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German Pages 355 Year 1906
Schiffahrtsabgaben Erster Teil
Die Rechtslage Von
Max Peters
Im Auftrag des Vereins für Socialpolitik herausgegeben
Duncker & Humblot reprints
DOI https://doi.org/10.3790/978-3-428-57363-9 | Generated on 2023-09-23 10:14:48 OPEN ACCESS | Licensed under CC BY 4.0 | https://creativecommons.org/about/cclicenses/
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Schriften des
Vereins für Socialpotitik
6XV. 1.
SchiffcrHvtscrögcrberr. Erster Teil.
Leipzig, Verlag von Duncker L Humblot.
1906.
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StHiffaHrtsabgaben Von
Mas Meters.
Erster Teil.
Pie Wechtslage.
Im Auftrag des Vereins für Socialpolitik herausgegeben.
Leipzig, Verlag von Duncker L Humblot.
1906.
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Alle Rechte vorbehalten.
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Vorwort. Äls der ehrenvolle Antrag der Vereins für Socialpolitik, die Frage der Schiffahrtsabgaben in den Vereinsschriften zu bearbeiten, im Anfänge
des Jahres 1905 an mich
herantrat,
bin ich einige Zeit im Zweifel ge
wesen, ob ich die Aufgabe übernehmen sollte.
Diejenigen Umstände, welche mir ihre Lösung
eine siebenjährige praktische Erfahrung
abgaben
in
Verbindung
mit
der
erleichtern konnten —
auf dem Gebiete der Schiffahrts
Möglichkeit
der
Benutzung
amtlicher
Quellen — schienen mir durch
die entgegenstehenden Schwierigkeiten min
destens ausgewogen zu werden.
Die letzteren ergaben sich vielfach gerade
aus meiner amtlichen Stellung.
Für das volle Verständnis des
geltenden Rechtes ist es notwendig,
seine Geschichte, sowohl diejenige seiner Entstehung als auch diejenige seiner späteren Anwendung und Betätigung, klarzustellen. ohne Veröffentlichung
eines
Das kann man nicht
umfangreichen Aktenmaterials.
Hierbei zeigt
sich aber, daß der Apparat der Gesetzgebung und Verwaltung nicht immer
ganz gleichmäßig gearbeitet hat.
Es sind zuweilen Unstimmigkeiten, Kurs
schwankungen und Vibrationen vorgekommen, die nicht unerwähnt bleiben
können, wenn über die tatsächliche Entwicklung der Dinge volle Aufklärung gegeben
werden soll.
Unstimmigkeiten
Anderseits ist aber die Rolle des Chronisten solcher
und Schwankungen
heikel und
unsympathisch
für
einen
Mann, der selber zu jenem Apparat gehört, zumal wenn er gewissermaßen
als Kritiker seiner Vorgänger auftreten muß.
Es ergibt sich hieraus unter
Umständen ein gewisser Konflikt der Pflichten oder doch der Empfindungen. Anderseits
legt die Verfügung über Akten,
die nicht für jedermann
zugänglich sein können, große Verantwortlichkeiten auf in bezug auf die Art und Weise der Benutzung, insbesondere hinsichtlich der vollständigen, sorg
fältigen
und unparteiischen Auswahl derjenigen Schriftstücke,
welche als
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Vorwort.
VI Beweismittel
werden.
für
die
vom
Verfasser
vertretenen
Ansichten
veröffentlicht
Für die wahrscheinlich sehr zahlreichen und den verschiedensten Kreisen
angehörigen Gegner liegt es nahe,
in
bezug aus die Bildung dieser An
sichten eine gewisse Gebundenheit des Verfassers an seine amtliche Stellung anzunehmen,
nicht
seinen Mut zur Vertretung einer den Zielen der Regierung
entsprechenden Meinung
zu
bezweifeln
und — namentlich
in der
Rechtsfrage — den Aufbau der Beweisführung als einen vom Endpunkte
konstruierten, auf ein bestimmtes Ergebnis berechneten zu beargwöhnen.
Der
Verfasser muß mit der Möglichkeit rechnen, daß auch dieser Argwohn im
Kampfe der Meinungen eine Rolle spielen wird.
Das um so mehr, als er
in letzter Zeit mehrfach zitiert worden ist als Vertreter einer die Begriffe der natürlichen und künstlichen Wasserstraße betreffenden Ansicht, welche von der hier dargelegten abweicht.
Er scheut vor einem Meinungswechsel keines
wegs zurück, da er hierin im Falle sachlicher Begründung nicht nur keinen Vorwurf, sondern eher ein Lob, jedenfalls aber eine Pflicht erblickt; er be
kennt sich zu einem solchen Wechsel hinsichtlich anderer Punkte, die in der
Frage der Schiffahrtsabgaben Rolle spielen.
eine
gewisse,
wenn
auch nicht wesentliche hat er aber seine
In bezug aus jene Begriffsbestimmung
Meinung nicht gewechselt, weil er in dem zitierten Satze seiner Arbeit vom
Jahre 1902
über
„Die finanzielle Entwickelung der preußischen Binnen
wasserstraßen" im Archiv für Eisenbahnwesen XXV 750
„Unter künstlichen Wasserstraßen werden die eigentlichen Kanäle und die
kanalisierten Flüsse
verstanden,
während
als natürliche diejenigen von
Natur schiffbaren Flüsse und Seen gelten, deren Schiffbarkeit auf andere
Weise als durch Kanalisierung verbessert worden ist oder eine künstliche Steigerung überhaupt nicht erfahren hat" eine Meinung weder vertrat noch zu vertreten Anlaß hatte.
Mit dem Aus
druck „gelten" sollte gesagt werden und ist gesagt worden, daß der Verfasser aä lioe — für die Bestimmung des Rahmens seiner finanziellen Untersuchungen —
den Standpunkt jener vielfach üblichen Begriffsabgrenzung akzeptieren, im übrigen aber zur Frage nicht Stellung nehmen wollte *.
Für den damaligen
Zweck war diese Einteilung geeignet, weil sie im Bereich der Binnenschiffahrt
mit
der Unterscheidung von abgabepflichtigen und nicht abgabepflichtigen
Wasserstraßen ungefähr zusammenfiel und nur bei den ersteren von einer
finanziellen Entwicklung die Rede sein konnte. * In einem kürzlich erschienenen Aufsatz des Bezirksassessors Dr. Fidejustus Walther, „Schiffsabgaben auf den deutschen Strömen", Leipzig 1906, Roßbergsche Verlagsbuchhandlung S. 10 und auch sonst vielfach ist jene Äußerung aus dem Jahre 1902 unrichtig wiedergegeben.
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VII
Vorwort.
Es kommt hinzu, daß die Frage der Schiffahrtsabgaben in den letzten
Jahren eine Bedeutung gewonnen hat, die über die Grenzen einer akademischen Erörterung weit hinausreicht.
Sie ist zu einer aktuellen politischen Frage
ersten Ranges geworden, und hinter den verschiedenen Lösungen, deren sie
fähig ist, steht der Druck großer materieller Interessen.
Vielleicht sind diese
Interessen ganz oder teilweise falsch orientiert; vielleicht gravitieren sie sogar
in Wirklichkeit nach einer den heutigen Anschauungen und Befürchtungen entgegengesetzten Richtung.
Immerhin üben sie einstweilen eine der wissen
schaftlichen Untersuchung des Problems ungünstige Wirkung.
Sie können
bei den Verfechtern der entgegenstehenden Ansichten eine gewisse — wenn auch vielleicht unbewußte — Befangenheit in Verbindung mit der Neigung,
dieselben Eigenschaften dem Gegner vorzuwerfen, erzeugen. Sie erschweren insofern auch demjenigen, dessen Überzeugung sich mit den politischen Zielen der preußischen Regierung im wesentlichen deckt, die Geltendmachung seines
Standpunktes.
Aber auch
abgesehen hiervon ist die Beteiligung oder auch nur der
Schein der Beteiligung eines Staatsbeamten an politischen Meinungskämpfen
nicht ohne Bedenken, es sei denn in der gleichzeitigen Eigenschaft als Volks vertreter, und vielleicht auch dann nicht. Zu diesen mehr persönlichen Schwierigkeiten kamen aber noch sehr er
hebliche sachlicher Natur. der Schiffahrtsabgaben
Sie lagen in dem Umstand, daß über das Thema in den letzten Jahren viel geschrieben worden ist,
und in der für eine wissenschaftliche Behandlung dieses Themas bestehenden Notwendigkeit, nicht nur die eigene Meinung zu begründen, sondern auch
diejenige anderer zu widerlegen.
Sie lagen ferner in der Unhandlichkeit und Sprödigkeit des Stoffes,
in dem ungefügen, unsymmetrischen und pfadlosen Zustande des Materials,
in der Notwendigkeit, die Beweisdokumente in einer gewissen Ausführlichkeit
abzudrucken, um den Einwand der Loslösung entscheidender Textstellen aus dem Zusammenhänge möglichst abzuschneiden, und in der durch die Lage
der Verhältnisse zuweilen bedingten Notwendigkeit subtiler Vergleiche und
fein zugespitzter Deduktionen,
des Arbeitens mit der Goldwage bei der
Textauslegung. Alle
diese Umstände erschweren in hohem Grade die
Aufgabe,
den
Gegenstand in anziehender, lesbarer, nicht ermüdender Form zu behandeln,
und sie erleichtern dem Gegner den Angriff, insbesondere auch mit dem Vorwurf des Mikroskopierens und Haarspaltens; der Verfasser rechnet hier
mit von. vornherein. Eine gewisse Breite der Darstellung, namentlich eine große Ausführlich
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VIII
Vorwort.
keit in der Schilderung der Rechtsgeschichte und der Praxis sind durch die Natur der Verhältnisse bedingt, weil die Überzeugungskraft wichtiger Beweis
momente davon
abhängt.
Auch
Wiederholungen derselben Tatsachen und
Gedanken in verschiedenen Zusammenhängen lassen sich nicht vermeiden, wenn
Wer ein so steriles
die Übersichtlichkeit in der Darstellung nicht leiden soll.
und steiniges Feld bearbeiten will, muß sehr tief pflügen und weite Flächen
ackern, um ein einigermaßen sicheres Ergebnis zu erzielen. Wenn der Verfasser die ihm gestellte Aufgabe gleichwohl übernahm, so geschah es in der Meinung und dem Bestreben, der Wahrheit und
den
Interessen des Staates sowohl als auch der Wasserstraßen und der Schiffahrt — so wie er diese Interessen versteht — zu dienen.
Ob die Vertreter der
Meinung, man möge nur die Dinge in den bisherigen, übrigens keineswegs einheitlich profilierten
und stark ausgefahrenen Gleisen weiter laufen lassen
und an den bisherigen Finanzierungsgrundlagen für den Ausbau der natür
lichen Wasserstraßen unentwegt festhalten, den Wasserstraßen, der Schiffahrt und dem Handel einen größeren Dienst leisten als diejenigen Männer, welche neue
finanzielle Organisationen für die Durchführung von Schiffahrtsverbefferungen erstreben, das ist eine offene Frage; ihre Entscheidung liegt in der Zukunft.
muß unter Umständen auch fordern und gegen den
Ein wahrer Freund
Strom schwimmen können. Und wenn der Verfasser die Arena des Vereins für Socialpolitik als
besonders geeignet ansah für die Erörterung der Abgabenfrage, so leitete ihn
hierbei
der Gedanke,
gerade
daß
in
dieser Frage
die Politik der
aus
gleichenden Gerechtigkeit, das Postulat der gleichmäßig gerechten Inanspruch nahme aller wirtschaftlichen Existenzen durch den Staat, eine maßgebende
Rolle spielt.
Hierin, also in einem sozialpolitischen Gedanken, nicht in der
Rechtsfrage, liegt der Kern der Sache.
um Anspruch
auf
Die Rechtsfrage ist ja wichtig genug,
die sorgfältigste Prüfung
zu
haben.
Aber wie ihre
Beantwortung auch ausfallen mag — den Ausschlag wird die wirtschaftliche Frage geben, wenn hinter der einen oder der anderen Lösung dieser Frage
die Überzeugung und Willensmeinung der großen Mehrheit der Wähler und der politischen Parteien steht. sie im Rahmen des
Die wirtschaftlichen Triebkräfte werden, wenn
geltenden Rechts nicht zur Geltung kommen, rechts
bildend wirken und sich in neues Recht umsetzen. Die Frage der Schiffahrtsabgaben ist also auch eine sozialpolitische im besten Sinne des Wortes;
es handelt sich darum, ob die eine Gruppe der
Staatsangehörigen Verkehrsverbefferungen entgeltlich, die andere unentgeltlich
haben
soll, also um die möglichst gleichmäßige Berücksichtigung aller Be
völkerungskreise bei den Lasten und Vorteilen des Staates.
Die gegenwärtig
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Vorwort.
IX
bestehende Imparität hat zugleich — wenn auch mit gewissen Einschränkungen und Vorbehalten — einen regionalen Charakter.
ist, beibehalten oder beseitigt zu werden.
Es fragt sich, ob sie wert
Der Einwand, daß eine kleinliche
äo ut äes-Politik zur wirtschaftlichen Auflösung des Staatsganzen führen
würde, wird zur Rechtfertigung des bestehenden Zustandes schwerlich genügen.
Es muß auch hier heißen:
suum euiyue.
Die wirtschaftliche Gerechtigkeit
muß soweit verwirklicht werden, als die Verhältnisse es gestatten.
Der Verfasser schreibt für seine eigene Rechnung und Gefahr.
Er
trägt nur seine Ansicht vor, nicht die der Staatsregierung oder eines ein zelnen Ministers.
Das Gegenteil kann auch aus der ihm gewährten Erlaubnis
zur Aktenbenutzung nicht gefolgert werden.
Das geht schon daraus hervor,
daß Schumacher dieselbe Erlaubnis hatte und hinsichtlich der Rechtsfrage zu einem von der Meinung des Verfassers abweichenden Ergebnis kam. Die Akten, welche über die Frage der Schiffahrtsabgaben Aufschluß geben
oder geben können, haben dem Verfasser nicht ganz vollständig zur Verfügung gestanden, namentlich nicht insofern sie etwa in anderen als preußischen und
bayrischen Archiven und Registraturen sich befinden sollten. Akten sind nicht in
Auffindung irgendeines ausgeschlossen wäre.
Die preußischen
dem Zustande, daß die Möglichkeit der nachträglichen
auf dm Gegenstand bezüglichen Schriftstückes völlig
Es liegt das einerseits in zufälligen, hier nicht weiter
zu erörternden äußeren Umständen, welche es mit sich gebracht haben, daß
die für die heutigen Streitfragen in Betracht kommenden Korrespondenzen
und Verhandlungen an den verschiedensten Stellen, oft an solchen, wo man
sie nicht vermuten kann, verstreut sind.
Anderseits hat
aber
auch der
Umstand eine Rolle gespielt, daß die Entstehung des geltenden Rechts —
oder vielmehr die Entstehung der Vorschriften, in welchen das geltende Recht
zuletzt kodifiziert wurde — in eine Zeit großer politischer Umwälzungen fiel, als es sich um Dinge handelte, in Vergleich zu welchen die Abgaben
frage Nebensache war, und eine Neuordnung der Verhältnisse auf zahlreichen
Gebieten mit raschem Entschluß erfolgen mußte.
Infolgedessen ist die der
preußischen Bureaukratie sonst eigentümliche Korrektheit in den äußeren Ge
schäftsformen
vielleicht nicht
immer ganz
gewahrt worden,
und es wäre
möglich, daß Entwürfe und sonstige Schriftstücke, welche auf den Werdegang
der Rechtsvorschriften Bezug haben, nicht zu den Akten gekommen sind. Aber die ihm erreichbaren Akten und
Archive hat der Verfasser in
jahrelanger, mühevoller Schürfarbeit durchforscht,
und wenn er auch unter
den geschilderten Umständen die formale Gewähr dafür, daß er alles zur
Sache Gehörige gefunden und gesehen hat, nicht unbedingt übernehmen kann,
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Vorwort.
so hat er doch so viel gefunden und gesehen, daß er zu der Überzeugung ge
langen konnte, es sei Abbauwürdiges nicht weiter vorhanden. Sein Aktenmaterial deckt sich mit dem von Schumacher benutzten nur teilweise, wie das auch der Natur der Sache nach nicht anders sein konnte.
Denn das Schumacher gestellte Thema betraf nur die Binnenschiffahrtsab gaben, während hier die Schiffahrtsabgaben überhaupt, also einschließlich der
Seeschiffahrtsabgaben, behandelt werden sollen.
Der: Wevfcrffev.
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Nachtrag. I. Der auf Seite 123 erwähnte Artikel der Kölnischen Zeitung ist mit der Überschrift „Die rechtliche Seite der Schiffahrtsabgaben" in
Nr. 129 vom 5. Februar 1905 erschienen. II.
Zu dem
auf Seite 303 abgedruckten
des
Artikel
Preußisch-
Niederländischen Handels- und Schiffahrtsvertrages vom 31. Dezember
1851 ist in 8 7 des Schlußprotokolls vereinbart: 1.68 plöuipot6ntiair68 ^ä6ilanäai8, en oommuniguant le plan äat6
äe
la
Haze
cku
travaux ä'art,
18. 3anvier
mentionn^8
ljue 168 konä8 n6e688aire8 ee plan llo
et 1852,
la part
et hue
ä68
668
1851; il8 6xprim6nt
1850,
et gui
8ert
äan8 eet article, ont
a11ou68
ont
äo M6me
da86
aux
pour l'ex^eution äe 168 anns68 1851
Ltat8 §6n6raux pour
Ionä8
äe
ont kait ol^erver,
6mp1o.>^8
la oonviotion,
pour l'annse
ant xour obM d'a88urer 6t d6 kaeibter la navigation aux boueb68
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Die Gleichheit des Inhalts der Rechtsquellen.
Z 2.
du Danube,
des
droits üxes,
d'un taux eonvenadle,
21 peuvent etre
pMcv^s."
Der Vertrag setzt weiter zwei Kommissionen ein, die eine mit europäischem Charakter für die der Seeschiffahrt zugängliche Mündungsstrecke in Art. 16, und die andere aus den Donauuferstaaten zu bildende in Art. 17, welche
die Aufgabe haben sollten, Maßregeln zur Verbesserung der Schiffahrt zu treffen. Die erstere, tatsächlich in Permanenz gebliebene, sollte nach dem Ver-
tragsschlusse
nur
für
eine kurze Reihe von Jahren in Tätigkeit treten,
während die zweite als dauernde Organisation der Donauschiffahrtsinteressen gedacht war; sie sollte die Ausgaben der Donaumündungskommission demnächst
mit übernehmen und für den Ausbau des Schiffahrtsweges auf der ganzen
Stromlänge sorgen — ordonner et kairc exseuter les travaux Necessaires sur tout le Parcours du ileuve.
Auf Grund des europäischen Mandates, welches ihnen in Art. 17 er teilt war, haben dann die Donauuserstaaten — Württemberg, Bayern, Österreich und die Türkei — die Donauschiffahrtsakte vom 7. Nov. 1857
vereinbart,
welche in Art. 19, in wörtlicher Anlehnung an Art. 15 des
Friedensvertrages, bestimmt: „Es soll auf der Donau keine Gebühr, welche sich einzig und allein auf
die Tatsache der Beschiffung des Flusses gründet, erhoben werden. Demzufolge werden sämtliche bisher bestehende Gebühren und Ab
gaben dieser Art, sie mögen was immer für einen Namen haben,
und sie mögen im Besitze des Staates,
der Gemeinden, Korporationen
oder Privaten sich befinden, hiermit gänzlich aufhören.
Auch sollen künftig auf diesem Strome keine anderen Gebühren oder Abgaben eingehoben werden, außer welche durch die Bestimmungen der gegenwärtigen Schiffahrtsakte ausdrücklich vorgesehen sind."
Ferner heißt es in Art. 21:
„Schiffahrtsabgaben können erhoben werden 1. (betrifft die in Art. 16 des Pariser Vertrages zugelassenen Abgaben — droits 6x68 — für die Befahrung der Donaumündungen.)
2. zur Deckung der Auslagen für andere, die Erhaltung und Verbesserung
der Schiffbarkeit der Donau bezweckende Arbeiten und bleibende An stalten, welche die Uferstaatenkommission im gemeinschaftlichen Ein
verständnisse im Interesse der Schiffahrt für notwendig erkannt haben wird.
Jedoch sollen die Abgaben dieser Art, ihr Betrag und Er
hebungsmodus,
ebenfalls
nicht
ohne gemeinsame Übereinkunft fest
gesetzt werden."
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II.
22
Die Rechtsquellen.
Die Schiffahrtsabgaben sollen „nicht höher bemessen werden, als zur Deckung oder Verzinsung des Ge
samtaufwandes an Herstellungs- und Unterhaltungskosten annäherungsweise
erforderlich erscheint."
Art. 36 verordnet: „Die Regierungen der Uferländer verpflichten sich, jede für ihren Teil, jene Arbeiten ausführen zu lassen, welche die Uferstaatenkommission
im gemeinsamen Einverständnisse, im Sinne des Art. 17,
des
Nr. 3
Pariser Traktates vom 30. März 1856 als notwendig erkennen wird.
Die Deckung der Herstellungs- und Unterhaltungskosten dieser Arbeiten hat in Gemäßheit des Art. 21, Nr. 2 der gegenwärtigen Schiffahrtsakte zu geschehen.
Endlich wird in Art. 45
der Art. 7 des österreichisch-bayrischen
Schiffahrtsvertrages vom 2. Dezember 1851 aufrechterhalten." Später wurde in Art. 6 des Londoner Vertrages vom 13. März 1871
hinsichtlich der in Aussicht genommenen Stromregulierung am eisernen Tor vereinbart: „1^68
le
partie8 eontraotant68 leur reeonnai886nt äo8 a Piment
liaut68
äroit äe
pereevoir
tout pavilion, äette
yui
eontraetee
une
taxe 8ur Io8 navire8 äe eoinineree 8ous
on proütent
pour
äs8ormai8 ^U8^ua
1'ox6cution
äo8
travaux;
l'extintion äe la
ot o11o8
äselarent
l'artiele 15 äu Iraits äe 1856 inapplicable ä, eotto xartie äu äeuve pour
un
1ap8
äe
tenip8
nse688aire
au
reindour86ment äe la äette
en yu68tion."
Drese Bestimmung über die Befugnis zur Abgabenerhebung am Eisernen Tore ist durch den Berliner Friedensvertrag gunsten Österreich-Ungarns aufrechterhalten".
vom
13. Juli
1878
„zu
Es fehlt zwar keineswegs an inneren Beziehungen und Verknüpfungen zwischen
den Donauverträgen
und
den übrigen Rechtsquellen.
Die Be
stimmungen des Vertrages vom 2. Dezember 1851 und der Donauschiffahrts akte vom 7. November 1857 über Schiffahrtsabgaben haben die Vermutung der sachlichen Übereinstimmung mit den Zollvereinsverträgen für sich, da
letztere damals in Bayern und Württemberg geltendes Recht waren und ihre einseitige Abänderung unzulässig gewesen wäre.
Ferner ist das im Pariser Traktat ausgesprochene und in der Donau schiffahrtsakte wiederholte Verbot einer Schiffahrtsabgabe „da8s unilpiement
8ur 1o kait äe la navigation äu ileuve" wörtlich in Art. 3 der Rhein schiffahrtsakte von 1868 übernommen worden und hat bei deren Fassung
als Vorbild gedient.
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8 2.
Die Gleichheit des Inhalts der Rechtsquellen.
23
Indessen fehlt hier der logisch-historische unmittelbare Zusammenhang mit der den Kern der Rechtsfrage bildenden Deutschen Reichsverfassung, und
dieser Umstand läßt die getrennte Behandlung der Donauverträge im weiteren Verlaufe der Darstellung zweckmäßig erscheinen. rs-
Während die Verfassungen ihre Rechtswirkung der Natur der Sache nach
nur innerhalb des Bundes- und Reichsgebietes äußern können, ist die recht
liche Bedeutung der hier in Betracht kommenden Verträge eine zweifache. Sie begründeten
nicht nur völkerrechtliche Ansprüche und Verbindlichkeiten
der Regierungen untereinander, sondern auch öffentliches Recht innerhalb der einzelnen Vertragsstaaten.
Das gilt insbesondere für Preußen bezüglich der
Zollvereinsverträge und der Rheinschiffahrtsakte, weil diese Verträge zugleich als preußische Gesetze verkündet worden sind.
Korporationen
waren
Die beteiligten Privaten und
in der Lage, ihr Interesse an der sinngemäßen Aus
führung der Vertragsvorschriften der eigenen Regierung gegenüber im Ver
waltungs- und Rechtswege oder auch parlamentarisch geltend zu machen, und
sie haben es in Preußen auch getan. Hieraus ergibt sich, daß die gesetzgeberische und administrative Praxis
der
beteiligten Staaten
als Material für die Auslegung der Vertrags
bestimmungen, soweit deren Sinn im einzelnen zweifelhaft erscheinen sollte, im vollen Umfange herangezogen werden kann, gleichviel, wie groß oder gering die Wahrscheinlichkeit für die Rückwirkung dieser Praxis auf die Interessen
eines anderen Vertragsstaates sein mag.
In Preußen mit seinem in west-öst
licher Richtung sich weit hinziehenden Staatsgebiet ist allerdings die Möglich
keit vorhanden, daß Tarifmaßregeln
für Häfen und Wasserstraßen keinen
unmittelbaren oder erheblichen Einfluß auf andere Vertragsstaaten üben.
Indessen ist die Annahme, daß Preußen
nur unter dem Drucke der
Kontrolle durch Mitkontrahenten die Zollvereinsverträge auf seinem Gebiete
verwirklicht hätte, umsomehr abzulehnen, als diese Verträge lediglich wirtschafts
politische Gedanken der preußischen Regierung, für die sie jahrzehntelang in Deutschland gewirkt und geworben hat, zum Ausdruck brachten.
Man kann mit Recht den Zweifel erheben, ob es überhaupt der Mühe wert sei, diese Frage als eine solche zu behandeln und
hier zu erörtern.
Es ist auch nur aus dem Grunde geschehen, weil bei einem früheren Anlasse die Brauchbarkeit
der Tarife eines preußischen Kanals
als Material zur
Erforschung der preußischen Verlragsauffassung von gewisser Seite mit dem
Hinweise darauf beanstandet worden ist, daß Schiffe aus anderen Vereins staaten selten oder nie auf jenem Kanal verkehrt hätten.
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11.
24
erübrigt
Es
schließlich
Die Rechtsquellen.
noch
negative
die
Feststellung,
daß
andere
Rechtsquellen außer den hier angeführten für die Erhebung von Schiff
fahrtsabgaben in Deutschland nicht in Betracht kommen. ist nicht überflüssig
Diese Feststellung
angesichts der Irrtümer, welche vielfach
hinsichtlich der
Grundlagen des geltenden Rechts in der Presse, in parlamentarischen Erörterungen und sonst in der Öffentlichkeit hervorgetreten sind. Insbesondere werden hänfig aus der Schlußakte des Wiener Kongresses vom 9. Juni 1815
unzutreffende Folgerungen in rechtlicher Hinsicht hergeleitet. So meint das „Berliner Jahrbuch für Handel und Industrie, Bericht der Ältesten der Kaufmannschaft von Berlin" für 1903:
„Durch die Artikel
9.
Juni
1815
108 bis 116 der Akte des Wiener Kongresses vom
wurde im Prinzip bestimmt,
daß
diese (Schiffahrts-)
Abgaben auf den das Gebiet mehrerer Staaten berührenden Flüssen auf gehoben werden sollten."
In Wirklichkeit enthalten diese Artikel, die lediglich die Freiheit der von
Schiffahrt
obrigkeitlichen
Verboten
und
Beschränkungen
aussprechen,
nicht nur kein wie immer gearbeitetes Programm für die Aushebung der Abgaben,
sondern
im
Gegenteil
ziemlich
deren Bemessung und Weitererhebung.
ausführliche
Vorschriften
über
Die letzteren sind nicht für Schiff
fahrtsabgaben im heutigen Sinne, sondern für die damaligen, durch Staats verträge längst beseitigten Flußzölle gegeben.
Sie
haben deren Bestehen
zur Voraussetzung; die 1815 erhobenen Sätze werden als Höchstbeträge für
künftige Tarifbildungen bezeichnet.
Ob sie jetzt noch im Falle der Ein
führung von Schiffahrtsabgaben auf der Grundlage des Gebührenprinzips für
die
Benutzung
von
Anstalten
oder
Anlagen
Geltung
beanspruchen
können, erscheint mehr als zweifelhaft; bei den Verhandlungen über die
Einführung von Schiffahrtsabgaben auf dem Main in den letzten Jahren des vorigen Jahrhunderts hat man das nicht angenommenJedenfalls enthalten
sie
keine
grundsätzliche
Verpflichtung
der Uferstaaten,
auf
die
Deckung ihrer Strombaukosten durch Schiffahrtsabgaben zu verzichten. Der Irrtum, daß die Wiener Kongreßakte die beteiligten Staaten zur Abschaffung
der Schiffahrtsabgaben
verpflichtet habe,
ist
allerdings weit
* Sonst hätten diese Schiffahrtsabgaben im Jahre 1899 nicht eingeführt werden dürfen, nachdem im Jahre 1867 die alten Mainzölle aufgehoben worden waren. Die Wiener Kongreßakte kannte den Unterschied von kanalisierten und regulierten Strömen nicht. Wenn man gleichwohl die modernen Mainschiffahrtsabgaben nicht beanstandete, so geschah es offenbar deshalb, weil man sich bewußt war, daß die Wiener Kongreßakte überhaupt nicht von Schiffahrtsabgaben, sondern von Binnen zöllen handelt.
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Z 3.
Umfang, Geltungsbereich und allgemeine Bedeutung der Rechtsvorschriften. 25
verbreitet und von altem Datum. Reichstage bekämpfen.
1870
Schon Delbrück mußte ihn
im
des Gesetzes über die
Er sagte bei der Beratung
Aufhebung der Elbzölle am 13. Mai 1870: „Ich muß — der Auffassung — widersprechen,
Bundesverfassung
eigentlich
nichts
enthalte,
daß der Artikel 54 der
als
was
nicht
schon
im
Pariser Frieden enthalten sei — dem würde ich entschieden widersprochen haben.
Der Pariser Frieden und die aus dem Pariser Frieden in die
Wiener
Kongreßakte
übergegangenen Bestimmungen
sind
auch
bei
der
liberalsten Auslegung, die ihnen gegeben werden kann, nicht dahin zu
interpretieren, daß keine Abgabe erhoben werden kann, daß keine Passagezölle erhoben werden sollen; sie können nur dahin aufgefaßt werden, daß diese
Zölle so reguliert werden sollen, wie es dem Interesse der Schiffahrt entspricht Die Kongreßakte hat also nicht einmal die Flußzölle untersagt, geschweige
denn die mit solchen Zöllen staatsrechtlich inkommensurablen Schiffahrtsabgaben. 8 3.
Umfang, Geltungsbereich und allgemeine Bedeutung der Rechts vorschriften. Die für Deutschland — abgesehen von der einstweilen außer Betracht bleibenden Donau — geltenden Rechtsvorschriften
wollen die Frage
Schiffahrtsabgaben einheitlich und gleichmäßig regeln.
der
Sie umfassen die
Gesamtheit derjenigen Verkehrsmöglichkeiten, Verkehrsanstalten und Verkehrs erscheinungen, welche an jener Frage überhaupt ein Interesse haben können.
Sie machen daher keine Unterschiede zwischen Binnenschiffahrt
und See
schiffahrt und ebensowenig zwischen Wasserstraßen und Häfen. Das könnte vielleicht für selbstverständlich gehalten werden, weil es
nahe liegt und der wirtschaftlichen Logik zu entsprechen scheint.
Es ist in
der Tat ein innerer Grund dafür nicht erkennbar, daß die verkehrspolitische
Behandlung der Schiffahrt, soweit die Finanzierung der in ihrem Interesse
ausgeführten Wasserbauten durch
Abgaben
in Betracht kommt,
innerhalb
der Staatsgemeinschaft grundsätzlich verschieden sein soll, je nachdem es sich
um die See oder um Binnengewässer, um die auch für Seeschiffe fahrbaren
unteren Strecken der großen Ströme oder um deren obere Teile, um Wasser straßen oder um Häfen handelt.
Die Unterscheidung
zwischen See-
Binnenschiffahrt, die aus praktisch-politischen Erwägungen
und
in der Reichs-
* Stenograph. Berichte S. 868.
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II.
26 Verfassung vom 28. März
Die Rechtsquellen.
1849 versucht und
später
wieder
aufgegeben
worden ist, würde auch aus dem äußeren Grunde kaum durchführbar sein, weil nicht nur auf weitausgedehnten Flußstrecken, sondern auch in zahlreichen Küstengewässern die See- und Binnenschiffahrt sich nebeneinander bewegen
und hinsichtlich der Betriebsmerkmale ineinander übergehen. Zu Mißverständnissen über den Geltungsbereich der von 1867 bis 1871 geschaffenen Rechtsordnung kann auch die Fassung der Verträge keinen Anlaß
geben, da sie nur von Wasserstraßen,
Häfen und Schiffahrtsabgaben im
allgemeinen sprechen und weder die Seeschiffahrt noch die Binnenschiffahrt besonders erwähnen.
Demgemäß unterliegt es insbesondere keinem Zweifel,
daß der deutsch-österreichische Elbzollvertrag nicht nur bis Hamburg, sondern bis Cuxhaven abwärts Geltung hat, und daß seine Bestimmungen auch auf
die Abgaben anzuwenden sind, welche Hamburg von der Seeschiffahrt auf dem Unterlaufe des Stromes erhebt. Derartige Mißverständnisse konnten nur entstehen und sind allerdings
auch entstanden durch die Ausdrucksweise des dritten Absatzes
der Verfassung,
der eine besondere Vorschrift über die
in Art. 54
„in den Seehäfen
von den Seeschiffen" zu zahlenden Abgaben enthält und sowohl die Binnen häfen
als
auch
die
in
den Seehäfen
verkehrende Binnenschiffahrt
un
erwähnt läßt.
Die Vorschriften des vierten Absatzes über Wasserstraßen sind zwar allgemein gefaßt; es ist aber doch bezweifelt worden, ob ihr Geltungsbereich
die
Seeschiffahrt
mit
umfassen
oder
auf
die
Binnenschiffahrt
beschränkt
sein sollte
Die Meinung, daß den Bestimmungen im vierten Absätze des Art. 54 über die Wasserstraßen keine allgemeine Bedeutung innewohne, vertritt ins
besondere vr. Brandt in Düsseldorf, der in Nr. 44 der Zeitschrift Nieder rhein vom 2. November 1905
eine synoptische Zusammenstellung der Ver
fassungsvorschriften von 1849? und 1867 mit der Bemerkung begleitet: „Wie der Augenschein lehrt, ist genau dieselbe Trennung, die im Jahre
1849
zwischen dem Seeverkehr und dem Binnenwasserstraßenverkehr ge
macht war, bis auf den heutigen Tag aufrecht erhalten worden."
Zur Begründung der Auffassung, wonach die Seeschiffahrtsstraßen nicht
unter die Vorschrift des Art. 54 fallen sollen,
hat man
geltend gemacht,
daß die Mündungsstrecken der großen Ströme nicht sowohl Wasserstraßen * Rei nike, Kommentar zur Reichsverfassung. Berlin 1906, S. 258 sagt: „Der Absatz 4 — bezieht sich, im Gegensatz zu Absatz 1 bis 3, wesentlich auf die Binnenschiffahrt." Abgedruckt unter III ö 2a. tz 7.
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Z 3.
Umfang, Geltungsbereich und allgemeine Bedeutung der Rechtsvorschriften. 27
als vielmehr große Reeden für die an den Endpunkten der Seeschiffahrt
liegenden Häfen seien.
Endlich hat man auch die Anwendbarkeit des Aus
drucks „Wasserstraße" auf die Fahrrinnen in Küstengewässern und Meeres
armen in Zweifel gezogen.
Jene Bemerkung des Dr. Brandt bezieht sich offenbar darauf, daß der dritte Absatz
des Art. 54
die Seehäfen
und
besonders
die Seeschiffahrt
erwähnt, während der vierte Absatz nur von Wasserstraßen im allgemeinen
spricht.
Es ist allerdings auffallend, daß der dritte Absatz über Seehäfen
und Seeschiffe Bestimmungen trifft, die der Natur der Sache nach für alle Häfen und Schiffe gelten müssen. Abgaben
nur
Die dort aufgestellte Nechtsregel,
von Schiffahrtsanstalten
für Benutzung
Grenze der Selbstkostendeckung erhoben werden dürfen, wendige Folgerung aus
dem Gebührenprinzip
und
daß
bis zur
nur
ergibt sich als not
muß selbstverständlich
und
auch auf Binnenhäfen und Binnenschiffe — auf letztere auch, sofern sie in
Seehäfen verkehren — angewendet werden. Es fragt sich nur,
ob der tatsächlich vorhandene Unterschied in der
Fassung der beiden Absätze genügt, um die Annahme zu begründen, daß im vierten Absätze nur Binnenwasserstraßen und Binnenschiffahrt gemeint seien.
Diese Frage ist zu verneinen.
Irgendwelche Gegensätzlichkeit
Aufeinanderfolge der maßgebenden Bestimmungen
ist
in
nicht erkennbar.
der Die
jenigen des vierten Absatzes sind im Wortlaut allgemein und vorbehaltlos. Es fehlt an einem hinreichenden Anlaß, sie einschränkend auszulegen, wohl
aber liegen triftige Gründe für die Meinung vor, daß die Vorschriften des dritten Absatzes zu eng gefaßt sind.
Diese Gründe ergeben sich zunächst aus der Vergleichung des Art. 54 der Verfassung mit Art. 25 des Zollvereinsvertrages.
die Seeschiffahrt nicht besonders;
Der letztere erwähnt
er spricht nur von Wasserstraßen, Häfen,
Anstalten und Einrichtungen im allgemeinen und bietet keinerlei Anhalts punkte für die Vermutung eines
auf die verschiedenartige Behandlung der
beiden Schiffahrtsgruppen gerichteten Vertragswillens.
Die Annahme des Dr. Brandt
hinsichtlich
einer Verschiedenheit des
verfassungsmäßigen Rechtszustandes für See- und Binnenschiffahrt steht also
mit der zweifellos gewollten Identität des Inhaltes der Verfassung und
des Zollvereinsvertrages in Widerspruch.
Außerdem hat die Reichsgesetzgebung und die Praxis der Einzelstaaten die Bestimmungen des vierten Absatzes in Art. 54 stets auf alle Wasser straßen, einschließlich der Seewege, angewendet. des Gesetzes
vom
Insbesondere hat sich der
5. April 1886
über
die
Schiffahrtsabgaben auf der Weser zwischen Bremen und Bremerhaven
auf
Bundesrat
bei Einbringung
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Die Rechtsquellen.
II.
28
den Standpunkt gestellt, daß jene Bestimmungen auch für diese Weserstrecke, die zweifellos nur als Seeweg in Betracht kam *,
tat
selbe
der
Geltung hätten.
Das
zwischen
seiner
Meinungsverschiedenheit
die
Reichstag;
Kommission und dem Bundesrat bezog sich nicht auf die Anwendbarkeit des
Art. 54, Abs. 4, sondern auf seine Auslegung nach einer anderen Richtung.
Das Nähere
hierüber
über die Praxis der
sowie
Einzelstaaten wird an
anderer Stelle und in anderem Zusammenhänge noch auszuführen sein.
Die Behandlung der Strommündungen als Hafenreeden läßt sich aus den tatsächlichen Verhältnissen nicht rechtfertigen?.
140 Km lange Elbstrecke für Hamburg, strecke für Bremen,
haven als Reeden
noch
Man kann weder die
noch die HO Km lange Weser
auch die 47 Km lange Außenweser für Bremer
ansprechen;
abgesehen von der sehr bedeutenden Länge
dieser Stromstrecken auch deshalb nicht, weil ihre Bedeutung für den Verkehr nicht auf ihrer Benutzung zum Stillliegen, auf ihrer Befahrung
straßen
oder
beruht.
Es
die
Zufahrtslinien,
Reeden dienen.
Das Wesen
Löschen und Laden,
handelt sich nur
zu
hier um
kleinen Teilen
sondern
Zugangswasser
gleichzeitig
als
daß man
einer Reede zeigt sich nicht darin,
sie befährt, sondern in ihrer Brauchbarkeit als Liegeplatz. Die Anwendung des Wasserstraßenbegriffs auf Seewege ist nicht nur
nach dem allgemeinen Sprachgebrauch, sondern auch nach dem der besonderen seerechtlichen Vorschriften zulässig und unbedenklich.
Ein
12. Mai
in
der
1902
Beilage
zur
veröffentlichter
Münchener
Vortrag
„Allgemeinen Zeitung"
von Stengel:
„Das
Recht
vom
der
Wasserstraßen" beginnt mit den Worten:
„Die wichtigste Wasserstraße ist natürlich das Meer." Das Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechts von Löning^
enthält
* Für Binnenfahrzeuge war sie schon vorher schiffbar; die Regulierung sollte sie als Seeweg geeignet machen. Wenn Wittmack in seinem Aufsatze: „Völker rechtliche Bedenken gegen die Einführung von Abgaben auf die Flußschiffahrt" im Archiv für öffentliches Recht, 1905, Bd. XIX, S. 167 von der tatsächlichen Voraus setzung ausgeht, „die Strecke oberhalb Bremerhavens werde von Seeschiffen wenig befahren," so ist das ein tatsächlicher Irrtum. Sie ist im Gegenteil fast aus schließlich Seewasserstraße. 2 Der Begriff der Reede ist übrigens keineswegs auf Seehäfen und der See schiffahrt dienende Flußstrecken beschränkt. Beispielsweise wird die Strecke des Rheins vor Duisburg als Reede dieses Hafens bezeichnet und hat auch tatsächlich die Bedeutung einer solchen, insofern dort die Schiffe im Strom liegen, welche zu Schleppzügen zusammengestellt werden sollen oder auf Schleppdampfer warten. Da durch wird die Bedeutung dieser Rheinstrecke als Wasserstraße natürlich nicht alteriert. 3 Leipzig 1884.
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Umfang, Geltungsbereich und allgemeine Bedeutung der Rechtsvorschriften. 29
8 3.
in Kapitel VIII „Der öffentliche Verkehr" unter Abschnitt II „Die Wasser straßen" zwei Unterabschnitte: 1. „Das offene Meer", 2. „Die Flüsse".
Der
Preußische Staatshaushaltsetat unterscheidet die Binnenwasserstraßen von den
„Seehäsen und Schiffahrtsverbindungen".
Unter den letzteren mögen
hier
außer den Flußmündungen noch die Fahrrinnen in den Wattenmeeren an
der Nordsee als Beispiele für Seewasserstraßen genannt werden. Die Bekanntmachung des Reichskanzlers, betreffend die einheitliche Be
zeichnung der Fahrwasser und Untiefen in den deutschen Küstengewässern vom
31. Juli 1887 sagt: „Fahrwasser im Sinne dieser Grundsätze ist jeder für Seeschiffe benutzbare Wasserweg, dessen Verlauf durch Seezeichen kenntlich gemacht ist." In demselben allgemeinen Sinne ist der Begriff der Wasserstraße auch
der Anwendung
bei
des
vierten Absatzes
Wenn übrigens dieser Absatz
in Art. 54
ausgelegt
worden.
nur auf Binnenwasserstraßen sich bezöge,
so
tragende MschmÄ H
Ä-erOn/Z „Mrrme under Verfassung eine sehr empfindliche Lücke,
deren Entstehung aus irgend
welcher gesetzgeberischen Absicht nicht zu erklären wäre, weil die in der Sache
liegenden technischen und wirtschaftlichen Momente auf eine übereinstimmende
Regelung für alle Arten von Wasserstraßen Hinweisen.
Ebenso ist die An
nahme einer unbeabsichtigten Lücke ausgeschlossen, weil die als Vorbild be
nutzte Reichsverfassung von 1849 in vier Paragraphen ziemlich ausführliche Vorschriften für das besondere Gebiet der Seeschiffahrt, besonders auch über die „Schiffahrtsanstalten in den Mündungen der deutschen Flüsse" enthielt,
und
weil
im konstituierenden Reichstage von 1867
sowohl
als
auch
in
demjenigen von 1869 gerade über Seewasserstraßen und Seeschiffahrtsanstalten ausführliche Erörterungen stattgefunden haben *. 1869
sind
nicht
nur
zur Auslegung
Die Verhandlungen von
der Bundesverfassung
von
1867,
sondern auch zu der der Reichsverfassung von 1871 heranzuziehen. Zu den Eigentümlichkeiten der Fassung des Art. 54 gehört es ferner,
daß die für die Wasserstraßen aufgestellte und mit rechtlichen Wirkungen
ausgestattete Unterscheidung
zwischen
natürlichen
und
künstlichen
Wasser
* Stenograph. Berichte 1867 S. 279—283, 1869 S. 210—216 und 954—957 Die Erörterungen waren veranlaßt durch einen Antrag Grumbrecht zu Art. 4 Nr. 9 der Verfassung, wonach die Zuständigkeit des Bundes ausgedehnt werden sollte auf „die Anstalten für die Seeschiffahrt, Häfen, Seetonnen, Leuchttürme, das Lotsenwesen, das Fahrwasser usw." Die Fassung ist fast wörtlich aus Art. 20 der Verfassung vom 28. März 1849 entnommen, zu deren Unterzeichnern Grumbrecht gehört hatte. Der Antrag hat schließlich zu dem Verfassungsgesetz vom 3. März 1873 geführt.
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II. Die Rechtsquellen.
Z0
straßen nicht auch auf die Häfen in entsprechender Anwendung übertragen worden ist. Es
zeigt
sich
hier
die
den Rechtsvorschriften
bei
über Schiffahrts
ubgaben leider häufige Erscheinung, daß die gesetzgeberische Willensmeinung
nicht mit derjenigen Klarheit zum Ausdruck
wünschenswert gewesen wäre.
gebracht ist,
welche an sich
Es bestehen infolgedessen zwischen dem ge
wollten Inhalt und der gewählten Form starke Inkongruenzen,
welche das
Verständnis und die Auslegung erschweren. Darüber kann jedoch ein Zweifel nicht bestehen, daß der leitende Gesichts
punkt für die von
1867
bis 1871
vollzogene grundsätzliche Neuregelung
der Frage der Schiffahrtsabgaben derjenige des Gebührenprinzips gewesen ist. Für die Ausnutzung derjenigen Verkehrsmöglichkeiten, welche die Natur
als freies Genußgut zur Verfügung gestellt hat, sollte kein Entgelt gefordert werden dürfen.
Dieser Grundsatz,
der den Bruch mit einer vielhundert
jährigen Tradition der fiskalischen Belastung des Verkehrs bedeutete, führte in seiner gesetzgeberischen Ausgestaltung zu der Unterscheidung zwischen natür
lichen und künstlich geschaffenen Verkehrsmöglichkeiten sowie zur Aufstellung des Begriffs der „Schiffahrtsanstalten",
„besonderen Anstalten"
und „An
stalten" in der Verfassung, im Zollvereins- und Elbzollvertrage, der „Ein
richtungen", „Anstalten" und „künstlichen Anlagen" in der Rheinschiffahrtsakte. Jene Unterscheidung
und diese Begriffe
sind nicht nur für Wasser
straßen, sondern auch für Häfen von praktischer Bedeutung.
Es gibt natürliche
Häfen, die vermöge ihrer Lage und Beschaffenheit den Schiffen Schutz vor
Wind und Wellen sowie Lösch- und Ladegelegenheit
— in größerem oder
geringerem Maße — von jeher darboten, während andere Häfen nur durch
menschliche Arbeit entstanden sind.
Wo die Brauchbarkeit natürlicher Häfen
für den Schiffsverkehr durch menschliche Tätigkeit gesteigert wurde,
hat die
letztere sich — gerade so wie bei der Verbesserung natürlicher Wasserstraßen
— in „Anstalten" oder „Anlagen" verkörpert.
Dieser Sachlage trägt auch
die Reichsverfassung dadurch Rechnung, daß sie in Art. 54 „die Schiffahrts
anstallen"
in den Seehäfen,
der Abgabenerhebung bezeichnet.
nicht die Häfen an sich,
als Gegenstände
Ebenso spricht die Rheinschiffahrtsakte nur
von „Einrichtungen" und „Anstalten" in den Häfen,
womit sie allerdings
-nur Umschlagshäfen meint, während sie die Schutzhäfen überhaupt nicht be
sonders erwähnt. * In letzterer Beziehung stellten frühere Jahrhunderte ungleich geringere An sprüche als die Gegenwart. Die Kleinheit und der geringe Tiefgang der Schiffe gestatteten eine viel größere Annäherung an das natürliche Ufer. Dazu kam die Wohlfeilheit der Arbeitskräfte und der verhältnismäßig geringe Wert der Zeit.
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8 3.
Umfang, Geltungsbereich und allgemeine Bedeutung der Rechtsvorschriften. 31
Die große Mehrzahl der deutschen Häfen ist natürlich. gilt
das,
soweit
die
in
Seehäfen
Betracht
kommen,
Insbesondere
den
von
Häfen
an den Mündungen der Ströme und Haffe, die von jeher die größte Be deutung für den Handelsverkehr hatten, und an den Förden der schleswig-
holsteinschen Ostküste
Die Binnenhäfen sind ebenfalls in der Regel natürlich.
ihrem Ursprünge nach
Sie bestanden von altersher und bestehen zum großen Teil noch
heute aus Uferstrecken der Ströme, an welchen die in Betracht kommenden
Hafenplätze liegen; die
oder
„Anstalten"
„besonderen Anstalten"
bestehen
dann in Uferbefestigungen, Kais, Hebezeugen und anderen Vorrichtungen zur
Ein-
und
Ausladung,
Aufbewahrung
und
Weiterbeförderung
der
Güter. Daß der Unterschied zwischen natürlichen Häfen
und den darin
er
richteten Schiffahrtsanstalten von ähnlicher Bedeutung ist wie der zwischen den letzteren und den natürlichen Wasserstraßen, wird durch die Tatsache ver anschaulicht,
daß — um hier nur einige Beispiele
Königsberger Hafen
zu nennen — zum
13,5 km Pregellauf, zum Danziger Hafen 31 km
Weichsel und Motlau, zum Stettiner Hafen 17,8 km Oder? gehören. Hieraus ergibt sich, daß die Frage, ob alle Maßregeln zur Erhaltung
oder Verbesserung der natürlichen Verkehrsmöglichkeiten geeignete Substrate für die Erhebung von Schiffahrtsabgaben sind und durch solche Abgaben finanziert
werden
dürfen,
oder
in
ob
dieser
Beziehung
ein
Unterschied
zwischen Anstalten, besonderen Anstalten und Anlagen gemacht werden muß,
nicht nur für Wasserstraßen, sondern auch für Häfen zu beantworten ist und für beide gleichmäßig beantwortet werden muß.
Neben den natürlichen oder ursprünglich natürlichen Häfen gibt es in Deutschland auch eine Anzahl von künstlichen.
Zu dieser Gruppe gehören unter den Seehäfen an der Ostsee Hela und Saßnitz,
an der Nordsee Norddeich
und Norderney.
Ein
ausschließlich
künstlicher Binnenhafen ist der durch Ufereinschnitte hergestellte Duisburger. Selbstverständlich gibt es zahlreiche Übergangserscheinungen, bei welchen man
zweifeln kann, ob die natürlichen
oder die
künstlich geschaffenen Faktoren
überwiegen, wie dies bei Wasserstraßen auch der Fall ist. * Zur ersten Gruppe gehören insbesondere Memel (Haff und Dange), Königs berg, Danzig, Stettin, Swinemünde, Rostock, Lübeck, Hamburg, Bremen und Emden, das früher an der Ems lag; zur letzteren Kiel, Schleswig, Flensburg, Apenrade und Hadersleben. Natürliche Häfen durch ihre Lage an geschützten Meerbusen sind z. B. Stralsund und Sonderburg. 2 Einschließlich der Nebenarme Parnitz und Dunzig.
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II.
32
Die Rechtsquellen.
bei den Verfassungsbestimmungen über die Häfen der logische
Wenn
Parallelismus mit den auf die Wasserstraßen bezüglichen in der Formulierung
gewahrt worden wäre, so
hätte auch
bei den Häfen zwischen natürlichen
und künstlichen unterschieden werden müssen, und zwar derart, daß die letz teren in ihrer Gesamtheit aus Abgaben finanziert werden dürfen, die ersteren
dagegen nur bis zu derjenigen Wertgrenze, welche der Erhöhung ihrer Ge brauchsfähigkeit durch „Schiffahrtsanstalten" — bei den Wasserstraßen findet „besondere Anstalten" — entspricht.
sich dafür der Ausdruck
Das Fehlen
dieses Parallelismus berechtigt keineswegs zu der Schlußfolgerung, daß eine grundsätzlich verschiedene Regelung für Häfen und Wasserstraßen beabsichtigt
Eine solche Folgerung hat die Praxis jedenfalls nicht gezogen.
gewesen sei.
Ihr steht aber auch der Text der Verfassung selbst entgegen; denn es hätte keinen Sinn, von Schiffahrtsanstalten in Häfen zu sprechen, wenn man
nicht den
sachlichen Unterschied zwischen künstlichen und natürlichen Häfen
und den Begriff der „Anstalten" in den letzteren anerkennt. Es erübrigt nur die Annahme, daß auf gleichmäßige und symmetrische Fassung hier kein besonderes Gewicht
gelegt worden ist, weil man davon
ausging, daß der Wechsel der Darstellungsweise, die unsymmetrische Form des für den gesetzgeberischen Gedanken gewählten Ausdrucks dessen praktische Wirkung
Nutzanwendung
und
Beeinträchtigung
war
nicht
beeinträchtigen
ausgeschlossen,
allerdings
könne.
wenn
jede
Eine
solche
Verbesserung
eines natürlichen Hafens durch menschliche Fürsorge eine „Schiffahrtsanstalt" Denn dann bestand zwischen den künstlich geschaffenen und den
sein sollte. von
Menschenhand
dem
hier
in
durch
Wasserbauten
Unterschied.
verbesserten
Betracht
natürlichen
kommenden
Schiffahrtsabgaben
—
aus
Finanzierung
von
Verkehrsmöglichkeiten
Gesichtspunkte
—
der
überhaupt
kein
wesentlicher
Entscheidend für die Zulässigkeit von Abgaben war dann nur
die Tatsache der künstlichen Herstellung oder Verbesserung; beide Tatbestände waren hinsichtlich der daran geknüpften Rechtswirkung völlig gleichwertig, und es durften bei der Tarifbildung alle wirklich aufgewendeten Kosten, ohne Rücksicht aus den Verwendungszweck im einzelnen, berücksichtigt werden.
diesem Falle würde
auch
die Erörterung
der Frage,
ob
In
eine natürliche
Verkehrsmöglichkeit — eine Wasserstraße oder ein Hafen — in die Klasse der künstlichen dadurch übergehen kann, daß infolge sehr intensiver Verbesserungstätigkeit der Anteil der Kunst an der Leistungsfähigkeit der Wasserstraße oder des Hafens den Anteil der Natur überwiegt, jede praktische Bedeutung
verlieren.
Eine solche Bedeutung wohnt ihr nur so lange bei, als man
zwischen den zur Verbesserung natürlicher Verkehrsmöglichkeiten getroffenen
Anstalten
und
ausgeführten Arbeiten eine Scheidung
vornimmt in dem
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8 3. Umfang, Geltungsbereich und allgemeine Bedeutung der Rechtsvorschriften. 33
Sinne,
daß
die
einen
Substrate
der
Abgabenerhebung
und durch
sein
Schiffahrtsabgaben finanziert werden dürfen, die anderen aber nicht.
Bei der Verbesserung natürlicher Häfen hat man in der Praxis niemals
eine solche Unterscheidung
gemacht; man hat vielmehr alle Wasserbauten
zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit eines Hafens als zulässige Grundlagen der Abgabenerhebung angesehen, nicht nur Kais, Krane, künstlich hergestellte
Becken
und
ähnliche Neuanlagen,
auch
sondern
die Vertiefung der dem
Hafenzwecke dienenden Teile von Strömen und Meeresarmen durch Baggerung
sowie
die
Verbreiterung,
Begradigung
und
Bezeichnung
des
natürlichen
Fahrwassers im Hafengebiet. Der Wortlaut des dritten Absatzes im Art. 54 steht auch dieser Praxis
nicht entgegen, da er die Abgabenerhebung für die Benutzung aller „Schiff fahrtsanstalten", nicht nur für Benutzung
„besonderer Anstalten"
gestattet.
Der letztere Ausdruck findet sich nur bei den Wasserstraßen.
Wenn es richtig ist,
daß die Frage der Schiffahrtsabgaben für alle
natürlichen und künstlichen Verkehrsmöglichkeiten, Häfen und Wasserstraßen, einheitlich und gleichmäßig geregelt werden sollte und
geregelt worden ist,
so muß nach einer Erklärung dafür gesucht werden, daß das Wort „besondere" bei den Anstalten für Wasserstraßen
gebraucht, bei den Schiffahrtsanstalten
für Häfen — oder vielmehr Seehäfen — aber fortgelassen ist.
Abgesehen hiervon ist die Erkenntnis des geltenden Rechtes von der Auslegung der Begriffe „natürliche" und „künstliche Wasserstraße", „Anstalt" und „Anlage", „besondere Anstalt",
„Verkehrserleichterung", „Benutzung",
„Unterhaltungs- und gewöhnliche Herstellungskosten" abhängig.
Die Begriffe künstliche und natürliche Wasserstraße, Anstalt, besondere Anstalt, Anlage und Verkehrserleichterung sind entscheidend
für die Fest
stellung des Substrates der Abgabenerhebung. Aus dem Begriffe der Benutzung ergeben sich die Voraussetzungen für
den Eintritt der Abgabepflicht im einzelnen Falle, und der Begriff der Unterhaltungs- und
gewöhnlichen Herstellungskosten ist maßgebend
für die
Höchstgrenze, bis zu welcher Schiffahrtsabgaben erhoben werden dürfen.
Schriften OXV. - Erster Teil.
3
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III.
Gegenstand der Abgabenerhebung.
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Die künstliche Wasserstraße. 8 1Allgemeine Bemerkungen. Natürliche und künstliche Verkehrs möglichkeiten. Die natürlichen Wasserstraßen erscheinen als Rechtsbegriff zuerst in der Bundesverfassung
heute noch
von
1867;
den
Zollvereinsverträgen,
geltenden, ist dieser Begriff fremd.
einschließlich
des
Ebensowenig kannten die
älteren Zollvereinsverträge den Begriff der künstlichen Wasserstraße, er ist erst in demjenigen von 1867 sowie in der Bundesverfassung aufgestellt und
später in die Rheinschiffahrtsakte übergegangen. Die früheren Verträge haben mit stets gleichbleibender Wortfassung die Kanalgebühren in koordinierter Aneinanderreihung mit allen anderen Gebühren
für Benutzung schiffahrtsförderlicher Anstalten aufgeführt und hierdurch zu
erkennen
gegeben,
daß
sie
die
Kanäle
als
„Anstalten"
behandeln
und
zwischen den verschiedenen Anstaltsarten keine Unterschiede machen wollten. Auch der gellende Zollvereinsvertrag behandelt die künstlichen Wasserstraßen
als „Anstalten", indem er zunächst von „Kanal- und Schleusengebühren"
spricht und die Aufzählung der in Betracht kommenden Verkehrsabgaben mit einer eluusula ZeneraliZ hinsichtlich
aller
„Leistungen für
Anstalten,
welche zur Erleichterung des Verkehrs bestimmt sind", abschließt.
Von
natürlichen und künstlichen Häfen ist nirgends
ausdrücklich die
Rede, wenngleich das Vorhandensein des ersteren Begriffs in der Verfassung
und der Rheinschiffahrtsakte anerkannt und vorausgesetzt ist *. Die an den Begriff der künstlichen Wasserstraße geknüpften Rechtsfolgen
sind
in allen drei Rechtsquellen gleichmäßig dahin geregelt, daß für die
Benutzung oder Befahrung solcher Schiffahrtswege Abgaben erhoben werden dürfen. * Vgl. die Ausführungen in Abschn. II H 3.
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Gegenstand der Abgabenerhebung.
III.
38
Die Rechtswirkung des Begriffs der natürlichen Häfen und Wasser daß nicht ihre Benutzung oder Befahrung an sich,
straßen zeigt sich darin,
sondern nur die Benutzung der in oder an ihnen vorhandenen Schiffahrts
anstalten oder besonderen Anstalten als Titel für die Erhebung von Schiff fahrtsabgaben anerkannt wird.
Wie bereits im vorhergehenden Abschnitt angedeutet,
hat diese Unter
scheidung nur dann praktische Bedeutung, wenn man annimmt, daß nicht jede konstruktive oder administrative Maßregel zur Erleichterung des Verkehrs
in Häfen oder auf Strömen eine Anstalt und nicht jedes Nutzenziehen aus
solchen
eine
Maßregeln
Benutzung
im
der
Sinne
geltenden
Rechts
vorschriften ist *.
Ob diese Annahme gerechtfertigt ist oder nicht, wird an anderer Stelle
noch zu prüfen sein.
Hier sollen zunächst nur die Begriffe des Natürlichen
und Künstlichen im Zusammenhänge jener Rechtsvorschriften und unter der Voraussetzung, daß es aus sie ankommen sollte, analysiert und festgestellt werden.
Zu den natürlichen Wasserstraßen und Häfen
gehören dem Sprach
gebrauche und der Wortauslegung nach diejenigen Gewässer, welchen irgend welche Brauchbarkeit für die Zwecke des Schiffsverkehrs von jeher innewohnte, während sie als künstliche dann bezeichnet werden, wenn diese Brauchbarkeit
durch menschliche Arbeit hergestellt ist.
Die erstere Gruppe ist, wenn man den Begriff des „Natürlichen" in logischer Reinheit und Schärfe auffaßt, in Deutschland nur noch spärlich
vertreten.
Es gibt bei uns gegenwärtig, namentlich soweit das Gebiet der
Binnenschiffahrt in Betracht kommt, nur noch sehr wenige und unbedeutmde Wasserstraßen, von welchen man sagen kann, daß ihr ursprünglicher und natürlicher Zustand keine wesentliche Änderung erfahren hat. Im Jahre 1867, bei dem Erlaß
größer
und
Wasserstraßen
die
der Bundesverfassung, war ihre Zahl freilich noch
Verkehrsbrauchbarkeit
des
unterschied sich weit weniger
Gesamtnetzes
der
von der natürlich
deutschen
gegebenen,
namentlich unter der Voraussetzung sachgemäßer Unterhaltung der früher verwilderten Ströme,
oder mit anderen Worten:
unter der Voraussetzung,
daß ein gewisses Maß von Unterhaltungstätigkeit, insbesondere von Vorsorge
gegen
Verschlechterungen — im Gegensatz zu positiven Verbesserungen —
als vereinbar mit dem jungfräulichen Charakter eines Stromes angesehen
wird.
Zwar
waren
zurzeit der
Begründung
des
neuen
Reichs
schon
* Die Bedeutung des Begriffs der künstlichen Wasserstraße für die Zulassung eines die Selbstkostendeckung überschreitenden Geldertrages kann hier ausscheiden. Denn diese Zulassung ist nur für nichtstaatliche künstliche Wasserstraßen ausgesprochen.
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H 1. Allgemeine Bemerkungen.
Natürliche und künstliche Verkehrsmöglichkeiten. 39
ziemlich erhebliche Summen für die deutschen Ströme ausgegeben, deren
Höhe in dem zweiten Teile dieser Arbeit für das preußische Staatsgebiet
Aber ein sehr beträchtlicher Teil dieser Summen
nachgewiesen werden wird.
war nicht für die Schiffahrt, sondern im Interesse der allgemeinen Landes
kultur, vor allem im landwirtschaftlichen Interesse aufgewendet.
Das gilt
namentlich von den Kosten der badisch-französischen Rheinregulierung * von
zahlreichen
Bauten
an
der
Von
Weichsel.
den
im
Interesse
und
der
Schiffahrt verbauten Beträgen war ferner ein sehr großer Teil nicht auf
die Verbesserung des Fahrwassers verwendet worden, sondern auf den Leinpfad, dessen Ausbau in der Zeit vor der Entstehung und Ausbreitung der Dampfschleppschiffahrt
war?.
eine Hauptaufgabe
Erst durch den Dampfschleppbetrieb
der Wasserbauverwaltungen
wurde die Lage der Fahrstraße
vom Ufer unabhängig und ihr zweckmäßiger Ausbau mit technischen Hilfs
mitteln überhaupt möglich; solange nur vom Ufer aus geschleppt werden
konnte, mußte bei allen Entschließungen über die Gestaltung der Fahrrinne auf deren Lage zum Ufer Rücksicht genommen und
ein großer Teil der
Mittel auf die Erleichterung des Treidelbetriebes verwendet werden.
Die
mit diesen Mitteln ausgeführten Bauten waren aber auf den Zustand des
Strombettes höchstens insofern von Einfluß, Stellen zugleich Uferbefestigung war.
als der Leinpfad an einzelnen
Im allgemeinen konnte die Erbauung
eines Uferweges, der Natur der Sache nach, den „natürlichen" Charakter einer Wasserstraße nicht ändern. Immerhin war im Jahre 1867
an einer Anzahl von Strömen und
anderen Gewässern schon soviel gebaut und ihre ursprüngliche Schiffbarkeit schon in dem
Grade verbessert,
neuen — gegenüber
daß der Gesetzgeber bei Aufstellung
der Terminologie
des
der Zollvereinsverträge neuen —
Rechtsbegriffs der natürlichen Wasserstraße Veranlassung hatte, sich die Frage
vorzulegen, ob und inwieweit jene Bauten auf die Erhaltung dieses Begriffs einwirken könnten.
Es waren drei Möglichkeiten für die Beantwortung der
Frage vorhanden.
Die erste ergibt sich aus dem historischen Standpunkte,
wenn man jedes von alters her befahrene und fahrbare Gewässer schon um * In dem amtlichen Werke: „Der Rheinstrom und seine wichtigsten Neben flüsse, im Auftrage der Reichskommission zur Untersuchung der Rheinstromverhält nisse herausgegeben von dem Zentralbureau für Meteorologie und Hydrographie im Großherzogtum Baden." Berlin 1889, wird anerkannt, daß eine Vergrößerung der Fahrtiefe nicht eingetreten ist. In ähnlichem Sinne äußert sich Gelpke, „Zur Kritik der oberrheinischen Binnenschiffahrtsprojekte." Basel 1904. 2 Denkschrift über die Ausführbarkeit einer weiteren Vertiefung des Rheins von Coblenz bis zur niederländischen Grenze von Jasmund, S. 4. Inzwischen hat der Treidelverkehr an den Strömen so gut wie ganz aufgehört.
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III.
40
Gegenstand der Abgabenerhebung.
gleichviel wie stark der ursprüng
dieser Tatsache willen für alle Zeilen, liche Zustand
durch künstliche Eingriffe verändert sein mag,
Wasserstraße behandeln will.
als natürliche
Eine zweite Lösung, welche im Gegensatz zur
ersten mehr auf aktuellen und praktischen Erwägungen beruht, würde darin daß zwar unwesentliche Verbesserungen der Fahrbarkeit eines Ge
bestehen,
wässers ihm die Eigenschaft der natürlichen Wasserstraße im Rechtssinne nicht
nehmen, daß aber starke Veränderungen durch Wasserbauten, infolge deren der Anteil der Kunst an der Verkehrsbrauchbarkeit einer Wasserstraße den jenigen der Natur überwiegt, allerdings den Übergang aus der Klasse der
natürlichen in die der künstlichen herbeiführen können. Lösung
Nach
einer dritten
würde die durch Menschenhand verbesserte natürliche Wasserstraße
diese Eigenschaft im Rechtssinne behalten
hinsichtlich
desjenigen Verkehrs,
welcher schon vor der Verbesserung und unabhängig von ihr möglich war, während sie hinsichtlich alles übrigen Verkehrs als künstliche Wasserstraße zu
gelten hätte.
Die dritte Lösung hält sich im Nahmen der für die zweite maßgebenden grundsätzlichen Auffassung, daß der Übergang von der natürlichen zur künst lichen Wasserstraße überhaupt möglich ist.
Der neue Gesichtspunkt liegt nur
in der Begriffsspaltung nach Verkehrsgruppen.
Diese Spaltung hat aller
dings gleichzeitig die Bedeutung, daß sie denjenigen Voraussetzungen Rechnung
trägt, welche nach der unzweifelhaften Absicht des Gesetzgebers für die Ent stehung der Abgabenpflicht entscheidend sind, insofern für die vor der Ver besserung möglich
Wirkung
der
gewesene Schiffahrt die Verbesserungsanstalten weder die
„Erleichterung des
Verkehrs"
haben noch Gegenstand einer
„Benutzung" sein können.
Ein praktischer Unterschied zwischen der ersten und zweiten Lösung ist nur vorhanden, wenn nicht alle Anstalten zur Erhöhung der Verkehrsbrauch
barleit eines Gewässers — einer Wasserstraße oder eines Hafens — sondern nur
gewisse
gelten.
Arten
dieser
Anstalten
als Substrate
der Abgabenerhebung
Kann eine Wasserstraße durch starke Veränderung ihres natürlichen
Zustandes zu einer künstlichen werden, so ist sie von diesem Zeitpunkte ab in ihrer Totalität, also auch mit ihrem gesamten Anlagekapital und allen laufenden Unkosten, Gegenstand und Grundlage der Abgabenerhebung, gleich
viel ob und in welchem Maße Kapital und laufende Ausgaben auf Anstalten der einen oder der anderen Gruppe,
Stauanlagen oder Korrektionswerke,
entfallen.
Vor jenem Zeitpunkte — im Stadium einer schwächeren Beeinflussung der natürlichen Verhältnisse eines Gewässers — würde dagegen der Unter
schied zwischen denjenigen Anstalten, welche Substrat der Abgabenerhebung
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Z 1.
Natürliche und künstliche Verkehrsmöglichkeiten. 41
Allgemeine Bemerkungen.
sein können oder diese Fähigkeit nicht besitzen, für die Berechnung des durch Schiffahrtsabgaben
zu
deckenden
Kostenbetrages
von
einschneidender
Be
deutung sein.
Ein zur Veranschaulichung geeignetes Beispiel bietet der Main von
abwärts, der früher durch Buhnen und Parallelwerke reguliert,
Frankfurt
dann aber in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts kanalisiert wurde.
Ist
er durch die Kanalisierung zur künstlichen Wasserstraße ge
worden — die Meinung, daß ein Fluß durch Kanalisierung zur künstlichen
Wasserstraße wird,
ist sehr verbreitet —, so
besteht die Summe,
deren
Deckung durch Schiffahrtsabgaben zulässig ist, nicht nur aus den Kosten der Wehre und Schleusen, sondern aus den Zinsen sämtlicher Anlagekapitalien und den sämtlichen laufenden Kosten der Wasserstraße, soweit diese Beträge
überhaupt im Interesse der Schiffahrt,
Ausbau
Wasserstraße
der
wendet sind.
etwa
im Gegensatz
mitbeteiligten
anderen
zu
Interessen,
nützlich
beim
ver
Denn darüber kann ein Zweifel nicht bestehen, daß der Be
griff der Anstalt oder der besonderen Anstalt nach der Willensmeinung der
Verfassung nur bei natürlichen Wasserstraßen eine Rolle spielt, nicht bei den künstlichen, die selbst Anstalten * Ist der kanalisierte Main
sind.
aber nach wie vor eine natürliche Wasser
straße im Rechtssinne und sind nicht alle zur Verbesserung des Fahrwassers ausgeführte Bauten, sondern nur die Stauwerke und Schleusen „besondere
Anstalten", so
können nur die Kosten der letzteren der Abgabenberechnung
zu Grunde gelegt werden.
Alsdann müßten von dem Anlagekapital der
kanalisierten preußischen Mainstrecke, allein für die nach 1883 ausgeführten Fahrwasserverbesserungen, etwa 1,8 Millionen Mk. ausgeschieden werden Von
dem
auf
52 Millionen veranschlagten Baukapital,
welches für die
Kanalisierung der Mosel von Perl bis Coblenz erforderlich wäre, würden etwa 10 Millionen nicht auf die Stauanlagen, sondern auf die Verbesserung
der zwischen ihnen liegenden Flußstrecken entfallen.
Das Baukapital
der
kanalisierten Oder zwischen Kosel und der Neißemündung entfällt zu etwa einem Dritteil nicht auf Stauanlagen.
In dem jetzigen 67 Irin langen Elbe — Trave-
Kanal liegen rund 25 Irin schiffbarer Flüsse, der Trave, Wakenitz und Steckenitz Die Aptierung dieser Flüsse für den neuen Großschiffahrtsweg geschah nicht nur * Im Sinne der Zollvereinsverträge. 2 Der von den vier Uferstaaten am I. Februar 1883 abgeschlossene Main kanalisierungsvertrag unterscheidet in Art. 5 ausdrücklich „Kanalisierungswerke" und „Fahrwasser". 3 Die letztere war von jeher, schon vor ihrer im Mittelalter erfolgten Kanali sierung, oder vielmehr Ausstattung mit Stauschleusen, schiffbar.
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III.
42
Gegenstand der Abgabenerhebung.
durch Anstauung, sondern in sehr bedeutendem Umfange auch durch Ver breiterung und Vertiefung.
Die Trave wurde von etwa 30 in Wasserspiegel
breite und 2,5 m Tiefe auf 39 und 3,5 in, die Steckenitz von 11 bis 14 in Breite und 0,4 bis 0,8 in Tiefe
auf 32
und 2,5 in gebracht.
Es fällt
schwer, an eine Rechtsfiktion zu glauben, derzufolge die so stark veränderten
Flüsse oder Fluszstrecken — ganz abgesehen von ihrer Anstauung — natür liche Wasserstraßen geblieben sein und daß die Veränderungsbauten nicht als „Anstalten" oder „besondere Anstalten" gelten sollen.
Wenn durch das von Natur schiffbare Haff, und zwar auf einer Linie, in welcher die ursprüngliche Tiefe von 0,70 bis 2,50 in schwankte, ein Unter
wasserkanal mit 6,50 in Tiefe zwischen der Pregelmündung und Pillau ge
baut worden ist, so widerspricht es einem unbefangenen Sprachgefühl, diese in
ein flaches Seebecken eingeschnittene,
nach Süden durch einen langen
Damm geschützte Wasserstraße noch als „natürliche" zu bezeichnen oder ihr
die Eigenschaft als schiffahrtsförderliche Anstalt abzusprechen. 8 2.
Abgrenzung der Begriffe nach grammatischer Interpretation. Das entscheidende Begriffsmerkmal der natürlichen Wasserstraße und
des natürlichen Hafens — der einfacheren Darstellung wegen wird in den folgenden Ausführungen nur noch von den Wasserstraßen ausdrücklich ge
sprochen werden — ist nach dem Sinne und Wortlaut der Verfassung nicht der tatsächliche Gebrauch für Schiffahrtszwecke, sondern die Möglichkeit eines solchen.
Der Begriff der natürlichen Wasserstraße deckt sich also mit dem
jenigen des öffentlichen Flusses in
einem großen Teile von Deutschland,
namentlich im Gebiete des Preußischen Allgemeinen Landrechts
welches in
* In anderen Rechtsgebieten Deutschlands sind auch die von Natur flößbaren Flüsse öffentlich und deshalb in der Hand des Staates. Die Bundes- und Reichs verfassung will aber den Begriff der natürlichen Wasserstraßen in Art. 54 Abs. 4 auf die schiffbaren Gewässer beschränken, wenngleich sie die auf den letzteren be triebene Flößerei den Bestimmungen dieses Artikels mitunterwirft. Die Verhältnisse der nur flößbaren Wasserläufe sind von Reichs wegen, soweit sie das Gebiet mehrerer Bundesstaaten berühren, unter dem Gesichtspunkte der Abgabenfrage durch das Bundesgesetz vom 1. Juni 1870 besonders geregelt worden. Die Frage, was die Verfassung unter „natürlichen Wasserstraßen" verstanden habe, ist schon im Jahre 1870 zweifelhaft gewesen. Ein — von Delbrück nicht mitvollzogener — Bericht der Bundesratsausschüsse für Zoll- und Steuerwesen und für Justizwesen über Flößereiabgaben auf der Werra und Saale vom 13. September 1870 bezeichnet es als „nicht unwahrscheinlich, daß der Verfassung die Vorschriften des preußischen Rechts zugrunde liegen"; womit gesagt werden sollte, daß die öffent-
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H 2.
Abgrenzung der Begriffe nach grammatischer Interpretation.
§ 38, Teil II, Tit. 15 sagt:
4Z
„Die Nutzungen solcher Ströme, welche von
Natur schiffbar sind, gehören zu den Regalien des Staates."
Im Gegen
satze hierzu macht das bayrische Gesetz vom 28. Mai 1852 durch die Be stimmung in Art. 2:
„als öffentliche Flüsse werden diejenigen betrachtet,
welche und soweit sie zur Schiffahrt oder
zur Floßfahrt mit gebundenen
Flößen dienen" den Begriff des öffentlichen Flusses nicht von der Fahrbar keit, sondern von der Befahrung abhängig.
Zwar sollen nach dem Schluß
sätze des Z 2 a. a. O. „Flüsse, welche aufhören, zur Schiff- und Floßfahrt zu dienen, dadurch die Eigenschaft öffentlicher Gewässer nicht verlieren";
aber
dieser Vorbehalt gilt nur für die Zeit nach dem Inkrafttreten jenes Gesetzes. Hiernach können in Bayern
auch nichtöffentliche Flüsse natürliche Wasser
straßen im Sinne der Reichsverfassung sein.
Denn es wäre an sich möglich,
daß ein Fluß die Eignung als Schiffahrtsstraße im Jahre 1852 besaß und heute noch besitzt, obwohl er in jenem Jahre der Schiffahrt tatsächlich nicht diente.
Die Anwendung des Begriffs der natürlichen Schiffbarkeit ist bei den jenigen Gewässern, auf welchen eine Schiffahrt nicht oder nicht mehr besteht, zuweilen schwierig.
Es kann unter Umständen zweifelhaft sein, ob ein Ge
wässer überhaupt oder auf gewissen Strecken als schiffbar und demgemäß als natürliche Wasserstraße anzusehen ist.
Der Umstand,
daß es früher der
Schiffahrt gedient hat, kann nicht ohne weiteres als Beweismittel hierfür Es gibt in Deutschland zahlreiche kleine Flüsse, die im Mittelalter
gelten.
und
noch
bis ins
19.
Jahrhundert
hinein
als Schiffahrtswege
benutzt
wurden, weil sie trotz der geringen Tragfähigkeit der Fahrzeuge und trotz der hohen Kosten des Schiffszuges immer noch eine billigere Beförderung
ermöglichten, als die schlechten und unbefestigten Landwege.
Diese Flüsse
haben ihre Verkehrsbrauchbarkeit eingebüßt, nicht weil die natürlichen Voraus
setzungen des Schiffsbetriebes sich geändert hätten, sondern weil die Ansprüche
des Verkehrs sich gesteigert haben und zuerst durch Kunststraßen, später durch Eisenbahnen besser befriedigt werden konnten.
Beispiele für diese Entwicklung
einer natürlichen Wasserstraße zum Privatflusse sind die Sieg, die Fulda und Werra, die noch im vorigen Jahrhundert bis Eitorf, Hersfeld und Wan fried
aufwärts befahren
wurden und jetzt seit langer Zeit — die Fulda
auf der Strecke oberhalb Cassel — keine oder so gut wie keine Schiffahrt
habend
Die
Persante
in
Hinterpommern
wurde
im
18.
Jahrhundert
lichen Flüsse im Sinne des Preußischen Landrechts in Art. 54 gemeint seien. Es erscheint auffallend, daß man schon damals zu einer sicheren Feststellung der gesetzgeberischen Willensmeinung nicht gelangen konnte. Reichstag 1870, Drucksache 137, S. 18 u. 24. * Vgl. Bericht der Agrarkommission des Preußischen Abgeordnetenhauses vom 21. März 16S5, Drucksachen Nr. S7 S. 10. Weser und Ems. Im Auftrage des
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III.
44
Gegenstand der Abgabenerhebung.
zwischen Körlin und Kolberg mit Frachtschiffen befahren; heute gilt sie als
Auf dem die masurischen Seen mit dem Narew verbindenden
Privatfluß.
Pissekflusse hat die noch vor 100 Jahren betriebene Schiffahrt längst auf
gehört.
Im Mittelalter diente sogar die Hörsel, ein Nebenfluß der Werra,
die in die Aller fließende Ocker und die Sorge in Westpreußen zwischen
Baumgarth und Christburg der Schiffahrt *.
Man begnügte sich mit sehr
kleinen Fahrzeugen und mit einer periodischen, für verhältnismäßig kurze Zeiträume eintretenden Verkehrsmöglichkeit.
Die Eigenschaft des „öffentlichen Flusses" und der „natürlichen Wasserstraße" ist also nicht lediglich von der Wassermenge, dem Gefälle, der Breite und Tiefe des Flußbettes und von sonstigen hydrographischen Verhältnissen, sondern auch
von dem Stande der volkswirtschaftlichen und verkehrstechnischen Entwicklung
abhängig.
Die Grenze zwischen den schiffbaren und nichtschiffbaren natür
lichen Gewässern hat sich im Laufe der Zeit — soweit die kilometrische Er streckung beider Gruppen in Betracht kommt — immer mehr zugunsten der letzteren verschoben.
Will man also die als Beweismittel gewiß in erster Reihe wertwolle Tatsache der Ausübung des Schiffahrtbetriebes zur Feststellung der Eigen
schaft eines
Gewässers
als
„natürliche Wasserstraße"
benutzen,
so
würde
man bei den heute nicht mehr befahrenen Gewässern nicht zu weit in die Vergangenheit zurückgreifen dürfen.
Anderseits könnte man ebensowenig die Gegenwart ohne weiteres zu grunde legen.
Sonst müßte man dem Oberrhein zwischen Basel und Straß
burg?, der Donau oberhalb Regensburg,
der Ruhr, dem größten Teil der
preußischen Wasserausschusses herausgegeben von H. Keller.
Bd II S. 372 ff.,
437 ff. * Weser und Ems, Bd. IV S. 298.
Professor Rehm in Straßburg hat in Nr. 73 der „Münchener Neuesten Nach richten" einen Aufsatz „Schiffahrtsabgaben und Reichsversassung" veröffentlicht, in welchem er ausführt, Schiffahrtsabgaben auf dem Rhein oberhalb Straßburg bis Basel würden im Falle der Verbesserung dieser Stromstrecke für Schiffahrtszwecke zulässig sein; denn dort handelt es sich nicht um den Ausbau einer natürlichen Wasserstraße, sondern um die „Schaffung einer künstlichen aus einem natürlichen Wasserlauf". Was den Fluß zur Wasserstraße mache, sei die Eignung als Verkehrsweg, und diese fehle dem Oberrhein von Natur. Tatsächlich ist diese Eignung jahrhundertelang — unter den damaligen volks wirtschaftlichen Voraussetzungen und Verhältnissen — bis etwa zur Mitte des vorigen Jahrhunderts vorhanden gewesen. Ob sie heute wirklich verloren gegangen ist, er scheint mindestens zweifelhaft. Ein unternehmender Reeder aus Duisburg hat seit einigen Jahren die Fahrt nach Basel ausgenommen. Er hat damit bewiesen, daß
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Z 2.
Abgrenzung der Begriffe nach grammatischer Interpretation.
45
Lahn und einem großen Teil des Neckar — um nur einige Beispiele nennen — die Eigenschaft als natürliche Wasserstraße *
weder
mit den
lebendigen ferner
Auffassungen
Überlieferungen
zu berücksichtigen,
der
des daß
beteiligten
noch
Kreise
Verkehrslebens
die Eigenschaft
absprechen,
vereinbar als
auch wäre.
zu
was
den
mit
Es
ist
öffentlicher Fluß oder-
natürliche Wasserstraße im Rechtssinne dadurch nicht verloren geht, daß die
Ausübung der Schiffahrt durch menschliche Eingriffe,
etwa Wasserableitung
oder Einbau von Triebwerken, tatsächlich behindert ist. Aber auch abgesehen hiervon würde bei ausschließlicher Berücksichtigung
der
gegenwärtigen
Verhältnisse
immer
die
noch
Schwierigkeit
bestehen
bleiben, daß ein sicherer und allgemein anwendbarer Maßstab für die An forderungen, welche an die Verkehrsbrauchbarkeit eines Gewässers unter dem
Gesichtspunkte der „natürlichen Wasserstraße" zu stellen sind, kaum zu finden ist.
Es
kann
für den
Begriff der
Schiffbarkeit eines
genügen, daß auf ihm irgendwelche Fahrzeuge von
Gewässers
nicht
beliebiger Größe, mit
beliebig kleiner Ladung in irgendwelcher Jahreszeit auf irgendwelche Ent fernungen bewegt werden können
oder auch
bewegt werden.
vielmehr die natürlichen Vorbedingungen für einen
Es müssen
wirtschaftlichen Schiff
fahrtsbetrieb zur Beförderung von Gütern oder Personen — im Sinne der
Befriedigung eines Verkehrsbedürfnisses — gegeben sein.
Nur
wegen
ihrer Eigenschaft
als Verkehrsstraßen
hat
das
deutsche
Recht die schiffbaren Flüsse dem Staate vorbehalten und nur wegen des
Mangels dieser Eigenschaften die nicht schiffbaren den Privaten überlassen.
Das Recht war hier der Ausdruck eines
wirtschaftlichen Bedürfnisses und
die Form seiner Befriedigung.
Es lassen sich aber keine festen Normen darüber
Anforderungen — namentlich in bezug auf die Größe
aufstellen, welchen
der
verwendbaren
Betriebsmittel — ein Gewässer genügen muß, um als Verkehrsstraße oder
„natürliche Wasserstraße"
zu gelten.
Im preußischen Wassergesetzentwurf
von 1894 ist zwar durch eine Bestimmung in 8 61 zum Ausdruck gebracht,
daß
„das Befahren
mit Kähnen oder ähnlichen kleinen Fahrzeugen"
Schiffbarkeit nicht gleichstehen soll; „Kahn" und „Schiff"
der
aber die Grenze zwischen den Begriffen
ist auch sehr zweifelhaft.
Zwischen Königsberg und
den Wasserläufen im Mündungsgebiet des Memelflusses verkehren zahlreiche
man mit Schiffen dorthin kommen kann; unter welchem Aufwande von Betriebs kosten, kann allerdings niemand wissen als er selbst. * Im Sinne der Reichsverfassung. Die Zugehörigkeit dieser Flüsse zu der Kategorie der „öffentlichen" richtet sich natürlich nach den Partikularrechten.
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Gegenstand der Abgabenerhebung.
III.
46
kleine Frachtfahrzeuge, die sogenannten Timberkähne, mit einer Tragfähigkeit
von 5—20 Tonnen; dort sind also auch die für solche Kähne zugänglichen Ge wässer noch „Wasserstraßen".
Abbaues
Dagegen hat die für Schiffe von 170 Tonnen
außerordentlich stark befahrene Ruhr — infolge des
fahrbare und früher
im Ruhrtal und des
der Kohlenflötze
Wettbewerbs der Eisen
bahnen — jede Verkehrsbrauchbarkeit verloren; sie ist seit langer Zeit tat
sächlich ohne Schiffahrt.
Anderseits wird mit Fahrzeugen derselben Größe,
wie sie auf der Ruhr verkehren könnten, auf dem Finowkanal ein außer
ordentlich lebhafter, die Leistungsfähigkeit der Wasserstraße voll beanspruchender
Verkehr von mehr als
sieht
hieraus,
2
betriebes zeitlich und
Millionen Tonnen jährlich unterhalten.
Man
die wirtschaftlichen Bedingungen des Schiffahrt
sehr
wie
örtlich schwanken, und wie bedenklich
es wäre, aus
der technischen Möglichkeit der Benutzung von Fahrzeugen einer bestimmten
Größe oder Bauart allgemein gültige Schlüsse auf die Schiffbarkeit eines Gewässers zu ziehen. während der letzten Jahre mehrfach vorgekommen,
In Preußen ist es
daß Flüsse durch die Rechtsprechung für schiffbar erklärt worden sind, welche
seit
langer
nicht
Zeit
mehr
der
Schiffahrt
gedient
hatten.
Dies
gilt
namentlich von der Drewenz bei Straßburg in Westpreußen, von der Küddow von Schneidemühl bis zur Mündung in die Netze und von der Wipper ober
halb Nügenwalde. Die
Begründung
eines
für
Preußen
im
Jahre
1840
aufgestellten
* Gesetzentwurfs
„über Strom- und Uferpolizei der öffentlichen Flüsse" sagt
sehr zutreffend:
„Der Begriff der Schiffbarkeit ist in der Anwendung ein
relativer, der nach
ineinander übergehenden Abstufungen an Gültigkeit ab
nimmt und sich verliert."
Deshalb hatte der Entwurf den Ausweg gewählt,
daß die Eintragung in ein Verzeichnis über die Zugehörigkeit der Gewässer zur Klasse der schiffbaren und
öffentlichen entscheiden sollte.
Diesen Ge
danken hat der preußische Wassergesetzentwurf von 1894 wieder ausgenommen; jedoch mit der Bestimmung, daß
„lediglich die der öffentlichen Schiffahrt
dienenden Wasserläufe" in das Verzeichnis einzutragen seien.
Die Grenzbestimmung zwischen natürlichen Wasserstraßen und den nur der Vorflut dienenoen Wasserläufen oder — im
Sinne des Preußischen
Landrechts — zwischen öffentlichen und Privatflüssen hat für die Anwendung
der Vorschriften des Art. 54 der Reichsverfassung über die Finanzierung von Wasserbauten durch Schiffahrtsabgaben wichtige Folgen, welche aller
dings ebenso wie diejenigen des Überganges von der natürlichen zur künst-
* Vgl. unter III L 2. a. Z 4 S 83 bis 85.
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8 3.
Übergang des einen Begriffs in den anderen.
47
lichen Wasserstraße nur in dem Falle eintreten, wenn man die Eigenschaft als
Substrat
der
Abgabenerhebung
auf
gewisse
Arten
von
wasserbau-
technischen Vorkehrungen beschränkt. Wird bei einem von der Schiffahrt tatsächlich nicht benutzten Gewässer
die Frage der theoretischen Schiffbarkeit verneint, so ist die in einem solchen Gewässer durch Baggerungen, Felssprengungen, Buhnen und sonstige Ein schränkungswerke
hergestellte Fahrrinne
eine künstliche Wasserstraße, deren
Kosten durch Schiffahrtsabgaben im vollen Betrage gedeckt werden dürfen.
Wird aber jene Frage bejaht, so sind dieselben Baggerungen, Felssprengungen und
Einschränkungswerke
nach
der
derjenigen,
Meinung
welche
solchen
Wasserbauten die Eigenschaft von besonderen Anstalten im Sinne des Art. 54 nicht zuerkennen, als Grundlage für die Erhebung von Schiffahrtsabgaben
ungeeignet; sie müssen entweder ohne Anspruch auf gebührenmäßige Gegen
leistung hergestellt werden oder ganz unterbleiben. Im Falle der Kanalisierung eines solchen Gewässers würde es dagegen
für die Finanzierung nicht darauf
ankommen,
ob man es
als
schiffbar
ansehen will oder nicht, sofern Stauanlagen sowohl besondere Anstalten sind
auch als die Umwandlung einer
natürlichen Wasserstraße in eine künstliche
herbeiführen. Es handelt sich bei diesen Erwägungen nicht etwa um gegenstandslose
theoretische Möglichkeiten, sondern um Fragen, die sehr leicht eine praktische
Bedeutung gewinnen können.
Bei mehreren
tatsächlich verkehrslosen
Ge
wässern, deren Schiffbarkeit zweifelhaft ist, sind Bestrebungen wegen Her
stellung oder Verbesserung einer Wasserstraße hervorgetreten.
Die wichtigsten
Fälle dieser Art würden bei der oberen Donau und dem oberen Rhein
möglicherweise eintreten; schon jetzt ist über die Frage, ob
der Oberrhein
zwischen Basel und Straßburg als natürliche Wasserstraße gelten kann, eine Kontroverse entstanden
8 3.
Übergang des einen Begriffs in den anderen. Zu denjenigen Schwierigkeiten, welche bei der Anwendung des Begriffs der natürlichen Wasserstraße deshalb entstehen, weil derjenige der Schiffbarkeit * Vgl. Anm. 2 S. 44. Der Ansicht des Straßburger Professors Rehm, der den Rhein nur bis Straßburg aufwärts als natürliche Wasserstraße anerkennen will, ist in der Presse lebhafte Gegnerschaft entstanden. Vgl. insbesondere einen in den „Münchener Neuesten Nachrichten" vom 3. März 1905 Nr. 104 erschienenen Artikel des Ingenieurs Gelpke in Basel, des unermüdlichen Vorkämpfers für den Anschluß dieser Stadt an die Rheinschisfahrt.
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III. Gegenstand der Abgabenerhebung.
48
unsicher und nicht nur zeitlich, sondern auch örtlich verschieden begrenzt ist, kommen weiter noch die Zweifel über die Einwirkung, welche die künstliche
Steigerung der durch die Natur dargebotenen Schiffbarkeit auf die Erhaltung des ersteren Begriffs etwa ausübt. Bei Erörterung dieser Zweifel ist davon auszugehen, daß die Frage,
ob eine natürliche Wasserstraße durch starke Veränderungen ihres ursprüng lichen Zustandes zu einer künstlichen werden kann, in erster Reihe eine Frage
des Sprachgebrauchs ist.
Denn es handelt sich hier um die Auslegung des
Art. 54, und es kommt wesentlich darauf an, wie der Gesetzgeber die in Betracht
Gegenteils
kommenden
—
und
Begriffe
ist
Bis
hat.
ausgefaßt
dieser Beweis
nicht
zu
zum
führen
Beweise
—
muß
des an
genommen werden, daß der Gesetzgeber sich bei der Wahl seiner Ausdrücke
lediglich im Rahmen des
allgemeinen Sprachgefühls und Sprachgebrauchs
bewegte.
Hiernach muß untersucht werden, ob es dem allgemeinen Sprachgefühl entspricht, eine natürliche Wasserstraße deshalb,
weil
sie es ursprünglich
war, für alle Zeit so zu bezeichnen, oder ob es vielmehr vom Standpunkt der Sprachbildung richtiger ist und näher liegt, eine solche Wasserstraße,
wenn sie durch Menschenhand so stark verbessert ist, daß der Anteil der Kunst an ihrer Verkehrsbrauchbarkeit den der Natur überwiegt, nach ihrer
benennen.
überwiegenden Eigenschaft zu
etwa dahin stellen,
Man kann die Frage allgemein
ob der Sprachgebrauch
sich
in der Art und nach der
Richtung betätigt, daß ein Gegenstand, dessen ursprünglicher Charakter durch
die mit ihm vorgenommenen Veränderungen in den Hintergrund getreten ist, nur nach der vorherrschenden und für die Gegenwart charakteristischen
Eigenschaft bezeichnet wird.
Diese Frage ist zu bejahen.
Es gibt in Preußen nur noch sehr wenige oder vielleicht
keine Wege, die sich völlig im natürlichen Zustande befinden.
auch gar
Fast überall
beruht die Verkehrsbrauchbarkeit der Straßen mehr oder weniger auf mensch licher Arbeit.
Man bezeichnet aber gewisse Straßen mit dem zuerst in der
Königlichen Verordnung vom
17.
März
1839
vorkommenden Ausdruck
Kunststraßen, weil der Anteil der Kunst an ihrer Verkehrsbrauchbarkeit ein
besonders großer ist.
Eine Straße kann durch besseren Ausbau zur „Kunst
straße" werden.
Einen Staat, dessen volkswirtschaftliche Entwicklung sich im wesentlichen
noch auf der Stufe des Ackerbaues befindet, bezeichnet der Sprachgebrauch
i Preuß. Ges.S. S. 80.
Vgl. auch Gesetz vom 20. Juni 1887, Ges.S. S. 301.
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Z 3.
als
Ein Agrarstaat kann ein
Agrarstaat.
besitzen,
ebenso
Übergang des einen Begriffs in den anderen.
wie eine
49
gewisses Maß von Industrie
natürliche Wasserstraße
ein
gewisses
Veränderungen durch Strombauten erfahren haben kann.
Maß
von
Wenn aber die
industriellen Interessen die agrarischen zu überwiegen beginnen, so tritt ein solcher Staat —
im Sinne
Sprachgebrauchs
des
— in die Reihe
der
Industriestaaten über. Der Umstand, daß die Grenzen dieser Begriffe flüssig sind, und daß der Zeitpunkt des Überganges von dem einen in den
anderen sich nicht genau bestimmen läßt, ändert an der Feststellung des Sprachgebrauchs nichts. Man
spricht
von
Ländern
und
Völkern
als
evangelischen, weil die eine oder die andere Religion
von
katholischen
und
dort vorherrscht und
dem geistigen Leben das Gepräge gibt.
Die Zahl dieser Beispiele ließe sich noch sehr vermehren.
Wenn der
Sprachgebrauch zwischen Polizeistaat und Rechtsstaat, zwischen absoluter und konstitutioneller Monarchie, zwischen katholischen und evangelischen Ländern
unterscheidet, so sind das alles relative Begriffe; ebenso relativ wie diejenigen der natürlichen und künstlichen Wasserstraße und ebenso geeignet, ineinander
überzugehen. Als Zeugnis dafür, daß dem unbefangenen Sprachgefühl die Möglichkeit dieses Überganges gegeben erscheint,
Professors Gothein in dem Buch
mag auch noch
eine Bemerkung des
über die geschichtliche Entwicklung
der
Rheinschiffahrt im 19. Jahrhundert S. 306 : *
„In der Zeit, wo die Staaten die größten Auslagen für die Schiffahrt
auf sich nahmen, wo sie den natürlichen Flußlauf zu einem künstlichen umwandelten, haben sie grundsätzlich und verfassungsmäßig auf Einnahmen verzichtet" und eine Äußerung des Abgeordneten von Eynern im Preußischen Abgeordneten
hause am 4. Mai 1904?: „Wenn man an dem größten Kanal der Welt wohnt und den ganzen
Segen dieses großen Rheinkanals — er ist ja fast kanalisiert — dieser großen Wasserstraße erkennt usw."
angeführt werden.
In ähnlicher Weise bemerkt Nasse in seiner Arbeit „Der
Rhein als Wasserstraße" S. 21 „ Der jetzige Zustand des Rheins ist durchweg das Produkt menschlicher Arbeit." Ein bemerkenswertes Zeichen für die hier erörterte Tendenz des Sprach
gebrauchs und das ihm eigentümliche Streben nach Kürze ist die Gepflogenheit, * Schrift, d. Ver. f. Socialpol. 01. Schiffahrt d. deutsch. Ströme. II. 2 Stenogr. Berichte S. 4830. 3 Schrift, d. Ver. f. Socialpol. OII. Schiffahrt d. deutsch. Ströme. III. Schriften 6XV. — Erster Teil.
4
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III.
50
Gegenstand der Abgabenerhebung.
die sich in den Kreism der Schiffahrtsinteressenten hinsichtlich der Bezeichnung künstlich
verbesserter
von Nebenarmen,
Wasserstraßen,
Der Rhein
herausgebildet hat.
insbesondere
hat
auch
kanalisierter Flüsse
auf seinem Unterlauf
eine Anzahl
die infolge von Durchstichen oder spontanen Durchrissen
aufgehört haben, Bestandteile der durchgehenden Fahrstraße zu sein und nur
noch den Zugang zu den ehemaligen Uferplätzen vermitteln. letzteren
Eigenschaft
werden
sie
als Nebenwafferstraßen
Wegen dieser
unterhalten,
was
nach dem Aufhören der Spülung des durchgehenden Stromes nur durch zeitweilige
Baggerungen
möglich
ist.
Ihre
Schiffbarkeit
beruht
infolge
dessen jetzt überwiegend auf menschlicher Tätigkeit und mit Rücksicht hierauf
werden sie kurzweg
„Kanäle"
Das hier Gesagte gilt von den
genannt.
Zugangswasserstraßen vom Hauptstrome nach Neuß, Rheinberg und Kleve,
welche nicht nur im Volksmunde, sondern
auch
im amtlichen Verkehr und
auf den Karten „Erftkanal", „Rheinberger Kanal" und Spoykanal genannt Die Bezeichnung Spoykanal findet nicht nur auf den eigentlichen
werden.
Kanal zwischen Kleve und Brienen, sondern in weiterem Sinne auch auf den alten Rhein von Brienen bis Schenkenschanz Anwendung. Man nennt den kanali
sierten Main , *
die kanalisierte Ems, die kanalisierte Finow? kurzweg den
„Kanal" und die Schiffah rtsabgaben „Kanalgebühren". Wasserstraßen sind
anderen Teile aus gegrabenen Kanälen kanalisierte Fluß, beim Längenausdehnung
Die beiden letzteren
allerdings Bestandteile von Schiffahrtswegen, die zum
nach
bestehen; beim Finowkanal ist der
Dortmund—Ems-Kanal der gegrabene Kanal der
überwiegend.
Der
weder zwischen diesen Bestandteilen, noch
Sprachgebrauch
unterscheidet
berücksichtigt er beim Main den
ursprünglichen Zustand des Flusses; er vollzieht hiermit den Übergang der
Begriffe.
Die von jeher schiffbar gewesene Emster, ein unweit Brandenburg
mündender linkseitiger Nebenfluß der Havel wird nicht nur von der Bevölke
rung, sondern auch auf den Landkarten und von den Behörden als „Emsterkanal"
bezeichnet, weil und seitdem sie vor 30 bis 40 Jahren eine aus
giebige Verbesserung durch Regulierungswerke — Baggerungen und Begradi gungen — erfahren hat.
Auch der Staatssekretär Graf Posadowski im Reichstage
am 12.
April
Übergang an sich möglich sei.
geht bei seiner Erklärung
1904 von der Annahme
aus,
daß jener
Er sagtet
* Eine Probe dieses Sprachgebrauchs findet sich z. B. in einer Zuschrift „Vom bayrischen Mainschifferverband" in der Zeitschrift „Der Niederrhein" vom 4. Januar 1906 S. 3. 2 Die Finow war schon vor ihrer Kanalisierung für die damals üblichen kleinen Fahrzeuge schiffbar und wurde auch tatsächlich als Schiffahrtsweg benutzt. 3 Stenographische Berichte S. 2018.
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8 3.
51
Übergang des einen Begriffs in den anderen.
„Was zunächst die natürlichen Wasserläufe betrifft, so werden Sie mir
zugestehen, daß unter Umständen ein natürlicher Wasserlauf streckenweise
solche Veränderung erfahren kann, daß er — unter Umständen sage ich — den Charakter einer künstlichen Wasserstraße annimmt." H
rj:
Den entgegengesetzten Standpunkt vertritt insbesondere Prinz Ludwig von Bayern, der in der 15. Hauptversammlung des Vereins für Hebung der Fluß- und Kanalschiffahrt in Bayern am
18. Juni 1905 — nach
dem Bericht der Kölnischen Zeitung — ausführte: „Wie Sie alle wissen, bin ich ein Gegner der Binnenschiffahrtsabgaben.
Ich
möchte, daß auch auf den künstlichen Wasserstraßen keine Abgaben
erhoben
werden und selbstverständlich
auf den natürlichen Wasserstraßen
Es fragt sich nur,
was man unter natürlichen und
erst recht nicht.
unter künstlichen Wasserstraßen begreift.
Fluß, gleichviel ob
Meiner Ansicht nach ist jeder
er durch Längsbauten, Einengungen, Buhnen usw.,
oder ob er durch Oberbauten, künstliche Anstauungen, was man gewöhnlich Kanalisation
nennt,
reguliert wird, ein Fluß nach wie vor und eine
natürliche Wasserstraße und keine künstliche." Auf einen ähnlichen Standpunkt stellt sich Schumacher, indem er sagt *:
„Zumal da zu der Zeit, auf welche der Artikel 54 der Reichsverfassung
zurückgeht,
noch nicht an so großartige Regulierungswerke, wie sie heute
an der Tagesordnung sind, gedacht wurde, so ist zweifellos der Gegensatz zwischen natürlichen und künstlichen Wasserstraßen vom Gesetzgeber als absoluter Gegensatz gedacht worden: natürliche Wasserstraßen sind diejenigen,
welche durch die Natur gegeben sind, künstliche diejenigen, welche erst durch die Kunst des Menschen geschaffen werden. Ein Übergang des einen Begriffs zum andern ist ausgeschlossen.
der Natürlichkeit vermag
Die urwüchsige Eigenschaft
hier Menschenwerk nicht zu beseitigen.
Jeder
technische Ausbau eines Flußbettes, mag er auch noch so großartig sein, ist daher rechtlich nicht von wesentlicher Bedeutung; ein Fluß bleibt, was
er war,
eine
natürliche
Wasserstraße.
Würde
durch
Eingreifen
Menschen in den Lauf eines Stromes seine Natürlichkeit aufgehoben,
des so
sähe man zu der radikalen Konsequenz sich heute genötigt, das Vorhandensein schiffbarer natürlicher Wasserstraßen
ganz in Abrede zu stellen, was auch
den Regeln juristischer Interpretation, die stets auf logische Erhaltung
im Gesetze ausgesprochener Gegensätze bedacht sein soll, nicht entsprechen würde. * Zur Frage der Binnenschiffahrtsabgaben S. 136. 4*
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Gegenstand der Abgabenerhebung.
III.
52
Aus ähnlichen Gründen muß auch die versuchte künstliche Begriffs spaltung von der Hand
eine kanalisierte oder
gewiesen werden, nach der
für die Schiffe, die auf ihr auch vor der
regulierte Wasserstraße zwar
Regulierung bereits fahren konnten,
eine natürliche bleibt, dagegen für
alle anderen Fahrzeuge von größerer Bauart zu einer künstlichen wird. Auf
allen Strömen und Flüssen können daher nicht ohne weiteres,
wie auf künstlichen Wasserstraßen, Abgaben erhoben werden, sondern nur
für
die
„Benutzung
besonderer
Anstalten,
die
Erleichterung
zur
des
Verkehrs bestimmt sind." Demgegenüber ist jedoch der Standpunkt des allgemeinen Sprachgebrauchs
als der für die Untersuchung
der Frage
maßgebende festzuhalten.
Vermutung spricht dafür, daß der Gesetzgeber Begriffe
Sinne des
allgemeinen Sprachgebrauchs anwendet.
Die
und Ausdrücke im
Der Gegenbeweis für
eine abweichende Sprachweise des Gesetzgebers ist freilich offen, er ist aber im vorliegenden Falle nicht zu erbringen.
Die von Schumacher in Aussicht genommene radikale Konsequenz des Nichtvorhandenseins natürlicher Wasserstraßen liegt nicht im Nahmen des
Sprachgebrauchs, weil dieser weder radikal ist noch bei der Bezeichnung der
in einer Entwicklung begriffenen Dinge an ihren ursprünglichen Eigenschaften und Erscheinungsformen haftet.
Er entwickelt sich mit diesen Dingen und
trägt den Veränderungen ihres Wesens Rechnung.
Freilich nicht in dem
Sinne, daß er sie in jedem Stadium der Veränderung wohnenden kombinierten Eigenschaften bezeichnet.
künstlichen
Wasserstraßen,
keine
überwiegend
mit den ihnen bei
Er kennt keine teilweise
künstlichen
Straßen,
keine
hauptsächlich agrarischen Staaten;
das sind Beschreibungen oder Charakte
risierungen, aber keine Ausdrücke.
Der Sprachgebrauch drängt nach Kürze
der Ausdrucksweise;
er benennt die Gegenstände gemischter Art mit ihrer
überwiegenden, jeweilig charakteristischen Eigenschaft.
Dem Einwande gegen die Begriffsspaltung ist entgegenzuhalten, daß diese Spaltung — wie bereits angedeutet * — durch den organischen Zusammen
hang der Begriffe Wasserstraße, Anstalt, Benutzung und Verkehrserleichterung sich notwendig
ergibt.
Die
Exemtion
desjenigen Verkehrs,
welcher
eine
Wasserstraße schon vor ihrer Verbesserung benutzen konnte und auch mittelbar
von dieser Verbesserung keinen Vorteil hat,
ergibt sich aus rechtlichen und
Billigkeitsgründen ohnehin und ist von der Frage, ob die Stromverbesserungen nach ihrer Art und ihrem Umfange die Wasserstraße zu
einem künstlichen
machten, unabhängig.
Die Ansicht Schumachers wird vielfach geteilt, z. B. von dem Reichstags i Vgl. Ill 8 1, S. 40.
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H 3.
Übergang des einen Begriffs in den anderen.
53
abgeordneten Gothein in einem Vortrage vor dem Zentralverein für Binnen
schiffahrt am 9. Dezember 1903
und von Professor Rehm in Straßburg,
der in den „Münchener Neuesten Nachrichten" vom 14. Februar 1905
für
in Anspruch nimmt.
die natürlichen Wasserstraßen den edaraeter
Auch Professor Wiedenfeld steht auf demselben Standpunkte *
-i«
ri-
Eine Zwischenstellung nimmt Professor Löning ein, der sich in Aufsatze „Reichsverfassung und Schiffahrtsabgaben"
der Deutschen Juristenzeitung
1905
Nr. 6
einem
im zehnten Jahrgange
zur Sache geäußert hat.
Er
sagt zunächst: „Bei unbefangener Betrachtung wird aber darüber ein Zweifel nicht be
stehen,
zwei
daß
die Neichsverfassung
sämtliche
schiffbare Wasserstraßen in
scharf von einander getrennte Klassen einteilt,
in natürliche
und
künstliche, und für beide gesonderte Rechtsnormen aufstellt. Für eine dritte Klasse, die einen Übergang von natürlichen zu künstlichen Wasser
straßen bilden soll, ist nach der Reichsverfassung kein Raum.
Diese Be
griffe sind nicht etwa solche der Naturwissenschaft oder der Technik, sondern
sie sind Rechtsbegriffe.
Es kommt deshalb für die Auslegung der Reichs
verfassung nicht darauf an, was die Naturwissenschaft oder Technik ehemals oder heute unter natürlichen und künstlichen Wasserstraßen verstanden hat
und versteht,
sondern darauf,
diesen Worten verbindet.
welche Begriffe die Reichsverfassung mit
Es ist klar und
unbestritten,
natürlichen Wasserstraßen nicht nur solche versteht,
daß sie unter
deren Zustand und
* Zeitschrift für Binnenschiffahrt 1904, S. 67. 2 Archiv des Deutschen Landwirtschaftsrates, XXIX. Jahrgang, 1905, S. 73ff. Wiedenfeld hat, wie Schumacher, bei seinen Ausführungen zunächst nur die Binnenwasserstraßen oder, genauer gesagt, nur die Flüsse im Auge. Das zeigt sich in der von ihm S. 81 a. a. O. aufgestellten These: „Die Unregelmäßigkeit der Wasser führung ist technisch das Kennzeichen der natürlichen, die Regelmäßigkeit das der künstlichen Wasserstraße. Technisch ist also der Stand unserer Ströme in der Tat so geändert worden, daß sie kaum noch als natürliche Wasserstraßen anzusprechen sind." Von der Wasserführung kann man nur bei einem Teil der Binnenwasser straßen und — infolge des Wechsels der Gezeiten — bei den Seeschiffahrtsstraßen an der Nordsee sprechen; bei der großen Mehrzahl der eigentlichen Kanäle, bei den masurischen Wasserstraßen, die fast nur aus einer Seenkette bestehen, bei den Haffen und Bodden, scheidet der Begriff der Wasserführung aus. Er ist also für die Gruppierung der Wasserstraßen in natürliche und künstliche nach technischen Gesichts punkten selbst dann nicht brauchbar, wenn man sich auf das Gebiet der Binnen schiffahrt beschränkt. Noch weniger ist er es, wenn man die Seewasserstraßen der Ostsee, die Schlei und die sonstigen Buchten und Meeresarme mitberücksichtigt, wie man es bei vollständiger Erörterung des Gegenstandes tun muß.
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III.
54
Gegenstand der Abgabenerhebung.
Gestaltung ausschließlich der Wirkung der Naturkräfte überlassen werden. Natürliche Wasserstraßen in diesem Sinne gibt es in Deutschland nicht. In allen Staaten ist es seit langer Zeit als Aufgabe des Staates an
erkannt, den von Natur eintretenden schädlichen Veränderungen der Wasser läufe entgegenzuwirken und durch planmäßige,
künstliche Veranstaltungen
den Wasserlauf im Interesse der Schiffahrt und der Landeskultur zu ver
bessern.
Zu diesen künstlichen Verbesserungen gehört auch die Herstellung
einer für die Schiffahrt genügend tiefen
und breiten Fahrstraße.
Wird
das Flußbett den Einwirkungen der Naturkräfte überlassen, so wird der
der Schiffahrt als
Wasserlauf über kurz oder lang seine Eigenschaft, Wasserstraße zu dienen,
auf
das
schwerste
anstaltungen
einbüßen oder wenigstens in dieser Eigenschaft
geschädigt
werden.
Durch
hört die Wasserstraße nicht auf,
solche
eine
planmäßige
Ver
natürliche zu
sein.
Freilich sind die Anforderungen, welche die Schiffahrt stellt, nicht zu allen
Zeiten und auf allen Flüssen die gleichen.
Auch wenn es Schiffen, die
bisher den Fluß nicht befahren konnten, durch Vertiefung des Flußbettes
ermöglicht wird, den Fluß als Wasserstraße zu benutzen, verändert die Wasserstraße ihren Charakter nicht.
Nach wie vor durchströmt der Wasser
lauf innerhalb der Ufer sein natürliches Bett, das, wenn es auch strecken weise tiefer gelegt wird, gestaltet wird.
dadurch nicht zu einem künstlichen Bett um
Bis in die neueste Zeit ist es unbestritten gewesen, daß
eine natürliche Wasserstraße durch eine planmäßige Regulierung, die be zweckt, die Fahrrinne zu vertiefen, zn verbreitern und zu begradigen, nicht zu einer künstlichen im rechtlichen Sinne umgewandelt wird." In einem Falle, nämlich in dem der Verbesserung des Fahrwassers durch Stauanlagen, nimmt jedoch Löning den Übergang von der natürlichen
zur künstlichen Wasserstraße als möglich an.
Er sagt hierüber:
„Die Kanalisierung, durch welche die natürliche in eine künstliche Wasser straße umgewandelt wird,
unterscheidet sich scharf und bestimmt von der
Regulierung dadurch, daß durch Herstellung von Stauanlagen (Stau- und
Kammerschleusen, Nadelwehre usw.) in
künstlicher Weise die Befahrung
der Wasserstraße nur den Schiffen ermöglicht wird, für welche diese Stau
anlagen geöffnet werden." Es ist vollkommen richtig, daß die Begriffe der natürlichen und künst lichen Wasserstraße nicht solche der Naturwissenschaft und der Technik, sondern Rechtsbegriffe sind.
für
Aber die letzteren sind gerade so wie die beiden ersteren
ihre Verkörperung
auf
den
allgemeinen Sprachgebrauch
angewiesen;
deshalb ist dieser zunächst, und — sofern eine besondere Terminologie des Gesetzgebers
nicht
erweislich
sein
sollte — endgültig für die Auslegung
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Übergang des einen Begriffs in den anderen.
8 3.
maßgebend.
Wenn Löning
weiter
sagt,
daß
55
die Reichsverfassung unter
natürlichen Wasserstraßen nicht nur solche verstehe, deren Zustand und Ge
staltung ausschließlich der Wirkung der Naturkräfte überlassen sei, und daß
die Staaten die Verbesserung der Schiffahrt ihrer Ströme sich seit langer
Zeit zur Aufgabe gemacht hätten, so sind auch diese beiden Behauptungen zutreffend.
Aber
sie
beweisen nichts
für die Frage,
ob
der
allgemeine
Sprachgebrauch, der hinsichtlich des ersteren Satzes sich durchaus im Ein klänge mit demjenigen der Gesetzgebung befindet, den Übergang der Begriffe im Falle einer besonders
intensiven,
gleichviel ob mit oder ohne staatliche
Verpflichtung vorgenommenen künstlichen Steigerung
der Verkehrsbrauchbar
keit einer Wasserstraße anerkennt oder vielmehr — denn auf ihn kommt es
an — bewerkstelligt. Löning selbst spricht diese Anerkennung aus für den Fall der Kanali
sierung.
Die Beschränkung der Möglichkeit des Überganges der Begriffe
auf diese eine Methode der Fahrwasserverbesserung wird von ihm damit begründet, daß nach
erfolgter Kanalisierung die Wasserstraße nur von den
Schiffen befahren werden könne, welchen die Stauanlagen geöffnet werden.
