderung der Beklagten in Höhe von 645.155,56 DM. Der BGH verneinte die Anfechtungsmöglichkeit des Konkursverwalters im Hinblick auf die Pfandrechtsbestellung als solche.165 Für die Anfechtung einer mehraktigen Rechtshandlung wie der Pfandrechtsbestellung sei maßgeblich, wann die Masse endgültig geschmälert werde. Dies sei mit Vollzug des Rechtserwerbs beim Anfechtungsgegner der Fall. Die Beklagte habe das Pfandrecht nach den bürgerlich-rechtlichen Vorgaben sofort mit Einigung und Übergabe der Pfandsache und nicht erst mit Entstehen der Forderung erlangt.166 Eine Anfechtung der Pfandrechtsbestellung sei demnach nur möglich, wenn ein Teil des Entstehungstatbestands des dinglichen Rechts in den kritischen anfechtungsrelevanten Zeitraum falle. Auf die Forderungsentstehung kommt es also nach Ansicht des BGH nicht mehr an. 2. BGHZ 170, 196: wirtschaftliche Betrachtungsweise Im Ergebnis wie in BGHZ 86, 340, in der Begründung aber deutlich anders urteilte der BGH über die Anfechtbarkeit eines Vermieterpfandrechts.167 Im zugrundeliegenden Sachverhalt hatten die klagende Vermieterin und die Schuldnerin am 04.07.2000 einen Vertrag über die Vermietung von Büroräumen geschlossen. Auf Eigenantrag vom 30.07.2001 hin wurde am 04.10.2001 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Mieterin eröffnet. Nach Antragsstellung leistete die Schuldnerin die vereinbarten Mietzahlungen in Höhe von 26.490,09 EUR für die letzten beiden Monate vor Verfahrenseröffnung nicht. Die Klägerin widersprach in Ausübung des von ihr geltend gemachten Vermieterpfandrechts einer Entfernung der von der Schuldnerin eingebrachten Gegenstände. Der beklagte Insolvenzverwalter verwertete diese Gegenstände, verwendete den Erlös indessen nicht zur Befriedigung der mietvertraglichen Forderungen. Die Parteien streiten darüber, ob das Vermieterpfandrecht auch die nach Stellung des Eröffnungsantrags entstehenden Forderungen wirksam sichert. Der BGH entschied für diesen Fall, dass die Klägerin wegen ihrer Forderungen aufgrund des Vermieterpfandrechts zur abgesonderten Befriedi165 BGHZ
86, 340 (347): „Die Konkursanfechtung der Pfandrechtbestellung (…).“ auch BGH ZIP 2007, 905 Rn. 14. 167 BGHZ 170, 196, dazu schon oben § 2 B. I. 1. 166 Vgl.
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gung berechtigt sei. Dem stehe nicht entgegen, dass die gesicherten offenen Forderungen erst in der Krise entstanden seien. Entscheidend sei vielmehr, dass das gesetzliche Pfandrecht bereits mit der Einbringung der pfändbaren Sachen des Mieters entstehe, auch soweit es erst künftig entstehende Forderungen aus dem Mietverhältnis sichere. Der BGH führt weiter aus, dass auch nur dieser Zeitpunkt der Pfandrechtsentstehung für die Anfechtbarkeit maßgeblich sei. Denn auf das Vermieterpfandrecht aus § 562 BGB finde § 140 Abs. 3 InsO Anwendung, wonach im Falle der bedingten oder befristeten Rechtshandlung der Eintritt der Bedingung oder des Termins außer Acht bleibe.168 Das Gericht räumt zwar ein, dass die Vorschrift auf das Entstehen des Vermieterpfandrechts nicht unmittelbar anwendbar sei, da das Einbringen von Gegenständen in den Mietraum nicht bedingt oder befristet vorgenommen werden könne. Jedoch geht der BGH davon aus, dass im Hinblick auf die gesicherte Mietforderung § 140 Abs. 3 InsO Anwendung finden müsse. Danach dürfe für die Anfechtbarkeit nicht auf den späteren Zeitpunkt der Forderungsentstehung abgestellt werden, da das Vermieterpfandrecht nicht in weiterem Maße anfechtbar sein könne als die Erfüllung der aufschiebend befristeten Mietforderungen des Vermieters.169 Der BGH lässt ausdrücklich offen, ob aber – abgesehen von diesem Sonderfall des gesetzlichen Vermieterpfandrechts – bei der Bestellung eines rechtsgeschäftlichen Pfandrechts an der Auffassung festgehalten werden könne, dass der maßgebliche Zeitpunkt für die Anfechtung derjenige der Bestellung des jeweiligen Sicherungsrechts und nicht der der Forderungsentstehung sei. Im Zuge dessen stellt er die mögliche Gegenauffassung dar:170 Maßgeblich könne stattdessen eine wirtschaftliche Betrachtungsweise sein, nach der erst im Entstehungszeitpunkt der gesicherten Forderung die Schmälerung des Schuldnervermögens und somit die Gläubigerbenachteiligung vorliege. Denn erst mit Entstehen der Forderung werde das gesetzliche wie rechtsgeschäftlich begründete Pfandrecht für den Gläubiger werthaltig.
II. Meinungsbild im Schrifttum Das Meinungsbild im Schrifttum ist ebenfalls geteilt. Einheitlich wird aber unter Geltung der Insolvenzordnung § 140 InsO herangezogen, um den Vornahmezeitpunkt der Rechtshandlung „Sicherheitenbestellung“ zu be stimmen.
168 BGHZ
170, 196 Rn. 18. dazu unten § 5 D. 170 BGHZ 170, 196 Rn. 17. 169 Siehe
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1. Forderungsentstehung nicht maßgeblich Die Entscheidung des BGH aus dem Jahre 1983171, wonach das Entstehen der gesicherten Forderung für die Frage der Anfechtbarkeit des Sicherungsrechts nicht maßgeblich sein soll, liegt im Ergebnis auf gleicher Linie wie die Ansicht von Obermüller / Kuder, die sich mit der aufgeworfenen Frage am Beispiel von Grundschuld und Pfandrecht für den Teilbereich der Kreditgewährung durch Banken aufgrund zeitlich bereits früher bestellter Sicherheiten auseinandersetzen.172 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Anfechtung dieser Sicherheiten sei nach § 140 Abs. 1 InsO der Zeitpunkt, in dem die rechtlichen Wirkungen eintreten. Dabei sei allein der frühere bürgerlich-rechtliche Entstehenszeitpunkt des Sicherungsrechts und nicht etwa derjenige der Forderungsentstehung maßgeblich. Diese Sichtweise werde systematisch auch durch § 140 Abs. 2 InsO gestützt, der den anfechtungsrelevanten Zeitpunkt bei der Grundschuldbestellung zeitlich noch vorverlege, was wiederum belege, dass es auf die Valutierung des Sicherungsrechts durch Entstehen der Forderung nicht mehr ankommen könne. Selbst wenn man eine wirtschaftliche Betrachtungsweise zugrunde legen wollte und so den anfechtungsrelevanten Zeitpunkt erst in der späteren Forderungsentstehung sähe – wie es der BGH in seiner Entscheidung zum Vermieterpfandrecht173 erwägt –, sei jedenfalls für den Fall der Kreditgewährung gegenüber dem Schuldner eine Anfechtung wegen des Bargeschäftseinwands gemäß § 142 InsO ausgeschlossen, da die Sicherheitenbestellung dann eine unmittelbare Gegenleistung für den gewährten Kredit darstelle.174 Jedenfalls aber sei ein unmittelbarer Leistungsaustausch im Hinblick darauf anzuerkennen, dass der Sicherungsgeber auf seine Einrede der Nichtvalutierung verzichte, wenn der Gläubiger die Darlehensvaluta auszahle. Mithin könne ein außerhalb der Krise bestelltes Sicherungsrecht auch für erst in der Krise gewährte Kredite herangezogen werden. 2. Gegenauffassung: Maßgeblichkeit der Forderungsentstehung Dagegen findet sich im Schrifttum überwiegend die Auffassung, dass für die Insolvenzanfechtung unabhängig vom bürgerlich-rechtlichen Entstehungszeitpunkt der Sicherheit das Entstehen der gesicherten Forderung maßgeblich sei.175 Ähnlich den Ausführungen des BGH in der Vermieter171 BGHZ
86, 340.
172 Obermüller/Kuder,
FS Fischer, S. 385 (387 ff.); Obermüller, Bankpraxis, Rn. 6.536 ff. 173 BGHZ 170, 196. 174 Für das Vermieterpfandrecht ebenfalls auf das Bargeschäft abstellend Mitlehner, ZIP 2007, 804 (806); Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 50 Rn. 36 ff.
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pfandrechtsentscheidung176 wird dabei vertreten, dass unter Anwendung von § 140 InsO der Zeitpunkt der Forderungsentstehung maßgeblich für die Anfechtung der Sicherheitenbestellung sein solle. 175
a) Auslegung § 140 Abs. 1 InsO Danach sei es bei der Anfechtung einer Sicherheitenbestellung für eine erst künftig entstehende Forderung unerheblich, ob der Sicherungsnehmer das jeweils in Rede stehende Recht materiell-rechtlich bereits vor dem Zeitpunkt der Forderungsentstehung erworben habe.177 Denn aus insolvenzrechtlicher Sicht seien derartige Sicherungsrechte ohne bestehende Forderung nur „leere Hüllen“. Haftungsrechtlich relevante Wirkungen äußere die Bestellung einer Sicherheit nämlich erst dann, wenn sie dem Gläubiger die Zugriffsmöglichkeit auf das Schuldnervermögen eröffne. Nach diesem Verständnis ist eine Sicherheitenbestellung für den Fall, dass die gesicherte Forderung erst zeitlich nachgelagert entsteht, erst im Zeitpunkt der Forderungsentstehung „vorgenommen“ im Sinne des § 140 InsO. Unterstützt wird diese Sichtweise durch die von Henckel begründete Argumentation zum Einredeverlust.178 Danach stehe dem Schuldner bis zum Zeitpunkt der Forderungsentstehung eine Einrede gegen das Pfandrecht zu, die der Masse bei Forderungsentstehung zum Nachteil der Gläubiger entzogen werde. Daraus erkläre sich, dass eine Sicherheitenbestellung erst gemäß § 140 Abs. 1 InsO „vorgenommen“ sei, wenn die gesicherte Forderung entstehe.179 Demzufolge sei – entgegen BGHZ 86, 340 – die Bestellung eines rechtsgeschäftlichen Pfandrechts für eine künftige Forderung anfechtbar, wenn die gesicherte Forderung erst in der Krise entstehe. Ein anderes ergebe sich auch nicht aus der Vorschrift des § 1209 BGB, wonach es für den Rang des Pfandrechts auf den jeweiligen Bestellungszeitpunkt ankomme.180 Denn 175 Berger, NZI 2007, 566; Eckardt, ZIP 1999, 1417 (1425); Jaeger/Henckel, InsO, § 140 Rn. 17; Kummer/Schäfer/Wagner/Schäfer, Insolvenzanfechtung, Teil B Rn. 80; Mitlehner, Mobiliarsicherheiten, Rn. 913; MünchKomm/Kirchhof, InsO, § 140 Rn. 15 f.; von Olshausen, KTS 2009, 481 (488); Zenker, ZVI 2006, 327. 176 BGHZ 170, 196 Rn. 17. 177 Berger, NZI 2007, 566 (570 f.); Zenker, ZVI 2006, 327 ff. 178 Jaeger/Henckel, KO, 9. Auflage, § 30 Rn. 79; nunmehr Jaeger/Henckel, InsO, § 140 Rn. 17; ferner Gerhardt, GS Knobbe-Keuk, S. 169 (180). 179 Berger, NZI 2007, 566; Zenker, ZVI 2006, 327; Gundlach/Frenzel, EWiR 2007, 185 (186); Jaeger/Henckel, InsO, § 140 Rn. 17; MünchKomm/Kirchhof, InsO, § 140 Rn. 15 f.; vgl. auch HK/Kreft, InsO, § 140 Rn. 4 Fn. 42, nach dem eine Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung „zu begrüßen“ wäre; Uhlenbruck/Ede/Hirte, InsO, § 140 Rn. 26. 180 Berger, NZI 2007, 566 (568); Jaeger/Henckel, InsO, § 140 Rn. 17; Zenker, ZVI 2006, 327 (328).
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diese Anordnung regele nur das Verhältnis ohnehin gesicherter Gläubiger untereinander und damit das Prioritätsprinzip, treffe aber keine Aussage über die Stellung der Gläubiger im Insolvenzverfahren, welches seinerseits durch den Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz gekennzeichnet werde. Deswegen verbiete sich eine Heranziehung dieser bürgerlich-rechtlichen Vorschrift zur Auslegung des § 140 InsO. Ebenso wird für das gesetzliche Vermieterpfandrecht entschieden.181 Dieses entstehe zwar bereits mit der Einbringung der Sachen des Mieters. Solange die Mietforderung des Vermieters gegen den Mieter nicht entstanden sei, stehe diesem aber eine Einrede gegen das Pfandrecht zu. Erst mit dem Zeitpunkt der Forderungsentstehung seien die eingebrachten Gegenstände von der Vorzugshaftung umfasst. Daher gelte auch hier, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Anfechtung derjenige sei, in dem das Pfandrecht einredefrei werde.182 b) Parallele zu Sicherheiten an künftigen Forderungen Ferner ziehen die Vertreter dieser Meinungsströmung eine Parallele zur Konstellation der Sicherheitenbestellung an künftigen Forderungen.183 Werde eine erst künftig entstehende Forderung zur Sicherheit abgetretenen oder verpfändet, also eine Sicherheit an einer künftigen Forderung bestellt, so sei die Zession / Verpfändung ebenfalls erst dann wirksam, wenn die Forderung entstehe.184 Denn vor dem Zeitpunkt der Forderungsentstehung habe die Masse noch keinen Vermögenswert verloren, es fehle mithin an der Gläubigerbenachteiligung. Wertungsmäßig dürfe für die anfechtungsrelevante Gläubigerbenachteiligung bei der Bestellung von Sicherheiten für künftige Forderungen nichts anderes gelten.
181 Jaeger/Henckel, InsO, § 140 Rn. 18; MünchKomm/Kirchhof, InsO, § 140 Rn. 16; von Olshausen, KTS 2009, 481 (491 ff.); unter Hinweis auf § 142 InsO ebenfalls Mitlehner, ZIP 2007, 804 (806) und Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 50 Rn. 36 ff. 182 Ablehnend zur analogen Anwendung des § 140 Abs. 3 InsO nach BGHZ 170, 196 Jaeger/Henckel, InsO, § 140 Rn. 18; Mitlehner, ZIP 2007, 804 (806); Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 50 Rn. 36. 183 Berger, NZI 2007, 566 (570 f.); Kummer/Schäfer/Wagner/Schäfer, Insolvenz anfechtung, Teil B Rn. 81; MünchKomm/Kirchhof, InsO, § 140 Rn. 7; Zenker, ZVI 2006, 327 ff. 184 HK/Kreft, InsO, § 140 Rn. 4 m. w. N.; MünchKomm/Kirchhof, InsO, § 140 Rn. 14 m. w. N.
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c) Einflussmöglichkeit des Gläubigers Schließlich werden für eine Anknüpfung an den Zeitpunkt der Forderungsentstehung Billigkeitserwägungen angestellt. So habe es der Gläubiger vielfach selbst in der Hand, die Forderung zur Entstehung zu bringen.185 Er könne noch in der Krise an der Entstehung der Forderung mitwirken, ohne den Verlust seines Absonderungsrechts befürchten zu müssen. Der Umstand, dass der Gläubiger das Entstehen der Forderung vielfach selbst in der Hand habe, spreche dafür, bei der Sicherheitenbestellung für künftige Forderungen erst recht auf den anfechtungsfreundlichen Zeitpunkt der Forderungsentstehung abzustellen.186 d) Ausnahme bei bedingter Forderung Teilweise wird vertreten, dass abweichend vom soeben dargelegten Zeitpunkt der Forderungsentstehung ein anderes gelten solle, wenn die gesicherte Forderung aufschiebend bedingt oder befristet ist. In Anlehnung an § 140 Abs. 3 InsO komme es dann nicht auf den Eintritt der Bedingung (oder Befristung) an.187 Berger scheint implizit von einer (direkten) Anwendung des § 140 Abs. 3 InsO auf den Fall der Pfandrechtsbestellung für eine bedingte Forderung auszugehen, wenn er diskutiert, ob eine Gleichstellung von künftiger und bedingter Forderung auch im Insolvenzrecht zwingend erscheine und ob insofern § 140 Abs. 3 InsO auch auf künftige Forderungen Anwendung finden könne.188 Insoweit unklar erscheinen die Ausführungen Henckels zum Pfandrecht für eine bedingte Forderung, wonach der Bedingungseintritt in einem solchen Falle die dem Schuldner zustehende Einrede beseitigen könne,189 mithin also das Pfandrecht anfechtungsfest sei, vertritt er doch zum Vermieterpfandrecht die Ansicht, dass eine analoge Anwendung von § 140 Abs. 3 InsO nicht in Betracht komme.190
185 Zenker,
ZVI 2006, 327 (328). NZI 2007, 566 (570). 187 Zenker, ZVI 2006, 327 (329). 188 Berger, NZI 2007, 566 (569 f.). 189 Jaeger/Henckel, InsO, § 140 Rn. 17. 190 Jaeger/Henckel, InsO, § 140 Rn. 18. 186 Berger,
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C. Kritische Stellungnahme Kennzeichnend für den dargestellten Meinungsstand ist, dass – anders als bei der eingangs191 aufgeworfenen Frage danach, ob die Sicherheitenbestellung für eine in der Krise entstehende Forderung eine gläubigerbenachteiligende Deckung darstellt – die Anfechtbarkeit sich allein nach dem Vornahmezeitpunkt der Rechtshandlung „Sicherheitenbestellung“ richten soll. Für die Bestimmung dieses Zeitpunkts argumentiert der BGH in seiner älteren Rechtsprechung rein bürgerlich-rechtlich (Entstehungszeitpunkt des dinglichen Rechts), während das herrschende Schrifttum Wertungsgesichtspunkte anführt, um zu begründen, dass die Sicherheitenbestellung entgegen der bürgerlich-rechtlichen Maßgaben erst mit der Forderungsentstehung in der Krise wirksam werde, was sodann die Anfechtbarkeit begründen solle. Ausnahmen werden im Schrifttum für bedingte Forderungen unter Heranziehung des § 140 Abs. 3 InsO zugelassen. Gegen beide Sichtweisen lassen sich aber erhebliche Einwände anführen.
I. Einseitige Wertung Zunächst ist einzuwenden, dass ein ausschließliches Anknüpfen an den Zeitpunkt der Forderungsentstehung die Frage nach der Anfechtbarkeit einer Sicherheitenbestellung für eine erst in der Krise entstehende Forderung ebenso wenig beantwortet wie der bloße Hinweis auf den bürgerlich-rechtlichen Entstehungszeitpunkt. Insofern gilt das zu § 91 InsO Ausgeführte entsprechend.192 Letzteres – wie es der BGH193 vertreten hat – verbietet sich schon deswegen, weil dem Insolvenzrecht besondere Wertungen zugrunde liegen, denen das Institut der Insolvenzanfechtung gerade Geltung verschaffen will. Allein das Abstellen auf den bürgerlich-rechtlichen Entstehenszeitpunkt und die dort vorgesehene Möglichkeit der Sicherheitenbestellung für noch nicht entstandene Forderungen genügt daher nicht, um die Insolvenzfestigkeit eines Sicherungsrechts zu begründen. Denn gerade im Insolvenzfalle muss geprüft werden, welche bürgerlich-rechtlichen Sicherungsinstrumentarien sich nunmehr bewähren. Die im BGB vorgesehene Möglichkeit der Sicherheitenbestellung wird durch das Insolvenzrecht nämlich beschränkt. So zeigt allein schon § 81 InsO, dass der Schuldner nicht mehr frei über sein Vermögen verfügen kann. In Insolvenznähe (Krise) müssen diese Wertungen zumindest in die Abwägung über die Entscheidung einer Anfechtungsmöglichkeit einfließen. 191 Siehe
oben § 3 A. II. C. III. 1. 193 BGHZ 86, 340. 192 § 2
C. Kritische Stellungnahme
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Dies wird mit der Überlegung der Gegenansicht gestützt, dass ein Sicherungsrecht dem Inhaber erst dann auch die Zugriffsmöglichkeit auf das Vermögen des Schuldners ermöglicht, wenn die jeweilige zu sichernde Forderung entstanden ist. Erst zu diesem Zeitpunkt kann das dingliche Recht dem Gläubiger auch die beabsichtigte Vorzugsbefriedigung in der Insolvenz verschaffen. Allerdings lässt die Argumentation der im Schrifttum vertretenen Gegenauffassung eine hinreichende Begründung für ihren Ansatz vermissen. Zwar ist die Prämisse richtig, dass ein Sicherungsrecht ohne schon bestehende (fällige)194 Forderung dem Gläubiger noch kein Verwertungsrecht vermittelt. Nicht überzeugend ist dann aber der Schluss darauf, dass ein solches Sicherungsrechts lediglich eine „leere Hülse“195 darstelle und daher eine insolvenzrechtliche Beachtlichkeit erst im Zeitpunkt der Forderungsentstehung anzunehmen sei. Denn ob dieses nach bürgerlichrechtlichen Maßgaben bereits bestehende Sicherungsrecht tatsächlich „leer“ ist, nur weil es seine Befriedigungsfunktion (noch) nicht erfüllt, erscheint zumindest zweifelhaft. Dieser Ansatz lässt gänzlich außer Acht, dass das BGB gerade die Bestellung von Sicherheiten für später entstehende Forderungen erlaubt. Der Umstand, dass ein Pfandrecht für eine künftige Forderung sogleich mit Vollendung des Verfügungstatbestandes entsteht,196 verträgt sich nicht mit der Annahme, dass dieses nunmehr entstandene Recht nur eine leere Hülle sei. Daher muss gerade festgestellt werden, welche Rechtsposition der Gläubiger aus einem für eine künftige Forderung bestellten Sicherungsrecht schon vor Forderungsentstehung im Insolvenzverfahren herleiten kann. Dies ist nicht allein mit einer Begrifflichkeit wie „leere Hülse“ zu beantworten, sondern bedarf gerade weiterer Untersuchung.
II. Verschiedene Wirkungen Grundlage der beiden dargestellten Ansätze in Rechtsprechung und Schrifttum ist die Anfechtung der Rechtshandlung „Sicherheitenbestellung“. Dabei wird untersucht, zu welchem Zeitpunkt (innerhalb oder außerhalb der Krise) die Rechtshandlung der Sicherheitenbestellung vorgenommen wurde. Der Vornahmezeitpunkt wird dann gemessen am „Wirksamwerden“ im Sinne von § 140 InsO entweder im Bestellungszeitpunkt oder im Zeitpunkt der Forderungsentstehung gesehen. Diese Bestimmung des für die Anfechtung maßgeblichen Zeitpunkts anhand der Wirkungen des Sicherungsrechts über194 Eine dauernde Einrede hindert in gleicher Weise die Verwertung. So ist die Befriedigung durch Pfandverkauf gemäß § 1228 Abs. 2 BGB erst mit Fälligkeit möglich. 195 Zenker, ZVI 2006, 327 (328). 196 Siehe oben § 1 C. III. 4.
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zeugt nicht, da die Bestellung eines Sicherungsrechts verschiedene rechtlich relevante Wirkungen mit sich bringt, welche zu verschiedenen Zeitpunkten einsetzen. So ist für die Bestellung einer Sicherheit gemäß §§ 1113 Abs. 2, 1204 Abs. 2 BGB abgesehen von der das Prioritätsprinzip in der Einzelvollstreckung sichernden Rangwahrung kennzeichnend, dass sie dem jeweiligen Gläubiger schon im Bestellungszeitpunkt die Gewähr bietet, zu einem späteren Zeitpunkt automatisch mit der Forderungsentstehung gesichert zu sein. Das Sicherungsrecht hat seine Wirkung im Verhältnis zu anderen Gläubigern also nicht erst im Verwertungszeitpunkt, sondern schon ab dem vorgelagerten Bestellungszeitpunkt.197 Das Pfandrecht für eine künftige Forderung verschafft dem jeweiligen Gläubiger schon vor Forderungsentstehung eine gesicherte Position in dem Sinne, dass er auf die automatische Sicherung seiner Forderung im Zeitpunkt ihres Entstehens vertrauen darf. Dabei wird der Vermögenswert schon zu diesem Zeitpunkt für den Gläubiger reserviert und somit belastet. Indessen ist mit der im Schrifttum vorherrschenden Auffassung nicht zu verkennen, dass ein außerhalb der Krise entstandenes Sicherungsrecht dem Gläubiger erst dann die Absonderungsberechtigung vermitteln kann, wenn auch die gesicherte Forderung entstanden und durchsetzbar ist. Mithin lässt sich aus der Bestimmung, wann ein Sicherungsrecht Wirkungen zeitigt, nicht auf den für die Anfechtung maßgeblichen Zeitpunkt schließen.
III. Vergleich mit Sicherheiten an künftigen Forderungen Auch das Postulat des Schrifttums, die Anfechtbarkeit von Sicherheiten für künftige Forderungen parallel zu der Konstellation von Sicherheiten an künftigen Forderungen zu beurteilen,198 vermag nicht zu überzeugen. Denn die hier behandelte Konstellation ist dadurch gekennzeichnet, dass das jeweilige Sicherungsrecht schon vor Verfahrenseröffnung wirksam bestellt wurde und damit aus bürgerlich-rechtlicher Sichtweise bereits existiert. Dieser Umstand bewirkt eine erhöhte Schutzwürdigkeit des Gläubigers. Der vorgenommene Vergleich von Sicherheiten für künftige Forderungen mit Sicherheiten an künftigen Forderungen hinkt damit schon aus dem Grunde, dass Sicherheiten an künftigen Forderungen und Sicherheiten für künftige Forderungen sich gerade dadurch unterscheiden, dass im letzteren Falle das Vermögen des Schuldners schon aktuell im Bestellungszeitpunkt geschmälert wird. Denn das Sicherungsrecht entsteht eben schon mit Vollendung des 197 Siehe zu den Wirkungen der Sicherheitenbestellung für künftig entstehende Forderungen oben § 1 C. III. 198 Siehe oben § 3 B. II. 2. b).
C. Kritische Stellungnahme71
dinglichen Verfügungsakts.199 Die sichernde Sache oder das sichernde Grundstück ist zu diesem Zeitpunkt mit dem jeweiligen beschränkt dinglichen Recht belastet. Diesem entscheidenden Unterschied wird auch durch eine differenzierte Rechtsprechung des BGH Rechnung getragen. So unterscheidet dieser in Zessionsfällen über Anfechtbarkeit und Erwerbsverbot danach, ob ein bereits bestehendes Recht bedingt übertragen wird oder ob eine unbedingte Übertragung eines erst künftig entstehenden Rechts vorliegt. Ist das jeweilige zu übertragende Recht noch nicht entstanden, so fordert der BGH eine sogenannte „gesicherte Rechtsposition“ im Hinblick auf den Rechtserwerb,200 während dies für die bedingte Übertragung eines bereits bestehenden Rechts nicht Voraussetzung ist. Begründet wird dies mit der Erwägung, dass der Gläubiger im ersten Falle allein mit der Abtretung eines künftig entstehenden Rechts noch nichts erlangt habe. Der Zessionar einer künftig entstehenden Forderung besitze nicht mehr als eine bloße Erwerbsaussicht. Die Forderung als Sicherungsgegenstand erlange er erst in ihrem Entstehungszeitpunkt. Das haftende Vermögen des zedierenden Schuldners werde mangels Übertragung eines bestehenden Rechts nicht belastet. Anders beurteilt der BGH hingegen die Situation, dass die Abtretung einer bereits bestehenden Forderung aufschiebend bedingt ist. In diesem Fall sei die sichernde Forderung sogleich mit der bedingten Übertragungserklärung belastet. Die Wertung des BGB wird damit von der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch für die InsO herangezogen. Gleiches muss auch im Falle der Sicherheitenbestellung für die erst künftig entstehende Forderung gelten, da unmittelbar eine Belastung des Sicherungsgegenstands eintritt. Dies lässt den Schluss zu, dass Gläubiger, denen bereits vor Verfahrenseröffnung oder vor der Krise ein Recht eingeräumt wurde, für besonders schützenswert erachtet werden. Diese Wertung beansprucht für die hier zu untersuchende Konstellation ebenfalls Geltung. Es ist mithin für die Frage der Insolvenzfestigkeit einer Sicherheitenbestellung für eine erst künftig entstehende Forderung von Bedeutung, dass das jeweilige dingliche Recht schon vor der Zäsur der Verfahrenseröffnung nach bürgerlich-rechtlichen Vorgaben vollwirksam entstanden ist und Wirkungen zeitigt, der Gläubiger also nicht nur durch schuldrechtliche Ansprüche geschützt wird. Im Gegensatz zu der im Schrifttum vorgebrachten Ansicht ist daher keine Gleichbehandlung der unterschiedlichen Konstellationen geboten. 199 Freilich gilt dies einschränkend für die Hypothek, welche zunächst als Eigentümergrundschuld existiert. Dennoch besteht auch hier sogleich ein gesondertes dingliches Recht, was den späteren Gläubiger schon ab dem jeweiligen Bestellungszeitpunkt schützt, vgl. oben § 1 C. III. 3. 200 BGH ZIP 2008, 380 Rn. 30 ff.
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IV. Billigkeitserwägung Mitwirkung des Gläubigers Schließlich ist auch der Einwand unter Billigkeitsgesichtspunkten, dass der Gläubiger es bei der Bestellung einer Sicherheit für eine erst künftig entstehende Forderung oftmals selbst in der Hand habe, die gesicherte Forderung zur Entstehung zu bringen,201 nicht überzeugend. Denn dies ist kein durchgreifendes Argument, um „erst recht“ für die Anfechtbarkeit auf den Zeitpunkt der Forderungsentstehung abzustellen. Tatbestandlich mag es bei der Besicherung künftiger Darlehen zwar so sein, dass der Gläubiger die Valutierung selbst in der Hand hat, dies sind aber bei Weitem nicht alle Fälle einer Besicherung künftig entstehender Forderungen.202 Auch wertungsmäßig erscheint dieser Ansatz nicht überzeugend. Wenn sich der Gläubiger vor Verfahrenseröffnung derart eine Besicherung verschafft hat, dass es nur noch an ihm liegt, das Absonderungsrecht zur Entstehung zu bringen, spricht dieser Umstand vielmehr für eine Insolvenzfestigkeit. Eine besondere Verwerflichkeit, die für eine Anfechtbarkeit sprechen könnte, ist darin nicht zu sehen.
V. Fazit Die Frage nach der Anfechtbarkeit einer Sicherheitenbestellung für eine künftige Forderung ist bislang nicht überzeugend geklärt. Die in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Standpunkte zeichnen sich in erster Linie dadurch aus, dass sie wertend entweder die Anfechtbarkeit mit der Begründung verneinen, dass das Sicherungsrecht bereits außerhalb der Krise bestellt wurde, oder aber bejahen, da die gesicherte Forderung erst in der Krise entsteht. Die vorgebrachten Argumente sind indessen jeweils angreifbar. Kritikwürdig erscheint dabei, dass sich die Diskussion von den gesetzlich vorgeschriebenen Anfechtungsvoraussetzungen entfernt hat. So wird nicht geprüft, ob die in Rede stehende Konstellation unter die Vorgaben der Deckungsanfechtung (gläubigerbenachteiligende Deckung eines Insolvenzgläubigers) subsumiert werden kann, sondern die Problematik wird vielmehr insgesamt beim Vornahmezeitpunkt der Rechtshandlung „Sicherheitenbestellung“ verortet. Ein befriedigendes Ergebnis wird so nicht gefunden.
201 Berger, 202 Vgl.
NZI 2007, 566 (571). auch die Fallgruppen unter § 5.
D. Deckungsanfechtung der Sicherheitenbestellung für künftige Forderung73
D. Deckungsanfechtung der Sicherheitenbestellung für eine künftige Forderung Die Bestellung einer Sicherheit für eine Forderung eines Insolvenzgläubigers ist der paradigmatische Anwendungsfall der Deckungsanfechtung der §§ 130 f. InsO, da diese Sicherheitenbestellung in der Krise dem Gläubiger eine Vorrangstellung für seine Forderung verschafft. Ausgehend von dieser Grundkonstellation soll hier nicht pauschal über die Anfechtbarkeit entschieden werden, sondern anhand der Voraussetzungen der Deckungsanfechtung geprüft werden, inwieweit die Bestellung einer Sicherheit für eine erst künftig in der Krise entstehende Forderung eine anfechtbare Deckung zugunsten eines Insolvenzgläubigers darstellen kann.203 Im Folgenden wird daher untersucht, ob die Sicherheitenbestellung für eine erst in der Krise entstehende Forderung einem Insolvenzgläubiger eine Deckung in Form einer Sicherung oder Befriedigung unter Benachteiligung der übrigen Gläubiger gewährt.
I. Wirkungsbezogenheit der Anfechtung Klärungsbedürftig ist zunächst der genaue Gegenstand der Anfechtung. Sowohl die Rechtsprechung als auch das Schrifttum beziehen die Anfechtung auf die Rechtshandlung der Sicherheitenbestellung als solche und ermitteln sodann anhand von § 140 InsO, ob diese Rechtshandlung innerhalb oder außerhalb des anfechtungsrelevanten Zeitraums vorgenommen wurde. Diese Sichtweise verkennt die Wirkungsbezogenheit der Anfechtung. 1. Herleitung Auch wenn der Wortlaut des § 129 InsO ein anderes nahelegt, ist genau genommen nicht die Rechtshandlung selbst Gegenstand der Anfechtung, sondern die durch ebenjene Handlung verursachte gläubigerbenachteiligende Wirkung.204 Dies hat der BGH besonders deutlich in seiner Entscheidung vom 09.07.2009 hervorgehoben.205 In dem zugrunde liegenden Sachverhalt hat 203 Andere Anfechtungstatbestände bleiben davon unberührt. So ist namentlich eine Vorsatzanfechtung möglich, wenn der Schuldner vorsätzlich die Forderung eines Gläubigers besichert und dieser davon Kenntnis hat. 204 Vgl. Henckel, Insolvenzrecht im Umbruch, S. 234 (240 ff.); kritisch hierzu Klinck, Insolvenzanfechtung, S. 166 f. 205 BGH ZIP 2009, 1674.
