Schellings Freiheitsschrift - Methode, System, Kritik: Herausgegeben:Buchheim, Thomas; Frisch, Thomas; Wachsmann, Nora C. 9783161598890, 9783161598906, 316159889X

Wer über das Wesen der menschlichen Freiheit genauer nachdenkt, wird finden, dass viel mehr neu verstanden werden muss a

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German Pages 503 [516] Year 2021

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Table of contents :
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Titel
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Siglenverzeichnis
Einleitung
I. Methode, System und Struktur der Freiheitsschrift
G. Anthony Bruno — Schelling on the Unconditioned Condition of the World
Christoph Binkelmann — Die Logik der Dialektik. Verstand und Wille in Schellings Freiheitsschrift
Tyler Tritten — Freedom Is Necessity: The Onto-Logic of Posterior Anteriority in Schelling’s Freiheitsschrift
Daniel Whistler — The Schlegelian Context to Schelling’s Account of Freedom
Mildred Galland-Szymkowiak — „wie gesprächsweise“. Dialogisches und Freiheit der Person
Christian Martin — Transformativer Personenbegriff und serielle Methode bei Kant und Schelling
Christian Danz — Subjekt – Individuum – Persönlichkeit. Zur werkgeschichtlichen Entwicklung von Schellings Verständnis der Person zwischen 1800 und 1810
Paul Ziche — „Ahndender Wille“ und „vermitteltes Wissen“. Schellings ‚höherer Realismus‘ in der Freiheitsschrift
II. Die Freiheit und ihr ‚realer und lebendiger Begriff‘
Lara Ostaric — Regaining Subjectivity in Absolute Freedom: Schelling’s Ontological Extension of Kant’s Radical Evil in the Freiheitsschrift
Marcela García-Romero — Unbounded Being: The Distinction Between Existence and Actuality in Schelling’s Ontology of Freedom
Markus Gabriel — Die logisch-ontologischen Grundbegriffe der Freiheitsschrift und das Wesen der menschlichen Freiheit
III. Formelle Freiheit und intelligible Tat
Thomas Buchheim — Schellings Konzept der „intelligiblen Tat“. Kritische Angriffe und Chancen der Verteidigung
Friedrich Hermanni — Ist das Wesen des Menschen „seine eigne That“? Über ein Theorem in Schellings Freiheitsschrift
Siegbert Peetz — Freiheit in Schuld und Strafe. Überlegungen zu Schellings Konzept der intelligiblen Tat
Hiroshi Abe — Schelling und Spinoza über menschliche Freiheit
Ryan Scheerlinck — Intelligible Tat und intelligibles Wesen. Zwischen Kant und Schelling
Nora C. Wachsmann — Freiheit und Geschichtlichkeit. Die Situation der „intelligiblen Tat“ bei Kant und Schelling
Thimo Heisenberg — Schelling on Time and Agency in the Freiheitsschrift and the Weltalter
Thomas Oehl — Freie Charakterbildung in oder jenseits der Zeit? Schellings Konzept der intelligiblen Tat im Spiegel gegenwärtiger Debatten
IV. Moralphilosophische Implikationen und Theodizee
Michelle Kosch — Schelling’s Moral Psychology in the Freiheitsschrift and Stuttgarter Privatvorlesungen
Amit Kravitz — Einige Bemerkungen zu Schellings Auseinandersetzung mit der ‚Freiheit Gottes‘ und ihrem Verhältnis zur menschlichen Freiheit in der Freiheitsschrift
Thomas Frisch — Schellings Theodizee zwischen Leibniz und Plantinga
Karin Nisenbaum — Schelling’s Systematization of Kant’s Moral Philosophy: Divine Craftsmanship as the Human Moral Telos
Autorenverzeichnis
Personenregister
Sachregister
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Schellings Freiheitsschrift - Methode, System, Kritik: Herausgegeben:Buchheim, Thomas; Frisch, Thomas; Wachsmann, Nora C.
 9783161598890, 9783161598906, 316159889X

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Collegium Metaphysicum Herausgeber / Editors Thomas Buchheim (München) · Friedrich Hermanni (Tübingen) Axel Hutter (München) · Christoph Schwöbel (St Andres) Beirat / Advisory Board Johannes Brachtendorf (Tübingen) · Jens Halfwassen † (Heidelberg) Douglas Hedley (Cambridge) · Johannes Hübner (Halle) Anton Friedrich Koch (Heidelberg) · Friedrike Schick (Tübingen) Rolf Schönberger (Regensburg) · Eleonore Stump (St. Louis)

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Schellings Freiheitsschrift – Methode, System, Kritik Herausgegeben von

Thomas Buchheim, Thomas Frisch und Nora C. Wachsmann

Mohr Siebeck

Thomas Buchheim ist Ordinarius für Philosophie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Thomas Frisch ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Philosophie I an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Nora C. Wachsmann ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Philosophie I an der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) – Projektnummer 263894223. ISBN 978-3-16-159889-0 / eISBN 978-3-16-159890-6 DOI 10.1628/978-3-16-159890-6 ISSN 2191-6683 / eISSN 2568-6615 (Collegium Metaphysicum) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­ bibliographie; detaillierte bibliographische Daten über http://dnb.dnb.de abrufbar. ©  2021 Mohr Siebeck Tübingen.  www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde-Druck aus der Minion gesetzt, in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden. Printed in Germany.

Vorwort Wer über das Wesen der menschlichen Freiheit genauer nachdenkt, wird finden, dass viel mehr Sachen neu verstanden werden müssen, als zunächst vermutet, um nicht auf Anhieb menschliche Freiheit unmöglich zu machen. Aus diesem Grund sind Schellings Philosophische Untersuchungen über das Wesen der menschlichen Freiheit aus dem Jahre 1809 auch heute noch eine lohnende, wenngleich schwierige Lektüre, weil Schelling alle damit zusammenhängenden Gegenstände – immer aufs Sorgfältigste, aber manchmal bis zur Undurchdringlichkeit verwickelt – mit bedenkt, die für die Möglichkeit menschlicher Willensfreiheit im strengen Sinne zu berücksichtigen sind. Und deshalb ist ein Band wie dieser, der die aktuellen Perspektiven internationaler Schellingforschung zur Freiheitsschrift bündelt, eine hoffentlich willkommene Handreichung für Forschende, Studierende und Lehrende, um die eigene Beschäftigung mit dem Text philosophisch ertragreich voranzubringen. Dies wurde nur möglich durch ein fünf Jahre währendes, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft nachhaltig gefördertes Projekt, das seinen Ehrgeiz unter anderem darein setzte, einige der besten Kennerinnen und Kenner der Materie zu mehreren Konferenzen zusammenzuführen, um in ständigem Austausch ihr Verständnis von Schellings anspruchsvollem Theoriekonzept zu schärfen und zu erhärten. Die hier versammelten Aufsätze sind daher nicht literarische Eintagsfliegen, die unter dem Glas einer einmaligen Tagung hängengeblieben sind, sondern vor dem Hintergrund neuester Erkenntnisse und kontroverser Diskussionen entwickelte Forschungsbeiträge, die im Spektrum der thematischen Aufschlüsselung dieses Bandes sämtliche wichtigen Aspekte der Schelling’schen Freiheitsschrift erfassen. Die drei Herausgeber bedanken sich nicht nur für die langjährige finanzielle Förderung des in München angesiedelten Projekts zu ‚Schellings Philosophie der menschlichen Freiheit‘ durch die DFG und die Carl Friedrich von Siemens Stiftung, letztere insbesondere als Gastgeberin für die internationalen Workshops, sondern auch bei den Beitragenden aus aller Welt für ihre geduldige Mitwirkung an diesem Langfristplan zu einer möglichst verlässlichen, für die weitere Forschung anregenden und einem gründlichen Studium des Werkes sachdienlichen Erschließung von Schellings kompliziertem Gedankengang. Ein besonderer Dank gebührt außerdem Marco Hausmann, Leonard Weiß und Nora Angleys für ihre tüchtige Mithilfe in der Projektarbeit über die Jahre hinweg, sowie der letztgenannten auch für ihre Hilfe in der polyglotten Betreuung und aufwändigen Redaktion des Bandes. Dem Verlag Mohr Siebeck und insbesondere Katharina Gutekunst und Tobias Stäbler danken wir für die gute Zusammenarbeit. Thomas Buchheim

Thomas Frisch

Nora C. Wachsmann

Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Siglenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

I. Methode, System und Struktur der Freiheitsschrift G. Anthony Bruno Schelling on the Unconditioned Condition of the World . . . . . . . . . . . . 17 Christoph Binkelmann Die Logik der Dialektik. Verstand und Wille in Schellings Freiheitsschrift . . 35 Tyler Tritten Freedom Is Necessity: The Onto-Logic of Posterior Anteriority in Schelling’s Freiheitsschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 Daniel Whistler The Schlegelian Context to Schelling’s Account of Freedom . . . . . . . . . . 71 Mildred Galland-Szymkowiak „wie gesprächsweise“. Dialogisches und Freiheit der Person . . . . . . . . . . 91 Christian Martin Transformativer Personenbegriff und serielle Methode bei Kant und Schelling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 Christian Danz Subjekt – Individuum – Persönlichkeit. Zur werkgeschichtlichen Entwicklung von Schellings Verständnis der Person zwischen 1800 und 1810 157 Paul Ziche „Ahndender Wille“ und „vermitteltes Wissen“. Schellings ‚höherer Realismus‘ in der Freiheitsschrift . . . . . . . . . . . . . . 175

VIII

Inhaltsverzeichnis

II. Die Freiheit und ihr ‚realer und lebendiger Begriff‘ Lara Ostaric Regaining Subjectivity in Absolute Freedom: Schelling’s Ontological Extension of Kant’s Radical Evil in the Freiheitsschrift . . . . . . . . . . . . . 193 Marcela García-Romero Unbounded Being: The Distinction Between Existence and Actuality in Schelling’s Ontology of Freedom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 Markus Gabriel Die logisch-ontologischen Grundbegriffe der Freiheitsschrift und das Wesen der menschlichen Freiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247

III. Formelle Freiheit und intelligible Tat Thomas Buchheim Schellings Konzept der „intelligiblen Tat“. Kritische Angriffe und Chancen der Verteidigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 Friedrich Hermanni Ist das Wesen des Menschen „seine eigne That“? Über ein Theorem in Schellings Freiheitsschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 Siegbert Peetz Freiheit in Schuld und Strafe. Überlegungen zu Schellings Konzept der intelligiblen Tat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 Hiroshi Abe Schelling und Spinoza über menschliche Freiheit . . . . . . . . . . . . . . . . 313 Ryan Scheerlinck Intelligible Tat und intelligibles Wesen. Zwischen Kant und Schelling . . . . 323 Nora C. Wachsmann Freiheit und Geschichtlichkeit. Die Situation der „intelligiblen Tat“ bei Kant und Schelling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 Thimo Heisenberg Schelling on Time and Agency in the Freiheitsschrift and the Weltalter . . . 371

Inhaltsverzeichnis

IX

Thomas Oehl Freie Charakterbildung in oder jenseits der Zeit? Schellings Konzept der intelligiblen Tat im Spiegel gegenwärtiger Debatten . . . . . . . . . . . . . . . 385

IV. Moralphilosophische Implikationen und Theodizee Michelle Kosch Schelling’s Moral Psychology in the Freiheitsschrift and Stuttgarter Privatvorlesungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407 Amit Kravitz Einige Bemerkungen zu Schellings Auseinandersetzung mit der ‚Freiheit Gottes‘ und ihrem Verhältnis zur menschlichen Freiheit in der Freiheitsschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 Thomas Frisch Schellings Theodizee zwischen Leibniz und Plantinga . . . . . . . . . . . . . 439 Karin Nisenbaum Schelling’s Systematization of Kant’s Moral Philosophy: Divine Craftsmanship as the Human Moral Telos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467

Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493 Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 497

Siglenverzeichnis Werke, die in einer der aufgeführten Gesamtausgaben enthalten sind, werden nach gängigen Kurztiteln zitiert. Sonstige Primärtexte werden am Ende des jeweiligen Beitrags verzeichnet und mit einem Kurztitel versehen. Schelling AA

Friedrich Wilhelm Joseph Schelling: Historisch-kritische Ausgabe. Im Auftrag der Bayerischen Akademie der Wissenschaften hg. von T. Buchheim/J. Hennigfeld/W. G. Jacobs/J. Jantzen/S. Peetz, Stuttgart-Bad Cannstatt 1976 ff. SW Friedrich Wilhelm Joseph von Schellings sämmtliche Werke, hg. von K. F. A. Schelling, Stuttgart/Augsburg 1856–1861. BuD F. W. J. Schelling. Briefe und Dokumente, hg. von H. Fuhrmans, Bonn 1962–1975. [Bd.  I–III] Plitt Aus Schellings Leben. In Briefen, hg. von G. L. Plitt, Leipzig 1869/1870. [Bd.  I–III] WA I/II Weltalter-Fassungen 1811 und 1813 nach: Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling: Die Weltalter. Fragmente. In den Urfassungen von 1811 und 1813 hg. von M. Schröter, München 1946, ND 1966. WA III Weltalter-Fassung [1814/15], SW VIII, 195–344. WA-Fragm. Friedrich Wilhelm Joseph Schelling: Weltalter-Fragmente, hg. von K. Grotsch, Stuttgart-Bad Cannstatt 2002. [Bd.  1/2] Initia Friedrich Wilhelm Joseph Schelling: Initia philosophiae universae. Erlanger Vorlesung WS 1820/21, hg. und komm. von H. Fuhrmans, Bonn 1969. Andere Autoren AA

Kant’s gesammelte Schriften, hg. von der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften u. a., Berlin 1900 ff. (Seitenzahlen der KrV nach A/B) GA J. G. Fichte – Gesamtausgabe der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, hg. von R. Lauth/H. Gliwitzky/E. Fuchs/P. K. Schneider, Stuttgart-Bad Cannstatt 1962–2012. GW Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Gesammelte Werke. In Verbindung mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft hg. von der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste, Hamburg 1968 ff. JWA Friedrich Heinrich Jacobi. Werke. Gesamtausgabe hg. von K. Hammacher/W. Jaeschke, Hamburg/Stuttgart-Bad Cannstatt 1998 ff. KFSA Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe, hg. von E. Behler u. a., Paderborn u. a. 1958 ff. KGA Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher. Kritische Gesamtausgabe, hg. von H.-J. Birk­ner u. a., Berlin/New York 1984 ff. Vorlesung Martin Heidegger: Schellings Abhandlung Über das Wesen der menschlichen Freiheit (1809), hg. von H. Feick, Tübingen 1971.

Einleitung ‚Das hat Methode‘ oder ‚das hat System‘ sagen wir synonym und meinen damit eine strukturelle Regelmäßigkeit im unübersichtlichen Lauf der Dinge, ein plötzlich sich abzeichnendes Muster, nach dem gewisse Prozesse geordnet sind. Die Einsicht in den theoretischen Zusammenhang von Methode, System und Prozess ist die gemeinsame Errungenschaft von Friedrich Wilhelm Joseph Schelling und Georg Wilhelm Friedrich Hegel über ihre transzendentalphilosophischen Vorgänger hinaus. Doch während Hegels Ausgestaltung dieser Einsicht in der Phänomenologie des Geistes, unter dem tradierten Titel der Dialektik, stets großes Interesse gefunden hat, konnte es beinahe so scheinen, als hätte Schelling das Methodische in der Freiheitsschrift gänzlich vernachlässigt. Dies ist nicht zuletzt dem äußerlichen, aber keineswegs zufälligen, Umstand geschuldet, dass Hegel ausführliche methodische Reflexionen voranstellt, wohingegen Schelling entscheidende Bemerkungen erst gegen Ende der Abhandlung, und dort etwas versteckt, nachfolgen lässt. Der tiefere Grund dürfte indes darin liegen, dass man die spezifische Leistung Hegels in der Systembildung erblickt hat – der vollständigen Durchführung eines idealistischen Systemprozesses nach streng dialektischer Methode –, diejenige Schellings in der Systemzerstörung oder doch -kritik durch die Entdeckung des ‚realen Begriffs‘ der Freiheit, womit der betrachtete Prozess als Geschichte erkennbar wird. Diese Sichtweise kann leicht vergessen machen, dass Schelling ursprünglich angetreten war, um den Freiheitsbegriff als „eine[n] der herrschenden Mittelpunkte des Systems“1 aufzurichten und gegen Jacobis These der prinzipiellen Unverträglichkeit von Freiheit und System zu verteidigen. Schelling möchte zeigen, dass „ein System, wenigstens im göttlichen Verstande, vorhanden seyn muß, mit dem die Freyheit zusammenbesteht“.2 Um zu verstehen, wie sein Versuch, das idealistische Systemdenken zu retten, „den deutschen Idealismus von innen her über seine eigene Grundstellung hinaustreibt“ (Heidegger),3 ist dem Zusammenhang zwischen Methode und Systementwicklung in der Freiheitsschrift besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Schellings Text zeichnet sich durch eine „gesprächsweise“ verfahrende und somit gleichfalls als eine Art „Dialektik“ charakterisierte Methode aus,4 die weder mit früheren noch späteren Verfahrensweisen einfach gleichgesetzt werden darf. Ihr hervorstechendes Merkmal liegt darin, dass sie das idealistische Systeminteresse kombiniert mit konsequenter Sachbezogenheit, oder genauer: dass im Zuge der erschöpfen1 

AA I 17, 111 | SW VII, 336. AA I 17, 111 | SW VII, 337. 3  Vorlesung, 4. 4  AA I 17, 174 Anm.; 177 f. | SW VII, 410 Anm.; 414 f. 2 

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Einleitung

den Untersuchung eines bestimmten Gegenstandes zugleich ein System aller Wirklichkeit entwickelt wird. Diese methodische Strategie zielt offenkundig darauf ab, durch Fokussierung auf einen systematisch zentralen Gegenstand gleichsam einen Pflock in den Boden der Wirklichkeit zu schlagen, an dem die Untersuchung angebunden werden kann, um so der Gefahr zu entgehen, ein System an der Realität vorbei zu konstruieren und dieser nachträglich überzustülpen. Das Verfahren kann, je nach Wichtigkeit des Sachaspekts, die Form strengster dialektischer Begriffsanalyse annehmen oder aber ‚lässiger gehalten‘ werden, was die Freiheitsschrift sowohl mit der aristotelischen Pragmatie als auch den Methoden der modernen analytischen Philosophie verbindet. Mit der kompromisslosen Orientierung an der Sache kommt allerdings ein ‚reelles‘ Element ins Spiel, welches dann in der Tat jenes systemkritische Potential entfaltet, für das die Freiheitsschrift berühmt ist. Denn die Suche nach der differentia specifica der menschlichen Freiheit führt bekanntlich auf den ‚positiven‘ Begriff des Bösen, dessen Wirklichkeit nach Schelling unableitbar faktisch ist und sich dem idealistisch-systematischen Zugriff entzieht. Aus diesem Grund kann das System in der Freiheitsschrift nicht gleich zu Beginn ein für alle Mal errichtet und während der Untersuchung ‚durchgehalten‘ werden. Es kann, wenn überhaupt, erst als Zielper­ spektive in den Blick kommen, wo das wirkliche Böse in der ‚Krisis‘ – man kann durchaus sagen: des Systems – in den Status der bloßen Möglichkeit zurückgebracht und so der Weg frei wird für die endgültige Vereinigung des Realen mit dem Idealen, die Schellings philosophische Bestrebung von Anfang an war und ist.5 Die Beiträge des Sammelbandes, welche aus zwei konsekutiven Tagungen im Kontext eines DFG-geförderten Forschungsprojekts zu ‚Schellings Philosophie der menschlichen Freiheit‘ hervorgegangen sind,6 würdigen Schellings methodische und systembildende Leistung ebenso wie die kritischen und neuralgischen Punkte, an denen eine sachbezogen-systematische Freiheitsuntersuchung sich abarbeiten muss; insbesondere das Theorem der intelligiblen Tat. Die Herausgeber hegen die Hoffnung, dass sie der Forschung kräftige neue Impulse geben werden im Sinne der von Schelling gestellten Aufgabe, nicht „alte Gegensätze wieder zu erwecken, sondern das außer und über allem Gegensatz liegende zu suchen“.7 Um den Leserinnen und Lesern den Einstieg in den Band zu erleichtern, wird zunächst ein Überblick über den Text der Freiheitsschrift anhand des leitenden Begriffspaars der formellen und reellen Freiheit gegeben. Anschließend werden die Beiträge darin eingezeichnet und jeweils kurz vorgestellt.

5 

AA I 17, 169 f.; vgl. 123 | SW VII, 404 f.; vgl. 350. Am 20.–21.7.2016 und 15.–17.2.2018 in der Carl Friedrich von Siemens Stiftung zu München. 7  AA I 17, 179 | SW VII, 416. 6 

Einleitung

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1. Inhalt und Gliederung der Freiheitsschrift Sowohl laut der berühmten Einleitung in die Philosophischen Untersuchungen über das Wesen der menschlichen Freiheit und die damit zusammenhängenden Gegenstände als auch in der Schrittfolge der Untersuchungen selbst bildet die Unterscheidung zwischen „formeller Freyheit“8 und ihrem „reale[n] Begriff“9 den wichtigsten Kippund Gliederungspunkt ihrer philosophischen Analyse. Warum ist dieser Unterschied für Schelling so bedeutsam? Die Freiheit im formellen Sinn hatte, wie Schelling betont, durch den Idealismus seit Kant und insbesondere durch Fichte und seine – Schellings – eigene Schriften den Rang eines allgemeinen Prinzips der Wirklichkeit und ihrer Erscheinung für uns in allen Abstufungen oder ‚Potenzen‘, wie Schelling sich ausdrückt, erhalten.10 Als formelle wurde sie so überhaupt zum „Eins und Alles der Philosophie“11 und musste, wurde sie nicht insgesamt in Abrede gestellt, „einer der herrschenden Mittelpunkte des Systems“12 sein. Doch besteht gerade dann, wenn ein Begriff zum spekulativen Leitbegriff erhoben wird, stets die Gefahr, dass sein eigentlicher Biss verloren geht und die spezifische Bedeutung, die ihn auszeichnen sollte, „in’s Allgemeine zurückgeworfen“ wird.13 Der ‚reale Begriff‘ der Freiheit ist insofern derjenige, der das spezifische Moment und ursprüngliche Kernproblem der Freiheit im Zusammenhang ihrer allgemeinen systematischen Funktion wieder spürbar macht und zum Ausschlag bringt: Was immer eine Philosophie als systemstützende Grundpfeiler und koordinierende Tragwerke begrifflich errichten mag, es ist genau das, was gerade die Freiheit, so sie real am Werk sein soll, ins Wanken und zum Einsturz bringen könnte. Mit der Freiheit als Realität begriffen gefährdet und untergräbt man, zumindest prima facie, das eigene philosophische ‚System‘, sofern dieses noch ein von Vernunft regiertes System sollte heißen können.14 Deshalb ist nach Schellings erklärter Meinung „der Punkt der tiefsten Schwierigkeit in der ganzen Lehre von der Freyheit“15 der nach Einschluss des Bösen als subversivem, ‚universell krank‘ machendem16 und daher systemzerstörendem Bestandteil einer Realdefinition (dem realen Begriff) der Freiheit im Zusammenhang einer Philosophie, die Freiheit im formellen Sinn zu ihrem ‚Eins und Alles‘ erklären möchte. Es kommt dabei gar nicht darauf an, dass das systemzerstörende Moment der Freiheit gerade im ‚Bösen‘ gefunden und so bezeichnet wird; und es kommt auch nicht darauf an, dass als systemstiftendes Prinzip in der Freiheitsschrift Schellings der Gott der christlichen Religion firmiert. Sondern es 8 

AA I 17, 120; vgl. 123, 125, 150 | SW VII, 347; vgl. 351, 352, 382. AA I 17, 125; vgl. 150 | SW VII, 352 f.; vgl. 382. 10  AA I 17, 123 f. | SW VII, 350 f. 11  AA I 17, 124 | SW VII, 351. 12  AA I 17, 111 | SW VII, 336. 13  AA I 17, 124 | SW VII, 352. 14  AA I 17, 123; vgl. 176 | SW VII, 350; vgl. 413. 15  AA I 17, 125 | SW VII, 352. 16  AA I 17, 136 | SW VII, 366. 9 

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Einleitung

kommt nur darauf an, dass, was immer man an ihrer Stelle wählen würde, die Freiheit ihrem realen Begriff nach unvereinbar mit dem systemtragenden Ausgangsterminus sein muss, wenn anders es wirklich Freiheit sein soll, auf deren philosophische Klärung die Untersuchung abzielt. Aus diesem Grund – wenn man ihn länger und genauer in Erwägung zieht – ist eine Lösung dieser zentralen Schwierigkeit wohl nur einer Philosophie möglich, die das Wesen der Freiheit mit Personen und Persönlichkeit in Verbindung bringt. Schelling hält dies für sein entscheidendes Manöver gegenüber allen bisherigen „abstrakte[n] Systeme[n]“,17 die unfähig sind, einen Realbegriff von Freiheit mit vernunftgeleiteter Systembildung in Einklang zu bringen. Denn nur eine freie Person kann mit einer freien Person so in systematisch geordnetem Zusammenhang stehen, dass die Zerstörung des Systems Sache der einen und gleichzeitig die Errichtung und Stützung des Systems Sache einer anderen Person im gleichen Zeichen gemeinsamer Freiheit ist.18 Nichts vermag so anders gegeneinander im selben Zusammenhang zu sein wie Personen. Zugleich können Personen sich die Ordnung und den systematischen Zusammenhang, in dem sie stehen, selbst zu Sache und Ziel ihres Handelns machen. Damit kann die Freiheit so organisiert werden, dass sie das unerlässliche selbstsubversive und systemuntergrabende Element der Freiheit – ihren realen Begriff – bei Erhalt von rationaler Ordnung und Verständlichkeit des Ganzen doch systematisch integriert. In einem ‚System der Freiheit‘19 ist also unbedingt die Quelle der freien Systemordnung in einer anderen Person zu suchen als die Quelle der freien Systemzerstörung. Entsprechend schreibt Schelling schon in der Einleitung zur Freiheitsschrift, es sei „nicht einzusehen, wie aus Gott, der als lautere Güte betrachtet wird, ein Vermögen zum Bösen folgen könne“.20 Hier liegt der von Schelling erklärte Grund dafür, dass ein Vermögen zum Bösen, und damit der Realbegriff menschlicher Freiheit, als das „Vermögen des Guten und des Bösen“21 nicht aus Gott selbst kommen kann. Die menschliche Freiheit ihrem realen Begriff nach muss daher so konzipiert werden, dass sie eine Folge vom Menschen selbst und dessen Selbstbestimmungshandeln ist. Dies Selbstbestimmungshandeln jedes Menschen ist bei ihm „das formelle Wesen der Freyheit“,22 das in einem späteren Teil des Werks als die berühmt-berüchtigte „intelligibel[e] That“ des Menschen ausbuchstabiert wird.23 Durch sie wird eingelöst, was die Einleitung bereits angekündigt hat, dass das Vermögen zum Bösen im selben System der Freiheit doch unmöglich von derselben Person herkommen kann, die das System zuerst stiftet. Von daher ist klar, dass so gesehen die intelligible Freiheitstat 17 

AA I 17, 175 | SW VII, 412. AA I 17, 148 | SW VII, 380. 19  Vgl. AA I 17, 111 | SW VII, 337: „irgend ein System […], mit dem die Freyheit zusammenbesteht“. 20  AA I 17, 126 | SW VII, 354. 21  AA I 17, 125 | SW VII, 352. 22  AA I 17, 150 | SW VII, 382. 23  AA I 17, 150–156 | SW VII, 382–389, hier: 156 | 389. 18 

Einleitung

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des Menschen einen ganz anderen Systemstatus besitzt als die namensgleiche Denkfigur, die sich zuerst in Kants Religionsschrift findet.24 Denn bei Kant dient die Denkfigur einer intelligiblen Tat nur dazu, die persönliche Zurechenbarkeit der ersten bösen Maxime des Handelns sicherzustellen, hat aber sonst keine systematische Bedeutung. Während bei Schelling das ganze System als ein solches, das Freiheit systematisch integrieren kann, an diesem Theoriestück hängt, das entsprechend auch nur bei Schelling begrifflich detailliert und unter Einbeziehung von Fichtes Konzept der Tathandlung zur Darstellung gebracht wird: Jeder Mensch ist erst dann ein moralisches Subjekt, das Eigen- und Universalwille in eine Ordnung gerückt hat – nicht etwa dank der Schöpfung, sondern durch seine eigene selbstbestimmte Entwindung aus dem Zustand der „Unentschiedenheit“25 zwischen dem Guten und dem Bösen, die freilich als „Vorzeichen“,26 mögliche Vorbilder oder Suggestionen des menschlichen Handelns, bereits in der Natur und dem geschichtlich-situativen Kontext allen möglichen menschlichen Handelns etabliert sind. Dies alles gehört zu den ohne Frage notwendigen Konstruktionszügen eines solchen philosophischen Entwurfs über die menschliche Freiheit. Denn unerlässlich notwendig ist, dass das Vermögen zur Zerstörung des Zusammenhangs, in dem die Freiheit real ist, zu eben demselben Zusammenhang gehört; ebenso notwendig ist, dass dies Vermögen aber nicht aus dem dafür erklärten Prinzip dieses Zusammenhangs als solchem folgt; und schließlich ist auch notwendig, dass gewisse ‚Vorzeichen‘ des Bösen im Unterschied zum Guten bereits im allgemeinen Zusammenhang der Natur und Schöpfung montiert sind, aus denen der Mensch entstammt, soll dieser eine nicht völlig grundlose Entscheidung fällen, mit der er sich aus der Unentschiedenheit durch sich selbst entwindet, in die er allenfalls erschaffen sein kann. Aber so notwendig es ist, dass der Mensch ein Vermögen des Guten und des Bösen besitzt, so nachgerade unmöglich ist es, dass der tatsächliche Gebrauch dieses Vermögens gerade zum Bösen ebenfalls notwendig wäre. Denn wäre dies der Fall, so handelte es sich bei der menschlichen Freiheit weder um ein Vermögen des Guten noch, genau besehen, um ein Vermögen des Bösen, noch würde der Mensch eine Entscheidung ausgehend von Unentschiedenheit zwischen beiden treffen. Vielmehr hat nach Schellings philosophischer Untersuchung der Mensch – und zwar jeder einzelne, der überhaupt in die Zeit „geboren“ wird27 – sich faktisch, aber nicht notwendig für die Seite des Bösen entschieden und hat daher ‚ein Vermögen des Guten und des Bösen‘ nur auf eine radikal, d. h. aus der Wurzel her zum Tun des Bösen disponierte Weise. Wenn Schelling also am Einstiegspunkt der Passage über die intelligible Selbstbestimmungstat schreibt: „Aber eben wie nun im einzelnen Menschen die Entscheidung für Böses oder Gutes vorgehe, dieß ist noch in gänzliches Dunkel gehüllt, 24 

Rel., AA VI: 31. AA I 17, 143; vgl. 153 | SW VII, 374; vgl. 385. 26  AA I 17, 145 | SW VII, 376. 27  AA I 17, 155 | SW VII, 388. 25 

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und scheint eine besondre Untersuchung zu erfodern“28 – dann ist aufgrund des bisher Erklärten deutlich geworden, dass die selbstbestimmte Entwindung des Menschen aus der moralischen Unentschiedenheit, in die er geschaffen worden, nicht notwendig eine in Richtung des Hanges zum Bösen gewesen sein kann. Daraus folgt weiterhin, dass es nach Schellings Meinung möglich sein muss, den realen Begriff der menschlichen Freiheit auf zweierlei Weise zu erfüllen: Entweder so, wie de facto, wo jeder Mensch, der geboren wird, das Vermögen des Guten und des Bösen in der Weise besitzt, dass er aus seiner individuellen Selbstbestimmung heraus zugleich einen Hang zum Bösen, aber dennoch mit Hilfe und Einbeziehung anderer Personen auch ein Vermögen zum Guten besitzt. Oder so, wie de facto nicht, wo ein Mensch das Vermögen des Guten und des Bösen so hätte, dass er, obwohl von sich aus und selbstbestimmt aufgelegt zum Guten, dennoch beständig der empfundenen Suggestion des Bösen, das er vermag, zu widerstehen hätte. Obwohl nun diese beiden Versionen, ein Vermögen des Guten und des Bösen zu haben, möglich sein müssen und keine davon sich mit Notwendigkeit realisiert, kann doch auch keine davon zufällig oder ohne Grund eintreten. Denn, wie Schelling wiederum sehr klar im Lehrstück über die intelligible Selbstbestimmungstat schreibt: „Daß etwa das intelligible Wesen aus purer lautrer Unbestimmtheit heraus ohne allen Grund sich selbst bestimmen sollte, führt auf das obige System der Gleichgültigkeit der Willkühr zurück.“29 Das bedeutet, die Verhältnisse, unter denen der Mensch die selbstbestimmte Entscheidung fällt, die er de facto gefällt hat, müssen einen Grund enthalten, der zusammengenommen mit dem Eigenwesen des Menschen unfehlbar, aber nicht notwendigerweise dahin ausschlägt, dass jeder Mensch, der geboren wird, ein Vermögen des Guten und des Bösen in der ersten Weise besitzt, das heißt in der, wo er zugleich einen Hang zum Bösen an den Tag legt. Ein solcher Grund in den Verhältnissen, unter denen der Mensch sich zu entscheiden hat, besteht eben in dem „Grund“, der als „Wille des Grundes“ an mehrfacher Stelle in der gesamten Schöpfung wirksam ist.30 Insbesondere erregt dieser Grund den Eigenwillen jedes Menschen, damit im Kontrast dazu deutlich wird, was für einen Verzicht der „Wille der Liebe“ verlangen würde. Und zugleich weckt derselbe Grund die Hoffnung, die ihm zukommende „Freyheit“ zur Selbstbestimmung dann in „Ruhe“ genießen zu können, wenn sich jemand nicht ums Ganze kümmert, sondern nur seinen „kreatürlich[en]“ Vorlieben frönt. Und drittens steigert er die Spürbarkeit der aus Schellings Freiheitsschrift berühmten „Angst des Lebens“, den überkreatürlichen Herausforderungen der Freiheit nicht ohne völlige Selbstentsagung gewachsen zu sein, „weßhalb es ein fast nothwendiger Versuch ist, aus diesem [sc. „dem Centrum, in das er erschaffen worden“] in die Peripherie herauszutreten, um da eine Ruhe seiner Selbstheit zu suchen“.31 28 

AA I 17, 150 | SW VII, 382. AA I 17, 151 | SW VII, 384. 30  AA I 17, 149 | SW VII, 381. 31  AA I 17, 149 | SW VII, 381. 29 

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In dieser Passage vor Einstieg in das Lehrstück von der intelligiblen Tat aus formeller Freiheit finden wir ganz offensichtlich die Gründe aufgezählt, die nach Schellings Meinung den Menschen dahin bringen, ‚fast‘, aber eben doch nicht notwendigerweise sein Vermögen des Guten und des Bösen nur in einer zugleich zum Bösen geneigten und hängenden Weise zu besitzen. Klar und kaum zu leugnen scheint: ‚fast notwendig‘ bedeutet jedenfalls nicht notwendig, sondern bedeutet stattdessen nur: Sehr viel leichter, nämlich mit viel weniger Selbstaufgabe versucht der Mensch in der Peripherie die Ruhe seiner Selbstheit zu gewinnen, als wenn er mit seinem Eigenwillen im überkreatürlichen Willen Gottes verbliebe. Der Mensch, in der (formell freien) Entscheidung für Modus (1) seiner realen Freiheit, tut das, was ihm leichter fällt. Aber das, was einem leichter fällt, tut man nicht mit Notwendigkeit. Die von Schelling spezifizierten Gründe machen es dem Menschen bedeutend leichter, sich für den Modus (1) zu entscheiden, ein Vermögen des Guten und des Bösen zu besitzen; nämlich den Modus, in dem der individuelle Geist seinen Eigenwillen über den in ihm gleichwohl vorhandenen Universalwillen stellt. In dieser Form agiert ein Mensch stets unter einem persönlichen Hang zum Bösen, der nur mit Einbeziehung vieler anderer handelnder Personen und Umstände (d. h. in der konkreten geschichtlichen Situation seines Handelns) bei insgesamt günstigen Verhältnissen auch das Vermögen des Guten in ihm zum Zug kommen lässt. Deshalb bleibt wiederum und trotz der individuellen Entscheidung für das Böse der Mensch im geschichtlichen Geflecht der Personen und Umstände nach Schelling einer „Transmutation“ zum Guten fähig und empfänglich.32 In der geschichtlichen und damit zeitlich-empirischen Situation des Handelns sind allerdings Gutes und Böses aus dem Freiheitsvermögen des Menschen nur in Gestalt von „Erscheinung“33 zu entdecken und zu beurteilen. Der auf die intelligible Freiheitstat des Menschen folgende moralphilosophische Teil der Freiheitsschrift versucht daher gewisse Kennzeichen anzugeben, welche Arten des Handelns als wirklich böse und welche anderen als gut oder zum Guten beitragend einzuschätzen sind. Dieser Unterschied hat immer etwas damit zu tun, wie sich die Handlung eines Menschen selber in den Gesamtzusammenhang der Welt einordnet, in den sie sich einzubringen gedenkt. Eine böse Handlung, so Schelling, folgt der „falsche[n] Imagination“,34 dass der eigene Handlungszweck die Degradierung der sonst herrschenden Weltumstände zum Mittel seiner Erfüllung und damit zu vergleichsweise „Nichtseyende[m]“35 macht. Während die gute Handlung, wie Schelling ausführt, an erster Stelle positiv den aus unterschiedlichsten Quellen gespeisten Zusammenhang „des Seyenden“ würdigt,36 der es umgekehrt mir erst möglich macht, ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Gutes und Böses erscheinen also als gegenläufige Einstellungen zu dem 32 

AA I 17, 155; 156 | SW VII, 388; 389. AA I 17, 156 | SW VII, 389. 34  AA I 17, 156; vgl. 157 | SW VII, 390. 35  AA I 17, 157; 158 | SW VII, 390; 391. 36  AA I 17, 158 | SW VII, 391. 33 

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Zusammenhang, aus dem jemandem sein eigenes Handeln möglich wird. Eine alles für mich und meinen Zweck ausbeutende Einstellung ist Erscheinung des Bösen; eine mich in eine stets aus vielen Quellen gespeiste seins-errichtende Entwicklung einbringende Einstellung dagegen Erscheinung des menschlich bewirkten Guten. Das sind freilich nur sehr tentative und laut Schelling selbst platonisch37 gefärbte Charakterisierungen des Guten oder Bösen in ihrer Epiphanie oder Erscheinung, an denen ich selbst für mein Handeln Maß nehmen kann. Aber es sind doch sehr den allgemeingültigen Kern des moralphilosophischen Grundunterschieds treffende Beobachtungen, abseits irgendeiner bestimmten kulturellen oder religiösen Auffassung in dieser Sache. Nur wenn im Rahmen der geschichtlich realen Entwicklung – infolge der von Schelling gestellten Diagnose, dass der Mensch durch Ausübung seiner formellen Freiheit faktisch, aber nicht notwendig radikal böse sei –, nur wenn also im zeitlichen Weltverlauf, sei es durch menschliche oder göttliche Hilfe und Zusammenwirken, eine ‚Transmutation‘ des Menschen ‚zum Guten‘ nicht unmöglich ist, nur dann kann am Ende noch aufgehen, was Schelling am Anfang der Schrift angekündigt hatte, dass nämlich „ein System“ etabliert wird, „mit dem die Freyheit zusammenbesteht“.38 Und nur in diesem Fall wäre es nicht ein Widerspruch, dass ein pantheistisches Modell, in dem Gott jemals „Alles in Allem“ sein soll,39 durch Verteilung des Tuns auf verschiedene Personen auch einen realen Begriff der Freiheit integrierte. Denn nachdem der Mensch durch seine formelle Entscheidung diese Chance verspielt hat, bleibt nur übrig, dies Ziel durch eine geschichtlich langwierige „göttliche Transmutation“ 40 zu erwirken, bei der am Ende das menschlich zugezogene und wirkliche Böse vom Guten wieder getrennt41 und aus dem pantheistischen Systemzusammenhang endgültig „ausgeschlossen und ausgestoßen ist“.42 Es ist also, laut Schellings Freiheitsschrift, nach wie vor nicht unmöglich, dass göttliche Liebe einmal alles in allem durchherrscht, aber auf die menschliche Freiheit des Einzelnen kann man dafür bestimmt nicht mehr bauen. Entsprechend diesen Bemerkungen teilt sich der Band in insgesamt vier Hauptkapitel: (I) Methode, System und Struktur der Freiheitsschrift (II) Die Freiheit und ihr ‚realer und lebendiger Begriff‘ (III) Formelle Freiheit und intelligible Tat (IV) Moralphilosophische Implikationen und Theodizee

37 

Vgl. AA I 17, 156 Anm.; 157; 158 | SW VII, 390 mit Anm.; 391. AA I 17, 111 | SW VII, 337. 39  AA I 17, 172 | SW VII, 408. 40  AA I 17, 155 | SW VII, 388. 41  AA I 17, 169 | SW VII, 404. 42  AA I 17, 173; vgl. 169 | SW VII, 409; vgl. 405. 38 

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2. Übersicht der Beiträge (I) Methode, System und Struktur der Freiheitsschrift Dem Zusammenhang von Methode, System und Struktur ist im ersten Kapitel breite Aufmerksamkeit gewidmet. Den Auftakt bildet ein Beitrag von Anthony Bruno, der sich mit Schellings einleitenden Bemerkungen zur Freiheit als einem „der herrschenden Mittelpunkte des Systems“ 43 auseinandersetzt. Nach seiner These sind diese so auszulegen, dass Freiheit im System von 1809 als unconditioned condition gleichermaßen der ‚Welt‘ wie auch des Philosophierens selbst fungiert. In seiner Argumentation bringt Bruno Gedankengut aus Schellings Frühphilosophie zum Zug, insbesondere die von Fichte herrührende Idee, dass „jedes System den Stempel der Individualität an der Stirne trägt“.44 Mit dem identitätsphilosophischen Erbe der Freiheitsschrift befassen sich auf unterschiedlich akzentuierende Weise Christoph Binkelmann und Tyler Tritten. Beide Autoren versuchen, von Schellings Reformulierung des Identitätsbegriffs her die dia­ lektische ‚Logik‘ des Systems zu erschließen. Binkelmann betont dabei stärker die Kontinuität zu Schellings früherer Philosophie, stellt im zweiten Teil seines Beitrags aber auch heraus, dass die dialektischen Erörterungen am Ende einer voluntativ-ontologischen Fundierung bedürfen. Hierin weise die Freiheitsschrift auf die Weltalter-Philosophie voraus. Noch entschiedener und ‚progressiver‘ arbeitet Tritten die Implikationen der „schöpferische[n]“ 45 Identität heraus, welche er unter der Formel der ‚anterioren Posteriorität‘ zusammenfasst. Gemäß dieser ‚Onto-Logik‘ der Freiheit ist das Antezedens nicht ohne sein Konsequens. Tritten meint, dieses Prinzip in allen wesentlichen Lehrstücken nachweisen und dadurch alle vermeintlichen Widersprüche (Freiheit versus Notwendigkeit, Zeit versus Ewigkeit usw.) auflösen zu können. Daniel Whistler beleuchtet mit Texten Friedrich Schlegels einen in seiner philosophischen Relevanz selten hinreichend gewürdigten Rezeptionshintergrund. Zentrale Aspekte sind, neben Schlegels These der pantheistischen Nivellierung von Gut und Böse, die ‚Serialisierung‘ philosophischer Systeme sowie das metaphilosophische Problem der Freiheit und Moralität des Philosophen. Whistler hält fest, dass für Schlegel mit dem Pantheismus die Philosophie an ihr Ende gelangt, während er für Schelling der Ausgangspunkt neuer Entwicklungen ist. Mildred Galland-Szymkowiak und Christian Martin gehen in ihren Beiträgen jeweils von Schellings methodischen Reflexionen aus,46 die sie auf konträre Weise verstehen. Galland-Szymkowiak sieht eine Verbindung zur Dialogform, deren Rolle im Schelling’schen Werk sie detailliert herausarbeitet: Dialogische Texte dienen nicht 43 

AA I 17, 111 | SW VII, 336 Philosophische Briefe, AA I 3, 72 | SW I, 304. 45  AA I 17, 119 | SW VII, 345. 46  Vgl. bes. AA I 17, 174 Anm. | SW VII, 410 Anm. 44 

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der Mitteilung von Ergebnissen, sondern regen die philosophisch-poietische Tätigkeit des Subjekts an. Die ‚gesprächsweise‘ verfahrende Methode der Freiheitsschrift solle beim Leser wissenschaftliche Begeisterung hervorrufen, das System selbst zu formieren. Philosophie werde so nicht bloß als „analytisch-synthetisches Spiel von Begriffen“ verstanden, sondern speist sich auch aus unserem kulturellen Unbewussten und transformiert es in klare Gedanken. Dagegen deutet Martin den Ausdruck ‚gesprächsweise‘ als metaphorischen Hinweis auf eine streng dialektische ‚serielle Methode‘, die im „systematische[n] Durchgehen von Auffassungen menschlicher Freiheit, die sich zunächst als allseitig präsentieren, jedoch als einseitig erweisen und denen als solchen ihre jeweils untergeordnete Stelle im Rahmen des artikulierten Selbstverständnisses freier Wesen zugewiesen werden muss“, besteht.47 Ausgehend von Kant liefert Martin eine gründliche Rekonstruktion der Freiheitsschrift und zeitlich benachbarter Texte gemäß den Leitkonzepten ‚Transformation‘ und ‚Serialisierung‘, die den Zusammenhang von Personverständnis, Methode und System umfassend darlegt. Die Gegenthese zu Martins Interpretation des Personbegriffs in Schellings Schriften um 1809 vertritt Christian Danz. Während jener seine Neuartigkeit betont und ihn von der Identitätsphilosophie scharf abgrenzt, konstatiert Danz vielmehr Kontinuität. Seine ausführliche Sichtung wichtiger Stellen zum semantischen Feld ‚Subjekt, Individuum, Persönlichkeit‘ kann nach Danz belegen, dass der Personbegriff eine Weiterentwicklung des identitätsphilosophischen Individualitätsbegriffs darstellt. Zwischen den ersten beiden Kapiteln steht ein Text von Paul Ziche, der von Schellings ‚höherem Realismus‘ handelt. Ziche zeigt auf, dass sich die Systemkonzeption der Freiheitsschrift in einen um 1800 intensiv geführten Realismusdiskurs einzeichnen lässt (zu dessen Protagonisten etwa auch Jacobi und Schlegel gehören), und analysiert methodologisch relevante, teilweise emotiv besetzte ‚Mittelbegriffe‘, die das System „aus seiner Mitte“ organisieren.48 (II) Die Freiheit und ihr ‚realer und lebendiger Begriff‘ In der (Wieder-)Entdeckung und vollen Würdigung des ‚realen und lebendigen Begriffs‘ der Freiheit sah Schelling den entscheidenden Fortschritt gegenüber der idealistischen Freiheitslehre Kants und Fichtes. Er wird in den Beiträgen des zweiten Kapitels, die sich durch ihren Fokus auf der Ontologie auszeichnen, prägnant zur Darstellung gebracht. Lara Ostaric stellt die ‚Ontologisierung‘ des Freiheitsbegriffs dezidiert heraus. Die objektive Realität der Freiheit werde von Schelling ontologisch demonstriert, indem er nicht nur eine ideale Verfasstheit des moralischen Subjekts annimmt (‚Universal47 

48 

154 Fn.  89 in diesem Band. 176 in diesem Band.

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wille‘), sondern es auch real bestimmt (‚Eigenwille‘). Durch diese ontologische Erweiterung könne Schelling eine Freiheit zum Guten und zum Bösen erklärbar machen, wo bei Kant nur eine Freiheit zum Guten möglich war. Denn die Wurzel des Bösen liege für Schelling nicht in der praktischen Vernunft, sondern in dem unabhängigen Grund der Natur. Marcela García-Romero bietet eine umfassende Systematisierung der ‚dynamischen‘ Ontologie, die Schellings reellem Freiheitskonzept zugrunde liegt. Das Stichwort der ontologisierten Freiheit wendet sie durchaus kritisch, da mit der Ontologisierung u. a. eine reduktionistische Naturalisierung der Freiheit drohe. Will man diese Konsequenz vermeiden, müsse die Unterscheidung von Grund und Existierendem um diejenige von Existenz und Aktualität ergänzt werden, welche ein Fortschreiten zu immer höheren ‚Einheiten‘ ermögliche. Insofern die höheren Einheiten die niedrigeren integrieren und überwinden, bleibt menschliche Freiheit ungebunden durch ihren naturalen Grund und gleichzeitig offen für noch höhere Stufen der Wirklichkeit. Schon mit Blick auf die ‚formelle Freiheit‘ fragt Markus Gabriel nach den logischonto­logischen Rahmenbedingungen der These, dass „das Wesen des Menschen […] wesentlich seine eigne That“ ist.49 Laut Gabriel entwickelt Schelling in der Freiheitsschrift eine Theorie radikaler Selbstbestimmung. Dafür stütze er sich auf einen Essentialismus, dem das ‚Wesen‘ (als gemeinsamer Mittelpunkt von Grund und Existierendem, Gott und Natur) nicht aus einem Bestimmungsgefüge mit extrinsischen Faktoren ableitbar ist. Daher sind wir in Schellings Modell für die Handlungen verantwortlich, in denen sich unser Wesen manifestiert, folgert Gabriel. (III) Formelle Freiheit und intelligible Tat Die von Schelling selbst so bezeichnete intelligible Tat,50 die mit Recht als theoretisches Kernstück der Freiheitsschrift gilt, aber auch seit ihrer frühesten Rezeption im Kreuzfeuer der Kritik steht,51 wird in diesem Band besonders eingehend unter allen wesentlichen Gesichtspunkten behandelt. Acht Beiträge widmen sich ihrer textgenauen Rekonstruktion, kritischen Beleuchtung und systematischen Verteidigung. Thomas Buchheim verteidigt das Lehrstück gegen drei klassische Einwände. Nach seiner Lesart ist erstens zurückzuweisen, dass die von Schelling veranschlagte ‚innere Notwendigkeit‘ des Wesens Freiheit im Sinn einer alternativen Handlungsmöglichkeit ausschließe. Zweitens könne der Einwand, dass die intelligible Tat, weil unserem zeitlich konstituierten Selbstbewusstsein vorgeordnet, auch ohne intentionales Bewusstsein getan werden müsse, entkräftet werden. Und drittens sei der Kritik

49 

AA I 17, 152 | SW VII, 385. AA I 17, 156 | SW VII, 389. 51  Siehe den Editorischen Bericht in AA I 17, 77. 50 

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nicht zu folgen, wonach Schellings Konzept keinen Wandel des Charakters vom Bösen zum Guten erlaube und vice versa. Mit größerer Skepsis betrachten Friedrich Hermanni und Siegbert Peetz das Theorem. Doch sind beide darum bemüht, ihm im Lichte der Kritik vernünftigen Sinn abzugewinnen. Hermanni konzentriert sich auf den Determinationsaspekt und bestimmt Schellings Position im Durchgang durch alternative Optionen zunächst als ‚intelligiblen Determinismus‘. Das Fazit seiner kritischen Analyse ist zweigeteilt: Die intelligible Tat sichere die Freiheit und Zurechenbarkeit der Handlungen, wenn man sie als Ausdruck für die subjektive Unhintergehbarkeit des Selbst verstehe; beim Versuch, den Übergang aus der Unentschiedenheit in die Entschiedenheit für das Böse zu klären, falle Schelling aber in den Indeterminismus zurück. Der Aufsatz von Peetz bringt den Einwand aus der Präreflexivität zum Zuge. Laut Peetz konzipiert Schelling die intelligible Tat in Absetzung von Kant und Fichte ontologisch als eine ‚Triangulation des Wollens‘. Zwar lasse sich der von Schelling behauptete Charakter der Wahlfreiheit nicht aufrechterhalten, wohl aber der der Verantwortung, nämlich dann, wenn man sie im Sinne tragischer Freiheit, d. h. freiwilliger Übernahme einer unvermeidlichen Schuld begreife. Peetz findet entsprechende Überlegungen in einem wenig bekannten Hölderlin-Fragment vorgetragen und erschließt der Schellingforschung damit einen neuen, aufschlussreichen Referenztext. Auch Hiroshi Abe widmet sich dem Determinationsaspekt, und zwar über den Vergleich mit Spinoza. Sein Beitrag beleuchtet die Annahme, dass menschliche Freiheit in einer ‚höheren Notwendigkeit‘ zur Ausübung kommt, im Kontrast mit Spinozas Freiheitsbegriff, nach dem ‚freie Notwendigkeit‘ allein Gott zugeschrieben werden kann. Der Gedanke der höheren Notwendigkeit garantiere die freie Bestimmung des Menschen durch immanente Ursachen bei Vermeidung eines freiheitsausschließenden Determinismus. Abe zufolge verdient Schellings Position den Titel eines ‚menschenorientierten Pantheismus‘, insofern die „Immanenz der Dinge in Gott“52 erst durch die Freiheit des Menschen möglich ist. Ryan Scheerlinck konzentriert sich vor allem auf das kantische Erbe. Er betont den Begriff des ‚intelligiblen Wesens‘ in der Freiheitsschrift, welcher Kants Begriff der ‚intelligiblen Tat‘ weitgehend ersetze. In der Doppelfunktion des ‚Wesens‘ liegt nach Scheerlinck die Besonderheit bei Schelling: Das Wesen als Grund von Existenz bedeute eine gewisse Gemeinsamkeit seiner Züge mit anderem Seienden, während das Wesen, sofern es existiert, eine individuelle, besonders geprägte Natur auszeichne. Aus dem Umstand, dass Schelling das individuelle Wesen des Menschen als dessen eigene Tat denkt, schließt Scheerlinck: „Formelle Freiheit besagt […] nichts anderes als Verantwortlichkeit“.53 Indem sie die Frage nach der ‚Situation‘ der intelligiblen Tat bei Kant und Schelling stellt, kommt auch Nora C. Wachsmann auf die kantischen Hintergründe der formel52 

53 

AA I 17, 174 | SW VII, 410. 339 in diesem Band.

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len Freiheit zu sprechen. Sie sieht in der geschichtlichen Situierung eine entscheidende Änderung an Kants Theorem: Schellings Verständnis weiche von der Forderung ab, dass die moralische Selbstbestimmung des Menschen in ‚intelligibler Isolation‘ passieren muss. Geschichtliche Situierung ermögliche, dass die intelligible Selbstbestimmung eine informierte Entscheidung für das konkrete Leben eines Menschen sein kann. Außerdem wird nachvollziehbar, so Wachsmanns Argument, wie der Mensch sich innerhalb des Lebens zu einer Änderung seines moralischen Zuschnitts bestimmen kann. Dass mit der unüblichen Idee einer ‚zeitlosen‘ Entscheidung eine besondere Metaphysik der Zeit erforderlich wird, ist die These von Thimo Heisenberg. In der Freiheitsschrift selbst präsentiere Schelling noch kein ausgereiftes Konzept von Zeitlichkeit. Die Zeittheorie der Weltalter von 1811 aber stelle genau den benötigten metaphysischen Hintergrund der Freiheitstheorie von 1809 bereit. Danach ist Zeit nicht, wie gemeinhin angenommen, eine universale Vorbedingung für unser Handeln, sondern wird im Gegenteil durch menschliche Entscheidungen überhaupt erst generiert. Thomas Oehl begegnet den Aporien der von Schelling behaupteten Überzeitlichkeit durch eine alternative Konzeption. Die Idee freier moralischer Selbstbestimmung setze erstens voraus, dass die einzelnen Handlungen eines Menschen in der Zeit mit Notwendigkeit an seinen Charakter gebunden sind, und erfordere zweitens, dass der Handelnde sich diesen Charakter frei zugezogen hat. Mit Rekurs auf die gegenwärtige Debatte argumentiert Oehl, dass beide Bedingungen auch in einer Theorie biographischer Charakterbildung in der Zeit erfüllbar sind, wo man nicht den hohen Preis der Außerzeitlichkeit zahlen muss. (IV) Moralphilosophische Implikationen und Theodizee Mit seinen Untersuchungen der Freiheit reagiert Schelling nicht zuletzt auf den zeitgenössischen Vorwurf, die Naturphilosophie sei unfähig, moralphilosophische Gegenstände und ‚sittliche‘ Aspekte zu integrieren bzw. angemessen darzustellen.54 Schelling stellt sich dieser Herausforderung konkret-thematisch in zweifacher Hinsicht: zum einen bezogen auf die Freiheit des Menschen, indem er wenigstens ansatzweise eine ‚Ethik‘ skizziert;55 zum anderen bezogen auf die „Freyheit Gottes“, indem er – und dies in vollständig ausgearbeiteter Form – den Versuch unternimmt, „Gott wegen des Bösen zu rechtfertigen“, kurz eine sogenannte Theodizee vorlegt.56 Entschieden kritisch begegnet Schellings moralphilosophischen Einlassungen Michelle Kosch, nach deren Argument sie keine Alternative zu der Annahme bieten, das Böse entstehe aus einem defizitären Gebrauch der Vernunft. Die moralpsychologi54 

Siehe den Editorischen Bericht in AA I 17, 16–18. AA I 17, 158–160 | SW VII, 391–394. 56  AA I 17, 160–168 | SW VII, 394–403, hier: 160 | 394. 55 

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sche These, dass die Rationalität einer Handlung eine hinreichende Bedingung für ihr Gutsein ist, lasse sich durch Schellings kosmologischen Ansatz nicht widerlegen. Seine Chance, die Rationalität des Bösen daraus herzuleiten, dass die Verstandesmäßigkeit (nicht: Vernunftgemäßheit) einer Handlung eine notwendige Bedingung für Freiheit ist, könne Schelling nicht nutzen, weil er eine Differenzierung von Verstandes- und Vernunftgebrauch schuldig bleibe. Im Theodizeeproblem kommen alle Themen des Bandes zusammen: Methode, reeller Freiheitsbegriff, modaler Status der intelligiblen Tat und das Verhältnis von System und „sittlich[]e[m] Gefühl“.57 Amit Kravitz nähert sich ihm vom Begriff der Freiheit Gottes her, die im Unterschied etwa zur Allmacht kein notwendiges Attribut zu sein scheine. Dass sich Philosophen dennoch mit ihr herumschlagen, liege daran, „dass sich hinter der Definition der ‚Freiheit Gottes‘ viele andere Angelegenheiten verstecken“.58 Hinter Schellings Theodizeeversuch setzt Kravitz zwei große Fragezeichen: erstens, ob wir überhaupt in der Lage sind, Gottes Schöpfungsentscheidung gegen das Nichts abzuwägen. Und zweitens, ob Gott, mag er auch bezüglich der Existenz einer Geschichte gerechtfertigt sein, es ebenfalls hinsichtlich ihrer Dauer wäre. Thomas Frisch verortet Schellings Theodizee zwischen dem klassischen Entwurf von Leibniz und Plantingas analytischer Free Will Defense. Als große Gemeinsamkeit von Schelling und Plantinga identifiziert er den reellen Freiheitsbegriff, wonach Gott, anders als Leibniz dachte, nicht jede logisch mögliche Welt erschaffen kann. Indem Schelling diese Einsicht noch radikaler und systematischer verfolge, werde es möglich, das moralisch anstößige, weil unvermeidlich instrumentelle, Modell des metaphysischen Weltenvergleichs in Richtung eines ‚geschichtlichen‘ Theodizeedenkens zu überwinden. Ein Beitrag von Karin Nisenbaum, der noch einmal die Brücke zum frühen Schelling schlägt, beschließt den Band. Sie tritt darin der verbreiteten Auffassung entgegen, Schelling habe zur Ethik nichts beizutragen, die sich anhand der ethischen Perspektive der Freiheitsschrift widerlegen lasse. Nisenbaum führt vor, wie Schelling bereits im Frühwerk Anstalten macht, die kantische Moralphilosophie zu systematisieren, wobei seine Unzufriedenheit mit Kants Verständnis moralischer Motivation sichtbar wird. Dies zeige sich erneut in der Freiheitsschrift, wo Schelling einige Gedanken aus der Ichschrift entscheidend weiterentwickle.

57 

58 

AA I 17, 176 | SW VII, 413. 425 in diesem Band.

I. Methode, System und Struktur der Freiheitsschrift

Schelling on the Unconditioned Condition of the World G. Anthony Bruno

Despite fruitful and sometimes bitter disputes regarding philosophy’s systematic ambitions, Kant and the German idealists share a commitment to the primacy of the practical. But distinguishing which sense of the practical is primary is crucial for clarifying their various positions. In the Preface to the Critique of Pure Reason, Kant says that while the “negative utility” of critique is to restrict speculative reason to possible experience, its “positive and very important utility” is to reveal the “absolutely necessary practical use of pure reason (the moral use), in which reason unavoidably extends itself beyond the boundaries of sensibility”. Indeed, critique’s negative utility serves its practical utility because it “removes an obstacle that limits or even threatens to wipe out the practical use of reason”. The obstacle is the assumption that the objects of experience are things in themselves, from which it follows that “the mechanism of nature” is “valid of all things in general” and hence that the “human soul” is univocal in “meaning” – viz., “as a thing in itself” subject, like all things, to “natural necessity” – and so is incapable of freedom.1 Removing this assumption not only resolves the antinomies into which speculative reason falls, but, by depriving the latter of “its pretension to extravagant insights”, it also makes possible the “practical extension of pure reason”. Hence Kant’s declaration: “I had to deny knowledge in order to make room for faith” and “morality”.2 The priority of critique’s positive, practical utility frames Kant’s demand in the Critique of Practical Reason for the “subordination” of reason’s speculative interests to its practical interests. To prevent “a conflict of reason with itself”, practical reason must have the “primacy” whereby “all interest is ultimately practical and even that of speculative reason is only conditional and is complete in practical use alone”.3 By deploying critique for the purpose of reason’s practical extension, and by subordinating all interests to those of practical reason, Kant makes clear that it is in terms of rationality that the practical is primary. As he says in Groundwork for the Metaphysics of Morals:

1 

KrV, BXXIV–XXVII. KrV, BXXX. 3  KpV, AA V: 121. 2 

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G. Anthony Bruno

Only a rational being has the capacity to act in accordance with the representation of laws, that is, in accordance with principles, or has a will. Since reason is required for the derivation of actions from laws, the will is nothing other than practical reason. (GMS, AA IV: 412)

The practical is primary insofar as it involves a will that is constituted by reason, i.e., by a capacity to act in the light of a law. Fichte agrees that the will is nothing if not rationally practical. In the Wissenschaftslehre Nova Methodo, he claims that Kant rightly “insists upon the primacy of practical reason”, though he complains that Kant “failed to show decisively that the practical is the source of the theoretical”.4 While he follows Kant in rejecting the ‘dogmatic’ view of the I as univocally a “thing” among things in themselves,5 he charges that Kant’s subordination of speculative to practical reason is unsystematic in that it does not derive the former from the latter.6 Nevertheless, Fichte affirms Kant’s position that the primacy of the practical is to be construed in terms of reason. As he says in System of Ethics, the only way to explain the “appearance of freedom” is “to grant primacy to practical reason, to hold the moral law to be the true and ultimate determination of our essence”. The practical is primary because this is the only explanation according to which “reason is, in every respect, its own law”.7 Such an explanatory desideratum reflects Fichte’s assertion in Attempt at a New Presentation of the Wissenschaftslehre that the “overall gist of the Wissenschaftslehre […] is this: Reason is absolutely self-sufficient”.8 I will argue that Schelling diverges from Kant and Fichte by casting the primacy of the practical, not in terms of reason, but in terms of sheer undetermined will. He describes freedom in Philosophical Investigations into the Essence of Human Freedom as the “capacity for good and evil” and the “one and all of philosophy”.9 While the latter description posits freedom as philosophy’s unconditioned condition or first principle, the former can be interpreted as positing freedom as conditioned by no law, not even the moral law. Schelling puts both of these descriptions to use when attacking Fichte’s Kantian conception of reason or ‘the I’ as self-positing: The I, Fichte says, is its own act; consciousness is self-positing – but the I is nothing different from this self-positing, rather it is precisely self-positing itself. This consciousness, however, to the extent it is thought merely as self-apprehension or cognition of the I, is not even primary and all along presupposes actual Being, as does all pure cognition. This Being, presumed to be prior to cognition, is, however, not Being, though it is likewise not cognition: it is real self-positing, it is a primal and fundamental willing, which makes itself into something and is the ground of all ways of being. (AA I 17, 152 | SW VII, 385)

4 

GA IV/3, 371. GA IV/3, 347. 6  See Bruno (2018). 7  GA I/5, 65; 67. 8  GA I/4, 227. 9  AA I 17, 124 f. | SW VII, 351 f. 5 

Schelling on the Unconditioned Condition of the World

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For Fichte, the primacy of the practical consists in the I’s capacity to posit itself, i.e., to cognize itself as ‘its own law’, for only this guarantees its absolute self-sufficiency. Schelling’s objection is that all cognition, including the I’s self-cognition, presupposes a more ‘primal and fundamental’ ground. On this view, a truly unconditioned condition escapes cognition. Hence Schelling refers to this condition as non-cognitive ‘willing’ – a real ‘self-positing’ that outstrips any lawful cognition of reason. In this regard, the will’s expression is necessitated by no law, but is radically contingent. Schelling expands on this idea later in the Freedom Essay: no matter how high we place reason, we do not believe, for example, that anyone may be virtuous or a hero or generally a great human being on the basis of pure reason, indeed, not even, according to the familiar phrase, that the human race can be propagated by it. Only in personality is there life, and all personality rests on a dark ground that indeed must therefore be the ground of cognition as well. (AA I 17, 177 | SW VII, 413)

The primal ground of cognition is practical and yet, as we will see, ‘dark’. Schelling thus affirms the heterogeneity of ground and consequent such that the practical is arationally primary. As he will argue, freedom is unfathomable by reason. Schelling’s position in the Freedom Essay marks a radical departure, not only from the other idealists, but also from his own philosophy of identity, which a decade prior grounds philosophy, not on abyssal freedom, but on the absolute identity of reason. In Further Presentations from the System of Philosophy, he says: “[e]verything we can know is a fragment of the absolute essence of the eternal principle [i.e., reason], only cast in the form of appearance”; the finite world and its laws are mere appearances, “expressions of their absolute nothingness and insubstantiality”.10 And in the Würzburg lectures published as System of Philosophy in General and of the Philosophy of Nature in Particular, Schelling claims that human subjectivity “ceases” to be from the standpoint of reason, adding: “it is not me who recognizes [reason’s] identity, but it recognizes itself, and I am merely its organ”.11 Furthermore, by grounding philosophy on human freedom, the Freedom Essay recovers aspects of Schelling’s thinking prior to the philosophy of identity, particularly his sympathy in Philosophical Letters on Dogmatism and Criticism for the finite subject who resists seeking refuge in the absolute: I understand you, dear friend! You deem it greater to struggle against an absolute power and to perish in the struggle than to guarantee one’s safety from any future danger by positing a moral god. (AA I 3, 17 | SW I, 284)

It also reprises Schelling’s statement in Anti-Critique that the “first step into philosophy must manifest the arrival of a free human being” and that philosophy’s first postulate is “to act freely”.12 10 

AA I 12,1, 133 | SW IV, 396 f. SW VI, 142 f. 12  AA I 3, 192 | SW I, 243. 11 

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Schelling’s philosophical revolution leads him in the Freedom Essay to criticize idealism for not grasping freedom as its “innermost presupposition”. He marvels, in particular, at how Kant, after having first distinguished things-in-themselves from appearances only negatively through their independence from time, and later treating independence from time and freedom as correlate concepts in the metaphysical discussions of his Critique of Practical Reason, did not go further toward the thought of transferring this only possible positive concept of the in-itself also to things; thereby he would immediately have raised himself to a higher standpoint of reflection and above the negativity that is the character of his theoretical philosophy. (AA I 17, 124 | SW VII, 351 f.)