Dieses Kriterium kann jedoch als maßgebend für die Künstlichkeit der Wasser straße nicht anerkannt werden; denn letztere beruht lediglich auf
der die
Fahrtiefe vergrößernden Wirkung des Stauwehres, nicht auf der Durch schleusung, die lediglich das Mittel zur Überwindung des Höhenunterschiedes
der Staustufen
oder Haltungen
ist.
Die
künstlich
vergrößerte
Fahrtiefe
kommt aber nicht nur den durchgeschleusten Schiffen zugute, sondern
auch
denjenigen, welche die gestauten Strecken ohne Durchschleusung benutzen *.
Bei Niederungsflüssen mit schwachem Gefälle sind
von sehr beträchtlicher Länge.
diese Strecken zuweilen
Und wenn es nicht auf den Durchschleusungs
akt, sondern auf die Ausnutzung der künstlich geschaffenen Fahrtiefe ankommt,
so ist nicht abzusehen, weshalb die Fahrtiefe nur dann künstlich sein soll, wenn sie durch Erhöhung des Wasserspiegels entstanden
ist, und nicht auch
in dem Falle, wenn sie auf Vertiefung des Strombettes beruht.
Dieselbe Frage entsteht übrigens auch bei Häfen, insbesondere bei den im Flutgebiet der Nordsee belegenen.
Es gibt Seehäfen, deren Fahrtiefe
darauf beruht, daß man ihre Wasserflächen durch Schleusen gegen Ebbe und
* Dieser Verkehr spielt auf den märkischen Wasserstraßen, z. B. in und bei Berlin, eine erhebliche Rolle. Bei geringem Gefälle reicht der Stau sehr weit zurück, z. B. von Berlin bis Königswusterhausen 40 km, von Brandenburg bis Potsdam 60 km, von Rathenow bis Brandenburg 50 km.
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III.
56 Flut
abgeschlossen
Gegenstand der Abgabenerhebung.
*, hat
bei
während
anderen
die
Hafengewässer durch
Baggerungen, Spülbecken und sonstige Hilfsmittel so stark vertieft worden
sind, daß sie
auch
bei Ebbewasserstand zugänglich
bleiben.
Es ist nicht
abzusehen, weshalb die letzteren, die sogenannten Tidehäfen, weniger künstlich
sein sollten, wie die ersteren, die sogenannten Dockhäfen. Wollte man die Künstlichkeit lediglich von der Stauwirkung abhängig machen,
so
käme man zu dem seltsamen Ergebnis, daß Wasserstraßen und
Häfen zeitweise künstlich und zeitweise natürlich sein können und sind. kanntlich werden bei kanalisierten Flüssen Wasserstände die Wehre gelegt.
alljährlich
Be
nach Eintritt höherer
natürliche Abflußvorgang tritt dann
Der
wieder in Wirksamkeit und die Schiffahrt benutzt nicht die Schleusen, sondern die Durchlässe in den Wehrrücken. In den Geestemünder Hafen können große Seeschiffe wegen zu geringer
Länge der Schleusenkammer nur bei Öffnung beider Tore, also geglichenem Binnen-
und
Außenwasserstande einfahren;
bei aus
sie benutzen also
die Schleuse bei der Ein- und Ausfahrt überhaupt nicht.
Die
Berücksichtigung
dieser
zeitweisen
Ausschaltung
des
Schleusen
betriebes im Sinne der zeitweiligen Wiedereinreihung der Wasserstraßen oder
Häfen in die Klasse der „natürlichen" würde die sonst perhorreszierte Be
griffsspaltung in einer anderen Erscheinungsform zur Folge haben. Die Praxis, von der später noch die Rede sein wird, hat die Unter
scheidung zwischen künstlichen und natürlichen Verkehrsmöglichkeiten weder bei Häfen noch bei Wasserstraßen von der Wahl der technischen Methoden Bei beiden ist jede Art der Schiffahrtsverbesserung als
abhängig gemacht.
abgabefähig behandelt worden.
8 4. Logische Interpretation aus der Entstehungsgeschichte und der Praxis. Der Begriff der künstlichen Wasserstraße ist, wie bereits erwähnt, erst
im Jahre 1867
bei Erlaß der Bundesverfassung und Abschluß des letzten
Zollvereinsvertrages neu aufgestellt worden.
Bis dahin unterschied
man
im Text der Zollvereinsverträge nicht zwischen den verschiedenen Arten von Schiffahrtsanstalten.
Die altüberlieferte Aufzählung, zuletzt in Art. 17 des
Zollvereinsvertrages vom
16.
Mai
1865, enthielt nebeneinander Kanal-
* Beispiele hierfür sind insbesondere Emden, Wilhelmshaven, Bremerhaven,
Geestemünde, Harburg, Glückstadt.
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Z 4.
Logische Interpretation aus der Entstehungsgeschichte und der Praxis. 57
gebühren, Schleusengebühren — ohne Rücksicht darauf, ob die Schleusen in
künstlichen oder natürlichen Wasserstraßen lagen oder Bestandteile von Hafen anlagen waren — und Gebühren oder Leistungen für Anstalten, die zur Er
leichterung des Verkehrs bestimmt sind; diese eluusulu Z6N6ra1i8 bezog sich
auf jede Art von körperlichen oder unkörperlichen Einrichtungen an und in künstlichen oder natürlichen Wasserstraßen.
Sie wurde wenigstens von der
preußischen Regierung, der Urheberin der Zollvereinsverträge so verstanden
und in der Praxis, wie demnächst noch ausführlich dargelegt werden soll,
so gehandhabt. Das unter solchen Umständen nicht vorhandene logische und stilistische Bedürfnis zur Aufstellung des Begriffs der künstlichen Wasserstraße ergab
sich erst durch den im Jahre 1867 gefaßten Entschluß, unter den künstlichen Wasserstraßen zwei Gruppen, die fiskalischen und nichtfiskalischen, zu unter
scheiden und die letztere unter die Herrschaft einer Ausnahmevorschrift zu
stellen.
Man wollte bei ihr den sonst überall durchgeführten Grundsatz, daß
die Einnahmen aus den Schiffahrtsabgaben steigen dürften,
die Selbstkosten nicht
das Gebührenprinzip,
mit anderen Worten
über
außer Kraft
setzen, weil man das Privatkapital für den Ausbau des deutschen Wasser
straßennetzes zu interessieren suchte ^.
Das konnte man nur, wenn man die
Möglichkeit einer die landesübliche Verzinsung und Tilgung überschreitenden
Rente aus Schiffahrtsabgaben eröffnete. Es ist nun aber wenig wahrscheinlich — die Natur der Dinge spricht
durchaus dagegen —, daß man jenes Ziel nur für erstrebenswert und dieses Mittel zum Zweck nur für notwendig erachtet haben sollte hinsichtlich solcher Wasserstraßen, die durch Einschnitte im trockenen Boden, also
durch Aus
grabung im eigentlichen Sinne herzustellen waren, nicht aber auch bei den< jenigen, die durch Anstauung, Begradigung oder Vertiefung nicht schiffbarer
oder
ungenügend
schiffbarer
Gewässer
ausgeführt
Möglichkeit des Baues nützlicher Wasserstraßen
werden
der
konnten.
Die
letzteren Gruppe lag
damals und liegt noch heute vielfach vor, der Gesichtspunkt der Ermunterung des Privatkapitals galt auch für diese Gruppe.
Bei den Plänen für den Bau des Nordostseekanals, deren Vorhanden sein bekanntlich einen Hauptgrund für die Zulassung eines Reingewinns
von nichtfiskalischen künstlichen Wasserstraßen abgab,
spielte die teilweise
Benutzung schiffbarer Flüsse — der Eider, Trave und Stör — eine ziemlich wichtige Rolle 2.
Hätte man die Möglichkeit eines Reingewinns auf den
gegrabenen Teil der geplanten Wasserstraße beschränken wollen, so hätte man * Schumacher S. 61. 2 Geschichte des Nordostseekanals von Loewe.
Berlin 1895.
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Gegenstand der Abgabenerhebung.
III.
58
auf einer solchen Finanzierungsgrundlage keine Unternehmer für den Kanal bau gewinnen können.
Mit anderen Worten: wollte man nur gegrabene
Kanäle als künstliche Wasserstraßen gelten lassen, so hätte man die Möglich keit der Benutzung jener Flüsse ausgeschaltet und sich Kanallinie sehr beschränkt.
in der Wahl der
eine solche
ist sehr unwahrscheinlich, daß
Es
Absicht bestand. Übrigens hatte sich kurz vorher, im Jahre 1866, eine Gruppe von
beteiligten Privatleuten zu einer Gesellschaft vereinigt, um die Emster, einen
von jeher schiffbaren * durch
Nebenfluß der Havel in der Provinz Brandenburg,
Regulierung zu verbessern.
daß durch diese sehr
Man nahm an,
intensive, hauptsächlich in Baggerungen und Durchstichen bestehende Schiff fahrtsverbesserung die Emster zu einer künstlichen Wasserstraße geworden sei. In einem Erlaß des Handels- und Finanzministers vom 3. Juni 1865 —
im Stadium der Vorverhandlungen — heißt es: „Nach dem Ablauf der Konzessionszeit ist den Unternehmern die Zurück
nahme der verbesserten Schiffahrtsstraße, soweit dieselbe mit dem bis herigen öffentlichen Schiffahrtswege der Emster zusammen
fällt, resp, an dessen Stelle tritt, in die fiskalische Unterhaltung zuzusichern." Später
wurde
gleichzeitig
mit
der Konzessionserteilung
der Privat
gesellschaft das Recht zur Erhebung einer Schiffahrtsabgabe durch Königlichen Erlaß gewährt und durch
vom Hundert des laufenden
ministerielle Verfügung
eine Verzinsung von 6
gesamten Baukapitals, abgesehen von der Deckung aller
Unkosten, durch
Schiffahrtsabgaben zugelassen.
Das war nur
möglich, wenn man die Emster als künstliche Wasserstraße ansah; kanalisiert,
d. h. mit Stauanlagen verbessert war und ist sie bis heute nicht. Im Jahre 1884 trat das Privatkapital an die Staatsregierung heran mit dem Anträge auf Kanalisierung der Mosel, und eine ähnliche Absicht
bestand vor einigen Jahren bei dem Provinzialverbande von Westfalen be züglich der Lippe?.
Hierbei ging man stets von der Voraussetzung aus,
daß
die
und
daß
die
oder
gar
nur auf Schleusen verwendeten Anlagekapitals
kanalisierte
Mosel
Verzinsung
erzielt werden dürfe.
und des
Lippe
künstliche
gesamten,
nicht
Wasserstraßen
nur
des
würden,
auf Stauwerke durch
Abgaben
Eine derartig doktrinäre Unterscheidung konnte man
weder dem Kapital zumuten, noch kann man von dem Urheber der maß
gebenden Verfassungsvorschrift annehmen, daß er sie gewollt hat. * Vgl. Allerhöchsten Erlaß vom 7. August 1830, Preuß. Ges.S. S. 117 u. S. 50 dieser Arbeit. 2 Beschluß des Westfäl. Provinziallandtages vom 20. März 1900.
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A 5.
Zusammenfassung der Ergebnisse und deren Gegenüberstellung usw.
5A
Diese Beispiele lehren, daß die gesetzgeberischen Beweggründe für die
ausnahmsweise
der
Behandlung
Finanzierung nicht oder doch
künstlichen
Wasserstraßen
hinsichtlich
der
nicht vollständig im Gesetzestext berücksichtigt
worden wären, wenn man die Worte „künstliche Wasserstraßen" nur auf die
eigentlichen Kanäle beziehen wollte.
Mit dieser Beschränkung konnte der
verfolgte Zweck nur unvollständig und unter Umständen überhaupt nicht er reicht werden.
Dem entspricht auch die Praxis bezüglich der kanalisierten Strecken des Mains und der Ems.
Als der Magistrat zu Frankfurt a. M. in die Zulässigkeit von
1889
einer Eingabe vom Jahre
Schiffahrtsabgaben gegenüber den Vorschriften
des Art. 54 der Reichsverfassung in Zweifel gezogen hatte, erwiderten ihm die Minister der öffentlichen Arbeiten, für Handel und Finanzen am 3t. Juli 1890,
dieser Zweifel
sei unbegründet.
Denn die durch
Stauwerke um
1,10 m vertiefte Flußstrecke könne als natürliche Wasserstraße im Sinne jenes Artikels nicht mehr betrachtet werden, sie trage vielmehr den Charakter
einer künstlichen.
Es
würden daher
gegen die Erhebung von Schiffahrts
abgaben — unter Freilassung solcher Schiffe, für welche schon das Fahr
wasser in seiner früheren Tiefe genügte — keine Bedenken obwalten. Das künstlich geschaffene ist hiernach die größere Fahrtiefe; auf die Schleusenöffnung als solche kommt es nicht wesentlich an.
sierten Ems, wo
Auf der kanali
die Abgaben lediglich nach Tonnenkilometern zu zahlen
sind, werden deshalb auch diejenigen Schiffstransporte, welche nur die Fahr
tiefe ausnützen, aber keine Schleuse durchfahren, mit Recht als abgabepflichtig
behandelt.
8 5.
Zusammenfassung der Ergebnisse und deren Gegenüberstellung mit abweichenden Ansichten. Nach dem vorher Ausgeführten sind Schiffbarkeit, Wasserstraße, Natür lichkeit und Künstlichkeit relative Begriffe, die in der Praxis des Lebens
durch scharfe Grenzlienien weder getrennt sind noch getrennt werden können. Natürliche Wasserstraßen sind diejenigen, deren Verkehrsbrauchbarkeit
im wesentlichen auf ihrer natürlichen Beschaffenheit beruht, künstliche Wasser straßen
diejenigen,
deren
menschlicher Arbeit ist. ist möglich.
Schiffbarkeit
in
der Hauptsache
das Ergebnis
Der Übergang aus der einen Klasse in die andere
Maßgebend für die Beurteilung dieser Fragen ist der Sprach
gebrauch.
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60
III.
Gegenstand der Abgabenerhebung.
Die Feststellung des Begriffs der natürlichen und künstlichen Wasser
straßen steht in
engem organischen Zusammenhänge mit der Bestimmung
des Anstaltsbegriffs.
Dieser Zusammenhang ergibt sich aus einer dreifachen
Beziehung. Zunächst ist die künstliche Wasserstraße nach den Zollvereinsverträgen und der Reichsverfassung selbst eine „Anstalt".
Sodann sind die Bauten, welche zur Schiffbarmachung eines nicht schiff baren und zur Verbesserung der Schiffbarkeit eines schiffbaren Gewässers aus
geführt werden, einzeln genommen „Anstalten" oder sie können es wenigstens sein; die letztere Einschränkung bezieht sich auf die hier zunächst als offene Frage behandelte Möglichkeit, daß nicht alle Wasserbauten unter den Begriff
der „Anstalten" oder „besonderen Anstalten" im Sinne des geltenden Rechts
fallen sollten.
Ferner sind es wiederum Anstalten, deren Ausführung in großem Maß stabe an einer natürlichen Wasserstraße den Übergang einer solchen in die Klasse der künstlichen herbeiführt. Diese nahe Verbindung der beiden Begriffsbestimmungen oder Aus-
legungssragen
bringt es mit sich, daß die Lösung der einen aus die der
anderen zurückwirkt.
Es ist daher notwendig, sich schon jetzt die Folgen klar
zu machen, welche die hier vertretene Auslegung des Begriffs der künstlichen
und natürlichen Wasserstraße auf die Bestimmung des Anstaltsbegriffs haben muß.
Die Feststellung dieser Folgen ist auch insofern nicht ohne Wert, als
aus der Erzielung praktisch angemessener Ergebnisse bei der Anwendung des einen Begriffs ein gewisser Wahrscheinlichkeitsschluß auf die Richtigkeit der Auslegung des anderen gezogen werden kann, während umgekehrt die Ver
mutung
gegen die Richtigkeit der einen Begriffsbestimmung sprechen würde,
wenn sie sich als Quelle von Unstimmigkeiten und praktischen Unzuträglich keiten bei der Anwendung des anderen Nechtsbegriffs erweisen sollte.
Man
kann von den beiden Begriffen sagen, daß sie sich zu einem gewissen Grade
gegenseitig kontrollieren, und daß die Auslegung des einen einen Prüfstein für die Richtigkeit der Auslegung des anderen abgibt.
In dieser Hinsicht ergibt sich nun bei näherer Prüfung, daß die hier
vertretene Ansicht von der Möglichkeit des Überganges der Begriffe zusammen paßt und in Einklang steht mit der Auffassung, daß alle Wasserbauten,
welche die Schiffbarkeit einer Wasserstraße erhöhen,
ohne Unterschied der
technischen Methode Anstalten im Sinne des Art. 54 der Verfassung sind.
Denn wenn jene Ansicht und diese Auffassung beide zutreffen, so kann in der Frage der finanziellen Behandlung der Wasserstraßen ein einfacher und
der wirtschaftlichen Gerechtigkeit entsprechender Gedanke, nämlich derjenige
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Z 5. der
Zusammenfassung der Ergebnisse und deren Gegenüberstellung usw.
gebührenmäßigen Deckung
61
aller im Schiffahrtsinteresse aufgewendeten
Kosten, überall gleichmäßig und folgerichtig durchgeführt werden.
Die durch
Abgaben aufzubringenden Beträge wachsen in dem Verhältnis des tatsächlichen Fortschreitens der Schiffahrtsverbesserungen und der Übergang von der natür
lichen zur künstlichen Wasserstraße ist auf die finanzielle Behandlung an sich ohne Einfluß.
Im
umgekehrten Falle,
wenn
beispielsweise
nur
Stauwerke,
nicht
aber Baggerungen, Felssprengungen und Buhnen als Substrate der Abgabe erhebung angesehen werden, hätte dieser Übergang die plötzliche und sachlich ganz ungerechtfertigte Wirkung, daß nunmehr nicht nur die Kosten der Stau
anlagen, sondern alle auf die Wasserstraße im ganzen verwendeten Kosten durch Abgaben
eingebracht werden dürften.
Sprung in der finanziellen Entwicklung.
Es gäbe einen unvermittelten
Gewisse Kapitalien und laufende
Ausgaben, welche für bestimmte Arten von Wasserbauten verwendet worden sind, könnten vom Zeitpunkte des Übergangs an rentbar gemacht werden,
obwohl dies Verfahren vorher unzulässig war und obwohl die Funktionen
jener Bauten für die Erhöhung der Verkehrsbrauchbarkeit des Wasserweges dieselben geblieben sind, wie bisher.
der Finanzierung
Mit anderen Worten: die Möglichkeit
von älteren Wasserbauten durch Abgaben würde nach
träglich dadurch geschaffen, daß später neue Wasserbauten hinzugetreten sind
und der Wasserstraße nunmehr das Gepräge einer künstlichen gegeben haben. Für eine solche Gestaltung des öffentlichen Rechts lassen sich logische und wirtschaftliche Gründe nicht anführen, und es
ist deshalb nicht an
zunehmen, daß sie in der Absicht des Gesetzgebers gelegen habe. Das hier dargelegte Ergebnis spricht allerdings gegen jede der beiden ihm zugrunde liegenden Voraussetzungen,
sowohl gegen die Annahme, daß
nicht jede Anstalt zur Erleichterung der Schiffahrt ein zulässiges Substrat der Abgabenerhebung sei — denn nur diese Annahme führt zu einer jähen Veränderung in den Finanzierungsgrundlagen beim Übergange von der natür lichen zur künstlichen Wasserstraße — als auch gegen die Möglichkeit eines
solchen Überganges überhaupt. Es muß daher noch untersucht werden, ob die Annahme, daß kein solcher Übergang stattfinden könne, daß vielmehr den historisch-natürlichen Wasserstraßen ein eüaraerer LnäelebLILs im Nechtssinne beiwohne, praktisch
mit der Voraussetzung zu vereinigen ist, daß nur gewisse Wasserbauten, ins
besondere Schleusen, Substrate der Abgabenerhebung seien.
In diesem Falle
treten aber mindestens ebenso starke Unstimmigkeiten und Unzuträglichkeiten
in die Erscheinung. eine
Alsdann bleibt zwar der kanalisierte Fluß — um dieses
besonders wichtige Beispiel anzuführen — nach wie vor natürliche
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III. Gegenstand der Abgabenerhebung.
62
Wasserstraße; für die Finanzierung durch Schiffahrtsabgaben darf aber nur der Teil des Baukapitals herangezogen werden, der auf die Stauanlagen
verwendet worden ist.
Nun sind aber bei Flußkanalisierungen die Stau
anlagen keineswegs die alleinigen Hilfsmittel zur Erzielung der im Schiff
fahrtsinteresse angestrebten Fahrtiefe.
Daneben spielen insbesondere Bagge
rungen und Felssprengungen zur Vertiefung der Flußsohle und Ausgleichung
des Gefälles
eine sehr
große Rolle.
Es ist eine in jedem Einzelfalle zu
lösende praktisch-technische Frage, welcher Teil der erstrebten Fahrwassertiefe besser, billiger und dauerhafter durch höheren Aufstau oder durch Tieferlegung
des Strombettes herzustellen ist.
Aber auch die Buhnen und Einschränkungs
werke sind bei kanalisierten Flüssen mit beweglichen Wehren notwendig.
Sie
müssen dauernd in Stand gehalten werden, weil bei niedergelegten Wehren die normale Wasserführung wieder eintritt.
Es wäre geradezu gegen die Natur der Dinge, wenn man den wirt schaftlichen Nutzen, der durch eine Flußkanalisierung dem Verkehr dargeboten in den durch die Stauanlagen und den durch die sonstigen Wasser
wird,
bauten geschaffenen Teil zerlegen und sich bei der Finanzierung des Unter
nehmens
durch Gebühren
auf
den
ersten Teil
beschränken müßte.
Der
organische Zusammenhang zwischen den verschiedenen, auf die Verbesserung der Schiffbarkeit
gerichteten Maßregeln würde hierdurch in einer sachlich
ungerechtfertigten Weise zerrissen.
Daß der Gesetzgeber eine solche Lösung
gewollt hätte, wäre nur dann anzunehmen, wenn es strikte bewiesen werden
könnte.
In Ermangelung dieses Beweises muß unterstellt werden, daß der
Einheitlichkeit der wasserbautechnischen Behandlung des Stromes und des
dadurch
entstehenden wirtschaftlichen Nutzens auch die Einheitlichkeit in der
finanziellen Behandlung entsprechen sollte.
Eine Trennung technischer Systeme
und wirtschaftlicher Erscheinungen nach so äußerlichen Merkmalen würde auf
eine Vivisektion der Begriffe hinauslaufen. Ebenso unbegründet vom wirtschaftlichen Standpunkte im allgemeinen
und von demjenigen der gebührenmäßigen Finanzierung im besonderen wäre die grundsätzlich verschiedene Behandlung der regulierten und kanalisierten Ströme.
Es kann nicht wohl die Meinung des Gesetzgebers gewesen sein,
daß die Möglichkeit zur Aufbringung der Strombaukosten in Abgabenform
davon abhängen solle, ob die Wasserbautechniker nach gründlicher Prüfung der in Betracht kommenden hydrotechnischen und finanziellen Verhältnisse die eine oder die andere Methode des Ausbaues einer Wasserstraße bevorzugt
haben.
Eine solche Unterscheidung wäre äe leZe
kerenäu nicht zu recht
fertigen und kann deshalb nicht als gewollt vorausgesetzt werden.
Alle diese Unstimmigkeiten mit ihren seltsamen und sachwidrigen Folge
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Zusammenfassung der Ergebnisse und deren Gegenüberstellung usw.
Z 5.
63
Erscheinungen werden nur in dem Falle vermieden, wenn der Übergang von
der natürlichen zur künstlichen Wasserstraße als möglich und jeder schiffahrts
förderliche Wasserbau als zulässiges Substrat der Abgabenerhebung angesehen
wird.
Alsdann verschwinden zugleich die rechtlichen und praktischen Schwierig
keiten, welche sich aus der Unsicherheit und dem relativen Charakter des Be
griffs der Schiffbarkeit für die Bestimmung desjenigen der natürlichen und
künstlichen Wasserstraße ergeben. Die
rechtliche
Bedeutung
des
Begriffs
der
künstlichen
Wasserstraße
beschränkt sich dann auf die Zulässigkeit der Erhebung von Schiffahrts
abgaben,
welche über das Maß der Selbstkosten hinausgehen, durch nicht
fiskalische Unternehmer
von
Wasserstraßenbauten.
Nur
in
diesem
einen
Punkte haben Bundesverfassung und Zollvereinsvertrag im Jahre 1867 den
durch die älteren Zollvereinsverträge geschaffenen, altüberlieferten Rechtszustand ändern wollens
es lag daher auch keine Veranlassung vor, dem Begriffe
der künstlichen Wasserstraße eine weiterreichende Wirkung
beizulegen.
Nur,
weil die Zulassung eines Reingewinns für künstliche Wasserstraßen privater Unternehmer
ausgesprochen
werden sollte,
ist
der Begriff
der künstlichen
Wasserstraße in die Fassung der neuen Rechtsvorschriften von 1867 hinein-
gekommen, und der Begriff der natürlichen Wasserstraße, welcher nur in der Bundesverfassung, nicht aber in dem inhaltlich identischen Zollvereinsvertrage auftritt, verdankt seine Entstehung lediglich dem Bedürfnis nach der Bezeich
nung des Gegensatzes. erwähnt,
keinen
dieser
Die älteren Zollvereinsverträge kannten, wie bereits
Begriffe.
Sie
behandelten
Erleichterung des Verkehrs — die namentlich genannten
alle
Anstalten
zur
sind nur Beispiele
und bedeuten keine erschöpfende Aufzählung — gleich; sie kannten hinsichtlich der Zulässigkeit der Selbstkostendeckung aus Schiffahrtsabgaben einen Unterschied
zwischen verschiedenen Gruppen
von
Schiffahrtsanstalten ebensowenig wie
einen Unterschied zwischen natürlichen und künstlichen Wasserstraßen.
Sie
sind mit derjenigen Modifikation, welche sich aus der besonderen Bestimmung
für nichtfiskalische künstliche Wasserstraßen ergibt, noch heute geltendes Recht. Natürlich nur hinsichtlich der Erhebung von gebührenmäßigen Schiffahrts
abgaben, nicht insoweit sie Bestimmungen über die Flußzölle auf konventio nellen Strömen und anderen Wasserstraßen enthielten, denn diese Zölle sind immer nur im Sinne der Exemtion in den Verträgen erwähnt worden mit dem Bemerken, daß hinsichtlich ihrer solle.
das geltende Recht unberührt bleiben
Sie waren also überhaupt nicht Gegenstand der Zollvereinsverträge;
in den Jahren 1866 und 1867 wurden sie bekanntlich beseitigt.
' Schumacher S. 61.
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HI-
64
Von
Gegenstand der Abgabenerhebung.
anderer Seite ist in Abrede gestellt worden,
von der natürlichen
haben könnte.
daß der Übergang
Wasserstraße zur künstlichen eine rechtliche Bedeutung
Auch hat man gesagt, es sei ein „logischer Widersinn", die
Möglichkeit dieses Überganges und zugleich die Anstaltseigenschast aller dem Schiffahrtsinteresse dienlichen Bauten zu behaupten
In Wirklichkeit stehen
die beiden letzteren Behauptungen nicht nur nicht im Widerspruch, sondern
sie ergeben sich umgekehrt als notwendige Folgen aus der Anschauung, der Gesetzgeber habe eine einheitliche, gleichmäßige und harmonische Regelung der wirtschaftlich-finanziellen Frage gewollt. Daß die Frage des Überganges
allerdings — und zwar für die Zulassung von Reingewinn für private Unternehmer — von rechtlicher Bedeutung ist, auch wenn man alle Wasser
bauten als Substrate
der Abgabenerhebung
ansieht,
geht aus dem oben
Gesagten hervor.
* Vgl. Kölnische Zeitung vom 5. Februar 1905 Nr. 129: „Die rechtliche Seite der Schiffahrtsabgaben".
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8. Die Schiffahrtsanstalt. 1.
Allgemeine Bemerkungen.
Gegenstand und Substrat der Abgabenerhebung sind nach
geltendem
Rechte außer den künstlichen Wasserstraßen und künstlichen Häfen Mch die
Schiffahrtsanstalten in den natürlichen Gewässern.
Sie werden
an ver
schiedenen Stellen mit verschiedenen Hauptwörtern — Anstalt und Anlage — und zuweilen auch noch mit Eigenschaftswörtern bezeichnet, die nicht überall die gleichen sind.
Die richtige Bestimmung des Anstaltsbegriffs im Wege der grammatischen und logischen Interpretation ist für die Beurteilung der Rechtsfrage von
entscheidender Bedeutung.
Wenn es richtig wäre, daß nicht alle zur Ver
besserung der Verkehrsbrauchbarkeit eines natürlichen Gewässers bestimmten Bauwerke
Anstalten
im
Sinne
Anstalten im Sinne des Art.
des
allgemeinen
Sprachgebrauchs
oder
54 der Verfassung sind, wenn insbesondere
die häufig aufgestellte Behauptung zuträfe, daß
nur Schleusen, nicht aber
Buhnen, Baggerungen und Felssprengungen unter den Anstaltsbegriff fallen,
so müßte allerdings anerkannt werden, daß der Weg zur Einführung von Schiffahrtsabgaben auf den regulierten deutschen Strömen nur nach vorheriger Änderung der Reichsverfassung und der inhaltlich identischen Staatsverträge
gangbar wäre.
Demgemäß ist der Anstaltsbegriff auch der eigentliche Schlüsselpunkt
der umstrittenen Rechtsfrage, derjenige Punkt, auf den Angriff und Ver teidigung bei Anhängern und Gegnern der Schiffahrtsabgaben sich konzentriert.
Auch unter denjenigen, welche diese Abgaben für wirtschaftlich
berechtigt
halten, sind viele, wie namentlich Schumacher, Löning und Wiedenfeld, für
die einschränkende Auslegung des Anstaltsbegriffs eingetreten. Es ist ferner die Ansicht aufgestellt worden, daß die Verfassung die
Ausdrücke Anstalt und Anlage in Art. 54 Abs. 4 nicht synonym, sondern Schriften OXV. — Erster Teil. 5
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III.
66
Gegenstand der Abgabenerhebung.
den letzteren mit besonderer und
ausschließlicher Beziehung auf künstliche
Wasserstraßen gebrauche, woraus unter Umständen rechtliche Folgerungen sich ergeben könnten. Demgegenüber ist es von der größten Wichtigkeit, den Anstaltsbegriff
ebenso wie den ihm nahe verwandten Begriff der Anlage auf das sorgfältigste zu untersuchen und seinem Inhalte nach festzustellen.
Das soll hier zunächst im Wege der grammatischen Auslegung geschehen, und zwar unter Verwertung des Beweismaterials in derjenigen Reihenfolge,
welche sich aus dem Grade seiner Beweiskraft ergibt; erst im Rahmen des allgemeinen Sprachgebrauches
und dann in demjenigen
der Gesetzgebung
über Wasserbau- und Schiffahrtsangelegenheiten.
Die grammatische Interpretation.
2.
a) Der Anstaltsbegriff an sich. 8 1-
Verhältnis der Begriffe Anstalt und Anlage. Der Art. 54 spricht in seinem dritten und vierten Absätze von den im Schiffahrtsinleresse
ausgeführten
Einrichtungen
und
Vorkehrungen,
deren
Kosten durch Erhebung von Schiffahrtsabgaben gedeckt werden dürfen.
Im dritten Absatz bezeichnet er sie nur als „Anstalten", während im
vierten die Ausdrücke „Anstalten" und „Anlagen" nebeneinander vorkommen. Es wird dort angeordnet:
„Aus allen natürlichen Wasserstraßen dürfen Abgaben nur für die Benutzung besonderer
sind,
Anstalten,
erhoben
werden.
die zur Erleichterung Diese
Abgaben
des Verkehrs
(sowie
die
Abgaben
bestimmt für
die
Befahrung solcher künstlichen Wasserstraßen, welche Staatseigentum sind),
dürfen die zur Unterhaltung und gewöhnlichen Herstellung der Anstalten und Anlagen erforderlichen Kosten nicht übersteigen."
Der erste Satz bezeichnet hier die Voraussetzung, der zweite die Grenze der Abgabenerhebung.
der Benutzung
Die Voraussetzung liegt in dem Vorhandensein und
gewisser Einrichtungen;
die Grenze
ergibt
sich
aus
dem
Grundsätze der Selbstkostendeckung. Beide Sätze gehören notwendig zusammen,
weil sie lediglich die logischen Folgen des Gebührenprinzips zum Ausdruck bringen und zwei Seiten desselben Gegenstandes darstellen.
Es ist daher als
ausgeschlossen
zu erachten, daß der Kreis der in
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Verhältnis der Begriffe Anstalt und Anlage.
Z 1.
in dem ersten Satze anders
Betracht kommenden Schiffahrtseinrichtungen abgegrenzt sein könnte als im zweiten.
67
Es hätte keinen Sinn, die Inne
haltung der Selbstkostengrenze bei der Aufstellung von Abgabentarifen vor zuschreiben für Einrichtungen, die nicht unter den Anstaltsbegriff im Sinne
des ersten Satzes fallen, oder aber für einen Teil der unter diesen Begriff fallenden
Einrichtungen den Grundsatz
der Selbstkostendeckung
nicht auf
zustellen. Ist das richtig, so ergibt sich weiter die notwendige Folgerung, daß der Doppelausdruck „Anstalten und Anla gen"
mit dem einfachen Ausdruck nach
deckt,
oder
mit
anderen
Worten,
im zweiten Satze sich
im ersten Satze dem Sinne
„Anstalten"
jener
daß
Doppelausdruck
einen
Pleonasmus darstellt. Zu
zulässige,
demselben Ergebnis führt die nach Lage der Umstände nicht nur
sondern
geradezu notwendige Vergleichung der für die Wasser
straßen im vierten Absätze getroffenen Bestimmungen mit den entsprechenden
Vorschriften über die Seehäfen
im dritten Absätze des Art. 54.
An der
letzteren Stelle ist nur von „Schiffahrtsanstalten" im Hafengebiet die Rede, nicht von „Anstalten und Anlagen", obwohl die Unterscheidung und An einanderreihung dieser beiden Ausdrücke, wenn ihr irgend welche praktische
Bedeutung oder rechtliche Wirkung innewohnte, bei den Häfen in gleichem
Maße wie bei den Wasserstraßen angezeigt gewesen wäre. Zur vollständigen Erforschung des gesetzgeberischen Willens muß ferner
der Art.
54 der Reichsverfaffung
Zollvereinsvertrages vom 8. Juli
mit den analogen Bestimmungen
des
1867 und der Rheinschiffahrtsakte vom
17. Oktober 1868 zusammengehalten und verglichen werden. Der Zollvereinsvertrag
sagt in Art.
25
über die Anwendung des
Gebührenprinzips auf Schiffahrtseinrichtungen — das Zitat muß hier des Zusammenhanges wegen wiederholt werden —:
„Kanal- usw. Gebühren und Leistungen für Anstalten, die zur Er leichterung des Verkehrs bestimmt sind, sollen nur bei Benutzung wirklich bestehender
Einrichtungen erhoben werden
und mit Ausnahme der
Abgaben für die Befahrung der nicht im Staatseigentum befindlichen
künstlichen Wasserstraßen die zur Unterhaltung
und
gewöhnlichen Her
stellung erforderlichen Kosten nicht übersteigen." Hier sind, abweichend von der Wortfassung des Art.
54, die Be
stimmungen über Voraussetzung und Grenze der Abgabenerhebung in einen
Satz zusammengezogen; die Gegenstände der Abgabenerhebung werden zu nächst Anstalten genannt und dann nochmals unter der Bezeichnung „Ein
richtungen" erwähnt.
Da die Identität des
gesetzgeberischen Willens hin5*
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Gegenstand der Abgabenerhebung.
III.
68
sichtlich der Zulassung von Schiffahrtsabgaben in der Verfassung und dem Zollvereinsvertrage feststeht, so muß der Begriff der Anlage im Sinne des
Art. 54 der Verfassung im Rahmen des Anstaltsbegriffs nach Art. 25 des Vertrages liegen; sei es in synonymer, sei es in subordinierter Anwendung.
Die Rheinschiffahrtsakte gebraucht beide Begriffe als gleichbedeutend. Sie spricht im ersten Satze des Art. 27
von den „Einrichtungen zur
Erleichterung der Ein- und Ausladungen",
die im nächsten Satze und im
Schlußsätze desselben Artikels als „Anstalten"
Schlußprotokoll zu „Anlagen".
Art.
3
gebraucht
bezeichnet werden.
Im
dann für Schleusen das Wort
Irgendwelche inneren Gründe oder äußeren Anlässe dafür,
daß die Ausdrücke „Einrichtung", schiedenem
sie
Sinne
gebraucht
sein
und
„Anstalt"
könnten,
sind
„Anlage"
nicht
hier in ver
vorhanden.
Eine
Schleuse ist sicherlich auch eine „Anstalt", jedenfalls vom Standpunkte derer, die das Vorhandensein eines Betriebes als
ein wesentliches Moment des
Anstaltsbegriffes ansehen.
Die Rheinschiffahrtsakte gebraucht also
die Ausdrücke
„Anstalt"
und
„Anlage" gleichwertig. Auch sonst findet sich ihre synonyme Verwendung gerade in der Gesetz
gebung über Schiffahrts- und Wasserbauangelegenheiten, wie noch an anderer
Stelle dargelegt werden wird, sehr häufig.
Im Sinne des strengen Sprach
gebrauches sind freilich beide Begriffe nicht
als identisch oder gleichgeordnet
anzusehen.
Anstalt ist der allgemeine Begriff
Einrichtung dauernder oder vorübergehender, Art,
für jede Vorkehrung oder
körperlicher oder unkörperlicher
Anlage dagegen der untergeordnete Begriff für körperliche Anstalten,
namentlich Bauwerke und mechanische Vorkehrungen.
Die Aneinanderreihung eines weiteren und engeren Begriffes,
wie sie
der vierte Absatz des § 54 in den Worten „Anstalten und Anlagen" ent ist eine Erscheinungsform des Pleonasmus.
Man mag diese und
vielleicht auch manche andere Art des Pleonasmus *
vom Standpunkte des
hält,
Sprachstiles beanstanden; man kann ihn insbesondere in Gesetzen und Ver trägen als unerwünscht bezeichnen, weil er unter Umständen die Klarheit
des Gedankens beeinträchtigt und die Möglichkeit von Zweifeln oder Miß
verständnissen eröffnet.
Gleichwohl findet sich
die pleonastische Ausdrucks
weise auch in Verfassungen, Gesetzen und Verträgen sehr häufig.
Sie ist
in der Regel die Folge des Strebens nach möglichst erschöpfender Bezeichnung eines
bestimmten Begriffes durch Berücksichtigung aller Schattierungen des
nicht immer konstanten Sprachgebrauches.
In
anderen Fällen entspringt
* Vgl. Wustmann, Allerhand Sprachdummheiten.
Leipzig 1891.
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Verhältnis der Begriffe Anstalt und Anlage.
8 1.
69
sie lediglich aus dem Wunsche nach Vollständigkeit, Deutlichkeit und An
schaulichkeit der Ausdrucksweise.
Oft entsteht sie auch durch das Bedürfnis
der starken Betonung und nachdrücklichen Hervorhebung des Gewollten. Zur Erläuterung mögen hier einige Beispiele aus Verfassungen, Ge
setzen und Verträgen angeführt werden.
Die Preußische Verfassung vom 31. Januar 1850 spricht in Art 6 von zu Leschlagnahmenden „ Briefen und Papieren", obwohl der letztere Begriff den ersteren
in sich schließt, und in Art. 15 gewährleistet sie den Kirchengesellschaften den
Die Stiftungen fallen unter
Besitz ihrer „Anstalten, Stiftungen und Fonds".
den Begriff der Anstalt, selbst wenn sie nur in Vermögen bestehen sollten;
im letzteren Falle würden sie außerdem zur Kategorie der „Fonds" gehören. Nach Art. 54 schwört der König, „die Verfassung des Königreichs fest und unverbrüchlich zu halten und in Übereinstimmung mit derselben — zu
regieren"; ein großer Teil dieser Worte ist logisch nicht notwendig und nur
auf stärkere Akzentuierung berechnet. die
welchen
unter
Rede,
In Art. 97 ist von den Bedingungen
und
„öffentliche Zivil-
Militärbeamte"
wegen
Rechtsverletzungen durch Überschreitung der Amtsbefugnisse gerichtlich belangt werden können.
Dieser Doppelausdruck ist überflüssig, weil jeder öffentliche
Beamte der einen oder der anderen Klasse angehört
Demgemäß ist auch
an anderen Stellen, z. B. in Art. 78 Abs. 2, nur von Beamten schlechtweg
Die Artikel 26 und 112 beschäftigen sich mit der Schulgesetz
die Rede.
gebung; der erstere verspricht ein Gesetz über „das ganze Unterrichtswesen", der letztere konserviert bis dahin „die hinsichtlich des Schul- und Unterrichts
wesens"
geltenden gesetzlichen Bestimmungen.
Dem Zusammenhänge nach
ist es ausgeschlossen, daß der Gegenstand der verfassungsmäßigen Regelung in Art. 26 anders abgegrenzt sein könnte wie in dem unter den „Über
erscheinenden Art.
gangsbestimmungen"
einfachen Ausdruck Doppelausdruck
„Unterrichtswesen"
„Schul-
112. und
Er ist
dann mit
und Unterrichtswesen"
zunächst
mit dem
dem pleonastischen
bezeichnet.
Es liegt also
hier ein ähnlicher Fall vor, wie im vierten Absätze des Art. 54 der Reichs
verfassung, richtungen
wo
auch
die
dem
— die Substrate
Gebührenprinzip
zu
Ein
unterwerfenden
der Abgabenerhebung — im
ersten
Satze
„Anstalten" und im zweiten „Anstalten und Anlagen" genannt werden. Nach Art. 13 des preußisch-österreichischen Handels- und Zollvertrages
vom 19.
Februar 1853 ? sollen von Schiffen, die einen Küstenplatz als
Derselbe Pleonasmus findet sich in H 1 Teil II Tit. 10 des Allgem. Land rechts. 2 Preuß. Ges.S. S. 357.
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III.
70
Gegenstand der Abgabenerhebung.
Nothafen anlaufen, keine „Schiffahrts- oder Hafenabgaben" erhoben werden,
und Z 1
der preußischen Verordnung vom 30. Juli
1853 *
gestattet die
exekutivische Einziehung von „Kanal-, Schleusen-, Schiffahrts- und Hafen In beiden Fällen hätte der Ausdruck „Schiffahrtsabgaben"
abgaben".
für
sich allein genügt, weil er die anderen umfaßt.
Die Reichsverfassung spricht in Art. 17 von „Anordnungen und Ver fügungen"
Verfügung ist die Anwendung der Regierungs
des Kaisers.
gewalt im Einzelfalle, ihre Anwendung zum Zwecke der generellen Regelung
gewisser Verwaltungsgebiete wird als „Verordnung" bezeichnet; „Anordnung" ist der allgemeine Begriff, dem diejenigen der „Verfügung" und „Verordnung"
als engere Begriffe untergeordnet sind?.
Derselbe Pleonasmus findet sich
in
Z
50
des preußischen Gesetzes
über die allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 1883, wo es im dritten Absätze heißt:
„Unberührt bleibt in allen Fällen die Befugnis der staatlichen Aufsichts
behörden,
innerhalb
Anordnungen
ihrer
gesetzlichen
Zuständigkeit
und
Verfügungen
der Nachgeordneten Behörden außer Kraft zu setzen usw."
Eine logische Notwendigkeit lag nicht vor, in Art. 1 der Rheinschiff fahrtsakte vom
17. Oktober 1878 die Schiffahrt auf
Fahrzeugen aller Nationen
„sowohl aufwärts als
dem Strome den
abwärts"
zu gestatten,
und wenn Art. 27 der Akte in Abs. 2 bestimmt:
„Zur Bestreitung der notwendigen Unterhaltungs- und Beaufsichtigungs kosten (für Schiffahrtsanstalten) kann
ein entsprechendes Entgelt erhoben
werden",
so ist auch hier die Erwähnung der Beaufsichtigungskosten überflüssig.
Denn
die Beaufsichtigung ist ein integrierender Bestandteil der Unterhaltungstätig
keit und deren primitivste Stufe. ausdruck
„Anstalten
und
Es ist hier, ebenso wie in dem Doppel
Anlagen"
der
weitere
und
engere Begriff an
einandergereiht.
Die Verfassungs- und Vertragsbestimmungen über Schiffahrtsabgaben ent halten außer diesem Doppelausdruck und außer den übrigen hier mitgeteilten Beispielen noch manche andere sehr bemerkenswerte Fälle des Pleonasmus,
auf welche an anderer Stelle näher eingegangen werden muß.
Die bisher angeführten erscheinen jedoch vorläufig ausreichend, um das zu beweisen, worauf es
ankommt, nämlich das
keineswegs
seltene Vor-
r Ges.S. S. 909. 2 Über einen anderen (durch Flüchtigkeit entstandenen) Mangel in der Aus drucksweise der Reichsverfassung (Art. 74) hat sich Bismarck in seinen Gedanken und Erinnerungen Band II S. 273, 274 ausgesprochen.
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Z 2.
Der Anstaltsbegriff im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs.
kommen von Pleonasmen in Verfassungen,
Gesetzen und Verträgen.
71
Es
liegt also in der Feststellung, daß der Begriff der Anstalt denjenigen der An lage im Sinne des Art. 54 in sich schließt, nichts auffallendes.
Aus dieser
Feststellung folgt weiter, daß als verfassungsmäßig zulässige Substrate der
Abgabenerhebung auch diejenigen
Schiffahrtseinrichtungen anzusehen
sind,
welche im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs und nach dem besonderen Sprachgebrauche der Gesetze Anlagen genannt werden, nicht nur die mit dem
Worte „Anstalt"
bezeichneten.
Tatsächlich trennt der Sprachgebrauch sehr
häufig die beiden Begriffe nicht, sie gehen ineinander über und werden zu
weilen völlig gleichwertig angewendet.
Deshalb sollen sie auch in den weiteren Ausführungen, welche die Be stimmung ihres Inhalts zum Gegenstände haben, nicht auseinander gehalten werden *. 8 2.
Der Anstaltsbegriff im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs. In dem deutschen Wörterbuch von Grimm, Leipzig 1854 Band I S. 472/3 ist der Anstaltsbegriff folgendermaßen definiert:
Anstalt,
apparatus
instruetio,
das
angestellte,
einge
richtete, sowohl das beginnende, als das vorgeschrittene fertige: du mußt endlich Anstalt machen, Hand anlegen, und: das ist eine schöne, saubere Anstalt, das ist schlecht eingerichtet, zu
gerüstet, es ist noch keine Anstalt da, wird nichts aus derSache:
Anstalt, Anstalten zum Essen, zur Reise machen so gut man auch die Anstalt macht (Gellert 1, 83),
geh' gleich, mach' Anstalt (Lessing),
die Anstalt ist schon getroffen (Schiller 423)
* Bei Schumacher S. 135 ist der Delbrücksche Entwurf zu dem späteren Art. 54 der Verfassung des Norddeutschen Bundes in der Weise abgedruckt, daß der vierte Absatz mit den Worten beginnt: „Auf allen natürlichen Wasserstraßen dürfen Abgaben nur für die Benutzung besonderer Anlagen erhoben werden." Da die Verfassung statt „Anlagen" das Wort „Anstalten" enthält, so entsteht der Anschein, als wenn eine den synonymen Gebrauch beider Ausdrücke klar beweisende Textänderung vorläge. In Wirklichkeit ist eine solche indessen nicht vorgenommen worden; der Entwurf gebrauchte ebenfalls das Wort „Anstalten" und die Abweichung bei Schumacher beruht auf einem Druckfehler. In diesem Sinne sagte der Abgeordnete Roß im Reichstag des Norddeutschen Bundes am 3. Dezember 1870, als er wegen der nach seiner Meinung von Bundes
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III.
72
Gegenstand der Abgabenerhebung.
weil du für meine Anstalt keine Achtung zeigtest 157; oh, was diese
Heirat betrifft, die ist auch
ein wenig meine Anstalt 653;
aber ist es
nicht eine barbarische Anstalt, den Kindern Mord und Todschlag zu ver bieten?
(Goethe 17, 402);
es (das Gemälde) war nicht durch einen
Privatmutwillen, sondern aus öffentlicher Anstalt verfertigt worden 24, 236; man jammert, daß der große Gott gar keine Anstalt machen will
(zu gutem Wetter) 27, 13; was
angab,
ich
emsig betrieben und so
auch die Anstalt redlicher
Männer vollführt, die sie unvollendet verließen 40, 260; es wäre wunderbar, wenn das, was sonst soviel Anstalt erfordert, —
hier so geradezu gegeben würde (Kant 2, 315); der Bau der Pflanzen
und Tiere zeigt eine solche Anstalt 6, daß
unter
Anstalt
nicht
bloß
71. die
Die Belege ergeben, Veranstaltung,
Ein
richtung selbst, sondern auch das Eingerichtete, der Sache und dem Orte nach, zu verstehen ist; eine öffentliche Anstalt, Er
ziehungsanstalt, Lehranstalt, Heilanstalt, Turnanstalt, wofür manauch oft, ohne alle Not, den fremden Ausdruck Institut oder gar Wo Einfluß oder Betrieb gemeint wird,
Etablissement verwendet.
sagen wir lieber Veranstaltung.
z.
B.
dessen
durch
Anstalt
ich
zu
Bisher hieß auch das Anstalt,
gebracht
unserer Bagage
wurde.
Simpl. 2, 88. Über den Begriff der Anlage sagt das Grimmsche Wörterbuch: „Dem gegenwärtigenSprachgebrauch ist Anlage sowohl das angelegte als anliegende. — Die Anlage eines Gartens, Weges, einer
Mauer,
gibt
es
Laube,
Eisenbahn,
neue Anlagen,
und
neben
wenn die alten
allen
Wälle
Städten
abgetragen
werden pp."
Daß Anstalt und Anlage sich
Begriff
zum
engeren,
zweifelhaft sein.
zu einander verhalten wie der weitere
wird nach dem allgemeinen Sprachgebrauch kaum
Körperliche Einrichtungen sind Anlagen.
Unkörperliche Ein
richtungen als Anlagen zu bezeichnen, widerstrebt dem Sprachgefühl; man nennt sie Anstalten und gebraucht diesen Ausdruck auch im weiteren Sinne für Anlagen.
Kirche und Staat sind Anstalten, aber keine Anlagen; wohl
aber wendet man letzteren Ausdruck auf staatliche und kirchliche Bauwerke an.
wegen zu treffenden Vorsorge für die weitere Verbesserung des Elbfahrwassers nach einheitlichem Plane interpellierte: „Deshalb frage ich den Herrn Bundeskanzler: Welche Anstalten sind getroffen, damit auf diesem Gebiete der erste Schritt geschehe." Stenogr. Berichte S. 65.
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Der Anstaltsbegriff im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs.
Z 2.
In
ähnlicher Weise
Begriffe der Anstalt
wie
im
Grimmschen
und Anlage bei Wiegand
werden
Wörterbuche
7Z
die
„Deutsches Wörterbuch",
Gießen 1878 und Heyne, „Deutsches Wörterbuch" Leipzig 1890 definiert; der letztere erwähnt besonders auch die Anwendung des Anstaltsbegriffs auf
Hamburger Schiffahrtseinrichtungen.
Der Sprachgebrauch bezeichnet den Staat als Anstalt.
In der Ab
handlung „Recht und Rechtswissenschaft im allgemeinen". Rechtsphilosophische
Einleitung, von Professor Dr. H. Ahrens.
Holtzendorff, Enzyklopädie der
Rechtswissenschaft dritte Auflage Leipzig 1877 S. 38 heißt es:
„In höchster Hinsicht liegt aber der Grund des Staates in der von Gott gesetzten Lebensordnung und Bestimmung aller Vernunftwesen; er ist daher zuhöchst eine göttliche Veranstaltung, jedoch eine Anstalt, die zu
gleich von der menschlichen Vernunft und Freiheit getragen und stetig
fortgebildet werden soll."
Hier ist Veranstaltung und Anstalt synonym gebraucht, eine Erscheinung,
die auch sonst sich sehr häufig zeigt. Auch die Kirche ist eine Anstalt. „Eine göttliche Anstalt der Predigt und Sakramentsverwaltung mit einem
von Gott eingesetzten Amte der Predigt und der Kirchenzucht — das ist der Kirchenbegriff,
welchen
der
moderne
lutherische
Konsessionalismus
aufstellt"
wird sie in dem Aufsatz von Pünjer bei Ersch und Gruber, Allgemeine
Enzyklopädie Leipzig
1884
2. Sektion Teil 36 S. 141
genannt.
Auf
dem Katholikentage in Straßburg am 21. August 1905 sagte der Reichs tagsabgeordnete
Gröber
nach
der
„Kölnischen
Zeitung"
(Nr.
872
vom
22. August 1905): „Zur Kirche als Glaubensanstalt gehören auch Lehren, und ein undog matisches Christentum ist nach unserer Ansicht kein Christentum." Darauf, ob diese Wiedergabe der Gröberschen Rede wortgetreu war,
kommt es hier nicht an, weil es sich nur um die Feststellung des Sprach
gebrauchs handelt. In der deutschen Geschichte von Lamprecht, Berlin 1892 Band 2 S. 194
steht der Satz: „Die Kirche des
mehr gewesen
als
ausgehenden Imperiums war den deutschen Stämmen eine bloße Anstalt zur Befriedigung religiöser Be
dürfnisse."
Bei Curtius, Griechische Geschichte 3. Auflage Berlin 1868 Band I S. 445 ist zu lesen:
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III.
74
Gegenstand der Abgabenerhebung.
„So entstanden die Weissagungsanstalten oder Orakel. — Sie (die Kunst
der Mantik) sollte nicht einzelnen Personen überlassen bleiben; darum wurden Anstalten gegründet an geweihten, durch Götterzeichen beglaubigten
ehrwürdige Genossenschaften den Verkehr mit der Gottheit
Stätten, wo leiteten."
Lamprecht in seinem bereits erwähnten Geschichtswerk bezeichnet Band I
Inhalt XIII die römischen Verteidigungsmaßregeln als „Anstalten römischer Abwehr an Rhein und Donau im ersten und zweiten
Jahrhundert." Beseler spricht in seinem Systeme des gemeinen deutschen Privatrechts
3. Auflage Berlin 1873 § 220 von Banken, Börsen, Messen und Märkten
sowie von Stapelrechten und „ähnlichen Einrichtungen" als von „Anstalten zur Beförderung des Handels".
Auch hier hat das Wort Anstalt in der
Hauptsache die Bedeutung einer Organisation.
Dasselbe trifft
bei dem nachfolgenden Satze zu, der dem Buche von
Ockhart, Rheinschiffahrt, Mainz 1818 (S. 369—370) entnommen ist:
„Vorzüglich aber sollte längs dem Rhein — wegen der sogenannten Lein
pfadspferde— die Vorsorge getroffen werden, daß mittels gehörig eingerichteter
Anstalten in den verschiedenen Uferstaaten dieselben von Station zu Station angetroffen würden, indem zugleich nach dem verschiedenen Wasserstande
die Zeit zu bestimmen wäre, binnen welcher jede Distanz von den Halftern (Gespannen) zurückgelegt sein muß usw."
Ein anschauliches Bild von der Allgemeinheit und weiten Begrenzung des Anstaltsbegriffs gibt der Sprachgebrauch des Allgemeinen Landrechts,
weil dieses Gesetzbuch sich bekanutlich die Aufgabe stellte, alle Gebiete des öffentlichen
und privaten Rechts zu regeln.
H 403 Teil I Tit. 21
Es
sagt im Anh. § 57 zu
unter dem Marginale IV
„von
Pachtungen der
Landgüter": „Ist jedoch
der Pachtkontrakt vor einer Kreditdirektion oder vor andern
dergleichen öffentlichen Anstalten — errichtet worden usw.,"
ferner in Teil II Tit. 8 H 407: „Anstalten,
in
welchen
die
Verarbeitung
oder
Verfeinerung
gewisser
Naturerzeugnisse im großen getrieben wird, werden Fabriken genannt," in Teil II Tit. 12:
„ß 1.
Schulen und Universitäten sind Veranstaltungen des Staates,
welche den Unterricht der Jugend in nützlichen Kenntnissen und Wissen schaften zur Absicht haben."
„Z 2.
Dergleichen Anstalten sollen nur mit Vorwissen und Ge
nehmigung des Staates errichtet werden."
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Z 2.
Der Anstaltsbegrisf im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs.
75,
Wer eine Privaterziehungs- oder sogenannte Pensionsanstalt
8 3.
errichten will, muß seine Tüchtigkeit zu diesem Geschäfte nachweisen," in Teil II Tit. 17 8 10:
„Die nötigen Anstalten zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe, Sicher
heit und Ordnung und zur Abwendung der dem Publiko oder einzelnen Mitgliedern desselben bevorstehenden Gefahr zu treffen, ist das Amt der Polizei,"
und in Teil II Tit. 19: „8 6.
Der Staat ist berechtigt und verpflichtet, Anstalten zu treffen,
wodurch der Nahrlosigkeit feiner Bürger vorgebeugt und der übertriebenen
Verschwendung gesteuert werde," „8 32.
Armenhäuser, Hospitäler, Waisen- und Findel-, Werk- und
Arbeitshäuser stehen unter dem besonderen Schutze des Staates,"
„8 33. Man
xromi8eu6
Werden dergleichen Anstalten von neuem errichtet usw."
sieht
auch
gebraucht
hier,
daß
werden,
die
daß
Worte der
Anstalt
erstere
und
Veranstaltung
Ausdruck vorübergehende
Maßregeln und dauernde Einrichtungen gleichmäßig umfaßt, und daß nicht
nur Maßregeln und Einrichtungen körperlicher, namentlich konstruktiver Art,
sondern auch unkörperliche Maßregeln und Art unter den Anstallsbegriff fallen.
Einrichtungen organisatorischer
Zu der letzteren Klasse gehört unter
anderem die Strom- und Schiffahrtspolizei, welche in Preußen nach Z 10 Teil II Tit.
17
des
Allgemeinen Landrechts zu beurteilen ist und später
noch zum Gegenstände weiterer Erörterung gemacht werden muß. Ein Ministerialerlaß an die Kleve-Märkische Kriegs- und Domänen kammer vom 31. Mai 1805 sagt über die Ruhrschiffahrtskasse:
„Da die Bestimmung dieser Kasse wie bisher also auch künftig die In standsetzung und Erhaltung der Schiffbarkeit des Ruhrstroms ist, so muß
die Absicht dahin gehen, daß außer den Verwaltungskosten und den kur
renten Unterhaltungskosten
der Schleusen und übrigen Wasser
bauanlagen zur Erhaltung der Schiffbarkeit der Ruhr auch successive
die bessere Instandsetzung derselben daraus planmäßig bestritten werde." Über denselben Gegenstand sagt der Allerhöchste Abschied an den Pro
vinziallandtag der Rheinprovinz vom 27. Dezember 1845 : * „Die Ruhrschiffahrtsabgaben bilden für den Staat keine Finanzquelle,, sondern der Ertrag wird teils sogleich wieder auf die Schiffahrts-
anlagen verwendet, teils zur Verbesserung der Ruhrschiffahrt gesammelt und aufbewahrt."
* Verhandl. S. 361.
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III.
76
Die Ausdrücke
Gegenstand der Abgabenerhebung.
„Wasserbauanlagen" und „Schiffahrtsanlagen" werden
hier unterschiedslos für Schleusen, Buhnen und sonstige Wasserbauten ge
braucht.
Die Ruhr war und ist noch heute nur unvollständig kanalisiert;
auf großen Strecken ist die Fahrtiefe nicht durch Stau-, sondern durch Re gulierungswerke hergestellt. Die preußische Verordnung vom 16. Juni 1838, „die Kommunikations
abgaben betreffend," sagt in H 1: „Die außer dem Chausseegelde für die Benutzung von Kommunikations
anstalten bestehenden Abgaben, als Wege-, Pflaster-, Brücken-, Damm-, Fährgeld usw. sollen einer Revision unterworfen werden,"
und in § 3 Abs. 3: „Befindet sich die Kommunikations a n st a lt im Zuge einer Chaussee usw." Die
Verfassung des Deutschen Reiches vom 28. März 1849 sagt in
Art. 62:
„Die Reichsgewalt hat die Gesetzgebung, soweit es zur Ausführung der
ihr
verfassungsmäßig übertragenen Befugnisse und zum Schutze der ihr
überlassenen Anstalten erforderlich ist." Das Wort Anstalten ist hier im weitesten Sinne, für alle Einrich
tungen körperlicher und unkörperlicher Art, gebraucht.
Der im Jahre 1875 dem Preußischen Landtage zugegangene Entwurf einer Wegeordnung erstreckte in § 2 die Wegebaulast
„auf die Anlegung und Unterhaltung aller zur Vollständigkeit der Wege anlage oder zum Schutz oder zur Sicherheit derselben und ihrer Benutzung
nötigen
Anstalten und Vorrichtungen namentlich der im Zuge
der Wege belegenen Brücken und Fähren über die nicht schiffbaren Teile von Gewässern, der Furten,
Durchlässe,
Entwässerungsanstalten, Baum
pflanzungen, Schutzgeländer, Wegweiser, Warnungstafeln und dergleichen
mehr." Man sieht aus dieser Aufzählung, daß auch der damalige Sprach gebrauch wegs
auf
den
Anstaltsbegriff
in
deren Zweckbestimmung nur durch reicht
weitem
solche Bauwerke oder Anlagen
werden
kann.
Unter
den
Sinne
anwandte
und
keines
oder Einrichtungen beschränkte,
eine hinzutretende Betriebstätigkeit er
besonders
genannten
Beispielen ist die
Klasse der mit einem Betriebe notwendig verbundenen Anstalten nur durch die Fähren vertreten, während alle anderen zur Klasse der betriebslosen gehören.
Auch die Wegeordnung für die Provinz Sachsen vom 11. Juli 1891
* Dieser Doppelausdruck ist ein Pleonasmus. 2 Ges.S. S. 316.
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H 2.
Der Anstaltsbegriff im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs.
77
spricht in H 6 von „Anstalten und Vorrichtungen zum Schutze der Wege
anlagen und ihrer Benutzung".
Dasselbe tut die Wegeordnung für West In beiden Gesetzen deckt sich
preußen vom 27. September 1905 in ß 5.
die Aufzählung der in Betracht kommenden Anstalten und Vorrichtungen fast wörtlich mit derjenigen des Gesetzentwurfs vom Jahre 1875.
In dem Erkenntnisse des Oberverwaltungsgerichts vom 16. Dezember 1892,
Entscheidungen Bd. 24 S. 194 werden die in Stützmauern und
Wasserableitungen bestehenden Schutzbauten zur Sicherung eines Weges gegen
Bergrutsch als Anstalten bezeichnet — nicht etwa im Sinne einer positiven
Gesetzesvorschrift, die mit diesem Inhalt und Wortlaut für den in Betracht kommenden
Landesteil nicht vorhanden war,
sondern im Sinne des all
gemeinen Sprachgebrauchs — und dem Wegebaupflichtigen zur Last gelegt. In einem anderen Erkenntnisse desselben Gerichtshofes vom 4. Januar
1889, Entscheid. Bd. 17 S. 212 wird ausgeführt, daß ein konfessioneller Friedhof eine Anstalt sei,
für deren Benutzung (durch Aufstellung eiserner
Gitter und Kreuze) eine Stadtgemeinde Gebühren erheben dürfe.
Das
Reichsgerichtserkenntnis
Zivilsachen Bd. 41, S. 142)
vom
bezeichnet
1. Februar 1898
(Entscheid, in
ein Parallelwerk im Strome und
die Anschüttung von Bodenmassen zwischen diesem Werke und dem Ufer als
„Anlagen", und zwar nicht im Sinne einer auszulegenden besonderen Ge
setzesvorschrift, sondern nur im Zusammenhänge einer Erörterung der Frage,
ob der Staat durch diese Strombauten die Fischerei geschädigt und sich ersatz pflichtig gemacht habe. Ein
anderes
der
neuesten Zeit
entlehntes Beispiel
für
den
gesetz
geberischen Sprachgebrauch bietet das preußische Kommunalabgabengesetz vom
14. Juli 1893, welches in ß 4 verordnet: „Die Gemeinden können für die Benutzung der von ihnen im öffentlichen Interesse unterhaltenen Veranstaltungen
(Anlagen,
Anstalten und
Einrichtungen) besondere Vergütungen (Gebühren) erheben. —
Ein Zwang zur Erhebung von
Chaussee-, Wege-, Pflaster-
und
Brückengeldern findet nicht statt." Danach sind Wege und Brücken auch Anstalten oder Veranstaltungen; dasselbe gilt nach der Verwaltungspraxis und Rechtsprechung von Abwässer kanälen. Schließlich mag noch ein kurzer Überblick über den Sprachgebrauch der
wasserbautechnischen Literatur gegeben werden. In dem
„Grundriß
der Vorlesungen
über
das Praktische
bei
ver
schiedenen Gegenständen der Wasserbaukunst" von D. Gilly, Königl. Preußischen
Geheimen Oberbaurat, 1801 heißt es (Einleitung):
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III. Gegenstand der Abgabenerhebung.
78
„Wir haben in unserem Lande zwar Wasserwerke und Wasserbauten von
mancherlei Art.
Da aber alle die Gewerbe und Beschäftigungen, zu deren
Befriedigung dergleichen Anstalten gebraucht werden, besonders Handel und Schiffahrt, bei uns usw.",
ferner S. 64 § 126: „Da wo entweder natürliche oder durch die auf einem Strom schon vor
handenen Mühlen und andere Werke entstandenen Wasserfälle die Schiff
fahrt nicht gestatten, müssen Veranstaltungen getroffen werden,
um
die Schiffe bei dergleichen Wasserfällen mit Sicherheit hinauf und hinunter zu schaffen."
In der
„Allgemeinen,
theoretisch-praktischen
auf
Geschichte
Wasserbaukunst"
von
und
O.
Erfahrung
F.
gegründeten,
Wiebeking
1805
ist
Band V S. 24 die Rede von „großen Anlagen, der Flüsse,
worunter die Regulierung
und die Schiffbarmachung
die Austrocknungen und die Anlegung der Kanäle gehören."
In demselben Bande S. 61 findet sich der Satz:
„Die Schiffahrtskanäle — werden von allen
kraftvollen
und das
all
gemeine Wohl befördernden Negierungen zu den wichtigsten Anstalten gezählt,"
und auf S. 156 die Bemerkung „daß die zur Schiffbarmachung eines Flusses angewendeten hydrotechnischen Vorkehrungen und Anlagen zugleich die Überschwemmungen von
den Flußgegenden abwenden und die Uferlande gegen
den Angriff des
Stromes sichern."
„Handbuch der Wasserbaukunst" von G. Hagen 1871, Teil II,
Das
sagt S. 370: „Außerdem ist
es aber auch notwendig,
Anlagen zur Stromregulierung
daß
die Uferdeckung sich den
anschließt,
wovon
sie
häufig
einen wesentlichen Teil ausmacht. —
Die Anlagen, welche in diesem Falle zur Ausführung kommen, nämlich Buhnen oder auch Parallelwerke, sind eigentliche Strombauten,"
ferner Teil III, S. 83: „Es
ist daher von den Erfordernissen der Schiffahrt bereits die Rede
gewesen,
doch gehören dazu auch andere Anlagen und bauliche Aus
führungen, die der eigentlichen Stromregulierung fremd sind usw."
Es wird sodann unter dem allgemeinen Titel „Schiffahrtsanlagen" be sprochen: Gefälle
„Die Flußschiffahrt, die Warpschiffahrt, die Überwindung starker
(Schleusen,
geneigte
Ebenen
usw.),
sonstige
Schiffahrtsanlagen
(Signale, Baken, Mastenrichter, Flußhäfen).
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Der Anstaltsbegriff im Sinne des Sprachgebrauchs der Gesetze usw.
H 3.
In dem Werk von Franzius,
79
„Die Korrektion der Unterweser 1895",
Abschnitt II S. 6, 31, 39 und a. a. O. werden alle Wasserbauwerke, wie
Buhnen, Uferschutzwerke und Siele, Anlagen genannt.
Der Sprachgebrauch der wasserbautechnischen Wissenschaft verwendet also die Ausdrücke Anstalt und Anlage ganz allgemein für Bauwerke.
In älterer
Zeit kommen beide Worte nebeneinander vor, später ist nur noch der letztere üblich.
Eine Unterscheidung in dem Sinne, daß der eine Ausdruck besonders
für Kanalisierungs- und der andere für Regulierungswerke gebraucht würde, ist nicht erkennbar.
8 3. Der Anstaltsbegriff im Sinne des Sprachgebrauchs der Gesetze und Verträge über Schiffahrts- und Wafferbauwesen. Allgemeine Bemerkungen.
Noch wichtiger wie die Feststellung des ist der Natur der Sache
nach
allgemeinen Sprachgebrauchs
die Untersuchung
der Frage,
in
welchem
Sinne die Gesetzgebung über Schiffahrts- und Wasserbauangelegenheiten in
Deutschland den Begriff der Anstalt
angewendet
hat.
Es wäre
an sich
daß die Sprache dieser Gesetzgebung den Anstaltsbegriff in einem
denkbar,
beschränkteren Sinne aufgefaßt hätte, als die Sprache der Literatur und des
täglichen Lebens; der Ausdruck Anstalt könnte möglicherweise hier in engerem fachmännischen Sinne gebraucht sein, sodaß er einen Teil derjenigen Er scheinungen nicht umfaßte, welche nach dem sonstigen Sprachgebrauche darunter
verstanden werden. Der Art. 54 ist selbst ein Hauptbestandteil jener Gesetzgebung.
Er ist
hervorgegangen aus der Initiative der preußischen Regierung und entstanden
im Schoße der preußischen Bureaukratie aus den Federn preußischer Staats diener.
Es liegt daher nahe, in erster Reihe die Terminologie der preußischen
Fachgesetze in Betracht zu ziehen. der Gesetzgebung
in
den
übrigen
Daneben muß allerdings auch diejenige deutschen Staaten
und
schließlich
der
Sprachgebrauch der in Deutschland abgeschlossenen Staatsverträge, vor allem
der Zollvereinsverträge, in gleicher Weise berücksichtigt werden.
Diese Verträge bilden gebrauchs
eine
Bedeutung,
auch hinsichtlich .^der Feststellung des Sprach
gemeinsame Grundlage
und sind
insofern von besonderer
als sie die Vorstufen derjenigen Entwicklung bezeichnen,
die
schließlich in dem Art. 54 und dem Art. 25 des gleichzeitigen letzten Zoll
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III.
80
Vereinsvertrages ihren
Gegenstand der Abgabenerhebung.
verfassungsmäßigen *
Abschluß fand.
Sie
brachten
von Anfang an das verkehrspolitische Programm der preußischen Regierung zum Ausdruck. In der nachfolgenden Darstellung sollen außer den Gesetzen und Ver
trägen selbst auch die Rechtsprechung, soweit sie für das Verständnis des
Sprachgebrauchs der ersteren von Bedeutung ist, und gesetzgeberische Vor
arbeiten Berücksichtigung
finden.
Die Rechtsentwicklung soll mit Rücksicht
auf die Unsicherheit, die sich aus Veränderungen des Sprachgebrauchs in einem größeren Zeitabschnitt ergeben könnte, nur von
dem Erscheinen des
Preußischen Landrechts an verfolgt werden.
Unter den Gesetzen
sind im weiteren Sinne auch Verträge und Ver
ordnungen verstanden.
8 4. Die preußische Gesetzgebung. Das Preußische Landrecht enthält im neunten Titel des ersten und im fünfzehnten Titel des zweiten Teiles eine Reihe von wasserrechtlichen Be
stimmungen.
Die erstere Gruppe hat besonders den Schutz der Ufer und die Beein flussung der Stromrichtung durch Deckwerke, Buhnen und sonstige Wasser bauten zum Gegenstände.
In § 229 Teil I Tit.
des in der Konkave liegenden,
dem
9 wird der Eigentümer
Abbruch ausgesetzten Ufergrundstücks
ermächtigt „an seinem Ufer
solche Veranstaltungen
zu treffen,
wodurch
die
fernere Verbreiterung des gegenüberliegenden Ufers verhindert wird." Sodann heißt es in § 230: „Buhnen hingegen und andereAnlagen, wodurch der einmal vorhandene
Anwuchs der Gefahr, wieder weggespült zu werden, ausgesetzt wird, darf ohne Erlaubnis des Staates niemand anlegen." Durch das Wort „hingegen" soll nicht etwa die Eigenschaft der Buhne als Veranstaltung im Sinne des 8 229 verneint, sondern nur der Gegensatz
der in Z 230 grundsätzlich untersagten aggressiven Wasserbauten zu den im vorhergehenden Paragraphen gestatteten defensiven betont werden.
In ß 240 wird bestimmt:
* Die Bestimmungen des letzten Zollvereinsvertrages sind bekanntlich durch Art. 40 der Reichsverfassung vom 16. April 1871 Bestandteile des geltenden Ver fassungsrechts geworden.
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Z 4.
Die preußische Gesetzgebung.
„Wenn das dem Ausreißen des Stromes
als
durch
solche
Anlagen,
hinlänglich befestigt
werden kann,
ausgesetzte Ufer nicht anders
zugleich
welche
81
das Anspülen befördern,
so ist der Uferbesitzer auch zu diesen
berechtigt"
und in Z 241: „Es dürfen aber dergleichen Anlagen, in öffentlichen Flüssen, bei ent
stehendem Widerspruch nicht anders als unter der ausdrücklichen Genehmi
gung des Staates — veranstaltet werden." Sodann heißt es in H 263:
„Soll ein Flußbett — durch Verkrippungen (Buhnenbauten) oder andere dergleichen Anstalten verengt werden, so haben die angrenzenden Ufer
besitzer das nächste Recht, sich den solchergestalt gewonnenen Grund und Boden durch Besitznehmung zuzueignen." Hier ist überall von Strombauten und Strombauzwecken die Rede, die
vom Gesetzgeber
teils als „Veranstaltungen"
„Anlagen" bezeichnet werden.
wird ausdrücklich auf Buhnen angewendet. wie im Art.
„Anstalten", teils als
und
Sowohl die eine wie die andere Bezeichnung
54 der Reichsverfassung
Beide Ausdrücke werden, ähnlich
und
sonst in sehr
auch
häufigen
Fällen, xroiniseue gebraucht. Im fünfzehnten Titel des zweiten Teiles verordnet Z 79: „Gegen die dem Staate zukommende Nutzung der schiffbaren Ströme ist derselbe
verpflichtet,
für
die
zur
Sicherheit
und
Bequemlichkeit
der
Schiffahrt nötigen Anstalten zu sorgen."
Diese Verpflichtung umfaßt jegliche Art der Fürsorge, sie erstreckt sich auf die Anwendung aller Mittel, die zur Förderung der Schiffahrtsinteressen
geeignet sind.
Der Anstaltsbegriff erscheint hier in seiner ursprünglichen,
weiten und allgemeinen Bedeutung.
Er erstreckt sich sowohl auf die Maßregeln
für den Ausbau, die Unterhaltung und Bezeichnung
seine Freihaltung
von Hindernissen als auch
des Fahrwassers und
auf die Strom- und Schiff
fahrtspolizei und sonstige Verwaltungsmaßregeln im
Interesse des Verkehrs
auf den Wasserstraßen. Die Vorschrift in 8 79 a. a. O. wird angewendet und ausgelegt in
einem Erkenntnisse des Kompetenzgerichtshofes zu Berlin vom 11. Dezember 1858 (abgedruckt im Justizministerialblatt 1864 S. 90), in welchem die Ver
pflichtung des Staates durch den aus einem Konfliktsbeschluß der Regierung in Posen übernommenen Satz „der Staat hat durch seine Beamten nur darüber zu wachen, daß aus dem Fahrwasser die Hindernisse weggeräumt und, wo dies möglich ist,
die erkennbaren Warnungszeichen an passenden Stellen angebracht werden" Schriften 6XV. — Erster Teil.
6
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III. Gegenstand der Abgabenerhebung.
82
für den vorliegenden Fall begrenzt und diese Überwachung
als „Anstalt"
anerkannt wird. Daß der Bau von Buhnen zu den schiffahrtsförderlichen Anstalten im Sinne des ß 79 II. 15 A. L. R.
gehört, hat das Oberverwaltungsgericht
in einem Urteil vom 26. September 1888, Entscheid. Band 17 S. 291 ausgesprochen.
Derselbe Gerichtshof hat in dem Urteil vom 28. Oktober 1896,
Entscheid. Band 30 S. 213 den Leinpfad als eine „Anstalt" zur Sicherheit und Bequemlichkeit der Schiffahrt bezeichnet.
Zu den auf Schiffahrtsangelegenheiten bezüglichen preußischen Gesetzen
gehörte auch das am 26. Mai 1818 (Ges. S. S. 65)
erlassene „über den
ausländischen Waren und über den
Zoll und die Verbrauchssteuern von
Verkehr zwischen den Provinzen des Staates".
In Z 20 dieses Gesetzes
werden aufrecht erhalten:
„alle Erhebungen und Leistungen, welche zur Unterhaltung der Strom
schiffahrt und Flößerei, der Kanäle, Schleusen, Brücken, Fähren, Kunst straßen, Wege, Häfen, Leuchttürme, Seezeichen, Krane, Wagen, Niederlagen und anderer Anstalten für die Erleichterung des Verkehrs bestimmt sind."
Hier wird also die „Stromschiffahrt" Aufzählung erhebung
der Anstalten,
anerkannt
werden,
ist
als „Anstalt"
nicht
erschöpfend.
Die
bezeichnet.
als zulässige Substrate
welche
Aber
der Abgaben sie
läßt
mit
Sicherheit erkennen, daß der Betrieb nicht als wesentlicher Bestandteil des Anstallsbegriffs
angesehen wurde; sonst hätten nicht Brücken und Fähren,
Wege und Krane, Seezeichen und Schleusen nebeneinander als unter jenen
Begriff fallend aufgeführt werden können.
In den 30er und
40er Jahren des
vorigen
Jahrhunderts
waren
sodann in Preußen gesetzgeberische Vorarbeiten im Gange, welche die ein
heitliche Regelung des Wasserbau-, Strompolizei- und Deichwesens für das Geltungsgebiet des Allgemeinen Landrechts, also für
den weitaus größten
Sie zogen sich Jahre lang hin und
Teil des Staatsgebietes, bezweckten.
wurden mit der außerordentlichen Gründlichkeit betrieben,
Aufstellung
Aus
welche für die
von Gesetzentwürfen in der vormärzlichen Zeit bezeichnend ist.
den Akten geht hervor, daß der damalige Prinz von Preußen, der
spätere
Kaiser
persönlich
Wilhelm
teilgenommen
der
Große,
hat.
Zu
an
einem
dieser
Entwürfe
praktischen Ergebnis
kam man
der
Beratung
schließlich nur bezüglich des Deichwesens, das durch Gesetz vom 28. Januar 1848
— und zwar in Erweiterung des ursprünglichen Planes für den ganzen Umfang des preußischen Staates
— geregelt wurde.
Von den übrigen
damals bearbeiteten Gebieten des Wasserrechts ist nur ein verhältnismäßig
kleiner Teil in sehr viel späterer Zeit, nämlich durch das noch zu erwähnende
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Z 4.
Gesetz vom
20.
August
Die preußische Gesetzgebung.
83
1883, betreffend die Befugnisse der Strombau
verwaltung, neu geordnet und kodifiziert worden.
Der Natur der Sache nach ist in jenen gesetzgeberischen Vorarbeiten von Strombauten, Buhnen, Uferdeckungen und sonstigen, zum
sehr häufig
Uferschutz oder zur Fahrwasserverbesserung bestimmten Bauwerken die Rede.
Infolgedessen
zugehörigen
geben die Motiven,
aufgestellten Entwürfe
damals vielfach
die Protokolle
über
ihre Beratung,
die
mit den
von
den
Provinzialständen eingeforderten Gutachten und die sonst in den Akten vorhandenen kritischen Äußerungen ein besonders gutes Bild von dem
Sprachgebrauch der an der Gesetzgebung beteiligten Kreise hinsichtlich derjenigen
technischen Hilfsmittel,
welche zur Erhaltung und Verbesserung der Schiff
barkeit natürlicher Wasserstraßen in Betracht kommen. Es ist daher zweckmäßig und
notwendig, die Terminologie der da
maligen Vorarbeiten — insoweit es sich um die Anwendung des Anstalts
und Anlagebegriffs handelt — hier näher darzulegen. Zunächst ist jedoch der Entwurf einer Strom- und Uferordnung für die Weichsel und Nogat, den der Oberpräsident von Schön in Königsberg
am 26. Oktober 1840 dem Finanzminister Grafen von Alvensleben ein reichte,
kurz
zu
erwähnen.
Es
wurde
ihm
zwar,
da
eine provinzielle
Regelung grundsätzlich nicht in Betracht kam, keine weitere Folge gegeben,
er diente aber als Material für die Bearbeitung der allgemeinen Entwürfe und ist jedenfalls, worauf es hier zunächst nur ankommt, eine Erkenntnis
quelle für den legislativen Sprachgebrauch.
In diesem Entwurf heißt es:
Der Staat sorgt für die zur Sicherheit und Bequemlichkeit der
„H 1.
Schiffahrt erforderlichen Anstalten.
Welche Anstalten, Strom- und Uferbauten', zur Er
ß 2.
reichung dieses Zweckes, sowie zur Regulierung des Stromlaufes not
wendig werden, bleibt lediglich der BeurHilung der Staatsverwaltung
überlassen. Z 3.
Hat der Staat bei Ausübung dieses Hoheitsrechtes Entschädigungen
zu gewähren, so darf durch deren Ermittelung oder Feststellung die Aus führung der für notwendig erachteten Anstalten oder Bauten niemals
aufgehalten werden.
tz 4.
Der Staat gewährt unter allen Umständen nur dann eine Ent
schädigung, wenn nachgewiesen werden kann, daß der entstandene Nachteil
* Eine pleonastische Zusammenstellung, hervorgeht.
wie aus dem folgenden Text klar
6*
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84
Gegenstand der Abgabenerhebung.
m.
als eine unmittelbare Folge der getroffenen Anstalten oder Bauten
zu betrachten ist. § 5.
Niemand darf ohne Genehmigung des Staates Strom- oder
Uferbauten oder irgend eine Anlage ausführen, welche auf den
Lauf des Stromes von Einfluß sein kann. Z 11.
Die Uferbesitzer sind verpflichtet, auf Verlangen des Staates,
ordinäre Befestigungen der Ufer auf eigene Kosten auszuführen.
jedoch
künstliche
, * Anlagen
wie z. B. Deckwerke
und
Werden
Buhnen,
er
forderlich, so bleibt es lediglich dem Ermessen der Staatsverwaltung über lassen, ob die Herstellung derselben aus Staatsmitteln erfolgen soll." Die Terminologie bewegt sich hier vollkommen im Rahmen der Tradi
Strom- und Uferbauten werden
tionen des Allgemeinen Landrechts.
aus
drücklich als „Anstalten" bezeichnet; der Begriff der Anstalt wird mit dem jenigen der Anlage synonym oder jedenfalls
promLseue
gebraucht,
ganz
ähnlich wie im 8 54 der Reichsverfassung.
Schon vor diesem westpreußisch-provinziellen Gesetzesvorschlag war 1838
im Finanzministerium
ein
allgemeiner Gesetzentwurf
„über
Strom-
und
Uferpolizei der öffentlichen Flüsse und das Deichwesen" aufgestellt worden. Er wurde im Jahre 1839 umgearbeitet und in zwei gesonderte Entwürfe zerlegt, von welchen der eine nur auf Strom-
und Uferpolizei und der
andere nur aus Deichwesen sich bezog. Der erstere enthielt in § 7 der ursprünglichen Fassung die Bestimmung:
„Dem Staate liegt es ob,
die
zur Erhaltung, Sicherung und Ver
besserung der Schiffahrt erforderlichen Anstalten und Vorkehrungen zu treffen."
und in § 11 die weitere Vorschrift:
„Es gehört zu den Obliegenheiten und Vorbehalten des Staates, durch bauliche Anlagen an und
in öffentlichen Flüssen dem Strome oder
der Strombahn die den Zwecken der Schiffahrt entsprechende Richtung zu geben und zu erhalten."
In einer etwas späteren Bearbeitung heißt es dann:
„Die zur Erhaltung, Sicherung und Verbesserung der Schiffahrt erforder
lichen Veranstaltungen und Vorkehrungen trifft der Staat." Auf Grund der Beratung im Staatsministerium wurde schließlich der
folgende Worlaut gewählt:
* Auch dieser Ausdruck ist pleonastisch: Anlagen sind der Natur der Sache nach künstlich.
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Z 4.
Die preußische Gesetzgebung.
85
„Wenn der Staat zur Sicherung der Schiffahrt, namentlich durch Be zeichnung und Wegschaffung der in der Fahrbahn des Flusses sich findenden
Hindernisse, Vorkehrungen zu treffen und zur Verbesserung der Fahrbahn
durch Regulierung derselben
auszuführen für notwendig
bauliche Anlagen an oder im Flusse erachtet, trägt er die dadurch
entstehenden
Kosten." Hier sind die Ausdrücke Veranstaltung, Vorkehrung und Anlage als gleichbedeutend
behandelt und
auf jegliche Art von Strombauwerken an
gewendet.
12 des ursprünglichen — 8
In 8
13 des vom Staatsministerium
umgearbeiteten — Entwurfs heißt es von diesen Strombauwerken:
„Sind durch die Anlagen des Staates Verlandungen entstanden usw." Nach § 29 des Entwurfs in der Fassung des Staatsministeriums ist „zu baulichen Anlagen in öffentlichen Flüssen oder an deren Ufern,
als: zu Wasserleitungen, Stromregulierungs- oder Uferdeckungswerken —
die Erlaubnis der Landespolizeibehörde erforderlich."
In den Motiven zu dem ersten 1838 aufgestellten Entwurf heißt es:
auf die etwas undeutliche
„Endlich bleibt zu erwähnen, daß in bezug
Fassung der
263, 264 Teil
I Tit.
9
des Allgemeinen Landrechts
eine Bestimmung wünschenswert erscheint und
im Laufe der Verwaltung
als Bedürfnis sich ergeben hat, welche das Recht des Staates zur einst
weiligen Benutzung der durch seine künstlichen Anstalten erzeugten
Verlandungen besser sichert." Bei diesen Anstalten handelt es sich wesentlich um Buhnen.
Das Protokoll vom Januar
Entwurfs
im
Finanzministerium,
1839 über die Beratung dieses ersten zu
welchem
damals
die
Wasserbau
verwaltung gehörte, enthält die Bemerkung: „Nach diesem Paragraph *
ist noch eine Bestimmung erforderlich, wonach
der Uferbesitzer es ohne Anspruch auf Entschädigung sich
gefallen lassen
muß, daß neu entstandene Alluvionen und Inseln, zu deren Benutzung und Bepflanzung noch keine Genehmigung erteilt oder Anweisung ergangen
ist, durch
künstliche Anstalten
seitens
des Staates
wieder
weg
geschafft werden, wenn dies im öffentlichen Interesse vorteilhaft erscheint." Die Motive zu dem durch das Staatsministerium umgearbeiteten Ge
setzentwürfe vom Jahre 1841
handeln unter I von der Disposition des
Stoffes und unterscheiden dabei drei Abschnitte:
* Dessen Text hier nicht zum Verständnis notwendig ist.
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III.
86
Gegenstand der Abgabenerhebung.
a) „von den Rechten und Pflichten des Staates, d) von den Rechten des Publikums und
e) von den Rechten und Verbindlichkeiten der Uferbesitzer." Mit Bezug auf die hierdurch bezeichnete Stoffeinteilung heißt es:
„Diese Anordnung scheint der Natur des Gegenstandes entsprechend. Nur in Beziehung auf die Vorschriften wegen Anlegung und Unterhaltung der An
stalten im Jnteresseder Schiffahrt und der Strombahn ist es angemessen erschienen, sie nicht gesondert, sondern aä u und e aufzustellen."
An anderen Stellen heißt es: „Der Staat trifft die Veranstaltungen zur Sicherstellung und Ver besserung der Schiffahrt nicht zu seinem besonderen Vorteile, sondern zu
gunsten zunächst derjenigen Gewerbetreibenden, welche bei dem Gebrauche
der Schiffahrtsstraße beteiligt sind,
demnächst allerdings
mittelbar für
einen weiteren Kreis von Teilnehmern." —
er
„Überdies ist der Staat als Eigentümer des Flusses — wenn
innerhalb der Userlinien Veränderungen des Stromstriches herbeizuführen
für nötig errachten sollte — dabei vollkommen in seinem Rechte, und er kann den Grundsatz:
qui suo ^ure utitur, nemini kaeit Lnjuiium: um
so mehr für sich in Anspruch nehmen, als der Uferbesitz seiner ganzen Natur nach nur mit der Eigentümlichkeit zu denken ist, daß er den nach
teiligen und unvorteilhaften Einwirkungen der Stromrichtung
und daß diese Zufälle durch
unterliegt
Anstalten, um die Urbestimmung des
öffentlichen Stromes, die Schiffbarkeit, zu sichern, reguliert werden. Wenn hiernach von der einen Seite das Recht des Staates, die zur
Erhaltung und Verbesserung der Schiffahrt notwendigen Anlagen, ohne
unbegründete EntschädigungsverpfLichtungen einzugehen, näher hat gewahrt werden müssen *,
so scheint es von der anderen Seite ebenso notwendig,
daß diese nur im Interesse der Gemeinschaft liegenden Anlagen und
sonstige auf Erhaltung, Sicherheit und Bequemlichkeit der Schiffahrt ab zweckende Vorkehrungen auch vom Staate
allein
unterhalten,
und
daß die Uferbesitzer deshalb außer Anspruch gelassen werden usw." —
„Die Uferdeckung bewirkt nur Erhaltung der Sache in ihrem, dem öffentlichen und dem Interesse Dritter unnachteiligen Zustande;
zu
dieser
Deckung
erforderlichen
Anstalten
und
und die
Vorkehrungen
stehen in unmittelbarer und unzertrennlicher Verbindung mit der Eigen tümlichkeit der in Rede stehenden Art des Besitzes."
Der zweite Gesetzentwurf über das Deichwesen bestimmt in ß 9: „Diese Vereinigung (Bildung eines Deichverbandes) findet statt, wenn * Anakoluthe auch im Texte des Originals.
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8 4.
Die preußische Gesetzgebung.
87
a) die Grundbesitzer einer noch unverwallten Niederung zur Anlage
und künftigen Erhaltung von Deichen und Meliorationswerken ver
pflichtet,
d) wenn
Verwaltungs-
oder
Meliorationsanlagen
schon
be
stehender Deichverbände erweitert werden sollen.
Sodann heißt es in § 13: „Insbesondere soll die Deichpflicht auf alle einzelnen durch die Deiche und
Meliorationsan st alten geschützten — Grundstücke — gleichmäßig —
verteilt werden." Das
schließlich erlassene Deichgesetz vom 28. Januar 1848 hat diese
Terminologie im wesentlichen beibehalten.
Die Ausdrücke „Anstalt" und
„Anlage" sind völlig synonym gebraucht. Im Jahre 1851 wurde im preußischen Finanzministerium ein Entwurf zu einem
„Gesetz betreffend die Regulierung der Tarife zur Erhebung von
Kommunikationsabgaben" aufgestellt und im Staatsministerium beraten. Der
1 dieses Entwurfs bestimmte:
„Tarife zur Erhebung von Abgaben für die Benutzung von Land- und Wasserstraßen,
Schleusen,
Brücken,
Fähren,
Häsen,
Bohlwerken,
Kranen, Wagen, Niederlagen und anderen zur Erleichterung des Ver kehrs dienenden Anstalten können unter Festhaltung des Grundsatzes,
daß der Ertrag der Abgabe die Kosten nicht übersteigen darf, welche auf
die Unterhaltung und Wiederherstellung derjenigen Anlage zu verwenden sind, für deren Benutzung
die Abgabe erhoben wird, von der Staats-
regierung — erlassen werden."
Hier sind alle Wasserstraßen ohne Unterscheidung von natürlichen und künstlichen als Anstalten bezeichnet; freilich nur insoweit sie eine Verbesserung» durch staatliche oder sonstige Mittel erfahren
haben, denn nur nach diesem
Gesichtspunkte können sie dem in jener Bestimmung ausgesprochenen Ge bührenprinzip straßen
unterworfen werden.
gemeint
Schleusen
nach
sind,
ergibt
sich
Daß auch die schleusenlosen Wasser aus
den Wasserstraßen.
der
besonderen
Erwähnung
der
Die Begründung des Gesetzentwurfs
bedient sich desselben Sprachgebrauchs.
Bemerkenswert ist
ferner die an den Art. 54 Abs. 4 der heutigen
Reichsverfassung erinnernde synonyme Verwendung der Ausdrücke „Anstalt"
und „Anlage". Im Jahre 1877 wurde ein neuer Anlauf zur Gesetzgebung auf dem
Gebiete
des Wasserrechts genommen.
Es wurden gleichzeitig Vorarbeiten
zu einem „Gesetze, betreffend die Befugnisse der Strombauverwaltung gegen über den Uferbesitzern an öffentlichen Flüssen", und zu einem „Gesetze, be-
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Gegenstand der Abgabenerhebung.
III.
88
treffend
die
begonnen.
Benutzung,
Veränderung
ersteren
Die
und
führten nach
Unterhaltung
Gewässer,"
der
Jahren zum
einigen
Erlasse
des
Gesetzes vom 20. August 1883, in welchem es heißt: „Z 3.
Auf Anordnung der Strombauverwaltung haben die Uferbesitzer
gegen Entschädigung zu den im öffentlichen Interesse anzulegenden Deck
werken,
Buhnen,
Coupierungen oder
anderen
Stromregulierungen
den
erforderlichen Grund und Boden — einzuräumen." Nach Z 5 des Gesetzes gehören Anlandungen,
„welche infolge von Anlagen der in § 3 gedachten Art entstehen, dem jenigen, an dessen Ufer sich dieselben angesetzt haben."
Hier ist also das
Wort
„Anlage"
auf solche Bauwerke angewendet,
welche zur Verbesserung der Fahrrinne und zum Schutze der Ufer an frei fließenden — nicht kanalisierten — Strömen ausgeführt werden.
Gesetzes,
Der
erste
Entwurf
änderung
und
Unterhaltung der Gewässer,
eines
betreffend
die
Benutzung,
Ver
gebraucht, insbesondere in den
12, 23, 25, 26, 63, 64, 106, den Ausdruck „Anlage" ganz allgemein für jedes Wasserbauwerk
in oder an natürlichen Gewässern, und auch für
Schiffahrtskanäle. Zu einem positiven Ergebnis kam man damals nur auf einem beson
deren Gebiete, nämlich
auf dem der Wassergenossenschaften, welches durch
das Gesetz vom 1. April 1879 geregelt wurde.
Dies Gesetz bezeichnet in
Z 1 die „Herstellung und Verbesserung von Wasserstraßen (Flößereien) und anderen Schiffahrtsanlagen"
als eine Aufgabe der Wassergenossenschaften.
Der Ausdruck Schiffahrtsanlage bezeichnet hier also die ganze Wasserstraße, und zwar nicht nur die „hergestellte", sondern auch die „verbesserte" *.
Die gesetzgeberischen Vorarbeiten wurden
später wieder ausgenommen
und auf eine allgemeine Regelung des Wasserrechts ausgedehnt.
Sie kamen
dann zu einem vorläufigen Abschluß in dem 1894 veröffentlichten „Entwurf
eines preußischen Wassergesetzes". des Wortes
„Anlage"
privaten Gewässern.
Auch dieser Entwurf bedient sich überall
für jede Art von Wasserbauten an öffentlichen und
Er spricht von „Anlagen zur Beschaffung der Vorflut"
in 8 23, von Stauanlagen"
in § 44, von „allen Anlagen an Strömen
und Schiffahrtskanälen" in Z 52 Nr. 1, von „Anlagen zur Veränderung der Hochwasserslüsse" in Nr. 3 a. a. O. usw.
* Ges.S. S. 297. Auf Grund dieser Bestimmung ist von der „Meliorations genossenschaft der Pinnau-Niederung" in den 80er Jahren der Pinnaufluß zwischen Ütersen und Pinneberg in Schleswig-Holstein in Berücksichtigung konkurrierender Schiffahrtsinteressen durch Regulierung als Wasserstraße ausgebaut worden.
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H 5.
Die nichtpreußische deutsche Gesetzgebung.
Denselben Sprachgebrauch
89
hat schließlich das Gesetz, betreffend Maß
nahmen zur Verhütung von Hochwassergefahren
in der Provinz Schlesien
Es sagt z. B. in Z 16:
vom 8. Juli 1900
„Soweit bei dem Ausbau an bereits vorhandenen Anlagen (Deichen, Schleusen, Wehren, Brücken u. dgl.) Änderungen eingeführt werden usw." Die
gegebene Übersicht über
hier
die Terminologie der autonomen
Gesetzgebung — die im Wege der Gesetzgebung zustande ge
preußischen
kommenen Staatsverträge sollen später noch besonders behandelt werden — enthält nur eine Auswahl
aus den vorhandenen Gesetzen, Gesetzentwürfen
und sonstigen Gesetzgebungsmaterialien. Textstellen,
welche
Wasserbau-
und Schiffahrtswesens
mit dem
Anstalts-
sich
Die vollständige Wiedergabe aller und
Anlagebegriff im Sinne des
beschäftigen, würde zuviel Raum
beanspruchen und den Umfang dieser Arbeit noch mehr anschwellen.
Die Auswahl der Zitate dürfte aber doch genügen, um einige für den weiteren Verlauf der Untersuchung wichtige Tatsachen außer Zweifel zu stellen.
Die
Ausdrücke
„Anstalten"
„Anlagen"
und
sind
pronnLeue
synonym zur Bezeichnung von Wasserbauten verwendet worden.
und
In älterer
Zeit wurde das Wort „Anstalt" bevorzugt oder doch ebenso häufig gebraucht wie
Später — etwa von der Mitte des vorigen Jahrhunderts
„Anlage".
ab — ist der letztere Ausdruck üblich geworden. Jede von diesen Bezeichnungen wird für alle Arten von Wasserbauten angewendet.
nachweisbar
Es
ist
insbesondere
kein
Unterschied
in
der Terminologie
Regulierungsbauten, etwa in dem
zwischen Stauwerken und
Sinne, daß die ersteren Anlagen und die letzteren Anstalten genannt würden
oder umgekehrt.
Die vielfach
ausgesprochene Meinung, man könne wohl
Schleusen und Wehre als Anstalten bezeichnen, nicht aber Buhnen, Bagge
rungen und sonstige Strombauten, findet also in dem Sprachgebrauch der preußischen Gesetzgebung keine Stütze.
Beide Gruppen von Wasserbauwerken
werden von dieser Gesetzgebung entweder unter den Anstalts- oder unter den
Anlagebegriff — in
den
letzten
Jahrzehnten
regelmäßig
unter
dem
letzteren — subsumiert.
8 5. Die nichtpreußische deutsche Gesetzgebung. Neben
der preußischen Gesetzgebung, deren besondere Bedeutung für
die Auslegungsfrage darin beruht, daß ihr Sprachgebrauch den Verfassern
des Art. 54 und der maßgebenden Verträge in der Gewohnheit lag, kommen ' Ges.S. S. 171.
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III.
90
Gegenstand der Abgabenerhebung.
aber auch die auf Wasserbau-
und
Gesetze der anderen Staaten des schweizerische und
österreichische,
Schiffahrtsangelegenheiten bezüglichen
jetzigen Reichsgebiets in Betracht.
Die
luxemburgische Gesetzgebung ist hier nicht
mit herangezogen worden, weil der Sprachgebrauch in diesen Bestandteilen
des deutschen Sprachgebiets manche Eigentümlichkeiten aufweist, welche die
Vergleichbarkeit zum Zwecke einer grammatischen
Interpretation in Frage
stellen könnten. Nach Nr. 1 des für Schleswig-Holstein-Lauenburg erlassenen königlichen
Patentes
über
das
Deichwesen
vom 29. Januar 1800
erstreckt sich die
Aufsicht der Deichinspektoren
„auch
auf die Uferbefestigungen, Bollwerke, Schleusen, Wasserlösungen
auf die Vorländereien, auf die Verhütung ihres Abbruchs und die Be förderung ihres Anwachses und die sonstigen mit den Deichen und ihrer Sicherheit in Verbindung stehenden Anstalten und Werke". Die beiden letzteren Ausdrücke erscheinen hier in synonymer Anwendung, sie bezeichnen sowohl Maßregeln
als
auch körperliche Anlagen, und zwar
letztere ohne Rücksicht darauf, ob sie einen Betrieb erfordern oder nicht.
einer herzoglich nassauischen Verordnung vom 25. August
Auf Grund
1812, welche in ß 1 besagt:
„Unsere Verwaltungsbehörden sollen in allen Fällen, wo sie um öffent licher Anstalten willen das Privateigentum oder Privatgerechtsame in Anspruch zu nehmen veranlaßt sind, den Wert des Schadens ausmitteln."
früher
sind Main
und
alle
an
Schleusen,
der
Lahn
auf
Strom-
und
nassauischem
Uferbauten Gebiete
am
Rhein,
ausgeführt
am
worden.
Durch eine preußische Kabinettsordre vom 9. April 1844 wurde diese Ver ordnung
auch für den ehemals reichsstädtischen Teil? des Kreises Wetzlar
eingeführt, als mit dem Ausbau der Lahn für die Schiffahrt innerhalb des Kreises Wetzlar vorgegangen wurde und eine gesetzliche Handhabe für Ent
eignungszwecke geschaffen werden sollte. Man verstand also in Nassau unter „Anstalten" sowohl Schleusen als
auch Buhnen und Deckwerke. Die kurhessische Verordnung, „den Wasserbau betreffend", vom 31. De
zember 1824 bestimmt in § 2: „Der Gemeinde sollen die weiter zur Erhaltung der User und des all
gemeinen Wasserabflusses gereichenden
Arbeiten und Anlagen ob
liegen, namentlich: * Provinzieller Ausdruck für Vorfluteinrichtungen. 2 In dem übrigen Teil des Wetzlarer Kreises galt die Verordnung von 1812 ohnehin, weil er bis 1815 nassauisch gewesen war.
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8 5.
Die nichtpreußische deutsche Gesetzgebung.
Schutze des
zum
1. alle Wasserbauten
91
sowie der
Ortes
öffentlichen
Plätze und Wege oder sonst zum Besten der Gesamtheit;
2. die Reinigung des Flußbettes von den darin
Gegenständen sowie
der durch
die Wegnahme
liegenden nachteiligen Fluten veranlaßten
Kiesbänke und Anflüsse;
3. die Abstechung und Abrundung vorspringender schädlicher Spitzen an den Ufern; 4. die
zur Regelung
des Wasserlaufes
erforderlichen Durchstiche und
Vorbauten an Bächen sowie an nicht schiff- oder flößbaren Flüssen;
5. der Bau solcher Uferdämme und
anderer Schutzwerke, bei welchen
die nächsten unmittelbaren oder mittelbaren Anlieger nicht ausschließ
lich beteiligt sind. Gereichen diese Anlagen auch anderen Gemeinden zu offenbarem Nutzen, so haben solche daran verhältnismäßig teilzunehmen."
Hier ist das Wort „Anlage", wie die Vergleichung der Eingangs- und Schlußworte ergibt, im weitesten Sinne gebraucht.
Es bedeutet, ebenso wie
in anderen Gesetzestexten, der Ausdruck Anstalt sowohl die Maßregeln als auch deren konstruktives Ergebnis.
Die hannoversche Verordnung,
„das Wasserbauwesen betreffend", vom
1. September 1852 * bestimmt in Z 56:
„Die Landdrostei hat in folgenden Fällen das Gutachten der General
direktion des Wasserbaues einzuholen usw. 6. wenn sie Strom- oder Uferanlagen genehmigen oder verfügen will, welche einzeln oder im Zusammenhänge eine Veränderung der Strombahn eines schiffbaren Flusses zur Folge haben könnten."
Der wichtigste
Anwendungsfall
für
diese Bestimmung
ist
die Aus
führung von Leitwerken, Buhnen und sonstigen Ufervorbauten. Das bayrische Gesetz über die Benutzung des Wassers vom 28. Mai 1852 2 spricht in der ersten Abteilung „Öffentliche Gewässer" von „Dämmen oder ähnlichen Anlagen,
welche auf den Lauf des Wassers oder die Höhe
des Wasserstandes Einfluß haben können."
In Art. 22 ist von der
(Art. 10 und 11.)
„Pflicht zur Befestigung des Ufers und zur
Herstellung und Erhaltung der gegen den Andrang des Wassers erforder lichen Anlagen" die Rede, und in Art. 25 wird verordnet:
„Wenn sich Verlandungen infolge künstlicher Anlagen,
welche zur
Regulierung des Flusses oder zum Zwecke des Uferschutzes unternommen
r Ges.S. I, 257.
2 Ges.Bl. S. 490, 1851/52.
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92
m.
Gegenstand der Abgabenerhebung.
werden, im Bereiche dieser Anlagen bilden, so werden dieselben Eigentum der Unternehmer."
Der Ausdruck „Anlagen" bezeichnet hier hauptsächlich Buhnen. Bemerkenswerte Beispiele
„Anstalt" und „Anlage"
für
den
synonymen Gebrauch
der Worte
bietet die hannoversche Deich- und Sielordnung
für Ostfriesland vom 12. Juni 1853
Sie sagt unter II „Sielordnung", Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen in ß 70:
„Die Sielordnung betrifft die Anstalten zur Entwässerung be
ziehungsweise
der
Bewässerung
den
Sielachten
angehörigen
Grundstücke, namentlich — die Außen- und Binnensieltiefe? — die Wehr- und Kajedeiche und die Stauwerke,
Schleusen, Verlaate usw.
DieseAnlagen werdenunterder Benennung Sielanstalten begriffen." Ferner in 8 74: „Wenn die Entwässerungsanstalten einer Sielacht,
ihren Zweck
nicht erfüllen, so soll zu ihrer Erweiterung oder zu den etwa nötigen neuen Anlagen geschritten werden." Sodann
heißt
es
in
Abschnitt
4
„Benutzung
der
Sielanstalten",
§ 111, 112: „In die Siele und Wasserzüge dürfen Gegenstände, welche dieselben ver
unreinigen
oder den Wasserabfluß beschränken (z. B. Ballast) nicht ge
bracht, auch Schiffe, Flöße — nur so gelagert oder gestellt werden, daß sie dem Wasserabfluß nicht hinderlich sind.
Anlagen an und in den Sieltiefen und Wasserzügen,
als Ufer
deckwerke und Vorsetzungen, Schiffsstapel oder Hellinge, Ladeplätze usw.
dürfen den Wasserlauf nicht nachteilig beengen usw."
In 8 122 wird bestimmt: „Die in den
88 82 und 84 der Sielordnung
sind als Entwässerungsanstalten,
bezeichneten
Anlagen
die im 8 83 aufgeführten als
Bewässerungsanstalten im Sinne des Gesetzes vom 22. August
1847 anzusehen usw.". Unter III „Gemeinsame Bestimmungen" wird in Abschnitt 6 mit der Überschrift „Enteignung zu Deich- und Sielanlagen" durch 8 175 vor geschrieben:
„Die Abtretung, Belastung oder vorübergehende Benutzung von Grund* Ges.S. S. 49, 1853. 2 „Sieltiefe" sind die der Vorflut und zugleich der Schiffahrt dienenden Wasser läufe, welche die bedeichten Gebiete durchschneiden und sie mit der Ems oder dem Meere verbinden.
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8 5.
zur
eigentum
Die nichtpreußische deutsche Gesetzgebung.
Anlegung,
Unterhaltung
oder
anstalten soll in dem Maße stattfinden,
16. September 1846
für
die im
§ 1
Sicherung
93 von
Siel
wie durch das Gesetz vom
desselben gedachten Anlagen
von Schiffahrtskanälen usw. angeordnet ist." Zu den Sielanstalten oder Sielanlagen im Sinne dieser Bestimmungen gehören also auch die Wasserläufe, welche aus den eingedeichten Niederungen
nach der See, der Ems und der Jade führen.
Sie dienen ebenso wie die
Flüsse dem Doppelzwecke der Vorflut und des Schiffsverkehrs; zuweilen ist der letztere Zweck, wie aus dem hier nicht abgedruckten §79 hervorgeht, der überwiegende.
Nach Z 117 hat die Landdrostei die nötigen Anordnungen über
Die Siel
die Schiffahrt auf den „Sieltiefen und Wasserzügen" zu treffen. tiefen werden der Regel nach und die binnendeichs
belegenen Wasserzüge
wenigstens teilweise den natürlichen Wasserstraßen hinzuzurechnen sein*. Jedenfalls werden hier die Ausdrücke „Anstalt" und „Anlage" unter
schiedslos gebraucht nicht nur für einzelne Bauwerke oder Einrichtungen wie
Schleusen,
Uferdeckwerke,
Wasserstraßen,
Schiffsstapel und Ladeplätze (HZ 70, 112) an
sondern auch für die letzteren selbst.
würde demjenigen des Art. 54 entsprechen, daß dort der Doppelausdruck
Dieser Sprachgebrauch
wenn die Annahme richtig ist,
„Anstalten und Anlagen"
im zweiten Satze
des vierten Absatzes einen Pleonasmus darstellt und daß unter Anstalten oder Anlagen auch die künstlichen Wasserstraßen inbegriffen sind.
Das großherzoglich hessische Gesetz, die Entwässerung von Grundstücken
betreffend, vom 2. Januar 1858? anlagen",
ebenso
„Bewässerungs-
spricht mehrfach
von „Entwässerungs
eine nassauische Verordnung vom 27. Juli 1858^ von
und Entwässerungsanlagen".
Ein
landgräflich
hessisches
Gesetz, die Entwässerung von Grundstücken betreffend, vom 15. Juli 1862
schließt sich im Sprachgebrauch, soweit der Anlagebegriff in Betracht kommt, dem großherzoglich hessischen vom 2. Januar 1858 durchaus an.
Die provisorische Schleswig,
Verfügung
für
die
Geestdistrikte des
Herzogtums
betreffend die Ableitung und Benutzung des Wassers behufs
Verbesserung der Ländereien vom 6. September 1863
bezeichnet in Z 19
Brücken und Siele als „Anlagen". Wie weit die ostfriesischen Binnenwasserstraßen natürlichen oder künstlichen Ursprungs sind, läßt sich schwer seststellen, weil auch die natürlichen Wasserläufe im Interesse der Vorflut und Schiffahrt durch eine vielhundertjährige Kulturarbeit stark verändert sind. 2 Regierungsblatt S. 33. Verordnungsblatt S. 100. 4 Archiv S. 889. 5 Chronologische Sammlung S. 232.
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III.
94
Gegenstand der Abgabenerhebung.
In der hannoverschen Deich- und Abwässerungsordnung für die Graf schaften
Hoya
und
Diepholz
22. Januar 1864
vom
die Rede.
Stellen von „Abwässerungsanstalten"
unter insbesondere auch
schieden;
an
mehreren
werden hier
„die Siele in den Deichen nebst Zubehör
setzungen, Brücken usw.)", die „Kurdeiche"
verstanden.
ist
Nach § 68
Hiervon werden
nach
8 69
unter diesen Begriff fallen
und die
die
(Vor
„Wehr-(Kaje-)deiche"
„Abwässerungszüge"
unter
„sowohl die Außen- und Binnentiefe
nebst Zubehör (Uferdeckwerke, Uferdämme, Brücken usw.) wie auch die Zug gräben nebst Zubehör und endlich die Flüsse,
soweit sie zur Abwässerung
der bedeichten Gegend dienen." Sodann heißt es weiter: „Die Abwässerungsanstalten und Züge werden mit dem gemeinschaftlichen Ausdruck Abwässerungseinrichtungen" bezeichnet.
Der letztere Begriff erscheint also hier als der höhere und allgemeinere.
Begriff
der
deckt sich
Abwässerungszüge
großenteils
mit
demjenigen
Der
der
„Sielanstalten" oder „Sielanlagen" im Sinne der ostfriesischen Deich- und
Sielordnung von 1853.
Die in der Form eines badisch-schweizerischen Staatsvertrages zustande gekommene
„gemeinsame Schiffahrts- und Hafenordnung für den Untersee
und den Rhein zwischen Konstanz und Schaffhausen"
1867 2
enthält
einen Art. 3
sonstige Anlagen".
vom 28. September
mit der Überschrift „Fähranstalten und
Wenn hier, abweichend von dem strengen Sprach
gebrauch, der Anlagebegriff als der weitere und der Anstaltsbegriff als der engere erscheint,
so
beweist das die Unsicherheit der Terminologie und die
Bedenklichkeit einer Auslegung,
welche
unterschied zwischen „Anstalten"
und „Anlagen"
etwa
einen
wesentlichen Begriffs
in Art. 54 der ungefähr
gleichzeitigen Verfassung des Norddeutschen Bundes feststellen wollte. Das meiningische Gesetz, die Benutzung und Behandlung der Gewässer betreffend, vom 6. Mai 1872 spricht in Art. 58 von „Dämmen, Flecht werken und anderen Anstalten zur Abwehr nachteiliger Überschwemmungen." In
ähnlicher
Weise
gebraucht
Braunschweig vom 20. Juni 1876
zu Schutz- und Nutzzwecken";
das Wassergesetz
für
das Herzogtum
in § 10 die Worte
„Wasseranlagen
an anderen Stellen spricht es (88 62, 86)
von „Bewässerungs- und Entwässerungsanlagen". Am 10. Mai 1879 wurde zwischen Baden und der Schweiz eine „Übereinkunft, betreffend den Wafferverkehr auf dem Rhein von Neuhausen * Ges.S. S. 11. 2 Badisches Regierungsblatt 1868, S. 234. o Sammlung der landesherrlichen Verordnungen, S. 163. Bad. Ges. und Verordn.Samml. S. 285.
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8 5.
bis unterhalb Basel *"
Die nichtpreußische deutsche Gesetzgebung.
abgeschlossen,
95
deren Inhalt nicht nur für die Auf
fassung des Anstalts- und Anlagebegriffs im
allgemeinen,
sondern
auch
darüber hinaus für die badische Auslegung des Art. 54 der Reichsverfassung
und des Art. 25
des Zollvereinsvertrages — die
Rheinschiffahrtsakte
hat
für diese Rheinstrecke keine Geltung — von Interesse ist. Es wird dort in Art. 3,
Abs. 2,
nachdem zunächst in Abs. 1
Grundsatz der Abgabenfreiheit des Verkehrs für die bloße
der
„Benutzung der
Wasserstraße" aufgestellt ist, folgendes bestimmt:
„Für besondere, den Zwecken der Schiffahrt oder Flößerei dienende An lagen,
Anstalten
oder
Leistungen
dürfen
Gebühren
erhoben
werden; insbesondere: a) für die Benutzung von Landungsplätzen, Einbindungsstätten u. dgl., d) für die im Interesse der Flößerei
an einzelnen Plätzen angeordnete
besondere polizeiliche Aufsicht,
e) für das Freimachen, Auffangen und Bergen abgetriebener bezw. an
Brücken oder sonst hängen gebliebener Hölzer, vorbehaltlich der Ersatz ansprüche für etwa entstandenen Schaden. Die Gebühren sollen keinen höheren Betrag erreichen, als für Deckung
der durch die bezüglichen Anlagen, Anstalten und Leistungen erwachsenden
Kosten erforderlich ist." Ferner übernehmen in Art. 5 beide Staaten gewisse Verpflichtungen hin
sichtlich der Ausführung und wesentlichen Abänderung von „künstlichen An lagen" (wie Straßen- und anderen Dämmen, festen Fischereivorrichtungen, Triebwerken, Brücken u. dgl.) sowie von „Wasser- und Uferbauten".
Hier erscheint in Art. 3 der allgemeine Begriff „Anstalt" neben den
engeren Begriffen der „Anlage" und „Leistung".
Daß die beiden letzteren
auch als Anstalten im Sinne der Reichsgesetzgebung anzusehen sind, ergibt
sich aus dem Umstande, daß die Gebührenerhebung verfassungsmäßig nur
nach den in Art. 54 aufgestellten Regeln über die Benutzung „besonderer Anstalten"
auf natürlichen Wasserstraßen zulässig
ist.