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der Schuldner während des Eröffnungsverfahrens seinen Gaststättenbetrieb fortgeführt und im Zuge dessen Bier gebraut, wodurch zu Gunsten des Fiskus ein Anspruch gegen den Schuldner auf Zahlung der Biersteuer entstand. Zur Sicherung des Biersteueraufkommens ordnete die Bundesrepublik Deutschland die Beschlagnahme des Bieres verbunden mit einem Verfügungsverbot über selbiges an. Um den Geschäftsbetrieb des Schuldners durch Ausschank des Bieres weiterhin aufrecht zu erhalten, beglich der klagende Verwalter die geltend gemachte Biersteuer. Die Zahlung der Biersteuer hielt der BGH mangels Gläubigerbenachteiligung für unanfechtbar, da mit der Herstellung des Bieres und der damit verbundenen Entstehung der Steuerschuld gleichzeitig die Sachhaftung nach § 76 Abs. 2 AO entstanden sei mit der Folge, dass die Gläubigerin für ihre Forderung im Verfahren abgesonderte Befriedigung gemäß § 51 Nr. 4 InsO verlangen könne. Anfechtbar sei aber nach Ansicht des Gerichts die Entstehung der die Absonderungsberechtigung vermittelnden Sachhaftung durch das Bierbrauen selbst. Der BGH führt dazu aus206: „Angefochten und im Interesse der Gläubigergesamtheit nach § 143 Abs. 1 InsO rückgängig zu machen ist genau genommen nicht die Rechtshandlung selbst, sondern deren gläubigerbenachteiligende Wirkung, die durch die Rechtshandlung verursacht wird. Mit der Anfechtung wird nicht ein Handlungsunrecht sanktioniert. Angefochten wird vielmehr allein die durch die Rechtshandlung ausgelöste Rechtswirkung, die gläubigerbenachteiligend ist. Entscheidende Frage ist deshalb, ob die konkrete gläubigerbenachteiligende Wirkung Bestand haben soll.“ Entgegen dem Wortlaut des § 129 InsO, der von einer gläubigerbenachteiligenden Rechtshandlung spricht, bezieht der BGH die Anfechtungsvoraussetzung der Gläubigerbenachteiligung sodann auf die konkrete Rechtswirkung und nicht etwa auf die den Gesamtvorgang der Handlung.207 Diese Rechtsprechung geht zurück auf die Entscheidung des BGH zur isolierten Anfechtbarkeit einer Aufrechnungslage durch Abschluss eines Kaufvertrags mit einem Gläubiger des Insolvenzschuldners.208 Im konkreten Fall stand der Beklagten eine Forderung gegen die Schuldnerin in Höhe von 200.000 DM zu. Kurz vor Stellung des Konkursantrags lieferte die Schuldnerin der Beklagten Fleisch im Wert von etwa 142.000 DM. Die Beklagte rechnete gegen die nunmehr gegen sie bestehende Forderung mit ihrem Anspruch auf. Der klagende Konkursverwalter hat die Herstellung der Aufrechnungslage angefochten. Der BGH gab dem klägerischen Begehren statt 206 BGH
ZIP 2009, 1674 Rn. 29. ZIP 2009, 1674 Rn. 29: Danach sei unerheblich, ob die die gläubigerbenachteiligende Wirkung auslösende Rechtshandlung die Aktivmasse ebenfalls erhöht habe. 208 BGHZ 147, 223. 207 BGH
D. Deckungsanfechtung der Sicherheitenbestellung für künftige Forderung75
und begründete dies mit der Erwägung, dass der dem Gläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung verschaffende Vertragsabschluss nicht in seiner Gesamtheit angefochten werden müsse. Vielmehr könne die Herstellung der Aufrechnungslage als solche isoliert Gegenstand der Anfechtung sein.209 Denn die Verknüpfung der früheren Gläubigerstellung mit einer eigenen Verpflichtung des nunmehr aufrechnenden Gläubigers bereite die spätere Erfüllung des Gläubigers vor. Diese gläubigerbenachteiligende Rechtsfolge sei für sich genommen isoliert anfechtbar. Eben dieses Ergebnis ist unter Geltung der InsO normiert worden. Nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist die Aufrechnung ausgeschlossen, wenn der Gläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat. Auch hier hebt nunmehr das Gesetz selbst den Anfechtungsgegenstand hervor.210 Der BGH fasst dies wie folgt zusammen: „Die der Anfechtung unterliegende Handlung bestimmt zwar den Urheber und die Verantwortlichkeit, welche die Anfechtungsvorschriften voraussetzen. Zurückzugewähren ist aber nur der beim Gläubiger eingetretene Erfolg, § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO. Damit können auch einzelne, abtrennbare Wirkungen sogar einer einheitlichen Rechtshandlung erfasst werden; […].“211 2. Übertragung auf Sicherheiten für künftige Forderungen Diese Grundsätze lassen sich auf die Sicherheitenbestellung für eine künftige Forderung übertragen. Danach taugt also für den Bezugspunkt der Anfechtung nicht die Rechtshandlung „Sicherheitenbestellung“. Es verbietet sich sodann auch die oben dargestellte Vorgehensweise, nach Wertungsgesichtspunkten zu entscheiden, ob diese Rechtshandlung der Sicherheitenbestellung – weil oder obwohl das Sicherungsrecht nach bürgerlich-rechtlichen Vorgaben eindeutig außerhalb des kritischen Zeitraums mit der Bestellung entstanden ist – schon vor oder erst mit der Forderungsentstehung „vorgenommen“ wurde. Gegenstand der Anfechtung ist nämlich allein die in der Krise entstehende gläubigerbenachteiligende Rechtswirkung. Entsteht bei einer Sicherheitenbestellung für eine künftige Forderung die gesicherte Forderung im kritischen Zeitraum, so kann der Gläubiger grundsätzlich für diese im eröffneten Verfahren abgesonderte Befriedigung verlangen. Die Forderung wird nunmehr durch das Sicherungsrecht gedeckt und der Gläubiger erlangt eine Vorrangstellung. Als isolierte Wirkung der 209 BGHZ
147, 233 (236). muss die Wirkungsbezogenheit „erst recht“ unter der InsO gelten, siehe BGH ZIP 2009, 1674 Rn. 31. 211 BGH ZIP 2009, 1674 Rn. 32. 210 Damit
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zeitlich vorausgegangenen Sicherheitenbestellung kann dieser Umstand ein Anknüpfungspunkt für die Anfechtung sein. Danach bemessen sich auch die weiteren Anfechtungsvoraussetzungen. Dieser Grundsatz findet seine Entsprechung in § 140 InsO. Denn danach „gilt“ die Rechtshandlung als vorgenommen, sobald ihre Wirkungen eintreten. Dass auch schon zum bürgerlich-rechtlichen Entstehungszeitpunkt Rechtswirkungen eintreten, verbietet das Abstellen auf den späteren Zeitpunkt der Forderungsentstehung nicht. Denn § 140 InsO zeigt gerade, dass für die Anfechtung verschiedene Rechtswirkungen in Betracht kommen. So bleibt gemäß § 140 Abs. 3 InsO für die Bestimmung des Vornahmezeitpunkts einer bedingten oder befristeten Rechtshandlung der Eintritt der Bedingung oder des Termins außer Betracht. Wollte man also die mit Bedingungseintritt einhergehenden Rechtswirkungen anfechten, könnte man nach Abs. 1 der Vorschrift auf diese Wirkung abstellen, was aber gerade durch Abs. 3 verhindert wird. Damit verdeutlicht die Vorschrift selbst, dass es unterschiedliche Anknüpfungspunkte für die Anfechtung gibt, ordnet für bedingt oder befristet vorgenommene Rechtshandlungen aber an, dass diejenige Wirkung zum Zeitpunkt des Bedingungs- oder Termineintritts nicht eigenständig angefochten werden kann, sondern insofern auf den früheren Zeitpunkt der Vollendung einer Rechtshandlung abgestellt werden muss. 3. Alternativ: Anfechtung der Valutierung Daneben ist denkbar, dass in der Krise eine weitere Rechtshandlung erfolgt, die zum Entstehen der Forderung führt. Beispielsweise kann dem Inhaber eines Sicherungsrechts von einem Drittgläubiger eine Forderung abgetreten werden, wodurch das „leere“ Sicherungsrecht erst verwertbar gemacht wird. Anknüpfungspunkt für die Anfechtbarkeit kann dann auch die selbstständige Rechtshandlung der Valutierung sein, wenn die Entstehung der Forderung erst in der Krise erfolgt. Zu beseitigende Rechtswirkung ist aber wiederum die Entstehung der Vorzugsstellung in Gestalt des Absonderungsrechts für das eröffnete Verfahren. Für diese Sichtweise kann die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Werthaltigmachen vorab zedierter Forderungen fruchtbar gemacht werden. Danach unterliegen der Insolvenzanfechtung neben der eigentlichen Zession grundsätzlich noch weitere Handlungen, wenn sie dazu führen, dass eine Sicherheit verwertbar wird.212 Für die nachträgliche Valutierung einer Sicherheit bedeutet dies, dass im Falle der Forderungsbegründung in kritischer Zeit die mit der Valutierung verbundene Wirkung der Absonderungsberechtigung angefochten werden kann. 212 Siehe auch Klinck, Insolvenzanfechtung, S. 190, zur Ermöglichung einer Sicherung.
D. Deckungsanfechtung der Sicherheitenbestellung für künftige Forderung77
Das sogenannte „Werthaltigwerden“ als eigenständigen anfechtungsrelevanten Anknüpfungspunkt neben dem eigentlichen Abtretungsvorgang hat der BGH für die Globalzession entwickelt.213 Im konkreten Fall ging es um die Frage der Verrechnung von auf dem debitorisch geführten Konto der Schuldnerin bei der beklagten Bank eingegangen Zahlungen, die auf Forderungen erfolgten, welche die Schuldnerin der beklagten Bank zuvor sicherungshalber abgetreten hatte. Der BGH führte aus, dass – ähnlich wie eine durch Wertschöpfung geschaffene Aufrechnungslage – auch Rechtshandlungen, die zur Werthaltigkeit der abgetretenen Forderung führen, selbstständig anfechtbar sein können. Danach seien Erfüllungshandlungen wie die Herstellung eines Werkes, die Übergabe einer Kaufsache oder die Erbringung von Dienstleistungen anfechtbar.214 Gewönne die Forderung durch eine Leistung an wirtschaftlichen Wert, beispielsweise weil sie deren Fälligkeit herbeiführt oder die Einrede aus § 320 BGB ausräumt, so sei dies – neben der eigentlichen Zession – als eine die Sicherheit ermöglichende Deckungshandlung nach §§ 130, 131 InsO ebenfalls anfechtbar.215 Dem Urteil liegt die Überlegung zugrunde, dass eine vorab zedierte Forderung aus einem vom späteren Insolvenzschuldner geschlossenen Vertrag zwar im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in der Person des Zessionars entsteht, für ihn allerdings so lange wertlos ist, wie er die Befriedigung der Forderung aufgrund bislang fehlender Leistungserbringung seitens des Schuldners nicht verlangen kann. Der zedierende Schuldner – und damit auch der Zessionar (vgl. § 404 BGB) – kann beispielsweise seinen Werklohn erst dann verlangen, wenn von ihm seinerseits bereits die Werkleistung erbracht wurde (vgl. § 641 BGB). Die Leistungen des Schuldners erhöhen so den Wert der bereits abgetretenen Forderung. Zwar ist die Zession als solche mit der Forderungsentstehung abgeschlossen und somit auch unanfechtbar, wenn dieser letzte Teilakt der Zession vor der Krise erfüllt wird. Fällt aber das einem Vertragsschluss nachfolgende „Werthaltigwerden“ dieser Forderung in den anfechtungsrelevanten Zeitraum, soll die zur Werthaltigkeit führende Leistungserbringung ebenfalls der Insolvenzanfechtung unterliegen. 4. Gleichbehandlung aller Sicherungsrechte Die Betonung der Anfechtung einer spezifischen Rechtswirkung ermöglicht darüber hinaus die Gleichbehandlung der bürgerlich-rechtlichen Sicherungsrechte. Zwar haben die einzelnen Sicherungsrechte nach ihrer bür 213 BGHZ 174, 297; vgl. auch die Vorarbeiten von Gerhardt, GS Knobbe-Keuk, S. 169 (178 f.) und Kirchhof, FS Uhlenbruck, S. 269 (277). 214 BGHZ 174, 297 Rn. 34. 215 BGHZ 174, 297 Rn. 37.
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gerlich-rechtlichen Konzeption unterschiedliche Entstehungstatbestände. So besteht die Hypothek bis zur Forderungsentstehung als Eigentümergrundschuld, es fehlt also an einem Gläubigerrecht, während sowohl Pfandrecht als auch die abstrakte Grundschuld sofort als Fremdrechte entstehen. Diesen bürgerlich-rechtlichen Vorgaben folgend hat der BGH in seiner Entscheidung zur Anfechtbarkeit eines für eine künftige Forderung bestellten Pfandrechts auch entschieden, dass Pfandrecht und Hypothek nicht gleich behandelt werden dürfen.216 Denn die Bestellung einer Hypothek für eine künftige Forderung bewirke noch keine Schmälerung des Schuldnervermögens im anfechtungsrechtlichen Sinne, weil der Schuldner bis zur Forderungsentstehung noch Rechtsinhaber bleibe. Die Schmälerung des Vermögens trete erst mit dem Entstehen der Forderung und dem damit verbundenen Übergang der Hypothek ein. Daher sei bei der Hypothek für eine künftige Forderung der Zeitpunkt des Entstehens der Forderung für die Anfechtung maßgebend. Ebenso hatte bereits zuvor schon das OLG Köln entschieden, dass die Forderungsentstehung den Zeitpunkt bestimme, in dem die Voraussetzungen der Konkursanfechtung vorliegen müssten, wenn der Erwerb der Hypothek noch von der Entstehung der gesicherten Forderung abhänge.217 Wie der BGH unterscheidet auch Kreuzberg zwischen den einzelnen Sicherungsrechten.218 Danach solle die Bestellung von Grundschuld und Pfandrecht schon vor Bestehen einer Forderung wirksam im Sinne des § 140 InsO vorgenommen sein, während für die Hypothek aufgrund der Notwendigkeit der Forderungsentstehung ein anderes gelte und die Rechtshandlung der Hypothekenbestellung erst dann wirksam vorgenommen sei, wenn die gesicherte Forderung entstehe. Diese bürgerlich-rechtlichen Differenzierungen zwischen den einzelnen Sicherungsrechten sind jedoch – ebenso wie für die Anwendbarkeit des Erwerbsverbots gemäß § 91 InsO219 – für die Beurteilung der Anfechtbarkeit nicht überzeugend. Die Konzeption des BGB rechtfertigt die unterschiedliche Behandlung der einzelnen Sicherungsrechte dergestalt, anfechtungsrechtlich für Pfandrecht und Grundschuld auf den Zeitpunkt der Bestellung einerseits und bei der Hypothek auf den Zeitpunkt der Forderungsentstehung andererseits abzustellen, nicht. Die unterschiedliche dogmatische Ausgestaltung der einzelnen Sicherungsrechte sollte an dieser Stelle wie bei der Frage des Erwerbsverbots nicht überbewertet werden.220 Vielmehr ist die Anfechtbarkeit 216 BGHZ
86, 340 (347 f.). Köln, KTS 1979, 323. 218 Kreuzberg, Drittsicherheiten, S. 81 f. 219 Siehe oben § 2 C. II. 220 Vgl. auch Berger, NZI 2007, 566 (567 f.); Kübler/Prütting/Bork/Bork, InsO, 50. EL 9/2012, Anhang I zu § 147 Rn. 9. 217 OLG
D. Deckungsanfechtung der Sicherheitenbestellung für künftige Forderung79
für sämtliche Sicherheiten gleich zu beurteilen, sofern ein Sicherungsrecht nach den bürgerlich-rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten für eine künftige Forderung bestellt wurde. Sowohl bei der Hypothek als auch bei Pfandrecht und Grundschuld ist die anfechtbare Rechtswirkung das Entstehen der Vorrangstellung des Gläubigers für das Verfahren. Wann das jeweilige Sicherungsrecht im Sinne des BGB wirksam in der Person des Gläubigers entsteht, ist für diese Frage unerheblich. Maßgeblich ist alleine, dass die Bestellung eines Sicherungsrechts unabhängig von der jeweiligen bürgerlich-rechtlichen Entstehensmodalität den Gläubiger sogleich schützt und im Zeitpunkt der Forderungsentstehung seine Vorrangstellung begründet.221 5. Zusammenfassung Nach neuerem Verständnis in Rechtsprechung und Literatur bezweckt die Insolvenzanfechtung die Beseitigung gläubigerbenachteiligender Rechtswirkungen. Auf die jeweilige Handlung kommt es dafür nicht an. Steht die Anfechtbarkeit einer Sicherheit für eine erst in der Krise entstehende Forderung in Rede, muss die konkrete zu beseitigende Rechtswirkung benannt werden. So wie dies beispielsweise die Herstellung einer Aufrechnungslage als Folge eines Vertragsschlusses sein kann, kommt es bei der Forderungsentstehung innerhalb der Krise auf das Werthaltigwerden des Sicherungsrechts an, welches dem Gläubiger nunmehr für das eröffnete Verfahren eine Vorrangstellung durch die Absonderungsberechtigung verschafft. Angefochten wird also nicht die Bestellung des Sicherungsrechts als solches, sondern isoliert das Entstehen der Vorzugsstellung in der Krise.
II. Deckung eines Insolvenzgläubigers Die Deckungsanfechtung gemäß §§ 130 f. InsO setzt voraus, dass gerade einem „Insolvenzgläubiger“ eine Deckung in Form einer Sicherung oder Befriedigung gewährt wird. Mithin muss die anfechtbare Rechtswirkung eine Deckung im Sinne der §§ 130 f. InsO darstellen. Bei der hier untersuchten Konstellation ist die Forderung des Gläubigers sogleich mit ihrer Entstehung gesichert, da die jeweilige Sicherheit bereits vorher eingeräumt wurde. Bei der durch die Sicherheitenbestellung für eine künftige Forderung entstehenden Absonderungsberechtigung handelt es sich also zweifelsfrei um eine Deckung in Form einer Sicherung. Zweifelhaft erscheint indes das Merkmal des Insolvenzgläubigers. Dieses ist dann erfüllt, wenn der Anfechtungsgegner ohne die erlangte Deckung 221 Siehe
oben § 1 C. IV.
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oder Sicherung in dem anschließenden Verfahren mit seinem Anspruch lediglich im Rang einer Insolvenzforderung gemäß § 38 InsO teilgenommen hätte.222 Ausgangspunkt der Überlegung ist hier wieder die Grundkonstellation einer Deckungsanfechtung, dass ein Gläubiger eine Forderung gegen den späteren Insolvenzschuldner hat, für die der Schuldner in der Krise eine Sicherheit bestellt. Ohne diese Deckung käme nur eine quotale Befriedigung gemäß § 38 InsO in Betracht. Die hier untersuchte Konstellation unterscheidet sich davon aber deutlich. Denn der Gläubiger hat eine Sicherheit, die ihm für eine zwar bestimmte, aber erst künftig entstehende Forderung eingeräumt wurde. Diese Forderung entsteht erst vollwertig in der Krise. Fraglich ist dann, ob einem Insolvenzgläubiger eine Deckung in Form einer Sicherung gewährt wurde, denn die Sicherheit hatte der Sicherungsnehmer bereits zeitlich vor der Krise, die Gläubigerstellung ist hingegen erst später in der Krise entstanden. 1. Zeitpunkt der Deckung Das spätere Entstehen der Forderung kann auf zwei Gründen beruhen.223 Zum einen ist denkbar, dass sich der Sicherungsnehmer eine Sicherheit hat einräumen lassen für eine bestimmte, erst später originär in seiner Person entstehende Forderung. Zum anderen kann der Sicherungsnehmer über eine Sicherheit verfügen, die ihrem Sicherungszweck nach eine erst später im Wege der Abtretung zu erwerbende Forderung sichern soll. Jene Forderung mag dann zwar schon vorher entstanden sein, in der Person des Sicherungsinhabers entsteht sie freilich erst mit der Zession. Diese Konstellation kann sich typischerweise bei der abstrakten Grundschuld ergeben. Als Ausgangspunkt zur Veranschaulichung der Problematik um die Insolvenzgläubigerstellung soll hier der besondere Fall der Forderungszession in der Krise dienen.224 In solch einer Fallgestaltung hat der Inhaber des Sicherungsrechts bis zum Zeitpunkt der Abtretung keine Forderung gegen den Schuldner. Die Gläubigerposition wird in diesen Fällen erst mit dem Erwerb der zedierten Forderung begründet, das die Deckung bewirkende Sicherungsrecht bestand indes schon zuvor.
222 MünchKomm/Kayser, InsO, § 130 Rn. 17; Uhlenbruck/Ede/Hirte, InsO, § 130 Rn. 12; BGH ZIP 2008, 2183 Rn. 15 f. 223 Siehe zu der Unterscheidung schon oben § 2 C. IV. 224 Siehe zu den für eine Anfechtbarkeit maßgeblichen Erwägungen für diese Konstellation der Zession sogleich unten § 3 III. 2. c).
D. Deckungsanfechtung der Sicherheitenbestellung für künftige Forderung81
a) BGHZ 59, 230: Sicherheit vor Forderungserwerb Letztere Konstellation lag der Entscheidung BGHZ 59, 230 zugrunde. Hier entschied der BGH, dass die Gewährung einer Sicherheit anfechtbar sei, die eine Bank dadurch erlange, dass sie sich während der Krise von einem anderen Gläubiger eine bis dahin ungesicherte Forderung abtreten lässt. Im konkreten Fall hatte die spätere Konkursschuldnerin der beklagten Bank im Juli 1968 zwei an ihren Grundstücken bestehende Grundschulden zur Sicherheit abgetreten. Diese Grundpfandrechte sollten nach der Abrede zwischen den Parteien auch im Wege der Abtretung zu erwerbende Forderungen der Bank gegen die Schuldnerin sichern. Etwa eine Woche bevor die spätere Schuldnerin die Eröffnung des Vergleichsverfahrens Ende Juli 1970 beantragte, ließ sich die Beklagte von anderen Kunden bestehende Forderungen gegen die Schuldnerin abtreten. Nachdem das Konkursverfahren am 06.08.1970 eröffnet wurde, stritten die Beklagte und der Konkursverwalter darüber, ob jene sich auch wegen der ihr abgetretenen Forderungen aus den Grundschulden befriedigen dürfe. Der BGH entschied, dass einer abgesonderten Befriedigung die Anfechtung entgegenstünde. Zwar sei die Bank aufgrund der zur Sicherheit abgetretenen Grundschulden dem Grunde nach zur Absonderung berechtigt. Auch würden die im Wege der Zession erworbenen Forderungen von der Sicherungsabrede zwischen Schuldnerin und Bank umfasst. Allerdings seien die in zeitlicher Nähe zum Eröffnungsantrag erfolgten Abtretungen der Gläubiger an die beklagte Bank Rechtshandlungen im Sinne des § 30 Nr. 2 KO. Dadurch habe ein Konkursgläubiger eine inkongruente Deckung erlangt. Denn vor den Abtretungen bestand kein Absonderungsrecht für die Forderungen, nach den Abtretungen indessen schon. Dies genüge für die Feststellung, dass einem Gläubiger eine Sicherung gewährt wurde.225 Denn es könne keinen Unterschied machen, ob der Schuldner dem Gläubiger für seine Forderung in der Krise eine Sicherheit einräume, oder ob dieser eine Deckung dadurch erlange, dass er bei schon bestehender Sicherheit eine ungedeckte Forderung im Wege der Abtretung erwerbe. b) Kritik im Schrifttum Henckel verneint für einen solchen Zessionsfall die Anwendbarkeit der Deckungsanfechtungsvorschriften.226 Denn die Bank als Anfechtungsgegne225 BGHZ
59, 230 (234). InsO, § 131 Rn. 44; siehe auch Eckardt, ZIP 1999, 1417 (1420), zur Verortung der Frage der Insolvenzgläubigerstellung beim Bargeschäft. Dagegen MünchKomm/Kayser, InsO, § 131 Rn. 7 unter Fn. 14. 226 Jaeger/Henckel,
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rin sei erst mit der Abtretung der Forderungen Insolvenzgläubigerin geworden. Erforderlich ist seiner Ansicht nach hingegen, dass der Anfechtungsgegner schon im Zeitpunkt der Deckungshandlung die Stellung eines Insolvenzgläubigers innehat. Im Hinblick auf § 91 InsO spricht sich Henckel aber sodann dennoch für eine Anfechtbarkeit aus. Der Umstand, dass nach Verfahrenseröffnung § 91 InsO den Verlust der Einrede der Nichtvalutierung verhindere, müsse auch für die Bewertung der Anfechtbarkeit Berücksichtigung finden. Einschlägiger Anfechtungsgrund solle aber § 132 InsO sein, der unmittelbar nachteilige Rechtshandlungen des Schuldners in der kritischen Zeit erfasse. Das danach erforderliche Rechtsgeschäft des Schuldners sieht Henckel in der Bestellung der Grundschuld verbunden mit der Abrede, dass auch erst künftig im Wege der Abtretung zu erwerbende Forderungen von der Grundschuld gedeckt werden. Als gestrecktes Rechtsgeschäft äußere dieses erst im Zeitpunkt der Forderungsabtretung seine unmittelbar gläubigerbenachteiligende Wirkung des Einredeverlustes. c) Zeitliches Zusammenfallen von Forderungsentstehung und Deckung Zuzustimmen ist Henckel darin, dass die beklagte Bank als Grundschuld inhaberin in dem BGHZ 59, 230 zugrundeliegenden Sachverhalt nicht die Stellung einer Insolvenzgläubigerin innehatte, die erst zeitlich nachgelagert eine Deckung erhalten hat. Denn der Inhaber eines dinglichen Rechts ist nicht sogleich auch Insolvenzgläubiger. Dies ergibt sich schon aus § 52 InsO, wonach absonderungsberechtigte Gläubiger (lediglich) dann Insolvenz gläubiger sind, wenn und soweit ihnen der Schuldner auch persönlich haftet. Das Sicherungsrecht also hat die Insolvenzgläubigerposition im Sinne der §§ 130 f. InsO nicht begründen können. Da hier erst die Forderungsabtretung die Gläubigerstellung bewirkt hat, ließe sich mit der Begründung Henckels, dass die Abtretung als anfechtbare Rechtshandlung die Bank erst zur Gläubigerin gemacht hat, diese für die Deckungsanfechtung notwendige Voraussetzung der Insolvenzgläubigerstellung verneinen. aa) Gleichzeitigkeit von Forderungserwerb und Deckung Auf dieser Argumentationslinie lässt sich gegen die Annahme der Insolvenzgläubigerstellung das im Schrifttum vorherrschende Verständnis des „Insolvenzgläubigers“ im Sinne der §§ 130 f. InsO anführen. So wird gefordert, dass der Empfänger der Leistung schon bei Vornahme des Deckungsgeschäfts Insolvenzgläubiger gewesen ist. Nicht erfasst wäre danach eine Konstellation, in der Deckung und Begründung der Insolvenzgläubigerstellung zusammenfallen. Darauf aufbauend wird vertreten, dass kein Fall der
D. Deckungsanfechtung der Sicherheitenbestellung für künftige Forderung83
Gläubigerkonkurrenz vorliege, wenn die Gläubigerstellung erst (zeitgleich) mit der Hingabe der Leistung oder nachdem eine Sicherung gewährt wurde, entstehe.227 Denn dann habe der Gläubiger noch keine Forderung, deren Beitreibung er in der kritischen Zeit unter Zurücksetzung der Interessen der Gläubigergemeinschaft verfolgen könne. Erforderlich für die Deckungsanfechtungstatbestände soll danach sein, dass die Forderung des Gläubigers schon vor der Deckungshandlung begründet war, die Forderungsbegründung also der jeweiligen anfechtbaren Rechtshandlung vorausgehe.228 Da im oben vorgestellten Fall BGHZ 59, 230 die Erlangung der Deckung durch die Grundschuld zeitgleich mit dem Erwerb der Forderung in der Person der Bank und somit auch zeitgleich mit der Begründung der Gläubigerposition erfolgte, ließe sich mit dieser Argumentation vertreten, dass die Deckungsanfechtung ausgeschlossen ist. Ein ähnliches Verständnis dahingehend, dass die jeweils gesicherte Forderung schon vor Erlangung der Deckung bestanden haben muss, findet sich teilweise auch in älteren Entscheidungen. So hat das Reichsgericht229 entschieden, dass die Deckung eines Konkursgläubigers nicht darin gesehen werden könne, dass gleichzeitig gegen Gewährung eines Darlehens eine Sicherheit eingeräumt werde. Ähnlich wurde auch vom BGH230 entschieden, dass die Forderung, für die eine Sicherung oder Befriedigung gewährt wird, bereits vor dem Deckungsakt entstanden sein müsse und eine vor oder gleichzeitig mit der Forderungsentstehung gewährte Deckung nicht in den Bereich der Deckungsanfechtung fallen könne. bb) Gleichzeitigkeit in der höchstrichterlichen Rechtsprechung Hingegen finden sich in der Rechtsprechung des BGH Urteile, in denen der Erwerb eines Sicherungsrechts und die Begründung der Gläubigerposition zusammenfallen und dieser Vorgang entgegen den hier vorgebrachten Einwänden der Deckungsanfechtung ausgesetzt war. Wie auch schon in der Entscheidung BGHZ 59, 230 problematisiert das Gericht dabei das Vorliegen der Insolvenzgläubigerstellung nicht, sondern befasst sich ausschließlich mit den sonstigen Voraussetzungen der Deckungsanfechtung.
227 HambKomm/Rogge/Leptien, InsO, § 130 Rn. 5; Thole, Gläubigerschutz, S. 349; Uhlenbruck/Ede/Hirte, InsO, § 130 Rn. 16, abweichend aber Kübler/Prütting/ Bork/Schoppmeyer, InsO, 54. EL 8/2013, § 130 Rn. 49. 228 K. Schmidt/Ganter/Weinland, InsO, § 130 Rn. 27. 229 RGZ 29, 77 (78). 230 BGH BeckRS 1955, 31384791.
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(1) BGH ZIP 2004, 1060: Zession In einem vom BGH im Jahr 2004 entschiedenen Fall gewährte der Beklagte einer GbR ein Darlehen. Die GbR gewährte ihrerseits der späteren Insolvenzschuldnerin ein Darlehen. Sowohl die GbR als auch die Schuldnerin konnten diese nicht fristgerecht zurückführen. Daraufhin schlossen der Beklagte, die GbR und die Schuldnerin eine Vereinbarung, in der vorgesehen war, dass die GbR ihre Darlehensforderungen gegen die Insolvenzschuldnerin an den Beklagten abtritt und die Insolvenzschuldnerin ihrerseits für diese zedierte Forderung als Sicherheit eine erwartete Forderung aus einem künftigen Grundstückskaufvertrag auf den Beklagten überträgt mit der Maßgabe, dass die Käufer den Kaufpreis unmittelbar an den Beklagten zahlen sollen. Der von der GbR abgetretene Darlehensrückzahlungsanspruch wurde also in diesem Fall von Seiten der Schuldnerin durch die Sicherungsabtretung einer künftigen Forderung besichert. Der Insolvenzverwalter verlangt nunmehr vom Beklagten Rückgewähr des erhaltenen Kaufpreises in Höhe von 50.000 EUR. Der BGH bejahte die Voraussetzungen einer Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO. Entscheidende Bedeutung kam hier der Frage zu, ob die Abtretung des Kaufpreiszahlungsanspruchs durch die Schuldnerin zur Sicherung des von der GbR an den Beklagten abgetretenen Darlehensrückzahlungsanspruchs eine inkongruente Deckung darstellte. Der BGH befasste sich in seinen Entscheidungsgründen vornehmlich mit der Frage der Inkongruenz, wenn dem Beklagten die Sicherung in demselben Zeitpunkt eingeräumt wurde, in dem er auch die zu sichernde Forderung erlangte, Deckung und Erlangung der Gläubigerposition also zusammenfallen. Das Gericht nahm dies mit der Begründung an, dass die Inkongruenz nicht entfallen dürfe, nur weil gleichzeitig mit der Besicherung ein Gläubigerwechsel stattgefunden habe. Denn schon die Zedentin habe in ihrer Person die Sicherheit nicht beanspruchen können. Da der neue Gläubiger an die Stelle des alten trete, gelte dies auch für den Beklagten.231 Neben diesen Erwägungen über das Ergebnis der Anfechtbarkeit thematisiert das Gericht aber nicht, ob der Beklagte aber gerade als Insolvenzgläubiger eine Deckung durch die Sicherungszession erhalten hat. (2) BGH ZIP 2009, 1674: originärer Erwerb Auf gleicher Linie liegt die – hier bereits im Zusammenhang mit dem Grundsatz der Wirkungsbezogenheit der Anfechtung vorgestellte232 – Entscheidung des BGH zum Bierbrauen. In dem zugrunde liegenden Sachver231 Siehe 232 Siehe
zu dieser Erwägung sogleich unten § 3 D. III. 2. c). oben § 3 D. I. 1.
D. Deckungsanfechtung der Sicherheitenbestellung für künftige Forderung85
halt hat der Schuldner während des Eröffnungsverfahrens seinen Gaststättenbetrieb fortgeführt und im Zuge dessen Bier gebraut, wodurch zu Gunsten des Fiskus ein Anspruch gegen den Schuldner auf Zahlung der Biersteuer entstand. Gleichzeitig mit Entstehen der Steuerforderung durch den Produktionsvorgang entstand auch die Sachhaftung nach § 76 Abs. 2 AO mit der Folge eines Absonderungsrechts für das Verfahren. Aus diesem Grunde hielt der BGH mangels Gläubigerbenachteiligung auch die Zahlung der Biersteuer für unanfechtbar. Anfechtbar unter dem Gesichtspunkt der Deckungsanfechtung233 sei nach Ansicht des BGH indessen die Entstehung der die Absonderungsberechtigung vermittelnden Sachhaftung durch das Bierbrauen selbst.234 Das Schuldnervermögen sei durch das Brauen des Bieres und die dadurch entstandene Sachhaftung für die Biersteuer mit einer dinglichen Haftung für eine einfache Insolvenzforderung belastet worden.235 Denn die beklagte Bundesrepublik Deutschland erhielt mit ihrem Anspruch auf Zahlung der Biersteuer gleichzeitig eine Sicherung gemäß § 76 Abs. 1 AO und damit eine Deckung im Sinne des § 130 Abs. 1 Satz 1 InsO. Hier wird die Problematik der Insolvenzgläubigerstellung besonders deutlich, da es in diesem Fall sogar an der Zession einer ungedeckten Forderung fehlt. Denn in den Zessionsfällen ließe sich zur Begründung der Insolvenzgläubigerstellung immerhin noch argumentieren, dass die jeweilige zedierte Forderung zumindest vor der Abtretung für den ungesicherten Zedenten die Insolvenzgläubigerstellung begründete.236 Anfechtungsbegründend ist im Bierbrau-Fall indessen allein der Umstand, dass eine Forderung gleichzeitig mit ihrem Entstehen gesichert wird. So verstanden, ist zwar nicht die Begründung einer Insolvenzforderung, wohl aber ihre gleichzeitige Deckung anfechtbar. d) Zusammenfassung In der hier untersuchten Konstellation war der Anfechtungsgegner zu keinem Zeitpunkt Inhaber einer ungedeckten Forderung. Angesichts des paradigmatischen Anwendungsfalls der Deckungsanfechtung, dass einem ungesicherten Gläubiger nachträglich eine Sicherheit gewährt wird, sowie des oben dargestellten Verständnisses der Insolvenzgläubigerstellung dahingehend, dass vor der Deckung zunächst die ungesicherte Forderung bestanden haben müsse, ist die Anwendung der Deckungsanfechtung im Falle der Gleichzeitigkeit von Forderungserwerb und Deckung begründungsbedürftig. 233 BGH
ZIP 2009, 1674 Rn. 37. ZIP 2009, 1674 Rn. 19 ff. 235 BGH ZIP 2009, 1674 Rn. 26. 236 Dazu sogleich unter § 3 D. III. 2. c). 234 BGH
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§ 3 Anfechtbarkeit
Jedenfalls wird dieses Problem in der Rechtsprechung des BGH, soweit ersichtlich, nicht thematisiert. Danach erscheint es ausreichend, dass eine die Insolvenzgläubigerstellung grundsätzlich begründende Forderung zeitgleich mit ihrer Entstehung (in der Person des Anfechtungsgegners) gedeckt wird. Dabei ist für die Beurteilung der Insolvenzgläubigerstellung unerheblich, ob der Erwerb der Forderung abgeleitet auf einer Zession beruht, oder sich originär in der Person des Sicherungsnehmers vollzieht. 2. Vergleich mit § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO Erhellend ist in diesem Zusammenhang das Verständnis des Aufrechnungsverbots aus § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Nach dieser Vorschrift ist eine Aufrechnung ausgeschlossen, wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat. § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO ordnet also automatisch die Unwirksamkeit der Aufrechnung bei anfechtbar herbeigeführter Aufrechnungslage an.237 Mit der Bezugnahme auf die Anfechtungsvorschriften wird verdeutlicht, dass sämtliche Voraussetzungen des jeweiligen Anfechtungstatbestands vorliegen müssen.238 Die Herstellung einer Aufrechnungslage wird dabei von der Rechtsprechung als sichernde, die spätere Erfüllung vorbereitende Handlung verstanden.239 a) Herstellung einer Aufrechnungslage zugunsten eines Schuldners des späteren Insolvenzschuldners Der Wortlaut des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO mit seinem Rekurs auf die Insolvenzgläubigerstellung des Aufrechnenden lässt vermuten, dass von dem Aufrechnungsausschluss nur solche Konstellationen umfasst werden, in denen der Aufrechnende zunächst Gläubiger des Insolvenzschuldners war und erst anschließend auch zum Schuldner des Insolvenzschuldners geworden ist (Herstellung einer Aufrechnungslage zugunsten eines Gläubigers des Insolvenzschuldners). Jedoch kommt es nach allgemeiner Ansicht auf diese Reihenfolge nicht an.240 Dies ergibt sich bereits eindeutig aus den Gesetzesmaterialien. Ausweislich der Begründung zum Gesetzentwurf einer Insolvenzordnung soll das insolvenzrechtliche Aufrechnungsverbot gerade auch 237 Vgl.