The first Critique salvages from its correction of speculative reason the negative thesis that “freedom is at least not incompatible with nature”,13 while the second Critique advances the positive thesis that freedom exists supersensibly as independence from empirical conditions of experience like time.14 As Schelling glosses Kant’s positive thesis, freedom and independence from time are ‘correlate concepts’. Schelling’s complaint is that, by attributing freedom, the ‘only possible positive concept’ of the supersensible, to subjects alone, Kant problematically restricts his positive thesis, for he shows only that freedom is compatible with our own nature, not with nature itself. Whereas Fichte charges Kant with leaving speculative and practical reason disunified, Schelling charges Kant with leaving freedom and nature disunified. Schelling extends this charge to Fichte, whose idealism he calls “subjective”.15 The charge is that idealism must show how freedom relates to objects as such, lest they be excluded from the space of freedom occupied by subjects. In Schelling’s words, idealism must show, not only that freedom is “truly actual”, but also that “everything actual (nature, the world of things) has activity, life and freedom as its ground”.16 With this assertion, he demands the expansion of the definition of freedom so that it entails, not merely temporal independence, but the temporal independence of that which grounds the world as an intelligible whole. By not rising to this “higher standpoint of reflection”, Kant and Fichte’s idealism “does not reach far enough” to grasp “the distinctiveness of human freedom”.17 Schelling immediately observes a consequence of this failure: “it would be an error to think that pantheism has been abolished and destroyed by idealism, a view that could only arise from the confusion of pantheism with onesided realism”.18 Schel­ ling’s full charge, then, is that idealism’s failure to grasp freedom’s distinctiveness undermines its attempt to refute pantheism, as exemplified by Spinoza. This raises two questions, which I will answer in turn: what, for Schelling, is distinctive of hu13 

KrV, A558/B586. KpV, AA V: 43. 15  AA I 17, 124 | SW VII, 351. Cf. Ideen, AA I 13, 110 | SW II, 72. 16  AA I 17, 124 | SW VII, 351. 17  AA I 17, 124 | SW VII, 352. 18  AA I 17, 124 | SW VII, 352. 14 Cf.

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man freedom; and how does the idealists’ failure to grasp it render them unable to refute pantheism? To answer these questions, I will reconstruct Schelling’s argument in the Freedom Essay that freedom has the distinctness of being the unconditioned condition of the world’s intelligibility. My reconstruction will illustrate how Schel­ ling’s notion of freedom as primal will grounds the primacy of practical reason as Kant and Fichte conceive it. I will then consider three objections to Schelling’s argument. Throughout, I will develop the Schellingian idea that freedom is enacted in an unprethinkable decision that cannot be anticipated by any law or principle.

1. If we are to understand what, according to the Freedom Essay, is distinctive of human freedom, we first need to track Schelling’s metaphilosophical pluralism, i.e., his commitment to the valid multiplicity of philosophical systems. In Anti-Critique, he declares the idea of a sole, correct first principle “unworthy of a free man who knows his own self”.19 Philosophy is not restricted to any principle, “contained as though in a box”, because it is the “pure product of a free man”.20 Schelling reprises this thought in the Letters, saying that knowledge is “the pure product of our freedom”.21 He then extends this thought further: no philosopher will imagine that he has done everything, by merely setting up the highest principles. For those principles have only a subjective value as a basis of his system, that is, they are valid for him only inasmuch as he has anticipated his own practical decision. (AA I 3, 81 | SW I, 313)22

No principle enjoys any validity beyond one’s decisive resolve to construct a system on its basis. As Schelling says, “every system bears the stamp of individuality on the face of it, because no system can be completed otherwise than practically, that is, subjectively”.23 Following the philosophy of identity, Schelling resumes his metaphilosophical pluralism in the Freedom Essay: it is entirely the same for pantheism as such whether individual things are in an absolute substance or just as many individual wills are included in a primal will. In the first case, pantheism 19 

AA I 3, 192 | SW I, 242. AA I 3, 192 f. | SW I, 242 f. 21  AA I 3, 76 | SW I, 308. 22  This suggests a response to Fichte’s challenge to isolate a ground beyond the first principles of idealism and realism (cf. Versuch einer neuen Darstellung, GA I/4, 189), for prior to these lies decision, which is restricted in advance by no particular philosophical system. Crucially, the lack of a prior criterion for decision does not diminish the significance of one’s choice: although the possible systems by which to live are theoretically equivalent insofar as their first principles cannot be derived and so cannot refute their contraries, they differ practically for one who has found value in one over another; cf. Philosophische Briefe, AA I 3, 109 | SW I, 339. 23  AA I 3, 72 | SW I, 304. One may of course lack or refuse this resolve. 20 

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would be realist, in the other, idealist, but its basic concept remains the same. Precisely here it is evident for the time being that the most profound difficulties inherent in the concept of freedom will be just as little resolvable through idealism, taken by itself, than through any other partial system. (AA I 17, 124 f. | SW VII, 352)

Pantheism ‘as such’ is indifferent to its realist and idealist appropriations since, in both, ‘its basic concept remains the same’, viz., ‘the concept of freedom’. This concept grounds pantheism whether the latter is construed as the existence of all things ‘in an absolute substance’, following Spinoza’s realism, or in a ‘primal will’, following Fichte’s idealism (this, despite Schelling’s appropriation of the same term for his own view). This is why realism and idealism are ‘partial systems’: they equally presuppose the thesis that freedom grounds the world pantheistically construed. Earlier, Schelling states: “individual freedom is surely connected in some way with the world as a whole (regardless of whether it be thought in a realist or idealist manner)”.24 According to this claim, neither idealists nor realists have exclusively authoritative access to the essence of freedom. Since the Freedom Essay treats freedom as the ‘one and all of philosophy’, this entails that idealism and realism have equal validity regarding a matter of systematic philosophical importance and hence equal validity as philosophical systems. Beyond this metaphilosophical point, however, the claim broaches the issue of what is distinctive of human freedom, for it states that freedom relates, not to some entity or domain in the world, but to ‘the world as a whole’. This suggests the thesis that freedom is the world’s ground or unconditioned condition, for only such a condition relates to ‘the world as a whole’, as opposed to one of its contents or domains. In fact, just prior to the claim, Schelling provides a four-step argument for precisely this thesis, which I will now reconstruct.25 In the second sentence of the Freedom Essay, Schelling says: [1] Since no concept can be defined in isolation, […] and only proof of its connection with the whole also confers on it final scientific completeness, [2] this must be pre-eminently the case with the concept of freedom, which, [3] if it has reality at all, must not be simply a subordinate or subsidiary concept, but [4] one of the system’s ruling centerpoints. (AA I 17, 111 | SW VII, 336)

Step [1] posits a holism criterion according to which the ‘scientific completeness’ of a concept’s definition depends on its conceptual relation to all other concepts in a systematic ‘whole’. This criterion expresses the plausible idea that a system of concepts is not comprehensive if one of its constituents bears no conceptual relation to any others. Step [2] asserts that the holism criterion applies ‘pre-eminently’ to the concept of freedom. Schelling clarifies the importance of this particular application when, in the next sentence, he acknowledges “an old but in no way forgotten legend” that freedom is “completely incompatible with system, and every philosophy making claim to uni24  25 

AA I 17, 111 | SW VII, 337. A version of this reconstruction appears in Bruno (2014).

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ty and wholeness should end up with the denial of freedom”.26 The longstanding suspicion is that freedom, by being its own reason or cause, is self-explanatory, whereas a system’s comprehensiveness precludes explanatorily autonomous or isolated conceptual regions. Applying the holistic criterion to the concept of freedom is meant to dispel this suspicion by showing that systematicity and freedom are indeed conceptually compatible. Step [3] specifies a requirement for this compatibility. It claims that the concept of freedom cannot stand in a ‘subordinate or subsidiary’ relation to other concepts in a system. Old as it may be, the suspicion that systematicity and freedom are incompatible reflects the proximate role that nihilism plays in the emergence of German idealism. The idealists confront nihilism amid a controversy stoked by Jacobi’s Concerning the Doctrine of Spinoza in Letters to Herr Moses Mendelssohn concerning a tension between rational systematicity and human freedom. According to Jacobi, reason’s demand for explanatory comprehensiveness requires a commitment to the principle of sufficient reason that unavoidably leads to necessitarianism, as typified by Spinozistic pantheism, one corollary of which is that human freedom is incoherent. The nihilistic threat this poses is that we are the effects of external causes that determine us ad infinitum. The explanatory priority of such causes over us subordinates the concept of freedom to the level of illusion, which the idealists agree must be refuted through freedom’s absolute enshrinement. Step [4] concludes that the concept of freedom must stand in an unconditioned conditioning relation to all other concepts within a systematic whole – as what Schelling calls a ‘centerpoint’. To recap: if [1] a specific concept must relate explanatorily to all other concepts in a system, such that [2] that system is compatible with this concept and such that [3] that system’s explanatory relations subordinate this concept to no others, i.e., such that this concept is conditioned by no others, then [4] that concept’s explanatory role within that system is unconditional. The threat of nihilism motivates the affirmation of this argument’s antecedent, as a consequence of which the concept of freedom cannot be one among many in a systematic whole but must be the unconditioned condition of that whole. Insofar as the world is a totality represented as an intelligible whole, freedom must serve as its unconditioned condition. Understood in the context of nihilism, Schelling’s four-step argument demonstrates that a system in which freedom has any place is one that is unconditionally conditioned by freedom. And since, on pain of nihilism, a system must have some place for freedom, the only possible system is one that is unconditionally conditioned by freedom.27 This illustrates what is distinctive about human freedom: it relates to ‘the world as a whole’, as only an unconditioned condition can. Nevertheless, we can 26 

AA I 17, 111 | SW VII, 336. The requirement that freedom have some non-illusory place within a philosophical system is, of course, only salient in the face of nihilism. The contingency or fragility of a philosophy of freedom in Schelling’s sense accordingly consists in one’s being alive to this threat. 27 

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say that freedom is rationally, not really, distinct from what it grounds: its grounding role is intelligible only in relation to its consequent. Before turning to the question of how the idealists’ failure to grasp freedom’s essence renders them unable to refute pantheism, I want to pause over Schelling’s claim in step [4] that freedom is ‘one of’ a system’s centerpoints. This implies that a system has other centerpoints – multiple unconditioned conditions – whereas we might expect that freedom is a system’s single centerpoint. Recall that, according to Schelling’s abiding pluralism, the idea of a single, correct first principle in philosophy – a single unconditioned condition – is incoherent insofar as philosophy is a pure product of human freedom.28 Humans express their freedom through their construction of intelligible systems. But this activity is restricted to no particular system. As we might put it, there is no one way of leading the examined life. Humans can therefore arguably serve as distinct ‘ruling centerpoints’ of one system, given the unconditionally conditioning role that their freedom plays in it. Having reconstructed Schelling’s argument that freedom is the unconditioned condition of the world grasped as a systematic whole, I will now turn to his argument for why the idealists’ failure to grasp this distinctive feature of freedom is what undermines their attempted refutation of pantheism. I will focus, in particular, on Fichte.

2. The nihilistic threat posed by pantheism animates much of Fichte’s thinking. He sees its solution as requiring a transition from the letter of Kant’s idealism to the Wissenschaftslehre. Fichte argues that Kant’s negative thesis that freedom is not incompatible with nature assumes an unstable distinction between appearances, which we can know, and things in themselves, which we cannot know speculatively, but must think regulatively. In the New Presentation, he says that Kant speaks of a deception that constantly recurs, even though one knows it to be a deception. How can Kant know that it always recurs […] [?] To know that one is deceived, and yet to be deceived, is not the state of conviction and agreement with oneself, but rather that of an unstable inner conflict. (GA I/4, 264)

The deception in question is transcendental illusion, whereby, as Kant says, we naturally and unavoidably confuse the “subjective necessity of a connection of our concepts” with “objective necessity in the determination of things in themselves”.29 Fichte thinks we cannot consistently diagnose this deception without thereby over28  Schelling thus avoids the spoiling ingredient in an antinomy between skeptical and dogmatic views that affirm that philosophy must have a single first principle yet disagree about whether it can be known. 29  KrV, A297/B353.

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coming it, viz., by jettisoning all thought of things in themselves, including regulative thought. We are able to jettison such thought because it is “created solely by [us]”.30 And we must jettison such thought on pain of adopting an ‘unstable’ perspective from which we acknowledge an illusory mode of thinking yet condemn ourselves to what Kant describes as the peculiar fate of indulging the “false hopes”31 that it offers. If, instead, we see that consciousness of appearances is “our only truth”, then the “false philosophy” of things in themselves “falls from [our] eyes like scales, and the deception never returns”.32 We are only wilfully deceived if, after diagnosing the deception, we persist in thinking in any way about the thing in itself. Worse still, thinking the thing in itself regulatively, according to Fichte, tempts us beyond the standpoint of consciousness. This is to court Spinozistic pantheism. As he says in Foundations of the Entire Wissenschaftslehre, “if we go beyond the I am, we necessarily arrive at Spinozism”, for “there are only two completely consistent systems: the critical, which recognizes this boundary [of consciousness], and the Spinozistic, which oversteps it”.33 For Fichte, a philosophical system must rest on a know­ able first principle, which both Spinozism and the Wissenschaftslehre purport to do, but which Kant’s idealism does not. For Kant, the first principle or common root of theoretical and practical reason is unknowable. This dangerously leaves open which of the ‘only two’ systems is true.34 Fichte’s idealism thus stands alone against the nihilistic threat posed by Spinozistic pantheism. Fichte gives an indirect refutation of Spinozistic pantheism in the New Presentation, where he says that philosophy’s “first task” is to posit a first principle.35 As we saw, this principle must either be critical or Spinozistic – philosophy is idealistic or else pantheistic. Fichte cannot directly refute the Spinozist in order to vindicate idealism: “we cannot force anyone to accept [idealism], since the acceptance of this system is something that depends on freedom”.36 Instead, Fichte shows how she refutes herself. Since positing a first principle is the response to a task, it is a normative act for which one is responsible. However, the Spinozist posits a principle whose nihilistic 30 

Versuch einer neuen Darstellung, GA I/4, 264. KrV, A298/B355. 32  Versuch einer neuen Darstellung, GA I/4, 265. 33  GA I/2, 264. 34 Cf. KrV, A681/B709: “One mistakes the significance of this idea [of the highest being] right away if one takes it to be the assertion, or even only the presupposition, of an actual thing to which one would think of ascribing the ground for the systematic constitution of the world; rather, one leaves it entirely open what sort of constitution in itself this ground, which eludes our concepts, might have.” 35  GA I/4, 186. 36  GA I/4, 252. Cf. System der Sittenlehre, GA I/5, 278 f.: “theoretical conviction itself cannot be forced upon anyone […] No one is convinced who does not delve into himself and feel inwardly the consent of his own self to the truth that has been presented, a consent that is an affect of the heart and by no means a conclusion of the understanding […] Conviction is an action of reason, through which it subordinates itself to the truth through an act of its own self-activity; it is not a passive state of reason.” 31 

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corollary precludes her capacity for normative activity. Infinitely determined modes are incapable of the responsibility required to fulfill philosophy’s first task. The Spinozist refutes her principle, then, just by positing it, a performative contradiction that undermines her intended system. Her act comes too late to vindicate her system because it already has the normative feature of endorsement, which betrays her system. As Fichte observes: “there is something within [the Spinozist] that sides with the [idealist]”.37 Pantheism’s self-refutation leaves idealism as “the only possible philosophy”,38 in possession of the sole, correct first principle. This argument removes the appearance of metaphilosophical pluralism from Fichte’s dictum that one’s philosophy depends on “the kind of person one is”.39 The dictum seems to suggest that one could legitimately endorse pantheism, given a Spinozistic personality. But the Spinozist’s self-refutation shows that she can have no first principle.40 With no first principle, she has no system. The kind of person one is accordingly amounts to a question about whether one rises to “the level of idealism” 41 and owns up to one’s freedom, or else evades it in bad faith. As Fichte says in the Nova Methodo: [w]hether one embraces or rejects [idealism] is something that depends upon one’s inmost way of thinking and upon one’s faith in oneself. A person who has faith in himself cannot accept any variety of dogmatism or fatalism. (GA IV/3, 335)

If the only kind of person is an idealist (whether self-willed or failed), then, as Fichte concludes, “[t]he only type of philosophy that remains possible is idealism”.42 How, then, does Fichte’s idealism fail to refute Spinozistic pantheism, as Schelling charges? Schelling remarks in a footnote that idealism, no less than Spinozism, has the “honour” of being a “system of reason”.43 We saw that, according to Schelling’s pluralism, a system of reason, whether ‘idealist’ or ‘realist’, is a product of human 37 

GA I/4, 195. GA I/4, 198. 39  GA I/4, 195. 40  Cf. GA I/4, 190: “the object of dogmatism cannot be considered to be anything but a pure invention”. 41  GA I/4, 195. 42  GA I/4, 198. Contrast Jacobi in his open letter to Fichte: “Every philosophy, without exception, is at some point marked by a miracle. Each has a particular site, its holy place, where its miracle appears and, being alone the True, makes all others superfluous. Taste and character determine to a large extent in which direction we shall look, towards one of these sites or another. You have aptly remarked on this yourself (on p.  25 of your New Exposition) where you say: ‘The philosophy one chooses depends on the kind of man one is. For a philosophical system is not a dead utensil that one can either take up or put down at will, but is quickened through the soul of the man who has it.’ You may well be surprised that I should quote this passage, and call it apt, for the surrounding context (pages 23 to 26) proclaims with biting wit your contempt, or at least your indifference, for my way of thinking, and a scarcely restrained ridicule. But for this reason I have thought of this passage with all the greater fondness, as an occasion to note that by writing this letter I have exhibited a strength of spirit at least not contemptible.” (JWA 2,1, 223) 43  Freiheitsschrift, AA I 17, 122 Fn. | SW VII, 349 Fn. 38 

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freedom – hence his claim above that Fichte’s I ‘is not even primary’, but presupposes ‘a primal and fundamental willing’. Thus, although Spinozism for Spinoza is incompatible with human freedom, Spinozism qua system of reason is essentially compatible with it. Just after this footnote, Schelling explains why Spinoza’s own “fatalist” denial of freedom is “completely […] independent of pantheism” as such: [Spinoza] treats the will also as a thing and then proves very naturally that it would have to be determined in all its activity through another thing that is in turn determined by another, and so on ad infinitum. Hence the lifelessness of his system, the sterility of its form, the poverty of concepts […] [H]ence his mechanistic view of nature follows quite naturally as well. Or does one doubt that the basic view of Spinozism must already be essentially changed by a dynamic notion of nature? (Freiheitsschrift, AA I 17, 122 | SW VII, 349)

Spinozistic pantheism’s ‘poverty of concepts’ owes to its lack of a concept of human freedom, while its ‘sterility’ owes to its elimination of purposiveness.44 However, we can essentially alter this fatalistic construal of pantheism if we adopt a ‘dynamic notion of nature’. A dynamic conception of nature implies willful, purposive activity – precisely the sort of activity denoted by Schelling’s construal of freedom as the productive source of philosophical systems. The ‘lifelessness’ of Spinoza’s fatalistic pantheism accordingly does not preclude the possibility of a pantheism that is compatible with freedom, for pantheism, if properly understood, is essentially compatible with it.45 This allows us to see why idealism cannot refute pantheism. Schelling attributes its failure to the “confusion of pantheism with one-sided realism”.46 Pantheism is one-sidedly realist if it entails fatalism. But it avoids one-sidedness if it is understood 44  Beyond the sterility of Spinozistic or ‘dogmatic’ pantheism, see Schelling on its explanatory blind spot: “The dogmatist, who assumes everything to be originally present outside us (not as coming to be and springing forth from us) must surely commit himself at least to this: that what is external to us is also to be explained by external causes. He succeeds in doing this, as long as he remains within the nexus of cause and effect, despite the fact that he can never make it intelligible how this nexus of causes and effects has itself arisen. As soon as he raises himself above the individual phenomenon, his whole philosophy is at an end; the limits of mechanism are also the limits of his system.” (Ideen, AA I 13, 81 | SW II, 40) 45 Cf. Freiheitsschrift, AA I 17, 113 | SW VII, 338 f.: “The same opinion has been more decisively expressed in the phrase: the only possible system of reason is pantheism, but this is inevitably fatalism. It is an undeniably excellent invention that with such labels entire viewpoints are described all at once. If one has found the right label for a system, the rest falls into place of itself, and one is spared the effort of examining what is characteristic about it more meticulously. As soon as such labels are given, with their help even one who is ignorant can pass judgment on the most thought-through matters. Nevertheless, with such an extraordinary claim, all depends on the closer determination of the concept. For thus it should likely not be denied that, if pantheism denotes nothing more than the doctrine of the immanence of things in God, every rational viewpoint in some sense must be drawn to this doctrine. But precisely the sense here makes the difference. That the fatalistic sense may be connected with pantheism is undeniable; but that this sense is not essentially connected with it is elucidated by the fact that so many people are brought to this viewpoint through the most lively feeling of freedom.” 46  Freiheitsschrift, AA I 17, 124 | SW VII, 352.

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as an expression of freedom, as all philosophical systems are. Grasping freedom’s role as unconditioned condition – grasping the practical as arationally primary – avoids assimilating pantheism with fatalism because it discloses pantheism’s essential compatibility with freedom. Kant and Fichte cannot refute the pantheist, then, for they misunderstand their opponent. And they misunderstand her because they misunderstand that in virtue of which her or any system is possible, viz., abyssal freedom, whose primary expression, Schelling says, is our “yearning and desire” for understanding.47 In the third draft of Ages of the World, while assessing the early legacy of “German idealism”, Schelling observes that it had “aroused the hope of an elevated Spinozism that led to what is vital”.48 This hope goes unrealized with the idealists’ failure to grasp freedom’s unique character and, with it, the possibility of a revitalized pantheism. Schelling takes himself to have solved this problem through his account of freedom’s unconditionality in the Freedom Essay, a few years prior. Over two decades later, in the 1833/34 Munich lectures, he restates his solution, while reaffirming its need: The Spinozist system will […] always remain in a certain sense a model. A system of freedom – but with just as great contours, with the same simplicity, as a perfect counter-image of the Spinozist system – this would really be the highest system. This is why Spinozism, despite the many attacks on it, and the many supposed refutations, has never really become something truly past, never been really overcome up to now. (GNP, SW X, 36)

We saw how it is that freedom’s unconditionality defines the ‘contours’ of a system of freedom. We saw, too, that such a system is only a ‘counter-image’ to pantheism fatalistically construed, not to pantheism as such. By overlooking this distinction, the idealists fail to elevate pantheism to something ‘vital’, viz., to a way of living that is driven, as all systems are, by the desire for a systematically intelligible world. I turn, now, to consider three objections to Schelling’s argument.

3. One may object that positing freedom as the unconditioned condition of the world is troublingly subjective, for it seems to make the world’s systematic intelligibility a 47 

Freiheitsschrift, AA I 17, 131 | SW VII, 359. WA III, 342. A decade prior, Schelling seems to express this hope, with some trepidation, in his final letter to Fichte, 25 January 1802: “I will await your New Presentation [of the Wissenschaftslehre]. If you make Spinoza your imaginary opponent in it, that does not seem to me to be the right way to proceed, since you may manage to refute more than what is contained in Spinoza (presuming that it will not be less), and then I shall have double the work that would otherwise be necessary in having to sharply distinguish what belongs to him and to me, though I in no way think I have to fear that anything of his will be misunderstood under my name, or anything of mine under his.” (Philosophical Rupture, 75) 48 

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matter of interest or value. By contrast, a certain naturalistic account of the world purports to explain the world in terms of entities or processes that are independent of our interests and values. However, as Andrew Bowie argues, the strength of the Freedom Essay lies in its insight into the constitutive explanatory incompleteness of any system. Any systematic view assumes one’s motivation for endorsing it, i.e., its meaning or significance. Attempting to explain one’s motivation for endorsing it assumes the further motivation behind that explanation. Bowie notes that making sense of motivation always assumes a “prior direction of sense-making”,49 which entails the incompleteness of explanation. A naturalistic worldview thus presupposes freedom as its unconditioned condition because any systematic investigation is “motivated by something that is not explained by the investigation itself”,50 viz., the interest and value with which all investigation freely begins. Only these expressions of freedom ground the existence of a system beyond its mere concept – its thatness beyond its mere whatness. The troublingly subjective fact of freedom, then, is no more than our unavoidable role in and responsibility for endorsing some worldview or other.51 Schelling acknowledges this daunting fact in the Ages of the World when he says that “most people are frightened precisely by this abyssal freedom in the same way that they are frightened by the necessity to be utterly one thing or another”.52 Freedom’s unconditionality signals the inescapably interested and valuing perspective by which the world, as a whole that we strive to render intelligible, is conditioned. Freedom has no intelligible actuality outside its role in conditioning some system – no appearance except through the world whose intelligibility it makes possible.53 However, that it conditions the specific system that it does is a contingent fact of its subjective expression. As Schelling puts the point: everything in the world is, as we see it now, rule, order, and form; but anarchy still lies in the ground, as if it could break through once again, and nowhere does it appear as if order and form were what is original but rather as if initial anarchy had been brought to order. (Freiheitsschrift, AA I 17, 131 | SW VII, 359)

One may still object that grounding the world’s systematicity on human freedom neglects God, despite the Freedom Essay’s focus on God’s relation to freedom. But it is crucial to understand how the text casts this relation. Schelling observes that God cannot include finite things, which differ in kind from God by being mutable, yet 49 

Bowie (2014), 187. Bowie (2014), 189. 51  Cf. Fichte, Versuch einer neuen Darstellung, GA I/4, 195: “a philosophical system is not a lifeless household item one can put aside or pick up as one wishes; instead it is animated by the very soul of the person who adopts it”. 52  WA III, 304. 53  In other words, an unconditioned condition is only rationally distinct from what it conditions. This suggests that while freedom cannot be subordinate to any other concept within a system, on pain of nihilism, freedom has no existence independent of the systematic totality of concepts that it grounds, without which it would be a mere idea or empty form. 50 

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must include them, since “nothing can indeed be outside of God”.54 He then claims that “this contradiction can only be resolved by things having their ground in that which in God himself is not He Himself, that is, in that which is the ground of his existence”.55 By distinguishing God’s existence from the ground of its existence, Schelling poses a relation between God and its unconditioned condition.56 Putting this grounding condition “in human terms”, he describes it as a “yearning” that wants to give birth to God, that is, [to] unfathomable unity […] Hence, it is, considered for itself […] a will of the understanding, namely, yearning and desire for the latter. (AA I 17, 130 f. | SW VII, 359)

We saw that freedom expresses our interest in systematicity, i.e., for an intelligible totality or world. Putting this world in divine terms, Schelling identifies it with God construed as the ideal of the understanding – as that ‘unfathomable unity’ which is absent so long as we are free to yearn to comprehend it. Freedom is thus teleologically related to God construed as an outstanding task for the understanding: “If you mean to act freely at all, you must act before an objective God is”.57 Hence, over a decade later in On the Nature of Philosophy as Science, Schelling says: Those, then, who want to find themselves at the starting point of a truly free philosophy, have to depart even from God. Here the motto is: whoever wants to preserve it will lose it, and whoever abandons it will find it. Only those have reached the ground in themselves and have become aware of the depths of life, who have at one time abandoned everything and have themselves been abandoned by everything. (SW IX, 217)

Human freedom expresses a will to understand. It is an activity that grounds a system whose construction is for the sake of an ideal of understanding, from which we can infer that they – activity and ideal – are only rationally distinct.58 No grounding activity, no guiding ideal, and vice versa.59 ‘God’s existence’ names this ideal. 54 

AA I 17, 130 | SW VII, 359. AA I 17, 130 | SW VII, 359. 56  This sheds light on Schelling’s response to the argument concerning the compatibility of human freedom with God’s existence: “Is there any other way out of this argument than to save personal freedom within the divine being itself […] to say that man is not outside of, but rather in, God and that his activity itself belongs to the life of God?” (AA I 17, 114 | SW VII, 339) 57  Philosophische Briefe, AA I 3, 56 | SW I, 290. 58  Cf. Kant, KrV, A676–679/B704–707: “I can have a satisfactory reason for assuming something relatively (suppositio relativa) without being warranted in assuming it absolutely (suppositio absoluta). This distinction is pertinent when we have to do merely with a regulative principle […] Now I can nevertheless assume such an incomprehensible being [i.e., the ground of a world-whole], the object of a mere idea, relative to the world of sense, though not in itself […] I put that transcendental presupposition to no other use but a relative one – namely that it should give the substratum for the greatest possible unity of experience […] I think only the relation which a being, in itself unknown to me, has to the greatest systematic unity of the world-whole, and this is solely in order to make it into the schema of a regulative principle for the greatest possible empirical use of my reason.” 59  See Bowie (1993), 95: “the ground can only be as the ground because God ex-sists on the basis of it: without the difference between itself and God it could not be as itself”. 55 

Schelling on the Unconditioned Condition of the World

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One may yet object that if freedom is, as Schelling holds, the ‘capacity for good and evil’, we are thrown back to the equilibrium of indifference or what Kant calls Willkür – an arbitrary capacity for choice that is indifferent to the moral law. In a way, this is true. Schelling says in the Freedom Essay that the common concept of freedom, according to which freedom is posited as a wholly undetermined capacity to will one or the other of two contradictory opposites, without determining reasons but simply because it is willed, has in fact the original undecidedness of human being as idea in its favor. (AA I 17, 150 | SW VII, 382)

This passage affirms the will’s original undecidedness on the grounds that the question of the human being is initially and always to be settled. Who one is – the philosophical system by which one is to live – remains an open matter. Schelling is quick to clarify that the will’s undecidedness in this respect does not apply to “individual actions”.60 An individual action, under the guidance of a principle such as the moral law, will always have compelling reasons for or against it. However, that one is committed to the moral law in the first place is originally undecided, for this is a matter of will, which is just as capable of evil.61 As Schelling says a few years later in the Ages of the World: “absolute freedom […] is not freedom for a particular deed”.62 Rather, it is a capacity for committing to a form of life, such as the life of Kantian morality. Having committed to it, my actions will not be arbitrary, but will exemplify what 60 

AA I 17, 150 | SW VII, 382. Schelling affirms the concept of freedom as original undecidedness. Yet he claims shortly after that “[t]rue freedom is in harmony with a holy necessity”, whereby “spirit and heart, bound only by their own law, freely affirm what is necessary”, and that when the relation between one’s spirit and one’s law is “conditional” rather than “unconditional”, one falls into “the inconsistent system of equilibrium of free will” (AA I 17, 158 | SW VII, 391 f.). Despite appearances, his claim does not conflict with his affirmation. First, Schelling specifies neither a Kantian nor a Spinozist law, which implies no agreement with Kant’s opposition to regarding the will fundamentally as Willkür. Second, his metaphilosophical pluralism explains his neutrality about the kind of law in which one’s spirit may stand in a conditional or unconditional relation. Third, in the Letters, which Schelling reaffirms in the Preface to the Freedom Essay, he says that the relation between one’s “freedom of spirit” and “the law of [one’s] life” is determined by a “practical decision” between two systems: idealism and Spinozism (AA I 3, 75; 111; 81; cf. 65 | SW I, 307 f.; 341; 312 f.; cf. 299). A system is a way of living or “ethics” that aims to solve “the problem of the existence of the world” (AA I 3, 82 | SW I, 313), which is the practical problem of how to live in the world and which thus “demands the act” by which a system “ought to be realized” (AA I 3, 65 | SW I, 299). Prefiguring his affirmation of freedom as original undecidedness, Schelling calls this decision an “original insuperable prejudic[e]” (AA I 3, 81 | SW I, 312 f.). Yet merely deciding that a system’s first principle should be ‘the law of one’s life’ and should express one’s ‘freedom of spirit’ does not guarantee that law and spirit are here unconditionally related. One can waver in committing to one’s law: we can always fail to “be what we call ourselves theoretically” (AA I 3, 75 f. | SW I, 308). In that case, spirit and law relate merely conditionally, e.g., on the basis of rationalization or reward. One is thereby no longer in harmony with one’s system, for one no longer imbues its principle with ‘holy necessity’, but instead perpetuates an ethics through external, arbitrary factors. Performing irresolute gestures that comply with one’s law as easily as they might violate it, one succumbs to what in the Freedom Essay Schelling now calls “the inconsistent system of equilibrium of free will” (AA I 17, 158 | SW VII, 392). 62  WA III, 304. 61 

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G. Anthony Bruno

Kant calls Wille by conforming to the moral law. My commitment creates a space of action in which the moral law’s necessity goes unquestioned. However, it is an originally undecided act that makes it possible that I commit to practical reason at all.63 At this level of abstraction, the moral law’s necessity is contingent.64 Hence, whereas the moral law constitutes practical reason, freedom willingly takes up the moral law as one among opposing laws for living. This explains Schelling’s claim in the Freedom Essay that, construed as “the original ground or the non-ground”, freedom “can only be described as the absolute indifference” of opposites.65 I want to conclude with a remark about Schelling’s conception of freedom as the unconditioned condition of the world. It anchors his commitment to metaphilosophical pluralism both before and after the Freedom Essay. It extends Schelling’s view in the Letters that, for a spirit who has made himself free and who owes his philosophy only to himself, nothing can be more unbearable than the despotism of narrow minds who cannot tolerate another system beside their own. (AA I 3, 74 | SW I, 306)

And it anticipates his position in the 1841/42 Berlin lectures: [n]othing could more enrage a youthful and fiery sensibility, burning for the truth, than the intention of a teacher to prepare his audience for some one special or particular system, wishing in this way to emasculate them by underhandedly removing the freedom of inquiry. (PO, SW XIII, 16)

At the level of systematicity, the ‘freedom of inquiry’ consists in an originally undecided capacity to pursue a form of life, i.e., to seek an intelligible totality that reflects one’s interest in and the value of its construction.66 63 Cf.

Rel., AA VI: 21. To be sure, Schelling speaks of the “inner necessity” of human freedom (Freiheitsschrift, AA I 17, 152 | SW VII, 385). However, this term does not dissolve, but only entrenches, freedom’s character as Willkür. Schelling defines inner necessity as “the essence of the acting individual itself” and specifies that this essence is “fundamentally [one’s] own act” (AA I 17, 151 f. | SW VII, 383; 385). But if the necessity of my nature is fundamentally an act, as opposed to a principle like the moral law, then there is no way to specify and privilege in advance any principle in order to account for what I do. Nothing more primary than the will offers a ground for what I do. ‘Inner necessity’ thus refers to the original undecidedness of freedom, i.e., to the philosophically (which is to say, existentially) insuperable character of the will’s a priori indifference toward how to live. This would explain Schel­ ling’s claim, directly following his discussion of Willkür, that the human being is initially “an undecided being” (AA I 17, 153 | SW VII, 385). The inner necessity of my nature as free accordingly consists in the ineluctable fact that I must decide what my nature is, which decision is nevertheless abyssal or groundless. 65  AA I 17, 170 | SW VII, 406. This raises a question about the originality or absoluteness of this indifference, for one’s chosen law for living will presuppose both the theoretically available laws and one’s way of life prior to one’s free choice of law. But we can distinguish the order of experience from the order of explanation: while my experience may constrain both the number of possible systems and the system by which I have so far (perhaps irresolutely) lived, it is my free decision that explains the validity of the system by which I (having becoming resolute) choose to live. 66  Thanks to Marcela García, Sebastian Stein, audiences at the Universities of Munich, Bochum, and Leuven, and the volume editors for helpful feedback on this article. 64 

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Die Logik der Dialektik Verstand und Wille in Schellings Freiheitsschrift Christoph Binkelmann

Die offensichtliche Aufwertung der Rolle der Dialektik in Schellings Freiheitsschrift hängt von zahlreichen Faktoren ab. Sie dient in erster Linie und allgemein gesprochen einer Profilierung der Identitätsphilosophie gegen ihre Feinde und vielleicht mehr noch gegen ihre angeblichen Freunde, wobei die Grenzen zwischen der einen und der anderen Seite durchlässig und unüberschaubar geworden sein dürften: Ehemalige Anhänger und Weggefährten wie Friedrich Schlegel und G. W. F. Hegel rücken von Schellings Philosophie ab, indem sie entweder in das Lager F. H. Jacobis und der „Empfindungsphilosophen“1 zu wechseln scheinen oder gar Schellings Philosophie selbst in diese Nähe rücken. Idealistische Vordenker wie J. G. Fichte und K. L. Reinhold haben sich gänzlich von Schellings Identitätsphilosophie distanziert, dringen aber ebenso wie im Falle Fichtes in deren Gefilde vor, indem sie deren zentrale Themen wie Sein, Liebe und Religion besetzen. In dieser konfusen Situation hält es Schelling für notwendig, eine Neubestimmung seines zentralen Begriffes der Identität vorzunehmen, die mittels der Dialektik einen Weg zwischen der Skylla der Einerleiheit und der Charybdis des absoluten Dualismus einzuschlagen erlaubt. Ein Verständnis der absoluten Identität als Einerleiheit, das Fichte in der Anweisung zum seeligen Leben (1806) explizit vertritt,2 Hegel und viele andere dem Schelling’schen Denken vorwerfen, ist ihm ebenso suspekt wie der Landshuter „absolute Dualismus“,3 der diese Bezeichnung insofern verdient, als er sowohl die an der dortigen Universität lehrenden Gegner Schellings aus der JacobiSchule wie Friedrich Köppen und Jakob Salat begreift als auch ehemalige Anhänger Schellings wie Friedrich Ast aus der Schlegel-Schule, zu der sich auch der Frankfurter F. J. Molitor gesellt, wie auch Andreas Röschlaub.

1 

AA I 17, 158 | SW VII, 392. Vgl. GA I/9, 90 f. 3  So nennt Philipp Walther die Philosophie Andreas Röschlaubs in einem Brief, der auch Friedrich Köppens Entgegensetzung von Natur und Vernunft thematisiert (Brief vom 20.11.1807 im Schelling-Nachlass der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften). In der Tat kann man Schellings Gegner, wenn überhaupt, dann durch das dualistische Denkschema charakterisieren. 2 

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Christoph Binkelmann

Warum diese Profilierung mittels einer Dialektik geschieht, lässt sich zunächst ganz einfach erklären: Das „dialektische Prinzip“ ist „der sondernde, aber eben darum organisch ordnende und gestaltende, Verstand“,4 der mithin für eine analytisch-synthetische Wissenschaftlichkeit gegen die Unmittelbarkeits- oder Glaubensphilosophie jedweder Couleur angeführt wird. Letztere spielt spätestens seit Jacobis Schrift gegen Kant Ueber das Unternehmen des Kriticismus, die Vernunft zu Verstande zu bringen (1801) die Vernunft gegen den Verstand aus. Innerhalb von zwei Jahren, nämlich 1806 und 1808, haben Kajetan Weiller und Jakob Salat ganz im Sinne Jacobis nachgelegt mit zwei Schriften: Verstand und Vernunft sowie Vernunft und Verstand. In dieser Zeit, zwischen 1806 und 1809, intensivieren sich Schellings Reflexionen über den Stellenwert von Verstand und Vernunft; sie kulminieren in der Freiheitsschrift. Schellings Suche nach einer positiven Bedeutung des Verstandes entspricht der Entwicklung eines dialektischen Verständnisses der Identität.5 Allgemein gesprochen dient die Dialektik Schelling ebenso wie Hegel der Vermittlung von Gegensätzen unter Bewahrung der Gegensätzlichkeit. Indes wählt der Leonberger Philosoph dafür unterschiedliche, scheinbar inkompatible Darstellungsweisen, die er während seiner Denkentwicklung gelegentlich sogar simultan exerziert, so in der Freiheitsschrift. Nach altem Vorbild entstammt die Dialektik dem Dialog, dessen Eigenart es ist, mehrere unterschiedliche, teilweise konträre Positionen zu vermitteln, ohne sie – so zumindest in den raffinierteren Varianten – auf eine Position zu reduzieren. Dementsprechend insistiert Schelling am Ende der Freiheitsschrift darauf, seine vorliegenden Gedanken „gesprächsweise“6 entwickelt zu haben. Ähnlich wie bereits 1802 im Gespräch Bruno plante Schelling in den Folgejahren immer wieder neue Dialoge, die wohl nicht zuletzt der Vermittlung von diversen philosophischen Positionen wie Pantheismus, Emanationstheorie, Dualismus und Idealismus dienen sollten – zahlreiche Anzeichen für diesen Versuch finden sich auch im Umfeld der Freiheitsschrift.7 Weitaus literarischer gestaltet sich der Dialog in der Deutung der Freiheitsschrift als ein Drama, genauer: eine Tragödie, wie sie Schelling selbst in seinen Vorlesungen zur Philosophie der Kunst schilderte.8 Nicht von 4 

AA I 17, 178 | SW VII, 415. Im Hintergrund dieser philosophischen Diskussion steht auch die politische Auseinandersetzung mit Napoleon und den Franzosen, die häufig pejorativ als Partei des Verstandes gegen die deutsche Vernunft angeführt werden (z. B. bei Jacobi und Fichte). Schelling ist schon 1807 in Ueber das Wesen deutscher Wissenschaft nicht bereit, den Verstand den Franzosen zu überlassen. Eine Untersuchung dieser politischen Dimension hinter der Diskussion um Vernunft und Verstand steht noch aus, wäre aber von großem Interesse. 6  AA I 17, 174 Anm. | SW VII, 410 Anm. 7  Vgl. dazu den Editorischen Bericht zur Freiheitsschrift in AA I 17, 55 f. Bereits der Bruno stellt eine dialogische Auseinandersetzung zwischen Pantheismus (in der Person des Bruno) und Idealismus (Fichte alias Lucian) dar, vgl. AA I 11,1, 288. 8  Vor allem der letzteren Deutungsrichtung, welche die Vermittlung von Freiheit und Notwendigkeit aus der neuzeitlichen Tragödie mit der Freiheitsschrift zu vergleichen hat, bin ich selbst nachgegangen, z. B. in Binkelmann (2017). 5 

Die Logik der Dialektik

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ungefähr studierte Schelling im Zuge seiner Vorarbeiten an der Freiheitsschrift in seinen Vorlesungsmanuskripten die dort aufgeführte Theorie der Tragödie.9 In diesem Aufsatz möchte ich mich der anderen, mehr formalen Deutung widmen, die man eine logische Lesart nennen könnte. Danach verlangt eine tiefere Durchdringung der Dialektik die Auseinandersetzung mit der Logik, die Schelling häufiger als wissenschaftliche „Kunstlehre“ mit der Dialektik gleichsetzt.10 Nach der üblichen Ansicht umfasst sie die Lehren von Begriff, Urteil und Schluss. Dabei nehmen Untersuchungen über das Urteil nicht nur für Schelling, sondern auch für Hegel in der behandelten Phase eine zentrale Stellung ein; die wahre Bedeutung des Schlusses wird hingegen erst später, etwa in Hegels Wissenschaft der Logik und Schellings Vorlesungen zur Philosophie der Offenbarung ausgearbeitet.11 Zunächst geht es beiden um eine Bestimmung der propositionalen Elemente und ihres Verhältnisses. Dabei gibt es Gemeinsamkeiten, aber auch gravierende Unterschiede zwischen Schellings Ansätzen und Hegels Bemühungen um den spekulativen Satz in der Vorrede der Phänomenologie des Geistes, auf welche ich an dieser Stelle nicht eingehen kann. Für eine Theorie des Urteils findet man in der Freiheitsschrift nur Hinweise; diesen muss unter Rückgriff auf zuvor und danach Geschriebenes nachgegangen werden. Dabei gestaltet sich die Logik der Dialektik – nicht zuletzt aufgrund ihres zentralen Inhalts – insofern gänzlich verschieden vom Hegel’schen Zuschnitt, als sie eine wesentliche Neubestimmung von Verstand und Urteil vornimmt. Wohl auch weil der zu vermittelnde „höhere, oder vielmehr der eigentliche Gegensatz […] der von Nothwendigkeit und Freyheit“12 ist, lässt sich die Dialektik nicht allein mit Mitteln des (theoretischen) Denkens vollziehen, vielmehr bedarf sie des Willens als eines Interpretaments des Verstandes. So manchem durch die logische Präzision des Deutschen Idealismus geschulten Leser Schellings mag es aufgefallen sein, dass jede Logik bei Schelling irgendwann an ihre Grenzen stößt. Auf mögliche kritische Einwände, die sich angesichts dieser Erfahrung aufdrängen könnten, erwidert Schelling in einem seiner Weltalterfragmente: „Genug der Menschen gibt es, die gern Alles, auch das Tiefste in Vorstellung auflösen möchten. Aber nicht die Vorstellung, das Begehren geht voran. Das Wollen ist das Erste“.13 Erkennt man in dieser Aussage hinter den Vorstellungen den Verstand, so bedeutet dies einerseits, dass jede Logik, die rein formal, methodisch-deduktiv, d. h. mit geometrischer Notwendigkeit, verfährt, ohne die Wirklichkeit des Willens (dessen ‚Wirken‘) einzubeziehen, letztlich scheitern muss, gerade wenn es um die Vermittlung des höchsten Gegensatzes geht. Dagegen rührt die im Folgenden zu schildernde Lebendigkeit des Verstandes – im Unterschied zu dessen negativer, ‚toter‘ Variante – aus dem Willen her. Doch ebenso unsinnig, wie Verstand oder Logik ohne den Wil9 

Vgl. AA I 17, 61. Z. B. Methode des akademischen Studiums, SW V, 269. 11  Zu dieser Entwicklung insbesondere beim Berliner Schelling vgl. Binkelmann (2016). 12  AA I 17, 26. 13  WA-Fragm. 1, 182. 10 

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len auffassen zu wollen, ist es umgekehrt, ein ‚Verständnis‘ des Willens ohne Verstand anzustreben. Denn der wahre, „selbstständige[] und vollkommne[] Wille“ ist für Schelling derjenige, in dem Verstand ist, da „der Verstand eigentlich der Wille in dem Willen ist“.14 Infolgedessen gelangt man lediglich durch eine logische Analyse der Dialektik zu einem angemessenen Verständnis des Willens, wie auch umgekehrt erst die Einbeziehung des Willens ein angemessenes Verständnis der Dialektik liefert. Tiefgreifende Vorarbeiten zu einer Willenstheorie gibt es für Schelling jedoch erst mit dem Aufkommen des Idealismus und dessen Begriff einer formalen Freiheit. Von daher muss ein willenstheoretisches Verständnis der Dialektik darauf, insbesondere auf Fichtes Ausführungen über die Tathandlung, zurückgreifen. Um die Logik der Dialektik in diesem Sinne angemessen darzustellen, unterteilt sich dieser Aufsatz in drei Abschnitte: Nach einer kurzen Schilderung der philosophischen Debatte um Verstand und Vernunft im Vorfeld der Freiheitsschrift wird die eigentliche, nämlich theoretische Logik der Dialektik in besagter Schrift untersucht; im letzten Abschnitt werden schließlich die willenstheoretischen Grundlagen dieser Logik eingeholt.

1. Verstand versus Vernunft: der eigentliche Kampf der Freiheitsschrift Es ist wohl nicht übertrieben zu behaupten, dass zwischen 1806 und 1809 in der philosophischen Debatte ein Kampf zwischen Verstand und Vernunft ausgefochten wurde, in welchem sich Schelling schon früh auf die Seite des ersteren stellte. Die Notwendigkeit, den Verstand in seiner Rolle bei der Wahrheitsfindung zu stärken, dürfte ihm besonders klar geworden sein, als selbst der Reflexions- und Verstandesphilosoph par excellence, nämlich Fichte, den Eindruck erweckte, den Verstand zugunsten eines (moralischen) Glaubens oder gar einer religiös interpretierten Liebe abzuwerten. In der Darlegung des wahren Verhältnisses der Naturphilosophie zu der verbesserten Fichte’schen Lehre (1806) wirkt Schelling ob dieser Entwicklung schockiert, aber nicht überrascht; vielmehr erkennt er es gar als Tendenz des Zeitalters, im Begreifenwollen, dem Verstand, „das eigentlich böse Princip der Erkenntniß“15 zu verorten. Dabei müsse man zwischen einer negativen und einer positiven Bedeutung unterscheiden: Während der Verstand im negativen Sinne – was häufig unter dem pejorativ gebrauchten Begriff der Reflexion gefasst wird – eine objektivierende, mithin tötende Erkenntnisinstanz darstellt, sei der positive Verstand „ein lebendiges, bildsames und der Vernunft empfängliches Organ“.16 Dabei dürfte Schelling nicht entgangen sein, dass Fichte den Verstand nicht partout verwirft, vielmehr zwei Aspekte an ihm unterscheidet, die man Ausdruck und 14 

AA I 17, 130 f. | SW VII, 359. SW VII, 41. 16  SW VII, 41 f. 15 

Die Logik der Dialektik

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Ausdrucksgeschehen, oder mit Fichte: Sagen und Tun, nennen könnte: Während der Ausdruck des Verstandes sich in einer propositionalen Satzform (A ist B) kristallisiert, in welcher Trennung und Fixierung (von Subjekt und Prädikat) stattfinden, ist die dazu führende Denktätigkeit lebendig und eine. Nur wer diese Tätigkeit selbst vollzieht, vermag das Gedachte gebührend im Hinblick auf dessen Einheit zu verstehen.17 Diese Betonung einer performativen Identität hat Fichte in zahlreichen Vorlesungen betont, sie findet sich auch in seinen populären Schriften: Der Verstand als selbstständiges Denken muss als personaler Akt aufgefasst werden; dies gilt nicht nur für die Philosophie, sondern auch für die Religion.18 Schelling hat bekanntlich die Persönlichkeit des Verstandes 1808 in seiner Niethammer-Rezension weiterentwickelt: Verstand setzt Persönlichkeit voraus […] Der Vernunft, die als das Vernehmende und Allgemeine, in Ansehung des Menschen, mehr den Charakter der Ruhe und Hingebung hat, kann bloß das Thätige, Selbstwirkende, mit Einem Worte, die Persönlichkeit entgegengesetzt werden. (AA I 18, 35 | SW VII, 515 f.)

Im Denkmal der Schrift von den göttlichen Dingen bezeichnet Schelling wie bereits in der Freiheitsschrift diese positive Gestalt des Verstandes als ‚Geist‘: „Erleuchteter Verstand ist Geist, und Geist ist das Persönliche, das allein Thätige des Menschen, was allein auch geistliche Dinge versteht.“19 Man muss der raffinierten Strategie gewahr werden, die Schelling in der Verbindung von Persönlichkeit und Verstand anwendet: Der Verstand, Feindbild Nr.  1 der Münchner und Landshuter Glaubenshüter, die in diesem das Werkzeug eines im Abstrakten, Mechanischen (Notwendigen) und Unpersönlichen verhafteten Weltbildes sehen, verbindet Schelling gerade mit der Persönlichkeit; der Vernunft bleibt dagegen ‚nur‘ die Rolle des Allgemeinen, Unpersönlichen. Im Gegenzug trifft die negative Seite des Verstandes, das durch die Objektivierung geprägte dualistische Denken, ebenso auf die Glaubensphilosophen zu, die damit gerade nicht den Mängeln der Reflexionsphilosophie entkommen, vielmehr ihnen anheimfallen – dies ist eine Einsicht, die Hegel immer wieder betont hat. Für Schelling ist der Verstand „das Mittel der Vernunft und Sinnlichkeit“, dadurch zugleich „das Realisirende oder die einzige Kraft der Verwirklichung im Menschen“, „das gemeinschaftliche Band jener Entgegengesetzten und eben darum des Men17 

Vgl. dazu Binkelmann (2010). „Sondern, darin besteht die Religion, daß man, in seiner eigenen Person, und nicht in einer fremden, mit seinem eigenen geistigen Auge, und nicht durch ein fremdes, Gott unmittelbar anschaue, habe, und besitze. Dies aber ist nur durch das reine und selbstständige Denken möglich; denn nur durch dieses wird man eine eigene Person; und dieses allein ist das Auge, dem Gott sichtbar werden kann.“ (Anweisung, GA I/9, 69) An anderer Stelle heißt es dazu: „Da, wie gesagt, diese Gewißheit den lebendigen Akt des Denkens, unmittelbar in seiner Lebendigkeit, und auf der That ergreift, und allein an Diesen sich hält; so folgt, daß jeder, der der Gewißheit theilhaftig werden wolle, eben selber, und in eigner Person, das Gewisse denken müsse, und keinen andern das Geschäft für sich könne verrichten lassen.“ (Anweisung, GA I/9, 85) 19  AA I 18, 197 | SW VIII, 99. 18 

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schen selbst, höher als beide zu setzen“.20 Auch hier konterkariert Schelling die übliche, negative Ansicht des Verstandes als einer bloß formalen, entwirklichenden Instanz, indem er ihn vielmehr als wirkende und verwirklichende Kraft deutet. Die wirkende Kraft des Verstandes verweist auf den Willen oder die voluntative Grundlage des Verstandes, aber auch die Mittelstellung zwischen Sinnlichkeit und Vernunft deutet Schelling als Gemeinsamkeit mit dem freien Willen, weshalb Resultate aus der Deutung des Verstandes auch auf den Willen übertragen werden können.21 Die Rede vom Band weist ferner auf die Funktion des Verstandes im Urteil hin; dort repräsentiert er als Kopula Trennung und (organische) Verbindung, Analyse und Synthese in einem.22 Um daher den Verstand noch deutlicher in den Blick zu bekommen, empfiehlt sich zunächst eine Untersuchung des Urteils, speziell im philosophischen Gebrauch.

2. Die Logik des Verstandes: das dialektische Urteil An zwei Stellen befinden sich die bedeutendsten Beiträge der Freiheitsschrift zur Dialektik und deren Prinzip, dem Verstand.23 Dabei handelt es sich um die Analyse der Prädikation im Einleitungsteil sowie um die Ausführungen über die Indifferenz gegen Ende der Untersuchungen. Im Einleitungsteil gibt Schelling nur Skizzen einer Urteilstheorie an, die er bereits in vorhergehenden Schriften ausgearbeitet hat – wohl nicht zu seiner eigenen Zufriedenheit.24 Im Schlussteil folgen Überlegungen zum „höchsten Punkt der ganzen Untersuchung“,25 die eine dialektische Erörterung zwischen Indifferenz, Grund und Existierendem darstellen. Diese beiden Passagen sollen im Folgenden zusammen gelesen und gedeutet werden. Die Einwände und Beschuldigungen, welche sich gegen Schellings Philosophie erheben, resultieren aus einem falschen Verständnis der Identität, das sich insbesondere am Satz der Identität ‚A=A‘ entzündet. Hinter diesem Satz vermuten die meisten Gegner die Behauptung der Einerleiheit von Allem, insbesondere derjenigen von Gott und Natur. Schelling nimmt letzteres zum Anlass, nochmals über die Identität nachzudenken. Dabei geht er von der damals nicht unüblichen Auffassung aus, dass alle Urteile der Gestalt ‚A ist B‘ (Subjekt-Prädikat) abkünftige Formen der Identi-

20 

Wesen deutscher Wissenschaft, SW VIII, 16 f. Vgl. Schelling an F. H. Jacobi am 16.6.1807, BuD III, 439. 22  Die Analogisierung von Verstand und freiem Willen in Ueber das Wesen deutscher Wissenschaft weist bereits den Weg zur Freiheitsschrift, insbesondere auch zum Zusammenhang von Sein (‚ist‘) und Wollen im Diktum ‚Wollen ist Urseyn‘. 23  Eine dritte, gerade für das Verhältnis von Verstand und Willen interessante Passage findet sich im Rahmen der naturphilosophischen Reflexionen (AA I 17, 130–134 | SW VII, 358–364). 24  Noch im Weltalter-Fragment von 1811 ist für Schelling eine Urteilstheorie ein Desiderat, vgl. WA I, 28. 25  AA I 17, 170 | SW VII, 406. 21 

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tätsaussage (Subjekt-Objekt) sind, mithin die Kopula (ist) eine Identität (=) ausdrückt.26 Schon früh, etwa in der Darstellung meines Systems und den Ferneren Darstellungen, hat Schelling betont, dass es in der Aussage ‚A=A‘ weder um das Subjekt-A noch um das Prädikat- bzw. Objekt-A ginge, sondern um die Identität als solche (die Kopula),27 die lediglich aufgrund der Form der Vernunft ausdrückbar wird. Dabei handelt es sich um die absolute Vernunft, die kein subjektives Vermögen, mithin nicht mit dem ‚tätigen‘, persönlichen Verstand gleichzusetzen sei, vielmehr die absolute Identität selbst ist.28 In der Freiheitsschrift nimmt er diese Deutung wieder auf und bezieht sie auf Urteile schlechthin. Den Satz ‚der Körper ist blau‘ versteht Schelling unter zitierendem Rückgriff auf Leibniz wie folgt: „dasselbe, was dieser Körper ist, sey, obgleich nicht in dem nämlichen Betracht, auch blau“.29 Anders ausgedrückt: Das Identische, um welches es in jeder Aussage geht, ist das identische Wesen, das sich in zwei verschiedenen Hinsichten (Formen) zeigt. Worum es dem Urteil geht, ist diese Identität, so dass Schelling gar behaupten kann, das Wesen der Vernunft sei Identität. Dabei fließt die Unterscheidung von Wesen und Form auch in die Identitätsaussage selbst ein und hierarchisiert diese: Das Subjekt ist das Wesen, dem eine Form attribuiert wird: „In dem Satz: A ist B, wird in der That nichts anders ausgesagt als: A ist das Esse (die Wesenheit) von B“.30 Das Wesen ist gleichsam der Kern eines Dinges, das Ding als Einheit betrachtet, dem Prädikate als Entäußerungen oder Manifestationen zukommen. So ist das Urteil zu verstehen im Sinne von ‚das Innere ist das Äußere‘. Mit dieser Unterscheidung haben wir also mehrere Wesen und Formen: Das Urwesen drückt sich durch die (Vernunft-)Form in zwei Formen, nämlich Subjekt und Prädikat, aus, wovon das Subjekt das Formwesen, das Prädikat die Formform darstellt. Dabei gilt für den Satz der Identität als Ausdrucksform der Identität selbst, dass hierin die Form erschöpfend ist, das Wesen in der Form aufgeht: Das Wesen der Identität hat in der Form, dem Vernunftausdruck ,A=A‘, seinen vollkommenen Ausdruck, insofern der Ausdruck die Identität ist, nämlich in Form des Urteils.31 Die Identität von Identität und Identitätsgesetz verbürgt zumal letzteres, das diese Identität (von Wesen und Form) in sich behauptet. Für andere, etwa empirische Urteile 26 

Vgl. Frank (2018), 122–127. Vgl. den §  6 in der Darstellung meines Systems: „Der Satz A = A allgemein gedacht, sagt weder, daß A überhaupt, noch daß es als Subject, oder als Prädicat seye. Sondern das einzige Seyn, was durch diesen Satz gesetzt wird, ist das der Identität selbst, welche daher von dem A als Subject, und von dem A als Praedicat völlig unabhängig gesetzt wird.“ (AA I 10, 119 | SW IV, 117) 28  Vgl. AA I 10, 116; 120 | SW IV, 114; 118. 29  AA I 17, 115 | SW VII, 341. Zum Leibniz-Bezug vgl. die erklärenden Anmerkungen dazu. 30  Aphorismen über die Naturphilosophie, AA I 15, 221 Anm. | SW VII, 205 Anm. 31  Man kann die Unterscheidung von Wesen und Form mit der Fichte’schen von Tun und Sagen verbinden. Dabei ist das Tun ein solches des Subjekts der Prädikation im doppelten Sinne: desjenigen, der die Aussage tätigt, und desjenigen, dem ein Prädikat zugesprochen wird. Beide sind im spekulativen Sinne eins wie das Absolute und Vernunft. 27 

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kommt diese Identität nur in tautologischen Fällen zur Geltung, wie in ‚der Körper ist Körper‘. An Schellings Entwürfen einer Urteilstheorie in der Freiheitsschrift fällt auf, dass darin identitätstheoretische Aspekte der Prädikation, die heutzutage in einer extensionalen Logik darstellbar sind, mit inhärenztheoretischen Aspekten einer intensionalen Logik verbunden, negativ ausgedrückt: vermischt werden.32 Dies macht eine Formalisierung so schwer, wenn nicht gar unmöglich.33 Zweitens wird nicht ersichtlich, worauf Subjekt und Prädikat streng genommen zu beziehen sind. Weder das Identitätsgesetz als solches wird explizit dargestellt, noch ist der Übergang in den Anfangsüberlegungen über die Kopula zu der im naturphilosophischen Teil einsetzenden Konkretisierung von Subjekt und Prädikat im Satz ‚das Existierende ist der Grund von Existenz‘ transparent. Damit bleibt ungeklärt, wie die Vernunftform im Identitätsgesetz ‚A=A‘ in die Verstandesform eines ‚gewöhnlichen‘ Urteils ‚A ist B‘ übergehen kann oder übergeht. Mit genau diesem Übergang befasst sich Schelling in früheren Schriften. Bereits in den Ferneren Darstellungen gelangt er über eine Bestimmung von Wesen und Form der absoluten Identität im Hinblick auf das Urteil zu einer terminologischen Unterscheidung, welche die berühmte Differenz von Grund der Existenz, als Natur in Gott, und Existierendem als Gott selbst aus der Darstellung meines Systems weiter entwickelt: Im Absoluten aber ist das Unendliche in das Endliche, wie das Endliche in das Unendliche ohne Zeit, ewig gepflanzt, und in ihm stehen die beyden Einheiten, die, welche durch die Ein-Bildung des Wesens in die Form, und jene, welche durch die der Form in das Wesen gesetzt, jene als Absolutheit der Form, diese als Absolutheit des Wesens, Natur und Gott, in gleicher ewiger Durchdringung. (AA I 12,1, 152 | SW IV, 417)

Im Absoluten sind daher das absolute Wesen, Gott, und die absolute Form, Natur, in absoluter Identität, auszudrücken in dem Urteil ‚Gott ist die Natur‘ bzw. ‚das Existierende ist der Grund von Existenz‘. Obzwar Schelling bereits zu Beginn der Freiheitsschrift die urteilslogischen Grundlagen für eine Erklärung bereitet, operiert ein Großteil der Schrift mit der Gegensätzlichkeit dieser Prinzipien (Grund – Existierendes) und unternimmt erst gegen Ende, den ‚höchsten Punkt der Untersuchung‘ zu klären. Genauer: Das Urteil ‚das Existierende ist der Grund von Existenz‘ wird hinsichtlich der darin behaupteten Identität hinterfragt.34 Wie schon früher geht es Schelling in diesem Satz zunächst um die Kopula, die Identität selbst. Für diese gilt, dass sie wie im allgemeinen 32 

Dies ist freilich auch schon bei Leibniz der Fall. Vgl. dazu Neumann (2012), 115 f. Das ist trotz aller Attraktivität die Schwäche der Deutung von Wolfram Hogrebe, der nur den identitätstheoretischen Ansatz in Schelling anerkennt (Hogrebe [1989]). 34  In der Freiheitsschrift selbst wird dieser Satz nicht als solcher angeführt; Hinweise dazu finden sich aber auch in den ein Jahr später gehaltenen Stuttgarter Privatvorlesungen, die Subjekt und Prädikat eindeutig mit dem Seienden (Existierenden) und dem Sein (Natur, Grund) gleichsetzen (AA II 8, 100 | SW VII, 436). 33 

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Identitätsgesetz ‚A=A‘ weder Subjekt (A) noch Prädikat (A) ist, die ja beide Ausdruck der Form sind, sondern das dahinter liegende Wesen, das Schelling nun als Indifferenz bezeichnet. Das im höchsten Urteil ‚das Existierende (A) ist der Grund von Existenz (B)‘ zugrundeliegende gemeinsame Wesen, die Indifferenz, ist als Kopula (Relation) zunächst dadurch gekennzeichnet, dass es nicht die Relata, weder Subjekt noch Prädikat, ist: Es ist ein eignes von allem Gegensatz geschiednes Wesen, an dem alle Gegensätze sich brechen, das nichts anderes ist, als eben das Nichtseyn derselben und das darum auch kein Prädikat hat, als eben das der Prädikatlosigkeit […] (AA I 17, 171 | SW VII, 406)

Bereits früher hat Schelling immer wieder diesen Aspekt als ‚Absolutheit ohne alle weitere Bestimmung‘ bezeichnet.35 Hegel hat bekanntlich diese Wendung am Anfang der ‚Seinslogik‘ übernommen, um das Scheitern der Prädikation zu verdeutlichen. Eine Entsprechung zu Hegels Verzicht auf die Kopula („Seyn, reines Seyn, – ohne alle weitere Bestimmung“)36 findet sich bei Schelling nicht; er formuliert: Die Indifferenz ist prädikatlos, d. h. weder A noch B. Zur Prädikatlosigkeit findet sich in den Aphorismen zur Einleitung in die Naturphilosophie die folgende Anmerkung: Der Satz, daß das Absolute keine Prädicate hat, ist in so fern ganz richtig, als das Prädicat selbst nur im Gegensatz des Subjects möglich ist, (ein Gegensatz, der in Gott undenkbar ist), und in wie fern auch jedem möglichen Prädicat ein andres entgegengesetzt werden kann. Aber nichts, das in Beziehung, nichts also das im Gegensatze stehen kann, ist affirmabel durch die Vernunft […] und von Gott. (AA I 15, 105 | SW VII, 153 f.)