Von
„Leistungen"
spricht die Reichsverfassung überhaupt nicht. Zu den „besonderen Anstalten" im Sinne des Art. 54 rechnet Baden auch die Strom- und Schiffahrtspolizei; freilich nur hinsichtlich des Flößerei
verkehrs und nur in örtlicher Betätigung „an einzelnen Plätzen".
Weshalb
nicht auch diejenige polizeiliche Tätigkeit als „besondere Anstalt" behandelt wird, welche lediglich im Interesse des Schiffsverkehrs „an einzelnen Plätzen" und im Interesse des gesamten Stromverkehrs auf der durchgehenden Fahr
* Bad. Ges. und Verordn.Bl. S. 866.
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III. Gegenstand der Abgabenerhebung.
96
straße entfallet werden muß, ist nicht ersichtlich.
Vielleicht war eine solche
Tätigkeit zur Zeit des Vertragsschlusses nicht erforderlich. Anscheinend bestand die Auffassung, daß unter „besonderen" Anstalten nur Einrichtungen zur Erleichterung des örtlichen Verkehrs zu verstehen seien,
eine Auffassung, die freilich mit der üblichen Behandlung der Schleusen als „besondere Anstalten" nicht im Einklang stehen würde.
Von Interesse ist ferner, daß als „besondere Anstalt" von der badischen Regierung
auch
bloße
die
der
Freihaltung
Fahrstraße
von
vertriebenen
Hölzern, also die Verhinderung von Verschlechterungen des Schiffahrts- und
Floßweges angesehen wird.
Diese Auffassung berührt sich nahe mit der
jenigen der norddeutschen Regierungen, daß die Beseitigung von Wracks und Baumstämmen aus dem Fahrwasser eines Stromes eine besondere Anstalt
im Sinne der Reichsverfassung und deshalb ein zulässiges Substrat der Ab
gabenerhebung sei *. Die Fassung des Art. 5
der Übereinkunft ist so
gewählt,
daß der
Schein entstehen könnte, als wenn „Wasser- und Uferbauten" nicht auch „künstliche Anlagen" wären.
Daß dies aber nicht die Meinung sein kann,
ergibt sich zunächst aus dem Vergleich mit Art. 3, wo die — sicherlich zu
den „Wasser-
und Uferbauten" gehörigen — Landungsplätze als Anlagen
oder Anstalten bezeichnet werden, und aus der demnächst noch zu erörternden Terminologie der sonstigen badischen Wassergesetzgebung.
Das hessische Gesetz, das Dammbauwesen und das Wasserrecht be treffend vom 14. Juni 1887 2 spricht in Art. 1 von „Veranstaltungen, welche geeignet sind, auf die Ausbreitung oder den natürlichen Ablauf des Wassers
einzuwirken".
Eine maßgebende Rolle spielt der Anstaltsbegriff in seiner Anwendung
auf Wasserbauten in dem elsaß-lothringischen Gesetz vom 2. Juli 1891, be treffend Wasserbenutzung und Wasserschutz
Er erscheint dort in dem Aus
„Veranstaltung", dessen Bedeutung von der des Wortes „Anstalt"
druck
kaum verschieden ist.
Wenn überhaupt ein Unterschied vorhanden ist, so
könnte er nur darin gefunden werden, daß der erstere Begriff noch allgemeiner
und abstrakter ist wie der letztere. trieb,
werden
als
durchgehends und
Alle Wasserbauten, mit und ohne Be
„Veranstaltungen"
bezeichnet.
allgemein angewendet,
Dieser
Ausdruck
wird
an mehreren Stellen aber auch
synonym mit „Anlagen" gebraucht. Das Gesetz beginnt in ß 1 mit den Worten: * Vgl. unter III L. 3. 6. HZ 4 und 5. 2 Neg.Bl. S. 105. 3 Ges.Blatt für Elsaß-Lothringen, S. 82.
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8 5.
Die nichtpreußische deutsche Gesetzgebung.
97
„An Wasserläufen jeder Art bedürfen diejenigen Veranstaltungen, welche geeignet sind, den Lauf des Wassers zu verändern, zu stauen, zu
der Genehmigung.
hemmen oder zu beschleunigen
Insbesondere ist an
eine solche Genehmigung — gebunden a) die Errichtung von Stauanlagen für Wässerungen und Wasseran
sammlungen, b) die Anlage von Wasserableitungen und Wasserentnahmen jeder Art,
e) die Anlage von Wassereinführungen in einen Wasserlauf, ä) die Beseitigung oder Abänderung von Anlagen der in a bis e
bezeichneten Art." Nach 8 2 ist zu prüfen, „ob durch die beabsichtigte Veranstaltung öffentliche Interessen gefährdet — werden", und nach 8 5 findet „bei Wider
rufung oder Beschränkung bezüglich einer Veranstaltung — an schiffoder flößbaren Wasserläufen ein Anspruch auf Entschädigung nicht statt".
In
H 11 wird für diejenigen Veranstaltungen an Wasserläufen, welche zur Be
wässerung von Grundstücken bestimmt sind, wiederholt der Ausdruck „Anlage" gebraucht.
Dasselbe geschieht in HZ 13 und 17 bezüglich der Veranstaltungen
zur Bewässerung und Entwässerung.
Nach H 37
ist ohne Genehmigung der Verwaltungsbehörde untersagt:
1. „Die Vornahme von Uferbauten und
sonstigen Bauten
am
Ufer eines Wasserlaufes, von Einbauten in das Bett eines Wasserlaufes, von Überbauungen oder Überbrückungen eines
Wasserlaufes.
2. Die Abänderung bestehender Veranstaltungen dieser Art." und in ß 39 wird verordnet:
„Im Überschwemmungsgebiete des Rheins dürfen ohne Genehmigung der zuständigen
Behörde
keinerlei
Bauten
errichtet
oder
andere
Veran
staltungen getroffen werden, welche geeignet sind, auf den natürlichen Ablauf des Wassers einzuwirken." Demnach
fallen sowohl Buhnen als auch Deiche und alle Bauten im
Hochwasserbette unter den Begriff der „Veranstaltung". In der Strafbestimmung des § 42 werden die nach Z 1 des Gesetzes genehmigungspflichtigen Wasserbauten zuerst als Veranstaltungen und dann
als Anlagen bezeichnet.
Die Strafandrohung richtet sich gegen denjenigen
1. „wer entgegen den Vorschriften in Z 1 Veranstaltungen der dort bezeichneten Art ohne Genehmigung der zuständigen Verwaltungs
behörde oder entgegen den Bedingungen der Genehmigung vornimmt."
* Pleonasmen. Schriften OXV. — Erster Teil.
7
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III.
98
Gegenstand der ALgabenerhebung.
2. „wer Anlagen der in Z 1 bezeichneten Art, deren Genehmigung
widerrufen oder beschränkt ist, nicht innerhalb der von der Verwaltungs
behörde festgesetzten Frist beseitigt oder entsprechend abändert."
Auch in § 47
erscheint nochmals der Begriff der Veranstaltung in
ähnlichem Zusammenhänge. Der Terminologie des reichsländischen Wassergesetzes sehr ähnlich ist diejenige des badischen Wassergesetzes vom 26. Juli 1899 ^.
ebenfalls den Ausdruck „Veranstaltung"
in Verbindung
Es gebraucht
für Wasserbauten jeder Art, meist
mit dem pleonastischen Eigenschaftswort
„künstlich".
In
dessen erscheint häufig auch das Wort „Anlage" in synonymer Anwendung
für „Veranstaltungen" überhaupt oder für gewisse Arten von Veranstaltungen.
Das Gesetz beginnt in Z 1 mit den Worten: „Die nach
ihrer Natur oder durch künstliche Veranstaltungen für
den öffentlichen Verkehr mit Schiffen oder gebundenen Flößen benutzbaren
Flüsse — stehen im Eigentum des Staates."
und in Abs. 4 desselben Paragraph heißt es:
„Wird künftighin ein Gewässer — durch künstliche Veranstaltungen
für den öffentlichen Verkehr — benutzbar gemacht usw." Der badische Minister Schenkel sagt als Kommentator in Anm. 3 zu
tz 1
ausdrücklich, daß sowohl Baggerungen und
Buhnenbauten als auch
Schleusen, kurz jede zur Herstellung der Schiffbarkeit geeignete technische Maß regel oder Einrichtung als „Veranstaltung" im Sinne dieser Gesetzesvorschrift anzusehen sei?.
Ferner ist in § 37 von den „zur Entwässerung, Bewässerung und zur
sonstigen Wasserbenutzung dienenden Veranstaltungen", in KZ 91, 92, 106 und
107
von
„Bauten
und
sonstigen Veranstaltungen,
Wasserabfluß oder Eisgang eine ungünstige Einwirkung
welche auf den ausüben (H 91),
welche auf den Wasserabfluß oder Landschutz erheblich schädigend einwirken können (tz 92) in und an Gewässern (8 106 Nr. 7 und 8 107 Nr. 2)" die Rede.
Daneben wird die Bezeichnung „Anlage" vorzugsweise für die zur An stauung des Wassers sowie zur Bewässerung und Entwässerung bestimmten
Vorrichtungen in §8 14, 27, 28, 29, 30, 32, 36, 37, 50, 85 und 86 * Ges. und Verordnungsblatt, S. 309. 2 Da Schenkel der geistige Urheber des badischen Wasserrechts ist, so ist sein Zeugnis über die gleichmäßige Anwendbarkeit des Veranstaltungsbegriffs auf Buhnen und Schleusen von ausschlaggebender Bedeutung. Daß zwischen „Veranstaltung" und „Anstalt" in dieser Beziehung ein Unterschied bestehen könnte, ist nicht anzu nehmen. Vgl. „Das Badische Wasterrecht, enthaltend das Wassergesetz vom 26. Juni 1899 usw." von I)r. Karl Schenkel. Karlsruhe 1902.
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A 5.
gebraucht.
Die nichtpreußische deutsche Gesetzgebung.
Daß jedoch
99
ein begrifflicher Unterschied zwischen Veranstaltung
und Anlage nach der Auffassung des Gesetzgebers nicht bestehen soll, ergibt sich aus dem Zusammenhänge der Gesetzesvorschriften, insbesondere aus den
Bestimmungen in ß 37, wo in der allgemeinen Bemerkung des Schlußsatzes
das Wort Anlage auch für die in Abs. 1 Nr. 3 erwähnten „Veran staltungen" gebraucht ist, und aus dem ersten Absatz in H 50, wo unter Nr. 1 die an jener Stelle genannten „Veranstaltungen zur Entwässerung und Bewässerung"
als „Bewässerungs- und Entwässerungsanlagen"
be
zeichnet werden. Der Minister Schenkel, der als Vater des Gesetzes hier eine besondere
Autontät beanspruchen kann, braucht die Ausdrücke Veranstaltung und An lage auch
in seinem Kommentar (zweite Auflage, Karlsruhe 1902) voll
kommen gleichwertig.
Er sagt z. B. in Anmerkung 15 zu ß 1: „Was die
Genehmigung zu Benutzungs-Entwässerungsanlagen, Bauten und sonstigen Veranstaltungen angeht, usw.", und in Anm. 10 zu Z 50 spricht er
von den „unter Ziffer 1 bis 3 aufgeführten Veranstaltungen", während in dem kommentierten Gesetzestext unter 1 von „Bewässerungs- und Ent
wässerungsanlagen", unter 2 von „Anlagen, welche dem gemeinsamen
Waldschutz dienen" und unter 3 von „Stauwerken, Sammelbecken und zu gehörigen Zu- und Ableitungsanlagen" die Rede ist *.
Das württembergische Wassergesetz vom 1. Dezember 1900 ? spricht in
Art. 8 von „Flußbauten und anderen Anlagen im Bett öffentlicher Gewässer."
Ebenso gebraucht der im Jahre 1904 erschienene Entwurf eines neuen bayrischen Wassergesetzes den Ausdruck Anlage von allen Wasserbauten ohne
Unterschied, insbesondere in Art. 12, 49, 62, 77, 96, 112 a. a. O.
Ein zusammenfassender Rückblick auf die Fachgesetzgebung der Bundes staaten läßt erkennen, daß ihre Terminologie hinsichtlich des Anstalts- und
Anlagebegriffs sich im allgemeinen mit dem Sprachgebrauch der preußischen Gesetzgebung
zustellen,
deckt.
Eine
geringe Abweichung ist höchstens insoweit fest
als der Ausdruck „Anstalt", der in Preußen seit der Mitte des
vorigen Jahrhunderts zugunsten des Wortes
„Anlage" zurücktritt,
in den
anderen Bundesstaaten mit der unwesentlichen Variante „Veranstaltungen" bis
in die neueste Zeit beibehalten und auf alle Arten von Wasserbauten, nament lich auch auf Buhnen, Parallelwerke und Baggerungen angewendet worden ist. * Es ist danach wohl anzunehmen, daß Schenkel in seiner Rede am 16. Januar 1906 in der Zweiten Kammer zu Karlsruhe (Stenogr. Berichte S. 113) bei Aus legung der Reichsverfassung nicht zwischen Anlagen und Anstalten, sondern zwischen den ersteren und besonderen Anstalten unterscheiden wollte. 2 Reg.Bl. S. 921. 7*
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III.
100
Gegenstand der Abgabenerhebung.
8 6.
Die preußisch-deutschen Staatsverträge. Von besonderer Bedeutung für die Wortauslegung und die Feststellung des Sprachgebrauchs
hinsichtlich der Begriffe Anstalt und Anlage sind die
Staatsverträge, welche Preußen
gebietes über Fragen des hat.
mit
anderen Staaten des jetzigen Reichs
Wasserbau- und Schiffahrtswesens abgeschlossen
Sie veranschaulichen den gemeinsamen Sprachgebrauch der beteiligten
Regierungen, also denjenigen Sprachgebrauch, hinsichtlich dessen Zweifel und
Meinungsverschiedenheiten unter ihnen kaum möglich waren. Von diesen Verträgen sollen hier nur zwei ältere Elbschiffahrtsverträge und sodann die Zollvereinsverträge angeführt werden.
Die Elbschiffahrtsakte vom
23. Juni
1821 *
weist in Art.
30 der
unter den Elbuferstaaten vereinbarten „Revisionskommission" unter anderem
die Aufgabe zu, „Veranstaltungen und Maßregeln, welche nach neuerer
Erfahrung Handel und Schiffahrt ferner erleichtern könnten", zu beraten; die Ausdrucksweise erinnert sehr an
diejenige der Zollvereinsverträge und
der Verfassung hinsichtlich der „Anstalten, die zur Erleichterung des Verkehrs
bestimmt sind".
Die Übereinkunft der Elbuferstaaten über Schiffahrts- und Strompolizei auf der Elbe vom 13. April 1844? sagt in Art. 7: „Die Ufer nebst den an denselben befindlichen Werken und Anlagen — dürfen von den Schiffen und Holzflößen auf ihrer Fahrt nicht berührt oder beschädigt — werden.
Dampfschiffe müssen sich von den Uferanlagen möglichst entfernt halten, damit letztere vom Wellenschläge nicht beschädigt werden."
Die Zollvereinsverträge kommen hier nicht nur als Dokumente für die Feststellung des übereinstimmenden Sprachgebrauchs der vertragschließenden Staaten, sondern gleichzeitig als Quellen des geltenden Rechts
in Betracht.
Sie sprechen von „Anstalten", die zur Erleichterung des Verkehrs bestimmt
sind, und erläutern den Anstaltsbegriff durch Aufzählung gewisser Gebühren, die für die Benutzung solcher Anstalten gezahlt werden.
In dem Handels
und Zollvertrage vom 27. Mai 1829 findet sich zuerst eine solche Aufzählung,
r Preuß. Ges.S. S. 9, 822. 2 Preuß. Ges.S. S. 518. 3 Vgl. II 8 2, S. 17 dieser Arbeit.
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8 6.
101
Die preußisch-deutschen Staatsverträge.
und zwar von „Kanal-, Schleusen-, Brücken-, Fahr-, Hafen-, Wage-, Kranund Niederlagegebühren"; die Aufzählung soll aber, wie nach dem Zusammen
hänge keinem Zweifel unterliegt, nicht erschöpfend sein, sondern nur Beispiele
Die Schlußworte: „und Leistungen für Anstalten, die zur Er
enthalten.
leichterung des Verkehrs bestimmt sind", enthalten eine elausula §6neiali8
aller
hinsichtlich
nicht
besonders
Arten
erwähnten
von
und
Gebühren
Anstalten. Die
gleiche
vereinsverträge,
Eine
und
Ausdrucks-
Darstellungsweise
einschließlich desjenigen vom 8. Juli
für die Wortauslegung wichtige
indessen
das
Schlußprotokoll
zu
in
ist
alle
Zoll
1867 übergegangen.
Erläuterung oder Paraphrase gibt
Art.
17
des
Zollvereinsvertrages
vom
22. März 1833, wo mit Bezug auf die im offenen Vertrage genannten „Anstalten" gesagt ist: oder Verbesserungen einer bereits bestehenden
„Wesentliche Änderungen
Einrichtung der Art, wie sie im Art.
17
bezeichnet sind, würden
einer neuen Anlage gleich zu achten sein, weshalb hinsichtlich der Gebühren
die
dabei
des
Bestimmung
ersten
Alinea
des
Art.
13
An
darauf
wendung findet." Die vollkommen synonyme Anwendung der Ausdrücke Anstalt, Anlage
und Einrichtung tritt hier mit besonderer Klarheit hervor. Dieselbe Erscheinung zeigt sich in dem preußisch-österreichischen Handels und Zollvertrage vom 19. Februar 1853
der in Art. 15 verordnet:
„Die Benutzung der — Kanäle, Schleusen, Fähren, Brücken und Brücken
öffnungen, der Häfen und Landungsplätze, der Bezeichnung und Beleuchtung des Fahrwassers, des Lotsenwesens,
der Kran- und Wageanstalten, der
Niederlagen, der Anstalten zur Rettung und Bergung von Schiffsgütern
und dergleichen mehr,
insoweit die Anlagen oder Anstalten
für
den öffentlichen Verkehr bestimmt sind usw."
„Gebühren dürfen — nur bei wirklicher Benutzung solcher Anlagen oder Anstalten erhoben werden." Dieser
Vertrag
eigentlichen Sinne;
gehört
zwar
nicht
zu
den Zollvereinsverträgen
im
er bildet aber doch insofern eine den Zollvereinsstaaten
gemeinsame Erkenntnisquelle des Sprachgebrauchs, als die anderen Vereins staaten außer Preußen ihm damals durch Vertrag vom 4.
April
1853
beitraten.
i Preuß. Ges.S. S. 357.
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III.
102
Gegenstand der Abgabenerhebung.
8 7. Die Reichsgesetzgebung der Jahre 1848 und 1849. Bei den gesetzgeberischen Versuchen, welche
aus den Ereignissen des
Jahres 1848 hervorgingen, haben die Schiffahrtsangelegenheiten bekanntlich
eine wichtige Rolle gespielt.
Der öffentlichen Meinung sowohl wie auch der in Frankfurt tagenden erschien
Reichsversammlung
der Rechtseinheit
die Herstellung
Gebiet — insbesondere die einheitliche Regelung
auf diesem
der Abgabenfrage — als
eine der wichtigeren Ausgaben des neuen Nationalstaates*.
Der blieben
Umstand,
daß
Anläufe
gesetzgeberischen
jene
und scheiterten, beraubt die damals
auf
aufgestellten
dem
Papier
Entwürfe nicht
ihrer Bedeutung für die Feststellung des Sprachgebrauches. Die im damaligen Reichsgesetzblatt veröffentlichte Reichsverfassung vom
28.
März
1849
ordnete die
Schiffahrtsfragen
Artikel, von welchen der erstere in letztere in
im
vierten
und
fünften
ZH 20 bis 23 die Seeschiffahrt, der
24 bis 27 die Binnenschiffahrt zum Gegenstände hatte.
Der ß 20 beginnt mit den Worten:
„Die Schiffahrtsanstalten am Meere
und in den Mündungen
der
deutschen Flüsse, Häfen, Seetonnen, Leuchtschiffe, das Lotsenwesen, das Fahrwasser
usw.
bleiben
der
Fürsorge
der
einzelnen
Uferstaaten
überlassen."
Hier wird das Fahrwasser ausdrücklich
als Anstalt bezeichnet.
Der
Verfassungstext erläutert den Ausdruck „Schiffahrtsanstalt" durch beispiels weise — nicht erschöpfende — Aufzählung einzelner Arten und Erscheinungs
formen des Anstaltsbegriffs.
Unter diesen befindet sich auch das Fahrwasser^
seine Eigenschaft als Anstalt im Sinne der Verfassung ist also im Wege
der Legaldefinition hier festgestellt.
In § 21 wird diese Legaldefinition mit
den Worten:
„Die Reichsgewalt hat die Oberaufsicht
über diese Anstalten
und
Einrichtungen" wiederholt. Sie steht aber auch mit dem Sprachgebrauch der damaligen Reichstags verhandlungen ?
durchaus im Einklänge.
Das
dem Reichstage
vorgelegte
„Minoritätserachten zu dem Verfassungsparagraphen 21 des volkswirtschafti Über diese Vorgänge hat Schumacher S. 123—132 in sehr interessanter
und ausführlicher Weise berichtet. 2 Auch mit dem der Publizistik und Literatur.
Eine in Hamburg, Heroldsche
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Die Reichsgesetzgebung der Jahre 1848 und 1849.
Z 7.
103
lichen Ausschusses, die Schiffahrtsanstalten am Meere betreffend"* sagt, die die Unterzeichneten gingen davon aus,
„daß den der
einzelnen Uferstaaten die Fürsorge und nähere Überwachung
für den Seehandel
und die Schiffahrt
nötigen
Verfügungen,
Einrichtungen und Anlagen überlassen bleiben muß.
Die Sache
begreift so viele verschiedene Teile in sich, als Häfen, Seetonnen, Leucht
türme und Leuchtschiffe, Baken, Lotsenwesen, Regulierung des Fahr wassers", usw. Hier erscheint gleichzeitig in Überschrift und Text wiederum der synonyme
Gebrauch der Ausdrücke „Anstalt" und „Anlage". In der Sitzung vom 11. November 1848 sagte der Abgeordnete Mohl mit Bezug auf die zur Erörterung
stehende Frage,
ob
die Seeschiffahrts
anstalten nach dem Vorschläge der Ausschußmehrheit in das Eigentum und die unmittelbare Verwaltung
des Reiches
übergehen
nach dem der
oder
Minderheit nur einer Reichsaufsicht unterstellt werden sollten: „Ferner
sind
viele
Versuche
von ihnen
(den
Politikern
Gruppe) gemacht worden, die Schiffahrtsanstalten
der anderen
in den Häfen
in den Händen der Einzelstaaten zu lassen und besonders das Fahr
wasser aus der See bis in die Seestädte".
Die Anwendung des Anstaltsbegriffs in
§
20
der Reichsverfassung
von 1849 auf das Fahrwasser würde, wenn das letztere in seinem Natur
zustände und ohne Rücksicht auf menschliche Nachhilfe gemeint gewesen wäre, dem
hinsichtlich
jenes
nicht entsprechen.
Begriffes
Indessen
bestehenden
geht aus § 22
des Sprachgebrauches der Verfassung von
Literatur keineswegs besteht; den Seeuferstaaten
allgemeinen
Sprachgebrauche
hervor, daß eine Abweichung
demjenigen des Lebens und der
denn nach dieser Bestimmung dürfen die von
„für die Benutzung der Schiffahrtsanstalten" erhobenen
Abgaben die Unterhaltungskosten nicht übersteigen. ist also das Fahrwasser nur insoweit,
Anstalt im Rechtssinne
als es menschlicher Nachhilfe bedarf
Buchhandlung 1853 erschienene Broschüre, „Die Stellung der Hansestädte. Be merkungen, veranlaßt durch 6 Artikel der Weserzeitung", sagt z. B. S. 39: „Be deutende Summen sind und werden auf Verbesserung des Fahrwassers der Elbe verwendet und Hamburg allein bestreitet die Kosten der Schiffahrts anstalten bis zum Meere, das ist auf einer Strecke von 18 deutschen Meilen." Hier erscheint die Fahrwasserverbesserung als Schiffahrtsanstalt. Die Broschüre ist anonym, macht aber den Eindruck, als wäre sie von den regierenden Kreisen inspiriert.
Sie verteidigt jedenfalls deren Verkehrspolitik. * Stenograph. Bericht über die Verhandlungen der deutschen konstituierenden Nationalversammlung. Herausgegeben von Wizard V S. 3219 und 3220.
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III.
104
Gegenstand der Abgabenerhebung.
und solche erfährt; nur unter dieser Voraussetzung
und in
den hierdurch
bezeichneten Grenzen ist es ein zulässiges Substrat der Abgabenerhebung. Der die Binnenschiffahrt betreffende ß 26 sagt:
„Die Hasen-, Kran-, Wag-, Lager-, Schleusen- u. dgl. Gebühren, welche an den gemeinschaftlichen Flüssen und den Mündungen der in dieselben
sich ergießenden Nebenflüsse erhoben werden, dürfen die zur Unterhaltung
derartiger Anstalten erforderlichen Kosten nicht übersteigen." Hier findet sich wiederum eine Aufzählung Anstalten, die ebenfalls nur Beispiele
verschiedener Arten
von
gibt, unter diesen aber das Fahr
wasser nicht erwähnt. Zur Ausführung dieser Verfassungsbestimmungen
waren
handelsministerium zwei Gesetzentwürfe ausgearbeitet worden,
im
Reichs
von welchen
der eine „die Aufhebung der Flußzölle und die Ausgleichung für dieselbe", der andere ein „deutsches Flußschiffahrtsgesetz"
Der erstere enthielt
betraf.
in Art. 4 die Vorschrift:
„Den an den Mündungen deutscher Flüsse bestehenden Abgaben für die Seeschiffahrt
und
die derselben
dienenden
Anstalten
unterliegt
ein
deutsches Schiff oder dessen Ladung nur dann, wenn dasselbe von der offenen See kommt oder nach der offenen See abgeht."
Die Fassung dieser Bestimmung
läßt wiederum die Anwendung des
Anstaltsbegriffs auf bloße Fahrwasserverbesserung oder Fahrwasserunlerhaltung
erkennen.
Der Entwurf des deutschen Flußschiffahrtsgefetzes liefert zunächst in Art. 3:
„Kanal-, Schleusen-, Brückenöffnungs- und Hafengebühren dürfen nur für den wirklichen Gebrauch solcher Anlagen erhoben werden," einen neuen Beweis für den synonymen Gebrauch der Ausdrücke Anlage
und Anstalt.
Dasselbe tut Art. 12 mit den Worten:
„Den in diesem Gesetz enthaltenen, die Benutzung der vorhandenen An stalten und das Abgabenwesen betreffenden Vorschriften sind alle die jenigen, welche an der Flußschiffahrt teilnehmen,
gleichmäßig Folge zu
leisten verpflichtet."
Sodann verordnet Art. 21: „Die Staatsgewalt hat dafür zu sorgen, daß nicht durch Kun st anlagen
oder Bauwerke irgend einer Art der Zustand des Fahrwassers verschlechtert oder die Schiffahrt gefährdet werde.
Anlagen, welche diese Wirkung hervorbringen können, dürfen ohne Genehmigung der Staatsgewalt weder
ausgeführt
noch verändert,
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auch
Z 1.
105
Die Bestimmung zur Erleichterung des Verkehrs.
darf deren Unterhaltung nicht zum Nachteil der Schiffahrt vernachlässigt werden.
Als solche Anlagen sind namentlich zu betrachten: „Uferbauten,
Deiche
und
Dämme,
Wehre
und
sonstige
Stau
anlagen, Ableitungen aus dem Flusse usw.," femer Art. 52:
„Die Kosten außerordentlicher Bauten und Anlagen zur Verbesserung
der Schiffbarkeit
der Reichsflüsse übernimmt das Reich auf den Grund
von Beschlüssen des Reichstags"
und Art. 53:
„Die Ausführung der Strombauten und Anlagen an den Reichs flüssen geschieht durch die Behörden der Uferstaaten."
Das Gesetz hatte die Einsetzung technischer Organe der Reichsgewalt zur Beaufsichtigung der Strombauten vorgesehen.
Von diesen Organen heißt
es in Art. 61: „Der Reichsbaumeister nimmt in seinem Oberaufsichtskreise Kenntnis von
dem Zustande der Flüsse und von den Mängeln derselben, von den bau
lichen Anlagen und von denjenigen Verhältnissen, welche auf die Schiff
barkeit Einfluß üben können.
Hierunter sind alle Anlagen und Ver
änderungen zwischen den natürlichen oder künstlichen wasserfreien Ufern
einbegriffen." In demselben Sinne werden die Ausdrücke Anstalt und Anlage in den
damals
aufgestellten
„Entwürfen
zu
für die
Dienstanweisungen
Reichs
baumeister und Reichsschiffahrtsaufseher" angewendet.
d) Die bei den Anstalten vorauszusetzenden Eigenschaften. 8 1-
Die Bestimmung zur Erleichterung des Verkehrs. Nach der Verfassung und den Verträgen müssen diejenigen Anstalten,
für deren Benutzung Abgaben erhoben werden, gewisse Eigenschaften besitzen. Sie müssen zunächst nach der Verfassung,
dem Zollvereins- und Elb-
zollvertrage „zur Erleichterung des Verkehrs bestimmt" sein.
Es käme also,
wenn lediglich dieser Wortlaut in Betracht gezogen würde, nur auf die von dem Bauenden und Einrichtenden verfolgte Absicht, nicht auf deren Ver
wirklichung an.
Es
sind Fälle denkbar,
in welchen die Zweckbestimmung
der Erleichterung des Verkehrs zwar beim Bauen bestand,
wendung beträchtlicher Kapitalien nicht erreicht wurde.
aber trotz Auf
Vielfach wird be-
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106
m.
Gegenstand der Abgabenerhebung.
hauptet, daß bei der Donauregulierung am Eisernen Tore ein solcher Fall
vorliege Man wird die Fassung in diesem Punkte nicht als glücklich bezeichnen können.
Ausschlaggebend muß die Frage sein, ob die Anstalt dem Verkehre
tatsächlich eine Erleichterung geschaffen hat; denn nur als Gegenleistung für einen der Schiffahrt gewährten Nutzen sind Schiffahrtsabgaben wirtschaftlich
berechtigt.
Das ergibt sich
auch aus der anderen Gesetzesvorschrift, welche
den Eintritt der Abgabenpflicht von einem Benutzungsakte abhängig macht: eine Sache benutzen heißt nach den Regeln des Sprachgebrauchs Nutzen aus
ihr ziehen.
beeinflußt der
Insofern
Begriff der Benutzung auch den der
Anstalt im Sinne des geltenden Rechts. Wenn es bei der Verkehrserleichterung auf die tatsächliche Wirkung
und nicht auf die Zweckbestimmung
ankommt, so muß auch bei Anstalten,
die ursprünglich nicht im Verkehrsinteresse ausgeführt sind, ihm aber tat
sächlich Nutzen bringen, die Heranziehung der Schiffahrt zur Deckung eines
entsprechenden Kostenanteils zulässig sein. daß
Es wäre insbesondere möglich,
ein nur zu Vorflutzwecken in Angriff genommener Wasserbau wider
Erwarten zugleich
eine
eines Privatflusses in
Schiffahrtsverbesserung — etwa die Umwandlung eine Wasserstraße oder die Verbesserung
handenen Wasserstraße — herbeiführt.
In
der Regel wird
einer vor
man freilich
derartige Nebenwirkungen voraussehen und die Finanzierung von vornherein danach einrichten.
Die Worte „zur Erleichterung des Verkehrs"
sind gerade bei Wasser
bauten nicht überflüssig, sondern vielmehr von großer praktischer Bedeutung,
weil diese Bauten sehr häufig
mehreren Zwecken
gleichzeitig dienen.
Das
gilt hauptsächlich von den Strombauten, die fast immer oder doch in den meisten Fällen nicht nur im Interesse der Schiffahrt, sondern auch in dem
jenigen der Vorflut, des Uferschutzes und der Hochwasserführung ausgeführt
worden sind.
Nur insoweit sie dem ersteren Interesse dienen, können sie
als „zur Erleichterung des Verkehrs bestimmt"
und demgemäß als Gegen
stände der Abgabenerhebung angesehen werden.
Der Anstaltsbegriff erleidet
also eine Spaltung nach dem Gesichtspunkt der Zweckbestimmung oder viel mehr der
Wirkung.
schätzungsweise, werden.
Dieser Teilung
Ermittelung
muß
durch
eine,
wenn
auch
nur
entsprechender Wertanteile Rechnung getragen
Selbst Schleusen sind nicht immer im Schiffahrtsinteresse angelegt.
Es kommen Fälle vor, wo Stauanlagen nur zu landwirtschaftlichen Zwecken,
* Vgl. Jahresbericht der Handels- und Gewerbekammer der Oberpfalz und Regensburg für 1899 S. 30—38.
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K 1.
107
Die Bestimmung zur Erleichterung des Verkehrs.
namentlich zur Erhöhung des Grundwasserstandes oder des Hochwasserspiegels oder zu Berieselungszwecken,
oder nur zum Zwecke der Gewinnung von
Wasserkräften für die Industrie gebaut oder geplant sind.
Die in solche
Stauwerke eingebauten Schleusen können der Schiffahrt in der Regel keinen
vollen Ersatz für den früheren Zustand der Wasserstraße darbieten und
den
durch
Stau ihr
zugefügten
Nachteile
ganz
nicht
die Sie
ausgleichen.
dienen an und für sich keineswegs zur „Erleichterung des Verkehrs", sondern
nur zur Aufrechterhaltung der Schiffahrt,
die sonst durch die Stauanlage
unterbrochen werden würde.
Ein Beispiel für eine nicht im Interesse des Verkehrs, sondern in dem jenigen der Landwirtschaft erbaute Schiffahrtsanstalt bietet die bei Hohensaathen an der Oder
belegene
östliche Schleuse
des Finowkanals,
welche
lediglich den Zweck hat, das Hochwasser des Oderstromes von dem unteren Teile der Oderbruchniederung fernzuhalten. Anderseits genügt der Umstand, daß ein Wasserbau landwirtschaftlichen Zwecken dient, noch nicht zu seiner Ausscheidung aus dem Kreise der An
stalten im Sinne des Art.
54 der Reichsverfassung.
Vielmehr muß noch
untersucht werden, ob er eine positive Förderung landwirtschaftlicher Interessen oder nur die Fernhaltung eines Schadens, der sonst durch den Ausbau der Wasserstraße zu Verkehrszwecken entstanden wäre, bezweckt und erreicht.
Bei
spiele für Wasserbauten der letzteren Kategorie sind die Stauanlagen an der regulierten Netze zwischen Usch und Dratzig, welche zwar den Grundwasser
stand und den Hochwasserspiegel im Interesse der Wiesenkultur erhöhen, aber
damit nur die dieser Kultur nachteiligen Wirkungen der Flußbegradigung
ausgleichen sollten, und die Stromregulierungsbauten am Rhein zwischen Mainz und Bingen, welche im Interesse des Weinbaus in der Weise aus
geführt werden mußten, daß eine wesentliche Verringerung der Wasserspiegel breite
vermieden wurde.
Derartige Bauten sind, auch wenn sie unmittelbar
dem landwirtschaftlichen Interesse dienen, doch der Schiffahrt zur Last zu legen, weil sie eine notwenige Bedingung für die Verbesserung der Schiff
fahrtsstraße waren.
Sie dienen insofern mittelbar
„zur Erleichterung des
Verkehrs" und sind Anstalten im Sinne des Art. 54. Überhaupt ist die Eigenschaft der Verkehrserleichterung — mit Rücksicht auf den Mangel jeder Einschränkung in der Wortfassung — ganz allgemein * Die Breite des Wasserspiegels hatte nach den überlieferten Ansichten für den Weinbau eine doppelte Bedeutung, insofern sie nicht nur die Reflexwirkung der Sonnenstrahlen steigert und die Lustwärme erhöht, sondern auch die für die Herbst reise wichtige Nebelbildung begünstigt. Durch die Berücksichtigung dieser Interessen wird die Stromregulierung sehr verteuert.
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III.
108 zu verstehen.
Es
Gegenstand der Abgabenerhebung.
genügt jeder Kausalnexus zwischen
einer Anstalt oder
Einrichtung und den Interessen des Verkehrs, sofern nur die letzteren durch
Die Einwirkung
erstere günstig beeinflußt werden.
kann
mittelbar oder
unmittelbar sein, sie kann in administrativen, insbesondere polizeilichen Ein richtungen oder auch in Verbesserungen konstruktiver Art bestehen. Der Umstand, daß der Absatz
3
des Art. 54 bei den Schiffahrts
anstalten in Seehäfen die Bestimmung und Eignung für die Erleichterung des Verkehrs nicht besonders erwähnt, ist nicht als Anzeichen für eine ab
weichende Meinung des
Gesetzgebers, sondern nur als eine Unstimmigkeit
in der Wortfassung anzusehen.
Es liegt in der Natur der Sache und er
gibt sich aus dem Grundgedanken
des
Gebührenprinzips,
daß auch diese
Anstalten nicht an sich und unter allen Umständen, sondern nur nach Maß gabe ihres Nutzens für die Schiffahrt Substrate der Abgabenerhebung sein
dürfen.
Auch
in Häfen können solche Anstalten neben den Schiffahrts
interessen gleichzeitig anderen Interessen dienen. den Nordseehäfen,
Das gilt namentlich von
welche — wie der Emder und Harburger Hafen — zu
gleich die Vorflut für ein
größeres Landgebiet vermitteln und deren Flut
schleusen wichtige Bestandteile des Deichschutzes bilden.
Von Binnenhäfen
mag hier der Duisburg-Ruhrorter erwähnt sein, dessen Einrichtungen neben dem Verkehrsinteresse auch dem Interesse des Hochwasserschutzes im Stadt
gebiete dienen*. In gleicher Weise sind die entsprechenden Bestimmungen der Rhein
schiffahrtsakte im Schlußprotokoll zu Art. abgabefähig erklärten Schleusen
und
3, wo die Beziehung der für
sonstigen
Anlagen
zu
den
Inter
essen des Verkehrs in der Wortfassung nicht erkennbar ist, sinngemäß zu
verstehen. In
Art.
-er Ein- und
27
ist diese Beziehung mit den Worten „zur Erleichterung
Ausladungen und zur Niederlage der Waren" ausgedrückt;
hier ist also nicht die „Bestimmung zur Erleichterung" maßgebend.
Art. 27 spricht aber nur von Umschlagshäfen.
Der
Die am Rhein wie in allen
Strömen mit Hochwasser und Eisgang sehr wichtigen Sicherheitshäfen sind weder dort noch sonst irgendwo
im Text des offenen Vertrages erwähnt;
ihrer hat man erst im Schlußprotokoll zu Art. 3 bei der Zulassung von
Abgaben für die Benutzung „künstlicher Anlagen" gedacht.
Ähnliche Verhältnisse liegen im Düsseldorfer Hafen bei dem Rheinkai vor.
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Z 2.
Der Begriff des Besonderen.
109
8 2.
Der Begriff des Besonderen. Die Verfassung und der ihr wörtlich nachgebildete Elbzollvertrag ver
langen
erhebung
den Gegenstand einer Abgaben
bilden sollen, die Eigenschaft des „Besonderen", und zwar nur
an natürlichen Wasserstraßen, nicht auch von den An
von den Anstalten
stalten
Anstalten, welche
von den
ferner
in
Seehäfen.
Eigenschaftswort hat bei der Auslegung zu
Dies
großen Schwierigkeiten und
und in der Tat ist
Zweifeln Anlaß gegeben;
der Gedanke, den der Gesetzgeber
hier zum Ausdruck bringen wollte, sehr
Es muß zunächst in hohem Maße aufsallen, daß er
schwer zu verstehen.
in allen früheren Zollvereinsverträgen jenes Eigenschaftswort im Zusammen
hänge
mit
dem
Anstaltsbegriff für entbehrlich gebrauchte,
Bundesverfassung
hielt und es dann in der
es unmittelbar darauf — man könnte
um
auch sagen gleichzeitig — in dem letzten Zollvereinsvertrage in demselben Zusammenhänge wieder fortzulassen,
obwohl nach authentischer und unan
fechtbarer Feststellung die sämtlichen hier erwähnten Rechtsvorschriften inhalt lich identisch sein sollen
Dieser Hergang und dieses Bild scheinen nicht
dafür zu sprechen, daß der Gesetzgeber durch Einfügung jenes Eigenschafts wortes eine wesentliche Änderung des früheren Rechtszustandes bewirken, oder mit anderen Worten, daß er auf den Ausdruck „besondere" ein sach
liches Gewicht legen wollte.
Der Ausdruck ist vom Standpunkte des Sprachgebrauchs einer sach
lichen Wesen
Beurteilung liegt
im Zusammenhänge
zunächst
gemeinen Begriff,
nur in der
des
Art. 54 nicht fähig.
Gegensätzlichkeit zu
Sein
einem anderen all
in der Absonderung und Unterscheidung von ihm.
Die
Absonderung und Unterscheidung kann darauf beruhen, daß das Besondere andere Eigenschaften hat, als das Allgemeine sie aufzuweisen pflegt,
oder
auch darin, daß die normalen Eigenschaften des Allgemeinen in gesteigerter,
potenzierter Form
bei dem Besonderen
sich zeigen.
Aber es liegt in der
Natur der Sache, daß der Begriff des Besonderen ein bloß formales Dasein führen muß, solange der korrespondierende Begriff des Allgemeinen mit den
ihm innewohnenden wesentlichen
Eigenschaften nicht bekannt ist.
Auf den
Allgemeinbegriff kommt es also entscheidend an; erst von ihm aus ist der des Besonderen
zu konstruieren.
Ohne den
ersteren kann es den letzteren
nicht geben, so wenig es eine Ausnahme geben kann ohne Regel.
* Mit der hier unwesentlichen Modifikation hinsichtlich der nichtfiskalischen künstlichen Wasserstraßen vgl. II Z 2, S. 17 dieser Arbeit.
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III.
110
Gegenstand der Abgabenerhebung.
Die Auffindung dieses Allgemeinbegriffs
ist aus dem Wortlaut des
Art. 54 mit den Hilfsmitteln der grammatischen Interpretation nicht möglich. Er gibt keinerlei Aufschluß oder auch nur Andeutung über die Eigenschaften,
die bei einer gewöhnlichen Anstalt als normale vorausgesetzt werden.
Man
könnte vielleicht bei oberflächlicher Betrachtung auf den Gedanken kommen, es handle sich um die Eigenschaft der Nützlichkeit für den Schiffsverkehr,
es sollten nur die Anstalten als abgabefähig — im Gegensatz zu dem
und
früheren Rechtszustande — künftig anerkannt werden, welchen diese Eigen besonders hohem Grade anhaftet.
schaft in
Aber diese Erklärung ist aus
mehreren Gründen völlig von der Hand zu weisen. sprachlich
nicht
nur
richtiger,
sondern
geradezu
Zunächst wäre es dann
notwendig gewesen,
das
Eigenschaftswort „besondere" nicht vor „Anstalten", sondern in den Relativ
satz „die zur Erleichterung des Verkehrs bestimmt sind" vor „Erleichterung" Außerdem aber
zu setzen.
wäre die Grenzlinie zwischen der gewöhnlichen
und der besonderen Erleichterung des Verkehrs eine so schwankende und unsichere, durch so zahllose Übergangserscheinungen und Schattierungen ver dunkelte,
daß man dem Gesetzgeber nicht unterstellen kann, er habe eine
derartige Begriffsbildung zur Grundlage einer wichtigen, für die Finanzierung
von Wasserbauten ausschlaggebenden Rechtsnorm machen wollen.
auch der Sprachgebrauch
Hier würde
nicht die Richtschnur für die Klassifizierung der
Einzelerscheinungen abgeben
können, weil es sich
nicht um mehrere kom
binierte Eigenschaften handelt, von welchen eine die überwiegende und damit
die namengebende wird,
Eigenschaft.
sondern
nur um Steigerungen und Grade einer
Derartige graduelle Unterschiede zum Ausdruck zu bringen, ist
der Sprachgebrauch nicht fähig. Übrigens würde, wenn es sich nur um den Grad und das Maß der dem Schiffsverkehr
aus einer Anstalt erwachsenden Vorteile handelt,
die
Unterscheidung zwischen wasserbautechnischen Methoden, wie sie von manchen Interpretatoren des Art. 54 für richtig gehalten wird, jedenfalls unzulässig
sein, denn jede dieser Methoden kann nach Bewandtnis der Umstände eine
oder geringe
große
„Erleichterung des Verkehrs"
zur Folge haben.
Die
Buhne, die Baggerung oder Felssprengung kann in dieser Richtung mindestens so viel wirken wie die Schleuse.
Ein anderer Erklärungsversuch, welcher auf der Grundlage der gram
matischen Interpretation vielleicht möglich wäre, könnte dahin gehen, daß gewisse
Anstalten deshalb als
besondere bezeichnet worden seien, weil ihre
Benutzung eine besonders nahe Berührung oder Beziehung zwischen Anstalt
und Fahrzeug mit sich bringt.
Danach könnte man die Kammerschleuse als
besondere Anstalt betrachten, weil das Schiff hineingelassen, in der Kammer
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Zusammenfassung der Ergebnisse und deren Gegenüberstellung usw.
111
gehoben oder gesenkt und hinausgelassen wird, während die Buhnen und die oder andere Hilfsmittel geschaffenen Fahrrinnen gewöhnliche
Buhnen
durch
Aber auch
Anstalten wären.
sicherheit
ferner auch
diese Erklärung ist wegen der großen Un
beider Anstaltsgruppen,
der Abgrenzung
Unklarheit
und
deswegen unwahrscheinlich,
sowie
weil ohne zwingende Beweise dem
Gesetzgeber nicht unterstellt werden darf, er habe eine so äußerliche, formale und vom Standpunkte der wirtschaftlichen Interessen zufällige Tatsache als maßgebendes Kriterium für die wichtige Frage der Finanzierung von Wasser
bauten
Praxis
ausdrücklicher
mit
Außerdem steht eine alte, konstante und unan
aufstellen wollen.
gefochtene
jener Erklärung entgegen; denn man hat immer, sogar
Billigung
von
Reichs wegen,
die Bojen, Baken und
Leuchtfeuer als „besondere Anstalten" im Sinne des Art. 54 der Verfassung angesehen,
obwohl
Anstalten durch
die
Beziehungen,
in
welche
die Fahrzeuge zu diesen
entfernt sind wie nur möglich.
ihre Benutzung treten, so
Es zeigt sich auch hier wieder die starke gegenseitige Beeinflussung der Be griffe „Anstalt", „Verkehrserleichterung" und „Benutzung".
Wenn nur die
unmittelbare Wirkung einer Anstalt auf die Erleichterung des Verkehrs einen Titel auf Erhebung von Schiffahrtsabgaben verleiht und nur das unmittel
bare Nutzenziehen
aus
einer solchen Anstalt zur Zahlung solcher Abgaben
verpflichtet, dann allerdings sind Buhnen ebensowenig Substrate der Abgaben erhebung
als
Bojen und Leuchtfeuer; letztere namentlich nicht für die bei
Tage vorbeifahrenden Schiffe. Nach Lage der Umstände erübrigt nur der Versuch, den Begriff des
„Besonderen"
mit
den
Hilfsmitteln
der
logischen
Interpretation zu be
stimmen; er soll an anderer Stelle unternommen werden.
e) Zusammenfassung der Ergebnisse und deren Gegenüber stellung mit abweichenden Ansichten. Die Untersuchung der für den Gegenstand der Abgabenerhebung maß gebenden
Begriffe nach
dem Gesichtspunkte des Sprachgebrauchs hat einen
verhältnismäßig sehr großen Raum beansprucht.
große
Zahl
von
Proben
des
Es war notwendig, eine
Sprachgebrauchs zu ziehen
in Gestalt von
Zitaten, weil die Allgemeinheit und Gleichmäßigkeit dieses Gebrauchs auf keine andere Weise festgestellt werden konnte.
Diese Zitate sind bei weitem
nicht so zahlreich, wie sie sein könnten — einige weitere werden später noch in
besonderem Zusammenhänge erscheinen —, aber doch nicht zahlreicher,
als die außerordentliche Wichtigkeit des Beweisthemas es mit sich bringt
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III.
112 und
erheischt.
Gegenstand der Abgabenerhebung.
Denn die Frage, was unter Anstalt im Sinne der maß
gebenden Rechtsvorschriften zu verstehen ist, kann gar nicht sorgfältig und gründlich genug erörtert werden.
Es kam darauf an, auch dem zur Quellen
forschung nicht geneigten oder nicht die erforderliche Zeit besitzenden Leser ein möglichst zuverlässiges Bild von der Entwicklung des Sprachgebrauchs
hinsichtlich des Anstaltsbegriffs innerhalb des letzten Jahrhunderts zu geben;
ein Bild von solcher Vollständigkeit, daß jeder Gedanke an eine Zusammen stellung von Zufalls- oder Gelegenheitserscheinungen ausgeschlossen ist.
Dieses Bild läßt das weitausgedehnte Anwendungsgebiet des Anstalts begriffs und des mit ihm nahe verwandten — logisch untergeordneten — Begriffs der Anlage mit genügender Deutlichkeit erkennen. Jeder von beiden dient zur Bezeichnung aller Arten von Wasserbauten,
welche irgend wie den Zwecken der Schiffahrt förderlich sind. beiden wird
Jeder von
sowohl für künstliche Wasserstraßen als auch für Bauten an
natürlichen Wasserstraßen gebraucht, und
Bauten nach technischen Kategorien. Buhnen, Schleusen und Kanäle;
zwar ohne Unterscheidung dieser
Der Ausdruck „Anlage" ist üblich für
aber dieselben Gegenstände werden nicht
weniger häufig als „Anstalten" oder auch mit dem noch etwas abstrakteren Ausdrucke
„Veranstaltungen"
werden, soweit es sich
bezeichnet.
Die Worte Anstalt und Anlage
um solche Bauwerke oder überhaupt um körperliche
Einrichtungen handelt, synonym oder nur mit ganz unwesentlichen Begriffs
schattierungen
gleichwertig
gebraucht.
Unkörperliche Einrichtungen werden
allerdings nur Anstalten genannt.
Von anderer Seite ist versucht worden, einen Unterschied zwischen An stalten und Anlagen im Sinne des Art. 54 der Reichsverfassung zu machen
und hieraus Schlußfolgerungen für die Auslegung zu ziehen.
Dies tut ins
besondere Küster, der in einer Abhandlung über Rheinschiffahrtsabgaben * den Satz aufstellt:
„Wenn es zweifelhaft sein könnte, was die Verfassung unter Anstalten verstehen will,
so würde dieser Zweifel durch die Gegenüberstellung mit
-Anlagen^ in dem zweiten Satze des Abs. 4 gehoben.
Unter besonderen
Anstalten können nur diejenigen verstanden werden, welche selbständig be
nutzt, nicht integrierende Bestandteile des Strombettes sind, und deren Benutzung nicht die notwendige Voraussetzung der Möglichkeit der Be
schiffung ist.
Ob irgend eine Einrichtung zu diesen besonderen Anstalten
* Beilage zum Preuß. Verw.Bl. vom 21. Januar 1905, XXVI Nr. 17 S. 290.
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Zusammenfassung der Ergebnisse und deren Gegenüberstellung usw.
gehört, ist eine ciuaestio
11Z
Jedenfalls gehört nicht dazu das ver
kaeti.
tiefte und verbreiterte Fahrwasser, und die Benutzung dieses Fahrwassers ist nicht die Benutzung einer besonderen Anstalt;
dasselbe trifft zu auf
alle Verbesserungsarbeiten."
Der erste Satz behauptet eine Gegensätzlichkeit oder mindestens einen begrifflichen Unterschied zwischen „Anstalten" und „Anlagen" im Sinne des
Art. 54.
Die drei folgenden Sätze geben aber für diese Behauptung keine
Gründe; sie enthalten lediglich einen Erklärungsversuch für den Begriff des
Besonderen.
Der letzte, mit „jedenfalls" beginnende Satz scheint eine xetitio
xrineiM zu enthalten.
Wenn die Reichsverfassung von 1849, deren ein
schlagende Bestimmungen anerkanntermaßen dem Art. 54 der heutigen zu
Grunde liegen, den Anstaltsbegriff auf das Fahrwasser anwandte,
so ist
ohne nähere Erläuterung — und eine solche fehlt einstweilen — nicht ein zusehen, weshalb das verbesserte Fahrwasser keinesfalls eine Anstalt im Sinne
der heutigen Verfassung sein kann.
Der Umstand,
daß die in Betracht
kommende Bestimmung der älteren Verfassung sich auf Seeschiffahrt bezieht, ändert an der Sachlage nichts,
weil die entsprechende Vorschrift in Z 54
Abs. 4 der jetzigen für jede Art von Schiffahrt und Wasserstraßen, also auch
für Seeschiffahrt und Seewasserstraßen, gilt. Aber auch
abgesehen hiervon wäre es bei der Identität des Inhalts
der Rechtsvorschriften nicht
zu erklären,
daß
der gewollte und
bewußte
Gegensatz von Anstalten und Anlagen nur in der Verfassung und sonst
nirgends, namentlich nicht im Zollvereinsvertrage, in gleicher oder ähnlicher Form in die Erscheinung tritt.
Gegenüber den ausführlichen Beweisen, welche hier für die synonyme und pleonastische Anwendung beider Begriffe sowie überhaupt für das häufige
und deshalb nicht auffällige Vorkommen von Pleonasmen in der Gesetzes
sprache beigebracht worden sind, wäre für die entgegenstehende Behauptung
ihrer innerlichen Verschiedenheit im Sinne des Art. 54 eine einigermaßen Eine solche ist aber von Küster nicht
überzeugende Begründung erwünscht. beigebracht.
-ft
* rft
Professor Wiedenfeld hat in seinem Vortrage vor dem Deutschen Landwirtschaftsrat am
9. Februar 1905
Wortes Anstalt vertreten.
„Es fragt sich —,
ebenfalls die engere Auslegung des
Er sagt:
ob wir in den großen Regulierungs-, Vertiefungs
und Begradigungsarbeiten,
die mit so nachhaltigem Erfolge an Rhein
und Elbe, in geringerem Umfange auch an den anderen Strömen von Schriften 6XV. - Erster Teil.
8
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Gegenstand der Abgabenerhebung.
III.
114
Staats wegen vorgenommen worden sind, — ob wir darin „besondere
Anstalten" erblicken dürfen: und diese Frage ist zu verneinen. Einer derartigen Auslegung des Wortes
das
zunächst
natürliche Sprachgefühl
kommt auf die Idee,
niemand
und
widerstreitet
„Anstalten"
Wohl
der Sprachgebrauch.
einen Flußlaus, der in einzelnen Teilen
durch Menschenhand verbessert worden ist, nun deshalb in seiner ganzm
Länge eine „besondere Anstalt" zu nennen; die Verbesserungswerke selbst, die vielleicht als Anstalten bezeichnet werden könnten, lassen sich
aber
nicht benutzen — oder benutzt etwa ein Schiff in seiner Fahrt die Buhnen und ähnliche Anlagen, die es doch möglichst zu vermehren trachten muß?" Da Wiedenfeld auf die Regulierungsbauten an der Elbe exemplifiziert,
so mag hier eine Rede des Abgeordneten Eugen Richter, in welcher zufällig auf dasselbe Beispiel bei Erörterung
der Abgabenfrage hingewiesen wird,
als weiteres Beweismittel für Sprachgefühl und Sprachgebrauch angeführt
Richter — übrigens kein unbedingter Gegner, sondern eher ein
werden. bedingter
Anhänger
preußischen
der Schiffahrtsabgaben — sagte
Staatshaushaltsetats
Abgeordnetenhause
eine vorangegangene Rede des
mit Bezug auf
1904
im
bei Beratung am
des
23. Januar
Grafen Limburg-
Stirum: „Was nun die Verkehrsangelegenheiten betrifft, so hat es mir geschienen,
als sei er für die Einführung neuer Schiffahrtsabgaben eingetreten.
müssen uns dagegen auf das allerentschiedenste verwahren.
Wir
Dort, wo es
sich um Verbesserung einer Wasserstraße, um neue Anstalten handelt,
wie es z. B. an Strecken der unteren Elbe und Weser vor einigen Jahren der Fall war, mag man erwägen, ob die Abgabe richtiger ist oder die
Unterlassung einer Verbesserung usw." Bei der unteren
bauten
in
Richter sind
Elbe
das Strombett. das
also
handelt es
sich
dem
Nach
„Anstalten";
daß
um Baggerungen
Sprachgefühl sie
es
auch
und Ein
des Abgeordneten
nach
allgemeinem
Sprachgebrauch und nach der Terminologie der Wassergesetzgebung sind, ist
bereits dargelegt worden.
Wiedenfeld scheint auch zugeben zu wollen, daß
Buhnen an und für sich Anstalten seien; eigenschaft im Sinne des Artikel 54
Gegenstand
einer
„Benutzung"
er bestreitet ihnen die Anstalts
eigentlich nur deshalb, weil sie nicht
sein könnten.
anderer Stelle noch vorzunehmende
Es wird auf
die
—
an
— Untersuchung der Frage ankommen,
ob unter Benutzung nur das unmittelbare oder auch das mittelbare Vorteil
ziehen von einer Anstalt zu verstehen ist.
Die Untersuchung wird freilich
* Stenogr. Berichte S. 83. Vgl. Abschnitt IV S. 255—258.
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Zusammenfassung der Ergebnisse und deren Gegenüberstellung usw.
115
auf breiter Grundlage angestellt und die Frage für alle Anstalten gleich mäßig, für die der Binnenschiffahrt dienenden ebenso wie für die der See
schiffahrt gewidmeten, entschieden werden müssen.
Den Begriff des Besonderen definiert Wiedenfeld mit dem Eigenschafts wort „konkret".
Er führt aus:
„Man hat — bei den besonderen Anstalten,
wie auch die Entstehung
der Verfassungsbestimmung erkennen läßt, lediglich an solche Einrichtungen
gedacht,
die
nicht
schlechthin
die Befahrung
des Stromes erleichtern,
sondern sich an bestimmte, konkrete „besondere" Vorrichtungen anschließen,
die mit dem Verkehr organisch Zusammenhängen, aber nicht die Befahrung selbst ausmachen.— Also nur Hafen-, Kran-, Wage, Lager-, Schleusen -
und ähnliche konkrete Anlagen sind als „besondere Anstalten" anzusprechen*,
für die eine Abgabe erhoben werden darf;
Vorrichtungen dagegen, die
auf eine Erhaltung und Verbesserung der Fahrbahn ganz allgemein aus gehen, fallen nicht unter den Begriff der „besonderen Anstalt".
Wiedenfeld hat bei Aufstellung dieser Definition nur die Verhältnisse der Binnenschiffahrt, insbesondere der Ströme, im Auge gehabt.
befriedigenden Lösung führt sie aber nicht.
baggerte oder gesprengte Fahrrinnen ebenso
Zu einer
Konkret sind Buhnen und ge wie Schleusen.
Auch von den
Buhnen am Rhein und von der gesprengten Fahrrinne bei Bingen kann mit Fug und Recht gesagt werden, daß sie „mit dem Verkehr organisch Zu sammenhängen,
aber nicht die Befahrung selbst ausmachen".
Wenn
die
jenigen Vorrichtungen von dem Begriff der besonderen Anstalt ausgeschlossen sein sollen, die „auf eine Erhaltung und Verbesserung der Fahrbahn ganz allgemein ausgehen", so ist damit die Frage nicht beantwortet, wie die
praktisch und finanziell sehr wichtige Bezeichnung der Seewasserstraßen zu klassifizieren ist. Übrigens spielt die Bezeichnung der Fahrbahn auch in der
Binnenschiffahrt eine gewisse Rolle, die bei regulierten Strömen nur deshalb minder bedeutend ist, weil die Buhnen und Parallelwerke die Funktion der Kenntlichmachung der Fahrrinne mitausüben. Anderseits paßt die Begriffsbestimmung für Wasserbauten, welche nicht besondere Anstalten sind, als „Vorrichtungen, die auf eine Erhaltung und
Verbesserung der Fahrbahn ganz allgemein ausgehen," auch auf Stauanlagen in kanalisierten Flüssen.
Als unter Friedrich Wilhelm III. der erste Plan
für die Verbesserung der Mosel von Gotthilf Hagen aufgestellt wurde, stand man vor der Frage, wie das in den Stromschnellen und Steinriffen liegende
Haupthindernis
der
Schiffahrt
überwunden
werden
könnte.
Die
eine
* Wiedenfeld gebraucht hier die Worte „Anlage" und „Anstalt" synonym. 8*
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III.
116
Gegenstand der Abgabenerhebung.
Möglichkeit lag in Felssprengungen, Baggerungen und Einschränkungswerken zur Ausgleichung der übermäßig starken Gefälle, die andere in der Un schädlichmachung der Stromschnellen durch Überstauung, d. h. durch Er
bauung von Wehren mit Schiffsschleusen unterhalb der sogenannten Furten. Es wurden mehrere Projekte auf der letzteren Grundlage
aufgestellt,
aber schließlich doch der Weg der Regulierung beschritten. Auch bei der Donauregulierung am Eisernen Tor kam die Überstauung
der Stromschnellen als Mittel zur Verbesserung des Fahrwassers in Frage,
und es besteht vielfach noch heute die Meinung, daß diese Lösung der Auf
gabe vor der inzwischen ausgeführten Stromregulierung den Vorzug ver dient hätte.
Man sieht aus diesen, leicht zu vermehrenden Beispielen, daß Schleusen oder vielmehr Stauwerke in Strömen unter Umständen und sogar der Regel
nach nichts anderes sind als Mittel zur Verbesserung der Fahrbahn für den Durchgangsverkehr.
Wenn in der Wiedenfeldschen, übrigens aus der Reichsverfassung von Aufzählung von Beispielen nicht die Schleusen mit
1849 entnommmen,
enthalten wären, könnte man auf den Gedanken kommen, unter besonderen
Anstalten sollten die dem örtlichen Verkehr — im Gegensatz zu dem Verkehr
auf
des
Linie
der
werden.
dings zu.
Schiffahrtsweges
—
dienenden
Anstalten
Aber dann wäre wiederum nicht zu verstehen,
Gesetzgeber nicht
einfachen
den
und
klaren Ausdruck
hat.
Das
Definitionsversuch
eine
sichere
auch
gewählt,
„besondere"
sich
nach
dem
Wiedenfeldschen
Auseinanderhaltung
der
Einzelsälle
ermöglicht
letztere
weshalb der
„örtlich"
sondern des sehr schwer verständlichen Eigenschaftswortes
bedient
verstanden
übrigen Beispielen trifft diese örtliche Eigenschaft aller
Bei den
des
praktischen Lebens nicht; es bleibt vielmehr dem Zweifel Tür und Tor ge
öffnet.
Schon um dieses Ergebnisses willen kann der Versuch als geglückt
nicht anerkannt werden; denn es ist nicht anzunehmen, daß der Gesetzgeber,
als er im Jahre 1867 einen neuen Begriff in die bestehende Regelung der Frage hineinbrachte, einen Begriff von so weittragender praktischer Bedeutung,
welcher für die Finanzierung von Wasserbauten in Zukunft maßgebend sein
und diese Bauten in abgabefähige und nichtabgabefähige trennen sollte, daß der Gesetzgeber damals die Abgrenzung der beiden Gruppen in einer so un
sicheren und unklaren Weise vorgenommen haben sollte. *
r>-
-l-
Schumacher äußert sich in seinem Buche * vom Standpunkte der Wort
auslegung über den Anstaltsbegriff mit folgenden Sätzen: * S. 138, 139.
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Zusammenfassung der Ergebnisse und deren Gegenüberstellung usw.
117
kaum .Anstalten' für ganz synonym mit
„Einmal wird man sprachlich
Veranstaltungen oder Maßnahmen oder Anlagen nehmen dürfen und bei
spielsweise in der Ausbaggerung eines Flusses oder — um eine .Benutzung'
zu ermöglichen —im vertieften Flusse selbst eine ,Anstalt' erblicken.
,An
stalten' sind vielmehr — um schließlich zu definieren — gewisse künstliche
sichtbare
und
Vorrichtungen
Bauten
an,
in
oder
auf den
Flüssen, die einer besonderen Benutzung fähig sind, wie z. B. Schleusen,
Leinpfade, Kais, auch künstliche Durchstiche.
Auch der notwendige logische
Gegensatz des Allgemeinen zu der Benutzung besonderer' Anstalten wird
nur in dem Befahren der freien Wasserstraße erblickt werden
können.
Endlich würde auch das Befahren eines offenen, wenn auch technisch noch
so sehr umgestalteten Flusses
nicht als .Benutzung'
einer Anstalt be
zeichnet werden.
Das Ergebnis würde hiernach sein,
daß nach dem Art. 54 der
Reichsverfassung Abgaben auf Strömen und Flüssen nicht erhoben werden dürfen für Vorrichtungen und Maßnahmen,
welche nur der Erhaltung,
Sicherung und Besserung der natürlichen Fahrstraße dienen, wie Anlagen von Buhnen, Parallelwerken und Grundschwellen, sowie Verwendung von
Sinkstücken, wie Beseitigung von Schiffahrtshindernissen und Baggerung, daß dagegen zu den .besonderen Anstalten,
die zur Erleichterung des
Verkehrs bestimmt find', zu rechnen sind: 1. Anlagen,
die
sich nicht auf das natürliche Flußbett beziehen,
sondern ein ganz neues Flußbett schaffen, also
a) Durchstiche (einschließlich des Erwerbs des Grund und Bodens), d) Coupierungen,
wenigstens
soweit sie durch die Durchstiche be
dingt werden.
2. Maßnahmen, welche im Interesse des Verkehrs die freie Passierbarkeit der Wasserstraße aufheben
und
besondere Manipulationen zum
Durchlaß erfordern, also insbesondere Schleusen und Wehre.
würden auch dann hierher gehören, Verkehrserleichterung, dienten,
Diese
wenn sie nicht unmittelbar der
sondern vielleicht landwirtschaftlichen Zwecken
wohl aber mittelbar dadurch,
daß ihre Anlage eine not
wendige Begleiterscheinung einer Verkehrserleichterung ist,
erst eine
solche ermöglichten.
3. Maßnahmen zur Förderung des Schiffahrtsbetriebes, wie Leinpfade,
Kaianlagen usw.
Ob
es erwünscht ist,
dieser Weise
die
einzelnen
nach rein formalen Gesichtspunkten in technischen Maßnahmen,
die
in
ihrer
I Vgl. dagegen die Ausführungen unter Abschnitt IV S. 251—253.
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Gegenstand der Abgabenerhebung.
III.
118
Gesamtheit zu einem einheitlichen Plane auf jedem Flusse sich zu
sammenschließen,
auseinanderzureißen,
wo es sich nur darum handelt,
steht hier nicht zur Frage,
die bestehende Rechtslage und ihre
Konsequenzen darzulegen."
Schumacher bestreitet hiernach — oder er bezweifelt wenigstens — die Demgegenüber ist hier der Beweis
Synonymität von Anstalt und Anlage.
angetreten worden, daß diese Synonymität im Sprachgebrauch,
namentlich
auch im Sprachgebrauch der Gesetzgebung über Schiffahrts- und Wasserbau
wesen allerdings insoweit besteht, handelt.
als es sich um bauliche Einrichtungen
Schumacher selbst scheint in einem Satze des vorstehenden Zitates
die Worte Anstalt und Anlage einigermaßen gleichwertig anzuwenden.
muß dem Urteil des
inwieweit jener Beweis gelungen ist,
Ob und
Lesers überlassen bleiben.
Dasselbe gilt von der Ausdehnung des Anstalts
begriffs — im Sinne des Sprachgebrauchs — auf Baggerungen,
und sonstige Regulierungswerke. das Preußische Landrecht Buhnen
als Anstalten
und
Buhnen
Es mag nur daran erinnert werden, daß die Gesetzentwürfe der
bezeichnen,
daß
die
badische
vierziger Jahre die
und
reichsländische
Gesetzgebung sie unter den Begriff der Veranstaltung subsumiert, daß die Reichsverfassung von 1848 das Fahrwasser eine Anstalt nennt,
und daß
anderseits das preußische Strombaugesetz vom 20. August 1883 von Buhnen als „Anlagen"
spricht.
Die volle Synonymität von Anstalt und Anlage
wird auch hier nicht angenommen.
Der Anstaltsbegriff ist weiter und um
faßt auch unkörperliche Einrichtungen, Organisationen. auch nicht zugegeben werden,
seien.
daß Anstalten nur
Deshalb kann aber
„sichtbare Vorrichtungen"
Dem widerspricht der Sprachgebrauch und auch die Praxis,
die in
der Schiffahrts- und Hasenpolizei stets eine Anstalt gesehen haben.
Wenn
Kirche und Staat Anstalten sind*, so ist die Verkehrspolizei es auch; diesen
Standpunkt hat auch Baden bei Abschluß des Vertrages mit der Schweiz über den Wasserverkehr zwischen Neuhausen und Basel? eingenommen. Wäre die Sichtbarkeit entscheidend, so müßte von den beiden Fahrrinnen
des
Rheins
zwischen
Bingen
und
Aßmannshausen
Dämmen eingefaßte „neue Fahrwasser"
die
eine,
das
von
zu den Anstalten gerechnet werden,
während die andere, das sogenannte „Binger Loch", nicht dazu gehören würde.
Wenn Schumacher
die Rechtslage
unabhängig
von
ihren
praktischen
Konsequenzen beurteilt wissen will, ist dieser Standpunkt an sich unanfechtbar. Ein klar bewiesenes Recht muß als solches anerkannt werden,
auch wenn
seine Anwendung zu unsachlichen oder selbst schädlichen Ergebnissen führen r Vgl. S. 73 dieser Arbeit III L. 2. L. 8 2. 2 Vgl. S. 95 dieser Arbeit III L. 2. a. Z 5.
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Zusammenfassung der Ergebnisse und deren Gegenüberstellung usw.
sollte;
119
die Feststellung der letzteren Tatsache wäre lediglich ein Anlaß zur
Rechtsänderung.
Anders liegt es aber,
wenn die gesetzgeberische Willens
meinung, wie hier, in unklarer, mehrdeutiger und zweifelhafter Form zum
Ausdruck gelangt ist.
Dann ist es zulässig und
auslegung an ihren praktischen Konsequenzen
sind
hat;
Konsequenzen
gerade
und
andere
eine
ist
sachgemäßen
zu
so
ist die letztere als der Willensmeinung entsprechend
Dieser Gedankengang und diese Art der Schlußfolgerung hat der Auslegung
bei
Die Ver
führende Auslegung im Rahmen der grammatischen Inter
pretation möglich, anzunehmen.
unsachgemäß
sie
die Wort
daß der Gesetzgeber sich diese Konsequenzen klar ge
mutung spricht dafür, macht
notwendig,
zu kontrollieren.
des Art. 54
der Reichsverfassung
volle Be
Denn er schaffte kein neues Recht, sondern kodifizierte nur einen
rechtigung.
seit Jahrzehnten bestehenden, in langer Verwaltungsübung erprobten Rechts zustand; und der Verfasser jenes Artikels war ein hervorragender Praktiker,
der diese Verwaltungsübung aus langer Tätigkeit im preußischen Handels
ministerium
und
kannte
geschlossen zu erachten,
den Gegenstand
beherrschte.
Es
ist
als
aus
daß er die Wirkung der Verfassungsvorschrift sich
nicht klar gemacht haben sollte, und es ist ebenso ausgeschlossen, daß er die Absicht gehabt haben könnte — um Schumachers Worte zu wiederholen —
„nach rein formalen Gesichtspunkten die einzelnen technischen Maßnahmen,
die in ihrer Gesamtheit zu einem einheitlichen Plane auf jedem Flusse sich zusammenschließen, auseinanderzureißen".
Hiernach ist Schumachers Definition,
insofern sie Anstalten als
wisse künstliche sichtbare Vorrichtungen und Bauten" bezeichnet, Die Eigenschaft des künstlichen ist anzuerkennen, der Vorrichtungen und Bauten immanent.
„ge
zu eng.
aber sie ist den Begriffen
Die Schleusen im kanalisierten
Main sind nicht künstlicher wie die in Quarzitfelsen gesprengte Fahrrinne
des Binger Lochs.
Die Eigenschaft der Sichtbarkeit ist bei Buhnen ebenso
vorhanden wie bei Durchstichen und Schleusen. Die Ansicht,
und Arbeiten
daß Baggerungen
Schiffahrtshindernissen
besonderen Anstalten
keine
zur Beseitigung
von
Erleichterung
des
zur
Verkehrs seien, steht — um diese, für eine wissenschaftliche Untersuchung freilich nicht allein
bewußten
maßgebende
Tatsache vorweg zu erwähnen — mit der
und durch Meinungsaustausch
festgelegten Praxis der Bundes
seestaaten nicht im Einklänge *
' Vgl. unter III
rk
*
3. 6. Z 5 S. 221 u. 222.
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Gegenstand der Abgabenerhebung.
111.
120
Professor Löning *
meint, schon aus dem Wortlaute des Art. 54 gehe
hervor, daß eine vertiefte Fahrrinne in einer natürlichen Wasserstraße keine
besondere Anstalt
Denn
sei.
wenn durch Regulierung
des Flusses
das
Flußbett tiefer gelegt werde, so sei die Befahrung des Flusses nur auf dem
gelegten
tiefer
Flußbette
möglich.
Die
Abgabe
für
die Benutzung
der
vertieften Fahrrinne würde dann also nicht für die Benutzung einer be sonderen Anstalt, sondern für die Befahrung der Wasserstraße erhoben werden.
Er sagt:
„Es
ist klar,
daß
die besonderen Anstalten,
die Verfassung
Erleichterung des Verkehrs bestimmt sind,
die
zur
in Gegensatz setzt zu solchen
Anstalten und Anlagen, die nur die Befahrung der natürlichen Wasser straße erleichtern."
Dieser Erklärungsversuch hat ebenso wie die vorher erwähnten, den
Mangel, daß er nur aus den Verhältnissen der Binnenschiffahrt entnommen und nur auf diese Verhältnisse berechnet ist.
Bei der Seeschiffahrt ist die
Benutzung der künstlich vertieften Fahrrinne nicht identisch mit der Be fahrung der natürlichen Wasserstraße.
Man kann mit kleinen Fahrzeugen
zwischen Bremen oder Hamburg und dem offenen Meere auf vielen Linien fahren, von welchen für große Schiffe nur eine einzige, künstlich geschaffene und künstlich offengehaltene fahrbar ist.
Dasselbe gilt von der Seeschiffahrts
verbindung mit Stettin und Königsberg.
Was nun die Verhältnisse der Binnenschiffahrt anbelangt, so beruhen die Ausführungen Lönings auf der Voraussetzung, daß bei den auf andere
Weise als durch Kanalisierung verbesserten Wasserstraßen die Anstaltsbenutzung mit der Befahrung des natürlichen Schiffahrtsweges notwendig identisch sei,
oder mit anderen Worten, daß der letztere Tatbestand den ersteren begrifflich in sich schließe.
Diese Voraussetzung ist ausdrücklich aufgestellt für Flüsse;
die Binnenschiffahrt hat es
aber auch mit Haffen und Seen zu tun, und
hier trifft die Voraussetzung keinesfalls zu.
Von Stettin nach Swinemünde
und von Königsberg nach Pillau kann man die weite Fläche der Haffe auf
den verschiedensten Linien befahren; nur größere, tiefgehende Schiffe sind auf die Benutzung der künstlich
hergestellten Fahrrinne angewiesen.
Auch der
durch die Kaiserfahrt abgekürzte Lauf der Swine dient nach wie vor der Schiffahrt. Jene Voraussetzung ist aber nicht einmal für regulierte Ströme richtig.
Denn neben der durch die Regulierungswerke geschaffenen vertieften Fahrrinne ist die alte natürliche Fahrtiefe oder jedenfalls eine geringere, aber doch für
* Deutsche Juristenzeitung Nr. 6 Jahrgang X vom 15. März 1905.
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Zusammenfassung der Ergebnisse und deren Gegenüberstellung usw.
121
die Schiffahrt nutzbare Tiefe auf einer breiten Stromfläche noch vorhanden.
Das
Flußbett
fällt von den die Buhnenköpfe
Streichlinien in sehr allmählicher Böschung vertieften Fahrrinne ab.
verbindenden sogenannten hergestellten
bis zur künstlich
Am Niederrhein z. B. beträgt die Breite zwischen
jenen Linien 300 m, während die Tiefe von 3 m bei gemitteltem Niedrig
wasser nur in 150 m Breite hergestellt ist und erhalten wird.
Die zwischen
der regulierten Fahrrinne und den Streichlinien liegenden Stromstreifen von
zusammen 150 m Breite sind nicht etwa für die Schiffahrt unnutzbar.
Sie
können von flacher gehenden Fahrzeugen befahren werden und werden sogar von
der
sehr
zahlreich
den Niederrhein
bevölkernden Flotte
der
kleinen
niederländischen Segler beim Kreuzen notwendig gebraucht. Die Donau wird am Eisernen Tor nicht nur auf der durch die ungarische
Regierung hergestellten,
auch
auf
verhältnismäßig schmalen Rinne, sondern daneben
demjenigen Teil der Stromfläche
befahren,
welcher
früher als
Fahrstraße diente und von den Regulierungsbauten unberührt geblieben ist.
Diese alte, durch die Stromschnellen führende Fahrt wird sogar wegen der in
der neuen Fahrrinne herrschenden gewaltigen
Strömung noch vielfach
bevorzugt und es ist eine der Klagen, welche von der Donauschiffahrt über das Verhalten der ungarischen Regierung erhoben werden, daß sie auch von
den das neue Fahrwasser vermeidenden Schiffen die gleiche Abgabe erhebt,
wie von denjenigen, die es benutzen. *
*
*
Der badische Minister Schenkel sagt in seinem Werke „Das badische Wasserrecht"
und zwar in Anmerkung 8 ä zu Z 15 des badischen Wasser
gesetzes vom 26. Juni 1899 auf Seite 249 bei Erläuterung des Art. 54
der Reichsverfassung: „Als besondere Anstalten zur Erleichterung des Verkehrs sind die Maßnahmen
nicht zu betrachten,
wodurch die Sohle
des Flusses
vertieft und
der
Wasserstand zusammengehalten wird, wie Räumungen, Baggerungen, Fels
sprengungen, Regulierungen mittels Parallelwerken (Zeilen) und Buhnen
(Kribben); und es kann daher als Entgelt für die Regulierung und Instandhaltung der Wasserstraße eines öffentlichen Flusses von den Be
teiligten eine besondere Abgabe nicht erhoben werden, es sei denn durch
Reichsgesetz
ausdrücklich zugelassen, wie dies für die Unterweser durch
das Gesetz vom 5. April 1886
geschehen ist.
Dagegen sind besondere
Abgaben zulässig für die Benutzung der in einem Fluß (z. B. in dem
* Zweite Auflage Karlsruhe 1902.
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III.
122
Gegenstand der Abgabenerhebung.
Untermain bis nach Offenbach) eingelegten Kanalisierungsanstalten, Wehre
und Kammerschleusen, mittels deren der Fluß für Schiffe größeren Tief
gangs
benutzbar gemacht wurde; ferner für die Benutzung der Häfen,
und zwar sowohl zur Bergung der Schiffe bei Hochwasser, im Winter
als zum Umschlag der Güter von Schiff zu Schiff oder vom
u. dgl.,
Wasser zum Land und umgekehrt,
endlich überhaupt für die Benutzung
besonderer Veranstaltungen, wie Kranen, Niederlagsplätze." Die
Schenkels
Bedenken
Stauwerken und anderen,
zielenden Wasserbauten
gegen
die
gleichmäßige
Behandlung
von
auf Verbesserung der Schiffahrtsverhältniffe ab
als „besondere Anstalten"
sind hier nicht näher begründet.
Sie scheinen
im Sinne des Art.
54
jedenfalls nicht auf dem
Gebiete des Sprachgebrauchs — soweit der Ausdruck Anstalt in Betracht kommt — zu liegen.
Wasserbauten,
welche
Denn irgend
er im
bezeichnet
selbst
in
unterschiedslos als „künstliche Veranstaltungen".
seinem Buche
ausgeführt
Schiffahrtsinteresse
alle
werden,
Er sagt * in seiner Anm. 3
zu Z 1 des badischen Wassergesetzes:
„Künstliche Veranstaltungen kommen in doppelter Form in Betracht,
entweder derart, daß ein natürliches Gewässer, das nach seiner Beschaffen
heit nicht
schiff-
Baggerungen,
oder
flößbar ist,
Zusammenfassung
durch Regulierungen,
des
Wassers
in
insbesondere
einer engeren Rinne
mittels Parallelwerken oder Buhnen (Kribben) oder durch Einsetzung einer Anzahl von Stauwehren und Kammerschleusen (Kanalisierung) für den
öffentlichen Verkehr benutzbar gemacht,
oder derart, daß ein künstliches
dem öffentlichen Verkehr dienendes Gewässer, ein Schiffahrts- oder Floß kanal,
unter Zuleitung des Wassers aus anderen Gewässern neu her
gestellt wird."
Schenkel sieht also — ganz mit Recht — in den technischen Methoden der Regulierung und der Kanalisierung nur zwei verschiedene „Formen" der
Schiffbarmachung.
Beide sind für ihn „künstliche Veranstaltungen"; diesen
Ausdruck gebraucht das badische Wassergesetz synonym mit „Anstalten" und „Anlagen".
Der Umstand, daß jene Bemerkungen sich nicht auf die Ver
besserung, sondern aus die erstmalige Herstellung einer Wasserstraße beziehen,
kann für die Terminologie
keinen Unterschied machen.
Wenigstens
sind
sprachliche oder sonstige Gründe für einen solchen Unterschied nicht ersichtlich. Wenn die Anstaltseigenschaft den zur Schiffbarmachung eines Privatflusses
ausgeführten Buhnen und Baggerungen beiwohnt, so wird sie denjenigen * Vgl. S. 98 u. 99 dieser Arbeit unter III L. 2. a. Z 5.
Schenkel ge
braucht — nebenbei bemerkt — das Wort Veranstaltung sowohl für Regulierungen als auch für Kanäle.
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Zusammenfassung der Ergebnisse und deren Gegenüberstellung usw.
Buhnen und Baggerungen
12Z
nicht abgesprochen werden können, die zur Ver
besserung der Schiffbarkeit einer vorhandenen natürlichen Wasserstraße dienen. Auf die fehlende Anstaltseigenschaft dieser Bauten kann Schenkel sich
also nicht gestützt haben, als er ihnen die Fähigkeit absprach, Substrat für die Erhebung von Schiffahrtsabgaben zu sein und durch finanziert zu werden. „Besonderen".
Vielleicht
solche Abgaben
vermißt er bei ihnen die Eigenschaft des
Gesagt hat er dies in der Anmerkung 8 ä zu ß 15 nicht;
er äußert sich auch nicht über den leitenden Gesichtspunkt, nach welchem die besonderen Anstalten von den gewöhnlichen — die Ausnahmen von der Regel — unterschieden werden sollen. Seine Auslegung zeigt ferner dieselbe Eigentümlichkeit, die auch bei
von Küster,
derjenigen
daß
nur
sie
Wiedenfeld, Schumacher und
die Verhältnisse
Löning
der Binnenschiffahrt und
auch
hervortritt, diese nicht
vollständig, berücksichtigt. -i-
-i:
Das vermeidet ein anderer Auslegungsversuch, der in letzter Zeit mehrfach unternommen worden ist, und der in seinem praktischen Ergebnis — ebenso
Schenkelsche
wie der
—
darauf
hinausläuft,
daß
nur
Stauwerke
und
Schleusen, nicht aber Buhnen, Baggerungen und sonstige Regulierungswerke
als abgabefähige Anstalten
anerkannt
das Moment des Betriebes
darauf,
werden.
als
Diese Auslegung
beruht
ein notwendiges Merkmal
des
Anstaltsbegriffs hinzustellen; auf die besonderen Erscheinungen und Bedürfnisse der See- und Binnenschiffahrt würde es dann allerdings nicht ankommen.
Die
hier gekennzeichnete Auffassung
des Anstaltsbegriffs
ist
in der
Presse insbesondere durch einen Artikel der Kölnischen Zeitung, welcher den Aufsatz
des Wasserstraßenfreundes
Jahrbücher
im Januarheft
1905
der Preußischen
kritisiert, mit folgenden Worten ausgedrückt:
„Wie der gesunde Menschenverstand dazu kommen kann, Vertiefungen als Anstalten aufzufassen, ist mindestens schwer zu begreifen.
Eine Anstalt
setzt doch den Begriff des Betriebes voraus: eine Schleuse, ein Kran wird
betrieben, eine Stromvertiefung aber nicht." Wäre das richtig, so würden allerdings die Zweifel darüber, ob alle
oder nur gewisse Wasserbauten Gegenstand der Abgabenerhebung sein dürfen,
und wie die Grenzlinie zwischen beiden Gruppen zu ziehen ist, sich erledigen
oder es würde wenigstens der Spielraum für solche Zweifel sehr stark ein geengt sein.
Die hinsichtlich des Sprachgebrauchs aufgestellte Behauptung
„Schiffahrtsabgaben, Neichsverfassung und Verkehrspolitik."
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111.
124
Gegenstand der Abgabenerhebung.
erscheint in so apodiktischer und selbstverständlicher Form, daß eine Begründung
ihr
überhaupt
nicht
Sie
beigegeben ist.
aber
muß
doch
— der Be
deutung des Gegenstandes entsprechend — hier etwas näher geprüft werden; zu diesem Zwecke
ist es vor allem notwendig, den Begriff des Betriebes
klarzustellen.
Jede körperliche oder unkörperliche Einrichtung bedarf natürlich irgend Aber diese Tätig
einer menschlichen Tätigkeit, um ihren Zweck zu erfüllen.
keit ist nicht immer ein „Betrieb"
im Sinne des Sprachgebrauchs.
Die
bloße Unterhaltung der Substanz, die Verwaltung und Beaufsichtigung, ist
nicht Betrieb; von einem solchen kann man nur bei den Einrichtungen sprechen,
die ohne ständige unmittelbare Tätigkeit des Verwalters überhaupt nicht funktionieren, deren Benutzung unmöglich wird, wenn das zugehörige Be triebspersonal nicht zur Stelle ist oder die entsprechenden Verrichtungen nicht
ausübt. nicht.
Eine Desinfektionsanstalt wird „betrieben", eine Bedürfnisanstalt
Außerdem ist das Wort Betrieb
nur anwendbar auf solche Ein
richtungen und Anstalten, die zur Hervorbringung materieller Güter, ein
schließlich der Verkehrsleistungen, dienen.
Man betreibt eine Eisenbahn, aber
keine Universität, eine Gasanstalt aber keine Missionsanstalt.
Schiffahrts-
und
Hafenpolizei
ist
eine
„Anstalt",
aber
Die Strom-, sie
wird
nicht
„betrieben". Prüft man nach diesen Gesichtspunkten den Sprachgebrauch hinsichtlich des Wortes Anstalt, wie er in den vorhergehenden Abschnitten * durch zahl reiche Zitate veranschaulicht ist, so ergibt sich die Unzulässigkeit der von der
„Kölnischen Zeitung"
versuchten
Einschränkung des
Anstaltsbegriffs durch
das Merkmal des Betriebes. Staat, Kirche, Orakel, Buhnen, Fahrwasser, Landwege werden sicherlich nicht
„betrieben", sie sind aber dennoch „Anstalten".
Dasselbe gilt von
Sicherheitshäfen, Seetonnen und Kaisweil ihre Wirksamkeit für den Ver
kehr, ihre Brauchbarkeit für die Schiffahrt nicht — wie z. B. die einer Schleuse — von einer momentanen Betriebstätigkeit abhängt; sie können
jederzeit benutzt werden, auch wenn niemand zur Stelle ist.
Sie sind Gegen
stände der Unterhaltung, aber nicht des Betriebes.
Die „Kölnische Zeitung" befolgt übrigens
selbst keineswegs den von
ihr in jenem Artikel proklamierten, der Auslegung des Anstallsbegriffs zu
Grunde gelegten
Sprachgebrauch.
Sie spricht z. B.
in Nr. 1232 vom
26. November 1905 von einem katholischen Kloster in der Bretagne, dessen
etwaige Tätigkeit nicht näher bezeichnet wird, als von einer Anstalt; man ' Vgl. unter III L. 2. a Zß 2—7 Seite 71—105. 2 Natürlich abgesehen von ihrer etwaigen Ausrüstung mit Hebezeugen usw.
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Zusammenfassung der Ergebnisse und deren Gegenüberstellung usw.
125
wird aber doch von Klöstern nicht sagen wollen, daß in ihnen ein „Betrieb" stattfinde
Und selbst wenn die Zeitung mit ihrer Auslegung des Anstalts
begriffs Recht hätte, so müßte sie sich immer noch mit dem der Anlage aus einandersetzen, der in Art. 54 mit dem der Anstalt synonym gebraucht ist; sie hat sich hierüber nicht geäußert.
Der Betrieb als Merkmal des Anstaltsbegriffes hätte freilich den Vor zug, daß er die Auslegung des Eigenschaftswortes „besondere" sehr erleichtern
oder
vielleicht ganz entbehrlich machen würde;
„Betrieb"
würden
dann
ganz
ausscheiden
wahrscheinlich ausnahmslos auch
als
denn die Anstalten ohne
und die
„besondere"
„betriebenen"
wären
im Gegensatz zu einem
vorläufig allerdings latenten Allgemeinbegriff anzuerkennen. Jedenfalls führen die Erklärungen, welche Wiedenfeld, Schumacher und Löning für den Begriff des Besonderen aus dem vorausgesetzten Gegensatze zwischen Befahrung und
Benutzung zu konstruieren suchen,
auf welche später noch näher ein
und
gegangen werden soll, zu viel weniger deutlichen und praktisch anwendbaren
Ergebnissen.
Wenn weder der allgemeine Sprachgebrauch noch derjenige der Gesetz gebung den Anstaltsbegriff auf die mit einem Betriebe verbundenen Ein richtungen beschränkt, so wäre immer noch die Möglichkeit vorhanden, daß
der Gesetzgeber irgend
es
in dem vorliegenden
einem Grunde
hätte tun wollen.
besonderen
Die
Zusammenhänge aus
„Kölnische Zeitung"
sagt
hierüber:
„Den letzten Notanker in solchen Fällen, wo Gesetz und Vernunft ver meintlich in Widerspruch geraten, bietet die Erforschung der Meinung des
Gesetzgebers; denn es wäre ja immerhin möglich, daß dieser aus sprach lichem Ungeschick etwas anderes gesagt hat als gewollt." Der Beweis für eine vom normalen Sprachgebrauch abweichende An
wendung des Anstaltsbegriffs würde demjenigen obliegen, der eine solche Anwendung behauptet und aus ihr Schlußfolgerungen ziehen will.
Im vor
liegendem Falle ist nicht nur dieser Beweis unmöglich, sondern es läßt sich umgekehrt aus den Akten der preußischen Ministerien, in welchen die Zoll
verträge abgeschlossen und ausgeführt und die Entwürfe für den Art. 54
der Bundesverfassung
aufgestellt sind, der Nachweis dafür erbringen, daß
dort im amtlichen Verkehr das Wort
Anstalt für jede zur Erleichterung
der Schiffahrt dienende Einrichtung — gleichviel ob mit oder ohne „Be
trieb" — namentlich auch für vertiefte Fahrrinnen in Strömen und sonstigen * In dem Artikel „Die Trennung von Staat und Kirche in Frankreich" Nr. 1281 vom 9. Dezember 1905 werden Vereine und kirchliche Stiftungen allgemein als „Anstalten" bezeichnet.
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Gegenstand der Abgabenerhebung.
III.
126
natürlichen Wasserstraßen — gebraucht worden ist.
Diesen Sprachgebrauch
hat Delbrück, von welchem bekanntlich die Wortfassung des jetzigen Art. 54 im wesentlichen herrührt, als Ministerialdirektor im damaligen Handels ministerium betätigt.
In einem Berichte vom 13. Mai 1862 an den König
wegen Ermäßigung der Schiffahrtsabgaben für die Befahrung der Peene,
Swine, Dievenow, des großen und kleinen Haffs heißt es: „Abgesehen von der Rücksicht auf die im allgemeinen nicht günstigen Ver
hältnisse der auf Frachtschiffahrt angewiesenen Kahnbesitzer kommt in Be tracht, daß die unbeladenen Haffkähne von denjenigen Anstalten und Einrichtungen,
zu
deren Unterhaltung die Abgabe
nur in beschränktem Maße Gebrauch machen. Wasserstand von 2 Fuß vollkommen zu,
erhoben wird,
Für dieselben reicht ein
und da ein solcher auf den
Binnengewässern der Oder sich überall findet, so sind die Kahnschiffer bei
den die meisten Kosten erfordernden Baggerungsarbeiten zur Er haltung des Fahrwassers für größere Schiffe gar nicht und bei den Vorkehrungen zur Bezeichnung des Fahrwassers in weit
geringerem Maße interessiert, als Seeschiffe.
Bei dieser Sachlage erscheint
billig, von den Kahnschiffern auch nur einen Teil der von den See
es
schiffern zu entrichtenden Abgabe zu erheben."
Dieser von Delbrück vollzogene Bericht, der die Ermäßigung der all gemeinen Schiffahrtsabgabe auf ein Drittel für Binnenfahrzeuge zur Folge hatte, beweist, daß Delbrück — abweichend von der „Kölnischen Zeitung",
welche
die
des Anstaltsbegriffs
Anwendung
auf vertiefte Fahrrinnen
in
natürlichen Wasserstraßen als kaum denkbar hinstellt — eine solche Aus drucksweise seinem Sprachgefühl entsprechend fand, also keineswegs das Be
triebsmoment als wesentlich für jenen Begriff erachtete.
Sie beweist ferner
auch, daß Delbrück in der Befahrung der Rinne durch solche Fahrzeuge, welche ohne die durch Baggerarbeiten geschaffene künstliche Fahrtiefe nicht
verkehren konnten, die Benutzung einer Anstalt erblickte, daß er auch Bojen und Baken als Anstalten
Fahrwasserzeichen
behandelte und daß er in dem Sichrichten nach
oder — um
an
die
oben
zitierte
Wiedenfeldsche
Be
merkung anzuknüpfen — in dem Vorbeifahren an diesen Zeichen einen die
Abgabepflicht begründenden Benutzungsakt sah.
Sie beweist endlich gegen
die Löningsche Ansicht, daß die Benutzung einer vertieften Fahrrinne tat
sächlich und rechtlich identisch sei mit der Befahrung der Wasserstraßen.
Es spricht doch wohl eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, daß dieselbe
Auffassung und das gleiche Sprachgefühl für Delbrück maßgebend waren, als
er
wenige Jahre
namentlich
später den Entwurf für den vielumstrittenen und
auch hinsichtlich der Auslegung des Anstallsbegriffs umstrittenen
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127
Zusammenfassung der Ergebnisse und deren Gegenüberstellung usw.
Art. 54
der Bundesverfassung
aufstellte.
Das
so
um
mehr,
als nach
Delbrücks eigener Bekundung der Rechtszustand hinsichtlich der Erhebung von
Gebühren für die Benutzung von Anstalten, welche zur Erleichterung der
unter der Herrschaft der Zoll
Schiffahrt bestimmt sind, im Jahre 1862
vereinsverträge mit dem heutigen, reichsverfassungsmäßigen, identisch ist.
*
-l-
*
Der Geheimrat Schwarz sagt in dem Werke von Schwarz und Strutz
„Der Staatshaushalt und die Finanzen Preußens"
II S. 1150 *
zu der
Frage, ob man in der Befahrung regulierter Ströme eine „Benutzung be sonderer Anstalten" im Sinne der Reichsverfassung erblicken könne:
„Vom finanzwirtschaftlichen Standpunkt und aus Zweckmäßigkeitsgründen würde diese Auslegung
allerdings für die Verbesserung unserer Binnen-
schisfahrtsstraßen großen Wert haben; indessen tut sie ohne Zweifel dem
Wortlaut der Verfassung einen gewissen Zwang." Es ist nicht ersichtlich, weshalb diese Äußerung auf Binnenwasserstraßen sich beschränkt; sie hat für Seewasserstraßen ganz dieselbe Berechtigung.
Sie
ist in den Erörterungen über die Abgabenfrage mehrfach zitiert worden, ob
wohl sie nur eine Ansicht, aber keine Begründung enthält.
In Ermangelung
einer solchen kann sie hier nicht näher gewürdigt werden.
Da jedoch die
Wendung, es werde dem Wortlaut der Verfassung ein Zwang angetan, aus
die grammatische Interpretation als Quelle der Bedenken des Geheimrats Schwarz hindeutet, so
mag hier nochmals hervorgehoben werden, daß der
Gebrauch der Ausdrücke „Anstalt"
für ein vertieftes Fahrwasser und „Be
nutzung" für die Fahrt auf einer solchen Rinne wohl nicht als „gezwungen" bezeichnet werden kann, wenn er — um von allen anderen Beispielen hier
abzusehen — dem Sprachgefühl des Reichstages von 1849 und des Ministerial direktors Delbrück im Jahre 1862 angemessen erschien.
*
*
*
Der hier vertretenen Auffassung des Anstaltsbegriffs nähern sich die
Ausführungen, die der Reichsgerichtsrat Reincke in seinem
ganz kürzlich
erschienenen Kommentare zur Reichsverfassung? zum Abs. 4 des
gemacht hat.
Art. 54
Er spricht von der Frage, ob von einer Benutzung im Sinne
der Verfassung die Rede sein könne bei der Befahrung von Wasserstraßen,
„deren natürliche Schiffbarkeit durch besondere Veranstaltungen — sei es
* Berlin 1903, Guttentag. 2 Die Verfassung des Deutschen Reichs nebst Ausführungsgesetzen, 1906 bei H. W. Müller, S. 258 u. 259.
Berlin
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128
III.
Gegenstand der Abgabenerhebung.
mittels Vertiefungen des Flußbettes oder mittels Regulierung des Gewässers — erhöht ist".
Er fährt dann fort:
„Diese Frage läßt sich meines Erachtens namentlich mit Rücksicht aus die
in Art. 25 des Zollvereinigungsvertrags vom 8. Juli 1867 den Einzel
allgemeine Hinweisung aus Einrichtungen
beispielen beigefügte
zur Er
leichterung des Schiffsverkehrs, nicht ohne weiteres von der Hand weisen,
vorausgesetzt nur, daß es sich um Benutzung noch wirklich bestehender Einrichtungen handelt.
Zu der Annahme, daß die Einrichtungen äußerlich
selbständig hervortreten müßten,
liegen.
kein
dürfte darin
genügender
Anhalt
Vielmehr kann man zu der Folgerung gelangen, daß die Absicht
der Reichsgesetzgebung darauf gegangen ist, in ihrer Wirksamkeit dauernde
Einrichtungen, die vom Staat unter Aufwendung besonderer Kosten im Interesse des Schiffahrtsverkehrs über den natürlichen Zustand der Wasser straßen hinaus getroffen sind oder werden, den Schiffahrtsireibenden nicht
ohne ein billiges Benutzungsentgelt zugute kommen zu lassen".
*
*
*
Professor Rehm in Straßburg hat in
einem Aufsatze, den er in den
„Münchener Neuesten Nachrichten" (Nr. 73
vom 14. Februar 1905) unter
der Überschrift
„Schiffahrtsabgaben
und
Reichsverfassung"
veröffentlichte,
zwar anerkannt,
„daß dauernde Einrichtungen zur Verbesserung und Vertiefung der Fahr rinne, Regulierung und Kanalisierung des Fahrweges Anstalten darstellen,
welche den Verkehr auf dem Strome erleichtern."
Er steht
also
hinsichtlich
des
Anstaltsbegriffs,
Ansicht Wiedenfelds und Schumachers,
abweichend
von
der
auf demselben Standpunkte, der
von Delbrück im Jahre 1862 eingenommen wurde und der in dieser Arbeit
vertreten wird.
Er fährt dann aber fort:
„Allein die Neichsverfassung verlangt
besondere Anstalten,
d. h.
An
stalten, welche nicht Bestandteile der Wasserstraße, des Flußbettes, sondern einen
selbständigen
Gegenstand
bilden,
nicht
Sachbestandteil,
sondern
selbständige Sache sind. Zur besonderen Anstalt gehört, daß sie ohne Änderung ihres Wesens auch außer Verbindung mit der Wasserstraße zu
bestehen vermag".
Wäre diese Begriffsbestimmung richtig,
so
könnte es „besondere An
stalten", welche zur Erleichterung des Verkehrs einer Wasserstraße bestimmt
oder geeignet sind, kaum geben; denn die verkehrsfördernde Eigenschaft geht ihnen notwendig verloren, wenn man sich ihre „Verbindung mit der Wasser
straße" aufgehoben denkt.
Die Ausschaltung dieser Verbindung bedingt bei
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Allgemeine Bemerkungen.
129
Häfen und allen anderen örtlichen Schiffahrtsanstalten, aber auch bei den
keineswegs zur letzteren Gruppe gehörigen Schleusen nicht nur eine ent scheidende „Änderung", sondern geradezu eine Vernichtung „ihres Wesens". Wehre und Schleusen sind ganz ebenso „Bestandteile der Wasserstraße und des Flußbettes" wie Buhnen und eingesprengte Fahrrinnen, Grundschwellen
und Parallelwerke; sie alle verändern den plastischen Zustand der Flußsohle und des Flußschlauches, zu welchem auch das Hochwasserbett — in diesem
Sie sind ebensosehr
Zusammenhang wenigstens — gerechnet werden muß.
Bestandteile des Stromareals, wie irgend welche Hoch- oder Tiefbauten Be
standteile anderer Grundstücke sind.
Uferkais, wie sie in Cöln und Düssel
dorf als Bestandteile städtischer Hafenanlagen
ausgebaut sind,
sind nicht
„selbständige Sachen" in diesem Sinne der Wasserstraße gegenüber; sie er füllen der Regel nach oder doch
für die Stromführung. dienen, sind tatsächlich
Flußkrümmungen oder
sehr häufig zugleich wesentliche Aufgaben
Viele Kais*, welche jetzt zum Löschen und Laden aus dem Bedürfnis der sicheren Stromführung in
der
Einschränkung
übermäßiger Strombreiten
ent
standen; sie sind insofern allerdings „Sachbestandteil", d. h. wesentlicher Bestandteil des Strombettes, namentlich des Hochwasserquerschnittes.
Anderseits wäre ein Durchstich, den Schumacher als „besondere An stalt" anerkennen will, nach Nehm sicherlich integrierender Teil des Stromes
— er ist „außer Verbindung mit der Wasserstraße" nicht möglich. Demnach führt auch der von Rehm aufgestellte Gesichtspunkt zu keiner
annehmbaren Lösung
der Frage, welchen Schiffahrtsanstallen die Abgabe
fähigkeit im Sinne des Art. 54 zuerkannt und
3.
abgesprochen werden muß.
Die logische Interpretation.
a) Allgemeine Bemerkungen. Das geltende Verfassungsrecht ist in zwei äußerlich getrennten und in der Fassung ganz
verschiedenen,
dem Inhalte nach
allerdings identischen
Vorschriften enthalten; in Art. 54 der Verfassung und Art. 25 des Zoll vereinsvertrages.
Der letztere ist durch Art. 40 der ersteren Bestandteil deK
Reichsverfassungsrechts geworden.
Die Entstehungsgeschichte beider verläuft in völlig getrennten Bahnen. Die des Art. 25 ergibt sich aus der Entwicklung des Zollvereins, während
die des Art. 54 auf die Reichsverfassung von 1849 zurückführt.
Die dort
für See- und Binnenschiffahrt getroffenen, verhältnismäßig ausführlichen i In Düsseldorf z. B. auch für den Hochwasserschutz. Gleichwohl hat man in der Praxis die Abgabefähigkeit der Kais niemals bezweifelt. Schriften OXV. — Erster Teil. 9
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HI.
130
Gegenstand der Abgabenerhebung.
Bestimmungen haben anerkanntermaßen die Grundlage für die mehr sum
marische Regelung des
Gegenstandes in der Bundesverfassung von 1867
gebildet.
Der Vergleich
beider
Rechtsentwicklungen
rechtlichen Identität der Ergebnisse,
im
kann,
einzelnen
zu
in
Anbetracht
der
wichtigen Schluß
folgerungen führen.
Die älteren Zollverträge haben aber darüber hinaus noch insofern eine weitere Bedeutung für die logische Interpretation, als ihre praktische Hand habung seitens der beteiligten Staaten, namentlich in Preußen, Aufschlüsse
über die den einzelnen Vertragsbestimmungen zu Grunde liegende Willens Denn durch Delbrücks Zeugnis und
meinung geben kann.
rechthaltung der älteren Verträge in Art. 1
durch die Auf
des letzten vom Jahre 1867
ist die Gleichheit des Rechtszustandes auf dem hier in Betracht kommenden Gebiete für die Zeit vor und nach dem Jahre 1867 festgestellt.
Also muß
das, was vor der Emanation der Bundesverfassung mit den Zollvereins verträgen vereinbar war,
auch
heute noch mit dieser Verfassung vereinbar
Die Vermutung spricht dafür, daß die preußische Praxis der Inten
sein.
tion der vertragschließenden Teile entsprach, da die Verträge aus der Ini tiative der
hervorgegangen
Regierung
preußischen
waren.
Abweichungen
jener Praxis vom Vertragswillen wären nur denkbar, wenn man als Ursache
mißverständliche
Auslegung
oder
bösen Willen annehmen
wollte.
Beide
Annahmen sind in Preußen gleichmäßig ausgeschlossen.
b) Die Rechtsgeschichte.
8 iDie Entstehung des Zollvereinsvertrages vom 8. Juli 1867. Als
der
zwischen Preußen,
„Zollvereinsvertrag
Kurhessen und dem
Großherzogtum Hessen einerseits, dann Bayern und Württemberg anderer
seits" vom 22. März 1833*
— der erste für ein größeres Gebiet abge
schlossene — in Kraft trat, gab
es in Deutschland zwei grundsätzlich ver
schiedene Arten von Schiffahrtsabgaben, von welchen die eine mit dem Aus
druck
Wasserzölle,
die
andere
als
Schiffahrtsabgaben
im engeren Sinne
bezeichnet zu werden pflegte. Die erstere gehörte in die finanzwissenschaft liche Kategorie der Steuern; sie war ein Überrest der alten Binnenzölle ' Preuß. Ges.S. S. 145. 2 Vgl. Schumacher S. 43 ff.
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Z 1.
Die Entstehung des Zollvereinsvertrages vom 8. Juli 1867.
1Z1
ein letzter Ausläufer der Finanzwirtschaft des 18. Jahrhunderts, welche den
inneren Verkehr heranzog.
ebenso wie den äußeren
durch Zölle zu den Staatslasten
Die Schiffahrt wurde, weil sie ein verhältnismäßig leicht zu er
fassendes Steuerobjekt war, als solches zugunsten allgemeiner Staatszwecke in Anspruch genommen.
In wie bedeutendem Umfange dies geschah, ergibt
sich aus der Tatsache, daß Preußen von 1816 bis 1866 aus dem Rhein etwa 40 Millionen und bis 1870 aus der Elbe etwa 32 Millionen Mark
mehr an Schiffahrtszöllen vereinnahmt als wendet
hatte.
Diese Zahlen können freilich
auf diese beiden Ströme ver nur auf annähernde Richtig
keit Anspruch machen; eine genaue Rechnung läßt sich nicht aufstellen, weil nach
der staatsrechtlichen Natur jener Abgaben ein Anlaß zur laufenden
Kontrolle über das Verhältnis von Einnahmen und Ausgaben nicht vorlag. Eine solche Kontrolle ist auch tatsächlich nicht geführt worden; die nach
trägliche Ermittelung der in Betracht kommenden Werte stieß infolgedessen auf große Schwierigkeiten. Über diese Zölle waren für eine Anzahl
Schlußakte des Wiener Kongresses vom machungen
von Wasserstraßen in
der
9. Juni 1815 internationale Ab
getroffen worden, welche den Höchstbetrag der Abgaben, das
Tarifsystem und das Erhebungsverfahren betrafen.
In Deutschland bestanden
solche Abmachungen für den Rhein, Neckar und Main, die Mosel, Ems,
Weser, Elbe und Stecknitz, welche deshalb als „konventionelle Flüsse" be zeichnet wurden.
Man unterschied ferner in Preußen?
„gemeinschaftliche,
nicht konventionelle" Flüsse, nämlich diejenigen, an welchen außer Preußen
noch ein anderer Staat beteiligt und deren Belastung mit Abgaben durch
andere Staatsverträge — abgesehen von der Wiener Schlußakte — geregelt war; hierzu gehörten die Saale und Lahn.
Die übrigen Flüsse, welche
entweder ganz auf preußischem Gebiete lagen oder hinsichtlich deren Preußen für seinen Anteil durch internationale Verpflichtungen nicht gebunden war,
wurden „privative" genannt. Bei dem Abschluß der Zollvereinsverträge wurde auch über die Zölle aus den Flüssen dieser drei staatsrechtlichen Gruppen eine Vereinbarung ge troffen, welche mit unwesentlichen Änderungen von einem Vertrage in den
anderen überging und im letzten von 1867 wörtlich lautet: * Der Schlußakte wurden gewisse Staatsverträge gleichgeachtet, weil sie als integrierende Bestandteile der ersteren galten. 2 Vgl. die im Jahre 1848 anonym erschienene, von Delbrück verfaßte „Denk schrift über die Bestimmungen, welche rücksichtlich der schiffbaren Flüsse und Wasser straßen im Deutschen Reiche zu treffen sein werden, in spezieller Anwendung auf die Verhältnisse Preußens." 9*
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132
III.
Gegenstand der Abgabenerhebung.
„Art. 23.
Die Wasserzölle oder auch Wegegeldgebühren auf Flüssen, mit Einschluß derjenigen, welche das
Schiffsgefäß treffen (Rekognitionsgebühren), sind
von der Schiffahrt auf solchen Flüssen, auf welche die Bestimmungen des
Wiener Kongresses
oder
besondere
Staatsverträge
Anwendung
finden,
ferner gegenseitig nach jenen Bestimmungen zu entrichten, insofern hier
über nichts besonderes verabredet ist, oder verabredet werden wird. Auf den übrigen Flüssen, bei welchen weder die Wiener Kongreßakte
noch
andere Staatsverträge Anwendung finden, werden die Wasserzölle
oder Wasserwegegelder nach den privativen Anordnungen der betreffenden
Regierungen
1/4
Groschen
erhoben.
Abgaben
Diese
vom Zollzentner oder
sollen
jedoch
den
Betrag
von
1 Kreuzer vom bayrischen Zentner
für die Meile nicht übersteigen.
Auf allen diesen Flüssen wird jeder Vereinsstaat die Angehörigen
der anderen Vereinsstaaten, deren Waren und Schiffsgefäße in jeder Be ziehung, insbesondere auch hinsichtlich der Binnenschiffahrt
gleich seinen
eigenen behandeln."
Im zweiten Absatz ist über den Höchstbetrag der Zölle auf „privativen" Flüssen eine Abmachung? getroffen, welche den steuerlich-fiskalischen Charakter
dieser Zölle deutlich erkennen läßt; denn der zugelassene Satz von 6,6 Pfennig auf den Tonnenkilometer bedeutet eine exorbitante Belastung, deren Höhe dadurch gekennzeichnet wird, daß die höchste gegenwärtig in Deutschland vor
kommende Schiffahrtsabgabe nur einen Pfennig für den Tonnenkilometer beträgt. Abgesehen von dieser einen Abmachung hat der Art. 23 im Zusammen
hänge der Zollvereinsverträge nur eine negative Bedeutung.
Er scheidet die
Wasserzölle aus dem Bereiche der gemeinsamen Interessen aus und behält
sie der
autonomen Regelung der Vertragsstaaten — soweit diese sich nicht
anderweitig schon gebunden
haben — vor;
auch die Erträge dieser Zölle
wurden nicht für gemeinsame Rechnung, sondern für eigene Rechnung der beteiligten Regierungen erhoben. In scharfem Gegensatz zu dem negativen Charakter der Verabredungen
über
die
Flußzölle
stehen
die
Abmachungen,
welche
über
alle
sonstigen
Schiffahrtsabgaben zwischen den Zollvereinsstaaten getroffen wurden.
Sie
* Binnenschiffahrt bedeutet hier nicht den Gegensatz zur Seeschiffahrt, sondern die Schiffahrt zwischen Orten desselben Staatsgebietes zum Unterschiede von der Schiffahrt zwischen Uferplätzen verschiedener Vereinsstaaten. 2 Auch diese Abmachung ist seit dem Vertrage vom 22. März 1833 — vgl. Separatartikel 7 dazu — ständig wiederholt. Für die Zölle auf den konventionellen Flüssen waren Höchstsätze in der Wiener Kongreßakte, für diejenigen auf den ge meinschaftlichen Flüssen in besonderen Verträgen festgelegt.
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Z 1.
133
Die Entstehung des Zollvereinsvertrages vom 8. Juli 1867.
hatten einen sehr wesentlichen positiven Inhalt, insofern sie das Gebühren prinzip als maßgebend für die Erhebung solcher Abgaben erklärten.
Daraus
ergaben sich zwei Folgerungen von großer praktischer Wichtigkeit:
die Ge
bühren durften nur für Benutzung bestehender Einrichtungen erhoben werden
und sie durften das Maß der Selbstkostendeckung nicht übersteigen.
Daß
die Gebühren hier für Rechnung der Einzelstaaten zu erheben waren, verstand
sich, da diese die benutzten Anstalten unterhalten mußten, von selbst. Der in Betracht kommende Art. 25 des letzten Zollvereinsvertrags — er ist schon auf Seite 12 zitiert, mag aber der Übersichtlichkeit halber hier
nochmals wiedergegeben werden — lautet in seinem ersten Satze: „Kanal-,
Schleusen-,
Niederlagegebühren
Brücken-,
Fahr-,
Hafen-,
Wage-,
Kranen- und
und Leistungen für Anstalten, die zur Erleichterung
des Verkehrs bestimmt sind, sollen nur bei Benutzung wirklich bestehender
Einrichtungen erhoben werden und, mit Ausnahme der Abgaben für die
Befahrung der nicht im Staatseigentum befindlichen künstlichen Wasser
straßen, die zur Unterhaltung und gewöhnlichen Herstellung erforderlichen Kosten nicht übersteigen."
Die richtige Bestimmung des Verhältnisses zwischen den Art. 23 und 25 ist für die weiteren Ausführungen von großer Wichtigkeit. Wie bereits hervorgehoben ist, behandeln sie zwei ihrem inneren Wesen nach ganz verschiedene Arten von Abgaben; der erstere Steuern, der zweite
Gebühren.
Sodann spricht Art. 23 nur von Abgaben, welche für die Be
fahrung von Flüssen zu entrichten sind; er hat insofern den Charakter einer 1ex 8peeia1i8, welche die Abgaben für die Befahrung aller anderen See- und
Binnenwasserstraßen unberührt läßt.
Dagegen handelt Art. 25 von Schiff-
fahrtsabgaben überhaupt; sein Inhalt ist für das hier in Betracht kommende Gebiet des öffentlichen Rechts von allgemeiner Bedeutung.
Der Geltungs
bereich beider Artikel ist auch nicht derart abgegrenzt, daß 23 die Schiffahrts wege und 25 die örtlichen Schiffahrtsanstallen betrifft; denn letzterer erwähnt
ausdrücklich die Kanäle und Schleusen, welche immer oder fast immer — nur die Schleusen in den Dockhäfen des Nordseegebietes machen eine Aus
nahme — den Interessen des durchgehenden und nicht des örtlichen Verkehrs dienen.
Außerdem würde aber auch dieser einschränkenden Auslegung des
Art. 25
der Umstand entgegenstehen, daß er am Schluffe der Aufzählung
einzelner Arten von Anstalten und Gebühren ganz allgemein von Anstalten
zur Erleichterung des Verkehrs spricht. . Zu diesen gehörten, nach Ansicht der
preußischen Regierung wenigstens, auch die Strombauwerke an nicht kanali
sierten Flüssen.
Der Art. 25
galt also auch für natürliche Wasserstraßen,
insbesondere Flüsse, neben dem Art. 23.
Dieses Nebeneinandergelten ist in
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III.
134
Gegenstand der Abgabenerhebung.
der Weise zu verstehen, daß
zwar Schiffahrtsabgaben auf Grund des Ge
bührenprinzips nach Art. 25
nicht neben
Wasserzöllen nach Art. 23
auf
demselben Flusse gleichzeitig erhoben werden durften, daß auch die Einführung neuer Wasserzölle nicht gestattet, sondern hinsichtlich ihrer nur der status yuo aufrechterhalten oder vielmehr seine Aufrechterhaltung zugelassen werden sollte, daß aber auf den
nicht mit Wasserzöllen belasteten Flüssen und erst recht
auf anderen Wasserstraßen Schiffahrtsabgaben eingeführt und erhoben werden konnten.