Jaeger/Windel, InsO, § 96 Rn. 49; Uhlenbruck/Sinz, InsO, § 96 Rn. 46. InsO, § 96 Rn. 34; MünchKomm/Brandes/Lohmann, InsO, § 96 Rn. 29; Uhlenbruck/Sinz, InsO, § 96 Rn. 46. 239 BGH ZIP 2006, 818 Rn. 14. 240 BGH NZI 2008, 551 Rn. 17; Jaeger/Windel, InsO, § 96 Rn. 48; Kübler/Prütting/Bork/Lüke, InsO, 64. EL 7/2015, § 96 Rn. 54; MünchKomm/Brandes/Lohmann, InsO, § 96 Rn. 27; Uhlenbruck/Sinz, InsO, § 96 Rn. 46. 238 HK/Kayser,
D. Deckungsanfechtung der Sicherheitenbestellung für künftige Forderung87
den Fall des alten § 55 Nr. 3 KO erfassen.241 Nach dieser Vorschrift war die Aufrechnung unzulässig, wenn ein Schuldner eine Forderung gegen den Gemeinschuldner durch ein Rechtsgeschäft mit demselben oder durch Rechtsabtretung oder Befriedigung eines Gläubigers erworben hat, falls ihm zur Zeit des Erwerbs bekannt war, dass der Gemeinschuldner seine Zahlungen eingestellt hatte, oder dass die Eröffnung des Verfahrens beantragt war. § 55 Nr. 3 KO ordnete damit eigens die Unzulässigkeit der Aufrechnung an, wenn sie auf der Herstellung einer Aufrechnungslage zugunsten eines Schuldners des späteren Gemeinschuldners beruhte. Für den neuen § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist nunmehr eindeutig, dass trotz des möglicherweise missverständlichen Wortlauts die Reihenfolge des Entstehens von Hauptund Gegenforderung unerheblich ist. Somit begründet eine anfechtbar zugunsten eines Gläubigers oder eines Schuldners des späteren Insolvenzschuldners herbeigeführte Aufrechnungslage den Aufrechnungsausschluss. b) Herstellung der Aufrechnungslage zugunsten des Schuldners als Deckung § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO setzt mit seinem Verweis auf die Anfechtungsvorschriften voraus, dass der jeweils einschlägige Tatbestand inzident zu prüfen ist. Dabei müssen sämtliche Voraussetzungen erfüllt sein. In Betracht kommen durch den Verweis in § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO grundsätzlich alle Anfechtungstatbestände. Typischerweise wird die Herstellung einer Aufrechnungslage aber als Deckung im Sinne der §§ 130 f. InsO verstanden, da sie die Rechtsfolge des § 389 BGB und damit die Wirkung eines Erfüllungssurrogats herbeiführt.242 Wenn die Aufrechnungslage zugunsten eines Gläubigers des Schuldners in der Krise hergestellt wird, erlangt dieser Gläubiger durch die Aufrechnung die Möglichkeit, sich aus der gegen ihn gerichteten Forderung zu befriedigen. aa) Anwendung der §§ 130, 131 InsO Beachtlich ist in diesem Zusammenhang, dass regelmäßig der Forderungserwerb auch zugunsten eines Schuldners des Insolvenzschuldners als Deckung verstanden wird, folglich die §§ 130 f. InsO für einschlägig gehalten werden. Wendet man also § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO auch auf den Fall an, dass der Aufrechnende zunächst nur Schuldner des Insolvenzschuldners gewesen ist, so muss die Begründung seiner Gläubigerposition mit der 241 Begründung
Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443, S. 141. InsR, Rn. 19.15; MünchKomm/Kayser, InsO, § 130 Rn. 9; Thole, Gläubigerschutz, S. 380. 242 Häsemeyer,
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§ 3 Anfechtbarkeit
gleichzeitigen Aufrechnungsmöglichkeit als Deckung (§§ 130 ff. InsO) eines Insolvenzgläubigers verstanden werden können. An dieser Stelle verläuft die Problematik parallel zu dem oben dargestellten Sachverhalt in BGHZ 59, 230. In beiden Konstellationen fallen Erwerb der Forderung und Deckung – entweder durch ein Sicherungsrecht oder durch die Herstellung der Aufrechnungslage – zeitlich zusammen. Der Frage, ob der Aufrechnende zunächst Gläubiger oder Schuldner des Insolvenzschuldners war, wird dabei überwiegend nur noch für die Bestimmung des jeweiligen Deckungsanfechtungsgrunds Relevanz zugesprochen.243 Jedenfalls aber soll die Herstellung einer Aufrechnungslage zugunsten eines Schuldners des späteren Insolvenzschuldners der Deckungsanfechtung unterfallen können. bb) Einwand Erwogen werden könnte aber für den Fall, dass ein Schuldner des Insolvenzschuldners gegen diesen eine Forderung erwirbt, ob womöglich – wie oben dargestellt – der Anwendungsbereich der Deckungsanfechtung nicht eröffnet ist, weil die Gläubigerposition der jeweiligen erlangten Deckung zeitlich gerade nicht vorausgeht, sondern mit ihr zusammenfällt. Zu dieser Problematik bemerkt Thole, dass das Erfordernis der Insolvenzgläubigerstellung einer Anwendung der Deckungsanfechtungsvorschriften „an sich“ entgegenstehen müsse, da die Herstellung der Aufrechnungslage gerade keine schon bestehende Verbindlichkeit des Gläubigers decke.244 Ebenso meint Gerhardt, dass dieser Fall der inzident zu prüfenden Anfechtbarkeit der Herstellung einer Aufrechnungslage zugunsten eines Schuldners des Insolvenzschuldners von „bestimmten Anfechtungstatbeständen“ nur erfasst werden könne, wenn man vom Merkmal der Insolvenzgläubigerstellung absehe, da der Aufrechnende erst durch die anfechtbare Handlung zu einem Insolvenzgläubiger werde.245 Ähnlich verneint Dieckmann für diese Konstellation die Möglichkeit der Deckungsanfechtung, da sich der Gläubiger die Vorzugstellung eben nicht als Insolvenzgläubiger, sondern noch als Nichtgläubiger verschafft habe.246 243 Bork, FS Ishikawa, S. 31 (42), spricht sich für eine kongruente Deckung aus, wenn der Aufrechnende zunächst Schuldner des Insolvenzschuldners war. War der Aufrechnende zunächst Gläubiger des Insolvenzschuldners, läge regelmäßig mangels Anspruchs auf die Herstellung einer Aufrechnungslage eine inkongruente Deckung vor. Ähnlich auch Thole, Gläubigerschutz, S. 382; Häsemeyer, InsR, Rn. 19.15. 244 Thole, Gläubigerschutz, S. 380 f. 245 Gerhardt, FS Brandner, S. 605 (613). 246 Dieckmann, Insolvenzrecht im Umbruch, S. 211 (219), der davon ausgeht, dass eine Anwendung der Deckungsanfechtung nur möglich sei, wenn man wie in BGHZ 59, 230 die Deckungsanfechtung für einschlägig hält, weil die Abtretung
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Dies liegt auf einer Linie mit dem früher vertretenen Verständnis zu § 55 Nr. 3 KO. Die Notwendigkeit dieser eigenständigen Anordnung einer Unwirksamkeit der Aufrechnung neben der Anfechtbarkeit der Herstellung einer Aufrechnungslage als Deckung über § 30 KO wurde darin gesehen, dass letztere Vorschrift nur den Fall erfassen sollte, dass eine schon vorher begründete Forderung des Gläubigers durch die Aufrechnungslage in der Krise gedeckt wurde.247 In diese Richtung argumentiert auch Honsdorf248 im Falle der Abtretung einer Forderung an einen Schuldner des Insolvenzschuldners249: Die Abtretung komme als anfechtbare Rechtshandlung im Sinne der Deckungsanfechtung nicht in Betracht, da es dem Schuldner an der Konkursgläubigereigenschaft fehle.250 Tatsächlich sprechen – im Gegensatz zur Gesetzesbegründung für die InsO – auch die Materialien zur Konkursordnung noch eindeutig gegen eine Anwendung der Deckungsanfechtungsvorschriften auf diesen problematischen Fall der Herstellung einer Aufrechnungslage zugunsten eines Schuldners des späteren Insolvenzschuldners.251 Dort findet sich der Hinweis, dass die Vorschrift des § 23 Nr. 2 KO-E (entspricht § 30 Nr. 2 KO, der nunmehr von § 131 InsO abgelöst wurde) auf die Konstellation, dass „ein Schuldner eine Forderung an den Kridar erwirbt und nun kompensiert“, nicht anwendbar sei. Denn „die Schuldner stehen nicht in der par conditio creditorum.“ Erst dieses Verständnis machte § 55 Nr. 3 KO notwendig. Der Befund im Schrifttum ist nach alledem nicht eindeutig. Zwar werden die §§ 130 f. InsO regelmäßig auch im Zusammenhang mit der Herstellung einer Aufrechnungslage zugunsten eines Schuldners des späteren Insolvenzschuldners angeführt. Die Problematik um die Insolvenzgläubigerstellung wird zwar angerissen, indes nicht hinreichend geklärt. cc) Deckungsanfechtung und Aufrechnung in der Rechtsprechung Auch in der Rechtsprechung wird dieser Aspekt der Insolvenzgläubigerstellung und gleichzeitigen Deckung nicht explizit diskutiert, vielmehr wird die Anwendung der Vorschriften wiederum selbstverständlich vorausgesetzt. einer Forderung zu Aufwertung einer bislang untauglichen Sicherungsmöglichkeit geführt habe. 247 Jaeger/Lent, KO, 8. Auflage, § 55 Rn. 13. 248 Honsdorf, Aufrechnung, S. 73 ff. 249 Ein Fall, auf den nach altem Recht § 55 Nr. 3 KO Anwendung fand. 250 Im Zuge dessen wendet sich Honsdorf ebenfalls gegen die Entscheidung BGHZ 59, 230, mit der das Gericht die Zessionen an die Bank für anfechtbar erklärte. 251 Hahn, Materialien KO, S. 225.
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§ 3 Anfechtbarkeit
(1) BGH NZI 2010, 903 In dem der Entscheidung BGH NZI 2010, 903 zugrunde liegenden Sachverhalt hatte die Insolvenzschuldnerin eine unstreitige Forderung gegen die beklagte Bundesagentur für Arbeit. Infolge der Beantragung von Insolvenz ausfallgeld durch die Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin gingen die Lohnansprüche im Wege der Legalzession auf die Beklagte über, die mit diesen Ansprüchen die Aufrechnung gegen die Hauptforderung der Schuldnerin erklärte. Der BGH ging von einer Unwirksamkeit der erklärten Aufrechnung gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO mit der Begründung aus, dass der Übergang der Lohnansprüche auf die Bundesagentur eine kongruente Deckung darstelle.252 Anfechtbar sei im konkreten Fall die gläubigerbenachteiligende Wirkung der Verschaffung einer Gläubigerstellung durch den Forderungsübergang als Folge der Beantragung des Insolvenzausfallgelds. Da die Bundesagentur schon vorher Schuldnerin der späteren Insolvenzschuldnerin gewesen sei, bewirke die Begründung der Gläubigerposition infolge der Legalzession eine Deckung. Dass hier die Bundesagentur vor dem Forderungsübergang aber gerade noch keine Gläubigerin der Insolvenzschuldnerin war, wird nicht näher problematisiert. (2) BGH NZI 2010, 17 Auf der gleichen Linie liegt ein Urteil des BGH zur Anfechtbarkeit des Entstehens eines Steuererstattungsanspruchs. Die Schuldnerin hatte hier gegen das Finanzamt einen Anspruch auf Erstattung bereits gezahlter Steuern. Zwischen Antragsstellung und Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden Umsatzsteuerforderungen, mit welchen das Finanzamt nunmehr gegen den Erstattungsanspruch aufrechnete. Die Aufrechnung hielt der BGH im konkreten Fall für unwirksam gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO, da die Möglichkeit der Aufrechnung vom Finanzamt in anfechtbarer Weise erlangt worden sei.253 Das Gericht erachtet dabei das Finanzamt als taugliche Anfechtungsgegnerin, die mit der Herstellung der Aufrechnungslage eine Deckung ihrer Insolvenzforderungen erlangt habe. Dass erst gleichzeitig mit der Herstellung der Aufrechnungslage das Finanzamt auch die Gläubigerstellung erlangt hat, wird nicht diskutiert.
252 BGH 253 BGH
NZI 2010, 903 Rn. 9. NZI 2010, 17 Rn. 13 ff.
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(3) OLG Köln NJW-RR 2001, 1493 Ausführlicher mit der hier aufgeworfenen Frage befasst sich das OLG Köln. In dem zugrunde liegenden Sachverhalt hatten die spätere Insolvenzschuldnerin und der Beklagte einen Gewerberaummietvertrag geschlossen. Insgesamt sind Mietrückstände der Beklagten in Höhe von nahezu 95.000 EUR aufgelaufen. Zugunsten der Zedentin wurde gegen die Insolvenzschuldnerin am 03.11.1998 eine Forderung über 125.000 EUR begründet. Diese Forderung hat die Zedentin dem Beklagten am 12.11.1998 abgetreten. Das Insolvenzverfahren wurde am 04.02.1999 eröffnet. Der klagende Insolvenzverwalter fordert die Mietzahlung, der Beklagte erklärte die Aufrechnung. Das OLG hielt die erklärte Aufrechnung für unwirksam gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO.254 Mit der allgemeinen Ansicht geht das Gericht davon aus, dass entgegen dem missverständlichen Wortlaut255 der Vorschrift der später Aufrechnende bei Begründung der Aufrechnungslage nicht schon Insolvenzgläubiger gewesen sein musste. Vielmehr genüge es, dass ein Drittgläubiger seine Forderung anfechtbar an einen Schuldner des Insolvenzschuldners abtrete. Von § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO sei also auch die Konstellation umfasst, dass gleichzeitig mit der Aufrechnungslage die Insolvenz gläubigerstellung begründet werde. Das Gericht befasst sich weiter mit der Frage, ob die Forderungszession an den Beklagten eine inkongruente Deckungshandlung gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO darstellte. Das Gericht geht hier allerdings nicht auf die Frage ein, ob die Zession tatsächlich eine inkongruente Deckung des Beklagten als Gläubiger der Insolvenzschuldnerin darstellt, sondern prüft die Inkongruenz der Abtretung im Verhältnis von Zedentin zum Beklagten. Der Beklagte habe eine Forderung gegen die Zedentin. Die Abtretung der Zedentin sei nach alledem eine Leistung an Erfüllungs statt oder erfüllungshalber und daher inkongruent. Diese Ausführungen überzeugen nicht. Denn als Bezugspunkt des Aufrechnungsausschlusses nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist die anfechtbare Deckung im Verhältnis zum Insolvenzschuldner maßgeblich. Es geht nicht darum, ob eine anfechtbare Deckung zwischen Anfechtungsgegner und Drittem vorliegt. Da das OLG hier ein anderes Verhältnis prüft, ist damit die Frage danach, ob die Herstellung einer Aufrechnungslage zugunsten eines Schuldners des Insolvenzschuldners im Wege der Deckungsanfechtung zu beseitigen ist, wenn der Erwerb der Gläubigerposition mit der Herstellung der Aufrechnungslage zusammenfällt, nicht beantwortet.
254 OLG 255 A. A.
Köln, NJW-RR 2001, 1493 (1494). zum Wortlaut des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO v. Olshausen, ZIP 2003, 893.
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§ 3 Anfechtbarkeit
3. Kritische Stellungnahme Zwar wird in der Rechtsprechung und in der Literatur überwiegend die Einschlägigkeit der Deckungsanfechtung bei zeitlichem Zusammenfallen von Forderungserwerb und Deckung – gleich ob durch ein Sicherungsrecht oder durch die Herstellung einer Aufrechnungslage bewirkt – angenommen, es fehlt aber sowohl an einer Auseinandersetzung mit vorgebrachten Gegenargumenten im Schrifttum als auch an einer überzeugenden Begründung für dieses Ergebnis. Im Rahmen des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO wird besonders deutlich, dass sowohl Rechtsprechung als auch Literatur die Deckungsanfechtungstatbestände bei der Herstellung einer Aufrechnungslage zugunsten eines Schuldners des späteren Insolvenzschuldners anwenden, ohne sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob der gleichzeitige Erwerb von Gläubigerposition und Deckung ausreichend ist. Dies legt prima facie den Schluss nahe, § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO erfordere mit seinem Verweis „anfechtbare Rechtshandlung“ nicht, dass alle Anfechtungsvoraussetzungen erfüllt sind. Danach wäre auch die Annahme der Deckungsanfechtung möglich, wenn Deckung und Begründung der Gläubigerposition zusammenfallen. Auf die explizite Prüfung der Insolvenzgläubigerstellung käme es dann nicht an. Dieses Verständnis könnte man vereinzelten Stimmen im Schrifttum unterstellen, wenn argumentiert wird, dass eigentlich die Voraussetzungen einer Deckungsanfechtung nicht erfüllt seien.256 Eine solche Auslegung der Norm überzeugt aber nicht. Zwar ist auch nach dem Willen des Gesetzgebers der Fall, dass ein Schuldner eine Forderung gegen den Insolvenzschuldner erwirbt, von § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO umfasst.257 Dies lässt aber nicht den Schluss zu, dass der Normanwender von einer Prüfung der Deckungsanfechtungsvoraussetzungen dispensiert wird. Denn mit dem Willen des Gesetzgebers ist nichts über den einschlägigen anfechtungsrechtlichen Tatbestand gesagt, schon gar nicht, dass dieser Fall von der Deckungsanfechtung erfasst wird. Eine pauschale Anwendung der Deckungsanfechtungsvorschriften, obwohl diese „eigentlich“ nicht für anwendbar erachtet werden, steht auch im Konflikt mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Denn der BGH stellt sich in seiner Rechtsprechung ausdrücklich auf den Standpunkt, dass bei Anwendung des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO sämtliche Voraussetzungen des einschlägigen Anfechtungstatbestands erfüllt sein müssen.258 Selbiges gilt für den Fall, dass der Inhaber einer Sicherheit eine Forderung erwirbt, die sogleich von der bereits bestehenden Sicherheit gedeckt 256 Siehe
oben § 3 D. II. 2. b) bb). oben § 3 D. II 2. a). 258 BGHZ 159, 388. 257 Siehe
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wird, sodass der Sicherungsnehmer zu keinem Zeitpunkt ungesicherter Insolvenzgläubiger war. Zwar lässt sich die aktuelle Handhabung des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO in Rechtsprechung und Schrifttum argumentativ dafür anführen, dass für Anwendung der Deckungsanfechtung die Gleichzeitigkeit von Forderungsbegründung und erlangter Deckung ausreichend sein soll. Allein zweifelhaft bleibt die Begründung dieses Ergebnisses. a) Wirkungsbezogenheit der Anfechtung In den dargestellten Fällen ist die Anwendung der Vorschriften über die Deckungsanfechtung gerade im Hinblick auf das neuere Verständnis der Deckungsanfechtung sachgerecht und richtig. Das ältere Verständnis der Insolvenzanfechtung unterschied sich erheblich von der heutigen Anwendung der §§ 129 ff. InsO. So hatte der BGH früher noch zur Aufrechnung vertreten, dass nicht einzelne Rechtswirkungen isoliert angefochten werden können, sondern vielmehr auf den Gesamtvorgang abgestellt werden müsse.259 Diese Rechtsprechung hat er aber noch zur KO aufgegeben und folgerichtig die isolierte Anfechtung der Herstellung einer Aufrechnungslage zugelassen260 und somit die Wirkungsbezogenheit der Anfechtung in den Vordergrund gerückt.261 Dieses Verständnis der Wirkungsbezogenheit erhellt im hiesigen Zusammenhang die Reichweite der Deckungsanfechtung. In der Sache geht es nämlich nicht darum, die Abtretung als anfechtbare Rechtshandlung zu beseitigen, weil diese den Anfechtungsgegner zum Gläubiger gemacht hat. Vielmehr soll die durch die Abtretung herbeigeführte Deckungswirkung in Gestalt der Aufrechnungslage beseitigt werden. Dabei handelt es sich um eine selbstständige anfechtungsrelevante gläubigerbenachteiligende Rechtswirkung, die durch die Deckungsanfechtung beseitigt werden kann. Denn die Rechtshandlung „Abtretung“ hat den Anfechtungsgegner nicht nur zum Gläubiger des Insolvenzschuldners gemacht, sondern darüber hinaus hat er eine Deckung für seine Forderung erhalten. Hier kann die Anwendung der Deckungsanfechtungsvorschriften nicht daran scheitern, dass diese beiden Umstände zeitgleich eingetreten sind. Derjenige Anfechtungsgegner, der sowohl Forderung als auch Deckung (gleichzeitig) erst in der Krise erhält, erscheint auch keineswegs schutzwürdiger als ein Gläubiger, dessen Deckung zeitlich nachgelagert erfolgt. Damit ist auch das Postulat, dass die Begründung der Gläubigerposition der Deckungshandlung vorausgehen 259 BGHZ 86, 349 (355 f.). Danach mussten auch die mit der Herstellung der Aufrechungslage verbundnen Vorteile berücksichtigt werden. 260 BGHZ 147, 233 (236 f.). 261 Siehe dazu bereits oben unter § 3 D. I. 1.
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§ 3 Anfechtbarkeit
müsse,262 in diesem Zusammenhang nicht zielführend. Auch ist sprachlich die Formulierung „Anfechtung der Abtretung“ irreführend. Angefochten wird vielmehr die mit der Abtretung einhergehende Deckung des Anfechtungsgegners, sei es durch das Herstellen einer Aufrechnungslage oder durch die Unterdeckungnahme von Forderungen bei einem bereits bestehenden Sicherungsrecht. Wertungsmäßig erscheint es auch nicht überzeugend, könnte der Schuldner anfechtungsfest in der Krise Forderungen begründen und diese gleichzeitig erfüllen. Vielmehr muss auch die gleichzeitige Erfüllung dem Grunde nach den Anfechtungsvorschriften unterfallen. Selbiges gilt dann hier für die Sicherheitenbestellung. Mithin ist die Gleichzeitigkeit von Forderungserwerb und Deckung ausreichend, um das Tatbestandsmerkmal „Deckung eines Insolvenzgläubigers“ anzunehmen. b) Bargeschäft Die Ansicht, wonach es bei Gleichzeitigkeit von Deckung und Forderungsentstehung an der Insolvenzgläubigerstellung und damit an den Voraussetzungen der Deckungsanfechtung fehle, ist überholt. Sie findet ihre Wurzeln im früheren – mittlerweile überholten – Verständnis des Bargeschäftsprivilegs. aa) Früheres Verständnis des Bargeschäfts Während das Gesetz nunmehr die Normierung des Bargeschäfts in § 142 InsO kennt, war die Begründung dieser Ausnahme von der Anfechtbarkeit früher unklar. Dies vermag die oben dargestellte Auffassung, dass es im Fall BGHZ 59, 230 an der Insolvenzgläubigerstellung fehle, insoweit zu erklären. In diesem Zusammenhang führt Eckardt aus, dass ursprünglich die Berechtigung der Bargeschäftsausnahme in der Beschränkung der Deckungsanfechtung auf Insolvenzgläubiger gesehen wurde.263 Die Insolvenzgläubigereigenschaft fehle danach demjenigen, der eine Deckung zeitgleich mit seiner eigenen Leistung bekommen habe. Dieses Verständnis einer Verknüpfung von Insolvenzgläubigerstellung und Bargeschäft findet sich besonders deutlich bei Lektüre des älteren Schrifttums. So fordert Lent in den Vorauflagen des Jaeger zur KO, dass die gesicherte Konkursforderung bereits vor dem Deckungsakt entstanden sein müsse.264 Dabei führt er 262 Siehe
oben § 3 D. II. 1. c) aa). ZIP 1999, 1417 (1421). 264 Jaeger/Lent, KO, 8. Auflage, § 30 Anm. 37; vgl. auch BGH BeckRS 1955, 313384791 unter 4. sowie RGZ 29, 77 (78). 263 Eckardt,
D. Deckungsanfechtung der Sicherheitenbestellung für künftige Forderung95
„wirtschaftliche Gesichtspunkte“ an: Man wolle die vom Schuldner in der Krise abgeschlossenen Bargeschäfte (unter anderem angeführt ist die „Darlehnsaufnahme gegen Sicherung“) nicht der Deckungsanfechtung unterwerfen, um den Schuldner nicht vom vermögensrechtlichen Verkehr auszuschließen. Die Deckungsanfechtungsvorschriften müssten daher für Bardeckungen während der Krise eingeschränkt werden, sodass sie sich nicht auf Sicherungen oder Befriedigungen vor oder bei der Neubegründung einer Konkursforderung beziehen könnten. Eine so verstandene Deckungsanfechtung setzt tatsächlich das Auseinanderfallen von Forderungsbegründung und Deckung voraus. In der Folgeauflage der Kommentierung wird die Insolvenzgläubigerstellung nicht mehr unmittelbar mit der Bargeschäftsausnahme in Verbindung gebracht. Henckel geht aber bei seinen Ausführungen zum Bargeschäft davon aus, dass eine gleichzeitige Erfüllung eines in der Krise abgeschlossenen Kaufvertrages „an sich“ von der Deckungsanfechtung erfasst sei, jedoch der bargeschäftliche Charakter gegen eine Anfechtung spreche. Danach sei eben auch die Sicherheit unanfechtbar, die in der Krise für einen neuen Kredit gewährt werde. Wenn aber der Vertragsschluss mit gleichzeitiger Erfüllung grundsätzlich den Vorschriften über die Deckungsanfechtung unterfällt, muss Selbiges auch für die Gleichzeitigkeit von Sicherheit und Forderungsentstehung gelten. Dem neueren Verständnis des Bargeschäfts entsprechend verortet Henckel in der Neuauflage diese Problematik der Gleichzeitigkeit von Forderungsentstehung und Deckung nicht mehr bei der Konkursgläubigerstellung, sondern vielmehr bei der Bargeschäftsausnahme.265 Dies steht aber im Widerspruch dazu, für den Fall BGHZ 59, 230 die Insolvenzgläubigerstellung der Bank in Zweifel zu ziehen. Denn auch die Bank hat die Deckung gleichzeitig mit ihrer Gläubigerposition erlangt.266 bb) Sicherheit gegen Darlehen als Bargeschäft Die (bloße) Gleichzeitigkeit von Deckung und Erwerb der Gläubigerstellung kann nach heutigem Verständnis nurmehr bei der Bestimmung eines Bargeschäfts nach § 142 InsO bedeutsam sein. Danach ist nämlich zumindest eine kongruente Deckung dann nicht anfechtbar, wenn für die Leistung 265 Jaeger/Henckel, KO, 9. Auflage, § 30 Rn. 110; ebenso in der Neuauflage zur Insolvenzordnung Jaeger/Henckel, InsO, § 142 Rn. 13. 266 Freilich lag dem nur eine Rechtshandlung zugrunde (Zession), während der Abschluss und die Erfüllung eines Vertrags rechtlich aus zwei Geschäften besteht. Dies kann aber unter der Prämisse der Wirkungsbezogenheit der Anfechtung nicht entscheidend sein, da gerade einzeln abtrennbare Wirkungen beseitigt werden können.
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§ 3 Anfechtbarkeit
des Schuldners unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in das Vermögen des Schuldners gelangt ist. Eine Beispielskonstellation ist hier die Darlehensgewährung eines Gläubigers im Gegenzug für eine Sicherheitenbestellung seitens des Schuldners.267 Die Valutierung des Darlehens führt zum Entstehen des Darlehensrückzahlungsanspruchs aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB, für den der Gläubiger zeitgleich eine Deckung in Form der Sicherheit erhalten hat. Die Einräumung eines Darlehens gegen eine Sicherheit wird allgemein als Bargeschäft im Sinne des § 142 InsO verstanden, was den Ausschluss der Anfechtung nach § 130 InsO zur Folge hat.268 4. Fazit zur Insolvenzgläubigerstellung Besteht das Sicherungsrecht vor der gesicherten Forderung, ist zweifelhaft, ob bei Forderungsentstehung eine Deckung eines Insolvenzgläubigers erfolgt. Dieses Problem stellt sich insbesondere269 dann, wenn der Sicherungsinhaber nicht eine künftige – in seiner Person begründete – Forderung gegen den Schuldner hat, sondern die jeweils gesicherte Forderung erst im Wege der Abtretung erwirbt. Entgegen den geäußerten Zweifeln ist die Deckungsanfechtung auch dann einschlägig, wenn Erwerb der Gläubiger position und Deckung der Forderung gleichzeitig erfolgen. Neben der Begründung der Gläubigerposition ist die eigenständige Rechtswirkung der Begründung einer Vorrangstellung für die jeweilige Forderung selbstständig anfechtbar.
III. Gläubigerbenachteiligung Voraussetzung der Anfechtung ist weiterhin, dass die konkrete anfechtbare Rechtswirkung gläubigerbenachteiligend ist. Zwar spricht das Gesetz in § 129 InsO von einer gläubigerbenachteiligenden Rechtshandlung. Da die Insolvenzanfechtung aber die Beseitigung benachteiligender Rechtswirkungen beabsichtigt, muss die konkret angefochtene Wirkung gläubigerbenachteiligend sein.270 Allgemein wird darunter die Vermehrung der Schulden267 Siehe RGZ 29, 77 (78) noch zum Ausschluss der Deckungsanfechtung mangels Gläubigerstellung. 268 Bitter, ZIP 2013, 1497 (1506); HK/Kreft, InsO, § 142 Rn. 3; MünchKomm/ Kayser, InsO, § 129 Rn. 151; Obermüller, Bankpraxis, Rn. 6.540 f.; Uhlenbruck/Ede/ Hirte, InsO, § 142 Rn. 45. 269 Siehe aber auch zu BGH ZIP 2009, 1674 (Bierbrauen) oben § 3 D. II. 1. c) bb) (2). 270 So deutlich BGH ZIP 2009, 1674 Rn. 29, 36; ebenso Kübler/Prütting/Bork/ Schoppmeyer, InsO, 54. EL 8/2013, § 130 Rn. 10.
D. Deckungsanfechtung der Sicherheitenbestellung für künftige Forderung97
masse oder die Verkürzung der Aktivmasse und die dadurch bewirkte Erschwerung oder Vereitelung des Zugriffs auf das Schuldnervermögen verstanden.271 1. Konkrete gläubigerbenachteiligende Wirkung Das Vorliegen einer Gläubigerbenachteiligung ist für jede anzufechtende Rechtswirkung gesondert zu prüfen. Bestellt der spätere Insolvenzschuldner einem Gläubiger für dessen Forderung in der Krise ein Sicherungsrecht, so bewirkt dies, dass ein ungesicherter Gläubiger die Stellung eines bevorzugten Gläubigers in der Insolvenz erhält. Die Masse wird durch die Bestellung des Sicherungsrechts belastet und die Bevorzugung des nunmehr gesicherten Gläubigers verschlechtert die Befriedigungsaussichten der Gläubigergesamtheit. Zweifelhaft ist aber, ob in der hier untersuchten Konstellation die mit der Forderungsentstehung eintretende Wirkung der Begründung eines Absonderungsrechts ebenfalls gläubigerbenachteiligend ist, wenn man berücksichtigt, dass das jeweils den Gläubiger sichernde dingliche Recht schon besteht und der Gläubiger bereits einen Schutz erlangt hat,272 der ihm im Verhältnis zu anderen Gläubigern eine gesicherte Rechtsposition verschafft. Mit dieser Erwägung hat sich auch der BGH gegen eine Anfechtungsmöglichkeit ausgesprochen.273 a) Erwägungen gegen das Vorliegen einer Gläubigerbenachteiligung Das Sicherungsrecht als solches ist bei der hier untersuchten Konstella tion schon aus dem Vermögen des die Sicherheit bestellenden Schuldners ausgeschieden. Das Vermögen des Schuldners war daher von vornherein mit der drohenden Befriedigungsmöglichkeit des Gläubigers belastet. Der Gläubiger besitzt also schon eine wirksame Sicherung für seine später entstehende Forderung. Es ließe sich daher vertreten, dass sich mit der späteren Forderungsentstehung nur die Belastung des Schuldnervermögens durch das vorher bestellte Sicherungsrecht verwirklicht. Entsteht sodann die Forderung, verliert die Masse nicht mehr, als sie ohnehin schon im Zeitpunkt der Bestellung des Sicherungsrechts für ebenjene Forderung verloren hat.
271 HK/Kreft, InsO, § 129 Rn. 37; Jaeger/Henckel, InsO, § 129 Rn. 77; Uhlenbruck/Hirte/Ede, InsO, § 129 Rn. 160. 272 Siehe dazu oben § 1 C. III. 273 BGHZ 86, 340.