Die Prädikatlosigkeit ist gewissermaßen die ursprüngliche Form der Indifferenz, die Vernunftform, zu welcher sie nicht im Gegensatz qua (äußerer) Relation stehen kann, sondern die sie unmittelbar ist. Diesen Sachverhalt hat Schelling früher positiv im Identitätsgesetz ‚A=A‘ ausgesprochen. In beiden Fällen ist die Indifferenz damit zugleich ein Nicht-Subjekt – ihr werden keine entgegengesetzten Prädikate zugesprochen – als auch ein Minimal-Subjekt, das sich selbst bzw. die Prädikatlosigkeit als Prädikat aufweist. Anders gesagt: Die Indifferenz ist weder Subjekt noch Prädikat, das macht sie zum Subjekt.37 Im gleichen Zuge kann aber auch die Prädikatlosigkeit als Minimalprädikat nicht im Gegensatz zu anderen Prädikaten stehen, sonst wäre sie selbst ein relatives Prädikat unter anderen, mithin könnte sie auch nur im Gegensatz zur Indifferenz stehen. In diesem Fall würde aber die Indifferenz selbst zu einem Gegensätzlichen, d. h. Relativen und somit nicht Absoluten. Stünde die Prädikatlosigkeit als relatives Prädikat unter anderen jedoch nicht im Gegensatz zur Indiffe35 

Vgl. z. B. PR, SW VI, 29. GW 11, 43. 37  Aus dieser Duplizität erklärt sich möglicherweise auch die duale Charakterisierung der Indifferenz als Urgrund (= Ursubjekt) und Ungrund (= Nichtsubjekt) – bezogen auf Schellings Theorem, wonach sich Subjekt und Prädikat wie Grund und Folge verhalten (AA I 17, 119 | SW VII, 346). 36 

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renz, würde diese aufgrund der Identität mit einem Gegensätzlichen selbst zu einem Gegensätzlichen. Daher kann die Prädikatlosigkeit kein relatives Prädikat sein. Dies ist aber nur möglich, indem das Prädikat ‚Weder-noch‘ zum ‚Sowohl-als-auch‘ wird. ‚Weder A noch B‘ muss ‚Sowohl A als auch B‘ sein. Das hieraus zu bildende Urteil ‚Weder-A-noch-B ist Sowohl-A-als-auch-B‘ ist gleichsam eine Folgerung aus dem Urteil ‚die Indifferenz ist prädikatlos‘, und bezeichnet auf dieser zweiten Stufe Wesen und Form der Indifferenz. Dieser ganzen Folgerung liegt die Prämisse zugrunde, dass Wesen und Form der Indifferenz kein gegensätzliches Verhältnis einnehmen dürfen, diesen Aspekt nennt Schelling nun eine disjunktive Dualität im Sinne, dass die Indifferenz nicht A und B „zugleich“, sondern nur „gleicherweise“ A oder B sein kann.38 Zur Erklärung sei erneut auf die Darstellung meines Systems verwiesen; dort wird dieser Übergang als ein solcher von der absoluten Identität (A=A) zu den Potenzen (A=B) dargelegt; Verbindungsglieder sind das ‚unendliche Sein‘, das als reales Prinzip dem Grund entspricht, und das ‚unendliche Erkennen‘, mithin das ideale Existierende.39 Auf der ersten Stufe – derjenigen der Indifferenz – gilt das Weder-noch der Prädikatlosigkeit: Der Indifferenzpunkt […] kann eben deßwegen weder das eine noch das andere seyn, weder unendliches Erkennen noch unendliches Seyn, und nur, insofern weder als das eine noch als das andere, ist es das An-sich. (AA I 10, 135 | SW IV, 134)

Ausgedrückt wird dies durch das Identitätsgesetz; allerdings betont Schelling an dieser Stelle erneut, dass kein Unterschied zwischen Identität und Identitätsgesetz existiert, als stünden Sein und Erkennen sich darin entgegen, vielmehr ist ,A=A‘ gleichermaßen Ausdruck des Seins wie des Erkennens.40 Ebenso ist die Prädikatlosigkeit kein externes, mithin relatives Prädikat der Indifferenz, vielmehr diese selbst. Im Übergang vom A=A als Ausdruck der Indifferenz zum A=B, „als Ausdruck der Potenz“,41 der in der Freiheitsschrift dem Übergang vom Weder-noch (Prädikatlosigkeit) zum Sowohl-als-auch entspricht, dürfen nun A und B nicht im Sinne relativer Prädikate aufgefasst werden, die als Gegensätze ‚zugleich‘ in der Identität sind; sonst könnten sie nicht der prädikatlosen Indifferenz prädiziert werden. Vielmehr ist die Identität in jedem von beiden ‚gleicherweise‘: „Denn an sich ist A so gut als B, denn A wie B ist die ganze absolute Identität […] die nur unter den beiden Formen, A und B, aber unter beiden gleich existirt.“ 42 Das Sowohl-als-auch, wodurch die Indifferenz in Grund und Existierendem gleicherweise, nicht zugleich (als Gegensätze) ist, erklärt nach Schelling die „wirkliche Zweyheit der Prinzipien“, die aufgrund dessen keine eindeutige Festlegung von Sub38 

AA I 17, 172 | SW VII, 408. „A = B als Ausdruck der Potenz […] zugegeben, so ist in dem A = B, B gesezt, als das, was ursprünglich ist, (also als reelles Princip) A dagegen, als das, was nicht ist, in demselben Sinne wie B, sondern B erkennt, also als ideelles Princip.“ (AA I 10, 137 | SW IV, 135) 40  AA I 10, 136 Anm. | SW IV, 135 Anm. 41  AA I 10, 137 | SW IV, 135. 42  AA I 10, 137 | SW IV, 136; „gleich“ eigene Hvg. 39 

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jekt und Prädikat, der ideellen Zweiheit, erlauben.43 ‚Ideell‘ heißt diejenige Zweiheit, die nur durch den Bezug aufeinander besteht, also im Für-anderes-Sein, während die reelle Zweiheit eine solche im Für-sich-Sein ihrer Momente oder Prinzipien ist. Subjekt und Prädikat bilden daher eine ideelle Zweiheit. Auf dieser Stufe der Dialektik müssen daher auch die Aussagen (Urteile) andersartig aufgefasst werden, in denen es nicht zu einer Fixierung von Subjekt und Prädikat, d. h. einer Entgegensetzung, kommen soll, sondern der Aspekt der Bewegung im Urteil hervortritt, die aus der Liquidierung (im Sinne einer Verflüssigung) der Urteilsstruktur erfolgt. Im Unterschied zu der im vorherigen Abschnitt geschilderten negativen Form des Verstandes, welche eine dualistische Entgegensetzung (von Subjekt und Objekt bzw. Prädikat) vornimmt, zeigt sich so die positive, lebendige Form desselben. Fasst man die bisherigen zwei Stufen der Dialektik schematisch zusammen, so lässt sich auf jeder Stufe eine Ebene des Wesens von derjenigen der Form unterscheiden, wobei auf der ersten Stufe der Indifferenz noch keine Differenz, auf der zweiten Stufe noch keine Entgegensetzung zwischen Wesen und Form stattfindet. Die Form vertritt in beiden Fällen den Ausdruck im Urteil, in welchem das Wesen zum Subjekt (Formwesen) der Form (Formform) wird. Im Übergang von der ersten zur zweiten Stufe wird das formierte Wesen der ersten Stufe als Subjekt unter eine neue Form gestellt: Wesen 1. Stufe: Form 1. Stufe: Wesen 2. Stufe: Form 2. Stufe:

Indifferenz Prädikatlosigkeit (‚die Indifferenz ist prädikatlos‘) Prädikatlosigkeit (Weder-Existierendes-noch-Grund) Disjunktive Dualität (‚Weder-noch ist Sowohl-als-auch‘)

Wie es Schelling in den folgenden Jahren in seiner Weltalterphilosophie weiter konkretisieren und präzisieren wird,44 liegen bereits in der Freiheitsschrift grundlegende Reflexionen zur Entstehung einer dynamischen Prädikation als Prozess der Weltschöpfung vor. Dabei kommt es auf den ersten beiden Stufen noch nicht zu einer gefestigten Urteilsstruktur, die aus der Entgegengesetztheit und Hierarchisierung von beiden Momenten, Existierendem und Grund, in Subjekt und Prädikat, Wesen und Form, Substanz und Akzidens hervorgeht. Doch zu dieser rationalen Ordnung muss die philosophische Entwicklung weiter voranschreiten. Metaphysischer ausgedrückt: Gott ist mehr als prädikatlose Indifferenz und disjunktive Dualität, er ist Identität der beiden Prinzipien und damit ein eindeutiges Gefüge der Unterordnung des Grundes unter das Existierende. Dafür bedarf es der Entstehung einer Gegensätzlichkeit im Sinne einer ideellen und nicht bloß reellen Zweiheit, die Schelling im naturphilosophischen Teil der Freiheitsschrift durch Aufkommen des göttlichen Verstandes erklärt, der die dem Grund zuzurechnende Sehnsucht unterwirft und als Geist die absolute Identität im Sinne des Zugleichs der Gegensätze hervorbringt. Erst 43 

44 

Freiheitsschrift, AA I 17, 171 | SW VII, 407. Vgl. dazu Hogrebe (1989).

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durch diese tätige Scheidung und Verbindung (Kopula) wird die eigentliche Urteilsstruktur, damit ein Gefüge oder eine Ordnung, etabliert, die jedoch nicht im Sinne einer Zerstörung, sondern vielmehr einer Verwirklichung der Indifferenz als einer zu verstehen ist: Zur wirklichen Zweiheit, die aus der Indifferenz immer schon hervorgebrochen ist, tritt mit dem Hervorgehen der Gegensätzlichkeit die ideelle Zweiheit. Beide können angesichts der Indifferenz nur bestehen in der wirklichen Einheit durch den tätigen Verstand, den Geist, der damit Wesen und Form der Indifferenz, das Weder-noch und das Sowohl-als-auch, vereinigt in der Einheit der Gegensätze; damit aber auch deren ideelle Einheit ist. Während der negative Verstand (Reflexion) die Gegensätze nur in ihrem Entweder-oder aufzufassen vermag, dadurch Subjekt und Prädikat schlechthin entgegensetzt, sind im positiven Verstand Gottes (und somit auch in der Spekulation) beide Momente in einer realen wie idealen Einheit (Sein und Erkennen) verbunden.45 Diese Umkehr von der Differenzierung hin zur Identifizierung lässt sich nun auch schematisch wiedergeben. Nach der Scheidung oder Differenzierung des jeweiligen Wesens in der Form folgt nun eine (Wieder-)Vereinigung; damit dreht sich das vorherige Verhältnis von Wesen und Form auf der dritten Stufe gewissermaßen um: Form 3. Stufe: Wesen 3. Stufe:

Das Weder-noch ist das Sowohl-als-auch Absolute Identität beider (Geist)

Der ‚erleuchtete Verstand‘, der Geist, fungiert in Schellings Urteilstheorie als Kopula, die verbindet (Identität), was für sich sein könnte (die wirkliche Zweiheit oder Dualität) und doch nicht ist und nicht sein kann ohne das andere (die ideelle Zweiheit oder der Gegensatz): „dieß ist das Geheimniß der Liebe, daß sie solche verbindet, deren jedes für sich seyn könnte und doch nicht ist, und nicht seyn kann ohne das andre“.46 Damit ordnet Schelling den Geist als die tätige Verbindung noch der Liebe unter, er spricht vom ‚Geist der Liebe‘, einem Geist, der von der Liebe ausgeht. Die Liebe steht wie die Indifferenz noch über dem Verstand; mehr noch: Die Liebe ist die realisierte Indifferenz. In der hier gewählten Terminologie gesprochen, ist der Geist die Form der Liebe, dem Wesen der absoluten Identität. Form 4. Stufe: Wesen 4. Stufe:

Absolute Identität ist Weder-noch und Sowohl-als-auch (Geist) Absolute Identität (Liebe)

An dieser Darstellungsweise erkennt man bereits die Zusammenstellung von Urteilen (logoi) zum Schluss (syl-logismos), die Schelling in seiner späten Dialektik genauer und weitaus komplexer ausführen wird. Schellings dialektische Erörterungen über Identität orientieren sich in der Freiheitsschrift teilweise, aber leider nicht immer in der gewünschten Deutlichkeit an der Struktur des Urteils, welche die Perspektive des Verstandes ist. Dabei wird das Urteil 45 

46 

Vgl. dazu das Würzburger System, SW VI, 528. AA I 17, 172 | SW VII, 408.

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nicht im Sinne einer starren Fixiertheit in Subjekt und Prädikat, sondern eher als lebendige Bewegtheit im Verhältnis beider betrachtet. Es ist die Performanz der Identität, welche über die verschiedenen Entwicklungsstufen durch selbstständiges, persönliches Denken des Lesers mitvollzogen werden muss, der dadurch erst zu dieser Identität (als in Gott seiendes Denken) wird. Allein auf diese Weise begreift man das bildende, nicht nur sondernde, vielmehr organisierende Vermögen des Verstandes, das zudem auch dessen Verhältnis zur Vernunft klärt. So heißt es am Ende: Die Vernunft ist in dem Menschen das, was nach den Mystikern das Primum passivum in Gott oder die anfängliche Weisheit ist, in der alle Dinge beisammen und doch gesondert, Eins und doch jedes frey in seiner Art sind. Sie ist nicht Thätigkeit, wie der Geist, nicht absolute Identität beyder Prinzipien der Erkenntniß, sondern die Indifferenz; das Maß und gleichsam der allgemeine Ort der Wahrheit, die ruhige Stätte, darin die ursprüngliche Weisheit empfangen wird, nach welcher, als dem Urbild hinblickend, der Verstand bilden soll. (AA I 17, 178 | SW VII, 415)

Die Indifferenz als Vernunft wird durch den Verstand zum Urteil gebracht, der seinerseits als erleuchteter oder als Geist die absolute Identität realisiert, die sich als eine solche der Liebe erfährt, so dass zu den vorherigen Urteilsstufen folgende Vierteilung der Vermögen gehört: 1. Stufe: Vernunft 2. Stufe: Verstand 3. Stufe: Geist 4. Stufe: Liebe Die rein logische Analyse des dialektischen Verstandes ist freilich einseitig; doch kann sie eine Grundlage bilden, um zu den willenstheoretischen Ausführungen überzuleiten. Wie bereits angedeutet, ist der Verstand für Schelling aufgrund seiner Mittelstellung zwischen Vernunft und Sinnlichkeit, wie zwischen Indifferenz und Liebe, als tätig-persönliches Vollzugsmoment integraler Bestandteil des Willens. Anders ausgedrückt: Schellings Urteilstheorie ist nicht das, was wir heute im Sinne einer formalen Logik verstehen, sie ist im Wesentlichen voluntativ-ontologisch.47 So bezeichnen Indifferenz und Liebe nicht ohne Grund die beiden (negativen und positiven) Momente einer Freiheitstheorie, wie sie in der Diskussion zwischen Kant, Schiller und Reinhold bereits vor der Jahrhundertwende thematisiert wurden; dort noch als Willkür (libertas indifferentiae) und Sittengesetz bzw. Liebe, die Schiller dem kantischen Rigorismus entgegensetzt. Doch noch bedeutender für Schelling als die genannten idealistischen Autoren sind Fichtes Ausführungen über die Tathandlung, die nun abschließend im Hinblick auf die Dialektik fruchtbar gemacht werden sollen.

47  Vgl. dazu die verdienstvolle Studie von Peetz (1995). Diesen Aspekt versucht Schelling bereits in der Würzburger Zeit durch die Deutung des Urteils als Affirmation (Bejahung) einzuholen.

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3. Die Logik des Willens: die voluntativen Grundlagen der Dialektik Die Dialektik dient der Vermittlung von Gegensätzen, die Schelling in ihrer höchsten Ausprägung als Freiheit und Notwendigkeit benennt. Von daher lassen sich alle Ausführungen über das Urteil, speziell: das Identitätsgesetz, und über den höchsten Punkt der Indifferenz nur dann vollständig verstehen, wenn sie aus derjenigen Perspektive aufgefasst werden, für welche die Gegensätzlichkeit im eigentlichen Sinne von Bedeutung ist, nämlich derjenigen des menschlichen Willens. Bereits in der Allgemeinen Uebersicht der neuesten philosophischen Litteratur (1797), die Schelling zu Teilen in den Philosophischen Schriften mit der Freiheitsschrift erneut abdruckt, schreibt Schelling: „Der Geist ist ein ursprüngliches Wollen“,48 und bezeichnet damit den höchsten Einheitspunkt menschlicher Existenz, den Fichte einige Jahre zuvor mit der Tathandlung gleichgesetzt hatte. Es ist kein Zufall, dass dieser sie mittels des Identitätsgesetzes ‚A=A‘ im höchsten Prinzip des Ich=Ich verortet hatte. Für Fichte drückt sich das Wesen des Ich, d. h. dessen Identität, in der Form des Ich=Ich aus; dabei besteht zwischen Ich und Ich=Ich kein Unterschied: Ich zu sein, bedeutet, sich mit sich zu identifizieren. In der Tathandlung wird somit deutlich, dass das Ich nur in der Form der Selbstsetzung (Ich=Ich) ist sowie die Form nichts anderes als das Wesen, das Ich, ausdrückt: „Dasjenige dessen Seyn (Wesen) blos darin besteht, daß es sich selbst als seyend, sezt, ist das Ich, als absolutes Subjekt. So wie es sich sezt, ist es; und so wie es ist, sezt es sich“.49 Hier liegt auch die Verbindung zu Freiheit und Notwendigkeit, die Schelling ebenso von Fichte übernimmt: Im Gegensatz zu Spinoza, der Freiheit als Wesensnotwendigkeit, d. h. ungehinderte Manifestation des Wesens, sieht, erkennt Fichte nach Schelling diese Notwendigkeit als aus Freiheit hervorgegangen, so erklärt sich die zentrale Äußerung in der Freiheitsschrift: Aber eben jene innere Nothwendigkeit ist selber die Freyheit; das Wesen des Menschen ist wesentlich seine eigne That; Nothwendigkeit und Freyheit stehen in einander, als Ein Wesen, das nur von verschiedenen Seiten betrachtet als das eine oder andre erscheint; an sich Freyheit, formell Nothwendigkeit ist. (AA I 17, 152 | SW VII, 385)

Urteilstheoretisch gefasst: Das Wesen des Menschen ist eines, das sich ausdrückt (erscheint) in zwei Formen, nämlich Freiheit und Notwendigkeit, wobei erstere das Subjekt (Formwesen), letztere das Prädikat (Formform) darstellt. Das Subjekt-Ich setzt sein eigenes Sein (als Objekt-Ich), die Freiheit ist die Notwendigkeit, doch ebenso gilt die Umkehrung: Das Sein (des Ich) ist das Selbst-Setzen, d. h. die Notwendigkeit ist die Freiheit. Mithin trifft auch in einem gewissen Sinne die Umkehrung zu, dass Notwendigkeit Subjekt, Freiheit Prädikat ist. Im Rückblick auf die Ausführungen des vorherigen Kapitels befindet man sich hier noch auf der Stufe der Vernunftform (A=A), die noch nicht in die differenziertere Form des A=B übergegangen ist. 48  49 

AA I 4, 122 | SW I, 395. GWL, GA I/2, 259 f.

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Dennoch überwiegt die Freiheit als eigentliches Wesen, die gerade bei Fichte auch noch in gewisser Weise ‚vor‘ der Selbst-Setzung angesiedelt werden muss. Sobald das Ich ist, setzt es sich, sobald es sich setzt, ist es. Aber warum tut es dies? Fichtes Antwort lautet lediglich: aus absoluter Freiheit, wobei er ebenso das Verbot ausspricht, nach einer Vorgeschichte des Ich zu fragen, die es nicht gibt.50 Schelling wird nun – und dies ist sein Bestreben von den Anfängen an – an dieser Stelle weiterfragen.51 Freiheit ist an der Subjektstelle das Wesen, das im Gegensatz zur Form als dem Äußeren (Objektiven) steht. Es ist gewissermaßen das erscheinende Innere, dasjenige aus dem Wesen, das in der (Vernunft-)Form erscheint. Jenseits dessen muss man nun aber ebenso das eigentliche Wesen, die Indifferenz, als das in der Erscheinung nicht Offenbare, vielmehr Verborgene nehmen. Es ist das in der Offenbarung als verborgen offenbare – wie sich Schelling in einem späteren Weltalter-Fragment ausdrücken wird52 –, dem Freiheit und Notwendigkeit nicht als gegensätzliche Aspekte attribuiert werden können, das mithin überhaupt nicht in Form zu bringen ist, das aber nur in der Form als solches, nämlich als verborgenes, ist. Auch für Fichte ist die absolute Freiheit, aus welcher heraus die Selbstsetzung geschieht, nur angesichts der Wirklichkeit der Selbstsetzung: Wenn das Ich=Ich besteht, ist daraus auf die absolute Freiheit zu schließen, die auch gerade in der Wirklichkeit des Ich dessen Freiheit begründet und als diese existiert: Wäre das Ich dazu gezwungen, sich selbst zu setzen, wäre auch im Sich-Setzen keine Freiheit zu finden. Erst im Rückschluss von seinen absolutheitstheoretischen Ausführungen am Ende der Freiheitsschrift ist zu vermuten, wie Schelling diese absolute Freiheit benennt: nämlich als Indifferenz. Am Ende der Freiheitsschrift bezieht Schelling diese Überlegungen über das Wesen der menschlichen Freiheit auf die Freiheit Gottes. Damit will er diese – wie er sich bereits früher im Text ausdrückt – „menschlich näher bringen“53 – legitimiert im Übrigen durch eine Kondeszendenztheorie, die Schelling zu dieser Zeit v. a. bei Hamann bestätigt und ausgeführt sieht. Dies macht es ihm möglich, die Fichte’schen Überlegungen über das menschliche Ich auf das Absolute zu beziehen.54 Wie schon im Wesen des Menschen, in der Tathandlung, sind von der höchsten Einheit des Absoluten keine Gegensätze attribuierbar, d. h. es ist weder Freiheit (als Gegensatz von Notwendigkeit) noch Notwendigkeit (als Gegensatz von Freiheit). Diese Prädikatlosigkeit ist jedoch kein bloßer Leerlauf einer äußeren Prädikation, vielmehr das Wesen selbst, insofern es es selbst ist – im Sinne von A=A (1. Stufe). Sobald sie sich als 50 

GWL, GA I/2, 260. So konzipiert er eine natürliche, eine geschichtliche und hier: eine voluntative Vorgeschichte. 52  „Sobald es aber mit der Form ist, ist es von dieser zugedeckt, gleichsam überzogen, das Innere u. Verborgene. Nun ist aber eben die Form oder Zweyheit ihre Offenbarung. Also kann man auch sagen, nur als ein Verborgenes sey es offenbar, nur als ein Nichterkennbares werde es erkannt, es werde nur gewußt indem es eigentlich nicht gewußt werde (ignorando cognoscitum).“ (WAFragm. 1, 184 f.) 53  AA I 17, 130 | SW VII, 359. 54  Dies erfolgt gemäß der Überzeugung Schellings, dass „nicht allein die Ichheit alles, sondern auch umgekehrt alles Ichheit sey“ (AA I 17, 124 | SW VII, 351). 51 

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Indifferenz herausstellt bzw. hervorragt (existiert), brechen sich an ihr alle Gegensätze (gleich einer Brandung): Sie ist so offenbar als verborgen. Freiheitstheoretisch ausgedrückt ist die Indifferenz der die Freiheit konstituierende Nullpunkt, der vorausgesetzt werden muss, um eine freie Tat als solche zu erklären. Die Unentschiedenheit, die zugleich aus sich alle Gegensätze (zu welchen sie sich entscheiden könnte) ausschließt. In den Weltaltern wird dies der lautere Wille, der nichts will, sein. Die Prädikatlosigkeit darf folglich nicht als bloß logischer Begriff, sondern muss in ihrer realen (und voluntativen) Bedeutung aufgefasst werden. Den Übergang von Stufe 1 zur Stufe 2 in der Dialektik kann man nun ebenfalls willenstheoretisch aufklären: In der Indifferenz ist der Wille gleichgültig, er strebt nicht nach Etwas, vielmehr nach Nichts. Deshalb ist er prädikatlos (weder A noch B) und dadurch sowohl A als auch B: Wem der Reichtum gleichgültig ist, kann nicht arm heißen oder er ist wie man zu reden pflegt in seiner Armuth reich. Man kann daher sagen, daß jedes Wesen nur durch Wollen Etwas nicht u. darum auch Etwas sey, weil alles was Etwas ist nothwendig auch Etwas nicht ist […] (WA-Fragm. 1, 182)

Dabei können A und B, wie hier Reichtum und Armut, nicht als Gegensätze attribuiert werden, denn für die Indifferenz gibt es keinen Gegensatz: Nur wer Reichtum erstrebt, für den ist Armut das Gegenteil; für den beides gleichgültig ist, der kann beides zugleich sein. Entsprechend gilt für die Indifferenz, dass sie weder Freiheit als Gegensatz von Notwendigkeit noch umgekehrt ist, sondern sowohl Freiheit als auch Notwendigkeit. Das Auseinandergehen der göttlichen Indifferenz in die Dualität von Grund (Notwendigkeit) und Existierendem (Freiheit) kann allerdings nicht als freiwilliger Akt oder als eigene Ent-Scheidung angesehen werden: Wer aus Gleichgültigkeit sowohl arm als auch reich genannt werden kann, ist dies nicht, weil er es will, sonst wäre er nicht gleichgültig. Vielmehr ist die Indifferenz darin verdeckt oder „eingeschlossen“.55 Zunächst einmal bedeutet der Einschluss ein Zweifaches: Die Indifferenz als Urwesen ist in der Zweiheit zugleich verborgen (umschlossen) als auch offenbar (beinhaltet). In diesen beiden Wirklichkeiten hat sich die Indifferenz zu entwickeln oder – um die Terminologie zu bewahren – zu ent-schließen. Nur auf diese Weise kann die Indifferenz aus ihrer Unentschiedenheit zur Grundlage einer Entscheidung und damit zum positiven Vermögen der Freiheit werden. Um beides selbst zu sein, muss sich die Indifferenz entschließen und damit auch beide Prinzipien in ihrer Gegensätzlichkeit hervorbringen. Erst am Ende der Entwicklung ist der Entschluss vollkommen realisiert, indem die Indifferenz zur Identität geworden ist, worin sie nicht mehr in den zwei Prinzipien eingeschlossen, sondern diese in sich in Liebe umschlossen hält (Stufe 3 und 4). Man erkennt, wie auch in der voluntativen Deutung das logisch-dialektische Schema von Begriff, Urteil und Schluss, wie eben der Verstand im Willen vorliegt: Der 55 

WA-Fragm. 1, 184.

Die Logik der Dialektik

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Prozess geht vom Eingeschlossensein über den Entschluss zum Umschließen. In der ursprünglichen realen Zweiheit ist die Indifferenz noch eingeschlossen oder begriffen (Begriff); sie umfasst nicht die Zweiheit, sondern ist als ganze gleicherweise in beiden Momenten. Erst durch ihre zum Entschluss führende Entfaltung (Urteil) trennt sie beide Momente in ihrer Gegensätzlichkeit (wie Subjekt und Prädikat), um reale wie ideale Zweiheit letztlich als absolute Identität zu umschließen (Schluss). Auch dieser göttliche Prozess findet am menschlichen Willen ein Interpretament: Um die Einheit der Indifferenz zu verwirklichen, muss sich diese in den zwei wirklichen Prinzipien des Grundes und des Existierenden entschließen, d. h. sie muss sich in Natur und Geschichte entfalten – die Vorgeschichte des Ich=Ich (der Tathandlung) in der Indifferenz nimmt die Form einer Vorgeschichte in Natur und Geschichte an. Für niedere Naturformen wie auch für niedere geschichtliche Entwicklungsstufen der Menschheit existiert die Indifferenz als solche nicht; erst durch die fortschreitende Scheidung entwickelt der Mensch ein Bewusstsein derselben, welche die Philosophie im Begriff der formalen Freiheit erst im Idealismus Kants und Fichtes entdeckte. Während frühere Konzeptionen Freiheit ausschließlich in die „Herrschaft des intelligenten Princips über das sinnliche und die Begierden“56 setzten, versteht erst der Mensch in der Moderne sein Tun als aus einer bereits vollzogenen Entscheidung, daher Entschiedenheit, aus der Indifferenz resultierend – hieran schließt sich Schellings Transformation der Fichte’schen Tathandlung in der Lehre von der intelligiblen Tat an.57 Dafür bedarf es allerdings nicht nur einer Scheidung von Natur und Geist, die bereits in früheren Kulturen präsent ist. Vielmehr folgt aus der Einsicht in die eigene Freiheit und Entscheidung aus der Indifferenz, dass die „Indifferenz nicht bloß negativ […], sondern als ein lebendiges positives Vermögen zum Guten und zum Bösen“58 zu denken ist. Diese Ansätze einer voluntativen Deutung der höchsten Dialektik und damit des eigentlichen Prinzips der Philosophie, die sich bereits in der Freiheitsschrift finden, wird Schelling in den Folgejahren, vor allem im Umkreis seiner Weltalterphilo­ sophie, weiter durchdenken und verfeinern. Dabei wird er seinem ursprünglichen Vorgehen treu bleiben, dass Verstand und Wille nicht sich ausschließende Deutungsinstanzen der Dialektik sind, vielmehr sich gegenseitig ergänzende und bewahr­ heitende Zugänge liefern: Scheinbar ‚neben‘ einer rein logisch-dialektischen Ausei­ nandersetzung mit der Urteilsform und dem Hervorgehen der Potenzen aus der höchsten Einheit finden sich daher willenstheoretische Erklärungen. Die Crux der Schelling-Forschung wird weiterhin bleiben, diese beiden Stränge zusammenzubringen.

56 

AA I 17, 119 | SW VII, 345. Vgl. zum Begriff der formalen Freiheit Binkelmann (2015), 116–120. 58  AA I 17, 126 | SW VII, 354. 57 

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Christoph Binkelmann

Literaturverzeichnis Binkelmann, C. (2010), „‚Die absolute Relation ist das Licht‘. Urteil, Licht und Sein in Fichtes Erlanger Wissenschaftslehre“, in: Fichte-Studien 34, 67–87. – (2015), „Derivierte Absolutheit. Die Bedeutung des transzendentalen Idealismus Fichtes für Schellings Freiheitsschrift“, in: Schelling-Studien 3, 115–131. – (2016), „‚Wirkliche Dialektik ist nur im Reiche der Freiheit‘. Die Dialektik des Positiven in Schellings Berliner Antrittsvorlesung“, in: Schelling-Studien 4, 101–118. – (2017), „‚Es ist also der Charakter, der entscheidet.‘ Die moderne Tragödie der Freiheit in Schellings Philosophie der Kunst“, in: Danz, C./Leistner, P. (Hgg.), Schelling in Würzburg, Stuttgart-Bad Cannstatt, 181–209. Frank, M. (2018), ‚Reduplikative Identität‘. Der Schlüssel zu Schellings reifer Philosophie, Stuttgart-Bad Cannstatt. Hogrebe, W. (1989), Prädikation und Genesis. Metaphysik als Fundamentalheuristik im Ausgang von Schellings ‚Weltalter‘, Frankfurt a. M. Neumann, H.-P. (2012), „Bemerkungen zu Schellings Rekurs auf die Leibniz’sche Identitätslogik in der Freiheitsschrift von 1809. Versuch einer Interpretation“, in: Philosophie und Wissenschaft. Internationales Jahrbuch des Deutschen Idealismus 8, 106–129. Peetz, S. (1995), Die Freiheit im Wissen. Eine Untersuchung zu Schellings Konzept der Rationalität, Frankfurt a. M.

Freedom Is Necessity The Onto-Logic of Posterior Anteriority in Schelling’s Freiheitsschrift Tyler Tritten To understand the proposition ‘freedom is necessity’, which is proposed as a way of explaining how freedom and necessity are compatible within F. W. J. Schelling’s Freedom Essay of 1809, Philosophical Investigations into the Essence of Human Freedom, one must first come to terms with the nature of the copula, i.e., the ‘is’, in this and other Schellingian propositions. Although Schelling never so straightforwardly states, ‘freedom is necessity’, the proposition nevertheless, if understood properly, does render other theses that Schelling does explicitly state compatible. Primarily, it renders compatible the seeming antithesis between freedom and system. Given the transitive nature of the copula, which makes subject and predicate relate as antecedens and consequens rather than as implicitum and explicitum, one can understand reason, necessity and/or system as consequent upon freedom or decisiveness, which is always absolutely anterior or, to phrase it in terms of Schelling’s later thought, an absolute rather than merely relative prius. Nevertheless, although the existence of freedom, i.e., the facticity of the free act or decisive deed, is absolutely antecedent, the essence of the same, i.e., the identity of a will or of the one who wills, is only relatively antecedent insofar as this is retroactively conditioned by freedom’s consequence post factum or per posterius.1 Freedom only is freedom if it has a consequent and the nature, essence or identity of freedom, i.e., the specificity of the decisive deed, is only accrued through its consequents or through its posterius. The thesis of this essay, then, is that the proposition ‘freedom is necessity’, and others like it, can only be understood according to the onto-logic of the posteriority of the anterior; or, freedom and the necessity of a system of freedom2 can only be rendered compatible by means of a method operative per posterius. Ultimately, then, this essay seeks to expose the logical structure of the ontology operative in what is perhaps Schelling’s most renowned text. The attempt is to make the logic of freedom explicit.

1  The logic precedes the terminology, as per posterius is a locution that Schelling did not begin to employ until he started giving his famous lectures in Berlin in 1841. See PO, SW XIII, 129 f. 2  It is not the system itself, i.e., its existence, that is necessary, but its internal entailments, the truths of that system. The system itself, its existence, is contingent, but the entailments of that system, i.e., its essence, are necessary. The entailments are thus, more precisely, contingently necessary.

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1. Copulation3 as Transitivity On the one hand, freedom that is operative without resistance is arbitrary, even tyrannical, a will that wills for no other reason except that it can. To will ‘without why’, as Marguerite Porète,4 Meister Eckhart,5 Angelus Silesius,6 and other mystics have argued, certainly can be the highest good, an act of divine freedom, but let it not be forgotten that it can also name the will to absolute evil, absolute arbitrariness, capricious randomness, which is also ‘without why’. On the other hand, freedom that simply follows from, i.e., is willed out of, foregoing and sufficient reasons is determined. Freedom, then, in order to be genuinely free, can neither signify the capacity to will out of and for no reasons at all nor can it signify a willing that follows from sufficient reasons that would constrain an action, i.e., determine it. If the former names absolute spontaneity and the latter absolute necessity, then genuine freedom can only reside in the tension of both. Schelling remarks that without the contradiction of necessity and freedom not just philosophy but every higher act of willing by the spirit would sink unto death, which is appropriate for those sciences in which this contradiction finds no application. (Freiheitsschrift, AA I 17, 112 f. | SW VII, 338)7

If a science or system of freedom is possible, then it must come to terms with the apparent contradiction between freedom and necessity, without which the tension requisite for life is lacking. In other words, far from having to abandon a compatibilist project because it seems to involve a contradiction, this tension is the conditio sine qua non both of freedom and its compatibilist solution. This also means that freedom remains inexplicable for all forms of reductionism, whether they reduce freedom to necessity or necessity to freedom, because both remain incapable of thinking life, with the former reduction normally resorting to blind mechanism and the latter reduction to a kind of blind, and sometimes militant, decisionism. Indeed, according to Schelling, at least in the Freiheitsschrift, the only possible solution to the impasse between freedom and necessity is a kind of compatibilism. This is true even though he 3  The meaning of the term ‘copulation’ is threefold: grammatical, logical, and zoological (biological). The grammatical and logical meanings of the term will be discussed throughout this essay, but the zoological sense is also appropriate, as one of the criticisms, perhaps the primary criticism, Schelling levels against the Spinozistic system is that everything inheres within God as a thing, i.e., as something lifeless. The term ‘copulation’, then, is already intended as a corrective against merely logical immanence. In this respect, it is also important to stress the verbal aspect of copulation in opposition to a simple copula, which may be no more than a third thing or a middle term. 4 See The Mirror of Simple Souls. 5  Eckhart suggests that whatever has a “why” is ungodly (Essential Sermons, 60). 6  As Silesius has famously remarked, “Die Ros ist ohn warum; sie blühet weil sie blühet, Sie acht nicht ihrer selbst, fragt nicht, ob man sie siehet. [The rose is without why; it blooms because it blooms. It does not take regard of itself, does not ask whether one sees it.]” (Cherubinischer Wandersmann, 39). 7  “[…] ohne den Widerspruch von Nothwendigkeit und Freyheit würde nicht Philosophie allein, sondern jedes höhere Wollen des Geistes in den Tod versinken, der jenen Wissenschaften eigen ist, in welchen er keine Anwendung hat.”

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resoundingly rejects crude versions of compatibilism that simply try to find a lacuna within the mechanistic and/or deterministic system, which err by first assuming the existence of the system and then asking how a space can subsequently be allotted to freedom by finding gaps within the system. In such crude forms of compatibilism freedom is always posterius and never prius or anterius. Rather, a compatibilist method or a logic must be articulated that does not sublate (aufheben) the contradiction, as a Hegelian might suspect, but one must show, in a different way than Hegel, how time is necessarily involved with the system of freedom, with the result that the apparent contradiction between freedom and necessity, which cannot be said at the same time, is said not at but as different times.8 As Schelling complains of Kant and moderns generally, as late as the 1850s in Darstellung der reinrationalen Philosophie, by treating contradiction and the concomitant law of non-contradiction merely formally they transform all opposition, even contrariety, into contradiction and, in turn, reduce the law of non-contradiction to a law that bears no relation whatsoever to time.9 In opposition to this current, Schelling there comments, Against that which succeeds that which proceeds becomes at the same time the subjected (ὑποκείμενον), and the moments of being behave entirely as levels, which can be entered at the same time just as little as they can be in the same position. (SW XI, 306)10

For Schelling, at least from 1809 forward, no propositions are analytical or tautological without any temporal determination whatsoever,11 because every proposition asserts something of something else that, far from being already contained within it, is not that of which it is asserted. That of which something is asserted is first subjected, laid as ὑποκείμενον, only once it has been posited as the subject-term, as the foregoing, that bears the attribution. On the one hand, to contradict is to negate, yet, on the other hand, all affirmation can only ever be asserted of its negation. For instance, healthiness can only be affirmed or asserted of that which, in and of itself, is not healthy or is negated as healthy. To say that water is hot is to assert hotness of a thing that, qua water, is not hot, that is, in fact, neither hot nor not-hot. As is well known, the proposition S is P, for Schelling, means that which is S is the same as that which is 8  See Tritten (2018), where I show how the onto-logic of posterior anteriority precedes Schelling (and Levinas), as it can be found at least as early as in this late Neoplatonist philosopher. In Damas­ cius this logic is manifest in his conception of peritrope, literally a ‘turning of the tables’. Damas­cius’ specific contribution lies in his employment of this logic to preserve the absolute transcendence of the Ineffable. 9  Cf. SW XI, 305; 308. 10  “Denn das Vorausgehende wird gegen das Folgende zugleich zum Untergeordneten (ὑπο­ κείμενον), und die Momente des Seyenden verhalten sich vollkommen wie Stufen, die ebensowenig zugleich betreten als an derselben Stelle seyn können.” 11  “To the claim belongs before all else a claimant; negative philosophy, which is actually the philosophy that does not claim anything, had therefore to be driven past its limits […] in this sense negative philosophy is not a system. [Zum Behaupten gehört vor allem ein Haupt; darum mußte auch die negative Philosophie, welche eigentlich die nichts behauptende ist, über ihre Schranken getrieben werden […] in diesem Sinn ist die negative Philosophie kein System.]” (PO, SW XIII, 133)

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P. S is P is thus shorthand for the two propositions X is S and X is P. This is already well documented amongst Schelling scholars and so it would not be expedient to embark upon a lengthy discussion of its meaning and problems here, e.g., the regress problem it might seem to entail, but it is at least worth noting that this implies that the statement S is P is neither tautological nor even analytical, because the predicate is not pre-contained in the subject but in a third, X, which is not only the predicate but also the subject, albeit neither as such. Explicitly returning to the Freedom Essay, then, Schelling confirms, A child can be made to understand that in no possible proposition, in which according to the presumed explanation the identity of the subject with the predicate is expressed, is a consonance or even just an immediate connection of both asserted […] (AA I 17, 115 | SW VII, 341)12

This is because both the subject and the predicate are asserted of that which in and of itself is neither the one nor the other, nor their pre-given synthesis. There is not a both/and relationship here, i.e., one does not find a logic of (pre-)containment. X, in itself, is not already both S and P, but it is prior to their opposition and so neither S nor P. Only if subject and predicate were to be affirmed as equivalent should the copula be understood reduplicatively, i.e., as an equivalence, according to a logic of containment, whereby one term would be contained in the other as in analytical or, worse still, tautological propositions. Schelling, however, repudiates this logic and he also refuses to attribute it to the Ancients, writing: The profound logic of old distinguished between subject and predicate as what proceeds and what succeeds (antecedens et consequens), and thereby expressed the real meaning of the law of identity. (AA I 17, 116 | SW VII, 342)13

Schelling’s is not an atemporal logic of containment, i.e., it follows neither Hegelian dialectics nor set theory (which Alain Badiou has recently popularized), which, as logics of containment, are synchronic logics, but it must be understood according to a temporal logic, a diachronic logic,14 whereby the copula, as transitive, must also be understood as transitus and transitio. If the copula is transitive, then it implies the transitory, i.e., the temporal. The subject is posited as antecedent or precedent and the predicate as consequent or subsequent, hence the former is posited as past and the 12  “Ist es gleich einem Kinde begreiflich zu machen, daß in keinem möglichen Satz, der der angenommenen Erklärung zufolge die Identität des Subjekts mit dem Prädikat aussagt, eine Einerleiheit oder auch nur ein unvermittelter Zusammenhang dieser beiden ausgesagt werde […]” 13  “Die alte tiefsinnige Logik unterschied Subjekt und Prädikat als vorangehendes und folgendes (antecedens et consequens) und drückte damit den reellen Sinn des Identitätsgesetzes aus.” 14  This is why, despite what is often asserted, the proposition ‘All A is B’ from categorical (Aristotelian) logic is not equivalent to the proposition ‘If A, then B’ from sentential (Stoic) logic. It is not just that, as conditional, the latter logic can acknowledge an empty or ‘non-instantiated’ set, which Aristotle did not, but they are more importantly not equivalent propositions because the latter pro­ position is diachronic or temporal, while categorical propositions are synchronic or, so to speak, operative sub specie aeternitatis, another tenet of the Spinozistic more geometrico to be rejected.

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latter as future.15 Additionally, qua transitive, the copula is also generative and so, contra Leibniz (and Spinoza), the present (as well as the past) is not big with its future. In other words, it is decidedly not the case that all truths are analytical. The consequent is the manifestation of something not already pre-contained in the subject, not just something synthetical rather than analytical but also something necessarily self-standing, something independent from, novel and contingent with respect to the antecedent. If, then, it turns out that the consequent is a system of necessity, then it could only ever amount to a contingent necessity.

2. The Posteriority of the Anterior Here, then, is the point where one encounters the crucial moment in Schelling’s reasoning. Assuming the foregoing discussion is truly indicative of Schelling’s position in 1809, he draws the following entailment from it: an antecedent only is an antecedent if it has a consequent; or, an antecedent without a consequent is not only not antecedent, but it is not simpliciter. This principle must have universal application, inclusive of freedom. Freedom only is freedom if it admits of a result or a difference, and freedom that fails to render any consequence simply is naught. Again: to be is to admit of a consequent; not to admit of a consequent is not to be.16 Before applying this logic, the logic of posterior anteriority, it will prove beneficial to linger a bit longer on the nature of this logic, which, if not a logic of containment, might rather be termed a logic of extainment17 insofar as antecedent and consequent are not contained within one another. Rather, antecedent and consequent are posited, nay, generated, from the copulating activity of the third (which is actually the first) that, far from synthe15  One possible interjection is that in reading antecedens and consequens as past and future an equivocation has occurred between the logical and temporal senses of these terms. This is not the case, however, because ‘past’ and ‘future’ are not to be understood chronologically or historically. In other words, it is precisely the temporal and the chronological that are not to be equivocated. Schel­ ling is certainly not claiming that the antecedens precedes the consequens within time or history, but that the antecedens is posited as the Past of chronological ordering itself. Past and future thus do not name possible points within an inner-temporal and inner-historical flow, but they name the very division between the pre- and inner-chronological. They are temporal as the very rupture of temporalization, the very division of the times, hence temporality itself. 16  Formally, this can be expressed via modus tollens. If a thing exists, then it has a consequent. It does not have a consequent; therefore, necessarily, it does not exist. The material implication, however, is not bi-directional. One cannot inversely say that to have a consequent is to be, as this is precisely what one might offer as a definition of the virtual, that which has consequences, yet without any being of its own. The virtual, in other words, is that which has the efficiency of X, yet without being able to affirm X: consequence without antecedence. As Charles Sanders Peirce, who may have coined the term, suggests as a definition, “A virtual X (where X is a common noun) is something, not an X, which has the deficiency (virtus) of an X” (Notes on Metaphysics, 372). 17  In this vein, while speaking of Schelling’s later philosophy of mythology, Edward Allen Beach has distinguished Schelling’s Erzeugungsdialektik (generative dialectic) from Hegel’s Aufhebungs­ dialektik (dialectic of sublation); c.f. Beach (1994), 84.

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sizing both into a higher unity, excludes both, each from the other. It does not contain each, but it ‘extains’ each. It is thus not a synthesizing principle but a differencing principle. Schelling explains this more fully and quite helpfully in the following lengthy passage: We have already demonstrated in the relation of the subject to the predicate the relation of the ground to the consequent, and the law of the ground is for this reason just as original as the law of identity. […] That of which the eternal is, by means of its essence, ground is in just this way something dependent […] Dependence does not determine the essence, but it only says that what is dependent, whatever else it may be, can only be as a consequence of that from which it is dependent; it does not say what it is to be and what it is not to be. Every organic individual is, as something which has come to be, only by means of another and is in this way not at all dependent with respect to its being, but with respect to its coming-into-being. […] To the contrary, if that which is dependent or consequent would not be self-standing, then this would actually be contradictory. It would be a dependency without something dependent, a consequence without something consequent (consequentia absque consequente), and hence not even an actual consequent, i.e., the entire concept would suspend itself. […] If that which is conceived in another would not itself be living, so there would be a conception without that which is conceived, i.e., there would be nothing conceived. (AA I 17, 119 f. | SW VII, 345 f.)18

The relation of the subject and the predicate is a temporally determined relation precisely because it is a serial relation; succession is involved. And, that which has succeeded, the consequent, could not have come into existence without the antecedent, i.e., it is dependent upon it for its ‘coming-into-being’, but the essence, the ‘being’, of said existent is not determined by the antecedent. The antecedent does not determine the essence of the consequent, because it is not a determinant at all but rather only a condition – a condition of possibility as opposed to a determinant of actuality – the conditio sine qua non, that without which a certain essence could not come to exist but not that by which the essence is in fact determined as the essence that it is. Were it not the case that the essence of the consequent is undetermined by its antecedent, then, in a word-play that actually functions better in English or Latin than in German – which, of course, did not prevent Schelling from making it in the passage just quoted – no conception would have occurred. Conception is a giving birth to a consequent that can not only exist apart from the antecedent – and this ‘apart from’ is how the ab 18  “Schon im Verhältniß des Subjekts zum Prädikat haben wir das des Grundes zur Folge aufgezeigt, und das Gesetz des Grundes ist darum ein eben so ursprüngliches, wie das der Identität. […] Das, wovon es [das Ewige] durch sein Wesen Grund ist, ist insofern ein Abhängiges […] Sie [Abhängigkeit] bestimmt nicht das Wesen, und sagt nur, daß das Abhängige, was es auch immer seyn möge, nur als Folge von dem seyn könne, von dem es abhängig ist; sie sagt nicht, was es sey, und was es nicht sey. Jedes organische Individuum ist als ein Gewordenes nur durch ein Anderes und insofern abhängig dem Werden, aber keineswegs dem Seyn nach. […] Im Gegentheil, wäre das Abhängige oder Folgende nicht selbstständig, so wäre dieß vielmehr widersprechend. Es wäre eine Abhängigkeit ohne Abhängiges, eine Folge ohne Folgendes (Consequentia absque Consequente) und daher auch keine wirkliche Folge, d. h. der ganze Begriff höbe sich selber auf. […] Wäre das in einem Andern Begriffne nicht selbst lebendig, so wäre eine Begriffenheit ohne Begriffnes, d. h. es wäre nichts begriffen.”

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might alternatively be understood in ab-hängig – but with an essence entirely distinct from and other than that of the antecedent. To venture a risky and speculative metaphysical proposition, then, to break from the logic of containment and a logic of sublation, to reject the analytical in favor of the truly synthetical, is also to break from a metaphysics of participation. The consequent is not only separate from or non-participatory in the antecedent, i.e., self-standing, but it also does not necessarily resemble the antecedent. In other words, there is a sense at least in which like does not lead to like – notwithstanding Schelling’s assertions elsewhere at this time that “like calls forth like”19 and in the Freiheitsschrift itself that “like is known by like”.20 Consequents are never necessarily a simulacrum of their antecedent but, in this sense, always potentially unlike it. The transitive nature of the copula ensures that consequents can always be heterogeneous in relation to their antecedent; they are not the same as that of which they are affirmed. The sick results from the not-sick, the hot from the not-hot and necessity from not-necessity. In turn, the antecedent, freedom, results in what is not-freedom. Things emerge from what they are not, hence from their contradictory. Far from contradiction, e.g., the contradiction (which is actually contrariety) between freedom and necessity, obviating a possible system of freedom, far from this opposition precluding a qualified compatibilist position, it is rather the case that freedom, at least in order to be freedom in actu, must result in a consequent that it is not or, more precisely stated, that is not it; freedom can admit of its negation, i.e., freedom is compatible with its contradiction. The proposition ‘freedom is necessity’ only implicates a logical impossibility if one insists that freedom and necessity must be said as the same time, i.e., if one intends the proposition synchronically rather than diachronically. As philosophy should have already learned well from Hume, all real relation is synthetical because the bonds of participation and analyticity have been broken. Consequents are not determined by an antecedent in which they would still presently participate, but consequents are consequents because they are independent, i.e., separate or self-standing, from that whence they have emerged. All relation, including causal relation, is synthetical because to be is to effectuate in a consequent independent from oneself  21 and, inversely, not to admit of an effect independent of oneself, i.e., to exist without consequence, is not to be. In an astounding inversion, then, one now sees that the antecedent, the prior, the prius, is, in turn, dependent upon the consequent, the posterior, the posterius, for its being, i.e., for its identity, 19 “daß nämlich Gleiches Gleiches hervorruft” (Vorläufige Bezeichnung, AA I 15, 192; 196 | SW VII, 277; 281). 20  “daß Gleiches von Gleichem erkannt werde” (AA I 17, 112 | SW VII, 337). 21  Consequently, one cannot here ask why this consequent has emerged rather than some other, as the point is precisely that the relation between antecedent and consequent is one of indetermination or, at a bare minimum, underdetermination. The short answer to such a question, then, would be as follows: Because contingency runs all the way down! Contingency is not a breach found in an otherwise necessary system (crude compatibilism), but necessity is rather a kind of supervenience emergent from sheer contingency.

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specificity, nature or essence. Something is not merely only known per posterius rather than a priori or a posteriori, but something only even is at all by means of its consequents. The thesis, in other words, is not merely epistemological but also and primarily ontological in nature, not merely a logic, but an onto-logic. One might object that it is only the identity of the antecedent and not its being simpliciter that is retroactively determined, but this fails to realize that a condition of existence is to be self-identical and not even to be a self-same is simply not to exist. Things thus only exist post (f)actum. As Schelling concisely elucidates this logic, “In the circle from out of which everything comes-to-be, it is no contradiction that that whereby the One is generated is in turn itself generated by it”.22 Here Schelling comes as close as he ever does to naming the logic, the onto-logic, of the posteriority of the anterior. The anterior only has being (and not just the power to be known) in the posterior, in or, rather, as its consequent. To exist without consequence is not to exist; per modus tollens, then, not to exist is to be of no consequence, to make no difference. The logic of the posteriority of the anterior – a phrase that actually stems from Emmanuel Levinas23 even if its use has assuredly been altered in this essay – does not first admit the existence of an antecedent and then ask how it results in a consequent. It also does not first admit the existence of both the antecedent and the consequent and then ask how they come into relation or inquire about the nature of their synthesis. Instead, relata do not precede their relation. Only the act of relating, the transitivity of copulation, is absolutely prior. Both the antecedent and the consequent are relative or cor-relative. Their relationship is necessary, given that they exist in a relation of dependence, despite the indetermination of the essence of the consequent by the antecedent, but this necessity, their necessary cor-relation or sy-stasis, emerges from that which is not necessary but absolutely free. Necessity and system emerge from freedom, as freedom is necessity, in a transitive sense, which entails the logic of the posteriority of the anterior. Without consequent necessity, without the system and its necessary entailments that emerges from freedom, freedom simply is naught.

3. Reason from Unreason; Necessity from Freedom Concerning the system of reason and its ground, Schelling writes, If the doctrine that all things are conceived in God is the basis of the entire system, so must this doctrine at least be enlivened first and wrested from abstraction before it can become the principle of a system of reason. (AA I 17, 122 | SW VII, 349)24 22  “In dem Zirkel, daraus alles wird, ist es kein Widerspruch, daß das, wodurch das Eine erzeugt wird, selbst wieder von ihm gezeugt werde.” (AA I 17, 130 | SW VII, 358) 23  See Levinas (1969), 54. 24  “Wenn die Lehre vom Begriffenseyn aller Dinge in Gott der Grund des ganzen Systems ist: so muß sie zum wenigsten erst belebt und der Abstraktion entrissen werden, ehe sie zum Prinzip eines Vernunftsystems werden kann.”

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This quote reiterates the well-known position that Schelling thinks the problem with Spinoza’s system, his one-sided realism,25 is not that it is a system of immanence, i.e., the problem is not that all things are conceived within God, but that things are found in and emerge from God lifelessly as mere abstractions. It is the last clause in the passage, however, that is particularly interesting, which states that if things, God included, are enlivened rather than conceived as mere abstractions, then this doctrine can become the ‘principle of a system of reason’. Of interest here is that the principle of the system of reason cannot itself already be a part contained within this system, not even as its first momentum. To the contrary, the system of reason can only emerge without prior impetus or without any momentum26 from unreason (Ungrund); or, again, things do not emerge from their identical but from their negation, from their contradictory: reason from unreason, thinkability from unprethinkability (a term, Unvordenklichkeit, Schelling does not yet employ in 1809, but whose concept seems ubiquitous all the same), order from lack of order, sense from nonsense, lawfulness from unruliness etc. What is older than the origin? …older than the former half of each of these binaries? …older than ground (Grund)? Whatever the name of this an-archical something might be – if it even submits to nomination – Schelling answers that there must be a being before every ground/reason and before everything which exists, thus before all duality as such. How can we name it, except as primal ground or rather unground? (AA I 17, 170 | SW VII, 406)27

Ungrund precedes the difference between ground and existence in God, thus preceding both God himself and the reason for God’s existence, which, of course, according to the ontological argument or, more simply, the entire onto-theological tradition, are inseparable insofar as the reason for God’s existence is contained within God and, inversely, God’s existence is entailed by reason. That logic is bi-directional rather than uni-directional and so turns out to be not just circular but viciously circular. For Schelling, however, Ungrund is, in short, antecedent to a space of reasons, thinkability and systematicity as such. When Schelling writes that “likewise, God is, in turn, the prius of the ground in as much as the ground as such could not be if God did not actu exist”,28 he is affirming that everything, God included or even God primarily, only has its being in its consequence. The ground/reason of God’s existence only exists if God actually exists, but it must always be kept in mind that this is not to be understood as an equivalence or coincidence of the two – as in onto-theology – but 25  In turn, the problem with Fichte’s one-sided idealism is that while Fichte sees that subjectivity is everything he does not realize that everything is also subjectivity. It is not just that the Ideal is Real, but the Real is Ideal. 26  The term momentum should here be understood in both its kinetic and logical sense. 27  “[…] es muß vor allem Grund und vor allem Existirenden, also überhaupt vor aller Dualität, ein Wesen seyn; wie können wir es anders nennen als den Urgrund oder vielmehr Ungrund?” 28  “[…] eben so ist Gott wieder das Prius des Grundes, indem der Grund, auch als solcher, nicht seyn könnte, wenn Gott nicht actu existirte.” (AA I 17, 130 | SW VII, 358)

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instead as the difference between the two. Ground and existence are thus necessarily related, but there is an absolute prius that is antecedent to this difference as such: Ungrund. Ungrund thus names indifference (Indifferenz), that an-archical space in which there is no reason for one possibility over another, that space in which all possibilities remain undecided and counterbalanced because that which would give predominance to one over another could only be a reason for one possibility over another, but reason is not operative here. Ungrund is absolutely antecedent to reason or Grund, and where reason is inoperative indifference reigns, as a reason is precisely what grants one difference prevalence over another difference. The question, then, is how this indifference or undecidability between possibilities has been broken. How can the scales be tipped in a state of absolute counterbalance? Only the deed, only free decisiveness, can break the absolute equipoise of all possibilities, their reasonless indifference, a deed which lies in advance of being because there is not yet a reason for being, a raison d’être. Schelling remarks of the original deed, which is only post factum to be named the ‘agent’s’ deed, for example, ‘God’s’ free deed,29 that what he chooses, it will be his deed, but he cannot remain indecisive, […] because in creation nothing at all can remain ambivalent/equivocal. It seems, however, that he is also unable to extricate himself from his indecisiveness precisely because this is what indecisiveness is. (AA I 17, 143 | SW VII, 374)30

Everything must be decided, a principle Schelling, in other texts, terms das Weltgesetz 31 (the Law of the World), yet nothing can be decided precisely because indifference is undecidable. If it were not, then it would be the decidable rather than the undecidable. The impasse stated at the beginning of this essay therefore recurs: if freedom is determined from out of foregoing (rather than only from consequent and thus 29  The following citation is actually discussing the deed of the human being rather than God’s, but what applies to the human being applies to God and vice versa. This is the case because Schelling – and here he is quite Spinozistic – espouses the univocity of being. The difference between God and the human being, human beings and animals, animals and amoebas, etc. is not one of kind but of degree. If Wollen ist Ursein (Willing is primal being), then all is a modification of will. Nothing is different in kind from will. Univocity, then, understood in this way, does not preclude the hetero­ geneity of a consequent with respect to its antecedent. 30  “[…] was er auch wähle, es wird seine That seyn: aber er kann nicht in der Unentschiedenheit bleiben, […] weil in der Schöpfung überhaupt nichts Zweydeutiges bleiben kann. Dennoch scheint es, er könne auch nicht aus seiner Unentschiedenheit heraustreten, eben weil sie dieß ist.” 31  “Diese Zweideutigkeit darf, so zu sagen, nicht bleiben, sie muß entschieden werden. Sie darf nicht bleiben, sage ich, und spreche damit gleichsam ein Gesetz aus, das verbietet, daß etwas in der Unentschiedenheit verharre, ein Gesetz, das fordert, daß nichts verborgen bleibe, alles offenbar werde, alles klar, bestimmt und entschieden sey, damit jeder Feind überwunden […] werde. In der That eben dieß ist das alleinige, das höchste über allem schwebende Weltgesetz. [This ambivalence may, so to speak, not remain; it must be decided. It may not remain, I say, and thereby pronounce, as it were, a law, which forbids that something endure in indecisiveness, a law that demands that nothing remain concealed, that everything become manifest, that everything be clear, determined and decided, so that every foe is overcome […]. In fact, just this is that sole Law of the World, that supreme law that holds sway over everything.]” (PM, SW XII, 142)

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belatedly accrued) reasons, then deeds could not have been otherwise and so are seemingly not free at all; yet, were freedom determined by no reasons at all, were reason entirely absent, i.e., not even consequently emergent, then freedom would be arbitrary and tyrannical, and so also seemingly not free at all. The relation between freedom and necessity has become a problem of the relation between freedom and reason, i.e., the system of reason, between freedom and the principle of sufficient reason, a term coined by Leibniz. This is not terribly surprising, however, for as Karl Jaspers remarked already in 1955, “While with Leibniz the thing is quickly processed with logical operation and occurs incidentally only once, through Schelling the question” – why there is something at all, even reason, rather than nothing – “has first become an actual question”.32 Schelling’s solution to this riddle, namely that freedom seems to be equally impossible on account of the presence of sufficient reason and on account of its absence, is twofold. First, reasons are not, in fact, absent, at least not entirely, for the free deed, but they do not pre-determine the deed because they do not exist antecedently to the deed but only as its consequent. Second, free deeds are necessary or determined, but, again, this necessity itself is freedom’s consequent and not a pre-condition. Reason and necessity are consequents of freedom, which determine it post factum, i.e., according to the logic of the posteriority of the anterior. The anterior, freedom, only is what it is, namely, necessary, after the fact or in and through its consequent (per posterius). Only by this means can arbitrariness and pre-determinism be avoided. Free acts are not arbitrary because reasons do indeed accrue, albeit only belatedly, and free acts are not pre-determined because necessity is consequent and not antecedent. Schelling comments in this respect that that higher necessity, which is equally removed from chance as from compulsion or external determination, is rather an inner necessity that springs from the being of one who herself is acting. (AA I 17, 151 | SW VII, 383)33

That higher necessity, which is distinct from both the chance and determinacy of external coercion, is an inner necessity, which can be understood to mean that it is not a modal necessity. Modal necessity signifies one possible manner of being (modus essendi) or manner of operating (modus operandi) of a pre-given actualitas, of a pre-given entity. Schelling cannot possibly be speaking of this since the antecedent is not pre-given, but only is per posterius or by means of its consequent. Inner necessity thus names pre-modal necessity, which means that external necessity or modal necessity can only mean as much as consequent necessity. Modal necessity can only name the way of being of a certain substance already assumed in advance, but there 32  “Während bei Leibniz die Sache mit der logischen Operation schnell erledigt ist und beiläufig einmal vorkommt, ist die Frage durch Schelling erst zur wirklichen Frage geworden.” (Jaspers [1955], 124) 33  “[…] jene höhere Nothwendigkeit, die gleichweit entfernt ist von Zufall, als Zwang oder äußerem Bestimmtwerden, die vielmehr eine innere, aus dem Wesen des Handelnden selbst quellende, Nothwendigkeit ist.”

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is no foregoing substance here. Necessity cannot here, therefore, be a modus, a way of being, of something. It is pre-modal because pre-ontic, pre-substantial. In asking the Leibnizian question – except more rigorously and profoundly than Leibniz himself – as to why there is something rather than nothing, Schelling is attempting to begin his account before, out in front of or in advance of being. Being cannot be presupposed because that is precisely what is in question. Why is there being at all? Beings and their modes of being must be bracketed, hence why any modal use of categories can only be a misuse. Inner necessity or inner rather than external determination is not exactly equivalent to the notion of freedom as self-determination in Spinoza. Admittedly, freedom is here self-determined rather than other-determined, but for Spinoza this is because things are determined by a pre-given essence, i.e., a pre-given substance. In Schelling, however, the necessity of a thing’s essence is not pre-given but is, in fact, the very consequence of freedom. This higher necessity is not simply an inner necessity, but it is, more to the point, a consequent rather than antecedent necessity. The necessity of a thing’s nature does not determine its free deeds, but the necessity of a thing’s nature or essence is a consequence accrued through the free deed. Freedom is necessity. This means that freedom is the antecedent conditio sine qua non without which a system of necessity could never have emerged and, inversely, that necessity is a consequent that retroactively determines the nature of the free deed by supplementing it with its identity after the fact. Necessity is the supplemented identity of the free deed, that which makes it that deed rather than another. It is not its Beweis, proof of existence, but its Erweis, proof of identity. Consequently, one can at least say in perfect alignment with Spinoza that a thing cannot act against its nature; a house divided against itself cannot stand. All the same, one must always remember that this nature or identity is the determined (determinatum) rather than the determining (determinans). Freedom is necessity or, as Schelling elaborates, But precisely that inner necessity is itself freedom; the essence of the human being is essentially her own deed. Necessity and freedom stand in one another as One Essence that, only considered from different sides, appears as the one or the other; in itself freedom, it is necessity when considered formally. (AA I 17, 152 | SW VII, 385)34

Although Schelling here unfortunately gives the impression that the relation between freedom and necessity is reciprocal, and thus controvertible, it is rather the case that necessity is never the antecedent and always only consequent. Freedom is necessity means that freedom is the antecedent and necessity the consequent; the copula relates antecedent and consequent as temporally (albeit not chrono­ logically) determined, the antecedent as past and the consequent as future. As is the 34  “Aber eben jene innere Nothwendigkeit ist selber die Freyheit; das Wesen des Menschen ist wesentlich seine eigne That; Nothwendigkeit und Freyheit stehen in einander, als Ein Wesen, das nur von verschiedenen Seiten betrachtet als das eine oder andre erscheint; an sich Freyheit, formell Noth­wendigkeit ist.”

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operative word here, as the antecedent and consequent may come into being simultaneously, i.e., at the same moment, namely, co-eternally, but this does not preclude that the antecedent (eternally) comes into being as prior condition/prius and the consequent (eternally) comes into being as posterior condition/posterius, namely, as the being of the antecedent, as that without which the antecedent would be naught. Not to have a consequent is not to be, which means that an antecedent only has its being in the consequent. This is the logic of posterior anteriority. Schelling explains the essential temporality of the free deed as follows: But this decision cannot fall into time; it falls outside of time and hence together with the first creation (albeit as a deed distinct from the creation). (AA I 17, 153 | SW VII, 385)35

Freedom is necessity proposes that there is a real transitus from eternity to time and from freedom to necessity; reason, necessity, and system follow as consequents of freedom. This transitus is a real transitio and neither mere logical inference, as it would be if the predicate-term (e.g., attributes and modes) were analytically contained within the subject-term (e.g., infinite substance) as it is in Spinoza, nor mere explication, as it would be if transition were merely a movement a potentia ad actum as it is in Aristotle (and probably also Hegel). Instead, the essence consequent upon antecedent freedom is an unforeseeable novelty, something original that was not even possible prior to its actuality,36 hence something quite different from the actualization of a pre-given potentiality or a foreseeable entailment from a pre-given condition. Neither the entailment nor its condition are given in advance of the copulating event, freedom, which renders both terms as well as the nature of their relation/difference consequent with respect to itself as absolute prius. Freedom, as absolute prius, is not necessarily bound to a specific consequent that would relativize it, but it is all the same also not arbitrary because it does admit of a consequent and, hence, of a relation – even if it need not necessarily have done so, i.e., even if there could have been nothing instead of something – which retroactively renders the free deed nonarbitrary and non-contingent, i.e., necessary. If the original free deed were not an absolute prius, but only a relative one, then it would be co-terminous and synchronic with its consequents. This, however, is precisely what Schelling denies. He instead contends, That free deed, which becomes necessity, cannot occur in consciousness, insofar as the latter is merely self-grasping and only ideal, since this deed precedes the consciousness, as well as the essence, it first makes […] (AA I 17, 153 | SW VII, 386)37 35  “Aber diese Entscheidung kann nicht in die Zeit fallen; sie fällt außer aller Zeit und daher mit der ersten Schöpfung, (wenn gleich als eine von ihr verschiedne That), zusammen.” 36  Schelling conceives of originality as that wherein actuality precedes possibility. He writes, “Original is that of which one first admits the possibility if she sees the actuality before her very eyes. [Original ist, wovon man die Möglichkeit erst zugibt, wenn man die Wirklichkeit vor Augen sieht.]” (PO, SW XIV, 342) 37  “In dem Bewußtseyn, sofern es bloßes Selbsterfassen und nur idealisch ist, kann jene freye

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Schelling here explicitly affirms that the free deed becomes necessity, that it results in necessity, that necessity is its consequent and this is what is meant by the identity statement: freedom is necessity. One might even be tempted to say that freedom comes into being as necessity. At any rate, Schelling also here affirms that this free deed can never be recuperated by consciousness, by a thinking and reasoning that would have mastery over it, because thinking and reason (and thus too autonomy) are the very consequences of the deed and not its pre-conditions. This deed is not just forgotten, i.e., unconscious, as a matter of fact, but it is the essentially immemorial,38 something only knowable, because only existent, in and by means of its consequents, its posterius. The onto-logic of Schelling’s Freiheitsschrift is one of posterior anteriority, an onto-logic operative not just with respect to human freedom but even, if not primarily, to divine freedom. Not even God can render his own Real basis into something dissolvable into reason and the full transparency of thought, i.e., into the merely Ideal.