Der Art. 25
gab dem Verkehr die Bürgschaft dafür, daß solche
Abgaben sich fortan im Rahmen des Gebührenprinzips hielten.
Es gab
hiernach Flüsse, welche hinsichtlich der Schiffahrtsabgaben nach Art. 23 und solche, welche nach Art. 25
behandelt wurden; die Entwicklung der Ver
hältnisse in den einzelnen Verkehrsgebieten des preußischen Staates wird unter III L. 3. e. Z 2 noch näher dargelegt werden.
Das Verbot der Neueinführung von Wasserzöllen war in Art. 5 des preußisch-thüringischen Zollvereinsvertrages vom 10. Mai 1833
mit den
Worten:
„Die Wasserzölle
auf den Flüssen in den zum Verein gehörigen Landen
werden auch ferner den privativen Anordnungen der betreffenden Regierungen
oder den etwa darüber bestehenden Verträgen gemäß erhoben, jedoch sollen wederneueWasserzölle eingeführt noch die bestehenden ohne allseitige
Zustimmung erhöhet werden." für die beteiligten thüringischen Landesteile ausdrücklich ausgesprochen, aber
auch
für das übrige Preußen nach
den Gesetzen
26. Mai 1818, 23. Januar 1838 und
vom
11.
Juni
1816,
den Zollvereinsverträgen zu Recht
bestehend. Besonders bezeichnend
für die Auffassung, welche bei der preußischen
Staatsregierung über den Inhalt dieser Vertragsvorschriften bestand, sind
die Verhandlungen aus den 50er und 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts über die Neueinführung einer Schiffahrtsabgabe auf der Oder.
Die früheren
Wasserzölle waren auf der zu den „privativen Flüssen" gehörenden Oder im Jahre 1816 für den Binnenverkehr aufgehoben, für den Durchgangsverkehr
aber als integrierende Bestandteile
der Durchfuhrzölle beibehalten worden.
Die Beibehaltung kam — da Wasserzölle Sondereinnahmen waren — im
Zollverein dadurch zum Ausdruck, daß Preußen von dem Ertrage der grund
sätzlich für Vereinsrechnung erhobenen Durchfuhrzölle einen entsprechenden Anteil als Oderzoll aus der Teilungsmasse vorwegnahmSolange dieser
' Preuß. Ges.S. S. 232. 2 Vgl. unter anderem Vertrag vom 4. April 1853, Preuß. Ges.S. S. 431 Art. 4.
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Z 1.
Die Entstehung des Zollvereinsvertrages vom 8. Juli 1867.
135
latente Oderzoll bestand, bestritt die preußische Staatsregierung ihrer Volks vertretung gegenüber die rechtliche Zulässigkeit einer Schiffahrtsabgabe; nach seiner Aufhebung erkannte sie eine solche Abgabe als zulässig an.
Die auch
nach anderen Gesichtspunkten interessierenden Einzelheiten dieser Verhandlungen
sind
auf Seite
188 —197 wiedergegeben;
aus ihnen geht insbesondere
deutlich hervor, daß die damals geplante Abgabe eine Gebühr im Sinne der Finanzwissenschaft und des Art. 25, nicht etwa ein Zoll im Sinne des
Art. 23 sein sollte. Einen Hinweis darauf, daß neben den Zöllen auch
gebührenmäßige
Hebungen für die Befahrung regulierter Wasserstraßen durch die Zollvereins -
vertrüge zugelassen waren,
enthält ferner der H 21 des Vereinszollgesetzes
vom 23. Januar 1838, der mit dem Randvermerk „Vorbehalt wegen der Wasserzölle und anderen Abgaben" bestimmt:
„Die konventionellen Wasserzölle auf denjenigen schiffbaren Flüssen, welche
das Gebiet verschiedener Staaten berühren sowie alle anderen wohl
begründeten Erhebungen und Leistungen, welche zur Unterhaltung der Stromschiffahrt und Flößerei, der Kanäle, Schleusen, Brücken, Fähren, Kunststraßen, Wege, Kranen, Wagen, Niederlagen, und anderer Anstalten für die Erleichterung des Verkehrs bestimmt sind, gehören
dagegen auch künftig nicht zu den in den §8 19 und 20 als unzulässig
bezeichneten Abgaben."
Hier erscheinen die Steuern — „Zölle"
stellung mit den Gebühren, Stromunterhaltung
Stromschiffahrt
und
bestimmten
wird
als
—
in scharfer
Gegenüber
unter den letzteren werden die für die
besonders
„Anstalt"
die Unterhaltung der
genannt;
bezeichnet.
Die
Anwendung
des
Anstaltsbegriffs auf die Maßregeln zur Verbesserung und Instandhaltung natürlicher
Wasserstraßen
oder,
was
dasselbe
praktisch
auf
bedeutet,
die einer derartigen Pflege teilhaftig werdenden Schiffahrtswege findet sich ebenso in dem preußischen Gesetzentwurf
Tarife
zur
Erhebung
von
„betreffend die Regulierung der
Kommunikaüonsabgaben"
Dieser Gesetzentwurf verfolgte lediglich den Zweck, von Abgabentarifen
vom Jahre
1851.
die alleinige Befugnis
gegenüber Anzweiflungen,
der Krone
zur
welche sich
aus dem Wortlaut der Artikel 100 und 109 der preußischen
Feststellung
Verfassungsurkunde vielleicht ergeben könnten, sicherzustellen; er blieb lediglich
deshalb Entwurf, weil man im Staatsministerium der Meinung war, daß es einer solchen Sicherstellung gar nicht bedürfe.
Jedenfalls hatte er einen
rein deklaratorischen Charakter; er wollte kein neues Recht schaffen, sondern i Dieser Ausdruck schließt auch die nichtbautechnische Fürsorge, namentlich die Strompolizei, in sich.
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Gegenstand der Abgabenerhebung.
III.
136
kodifizieren.
bestehende
das
nur
Das
bestehende
Recht
hinsichtlich
der
enthalten,
die
Schiffahrtsabgaben war damals in den Zollvereinsverträgen „Kanal-Schleusen usw. und Leistungen,
mit den Worten:
die zur Er
leichterung des Verkehrs bestimmt sind" eine Aufzählung der abgabefähigen Anstalten
Der
gaben.
auf
Seite
87
ß
abgedruckte
1
des
Entwurfs
von 1851 spricht dagegen von „Abgaben für die Benutzung von Land- und Wasserstraßen,
Schleusen
usw.
Verkehrs dienenden Anstalten".
Wasserstraßen,
nicht
nur
und
zur
anderen
In diesem Entwurf
die Kanäle,
aus
Erleichterung sind
also
des
sämtliche
^en6ra1i8 aus
der elausala
geschieden und als Substrate der Abgabenerhebung besonders genannt.
an anderer Stelle dargelegt werden,
Es wird
daß auch später noch
und bis zur Gegenwart der Anstaltsbegriff auf die bloße Stromunterhaltung — gerade
den
von
an
der Schiffahrt
Staaten —
meistbeteiligten
an
daß insbesondere die Uferstaaten an der Unterweser
ist,
gewendet worden
im Jahre 1886 sich darüber verständigten, die Entfernung von Wracks und
Baumstämmen aus dem Fahrwasser als besondere Anstalt
Art. 54 der Neichsverfassung zu behandeln,
im Sinne des
und daß dieselbe Auffassung
auch in Hamburg bezüglich des Elbfahrwassers besteht.
Im
übrigen
in
Gesetzgebung
die Terminologie
ist
bezug
der Verwaltung
auf die Bezeichnung der
Schiffahrtsabgaben nicht gleichmäßig gewesen. gelder",
beiden
und
selbst der
Gruppen
von
Der Ausdruck „Wasserwege
der in den Zollvereinsverträgen als synonym mit
„Wasserzöllen"
gebraucht wird, bezeichnet häufig auch die Schiffahrtsgebühren, z. B. in der gemeinsamen Erklärung der deutschen Regierungsvertreter vom 21. August 1848? zu der damals beabsichtigten reichsgesetzlichen Regelung der Abgaben
frage.
In derselben Erklärung erscheint anderseits auch das Wort „Schiff
fahrtsabgaben"
als
gleichwertig mit Wasserzöllea.
akten für die Elbe vom 23. Juni 1821 Art. 7
In den Schiffahrts
und für die Weser vom
10. September 1823 H 14, welche unzweifelhaft eine steuerliche Belastung
der Schiffahrt einführten oder aufrecht erhielten, schwankt der Sprachgebrauch zwischen zöllen"
„Zöllen"
und
und
„Schiffahrtsabgaben".
„Wasserwegegeldern"
Sogar der aus
kombinierte Ausdruck
„Wasser
„Wasserwegezölle"
* Im Preußischen Allgemeinen Landrecht wird das Wort „Zoll" sowohl für die Binnenzölle als auch für die Verkehrsabgaben gebraucht. In der Sache wurden beide scharf unterschieden; die Judikatur des Obertribunals hat sich mit dieser Frage mehrfach beschäftigt. Vgl. Plenarbeschluß vom 20. Oktober 1856 Entsch. Bd. 34 S. 1 und Erkenntnis vom 23. Oktober 1872 Entsch. Bd. 68 S. 9*. 2 Abgedruckt bei Schumacher S. 130, 131. Auch Lüning tut das in der „Deutschen Juristenzeitung" vom 15. März 1905, S. 281. s Bei Schumacher steht verdruckt „Schiffsabgaben".
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Z 1.
In der preußischen Verwaltung wurden häufig die
findet sich gelegentlich. im
137
Die Entstehung des Zollvereinsvertrages vom 8. Juli 1867.
des Gebührenprinzips
Nahmen
erhobenen Abgaben
„Zölle"
genannt;
ein Sprachgebrauch, der von der Zentralstelle zuweilen getadelt wurde, dessen völlige Beseitigung aber niemals gelungen ist. Übrigens werden in den beteiligten Bevölkerungskreisen die Schiffahrtsabgaben auch heute noch häufig „Zölle" genannt.
Man kann also die beiden Gruppen von Abgaben nicht
ohne weiteres nach der Terminologie, sondern nur nach ihrem inneren Wesen
unterscheiden. Für das Gebiet des Norddeutschen Bundes wurden die auf Flußzölle
bezüglichen Bestimmungen der Zollvereinsverträge durch die Bundesverfassung unanwendbar.
Denn wenn die letztere auch kein ausdrückliches Verbot der
Flußzölle ausspricht,
wie die Reichsverfassung von 1849 es
so bringt sie doch in Art. 54 den Willen,
Schiffahrtsabgaben
auszudehnen
diesem Gebiete zu machen,
Art. 23 gefallen
und zum ausschließlich
unzweifelhaft
getan hatte,
das Gebührenprinzip
zum Ausdruck.
auf alle
maßgebenden auf
Damit war der
oder vielmehr — beim Abschluß des neuen Zollvereins
vertrages — gegenstandslos für Norddeutschland.
Ob er in diesen Vertrag
in der aus früheren Zeiten überlieferten Fassung wieder ausgenommen werden
mußte,
kann zweifelhaft
sein;
wahrscheinlich
konnte er ganz fortbleiben.
Für das Bundesgebiet hatte er, wenn auch die Elbzölle äo taeto noch einst
weilen fortbestanden, keine rechtliche BedeutungIn Süddeutschland waren die Rhein-
und Mainzölle
durch
die Friedensverträge von 1866
außer
Hebung gesetzt; dasselbe war infolge der Staatsvertrüge vom 30. Juli und
15. August 1835 schon vor dem Abschlusse des letzten Zollvereinsvertrages mit den Neckarzöllen geschehen.
Da ferner für die im Zgllvereinsgebiete liegende
* Schumacher S. 135. 2 Allerdings hat darüber im Jahre 1870 im Schoße des Bundesrats eine Er örterung stattgefunden. Es erschien zweifelhaft, ob etwa Art. 23 des Zollvereins vertrages, weil dieser später publiziert und in Kraft getreten sei, wie die Bundes verfassung, der letzteren derogiert und den Einzelstaaten das Recht zur Erhebung von Wasserzöllen wieder verliehen habe. Daß eine solche Kontroverse entstehen konnte, und zwar im dritten Jahre der Geltung beider Staatsdokumente, ist ein auffälliger Beweis für ihre mangelhafte Fassung. Die Begründung des Bundesgesetzes über die Flößereiabgaben vom 1. Juni 1870 erwähnt diese Kontroverse und beantwortet sie in längeren Rechtsausführunqen dahin, es sei nicht anzunehmen, daß es in der Absicht des Norddeutschen Bundes gelegen habe, die durch Art. 54 seiner Verfassung beseitigten Flußzölle unmittelbar darauf bei Abschluß des Zollvereinsvertrages wieder ins Leben zu rufen oder wenigstens zuzulassen. Vgl. Drucksachen des Reichstages 1870 Nr. 137. Bericht der Ausschüsse für Zoll- und Steuerwesen und für Justizwesen, die auf der oberen Saale und auf der Werra erhobenen Flößereiabgaben betreffend. S. 8—25.
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III. Gegenstand der Abgabenerhebung.
138
Donaustrecke ein bayrisch-österreichischer Staatsvertrag vom 2. Dezember 1851
die
bestehenden Flußzölle
hatte,
aufgehoben
und
deren Neueinsührung
verboten
so war für den Art. 23 auch außerhalb des Norddeutschen Bundes
kaum noch ein Geltungsgebiet oder eine Anwendungsmöglichkeit vorhanden.
Delbrück hat in seiner 1881 erschienenen Schrift „Der Artikel 40 der Reichsverfassung" S. 87 erklärt, der Art. 23 sei durch die Verfassung „zum
Teil aufgehoben, zum Teil gedeckt"; die letztere Bemerkung bezieht sich auf
die gleichmäßige Behandlung der Angehörigen, Vereinsstaaten.
Waren und Schiffe aller
Im Bundesrat war man 1869 und
1870 über diesen
Gegenstand geteilter Meinung.
Schließlich wurden noch in § 8 des Vereinszollgesetzes vom 1. Juli 1869 die „Binnenzölle" ausdrücklich
für unzulässig erklärt und hiermit auch die
grundsätzlich beseitigt
Wasserzölle nochmals äe
8 2.
Die Entstehung der Reichsverfassung. Die Genealogie des
geltenden Rechts zeigt einen doppelten Ursprung.
Die eine Entwicklungslinie, welche in dem vorhergehenden Abschnitt verfolgt
worden ist,
weist auf die älteren Zollvereinsverträge,
Reichsverfassung vom
28. März 1849 zurück.
genealogischen Zusammenhang kann
Schumacher näher dargelegt, und auch von den
die andere auf die
Auch über diesen zweiten
ein Zweifel nicht bestehen;
von Wiedenfeld als vorhanden
gesetzgebenden Faktoren
mehrfach,
er ist von
angenommen
insbesondere in den
Verhandlungen des konstituierenden Reichstages vom 20. März 1867 ? über * Die Denkschrift, betreffend den Entwurf eines Vereinszollgesetzes" (Akten stück 4, Anlagen zu den stenographischen Berichten über die Verhandlungen des Deutschen Zollparlaments 1869 S. 24) bemerkt zu Z 8: Der Erwähnung der „konventionellen Wasserzölle" wird es nicht bedürfen. Die Erhebung von solchen, soweit sie noch bestehen, beruht auf besonderen Staatsverträgen, welche durch das Gesetz nicht alteriert werden. In Wirklichkeit gab es damals weder konventionelle noch privative Wasserzölle im Zollvereinsgebiet. Jedenfalls zeigt aber die Begründung, daß man die Wasser zölle als „Binnenzölle" ansah. Dasselbe ergibt sich aus der Reichstagsdrucksache 137 von 1870 S. 18—20. 2 Stenograph. Berichte S. 279—284. Auch die „Kölnische Zeitung" argu mentiert bei ihrer Interpretation des Art. 54 in dem Aufsatz „Die rechtliche Seite der Schiffahrtsabgaben" in Nr. 129 vom 5. Februar 1905 mit der Abstammung dieser Verfassungsvorschrift von den entsprechenden Bestimmungen der Verfassung von 1849. — Vgl. auch Antrag von Karlowitz zu Art. 1, Aktenstück Nr. 13 des konstituierenden Reichstages 1867.
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Z 2.
Die Entstehung der Reichsverfassung.
Art. 4 Nr. 9 der Bundesverfassung und
139
in der Begründung der Gesetz
entwürfe wegen Aufhebung der Flößereiabgaben und der Elbzölle vom Jahre
vorausgesetzt und anerkannt worden.
1870
Die Reichsverfassung von 1849 wollte nun aber einheitliches Recht auf
dem Gebiete der Schiffahrtsabgaben nur in sehr beschränktem Umfange, nämlich
nur insoweit schaffen, als sie die Wasserzölle völlig beseitigte und für sämtliche
Schiffahrtsabgaben das Gebührenprinzip als allein maßgebend erklärte.
Im
übrigen enthielt sie keine gleichartige Regelung der Abgabenfrage für das Ge
samtgebiet der Schiffahrt.
Sie ordnete vielmehr die Verhältnisse der Seeschiff
fahrt und der Binnenschiffahrt nach grundsätzlich verschiedenen Gesichtspunkten.
Für den Bereich der Seeschiffahrt wurde ausdrücklich die Finanzierung aller Wasserbauten und sonstigen körperlichen und unkörperlichen Einrichtungen, welche irgendwie im Schiffahrtsinteresse hergestellt waren, oder künftig hergestellt
werden sollten, durch Schiffahrtsabgaben für zulässig erklärt. wurde für alle
Dieses Prinzip
„Schiffahrtsanstalten am Meere und in den Mündungen
der deutschen Flüsse" , sowohl für örtliche Anstalten, als auch für die dem
Durchgangsverkehre dienenden Seewasserstraßen,
aufgestellt.
letzteren unter die Vorschriften des die 88 20 bis 23 Verfassungsartikels fallen sollten, des Fahrwassers,
der Seetonnen,
Daß auch die
umfassenden vierten
geht aus der beispielsweisen Erwähnung der Leuchtschiffe und des Lotsenwesens
mit zweifelloser Deutlichkeit hervor; denn diese Anstalten und Einrichtungen
haben
keine
lokale,
sondern allgemeine Bedeutung.
In 8 22
ist
aus
gesprochen, daß in der Befahrung der vertieften, durch Seezeichen kenntlich«
gemachten oder sonst verbesserten Wasserstraße die Benutzung einer Schiffahrts anstalt zu erblicken ist.
Dagegen
wollte
der
fünfte Artikel
in 8 25 die Finanzierung
von
Wasserbauten durch Schiffahrtsabgaben für den Bereich der Binnenschiffahrt
oder wenigstens der Flußschiffahrt — nur von der letzteren ist ausdrücklich die Rede — ausschließen.
Das geht zwar aus dem Wortlaut nicht ohne
weiteres hervor, weil der 8 25 nur von „Flußzöllen" spricht, im nächsten Paragraphen eine andere Gruppe von Schiffahrtsabgaben als „Gebühren" bezeichnet und in 8 27 die Ausdrücke „Flußzölle und Flußschiffahrtsabgaben"
ohne ersichtlichen Grund pleonastisch nebeneinander stellt.
Es war aber, wie
Schumacher aus der Entstehungsgeschichte des Art. V überzeugend dargetan
hat, die Absicht des Reichstages:
Die Einzelstaaten sollten die Unterhaltung.
* Drucksachen des Reichstages 1870 Bd. III Nr. 136 S. 6 und 7 und 137 S. 13, 14, 15.
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III.
140
Gegenstand der Abgabenerhebung.
und Verbesserung des Fahrwassers der Flüsse in Zukunft aus allgemeinen Mitteln, auf Kosten der Steuerzahler, besorgen;
nur bei gemeinschaftlichen
Flüssen war für die Aufhebung der Zölle eine
„billige Ausgleichung" in
Aussicht gestellt.
Das gegen die Finanzierung von Wasserbauten aus Schiffahrtsabgaben
gerichtete Verbot sollte indessen nur für die Fahrrinnen in den Flüssen, also für eine Gruppe von Wasserstraßen,
den Wasserstraßen Einrichtungen
gelegenen
Deshalb
gelten.
Lager-, Schleusen-
und
nicht für die örtlichen,
ihre Benutzung
gestattete
Z 26
mittelbar „Hafen-,
Diese
und dergleichen Gebühren".
an
erleichternden Kran-,
Wag-,
Bestimmung
galt,
ebenso wie das in 8 24 geregelte Gesetzgebungs- und Oberaufsichtsrecht des
Reichs,
nur für die gemeinschaftlichen Flüsse, einschließlich der Mündungen
von Nebenflüssen.
Die Aufzählung der Anstalten und Gebühren in ß 26 deckt sich nicht mit der entsprechenden Aufzählung in den Zollvereinsverträgen, welche eine größere Zahl von Einzelfällen oder Arten umfaßt, darunter insbesondere
die Kanäle und Kanalgebühren, die in § 26 keinen Platz finden konnten,
weil der Art. V sich nur mit der Flußschiffahrt beschäftigte. Daß der Art.
26 nur örtliche Schiffahrtsanstalten, im Gegensatz zu
den Wasserstraßen, meint, ist auch aus dem Wortlaut nicht erkennbar; denn abgesehen von den verallgemeinernden Schlußworten „und dergleichen" sind
auch die Schleusen
ihrem Wesen und der Regel nach keineswegs Bauwerke
von örtlicher Bedeutung.
Sie dienen im allgemeinen der Verbesserung des
Fahrwassers für den durchgehenden Verkehr; jedenfalls beeinflussen die in
Flüssen erbauten Schleusen die Interessen der gesamten Schiffahrt dieser Wasserstraßen,
nicht
etwa
sonstige örtliche Interessen.
Interessen
des
Lösch-
und
Ladeverkehrs
oder
Die Weserschleuse bei Hameln ist nicht sowohl
für die Schiffahrt dieser Stadt als für die Weserschiffahrt im allgemeinen von Bedeutung.
Gleichwohl geht aus der Entstehungsgeschichte des Art. V der Reichs
verfassung deutlich hervor, daß man bei Abfassung des § 26 nur an Anstalten von örtlicher Bedeutung gedacht hat.
der
bei
Schumacher'
abgedruckten
Es ergibt sich insbesondere auch aus
Erklärung
der
deutschen Regierungs
vertreter vom 21. August 1848 gegen die damals vorgeschlagene und später in der Verfassung vom 28. März
1849 durchgeführte radikale Beseitigung
aller Flußschiffahrtsabgaben; denn es heißt dort zu 4:
* S. 130, 131.
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Z 2.
Die Entstehung der Reichsverfassung.
„Unter den nach Ziffer 2 den
einzelnen
Orten
141
aufzuhebenden Abgaben sind weder die in für die
Benutzung
gewisser
Anstalten
zur
Erhöhung kommenden Gebühren, wie Hafen-, Schleusen- und dergleichen
Gelder, begriffen usw." * Daß man die Schleusen in diese Auszählung von Beispielen einreihte
und sie mit Kranen, Wagen und Lagerplätzen gleich behandelte, ist eine der seltsamen Unstimmigkeiten, die sich in der Rechtsgeschichte und dem Rechts
zustande hinsichtlich der Schiffahrtsabgaben leider mehrfach zeigen. beruhte
aber
ihre Unterscheidung
von
Buhnen,
Baggerungen
Jedenfalls und
allen
sonstigen Strombauwerken ans der Voraussetzung ihres örtlichen Charakters. Im Sinne der Verfassung von 1849 war „örtlich" soviel wie „besonder".
Der Ausdruck
„besondere Anstalten"
wird
auch in den Vorverhandlungen
über diese Verfassung für die Aufzählung des Z 26 gelegentlich gebraucht. Die grundsätzlich verschiedene Behandlung der See- und Binnenwasser straßen
hinsichtlich
hätte im Falle der
der Finanzierung
von Wasserbauten
nötigte — oder
praktischen Durchführung genötigt — zur Bestimmung
der Grenzen beider Verkehrsgebiete.
Diese Abgrenzung hätte man entweder
nach Schiffstypen und Betriebsformen in der Weise vornehmen können, daß man auf den von Seeschiffen und Binnenfahrzeugen nebeneinander benutzten Wasserstraßen nur die ersteren mit Abgaben belastete, oder auch örtlich durch Bezeichnung von geeigneten Punkten, unterhalb deren die einzelnen Ströme
als Seewasserstraßen gelten sollten.
In der preußischen Staatsregierung ist auch diese Frage damals erwogen
und im Sinne der zweiten Alternative beantwortet worden, wobei besonders hervorgehoben wurde, daß auch die Binnenfahrzeuge aus den unteren Strom
strecken abgabepflichtig sein müßten,
soweit sie von den dort ausgeführten
Fahrwasserverbesserungen und sonstigen Schiffahrtsanstalten Gebrauch machen
sollten 2. -i-
Aus den auf zwei Artikel verteilten 8 Paragraphen der Verfassung von
1849 mit ihrer zweifachen und völlig heterogenen Lösung der Abgabenfrage * In dem Anträge zur Reichsverfassung, auf welchen die Erklärung vom 21. August 1848 sich bezog, lautete die entsprechende Vorschrift: „Die Hafen-, Kran-, Wag-, Lager-, Schleusen- u. dgl. Gebühren in den an diesen Flüssen ge legenen Orten usw." 2 Am 7. April 1849 fand in Berlin eine Ministerialkonferenz statt, in welcher der in Frankfurt aufgestellte Entwurf eines Reichsgesetzes über die Aufhebung der Flußzölle beraten wurde. Hierbei kam auch die Frage der Abgrenzung von Seeund Flußschiffahrt zur Sprache; sie wurde in der dargelegten Weise beantwortet. Das Protokoll über diese Konferenz ist von Delbrücks Hand.
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III.
142
Gegenstand der Abgabenerhebung.
ist in der Bundesverfassung
1867
von
der eine,
verhältnismäßig
kurze
Art. 54 entstanden, der, wie schon an anderer Stelle im allgemeinen dargelegt
wurde, eine gleichmäßige Regelung für beide Schiffahrtsgruppen, für alle
Gewässer,
Verkehrsmöglichkeiten,
Schiffahrtsanstalten,
Wasserstraßen
und
Häfen enthält.
Die Auslegung des dritten Absatzes in Art.
54, daß in ihm der
Inhalt des Art. IV der alten Verfassung zusammengedrängt und eine der
damaligen Lösung entsprechende erschöpfende Beantwortung der Frage für das Gebiet der Seeschiffahrt gegeben sei, erscheint nach Lage der Verhältnisse
ausgeschlossen.
Denn während die alte Verfassung ausdrücklich von Wasser
straßen und Häfen sprach, erwähnt die neue nur die Seehäfen.
Das Fahr
wasser zwischen den Seehäfen und dem offenen Meere kann man unmöglich als Bestandteil oder Zubehör der Hafenanlagen betrachten ^. Die Entfernungen
von Königsberg, Stettin, Rostock, Lübeck, Hamburg, Bremen zum Meere
sind viel zu groß, um ein solches Pertinenzverhältnis zu gestatten — dem
in einigen Fällen übrigens auch der Umstand entgegensteht, daß die Häfen
und Zugangswasserstraßen in verschiedenen Händen sich befinden.
In anderen
Fällen ist die Konstruktion dieses Verhältnisses deshalb unmöglich, weil eine größere Anzahl von Häfen an derselben Zugangswasserstraße liegt und sich ihrer bedient; an der Unterelbe hat nicht nur Hamburg ein Interesse, sondern auch Altona, Harburg, Stade, Glückstadt und Brunsbüttel, an der Unterweser
außer Bremen auch Elsfleth, Vegesack, Brake, Nordenhamm, Geestemünde und Bremerhaven, um nur diese beiden Ströme und an ihnen die wichtigsten
Uferplätze hier zu erwähnen. Wollte man so lange Stromstrecken dem am weitesten binnenwärts belegenen
oder dem bedeutendsten anliegenden Hafen hinzurechnen und als ihm zugehörige „Schiffahrtsanstalt"
behandeln,
so
könnte man
schließlich
auch auf den
Gedanken kommen, den preußischen Niederrhein als Zubehör des Duisburg-
Ruhrorter oder des Cölner Hafens zu behandeln, die Strombaukosten anteilig zu den Hafenkosten zu schlagen und die Deckung der ersteren in einem Zuschläge
zum Hafengelde zu suchen.
Diese Kombination wäre, da die Seeschiffahrt
auf dem Rhein bekanntlich bis Cöln geht, nicht oder doch nicht viel seltsamer als die entsprechende für den Unterlauf der Weser und Elbe.
Der Gedanke an die Möglichkeit, daß der Gesetzgeber in Art. 54 Abs. 3 Schiffahrtsanstalten gemeint haben könnte, die nicht in den Seehäfen liegen und nicht zu ihnen gehören,
für deren Benutzung aber in den Häfen
die Abgaben zu zahlen wären, ist so gegen die Wahrscheinlichkeit und
* Vgl. unter II 8 3 Seite 26, 27, 28.
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8 2.
Die Entstehung der Neichsverfassung.
143
würde zu so seltsamen Konsequenzen führen, daß er ebenfalls ausscheiden
muß.
Hätte man im dritten Absätze die Verhältnisse der Seewasserstraßen
nach dem Muster der alten Verfassung mit regeln wollen, so hätte es doch mehr als nahegelegen, im vierten Absätze statt „Wasserstraßen" den Ausdruck
„Binnenwasserstraßen" zu gebrauchen. Daß man im vierten Absatz
auch den Seeverkehr und die Seewege
gemeint hat, läßt sich aber auch positiv beweisen.
Zusammenhänge
schon
wiederholt
erwähnte Neuerung,
fiskalischen künstlichen Wasserstraßen ein Reingewinn
ist mit Rücksicht auf die damals
Nordostseekanals durch Private, einer Seewasserstraße,
Denn die in anderem wonach
bei nicht
gestattet werden sollte,
erwogene Möglichkeit der Erbauung des
also im Interesse
des Zustandekommens
beschlossen und durch eine entsprechende Einschaltung
im vierten Absätze zum Ausdruck gebracht worden. Derselben Ansicht
war der Bundesrat,
als
er den Entwurf
eines
Gesetzes über die Abgabenerhebung auf der Unterweser im Jahre 1886 dem
Reichstag vorlegte.
Denn er sagte in der Begründung:
„Auch aus den einschlagenden Bestimmungen der Reichsverfassung (vergl. Art. 54 derselben) werden begründete Einwendungen gegen die Zulassung einer Abgabenerhebung im vorliegenden Falle nicht herzuleiten sein. —
Der leitende Gedanke ist augenscheinlich der gewesen, daß für die bloße
Nachhilfe, welche erforderlich ist, um die natürlichen Wasserläufe
in fahrbarem Zustande zu erhalten, der Verkehr nicht belastet werden sollte." Auch sonst ist mehrfach in der Begründung von der „Verbesserung des
Fahrwassers" als dem Anlasse der Abgabenerhebung die Rede.
Der Bundesrat sah also in dem Ausbau des Seeweges nach Bremen
die Regulierung einer natürlichen Wasserstraße im Sinne des vierten, nicht den Bau einer Schiffahrtsanstalt in einem oder für einen Hafen im Sinne
des dritten Absatzes des Art. 54 der Verfassung.
Aber auch wenn man sich in der Sache selbst auf den Standpunkt
stellen wollte, der Verfasser des Art. 54 habe die Absicht gehabt, die heterogene Lösung der Abgabenfrage in der Verfassung von
1849 auf die Bundes
verfassung zu übertragen, so wäre doch die Annahme geradezu unstatthaft, daß er einen Gedanken von so
fundamentaler Bedeutung, von so
großer
Wichtigkeit für die Interessen des Verkehrs und für die Finanzen der be teiligten Staaten so undeutlich zum Ausdruck gebracht hätte.
Die Möglichkeit, daß Delbrück bei Aufstellung des Entwurfs für den Art. 54 den heterogenen Charakter jener Lösung übersehen haben könnte, ist
völlig ausgeschlossen.
Denn abgesehen davon,
daß dieser Charakter dem
Leser der Verfassung von 1849 ohne weiteres entgegentritt, war Delbrück
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III.
144
Gegenstand der Abgabenerhebung.
über den Inhalt der letzteren
Jahre
ganz
besonders gut unterrichtet, weil er im
1848 bei den Verhandlungen über ihre Entstehung — soweit das
preußische Handelsministerium dabei beteiligt war — hervorragend mitgewirkt
Die Akten enthalten sehr umfangreiche und sorgfältig durchgearbeitete,
hatte.
von seiner eigenen Hand geschriebene Schriftstücke aus dem Sommer des
Jahres 1818 über die künftige Regelung der Abgabenfrage für das Reich. Es muß hiernach als feststehend angesehen werden, daß der Rechts
zustand
für Seewege und Binnenwasserstraßen — nur um Wasserstraßen
und nicht um Häfen, deren Abgabefähigkeit niemals zweifelhaft war, besteht Da ferner auch die Ab
überhaupt ein Streit — heute der gleiche ist.
leitung der heutigen Reichsverfassung Zweifel unterligt, so
ergibt sich
aus dem Entwurf von 1849 keinem
die zwingende Schlußfolgerung, daß von
den beiden divergierenden Grundsätzen, welche der letztere für die Finanzierung von Schiffahrtsverbesserungen durch Abgaben aufgestellt hatte, in der ersteren
der eine verallgemeinert sein muß.
Die Frage, welcher von beiden zum allgemein maßgebenden gemacht werden
sollte, ist von entscheidender Bedeutung
für die Auslegung
des
Art. 54. Für ihre Beantwortung kommen drei Momente in Betracht.
Das erste ergibt sich aus dem organischen Zusammenhänge der maß gebenden Vorschriften beider Verfassungen, das zweite aus der Vergleichung derjenigen wirtschaftlich-politischen Erwägungen,
einerseits in den
Jahren
1848 und
1849,
welche
die Rechtsbildung
anderseits im Jahre
1867
beeinflussen konnten und beeinflußt haben, das dritte aus der Praxis, inso weit sie als Spiegelbild und Erkenntnisquelle des gesetzgeberischen Willens
in Betracht kommt.
*
*
*
a. Beide Verfassungen haben Vorsorge getroffen für den Fall, daß die deutsche Schiffahrt durch die Gesetzgebung oder Verwaltung fremder Staaten
benachteiligt und Deutschland hierdurch genötigt werden könnte, die Macht mittel der völkerrechtlichen Retorsion solchen Staaten gegenüber anzuwenden. Diese Vorsorge verkörperte sich in der Verfassung von 1849, entsprechend
der damals beschlossenen
grundsätzlich
verschiedenen
Behandlung der See-
und Binnenschiffahrt, in zwei völlig abweichenden Bestimmungen, welche in der gleichmäßigen Disposition des Stoffes den Abschluß der beiden in Be tracht kommenden Artikel bilden.
darf
Nach dem Schlußparagraphen des Art. 4
„eine höhere Belegung fremder Schiffahrt
nur
von der Reichs
gewalt ausgehen", und nach dem des Art. 5 dürfen „Flußzölle und Fluß
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Die Entstehung der Reichsverfassung.
H 2.
145
schiffahrtsabgaben auf fremde Schiffe und deren Ladungen nur durch die Reichsgewalt gelegt werden".
Der Mehrertrag im ersteren und der
Gesamtertrag im letzteren Falle sollte der Reichskasse zufließen.
Wollte die Verfassung von
1867
See- und Binnenschiffahrt beibehalten,
die differentielle Behandlung
so mußte sie folgerichtig
Retorsionsklausel in beiderlei Gestalt übernehmen.
der
auch die
Wer dies zugibt, wird
zugleich anerkennen müssen, daß die Fassung der entsprechenden Klausel im
Art. 54 einen Rückschluß auf die diesem Artikel zu Grunde liegende gesetz geberische Willensmeinung gestaltet. Nun heißt es in dem Schlußsätze des Art. 54: „Auf fremde Schiffe oder deren Ladungen andere oder höhere Ab
gaben
zu legen,
als von den Schiffen der Bundesstaaten oder deren
Ladungen zu entrichten sind,
steht keinem Einzelstaate, sondern nur dem
Reiche zu." Diese Ausdrucksweise ist nur verständlich unter der Voraussetzung, daß
die Abgabenerhebung auf allen deutschen Wasserstraßen grundsätzlich gestaltet
ist.
Denn in den vorhergehenden Sätzen ist zwischen den deutschen Wasser
straßen kein Unterschied Benutzung für See-
nach
ihrer Zweckbestimmung
und Binnenschiffahrt gemacht.
etwa nur auf die Seehäfen bezogen werden könnte,
und
überwiegenden
Daß jener Schlußsatz erscheint ausgeschlossen,
weil dann der Gebrauch des allgemeinen Ausdrucks „Abgaben" statt „See
hafenabgaben" ein unerklärliches Versehen gewesen wäre und weil in solchem Falle ferner unterstellt werden müßte, der Gesetzgeber habe an den damals
im Vordergründe der Erörterung
stehenden
Nordostseekanal nicht gedacht.
Ebensowenig wäre die Annahme zulässig, der Schlußsatz
gelte im Bereich
der Binnenschiffahrt nur für die örtlichen Anstalten und Gebühren, also
namentlich für Hafengelder; denn abgesehen davon, daß eine derartige An wendung der Retorsion die größten Unzuträglichkeiten und Ungleichmäßigkeiten Hervorrufen würde — manche Binnenhäfen,
wie Frankfurt a.
M.
und
Mannheim haben überhaupt keine Schiffahrtsabgaben —, läge hierin auch
eine unmotivierte und deshalb unwahrscheinliche Abweichung von dem Vor bilde der Verfassung von 1849, die auch solche örtlichen Gebühren zuließ und dennoch die Erhebung von Befahrungsabgaben auf Binnenwasserstraßen
als Retorsionsmittel vorsah. Will man dennoch an der Auffassung sesthalten, der Gesetzgeber habe Abgaben für die Befahrung von natürlichen, gleichviel wie sehr im Schiff fahrtsinteresse verbesserten Wasserstraßen grundsätzlich verbieten wollen, so
wird man diesen Standpunkt gegenüber dem klaren Wortlaut der die Mög lichkeit der Abgabenerhebung voraussetzenden Retorsionsklausel kaum anders Schriften 6XV. - Erster Teil.
10
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III.
146
Gegenstand der Abgabenerhebung.
als mit der Behauptung verteidigen können, die bei dem gesetzgeberischen Versuche des Jahres 1849 für notwendig und nützlich befundene Retorsion
durch Flußschiffahrtsabgaben sei von dem Gesetzgeber des Jahres 1867 für entbehrlich erachtet
worden.
Eine
Wahrscheinlichkeit gegen sich haben.
solche Behauptung
würde
jedoch
alle
Denn wenn im Jahre 1849 Veranlassung
vorlag, die Möglichkeit von Vexationen der deutschen Binnenschiffahrt durch
Nachbarstaaten ins Auge zu fassen und für solche Fälle die Waffe der Retor
sion bereitzuhalten ringer,
sondern
Entwurfs
so war diese Veranlassung im Jahre 1867 nicht ge
größer geworden,
weil die Elbe, welche im Sinne des
von 1849 ein ganz deutscher Strom war, nunmehr mit ihrem
Oberlauf außerhalb der Reichsgrenze lag: aber auch auf dem Rhein, der Warthe, der Weichsel und dem Niemen war die Möglichkeit von Differenzen mit dem
Auslande hinsichtlich der Binnenschiffahrt vorhanden, zumal für die drei letzteren Flüsse preußisch-russische Schiffahrtsverträge nicht bestanden.
Tatsächlich sind
auch derartige Differenzen und Reibungen mehrfach vorgekommen.
Nimmt man an, daß der Gesetzgeber die Fassung der auf den wirt
schaftlichen
berechneten
Kriegszustand
vorausgesetzten
normalen
Retorsionsklausel
Rechtszustande
hinsichtlich
in
Art.
der
54
dem
Schiffahrts
abgaben sinngemäß angepaßt hat — und an dieser Annahme wird man festhallen müssen, weil die Vermutung für sie spricht —, so ist auch der
Rückschluß aus jener Klausel auf die Zulässigkeit der Erhebung von Schiff fahrtsabgaben auf regulierten Strömen zulässig und notwendig. das Retorsionssystem eine empfindliche Lücke;
Sonst hätte
es wäre gegenüber dem Ent
wurf von 1849 ohne ersichtlichen Grund verschlechtert und geschwächt.
Wären durch
Art.
54 Binnenschiffahrtsabgaben — in Gestalt
von
Fahrwassergeldern — nur auf künstlichen, nicht aber auf natürlichen, das heißt in historischem Sinn natürlichen Wasserstraßen zugelassen, so wäre auch
die Waffe der Retorsion nur für die Kanalschiffahrt anwendbar.
Mit einer
solchen Beschränkung wäre sie aber stumpf und wirkungslos, weil Deutsch
land mit den Nachbarstaaten nicht durch Kanäle zusammenhängt, sondern
* Der Gegenstand wurde damals nicht etwa nur obenhin gestreift, sondern — namentlich in der Beratung seitens des Plenums der Nationalversammlung — von mehreren Rednern zum Gegenstand besonderer Ausführungen gemacht. Vgl. Sitzung der Versamml. vom 10. November 1848 S. 3233 Schultze-Liebau, S. 3235 von Vincke-Hagen, S. 3239 Moritz Mohl und über Retorsion durch Schiffahrtsabgaben in England: Motive des volkswirtschaftlichen Ausschusses S. 3208 Stenograph. Berichte Wizard, Band V. Ferner Bericht des Verfassungsausschusses nebst Ent würfen zur zweiten Lesung der Verfassung Stenogr. Berichte Wigard Band VIII, S. 5749.
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8 2.
nur durch Flüsse.
Die Entstehung der Reichsverfassung.
147
Die unbedeutenden Ausnahmen an der französischen und
holländischen Grenze fallen praktisch nicht ins Gewicht gegenüber dem großen
Verkehr an den Stromgrenzen bei Emmerich, Schandau, Passau, Schillno und einigen anderen Punkten. -i-
H
-i-
d. Wenn die Ableitung der Reichsverfassung aus dem Entwurf von 1849 feststeht, so liegt es nahe, das Augenmerk auf die politischen Trieb
kräfte und Beweggründe
zu richten, welche bei dem Zustandekommen oder
vielmehr Nicht zustandekommen des letzteren maßgebend waren, und auf dieser Grundlage in eine Untersuchung der Frage einzutreten, ob dieselben Interessen
und Tendenzen noch im Jahre 1867 lebendig und politisch wirksam waren,
oder ob sie etwa in ihrer Art, ihrem Grade und ihrer Richtung sich ge ändert hatten.
Eine solche Untersuchung könnte möglicherweise weitere An
haltspunkte dafür liefern, welche Absichten der Gesetzgeber mit der ziemlich dunklen Fassung des Art. 54 verbunden hat. Bei dem revolutionären Versuch der Jahre 1848/49 zur Neubildung
des öffentlichen Rechtes in Deutschland spielte die Frage der Schiffahrtsab
Zwei Strömungen bekämpften sich
gaben eine nicht unwesentliche Rolle. damals.
Die eine war, dem Zuge der Zeit entsprechend, auf radikale Be
seitigung dieser Abgaben gerichtet, während die andere ihre Modernisierung
und teilweise Beibehaltung anstrebte.
Gegenstand des Streites war lediglich
die Erhebung von Schiffahrsabgaben im Rahmen des Gebührenprinzips auf
solchen natürlichen Wasserstraßen, deren Schiffbarkeit auf andere Weise als
durch Kanalisierung erhalten oder erhöht worden war; in der folgenden Dar
stellung sollen diese Abgaben der Kürze halber als „Fahrwassergelder" be zeichnet werden. — Die Forterhebung der alten, auf dem Besteuerungs
prinzip beruhenden Flußzölle wurde
von keiner Seite ernstlich
verteidigt
und ebensowenig die Erhebung von Schleusengeldern und örtlichen Schiffahrts abgaben ernstlich bestritten.
Der Verlauf der Dinge ist bei Schumachers insoweit es sich um das von
ihm
behandelte Thema
der Binnenschiffahrtsabgaben
großer Anschaulichkeit geschildert worden.
handelte,
mit
Auf seine Darstellung kann hier
im allgemeinen Bezug genommen werden; sie bedarf einer Erweiterung nur
insofern, als dies durch die Einbeziehung der Seeschiffahrtsabgaben in den Kreis der Erörterung bedingt wird.
Der volkswirtschaftliche Ausschuß, welcher den die Schiffahrtsverhältniffe
betreffenden Abschnitt der Reichsverfassung in Verbindung mit dem Verr S. 123—132. 10*
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III.
148
Gegenstand der Abgabenerhebung.
fassungsausschusse vorzubereiten hatte, teilte im Sommer 1848, bevor er der Nationalversammlung seine Vorschläge machte, den in Frankfurt versammelten Vertretern der deutschen Regierungen die hinsichtlich der Schiffahrtsabgaben gestellten beiden Anträge zur Äußerung mit. Der eine Antrag enthielt die
Bestimmung:
„Die mehrere Staaten durchströmenden oder begrenzenden Flüsse sind auf deutschem Gebiet und bis
ins Meer für deutsche Schiffahrt
und
Flößerei frei von Wasserzöllen und anderen, die Ware oder das Schiff betreffenden Abgaben, wogegen die Erhaltung und Verbesserung dieser Ströme dem Reich obliegt".
während der Gegenantrag vorschlug: „Die von den Einzelstaaten oder dem Reich zu erhebenden Wasserwege zölle dürfen nicht mehr betragen, als die Unterhaltung und Verbesserung
des Fahrwassers erfordert."
Die Vertreter der deutschen Staaten erklärten sich fast einstimmig gegen die Übernahme der Strombaulast durch das Reich und für die Zulassung
von „Wasserwegegeldern" im Rahmen des Gebührenprinzips bei gleichzeitiger Abschaffung der Flußzölle.
Sie sagten in der schon früher erwähnten gemein
samen Erklärung vom 21. August 1848 unter Nr. 2: „Alle Schiffahrtsabgaben und Flußzölle, welche
gegenwärtig durch die
Uferstaaten von Flößen, Fahrzeugen und deren Ladungen erhoben werden, sollen wegfallen; jedoch sind die Uferstaaten berechtigt,
Wasserwegegelder
zu erheben, welche von der Reichsgewalt, und zwar in der Art festgesetzt werden, daß jeder Uferstaat nicht mehr erhebt, als zum Ersatz der regel
mäßigen Verwendung erforderlich ist". Unter letzterem
Ausdruck war nach Nr. 1 der Erklärung verstanden
„die regelmäßige Instandsetzung, Unterhaltung und Verbesserung der Fahr bahn in den Flüssen sowie des Leinpfades"; diese Arbeiten sollten „unter Oberaufsicht der Reichsgewalt den Uferstaaten obliegen".
Ferner enthielt jene Erklärung noch einen besonderen Vorbehalt hin
sichtlich „derjenigen Abgaben, welche in den Seestaaten von Seeschiffen und deren Ladungen gewendeten
als Ersatz
Kosten
erhoben
für
die
werden."
zum Nutzen Der
letztere
der
Seeschiffahrt
Vorbehalt
bezog
auf sich
lediglich auf Seewasserstraßen; denn die Abgabefähigkeit der örtlichen
Schiffahrtsanstalten war für den ganzen Bereich der See- und Binnen
schiffahrt schon anderweit festgestellt und auch gar nicht streitig, während die Erklärung unter Nr. 2 die Binnenwasserstraßen betraf. 1. klärung
Hinsichtlich der Binnenwasserstraßen wurde eine abweichende Er
nur
von den
Vertretern
Württembergs und Badens abgegeben,
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H 2.
Die Entstehung der Reichsverfassung.
149
welche sich — aber nur unter der Voraussetzung der Übernahme aller Strombaulasten auf das Reich — für die radikale Beseitigung aller Schiffahrts
Von den übrigen Regierungsvertretern haben mehrere
abgaben aussprachen.
bei Unterzeichnung der gemeinsamen Kundgebung
ihren Standpunkt durch
Beifügung besonderer Erklärungen begründet; diese Erklärungen, welche teil weise bei Schumacher*
abgedruckt sind, geben einen interessanten Einblick
in den Gedankengang der damaligen Regierungskreise, der sich mit dem
heutigen Standpunkte der preußischen Regierung und des preußischen Land tages im allgemeinen deckt.
Der preußische Vertreter, Camphausen, hatte,
als
er die gemeinsame
Kundgebung vom 21. August unterzeichnete, sich lediglich im Rahmen seiner damaligen Instruktion gehalten.
Im Frühjahr 1848 waren im preußischen
Handelsministerium „Gesichtspunkte für die Errichtung eines deutschen Zoll-,
Handels- und Schiffahrtsvereins" ausgearbeitet und durch das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten sowohl dem preußischen Bundesgesandten
als auch dem besonderen in Frankfurt bestellten Bevollmächtigten für die
Reichsangelegenheiten zugesandt worden.
Diese „Gesichtspunkte" vom 3. Mai
1848, welche die Richtschnur für die Behandlung der wirtschaftspolitischen Fragen bilden sollten, besagten:
„H 8.
Der Verkehr
im Inneren
ist
völlig frei und darf durch
keinerlei Hebungen belästigt werden, mit Ausnahme solcher, deren Ertrag
auf die Unterhaltung der Kommunikationsmittel verwendet wird." „8 9.
Alle Strom- oder Wasserzölle sind
aufzuheben oder für ge
meinsame Rechnung abzulösen, soweit sie nicht als Kommunikationsabgabe
(H 8) forterhoben werden können." Es sollte also,
bei aller Liberalität in der Behandlung der Verkehrs
fragen, doch an dem Gebührenprinzip festgehalten werden.
In den nächsten Monaten änderte die preußische Regierung indessen
ihre Haltung, indem sie die württembergisch-badische Auffassung sich wesentlichen
aneignete.
im
Zur Begründung dieses Stellungswechsels wurde
in Frankfurt eine Druckschrift verbreitet, welche im preußischen Handels ministerium, und zwar von Delbrück verfaßt war?.
Es ist dieselbe Druck
schrift, die von Schumacher^ als eine „anscheinend halbamtliche" bezeichnet S. 166—171. Das Konzept ist vollständig von seiner Hand geschrieben; wieweit der In halt seiner persönlichen Überzeugung entsprach, ist nicht festzustellen. Der preußische
Vertreter in Frankfurt, Minister Camphausen, ließ die Schrift dort drucken, und zwar, wie er berichtete, „mit einigen Änderungen, durch welche der speziell preußische Standpunkt, von dem der Verfasser dem Zwecke der Schrift nach ausgehen mußte, etwas mehr zurücktritt." s S. 126-127.
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III.
150
Gegenstand der Abgabenerhebung.
und durch die zutreffende Bemerkung charakterisiert wird, sie lasse den über wiegenden Einfluß von Gründen, welche nicht rein sachlicher Natur waren,
auf die Behandlung des Gegenstandes erkennen; dieselbe, auf welche Moritz Mohl bei Beratung des Art. 4 der Verfassung durch die Nationalversamm
lung am 10. November 1848 in seiner Rede anspielte
Sie ist nicht nur
wegen der Person des Verfassers, sondern auch sachlich, insofern sie einen intimen Einblick in die damaligen Auffassungen der preußischen Regierung
gewährt, von Interesse; es
soll daher ihr Inhalt und Gedankengang in
seinen wesentlichsten Bestandteilen hier kurz wiedergegeben werden.
Es sollte zunächst der Nachweis dafür erbracht werden, daß der Vor
der
„Flußfreibeuterei",
der
wurf
fiskalischer
Vorwurf
Ausbeutung
der
Binnenschiffahrt zugunsten allgemeiner Staatszwecke, welcher den deutschen
in
Regierungen
den
des
Minderheilsgutachten
Verfassungsausschusses
ß 26 des Verfassungsentwurfs gemacht worden war,
doch
oder
in
nur
beschränktem Sinne anwendbar sei.
sehr
zu
auf Preußen nicht Zu diesem
Zwecke werden auf S. 1—8 die bestehenden Verhältnisse hinsichtlich der Erhebung von Flußzöllen
straßen dargelegt.
und Schiffahrtsabgaben auf preußischen Wasser
Auf diese Darlegung wird S. 13 das Urteil gegründet:
„Oben ist nachgewiesen worden, daß der Binnenverkehr auf den preußischen Wasserstraßen von allen nicht für die Benutzung besonderer Anstalten zu
entrichtenden Abgaben frei ist." Ein
solches Urteil kann freilich
bei
näherer Prüfung
dingter Weise als richtig anerkannt werden.
wenn
man
auch Fahrwasservertiefungen in offenen Strömen,
Meeresarmen
als
besondere
Anstalten
nur in
be
Es war nur dann zutreffend,
ansah;
Seen und
auch von der solche
denn
Fahrrinnen benutzenden Schiffahrt wurden Abgaben im Rahmen des Ge
bührenprinzips
erhoben.
kanalisierter Fluß,
die
Und
wenn
auf S. 5
Schiffahrtsabgaben
auf
und
der
6
Dievenow sowie auf dem Großen und Kleinen Haff als
Tonnen-
und
Bakengeld", die
Abgaben
auf
der
die Deime
Peene,
Ruhr
Swine
als und
bloßes „Feuer-, und
Lippe
Schleusengeld bezeichnet wurden, so entsprach das nicht der Sachlage.
als Die
Deime war nicht „kanalisiert" und ist es auch heute nicht in dem Sinne, wie man das Wort gewöhnlich versteht.
Sie ist nicht durch Wehre und
Schleusen gestaut, sondern nur teilweise begradigt und vertieft?; das letztere
* Stenogr. Berichte Wizard, Band V S. 3238. 2 Vgl. das im Auftrage des Preußischen Wasserausschusses verfaßte Werk „Memel-, Pregel- und Weichselstrom" von H. Keller. Berlin 1899. Band I S. 333, Band II S. 454, 469, 473—475, 529, 530.
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Z 2.
Die Entstehung der Reichsverfassung.
Verfahren bezeichnet man aber sonst als Regulierung. abgaben
im Mündungsgebiet der Oder in
151
Daß die Schiffahrts
erster Reihe Fahrwassergelder
waren, geht aus dem Jmmediatbericht vom 13. Mai 1862, welcher aus
S. 126 in anderem Zusammenhänge angeführt ist, zweifellos hervor.
Daß
die Ruhr- und Lippeschiffahrtsabgaben niemals Schleusengelder waren, wird auf Seite 176—182 bei der Schilderung der preußischen Verwaltungspraxis unter den Zollvereinsverträgen noch nachgewiesen werden. Daß der preußische Binnenverkehr auf dem Rhein und der Elbe keine
Flußzölle zu entrichten hatte, war richtig.
Schiffe und Waren, welche von
Wesel nach Coblenz geführt wurden, waren abgabenfrei; dasselbe galt auch
für Fahrten von Rotterdam nach Coblenz oder von Hamburg nach Torgau. Aber von Hamburg nach Dresden und von Rotterdam nach Mainz mußten
die Flußzölle allerdings
wenn
man
für
die
auf der preußischen Strecke gezahlt werden, und
damals
legale
und
Verkehrs durch derartige Binnenzölle den
altüberlieferte
Besteuerung
des
Ausdruck „Flußfreibeuterei" ge
brauchen wollte, so konnte man ihn vom allgemein deutschen Standpunkte
aus auch auf Preußen anwenden, da es die Rheinschiffahrtsabgaben tat sächlich in Transitzölle umgewandelt hatte.
Die Schrift wendet sich dann zur Erörterung der Frage, ob der Vor schlag des Verfassungsausschusses, die Unterhaltung der gemeinsamen Flüsse
bei gleichzeitiger Untersagung aller Schiffahrtsabgaben auf das Reich zu übernehmen, vom preußischen Standpunkte aus annehmbar sei.
Sie hebt
die großen Bedenken, welche sich gegen eine solche Maßregel vom praktischen Verwaltungsstandpunkte Sie weist
hervor.
auf
aus
ergeben würden,
die Nachteile
mit Klarheit und Schärfe
einer übermäßigen Zentralisierung
hin, die entstehen würden, wenn die Reichsgewalt in Frankfurt entscheiden
soll, „ob ein Badehaus im Pregel angelegt werden darf", und schildert die
voraussichtlichen Reibungen zwischen den Strombauverwaltungen des Reiches und dem Verwaltungsapparat der Einzelstaaten.
„Die Anlagen zum Schutze der Uferbewohner würden dem Ressort der einzelnen Staaten verbleiben; diese würden aber solche Anlagen, wegen
deren enger Verbindung mit dem Schiffahrtsinteresse, nicht ohne vorherige Verständigung mit der Reichsgewalt ausführen oder zulassen können, und ein jeder, der Gelegenheit gehabt hat, über den Gang derartiger Ver
handlungen Erfahrungen zu sammeln, wird den Grad von Wahrschein lichkeit berechnen können, mit welchem, namentlich bei Fragen technischer
Natur,
auf eine Verständigung zwischen zwei selbständigen Gewalten zu
hoffen ist, welche entgegengesetzte Interessen vertreten. —
Die Übertragung der Flußhoheit an die Reichsgewalt würde die
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III.
152
Gegenstand der Abgabenerhebung.
Einwirkung der letzteren auf die innersten Verhältnisse der lokalen Ver waltung in der ganzen Monarchie zur Folge haben und nicht nur die Wirksamkeit der Staatsgewalt in einem sehr wichtigen und in das Leben
eingreifenden Zweige
vernichten,
sondern
auch
notwendiger Weise die
Quelle von fortdauernden Konflikten beider Gewalten werden.
Gewiß
liegt es aber im gemeinschaftlichen Interesse beider, daß diese Konflikte nicht in den Kreis der Fragen gezogen werden, welche die laufende Ver
waltung mit sich bringt.
Daß die Verwalteten dabei am meisten zu
kurz kommen würden, bedarf keines Beweises." Man sollte annehmen,
daß diese überzeugenden Darlegungen zur Ab
lehnung des von dem volkswirtschaftlichen Ausschüsse gemachten Vorschlages führen mußten.
Die Schrift kommt gleichwohl zu seiner Annahme, welche
mit dem überwiegenden und ausschlaggebenden Interesse des Verkehrs an
der einheitlichen Leitung des Strombaues und der Strompolizei auf S. 12
sehr kurz
begründet wird.
Der wirkliche Grund ist wohl in der Stellung
zu suchen, welche die Schrift zur politischen Seite der Abgabenfrage einnimmt.
Die Erhebung solcher Abgaben im Rahmen der Selbstkostendeckung wird an sich als billig und vernünftig anerkannt.
Sie wird nur deshalb wider
raten und abgelehnt, weil Preußen eine gebührenmäßige Schiffahrtsabgabe —
im Gegensatz zu Flußzöllen — nicht nur vom Durchgangsverkehr, sondem
auch vom Verkehr seiner eigenen Binnenhäfen erheben müßte.
Hierdurch
würde sich die Regierung bei den seit längerer Zeit an Abgabenfreiheit gewöhnten
inländischen Bevölkerungskreisen
sehr
dieser Unpopularität dürfe sie sich nicht aussetzen.
unpopulär
machen, und
Da man anderseits aber
auch die Strombaulast unter keinen Umständen auf allgemeine Staatsmittel übernehmen wollte, so
blieb nichts weiter übrig, als sie dem Reiche zu
übertragen, so unzweckmäßig diese Lösung auch aus anderen, namentlich aus praktischen Gesichtspunkten erscheinen mochte.
Mit großer Schärfe wird auf S. 17 der Grundsatz aufgestellt:
„Es kann nur wiederholt werden: Die Flußzölle aufzuheben und den Uferstaaten die Unterhaltungsverbindlichkeit zu belassen, ist ein Ding der
Unmöglichkeit."
In diesem Grundsatz waren alle deutschen Staaten einig; der Unter schied der beiden Gruppen bestand nur in den Wegen, auf welchen sie die
übereinstimmend
abgelehnte Lösung vermeiden wollten.
Die einen wollten
es durch Beibehaltung der territorialen Baulast mit Befugnis zur Abgaben erhebung, die anderen durch Übernahme der Baulast auf das Reich.
Die Nationalversammlung trug, im Gegensatz zu radikaleren Strömungen, dem Standpunkte der Regierungen insofern Rechnung, als sie bei der ersten
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Z 2.
Die Entstehung der Reichsverfassung.
153
Lesung des Verfassungsentwurfs am 16. und 17. November 1848 zwar die Aufhebung der Zölle ohne Übernahme der Strombaulast auf das Reich,
gleichzeitig aber eine Schadloshaltung der Bundesstaaten wegen der entgangenen
Einnahmen beschloß.
Hierdurch waren die von den beiden Staatengruppen
abgegebenen Erklärungen zwar nicht angebrachtermaßen, aber doch sachlich
im wesentlichen berücksichtigt, indem das für beide gleichmäßig ins Gewicht
fallende finanzielle Interesse gewahrt blieb.
Hierbei ging sogar die National
versammlung insofern über die Ansprüche der Regierungen noch etwas hinaus, als sie die Schadloshaltung oder
„billige Ausgleichung"
in Art. 26 der
Verfassung nicht auf die Strombaukosten, deren Deckung durch Schiffahrts abgaben die Regierungen nur noch erstrebten, sondern auf die den Betrag dieser Kosten der Regel nach — in einigen Staaten sehr bedeutend — über steigenden Zolleinnahmen
bezog.
Es war mit dieser Verfassungsvorschrift
freilich zunächst nur ein Prinzip oder Programm aufgestellt; es kam praktisch
alles darauf an, wie sie ausgeführt wurde, und das von der Zentralgewalt
aufgestellte Ausführungsgesetz ist dann im Entwurfsstadium stecken geblieben. Im Prinzip wurde die von der Nationalversammlung
beschlossene Lösung
der Frage von Preußen und der Mehrzahl der anderen Staaten angenommen * ;
die Negierungen wichen damit von ihrem früheren Standpunkte etwas, aber
nicht sehr wesentlich zurück; daß sie es taten, kann bei der Schwäche ihrer damaligen Stellung nicht wundernehmen.
Betrachtet man den Wortlaut des Art. 54 im Lichte dieser geschicht
lichen Entwicklung und der politischen Konstellation des Jahres 1867, so ergibt sich zunächst mit zweifelloser Gewißheit, daß man damals diejenige
Lösung, auf welche die Regierungen und die Nationalversammlung sich in den Jahren 1848 und 1849
gewollt
hat.
im Kompromißwege verständigt hatten, nicht
Sonst hätte die Entschädigungsfrage, welche den Kern des
Kompromisses bildete, notwendig im Art. 54 — ebenso oder ähnlich wie in
Art. 5
der
Verfassung von
1849 — Erwähnung finden müssenEs
kommen also als möglicherweise gewollt, insoweit der historische Zusammen
hang mit den Vorgängen der Revolutionszeit für die Auslegung verwertet werden kann, nur die anderen damals angestrebten Regelungen noch in Frage.
Entweder radikale Beseitigung der Zölle, Verbot der Schiffahrtsabgaben und
Belassung der Strombauten zu Lasten der Einzelstaaten oder konditionale * Vgl. Bericht des Verfassungsausschusses. Vorlage für die Verfassungsentwurfs, März 1849. Wigard, Verhandlungen der lung. Band VIII S. 5749—5751. 2 Die Frage ist später gestreift worden in der Begründung über die Aufhebung der Elbzölle, Reichstagsdrucksachen 1870 Nr.
zweite Lesung des Nationalversamm zum Gesetzentwurf 136.
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III.
154
Gegenstand der Abgabenerhebung.
Verknüpfung von Strombaulast und Schiffahrtsabgaben — sei es durch Übernahme der ersteren auf das Reich bei gleichzeitigem Verzicht der Staaten auf die letzteren, sei es durch Belassung beider bei den Einzelstaaten. Im Rahmen dieser Möglichkeiten entsteht die Frage, ob die größere
Wahrscheinlichkeit dafür vorhanden
ist, daß die norddeutschen Staaten im
Jahre 1867 und die deutschen im Jahre 1871
Gruppe
der
früheren
revolutionären
die von einer radikalen
Volksvertretung
erstrebte,
den
von
Regierungen einstimmig bekämpfte und von der Nationalversammlung selbst abgelehnte
Lösung
nachträglich
verwirklichen
wollten
—
oder
ob
über
wiegende Gründe dafür sprechen, daß die Regierungen eine derjenigen Lösungen
in ihr Verfassungswerk übernehmen wollten, welche sie im Jahre 1848 vor geschlagen und vertreten hatten.
Die letztere Annahme erscheint deshalb als näherliegend und gerecht fertigt, weil kein sachlicher Anlaß für eine Änderung in der Stellungnahme der Regierungen
erkennbar ist.
Die gleichen Erwägungen Verkehrs- und
finanzpolitischer Art, welche in den Jahren 1848 und 1849 die Fahrwasser gelder als billig und die verfassungsmäßige Untersagung solcher Abgaben
ohne Übernahme der Strombaulast auf das Reich als unzulässig erscheinen ließen,
trafen auch
in
den Jahren
politischen Voraussetzungen
für
der Reichsgründung
die Geltendmachung
noch
und
Die
zu.
Verwirklichung
dieser rein sachlichen Erwägungen lagen aber für die Regierungen damals
sehr viel günstiger als früher.
Im Jahre 1818 wollte die Revolution den
Nationalstaat schaffen; die Regierungen halten ihr gegenüber eine schwache
Stellung und waren zum Nachgeben in sehr weitem Umfange bereit; die Reichsgründung
in den Jahren 1866 und 1871
ging von den Dynastien
und Regierungen aus, welche damals — in Preußen wenigstens — sehr stark waren.
in
der
hier
Und wenn die Regierungen früher trotz ihrer prekären Lage zur Erörterung stehenden Frage
sich
der
in der National
versammlung vorhandenen radikalen Strömung widersetzen zu müssen glaubten,
so
ist es zum mindesten nicht wahrscheinlich, daß sie
diesen Widerstand
später aufgeben und das radikale Verbot jeglicher Schiffahrtsabgaben aus
sprechen wollten, zumal sie in der Zwischenzeit an dem Grundsätze der Ab gabenerhebung im Nahmen des Gebührenprinzips festgehalten hatten.
radikale Verbot hätte, wenn es beabsichtigt gewesen wäre,
Jenes
in eine ganz
andere, klarere und bestimmtere Form gebracht werden können und müssen, als die des Art. 54 der Bundes-
und Reichsverfassung, zumal für ein
solches Verbot der Text des Verfassungsentwurfs von 1849 ein sehr nahe liegendes Vorbild darbot.
Der wesentlich
andere, in Art.
54
gewählte
Wortlaut schließt aber, wenn die Ausführungen über die grammatische Aus
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Die Entstehung der Reichsverfassung.
Z 2.
155
legung des Anstaltsbegriffs richtig sind, die Erhebung von Fahrwassergeldern
nicht aus; er läßt vielmehr die rechtliche Möglichkeit hierfür bestehen.
Der
Zwang zur Nichterhebung
Die
solcher Abgaben ist nicht ausgesprochen.
Vermutung streitet sür die Erhaltung der einzelstaatlichen
Selbständigkeit
und Bewegungsfreiheit auch auf diesem Gebiete.
Wenn Schumacher seine abweichende Auslegung des Art. 54 * auf die Annahme gründet, die Regierungen hätten durch die Befreiung des Strom verkehrs
von
drückenden
Lasten dem deutschen Volke
einen
langgehegten
Wunsch erfüllen, die Reichsgründung mit der Aureole der Popularität um geben und dem neuen Nationalstaats eine politische Morgengabe darbringen wollen,
die ihrer Bedeutung
nach
mit der
liberalen Errungenschaft des
allgemeinen Wahlrechts vergleichbar gewesen sei, so ist gegen diese Beurteilung der Lage zunächst der Einwand zu erheben, daß die Frage der Schiffahrts
abgaben unter den politischen Idealen des deutschen Volkes doch nicht ent fernt eine solche Rolle gespielt hat, wie die des allgemeinen Wahlrechts; entsprechend dem Grundzuge des damaligen politischen Lebens, welches den rein politischen Problemen eine viel größere Wichtigkeit beimaß und ein weit
lebhafteres Interesse widmete als den wirtschaftlichen — bekanntlich hat sich das inzwischen sehr geändert.
Aber auch ganz abgesehen hiervon, war hin
sichtlich der Schiffahrtsabgaben eine einheitliche und geschlossene Stellung nahme der öffentlichen Meinung garnicht vorhanden.
Nicht einmal in der
politisch erregten und radikalen Lösungen nur zu sehr geneigten Zeit von 1848 hatte eine solche eommunis opinio sich gebildet.
Einig war man nur
darüber, daß die Flußzölle eine rückständige, lästige, und vom Standpunkte der wirtschaftlichen Gerechtigkeit unhaltbare Einrichtung seien; hinsichtlich der
Fahrwassergelder oder — wie man sich in Frankfurt damals ausdrückte —
Wasserwegegelder waren in
den
Kreisen
der
aber die Meinungen sehr geteilt.
provisorischen
Zentralgewalt
und
Es standen sich der
Nationalver
sammlung zwei fast gleich starke Gruppen gegenüber, von welchen die eine
der Ansicht war, es sei
ein Mißgriff, bei Abschaffung der Flußzölle das
Kind mit dem Bade auszuschütten und an die Stelle des alten Unrechts,
welches der Binnenschiffahrt durch ihre finanzielle Ausbeutung für allgemeine
Staatszwecke geschehen sei, das neue Unrecht der Belastung der Steuerzahler mit allen Strombaukosten zugunsten der Schiffahrt zu setzen.
Es war sehr
zweifelhaft, welche von beiden Strömungen den Sieg davon tragen würde.
Noch 5 Wochen vor der Annahme der Verfassung war, wie Schumacher
ausführt 2, im Schoße der Nationalversammlung die Stimmung gegen die * S. 138. 2 S. 128.
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III.
156
Gegenstand der Abgabenerhebung.
Flußfreiheit so stark, daß der Reichshandelsminister Duckwitz die Ansicht äußerte, die zweite Lesung der Verfassung könnte leicht einzelne Änderungen,
z. B. Beibehaltung der Rekognitionsgebühren (Schiffahrtsabgaben von der Tragfähigkeit) nötig machen.
Die von
der Versammlung schließlich
angenommene Versassungsvor-
schrift war also nichts weniger als eine einheitliche Kundgebung des Volks
willens, dem gegenüber die Regierungen besonderen Anlaß zur Nachgiebigkeit
gehabt hätten und dessen endliche Befriedigung als eine populäre Errungen
schaft
aufgefaßt
werden
preußischen Verhältnisse. Schiffahrtsabgaben
konnte.
galt insbesondere
Das
auch
für
die
In Preußen war man seit Menschengedenken an
gewöhnt.
Die
Volksvertretung hatte sich nach
1848
wiederholt für ihre Beibehaltung im Rahmen der Selbstkostendeckung aus
gesprochen.
In einem besonders wichtigen Falle hatten sich sogar die Nächst
beteiligten, Provinziallandtage und Handelskammern, für ihre Einführung auf einem bisher abgabenfreien Strome im Interesse der Förderung des Ver kehrs dringend ausgesprochen.
Es konnte nicht davon die Rede sein, daß
der Druck einer populären Strömung die preußische Regierung bei der Auf
stellung des Entwurfs zur Bundesverfassung im Jahre 1867 dazu genötigt oder auch nur veranlaßt hätte, Fahrwassergelder zur bloßen Aufbringung der Strombaukosten nicht nur zu beseitigen, sondern sogar die rechtliche Möglich keit der Einführung solcher Abgaben für alle Zukunft verfassungsmäßig aus
zuschließen. Der politische Effekt, den Preußen und der unter seiner Ägide neu er standene
Nationalstaat zur Einführung
der
letzteren
bei
der
öffentlichen
Meinung brauchte und erstrebte, wurde — soweit das Gebiet der Verkehrs
politik überhaupt hierfür in Betracht kam — durch die Abschaffung der
allerdings sehr unpopulären Flußzölle erzielt.
Nur von ihnen,
nicht von
den eigentlichen Schiffahrtsabgaben konnte das im Jahre 1848 geprägte,
gehässige Wort von der „Flußfreibeuterei" gebraucht werden.
mit einigem Schein von Recht
Mit der Aufhebung jener Zölle war aber die rechtliche
Zulässigkeit von Fahrwafsergeldern nicht beseitigt.
letzteren
nicht
präjudizieren,
weil
Die erstere konnte der
die Fahrwassergelder
nicht etwa einen
latenten, integrierenden Bestandteil der Zölle bildeten, sondern von ihnen
ihrem inneren Wesen, ihrer wirtschaftlichen und staatsrechtlichen Struktur nach verschieden waren.
Es war eine praktische Unmöglichkeit, die Rhein
zölle im Jahre 1866 und die Elbzölle im Jahre 1870 in Fahrwassergelder
nach dem Gebührenprinzip umzuwandeln. Die wirtschaftlichen und finanziellen
Unterlagen für die Bildung eines entsprechenden Tarifs waren nicht vor handen, weil der Betrag der Selbstkosten nicht bekannt war.
Man hatte
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8 2.
Die Entstehung der Reichsverfassung.
157
über diese Kosten nicht, wie bei den nach dem Gebührenprinzip behandelten privaten Wasserstraßen, Buch und Rechnung geführt, weil die Höhe der Ab
gaben und die Art ihrer Erhebung zu den Aufwendungen des Staates und dem Grade der Benutzung der Schiffahrtsanstalten in keiner inneren Be
ziehung stand.
jahrelange
Die Aufmachung einer solchen Berechnung hat jetzt eine
mühevolle
Arbeit
erfordert;
diese
Arbeit
wäre
vor
35 Jahren wohl etwas, aber nicht sehr viel leichter gewesen.
38
und
Es mußte
dann aber noch für die Anstellung symmetrischer, auf gleichen allgemeinen Gesichtspunkten beruhender und nach gleichen Methoden durchgeführter Be
rechnungen für die nichtpreußischen Uferstaaten gesorgt werden, was nur im Wege der Vereinbarung zu erreichen war.
Endlich mußte die Erhebungs
weise, wenn die Beziehung von Leistung und Gegenleistung bei der Ent richtung von Fahrwassergeldern in sinngemäßer Anwendung des Gebühren
prinzips hergestellt werden sollte, von Grund aus geändert oder vielmehr
neu ersonnen werden.
Das alte System der Erhebung von Rhein-
Elbzöllen war vom Gebührenstandpunkt aus völlig unbrauchbar.
und
Wie bereits
erwähnt, wurden die alten Rheinzölle in Preußen vom preußischen Verkehr
überhaupt nicht erhoben, sondern nur dem Durchgangsverkehr nach Süd deutschland auferlegt; die süddeutschen Staaten refaktierten wiederum die
preußischen Zölle ihren Staatsangehörigen aus allgemeinen Staatsmitteln. Diese Zölle konnte man also nicht durch einfache Drehung der Tarifschraube
in Gebühren verwandeln,
auch wenn man das Gesamtergebnis der Ein
nahmen auf die Höhe der — erst zu ermittelnden — Selbstkosten herab drückte.
Da eine Reform nicht möglich war, so
blieb nichts übrig, als die
Zölle abzuschaffen und dann, wenn man wollte, Gebühren auf ganz neuer, selbständiger Grundlage einzuführen.
Das letztere wollte man in den Jahren 1867 und 1871 aber nicht,
man wollte es wenigstens nicht am Rhein und an der Elbe.
Es fragt sich
nur, ob man auch auf die rechtliche Möglichkeit verzichten wollte, und diese Frage ist zu verneinen, weil weder die Absicht des Verzichtes aus dem
Wortlaut der Verfassung noch ein Anlaß hierzu aus der Entstehungsgeschichte
und der politischen Lage erkennbar ist. In den östlichen Provinzen, dem alten Kern der preußischen Monarchie,
hat man die Fahrwassergelder damals nicht abgeschafft;
man hat sie bis
heute beibehalten und durch neue vermehrt, ohne irgend welche Zeichen der Erregung oder des Widerspruchs der öffentlichen Meinung. 2. Die historische Entwicklung der Abgabenfrage auf dem Gebiete der
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III.
158
Gegenstand der Abgabenerhebung.
Seeschiffahrt ist von derjenigen, welche sich im Bereich der Binnenschiffahrt
vollzogen hat, nicht unwesentlich verschieden.
Wie bereits erwähnt, hatten die Vertreter der deutschen Regierungen in ihrer gemeinsamen Erklärung vom 21. August 1848 die Forderung er hoben, daß im Bereich der Seeschiffahrt die Finanzierung aller Schiffahrts
anstalten, namentlich auch der Fahrwasserverbesserungen,
durch Gebühren
erhebung gestattet sein müsse. Der im volkswirtschaftlichen Ausschüsse gestellte Antrag, die Erhebung von Fahrwassergeldern auf den Flüssen bis zum Meere zu verbieten und die Unterhaltung der gemeinsamen Ströme in derselben Begrenzung auf das
Reich zu übernehmen,
hatte ebenso wie der später von diesem Ausschüsse
gefaßte Beschluß, den Bau und die Unterhaltung der Seewasserstraßen und sonstigen Seeschiffahrtsanstalten zur Reichssache zu machen und demgemäß
auch dem Reiche das alleinige Recht zur Erhebung von Schiffahrtsabgaben vorzubehalten, bei den Hansestädten, welche schon damals für die Beurteilung der deutschen Seeschiffahrtsinteressen ausschlaggebend waren, die allerernstesten Bedenken erregt.
Diesem Bedenken wurde von den bremischen Vertretern schon bei der Unterzeichnung der gemeinsamen Kundgebung durch eine besondere Zusatz-
erklärung Ausdruck gegeben, in welcher es heißt:
„Einen ferneren Widerspruch sind wir wegen der Lage der Hauptseestädte
Norddeutschlands verpflichtet, gegen den 8 1 des Entwurfs zu erheben, insofern derselbe eine Aufhebung aller Abgaben auf den Flüssen bis ins
Meer ausspricht.
Bremen und Hamburg liegen tiefer im Lande, da wo
Seeschiffahrt von Flußschiffahrt sich scheidet.
Verhältnisse sehr verschiedener
Art finden auf der Weser oberhalb und auf der Weser unterhalb Bremen
statt.
Jene fällt in das Gebiet der eigentlichen Flußschiffahrt und in
den Bereich der durch die Weserschiffahrtsakte festgesetzten Flußzölle, welche
auf der ganzen Weser 236^/4 Pfennig für 300 Pfund betragen, denen Bremen 45 Pfennig zu erheben berechtigt ist. des
von
Zur Erleichterung
durch die frühere Vernachlässigung der Oberweser sehr behelligten
Schiffahrtsverkehrs hat Bremen von dieser Berechtigung keinen Gebrauch gemacht, und sie nur in den seltenen Fällen eintreten lassen, daß Güter unter Befreiung von jeder andern Abgabe, auf dem Wasser transitierend
direkt aus dem Flußverkehr in den Seeverkehr oder umgekehrt übergingen.
Ganz anders
sind die Verhältnisse auf der untern Weser.
Den Hanse
städten lag bisher die Last ob, alle diejenigen kostspieligen Anstalten zu errichten und zu unterhalten, welche Deutschlands Seeschiffahrt und Handel
erheischen,
und die in andern Ländern nicht die betreffende Handels
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Z 2.
Die Entstehung der Reichsverfassung.
159
stadt, sondern das ganze Land zu errichten und zu erhalten hat.
Es galt
dabei in Bremen der Grundsatz, daß eine Entschädigung dafür von den
diese Anstalten Benutzenden geleistet werden müsse und verschiedene Er hebungen fanden unter verschiedenen Benennungen, als Tonnen-, Baken-, Convoye-, Schlachtgeld usw. statt.
Nach der französischen Gewaltherrschaft
wurde die Einrichtung getroffen, daß alle von verschiedenen Verwaltungen erhobenen
Abgaben in eine Generalkasse flossen und
Verwendungen bestritten wurden.
aus derselben die
Man fand nun auch zweckmäßiger, die
vorgedachten verschiedenen, zugleich den Ersatz für nicht erhobenen Weser
zoll gewährenden, durch Handel und Schiffahrt zu erlegenden Abgaben zu vereinigen, unter der gemeinschaftlichen Benennung von eingehenden
und ausgehenden Rechten, weil sie bei Exports erhoben wurden.
Gelegenheit des Imports und
Diese geringen
Abgaben von resp.
2/3 und
1/8 pro Cent von allen Bremen selbst betreffenden Importen und Exporten
übersteigen nicht das Maß der für Handel und Schiffahrt zu machenden Verwendungen, Bremen
ist in deren unvordenklichem und unbestrittenem
Erhebungsrechte, und hat auf dieses Recht hin die nötigen Anstalten er richtet und
für dieselben Staatsanleihen gemacht, zu deren beziehungs
weiser Erhaltung und Verzinsung die aus den eingehenden und ausgehenden Rechten fließenden Einnahmen um so weniger entbehrt werden können,
als andere Mittel dazu nicht vorhanden sind.
Am einfachsten wird dieses
aus der folgenden Zusammenstellung der betreffenden Einnahmen und Aus gaben hervorgehen."
Es folgt hier eine Aufzählung der auf die Seeschiffahrtsanstalten be
züglichen Einnahmen und Ausgaben des bremischen Staates.
Sodann heißt
es weiter: „Die fernere Verpflichtung Bremens zu auch nur vorschußweiser Erhaltung
der Schiffahrtsanstalten unter Aufhebung der Abgaben ist unmöglich, da die Mittel dazu nicht auf andere Weise zu beschaffen sind.
Wollte aber
die Reichskasse auch schon jetzt die bedeutenden Ausgaben selbst bestreiten,
so würde noch die Befriedigung der gewissermaßen auf jene Einnahmen angewiesenen Staatsgläubiger dieser Übernahme vorangehen müssen. Wie demnach die Aufhebung der Abgaben am 1. Januar 1849 abgesehen von den durch den preußischen Herrn Bevollmächtigten wegen der Verhältnisse zu fremden Staaten geltend gemachten Schwierigkeiten,
nicht minder erhebliche in finanzieller Hinsicht für die kleineren Staaten
darbietet, so liegt in der beabsichtigten Zentralisation, wenn sie das Maß
* Zu diesem Zeitpunkte sollen sie nach den gestellten Anträgen eintreten.
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Gegenstand der Abgabenerhebung.
III.
160
einer starken und wirksamen Oberaufsicht übersteigt, ein ferneres zwiefaches Be
Bis jetzt konnte der einzelne Staat für sich oder in Verbindung
denken.
mit anderen, die für seine Angehörigen zuvörderst und am meisten wichtigen
Anstalten beschließen und forderten.
ausführen,
so
schnell
Zentralgewalt in jedem Falle abhängig sein,
natürlich, steht.
Am
empfinden,
es
die Umstände
er
In der Folge wird diese Befugnis von der Genehmigung der wie auch ganz
da nur,
für die gebilligten Ausgaben eine Erstattung in Aussicht wird
schwersten
solches
man
in
den
kleinen
Republiken
wo der Grundsatz der Selbstverwaltung in alle Verhältnisse
gedrungen ist, und der Erkenntnis eines Bedürfnisses für Handels- und
Schiffahrtszwecke in der Regel die Befriedigung desselben auf dem Fuße zu folgen pflegte, nun aber der Genehmigung einer Zentralbehörde unter
geordnet werden soll,
von der man kaum voraussetzen wird,
unsere Bedürfnisse besser kenne, als wir selbst.
daß sie
Hier wird also der Reichs
gewalt eine Befugnis beigelegt, die uns über das Wünschenswerte und
Zweckmäßige hinauszugehen
scheint,
besonders wenn erst der Zeitpunkt
gekommen sein wird, wo die Zentralgewalt die Ausführung der Arbeiten
selbst in die Hand nehmen wird.
Alle Vorteile, welche die Einzelstaaten
in der Ausführung durch ihre mit den Lokal- und Personalverhältnissen
vertrauten und gleichzeitig bei anderen Arbeiten verwandten Beamten in technischer und ökonomischer Hinsicht finden,
werden dann unnötig ver
loren gehen, um auf weniger zweckmäßige Weise dem größeren Aufwande von Reichsbauten Platz zu machen."
Es handelte sich Binnenschiffahrtswegen,
also um
bei den Seewasserstraßen
die
konditionale
wie
nicht,
Verknüpfung
der
bei den
Abgaben
freiheit — oder vielmehr vom hanseatischen Standpunkte aus des Zwanges zur Nichterhebung von Schiffahrtsabgaben — mit der Reichsbaulast;
die kleineren Bundesseestaaten war weder das eine noch das
für
andere an
nehmbar, sie konnten die Abgabenfreiheit unter keinen Umständen gebrauchen und die selbständige Verfügung über ihre Seewege unter keinen Umständen missen Von der starken Zentralisation,
welche die Folge der Übernahme der
Seewasserstraßen in die unmittelbare Verwaltung des Reiches gewesen wäre,
wurden
übrigens
auch
in
Preußen
nachteilige
Folgen
befürchtet.
Der
preußische Abgeordnete Graf Wartensleben-Swirßen warnte in der Sitzung * Der Hamburger Merk sprach bei der Beratung in der Nationalversamm lung am 10. November 1848 mit Entschiedenheit gegen den Berfassungsantrag des volkswirtschaftlichen Ausschusses, der hauptsächlich durch süddeutsche — Moritz Mo hl aus Stuttgart — und sächsische Unitarier verteidigt wurde. Wigard, Stenograph. Berichte V S. 3229.
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Z 2.
Die Entstehung der Reichsverfassung.
eindringlich vor einer
der Nationalversammlung vom 10. November 1848 Organisation,
welche dazu führen müßte,
161
„wegen eines Pfahles in
daß
Memel Kommissare des Reiches geschickt werden müßten."
des
Schließlich fiel die Entscheidung im Sinne schaftlichen
Ausschüsse
ausging, „daß den
einzelnen Uferstaaten
der für den Seehandel und
aus dem volkswirt
„Minoritätserachtens",
vorgelegten
die Fürsorge
und
welches
davon
nähere Überwachung
die Schiffahrt nötigen Verfügungen,
richtungen und Anlagen überlassen
bleiben muß.
Ein
Die Sache begreift so
viele verschiedene Teile in sich, als Häfen, Seetonnen, Leuchttürme und
Leuchtschiffe, Baken, Lotsenwesen, Regulierung des Fahrwassers, Quarantäneanstallen usw.,
zu
deren
und
richtiger
zweckmäßiger Hand
habung eine genaue Kenntnis durch langjährige Erfahrung erforderlich ist, daß, wenn die Reichsgewalt allerdings die Oberaufsicht zur Sicherstellung des allgemeinen Interesses darüber ausüben soll,
führung
selbst
in die Hand
nehmen kann,
sie doch nicht die Aus
ohne dadurch
höchst wahr
scheinlich das Schiffahrtsinteresse sehr wesentlich zu beeinträchtigen und so auf den ganzen, sich unter den seitherigen Verhältnissen so großartig auf geschwungenen Seeverkehr nachteilig
einzuwirken.
volkswirtschaftlichen Ausschusses erklärt dagegen
Der Paragraph des
die Schiffahrtsanstalten
am Meere ohne weiteres für Reichssache usw." *.
Gleichzeitig wurde das Recht zur Erhebung von Fahrwaffergeldern den Bundesseestaaten zugestanden.
Um die Nutzanwendung aus den damaligen Vorgängen auf die Aus legung der
heutigen Verfassung im Wege
des Wahrscheinlichkeitsschlusses
ziehen zu können, ist es notwendig, sich die politische Lage der Hansestädte
jenem Anträge des volkswirtschaftlichen Ausschusses gegenüber klar zu machen.
Wenn Delbrück in seiner Druckschrift von 1848 schon für Preußen gesagt hatte, die „Übertragung der Flußhoheit an die Reichsgewalt" würde „die Wirksamkeit der Staatsgewalt in einem sehr wichtigen und in das Leben eingreifenden Zweige vernichten", so bedeutete diese Maßregel für die kleinen Seestadtstaaten, deren Lebensinteresse in der Unterhaltung und Verbesserung
des Fahrwassers nach dem Meere und ihrer sonstigen Schiffahrtsanstalten beruht, nicht viel weniger als die praktische Mediatisierung,
ihrer Selbständigkeit.
Sie hätten aufgehört,
den Verlust
Herr ihrer Geschicke zu sein,
wenn sie hinsichtlich der Frage, ob und was und wann es an der unteren Weser, Elbe und Trave geschehen sollte, abhängig geworden wären von den
* Der Anfang dieses Zitats ist schon auf S. 103 unter HI. U. 2. a. in Z 7 in anderem Zusammenhänge erwähnt. Schriften 6XV. - Erster Teil. 11
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III.
162
Gegenstand der Abgabenerhebung.
Entschließungen einer weit entfernten Zentralregierung und den Abstimmungen eines Reichsparlaments. Sie waren also durch zwingende Gründe genötigt, die Übernahme ihrer Seewasserstraßen
auf das Reich
ebenso stark darauf angewiesen,
als Danaergeschenk abzulehnen;
sie waren
mit der Verwaltung dieser Wasserstraßen
auch die Befugnis zur Abgabenerhebung
zu
behalten.
Ohne die letztere
wäre die erstere auch ein Danaergeschenk gewesen, weil diese kleinen Staats
gebilde trotz aller Kapitalkraft, trotz
aller kaufmännischen Tüchtigkeit und
Opferbereitschaft für große wirtschaftliche Ziele,
die Kosten der verhältnis
mäßig weiten, nicht von den Uferstaaten, sondern von ihnen allein zu unter
haltenden Schiffahrtswege bis zur offenen See ohne gebührenmäßige Heran ziehung der Schiffahrt nicht aufbringen konnten und können *.
Wenn auch
in den Hansestädten die Schiffahrtsinteressen in viel höherem Maße sich den allgemeinen
Staatsinteressen
annähern
und viel weniger von ihnen ver
schieden sind, wie in den anderen Bundesstaaten, so ist es dennoch auch bei ihnen
nicht
möglich,
alle
Kosten für Schiffahrtsverbesserungen auf
Schultern der Steuerzahler zu legen.
die
Hierbei spielt ferner der Umstand
eine sehr wichtige Rolle, daß die Schiffahrtsabgaben zum großen Teil von den Reedern ohne Möglichkeit der Überwälzung auf andere, also auch von Nichthanseaten und Nichtdeutschen, aufgebracht werden.
Für die Seestaaten war die Lage gegenüber dem Verfassungswerk von
1848/49
insofern eine andere als für die Binnenstaaten, als letzteren im
Rahmen ihres gemeinsamen Entschlusses: keinesfalls territoriale Strombau last ohne Schiffahrtsabgaben: die Alternative: entweder Reichsstrombaulast
ohne oder territoriale Baulast mit Schiffahrtsabgaben: offen blieb, während die Seestaaten oder
wenigstens die Hansestädte nur die zweite Möglich
keit hatten.
Das hat selbst die zu doktrinären und radikalen Maßregeln stark hin
neigende Nationalversammlung von 1848/49 eingesehen und den Seestaaten
ihre Wasserstraßen samt den Schiffahrtsabgaben gelassen. Die Interessen dieser Staaten in der Abgabenfrage hatten sich zur Zeit der Reichsgründung gegen das Jahr 1849 in keiner Weise verschoben; die
Erhaltung der partikularen Hoheitsrechte hinsichtlich der Wasserstraßen und ihres notwendigen Korrelats in Gestalt der rechtlichen Zulässigkeit von Fahr * In der anonymen hamburgischen Broschüre, welche unter III. H. 2. a. Z 7 aus S. 102 Anm. 2 zitiert ist, wird schon die Tatsache, daß die Hansestädte bei ihren Auf wendungen für die Seeschiffahrt nur die Selbstkosten durch Abgaben decken, als eine Art Ruhmestitel hingestellt, wenn auch die Bemerkung gemacht wird: „Es soll damit das Verfahren Hamburgs keineswegs als eine besondere Freigebigkeit hin gestellt werden; man verfährt so im wohlverstandenen eigenen Interesse usw."
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8 2.
Die Entstehung der Reichsverfassung.
163
wassergeldern war für die hinsichtlich der deutschen Seeschiffahrt ausschlag
gebenden Hansestädte nach wie vor die einzig
mögliche Lösung.
Daß diese
Lage der Dinge den maßgebenden Kreisen der preußischen Regierung bei
Aufstellung des Entwurfs zur Bundesverfassung entgangen sein könnte, ist
völlig ausgeschlossen;
es ist am wenigsten denkbar bei dem mit den Ver
handlungen und Vorgängen
vertrauten Delbrück.
der Jahre 1848 und 1849 auf das genaueste
Man wußte, daß die Finanzierung von Schiffahrts
verbesserungen durch Abgaben für die Hansestädte eine staatliche Notwendigkeit war und
man hatte gar keinen Anlaß, dieser schon von der Frankfurter
Nationalversammlung anerkannten Notwendigkeit jetzt die verfassungsmäßige
Berücksichtigung zu versagen. angezeigt,
sondern
geradezu
Hätte man das gewollt, so wäre es nicht nur
geboten
gewesen,
solche Willensmeinung
in
Daß der Art. 54 in deutlich erkenn
deutlich erkennbare Form zu kleiden.
barer Weise die Erhebung von Abgaben für Seewasserstraßen untersagt, wird aber selbst der eifrigste Gegner solcher Abgaben nicht behaupten.
Die
Vermutung spricht hier für die Kontinuität der gesetzgeberischen Willens
meinung.
Diese Willensmeinung ist in der Verfassung von 1849, dem
anerkannten Vorbilde der heutigen, durch die ausdrückliche Zulassung von Fahrwassergeldern klar ausgedrückt.
Es muß also angenommen werden, daß
Fahrwassergelder auch mit dem Art. 54 vereinbar sind.
Die Hanseaten haben ihn jedenfalls bona üäe so verstanden.
Das
geht nicht nur aus ihrer unangefochtenen Verwaltungspraxis — die sich in
dieser Hinsicht von derjenigen der anderen Bundesseestaaten nicht unterscheidet —, sondern auch
aus den Erörterungen hervor,
Reichstage 1867,
im Reichstage von
die
im
konstituierenden
1869 und in späteren Reichstagen
über Schiffahrtsanstalten stattgefunden haben.
Im konstituierenden Reichstage wurde zu Art. 4 Nr. 9 der Bundes
verfassung von dem Abgeordneten Grumbrecht beantragt, die Zuständigkeit
des Reiches auszudehnen auf „die Anstalten für Seeschiffahrt, Häfen, See tonnen, Leuchttürme, das Lotsenwesen, das Fahrwasser". Über diesen An trag, der im Jahre 1869 mit einer nicht sehr erheblichen Änderung wieder
holt wurde und schließlich zu einer Ergänzung der Verfassung durch Reichs gesetz vom 3. März 1873
führte, entspann sich in den Jahren 1867 und
1869 eine längere Erörterung, welche an die entsprechenden Verhandlungen der Nationalversammlung von 1848 anknüpfte; auch die Fassung des An
trages war, wie der lübeckische Abgeordnete Görtz zutreffend? bemerkte, dem
Z 20 des damaligen Verfassungsentwurfs entlehnt.
' R.Ges.Bl. S. 47. Reichstagsverhandl. vom 20. März 1867 Stenogr. Ber. S. 281. . 11*
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III.
164
Gegenstand der Abgabenerhebung.
Obwohl es sich bei dem Anträge nur um die Gesetzgebung und Auf
sicht des Reiches, nicht um dessen unmittelbare Zuständigkeit für die Ver waltung des Seewesens handelte, so lebte doch bei den Hanseaten die alte
Besorgnis vor schädlicher Zentralisierung wieder auf, und die Erörterung
wurde von ihnen in dem Sinne geführt,
als ob es darauf ankäme, die
Autonomie der Bundesstaaten hinsichtlich der Anstalten für die Seeschiff
fahrt
zu
verteidigen.
geordneter, „die
Furcht
Gleich der
konnte in
erste Redner,
der Reichstagsverhandlung
nicht unterdrücken,
wenn
daß,
z.
hamburgischer
ein vom B.
März
20.
eine
Ab 1867
Sandbank
sich
verschieben sollte, und dadurch eine neue Tonnenlegung erforderlich gemacht eine geraume Zeit vergehen würde,
würde,
bis zu dieser neuen Sandbank
der entsprechende Aktenhaufen geschrieben wäre".
Auch konnte er sich „der
Befürchtung nicht entschlagen, daß, wenn in richtiger Konsequenz beschlossen
würde, daß, was Bundessache ist, auch aus der Bundeskasse zu bezahlen ist,
es später äußerst schwer halten würde, die nötigen Bewilligungen zu er
halten" usw.
Es wurde also die — zunächst willkürliche und in dem An
träge nicht begründete — Voraussetzung
gemacht, daß die Seeschiffahrts
anstalten vom Reiche in eigene, unmittelbare Verwaltung übernommen werden sollten oder würden.
Bei den Erörterungen über diesen Gegenstand lag es nahe, auch die Frage der Finanzierung von Schiffahrtsverbesserungen durch Fahrwassergelder
zu
berühren.
Das ist
auch in ausgiebiger Weise geschehen.
Der
Ab
geordnete Meier aus Bremen, welcher sich ebenso wie die übrigen Hanseaten für die Belassung der Schiffahrtsanstalten in der Hand der Seestaaten aus sprach, verwies in der Verhandlung vom 20. März 1867 spiel
Englands,
wo
die
Unterhaltung
der
auf das Bei
Seewasserstraßen
auch
nicht
Reichssache, sondern den Nächstbeteiligten unter gleichzeitiger Zulassung von
Schiffahrtsabgaben anheimgestellt sei. Im Jahre 1869 wurde diese Seite der Sache noch eingehender behandelt.
Der Antragsteller Grumbrecht erwähnte in der Reichstagsverhandlung vom 6. April 1869
ausdrücklich
die
hamburgische
Schiffahrtsabgabe für die
Befahrung der Unterelbe, das sogenannte „Lotsgeld", unter Anführung der finanziellen Erträge.
Der Abgeordnete Waldeck sprach ebenfalls von dieser
Abgabe in dem Sinne, daß man sie wohl nicht entbehren könne; und nach
dem ein hamburgischer Abgeordneter darauf hingewiesen hatte, daß Hamburg trotz
der
Abgaben
„eine
Unterbilanz
von
300 000
Talern
aus
Stromeinrichtungen" habe, erklärte Waldeck nochmals:
Stenogr. Berichte S. 283.
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den
Z 2.
„Im
konstituierenden
Die Entstehung der Reichsverfassung.
sagte
Reichstage
Hamburg, daß für diese Sache:
ein
anderer
165 Abgeordneter
für
Leuchttürme, Tonnen usw. auf ihrem
Budget 500 000 Taler ständen *; der jetzige Herr Abgeordnete sagt, die Strom regulierung überhaupt gebe ihnen
300 000 Talern.
eine Unterbilanz von
Das kann ja immer so sein, das widerlegt aber nicht,
was ich gesagt habe, nämlich, daß jene 500 000 Taler keineswegs durch
Hamburgs Abgaben allein, sondern durch die Abgaben, die sie von
den Schiffen — und ja ganz mit Recht — erheben, bestritten werden usw."
Schließlich wurde von Grumbrecht nochmals über die hamburgischen Kosten
eine genauere Rechnung
„für die Fahrbarmachung
der Elbe"
—
gemeint ist natürlich die Verbesserung des Fahrwassers — und über die aus
dem Fahrwassergelde fließenden Einnahmen
aufgemacht.
Er bezifferte
den
Ertrag dieser Abgabe auf 106 000 und die Ausgabe für das eigentliche
Lotsenwesen auf 40 000 Mark banco jährlich, sodaß für die Unterhaltung der Fahrrinne und Verzinsung der Strombaukosten 66 000 Mark banco zur
Verfügung ständen Grumbrecht war damals wie auch schon in der Frankfurter National
versammlung Vertreter für Harburg, wo man Grund zur Klage über die hamburgische Verwaltung des Schiffahrtswesens auf der Unterelbe zu haben
glaubte.
Das gab ihm Veranlassung, immer wieder diese Verwaltung im
Reichstage zu kritisieren.
Am 5. Juni 1872 sagte er über die hamburgische
Elbschiffahrtsabgabe:
„Es ist tatsächlich und faktisch das ganze Lotsengeld eine Schiffahrts abgabe, wie die Herren, die mit jenen Verhältnissen nicht vertraut sind,
daraus erkennen werden,
daß die Lotsen bezahlt werden nicht nach ihrer
Arbeit, sondern nach dem Tiefgänge der Schiffe. — Es ergibt sich daraus sehr klar, daß das
Lotsengeld,
welches gezwungenermaßen
bezahlt
werden muß, eine Schiffahrtsabgabe ist^."
Auch später noch, am 16. November 1876
hat Grumbrecht im Reichs
tage über diese Schiffahrtsabgabe gesprochen. Die hier erwänten parlamentarischen Vorgänge gehören, auch soweit sie
sich
in den Jahren 1869 und 1872
abgespielt haben,
zur Entstehungs-
' Es war der Abgeordnete de Chapeaurouge am 20. März 1867. Stenograph. Berichte I S. 211—216. 3 Vgl. Stenograph. Berichte S. 749. Die Bemerkung über den vom ham burgischen Staate geübten Zwang bezieht sich darauf, daß auch diejenigen Schiffe das sogenannte Lotsgeld bezahlen müssen, welche keine Lotsen an Bord nehmen. Es ist tatsächlich ein Fahrwassergeld. 4 Stenograph. Berichte S. 133.
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III.
166
Gegenstand der Abgabenerhebung.
geschichte der Verfassung vom 16. April 1871 und des obenerwähnten Ver
Die Regierung hat sich
fassungsnachtrages vom 3. März 1873.
an den
Verhandlungen — auch Delbrück persönlich durch Abgabe einer Erklärung in der Reichstagssitzung am 6. April 1869 — beteiligt, ohne die von den Hanseaten und anderen Reichstagsabgeordneten bekundete Auffassung, daß
Schiffahrtsabgaben für die Benutzung verbesserter natürlicher Wasserstraßen Freilich wurde die Erörterung von
zu Recht erhoben würden, zu bestreiten.
allen Beteiligten gar nicht in dem Sinne geführt, als ob die Befugnis der
Bundesseestaten zur Erhebung solcher Abgaben zweifelhaft oder streitig wäre
und besonders festgestellt werden müsse; diese Befugnis wurde vielmehr still schweigend als vorhanden vorausgesetzt.
Das galt auch für den Abgeordneten
Grumbrecht, der trotz seiner wenig freundlichen Auffassung der hamburgischen Verkehrspolitik die rechtliche Zulässigkeit der Elbschiffahrtsabgabe nicht in Abrede stellen wollte.
Es wäre zu weit gegangen, wenn man aus jenen Reichstagsverhand
lungen eine Willenskundgebung der gesetzgebenden Faktoren für die Zulässigkeit der Schiffahrtsabgaben konstruieren wollte.
Denn der Reichstag hat keinen
Beschluß nach dieser Richtung gefaßt und auch das Schweigen der Bundes
ratsvertreter kann als eine solche Kundgebung nicht aufgefaßt werden.
Wohl aber sind diese wiederholten und ausführlichen Verhandlungen ein unanfechtbares Zeugnis für die Rechtsauffassung der beteiligten Kreise. Es war hiermit reichstagsnotorisch und der Öffentlichkeit bekannt — vor der
Emanation
bekannt
der Reichsverfassung
—, daß die Seestaaten
von
1871
auch in
dona üäe den Art.
Süddeutschland
54 als inhaltlich
übereinstimmend mit dem die Seeschiffahrsanstalten behandelnden Art. IV des Verfassungsentwurfs von 1849 ansahen.
Mit dieser Auffassung mußte
politisch gerechnet werden; wenn man sie nicht teilte, hatte man sicherlich
Veranlassung, sie ausdrücklich und rechtzeitig zu bestreiten.
Daß auch das Rechtsbewußtsein der handel- und schiffahrttreibenden Kreise an der Forterhebung der Schiffahrtsabgaben auf natürlichen Seewasser
straßen keinen Anstoß nahm,
geht aus dem Umstande deutlich hervor, daß
im Jahre 1885 fünfzehn Handeskammern und Kaufmannschaften des deutschen
Küstengebietes und seines nächsten Hinterlandes in einer gemeinsamen Eingabe
den Reichskanzler baten,
er möge dahin wirken, daß die Schiffahrts
abgaben für die Küstenfahrt „in den Häfen und aus den natürlichen
Wasserstraßen des Reichsgebietes" ermäßigt würden -jr
* Wenn man die hier behandelten parlamentarischen Vorgänge aus der Zeit der Reichsgründung liest, so begreift man, daß der Abgeordnete von Zedlitz,
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8 2.
Die Entstehung der Reichsverfassung.
167
Das Ergebnis dieser Erörterungen ist dahin zusammenzufassen: es fehlt an einem hinreichen Grunde für die Annahme, die verbündeten Regierungen
und die Volksvertretung hätten diejenige Rücksichtnahme auf die politischen und finanziellen Interessen der kleineren Bundesseestaaten, welche sie im Jahre
Jahren
1848 durch Zulassung 1867 und
1871
von Fahrwassergeldern betätigten,
verweigern wollen.
Im
Gegenteil
in den
spricht der
Verlauf der Dinge und der Vergleich der politischen Konstellation dafür, daß solche Rücksichtnahme
mindestens in gleichem
Maße
wie früher ob
gewaltet hat. Ist das richtig, so bleibt nur die Schlußfolgerung übrig, daß von den beiden innerlich
verschiedenen Lösungen
der Abgabenfrage,
die der Ver
fassungsentwurf von 1849 für See- und Binnenschiffahrt in Art. IV und V
gebracht hatte, oie erstere, die Zulässigkeit von Fahrwassergeldern in sich schließende, in der jetzigen Reichsverfassung verallgemeinert worden ist.
Die
Verallgemeinerung der anderen Lösung ist aus den hier ausführlich dar
gelegten Gründen unwahrscheinlich. Sie wäre gerade im Seeverkehr großenteils
ausländischen Interessen zugute gekommen, während die Steuerzahler der Seestaaten den Ausfall zu tragen gehabt hätten;
weiß,
daß
die Schiffahrtsabgaben,
werden müssen, in der Regel
soweit sie
denn jeder Sachkenner
vom Naumgehalt
gezahlt
von der Reederei endgültig getragen werden.
Diese Wirkung der radikalen Abschaffung
aller Fahrwassergelder werden die
verbündeten Regierungen sich sicherlich klar gemacht und deshalb von einer
solchen Maßregel abgesehen haben. Die Abstammung des Art. 54 aus dem Entwurf von 1849 ist bisher
nur von Schumacher näher untersucht und als Auslegungsmittel herangezogen
worden.
Indessen hat Schumacher nur über Binnenschiffahrt geschrieben und
deshalb nur den Art. V jenes Entwurfs mit dem Art. 54 der Verfassung in Beziehung gesetzt. der dem konstituierenden Reichstage angehört hatte, in der Sitzung des preußischen Abgeordnetenhauses vom 4. Februar 1905 erklären konnte: „Da kann ich bezeugen, daß es damals (1867) niemandem eingefallen ist, das Verbot der Abgabenerhebung in Art. 54 der Reichsverfassung so aufzufassen, daß damit etwas anderes geschützt werden sollte, als den Verkehr auf denjenigen natürlichen Wasserstraßen in demjenigen Zustande, welchen der preußische Staat infolge seiner öffentlichrechtlichen Verpflichtung gemäß Tit. 15 Teil II des All
gemeinen Landrechts erhallen muß, daß nur die Befahrung der natürlichen Wasserstraßen in diesem Zustande frei gewährleistet werden sollte, daß aber nicht im mindesten ausgeschlossen werden sollte, eine Gebühr zu erheben als Entgelt für diejenigen Kosten, die der Staat aufwendet, um die natürlichen Wasserstraßen mit künstlichen Mitteln über das Maß ihrer natürlichen Schiff barkeit hinaus zu verbessern usw." Vgl. Stenogr. Berichte S. 9466.
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III.
168
Gegenstand der Abgabenerhebung.
Die vorstehenden Erörterungen unterscheiden sich von denjenigen des Schumacherschen Werkes darin, daß sie auf der breiteren Grundlage der ge
samten Schiffahrt sich bewegen, fahrtsabgaben
alle Arten von Wasserstraßen und Schiff
berücksichtigen und demgemäß auf die Duplizität der Ab
stammung des Art. 54 ein erhebliches Gewicht legen. Bon diesem Standpunkte
aus ist es notwendig, den Verbleib des finanzpolitischen Gedankens, welcher
im fünften Artikel des Verfassungsentwurfs von 1849 verkörpert war, in der weiteren Rechtsentwicklung zu verfolgen.
Es muß eine Antwort gefunden
werden auf die Frage, ob die früher gewährte Möglichkeit der Finanzierung
von Verbesserungen
für Seewasserstraßen
durch Schiffahrtsabgaben
später
ausgeschaltet und aus welchen Gründen etwa diese Ausschaltung erfolgt ist.
Die erstere dieser Fragen ist zu verneinen
e) Die Praxis.
8 i. Allgemeine Bemerkungen. Dieselben
politischen
und
wirtschaftlichen Kräfte
und Beweggründe,
welche bei der Rechtsbildung wirksam waren und durch die Erforschung der Entstehungsgeschichte des Gesetzes erkennbar werden, pflegen auch in seiner
praktischen
Anwendung
weiterarbeiten,
sich
zu betätigen;
insoweit der Praxis
sie
können sogar rechtsbildend
die Aufgabe
zufällt, Lücken in der
Gesetzgebung oder doch in dem Ausdruck des gesetzgeberischen Willens sinn gemäß
zu
ergänzen.
Die Identität der Praxis und des
Willens ist für die Zeit des absoluten Staates,
Zeit vor
1848,
gesetzgeberischen
also in Preußen für die
beinahe selbstverständlich, weil die gesetzgebende Gewalt
zugleich die ausführende war; nur wo die letztere ihre Befugnisse auf Nach
geordnete Verwaltungsorgane übertragen hatte, konnten Abweichungen infolge mangelhafter Überwachung vorkommen. Aber auch für die Zeit des Ver fassungsstaates muß bis zum positiven Beweise des Gegenteils angenommen
werden, daß die zwischen den gesetzgebenden Faktoren vereinbarten Gesetze von der vollziehenden Gewalt loyal und sinngemäß ausgeführt wurden Die Praxis ist also der Regel nach das Spiegelbild der gesetzgeberischen * Die Vorgänge im Erfurter Parlament sind wegen ihres allzu episodenhaften Charakters, und weil dem damaligen Versuch einer Reichsgründung ein großer Teil des heutigen Deutschen Reiches von vornherein fernblieb, nicht berücksichtigt. 2 In Preußen wurden bis zum Jahre 1882 alle Tarife für Schiffahrts abgaben im Wege der Königlichen Verordnung festgestellt; es war also in der vormärzlichen Zeit ein Unterschied zwischen Gesetzgebung und Praxis rechtlich nicht möglich.
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H 1.
Allgemeine Bemerkungen.
169
Willensmeinung, die reale Verkörperung des Rechtsgedankens. Gedankens sich bewegt.
Die Ver
auf den Spuren dieses
mutung spricht dafür, daß sie im Rahmen und
Die Feststellung der Praxis hat gewissermaßen die
Bedeutung einer Probe auf das Exempel der Rechtsauslegung; sie ist insofern
selbst ein Auslegungsmittel von großer Bedeutung. Freilich ist bei der Anwendung dieses Mittels kritische Vorsicht geboten, weil verschiedene Momente die Brauchbarkeit der Praxis als Erkenntnis quelle des geltenden Rechtes beeinträchtigen können und gerade bei demjenigen
Rechtsgebiete, um dessen Erforschung es sich
hier handelt, tatsächlich be
einträchtigen.
Eines dieser Momente
ergibt sich
aus dem Umstande, daß die in
Betracht kommenden Gesetze in der Hauptsache nicht ^U8 ^U8 äi8p08itivum geben; sie verleihen Befugnisse,
gemeinen nicht zu bestimmten Handlungen und Unterlassungen. zur Erhebung von Schiffahrtsabgaben besteht in
sondern
aber sie nötigen im all
Ein Zwang
gewissem Umfange zwar
für Preußen hinsichtlich der kommunalen Schiffahrtsanstalten nach Z 4 des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893, welcher anordnet: „Die Erhebung von Gebühren hat zu erfolgen, wenn die Veranstaltung (es ist die Rede von den
„im öffentlichen Interesse unterhaltenen Ver
anstaltungen, Anlagen, Anstalten und Einrichtungen") einzelnen Gemeinde angehörigen oder einzelnen Klassen von solchen vorzugsweise zum Vorteile gereicht." * Die Ausübung dieses Zwanges liegt in der Hand der Gemeindeauf
sichtsbehörden.
Nach Reichs-
und
internationalem
Vertragsrecht
gibt es
aber keine Verpflichtung zur Erhebung von Fahrwassergeldern oder sonstigen Schiffahrtsabgaben.
Zwingendes Recht enthalten hier nur die Vorschriften
über die Voraussetzungen, unter welchen die Abgabenpflicht
im Einzelfalle
eintritt, und über die für die Tarifbildung maßgebende Höchstgrenze des Gesamtertrages.
Die tatsächliche Entwicklung hat in Deutschland und ganz besonders
in Preußen dahin geführt, daß von den Vertrags- und verfassungsmäßigen Befugnissen von der Mitte bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts ein äußerst
sparsamer Gebrauch
einerseits
auf der,
gemacht
wurde.
Diese Entwicklung
beruhte
im preußischen Handelsministerium hauptsächlich durch
Delbrück vertretenen wirtschaftspolitischen Anschauung, welcher Schiffahrts
abgaben ebenso wie jede andere, wenn auch im Rahmen des Gebührenprinzips gehaltene
Belastung
des
Verkehrs
grundsätzlich
als
unerwünscht
galten,
anderseits in den Jahren 1866 bis 1871 auf allgemein politischen Motiven und Popularitätsrücksichten.
Man schaffte in jener Zeit die Schiffahrts-
i Diese Voraussetzung wird bei kommunalen Schiffahrtsanstalten immer zutresfen.
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111.
170 abgaben soviel
Gegenstand der Abgabenerhebung.
als möglich ab und führte sie so wenig wie möglich ein.
In den neuerworbenen Provinzen
wurde damals bei der Neuregelung des
Abgabenwesens für die Schiffahrt mit weitgehender Liberalität vorgegangen;
in Schleswig-Holstein wurden beispielsweise im Jahre 1867 die in dänischer Zeit allgemein erhobenen Leuchtfeuer-, Tonnen- und Bakengelder aufgehoben
und die ziemlich beträchtlichen Ausgaben für die Bezeichnung der Seewasser straßen auf allgemeine Staatsmittel übernommen, obwohl die Tages- und Nachtmarken immer als besondere Anstalten im Sinne der Verfassung an
gesehen worden sind.
Es kann also die Aufhebung einer Schiffahrtsabgabe
in Schleswig-Holstein i und in anderen, vor 1867 zum Zollauslande gehörigen
Ländern nicht ohne weiteres als Beweis dafür geltend gemacht werden, daß man diese Abgabe für unvereinbar mit dem Zollvereinsvertrage und der
Bundesverfassung erachtet habe; vielmehr kommt es wesentlich auf die Be gründung an, welche der Aufhebung in dem nach preußischem Staatsrecht an
den König
zu
richtenden Anträge gegeben wurde.
Wenn die Begründung
nur aus wirtschaftlichen und sonstigen Zweckmäßigkeitserwägungen entnommen ist, so wird man die rechtliche Zulässigkeit oder den Glauben der Minister
an die rechtliche Zulässigkeit der Abgabe schon deshalb als dargetan ansehen können, weil die Begründung durch die Vertrags- und Verfassungswidrigkeit
einer Abgabe sehr viel einfacher gegeben werden konnte. Allgemeine politische Erwägungen
haben
sicherlich
zu dem Entschlusse
beigetragen, nach Beseitigung der Flußzölle auf dem Rhein und der Elbe keine Fahrwassergelder im Rahmen der Selbstkostendeckung einzuführen.
Die starke Abneigung, 60er Jahren
des vorigen
welche bei der preußischen Regierung Jahrhunderts und auch
in den
später noch gegen die
Einführung derartiger Abgaben bestand, erschwert die Erkennung des Rechts zustandes aus der Praxis; es ist nicht immer ohne weiteres klar, ob man
damals eine Abgabe ablehnte, weil man sie nicht wollte, oder weil man sich zu ihrer Erhebung nicht für befugt erachtete.