98
§ 3 Anfechtbarkeit
b) Erwägungen für das Vorliegen einer Gläubigerbenachteiligung Davon unterscheidet sich die Rechtslage hier aber erheblich. Solange lediglich ein Sicherungsrecht für eine erst künftig entstehende Forderung besteht, kann der Gläubiger aus der jeweiligen Sicherheit nicht vorgehen. Zwar erfüllt das bereits bestehende dingliche Recht schon seine Sicherungsfunktion. Allerdings kann der Gläubiger die Befriedigungsfunktion noch nicht geltend machen.274 Mit dieser Erwägung spricht sich auch ein Großteil der Literatur für die Anfechtbarkeit aus.275 Denn diesen Umstand mangelnder Valutierung kann der Sicherungsgeber einredeweise geltend machen. Diese Einrede verliert die Masse, sobald die Forderung entsteht und der Gläubiger hierfür aus dem Sicherungsgegenstand Befriedigung suchen darf. Mit dem Zeitpunkt Forderungsentstehung würde also diese Rechtsposition vernichtet und die Masse zusätzlich belastet. Anders als bei der Deckung anfechtungsfester Absonderungsrechte hat der Gläubiger hier eben erst zum Zeitpunkt der Forderungsentstehung den vollwertigen Schutz des Sicherungsrechts erlangt. Damit kommt der Entstehung der Absonderungsberechtigung für das Verfahren eine eigenständige gläubigerbenachteiligende Wirkung zu. Grundsätzlich kommt daher eine Anfechtung in Betracht. 2. Keine Gläubigerbenachteiligung bei vor Verfahrenseröffnung begründeter Forderung Etwas anderes gilt aber dann, wenn die gesicherte Forderung bereits vor der Krise im Sinne des § 38 InsO „begründet“ war. Das Entstehen der Forderung im kritischen Zeitraum vor Verfahrenseröffnung bewirkt in diesem Fall keine eigenständige gläubigerbenachteiligende Wirkung mehr. Ebenso wie der Gläubiger unbeschadet von § 91 InsO ein Absonderungsrecht für eine erst nach Verfahrenseröffnung entstehende Forderung geltend machen kann, wenn diese bereits im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung begründet war,276 kann die mit der Forderungsentstehung einhergehende Bevorzugung für das Insolvenzverfahren nicht im Wege der Deckungsanfechtung beseitigt werden, wenn das Sicherungsrecht schon vor der Krise bestellt wurde und die jeweilige gesicherte Forderung bereits vor Eintritt der Krise begründet im Sinne des § 38 InsO war. Denn wenn das Sicherungsrecht trotz Entstehens der Forderung nach Verfahrenseröffnung insolvenzfest ist, muss Selbiges auch gelten, wenn die vorher bereits begründete Forderung in der Krise 274 Siehe
oben § 1 C. III. oben im Meinungsstand § 3 B. II. 2. 276 Siehe oben § 2 C. III. 275 Nachweise
D. Deckungsanfechtung der Sicherheitenbestellung für künftige Forderung99
entsteht. Für dieses Ergebnis spricht das herrschende Verständnis in dem vergleichbaren Fall, dass der Schuldner eine gegen ihn gerichtete Forderung begleicht, die eigens durch ein vor der Krise bestelltes Sicherungsrecht unanfechtbar gesichert ist. Denn dann soll es ebenfalls an der Gläubigerbenachteiligung fehlen, da der gesicherte Gläubiger im Verfahren zur abgesonderten Befriedigung berechtigt sei und daher zu Lasten der Gläubigergesamtheit nicht mehr erlange, als ihm ohnehin zustehe.277 a) Vorwirkung der par condicio creditorum Das Insolvenzverfahren nimmt die Aufgabe wahr, die Haftung des Schuldners für die Forderungen der Gläubiger zu verwirklichen. Ausweislich des § 1 Satz 1 InsO dient das Verfahren dazu, die Gläubiger des Insolvenzschuldners gemeinschaftlich zu befriedigen. Gemäß § 38 InsO ist ihnen zu diesem Zwecke die Insolvenzmasse als haftendes Vermögen zugewiesen. Dies steht im Gegensatz zur vom Prioritätsprinzip beherrschten Einzelzwangsvollstreckung (vgl. § 804 Abs. 3 ZPO), die dem zuerst vollstreckenden Gläubiger Vorrang vor den später vollstreckenden Gläubigern gewährt. Danach können einzelne Gläubiger die Befriedigung ihrer Forderungen ohne Rücksicht auf die Befriedigungsaussichten anderer Gläubiger anstreben. Der InsO liegt hingegen der Gedanke zugrunde, dass eine gemeinschaftliche Befriedigung278 im Falle der Vermögensinsuffizienz wirtschaftlich die sinnvollste Lösung darstellt. Damit ist das Prinzip der Gläubigergleichbehandlung Leitmaxime der InsO. Es soll grundsätzlich verhindert werden, dass sich einzelne Gläubiger Sondervorteile im Verfahren verschaffen können. Diesem Prinzip wird durch verschiedene Mechanismen auch schon vor Verfahrenseröffnung Rechnung getragen. So wird gemäß § 88 InsO eine Sicherung unwirksam, die ein Gläubiger im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach dem Antrag durch Zwangsvollstreckung erlangt hat. Diese sogenannte Rückschlagsperre will verhindern, dass sich Gläubiger noch in der kritischen Zeit vor Verfahrenseröffnung ein Vorzugsrecht auf Befriedigung verschaffen.279 Damit wird das vor Verfahrenseröffnung geltende Prioritätsprinzip zugunsten der par 277 BGHZ 182, 264 Rn. 6 m. w. N.; Kübler/Prütting/Bork/Schoppmeyer, InsO, 54. EL 8/2013, § 130 Rn. 10; Uhlenbruck/Hirte/Ede, InsO, § 129 Rn. 211; siehe zu den Besonderheiten der Deckung bei Absonderungsrechten unter Geltung der InsO auch HK/Kreft, InsO, § 129 Rn. 60. 278 HK/Kreft, InsO, § 1 Rn. 4; zum Gleichbehandlungsgrundsatz und dessen Rechtfertigung Brinkmann, Kreditsicherheiten, S. 239 ff. 279 HK/Kayser, InsO, § 88 Rn. 1; MünchKomm/Breuer, InsO, § 88 Rn. 9.
100
§ 3 Anfechtbarkeit
condicio creditorum begrenzt. Systematisch ähnelt diese Vorschrift den Regelungen über die Insolvenzanfechtung.280 Ebenso wird die Vorwirkung des Gläubigergleichbehandlungsgrundsatzes gemeinhin als Zweck der Deckungsanfechtung gesehen.281 Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass das außerhalb der InsO geltende Prioritätsprinzip im Falle der Vermögensknappheit seine Legitimation verliere.282 Das soll nicht erst mit dem formalen Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung gelten, sondern schon spätestens dann, wenn die materielle Insolvenz des Schuldners eingetreten ist. Einzelne Gläubiger sollen in zeitlicher Nähe zum eröffneten Verfahren oder bei schon eingetretener Zahlungsunfähigkeit demnach nicht mehr ungehindert und ohne Rücksicht gegenüber den übrigen Gläubigern auf die spätere Insolvenzmasse zugreifen können. Denn dies könnte gerade dazu führen, dass im eröffneten Verfahren der Zweck der gemeinschaftlichen Befriedigung mangels ausreichender Masse vereitelt würde.283 Ergänzend lässt sich anführen, dass die Deckungsanfechtung so die Unwirksamkeit von Handlungen bewirken kann, die auch im Verfahren unwirksam wären,284 wodurch eine Vorverlagerung der §§ 81 ff. InsO bewirkt wird. b) Folgerungen Unter den weiteren Voraussetzungen des §§ 130, 131 InsO unterwirft die Vorverlagerung des Gläubigergleichbehandlungsgrundsatzes die jeweiligen Gläubiger also schon mit Eintritt der Krise dergestalt der par condicio creditorum, wie es im eröffneten Verfahren der Fall wäre. Dies ermöglicht einen Gleichlauf mit dem Erwerbsverbot aus § 91 InsO.285 Dieses soll nach hier vertretener Ansicht die Absonderungsberechtigung trotz nach Verfahrenseröffnung entstehender Forderung dann nicht verhindern können, wenn die jeweils gesicherte Forderung bereits im Zeitpunkt der Haftungsrealisierung – also bei Verfahrenseröffnung – „begründet“ im Sinne des § 38 InsO gewesen ist.286 280 MünchKomm/Breuer, InsO, § 88 Rn. 1; Thole, Gläubigerschutz, S. 377; Uhlenbruck/Mock, InsO, § 88 Rn. 1. 281 Jaeger/Henckel, InsO, § 129 Rn. 3; Häsemeyer, InsR, Rn. 21.05; K. Schmidt/ Ganter/Weinland, InsO, § 130 Rn. 7; Koziol, Grundlagen, S. 21 f.; HK/Thole, InsO, § 130 Rn. 4; Thole, ZZP 2008, 67 (74); ferner BGH NZI 2005, 215 (216); kritisch dazu Klinck, Insolvenzanfechtung, S. 33 ff., 89. 282 BGHZ 136, 309 (312 f.); Jaeger/Henckel, InsO, § 130 Rn. 7. 283 Thole, Gläubigerschutz, S. 293. 284 Vgl. Jaeger/Henckel, InsO, § 131 Rn. 45. 285 Vgl. auch Jaeger/Henckel, KO, 9. Auflage, § 30 Rn. 75; für eine Gleichbehandlung siehe auch schon OLG Köln, KTS 1979, 323 (327). 286 Vgl. oben § 2 C. III.
D. Deckungsanfechtung der Sicherheitenbestellung für künftige Forderung101
Die Annahme der Vorverlagerung der par condicio creditorum sowie der diese durchsetzenden Verfahrenswirkungen führt damit auch zur Vorverlagerung des für die Haftungsrealisierung maßgeblichen Zeitpunkts. Durch die Deckungsanfechtung wird dieser Zeitpunkt auf den Eintritt der Krise vorgezogen. Wenn die Forderung schon vor der Krise begründet war und der Gläubiger sich für diese Forderung gesichert hat, unterfällt er eben nicht der durch die Deckungsanfechtung bewirkten Vorwirkung des Gläubigergleichbehandlungsgrundsatzes. Maßgeblich ist nach alledem allein, ob die gesicherte Forderung, die zwar erst in der Krise vollwertig entsteht, schon vor der Krise „begründet“ im Sinne das § 38 InsO war. Ist dies der Fall, hat sich der Gläubiger rechtzeitig anfechtungsfest gesichert. Damit erscheint auch die im Schrifttum teilweise vertretene (analoge) Heranziehung des § 140 Abs. 3 auf die „aufschiebend bedingte“ gesicherte Forderung hinfällig.287 Die für die Anerkennung der Insolvenzfestigkeit notwendige Verfestigung der Forderung richtet sich allein nach dem Maßstab des § 38 InsO. c) Zession in der Krise: Begründetheit in der Person des Sicherungsinhabers Ein anderes gilt für den Fall, dass dem Sicherungsinhaber in der Krise eine Forderung von einem Drittgläubiger abgetreten wird. Diese für die Besicherung künftiger Forderungen typische Fallkonstellation lag dem Urteil BGHZ 59, 230 zugrunde.288 Die beklagte Bank besaß schon vor Eintritt der Krise Grundschulden, die auch künftige im Wege der Zession zu erwerbende Forderungen umfassen sollten. In der kritischen Zeit vor Verfahrenseröffnung ließ sich die Bank von einem Drittgläubiger ungesicherte Forderungen abtreten. Diese im Wege der Zession erworbenen Forderungen können bereits vor der Krise begründet sein, was nach hier vertretener Ansicht grundsätzlich die Insolvenzfestigkeit der Vorrangstellung bewirkt. Indessen ist in diesem Fall zu beachten, dass die ungesicherte Forderung vor der Zession bereits von der Vorwirkung der par condicio creditorum erfasst wird und auch in Gestalt einer ungesicherten Forderung verhaftet ist. Diese Position kann nicht durch einen Gläubigerwechsel zum Nachteil der Gläubigergesamtheit verändert werden. Daher gilt auch für die Frage der Insolvenzanfechtung das oben bereits zu § 91 InsO und § 96 Abs. 1 Nr. 2 287 Siehe oben § 3 B. II. 2. d). Ohnehin ist die Anwendung dieser Vorschrift in Anbetracht der Tatsache, dass die Rechtshandlung „Sicherheitenbestellung“ unbedingt vorgenommen wurde, zweifelhaft. 288 Siehe dazu schon oben zur Frage, ob ein „Insolvenzgläubiger“ eine Deckung erhält § 3 D. II. 1.
102
§ 3 Anfechtbarkeit
InsO Ausgeführte289. Zwar kann der Zessionar von einem Drittgläubiger eine Forderung erwerben, die bereits vor der Krise „begründet“ im Sinne des § 38 InsO war. In diese Position rückt der Zessionar ein. Eine Aufwertung der ungesicherten Forderung im Wege einer Unterdeckungnahme ist dem Sicherungsnehmer aber regelmäßig verwehrt.290 Für die Anerkennung des Absonderungsrechts muss die jeweils gesicherte Forderung vielmehr gerade in der Person des Sicherungsnehmers vor Beginn der Krise begründet sein. Nur in diesem Fall bewirkt das mit der Forderung entstehende Absonderungsrecht keine eigenständige gläubigerbenachteiligende Wirkung. Denn dann hat der Gläubiger sich bis zum Zeitpunkt der Haftungsrealisierung wirksam gesichert. Der (zufällige) Erwerb von nicht in der Person des Gläubigers begründeten Forderungen führt zur Anfechtbarkeit des mit der Zession entstandenen Absonderungsrechts. Hier wird durch den Ankauf von ungesicherten Forderungen die Masse zusätzlich geschmälert. Anders als bei der Bestellung eines Sicherungsrechts für künftige Forderungen, die schon vor der Krise begründet waren, kommt hier dem leeren Sicherungsrecht mit Erwerb einer ungesicherten Forderung eine eigenständige gläubigerbenachteiligende Wirkung zu. 3. Ergebnis zur Gläubigerbenachteiligung Wurde einem Gläubiger vor der Krise ein Sicherungsrecht für eine erst in der Krise entstehende Forderung bestellt, so zeitigt das Entstehen der Forderung keine eigenständige gläubigerbenachteiligende Wirkung, wenn die Forderung bereits vor der Krise begründet im Sinne von § 38 InsO war. Denn die Valutierung des Sicherungsrechts ist damit nur die Verwirklichung des bereits vorher erfolgten Rechtsverlusts. In einem solchen Fall hat der Gläubiger seine Vorrangstellung erlangt, bevor es zur Geltung der par condicio creditorum gekommen ist. Da der so gesicherte Gläubiger auch im eröffneten Verfahren abgesonderte Befriedigung verlangen könnte, benachteiligt die Valutierung des Sicherungsrechts die Gläubigergesamtheit nicht. Ein anderes gilt grundsätzlich dann, wenn die gesicherte Forderung zwar vor der Krise begründet war, der Sicherungsinhaber sie aber erst in der Krise von einem anderen Gläubiger erlangt hat. Insofern gilt die Wertung des § 96 Abs. 1 Nr. 2 InsO.
289 § 2
C. IV. Uhlenbruck/Ede/Hirte, InsO, § 129 Rn. 224 zur Gläubigerbenachteiligung bei Gläubigeraustausch. 290 Vgl.
E. Thesen103
E. Thesen 1. Gegenstand der Anfechtung ist nur die gläubigerbenachteiligende Rechtswirkung. 2. Wird außerhalb des anfechtungsrelevanten Zeitraums eine Sicherheit für eine erst in der Krise entstehende Forderung bestellt, so erlangt der Gläubiger mit dem Entstehen seiner Forderung eine Vorrangstellung für das Verfahren. 3. Diese dem Gläubiger die Absonderungsberechtigung ermöglichende Vorrangstellung ist eine eigenständig anfechtbare Rechtswirkung. 4. Besteht das Sicherungsrecht für eine künftige – originär oder im Wege der Zession zu erwerbende – Forderung, so wird die jeweilige Forderung gleichzeitig mit ihrer Entstehung in der Person des Sicherungsnehmers gesichert. Dieser Vorgang unterfällt dem Merkmal „Deckung eines Insolvenzgläubigers“ im Sinne der § 130 f. InsO. Nicht erforderlich ist also, dass die Gläubigerstellung der jeweiligen Deckung zeitlich vorgeht. 5. Da der Sicherungsinhaber erst mit Entstehen oder Erwerb einer gesicherten Forderung von den Befriedigungsfunktion der Sicherheit profitiert, kommt dem Werthaltigwerden des Sicherungsrechts grundsätzlich neben der Bestellung eine eigenständige gläubigerbenachteiligende Wirkung zu. 6. Es fehlt indessen an der Gläubigerbenachteiligung, wenn die in der Krise entstehende gesicherte Forderung bereits vor dem kritischen Zeitraum dergestalt verfestigt war, dass sie den Anforderungen einer „begründeten“ Forderung im Sinne des § 38 InsO entspricht. Insofern ist ein Gleichlauf mit § 91 InsO geboten. Die Sicherheit für eine in der Krise entstehende Forderung ist mithin dann anfechtungsfest, wenn die gesicherte Forderung zuvor bereits begründet war. 7. Gläubigerbenachteiligend ist die erlangte Deckung indessen dann, wenn die Gläubigereigenschaft erst durch Zession in der Krise begründet wird. Die Entstehung eines Absonderungsrechts infolge des Erwerbs ungesicherter Forderungen während des kritischen Zeitraums ist mit der Wertung des § 96 Abs. 1 Nr. 2 InsO daher grundsätzlich anfechtbar.
§ 4 Die „begründete“ Forderung gemäß § 38 InsO Die in den vorangegangenen Teilen aufgestellte These, dass ein Sicherungsrecht für eine künftige Forderung dann die abgesonderte Befriedigung ermöglicht, wenn die gesicherte Forderung bereits im maßgeblichen Zeitpunkt der Haftungsrealisierung (Verfahrenseröffnung bzw. Krise) begründet war, wirft die Frage auf, welche Maßstäbe für die Anerkennung einer dergestalt begründeten Forderung gelten, wird sie doch begrifflich von der bereits entstandenen Forderung abgegrenzt.
A. Einführung Der Begriff der begründeten Forderung entstammt § 38 InsO, der wiederum den Begriff des Insolvenzgläubigers definiert. Gemäß § 38 InsO dient die Insolvenzmasse (§ 35 InsO) zur Befriedigung derjenigen Gläubiger, die im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung bereits einen begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben. Die Insolvenzmasse ist diesen Gläubigern damit haftungsrechtlich zugewiesen.291 Dazu wird das bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehende Vermögen des Schuldners „fixiert“292, der Schuldner verliert die Möglichkeit, frei über sein Vermögen zu disponieren. Die Masse soll nunmehr der Gläubigerbefriedigung dienen. Die Vorschrift des § 38 InsO definiert damit neben dem Begriff des Insolvenzgläubigers auch denjenigen der Insolvenzforderung.293 Eine Stellung als Insolvenzgläubiger gemäß § 38 InsO ermöglicht also die Teilhabe an ebenjener haftungsrechtlichen Zuweisung. Neben diesem Vorteil bringt die Insolvenzgläubigerstellung aber auch die Beschränkungen der §§ 87 ff. InsO mit sich. Dies gilt unabhängig davon, ob der jeweilige Gläubiger seine Forderung zur Tabelle angemeldet hat.294 Ob eine Forderung als Insolvenzforderung gemäß § 38 InsO am Verfahren teilnimmt, ist nicht nur aus Gläubigersicht, sondern ebenso aus Schuldnersicht von Bedeutung:295 Der vormalige 291 Vgl. hierzu Häsemeyer, InsR, Rn. 16.01; HK/Ries, InsO, § 38 Rn. 2; MünchKomm/Ehricke, InsO, § 38 Rn. 2. 292 So MünchKomm/Ehricke, InsO, § 38 Rn. 3. 293 HK/Ries, InsO, § 38 Rn. 1. 294 K. Schmidt/Büteröwe, InsO, § 38 Rn. 1. 295 Vgl. hierzu auch Jaeger/Jacoby, InsO, § 103 Rn. 75.
B. Kasuistik zum Begriff der „begründeten“ Forderung105
Insolvenzschuldner soll nach Verfahrensbeendigung nicht mit Verbindlichkeiten aus seinen vor Verfahrenseröffnung getätigten Handlungen belastet werden. Hierfür stellt die Insolvenzeröffnung die entscheidende Zäsur dar. Insolvenzforderungen gemäß § 38 InsO und damit die Schulden vor Verfahrenseröffnung sind nach Verfahrensbeendigung abgegolten. Die Wertung der §§ 1 Satz 2, 301 InsO beansprucht damit auch für die Auslegung des § 38 InsO Berücksichtigung. Um Insolvenzforderungen handelt es sich zweifelsfrei, wenn der Vermögensanspruch gegen den Schuldner schon vor Verfahrenseröffnung entstanden und fällig geworden ist, der Gläubiger also bereits gegenwärtig auf das Vermögen des Schuldners zugreifen kann. Auch auflösend bedingte Forderungen sind bereits entstanden und finden somit ihre Berücksichtigung im Insolvenzverfahren gemäß §§ 42, 38 InsO.296 Wie § 41 InsO zeigt, ist auch die gegenwärtige Durchsetzbarkeit der Forderung keine Voraussetzung für die Einordnung als Insolvenzforderung gemäß § 38 InsO. Dementsprechend wird eine nicht fällige Forderung im Verfahren als fällig behandelt. Wann darüber hinaus eine erst künftig nach Verfahrenseröffnung vollwertig entstehende Forderung die Annahme einer im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung bereits „begründeten“ Insolvenzforderung rechtfertigt, ist indessen unklar. Denn der Wortlaut des § 38 InsO legt nur nahe, dass die Forderung noch nicht entstanden sein muss, um als Insolvenzforderung im Verfahren berücksichtigt zu werden.297 Gegenstand der Untersuchung ist hier daher die Abgrenzung von begründeten Insolvenzforderungen zu sonstigen Forderungen, die durch einen Entstehungstatbestand nach Verfahrenseröffnung gekennzeichnet sind.
B. Kasuistik zum Begriff der „begründeten“ Forderung Die Frage, wann eine Forderung trotz ihres vollwertigen Entstehens nach Verfahrenseröffnung bereits schon vorher als „begründete“ Forderung angesehen werden kann, ist Gegenstand einer stark begriffsbetonten Abgrenzung im Schrifttum geworden, die im folgenden Überblick dargestellt werden soll.
296 § 42 InsO gilt analog für auflösend befristete Forderungen, Muthorst, ZIP 2009, 1794 (1795). 297 Vgl. auch BGH NZI 2011, 953 Rn. 3: „Unerheblich ist, ob die Forderung selbst schon entstanden oder fällig ist.“
106
§ 4 Die „begründete“ Forderung gemäß § 38 InsO
I. Allgemeine Umschreibungen Der Begriff der begründeten Forderung ist mangels Legaldefinition auslegungsbedürftig. In ständiger Rechtsprechung hält der BGH das Merkmal der Begründetheit für erfüllt, wenn der anspruchsbegründende Tatbestand bereits vor Verfahrenseröffnung abgeschlossen ist, also das Schuldverhältnis schon vor Verfahrenseröffnung bestanden hat, mag sich hieraus eine Forderung auch erst nach Verfahrenseröffnung ergeben.298 Im Schrifttum finden sich ähnliche Umschreibungen dahingehend, dass wenigstens der „Schuldrechtsorganismus“ als Grundlage des Anspruchs bereits gegeben,299 bzw. die Grundlage des Schuldverhältnisses schon entstanden sein müsse.300 Legt man diese Abgrenzungen zugrunde, ist eine Forderung jedenfalls dann nicht vor Verfahrenseröffnung begründet, wenn sich ihr Entstehungstatbestand erst in vollem Umfang nach Verfahrenseröffnung vollzieht. Dies ist bei einem vertraglichen Anspruch beispielsweise der Fall, wenn die Einigung der Parteien erst in den Zeitraum nach Verfahrenseröffnung fällt. Problematisch erscheinen bei dieser Umschreibung des Merkmals „begründet“ indes diejenigen Konstellationen, in denen ein Teil des Entstehungstatbestands bereits vor Verfahrenseröffnung erfüllt ist, die Forderung aber erst nach Verfahrenseröffnung endgültig entsteht.
II. Aufschiebend bedingte und befristete Forderungen Diese Problematik kann sich bei Forderungen aus aufschiebend bedingten Rechtsgeschäften gemäß § 158 BGB ergeben, wenn die Einigung der Parteien zwar vor Verfahrenseröffnung liegt, die Bedingung aber erst danach eintritt. Diese Forderungen nehmen nach allgemeiner Ansicht als Insolvenz forderungen am Verfahren teil, was in § 191 InsO Berücksichtigung findet.301 Im Falle einer aufschiebenden Bedingung gemäß § 158 BGB ist das 298 BGHZ 192, 221 Rn. 15; BGH NZI 2011, 953. So sei beispielsweise mit Abschluss eines Anwaltsvertrags bereits der Rechtsgrund für das Anwaltshonorar gelegt. Danach komme es nicht mehr darauf an, wann die den Gebührentatbestand auslösende Tätigkeit erfolge, vgl. BGH NZI 2005, 403 (404), zu der Frage, ob der Vorschussanspruch eines Rechtsanwalts zur Tabelle angemeldet werden müsse. Freilich müssen bei einer Tätigkeit nach Verfahrenseröffnung die §§ 115 f. InsO Beachtung finden. 299 MünchKomm/Ehricke, InsO, § 38 Rn. 16. 300 HK/Ries, InsO, § 38 Rn. 27; Uhlenbruck/Sinz, InsO, § 38 Rn. 26; ähnlich auch FK/Bornemann, InsO, § 38 Rn. 18, wonach die Forderung ihrem Rechtsgrund nach bestehen müsse. 301 HK/Ries, InsO, § 38 Rn. 30; K. Schmidt/Büteröwe, InsO, § 38 Rn. 15; MünchKomm/Ehricke, InsO, § 38 Rn. 17; Uhlenbruck/Sinz, InsO, § 38 Rn. 33.
B. Kasuistik zum Begriff der „begründeten“ Forderung107
forderungsbegründende Rechtsgeschäft bereits vorgenommen, die Wirkungen des jeweiligen Rechtsgeschäfts sind aber noch aufgeschoben. Die Forderung hat damit in zeitlicher Hinsicht ihren Ursprung vor Verfahrenseröffnung. Der Rechtsgrund der Forderung ist damit also schon gelegt und es fehlt nur noch am Bedingungseintritt, damit die Forderung zur Entstehung gelangt. Dies rechtfertigt die Einordnung als „begründete“ Forderung. Ebenso nimmt die aufschiebend befristete Forderung am Verfahren teil.302
III. Einschränkung: Handeln des Schuldners Etwas anderes soll dann gelten, wenn das den Anspruch bedingende Ereignis nach Verfahrenseröffnung eine Rechtshandlung des Insolvenzschuldners erfordert.303 Denn gemäß § 81 InsO könne der Schuldner die Masse nicht mehr belasten.304 In einem solchen Fall sei die erst nach Verfahrenseröffnung infolge des Schuldnerhandelns entstehende Forderung bloße Neuforderung. Daraus ließe sich ableiten, dass eine vor Verfahrenseröffnung „angelegte“ Forderung dann nicht als Insolvenzforderung einzuordnen ist, wenn sie erst durch ein Handeln des Insolvenzschuldners zur Entstehung gelangt. Dies sei beispielsweise – so Henckel305 – der Fall, wenn eine Vertragsstrafe für den Fall der Nichterfüllung einer Verbindlichkeit vereinbart werde. Die Forderung könne dann nicht am Verfahren teilnehmen, wenn die Verwirkung auf das persönliche Verhalten des Insolvenzschuldners zurückzuführen sei.
IV. Forderungsanwartschaft als Abgrenzungsmerkmal Dass auch eine aufschiebend bedingte Forderung im Insolvenzverfahren Berücksichtigung findet, wird im Schrifttum mit einer zugunsten des Gläubigers bestehenden Forderungsanwartschaft erklärt. Ist eine Forderung aufschiebend bedingt, so habe der Gläubiger bereits eine bestehende Anwartschaft hinsichtlich der erst künftig entstehenden Forderung.306 Durch ein vor Verfahrenseröffnung vorgenommenes Rechtsgeschäft könne der Schuldner eine „haf§ 38 Rn. 87; vgl. auch Muthorst ZIP 2009, 1794 (1796). schon RGZ 59, 53 (56); K. Schmidt/Büteröwe, InsO, § 38 Rn. 15. 304 Jaeger/Henckel, § 38 Rn. 88; MünchKomm/Ehricke, InsO, § 38 Rn. 18; vgl. schon oben § 2 B. II. 3. 305 Jaeger/Henckel, § 38 Rn. 88. 306 Jaeger/Henckel, § 38 Rn. 87; K. Schmidt/Büteröwe, InsO, § 38 Rn. 16, der darauf abstellt, dass der Gläubiger eine gesicherte Anwartschaft erhalte, die der Schuldner nicht mehr einseitig zerstören könne; siehe auch Häsemeyer, InsR, 16.12; MünchKomm/Ehricke, InsO, § 38 Rn. 17; Uhlenbruck/Sinz, InsO, § 38 Rn. 33. 302 Jaeger/Henckel, 303 Vgl.
108
§ 4 Die „begründete“ Forderung gemäß § 38 InsO
tungsrechtliche Anwartschaft“ begründen, die ähnlich wie das Anwartschaftsrecht bei Verfügungstatbeständen zunächst zur Sicherung und bei Erstarkung zum Vollrecht zur uneingeschränkten Verfahrensteilnahme berechtige.307 Diese Anwartschaft auf den Erwerb einer Forderung soll aber dann nicht bestehen, wenn das der Forderung zugrundeliegende Rechtsgeschäft nicht zumindest aufschiebend bedingt oder befristet vorgenommen wurde.308 Die aufschiebende Bedingung soll also hier die äußerste Grenze darstellen, bis zu der noch Insolvenzforderungen entstehen können.309 Legt man diesen Ansatz zugrunde, genügt es also nicht, dass der Abschluss eines Rechtsgeschäfts nur in Aussicht genommen wurde. In einem solchen Fall ist die Forderung zwar auch schon vor Verfahrenseröffnung angelegt, für ihre Entstehung wurde aber noch keine eigenständige rechtliche Grundlage geschaffen. So argumentiert Ries, dass Forderungen, deren „Rechtsboden“ zwar bereits gelegt sei, aber bei denen das sie begründende Schuldverhältnis noch nicht existiere, keine Insolvenzforderungen darstellten.310 Solche Forderungen seien vielmehr als bloße „künftige Forderungen“ nicht berücksichtigungsfähig.311 Auf gleicher Linie argumentiert Sinz312, dass künftig entstehende Ansprüche keine Insolvenzforderungen darstellen könnten, wenn das forderungs- und haftungsbegründende Rechtsgeschäft bei Insolvenzeröffnung lediglich erst in Aussicht genommen worden sei. Es handele sich dann nurmehr um Forderungen, deren Leistungsinhalt erst durch den Eintritt einer künftigen Tatsache bestimmt werde. Bei künftigen Forderungen sei nach alledem – im Unterschied zu betagten und bedingten Ansprüchen – noch kein Anwartschaftsrecht entstanden. Kennzeichnend für diese im Schrifttum herrschende Auffassung ist die Unterscheidung danach, ob eine Forderung bedingt oder künftig ist. Ist Ersteres der Fall, soll sie als „begründete“ Insolvenzforderung berücksichtigungsfähig sein. Eine bloß künftige Forderung soll hingegen nicht am Verfahren teilnehmen können. Ähnlich wie die Forderungsanwartschaft findet sich in diesem Zusammenhang die Aussage, dass eine Insolvenzforderung dann vorliege, wenn der Gläubiger bereits vor Verfahrenseröffnung eine „gesicherte Rechtsposition“ im Hinblick auf das Entstehen der Forderung erlangt habe.313 Dieser Begriff ist ähnlich konnotiert wie der einer Anwartschaft. Danach könnte 307 Jaeger/Henckel,
§ 38 Rn. 87. § 38 Rn. 89. 309 Häsemeyer, InsR, Rn. 16.12; MünchKomm/Ehricke, InsO, § 38 Rn. 17. 310 HK/Ries, InsO, § 38 Rn. 27. 311 Jaeger/Henckel, InsO, § 38 Rn. 89. 312 Uhlenbruck/Sinz, InsO, § 38 Rn. 35. 313 Jaeger/Jacoby, InsO, § 103 Rn. 74, 82. 308 Jaeger/Henckel,
C. Kritische Stellungnahme109
man es für erforderlich halten, dass der Gläubiger es selbst in der Hand haben muss, die Forderung zur Entstehung zu bringen, die Entstehung also nicht von einer Handlung des Schuldners abhängen und dieser jene auch nicht mehr verhindern können darf. Der Verweis auf § 161 BGB314 und die Verwendung von Begriffen wie „Forderungsanwartschaft“ und „gesicherte Rechtsposition“ legen diesen Schluss nahe.
C. Kritische Stellungnahme Die Frage, ob eine Forderung gegen den Schuldner auch dann als Insolvenzforderung gemäß § 38 InsO am Verfahren teilnehmen kann, wenn sie vor Verfahrenseröffnung lediglich angelegt war, kann nicht einseitig unter Hinweis auf den Entstehungszeitpunkt beantwortet werden. Dies zeigen schon die Vorschriften der §§ 41, 42, 191 InsO. „Begründet“ bedeutet also weniger als „entstanden“ oder gar „durchsetzbar“. Es fehlt allerdings bislang an der Benennung eines eindeutigen Abgrenzungsmerkmals. Schwäche der oben angeführten Definitionen zum Merkmal „begründet“ ist die jeweils stark begriffsbetonte Abgrenzung („Schuldrechtsorganismus“, „Forderungsanwartschaft“, Unterschied bedingte und künftige Forderung), die eine Einordnung nicht erleichtert.
I. Begriffliche Unklarheiten bei der Abgrenzung von bedingten und künftigen Forderungen Die im Schrifttum vertretene Ansicht, dass Forderungen aus bedingt vorgenommen Rechtsgeschäften die äußerste Grenze für die Annahme von Insolvenzforderungen darstellten und in Abgrenzung dazu bloße „künftige“ Forderungen, bei denen bislang nur der „Rechtsboden“ gelegt sei,315 nicht als Insolvenzforderungen berücksichtigt werden können, vermag mit ihrer Reduzierung auf den Bedingungsbegriff nicht zu überzeugen. 1. Rechtsbedingung Die fehlende Überzeugungskraft dieser Sichtweise ergibt sich schon daraus, dass die Bezugnahme auf den Bedingungsbegriff unklar ist. Nach der im Schrifttum herrschenden Auffassung sollen künftige – also nach Verfahrenseröffnung – entstehende Forderungen (nur) dann als schon vor Verfahrenseröffnung begründete Forderungen anzuerkennen sein, wenn das forde314 Vgl.
Jaeger/Henckel, InsO, § 38 Rn. 87. InsR, Rn. 16.12; MünchKomm/Ehricke, InsO, § 38 Rn. 17.
315 Häsemeyer,
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§ 4 Die „begründete“ Forderung gemäß § 38 InsO
rungsbegründende Rechtsgeschäft vor Verfahrenseröffnung bedingt vorgenommen wurde. Durch die Bezugnahme auf die bedingte Vornahme eines Rechtsgeschäfts sowie die Nennung der §§ 158, 160, 161 BGB316 erscheint es so, als wären nur Bedingungen im Sinne des § 158 BGB erfasst. Nicht von § 38 InsO erfasst wären demnach Forderungen, die unter einer sogenannten Rechtsbedingung stehen, bei denen also eine rechtliche Voraussetzung für das Entstehen der Forderung fehlt.317 So ist Henckel der Ansicht, dass die Einordnung als rechtsbedingte Forderung für die Feststellung, ob eine begründete Insolvenzforderung vorliege, keine „eindeutigen Schlüsse“ zulasse. Denn derartige Rechtsbedingungen begründeten gerade kein haftungsrechtliches Anwartschaftsrecht.318 Als Beispiel dient ihm der Rückgriffanspruchs eines Gesamtschuldners, der erst durch Befriedigung des Gläubigers nach Verfahrenseröffnung entsteht. Die Entstehung des Anspruchs sei durch die Befriedigung des Gläubigers bedingt. Da es sich aber um eine bloße Rechtsbedingung handele, die eine Forderungsanwartschaft nicht zu begründen vermöge, könne sich aus diesem Hinweis allein die Einordnung als Insolvenzforderung nicht ergeben. Vielmehr sei der Rückgriffsgläubiger Insolvenzgläubiger, weil er in die haftungsrechtliche Position des Hauptgläubigers einrücke (§§ 426 Abs. 2, 774 BGB). Henckel vertritt damit den Ansatz, dass nicht der Umstand der Bedingtheit alleine die Einordnung als Insolvenzforderung rechtfertige, sondern vielmehr die Tatsache entscheidend sei, dass durch eine gesetzliche Zuweisung zum Gläubiger eine „haftungsrechtliche Anwartschaft“ geschaffen werde. 2. § 191 InsO Dass bedingte Forderungen im Verfahren ebenfalls grundsätzlich berücksichtigt werden, ergibt sich bereits aus § 191 InsO. In der Kommentarliteratur zu § 191 InsO wird indessen ohne weitere Einschränkungen auch die rechtsbedingte Forderung als von § 191 InsO erfasst aufgeführt.319 Die rechtsbedingte Forderung bei § 191 InsO für tatbestandsmäßig zu halten, für § 38 InsO aber enger eine Anwartschaft zu fordern, überzeugt nicht. Denn § 191 InsO baut auf § 38 InsO auf.320 Wenn man also bei § 191 InsO die rechtsbedingte Forderung als erfasst ansieht, ist auch für § 38 InsO eine 316 Jaeger/Henckel,
InsO, § 41 Rn. 4, § 38 Rn. 87. 160, 1; zum Begriff im bürgerlich-rechtlichen Sinne vgl. nur Staudinger/Bork, BGB, 2015, Vorbem. §§ 158–163 Rn. 22 ff. 318 Jaeger/Henckel, § 38 Rn. 109 ff. und Rn. 90. 319 MünchKomm/Füchsl/Weishäupl/Kebekus/Schwarzer, InsO, § 191 Rn. 4; Uhlen bruck/Wegener, InsO, § 191 Rn. 4. 320 Ausdrücklich so auch Eichel, Künftige Forderungen, S. 62. 317 BGHZ
C. Kritische Stellungnahme111
parallele Auslegung zwingend. Insofern sind die Ausführungen im Schrifttum unklar, es fehlt an einer einheitlichen Definition der „bedingten“ Forderung, welche in Abgrenzung zur bloßen „künftigen“ Forderung schon „begründet“ sein soll. Im Übrigen legt § 191 InsO fest, dass bedingte Forderungen bis zum Bedingungseintritt lediglich zur Sicherung berechtigen. Erst wenn der Eintritt der Bedingung so fernliegend ist, dass die Forderung zur Zeit der Verteilung keinen Vermögenswert hat, wird sie im Verfahren nicht berücksichtigt. Das Erfordernis einer Forderungsanwartschaft konfligiert augenscheinlich mit § 191 Abs. 2 InsO. Denn wann eine Forderung nicht mehr berücksichtigt wird, regelt Abs. 2. Im Umkehrschluss dazu ist es allemal ausreichend, dass eine Forderung nur entstehen kann, eine Anwartschaft des Gläubigers im Sinne des § 161 BGB ist demnach aber nicht notwendig.321
II. Ambivalenz des Begriffs der „gesicherten Rechtsposition“ Im Gegensatz dazu hat der Begriff der gesicherten Rechtsposition seine inhaltliche Weite für sich. Jedoch findet die Rechtsfigur der gesicherten Rechtsposition in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Insolvenzrecht bereits einen Anwendungsbereich bei der Auslegung des Bedingungsbegriffs im Rahmen des § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO sowie bei der Frage des Erwerbsverbots gemäß § 91 InsO hinsichtlich zedierter Forderungen.322 Daher stellt sich die Frage, ob das in diesem Zusammenhang geltende – nicht immer einheitliche – Verständnis der gesicherten Rechtsposition auf die Begründetheit einer künftigen Forderung im Sinne des § 38 InsO übertragen werden kann. 1. Gesicherte Rechtsposition und Aufrechnung Zur Beantwortung der Frage, wann gegen eine oder mit einer bei Verfahrenseröffnung noch nicht entstandenen Forderung aufgerechnet werden kann, bemüht der BGH das Kriterium der gesicherten Rechtsposition.323 Dem Urteil BGHZ 160, 1 lag die Konstellation zugrunde, dass eine Gläubigerin die Aufrechnung mit ihr zustehenden Forderungen aus Warenliefeauch Eichel, Künftige Forderungen, S. 62 f. hierzu Gehrlein, ZInsO 2013, 1169. 323 BGHZ 160, 1 (4); ebenso BGH ZIP 2000, 757 (759) und BGH ZIP 1988, 1545 f. 321 Vgl.