4. A Defense Against Possible Objections The first objection to be addressed is modal in nature. If deeds follow from an inner necessity, then how can the consequents of the deed not follow with the same necessity? The response to this objection, if successful, will also function as a response to Heidegger when, in the Beiträge, he charges philosophy “to work out Schelling’s question of freedom but to ground the question of the ‘modalities’ differently”.39 This essay has demonstrated that this is what Schelling has already done. While the actions of a person originally have their condition only in this inner necessity, this does not necessitate that the action’s consequents were or even could be derived from it. In other words, inner necessity is originally only an indispensable condition of possibility, which is only retroactively rendered a determinant of actuality, i.e., only retroactively is freedom rendered determinate and actual. That the possible becomes actual does not follow with necessity from any condition. Actuality instead supplements conditions by retroactively determining them, constituting their essence or nature, their identity and specificity, post factum. Schelling’s argument, contra Heidegger, is thus not modal at all, as the ‘necessity’ of the free deed is pre-modal. There is no pre-given will or being to which consequents would relate as modalities, as its modus operandi. Per Schelling, things emerge from that which is absolutely antecedent to either of its terms or relata, from a ‘higher indifference [höhere Indifferenz]’, which is not a coincidence of pre-given differences. That, die zur Nothwendigkeit wird, freylich nicht vorkommen, da sie ihm, wie dem Wesen, vorangeht, es erst macht […]” 38  See McGrath (2012). 39  Contributions, 138.

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A second possible objection may take issue with the conception of time and temporal determination this essay espouses. If the free deed can be eternal and does not fall within time, then what sense does it make to call it temporal? It is certainly not the initial link in a series, something like the first moment in time. Rather, freedom is what first constitutes succession or seriality as such. It is thus localizable only in the series of times, namely as the Past or ‘before’ of time and history itself, but only by means of these, time and history, as its consequence. Without consequence, there is no sequentiality, no time; there is only time or sequentiality with a con-sequent. To be con-sequential is to be ‘with a series’ or ‘with time’. Freedom does not presuppose temporal succession, but, inversely, succession, seriality or sequentiality, in short, time, is the consequence of the free deed. In response, then, to a related objection that actions that occur outside of time are irrelevant for temporal events, note the following syllogism: to be is to be consequential; to be con-sequential is to be sequential; to be sequential is to be temporal;40 therefore, necessarily, all consequences are temporal. This is a short argument for why, not an explanation how, the consequences of eternal events fall within time. (This problem might be the problem of Christian theology insofar as it must come to terms with the temporal incarnation of the eternal, which is but an exacerbation of a problem shared by Jewish and Islamic theology concerning how an eternal God could act in time.) Indifference is first rendered different or severed – the possibility of simultaneity or synchrony and diachrony both – through the free deed and not the reverse. Time is itself a consequent and not an antecedent. Given the inversion of customary accounts – e.g., that there is not an entity who is free but freedom which first acquires its identity as an entity, and that there is not time and actions that fall within time but freedom and then the separation of times – one might object that this essay conflates the explanans with the explanandum. This essay, however, has enacted this inversion precisely on account of the conviction that it is rather the traditional accounts of freedom and time that commit this fallacy. Freedom is not yet conscious but pre-reflexive – hence why one cannot remember being born, as conceptuality and (self-)reflection are always consequent and never anterior to the deed – but pre-reflexivity, qua unconscious, does not exclude individuality. Such an objection would rest on a premise as faulty as the Cartesian premise that all perceptions must be conscious. Just because consciousness is not perfectly translucent and can never retrieve its own origin, just because much happens in the life of an individual, including many decisions, that eludes reflection and so did not ensue from rational choice theory, the conscious weighing of options, this does not necessarily vitiate individual freedom. Such is the assumption Schelling’s position avoids, namely that freedom is synonymous with the conscious selection of pre-given 40  Note again that far from equivocating the logical and the temporal this actually avoids an equivocation between the temporal and the chronological or historical. It does affirm, however, that no logic can be purely atemporal. Even set theory or Aristotle’s categorical logic already presupposes the temporal quality made explicit in the material implication of sentential, Stoic logic.

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choices. Consciousness does not serve as an explanation for the fact of freedom, but unconscious freedom explains conscious identity. Consciousness is the explanandum, not the explanans. No being with the power of freedom is first assumed, but vice versa. Heidegger was thus correct when he remarked, to paraphrase, that freedom is not a consequence of the human being, but human being a consequence of freedom. In Heidegger’s own words, “Freedom is, here, not the property of man, but the other way around: Man is at best the property of freedom”.41 If freedom were the property of the human being, it would be one of her potentialities, but freedom cannot consist in a transition a potentia ad actum, lest one first posit determinate potentialities that may or may not be actualized at a later time. This, however, is how a copy relates to a model, but freedom first institutes the original, the origin. The onto-logic of posterior anteriority that Schelling presents is not only consistent and in accord with actual experience, but, in comparison with more traditional accounts of freedom, it is also the most sufficient explanation. Personal conversion, for instance, is a phenomenon that Schelling’s account is able to handle more deftly than other accounts. The conversion from Saul to Paul, for example, does not amend an original decision with a second decision because neither decision is made by a pre-given person, but each is a decision for a certain person. Personal identity is consequent, not antecedent. Saul and Paul do not constitute a duality within the selfsame, but they are two. There is not one person and two competing decisions, but two decisions and so two persons. Continuity cannot be reassembled, but a new series, a different series, begins. Far from the supposition of an extra-temporal, but time-producing and retroactively determined, deed being superfluous, when understood according to the onto-logic of posterior anteriority, it is the only account needed sufficiently to explain freedom. Other explanations would be rendered superfluous so that this would not only be the most sufficient account but also the most elegant.

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Levinas, E., Totality and Infinity. An Essay on Exteriority, transl. by A. Lingis, Pittsburgh 1969. Porete, M., The Mirror of Simple Souls, transl. by E. Babinsky, Mahwah 1993. [= The Mirror of Simple Souls] Schelling, F. W. J., Philosophical Investigations into the Essence of Human Freedom, transl. and ed. by J. Love/J. Schmidt, Albany 2006. Beach, E. A. (1994), Potencies of God(s), Albany. Jaspers, K. (1955), Schelling. Größe und Verhängnis, München. McGrath, S. J. (2012), The Dark Ground of Spirit. Schelling and the Unconscious, London/New York. Tritten, T. (2018), “Peritrope in Damascius as an Apparatus of Speculative Ontology”, in: Finamore, J. F./Layne, D. A. (eds.), Platonic Pathways. Selected Papers from the Fourteenth Annual Conference of the International Society for Neoplatonic Studies, London, 185–199.

The Schlegelian Context to Schelling’s Account of Freedom Daniel Whistler In the inaugural volume of the Heidelbergische Jahrbücher der Literatur of 1808, Friedrich Schlegel makes use of an extensive review of Fichte’s Neueste Schriften as a pretext to renew his decade-long feud with F. W. J. Schelling: The latter’s philosophy here comes under attack as an ‘eminent’ representative of what Schlegel perceives to be the many failed pantheisms then plaguing Germany.1 After some general comments on the present era of German philosophy as a “Einseitigkeit fliehende[s] Zeitalter” in comparison to the “so strenge Einfachheit der Denkart und des Systems, wie in dem Pantheismus des Spinoza”, Schlegel concentrates on Schelling as exemplary of what is now wrong with contemporary philosophy: Schelling fails to mimic Spinoza, because he can only combine the “metaphysischen Grundsätze” of Spinozist pantheism with “Ideen der ältesten orientalischen Philosophie”, despite the “große Verschiedenheit und wesentliche Unvereinbarkeit der beiden Systeme”. In fact, accord­ ing to Schlegel, in so doing, Schelling does not even appreciate‚ “die mannigfaltigen Übergänge und Mittelstufen” that actually occurred “im Fortgange der asiatischen Philosophie”. Thus, Schelling’s philosophy is a syncretism of heterogeneous and badly understood pantheistic elements: It might aspire to the purity of Spinozist pantheism but ends up incoherently cobbling together incompatible Eastern sources. And so Schlegel concludes, “So viel ist aber wenigstens einleuchtend, daß keiner der genannten Philosophen ein eigentlicher Spinozist im strengsten Sinne sei, oder heißen könne”.2 Schelling is, to Schlegel’s mind, just one more failed pantheist among many at the turn of the nineteenth century. On encountering the above critique,3 Schelling’s irritation was palpable: Schlegel’s work of the period is “oberflächlich u[nd] falsch”, he complains to Schubert,4 and like­wise to Windischmann he avers, “Ich bin aber überzeugt, daß so dürftig und armselig seine [Schlegel’s] Philosophie erscheint, ebenso gering und dürftig auch seine historischen Kenntnisse des orientalischen Altherthums seien”.5 What is more, Schelling was not going to let such criticism stand undefended in public, so – gath­ 1 

I am grateful to G. Anthony Bruno, Thomas Buchheim, Thimo Heisenberg, Dalia Nassar, Lara Ostaric and, particularly, Charlotte Alderwick, Phoebe Page and Ryan Scheerlinck for their comments on earlier versions of this chapter. 2  KFSA 8, 71. 3  Schelling explicitly cites it in the Freiheitsschrift itself (AA I 17, 121 f. Fn. | SW VII, 348 f. Fn.). 4  Schelling to G. H. Schubert on 27.5.1809, BuD III, 609. 5  Schelling to K. J. H. Windischmann on 17.6.1809, BuD III, 617.

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ering together Schlegel’s pantheism-critiques of 1808 (not just the Fichte review from which the above is excerpted, but also a review of Adam Müller’s Vorlesungen über die Deutsche Wissenschaft und Literatur and, most significantly, Schlegel’s 1808 book, Über die Sprache und Weisheit der Indier) – Schelling began to respond by resituating his own philosophical project in terms of this Schlegelian conceptual framework of Spinozist and Asiatic pantheisms. The result, drafted a few months later, was the Freiheitsschrift. In this essay, I argue that the above Schlegelian context to the Freiheitsschrift should not be treated as a mere curio in the history of ideas, incidental to the work’s properly philosophical argument, but, instead, needs to be fully taken into account in reconstructions of Schelling’s concept of human freedom. I contend, first, that the Schlegelian version of the pantheism critique is distinct, in emphasis at least, from Jacobi’s earlier presentation of it in the 1785 Spinozabriefe, particularly in the former’s foregrounding of the question of the philosopher’s freedom. For Schlegel, what is at stake in the condemnation of pantheism is not so much the pantheist’s difficulty in incorporating a general account of freedom into the pantheistic system, but rather the difficulty of philosophising freely while constructing such a system: With Schlegel, the pantheism controversy becomes primarily a meta-philosophical issue. And, secondly, I insist that this matters, because it has significant implications for interpreting Schelling’s own concept of freedom in the Freiheitsschrift: Some of the time that he is talking about freedom in this text, he is not merely referring to a universal anthropological feature (human freedom as such), but freedom to construct systems (the philosopher’s freedom, in particular). Through charting Schelling’s response to Schlegel, I want to exhibit some of the different discourses on freedom at play in the Freiheits­ schrift. It does not merely provide a ‘philosophy of human freedom’, but also describes the conditions of possibility for free philosophical constructions.

1. Schlegel and/or Jacobi? While Schlegel’s role in triggering the Freiheitsschrift is well established when it comes to descriptions of the work’s intellectual context 6 it remains surprising just how little recent scholarship takes it seriously when it comes to making sense of the conceptual content the Freiheitsschrift contains. Instead, what Schelling has to say about pantheism, freedom, and systematicity is far more often understood as a direct response to Jacobi’s Spinozabriefe. Vaught’s “Pantheism and Atheism in Schelling’s Freiheitsschrift” provides a typical example in the Anglophone literature. It begins, “Schelling’s Philosophical Investigations into the Essence of Human Freedom consti6  Thus, in addition to Buchheim (2017) and Vaught (2010) (discussed below), Schlegel’s role in triggering the writing of the Freiheitsschrift is mentioned by (to take two prominent recent examples) Hennigfeld (2001), 38, and Egloff (2016), 94 f.; for a brief account from a Schlegelian perspective, see Behler (1994), 174–177. This list could of course be expanded.

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tutes his response to F. H. Jacobi’s critique of philosophy during the Pantheismus­ streit”.7 Hence, Schelling’s attempt to overturn the platitude that system and freedom are mutually contradictory concepts [is] as such responding to Jacobi, [so as] to show that human freedom is not merely a moment of the ‘system’. (Vaught [2010], 71; my italics)8

In opposition to such readings, I submit that there are crucial differences – in emphasis, at least – between Jacobi’s and Schlegel’s versions of this kind of pantheism critique, and that some of the time Schelling is responding to Schlegel’s specific version. Both Jacobi and Schlegel consider pantheism to be the system of pure reason; both insist that the deficiencies and vices ascribed to pantheism are thus indictments of any philosophy that relies on pure reason alone; both focus in particular on the difficulty of reconciling freedom and pantheistic rationality. However, I maintain that there are a number of features identifiable in Schlegel’s critique that are far less prominent in Jacobi’s. This is not at all to deny that Jacobi’s spectre looms large over the Freiheitsschrift; it evidently does. Rather, I merely want to stress that, while Jacobi might indeed be an implicit point of reference (and it should be remembered that at no point is he named in the text), Schlegel is a far more explicit (and therefore, more prominent) dialogue partner: He is, in fact, one of the most frequently cited authors in the Freiheitsschrift.9 What is more, Schlegel is cited at absolutely key junctures in the argument: for example, it is a citation of Schlegel’s description of pantheism as the system of reason taken from the review of Fichte’s Neueste Schriften in the Heidelbergische Jahrbücher – rather than anything that Jacobi wrote – that initiates Schelling’s argument;10 it is a reference to Schlegel that explicitly motivates the shift from a “bloß formelle[s]”,11 idealist concept of freedom to freedom as a capacity for good or evil; and it is to Schlegel’s condemnation of contemporary pantheist philosophies that Schelling explicitly returns at the end of the text.12 My point is that to read the Freiheitsschrift as engaging simply with a Jacobian version of the Pantheismusstreit is to misrepresent what is going on; it is to limit the polyphony of the text.

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Vaught (2010), 64; my italics. For Vaught, Schlegel for the most part repeats Jacobi’s arguments, “but adds something new” when it comes to pantheism’s inability to account for evil (71); I return to this last point at length below. 9  Schelling mentions Schlegel explicitly on five occasions (and, as I go on to argue, implicitly engages with his critique in numerous other passages): AA I 17, 113 Fn.; 121 f. Fn.; 125 Fn.; 159 Fn.; 173 Fn. | SW VII, 338 Fn.; 348 f. Fn.; 352 f. Fn.; 393 Fn.; 409 f. Fn. The refusal on the part of some Schelling scholars to acknowledge what is written down in Schelling’s texts themselves (i.e., neglecting the actual textual citation testifying to Schlegel’s influence) is one symptom of a more widespread tendency on which I have commented elsewhere (Whistler [2015]). 10  AA I 17, 113 | SW VII, 338. 11  AA I 17, 125 | SW VII, 352. 12  AA I 17, 173 f. | SW VII, 409 f. 8 

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The most influential contemporary argument against taking Schlegel seriously as a reference point in reconstructing the conceptual content of the Freiheitsschrift has been made by Thomas Buchheim. The properly philosophical argument therein, he contends, is to be interpreted as a response to Jacobi alone: Schelling hat […] nicht umsonst in seiner Freiheitsschrift den Namen Jacobis, als des eigentlichen Urhebers aller Anwürfe gegen den Pantheismus und jeglichen Vernunftbegriff von Gottes Wesen und Erschaffen, verschont, ja gänzlich verschwiegen und vielmehr den sehr viel schwächeren, neuerlichen Vertreter ähnlicher Ansichten, nämlich Friedrich Schlegel und dessen 1808 erschienenes Buch ‘Über die Sprache und Weisheit der Indier’ in den Vordergrund seiner Auseinandersetzung geschoben, denn schließlich wollte er Jacobis Anerkennung gewinnen. (Buchheim [2011a], xxi)

Buchheim’s allusion to winning ‘Jacobis Anerkennung’ makes explicit the politics at the basis of such arguments for marginalising Schlegel as a philosophically significant dialogue partner. Jacobi had been President of the Bayerische Akademie der Wissenschaften in Munich since 1804 and was working closely with Schelling, who had himself been appointed a member of the Akademie in 1806, to restore its reputation. In consequence, to tie his attack on the very foundations of the Pantheismusstreit to Jacobi’s name would have presumably been both naïve and reckless on Schelling’s part.13 Hence, the implicit argument goes, Friedrich Schlegel provided a ready-tohand proxy that permitted Schelling to attack the conceptual framework of Jacobi’s Spinozabriefe without any compromising allusions. Indeed, such a strategy of employing Schlegel’s name as a cipher for Jacobi’s became particularly easy in the wake of Schlegel’s 1808 public attack on Schellingian philosophy in the Fichte review. It is this kind of reasoning that leads Buchheim to remark that, while Schlegel may have renewed “die Positionen Jacobis in Gestalt einer historischen Kritik mythologischer ‘Systeme’ der indischen Philosophie”;14 nevertheless, Schlegel’s critique is utterly identical to Jacobi’s when it matters – i.e., in terms of conceptual content; in fact, it is exactly the same set of criticisms presented “in systematisch schwächerer Form”: “Schlegel ist wohl nur vordergründige Zielscheibe von Schellings Entgegnungen, der eigentlich mit Jacobi zugleich über ihn hinaus zu denken bestrebt ist”.15 In what follows, I do not wish to substantially dispute Buchheim’s conclusions: It is surely true that Schlegel’s and Jacobi’s arguments are often similar in conceptual content; it is also surely true that one of the reasons Jacobi’s name disappears from the text is political; and finally, it is surely true that Schlegel’s renews many of Jacobi’s arguments in a weaker and less cogent manner (if nothing else, Jacobi’s pre-eminence in the reception history of the Spinozismusstreit testifies to this). Nevertheless, from all this it does not follow that Schelling makes recourse to Schlegel in the Freiheits­ schrift merely as a ‘vordergründige Zielscheibe’. Schlegel’s name and his texts may 13  Even if Jacobi’s commencement of hostilities in the 1811 Von den Göttlichen Dingen und ihrer Offenbarung suggests that such a gesture was ultimately futile. 14  Buchheim (2011a), xlviii. 15  Buchheim (2011b), 92.

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occasionally play this function, but certainly not always. There is, I maintain, a case to be made that Schlegel’s repetition of Jacobi’s arguments differs, in emphasis at the very least, and that these altered emphases are pertinent to philosophical understandings of the Freiheitsschrift. Schlegel places the stress of the pantheism critique on different features, i.e., he foregrounds elements more muted in Jacobi’s version. Again, such minor alterations could have been insignificant in themselves, but what makes them of the utmost import to the historian of philosophy is the fact that they matter to conceptual reconstructions of the Freiheitsschrift and, in particular, they matter when it comes to better understanding Schelling’s account of human freedom in this text. It is the above claims that I endeavour to demonstrate in what follows.

2. Differences and Repetitions in Schlegel’s Pantheism Critique The first step in this demonstration is a consideration of three passages that are representative of Schlegel’s 1808 pantheism critique. They illustrate, I submit, approximately four ways in which Schlegel shifts emphasis in comparison to Jacobi’s Spi­ nozabriefe. By detailing these four ways, this section will thereby provide some provisional orientation, before embarking on the more significant discussion of why such shifts in emphasis matter for Schelling’s account of human freedom in the Freiheitsschrift. The initial two passages are excerpted from Schlegel’s Über die Sprache und Weisheit der Indier, and concern the characteristics of that ‘Asiatic’ pantheism of which he had accused Schelling in his review of Fichte’s Neueste Schriften. The first passage, in fact, is cited by Schelling at the very opening to the Freiheitsschrift to kickstart his argument:16 Der Pantheismus ist das System der reinen Vernunft, und insofern macht er schon den Übergang von der orientalischen Philosophie zur europäischen. Er schmeichelt dem Eigendünkel des Menschen ebensosehr als seiner Trägheit. Ist einmal diese große Entdeckung gemacht, diese alles umfassende, alles vernichtende, und doch so leichte Wissenschaft und Vernunft-Weisheit, daß Alles Eins sei, gefunden, so bedarf es weiter keines Suchens und Forschens; alles was andre auf andren Wegen wissen oder glauben, ist nur Irrtum, Täuschung und Verstandesschwäche, so wie alle Veränderung und alles Leben ein leerer Schein. (KFSA 8, 243)

The second passage reads: Besonders darf man das System der Emanation nicht mit dem Pantheismus verwechseln […] In Beziehung auf das Gute und Böse kann keine größere Verschiedenheit stattfinden, als zwischen diesem System [der Emanation] und dem Pantheismus. Der Pantheismus lehrt, daß alles gut sei, denn alles sei nur eines, und jeder Anschein von dem, was wir Unrecht oder schlecht nennen, nur eine leere Täuschung. Daher der zerstörende Einfluß desselben auf das Leben, indem, man mag sich nun in den Ausdrücken auch drehen, und an den durch die Stimme des 16 

AA I 17, 113 | SW VII, 338.

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Gewissens überall hervortretenden Glauben anschließen wie man will, im Grunde doch, wenn man dem verderblichen Prinzip nur getreu bleibt, die Handlungen des Menschen für gleichgültig, und der ewige Unterschied zwischen Gut und Böse, zwischen Recht und Unrecht, ganz aufgehoben, und für nichtig erklärt werden muß. (KFSA 8, 199–201)

The third passage is taken from Schlegel’s 1808 review of Adam Müller’s Vorlesungen über die Deutsche Wissenschaft und Literatur, and is cited by Schelling at the very end of the Freiheitsschrift,17 motiving his concluding remarks: Die ästhetische Ansicht ist eine in dem Geist des Menschen wesentlich begründete; aber ausschließend allein herrschend wird sie spielende Träumerei, und noch so sehr sublimiert, führt sie doch höchstens zu jenem verderblich pantheistischen Schwindel, den wir jetzt nicht bloß in den Gespinsten der Schule, sondern überall in tausend verschiedenen und losern Gestalten beinah allgemein herrschend sehen. Dies ist das Übel eigentlich, was die besten Kräfte des deutschen Herzens verzehrt, und die Menschen endlich bis zur gefühllosesten Gleichgültigkeit aushöhlt. Diese ästhetische Träumerei, dieser unmännliche pantheistische Schwindel, diese Formenspielerei müssen aufhören; sie sind der großen Zeit unwürdig und nicht mehr angemessen. Die Erkenntnis der Kunst, und das Gefühl der Natur werden uns wohl bleiben, so lange wir Deutsche sind; aber die Kraft und der Ernst der Wahrheit, die feste Rücksicht auf Gott und auf unsern Beruf muß die erste Stelle behaupten, und wieder in seine alte Rechte eintreten, wie es dem deutschen Charakter gemäß ist. (KFSA 3, 156 f.)

I take it that there are least four features evident in the above passages that are distinct – in emphasis – from what is predominantly to be found in Jacobi’s Spinozabriefe: [a] Good and evil: It is evidently not impossible to transform Jacobi’s allusions to the immoralism, fatalism, and pococurantism of the pantheistic worldview into a full-blown account of the difficulty of articulating robust concepts of good and evil pantheistically. Nevertheless, there is nothing in Jacobi’s Spinozabriefe quite like the second passage reproduced above: In comparison to Jacobi, Schlegel decisively foregrounds the pantheist’s inability to distinguish conceptually between good and evil and turns it into one of the central pillars of the pantheism critique. The ‘ewige Unterschied’ between good and evil is ‘aufgehoben’: Pantheism’s metaphysical commitment to the fact that ‘alles sei nur eines’ means, on Schlegel’s argument, that no robust understanding of evil – no understanding that distinguishes it substantially from the good – is possible, and this is because, if ‘alles sei nur eines’, then it follows that the bad is but ‘eine leere Täuschung’. Schlegel returns to this point in a later characterisation of pantheism as leading to “die Überzeugung, daß alles Böse nur leere Täuschung, und alles weil es Eins, auch gleich vollkommen sei”.18 In other words, since all things are to be identified with a divine principle of creation and this divine principle is essentially good, then everything is essentially good. To discern any evil in the world is to perceive it incorrectly, a result of some epistemic fault. Any correct perception of reality, however, teaches that ‘alles gut sei’. 17  18 

AA I 17, 172 f. Fn. | SW VII, 409 f. Fn. Über die Sprache und Weisheit der Indier, KFSA 8, 245.

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This is an argument not obviously present in Jacobi’s Spinozabriefe, and, in fact, it is only available to Schlegel by shifting his focus away from Spinoza’s pantheism to the concept of pantheism that he discerns in ancient Eastern philosophy. Spinoza’s reduction of the categories of good and evil to individual use-value is difficult (although not, of course, impossible) to criticise in the above fashion; however, by historicising pantheist philosophy in terms of Indian texts and doctrines, Schlegel hits on material that places the stress on the difficulty of constructing a concept of evil pantheistically. This is one of the reasons why it is so important to Schlegel to point to elements of Eastern pantheism in Schelling’s philosophy: It means that the above problem of constructing a robust concept of evil can be levelled at Schelling in a way it could not be of Spinoza. The language of good and evil comes to the fore in Schlegel’s pantheism critique in a new way. [b] Freedom to philosophise: In the first passage reproduced above, Schlegel alludes to the problem of reconciling freedom and pantheism in a quite idiosyncratic manner. Pantheism’s incompatibility with freedom is a matter of Trägheit. That is, Schlegel contends that the very structure of the pantheistic worldview – specifically (once again), its metaphysical commitment to the thesis that ‘Alles Eins sei’ – is a constraint on the freedom of the philosopher to pursue further research, i.e., pantheism places constraints on freedom of thought. Once one assents to pantheism, ‘bedarf es weiter keines Suchens und Forschens’. The philosopher is thereby blocked from further rational inquiry and speculative thinking. Schlegel’s justification seems to go something like this: Philosophy is concerned with identifying and explaining the grounds of various structures, principles, and processes in the universe, but if ‘Alles Eins sei’, i.e., if everything shares the same evident ground (God), then, once this is acknowledged, there is nothing left for the philosopher to do. Everything has been explained all at once by an appeal to God. In fact, once the basic metaphysical commitment to unity has been consolidated, ‘ist alles was andre auf andren Wegen wissen oder glauben, nur Irrtum’. Freedom to philosophise comes to an end from the moment the pantheistic worldview is accepted. There is, I am sure, nothing like the above argument in Jacobi’s Spinozabriefe. Indeed, this is a very different version of the problem of reconciling the pantheist system with freedom than we are used to from standard Jacobian accounts: Here, it is not a question of the difficulty of incorporating a general account of freedom into the pantheistic system, but rather of the difficulty of philosophising freely while constructing such a system. It is the philosopher’s free practice that is at stake, rather than a concept of freedom within her philosophy – her freedom to carry on philos­ ophising – articulating, inventing, and assenting to new ideas – whilst being a pantheist. To put it crudely, Schlegel’s pantheism-critique has far stronger meta-philosophical tendencies than Jacobi’s; and this is a more general point to which I return. One of the overriding differences in emphasis between Jacobi’s and Schlegel’s pantheism critiques is that Jacobi’s criticisms are more concerned with doctrinal matters (the coherence, cogency, and adequacy of concepts within the system), whereas

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Schlegel’s texts revolve around meta-philosophical issues concerning the characteristics of the philosopher (outside the system, as it were) and the practice of philosophy in general. [c] The end of philosophy: As a corollary to the above, Schlegel also suggests that pantheism marks the end of philosophy. Pure reason reaches the end of its immanent development in pantheism and there comes to a standstill; only through an external impulse from revelation could progress be restarted and the history of thought set in motion once again. This is for the same reason as above: If, once pantheism is assented to, ‘es bedarf weiter keines Suchens und Forschens’, such that the philosopher becomes ‘träge’ (i.e., indolent and indifferent to intellectual progress), then the discipline of philosophy must come to a halt, according to Schlegel. By its own lights, philosophy can never progress beyond its pantheistic stage; the philosopher is forever stuck there. Again, this is an argument that is made possible by Schlegel’s shift of terrain from Spinoza to ancient Eastern sources and, in particular, it is made possible by his serialisation of such ancient Eastern philosophy into three consecutive epochs. Once again, this is an aspect of Schlegel’s pantheism critique that is unavailable to Jacobi’s Spinoza-focused account. Schlegel’s series is set out as follows: Die wichtigsten Epochen aber der indischen und überhaupt der orientalischen Philosophie und Religion, sind folgende: erstens, das System der Emanation, das endlich in astrologischen Aberglauben und schwärmerischen Materialismus entartete; die Lehre von den zwei Prinzipien, deren System des Dualismus, später zum Pantheismus umgewandelt ward. Tiefer ist der menschliche Geist in der orientalischen Philosophie nicht herabgesunken, als bis zum Pantheismus, welcher der Moral eben so verderblich als der Materialismus, und zugleich auch für die Phantasie zerstörend ist. (Über die Sprache und Weisheit der Indier, KFSA 8, 253)

Pantheism is thus the endpoint of philosophical development in the East: a “spätere Umdeutung und Ausartung”19 of religion into a system. In other words, pantheism is decadent and perverse: It repeats all that is valuable in emanationist and dualist systems but corrupts them by subordinating everything to a ‘system of pure reason’. The triumph of reason is simultaneously the ruin of philosophy: This is of course a basic trope from Jacobi’s pantheism critique, but Schlegel rearticulates it in terms of a historical series of systems, such that pantheism comes to occupy a teleological endpoint – as culmination and ineluctable failure. And this leads to a different emphasis: There is no more reasoning to be done once pantheism is established. [d] The philosopher’s virtues: Throughout the passages reproduced above – and particularly in the third passage from the Heidelbergische Jahrbücher – Schlegel insists on pantheism as a vice. That is, he undertakes a thoroughgoing moral critique of the pantheist philosopher, attributing to her “Eigendünkel” and “Trägheit”20 in the passage from Über die Sprache und Weisheit der Indier and then in a contemporary 19 

20 

KFSA 8, 247. KFSA 8, 243.

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context, in the Heidelbergische Jahrbücher, also: “gefühlloseste Gleichgültigkeit” and ‘Unmännlichkeit’21 most obviously, but equally passivity, indecisiveness, and a general lack of interest in reason and truth. Philosophical assent to pantheism is, according to Schlegel, inextricably bound up with the practice of moral vices: Pantheism makes one irresolute and inauthentic. Even in the critique of Schelling’s philosophy, an undercurrent of moralism is manifest in Schlegel’s disgust at the ‘Einseitigkeit’ of the age. Schlegel here turns symptomologist, specifying the moral features that are consequent on adherence to pantheism in both ancient Eastern thought and contemporary Germany. Unlike in some of the above, this description of what pantheism does to the ethical constitution of the philosopher is certainly present in Jacobi’s Spinozabriefe, and Schlegel is here repeating much of Jacobi’s distaste at the pantheist. Nevertheless, it is noticeable that much of Jacobi’s opprobrium is confined to the very beginning and end of his work (particularly the opening letter to Mendelssohn). As soon as Jacobi begins to talk about the content of pantheism (in the letter to Hemsterhuis, for example), he shifts away from considering the effects of pantheism on the philosopher to a consideration of its effects on the content of philosophy. To return to the more general point formulated earlier: The meta- philosophical aspects of the pantheism critique that are always at the fore of Schlegel’s texts are often subsumed, and even effaced, among more doctrinal concerns in Jacobi’s text. Jacobi customarily applies his moral critique ‘within’ philosophy – ‘within’ the system – rather than to the philosopher and philosophical practice. All this, however, is by way of prologue. My argument rests on showing how these four shifts in emphasis in Schlegel’s pantheism critique impact upon the philosophical substance of Schelling’s Freiheitsschrift – and this is the task I undertake for the rest of this essay.

3. Why It Matters I: The Problem of Evil To show that the Schlegelian context matters when it comes to understanding Schel­ ling’s re-envisioning of freedom as the possibility of good and evil is a particularly easy task and, in consequence, has been acknowledged in the scholarship.22 Precisely at the moment when he transitions from the compatibility of system and freedom, where freedom is understood in a broadly idealistic manner, i.e., as “bloß formelle [Freiheit]”, to the compatibility of system with the “reale[n] und lebendige[n] Begriff” of freedom, i.e., as “ein Vermögen des Guten und des Bösen”, Schelling comments, 21 

KFSA 3, 156. Indeed, whenever Schlegel’s contribution to the Pantheismusstreit is alluded to, it is often limited solely to the introduction of the charge that pantheism is unable to account for evil. See Hennigfeld (2001), 38; Vaught (2010), 71. The two major exceptions – which also consider Schlegel’s influence on Schelling’s method of serialisation – are Buchheim (2017) and Marquet (1976). 22 

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“Dieses ist der Punkt der tiefsten Schwierigkeit in der ganzen Lehre von der Freyheit”,23 and inserts the telling footnote: “Hr. Fr. Schlegel hat das Verdienst, in seiner Schrift über Indien und an mehreren Orten diese Schwierigkeit besonders gegen den Pantheismus geltend gemacht zu haben”, adding what is presumably meant as a sarcastic jibe: “wobei bloß zu bedauern ist, daß dieser scharfsinnige Gelehrte seine eigne Ansicht vom Ursprung des Bösen und seinem Verhältniß zum Guten nicht mitzutheilen für gut gefunden hat”.24 Further evidence for the influence of Schlegel’s pantheism critique on Schelling’s turn to the concepts of good and evil in the Freiheitsschrift comes from a May 1809 letter to Windischmann. Here Schelling writes, “Pantheismus läßt […] die Möglichkeit eines Systems nicht ahnden, worin mit der Immanenz der Dinge in Gott Freiheit, Leben, Individualität, desgleichen Gutes und Böses besteht”.25 The italicised phrase isolates a specifically Schlegelian slant on the Pantheismusstreit. It is clear, then, that the Schlegelian context aids one’s understanding of Schelling’s construction of a concept of evil in the Freiheitsschrift, insofar as it explains the genesis and peculiar character of the problem he thereby endeavoured to solve. Nevertheless, this is the extent of Schlegel’s significance in this regard. Schelling’s aside that Schlegel himself has provided no solution to the problem of reconciling the possibility of evil with system makes this very clear: Schlegel provides no guidance when it comes to providing an answer, that is, when it comes to the elucidation of a philosophical account of evil. The Schlegelian context makes sense of Schelling’s problem, not his answer; it is worth, then, moving on to the other, more promising points of dialogue between them.

4. Why It Matters II: The End of Philosophy Schlegel’s claim that pantheism is the final system in the series emanationism-dualism-pantheism – and thus the catastrophic culmination of reason’s immanent development – was on Schelling’s mind throughout the gestation period of the Freiheits­ schrift. Already in August 1808, Schelling’s initial response to Schlegel’s Über die Sprache und Weisheit der Indier focuses on it: Das Gemälde der drei orientalischen Systeme ist sinnvoll […] indeß läßt sich, was Pantheismus, Dualismus, Idealismus sey, nicht auf wenigen Blättern ausmachen, und der Gebrauch dieser Namen selbst setzt die tiefsten Untersuchungen zum voraus; sie sollten nie angewandt werden, um brevi manu abzuurtheilen. (Schelling to A. W. Schlegel on 26.8.1808, BuD I, 415)

23 

Freiheitsschrift, AA I 17, 125 | SW VII, 352. AA I 17, 125 Fn. | SW VII, 352 f. Fn. 25  Schelling to K. J. H. Windischmann on 9.5.1809, BuD III, 604. 24 

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And, in the May 1809 letter to Windischmann cited above, Schelling summarises the aims of the recently completed Freiheitsschrift precisely in terms of a response to Schlegel’s project of serialising the three ancient Eastern systems: Er kennt nur die drei Systeme seines indischen Buchs; das Wahre liegt aber gerade zwischen diesen dreien mitten inne und hat die organisch verflochtenen Bestandtheile eines jeden in sich. Es giebt einen (aber auch nur einen) Punct, bei dem die Vorstellung der Emanation anwendbar ist, einen (aber auch nur einen), wo die des Dualismus, und endlich wieder einen, wo die Indifferenz des Pantheismus. Ich glaube, diese Puncte in meiner Abhandlung mit zuvor nie erreichter Deutlichkeit bezeichnet zu haben. (Schelling to K. J. H. Windischmann on 9.5.1809, BuD III, 604)

This polemic against Schlegel’s identification of pantheism as the endpoint of philosophical evolution continues three days later in a letter to Schubert: Es thut mir nun leid, in meiner letzten Abhandl[ung] nicht meiner Meynung auch in Ansehung des Geschichtlichen von Fr. S[chlegel] gefolgt zu seÿn. Ich habe viel Morgenländisches gelesen, aber nie als Studium: doch schien auch mir das Historische der philos[ophischen] Systeme oberflächlich u[nd] falsch, wie schon der Natur der Sache nach der recht verstandene Pantheismus gewiß das älteste seÿn muß […] (Schelling to G. H. Schubert on 27.5.1809, BuD III, 609)

Evidently, the place of pantheism in the series of the ‘drei orientalischen Systeme’ is what is first and foremost at stake in these passages, but, in the letter to Windisch­ mann especially, Schelling also raises more general methodological points about the very role of serialisation in philosophy and how philosophical doctrine is to be ultimately extracted from such a series. Hence, there are two ways in which the Schlegel controversy impacts substantially on the Freiheitsschrift in this respect: First, by provoking Schelling to shift pantheism’s place in the series of systems, so that it no longer occupies the concluding position; secondly, by provoking him to reflect on the philosophical methodology of serialisation itself. On the first issue, Schelling states within the Freiheitsschrift itself that, when comparing dualism and pantheism, it is clear that [e]s war eine Zeit, die vor jener Trennung vorherging; und eine Weltansicht und Religion, die, obgleich der absoluten entgegengesetzt, doch aus eigenem Grunde entsprang, und nicht aus Verfälschung der ersten. (AA I 17, 176 | SW VII, 413)

Or even more explicitly, in another 1809 letter to Windischmann, Schelling repeats his rejection of pantheism’s belatedness (already present in the letter to Schubert quoted above): “So bin ich […] überzeugt, daß gerade der recht-verstandene Pantheismus das älteste System ist, wie er das wahre ist”.26 In other words, if pantheism stands at the beginning of the history of philosophy, as Schelling claims, rather than purely at the end, then it does not at all mark the exhaustion of reason, but its poten26 

Schelling to K. J. H. Windischmann on 17.6.1809, BuD III, 617.

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tiality. Schelling gives the pantheist back a future by placing this system earlier in the series: Pantheism, on such an account, may well be a provisional, opening salvo in the immanent development of pure reason, but it is certainly not some kind of ossified dead-end.27 Reason can progress beyond the mere assertion of the unity of all things, and so pantheism can act as a creative starting point for the philosopher. On the second issue, Schelling is far more ambivalent. For example, the method of dialectical extraction set out in the Windischmann letter28 recalls Schelling’s pre1809 attempts to serialise systems of philosophy, particularly in the 1804 Propädeutik and the final pages of Bruno in which the form of the true philosophy is established by means of appropriating from a historical series of systems (intellectualism, materialism, realism, and idealism). Broadly speaking, these works establish a serial order of systems that are ‘dialectically’ related, from which selected features are extracted as a means of delimiting Schelling’s own genuine philosophy. Nevertheless, at the same time, Schelling insists forcefully, both in the text of the Freiheitsschrift itself and later, that 1809 marks a decisive change in his methodological approach.29 This poses a number of questions about the exact nature of the similarities and differences between the methodology of serialisation in 1809 and in earlier attempts. For instance: (1) Does the methodology of the Freiheitsschrift break with the 1804 Propädeutik, because it employs serialisation not as a matter of “subjektive[r] Nothwendigkeit”30 as in the Propädeutik – i.e., in order to prepare the student for the claims of speculation, in the form of a pedagogical tool31 – but rather as a matter of “objektive[r] […] Nothwendigkeit”, i.e., internally to the construction of the system itself, as a constitutive part of speculation? (2) Does the methodology of the Freiheitsschrift break with Bruno, moreover, by refusing to limit the efficacy of serialisation to determining the proper form of the absolute system, rather than its perennial “Stoff”?32 (3) More generally, does the methodology of the Freiheitsschrift break with the pre1809 works in refusing ‘potentiation’ as the master concept for conceptualising the dialectical relations between systems in the series, particularly in light of its seeming rejection of conceptual necessity in the transition between systems?33

27  I leave aside here the contentious issue of whether the cosmic end-point structured by love that is described in the Freiheitsschrift can best be understood as the return of a superior pantheism. 28  For details on the model of serialisation proposed here and its relation to the Freiheitsschrift, see Buchheim (2017), 29–35. 29  AA I 17, 26 f. | SW VII, 334; Schelling to V. Cousin on 27.11.1828, Plitt III, 40 f. 30  SW VI, 73. 31  See Ziche (2014). 32  On this distinction, see Anselm’s comments in the closing pages of Bruno: “Die großen und wahren Formen aber sind mehr oder weniger verschwunden. Der Stoff der Philosophie ist von der Natur des Unzerlegbarsten, und in jeder Form ist nur so viel Wahres und Rechtes, als sie von dieser Unzerlegbarkeit in sich hat.” (AA I 11,1, 428 f. | SW IV, 309) 33  Freiheitsschrift, AA I 17, 172–174 | SW VII, 409 f.

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(4) And, as a corollary to the above: If the Freiheitsschrift does renounce potentiation or “Steigerung”34 as a methodological tool, then does it thereby break with the nature-philosophical approach of the earlier constructions of series (i.e., they present a “Stufenfolge philosophischer Ansichten”35 or the “natürliche[n] Fortgang”36 of systems, such that a Naturphilosophie of discursive forms is constituted, in which systems are treated as natural objects arranged according to relations of potentiation); in other words, does the Freiheitsschrift implicitly renounce nature-philosophical serialisation altogether? Considered answers to these questions would take this essay too far from my stated aim to demonstrate that the Schlegelian context matters to Schelling’s account of freedom. Nonetheless, they do preliminarily indicate, I hope, the extent to which the controversy with Schlegel impacted on the very argumentative approach Schelling takes in the Freiheitsschrift: Understanding the distinctive conceptual dynamics of this text means, in part, taking it seriously as a response to Schlegel’s pantheism critique.

5. Why It Matters III: The Philosopher’s Freedom That Schelling may sometimes be concerned with the specifically meta-philosophical notion of freedom as freedom to construct – i.e., the concept of freedom at stake in Schlegel’s pantheism critique – is not particularly surprising in light of his other writings. Throughout his career – from the Briefe über Dogmatismus und Kritizismus and the 1797 Introduction to the Ideen through to the Erlangen lectures and beyond – it is precisely to this meta-philosophical form of freedom, the philosopher’s freedom, that he attends.37 It is freedom as the condition of possibility for constructing philosophical systems that he speaks of in the opening paragraph to the Ideen, when he asserts that the concept of philosophy is “durchaus ein Werk der Freyheit”,38 and he is quick to add that such freedom is not to be identified with some doctrinal concept of freedom within the system, but rather with the freedom to construct the very nature of philosophy itself in the first place. It is the freedom to experiment in making philosophy. First and foremost, what matters is the freedom to investigate, the freedom to think, the freedom to do philosophy in any way that might lead to success. This freedom-as-construction constitutes, as the Erlangen lectures will go on to emphasise, “das Wesen des Subjekts”, i.e., the freedom to adopt or not adopt a form both

34 

Propädeutik, SW VI, 76. Propädeutik, SW VI, 92. 36  Propädeutik, SW VI, 93. 37  This point has recently been emphasised in the Anglophone literature (in different ways) by G. Anthony Bruno and Karin Nisenbaum. See Bruno (2013) and Nisenbaum (2018), Part III. 38  AA I 13, 55 | SW II, 11. 35 

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in all sciences as a whole, which “alle Formen durchgangen”, and in philosophy in particular, which is a “ freie Geistesthat”.39 And this is precisely the freedom that Friedrich Schlegel is talking about in his pantheism critique: Pantheism, he asserts, inhibits this freedom to construct philosophically. It seems very plausible, then, that one of the discourses about freedom to be found in the Freiheitsschrift would be a defence of the pantheist’s freedom to philosophise – and this is what I will argue is the case in this section.40 Here, therefore, is the crux of my argument in this essay; here is my central intervention on the topic of Schelling’s philosophy of human freedom. It is that sometimes when Schelling is talking about freedom in the Freiheitsschrift, he is not concerned with freedom as such or the psychology of free action or the conditions of possibility of a free individual, where freedom names a general anthropological feature of humankind. Rather, sometimes he is talking about the freedom of the philosopher in particular, the freedom to construct – and not merely in his explicit methodological commitment to “gesprächsweise” and “Freyheit der Untersuchung”.41 The Freiheits­ schrift talks about many kinds of freedom, and that freedom which makes philosophising possible is one of them. A preliminary example will give some sense of what I am suggesting. Schelling writes early on, [Für diejenigen] welche der Wissenschaft abhold sind, […] [wäre es] [k]ürzer oder entscheidender […], das System auch im Willen oder Verstande des Urwesens zu läugnen; zu sagen, daß es überhaupt nur einzelne Willen gebe, deren jeder einen Mittelpunkt für sich ausmache [as Fichte does] […] Immer jedoch wird die auf Einheit dringende Vernunft, wie das auf Freyheit und Persönlichkeit bestehende Gefühl, nur durch einen Machtspruch zurückgewiesen, der […] endlich zu Schanden wird. (AA I 17, 112 | SW VII, 337)

The explicit argument in this passage is directed against quasi-Fichteans – or all those who indirectly deny systematicity in divine knowledge by refusing community and therefore unity. Such refusals of systematic unity lead immediately, on Schel­ ling’s argument, to the dismissal of reason as such and of the feeling of freedom. And yet it strikes me that recourse to Schlegel’s criticisms helps make more sense of this passage. Such recourse shows, I contend, that Schelling’s argument here also attempts to make more plausible the idea that the philosopher’s feeling of freedom is inextricably bound up with a rational striving for unity. This is an indirect response to the Schlegelian criticism rehearsed above: Schelling contends that it is not an assertion of trenchant individualism that gives rise to a feeling of freedom in the philosopher, but 39 

Natur der Philosophie, SW IX, 220; 222; 228. As this implies, Schelling’s interest in a meta-philosophical idea of freedom in the Freiheitsschrift can be motivated in other ways than by direct reference to Schlegel (i.e., by reference to his earlier work). Nevertheless, while the reference to Schlegel is not the only way to make sense of this feature of the text, it does help make better sense of it (the same is true for the other features of the Freiheitsschrift described in this essay). 41  AA I 17, 174 Fn. | SW VII, 410 Fn. 40 

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rather it is rational striving after a systematic, perhaps even pantheistic, unity that does so. In other words, rather than being a hindrance to the philosopher’s ability to be free, commitment to pantheism might rather be a condition of it. To posit pantheism as a theoretical ideal is to make the freedom to philosophise possible. However, such a Schlegelian reading of this passage stands in tension with how it is customarily interpreted in the scholarship. For example, ‘das auf Freiheit bestehen­ de Gefühl’ referred to above is one of the passages (along with, most obviously, the opening sentences)42 that play a central role in the early pages of Heidegger’s 1936 course on the Freiheitsschrift, where the emphasis is placed on ‘the feeling of the fact of freedom’. However, for Heidegger, the problem of reconciling the system with this feeling is entirely a problem of making sense of ‘the fact of freedom’ as a component of the system: Schelling’s question concerns freedom as “the dominant central point of the system” 43 – more fully: A ‘system of freedom’ – that is like a square circle, in itself it is completely incompatible. […] the question of the ‘system of freedom’ seems impossible from the outset. (Vorlesung, 26)

Schelling’s task in the Freiheitsschrift is, according to Heidegger, to specify human freedom as “an essential point” 44 in the system in response to the pantheism critique. This is, one might venture, a standard Jacobian interpretation of the problem, from which the meta-philosophical resonances of Schelling’s concept of freedom are stripped away in favour of something more doctrinal (freedom as a concept ‘within’ the system).45 This is not to deny that this doctrinal version of the reconciliation of freedom and system that Heidegger identifies plays an extremely significant role in the Freiheitsschrift; it is, however, to suggest that other versions of the problem also play a role. However, for Heidegger, as for all those who follow in his wake, the meta-philosophical supplement is effaced. Other references to a more meta-philosophical notion of freedom are also evident in the Freiheitsschrift every time Schelling references free arts and sciences. Take another early passage where Schelling transitions from a more doctrinal understanding of freedom to a meta-philosophical one:46 Denn diese große Aufgabe [of reconciling freedom and system] allein ist die unbewußte und unsichtbare Triebfeder alles Strebens nach Erkenntniß von dem niedrigsten bis zum höchsten; ohne den Widerspruch von Nothwendigkeit und Freyheit würde nicht Philosophie allein, sondern jedes höhere Wollen des Geistes in den Tod versinken, der jenen Wissenschaften eigen ist, in welchen er keine Anwendung hat. (AA I 17, 112 f. | SW VII, 338) 42 

AA I 17, 111 | SW VII, 336. Vorlesung, 25. 44  Vorlesung, 110. 45  Notably, Heidegger frequently refers to Jacobi to make sense of Schelling’s response to the Pantheismusstreit, but never to Schlegel (Vorlesung, 80 f.; 108 passim). 46  As this implies, often what I dub the meta-philosophical and doctrinal employments of the concept of freedom cannot easily be disentangled in the text: sometimes Schelling speaks of both at the same time, sometimes he transitions from one to the other in the space of a sentence. 43 

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The opposition between necessity and freedom invoked at the end of this passage plays the role of a condition of the production of vital sciences (i.e., sciences, like philosophy, in which the spirit does not sink into death). Again, this is not a matter of the freedom that the philosopher talks about, i.e., a localised concept, but the freedom that constitutes the very act of philosophising. It is the contradiction between this kind of freedom and necessity, as experienced by the philosopher, that gives rise to a vital philosophy. In fact, in the Vorrede, Schelling had already identified this “Gegensatz” between freedom and necessity as “der innerste Mittelpunkt der Philo­ sophie”.47 Likewise, when Schelling refers in passing in the Vorrede to “die freye kunst­reiche Ausbildung” in determining “die Form der Philosophie”,48 what is meant here is once more the freedom to create philosophical forms or systems. This is a freedom that makes systematic thinking possible, not freedom as a localised concept within the system.49 These fragmentary pieces of evidence contribute cumulatively, I hope, to a larger sense that the Freiheitsschrift sometimes talks about freedom in a meta-philosophical sense that is in direct conversation with Schlegel’s pantheism critique; and so, in order to make better sense of everything that Schelling is arguing about the essence of freedom in this text, one should refer back to this Schlegelian context. One of the stories that Schelling is telling in the Freiheitsschrift is the story of how the pantheist becomes free – the story of the genesis of the freedom to construct, of the production of the philosopher’s freedom. Schelling’s account of freedom is also meta-philosophical, and this makes better sense by way of its Schlegelian context.

6. Why It Matters IV: The Philosopher’s Virtues Schelling is nothing if not obsessed with the question of the ethical constitution of the philosopher in the Freiheitsschrift. The language that Schlegel had used in the Heidelbergische Jahrbücher – unmanliness, indifference, irresponsibility, etc. – forms a Leitmotiv throughout Schelling’s own text: These terms serve as lexical indicators that his response is, among other things, an attempt to defend the moral virtues of the philoso­pher committed to pure reason. That is, instead of being used to critique the pantheist, this language of effeminacy and inauthenticity is turned back on other kinds of philosophers, such as the dualist, the emanationist and indeed any modern philosopher who ignores the natural structure of reality. The most celebrated instance of this redirection of Schlegelian language occurs in the discussion of the need to make recourse to the real when understanding the ideal; here, Schelling speaks of a 47 

AA I 17, 26 | SW VII, 333. AA I 17, 28 | SW VII, 335. 49  Moreover, this meta-philosophical concept of freedom later finds its analogue and ground in God’s free creation as a kind of ‘cosmo-construction’ (AA I 17, 161 f. | SW VII, 395 f.). 48 

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trüben und wilden Enthusiasmus, der in Selbstzerfleischung, oder, wie bei den Priestern der phrygischen Göttin, in Selbstentmannung ausbricht, welche in der Philosophie durch das Aufgeben von Vernunft und Wissenschaft vollbracht wird. (AA I 17, 128 | SW VII, 356 f.)

This is a clear appropriation of components of Schlegel’s pantheism critique to attack the anti-naturalist dualist (in the name of a variant of pantheism). Equally evident when it comes to Schelling’s response to Schlegel’s moral critique of the pantheist is the former’s contestation of the Schlegelian thesis that pantheism breeds indifference to reason and to truth – or, as Schlegel himself had put it in his Müller review: To combat pantheism, [muss] die Kraft und der Ernst der Wahrheit, die feste Rücksicht auf Gott und auf unsern Beruf […] die erste Stelle behaupten, und wieder in seine alte Rechte eintreten, wie es dem deutschen Charakter gemäß ist. (KFSA 3, 157)

In continuity with my claims in the previous section, much of the overall argument of the Freiheitsschrift can be read, I suggest, as a defence of the dialectical emergence of a specifically philosophical rationality out of a weak and heavily qualified ontological commitment to pantheistic unity.50 One of the conclusions of such an argument is that avowal of the system of pure reason (i.e., that which, in the series of systems, originally involves a commitment to pantheism) is compatible with virtue. Schelling writes towards the end of the text, Ein System, das den heiligsten Gefühlen, das dem Gemüth und sittlichen Bewußtseyn widerspricht, kann, in dieser Eigenschaft wenigstens, nie ein System der Vernunft, sondern nur der Unvernunft heißen. Dagegen würde ein System, worin die Vernunft sich selbst wirklich erkennte, alle Anfoderungen des Geistes wie des Herzens […] vereinigen müssen. (AA I 17, 176 | SW VII, 413)

In other words, a close relation is built up over the course of the text – and becomes explicit at its conclusion – between rationality and virtue, such that advocating the system of reason is seen, pace Schlegel, as in fact productive of resolute authenticity, which is a “[herrliches] Gefühl” and “ursprüngliche Weisheit”.51 Indeed, one might even conjecture that, if it is specifically the freedom and virtue of the philosopher that is sometimes being talked about in the Freiheitsschrift, then the argument is thereby transposed to a performative register: By the very act of reading and writing the text, one is performatively refuting Schlegel’s pantheism critique, particularly his contention that the commitment to reason that such reading and writing entails leads to the inability to make sense of evil, leads to constraints on the 50  Schelling famously writes, “Denn so möchte wohl nicht zu läugnen seyn, daß, wenn Pantheismus weiter nichts, als die Lehre von der Immanenz der Dinge in Gott bezeichnete, jede Vernunftansicht in irgend einem Sinn zu dieser Lehre hingezogen werden muß. Aber eben der Sinn macht hier den Unterschied.” (AA I 17, 113 | SW VII, 339) Hence, the description of Schelling’s position as an initial ‘weak’ pantheism is intended here as a placeholder to crudely designate this indeterminate commitment to some kind of pantheistic immanence, the details of which lie far beyond the remit of this article. 51  AA I 17, 177 f. | SW VII, 414 f.

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freedom to philosophise and leads to moral vices. In other words, the Freiheitsschrift itself both contains and ‘is’ a refutation of Schlegel: It narrates the conditions for its own production and consumption; its subject-matter relates how it came to be, i.e., the emergence of the conditions of possibility for a creative, virtuous and free philosophical engagement with pantheism. The very existence of the text shows that there are philosophers (its author and those readers who assent to his arguments) who are committed to rationality and metaphysical unity and also are able to distinguish a robust concept of evil, philosophise freely and care about virtue and truth. The very fact of the Freiheitsschrift serves as a rebuke to Schlegel.

7. Conclusion There are, I believe, four features of the Schlegelian pantheism critique that distinguish it, in emphasis at least, from the standard Jacobian account. They are: (1) that the pantheist cannot construct a robust concept of evil; (2) that assent to pantheism restricts the freedom to philosophise; (3) that pantheism puts an end to philosophy; and (4) that assent to pantheism reflects badly on the philosopher’s ethical constitution. Reading the Freiheitsschrift as a response to these four provocations entails, in part, reading it as a narrative of what it means to become a virtuous and free philoso­ pher who initially and in a qualified manner asserts the unity of all things – that is, it is to read the Freiheitsschrift as exhibiting how, starting from weak pantheist con­ ditions, the freedom to philosophise is generated, alongside moral virtue and a robust form of philosophical rationality. For Schelling in the Freiheitsschrift, reflection on pantheism does not exhaust philosophy, but quite the opposite: It gives it a future to construct and reason anew.

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„wie gesprächsweise“ Dialogisches und Freiheit der Person Mildred Galland-Szymkowiak In den Philosophischen Untersuchungen über das Wesen der menschlichen Freiheit hat Schelling eine rätselhafte Fußnote, in der er die eigene Methode als eine „gesprächsweise“ Entwicklung der Gedanken bezeichnet, geschrieben: Der Verfasser hat nie durch Stiftung einer Sekte andern, am wenigsten sich selbst die Freyheit der Untersuchung nehmen wollen, in welcher er sich noch immer begriffen erklärte und wohl immer begriffen erklären wird. Den Gang, den er in gegenwärtiger Abhandlung genommen, wo, wenn auch die äußre Form des Gesprächs fehlt, doch alles wie gesprächsweise entsteht, wird er auch künftig beybehalten. (AA I 17, 173 f. Anm. | SW VII, 410 Anm.)1

Aus dieser Fußnote lassen sich folgende drei Punkte ableiten: Erstens suggeriert hier Schelling einen Zusammenhang zwischen einer Schriftart bzw. einer philosophischen Argumentationsweise und der Freiheit des philosophischen Denkens; damit geht es auch um eine mögliche Verbindung des Inhalts und der Methode einer Freiheitsuntersuchung.2 Zweitens kann bemerkt werden, dass der gesprächsartige Charakter der Freiheitsschrift in Verbindung mit der Art und Weise, wie das Denken entsteht, gedacht wird; das Dialogische ist dem Systemschaffen im Denken wesentlich. Letztlich erachtet Schelling diesen gesprächsartigen Charakter für seine Philosophie für so wichtig, dass er dieses Verfahren auch in seine künftigen Schriften übernehmen will. Man darf daher vermuten, dass der Inhalt dieser Fußnote eine wichtige Beziehung zu den Zielen und den Themen der Freiheitsschrift hat. Was kann aber ein ‚gesprächsweises‘ Verfahren bezeichnen, in dem die Schriftform ‚Gespräch‘ abwesend ist? Dass Schelling zwischen einer (quasi-)gesprächsartigen Entstehung des philosophischen Textes und der „äußre[n] Form des Gesprächs“ unterscheidet, öffnet Raum für den hier zu konstruierenden Begriff eines Dialogischen, das (vielleicht par excellence) in der Schriftform des philosophischen Dialogs 1  Zum Schluss dieser Fußnote verweist Schelling auf sein Werk Philosophie und Religion, das er in eine gewisse Nähe zur Freiheitsschrift stellt. Ich bedanke mich bei Isis von Plato für ihre wertvolle Hilfe bei der Übersetzung einer ersten Fassung dieses Beitrags, bei Petra Lohmann für ihr sprachliches Korrekturlesen der letzten Fassung sowie bei Giulia Rignano für ihre Hilfe bei der letzten Textgestaltung. 2  Wie Thomas Buchheim schreibt, muss „das Begreifen oder ‚Aussprechen‘ der Freiheit […] selbst als ein freier Akt unter Freien – wie ein ‚Gespräch‘ es ist – vonstatten gehen, um dem Wesen ihres Gegenstands nicht zuwiderzuhandeln“ (Buchheim [1997b], 164, Anm.  354).

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ausgeführt, doch auch in anderen philosophischen Schriftformen anwesend sein könnte. Auch 18043 oder später in der Einleitung der Weltalter4 (sowie in der Darstellung der reinrationalen Philosophie)5 spielt Schelling auf ein gesprächsartiges Element an, das auch ohne die explizite Schriftform des Dialogs da sein kann. Eine ‚gesprächsweise‘ Methode könnte also auch ohne die Dialogform umgesetzt werden. Doch sollte auch die innere Beziehung des ‚Gesprächsartigen‘ zum eigentlichen philosophischen Dialog erklärt werden. Im vorliegenden Aufsatz möchte ich von Schellings Konzept des philosophischen Dialogs ausgehend dieses ‚Dialogische‘ konturieren – wie es bestimmt werden kann, wie die Freiheitsschrift es ins Werk stellt, wie es sich auf die Frage nach einem ‚System der Freiheit‘ beziehen lässt.

1. Theorie und Praxis des philosophischen Dialogs bei Schelling Dass Schelling selbst mehrere Gespräche geschrieben hat und dabei Indizien zu einer Theorie des philosophischen Dialogs angedeutet hat, ist eine Anregung, seinen methodologischen Hinweis von 1809 auf das Gespräch ernst zu nehmen. Der Gebrauch der Gattung ‚Dialog‘ ist bei ihm weder zufällig noch anekdotisch; dies liegt (wie zu zeigen sein wird) an seinem Konzept der Philosophie sowie an seiner Auffassung des Verhältnisses zwischen Kunst und Philosophie. Das Thema ‚Dialog/Dialogisches bei Schelling‘ wurde wenig erforscht; in der Forschungsliteratur überwiegen Ausführungen zur Dialektik.6 Schelling hat jedoch in der oben erwähnten Fußnote das Adverb dialektisch nicht benutzt, verwendet es aber mehrmals sehr wohl in der Freiheitsschrift. Es soll hier u. a. die Beziehung zwischen gesprächsweise und dialektisch untersucht werden. 1.1. Kontext Die Frage nach der Form der Philosophie ist um 1800 keine rein äußerliche Frage. Der Anspruch auf eine unerlässliche Übereinstimmung zwischen dem Inhalt und der Form der Philosophie bringt eine Reflexion mit sich, die sowohl das Wesen der Philosophie als auch ihr Verhältnis zur eigenen Geschichte bzw. die Artikulation der verschiedenen philosophischen Systeme unter einander betrifft. Diese Denkweise 3  Am Anfang des Vorberichts von Philosophie und Religion sagt Schelling seltsamer Weise nicht, dass dem Inhalt von Philosophie und Religion eine symbolische Form fehlt (nämlich die Dialogform), sondern dass diese Form dem Gespräch fehlt, das nach dem Dialog Bruno kommen sollte (wobei Philosophie und Religion kein Gespräch ist). Vgl. PR, SW VI, 13. 4  Vgl. WA I, 5; WA II, 113 f. sowie WA III, 201. 5 Vgl. DRP, SW XI, 326 f. 6  Zum Beispiel in Fischbach (2000), 129–152.

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durchdringt die klassische deutsche Philosophie, bei Fichte, Schelling, Hegel, F. Schlegel, K. Solger, F. Schleiermacher. Bereits in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, als der Dialog wieder eine vollwertige philosophische Form wurde, wie bei J. J. Engel, M. Mendelssohn oder Lessing, beschränkte er sich nicht auf „eine decorative Form der Popularphilosophie“.7 Die Dialogform war vielmehr einerseits als ein Abbild wirklicher Gespräche, andererseits als eine den wichtigsten philosophischen Problemen angemessene Untersuchungsmethode konzipiert worden. Doch sobald die Transzendentalphilosophie mit Fichte8 den Schwerpunkt auf den freien Akt des Ichs setzt und die Philosophie ihre ursprüngliche Tätigkeit in dieser Selbsttätigkeit erkennt, die nur in ‚erster Person‘ erfahren werden kann, ist die Frage der Artikulation zwischen der Form, in der die Philosophie entsteht und ausgeübt wird, und der Form, in der sie vermittelt wird, noch maßgeblicher als je zuvor. Die Polarisierung zwischen der intuitiven und reflexiven Tätigkeit des Philosophierens einerseits und einer Lehre oder systematischen Beschaffenheit der Philosophie andererseits, wird zu einem Problem der Philosophie als solcher, was sich auch in der pädagogischen und politischen Frage zur Bildung niederschlägt. Es geht damit ebenfalls um die Kommunikation der Philosophie: Welche sprachliche und literarische Form erlaubt uns, anderen Menschen nicht nur die Ergebnisse der Philosophie, sondern vielmehr die Philosophie als Tätigkeit des denkenden Subjekts mitzuteilen?9 Um verstanden zu werden, fordert das philosophische Gespräch mehr als alle anderen Schriftarten eine persönliche Aneignung und erweist sich somit als eine besonders günstige Lösung für dieses Problem. 1.2. Schellings philosophische Dialoge Schelling selbst hat zwei große Dialoge verfasst: Bruno oder das göttliche und natürliche Prinzip der Dinge (der 1802 veröffentlicht wurde)10 und Clara. Über den Zusammenhang der Natur mit der Geisterwelt, ein unabgeschlossener Dialog, vermutlich um 1810 geschrieben und erst 1861 posthum von K. F. A. Schelling veröffentlicht.11 Über den höchstwahrscheinlich als Gegenstück zu Friedrich Schlegels Gespräch über die Poesie (1800) gedachten Dialog Bruno schrieb Schelling im April 1802 an August 7 

Hirzel (1895), 421. hat die Spannung oder ein paradoxes Verhältnis zwischen der Dialogform und der transzendentalen Philosophie von Kant hervorgehoben. Manchen Postkantianern wie z. B. F. Schlegel und F. Schleiermacher geht es darum, den kantischen Antidogmatismus fortzuführen, indem sie auf die platonische, sokratische und Lessing’sche Bedeutung der Philosophie als Forschung zurückkommen. Allerdings sahen Kant und manche Kantianer (Tennemann, Bouterweck) den Dialog nicht gern als eine philosophische Form verwendet, denn sie meinten, diese Form würde die Ausführungen der transzendentalen Philosophie unklar machen (siehe Hirzel [1895], 418–422). Hier sollte auch an Jacobis sowie an Fichtes Verwendung der Dialogform erinnert werden. 9  Vgl. Henckmann (1987), 104. 10  Bruno, AA I 11,1, 337–451 | SW IV, 213–332. 11  Clara, SW IX, 1–110; dazu Der Frühling, ein Entwurf zur Fortsetzung des Gesprächs Clara. 8  Hirzel

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Wilhelm Schlegel: „Es ist der erste Versuch, ich hoffe aber nun weiter auf dieser Bahn fortzugehen, und mir diese Form immer mehr zu eigen zu machen.“12 Als er sich vier Jahre später mit dem Projekt einer Neuauflage des Bruno beschäftigte, schrieb er an die Witwe des Verlegers Unger und schlug ihr ein weiteres Gespräch unter dem Titel Die Neue Schule von Athen vor.13 Außerdem hat Schelling zwei andere Schriften in dialogischer Form veröffentlicht. Im Kritischen Journal der Philosophie von 1802 erscheint sein Dialog Ueber das absolute Identitäts-System und sein Verhältniß zu dem neuesten (Reinholdischen) Dualismus. Ein Gespräch zwischen dem Verfasser und einem Freund,14 in dem er den Dualismus von Karl Leonhard Reinhold kritisiert. Und in der Jenaischen Allgemeinen Literaturzeitung publiziert er 1807 eine Rezension zu Friedrich Schleiermachers Dialog Die Weihnachtsfeier (1806);15 diese Rezension, meint er, solle selbst als ein Gesprächsteil verfasst werden, sodass sie eine angemessene Antwort zum originellen Text bildet.16 Doch sind eigentlich beide Texte (zu Reinhold und zu Schleiermacher) keine Dialoge im strengen (Schelling’schen) Sinne des Wortes. Denn die kurze Rezension von 1807 dürfte man eher als einen ‚dialogischen Monolog‘ bezeichnen; und der Text über Reinholds Dualismus ist polemisch. Dabei hatte 1804 Schelling selbst im Vorbericht von Philosophie und Religion den polemischen Gebrauch der Dialogform verworfen:17 Jene höhere Form [des philosophischen Dialogs], die einzige nach unserer Meinung, welche bis zur Selbständigkeit ausgebildete Philosophie in einem unabhängigen und freien Geiste annehmen kann, wird aber nie gefordert, wo ein Zweck erreicht werden soll; denn sie kann nie als Mittel dienen und hat ihren Werth in sich selbst. (PR, SW VI, 13)18 12 

Schelling an A. W. Schlegel am 14.4.1802, Plitt I, 362. Siehe Durner (2005), X. Zu diesem Gespräch gibt es keine weiteren Informationen. Im November 1808 schrieb Schelling an Cotta, dass er eine verbesserte Fassung des Bruno publizieren wollte, allerdings unter dem Titel: Philosophische Gespräche. I. Bruno, was die Absicht weitere Dialoge zu verfassen suggeriert. Vgl. Durner (2005), XI. 14  AA I 11,1, 93–160 | SW V, 18–77. 15  Schleiermacher-Rezension, SW VII, 498–510. 16  Schleiermacher-Rezension, SW VII, 499: „Nachdem nun diese Feier, wie sich alles begeben, und wie es gesprochen wurde, sammt jedem kleinen Ereigniß, kunstreich niedergeschrieben worden, wäre nicht unmöglich, daß ein zweites Gespräch, weniger zierlich zwar, über das erste geführt würde. Wäre aber einer aufgefordert, seine Meinung über das Ganze zu sagen, so könnte er, an die Form sich haltend, das zarte Kunstwerk wohl kaum anders als bewundern. Ueber Inhalt aber und Grundlage des Ganzen zu reden, müßte er seinen Standpunkt außer demselben nehmen, und um in lebendige Wechselwirkung mit dem Einzelnen und Inneren des Gesprächs zu treten, von allen in demselben vorkommenden Standpunkten aus insbesondere reden, sich selbst und das Ganze in mehrere spaltend.“ 17  Schellings Sohn schreibt berechtigterweise, dass der Dialog, der sich der Philosophie Reinholds gegenüberstellt, „nicht ein philosophisches Gespräch im eigentlichen Sinn heißen kann, d. h. ein solches, in welchem ein philosophisches System selbst oder ein Theil desselben […] in der vollendetsten, weil freiesten, Form […] entwickelt wird“ („Vorwort des Herausgebers“, SW IV, V f.). K. F. A. Schelling bezieht sich hier auf den Vorbericht von Philosophie und Religion. 18 Vgl. Philosophie der Kunst, AA II 6,1, 128 | SW V, 385: „Wahrheit und Schönheit, so wie Güte und Schönheit, verhalten sich daher niemals als Zweck und Mittel; sie sind vielmehr eins […].“ 13 

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Der Dialog ist insofern ein autonomes Ganzes, als er das System erschöpfend darstellt. Aus diesem Grund stellt er die Freiheit des Geistes dar, der sich selbst sein eigenes Gesetz gibt. Die Charakterisierung der Dialogform spielt offenbar auf die kantische Definition der Person an: nämlich das freie Wesen, das sein eigener Zweck und nie ein Mittel ist.19 Schon seit 1804 ist die Gesprächsform also unmittelbar mit der Darstellung der Freiheit verbunden, wie auch mit der des vollendeten Systems. Doch für Philosophie und Religion war die Dialogform deswegen nicht geeignet, weil Schelling in diesem Text darauf zielte, das Verhältnis zwischen Philosophie und Glauben im Kontext seiner Auseinandersetzung mit Carl Eschenmayer zu erläutern. Dieser polemischen Abhandlung setzt Schelling also das Gespräch Bruno entgegen, das „ganz und durchaus“ die „symbolische Form“20 des Gesprächs bekommen hat. Am Anfang des Vorberichts von Philosophie und Religion erinnert Schelling auch daran, dass er neben Bruno noch zwei andere Dialoge schreiben wollte, die aus diesem Stück folgen würden.21 Zuerst sollte die Figur Bruno den Inhalt der Philosophie oder seine Fundamente, also die philosophia prima, mit Fragen und Antworten an seine Gesprächspartner entwickeln.22 Anschließend sollte Polyhymnio die „Sinnbilder und Handlungen“ beschreiben, „durch welche eine solche [Philosophie] dargestellt werden könne“,23 d. i. der Inhalt der Religion. Schließlich hätte es ein gemeinsames Gespräch zwischen allen Figuren geben sollen, über Mythologie und Poesie (d. h. eine Darstellung der Philosophie unter der Potenz der Schönheit). Wie im Vorbericht von Philosophie und Religion erklärt, so wurde der Stoff des zweiten angekündigten Dialogs tatsächlich in dieser letzten Schrift verwendet, jedoch ohne die Dialogform anzunehmen.24 Den Stoff des dritten angekündigten Gesprächs finden wir in Schellings Philosophie der Kunst wieder.25 Mit diesem Programm der geschriebenen sowie ungeschriebenen Dialoge wäre die ideale Sphäre vollständig beschrieben worden: Philosophie, Religion und Ethik sowie Kunst.26 Für Schelling ist das philosophische Gespräch die angemessene Darstellung der bis zur idealen Reihe systematisch entwickelten Philosophie.