Die Fälle der negativen Praxis,
der nicht erhobenen Schiffahrtsabgaben, können aber bei der durch die Lage
der Verhältnisse gebotenen sorgfältigen Untersuchung des Gegenstandes nicht außer acht gelassen werden; es ist notwendig, sie neben der positiven Praxis für
die
Auslegung
zu
verwerten.
folgenden näher dargelegt werden;
Ein Fall der ersteren
Art wird im
er läßt den grundsätzlichen, man könnte
fast sagen theoretischen Standpunkt der Negierung, welche, um die von den
Beteiligten lebhaft gewünschte Einführung von Fahrwassergeldern zu hindern,
* Nach Einverleibung des Landes wurden sämtliche Tarife für Schiffahrts abgaben in Schleswig-Holstein einer Prüfung aus dem Gesichtspunkte der Zulässig keit und Zweckmäßigkeit unterzogen und größtenteils aufgehoben oder ermäßigt.
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8 1.
Allgemeine Bemerkungen.
171
erst ihre eigene Erhebungsbefugnis und dann die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit Während kaum ein Menschenalter später
in Abrede stellte, deutlich erkennen.
die Regierung den Ausbau des Wasserstraßennetzes von Beiträgen der Pro
vinzen und der Erhebung von Schiffahrtsabgaben abhängig machte, hatte in
den 60er Jahren eine Provinz einen hohen Kostenbeitrag für Zwecke der
Stromverbesserung angeboten und im Verein mit den Handelskammern um Schiffahrtsabgaben gebeten. Im Gegensatz zu den Nächstbeteiligten, welche auch
von
dem mit Schiffahrtsabgaben belegten verbesserten Strome noch wesent
liche Verkehrsvorteile erwarteten und
in der Abgabenerhebung ein zweck
mäßiges Mittel zur Finanzierung von Strombauten sahen, hielt damals der Staat Fahrwassergelder für nachteilig und lehnte alle von der Provinzial
vertretung gestellten Anträge lediglich aus allgemeinen Erwägungen ab. Ein weiteres Moment der Unsicherheit ergibt sich aus der wenig klaren
und
scharfen
Fassung
der
maßgebenden
Bestimmungen.
Bei
öffentlich-
rechtlichen Vorschriften über wirtschaftliche Fragen findet sich diese Erscheinung nicht selten, weil die anzuwendenden wirtschaftlichen Begriffe — man denke
nur an denjenigen der Unterhaltungs-
gewisse Unbestimmtheit aufweisen.
und Herstellungskosten — oft eine
Auch die Vorschriften über Schiffahrts
abgaben haben einen mehr programmatischen Charakter, sie enthalten weniger positive Rechtsnormen von unmittelbarer Übertragbarkeit in die Praxis als vielmehr Rechtsgrundsätze ohne starre Umgrenzung, welche einen gewissen
Spielraum einerseits für subjektive Auffassungen und anderseits für praktische Rücksichten und Erwägungen gewähren.
Innerhalb dieses Spielraumes hat der Strom der Entwicklung zuweilen serpentiniert. mäßig.
Der Gang der Verwaltungsmaschine war nicht immer gleich
Nicht immer hat man sich
bei der Entscheidung des Einzelfalles
die ganze Vergangenheit gegenwärtig gehalten; man handelte nicht durchweg
nach einheitlichen Gesichtspunkten. Es sind infolgedessen zuweilen Schwankungen
im Kurse eingetreten, aber sie bewegten sich doch im großen und ganzen um
eine feste Linie. In einigen, wenn auch seltenen Fällen, sind freilich entgegengesetzte Auffassungen zu verzeichnen.
Es ging
eben bei diesen, ebenso wie auch
bei vielen anderen Staatsgeschäften nicht ohne gelegentliche Irrungen und Mißverständnisse ab, die zu Trübungen des ursprünglichen Rechtsgedankens
führten.
Viele Köpfe und Federn haben seit dem Inkrafttreten der ersten
Zollvereinsverträge
in der Praxis hinsichtlich der Schiffahrtsabgaben
betätigt und zuweilen
sich
auch Spuren subjektiver Meinungen in wechselnder
Anwendung des Rechtes hinterlassen.
Schließlich bleibt nichts anderes übrig,
als die Totalität der Wahrnehmungen, den schließlichen
Gesamteindruck,
bei Bewertung der Praxis für den Auslegungszweck entscheiden zu lassen.
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III. Gegenstand der Abgabenerhebung.
172
Auch die Judikatur des Verwaltungs-, Zivil-, Straf- und Prozeßrechts ist
bekanntlich
von
derartigen
sprüchen keineswegs frei *.
Schwankungen
und
gelegentlichen Wider
Ihr Vorkommen ist auf demjenigen Gebiete des
öffentlichen Rechts, um welches es sich hier handelt, vielleicht noch erklärlicher
und entschuldbarer.
Die verhältnismäßig geringe Zahl der Anwendungsfälle
bei den Rechtsvorschriften über Schiffahrtsabgaben ist für ihre Auslegung
und praktische Handhabung kein Vorteil, sondern eher ein Nachteil, weil hierdurch die Bildung einer gleichmäßigen Rechtsanschauung und festen Überlieferung sehr erschwert wird. Die große Zahl der Anwendungsfälle
auf anderen Rechtsgebieten führt nicht nur sachlich zu weitgehender Klärung
der
sondern auch
einzelnen Fragen,
äußerlich
zur Entstehung von Auf
zeichnungen und Zusammenstellungen, welche dem Praktiker die Information Die nicht der Judikatur,
erleichtern.
stehende und
sondern lediglich der Verwaltung zu
seltener eintretende Anwendung von öffentlichrechtlichen Be
stimmungen mit beschränktem Geltungsgebiet ist insofern wesentlich schwieriger,
als die Feststellung der früher vorgekommenen gleichen oder ähnlichen Fälle
für eine Vergangenheit von einigen Jahrzehnten oft nur durch zeitraubendes und
mühevolles
Schwierigkeiten
Studium eines
in
und
Akten
solchen Studiums
Archiven
möglich
ist.
Die
werden von Fernstehenden leicht
unterschätzt. Die
Gefahr
einer
gelegentlichen
Entgleisung
aus
den Bahnen
der
Tradition ist infolgedessen hier größer als auf den einer Judikatur unter
stehenden Rechtsgebieten?.
Die Praxis soll hier zunächst für die Zeit vor der Neichsgründung dargestellt werden. müßte,
Die dann folgende Untersuchung der Praxis nach 1867
wenn unter „besonderen Anstalten" in Art. 54 der Verfassung ein
engerer Kreis von Wasserbauten und sonstigen Schiffahrtseinrichtungen verstanden wäre, wie unter den Anstalten zur Erleichterung des Verkehrs im Sinne
* Da hier von Wasserstraßen die Rede ist, so mag nur daran erinnert werden, daß das preußische Obertribunal früher entschieden hat, ein auf einer Strecke seines Laufes schiffbarer Fluß habe die Eigenschaft eines „öffentlichen" im Rechtssinne für seine ganze Erstreckung, während es später erkannte, daß diese Eigenschaft auf die schiffbaren Teile des Flusses beschränkt sei. 2 In Preußen ist über die Verpflichtung zur Entrichtung von Schiffahrts abgaben im allgemeinen der Nechtsgang nicht zugelassen. Dagegen ist bezüglich der kommunalen Schiffahrtsabgaben die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte be gründet; der Natur der Sache nach kommt diese Zuständigkeit nur bei Abgaben für die Benutzung örtlicher Schiffahrtsanstalten in Frage. Die Wasserstraßen gehören in Preußen fast sämtlich dem Staate. Die wenigen nichtfiskalischen gehören Zweck verbänden; der Teltowkanal wird die erste kommunale Wasserstraße sein.
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8 2.
Die Praxis bei den Wasserstraßen in Preußen vor der Reichsgründung. 173
der Zollvereinsverträge, diese Begriffseinschnürung erkennen lassen.
Da eine
chronologische Schilderung im Interesse der Übersicht und
auch aus
rein
anderen
Gründen
unzweckmäßig
wäre,
so wird sie für das Reich,
Preußen und für die anderen Bundesstaaten gesondert gegeben.
für
Außerdem
wird die Praxis hinsichtlich der Wasserstraßen und der Häfen auseinander
gehalten werden.
8 2.
Die Praxis bei den Wasserstraßen in Preußen vor der Reichs gründung. Die Darstellung der Praxis der preußischen Regierung bei der Erhebung
von Schiffahrtsabgaben auf natürlichen Wasserstraßen ist aus den unter II Z 2 S. 17 dargelegten Gründen von der größten Wichtigkeit für die Beurteilung des heutigen Rechtszustandes.
Das gilt auch von der Praxis unter der Herrschaft
der älteren Zollvereinsverträge vor 1867, da nach den früheren Ausführungen der damalige Rechtszustand mit dem heutigen im wesentlichen sich deckte.
Eine Verschiedenheit liegt nur vor hinsichtlich des zulässigen Höchstbetrages
für Schiffahrtsabgaben auf nicht fiskalischen künstlichen Wasserstraßen; aber
dieses Moment ist ohne Bedeutung für die folgenden Darstellungen, welche
sich
fast
ausschließlich
mit fiskalischen
Wasserstraßen und bei den nicht-
fiskalischen nur mit der Feststellung des Substrats der Abgabenerhebung,
nicht mit der Frage des Höchstbetrages beschäftigen werden.
Die letztere
Frage soll erst in Abschnitt V zur Erörterung kommen. Die besondere Beweiskraft der preußischen Praxis bedarf in Anbetracht des Umstandes, daß die Zollvereinsverträge auf preußischer Initiative be
ruhten und die Verkörperung derjenigen wirtschaftlichen Gedanken waren, für
welche die preußische Regierung in Deutschland wirkte und warb, keiner be sonderen Begründung.
Natürlich ist diese Praxis — sonst würde sie der Beweiskraft für das tkema xrodanäum ermangeln — nur hinsichtlich der eigentlichen Befahrungs
abgaben auf natürlichen Wasserstraßen, nicht hinsichtlich der Hafengelder und
sonstiger örtlicher Schiffahrtsgebühren, auch nicht bezüglich der Schleusen gelder, und ferner nur insoweit dargestellt worden, als es sich um die nach
dem Gebührenprinzip
gebildeten Abgabentarife
handelte.
Die nach dem
Steuerprinzip erhobenen Flußzölle mußten als inkommensurable Erscheinungen
außer Betracht bleiben. Die Anwmdung des letzteren Prinzips
bei der Erhebung von Schiff
fahrtsabgaben war seitens der preußischen Regierung schon vor der Be-
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174
III
Gegenstand der Abgabenerhebung.
gründung des Zollvereins im Wege der autonomen Entschließung sehr stark
beschränkt worden. Sie hatte im Jahre 1816 die Wasserzölle auf einer großen Zahl von auf der Havel, Spree und Oder beseitigt,
ostelbischen Flüssen, namentlich
während sie die eigentlichen Schiffahrtsabgaben vielfach beibehielt, namentlich
auf der Havel und Spree, und zwar nicht nur als Schleusengebühr, sondern
zur Deckung der sämtlichen im Schiffahrtsinteresse aufgewendeten Selbstkosten.
Bei denjenigen deutschen Strömen, an welchen außer Preußen noch andere Staaten beteiligt waren, erhielten die Flußzölle sich weit länger, weil die auf ihre Abschaffung Finanzinteressen
der
gerichteten Bestrebungen des ersteren Staates an den letzteren
Widerstand
fanden.
Schließlich
waren
in
Preußen nach Beseitigung der Flußzölle auf der Weser im Jahre 1857 nur noch die Elb- und Rheinzölle übrig geblieben.
Aber auch
gegenüber der Nheinschiffahrt beschränkte Preußen die An
wendung des Steuerprinzips auf die durchgehende Hauptverkehrsstraße; die Nebenwasserstraßen des Rheins, welche ausschließlich auf preußischem Gebiete
lagen, wurden von vornherein hinsichtlich der Schiffahrtsabgaben nach dem Gebührenprinzip behandelt.
Schon auf S. 50 war in anderem Zusammenhänge von denjenigen Wasser
straßen die Rede, welche den jetzigen Hauptstrom mit Neuß, Rheinberg und Cleve verbinden. Es handelt sich um frühere Rheinarme, die durch spontane oder künstliche Änderungen der Stromrichtung zu toten Wassern geworden,
aber schiffbar geblieben und durch Baggerungen offengehalten worden sind.
Die Unterhaltung der Wasserstraße nach Neuß hat diese Stadt übernommen, ebenso
hat früher die Stadt Rheinberg ihre Anschlußwasserstraße instand
gehalten, während der Rheinarm von Brienen unweit Cleve bis Schenkenschanz
oder Bimmen am fließenden Rhein eine staatliche Wasserstraße geblieben ist.
Auf diesen drei natürlichen Wasserstraßen wurden Schiffahrtsabgaben eingeführt, welche die Kosten der Offenhaltung des Fahrwassers decken sollten und gedeckt haben.
Die
ersten Tarife
wurden für die Wasserstraße nach Neuß am
19. Oktober 1836, für diejenige nach Rheinberg am 25. August 1843 und
für den die Stadt Cleve
mit
11. Oktober 1847 erlassen.
Hinsichtlich des letzteren war und ist noch heute
dem Rhein
der Sprachgebrauch etwas schwankend;
verbindenden
Spoykanal
am
man bezeichnet zuweilen die ganze
Wasserstraße von Cleve bis zum fließenden Rhein, zuweilen nur den Teil zwischen Cleve und der sogenannten Spoyschleuse bei Brienen als Spoykanal. Der Tarif vom 11. Oktober 1847 gilt nach seiner Überschrift „für die Benutzung des Spoykanals
zu Cleve
und des regulierten
alten Rheins
r Preuß. Ges.S. 1847 S. 357.
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8 2.
Die Praxis bei den Wasserstraßen in Preußen vor der Reichsgründung. 175
zwischen den Orten Keeken und Griethausen".
Der alte Rhein wurde also,
weil seine Fahrbarkeit nur durch Baggerungen aufrechterhallen werden konnte,
als Gegenstand der Abgabenerhebung nach dem Gebührenprinzip unter der Herrschaft der Zollvereinsverträge angesehen.
Auch diejenigen Schiffe, welche
die Schleuse bei Brienen nicht durchfuhren,
sondern nur auf dem Altrhein
verkehrten, wurden der Abgabenpflicht unterworfen; weil man die im Schiffsahrtsinteresse erforderlichen Baggerungen
als „Anstalten
zur Erleichterung
des Verkehrs" behandelte und in der Befahrung der vertieften Wasserstraße
einen Benutzungsakt erblickte; in dieser Hinsicht hat sich bis zur Gegenwart
nichts geändert.
Daß bei der Bildung des ersten Abgabentarifs und aller
folgenden nur die Deckung der Selbstkosten des Wasserweges einschließlich der Zinsen des Anlagekapitals für zulässig und zweckmäßig erachtet wurde, geht aus den Verhandlungen
mit zweifelloser Klarheit hervor.
geltende Tarif vom 31. Dezember 1874
Der heute
bezeichnet sich ebenso wie der erste
als maßgebend
für die Benutzung des Spoykanals
alten Rheins".
Es war und ist also eine Verkehrsabgabe für die Benutzung
einer regulierten natürlichen Wasserstraße. Die Überschrift der in der preußischen
„und des regulierten
Gesetzsammlung
abgedruckten
Tarife für die Schiffahrtsabgaben auf den Wasserstraßen nach Neuß und Rheinberg könnte mit Rücksicht auf den darin gebrauchten Ausdruck „schiff
bar gemacht" zu dem Mißverständnis führen, als ob es sich hier um eigent liche Kanäle handelte.
sind
jene
beiden
Das ist aber in Wirklichkeit nicht der Fall; vielmehr
Wasserstraßen von
jeher
dem
Schiffsverkehr
zugänglich
gewesen, wenn auch in geringerem oder vielmehr in allmählich abnehmendem Maße.
Der Gebrauch des Ausdrucks „schiffbar machen" oder ähnlicher Wend ungen für eine auf Verbesserung der Schiffbarkeit
gerichtete Bautätigkeit
findet sich in den Urkunden jener Zeit häufig Die Schiffahrtsabgaben waren hier ebenso wie auf dem die Verbindung mit Cleve vermittelnden Rheinarm das Entgelt nicht für die Befahrung
künstlicher Wasserstraßen
sondern für die Benutzung der Baggerrinnen in
r Preuß. Ges.S. 1875 S. 86. 2 Z. B. in dem Allerhöchsten Erlasse vom 14. Mai 1866, Preuß. Ges.S. S. 323 über die Erbauung des sogenannten Emsterkanals in der Provinz Brandenburg, wo von „Herstellung einer öffentlichen Schiffahrtsstraße" in der Emsterniederung ge sprochen wird, obwohl eine solche in Gestalt des Emsterflusses dort seit unvordenk licher Zeit vorhanden war und lediglich eine Regulierung dieses Wasserlaufes bevorstand. 3 Wenn man diesen Begriff im historischen Sinne aufsassen und ihm einen edaraeter inäelsdi'Iis gegenüber allen künstlichen Schiffahrtsverbesserungen bei legen will.
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176
Gegenstand der Abgabenerhebung.
III.
natürlichen Gewässern; diese Fahrrinnen wurden als Anstalten im Sinne
der die maßgebenden Rechtsvorschriften
enthaltenden Zollvereinsverträge an
gesehen. Von den größeren Nebenwasserstraßen des Rheins war damals die Ruhr
Sie ist hinsichtlich der Schiffahrtsabgaben von jeher
die weitaus wichtigste.
nach dem Gebührenprinzip behandelt worden.
für die Durchführung dieses Prinzips
und
Eine
besondere Bürgschaft
gegen die fiskalische Belastung
der Schiffahrt wurde hier durch die Einrichtung einer selbständigen Verwaltung
geschaffen, welche die Einnahmen zu einer eigenen Kasse vereinnahmte und
hieraus nicht nur die laufende Unterhaltung der Wasserstraße, sondern auch die Ausgaben für den Neubau von Schleusen und Stromregulierungswerken
bestritt.
Die Ruhr war und ist nur teilweise angestaut, auf langen Strecken
aber durch Buhnen und
sonstige Wasserbauten reguliert.
Die schon unter
Friedrich dem Großen begründete sogenannte Ruhrschiffahrtsverwaltung hat bis heute alle Aufwendungen für den Fluß und den an seiner Mündung in
den Rhein erbauten
Umschlagshafen Ruhrort aus eigenen, wiederholt im
Anleihewege verstärkten Mitteln bestritten und niemals irgend welche Rein einnahmen für allgemeine Staatszwecke abgeliefert.
Nur vorübergehend wurde im Jahre 1839 die Ruhrschiffahrtsverwaltung
mit der Lippeschiffahrtsverwaltung vereinigt, und zwar auf Grund der Er wägung, daß beide Wasserstraßen in Anbetracht der zwischen ihren Verkehrs gebieten vorhandenen engen Beziehungen als eine zusammenhängende Schiff
fahrtsanlage gelten könnten. Für die Lippe, deren durchgreifende Verbesserung für die Schiffahrt in
den 20 er Jahren des vorigen Jahrhunderts durch Aufnahme von Darlehen ermöglicht wurde, bestand seitdem eine ganz ähnliche Organisation der Ver kehrsinteressen.
Auch die Lippeschiffahrtsverwaltung hatte ihre eigene Kasse
und verwandle die von ihr erhobenen Abgaben nur zur Verzinsung und Tilgung der Bauschulden sowie zu Neubauten und Unlerhaltungsarbeiten.
Ein Erlaß des Finanzministers an den Oberpräsidenten von Vincke in Münster vom 26. Juni 1839, welcher die Frage der Umgestaltung des damaligen
Abgabentarifs
für die Lippeschiffahrtsabgaben
behandelt, sagt
ausdrücklich, daß die in Ausführung der Zollvereinsverträge ergangene, das Gebührenprinzip verwirklichende Verordnung über die Kommunikationsab
gaben * „auch auf Wasserkommunikationsabgaben der Natur der Sache nach
anwendbar sei.
Man könnte hiernach die auf die Unterhaltung und Wieder
herstellung der Bauwerke an und in der Lippe zu verwendenden Kosten,
einschließlich
landesüblicher Zinsen von dem früher aufgewendeten Anlage-
' Königl. Verordnung vom 16. Juni 1838 Preuß. Ges.S. S. 353.
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8 2.
Die Praxis bei den Wasserstraßen in Preußen vor der Reichsgründung. 177
kapital, als diejenige Summe betrachten, welche durch die Einnahme an
Schiffahrtsabgaben zu decken wäre." In einer späteren auf dieselbe Frage bezüglichen Äußerung des Finanz
ministeriums vom 11. Juni 1842 wird der Grundsatz aufgestellt, „daß die Benutzung des Stromes in seinem natürlichen Zustande frei sei und die Abgabe nur als ein Äquivalent für die Schleusen- und Uferbauten
angesehen werden müsse". Ende der 40er Jahre war die Lippeschiffahrt durch den Wettbewerb der Eisenbahn notleidend geworden.
Schiffsverkehrs
waren
die
Infolge der starken Verminderung des
Einnahmen
aus
den
Schiffahrtsabgaben
von
113 417 Mark im Jahre 1847 auf 39110 Mark im Jahre 1849 gefallen. Die Beteiligten baten um Beseitigung dieser Abgaben und ihr Gesuch vom
21. Dezember 1850 wurde von dem Provinzialsteuerdirektor zu Münster am 4. Januar 1851
dem Finanzministerium vorgelegt mit dem Bemerken,
die Entscheidung hierüber müsse „wesentlich von den Grundsätzen abhängen,
welche in bezug aus Flußzölle überhaupt maßgebend werden".
Zum Ver
ständnis dieses Satzes ist daran zu erinnern, daß damals das Scheitern der
Frankfurter Reichsverfaffung sowohl als auch des Erfurter Verfassungsent wurfes feststand, während die jetzige preußische Verfassungsurkunde noch nicht veröffentlicht war. Im Finanzministerium wurde zu jener Äußerung bemerkt: „die Lippeschiffahrtsabgabe ist der Sache nach kein Zoll wie der Rhein
zoll, sondern eine Kommunikationsabgabe wie die Schleusengelder
in der Mark, Hafengelder usw". Es wurde dann im Februar 1851 zwar nicht die Aufhebung der Schiff fahrtsabgabe, aber doch ihre Ermäßigung für den hauptsächlich in Betracht
kommenden Artikel Salz verfügt.
Bald darauf wurde jedoch der Antrag auf „Erlaß oder Ermäßigung der Ruhr- und Lippeschiffahrtsabgaben"
von
17
Abgeordneten
mit dem
Staatsminister a. D. von Bodelschwingh an der Spitze in einer Vorstellung
vom 30. April 1851 wiederholt.
Sie beginnt mit den Worten:
„Es ist
Grundsatz der preußischen Verwaltung, die dem Staate gehörenden natür lichen Wasserstraßen im Interesse des Verkehrs ohne besondere Abgaben auf
öffentliche Kosten zu erhalten und nur für einzelne Bauwerke, besonders
für Schleusen, eine mäßige zur Deckung der Verwaltungskosten bestimmte Gebühr zu erheben":
und zieht aus diesem Grundsätze praktische Folgerungen für
die finanzielle Behandlung jener beiden Wasserstraßen, von welchen behauptet wird, daß sie allein unter allen nicht konventionellen Flüssen in Preußen
nicht nach jenem Grundsätze verwaltet worden seien.
Diese Vorstellung gab in den beteiligten Ministerien zu einer ausführSchriften 6XV. — Erster Teil.
12
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178
HI.
Gegenstand der Abgabenerhebung.
lichen Erörterung der Rechtslage und der maßgebenden Verwaltungsgrund sätze Veranlassung. Zunächst
stellte
sich
der
Finanzminister
in
Erklärung
einer
vom
30. Juni 1851 auf den ablehnenden Standpunkt, indem er unter anderm
ausführte: „Die Erhebung der Ruhrschiffahrtsabgabe
ist
dem Prinzip
nach
gerechtfertigt, weil, wie schon oben bemerkt, die Schiffbarkeit des Flusses
nur durch künstliche Anlagen erhalten werden kann. gabe im Tarife vom 23. März 1839
Daß die Ab
auf die beförderten Gegenstände,
nicht auf die Schiffsgefäße gelegt und verschieden normiert ist, je nach dem Steinkohlen
oder
andere
Waren
formeller Bedeutung; der Sache nach
befördert werden,
ist
nur
von
nimmt die Abgabe dadurch nicht
die Natur eines Binnenzolles an, sondern ist, wie das Chausseegeld, eine Kommunikationsabgabe ^.
Die Einnahme davon wird allerdings jetzt zur
Staatskasse eingezogenist jedoch lediglich zur Erhaltung der Schiffbar keit der Ruhr bestimmt.
Dagegen, daß der Ertrag der Ruhrschiffahrts
abgaben nicht allein zur Unterhaltung usw. der Schleusen, sondern auch
für
andere
Anlagen,
Uferbauwerke
usw.
verwendet
wird,
deren Zweck die Erhaltung oder Vervollständigung der Schiffbarkeit ist, läßt sich wohl mit Grund nichts erinnern.
Die
Kosten dieser sonstigen Anlagen sind nicht etwa nur bei Ab
messung
der
Ruhrschiffahrtsabgaben
kommen, sondern werden auch
in
Betracht
ge
bei den Abgaben auf an
deren Wasserstraßen als maßgebend betrachtet, so namentlich bei den Wasserstraßen in der Mark Brandenburg.
Tarifs vom 24.
Juli
1828
Die Ermäßigung des
ist Allerhöchsten Orts im Jahre 1845
wiederholt zurückgewiesen worden, weil sich dabei ein Ausfall der Ein nahmen gegen den Gesamtbedarf an Kosten für die Unterhaltung der
gedachten Wasserstraßen, einschließlich derer für Uferbauten, Baggerungen usw. ergeben haben würde usw."
Der Handelsminister trat am 2. Oktober darin
bei,
1851
dem Finanzminister
daß die Aufhebung der Schiffahrtsabgaben nicht zugestanden
werden könne, und bemerkte hierbei: * Vgl. die allgemeinen Ausführungen über Binnenzölle und Verkehrsabgaben Seite 133—138 dieser Arbeit; insbesondere auch Anm. 1 aus S. 136. . 2 Das sollte heißen, daß die bisherige selbständige Verwaltungseinrichtung aufgehoben sei. Die etatsrechtliche Sonderstellung des Ruhrschiffahrtsfonds war ge blieben und besteht bis heute fort. 3 Für die Wasserstraßen zwischen Elbe und Oder, die sogenannten „Märkischen Wasserstraßen".
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Z 2.
Die Praxis bei den Wasserstraßen in Preußen vor der Reichsgründung. 179
„In betreff der Höhe dieser Kommunikationsabgaben wird, wie bei allen
nicht konventionellen Wasserstraßen, in Gemäßheit des
ß 21 des Zoll
gesetzes von 23. Januar 1838, der Grundsatz anerkannt werden müssen,
daß die Höhe der Schiffahrtsabgaben nach dem Maße der zur Unter haltung
der
Stromschiffahrt
erforderlichen
Kosten
bemessen
werdm muß."
Der Hinweis
auf jene Gesetzesstelle ist,
da sie den Grundsatz der
Selbstkostendeckung nicht ausspricht, nicht ganz zutreffend; er läßt aber die
Ansicht des Ministers, daß hier die Bestimmungen der Zollvereinsverträge anwendbar seien, mit hinreichender Deutlichkeit erkennen.
Das Zollgesetz
von 1838 war nämlich zwischen den Zollvereinsstaaten vereinbart und zur Ausführung der Zollvereinsverträge bestimmt, welche — damals galt für
die Verkehrsabgaben auf Wasserstraßen der Art. 17 des Vertrages
vom
12. Mai 1835 — die Grenze der „gewöhnlichen Herstellungs- und Unter haltungskosten" vorschrieben für „Kanal-,
Schleusen-,
Brücken-,
Führ-,
Hafen-,
Wage-,
Kranen-
und
Niederlagegebühren und Leistungen für Anstalten, die zur Erleichterung des Verkehrs bestimmt sind".
Auf diese Vertragsvorschrift stützte sich die Stellungnahme des Handels ministers. Von den hier besonders bezeichneten Verkehrsanstalten kommen bei der
Ruhr und erhebung
geteilte
Lippe nur Schleusen und Häfen als Substrate der Abgaben
in
Betracht.
Erklärung
Außer
ihnen
des Finanzministers
wurden
zeigt,
aber
alle
auch,
wie die mit
anderen Bauten
und
Maßregeln zur Erhaltung und Verbesserung der Schiffahrt als Gegenstände
der Abgabenerhebung behandelt, insbesondere Buhnen, Parallelwerke, Ufer bauten und Baggerungen.
Der Finanzminister bezeugt ausdrücklich, daß
diese Rechtsauffassung und Verwaltungsübung allgemein, nicht nur für die Ruhr und Lippe, bestehe.
An der Lippe gab es damals und gibt es noch
heute zwar Schleusen, aber auch lange Flußstrecken, die nicht im Stau liegen,
sondern
mit Buhnen
und
ausgebaut sind;
sonstigen Regulierungswerken
insbesondere ist die 72 Irrn lange untere Strecke von Vogelsang abwärts ohne Schleusen und Wehre. Ähnlich ist die Sachlage bei der Ruhr, nur ist dort die regulierte Mündungsstrecke bedeutend kürzer.
Die Abgaben
erhebung bestand nicht nur an den Schleusen, sondern auch an
anderen
Punkten und betraf auch den Verkehr, der keine Schleuse benutzte.
An der
Lippe gab es unterhalb Vogelsang bis 1852 zwei Hebestellen, bei Fustern berg und Haltern, von diesem Jahre nur noch eine in Dorsten.
Hieraus
ergibt
sich,
daß man damals Buhnen,
Parallelwerke und 12*
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III.
180 sonstige Bauten
Gegenstand der Abgabenerhebung.
sowie Baggerungen als „Anstalten, die zur Erleichterung
des Verkehrs bestimmt sind", in Preußen angesehen hat.
Die beiden beteiligten Minister beantworteten schließlich die Vorstellung
vom 30. April 1851 mit einem an den Herrn von Bodelschwingh gerichteten
ablehnenden Bescheid vom 14. Oktober 1851, in welchem es heißt: „Auf das Schreiben vom 30. April e., betreffend die Ruhr- und
Lippeschiffahrtsabgaben,
Abgeordneten
mehreren
Exzellenz,
daß
wir
welches an
Eure
bedauern,
in
Exzellenz
gerichtet
uns
haben,
Anträge, die Ruhr-
dem
mit
Gemeinschaft
erwidern
wir Eurer und Lippe
schiffahrtsabgaben ganz aufzuheben, oder doch auf den Betrag der Ver waltungskosten zu ermäßigen, die Kosten der Strom- und Uferbauten
aber
allgemeine
auf
Staatsfonds
zu
übernehmen,
nicht
Folge
geben
zu können.
Wo für die Herstellung oder Erhaltung der Schiffbarkeit natürlicher
Wasserstraßen künstliche Anlagen erforderlich geworden sind, werden auch auf
den
nichtkonventionellm Flüssen
Schiffahrtsabgaben
erhoben.
Nach
innerhalb
der Monarchie vielfach
dem Tarife für die Erhebung der
Schiffahrtsabgaben auf den Wasserstraßen zwischen Elbe und Oder vom
24. Juli 1828 — Ges.-Samml. von 1828 S. 107 — werden derartige Abgaben von der Schiffahrt auf der Spree und Havel; nach dem Tarife
vom 21. Dezember 1819 — Ges.-Samml. von 1820 S. 29 — für den kanalisierten Klodnitzfluß, nach dem Tarife vom 15. Dezember 1843 — Ges.-Samml. pro 1844 S. 57 — von der Schiffahrt auf der Oder, nach dem Tarife vom 24. Oktober 1840 — Ges.-Samml. pro 1840 S. 324 —
für die Befahrung der Swine und Dievenow, nach dem Tarife vom 1. März 1828 — Ges.-Samml. von
1828 S. 41 — für die Schiff
fahrt auf der Deime erhoben.
In der Erhebung von Schiffahrtsabgaben auf der Ruhr und Lippe liegt hiernach keine Ausnahme, da die Schiffbarkeit beider Flüsse nur
durch
zahlreiche künstliche Werke begründet ist, und nur durch
deren kostspielige Unterhaltung ferner gewahrt werden kann.
Nur in betreff
der Form ist bei der Regulierung dieser Abgaben für die Ruhr und
Lippe von dem allgemeinen Prinzipe abgewichen, indem dieselben sich
einem Warenzoll nähern, während auf andern Flüssen derartige Abgaben als
Schiffsgefäßgelder normiert sind.
Es ist dies indessen nicht
von
materieller Bedeutung, da auch für die Ruhr und Lippe die Kosten
der Unterhaltung der Fahrbarkeit den Titel für die Abgaben erhebung bilden, und die Abgabe selbst die Natur einer Kommunikations
abgabe hat."
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Z 2.
Die Praxis bei den Wasserstraßen in Preußen vor der Reichsgründung. 181
Als im nächsten Jahre der Oberpräsident der Provinz Westfalen einen Antrag auf Abänderung des Tarifs stellte, wurde von den Ministern des
Handels und der Finanzen durch Erlaß vom
14. Juli 1852
„die Um
wandlung der Abgabe in ein Schleusengeld" ausdrücklich abgelehnt. Anläßlich der auf Beseitigung der Lippeschiffahrtsabgaben Petitionen eines Kaufmanns
gerichteten
aus Dorsten, welche vom Abgeordnetenhause
im Januar 1867 der Staatsregierung „als Material bei der beabsichtigten
Reform der Lippe- und Ruhrschiffahrtsabgaben zur Erwägung" überwiesen
war, erwirkten dann die beteiligten Minister die Beseitigung der Schiffahrts abgaben
auf der Lippe durch den wörtlich folgenden Jmmediatbericht vom
13. September 1867: „Nachdem die Rheinschiffahrtsabgaben in
Gemäßheit des Gesetzes
vom 24. Dezember v. I. (Gesetzsammlung Seite 873) mit dem 1. Januar
d. I. in Wegfall gekommen sind, ist von selbst die Frage wegen Be
seitigung der auf der Ruhr und Lippe noch bestehenden Schiffahrtsabgaben entstanden.
Auch wurde im Beginn dieses Jahres eine die Aufhebung
der Lippeschiffahrtsabgaben betreffende, bei dem Abgeordnetenhause ein gegangene Petition des Kaufmanns A. Reischel zu Dorsten der Staats
regierung
als Material
für
die beabsichtigte Reform der Lippe-
und
Ruhrschiffahrtsabgaben zur Erwägung überwiesen.
Abgesehen von Salz und Steinkohlen,
für welche ermäßigte Sätze
bestehen, beläuft sich die Lippeschiffahrtsabgabe für die ganze Strecke von Wesel bis Lippstadt nach dem Allerhöchsten Erlaß vom 24. Februar 1862
(Ges.-Samml. S. 79) pro Zentner auf 3 Pfennig.
Diese Abgabe kommt jedoch nur streckenweise, und zwar dergestalt zur Erhebung, daß für die Stromstrecke von Dorsten bis Wesel ein Pfennig, für jede der übrigen vier in dem Tarife vom 21. September 1848 (Ges.-
Samml. S. 269) benannten Stromstrecken je ein halber Pfennig zu ent richten ist.
Wenngleich die Abgabe hiernach
als
eine hohe sich keineswegs be
zeichnen läßt, so hat sich doch der Verkehr von dem Lippefluß immer mehr abgewendet und ist auf die konkurrierenden Eisenbahnen übergegangen. Die Einnahmen aus der Abgabenerhebung,
welche im Jahre 1851
noch 10 450 Rtl. betrugen, sind im stetigen Sinken begriffen und beliefen sich im Jahre 1862 auf 4076 Rtl., im Jahre 1866 auf nur 3233 Rtl.
Es wird
allerdings auch die völlige Beseitigung der Abgabe die
frühere Blüte der Lippeschiffahrt nicht wieder herbeiführen, indessen wird sie doch unzweifelhaft wesentlich dazu beitragen, den Verkehr auf dem
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III.
182 Lippefluß
Gegenstand der Abgabenerhebung.
gegenüber dem
auf den benachbarten Eisenbahnen konkurrenz
fähiger zu machen. Indem
wir
alleruntertänigst bemerken,
daß auch die wegen Er
mäßigung beziehentlich Beseitigung der Ruhrschiffahrtsgefälle schwebenden Erörterungen
ihrem Abschluß nahe sind und den Gegenstand eines be
sonderen Vortrages bilden werden, bitten wir Eure Königliche Majestät
ehrerbietigst durch
Vollziehung
des
anliegenden Allerhöchsten
Erlasses
huldreichst
genehmigen zu wollen, daß die Erhebung der Lippeschiffahrtsabgaben
vom 15. Oktober d. I. ab eingestellt werde. gez. von der Heydt.
Graf Jtzenplitz."
Der Bericht ist hier wörtlich abgedruckt, weil er als ein Beweismittel
dafür gelten soll, daß die preußische Regierung nicht der Meinung war, sie sei
durch Art.
54
der Bundesverfassung und Art. 25
des Zollvereins
vertrages von 1867 genötigt, diejenigen Schiffahrtsabgaben aufzuheben, welche
für Benutzung regulierter Ströme erhoben wurden.
Sie nahm offenbar an,
daß der Begriff der „Anstalten", welche zur Erleichterung des Verkehrs be stimmt und deshalb als Substrat der Abgabenerhebung geeignet sind, kein anderer, insbesondere kein engerer geworden sei, als er unter der Herrschaft der
älteren Zollvereinsverträge war.
Anderenfalls hätte sie auf eine wirtschaft
liche Begründung in dem Jmmediatbericht vom 13. September 1867 ver
zichten und sich mit einer verfassungsrechtlichen begnügen können.
Wenn
sie die letztere auch nicht kumulativ verwendet, sondern diese Seite der An gelegenheit ganz mit Stillschweigen übergangen hat, so kann daraus nur die Schlußfolgerung gezogen werden, daß man die Rechtslage als unverändert ansah.
Diese Folgerung deckt sich auch mit der protokollarischen Erklärung
Delbrücks vom 28. Juni 1867 über die Identität des Inhalts der Zollvereins
und Verfassungsvorschriften
* In Delbrücks „Lebenserinnerungen", Leipzig 1905, Bd. II S. 192 wird von der Ruhr und Lippe mit Bezug auf das Jahr 1863 gesagt: „Es waren diese beiden Flüsse die einzigen rein preußischen Wasserstraßen, auf welchen die Abgaben für die Benutzung der zur Erleichterung der Schiffahrt bestimmten Anlagen (Schleusen) in Form eines Warenzolles erhoben wurden." Delbrück bestätigt hier, daß die Ruhr und Lippe zu denjenigen Wasserstraßen gehörten, welche hinsichtlich der Schiffahrtsabgaben nach dem durch die Zollvereins verträge festgelegten Gebührenprinzip, nicht nach dem Steuerprinzip behandelt wurden. Seine Erinnerung ist im übrigen aber nicht ganz zutreffend gewesen. Nicht nur auf der Ruhr und Lippe, sondern auch auf den Wasserstraßen nach Neuß und Rheinberg wurden damals die Schiffahrtsabgaben nach dem Gewicht der Ladung
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8 2.
Die Praxis bei den Wasserstraßen in Preußen vor der Reichsgründung. 183
Die
vorerwähnte
ministerielle Entscheidung über die Lippeschiffahrts
abgaben vom 14. Oktober 1851 ist insofern von besonderem Interesse, als
sie eine authentische Kundgebung derjenigen Rechtsauffassung und Verwaltungs übung enthält, welche innerhalb der preußischen Regierung in bezug auf die Bildung von Tarifen für Schiffahrtsabgaben aus natürlichen Wasserstraßen
bestand.
Von den in Betracht
kommenden Wasserstraßen sind einige in
jener Kundgebung ausdrücklich genannt worden.
Die Spree und die Havel
sind ebenso wie die Lippe unvollständig kanalisiert; auf langen Strecken — unter anderem auf der 63 km langen Havelstrecke unterhalb Rathenow — sind sie nicht gestaut, sondern durch Buhnen und sonstige Strombauwerke
für die Schiffahrt verbessert. Gleichwohl sind die Anlage- und Unterhaltungskosten dieses Gesamt-
netzes, ohne Unterscheidung der einzelnen Wasserbauten nach Klassen und Arten, damals der Tarifbildung zu Grunde gelegt, und in derselben Weise
ist bis heute verfahren worden. Der Bescheid vom 14. Oktober 1851
nennt ferner die Abgaben für
die Befahrung der Swine, Dievenow und Deime; er hätte noch die auf
der Peene, auf dem Pregel unterhalb Königsberg, sowie auch dem Stettiner und dem Frischen Haff erhobenen hinzufügen können.
Die Tätigkeit der
Staatsbauverwaltung für die Verbesserung und Unterhaltung der Schiffbarkeit
dieser Gewässer
bestand
hauptsächlich in Baggerungen
sowie in der Be
zeichnung des Fahrwassers durch Bojen, Baken und Leuchtfeuer.
Man be
trachtete diese Maßregeln und Einrichtungen in Preußen als „Anstalten zur
Erleichterung der Schiffahrt" im Sinne der Zollvereinsverträge, indem man
erhoben; dies geht aus den in der preußischen Gesetzsammlung veröffentlichten Tarifen (Jahrgang 1843 S. 324 und 1853 S. 74) hervor. Ferner waren nach den für Ruhr und Lippe geltenden Tarifen die Abgaben nicht nur für die Benutzung der Schleusen, sondern für die Benutzung aller Schiffahrtseinrichtungen, einschließ lich der Baggerungen und Stromregulierungsbauten zu zahlen. Die Abgaben wurden meist bei den Schleusen eingezogen, weil diese als Hebestellen bequem lagen; es gab aber auch Hebestellen an schleusenlosen Strecken und es waren auch die jenigen Schisse abgabepflichtig, welche keine Schleuse durchfuhren. Ferner waren die Abgaben so berechnet, daß sie nicht nur die Verzinsung des Anlagekapitals und die laufenden Kosten der Schleusen, sondern den Gesamtaufwand für die ganze Wasserstraße deckten. — Delbrück gebraucht in dem obigen Zitat das Wort An lage als gleichbedeutend mit dem in den Zollvereinsverträgen angewendeten Aus druck „Anstalt"; daß er den letzteren nicht nur für Schleusen — wie es nach jenem Zitat vielleicht scheinen könnte —, sondern für alle Wasserbauten während seineramtlichen Tätigkeit gebraucht hat, geht aus dem auf S. 126 auszugsweise mit geteilten Schriftstück hervor.
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Gegenstand der Abgabenerhebung.
III.
184
die duu8ulu generalis welche der Text der Verträge am Schlüsse der Auf
zählung einzelner Arten von Anstalten enthielt und heute noch enthält, auf
jene Baggerungen oder gebaggerten und bezeichneten Rinnen anwandte. Im
sechsten
des
Jahrzehnt
vorigen
Jahrhunderts
bei
bestand
der
Regierung das Bestreben, die Verkehrsabgaben möglichst herabzusetzen oder
zu beseitigen, soweit die Finanzlage es irgendwie gestatten mochte. Strömung richtete sich besonders auch
Diese
gegen die bestehenden Schiffahrts
Bei einem Teile der abgabepflichtigen Wasserstraßen schien aber
gebühren.
das von der Regierung verfolgte Ziel, die Schiffahrt durch Erleichterung der öffentlichen Lasten zu fördern, nur unter Mitwirkung derjenigen Städte
erreichbar, deren Häfen an jenen Wasserstraßen liegen oder durch sie mit dem Meere verbunden sind.
in Stettin
Dies galt insbesondere von dem städtischen Hafen
im Verhältnis
zur Peene,
Swine
und
Divenow
und
vom
städtischen Hafen in Königsberg hinsichtlich der Pregelwasserstraße.
Die Regierung machte nun den beteiligten Gemeinden
gegenüber die
oder Aufhebung der staatlichen Abgaben auf den Zugangs
Ermäßigung
wasserstraßen von einer gleichzeitigen Herabsetzung der kommunalen Schiff fahrtsabgaben, welche
Als
hängig.
diese
für die Benutzung der Häfen zu zahlen waren, ab Herabsetzung
in
Königsberg
erreicht
war,
hob
die
Regierung im Frühjahr 1867 zunächst das sogenannte „Pregelmündungsgeld" auf.
Die Verhandlungen mit Stettin zogen sich länger hin, und erst
im November 1867, nachdem die Stadt endlich sich gefügt hatte, wurden die Schiffahrtsabgaben auf den 3 Mündungsarmen der Oder beseitigt.
Der
dieserhalb an den König erstattete Jmmediatbericht ist vom 9. November 1867, also
aus
einer Zeit, wo die Erinnerung an die gesetzgeberische Willens
meinung des Art. 54 der im August veröffentlichten Bundesverfassung voll kommen zuverlässig und zweifellos sein mußte oder jedenfalls sein konnte.
Der Art. 54 war in demselben Ministerium entworfen, welches jenen Be
richt miterstattete.
auf
Der letztere enthält keine Hinweisung irgend welcher Art
die Rechtslage,
sondern
nur Erörterungen
über die Zweckmäßigkeit
weiterer Verkehrserleicherungen für die Ostseehäfen und über die Einwirkung,
welche auf die Hafenstädte dadurch geübt worden war, daß man die staat lichen Tarifmaßregeln von einem gleichzeitigen Nachlaß an den kommunalen Abgaben abhängig machte. Der Bericht lautet: „Eurer Königlichen Majestät haben wir bereits in unserm aller
untertänigsten Berichte vom 3. Mai d. I. vorgetragen, daß die Ermäßigung
der fiskalischen Hafenabgaben in den preußischen Ostseehäfen im Interesse der Hebung des Verkehrs und der Gleichstellung mit andern konkurrierenden
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8 2.
Die Praxis bei den Wasserstraßen in Preußen vor der Reichsgründung. 185
Hafenplätzen geboten sei, und daß diese Vergünstigung den einzelnen See städten zuzuwenden sein werde, sobald sie sich entschließen,
ihrerseits in
eine entsprechende Ermäßigung der für städtische Rechnung zur Hebung gelangenden Schiffahrtsabgaben zu willigen.
In Königsberg, Pillau und Memel ist diese Bedingung bereits er
füllt, und infolgedessen durch die Allerhöchsten Erlasse vom 13. Mai und 29. Juli d. I.
die beabsichtigte Ermäßigung eingetreten; jetzt hat sich
auch die Stadt Stettin zur Herabsetzung der städtischen Schiffahrtsabgaben entschlossen.
In Stettin wird für städtische Rechnung erhoben: a) ein Hafengeld auf Grund des Allerhöchsten Erlasses vom 7. März
1864 (G.S. S. 123);
d) ein Bohlwerksgeld nach Nr. Ill des Tarifs vom 4. Mai 1857 (G.S. S. 555). Das außerdem noch nach Nr. Ill des letzterwähnten Tarifs zur Er
hebung kommende Brückenaufzugsgeld und
die sonstigen für bestimmte
Leistungen zu entrichtenden Gebühren bleiben hier außer Betracht. Die städtischen Behörden haben sich nun bereit erklärt, das Hafen-
und Bohlwerksgeld auf die Hälfte herabzusetzen und es steht somit nichts mehr im Wege,
auch bezüglich der fiskalischen Abgaben, die in Aussicht
genommenen Erleichterungen herbeizuführen.
Diese Abgaben sind die nach dem Tarif vom 24. Oktober 1840 (G.S.
und
S. 324)
(G.S. S. 442)
dem
Allerhöchsten
Erlaß
vom
25. Juni
1863
für die Befahrung der Peene, Swine und Dievenow,
sowie des großen und kleinen Haffes zu entrichtenden Schiffahrtsgelder und die in dem Hafen von Swinemünde zur Erhebung kommenden Hafen
gelder; die ersteren werden gänzlich zu beseitigen, die letzteren aus die in Pillau
und
Memel
eingeführten
Sätze
von
4
resp.
2
Sgr.
herab
zusetzen sein usw." Der
Bericht läßt mit zweifelloser Klarheit erkennen,
daß
man im
Finanz- und Handelsministerium die Rechtslage seit Erstattung des Jmmediat-
berichts vom 3. Mai 1867 den
als nicht verändert oder mit anderen Worten
Art. 54 der Bundesverfassung vom 24. Juni 1867
als eine bloße
Kodifikation der in den Zollvereinsverträgen enthaltenen Rechtsvorschriften
ansah. Wäre durch den Art. 54 eine Änderung der Rechtslage dahin ein getreten, daß Baggerungen und Stromregulierungen nicht mehr als „Anstalten"
angesehen
werden konnten und die Erhebung von Abgaben für jede Art
von technischen Verbesserungen an natürlichen Wasserstraßen nicht mehr zu
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III.
186
lässig war,
Gegenstand der Abgabenerhebung.
so hätte das in dem Jmmediatbericht notwendig zum Ausdruck Nicht etwa nur deshalb, weil die Verfassungswidrigkeit
kommen müssen.
der Abgabe eine zutreffendere und sehr viel kürzere Begründung des dem Könige unterbreiteten Antrages ermöglicht hätte, sondern insbesondere auch
aus
dem Grunde,
weil die Benutzung der staatlichen Abgabentarife als
Druckmittel gegenüber den Stadtgemeinden dann unzulässig gewesen wäre *. Durch den die Odermündungen entlastenden Allerhöchsten Erlaß vom
22. November
1867
wurden
damals gleichzeitig die Schiffahrtsabgaben,
welche für die Benutzung der Fahrrinnen nach Stralsund, Greifswald und Wolgast unter dem Namen Tiefgelder an die Staatskasse zu zahlen waren,
lediglich aus Zweckmäßigkeitsgründen aufgehoben. Das Hafengeld ermäßigt.
in Swinemünde und Pillau wurde beibehalten,
Es war und
aber
ist noch heute für die nicht in Swinemünde und
Pillau sich aufhallenden, sondern nach Stettin und Königsberg weitergehenden
Schiffe, also für den
weitaus größten Teil des Verkehrs ein Fahrwasser
geld, welches die Gegenleistung für die Bezeichnung und insbesondere für
die Vertiefung der natürlichen Wasserstraßen darstellt.
Wäre die preußische
Regierung im Jahre 1867 der Meinung gewesen, daß Baggerungen — sie waren das hauptsächliche Mittel zur Vertiefung und Unterhaltung der Fahr straßen über die Haffe — keine „Anstalten"
vertrages von
1867 oder
verfassung seien,
im
„besondere Anstalten"
Sinne des Zollvereins-
im Sinne der Bundes
so hätte sie die sogenannten Hafengelder in Swinemünde
und Pillau für den Durchgangsverkehr im Jahre 1867 sondern aufheben müssen.
nicht ermäßigen,
Freilich hätte sie dann zugleich einräumen müssen,
daß jene Schiffahrtsabgaben schon vor 1867, unter der Herrschaft der älteren
Zollvereinsverträge, zu Unrecht erhoben worden seien.
Der Umstand, daß die Abgabe hier eine dem Wesen der Sache nicht
entsprechende Bezeichnung führt, kommt gerade auf dem Gebiete der Schiff fahrtsabgaben häufig vor und
braucht deshalb nicht wunder zu nehmen.
Beispielsweise ist das von Hamburg auf der Unterelbe erhobene sogenannte
Lotsgeld zugleich eine Fahrwassergebühr für die Unterhaltung der Schiff
fahrtsrinne; dasselbe gilt von dem bremisch-preußisch-oldenburgischen Feuer-
* In dem Jmmediatbericht vom 3. Mai 1867 wird ausdrücklich gesagt: „Wesentliche Voraussetzung eines dessallsigen Vortrages bei Eurer Kgl. Majestät (d. h. wegen Ermäßigung der staatlichen Schiffahrtsabgaben) schien es uns jedoch zu sein, daß diejenigen Städte, in denen neben den zur Staatskasse fließenden Hafengeldern für städtische Rechnung noch andere Schiffahrtsabgaben erhoben werden, auf die letzteren ganz oder teilweise Verzicht zu leisten sich bereit er klärten."
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8 2.
Die Praxis bei den Wasserstraßen in Preußen vor der Reichsgründung. 187
und Bakengelde,
aus dem zugleich die Kosten der Vertiefung und Unter
haltung des Weserfahrwassers unterhalb Bremerhaven bestritten werden. Die Saale gehörte und gehört noch heute zu den unvollständig kanali
sierten Flüssen, bei welchen die beiden Verbesserungsmethoden der Kanalisierung und Regulierung nebeneinander — auf verschiedenen Strecken — angewendet worden sind.
Diejenigen Flußstrecken, welche nicht unter dem Stau der
Wehre lagen, wurden durch Buhnen, Baggerungen und sonstige Regulierungs mittel im Schiffahrtsinteresse ausgebaut.
Auch hier zeigt sich die Erscheinung,
daß in Preußen für die Berechnung des nach den Zollvereinsverträgen zu lässigen Höchstbetrages der Schiffahrtsabgaben die sämtlichen Aufwendungen, nicht nur diejenigen für Stauanlagen und Schleusen, als maßgebend an
gesehen wurden. Als in den Jahren 1845 und 1846 der Abgabentarif für die Saale und Unstrut revidiert werden sollte und vom Finanzminister eine Berechnung der Selbstkosten zu diesem Zwecke eingefordert war, legte die Regierung in Merseburg eine Zusammenstellung vor, in welcher nicht nur die Kosten der
Schleusen, sondern
auch
eine Summe
„an Baggern der Schleusen, deren
Kanäle und seichten Stellen im Flusse und sonstiger Verbauung im Flusse",
sowie ferner die Kosten der Strombefahrungen, kurz alle Aufwendungen im Interesse der Gesamtwasserstraße enthalten waren.
Da die Ausgaben hiernach die Einnahmen überstiegen, so unterblieb
damals eine Tarifermäßigung. Für die Befahrung der schon anderweitig erwähnten regulierten Emster wurde im Jahre
1866
einer Gesellschaft
Schiffahrtsabgaben verliehen.
Es
das Recht zur Erhebung von
handelte sich um eine natürliche Wasser
straße, die durch Baggerungen und Begradigungen auf einen höheren Grad
von Schiffbarkeit gebracht wurde; man sah in diesen Wasserbauten Anstalten
im Sinne der Zollvereinsverträge und Emster
eine Anstaltsbenutzung.
in der Befahrung der regulierten
Dieselbe
Auffassung
wird
in
der
Ver
waltungspraxis bis heute betätigt.
Von besonderer Wichtigkeit für die Beurteilung der Frage, ob Schiff fahrtsabgaben auf regulierten Strömen nach den Zollvereinsverträgen zulässig waren oder — anders ausgedrückt — ob außer den Schleusen auch andere
Bauten zur Verbesserung des Fahrwassers als Schiffahrtsanstalten im Sinne
der Zollvereinsverträge galten, sind die Verhandlungen, welche in Preußen um die Mitte des vorigen Jahrhunderts über die Regulierung der Oder
geführt wurden. Bei diesen Verhandlungen ergab sich die eigentümliche Lage, daß die
Beteiligten, insbesondere die Kaufmannschaften in Stettin und Breslau und
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III.
188
Gegenstand der Abgabenerhebung.
die Provinzialstände von Schlesien, sich für Schiffahrtsabgaben aussprachen, weil sie in ihrer Einführung ein Mittel zur Finanzierung
großer Regu
lierungsbauten erblickten, während die Regierung eine widerstrebende Haltung einnahm.
Die Erörterungen hierüber zogen sich Jahrzehnte lang hin und führten
zu einer eingehenden Untersuchung und Klarstellung der Rechtslage.
Bedeutung für die Auslegung des Art. 54
Ihre
der Reichsverfassung liegt in
der Identität des damaligen Rechtszustandes mit dem heutigen und in dem weiteren Umstande, daß sie erst im Jahre 1868,
also unter der Herrschaft
jenes Artikels, zum Abschluß kamen. Die Wichtigkeit des Gegenstandes rechtfertigt ein näheres Eingehen auf
die in Betracht kommenden Vorgänge und die wörtliche Wiedergabe des
wesentlichsten Teiles der zur Sache abgegebenen Erklärungen. Nachdem die Schlesier schon seit den vierziger Jahren immer wieder
ihre Anträge auf Verbesserung der Oderschiffahrt vorgebracht hatten, beschloß im Jahre
1859 das Abgeordnetenhaus
Kommission
die Staatsregierung zur Vorlage eines Oderregulierung aufzufordern,
welche
auf Grund
eines Berichtes seiner
für Handel und Gewerbe vom 15. April (Drucksachen 161) , *
Beiträge
von
den
Bau- und Finanzplanes für die
„aus welchem zugleich zu ersehen sein müsse,
beteiligten
Provinzen
und
Korporationen
zu
erwarten sind." Als infolgedessen der Handelsminister durch die Oberpräsidenten der -rei Oderprovinzen zur Leistung solcher Beiträge aufforderte, erklärte sich
Zunächst die Stettiner Kaufmannschaft hierzu bereit unter der Voraussetzung, daß ihr die Aufnahme einer Anleihe gestattet würde, deren Verzinsung und Tilgung durch
eine Schiffahrtsabgabe aufzubringen wäre.
Der Minister
erwiderte am 10. November 1859, die Erhebung einer solchen Abgabe von
dem Warenverkehr — letzteres Wort ist durch eine Delbrücksche Korrektur
aus dem ursprünglich gebrauchten Ausdruck „Schiffahrtsverkehr" entstanden — sei nach den Zollvereinsverträgen unzulässig.
Die nähere Begründung dieses Standpunktes
ergibt sich aus einem
Schreiben des Handelsministers an den Finanzminister vom 22. Dezember 1859, in welchem es heißt: „Nur
die Stettiner
Frankfurt a. O.
Kaufmannschaft
(diejenigen
hatten sich ablehnend verhalten)
in
Breslau
und
hat sich dahin erklärt,
daß sie, obwohl ihr keine Fonds zur Verfügung ständen, falls eine allseitige
* Aus diesem Bericht ist die ältere Vorgeschichte der Angelegenheit, welche den Landtag seit 1849 beschäftigt hatte, ersichtlich.
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8 2.
Die Praxis bei den Wasserstraßen in Preußen vor der Reichsgründung. 189
Beteiligung der betreffenden Korporationen und Provinzen erforderlich sei,
sobald ihr die Kontrahierung einer
hiervon sich nicht ausschließen würde,
Anleihe zu diesem Zwecke und die Erhebung einer geringen Schiffahrts
abgabe, behufs würde.
Verzinsung und
Amortisation dieser Anleihe, gestattet
Dies berührt die auch sonst vielfach besprochene Frage nach der
Zulässigkeit einer Belastung der Oderschiffahrt mit einer dem in Rede stehenden Bedürfnis entsprechenden Abgabe. Indessen ist die Einführung einer solchen, soweit sie den Warenverkehr
auf der Oder betreffen würde, nach den
unter den Zollvereinsstaaten
zurzeit bestehenden Verträgen (vergl. Art. 4 der Übereinkunft zwischen Preußen,
Sachsen pp. vom 4. April 1853 — Gesetz-Sammlung 1853 S. 432 —) jedenfalls solange unzulässig, als die Aufhebung der Durchgangszölle nicht erfolgt sein wird.
hiervon wird es aber auch dann der
Abgesehen
ernstesten Erwägung unterliegen müssen, ob, während seit langer Zeit das Streben der Gesetzgebung und der Staatsverwaltung dahin gerichtet
gewesen ist, den inneren Verkehr möglichst von allen hemmenden Lasten
und Abgaben zu befreien, es anrätig sei, auf der einzigen, dem preußischen Wasserstraße eine solche jedenfalls
angehörenden, großen
Staate allein
höchst lästige Abgabe neu einzuführen. Klagen
des
Schifferstandes
die
über
Auch würde es mißlich sein, den gegenwärtigen
Beschwerden
und
Hindernisse seines Gewerbebetriebes damit zu begegnen, daß man damit anfinge, ihm eine neue Abgabe aufzulegen, von deren Verwendung die
jetzt Schiffahrttreibenden
oder
ihre
Nachfolger
im Gewerbebetriebe erst
nach Ablauf von 10 Jahren Nutzen ziehen sollen.
Es würde daher eine
solche Abgabe füglich nicht als Mittel, um das Baukapital zu beschaffen,
sondern erst nach ausgeführter Oderregulierung, um das verwendete Kapital
zu verzinsen und zu amortisieren, in Frage kommen können.
Jedenfalls
würde zur Einführung einer solchen Abgabe nur geschritten werden können,
wenn nach sorgfältiger Erforschung der Ansichten des Handelsstandes und des sonst beteiligten Publikums die dagegen aus allgemeinen Gesichts punkten sich ergebenden Bedenken
für erledigt erachtet werden könnten."
Es wurde dann eine Denkschrift der Staatsregierung über die Ver
besserung der Oderschiffahrtsstraße ausgearbeitet, welche vom Dezember 1859 datiert war und
dem Landtage im Jahre 1860 zuging (Drucksachen des
Abgeordnetenhauses Nr. 26).
Diese Denkschrift bezeichnet (S. 24 und 25)
den Gedanken der Einführung einer neuen Abgabe für den Schiffahrtsverkehr aus der Oder „der sorgfältigsten Prüfung wert".
Indessen könne er, soweit
* Diese Zölle bezogen sich nur auf die Durchfuhr über die Oder und die öst licher liegenden Flüsse.
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Gegenstand der Abgabenerhebung.
III.
190
es sich um eine aus den Warenverkehr zu legende Abgabe handele, vor Be
seitigung der Durchgangszölle nach dem Übereinkommen von
1853 nicht
verwirklicht werden.
Im Jahre
1861
gab
eine Petition der Handelskammer zu Breslau
dem Abgeordnetenhause wiederum Anlaß zu einer Erörterung der Regulierungs
und Abgabenfrage.
Die Sachlage hatte sich
inzwischen insofern geändert
und zwar zugunsten des von der Handelskammer verfolgten Zieles,
als
jene Durchgangszölle ausgehoben * waren und ein Beschluß des schlesischen Provinziallandtages vorlag, welcher die Bewilligung von Beiträgen für die
aus
Regulierungsbauten
ständischen
Mitteln
der
drei
Oderprovinzen
in
Aussicht nahm?.
Die Handelskammer machte diese neuen Momente aus
drücklich geltend.
Sie führte aus, daß außer der zu erhoffenden Mitwirkung
der beteiligten Provinzen sich jetzt auch noch auf anderem Wege die Möglichkeit
darbiete,
die Mittel zum rascheren Ausbau des Oderstromes zu beschaffen,
da nach Aufhebung der Durchfuhrzölle das Hindernis beseitigt wäre, welches bisher „wiederholt der Einführung einer Schiffahrtsabgabe zur Verzinsung
und Amortisation eines zum Zweck der Oderregulierung aufzunehmenden Kapitals auf Grund der bestehenden Zollverträge entgegengesetzt worden sei." So wenig empfehlenswert im allgemeinen „Stromabgaben"
erschienen, so
müsse man die Einführung einer solchen Abgabe von mäßigem Betrage doch
im Verhältnisse zu der Größe und Wichtigkeit des Zweckes im vorliegenden Falle für einen geringen Preis erachten, welcher von jedem Interessenten gewiß mit Freuden entrichtet werden würde.
Bei der Beratung dieser Petition in der Kommission des Abgeordneten hauses für Handel und Gewerbe erklärten die Vertreter der Staatsregierung
(Drucksachen Band 5 Nr. 180.
Bericht vom 30. April 1861):
„Was den eben erwähnten Antrag des Provinziallandtages
der
schlesische Provinziallandtag,
welcher
Verhandlungen
(gemeint ist zwischen
dem
Staat und den drei Oderprovinzen über die Finanzierung durchgreifender
Stromverbesserungen vorgeschlagen hatte) betreffe, Entscheidung
über
denselben noch
nicht
vorbehaltlich derselben bemerkt werden,
erfolgt.
so sei die Allerhöchste Es könne daher nur
daß dieser Antrag sich auf den-
* Sie traten am 1. März 1861 außer Kraft. 2 Auf diesen Weg waren die Provinzialstände durch einen Allerhöchsten Land tagsabschied vom 30. September 1856 hingewiesen worden, in welchem ihnen eröffnet wurde, daß der schnellere Ausbau der Oderschiffahrtsstraße nur dann in Aussicht zu nehmen sei, wenn die Provinz ihr Interesse zur Sache durch Kosten beiträge betätige.
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8 2.
Die Praxis bei den Wasserstraßen in Preußen vor der Reichsgründung. 191
jenigen Weg zur Beschaffung der Mittel für eine
beschleunigte Oder
regulierung beziehe, welcher in der im vergangenen Jahre übergebenen
Denkschrift als der dritte bezeichnet sei, der, wenn der erste (Gewährung der erforderlichen Mittel rein aus Staatsfonds oder durch ein Staatsdarlehn) und der zweite (Vermehrung der bisherigen Staatsfonds durch
direkte Beiträge der Provinzen oder sonst beteiligten Korporationen)
sich
verschließe, der sorgfältigsten Prüfung wert, und dem, sobald die Durch
gangszölle beseitigt sein würden,
mit Rücksicht auf die bisherigen Ten
denzen der Gesetzgebung und Staatsverwaltung, die Interessen der zunächst Beteiligten, widmen sei.
sowie im Hinblick auf
eine eingehende Information zu
Dieser Weg weise auf die Einführung einer neuen Abgabe
für den Schiffahrtsverkehr auf der Oder hin,
um hierdurch ein für die
Oderregulierung zu verwendendes Darlehn zu verzinsen und zu amortisieren.
nehme an,
Der Provinziallandtag
daß ein solches Darlehn,
sobald es
gesichert sei, gute Interessen trage und amortisiert werde, leicht zu effektuieren sein werde, daß es hierbei vorzugsweise auf die Regulierung von
Garantien ankomme, und behufs derselben eine Beratung von Mitgliedern
der Provinzialstände dieser Provinzen unter Zuziehung
des Handelsstandes herbeizuführen sei.
von Vertretern
Auf eine solche, die Modalitäten
der Ausführung betreffende Vorbereitung könne indessen seitens der Staats regierung nur eingegangen werden, wenn die Frage, ob eine Schiffahrts
abgabe einzuführen sei, zuvor bejahend beantwortet worden. es noch an einer genügenden Vorbereitung
Hauptfrage.
Es
könne
daher,
da
auch
Zurzeit fehle
für die Beantwortung dieser
das
letztverflossene
Jahr
die
Hoffnung auf die direkte Beschaffung der zur schleunigen Ausführung der Oderregulierung erforderlichen Zuschüsse
seitens der beteiligten Provinzen
erfüllt habe,
trotz der prinzipiellen Bedenken,
und Korporationen nicht
die gerade bei dem Streben der Gegenwart nach Beseitigung der Fluß
zölle der Einführung
einer
Oderschiffahrtsabgabe entgegenständen,
und
deren Gewicht ohne Zweifel auch bei den weiteren Beratungen sich in hohem Maße geltend machen werde, der in der gedachten Denkschrift er
klärten Absicht gemäß jetzt zunächst nur mit Einziehung der Information darüber vorgegangen werden, ob es den Interessen der Provinzen Schlesien,
Brandenburg und Pommern Tat entspricht,
nehmen.
Diese
die
und des beteiligten Handelsstandes in
Einführung
Information
einer
werde
solchen Abgabe die
in
Staatsregierung
Aussicht
der zu
veranlassen.
Da indessen eine solche Abgabe keinenfalls vor gänzlicher oder mindestens abschnittweiser Beendigung der Regulierung zu erheben sein werde usw."
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III.
192
Gegenstand der Abgabenerhebung.
Die Staatsregierung machte also nicht mehr rechtliche Einwendungen, sondern nur noch wirtschaftspolitische und praktische Bedenken geltend.
Die Kommission war indessen nicht geneigt, auf die Darlegungen der Staatsregierung,
welche auf eine dilatorische Behandlung des Gegenstandes
Sie erklärte vielmehr, daß ihre Über
hinauszulaufen schienen, einzugehen.
zeugung von der Notwendigkeit eines nachdrücklichen Vorgehens in der Sache nicht erschüttert sei. Im Gegenteil werde diese Überzeugung noch verstärkt durch die in
zwischen erfolgte Aufhebung der Durchfuhrzölle und die hierdurch eingetretene
Erleichterung für Beschaffung des erforderlichen Baukapitals.
Die königliche
Staatsregierung habe den erleichternden Einfluß dieser Maßregel selbst an
erkannt,
indem sie am Schluffe ihrer Denkschrift vom Dezember 1859 die
Frage der Einführung von Schiffahrtsabgaben auf der Oder als der sorg
fältigsten Prüfung wert erachtet und gleichzeitig zugesagt habe,
eine solche
Prüfung nach Beseitigung jener Zölle eintreten zu lassen. Es sei also nach dem eigenen Anerkenntnis der Staatsregierung jetzt der Zeitpunkt gekommen, wo sie unbehindert durch Verträge mit anderen
Staaten die Frage wegen Einführung einer Schiffahrtsabgabe auf der Oder
allein aus dem Standpunkte der einheimischen Staatsinteressen in Erwägung
nehmen könne. „Wenn nun nach der Erklärung der Negierungskommissarien die Staats
regierung zwar bereit sei, in dieser Hinsicht informatorische Ermittlungen
anzustellen, gleichzeitig aber aus den bei dieser Erklärung ausgesprochenen Bedenken über die Zweckmäßigkeit einer solchen Abgabe eine
Abgeneigtheit der Staatsregierung
gegen
die Einführung
prinzipielle
einer
solchen
Abgabe hervorgehe, so halte sich die Kommission verpflichtet, diese Frage auch
ihrerseits
in
den Bereich
ihrer Erwägungen zu ziehen,
und das
Resultat derselben in diesem Berichte auszusprechen.
Dieses ergab sich dahin, daß ungeachtet der vielfachen Wünsche auf Beseitigung bestehender Flußzölle der hier in Frage stehende Zweck einer
beschleunigten und gründlichen Durchführung der Oderregulierung, doch im
allgemeinen Staatsinteresse, wie im Interesse der zunächst Beteiligten so überwiegende Vorteile mit aller Sicherheit verspreche, daß die Einführung
einer lediglich für diesen Zweck bemessenen Schiffahrtsabgabe verhältnis mäßig als ein geringes Opfer zu betrachten sei.
Die Kommission trat daher auch in dieser Hinsicht einstimmig der in der Petition der Breslauer Handelskammer ausgesprochenen Überzeugung bei, indem sie die genannte Handelskammer vorzugsweise als kompetente
Vertreterin derjenigen Interessen anerkannte, welche bei der Verbesserung
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8 2.
Die Praxis bei den Wasserstraßen in Preußen vor der Reichsgründung. 193
der Oderschiffahrt in
Zugleich wurde zur Wider
Erwägung kommen.
legung prinzipieller Bedenken geltend gemacht, daß eine Schiffahrtsabgabe, welche
lediglich
zu dem
angegebenen Zweck
eingeführt und
verwendet
werde, keineswegs den Charakter eines Flußzolles, sondern vielmehr
den eines Wasserwegegeldes
haben werde und
daher ebensowenig prinzipiell verworfen werden könne, wie die Erhebung der überall ohne Klage bestehenden Chausseegelder. Wenn ferner von feiten der Negierungskommissarien Bedenken gegen
die Zweckmäßigkeit einer solchen Abgabe daraus hergeleitet worden seien, daß dieselbe nicht vor gänzlicher oder mindestens abschnittweiser Beendigung
der Regulierung zu erheben sein werde, so müsse zwar die Richtigkeit
dieser Prämisse anerkannt werden, da es in der Natur der Sache liege, daß diese Abgabe nicht früher gefordert werden könne, als bis die Vorteile der verbesserten Schiffahrt ins Leben getreten seien, eine Schwierigkeit
könne jedoch hierin nicht erblickt werden.
Wie schon in dem vorjährigen
Berichte der Kommission vom 1. Mai 1860 nachgewiesen sei, reicht das bisherige Etatsquantum von 100 000 Rtlr. jährlich vollständig aus, um
während der zehnjährigen Bauzeit das gesamte Baukapital zu verzinsen, falls dasselbe allmählich nach Maßgabe des jährlich fortschreitenden Bedarfs beschafft werde, und es bedürfe daher für diesen Zweck nicht der Jntraden
aus einer Schiffahrtsabgabe.
Nach vollendeter Regulierung aber werde
dieselbe den Vorteilen einer regelmäßigen Schiffahrt gegenüber durchaus nicht als eine drückende Last empfunden werden.
Sie werde überdies
vorzugsweise die Mittel zur Amortisation des verwendeten Baukapitals liefern können, wenn man erwäge, daß nach dem Plane der Staatsregierung eine 30 jährige Bauzeit
mit jährlicher Verwendung
100 000 Rtlr. projektiert
beschleunigter
sei,
Ausführung in
und
also
noch
von durchschnittlich
20 Jahre nach der bei
10 Jahren zu vollendenden Regulierung
dieselbe Summe jährlich disponibel gemacht werden müsse, welche alsdann zur Verzinsung anstatt zum Bau verwendet werden könne.
Trete nun ferner die von
dem
schlesischen Provinziallandtage
in
Aussicht gestellte Beihilfe dieser Provinz, sowie die nach solchem Vorgänge kaum
zu
Pommern
bezweifelnde
Beteiligung
der
Provinzen
Brandenburg
und
hinzu, so werde eine rasche Amortisation des ganzen Bau-
* Hier ist das Wort „Wasserwegegeld" als gebührenmäßige Schiffahrtsabgabe und der Ausdruck „Flußzoll" für die steuerliche Belastung der Schiffahrt zugunsten der Staatskasse gebraucht. Die Terminologie ist indessen schwankend gewesen. In den Zollvereinsverträgen werden beide Ausdücke synonym gebraucht. Vgl. S. 136. Schriften OXV. — Erster Teil. 13
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III.
194
Gegenstand der Abgabenerhebung.
kapitals gesichert, welche nicht nur die Beschaffung desselben wesentlich
erleichtern, sondern auch die Aussicht gewähren würde, die Schiffahrts abgabe nach verhältnismäßig kurzem Bestehen wieder aufheben oder ferner
weiteren Verbesserungen der Oderschiffahrt zuweisen zu können."
Die Kommission
beschloß, die Petition der Breslauer Handelskammer
der Staatsregierung zur Berücksichtigung zu überweisen, und das Abgeordneten
haus trat diesem Beschlusse am 22. Mai 1861
mit sehr großer Mehrheit
bei, nachdem der Berichterstatter noch besonders auf die Möglichkeit
der
Kostendeckung durch Schiffahrtsabgaben hingewiesen hatte, obwohl diese Art der Finanzierung von dem Handelsminister als „nicht erwünscht" bezeichnet
(Stenographische Berichte S. 1319, 1320.)
worden war.
Kundgebung gegenüber verblieb
Aber auch dieser
die Staatsregierung bei ihrer ablehnenden
Haltung. Demgemäß erklärte der Handelsminister in einem Erlaß vom 7. August
1861 an den Oberpräsidenten in Breslau: „Wenn
die Aufnahme eines Staatsdarlehns für die Zwecke
der
Oderregulierung nicht angemessen erschien, so konnte sich dieser Weg, wenn
damit die Erhebung einer Schiffahrtsabgabe auf der Oder behufs Ver
und Amortisation eines solchen Darlehns in Verbindung gesetzt
zinsung
würde, auch
deshalb nicht empfehlen, weil das berechtigte Streben der
Gegenwart dahin gerichtet ist, dergleichen Abgaben möglichst zu beseitigen, es daher schon im
Prinzip höchst bedenklich sein müßte,
im Gegensatz
hierzu auf der Oder eine neue Abgabe dieser Art einzuführen.
Die würde
von
dem Provinziallandtage
in
Aussicht
gestellte
Garantie
aber zur Voraussetzung füglich nur haben können, daß von einer
Privatgesellschaft das Baukapital
aufgewendet, und derselben das Recht
zur Erhebung einer Schiffahrtsabgabe behufs Verzinsung und Amortisation
des Baukapitals eingeräumt würde." Am 1. November 1862 berichtete der Handelsminister an den König
über den bereits erwähnten Vorschlag der schlesischen Provinzialstände, dessen Ablehnung er befürwortete, weil die angeregte Art der Finanzierung von
Strombauten auf grundsätzliche Bedenken stoße.
Es heißt darin:
„Die Einführung einer Schiffahrtsabgabe auf der Oder, auch nach
dem die Regulierung vollendet und dadurch
etwas Wesentliches für die
Erleichterung der Schiffahrt gewonnen wäre, würde den bisher konsequent
befolgten Grundsätzen der preußischen Verwaltung widersprechen, welche
nach
freier Schiffahrt auf allen öffentlichen Strömen strebt und es sich
mit Erfolg
hat angelegen sein lassen, auf eine allmähliche Herabsetzung
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Z 2.
Die Praxis bei den Wasserstraßen in Preußen vor der Reichsgründung. 195
der bestehenden Flußzölle *
hinzuwirken,
wo der
Abschaffung
derselben
vertragsmäßige Hindernisse entgegenstehen."
Die Aufstellung eines zweckmäßigen Abgabentarifs sei übrigens auch
sehr schwierig; wenn durch ihn die Verzinsung und Tilgung der Baukosten erzielt werden solle, so müßten die Abgaben so hoch und infolgedessen die
Wasserfracht so teuer sich stellen, daß die Schiffahrt den Wettbewerb mit der Eisenbahn nicht aushalten könne.
In diesem Sinne erging dann auch die Entscheidung durch den Land tagsabschied vom 15. November 1862.
Die Schiffahrtsabgabe wurde ab
gelehnt, weil sie den bestehenden Grundsätzen nicht entspreche und weil durch
ihre Erhebung der von der Regulierung für die Schiffahrt zu erwartende Vorteil erheblich beeinträchtigt werden würde.
Die Schlesier ließen sich
aber auch hierdurch nicht abschrecken.
Der
Provinziallandtag trat nunmehr mit dem positiven Anerbieten einer bestimmten
Beitragsleistung hervor.
Er beschloß:
„Zunächst und vorbehaltlich weiterer Landtagsbeschlüsse die Summe von
einer
halben
Million Talern
aus
Mitteln
der
Provinz,
behufs
Regulierung der Oder von Ratibor bis Schwedt Eurer Königlichen Majestät Regierung zur Verfügung zu stellen und zwar unter folgenden bedingenden
Voraussetzungen." Unter diesen Bedingungen lautete die zu 8:
„daß von der Oderschiffahrt eine Abgabe erhoben, und deren Ertrag zwischen dem Staate und den beitragenden Provinzen, nach dem Ver
hältnis ihrer Beiträge, so lange geteilt werde, bis die Summe dieser Bei träge durch Amortisation mit 1 Prozent jährlich getilgt ist."
Hierzu wurde die Begründung gegeben,
„daß
es billig erscheine,
daß diejenigen,
welchen die Oderregulierung
zunächst zum Vorteil gereiche, auch an erster Stelle herangezogen werden, daß dadurch die Beitragslast der entfernter Beteiligten sich wesentlich ver
mindern würde, daß gesetzliche Hindernisse einer Abgabe von der Oderschiffahrt nicht entgegen stehen und dieselbe um so
weniger bedenklich sei, als sie nur eine vorübergehende sein würde."
Dieser Beschluß wurde nebst Begründung am 18. Oktober 1864 dem Könige überreicht mit der Bitte, nunmehr das weiter Erforderliche wegen der längst ersehnten Oderregulierung anzuordnen.
* Hier zeigt sich wiederum die Unsicherheit der Terminologie in dem unter schiedslosen Gebrauch der Worte „Flußzoll" und Schiffahrtsabgabe". 13*
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196
III.
Gegenstand der Abgabenerhebung.
Die Erledigung der Angelegenheit, die mit ihrem Für und Wider sehr
ausführlich erörtert war, so daß Neues kaum noch vorgebracht werden konnte,
Schließlich wurde jene Petition beantwortet
zog sich einige Jahre lang hin.
durch den Allerhöchsten Landtagsabschied vom 11. März 1868, in welchem es heißt:
„Die Bedingungen, unter denen Unsere getreuen Stände in der Petition vom
18. Oktober 1864 einen Beitrag von 500 000 Rtl.
aus Mitteln
der Provinz für die Oderregulierung zur Verfügung gestellt haben, sind
für annehmbar nicht zu erachten.
Denn wenn diese Bedingungen eine
Vollendung der Regulierung binnen längstens 10 Jahren nach einem ein heitlichen Prinzip und unter Begründung einer Zentralstelle für diesen Zweck, die Übernahme der nach Abzug der Provinzialbeiträge noch er
forderlichen Kosten auf die Staatskasse und die Erhebung einer Abgabe
von
der
sowie
Oderschiffahrt,
zwischen
dem
Staat
und
eine
des
Teilung
den beteiligten
Ertrages
nach
Provinzen
derselben
Verhältnis
ihrer Beiträge behufs Amortisation der letzteren mit 1 Prozent jährlich in
Aussicht
nehmen,
so
dabei
ist
daß
übersehen,
die
Einführung
einer Schiffahrtsabgabe auf der Oder, wie Wir dies bereits in dem Ab
schied vom 15. November 1862 ausgesprochen haben, mit den allgemeinen Verwaltungsgrundsätzen, welche überall auf Befreiung der Schiffahrt von
solchen Abgaben gerichtet sind, nicht vereinbar ist."
Hier ist wiederum, wie in allen Kundgebungen der Staatsregierung
seit dem Frühjahr 1861, lediglich die Zweckmäßigkeitsfrage, nicht der Rechts standpunkt als entscheidend für die Stellungnahme der Krone bezeichnet. Der Umstand,
daß seit dem Sommer 1867 der Art.
Bundesverfassung in Kraft war,
54 der Norddeutschen
hat zu einer veränderten Beurteilung der
Rechtslage nicht geführt, wie aus der Bezugnahme auf den Landtagsabschied vom 15. November 1862 deutlich erhellt.
der Meinung
gewesen wäre,
Wenn die preußische Regierung
daß die bisherige — von ihr ungern an
erkannte — Zulässigkeit von Schiffahrtsabgaben auf der regulierten Oder
durch
die Bundesverfassung beseitigt
worden
sei, so
hätte
sie
sicherlich
dieses Ablehnungsgrundes dem Provinziallandtage gegenüber vorzugsweise sich bedient,
wie sie es früher — bis zum Ablauf des Vertrages vom
4. April 1853 — getan hatte.
Die Erklärungen, Erlasse und Berichte in dieser Sache sind, soweit sie
aus dem Handelsministerium kommen, fast ausnahmslos von Delbrück selbst unterzeichnet.
Der
Entwurf
des
Allerhöchsten
Landtagsabschiedes
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vom
Z 3.
Die Praxis bei den Wasserstraßen im Reiche.
197
11. März 1868 ist im Handelsministerium Ende August 1867 aufgestellt,
also nur wenige Wochen nach dem Erscheinen der Bundesverfassung Im Herbst 1867 wurde dann noch eine „Denkschrift, Plan
betreffend den
zur Fortsetzung und Vollendung der Oderregulierung",
entworfen,
welche wiederum die Abgabenerhebung nur „als mit den allgemeinen Ver waltungsgrundsätzen, welche überall auf die Befreiung der Flußschiffahrt
von solchen Abgaben gerichtet sind, unvereinbar"
bezeichnet.
Diese vom
15. November 1867 datierte Denkschrift wurde am 15. Januar 1868 den beiden Häusern des preußischen Landtages übersandt. Es ist kaum denkbar, daß auch bei dieser Gelegenheit die Änderung der Rechtslage, wenn sie ein getreten wäre, lediglich übersehen sein sollte. *
-i-
ri-
Diese Darstellung der preußischen Verwaltungspraxis aus der Zeit vor der Reichsgründung dürfte genügen,
um die Tatsache außer Zweifel zu
stellen, daß die Erhebung von Fahrwassergeldern
auf regulierten Flüssen
und sonstigen Wasserstraßen im Rahmen der Selbstkostendeckung — also auf der Grundlage des Gebührenprinzips — damals für zulässig gehalten wurde.
War sie es damals, so ist sie es auch heute noch; denn der Rechtszustand
hat sich nur hinsichtlich der Flußzölle mit steuerlichem Charakter, nicht aber hinsichtlich der Schiffahrtsabgaben, seitdem geändert.
8 3.
Die Praxis bei den Wasserstraßen im Reiche. Die gesetzgebenden Körperschaften des Norddeutschen Bundes und des
Deutschen Reiches haben seit 1867
viermal Veranlassung gehabt, zu der
Auslegung des Art. 54 durch Beschlüsse — im Gegensatz zu bloßen Er örterungen ohne Abstimmung — Stellung zu nehmen.
1. Im Jahre 1868 halten Holzhändler aus Kaulsdorf und Gimte die Be
lastung der Flößerei auf der oberen Saale und Werra durch Abgaben beschwerde führend zur Sprache gebracht. Über diese Angelegenheit wurden von den Bundes ratsausschüssen für Zoll- und Steuerwesen und für Justizwesen zwei Berichte
erstattet.
Der erste vom 29. Juni 1869
beantragt die Ernennung eines
Bundeskommissars, welcher die Verhältnisse in
Gemeinschaft mit Bevoll
mächtigten der beteiligten Regierungen untersuchen und vor allem feststellen
* Die Länge der Zwischenzeit erklärt sich aus den Perioden des Zusammen tritts der Provinziallandtage.
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198
HI-
Gegenstand der Abgabenerhebung.
sollte, inwieweit der bestehende Zustand dem Art. 54 und dem Zollvereins vertrage entspräche.
Der zweite vom 13. April 1870 erörtert das Ergebnis dieser Unter
suchungen; er ist dem Entwurf des Bundesgesetzes vom 1. Juni 1870 über die Flößereiabgaben als Begründung beigegeben.
In beiden Berichten mußte die Frage des geltenden Verfassungsrechtes beantwortet werden, weil es sich bei der Werra um Flößereiabgaben handelte,
die auf der schiffbaren Flußstrecke erhoben wurden, also unzweifelhaft unter
die durch Art. 4 Nr. 9 der Verfassung begründete Zuständigkeit des Bundes fielen,
während
bei der Saale diese Zuständigkeit zweifelhaft war.
Es
handelte sich zwar um Flößereiabgaben auf der nicht schiffbaren Strecke, aber es war die Meinung vertreten, die Zuständigkeit des Bundes nach Art. 4 Nr. 9 sei für die ganze Saale begründet und Art. 54 für den ganzen Lauf dieses
Flusses
deshalb
anwendbar,
weil er auf seiner unteren Strecke zu den
„Wasserstraßen" gehöre. Endlich waren auch Zweifel darüber vorhanden, ob die Bestimmungen
in Art. 23
des
Zollvereinsvertrages noch neben Art. 54 der Verfassung
Geltung hätten. Die Wasserzölle werden
in den Ausschußberichten historisch begründet
und aus dem mittelalterlichen Begriff der Regalität hergeleitet, wobei stets
der Unterschied zwischen „eigentlichen" Zöllen und gebührenmäßigen Schiff
fahrtsabgaben festgehalten wird. „Eigentliche Flußzölle sind Ausfluß eines Hoheitsrechtes, und solches
wurde nur an größeren öffentlichen Strömen Zabilla et ex yuidus üunt navi§adilia.
behauptet; üumina navi-
Abgesehen von der Frage über
die Richtigkeit der Regalitätstheorien ist so viel gewiß, daß auf den als öffentliche betrachteten Flüssen die Staaten Abgaben erhoben, teils für die Gestattung der Benutzung durch Schiffahrt überhaupt, teils für Ge
stattung einer den gemeinen Gebrauch einschränkenden Benutzung, teils als Geleitsgeld für gewährten Schutz.
Hin und wieder mögen derartige Ab
gaben ihren ursprünglichen Charakter dadurch eingebüßt haben, daß man
sie
Stromes
als
und
Ersatz
für
die
Kosten
der
Unterhaltung
die Hinwegräumung von Hindernissen
des
ansah,
ähnlich wie bei den Landstraßen."
Der letzte Satz bezieht sich auf die gebührenmäßigen Fahrwassergelder; er läßt deutlich erkennen,
daß man sich des grundsätzlichen Unterschiedes
Gemeint ist der Gegensatz zu den nur flößbaren Wasserstraßen.
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8 3.
zwischen solchen
199
Die Praxis bei den Wasserstraßen im Reiche.
Abgaben
und
vollkommen be
„eigentlichen Flußzöllen"
wußt war.
Es heißt dann S. 23 des Berichts vom 13. April 1870:
„Für unrechtmäßig können die in Frage stehenden (auf der Werra und Saale erhobenen) Abgaben also auf keine Weise gehalten werden, wohl
aber stehen sie mit dem ganzen
Entwicklungsgänge und mit den An
forderungen, die der Verkehr macht, nicht im Einklänge.
Flußabgaben
ohne Gegenleistung sind immer mit Widerwillen betrachtet, weil sie für die Benutzung einer von der Natur gegebenen Sache gefordert sind. — In den Vorschriften der Reichsgesetze und Wahlkapitulationen
über die Zölle, der Wiener Kongreßakte über die konventionellen Flüsse,
der
Zollvereinsverträge,
der
späteren
Verfassungs
entwürfe und endlich der Norddeutschen Bundesverfassung ist deutlich
die Tendenz zu erkennen, die Erhöhung und Vervielfältigung der Wasser
zölle auszuschließen, sie nach und nach einzuschränken und endlich sie da ganz abzuschaffen, wo sie ohne Entgelt genommen werdend Die Idee ist dabei keine andere, als daß die von Natur gegebenen
öffentlichen Wasserstraßen dem gemeinen Gebrauch ohne Beschränkung und
Belastung überlassen werden sollen."
Ferner wird auf S. 25 a. a. O. bemerkt:
„Es ist hier noch des Umstandes zu erwähnen, daß die Flußabgaben oft als Äquivalente für die Erhaltung der Flüsse dargestellt
werden usw. Jedenfalls
ist nun durch Art. 54 der Verfassung soviel bestimmt,
daß Wasserabgaben nur für die Benutzung besonderer Anstalten entrichtet werden sollen.
Die bloße Unterhaltung der Strombahn? ist
aber keine besondere Anstalt.
Wo man daher die Erhebung von
Wasserzöllen auf den konventionellen Flüssen
eingestellt hat, ist dieses
ohne alle Rücksicht auf die Unterhaltungslast geschehen.
In
der Tat ist auch das Verhältnis ein anderes als bei den Landstraßen.
Die künstliche Landstraße ist mit baulichem Aufwande angelegt, wird durch den Gebrauch
der
abgenutzt und eben das Befahren führt die Notwendigkeit
Reparaturen
herbei.
Die
natürliche Wasserstraße,
der
Lauf
des
* Diese Darstellung ist freilich hinsichtlich der Wiener Akte und der Verfassung von 1849 nicht richtig. Erstere wollte die Wasserzölle als solche keineswegs abschaffen und letztere wollte die Schiffahrtsabgaben für die Binnenschiffahrt auch da abschasfen, wo sie gegen Entgelt gefordert wurden. Vgl. S. 23—25 u. S. 139, 140. 2 Bei Schumacher ist statt „Strombahn" irrtümlich „Strombauten" gedruckt S. 137.
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III.
200
Gegenstand der Abgabenerhebung.
Wassers wird durch Befahren nicht verschlechtert, und die Notwendigkeit
der Unterhaltung der Strombahn folgt aus natürlichen Ver hältnissen, die
mit der Schiffahrt oder Flößerei in keinem
Zusammenhänge stehen."
Aus dem letzten Satze ergibt sich klar, daß der Bericht nur an solche Wasserstraßen denkt, welche sich in natürlichem Zustande befinden, oder nur den ursprünglichen Naturzustand der Wasserstraßen im
Auge hat.
Denn
von künstlich hergestellten Fahrrinnen — von den durch Baggerung hergestellten Seewegen im Frischen und Stettiner Haff z. B. — kann man unmöglich sagen, daß ihre Unterhaltung „aus natürlichen Verhältnissen folge,
keinem Zusammenhänge stehen".
die mit der Schiffahrt in läßt sich
Ebensowenig
eine solche Behauptung aufstellen für die Fahrrinne im Rhein,
welche im Jntereffe der Schiffahrt hergestellt ist und nur durch Unterhaltung
zahlreicher Buhnen, Grundschwellen und Parallelwerke, hin und wieder auch
durch Baggerungen, vor Verflachung und Verengung geschützt werden kann, außerdem aber auch durch Tonnen und gemacht werden muß.
andere Fahrwasserzeichen kenntlich
Unrichtig ist ferner die Annahme, die natürliche
Wasserstraße werde durch Befahren nicht verschlechtert.
Abgesehen von der
Verschlechterung durch Wracks, deren Hineingeraten in das Fahrwasser doch eine Folge der Befahrung ist, und deren Beseitigung der preußische Handels
mehreren norddeutschen Regierungen gegenüber
minister und Reichskanzler
als „besondere Anstalt zur Erleichterung des Verkehrs" im Jahre 1885 an erkannt hat,
erleidet auch die natürliche Wasserstraße durch die Bewegung
der Fahrzeuge, insbesondere großer und schnell fahrender Dampfer, Ver
schlechterungen.
Die Akten sind angefüllt mit Klagen, welche in der Zeit
des Aufkommens der Dampfschiffahrt über die Uferabbrüche und die Hinein spülung
Erdmassen
von
Dampfer erhoben wurden.
in
den
Strom
infolge
des
Wellenschlages
der
Auch in neuester Zeit werden Uferdeckungen aus
diesem Anlaß notwendig.
Im übrigen stellt sich aber der Bundesrat in jenem Bericht klar und deutlich auf den Gebührenstandpunkt; nur „Flußabgaben ohne Äqui
valente" werden perhorresziert und im übrigen der Anstaltsbegriff als maß
gebend daß
erklärt,
aber nicht deklariert oder doch nur negativ dahin begrenzt,
„die bloße Unterhaltung
der Strombahn"
nicht dazu gehöre.
Diese
Bemerkung gestattet 6 eontrario den Schluß, daß Verbesserungen der
Strombahn besondere Anstalten seien. mehrerwähnten
Wiedenfeld will allerdings in seinem
Vortrage vor dem Deutschen Landwirtschaftsrat das nicht
zugeben; er glaubt den Ton nicht auf die Worte sondern auf
,Strombahn" legen zu sollen.
„bloße Unterhaltung",
Gegen diese Auffassung spricht
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Z 3.
Die Praxis bei den Wasserstraßen im Reiche.
201
aber nicht nur der Zusammenhang, sondern auch die innere Wahrscheinlich keit.
Wäre Wiedenfelds Ansicht zutreffend, so
schaftswort
„bloße"
vor „Strombahn"
hätte richtiger das Eigen
gestellt werden müssen.
Außerdem
müßte dann vorausgesetzt werden, der Bundesrat hätte den Begriff der be
sonderen Anstalt nur im Rahmen der
„Unterhaltungstätigkeit" definieren
wollen, während es doch nicht nur viel näher liegt, sondern geradezu ge
boten ist, bei einer solchen Definition den Unterschied zwischen der Erhaltung des Status HUO und seiner Verbesserung ins Auge zu fassen.
Es gibt An
stalten, die nach ihrer Herstellung keine oder so gut wie keine Unterhaltung
welchen es mit der bloßen Unterhaltung nicht
erfordern, und andere, bei
getan ist, sondern daneben der Betrieb
eine entscheidende Bedeutung hat.
Daß die Erhebung der Flußzölle „ohne Rücksicht auf die Unterhaltungs kosten" der Wasserstraßen eingestellt worden war, ergab sich mit Notwendig
keit aus dem Mangel einer Beziehung der ersteren zu den letzteren und aus der schon früher dargelegten technischen Unmöglichkeit, die Zölle in Fahr
wassergelder — gebührenmäßige Schiffahrtsabgaben — zu modernisieren. 2.
In demselben Sinne wird in einem von Delbrück vollzogenen Be
richte der vereinigten Bundesratsausschüsse für Handel und
Verkehr und
für Justizwesen vom 18. März 1870 über die Aufhebung des Elbzolles fest gestellt, „daß die Zölle auf den deutschen Strömen nicht als Ersatz für die Unterhaltungskosten erhoben werden
und erhoben worden sind."
Die Be
gründung zu dem Entwürfe des Bundesgesetzes über die Aufhebung der
Elbzölle vom 11. Juni 1870
sagt ausdrücklich:
„Es hatten weder diese Zölle (die früheren von den einzelnen Ufer
staaten besonders erhobenen Elbzölle,
im Gegensatz zu der damals für
gemeinschaftliche Rechnung und nur noch
an
einem Orte eingeforderten
Abgabe), noch hat folgerecht die jetzt (in Wittenberge) zur Erhebung
kommende Abgabe brauch
die Natur einer Abentrichtung für den Ge
besonderer, zur Erleichterung des Verkehrs bestimmter An
stalten, sondern es wird die Abgabe als einfacher Passagezoll erhoben.
Sonach
aber wird der fragliche Zoll durch das Verbot in der
Bundesverfassung direkt betroffen."
Man war im Bundesrat nach einigem Schwanken zum Entschluß dar
über gekommen 2, daß Flußzölle trotz der Bestimmung in Art. 23 des später publizierten
und in Kraft getretenen Zollvereinsvertrags verfassungsmäßig
unzulässig seien.
Indem man die Zulässigkeit des Elbzolls verneinte, nahm
man keineswegs Stellung zn der Frage, ob
besondere Anstalten zur Er-
i B.G.Bl. S. 416, Drucksachen des Reichstages Nr. 136. 2 Vgl. S. 137 Anm. 2.
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III.
202
Gegenstand der Abgabenerhebung.
leichterung des Verkehrs im Sinne des Art. 54 seien.
auf der Elbe vorhanden
Man ließ diese Frage im Gegenteil offen und begnügte sich mit der
Feststellung, daß der Elbzoll keinesfalls eine Gegenleistung für die Benutzung
solcher Anstalten darstelle. Das Fehlen jeder rechtlichen und wirtschaftlichen Verbindung zwischen dem Elbzoll und der Unterhaltung oder Verbesserung des Stromes oder mit
anderen Worten der rein fiskalische Charakter jener Abgabe zeigte sich auch in der Behandlung der Frage, ob, inwieweit und in welcher Weise den am
Elbzoll beteiligten Uferstaaten eine Entschädigung für stehenden Einnahmeverlust zu
gewähren sei.
den
ihnen
bevor
Die Zubilligung solcher Ent
schädigungen wurde vom Bundesrat nur mit der allgemeinen Finanzlage jener Staaten begründet.
Bei der Bemessung der Abfindungssumme wurde
der volle Ertrag des Elbzolles zu Grunde gelegt; es wurden nur die Er hebungskosten
gekürzt, nicht aber die Aufwendungen für die Unterhaltung
der Wasserstraße, obwohl sie bei der Berechnung abgezogen werden mußten,
wenn man in den Zöllen zugleich eine Gegenleistung für die Strombaulast
und in der letzteren eine aus allgemeinen Mitteln zu erfüllende Obliegenheit der Uferstaaten erblickt hätte.
Endlich wurde die Entschädigungspflicht nicht
von der Elbschiffahrt oder von den die Elbschiffahrtsinteressen vertretenden
Bundesstaaten, sondern vom Bunde übernommen.
Jedes Eingehen auf die Frage, ob
nach Aufhebung der Elbzölle ein
Fahrwassergeld auf der Elbe im Nahmen der gebührenmäßigen Selbstkosten deckung erhoben werden könnte, oder mit anderen Worten, ob die im Strom bett der Elbe vorgenommenen Verbesserungen besondere Anstalten im Sinne des Art. 54 der Verfassung seien ^, hatte der Bundesrat vermieden.
Anders
der Reichstag, der trotz seiner Eigenschaft als Volksvertretung damals weniger
antifiskalisch und der Anwendung des Gebührenprinzips auf Wasserstraßen günstiger war als die Regierung. Am 14. April 1869
hatte die Petitionskommission über Bittschriften
wegen Beseitigung des Elbzolles berichtet: „Der Elbzoll habe durch den Art. 54 insoweit seine rechtliche Gültig
keit verloren,
als er die zur Unterhaltung und gewöhnlichen Herstellung
der zur Erleichterung des Verkehrs bestimmten
Anstalten erforderlichen
Kosten übersteige". In der Sitzung des Reichstages vom 28. April 1869 erläuterte der
Abgeordnete Freiherr Nordeck zur Rabenau die Stellungnahme der Kommission
durch folgende Ausführungen: * Man könnte die Frage auch auf den Übergang von der natürlichen zur künstlichen Wasserstraße stellen.
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203
Die Praxis bei den Wasserstraßen im Reiche.
H 3.
„Wie Herr Graf Schwerin vorhin schon erwähnt hat, lautete der Antrag der Referententen ursprünglich dahin,
die Petition dem Bundeskanzler
mit der Aufforderung zu überweisen, die Aufhebung der Elbzölle unver
weilt herbeizuführen. Erst
auf
meinen
im
Laufe
Antrag
der
die
Diskussion
Worte:
auf
der
Petitionskommission
des
Grund
Art. 54
sind
der
Bundesverfassung: in den Antrag der Petitionskommission hinein gekommen.
Der Art. 54 handelt aber in dem Teile, der uns hier in
teressiert, im wesentlichen davon, daß auf den natürlichen Wasserstraßen
Abgaben für die Benutzung resp. Unterhaltung besonderer Anstalten und
Anlagen, die zur Erleichterung resp. Unterhaltung des Verkehrs dienen,
bestehen bleiben; jedoch dürfen sie die zur Unterhaltung und gewöhn lichen Herstellung der Anstalten und Anlagen nicht übersteigen.
sein.
erforderlichen Selbstkosten
Also von reiner Aufhebung kann nicht die Rede
Der Art. 54 präzisiert genau, unter welchen Verhältnissen gewisse
Abgaben bestehen bleiben sollen.
Die Petitionskommission hat
natürlich gewollt, daß dieser Artikel der Verfassung auch hier die ihm
gebührende Berücksichtigung fände;
daß sie das aber wollte,
es wollen
mußte, hat sie einfach dadurch bekundet, daß sie dem ursprünglichen An träge der Referenten die ausdrückliche Bezugnahme auf Art. 54 der Ver
fassung hinzufügte" Die Ausführungen
des Abgeordneten
von keiner Seite, namentlich
Nordeck
zur Rabenau
wurden
auch nicht von dem anwesenden Vertreter der
verbündeten Regierungen, beanstandet.
Indem der Reichstag den so erläuterten Antrag der Kommission nach
längerer Erörterung annahm, stellte er sich in unzweideutiger und bestimmter Weise auf den ihm zu Grunde liegenden Rechtsstandpunkt, welcher darauf
hinauslief, daß Befahrungsabgaben auf der Elbe im Nahmen des Gebühren
prinzips
zulässig
seien.
Er
wollte
ebensowenig
wie
die
deutschen
Re
gierungen einschließlich der preußischen im Jahre 1848 die Strombaukosten
den Steuerzahlern in den Uferstaaten zur Last legen; man wünschte viel mehr eine Elbschiffahrtsabgabe an Stelle des Zolles und fand in der ersteren
ebensowenig ein wirtschaftliches oder rechtliches Bedenken, wie die schlesischen Provinzialstände und der preußische Landtag ein solches kurz vorher in der Einführung einer Oderschiffahrtsabgabe gefunden hatten.
Es wurde ferner
in jenem Berichte die Tatsache des Vorhandenseins besonderer Anstalten im
Sinne des Art. 54 für die natürliche Wasserstraße der Elbe anerkannt.
Elbe war damals
Die
bis zu einem gewissen Grade schon reguliert und in der
I Stenogr. Berichte S. 660.
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III.
204
Regulierung begriffen.
Gegenstand der Abgabenerhebung.
Also hat die Kommission und der Reichstag selber
sich
bei jenem Anlasse dahin ausgesprochen, daß Regulierungsbauten oder
die
durch
solche Bauten
geschaffenen
Fahrrinnen
besondere Anstalten im
Sinne der Bundesverfassung seien. Auch
in
der Literatur
wurde
damals
diese Ansicht
vertreten.
In
Hirths Annalen 1869 war ein Aufsatz über die Frage der Elbzölle erschienen, in welchem es heißt (S. 430):
„Der ganze Art. 54 alin. 4 der Bundesverfassung ist so deutlich und
präzis gefaßt, daß es keinem Zweifel unterliegen kann, daß die Elbzölle, insoweit sie die zur Unterhaltung und gewöhnlichen Her
stellung der zur Erleichterung des Verkehrs dienenden An stalten übersteigen, mit dem Augenblick der Einführung der Bundes
verfassung ihre rechtliche Grundlage verloren haben". Dieselben Anschauungen kamen wiederum im Reichstage zur Geltung,
als ihm im Jahre 1870 von den verbündeten Regierungen der Gesetzentwurf
über die Aufhebung des Elbzolls vorgelegt wurde.
Bei der Beratung hier
über am 19. Mai 1870 vertrat der Abgeordnete Koppe den Standpunkt, daß der Elbzoll teilweise allerdings reiner Finanzzoll, teilweise aber auch ein Äquivalent für die Kosten der Unterhaltung des Fahrwassers
sei.
Gerechtfertigt sei aber nur die Aufhebung des ersteren Bestandteiles der
Abgabe; ihre völlige Beseitigung würde eine staatliche Subvention der Elb-
schiffahrt zu Lasten der Steuerzahler bedeuten.
In demselben Sinne erklärte
der Abgeordnete von Benda, daß die Frage, ob man für die Unterhaltung des Fahrwassers müsse, und
eine mäßige Abgabe erheben dürfe, noch geprüft werden
der Abgeordnete von Bülow stellte schließlich den Antrag, an
Stelle des die Abfindung einiger Elbuferstaaten betreffenden Z 2 die Be stimmung : „Vom 1. Juli 1875 an darf nur eine die Kosten der Unterhaltung und gewöhnlichen Herstellung der Anstalten und Anlagen für die Elbstrom-
schiffahrt nicht übersteigende Schiffahrtsabgabe erhoben werden"
zu setzen.
Diesem Anträge
—
dessen Fassung
von
neuem die Subsumierung
der Elbstrombauten unter den Anstaltsbegriff erkennen läßt und insofern die Bedeutung eines weiteren Sprachgebrauchszeugnisses hat — widersprach namens des Bundesrats der Staatsminister Delbrück, indem er ausführte „Die Bundesverfassung spricht in
Art. 54 ausdrücklich
Schiffahrtsabgaben, wie sie hier ins Auge werden
sollen;
sie
beschränkt
die
aus, daß
gefaßt sind, nicht erhoben
Zulässigkeit
von
Abgaben
für
* Stenograph. Berichte S. 1031.
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die
8 3.
Die Praxis bei den Wasserstraßen im Reiche.
205
Schiffahrt auf solche, welche für die Benutzung bestimmter Anstalten erhoben werden, welche ein Äquivalent für die Benutzung solcher An stalten sind, und sie läßt es nicht zu, Abgaben zu erheben,
welche
lediglich
haben,
Zweck
den
gewöhnliche Unterhaltung
die
Kosten
für
die
der Fahrbarkeit der Ströme
aufzubringen." Der Minister unterstellte also, daß in dem Anträge nur solche Anstalten
gemeint gewesen seien, die im Rahmen der „gewöhnlichen Unterhaltung" der Fahrbarkeit der Elbe
lägen; und der Abgeordnete von Bülow scheint
in der Tat eine solche Meinung gehegt zu haben, da er seinen Antrag an
gesichts der Delbrückschen Erklärung zurückzog. Die letztere trägt zur Klärung der Rechtslage leider wenig bei.
Nach
dem die Petitionskommission des Reichstages und der Reichstag selbst im Jahre 1869
bekundet hatten,
daß sie die Elbstrombauten als besondere
Anstalten im Sinne des Art. 54 ansahen, und nachdem diese Auffassung in
der Reichstagsverhandlung
vom
1870
19. Mai
wiederum
von
ver
schiedenen Seilen vertreten worden war, hätte der Vertreter der verbündeten Regierungen wohl Veranlassung gehabt,
sich deutlich darüber auszusprechen,
weshalb jenen Bauten gleichwohl die Anstaltseigenschaft abzusprechen sei,
und unter welchen Voraussetzungen Wasserbauten an schiffbaren Flüssen zu den abgabefähigen Anstalten gerechnet werden könnten.
Zu diesem Zweck
hätte der Begriff des „besonderen" im Sinne des Art. 54 erläutert werden müssen;
Delbrück
„bestimmten"
aber
spricht
Anstalten.
Er
nicht
von
beschränkt sich
„besonderen",
auf
sondern
von
eine negative Begriffs
erläuterung, indem er ausspricht, daß Unterhaltungskosten nicht durch Schifffahrtsabgaben eingebracht werden dürften.
Aber auch diese Erklärung wird
durch die Wahl der Ausdrücke „lediglich" (den Zweck haben) und „gewöhn
liche"
(Unterhaltung)
stark
eingeschränkt
und
Wäre Delbrück der Meinung gewesen, daß
auch
geflissentlich
abgeschwächt.
für Verbesserungen
der Fahrbarkeit des Elbstroms durch Regulierungsbauten, wie wirksam und wie kostspielig sie immer sein mögen, niemals eine Schiffahrtsabgabe erhoben
werden dürfe, weil solche Bauten ihrem Wesen nach unter den Begriff der „besonderen Anstalt"
niemals subsumiert werden könnten, so hätte er sich
viel kürzer und verständlicher etwa dahin ausdrücken können: Fahrwasser
gelder sind verfassungswidrig, nur Schleusengelder sind zulässig, weil nur
Stauanlagen besondere Anstalten sind.
sierung können
aus
Schiffahrtsabgaben
Stromverbesserungen durch Kanali finanziert werden,
und
Strom
verbesserungen durch Regulierungswerke, wie sie damals an der Elbe schon
erbaut waren, müssen künftig zu Lasten der Steuerzahler gehen.
Durch
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Gegenstand der Abgabenerhebung.
III.
206
eine solche Erklärung hätte sich Delbrück allerdings mit der Praxis unter der Herrschaft der Zollvereinsverträge, deren Rechtszustand nach seiner eigenen
Erklärung unverändert geblieben war,
in Widerspruch gesetzt.
Er selbst
hatte noch im Jahre 1862 in einem Jmmediatbericht die gebaggerten Fahr rinnen in den Odermündungen als abgabesähige Anstalten behandelt.
Da Delbrück bei Abgabe der Erklärung vom 19. Mai 1870 zweifellos wußte, daß Fahrwasserverbesserungen vorhanden waren, so kann aus
dem Umstande, daß er ihr Vorhandensein ignorierte und sich nur über die
Kostendeckung für Unterhaltungsarbeiten äußerte, kaum eine andere Schlußfolgerung gezogen werden als die, daß er eine Stellungnahme zu der durch den Gung der Verhandlungen der Regierung nahegelegen Frage: ob Fahrwasserverbesserungen durch Regulierungsbauten im Wege der Ab gabenerhebung finanziert werden könnten: vermeiden wollte. Zum Verständnis jener Delbrückschen Erklärung muß man den Geist
der damaligen Zeit und ihre wirtschaftliche Grundrichtung mit berücksichtigen.
Die Regierungen — vor allem die preußische, aus welcher Delbrück hervor
hatten eine tiefgehende grundsätzliche Abneigung gegen
gegangen war — Schiffahrtsabgaben.
Man suchte ihre Einführung auch bei solchen Anlässen,
wo die' gesetzliche und vertragsmäßige Befugnis vorlag, möglichst zu ver
Vielleicht hat diese wirtschaftliche Tendenz auch die Fassung jener
meiden.
Delbrückschen Erklärung etwas beeinflußt.
Die Umwandlung des Elbzolles in eine Schiffahrtsabgabe wäre aller dings,
wie
die
Verhältnisse
einmal
lagen,
durch
bloße
Reduktion
der
Einheitssätze unmöglich gewesen; schon deshalb, weil der Zoll nur an einer
Stelle,
in Wittenberge,
Verkehr
vom
werden
konnte.
Süden
Zu
erhoben wurde, so daß insbesondere der ganze
nach
Berlin
und
Magdeburg
dort
nicht
erfaßt
einer gebührenmäßigen Schiffahrtsabgabe hätte eine
annähernd gleichmäßige Belastung des Gesamtverkehrs gehört, und diese war im Rahmen der bestehenden Tarife und Verwaltungseinrichtungen nicht zu erreichen.
Beides hätte völlig neu geschaffen werden müssen.
Daß man aber eine gebührenmäßige Schiffahrtsabgabe in Gestalt eines Fahrwassergeldes
für
zulässig
und
für
vereinbar mit dem Art. 54 der
Reichsverfassung ansah, zeigte sich in dem Fortbestehen einer solchen Gebühr
auf der Unterelbe. Trotz der Beseitigung des Elbzolles durch das Bundes gesetz vom 11. Juni 1870 und trotz des mit Österreich geschlossenen Elbzollvertrages vom 22. Juni 1870 erhob man das hamburgische sogenannte Lotsgeld für die 114 Km lange Strecke unterhalb Hamburg weiter.
Die
Beibehaltung dieser Abgabe stieß nirgends auf Widerspruch, obwohl sie —
wenn auch
aus anderen Gesichtspunkten — im Reichstage wiederholt aus
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Die Praxis bei den Wasserstraßen im Reiche.
Z 3.
Arbeit
gebracht wurde,
zur Sprache
drücklich
näher
dargelegt
wie
ist.
worden
S.
aus
auch
Aber
207
dieser
163—166
von
abgesehen
den
vertretenen politischen Kreisen war die breite Schicht der
im Reichstage
und Handeltreibenden selbstverständlich über den Inhalt des
Schiffahrts-
Elbzollvertrages ebenso
wie über das Fortbestehen der hamburgischen Elb-
schiffahrtabgabe unterrichtet.
Einige Jahre nach der Beseitigung der Elbzölle kamen die gesetz
3.
gebenden Körperschaften des Reiches wiederum in die Lage, zu der Aus legung
des Art.
der Verfassung Stellung nehmen zu müssen.
54
Die
Veranlassung hierzu ergab sich aus den eigentümlichen Verhältnissen, welche
hinsichtlich
der
und
Bremen
Unterhaltung
Meere
dem
des
Fahrwassers
bestanden.
Mittelalter allein Bremen ob,
Diese
Unterweser
der
Unterhaltung
lag
zwischen
seit
dem
ebenso wie die Unterhaltung der Unterelbe
lediglich Sache Hamburgs und die der Trave Aufgabe Lübecks war. Die Weserschiffahrtsakte vom 10./22. November 1823* hatte außer
„Weserzoll", der nur für das Gebiet der Binnenschiffahrt oberhalb
dem
Bremen
erhoben
werden
durste,
jede
andere Befahrungsabgabe für den
ganzen Lauf der Weser bis zum Meere untersagt und in
bestimmt:
ausdrücklich
findet
weder
Zoll
Schiffahrtsgebühren,
in
den
§ 15 Abs. 2
„Von Bremen bis ins offene Meer und umgekehrt
noch
sonstige
„Hafen-,
Handelsplätzen"
Abgabenerhebung
Kran-, waren
Wage-
in
Z
23
statt".
und
Nur
örtliche
Niederlagegebühren
neben dem
seit 1856
suspendierten und später durch die Bundesverfassung auch äe jure beseitigten Weserzoll zugelassen.
Der bremische Staat konnte aber die sür die Unter
haltung des Fahrwassers erforderlichen bedeutenden Aufwendungen nicht aus
allgemeinen Mitteln bestreiten und führte deshalb gleichwohl — die Ver hältnisse waren eben stärker als das geschriebene Vertragsrecht — im Jahre 1826 eine Schiffahrtsabgabe ein, von welcher er späterhin die hannoverschen,
oldenburgischen und preußischen Schiffe frei lassen mußte.
Die Einführung
der Bundesverfassung, welche die gleichmäßige Behandlung aller deutschen
Schiffe hinsichtlich der Schiffahrtsabgaben vorschrieb, machte diesen Zustand unhaltbar.
Die Seeschiffahrtsabgabe wurde tatsächlich nach 1867 nur noch
von den nach bremischen Weserhäfen gehenden bremischen und nichtdeutschen Schiffen gezahlt;
aber der Ertrag war dementsprechend geringer und die
Unzufriedenheit in Bremen über die Benachteiligung der bremischen gegen
über der sonstigen deutschen Reederei groß.
r Preuß. Ges.S. 1824 S. 25.
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III.
208
Gegenstand der Abgabenerhebung.
Als im Jahre 1868 von preußischer Seite die Auslegung eines Feuer
schiffes am Kreuzungspunkle der Seewasserstraßen nach der Jade und der Wesermündung
als
wünschenswert
erklärt worden war,
benutzte Bremen
diesen Anlaß, um ein gemeinsames Vorgehen der drei Uferstaaten Preußen,
Oldenburg und Bremen, bei der Unterhaltung der Seezeichen auf der Unter weser und dem angrenzenden Gebiet der Nordsee anzuregen, und zwar in dem Sinne, daß Bremen nach wie vor die Unterhaltung allein übernehmen
sollte,
während die Kosten durch eine Abgabe aufzubringen wären,
welche
von allen Schiffen ohne Unterschied des Heimatshafens und des Bestimmungs ortes — also auch
von
den
nach
nichtbremischen Weserhäfen gehenden
Fahrzeugen — zu erheben sei.