322 Vgl.
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§ 4 Die „begründete“ Forderung gemäß § 38 InsO
rungen gegen den erst nach Verfahrenseröffnung entstandenen genossenschaftlichen Abfindungsanspruch der Schuldnerin erklärte. Grundsätzlich ist in einer solchen Fallgestaltung die Aufrechnung wegen § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO ausgeschlossen, weil die Gläubigerin erst nach Verfahrenseröffnung etwas (den Auseinandersetzungsanspruch) zur Masse schuldig geworden ist. Der Senat indes entschied, dass der Rechtsgrund der Forderung schon mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags gelegt worden sei und so dem Gläubiger eine „gesicherte Position“ im Hinblick auf die spätere Aufrechnungsmöglichkeit verschafft habe. Der BGH hat den Schutz des § 95 InsO indessen auf Fälle beschränkt, in denen die Aufrechnungslage ohne weiteres Zutun der Parteien entsteht.324 Die Aufrechnungslage müsse demnach gleichsam „automatisch“ entstehen. So soll im dargestellten Fall der Aufrechnung gegen den Abfindungsanspruch eines Gesellschafters dieselbe dann ausgeschlossen sein, wenn der Anspruch erst nach Verfahrenseröffnung durch Kündigung des Insolvenzverwalters entstehe. Parallel dazu beantwortete der BGH die Frage nach der Aufrechnung eines Unternehmers mit vorinsolvenzlichen Forderungen gegen den Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers. Da jener Ausgleichsanspruch erst infolge einer Kündigung entstehe, müsse aufgrund dieser weiteren Rechtshandlung eine Aufrechnung ausgeschlossen sein.325 2. Gesicherte Rechtsposition und Erwerbsverbot Auch zur Beantwortung der Frage, ob der Erwerb einer im Voraus zedierten Forderung § 91 InsO standhält, bemüht der BGH in ständiger Rechtsprechung das Kriterium der „gesicherten Rechtsposition“.326 Danach könne der Zessionar eine erst nach Verfahrenseröffnung entstehende Forderung aufgrund einer vor Verfahrenseröffnung vorgenommenen Abtretung nur erwerben, wenn er bereits eine gesicherte Rechtsposition an der abgetretenen Forderung erlangt habe. Wann dies der Fall sein soll, beurteilt der BGH anhand verschiedener Fallgruppen. Für Forderungen aus Dauerschuldverhältnissen unterscheidet das Gericht danach, ob die Forderung eine betagte, also nur eine in ihrer gegenwärtigen Durchsetzbarkeit gehinderte Forderung (z. B. Leasingrate) ist oder ob sie erst in Zukunft mit der Inanspruchnahme der jeweiligen Gegenleistung entsteht (z. B. Miete).327 In diesem Fall habe 324 BGHZ
160, 1. ZIP 2013, 1180 Rn. 11. 326 Siehe hierzu und im Folgenden nur BGHZ 167, 363 ff.; BGH ZIP 2013, 1082 Rn. 27; ZIP 2012, 2214 Rn. 17; ZIP 2010, 335 Rn. 20 ff. jeweils mit weiteren Nachweisen. 327 BGHZ 167, 363 Rn. 6; BGH ZIP 2013, 1082 Rn. 27 f. 325 BGH
C. Kritische Stellungnahme113
der Zessionar jedenfalls keine gesicherte Rechtsposition erlangt. Dies erkläre sich daraus, dass die Forderungsentstehung noch von freien Entscheidungen des Schuldners oder Dritter abhänge (z. B. Inanspruchnahme der Gegenleistung durch einen Mieter; Inanspruchnahme von Dienstleistungen), was für die Annahme einer gesicherten Rechtsposition nicht ausreiche. So könne eine aufschiebend befristete Forderung wie der Anspruch auf Mietzahlung dem Gläubiger nicht allein deshalb eine insolvenzfeste Position verschaffen, weil sie befristet oder etwa bedingt sei. Maßgeblich sei vielmehr, ob der Schuldner (ggf. gemeinsam mit einem Dritten) das Entstehen der Forderung nicht mehr verhindern könne.328 In gleicher Weise beantwortet der BGH auch die Frage nach der Insolvenzfestigkeit einer Sicherungsabtretung des Anspruchs auf Rückgewähr einer Grundschuld. An diesem Anspruch erwerbe der Abtretungsempfänger dann eine gesicherte Rechtsposition, wenn die Verfügungsfreiheit des Schuldners über das zugrunde liegende Rechtsverhältnis gehindert werde.329 Dies sei erst dann der Fall, wenn der Sicherungszweck entfallen sei und eine Revalutierung nicht mehr in Betracht komme. Ebenso urteilt das Gericht für die zedierte Gewinnforderung einer GbR-Beteiligung. In diesem Fall habe es der Zedent noch in der Hand, den Erwerb des Zessionars beispielsweise durch Veräußerung seiner Beteiligung zu verhindern.330 Eine gesicherte Rechtsposition im Anwendungsbereich des § 91 InsO für den Erwerb einer im Voraus abgetretenen Forderung wird nach alledem anerkannt, wenn das Entstehen der Forderung nicht mehr vom Insolvenzschuldner oder einem Dritten verhindert werden kann.331 Das zu § 95 InsO geltende Kriterium des „automatischen“ Forderungsentstehens überträgt der BGH sodann auch auf die Fälle der Vorausabtretung / Vorausverpfändung einer erst künftig entstehenden Forderung. So entschied das Gericht, dass eine Genossenschaft kein Pfandrecht am Auseinandersetzungsanspruch eines Genossen erwerben könne, wenn die Entstehung dieses verpfändeten Anspruchs noch von weiteren rechtsgeschäftlichen Erklärungen abhänge.332 Im konkreten Fall lag es im Ermessen der Genossenschaft, den jeweiligen Genossen im Falle der Zahlungsunfähigkeit auszuschließen und so den Auseinandersetzungsanspruch zur Entstehung zu 328 BGH
ZIP 2013, 1181 Rn. 17; ZIP 2012, 638 Rn. 31. ZIP 2011, 2364 Rn. 12; siehe auch BGH ZIP 2012, 2214 Rn. 17 zur Insolvenzfestigkeit der Zweitabtretung. 330 BGH ZIP 2010, 335 Rn. 20. Ebenso BGHZ 181, 362 Rn. 11 zur Vorausabtretung des Kontokorrentsaldos. 331 Selbiges gilt für die vorausverpfändete Forderung, siehe nur BGH ZIP 2012, 638 Rn. 30; ZIP 2010, 335; ZIP 2009, 380; siehe HK/Lohmann, InsO, § 50 Rn. 11. 332 BGH ZIP 2009, 380. 329 BGH
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§ 4 Die „begründete“ Forderung gemäß § 38 InsO
bringen.333 Der Anspruch ergab sich also nicht schon aus Gesetz oder Satzung, sondern stand im Ermessen des Vorstands und erforderte ein im Einzelnen geregeltes Verfahren. Damit unterlag der Anspruch nach Auffassung des BGH nicht lediglich einer Rechtsbedingung und entstand daher nicht „automatisch“, wie es in der Rechtsprechung zu § 95 InsO gefordert wird. Nach Ansicht des BGH gilt der Grundsatz, dass für die Annahme einer gesicherten Rechtsposition das Entstehen der Forderung ohne weiteres Zutun der Parteien notwendig sei, auch für § 91 InsO. Denn es mache keinen Unterschied, ob der Gläubiger Befriedigung im Wege der Aufrechnung oder durch ein zur Absonderung berechtigendes Pfandrecht suche.334 Andererseits hat der BGH das Eingreifen des Erwerbsverbots für Fallgestaltungen abgelehnt, in denen der Rechtsübergang ebenfalls weitere Handlungen der Parteien erforderte. So verneinte er in einem Fall die Frage, ob die aufschiebend bedingte Übertragung von Nutzungsrechten an der Vorschrift des § 91 InsO scheitere, wenn der Erwerb an eine Bedingung geknüpft sei, deren Eintritt ausschließlich von der einseitigen Willensentscheidung des Gläubigers (Kündigung) abhängig sei.335 Hierbei berücksichtigte das Gericht auch die Rechtsprechung zu § 95 InsO, wonach die Aufrechnungslage gleichsam automatisch entstehen müsse, wendete diese Einschränkung aber auf jenen konkreten Fall nicht an. Vielmehr berief der BGH sich auf eine andere Entscheidung336, in der die erst nach Verfahrenseröffnung eingetretene Bedingung ebenfalls von einer Willensentscheidung (Rücktritt) abhing.337
333 Diese Entscheidung ist insoweit kritikwürdig, als das Entstehen der Forderung im Ermessen des Gläubigers stand und daher schwerlich denkbar ist, warum dies dem Wortsinne nach keine gesicherte Rechtsposition für den Gläubiger bedeuten sollte. 334 BGH ZIP 2009, 380 Rn. 32. 335 BGH ZIP 2006, 87 Rn. 17. 336 BGHZ 155, 87. 337 Der BGH unterscheidet zur Begründung danach, ob das zu erwerbende Recht bereits vor Verfahrenseröffnung entstanden ist, vgl. BGH ZIP 2009, 380 Rn. 30. Ist dies nicht der Fall, wird also eine erst künftig entstehende Forderung zediert oder verpfändet, so komme es für die Insolvenzfestigkeit des Erwerbs darauf an, ob eine gesicherte Rechtsposition im engeren Sinne vorliege, was dann der Fall sei, wenn das Recht ohne weiteres Zutun der Parteien entstehe. Mithin unterliegt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung die unbedingte Übertragung eines erst künftig entstehenden Rechts engeren Voraussetzungen (gesicherte Rechtsposition) als die bedingte Übertragung bereits bestehender Rechte, vgl. auch BGH ZIP 2011, 2364 Rn. 11: „[…] Damit nicht zu vereinbaren ist die Ansicht, nicht nur die bedingte Abtretung eines Anspruchs, sondern auch die uneingeschränkte Abtretung eines bedingten Anspruchs sei unterschiedslos insolvenzfest.“ Siehe auch § 3 C. III.
C. Kritische Stellungnahme115
3. Fazit Der Begriff der gesicherten Rechtsposition findet in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits seinen Anwendungsbereich im Rahmen des § 95 InsO bei zukünftigen Aufrechnungslagen sowie bei § 91 InsO in Bezug auf den Erwerb erst künftig entstehender Rechte. Dabei erfährt der Begriff eine enge Auslegung dahingehend, dass die Aufrechnungslage bzw. die zu erwerbende Forderung gleichsam automatisch – das bedeutet ohne weiteres Zutun der Parteien – entstehen müsse. Allerdings ist diese Rechtsprechung nicht durchweg konsistent. In welchen abgrenzbaren Fällen eine Mitwirkungshandlung unschädlich sein soll und wer diese vornehmen darf, damit die Annahme einer gesicherten Rechtsposition gerechtfertigt erscheint, bleibt unklar. Wollte man daher jenen Begriff auch im Rahmen des § 38 InsO verwenden, müsste dies in Abgrenzung zu bereits bestehenden Fallgruppen geschehen. Das oben dargestellte Verständnis einer gesicherten Rechtsposition lässt sich indes nicht zur Beantwortung der Frage heranziehen, wann dem Gläubiger bei einer vor Verfahrenseröffnung angelegten, aber erst nach Verfahrenseröffnung entstehenden Forderung eine Insolvenzforderung im Sinne des § 38 InsO zusteht. Dieses Ergebnis lässt sich am Beispiel einer bedingten Forderung verdeutlichen. Nach herrschender Auffassung im Schrifttum kann daraus noch nach Verfahrenseröffnung eine Insolvenzforderung entstehen, wenn nicht ein weiterer Mitwirkungsbeitrag des Insolvenzschuldners erforderlich ist.338 Im Umkehrschluss wäre eine Mitwirkung des Gläubigers unschädlich, was aber nicht dem soeben dargestellten Verständnis einer gesicherten Rechtsposition entspricht, deren Annahme gerade durch jedwede Mitwirkungshandlung ausgeschlossen wird. Die Anwendung des Begriffs der „gesicherte Rechtsposition“ trägt damit nicht zur Vereinfachung des Verständnisses der begründeten Insolvenzforderung bei.
III. Lösung über Abgrenzung der verschiedenen Forderungsarten Die im Schrifttum vorgenommene begriffsbetonte Umschreibung der „begründeten“ Forderung im Sinne des § 38 InsO zeigt ihre Schwächen gerade dann, wenn die jeweilige Forderung nach Verfahrenseröffnung erst durch weitere Rechtshandlungen entsteht. Vorzugswürdig ist es in einem solchen Fall, die an einen begründeten Vermögensanspruch des Gläubigers zu stellenden Anforderungen durch Abgrenzung der einzelnen insolvenzrechtlichen Normen zu bestimmen. Dabei werden nicht zwingend andere Ergebnisse als 338 Siehe
oben § 4 B. III.
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§ 4 Die „begründete“ Forderung gemäß § 38 InsO
die bereits im Schrifttum vorhandenen erzielt. Zweck der Untersuchung ist an dieser Stelle vielmehr eine Reduzierung und Vereinfachung der vorhandenen Umschreibungen anhand der gesetzlichen Vorschriften der InsO sowie der in der Literatur339 bereits ausgearbeiteten Fallgruppen. Dabei ist zunächst losgelöst von den jeweiligen Begrifflichkeiten eine Rückbesinnung auf die gesetzliche Systematik hilfreich. Die InsO stellt dem Rechtsanwender drei Forderungskategorien zur Verfügung. Entsteht nach Verfahrenseröffnung eine Forderung, so kann sie als Insolvenzforderung, als Masseforderung oder aber als bloße Neuforderung eingeordnet werden. Teilweise sieht die Insolvenzordnung ausdrücklich die Charakterisierung einer Forderung als Insolvenzforderung vor.340 Fehlt es an solch einer Anordnung, vollzieht sich die Kategorisierung und Abgrenzung von Insolvenz forderungen zu sonstigen Forderungen im Insolvenzverfahren anhand der einschlägigen Vorschriften. Dabei ist in zeitlicher sowie persönlicher Hinsicht zu differenzieren. Begründete Insolvenzforderungen sind so von Masse- und Neuforderungen abzugrenzen. Legt man die im Schrifttum vertretene Auffassung zugrunde, dass der Gläubiger eine Anwartschaft oder gesicherte Rechtsposition auf das Entstehen der Forderung haben muss, bedeutete umgekehrt das Fehlen einer solchen Position, dass die in Rede stehende Forderung nach Verfahrenseröffnung nur als Neu- oder Masseforderung entstehen kann. Diese Forderungsarten sind indessen ihrerseits durch bestimmte Merkmale gekennzeichnet, die wiederum positiv festgestellt werden müssten. 1. Masseforderungen Ist eine Forderung als Masseforderung einzustufen, so bringt dies dem Gläubiger den entscheidenden Vorteil, dass sie vorweg befriedigt wird (§ 53 InsO). Grund für den Vorrang der Masseverbindlichkeiten ist die Notwendigkeit der Verwaltung und Verwertung des Schuldnervermögens, die es erforderlich macht, dass der Insolvenzverwalter in die Lage versetzt wird, Verträge mit dem Zwecke der Masseerhaltung und -vermehrung abzuschließen und zu erfüllen.341 Die jeweiligen Gläubiger werden folgerichtig zu diesem Zwecke vorrangig befriedigt.342 339 Eine beispiellos ausführliche Fallgruppensammlung findet sich bei Jaeger/ Henckel, InsO, § 38 Rn. 81 ff. 340 Vgl. §§ 55 Abs. 3 Satz 1, 86 Abs. 2, 103 Abs. 2 Satz 1, 104 Abs. 3 Satz 3, 105 Satz 1, 108 Abs. 3, 109 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2, 113 Satz 3, 115 Abs. 3 Satz 2, 118 Satz 2, 144 Abs. 2 Satz 2 InsO. 341 Vgl. nur MünchKomm/Hefermehl, InsO, § 53 Rn. 1. 342 Siehe hierzu Jaeger/Henckel, InsO, § 55 Rn. 5.
C. Kritische Stellungnahme117
Welche Forderungen als Masseverbindlichkeiten einzuordnen sind, ist in den §§ 53 ff. InsO geregelt. Aus der Insolvenzmasse sind danach die Kosten des Insolvenzverfahrens zu berichtigen sowie die sonstigen Masseverbindlichkeiten. Letztere sind gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO solche Forderungen, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise343 durch Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Masse begründet werden. Nr. 2 der Vorschrift erklärt Verbindlichkeiten aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Masse verlangt wird oder erfolgen muss, zu Masseverbindlichkeiten. Teilweise wird vertreten, dass sich die Abgrenzung von Masseforderungen zu Insolvenzforderung über das Merkmal der „Begründetheit“ vollziehen soll. Danach wird die „Trennlinie“ zwischen Masseverbindlichkeiten und Insolvenzforderungen danach beurteilt, ob der Rechtsgrund für die Entstehung der Forderung im Augenblick vor Verfahrenseröffnung bereits gelegt war.344 Vor Verfahrenseröffnung begründete Ansprüche nähmen danach als Insolvenzforderungen am Verfahren teil. Die Annahme von Masseforderungen setze hingegen voraus, dass sie nach Verfahrenseröffnung begründet werden. Dieses Verständnis zugrunde gelegt, vollzöge sich die Abgrenzung primär in zeitlicher Hinsicht. Zu diesem Befund passt allein die Anordnung aus § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO für Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters begründet werden und die Verwaltung oder Verwertung der Masse betreffen. Bei Forderungen aus Rechtsgeschäften ist demnach Voraussetzung, dass der Insolvenzverwalter nach Verfahrenseröffnung ein Schuldverhältnis eingegangen ist, also seine Geschäftsführung auf Vornahme eines Neugeschäfts – und nicht etwa die Abwicklung eines vor Verfahrenseröffnung begründeten Rechtsverhältnisses – gerichtet ist.345 In solchen Fällen kann sowohl in persönlicher als auch in zeitlicher Hinsicht keine vor Verfahrenseröffnung durch den Schuldner begründete Forderung gemäß § 38 InsO vorliegen. Etwas anderes gilt aber schon für die in sonstiger Weise begründeten Masseforderungen, die gerade auch aus der Zeit vor Verfahrenseröffnung stammen können.346 § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO hingegen bezieht sich auf Verträge aus der Zeit vor Verfahrenseröffnung und somit auch auf Forderungen, die aus einem 343 Zu den „in anderer Weise“ begründeten Masseforderungen gehören namentlich Beitragspflichten im Falle der Insolvenz eines Vereins- oder Verbandsmitglieds sowie der gegen einen Wohnungseigentümer gerichtete Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses, wenn er erst nach Verfahrenseröffnung fällig wird; vgl. zum Ganzen Jaeger/Henckel, InsO, § 55 Rn. 29 ff. 344 MünchKomm/Ehricke, InsO, § 38 Rn. 16. 345 MünchKomm/Hefermehl, InsO, § 55 Rn. 24. 346 Vgl. Fn. 343.
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§ 4 Die „begründete“ Forderung gemäß § 38 InsO
Zeitraum vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens resultieren. Hier kann dem Insolvenzverwalter das Wahlrecht nach § 103 InsO zustehen. Mithin hilft die zeitliche Abgrenzung dahingehend, ob die Forderung vor Verfahrenseröffnung begründet war, nicht weiter.347 Vielmehr ist hier die Rechtslage so, dass eine „Aufwertung“ der Gläubigerforderung zur Masseforderung erfolgt, sollte der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Vertrags wählen.348 Selbiges gilt für solche Forderungen, bei denen schon das Gesetz einen Fortbestand des Vertrags anordnet (vgl. beispielsweise § 108 InsO). Die sich aus dem gegenseitigen Vertrag – über dessen Schicksal nunmehr der Verwalter entscheiden kann – ergebende Forderung stammt aber allemal aus dem Zeitraum vor Verfahrenseröffnung und kann somit auch vor Verfahrenseröffnung im Sinne des § 38 InsO „begründet“ sein.349 Mithin unterscheiden sich Insolvenzforderungen von Masseforderungen primär nach der Person des Handelnden. Masseforderungen gemäß §§ 53, 55 InsO werden im Gegensatz zu Insolvenzforderungen nach Verfahrenseröffnung vom Insolvenzverwalter begründet, sei es, weil er selbst einen Vertrag schließt, sei es, weil er durch Erfüllungswahl gemäß § 103 InsO eine vorher bestehende Forderung zur Masseforderung aufwertet. Eine vor Verfahrenseröffnung vom Schuldner begründete Forderung ist nach alledem keine Masseforderung. So bleibt beispielsweise ein zwischen Schuldner und Arbeitnehmer vereinbarter Abfindungsanspruch selbst dann Insolvenzforderung, wenn der Insolvenzverwalter nach Verfahrenseröffnung kündigt und so den Anspruch zur Entstehung bringt.350 Etwas anderes gilt bei Forderungen aus der Zeit vor Verfahrenseröffnung nur für spezielle Vertragsverhältnisse nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung. Das Gesetz stellt also für die Einordnung als Masseforderung konkrete Anforderungen auf. Mithilfe von § 55 InsO kann dann bei einer Forderung, die erst nach Verfahrenseröffnung entsteht, festgestellt werden, ob zu Gunsten des Gläubigers eine Masseforderung besteht. 2. Neuverbindlichkeiten Im Kern spitzt sich damit die aufgeworfene Frage, wann eine bloß an gelegte Forderung trotz vollwertigen Entstehens nach Verfahrenseröffnung schon begründet ist, auf die Abgrenzung von Insolvenzforderungen und 347 Eichel, Künftige Forderungen, S. 63 ff.; HambKomm/Lüdtke, InsO, § 38 Rn. 31. 348 Jaeger/Jacoby, InsO, § 103 Rn. 28. 349 Eichel, Künftige Forderungen, S. 63; vgl. auch Jaeger/Jacoby, InsO, § 103 Rn. 75. 350 Beispiel nach MünchKomm/Hefermehl, InsO, § 55 Rn. 16.
C. Kritische Stellungnahme119
bloßen Neuforderungen zu. Letztere sind nicht aus der Insolvenzmasse zu berichtigen, ihnen haftet nur das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners. Dies ergibt sich aus der haftungsrechtlichen Zuweisung der Insolvenzmasse an die Insolvenzgläubiger gemäß § 38 InsO. Die Stellung351 dieser Neugläubiger ist erheblich schwächer, da während der Dauer des Insolvenzverfahrens praktisch keine Möglichkeit besteht, auf das Vermögen des Schuldners zuzugreifen. Da die Insolvenzordnung keine Umschreibung der sogenannten Neuforderung bietet, ist die Bestimmung nur negativ vorzunehmen. Mangels anderweitiger gesetzlicher Vorgaben sind also solche Forderungen, die noch nicht vor Verfahrenseröffnung „begründet“ waren und nicht die Merkmale einer Masseforderung aufweisen, sogenannte Neuforderungen.352 Die Abgrenzung dieser Forderungen vollzieht sich also – anders als bei den Masseforderungen – primär in zeitlicher Hinsicht. Eindeutig ist, dass Forderungen aus vom Schuldner nach Verfahrenseröffnung vorgenommenen Rechtsgeschäften unproblematisch Neuforderungen sind. Denn wenn sich der gesamte Tatbestand erst nach Verfahrenseröffnung vollzieht, kann die Forderung nicht vor Verfahrenseröffnung begründet gewesen sein. Grund für diese zeitliche Abgrenzung von Insolvenz- zu Neuforderungen sind die §§ 80 f. InsO.353 Danach nämlich geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Schuldners über sein Vermögen im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung auf den Insolvenzverwalter über. Spiegelbildlich dazu stellt die Insolvenzordnung in § 38 InsO klar, dass auch nur solche Forderungen aus der Insolvenzmasse befriedigt werden sollen, die der Schuldner noch mit Wirkung für die Masse – vor Eröffnung des Verfahrens und der damit eintretenden Wirkung der §§ 80 f. InsO – begründen konnte. Dies lässt den Schluss zu, dass eine noch nicht entstandene, aber dennoch bereits begründete Insolvenzforderung sich dadurch auszeichnet, dass der Einfluss des Schuldners auf die Begründung der Forderung bereits abgeschlossen ist, der schuldbegründende Akt auf Seiten des Schuldners also schon vorgenommen wurde.354 Ähnlich findet sich in den Materialien zur KO der Hinweis, dass aus dem „Verluste des Vermögensrechts folgt, daß eine Forderung, soweit die erst nach diesem, also nach Eröffnung des Ver351 Vgl.
Jaeger/Henckel, InsO, § 38 Rn. 81 zur Stellung der Neugläubiger. InsO, § 38 Rn. 81. 353 HambKomm/Lüdtke, InsO, § 38 Rn. 28; Häsemeyer, InsR, Rn. 16.10; Kübler/ Prütting/Bork/Holzer, InsO, 60. EL 9/2014, § 38 Rn. 12; MünchKomm/Ehricke, InsO, § 38 Rn. 16; siehe auch schon oben § 4 B. III. zum Schuldnerhandeln bei einer bedingten Forderung. 354 Eichel, Künftige Forderungen, S. 66; HK/Ries, InsO, § 38 Rn. 27. 352 Jaeger/Henckel,
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§ 4 Die „begründete“ Forderung gemäß § 38 InsO
fahrens durch eine Handlung des Schuldners entstanden, umgestaltet oder vollendet worden ist, von der Theilnahme an der Masse ausgeschlossen werden muß.“355 Neuforderungen richten sich also nicht gegen die Insolvenzmasse, da dem Insolvenzschuldner eine Mehrung der Schuldenmasse nach Verfahrenseröffnung nicht mehr gestattet ist. Allerdings verliert der Schuldner nicht mit Eröffnung des Verfahrens seine Geschäftsfähigkeit. Dem Schuldner bleibt es daher unbenommen, nach Verfahrenseröffnung Forderungen zu begründen. Diese treffen dann aber nur das insolvenzfreie Vermögen. Die Annahme einer solchen Neuforderung setzt dabei also denknotwendig ein Handeln des Schuldners nach Verfahrenseröffnung voraus. Nur dann kann dem Sinn und Zweck des § 81 InsO entsprechend eine Forderung angenommen werden, die nicht aus der Masse zu begleichen ist. Folgerichtig unter Hinweis auf § 81 InsO verneint wird im Schrifttum bei einer bedingten Forderung das Vorliegen einer Insolvenzforderung, wenn die Bedingung von einem Handeln des Schuldners abhängig ist.356 Dies muss allgemein für erst nach Verfahrenseröffnung entstehende Forderungen gelten. Daraus folgt, dass bei Schuldnerhandeln nach Verfahrenseröffnung grundsätzlich eine Neuforderung entsteht. Handelt hingegen der Insolvenzverwalter nach Verfahrenseröffnung den §§ 53 ff. InsO entsprechend, entsteht eine Masseforderung. Entsteht eine vor Verfahrenseröffnung angelegte Forderung ohne Zutun des Schuldners nach Verfahrenseröffnung, muss sie konsequenterweise eine begründete Insolvenzforderung sein, sofern nicht ein besonderer Tatbestand sie als Masseforderung qualifiziert. Ob dann der Gläubiger noch etwas zur Forderungsentstehung beitragen muss, ist irrelevant. Maßgeblich ist nach alledem nicht, ob der gesamte forderungsbegründende Vertragstatbestand schon vor Verfahrenseröffnung verwirklicht wurde, die Forderung bedingt ist oder der Gläubiger eine wie auch immer geartete Anwartschaft besitzt, sondern nur, dass der Insolvenzschuldner bis zur Verfahrenseröffnung die von ihm zu verwirklichenden Handlungen vorgenommen hat.357
D. Zusammenfassung 1. Eine nach Verfahrenseröffnung entstehende Forderung, kann, wenn ein Teil ihres Entstehungstatbestands vor Verfahrenseröffnung liegt, entweder begründete Insolvenz-, privilegierte Masse- oder eine das freie Vermögen des Schuldners treffende Neuforderung sein. 355 Hahn,
Materialien KO, S. 53. nur Jaeger/Henckel, InsO, § 38 Rn. 88; siehe oben § 4 B. III. 357 Jaeger/Jacoby, InsO, § 103 Rn. 82. 356 Vgl.
D. Zusammenfassung121
2. Die überwiegend begriffsbetonte Abgrenzung dahingehend, eine bedingte Forderung, ein Anwartschaftsrecht oder eine gesicherte Rechtsposition für die Annahme eines „begründeten“ Vermögensanspruchs zu fordern, erschwert die Einordnung, da die einzelnen Begriffe nicht zweifelsfrei definiert sind. 3. Vorzugswürdig ist dagegen eine normorientierte Abgrenzung. Danach ist eine vor Verfahrenseröffnung angelegte, aber erst nach Verfahrenseröffnung entstehende Forderung als bereits zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung „begründet“ anzusehen, wenn der Insolvenzschuldner zu diesem Zeitpunkt bereits das seinerseits Erforderliche zur Forderungsbegründung beigetragen hat. 4. Ein weiteres Handeln auf Gläubigerseite nach Verfahrenseröffnung ist unschädlich für die Annahme einer vor Verfahrenseröffnung „begründeten“ Forderung. 5. Eine bei Verfahrenseröffnung „begründete“ Forderung kann unter den Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 InsO zur Masseforderung aufgewertet werden. 6. Ist zur Entstehung der jeweiligen Forderung noch eine Rechthandlung des Insolvenzschuldners notwendig, so kann daraus nach Verfahrenseröffnung regelmäßig nur eine das freie Vermögen des Schuldners treffende Neuforderung erwachsen.
§ 5 Fallgruppen Diese abstrakten Ausführungen zu den Voraussetzungen einer „begründeten“ Forderung sollen nunmehr anhand von Fallbeispielen überprüft werden, die in dieser Untersuchung bereits vorgestellt wurden. Als Fallbeispiele dienen dabei die im Verlauf dieser Arbeit genannten Entscheidungen aus der Rechtsprechung des BGH sowie ausgewählte Fälle der im Schrifttum aufgeführten Beispiele, die für die Sicherungsfähigkeit von besonderem Interesse sind und über die nach hier vertretener Ansicht anders zu entscheiden wäre. Dabei soll die jeweils nach Verfahrenseröffnung bzw. in der Krise entstehende Forderung auf ihre Qualität als zuvor „begründete“ Forderung sowie ihre Sicherungsfähigkeit hin überprüft werden. Im Zuge dessen wird die Frage nach der Anfechtbarkeit sowie des Erwerbsverbots beantwortet.
A. Gesellschaftsrechtlicher Auseinandersetzungsanspruch Wegen der grundlegenden Entscheidung BGHZ 86, 340 zur Existenz und Anfechtbarkeit eines für eine künftige Forderung bestellten Pfandrechts soll der in dieser Entscheidung maßgebliche gesellschaftsrechtliche Auseinandersetzungsanspruch hier Gegenstand der Fallgruppenbildung sein. In dem der Entscheidung des BGH zugrundeliegenden Sachverhalt machte die Beklagte ein Pfandrecht zur Abdeckung ihrer Auseinandersetzungsforderung geltend, dessen Konkursfestigkeit in Rede stand.
I. Allgemeine Einordnung Die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Erwerbsverbot sowie zur Aufrechnung wertet den Anspruch eines Gesellschafters auf Zahlung des Auseinandersetzungsguthabens bis zum Entstehen der Forderung als „künftigen“ Anspruch, dessen „Rechtsgrund“ jedoch mit Wirksamwerden des zugrundeliegenden Gesellschaftsvertrags bereits gelegt sein soll.358 Dementsprechend kann – sofern dieser Anspruch ohne weiteres Zutun der Parteien entsteht – nach der Rechtsprechung des BGH unbeschadet von § 91 InsO 358 BGHZ 160, 1; BGH ZIP 2010, 335 Rn. 25; ZIP 2009, 380 Rn. 22 ff.; ZIP 2000, 757 (759); ZIP 1988, 1545.
A. Gesellschaftsrechtlicher Auseinandersetzungsanspruch123
ein Erwerb im Wege der Abtretung erfolgen. Auch soll der Umstand eines Entstehens erst nach Verfahrenseröffnung aufrechnungsrechtlich gemäß § 95 InsO unschädlich sein.
II. Insolvenzfestigkeit Die Frage, ob für solche erst künftig entstehenden Ansprüche aus der Auseinandersetzung einer Gesellschaft aufgrund eines bereits zuvor bestellten Sicherungsrechts abgesonderte Befriedigung verlangt werden kann, ist zu bejahen359, wenn der Schuldner nach dem haftungsrechtlich relevanten Zeitpunkt nichts mehr zur Forderungsentstehung beitragen muss, wenn also beispielsweise nur noch das Ereignis der Auseinandersetzung fehlt, damit der Anspruch voll entsteht. Denn dann ist der Anspruch bereits begründet. Ob der Anspruchsinhaber noch etwas zur Forderungsentstehung beitragen muss, ist dagegen irrelevant. So lag der Fall in BGHZ 86, 340. Der Anspruch der beklagten Gesellschafterin entstand erst während der Krise vor Verfahrenseröffnung. Dennoch konnte sich die Gesellschafterin im Verfahren auf ein ihr zustehendes Absonderungsrecht aufgrund eines ihr außerhalb der Krise gewährten Pfandrechts berufen. Denn die Auseinandersetzungsforderung hatte ihren Rechtsgrund bereits im Gesellschaftsvertrag, der seinerseits außerhalb der Krise vereinbart wurde. Die sich daraus ergebende Auseinandersetzungsforderung war bereits mit Abschluss des Vertrags begründet, ihr Entstehen erforderte keine Handlung des Schuldners in der Krise. Dem BGH ist daher im Ergebnis zuzustimmen. Der Erwerb des Absonderungsrechts ist in diesem Fall nicht anfechtbar. Gleiches gilt für die Frage des Erwerbsverbots nach Verfahrenseröffnung. Zum Zeitpunkt der Haftungsrealisierung stand dem Gläubiger ein Sicherungsrecht für eine schon begründete Forderung zu. Dass die Forderung noch nicht voll wirksam entstanden war, rechtfertigt nicht die Anwendung des § 91 InsO. Maßgeblich für die Beurteilung ist vielmehr allein der Umstand, dass die gesicherte Forderung aus dem Vertragsschluss vor Verfahrenseröffnung resultiert und der Insolvenzschuldner nach Verfahrenseröffnung nicht mehr am Entstehen der Forderung mitwirken muss.