19 

Vgl. Kant, GMS, AA IV: 428; siehe auch 430; 433. PR, SW VI, 13. 21 Vgl. Bruno, AA I 11,1, 357 | SW IV, 234. 22 Vgl. Bruno, AA I 11,1, 357–448 | SW IV, 235–329. 23  Bruno, AA I 11,1, 357 | SW IV, 234. 24 Vgl. PR, SW VI, 13. Ludwig Noack erinnert an die Verknüpfung der drei vorgesehenen Dia­ loge und hebt kritisch hervor: „Echt schellingisch erhalten wir nur das erste Gespräch der Trilogie; die beiden andern ist [Schelling] als Dialoge dem Publikum schuldig geblieben.“ (Noack [1859], 441) 25  Noack erwähnt eher den Aufsatz Ueber Dante in philosophischer Beziehung (AA I 12,2, 599– 611 | SW V, 152–163), wahrscheinlich weil die Vorlesungen über die Philosophie der Kunst erst Ende 1859 veröffentlicht worden sind, d. h. im selben Jahr, in dem Noacks Buch erschien. 26  Noack (1859), 441. 20 

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1.3. Dialog als Form der ‚idealen‘ Philosophie Tatsächlich wird bei Schelling das Gespräch dort erwähnt oder ausgeführt, wo es um die Darstellung des idealen Teils der Philosophie geht, also um die der Natur gegenübergestellte Welt der Freiheit. Dies ist der Fall in der eben zitierten programmatischen Textstelle aus dem Dialog Bruno (dessen Absicht es ist, nach der Darstellung von 1801 die ideale Reihe zu konstruieren, bis zu dem Punkt, wo die Indifferenz als „Identität zwischen Schönheit und Wahrheit“27 im Denken zum Ausdruck kommt), am Anfang von Philosophie und Religion sowie 1807 in der Schleiermacher-Rezension in Bezug auf die Religion, oder noch in der Freiheitsschrift von 1809 und auch in der Clara, wo das Verhältnis der ‚Geisterwelt‘ zur Natur genau herausgearbeitet wird; schließlich noch in den Weltaltern.28 Wie kann man die Angemessenheit der Gesprächsform zur Vollendung der idealen Philosophie verstehen? Zuerst besteht die Aufgabe dieses Systemteils bekanntlich nicht darin, die Welt als Objektivität oder Natur, sondern als Wirkungsfeld der Tätigkeit des freien menschlichen Subjekts zu konstruieren. Hatte die Darstellung von 1801 eine unmittelbare Erklärung des Seins aller Dinge im Absoluten geliefert, so musste sich eine Erklärung der idealen Seite der Philosophie mit Kategorien der Subjektivität befassen. Indem die Gesprächsform uns die Gegenüberstellung von Subjekten zeigt, die verschiedene Weltauffassungen vertreten, bietet sie uns unmittelbar eine Potenzierung der realen Reihe, einen Übergang zur höheren Potenz bzw. eine reflexive Darlegung dessen, was sich als Sein in der Naturphilosophie gab. Wenn wir den Dialog lesen, so beziehen wir uns nicht auf die Vorstellungsobjekte, sondern auf deren Konstruktion im und vom Subjekt des Philosophierens. Bedeutend ist in dieser Hinsicht die Art und Weise, wie die poetische Beschaffenheit der Figuren in Schellings Dialogen jeweils der dann von ihm behaupteten Auffassung des philosophierenden Subjektes entspricht: Im Bruno sind diese Figuren weder geschichtliche Wesen, die wirklich existiert haben, noch bloße Zeichen ohne menschliche Konsistenz. Es sind Individuen, deren Individualität allerdings bloß darin besteht, dass sie grundlegende philosophische Auffassungen darstellen, die es innerhalb der Identitätsphilosophie einzugliedern gilt.29 Für Alexander gilt Materie als Einheit des göttlichen und des natürlichen Prinzips (Materialismus, Giordano Bruno, aber auch die Vorsokratiker). Der sogenannte Intellektualismus wird von Anselmo (Leibniz’sche Philosophie, Platonismus, Neuplatonismus) vertreten: Für ihn ist die Einheit vor allem in der Idee bzw. in der Monade zu finden. Luzian stellt den transzendentalen Idealismus Fichtes dar, letztlich vertritt die Figur Bruno den Realismus, der sich in den Schelling’schen Ideal-Realismus verklärt; die Figur Bruno erscheint also als „innerlicher Mittelpunkt“30 des Dia27 

Rivelaygue (1987), 13. Siehe oben Fn.  4 sowie unten Fn.  64. 29 Vgl. Bruno, AA I 11,1, 428–430 | SW IV, 309 f. 30  Noack (1859), 444. Siehe auch 442: „Die unterredenden Personen erscheinen als die Träger der sachlichen Gegensätze, in deren Entwicklung und Ausgleichung die Aufgabe des Dialogs besteht.“ 28 

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logs. Diese Individuen zeigen unmittelbar die „verschiedenen Äußerungen der sich in Philosophie gestaltenden [absoluten] Vernunft“31 auf. Ihre Individualität ist also genau die der mythologischen Götter, wie Schelling sie in der Philosophie der Kunst zur selben Zeit definiert: Sie gelten nicht als einzelne Wesen, sondern als absolute Individuen, die „zugleich Individuen und Gattungen“32 sind. Eben zu diesem Gesichtspunkt soll sich auch das im Rahmen der Identitätsphilosophie konzipierte Subjekt des Denkens erheben: und zwar nicht das einzelne Ich als solches, sondern dasjenige, was in ihm (oder: aus ihm abstrahiert) dem Absoluten gleicht.33 Dagegen inszeniert das Gespräch Clara viel konkretere Individuen: den Pfarrer, der die Einheit von Körper und Geist darstellt, vom Geist aus gesehen; den Arzt, der dieselbe Einheit, aber vom Körper aus gesehen, repräsentiert; schließlich Clara, die als Allegorie der Seele auftritt, als lebendige Verbindung oder innere Einheit dieser beiden Sichtweisen.34 Jede Figur hat eine Geschichte, eine bestimmte Verankerung in der Zeit und im Raum, die sie einer Romanfigur annähert. Jeder in diesem Gespräch entdeckt in sich selbst als Person die Positionen der anderen, d. h. – laut der Definition, die in der Freiheitsschrift inzwischen gegeben worden ist35 – in sich selbst als Verknüpfung eines Grundes, der Natur und Selbstheit ist, mit einem Geist-sein, das Offenheit, Verbindung, Liebe ist. Weder der Pfarrer noch der Arzt vertreten je eine einseitig geistliche resp. materialistische Stellungnahme. Das philosophierende Subjekt ist hier nicht der Einzelne als Einzelner, sondern der Einzelne, der die eigene persönliche Einzigkeit (Singularität) in Geist zu verklären sucht, doch ohne sie je ganz verlassen zu können.36 Sei es im Bruno, sei es im Dialog Clara: Das Gespräch inszeniert also mittels der Gegenüberstellung der Figuren die philosophische Konstruktion der Welt durch das sich auf die Einheit des Prinzips beziehende Subjekt. Gerade deswegen wird das Gespräch als Konstruktionsform der idealen Philosophie notwendig auch eine bestimmte Darstellung des Verhältnisses zwischen der Philosophie und den Philosophien. Sobald mehrere freie Subjekte sich mit der idealen Konstruktion der Welt befassen, kann man nicht umhin, die Frage nach der Verschiedenheit der Philosophien zu stellen. Es ist also kein Zufall, wenn Bruno, Clara und die Freiheitsschrift jeweils eine Version des Verhältnisses von der philosophia prima und der Geschichte der Philosophie vorschlagen. Das Gespräch Bruno stellt außerhalb der Zeit die philosophia perennis dar, indem es die vier grundlegenden Philosophien in die Identitätsphilosophie einbezieht. Die Geschichte der Philosophie erscheint hier nicht als eine Entwicklung, sondern eher als eine Sammlung der wichtigsten theoretischen Positionen. 31 

Bruno, AA I 11,1, 429 | SW IV, 310. Philosophie der Kunst, AA II 6,1, 145 | SW V, 406. 33 Vgl. DMS, §  1 (AA I 10, 116 f. | SW IV, 114 f.). 34  Vgl. Marquet (1984), 6. 35 Vgl. Freiheitsschrift, AA I 17, 135 | SW VII, 364. 36 Vgl. Clara, SW IX, 68. 32 

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Dagegen wird im Gespräch Clara die historische Entwicklung der modernen Philosophie in dem untrennbar gefühlsmäßigen und intellektuellen inneren Fortschritt der namentlichen Figur allegorisch gefasst. Die junge Frau geht von einem ‚Grauen‘ vor der Verbindung mit dem Natürlichen aus,37 um sich langsam durch den Dialog auf ein Verständnis der Geistigkeit des Körpers und der Körperlichkeit des Geistes zuzubewegen.38 Genau so ist auch laut Schelling mit der modernen Philosophie zu verfahren, die mit der kartesianischen Trennung von der res extensa und der res cogitans begonnen und später mit Kant auf die meta-physische Erhebung von der Natur aus bis zum Übersinnlichen verzichtet hat (sie ist also zur Hyper-physik geworden). Die äußerste Folge dieses Verzichts sei in Jacobis Philosophie zu finden, die endgültig die Subjektivität als solche von allem objektiven Wissen über die Natur absondert.39 In Abgrenzung dazu sieht Schelling die eigene Philosophie immer noch als Naturphilosophie an,40 die er als Heilmittel für diese Versuchung der reinen Geistigkeit versteht. Auf diese Weise werden im Gespräch Clara die verschiedenen philosophischen Positionen im Laufe eines persönlich-geschichtlichen Weges integriert. 1.4. Lesen des Dialogs als performative Durchführung der idealen Philosophie Formelle Merkmale des philosophischen Gespräches fordern die Leserin/den Leser zu einer synthetisierenden Tätigkeit auf, um die Einheit der gegebenen Sichtweisen herzustellen. Ohne diese Tätigkeit des Subjekts, die in der Erörterung der realen Reihe unbewusst bleiben musste, bleibt der Dialog nicht nur völlig wirkungslos, sondern auch unbegreifbar. Er stellt figürlich und objektiv die Aneignung der Philosophie dar, die er gleichzeitig subjektiv fordert.41 Was also den Dialog für die philosophische Darstellung der idealen Welt – und demnach auch für die Vollendung des Systems – erforderlich macht, ist die Tatsache, dass er von der Leserin/vom Leser die reine Bewegung des Denkens verlangt, die kontinuierlich zwischen der Anschauung des Prinzips und dessen Entfaltung in der Verschiedenheit der Figuren bzw. Gesichtspunkte schwingt. Die Leserin/der Leser ist aufgefordert, sich bis zu dem Punkt zu erheben, an dem sich die Intuition der Einheit und ihre Beugung in die Besonderheit ineinander verwandeln. So ist das gelesene Gespräch die performative Durchführung42 der Philosophie als Bewegung, die durch die Potenzen der idealen Welt durchgeht. 37 Vgl.

Clara, SW IX, 27. unvollständige Dialog stellt nur zwei Jahreszeiten dar, Herbst und Winter. Doch schon am Anfang des Frühlings erkennt Clara eine „tiefe […] Anhänglichkeit an die Erde“ (SW IX, 106), d. h. an die sinnliche Welt. Siehe auch Der Frühling, 274. 39  Siehe die Einleitung zu Clara sowie, innerhalb des Dialogs, SW IX, 134. Aber auch: Freiheitsschrift, AA I 17, 128 | SW VII, 356. 40  Vgl. die letzten Zeilen der Freiheitsschrift. 41 Vgl. Clara: „Wer […] die Sache in einem gemüthlichen und äußerlich-kunstlosen Gespräch darstellen kann, der muß sie wirklich innehaben, sie durchdringen und von ihr ganz durchdrungen seyn.“ (SW IX, 91) 42  Thomas Buchheim hat betont, dass das gesprächsartige Verfahren in der Freiheitsschrift es 38  Der

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Im Dialog ist tatsächlich die Objektivität der Philosophie zugleich sein Leben, denn von der Leserin/vom Leser wird gefordert, dass er nicht bloß einen (schriftlichen) Gedankenlauf verfolgt, sondern selbst die Einheit frei erschafft. So verwirklicht er das Wesen der Philosophie, die, so Schelling, keine Potenz der idealen Welt ist, sondern die absolute Identität dieser Potenzen ausdrückt. Es ist wichtig, daran zu erinnern, dass die Philosophie für Schelling keine reine Theorie ist, sondern die innere und lebendige Einheit von Theorie und Praxis, eine Tätigkeit, die die Einheit des Wissens, des Handelns und der Kunst dynamisch fasst, „über der Wahrheit ebenso wie über der Güte und über der Schönheit schwebend“.43 Im Dialog Bruno wird das Absolute seitens des Idealen als Indifferenz konstruiert: Von der anfänglichen Definition der absoluten Einheit als Identität der Identität und der Differenz ausgehend44 versuchen die Figuren zu verstehen, wie diese Definition mit den im Bewusstsein vorhandenen Gegensätzen kompatibel sein kann. Die Bewegung, die von der Leserin/vom Leser gefordert wird, um sich zur Einheit der vier dargestellten Philosophien zu erheben, ist die Konstruktion selbst, um die es in dem Dialog geht. Obwohl diese Konstruktion oder „Aufhebung von Gegensätzen“45 im Diskurs (also zeitlich) geschieht, ist sie in ihrem Wesen zeitlos; sie basiert auf einer Anschauung sub specie aeternitatis. Doch im Gespräch Clara ist die Bewegung des Denkens, die im Text stattfindet und zugleich von der Leserin/vom Leser gefordert wird, sehr anders entworfen worden. Hier geht es um ein Fortschreiten, das nur in und mittels der Zeit möglich ist. Damit ist nicht die homogene und universelle Zeit der mathematisch-philosophischen Konstruktion gemeint, sondern die heterogene und singuläre Zeitlichkeit bzw. Geschichtlichkeit, in der die Freiheitsschrift (nur ansatzweise) und später die Weltalter (mehr detailliert) das Wesen der Individualität sehen. Darüber hinaus ist dieses Fortschreiten für die drei Figuren als eine affektive Erfahrung beschrieben. Die innere Rückkehr zur Verbindung von Grund und Existenz in mir ist ein Ereignis für ‚den ganzen Menschen‘, in dem Geist und Körper einzig ungetrennt sind. Zwischen den beiden Dialogen Bruno und Clara hat die Freiheitsschrift insofern eine Wendung vollzogen, als nun die Verbindung des menschlichen Wesens zum Prinzip nicht mehr als Intuition (oder ‚Vernunft-Anschauung‘) gedacht werden kann, sondern nur als innere Verknüpfung meiner zu einer ‚unvordenklichen‘ Tat, die meine eigene Zeitlichkeit konstituiert.46

erlaubt, „eine[n] performativen Selbstwiderspruch“ in der „begriffliche[n] Systematisierung der Freiheit“ zu vermeiden (Buchheim [1997a], XXVII); siehe oben Fn.  2. Dies kann allgemeiner für Schellings hier rekonstruierte Dialogtheorie gelten. 43  Philosophie der Kunst, AA II 6,1, 126 | SW V, 382. Dieser Punkt wurde von J. Rivelaygue bemerkt (Rivelaygue [1987], 25 f.). 44 Vgl. Bruno, AA I 11,1, 358 f. | SW IV, 235 f. 45  Methode des akademischen Studiums, SW V, 351. 46 Siehe Freiheitsschrift, AA I 17, 151–155 | SW VII, 383–388.

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1.5. Gespräch als philosophisches Kunstwerk Als Objektivierung der Philosophie bzw. der Tätigkeit, die die idealen Potenzen durchzieht und immer wieder auf das Absolute bezieht, kann das Gespräch ein philosophisches Kunstwerk genannt werden, und zwar nicht im metaphorischen, sondern im strengen Sinne. Im Rahmen der Identitätsphilosophie ist nämlich die Kunst die einzige Objektivierungsform, die diesem ‚dynamischen Wesen‘ der Philosophie entspricht. Ist die Vernunft „das Auflösende aller besonderen Formen“,47 der Ausdruck der absoluten Identität des Realen und des Idealen, so ist die Kunst als höchste Potenz der idealen Welt der Ausdruck ihrer Indifferenz und die einzige Form, die die Philosophie als ‚auflösende‘ Tätigkeit real ausdrücken kann.48 Allerdings fordert eben die objektive (literarisch-philosophische) Gestaltung des Gesprächs eine solche Tätigkeit von der Leserin/vom Leser. Der Dialog ist ein Kunstwerk und gerade deswegen die Darstellungsform, die der idealen Philosophie am besten entspricht. Schelling stellt 1804 eine Analogie zwischen dem Dialog als ‚philosophischem Kunstwerk‘ und dem völlig selbständigen Werk der bildenden Kunst her. Außerdem spricht er ausdrücklich von der symbolischen Form des Dialogs.49 Denn das Gespräch weist nicht auf das Wesen der Philosophie hin, sondern stellt es, als Symbol, performativ dar.50 Den Dialog als philosophisches Kunstwerk zu bestimmen, ist also bei Schelling keine lyrische Übertreibung; nicht um Dekoration geht es hier, sondern um den Schnittpunkt von Philosophie und Kunst. Als Kunstwerk ist das Gespräch imstande, uns die Freiheit im innersten vereint mit der Notwendigkeit zu zeigen, ohne jene zu verdinglichen oder aufzuheben. Man erinnert sich daran, dass Schelling seit dem System des transzendentalen Idealismus die Kunst als Einheit von Freiheit und Notwendigkeit charakterisiert.51 Im philosophischen Dialog erscheinen die Figuren wie freie Wesen, deren gemeinsame Rede die notwendige Beziehung zwischen den Ideen auftreten lässt. So wird das System vor uns als Werk der Freiheit dargestellt sowie in/von uns frei ausgeführt – und das aufgrund eines textlichen Appells. 1.6. Dialogisches und Poiesis Das philosophische Gespräch kann das System als Werk der Freiheit darstellen und verwirklichen, weil es auf der Schnittstelle von Kunst und Philosophie stattfindet. Worin besteht aber diese Schnittstelle? 47 

Philosophie der Kunst, AA II 6,1, 124 | SW V, 379. Philosophie der Kunst, AA II 6,1, 125 | SW V, 380 f. Vgl. auch Methode des akademischen Studiums, SW V, 284: „Die wahre Objektivität der Philosophie in ihrer Totalität ist nur die Kunst“. 49 Vgl. PR, SW VI, 13. In seiner Rezension von Schleiermachers Weihnachtsfeier (SW VII, 498– 510) bezeichnet Schelling 1807 mehrfach die Weihnachtsfeier als Kunstwerk. Zum Symbol als Stoff der Kunst siehe Philosophie der Kunst, AA II 6,1, 145 f. | SW V, 406 f. 50 Vgl. Philosophie der Kunst, AA II 6,1, 149 | SW V, 411 f. 51 Vgl. Philosophie der Kunst, AA II 6,1, 128 | SW V, 384. 48 Vgl.

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Schauen wir hier noch einmal zurück auf die Art und Weise, wie Schelling das Verhältnis zwischen Kunst und Philosophie in der Zeit der Identitätsphilosophie versteht. Die innere Identität von Kunst und Philosophie, die der Kunst ermöglicht, die Philosophie zu symbolisieren, beruht auf dem Gedanken der Produktivität beider: In der Philosophie, wie auch in der Kunst, gibt es ein Poiein.52 Von dem innern Wesen des Absoluten, welches die ewige In-Eins-Bildung des Allgemeinen und Besondern selbst ist, ist in der erscheinenden Welt ein Ausfluß in der Vernunft und der Einbildungskraft, welche beide ein und dasselbige sind, nur jene in Idealen, diese im Realen. (Methode des akademischen Studiums, SW V, 267) Jedes wahre durch Einbildungskraft geschaffene Kunstwerk ist die Auflösung des gleichen Widerspruchs mit dem, der in den Ideen vereinigt dargestellt ist. (Methode des akademischen Studiums, SW V, 267)

Das Gespräch ist der Philosophie geeignet, weil es das dynamische, lebendige Spiel des „produktiven Vermögen[s]“53 zwischen Individuierung und Totalisation erfordert. Als Text entfaltet es die plastische Kraft, die Produktivität, die es subjektiv anregt, und die genau als Kern der inneren Identität von Philosophie und Kunst fungiert. Obwohl Schelling mehrmals die symbolische Form des Gesprächs und dessen Inhalt von einander unterscheidet, so gibt es nicht einen philosophischen Inhalt einerseits und eine künstlerische (literarische) äußerliche Form andererseits: Dies würde gerade der Schelling’schen Definition des Symbols widersprechen. Die Dialogform symbolisiert die philosophische Tätigkeit, weil sie die Leserin/den Leser zur Kraft der In-formation (In-Eins-Bildung, Imagination) bewegt, deren wesentliche Bedeutung Schelling nicht nur für die Kunst, sondern auch für die Philosophie behauptet. Dank dieser Kraft wird dasselbe Universum in der Form der Kunst und in der Form des Denkens aus der inneren Identität des Einen und des Mannigfaltigen konstruiert.54 Wenn also das Gespräch als philosophisches Kunstwerk bestimmt wird, so ist damit weder eine ‚nur ästhetische‘ Verbesserung der Form als Form gemeint, noch eine rein dialektische Technik (Virtuosität der rationellen Argumentation), sondern die Tatsache, dass es uns dazu anreizt, uns mit der absoluten Ein-bildungs-kraft (d. h. poietische oder symbolisierende Kraft) in uns in Verbindung zu setzen. Deswegen ist es sinnvoll, dass der Dialog Bruno mit einer Diskussion über das gemeinsame Wesen der Wahrheit und der Schönheit anfängt. Ergebnis dieser Diskussion ist allerdings, dass hier die Schönheit nur als ewige, nicht als sinnliche Schönheit betrachtet wird.55 Im Gegensatz dazu wird in der Schrift Clara die poietische Kraft 52 Siehe

System des transzendentalen Idealismus, AA I 9,1, 326 | SW III, 626. Methode des akademischen Studiums, SW V, 267. Über ‚Produktivität‘ in der Wissenschaft und in der Kunst siehe auch SW V, 241 f. 54 Vgl. Philosophie der Kunst, §§  20–22 (AA II 6,1, 128 f.). 55 Vgl. Bruno, AA I 11,1, 350 | SW IV, 227: „Allein, o Freunde, nachdem wir die höchste Einheit der Schönheit und Wahrheit bewiesen haben, so scheint mir auch die der Philosophie mit der Poesie bewiesen: denn wonach strebt jene als eben nach jener ewigen Wahrheit, die mit der Schönheit, 53 

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nicht mehr als Kraft der Bildung von ‚allgemeinen Individuen‘ erfasst, sondern (der Wende von 1809 gemäß) als eine Kraft der Individuierung bis zur Spitze der Einzelheit sowie des sinnlichen Lebens. Dies kann auch als Folge der Rede von 1807 Über das Verhältnis der bildenden Künste zu der Natur interpretiert werden, da diese Rede die Notwendigkeit der vollendeten Bestimmung der einzelnen Form in der Kunst hervorhebt. Dem Leser oder der Leserin der Clara geht es also um die Art und Weise, wie er oder sie sich als gegenwärtige und einzige Person innerlich mit dem Einheitsprinzip von Natur und Geist verbinden kann. Wenn es so ist, wird also deutlich, dass es Schelling im philosophischen Gespräch eigentlich nicht um die Gegenüberstellung von einzelnen Subjekten in ihrer Verschiedenheit und in ihrer Endlichkeit geht. Sei es im Bruno oder in der Clara, so werden nicht etwa endliche Gesichtspunkte miteinander konfrontiert, sodass ihre gegenseitige Negation einen offenen Raum schaffen würde, in dem sich das (immer schon anwesende) Eine offenbaren könnte (so geht Karl Solger in seinen philosophischen Gesprächen vor).56 Noch weniger ist hier die Rede von einem Perspektivismus, der die verschiedenen Gesichtspunkte als gleich gültig bewahren würde, wie bei Friedrich Schlegel, der den Dialog als „eine Kette, oder einen Kranz von Fragmenten“57 auffasst. Bei Schelling ist das Gespräch auch nicht, wie bei Friedrich Schleiermacher, die angemessene Form nur für einen bestimmten Zustand des philosophischen Wissens, den der Kontroverse oder der Konfrontation endlicher Gesichtspunkte, „in dem die philosophischen Probleme noch dem Streit der Meinungen und dem Zweifel unterliegen“.58 Vielmehr stellt Schelling das Gespräch als Form der Philosophie dem polemischen Stoß von Einzelmeinungen („Sektengeist“)59 entgegen. In seiner Rezension von Schleiermachers Weihnachtsfeier macht Schelling einen Vorschlag, der sich auf die religiöse Gemeinschaft bezieht, aber auch das Verhältnis der philosophierenden Subjekte miteinander im Gespräch erhellt. Die „Gemeinschaft“, meint Schelling als Antwort zu Schleiermachers Dialog, sollte eine solche sein, für die gilt, „daß nicht das Subjekt mit dem Subjekt übereinzustimmen habe, welches unheilig ist und den Haß gebiert, sondern jeder mit dem gemeinschaftlichen Bande, das alles trägt und erhält und eben darum die Liebe ist“.60 Band ist 1806 die Bezeichnung des Absoluten als „die lebendige Ineinsbildung des Einen mit dem Vielen“ oder genauer als die Einheit seiner selbst als Eins und seiner selbst als Vieles.61 Mit dieser Bezeichnung geht es also um eine begriffliche Umformulierung jener plastischen Kraft der Individuierung sowie zugleich der Vereinigung, die die Kunstmediese aber nach jener ungebohrnen und unsterblichen Schönheit, welche mit der Wahrheit eins und dasselbe ist?“ 56  Vgl. Solger, Erwin; Solger, Philosophische Gespräche; Solger, Über die wahre Bedeutung und Bestimmung der Philosophie, Kapitel 12. 57  F. Schlegel, Athenäum-Fragment 77, KFSA 1, 176. 58  Henckmann (1987), 134. Siehe auch Frank (1984); Thouard (1997). 59  Freiheitsschrift, AA I 17, 28 | SW VII, 335; vgl. auch AA I 17, 173 f. | SW VII, 409 f. 60  Schleiermacher-Rezension, SW VII, 509 f. 61  Anti-Fichte, SW VII, 60. Siehe Galland-Szymkowiak (2011), 44–46.

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taphysik in den Jahren 1802–1805 schon als zentral betrachtete und die nun 1806 nicht mehr als Tätigkeit des Absoluten, sondern als dessen Wesen verstanden wird. Gleichgültig ob im Bruno, in der Clara oder sogar in der Freiheitsschrift, der Kern des Dialogischen besteht nicht in der Entgegensetzung von endlichen Standpunkten als solchen, sondern vor allem in der Zurückführung des jeweiligen Subjekts (d. h. sowohl der Figur als auch der Leserin/des Lesers) zu dem, wodurch es mit dem Absoluten eins wird – also zu dieser inneren Tätigkeit oder absoluter Poiesis. Dies könnte ein Grund dafür sein, warum das Dialogische bei Schelling auch eine sich dem Roman annähernde Form – wie in der Clara – annehmen kann, oder die der Erzählung wie bei den Weltaltern, oder sogar ohne Figuren auskommen wie in der Freiheitsschrift, wobei diese letzte Verwandlung des Dialogischen jetzt näher zu bestimmen ist.

2. Gesprächsartiges Verfahren in der Freiheitsschrift: als Person philosophieren Aus Schellings Theorie und Praxis des philosophischen Dialogs lässt sich ableiten, dass dieser als philosophisches Kunstwerk im Schelling’schen Sinne verstanden werden darf. Da Kunst und Philosophie jedoch zwei verschiedene Instanzen bleiben, sollte auch nach der Möglichkeit und dem Wesen einer Schnittstelle beider gefragt werden. Diese wurde in der Produktivität bzw. Poiesis gefunden, die einerseits den Kern des künstlerischen Schaffens konstituiert, und sich andererseits dem Üben einer lebendigen Philosophie unerlässlich erweist. Es soll daran erinnert werden, dass ‚Kunst‘ bei Schelling (sowie ‚das Symbolische‘) sich nicht auf eine spezielle menschliche Tätigkeit beschränkt, sondern eine Potenz des Absoluten bezeichnet. Gerade deswegen können in unserem Kontakt mit dem philosophischen Dialog Schönheit und Wahrheit als nicht widersprüchlich erfahren werden. Das Gespräch ist insofern ein philosophisches Kunstwerk, als es durch seine formale und inhaltliche Komposition bei der Leserin/dem Leser eine freie Produktivität hervorruft, die das System als Leben erzeugt. 2.1. Begeisterung/Enthusiasmus als inneres Gespräch der Person Bemerkenswert ist, dass ab 1809 die für den Sinn der Gesprächsform bestimmende philosophische Poiesis unter dem Namen der ‚philosophischen Begeisterung‘ als philosophische Tätigkeit der Person neu definiert wird. Diese Begeisterung besteht laut den letzten Seiten der Freiheitsschrift in der dynamischen Verbindung des Grundes in uns (bzw. der Vernunft als ewiges unbewusstes Substratum) mit der sondernden Tätigkeit des Verstandes: Das Band unsrer Persönlichkeit ist der Geist, und wenn nur die werkthätige Verbindung beyder Prinzipien schaffend und erzeugend werden kann, so ist Begeisterung im eigentlichen Sinn das wirksame Prinzip jeder erzeugenden und bildenden Kunst oder Wissenschaft. Jede Begeis-

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terung äußert sich auf eine bestimmte Weise; und so giebt es auch eine, die sich durch dialektischen Kunsttrieb äußert, eine eigentlich wissenschaftliche Begeisterung. (AA I 17, 177 | SW VII, 414)

Es sei hier daran erinnert, dass im System des transzendentalen Idealismus die Begeisterung eben als Poiesis oder unbewusste Seite der künstlerischen Kreativität definiert wurde.62 1809 wird der Etymologie gemäß die Begeisterung bzw. der Enthusiasmus genau als ein in-Gott-sein charakterisiert – als die Einheit beider Prinzipien in uns, das heißt also auch als das, worin menschliche und göttliche Persönlichkeit übereinstimmen. Nun ist diese Einheit eben als eine produktive gekennzeichnet: als ‚schaffend‘, ‚erzeugend‘, ‚bildend‘. In den drei Fassungen der Weltalter findet man immer noch den Gedanken, dass die Methode der Philosophie auf der Verbindung in uns zwischen dem „Ewigen in der Seele“63 als Indifferenzierungsprinzip und unserem eigenen Sein als Differenzierung und Suche beruht: Diese Scheidung, diese Verdoppelung unserer selbst, dieser geheime Verkehr, in welchem zwey Wesen sind, ein fragendes und ein antwortendes, ein unwissendes, das aber nach Wissen sucht, und ein wissendes, das aber sein Wissen nicht weiß; dieses stille Gespräch, diese innere Unterredungskunst, das eigentliche Geheimniß des Philosophen, ist es, von welcher die äußere, darum Dialektik genannte, Kunst nur das Nachbild, und wo sie zur bloßen Form geworden, der leere Schein und Schatten ist. (WA II, 113 f.)64

Die platonische Definition der dianoia als „inneres Gespräch der Seele“65 wird hier offenbar im Lichte des 1809 bestimmten Personalitätsbegriffs bearbeitet. Persönlichkeit besteht aus der Verknüpfung zwischen dem dunklen Grund der Selbstheit, die eins ist ohne es zu wissen, mit dem „intelligente[n] oder Licht-Prinzip“, 66 das sich als Einheit weiß.67 Indem die Person sich auf sich selbst als Band beider bezieht, bezieht sie sich zugleich auf die absolute Einheit beider Prinzipien (d. h. auf sich selbst als Geist), und kann somit reflexiv den Gehalt dieser Einheit entfalten, das heißt die

62 Vgl.

System des transzendentalen Idealismus, AA I 9,1, 317–319 | SW III, 617 f. WA II, 112. 64  Die Fassung von 1811 lautet: „ein wissendes oder vielmehr das die Wissenschaft selber ist, und ein unwissendes nach Klarheit ringendes, diese innere Unterredungskunst“ und „nur das Nachbild“ (WA I, 5) statt „das Nachbild“ (WA III, 201). In der Fassung von 1815 schreibt Schelling: „ein unwissendes, das aber Wissenschaft sucht, und ein wissendes, das aber sein Wissen nicht weiß, dieses stille Gespräch“ (WA III, 201). Einen ähnlichen Passus findet man in Natur der Philosophie (SW IX, 238 f.). Summerell (2004) versteht das Dialogische, worauf diese Textstelle anspielt, nicht wie wir in Verbindung mit der vorangehenden Schelling’schen Theorie und Praxis des philosophischen Gesprächs, sondern eher im Zusammenhang mit der späteren Aufwertung eines historisch-Werdens der Philosophie als positive Philosophie; das Dialogische wird als Anamnese eines ursprünglichen Anfangs gedeutet. 65 Vgl. Tht. 189e4–190a7 und Soph. 263e3–5; 264a8–b4. 66  Freiheitsschrift, AA I 17, 142 | SW VII, 372. 67 Siehe Freiheitsschrift, AA I 17, 134; 140 | SW VII, 364; 370. 63 

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Philosophie entstehen lassen. Die freie Einheit beider Prinzipien in der Persönlichkeit erscheint als hervorbringende (dialogische) Dynamik des lebendigen Systems. 2.2. Dialogisches und Dialektik Diese Stelle der Weltalter bringt auch Licht auf das Thema ‚Dialogisches und Dialektik‘ bzw. ‚gesprächsweise/dialektisch‘. Hier, wie früher in den Vorlesungen zur Methode des akademischen Studiums, werden implizit zwei mögliche Bestimmungen der Dialektik abgelehnt: die ‚nur‘ formale (die Dialektik wäre einfach eine Technik des Räsonierens)68 sowie die logisch-ontologische Bestimmung (à la Hegel: die Dialektik wäre zugleich die Entwicklung der Idee selbst und die des Denkens). Wurde die Dialektik 1802 als die ‚Kunstseite‘ der Philosophie definiert, im Sinne einer technê, die gelernt und geübt werden kann, wird sie in den Weltaltern als ‚äußere Unterredungskunst‘ charakterisiert: So gibt es in beiden Texten den Gedanken, dass die Dia­ lektik, um nicht ganz leer und künstlich zu sein, immer auch an sich eine dialogisch-poietische Seite haben soll. In dieser Hinsicht betont Schelling 1802, dass „auch die Dialektik eine Seite hat, von welcher sie nicht gelernt werden kann, und daß sie nicht minder, wie das, was man […] die Poesie in der Philosophie nennen könnte, auf dem produktiven Vermögen beruht“.69 Vier Jahre nach der Publikation der Freiheitsschrift spricht Schelling nicht mehr von ‚Produktion‘ oder Poesie/Poiesis, sondern vom inneren Gespräch zwischen den zwei Komponenten des Philosophierenden als Person. ‚Gesprächsartig‘ ist die innere Verbindung des philosophierenden Subjekts mit dem, was in ihm nicht es selbst ist; diese freie Verbindung ist von der Dialektik untrennbar, wenn diese keine reine Denktechnik sein soll. 1809 ist es auch der Fall, dass die Dialektik als äußere Seite eines inneren Vorgangs charakterisiert wird, der seinerseits den Kern philosophischer Gespräche bildet. In der Dialektik drückt sich äußerlich ein kreatives Vermögen des Subjekts aus, das unmittelbar an dessen innerer ‚Identifikation‘ im Sinne eines Sich-selbst-gleich-machens mit dem Prinzip festhält. Diese Identifikation bekommt in der Freiheitsschrift den Namen ‚wissenschaftliche Begeisterung‘. Dass der Text ‚wie gesprächsweise‘ verfährt, soll diese bei den Leser/innen fordern. Obwohl Schelling hier behauptet, dass Enthusiasmus sowohl wissenschaftlich als auch künstlerisch sein kann, ist er sich im Zusammenhang seiner (unverhohlen polemischen,70 undialogischen) Opposition zu Friedrich Schlegel darüber völlig gewiss, dass Kunst und Philosophie verschieden bleiben. Genau wegen des Kontexts dieser Auseinandersetzung durfte (kann man vermuten) die Freiheitsschrift nicht in der 68  Claudia Bickmann hat betont, dass die Dialektik bei Schelling „die Funktion einer Grund­ legungs- und Prinzipienwissenschaft erhält, die über die logische Analyse der Begriffsform hinaus in diejenige Sphären auszugreifen sucht, die nicht mehr bloßer Gedanke, Begriff oder das Denken genannt werden können“ (Bickmann [2004], 153). 69  Methode des akademischen Studiums, SW V, 267. 70  Siehe Schelling an K. J. H. Windischmann am 9.5.1809, BuD III, 604.

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Form eines Gesprächs geschrieben werden, da literarisch bzw. ästhetisch zu wirken die Klarheit von Schellings Stellung Schlegel gegenüber verdunkelt hätte. Dass Schelling sich von ästhetisierenden Versuchen in der Philosophie 1809 scharf abgrenzt,71 bedeutet jedoch nicht, dass er die eigene Theorie und Praxis des Dialogischen als lebendige und subjektinnere Seite der Dialektik beiseitegelegt hätte – ganz im Gegenteil, wie nicht nur die Fußnote über das ‚gesprächsweise‘ Verfahren, sondern auch der Dialog Clara es deutlich werden lassen. 1809 wie 1802 und 1811/15 wird also die Dialektik als der durch Übung bewusst beherrschbare Teil einer inneren Tätigkeit bestimmt, die wir als Poiesis oder Begeisterung bezeichnen können und die für die Wirkung von philosophischen Dialogen charakteristisch ist. Diese Tätigkeit besteht in der freien Identifikation des denkenden Subjekts mit der schaffenden Dynamik des Prinzips. Dies heißt 1809: mit dem Geist als Band beider Aspekte der Persönlichkeit (Grund und Klarheit, Egoismus und Liebe), ein Band, das als Band identisch im Menschen und in Gott ist. Es gilt nun zu fragen, wie die Freiheitsschrift die Leserin/den Leser dazu motiviert, sich selbst in jenen zugleich rationalen und kreativen inneren Zustand frei zu stellen, aus dem das philosophische System im eigenen Bewusstsein lebendig entsteht. Was kann, in der Schreibweise dieser Abhandlung, in der Leserin/dem Leser das die Dialektik anregende innere Gespräch erzeugen? 2.3. Diskursarten in der Freiheitsschrift Man versteht, dass es uns hier nicht nur um eine Mannigfaltigkeit von ‚Stimmen‘ geht, die sich mehr oder weniger explizit in der Freiheitschrift Platz machen und den Gedanken einer Ähnlichkeit mit der Verteilung der Argumente auf die Figuren eines Dialogs erregen würde. Eher interessiert uns die folgende, allgemeinere Frage: Wie regt die gesamte Textstruktur der Freiheitsschrift die Leserin oder den Leser dazu an, dass er/sie selbst zum aktiven Band (oder auch: als lebendiges Gespräch) zwischen der Vernunft als Primum passivum und dem Verstand als Trennungs- sowie Zusammensetzungsvermögen72 avanciert? Diese Textstruktur erweist sich bei einem close-reading des Textes als eine Verflechtung von mindestens fünf Diskursarten, die sich methodisch sowie inhaltlich unterscheiden lassen: 1) Logisch-dialektische Argumentation und Begriffserklärung, ganz im Sinne der drei methodischen Momente ‚Widerlegung – Aporie – Untersuchung‘ (elegkos – aporia – zêtêsis), wie sie in den sokratischen Gesprächen bei Platon erscheinen73 – drei Momente, die für die dialektische Denkbewegung charakteristisch sind. 71 Vgl. Freiheitsschrift, AA I 17, 173 f. Anm. | SW VII, 409 f. Anm. Anmerkung (vermutlich) gegen F. Ast, vgl. AA I 17, 159 | SW VII, 393 sowie AA I 17, 177 f. | SW VII, 414. 72  „[D]as dialektische Prinzip, d. h. der sondernde, aber eben darum organisch ordnende und gestaltende, Verstand“ (Freiheitsschrift, AA I 17, 178 | SW VII, 415), der es erlaubt, das Historische als Systematisches zu ordnen und zu begreifen. 73  Vgl. Rogue (2002), 34–36.

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Die Einleitung der Freiheitsschrift 74 insbesondere (aber nicht nur sie) ist ein Textteil, in dem die Struktur ‚Widerlegung – Aporie‘ intensiv verwendet wird; die Dia­ lektik hat hier eine ausgeprägte propädeutische Rolle, indem es Schelling um eine „Berichtigung wesentlicher Begriffe“75 geht. Auch die in Platons Dialogen theoretisierte Suche nach einer Definition fungiert hier als methodische Richtlinie; so werden verschiedene Definitionen des Pantheismus in ihren Folgen geprüft und widerlegt. 2) Allerdings muss man feststellen, dass im ganz unsokratischen Sinn das platonische Moment der gemeinsamen ‚Untersuchung‘ durch doktrinelle Darlegung von Schellings eigener Philosophie häufig ersetzt worden ist. Dies geschieht oft, indem Lehrelemente aus der Naturphilosophie bzw. Identitätsphilosophie eingefügt und weiterentwickelt werden. Es gibt viele Beispiele: Schon in der Einleitung folgt einer rein dialektisch-widerlegenden Passage (AA I 17, 111–119 | SW VII, 336–346) die aus der Identitätsphilosophie herkommende Affirmation der Selbstoffenbarung Gottes sowie die These der Autonomie des Endlichen als paradoxes Zeichen seiner Unendlichkeit (AA I 17, 119 f. | SW VII, 346 f.). Die „Naturphilosophische Deduktion“ ist auch eine solche ‚affirmative‘ Textstelle (AA I 17, 128–133 | SW VII, 357–362). 3) Doch auch bei solchen Passagen kann es sein, dass Schelling die eigenen Ansichten anhand von Vorstellungen aus dem christlichen Gedankengut umformuliert: d. h. aus der Bibel, aus der Mystik und aus der Theosophie. In den Vorlesungen über die Philosophie der Kunst war deutlich geworden, dass Schelling das Christentum samt dessen ganzer Kultur als Mythologie der Moderne begreift – d. h. als Verdichtung (Kondensation), in Erzählungen von Handlungen, der modernen Auffassung des Verhältnisses vom Endlichen zum Unendlichen.76 Als Hypothese kann man hier festhalten, dass die Rolle von christlichen Bezügen in der Freiheitsschrift mit der Rolle von Mythen in platonischen Dialogen vergleichbar ist.77 Diese Mythen ersetzen nicht den logisch-dialektischen Diskurs, sondern es wird dank ihnen eine neue Stufe der rationellen Argumentation eingeleitet, die ohne diese Mythen nicht stattfinden könnte. In der Freiheitsschrift erscheint zum Beispiel die ‚Geschichte der Offenbarung‘ als mythische Erzählung über das Böse,78 doch fungiert die ganze Verwendung christlicher Bezüge als mythisch im Schelling’schen Sinne. 74 

AA I 17, 111–128 | SW VII, 336–357. AA I 17, 128 | SW VII, 357. Die propädeutische Rolle der Dialektik wird von Schelling u. a. in Natur der Philosophie betont (SW IX, 214). 76 Vgl. Philosophie der Kunst, §§  4 2–61 (AA II 6,1, 151–187). 77  Schelling spricht selbst vom Mythos, z. B. AA I 17, 153 | SW VII, 385: „Der Mensch ist in der ursprünglichen Schöpfung, wie gezeigt, ein unentschiedenes Wesen – (welches mythisch als ein diesem Leben vorausgegangener Zustand der Unschuld und anfänglichen Seligkeit dargestellt werden mag) – […].“ 78  AA I 17, 146–149 | SW VII, 377–380. 75 

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4) Eine ‚existentielle‘ Diskursgattung, die auf der Lebenserfahrung des menschlichen Wesens gründet, insbesondere was Empfindungen und Gefühle betrifft. Es geht hier um ein konkret-anthropologisches Wissen, das im Zusammenhang mit der methodischen ‚Vermenschlichung‘ der Freiheitsschrift gedeutet werden kann: Das Motto „Wollen wir uns dieses Wesen menschlich näher bringen […]“79 leitet direkt das Motiv der Sehnsucht ein,80 das sich in Verbindung mit Böhme bringen lässt,81 zugleich aber auch an eine menschliche Stimmung unmittelbar anknüpft.82 5) Und es werden natürlich auch verschiedene philosophische Positionen aus der Philosophiegeschichte integriert und/oder diskutiert: Mehr oder weniger detailliert sind die Ansichten von Jacobi, Fichte, Kant, Spinoza, Leibniz, Platon erwähnt und selektiv diskutiert, widerlegt oder als Stützpunkt aufgenommen.83 Nun wäre die Frage, wie diese Kombination von Diskursarten eine dialogische Entstehung der lebendigen Philosophie im Subjekt hervorruft. 2.4. Text als ‚Mischung‘ Bemerkenswert ist, dass diese verschiedenen Diskursarten sich nicht nebeneinander im Text befinden: vielmehr sind sie gemischt bzw. ineinander verschlungen. Auf eindeutige Grenzen oder klare Übergänge von einer Diskursart zu einer anderen kann man kaum hinweisen: Das Philosophiegeschichtliche wird logisch-dialektisch behandelt; das Mythische dringt in die philosophischen Begriffe hinein – die Analogie oder der Vergleich entwickelt sich zur Charakterisierung eines Wesens (z. B. ‚Sehnsucht‘ des Grundes); die Entgrenzung von Begrifflichem und Existentiellem hält sich nicht durch. Ein gutes Beispiel wäre die ‚intelligible Tat‘, zugleich Begriff, Metapher und existentielle Erfahrung – darüber hinaus kann man eine implizite Erinnerung an den Mythos von Êr am Ende von Platons Politeia bemerken (die Seelen wählen sich ein Leben, es gilt dann, dass jeder für die eigene Lebenswahl verantwortlich ist, die Gottheit ist aus dem Spiel).84 Endlich soll bemerkt werden: Auch an Stellen, an denen Schelling aus der eigenen Philosophie affirmativ argumentiert, bedient er sich hier und dort Begründungsfundamenten anderer Philosophen. Daniel Whistler hat aufgezeigt,85 dass die Mischung (lateinisch satura, das Allerlei, insbesondere eine poetische Gattung, die verschiedene Versmaße mischt; also auch Zusammenstellung verschiedener literarischer Gattungen) das Charakteristikum 79 

AA I 17, 130 | SW VII, 359. Vgl. AA I 17, 130–134 | SW VII, 359–364. 81  Siehe Buchheim (1997b), 122, Anm.  123. 82  Zur begrifflichen Rolle der ‚Sehnsucht‘ in der Freiheitsschrift siehe den Beitrag von Paul Ziche in diesem Band (175–190). 83  Über die Art und Weise, wie sich Schelling die Philosophiegeschichte aneignet, siehe den Beitrag von Daniel Whistler in diesem Band (71–89). 84  Resp.  614b–621d. 85  Whistler (2014). 80 

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der Gedichte ist, die Schelling selbst geschrieben hat. Diese Mischung nicht nur poetischer Gattungen sondern aller Diskursgattungen (wissenschaftlich, philosophisch, dichterisch) erscheint in Schellings Philosophie der Kunst als Merkmal der Absolutheit des Gedichts (wie par excellence bei Dante). Whistler hat auch betont, dass dieser Begriff der Mischung nicht nur für Schellings Dichtung und Poetik von Bedeutung ist, sondern auch für seine philosophische Praxis. In Schellings philosophischem Projekt sei die Poesie nicht neben der Philosophie vorhanden, sondern sie gehöre der Philosophie als Ganzer an. Es liegt nahe, die Verflechtung der Diskursgattungen in der Freiheitsschrift als eine Mischung in dem eben skizzierten Sinne zu deuten. 2.5. Philosophieren – als freie Person das Chaos ‚In-Eins-Bilden‘ Noch genauer möchte ich hier vorschlagen, die Mischung oder satura in der Freiheitsschrift als ‚Chaos‘ zu deuten. Die Mischung der Diskursgattungen ist Chaos als textuelle Basis, aus welcher die Leserin/der Leser das System in Form setzen soll. Chaos ist ein Terminus, der in der Identitätsphilosophie, besonders in der Philosophie der Kunst, das Eins als dem Ganzen gleich betrachtet, allerdings noch nicht als Ganzes entwickelt, sondern eher als im Begriff, sich zu entwickeln. Chaos ist weder Unordnung noch Negation noch Abwesenheit der Formen, sondern Schmelztiegel von allen Formen, und in diesem Sinne zögert Schelling nicht, es als Kern des Absoluten zu bezeichnen: „Das innere Wesen des Absoluten, worin alles als eins und eins als alles liegt, ist das ursprüngliche Chaos selbst“.86 Nun aber definiert Schelling in einer Stelle der Freiheitsschrift die Denktätigkeit, insofern sie schaffend (poietisch) verfährt, als einen Prozess der In-formation des Chaos in die Einheit: Die erste Wirkung des Verstandes in ihr [= in der Natur] ist die Scheidung der Kräfte, indem er nur dadurch die in ihr unbewußt, als in einem Saamen, aber doch nothwendig enthaltne Einheit zu entfalten vermag; so wie im Menschen in die dunkle Sehnsucht, etwas zu schaffen, dadurch Licht tritt, daß in dem chaotischen Gemenge der Gedanken, die alle zusammenhängen, jeder aber den andern hindert hervorzutreten, die Gedanken sich scheiden und nun die im Grunde verborgen liegende, alle unter sich befassende, Einheit sich erhebt; […] (AA I 17, 132 | SW VII, 361)

Dadurch, dass der Text der Freiheitsschrift als eine Mischung erscheint, fungiert er als Basis für die Leserin/den Leser, sodass dieser zuerst chaotisch miteinander verwickelte Elemente einer geistigen Materie voneinander trennt, miteinander wieder zusammensetzt und in einer (immer noch zu bildenden) Totalität gestaltet. In diesem Sinne entsteht hier das Denken dank der morphologischen Merkmale des Textes ‚wie gesprächsweise‘. Aus Schellings Text erscheint, dass diese ‚geistige Materie‘ insgesamt 86  Philosophie der Kunst, AA II 6,1, 193 | SW V, 465. Der Begriff des Chaos, den Schelling von der Kunstphilosophie aus bis zur Spätphilosophie entwickelt, ist freilich komplexer als das, was dieses eine Zitat aufzeigen kann; eine Untersuchung über diesen Begriff wird in Galland-Szymkowiak (2019) ausgeführt.

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aus dem passiven Wissen des okzidentalischen, christlichen Philosophen besteht. Das unbewusste Ganze von philosophischen Stellungnahmen, christlichen Mythen, theosophischen Ansichten sowie konkret-anthropologischem Wissen macht die ‚geistige Natur‘ (d. h.: die Kultur) des Philosophen Anfang des 19. Jahrhunderts aus. Dies bedeutet, dass das Philosophieren nicht bloß in der rein dialektischen Artikulation von rationalen (Verstandes-)Argumenten liegen kann: Es ist selbst ‚Transmutation‘, In-formation oder Ein-Bildung einer geistigen Materie, d. h. einer Naturalität des Denkens selbst. Offenbar ist dies aber ein Gedanke, der in der Freiheitsschrift in den Vordergrund gerückt wird: und zwar in dem Maße, dass in dieser durch den Begriff der Person auch die Naturalität des Geistes selbst gedacht wird. Auf der Grundlage dieser Bestimmung des Dialogischen als In-formation der Naturalität des Geistes auf Forderung des Textes kann man auf den Unterschied zwischen Dialogischem in Schellings philosophischen Dialogen und Dialogischem in der Freiheitsschrift zurückkommen. Bei den Dialogen erscheint das Dialogische als das, was aus unserer Beziehung auf die Figuren entsteht. Es werden uns Individuen vorgestellt, also eine geistige natura naturata – Hemmungspunkte der Produktivität, Kondensationen. Wir schweben zwischen den bestimmten Standpunkten dieser Individuen, um unsere eigene Beziehung zum Absoluten zu erschaffen. Dafür fungiert je ein Individuum – Bruno, Clara – im Gespräch als privilegierte/r Vermittler/in zur Identifikation mit dem Absoluten. Im Gegenteil dazu werden in der Freiheitsschrift keine geformten Individuen präsentiert, sondern vielmehr ein ideelles ‚Chaos‘ im Schelling’schen Sinne – keine Un-ordung, sondern eine dynamische Wechselwirkung von Ideen und Kräften, von (im Text niedergelegten) Seinsarten, die es gilt, wie bei Platon, voneinander zu entwirren. Hier ist also die geistige Natur, mit der wir zu tun haben, eher der natura naturans ähnlich. Allerdings gibt es auch bei diesem Text einen privilegierten Vermittlungspunkt zur In-formation dieser Natur in ein System: die Textstellen, die affirmativ Schellings eigene Ansichten (bzw. Lehre) darlegen. Bemerkenswert ist ebenfalls, dass in der Freiheitsschrift als Text nicht nur verschiedene Systeme aus der Philosophiegeschichte eingefügt werden, sondern auch verschiedene Standpunkte oder Erkenntnisvermögen, an denen die verschiedenen Diskursarten sich ausrichten: Verstand (logisch-dialektischer Diskurs), Anschauung/ Betrachtung sowie Einbildungskraft (christlicher und mystischer Diskurs), und Empfindung/Gefühl (und hier kann man an die Stellen mit existentiell-anthropologischen Analogien oder Metaphorik denken). In diesem Maße ist die Entstehung des Systems ‚wie gesprächsweise‘ als Artikulation nicht nur von verschiedenen theoretischen Standpunkten, sondern auch von den verschiedenen Aspekten der philosophierenden Person zu verstehen. Das ‚wie gesprächsweise‘ in der Freiheitsschrift wäre in dieser Hinsicht nicht auf die dialektische Einbettung verschiedener philosophischer Systeme zu begrenzen. Es sollte breiter aus der spezifischen Schriftart gedacht werden, die hier als Anstoß zum Philosophieren fungiert: also aus der ‚chaotischen‘ Mischung von heterogenen Elementen der Kultur, des Wissens und der Erfahrung. Dieses Chaos fungiert als Provo-

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kation, das Philosophieren nicht als bloßes analytisch-synthetisches Spiel von Begriffen zu verstehen, sondern eher als ein bewusstes Denken, das in einer paradoxen Beziehung mit unserem kulturell-Unbewussten steht: Jenes nährt sich von den Kräften, die diesem innewohnen, soll sie aber als solche ‚verdrängen‘87 bzw. in klare Gedanken trans-formieren. Als Grundlage des gesprächsartigen Verfahrens fungiert also für die Leserin/den Leser der textbasierte Impuls, selbst frei als Systemschaffende/r zu wirken: sich innerlich in einem Dialog (bzw. als Dialog) zwischen Grund und Verbum einzustellen (was in Schellings Sichtweise eine stets erneuerte Aktualisierung der Schöpfung ist), d. h. als freie Person zu philosophieren. Nicht nur theoretisch, sondern praktisch fungiert also der persönliche Geist als Prinzip eines Systems der Freiheit.

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Freiheitsschrift, AA I 17, 130 f. | SW VII, 359.

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– (2019) „Chaos als ästhetischer, mythologischer und metaphysischer Begriff bei Schelling“, in: Schelling-Studien 7, 155–176. Henckmann, W. (1987), „Lehren und Lernen der Philosophie: Zur Dialogtheorie bei F. Schlegel, Schleiermacher und Solger“, in: Girndt, H./Siep, L. (Hgg.), Lehren und Lernen der Philosophie als philosophisches Problem, Essen, 103–160. Hirzel, R. (1895), Der Dialog. Ein literarhistorischer Versuch, Bd.  2, Leipzig. Marquet, J.-F. (1984), „Avant-propos“, in: F. W. J. Schelling, Clara ou Du lien de la nature au monde des esprits, trad. fr. par E. Kessler, Paris, 11–18. Noack, L. (1859), Schelling und die Philosophie der Romantik: Ein Beitrag zur Culturgeschichte des deutschen Geistes, Berlin. Rivelaygue, J. (1987), „Présentation“, in: F. W. J. Schelling, Bruno ou Du principe divin et naturel des choses, trad. fr. par J. Rivelaygue, Paris. Rogue, C. (2002), Comprendre Platon, Paris. Summerell, O. F. (2004), „Dialogisches und prinzipientheoretisches Denken in der Philosophie Schellings. Überlegungen im Ausgang von Platon“, in: Ahlers, R. (Hg.), System and Context/System und Kontext. Early Romantic and Early Idealistic Constellations/Frühromantische und Frühidealistische Konstellationen, Lewiston/Queenston/Lampeter, 439–477. Thouard, D. (1997), „Dialogique et dialectique chez Schleiermacher“, in: Luzzatti, D./Beacco, J.-C./Mir-Samii, R./Murat, M./Vivet, M. (Hgg.), Le dialogique, Bern/Berlin/Frankfurt a. M., 47–57. Whistler, D. (2014), „Schelling’s Poetry“, in: Clio. A Journal of Literature, History, and the Philosophy of History 43, 143–176.

Transformativer Personenbegriff und serielle Methode bei Kant und Schelling Christian Martin Schellings Freiheitsschrift ist laut ihrem Titel eine Untersuchung „über das Wesen der menschlichen Freyheit und die damit zusammenhängenden Gegenstände“.1 Dem hiermit artikulierten und im ersten Satz der Abhandlung wiederholten Programm zufolge handelt die Schrift vom Wesen der menschlichen Freiheit – und von allem weiteren (Gott, Natur, etc.) nur, insofern es mit diesem Wesen zusammenhängt und im Zuge von dessen philosophischer Erkenntnis mitbetrachtet werden muss.2 Ist aber die menschliche Freiheit das Thema der Freiheitsschrift, scheint es angezeigt, vom Begriff des Menschen auszugehen, um den Zusammenhang zwischen diesem Thema und der ihm gemäßen Methode zu klären, was der vorliegende Beitrag unternimmt.3 1 

AA I 17, 109 | SW VII, 331. Ich schließe damit an Michael Theunissens Auffassung an, dass die Freiheitsschrift anthropologisch ansetzt, jedoch nicht bloße Anthropologie bleibt, da gerade ihr Ansatz beim Menschen eine philosophische Betrachtung der Welt und des Absoluten erforderlich macht (vgl. Theunissen [1965] sowie daran anknüpfend etwa Gabriel [2006], 333–368; Halfwassen [2014]). Die Freiheitsschrift nimmt somit nicht vor dem Hintergrund einer vorausgesetzten philosophischen Kosmologie und Theologie zum Thema der menschlichen Freiheit Stellung, sondern die in ihr betriebene Selbsterkenntnis derselben treibt den Gedankengang auf das Feld der philosophischen Kosmologie und Theologie hinaus. Genau darum ist der Ansatz der Freiheitsschrift kein vorkritisch-dogmatischer. Theunissens Diagnose, der anthropologische Ansatz der Freiheitsschrift weise zwar zunächst über sich auf eine Schöpfungstheologie hinaus, scheitere jedoch, weil Schelling unterwegs auf eine transzendentalphilosophische Position zurückfalle (vgl. Theunissen [1965], 181 ff.), basiert auf theologischen Vorannahmen, die philosophisch kein Gewicht beanspruchen können. Zu einer begründeten Einschätzung von Theunissens Eindruck ließe sich nur gelangen, wenn zunächst einmal das Hinausweisen der Anthropologie auf eine philosophische Theologie, das sich tatsächlich in der Freiheitsschrift findet, argumentativ eingeholt würde. Dafür liefert der vorliegende Aufsatz nur Vorarbeiten. Gelegentlich wird die „anthropologische Wende“ (anthropological turn) der Freiheitsschrift als „Interesse am ethischen Standpunkt des Individuums“ charakterisiert (Kosch [2006], 90; vgl. auch Maesschalck [1987]) und methodisch als Rückgriff auf „Erfahrungsmöglichkeiten“ verstanden, die „abstrakte, hochspekulative Gedankengänge ,anthropologisch‘ konkretisier[en]“ sollen (Hennigfeld [2002], 16). Der vorliegende Aufsatz versucht dagegen nachzuweisen, dass das Anthropologische der Freiheitsschrift wesentlich in einer apriorischen Besinnung auf das Wesen des Menschen als endliches Vernunftwesen besteht, die eine eigene Methode verlangt. Ein Interesse an individueller Existenz und an konkreten menschlichen Erfahrungen und Erfahrungsmöglichkeiten spielt in den systematischen Gedankengang der Schrift zwar nicht zufällig mit hinein, doch kommt ihm keine argumentativ tragende Rolle zu. 3  Der vorliegende Beitrag greift hiermit das innovative Thema von Thomas Buchheims Untersu2 

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Die überlieferte Wesensbestimmung des Menschen als ,vernünftiges Sinnenwesen‘ (zôon logon echon, animal rationale) bringt die Aufgabe mit sich, den Zusammenhang zwischen seiner vernünftigen Natur und denjenigen Fähigkeiten und Vollzügen zu verstehen, die ihm als sinnlichem Wesen eignen. Einer naheliegenden Vorstellung zufolge sind die Wahrnehmungs-, Empfindungs- und Strebefähigkeiten, die dem Menschen als sinnlichem Wesen zukommen, entsprechenden Fähigkeiten nicht-vernünftiger Tiere gleichartig. Der Mensch unterscheidet sich von bloßen Tieren demnach dadurch, dass er über weitere – vernünftige – Fähigkeiten verfügt, die ihm eigentümlich sind. Ein derartiges Bild der menschlichen Person kann als ,Schichtenmodell‘ bezeichnet werden.4 Ihm gemäß gehört zur Person eine Schicht sinnlicher Vermögen, deren Ausübung von derjenigen vernünftiger Fähigkeiten unabhängig ist und deren ,Output‘ allenfalls sekundär einer ,Weiterverarbeitung‘ durch Einsatz von diesen unterworfen wird. Demnach liefert etwa die menschliche Wahrnehmung ,rein sinnliche‘ Repräsentationen, die anschließend in Urteilen artikuliert werden können; und seine Triebnatur soll den Menschen mit Strebungen ausstatten, deren zweckmäßige Realisierung er durch instrumentellen Vernunfteinsatz betreiben kann. Die Unhaltbarkeit dieses Bildes lässt sich von seinen beiden Seiten her aufweisen. Gehörte zur menschlichen Person eine Schicht ,rein sinnlicher‘ Wahrnehmungen, Gefühle und Strebungen, ließe sich ihrem Selbstverständnis als sich im Wechsel solcher Episoden durchhaltender und über sie erhabener Einheit nicht mehr Rechnung tragen – als sinnliches Wesen zerfiele sie in ein bloßes Vorstellungsgewimmel. Bestünde ihre denkende Seite umgekehrt in ,rein geistigen‘ Vollzügen, die nicht schon als solche Lebensvollzüge eines sinnlichen Wesens sind, ließe sich nicht begreifen, wie das Denken eine Wirksamkeit auf dessen sinnliche Seite entfalten könnte.