Preußischerseits wurde im Lause der Verhandlungen die grundsätzliche Berechtigung dieses Vorschlages anerkannt.
Die Minister des Handels und
der Finanzen erklärten dem Auswärtigen Amt am 30. April 1872, daß „prinzipielle Bedenken der Erhebung einer Vergütung von dem schiffahrt-
treibenden Publikum für die Unterhaltung pp. der Seezeichen nicht ent Bekanntlich werden auch außer auf der Weser zurzeit auf
gegenstehen.
der Ems Abgaben für Schiffahrtszeichen erhoben, und das altpreußische
Hafengeld
ist
anstalten,
sondern
als Entgelt nicht auch für
die
allein
für die Benutzung der Hafen
Lolshilfe und
die
Schiffahrtszeichen
aufzufassen."
Zu den Schiffahrtszeichen, welche für die Ansegelung der Wesermündung
— für die Auffindung des richtigen Fahrwassers — notwendig waren, ge
hörten auch der Kirchturm und der Leuchtturm auf der oldenburgischen Insel Wangeroog, die ebenso wie die ganze Insel durch den Angriff der Nordsee mit Zerstörung
bedroht waren.
Um diese Schiffahrtszeichen zu erhalten,
mußte der Strand von Wangeroog mit sehr kostspieligen Uferbaulen geschützt
werden.
Nun hatte an dem Schutze der Insel und jener Türme gleichzeitig
die Reichsmarine ein Interesse.
Die Türme waren und sind für die Schiffe
der Marine ebenso wie für die Kauffahrteischiffe als die einzigen weit sicht
baren Seezeichen Bedeutung.
vor der Weser- und Jademündung von
hervorragender
Die Erhaltung der Insel war aber ferner auch für den Reichs
kriegshafen an der Jade insofern wichtig,
als die Zerstörung der ersteren
das Fahrwasser nach dem letzteren wahrscheinlich verschlechtert haben würde.
Mit Rücksicht hierauf beteiligte sich das Reich an den Verhandlungen über
die Seezeichen an der Wesermündung und schloß im Jahre 1875 Weseruferstaaten Preußen,
mit den
Oldenburg und Bremen ein Abkommen, wonach
das Reich die Strandbefestigungen auf Wangeroog Herstellen und sie nebst den Leuchtfeuern unterhalten sollte,
während die Weseruferstaaten sich ver
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8 3.
Die Praxis bei den Wasserstraßen im Reiche.
209
pflichteten, für den Bau der Strandbefestigungen einmalig etwas mehr als
eine halbe Million Mark aufzubringen und einen laufenden Zuschuß zu den Unterhaltungskosten dieser Befestigungen zu leisten.
drei Uferstaaten einen Vertrag, Vegesack bis zum Meere,
Gleichzeitig schlossen die
wonach die Kosten aller
Seezeichen von
einschließlich eines
und vor der Wesermündung,
Teiles der von ihnen übernommenen jährlichen Zuschüsse
zur Unterhaltung
der Strandbefestigungen auf Wangeroog, durch eine als „Feuer- und Baken
geld" bezeichnete Schiffahrtsabgabe vom Raumgehalt der in die Wesermündung einlaufenden Fahrzeuge aufgebracht werden sollte.
Dieser Vertrag
wurde
als
wesentlicher Bestandteil
der Finanzierung
des Gesamtunternehmens dem Bundesrate am 24. November 1875
vor
Durch die Genehmigung des vom Reiche mit den Uferstaaten ge
gelegt
schloffenen Abkommens wurde auch der Vertragsinhalt vom Bundesrat als verfassungsmäßig unbedenklich anerkannt.
Der
demnächst
den
von
gesetz
gebenden Körperschaften der drei Einzelstaaten angenommene, in der Preußischen Gesetzsammlung 2 unter dem Datum des 6. März 1876 veröffentlichte Vertrag macht in Art. 3 die Übernahme der Baulast hinsichtlich der Anlagen auf
Wangeroog durch das Reich zur ausdrücklichen Voraussetzung seiner Geltung. Es ist also von Reichs wegen bei diesem Anlasse der Standpunkt ein
genommen worden, daß nicht nur die Seezeichen selbst,
die Tonnen, Baken
und Leuchtfeuer, sondern auch die Strandbefestigungen auf Wangeroog, in sofern sie zur Erhaltung des dortigen Kirchturms und Leuchtfeuers beitragen, besondere Anstalten im Sinne der Reichsverfassung sind, deren Herstellungs
und
Unterhaltungskosten
aus
Schiffahrtsabgaben
gedeckt
werden
können.
Das Beispiel der Strandbefestigungen zeigt mit besonderer Deutlichkeit, daß die von der Verfassung geforderte Bestimmung
oder vielmehr Wirkung der
„Erleichterung des Verkehrs" keine unmittelbare zu sein braucht.
Denn der
Zusammenhang zwischen der Unterhaltung der Strandschutzbauten und dem Verkehrsinteresse derjenigen Schiffe, welche durch Entrichtung des Feuer- und
Bakengeldes zur Unterhaltung dieser Bauten beitragen,
ist so entfernt und
mittelbar wie möglich.
Die Frage der Anwendbarkeit des Begriffs der auf jene Strandschutzbauten Abgabefähigkeit ist damals
behandelt,
örterung
oder
mit
die
Frage
staatsrechtlichen Er
Einer von den bremischen Vertretern bei den
* Mit Delbrücks Unterschrift. 2 Ges.S. 1877 S. 178. Schriften OXV. - Erster Teil.
ihrer
nicht etwa unerwähnt geblieben oder obenhin
sondern vielmehr zum Gegenstände einer
gemacht worden.
„besonderen Anstalt"
anderen Worten
.
14
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Gegenstand der Abgabenerhebung.
III.
210
Vertragsverhandlungen, der Handelskammerpräsident Mosle, gab am 8. Mai 1875 ein Separatvotum ab,
zweifelte,
daß
er bestritt oder wenigstens be
aus Schiffahrtsabgaben mit Art. 54 der Verfassung vereinbar
befestigung
sei.
in welchem
die Deckung von Kosten für die Unterhaltung der Strand
Die beteiligten Bundesregierungen, einschließlich des bremischen Senats,
und das Reich erachteten jedoch das Bedenken für unbegründet.
Von den Folgerungen und Nutzanwendungen, welche aus diesem Falle hinsichtlich des Begriffs der „Benutzung"
zu ziehen sind, wird
noch
an
anderer Stelle die Rede sein.
4.
die Lage,
Zehn Jahre später kamen Bundesrat und Reichstag wiederum in bei der Finanzierung eines großen Unternehmens zur Förderung
der Schiffahrtsverhältnisse an der Wesermündung mitzuwirken.
Um die Befassung der Reichsgesetzgebung mit der Frage der Schiffahrts abgaben auf der Unterweser im Jahre 1886 ganz zu verstehen, muß man sich der Tatsache erinnern, daß die Verbesserung dieser Wasserstraße für die
Seeschiffahrt schon seit dem Jahre 1870 als Bundes- und später als Reichs
angelegenheit im Sinne des Art. 4 Nr. 9 der Verfassung behandelt worden
ist, weil mehrere Bundesstaaten territorial beteiligt und die etwa erforder
lichen Maßregeln ohne allseitiges Zusammenwirken oder wenigstens Einver nehmen nicht möglich waren.
staaten unter Leitung
genommen;
Im Jahre 1870 hatten Vertreter der Ufer-
eines Bundeskommissars eine örtliche Prüfung vor
sie waren dabei zu dem Ergebnis gekommen, daß der Zustand
des Fahrwassers den
besserung bedürfe.
Schiffahrtsinteressen
nicht
entspreche
und der Ver
Unter den Weseruferstaaten war jedoch eine Verständigung
über das, was in der Sache weiter geschehen
sollte, nicht zu erreichen.
Infolgedessen machte das Reich von seinem Aufsichtsrechte gegenüber den
Einzelstaaten hinsichtlich „des Schiffahrtsbetriebes auf den mehreren Staaten gemeinsamen Wasserstraßen und des Zustandes der letzteren" Gebrauch, und
der Bundesrat
beschloß
am
15. Februar
1874
auf Grund
des Art. 4
Nr. 9 a. a. O.
„daß durch technische Kommissare des Reiches der Zustand des Fahrwassers der Weser von Vegesack abwärts einer eingehenden Untersuchung unter
zogen und behufs Abstellung der etwa vorgefundenen Mängel ein Korrektions plan festgestellt und letzterer dem Bundesrat zur weiteren Beschlußnahme
vorgelegt werde."
Die infolgedessen eingesetzte, aus Vertretern der drei Uferstaaten ge bildete Reichskommission hatte nochmals festgestellt, daß das Fahrwasser sich „in einem sehr mangelhaften, stellenweise geradezu verwilderten Zustande
befinde und eine Korrektion erheische", und ferner sich dahin ausgesprochen,
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Die Praxis bei den Wasserstraßen im Reiche.
Z 3.
211
„daß diese Korrektion nur nach einem einheitlichen Plane, welcher auf das gesamte Flußgebiet der Unterweser von Bremen bis zur Mündung sich zu
erstrecken haben werde, erfolgen könne". Es wurden dann durch die Reichskommission umfangreiche technische Vorarbeiten
deren Kostendeckung wiederum ein Eingreifen des
angestellt,
Bundesrats nötig machte, weil die Uferstaaten sich über die Verpflichtung zur Beitragsleistung nicht verständigen
ging
schließlich
Franzius
konnten.
Aus diesen Vorarbeiten
der im wesentlichen von dem bremischen Oberbaudirektor
aufgestellte Bauplan
welcher
hervor,
Kostenbedarf von 30 Millionen Mark abschloß.
mit
einem veranschlagten
Bremen machte sich keine
Hoffnung darauf, von den anderen Uferstaaten Beiträge für die Ausführung
Preußen hatte ihn als über eine „ordnungs
dieses Planes zu erlangen;
mäßige Instandsetzung des bisherigen tatsächlichen Zustandes" hinausgehend
und darum als einen solchen bezeichnet, zu dessen Ausführung die Einzel staaten
auf
Grund
werden könnten. ein
so
des
Art. 4 Nr. 9
der Verfassung
nicht
angehalten
Anderseits war Bremen auch darüber außer Zweifel, daß
großes Unternehmen nicht zu Lasten der bremischen Steuerzahler
ausgeführt, sondern nur durch Schiffahrtsabgaben finanziert werden könne. Nach der bisherigen Entwicklung der Angelegenheit hatte Bremen alle
Veranlassung, sich für die Zukunft auf einen festen und gesicherten Boden zu stellen, und sich namentlich hinsichtlich der Schiffahrtsabgaben vor jeder
Möglichkeit einer späteren Anfechtung seines Erhebungsrechtes zu schützen. Ohne sichere Gewähr gegen solche Anfechtungen konnte es so große Kapitalien
nicht aufwenden;
diese Gewähr war nach Lage der Dinge nur von der
Reichsgesetzgebung im Wege der authentischen Auslegung des Art. 54 zu erlangen.
Bremen selbst war der Meinung, daß es sich nur um eine Auslegung
handele, da die Erhebung von Schiffahrtsabgaben für eine derartig aus gebaute
Wasserstraße — wie
es
in
dem Anträge des
Senats
an
den
Bundesrat vom 29. Mai 1885 heißt — „dem Geiste der Neichsverfassung
durchaus entsprechen"
würde.
Demgemäß
beantragte
auch
Bremen keine
Verfassungsänderung, sondern nur „eine im Wege des Spezialgesetzes zu erlassende Deklaration".
Der gleichen Ansicht war Preußen,
das ja in
demselben Jahre die Entfernung von Wracks und Baumstämmen aus dem Strome
für
abgabefähige
„besondere Anstalten"
erklärt
hatte,
und
der
Bundesrat, welcher in der Begründung zu dem Gesetzentwürfe aussprach: „Auch aus den einschlagenden Bestimmungen der Reichsverfassung (vergl. Art. 54 derselben) werden begründete Einwendungen gegen die Zulassung
einer Abgabenerhebung im vorliegendem Falle nicht herzuleiten sein. — 14.
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III.
212
Gegenstand der Abgabenerhebung.
Der leitende Gedanke ist augenscheinlich der gewesen, daß für die bloße
Nachhilfe,
welche
erforderlich
ist,
um die natürlichen Wasserläufe in
fahrbarem Zustande zu erhalten, der Verkehr nicht belastet werden sollte,
daß dagegen da, wo durch Anwendung künstlicher Mittel eine Fahrbahn
erst geschaffen wird, die Deckung der alsdann aufgewandten außerordent lichen Kosten durch eine Benutzunggebühr innerhalb gewisser Grenzen be
rechtigt sei." Bei der Beratung des Gesetzes im Reichstage am
12. März 1886
hatte zunächst der Abgeordnete Gebhard die Frage, ob die Abgabenerhebung
auf der Unterweser im Rahmen der Verfassung liege, als zweifelhaft be zeichnet; es lasse sich „immerhin die Behauptung hören und begründen, daß hier eine Änderung der Verfassung in Frage sei". Hierauf erwiderte der Staatssekretär des Innern von Bötticher:
„Ich möchte nicht unterlassen, auf die Frage, die der Herr Vorredner
angeregt hat bezüglich der Stellung des Bundesrats zu der Frage, ob
eine Verfassungsänderung im Entwürfe enthalten sei, Auskunft zu geben. Wie ich höre, ist in den Ausschüssen des Bundesrats, welchen diese Vor
lage vorgelegen hat, ebenfalls die Frage angeregt, ob in der Vorlage nicht eine Änderung gegenüber den Vorschriften des Art. 54 der Ver
fassung zu finden sein möchte.
Diese Frage ist im Plenum nicht weiter
verfolgt worden, es ist also eine Entscheidung des Bundesrats nach dieser Richtung hin nicht abgegeben worden; indessen ist eine solche Entscheidung
auch um deswillen entbehrlich, weil bei der Abstimmung über den Ent
wurf nicht eine so große Anzahl von Stimmen im Bundesrat gegen die Vorlage sich erklärt hat, daß dadurch eine Verfassungsänderung gehindert
wäre.
Der Bundesrat hat vielmehr mit einer Majorität, wie sie für
Verfassungsänderungen nach der Verfassung erforderlich ist, die Vorlage angenommen.
Daraus ergibt sich
also, daß nach dieser Richtung hin
die Vorlage formellen Bedenken nicht unterliegt."
Die Kommission, an welche die Sache zunächst verwiesen wurde, er stattete am 18. März 1886 mündlichen Bericht, in welchem sie ihre Stellung
zur Verfassungssrage mit den Worten ausdrückte: „Die Kommission erblickt in der Annahme des Gesetzes eine Abweichung von den Bestimmungen unter Art. 54 Abs. 4 Alinea 1 * der Reichsver
fassung; nach den Erklärungen des Herrn Staatssekretärs von Bötticher
in der Sitzung des Reichstages vom 12. März, wonach gegen den Gesetz entwurf im Bundesrate weniger Stimmen sich erklärt haben, als erforder-
Soll heißen Satz 1.
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Die Praxis bei den Wasserstraßen im Reiche.
Z 3.
213
lich sind, um eine Verfassungsänderung zu verhindern, erachtet die Kom mission aber die etwa aus dem Art. 54 der Verfassung herzuleitenden Bedenken bei Annahme des Gesetzentwurfs im Reichstage für erledigt."
Bei der dritten Beratung am 19. März 1886 erklärte sich Windthorst
für die Ansicht, daß eine Verfassungsänderung vorliege, während der Ab
geordnete Barth sich zweifelhaft ausdrückte,
indem er von „Schwierigkeiten,
erwachsen könnten", sprach.
die etwa aus dem Z 54
Die Vorlage wurde
nach dem Vorschläge der Kommission unverändert angenommen;
eine be
sondere Abstimmung über die Frage der Verfassungsmäßigkeit oder Ver
fassungsänderung
hat indessen nicht stattgefunden.
Aber selbst wenn man
als feststehend ansehen wollte, daß der Reichstag sich auf den Rechtsstand punkt seiner Kommission — der aus die Beschlußfassung selbst nach Lage der tatsächlichen Umstände ohne Einfluß war — gestellt hätte, so wäre doch
immer
keine
noch
übereinstimmende Willensäußerung
Körperschaften vorhanden gewesen.
der
gesetzgebenden
Denn der Bundesrat hatte den Gesetz
entwurf keineswegs als einen verfassungsändernden aufgefaßt und vorgelegt,
wie nicht nur aus der Begründung,
sondern auch aus der Erklärung des
Staatssekretärs vom 12. März 1886 hervorgeht.
Das so zustande gekommene Reichsgesetz vom 5. April 1886 ermächtigt
die freie Hansastadt Bremen, für den Fall der Korrektion der Weser zwischen
Bremen und Bremerhaven von den „die Wasserstraße benutzenden" Schiffen eine „Abgabe nach Maßgabe der für künstliche Wasserstraßen im Art. 54 Abs. 4 der Reichsverfassung getroffenen Bestimmungen zu erheben."
Hiermit ist durch weser
nicht
anstalt"
—
etwa
authentische Deklaration festgestellt, daß die Unter
Zubehör
des
bremischen
Seehafens
—
„Schiffahrts
im Sinne des dritten, sondern Wasserstraße im Sinne des
vierten Absatzes des Art. 54 ist, und daß der vierte Absatz nicht etwa nur für Binnenwasserstraßen, sondern auch für Seewasserstraßen gelten soll.
Die Richtigkeit der letzteren Auffassung war schon im Jahre vorher durch die Erklärung des Reichskanzlers und preußischen Handelsministers, daß die Freihaltung der Fahrrinne in der Wesermündung von Wracks und Baumstämmen
zu
den
„besonderen Anstalten"
im
Sinne
des Art.
54
gehöre, anerkannt worden; denn von den besonderen Anstalten ist nur
im vierten, von den Wasserstraßen handelnden Absätze die Rede.
diese periodisch
Ist schon
ausgeübte Freihaltungstätigkeit, die bloße Vorsorge
Verschlechterungen
gegen
der natürlichen Fahrrinne, eine „besondere Anstalt", so
muß diese Eigenschaft den positiven Leistungen für die Verbesserung des
Fahrwassers durch Vertiefung, Verbreiterung, Begradigung und Bezeichnung des Fahrwassers noch weit mehr zuerkannt werden.
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III.
214
Gegenstand der Abgabenerhebung.
Sind diese Leistungen oder die durch die Bautätigkeit der Staaten
Anlagen aber
geschaffenen
Art. 54 Abs. 2
und
im Sinne des
„besondere Anstalten"
sämtlich
somit zulässige Substrate der Abgabenerhebung,
so
verschwindet für staatliche Wasserbauten — und um solche handelt es sich
hier — jedes rechtliche und praktische Interesse an der Unterscheidung von natürlichen und künstlichen Wasserstraßen; sie wäre nur für nichtstaatliche
Wasserstraßen von Bedeutung.
Jene Erklärung des preußischen
Handelsministers und Reichskanzlers
vom Jahre 1885 steht also mit der Fassung des Reichsgesetzes vom 5. April
1886 durchaus im Einklänge
Die Auffassung der preußischen Regierung von dem nur deklaratorischen Charakter des Gesetzes ist später nochmals im preußischen Landtage zum
Ausdruck
gekommen.
Bei
Beratung der Resolution Bandelow über die
auf natürlichen
Einführung von Schiffahrtsabgaben Sitzung des
Abgeordnetenhauses am 23. Mai
Wasserstraßen
1894 sagte
in der
der Minister
Miquel: ?
der Bundesrat
„Aber drücklich
spricht
in den Motiven zu diesem Gesetz
aus
aus, daß nach seiner Auffassung die Gebührenerhebung
durch die bestehende unveränderte
Reichsverfassung
auch
nicht
ver
hindert sei, und es handelte sich dabei doch nur um eine wirkliche Regulierung
des Flusses, um
eine Vertiefung desselben, ohne
daß Schleusen oder sonstige Vorrichtungen besonderer Art zur Erleichterung
des Verkehrs vorhanden sind." Für die Auslegung der Reichsverfassung sind jedoch die parlamentarischen Vorgänge von
1886 deshalb
wenig verwertbar, weil die eigentlich
scheidende Frage damals offen bleiben konnte und offen blieb.
ent
Die Reichs
tagskommission nahm allerdings einen Standpunkt ein, der sich mit dem jenigen
des
Kommissionsberichtes
vom
14.
April
und
des
Neichstags-
beschlusses vom 28. April über die Elbzölle nicht deckte.
8 4.
Die spätere Praxis bei den Wasserstraßen in Prenßen. Wäre die preußische Regierung der Meinung gewesen, daß die Bundes
verfassung in Art. 54 hinsichtlich der Schiffahrtsabgaben neues Recht schuf.
* Allerdings nicht ganz mit seiner Begründung, soweit die Abgabefähigkeit der Unterhaltungsarbeiten in Betracht kommt. 2 Stenograph. Berichte S. 2186.
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Die spätere Praxis bei den Wasserstraßen in Preußen.
8 4.
215
und hätte sie insbesondere einen Unterschied zwischen den in den früheren
Zollvereinsverträgen
für
abgabefähig
Art. 54 Abs. 4 erwähnten
„Anstalten"
erklärten
und
den
in
„besonderen Anstalten" anerkannt, so hätte sie
Veranlassung gehabt, die Tarife der preußischen Wasserstraßen einer allgemeinen und grundsätzlichen Prüfung aus dem Gesichtspunkte ihrer Vereinbarkeit mit
dem neu geschaffenen Rechtszustande zu unterziehen. nur durch
Diese Prüfung hätte
eine allgemeine Anweisung an die Provinzialbehörden eingeleitet
werden können; hierbei hätte eine Stellungnahme zu der Frage, nach welchen
Gesichtspunkten und in welchem Maße der Kreis der Substrate der Abgaben
erhebung durch die Einschaltung des
Eigenschaftswortes
geengt worden sei, erfolgen und eine werden müssen.
entsprechende
„besondere"
Erläuterung
ein
gegeben
Nach einer solchen Anweisung sucht man aber vergebens.
Nur in den damals neu erworbenen Landesteilen wurde eine solche — aus anderen Gründen ohnehin notwendige und auch
gebiete
durchgeführte
—
Generalvisitation
für andere Verwaltungs-
angeordnet.
Was die alten
Provinzen anbetraf, so nahm man an, daß der bestehende,
auf der Praxis
der Zollvereinsverträge beruhende Zustand auch dem Art. 54 der Bundes
verfassung entspreche; daß diese Annahme rechtlich begründet war, ist in
früheren Abschnitten dargetan.
Die Verhandlungen
über die Prüfung
der
abgaben in den neuen Provinzen lassen mehrfach *
fassung,
Tarife
für Schiffahrts
die grundsätzliche Auf
welche bei den preußischen Zentralbehörden damals über die Be
deutung des
Art. 54 bestand,
erkennen; für
die Auslegung dieser Ver
fassungsvorschrift sind sie um so wichtiger, als die eigentliche gesetzgeberische Willensmeinung damals noch in frischer Erinnerung und jedenfalls leichter
festzustellen war, als in späteren Jahren. Über die Schiffahrtsabgaben auf der Krückau, einem holsteinischen Neben fluß
der
Elbe,
berichtete
der
Provinzialsteuerdirektor
in
Glückstadt
am
22. Februar 1870 an den Finanzminister, daß sie nach Art. 54 der Bundes verfassung aufgehoben werden müßten,
weil
die
Krückau
eine
natürliche
Wasserstraße sei und irgend welche zur Erleichterung des Verkehrs bestimmte Anstalten sich an oder in diesem Flusse nicht befänden.
Der Staat tue
für die Krückauschiffahrt nichts weiter, als daß er die natürliche Fahrwasser tiefe durch
„Aufmodern und Aufgraben"
wurde von
einer Seite gellend gemacht, auch eine solche Unterhaltungs-
erhalte.
Im Finanzministerium
tätigkeit falle unter den Begriff der „besonderen Anstalt", wenn und soweit
* Es versteht sich von selbst, daß nicht jede derartige Verhandlung oder Tarif feststellung zu grundsätzlichen Erörterungen führte.
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III.
216
Gegenstand der Abgabenerhebung.
sie zur Ermöglichung oder Sicherung der Schiffahrt notwendig sei.
Diese
Ansicht drang nicht durch; es wurde jedoch der Provinzalsteuerdirektor am 22. März zu einer nochmaligen Äußerung darüber aufgefordert:
„ob die Krückau, von welcher Sie lediglich anführen, daß dieselbe zu
den natürlichen Wasserstraßen
gehöre,
etwa durch
besondere
Anstalten,
Rektifikation, Vertiefung usw. zu einer (schiffbaren) Wasserstraße (künstlich)
hergerichtet ist oder ob die dabei vorgenommenen Arbeiten lediglich die
Erhaltung einer von jeher bestehenden natürlichen Straße betroffen haben."
Diese Fragestellung ist insofern unklar, als der Begriff der besonderen Anstalt nur bei einer natürlichen Wasserstraße
eine
Rolle spielen
kann,
während die künstliche Wasserstraße als solche — in ihrer Totalität — ein
zulässiges Substrat der Abgabenerhebung die
nachträglich
erst
hineingebrachten,
sie ist hauptsächlich durch
wäre;
im
Text
„schiffbaren" und „künstlich" unklar geworden.
eingeklammerten
Worte
Sie läßt aber jedenfalls die
Tatsache erkennen, daß man auch Begradigungen und Vertiefungen — nicht nur Schleusen —
als besondere Anstalten im Sinne des Art. 54 ansah.
Die Ausdrucksweise des
Erlasses vom 22. März
1870
erinnert einiger
maßen an den das Fahrwasser zu den Schiffahrtsanstalten rechnenden Art. 20
der Neichsverfassung vom 28. März 1849.
Nachdem die ungeordneten Ermittelungen ergeben hatten, daß nur auf einer ganz kurzen Strecke des Flußlaufes periodische Baggerungen überhaupt
in Frage kamen, und daß irgend nennenswerte Verbesserungen der natürlichen
Schiffbarkeit des Flusses nicht ausgeführt seien,
wurde die königliche Er
mächtigung zur Aufhebung der Krückauschiffahrtsabgabe erwirkt.
Aus dem
dieserhalb von den Ministern für Handel und der Finanzen am 8. Juni 1870
erstatteten Jmmediatbericht geht allerdings hervor, daß man damals in der bloßen Erhaltung der Fahrrinne durch den Staat eine besondere
nicht sah.
Anstalt
Anderseits läßt der Verlauf der Angelegenheit deutlich erkennen,
daß man nicht nur Kanalisierungsbauten
sondern auch Stromregulierungs
werke zu den „besonderen Anstalten" im Sinne des Art. 54 rechnete. Für die Befahrung der Schlei wurde seit alter Zeit von der Stadt
Schleswig eine Schiffahrtsabgabe erhoben.
Im Jahre
1869 wurde diese
Abgabe zugleich mit der Fürsorge für die bisher von der Stadt unterhaltene
Wasserstraße vom Staate übernommen.
Im folgenden Jahre machte der
Provinzialsteuerdirektor zu Glückstadt in einem Bericht vom 29. März 1870
darauf aufmerksam, daß die Erhebung der verstaatlichten Schleiabgaben mit
Art. 54 der Bundesverfassung
nicht vereinbar sei.
Die Schlei sei un
zweifelhaft eine natürliche Wasserstraße; die zur Offenhaltung der Fahrrinne stattfindenden Baggerungen seien keine „besonderen Anstalten"
im Sinne
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Z 4.
Die spätere Praxis bei den Wasserstraßen in Preußen.
des Art. 54 Abs. 4, weil sie nur dazu dienten,
217
„einen von jeher schiffbar
gewesenen Strom in schiffbarem Zustande zu erhalten"
Als Gegenstand
der Abgabenerhebung könnten nur die sogenannten Schleimünder Werke in
Sie
Betracht kommen.
Ostsee
und
beständen
dienten zur Offenhaltung zwei
aus
in
die
in die
der Mündung
hinausgebauten,
See
sandung durch den Küstenstrom hindernden Molen.
die
Ver
Die jetzige Mündung
sei zum Ersatz für eine alte, etwas nördlicher liegende, jetzt versandete, im
18.
Jahrhundert
Mündung
verlassen,
ihre Offenhaltung
gewesen sei, als ihre Verlegung
ausgesetzte Stelle.
Insofern
habe
Man
worden.
hergestellt
weil
damals
auf die Dauer
die
alte
kostspieliger
an eine der Versandungsgefahr weniger
handele
es sich
bei den „Schleimünder
auch
Werken" nur um die Erhaltung des 8tatus yuo der natürlichen Schiffbarkeit der Schlei. Gleichwohl erwirkten
die beteiligten Minister vom Könige den Erlaß
eines neuen Tarifes, nach welchem Schiffahrtsabgaben für die Befahrung der Schlei
—
werden sollten.
wenngleich in
geringerer Höhe
als
Der Jmmediatbericht vom 27. Juli
früher —
1870
erhoben
bezeichnet die
Abgaben als Gegenleistung „für die Unterhaltung der Schleimünder Werke
und des Fahrwassers." Sind die Molen — um nur von diesen zu sprechen — „besondere
Anstalten zur Erleichterung des Verkehrs" im Sinne des Art. 54, und liegt
in der Einfahrt durch die Molen ein zur Entrichtung von Schiffahrtsabgaben verpflichtender Benutzungsakt, so kann weder der Begriff der Verkehrserleichte rung noch derjenige der Benutzung auf das Maß des Unmittelbaren beschränkt sein.
Unmittelbar den Verkehr
wirkt nur das zwischen den
erleichternd
Molen liegende Fahrwasser und nur das wird unmittelbar benutzt.
Die
Molen haben für das Fahrwasser nur die Bedeutung, daß sie seine Spülung durch
den
ein-
und
ausgehenden
Strom
bei
wechselnden
Winden
und
Wasserständen ermöglichen und seine Versandung durch den Wellenschlag an der Küste verhindern; eine unmittelbare Benutzung der Molen durch die Schiffe ist der Natur der Sache nach ausgeschlossen.
Hinsichtlich ihrer kausalen Beziehungen zur „Erleichterung des Verkehrs"
sind die Molen an der Schleimündung und alle anderen Molen an der Ein mündung von Wasserstraßen in Meere und Seen nicht anders zu beurteilen wie Buhnen und Parallelwerke in den Strömen.
Die einen sind ebensowenig
Das letztere Wort ist in dem Berichte vom 29. März 1870 durch Unter streichung besonders hervorgehoben. In Wirklichkeit ist die Schlei kein Strom, sondern ein Meeresarm.
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III.
218
Gegenstand der Abgabenerhebung.
wie die anderen einer unmittelbaren Einwirkung auf die Erleichterung des Verkehrs und einer unmittelbaren Benutzung
durch die Schiffahrt
fähig.
War also die im Jahre 1870 hinsichtlich der Schlei getroffene Entscheidung richtig — man war damals geradezu antifiskalisch
in Sachen der Schiff
fahrtsabgaben und ging bis an die Grenze des Möglichen in wohlwollender Auslegung des Art. 54 —, so beweist das für die Richtigkeit der Ansicht,
daß auch Wasserbauten von mittelbarer Nutzwirkung für den Schiffsverkehr
„besondere Anstalten" im Sinne des Art. 54 Abs. 4 sein können.
Mindestens
ist bewiesen, daß die preußischen Minister im Jahre 1870 dieser Meinung
waren.
Eine
Anzahl von Schiffahrtsabgaben
welche lediglich das
auf natürlichen Wasserstraßen,
Entgelt für die Unterhaltung der Fahrrinne waren,
wurden damals in den neu erworbenen Provinzen aufgehoben, ohne daß in den an den König darüber erstatteten Berichten verfassungsrechtliche Gründe gellend gemacht worden wären; die Minister beschränkten sich bei der Be
gründung ihrer Anträge auf wirtschaftliche Erwägungen.
Zu den in dieser
Art beseitigten Schiffahrtsabgaben gehört unter anderen auch die bei Wanfried
an der Werra im ehemaligen Kurfürstentum Hessen erhobene. In Altpreußen wurden die Abgaben für die Benutzung der Haffrinnen
nach Königsberg und Stettin, für die Befahrung der Deime * im Regierungs bezirk Königsberg, der begradigten Ücker im Regierungsbezirk Stettin, der
regulierten Emster im Regierungsbezirk Potsdam, der Rheinarme bei Neuß und Cleve im Regierungsbezirk Düsseldorf weiter erhoben.
Die Einführung
neuer Fahrwassergelder — nur von solchen, nicht etwa von Schleusen- und Kanalgebühren ist hier die Rede — unterblieb
zehnten nach der Bundesverfassung, Anachronismus angesehen wurden.
in den beiden ersten Jahr
weil Verkehrsabgaben überhaupt als Aber schon in den achtziger Jahren des
vorigen Jahrhunderts trat der Umschwung ein.
Die Stadt Königsberg
erstrebte eine wesentliche Vertiefung der Fahrrinne, welche ihren Hafen über Pillau aus einer 40 km langen Linie mit der offenen See verbindet; nur hierdurch konnte die Entwicklung des dortigen Seehandels von den Hemmnissen
befreit werden, welche sich bei der zunehmenden Größe der Seeschiffe daraus
ergaben, daß die Überladung
der Güter in Pillau auf Leichterfahrzeuge
Kosten, Zeitverlust und Materialschäden verursachte und die Wettbewerbs fähigkeit mit den wesentlich verbesserten russischen Nachbarhäfen beeinträchtigte. Die
Kosten
dieser
Fahrwasserverbesserung
wurden
in
dem
preußischen
* Die Deime ist ein Arm des Pregels, welcher bei Tapiau vom Hauptstrome abzweigt und nördlich von Labiau in das Kurische Haff mündet.
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H 4.
Die spätere Praxis bei den Wasserstraßen in Preußen.
Staatshaushaltsetat
für 1888/9 unter L Kap.
219
7 Tit. 27 des Etats der
Bauverwaltung ausgebracht; in der Begründung wurde gesagt:
„Die Kosten der Bauausführung sind auf 7 300 000 Mk. * worden.
veranschlagt
Ein Teil dieser Kosten soll durch Erhebung einer Schiff
fahrtsabgabe gedeckt und diese Abgabe so bemessen werden, daß durch
dieselbe außer den Kosten der Unterhaltung der Fahrstraße, soweit sie den
gegenwärtig für diesen Zweck zu verwendenden Betrag übersteigen, die
Baukosten zu einem Biertel verzinst und allmählich getilgt werden.
Die
Kaufmannschaft zu Königsberg soll die Gewähr dafür übernehmen, daß der Ertrag der Abgabe hinreicht, um daraus das Mehr der Unterhaltungskosten
zu decken sowie die Verzinsung und Tilgung eines Viertels der tatsächlich
aufgewendeten Baukosten beschaffen zu können usw." Die Kaufmannschaft übernahm
die
ihr angesonnene Gewährleistung.
Die beiden Häuser des preußischen Landtags bewilligten die Baukosten mit
der durch die Staatsregierung
ausgestellten Bedingung der Erhebung von
Schiffahrtsabgaben, deren Zulässigkeit davon abhing, daß man die neu her
zustellende Fahrrinne im Haff entweder als künstliche Wasserstraße oder als besondere Anstalt in einer natürlichen Wasserstraße ansah.
In ganz ähnlicher Weise wurde wenige Jahre später der Ausbau des
Seeweges zwischen Stettin und Swinemünde finanziert; auch hier handelte es sich darum, in der natürlichen Wasserstraße des Haffs einen Unterwasser-
kanal durch Ausbaggerung der Fahrrinne auf 7 m herzustellen. Der preußische Staatshaushaltsetat enthielt hierfür unter L Kap. 7
Tit. 28 des Etats der Bauverwaltung
für 1895/96 eine Forderung von
6 400 000 Mark, und es heißt in der Begründung: „Zur möglichsten Deckung der dem Staate erwachsenden Aufwendungen ist die Einführung einer neuen Schiffahrtsabgabe bezw. die
Erhöhung der bestehenden geplant.
Und zwar erschien es angemessen, die
Kaufmannschaft zu Stettin mit Rücksicht darauf, daß das Unternehmen ihr in
erster Linie zugute kommt, an der Sache finanziell zu beteiligen
— die Garantieleistung dafür zu fordern,
daß durch die Abgabe außer
den Kosten der Unterhaltung der Fahrstraße,
soweit sie den gegenwärtig
für diesen Zweck zu verwendenden Betrag übersteigen, die Ausgabe für die Vertiefung des Fahrwassers zu rund einem Viertel verzinst und all
mählich getilgt wird". Im Jahre 1899 wurden für die Befahrung der unteren Netze, die
* Sie wurden bedeutend überschritten und erreichten schließlich den Betrag von 12,3 Millionen für eine Fahrtiefe von 6,5 m.
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III.
220
Gegenstand der Abgabenerhebung.
durch Begradigungen, Einschränkungen und sonstige Regulierungsbauten für
die Schiffahrt verbessert war, — die gleichzeitig hergestellten vier Stauan lagen waren für landwirtschaftliche Zwecke und nicht „zur Erleichterung des
Verkehrs" bestimmt —, Schiffahrtsabgaben neu eingeführt. Dasselbe geschah im Jahre 1903
für die Befahrung des Beetz- und
Riewendtsees und des sie verbindenden Wasserlaufs im Regierungsbezirk
Potsdam,
nachdem
an diesen Gewässern
verschiedene Bauten ausgeführt
waren, welche ihre Brauchbarkeit als Wasserstraßen wesentlich steigerten. Nach dem preußischen Staatshaushaltsetat für
1905
soll die soge
nannte Alte Oder, eine natürliche und seit unvordenklichen Zeiten befahrene
Wasserstraße, welche von Wriezen bis zum Finowkanal eine Längenausdehnung von 25 Km hat, von Staats wegen für Schiffahrtszwecke verbessert werden.
Die Begründung zu L Kap. 5 Tit. 26 des Etats der Bauverwaltung sagt, daß der Ausbau in der Weise geplant ist,
„daß die vorhandene Fahrrinne, die sich zurzeit in teilweise sehr scharfen Krümmungen innerhalb des Wasserlaufes hin und her windet, durch ent
sprechende Baggerungen mit flacheren Krümmungen versehen wird. — Nach Vollendung der Arbeiten werden auf den verbesserten Schiff
fahrtsstraßen *
Abgaben nach den Sätzen für die Märkischen Wasser
straßen zweiter Ordnung zur Erhebung gelangen.
Das nach den
bisherigen Schätzungen für die alte Oder auf rund 16 000 Mark — be
rechnete Aufkommen an Verkehrseinnahmen sichert neben der Deckung der
dem Staate — zufallenden Unterhaltungskosten eine genügende Verzinsung der staatlichen Baugelder".
Alle diese Dinge haben sich nicht nur im Rahmen der parlamentarischen
Behandlung von Etatsgesetzen, sondern auch sonst im vollen Lichte der Öffentlichkeit abgespielt, ohne daß von irgend einer Seite, weder von den
politischen Parteien,
welche nach ihrer wirtschaftlichen Anschauung zu einer
einschränkenden Auslegung des Art. 54 der Reichsverfassung neigen, noch
auch aus den örtlich unmittelbar
beteiligten Kreisen jemals ein Einspruch
oder auch nur ein Bedenken laut geworden wäre.
Diese Erscheinung darf
doch wohl als ein Symptom des öffentlichen Rechtsbewußtseins hinsichtlich
der Verfassungsfrage, um welche es sich hier handelt, gedeutet werden, zumal es sich nicht um vereinzelte Vorkommnisse, sondern um eine ganze Reihe
von solchen handelt. Nur eine
einzige Ausnahme ist zu verzeichnen;
eine Stettiner Firma
* Es handelt sich außerdem noch um den sogenannten „Freienwalder Land graben", der wahrscheinlich keine natürliche Wasserstraße ist.
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8 5.
Die Praxis der anderen Bundesstaaten hinsichtlich der Wasserstraßen. 221
hat sich
der Zahlung des Fahrwassergeldes, welches nach Vollendung der
vertieften Haffrinne im Jahre 1901 eingeführt wurde, auf Grund der Be hauptung, eine solche Abgabe sei mit Art. 54 Abs. 4 der Reichsverfassung
nicht vereinbar, im Wege
des bürgerlichen Rechtsstreites zu entziehen ver
sucht, ohne indessen hiermit einen Erfolg zu erzielen.
8 5. Die Praxis der anderen Bundesstaaten hinsichtlich der Wasserstraßen. Bei der Darstellung der Praxis des Reiches ist aus S. 209 dieser Arbeit die Schiffahrtsabgabe erwähnt worden, die aus Grund des preußisch-olden
burgisch-bremischen Staatsvertrags vom 6. März 1876 zur Erhaltung der Seezeichen zwischen Vegesack und dem Meere und der Strandbefestigungen
von Wangeroog unter dem Namen eines „Feuer- und Bakengeldes" erhoben wurde.
Wenngleich
sie auf einem Abkommen der drei Uferstaaten beruht,
soll sie doch hier als eine bremische Schiffahrtsabgabe behandelt werden, weil die dabei in Betracht kommenden Interessen zum weit überwiegenden Teil bremische sind und
auch die Verwaltung sowohl des Seezeichenwesens als
auch der Abgabe fast ausschließlich in bremischen Händen liegt.
Die Einnahmen aus dieser Abgabe flossen reichlich
und
ihre Ver
wendungszwecke wurden allmählich immer weiter ausgedehnt.
Zunächst verständigten die 3 Uferstaaten sich in einem Vertrage vom 20. März 1886
darüber, daß auch die Schiffahrtszeichen auf der Strecke
zwischen Bremen und Vegesack aus den Erträgen des Feuer- und Baken geldes bestritten werden sollten.
In Art. 2 des Schlußprotokolls zu diesem
Vertrage war ferner bestimmt:
„Die Beseitigung von Wracken, Baumstämmen und ähnlichen Gegenständen,
welche innerhalb oder an den Grenzen des betonnten Fahrwassers auf der der gemeinschaftlichen Betonnung und Bebakung unterliegenden Strom
strecke der Weser die Schiffahrt gefährden oder beeinträchtigen, wird un beschadet der Hoheitsrechte der einzelnen Staaten von Bremen veranlaßt. Die diesfälligen Kosten werden aus dem durch den Ertrag des Feuerund Bakengeldes gebildeten gemeinschaftlichen Fonds bestritten
Bei den vorbereitenden Verhandlungen über diese Vereinbarung hatte
r Preuß. Ges.S. S. 303. 2 Gesetzblatt für das Herzogtum Bremisches Gesetzblatt 1886 S. 178/179.
Oldenburg
Bd. XXVII S.
506,
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507.
III.
222
Gegenstand der Abgabenerhebung.
der preußische Handelsminister, welcher damals zugleich Reichskanzler und preußischer Ministerpräsident war, mit einer Äußerung, deren Inhalt in anderem Zusammenhänge schon mehrfach erwähnt worden ist, zur Verfassungs frage Stellung genommen.
Er erklärte am 19. Mai 1885:
„daß es auch mir zweckmäßig erscheint, wenn die Beseitigung von Wracken
und Baumstämmen und ähnlichen die Schiffahrt gefährdenden oder beein trächtigenden Gegenständen aus dem gemeinschaftlich von Preußen, Olden
burg und
Bremen befeuerten und
betonnten Weserfahrwasser zur tun
lichsten Vermeidung von Verzögerungen von dem die Fahrwasserbezeichnung besorgenden bremischen Staate mit übernommen wird.
Zur Deckung der Kosten sind zwar die — dazu voraussichtlich mit ausreichenden — gemeinschaftlichen Wesersich nicht bestimmt, indessen die drei
Feuer- und Bakengelder an
beteiligten Regierungen nicht ge
hindert, eine solche erweiterte Verwendung unter sich zu vereinbaren. Auch
steht
die Bestimmung im letzten Absätze
des Art. 54 der
Reichsverfassung, wonach auf allen natürlichen Wasserstraßen Abgaben nur
für die Benutzung besonderer Anstalten, die zur Erleichterung des Ver kehrs bestimmt sind, erhoben werden dürfen, meines Erachtens einer solchen erweiterten Verwendung der Feuer- und Bakengelder nicht entgegen, weil
die
ordnungsmäßig
geregelte
Reinhaltung
solcher
Wasserstraßen
Schiffahrtshindernissen zu den vorausgesetzten Anstalten zu
von
rechnen sein
dürfte."
Der Vertrag vom 20. März 1886 und das zugehörige Protokoll sind unterzeichnet zu derselben Zeit, als der Reichstag über das Gesetz, betreffend
die Erhebung eines Fahrwassergeldes für die Weserstrecke zwischen Bremen und Bremerhaven beriet.
Hieraus geht klar hervor, daß die Regierungen
der drei Staaten dies Gesetz nur als deklaratorisch ansahen und sich nach
Art. 54 der Verfassung zur Erhebung einer Schiffahrtsabgabe selbst dann für befugt erachteten, wenn es sich nur um Deckung von Unterhaltungskosten
handelte.
Eine neue Verwendung erhielt das Feuer- und Bakengeld durch einen Vertrag, den die Weseruferstaaten am 11. März 1891 über die Verbesserung der Schiffahrtsverhältnisse in der sogenannten Außenweser — der Mündungs
strecke
von Bremerhaven
bis zum
Meere
— abschlossen.
Es
heißt
in
diesem Vertrage:
„In der Außenweser wird durch Anwendung künstlicher Mittel mit einem Kostenbeträge bis zu 3 000 000 Mk. eine neue Fahrbahn hergestellt.
Ausführung wird
Die
auf Grund des von den drei Regierungen im Ein
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Z 5.
Die Praxis der anderen Bundesstaaten hinsichtlich der Wasserstraßen. 223
Verständnis mit der Kaiserlichen Marineverwaltung vereinbarten Planes
durch Bremen bewirkt," und in einem folgenden Artikel wird bestimmt:
„Die Kosten der Ausführung und der Unterhaltung bis zu 3 000000 Mk.
zuzüglich
einer Verzinsung von 3,5 o/o werden aus dem Aufkommen der
zufolge Staatsvertrages
vom 6. März
1876 zur Hebung
gelangenden
Schiffahrtsabgabe erstattet."
In der zum Vertrage gehörenden Denkschrift wird die Selbstkosten deckung durch Schiffahrtsabgaben mit den Worten begründet:
„Schließlich mag noch hervorgehoben werden, daß einer Bestreitung dieser
54 der
Kosten aus den Erträgen der Weserschiffahrtsabgabe der Art.
Reichsverfassung nicht entgegensteht, da es sich in dem vorliegenden Falle nicht um eine gewöhnliche Instandsetzung des alten Flußlaufes,
sondern darum handelt, durch die Beseitigung einer ausgebildeten Strom
spaltung ein neues einheitliches und regelmäßiges Flußbett unter An wendung
künstlicher
Mittel,
insbesondere der Erbauung
eines
großen
Leitdammes mit Querdämmen herzustellen."
Es sind dann noch zwei weitere Verträge über den Ausbau der Fahr
rinne und die Erhebung von Schiffahrtsabgaben in der Außenweser mit fast gleichem
Wortlaute
des Textes
und
der Begründung
zwischen
den drei
Staaten am 25. Februar 1896 und 1. März 1900 geschlossen worden; in
jedem dieser Verträge wurden weitere 5
Millionen Mk.
für Schiffahrts
verbesserungen ausgeworsen. Alle diese Verträge sind von den gesetzgebenden Körperschaften in Preußen, Oldenburg und Bremen angenommen worden.
Die Reichsverwaltung
hat
von ihnen amtlich Kenntnis erhalten, ohne ihren Inhalt aus dem Gesichts punkte der Verfassungsmäßigkeit zu beanstanden.
Die Begründung der Verträge scheint an den Gedankengang der Er
klärung, welche von Delbrück bei der Beratung des Elbzollgesetzes im Reichs
tage am 19. Mai 1870 abgegeben wurde, anzuknüpfen, insofern sie davon auszugehen scheint, daß die Kosten der gewöhnlichen Unterhaltung oder ge
wöhnlichen Instandsetzung des Fahrwassers nicht durch Schiffahrtsabgaben gedeckt
werden dürfen.
Diese Auffassung steht freilich im Widerspruch mit
der Bestimmung im Schlußprotokoll des Vertrages vom 20. März 1886,
wonach schon
die Beseitigung
von Wracks und
Baumstämmen
Fahrwasser eine besondere Anstalt im Sinne des Art. 54 ist.
aus dem
Solche Ar
beiten sind als Teil der Fahrwasserunterhaltung anzusehen. Anderseits sind aber die Verträge von 1891, 1896 und 1900 weitere
unanfechtbare Beweismittel dafür, daß die beteiligten Weseruferstaaten sich
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III.
224
Gegenstand der Abgabenerhebung.
zur Erhebung von Fahrwassergeldern für befugt
hielten.
Die
nach
auch ohne autorisierendes Reichsgesetz
diesen
Verträgen
ausgebaute
Weserstrecke
an die auf Grund des Reichsgesetzes vom 5. April 1886
schließt nördlich
regulierte unmittelbar an. *
*
Die hamburgische Praxis zeigte sich
*
in der Forterhebung der mehr
erwähnten, als Lotsgeld bezeichneten, im Reichstage wiederholt zur Sprache gebrachten Elbschiffahrtsabgabe. Über die Umgestaltung dieser Abgabe
schweben seit etwa 10 Jahren Verhandlungen zwischen Preußen und Hamburg, bei welchen der Natur der Sache nach auch die Frage zur Erörterung kam, welche Aufwendungen für das Fahrwasser der Unterelbe durch eine Schiffahrts abgabe gedeckt werden dürften.
In dieser Beziehung erklärte der Senat zu
Hamburg am 6. April 1898:
„Zu der Ausscheidung der aus der Beseitigung von Wracks und sonstigen Schiffahrtshindernissen erwachsenden Kosten aus den durch die Fahrwasser
abgabe zu deckenden Ausgaben gibt der Art. 54 Abs. 4 der Reichsver
fassung nach der Auffassung des Senats keinen Anlaß, da die erforder lichen besonderen Anstalten, sobald das Bedürfnis eintritt, in jedem ein
zelnen Fall,
und zwar meistens infolge Vertragsabschlusses mit einer
Bergungsgesellschaft, vom hamburgischen Staate hergestellt werden.
Auch
erfolgt die Freihaltung des Fahrwassers von Schiffahrtshindernissen ledig lich zur Erleichterung, in manchen Fällen sogar zur Aufrechterhaltung des Verkehrs,
und
es entspricht deshalb dem Art. 54 der Reichsverfassung,
wenn die dem Staat hieraus erwachsenden Kosten
aus der Fahrwasser
abgabe bestritten werden." Der Senat stellt sich
also
hinsichtlich der Verfaffungsfrage auf den
selben Standpunkt, den Preußen, Oldenburg und Bremen im Jahre 1886 eingenommen hatten.
Daß positive Verbesserungen der Fahrrinne — im Gegensatz zur bloßen Beseitigung von Schiffahrtshindernissen — durch Schiffahrtsabgaben finanziert werden können, wurde von vornherein als feststehend angesehen. Lübeck hat die Trave auf ihrem 20 Irin langen Unterlauf bis Trave
münde mit einem Kostenaufwande von mehr als 8,5 Millionen Mark seit * Die vielfach auf historischen Überlieferungen beruhenden Bezeichnungen einer Abgabe dürfen hier keine Rolle spielen und über ihr inneres Wesen nicht täuschen. Wie das hamburgische „Lotsgeld" zugleich Fahrwasserabgabe ist, so ist anderseits das „Hafengeld" in den staatlichen Häfen an der preußischen Oflseeküste zugleich Lotsengebühr, da es zugleich die Gegenleistung für die Dienste der Seelotsen in sich schließt.
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8 6.
Die Praxis bei den Häfen.
225
1850 bedeutend vertieft und verwendet auf die Unterhaltung dieser Wasser
straße, einschließlich Betonnung, Bebakung und Befeuerung etwa */4 Million
Die Gegenleistung für diese Aufwendungen besteht in einem
Mark jährlich.
Hafengeld, dessen Ertrag etwas über 300 000 Mk. jährlich beträgt.
Ufer
gelder im Lübecker Hafen werden nicht erhoben; das Hafengeld wird im
wesentlichen für die Verbesserung und Unterhaltung des Travefahrwassers
gezahlt. Als Bestandteil des Hafens kann letzteres wegen seiner bedeutenden
Längenausdehnung und
auch
wegen der Art seiner Benutzung durch die
Schiffahrt nicht angesehen werden; denn es dient nicht zum Liegen, Löschen
und Laden, sondern als Verkehrsweg für die Bewegungen der Fahrzeuge. Nur
in
der
Zweckbestimmung
und Benutzungsweise
schließlich
kann
die
Unterscheidung von Häfen und Wasserstraßen gefunden werden, nicht in den überlieferten örtlichen Bezeichnungen der Gewässer und der für ihre Benutzung
zu zahlenden
Gebühren.
Zum Swinemünder und Pillauer Hafen gehört
auch nach ortsüblicher Bezeichnung ein weites Revier von Gewässern, die in Wirklichkeit nicht dem Hafenzwecke dienen, sondern dem Durchgangsverkehr nach binnenwärts liegenden Hafenplätzen.
In
Weise
ähnlicher
scheint
das
Rostocker
Hafengeld
nach
Zweck
bestimmung und Verwendungsart mehr den Charakter eines Fahrwassergeldes
für die Benutzung der 12 km langen, vertieften, betonnten und befeuerten Warnow zwischen Warnemünde und Rostock als den eines eigentlichen Hafen
geldes zu haben.
Die Lage der Dinge ist insofern derjenigen in Königs
berg — Pillau, Stettin — Swinemünde und Lübeck — Travemünde ganz ähnlich, als auch hier der Endhafen mit einem Vorhafen durch eine See
wasserstraße verbunden ist, die nicht zum Liegen, Löschen und Laden, sondern zur Durchfahrt dient.
8 6.
Die Praxis bei den Häfen. Außer der Praxis bei den Wasserstraßen kann und muß auch diejenige be züglich der Häfen für die logische Auslegung des geltenden Rechts herangezogen werden.
Fahrwassergelder und Hafengelder werden in den Tarifen nicht immer
scharf auseinandergehalten und gehen vielfach ineinander über.
überdies unter der Herrschaft gleicher Nechtssätze.
Beide stehen
Wie in Abschnitt II Z 3 S. 30
bis 33 bereits dargelegt worden ist, sind die für die Rechtsbildung maßgebenden wirtschaftlichen und
technischen Gesichtspunkte für Wasserstraßen und Häfen
dieselben; insbesondere spielt die Unterscheidung von künstlichen und natür
lichen Verkehrsmöglichkeiten bei beiden dieselbe Rolle.
Art. 54 Abs. 3
getroffene Regelung ist
Schriften OXV. - Erster Teil.
Die für Seehäfen in
hinsichtlich der leitenden Gesichts15
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III. Gegenstand der Abgabenerhebung.
226
punkte gleichbedeutend mit den in Abs. 4 a. a. O. für Wasserstraßen auf
gestellten Rechtssätzen; die Binnenhäfen sind in Art. 54 überhaupt nicht erwähnt, fallen aber unter die allgemeinen, zwischen See- und Binnen
schiffahrt nicht unterscheidenden Rechtsregeln des Art. 25 des Zollvereins
vertrages. *
* rk
Der städtische Hasen in Königsberg besteht nur aus Pregelarmen, also
aus natürlichen Wasserstraßen.
Die laufenden Unterhaltungskosten für diese
Pregelarme betragen etwa 17 000 Mk.; dazu kommen noch die Zinsen eines
für die Fahrwasservertiefung aufgewendeten Kapitals von etwa 200 000 Mk.,
so daß die Stadt ungefähr 25 000 Mk. jährlich für die Erhaltung der Fahr tiefe in ihren Hafengewässern
Da diese Gewässer von Natur
aufwendet.
schiffbar sind, so müßte, wenn die städtischen Baggerungen oder die durch
diese Baggerungen geschaffenen Fahrrinnen keine „besondere Anstalten" wären, jene Summe ohne Anspruch Stadt hergegeben werden.
auf gebührenmäßige Gegenleistungen von der
Die Stadt ist indessen keineswegs dieser Ansicht.
Sie erhebt von den ein- und ausgehenden Schiffen ohne Rücksicht darauf, ob
sie anlegen oder auf dem Strome löschen und laden, eine Raumgebühr
im geschätzten Jahresertrage von 67 000 Mk.
Diese Gebühr würde, wenn
man den Begriff der „Benutzung" und der „Erleichterung des Verkehrs" in
engerem Sinne auslegen wollte, doch nur auf die Benutzung der natürlichen,
wenn
auch
künstlich
aufrechterhaltenen und
verbesserten Fahrtiefe bezogen
werden können.
Die Frage liegt jedenfalls für die zum städtischen Hafenbezirk gehörige Pregelstrecke nicht anders, wie für die oberhalb und unterhalb anschließenden
Stromstrecken,
deren Fahrbarkeit
vom Staate verbessert
worden ist und
unterhalten wird.
Die Stadt Stettin verausgabte im Rechnungsjahre 1899/1900 für die „Unterhaltung des Fahrwassers" in ihrem aus Oderarmen, also aus natür lichen Wasserstraßen bestehenden
alten Hafen rund 78 000 Mk., während
ihre Einnahme aus dem Hafengelde — der von allen einkommenden Schiffen zu zahlenden Raumgebühr — 135 000 Mk. betrug. Die das Bohlwerk oder beim Überladen auf dem Strome die städtischen Haltepfähle benutzenden
Fahrzeuge haben hierfür noch besondere Abgaben zu zahlen.
Die Städte Wolgast,
Greifswald,
Stralsund, Kiel, Heiligenhafen,
Kappeln, Burg a. F., Schleswig, Eckernförde, Hadersleben und andere, deren
Hafengewässer aus Meeresarmen bestehen, behandeln ebenfalls die Kosten für die Baggerung dieser Gewässer als Bestandteile der durch Schisfahrtsabgaben aufzubringenden Gesamtkosten der Hafenverwaltung; sie erblicken also — und
von Staatsaufsichts wegen ist diese Auffassung stets gebilligt worden — in
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H 6.
Die Praxis bei den Häfen.
227
den Baggerungen oder den gebaggerten Fahrrinnen und Liegestellen Schiff
fahrtsanstalten im Sinne des die Seehäfen
des Art. 54 der Reichsverfassung.
behandelnden dritten Absatzes
Bei einigen dieser Städte erreichen die
Baggerungskosten eine sehr bedeutende Höhe. Ferner haben Verwaltungskosten,
alle oder fast alle Hafenstädte Anteile der allgemeinen insbesondere
der
Besoldung
des Bürgermeisters,
der
Magistratsmitglieder und des Polizeiexekutivpersonals dem Hafenkonto zur
Last geschrieben und aus Schiffahrtsabgaben gedeckt, weil sie die Hafen
polizei und die sonstige Hafenverwaltung zu den Schisfahrtsanstalten im weiteren Sinne rechneten Auch die Hafenmolen sind überall als abgabefähige Schiffahrtsanstalten
angesehen worden, ebenso
wie die Molen an der Schleimündung in dem
vorher dargestellten Falle. -i-
4-
Die
hier
angeführten Beispiele sind
lediglich
aus
der Gruppe der
kommunalen Schiffahrtsanstalten entnommen worden; die Verwaltungsübung
bei den Staatshäfen? war die gleiche, wie es auch insofern in der Natur der Sache liegt, als die kommunalen Hafengeldtarife — in Preußen wenigstens — der Genehmigung durch Staatsbehörden bedürfen.
Als im Jahre 1861 das
Hafengeld für den staatlichen Swinemünder Hafen neu geregelt werden sollte,
ließ der Handelsminister nach Delbrücks Angaben und auf seine Anregung
Einträglichkeitsberechnung
eine
aufstellen,
welche
sämtliche
Baggerungs-
und Stromregulierungskosten — zum Hafen gehörte auch das sogenannte
„Revier", einschließlich der Swine, des Haffs und der Oder bis Stettin —
umfaßte. gelegt.
Diese Berechnung wurde den weiteren Verhandlungen zu Grunde
Da die Ausgaben einschließlich der Zinsen des Anlagekapitals etwa
208 000
Taler
betrugen,
während
die
Schiffahrtsabgaben
nur
etwa
170 000 Taler brachten, so wurde die von der Stettiner Kaufmannschaft beantragte Ermäßigung des Abgabetarifs zunächst im März 1862 abgelehnt.
Hätte man die Baggerungs- und Stromregulierungskosten von den Ausgaben
abgesetzt, so wäre ein nach den Zollvereinsverträgen unzulässiger Einnahme überschuß entstanden; der Rechtszustand war damals hinsichtlich der Schiff fahrtsabgaben derselbe wie jetzt.
Wenn ein Staatsmann, der so eifrig auf
Ermäßigung und Beseitigung der Schiffahrtsabgaben bedacht war wie Del
brück, sich mit der Anrechnung jener Kosten auf die Schiffahrtsabgaben eini Seite 217, 218. 2 Im Hamburger Hafen wird ein „Tonnengeld" auch von den Schiffen er hoben, welche nicht an den Kai gehen, sondern auf dem Strome laden oder löschen, also nur die künstlich offengehaltene oder vertiefte Wasserstraße benutzen. 15*
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III.
228
Gegenstand der Abgabenerhebung.
verstanden erklärte, so kann man sicher sein, daß diese Anrechnung seiner Rechtsüberzeugung entsprach.
Die praktische Notwendigkeit der gleichmäßigen Behandlung von Häfen
und Wasserstraßen tritt hier besonders deutlich in die Erscheinung, weil die Swinemünder Hafengewässer zugleich die 62 km lange Fahrstraße von der
Ostsee nach Stettin umfaßten, das Hafengeld also hier mehr den Charakter
eines Fahrwassergeldes als den einer örtlichen Schiffahrtsabgabe hatte.
Ein
ganz analoges Verhältnis bestand bei dem Pillauer Hafen, zu dem auch die gebaggerten Fahrrinnen durch das Frische Haff gehörten.
Eine nicht unerhebliche Zahl von kommunalen See- und Binnenhäfen verzinst sich
aus Schiffahrtsabgaben und sonstigen Einnahmen vollständig
oder wenigstens teilweise, so daß die Ausschaltung der Baggerungen, der Hafenpolizei
und
der
allgemeinen
Verwaltung
aus
der
Kategorie
der
„Schiffahrtsanstalten" unmittelbar praktische Folgen für die Finanzgebarung der beteiligten Gemeinden haben würde.
demnach
für
Die hier behandelte Frage ist
staatliche,
sondern auch für wichtige kommunale
Interessen von großer Bedeutung.
Denn darüber wird man kaum ver
nicht nur
schiedener Meinung sein können, daß die logischen, wirtschaftlichen, technischen
und rechtlichen Erwägungen, oder
sonstigen
welche für die Behandlung der Baggerungen
Vertiefungsarbeiten
oder
auch
der
so
vertieften
Gewässer
als abgabefähige Anstalten in Betracht kommen, für die natürlichen See-
und Flußhäfen keine anderen sind wie für die natürlichen See- und Binnen wasserstraßen.
Es ist kein annehmbarer Grund dafür zu finden, daß die
Baggerungen zur Erhaltung oder Verbesserung der natürlichen Fahrtiefe in
demjenigen Teile eines Stromes, der Bestandteil eines städtischen oder auch staat lichen Hafens ist, die Eigenschaft einer „besonderen Anstalt", also einer durch Schiffahrtsabgaben rentbar zu machenden Anlage haben sollen, während die
selben Baggerungen an anderen Stellen desselben Stromes nicht als solche An stalten angesehen werden.
Der Umstand, daß die Hafenstrecken vorzugsweise
zum Liegen und die anderen Stromstrecken vorzugsweise zum Fahren benutzt
werden, genügt zur Rechtfertigung einer solchen Unterscheidung nicht. Diese Erörterungen haben nicht etwa nur äe 1eZe kerenäa Bedeutung;
sie dienen vielmehr der Erforschung des
in Art. 54 ausgedrückten gesetz
geberischen Willens, der von den beteiligten Hafenverwaltungen ständig und
unangefochten in der hier dargelegten Art und Weise ausgelegt worden ist. Wenn es richtig ist, daß eine solche Praxis die Vermutung der Gesetze
Mäßigkeit für sich hat, und wenn ferner anzuerkennen ist *,
der Schiffahrtsabgaben für Häfen und Wasserstraßen
daß die Frage
gleichmäßig geregelt
* Vgl. die Ausführungen S. 30—33.
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Z 7.
229
Abweichungen von dem regelmäßigen Gange der Praxis.
werden sollte, so ist aus der Gestaltung der Hafengeldtarife ein weiteres Beweismittel dafür zu entnehmen, daß die von Menschenhand hergestellten
Vertiefungen in den von Natur schiffbaren Gewässern als zulässige Substrate der Abgabenerhebung anzusehen sind.
8 7. Abweichungen von dem regelmäßigen Gange der Praxis. Die Auslegung und Anwendung des geltenden Rechtes in der Praxis ist auf dem Gebiete der Schiffahrtsabgaben ebenso wie auf anderen Gebieten
des öffentlichen Rechtes nicht immer ganz gleichmäßig gewesen.
Es sind
Schwankungen und selbst Widersprüche vorgekommen, die teilweise schon aus dem Zusammenhänge der bisherigen Darstellung sich ergeben und im übrigen
hier besonders
verzeichnet werden sollen,
weil sie zu einer vollständigen
Darstellung der Frage gehören. Wie schon früher erwähnt, ist die Ruhr ein unvollständig kanalisierter
Fluß, der auf weiten Strecken nicht im Stau liegt, sondern durch Regulierungs bauten, insbesondere Buhnen und Parallelwerke,
aus die erstrebte Fahrtiefe
gebracht worden ist; das letztere gilt insbesondere auch für die Mündungs strecke
Mülheim.
abwärts
Aufwendungen gesunken,
Ruhrschiffahrtsabgabe
Die
für die Wasserstraße
weil die Ruhrschiffahrt
gedeckt;
hatte
ihr Ertrag
war
früher
alle
allmählich
dem Wettbewerbe der Eisenbahn nicht
mehr gewachsen war.
Um ihm möglichst zu begegnen, hatte man die Abgabe
wiederholt ermäßigt;
im Jahre
1867 wurde sie ganz aufgehoben.
Der
damals an den König erstattete Jmmediatbericht führt aus, daß die Ruhr schiffahrtsabgabe,
wenn man sie weiter erheben wollte, mit Rücksicht auf
den durch Art. 54 der Bundesverfassung veränderten Rechtszustand jedenfalls
eine wesentliche Umgestaltung erfahren müßte. Tarifbildung nur noch
öffentlichen Ruhrschleusen
Es könnte fortan bei der
„der Aufwand für die laufende Unterhaltung der mit Einschluß der Gehälter der Schleusenwärter,
welcher etwa 9000 Taler jährlich beträgt" und ein Kostenbetrag für Lein pfadsverbesserungen in Rechnung gestellt werden; der schleusenlose Unterlauf
der Ruhr müsse abgabenfrei bleiben. Der Bericht mußte mit der größten Eile entworfen werden, weil die
Aufhebung der Ruhrschiffahrtsabgaben schon mit dem 1. Januar 1868 in
Es gab und gibt noch an der Ruhr 3 Schleusen, welche mit den zugehörigen Wehranlagen im Privatbesitz sind. Das Anlagekapital der staatlichen Schleusen war getilgt.
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III.
230
treten
Kraft
erging noch
sollte.
Gegenstand der Abgabenerhebung.
Der die Aufhebung genehmigende Königliche Erlaß
an demselben Tage, an welchem der Bericht erstattet wurde,
am 14. Dezember 1867.
Die Rechtsausführungen dieses Berichtes, welche übrigens zu seiner Begründung nicht notwendig waren, weil die Abgaben ohnehin in ganzem Umfange beseitigt werden sollten, beruhen auf der Annahme, daß durch den Art. 54 der Bundesverfassung eine Änderung in der Lage der Gesetz
gebung über Schiffahrtsabgaben eingetreten sei.
Diese Annahme steht mit
der mehrfach erwähnten protokollarischen Erklärung Delbrücks vom 28. Juni 1867, wonach der aus der Zeit der Zollvereinsverträge überlieferte Rechtszustand
durch den Art. 54 der Verfassung und den Art. 25 des letzteren
Vertrages nicht geändert worden ist, in Widerspruch. Rechtszustandes vor und nach
1867
ist, wie auch
Die Identität des
hierbei wieder in die
Erscheinung tritt, von fundamentaler Bedeutung für die Beurteilung der Frage. Wenn also die Abgabenerhebung
für alle Schiffahrtsanstalten an der
Ruhr, ohne Unterscheidung von Stauanlagen und Regulierungsbauten, vor 1867
rechtmäßig war — und sie ist niemals von irgendeiner Seite als
gesetz- und vertragswidrig angefochten worden —, so war sie es auch später; Delbrück hat übrigens jenen Bericht vom
14. Dezember 1867 nicht mit
gezeichnet.
Ein zweiter Fall, in welchem eine Abweichung von der regelmäßig be kundeten Rechtsauffassung gefunden werden kann, hat bei der Stör, einem
holsteinischen Nebenfluß der unteren Elbe, sich zugetragen. berichtete die Regierung in Schleswig über die
Am 16. April 1870
Notwendigkeit einer Verbesserung des Fahrwassers der Stör zwischen Grön-
hude und 2600
und
Kellinghusen; den
sie
jährlichen
berechnete die
erforderlichen
Unterhaltungsaufwand
auf
400
Baukosten
auf
Taler.
Zur
Deckung der Regulierungskosten schlug sie die Einführung einer Schiffahrts
abgabe vor.
Der letztere Vorschlag wurde von den Ministern der Finanzen
und für Handel am 19. Juni 1870 abgelehnt mit den Worten:
„Die Erhebung einer Schiffahrtsabgabe zur Deckung der Ausgaben für die beabsichtigte Verbesserung des Fahrwassers der Stör können wir nicht für zulässig erachten, da derartige Abgaben nur für die Benutzung
besonderer Anstalten nach Vorschrift des Art. 54
der Bundesverfassung
erhoben werden dürfen." Hierbei muß allerdings
berücksichtigt werden, daß es sich im Grunde
genommen gar nicht um eine Verbesserung, sondern um eine bloße Unter-
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8 8.
Haltungsarbeit handelte.
Die Feststellung des Anstaltsbegrisfs.
231
Denn die Regierung hatte die Sachlage in jenem
Berichte folgendermaßen dargestellt: „Das Fahrwasser ist von Itzehoe bis zur Mündung für die daselbst
verkehrenden Schiffe ausreichend, und ebenso zeigt sich auch eine genügende Wassertiefe auf der Strecke oberhalb Itzehoe bis Grönhude, soweit das
Flußbett durch Deiche eingeengt ist.
Dagegegen ist über die Abnahme
der Wassertiefe zwischen Grönhude und Kellinghusen schon seit längerer
Zeit Klage geführt.
Dieser Zu stand
derart verschlimmert, den Lösch-
hat sich in den letzten Jahren
daß die größeren Schiffe jetzt nicht mehr
und Ladeplatz bei Kellinghusen erreichen können, sondern bei
Grönhude löschen und laden müssen."
Man wird
hiernach diesem Falle für die Frage, ob Verbesserungen
des Fahrwassers in nicht kanalisierten natürlichen Wasserstraßen als abgabe
fähige besondere Anstalten zu behandeln sind, eine besonders große Beweis kraft nicht beimessen können.
8 8. Die Feststellung des Anstaltsbegriffs. Die
im
Rahmen
der
grammatischen Auslegung
angestellten Unter
suchungen S. 65—129 haben ergeben, daß der Ausdruck Anstalt einen
sehr weiten und allgemeinen Inhalt hat.
Der Anstaltsbegriff umfaßt ins
besondere alle Bauten und Verwaltungseinrichtungen, die in irgend einer
Weise dem Schiffahrtsinteresse dienen; erstere ohne Unterschied der technischen Methode und der Zweckbestimmung im einzelnen.
Das ist nachgewiesen aus
dem Sprachgebrauch des Lebens, der Gesetze, der Verwaltung und
des
Ministers Delbrück. *
*
-ir
Die Vermutung streitet dafür, daß auch die Sprache des Gesetzgebers
in der Bundesverfassung von
1867 dieselbe gewesen ist, daß er keinen
andern und insbesondere keinen engeren Sinn mit jenem Worte verbinden wollte, als früher von ihm und anderen damit verbunden worden war. Diese Vermutung könnte freilich durch das Ergebnis der logischen Aus
legung zerstört werden:
die Zerstörung wäre aber nur möglich durch einen
überzeugenden Beweis, nicht etwa durch eine Untersuchung, welche auf ein
non ILyuet hinausliefe. Es fragt sich zunächst, was die Entstehungsgeschichte zur Interpretation beitragen kann.
Der Art. 54 ist aus den Zollvereinsverträgen hervorgegangen und dem
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Gegenstand der Abgabenerhebung.
232
III.
Rechtsinhalte nach
mit ihnen identisch.
Diese Verträge enthalten in der
bekannten elausula Aeneralis ebenfalls den Anstaltsbegriff in seiner ganz
allgemeinen Bedeutung.
Sie behandeln alle Schiffahrtsanstalten als abgabe
fähig, auch das verbesserte offene Fahrwasser, und sind stets in dieser Weise
unangefochten gehandhabt worden.
Irgend ein vernünftiger Grund zur Ab
weichung vom Vertragswillen lag für die Regierungen nicht vor; jedenfalls nicht für die preußische, die Urheberin der Verträge war und zugleich den größten Teil der deutschen Wasserstraßen verwaltete.
Wäre je ein praktischer
Anlaß zu einer solchen Abweichung hervorgetreten, so hätten die in kurzen
Zwischenräumen stattfindenden Vertragserneuerungen mehrfache Gelegenheit dazu geboten, die Übereinstimmung zwischen geschriebenem und angewandtem Rechte herzustellen.
Sind Fahrwassergelder in den Jahrzehnten vor 1867 zulässig gewesen —
und die Regierungen waren dieser Meinung — so sind sie es auch heute Denn der Nechtszustand hat sich in dieser Frage nicht geändert.
noch.
-i-
Die Verfassung von 1849 regelte die Frage für den Bereich der See schiffahrt in einer Weise, die mit dem Ergebnis der grammatischen Aus legung, mit der elausula Aeneralis der Zollvereinsverträge und schließlich auch mit den Forderungen staatswissenschaftlicher Logik übereinstimmte.
Es
sollte hier keinen Unterschied geben zwischen abgabefähigen und nicht abgabe
fähigen, besonderen und sonstigen Anstalten.
zur
Verbesserung
der
Alles, was menschliche Arbeit
natürlichen Verkehrsmöglichkeiten
getan
hatte oder
künftig tun würde, sollte einen Anspruch auf Selbstkostendeckung begründen.
Die Besteuerung des freien Genußgutes der natürlichen Wasserstraßen und Häfen sollte ebenso unzulässig sein, wie die Überschreitung der durch das
Gebührenprinzip gezogenen Grenzen in der Tarifbildung.
Es war der ein
fache, beinahe selbstverständliche Standpunkt des wirtschaftlichen Naturrechts. Daß dieser naturgemäße Standpunkt nur für die Seeschiffahrt und
nicht auch für die Binnenschiffahrt im Texte des Verfassungsentwurfs maß gebend wurde, lag nicht etwa in sachlichen Erwägungen begründet.
konnte damals behaupten — und irgend
Niemand
auch heute kann es niemand —, daß
welche Gründe technischer oder wirtschaftlicher Art es rechtfertigen
könnten, den Anstaltsbegriff im süßen und salzigen Wassers anders zu be
grenzen und hinsichtlich der Finanzierung von Schiffahrtsverbesserungen durch
Abgaben einen Unterschied zu machen zwischen den der Seeschiffahrt dienen den Mündungsstrecken der Flüsse und ihrem Oberlauf.
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8 8.
233
Die Feststellung des Anstaltsbegriffs.
Die offenkundige Systemlosigkeit jenes Verfassungsentwurfs beruhte nur auf
einem politischen
aus einer tiefeingewurzelten Abneigung
Vorurteil,
gegen die auf den wichtigsten Strömen bestehenden,
aus früheren Perioden
des deutschen Staatslebens allzulange konservierten Flußzölle, oder — wie der Bundesrat sich im Jahre
ausdrückte — auf „dem Widerwillen
1870
gegen Flußabgaben ohne Gegenleistung
Die
heterogenen Lösungen der Abgabenfrage von 1849 wurden im
Jahre 1867 durch eine homogene ersetzt; welche von den ersteren durch die
letztere verallgemeinert werden sollte, das ist hier die Frage.
Die unmittelbare Beweisführung ist nicht möglich, da die schriftliche keine hinlängliche Auskunft gibt. Es muß daher eine Art
Überlieferung
Wahrscheinlichkeitsrechnung kannten
aufgestellt und
politischen Konstellation
die
in den festen Rahmen der be
ungeschriebene Begründung
schriebenen Verfassungsrechts eingezeichnet werden.
der inneren Zusammenhänge,
des
ge
Es gilt die Konstruktion
die Ausfüllung des Gerippes der Tatsachen
mit der Muskulatur der politischen Triebkräfte, die in jener Zeit an der
Arbeit waren, als das neue öffentliche Recht für Deutschland auf diesem Gebiete des Verkehrswesens geschaffen wurde.
Es liegt auf der Hand, daß die preußische Negierung, als sie ihren Verfassungsentwurf für den Norddeutschen Bund aufstellte, mit zwei schwer
wiegenden Faktoren zu rechnen hatte;
auf der einen Seite mit der öffent
lichen Meinung, deren Kaptivierung ihr am Herzen liegen mußte und am Herzen lag, auf der andern Seite mit den Interessen der Einzelstaaten und
den Empfindungen der Dynastien.
Sie warb für den neuen Nationalstaat durch Gewährung von Frei
heiten, Rechten und Vorteilen, die in der Vergangenheit vergebens erstrebt
und lange Zeit versagt worden waren.
Zu diesen Morgengaben an die
öffentliche Meinung gehörte auf wirtschaftlichem Gebiete die Abschaffung der
Binnenzölle auf den Wasserstraßen.
Daß die Abschaffung der Schiffahrts
abgaben eine werbende Kraft in diesem Sinne gehabt und die Befriedigung eines
nationalen Wunsches bedeutet hätte, wird man aber nach den Ausführungen, die S. 155—157 und S. 187—197 über den tatsächlichen Verlauf der Dinge gegeben sind, schwerlich behaupten können.
Selbst die Nationalversammlung
* Vgl. S. 199. Die Staaten bauten zwar an den Strömen, aber die Strombaukosten blieben weit hinter den Einnahmen aus Flußzöllen zurück und standen mit ihnen in keiner notwendigen Beziehung. Auf den Rheinzöllen lasteten z. B. eine ganze Anzahl Renten an mediatisierte Fürstenhäuser usw., die mit der Rheinschiffahrt und ihren Verkehrsinteressen nichts zu tun hatten.
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Gegenstand der Abgabenerhebung.
III.
234
von 1848 war in dieser Frage sehr zweifelhaft gewesen.
Als im Jahre
1861 der in Stade erhobene hannoversche Zoll auf der Unterelbe beseitigt
wurde, erregte das Fortbestehen der auf derselben Flußstrecke erhobenen hamburgischen Elbschiffahrtsabgabe keinerlei politisches Ärgernis oder auch nur Bedenken, obwohl der harburgische Abgeordnete Grumbrecht nicht müde wurde, in den Reichstagen von 1867, 1869 und auch später noch auf das
Vorhandensein dieser Abgabe aufmerksam zu machen.
Bezeichnend für die
Beurteilung dieser Dinge in den seefahrenden hanseatischen Gemeinwesen ist eine im Jahre 1857
von dem „Verein für Handelsfreiheit" in Hamburg
herausgegebene Flugschrift „Der Stader Zoll", in welcher für die Beseitigung dieser Verkehrsbesteuerung agitiert wurde.
Es heißt dort auf Seite 4:
„Mit Fug spricht die Gegenwart allen Zöllen die innere Berechtigung ab, welche von der Bewegung der Ware als solcher erhoben
werden, ohne daß dafür von den Erhebenden eine dieser Bewegung fördernd oder erleichternd zugute kommende Gegenleistung geboten werde."
Man
sieht,
wie
sehr
die hamburgischen Reeder und Kaufleute zwischen
Wasserzöllen und Schiffahrtsabgaben unterschieden. Daß in den letzten Jahren vor 1867 die Handelskammern und Stände an der Oder wiederholt
und dringend um Einführung von Schiffahrts
abgaben gebeten hatten, mag hier außer Betracht bleiben, weil man ihnen entgegenhalten kann, daß sie nicht die Stimmung des Volkes, sondern Ver kehrsinteressen vertraten.
Auch die wiederholte Stellungnahme des preußischen
Landtages gegen einfache Beseitigung der Flußzölle und für Oderschiffahrts
abgaben *
mag in Anbetracht der Provenienz des Abgeordnetenhauses aus
dem dreiklassigen Wahlsystem als
nicht völlig beweiskräftig gelten.
Aber
der aus dem allgemeinen Stimmrecht hervorgegangene Reichstag hatte sich 1869 nicht für radikale Aufhebung des Elbzolles,
wandlung über
in
denselben
Schiffahrtsabgaben
Gegenstand
aus
ausgesprochen,
dem
Jahre
sondern für seine Um und
1870
die Verhandlungen
lassen
es
mindestens
zweifelhaft erscheinen, ob nicht die Beschlußfassung des Reichstages wiederum in diesem Sinne ausgefallen wäre, wenn nicht Delbrück sich sehr entschieden
für die unbedingte Beseitigung jenes Zolles eingesetzt hätte. Nun war aber die
grundsätzliche Beseitigung der Schiffahrtsabgaben
oder mit anderen Worten: Die Legalisierung des Grundsatzes der Gebühren freiheil für Schiffahrtsverbesserungen, weder damals in Frage, noch ist sie es heute.
Durch die Aufstellung eines solchen Grundsatzes hätte man viel
leicht eine volkstümliche Wirkung in ziemlich weiten Kreisen erzielen können,
wenn man zu so drastischen Mitteln greifen wollte oder greifen zu müssen * Vgl. Schumacher S. 132, 133 u. S. 187—197 dieser Arbeit.
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8 8.
Die Feststellung des Anstaltsbegriffs.
235
glaubte und kein Bedenken hatte, die entsprechenden Opfer sich und den ver bündeten Regierungen auszuerlegen.
In Wirklichkeit ist aber nur die Auf
hebung einer gewissen Gruppe von Schiffahrtsabgaben — der in Gestalt von Fahrwassergeldern
—
erhobenen
zweifelhaft
überhaupt
und
streitig.
Die Frage muß also in der Weise gestellt und beantwortet werden, ob man
von der teilweisen Beseitigung jener Abgaben, von der Aufstellung des Unterschiedes
zwischen
abgabefähigen
und
nichtabgabefähigen Schiffahrts
anstallen, einen politischen Nutzeffekt erwarten konnte. Selbst wenn die Grenze zwischen beiden Gruppen von Anstalten nicht so unsicher und kontrovers wäre, wie sie es ist, könnte doch mit hinreichender
Sicherheit behauptet werden, daß eine derartige, höchstens halbe Maßregel, eine
kasuistische Lösung
des Problems,
Stimmungen der Bevölkerung nicht
eine
ausüben,
füllung eines nationalen Herzenswunsches
erhebliche Wirkung geschweige
gelten konnte.
denn
auf die als
Er
Sie hätte viel
eher den Eindruck einer bureaukratischen Erfindung machen können.
Wäre sich die Bevölkerung der verschiedenen Landesteile über die dem Art.
54
der
Verfassung
vielfach
heute
imputierte
kanalisierten und nichtkanalisierten Flüssen und jeder
inneren
Begründung
entbehrende,
von
Unterscheidung
über die daraus folgende,
imparitätische
Behandlung
ihrer
Verkehrsinteressen damals klar gewesen, so hätte diese einseitige Neubildung des Verkehrsrechtes von Bundes wegen in denjenigen Staaten oder Provinzen,
die zufällig auf kanalisierte Flüsse und Kanäle angewiesen waren, scheinlich
nicht
nur
keine Befriedigung,
sondern
eher
eine
wahr
gewisse Ver
stimmung hervorgerufen.
Jedenfalls
kam eine solche Lösung der Abgabenfrage als zugkräftige
politische Parole nicht in Frage,
zumal man
im Jahre 1867 doch einer
nüchternen, realpolitischen Auffassung der Dinge sehr viel geneigter war als
im Revolutionsjahre 1848. Noch viel weniger ist von den der Schiffahrt nahestehenden und deshalb
zu sachverständiger Beurteilung ihrer Interessen befähigten Kreisen, zu welchen außer den Reedern und Schiffern auch die mittelbar am Schiffahrtsbetriebe
beteiligten Erwerbsgruppen gerechnet werden müssen, anzunehmen, daß sie in
jener Lösung eine Förderung der allgemeinen Schiffahrtsinteressen erblickt
haben könnten.
Denn diese Kreise konnten sich nicht verhehlen oder hätten
sich bei kritischer Erwägung nicht verhehlen können,
daß eeterw xaridus
die Verbesserung einer Wasserstraße durch Regulierung wünschenswerter ist, als diejenige durch Kanalisierung.
Schleusen sind an sich immer Schiffahrts
hindernisse, sozusagen ein xi8 aller.
Sie bringen Zeitverluste und Havarie-
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Gegenstand der Abgabenerhebung.
III.
236
Möglichkeiten mit sich, die man auf einer regulierten Wasserstraße mit nicht
allzustarker
Strömung
scheidung
vermeidet.
wäre
Schiffahrtsinteressen
es
zwischen Regulierung
letzteren Methode
man
daß
wohlverstandener
Standpunkte
ein Mißgriff,
und Kanalisierung
beeinflussen,
zu
Vom
geradezu
ihr
die
dadurch
praktische Ent
zugunsten
auf Grund
der
juristischer
Distinktionen bessere Finanzierungsmöglichkeiten verschafft wie der ersteren.
Solche Entscheidungen sollten nur nach
rein sachlichen,
verkehrstechnischen
Gesichtspunkten getroffen werden; die einseitige Prämiierung einer bestimmten Methode durch die Gesetzgebung wäre vom Übel. Das haben fachkundige
Geschäftsleute damals wahrscheinlich
ebensogut gewußt,
wie sie es heute
wissen.
Soviel über die Möglichkeit der Einwirkung auf die öffentliche Meinung.
Was
nun
die
Rücksichtnahme
die Einzelstaaten,
auf
Negierungen
und
Dynastien anbetraf, so war hierzu bei der preußischen Regierung im Jahre 1867 sicherlich mehr Veranlassung und Geneigtheit vorhanden, wie bei der
Frankfurter Nationalversammlung im Jahre 1848.
kularen Staatshoheit nur das nehmen, Bundesstaat notwendig
haben mußte.
die Vermutung gegen sich.
Man wollte der parti
was die Zentralgewalt im neuen
Die Einschränkung der ersteren hat
Sie ist auf dem hier zu behandelnden Gebiete
des Verkehrsrechts und der Finanzhoheit ohne Zweifel insofern gewollt und
verwirklicht, als die Binnenzölle auf den Wasserstraßen grundsätzlich und für immer aufgehoben sind.
Ein Zwang zur Nichterhebung von Schiffahrts
abgaben im Rahmen der Selbstkostendeckung ist aber nicht nachweisbar, auch
nicht für die besondere Abart der Fahrwassergelder. weder garnicht oder
Fahrwassergelder
allgemein
verboten.
Ein
Die letzteren sind ent
allgemeines Verbot gegen
hätte die Bundesseestaaten in dieselben oder annähernd
dieselben Kalamitäten gebracht, wie sie ihnen im Jahre 1848 drohten und auf nachdrückliche Remonstration damals erspart wurden.
Es ist gegen alle
Wahrscheinlichkeit, daß Preußen den Seestaaten und namentlich den Hanse
städten gegenüber ein geringeres Maß von Verständnis und Rücksicht gehabt
und anderseits ist es sicher,
haben sollte als das Frankfurter Parlament, daß die Fahrwassergelder,
wenn sie zugunsten und im Interesse der See
staaten nach dem Vorbilde der Verfassung von 1849 zugelassen worden sind, für alle deutschen Wasserstraßen als ^U8 äi8po8itivum zu Recht bestehen. -l-
-t-
-i-
Die Verwaltungspraxis von sieben Jahrzehnten beweist,
daß die Re
gierungen den Anstaltsbegriff fast immer und überall so ausgelegt und angewendet haben, wie er aus der grammatischen und logischen Interpretation
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Z 8.
Die Feststellung des Anstaltsbegriffs.
237
sich ergibt.
Sie zeigt namentlich auch, daß eine Einschnürung des Begriffs
nach 1867
bei der Handhabung des Art. 54 der Bundesverfassung nicht
erngetreten ist.
Die Praxis war freilich nicht immer ganz gleichmäßig und folgerichtig; Unsicherheiten, Schwankungen und Deviationen sind vorgekommen.
Aber sie
bilden doch so sehr die Ausnahme, daß man von ihnen sagen kann, sie be
stätigen die Regel.
Der Kurs blieb im allgemeinen gleichmäßig und konstant.
Der die Praxis beherrschende, deutlich erkennbare Grundzug ist die Rechts überzeugung von der Abgabefähigkeit aller — konstruktiver und administra Für die Beurteilung kommen hier der
tiver — Schiffahrtsverbesserungen.
Natur der Sache nach nur diejenigen Fälle vollständig in Betracht,
wo
Schiffahrtsabgaben für die Benutzung von Wasserstraßen und Häfen wirklich erhoben wurden; denn
es
sich um
handelt
äi8xo8itivum.
der Nichterhebung spielen hier nur insoweit eine Rolle,
Die Fälle
als die Art ihrer
Behandlung und Erledigung Rückschlüsse auf die zugrunde liegende Rechts überzeugung gestattet.
mehrerwähnte
Der wichtigste Fall dieser negativen Praxis ist die
Oderschiffahrtsabgabe,
deren
Regierung in den sechziger Jahren ablehnte.
Einführung
die
preußische
Die Fälle der positiven Praxis
könnten noch weit zahlreicher sein, wenn nicht bis 1867 auf den bedeutendsten
Strömen die Binnenzölle bestanden hätten, neben welchen für Fahrwasser gelder kein Raum war.
Es ist mit Bezug
auf die Verwaltungspraxis in Sachen der Schiff
fahrtsabgaben gesagt worden ^, die Tatsache einer solchen Praxis biete allein
noch keinen Beweis für ihre Gesetzmäßigkeit, und das ist an sich ohne Zweifel
richtig. Es kommt darauf an, ob solche Praxis gelegentlich und vereinzelt, vielleicht gar bestritten, dem Lichte der Öffentlichkeit unzugänglich und un beachtet, oder ob sie häufig, ständig, allgemein, unbestritten und offenkundig war.
Die
letzteren Voraussetzungen sind aber bei der hier dargestellten
und für die logische Auslegung heran gezogenen Praxis erfüllt.
Sie war
überdies durch öffentliche Verhandlung und Beschlußfassung mehrerer einzel staatlicher Parlamente, jedenfalls des Preußischen Landtages und der ent
sprechenden
während
Vertretungskörper
aus
dem
in
Reichstage in
Oldenburg den Jahren
und
Bremen,
1869,
1870
sanktioniert, und
1886
Kundgebungen verschiedener Richtung bei verschiedenen Anlässen erfolgt waren.
Will man eine solche Art der Rechtsanwendung nicht gelten und als unwesentlich
für die Erforschung
des objektiven Rechtszustandes bei Seite
* Vgl. Walther, Schiffahrtsabgaben. Gesetzgebung der Verwaltung. Band XXX.
Fischers Zeitschrift für Praxis und Heft 1/2.
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238
III.
Gegenstand der Abgabenerhebung.
lassen, so muß man überhaupt auf die Benutzung der Praxis für die Ge
Das wird aber niemand wollen.
setzesauslegung verzichten.
Gerade bei den öffentlichrechtlichen Vorschriften,
welche die Regelung
wirtschaftlicher Fragen betreffen und ihrer Natur nach einer fein ausgefeilten, scharf begrenzten juristischen Fassung schwer zugänglich sind,
von großer Bedeutung.
ist die Praxis
Hier ist, um das bekannte Wort anzuwenden, das
Wirkliche vernünftig; es hat die Vermutung für sich, die sachgemäße Ver
körperung
der gesetzgeberischen Absicht und Willensmeinung zu sein.
Wie
der Rauch das Feuer, so zeigt die konstante, loyale, öffentliche, unangefochtene
Praxis das stille Fortarbeiten des Rechtsgedankens im wirtschaftlichen Leben. Um die Erscheinungen der Praxis in vollem Umfange für die Rechts
auslegung nutzbar zu machen, muß aber ferner versucht werden, sie in einen systematischen Zusammenhang zu erklären.
zu bringen und die einen aus den anderen
Es ist dabei von der Annahme auszugehen,
daß die Praxis
nicht willkürlich-kasuistisch, sondern im großen und ganzen nach einheitlichen
logischen Gesichtspunkten arbeitete, die sie im wesentlichen aus der Technik des Wasserbaues und der Schiffahrt entnahm. Hierbei soll zunächst das verbesserte Fahrwasser im offenen Strom oder Meeresarm,
weil
ist, außer Betracht
seine Subsumierung
unter den Anstallsbegriff
streitig
gelassen und nur von denjenigen Erscheinungsformen
ausgegangen werden, deren Eigenschaft als „Anstalt zur Erleichterung des
Verkehrs" allgemein anerkannt wird oder bei besonderem Anlasse in autori tativer Weise anerkannt worden ist. Hierzu gehören zweifellos die Schleusen.
Sie dienen aber nur mittelbar
zur Erleichterung des Verkehrs, nämlich nur insoweit sie Stauanlagen oder
Bestandteile von Stauanlagen sind.
Der eigentliche und unmittelbare Vorteil
für die Schiffahrt liegt in der Erhöhung der Fahrtiefe durch den Stau; die Schleuse ist an und für sich ein Schiffahrtshindernis und nur das Mittel, um durch die Stauanlage hindurch zu gelangen.
Demgemäß liegt die von der Verwaltung dargebotene Verkehrserleichte rung nicht in der Schleusenöffnung, sondern in der Stauhaltung. Noch weit mittelbarer ist der ursächliche Zusammenhang zwischen der Schleuse und der Erleichterung des Verkehrs in denjenigen Fällen, wo der
Stau nicht eigentlich zur Erhöhung der Fahrtiefe in einer Wasserstraße,
sondern nur dazu dient, von der letzteren die schädlichen Einwirkungen eines anderen Gewässers fernzuhalten.
Beispiele
hierfür sind die Schleusen in
Kiel und Brunsbüttel, welche den Zweck haben, den Wasserstandswechsel der Elbe und der Ostsee *
und
die hierdurch bedingten Strömungen vom
* In der Elbe durch die Gezeiten und in der Ostsee durch Windwirkung.
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Z 8.
239
Die Feststellung des Anstaltsbegriffs.
Kaiser-Wilhelm-Kanal fernzuhallen.
Ein anderes Beispiel ist die Schleuse
an der Abzweigung der Elbinger Weichsel vom Hauptstrom beim sogenannten
Danziger Haupt.
Die Elbinger Weichsel hat kein Gefälle, ihr Wasserstand Die Schleuse soll verhindern, daß durch teilweise
ist der des Frischen Haffs.
Ablenkung der Wassermassen des Hauptstroms nach der Elbinger Weichsel die zur Offenhaltung der Weichselmündung notwendige Spülkraft des ersteren
leidet und die letztere wiederum versandet, wie es in früheren Jahrzehnten infolge der Ablagerung von Sinkstoffen aus der strömenden Weichsel tat sächlich geschehen war. Eine ähnliche Schleusenanlage bestand früher bei Tapiau, an der Ab
zweigung des als Deime bezeichneten nördlichen Mündungsarms des Pregels.
Die vorstehenden Bemerkungen beziehen sich nur auf Kammerschleusen;
aber auch einfache Flutschleusen kommen hier in Frage.
Sie sind stets als
abgabefähige Anstalten anerkannt worden und noch jetzt mehrfach vorhanden,
z. B. als Hafenschleusen in Glückstadt, Husum und Brake und als Floß schleusen in Süddeutschland.
Als Anstalten für Binnenschiffahrt haben sie
bis vor wenigen Jahren in der Steckenitz und Delvenau, dem sogenannten Steckenitzkanale, bestanden ^. ein Tarif vom 5. Juni
Es war für sie unter der Herrschaft des Art. 54
1869 erlassen worden^.
Von den 17 Schleusen
dieser Wasserstraße waren nur 6 Kammerschleusen; die übrigen 11 wurden in der Weise betrieben, daß durch Öffnung der Tore des Stauwerks eine
abwärts fließende Welle erzeugt wurde, welche den Schiffen die zu ihrer
Fortbewegung erforderliche Fahrtiefe für den Weg bis zur nächsten Stau schleuse bot.
In derselben Weise
werden die Talsperren oder Staubecken, welche
nach den neueren Gesetzen über den Ausbau der preußischen Wasserstraßen zur Erhöhung des Niedrigwassers der Weser und der Oder hergestellt werden
sollen, der „Erleichterung des Verkehrs"
dienen.
Die aus solchen Becken
zu Tal gehende Wasserwelle wird sehr viel breiter und wirksamer sein, wie
die durch die Steckenitzschleusen erzeugte, und die Stauanlage wird nicht im Bett des Hauptstromes liegen, sondern in den von Nebengewässern durch
strömten Seitentälern; im wesentlichen ist aber der Kausalnexus zwischen
der Anstalt und den Interessen der Schiffahrt derselbe.
Man wird daher
jene Staubecken ebenso als abgabesähige Anstalten anzusehen haben, wie man die jetzt beseitigten Steckenitzschleusen als solche behandelt hat. * In Rußland gibt es derartige Schleusen noch jetzt in mehreren Strömen für Schiffahrtszwecke. 2 Offizielles Wochenblatt für das Herzogtum Lauenburg Nr. 38. Die älteren Tarife kommen hier auch deshalb nicht in Betracht, weil die frühere Steckenitzabgabe ein Wasserzoll war.
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Gegenstand der Abgabenerhebung.
HI.
240
Wenn der durch menschliches Zutun erhöhte Wasserstand fähige Anstalt ist,
so läßt sich kein
eine abgabe
sachlicher Grund dafür anführen, daß
die gleiche Eigenschaft nicht auch der durch Baggerung oder Einschränkung vertieften Flußsohle oder erhöhten Flußtiefe zuerkannt werden soll.
Der
tatsächliche Erfolg der aufgewendeten Arbeit, nämlich die Vergrößerung der
nutzbaren Fahrtiefe, ist in beiden Fällen dieselbe.
Die unter III. e. für den Begriff der
auf S. 111—129 milgeteilten Definitionsversuche
„besonderen Anstalt" passen
freilich
auf keinen von
beiden Fällen. Zu den anerkannten Erscheinungsformen des Begriffs der abgabefähigen
Anstalt gehören ferner die Schiffahrtszeichen, Bojen, Baken, Leuchtfeuer und
sonstige Tages- oder Nachtmarken.
Schon Z 20 des preußischen Zollgesetzes
vom 26. Mai 1818 bezeichnet sie als „Anstalten für die Erleichterung des
Verkehrs".
Ihre Eigenschaft
als
„besondere Anstalten"
im Sinne des
Art. 54 der Reichsverfassung ist durch die auf S. 207 bis 214 und S. 221 bis 224 erwähnten Unterweserverträge unter Zustimmung des Reichs festgestellt
worden.
Sie verhalten sich zum Fahrwasser wie der Wegweiser zum Weg.
Wenn für die Benutzung eines Fahrwassers schon
aus dem Grunde eine
Schiffahrtsabgabe erhoben werden kann, weil es in seiner Breite und Richtung
durch derartige Zeichen kenntlich gemacht ist, so kann die Abgabenerhebung für eine Verbreiterung, Begradigung, Vertiefung oder sonstige Verbesse
rung des Fahrwassers unmöglich der Absicht des Gesetzgebers entgegen sein.
Buhnen, Baggerrinnen und in Fels gesprengte Unterwasserkanäle sind
schließlich doch von viel größerer technischer und wirtschaftlicher Bedeutung wie Bojen und Baken.
Die Buhnen
erfüllen außer dem Zwecke der Zu
sammenfassung der Waffermengen und der Herstellung oder Erhaltung größerer
den der Kenntlichmachung der Fahrrinne.
Fahrtiefen gleichzeitig auch
Sie
dienen viel intensiver, vielseitiger und unmittelbarer der „Erleichterung des Verkehrs" wie bloße Schiffahrtszeichen. Die Weseruferstaaten handelten durchaus logisch und im Rahmen der
präsumtiven gesetzgeberischen Willensmeinung, wenn sie die steigenden Erträge und Bakengeldes"
des gemeinsamen „Feuer-
zum Ausbau der Fahrrinne
Von diesem Standpunkte aus ist auch die Erklärung des
mitverwandten.
preußischen Handelsministers, daß die Beseitigung von Wracks und Baum
stämmen
in den Kreis der „besonderen Anstalten" falle, vollkommen ver
ständlich, obwohl es sich hierbei nicht eigentlich um die Verbesserung, sondern nur um die Unterhaltung der Fahrrinne
haltung
es
der Fahrstraße handelt.
ein Substrat
auch
sein;
man
der Abgabenerhebung, kann
sogar
die
Ist
die Bezeichnung
so
muß die Unter
Ansicht
haben,
daß
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die
8 8.
Die Feststellung des Anstaltsbegriffs.
241
erstere einen Bestandteil der letzteren bilde. Wenn Delbrück im Jahre 1870 eine abweichende Äußerung getan hat in dem Sinne, daß für bloße
Unterhaltung der natürlichen Wasserstraßen keine Abgaben erhoben werden dürften, so ist das zwar insofern richtig,
als die Stromunterhaltung nicht
lediglich im Interesse der Schiffahrt erfolgt, sondern vielfach anderen, nament lich landwirtschaftlichen Interessen mehr oder weniger zu gute kommt.
So
weit sie aber im Schiffahrtsinleresse stattfindet, muß sie auch als abgabe-
fähige
Veranstaltung
spruch
zwischen
angesehen
werden.
Sollte
hiernach
dem Präsidenten des Bundeskanzleramts von
Wider
ein
1870
und
dem preußischen Handelsminister von 1885 noch bestehen bleiben, so müßte
die größere Autorität des letzteren den
Daß bei
Bismarck.
der
Ausschlag geben,
damaligen Entscheidung
etwa
sichten von Einfluß gewesen wären, ist schon deshalb Preußen
bei
der Angelegenheit
so
gut wie
denn
es
fiskalische
war
Rück
ausgeschlossen, weil
garnicht, jedenfalls
nur in
minimalem Umfange, beteiligt war.
Wollte man vertiefte Fahrrinnen in natürlichen Gewässern als nicht abgabefähig, Stauanlagen hingegen als zulässige Gegenstände der Abgaben
erhebung behandeln, so könnte eine Wasserstraße durch intensivere Verbesserung ihrer Schiffahrtsverhältnisse aus einer abgabefähigen zu einer nichtabgabe fähigen, oder es könnte — vom Standpunkte derjenigen, welche kanalisierte Flüsse für künstliche Wasserstraßen halten — eine künstliche Wasserstraße zu einer natürlichen werden.
Derartige Fälle sind durchaus keine theoretischen
Möglichkeiten, sondern in der Praxis vorgekommen. gestaut
und
mit Schleusen versehen;
Die Deime war früher
später wurden diese beseitigt und
das Flußbett auf der ganzen Strecke so vertieft, daß die Gefälleunterschiede verschwanden Die hier geschilderte rechtliche Folge einer Schiffahrtsverbesserung wäre
absurd, und weil sie absurd wäre,
Rechtszustands nicht zutreffen.
kann die Voraussetzung hinsichtlich des
Denn es kann dem Gesetzgeber nicht —
ohne zwingende Gründe — unterstellt werden, etwas Absurdes gewollt oder
die absurden Konsequenzen seiner Anordnung nicht vorausgesehen zu haben. H
*
-k-
Bei dem Versuch, den Anstaltsbegriff von einzelnen feststehenden Tat sachen aus nach logisch-systematischen Gesichtspunkten zu konstruieren und
in seinen Grenzlinien zu bestimmen, muß freilich daran festgehalten werden,
Vgl. „Memel-, Pregel- und Weichselwasserstraße" im Auftrage des preußischen Wasserausschusses von H. Keller. II, S. 529, 530. Lchriften OXV. — Erster Teil. 16
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III. Gegenstand der Abgabenerhebung.
242
daß derartige Versuche nicht über den durch die erkennbare Willensmeinung des Gesetzgebers
gezogenen Rahmen hinausgehen dürfen.
Dieser Rahmen
müßte auch dann respektiert werden, wenn der gesetzgeberische Wille sich als unsachgemäß erweisen sollte. Schumacher hat am Schlüsse seines Definitionsversuchs, von welchem
er selbst sagt, daß er auf „rein formalen Gesichtspunkten" beruhe, auf die Bedenken hingewiesen, welche der Konstruktion des Anstaltsbegriffs auf logischer
oder naturrechtlicher Grundlage entgegenstehen.
Die grundsätzliche Berechtigung
dieser Bedenken ist nicht zu bestreiten; hier aber ist der Ausdruck des gesetz
geberischen Willens so wenig klar und scharf, der durch den Wortlaut ge zogene Rahmen so weit,
daß
er jenen Konstruktionen den erforderlichen
legalen Spielraum bietet. Wird aber mit Schumacher zuungunsten des Gesetzgebers angenommen, er habe diese wirtschaftliche Frage
nach
„rein
formalen Gesichtspunkten"
regeln wollen, so wäre man doch wohl zu der Erwartung berechtigt, daß
die gewählte formalistische Lösung wenigstens den äußeren Vorzug besäße,
um dessen Willen sie der sachlichen mitunter vorgezogen wird, nämlich den Vorzug der leichten Erkennbarkeit, der klaren Abgrenzung des Rechtsbegriffs nach äußeren Merkmalen. Diesen Vorzug kann man aber dem Schumacherschen Definitionsversuch
— „Anstalten sind
gewisse künstliche, sichtbare Vorrichtungen und Bauten
an, in oder auf den Flüssen, die einer besonderen Benutzung fähig sind" —
nicht zuerkennen, und noch viel weniger den Gesetzesvorschriften, auf welche
der Versuch sich bezieht.
Allein
der Satz „die einer besonderen Benutzung
fähig sind" enthält eine Fülle von zweifelhaften und subjektiven Momenten.
Außerdem widerspricht jener Versuch der Praxis.
* Es ist schon auf S. 109—111 ausgeführt worden, daß der Begriff des „Besondern"
eines selbständigen Daseins nicht fähig ist und nur durch die
Beziehung auf einen latenten, im Wege der grammatischen Auslegung nicht auffindbaren Allgemeinbegriff Leben erhalten kann.
Der Ausdruck
„besondere Anstalten"
kommende Eigenschaftswort
oder vielmehr das darin vor
ist hervorgegangen
aus
dem Bedürfnis
nach
starker Betonung und Unterstreichung des Gegensatzes zu dem freien Genuß
gut der natürlichen Wasserstraßen, — aus demselben Bedürfnis, welches in dem
gleichen
„wirklich
Zusammenhänge
bestehende
die
Einrichtungen"
seltsam im
pleonastischen
Zollvereinsvertrage
Wortbildungen
gezeitigt
hat.
Der letztere Ausdruck ist eine Übersetzung der „besonderen Anstalten"; eine
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8 8.
Die Feststellung des Anstaltsbegriffs.
243
andere Übersetzung gab Delbrück in der Reichstagsverhandlung vom 19. Mai 1870,
indem er sie als „bestimmte Anstalten" bezeichnete.
Um die Gesetzgebung
jener Zeit richtig zu verstehen, muß man sie perspektivisch gegen die Ver
und auf ihren
gangenheit betrachten Dieser Hintergrund
historischen Hintergrund
bestand in den veralteten,
projizieren.
lästigen und allerdings sehr
Die Fassung der Gesetze ist absichtlich so gewählt,
mißliebigen Binnenzöllen.
daß der Leser den starken
Eindruck haben
muß, es sei mit
der bloßen
„Flußfreibeuterei" — um diesen in der Delbrückschen Denkschrift von 1848 vorkommenden Ausdruck * hier zu wiederholen — ein für allemal zu Ende,
und jede erdenkliche Bürgschaft gegen ihre Wiederkehr gegeben.
Nur hierdurch
ist es zu erklären, daß man sich nicht mit „Anstalten" begnügte, obwohl dieser
Ausdruck den Gegensatz
des Menschenwerks zur
freien Naturgabe an sich
hinreichend ausdrückt, sondern noch die „besonderen", die „bestehenden" und gar noch die „wirklich bestehenden"
hinzufügte.
Ohne
jenen
historischen
Hintergrund hätte der Gesetzgeber sicherlich nicht für nötig erachtet, ein aus drückliches Verbot der Abgabenerhebung für Anstalten, welche nicht bestehen,
auszusprechen; ein logischer Anlaß war jedenfalls nicht vorhanden. Dem Wort
noch
„besondere"
im vierten Absatz des Art. 54 wohnt aber
eine weitere stilistische Beziehung und Bedeutung
insofern bei,
als
damit der Gegensatz zu den im nächsten Satze erwähnten künstlichen Wasser
straßen, die in ihrer Gesamtheit Anstalten sind, bezeichnet wird.
wendung
des Anstallsbegriffs auf Kanäle
S. 65 — 105
Die An
ist nach den Darlegungen auf
sprachlich zulässig, korrekt und üblich;
es mag hier nur an
die Zollvereinsverträge und an den preußischen Tarifgesetzentwurf von 1851 ? erinnert werden, welcher sogar die Wasserstraßen allgemein als Anstalten bezeichnet.
Im Gegensatz zu den Kanälen sind die Korrektions- und Stau
werke in einer natürlichen Wasserstraße, sie mögen noch so nahe aufeinander
folgen, doch nur immobile Bestandteile des Strombettes,
sie sind kein zu
sammenhängendes Ganzes, sondern singuläre, wenn auch nach einheitlichem System angelegte und auf einheitliche Gesamtwirkung berechnete Bauwerke.
Das der Ausdruck
„besondere"
eine weitergehende als die hier dar
gelegte Bedeutung gehabt, daß er sachlich eine Einschränkung des Kreises der abgabefähigen Anstalten
bezweckt haben
könnte,
—
etwa
eine Ein
schränkung auf örtliche Verkehrsanstalten nach dem Vorbilde des Art. 26
der Verfassung von 1849 — ist nach Lage der Umstände aus zwei Gründen ausgeschlossen.
r Vgl. S. 150, 151. - Vgl. S. 87. 16*
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III.
244
Gegenstand der Abgabenerhebung.
Es ist erstens nicht denkbar, daß der Gesetzgeber, wenn er am 26. Juni
durch Einfügung jenes Eigenschaftswortes den Rechtszustand ändern wollte,
wichtige
dieses
und
folgenreiche
Eigenschaftswort am 8. Juli
desselben
Zusammenhänge,
bei Abfassung einer Rechts
vorschrift von zweifellos identischem Inhalt,
wieder fortließ oder vielmehr
1867
Jahres
„wirklich
durch
im gleichen bestehende"
ersetzte.
Eine derartige Variation der Wort
fassungen in zwei fast gleichzeitigen Urkunden von fundamentaler Wichtigkeit
für das neugebildete deutsche Staatswesen kann unmöglich auf einem bloßen Versehen beruhen und kaum anders als in der hier dargelegten Art erklärt
werden. Es würde ferner auch
an einem vernünftigen Grunde dafür fehlen,
daß man im nächsten Jahre beim Abschluß der Rheinschiffahrtsakte vom 17. Oktober 1868
abermals das Wort
„besondere"
nicht gebrauchte und
Vertragsbestimmung
alle
in der maßgebenden
„künstlichen
Anlagen"
als
abgabefähig bezeichnete. Von manchen Seiten wird ja die Ansicht vertreten, daß die Rhein
schiffahrtsakte die Möglichkeit der Erhebung von Schiffahrtsabgaben noch über das durch die Verfassung gestattete Maß hinaus habe einschränken
wollen.
Hinsichtlich der hier erörterten, für die Frage enscheidenden Vor
schrift würde der Wortlaut geradezu die entgegengesetzte Annahme recht fertigen.
Das Eigenschaftswort künstlich
natürliche Anlagen gibt es nicht.
ist nichts als ein Pleonasmus;
Die Akte läßt also die Erhebung von
Abgaben für alle Schiffahrtsanlagen zu und es handelt sich nur noch um
die Frage, was man unter diesem Ausdruck zu verstehen hat. Nach
den
Ausführungen
S.
66—105
bedeutet das Wort Anlage
in diesem Zusammenhänge so viel wie bauliche Anstalt.
Daß die Akte
aber auch für unkörperliche Anstalten die Abgabenerhebung zulafsen will, scheint aus Art. 27
hervorzugehen; er wird jedenfalls in der Praxis so
aufgefaßt. Die Akte ist allerdings eine Urkunde von ungewöhnlich mangelhafter
und flüchtiger Fassung. Eigenschaftswortes
Aber auf die Wiederholung des
„besondere"
viel
berufenen
in ihrem Texte hätte man doch schwerlich
verzichtet, wenn man der Meinung gewesen wäre, daß damit der Kreis der
abgabefähigen
Schiffahrtsanstalten
verfassungsmäßig
eingeengt worden sei
und vertragsmäßig nochmals — mit internationaler Wirkung — eingeengt werden könnte und sollte.
Im deutsch-österreichischen Elbzollvertrage vom 22. Juni 1870 erscheint das
bewußte Wort von
neuem.
Das
hatte seinen äußeren Grund darin,
daß die maßgebende Bestimmung des Vertrages wortgetreu dem Art. 54
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Die Feststellung des Anstaltsbegriffs.
8 8.
der Verfassung entlehnt war.
245
Daß materiell kein anderes Recht für die
Elbe als für den Rhein geschaffen werden sollte, ist bereits unter II 8 2 S. 19
Wenn Delbrück der Meinung gewesen wäre, „besondere Anstalten"
dargetan.
seien örtliche Verkehrseinrichtungen im Gegensatz zur durchgehenden Fahrstraße, und nur die ersteren sollten nach dem Vorbilde der Verfassung von 1849
abgabefähig sein, so wäre es geradezu unbegreiflich, weshalb er bei den Reichstagsverhandlungen von 1870 über die Elbzölle diese klare und ein
fache Erläuterung des unbestimmten Eigenschaftswortes nicht gab.
Denn
die Verhandlungen waren in dem Sinne geführt und der von Delbrück be kämpfte
Antrag
in
Voraussetzung
der
gestellt worden,
daß Fahrwasser
verbesserungen besondere Anstalten seien oder doch sein könnten.
wurde für die Befahrung erhoben;
Der Elbzoll
seine damals vorgeschlagene Reduktion
auf das Maß der Selbstkostendeckung mußte also ein Fahrwassergeld ergeben. Es lag sehr nahe, die Zulässigkeit eines solchen mit kurzen Worten zu ver
neinen, wenn es verfassungsmäßig unzulässig war. Der zweite Grund gegen die Annahme, daß die Einschaltung des Eigen
schaftswortes „besondere" einen anderen Zweck oder vielmehr Anlaß gehabt
haben könnte, als den der Betonung der Gegensätzlichkeit gegen das freie Genußgut
und
gegen
die
in
unter
ihrer Totalität
den
Anstaltsbegriff
fallenden Kanäle, ist aus der Vergleichung des dritten und vierten Absatzes in 8 54 zu entnehmen. für abgabefähig erklärt.
Im dritten sind die Schiffahrtsabgaben unbedingt
Der Gegensatz von
natürlichen
Häfen erscheint nicht — wie im vierten Absatz in der Wortfassung.
und
künstlichen
bei den Wasserstraßen —
Der Gegensatz von Zöllen und Verkehrsabgaben hatte
bei den Hafengeldern niemals eine Rolle gespielt; es lag also auch kein Grund dafür vor, den Begriff der Schiffahrtsanstalt durch entsprechende Zusätze, wie „besondere" oder
„wirklich
bestehende" noch schärfer von dem
Hintergründe des freien Genußgutes abzuheben. Jedenfalls fehlt es, wenn man jene beiden Absätze des Art. 54 mit
einander vergleicht, an jeglichem inneren und äußeren Anlaß, welcher den Gesetzgeber zu dem Entschlusse bringen konnte, Häfen und Wasserstraßen aus dem hier in Betracht kommenden Gesichtspunkte der Finanzierung von Ver kehrsverbesserungen durch Schiffahrtsabgaben verschieden zu behandeln und
den Kreis der abgabefähigen Anstalten
bei der einen Gruppe anders ab
zugrenzen, wie bei der anderen.