359 § 4
C. III.
124
§ 5 Fallgruppen
B. Regressanspruch des Bürgen Als weiteres Beispiel soll an dieser Stelle der Rückgriffsanspruch des Bürgen360 dienen. Die Regressmöglichkeit des Bürgens ist durch zwei verschiedene Anspruchsgründe gekennzeichnet. Zum einen hat der Bürge einen internen Regressanspruch gemäß § 670 BGB361 gegen den Hauptschuldner, zum anderen geht im Wege der cessio legis nach § 774 BGB der Anspruch des Hauptgläubigers gegen den Hauptschuldner auf den Bürgen über, soweit er jenen befriedigt. Intern kann der Bürge regelmäßig Befreiung vom Hauptschuldner nach Maßgabe des § 775 BGB verlangen.362
I. Allgemeine Einordnung Wird der Hauptgläubiger erst nach Verfahrenseröffnung befriedigt, soll der nunmehr infolgedessen entstehende interne Regressanspruch nach allgemeiner Ansicht363 als Insolvenzforderung am Verfahren teilnehmen. Begründet wird die Teilnahme damit, dass die Entstehung des Regressanspruchs durch die Befriedigung des Hauptgläubigers aufschiebend bedingt sei. Gleiches soll für den Forderungserwerb im Wege der cessio legis nach § 774 BGB gelten.364 Unter Hinweis auf die Bedingtheit der erst nach Verfahrenseröffnung entstehenden und / oder übergehenden Forderungen hat der BGH auch die Absonderungsberechtigung aufgrund einer bereits bestellten Sicherheit anerkannt.365 Henckel vertritt hingegen, dass die Berücksichtigung des erst nach Verfahrenseröffnung entstehenden Regressanspruchs nicht auf dessen Bedingtheit beruhe, sondern auf der Erwägung, dass die Masse durch die Leistung des Bürgen nicht entlastet werden solle und der Leistende daher in die 360 Die Ausführungen gelten gleichfalls für den Anspruch des Gesamtschuldners, § 426 Abs. 1 BGB. 361 Ggf. in Verbindung mit § 675 oder § 683 BGB. 362 Zu den Voraussetzungen des § 775 BGB siehe MünchKomm/Habersack, BGB, § 775 Rn. 1. 363 HK/Ries, InsO, § 38 Rn. 32; Jaeger/Henckel, InsO, § 38 Rn. 109; Kübler/ Prütting/Bork/Holzer, InsO, 60. EL 9/2014, § 38 Rn. 29; K. Schmidt/Büterowe, InsO, § 38 Rn. 32; Uhlenbruck/Sinz, InsO, § 38 Rn. 39. 364 BGH ZIP 2008, 183 Rn. 3; Habersack, BKR 2007, 77 (78); MünchKomm/ Ehricke, InsO, § 38 Rn. 30. Selbiges setzt auch die Vorschrift des § 44 InsO voraus, wonach der Bürge seine Forderung, die er durch eine Befriedigung des Gläubigers künftig gegen den Insolvenzschuldner erwerben kann, nur dann im Insolvenz verfahren geltend machen darf, wenn der Gläubiger seine Forderung nicht geltend macht, vgl. hierzu MünchKomm/Bitter, InsO, § 44 Rn. 6 f. 365 BGH ZIP 2008, 885; dazu oben § 2 B. I 2.
B. Regressanspruch des Bürgen125
haftungsrechtliche Stellung des Hauptgläubigers einrücke, was wiederum durch die Vorschriften des § 774 BGB über die cessio legis bestätigt werde.366 Jedenfalls aber soll der Rückgriffsberechtigte mit seiner nach Verfahrenseröffnung entstehenden Forderung als Insolvenzgläubiger am Verfahren teilnehmen können.
II. Begründetheit der Regressforderung Für die Einordnung der nach Verfahrenseröffnung entstehenden Regressforderung als bereits vor Verfahrenseröffnung begründete Forderung ist nicht entscheidend, ob diese Forderung (rechts)bedingt ist. Maßgeblich sind vielmehr folgende Erwägungen: Der originäre Rückgriffsanspruch des Bürgens ist mit Eingehung der Bürgschaft bereits angelegt. Zur Entstehung der internen Regressforderung gegen den Schuldner bedarf es nur noch einer Handlung des Bürgen, nämlich der Befriedigung des Hauptgläubigers. Gleiches gilt für den legalzedierten Anspruch des Hauptgläubigers, den der Bürge gemäß § 774 BGB infolge der Gläubigerbefriedigung erwirbt. Denn bereits mit Eingehung der Bürgschaft und Begründung des internen Regressanspruchs besteht eine Mitberechtigung an der Forderung des Hauptgläubigers.367 Dies beruht darauf, dass die Legalzession gerade die Verstärkung des internen Regressanspruchs bezweckt.368 Der Insolvenzschuldner muss seinerseits nichts mehr unternehmen, um die Forderung des Bürgen zu begründen. Für den internen Regressanspruch erschöpft sich seine Mitwirkungshandlung in der Beauftragung des Bürgen.369 Im Hinblick auf den gesetzlichen Forderungsübergang ist es lediglich notwendig, dass der Schuldner die Hauptschuld gegenüber dem Gläubiger begründet. Vollzieht der spätere Insolvenzschuldners diese Mitwirkungsakte vor Verfahrenseröffnung, so ist die jeweilige Regressmöglichkeit für den Bürgen auch schon zu diesem Zeitpunkt begründet. Auch greift hier die Kontrollüberlegung durch, wie der nach Verfahrenseröffnung entstehende Regressanspruch – wollte man seine Teilnahme als begründete Insolvenzforderung verneinen – anderenfalls einzuordnen 366 Jaeger/Henckel,
InsO, § 38 Rn. 113, 109. hierzu Holzmann, Regressrisiko, S. 57 ff., der dieses Ergebnis aus dem Innenverhältnis zwischen Bürgen und Hauptschuldner herleitet und folglich die Absonderungsberechtigung für die legalzedierte Forderung grundsätzlich ablehnt, wenn es an einem internen Regressanspruch fehlt. 368 Vgl. BGH ZIP 1990, 53 (54); MünchKomm/Habersack, BGB, § 774 Rn. 1. 369 Im Falle der Geschäftsführung ohne Auftrag muss lediglich das Interesse an der Eingehung der Bürgschaft im Zeitpunkt der Übernahme vorliegen, vgl. § 683 BGB. 367 Ausführlich
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§ 5 Fallgruppen
wäre. Den Tatbestand einer Masseforderung erfüllt diese Forderung jedenfalls nicht, da schon kein Verwalterhandeln gemäß § 55 InsO vorliegt, was aber regelmäßig für die Annahme einer Masseforderung notwendig ist.370 Ebenso wenig kann der Umstand des Entstehens nach Verfahrenseröffnung allein zur Annahme einer Neuforderung führen. Denn Neuforderungen entstehen nach Verfahrenseröffnung, weil und soweit der Schuldner die Masse nicht mehr belasten kann. Da es aber an einer Rechtshandlung des Schuldners nach Verfahrenseröffnung fehlt, kommt eine Einordnung als Neuforderung nicht in Betracht. Mithin ist der Rückgriffsanspruch des Bürgen auch dann Insolvenzforderung gemäß § 38 InsO, wenn der Hauptgläubiger erst nach Verfahrenseröffnung befriedigt wird. Hingegen helfen die im Schrifttum favorisierten Abgrenzungsformeln wie „Anwartschaft“ oder „gesicherte Rechtsposition“ wenig, um die Einordnung als begründete Forderung zu erklären. Denn der Schuldner kann das Entstehen der Forderung allemal noch verhindern, indem er seiner eigenen Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Hauptgläubiger nachkommt. Ebenso könnte der Gläubiger auf seine Forderung verzichten. Dies verdeutlicht, dass jene Begriffe jedenfalls keine allgemeingültigen Ergebnisse begründen können. Maßgeblich ist daher allein, inwiefern der Schuldner vor der jeweiligen Zäsur das seinerseits Erforderliche zur Forderungsentstehung beigetragen hat.
III. Insolvenzfestigkeit Hat der Bürge sich für seine künftig nach Verfahrenseröffnung entstehende Forderung eine Sicherheit einräumen lassen, wird der Erwerb eines Absonderungsrechts nicht von § 91 InsO gehindert, wenn der Insolvenzschuldner nach Verfahrenseröffnung nichts mehr zur Forderungsentstehung beitragen muss. Selbiges gilt dann, wenn der Bürge den Hauptgläubiger im kritischen Zeitraum vor Verfahrenseröffnung befriedigt und dadurch in der Krise seine Regressforderung entsteht. Auch dies rechtfertigt die Anfechtbarkeit des Erwerbs der Vorrangstellung nicht.
C. Valutierung eines Darlehens Die Valutierung eines Darlehens ist als Fallgruppe hier von besonderer Bedeutung, da die untersuchten Sicherheiten naturgemäß oftmals als Kreditsicherheiten zur Absicherung künftiger Darlehensforderungen dienen.
370 Siehe
oben § 4 C. III.
C. Valutierung eines Darlehens127
I. Praxis: Kündigungsrecht Zunächst ist für die Praxis entscheidend, dass dem Darlehensgeber im Vorfeld der Darlehensnehmerinsolvenz ein außerordentliches Kündigungsrecht aus § 490 BGB zusteht. Nach dieser Vorschrift ist der Darlehensgeber vor Auszahlung des Darlehens im Zweifel stets dazu berechtigt, den Darlehensvertrag fristlos zu kündigen, wenn sich die Vermögensverhältnisse des Darlehensnehmers wesentlich mit der Folge verschlechtern, dass die Rückzahlung des Darlehens gefährdet wird. Dadurch wird der Darlehensgeber davor geschützt, „sehenden Auges“ ein Darlehen auszugeben, trotz der drohenden Gefahr, dieses nicht zurückzuerhalten.371
II. Insolvenzrechtliche Einordnung Wurde der Darlehensvertrag vor Verfahrenseröffnung geschlossen und die Sicherheit ebenfalls zu diesem Zeitpunkt bestellt, erfolgt eine Auszahlung aber nicht mehr vor der Zäsur der Verfahrenseröffnung, stellt sich die Frage, welche Rechtsposition der Gläubiger innehat. Teilweise wird vertreten, dass bei Valutierung eines Darlehens in der Insolvenz des Schuldners dem Gläubiger die abgesonderte Befriedigung aufgrund eines vor Verfahrenseröffnung bestellten Sicherungsrechts verwehrt bleiben soll.372 Kreuzberg ist der Auffassung, dass es sich bei der Darlehensforderung vor Auszahlung um eine bloß „künftige“, noch nicht begründete Forderung handele, die im Verfahren nicht angemeldet werden könne.373 Vielmehr stehe dem Insolvenzverwalter das Wahlrecht aus § 103 InsO zu. Im Falle der Erfüllungsablehnung sei die Entstehung des Anspruchs aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB ausgeschlossen, weswegen der Insolvenzverwalter in der Folge Freigabe des Sicherungsgegenstands verlangen könne. 1. Begründete Forderung Dieses Verständnis vermag nicht zu überzeugen. Zunächst ist die begriffliche Einordnung einer bloß „künftigen“ Forderung mangels inhaltlicher Begriffsbestimmung nicht zielführend. Auch eine begründete Forderung kann künftig sein. Maßgeblich ist vielmehr, dass der Darlehensvertrag zwischen Insolvenzschuldner und Gläubiger bereits vor Verfahrenseröffnung geschlossen wurde. Bei einem bereits bestehenden Schuldverhältnis vor Berger, BGB, § 490 Rn. 15. die Ausführungen bei Eichel, Künftige Forderungen, S. 247. 373 Kreuzberg, Drittsicherheiten, S. 61 ff. 371 MünchKomm/K.P. 372 Vgl.
128
§ 5 Fallgruppen
Verfahrenseröffnung ist aber die Einordnung der daraus künftig entstehenden Forderung als „begründete“ Forderung im Sinne des § 38 InsO durchaus naheliegend. Für dieses Verständnis streitet auch die höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach es für die Annahme einer Insolvenzforderung ausreiche, dass der anspruchsbegründende Tatbestand bereits vor Verfahrenseröffnung abgeschlossen sei, wenn also das forderungsbegründende Schuldverhältnis schon vor Verfahrenseröffnung bestanden habe, möge sich hieraus eine Forderung auch erst nach Verfahrenseröffnung ergeben.374 Außerdem hat es nunmehr nur noch der Gläubiger in der Hand, durch Valutierung des Darlehens die Forderung aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB zur Entstehung zu bringen.375 Von einer Neuforderung wäre hingegen nur auszugehen, wenn der Schuldner nach Verfahrenseröffnung noch etwas zur Forderungsentstehung beitragen müsste. Der Begriff der bloß künftigen Forderung hilft daher nicht weiter. „Begründet“ ist die Darlehensforderung bereits aufgrund des vor Verfahrenseröffnung abgeschlossenen Darlehensvertrags. 2. Leistung des Darlehensgebers Ohne Valutierung des Darlehens schuldet die Masse dem Gläubiger freilich noch nichts. Die Gegenleistung der Masse hängt hier also von der Leistung des Gläubigers ab. Der Anspruch des Gläubigers wird daher auch erst durch dessen eigene Leistung werthaltig. Theoretisch könnte also der Gläubiger nach Verfahrenseröffnung seine Leistung erbringen und seinen Anspruch gegen den Schuldner zur Tabelle anmelden, weil er bei Verfahrenseröffnung bereits begründet war. Freilich wird er – sollte er die Darlehensvaluta in Kenntnis (vgl. § 82 InsO) des eröffneten Insolvenzverfahrens an den Schuldner auszahlen – von seiner Verbindlichkeit nicht befreit. Die Auszahlung an den Schuldner führt damit auch nicht zum Entstehen einer gegen die Masse gerichteten Darlehensrückzahlungsforderung.376
374 Siehe
953.
dazu schon oben § 4 B. I.; BGHZ 192, 221 Rn. 15; BGH NZI 2011,
375 Streitig beurteilt wird die Frage nach dem Entstehenszeitpunkt des Darlehensrückzahlungsanspruchs. Nach überwiegender Ansicht entsteht der Anspruch aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB nach Abschluss des Vertrags im Zeitpunkt der Auszahlung als betagter Anspruch mit späterem Fälligkeitszeitpunkt, vgl. MünchKomm/K. P. Berger, BGB, § 488 Rn. 43 m. w. N. Nach der Gegenansicht fallen Fälligkeit und Entstehungszeitpunkt zusammen. Vgl. zum Ganzen Staudinger/Freitag, BGB, 2015, § 488 Rn. 166. 376 Vgl. HambKomm/Büchler, InsO, Vorbem. zu §§ 49–52 Rn. 16.
C. Valutierung eines Darlehens129
3. Wahlrecht des Insolvenzverwalters Vielmehr kann über das Schicksal des geschlossenen, aber noch unerfüllten Vertrags der Insolvenzverwalter gemäß § 103 InsO entscheiden. Der Insolvenzverwalter kann also, sofern der Gläubiger nicht von seinem Kündigungsrecht Gebrauch macht, die Auszahlung der Darlehensvaluta zur Masse verlangen. In der Folge wird die Gläubigerforderung gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO zur Masseforderung aufgewertet. Diese wird durch das vor Verfahrenseröffnung bestellte Sicherungsrecht gesichert.377 Entscheidet sich der Insolvenzverwalter indessen gegen die Erfüllung des offenen Darlehensvertrags und somit gegen die Aufwertung der bloßen Insolvenzforderung, bleibt dem Gläubiger nurmehr die Möglichkeit, seine Nichterfüllungsforderung gemäß § 103 Abs. 2 InsO zur Tabelle anzumelden, die freilich im Falle eines nicht valutierten Darlehens maximal den Zinsgewinn umfassen kann.378 Die Anwendung des § 103 InsO auf den unerfüllten Darlehensvertrag zu bejahen, gleichzeitig aber davon auszugehen, dass eine künftige unbegründete Forderung vorliege,379 verbietet sich. Denn insofern laufen die §§ 38, 103 InsO parallel. Einerseits steht dem Gläubiger dem Grunde nach schon eine Forderung gegen die Masse zu, andererseits erhält der Verwalter die Möglichkeit, über das Schicksal der massezugehörigen Forderung zu entscheiden. Dieses Gegenseitigkeitsverhältnis darf nicht übergangen werden.380 4. Sicherung der Nichterfüllungsforderung gemäß § 103 Abs. 2 InsO Nicht überzeugend ist in diesem Zusammenhang ferner die Feststellung, dass wegen Nichterreichung des Sicherungszwecks infolge des Nichtentstehens des Darlehensrückzahlungsanspruchs die bestellte Sicherheit herauszugeben sei.381 Vielmehr ist anerkannt, dass eine dingliche Sicherheit im Falle der Erfüllungsablehnung auch die Nichterfüllungsforderung des Gläubigers sichert, da sich durch die Erfüllungsablehnung gerade das Risiko 377 Jaeger/Jacoby, InsO, § 103 Rn. 341; MünchKomm/Kreft, InsO, § 103 Rn. 44 f.; vgl. zu absonderungsberechtigten Massegläubigern Uhlenbruck/Brinkmann, InsO § 49 Rn. 3. 378 Zu Berechnung eines Anspruchs aus § 103 Abs. 2 InsO unter Berücksichtigung der jeweiligen dogmatischen Besonderheiten Jaeger/Jacoby, InsO, § 103 Rn. 243. 379 So Kreuzberg, Drittsicherheiten, S. 61. 380 Insofern müssen für §§ 38, 103 InsO die gleichen Maßstäbe gelten, vgl. Jaeger/ Jacoby, InsO, § 103 Rn. 74, 82. 381 So aber Kreuzberg, Drittsicherheiten, S. 61 f.
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§ 5 Fallgruppen
verwirklicht, gegen das der Gläubiger abgesichert werden sollte.382 Somit kann der Insolvenzverwalter nicht Freigabe des Sicherungsgegenstands verlangen, wenn dem Gläubiger eine Forderung gemäß § 103 Abs. 2 InsO zusteht. Der Gläubiger kann sich vielmehr für seine Nichterfüllungsforderung bevorrechtigt aus der Masse befriedigen. Teilweise wird vertreten, dass die Möglichkeit des Insolvenzverwalters, die Erfüllung abzulehnen und den Vertragspartner auf eine Insolvenzforderung zu verweisen, dann beschränkt sei, wenn dem Gläubiger für diese Forderung eine dingliche Sicherheit eingeräumt wurde.383 Hiernach müsste der Vertrag durchgeführt werden, wobei dem Gläubiger infolge seines Sicherungsrechts wiederum eine Vorrangstellung zukäme. Rein rechnerisch ergeben sich bei beiden Ansätzen keine Unterschiede. Nach erstgenannter Sichtweise bleibt dem Gläubiger maximal eine Anmeldung seines entgangenen Gewinns möglich, nach der Gegenansicht wird das Geschäft unter Erbringung von Leistung und Gegenleistung durchgeführt, was dem Gläubiger wiederum den Gewinn sichert.
III. Insolvenzfestigkeit 1. Forderungsbegründung vor Verfahrenseröffnung oder Eintritt der Krise Haben Gläubiger und späterer Insolvenzschuldner einen Darlehensvertrag vor Verfahrenseröffnung geschlossen, so ergibt sich daraus eine künftige Darlehensrückzahlungsforderung des Gläubigers. Diese entsteht freilich erst mit Auszahlung des Darlehens. Dennoch ist die Forderung vor Verfahrenseröffnung begründet worden. In der Insolvenz des Schuldners ist freilich das Wahlrecht des Insolvenzverwalters über den unerfüllten Vertrag zu beachten. Optiert der Verwalter für die Erfüllung des Darlehens zur Masse, wird die mit Auszahlung entstehende Rückzahlungsforderung zur Masseverbindlichkeit gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO aufgewertet. Entscheidet sich der Verwalter für die Suspendierung des Vertrags, erhält der Gläubiger seine Nichterfüllungsforderung gemäß § 103 Abs. 2 InsO als Insolvenzforderung. Jedenfalls aber wird die jeweils in ihrer Form entstandene Forderung durch das vor Verfahrenseröffnung bestellte Sicherungsrecht gesichert. Ebenso ist die Anfechtungsmöglichkeit des Insolvenzverwalters ausgeschlossen, wenn die Darlehensrückzahlungsforderung bereits vor Eintritt der Krise begründet war.
382 Kübler/Prütting/Bork/Tintelnot, InsO, 46. EL 11/2011, § 103 Rn. 325; MünchKomm/Kreft, InsO, § 103 Rn. 24. 383 Jaeger/Jacoby, InsO, § 103 Rn. 258.
C. Valutierung eines Darlehens131
2. Exkurs: Bargeschäftsprivileg bei Begründung der Forderung in der Krise Schließt der spätere Insolvenzschuldner erst in der Krise einen Darlehensvertrag und wird der daraus resultierende Rückzahlungsanspruch durch eine bereits bestehende Sicherheit gedeckt, kann der Darlehensgeber für diese Forderung grundsätzlich keine abgesonderte Befriedigung verlangen.384 Etwas anderes kann aber dann gelten, wenn das Auffüllen der Sicherheit mit der neu entstehenden Forderung dem Bargeschäftsprivileg des § 142 InsO unterfällt, die Bestellung der Sicherheit durch den Schuldner also in einem unmittelbaren Austauschverhältnis mit der Darlehensgewährung durch den Gläubiger steht. Die Annahme eines Bargeschäfts ist hier nicht schon aus dem Grunde ausgeschlossen, dass der Schuldner durch die Bestellung des Sicherungsrechts vorgeleistet hat, denn die Reihenfolge der Leistungserbringung ist unerheblich.385 Tatbestandlich setzt das Bargeschäftsprivileg aber voraus, dass für die schuldnerische Leistung unmittelbar eine Gegenleistung in dessen Vermögen gelangt. Dieses Unmittelbarkeitskriterium erfordert einen engen zeitlichen Zusammenhang, der zwar nicht allgemein bestimmt werden kann und keinen Zug um Zug Austausch voraussetzt,386 indes jedenfalls dann nicht gegeben ist, wenn eine bereits seit längerer Zeit (mehrere Monate oder Jahre) bestehende Sicherheit mit einer Forderung unterlegt wird.387 Allerdings kann in den Fällen der Sicherheitenbestellung für eine erst künftig entstehende Forderung ein unmittelbares Austauschverhältnis zwischen Darlehensvalutierung seitens des Gläubigers und Verzicht der Nichtvalutierungseinrede durch den Schuldner gesehen werden.388 Zweifelhaft ist allein, ob im Verzicht auf die Nichtvalutierungseinrede eine Leistung des Schuldners im Sinne des § 142 InsO liegt, wird die entstehende Forderung doch automatisch von der Sicherheit erfasst, wenn diese gerade jene künftig entstehende Forderung sichern sollte.389 Insofern könnte es an einer eigenständigen Leistung des Schuldners fehlen. Indessen spricht für die Annahme 384 Vgl.
§ 3. ZIP 2012, 2037 (2038); K. Schmidt/Ganter/Weinland, InsO, § 142 Rn. 18, 27; BGH ZIP 2010, 682 Rn. 31; zweifelnd: Obermüller/Kuder, FS Fischer, S. 385 (389). 386 HK/Kreft, InsO, § 142 Rn. 5; K. Schmidt/Ganter/Weinland, InsO, § 142 Rn. 27 ff. 387 Zur Dauer der Zeitspanne vgl. HK/Kreft, InsO, § 142 Rn. 5; K. Schmidt/Ganter/Weinland, InsO, § 142 Rn. 30. 388 Obermüller/Kuder, FS Fischer, S. 385 (389). 389 Vgl. zur Wirkungsweise der Sicherheitenbestellung für künftige Forderungen § 1 C. III. 385 Ganter,
132
§ 5 Fallgruppen
eines Bargeschäfts hier zunächst, dass das Werthaltigwerden der Sicherheit für den Gläubiger einen eigenständigen wirtschaftlichen Wert darstellt, da er hierdurch eine Deckung in Form einer Sicherung für seine Forderung erhält. Dieser Vorgang ist nach hier vertretener Auffassung grundsätzlich isoliert anfechtbar.390 Anders als beim bloßen Stehenlassen eines Darlehens,391 fließt dem Gläubiger als Sicherungsnehmer durch das Werthaltigwerden der Sicherheit ein Wert zu. Gelangt in diesem Zusammenhang die Darlehens valuta in das schuldnerische Vermögen, kann der Bargeschäftstatbestand gemäß § 142 InsO erfüllt sein. Für dieses Verständnis spricht überdies, dass auch die Gewährung einer angemessenen neuen Sicherheit für den Erhalt eines Darlehens grundsätzlich ein Bargeschäft darstellen kann.392 Gleiches muss dann gelten, wenn der Schuldner nicht eigens eine neue Sicherheit einräumt, sondern eine bereits bestehende für den Gläubiger werthaltig macht. Denn es kann keinen Unterschied machen, ob der Schuldner auf die Einrede der Nichtvalutierung verzichtet und die Sicherheit so für den Gläubiger werthaltig wird oder ob der Schuldner sich beispielsweise eine Grundschuld rückübertragen lässt, nur um dem Gläubiger anschließend ein neues Sicherungsrecht einzuräumen.
D. Mietrechtliche Ansprüche und Vermieterpfandrecht Gemäß § 562 Abs. 1 BGB hat der Vermieter für seine Forderungen aus dem Mietverhältnis ein Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Mieters. Dieses Pfandrecht umfasst in den Grenzen des § 562 Abs. 2 BGB auch künftige Forderungen. Inwiefern das Vermieterpfandrecht aber auch erst in der Krise des Schuldners entstehende Forderungen sichern kann, ist unklar.
I. BGHZ 170, 196 und die Anwendung des § 140 Abs. 3 InsO In seiner Entscheidung vom 14.12.2006 befasste sich der BGH mit der Frage der Anfechtbarkeit des Vermieterpfandrechts, soweit es auch erst künftig entstehende Forderungen des Vermieters sichert.393 Die Frage nach 390 Vgl.
hierzu § 3 D. HK/Kreft, InsO, § 142 Rn. 3; Uhlenbruck/Ede/Hirte, InsO, § 142 Rn. 27. 392 MünchKomm/Kirchhof, InsO, § 142 Rn. 13c; Uhlenbruck/Ede/Hirte, InsO, § 142 Rn. 45. 393 BGHZ 170, 196; dazu oben § 3 B. I. 2. 391 Vgl.
D. Mietrechtliche Ansprüche und Vermieterpfandrecht133
einer Anfechtungsmöglichkeit des Insolvenzverwalters entschied das Gericht unter Rekurs auf die gesicherte Forderung.394 Jene wurde mit der Begründung verneint, dass es sich bei Mietforderungen um aufschiebend befristete Forderungen handelt. Der Umstand, dass die Zahlung der Miete daher insolvenzfest sei, könne für die Frage nach der Anfechtbarkeit des Pfandrechts nicht unberücksichtigt bleiben. Denn dieses könne seinerseits nicht in weiterem Umfange angefochten werden als die Mietzahlung selbst. Für maßgeblich hielt das Gericht dann wegen der Befristung der Mietforderung unter Anwendung des § 140 Abs. 3 InsO den bürgerlich-rechtlichen Entstehungszeitpunkt des Pfandrechts. Grundsätzlich ist dem BGH darin zuzustimmen, zur Beantwortung der Frage nach der Anfechtbarkeit eines schon bestehenden Sicherungsrechts auf die jeweilige in der Krise entstehende Forderung abzustellen. Der Hinweis auf § 140 Abs. 3 InsO wegen des befristeten Charakters der Mietforderung überzeugt allerdings nicht.
II. Rechtsprechung zur Forderungspfändung und -zession Etwas anderes könnte sich nämlich zum einen schon aus der jüngeren Rechtsprechung des BGH ergeben, wonach bei der Pfändung oder Zession von Ansprüchen auf Mietzahlung nicht mehr allein die Befristung dieser Forderungen, sondern der jeweilige Beginn des Nutzungszeitraums für maßgeblich erachtet wird. § 140 Abs. 3 InsO ist danach nicht einschlägig. 1. Neuere Rechtsprechung: Gesicherte Rechtsposition Der BGH argumentiert nunmehr dahingehend, dass ein Abstellen auf den früheren Zeitpunkt gemäß § 140 Abs. 3 InsO eine „gesicherte Rechtsposition“ des Gläubigers im Hinblick auf das Entstehen der Forderung voraussetze. Dies sei bei der Pfändung künftig entstehender Mietforderungen nicht gegeben.395 So vertritt das Gericht, dass bei der Abtretung oder Pfändung einer künftigen Mietforderung der Gläubiger erst dann eine Sicherung erlange, wenn der jeweilige Nutzungszeitraum beginne.396 In diesem Zusammenhang hat der BGH auch seine Rechtsprechung zu § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO aufgegeben, wonach gemäß § 140 Abs. 3 InsO wegen des befristeten Charakters der Mietforderung die maßgebliche Rechtshandlung für die Möglichkeit der 394 BGHZ
170, 196 Rn. 18. 182, 264 Rn. 14. 396 BGHZ 182, 264 Rn. 8 ff. 395 BGHZ
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Aufrechnung von Mietansprüchen gegen Ansprüche auf Auszahlung von Guthaben aus Nebenkostenvorauszahlungen der Abschluss des Mietvertrags und nicht der Entstehenszeitpunkt der Forderung sein soll.397 2. Übertragbarkeit auf Besicherung künftiger Mietforderungen Diese neuere Rechtsprechung zur Pfändung und Zession künftiger Mietforderungen wirft die Frage auf, ob die dort aufgestellten Maßgaben auch im Falle einer Sicherheitenbestellung für eine künftige Mietforderung gelten sollen. Der BGH scheint dies in seinem Urteil zur Pfändung einer künftigen Forderung jedenfalls nicht ausschließen zu wollen, sondern erachtet die Besicherung einer solchen Forderung vielmehr bloß für eine hiervon „möglicherweise“ abzugrenzende Fallgestaltung.398 Zu den Ausführungen im Vermieterpfandrechtsurteil und zur Anwendbarkeit des § 140 Abs. 3 InsO auf den dortigen Sachverhalt bezieht er aber keine Stellung. Eine Übertragung dieser neueren Rechtsprechung bedeutete für das Vermieterpfandrecht zur Sicherung einer künftig in der Krise entstehenden Mietforderung, dass nicht – wie bisher vom BGH vertreten – gemäß § 140 Abs. 3 InsO auf den bürgerlich-rechtlichen Zeitpunkt des Einbringens abzustellen wäre, sondern stattdessen auf den Zeitpunkt der Forderungsentstehung. Indessen ist es vorzugswürdig, diese beiden Fallgestaltungen – unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH zum Unterschied zwischen Sicherheiten an künftigen Forderungen und solchen für künftige Forderungen – weiterhin voneinander abzugrenzen. Entscheidend ist an dieser Stelle, dass eine Sicherheit für eine künftige Forderung bereits aktuell besteht, während eine Sicherheit an einer künftigen Forderung erst mit Entstehung der Forderung vollwirksam zur Entstehung gelangt. Damit sind diese unterschiedlichen Fallgestaltungen nach den Maßgaben des BGH auch unterschiedlich zu behandeln, da bei der Sicherheitenbestellung an künftig entstehenden Rechten höhere Anforderungen zur Anerkennung der Insolvenzfestigkeit gelten.
III. Maßgeblichkeit der Mietforderung als begründete Forderung Der Entscheidung des BGH zum Vermieterpfandrecht ist in der Begründung nicht zu folgen. Denn die Anwendung des § 140 Abs. 3 InsO auf das 397 BGH
ZIP 2005, 181. 182, 264 Rn. 15.
398 BGHZ
D. Mietrechtliche Ansprüche und Vermieterpfandrecht135
Vermieterpfandrecht aufgrund der Einordnung von Mietforderungen als befristete Forderungen ist schon aus dem Grunde nicht sachgerecht, dass gerade nicht die Bestellung der Sicherheit als solche aufschiebend befristet war, sondern lediglich die zugrunde liegende Forderung. Dennoch ist mit der Entscheidung des BGH zum Vermieterpfandrecht von der Unanfechtbarkeit auszugehen.399 Denn maßgeblich für die Insolvenzfestigkeit der gewährten Sicherheit ist allein die Begründetheit der Forderung im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung bzw. vor Eintritt der Krise. Dass eine Forderung auf Zahlung der Miete bis zum Erreichen des jeweiligen Nutzungszeitraums dem Gläubiger keine Sicherung verschaffen kann, bedeutet nicht, dass es sich hierbei nicht um eine begründete Forderung handelt. Denn entscheidend ist auch hier alleine, ob der nachmalige Insolvenzschuldner vor der Krise alles getan hat, damit die Forderung zur Entstehung gelangen kann. Die Forderung wäre nur dann nicht begründet, wenn der Schuldner noch weitere Handlungen vornehmen müsste, damit die Forderung entstehen kann. Dies ist bei der Forderung auf Zahlung der mietvertraglich vereinbarten Miete nicht der Fall. Daran ändert es auch nichts, wenn den Beteiligten im Zeitpunkt dieser Vereinbarung und des infolge der Einbringung entstehenden Vermieterpfandrechts nicht unter allen Umständen bewusst war, wie lange das Mietverhältnis ungekündigt läuft, also welche Forderungen genau in der Zukunft entstehen werden. Denn eine Unsicherheit über das endgültige Entstehen einer künftigen Forderung macht aus dieser Forderung noch keine unbegründete Forderung. Für die Annahme einer begründeten Forderung spricht hier vielmehr der Umstand, dass der Mietvertrag zeitlich vor der Verfahrenseröffnung geschlossen wurde und die jeweilige Forderung des Mieters jeden Monat ohne weiteres entsteht. Dies liegt auf der Linie der bisherigen Rechtsprechung des BGH zum Merkmal der Begründetheit. So hat der BGH allgemein zu § 38 InsO die Umschreibung der begründeten Forderung dahingehend geprägt, dass der anspruchsbegründende Tatbestand bereits vor Verfahrenseröffnung abgeschlossen sein muss, möge sich hieraus eine Forderung auch erst nach Verfahrenseröffnung ergeben.400
399 Im Ergebnis ebenso Mitlehner, ZIP 2007, 804 (806) sowie Uhlenbruck/Brinkmann, InsO, § 50 Rn. 36 ff., jedoch unter Hinweis auf den bargeschäftlichen Leistungsaustausch gemäß § 142 InsO. 400 BGHZ 192, 221 Rn. 15; BGH NZI 2011, 953.
136
§ 5 Fallgruppen
IV. Insolvenzfestigkeit Erlangt der Vermieter infolge der Entstehung von Mietforderungen in der Krise eine Absonderungsberechtigung aufgrund des Vermieterpfandrechts, ist diese Rechtswirkung nach dem soeben Ausgeführten nicht anfechtbar. Entsteht die gesicherte Forderung erst nach Verfahrenseröffnung, findet § 91 InsO regelmäßig keine Anwendung. Denn in der Insolvenz des Mieters ist § 108 InsO zu beachten, der das Fortbestehen des Schuldverhältnisses anordnet. Die nunmehr entstehende Masseforderung des vermietenden Gläubigers unterliegt ohnehin der bevorzugten Befriedigung im Verfahren.