1. Kants Zwei-Stämme-Lehre und die Form ihrer Begründung Zum begriffsgeschichtlichen Geschick des animal rationale in der frühen Neuzeit lässt sich holzschnittartig festhalten: 1. Maßgebliche Vertreter des Rationalismus und Empirismus kommen darin überein, diesen Begriff als Ausdruck des Schichtenmodells zu verstehen. 2. Sie erkennen die Unhaltbarkeit dieses Modells und weisen daher die überlieferte Bestimmung des Menschen als animal rationale zurück. 3. Sie ziehen aus der Unhaltbarkeit des Schichtenmodells monistisch-reduktive Konsequenzen: Ein konsequenter Rationalist wie Leibniz versteht die sinnliche Seite des chung „Person und System. Schellings philosophische Methode in der Freiheitsschrift“ auf (vgl. Buchheim [2017]). Er führt auf anderem Weg zu einem komplementären Resultat – dass die der menschlichen Freiheit angemessene Methode philosophischer Betrachtung nach Schelling mehrstufig sein muss, da sie eine logische Ordnung von ‚Systemen‘ zu durchlaufen hat, wobei diese von vermeintlich all- zu einseitigen Ansichten ihrer Sache herabgesetzt werden, weshalb sich ein kohärenter Begriff menschlicher Freiheit nur synoptisch im Rückblick auf die durchlaufene Ordnung gewinnen lässt. 4  Vgl. Conant (2015), 137 ff. sowie ausführlicher Conant (2017).

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Menschen als seinem Denken gleichartig und führt sie auf dieses zurück, indem er sinnliche Vorstellungen als verworrene, unendlich komplexe Gedanken deutet. Einem konsequenten Empiristen wie Hume zufolge lösen sich die Gehalte des Denkens in Komplexe sinnlicher Eindrücke auf. Kant beharrt Leibniz (und Hume) gegenüber auf dem irreduziblen Unterschied von Sinnlichkeit und Denken.5 Dieses Beharren hat sein Gewicht nicht dadurch, dass es den rationalistischen und empiristischen Auffassungen gegenüber plausibler wäre. Handelte es sich bei Kants sogenannter Zwei-Stämme-Lehre um eine empirisch-psychologische Annahme, würde sie das Problem, das zu den einseitigen Auffassungen motiviert, die Kant zurückweist, nicht lösen, sondern erneut aufwerfen – dass nämlich die Beziehung von Sinnlichkeit und Denken dann unverständlich wird, wenn sie als äußerliche aufgefasst wird. Kants Begründung der Zweistämmigkeit ist dadurch die denkbar stärkste, dass sie sich nicht auf metaphysischen Annahmen über das Wesen des Menschen gründet, sondern sinnkritisch verfährt.6 Denn sie besteht im Nachweis, dass eine Zurückführbarkeit der Sinnlichkeit auf das Denken oder umgekehrt nicht bloß deshalb nicht besteht, weil sie faktisch undurchführbar ist, sondern weil die jeweilige ,Reduktionsbasis‘ – das Denken oder die Sinnlichkeit – für sich genommen nicht einmal mehr als sie selbst verständlich ist: Rein sinnliche, von spontaner Formierung unabhängige Zustände, ließen sich gar nicht mehr als bewusste Vorstellungen raum-zeitlicher Gegenstände verstehen; reine Begriffe, deren Gebrauch von allem Bezug auf sinnlich Gegebenes entbunden ist, könnten auch nicht in den Gehalt wahrheitsfähiger Urteile eingehen, sondern nur in sinnlose Pseudourteile. In ihrer doppelten – theoretischen und praktischen Ausprägung – macht die Zwei-Stämme-Lehre den Kern von Kants Antwort auf die Frage nach der Verfasstheit endlicher Vernunftwesen aus, die im Zentrum seiner Philosophie steht. Dabei setzt er die Zweistämmigkeit nicht einfach voraus, sondern begründet sie durch den Argumentationsgang der ersten beiden Kritiken im Ganzen.7 Als sinnkritische Zu5 

Vgl. etwa KrV, A267 f./B323 f. Dem Menschen als solchem wendet sich Kant keineswegs erst in seiner Anthropologie als Beitrag zur philosophischen Menschenkenntnis zu, der eine Vielzahl kontingenter Züge des Menschen empirisch aufnimmt und diese im Hinblick auf dessen moralische Selbstbildung betrachtet. Vielmehr verfügt Kant auch über einen transzendentalphilosophischen Begriff des Menschen, der in der Kritik der reinen Vernunft auf Schritt und Tritt in Gestalt der Rede von ‚der menschlichen Vernunft‘ begegnet. In der ‚Architektonik der reinen Vernunft‘ macht Kant entsprechend deutlich, dass es ihm um ein „System menschlicher Erkenntniß“ (A835/B863) zu tun sei; und in der Kritik der Urteilskraft erklärt er den transzendentalphilosophischen Begriff des Menschen, indem er von „Menschen, d. i. thierische[n], aber doch vernünftige[n] Wesen“ (AA V: 210) spricht. In diesem minimalen, nicht-empirischen Sinn ist die Rede vom ‚Menschen‘ im vorliegenden Aufsatz zu verstehen. 7  Entsprechend führt Kant die Zweistämmigkeit in der Kritik der reinen Vernunft nicht einfach als unhinterfragte Voraussetzung ein, sondern thematisiert sie erstmals in A15/B29 im Rahmen einer architektonischen „Vorerinnerung“. Die zweite Erwähnung erfolgt in der ‚Methodenlehre‘ im Abschnitt zur ‚Architektonik der reinen Vernunft‘ (A835/B863). Der Bezug der Zwei-Stämme-Lehre zu Methode und Begründungsgang der ersten Kritik ist somit deutlich. Da Kant auch seine praktische Philosophie um den Aufweis eines wechselseitigen internen Zusammenhangs von Vernunft und Sinnlichkeit organisiert, spreche ich auch mit Blick auf diese von einer ,Zweistämmigkeit‘. 6 

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rückweisung rationalistischer und empiristischer Auffassungen des Menschen führt dieser Gang zugleich das Schichtenmodell ad absurdum, dem gegenüber jene Auffassungen ihre bedingte Plausibilität gewinnen. Kants Argument für den irreduziblen Unterschied von Sinnlichkeit und Denken ist nämlich zugleich ein Argument für ihren inneren Zusammenhang; denn es besteht, wie angedeutet, im Nachweis, dass Sinnlichkeit und Denken für sich genommen, d. h. ohne Berücksichtigung ihres internen Bezugs aufeinander, nicht einmal als Sinnlichkeit bzw. Denken eines selbstbewussten Wesens verständlich wären. Um den irreduziblen Unterschied und internen Zusammenhang von sinnlicher und intellektueller Seite des Menschen aufzuweisen, kann Kant nicht anders als stufenweise vorgehen: Zunächst muss er gegenüber einer Tendenz zur Verwirrung der Unterschiede die irreduzible Eigenständigkeit von Sinnlichkeit und Denken aufweisen. Er charakterisiert diesen methodischen Schritt in der ersten Kritik als ein ,Isolieren‘ der Sinnlichkeit bzw. des Verstandes.8 In einem zweiten Schritt ist dann nachzuweisen, dass das derart Isolierte genau dann, wenn es ohne internen Bezug auf das, wovon es zunächst isoliert wurde, gefasst wird, nicht einmal mehr als das verständlich wäre, was es selbst sein soll. So wird nachträglich an dem, was zunächst von einem anderen abgesondert wurde, unter Festhalten am irreduziblen Unterschied beider, ein interner Bezug zu dem aufgewiesen, wovon es abgesondert wurde, und so die zunächst notwendig einseitige, damit aber verzerrende Ansicht des im ersten Schritt Abgesonderten rückwirkend korrigiert. Kant führt eine entsprechende zweistufige Argumentation in den ersten beiden Kritiken jeweils in beiden Richtungen durch, d. h. er weist 1. sowohl ein sinnlich-rezeptives als auch ein intellektuell-spontanes Moment des Erkennens bzw. Handelns auf und zeigt 2. dass diese Elemente in einem internen Zusammenhang stehen, ohne den sie selbst nicht verständlich wären, d. h. ihre Funktion im Erkennen bzw. Handeln nicht erfüllen könnten. Mit Blick auf das Erkennen stellen sich diese Schritte folgendermaßen dar: 1. In der ‚transzendentalen Ästhetik‘ wird zunächst unsere Sinnlichkeit isoliert, d. h. die Fähigkeit, Vorstellungen zu empfangen, und aufgewiesen, dass diese Fähigkeit eine bestimmte ,Form‘ mit sich bringt, da ein Wesen das ihm gegebene Mannigfaltige nur insofern objektivierend von sich unterscheiden kann, als es dieses innerhalb eines raum-zeitlichen Ordnungsrahmens in gewissen von seinem eigenen Belieben unabhängigen Verhältnissen vorstellt. In der ‚metaphysischen Deduktion‘ der transzendentalen Analytik isoliert Kant anschließend das Denken und weist auf, dass zu dessen Form gewisse reine Begriffe als Funktionen der Einheitsstiftung gehören – die Kategorien. 2. In der ‚transzendentalen Deduktion‘ wird darauf gezeigt, dass Form und Materie der Sinnlichkeit von sich her auf die Funktionen der Einheitsstiftung 8 Vgl. KrV, A22/B36: „In der transzendentalen Ästhetik also werden wir zuerst die Sinnlichkeit isolieren, dadurch, daß wir alles absondern, was der Verstand durch seine Begriffe dabei denkt“ (eigene Hvg.); vgl. A842/B870.

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bezogen sind und unabhängig hiervon nicht als das, was sie sind, verständlich wären. Im ersten Deduktionsschritt wird nachgewiesen, dass sensorische Zustände nur dann bewusstseinsfähig und damit selbstzuschreibbar sind, wenn diejenigen Funktionen der Einheit, die an der Form des Denkens aufgewiesen wurden, bereits dem sinnlich Gegebenen als solchem Einheit geben. Der zweite Deduktionsschritt zeigt, dass alles sinnlich Gegebene als solches bereits eine den Kategorien entsprechende Einheit aufweist, d. h. dass es keine nicht-bewusstseinsfähigen sensorischen Zustände geben kann.9 Da die räumliche und zeitliche Form der Sinnlichkeit nämlich ein bewusster Ordnungsrahmen ist, innerhalb dessen sinnlich Gegebenes als in bestimmten objektiven Verhältnissen stehend angeschaut werden kann, muss dieser Ordnungsrahmen selbst bereits als einheitlicher Zusammenhang vorgestellt werden, der seine Einheit deshalb, weil der Akt der Einheitsstiftung nur ein in sich differenzierter Akt sein kann, derselben spontanen Leistung verdanken muss, deren Aspekte die Kategorien auf den Begriff bringen. Gesamthaft betrachtet ergibt die transzendentale Deduktion also, dass die zuvor isolierte, sinnlich-rezeptive Seite des Menschen von vornherein durch diejenige spontan geleistete Einheit geprägt ist, deren Momente in der metaphysischen Deduktion der Kategorien im Ausgang vom Urteil zunächst für sich als diskursive Größen in den Blick genommen wurden.10 Die transzendentale Deduktion korrigiert dabei zugleich die in der metaphysischen gewonnene Auffassung der „Functionen der Einheit“,11 indem sie nachweist, dass eine Form der Einheitsstiftung angenommen werden muss, die sich nicht im Urteilen, sondern anschaulich manifestiert – als Leistung der transzendentalen Einbildungskraft. So wird deutlich, dass die zuvor isolierte, intellektuell-spontane Seite des Menschen ihre Funktion auf eine Weise erfüllen kann, durch die sie in einer internen Beziehung zur Sinnlichkeit des Menschen steht, insofern sie deren bewusste Form gewährleistet. Die ‚transzendentale Dialektik‘ zeigt schließlich, dass die Spontaneität des Denkens ihre epistemische Funktion nur auf diese Weise erfüllen kann, sich also nur vermöge ihres Bezugs auf Sinnlichkeit in wahrheitsfähigen theoretischen Urteilen manifestieren kann, während sie, für sich allein am Werk, zu Unsinn führt. Mit Blick auf das Praktische verfährt Kant analog: Zu Beginn des ersten Buches der Kritik der praktischen Vernunft weist er auf, dass die moralische Willensbestimmung des Menschen ihren Grund nicht in sinnlichen Antrieben haben kann, da diese, für sich genommen, kein einheitliches Selbstverständnis der ihr Handeln nach Grundsätzen bestimmenden Person zu gewährleisten vermögen, weshalb das Prinzip selbstbestimmten Handelns nur in der Form praktischer Spontaneität als solcher bestehen kann. Im dritten Hauptstück des ersten Buches wird umgekehrt aufgewiesen, dass die Form praktischer Spontaneität eines endlichen Vernunftwesens nur dann handlungswirksam werden kann, wenn sie einen sinnlichen Aspekt ihres Auf9 

Diese Deutung der transzendentalen Deduktion ist angelehnt an Koch (2004), Kapitel IV. KrV, B161 Anm. 11  KrV, A69/B94. 10 Vgl.

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tretens hat, d. h. sich in vernunftgewirkten Gefühlen manifestiert – denen Kant den generischen Titel der Achtung gibt.12 Die zweistufige, von der Natur der Sache erforderte Darstellungsform, der Kant in seiner Formklärung menschlichen Erkennens und Handelns folgt, wird dann missverstanden, wenn man meint, der erste, isolierende Schritt führe bereits zu einem endgültig bestimmten Teilergebnis, und übersehen wird, dass der zweite Schritt jenes rückwirkend modifiziert. Auf diese Weise verstanden, wird Kants Argumentation nicht bloß teilweise, sondern gänzlich verfehlt. Es mag dann so scheinen, als hänge er einem Schichtenmodell des menschlichen Geistes an13 und verfolge in der Erkenntnistheorie einen letztlich empiristischen Ansatz (vgl. ,non-conceptualism‘), in der Ethik dagegen einen einseitig rationalistischen (vgl. Formalismusvorwurf). Programmatische und methodologische Äußerungen Kants machen jedoch ebenso wie seine Terminologie deutlich, dass es verfehlt ist, ihm ein Schichtenmodell zuzuschreiben, sondern er darauf aus ist, ein integratives Verständnis endlicher Vernunftwesen zu entwickeln, wonach deren sinnlicher und vernünftiger Pol irreduzibel unterschieden und intern aufeinander bezogen sind: 1. weist er ausdrücklich darauf hin, dass seine Betrachtung von Sinnlichkeit und Vernunft einen isolierenden Charakter hat, also nicht mit zwei selbständigen, für sich verständlichen Fähigkeiten und Vollzügen zu tun hat, sondern diese nur darum zunächst getrennt in den Blick nimmt, um ihre irreduzible Unterschiedenheit herauszustellen, während anschließend aufgewiesen wird, dass sie ihre Leistungen nicht unabhängig voneinander erbringen. 2. macht Kant in der Methodenlehre der Kritik der reinen Vernunft deutlich, dass die Philosophie nicht wie die Mathematik mit Definitionen ihrer Begriffe beginnen kann, weil sie diese nicht in reiner Anschauung als gehaltvoll auszuweisen vermag, sondern sich als stufenweise Klärung „a priori gegebene[r] Begriffe“,14 d. h. solcher reiner Begriffe, deren sich ein denkendes Wesen als solches bereits von Haus aus bedient, verstehen muss, über die sie bestenfalls am Ende dieser Gedankenbewegung diejenige Art der Klarheit gewinnt, die in einer Definition zum Ausdruck gebracht werden kann.15 Dass die Philosophie nicht mit Definitionen beginnen kann, bedeutet, dass ihre Begriffe nicht in Konjunktionen oder anderweitigen logischen Ver12  In der Einleitung zur A-Auflage der KrV hatte Kant behauptet: „[A]lles Praktische, so fern es Bewegungsgründe enthält, bezieht sich auf Gefühle, welche zu empirischen Erkenntnißquellen gehören“ (A15). Dass dieser Satz in der B-Einleitung gestrichen wird, liegt nicht daran, dass er nicht mehr annähme, dass Beweggründe sich auf Gefühle beziehen, sondern daran, dass er nicht mehr meint, dass diese zu empirischen Erkenntnisquellen gehören müssen. 13  In „Why Kant is not a Kantian“ weist James Conant nach, dass ein solches Missverständnis zahlreiche im angloamerikanischen Raum einschlägige Kantlesarten prägt (vgl. Conant [2016]). 14  KrV, A729/B757, vgl. A728/B756; Kant hält in diesem Zusammenhang fest, dass „philosophische Definitionen nur als Expositionen gegebener, mathematische aber als Construktionen ursprünglich gemachter Begriffe“ zu verstehen seien und dass diese „den Begriff selbst machen, dagegen die ersteren ihn nur erklären“ (A730/B758). 15 Vgl. KrV, A730/B758 f.

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knüpfungen für sich verständlicher Merkmale bestehen können, sondern nur aus solchen Merkmalen, die in internen Zusammenhängen stehen. Denn nur dann sind philosophische Begriffe so geartet, dass sich eine Definition derselben grundsätzlich nicht unmittelbar geben lässt. Vielmehr wird ihre Klärung mit einem Merkmal beginnen müssen, dessen Verständnis im Lichte der Klärung weiterer Merkmale rückwirkend angereichert wird, indem ein interner Bezug zwischen jenem und diesen deutlich wird. Daraus folgt, dass die philosophische Klärungsarbeit der Kritiken nicht linear verstanden werden kann. Kants Verfahren ist insofern seriell, als es eine Reihe von Begriffen durchläuft, deren Anfangsglieder von der Warte der Folgeglieder aus selbst eine Bedeutungsmodifikation erfahren – wodurch gesamthaft der interne Zusammenhang (das ,organische Ganze‘) dieser Begriffe auf nunmehr rational ausgewiesene Weise in den Blick tritt. 3. Terminologisch beugt Kant einer additiven Vorstellung des Verhältnisses von Sinnlichkeit und Vernunft dadurch vor, dass er konkrete Ausprägungen dieses Verhältnisses mittels der Leitbegriffe Form und Materie in den Blick nimmt.16 Diese markieren als Reflexionsbegriffe analytisch unterscheidbare Aspekte einer gegliederten Einheit und nicht etwa Dinge, die unabhängig voneinander vorkommen könnten. So deutet Kants Rede von einer ‚Form der Anschauung‘ etwa darauf hin, dass sinnlich Gegebenes (die „Materie der Anschauung“)17 für den Menschen von vornherein in einen Ordnungszusammenhang eingeordnet ist, der in keiner Hinsicht etwas bloß Subjektives zu sein braucht, ihm aber nur vermöge seiner Spontaneität zugänglich ist. Ein im Vorblick auf Schelling wichtiger Aspekt von Kants hylomorpher Betrachtung des endlichen Vernunftwesens besteht darin, dass er nicht nur einen statischen Zusammenhang zwischen Sinnlichkeit und Intellekt ins Auge fasst. Vielmehr begegnet bei Kant ebenso der Gedanke, dass konkrete Form-Materie-Einheiten, in denen sich diese Vermögen manifestieren, insofern steiger- oder transformierbar sind, als eine gegebene Form-Materie-Einheit zur Materie einer übergeordneten Form-Materie-Einheit herabgesetzt werden kann. So geht etwa eine Anschauung, die selbst schon eine Form-Materie-Einheit ist, indem sie urteilend artikuliert wird, in die Materie einer Vorstellung von der Form des Urteils ein. Auch wer Kants Zwei-Stämme-Lehre nicht als Schichtenmodell der menschlichen Person missversteht, was Schelling im Umkreis der Freiheitsschrift nicht tut, kann der begründeten Auffassung sein, dass Kant sein Programm, den Menschen als irreduzible, interne Einheit eines sinnlichen und eines vernünftigen Pols zu verstehen, nicht konsequent durchgeführt hat, und dass er dies nicht nur zufällig nicht getan 16  Vgl. Engstrom (2006) sowie Boyle [Manuskript]. Boyle weist sowohl darauf hin, dass Kants hylomorphe Konzeption des Erkennens und Handelns der rationalistischen und empiristischen Tradition gegenüber eine Wiederannäherung an Aristoteles bedeutet, als auch darauf, dass sich sein Hylomorphismus vom Aristotelischen dadurch unterscheidet, dass er primär der Aufklärung der Verfasstheit theoretischer und praktischer Erkenntnis dient und nicht unmittelbar derjenigen natürlicher Substanzen. 17  Fortschritte, AA XX: 266; vgl. KrV, A20/B34.

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hat, sondern ihn grundlegende Annahmen daran gehindert haben. Ich möchte im Folgenden dafür argumentieren, dass sowohl der Begriff der menschlichen Person, den Schelling im Umkreis der Freiheitsschrift entwickelt, wie auch die Methode ihrer philosophischen Thematisierung als Radikalisierung von Kants transzendental-philosophischem Zugang zum Menschen gelesen werden können. Sie so aufzufassen beugt sowohl der Gefahr vor, Schellings Begriff der menschlichen Person auf eine Weise zu deuten, die das durch Kant erreichte Niveau des Nachdenkens über deren Wesen nicht vertieft, sondern unterbietet, als auch derjenigen, die originelle Leistung der Freiheitsschrift zu verkennen.18

2. Schellings frühe Kantkritik und die identitätsphilosophische Sackgasse Die kritische Aufnahme von Kants Philosophie beim frühen Schelling lässt sich als ein Ringen um eine kohärente Antwort auf zwei Defizite der Vernunftkritik verstehen, die intern zusammenhängen, ohne dass dieser Zusammenhang Schelling zunächst klar gewesen wäre. 1. übernimmt Schelling die von Reinhold und Fichte formulierte Diagnose eines Begründungs- und Reflexionsdefizits der Vernunftkritik.19 Diese lässt, der Diagnose zufolge, eine Explikation und Begründung ihrer eigenen Voraussetzungen vermissen, was damit zusammenhängen soll, dass sie ihren eigenen Standpunkt nicht hinreichend reflektiert. So bleibt nicht nur offen, wie sich philosophische Erkenntnis zu ihrer Sache verhält, sondern unklar, wie es sich bei ihr, wenn Erkenntnis Zweistämmigkeit voraussetzt, überhaupt um Erkenntnis handeln kann. Reinhold artikuliert diesen berechtigten Einwand auf eine Weise, die ihn mit einem Missverständnis von Kants Methode verquickt. Er versteht diese nämlich nach Art der mathematischen Methode als deduktive Ableitung aus Axiomen oder Grundsätzen.20 Fichte hat diese 18  Dafür, dass Schelling die im Umkreis der Freiheitsschrift entwickelte Betrachtung der menschlichen Person als Fortführung und Vertiefung der kantischen ansieht, spricht nicht nur die Häufung affirmativer und kritischer Bezugnahmen auf Kant, die sich in dieser Schrift finden, sondern auch der im Zusammenhang einer Diskussion von Kants Freiheitsbegriff gegebene Hinweis, der „Idealismus“ gebe zwar nur, aber doch immerhin „den allgemeinsten“ bzw. „formellen Begriff der Freyheit“ (AA I 17, 125 | SW VII, 352), vgl. dazu unten Abschnitt 5. 19  Vgl. hierzu exemplarisch Reinholds Schrift Über das Fundament des philosophischen Wissens (1791) und Fichtes Über den Begriff der Wissenschaftslehre (1794). 20  In seiner Grundlegungsschrift Über das Fundament des philosophischen Wissens von 1791 spricht Reinhold von einem „an der Spitze aller Grund-, Lehr- und Folgesätze stehenden […] Grundsatz“ (Reinhold [1791], 69), der „der unmittelbare Ausdruck der durch sich selbst einleuch­ tenden Tatsache des Bewusstseins“ (103 f.) sei. Aus diesem ergebe sich unmittelbar die „Definition der Vorstellung“ als „absolute Grunderklärung der Elementarphilosophie“, die „kein einziges Merkmal enthält, das einer Erklärung fähig und bedürftig wäre“ (100 f.) und die die „wesentlichen Merkmale“ des Begriffs der Vorstellung „völlig“ erschöpfe (74). Reinholds elementarphilosophische Methode lehnt sich somit nicht nur erkennbar an den Gebrauch von Axiomen und Definitionen in der Mathematik an, sondern er wendet sich dabei ausdrücklich gegen die oben in Fn.  15 genannte

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Redeweise um 1794 zwar kurzzeitig übernommen, die Methode der Philosophie aber nicht nach Art der Deduktion aus unmittelbar evidenten Prämissen gefasst.21 Dagegen erbt Schelling mit Reinholds Diagnose des transzendentalphilosophischen Begründungsdefizits zunächst auch sein mathematisierendes Methodenmissverständnis.22 Dieses zweischneidige Erbe überträgt sich auf Schellings eigene Entdeckung eines zweiten, zuvor nicht deutlich gesehenen Defizits der Transzendentalphilosophie und führt so in die Sackgasse der Identitätsphilosophie. 2. besteht ein von Schelling (nicht ohne Vorarbeit Jacobis und Hölderlins) entdecktes Defizit der kantischen Philosophie darin, dass sich eine integrative Konzeption des Zusammenspiels von Sinnlichkeit und Vernunft im Erkennen und Handeln philosophisch nicht kohärent entwickeln lässt, wenn sie sich von vornherein eine Beschränkung auf die Perspektive des endlichen Subjekts – das Bewusstsein – auferlegt. Der dem Erkennen und Handeln eingeschriebene Anspruch, eine unabhängig von ihm bestehende Wirklichkeit zu erfassen bzw. in ihr wirksam zu werden, lässt sich Feststellung Kants, man könne in der Philosophie nicht mit Definitionen beginnen, sondern allenfalls mit ihnen schließen. Reinhold bemerkt dazu, diese Auskunft könne nur „von dem, was man bisher unter Philosophie verstanden hat, und auch selbst von der kritischen Philosophie, nicht von derjenigen Philosophie, die durch die kritische nur vorbereitet werden sollte; am wenigsten aber von der Elementarwissenschaft der eigentlichen Philosophie gelten“ (103). 21  Während Fichte in Über den Begriff der Wissenschaftslehre sowie der Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre von 1794 von ‚Grundsätzen‘ ausgeht, gibt er diesen von Reinhold übernommenen Anklang an das mathematische Methodenideal, der der Sache nach nicht mit seinem eigenen Verfahren reflexiv-kontrollierter Entfaltung des reinen Selbstbewusstseins in Einklang zu bringen ist, in der Folge auf. 22  Bereits die häufig zitierten Wendungen aus Schellings Dreikönigsbrief an Hegel suggerieren, dass Schelling sich das Philosophieren als Ableiten aus unmittelbar evidenten Prinzipien vorstellt: „Kant hat die Resultate gegeben: die Prämißen fehlen noch“ und: „Nun arbeit’ ich an einer Ethik à la Spinoza – sie soll die höchsten Principien aller Philosophie aufstellen“ (Schelling an G. W. F. Hegel am 6.1.1795, AA III 1, 16; 17). In der ‚Vorerinnerung‘ zur Darstellung meines Systems schreibt Schelling: „Die Weise der Darstellung betreffend, so habe ich mir hierinn Spinoza zum Muster genommen“ und erklärt: „Ich werde […] auch weiter auf keine Beurtheilung die geringste Rücksicht nehmen, welche sich mit mir nicht über die ersten, hier zuerst ausgesprochnen, Grundsätze einläßt, und entweder diese angreift, oder die nothwendige Folge einzelner Behauptungen aus ihnen abläugnet“ (AA I 10, 115 | SW IV, 113). Dem in §  2 ausgesprochenen Prinzip „Außer der Vernunft ist nichts, und in ihr ist Alles“ schreibt er denn auch axiomatischen Charakter zu (vgl. AA I 10, 117 | SW IV, 115 f.). In den Ferneren Darstellungen (1802) und dem Aufsatz Über die Konstruktion in der Philosophie (1803) charakterisiert Schelling Mathematik und Philosophie als besondere Ausprägungen ein- und derselben „absoluten Erkenntnißart, die wir auch die demonstrative nennen können“ (FD, AA I 12,1, 88 | SW IV, 345). Dabei nähert er Mathematik und Philosophie einander methodisch maximal an, indem er von ihrer „völligen Gleichheit in Ansehung der Art der Erkenntniß überhaupt“ spricht (FD, AA I 12,1, 90 | SW IV, 348). Im Konstruktionsaufsatz wendet er sich ausführlich gegen die in der „Methodenlehre“ der Kritik der reinen Vernunft vorgenommene Abgrenzung philosophischer und mathematischer Methode (vgl. AA I 12,2, 493–504 | SW V, 127–140), betont, „daß Philosophie in keiner Entgegensetzung mit der Mathematik sey“ (AA I 12,2, 496 | SW V, 131) und stellt wesentliche Züge heraus, in denen mathematische und philosophische Konstruktion übereinkommen sollen. Beide Konstruktionsarten setzen Schelling zufolge jeweils eine nicht-empirische Anschauung an als „etwas Entschiednes, und worüber kein Zweifel statuirt, oder Erklärung nöthig gefunden wird […] was schlechthin, und ohne alle Foderung voraus gesetzt wird“ (FD, AA I 12,1, 102 | SW IV, 361).

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nämlich gar nicht mehr als vernünftiger Anspruch verstehen, wenn Bewusstseinszustände von Subjekten den einzigen Rahmen abgeben, innerhalb dessen von Natur und Körperlichkeit gesprochen werden kann. Unter dieser Voraussetzung bleibt sowohl unverständlich, wie uns in sensorischen Zuständen die Dinge selbst zugänglich werden können, als auch, wie die vernünftige Selbstbestimmung des Willens in derselben Welt wirksam werden kann, auf die wir erkennend bezogen sind. Kants Programm, die integrative Einheit von Sinnlichkeit und Vernunft im Erkennen und Handeln aufzuweisen, kann daher selbst nur realisiert werden, wenn der philosophische Blick nicht auf das Bewusstsein des endlichen Vernunftwesens beschränkt bleiben muss, sondern vorbehaltlos nach dem internen Zusammenhang von Natur und Geist gefragt werden kann. Aus Schellings Einsicht, dass eine integrative Konzeption des Erkennens und Handelns nach Art Kants nicht idealistisch-lokal, sondern nur unter Erweiterung zu einer global-realistischen Perspektive auf den internen Zusammenhang von Natur und Geist kohärent durchführbar ist, ergibt sich eine neue Adäquatheitsbedingung für die Einlösung des von Reinhold und Fichte diagnostizierten Begründungsdefizits. Solange nur dieses Defizit in den Blick genommen wird, liegt es nahe, den Angelpunkt einer philosophischen Formklärung des Erkennens und Handelns in dem zu suchen, was im und durch das Erkennen und Handeln endlicher Subjekte jeweils schon vorausgesetzt ist, insofern sich von ihm nicht denkend abstrahieren lässt – dem Selbstbewusstsein als tätiger Selbstbeziehung. Die Philosophie wird dann als reflektierender Nachvollzug dessen begriffen, was zur tätigen Selbstbeziehung immer schon gehört, – als apriorische Geschichte des Selbstbewusstseins. Wenn sich aber gemäß Schellings Einsicht in das besagte zweite Defizit der Vernunftkritik so kein kohärentes Verständnis der Form des Erkennens und Handelns gewinnen lässt, muss das Prinzip der Philosophie tiefer angesetzt werden als im endlichen Selbstbewusstsein. Entsprechend betrachtet Schelling es – das Absolute – als einen Horizont, der in allem endlichen Erkennen und Handeln immer schon vorausgesetzt ist. Insofern sich Schellings Rückgang aufs Absolute der Einsicht verdankt, dass sich die philosophische Formklärung des Erkennens und Handelns unter vorausgesetzter Beschränkung auf die Warte des endlichen Bewusstseins nicht kohärent durchführen lässt, stellt er keinen dogmatischen Rückfall in vorkritische Metaphysik dar. Indem jedoch ein an der Mathematik orientiertes Missverständnis der philosophischen Methode in Schellings Konzeption des Absoluten mit hineinspielt, gewinnt dieses in der Tat ein dogmatisches Aussehen.23 Erstens soll es sich wie der Inhalt mathematischer Axiome nur unmittelbar einsehen, und nicht etwa dadurch philosophisch motivieren lassen, dass sich ohne Rückgang auf es nicht einmal die Form endlichen Erkennens und Handelns verstehen lässt. Zweitens tritt das Absolute, insofern ihm ein 23  Dass Schelling eine Abkünftigkeit der mathematischen von der philosophischen Konstruktion betont (vgl. etwa FD, AA I 12,1, 91 | SW IV, 348), ändert nichts daran, dass sein philosophisches Methodenverständnis in den Jahren nach 1801 der Sache nach mathematisierend ist.

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unmittelbares Einleuchten entsprechen soll, notwendig als statische, in sich vollendete Einheit auf, weshalb das philosophische Ableiten (sei es deduktiv oder konstruktiv gefasst) ihm äußerlich erscheint, statt seinen Anhalt in einer Entwicklung des Absoluten selbst zu haben, womit zugleich das Hervortreten endlicher Bestimmungen aus diesem unverständlich wird. Während Schelling so zwar in der begründeten Einsicht über Kant hinausgeht, dass sich ein integratives Verständnis des theoretischen und praktischen Zusammenspiels von Sinnlichkeit und Intellekt nicht unter Beschränkung auf die Perspektive des Bewusstseins gewinnen lässt, verdirbt er diese Einsicht identitätsphilosophisch durch Orientierung am axiomatischen Methodenideal, das Reinhold in die nachkantische Debatte eingebracht hatte und das Schelling auf die geometrische Methode von Spinozas Ethik zurückbezieht.24 Axiomatisch betrachtet lässt sich das Absolute nicht als lebendiger, interner Zusammenhang von Natur und Geist begreifen, sondern allenfalls als ihre statische Identität behaupten. Um einen wirklichen, internen Zusammenhang irreduzibel Unterschiedener konkret zu begreifen, ist, wie Kant mit Blick auf die Verfassung des endlichen Vernunftwesens erwiesen hatte, nämlich eine serielle Methode erforderlich, die zuerst einen irreduziblen Unterschied aufdeckt, um anschließend zu zeigen, dass die Unterschiedenen zugleich in einem internen Zusammenhang stehen, womit die Abstraktion, mit der notwendig begonnen werden musste, rückwirkend korrigiert wird. Rückwirkende Korrekturen von Definitionen oder Axiomen im Lichte deduktiv oder konstruktiv aus ihnen gewon­ nener Theoreme sind innerhalb eines nach mathematischer Methode verfahrenden Systems aber natürlich ein Unding. Von identitätsphilosophischer Warte lässt sich daher auch ein interner Zusammenhang von sinnlich-natürlicher und vernünftiger Seite des Menschen allenfalls behaupten, aber nicht konkret als wirklich ausweisen. Die Identitätsphilosophie führt somit aufgrund ihrer methodischen Orientierung an der Mathematik gleichsam wider Schellings besseres Wissen auf ein Schichtenmodell der menschlichen Person. Dies manifestiert sich u. a. darin, dass Schelling verkehrte Formen des Erkennens und Handelns, Irrtum und Böses, privativ versteht, nämlich auf mangelnde Formierung des sinnlichen durch den vernünftigen Faktor zurückführt. Entsprechend behauptet er etwa in der Philosophie der Kunst, dass „das Verkehrte, Häßliche […] ebenso wie der Irrthum oder das Falsche, in einer bloßen Privation besteht“.25

3. Schellings transformativer Personenbegriff Einen entscheidenden Schritt aus der identitätsphilosophischen Sackgasse in Richtung der Radikalisierung von Kants integrativer Personenkonzeption, die Schelling 24 Vgl. 25 

DMS, AA I 10, 115 | SW IV, 113; Über die Konstruktion, AA I 12,2, 492 f. | SW V, 126 f. AA II 6,1, 129 | SW V, 386.

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in der Freiheitsschrift und den Stuttgarter Privatvorlesungen vornimmt, stellt seine Kritik an einem in der Pädagogik der Zeit verbreiteten Bild der Person dar, die er unmittelbar vor Abfassung der Freiheitsschrift in seiner Rezension von Immanuel Niethammers Werk Der Streit des Philanthropinismus und Humanismus in der Theo­ rie des Erziehungsunterrichts unserer Zeit artikuliert.26 Als ,Humanismus‘ firmiert bei Niethammer eine Auffassung, welche die Entwicklung der unpersönlich-vernünftigen Seite des Menschen als Hauptaufgabe der Erziehung ansieht, während der ,Philanthropinismus‘ ihr die Aufgabe zuweist, vornehmlich die nicht-intellektuelle Seite des Menschen – seine Individualität oder Persönlichkeit – zur Entfaltung zu bringen. Schelling diagnostiziert, dass beide Positionen eine verfehlte Voraussetzung teilen, da sie auf einem Schichtenmodell des Menschen beruhen: [S]o liegt auch der Grund des Uebels nicht in der Einseitigkeit der Reflexion – in dem Sehen der einen ohne die andere Seite – sondern vielmehr darin, daß zwey Seiten gesehen wurden, ein Gegensatz gesucht, wo keiner war – in der Annahme, daß es eine geistige Thätigkeit gebe, die nicht zugleich real – und eine reale, die nicht zugleich geistig wäre. Diesen Grundfehler haben beide Systeme gemein […] (AA I 18, 38 | SW VII, 519)

Dagegen betont Schelling mit Niethammer, daß im Menschen nirgends ein Punct sich aufzeigen lasse, wo reine Thierheit anhebe, daß […] diese im Menschen durch die Verbindung mit der Vernunft nicht nur (negativ) aufgehört habe, Thierheit zu seyn, sondern etwas positiv-Anderes geworden, und selbst geheiligt […] sey […] Ist im Menschen die Thierheit bereits von der Geistigkeit durchdrungen […] so ist der Gegensatz schon durch das Wesen des Menschen als solchen aufgelöst; ein höherer und anderer muß hervortreten. (AA I 18, 34 | SW VII, 514 f.)

Aus dieser Kritik am Schichtenmodell ergeben sich folgende Anforderungen an ein integratives Verständnis der menschlichen Person: Sinnlich-reale und geistige Vollzüge des Menschen sind 1. irreduzibel verschieden, stehen jedoch 2. in einem internen Zusammenhang, insofern seine geistigen Vollzüge ein sinnlich-reales und seine sinnlich-realen ein geistiges Moment aufweisen, wobei 3. der so gefasste sinnliche und der geistige Pol des Menschen zugleich einen wirklichen Gegensatz bilden. Dieser besteht nicht zwischen einer vermeintlich animalischen und einer vernünftigen Seite, da sich im Menschen – gemäß Punkt 2 – gar nichts bloß Tierisches findet, sondern muss anders gefasst werden. Wie lässt Schelling an dieser Stelle offen. Die 26  Rie Shibuya hat in ihrem Aufsatz „Persönlichkeit und Selbstbildung. Niethammers Beitrag zu Schellings Überwindung der Transzendentalphilosophie“ die Bedeutung herausgestellt, die dieser Rezension für die Entstehung der in der Freiheitsschrift entwickelten Personenkonzeption zukommt (vgl. Shibuya [2003]), ohne jedoch ihren methodischen Leitbegriff der ‚Überwindung‘ hinreichend zu klären. – Es ist eine Ironie der Geschichte, dass Schelling seinen Personenbegriff in Auseinandersetzung mit einem Menschenbild gewonnen hat, welches in pädagogischen Auffassungen seiner Zeit kursierte, deren begriffliches Niveau die einschlägigen philosophischen Personenkonzeptionen dieser Zeit deutlich unterbietet. Diese Ironie hat Methode, insofern es die holzschnittartige Darbietung des Schichtenmodells Schelling erlaubte, dessen Haltlosigkeit direkt in den Blick zu nehmen, und es sodann als Vorstellung zu erkennen, von der auch elaboriertere philosophische Personenkonzeptionen nicht ganz frei sind.

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Antwort muss sich aus dem ,Wesens des Menschen‘ ergeben, über das Schelling an dieser Stelle nichts sagt. Die durch die angeführten Kriterien bezeichnete Alternative zu einem Schichtenmodell lässt sich, einen Terminus der gegenwärtigen Kant- und Hegelforschung aufgreifend, als transformativer Begriff der menschlichen Person bezeichnen.27 Dabei erlaubt es Schellings Auskunft, dass das Tierische „im Menschen durch die Verbindung mit der Vernunft nicht nur (negativ) aufgehört habe, Thierheit zu seyn, sondern etwas positiv-Anderes geworden“ bzw. dass „im Menschen die Thierheit bereits von der Geistigkeit durchdrungen“ sei, dem Transformationsbegriff einen präzisen Sinn zu geben, der in den Kontexten, in denen er gegenwärtig verwendet wird, nicht immer beachtet wird. Die Rede von einer Transformation des Animalischen durch das Vernünftige ist nämlich primär in einem kategorialen und erst sekundär in einem davon abgeleiteten genetischen Sinn zu verstehen. Wenn sich im Menschen ‚nirgends ein Punkt aufzeigen‘ lässt, „wo reine Thierheit anheb[t]“ und der Gegensatz von Animalität und Ra­ tionalität bereits „durch das Wesen des Menschen als solchen aufgelöst“ ist, ist erstens die Vorstellung zurückzuweisen, der Mensch sei ein Wesen, dessen Leben demjenigen bloßer Tiere zunächst gleichartig ist und das sich erst zu einem vernünftigen Wesen entwickelt. Mit Transformation ist daher primär eine begriffliche Operation gemeint, die den kategorialen Unterschied betrifft, der zwischen den Fähigkeiten eines bloßen Tiers und entsprechenden Fähigkeiten besteht, insofern diese Fähigkeiten eines denkenden Wesens sind. Genau deshalb, weil sich die Natur eines sinnlich-vernünftigen Wesens philosophisch nur stufenweise im Durchgang durch diesen Unterschied einholen lässt, ist es angemessen, von einem transformativen Verständnis der menschlichen Person zu sprechen. Bilden zweitens die von der Geistigkeit des Menschen informierten, sinnlich-natürlichen Fähigkeiten und seine im engeren Sinne geistigen Fähigkeiten Schelling zufolge einen wirklichen Gegensatz, gewinnt der Transformationsbegriff sekundär einen genetischen Sinn, der jedoch nicht die vermeintliche Entwicklung eines gleichsam bloß tierischen zu einem vernünftigen Wesen betrifft, sondern die Selbstbildung eines Wesens, dessen sinnlich-natürliche Seite bereits von Hause aus von seiner geistigen durchdrungen ist. Die Frage ist, wie sich diese beiden, für Schellings transformativen Begriff der menschlichen Person charakteristischen Annahmen rechtfertigen lassen. Offenbar können sie dies nach Schelling nur durch Rückgang auf das ,Wesen des Menschen‘. Daher muss gefragt werden, ob sich bei Schelling eine einsichtige Auffassung dieses Wesens findet und sich aus dieser sein spezifisch transformatives Konzept der menschlichen Person ergibt. 27  Vgl. Conants in Fn.  4 genannte Arbeiten sowie McDowell (1996), 64; Boyle (2016). Eine Reihe weiterer, instruktiver Aufsätze zu einer transformativen Konzeption des menschlichen Geistes findet sich in dem Band „Selbstbewusstes Leben. Texte zu einer transformativen Theorie der menschlichen Subjektivität“ (Kern/Kietzmann [Hgg.] [2017]).

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4. Schellings Begründung der transformativen Personenkonzeption In den Stuttgarter Privatvorlesungen charakterisiert Schelling den Menschen als endlichen Geist, d. h. als Wesen, das 1. vermöge seiner eigenen Natur ist und 2. geworden ist: Nur im Menschen wird endlich das absolute A², das lang gesuchte, lang ersehnte, emporgehoben aus dem B, das an sich oder suâ naturâ Seyende aus dem Nichtseyenden. Das suâ naturâ Seyende ist Geist, und das aus dem Nichtseyenden Erhobene, insofern also Gewordene, aber doch naturâ suâ Seyende ist endlicher Geist. […] das in sich selbst und kraft seiner eignen Natur Seyende ist das, was schlechthin nicht durch anderes bestimmt werden kann (denn alles Bestimmtwerden ein Leiden, d. h. ein Nichtseyn). (AA II 8, 136–138 | SW VII, 456 f.)

Um zu verstehen, was damit gemeint ist, dass der Mensch als Geist ‚sua natura Seiendes‘ sei, und wie dies damit zusammengeht, dass er zugleich ein ‚Gewordenes‘ ist, ist kontrastiv nach der Verfasstheit dessen zu fragen, was nicht sua natura seiend ist. Was nicht vermöge seines eigenen Wesens ist, ist offenbar auf unselbständige Weise. Dies trifft laut Schelling auf alles Natürliche zu. Dieses kann insofern auch als relativ Nichtseiendes, nämlich nicht von sich her Seiendes angesehen werden. Diese Auffassung hat ihren Grund darin, dass alles Natürliche in ein Raum-Zeit-Kontinuum eingebettet ist, aus dem es sich nicht von sich her als Selbständiges abhebt. Ein Ausschnitt dieses Kontinuums zerfällt entsprechend auch nicht an sich eindeutig in eine definite Zahl verschiedener Substanzen, sondern deren Ansetzung hängt von der Ebene der (physikalischen, chemischen, geologischen oder biologischen) Naturbetrachtung ab, die solche Substanzen artikulierend heraushebt. Ein Wesen, das leibhaft im Raum-Zeit-Kontinuum verankert ist, hat seinen Selbststand somit nur, indem es ihn aus sich bezieht, d. h. insofern es sich auf sich als selbständig bezieht und sich so als selbständig herausstellt. Insofern es seinen Selbststand durch selbstbezügliche Tätigkeit gewinnt, ist es ein geistiges Wesen. Dass das Wesen des Geistes in selbstbezüglicher Tätigkeit besteht, bringt Schelling dadurch zum Ausdruck, dass er das geistige Prinzip als ‚A²‘ bezeichnet, wobei ‚A‘ für das Ideale oder Tätige steht,28 das durch den Exponenten als in sich verdoppelt markiert wird. Die zum Geist gehörige Selbstbeziehung drückt Schelling auch dadurch aus, dass er von ihm als dem ‚Seyenden als solchen‘ spricht.29 Das Wesen des Menschen als eines endlichen Geistes besteht Schelling zufolge somit nicht einfach in bestimmten, ihm eigentümlichen Tätigkeiten, sondern in einer 28  Vgl. AA II 8, 120 | SW VII, 447: „so, nämlich als Thätigkeit, können wir das Ideale auch ausdrücken“; vgl. auch AA II 8, 122 | SW VII, 448. 29  Dass Schelling die selbstbezügliche Tätigkeit, die die Einheit der Person ausmacht, nicht als ‚Selbstbewusstsein‘ bezeichnet, mag seinen Grund darin haben, dass dieser Ausdruck an reflektierte Selbstthematisierung denken lässt. Die tätige Selbstbeziehung, die den Menschen als geistiges Wesen ausmacht, ist dagegen zunächst keine, die sich eigens gedanklich und sprachlich von den besonderen Tätigkeiten, deren Einheit sie ausmacht, abhebt. Entsprechend spricht Schelling davon, alle geistige Entwicklung gehe von einem „Zustand des stillen Sinnens über sich selbst“ aus (AA II 8, 97; eigene Hvg.).

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gewissen Form von Tätigkeit, nämlich solcher, der eine Beziehung auf sich eingeschrieben ist, womit all seine Tätigkeiten die eines selbstbezüglichen Vollzugszen­ trums sind. Weil ein Wesen nur vermöge selbstbezüglicher Tätigkeit selbständig ist, ist die Selbstbeziehung, die zum Wesen der Person gehört, nicht bloß die Fähigkeit zur Reflexion, sondern macht ihre Wirklichkeit aus. Personen können sich also nur darum reflexiv auf sich beziehen, weil sie schon von Hause aus wirklich präreflexiv auf sich bezogen sind. Insofern sich der Mensch von sich her als selbständiges Vollzugszentrum herausstellt, bezieht er seine Verfasstheit als Person aus sich, ist also ein selbstbestimmtes Wesen, das, wie Schelling sagt, „schlechthin nicht durch anderes bestimmt werden kann“. Damit ist nicht bestritten, dass Personen in vielerlei Weise ,beeinflussbar‘ sind, sondern ausgedrückt, dass sie sich nicht durch äußere Einwirkung zu Teilen von etwas anderem machen lassen. Dass die menschliche Person ihre Einheit aus sich bezieht, bedeutet nicht, dass sie sich selbst macht, ihr Selbststand also keine Bedingungen hätte, die sie nicht selbst hervorbringt. Ihr Selbststand ist vielmehr ein abhängiger, da ihre selbstbezügliche Tätigkeit auf natürliche Vorgaben angewiesen ist.30 Darum charakterisiert Schelling den Menschen im obigen Zitat als ein „aus dem Nichtseyenden erhobenes Wesen“. Dass der Mensch als Geist seinen Selbststand aus sich bezieht, bedeutet aber – und darum ist Schellings Wesensbestimmung des Menschen transformativ –, dass die natürlichen Vorgaben, die er als endlicher Geist voraussetzt, keine selbständige, bloß natürliche Schicht der Person ausmachen, sondern von vornherein in deren selbstbezügliche Vollzugseinheit einbezogen und gegenüber ihren bloß animalischen Pendants verwandelt sind, insofern sie die Form selbstbezüglicher Einheit aufweisen. Weil eine Person als geistiges Wesen ihre Einheit aus sich bezieht, gehört das an ihr, was sie nicht selbst gemacht hat, nur dadurch zu ihr, dass es in die Einheit, die sie aus sich bezieht, eingebunden ist. Da die tätige Selbstbeziehung, vermöge deren sich die Person als selbständiges Vollzugszentrum herausstellt, kein bloßes Potential ist, sondern ihr Sein ausmacht, kann somit nichts zu ihr gehören, was nicht in sie als selbstbezügliches Vollzugszentrum eingebunden und insofern rudimentär von ihrer Geistigkeit durchdrungen ist. Diese Auffassung wäre nur dann intellektualistisch, wenn solche Durchdringung als reflexives Selbstbewusstsein (d. h. als urteilende Selbstthematisierung) verstanden werden müsste. Dass etwas zu einer Person gehört, ist dagegen damit vereinbar, dass es bloß reflektierbar ist, oder sogar damit, dass es ab einem gewissen Zeitpunkt nicht einmal mehr bewusstseinsfähig ist. Insofern der Mensch seine personale Einheit aus sich bezieht, ist er ein denkendes Wesen. Diese Einsicht ist kantisch, insofern Kant in der transzendentalen Deduktion nachweist, dass Denken im Sinne des Objektivierens von Vorstellungen Bedingung 30  Vgl. in diesem Zusammenhang Markus Gabriels Unterscheidung zwischen Autonomie und Autochthonie (Gabriel [2014], 78 f.).

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der Einheit des Bewusstseins bzw. der Selbstzuschreibbarkeit von Vorstellungen ist. Ein Wesen vermag sich auf sich als von seinen Vorstellungen unterschiedenes nämlich nur zu beziehen, statt in ihnen aufzugehen und so ein ‚vielfärbiges‘, damit aber gar kein Selbst zu sein, wenn es das, was seine Vorstellungen vorstellen, im Normalfall als unabhängig vom jeweiligen Vorstellen, d. h. als objektiv bestehend, ansetzt. Bislang wurden die zwei Momente von Schellings Wesensbestimmung des Menschen 1. ‚sua natura Seiendes‘ und 2. ‚aus dem Nichtseienden emporgehobenes Seiendes‘ zu sein, erläutert, aber nicht gezeigt, warum das erste das zweite erfordert, d. h. warum Geist eine natürliche Seite einschließt. Ein Argument hierfür lässt sich folgender Passage des Dialogs Clara entnehmen, in der Schelling von dem Zusammenhang zwischen Bewusstseinseinheit und Objektivieren ausgeht, den Kant aufgewiesen hatte:31 Sie rechnen zum fortdauernden Bewußtseyn zuvörderst die fortdauernde Einerleiheit des Bewußtseyenden, oder nicht? […] Und daß dieses Bewußtseyende sich als dieses immer das Nämliche Bleibende von allem andern unterscheide? […] Nun gibt es wohl nirgendwo […] ein Dieses und ein Jenes, was doch zu jeder Unterscheidung erfordert wird, als nur im Physischen? – Oder […] wenn Sie Sich als Sich und daher als von allem unterschiedene Person betrachten, fühlen Sie da nicht, daß im Grund Ihres Bewußtseyns etwas durch keinen Begriff Aufzulösendes liegt, etwas Dunkles, gleichsam als Halt Ihrer Persönlichkeit? (SW IX, 68)

Schelling denkt an dieser Stelle Kants Gedanken, dass es die Einheit des Bewusstseins erfordere, dass sich das Subjekt objektivierend ‚von allem andern‘ unterscheidet, ein Stück weiter als Kant selbst. Denn er zeigt auf, dass das Subjekt des Objektivierens nur unter Einbeziehung eines demonstrativen Apparats (‚ein Dieses und ein Jenes‘) auf sich Bezug nehmen kann. Dies hat seinen Grund darin, dass es zum Objektivieren gehört, das von sich unterschiedene als unabhängig vom jeweiligen Akt des Unterscheidens und dem jeweiligen Aktzentrum anzusetzen, dem er zuzurechnen ist. Solche demonstrative Selbstthematisierung ist aber nur möglich, wenn das Subjekt des Denkens ein nicht-diskursives Moment in sich schließt; und sie ist nur dann nötig, weil dieses Subjekt nicht der alleinige Garant der Wahrheit seiner Urteile ist, d. h. weil es die in ihnen thematisierten Tatsachen nicht selbst erzeugt. Es hat also ein Moment des Nicht-Diskursiven bzw. der Intransparenz oder Endlichkeit in sich. Wenn zur Einheit des Bewusstseins ein Objektivieren gehört, dessen demonstrative Selbstthematisierung auf ein physisches Moment in ihm selbst hindeutet, ist das transzendentale Subjekt, d. h. das Subjekt des Denkens als solches ein Wesen, zu dem eine physische Seite gehört, – eine Person. 31  Wie aus dem Brief an Hegel vom 4.2.1795 hervorgeht, hat Schelling früh erkannt, dass dieser Zusammenhang für ein Verständnis von Personalität entscheidend ist: „Persönlichkeit entsteht durch Einheit des Bewußtseyns. Bewußtseyn aber ist nicht ohne Objekt möglich“ (AA III 1, 23). Seiner damaligen Auffassung des Absoluten entsprechend fährt er jedoch fort: „für Gott aber d. h. für das absolute Ich, giebt es gar kein Objekt, denn dadurch hörte es auf, absolut zu seyn – mithin giebt es keinen persönlichen Gott, und unser höchstes Bestreben ist die Zerstörung unsrer Persönlichkeit“.

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Wenn der Mensch sich erstens durch selbstbezügliche Tätigkeit als Person herausstellt, Selbstbeziehung zweitens Denken (Objektivieren) voraussetzt und ein objektivierendes Wesen als solches drittens eine Natur (einen ,dunklen Grund‘) in sich schließt, gehört zum Menschen eine selbst nicht geistige Seite, die jedoch immer schon ansatzweise in die geistige Einheit der Person integriert ist. Auf diese Weise lässt sich Schellings transformative Konzeption des Menschen positiv ausweisen. Dass das Wesen des Menschen primär in der Form selbstbezüglicher Tätigkeit besteht, in deren Einheit eine nicht-intellektuelle, physisch-sinnliche Seite einbezogen ist, bedeutet dem internen Zusammenhang von Selbstbeziehung und Denken gemäß nicht, dass zum Menschen nicht auch besondere Fähigkeiten und Vollzüge gehören, die sich als geistige von denjenigen Fähigkeiten und Vollzügen unterscheiden lassen, die ihm als sinnlich-natürlichem Wesen zukommen. Nur kann das Wesen des Menschen erstens nicht unmittelbar mit diesen Fähigkeiten identifiziert werden; zweitens sind auch diejenigen Fähigkeiten und Vollzüge, die zu ihm als sinnlich-natürlichem Wesen gehören, durch Einbeziehung in die Form selbstbezüglicher Tätigkeit gegenüber denjenigen bloß tierischer Wesen transformiert. Man kann daher sagen, dass der Mensch ein Wesen ist, für das es konstitutiv ist, sich zu einem sinnlichen und einem geistigen Pol seiner selbst zu verhalten. Schelling bringt das Eigentümliche des Menschen, sich als endlicher Geist sowohl zum Geistigen wie zum Sinnlich-Natür­ lichen in ihm – das aufgrund dieses Selbstbezugs nichts bloß Tierisches ist – zu verhalten, folgendermaßen zum Ausdruck: Von dem Augenblick an, daß wir die zwei Principien in uns gewahr werden, daß wir uns in uns selbst scheiden, uns uns selbst entgegensetzen, uns mit dem besseren Theil von uns selbst über den niedrigeren erheben – von dem Augenblick fängt das Bewußtseyn an […] (SP, AA II 8, 96 | SW VII, 433)

Dass es zum Wesen des Menschen gehört, sich zu seinem ‚besseren‘ und seinem ‚niedrigeren Teil‘ als solchen zu verhalten – die „doppelte Beziehung seines Wesens“32 – ist der anthropologische Grund dafür, dass die menschliche Freiheit ein „Vermögen zum Guten und zum Bösen“ ist.33 Denn das Selbstverhältnis des Menschen zu seinen beiden Polen bringt die Fähigkeit mit sich, dem einen oder anderen (d. h. dem, was aus sich heraus Einheit zu stiften vermag, oder dem, was dies selbst nicht vermag) die Oberhand einzuräumen und damit entweder verkehrt oder recht zu handeln. Dass die Person das, was in ihr Natur ist, den dunklen Grund, den sie als solchen in sich schließt, durch ihre geistige Tätigkeit transformiert, bedeutet nicht, dass das, was sich nicht in Begriffe auflösen lässt, dabei verschwände, sondern dass es eine Form gewinnt, die es unabhängig von seiner geistigen Verklärung nicht hätte. Ein einfaches Beispiel hierfür ist die Transformation der Anschauung durch das Denken. 32 Vgl. SP, AA II 8, 138 | SW VII, 457: „[…] der Mensch aber als ein aus dem Nichtseyenden erhobenes Seyendes erlangt durch diese doppelte Beziehung seines Wesens auch eine ganz eigenthümliche Freiheit.“ 33  Freiheitsschrift, AA I 17, 126 | SW VII, 354.

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Die Anschauung eines denkenden Wesens ist in Abhängigkeit davon, wie weit seine Fähigkeit zum Gebrauch bestimmter Begriffe entwickelt ist, unterschiedlich organisiert. Ein Biologe sieht etwa dort Pflanzen einer bestimmten Art, wo ein anderer, der die betreffenden Artbegriffe nicht beherrscht, eben bloß Pflanzen sieht. Dies ist ein Unterschied im Sehen, im nicht-diskursiven Bezug auf ein Einzelnes von einer gewissen Natur – ein tode ti. Die im Licht eines biologischen Artbegriffs transformierte Anschauung bleibt somit Anschauung, doch kann nur der in den Genuss einer solchen Anschauung kommen, der kompetent Urteile zu fällen vermag, die den betreffenden Artbegriff enthalten.

5. Resoluter vs. irresoluter Transformationismus Wenn das Selbstbewusstsein eines endlichen Wesens notwendig ein physisches Moment als seinen ,Grund‘ oder ,Halt‘ in sich einbezieht, hat ein transformatives Verständnis des Menschen ihn nicht nur als sinnlich-vernünftiges Wesen in den Blick zu nehmen, sondern als Wesen, das in einem physischen Universum leibhaft verankert ist. Ein lokal transformatives Verständnis der menschlichen Freiheit à la Kant oder Fichte sprengt daher, systematisch entwickelt, seine eigene Grenze und weist über sich hinaus auf eine global transformative Ansicht des Wirklichen: Allein der Idealismus selbst, so hoch wir durch ihn in dieser Hinsicht gestellt sind, und so gewiß es ist, daß wir ihm den ersten vollkommnen Begriff der formellen Freyheit verdanken, ist doch selbst für sich nichts weniger als vollendetes System, und läßt uns, so bald wir in das genauere und bestimmtere eingehen wollen, in der Lehre der Freyheit dennoch rathlos. In der ersten Beziehung bemerken wir, daß es in dem zum System gebildeten Idealismus keineswegs hinreicht, zu behaupten, ‚daß Thätigkeit, Leben und Freyheit allein das wahrhaft Wirkliche seyen,‘ womit auch der subjektive (sich selbst misverstehende) Idealismus Fichte’s bestehen kann; es wird vielmehr gefodert, auch umgekehrt zu zeigen, daß alles Wirkliche (die Natur, die Welt der Dinge) Thätigkeit, Leben und Freyheit zum Grund habe […] (Freiheitsschrift, AA I 17, 123 f. | SW VII, 351; eigene Hvg.)

Ein kohärenter Begriff menschlicher Freiheit lässt sich Schelling zufolge somit nicht idealistisch, d. h. unter Beschränkung auf die Perspektive endlichen Bewusstseins gewinnen. Er entwickelt seine Freiheitskonzeption deshalb als realistische Konkretisierung der idealistischen, wozu eine transformative Ansicht der Wirklichkeit erforderlich ist. Diese ist realistisch, insofern sie die physische Natur als Spielraum miteinbezieht, innerhalb dessen sich die Person leibhaftig verankert findet.34 Da Natürliches 34  Die Rede von einer ,global-transformativen Ansicht des Wirklichen‘ soll anzeigen, dass die Person nicht nur als sinnlich-vernünftiges Wesen, sondern wesentlich auch als Wesen, das in einem materiellen Raum-Zeit-System leibhaftig verankert ist, in den Blick zu nehmen sei. Anliegen des vorliegenden Beitrags ist es nämlich nachzuweisen, dass sich ein transformativer Personenbegriff nur kohärent entwickeln lässt, wenn die Person nicht nur bewusstseinsphilosophisch, sondern zugleich realistisch, d. h. als Wesen betrachtet wird, das als leibhaftiges einen bestimmten Ort in der Welt hat. Insofern erfordert ein resolut transformativer Personenbegriff eine globale Perspektive.

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und Geistiges der transformativen Einsicht gemäß aber einen lebendigen Zusammenhang irreduzibel Unterschiedener bilden, kann die Natur, auf die die Selbstaufklärung des endlichen Vernunftwesens hinausweist, nichts schlichtweg Geistloses sein, sondern muss in einem lebendigen Zusammenhang mit einem auf sie irreduziblen Geistigen stehen. Darum handelt Schellings Schrift von Gott und Natur als mit der menschlichen Freiheit ‚zusammenhängenden Gegenständen‘. Sein Zugang zu diesen Gegenständen ist darum nicht dogmatisch-vorkritisch, weil er über sie nicht einfach separat spricht, sondern insofern es im Rahmen der generisch-erstpersonalen Aufklärung der endlichen Person über ihr eigenes Wesen erforderlich ist. Da die endliche Person unbestreitbar wirklich ist, lässt sich die global-transformative Welt­ ansicht, innerhalb deren Schelling die menschliche Freiheit zu begreifen sucht, somit dadurch rechtfertigen, dass sich die unbestreitbare Wirklichkeit der endlichen Person ohne sie nicht begreifen lässt.35 Das Prinzip dieser Weltansicht kann aus dem angegebenen Grund nur in einem lebendigen, transformativen Zusammenhang eines Nicht-Geistigen („Grund von Existenz“)36 und eines Geistigen („Subjekt der Existenz“)37 bestehen und weist damit die gleiche Form auf, die Kant bereits lokal als Form des Zusammenhangs von SinnDamit ist nicht behauptet, dass niedere Stufen des Realen in höhere transformierbar und somit alles Natürliche bereits ,in gewisser Weise‘ personal sei. 35  Günter Zöller hat instruktiv herausgestellt, dass eine Reihe vermeintlich origineller Züge der von Schelling entwickelten Freiheitskonzeption Entsprechungen im Denken seiner Zeitgenossen hat (vgl. Zöller [2012], 261–266). Das Eigentümliche von Schellings Position sieht Zöller darin, dass bei ihm „zu diesen Familienähnlichkeiten des klassisch-deutschen Freiheitsdiskurses eine Erweiterung der Untersuchungen über den engeren Horizont der menschlichen Freiheit hinaus“ (264) trete: „Schellings Freiheitsschrift integriert so die menschliche Freiheit in eine philosophische Gesamtsicht, die unter dem leitenden Gesichtspunkt der Freiheit steht“ (265). Ohne weitere Qualifikation scheint mir diese Charakterisierung von Schellings Verhältnis zu seinen idealistischen Vorgängern jedoch irreführend. Denn Schellings Leistung besteht nicht in einer optionalen ,Erweiterung‘ einer bestimmten Auffassung menschlicher Freiheit durch ,Integration‘ in eine unabhängig davon angenommene ,philosophische Gesamtsicht‘. Sie besteht vielmehr im Nachweis, dass sich die philosophische Erkenntnis menschlicher Freiheit ohne eine solche Erweiterung gar nicht kohärent durchführen lässt. Nur darum ist die betreffende ,Gesamtsicht‘ weder ein Spiel mit einer metaphysischen Möglichkeit noch besteht sie darin, dogmatisch zu behaupten, dass die Wirklichkeit ihr entspreche. So lassen es Deutungen der Freiheitsschrift, wonach diese die menschliche Freiheit bzw. die Person von der Warte einer metaphysischen Weltansicht aus thematisiere, jedoch erscheinen. Josef Schmidt behauptet etwa, es gehe „Schelling darum, die Freiheit aus einem metaphysischen System, nämlich aus einem Gott, Schöpfung und Mensch umfassenden Zusammenhang verständlich zu machen“ (Schmidt [2001], 801). Laut Sturma orientiert sich Schelling „an metaphysischen Bestimmungen der prämodernen Philosophie der Person“ und verlegt „Grund und Wesen menschlicher Personalität von der Erde wieder in den Himmel“ (Sturma [2004], 57). Hennigfeld zufolge entwirft „die Freiheitsschrift ein System des Absoluten, ist Ontotheologie“, die „nicht nur logisch, nicht nur theologisch verfährt, sondern anthropologisch gestützt wird“ (Hennigfeld [2002], 14). Dagegen hält van Zantwijk treffend fest, dass Schelling seine Anthropologie nicht in eine vorgegebene Ontotheologie einschreibt, sondern umgekehrt aufweist, „dass der anthropologische Ansatz die Philosophie nicht zu einem Abschluss bringen kann, sondern selbst […] in den ontotheologischen mündet“ (van Zant­ wijk [2000], 174). 36  Freiheitsschrift, AA I 17, 129 | SW VII, 357. 37  Eschenmayer-Briefwechsel, SW VIII, 172.