Er hatte sie in den Zollvereinsverträgen seit Jahrzehnten einer gleich mäßigen Regelung unterworfen und wollte an dieser Regelung sachlich nichts ändern. -I-
* rk
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III.
246
Gegenstand der Abgabenerhebung.
Die Entstehungsgeschichte des Art. 54 spricht also für die schon vorher durch die grammatische Auslegung begründete Annahme, daß jede im Schiff fahrtsinteresse hergestellte Anstalt oder Einrichtung der Rentbarmachung durch
Abgaben fähig ist.
Nur zwei
Ausnahmen von diesem Grundsätze sind für Deutschland
durch positive Vertragsbestimmungen statuiert worden.
Die eine findet sich
in Art. 3
der Rheinschiffahrtsakte, welcher be
stimmt, daß Bojen- und Bakengelder oberhalb Rotterdam und Dordrecht nicht gestattet sein sollen. als
abgabefähige
fassung
oder
Danach sollen auf dem Rhein Bojen und Baken nicht
„besondere Anstalten"
„künstliche
Anlagen"
im Sinne des Art. 54 der Ver
im Sinne
des Schlußprotokolls
zum
Art. 3 der Akte — abweichend von dem gemeinen Rechte im ganzen übrigen Deutschland — angesehen werden.
Die andere ist enthalten in dem Vertrage über die Ablösung des Stader Elbzolles vom 22. Juni 1861 schädigung von
in welchem Hannover gegen eine Ent
beinahe 3 Millionen Talern sich
außer zur Nichterhebung
dieses oder eines ähnlichen Zolles auch dazu verpflichtete,
„1. wie bisher und nach Maßgabe seiner bisherigen Verpflichtungen für die Unterhaltung derjenigen Werke, welche für die freie Elbschiffahrt
erforderlich sind, Sorge zu tragen.
2. Als Entschädigung für die aus der Ausführung dieser Verpflichtung
erwachsenden Ausgaben keine Abgabe irgend welcher Art anstatt des Stader oder Brunshäuser Zolls einzuführen." Da
Preußen in die völkerrechtlichen Verpflichtungen Hannovers
ein
getreten ist, so darf es auf der Unterelbe keine Schiffahrtsabgaben — auch nicht im Rahmen der Selbstkostendeckung nach Art. 54 der Reichsverfassung —
erheben.
Praktisch hat diese Beschränkung freilich nichts zu bedeuten, da die
Unterhaltung der Schiffahrtsstraße auf der Unterelbe von Hamburg besorgt
wird, welches dafür die bekannte Elbschiffahrtsabgabe vereinnahmt.
Bei
Unterzeichnung des Vertrages über die Aufhebung des Stader Zolles gab
der hamburgische Bevollmächtigte auf Wunsch der englischen Regierung die ausdrückliche Erklärung ab,
„daß die Aufhebung des Stader Zolles für Hamburg niemals eine Ver anlassung abgeben
werde, das bestehende Verhältnis in betreff der Er
haltung der Schiffbarkeit der Elbe auf seine Kosten von Hamburg bis
Hannoversche Ges.S. 1863 S. 205. In der Preußischen Gesetzsammlung 1862 S. 383 ist der französische Vertragstext etwas anders ins Deutsche übertragen.
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Z 8.
Die Feststellung des Anstaltsbegriffs.
247
zur See zu ändern, welches Verhältnis in jeder Beziehung unverändert
fortbestehen werde".
Der Vertrag vom 22. Juni 1861 schiffahrt dienende Elbstrecke.
bezog
sich nur auf die der See
Von der Elbstrecke oberhalb Hamburg erhielt
Hannover nach wie vor seinen
Anteil am Elbzoll.
Wenn Wittmack
in
seinem Aufsatze „Völkerrechtliche Bedenken gegen die Einführung von Ab gaben auf die Flußschiffahrt"
S.
145 ff. sagt,
daß
im Archiv für öffentliches Recht Band 19
„einer Erhebung von Elbzöllen"
in dem ehemals
hannoverschen Staatsgebiet jener Staatsvertrag entgegenstehe, so geht dies
in bezug auf den örtlichen Geltungsbereich des Vertrages zu weit*. Daß Elb zölle nicht wieder eingeführt werden dürfen, ist zwar richtig,
auch für die Strecke oberhalb Hamburg, weil sie dort durch die Verfassung und dm deutsch-österreichischen Vertrag verboten sind.
aber um die, einen
Hier handelt es sich
grundsätzlich verschiedenen Gegenstand betreffende und
deshalb auch in einem besonderen Artikel des Vertrages vom 22. Juni 1861 ausgesprochene Verzichtleistung auf Schiffahrtsabgaben.
Sie gilt nur
für die der Seeschiffahrt dienende Elbstrecke. ri-
Zweifelhaft ist die Anstaltseigenschaft für diejenigen Einrichtungen und
Leistungen, welche lediglich die Unterhaltung der natürlichen Fahrrinne be zwecken. Die Praxis ist, wie die vorstehenden Ausführungen ergeben, nicht ganz
gleichmäßig gewesenMan hat zuweilen die Kosten der bloßen Unterhaltung
des natürlichen 8tatu8 quo als nicht deckungsfähig durch Schiffahrtsabgaben behandelt, zuweilen
aber
auch zwischen gewöhnlichen und sonstigen Unter
haltungskosten unterschieden und nur den ersteren die Anstaltseigenschaft ab-
' Vgl. über den hannoverschen Anteil am Elbzoll den Staatsvertrag vom 4. April 1863 Preuß. Ges.S. S. 385. Wittmack spricht in seinem Aufsatze von denjenigen „Werken", die Hannover an der Unterelbe vertragsmäßig ohne Entgelt ausführen sollte, als von „Anstalten", und liefert damit einen weiteren Beweis für den Sprachgebrauch hinsichtlich des Anstaltsbegriffs, da jene Werke nur in Uferschutz- und Korrektionsanlagen bestehen. Daß es sich bei dem Vertrage über die Aufhebung des Stader Zolls nur um solche Verpflichtungen und Rechte der hannoverschen Regierung handelte, welche die der Seeschiffahrt dienende Unterelbe zum Gegenstände hatten, geht auch aus der Denkschrift vom 22. Mai 1862 hervor, mit welcher die preußische Regierung jenen Vertrag ihrem Landtage vorlegte. Drucksachen des Abgeordnetenhauses Nr. 48 Session 1862. Vgl. auch Bericht der Finanzkommission des Herrenhauses vom 17. Juli 1862, Drucks, des Herrenhauses Nr. 45. 2 Vgl. S. 240, 241.
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III
248
Gegenstand der Abgabenerhebung.
Grundsätzlich wird auch der Unterhaltungstätigkeil diese Eigen
gesprochen.
schaft nicht abgesprochen werden können, Fahrrinne
sich
verschlechtern
würde
interesse nützlicher Beharrungszustand
dings
dieser
Frage — bei
und
insofern ohne sie der Zustand der
durch
sie ein dem Schiffahrts
erhalten wird.
den Binnenwasserstraßen
Praktisch wird aller wenigstens — eine
verhältnismäßig geringe Bedeutung deshalb beiwohnen, weil die bloße Unter haltung im allgemeinen schon im landwirtschaftlichen und im sonstigen all
gemeinen Kulturinteresse notwendig sein wird, und infolgedessen der entstehende Kostenaufwand nicht der Schiffahrt oder doch nicht ihr allein zur Last gelegt
werden kann.
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IV.
Die Voraussetzung für den Eintritt der Abgabepflicht.
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8 i. Die grammatische Auslegung. !^ach Eintritt
der
Verfassung
und
dem
Zollvereinsvertrage
ist
für
den
der Abgabepflicht maßgebend die Tatsache der „Benutzung" be
sonderer Anstalten
in natürlichen und die Tatsache der „Befahrung" von Es entsteht vorab die Frage, ob diese Verschieden
künstlichen Wasserstraßen.
heit des Ausdrucks nur stilistische Bedeutung hat oder die Absicht einer sachlich verschiedenen Behandlung von natürlichen und künstlichen Wasser straßen erkennen läßt.
Die Frage ist mehrfach im Sinne der letzteren Alter
insbesondere von Schumacher, der es nicht für
native beantwortet worden;
möglich hält, in der Befahrung eines offenen, wenn auch technisch noch so sehr ungestalteten Flusses die „Benutzung von Anstalten" zu finden.
Auch
Löning vertritt einen ähnlichen Standpunkt.
Wenn es richtig ist —
und in den vorhergehenden Abschnitten ist der
Beweis hierfür angetreten worden —, daß künstliche Wasserstraßen, ins besondere Kanäle, ebenso unter den Anstaltsbegriff fallen, wie Verbesserungen an natürlichen Wasserstraßen, so verliert die Kontroverse über das Verhältnis der Begriffe Benutzung
deutung.
und Befahrung dadurch
im wesentlichen ihre Be
Gleichwohl soll das Verhältnis hier untersucht werden, und zwar
zunächst vom Standpunkte des Sprachgebrauchs.
Von diesem Standpunkte aus
erscheint Benutzung als der allgemeine
Begriff; eine Sache benutzen heißt, sie sich zunutze machen, aus ihr Vorteil
ziehen.
Dieser Vorteil kann ein unmittelbarer oder ein mittelbarer sein;
in Ermangelung
einschränkender Bestimmungen
im Einzelfalle muß jede,
wenn auch entfernte Beziehung zwischen der nutzbringenden Anstalt und dem jenigen, welcher aus ihrem Bestehen Vorteil zieht, als Benutzung der ersteren durch den letzteren gelten.
„Befahrung" ist sprachlich nichts weiter als eine
besondere Art und Erscheinungsform der „Benutzung"; man „benutzt" einen
Weg, indem man ihn „befährt".
Auch für den Verkehr auf den Wasser
straßen werden beide Worte vollkommen gleichwertig gebraucht.
Der Reichshandelsminister Duckwitz, ein bremischer Kaufmann, dem
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252
IV.
ohne
Zweifel
Die Voraussetzung für den Eintritt der Abgabenpflicht.
die Ausdrucksweise
der
schifsahrttreibenden
Kreise geläufig
war, machte am 15. August 1848 dem Verfassungsausschusse des Reichs tages in Frankfurt eine Vorlage über „Flußzölle und Flußkonventionen", in
welcher es heißt:
„Die Uferstaaten unterhalten die Fahrbahn ihrer Flüsse zunächst zum Be
triebe der Schiffahrt ihrer eigenen Staatsgenossen.
Diese benutzen die
Ströme auch im Gebiete anderer Uferstaaten und die Genossen dieser letzteren tun desgleichen, so daß eine gegenseitige Benutzung der Fluß
strecken stattfindet. wohl
Obgleich
es nicht genau zutrifft, kann man doch
annäherungsweise annehmen, daß die Benutzung eines ge
meinsamen Flusses sich für die Bewohner eines Staates nach der
Uferlänge desselben richtet.
Somit würde den Uferstaaten konventioneller
Flüsse ebensowenig eine Vergütung von feiten des Reichs zukommen, als denjenigen
der
nicht
konventionellen;
denn
bei beiden richtet sich die
Schiffahrtsbenutzung nach den Uferstrecken." Die
hannoverschen Vertreter
bei
der
provisorischen Reichsgewalt zu
Frankfurt erklärten in derselben Angelegenheit am 21. August 1848: „Wenngleich eine Verminderung
der jetzt die Schiffahrt belastendm Ab
gaben für notwendig erkannt werden mag, so ist es doch jedenfalls nur für billig und angemessen zu erachten, daß diejenigen, welche zunächst den
Vorteil
von den Flüssen als Handelsstraßen beziehen und sie zu diesem
Zwecke benutzen, einen mäßigen Beitrag als Wasserwegegeld zu den sehr bedeutenden Kosten der Unterhaltung der Fahrbarkeit der Flüsse und
Wasserstraßen leisten.
Wenn dieser Beitrag so bemessen wird, daß die
Flüsse zu Zwecken des Handels, im Vergleich zu anderen Straßen, noch immer mit Vorteil benutzt werden können, so wird jene Abgabe in den verhältnismäßig erhöhten Transportkosten regelmäßig die Warenempfänger,
mithin gerade diejenigen treffen, welche die Transportkosten überhaupt zu tragen haben *."
Die im Jahre 1849 vom Reichstage angenommene Verfassung sprach
in ß 22 von den Abgaben, „welche in den Seeuferstaaten von den Schiffen und deren Ladungen für die Benutzung der Schiffahrtsanstalten erhoben werden".
Schiffahrtsanstalten sind nach
8 20
a. a. O.
sowohl
Häfen, Seetonnen, Leuchtschiffe und das Lotsenwesen als auch das Fahr
* Ähnliche Proben des Sprachgebrauchs ließen sich gerade aus den Verhand
lungen der Jahre 1848/49 noch zahlreich anführen. Vgl. auch das bei Schumacher S. 77 abgedruckte Zitat von Ockhart 1818, wo von „Benutzung des Stromes" gesprochen wird.
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8 2.
Die logische Auslegung.
253
wasser; dies alles ist nach der Ausdrucksweise der Verfassung Gegenstand der
Verkehrsakt, mit
Der letztere Ausdruck umfaßt jeden
„Benutzung".
welchem der Gebrauch
irgend einer Schiffahrtseinrichtung körperlicher oder
unkörperlicher Art und deshalb der Eintritt der Abgabepflicht verknüpft ist.
Die Rheinschiffahrtsakte spricht, wie bereits in ß 2
erwähnt wurde,
von der „Benutzung künstlicher Wasserstraßen oder Anlagen,
wie Schleusen u. dergl." ; sie gebraucht also das Wort Benutzung promise für die beiden Fälle, welche vermeintlich in Art. 54 durch die verschiedenen Ausdrücke „Benutzung" und „Befahrung" auseinandergehalten werden sollten.
In der Verhandlung des konstituierenden Reichstags vom 20. März 1867 sprach der Abgeordnete Baumstark über
die „Abgaben für Benutzung der
Flüsse zur Deckung der Unterhaltungskosten".
Ebenso
wird in der Be
gründung zu dem Reichsgesetze vom 5. April 1886 das aus der Unterweser
einzuführende Fahrwassergeld als „Benutzungsgebühr" bezeichnet; Auch der badisch-schweizerische Vertrag über den Rhein zwischen Schaffhausen
und Basel erwähnt die „Benutzung" der Wasserstraße. Daß Delbrück gerade in den Jahren, welche der Entstehung der beiden letzten Zollvereinsverträge von 1865 und 1867 und der Bundesverfassung
von 1867 unmittelbar vorangingen, den mit „benutzen" gleichwertigen Aus
druck
„Gebrauch
machen"
auf
die
Befahrung
gebaggerter
Rinnen
an
gewendet hat, geht aus dem S. 126 auszugsweise mitgeteilten Jmmediat bericht vom 13. Mai 1862 hervor.
8 2.
Die logische Auslegung. Auch die Entstehungsgeschichte der Verfassung und des geltenden Zoll
vereinsvertrages beweist, daß der Gesetzgeber, indem er die „Befahrung" als
maßgebend
für
den
Eintritt
der Abgabepflicht
bei
gewissen
künstlichen
Wasserstraßen bezeichnete, hiermit keinen Gegensatz zu der „Benutzung" ver
einzelter Schiffahrtsanstalten
ausdrücken und
keinen abweichenden
Rechts
zustand für die in Betracht kommenden Verkehrswege schaffen wollte.
Die älteren Zollvereinsverträge bis 1865 einschließlich kannten in diesem Zusammenhänge nur den Begriff der Benutzung.
Jedes
Gebrauchmachen
und Vorteilziehen von Schiffahrtsanstalten im weitesten Sinne des Wortes,
sowohl von Schleusen,
Regulierungswerken
und
sonstigen Einbauten
in
natürlichen Wasserstraßen, als auch von künstlichen Wasserstraßen wurde als
* Stenograph. Berichte S. 279.
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IV. Die Voraussetzung für den Eintritt der Abgabenpflicht.
254
Benutzung bezeichnet.
Erst in den Zollvereinsvertrag von 1867 wurde der
eingeschaltet, welcher die Selbstkostengrenze für nichtstaatliche
Zwischensatz
künstliche Wasserstraßen beseitigte, und nur in diesem ist der Ausdruck
„Benutzung" durch
„Befahrung"
Zwischensätze Nun ist aber
ersetzt.
festgestellt, daß der Rechtszustand hinsichtlich der Schiffahrtsabgaben — ab
gesehen von der Zulassung eines Reingewinns bei jener besonderen Gruppe von künstlichen Wasserstraßen — damals nicht geändert werden sollte.
Also
kann auch für den Wechsel des Ausdrucks zwischen Benutzung und Befahrung die Absicht einer sachlichen
Unterscheidung hinsichtlich der Voraussetzungen
für den Eintritt der Abgabepflicht nicht bestimmend gewesen sein.
Die Ab
gabepflicht bei nichtfiskalischen Kanälen entstand vor 1867 durch „Benutzung" und dann durch „Befahrung"; für die fiskalischen Kanäle ist der Ausdruck
in
„Benutzung"
Art. 25 des
Da der Unterschied
Vertrages vom 8. Juli 1867
zwischen beiden Gruppen nur
beibehalten.
in der Eröffnung einer
Gewinnmöglichkeit für die erstere bestehen sollte, so muß Befahrung und Benutzung hier dasselbe bedeuten; und wenn beide Ausdrücke in synonymer nebeneinander erscheinen, so ist das ebenso wie bei „Anstalt"
Anwendung
und „Anlage"
im vierten Absätze des Art. 54 der Verfassung nur durch
äußerliche stilistische Beweggründe zu erklären. Die Praxis hat sich im Rahmen der grammatischen Auslegung bewegt,
indem sie den Begriff der Benutzung im weitesten und mittelbarsten Sinne anwendete. Es ist schon auf S. 173—229 nachgewiesen worden, daß gebaggerte
Fahrrinnen in den Odermündungen, im Stettiner und Frischen Haff, in der Außenweser und in andern See- und Binnengewässern, Regulierungswerke an der Lippe, Ruhr, Saale, Oder, Deime, Ücker, Emster und Netze, Molen
an der Mündung der Schlei und an allen See- und Binnenhäfen, See
zeichen
einschließlich
der
Strandbefestigungen,
welche
sie
vor
Zerstörung
schützen, und schiffahrtsförderliche Verwaltungseinrichtungen, wie insbesondere
die Hafenpolizei, als Gegenstände der „Benutzung" im Sinne des Art. 54
der
Verfassung
und
des
Art. 25
des
Zollvereinvertrages
praktisch
an
erkannt sind. Von
„Benutzung"
der Seetonnen
und Leuchttürme wurde auch im
konstituierenden Reichstage am 20. März 1867 gesprochen.
Entfernter kann
die Beziehung oder Berührung zwischen dem Benutzer und der benutzten
Anstalt kaum in irgend einem Falle sein, als in demjenigen des Sichrichtens nach Baken, Tonnen oder Leuchtfeuern zum Zwecke der Auffindung des Fahr
wassers.
Gleichwohl ist dieses Vorteilziehen aus der Fahrwasserbezeichnung
als Benutzungsakt im Sinne der maßgebenden Gesetze und Verträge an
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8 2.
gesehen worden.
Die logische Auslegung.
255
Die Ansichten Schumachers, der das Postulat einer „be
sonderen Benutzung" aufstellt, womit doch wohl eine besonders nahe, inten sive
und
unmittelbare Art des Vorteilziehens von der benutzten Anstalt
gemeint ist, und Wiedenfelds, der eine Buhne der Benutzung deshalb nicht
für fähig hält, weil der Schiffer an ihnen vorbeifahren muß, sind also von der Praxis und zwar von einer etwa 70jährigen, fast ausnahmslosm Praxis
nicht
rezipiert*.
Auch
Bojen
benutzt
man,
indem
man
sie
seitwärts
liegen läßt. Im übrigen verschwinden die Bedenken, welche gegen die Ausdehnung des Begriffs der Benutzung auf das Gebiet der mittelbaren Verkehrsvorteile
etwa bestehen können, wenn man den inneren Zusammenhang dieses Begriffs mit dem der „Erleichterung des Verkehrs"
ins Auge faßt.
letzteren;
und demjenigen der „Anstalt"
Der erste ist ebenso allgemein
alle drei beeinflussen sich
und weit wie die beiden
gegenseitig und können ohne ihre Be
ziehungen zueinander nicht vollkommen bestimmt werden.
Da der Anstaltsbegriff nicht nur körperliche und mechanische, sondern auch unkörperliche und organisatorische Einrichtungen umfaßt, so muß auch
die Grenze für den Begriff der Benutzung
soweit gezogen sein, daß
er
Spielraum bietet für die Möglichkeit des Gebrauchmachens von den Ein richtungen der letzteren Gruppe.
stalten"
Da ferner die Abgabefähigkeit der „An
von ihrer Wirkung auf die „Erleichterung des Verkehrs" abhängt,
und gerade in dieser Wirkung der durch die Abgaben zu entgeltende Nutzen
liegt, so kann das Anwendungsgebiet für den Begriff der Benutzung im
einzelnen Falle nicht enger begrenzt sein als der Bereich jener Wirkung. Weder die „Erleichterung des Verkehrs" noch die „Benutzung" haben
eine strikte Beziehung, einen konkreten Zusammenhang oder einen unmittel
baren Kausalnexus mit den einzelnen Schiffahrtsanstalten zur notwendigen
Voraussetzung.
Selbst das bloße zur-Verfügung-stehen genügt unter Um
ständen zur Erfüllung jener beiden Tatbestände. Als Beispiel sei hier die Schiffahrts- und Hafenpolizei angeführt; sie
wird in Abgabenform von allen auf den Wasserstraßen oder in Häfen ver kehrenden Schiffen und Gütern mitbezahlt, ohne Rücksicht darauf, ob und
in welchem Maße der einzelne diese Verwaltungseinrichtungen beansprucht, weil deren Bestehen an und für sich dem Verkehr förderlich ist und solcher
gestalt auch dem einzelnen mittelbar nützt. Ähnlich steht es mit den Leuchtfeuern, die der Natur der Sache nach
l Schumacher S. 138. Archiv XXIX 1905 S. 79.
Wiedenfeld, Vortrag
im
Landwirtschaftsrat,
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IV. Die Voraussetzung für den Eintritt der Abgabenpflicht.
256
von denjenigen nicht unmittelbar benutzt werden, die bei Tage eine Wasser
straße befahren oder in einen Hafen einlaufen. Der Nutzen für die Schiffahrt im allgemeinen, der mittelbar auch dem
einzelnen Schiffe zugute kommt,
liegt in der Sicherung des Verkehrs zu
allen Tageszeiten, in der für die Entwicklung der Schiffahrt sehr wichtigen
Ermöglichung oder Erleichterung der ununterbrochenen Fahrt in den Stunden Der Tatsache, daß der Begriff der Benutzung hier im
der Dunkelheit.
weitesten Sinne genommen werden muß, ist man sich übrigens von jeher bewußt gewesen.
In
dem
preußisch-österreichischen
Handels-
und
Zollvertrage
vom
ist das dadurch zum Ausdruck gekommen, daß zwar der
19. Februar 1853
erste Absatz des Art. 15 ausdrücklich von der „Benutzung der Bezeichnung spricht und sie den Angehörigen beider
und Beleuchtung des Fahrwassers"
Staaten zu gleichen Bedingungen verbürgt, daß dann aber im zweiten Ab
sätze bestimmt worden ist: „Gebühren dürfen, vorbehaltlich der beim
und
Seelotsenwesen
abweichenden
zulässigen
Seebeleuchtungs
Bestimmungen,
nur
bei
wirklicher Benutzung solcher Anlagen oder Anstalten erhoben werden."
Es wird
also ein Unterschied von Benutzung und wirklicher oder un
mittelbarer Benutzung gemacht; die Bojen und Baken sind anscheinend hier als ein Gegenstand der „wirklichen Benutzung" angesehen worden.
Dieselbe
Regelung findet sich auch im Handels- und Zollvertrage zwischen den Staaten des Deutschen Zoll- und Handelsvereins und Österreich vom
11. April 1865 2.
Der Ausdruck „wirkliche Benutzung solcher Anlagen" be
zeichnet ebenso wie der im letzten Zollvereinsvertrage von 1867 gebrauchte „Benutzung wirklich in Art. 27
entrichten,
bestehender Einrichtungen" und wie die Bestimmung
der Rheinschiffahrtsakte: als
von den Anstalten
Es ist eine Gebühr nur insoweit zu „wirklich
Gebrauch
gemacht ist": im
Grunde genommen etwas Selbstverständliches, im Wesen des Gebührenprinzips
Liegendes.
Schiffahrtsabgaben, welche ohne Beziehung auf bestimmte An
stalten, Verkehrsvorteile und Benutzungsakte oder Benutzungszustände etwa
erhoben werden sollten, würden fiskalische Verkehrssteuern sein; und über deren Beseitigung
war man sich
bei der Entstehung des geltenden Ver-
fassungs- und Vertragsrechts einig und klar.
Die Schiffahrtsabgaben im
eigentlichen Sinne des Wortes beruhen, ebenso wie alle anderen Gebühren,
auf dem Prinzip der speziellen Entgeltlichkeit. r Preuß. Ges.S. S. 357. 2 Preuß. Ges.S. S. 565.
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8 2.
Die logische Auslegung.
257
Immerhin kann die Beziehung zwischen Leistung und Gegenleistung
nicht
überall
zuweilen
mit
hergestellt
individueller Bestimmtheit
notgedrungen
einen
einigermaßen
summarischen
sie
werden;
und
hat
pauschalen
Bei größeren und vielseitig ausgestalteten Schiffahrtsanlagen,
Charakter.
die einer teilweisen Benutzung fähig sind, ist es oft praktisch unmöglich
oder nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten und Verkehrsbelästigungen
durchführbar, den Tarif im einzelnen so zu gestalten, daß die Höhe der Belastung mit Schiffahrtsabgaben dem Maße der Inanspruchnahme oder des Vorteils
genau oder auch nur annähemd
genau
entspricht.
So werden
insbesondere bei Wasserstraßen die Abgaben nicht besonders erhoben für die Benutzung des Leinpfades und des eigentlichen Schiffahrtsweges, obwohl
die Herstellung des ersteren oft sehr bedeutende Kosten erfordert hat, welche
den nichtgetreidelten Schiffen nicht zugute kommen.
Im Falle der Erhöhung
von Niedrigwafferständen in Flüssen durch Ablassung der in Talsperren an gesammelten Wassermassen
wäre
die Talsperre
oder
die
aus
ihr herab
kommende Flutwelle als Anstalt oder besondere Anstalt und die Befahrung
des Flusses bei dem künstlich erhöhten Wasserstande als „Anstaltsbenutzung" anzusehen.
Wahrscheinlich würde man aber die Abgaben nicht nur für die
Zeit der Ablassung von Talsperren verlangen und sie noch weniger nach der Höhe der künstlichen Steigerung des Wasserstandes abstufen, sondern sie
während des ganzen Jahres gleichmäßig erheben, weil überall außer den
Talsperren noch zahlreiche andere schiffahrtsförderliche Anstalten vorhanden sind, und weil die Gewährleistung eines erhöhten Niedrigwasserstandes oder
einer Verkürzung der Zeit der Schiffahrtssperre eine während des ganzen
Jahres wirksame allgemeine
Förderung der
Schiffahrtsinteressen
bedeutet.
Die Erhebung von Abgaben oder Abgabenzuschlägen für einzelne Jahres abschnitte würde für den Verkehr ebenso lästig sein wie für die Verwaltung.
Nicht nur die unmittelbaren technischen, sondern auch die mittelbaren wirtschaftlichen
Vorteile
einer
Gegenstand der „Benutzung".
den
Verkehr
erleichternden
„Anstalt"
sind
Aus diesem Gesichtspunkte hat man sehr oft
auf verbesserten natürlichen Wasserstraßen alle Fahrzeuge,
einschließlich der
jenigen, welche auch vor Ausführung der Verbesserungsarbeilen verkehren
konnten, der Abgabepflicht unterworfen, weil die aus solchen Bauten ent
stehende Vermehrung der Erwerbsgelegenheit der Schiffahrt im ganzen zu gute komme.
In anderen Fällen hat man jene Klasse von Fahrzeugen ab
gabefrei gelassen.
Die Praxis ist auf diesem Gebiete nicht ganz gleichmäßig
gewesen; freilich waren auch die Verhältnisse nicht immer dieselben. In vielen Häfen wird Schriften OXV. - Erster Teil.
nur eine pauschale Schiffahrtsabgabe erhoben, 17
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IV. Die Voraussetzung für den Eintritt der Abgabenpflicht.
258
welche den Gegenwert für sämtliche oder doch für viele verschiedene Verkehrs leistungen der Hafenverwaltung bildet und der Schiffahrt den Anspruch auf alle oder die meisten in Betracht kommenden Benutzungsakte — Ankern im Schutze der Hafenanlagen, Benutzung der Kais,
Durchschleusung, Brücken
öffnung usw. — gibt, während in anderen Häfen die Abgaben mehr oder
weniger nach der Benutzung einzelner Teile der Gesamtanlage, z. B. der
Hafengewässer
ohne Anlegen
und der Kais,
gesondert
berechnet werden.
In den Füllen der letzteren Art ist dann aber die Bemessung der Einzel abgabe ohne Rücksicht auf die besonderen Kosten der Teilanlage erfolgt, wie aus den S. 225—229 in anderem Zusammenhänge angeführten Beispielen
hervorgeht, weil man den bezog.
Begriff der
Benutzung
auf die Gesamtanlage
Auch hierin zeigt sich der kollektive Charakter und die weite Aus
dehnung dieses Begriffs im Sinne der Praxis.
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V. Die Höchstgrenze für die Bemessung der schiffahrtsabgaben.
17*
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8 1.
Allgemeine Bemerkungen. Aie Rechtslage hinsichtlich der Grenze, bis zu welcher Schiffahrtsabgaben
auf den ersten Blick
erhoben werden dürfen, ist weit verwickelter, als es
der Fall
zu sein scheint.
Es
ist in dieser Beziehung
zunächst zwischen
staatlichen und nichtstaatlichen Schiffahrtsanstalten zu unterscheiden, außerdem
aber auch zwischen Reichsrecht, Landesrecht und Völkerrecht. 1. Für staatliche Schiffahrtsanstalten und zwar sowohl für Wasserstraßen
als auch für Häfen ist reichsrechtlich eine solche Grenze festgelegt. Was die Hafenabgaben anbetrifft, so
Art.
54 Abs.
spricht zwar die Verfassung in
3 ausdrücklich nur von Seehäfen; dieser Mangel in der aber durch Art. 25 des Reichsrecht gewordenen Zoll
Wortfassung wird
vereinsvertrages * ausgeglichen, wo dieselbe Grenzfestsetzung für alle Häsen
ohne Unterschied getroffen ist. Reichsrechtlich unbegrenzt ist die Höhe der Abgaben für nichtstaatliche
Schiffahrtsanstallen.
Das ist
54 der Verfassung und
allerdings in Art.
Art. 25 des Zollvereinsvertrages nur für Wasserstraßen ausdrücklich gesagt, nicht für Häfen.
Es hätte aber keinen Sinn, die letzteren in diesem Zu
sammenhänge anders zu behandeln als die ersteren.
Der leitende Gesichts
punkt, das Privatkapital und die Gemeinden — ob man an diese gedacht hat, ist freilich zweifelhaft — für nützliche Verkehrsanlagen zu interessieren, ist bei Kanälm oder Flußkanalisierungen ganz derselbe wie bei Häfen; eher
könnte man sagen, daß Hafenanlagen nach der ganzen Art ihres Betriebes besser geeignet sind, Gegenstand
Wasserstraßen.
Handels-
einer Privatunternehmung zu werden, als
Sie haben viel nähere Beziehungen und Anknüpfungen mit
und Industriebetrieben;
es gibt Häfen,
vorwiegend industriellen Zwecken dienen und es
die ausschließlich oder
gibt
auch Fälle, wo die
Durch Art. 40 der Reichsverfassung ist der Zollvereinsvertrag Bestandteil dieser Verfassung geworden.
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V-
262
Die Höchstgrenze für die Bemessung der Schiffahrtsabgaben.
Hafenverwaltung gleichzeitig Spedition betreibt.
Beispiele hierfür sind die
städtischen Häfen in Magdeburg und Breslau. Die offenbar vorhandene Lücke in der Gesetzgebung ist denn auch durch Verwaltungspraxis dahin
Rechtsauslegung und
ergänzt worden, daß für
rnchtstkatkche künstliche oder durch Schiffahrksanstakken verbesserte Häsen die Zulässigkeit eines Unternehmergewinns, ebenso wie für nichtstaatliche künstliche Wasserstraßen anerkannt wurde.
Gegenüber dem Wortlaut der maßgebenden
Gesetzesvorschriften ist das allerdings eine sehr weitgehende Betätigung der
Auslegungsbefugnis — einer derjenigen Fälle, von welchen Windscheid
der auf S. 7 angeführten Bemerkung sagt, daß
in
„die äußere Erscheinung
des Gesetzes durchbrochen wird, um seinen Kern zu enthüllen."
2. in
Landesrechtlich,
allen
in
anderen deutschen
Preußen
wenigstens
Staaten, besteht
und wahrscheinlich
hinsichtlich
auch
aller Schiffahrts
abgaben die sogenannte Tarishoheit. Hiernach bedarf die Erhebung von Schiffahrtsabgaben der Genehmigung von Staats wegen.
für
Die
nichtstaatliche künstliche Wasserstraßen
deutung,
in jedem Falle
reichsrechtliche Sondervorschrift
und Häfen hat
nur die
Be
daß die partikularen Staatsgewalten nicht gehindert sind, den
Eigentümern solcher Schiffahrtsanstalten höhere, über die Selbstkostendeckung
hinausgehende Tarife zu bewilligen; Tariffreiheit, etwa wie sie den Unter nehmern von Kleinbahnen in dem preußischen Gesetze vom 28. Juli 1892 für eine Reihe von Jahren gesetzlich
gewährleistet ist, haben
die privaten
und kommunalen Besitzer von Häfen oder Wasserstraßen nicht. Für kommunale Abgaben und Schiffahrtsanstalten der Stadt- und Landgemeinden in Preußen
ist durch das Kommunalabgabengefetz prinzip
als maßgebend
erklärt.
vom 14. Juli 1893 das Gebühren
Die Gemeinden sind also
hier gehindert,
den durch die Reichsverfassung ihnen gewährten Spielraum bei der Tarif bildung auszunützen.
3.
Völkerrechtlich ergeben sich eigenartige Verhältnisse aus der inkon
gruenten Fassung der maßgebenden Staatsverträge. reichischen Elbzollvertrage vom
22. Juni
In dem deutsch-öster
1870 ist eine Bestimmung über
die Höchstgrenze der Schiffahrtsabgaben überhaupt nicht enthalten. jein Anhalt gegeben
Es ist
für die Vermutung, daß eine Bindung nach dieser
Richtung der österreichischen Regierung überhaupt angesonnen ist; es ist auch nicht wahrscheinlich, daß Österreich, wenn eine solche gegenseitige Bindung
verlangt worden wäre, sie abgelehnt hätte.
Danach bleibt nur die Annahme
übrig, daß hier eine Omission vorliegt. Jedenfalls ist die tatsächliche Lage die, daß Österreich und Deutschland hinsichtlich der Höhe der Schiffahrts abgaben an und auf der Elbe gegenseitige Verpflichtungen nicht haben.
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H 1.
Allgemeine Bemerkungen.
263
In der Rheinschiffahrtsakte ist seltsamer Weise eine Bindung hinsichtlich
für die „Einrichtungen
der Höhe der Schiffahrtsabgaben nur in Art. 27
zur
Erleichterung
der
Ein-
und
Waren"
in den Hafenstädten,
worden;
nicht
aber
und
Ausladungen
d. h.
in
im Schlußprotokoll
zur
Niederlage der
den Umschlagshäfen,
3
Art.
zu
für die
verabredet
„Benutzung
künstlicher Wasserstraßen oder Anlagen", obwohl die künstlichen Wasserstraßen
oder Anlagen an dieser — allerdings unglücklich gewählten — Stelle aus Hieraus würde sich, wenn
drücklich für abgabefähig erklärt worden sind.
nicht Auslegung und Praxis hilfreich eingegriffen und den Vertragstext den
Verkehrsbedürfnissen
entsprechend eingerenkt
hätten,
folgendes wunderliche
Bild ergeben. Für künstliche Wasserstraßen — soweit solche im Geltungsbereich der
Rheinschiffahrtsakte vorkommen können, was
als ein Problem für sich be
handelt werden muß — gilt in den Beziehungen zu Niederland keine Höchst grenze der Abgabenerhebung,
auch nicht für künstliche Wasserstr.aßen und
Anlagen des Staates, die nach Grenze unterworfen sind.
autonomem deutschen Rechte einer solchen
Es fehlt insbesondere an einer internationalen
Tarifgrenze für Sicherheitshäfen; denn Art.
Wortlaut
werden. bringen,
auf
nach
diese
27
kann seinem Sinn und
Gruppe von Schiffahrtsanstalten
nicht bezogen
Nach deutschem Reichsrecht dürfen sie nur die Selbstkosten
aber
Tarifierung
die
deutschen
Rheinuferstaaten
können
eine
für niederländische Sicherheitshäfen nicht verlangen.
Umschlagshäfen liche Bindung
besteht
nach
der
Rheinschiffahrtsakte
eine
ein
gleichartige
Bei den
völkerrecht
hinsichtlich der Höhe der Schiffahrtsabgaben aus dem Ge
sichtspunkte der Selbstkostendeckung.
Diese Bindung ist aber für alle Häfen
ohne Unterschied des Eigentums dieselbe.
Auch bei privaten und sonstigen
nichtstaatlichen Häfen sind die deutschen Rheinuferstaaten Holland gegenüber
verpflichtet, die Tarife auf Selbstkostendeckung zu beschränken, obwohl das sinngemäß ausgelegte autonome Reichsrecht hier die Überschreitung der Selbstkostengrenze gestattet. Nach
Art.
7
des
bayrisch-österreichischen
Donauschiffahrtsvertrages
vom 2. Dezember 1851 dürfen die Abgaben nur „die Zinsen des Anlage
kapitals und die Unterhaltungskosten" decken. Wie die Rechtsauslegung und Praxis sich gegenüber diesem, durch eine sehr mangelhafte juristische Fassung entstandenen Wirrsal verhalten hat, wird
in den beiden folgenden Paragraphen dargelegt werden.
zwischen den Bedürfnissen
des praktischen Lebens
Die Ausgleichung
und dem geschriebenen
Recht ist schließlich in befriedigender Weise gefunden worden.
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264
Die Höchstgrenze für die Bemessung der Schisfahrtsabgaben.
V.
8 2.
Staatliche Schiffahrtsanstalten. Der zulässige Höchstertrag der Schiffahrtsabgaben für staatliche Ver kehrsanstalten ist reichsrechtlich — in der Verfassung und im Zollvereinsvertrags — mit den Worten „Unterhaltung^ und gewöhnliche Herstellungskosten"
bezeichnet.
Fast denselben Ausdruck hat die Donauschiffahrtsakte,
die in Art. 36 von den „Herstellungs-
und Unterhaltungskosten"
spricht.
In der Rheinschiffahrtsakte werden in entsprechendem Zusammenhänge die
„notwendigen Unterhaltungs-
und Beaufsichtigungskosten"
als
des
die
maßgebend hingestellt.
Endlich
sollen
nach
ß
19
preußischen
Gesetzes,
Herstellung und den Ausbau von Wasserstraßen vom
betreffend
1. April 1905 die
auf den natürlichen Wasserstraßen zu erhebenden Abgaben eine angemessene
Verzinsung
und Tilgung derjenigen Aufwendungen
ermöglichen,
die
der
Staat zur Verbesserung oder Vertiefung der Flüsse über das natürliche Maß
hinaus im Interesse der Schiffahrt gemacht hat *. Man sieht, daß der Wortlaut sehr stark Weise —
abweicht;
—
sogar
in
auffallender
im Jahre 1868 hat man statt der Herstellungskosten
die Beaufsichtigungkosten
genannt, während im Jahre 1905 die in
den
beiden früheren Bestimmungen angeführten Unterhaltungskosten unerwähnt geblieben sind. Gleichwohl läßt sich nachweisen, daß die diesen Vorschriften zugrunde
liegende gesetzgeberische Willensmeinung immer
dieselbe gewesen ist; jene
Abweichungen beruhen nur auf Mängeln in der Fassung.
* Ges.S. S. 179. Der 8 19 lautet vollständig: „Auf den im Interesse der Schiffahrt regulierten Flüssen sind Schiffahrtsabgaben zu erheben. Die Abgaben sind so zu bemessen, daß ihr Ertrag eine angemessene Ver zinsung und Tilgung derjenigen Aufwendungen ermöglicht, die der Staat zur Verbesserung oder Vertiefung jedes dieser Flüsse über das natürliche Maß hinaus im Interesse der Schiffahrt gemacht hat. Die Erhebung dieser Abgaben hat spätestens mit Inbetriebsetzung des Rhein— Weserkanals oder eines Teiles desselben zu beginnen." Die Nebeneinanderstellung der Ausdrücke „Verbesserung" und „Vertiefung" zeigt eine ähnliche Verbindung des weiteren Begriffs mit dem engeren, wie sie in den Rechtsvorschriften über Schiffahrtsabgaben bei „den Anstalten und Anlagen" sowie bei der „Benutzung und Befahrung" hervortritt.
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Z 2.
263
Staatliche Schiffahrtsanstalten.
I. Was zunächst den Begriff der Unterhaltungs- und gewöhnlichen Her stellungskosten anbetrifft,
gewählt.
Er läßt
so
ist dieser Ausdruck nicht
besonders
glücklich
an Klarheit zu wünschen übrig und gibt insbesondere
dem Zweifel Raum, ob auch die Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals
durch Schiffahrtsabgaben gedeckt werden darf.
Die grammatische Auslegung
führt hier zu keinem sicheren Ergebnis.
Bei Anwendung der logischen
Auslegung spricht für die Bejahung
jener Zweifelsfrage zunächst die Konsequenz des Gebührenprinzips, welches für die Gesetzgebung über Schiffahrtsabgaben maßgebend gewesen ist. Wesen
des
Gebührenprinzips
beruht
in
der
Das
speziellen Entgeltlichkeit im
Nahmen der Selbstkostendeckung; nicht als ob
die Selbstkostendeckung
in
jedem Falle voll beansprucht werden müßte, aber doch in dem Sinne, daß sie grundsätzlich zulässig ist.
Zu den Selbstkosten gehört ohne Zweifel die
Verzinsung und nach richtigen wirtschaftlichen Grundsätzen auch die Tilgung
des Anlagekapitals.
Die Absicht, auf diesen Bestandteil der Selbstkosten zu
verzichten oder vielmehr den ZollvereinsVerzicht vorzuschreiben,
und Bundesstaaten einen solchen
hätte ja bei Vereinbarung der Zollvereinsverträge
und der Bundesverfassung bestehen können.
Die Vermutung spricht aber
gegen die Annahme, daß sie bestanden hat; denn erstens ist es nicht wahr scheinlich, daß man die Autonomie der Einzelstaaten auf diesem Gebiete in weitergehendem Maße — durch ein Verbot der vollständigen Selbstkosten
deckung
— beschränken wollte, und zweitens hätte bei Erlaß eines solchen
Verbotes eine einigermaßen erkennbare Grenze zwischen den in Abgabeform
erstattungsfähigen
werden müssen.
und
nichterstattungsfähigen
Selbstkostenanteilen
gezogen
Daß eine derartige Grenzabsteckung in den Worten „Unter
haltungs- und gewöhnliche Herstellungskosten"
sichtbar sei, wird man nicht
sagen können.
Schumacher hat in seinem Buche über Binnenschiffahrtsabgaben
den
Beweis für die Zulässigkeil der vollen Selbstkostendeckung einschließlich der
Kapitalzinsen aus der Entstehungsgeschichte und der Praxis in längerer Unter suchung geführt.
Der Gedankengang
der Untersuchung ist etwa folgender.
Die seit den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts von Preußen
geschlossenen Handels- und Zollvereinsverträge stellen den Grundsatz auf, daß die Abgaben von Verkehrsanstalten keinen Gewinn abwerfen, sondern
höchstens die für solche Anstalten gemachten Aufwendungen
decken sollen.
Dieser Grundsatz ist in die Worte gekleidet, daß der Abgabenertrag die
r S. 58-71.
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V-
266
Die Höchstgrenze für die Bemessung der Schiffahrtsabgaben.
„gewöhnlichen
dürfe.
Herstellungs-
und
Unterhaltungskosten" *
nicht
übersteigen
Er wurde zunächst in Art. 6 des Vertrages vom 27. Mai 1829
und Art. 13 des Vertrages vom 22. März 1833 nur für Landverkehrs
anlagen vereinbart, während für Wasserstraßen und Häfen die Vertrags staaten sich Bewegungsfreiheit vorbehielten.
Von 1835 an wurde er aber
auf Wasserstraßen und Häfen ausgedehnt, wobei die Vertragsstaaten sich zur Bezeichnung der Selbstkostengrenze des nämlichen Ausdrucks bedienten.
Aus
der Gleichheit der Ausdrucksweise ist auf die Gleichheit des Vertragswillens
zu schließen; jene Grenze sollte also für alle Verkehrsanstalten ohne Unter
schied fortan dieselbe sein. Der Vertragswille wird erläutert durch eine in Preußen zur Ausführung
der Verträge ergangene Verordnung vom 16. Juni 1838?, welche die Ver zinsung des Anlagekapitals als Bestandteil der Herstellungs- und Unter
Der gegen Schumacher angriffsweise
haltungskosten ausdrücklich anführt.
verwendete Umstand, daß die Verordnung vom
auf Landverkehrsabgaben
16. Juni 1838 sich nur
bezieht, läßt ihre Beweiskraft für die
beurteilende Frage unberührt.
hier zu
Wer die Schumacherschen Deduktionen er
schüttern wollte, müßte dartun, daß die in der Verordnung vom 16. Juni
1838 authentisch, nämlich von dem führenden Staate im Zollverein, aus gelegten Worte „gewöhnliche Herstellungs- und Unterhaltungskosten" in dem von Schiffahrtsanstalten handelnden Art. 17 des Zollvereinsvertrages vom
12. Mai 1835
etwas anderes zu bedeuten hätten, wie in dem die Land
verkehrsanstalten betreffenden Art.
13
derselben
Nachweis ist aber nicht zu erbringen und
Vertragsurkunde.
Dieser
im übrigen auch das Bestehen
einer solchen Verschiedenheit so unwahrscheinlich wie möglich. Gleichwohl ist die Anrechnung der Kapitalzinsen als Bestandteil der deckungsfähigen Selbstkosten für unzulässig erklärt worden, und zwar mit
der Behauptung,
daß den geltenden Rechtsvorschriften die Absicht des Ver
zichtes auf diesen Bestandteil zugrunde liege-
Ein solcher Verzicht sei da
mals möglich und erklärlich gewesen, weil man bei Vereinbarung der Zoll vereinsverträge und der Bundesverfassung an Wasserstraßen und Häfen von solcher Größe, Kostspieligkeit und Leistungsfähigkeit, wie sie seitdem aus
geführt und geplant worden seien, nicht gedacht habe und auch nicht habe
denken können.
Aus diesem Grunde gelte der von den Vereinsstaaten und
* In den älteren Zollvereinsverträgen erscheinen diese beiden Bestandteile der Selbstkosten in anderer Reihenfolge als im letzten und in der Bundesverfassung. Ges.S. S. 353. Die Verordnung variiert den Ausdruck „Herstellungskosten" in „Wiederherstellungskosten".
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H 2.
Staatliche Schiffahrtsanstalten.
267
von der Bundesverfassung gewollte Verzicht auf die Verzinsung durch Schiff fahrtsabgaben auch nur für diejenigen Verkehrsanstalten, welche entweder
vor der Entstehung des geltenden Rechts oder später in dem früher gewohnten
kleineren Maßstabe ausgeführt seien, nicht aber für die großen Bauten der Neuzeit, wie Kaiser-Wilhelm-Kanal, Dortmund—Ems- und Hannover—RheinKanal.
Diese Auffassung kann indessen nicht als zutreffend anerkannt werden. Es ist zunächst nicht richtig, daß verfassung im Jahre 1867
bei der Vereinbarung der Bundes
den Regierungen und der Volksvertretung der
Gedanke an den Bau großer und Art der jetzt bestehenden fremd
bedeutender Schiffahrtsstraßen nach der
gewesen sei und
fern gelegen habe.
Der
Suezkanal war damals fast vollendet, der Nordostseekanal in nicht viel ge
ringeren als den später ausgeführten Maßen und mit einem Kostenaufwande von etwas mehr oder weniger als 100 Millionen Mk. geplant ^, der Rhein— Elbe-Kanal ebenfalls schon für Schiffe von 350 Tonnen Tragfähigkeit pro jektiert.
Gerade auf die Förderung des Kanalbaues zwischen Nord- und
Ostsee war die Einschaltung hinsichtlich der nichtstaatlichen künstlichen Wasser
straßen, welche den Unternehmern solcher Bauten Gewinnmöglichkeiten er öffnete und in Art. 54 der Bundesverfassung die einzige Neuerung gegenüber dem früheren Rechtszustande darstellte, besonders berechnet.
Aber selbst wenn der Gesetzgeber wirklich im Jahre 1867 so wenig in
der Lage gewesen wäre, die Entwicklung der Verhältnisse auf dem Gebiete
des Wasserstraßen- und Hafenbaues vorauszusehen, so würde doch die Schluß folgerung, daß die Bestimmung in Art. 54 nur für ältere und kleine, nicht
aber für neuere und große Schiffahrtsanstalten gelte, immer noch unzulässig
sein.
Denn eine Rechtsvorschrift kann nicht dadurch unanwendbar werden,
daß die wirtschaftlichen oder sonstigen tatsächlichen Verhältnisse, deren Regelung sie bezweckt, in ihren Maßen sich ändern.
Wenn der Gegenstand einer gesetz
lichen Anordnung sich derart entwickelt, daß der bisherige Rechtszustand dem
neuen Entwicklungsstadium nicht mehr angemessen ist, so ist das sicherlich ein Grund zur Änderung, nicht aber zur Außerachtlassung des Gesetzes. Jede Abweichung von diesem Grundsätze würde unvermeidlich zur Verwirrung, Rechtsunsicherheit und Willkür führen.
Denn
wann ist der Zeitpunkt ge-
* Im Jahre 1864 hatte sich unter dem Vorsitze des inaktiven Staatsministers von der Heydt in Berlin ein Komitee zur Begründung einer Aktiengesellschaft für diesen Kanalbau gebildet. Das preußische Staatsministerium befaßte sich mit der Angelegenheit in einer Sitzung vom 23. Dezember 1864, wobei mit einer Bau
kostensumme bis zu 40 Millionen Talern gerechnet wurde. mals schon mehrere Baupläne und Kostenanschläge.
Im übrigen gab es da
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V.
268
Die Höchstgrenze für die Bemessung der Schiffahrtsabgaben.
kommen, mit dem das Gesetz aufgehört hat, den bei seiner Entstehung maß gebend gewesenen tatsächlichen Verhältnissen zu entsprechen und deshalb nicht
Und wer soll hierüber die Entscheidung haben?
mehr anwendbar ist?
Es entfällt hiernach die rechtliche Möglichkeit, die Schiffahrtsanstalten
hinsichtlich der Selbstkostengrenze in zwei Gruppen zu zerlegen.
Die Deckung
der Kapitalzinsen durch Abgaben ist entweder bei allen zulässig, oder über
haupt nicht. Die Beweisführung Schumachers
für
spricht
die erstere Alternative.
Wäre die Rechtslage anders, so würde die mit dem Aufwande gewaltiger Geldmittel betriebene Wafferstraßenpolitik der preußischen Regierung in einer sehr
wichtigen Frage
bekanntlich
stützt sich
auf
verfassungswidriger
Grundlage
beruhen;
denn
die Finanzierung nicht nur der großen Kanalbauten
nach dem Gesetz vom 1. April 1905, sondern auch der früheren Verbesserungen natürlicher Wasserstraßen, insbesondere in der Wesermündung, in den Haffen
und in der alten Oder* auf die Voraussetzung der völligen oder teilweisen Verzinsung der Baukapitalien aus Schiffahrtsabgaben. würde kaum erforderlich
Es
sein,
auf die Angriffe gegen die von
Schumacher vertretene richtige Auffassung hier näher einzugehen, zumal diese Angriffe und die ihr zugrunde liegende Rechtsauslegung in weiteren Kreisen der Öffentlichkeit keinen Widerhall gefunden haben, wenn nicht der Name Delbrücks in die Polemik hineingezogen worden wäre. der Beweisführung
Es ist zum Zwecke
die Meinung Schumachers
gegen
milgeteilt
worden,
Delbrück habe sich in den neunziger Jahren — also in seinem hohen Alter,
lange nach seinem Ausscheiden aus dem Amte — dahin ausgesprochen, daß
die
Kapitalverzinsung
nach
liegenden gesetzgeberischen
der
dem
Art.
54
der
Verfassung
zugrunde
Absicht nicht zu den Unterhaltungs- und Her
stellungskosten zu rechnen sei. Da der Entwurf zu dieser Verfassungsvorschrift von Delbrück herrührt,
so
würde
gebende
sein
Zeugnis
Beachtung
haben.
in
der
Die
Sache
allerdings
Frage muß
Anspruch auf
deshalb
so
gründlich
maß wie
möglich, unter Zuhilfenahme aller verfügbaren Auslegungsmittel, untersucht
werden. da
Diese Auslegungsmittel ergeben sich aus der Praxis und zwar —
nach Delbrücks
protokollarischer
Erklärung
vom
28. Juni 1867
der
Rechtszustand im Jahre 1867 nur hinsichtlich der nichtstaatlichen Schiffahrts anstalten geändert worden ist — hauptsächlich aus der Zeit vor der Reichs gründung.
Die nachfolgende Darstellung wird ergeben, daß die Berück
sichtigung der Kapitalzinsen unter den deckungsfähigen Selbstkosten nicht nur
' Vgl. S. 214-221.
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Z 2.
Staatliche Schiffahrtsanstalten.
269
einer gleichmäßigen Rechtsanschauung der Zollvereinsstaaten entsprach, sondern daß auch Delbrück selbst diese Anschauung, solange er im preußischen Handels
ministerium tätig war, amtlich vertreten hat.
Dabei ist übrigens zu berück
sichtigen, daß Delbrück den Begriff der „Unterhaltungs- und Herstellungs kosten" als einen viel früher — in den Staatsverträgen von 1828, 1833 und 1835
—
aufgestellten und in der Praxis
angewandten vorgefunden
Er war weder der Urheber des durch jene Worte ausgedrückten Ge
hatte.
dankens noch der Verfasser des dafür gewählten Ausdrucks;
er hat beides
aus einer damals beinahe vierzigjährigen Vergangenheit in die Bundesver fassung übernommen. a) Praxis in Preußen.
1. Nach Beendigung der großen Kriegsepoche des ausgehenden 18. und beginnenden
19. Jahrhunderts war in Preußen das Bedürfnis vorhanden,
die Entwicklung des Verkehrs nicht nur mit den damals beschränkten Staats
mitteln, sondern auch durch Heranziehung des Privatkapitals zu fördern.
Es erging daher ein ministerielles Publikandum vom 3. Mai 1816, in welchem die Bedingungen für die Zulassung von Privaten und Gesellschaften
zum Bau von Verkehrsanstalten aller Art — „Chaussee-, Kanal-, Brückenund anderen gemeinnützigen Anlagen" — aufgezählt wurden.
Dies Publi
kandum enthält unter anderem über die Verleihung des Rechts zur Erhebung
von Verkehrsabgaben folgende Bestimmung: „Bei Feststellung des Tarifs für Benutzung der Anlagen ist der wahr scheinliche Betrag der ersten Ausführungs- und jährlichen Unterhaltungs
kosten und der darauf zu erwartende Verkehr zur Grundlage zu nehmen.
Die Unternehmer sind
verbunden,
der Regierung alle Jahr ihre
Rechnung zur Einsicht vorzulegen.
Ist das Anlagekapital durch Aktien zusammengebracht und es findet
sich
künftig,
daß
der Ertrag
den
zweifachen Betrag
landüblicher
Zinsen übersteigt, so wird eine Ermäßigung vorbehalten". Dieser Vorgang liegt zwar vor dem Abschluß der Zollvereinsverträge,
aber er zeigt doch die Anschauungen, welche in der preußischen Regierung zu Anfang des vorigen Jahrhunderts über die Frage der Selbstkostendeckung durch Schiffahrtsabgaben bestanden haben. 2.
Über die Schiffahrtsabgaben auf
dem sogenannten Erftkanal sagt
ein Jmmediatbericht vom 31. Juli 1835, daß der Tarif:
„demjenigen, wie er auf den Wasserstraßen rechts der Elbe in Gebrauch
ist, nachgebildet werden soll.
Der Ertrag ist so zu bemessen, daß er die
Unterhaltungskosten deckt und das Anlagekapital verzinset wird."
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270
V-
Die Höchstgrenze für die Bemessung der Schiffahrtsabgaben.
Daraufhin wurde am 21. August 1835 ein entsprechender Tarif vom Könige erlassen.
Über diesen Tarif sagt ein weiterer Jmmediatbericht vom
26. September 1836: „Die Sätze sind, dem eigenen Wunsche der Stadtbehörde gemäß, sehr niedrig normiert, wenn berücksichtigt wird, daß es, neben den laufenden
Unterhaltungskosten, auf Verzinsung und Amortisation eines von der Stadt aufgewendeten Anlagekapitals von 29 000 Talern ankommt." Nach einem Jmmediatbericht vom 12. Januar 1841 haben
„nach Abzug der Verwaltungskosten, der Zinsen von den behufs des Kanalbaus usw. aufgenommenen 60 000 Talern und der Kosten der In
standsetzung des Kanals (in den letzten 5 Jahren) die zur Erhebung ge kommenen Schiffahrts-, Kranen- und Hafengebühren einen Überschuß von
5820 Talern ergeben." Der Überschuß war von der Stadt für einen Straßenbau von Neuß nach Rheydt verwendet worden.
Das wurde für unzulässig erklärt, da eine ent
sprechende Abschreibung hätte stattfinden müssen; indessen wurde die unver änderte Fortdauer des Tarifs bewilligt.
Am 25. Oktober 1851 beantragten die Minister für Handel und der
Finanzen beim Könige abermals die Verlängerung der Gültigkeit des Tarifs mit der Begründung, daß
„die Gebührensätze sich gemessen
ergeben
auch in der Periode von 1846—1850 als an
haben,
indem
die
Einnahmen
in
diesem
Zeitraum
29 487 Tlr. 5 Sgr., die Ausgaben dagegen inkl. 11117 Tlr. 10 Sgr. 10 Pf. Zinsen der aufgenommenen Kapitalien und 7500 Tlr. zur Amortisation derselben 27 673 Tlr. 15 Sgr. 8 Pf. betragen haben,
so daß noch
1813 Tlr.
14 Sgr.
9 Pf.
zu dem letzteren Zwecke dis
ponibel sind."
Der König genehmigte darauf die Beibehaltung des Tarifs.
Im Anfänge der sechziger Jahre wurde wiederum die Frage der An gemessenheit des Tarifs erörtert.
Nachdem zunächst ein Schriftwechsel über
die finanziellen Verhältnisse des Erftkanals vorangegangen war, verfügten die zuständigen Minister am 12. Mai 1863 an die Regierung in Düsseldorf: „Die früheren Berichte der Königlichen Negierung,
längerung
des Tarifs
zur Erhebung
betreffend die Ver
der Schiffahrtsabgaben auf dem
Erftkanal, rechtfertigten die Annahme, daß der Ertrag dieser Abgaben im Durchschnitt über mäßigen
die Summe
Verzinsung
des
der Unterhaltungskosten
Anlagekapitals
nicht
und
einer
hinausgehen.
Nach den hierbei zurückgehenden Vorlagen des Berichts vom 28. Februar
d. I. ist diese Annahme jedoch eine irrige gewesen, vielmehr ergibt sich,
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Z 2.
Staatliche Schiffahrtsanstalten.
271
daß das Anlagekapital als durch die jährlichen Einnahmen bereits voll
ständig getilgt zu betrachten ist, wenn die mit dem Bau des Erftkanals
nicht zusammenhängenden Anlagekosten ausgesondert, demgemäß auch die Ausgaben für die Unterhaltung aus das richtige Maß zurückgeführt und
die von der Stadt ohne allen Grund unterlassene jährliche Zahlung von 1200 Talern für den Brücken- und Dammbau in Anschlag gebracht wird.
Unter solchen Umständen ist es nicht zulässig, die anderweite Re
gulierung des Tarifs bis zum Jahre 1864 hinauszuschieben, vielmehr hat die Königliche Regierung damit unverzüglich vorzugehen.
Zinsen des
bisherigen Anlagekapitals werden unter den oben an
geführten Umständen nicht ferner in
daher
kann
nur
Anrechnung zu bringen sein;
es
auf die Unterhaltungskosten unter Zutritt einer an
gemessenen Erneuerungsquote ankommen."
Demnächst wurde ein ermäßigter Abgabentaris vom Könige
erlassen,
und zwar auf Grund eines Jmmediatberichts vom 22. Januar 1864,
in
welchem es heißt:
„Die
vorgedachte Ermäßigung
Zweifel förderlich sein.
der Tarifsätze
wird
dem Verkehr ohne
Die Handelskammer in Neuß hat sich deshalb
auch damit einverstanden erklärt, zugleich aber auch den Wunsch aus gesprochen, daß aus den künftigen Überschüssen der Einnahmen über die
Ausgaben ein besonderer Fonds gebildet werde, dessen Bestände nur zur Unterhaltung und Verbesserung des Erftkanals dienen, nicht aber zur
Deckung
anderer Bedürfnisse der
Stadtkommune Neuß
verwendet
werden sollen. Die Handelskammer geht dabei von der Voraussetzung aus, daß auch der ermäßigte Tarif noch einen ansehnlichen Überschuß
über die laufenden Ausgaben einschließlich
Anlagen dienenden Reserve liefern werde.
einer, zur Erneuerung der Nach den Verkehrsergebnissen
der letzten Jahre erscheint diese Annahme allerdings nicht ungerechtfertigt.
Ob aber so günstige Verhältnisse andauern werden, ist um so mehr frag lich,
als die von der Rheinischen Eisenbahngesellschaft schon in nächster
Zukunft zu erbauende Eisenbahn von Osterrath nach Essen, welche vor
züglich auf Beförderung von Kohlen berechnet ist,
Erftkanal einen Teil seines Verkehrs entziehen wird.
voraussichtlich dem Wir haben daher
kein Bedenken gegen die Einführung des vorgelegten Tarifs."
Dieser Jmmediatbericht ist ebenso wie der vorangegangene Ministerial-
erlaß vom 12. Mai 1863, welcher die Verzinsung des Anlagekapitals durch Schiffahrtsabgaben als zulässig anerkennt, von Delbrück unterzeichnet.
In
dem ersteren ist sogar die Ansammlung von Mitteln für künftige Schiff
fahrtsverbesserungen aus den Abgaben als legal bezeichnet worden.
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V. Die Höchstgrenze für die Bemessung der Schiffahrtsabgaben.
272
3.
In dem Jmmediatbericht vom 11. August 1843 wurde die Ver
leihung des — demnächst durch Allerhöchsten Erlaß vom 25. August 1843
bewilligten — Rechts zur Erhebung von Schiffahrtsabgaben auf dem so genannten Rheinberger Kanal mit den Worten begründet: „Da
mit
der Zeit hoffentlich die Einnahme
an Kanalgefällen
außer
der Verzinsung auch die Amortisation des Anlagekapitals mög lich machen wird, so möchte der Tarif nur mit der Maßgabe zu genehmigen
sein, daß eine Revision und Abänderung desselben von
fünf zu fünf
Jahren vorbehalten werde, und daß die Stadt verpflichtet sei, über die Einnahme an Gefällen sowie über die Ausgaben für Unterhaltungskosten, Verzinsung
und
Amortisation
des
Anlagekapitals
sorgfältig
Rechnung zu führen, diese Rechnung auch jederzeit auf Verlangen der
Regierung zu Düsseldorf vorzulegen."
4.
Der Jmmediatbericht vom 12. Januar 1843, durch den die König
liche Ermächtigung für den Ausbau des Spoykanals und des alten Rheins von Schenkenschanz bis Brienen eingeholt wurde, enthält über die Frage
der Kostendeckung durch Schiffahrtsabgaben folgende Ausführungen: „Nach Maßgabe des
gegenwärtig zwischen dem Rhein und Cleve sich
bewegenden Verkehrs vermutet man, an Schleusen- und Kanalgefällen usw. in den ersten Jahren eine Bruttoeinnahme von 5655 Talern bei mäßigen,
das Interesse des Handels nicht verletzenden Tarifsätzen erheben zu können, so daß nach Abzug der Unterhaltungskosten ein Überschuß von jährlich 4755 Talern disponibel werden würde.
Da somit auch von den Be
förderern des Unternehmens zunächst nur 3,3 o/o d e s Anlagekapitals an Einnahmen erwartet werden, so muß dasselbe in finanzieller Beziehung
als nicht ganz sicher angesehen werden.
Jedoch hofft man, daß in wenigen
Jahren die steigende Frequenz der Schiffahrt ein zur Verzinsung und
Abtragung jenes bedeutenden Anlagekapitals besser hinreichendes Er gebnis herbeiführen werde."
Die Stadt Cleve wollte 60 000 Tlr. in ^/^/oigen Obligationen als
Beitrag zu den Kanalbaukosten aufbringen; zur Zahlung der Zinsen sollten „die Überschüsse der Kanaleinnahmen vorweg verwendet werden." Mit dieser Maßgabe sollte der Staat die Ausführung des Kanalbaues übernehmen.
„Daß bei einem Unternehmen von solchem Umfange die Zinsen von 60000 Tlr. durch die Schleusen-
und Kanalgelder zu
decken
sein
würden, läßt sich doch jedenfalls erwarten", heißt es weiter in jenem Berichte.
Der König genehmigte durch Erlaß vom 3. März 1843 den Bau auf alleinige Kosten des Staats,
aber mit der ausdrücklichen Bedingung,
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daß
H 2.
dann der Staat
„auch
Staatliche Schiffahrtsanstalten.
273
die zu 5655 Tlr. veranschlagten Schleusen- und
Kanalgefälle nebst Hafengeldern"
allein vereinnahmen und die Stadt auf
alle Ansprüche hinsichtlich dieser Gefälle verzichten müsse. Der Jmmediatbericht
29. September 1847,
vom
Tarifentwurf zur Genehmigung vorgelegt wurde,
mit
welchem der
berechnet die Einnahmen
wieder auf 5655 Tlr. und die Unterhaltungskosten nach neuem Anschläge auf 1860 Tlr., sodaß „noch ein Überschuß von 3795 Tlr. zur Ver zinsung
des
Anlagekapitals sich
würde."
ergeben
Dieser Tarif
wurde am 11. Oktober 1847 genehmigt.
5.
Die Einnahmen aus den Ruhr- und Lippeschiffahrtsabgaben wurden
zur Verzinsung und Tilgung von Anleihen,
welche für die Verbesserung
dieser Wasserstraßen ausgenommen waren, verwendet 6.
Bei den märkischen Wasserstraßen, den Wasserstraßen zwischen Elbe
und Oder, sind die Zinsen des Anlagekapitals von jeher — so lange über haupt die Schiffahrtsabgaben in Preußen nach dem Gebührenprinzip geregelt
und Einträglichkeitsberechnungen aufgestellt worden sind — als Bestandteile der Selbstkosten behandelt worden. Durch Ministerialerlaß vom 31. Dezember 1837 wird der Provinzial steuerdirektor in Magdeburg
mit
der Aufstellung
eines Tarifentwurfs
be
auftragt, bei dessen Einreichung er berichten soll, „inwieweit die nach Maß gabe der gemachten Erfahrungen bei Anwendung der vorzuschlagenden Sätze zu
erwartende reine Einnahme
die
laufenden Unterhaltungskosten sowie
die Zinsen des Anlagekapitals und der auf Neubauten? im Laufe
der Zeit zu verwendenden Beträge decken würde."
Ein anderer Ministerialerlaß vom 27. Juni 1842 sagt: „Es wird beabsichtigt, den Tarif zur Erhebung der Schiffahrtsabgaben für das Befahren der Wasserstraßen zwischen der Elbe und Oder vom
18. Juni 1828 mit Rücksicht auf die Unterhaltungs- und Herstellungs kosten der auf diesen Wasserstraßen befindlichen Schleusen und sonstigen
Schisfahrtsanlagen
anderweit
zu
regulieren.
Die
Ministerial-
Bau-Kommission wird daher angewiesen, den nach den Grundsätzen
der Verordnung über die Kommunikationsabgaben vom 16.Juni1838 und der Anweisung vom 18. März v. I. berechneten Betrag
jener Kosten innerhalb der letzten sechs Jahre für den in ihrem Verwaltungs bezirk belegenen Teil der in Rede stehenden Wasserstraßen pp. anzuzeigen."
Die damals angestellten Berechnungen ergaben für 1842 eine KapitalVgl. S. 176. 2 Es wird also auch hier, ebenso wie in dem Falle von Neuß (S. 271), auf künftige Baukosten bei der Tarifbildung mit gerücksichtigt. Schriften 6XV. - Erster Teil.
18
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Die Höchstgrenze für die Bemessung der Schiffahrtsabgaben.
V.
274
Verzinsung von 3,3 o/o, die im Jahre 1843 sogar auf 5,3 o/o anwuchs.
Der
Finanzminister beantragte mit dem Hinweise auf die günstige Finanzlage der
märkischen Wasserstraßen und auf die anzustrebende Förderung der Binnen
schiffahrt
eine Ermäßigung
der
und
Schiffahrtsabgaben,
in
zwar
zwei
Jmmediatberichten vom 17. Mai und 13. August 1845; der König lehnte beide Male
den Antrag
ab,
und
zwar
mit
bei
der Begründung,
der
finanziellen Lage des Staates könne auf die Einnahme aus dem bestehenden Tarife nicht verzichtet werden.
Ein
7.
präsidenten
Ministerialerlaß
in Stettin
regulierte Ücker an.
vom
ordnete
die
31.
Dezember
1838
an
den Ober
des Abgabentarifs
Revision
für die
nach welchen der
Dabei werden über die Grundsätze,
neue Tarif aufzustellen sei, folgende Anweisungen gegeben:
„Zuvörderst
denjenigen Betrag
wird es darauf ankommen,
festzustellen,
welcher durch die Einnahme nach Abzug der Hebungskosten gedeckt werden
muß.
Dieser Betrag besteht in den landesüblichen Zinsen
des
Anlagekapitals, in den jährlichen Kosten der laufenden Unterhaltung
der Anlage, für deren Benutzung die Abgabe entrichtet wird, und in den auf Jahresbeträge zu verteilenden Summen,
welche im Laufe der Zeit
Die
auf größere Reparaturen und Neubauten verwendet werden müssen.
Vergleichung der bezeichneten jährlichen Kosten mit der bisherigen nach
Abzug der Hebungskosten sich
ergebenden jährlichen Einnahme wird so
dann ergeben, ob und inwieweit es zulässig ist, die Abgabe im ganzen zu ermäßigen, indem es nur darauf ankommt, daß die gedachten Kosten
reichlich durch den Ertrag gedeckt werden."
Sodann berichtet der Finanzminister an den König:
„Das
auf
den
Kanal
verwendete
20 245 Tlr. 15 Sgr. 8 Pf. belaufen sich
Baukapital
im
beträgt
ganzen
Die Herstellungs- und Unterhaltungskosten
nach den Grundsätzen der Verordnung über die Kommuni auf jährlich:
kationsabgaben vom 16. Juni 1838 berechnet,
1262 Tlr.
8 Sgr. 3 Pf. a) nämlich:
5
v. H.
(landesübliche
Zinsen) vom gedachten Anlagekapital
1012 Tlr. 8 Sgr. 3 Pf.
d) Kosten der gewöhnlichen und der außer
ordentlichen Unterhaltung...........................130
e) Kosten für Beaufsichtigung
des Kanals Zusammen:
„
0
„
120 „0
0
„
„
0
„
1262 Tlr. 8 Sgr. 3 Pf.
Die Einnahme hat in den vier Jahren
1837/40 durchschnittlich in jedem Jahre
.
also
1091
„5
„7
„
171 Tlr. 2 Sgr. 8 Pf.
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Staatliche Schiffahrtsanstalten.
8 2.
weniger als die berechneten Kosten betragen.
275
Demnach scheint eine be
deutende Ermäßigung des Tarifs dergestalt, daß auf eine reine Einnahme
von etws 700—800 Tlrn. gerechnet werden könnte, zulässig zu sein. Es ist nämlich bei Grabung des Kanals gegen die Stadt Ückermünde und die Schiffer-Kompagnie daselbst von der Staatsbehörde ausdrücklich die
Absicht ausgesprochen, von dem damals freilich nur zu 12 227 Tlr. 15 Sgr. 3 Pf. angenommenen Anlagekapital
nicht mehr als 2o/o
Zinsen
durch die Kanalabgabe zu erlangen, und der Staat, welcher im Interesse
des Verkehrs unter Umständen von den Zinsen des Anlagekapitals ganz würde absehen können,
wird
bei einer reinen Einnahme von 700
bis 800 Tlrn. jährlich außer den oben zu K und o gedachten Kosten von
zusammen 250 Tlrn.
immer noch
also mehr
450 Tlr. bis 550 Tlr.
als 2 o/o Zinsen des Anlagekapitals,
welche sich auf 405 Tlr.
Auf die erwähnte reine Einnahme ist aber bei An
belaufen, beziehen.
wendung des entworfenen neuen Tarifs mit Wahrscheinlichkeit zu rechnen."
Der König genehmigte den so begründeten Tarifentwurf. 8.
Ein
Ministerialerlaß
an
den Oberpräsidenten
in
Stettin
vom
22. April 1847 über die Umgestaltung der Abgabentarife für die pommerschen Seehäfen sagt:
„Als leitender Grundsatz bei den anzustellenden Erörterungen wollen Eure Exzellenz festhalten,
daß es überall nicht in der Absicht liegt,
aus den
Hafen- und Schiffahrtsabgaben einen höheren Ertrag als einen Ersatz für
die Unterhaltung der vorhandenen Schiffahrtsanstalten, wenn tunlich mit Einschluß einer mäßigen Verzinsung der darauf verwendeten An
lagekosten, zu erzielen."
Am 9. Juni 1861
beantragte die Kaufmannschaft in Stettin eine
Herabsetzung der unter dem Namen des Swinemünder Hafengeldes erhobenen
staatlichen Schiffahrtsabgaben.
Der Handelsminister erforderte am 2. Juli
1861 von der Regierung in Stettin „eine Nachweisung der auf den Swine
münder Hafen und dessen Revier verwendeten Anlage-, Unterhaltungs- und Beaufsichtigungskosten", bei deren Aufstellung dieselben Grundsätze maßgebend
sein sollten, welche schon bei einer früheren gleichartigen Nachweisunng be folgt worden seien.
Die Regierung
legte am 29. Oktober 1861 eine Be
rechnung vor, welche sehr sorgfältig und ins einzelne gehend aufgestellt war; sie schloß
ab mit einem Gesamtbaukapital von 2 281 663 Talern, dessen
4prozentige Verzinsung mit 91 266 Talern als laufende Ausgabe gebucht war. Daraufhin beschied der Handelsminister am 25. März 1862 die Kauf
mannschaft folgendermaßen: 18*
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276
V' Die Höchstgrenze für die Bemessung der Schiffahrtsabgaben.
„Infolge der Vorstellung vom 9. Juni 1861, betreffend die Ermäßigung der Schiffahrtsabgaben in Stettin und Swinemünde, sind Erörterungen über das Verhältnis der zur Staatskasse fließenden Einnahmen an Schiff fahrtsabgaben zu den für die Hafenanlagen zu verwendenden Ausgaben
angestellt worden.
Dabei hat sich ergeben, daß, abgesehen von den für
Verbreiterung der Oder *
unterhalb Stettin für das Jahr 1861 be
reits verausgabten 130 000 Talern, die jährlichen Unterhaltungskosten und
sonstigen
Ausgaben
kapitals
einschließlich
im Jahre 1860
sich
der
Zinsen
des
Anlage
auf 208 043 Taler beliefen, wogegen
an Schiffahrtsabgaben in demselben Jahre nur aufkamen 167 804 Taler, und
im Durchschnitt der letzten fünf Jahre, unter denen sich das un
gewöhnlich günstige Jahr 1857 befindet, nur 177 791 Taler eingenommen wurden.
Unter
diesen Umständen
kann
zurzeit
eine
Ermäßigung
der
Schiffahrtsabgaben nicht in Aussicht gestellt werden, und zwar namentlich
so
lange nicht, als die bisher bewilligte Abgabenermäßigung für regel
mäßig fahrende Dampfschiffe in vollem Umfange beibehalten wird." Nach diesem aus dem Handelsministerium — nicht aus dem Finanz
ministerium — stammenden, im letzteren nicht einmal mitgezeichneten Be
scheide wird man kaum noch daran zweifeln können, daß die Zinsen des Anlagekapitals an den maßgebenden Stellen in Preußen als Bestandteile der „Herstellungs- und Unterhaltungskosten" im Sinne der Zollvereinsverträge angesehen worden sind.
Schon die Schlußworte des Bescheides vom 25.
März 1862 lassen
hinreichend erkennen, daß die Regierung, trotz ihrer vorläufig ablehnenden
Haltung im Einzelfalle, doch
einer Tarifreform grundsätzlich geneigt war.
Und tatsächlich wurde auch noch in demselben Jahre vom Finanzminister
eine grundsätzliche Prüfung aller Tarife für Häfen und Seewasserstraßen im Ostseegebiete aus dem Gesichtspunkte der anzustrebenden Entlastung des Ver kehrs eingeleitet.
Durch eine allgemeine Verfügung vom 24. September 1862
wurden die Provinzialsteuerdirektoren unter Hinweisung auf die geringere Höhe
der Schiffahrtsabgaben in den Hansestädten, sowie in Frankreich und Italien zu einer Äußerung über eine entsprechende Umgestaltung der Tarife aufgefordert.
Bei diesen Erörterungen kam, wie es der Natur der Sache nach nicht anders sein konnte, auch das Verhältnis der Selbstkosten des Staates und
der sonst beteiligten Korporationen — Gemeinden und Kaufmannschaften — zu den hauptsächlich aus Schiffahrtsabgaben fließenden Einnahmen zur Sprache. * Diese Verbreiterung wurde also als „Anstalt zur Erleichterung des Verkehrs" im Sinne der Zollvereinsverträge betrachtet.
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8 2.
Staatliche Schiffahrtsanstalten.
277
Am 17. April 1863 beauftragte der Handelsminister die Regierung in Danzig mit der Aufstellung einer „Übersicht" der auf den dortigen Hafen verwendeten Anlagekosten und der laufenden Ausgaben; der gleiche Auftrag
erging an die Regierung in Köslin wegen der Häfen in Kolbergermünde, Rügenwaldermünde und Stolpmünde. Am 3. Mai desselben Jahres — nachdem inzwischen die verlangten
Übersichten eingegangen waren — erklärte der Handelsminister dem Finanz
minister gegenüber:
„Unter den
obwaltenden Umständen wird auch jetzt auf die Frage nicht
näher einzugehen sein,
ob ferner noch allgemein die Beschaffung der auf
die Hafenanstalten zu verwendenden Mittel als entscheidendes Moment für die Feststellung der Abgabensätze zu betrachten ist oder nicht.
In allen
Fällen, wo die Rücksicht auf den Verkehr es gestattet, werde ich keine Veranlassung
haben, der Aufrechterhaltung dieses Grundsatzes entgegen-
zutreten."
demselben Schreiben
In
wird
ferner die Bilanz des Swinemünder
Hafens und „Schiffahrtsreviers" besprochen und dabei bemerkt: „Die obige Nachweisung ergibt aber, daß ein sehr ansehnlicher Teil der Gesamtsumme der Kosten auf Zinsen des Anlagekapitals fällt,
91 266 Taler,
nämlich
so
daß als wirklich zu verausgabende Unter-
Haltungs- und Verwaltungskosten jährlich nur 116 776 Taler in Betracht
kommen.
Da der Staat weder auf einen Unternehmergewinn, noch auf
eine verzinsliche Verwendung seiner Einnahmen zu sehen hat, so würde
es billig sein, auf eine Anrechnung der Zinsen des Anlagekapitals zu verzichten und zunächst nur die Beschaffung der wirklich zu veraus
gabenden Beträge ins Auge zu fassen." der Finanzminister
Da
dem
auf
eine beträchtliche Ermäßigung der
Schiffahrtsabgaben gerichteten Wunsche des Handelsministers zustimmte, so
wurde von beiden ein entsprechender Bericht an den König erstattet.
Dieser
vom 19. Juni 1863 datierte Bericht ist nur mit wirtschaftlichen Erwägungen begründet.
Am Schluffe wird über die finanzielle Wirkung der Tarifreform
gesagt, daß trotz eines allerdings zu gewärtigenden Rückganges der Ein
nahmen
doch immerhin noch mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine voll
ständige Deckung der laufenden Unterhaltungskosten zu rechnen ist und daß
also
ein Zuschuß aus anderen Einkünften der Staatskasse nicht zu leisten
sein wird.
Nur die Verzinsung des auf die Hafenanstalten verwendeten
Anlagekapitals würde durch den Ausfall geschmälert werden, und eine der
artige Verzinsung könne weniger in Betracht kommen,
als der aus einer
Belebung des Seeverkehrs entspringende allgemeine Nutzen.
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V-
278
Die Höchstgrenze für die Bemessung der Schiffahrtsabgaben.
Die hier erwähnten Schriftstücke vom 17. April und 3. Mai sind von Delbrück gezeichnet;
es muß also
daß auch dieser
angenommen werden,
Staatsmann die Kapitalzinsen äe ^uro als Bestandteil der Herstellungs- und
Unterhaltungskosten angesehen hat. 9.
vom
Ministerialerlaß
Der
Schiffahrtsabgaben
12.
September 1850
sagt über
die
auf dem Weichsel—Haffkanal, daß sie „wenigstens die
Unterhaltungskosten decken sollen". 10.
Als der Tarif für den Oberländischen Kanal vorbereitet wurde,
bestimmte ein Ministerialerlaß vom 27. September 1852, daß die Abgaben „mindestens die laufenden Ausgaben" decken sollten, wünschenswert sei außer dem noch eine „allmähliche VerzinsungundTilgung" des Baukapitals.
11.
Im Jahre 1870 gab ein in der Provinz Pommern sich abspielender
Einzelfall den Anlaß zu einer grundsätzlichen Erörterung der Frage, ob die
Kapitalzinsen
zu
denjenigen
Selbstkosten
einer
Schiffahrtsanstalt,
deren
Deckung durch Schiffahrsabgaben nach dem Zollvereinsvertrage von 1867
Die Minister der Finanzen und des
zulässig sei, gerechnet werden könnten.
Handels
entschieden hierüber in einem an den Provinzialsteuerdirektor in
Stettin gerichteten Erlasse vom 18. November 1870,
in welchem es heißt:
„Der von Ew. Hochwohlgeboren geäußerten Ansicht, daß nach Artikel 25
des Zollvereinigungs-Vertrages vom 8. Juli 1867 lagekapitals
bei Beurteilung
der Frage,
wie
die Zinsen des An
hoch die Kanalgebühren
normiert werden dürfen, nicht in Betracht zu ziehen sind, kann nicht bei getreten werden, da nach dem Sprachgebrauche und insbesondere nach der im Z 3 des Gesetzes vom 16. Juni 1838, die Kommunikationsabgaben
betreffend, Zinsen
enthaltenen
ausdrücklichen
des Anlagekapitals
Bestimmung
die
landüblichen
zu den Herstellungskosten
gerechnet
werden, deren Berücksichtigung im Art. 25 des erwähnten Vertrages und
im Art. 54 der Verfassung des Norddeutschen Bundes zugelassen ist." 12. In der Begründung zu dem Entwürfe des Gesetzes vom 6. Juni 1888, betreffend die Kanalisierung der oberen Oder, ist gesagt:
„Im übrigen wird in Aussicht genommen, für die Benutzung der An
lagen, welche zum Nutzen der Schiffahrt hergerichtet werden sollen, eine Abgabe in der Bemessung zu erheben, daß nicht nur die Unterhaltungs
kosten gedeckt, sondern
auch das aufgewendete Kapital verzinst und
nach Möglichkeit amortisiert werde."
Eine Reihe von weiteren Fällen, in welchen die Verzinsung des Anlage kapitals
von
Schiffahrtsanstalten
durch
Abgaben
von
der
preußischen
Regierung und Volksvertretung sowie von preußischen Gemeindeverwaltungm
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Z 2.
Staatliche Schiffahrtsanstalten.
279
für zulässig erachtet worden ist, hat bereits auf S. 214—224 in anderem
Zusammenhänge Erwähnung gefunden *. Auch mit Hinzurechnung dieser Fälle ist die vorstehende Darstellung der
Praxis keineswegs vollständig; sie wird aber im allgemeinen genügen, um
ein zuverlässiges Bild von dem Geiste,
in welchem die Zollvereinsverträge
und die mit ihnen inhaltlich identische Reichsverfassung in Preußen auf gefaßt und gehandhabt worden sind, zu geben.
d) Die Praxis der nichtpreußischen Zollvereins- und Bundesstaaten. 1. Der Donau—Mainkanal brachte nach dem amtlichen „Bericht über
die Ergebnisse des Betriebs der Königlich Bayrischen Eisenbahnen usw."
1902
Anlage 46 in den Jahren 1853 bis 1862/66 Betriebsüberschüsse von zusammen
1 003120 Mk. bei einem Anlagekapital von (1858/59) 27 678 193 Mk. Es hat sich also in jener Zeit eine, wenn auch nur geringe, Verzinsung
ergeben.
Aus dem Umstande, daß die bayrische Regierung diese Verzinsung
nicht beseitigt hat, darf wohl der Schluß gezogen werden, daß sie ihr recht Das ist um so wahrscheinlicher,
lich zulässig erschien.
bayrisch-österreichischen Donauschiffahrtsvertrages
vom
als in Art. 7 des 2. Dezember
1851
(Bayrisches Regierungsblatt 1852 S. 717) die Berechnung der Kapitalzinsen unter den durch Schiffahrtsabgaben zu deckenden Selbstkosten ausbedungen war. Bayern konnte damals in seinen Beziehungen zu Österreich keine andere Regelung der Frage vereinbaren, als die vermöge der Zollvereins
verträge für das ganze Vereinsgebiet geltende. 2.
Die seit unvordenklicher Zeit mit Schiffahrtsabgaben belastete Saale
liegt teilweise im Gebiet des Herzogtums Anhalt, welches seinerseits solche
Abgaben an der Schleuse zu Bernburg erhob.
Von den Schiffahrttreibenden
und sonst Beteiligten war behauptet worden, daß diese anhaltischen Abgaben über das durch Zollvereinsverträge zugelassene Maß der Selbstkostendeckung
hinausgingen, und als im Jahre 1853 ein neuer Vertrag zwischen Preußen
und Anhalt
„über die Fortdauer des Anschlusses der Herzogtümer an das
Zollsystem Preußens"
verhandelt wurde,
seiner oberhalb und unterhalb Bernburg
versuchte Preußen im Interesse an der Saale liegenden Gebiets
teile unter Hinweisung auf jene Klagen eine Ermäßigung des Bernburger
Tarifs zu erzielen.
Diese Ermäßigung wurde aber von Anhalt abgelehnt.
Es heißt darüber im Schlußprotokoll des Vertrages: * Seeschiffahrtsstraßen Stettin—Swinemünde und Königsberg—Pillau, Fahr rinne in der Außenweser, Ausbau der Fahrstraße in der alten Oder von Wriezen bis zum Finowkanal.
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V-
280
„Von
Die Höchstgrenze für die Bemessung der Schiffahrtsabgaben.
feiten
des Anhalt-Bernburgischen Bevollmächtigten wurde hierauf
entgegnet, daß bei der Beurteilung der Höhe der Bernburger Schleusen gefälle zunächst der abgeschlossene besondere Vertrag vom 17. Mai 1831 in Betracht
komme,
daß
aber auch bei Anwendung
des
allgemeinen
Grundsatzes (der Zollvereinsverträge) sich ein Anspruch auf Ermäßigung der Schleusengefälle nicht begründen lassen dürfte, da auch das Anlage
kapital inBetracht komme, und wenn dieses mit in Ansatz gebracht
werde, die Bernburger Schleusengefälle die Herstellungs- und Unterhaltungs
kosten nicht übersteigen.
Hiernach werde es bis zu einer Verständigung
über die Abänderung des Vertrages vom 17. Mai 1831
bei den durch
diesen Vertrag festgestellten Gefällen bewenden müssen Königlich Preußischer Seits behielt man sich hiernach vor, den Gegen
stand zum Zweck einer Verständigung wieder aufzunehmen." Tatsächlich blieb es vorläufig bei dem Bernburger Tarif. Erst in den sechziger Jahren wurde, und zwar auf Delbrücks Anregung,
ein neuer Versuch unternommen, um bei Gelegenheit von Verhandlungen über die „Erweiterung der Eisenbahnverbindung zwischen Preußen und An
halt" * diesen Staat zur Gleichstellung seines Tarifs mit dem der preußischen
Saale zu bewegen; der erstere letztere.
war damals etwa dreimal höher wie der
Die Eisenbahnabteilung des Handelsministeriums wurde in einem
von Delbrück unterzeichneten Schreiben der Handelsabteilung vom 27. April
1863 ersucht, bei den Verhandlungen mit Anhalt eine entsprechende Forderung
aufzustellen. In diesem Schreiben wird berechnet, „daß auch bei Übertragung des preußischen Tarifs auf die Bernburger Schleuse der anhaltischen Regierung immer noch eine jährliche Einnahme
von etwa 3500 Talern verbleiben würde, besonders wenn erwogen wird, daß die Saalschiffahrt im Aufschwünge begriffen ist und durch Abgaben
ermäßigung gefördert werden wird.
Daß eine Einnahme von 3500 Talern
neben den Zinsen des Anlagekapitals die Unterhaltungs- und Wiederherstellungskosten mindestens deckt, halten nicht zweifelhaft sein.
kann nach diesseitigem Dafür
Gegenüber der Bemerkung des bernburgischen
Kommissars im Schlußprotokoll vom 20. Dezember 1853 verdient über
dies hervorgehoben zu werden, daß die Erhebung der übermäßig hohen
Abgabe während der dreißigjährigen Dauer des jetzigen Tarifs längst zu
einer
vollständigen Erstattung
des Anlagekapitals geführt
haben muß." ' Es handelt sich um den in der Preuß. Ges.S. 1864 S. 165 veröffentlichten Vertrag vom 30. Januar 1864, der in Art. 15 tatsächlich eine Schleusengeld ermäßigung brachte.
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Z 2.
Staatliche Schiffahrtsanstalten.
281
Hier wird also die Zulässigkeit der Verzinsung des Anlagekapitals aus Es gelang damals, die an-
den Schiffahrtsabgaben ausdrücklich anerkannt.
haltischen Sätze bis auf den Betrag der preußischen zu ermäßigen. 3.
Die Nassauische Regierung hatte die Mittel für den Ausbau der
Lahn als Schiffahrtsweg von der Landeskreditbank leihweise entnommen; die Zinsen dieser Anleihe wurden aus den Schiffahrtsabgaben gedeckt.
Im
Jahre 1867 brachten die Abgaben noch etwa 4000 Gulden Überschuß über
die
Betriebs-
Unterhaltungskosten.
und
Durch
vom
Jmmediatbericht
4. März 1868 wurde die Aufhebung der Schiffahrtsabgaben erwirkt, weil „in neuerer Zeit auch
in den älteren Landesteilen von der Erstattung
und Verzinsung des Anlagekapitals bei Regelung der Schifsahrsabgaben
Abstand genommen worden" sei. Aus der Fassung des Berichts
ergibt sich, daß nicht Rechtsgründe,
sondern Zweckmäßigkeitserwägungen für diese Tarifpraxis maßgebend waren. 4.
Daß die Hansestadt Bremen und das Großherzogtum Oldenburg
die Verzinsung des Baukapitals für die Fahrrinne der Außenweser — in
Übereinstimmung mit der preußischen Regierung
— für zulässig hielten,
geht aus den S. 221—223 mitgeteilten Verträgen von 1891, 1896 und 1900 hervor.
5.
Das
vom
Landesausschuß
und
Bundesrat
lothringische Kanalgesetz vom 26. Mai 1892
verabschiedete
elsaß-
bestimmt, daß die auf den
weiteren Ausbau der Kanäle zu verwendenden Kapitalien durch Schiffahrts abgaben getilgt werden sollen.
In diesem Falle hat die als gesetzgebender
Körper organisierte Gesamtheit der deutschen Regierungen zur Frage Stellung
genommen und zwar in dem Sinne, daß die Berücksichtigung des Anlage kapitals bei Berechnung der Selbstkosten im Sinne des Art. 54 der Reichsversassung zulässig ist.
e)
Abweichungen
vom
regelmäßigen
Gange
der
Praxis.
Auch in dieser Frage ist das geltende Recht nicht ganz gleichmäßig und folgerichtig angewendet worden.
Fall
nachweisen,
deshalb
in
unterblieben
welchem
ist,
weil
die
man
Es läßt sich indessen nur ein einziger
Inrechnungstellung
sie
für
Vertrags-
der
Kapitalzinsen
und verfassungs
widrig hielt. In einem Jmmediatbericht vom 26. März 1870 heißt es:
„Nach den aufgestellten Nachweisungen hat die Elbschleuse zu Magdeburg
im Durchschnitt der fünf Jahre von 1863 — 1866 4 328 Taler an Ab gaben ertragen,
während die Unterhaltung nur 863 Taler erforderte.
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282
Die Höchstgrenze für die Bemessung der Schiffahrtsabgaben.
V-
Die Saale- und Unstrutschleusen lieferten für dieselbe Zeit einen durch schnittlichen Abgabenertrag von 17 321 Talern, während die Unterhaltung nur 10 096 Taler in Anspruch nahm.
Bei der Revision der Tarife mußte hiernach eine erhebliche Er
mäßigung ins Auge gefaßt werden." Der Rechtsstandpunkt tritt zwar aus diesem Wortlaut nicht mit zweifel
loser Klarheit hervor;
die vorhergehenden Verhandlungen lassen aber er
kennen, daß man hier die Zinsdeckung durch Abgaben als unzulässig ansah.
Im übrigen ist aber die Praxis — in Preußen wenigstens — durch aus konstant gewesen;
man hat es mit einer Irrung zu tun, wie deren
auch sonst zuweilen vorkommen.
Allerdings sind in den
60er und 70er Jahren zahlreiche Tarife in
der Art herabgesetzt worden, daß auf die Verzinsung des Anlagekapitals
Indessen sind diese Maßregeln,
verzichtet wurde.
von jener einen Aus
nahme abgesehen, nur mit wirtschaftlichen Erwägungen begründet worden. Als Material für die Beurteilung dieser Rechtsfrage können, da es sich hier handelt, nur diejenigen Fälle in Betracht kommen,
um jus äi8xr08itivum
in welchen die Regierungen die Ermäßigung von Abgabenlarifen auf den
Betrag der bloßen Betriebs- und Unterhaltungskosten deshalb vornahmen, weil sie sich
nach den Zollvereinsverträgen und der Verfassung hierzu ver
pflichtet erachteten.
ä)
Ergebnis der Untersuchung.
Der Ausdruck „Herstellungs- und gewöhnliche Unterhaltungskosten" ist, wie
diese
selbst —
Darstellung
so
fast
ergibt,
verstanden und
ausnahmslos — auch
angewendet worden,
von Delbrück
daß die Kapitalzinsen
einen Bestandteil der durch Abgabentarife zu deckenden Selbstkosten bilden.
Es ist hiernach nicht daran zu zweifeln, daß diese, gleichzeitig der wirtschaft lichen Logik äb I6Z6 terenäa entsprechende Auslegung des geltenden Rechts
mit der Willensmeinung des Gesetzgebers im Einklänge steht. Im übrigen ist die Frage, was zu den Selbstkosten bei der Bildung
von Abgabentarifen für Wasserstraßen gerechnet werden kann, nach praktisch
geschäftlichen
Gesichtspunkten
zu
beantworten.
Die
preußische Regierung
hat diese Frage in einer allgemeinen Verfügung vom 11. Juni 1896 dahin geregelt, daß bei der Tarifbildung berücksichtigt werden dürfen:
„1. Kosten der Abgabenerhebung, Betriebs-, Verwaltungs- und Unter
haltungskosten, 2. Verzinsung des Anlagekapitals,
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3. Ansammlung
283
Staatliche Schiffahrtsanstalten.
Z 2.
eines
Fonds
größere
für
Reparaturen.
Außerdem
wird unter Umständen
4. die Deckung
Amortisation
einer von
deren Höhe
Amortisationsquote,
Gemeindeanleihen
in
der
Rede
den
für
die Art
stehenden
üblichen Prozentsatz nicht übersteigen darf, und
5. die Ansammlung eines je nach der Art der betreffenden Verkehrs anstalt
zu
Erneuerungsfonds für die seiner Zeit
bemessenden
er
forderlich werdende Neuherstellung derselben zugestanden werden können.
Zu 4 und 5 darf jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, daß bei sogenannten ewigen Anlagen, wie z. B. Kanälen ohne Kunstbauten, schon die Inrechnung
stellung einer Amortisationsquote, bei allen übrigen Anlagen aber die An
sammlung eines Erneuerungsfonds neben der Amortisation des ursprünglichen Anlagekapitals eine Vorausbelastung der ersten Benutzungsperiode zugunsten späterer Zeiten in sich schließt, welche in der Regel vermieden werden muß.
Es werden deshalb gegebenenfalls diejenigen besonderen Gründe nachzuweisen
sein, welche bei ewigen Anlagen die Tilgung des Anlagekapitals und bei den sonstigen Anlagen daneben die Bildung eines Erneuerungsfonds aus
nahmsweise angezeigt erscheinen lassen."
Nach dem Preußischen Wasserstraßengesetz vom 1. April 1905
ist es
zulässig, auch diejenigen Zuschüsse, welche für Unterhaltung und Verzinsung
einer
ihre
Selbstkosten
nicht
vollständig
deckenden Schiffahrtsanstalt
aus
sonstigen Mitteln geleistet werden mußten, und sogar die für solche Zuschüsse
ausgelaufenen Zinsen demnächst durch Schiffahrtsabgaben wieder einzubringen. In Preußen, Bremen und Oldenburg ist
es für unbedenklich erachtet
worden, aus den durch Schiffahrtsabgaben gewonnenen Einnahmen einen
Reservefonds für künftig eintretende Bedürfnisse zurückzulegen.
Aus den
Einnahmen des für gemeinsame Rechnung der drei Staaten auf der Unterund
Außenweser
erhobenen
Feuer-
und
Bakengeldes
ist
allmählich
ein
Reservefonds angesammelt worden, der Ende 1904, obwohl in diesem Jahre aus den Mitteln des Fonds
rund 780 000 Mk. auf die Verbesserung
der Weser verwendet waren, rund 600 000 Mk. enthielt.
Die auf der Ruhr und
sind
abgaben
kapitalien
in
großem
verwendet worden,
im Nuhrorter Hafen erhobenen Schiffahrts
Umfange
zur
Ansammlung
von
Neubau
ohne daß von irgend einer Seite dagegen
Widerspruch erhoben worden wäre.
Das ist um so bemerkenswerter,
als
die Ruhrschiffahrt und der Verkehr des Ruhrorter Hafens nicht etwa eine
interne
preußische Angelegenheit
war,
sondern
für
das
ganze rheinische
Wirtschaftsgebiet eine sehr große Bedeutung besaß und noch heute besitzt.
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V-
284
Die Höchstgrenze für die Bemessung der Schiffahrtsabgaben.
Die Versorgung dieses Gebiets mit
Kohlen vollzog sich früher über die
Ruhrwasserstraße und den Ruhrorter Hasen, während
heute nur noch der
letztere die Verschiffung der durch die Eisenbahn angebrachten Kohlen neben dem Duisburger Hafen vermittelt. II.
Die Rheinschiffahrtsakte gestattet die Abgabendeckung nicht für „Unter
haltungs-
und
gewöhnliche Herstellungskosten" wie Bundesverfassung und
Zollvereinsvertrag, sondern nur für Unterhaltungs- und Beaufsichtigungs
die Akte unterzeichnet wurde, waren die Bundesverfassung
Als
kosten".
der Zollvereinsvertrag wenig älter als ein Jahr.
und
war
Regierungen
sondern
beinahe
kostendeckung
es
unter
selbstverständlich,
daß
den in jenen Urkunden
sie
für
Für die deutschen
nicht
Umständen
diesen
nur
den Begriff
angewandten
Ausdruck
naheliegend,
der
Selbst
beibehielten,
sofern sie den für das übrige Deutschland geltenden Rechtszustand auch für den Rhein erhallen wollten.
Wenn sie einen anderen Ausdruck wählten
annahmen — etwa weil die nichtdeutschen Rheinuferstaaten
oder
Sache etwas anderes wollten — so
in der
hätte wohl Veranlassung vorgelegen,
die stark abweichende Wortfassung zu erläutern.
Es ist
eines der vielen
Kennzeichen für die leider sehr nachlässige Formulierung der Akte, daß weder eine derartige Erläuterung gegeben worden noch die Absicht einer sachlichen
Abänderung des ist.
Nach
autonomen deutschen Nechtszustandes
den Beschlüssen
vorhanden gewesen
der durch die Rheinschiffahrtsakte
eingesetzten
Zentralkommission in Mannheim gehört zu den „Unterhaltungs- und Beauf
sichtigungskosten" auch die Verzinsung des Anlagekapitals.
Dabei ist zwar
die Voraussetzung gemacht worden, daß die Baukosten im Anleihewege beschafft
seien;
aber diese Voraussetzung
praktische Bedeutung. oder
sonstige
ist rein formaler Natur und ohne jede
Es ist nicht abzusehen, weshalb Staaten oder Städte
Gemeinwesen,
die
etwa
einen
Hafen
am
Rhein
erbauen
wollten, hinsichtlich der Zulässigkeit der Selbstkostendeckung durch Schiffahrts
abgaben verschieden gestellt sein sollen, jenachdem sie bereite Kapitalmittel oder verfügbare Grundstücke dabei benutzen oder ihren Bauplan im Anleihe
wege finanzieren.
Hinge
wirklich die Frage der Kapitalverzinsung
Schiffahrtsabgaben von einer so es
nicht
schwer
sein,
Rechnung zu tragen ^.
ihr durch
äußerlichen die
Art
Voraussetzung der
durch
ab,
so würde
Geldbeschaffung
äußerlich
Bei richtiger Auslegung des geltenden Rechts müssen
* Die Beschlüsse der Zentralkommission sind inhaltlich mitgeteilt beiSchenkel, „Badisches Wasserrecht", Karlsruhe 1902 S. 112 Anm. 10 zu Z 1 des Ges. vom 26. Juni 1899.
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285
Staatliche Schiffahrtsanstalten.
Z 2.
alle für eine Schiffahrtsanstalt verwendeten Vermögenswerte anrechnungsfähig sein, ohne Rücksicht auf die Art und Weise ihrer Einbringung. Wenn hiernach die Abweichung des Wortlauts der Akte von dem der
Bundesverfassung und des Zollvereinsvertrages nur durch Flüchtigkeit zu erklären ist, so gilt dasselbe von dem Fehlen jeder die Selbstkostengrenze
für künstliche Wasserstraßen,
betreffenden Vertragsabrede
und sonstige Schiffahrtsanstalten.
Sicherheitshäfen
Gemeint war selbstverständlich die Geltung
dieser Grenze für alle, der „Erleichterung des Verkehrs dienende" und durch
Abgaben rentbar zu machende Anstalten ohne Unterschied der Zweckbestimmung.
So ist der Inhalt der Akte auch von der preußischen Regierung
aufgefaßt
Sie ist davon ausgegangen, daß ihr Inkrafttreten keinen Einfluß
worden.
habe auf den durch Zollvereinsvertrag und Bundesverfassung Rechtszustand.
geschaffenen
Wäre sie anderer Ansicht gewesen und hätte sie insbesondere
die Meinung gehabt, daß hinsichtlich der für die Tarifbildung bei den Schiffahrtsabgaben maßgebenden Selbstkostengrenze irgend eine Änderung durch die Akte hervorgerufen werde, so hätte sie eine allgemeine Nachprüfung
der Tarife eintreten
lassen
müssen.
bei der Tarifbildung mitberücksichtigt;
der Akte
nach
wie vor
für
zulässig
Sie hatte
bisher die Kapitalzinsen
sie hielt das unter der Herrschaft
und
ließ
daher
die
Tarife
un
verändert.
III. Das preußische Wasserstraßengesetz spricht in 8 19 nur von der Ver
zinsung und Tilgung des Anlagekapitals.
Diese Wortfassung beruht aber
nur auf Ungenauigkeit der Ausdrucksweise; gemeint war auch die Unterhaltung.
Hierüber kann nach der Entstehungsgeschichte des 8 19, der bekanntlich aus einem Zusatzantrage der Mehrheitsparteien hervorgegangen ist, ein Zweifel nicht obwalten.
heit
—
Diese Parteien wollten der in Preußen bestenden Ungleich
auf zahlreichen
kanalisierten,
regulierten und
sonst
verbesserten
natürlichen Wasserstraßen werden jetzt Schiffahrtsabgaben erhoben, während andere
abgabenfrei
sind — ein Ende
machen,
gemeinerung des Grundsatzes der Abgabenpflicht.
und
zwar durch Verall
Die Absicht der Verall
gemeinerung bestand der Natur der Sache nach nicht nur für den Grundsatz als solchen,
sondern auch für
seine weitere Ausgestaltung,
inbezug auf die wichtige, die Tarifbildung wesentlich
der Selbstkostengrenze.
insbesondere
beeinflussende Frage
Andernfalls wäre die Imparität, deren Beseitigung
erstrebt wurde, teilweise bestehen geblieben; man hätte die Anlieger — im
weitesten Sinne des Wortes — der für die Schiffahrt verbesserten natürlichen
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286
V-
Die Höchstgrenze für die Bemessung der Schiffahrtsabgaben.
Wasserstraßen besser gestellt, als diejenigen der nach dem Gesetz vom 1. Mai 1905 zu erbauenden Kanäle.
Denn die Abgaben auf den Kanälen sollen
nach ß 4 dieses Gesetzes die Unterhaltungs- und Betriebskosten neben der Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals aufbringen.
Die Kanäle hierbei
anders zu behandeln wie die regulierten Ströme, lag weder ein Grund noch
die Absicht vor. Nach der Reichsverfassung war die preußische Regierung — wenn die hier vertretene Nechtsauffassung zutreffend ist
—
auch vorher schon zur
Deckung ihrer vollen Selbstkosten für die regulierten Ströme befugt.
preußische
Landesgesetz
nicht schaffen.
konnte
in
dieser Beziehung
Das
eine neue Rechtslage
Es hat nur die Bedeutung, daß es für die Regierung eine
konstitutionelle Verpflichtung begründet, von ihren im Reichsrecht begründeten Befugnissen Gebrauch zu machen.
und
des Zollvereinsvertrages
^U8 60A6N8 geworden.
Das ^'u8 äisposLtivum der Reichsverfassung
ist
insofern
für
Preußen
ein
partikulares
Daß mit diesem ^U8 60Z6N8 nicht der Rahmen der
reichsgesetzlichen Befugnisse vollkommen ausgefüllt sein sollte, ist nach den
politischen Zusammenhängen, welche bei der Entstehung des Gesetzes vom
1. April 1905 wirksam waren, vollkommen ausgeschlossen. Diese Auffassung ist übrigens auch in den damaligen parlamentarischen
Verhandlungen deutlich erkennbar. vom 4. Februar 1905
In der zweiten Beratung des Gesetzes
sagte der Abgeordnete Broemel,
ein Gegner der
Schiffahrtsabgaben: „Hier wird die Forderung gestellt,
auf regulierten Strömen sollen solche
Abgaben erhoben werden, daß sie die Unterhaltungskosten, sowie die Ver zinsung und Amortisation des aufgewendeten Kapitals decken", und der Abgeordnete von Pappenheim führte an demselben Tage mit Bezug
auf den Wortlaut des § 9L, des jetzigen Z 19 folgendes aus: „Selbstverständlich bin ich der Ansicht, daß die Erhaltung des Rheines
auf seiner jetzigen Fahrtiefe mit unter die Kosten fällt, die nach dem Art. 54 der Reichsverfassung als außerordentliche Anlage (gemeint sind die Selbstkosten) zu gelten haben." Da der Abgeordnete von Pappenheim der Urheber des konservativen
Antrags
war,
durch den der Z
19
in das Gesetz vom 1. April 1905
hineingekommen ist, so hat sein Zeugnis dafür, daß nach der Absicht dieses
Antrags auch die Unterhaltungskosten durch Schiffahrtsabgaben aufgebracht werden sollten, gewissermaßen den Wert einer authentischen Auslegung *.
*
Stenograph. Berichte S. 9486 und 9502.
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Z 2.
287
Staatliche Schiffahrtsanstalten.
Die Bestimmung der Selbstkostengrenze für den einzelnen Anwendungs fall ist nicht nur von der halb wirtschaftlichen, halb rechtlichen Frage, welche
Aufwendungen zu den „Unterhaltungs- und gewöhnlichen Herstellungskosten" gerechnet werden können und müssen,
und örtlichen Momenten abhängig.
sondern ebenso sehr von räumlichen
Die Kostenberechnung, deren Ergebnis
für jene Wertgrenze maßgebend ist, kann sehr verschieden ausfallen, je nach
oder „besondere Anstalt", das Substrat der Ab
dem man die „Anstalt"
gabenerhebung, das Objekt der „Benutzung", als weitere oder engere Einheit
auffaßt, und die „Erleichterung des Verkehrs", für welche die Schiffahrts
abgaben den Gegenwert bilden, auf einzelne örtliche Bauwerke oder Ein richtungen oder auf größere zusammenhängende Gruppen von Schiffahrts
anstalten bezieht. sich
gegenseitig
Es zeigt sich auch hierbei wieder, daß alle diese Begriffe
bedingen und beeinflussen.
Eine „Anstalt" muß der „Be
nutzung" fähig sein, sonst ist sie keine Anstalt im Sinne des Gesetzes.
Die
„Erleichterung des Verkehrs" muß hinsichtlich der Ausdehnung des Begriffs
der „Benutzung" entsprechen, weil der Nutzen eben darin besteht, daß die natürlichen Hemmnisse der Verkehrsbewegung durch menschliches Eingreifen
— Bauten werden.
oder Verwaltungseinrichtungen —
beseitigt
oder
vermindert
Die Abgaben sind der Gegenwert für die Verkehrserleichterung und
Benutzung; sie dürfen deshalb
auch
grundsätzlich
nur
auf die verkehrs
fördernde und benutzte Anstalt bezogen und nach ihren Selbstkosten berechnet werden.
Im Sinne dieses Kausalzusammenhanges von Leistung und Gegen
leistung ist der Anstaltsbegriff von der Praxis bei Häfen und Wasserstraßen in sehr weitem Sinne aufgefaßt worden, wobei allerdings nicht immer sach
liche Gründe, sondern zuweilen auch Zufälligkeiten der historischen Entwicklung bestimmend
waren.
Am einfachsten liegen die Verhältnisse im allgemeinen
bei den Häfen, wo die örtliche Begrenzung der abgabepflichtigen Anstalt
für die Berechnung der Selbstkosten in der Regel keine Schwierigkeiten macht.
Man
hat
hierbei alle
im Hafengebiet
vorhandene
Bauten und sonstige
Einrichtungen, Molen, Ufereinschnitte, Kais, Krane und sonstige Hebezeuge
oder Ausladevorrichtungen, Hafenschleusen, Bojen, Baken, Leuchtfeuer und andere Anlagen als wirtschaftliche Einheit betrachtet.
Es kommen auch Fälle vor, wo herkömmlicherweise Wasserstraßen mit
den
an ihrem Endpunkte
liegenden
Häfen
als
wirtschaftliche
Einheiten
hinsichtlich der Kostenberechnung und Tarifbildung behandelt worden sind; Beispiele hierfür sind die Häfen Swinemünde und Pillau mit den an
schließenden Wasserstraßen über das Stettiner und Frische Haff. Im übrigen hat man zusammenhängende Schiffahrtswege, von sehr bedeutender Länge,
auch solche
bei der Aufstellung von Einträglichkeitsbe
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V.
288
Die Höchstgrenze für die Bemessung der Schiffahrtsabgaben.
rechnungen und Abgabentarifen regelmäßig als große Verkehrsanstalten an gesehen.
Das ist sowohl bei eigentlichen Kanälen als auch bei kanalisierten
und regulierten Flüssen
zwar auch in solchen Fällen, wo
geschehen, und
einzelne Teile einer Wasserstraße oder
eines Wasserstraßennetzes bedeutende
Verschiedenheiten hinsichtlich der Verkehrsverhältnisse und der Selbstkosten Das wichtigste Beispiel hierfür ist das weitverzweigte Netz der
aufwiesen.
märkischen Wasserstraßen zwischen Elbe und Oder mit dem Mittelpunkte Berlin, das bei einer Gesamtlänge von fast 1200 Km seit beinahe hundert
Jahren — solange überhaupt das Gebührenprinzip
auf die Schiffahrtsab
gaben dort angewendet wird — hinsichtlich der Selbstkostendeckung als wirt schaftliche Einheit angesehen worden
ist.
Ebenso
ist die kanalisierte Oder
von Kosel bis zur Neißemündung mit den Stauänlagen bei Brieg, Ohlau
und Breslau und dem um die letztere Stadt herumgeführten Großschiffahrts
wege zusammen als eine einheitliche Verkehrsanlage in tarifarischer Hinsicht behandelt
worden.
Dasselbe
gilt für den eigentlichen Dortmund—Ems-
Kanal mit der kanalisierten Ems und dem Seitenkanal Oldersum—Emden an der Emsmündung.
Wollte man in äußerlicher Anwendung der Verfassungsvorschrift, wo nach „Abgaben nur für die Benutzung besonderer Anstalten" erhoben werden
und „die zur Unterhaltung und gewöhnlichen Herstellung der Anstalten und Anlagen erforderlichen Kosten nicht übersteigen"
dürfen,
die Selbstkosten
rechnung für einzelne Staustufen oder Haltungen eines Kanals oder kanali
sierten Flusses, für einzelne Abschnitte eines regulierten Stroms oder für einzelne Linien eines zusammenhängenden Wasserstraßennetzes besonders auf machen, so würde man zu sehr verschiedenen Ergebnissen kommen und für
einzelne Strecken Schiffahrtsabgaben von ganz verschiedener Höhe erheben müssen.
Für die märkischen Wasserstraßen ist diese Forderung auch von
solchen Kreisen, welche nur an bestimmten Linien mit niedrigem Anlage
kapital und
geringen laufenden Kosten
stets abgewiesen worden *.
ein Interesse haben,
erhoben aber
Die individuelle Bestimmung der Selbstkosten
grenze für die einzelnen örtlichen Schiffahrtsanstalten, die schließlich doch in ihrer Aneinanderreihung ein zusammenhängendes System darstellen, würde
nicht nur das jetzt durch gegenseitige Übertragung und Ausgleichung vorteil* Im Jahre 1903 ist bei den märkischen Wasserstraßen die bis dahin un bekannte Einteilung in Wasserstraßen erster und zweiter Ordnung mit verschiedenen Tarifsätzen eingeführt worden. Sie beruht aber nicht auf der Verschiedenheit der Selbstkosten, sondern auf einer Abstufung nach der Leistungsfähigkeit. Die Selbst kostengrenze wird nur für das Gesamtnetz durch Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben des ganzen Systems bestimmt.
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H 2.
Staatliche Schiffahrtsanstalten.
289
der Gesamteinnahmen zu den Gesamtausgaben
Hafter gestaltete Verhältnis
verschlechtern, sondern auch
eine
scheckigkeit der Tarife erzeugen. den idealen Vorteil einer
dem Verkehrsinteresse
Bunt-
nachteilige
Diese praktischen Nachteile würden durch
größeren Annäherung an das Prinzip der wirt
schaftlichen Gerechtigkeit nicht ausgewogen werden.