E. Angebot des späteren Insolvenzschuldners Schließlich soll ein vor Verfahrenseröffnung erklärtes bindendes Angebot des späteren Insolvenzschuldners als Beispielsfall dienen. In dieser Konstellation ist das forderungsbegründende Rechtsgeschäft noch nicht vollständig vor Verfahrenseröffnung vorgenommen, sondern dessen Abschluss ist durch das Angebot des Schuldners nur in Aussicht gestellt. Allenfalls besteht hier vor Verfahrenseröffnung ein vorvertragliches Schuldverhältnis, ein Vertrag selbst kommt erst durch die Annahme des anderen Teils zustande. Nimmt der andere Teil das Angebot an und steht ihm dann ein vertraglicher Anspruch gegen den Schuldner zu, ist zweifelhaft, ob daraus eine „begründete“ Insolvenzforderung gemäß § 38 InsO entstehen kann.
I. Annahmefähigkeit Diskutiert wird in Schrifttum und Rechtsprechung die Annahmefähigkeit solcher vom Schuldner vor Verfahrenseröffnung gemachter Angebote.401 Herrschend wird dabei angenommen, dass das Angebot nicht etwa mit Verfahrenseröffnung erlösche, sondern über diese Zäsur hinaus wirksam bestehe.402 Allerdings soll es vom Vertragspartner nicht mit Wirkung für und gegen die Insolvenzmasse angenommen werden können, sondern nur noch den Schuldner persönlich verpflichten.403 Für § 38 InsO bedeutete dies, dass eine Einordnung als Insolvenzforderung nicht möglich wäre und eine den Schuldner persönlich treffende Neuforderung vorläge.404 hierzu Tichbi, Angebotsempfänger, S. 137 ff. 149, 1 (5); Staudinger/Bork, BGB, 2015, § 153 Rn. 15. 403 BGHZ 149, 1 (4 f.); MünchKomm/Busche, BGB, § 153 Rn. 2. 404 Tichbi, Angebotsempfänger, S. 144, 148, 154, 168; kritisch Jaeger/Windel, InsO, § 81 Rn. 42; dagegen im Rahmen von § 103 InsO Jaeger/Jacoby, InsO, § 103 Rn. 82. 401 Ausführlich 402 BGHZ
E. Angebot des späteren Insolvenzschuldners137
II. Kritik Für dieses Ergebnis einer das freie Vermögen treffenden Neuforderung fehlt es allerdings an einer überzeugenden Begründung. Die im Schrifttum zur Umschreibung einer begründeten Forderung vorgenommene Abgrenzung zwischen künftiger und bedingter Forderung führt hier nicht weiter. Das Entstehen der Forderung könnte man als durch die Annahme des Gläubigers bedingt verstehen.405 Daraus könnte sich sodann auch eine Forderungsanwartschaft zugunsten des Gläubigers ergeben, denn obwohl das Rechtsgeschäft bei einem bislang nur einseitig bindenden Angebot noch nicht abgeschlossen, sondern lediglich initiiert wurde, hat der Gläubiger es alleine in der Hand, die Forderung zur Entstehung zu bringen.406 Ist der Schuldner dergestalt gebunden, liegt die Forderungsentstehung nurmehr in der Hand des Gläubigers. Das bindende Angebot ermöglicht ihm die Herbeiführung des Vertrags durch einseitige Erklärung.407 Der Gläubiger befindet sich in diesem Falle nicht in einer weniger privilegierten Position als bei einem bereits abgeschlossenen Rechtsgeschäft unter einer aufschiebenden Bedingung, welches dem Gläubiger gerade die geforderte haftungsrechtliche Anwartschaft vermitteln soll. Das bloße Abstellen auf eine rechtsgeschäftliche Bedingung zur Annahme der Begründetheit einer Forderung ist hier also nicht zielführend. Diese Erwägungen lassen vielmehr den Schluss zu, dass nach Verfahrenseröffnung infolge der Annahme durch den Gläubiger eine Forderung entstehen kann, die als schon vorher „begründete“ Forderung erscheint. Denn es ist gerade kein Schuldnerhandeln mehr nach Verfahrenseröffnung erforderlich, damit der Angebotsempfänger Gläubiger des Schuldners wird. Jenes ist aber notwendiger Anknüpfungspunkt für die Einordnung als Neuforderung. Auch ist es für die Annahme einer begründeten Insolvenzforderung gemäß § 38 InsO nicht erforderlich, dass das die Forderung begründende Schuldverhältnis schon vollständig entstanden ist. Vielmehr ist allein maßgeblich, dass der Schuldner bereits die von ihm zu verwirklichenden Handlungen für die Forderungsentstehung vorgenommen hat.408 Wurde dem Gläubiger also vor Verfahrenseröffnung ein Angebot gemacht, was er nach Verfahrenseröffnung annehmen kann, so ist die daraus entstehende Forderung bereits hinreichend begründet und fällt unter § 38 405 Vgl. zum Vertragsschluss unter einer Wollensbedingung und der bindenden Vertragsofferte auch Staudinger/Gursky, BGB, 2013, § 883 Rn. 177. 406 Vgl. Jaeger/Jacoby, InsO, § 103 Rn. 81 ff.: Der Angebotsempfänger habe eine „gesicherte Rechtsposition“. 407 Ebenso Muthorst, ZIP 2009, 1794 (1799). 408 Jaeger/Jacoby, InsO, § 103 Rn. 82.
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§ 5 Fallgruppen
InsO.409 Freilich steht dem Insolvenzverwalter dann, wenn das Angebot auf Abschluss eines gegenseitigen Vertrags gerichtet war, das Wahlrecht aus § 103 InsO zu.410 Dies ändert aber nichts daran, dass die sich aus der Annahme des Angebots ergebende Forderung bereits vor Verfahrenseröffnung begründet war.
III. Vergleich: Ansprüche nach Ausübung von Gestaltungsrechten und Gewährleistungsrechte Parallel dazu wird im Falle von Gestaltungsrechten zu entscheiden sein.411 Gestaltungsrechte selbst sind keine Vermögensansprüche und somit auch keine Insolvenzforderungen im Sinne des § 38 InsO. Allerdings erwachsen infolge ihrer Ausübung Ansprüche des Insolvenzgläubigers gegen den Insolvenzschuldner, die wiederum Insolvenzforderungen darstellen können.412 Ficht beispielsweise der Gläubiger seine Willenserklärung an und beseitigt so den Vertrag, erhält er einen bereicherungsrechtlichen Rück gewähranspruch gegen den Schuldner. Auch wenn der Gläubiger sein Anfechtungsrecht erst nach Insolvenzeröffnung ausübt, ist der daraus resultierende Anspruch bereits vor Verfahrenseröffnung begründet. Das Entstehen des Anspruchs hängt nur noch davon ab, dass der Gläubiger sein Recht ausübt. Ähnlich ist auch der gewährleistungsrechtliche Aufwendungssersatzanspruch wegen einer mangelhaften Sache Insolvenzforderung, selbst wenn sich der Mangel erst nach Verfahrenseröffnung zeigt.413 In diesen Konstellationen hat es allein der Gläubiger in der Hand, die Forderung zur Entstehung zu bringen.
IV. Anwendungsfall Vormerkung Besondere Bedeutung hat die oben aufgeworfene Frage nach dem Schicksal des Angebots in der Insolvenz des Antragenden für die Problematik der Insolvenzfestigkeit von Vormerkungen für künftige Ansprüche gemäß § 883 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Vormerkung dient dazu, den Gläubiger eines schuldrechtlichen Anspruchs auf Änderung der dinglichen Rechtslage eines Ergebnis wohl auch Eichel, Künftige Forderungen, S. 68. ausführlich zum Angebot: Jaeger/Jacoby, InsO, § 103 Rn. 82. 411 Jaeger/Jacoby, InsO, § 103 Rn. 74; a. A. Jaeger/Henckel, InsO, § 38 Rn. 64. 412 Jaeger/Henckel, InsO, § 38 Rn. 64; Nerlich/Römermann/Andres, InsO, 15. EL 4/2008, § 38 Rn. 6; Uhlenbruck/Sinz, InsO § 38 Rn. 16. 413 Uhlenbruck/Sinz, InsO, § 38 Rn. 26. 409 Im
410 Siehe
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Grundstücks vor Erfüllungsvereitelung durch den Schuldner selbst oder durch Zwangsvollstreckung anderer Gläubiger zu schützen.414 Die akzessorische Vormerkung „steht und fällt“415 mit dem ihr zugrundeliegenden Anspruch. Die Eintragung einer Vormerkung ist gemäß § 883 Abs. 1 Satz 2 BGB auch zur Sicherung eines künftigen oder bedingten Anspruchs zulässig. 1. Anforderungen an den gesicherten künftigen Anspruch Kontrovers beurteilt wird seit jeher, welche Anforderungen an eine erst künftige Forderung zu stellen sind, damit diese die Eintragung einer Vormerkung rechtfertigen kann. § 883 Abs. 1 Satz 2 BGB erfährt von Rechtsprechung und Literatur über das allgemein geltende416 Erfordernis der Bestimmbarkeit417 hinaus eine restriktive Auslegung. Für die Bestellung einer Vormerkung zur Sicherung künftiger Ansprüche hat sich weitgehend die Einschränkung durchgesetzt, dass nicht jede Möglichkeit der Anspruchsentstehung ausreicht, sondern vielmehr bereits ein „sicherer Rechtsboden“ für den künftigen Anspruch vorhanden sein muss.418 Dies ist dann der Fall, wenn die notwendige Bindung nicht mehr einseitig vom später Verpflichteten beseitigt werden kann,419 die Anspruchsentstehung also nicht ausschließlich vom Willen des Schuldners abhängt.420 Dass die Anspruchsentstehung durch ein rechtsverbindliches Angebot so weit vorbereitet ist, dass sie nur noch vom Willen des Berechtigten abhängt, ist danach in jedem Fall hinreichend. Zweck dieser einschränkenden Auslegung des „künftigen Anspruchs“ in § 883 I 2 BGB ist zum einen die Abwendung einer faktischen Grundbuchsperre.421 Zum anderen erscheint der potentiell künftige Gläubiger gegen Zwangsmaßnahmen Dritter nicht schutzwürdig, wenn seine Erwerbsaussicht nicht einmal gegenüber dem Schuldner durch eine bereits bestehende gesicherte Position geschützt erscheint.422
414 Staudinger/Gursky,
BGB, 2013, § 883 Rn. 3. BGB, 2013, § 883 Rn. 21. 416 Siehe bereits oben § 1 C. II. 417 Zum Erfordernis der Bestimmbarkeit siehe RGZ 151, 75; BGHZ 22, 220 (222 ff.). 418 BGHZ 166, 319 (323); Staudinger/Gursky, BGB, 2013, § 883 Rn. 183 m. w. N. 419 Palandt/Bassenge, BGB, § 883 Rn. 15. 420 BeckOK/Eckert, BGB, § 883 Rn. 25; MünchKomm/Kohler, BGB, § 883 Rn. 25. 421 BGHZ 134, 182 (185); 151, 116 (121 f.); Palandt/Bassenge, BGB § 883 Rn. 14; kritisch Staudinger/Gursky, BGB, 2013 § 883 Rn. 184. 422 BGHZ 134, 182 (185); 166, 319 (324); Staudinger/Gursky, BGB, 2013, § 883 Rn. 184; MünchKomm/Kohler, BGB, § 883 Rn. 34. 415 Staudinger/Gursky,
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§ 5 Fallgruppen
2. Die Vormerkung für eine künftige Forderung in der Insolvenz Die Vormerkung als besonderes Sicherungsrecht hat in der Insolvenz eine eigenständige Regelung erfahren. Gemäß § 106 Abs. 1 Satz 1 InsO kann der Gläubiger für seinen Anspruch Befriedigung aus der Insolvenzmasse verlangen, wenn zu dessen Sicherung eine Vormerkung eingetragen wurde. Die Vorschrift regelt damit die Insolvenzfestigkeit der Vormerkung.423 Der Vormerkungsberechtigte kann geltend machen, dass der ihm zu verschaffende Gegenstand nicht in die Masse fällt. Damit kommt dem Verschaffungsanspruch Aussonderungskraft zu.424 a) Überblick Meinungsstand Uneinheitlich beurteilt wird die Fallgestaltung, dass der gesicherte Anspruch erst nach Verfahrenseröffnung zur Entstehung gelangt. Teilweise wird unter Hinweis auf die Akzessorietät der Vormerkung vertreten, dass § 91 InsO den Erwerb der Vormerkung verhindere, wenn der gesicherte Anspruch erst nach Verfahrenseröffnung entstehe.425 Anders hat der BGH im Jahre 2001 entschieden.426 Danach stehe es der Insolvenzfestigkeit nicht entgegen, dass der gesicherte Anspruch selbst erst nach Verfahrenseröffnung entstehe.427 Anderenfalls wäre der vom Gesetzgeber zugelassene Vormerkungsschutz für künftige Forderungen „sinnentleert“. § 91 InsO greife nicht ein, da es sich bei der Bestellung einer Vormerkung für eine künftige Forderung um eine gegenwärtige Sicherung handele. Auch stehe einer Erfüllung des vorgemerkten Anspruchs gemäß § 106 InsO die Vorschrift des § 38 InsO nicht entgegen, die insofern durch die Regelung zugunsten des Vormerkungsberechtigten „durchbrochen“ werde. Dass in dem zugrundeliegenden Fall das vom Schuldner vor Verfahrenseröffnung gemachte Angebot im Falle der Annahme nach Verfahrenseröffnung die Masse nicht verpflichten könne, sei nach alledem unschädlich, da § 106 InsO eine vorrangige Regelung über die Erfüllung des Anspruchs darstelle. Nach dieser Ansicht laufen die bürgerlich-rechtlichen Vorgaben für die wirksame Vormerkung eines künftigen Anspruchs und die Voraussetzungen 423 Ausführlich
zur Vormerkung Jaeger/Jacoby, InsO, § 106 Rn. 1 ff. ZIP 2008, 1028 Rn. 11. 425 Kübler/Prütting/Bork/Lüke, InsO, 45. EL 8/2011, § 91 Rn. 38. 426 BGHZ 149, 1 (6 ff.), ebenso Assmann, Die Vormerkung, S. 247 ff.; dies., ZfIR 2002, 11 (13 f.); Schellewald, Sicherung, S. 151 ff. 427 Im Ergebnis auch Tichbi, Angebotsempfänger, S. 126 ff. 424 BGH
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für die Insolvenzfestigkeit parallel.428 Ist eine Vormerkung danach den Voraussetzungen des BGB entsprechend eingetragen worden, genießt der Anspruch Insolvenzfestigkeit über die Anordnung des § 106 InsO. Auf die Maßgeblichkeit des § 38 InsO stellt indessen Häsemeyer ab.429 Da es die Vormerkung nicht in Gestalt einer Drittsicherheit gebe, sondern von ihr nur Ansprüche geschützt würden, die sich gegen den Inhaber des betroffenen Rechts selbst richten, könne die Erfüllung des vorgemerkten Anspruchs gemäß § 106 InsO nur erfolgen, wenn für diesen Anspruch selbst auch die Insolvenzmasse hafte. Das Angebot des Schuldners soll Häsemeyer zufolge eine „Mittelstellung“ einnehmen. Denn der infolge der Annahme erwachsende Anspruch sei eben noch nicht – wie von § 38 InsO gefordert – vor Verfahrenseröffnung „entstanden“. Dennoch gewähre dieser dem Gläubiger eine „haftungsrechtlich bestandsfeste Vorwirkung“. b) Stellungnahme Zuzustimmen ist Häsemeyer insoweit, als der vorgemerkte Anspruch im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung begründet im Sinne des § 38 InsO sein muss.430 Hier überzeugt die Erwägung, dass der Massegegenstand nur für eine Forderung „herhalten“ soll, die ebenfalls aus der Masse zu berichtigen ist. Daher muss der gesicherte Anspruch mindestens den Rang einer Insolvenzforderung einnehmen. Allerdings bedarf es entgegen Häsemeyer der Konstruktion einer gesonderten „haftungsrechtlichen Vorwirkung“ des Angebots nicht, um die Erfüllung des aus der Angebotsannahme erwachsenden Anspruchs gemäß § 106 InsO anzuerkennen. Denn ein vor Verfahrenseröffnung vom Schuldner abgegebenes Angebot erlaubt die Annahme, dass die nach Verfahrenseröffnung entstehende Forderung bereits vor Verfahrenseröffnung begründet war, sofern der Schuldner nach Verfahrenseröffnung nichts mehr zur Forderungsentstehung beitragen muss.431 Die Ansicht, die von einer generellen Insolvenzfestigkeit des vormerkungsgesicherten Anspruchs gemäß § 106 InsO ausgeht, wird insofern prak428 Uhlenbruck/Wegener, InsO, § 106 Rn. 7: „Gleichlauf zwischen Vormerkbarkeit von Ansprüchen und deren Insolvenzfestigkeit“. 429 Häsemeyer, InsR, Rn. 10.27. Im Ergebnis ähnlich auch Preuß, AcP 201 (2001), 580 (591 f.), die eine Anwendung des § 106 InsO auf bedingte Forderungen bejaht, hingegen die Insolvenzfestigkeit verneint, wenn der Vormerkungsberechtigte lediglich einen Anspruch auf Abschluss des Vertrags habe, da der Schuldner keine Verträge mehr mit Wirkung für die Masse schließen könne. 430 Ebenso Muthorst, ZIP 2009, 1794 (1796 f.); kritisch Eichel, Künftige Forderungen, S. 186 f. 431 Vgl. Jaeger/Jacoby, InsO, § 106 Rn. 20: „stets entsteht die Forderung als Insolvenzforderung […], so dass die Anwendung von § 106 geboten ist.“
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§ 5 Fallgruppen
tisch zu richtigen Ergebnissen kommen, als angesichts der im BGB aufgestellten hohen Anforderungen an den „gesicherten Rechtsboden“ für die Eintragung einer Vormerkung die Anforderungen an die „Begründetheit“ im Sinne des § 38 InsO regelmäßig erfüllt sein dürften.
V. Ergebnis Macht der nachmalige Insolvenzschuldner dem Gläubiger ein Angebot, so kann dieses nach Verfahrenseröffnung noch mit Wirkung gegen die Masse angenommen werden, wenn der Schuldner mit dem Antrag schon das seinerseits Erforderliche zur Anspruchsentstehung beigetragen hat. Die sodann nach Verfahrenseröffnung entstehende Forderung war aufgrund des Angebots bereits vor Verfahrenseröffnung begründet im Sinne des § 38 InsO. Bezieht sie sich auf einen gegenseitigen Vertrag, so steht dem Insolvenzverwalter das Wahlrecht nach § 103 InsO zu. Der durch das Angebot vor Verfahrenseröffnung in Aussicht gestellte Anspruch ist vormerkungsfähig gemäß § 883 Abs. 1 Satz 2 BGB. Da der infolge der Annahme nach Verfahrenseröffnung erwachsende Anspruch sich gegen die Masse richtet (§ 38 InsO), muss der Insolvenzverwalter ihn gemäß § 106 InsO auch aus der Masse befriedigen.
§ 6 Vergleich: Künftige Aufrechnungslagen in der Insolvenz Kernstück dieser Untersuchung ist die Insolvenzfestigkeit einer bürgerlich-rechtlichen dinglichen Sicherheit für eine erst in der Krise oder im eröffneten Insolvenzverfahren entstehende Forderung. Die Möglichkeit der Aufrechnung gehört freilich nicht zu diesen klassischen Sicherungsrechten. Dennoch weisen beide Institute Gemeinsamkeiten auf. Denn die Aufrechnung erlaubt dem Gläubiger, sich aus der gegen ihn gerichteten Forderung zu befriedigen. Damit wird seine Forderung durch den massezugehörigen Anspruch gesichert. Dementsprechend wird die Möglichkeit der Aufrechnung verbreitet mit der Absonderungsberechtigung verglichen.432 Die Aufrechnung ermöglicht bei bestehender Aufrechnungslage nach diesem Verständnis ein Recht auf abgesonderte Befriedigung aus der eigenen Schuld. Hat der Insolvenzschuldner einen Anspruch gegen einen Gläubiger und dieser seinerseits eine den Schuldner treffende Forderung, so liegt damit eine der Forderungsbesicherung vergleichbare Situation vor. Angesichts dieser Vergleichbarkeit zwischen vollwertig bestehender Aufrechnungslage und Forderungsbesicherung drängt sich die Frage auf, ob sich dieser Vergleich auch auf Sicherheiten für künftig entstehende Forderungen und künftige Aufrechnungslagen – in denen der Gläubiger bloß eine bereits angelegte, aber erst künftig entstehende Forderung gegen den Schuldner besitzt – übertragen lasst. Denn mit einer erst künftig entstehenden Forderung kann der Gläubiger die Aufrechnung noch nicht erklären. Die Aufrechnung ist erst bei vollwertiger Aufrechnungslage zulässig, die gemäß § 387 BGB erfordert, dass der Gläubiger seine Leistung bereits fordern kann, seine Forderung also fällig ist.433 Jedoch kann auch der Inhaber eines Sicherungsrechts auf den sichernden Gegenstand nicht zugreifen, solange die gesicherte Forderung noch nicht entstanden ist. Die Insolvenzordnung macht von dem Erfordernis einer bestehenden Aufrechnungslage mit erfüllbarer Haupt- und fälliger Gegenforderung keine Ausnahme,434 gestattet 432 Eichel, Künftige Forderungen, S. 82, Ganter, FS Kirchhof, S. 105 (106); MünchKomm/Brandes/Lohmann, InsO, § 94 Rn. 16; kritisch Jaeger/Windel, InsO, § 94 Rn. 6. 433 MünchKomm/Schlüter, BGB, § 387 Rn. 36. 434 HambKomm/Jacoby, InsO, § 95 Rn. 2; anders war dies früher unter Geltung der KO, wonach gemäß § 54 KO die Aufrechnung gerade nicht dadurch ausge-
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§ 6 Vergleich: Künftige Aufrechnungslagen in der Insolvenz
allerdings in § 95 InsO auch demjenigen Gläubiger die Aufrechnung, der eine Forderung besitzt, die erst während des eröffneten Verfahrens fällig wird oder unbedingt entsteht.435 In diesem Zusammenhang ist zu untersuchen, inwieweit für die Aufrechenbarkeit mit einer erst nach Verfahrenseröffnung entstehenden Forderung des Gläubigers – in der Terminologie des Aufrechnungsrechts die „Gegenforderung“ – vergleichbare Voraussetzungen gelten wie für die Insolvenzfestigkeit der Sicherheit für eine künftige Forderung. Es ist also zu klären, ob die künftige Gegenforderung eines Gläubigers (nur) „begründet“ im Sinne des § 38 InsO sein muss oder ob im Bereich der Insolvenzaufrechnung andere Anforderungen an eine künftig entstehende, durch den Massegegenstand „Hauptforderung“ gesicherte Gegenforderung zu stellen sind.
A. Wirkungsweise der Insolvenzaufrechnung Gemäß § 94 InsO wird das Recht eines Insolvenzgläubigers zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kraft Gesetzes oder aufgrund einer Vereinbarung aufzurechnen, durch das Verfahren nicht berührt. Die Vorschrift ordnet damit den Schutz einer bereits vollwertig bestehenden Aufrechnungslage an. Der Gläubiger braucht also seine Forderung nicht zur Tabelle anzumelden, um die Aussicht auf eine quotale Befriedigung zu erhalten, sondern er kann sich durch die Aufrechnungsmöglichkeit (als bürgerlichrechtliches Erfüllungssurrogat) befriedigen.436 Dabei betreffen die Anordnungen ausweislich des Wortlauts von § 94 InsO nur einen „Insolvenzgläubiger“. Der ohnehin nicht den besonderen Beschränkungen unterfallende und vorweg zu befriedigende Massegläubiger ist nicht Adressat der §§ 94 ff. InsO und unterliegt damit nicht deren Beschränkungen.437 § 94 InsO trifft nur eine Aussage über die im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung bereits wirksam bestehende Aufrechnungslage. Dies setzt gemäß § 387 BGB voraus, dass zwei Personen einander gleichartige Leistungen schulden, die Hauptforderung erfüllbar und die Gegenforderung fällig ist. Besteht dieses Verhältnis schon vor Verfahrenseröffnung, bleibt dem Insolschlossen war, dass zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens die aufzurechnenden Forderungen oder eine von ihnen noch betagt oder noch bedingt oder die Forderung des Gläubigers nicht auf einen Geldbetrag gerichtet war. 435 Vgl. Uhlenbruck/Sinz, InsO, § 95 Rn. 1. 436 Damit ist § 94 InsO für § 87 InsO relevant, der anordnet, dass die Insolvenzgläubiger ihre Forderungen nur nach den Vorschriften der Insolvenzordnung verfolgen dürfen. 437 Vgl. nur MünchKomm/Brandes/Lohmann, InsO, § 94 Rn. 11.
B. Künftige Aufrechnungslage145
venzgläubiger die Aufrechnungsmöglichkeit auch während des eröffneten Verfahrens unbenommen. Grenzen dieses Aufrechnungsschutzes finden sich in § 96 InsO. Unzulässig ist die Aufrechnung dann, wenn eine Aufrechnungslage erst nach Verfahrenseröffnung begründet wird, weil erst dann die Hauptforderung entsteht (§ 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO) oder der Gläubiger nach Verfahrenseröffnung erst eine Insolvenzforderung von einem anderen Gläubiger erwirbt (§ 96 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Dieses Ergebnis lässt sich schon aus § 94 InsO selbst herleiten, denn in den in § 96 Abs. 1 Nr. 1 und 2 InsO genannten Fällen bestand eben gerade vor Verfahrenseröffnung noch keine Aufrechnungslage.438 Ist die Herstellung der Aufrechnungslage anfechtbar (§ 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO)439 oder handelt es sich bei der Gläubigerforderung um eine Neuforderung gegen das freie Vermögen des Schuldners (§ 96 Abs. 1 Nr. 4 InsO), ist die Aufrechnung ebenfalls ausgeschlossen. § 94 InsO legt damit positiv fest, dass eine Aufrechnungslage grundsätzlich auch in der Insolvenz durchgesetzt werden kann, § 96 InsO zeigt die Grenzen dieses Schutzes auf.
B. Künftige Aufrechnungslage Ist die Aufrechnungslage (§ 387 BGB) zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung noch nicht vollwertig entstanden, kann der Gläubiger grundsätzlich nicht aufrechnen, auch wenn die Aufrechnungslage später hergestellt wird. § 95 InsO regelt den Fall, wann die Aufrechnung bei einer erst im Verfahren entstehenden Aufrechnungslage ausnahmsweise zulässig ist. Sind die aufzurechnenden Forderungen oder eine von ihnen noch aufschiebend bedingt, noch nicht fällig oder noch nicht auf eine gleichartige Leistung gerichtet, kann die Aufrechnung erfolgen, wenn die Voraussetzungen für eine vollwertige Aufrechnungslage eingetreten sind. § 95 InsO bringt damit eine Erweiterung der durch § 94 InsO geschützten Aufrechnungsmöglichkeit mit sich.440 Dieser von § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO geregelte Fall ist hier von besonderem Interesse, da ausweislich der Vorschrift auch die Aufrechnung mit einer Forderung zulässig ist, die im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung noch künftig war.
438 Siehe auch Jaeger/Windel, InsO, § 96 Rn. 1: „überflüssige Doppelregelung“; Gerhardt, Aktuelle Probleme des neuen Insolvenzrechts, S. 127 (144 f.). 439 Siehe hierzu oben § 3 D. II. 2. 440 HambKomm/Jacoby, InsO, § 95 Rn. 1.
146
§ 6 Vergleich: Künftige Aufrechnungslagen in der Insolvenz
I. Bedingungsbegriff im Sinne des § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO erlaubt die Aufrechnung bei einer erst im Insolvenzverfahren eintretenden Aufrechnungslage dann, wenn die aufzurechnenden Forderungen oder eine von ihnen zur Zeit der Verfahrenseröffnung „aufschiebend bedingt“ waren.441 Von dieser Vorschrift wird nach herrschender – wenn auch verbreitet kritisierter – Auffassung das Vertrauen des Gläubigers in eine werdende Aufrechnungslage geschützt.442 Aufschiebend bedingt kann nach dem Wortlaut der Norm sowohl die massezugehörige Hauptforderung, als auch die – hier interessierende, da durch die Hauptforderung der Masse gesicherte – Gegenforderung des Insolvenzgläubigers sein. Welche Anforderungen im Detail an eine im Sinne des § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO bedingte Forderung gestellt werden, ist indessen unklar. 1. Rechtsbedingte Forderung Von § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO werden einhellig zunächst die rechtsgeschäftlichen Bedingungen im Sinne von § 158 BGB als erfasst angesehen. Darüber hinaus wird diese Vorschrift wie ihre Vorgängerregelung § 55 KO dahingehend verstanden, dass auch sogenannte rechtsbedingte Forderungen geschützt werden sollen.443 Nach herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum erfordert die Anerkennung der Rechtsbedingung im Rahmen des § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO, dass das Entstehen der jeweiligen Forderung bereits im Kern gesichert ist und ohne weiteres Zutun der Parteien „automatisch“ entsteht.444 Dabei kann rechtsbedingt sowohl die Haupt- als auch die Gegenforderung sein. 441 Freilich ist immer zu beachten, dass § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO eine Aufrechnung dann sperrt, wenn die Hauptforderung unbedingt und fällig wird, bevor der Gläubiger seinerseits seine Leistung verlangen darf. 442 MünchKomm/Brandes/Lohmann, InsO, § 95 Rn. 2, kritisch aber in Rn. 9; BGHZ 160, 1 (5). Die Gegenauffassung betont indessen, dass es bei dem insolvenz rechtlichen Schutz (auch erst im Entstehen begriffener) Aufrechnungslagen um die Anerkennung einer objektiv vorhandenen Rechtsposition gehe, siehe Eichel, Künf tige Forderungen, S. 90 ff.; Jaeger/Windel, InsO, § 95 Rn. 3. 443 Ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. nur BGHZ 160, 1; HK/Kayser, InsO, § 95 Rn. 15; MünchKomm/Brandes/Lohmann, InsO, § 95 Rn. 10; dagegen Jaeger/ Windel, InsO, § 95 Rn. 14. 444 Vgl. nur BGHZ 160, 1 ff.
B. Künftige Aufrechnungslage147
2. BGHZ 160, 1 Mit seiner Entscheidung vom 29.06.2004 hat der BGH das grundlegende Urteil zum Verständnis der Rechtsbedingung im Rahmen des § 95 InsO in Bezug auf die massezugehörige Hauptforderung gefällt. Dem lag folgender – vereinfachter – Sachverhalt zugrunde: Der beklagten Genossenschaft standen aus der Zeit vor Verfahrenseröffnung fällige Forderungen aus Warenlieferungen in Höhe von 100.000 DM gegen die Insolvenzschuldnerin zu, die ihrerseits Genossin der Beklagten war. Der Insolvenzverwalter kündigte nach Verfahrenseröffnung die Mitgliedschaft der Insolvenzschuldnerin bei der beklagten Gläubigerin. Zugunsten der Schuldnerin wurde ein Guthaben in Höhe von 15.000 DM festgestellt. Die Beklagte meldete ihre Forderung, vermindert um den Guthabenbetrag der Schuldnerin zur Tabelle an. Der Kläger begehrte Auszahlung des Guthabens, die Beklagte berief sich auf die Aufrechnung der gegenseitigen Forderungen. Der BGH hielt die vorgenommene Aufrechnung für zulässig. In der Begründung überträgt er seine Rechtsprechung zu § 54 KO und der Anerkennung rechtsbedingter Forderungen auf § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO. Danach könne nach Eintritt der Aufrechnungslage nicht nur aufgerechnet werden, wenn die aufzurechnenden Forderungen oder eine von ihnen zunächst bedingt oder betagt gewesen seien, sondern auch in denjenigen Fällen, in denen eine rechtliche Voraussetzung für das Entstehen der einen oder anderen Forderung fehle. Die Aufrechnungsbefugnis werde aber nur dann ausgedehnt, wenn „lediglich ein Element der rechtlichen Voraussetzungen des Anspruchs“ noch nicht erfüllt sei.445 Denn es solle nur der Gläubiger geschützt werden, dessen Forderung bereits im „rechtlichen Kern“ gesichert sei und fällig werde, ohne dass es einer „weiteren Rechtshandlung des Anspruchsinhabers“ bedürfe.446 Diese Voraussetzung sei bei dem Anspruch eines Gesellschafters auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens erfüllt. Als essentiell für die Aufrechnungsmöglichkeit sieht der BGH es aber an, dass der vom klagenden Insolvenzverwalter geltend gemachte Anspruch (also hier die Hauptforderung der Schuldnerin auf Auszahlung des Gut habens) „ohne Zutun der Parteien – gleichsam automatisch – entsteht“.447 Einem solchen automatischen Forderungsentstehen entspreche die Kündigung seitens des Insolvenzverwalters zwar nicht. Jedoch habe die Mitglied445 Ständige Rechtsprechung, vgl. BGH ZIP 2013, 1180 Rn. 11; ZIP 2007, 1612 Rn. 20; ZIP 2007, 239 Rn. 12. 446 BGHZ 160, 1 (4). 447 BGHZ 160, 1 (6).
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schaft mit der Auflösung der Schuldnerin infolge des Insolvenzverfahrens geendet, wodurch auch die Guthabenforderung automatisch – also ohne weiteres Zutun der Parteien – entstanden sei. Daher könne die beklagte Genossenschaft gemäß § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO gegen die Guthabenforderung der Insolvenzschuldnerin aufrechnen.
II. Geltung für Gegenforderung? Mit dieser Entscheidung konkretisiert der BGH zwar die an die Bedingung im Sinne des § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO zu stellenden Anforderungen. Es fehlt aber an einer Differenzierung zwischen Hauptforderung der Masse und Gegenforderung des aufrechnenden Gläubigers. So ist zweifelhaft, ob und mit welcher Begründung die aufgestellten Kriterien „automatisches Entstehen“ und „keine weitere Rechtshandlung“ auch für die Gegenforderung des aufrechnenden Gläubigers Geltung beanspruchen können. Zunächst stellt der BGH in seiner Entscheidung fest, dass von § 54 KO (§ 95 Abs. 1 Satz 1 InsO) derjenige Gläubiger geschützt werde, dessen Forderung schon in ihrem „rechtlichen Kern“ gesichert sei und fällig werde, ohne dass es einer weiteren Mitwirkungshandlung448 des Anspruchsinhabers bedürfe. Mit der Bezugnahme auf „Gläubiger“ und „dessen Forderung“ scheint es, als stelle der BGH Anforderungen für die Gegenforderung des Insolvenzgläubigers auf. In den Entscheidungsgründen wird aber sodann ausgeführt, dass der Anspruch eines Gesellschafters auf das Auseinandersetzungsguthaben – das ist hier aber die massezugehörige Hauptforderung – von § 54 KO geschützt werde und dem Anspruchsinhaber – im konkreten Fall ist dies aber die Insolvenzschuldnerin – eine gesicherte Rechtsposition verschaffe, die ohne weiteres Zutun des Gesellschafters zu einem vollwertigen Anspruch erstarke.449 Warum aber eine gesicherte Rechtsposition des Aufrechnungsgegners (Insolvenzschuldner) für die Schutzwürdigkeit des Aufrechnenden von Belang sein soll, bleibt unklar. Vielmehr lässt sich die Entscheidung dahingehend verstehen, dass das Erfordernis des Entstehens ohne Mitwirkung der Parteien, also gleichsam automatisch, auch für die Gegenforderung gelten soll, damit diese vom Anwendungsbereich des § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO erfasst wird. Ähnlich wie in der Begründung dieses Urteils wird im Schrifttum für die Anerkennung der Aufrechnungsbefugnis bei einer künftigen Aufrechnungs448 Siehe aber auch BGH ZIP 2007, 383 Rn. 17 zur Forderungsverrechnung. Im Streitfall sind die verrechneten Hauptforderungen auch erst dadurch entstanden, dass die Gläubigerin Leistungen bei der Schuldnerin abgerufen hat. 449 BGHZ 160, 1 (4).