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lichkeit und Vernunft erwiesen hatte. Kants Ansicht des Erkennens und Handelns ist lokal transformativ, insofern sie ihren Blick methodisch auf das endliche Vernunftwesen beschränkt. Lässt sich ein transformatives Verständnis desselben aber kohärent nur im Rahmen einer transformativen Ansicht der Wirklichkeit gewinnen, kann Kants transformative Ansicht endlicher Vernunftwesen nicht konsequent transformativ sein. Sie muss es somit an sich haben, an ihren selbstgesetzten Grenzen in ein Schichtenmodell umzuschlagen. Kants Bild des Menschen ist daher wesentlich ambivalent – ein Kippbild. Von innen, d. h. im Rahmen der Beschränkung auf endliche Vernunftwesen betrachtet, ist es transformativ, von außen erscheint es dagegen additiv. Da der Blick von innen als beschränkter aber auf ein Jenseits hinausweist, hat Kants transformative Konzeption des Menschen es an ihr selbst, in ein additives Bild umzuschlagen. Seiner seriellen Methode gemäß exponiert Kant den Zusammenhang von Sinnlichkeit und Vernunft daher zwar als einen internen, während er aufgrund seiner idealistischen Beschränkung auf die Perspektive des endlichen Vernunftwesens nicht verhindern kann, dass sich der als intern erwiesene Zusammenhang an den Grenzen der Betrachtung wider bessere Einsicht doch als externer präsentiert. Mit Blick auf die Rolle der Sinnlichkeit in Kants Philosophie lässt sich dieser Umschlag am Problem des An-sich festmachen. Ihrer seriellen Vorgehensweise gemäß erweist die Transzendentalphilosophie das sinnlich Gegebene als je schon durch die Formen spontaner Einheitsstiftung geprägt; und ihrer Beschränkung auf das endliche Vernunftwesen entsprechend handelt sie von der Materie der Sinnlichkeit nur als einem dem endlichen Vernunftwesen Gegebenen, nicht jedoch als dem, was diesem Gegebenen in den Dingen selbst entspricht. Dabei weist der Begriff des Gegebenen natürlich analytisch auf einen Ursprung des Gegebenen jenseits des endlichen Vernunftwesens, über den sich jedoch, der methodischen Selbstbeschränkung gemäß, philosophisch nichts weiter sagen lässt. Dass sich über das An-sich transzendentalphilosophisch nichts weiter sagen lässt, bedeutet nicht, dass dieser Begriff unbestimmt wäre, denn ein unbestimmter Begriff wäre eben gar keiner. Es bedeutet nur, dass sich dieser Begriff transzendentalphilosophisch selbst nur als ‚gegebener‘ Begriff behandeln lässt,38 also nicht wie die anderen Begriffe der Transzendentalphilosophie dem seriellen Verfahren der Begriffsklärung unterwerfen lässt. Wenn Kants Einsicht zutrifft, dass philosophische Begriffe ein System bilden, der Gehalt eines solchen Begriffs daher organisch gegliedert ist und sich ein solcher Gehalt nicht unmittelbar, sondern nur im Zuge eines seriellen Verfahrens angemessen fassen lässt, ergibt sich daraus, dass die der idealistischen Beschränkung auf das endliche Vernunftwesen gemäße Behandlung des An-sich als eines „Grenzbegriff[s]“39 zur Folge hat, dass dieser Begriff nur auf eine abstrakt-einseitige Weise verstanden werden kann, welche der Einsicht in das transformative Wesen des endlichen Vernunftwesens zuwider38 Zu Kants Unterscheidung zwischen ,gegebenen‘ und ,gemachten‘ Begriffen vgl. oben Abschnitt 1 und Fn.  14. 39  KrV, A255/B310.

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läuft – nämlich entweder als ein schlichtweg ‚Nicht-Geistiges‘ (in der theoretischen Philosophie) oder als ein ‚Rein-Geistiges‘ (in der praktischen Philosophie). Das Ansich gewinnt in Kants theoretischer und praktischer Philosophie daher aufgrund der idealistischen Beschränkung dasjenige abstrakt-einseitige Ansehen, dessen lokale Zurückweisung die Kritiken mit Blick auf das endliche Vernunftwesen betreiben. Präsentiert sich das, was dem sinnlich Gegebenen an sich zugrunde liegen soll, aber selbst als ein Nicht-Geistiges, kann es scheinen, als sei die Form der Sinnlichkeit dem An-sich fremd, wodurch unsere empirischen Erkenntnisansprüche ein subjektives Ansehen gewinnen und in die Klammer des transzendentalen Idealismus gesetzt werden. Mit Blick auf die praktische Philosophie manifestiert sich die Verselbständigung des Sinnlichen vom Vernünftigen darin, dass Kant mit einer Schicht rein sinnlicher Antriebe rechnet, die es gemäß einer resolut transformativen Personenkonzeption gar nicht geben kann. Der Handelnde erscheint damit als ein Wesen, das mit einem Bein in der bloß natürlichen Welt, mit dem anderen in der vernünftigen steht. Kann freies Handeln somit aber nur darin bestehen, aus der natürlichen Welt ,auszusteigen‘, lässt sich nicht mehr verstehen, dass der frei Handelnde in derselben Welt handelt, in der er lebt, und sein Handeln daher auch nicht mehr als das einer Person.40 Über Schellings Einsicht hinaus, dass sich ein transformatives Verständnis der menschlichen Person nur im Rahmen einer transformativen ‚Weltansicht‘ kohärent entwickeln lässt, lassen sich weitere Hinsichten angeben, die sein resolut transformatives Personenverständnis von einem irresoluten unterscheiden. Letzteres trägt der integrativen Einheit der menschlichen Person zwar abstrakt Rechnung, weist jedoch blinde Flecken auf, durch die es die transformative Grundeinsicht verfehlt und stellenweise ins Schichtenmodell zurückfällt. 1. Einheit von theoretischer und praktischer Transformation: Ein transformatives Personenverständnis lässt sich nur zugleich erkenntnis- und handlungsbezogen entwickeln. Wenn sich im Menschen nämlich nichts bloß Tierisches findet, lassen sich weder verkehrtes Handeln noch fehlgehende Erkenntnis darauf zurückführen, dass ein solches die Oberhand gewinnt. Der Irrtum muss sich daher ebenso wie das Böse als Ausdruck von Freiheit – und damit als Selbsttäuschung – verstehen lassen. Da die handelnde Person sich als solche ein Bild von sich macht, ist somit auch zu untersuchen, welche Rolle die von ihr verantwortete Verkehrtheit ihres Selbstbilds als Moment bösen Handelns spielt. 40  Insofern sich in Kants Philosophie ein zweistufiges Vorgehen, das der Betrachtung der transformativen Natur eines endlichen Vernunftwesens angemessen ist, mit ambivalentem Schillern überlagert, das sie als idealistische oder bloß lokal transformative Betrachtung desselben mit sich bringt, kann die Kritik an Kant dieses Schillern erben, insofern sich in ihr ein Missverständnis seines zweistufigen Vorgehens als Ausdruck eines Schichtenmodells mit der berechtigten Kritik an denjenigen Zügen überlagern kann, die Kants Konzeption des endlichen Vernunftwesens darum zukommen, weil sie als lokaler Transformationismus an ihren selbstgesetzten Grenzen in ein Schichtenmodell umschlägt.

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2. Doppelseitigkeit der Transformation: Ein transformatives Verständnis der Person hat sowohl die Formierung des Sinnlich-Physischen im Menschen durch seine geistig-intellektuelle Tätigkeit als auch den sinnlich-physischen Aspekt dieser Tätigkeit zu betrachten. Übersieht man letzteren, wird der Geist zum Gespenst.41 Denken ist, wie schon angedeutet, kein ,körperloser Vorgang‘, sondern hat sinnlich-physische Voraussetzungen.42 Auf diese hinzuweisen, bedeutet nicht, Denkvollzüge mit Naturvorkommnissen gleichzusetzen und so die transformative Einsicht in die interne Wechselbeziehung von Physischem und Geistigem zugunsten einer vermeintlichen Zurückführung von diesem auf jenes zu verfehlen. 3. Dynamischer vs. statischer Transformationismus: Resolut betrachtet ist die Formierung der sinnlich-natürlichen Seite des Menschen durch seine geistige nicht immer schon vollendet, also nicht statisch zu verstehen, sondern hat einen historischen Aspekt und ist insofern Selbststeigerung oder Selbstbildung. Die Begründung hierfür ergibt sich daraus, dass die Person ein Vollzugszentrum ist, dessen Selbstbestimmung ein raum-zeitliches Moment, damit aber eine selbstbezüglich-zeitliche und somit historische Dimension aufweist. Nur weil die Transformation, die das Wesen der Person ausmacht, nicht immer schon abgeschlossen ist, ist diese eine lebendige Einheit, die im Erkennen und Handeln ihr transformatives Potential bewähren kann. 4. Ursprünglicher vs. resultativer Charakter der Transformation: Dass die Transformation, die das Wesen der Person ausmacht, nicht je schon vollendet ist, bedeutet nicht, dass sie nicht je schon begonnen hätte. Wie bereits aufgewiesen lässt sich nämlich gar nicht kohärent denken, dass sich ein nicht-selbstbewusstes Wesen zu einem selbstbewussten entwickelt. Wenn Selbstbewusstsein Tätigkeit ist, die ihrer selbst inne ist, und ein Wesen seinen Selbststand nur vermöge solchen Sich-Inneseins hat, kann keinem Wesen die Fähigkeit zugeschrieben werden, ‚sich zu einem selbst-bewussten Wesen zu entwickeln‘, weil die Rede von einer solchen Entwicklung Selbständigkeit unter der Hand schon voraussetzt und darum unsinnig ist. Eine menschliche Person entwickelt sich daher nicht von einem bloß tierischen zu einem denkenden Wesen. Sie ist vielmehr als abhängig-selbständiges Wesen je schon ein selbstbewusstes und damit ein denkendes. Genau darum lässt sich am Menschen in der Tat kein „Punct […] aufzeigen“, wo „reine Thierheit anheb[t]“.43 Eine menschliche Person als je schon selbstbewusstes, denkendes Wesen anzusehen, kann nur als intellektualistischer Irrtum erscheinen, wenn Selbstbewusstsein und Denken intellektualistisch missverstanden werden, statt mit einem primitiven Selbstbewusstsein und Denken zu rechnen.44 Ist eine Person immer schon ein denkendes Wesen, ist ihre sinnlich-natürliche Seite auch immer schon rudimentär durch 41 Vgl.

Denkmal, AA I 18, 171 f. | SW VIII, 70; Clara, SW IX, 4. Für einen argumentativen Nachweis der Kopplung der logischen Form – und damit des Denkens – an reale Voraussetzungen vgl. Martin (2017), 153–167 und Martin (2020), Kapitel 2. 43  Niethammer-Rezension, AA I 18, 34 | SW VII, 514. 44  Einer eigenen Untersuchung von dessen Formen hat sich Schelling später in seiner Philosophie der Mythologie zugewandt. 42 

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ihre denkende Natur informiert. Schelling bringt den Sachverhalt, dass die Transformation des Sinnlich-Natürlichen durch das Geistige in einer Person sowohl je schon begonnen hat und unabgeschlossen ist, knapp durch die Bemerkung zum Ausdruck, zwischen Realem und Idealem bestehe „eine wesentliche (d. h. nicht bloß formelle, logische oder nominale) Einheit, zugleich aber ein wirklicher Gegensatz“.45 5. Geistige Tätigkeit geht je schon mit Transformation von Nicht-Geistigem einher: Wenn es von Haus aus zu uns gehört, den dunklen Grund in uns durch geistige Tätigkeit zu transformieren, folgt daraus, dass solche Tätigkeit nie erst für sich vollzogen wird, sondern ihre Wirklichkeit nur ineins mit einem Verklären des Grundes hat. Dass Geist nur im Zusammenhang mit der Transformation des Sinnlich-Natürlichen wirklich ist, bedeutet nicht, dass er nicht das durch sich selbst Wirkliche wäre. Denn seine Abhängigkeit vom Sinnlich-Natürlichen besteht nur, insofern es zu ihm gehört, dieses überformend in sich einzubeziehen.46 6. Steigerbarkeit vs. ‚partieller‘ Charakter der Transformation: Dass die Transformation, die das Wesen des Menschen ausmacht, ihn zugleich von Haus aus prägt und wesentlich unabgeschlossen ist, darf nicht derart missverstanden werden, dass sie zunächst nur ‚partiell‘ sei. Die Vorstellung von Teilen und Ganzen ist dem transformativen Wesen der Person unangemessen. Denn was die Person nicht in sich einbezieht, gehört eben auch nicht zu ihr. Daher muss das Geistige die sinnlich-natürliche Seite der Person von vornherein ganz, wenngleich auf vertiefbare Weise prägen. So zerfällt etwa kein Teil einer sinnlichen Anschauung in ein aller Ordnung bares Gewimmel, was jedoch nicht bedeutet, dass es nicht endlos viel an ihr zu unterscheiden gäbe. Schelling charakterisiert die Einheit von realem und idealem Prinzip daher treffend als steigerbar.47 Indem er von einer ‚lebendigen Identität‘ der Prinzipien spricht,48 beugt er der Annahme zunächst bloß ‚partieller‘ Transformation ebenso vor wie durch die Rede von einer „Steigerung der Einheit“.49 Diese macht nämlich deutlich, dass die Transformation kein Vorgang ist, der nacheinander separate Teile einer Sache erfasst, sondern eine Operation, die wiederholt auf das Ergebnis ihrer 45  SP, AA II 8, 70 | SW VII, 422. Vgl. auch die Bemerkung: „[W]enn wir sagen: das Wesen des Menschen ist eine absolute Identität von Freiheit und Nothwendigkeit – ein freies und ein nothwendiges Princip sind innigst in ihm vereinigt –, so haben wir damit zwar einen Begriff des Menschen, aber noch keinen lebendigen wirklichen Menschen; dazu (um einen wirklichen Menschen zu haben) müssen wir ihn betrachten, inwiefern diese Principien in ihm wirklich im Gegensatz, im Kampfe begriffen sind.“ (AA II 8, 76 | SW VII, 424) 46  So betont Schelling einem entsprechenden Einwand Georgiis gegenüber, dass „sich der Geist in uns nur dadurch als das seÿende bewährt, d. h. actu seÿendes ist, daß er auf unser Nichtseÿendes – auf das relativ-Geringere und Unedlere in uns – handelt, es zu sich zu erheben u. ebenfalls zu veredeln (zu vermenschlichen) sucht […] Zu sagen also: A […] seÿ kein Ens a se, weil es nur durch seine Wirkung auf B sich actu manifestiere, wäre ebensoviel als zu sagen: Der Geist seÿ nicht, (was er doch ist) das an sich seÿende in uns, weil er sich als das seÿende nur d[urc]h seine Wirkung auf das Nichtseÿende bewährt“ (Schelling an E. F. v. Georgii am 18.7.1810, AA II 8, 209; eigene Hvg.). Vgl. Aphorismen zur Einleitung, AA I 15, 123 | SW VII, 174. 47 Vgl. SP, AA II 8, 100 | SW VII, 436. 48  Freiheitsschrift, AA I 17, 134 | SW VII, 364. 49  SP, AA II 8, 78 | SW VII, 425.

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vorherigen Anwendung angewandt wird. Dass eine Form-Materie-Einheit im Zuge ihrer Steigerung selbst zur Materie einer übergreifenden Form werde,50 drückt diesen formalen Sachverhalt ebenso aus wie die Metapher einer sukzessiven „Verklärung“ des „Grundes“.51 7. Intellektuelle vs. nicht-intellektuelle Tätigkeit: Eine menschliche Person ist ein Wesen, dessen animalisch-sinnliche Seite immer schon rudimentär durch seine selbstbewusste Natur integriert ist. Dieser Integration ungeachtet lässt sich auch von der Warte einer resolut transformativen Ansicht der menschlichen Person zwischen Fähigkeiten und Vollzügen unterscheiden, die ihr als sinnlich-natürlichem Wesen zukommen, etwa Wahrnehmung, Selbstbewegung oder Ernährung, und ihren geistig-intellektuellen Fähigkeiten und Tätigkeiten.52 Dieser Unterschied ist nur nicht so aufzufassen, als seien die sinnlich-natürlichen Fähigkeiten und Vollzüge des Menschen von seiner geistig-intellektuellen Natur unabhängig. Die Fähigkeiten und Vollzüge, die dem Menschen als sinnlich-natürlichem Wesen zukommen, werden sich von denjenigen bloßer Tiere ihrem Wesen nach also primär nicht durch materiale Unterschiede, sondern durch ihre Form, nämlich dadurch unterscheiden, dass der Mensch sich zu ihnen verhält. Insofern die Transformation der sinnlich-natürlichen durch die geistige Seite des Menschen steigerbar ist, können die Fähigkeiten und Vollzüge, die ihm als sinnlich-natürlichem Wesen zukommen, im Zuge solcher Steigerung besondere Züge gewinnen, die sie von denjenigen bloßer Tiere unterscheiden. So läuft der Mensch nicht bloß, sondern er geht, er frisst nicht, sondern er isst, er säuft nicht, sondern er trinkt. Insofern er sich zu seiner sinnlich-natürlichen und seiner geistig-vernünftigen Seite verhält, vermag er jedoch die Steigerung von jener gemäß dieser nicht nur zu vollziehen, sondern auch umzukehren. Daher ist das Tier genauer gesagt ein Wesen, das frisst, säuft etc., während der Mensch ein Wesen ist, das essen oder ,fressen‘, trinken oder ,saufen‘ kann etc. 8. Spontaneität der Sinnlichkeit: Insofern die Sinnlichkeit nicht nur von Hause aus in die selbstbezügliche Vollzugseinheit der Person integriert ist und daher eine dieser selbst anschaulich vorstellige Form aufweist, sondern die Person diese Integration steigernd vertieft, können ihre rezeptiven Vollzüge selbst ein spontan-intellektuelles Moment gewinnen. Dies bedeutet resolut transformativ betrachtet weder, dass sich die Wahrnehmung nun nicht mehr vom Denken unterscheiden ließe, noch, dass alles Wahrnehmen ein solches Moment aufwiese. Dies lässt sich am Beispiel des sogenannten Aspektwechsels verdeutlichen, im Zuge dessen wir eine physisch unverän50 

Vgl. etwa SP, AA II 8, 98; 102 | SW VII, 435; 437. etwa Freiheitsschrift, AA I 17, 133 | SW VII, 362. Schellings Behauptung, der „Proceß unserer Selbstbildung“ bestehe darin, „das in uns bewußtlos Vorhandene zum Bewußtseyn zu erheben“ (SP, AA II 8, 96 | SW VII, 433), ist daher nicht so aufzufassen, als spreche sie davon, dass ein zunächst völlig Blindes oder Ungeistiges zur Bewusstheit erhoben werde. Der Gegensatz bewusst – bewusstlos ist relativ, nicht absolut zu verstehen: „Das ganze Leben ist eigentlich nur ein immer höheres Bewußtwerden“ (AA II 8, 96 | SW VII, 433; eigene Hvg.). 52  Vgl. Schellings Unterscheidung zwischen „geistige[n] Thätigkeit[en]“, die „zugleich real“, und „reale[n]“, die „zugleich geistig“ sind (Niethammer-Rezension, AA I 18, 38 | SW VII, 519). 51  Vgl.

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derte Figur plötzlich als etwas anderes sehen – ein Wahrnehmungsphänomen, das sich in gewissem Maß willentlich kontrollieren lässt.53 Bei dem sich darin manifestierenden Vermögen eines denkenden Wesens, etwas so oder anders zu sehen, handelt es sich um eine Steigerungsform, nicht um die Grundform seines Wahrnehmungsvermögens. Wenn sinnlich-rezeptive Vermögen der Person im Zuge ihrer transformativen Selbststeigerung ein spontan-intellektuelles Moment gewinnen können, ist damit zu rechnen, dass sich gewisse Leistungen des Denkens in Vollzügen ankündigen, die eher zur sinnlich-natürlichen Seite der Person gehören – daher Schellings Sensibilität für epistemische Funktionen des Gefühls, der Intuition und der Phantasie (vgl. unten Abschnitt 8). 9. Transformativer Personenbegriff und serielle Methode: Dass die „innere Transmutation“54 des Grundes durch geistige Tätigkeit die Person einerseits von Haus aus prägt, andererseits steigerbar ist, bedeutet, dass das philosophische Begreifen der menschlichen Person in zwei Hinsichten stufenweise zu erfolgen hat. 1. ist im Ausgang von und Kontrast zur Seinsweise bloß animalischer Wesen zu zeigen, dass und inwiefern das Animalische in der Person je schon von ihrer selbstbewusst-geistigen Natur ,durchdrungen‘ und von dem ihm entsprechenden bloß Animalischen daher kategorial verschieden ist. 2. ist aufzuweisen, welche Steigerungsstufen zum transformativen Wesen der menschlichen Person gehören.

6. Transformation als Selbststeigerung: Information und Deformation Resolut verstanden ist die Transformation des Nicht-Geistigen durch das Geistige nicht immer schon vollendet, sondern steigerbar. Die Steigerbarkeit ergibt sich da­ raus, dass der Mensch als Person ein sich selbst bestimmendes Wesen ist. Da es zu einem solchen Wesen gehört, sich zu seinem physischen und seinem geistigen Pol zu verhalten, kann es im Zuge der selbstbestimmten Steigerung oder Transformation des Nicht-Geistigen durch das Geistige entweder diesem oder jenem die Oberhand einräumen und so das Richtige oder das Verkehrte tun. Die zum Menschen gehörige Selbststeigerung oder Transformation lässt daher zwei Modi zu, die wir als Information und Deformation bezeichnen können.55 Deformation kann nur dann ein Modus der Transformation sein, wenn an ihr ein Transformierbares und ein Transformierendes beteiligt sind. Das bedeutet, dass auch das Deformieren ein Moment der Formgebung einschließen muss. Es kann daher nicht unmittelbar darin bestehen, Formierbares und Formierendes zu vertauschen, da dies widersprüchlich wäre. Es kann freilich auch nicht darin bestehen, ei53 

Vgl. Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen, 204 ff. Freiheitsschrift, AA I 17, 133 | SW VII, 362. 55  Vgl. hierzu der Sache nach Aristoteles, Metaph. IX 2, 1046a36–b28. 54 

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nem Formierbaren eine ihm entsprechende Form zu geben, da es sich sonst um In-, nicht um Deformation handelte. Deformation kann daher nur darin bestehen, einem Nicht-Geistigen, Sinnlichen, Formierbaren sozusagen nur zum Schein eine gewisse Form oder Weise der Einheit zu geben, während es sich dieser nicht wirklich zu fügen braucht, sondern man ihm sozusagen freien Lauf lässt.56 In diesem Sinn ist die „Umkehrung der Prinzipien“ zu verstehen, in der das Verkehrte laut Schelling besteht.57 So besteht die Lüge etwa darin, einem Inhalt die Mitteilungsform des Wahren zu geben – die Form der Behauptung –, obwohl das Mitgeteilte sich ihr nicht zu fügen braucht; und zum bösen Handeln gehört es, da das Handeln im Licht einer Vorstellung tragfähiger Zwecke erfolgt, solchem, was letztlich keine tragfähige Einheit von Zwecken zu bilden vermag, sozusagen zum Schein das Ansehen solcher Tragfähigkeit – die Form des Guten – zu verleihen. Resolut transformativ betrachtet sind verkehrte Akte auch in dem, worin sie verkehrt sind, als selbstbestimmt zu verstehen. Ein verkehrter Akt ist also auch, insofern er verkehrt ist, noch Akt, d. h. die Verkehrtheit ist Teil seiner selbst. Was ihn zu einem verkehrten macht, kann daher nicht als externe Störung oder Defekt betrachtet werden. Dies drückt Schelling dadurch aus, dass er die Formen des Verkehrten (den Irrtum und das Böse) als ein Positives bezeichnet. Es muss somit 1. herausgestellt werden, warum verkehrte Handlungen, auch insofern sie verkehrt sind, als Handlungen und damit als Ausdruck von Freiheit zu betrachten sind; 2. müssen Paradoxien, denen sich der Versuch ausgesetzt sieht, verkehrte Handlungen als Ausdruck von Freiheit zu betrachten, aufgelöst werden; und 3. muss auf dieser Grundlage geklärt werden, worin die philosophische Versuchung gründet, das Verkehrte als Defekt zu verstehen und so auf ein nicht-transformatives Bild der Person zu verfallen. – Diesen Aufgaben wende ich mich in diesem und den nächsten Abschnitten zu. Dass ein verkehrtes Tun auch insofern es verkehrt ist noch ein Tun ist, wird verständlich, wenn es resolut transformativ betrachtet wird. Insofern es zur Person erstens gehört, sich als selbstbestimmt zu verstehen, und sich zweitens zu ihrem natürlichen und ihrem geistigen Pol zu verhalten, versteht sie sich als ein Wesen, das es vermag, in seinem selbstbestimmten Tun entweder seinem sinnlich-natürlichen oder seinem geistigen Pol die Oberhand einzuräumen, das Richtige oder Verkehrte zu tun, zu in- oder deformieren. Dadurch, dass sie sich als Wesen versteht, das es vermag, das Richtige oder das Verkehrte zu tun, vermag sie das Richtige oder das Verkehrte zu tun. (Umso erstaunlicher ist es zunächst, dass die philosophische Klärungsarbeit eines Werks wie der Freiheitsschrift nötig sein kann, um mühselig herauszuarbeiten, dass der Mensch das Wesen ist, das über die Freiheit zum Guten oder Bösen verfügt. 56  Deformation ist also primär keine Auflösung wirklicher Form-Materie-Komplexe – das mag eine ihrer Konsequenzen sein –, sondern besteht darin, solchem, was zum Dunklen, Nicht-Vernünftigen in einem selbst gehört, bloß zum Schein eine vernünftige Form zu geben, ihm jedoch unter der Hand freien Lauf zu lassen. 57  Freiheitsschrift, AA I 17, 137 | SW VII, 366.

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Er ist eben zugleich das Wesen, das von dieser Freiheit den verkehrten Gebrauch macht, der darin besteht, sie sich zu verschleiern.) Ein verkehrter Akt muss auch in dem, worin er verkehrt ist, noch als Akt verstanden werden, da der Grund transformativ betrachtet immer schon rudimentär durch das Geistige informiert ist. Was an einem Tun verkehrt ist, kann daher nicht einem bloß Sinnlichen, Animalischen, Fremden in der Person – der Wirksamkeit eines von ihr Verschiedenen innerhalb ihrer selbst – zugeschrieben werden. Derartiges kommt in der Person als Vollzugszentrum nicht vor, weil dies unmittelbar widersprechend wäre: Ein von der Person verschiedenes Animalisches in ihr selbst stünde in „vollkommene[m] Gegensatz“ zu ihrer Einheit als Aktzentrum und kann ihre Akte daher auch nicht zu verkehrten machen.58 Ein verkehrter Akt, dessen Verkehrtheit nicht Teil dieses Akts (d. h. nicht selbst aktive Verkehrtheit ist), ist somit ein Widerspruch. Da eine Person als physisches Wesen von Umständen abhängig ist, die sie nicht selbst herstellt, kann sie natürlich zum Schauplatz eines zerstörerischen Geschehens werden, das sie nicht selbst zu verantworten hat. Ein solches krankhaftes Geschehen ist dann aber weder ihre Tat noch ein Verkehrtes, Böses oder Falsches. Das Verkehrte, Böse und Falsche ist immer nur der Schatten, den freie Tätigkeit wirft und der nicht unabhängig von dieser vorkommen kann. Resolut transformativ betrachtet gehört zum Menschen das Vermögen freier Deformation, der Überordnung des Nicht-Geistigen über das Geistige. Vom philosophischen Aufweis dieses Vermögens ist die Betrachtung seiner wirklichen Ausübung zu unterscheiden. Über diese lässt sich philosophisch zunächst nur sagen, dass sie sich, weil sie frei ist, nicht aus einem von ihr Verschiedenen erklären, sondern allenfalls aus sich heraus verstehen lässt: Der Irrtum und das Böse gründen, insofern sie selbstverantwortet sind, in nichts anderem als der Freiheit der Person. Über ihre Wirklichkeit lässt sich philosophisch nur dann positiv etwas sagen, wenn es eine Art der Verkehrung gibt, die ihren Grund nicht in der Eigentümlichkeit bestimmter Personen, sondern in endlicher Personalität als solcher hat. Eine solche Verkehrung könnte man als ursprüngliche bezeichnen, da sie von Haus aus zu jeder Person gehört. Es wäre charakteristisch für sie, ein freies Tun zu sein, das keinen Grund außer der Person hat, sich jedoch so darstellt, als hätte es ihn. Die Umkehrung der Prinzipien, die darin besteht zuzulassen, dass sich das, was untergeordnetes Moment der Person sein sollte, als herrschend aufspielt, kann nämlich nicht darin bestehen, sehenden Auges das als verkehrt Eingesehene als richtig zu behandeln, sondern nur darin, sich gehen zu lassen oder sich etwas über sich vorzumachen – in einem Abwälzen von Verantwortung. Konkret hat nach Schelling die Wirklichkeit des Bösen ihren Grund in einer „Angst des Lebens“ – der Angst vor Verlust dessen, was am eigenen Leben das Eigene 58 Vgl. Niethammer-Rezension, AA I 18, 38 | SW VII, 519: „[Z]wischen Rationalität und Animalität als solchen ist allerdings ein vollkommener Gegensatz. Wo diese ist, kann jene eben darum nicht seyn, und umgekehrt wo jene ist – versteht sich als persönliche Rationalität […] – muß diese, die Animalität, aufgehört haben, und in ein Höheres verklärt seyn.“

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ist, d. h. in der Vorstellung, ein im Erkennen des Wahren und Tun des Guten aufgehendes Leben müsse derart „aller Eigenheit absterben“, dass die es führende Person als individuelle verschwindet.59 Diese Vorstellung ist eine Täuschung, da die Verklärung den Grund (das Partikulare, Eigene) nicht vernichtet, sondern eben nur verklärt oder überformt. Die Täuschung, dass ein der Erkenntnis und dem guten Handeln gewidmetes Leben kein individuelles Leben mehr wäre, kann, wenn Irrtum resolut transformativ begriffen wird, keine externe Ursache haben, sondern nur eine zurechenbare Verkehrung sein. Die ursprüngliche Verkehrung besteht so darin, sich der falschen und – streng genommen auch als falsch erkennbaren – Vorstellung zu überlassen, dass ein Leben des Wahren und Guten ein Leben sei, das die Person als solche erdrückt oder zum Verschwinden bringt. Wenn das göttliche Leben aber das im Wahren und Guten aufgehende Leben ist, stellt das Bild, das der ‚Angst des Lebens‘ zugrunde liegt, Gott als eigensinniges Wesen vor, dem gegenüber man sich behaupten muss, um nicht zu verschwinden. Die Angst des Lebens ist, insofern sie Gott als eigensinniges Wesen vorstellt, gegen das man sich selbst eigensinnig behaupten muss, der erste Akt verkehrten Eigensinns, durch den der, der, weil Gott nicht eigensinnig ist, so sein könnte wie Gott (nämlich aufgehend in einem Leben des Wahren und Guten), sich zu dem macht, der nicht ist wie Gott, sich jedoch, indem er sich und Gott als gleichermaßen eigensinnig begreift, aufspielt, als sei er wie Gott.

7. Die Frage nach dem Subjekt der Transformation Wie gezeigt ergibt sich aus einer transformativen Personenkonzeption resolut verstanden, dass die Transformation des Nicht-Geistigen durch das Geistige zwei Modi hat – Information und Deformation, oder Erkenntnis und Gutes auf der einen Seite und Irrtum und Böses auf der anderen. Auch der Irrtum und das Böse sind somit als Ausdruck von Freiheit zu begreifen. Die erste Schwierigkeit, die sich beim Versuch, diese Aufgabe einzulösen, ergibt, ist ein Zurechnungsproblem: Wer ist das Subjekt der In- und Deformation, d. h. wie ist dasjenige zu charakterisieren, was sowohl für die angemessene Unterordnung des Nicht-Geistigen unter das Geistige als auch für die verkehrte Überordnung des Nicht-Geistigen über das Geistige verantwortlich ist? Wird die Frage nach der Zurechnungsstelle der In- und Deformation nicht klar ins Auge gefasst, läuft man Gefahr, unbesehen von einem transformativen Verständnis der Freiheit zu einem additiven, am Schichtenmodell orientierten Missverständnis zurückzufallen. Isoliert betrachtet geben einzelne Wendungen Schellings zu solchem Missverständnis Anlass. So spricht er etwa davon, das Böse bestehe darin, dass der Eigenwille „sich […] erigirt“,60 sich dem Höheren „nicht […] submittire“61 oder da59 

Freiheitsschrift, AA I 17, 149 | SW VII, 381. SP, AA II 8, 142; vgl. 158 | SW VII, 459; vgl. 467. 61  SP, AA II 8, 164 | SW VII, 470. 60 

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nach strebe, „das, was er nur in der Identität mit dem Universalwillen ist, als Partikularwille zu seyn“.62 In dieselbe Richtung deutet auch sein Vergleich des Bösen mit der Krankheit, die in der Verselbständigung eines Organs bestehen soll.63 So angesehen lässt sich Schellings Konzeption des Bösen aber gar nicht scharf von der zu einem Schichtenmodell gehörigen unterscheiden, weil es nun so aussieht, als bestünde das Böse darin, dass etwas Subpersonales die Oberhand über das Handeln gewinnt.64 Wird Deformation derart als Herrschendwerden einer nicht-vernünftigen Instanz verstanden, lässt sich auch das Gute nicht mehr als zurechenbar begreifen. Denn es könnte nur darin bestehen, dass das Vernünftige die Oberhand über das Nicht-Vernünftige behält. Das Gute ließe sich somit gleichfalls nicht als freies Tun der Person verstehen, weil es bloß in der Durchsetzung der Vernunft als eines unpersönlichen Prinzips bestünde. Die Auffassung, wonach die Freiheit „in der bloßen Herrschaft des intelligenten Princips über das sinnliche und die Begierden besteht“,65 lehnt Schelling jedoch gerade ab. Eine derart missverstandene Freiheit zum Guten könnte der Person nicht nur nicht zugerechnet werden, sondern sie ließe diese gar nicht mehr als Einheit verstehen. Denn wenn nicht die einzelne Person, sondern die allgemeine ,Vernunft in ihr‘ Subjekt des guten Handelns wäre, könnte ihre Herrschaft nicht in integrativer Selbststeigerung und Verklärung, sondern nur in der Niederschlagung oder Unterdrückung des ihr Fremden bestehen. Um eine transformative Auffassung des Verkehrten scharf von einer additiven zu unterscheiden, muss somit die Frage nach dem Subjekt als Zurechnungsstelle der Transformation beantwortet werden. Zahlreiche Wendungen Schellings beantworten sie nicht, sondern klammern sie aus – solche nämlich, die den Eigenwillen zwar nicht als ,Agenten‘ der Deformation darstellen, die Frage nach diesem aber durch 62 

Freiheitsschrift, AA I 17, 135 | SW VII, 365.

63 Vgl. Freiheitsschrift, AA I 17, 136 f. | SW VII, 366. Oliver Müller hat mit einigem Aufwand den

medizinisch-naturphilosophischen Hintergrund von Schellings Analogie von Bösem und Krankheit rekonstruiert (vgl. Müller [2014]). Der Sache nach hält Michelle Kosch jedoch zurecht fest: „Schellings comparison of evil to physical illness […] seems to involve both a questionable way of looking at illness and a peculiarly naturalistic conception of moral evil“ (Kosch [2006], 100). 64  Nicht wenige Interpreten schreiben Schelling eine Konzeption des Bösen zu, die sich bloß dem Wortlaut, nicht jedoch der Sache nach von der von Schelling zurückgewiesenen Auffassung, dass sich das Böse der unkontrollierten Wirksamkeit eines nicht-vernünftigen Vermögens verdanke, unterscheidet. So charakterisiert Jörg Jantzen das Böse etwa dadurch, „dass der Abgrund sich an die Stelle des Himmels setzt und dass die Sehnsucht […] sich als Eigenwille dem Universalwillen des Verstandes verschließt“ (Jantzen [2004], 222). Wolfram Hogrebe zufolge soll das Böse à la Schelling darin bestehen, „dass das, was Voraussetzung unserer kooperativen und kommunikativen oder guten Talente ist, eben nicht Voraussetzung bleibt, sondern sich in den Vordergrund drängelt“ (Hogrebe [2007], 63). Schellings Pointe besteht dagegen gerade darin, dass das Subjekt des Guten und Bösen der Mensch als wesentlich und unauflöslich zugleich sinnliches und vernünftiges Wesen – als ‚derivierte Absolutheit‘ – ist und das Böse sich daher nicht als dominante Verselbständigung eines subpersonalen Vermögens verstehen lässt. Aus diesem Grund verfehlt auch Christoph Asmuth Schellings Gedanken, wenn er das Böse nicht, wie üblich, der Sinnlichkeit, sondern der Vernunft selbst attribuiert: „Das Böse liegt nicht im Anderen der Vernunft, sei dies auch die Sinnlichkeit, sondern in der Rationalität selbst“ (Asmuth [2012], 198). 65  Freiheitsschrift, AA I 17, 119; vgl. 141 | SW VII, 345; vgl. 371.

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ihre unpersönliche oder passivische Form unbeantwortet lassen. Dies gilt sowohl für Schellings Rede davon, das Böse beruhe „auf einer positiven Verkehrtheit oder Umkehrung der Prinzipien“,66 als auch davon, es folge „nicht aus dem Prinzip der Endlichkeit für sich, sondern aus dem zur Intimität mit dem Centro gebrachten finstern oder selbstischen Prinzip“.67 Beides lässt offen, was es denn ist, wenn nicht das selbs­ tische Prinzip selbst, was dieses „zur Intimität mit dem Centro“ bringt bzw. besagte ,Umkehrung‘ vornimmt. Es hilft auch nichts, das Subjekt der Transformation als ein von Eigenwille und intelligentem Prinzip verschiedenes Drittes aufzufassen, wie aus Schellings Auskunft „Die eigentliche menschliche Freiheit besteht nun eben darauf, daß der Geist einerseits der Seele unterworfen ist, andererseits über dem Gemüth steht“ zu folgen scheint, wenn man sie für sich liest.68 So ergäbe sich ein Regress. Da die Disjunktion von selbstischem und nicht-selbstischem Prinzip vollständig scheint, wäre das Dritte – der Geist – nämlich entweder als ein weiteres selbstisches Prinzip zu verstehen oder mit dem intelligenten identisch. Das Subjekt des Guten und Bösen kann somit weder Eigenwille noch intelligentes Prinzip noch ein von diesen verschiedenes Drittes sein. Die nahe liegende und richtige, unmittelbar aber noch nicht hinreichend verstandene Antwort ist natürlich die, dass der einzelne Mensch oder die Person selbst – nicht etwas in ihr – das Subjekt der Freiheit zum Guten und Bösen ist;69 und diese Auskunft gibt Schelling auch: Die allgemeine Möglichkeit des Bösen besteht […] darin, daß der Mensch seine Selbstheit, anstatt sie zur Basis, zum Organ zu machen, vielmehr zum Herrschenden und zum Allwillen zu erheben, dagegen das Geistige in sich zum Mittel zu machen streben kann. (Freiheitsschrift, AA I 17, 156 | SW VII, 389; eigene Hvg.)

Diese Antwort ist noch unverstanden, solange die Frage ist, wie die Einheit, die der Mensch ist, der über die Freiheit zum Guten und Bösen verfügt, zu begreifen ist. Insofern das Subjekt der Freiheit weder bloßer Eigenwille noch bloß intelligentes Prinzip noch ein von ihnen verschiedenes Drittes sein kann, muss es die interne Einheit von Eigenwille und intelligentem Prinzip sein – damit aber genau das, was Schelling

66 

Freiheitsschrift, AA I 17, 137 | SW VII, 366. Freiheitsschrift, AA I 17, 142 | SW VII, 372. 68  SP, AA II 8, 164 | SW VII, 470 f. 69  Vgl. auch Schellings Rede davon, dass „der Mensch, anstatt sein natürliches Leben dem göttlichen unterzuordnen, vielmehr in sich selbst das zur relativen Unthätigkeit bestimmte (das natürliche, eigne) Princip aktivirte – zur Thätigkeit erweckte“ (SP, AA II 8, 140 | SW VII, 458 f.; eigene Hvg.). „Dadurch also, daß der Mensch zwischen dem Nichtseyenden der Natur und dem absolut-Seyenden = Gott in der Mitte steht, ist er von beiden frei. Er ist frei von Gott dadurch, daß er eine unabhängige Wurzel in der Natur hat, frei von der Natur dadurch, daß das Göttliche in ihm geweckt ist […] Jenes kann man das eigne (natürliche) Theil des Menschen nennen, wodurch er Individuum, persönliches Wesen ist; dieses sein göttliches Theil. Dadurch ist er frei […], daß er in den Indifferenzpunkt gestellt ist.“ (AA II 8, 140 | SW VII, 458; eigene Hvg.) 67 

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als Persönlichkeit charakterisiert: „Persönlichkeit, d. h. […] zur Geistigkeit erhobene Selbstheit“.70 Die Lösung des Problems, wie das Subjekt des In- und Deformierens zu begreifen sei, sofern beides als frei verstanden werden soll, besteht so eigentlich nur in einer – damit hoffentlich zu größerer Klarheit gebrachten – Wiederholung der Einsicht, dass zur Person von Haus aus die integrative Überformung des Nicht-Geistigen durch das Geistige gehört, diese jedoch nicht abgeschlossen, sondern steigerbar ist. Das Subjekt der Selbststeigerung, sei sie in- oder deformativ, ist somit nichts anderes als eine Einheit, die selbst schon die Form der Integration des Nicht-Geistigen durch das Geistige hat. Was die Transformation vollzieht, weist somit selbst diejenige Verfassung auf, die aus dem Vollzug gesteigert hervorgeht – einer integrierten Einheit von Eigenwille und Verstand. Das Subjekt freier Handlungen lässt sich daher nur durch Wendungen charakterisieren, die der Charakterisierung seiner Freiheit zum Verwechseln ähnlich sehen, was der Grund dafür sein könnte, dass Schelling eine solche Charakterisierung in der Freiheitsschrift unterlassen hat. Die Freiheit ist insofern die ,Mitte‘ zwischen Eigenwille und Verstand, als sie im Vermögen besteht, dem einen oder anderen die Oberhand einzuräumen. Wer über dieses Vermögen verfügt und somit frei ist, die Person, ist selbst die wirkliche Mitte von Eigenwille und Verstand, da sie nichts anderes als deren bereits verwirklichte Einheit ist. Die Entfaltung dieser Einsicht, die es erlaubt, das Subjekt der Freiheit von seiner Freiheit zu unterscheiden, wodurch der Freiheitsbegriff erst gegenüber einem Rückfall in ein additives Personenverständnis gesichert ist, bedeutet einen Fortschritt der Stuttgarter Privatvorlesungen gegenüber der Freiheitsschrift. In diesen macht Schelling nämlich deutlich, dass nicht nur die Freiheit in einem Verhältnis zu Eigenwille und Verstand besteht – nämlich der Macht, dem einen oder anderen im Tun die Oberhand zu geben –, sondern dass das, was über diese Macht verfügt – der ,eigentliche Wille‘ – selbst schon eine (nicht völlig verkehrte) Einheit von Eigenwille und Verstand ist: Aus Verstand und Eigenwille zusammen erzeugt sich die mittlere Potenz, c) der eigentliche Wille, der also hier wieder im Indifferenzpunkt erscheint. Allein nicht dieses Verhältniß – nicht seine Mitte zwischen Verstand und Eigenwillen [denn diese ist als wirkliche, integrierte Einheit von Eigenwille und Verstand das Subjekt der Freiheit, die Person], sondern die zwischen der ersten und dritten, der tiefsten und der höchsten Potenz [d. i. das Verhältnis der durch ihren eigentlichen Willen charakterisierten Person zum bloßen Eigenwillen oder Verstand, nämlich die Macht, dem einen oder anderen in weiteren Transformationsakten die Oberhand zu geben] macht eigentlich seine Freiheit aus. (AA II 8, 158 | SW VII, 467)

Mit anderen Worten formuliert Schelling denselben Gedanken so: Die eigentliche menschliche Freiheit besteht nun eben darauf, daß der Geist einerseits der Seele unterworfen ist, andererseits über dem Gemüth steht. Je nachdem der Geist, d. h. der Wille (denn der Wille ist im Geiste wieder der Geist) den Eingebungen von oben, d. h. den 70 

Freiheitsschrift, AA I 17, 140; vgl. 134 f. | SW VII, 370; vgl. 364.

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Eingebungen der Seele, oder den Eingebungen von unten, d. h. den Eingebungen des Eigenwillens, folgt, je nachdem er entweder das Niedere oder das Höhere zu seinem Princip macht, je nachdem handelt er auch gut oder böse. (AA II 8, 164 | SW VII, 470 f.)

Diese Wendungen könnten ,doppelt gemoppelt‘ erscheinen: Was über die Freiheit zur über- oder unterordnenden Vereinigung von Eigenwille und Verstand verfügt und von Schelling als ‚Geist‘, ‚eigentlicher Wille‘ oder einfach als ‚Wille‘ bezeichnet wird, wird im ersten Zitat selbst als Einheit von Eigenwille und Verstand charakterisiert. Darin drückt sich jedoch die Einsicht aus, dass die Formierung des Nicht-Geistigen durch das Geistige je schon begonnen hat – der ‚eigentliche Wille‘ ist als Zentrum der Person ihre wirkliche transformative Einheit –, jedoch steigerbar ist, wobei die Freiheit in der Fähigkeit zu solcher Steigerung – sei diese in- oder deformatorisch – besteht.

8. Paradoxien der freien Deformation Erstes Paradox. Es mag überraschen, dass sich die Person Schelling zufolge nicht nur zu ihrer vernünftigen und nicht-vernünftigen Seite verhält und es daher vermag, die eine der anderen überzuordnen und somit richtig oder verkehrt zu handeln, sondern dass er der Auffassung ist, richtiges Handeln sei nur vor dem Hintergrund verkehrten Handelns möglich. Dass nur der richtig zu handeln vermag, der auch verkehrt handeln könnte, mag eingeräumt werden. Doch warum sollte richtiges Handeln die Wirklichkeit verkehrten Handelns voraussetzen? Dass Schelling dies annimmt, geht etwa aus folgenden Passagen hervor: Der Verstand kann, als solcher, als wirklich, nur aufgehen, indem das zuvor herrschend gewesene Verstandlose sich ihm unterwirft […] (Eschenmayer-Briefwechsel, SW VIII, 174; eigene Hvg.). Eben in dem Streit und der Versöhnung beider [sc. des Rationalen und Irrationalen] soll sich unsere Menschheit bewähren. (SP, AA II 8, 78 | SW VII, 425; eigene Hvg.) Auch er [sc. der Mensch] muß sich erst wieder aus dem Nichtseyenden emporarbeiten, das Dunkle in sich verdrängen, und aus einer Finsterniß höherer Art, aus der Finsterniß des Bösen, des Irrigen, des Verkehrten das Licht des Guten, der Wahrheit und der Schönheit hervorrufen. (SP, AA II 8, 142 | SW VII, 459; eigene Hvg.)

Anders als es scheinen mag, hat, wer einräumt, dass nur, wer vermag, verkehrt zu handeln, auch richtig zu handeln vermag, damit bereits eingeräumt, dass richtiges Handeln wirkliche und nicht bloß mögliche Verkehrung voraussetzt. Denn was bedeutet es, dass jemand verkehrt zu handeln vermag? Da es zur Person als solcher gehört, sich auf ihr Handlungsvermögen zu beziehen, kann das Vermögen zum verkehrten Handeln kein Können sein, das unabhängig davon besteht, ob die Person es bemerkt oder nicht. Vielmehr hat sie dieses Vermögen nur, insofern sie sich auf es bezieht. Diese Beziehung ist eine erstpersonale Beziehung auf eine Möglichkeit ihrer

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selbst – nicht auf etwas in ihr, das wider ihren Willen ausbrechen könnte. Indem sie sich aber auf das Vermögen verkehrt zu handeln als zu ihr selbst gehörig bezieht, schreibt sie es sich wirklich zu. Indem die Person sich das Vermögen zur Verkehrung wirklich zuschreibt, bleibt sie vom Verkehrten, zu dem sie das Zeug hat, nicht völlig unberührt: Es ist eine reale, ansatzweise verwirklichte Möglichkeit ihrer selbst. Dies bedeutet natürlich nicht, dass jemand sein Vermögen zum Bösen erst vollends in die Tat umsetzen müsste, um es zu haben; aber es bedeutet, dass jemand dieses Vermögen überhaupt nur hat, wenn es nichts ist, wovon die wirkliche Person unberührt bleibt, sondern diese es sich wirklich zuschreibt und damit einhergehende Handlungsmöglichkeiten wirklich durchspielt.71 Resolut transformativ betrachtet, kann also nur der das Gute tun, der auch einmal ansatzweise das Verkehrte durchgegangen ist oder sich vom Bösen hat versuchen lassen und gegen es entschieden hat. Noch gewagter mag die Auffassung, dass richtiges Tun verkehrtes voraussetzt, erscheinen, wenn sie nicht nur auf das Handeln, sondern auch auf das Erkennen bezogen wird: Was wir Verstand nennen, wenn es wirklicher, lebendiger, aktiver Verstand ist, ist eigentlich nichts als geregelter Wahnsinn. Der Verstand kann sich nur manifestiren, zeigen in seinem Gegensatz, also im Verstandlosen. Die Menschen, die keinen Wahnsinn in sich haben, sind die Menschen von leerem, unfruchtbarem Verstand […] [D]aher der göttliche Wahnsinn, von dem Plato, von dem die Dichter sprechen. Nämlich, wenn dieser Wahnsinn durch Einfluß der Seele beherrscht ist, dann ist er ein wahrhaft göttlicher Wahnsinn, dann der Grund der Begeisterung, der Wirksamkeit überhaupt. – Aber überhaupt auch der bloße Verstand, wenn er nur kräftig, lebendig ist, ist eigentlich nur beherrschter, gehaltener, geordneter Wahnsinn. (SP, AA II 8, 162 | SW VII, 470; eigene Hvg.)

Mit diesen drastischen Worten deutet Schelling offenbar nicht bloß darauf hin, dass der, der in seinem Tun und Lassen bei Verstand ist, auch wahnsinnig sein könnte. Vielmehr behauptet er, dass ein wirklicher ,Schuss‘ Wahnsinn zum kräftigen, lebendigen Gebrauch des Verstandes gehört. Dies lässt sich nachvollziehen, wenn man berücksichtigt, dass zum nicht-mechanischen Verstandesgebrauch die Überschrei71  Heideggers Deutung der Freiheitsschrift zufolge gilt, dass „die Freiheit als wirkliches Vermögen, d. i. entschiedenes Mögen des Guten […] in sich zugleich auch das Setzen des Bösen [ist]. Denn, was wäre ein Gutes, das nicht das Böse gesetzt und übernommen hätte, um es in die Überwindung und Bändigung zu bringen“ (Vorlesung, 188). Gegen die damit behauptete wesentliche Kopplung der Wirklichkeit des Guten an die des Bösen hat Thomas Buchheim geltend gemacht, dass Schelling zufolge nur das Vermögen zum Guten wesentlich zugleich eines zum Bösen ist, während die Wirklichkeit des Bösen nur kontingenter Ausdruck der freien Entscheidung des Einzelnen sei (vgl. Buchheim [2000]). – Der hier vorgelegten Deutung ist die diesem Disput zugrundeliegende Disjunktion nicht vollständig. Denn weil es sich bei dem fraglichen Vermögen um das Vermögen eines selbst­ bewussten Wesens handelt, über das dieses nur verfügt, insofern es sich wirklich zu ihm verhält, muss das Vermögen zum Guten oder Bösen wesentlich eine eigene Art notwendiger Verwirklichung des Bösen mit sich bringen, die freilich nicht darin besteht, das Böse vollends in die Tat umzusetzen – dies ist in der Tat von der Willensentscheidung des Einzelnen abhängig und somit kontingent –, sondern im Ansatz dazu – im wirklichen Durchspielen entsprechender Handlungsmöglichkeiten, im wirklichen Versuchtsein und im wirklichen Ansetzen zu bösem Tun etc.

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tung von Unterscheidungen gehören kann, die als vollständig und feststehend auftreten. Das Hinausgehen über Unterscheidungen, die innerhalb eines gegebenen Begriffsrahmens als alternativlos auftreten, das daher innerhalb dieses Rahmens nicht zu rechtfertigen ist, ist für sich genommen keine Manifestation des Verstandes. Lässt sich das Ergebnis der Überschreitung allerdings rückwirkend in eine neue Ordnung einbinden (etwa, indem ein monströs-ungestalter ,Stoff‘ zu einem Kunstwerk gestaltet wird) oder begründen (etwa durch den Nachweis, dass die neu eingeführte Unterscheidung ein zuvor unauflösliches Dilemma beseitigt) erweist sich der Vollzug im Ganzen als produktive Manifestation des Verstandes; diese schließt jedoch, wie gezeigt, als Teilschritt einen Vollzug ein, der für sich genommen nicht als Manifestation von Rationalität, sondern nur als Wahnsinn gelten kann. Dem Risiko, nur den ersten Schritt ins Formlos-Irrationale zu tun, ohne dieses rückwirkend in eine neue Ordnung einbinden und so ausweisen zu können, ist jeder Künstler und jeder Philosoph, aber auch jeder, der seinen gesunden Menschenverstand in unvorhersehbaren Alltagssituationen problemlösend einsetzt, ausgesetzt. Wie schon gesehen behandelt Schelling praktische und epistemische Verkehrung parallel: Auch der Irrthum ist keine bloße Privation der Wahrheit. Er ist etwas höchst Positives. Er ist nicht Mangel an Geist, sondern verkehrter Geist. Daher der Irrthum höchst geistreich, und doch Irrthum seyn kann. – Ebenso das Böse ist nicht bloße Privation des Guten, nicht bloße Verneinung der inneren Harmonie, sondern positive Disharmonie. (SP, AA II 8, 158; 160 | SW VII, 468)72

Im Rahmen eines resolut transformativen Menschenbilds ist dies konsequent. Denn auch der Irrtum als verkehrter Erkenntnisakt wird demzufolge darin bestehen müssen, dass ein Erkennbares die Form der Artikulation des Wahren und Gültigen (Urteil und Schluss) sozusagen nur ,zum Schein‘ erhält. Wenn aber das Gegebene oder Erscheinende, resolut transformativ verstanden, immer schon von der begrifflichen Spontaneität der Person informiert ist, kann der Irrtum seinen Grund nicht darin haben, dass ein Nicht-Geistiges sich der Erkenntnis widersetzt oder der Intellekt es nicht zu beherrschen vermag. Dem Anschein nach besteht jedoch ein wesentlicher Unterschied zwischen Irrtum und Bösem, der es schwer macht, den Irrtum als ein ,Positives‘ und damit als frei und zurechenbar aufzufassen. Während jemand nämlich scheinbar das Rechte einsehen kann, ohne demgemäß zu handeln, kann niemand das, was er als falsch einsieht, zugleich für wahr halten. Wenn Irrtum darin besteht, Falsches für wahr zu halten, kann dies, wenn der Irrtum verantwortet ist, keine unbemerkte Verwechselung, son-

72  Vgl. in diesem Zusammenhang folgende spätere Stelle: „Der Irrthum ist nicht Mangel an Erkenntniß; er ist falsche Erkenntniß. Er gehört in dieselbe Kategorie von Begriffen, wohin Krankheit (die auch Leben, aber falsches Leben ist) u. Böses gehören. Wäre der Irrtum Mangel an Erkenntniß, so wäre er gar nicht schrecklich.“ (Initia, 61; vgl. Natur der Philosophie, SW IX, 241)

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dern nur eine willentliche Vertauschung des Wahren mit dem Falschen sein, was sich unmittelbar widerspricht – so der Einwand. Auf den Hinweis, dass der Irrtum auf einer nicht verantworteten Verwechselung beruhen müsse, ist jedoch zu entgegnen, dass demnach in einem Erkenntnisakt, der als solcher verantwortet ist, etwas nicht Verantwortetes hervorbrechen müsse, was widersprüchlich ist. Dass Irrtum eine verantwortete Vertauschung sein kann, lässt sich am leichtesten an nicht-empirischer Erkenntnis verdeutlichen. Denn da solche Erkenntnis nicht in der Artikulation eines sinnlich Gegebenen besteht, kann sich ein Irrtum hier auch nicht auf einen externen Faktor, etwa einen organischen Defekt, zurückführen lassen. Wir haben bereits gesehen, dass das ursprünglich Böse in einer zurechenbaren Selbsttäuschung des Menschen über sein eigenes Wesen besteht. Insofern haben wir schon ein Beispiel verkehrter nicht-empirischer Erkenntnis betrachtet, die kein Widerfahrnis ist, sondern darin besteht, sich etwas über sich selbst vorzumachen. Die Auffassung, dass Irrtum, als verkehrte Erkenntnis, selbstverantwortet ist, kann nur dann intellektualistisch erscheinen, wenn nicht zwischen verkehrter Erkenntnis und dem Ausdruck von Unverständnis unterschieden wird. Mathematische Irrtümer können beispielsweise entweder Ausdruck von Flüchtigkeit und somit zurechenbar oder Manifestationen von Unverständnis sein. Als solche sind sie in der Tat privativ zu verstehen, damit aber keine Irrtümer in dem von Schelling diskutierten Sinn. Auch empirische Irrtümer können insofern selbstverantwortet sein, als der Erkennende nicht genügend Sorgfalt im Urteilen hat walten lassen. So kann etwa das Übersehen eines Fahrzeugs einem Verkehrsteilnehmer zugerechnet werden, der seine Brille vergessen hat, und weiß, dass er eigentlich besonders sorgfältig schauen sollte. Das selbstverantwortete Moment im empirischen Irrtum hat somit wesentlich den Charakter der Selbsttäuschung. Diese besteht darin, sich vorzumachen, dass die (subjektiven) Bedingungen, um ein Urteil zu fällen, gegeben sind, obwohl dies in der betreffenden Situation nicht der Fall ist. Es wird jedoch auch einen nicht zurechenbaren empirischen Irrtum geben, insofern unbemerkt Bedingungen eintreten können, unter denen die üblicherweise gebotene Sorgfalt nicht mehr zur Erkenntnis des Richtigen hinlangt (z. B. wenn der Autofahrer seine Brille gar nicht vergessen hat, aber seine Aufmerksamkeit durch eine Vergiftung getrübt ist). In diesem Fall ist durchaus vom Irrtum als einem Defekt zu sprechen. Schelling kann also weder für das empirische noch für das nicht empirische Erkennen davon ausgehen, dass jeder Irrtum ein Positives ist, sondern nur, dass es einen Typ von Irrtum gibt, der verantwortet ist. Zweites Paradox. Selbst wenn eingeräumt wird, dass aus einem transformativen Verständnis der Person folgt, dass es verantworteten Irrtum geben kann, besteht das Problem, wie er möglich ist, weiter. Denn ein Für-Wahr-Halten des Falschen als solchen ist widersprechend. Scheinbar muss der Irrtum also unbemerkt sein, ließe sich somit aber nicht als frei verstehen. Das Rätsel, wie ein Akt, der seiner Form nach auf Erkenntnis angelegt ist, auch in dem, wodurch er keine Erkenntnis ist, noch Akt sein kann, hat Schelling folgendermaßen formuliert:

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Der Irrthum ist eine nicht seÿende Erkenntnis. Kaum koennen wir ihn für möglich halten, und doch ist er wircklich. In ihm ist ein Wesen, ob es gleich ein falsches Wesen ist. (SP, AA II 8, 103)

Dieses Rätsel lässt sich gleichfalls mit Blick auf das Böse formulieren und somit verallgemeinern. Denn wenn die böse Handlung auch in dem, worin sie böse ist, Handlung ist, das Böse aber das Unrechte ist, bedeutet, sie als frei zu verstehen, scheinbar anzunehmen, wer böse handelt, behandle das, wovon er weiß, dass es zu tun ist, im selben Atemzug als etwas, das nicht zu tun ist. Denn wäre nicht im Tun des Unrechten selbst ein Wissen um das Rechte enthalten, sondern entginge dieses dem Handelnden völlig, so wäre sein Handeln auch nicht böse. Der Ausweg, das Böse in einer unbemerkten Verwechselung zu verorten oder anzunehmen, die Einsicht in das Richtige sei damit vereinbar, dass sich im Handeln wider bessere Einsicht der Person eine sinnlich-irrationale Instanz durchsetzt, steht Schelling natürlich nicht offen. Das zweite Paradox des transformativen Verständnisses von Deformation besteht so da­ rin, dass die freie Verkehrung des Richtigen und Falschen einerseits weder unbemerkt noch einer subpersonalen Instanz zuschreibbar sein kann, es andererseits jedoch widersprechend ist, sehenden Auges in ein- und demselben Akt das als unrichtig Eingesehene als richtig zu behandeln. Das Rätsel, wie die „Umkehrung der Prinzipien“,73 in denen der Irrtum und das Böse bestehen – d. h. die Überordnung eines Faktors, der keine Einheit zu stiften vermag, über ein einheitsstiftendes Prinzip –, frei sein kann, lässt sich auflösen, indem man sich klar macht, dass sich eine solche Umkehrung (nur) mittelbar vollziehen lässt. Das, was Einheit stiftet (Allgemeines, Formierendes), und das, was durch solches, was Einheit stiftet, zu artikulierter Einheit gebracht werden kann (Artikulierbares, Mannigfaltiges), kann deshalb nicht unmittelbar vertauscht werden, weil dies widersprechend wäre. Weil die Umkehrung der Prinzipien, in der Irrtum und Böses bestehen, keine unmittelbare sein kann, muss sie wesentlich mittelbar, d. h. vermittelst der Umkehr von ,Stellvertretern‘ der Prinzipien verlaufen, welche selbst nicht widersprüchlich ist. Das Zurechenbare an der Umkehrung wird dann darin bestehen, sich in gewisser Hinsicht mit den Stellvertretern, statt den Prinzipien selbst zu begnügen. Solche Stellvertreter sind Bilder, d. h. Vorstellungen der Einbildungskraft, die in Analogie zu dem stehen, was sie vertreten, und somit Vorstellungen eines Verhältnisses von Elementen, deren eines über andere herrscht. Sie sind Einbildungen, insofern man sich im Erkennen und Handeln mit ihnen zufriedengibt und von ihnen leiten lässt, statt den wahren Verhältnissen denkend ins Auge zu blicken. So gelingt einem das Kunststück, das zu verkehren, was sich unmittelbar gar nicht verkehren lässt. Die Verantwortung für das Böse und den Irrtum besteht somit darin, sich Bildern zu überlassen, die einem das, was keine Einheit zu stiften vermag, als einheitsstiftend vor Augen führen, statt die Verhältnisse selbst in den Blick zu nehmen, die eigentlich 73 

Freiheitsschrift, AA I 17, 137 | SW VII, 366.

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offen zu Tage liegen. So geben wir uns Visionen eines Lebens hin, das von dem regiert wird, was Schelling den ‚umgekehrten Gott‘ nennt, weil es ein Unwahres und Böses ist, das sich als Inbegriff des Wahren und Guten darbietet – einem Reich von Vorstellungen, von denen man sich als Ziel vorgaukeln lässt, was, konsequent durchdacht, unrecht und gar nicht vollends zu verwirklichen ist, weil es in einem Überordnen von solchem besteht, das selbst gar keine tragfähige Einheit eines (geteilten) Lebenszusammenhangs zu leisten vermag. Auch die Selbsttäuschung wird insofern eine freie Verkehrung sein, als sie darin besteht, sich mit Bildern zufriedenzugeben, die Analogien zu eigentlich in Frage stehenden, unanschaulichen Verhältnissen aufweisen, statt nach den Grenzen dieser Analogien zu fragen. Ein schlagendes Beispiel hierfür ist die mit dem Schichtenmodell der Person einhergehende Selbsttäuschung. Das Sehen von zwei selbständigen Seiten, wo an sich nur in sich differenzierte, steigerbare Einheit ist, besteht darin, sich mit einem scheinbar selbstverständlichen Modell der Person zufriedenzugeben; d. h. man weiß genau, dass es ,nur ein Modell‘, ein Bild ist, unterlässt es aber, genauer in den Blick zu nehmen, wo die Analogie zusammenbricht.74 Der Einbildung kommt so eine entscheidende Rolle innerhalb von Schellings Versuch zu, den Irrtum und das Böse als frei und selbstverantwortet zu begreifen: Sind aber die beyden Prinzipien in Zwietracht, so schwingt sich ein andrer Geist an die Stelle, da Gott seyn sollte; der umgekehrte Gott nämlich; jenes […] Wesen, das nie aus der Potenz zum Aktus gelangen kann, das zwar nie ist, aber immer seyn will, und daher […] nur durch falsche Imagination […] – welche eben die Sünde ist – als wirklich erfaßt (aktualisirt) werden kann; weßhalb es durch spiegelhafte Vorstellungen, indem es, selbst nicht seyend, den Schein von dem wahren Seyn, wie die Schlange die Farben vom Licht, entlehnt, den Menschen zur Sinnlosigkeit zu bringen strebt […] (Freiheitsschrift, AA I 17, 156 f. | SW VII, 390)75

Drittes Paradox. Während die zweite Hälfte des gerade zitierten Satzes die Auflösung der soeben diskutierten Paradoxie enthält, wirft seine erste Hälfte eine weitere auf. Sie ergibt sich daraus, dass Irrtum und Böses einerseits nicht privativ zu verstehen sind, die Umkehr der Prinzipien aber darin besteht, dass etwas, das keine Einheit zu stiften vermag, diese Rolle erhält, sie aber selbst nicht ausfüllen kann, weswegen diese Umkehr etwas Unwirkliches an sich hat. Schelling charakterisiert das Böse entsprechend als „Nichtwesen“ oder „Nichtseyendes“76 und den Geist, in dem es vollzogen wird, als ein Wesen, das ‚nie aus der Potenz zum Aktus‘ gelangen kann. Damit wird das Verkehrte durch ein gewisses Unvermögen gekennzeichnet, somit aber scheinbar privativ.

74  An späterer Stelle hat Schelling den wesentlich an Bilder geknüpften Charakter des als positiv gefassten Irrtums ausdrücklich herausgestellt: „Wäre der Irrtum Mangel an Erkenntniß, so wäre er gar nicht schrecklich. Er ist ehrwürdig als, obwohl entstelltes, Bild der Wahrheit, und eben das Entstellte ist das Schreckliche darin.“ (Initia, 61; vgl. Natur der Philosophie, SW IX, 241) 75  Vgl. AA I 17, 135 f. | SW VII, 365 f. 76  SP, AA II 8, 102; 100 | SW VII, 437; 436.