Die Schiffer, welche eine
— von ihrem Standpunkte aus zufällig — besonders teuere Staustufe oder Kanalstrecke durchfahren müssen, würden es schwerlich verstehen
wenn man
ihnen dort höhere Abgaben abforderte, als bei anderen Staustufen und auf
anderen Strecken derselben Wasserstraße zu zahlen sind; denn ihnen erscheint diese Wasserstraße als das, was sie für den Verkehr auch ist, nämlich als zusammenhängende Einheit.
Ein
auffälliges einer
Trennung
Beispiel für die aus
äußerlichen
zusammenhängenden Wasserstraße
Gründen
schiedene Teile bietet die Unterweser von Bremen bis zum Meere.
von Bremen
Strecke
bis Bremerhaven
wird
erfolgte
in zwei tarifarisch
ge
Auf der
nach dem Reichsgesetz vom
5. April 1886 eine Schiffahrtsabgabe erhoben, welche das Entgelt für die
dort vorgenommene Vertiefung und Begradigung des Fahrwassers bildet, während durch das von den drei Weseruferstaaten ohne besondere reichs gesetzliche Ermächtigung vereinbarte Feuer- und Bakengeld die Vertiefung
des Fahrwassers von Bremerhaven bis zum Meere, außerdem aber auch die
Betonnung, Bebakung
und Befeuerung des ganzen
unteren Weser bis Bremen aufwärts bezahlt wird. wird
beide
für
besonders
Stromabschnitte
bestimmt;
für
und
Gruppen
Schiffahrtsweges
der
Die Selbstkostengrenze von
das Fahrwassergeld oberhalb
Schiffahrtsanstalten Bremerhaven
von
und Bakengeld durch
Verständigung der
Wenn das Preußische Gesetz vom 1. April 1905
die Erhebung von
Bremen allein, für das FeuerUferstaaten.
Schiffahrtsabgaben „auf den im Interesse der Schiffahrt regulierten Flüssen" vorschreibt
und
diese
Abgaben
so
bemessen
haben
will,
daß
die
Auf
wendungen des Staates für die „Verbesserung oder Vertiefung jedes dieser Flüsse" Deckung finden, so kann in der hier angewendeten Wortfassung wohl ein Hinweis für die künftige Ausführung des Gesetzes in bezug auf die
Bestimmung der Selbstkostengrenzen und die Bildung
gefunden werden. fingierte
Einheit
der
Abgabentarife
Es sollen nicht sämtliche Flüsse des Staates hierbei als
behandelt,
sondern
die
erforderlichen
Berechnungen
für
* Denselben Standpunkt würden jedenfalls die beteiligten Städte, Kaufmann schaften und Industriellen einnehmen. Schriften OXV. - Erster Teil.
19
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290
V. Die Höchstgrenze für die Bemessung der Schiffahrtsabgaben.
jeden Strom — oder jedes Stromgebiet —
einschließlich der in gleichem
Maße schiffbaren Nebenflüsse besonders aufgemacht werden.
Eine
Berechnungsweise
solche
würde
auch
der
Billigkeit mehr entsprechen, wie die Zusammenfassung
Zweckmäßigkeit
und
aller Stromgebiete
mit ihren sehr stark abweichenden wirtschaftlichen Verhältnissen; zumal die in
Betracht kommenden, von der Saar bis zur Memel in weiter Entfernung auseinanderliegenden, zum großen Teile völlig voneinander getrennten Wasser straßen als einheitliches Netz nicht angesehen werden können.
8 3Nichtstaatliche Schiffahrtsanstalten. Nach dem Wortlaut der Bundesverfassung und des Zollvereinsvertrages soll die Beschränkung der Schiffahrtsabgaben auf die Selbstkostengrenze —
soweit künstliche Wasserstraßen in Betracht kommen — nur für staatliche
Unternehmungen gelten.
Es ist aber mit sehr großer Wahrscheinlichkeit an
zunehmen, daß die Absicht des Gesetzgebers einerseits nicht so weit reichte, wie
es
nach
der
Wortfassung
den
Anschein
hat,
anderseits
darüber
hinausging.
Die Absicht war die Heranziehung des Privatkapitals zum Bau von Schiffahrtsanstallen
durch
Eröffnung einer Gewinnmöglichkeit;
zu
diesem
Zwecke brauchte aber eine solche Möglichkeit nicht auch den Gemeinden und Gemeindeverbänden
gewährt zu
werden.
Von ihnen konnte man erwarten
und verlangen, daß sie öffentliche Verkehrsanlagen, deren Herstellung zugleich
im kommunalen Interesse lag , * Selbstkostendeckung
würden.
auch unter der Voraussetzung der bloßen
ausführen und
nach
Diese Auffassung hat auch
—
dem Gebührenprinzip
verwalten
in Preußen wenigstens — durch
den Gang der Entwicklung eine gewisse Bestätigung gefunden.
Denn dort
ist jenes Prinzip durch das Tarifhoheitsrecht des Staates und später durch die Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893 auch für
kommunale
Schiffahrtsanstalten vollständig eingebürgert und durchgeführt.
Unter der Herrschaft dieses Prinzips haben insbesondere die Städte Neuß
und Rheinberg die als Erftkanal und Rheinberger Kanal bezeichneten Rhein arme ausgebaut,
indem sie aus den Schiffahrtsabgaben ihre Selbstkosten
einbrachten oder einzubringen suchten, und ganz neuerdings hat der Kommunal-
* Ohne das Vorliegen eines kommunalen Interesses ist der Bau einer Wasser straße oder eines Hafens durch einen Gemeindeverband anderseits nicht gut denkbar.
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Z 3.
Nichtstaatliche Schiffahrtsanstalten.
291
verband des Kreises Teltow unter gleicher Voraussetzung einen Kanal von der Havel zur Oberspree südlich von Berlin mit großen Mitteln hergestellt. Für Preußen handelt es sich also praktisch nicht um den Gegensatz von staatlichen und nichtstaatlichen, sondern um die Unterscheidung von privaten und öffentlichen Schiffahrtsanstallen, wobei die kommunalen als mittelbar
staatliche behandelt und den eigentlich fiskalischen gleichgestellt werden. Anderseits fehlt es an jedem ersichtlichen
Grunde dafür, das Reiz
mittel der Gewährung einer Gewinnmöglichkeit dem Privatkapital gegen
über,
wenn man dessen Heranziehung
im Interesse der Entwicklung der
deutschen Schiffahrtsinteressen überhaupt für notwendig oder wünschenswert
hielt, auf die Wasserstraßen zu beschränken und nicht auch für den Hafen Daß man im Jahre 1867 auch das letztere gewollt
bau nutzbar zu machen.
hat, ist trotz der zu engen Wortfassung in den gesetzlichen Vorschriften kaum zu bezweifeln.
Es läßt sich aber auch aus der Praxis nachweisen.
Trotz
der Bestimmung der älteren Zollvereinsverträge, welche den Grundsatz der
Selbstkostendeckung für alle Wasserstraßen und Häfen ohne Unterschied der
Eigentumsverhältnisse ausstellten, hatte der einer Aktien-Gesellschaft gehörige Duisburger Rheinhafen in den fünfziger und sechziger Jahren hohe Divi
denden gebracht; die Gesellschaft hatte 1855
je 10, 1858 15,
bis 1857
1859 und 1860 je 10,
1861 12, 1862 30, 1863 10 und seitdem stets
7 vom Hundert verteilt *.
Der Duisburger Hafen — heute der erste Binnen
hafen der Welt — war schon damals einer der größten und bedeutendsten im preußischen Staate;
seine hohe Verzinsung
den Akten jener Zeit nachweisen läßt,
vollkommen
bekannt.
Niemand
solches für damalige Zeit
konnte
war,
sich
wie
auch aus
bei den Zentralbehörden in Berlin
auf
Gedanken
den
kommen, ein
sehr bedeutendes Privatunternehmen nach dem
Inkrafttreten des Art. 54 der Bundesverfassung im Jahre 1867 auf Selbst
kostendeckung zu reduzieren.
Noch weit auffallender ist die Tatsache, daß man bei dem Abschluß der Rheinschiffahrtsakte, die im Gegensatze zur Bundesverfassung und zum
Zollvereinsvertrage
doch nur einen beschränkten Kreis von verhältnismäßig
leicht übersehbaren
Schiffahrtsanstalten
Duisburger Hafens und seiner
unternehmung nicht erinnerte. beschränkt
sie
alle
zu
Eigenschaft
als sogar
sich
des
gewinnbringende Privat
Die Akte behandelt
auf Selbstkostendeckung,
hatte,
berücksichtigen
alle Häsen gleich und noch in einer — der
Bundesverfassung gegenüber — scheinbar verschärften Form.
* Vgl. „Der Duisburger Hafen 1826—1888 von vr. Feodor Göcke."
Duis
burg 1888, F. H. Nieten.
19*
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V. Die Höchstgrenze für die Bemessung der Schiffahrtsabgaben.
292
Die preußische Regierung hat weder bei der Emanation der Verfassung und
des
Zollvereinsvertrages
Rheinschiffahrtsakte
von
1867
noch
bei
die Meinung gehabt, daß sich
der
Publikation der
hinsichtlich der Selbst
Sonst hätte sie bei staatlichen,
kostengrenze bei den Häfen etwas ändere.
kommunalen und privaten Häfen eine allgemeine Revision der Tarife an ordnen müssen, was sie aber nicht getan hat. In der Folgezeit sind in Preußen mehrfach Privathäfen für den öffent
lichen Verkehr angelegt und Abgabentarife für solche erlassen worden. einem dieser Fälle — es
In
handelte sich um den Flößereihafen bei Brahe
münde an der Weichsel — wurde auch die Rechtsfrage erörtert und in dem
Sinne entschieden, der
richtig
daß der Grundsatz der bloßen Selbstkostendeckung nach
verstandenen
künstliche Wasserstraßen,
Willensmeinung
des
Gesetzgebers
nicht nur für
sondern auch für künstliche oder durch Bauten ver
besserte Häfen unanwendbar sei, soweit diese Anstalten von privaten Unter nehmern hergestellt und verwaltet würden.
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VI.
Die Iahlungspflicht.
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liber die Verpflichtung zur Zahlung der Schiffahrtsabgaben an
den
Die
Erhebungsberechtigten enthält das öffentliche Recht keine Vorschriften.
Verwaltung hält sich der Regel nach an den Schiffsführer,
zieht von ihm
die Abgaben ein und überläßt ihm den Rückgriff an Dritte.
Das gilt auch
von denjenigen Schiffahrtsabgaben, die nicht vom Schiff und seiner Tragfähig keit oder feinem Raumgehalt, sondern von der Ladung zu entrichten sind
Ob man die Abgabe nach dem einen oder dem anderen Maßstabe berechnet,
ist eine bei der Tarifbildung zu beantwortende praktische Frage; rechtliche Natur der Abgabe ist sie ohne Bedeutung.
für die
In früheren Jahr
zehnten dachte man freilich anders; die tief eingewurzelte Abneigung gegen die der Regel nach von der Ladung erhobenen Binnenzölle machte sich viel fach auch nach der Richtung geltend, daß man Schiffahrtsabgaben nach Gewicht und Gattung der beförderten Güter wegen dieser äußeren Ähnlich
keit mit jenen Zöllen perhorreszierte und möglichst vermiedDiese Tendenz tritt in den Verhandlungen der Nationalversammlung zu Frankfurt aus den Jahren 1848 und 1849, aber auch
gierungen,
vielfach
hervor.
So
in der Stellungnahme der Re
die
beantragten
Regierungen
in
ihrer
Kollektivnote vom 23. Februar 1849 zum Entwürfe der Reichsverfassung aus dem die Seeschiffahrtsabgaben betreffenden 8 22: „Die Abgaben, welche —
von den Schiffen und deren Ladungen für die Benutzung der Schiffahrts
anstalten
erhoben
werden"
usw. die
Worte
„und
deren
Ladungen"
streichen, weil Abgaben auf die Schiffsladungen Eingangszölle seien.
zu
„Es
wäre ja nicht ausgeschlossen, Schiffe mit Ladungen von großem Volumen
und geringem Werte niedriger zu tarifieren, wie denn bisher schon Schiffe
in Ballast niedrigere Schiffsabgaben entrichteten.
Die Berechnung der Ab
gabe müsse aber nach dem Schiffsräume erfolgen."
Der Verfassungsausschuß
* Abgesehen natürlich von denjenigen Abgaben, die erst im Augenblick der Ausladung fällig werden und die Gegenleistung für die Benutzung der Entlöschungs einrichtungen darstellen. Diese Gebühren werden, ebenso wie diejenigen für die Ein ladung von den Ladungsinteressenten eingezogen. 2 Vgl. S. 180 u. 188-190 dieser Arbeit.
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VI.
296
Die Zahlungspflicht.
sprach sich dann aber auf Wunsch von Hamburg und Bremen für die Bei behaltung jener Worte aus,
nicht zu befürchten sei.
weil die Ausartung solcher Abgaben in Zölle
Die der Reichsgewalt vorbehaltene Genehmigung
der Tarife biete hiergegen die erforderlichen Bürgschaften
Auch die Darstellung der älteren preußischen Verwaltungspraxis S. 168
bis 197 läßt diese mißtrauische Abneigung gegen Schiffahrtsabgaben von der Ladung erkennen.
Sie war sachlich nicht gerechtfertigt und ist jetzt längst
verschwunden; im Gegenteil ist man gerade auf Betreiben der Schiffahrts beteiligten in letzter Zeit immer mehr zu dieser Art der Tarifbildung über gegangen.
der Schiffahrtsabgabe ist von der
Das staatsrechtliche Wesen
Art der Abgabenberechnung ebenso unabhängig wie das Wesen des Binnen
zolls.
Man konnte und kann beide vom Schiffsraum oder von der Ladung
oder auch nach einem kombinierten System erheben; entscheidend ist nur die Festhaltung oder Außerachtlassung der Selbstkostengrenze.
Verschieden von der Frage, wer seitens der Verwaltung wegen Zahlung der Schiffahrtsabgaben in Anspruch genommen wird, ist die der Verpflichtung
zur endgültigen Tragung dieser Gebühren.
Sie ist durch dispositives Zivil
recht geregelt, und zwar in ß 65 des Reichsgesetzes, betreffend die privat-
rechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt, vom 15. Juni 1895 in Ermangelung
einer
besonderen Vereinbarung
die Hafen-,
wonach
Schleusen-,
Kanal- und Brückengelder sowie Lotsengebühren dem Frachtführer zur Last
fallen, während er Ufer-, Kran- und auslagung
von
den Frachtbeteiligten
Wiegegelder im Falle ihrer Ver-
zurückfordern kann.
Für die See
schiffahrt bestimmt ß 621 des Handelsgesetzbuchs, daß Lotsengeld, Hafengeld und Leuchtfeuergeld unter der gleichen Voraussetzung vom Verfrachter allein getragen werden müssen. Dem Staate oder sonstigen Erziehungsberechtigten gegenüber besteht
sowohl in der Binnen- wie in der Seeschiffahrt eine dingliche Haftung des
Schiffes für alle Schiffahrtsabgaben.
(H 102 des Binnenschiffahrtsgesetzes,
tz 754 des Handelsgesetzbuchs.)
Die Einziehung fälliger Schiffahrtsabgaben
in anderen Bundesstaaten
ist nach dem Reichsgesetz vom 9. Juni 1895 über den Beistand bei Ein ziehung von Abgaben und Vollstreckung von Vermögensstrafen
zulässig.
Ob es zweckmäßig und aussichtsvoll wäre, die Verpflichtung nicht nur
zur Zahlung, sondern auch zur Tragung der Schiffahrtsabgaben durch eine * Vgl. Verhandlungen der Nationalversammlung von Wigard, Band VIl S. 5446 und Band VIII S. 5748 und 5749. 2 N.G.Bl. 1898 S. 868. a Reichsges.Bl. S. 256.
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VI. Die Zahlungspflicht. öffentlichrechtliche Vorschrift zu regeln, nächst durch Gesetzgebung
297
ist sehr zweifelhaft.
Wer auch zu
oder Verwaltung hierbei in Anspruch genommen
wird; an dem Streben nach Abwälzung der Abgabenlast aus einen anderen kann er nicht gehindert werden.
Die schließliche Verteilung der Lasten wird
immer eine wirtschaftliche Machtfrage bleiben, das Ergebnis eines Jnter-
essenkampfes, Nachfrage
der
bei
zwischen
der
dem
Feststellung der Frachten durch Angebot und
Transportgewerbe
Hervorbringern oder Kaufleuten
könnte
der Ausgang
anderseits
dieses Kampfes
einerseits
und
Verbrauchern,
ausgefochten wird.
Immerhin
einigermaßen von der Gesetzgebung
durch Aufstellung von Grundsätzen oder Regeln beeinflußt werden, wie er
tatsächlich auch beeinflußt wird durch Handelsgebräuche. jetzt,
Solche bestehen schon
namentlich in der Seeschiffahrt, vielfach in dem Sinne, daß Abgaben
von der Ladung in der Regel den Empfänger und Versender, Abgaben vom
Schiff dagegen den Reeder treffen.
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VII. Die Rheinschiffahrtsakte.
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9ie allgemeinen Gründe dafür, daß Schiffahrtsabgaben
also auch
jeder Art,
Fahrwaffergelder, mit den Vorschriften der Rheinschiffahrtsakte
vereinbar sind, ergeben sich aus den historischen und rechtlichen Ausführungen
der bisherigen Abschnitte dieser Arbeit.
Die historische Untersuchung ergab die Identität des Rechtsinhaltes der Akte mit dem der Verfassung und des Zollvereinsvertrages.
Von ent
scheidender Bedeutung für diese Beweisführung war der Mangel eines Anlasses, einerseits zur Änderung des eben erst geschaffenen Rechtszustandes,
anderseits
zu verschiedener Rechtsbildung für den Rhein und die anderen
deutschen Ströme.
Daß bei Abschließung
des Elbzollvertrages von 1870
kein anderes Recht als das der Rheinschiffahrtsakte — in bezug auf die
entscheidende Frage der Zulässigkeit von Befahrungsabgaben — geschaffen werden sollte, ist auf S. 19 besonders nachgewiesen worden.
Und wenn es trotzalledem irgendwelche Gründe sachlicher oder politischer Art gegeben hätte, welche dazu nötigten, den Rhein und seine Schiffahrt
einem Sonderrecht zu unterstellen, so wäre die Erwähnung und Erläuterung dieser Tatsache bei den Verhandlungen über das Zustandekommen der Akte sicherlich angezeigt, bei ihrer Vorlage an den preußischen Landlag notwendig
gewesen.
Notwendig auch dann, wenn die Abweichung von dem für alle
anderen Flüsse geltenden Rechtszustande nur darin bestanden hätte, daß man
sich in der Ausnutzung des verfassungsmäßig für Schiffahrtsabgaben
ge
währten Spielraumes durch den Staatsvertrag beschränken wollte.
Die rechtlichen Gesichtspunkte
ergeben
sich
im wesentlichen aus der
grundsätzlichen Verschiedenheit zwischen Binnenzöllen und Schiffahrtsabgaben, sowie ferner aus dem allgemeinen
Charakter des Anstalts- und Anlage
begriffes.
Die große Wrchtigkeit des Gegenstandes und die überragende Bedeutung des Rheins für die deutsche Binnenschiffahrt — seine Verkehrsleistung in Tonnenkilometern ist etwa ebensogroß wie die aller anderen Wasserstraßen
zusammen — machen aber die Beschränkung
auf jene allgemeine Beweis-
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Die Rheinschiffahrtsakte.
VII.
302 führung unmöglich.
Es ist vielmehr notwendig, außerdem noch die Ent
stehungsgeschichte der Akte und das innere Gefüge ihrer Vorschriften zum Gegenstände einer besonderen Untersuchung zu machen und jeden irgendwie
erreichbaren Auslegungsbehelf, der zur Aufklärung der Rechtsfrage geeignet
erscheint, mit heranzuziehen.
*
* Was
zunächst
Verhalten
der
die Entstehungsgeschichte
deutschen Regierungen
Gesichtspunkt und das Bestreben, die
landen
gegenüber
als
so
anbetrifft,
war für das
bei den Vertragsverhandlungen der
bisherigen Binnenzölle den Nieder
Negoziationsmittel
zu
benutzen,
in
erster Reihe
maßgebend.
Dieser Gedanke war allerdings nicht nur naheliegend, sondern für den
der
Beobachter
historischen
Entwicklung
geradezu
selbstverständlich;
denn
schon in den Jahren 1848 und 1849 hatte er in den Verhandlungen über die Beseitigung der Flußzölle eine große Rolle gespielt.
Insbesondere hatte
die Minderheit des volkswirtschaftlichen Ausschusses der Nationalversammlung
in ihrem „Erachten I zu dem Versassungsparagraphen 26" * gegenüber dem Drängen der radikalen Mehrheit gewarnt:
„Es würde unpolitisch sein, diese Flußzölle mit einem Federstriche für immer
und
gänzlich
aufzuheben,
anstatt
sie
jenen
fremden
Staaten,
namentlich den Niederlanden gegenüber, als Unterhandlungsmittel zu ge brauchen."
Nun waren
zwar die Binnenzölle von der Rheinschiffahrt infolge der
Friedensverträge des Jahres 1866 seit dem 1. Januar 1867 äo iaeto be
seitigt.
Der preußische Unterhändler für den Abschluß der Rheinschiffahrts
akte erklärte aber nach dem Protokoll vom 23. Juli 1868, die deutschen Staaten hätten auf diese Zölle „keineswegs ohne weiteres verzichtet", wenn
sie auch deren Erhebung eingestellt hätten.
Die übrigen deutschen Vertreter
schloffen sich dieser Auffassung im allgemeinen an.
Der französische Vertreter scheint,
wenn er auch über die Auslegung
jener Friedensverträge keine Meinung haben und noch weniger Rechte aus ihnen herleiten konnte, doch im wesentlichen den deutschen Standpunkt unter
stützt zu haben.
Diese Annahme ist um so wahrscheinlicher,
als die von
den Niederlanden für den Verzicht auf die Zölle verlangte Gegenleistung
der gesamten Oberrheinschiffahrt, also auch der elsässischen, zugute gekommen
* Abgedruckt mit den stenographischen Berichten über die Sitzung der Ver sammlung vom 10. November 1848. Wizard, Band V S. 3220.
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VII.
wäre-
Die Rheinschiffahrtsakte.
Die Gegenleistung sollte nämlich darin bestehen,
303 daß die Nieder
lande ebenso wie alle anderen Rheinuferstaaten eine positive Verpflichtung
übernehmen sollten,
den Strom den steigenden Bedürfnissen der Schiffahrt
entsprechend nicht nur zu unterhalten, sondern auch weiter auszubauen. Die Rechtslage erschien in dieser Beziehung vom deutschen und wahr
scheinlich
auch vom französischen Standpunkte aus als nicht befriedigend.
Die damals
geltende,
für alle Rheinuferstaaten verbindliche Rhein
schiffahrtsordnung vom 31. März 1831 pflicht nicht.
kannte eine eigentliche Strombau
Nach Art. 67 dieser Urkunde waren die Staaten nur gehalten
„eine besondere Sorgfalt darauf zu verwenden, daß auf ihrem Gebiete
der Leinpfad überall in guten Stand gesetzt, darin gehalten und, so oft es nötig sein wird,
ohne einigen Aufschub auf Kosten desjenigen,
den
es angeht, wieder hergestellt werde, damit in dieser Beziehung der Schiff
fahrt nie einiges Hindernis im Wege stehe." Im übrigen erstreckte sich die Verpflichtung nur aus die Verhütung von
Nachteilen, die der Schiffahrt durch Schiffmühlen, Wehre und „sonstige Kunstanlagen" entstehen könnten, auf die Fürsorge für Öffnung der Schiff brücken, und auf die Hinwegräumung
„jedes anderen im Strombette selbst
vorkommenden Hindernisses der Schiffahrt, sofern dergleichenHindernisse von einem Mangel an der
gehörigen Stromaufsicht
und Instandhaltung herrühren." Neben diesm Vertragsfestsetzungen bestand noch eine besondere Abrede
über die Strombaupflicht in Art. 23 des Handels- und Schiffahrtsvertrages, den Preußen für sich und zugleich für den Zollverein am 31. Dezember 1851
mit den Niederlanden abgeschlossen hatte.
Dort war in Art. 23 vereinbart:
„Um sobald als möglich die Hindernisse zu entfernen, welche der Zustand der Ströme,
insbesondere zwischen Köln und Dordrecht und Rotterdam,
der Schiffahrt in den Weg legt, verpflichten beide Regierungen sich gegen
seitig, und zwar jede Regierung in betreff desjenigen Teiles des Rheins, welcher ihr Gebiet durchströmt,
den Lauf desselben berichtigen und
das Fahrwasser vertiefen zu lassen, um, insoweit es durch künstliche
Arbeiten
geschehen kann, zu allen Jahreszeiten eine
für beladene Fahrzeuge hinreichende Fahrtiefe zu sichern *." Nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung besteht eine sehr weit gehende,
nur durch das Maß des
technisch Erreichbaren begrenzte inter
nationale Verpflichtung zum Ausbau des Rheinstroms zwischen Deutschland und den Niederlanden für die Strecke oberhalb Rotterdam; eine Verpflichtung,
* Vgl. Preußische Gesetzsammlung 1852 S. 145.
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VII.
304 die
weder
hinsichtlich
Die Rheinschiffahrtsakte.
der Kostenfrage
noch
hinsichtlich
der
für
künftige
Strombaupläne maßgebenden Schiffsgefäße und Wasserstände an irgendwelche
Bedingungen und Einschränkungen gebunden ist.
Der Handels-
und Schiffahrtsvertrag
vom
31. Dezember 1851
ist
kündbar; von dem Kündigungsrecht ist bisher kein Gebrauch gemacht worden.
Er besteht infolgedessen — einschließlich der
hier in Betracht kommenden
Vorschrift des Art. 23 — heute noch zu Recht. Das Streben
gerichtet,
daraus
der deutschen Unterhändler im Jahre 1868
die
deren praktische Bedeutung durch erschien,
in
war
nun
in jenem Vertrage ausgesprochene Strombaupflicht,
die Kündigungsklausel stark beeinträchtigt
gleicher oder ähnlicher Wortfassung
in die unkündbare
neue
Rheinschiffahrtsakte zu übernehmen, um hierdurch eine feste Rechtsgrundlage
für die künftige Entwicklung der größten deutschen Wasserstraße und eine Sicherung dagegen zu erlangen, daß der Ausbau der niederländischen Strecke
gegenüber den Verbesserungsarbeiten in Deutschland zum Schaden der ge samten Rheinschiffahrt vernachlässigt oder verlangsamt werden könnte.
Für
das auf diesem Gebiete von den Niederlanden verlangte Entgegenkommen sollte
der
internationale Verzicht
auf
die Binnenzölle die Gegenleistung
bilden. Der preußische Standpunkt war in dem der niederländischen Regierung
mitgeteilten
Entwurf
zu
einer
revidierten
Rheinschiffahrtsakte
mit
den
Worten:
„1^68 parti68 eoutraetant68 8'6NAÄA6ut eliaeune pour I'otenäuo äo 8on territoiro a inettre 1e olioual et le ekeinin ä^iala^e en don ^tat et ä 1e8 maintenir äan8 eet etat" als Art. 30 zum Ausdruck gebracht worden.
Dieser Vorschlag drang jedoch
nicht durch, und nach langen, mühevollen Verhandlungen kam es schließlich zu einem Kompromiß, wonach die Strombaupflicht der Uferstaaten durch die Einschaltung eowine pour le PU88^ oder deutsch: (machen sich) wie bis her (verbindlich)
beschränkt werden sollte.
Diese Einschaltung macht auf
den ersten Blick den Eindruck einer eontraäietio
iu uHseto.
Denn eine
Verpflichtung, das Fahrwasser „in guten Stand zu setzen" oder mit anderen Worten für die Schiffahrt zu verbessern, war nach der Rheinschiffahrts
ordnung vom 31. März 1831 nicht vorhanden, und der Art. 23 des Ver trages vom 31. Dezember 1351 konnte, staaten galt,
weil er nicht für alle Rheinufer
in diesem Zusammenhänge — zwischen den Kontrahenten der
„revidierten Rheinschiffahrtsakte" — nicht in Betracht kommen.
Anderseits
ist es nach dem Gange der Verhandlungen ausgeschlossen, daß die nicht nur mangelhafte, sondern geradezu die Vertragsabsicht verdunkelnde Fassung des
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VII.
Die Rheinschiffahrtsakte.
305
jetzigen Art. 28 lediglich einem der Flüchtigkeitsfehler, wie sie in der Rhein
schiffahrtsakte leider vielfach vorkommen,
ihre Entstehung verdankt.
man hinsichtlich der Strombaupflicht nur den status c^uo
Hätte
ante aufrecht
erhalten wollen, so hätte man sich schließlich auch die Mühe einer neuen Vertragsabrede und Wortfassung ersparen können.
Außerdem deuten die Be
stimmungen im vorletzten und letzten Satze des Art. 28: „Auf Stromstrecken, welche noch nicht hinreichend in den Stand gesetzt sind und deshalb ein veränderliches Fahrwasser haben, wird
letzteres von der Regierung, in deren Gebiet die Stromstrecke belegen ist, kenntlich durch Baaken bezeichnet werden.
Befinden sich solche Stromstrecken in den Gebieten zweier sich gegen
überliegender Uferstaaten, so trägt jeder von ihnen die Hälfte der Anlage- und Unterhaltungskosten",
doch daraufhin, daß eine gewisse Verbindlichkeit hinsichtlich des künftigen
Ausbaues der Wasserstraße übernommen werden sollte. Es bleibt also kaum eine andere Erklärung übrig als die, daß man
eine unklare und mehrdeutige Ausdrucksweise gerade wegen dieser Eigen schaften gewählt hat, um sachliche Meinungsverschiedenheiten zu überwinden
oder vielmehr zu verdecken; wobei hinsichtlich der Wortfassung eine Art von saeriüeiurn intolleetus dargebracht wurde.
Demgegenüber ist der Art. 3 der Akte, welcher die deutsche Gegen leistung in Gestalt des internationalen Verzichtes auf die Binnenzölle ent
hält,
vollkommen
klar
und
deutlich.
Niederlande von hohem Werte.
Diese Gegenleistung
war
für
die
Sie bestand nicht nur in einer unmittel
baren Entlastung der sehr lebhaften niederländischen Rheinschiffahrt, sondern auch in einer mittelbaren, sehr bedeutenden Förderung der Handelsinteressen von Rotterdam und Amsterdam — um hier nur die wichtigsten nieder
ländischen Seehäfen
zu
Die Entwicklung dieser Häfen ist und
nennen.
war schon damals von dem Umfange ihrer Verkehrsbeziehungen zum deutschen Hinterlande durchaus abhängig.
Durch die spontane Beseitigung der deutschen
Binnenzölle hatten diese Beziehungen Intensität viel gewonnen,
ebenso
an geographischer Ausdehnung und
wie sie heute
viel gewinnen würden,
wenn etwa die Mainkanalisierung nach Aschaffenburg, die Neckarkanalisierung nach Heilbronn, die Moselkanalisierung nach Lothringen und die Rhein
regulierung nach Basel zustande kommen sollten, und wie sie durch den Rhein—Weser-Kanal gewinnen werden, wenn nicht bei der Tarifierung der Kanalabgaben ein entgegengesetzter Einfluß geübt wird.
Vom Standpunkte
* Zum Teil auf Kosten der deutschen Nordseehäsen. Schriften 6XV. — Erster Teil.
20
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Die Rheinschisfahrtsaktte.
VII.
306
der heute in gewaltigem Maßstabe zunehmenden Seehandelsinteressen ist die ent
scheidende Frage überall dieselbe; es handelt sich um die Abgrenzung der merkan
tilen Einflußbereiche von Rotterdam und Amsterdam gegenüber den deutschen
Nordseehäfen und Genua. Grenzverschiebungen, wie sie damals durch Entlastung des Rheinverkehrs
andere Form
von Binnenzöllen
der
eintraten,
Verkehrsverbilligung,
Binnenwasserstraßen, herbeigeführt.
nämlich
heute
werden durch
den
durch eine
Ausbau
der
Insofern haben die holländischen See
häfen und mit ihnen das Königreich der Niederlande schließlich selbst ein hohes Interesse an der Entwicklung des Wasserstraßenbaues in ihrem deutschen
Hinterlande Trotz alledem gelang
es im Jahre 1868 nicht, durch die Konzession
des internationalen Verzichtes aus die Binnenzölle den Niederlanden gegen über — vielleicht weil man tatsächlich die Zölle vorher außer Hebung gesetzt hatte
— mehr zu erreichen als jener unklare und ohne Zweifel absichtlich
mehrdeutige Kompromiß
als völlig wertlos;
In der Praxis erwies sich dieser Kompromiß
denn die Niederlande haben später jede Verpflichtung
zur Verbesserung des Rheinstroms aus der Akte abgelehnt.
Dasselbe taten
die deutschen Staaten in ihren Beziehungen untereinander. Ob die deutschen Regierungen bei Unterzeichnung der Akte ein besseres
Ergebnis als das tatsächlich erreichte hinsichtlich der Sicherstellung des Aus baues der Wasserstraße erwartet haben und erwarten konnten, mag dahin
gestellt sein.
Denn die Enttäuschung solcher Erwartungen würde immer nur
als politischer Faktor in Betracht kommen, nicht aber die Rechtsgültigkeit
des Inhalts der Akte beeinträchtigen, insbesondere auch nicht die Rechts verbindlichkeit
der
deutschen
Konzession
in
Gestalt
des
Verzichtes
auf
Binnenzölle.
Hiernach ist die Rechtslage die, daß keine Strombaupflicht auf Grund der Akte besteht.
Es besteht nur eine Strombaupflicht aus dem Handels
verträge, dessen Art. 23 durch den Art. 28 der Akte nicht außer Kraft ge-
* Das analoge Interesse, welches der Seestaat Bremen an der Entwicklung
des Wasserstraßennetzes in seinem preußischen Hinterlande hat, betätigt er durch Übernahme von Zinsgarantien für die neuherzustellenden Kanäle. 2 Nach Nr. 206 der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" vom 3. September 1868 hatte die niederländische Regierung nicht einmal eine Vertragsvorschrift des Inhalts: „Die niederländische Regierung wird dafür Sorge ttragen, daß die Schiffahrt auf den Wasserwegen, welche die Verbindung des Rheins mit dem offenen Meere über Dordrecht, Rotterdam und Hellroetfluis vermitteln, nicht erschwert werde"
zugestehen wollen.
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VII.
Die Rheinschiffahrtsakte.
307
setzt werden sollte und auch — abgesehen von anderen Gründen — schon deshalb nicht außer Kraft gesetzt werden konnte, weil die Kontrahenten der
Akte und jenes Vertrages nicht dieselben waren. * verein
geschlossen,
dessen
Der letztere ist vom Zoll
Rechtsnachfolger jetzt
das Deutsche Reich
ist,
während die erstere von den einzelnen deutschen Rheinuferstaaten als solchen vereinbart wurde.
Jeder Teil, Deutschland und Niederland, kann sich von
dieser — in Deutschland allerdings den Einzelstaat, nicht das Reich treffenden — Baulast
kündigung.
einseitig
aber nur durch das Mittel der Vertrags
befreien,
Ob dieses Mittel zu dem etwa verfolgten Zwecke im Verhältnis
stehen würde, kann hier unerörtert bleiben. -i-
*
Die Bestimmungen über Schiffahrtsabgaben sind in dem logischen Auf bau der Akte und des Schlußprotokolls
auf zwei Gruppen verteilt;
eine
negative, welche gewisse Erhebungen verbietet, und eine zweite mit positivem Inhalt, welche — verteilt auf den Text der Akte und des Schlußprotokolls —
gewisse andere Abgaben zuläßt. Die negative Regelung ist in dem kurzen Satze des Art. 3 enthalten, welcher eine „lediglich auf die Tatsache der Beschiffung" begründete Abgabe untersagt.
Im französischen Texte ist der Gegenstand des Verbots bezeichnet
als „aueun äroit dasö unihueinent 8ur le kait äe 1a navigation".
Dieser
Text muß der weiteren Erörterung zugrunde gelegt werden, weil die Wort fassung einem französischen Vorbilde, dem Pariser Vertrage vom 30. März
1856, entlehnt ist.
Wie die Vergleichung mit dem auf S. 20 mitgeteilten
Texte des letzteren ergibt, ist der entscheidende Wortlaut — die Ausdrücke äroit und xsage sind synonym gebraucht — in beiden Urkunden völlig übereinstimmend. Diese Übereinstimmung enthält nicht nur eine Recht fertigung, sondern geradezu eine Nötigung für die Annahme, daß auch der
Sinn in beiden internationalen Vereinbarungen derselbe sein sollte.
Das
um so mehr, als die Gleichheit des Wortlautes nicht etwa auf Zufälligkeit, sondern, wie
aus
der
Entstehungsgeschichte
der
Akte
nachzuweisen
ist,
auf Absicht beruht. In dem ursprünglichen preußischen Entwurf vom Jahre 1867 lautete
die entsprechende Bestimmung, damals Art. 2, wesentlich einfacher: „Uour 1a navigation äu Ullin aueun äroit ne äoit etre xereu ni sur 1es llatiments ou 1eurs ellargeinents ni sur 1es raäeaux ou train8 äe
* Das Interesse an der besseren Schiffbarmachung der Rheinwasserstraße be steht auch bei anderen Zollvereinsstaaten, die nicht Rheinuferstaaten und deshalb nicht Signatarmächte der Rheinschiffahrtsakte sind, z. B. bei Württemberg 20*
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VII.
308
Die Rheinschiffahrtsakte.
dois/ — „Für die Befahrung * des Rheins darf eine Abgabe weder von
den Schiffen oder deren Ladungen noch von den Flößen erhoben werden." Vergleicht man mit diesem Wortlaut die schließlich, anscheinend auf Be treiben des französischen Vertreters,
gewählte,
aus dem Pariser Vertrage
entlehnte Fassung, so springt die der letzteren zugrunde liegende Absicht, das Verbot seines allgemeinen Charakters zu entkleiden und in seiner sachlichen
Wirkung einzuschränken, ohne weiteres in die Augen. Der Gegenstand
des Verbots ist nicht mehr aueun droit pour la
navigation, sondern aueun droit dass unihuomont sur le la it de la
navigation.
Wenn die Zusätze dass uuiyuement und sur le lait über
haupt irgendeinen Sinn haben sollen — anderenfalls hätte man sie doch wohl nicht gemacht, sondern den preußischen Entwurf einfach angenommen —, so kann er nur darin liegen, daß Befahrungsabgaben nicht unter allen Um
ständen unzulässig sein sollen. Voraussetzungen jemals
Wollte man sie unter keinen Formen und
gestatten,
dann
wäre
dieser Gedanke durch den
preußischen Vorschlag mit seiner kurzen, peremptorischen Fassung ohne Zweifel weit zutreffender zum Ausdruck gekommen.
Aus den Wandlungen, welche hiernach der Text des jetzigen Art. 3 im
Laufe der Verhandlungen erlitten hat, geht hervor, daß seine Anpassung an
Art. 15
des Pariser Vertrages
gewollt und beabsichtigt war.
erscheint das Auslegungsmaterial, welches in bezug
Demgemäß
auf diesen Art. 15
damals vorlag, und die Auslegung, die er auf Grund dieses Materials
damals schon erfahren hatte, auch auf die gleichlautende Vorschrift der Rhein schisfahrtsakte anwendbar.
Die näheren Ausführungen hierüber sollen in
dem die Donauschiffahrtsakte betreffenden folgenden Abschnitt gegeben werden; es sei hier aber kurz vorweg bemerkt, daß für die Donau von den beteiligten Mächten die Auffassung vertreten und betätigt worden war, daß Fahrwasser
gelder als Gegenleistung für Stromverbesserungen keine droits dasss uui^uement sur le kait de
la navigation und deshalb mit dem Art. 15 des
Pariser Vertrages vereinbar seien. Übrigens deutet auch der zweite Satz des Art.
3
der Rheinschiff
fahrtsakte,
„Ebensowenig ist auf diesen Gewässern oberhalb Rotterdam und Dordrecht
die Erhebung von Bojen- und Bakengeldern gestattet",
und
seine Beziehung
auf das im ersten Satze ausgesprochene Verbot von
Abgaben für die bloße Tatsache der Befahrung darauf hin, daß die Be-
Dieser Ausdruck ist ohne Zweifel besser wie der im vollzogenen Vertrage ge wählte, „Beschiffung"; zumal der letztere nicht auf die Floßfahrt paßt.
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VII. Die Rheinschiffahrtsakte.
309
Vorkehrungen und Einrichtungen, welche die Be
Nutzung von Anstalten,
fahrung erleichtern, grundsätzlich die Erhebung von Gebühren rechtfertigen, und daß eine solche Erhebung nicht als dass uniquement sur le lait äe
la navigation angesehen werden soll.
Denn wenn
die Meinung die
ge
wesen wäre, daß die Unzulässigkeit der Bojen- und Bakengelder eine Konsequenz
des
im ersten Satze ausgesprochenen Verbots darstelle, so
hätte die An
knüpfung des zweiten Satzes nicht mit „ebensowenig", sondern etwa mit „insbesondere" erfolgen müssen.
Der Gebrauch des ersteren Ausdrucks läßt
erkennen, daß man Gebühren als Gegenleistung für Schiffahrtsverbesserungen
grundsätzlich nicht verwerfen,
aber in
bezug auf Bojen- und Bakengelder
eine besondere Regelung eintreten lassen wolltet * -ft Die zweite, positive Gruppe von Vorschriften über Schiffahrtsabgaben
findet sich einerseits in Art. 27 der Akte, anderseits im Schlußprotokoll zu Art. 3.
Auch diese Vorschriften sind
wesentlich verändert.
gegenüber dem preußischen Entwurf
Er hatte nur örtliche Gebühren, welche für die Be
nutzung von Umschlags- und Lagereinrichtungen in den Freihäfen sowie in
den übrigen Hafenstädten entrichtet werden sollten, vorgeschlagen, während der Entwurf des Schlußprotokolls Bestimmungen über die Schiffahrtsabgaben
überhaupt nicht enthielt. Auch hier traten im Laufe der Verhandlungen wesentliche Änderungen ein, und zwar ebenfalls im Sinne der Eröffnung
eines größeren Spielraums für die Erhebung von Schiffahrtsabgaben. Einschränkung
abgaben
des in Art.
entsprach
Erhebung von
leistungen.
eine
3
ausgesprochenen
Erweiterung der
Gebühren
Verbots von Befahrungs
positiven
als Entgelt für
Der
Vorschriften über
Verbesserungen
und
die
Verkehrs
Demgemäß wurden in dem jetzigen Art. 27 die ursprünglich
vorgesehenen Höchstsätze für Hafenabgaben beseitigt, und es wurde ferner in das Schlußprotokoll zu Art. 3
ein ausdrücklicher, nach Form und Inhalt
sehr weitgehender Vorbehalt hinsichtlich der
„für die Benutzung künstlicher
Wasserstraßen oder Anlagen, wie Schleusen und dergl., zu entrichtenden Gebühren"
ausgenommen.
Ein solcher Vorbehalt war angesichts der un
zulänglichen, viel zu engen Fassung des Art. 27 allerdings notwendig.
Denn
die Hafenstädte wollten und mußten nicht nur die Kosten ihrer Umschlags und Lagereinrichtungen, sondern sämtliche Aufwendungen für ihre Schiff
fahrtsanlagen durch Gebühren decken, und dasselbe Bestreben hatten selbst verständlich alle anderen Besitzer von Häfen, namentlich auch die Duisburger
Hafenaktiengesellschaft, von der bereits auf S. 291 die Rede war.
Aber
auch die Staaten waren nicht gesonnen, ihre Sicherheitshäfen dem Verkehr Vgl. S. 19 dieser Arbeit.
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VII.
310
Die Rheinschiffahrtsakte.
gebührenfrei zur Verfügung zu stellen.
Ihre Benutzung war etwas von der
bloßen Tatsache der Befahrung durchaus Verschiedenes.
Wollte man nur für diese Schiffahrtsanlagen die Möglichkeit der Selbst
kostendeckung durch Abgaben wahren, so hätte man das durch eine verhältnis mäßig geringfügige Änderung des Art. 27 oder durch eine wesentlich kürzere,
auf örtliche Verkehrsanstalten beschränkte Bemerkung im Schlußprotokoll Wenn man sich damit nicht begnügte, sondern dem Vor
erreichen können.
behalte im Schlußprotokoll zu Art. 3 Fassung
fähig
gab
—
die Bezeichnung
eine so weitgehende und allgemeine
aller „künstlichen Anlagen" als abgabe
erinnert an die elausula Aenerulis der Zollvereinsverträge von den
„Anstalten, die zur Erleichterung des Verkehrs bestimmt sind"
—, so ist
dies kaum anders zu erklären als durch die Absicht, hinsichtlich der Zulassung von Schiffahrtsabgaben
denselben Nechtszustand zu schaffen oder vielmehr
zu erhalten, wie er in Art. 54 Abs. 4 der Bundesverfassung bestand.
Zulassung von
Die
Abgaben für die Benutzung von Schiffahrtsverbesserungen
jeder Art entsprach zugleich der Analogie des Pariser Vertrages von 1856 und der Donauschiffahrtsakte von 1858; die Festhaltung und Durchführung
dieser Analogie im Schlußprotokoll war, nachdem man sie einmal für die
grundsätzliche Regelung der Frage im Art. 3
der Rheinschiffahrtsakte ge
wählt hatte, nicht nur naheliegend, sondern gewissermaßen selbstverständlich. Auffallend ist die Erwähnung
Stelle des Schlußprotokolls. der
Rheinschiffahrtsakte
auf
der künstlichen Wasserstraßen an dieser
Denn die Beschränkung des Geltungsgebiets
natürliche
Wasserstraßen
liegt
gewissermaßen
schon in ihrem Namen und ist überdies in Art. 1 bis 4 noch ausdrücklich festgestellt, und zwar dahin, daß außer dem Rhein und seinen Nebenflüssen
noch
die Waal,
der
Leck und die Verbindungen nach dem Meere über
Dordrecht, Rotterdam, Hellvoetsluis und Brielle den Vorschriften der Akte
unterliegen.
Alle diese Wasserstraßen sind im historischen Sinne natürlich,
und da nach Art. 2 und 3 auch etwaige künstliche Schiffahrtswege, welche
als Ersatz
für einen der vier letzterwähnten dem Verkehr eröffnet werden
sollten, abgabenfrei
bleiben würden, so
kann die Bemerkung im Schluß
protokoll zu Art. 3 auch auf solche Ersatzwasserstraßen Ebensowenig kann an künftig zu
sich nicht beziehen.
bauende, in den Rhein oder in Neben
flüsse des Rheins einmündende Kanäle gedacht sein; denn daß solche Wasser
straßen, etwa der Rhein—Weser- oder Rhein—Schelde-Kanal, nicht unter die Akte fallen können, ist doch wohl selbstverständlich. auch
Anderseits ist es aber
ausgeschlossen, daß die Erwähnung der künstlichen Wasserstraßen an
jener Stelle auf einem Lapsus beruhte; die Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß man dabei an Erscheinungen dachte, die schon vorhanden waren, und
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Die Rheinschiffahrtsakte.
VII.
311
deren Wiederholung oder Erneuerung im Bereich der Möglichkeit lag.
Als
solche Erscheinungen kommen, auf preußischem Gebiete wenigstens, nur die und
bei niedrigen
mittleren Wasserständen
Zusammenhänge*
anderem
Betracht, welche jetzt und
mehrfach
mehr
nicht
erwähnten
Altarme
durchströmten,
in
des Rheins
in
schon seit längerer Zeit nur noch als Zugangs
wasserstraßen zu ehemaligen Uferplätzen dienen, durch künstliche Mittel offen
gehalten, vielfach auch geradezu als Kanäle bezeichnet und seit langer Zeit
als Gegenstände der Abgabenerhebung behandelt werden.
Daß sie Bestand
teile der Rheinwasserstraße sind, unterliegt weder vom historischen noch vom hydrographischen Standpunkte
aus irgendeinem Zweifel;
auch unter den Geltungsbereich der Rheinschiffahrtsakte.
sie
fallen
also
Daß jedenfalls die
preußische Regierung bei Unterzeichnung der Akte an diese Wasserstraßen
— an den sogenannten Erftkanal, den Rheinberger Altarm und den alten Rhein von Brienen bis Schenkenschanz — gedacht hat, ist wohl mit einiger
Sicherheit daraus zu schließen, daß sie die Schiffahrtsabgaben dort weiter erhob oder ihre Weitererhebung gestattete.
Eine Rechtsgrundlage für dieses
Verfahren läßt sich nur aus der Bestimmung im Schlußprotokoll zu Art. 3
der Akte, soweit deren Inhalt neben dem der Reichsverfassung und des Zollvereinsvertrages
hierbei in
Betracht
jene künstlich offen gehaltenen Altarme
entnehmen.
kommt,
Sind
aber
„künstliche Wasserstraßen", so
ist
damit im Grundsätze anerkannt, daß natürliche Wasserstraßen zu künstlichen,
im Sinne jenes Schlußprotokolls, werden können.
Freilich kommt hierauf
wenig oder gar nichts an, wenn man dem Begriff der abgabefähigen „künst
lichen Anlage"
denjenigen weiten Sinn und Umfang
zuerkennt,
den
er
offenbar haben sollte. eigentümliche
Eine
Schlußprotokolls
Erscheinung
zu Art. 3,
in
bietet
welchem
der der
erste
Satz
unter U
des
preußische Bevollmächtigte
bemerkt: „daß werde,
auf
der Ruhr noch
eine geringfügige Schiffahrtsabgabe erhoben
daß es in der Absicht liege, diese binnen kurzem in Wegfall zu
bringen,
daß er aber die Bestimmung des Zeitpunktes seiner Regierung
vorbehalten müsse." Es ist nicht recht ersichtlich, weshalb hier die Beseitigung der Ruhr schiffahrtsabgaben verheißen wird.
Die Meinung, daß diese Abgaben gegen
die Bestimmungen der Akte verstießen, kann dafür nicht bestimmend gewesen sein; denn die Ruhr war kanalisiert und die Abgaben waren — mit einer
praktisch ganz unwichtigen Ausnahme für die kurze Mündungsstrecke unter-
i Vgl. S. 50, 262, 270, 271, 272.
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VII.
312
Die Rheinschiffahrtsakte.
halb Mülheim — Schleusengebühren.
Solche Gebühren waren aber in der
Akte ausdrücklich für zulässig erklärt.
Nun gab es auf der Ruhr neben sieben staatlichen noch drei im Privat
eigentum stehende Schleusen. waren,
als
Die Abgaben
die Rheinschiffahrtsakte
am
an den staatlichen Schleusen
17. Oktober
1868
unterzeichnet
wurde, schon seit drei Vierteljahren, nämlich seit dem 1. Januar 1868, durch Königlichen Erlaß vom 14. Dezember 1867
aufgehoben.
Die Ver
mutung spricht zunächst dafür, daß dies dem preußischen Bevollmächtigten bekannt war, daß er also die für Staatsrechnung erhobenen Abgaben nicht
gemeint hat.
nicht
Die Aufhebung der privaten Schleusenabgaben konnte er aber
„binnen kurzem" versprechen; denn sie war nur gegen Entschädigung
möglich und damals noch angeregt.
gar nicht in Angriff genommen oder auch nur
Sie ist auch nach dem Abschluß der Akte nicht angeregt oder in
Angriff genommen worden; vielmehr bestehen jene privaten Schleusengeld berechtigungen äe M-e bis auf den heutigen Tag, wenn sie auch durch den
Rückgang der Ruhrschiffahrt inzwischen ihre praktische Bedeutung allmählich verloren haben. In der Denkschrift, mit welcher die Rheinschiffahrtsakte im November
1868 dem preußischen Landtage zur Genehmigung vorgelegt wurde,
findet
sich hierüber der Satz:
„Zum Schlußprotokoll unter Nr. IIL wird bemerkt, daß die Ruhrschiff
fahrtsabgabe
durch
den Allerhöchsten Erlaß
vom
12. Dezember 1867
vom I. Januar d. I. ab aufgehoben worden ist." Demnach muß
gleichwohl angenommen werden, daß jene Bemerkung des
preußischen Bevollmächtigten sich auf die staatlichen Abgaben bezog und einem — allerdings sehr auffälligen — Flüchtigkeitsfehler ihre Entstehung verdankt. -lr rl-
Über den die Schiffahrtsabgaben betreffenden Inhalt der Rheinschiff fahrtsakte ist in Nr. XVII des Jahrgangs XXVI des preußischen Ver-
waltungsblattes vom 21. Januar 1905 licht worden, welcher hinsichtlich
ein Aufsatz
von Küster veröffent
der Rechtsfrage zu ganz anderen Ergeb
nissen kommt.
Küster stellt fest, daß die Akte ein völkerrechtlicher Vertrag sei, und fährt dann fort: „Eine Kündigungsfrist ist nicht vorgesehen, so daß einer jeden der ver
tragsschließenden Parteien das Recht zusteht, von dem Vertrage jeden Augenblick zurückzutreten."
Wäre diese Schlußfolgerung richtig, so stünde der Einführung von Schiff i Vgl. S. 229, 230.
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VII.
Die Rheinschiffahrtsakte.
313
fahrtsabgaben ein rechtliches Hindernis nicht im Wege.
Die Akte wäre im
Grunde genommen kein Vertrag, denn ein von jedem Kontrahenten jeder
zeit beliebig lösbares Verhältnis würde den Namen eines Vertrages kaum noch verdienen, und es würde nicht der Mühe lohnen, sich auf mühevolle Untersuchungen über den Rechtsinhalt der Akte einzulassen. folgerung ist aber unrichtig.
rechtslehrer
(vergl.
von
Jene Schluß
Ihr steht nicht nur die Meinung der Völker
Holtzendorff,
Handbuch
des
Völkerrechts
1887,
Bd. Ill S. 79 ff.; Heffter, Völkerrecht 1888, S. 216 ff.; von Martens, Völkerrecht 1883, Bd. I S. 425 ff.; Lonül8-I?aueüi1l6, Oroit international
xudlie 1901,
S. 474 ff.; von Liszt, Völkerrecht 1906, S. 179—180),
sondern auch die Praxis der Großmächte entgegen; denn als Rußland wäh
rend des deutsch französischen Krieges sich von der im Pariser Frieden von
1856 ihm auferlegten Neutralisierung des Schwarzen Meeres einseitig los sagte, erklärten die auf der Londoner Konferenz im Jahre 1871 versammelten
Mächte
dieses
Vorgehen
ausdrücklich
für völkerrechtswidrig.
Und
wenn
Bismarck in seinen „Gedanken und Erinnerungen" II S. 258, 259 sagt:
„Die elan8ula i-edu8 8ie 8tantidu8 wird bei Staatsverträgen, die Leistungen
bedingen, stillschweigend angenommen" und „Ewige Dauer ist keinem Ver trage zwischen Großmächten gesichert", so
hat er damit sicherlich nicht die
juristische, sondern die politische Seite der Frage erörtern wollen.
Im vorlegenden Falle kommt noch hinzu, daß aus den Verhandlungen
über die Entstehung der Akte die Absicht der vertragschließenden Teile, zu
einer dauernden und unwiderruflichen Regelung der Angelegenheit zu kommen, mit zweifelloser Klarheit hervorgeht'.
Es ist deshalb auch nicht nötig,
in
eine nähere Prüfung der Ansicht Küsters, daß die einseitige Auflösung der Rheinschiffahrtsakte unabsehbare Schäden oder „verderbenbringende Folgen" für
das wirtschaftliche Leben im Rheingebiete herbeiführen würde, hier einzutreten. Im übrigen ist gegen die Ausführungen Küsters der Einwand zu er heben, daß sie zwei wesentliche Momente nicht berücksichtigen, nämlich erstens das historische, welches aus der Anlehnung des Art.
1856 und aus der Interpretation dieses
Vertrag von
3
an den Pariser Vertrages in der
Donauschiffahrtsakte sich ergibt, und zweitens das staatsrechtlich-wirtschaftliche, dessen Bedeutung in der fundamentalen Verschiedenheit von Binnenzöllen
und Schiffahrtsabgaben beruht.
ohne Rücksicht
auf
die Höhe
Daß neben den früheren Binnenzöllen, die
der Wasserbaukosten
erhoben
wurden,
zur
Deckung von allerlei fernliegenden Rentenansprüchen dienten und eine wichtige
Finanzquelle darstellten, nicht noch Gebühren für die Benutzung von Durch
stichen
und
anderen
Stromverbesserungen
erhoben
werden
konnten,
r Vgl. S. 304.
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war
VII.
314
Die Rheinschiffahrtsakte.
allerdings nicht nur Rechtens, sondern
auch in der Natur der Dinge be
gründet; daraus folgt aber nicht, daß nach Abschaffung dieser Binnenzölle
auch Schiffahrtsabgaben
sollten.
im Rahmen der Selbstkostendeckung unzulässig sein
Eine dahingehende Absicht der Gesetzgeber und der vertragschließenden
Mächte versteht sich nicht von selbst, sondern bedarf des positiven Beweises. Es war kein besonderer Vorbehalt notwendig, um den Signatarmächten der
Akte nach Abschaffung der Binnenzölle das Recht auf Schiffahrtsabgaben für Fahrwasserverbesserungen — vorhandene oder künftig auszuführende — zu
erhalten, so
wenig ein solcher Vorbehalt bei Unterzeichnung des Pariser
Vertrages von 1856 für notwendig erachtet worden war.
Die Vermutung
spricht für die Erhaltung der Bewegungsfreiheit der Staaten; ihre Autonomie
auf allen Gebieten,
auch auf dem der Erhebung von Schiffahrtsabgaben,
wird durch den Vertrag nur insoweit beschränkt,
als die Absicht der Ein
schränkung klar nachzuweisen ist. Da nach der Akte nur eine
Leinpfadsbaulast, aber keine eigentliche
Strombaulast besteht, so sind alle Fahrwasserverbesserungen im Sinne der Akte freiwillig.
Sie geben einen Anspruch auf Erhebung von Schiffahrts
abgaben auch dann, wenn man die auf Grund vertragsmäßiger Verpflichtung auszuführenden Anstalten als nicht abgabefähig ansehen will ; * ob man dabei einen Übergang von der natürlichen zur künstlichen Wasserstraße bei sehr starker Verbesserung der ersteren annehmen will oder nicht, ist für das
praktische Ergebnis gleichgültig.
Um die Unmöglichkeit oder doch hohe Unwahrscheinlichkeit der von ihm
bestrittenen Rechtslage zu demonstrieren, zieht Küster aus ihr gewisse Schluß folgerungen, deren Verkehrtheit die Unrichtigkeit der Prämissen dartun soll. Er sagt zunächst:
„wenn ein
Userstaat
ohne Vertragsverpflichtung Ver
besserungen des Fahrwassers vornähme, so sei das eine einseitige Handlung.
Diese einseitige Handlung
könne nicht die Wirkung haben, die Rechte der
Mitkontrahenten aus dem Vertrage aufzuheben und die Abgabenfreiheit in eine Abgabenpflicht zu verwandeln".
Das ist natürlich richtig, wenn die
Mitkontrahenten nach dem Vertrage die Abgabenfreiheit nicht nur für die
bloße Tatsache der Befahrung, sondern auch für die Benutzung von Schiff
fahrtsanstalten beanspruchen können;
aber
hierüber besteht ja
gerade die
Meinungsverschiedenheit. Eine weitere Folge wäre nach Küster „die Vernichtung der durchgehenden
Schiffahrt für alle Uferstaaten, welche sich der Abgabenerhebung nicht unter-
* Die Richtigkeit dieser Ansicht ist übrigens sehr zweifelhaft; dagegen spricht insbesondere der Inhalt des Art. 27.
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VII.
werfen wollen."
Die Rheinschiffahrtsakte.
315
Mit demselben Rechte könnte von der Königlichen Ver
ordnung vom 6. Juni 1904 ^, welche für Kraftwagen die Chausseegeldpflicht einführte, gesagt werden, daß hiermit der durchgehende Verkehr für alle Nachbarstaaten Preußens, welche sich der Abgabe nicht unterwerfen wollen,
vernichtet wird.
Der ganze Eisenbahn- und Schiffsverkehr wäre für die
jenigen, welche die jetzt geplanten Fahrkarten- und Quittungsstempel zu ent richten sich weigern sollten, unmöglich.
In diesem Zusammenhänge kann
es, wenn die mit derartigen Betrachtungen nicht zu lösende Rechtsfrage bei
seite gelassen wird, doch nur darauf ankommen, ob der Verkehr die ihm angesonnene Belastung tragen kann oder nicht. Die Folge der hier vertretenen Nechtsanschauung ist
allerdings
„die
Zuerkennung des Rechts zur Abgabenerhebung an jeden Uferstaat, der eine nach seiner Ansicht als Verbesserung anzusehende Änderung vornimmt"; aber daraus ergibt sich nicht, wie Küster meint, „die Vereitelung des durch
die Nheinschiffahrtsakte angestrebten Zweckes".
Dieser Zweck besteht — so
weit die Abgabenfrage in Betracht kommt — in der Fernhaltung fiskalischer Fesseln nach Art der früheren Binnenzölle von der Nheinschiffahrt, nicht in der Behinderung der Staaten an der Selbstkostendeckung verbesserungen.
für Schiffahrts
In dem Schutz vor jenen Zöllen und in der Beschränkung,
des Hoheitsrechts der Uferstaaten auf die Erhebung von gebührenmäßigen Schiffahrtsabgaben lag ein großer Fortschritt in völkerrechtlicher Beziehung
und eine sehr wertvolle Errungenschaft für die rheinische Binnenschiffahrt. Es war derselbe Fortschritt und dieselbe Errungenschaft, die den von Preußen
allein beherrschten östlichen Binnenschiffahrtswegen, insbesondere dem wichtigen
und weitverzweigten Netze der märkischen Wasserstraßenschon im Jahre 1816 zuteil geworden war, nur mit dem Unterschied, daß dort nach Be
seitigung der Zölle die Schiffahrtsabgaben geblieben sind, während man am Rhein die letzteren nicht eingeführt hat.
Daß die Erhebung der Schiffahrts
abgaben nach verschiedenen Tarifen in den einzelnen Uferstaaten unbequem sein könnte, ist zuzugeben; es müßte im gegebenen Falle eine Verständigung
hierüber angestrebt werden, die jedenfalls viel leichter zu erreichen wäre als in früheren Jahren unter der Herrschaft der Binnenzölle, weil damals fiskalische Interessen der Einzelstaaten beteiligt waren, während jetzt diese Interessen zurücktreten würden. Übrigens haben auf der Saale bis vor 3 Jahren
noch verschiedene Abgabentarife für den preußischen und anhaltischen Anteil
des Flusses bestanden. * Preuß. Ges.S. S. 139. - Jetzt fast 1200 Kin Wasserstraßen mit 3 Millionen Mark Jahreseinnahmen aus Schiffahrtsabgaben.
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Die Rheinschiffahrtsakte.
VII.
316
Ebenso muß die Bemerkung Küsters:
„Wäre die Rheinschiffahrtsakte von der Ansicht, künstliche Wasserstraße
daß der Rhein
eine
geworden sei, ausgegangen, dann wäre der ganze
Vertrag gegenstandslos, und
der wichtigste Artikel (Artikel 3) verlöre
jede Bedeutung"
Es handelt sich hier um den prinzipiellen Gegensatz des
bestritten werden.
freien Genußgutes und seiner fiskalischen Ausbeutung zur schiffahrtsförder
lichen Anstalt oder — um die Ausdrucksweise der Akte zu gebrauchen — zur
„künstlichen Anlage"
und Schiffahrtsgebühr.
Das gegen jene Ausbeutung
hatte eine sehr große praktische
gerichtete Verbot
und staatsrechtliche Be
deutung.
Wenn Küster auf die Praxis bei Bachkorrektionen Bezug nimmt, um die Unzulässigkeit der Erhebung von Fahrwassergeldern für Rheindurchstiche
darzutun, so ist die Anwendung einer solchen Analogie doch wohl anfechtbar.
Küster will anscheinend den Bestimmungen des Schlußprotokolls nicht gleiche Wirkung mit denjenigen des offenen Vertrages beilegen; er bezweifelt,
„neue Bestimmungen über die Abgabenpflicht einzelner
daß dies Protokoll
korrigierter oder zu korrigierender Strecken des Rheins und seiner Nebenflüsse
hat treffen wollen, Bestimmungen, welche von einer so eminenten Bedeutung find, daß
Vertrag
sie als ein Hauptgegenstand der Verhandlungen in den
gerade
und nicht in die
erläuternden Bemerkungen hätten ausgenommen
Indessen haben die Bestimmungen des Schlußprotokolls
werden müssen".
ganz dieselbe Rechtswirkung wie die des offenen Vertrages; ihr gegenseitiges Verhältnis kann nur nach sachlichen Erwägungen
beurteilt werden.
Gründe für die Verteilung des Stoffes auf Vertrag und
sind zuweilen ganz
äußerlicher Natur.
Die
Schlußprotokoll
Im vorliegenden Falle lassen sie
aus der Entstehung der Akte sich mit einiger Wahrscheinlichkeit entnehmen.
Wie schon dargelegt worden ist, sind die Bestimmungen des ersten Entwurfs über Schiffahrtsabgaben im Laufe der Beratungen stark verändert und im
Sinne
einer
weitgehenden
Befugnis
erhebung ausgestaltet worden.
der Vertragsstaaten
zur
Gebühren
Es liegt einigermaßen nahe, daß man aus
Rücksichten der Courtoisie für die wichtigste Abänderung, die jetzt im Schluß
protokoll zu § 3 redungen und
enthaltene, die äußere Form der
erläuternden Bemerkungen"
dieser Bestimmung
in den
„Erklärungen, Verab
wählte und auf die Einfügung
eigentlichen Vertragstext
verzichtete,
um den
Schein zu wahren, als wenn von vornherein keine wesentlichen Meinungs verschiedenheiten bestanden hätten und von keiner Seite ein Nachgeben erforderlich gewesen wäre. Daß jene Änderung, wenn lediglich nach sachlichen
Gesichtspunkten zu entscheiden wäre, nicht in das Schlußprotokoll, sondern
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VII.
Die Rheinschiffahrtsakte.
in den Vertrag selbst gehören würde,
317
ist vollkommen zutreffend.
Aber es
muß dabei auch berücksichtigt werden, daß schon der erste Entwurf der Akte,
dessen Rahmen man bei den Verhandlungen möglichst festhielt, die Materie der Schiffahrtsabgaben
nicht im Zusammenhänge,
sondern
an
zwei
ver
schiedenen Stellen, nämlich in Art. 2 (jetzt 3) und 30 (jetzt 27) behandelte, auch von vornherein ein Schlußprotokoll Bestimmung über Schiffahrtsabgaben
vorsah.
Die neu hinzukommende
paßte in keinen jener Artikel
recht
hinein; so lag es vielleicht auch deshalb nahe, sie im Schlußprotokoll unter zubringen.
Es darf schließlich hierbei nicht außer acht gelassen werden, daß
die Rheinschiffahrtsakte ein mangelhaft abgefaßtes Vertragsinstrument
ist;
man muß den bei der Interpretation anzulegenden Maßstab nach dieser Tatsache einrichten.
Küster ist der Ansicht, daß in dem Artikel 29, der die Verständigung der Nachbarstaaten über die Ausführung von Strombauten vorschreibt, auch eine Vereinbarung über Schiffahrtsabgaben hätte vorgesehen werden müssen,
wenn die Erhebung solcher Abgaben überhaupt für zulässig erachtet worden wäre.
Die entgegengesetzte Willensmeinung der Vertragsstaaten sei ferner
auch daraus zu entnehmen, daß jegliche Verabredung über die Erhebungs
weise, Verteilungsmaßstab und Höhe einer etwaigen Schiffahrtsabgabe fehle. „Am besten aber"
wird nach Küster die Annahme von einer solchen Er
hebungsbefugnis der Uferstaaten „durch die Tatsache widerlegt, heute kein Uferstaat eine solche (Schiffahrtsabgabe) erhoben hat."
daß bis Dem
gegenüber muß bestritten werden, daß der Nichtgebrauch das Nichtvorhanden
sein eines Rechtes beweist.
Die Uferstaaten wollten, als sie die Akte ver
einbarten, tatsächlich keine Fahrwassergelder einführen, und deshalb haben sie auch keine Bestimmungen über die Erhebungsweise und Tarifbildung getroffen. Notwendig wären solche Bestimmungen nicht einmal dann gewesen, wenn Preußen damals
an die Einführung von Fahrwassergeldern in absehbarer
Zeit gedacht hätte; denn man hätte ohne besondere Schwierigkeit die Abgaben am Grenzübergange in Emmerich oder in den preußischen Ein- und Aus ladehäfen — gegebenenfalls auf Grund eines die Hafenstädte zur Übernahme des Erhebungsdienstes verpflichtenden Gesetzes — nach der durch Deklaration
der Schiffsführer zu ermittelnden tonnenkilometrischen Leistung für die preußische
Stromstrecke allein einziehen können. Ein praktisches Beispiel dafür, daß Uferstaaten in Staatsverträgen über Schiffahrtsverbesserungen an einer gemeinsamen Wasserstraße die Ver tragsabreden nicht auf die Schiffahrtsabgaben miterstrecken, obwohl sie von
der Zulässigkeit der Erhebung solcher Abgaben vollkommen überzeugt sind, bietet der zum Verkehrsgebiet der Rheinschiffahrt und zum Geltungsbereich
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VII.
318
Die Rheinschiffahrtsakte.
der Rheinschiffahrtsakte gehörige Main.
In dem von den vier Uferstaaten
geschlossenen Staatsvertrage vom 1. Februar 1883 *
über die Kanalisierung
des Mains von Gustavsburg bis Frankfurt werden die Schiffahrtsabgaben
nur ganz gelegentlich erwähnt, und zwar in der Bestimmung des Art. 13,
wonach derartige Gebühren oberhalb Frankfurt so lange nicht erhoben werden sollen, als für die Strecke unterhalb Frankfurt eine Erhebung nicht stattfindet. Auch in dem zweiten, die Staustufe Offenbach betreffenden Kanalisierungs
verlrage vom 15. Februar 1897?
ist über die Schiffahrtsabgaben nichts
weiter gesagt, als daß gewisse Fahrzeuge von geringer Tragfähigkeit, welche schon vor der Kanalisierung auf dem Main verkehren konnten,
gelassen werden sollen.
Im
abgabenfrei
übrigen haben die Mainuferstaaten
in bezug
auf Tarifbildung und Erhebungsweise nichts verabredet, sondern ihre Auto Preußen hat von ihr durch Einführung von Schiffahrts
nomie gewahrt.
abgaben
Gebrauch
gemacht,
während
seine
Hessen
Strecke
dem
Verkehr
abgabenfrei zur Verfügung stellt.
Wiltmack,
welcher in einem Aufsatze „Völkerrechtliche Bedenken gegen
die Einführung von Abgaben auf die Flußschiffahrt" im Archiv für öffent
liches Recht 1905 Band XIX S. 145 ff. auch die maßgebenden Bestimmungen der Nheinschiffahrtsakte einer juristischen Prüfung unterzogen hat, kommt zu ähnlichen Ergebnis wie Küster, weil er ebenfalls die Vertragsabrede
einem
des Art. 3
auf jegliche etwa aufzuerlegende Geldleistung, ohne Unterschied
der staatsrechtlichen und finanzwirtschaftlichen Grundlagen, bezieht.
Auf die
Untersuchung der Rechtswirkung, welche dem Schlußprotokoll zu Art. 3 in diesem Zusammenhänge beizumessen ist, geht er nicht ein.
Ebensowenig auf
die Bedeutung, welche die Auslegung der Worte „dass uniquemeut 8ur le
kalt
äe
1a
navigation
äu
üeuve"
durch
die Donauschiffahrtsakte vom
7. November 1857 für die Interpretation der Rheinschiffahrtsakte hat. -t-
*
Man hat aus dem Umstande, daß der die Zuständigkeit der Rhein
schiffahrtsgerichte regelnde Art. 34 der Akte nur „Klagen wegen Zahlung
der
Lotsen-Kran-Wage-Hafen-
sonstige andere
Abgaben
als
die
unerwähnt dort
und
läßt,
erwähnten
Diese Folgerung ist aber unzulässig.
Lagergelder, ohne sie in
Bohlwerksgebühren"
die
Folgerung
Abgaben
ziehen
ausgeschlossen
aufzählt und
wollen, sein
daß
sollten.
Die Akte selbst gestattet in Art. 27
Art. 32 zu nennen;
überdies würde die Ver-
* Preuß. Ges.S. S. 77. Preuß. Ges.S. S. 161.
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VII. Die Rheinschiffahrtsakte.
319
pflichtung zu Zahlung von Schiffahrtsabgaben in Preußen dem Rechtswege Dieser Rechtszustand bestand schon im Jahre 1868.
entzogen sein.
-p
*
Auf der Jahresversammlung des Vereins für Socialpolitik zu Mann
heim am
25. September 1905
hat Professor Gothein sich in einer Rede
über Schiffahrtsabgaben auch zur Rheinschiffahrtsakte geäußert. „Es
sind
Wichtigkeit.
Er sagte *:
gerade die internationalen Verhältnisse von allergrößter
Die Geschichte des Rheins zeigt uns, wie verhängnisvoll es
war, daß die internationalen Verhältnisse nicht genügend geregelt waren. Wir haben nun jetzt eine mustergültige Regelung; denn in juristischer
Beziehung bleibt sie musterhaft, und wir geben die gesicherte Position, die
wir haben, aus der Hand?" Man wird nach den vielfachen Kontroversen, welche bei der Auslegung
einzelner Vorschriften der Akte entstanden sind, die Meinung des Professors Gothein von der juristischen Mustergültigkeit der Akte nicht unwidersprochen
lassen können.
Ob sie mustergültig ist vom Standpunkte derjenigen, welche
durch ihre wirtschaftlichen Interessen auf die Erhaltung der Abgabenfreiheit der
Ströme —
auf
Erhaltung
des
jetzigen
Zustandes
der Ungleichheit
zwischen regulierten und kanalisierten Flüssen — angewiesen sind oder an
gewiesen zu sein glauben, kann man doch sehr bezweifeln, da eine unklare und
zweideutige Wortfassung
darbietet.
sicheren Schutz für solche Interessen
keinen
Vom wissenschaftlichen und vom praktisch-legislativen Standpunkt
ist sie sicherlich nicht mustergültig.
An vielen Stellen dieser Arbeit mußte
darauf hingewiesen werden, daß gerade der Text der Rheinschiffahrtsakte die sichere Erkenntnis des geltenden Rechtszustandes außerordentlich erschwert. Um nur an eine Frage zu erinnern:
man bezeichnete die Selbstkostengrenze
angesichts des von Unterhaltungs- und Herstellungskosten sprechenden Textes der
Verfassung
und
des
Zollvereinsvertrages
Beaufsichtigungskosten"
als
„Unterhaltungs-
und
und meinte — wie aus dem Verhalten der
Regierungen bei Ausführung der Akte hervorgeht — doch dasselbe.
Man
vergaß die Feststellung der Selbstkostengrenze bei den im Schlußprotokoll für
abgabefähig erklärten Schiffahrtsanstalten, und man vergaß ihre Ausschaltung
für die mit Privatkapital betriebenen Umschlagshäsen, von welchen selbst-
* Seite 73 des Verhandlungsberichts.
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320
VH- Die Rheinschiffahrtsakte.
verständlich
auch
nach
dem Inkrafttreten der Akte weiter
Geld verdient
wurde'.
Die Regelung wichtiger Verkehrsfragen durch einen Text, der so viel Lücken und Unklarheiten enthält,
daß die verständige Praxis der Vertrags
staaten ihn in vielen Punkten nachträglich ergänzen und berichtigen muß, ist — milde ausgedrückt — keine Musterleistung.
* Auch der französische Text der Akte zeigt Abweichungen vom Deutschen. Vgl. von Traut, Die Zentralkommission für die Rheinschiffahrt und ihre Recht sprechung. Frankfurt a. M. 1902, kroviäentia, S. 55—57.
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vm.
Die Donauschiffahrtsakte.
Schriften OXV. — Erster Teil.
21
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«H^enn
hier auf die Verhältnisse der Donau aus dem Gesichtspunkte
der Schiffahrtsabgaben noch besonders eingegangen wird, so erklärt sich das einerseits aus den nahen Beziehungen, welche zwischen Form und Inhalt der maßgebenden Vorschriften für Donau und Rhein
aber auch
Anteil,
würde
aus wirtschaftlichen Erwägungen.
den
Deutschland
bisher
eine Unterschätzung
an
bestehen,
anderseits
Der verhältnismäßig geringe
der Donauschiffahrt
genommen
hat,
ihrer Wichtigkeit für große deutsche Zukunfs-
interessen nicht rechtfertigen. Das meist sehr fruchtbare, durch widriges Geschick in seiner wirtschaft
lichen Entwicklung zurückgehaltene Tal der unteren Donau bietet noch Raum für eine außerordentliche Vermehrung der Bevölkerung, ihres Verbrauchs und
ihrer Hervorbringung.
Die steigenden Kulturbedürfnisse der Bewohner er
öffnen der deutschen Industrie die Aussicht auf ein lohnendes Absatzgebiet, und die dortigen Bodenerzeugnisse werden schon jetzt in ziemlich beträchtlichen Mengen
auf der Donau zu Berg befördert.
Die deutschen Eisenbahnen
haben erst kürzlich die Wichtigkeit dieser Schiffahrtsinteressen dadurch an
erkannt, daß sie der süddeutschen Donaudampfschiffahrtsgesellschaft ermäßigte Umschlagslarife nach Regensburg, Deggendorf und Passau gewährten.
Wenn
auch gegenwärtig die Seeschiffahrt zwischen dem Schwarzen Meere und den Nordseehäfen
den Güterverkehr des unteren Donaugebietes mit Deutschland
zu sehr billigen Frachtsätzen vermittelt, so acht zu lassen, daß die fortschreitende
ist anderseits doch nicht außer
Verbesserung des Fahrwassers der
Donau die natürlichen Vorzüge der Binnenschiffahrt:
geringeres Anlage
kapital für den Schiffskörper und niedrigere Personalkosten: mit der Zeit
zur Geltung bringen und die Güterbeförderung auf der Donau entsprechend verbilligen wird.
Dann wird auch die Donau eine immer größere Bedeutung
für die deutsche Volkswirtschaft gewinnen. Der schon auf S. 20—22 mitgeteilte Wortlaut der maßgebenden Bestim
mungen des Pariser Friedens vom 30. März 1856 und der Donauschiffahrts akte vom 7. November 1858 läßt erkennen, daß bei Vereinbarung der letzteren 21*
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VIII.
324
Die Donauschiffahrtsakte.
die Verbotsvorschrift des ersteren gegen „aueun peaZe dase uni quemont 8ur Ie tail äe la Navigation äu üeuvo" von den Uferstaaten nicht als
ein rechtliches Hindernis für Korrektionsabgaben irgendwelcher Art — ohne
Unterscheidung der für eine Stromverbesserung gewählten technischen Me thoden — insbesondere auch nicht als
ein Hindernis für Fahrwassergelder
Diese Frage ist damals nicht etwa leichten Herzens
angesehen worden ist.
und kurzerhand entschieden, sondern sehr gründlich und sorgfältig untersucht
worden.
Der bayrische Bevollmächtigte war zunächst keineswegs geneigt, sich der in der Akte schließlich zum Ausdruck gelangten, von Österreich und der Türkei
mit
Entschiedenheit
trages anzuschließen.
vertretenen
Interpretation
Seine Negierung war,
des
Pariser
Ver
und zwar vom Standpunkte
der Interessen des Oberliegers sehr begreiflicherweise, auf die Geltendmachung des Standpunktes
am Unterlauf der Donau nicht nur die
daß
bedacht,
Binnenzölle beseitigt, sondern auch alle Fahrwasserverbesserungen unentgeltlich dem Verkehr zur Verfügung
Frage
viel hin und
schließlich
gestellt werden müßten.
her verhandelt worden
zum Nachgeben.
Der
bayrische
war,
Nachdem über die entschloß Bayern sich
Vertreter, Ministerialrat
von
Daxenberger, hatte aus Wien am 30. August 1857 berichtet:
„Bei dem gegebenen Anlaß erlaube ich mir übrigens zur Sache selbst zu bemerken,
daß doch auch der französische Botschafter Baron Bourquenay
— wie ich persönlich
aus dessen Munde vernommen — kein Bedenken
trug, die Erhebung von Gebühren für außerordentliche Arbeiten auf der Donau ,zuzulassen'; und Baron Bourquenay war selbst an der Abfassung des Pariser Traktats beteiligt."
Es mußte hiernach mit der Wahrscheinlichkeit oder mindestens mit der
Möglichkeit gerechnet werden, daß Frankreich in dieser Auslegungsfrage den österreichisch-türkischen Standpunkt teilte,
was dann später auch tatsächlich
eintraf. Nach erfolgter Unterzeichnung der Donauschiffahrtsakte erschien ein österreichisches „Memoire" mit der ferneren Überschrift „Beleuchtung und
Begründung des Inhalts der Donauschiffahrtsakte".
Hierin wurde über die
Frage der Flußzölle und Schiffahrtsabgaben folgendes ausgeführt: „Insbesondere
glauben
wir
aber
die
Konzession
der
Gebührenfreiheit
hervorheben zu müssen, vermöge welcher die Uferstaaten auf die in ihren Hoheitsrechten
begründete Besteuerung des zu ihren Gebieten gehörigen
Stromes, auf die Einhebung irgendeiner Schiffahrtsgebühr für die Be nutzung des Fahrwassers ganz verzichten.
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VIII.
Die Donauschiffahrtsakte.
325
Wenn durch den Art. 21 neben der schon durch den Pariser Traktat
stipulierten Gebühr für die Stromarbeiten an den Mündungen auch noch die Einführung von ähnlichen Schiffahrtsgebühren für andere als notwendig
sich herausstellende Stromarbeiten für zulässig erklärt werden, so gehört das wesentlich zu denjenigen ganz im eigentümlichen Schiffahrt selbst gelegenen Vorsorgen,
Interesse der
welche die Verbesserung der
Schiffbarkeit des Stromes zum Zwecke haben, und welche bei größeren Ob
jekten — wie z. B. das Eiserne Tor und die Stromschnellen zwischen Orsowa
und Basiasch sind — nur dadurch gesichert werden konnten, daß auch die Möglichkeit zur Deckung der Ausführungskosten geöffnet blieb.
Es ist aber
ausdrücklich durch die sorgfältigsten Klauseln dieser Bestimmung dafür gesorgt,
eine solche Vergütungsgebühr nie diesen
daß
verlieren,
speziellen Charakter
nie in eine reine Staatsrevenue übergehen,
willkürlich eingeführt oder beibehalten werden könne.
nie einseitig und
Die obige Konzession
der Gebührenfreiheit steht somit ungefährdet aufrecht allgemeine und unwiderrufliche Stipulation für den
so bedeutenden Stromes wie die Donau um so bringen,
wenn man damit den diesfälligen
und ist
als eine
ganzen Lauf eines
höher
in Anschlag zu
Zustand auf den
konventionellen Flüssen auch nur oberflächlich vergleicht.
anderen
Es ist bekannt,
daß auf dem Rhein und auf der Elbe die dort bestehenden, höchst lästigen Schiffahrtsgebühren der vorzüglichste, ja fast der einzige Gegenstand jener lauten, immer sich steigernden und wohlbegründeten Beschwerden und Klagen
sind, welche man überall ertönen hört, und welche sich bisher fruchtlos von
einer Revisionskommission zur anderen fortschleppen, ohne eine gründliche Abhilfe zu finden.
In der Tat ist das dortige Gebührensystem so lästig,
den dermaligen entwickelten Kommunikationsverhältnissen
so
wenig ent
sprechend, daß es nicht nur die übrigen Freiheiten des Schiffahrtsbetriebes eines großen Teiles ihres praktischen Wertes beraubt,
sondern auch den
Handel wesentlich bedrückt und in der Benutzung der natürlichen Wasser straßen beirrt.
Von jeder solchen Belastung, ja von der Möglichkeit einer
solchen Belastung ist der Donaustrom durch die neue Schiffahrtsakte frei erklärt und dagegen für ewige Zeiten sichergestellt " Gegen die Donauschiffahrtsakte wurde nach ihrem Bekanntwerden von
den Signalarmächten des Pariser Vertrages eine Reihe von Einwendungen
erhoben.
nicht
Die Mächte waren der Ansicht, daß die Donauuferstaaten die Akte
ohne
dürfen,
weiteres
sondern
aus
eigener Machtvollkommenheit
vielmehr verpflichtet gewesen seien,
hätten
abschließen
den Entwurf vorher
ihnen — den Signatarmächten — zur Prüfung und Gutheißung vorzulegen. Außerdem erhoben sie Widerspruch
gegen verschiedene Vorschriften der Akte
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Die Donauschiffahrtsakte.
VUl.
326
als dem Geiste des Pariser Vertrages nicht entsprechend.
Diese sachlichen
Einwendungen richteten sich hauptsächlich dagegen, daß die Donauschiffahrt
nach der Akte nicht völlig für alle Flaggen freigegeben, sondern in gewissem
Umfange den Angehörigen der Uferstaaten vorbehalten sein sollte; trafen
noch
aber außerdem
sie be
anderen Gegenständen.
ganze Reihe von
eine
Es wurden auch nicht von allen Mächten die gleichen Beanstandungen erhoben. Eine an der Donauschiffahrt praktisch nicht interessierte Macht hatte — übrigens
Begründung — die Zulässigkeit von Fahrwassergeldern
ohne eingehendere aueun
unic^uomEnt 8ur le kait äs la navigation bezweifelt.
psag6 ba86
Diese
in Anbetracht des Verbots gegen
auf der Donau
oder Korrektionsabgaben
Kontroversen
formelle und
über die
sachliche Korrektheit der
Donauschiffahrtsakte gaben der französischen Regierung Anlaß zu einer im
Februar 1858 der bayrischen Regierung zugestellten Note, in welcher über die Frage der Schiffahrtsabgaben gesagt wird: „D'artiele XV
äu
etre
a
a88uMtie
prsvu6
article
1e8
äan8
traits äe Dari8 xorte, aueune
entrave
hue la navigation pourra
ni reäevanee,
8uivant8;
yui ne 8erait pa8
or 1e8 86ul8 äroit8, äont il 8oit
ciu68tion, ultsrieurement 8ont eeux, l^ui, en vertu äe l'art. XVI pourront etre 6xs8 par la eommi88ion Duropsenne pour l'entretien äe la navigabiüts
n'en
embouebure8
aux
pourrait
etre
stabli
äu Danube.
ä'autr68,
Vienne en imx1iliu6 la kaeults?
avoir
Daut il
eomme
en eonelure,
yu'il
l'art. XXI äe l'aete äe
D'68prit äuDraits ne 8aurait
eette ports 6 re8trietive.
11 8'68t prsoeeups 8peeial6-
ment äe Iaire8 äi8paraitre 1e8 ob8tael68 exi8tant8 a bomboueburo äu
Danube, et 1e8 äroit8, ^u'il a 8tipuls8 a eet eilet, ne peuvent etre ästourns8
äe leur äe8tination8.
Nai8 8i la navigation maritime 68t
partieulierement intere88se a la navigability äu ba8 Danube, la navi
gation
iluviale
ciu'eHe
reneontre
86mb1e,
ne
nee688air68
8ur
moin8 aux
ä, la äe8truetion
Dort68
äe
äe8 ob8taele8
ter. — 11 8erait,
ee
c^u'eHe lit 1e8 lrai8 äe8 travaux, qui 8eront ^ugs8
naturel,
permettre
1'68t pa8 notamment
ee
äe
point,
et
eoneilier
eette
1e8
eon8iäsration
artie1e8
XV
et
pour r ait XVI
äu
traits äu 30 Nar8 1856 avee 1'art. XXI äe 1'aete äe navi
gation."
Die Stellungnahme der französischen Regierung
besonders bemerkenswert und
in dieser Frage war
für die objektive Auslegung des Vertrags
willens wichtig, weil Frankreich einerseits den maßgebenden Einfluß auf die
Gestaltung des Vertragsinstruments vom 30. März 1856 geübt hatte und
anderseits
vom Jnteressenstandpunkt aus eher Anlaß zur Vertretung
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der
VIll.
entgegengesetzten
Auffassung
gehabt
französische Dampfergesellschaft *,
betrieb
oder
betreiben
327
Die Donauschiffahrtsakte.
wollte.
hätte.
Denn
es
gab
damals
eine
welche von Belgrad aus Donauschiffahrt Für
diese Gesellschaft wäre es,
zunächst
wenigstens, vielleicht erwünschter gewesen, wenn Korrektionsabgaben grund
sätzlich für unzulässig erklärt wurden.
Es ist ferner zu berücksichtigen, daß
die französische Negierung im übrigen sehr ernste Einwendungen gegen den Inhalt der Akte und gegen das hierbei von Österreich eingeschlagene Ver
Sie hatte keinen anderen Grund bei ihrem Eintreten für die
fahren erhob. Zulässigkeit
der
Korrektionsabgaben
als
den
ihrer
aufrichtigen
Rechts
überzeugung. Bon österreichischer Seite stellte man sich bei den weiteren Erörterungen auf denselben Standpunkt.
Die maßgebenden Bestimmungen der Donau-
schiffahrtsakte seien völlig korrekt und dem Geiste des Pariser Vertrages
entsprechend, weil sie jede eigentliche Steuer oder jeden Binnenzoll für die bloße Benutzung des freien Genußgutes der natürlichen Wasserstraße aus schlössen.
Die Zulassung von Korrektionsabgaben sei eine Betätigung der
schiffahrtsfreundlichen und schiffahrtsförderlichen Bestrebungen, welche in jenem
Vertrage durch die Bestimmungen über die Korrektion der Mündungsstrecke und
die Deckung der Kosten
Ausdruck
gefunden
hätten.
aus Schiffahrtsabgaben schon einen positiven Ohne
die
Möglichkeit
könnten Stromverbesserungen nicht zustande kommen.
solcher
Kostendeckung
Der wahre Sinn und
Zweck des Vertrages werde also durch die Akte nicht nur nicht durchkreuzt, sondern
im Gegenteil erfüllt und gefördert.
Sinn gehabt,
Es hätte keinen vernünftigen
der Uferstaatenkommission in Art. 17 Nr. 3 des Vertrages
die Anordnung der notwendigen Korrektionsarbeiten als Aufgabe zu stellen wenn man gleichzeitig in Art. 15 die praktische Möglichkeit zur Finanzierung
solcher Wasserbauten grundsätzlich abschneiden wollte Da die einzelnen Mächte in ihren Einwendungen gegen die Donau schiffahrtsakte nicht ganz übereinstimmten,
so traten sie in Paris zu einer
Konferenz zusammen und verständigten sich am 16. August 1858 über eine
Zusammenstellung derjenigen Bestimmungen der Akte, welche als dem Geiste des Vertrages von 1856 nicht entsprechend und deshalb der Abänderung bedürftig zu bezeichnen seien.
In dieses Programm der Beanstandungen wurden die
* Matthis, Magnau, Parrot u. Co. mit dem Sitze in Straßburg. 2 Die Argumente, mit welchen die österreichische Regierung damals ihren Standpunkt in sehr geschickter und wirkungsvoller Weise vertrat, decken sich fast voll ständig mit den Gedankengängen der modernen Befürworter von Schisfahrtsabgaben auf den natürlichen Wasserstraßen.
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VIII.
328
Die Donauschiffahrtsakte.
Fahrwassergelder für Stromverbesserungen, die durch Art. 21 der Akte aus
drücklich zugelassen waren, nicht ausgenommen
Der französisch-österreichische
Standpunkt, wonach solche Abgaben nicht dass unihuemont sur le kait äe
la navigation seien, war also durchgedrungen und offenbar von dem Areopag der Großmächte sanktioniert worden; in der Tat sind sie auch nicht auf die
Tatsache der Befahrung allein, sondern auf die Tatsache der Benutzung von
Schiffahrtsanstalten begründet, wenn man Anstalt und Benutzung in dem weiteren Sinn auffaßt, der in dieser Arbeit als dem Sprachgebrauch und dem Rechtsgedanken entsprechend nachgewiesen ist?. Von den Mächten, welche den Pariser Vertrag von 1856 unterzeichnet hatten, waren zwei, nämlich Frankreich und Preußen, auch Signatarmüchte
der Rheinschiffahrtsakte
von 1868.
Zu den letzteren gehörte auch Bayern,
das zwar an jenem Vertrage nicht beteiligt war, insofern anerkannt hatte,
ihn aber doch mittelbar
als es die durch den Pariser Vertrag den Ufer *
staaten zugewiesene völkerrechtliche Aufgabe übernommen schiffahrtsakte vom
7. November 1857
und die Donau *
unterzeichnet hatte.
In letzterem
Dokument hatte jedenfalls Bayern anerkannt, daß Fahrwassergelder für Strom
verbesserungen mit der Verbotsvorschrift gegen „aueun psago dass uni^uement sur le kait äe la navigation — diese Vorschrift ist in Art. 19 der
Akte übernommen und wörtlich wiederholt — vereinbar seien.
Es entsteht nun die Frage, ob Bayern, Frankreich und Preußen bei Unterzeichnung
der
Nheinschiffahrtsakte jener Vorschrift etwa eine andere
Bedeutung beigemessen haben, sie in anderer Weise verstanden wissen wollten, als sie im Jahre 1858
von den Traktatmächten verstanden worden war.
Diese Frage ist zu verneinen,
weil zu ihrer Bejahung kein Anlaß vorliegt.
Da der Elbzollvertrag vom 22. Juni 1870 mit der Nheinschiffahrts akte nach den Ausführungen auf S. 18 und 19 inhaltlich identisch ist, so deckt sich die hier vertretene Auslegung des ersteren vollkommen mit der in den Jahren 1857 und 1858 von Österreich in Übereinstimmung mit Frankreich und
schließlich mit allen Großmächten
verteidigten Rechtsanschauung, daß Fahr
wassergelder im Interesse der Entwicklung des Strombaues vernünftigerweise zugelassen werden müßten und wegen ihrer Eigenschaft als Gegenleistungen * Wiener Presse vom 30. Oktober 1858, äournal äs 8t. kstsrsdourg. 2 Die Donauuferstaaten waren angesichts der Haltung der Traktatmächte schließlich zum Nachgeben bis zu einem gewissen Grade bereit. Sie unterzeichneten am 1. März 1859 in Wien eine Additionalakte, welche den Wünschen der Mächte Rechnung tragen sollte; zur Ratifikation dieser Additionalakte ist es aber nicht gekommen, weil die wachsende Spannung zwischen Österreich und Frankreich bald darauf zum Kriege führte.
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VIII.
Die Donauschiffahrtsakte.
329
für Schiffahrtserleichterungen durch das Verbot bloßer Befahrungsabgaben nicht getroffen würden.
Oder, wenn man diesen Gedankengang in die Aus
drucksweise des Elbzollvertrages und der Bundesverfassung überträgt: Fahr wasserverbesserungen jeder Art sind „besondere Anstalten, die zur Erleichterung
des Verkehrs bestimmt sind". Sowohl in Österreich als auch in Bayern ist die Donauschiffahrtsakte als Gesetz veröffentlicht. Recht.
Sie ist also im heutigen Deutschen Reiche geltendes
Hiernach können Fahrwassergelder auf der deutschen Donau eingeführt
werden, wenn die übrigen Uferstaaten ihre Zustimmung geben; letztere Be
dingung ist freilich nicht beachtet worden, als Ungarn vor einigen Jahren
seinen Tarif für die Schiffahrtsabgaben am Eisernen Tore erließ
* Dieser Abgabentarif gilt ebenso wie derjenige für die Donaumündungen nicht in Deutschland, wenn er auch sür deutsche Schiffahrtsinteressen von Bedeutung ist. Mit Rücksicht auf diese Sachlage sind die dabei in Betracht kommenden Rechts verhältnisse hier nicht in den Kreis der Erörterung gezogen worden. Es mag jedoch auf eine schwer erklärliche Unstimmigkeit hingewiesen werden, die sich in den maß gebenden Vertragsbestimmungen hinsichtlich der Selbstkostengrenze findet; sie ist für die Mündungsstrecke einfach mit (pouv eouvviv) Is8 U-al8, für das Eiserne Tor aber mit den Worten I'sxtinetioii äs ia äetts bezeichnet. Hiernach würden — bei wörtlicher Auslegung wenigstens — im letzteren Falle die Unterhaltungs- und Betriebskosten nicht deckungsfähig sein; nach erfolgter Schulden tilgung müßte die Abgabenerhebung eingestellt werden.
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IX. Schlußwort.
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^as in den vorhergehenden Paragraphen gezeichnete Bild der Rechts
lage zeigt nicht überall klare und scharf gezogene Linien.
Die Umrisse sind
vielfach undeutlich und verschwommen; man erkennt sie nicht auf den ersten
Blick, sondern nur nach längerer, sorgfältiger Betrachtung*.
Das liegt teil
weise daran, daß den Begriffen, mit welchen die Gesetzgebung gearbeitet hat und arbeiten mußte, eine gewisse Unbestimmtheit immanent ist. Es beruht zum anderen, und zwar zum größten Teile aber auch darauf, daß die Form oder
vielmehr die Formen, in welchen
der gesetzgeberische Gedanke seinen Aus
druck fand, nicht immer glücklich gewählt waren.
Der Gedanke war, daß
für die Benutzung derjenigen Verkehrsmöglichkeiten, welche die Natur als freies Genußgut darbietet, kein Entgelt und für die Benutzung der
von
Menschenhand geschaffenen ein Entgelt nur im Rahmen der Selbstkosten Von diesem Standpunkte aus ist die Streit
deckung gefordert werden darf.
frage, ob natürliche Wasserstraßen zu künstlichen werden können, fast gegen standslos
weil die Bedeutung des Menschenwerks als Grundlage für den
Anspruch auf Gegenleistung dieselbe ist bei Kanalbauten, Flußkanalisierungen,
Stromregulierungen,
Hafenanlagen und allen
anderen Bauten und
richtungen, die den Interessen der Schiffahrt dienen.
Ein
Jede Trennung dieser
Bauten in solche mit und ohne Anspruch auf Entgelt würde eine Unbillig
keit bedeuten.
Von einer formalen Rechtsbildung, welche eine solche Trennung
aus irgendwelchen äußerlichen Gründen vornähme, würde das Wort gelten: 8UMMUN1 M8,
Trennung noch
8uwma
injuria.
In
der Tat ist weder die Absicht dieser
ein leitender Gesichtspunkt für die Abgrenzung der beiden
Gruppen deutlich erkennbar;
hier müßte aber ein klarer Nachweis erbracht
werden, weil die Vermutung gegen eine derartig systemlose und formalistische
Lösung spricht. Anderer Meinung ist die „Frankfurter Zeitung", die am 22. Februar 1906 schrieb: „Der Wortlaut des Art. 54 der Reichsverfassung ist völlig klar." 2 Sie behält Bedeutung nur noch für nichtstaatliche künstliche Wasserstraßen, deren es aber in Deutschland sehr wenige gibt; diese wenigen haben für den Verkehr
überdies eine geringe Wichtigkeit.
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334
IX.
Schlußwort.
So klar und einfach hiernach der gesetzgeberische Gedanke, so inkongruent und unsymmetrisch ist die Art seiner Verkörperung in den maßgebenden posi
tiven Rechtsvorschriften.
Diese sind in einer Mehrzahl von Texten enthalten,
die teils gleichzeitig, teils nacheinander bei verschiedenen Anlässen entstanden
Dabei ist es oft in Hast und Eile zugegangen; es sind offenbare
sind.
Omissionen vorgekommen, und man hat sich vielleicht nicht immer den Zu sammenhang mit entsprechenden Bestimmungen in anderen Gesetzen und Ver
trägen ganz klar gemacht.
Ein verhältnismäßig unbedeutendes Novum, die
Einschaltung einer Sondervorschrift für nichtstaatliche künstliche Wasserstraßen, gab im Jahre 1867 Anlaß zu einer Änderung des aus den Zollvereins
verträgen überlieferten Textes, wobei das schwer erklärbare Wort „besondere" vor „Anstalten" in den Wortlaut hineinkam, während es in dem fast gleich
zeitig entstandenen, inhaltlich identischen, im Satzgefüge allerdings sehr ver
schiedenen Text des Zollvereinsvertrages fortblieb. Bei
einem
so
schwierigen und unübersichtlichen Rechtsstoffe kann es
nicht wundernehmen, daß
sehr verschiedene Ansichten über seine Auslegung
laut geworden sind, auch von Regierungstischen in deutschen Volksvertretungen. Die beteiligten Staatsmänner und Regierungsvertreter sind bei der Er
örterung solcher Fragen nicht immer in der Lage, sich durch sorgfältiges Studium des Gegenstandes vorzubereiten; sie sind im Laufe parlamentarischer Verhandlungen nicht selten genötigt, zu improvisieren.
Man darf deshalb
an derartige Kundgebungen zu einer verwickelten Rechtsfrage
nicht
weiteres den Maßstab anlegen, daß sie ex eatlleära erfolgt seien wesentlich
solcher.
ohne Eine
größere Bedeutung hat die Stellungnahme einer Negierung als
In dieser Beziehung kann man vielleicht darüber zweifeln, welches
Gewicht der Stellungnahme des Bundesrats
und der Neichsverwaltung zu
den Fahrwasserverbesserungen und Fahrwasserabgaben auf der Unter- und
Außenweser beizulegen ist. für
die
rechtliche
Die preußische Staatsregierung hat jedenfalls
Zulässigkeit
von
sich
Fahrwassergeldern
ausgesprochen.
Sie hat es getan nicht nur bei einer ganzen Reihe von praktischen Anlässen durch Abschluß von Verträgen über Fahrwassergelder und durch Einbringung von Etatsforderungen für Fahrwasserverbesserungen, deren Unkosten durch
Abgaben
gedeckt
werden
sollten,
sondern
auch
durch
Kundgebung ihres grundsätzlichen Nechtsstandpunktes.
eine
ausdrückliche
Sie hat im Februar
* Sie sollen deshalb auch hier nicht zusammengestellt und wiedergegeben werden. Einzelne Äußerungen im preußischen Abgeordnetenhaus sind gefallen von
Miquel 23. März 1898, (Stenogr. Berichte III. 1919), 14. April 1899 (III. 1783), 18. April 1899 (III. 1883/4), Thielen 13. Februar 1902 (II. 1717).
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IX.
1904
im
preußischen
Schlußwort.
Abgeordnetenhaus
335
den
durch
öffent
Minister der
lichen Arbeiten sich dahin ausgesprochen: Die Erhebung von Schiffahrtsabgaben ist, wie der Herr Reichskanzler
bereits im Reichstage am
Reichsverfassung geregelt.
10. Dezember v. I.
erklärt hat, durch die
Der Artikel 54 bestimmt bekanntlich in seinem
vierten Absätze: „Auf allen natürlichen Wasserstraßen dürfen Abgaben nur für die Benutzung besonderer Anstalten, die zur Erleichterung des Verkehrs be
stimmt sind, erhoben werden.
Diese Abgaben sowie die Abgaben für die
Befahrung solcher künstlichen Wasserstraßen, welche Staatseigentum sind, dürfen die zur Unterhaltung und gewöhnlichen Herstellung der Anstalten und Anlagen erforderlichen Kosten nicht übersteigen."
Der hierin liegende Grundgedanke, daß die Befahrung der Flußläufe frei, und daß auch für deren gewöhnliche Unterhaltung eine Abgabe nicht zu erheben sei, daß dagegen
für die Benutzung einer künstlich erst ge
schaffenen Fahrbahn zur Deckung der Herstellungs- und Unterhaltungskosten Gebühren gefordert werden dürfen,
wird von der Königlichen Staats
regierung, wie bisher, so auch jetzt noch als gerecht und billig anerkannt. Ein Aufgeben dieses Grundgedankens bei den gesetzgebenden Faktoren des Reichs anzuregen, ist im Schoße der Königlichen Staatsregierung niemals erwogen worden. Alle gegenteiligen in der Öffentlichkeit verbreiteten
Nachrichten sind falsch. Dagegen liegt es nach der Auffassung der Königlichen Staatsregierung durchaus
im
Rahmen jenes
natürlichen Wasserläufen
auch
Grundsatzes,
für
die Benutzung
auf
der erst
den
künstlich
geschaffenen Fahrtiefe Gebühren zur Deckung der für deren Herstellung
und Unterhaltung aufgewendeten Kosten zu punkt
erheben.
Dieser Stand
ist auch von dem Bundesrate bei Einbringung des Reichsgesetzes
vom 5. April 1886 über die Weser-Schiffahrtsabgaben vertreten worden.
Und wenn auch bei der Beratung jener Vorlage im Reichstage das Be denken
einer
formellen Abweichung
von
der
erwähnten Vorschrift
der
Neichsverfassung zum Ausdruck gekommen ist, so ist doch von sämtlichen Rednern, welche über die volkswirtschaftliche Seite der Frage sich geäußert
haben, es als ein gesundes und die Verbesserung der Fahrwasserverhältnisse unserer deutschen Ströme erleichterndes Prinzip anerkannt worden, daß
die Benutzer künstlicher Fahrwasserverbesserungen auch zur Deckung der damit verbundenen Kosten herangezogen werden. Im gleichen Sinne hat die Königliche Staatsregierung
bereits im
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IX.
336
Schlußwort.
Februar 1896 in der Budgetkommission durch den Vertreter des Ministers der öffentlichen Arbeiten ihre Auffassung kundgegeben. Der Beweis dafür, daß die Rechtsanschauung der preußischen Staats
regierung dem Geiste der Verfassungen und Verträge entspricht, mag aus
den Untersuchungen dieser Arbeit entnommen werden.
Die Beweisführung
ist zwar schwierig und mühevoll, in manchen Teilen auf Wahrscheinlichkeits schlüsse und,
das
gesprochen,
kriminalistisch
Gesamturteil
aus
dem
großen
Aber wenn
Indizien angewiesen.
hier ausgebreiteten Material gezogen
werden muß — und es muß gezogen werden, weil eine Stellungnahme zur Sache durch die wirtschaftspolitische Entwicklung der letzten Jahre unum so neigt sich die Wagschale auf die Seite derer,
gänglich geworden ist —,
die den einfachen und naturgemäßen Gedanken der allgemeinen Anwendbar
keit des Gebührenprinzips bei allen Schiffahrtsverbesserungen aus der Mannig faltigkeit der Wortfassungen herauslesen.
Wer in
einer so schwierigen und überdies politisch affizierten Frage
zu einem bestimmten Ergebnis gelangt, tut gut daran, sich noch einmal Rechenschaft darüber zu geben, von welchen Seiten und mit welchen Waffen
der Hauptangriff gegen dies Ergebnis zu gewärtigen ist. größte Wahrscheinlichkeit
dafür
zu
sprechen,
daß
versucht
Da scheint die
werden wird,
den Art. 54 Abs. 4 nur auf Binnenwasserstraßen zu beziehen und hier
die
durch
rischen
auffallende,
Ansicht
praktisch wichtige,
unbequeme
Tatsache
des
für
den Vertreter der gegne
unangefochtenen
Fortbestehens
und Neuentstehens von Fahrwassergeldern auf Seewasserstraßen zu erklären. Indessen wird dieser Angriff kaum viel Aussicht auf Erfolg
Gründe hierfür sind oben ausführlich dargelegt.
haben;
die
Der Art. 54 Abs. 4 hat
eine völlig allgemeine Fassung, ist auch in der Praxis immer allgemein ver standen worden; gälte er nur für Binnenwasserstraßen, so hätte die Ver
fassung bezüglich der Seewasserstraßen eine empfindliche Lücke.
Es liegt
einer der recht zahlreichen Fälle vor*, in welchen die Reichsverfassung der
i Man braucht nur meinen Kommentar der Reichsverfassung oder ein systematisches Werk über Reichsstaatsrecht zur Hand zu nehmen, um sich davon zu überzeugen, wie groß die Zahl derjenigen Verfassungsvorschriften ist, die in der Praxis zu Zweifel Anlaß gegeben haben und einer oft recht weitgehenden Interpretation bedürfen. Es soll hier nur an einige Fragen erinnert werden, die in letzter Zeit
besonders hervorgetreten sind: Zu Art. 7. Die Dauer der Befugnis des Bundesrats, Beschlüsse des Reichstags Zu Art. 36.
durch seine nachträgliche Befugnis zu Gesetzen zu machen. Die Verfassungsmäßigkeit einer neutralen Spruchbehörde in Zolltarissachen.
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IX.
Schlußwort.
337
Ob man sie in authentischer Weise durch Reichsgesetz
Interpretation bedarf.
vornehmen will, wie es im Jahre 1886 auf besonderen Wunsch der Hanse stadt Bremen in einem Einzelsalle geschah, oder ob man sich mit einer Be
schlußfassung
des Bundesrats
begnügt, ist eine Frage, die lediglich nach
Zweckmäßigkeitsrücksichten zu beurteilen wäre.
Wenn die hier vertretene Rechtsauffassung zutrifft,
so ist — um mit
einem kurzen Ausblick auf das Thema des zweiten Teils dieser Arbeit zu
schließen und zu den weiteren Darlegungen überzuleiten — die Bahn frei für diejenige Lösung der Abgabenfrage, welche der wirtschaftlichen Zweck Das Feld
entspricht.
mäßigkeit am meisten
der praktischen Erwägungen,
auf welchem diese Lösung gesucht und gefunden werden muß, ist nicht in lästiger Weise eingezäunt durch starre, formalistische Rechtsbildung.
liegt
sicherlich
im
allgemeinen
Interesse
und
auch
im
Das
wohlverstandenen
Interesse der Schiffahrt selbst. In vergangenen Jahrzehnten richtete sich das politische Odium gegen
die Binnenzölle auf den Wasserstraßen, weil sie mehr einbrachten, als die Staaten im Schiffahrtsinteresse ausgaben, also die Natur einer fiskalischen
Verkehrssteuer hatten.
Dagegen, daß die Wettbewerbenden Eisenbahnen mehr
einbrachten als ihre Betriebskosten, hatte niemand etwas einzuwenden; denn es handelte sich um Privatkapital.
Heute gehören die Eisenbahnen dem
Staate, und der Überschuß der Staatsbahnen wird von denjenigen, welchen
niedrigere Frachtsätze wünschenswert oder notwendig zu sein scheinen,
als
eine ganz ähnliche Verkehrssteuer empfunden; die Parteirollen im Jnteressenstreit sind geradezu vertauscht.
Daß
die Schiffahrtsbeteiligten dabei
ihre privilegierte Stellung der gänzlichen Befreiung von jeglicher Gegen leistung für die Verbesserung der natürlichen Wasserstraßen auf die Dauer halten können, ist — namentlich in der jetzigen Zeit der stärkeren An
spannung aller finanziellen Kräfte des Staates — unwahrscheinlich. der
preußische Landtag
in
Wenn
§ 19 des Gesetzes vom 1. April 1905
den
natürlichen Wasserstraßen nichts weiter auferlegt hat als Selbstkostendeckung, so ist das eine für die beteiligten Erwerbskreise günstige Lösung; wenn
gleich zugegeben werden muß, daß der Landtag im Rahmen des Art. 54 der Verfassung über diese Grenze nicht hinausgehen konnte. Zu Art. 45. Zu Art. 76.
Das Verordnungsrecht des Bundesrats in Eisenbahnsachen. Die Zuständigkeit des Bundesrats für Thronstreitigkeiten zwischen den Herrscherhäusern mehrerer Bundesstaaten. Es handelt sich dabei teilweise um Fragen, deren politische und praktische Wichtigkeit mindestens ebenso groß, wenn nicht größer ist wie diejenige der Aus legung des Art. 54. Schriften 6XV. - Erster Teil.
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IX.
338
Schlußwort.
Ist die Bahn frei für die Finanzierung aller Schiffahrtsverbesserungen, ohne
so
Unterschied
eröffnet
sich
der
eine
Methoden,
technischen
weite
auf
Aussicht
durch
die
künftige
deutschen Wasserstraßennetzes in großem Maßstabe.
Schiffahrtsabgaben, Entwicklung
des
Bei unseren wichtigsten
Wasserstraßen, dem Rhein und der Elbe, wird diese Entwicklung gehemmt —
je teurer die Strombauten mit den zunehmenden Ansprüchen des Verkehrs
werden, um so mehr gehemmt — durch die partikulare Zersplitterung der Strombaulast unter einer größeren Anzahl von Uferstaaten mit sehr ver schiedenen Finanzen, Parlamentsmehrheiten, Eisenbahn-
interessen.
und Schiffahrts-
Wie sehr die einheitliche, systematische Behandlung der Ströme
darunter leidet, wie stark dadurch unter Umständen ihr Ausbau verzögert
und die sonst mögliche Verkehrsentwicklung verlangsamt wird, das haben die Erfahrungen
der Vergangenheit
gelehrt.
Das mechanische,
primitive
Prinzip der Adjazentenbaulast ist nicht geeignet, solche Schwierigkeiten und Reibungswiderstände zu überwinden.
Es gibt Uferstaaten, deren Baulast
schon jetzt außer Verhältnis steht zu ihrem wirtschaftlichen Interesse an der
Schiffahrt und ihrer künftigen Entwicklung.
Diejenigen Staaten,
deren
Umschlagsplätze an den Schiffahrtsendpunkten liegen, entschließen sich ungern oder überhaupt nicht, Geldopfer für die Verlängerung der Schiffahrtsstraßen
über diese Punkte hinaus mit der mehr oder weniger sicheren Aussicht auf
Depossedierung jener Plätze zu bringen.
Diese stillen und offenen, subjektiv
ganz berechtigten oder doch begreiflichen Widerstände kann man nur dadurch beseitigen, daß man mit dem veralteten Prinzip der Uferbaulast bricht und
die Wasserstraßen
mit ihrer Schiffahrt
finanziell auf eigene Füße
stellt.
Wenn das mit angemessenen Opfern zu erreichen ist, wenn den Uferstaaten
das finanzielle Interesse am Ausbau oder vielmehr gegen den Ausbau der Wasserstraßen genommen wird, wenn es gelingt, die Schiffahrtsinteressen der
einzelnen Stromgebiete zu einer großen Organisation für die Entwicklung ihrer Verkehrsnetze zusammenzuschließen, dann kann diese Entwicklung künftig vielleicht
man
in einem ganz anderen Maßstabe und Zeitmaße stattfinden, als
bisher
genügend
geglaubt
hat.
Die
Organisation
müßte
freilich
auf
einer
breiten und tragfähigen Grundlage, etwa für den ganzen Rhein
und seine Nebenflüsse *,
aufgebaut werden, und zwar in der Weise, daß den
* Die Zusammenfassung oes Hauptstromes und seiner Nebenflüsse zu einer finanziellen und tarifarischen Einheit würde in den märkischen Wasserstraßen ein Vorbild haben; dort sind Havel, Spree, Dahme und viele andere natürliche und künstliche Nebengewässer von jeher als einheitliches Objekt der Verkehrsbenutzung und Tarifierung behandelt worden.
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IX.
Schlußwort.
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Schiffahrttreibenden und Schiffahrtbeteiligten eine entsprechende Mitwirkung und Verantwortlichkeit einzuräumen wäre.
wahrscheinlich in
Eine solche Organisation würde
der Lage sein, mit einer verhältnismäßig sehr geringen
tonnenkilometrischen Belastung des gewaltigen rheinischen Gesamtverkehrs —
um bei diesem wichtigsten Beispiel zu bleiben — das Netz der westdeutschen Binnenwasserstraßen nicht nur in der Linie des Rheinstroms, sondern auch
in
den Nebenlinien,
namentlich
des Mains
und
Neckars,
zum
großen
Nutzen der Schiffahrt und der auf ihre Dienste angewiesenen Hervorbringer und Verbraucher auszubauen.
Was insbesondere die Schiffahrt anbetrifft,
so würde es auf die Frage ankommen, ob sie nicht in einer solchen Er weiterung ihres Aktionsradius ein mehr als ausreichendes Äquivalent für die ihr angesonnenen Lasten erblicken könnte.
Für die Organisationen, wie sie hier gedacht sind, mit Schiffahrtsämtern
zur Pflege und Wahrnehmung der beteiligten Verkehrsinteressen und vor allen Dingen auch mit eigener Finanzverwaltung, sind Vorbilder schon jetzt vorhanden; insbesondere für die Mündungsstrecken der Donau und der Weser.
Es ist das Wort gesprochen worden, in einer Protestversammlung gegen Schiffahrtsabgaben, vom
„freien Deutschen Rhein".
leicht zu beackernde Gebiet der politischen Phrase.
Das gehört in das
Wer nicht finanziell
selbständig ist, der ist nicht frei.
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Pierersche Hofbuchdruckerei Stephan Geibel L Co. in Altenburg.
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