B. Künftige Aufrechnungslage149
lage verlangt, dass die Parteien keinen Einfluss mehr auf das Entstehen der bedingten Forderung haben.450 Dabei wird ebenfalls nicht zwischen Hauptforderung der Masse und Gegenforderung des aufrechnenden Gläubigers differenziert. Folglich bedeutete dies aber, dass auch die Forderung des aufrechnenden Insolvenzgläubigers (die Gegenforderung) automatisch entstehen müsste, und zwar dergestalt, dass auch der Gläubiger selbst nichts mehr dazu beitragen dürfte. So vertreten auch Wittkowski / Kruth, dass die geforderte gesicherte Rechtsposition bezüglich der Gegenforderung des Gläubigers nicht gegeben sei, wenn die Entstehung des Anspruchs noch von einer Rechtshandlung des Anspruchsinhabers nach Eröffnung abhänge.451
III. Kritische Stellungnahme Ein solches Verständnis der bedingten Forderung kann jedenfalls in Bezug auf die Gegenforderung des Insolvenzgläubigers unter Geltung der Insolvenzordnung nicht überzeugen. Zum einen fehlt es schon in der höchstrichterliche Rechtsprechung an überzeugenden und eindeutigen Maßgaben zu Mitwirkungshandlungen in Bezug auf die Gegenforderung des Gläubigers (dazu 1.). Zum anderen gebieten Sinn und Zweck des § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO (dazu 2.) sowie die Gesetzessystematik (dazu 3.) eine derart einschränkende Auslegung dahingehend, dass die Gegenforderung des Gläubigers ohne weitere Mitwirkungshandlung des Anspruchsinhabers entstehen müsse, gerade nicht. 1. Mitwirkungshandlung des Gläubigers in der Rechtsprechung Die höchstrichterliche Rechtsprechung des BGH vermag bislang nicht zufriedenstellend zu beantworten, inwiefern Mitwirkungshandlungen der Parteien einer Aufrechnung entgegenstehen. a) Hauptforderung der Masse Beachtenswert ist zunächst, dass es an einem eindeutigen Judikat gerade zur – hier interessierenden – Gegenforderung des aufrechnenden Gläubigers fehlt. So betrifft das Leiturteil BGHZ 160, 1 die Hauptforderung und eine Mitwirkungshandlung des Insolvenzverwalters. Soweit ersichtlich wurde unter Geltung der InsO noch nicht entschieden, dass für die Anerkennung 450 HK/Kayser,
InsO, § 95 Rn. 15.
451 Nerlich/Römermann/Wittkowski/Kruth,
InsO, 24. EL 8/2012, § 95 Rn. 4a.
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§ 6 Vergleich: Künftige Aufrechnungslagen in der Insolvenz
einer Aufrechnungslage im Verfahren bei erst künftig entstehender Gegenforderung gerade der Gläubiger nichts mehr zur Forderungsentstehung beitragen dürfe. Zwar findet sich in der Rechtsprechung ohne ausdrückliche Differenzierung zwischen Haupt- und Gegenforderung der Passus, dass nur derjenige Gläubiger geschützt werde, dessen Forderung in ihrem rechtlichen Kern aufgrund gesetzlicher Bestimmungen oder vertraglicher Vereinbarung bereits gesichert sei und fällig werde, ohne dass es einer weiteren Rechtshandlung des Anspruchsinhabers bedürfe. Indessen betreffen die einschlägigen Urteile gerade nicht die Gegenforderung.452 Auch in einem neueren Urteil zur Aufrechnung des Unternehmers mit vorinsolvenzlichen Forderungen gegen den Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers nach insolvenzbedingter Kündigung hat der BGH ebenfalls entschieden, dass § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO nicht jene Fälle erfasse, in denen es zur Forderungsentstehung noch einer weiteren Rechtshandlung bedürfe.453 Hier ging es aber ebenfalls um die Hauptforderung des Insolvenzschuldners. Konsequenterweise findet sich in diesem Urteil sodann auch nicht die Wendung, dass nur der Gläubiger geschützt werde, dessen Forderung schon im Kern gesichert sei und ohne weiteres Zutun des Anspruchsinhabers entstehe. Jedoch ist auch hier der Bezug wiederum unklar, da im konkreten Fall der Ausgleichsanspruch des Insolvenzschuldners zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung noch nicht entstanden war, sondern von der Kündigung durch den Unternehmer abhing. Der BGH leitet seine Ausführungen zu § 95 InsO aber damit ein, dass nach dieser Vorschrift ein Insolvenzgläubiger auch mit einer im Zeitpunkt der Eröffnung aufschiebend bedingten oder noch nicht fälligen Forderung aufrechnen könne, sobald die Aufrechnungsvoraussetzungen eingetreten seien.454 Damit kann freilich wiederum nur die Gegenforderung gemeint sein. b) Auslegung des § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO in anderen Fällen Der BGH wendet die zu § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO aufgestellten Kriterien auch im Rahmen des § 91 InsO an. Freilich wird die Zulässigkeit einer Mitwirkungshandlung auch hier nicht eindeutig beantwortet. So nahm der BGH unter Rekurs auf seine Rechtsprechung zum Bedingungsbegriff des § 95 InsO in einer Entscheidung aus dem Jahre 2009 an, dass der Erwerb 452 Vgl. BGH ZIP 2007, 239: § 95 „erfasst alle Fälle, in denen nur eine vertragliche Bedingung oder gesetzliche Voraussetzung für das Entstehen der einen oder der anderen Forderung fehlt“; ZIP 2007, 383; ZIP 2007, 1612. 453 BGH ZIP 2013, 1180. 454 BGH ZIP, 2013, 1180 Rn. 11.
B. Künftige Aufrechnungslage151
eines Pfandrechts an einer künftigen Forderung an § 91 InsO scheitere, weil die verpfändete Forderung erst durch eine weitere Rechtshandlung des Gläubigers entstanden sei.455 Andererseits hat der BGH – ebenfalls unter Berücksichtigung seiner Auslegung des § 95 InsO – in einem älteren Fall entschieden, dass der Erwerb von Lizenzen nicht an § 91 InsO scheitere, selbst wenn der Gläubiger dazu noch eine rechtsgeschäftliche Gestaltungserklärung (Rücktritt) abgeben müsse.456 c) Gegenforderung Mit dem künftigen Erwerb einer Gegenforderung des aufrechnenden Gläubigers befasste sich der BGH in einer älteren Entscheidung zur Konkursordnung. Danach soll es für die Aufrechnungsmöglichkeit des Bürgen unerheblich sein, dass er die Regressforderung gegen den Konkursschuldner erst infolge der Gläubigerbefriedigung nach Verfahrenseröffnung erwerbe.457 Denn die Forderung des Hauptgläubigers stehe dem Bürgen schon mit der Übernahme der Bürgschaft vor Verfahrenseröffnung aufschiebend bedingt zu. Für den Forderungserwerb sei lediglich die Befriedigung des Hauptgläubigers durch den Bürgen erforderlich. Nicht ausreichend sei es aber nach Ansicht des BGH, wenn die Forderung erst infolge eines Rechtsgeschäfts zwischen Zessionar und Zedenten nach Verfahrenseröffnung übergehe. Auch die Ausführungen des BGH in diesem Urteil zur Aufrechnungsmöglichkeit des Bürgen mit seiner nach Verfahrenseröffnung erworbenen Forderung beanspruchen für die Frage der zulässigen Mitwirkungshandlung auf Gläubigerseite keine allgemeingültige Geltung. Denn das Urteil betrifft nicht die grundlegende Frage, welche Anforderungen an eine künftig entstehende Gegenforderung zu stellen sind, sondern befasst sich mit der Sonderkonstellation des Forderungserwerbs im Wege der Zession nach Verfahrenseröffnung. Danach ist unter Geltung der InsO § 96 Abs. 1 Nr. 2 InsO einschlägig (damals § 55 Nr. 2 KO), der gerade das Entstehen einer Aufrechnungslage nach Verfahrenseröffnung durch den Erwerb von Forderungen anderer Gläubiger verhindern will. Da es im konkreten Fall um die legalzedierte Forderung des Hauptgläubigers ging, musste der BGH entscheiden, ob die Vorschrift mit dem angeordneten Aufrechnungsausschluss dann nicht gelten soll, wenn die in Rede stehende Forderung dem nunmehr aufrechnenden Erwerber auch im Verhältnis zum Schuldner bereits vorher „bedingt“ gebührt hatte.458 455 BGH
ZIP 2009, 380 Rn. 32 ff. ZIP 2006, 87 Rn. 17 ff. unter Rekurs auf BGH ZIP 2003, 1208 (2010). 457 BGH ZIP 1990, 53 (55). 458 Siehe dazu schon oben § 2 C. IV. 2. c). und § 3 D. III. 2. c). 456 BGH
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§ 6 Vergleich: Künftige Aufrechnungslagen in der Insolvenz
Inhaltlich geht es hier also nicht um die an einen künftig entstehenden Anspruch zu stellenden Anforderungen, sondern um die Reichweite des § 96 Abs. 1 Nr. 2 InsO, der den kritischen Gläubigeraustausch bei schon bestehenden Forderungen nach Verfahrenseröffnung zu verhindern sucht. Dieser Fallgestaltung liegen andere Wertungen zugrunde. So ist für die Aufrechnungsmöglichkeit eines Bürgen mit einer erst nach Verfahrenseröffnung entstehenden Forderung vornehmlich der Umstand maßgeblich, dass er bereits vor Verfahrenseröffnung regelmäßig vom Schuldner Freistellung verlangen kann und sich diese Position in dem späteren Regressanspruch fortsetzt.459 Letztlich eignet sich diese Entscheidung des BGH zum aufrechnenden Bürgen aber auch schon deswegen nicht zur genaueren Konkretisierung der möglichen Mitwirkungshandlung des Gläubigers, da in diesem Fall der Bürge durch seine Befriedigungsleistung gerade am Erwerb seiner Forderung mitwirkt. Der BGH hielt zwar auch in dieser Entscheidung die Annahme einer von § 54 KO geschützten Rechtsbedingung nur dann für möglich, wenn keine rechtsgeschäftliche Mitwirkung des Gläubigers zur Forderungsentstehung notwendig ist. Die Tilgungsleistung des Bürgen selbst bewertete er aber dennoch als unschädlich. 2. Vertrauensschutz? Ferner erscheint die Einschränkung, dass selbst der Anspruchsinhaber zum Entstehen seines Anspruchs nichts beitragen darf, im Hinblick auf das Postulat des Vertrauensschutzes wenig überzeugend. Mit der Annahme, § 95 InsO liege der Gedanke zugrunde, dass derjenige Gläubiger geschützt werden müsse, der auf den Eintritt einer Aufrechnungslage vertrauen dürfe,460 erscheint es nicht vereinbar, Mitwirkungsakte gerade des Gläubigers, die das Entstehen seiner eigenen Forderung bewirken, im Rahmen des § 95 InsO für schädlich zu erachten. So findet sich verbreitet auch die Wendung, dass der Vertrauensschutz dann eingreife, wenn der Schuldner das Entstehen der Aufrechnungslage nicht mehr verhindern könne.461 Ein Verständnis aber dahingehend, dass 459 Denn dieser Freistellungsanspruch wandelt sich durch die Gläubigerbefriedigung in einen Regressanspruch, was wiederum den Übergang der den Bürgenregress „verstärkenden“ Hauptforderung rechtfertigt, vgl. dazu oben § 5 B. 460 Dies ist freilich umstritten, entschieden dagegen: Eichel, Künftige Forderungen, S. 90 ff.; siehe ferner Fn. 442. 461 Häsemeyer, Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 15 Rn. 15; Kübler/ Prütting/Bork/Lüke, InsO, 61. EL 11/2014, § 95 Rn. 2, der aber selbst kritisch ist, siehe Rn. 17.
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der Gläubiger an der eigenen Forderungsentstehung nicht mitwirken dürfe, kann jedenfalls für die Gegenforderung nur schwerlich überzeugen. Wenn der BGH vertritt, dass nur derjenige Gläubiger durch die Erweiterung der Aufrechnungsmöglichkeit geschützt werde, dessen Forderung im Kern bereits gesichert sei, muss es für eine Aufrechnung über § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO unschädlich sein, wenn der Gläubiger selbst zur Forderungsentstehung noch einen Beitrag leistet, solange die nach Verfahrenseröffnung vollwirksam entstehende Forderung nicht den Charakter einer Neuforderung erhält. Letzteres aber verbietet lediglich eine Mitwirkungshandlung des Schuldners.462 3. Systematik Auch aus der gesetzlichen Systematik der insolvenzrechtlichen Aufrechnungsvorschriften ergibt sich keine Einschränkung dahingehend, dass dem Gläubiger eine Mitwirkungshandlung verwehrt sein müsse. Aussagen über die Beschaffenheit künftiger Forderungen im Anwendungsbereich der Insolvenzaufrechnung treffen § 96 Abs. 1 Nrn. 1 und 4 InsO. Nr. 1 dieser Vorschrift betrifft die massezugehörige, gegen den aufrechnenden Gläubiger gerichtete Hauptforderung. In diesem Verhältnis besteht ein Normkonflikt, den die Rechtsprechung mit den von ihr aufgestellten Einschränkungen zur Berücksichtigung rechtsbedingter Forderungen im Rahmen des § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO aufzulösen sucht. Denn einerseits wird durch die Anordnung des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO eine Aufrechnung mit einer Insolvenzforderung gegen eine erst nach Verfahrenseröffnung als Masseforderung entstehende Forderung ausgeschlossen. Andererseits ordnet § 95 InsO aber an, dass eine Aufrechnung gegen eine erst künftig entstehende Forderung möglich sein kann. In diesem Verhältnis ist der Vorrang letzterer Vorschrift anerkannt, wenn die jeweilige Forderung ihrem „Kern“ nach bereits vor Verfahrenseröffnung entstanden war.463 § 96 Abs. 1 Nr. 4 InsO indessen betrifft die hier interessierende Gegenforderung des Gläubigers. Danach kann ein Gläubiger des Insolvenzschuldners dann nicht gegen eine Forderung der Masse aufrechnen, wenn seine Forderung gegen das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners gerichtet ist. Freilich ist der Aufrechnende dann auch kein Insolvenzgläubiger gemäß §§ 38, 94 InsO. Hier besteht allerdings der oben dargestellte Normkonflikt zu § 95 InsO nicht, sodass eine Anwendung der soeben vorgestellten Kri462 Siehe
oben § 4 C. III. 2. der Gläubiger beim Entstehen der Hauptforderung nicht mitwirken darf, ist auch hier im Hinblick auf die uneinheitliche Auslegung zweifelhaft, soll aber nicht Gegenstand der Untersuchung sein. 463 Inwieweit
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§ 6 Vergleich: Künftige Aufrechnungslagen in der Insolvenz
terien („automatisches“ Forderungsentstehen ohne Zutun der Parteien) nicht zwingend angemessen erscheint. Zur Frage des Parteieinflusses steht fest, dass jedenfalls ein Mitwirkungsbeitrag des Schuldners unzulässig sein muss, denn dieser führt nur zur Entstehung einer sogenannten Neuforderung464 und der Aufrechnende wäre nicht – wie gefordert – Insolvenzgläubiger. Aus dem systematischen Zusammenhang der insolvenzrechtlichen Vorschriften zur Aufrechnung ergibt sich im Hinblick auf die Gegenforderung aber nur, dass der Schuldner am Entstehen der Gläubigerforderung nicht mitwirken darf, wenn die nach Verfahrenseröffnung entstehende Aufrechnungslage geschützt werden soll. Für den Gläubigereinfluss ergibt sich aber gerade keine Einschränkung. Vielmehr ist den §§ 94 ff. InsO gerade zu entnehmen, dass ein „Insolvenz gläubiger“ aufrechnen kann. Wirkt der Gläubiger aber noch an der Forderungsentstehung mit, verhindert dies grundsätzlich nicht das Entstehen einer bereits bei Verfahrenseröffnung „begründeten“ Insolvenzforderung. Unterstellte man nunmehr, dass eine dergestalt unter Mitwirkung des Gläubigers entstandene Insolvenzforderung nicht aufrechenbar sei, müsste man die Fallgruppe nicht aufrechenbarer Insolvenzforderung anerkennen. Indessen sieht die InsO für genau diesen Fall eine Anordnung vor. Ausweislich des § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO kann ein Insolvenzgläubiger dann nicht mit seiner Forderung aufrechnen, wenn die Hauptforderung der Masse unbedingt und fällig geworden ist, bevor die Aufrechnungslage vollwertig entsteht. Hiermit stellt das Gesetz eine Grenze auf, wann mit einer Insolvenzforderung, die bei Verfahrenseröffnung noch nicht fällig und durchsetzbar war, nicht mehr aufgerechnet werden kann. Für eine darüber hinausgehende Einschränkung der Aufrechenbarkeit mit einer Insolvenzforderung unter dem Aspekt einer unzulässigen Mitwirkungshandlung des Gläubigers besteht in den durch die Insolvenzordnung festgelegten engen Grenzen zur Aufrechnungsmöglichkeit kein Bedürfnis. Schließlich spricht auch der Vergleich mit dem sonstigen Verständnis einer bedingten Forderung dagegen, für die künftige Gegenforderung weitere Schranken aufzustellen. Denn § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO stellt eine Parallelregelung zu §§ 41, 191 InsO dar.465 Eine von § 191 InsO abweichende Auslegung des Bedingungsbegriffs dahingehend, dass der Eintritt der Bedingung ohne Mitwirkung des Gläubigers erfolgen müsse, vermag nicht zu überzeugen.
464 Siehe
dazu oben § 4 C. III. 2. InsO, § 95 Rn. 6.
465 HambKomm/Jacoby,
B. Künftige Aufrechnungslage155
4. Folgerungen zum Bedingungsbegriff Dieser Befund wirft die Frage auf, was vom geltenden Verständnis der Bedingung im Sinne des § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO und der bereits im Kern gesicherten Forderung übrig bleibt, wenn man davon ausgeht, dass zumindest für die Gegenforderung des Gläubiger dessen eigene Mitwirkungshandlung unschädlich sein muss. Im Ergebnis unterscheidet sich der so verstandene Bedingungsbegriff nicht vom hier entwickelten Verständnis einer begründeten Insolvenzforderung. Entscheidend ist nach alledem, dass die Forderung des Gläubigers (Gegenforderung) dergestalt vor Verfahrenseröffnung angelegt war, dass der Schuldner nichts mehr zu ihrer Entstehung beitragen muss. Dann aber liegt eine vor Verfahrenseröffnung begründete Insolvenzforderung vor, die zur Aufrechnung berechtigt. Worauf genau die „Bedingtheit“ der Forderung beruht, ist unerheblich. Insbesondere ist eine weitere Mitwirkungshandlung des Gläubigers unschädlich. Damit gelten für § 95 InsO die gleichen Anforderungen wie im Rahmen des § 38 InsO und bei der Bestellung von Sicherheiten für künftig entstehende Forderungen. Die gesicherte Forderung des Gläubigers muss (lediglich) begründet sein, um ihm die gesicherte Rechtsposition für eine Aufrechnung zu verschaffen.466 Eichel merkt zu diesem Verständnis indes an, dass ein Abstellen allein auf das Vorliegen einer Insolvenzforderung gemäß § 38 InsO zur Bestimmung der an eine künftige Gegenforderung zu stellenden Anforderungen nicht hinreichend sei, da die später entstehende Forderung auch eine Masseforderung werden könnte, die dann aber aus dem Anwendungsbereich der §§ 94 ff. InsO herausfalle.467 Dem ist insofern zuzustimmen, als Massegläubiger nicht Adressaten der §§ 94 ff. InsO sind, somit nicht den Beschränkungen unterfallen, sondern vielmehr sogar erst recht aufrechnen können. Dennoch ist dieser Einwand nicht stichhaltig. Allein der Umstand, dass eine vor Verfahrenseröffnung nur „begründete“ Forderung nachher zur Masseforderung aufgewertet werden kann,468 spricht nicht gegen die Anwendung dieses Merkmals auf die künftige Gegenforderung. Denn mit dem Begründetheitsmerkmal sind nur die an die Konkretisiertheit der künftigen Forderung zu stellenden Mindestanforderungen definiert. Dass der Aufrechnende im Sinne der §§ 94 ff. InsO letztlich auch tatsächlich Insolvenzgläubiger sein muss, 466 Ebenso im Ergebnis HambKomm/Jacoby, InsO, § 95 Rn. 6 ff.; a. A. Häse meyer, Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Kap. 15 Rn. 30. 467 Eichel, Künftige Forderungen, S. 90, 99 f. 468 Eichel, Künftige Forderungen, S. 63 f., stellt selbst fest, dass auch Masseforderungen schon vor Insolvenzeröffnung begründet gewesen sein konnten (beispielsweise wenn der Insolvenzverwalter Erfüllung eines Vertrags wählt).
156
§ 6 Vergleich: Künftige Aufrechnungslagen in der Insolvenz
ist davon gesondert festzustellen und eigenständige Tatbestandsvoraussetzung der Vorschriften. Im Schrifttum wird zum Teil gefordert, dass für die Annahme einer von § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO geschützten Bedingung das forderungsbegründende „Rechtsverhältnis“ bereits vor Verfahrenseröffnung entstanden sein und gewisse „Vorwirkungen“ zeigen müsse.469 Abgesehen davon, dass derart vage Umschreibungen eine Handhabung der Vorschrift erschweren, finden sich vergleichbare Wendungen ebenfalls zur Umschreibung des Begriffs „begründete Forderung“ bei § 38 InsO.470 Auch hier ist also kein Unterschied zum Merkmal der Begründetheit festzustellen.
C. Fazit 1. Ein Gläubiger kann gegen eine massezugehörige Forderung aufrechnen, wenn die fällige Gegenforderung zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung „begründet“ war. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die §§ 94 ff. InsO nur die Aufrechnungsmöglichkeit eines „Insolvenzgläubigers“ zum Regelungsgegenstand haben. 2. Das Merkmal der Insolvenzgläubigerstellung dient darüber hinaus der Abgrenzung zur Masseforderung, die dem Gläubiger zum Beispiel durch eine Erfüllungswahl des Insolvenzverwalters zuwachsen kann, § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Massegläubiger unterliegen den Beschränkungen der §§ 94 ff. InsO nicht. 3. Die fehlende Durchsetzbarkeit der Gegenforderung im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung schließt die Aufrechnung gemäß § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO nicht aus, wenn die Forderung zu diesem Zeitpunkt aufschiebend bedingt war. § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO umfasst auch die rechtsbedingte Forderung. 4. Dem geltenden Verständnis zur rechtsbedingten Forderung im Rahmen des § 95 InsO dahingehend, dass die jeweilige Forderung gleichsam automatisch, also ohne weiteren Mitwirkungsbeitrag der Parteien entstehen müsse, sind keine weiteren Einschränkungen im Hinblick auf die künftige Gegenforderung des Gläubigers zu entnehmen, sofern diese nur bei Verfahrenseröffnung „begründet“ war. 5. Insbesondere ist es danach für die Anerkennung der Aufrechnungsmöglichkeit unschädlich, wenn zur vollwertigen Entstehung der Gegenforderung noch weitere Handlungen des Gläubigers selbst erforderlich sind. 469 So
Kübler/Prütting/Bork/Lüke, InsO, 61. EL 11/2014, § 95 Rn. 18. oben § 4.
470 Siehe
C. Fazit157
6. Etwas anderes gilt im Hinblick auf für die Forderungsentstehung notwendige Mitwirkungsbeiträge des Schuldners. Denn in einem solchen Fall ist die nach Verfahrenseröffnung entstehende Forderung des Gläubigers nicht „begründet“ im Sinne des § 38 InsO. Vielmehr stellt die Forderung dann eine das freie Vermögen des Insolvenzschuldners treffende Neuforderung dar. Die Aufrechnung ist in diesem Fall gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 4 InsO ausgeschlossen.
§ 7 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse Ausgangspunkt dieser Untersuchung ist die Feststellung, dass die Insolvenzfestigkeit von Sicherheiten für erst künftig – nach Verfahrenseröffnung oder in der sogenannten Krise – entstehende Forderungen sich nicht einseitig nur mit Blick auf das BGB oder die Insolvenzordnung beurteilen lässt. So darf die grundsätzliche Anerkennung der bürgerlich-rechtlichen Sicherungsinstrumentarien durch die Insolvenzordnung in Gestalt der Absonderungsrechte nicht den Blick darauf verstellen, dass die bevorzugte Befriedigung einzelner Gläubiger einer besonderen Rechtfertigung bedarf, wenn die Entstehenszeitpunkte des dinglichen Rechts einerseits und der Forderung andererseits auseinanderfallen. Dieser Fall der Sicherheitenbestellung für künftig entstehende Forderungen ist besonders dadurch gekennzeichnet, dass die jeweiligen Funktionen der dinglichen Sicherheit – Sicherungsfunktion und Befriedigungsfunk tion – aufgespalten werden. Während die Sicherungsfunktion sogleich einsetzt, hängt die Befriedigungsfunktion von der nach Verfahrenseröffnung oder in der Krise entstehenden gesicherten Forderung ab (§ 1). Das Dilemma besteht darin, dass aufgrund dieser Gegebenheit einerseits primär mit bürgerlich-rechtlichen Erwägungen argumentiert werden kann, dass ein dingliches Recht doch schon bestehe und die gesetzgeberische Entscheidung für die Anerkennung der Sicherungsinstrumentarien auch für künftige Forderungen durch die Ablehnung der Insolvenzfestigkeit übergangen werde. Anderseits scheint aus insolvenzrechtlicher Sicht ein lakonischer Hinweis darauf naheliegend, dass mit einem derart funktionsgespaltenen Sicherungsrecht eben noch kein vollwertiges Recht vor der (materiellen) Insolvenz erlangt wurde, das den Sicherungsnehmer besonders schutzwürdig erscheinen ließe. Beide Standpunkte spiegeln den Meinungsstand zu dieser Problematik wider. Nach hier vertretener Ansicht ist dieser Konflikt zwischen BGB und InsO für den Fall des Entstehens der gesicherten Forderung nach Verfahrenseröffnung mit Blick auf die jeweils gesicherte Forderung zu lösen (§ 2 C. III.). Dafür spricht schon der Umstand, dass es im Ergebnis bei der Anerkennung der Absonderungsberechtigung um die Befriedigung gerade dieser Forderung geht. Darüber hinaus ist dieser Ansatzpunkt aber auch deswegen ein
§ 7 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse159
probates Mittel zur Lösung des dargestellten Konflikts, weil die Insolvenzordnung dem Normanwender mit § 38 InsO eine zeitliche Grenze aufzeigt. Nur solche Forderungen nehmen als Insolvenzforderungen am Verfahren teil, die im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung begründet waren. Diese Forderungen erkennt die Insolvenzordnung an. Dieser Zeitpunkt der Haftungsrealisierung – die Verfahrenseröffnung – ist damit auch Grenze des Entstehens von Absonderungsrechten für erst künftig entstehende Forderungen. Das erhellt schon der Blick auf die §§ 81, 91 InsO, die aber in der hier untersuchten Konstellation für sich genommen keine Klärung verschaffen, da das jeweilige dingliche Recht schon besteht. Bei der Frage nach der Insolvenzfestigkeit einer Sicherheit für eine künftige Forderung und damit der Absonderungsberechtigung im Verfahren ist neben diesen Normen im Hinblick auf § 38 InsO die gesicherte Forderung in die Wertung mit einzubeziehen. Nur wenn diese Forderung, mag sie auch künftig sein und erst nach Verfahrenseröffnung entstehen, im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung „begründet“ im Sinne des § 38 InsO war, rechtfertigt ein für diese Forderung bestelltes Sicherungsrecht die abgesonderte Befriedigung trotz § 91 InsO. Wird die Forderung hingegen erst nach Verfahrenseröffnung begründet, kann der Gläubiger keine abgesonderte Befriedigung verlangen. Dies gilt auch dann, wenn die konkret gesicherte Forderung selbst nicht die Masse belastet, weil etwa der Insolvenzschuldner eine Sicherheit für eine Drittverbindlichkeit bestellt hat. Denn die Insolvenzordnung setzt der Begründung von Absonderungsrechten absolute Grenzen. In Abgrenzung zum vielfach vertretenen Standpunkt beim Erwerbsverbot kommt es für die Insolvenzfestigkeit einer Sicherheit für eine künftig entstehende Forderung weder auf die Ausgestaltung des jeweiligen Sicherungsrechts (Hypothek als Eigentümergrundpfandrecht oder Pfandrecht und Grundschuld als Gläubigerrechte) noch auf die Bedingtheit der gesicherten Forderung an (§ 2 C. I. und II.). Die Anerkennung der Absonderungsberechtigung für gesicherte „begründete“ Forderungen findet ihre Grenze in den besonderen Wertungen der Insolvenzordnung. So ist die Unterdeckungnahme einer ungesicherten Forderung nach Verfahrenseröffnung mit der Wertung des § 96 Abs. 1 Nr. 2 InsO regelmäßig unzulässig, auch wenn diese Forderung schon begründet war. Dies erklärt sich daraus, dass zum Zeitpunkt der Haftungsrealisierung die jeweilige Forderung als ungesicherte Forderung verhaftet war (§ 2 C. IV.). Diese Erwägungen gelten nicht nur für das Entstehen der Forderung nach Verfahrenseröffnung, sondern ebenso für den Fall, dass die gesicherte Forderung in der Krise des Schuldners entsteht. Denn dadurch erlangt
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der Sicherungsinhaber für das eröffnete Verfahren die Aussicht auf abgesonderte Befriedigung. Diese Rechtswirkung ist eigenständig im Wege der Deckungsanfechtung anfechtbar, da der Sicherungsnehmer unter Benachteiligung der Gläubigergesamtheit in der materiellen Insolvenz eine Vorzugsstellung erhält. In Abgrenzung zum vorherrschenden Verständnis dieser Problematik kommt es dabei nicht auf die Frage an, ob man den Entstehenszeitpunkt des jeweiligen Sicherungsrechts bürgerlich-rechtlich oder insolvenzrechtlich zu bestimmen versucht. Maßgeblich ist allein, dass die Insolvenzanfechtung nachteilige Rechtswirkungen – und dazu gehört gerade das Entstehen einer Vorzugsstellung für das Insolvenzverfahren – zu beseitigen bezweckt (§ 3 C. und D. I.). Jedoch ist der vornehmliche Zweck der Deckungsanfechtung, die Vorverlagerung der par condicio creditorum, in die Bewertung mit einzubeziehen. Es fehlt an der notwendigen Gläubigerbenachteiligung, wenn die gesicherte Forderung bereits vor der Krise begründet im Sinne des § 38 InsO war, mag sie auch erst in der materiellen Insolvenz entstehen (§ 3 D. III.). Denn in diesem Fall unterliegt der Sicherungsnehmer nach hier vertretener Ansicht gerade nicht der par condicio creditorum, was bei der Vorverlagerung dieses Prinzips durch die Deckungsanfechtung ebenfalls Beachtung fordert. Ist nach vorstehend Ausgeführtem der Charakter der gesicherten Forderung als „begründet“ zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung respektive vor Beginn der Krise entscheidend für die Beurteilung der Insolvenzfestigkeit, bedarf es noch der Definition dieses Merkmals. Die bereits bestehenden Umschreibungen zu § 38 InsO (§ 4 B.) sind mannigfaltig, weswegen für die hier untersuchte Frage der Insolvenzfestigkeit keine weiteren Definitionsversuche erforderlich sind, sondern eine Reduzierung auf das Wesentliche vorgenommen wird. Demnach gilt, dass eine bereits vor Verfahrenseröffnung angelegte, aber erst nach diesem Zeitpunkt vollwertig entstehende Forderung dann als schon begründete Forderung erscheint, wenn der Insolvenzschuldner nichts mehr zu ihrer Entstehung beitragen muss (§ 4 C. III.). Andernfalls liegt mit der Wertung der §§ 80 f. InsO eine das verfahrensfreie Vermögen treffende Neuforderung vor. Die Begriffe der Anwartschaft oder gesicherten Rechtsposition vermögen dies zu umschreiben. Unverzichtbar sind sie für die Definition der begründeten Forderung aber nicht. Ein vergleichender Blick auf das der Absonderung verwandte Aufrechnungsrecht der §§ 94 ff. InsO (§ 6) zeigt, dass auch hier – entgegen dem Verständnis des Begriffs der rechtsbedingten Forderung im Rahmen des § 95 InsO – für die Gegenforderung des Insolvenzgläubigers ebenfalls nur das Kriterium der Begründetheit bei Verfahrenseröffnung maßgeblich sein kann (§ 6 B. III. 4.).
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Die Untersuchung zur Insolvenzfestigkeit von Sicherheiten für künftige Forderungen hat gezeigt, dass die Wertentscheidung des Gesetzgebers, Sicherungsrechte zum einen bürgerlich-rechtlich vorzusehen und zum anderen entsprechend insolvenzrechtlich anzuerkennen, auch dann Geltung beansprucht, wenn die gesicherte Forderung erst nach Verfahrenseröffnung oder im kritischen Zeitraum davor entsteht, sofern sie zum jeweils maßgeblichen Zeitpunkt bereits im Sinne von § 38 InsO begründet war.
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Stichwortverzeichnis Absonderungsrecht 15 ff., 32 ff. – als Bezugspunkt des Erwerbsverbots 43 – isoliertes 40, 50 f. – Vorrangstellung als Bezugspunkt der Anfechtung 75 ff. Akzessorietät 25, 33 Angebot 136 ff. Aufrechnung 143 ff. Auseinandersetzungsanspruch 45, 112, 122 f. Aussonderung 19, 140 Bargeschäft 94 ff., 131 f. Bürgenregress 21, 35, 55, 124 ff., 151 Bürgschaft 15, 23, 26, 30 Darlehensrückzahlungsanspruch 126 ff. Eigentümergrundschuld 26 f., 32, 37 f., 43 f., 60, 78 Einrede der Nichtvalutierung 28, 37 f., 42 f., 64 ff., 98, 131 f. Erwerbsverbot (§ 91 InsO) S. 33 ff. Forderung 19 f. – bedingt 20 ff., 34 ff., 39, 41, 51, 67, 101, 106 ff., 124 ff. – begründet 46 ff., 98 ff., 105 ff. – rechtsbedingt 21, 109 ff., 146 ff. Forderungsanwartschaft 107 ff. Gesicherte Rechtsposition 108, 111 ff. Gestaltungsrechte 138 Gläubigergleichbehandlung 99 f. Grundschuld 15, 29 f., 33 f., 39, 44 f., 60, 78 f.
Hypothek 15, 23 f., 26, 32 f., 37, 60, 78 Insolvenzanfechtung 58 ff. – Anfechtungsgegner 79 ff. – Deckungsanfechtung 58 ff., 73 ff. – Wirkungsbezogenheit 73 ff., 93 f. Krise 17, 58 Masseforderung 116 ff., 136 Mietforderungen 63, 133 ff. Neuforderung 53, 107, 118 ff. Neugläubiger 119 Pfandrecht 15, 24 f., 28 f., 33, 37 f., 44 f., 61 f., 65, 79 Regressanspruch 21, 35, 55, 124 ff., 151 Sicherungsrecht 15 ff. – Befriedigungsfunktion 29 ff., 42, 98 – Sicherungsfunktion 30 f., 69, 98, 103 – Sicherungszweck 53 f. – Werthaltigwerden 60, 77, 132 Verfügung 32, 38 f., 44 ff. Vermieterpfandrecht 34 ff., 62 f., 66, 132 ff. Vormerkung 18, 138 ff. Wahlrecht des Insolvenzverwalters 118, 129 f. Zession 17, 34 ff., 52 ff., 80 ff., 101 f., 133 f.