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Die Unwirklichkeit der Privation muss jedoch scharf von der unterschieden werden, die das Verkehrte mit sich bringt. Privative Unwirklichkeit ist absolut: Was üblicherweise eine gewisse Funktion erfüllt, erfüllt sie, unter konkreten Umständen, schlichtweg nicht, weil ein Defekt vorliegt, d. h. weil ihm etwas fehlt. So ist Blindheit etwa die Abwesenheit des Sehens unter Umständen, unter denen es normalerweise wirklich und zu erwarten ist. Die Unwirklichkeit, die zum verkehrten Tun gehört, kann nicht in einer solchen Abwesenheit bestehen, da sonst gar kein wirkliches Tun vorläge. Das Böse hat aber offenbar, unbeschadet der zu ihm gehörigen Nichtigkeit, eine „schreckliche Realität“ oder „Wirksamkeit“.77 Es ist nicht dadurch nichtig, dass es nicht ist, sondern dadurch, dass es seine Wirksamkeit nur dadurch hat, dass es am Guten teilhat: [D]as Böse hat nicht die Macht, durch sich selbst zu seyn; das in ihm Seyende ist das (an und für sich betrachtet) Gute […] (Freiheitsschrift, AA I 17, 115 | SW VII, 341) [D]as Böse, wenn es vom Guten gänzlich geschieden ist, ist auch nicht mehr als Böses. Es konnte nur wirken durch das (misbrauchte) Gute, das ihm selbst unbewußt in ihm war. (Freiheitsschrift, AA I 17, 169 | SW VII, 404)

Das Böse verdankt seine Wirklichkeit somit dem Guten,78 an dem es auf eine in dreierlei Hinsicht parasitäre Weise teilhat. Seine Teilhabe ist aktiver Missbrauch; denn insofern das Böse in einer Überordnung dessen besteht, was aus sich heraus keine tragfähige Einheit zu leisten vermag, setzt es voraus, dass eine solche Einheit anderwärts besteht. Dieser Missbrauch gründet sich dabei auf die Einbildung, seine Wirklichkeit aus sich heraus zu haben. Insofern das Böse auf seine Steigerung aus ist – denn es nimmt die Rolle des seine Einheit integrativ erweiternden Zentrums ein – tendiert es dazu, das Gute, auf das es angewiesen ist, zu verbrauchen. Sein Wirken hat also die nie vollends realisierbare Tendenz, dasjenige zu verzehren, durch dessen Missbrauch es seine Wirklichkeit hat. Dass es allgemein zur Wirklichkeit des Verkehrten gehört, das zu verzehren, durch Anteil woran es seine Wirklichkeit hat, lässt sich am Beispiel verbohrten Festhaltens an einer falschen Theorie erläutern. Eine solche lässt sich nur aufstellen, wenn sie auch einiges als solches ausgewiesenes Wahres enthält.79 Wird verbohrt an einer als falsch erwiesenen These festgehalten, müssen, um sie gegen zutreffende Einwände zu verteidigen, immer mehr absonderliche Annahmen getroffen und richtige Überzeugungen aufgegeben werden – der Fall des anfänglich seriösen Wissenschaftlers, der unbeirrbar an der Richtigkeit einer Auffassung festhält und sich so schließlich zum ,Spinner‘ entwickelt. 77 

SP, AA II 8, 102 | SW VII, 437; Freiheitsschrift, AA I 17, 143 | SW VII, 373.

78 Vgl. SP, AA II 8, 103: „Um nun zu erklären, wie das Nicht-Seÿende doch ein reelles seÿn könne,

müssen wir erwägen, daß es kein absolutes, sondern nur ein relatives Nicht-seÿendes giebt.“ 79  Vgl. auch Schellings spätere Bemerkung: „Denn überall besteht der Irrthum nicht in einem gänzlichen Mangel an Wahrheit; etwas, das aller Wahrheit gänzlich ermangelte, würde auch nicht einmal den Namen des Irrthums verdienen. Der Irrthum ist nur die verkehrte, die entstellte Wahrheit selbst“ (PO, XIII, 181).

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9. Der Zusammenhang von Personalität und Philosophie Insofern die Philosophie die Person nicht drittpersonal, sondern generisch-erstpersonal betrachtet, ist sie selbst eine Stufe von deren transformativer Selbststeigerung80 – diejenige nämlich, auf der die Person ihr transformatives Wesen einer begrifflichen Klärung unterzieht: Nur in der Persönlichkeit ist Leben; und alle Persönlichkeit ruht auf einem dunkeln Grunde, der also allerdings auch Grund der Erkenntniß seyn muss. Aber nur der Verstand ist es, der das in diesem Grunde verborgene und bloß potentialiter enthaltene herausbildet und zum Aktus erhebt. Dieß kann nur durch Scheidung geschehen, also durch Wissenschaft und Dialektik […] (Freiheitsschrift, AA I 17, 177 | SW VII, 413 f.)

Aufgrund der ursprünglichen Selbstentstellung, der gemäß sich der Mensch vormacht, in ihm finde sich etwas bloß Tierisches, hat die Philosophie nicht nur sein unmittelbares Selbstverständnis auf den Begriff zu bringen, sondern sein verzerrtes Selbstbild zurechtzurücken. Die Selbstentstellung, die zum Menschen von Hause aus gehört, kann keine vollständige und ruhige sein, weil er sich sonst gar nicht mehr als freies Vollzugszentrum verstehen könnte, als das er sich verstehen muss, da er ein solches ist, dies aber nur sein kann, insofern er sich als solches versteht. Der Drang zum Philosophieren ist so die nach Klarheit drängende Unruhe eines Wesens, das sich intuitiv als freies Vollzugszentrum versteht und zugleich dazu tendiert, sich seine eigene Verfassung reflektierend zu entstellen und seinen Hang zum Verkehrten auf die Wirksamkeit eines anderen in ihm abzuwälzen.81 Das Schichtenmodell der Person ist somit nicht einfach ein theoretisch verfehltes Bild der Person, sondern Fortschreibung der ursprünglichen Selbstentstellung, die Ausdruck ihrer Freiheit zur Verkehrung ist. Entsprechend spricht Schelling von jenem Modell, wie schon zitiert, als einem „Uebel“.82 Dass damit (ein Aspekt dessen) gemeint ist, was die christliche Tradition als malum originale bezeichnet, geht aus einer späteren Stelle klar hervor: Der Mensch ist eben dadurch in Irrthum gefallen, daß er das Natürliche in sich vom Uebernatürlichen schied. Die also für jenen Dualismus kämpfen, streiten im Grunde eben für jene Schuld des Menschen, und wollen das, was bloß Schuld des Menschen ist, auf die Natur, den Gegenstand selbst werfen. (Natur der Philosophie, SW IX, 242 f.)

80 Vgl.

SP, AA II 8, 164; 166 | SW VII, 471 f. Die zur menschlichen Freiheit gehörige Unruhe der Ambivalenz kommt in Schellings Bemerkung zum Ausdruck, dass „die Thatsache der Freyheit, so unmittelbar das Gefühl derselben einem jeden eingeprägt ist, doch keineswegs so sehr an der Oberfläche liegt, daß nicht, um sie auch nur in Worten auszudrücken, eine mehr als gewöhnliche Reinheit und Tiefe des Sinns erfordert würde“ (Freiheitsschrift, AA I 17, 111 | SW VII, 336). Ein gefühlsmäßiges oder vorbegriffliches Innesein der Freiheit geht demnach mit einer Form ihrer Verborgenheit einher, die mit einer gewöhnlich beim Nachdenken über sie an den Tag gelegten Oberflächlichkeit und mangelnden ‚Reinheit‘ zusammenhängt. 82  Niethammer-Rezension, AA I 18, 38 | SW VII, 519. 81 

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Weil sie auf die ursprüngliche Selbstentstellung der Person antwortet, gehört zu philosophischer Selbsterkenntnis nicht nur die Explikation gewisser Begriffe, sondern die Berichtigung ihrer ursprünglichen Verwirrung. So schreibt Schelling in der Freiheitsschrift: Es schien nöthig, diese Abhandlung mit der Berichtigung wesentlicher Begriffe anzufangen, die von jeher, besonders aber neuerdings verwirrt worden. (AA I 17, 128 | SW VII, 357; eigene Hvg.)

Die zunächst erstaunliche Auskunft, gewisse Begriffe, die für die Selbsterkenntnis des Menschen als eines freien Wesens einschlägig sind, seien ‚von jeher‘ verwirrt worden, hat ihren Anhalt gerade darin, dass es zum Menschen als solchem gehört, von seinem Vermögen zur Verkehrung in einer Selbsttäuschung Gebrauch zu machen, der gemäß er in sich eine animalische Instanz vorzufinden meint, die er nur günstigenfalls zu beherrschen vermag und auf deren Verselbständigung sich Irrtum und Böses abwälzen lassen. Dass Schelling schreibt, die betreffenden Begriffe seien „besonders aber neuerdings verwirrt worden“, deutet darauf hin, dass die Philosophie wie jede andere Tätigkeit, die eine Stufe menschlicher Selbststeigerung ausmacht, eine Freiheit zur In- oder Deformation mit sich bringt – zur Richtigstellung der ursprünglichen Selbstentstellung oder zu ihrer Vertiefung. Philosophische Irrtümer entspringen demnach nicht einfach einem Mangel an Einsicht, sondern haben ein willentliches Moment. Sie gründen in einem Trieb der Person, sich selbst misszuverstehen. Dieses praktische Moment der Philosophie als Ort des Vertiefens oder Zurechtrückens der Selbstentstellung, die zum Wesen des Menschen gehört, betont Schelling in der Freiheitsschrift ausdrücklich. Auf sie weist seine Bemerkung hin, die Klärung des Freiheitsbegriffs bleibe „wohl immer Gegenstand einer nothwendigen Aufgabe […], ohne deren Auflösung der Begriff der Freyheit selber wankend, die Philosophie aber völlig ohne Werth seyn würde“.83 Dass die Philosophie eine Aufgabe aufzulösen hat, durch deren Einlösung sie entweder wertlos oder wertvoll ist, deutet auf ihr praktisch-moralisches Moment. Dass diese Aufgabe „wohl immer Gegenstand einer noth­wendigen Aufgabe“ bleiben wird, bedeutet nicht, dass sie nicht gelöst werden könnte, sondern, dass sie deshalb immer wieder neu gelöst werden muss, weil sie die Auflösung einer Selbstverdrehung ist, die zu jeder menschlichen Person als solcher gehört und daher auch nicht wie ein wissenschaftliches Problem mit einem Schlag für zukünftige Generationen gelöst werden kann. Dass der Philosophie eine praktisch-moralische Dimension zukommt, setzt vo­ raus, dass sie als generisch-erstpersonale Selbsterkenntnis eine Methode hat, die „wirklich vom Gehalt unzertrennlich“ ist.84 Ihr Gegenstand ist „ein Wirkliches, Leben­diges; ihr Fortschreiten und sich Entwickeln ein Fortschreiten und sich Ent­ wickeln des Gegenstandes selber“.85 Sie behandelt also nicht einfach einen von seiner 83 

AA I 17, 112 | SW VII, 338. Clara, SW IX, 9 f. 85  Denkmal, AA I 18, 162 | SW VIII, 59. 84 

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philosophischen Artikulation unabhängigen Gegenstand, sondern etwas, das sich im Zuge seiner philosophischen Erkenntnis selbst transformiert. Der Philosophierende hat aber nicht nur darum von verwirrten Begriffen auszugehen, weil zur menschlichen Natur ihre ursprüngliche Selbstentstellung gehört. Recht verstanden kann die Philosophie auch deshalb nicht anders als mit einer einseitigen Auffassung ihrer Sache beginnen, weil sich eine rational ausgewiesene Einsicht in den internen Zusammenhang irreduzibel Unterschiedener nur stufenweise gewinnen lässt, wie eingangs im Anschluss an Kant gezeigt. Anders als in seiner Identitätsphilosophie, in der Schelling meinte, more geometrico von einer unmittelbaren Einsicht ins Absolute ausgehen zu können, aus der konstruktiv Folgerungen entwickelt werden sollen, kehrt er zugleich mit der Radikalisierung von Kants transformativem Personenbegriff zu dessen aus dem Wesen der Sache geschöpfter Methodeneinsicht zurück, dass die Philosophie anders als die Mathematik nicht von klaren Begriffen ausgehen kann, sondern nur sukzessive – und damit nachträglich – zu einem angemessenen Verständnis ihrer Begriffe gelangen kann.86 So betont er in der Streitschrift gegen Jacobi: daß es selbst im Denken und Forschen wohl möglich ist, sogenannte klare Begriffe sich zu verschaffen, aber nicht von ihnen auszugehen […] [daß der] allein fruchtbare Gang des Denkens und Forschens sey, von dunkeln Begriffen zu klaren, von Finsterniß zu Licht, vom chaotischen Stoff und Gemenge der Gedanken durch allmälige Bestimmung zur Anordnung und gesetzmäßigen Entfaltung zu gelangen. (AA I 18, 178 f. | SW VIII, 78 f.)

Die Verfasstheit eines organischen Ganzen intern verflochtener Bestimmungen kann diskursiv nur so aufgehellt werden, dass die Glieder dieses Ganzen 1. zunächst isoliert gefasst werden, um sie in ihrer Unterschiedenheit in den Blick zu bringen, dann aber 2. gezeigt wird, dass es sich um eine Abstraktion handelt und die betreffenden Bestimmungen das, was sie sind, nur durch den internen Zusammenhang mit anderen Bestimmungen sind, so dass mit dem Übergang zu diesen auch die zunächst einseitige und insofern falsche Ansicht von jenen rückwirkend korrigiert wird.87 Der 86  Die in der Forschung gelegentlich anzutreffende Behauptung oder Erwägung einer methodischen Kontinuität zwischen der Identitätsphilosophie und der Freiheitsschrift (vgl. Peetz [1995], 145–163; Danz [2006], 472 f.; [2007], 154 f. sowie 82 f. des Beitrags von Daniel Whistler in diesem Band) ist somit, wie unsere Rekonstruktion zeigt, historisch und systematisch nicht triftig. 87  Vgl. Schellings Bemerkung im Brief an K. J. H. Windischmann vom 9.5.1809: „[D]as Wahre liegt aber gerade zwischen diesen dreien [Systemen] mitten inne und hat die organisch verflochtenen Bestandtheile eines jeden in sich.“ (BuD III, 604) Angesichts des seriellen Charakters von Schellings Verfahren der Begriffsklärung, im Zuge dessen Begriffe sukzessiv und wechselseitig im Lichte voneinander verdeutlicht und vorläufige, einseitige Auffassungen derselben zurechtgerückt werden, verfehlt Anthony Brunos Behauptung „that freedom must stand in a grounding relation to all concepts within a system“ (Bruno [2017], 8) gerade die eigentümliche Nicht-Linearität der philosophischen Methode der Freiheitsschrift. Auch nach Abfassung dieser Schrift hat Schelling daran festgehalten, dass zur Erkenntnis des Wahren ein Durchgang durch einseitige und insofern falsche Auffassungen unverzichtbar ist: „Es ist nun aber sogar nicht schwer einzusehen, wie allerdings in einem gewissen Sinn das Falsche die Voraussetzung des Wahren seyn könne. In jeder Bewegung, die ein gewisses, sich vorgesetztes Ziel erreichen will, ist dieses Ziel das eigentlich Gewollte, demnach der eigentliche Sinn, d. h. die Wahrheit dieser Bewegung. Alle Momente der Bewegung also, die der Er-

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erste Schritt dieses Verfahrens kann mit dem identifiziert werden, was Schelling ‚Scheidung‘ nennt, der zweite mit dem, was er als ‚Dialektik‘ bezeichnet. In der Freiheitsschrift drückt Schelling das Erfordernis der seriellen Methode auch durch die metaphorische Bemerkung aus, in dieser Schrift entstehe alles „wie gesprächsweise“88 – im Durchgang durch verschiedene ,Systeme‘, die sich zunächst als allseitige Ansicht ihrer Sache präsentieren, im Fortgang aber als bloß aspekthaft erwiesen, damit aber sowohl in ihrer partiellen Berechtigung ernst genommen und zugleich in ihre Schranken gewiesen werden.89 Andernorts charakterisiert Schelling dieses Vorgehen selbst als ein ‚stufenweises‘ – und deshalb habe ich die dem Personenbegriff angemessene Methode in diesem Aufsatz als ,seriell‘ gekennzeichnet: Der Mensch fehlt in seinen Unternehmungen, auch den wissenschaftlichen, seltener durch das, was er unternimmt, als durch die Art, daß er nämlich in der Erkenntniß nicht stufenweise geht […] (Clara, SW IX, 7)

Literaturverzeichnis Wittgenstein, L., Philosophische Untersuchungen. Deutsch–Englisch, hg. von P. Hacker und J. Schulte, Chichester 2009. [= Philosophische Untersuchungen] reichung dieses Ziels vorausgehen, verhalten sich eben darum als bloße Mittel zum Zweck; als solche sind sie das bloß Scheinbare, nicht das Wahre, und inwiefern sie gleichwohl für den Zweck oder das Wahre genommen werden können, sind sie die Ursache einer möglichen Täuschung, eines möglichen Irrthums.“ (PO, SW XIII, 182) 88  AA I 17, 174 Anm. | SW VII, 410 Anm. 89  Vgl. hierzu Buchheim (2017), 29 ff. Marquet, auf den Buchheim verweist, fasst den der Freiheitsschrift eigentümlichen Durchgang durch verschiedene ‚Systeme‘ nicht primär methodisch, sondern unmittelbar geschichtsphilosophisch auf und behauptet, in unterschiedlichen Epochen sei Schelling zufolge jeweils eines der Systeme ‚wahr‘ (Marquet [1976], 592 f.). Schellings Bemerkung, er gehe in der Freiheitsschrift ‚wie gesprächsweise‘ vor, ist eine durch das ‚wie‘ ausdrücklich als metaphorisch markierte Charakterisierung der von der transformativen Verfasstheit der Person erforderten seriellen Methode ihrer philosophischen Betrachtung. Sein Hinweis, er gehe gleichsam gesprächsweise vor, sollte demnach nicht isoliert als Bekenntnis zu einem ‚dialogischen Philosophieren‘ verstanden werden, dem der Austausch mit den Ansichten anderer Programm ist (vgl. zu einer derartigen Auffassung den Beitrag von Mildred Galland-Szymkowiak im vorliegenden Band). Dies wäre ein psychologisierendes Missverständnis. Bei Schellings serieller Methode handelt es sich um ein vom Wesen der Person erfordertes, systematisches Durchgehen von Auffassungen menschlicher Freiheit, die sich zunächst als allseitig präsentieren, jedoch als einseitig erweisen und denen als solchen ihre jeweils untergeordnete Stelle im Rahmen des artikulierten Selbstverständnisses freier Wesen zugewiesen werden muss. – Thomas Buchheim möchte den Gesprächscharakter der Freiheitsschrift sowohl als ein solches Verfahren integrativen Durchgangs durch für sich genommen einseitige „Systeme“ wie auch wörtlich verstehen. So hat ihm zufolge die Freiheitsschrift „den Charakter eines Gesprächs […] Gesprächsweise Entstehung – das meint freie, aber doch unablässige Verfolgung einer gemeinsam gehegten Frage, bei der die Einflechtung immer neuer, von verschiedenen Seiten kommender Impulse […] an die Stelle der einlinigen, korsettierenden Form des Beweises tritt“ (Buchheim [2011], XXVII). Um diese Behauptung zu untermauern, müsste jedoch nachgewiesen werden, dass aus Gesprächsartigkeit als Methode systematischer philosophischer Selbsterkenntnis folgt, dass solche Erkenntnis auch im wörtlichen Sinne dialogisch verfahren muss.

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Subjekt – Individuum – Persönlichkeit Zur werkgeschichtlichen Entwicklung von Schellings Verständnis der Person zwischen 1800 und 1810 Christian Danz

Im Januar 1809 publizierte Schelling in der Jenaischen Allgemeinen Literatur-Zeitung eine Besprechung des zur Ostermesse im Jahr zuvor erschienenen Buches Der Streit des Philanthropinismus und Humanismus in der Theorie des Erziehungs-Unterrichts unserer Zeit seines Landsmanns Friedrich Immanuel Niethammer.1 Die Rezension ging am 14. Oktober 1808 bei der Redaktion der Zeitschrift ein, nachdem Schelling bereits im September jenes Jahres eine Besprechung im Morgenblatt publiziert hatte.2 Während diese Anzeige des Werkes lediglich einen allgemein gehaltenen Überblick über die Schrift gibt, präsentiert die vom Januar 1809 eine, wie es heißt, wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Bildungstheorie Niethammers.3 Auffällig ist der Gedanke der Persönlichkeit, der in der Besprechung in den Fokus des Interesses des Philosophen tritt: Auch unsere Meinung ist, daß ohne Freyheit des Willens, im eigentlichen und wörtlichen Verstande, Persönlichkeit ein Unding sey: aber wenn Selbständigkeit und schaffende – das, was nicht ist, hervorbringende – Kraft der allgemeine Charakter der Persönlichkeit ist, wenn Entschiedenheit, Sicherheit, Gegenwart des Geistes im besonderen Fall ihre bestimmtesten Merkmale sind: so ist einleuchtend, daß nur selbstgeschaffene Begriffe, nur diejenige Sicherheit der Grundsätze, welche aus einer völlig durchgebildeten Weltansicht entspringt, zu der jeder von jedem Punct aus gelangen und geleitet werden kann, nebst Freyheit von Vorurtheilen […], wahre Persönlichkeit geben, und die Art sowohl als den Stoff ihrer Äußerung bestimmen. (AA I 18, 37 | SW VII, 518)

Die prominente Stellung des Persönlichkeitsbegriffs in der Rezension ist sicherlich auch ihrem Gegenstand, der Theorie des Bildungsunterrichts geschuldet, die Niethammer in der seine Schulreform flankierenden Abhandlung ausgearbeitet hat und die Schelling durch seine Stellungnahmen unterstützte. Aber auch in anderen zeitgleich entstandenen Texten des Philosophen kommt dem Konzept der Persönlichkeit 1  AA I 18, 31–51 | SW VII, 511–534. Vgl. Niethammer (1808). Der vorliegende Beitrag entstand im Rahmen eines Forschungsprojekts, das vom Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF-Projekt P 27739-G15) gefördert wird. 2  AA I 18, 21–27. 3  Vgl. AA I 18, 31 | SW VII, 511.

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eine zentrale Bedeutung zu, wie in den im selben Jahr veröffentlichten Philosophischen Untersuchungen über das Wesen der menschlichen Freiheit. Sie konstruieren auf der Grundlage der Naturphilosophie den Gedanken der Persönlichkeit Gottes sowie den des Menschen. Die ein Jahr später vorgetragenen Stuttgarter Privatvorlesungen knüpfen hier ebenso an wie die Weltalter-Texte, an denen Schelling seit 1810 arbeitete. Prima vista steht der nun positiv konnotierte Gebrauch des Begriffs der Persönlichkeit in den Arbeiten Schellings um 1810 in einem auffälligen Kontrast zu seinen Schriften seit 1801, in denen die identitätsphilosophische Systemkonzeption ausgearbeitet wurde. Diese Texte kennen weder eine Persönlichkeit noch ein Subjekt als solches. Das Würzburger System aus dem Jahre 1804 erklärt gleich im ersten Paragraphen die Annahme eines Subjekts als Grundlegungsinstanz eines Systems des Wissens als den Grundirrtum der Philosophie: Jene Unterscheidung [sc. von Subjekt und Objekt] ist selbst schon ein Produkt unserer Subjektivität und sonach unserer Endlichkeit. Aber eben diese müssen uns im Philosophiren gänzlich verschwinden. Es gibt wahrhaft und an sich überall kein Subjekt, kein Ich, also auch kein Objekt, kein Nicht-Ich. (SW VI, 140)

In allem Wissen sei nur ein und dasselbe, welches weiß und welches gewusst wird: „Nicht ich weiß, sondern nur das All weiß in mir, wenn das Wissen, das ich das meinige nenne, ein wirkliches, ein wahres Wissen ist.“ 4 Mit den divergierenden Aussagen zu Persönlichkeit und Subjekt ist der Problemhorizont der nachfolgenden Ausführungen umrissen.5 Zu klären sind die Konzeption sowie das Verständnis der Persönlichkeit im Werk Schellings in seinen Schriften im ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts. Haben wir es mit einer grundlegenden Umorientierung in der Gewichtung der Persönlichkeitskonzeption in den Schriften um 1810 zu tun, zu der die Niethammer-Rezension vom Januar 1809 gleichsam die Ouvertüre bildet?6 Oder werden grundlegende Annahmen der identitätsphilosophischen Systemkonzeption in der Konstruktion des Persönlichkeitsbegriffs weitergeführt? Und was bedeutet dies für die Fassung des Begriffs der Person? Schellings Verständnis der Persönlichkeit, wie es in der Niethammer-Rezension und der Freiheitsabhandlung konzipiert ist, stellt, so die im Folgenden zu erläuternde Beobachtung, eine Weiterentwicklung des identitätsphilosophischen Individualitätsverständnisses dar. Trifft dies zu, dann wäre der Persönlichkeitsbegriff aus den Schriften um 1810 aus einer Übertragung des Individualitätsbegriffs der Identitätsphilosophie hervorgegangen. Um den aufgeworfenen Fragen nachzugehen, ist im Folgenden mit der identitätsphilosophischen Systemkonzeption sowie der werkgeschichtlichen Entwicklung des Begriffsfelds von Subjekt, Person und Individuum einzusetzen. Im dritten Abschnitt ist der Persönlichkeitsbegriff aus der Freiheitsabhandlung von 1809 in den Blick zu nehmen. Vor diesem systematischen Hintergrund kann ab4 

SW VI, 140. Buchheim/Hermanni (Hgg.) (2004); Jantzen/Oesterreich (Hgg.) (2002); van Zantwijk (2000). 6  So die Deutungen von Shibuya (2011) und Buchheim (2004). 5 

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schließend in dem vierten Abschnitt Schellings Konzeption der Persönlichkeit zusammenfassend gewürdigt werden.

1. „Aber in dem Sinn gibt es auch kein Individuum“, oder: Schellings Identitätssystem Die Deutung von Schellings sogenannter Identitätsphilosophie, die er seit 1801 ausgearbeitet hat, ist in der Forschung umstritten. Unklarheiten entzünden sich schon an der Frage nach dem Status des Systemprinzips. Handelt es sich bei dem Absoluten der Identitätsphilosophie – in der Darstellung von 1801 als absolute Vernunft bzw. als totale Indifferenz des Subjektiven und Objektiven bezeichnet7 – um ein Prinzip, aus dem die endlichen Dinge abgeleitet werden sollen, oder hat es einen anderen systematischen Status? Schelling selbst, mit den aufgeworfenen Fragen bereits kurz nach der Veröffentlichung des Systems von 1801 konfrontiert, hat es jedenfalls stets als ein Missverständnis bezeichnet, das Absolute des Identitätssystems gleichsam als Deduktionsgrundlage einer Ableitung der endlichen Dinge verstehen zu wollen.8 Das Absolute der Identitätsphilosophie fungiert in der Tat nicht als ein Prinzip, aus dem die endlichen Bestimmungen abgeleitet werden sollen. Vielmehr ist mit dem Identitätssystem von Anfang an eine Kritik an deduktiven, mechanischen und syllogistischen Konzeptionen eines Systems des Wissens verknüpft.9 Zugleich ist mit dem identitätsphilosophischen Systemprogramm ein hoher systematischer Anspruch verbunden. Es geht, wie die Ferneren Darstellungen aus dem Jahre 1802 formulieren, um „Eine Art des Fortschreitens und Schließens“, die „in ihrem innersten Wesen durchaus categorisch und apodictisch ist“.10 Das resultiert aus dem methodischen Verfahren der Systemkonzeption, das Schelling im Anschluss an Kant als Konstruktion beschrieb und 1802 in einem eigenen Beitrag skizzierte.11 Dieser zufolge sei nur Ein Princip der Construction, Eines, womit construirt wird, in der Mathematik wie in der Philosophie. Dem Geometer ist es die in allen Constructionen gleiche und absolute Einheit des Raums, dem Philosophen die des Absoluten. Es ist, wie schon gesagt, nur Eines, was construirt 7 

DMS, AA I 10, 116–118 | SW IV, 114–117. FD, AA I 12,1, 85 | SW IV, 341: „Da aber auch der Gedanke einer Ableitung des Endlichen aus dem ihm absolut entgegengesetzten Unendlichen, oder das, was man insgemein eine Ableitung des Besondern a priori genannt hat, als ein ganz unmöglicher Gedanke [!] angesehen werden muß; so haben wir ferner nur noch von jener Verstandeserkenntniß zu sprechen, welche sich des Wissens rühmt, und die in dem bloßen Zurückführen des Besondern auf das Allgemeine, und dem Schließen von der Wirkung auf die Ursache, oder umgekehrt, bestehet.“ Vgl. hierzu Ziche (2011); Danz (2018b). 9  Das haben die Arbeiten von Paul Ziche zu Recht herausgestellt. Vgl. auch Whistler (2013); Danz (Hg.) (2017); Danz/Jantzen (Hgg.) (2011). 10  AA I 12,1, 94 | SW IV, 352. 11  Über die Konstruktion, AA I 12,2, 491–513 | SW V, 125–151. Vgl. auch FD, AA I 12,1, 129–147 | SW IV, 391–411. 8 Vgl.

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wird, nämlich Ideen, und alles Abgeleitete wird nicht als Abgeleitetes, sondern in seiner Idee construirt. (AA I 12,2, 499 | SW V, 134 f.)

Bei der Konstruktion geht es um ein allgemeines Verfahren, welches in jeder Wissenschaft anwendbar ist. Es bildet die methodische Grundlage des von Schelling in dieser Zeit ausgearbeiteten Programms von Wissenschaft.12 In diesem fungiert das Absolute ähnlich wie in der Geometrie, auf die in diesem Kontext regelmäßig als Paradigma einer nichtdeduktiven Wissenschaft verwiesen wird, als Medium, in das die endlichen Bestimmungen eingetragen werden. Durch das allgemeine Verfahren des Eintragens des Besonderen in das Medium wird dieses nicht als Einzelnes und Isoliertes konstruiert, sondern als Darstellung des Absoluten. Letzteres stellt die Identitätsphilosophie weder als solches dar noch begründet sie es. Es kommt lediglich indirekt, eben als Medium der Konstruktion zur Darstellung. Das Absolute stellt sich in den besonderen Formen dar, es fällt jedoch nicht mit ihnen zusammen. Schon am Ende seines Aufsatzes Ueber das Verhältniß der Naturphilosophie zur Philosophie überhaupt aus dem Jahre 1802 stellt Schelling klar: Die Seele, „welcher diese Offenbarung widerfährt“, nämlich dass ihr die absolute Identität nicht als solche zugänglich ist, geht zur letzten Erkenntniß über, sich zum ewigen Vater zu wenden: die unauflösliche Verkettung zu lösen, vermag auch der König der Götter nicht, aber er verstattet der Seele, sich des verlohrnen Guts in den Bildungen zu freuen, welche der Strahl des ewigen Lichts durch ihre Vermittlung dem finstern Schooß der Tiefe entreißt. (AA 12,2, 474 | SW V, 124)13

Zustande kommt das Identitätssystem durch das Eintragen des Besonderen in das Allgemeine. Beide werden zusammengestellt. Auf diese Weise bedeutet das Besondere nicht das Allgemeine, jenes wird auch nicht diesem subsumiert. Schelling nennt diese Struktur im Unterschied zu Allegorie und Schema Symbol.14 Symbole sind selbstbezüglich, so dass das Besondere das Allgemeine ist, Sein und Bedeutung mithin zusammenfallen. Bestimmtheit, das ist die Konsequenz, konstruiert das identitätsphilosophische System nicht negationstheoretisch, sondern durch die Stelle, die das Besondere im Systemaufbau einnimmt.15 Darstellbar ist das mediale Absolute allein in der Form. Diese entfaltet die triadische Potenzenstruktur, so dass sich ein sukzessiver Systemaufbau ergibt. Die drei Potenzen bezeichnen die für ein Darstel12  Vgl. nur Verhältnis der Naturphilosophie, AA I 12,2, 459–474 | SW V, 106–124, hier 459 | 106: „Alle Unterschiede, welche in dieser Rücksicht gemacht werden, sind leer und bloß ideell, es ist nur Eine Philosophie und Eine Wissenschaft der Philosophie; was ihr verschiedne philosophische Wissenschaften nennt, sind nur Darstellungen des Einen und ungetheilten Ganzen der Philosophie unter verschiednen ideellen Bestimmungen, oder, daß ich gleich den bekannten Ausdruck brauche, in unterschiednen Potenzen.“ Vgl. hierzu auch Ziche (2014). 13  Vgl. hierzu Ziche (2002). 14  Vgl. hierzu Danz (2017); Moiso (1996), bes. 167 f. 15 Vgl. Miszellen, AA I 8, 411–435 | SW IV, 527–548, hier 414 | 530: „Wenn der dynamische Physiker von Erklärungen spricht, so geschieht es höchstens aus einer alten Gewohnheit – in der That aber construirt er nur: er geht von seinem Princip aus, unbekümmert wohin es ihn führe, die Erscheinungen fallen, wenn er nur consequent verfährt, von selbst in ihre gehörige Stelle, und die Stelle, die sie im System einnehmen ist zugleich die einzige Erklärung von ihnen, die es giebt.“

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lungsverhältnis konstitutive Struktur und treten stets zusammen auf. Während die erste Potenz das Allgemeine als Besonderes benennt, also die Einbildung von jenem in dieses, steht die zweite für das Besondere als Allgemeines, die Aufnahme von jenem in dieses. Die Wechselseitigkeit von beiden Dimensionen, also das Allgemeine als Besonderes und vice versa, durch die das Darstellungsphänomen erst entsteht, hält die dritte Potenz fest.16 Das Besondere wird auf diese Art als Repräsentation bzw. als Bild des Absoluten konstruiert. Um Darstellung des Allgemeinen sein zu können, muss das Besondere dieses zugleich sein und nicht sein. Es ist die Form, nicht das Absolute, welche durch die Potenzen entfaltet wird. Absolutes und Form bzw. Wesen und Erscheinung sind zwar unterschieden und voneinander unabhängig, aber gleichursprünglich. In der Form kommt das Absolute zur Darstellung, so dass die Formen selbst unendliche Repräsentationen des Absoluten, aber nichts für sich selbst sind. Erst vor diesem Hintergrund werden Schellings Gebrauch der Bildsemantik in den identitätsphilosophischen Texten sowie seine Bestimmung der Philosophie verständlich. Diese habe die Aufgabe, das Absolute in besonderen Formen darzustellen.17 Wie konstruiert Schelling nun in diesem systematischen Horizont das semantische Feld von Individualität, Persönlichkeit und Subjektivität? Dem ist nun in einer werkgeschichtlichen Perspektive nachzugehen.

2. Von der Individualität zur Persönlichkeit, oder: Schellings identitätsphilosophisches Individualitätsverständnis Die Identitätsphilosophie kennt, wie bereits erwähnt, kein für sich seiendes Subjekt als systematische Grundlage oder Ausgangspunkt der Systemkonstruktion. Von Persönlichkeit spricht Schelling – so weit ich sehe – in den Texten um 1801 nicht, wohl aber von Person, Individuum und Besonderem. So heißt es in den Vorlesungen über die Methode des akademischen Studiums von 1802: Der Schluß der alten Zeit und die Grenze einer neuen, deren herrschendes Princip das Unendliche war, konnte nur dadurch gemacht werden, daß das wahre Unendliche in das Endliche kam, nicht um dieses zu vergöttern, sondern um es in seiner eignen Person Gott zu opfern und dadurch zu versöhnen. (SW V, 292)

Im Hintergrund dieser Beschreibung der Person Jesu Christi aus der Methodenvorlesung steht das identitätsphilosophische Verständnis von Individualität. Mit Schellings Identitätssystem ist eine fundamentale Kritik an transzendentalphilosophischen Subjektkonzeptionen und Vorstellungen einer für-sich-seienden 16 Vgl. Allgemeine Deduktion, AA I 8, 297–366 | SW IV, 3–78, bes. 330–333 | 38–41; Aphorismen über die Naturphilosophie, AA I 15, 215–258 | SW VII, 198–244, bes. 221 Anm. | 204 f. Anm. Zu Schellings Potenzenlehre, deren genauere werkgeschichtliche Rekonstruktion nach wie vor ein Desiderat der Forschung ist, vgl. Buchheim (1992). 17 Vgl. Würzburger System, SW VI, 176 f.

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Person verbunden. Beide werden ersetzt durch eine Individualitätskonstruktion. Denn das Besondere, was in dem System konstruiert wird, sind Formen und diese sind als Individualitäten bzw. individuelle Totalitäten verstanden: „Die nothwendige Form aller Existenz ist Individuum, d. h. daß der Leib als Leib unmittelbar auch Seele, die Seele als Seele unmittelbar auch Leib ist.“18 Jede Form ist eine in sich selbst unendliche individuelle Darstellung des Absoluten; Besonderes und Allgemeines sind in ihr auf eine individuelle Weise zusammengefügt. Aber Repräsentation des Absoluten ist das Besondere nur dann, wenn es nichts für sich, sondern ausschließlich Darstellung des Allgemeinen ist. Das gilt auch für den Menschen als Resultat des Naturprozesses. Er ist Darstellung der absoluten Identität, oder, wie Schelling schreibt, das, „was selbst Bild der Substanz ist“.19 Diese Struktur überträgt Schelling auf die Deutung der Person Christi bzw. der christlichen Religion. Darstellung des Absoluten ist diese, die als Anschauung des Universums als Geschichte bestimmt ist, nicht in ihrer Mythologie, sondern im Handeln: der Aufnahme des Besonderen ins Allgemeine.20 Allein in der Aufnahme des Besonderen ins Allgemeine, wodurch jenes erst zum symbolischen Bild des Absoluten wird, ist die christliche Religion, welche die Trennung von Besonderem und Allgemeinem voraussetzt, Darstellung des Absoluten. Dafür steht der Geist als ideales Prinzip des Christentums, der als Handlung die Rückkehr des Endlichen zum Unendlichen beinhaltet. Christus, der in die Mythologie gehört, schließt diese dadurch ab, da in ihm das Besondere, in das sich das Göttliche einbildet, negiert bzw. in seiner Person geopfert wird.21 An seine Stelle tritt in der neuen Welt der Geist, der die Struktur, die Christus als Ende der Mythologie repräsentiert, in der Geschichte darstellt. Folglich ist der Geist – und nicht wie in der theologischen Lehrtradition Christus – das Prinzip der Kirche, die in der Geschichte als eine „zugleich unendliche und doch begrenzte Erscheinung“ die „Einheit aller im Geist“ symbolisiert.22 Die im Unterschied zum Staat ideale Einheit der Kirche ist das Objektivwerden der subjektiven Symbolik im Handeln, also die Aufhebung des Besonderen als für sich seiende Größe.23 Eben das kommt in den symbolischen Handlungen der Kirche – Taufe und Abendmahl – zum Ausdruck. Die Vorstellung einer für-sich-seienden Person, so viel machen die dargestellten Überlegungen deutlich, wird von Schelling zurückgewiesen. Ihre wahre Idee konsti18 

Würzburger System, SW VI, 502. Aphorismen zur Einleitung, AA I 15, 93–144 | SW VII, 140–197, hier 135 | 187. 20 Vgl. Methode des akademischen Studiums, SW V, 220. 21  Dadurch ist Christus, der menschgewordene Gott, in der Mythologie das Gegenbild zu ihr. Vgl. Philosophie der Kunst, AA II 6,1, 167 | SW V, 432 f.: „Die Synthesis dieser Widersprüche liegt nur in der Idee eines freiwillig leidenden Gottes. Aber eben dadurch ist er die antipodische Entgegensetzung mit den alten Göttern.“ 22  Methode des akademischen Studiums, SW V, 293. 23 Vgl. Methode des akademischen Studiums, SW V, 292 f.: „Alle Symbolik fällt ins Subjekt zurück, und die nicht äußerlich, sondern bloß innerlich zu schauende Auflösung des Gegensatzes bleibt daher Mysterium, Geheimniß.“ 19 Vgl.

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tuiert sich erst in der Negation ihrer Besonderheit als einer für-sich-seienden. Erst dadurch ist das besondere Individuum eine Darstellung des Absoluten, eine individuelle Totalität. Genau das findet in Christus seine Anschauung. Das Würzburger System von 1804 geht über das Verständnis der Person in der Methodenvorlesung nicht hinaus.24 Es führt deren Religionsbegriff weiter. Religion ist Handeln und wird mit der Tugend identifiziert. Folglich ist auch hier das Besondere und Einzelne Darstellung des Allgemeinen im Handeln.25 Das ist das Gegenmodell zur kantischen Autonomieethik und deren Religionsableitung.26 Sittlichkeit und damit Persönlichkeit kommt nicht durch die Unterstellung des individuellen Willens unter das allgemeine Sittengesetz zustande,27 da in einer solchen Konzeption, die von einem für-sich-seienden Subjekt ausgeht, im Resultat das Individuum verschwindet. Sittlichkeit ist gerade die Ausschaltung des individuellen Willens. Eine Weiterführung der bislang skizzierten Fassung von Subjekt, Individuum und Persönlichkeit bietet das Fragment Ueber das Wesen deutscher Wissenschaft aus dem Jahre 1807. Vor dem Hintergrund einer Einordnung seines identitätsphilosophischen Wissenschaftsverständnisses in die Entwicklung der Wissenschaften in Deutschland seit der Reformation kommt Schelling auf das uns interessierende Begriffsfeld von Person, Subjekt und Individualität zu sprechen. Die wahre Wissenschaft, hier Metaphysik genannt, wird abgegrenzt von einem mechanistischen Denken. „Metaphysik ist der Gegensatz alles Mechanismus, ist organische Empfindungs-, Denk- oder Handlungsweise.“28 Das mechanistische Denken verbindet Schelling mit Theorien der „absolute[n] Personalität des Einzelnen“29 und dem „Scheinleben des Subjekts“.30 In dem Textfragment fungiert Individualität als Gegenmodell zu Subjekt und für-sich-seiender Personalität. Durch den Mechanismus – gedacht ist an den des Staats bzw. von Staatstheorien der Aufklärung – werde das Individuum vernichtet. Die Vorstellung eines für-sich-seienden Subjekts sowie einer Person wird auch in dem Text von 1807 abgelehnt bzw. der Kritik unterzogen. Was ist aber unter einem Individuum zu verstehen, das hier als Gegenkonzeption zu Subjekt und Person erscheint? 24 

Vgl. hierzu Schwenzfeuer (2014); (2012). SW VI, 558: „Religiosität bedeutet schon dem Ursprung nach ein Gebundenseyn des Handelns, keineswegs aber eine Wahl zwischen Entgegengesetztem, wie man bei der Freiheit des Willens annimmt, nicht ein aequilibrium arbitrii, wie man es nennt, sondern die höchste Entschiedenheit für das Rechte, ohne Wahl.“ Vgl. hierzu Schwenzfeuer (2017). 26  Vgl. SW VI, 557: In dem „Sinn unserer jetzigen Moralisten“, so Schellings Auskunft, geben „wir überhaupt keine Sittlichkeit“ zu, „nämlich als eine Sittlichkeit des Menschen. – Schon das Wort ist ein Produkt unserer neueren Aufklärerei; es gibt nur Tugend, virtus, d. h. es gibt eine göttliche Beschaffenheit der Seele, aber es gibt keine Moralität, die das Individuum als Individuum sich geben, oder deren es sich rühmen könnte.“ 27  Wie in der Konzeption von Immanuel Kant. Vgl. auch Rel., AA VI: 27 f.: „Die Idee des moralischen Gesetzes allein mit der davon unzertrennlichen Achtung kann man nicht füglich eine Anlage für die Persönlichkeit nennen; sie ist die Persönlichkeit selbst“. 28  SW VIII, 10. 29  SW VIII, 10. 30  SW VIII, 5. 25  Vgl.

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Schelling beschreibt das Individuum wie folgt: Alles Große und Göttliche aber geschieht immer durch Wunder, d. h. es erfolgt nicht nach allgemeinen Gesetzen der Natur, sondern nur durch das Gesetz und die Natur des Individuums. (SW VIII, 12)31

Ein cum grano salis kantisches Verständnis der Persönlichkeit, also die Unterstellung des individuellen Willens unter das allgemeine Sittengesetz, weist der Text von 1807 zurück. Dem wird ein Verständnis des Individuums als Harmonie der Kräfte entgegengesetzt, also das Individuum als Darstellung des Allgemeinen im Besonderen.32 Eine Harmonie der Kräfte ist auf der Ebene des Menschen weder vorgegeben noch irgendwie prästabiliert. Sie muss von dem Einzelnen erst hergestellt werden. Dafür steht der Hinweis auf das Wunder und die Unableitbarkeit einer Harmonie der Kräfte. Aufgenommen ist hier die Beschreibung der christlichen Religion aus der Methodenvorlesung und dem Würzburger System. Individuum und Tugend werden vor diesem systematischen Hintergrund verbunden: Wenn aber die Tugend selbst nichts anderes ist denn eben jenes göttliche Maß der ursprünglichen Kräfte, so sind diese nothwendig zur Aeußerung der Tugend, wie in der Heiterkeit der Luft nur darum die Sonne als Bild der Einheit erscheint, weil derselbe Luftkreis es ist, in dem auch die Kräfte der Stürme und Orkane, die Macht des Blitzes und des Donners schlummert. (SW VIII, 16)

Schellings identitätsphilosophischer Individualitätsbegriff versteht das Individuum als eine konkrete Darstellung des Allgemeinen in seinem Handeln, als individuelle Totalität. Sinnlichkeit, Verstand und Vernunft sind gleichsam die Dimensionen, die von jedem Einzelnen in ein harmonisches Gleichgewicht gebracht werden müssen. Das Individuum ist also weder für sich etwas noch ist es negationstheoretisch kon­ struiert,33 es ist Darstellung. Eine göttliche Erscheinung – und nicht nur Subjekt oder für-sich-seiende Person – ist das Individuum aber nur dann, wenn es selbst ein Gleichgewicht von den Kräften verwirklicht, die in ihm gleichsam als Naturausstattung angelegt, aber eben nicht fest verbunden sind. 31  Schelling nimmt hier die Bestimmung des Wunders aus der Methodenvorlesung auf und überträgt sie auf das Individuum. Vgl. Methode des akademischen Studiums, SW V, 293: „Der Ursprung jeder Idee ist nach dieser Vorstellung [sc. des für das Christentum konstitutiven Mystizismus] ein Wunder, da sie in der Zeit entsteht, ohne ein Verhältniß zu ihr zu haben. Keine derselben kann auf zeitliche Weise entstehen, es ist das absolute, d. h. es ist Gott selbst, der sie offenbart, und darum der Begriff der Offenbarung ein schlechthin nothwendiger im Christenthum.“ 32  Vgl. SW VIII, 15: „Aber Menschen, in denen die Harmonie wäre, durch welche jenes alles erst theils Adel theils die Kraft der Wirksamkeit und die Aktualität erhält, mit Einem Wort wahrhaft göttliche Menschen haben sich nirgends hervorgethan.“ 33  Vgl. SW VIII, 11, wo ein Verständnis der Tugenden im Sinne einer „bloß verneinende[n] Art“, also das kantische Verständnis der Person, zurückgewiesen wird. Vgl. Verhältnis der bildenden Künste, SW VII, bes. 303 f. Das Individuum ist Bejahung und nicht Verneinung. Schellings Verständnis des Charakters ergibt sich hieraus. „Da diese Kraft der Einzelheit und also auch der Individualität sich als lebendiger Charakter darstellt, so hat der verneinende Begriff derselben nothwendig die ungenügende und falsche Ansicht des Charakteristischen in der Kunst zur Folge.“ Zum Charakter vgl. ebenso 304 f.

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Wendet man sich vor dem Hintergrund des eben in seiner werkgeschichtlichen Entwicklung dargestellten identitätsphilosophischen Individualitätsbegriffs der Niethammer-Rezension von 1809 sowie dem eingangs aus dieser angeführten Zitat zu, dann fällt auf, dass nun nicht mehr vom Individuum die Rede ist, sondern von Persönlichkeit: „In der That fassen wir alle Tugenden und Eigenschaften, welche der Mensch in kräftiger Verwirklichung der Ideen zeigt, unter diesem Namen [sc. Persönlichkeit] zusammen.“34 Die Struktur des Individualitätsverständnisses aus dem Fragment von 1807, die selbst eine bündelnde Zusammenfassung vorangehender Überlegungen darstellt, wird in der Niethammer-Besprechung auf den Begriff der Persönlichkeit übertragen. Diese wird nun, wie zuvor das Individuum, als eine Harmonie bzw. als ein Gleichgewicht von Kräften verstanden, die den Menschen konstituieren, aber in ihm nicht fixiert sind. Allerdings verschwindet der Begriff des Individuums nicht völlig. Er dient nun zur Beschreibung des Ausgangspunkts der Persönlichkeitsbildung und ist von der Persönlichkeit als Telosgedanke unterschieden.35 Der Tugendbegriff der Identitätsphilosophie wird dadurch zum Bestimmungsmoment der Persönlichkeit, die als konkrete Darstellung des Allgemeinen verstanden wird, als Charakter.36 Aufgenommen ist der Wunderbegriff der Methodenvorlesung sowie des Fragments Ueber das Wesen deutscher Wissenschaft – die Unableitbarkeit des Gleichgewichts der Kräfte, das in der Zeit entsteht, ohne aus ihr ableitbar zu sein. Ohne ein Ineinander von Freiheit und Notwendigkeit, also einer Handlung im Sinne der Methodenvorlesung, ist eine Persönlichkeit ebenso wenig wie das Individuum in dem Fragment von 1807 möglich. Das Gleichgewicht der Kräfte, in dem sich die Persönlichkeit herstellt, wird in der Niethammer-Rezension wie zuvor gegen die kantische Persönlichkeitsvorstellung gesetzt, indem die Dimensionen der Sinnlichkeit ebenso einbezogen werden wie Verstand und Vernunft. Eine Auflösung bzw. ein Verlust der Persönlichkeit besteht demzufolge auch hier in der Isolierung der einzelnen Momente, in und durch die jene sich bildet. Bereits die identitätsphilosophischen Texte verstehen das Böse als Handlung, in der das Besondere dem Allgemeinen übergeordnet wird. Ausdrücklich heißt es im Würzburger System: „Das ursprünglich Böse liegt also gerade darin, daß der Mensch etwas für sich selbst und aus sich selbst seyn will“.37 Bildung, wie sie die Rezension von 1809 entwirft, ist Persönlichkeitswerdung, die Herstellung einer individuellen Totalität,38 mit der Schelling, gegen zeitgenössische 34 

AA I 18, 36 | SW VII, 516. Vgl. AA I 18, 46 | SW VII, 528: „Die Individualität ist zwar nicht die Persönlichkeit selbst, aber doch ihre Basis und gleichsam ihr Organ. Das mögliche Ideal der Bildung in einem Individuum ist erreicht, wenn es mit einer herzhaften Weltansicht (auf welche Art es nun dazu gelangt sey) und aufgehellter, sicherer Vernunft die entschiedene Ausbildung desjenigen besonderen Talents, derjenigen bestimmten geistigen oder materiellen Anlage verbindet, die in seiner Individualität liegt.“ 36  Vgl. auch Verhältnis der bildenden Künste, SW VII, 303 f. 37  SW VI, 561. 38 Vgl. Verhältnis der bildenden Künste, SW VII, 304. Der Künstler bildet „das Individuum zu einer Welt für sich, einer Gattung, einem ewigen Urbild“. 35 

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Gemeinwohltheorien, eine Erneuerung des Gemeinwohls verbindet.39 Es ist dieses aus dem identitätsphilosophischen Individualitätsverständnis hervorgegangene Modell der Persönlichkeit als vom einzelnen Menschen selbst erst herzustellendes Gleichgewicht von Kräften (Charakter), das auch dem Persönlichkeitsverständnis der im selben Jahr publizierten Freiheitsabhandlung zugrunde liegt.

3. Die naturphilosophische Konstruktion der Persönlichkeit, oder: Schellings Verständnis der Person in der Freiheitsschrift Schellings 1809 erschienene Philosophische Untersuchungen über das Wesen der menschlichen Freiheit knüpfen an die eben dargestellte werkgeschichtliche Entwicklung des identitätsphilosophischen Verständnisses von Individualität sowie seine Übertragung auf das Persönlichkeitsverständnis an. Der Gedanke der Persönlichkeit, der, wie wir gesehen haben, in dem Würzburger System noch verworfen wurde, erfährt um 1808 eine neue Bewertung. Entsprechend formuliert die Abhandlung über die menschliche Freiheit: „Gott selbst ist kein System, sondern ein Leben“.40 „Nur in der Persönlichkeit ist Leben; und alle Persönlichkeit ruht auf einem dunkeln Grunde, der also allerdings auch Grund der Erkenntniß seyn muß.“ 41 Es ist der identitätsphilosophische Individualitätsbegriff, der im Hintergrund der Bestimmung der Persönlichkeit steht. Dadurch wird auch verständlich, dass Schelling gleichsam wortwörtlich Passagen aus der identitätsphilosophischen Konzeption in den Text von 1809 aufnehmen kann, wie den Religionsbegriff, der im Schlussteil der Abhandlung entfaltet wird. Jener versteht Religion ebenso wie das Würzburger System als „Gewissenhaftigkeit, oder daß man handle, wie man weiß, und nicht dem Licht der Erkenntniß in seinem Thun widerspreche“.42 Wie wird der Gedanke der Persönlichkeit in der Abhandlung über die menschliche Freiheit konstruiert? Das zentrale Thema der Abhandlung von 1809 ist die menschliche Freiheit, die, woran Schelling keinen Zweifel lässt, allein auf einer naturphilosophischen Grundlage hinreichend bestimmt werden kann.43 Dementsprechend setzt die inhaltliche Durchführung der Untersuchung mit der naturphilosophischen Unterscheidung von Grund und Existenz ein, die in der Systemdarstellung von 1801 eingeführt wur39  Zu den staatsphilosophischen Konsequenzen, die mit dem Individualitätskonzept verbunden sind, vgl. Barth (2017). 40  AA I 17, 164 | SW VII, 399. 41  AA I 17, 177 | SW VII, 413. 42  AA I 17, 158 | SW VII, 392. Vgl. auch AA I 17, 159 | SW VII, 392: „Schon der Wortbedeutung nach läßt Religiosität keine Wahl zwischen Entgegengesetzten zu, kein aequilibrium arbitrii (die Pest aller Moral); sondern nur die höchste Entschiedenheit für das Rechte, ohne alle Wahl.“ Vgl. hiermit die oben zitierte Stelle aus dem Würzburger System SW VI, 558. 43  Vgl. AA I 17, 128 | SW VII, 357: „Wir haben es bereits erklärt: nur aus den Grundsätzen einer wahren Naturphilosophie läßt sich diejenige Ansicht entwickeln, welche der hier stattfindenden Aufgabe vollkommen Genüge thut.“

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de.44 In Gott ist zu differenzieren zwischen dem „Wesen, sofern es existirt, und dem Wesen, sofern es bloß Grund von Existenz ist“.45 Es ist die identitätsphilosophische Unterscheidung von Wesen und Form, die hier aufgenommen ist, wobei Grund und Existenz für die erste und zweite Potenz stehen, die zusammen mit der dritten die Form als Darstellungsverhältnis strukturieren.46 Schellings Hinweis, jene Unterscheidung sei analog dem Verhältnis von Schwerkraft und Licht, also von erster und zweiter Potenz, unterstreicht das bereits selbst: „Die Schwerkraft geht vor dem Licht her als dessen ewig dunkler Grund, der selbst nicht actu ist, und entflieht in die Nacht, indem das Licht (das Existirende) aufgeht.“ 47 Die Konstruktion des Gottesgedankens in den Eingangspassagen der Freiheitsschrift folgt der identitätsphilosophischen Unterscheidung, welche die Grundlage der Entfaltung des Naturprozesses bildet.48 Der darauf folgende Abriss der Naturphilosophie, die Erhebung des dunklen Grundes in das Licht, zielt auf die Konstruktion des Menschen als Darstellung der absoluten Identität und damit der dritten Potenz. In ihm, dem Resultat des Naturprozesses, „offenbart sich der Geist, d. h. Gott als actu existirend. Indem nun die Seele lebendige Identität beyder Prinzipien ist, ist sie Geist; und Geist ist in Gott.“ 49 Diejenige Identität, die der Mensch darstellt, also die Seele als lebendige Identität, bezeichnet Schelling in diesem systematischen Kontext als Persönlichkeit: „Die Selbstheit als solche ist Geist; oder, der Mensch ist Geist als ein selbstisches, besondres, (von Gott geschiedenes) Wesen, welche Verbindung eben die Persönlichkeit ausmacht.“50 Das Stichwort Persönlichkeit, so ist der zitierten Stelle zu entnehmen, bezeichnet die Art der Verbindung von – wie Schellings Formeln lauten – Eigen- und Universalwille. Wie ist diese Verbindung näher zu verstehen? Sie resultiert aus der naturphilosophischen Konstruktion der Natur als Abfolge der Potenzenstruktur. Darstellung des Absoluten und damit Bild der absoluten Identität ist der Mensch dadurch, dass seine Besonderheit nichts für-sich-selbst, sondern Grundlage oder Basis des Allgemeinen ist. Der Seelenbegriff, der für die zweite Potenz steht, bezeichnet die Auflösung des Besonderen ins Allgemeine, während der Leib, die erste Potenz,

44 

Vgl. AA I 17, 129 | SW VII, 357; DMS, AA I 10, 164 | SW IV, 164 f. AA I 17, 129 | SW VII, 357. 46  Die Unterscheidung führt somit keinen internen Dualismus in das Absolute ein, wie Friedrich Hermanni vermutet; vgl. Hermanni (2004), bes. 166–170. Grund und Existenz sind vielmehr Elemente der triadischen Potenzenstruktur. 47  AA I 17, 129 | SW VII, 358. 48 Vgl. DMS, AA I 10, 121 | SW IV, 120; Anti-Fichte, SW VII, 57: „Das Wesen [sc. die absolute Identität] gebiert sich also ewig in die Form […], welche die Selbstoffenbarung in ihm selber ist, ohne einiges Heraustreten aus ihm selber; denn seine Selbstoffenbarung ist seine Existenz“. In den Stuttgarter Vorlesungen hat Schelling die genannte Unterscheidung zwischen dem Wesen an sich und dem Wesen in der absoluten Form ebenso aufgenommen wie in den Weltalter-Texten. Vgl. AA II 8, 80 | SW VII, 425 f.; WA-Fragm. 1, 184 f.: „Nun ist aber eben die Form oder Zweyheit ihre [sc. der lauteren Freiheit] Offenbarung.“ 49  AA I 17, 134 | SW VII, 364. 50  AA I 17, 135 | SW VII, 364. 45 

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die Einbildung des Allgemeinen in das Besondere repräsentiert.51 Allein, im Menschen ist im Unterschied zu Gott die Einheit der drei Potenzen „zertrennlich“.52 Das unterscheidet den Menschen nicht nur von Gott, sondern auch von der Natur, insbesondere den Tieren.53 Die Theorie der Instinkte, auf die sich Schelling in diesem Zusammenhang sowohl in der Freiheitsschrift als auch in den entsprechenden Passagen der Stuttgarter Vorträge bezieht, ist gleichsam wörtlich aus den Würzburger Vorlesungen übernommen. Dort heißt es in Bezug auf das Verhältnis von Grund und Existenz auf der Stufe des Tieres, dieses verhält sich im Instinkt zur absoluten Substanz als zu seinem Grunde, und demnach als Schwere. […] Die Substanz ist das schlechthin Allgemeine, das Besondere ist die quantitative Differenz von ihm. Wo nun das Besondere für sich schon dem Allgemeinen schlechthin gleich wird, da tritt nothwendig ein anderes als das bloße Grund-Verhältniß ein; es tritt ein Identitäts-Verhältniß ein. Wo dagegen beide nicht identisch, und soweit sie nicht identisch sind, so weit verhält sich das Besondere zum Allgemeinen noch als zu seinem Grund, als Gezogenes zu Ziehendem. Wenn aber das Gezogene ist wie das Ziehende (das Erkannte wie das Erkennende), hört die Differenz auf. Die Thiere sind nun die letzten Besonderheiten, die noch in Differenz mit der Substanz sind, sie sind noch nicht die Substanz, noch nicht die allgemeine, reine Vernunft selbst, deßhalb sind sie in ihren Handlungen bloß Ausdruck oder Werkzeug der im All wohnenden Vernunft, ohne selbst vernünftig zu seyn. (SW VI, 462)54

Im Instinkt der Tiere ist das Besondere gleichsam naturhaft an das Allgemeine gebunden. In ihnen handelt die Vernunft, ohne selbst vernünftig zu sein. Anders ist es beim Menschen als Resultat des Naturprozesses. Dessen inneres Ziel ist der Aufgang des Geistes, die Seele als lebendige Identität. Diese Stufe des Naturprozesses ist dann erreicht, wenn die Natur als Erscheinung der absoluten Identität, „nicht als seyend, sondern als Grund ihres Seyns“55 erscheint und damit in Einheit mit dem Licht ist, so dass in der Konstruktion der Natur der Indifferenzpunkt erreicht ist. Der Mensch muss das Verhältnis von Besonderem und Allgemeinem ohne naturhafte Gebundenheit selbst gestalten. In ihm ist die Einheit der Kräfte zertrennlich. Deshalb ist er, der Mensch, nicht nur Teil der Natur, er steht auch über ihr: Dadurch aber, daß die Selbstheit Geist ist, ist sie zugleich aus dem Kreatürlichen in’s Ueberkreatürliche gehoben, sie ist Wille, der sich selbst in der völligen Freyheit erblickt, nicht mehr Werkzeug des in der Natur schaffenden Universalwillens [sc. wie bei den Tieren], sondern über und außer aller Natur ist. (Freiheitsschrift, AA I 17, 135 | SW VII, 364)

Der Begriff der Persönlichkeit beschreibt das dargestellte Verhältnis der beiden Kräfte im Menschen als ein nicht naturhaft determiniertes, sondern als ein durch ihn 51 Vgl.

Aphorismen über die Naturphilosophie, AA I 15, 233, XCIV | SW VII, 218, XCIV. AA I 17, 134 | SW VII, 364. 53  Vgl. AA I 17, 142 | SW VII, 372: „Im Thier, wie in jedem andern Naturwesen, ist zwar auch jenes dunkle Prinzip wirksam; aber es ist in ihm noch nicht in’s Licht gebohren, wie im Menschen, es ist nicht Geist und Verstand, sondern blinde Sucht und Begierde; kurz, es ist hier kein Abfall möglich, keine Trennung der Prinzipien, wo noch keine absolute oder persönliche Einheit ist.“ 54  Zu Schellings Theorie der Instinkte vgl. Barth (2011). 55  DMS, AA I 10, 202 | SW IV, 203. 52 

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selbst in einem Bildungsprozess erst zu gestaltendes.56 Im Hintergrund steht hier ebenfalls der identitätsphilosophische Tugendbegriff, nämlich die Persönlichkeit als eine besondere Darstellung des Allgemeinen. Ganz in diesem Sinne erläutern auch die ein Jahr später in Stuttgart gehaltenen Vorträge den Menschen als Produkt der Natur, als „endliche[n] Geist“: Das in der Natur erweckte absolute A2 verhält sich zu der Natur, in welcher es erweckt wird, wieder als Subjektives zu Objektivem, Erkennendes zu Erkennendem. Nun ist aber das absolut Subjektive nur da, wo auch das absolut Objektive, d. h. das Objektive in seiner Vollendung, seiner Totalität. Dieß ist nur im Menschen nach dem alten Spruch, daß der menschliche Leib die Welt im Kleinen, Mikrokosmos sey. (AA II 8, 136 | SW VII, 457)57

Was bedeutet das nun für die nähere Fassung des Persönlichkeitsbegriffs in den Schriften Schellings um 1810, und wie verhält sich dieser zu dem oben erwähnten Verständnis von Religion in den Schlusspassagen der Freiheitsschrift, die an die Ausführungen des Würzburger Systems anschließen?

4. „Also Seele ist das Unpersönliche“, oder: Persönlichkeit und Seele in Schellings Schriften um 1810 In seinen Schriften um 1810 hat Schelling grundlegende Aspekte seiner identitätsphilosophischen Systemkonstruktion beibehalten und weitergeführt. Das betrifft nicht nur die Strukturierung des Systemaufbaus in einen allgemeinen prinzipientheo­ retischen Teil sowie eine Natur- und Geistphilosophie, wie sowohl die Abhandlung über die menschliche Freiheit als auch die Stuttgarter Vorlesungen erkennen lassen, auch das methodische Verfahren der Identitätsphilosophie wird aufgenommen. Die genannten Texte zielen – das wird insbesondere an den Vorträgen vom Frühjahr 1810 deutlich – auf das Programm einer objektiven Wissenschaft.58 Die hierbei zum Zuge kommende Methode des Systemaufbaus ist wie in den identitätsphilosophischen Texten die der Konstruktion. Schelling lehnt nach wie vor apriorische und kausale Erkenntnis- und Systembegriffe ab.59 Und ähnlich wie in den vorangegangenen Sys56  Vgl. hierzu auch Schellings Bemerkungen zur Individualität des Werkes von Immanuel Kant, in dem von einem göttlichen Instinkt Gebrauch gemacht wird. Vgl. Immanuel Kant, SW VI, 1–10, hier 8: „Die in allen seinen [sc. Kants] Werken hervorleuchtende Naivetät, durch die er oft die Güte seines Gemüths nicht minder als die Tiefe seines Geistes enthüllt, ein nicht selten göttlicher Instinkt, der ihn sicher leitet, ist besonders in seiner Kritik der ästhetischen Urtheilskraft erkennbar.“ Vgl. hierzu Leistner (2019). 57  Vgl. hierzu auch Braun (2004), bes. 146–149. 58  Vgl. die Eingangspassagen der Stuttgarter Vorträge, wo der Systembegriff ganz im Sinne des identitätsphilosophischen Programms eingeführt wird: „Das wahre System kann nicht erfunden, es kann nur als ein an sich, namentlich im göttlichen Verstande, bereits vorhandenes gefunden werden.“ (AA II 8, 68 | SW VII, 421) Vgl. hierzu Ziche (2014); (2004). 59 Vgl. Freiheitsschrift, AA I 17, 120 | SW VII, 346 f.: „Wie man auch die Art der Folge der Wesen aus Gott sich denken möge, nie kann sie eine mechanische seyn, kein bloßes Bewirken oder Hinstellen, wobei das Bewirkte nichts für sich selbst ist; eben so wenig Emanation, wobei das Ausfließende

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temdarstellungen soll auch jetzt das Prinzip des Systems nicht begründet werden. Das Absolute wird vom Philosophen ebenso wie der Raum vom Geometer vorausgesetzt,60 es entsteht als Voraussetzung der Konstruktion erst in dieser:61 Alles läßt sich nur darstellen im Absoluten; das Unbedingte geht darum auch nicht vor dem Daseyn der Philosophie her, sondern die ganze Philosophie beschäftigt sich mit diesem Daseyn, die ganze Philosophie ist eigentlich der fortgehende Beweis des Absoluten, der daher nicht im Anfang derselben gefordert werden darf. (SP, AA II 8, 74 | SW VII, 423 f.)

Der Begriff der Persönlichkeit, der in den Texten seit 1809 in den Fokus der Aufmerksamkeit rückt, fasst zunächst, wie wir gesehen haben, ganz auf der Linie der identitätsphilosophischen Naturkonstruktion das Verhältnis von Schwerkraft und Licht bzw. von Eigen- und Universalwillen auf der Stufe des Menschen als ein nicht naturhaft gebundenes, sondern als ein durch diesen selbst zu regulierendes, eben als ein personales Verhältnis. Und ebenso nimmt das in der Freiheitsabhandlung ausgeführte Verständnis des Bösen die identitätsphilosophische Konstruktion auf, dass das Böse in einer Überordnung der Besonderheit über das Allgemeine besteht. Der Mensch als Resultat des Naturprozesses sei, wie Schelling in der oben genannten Stelle aus der Abhandlung über die menschliche Freiheit schreibt, lebendige Identität, Geist.62 Die Seele, einer der von der Forschung nicht beachteten Grundbegriffe der identitätsphilosophischen Systemkonzeption,63 bezeichnet das Besondere als Darstellung des Allgemeinen, genauer, dessen Aufnahme in dieses durch die Aufhebung der Besonderheit. Deshalb kommt ihr, der Seele, Allgemeinheit zu, so dass sie das Unpersönliche und Göttliche im Menschen ist. So heißt es in den Stuttgarter Vorträgen im systematischen Kontext der Erörterung des menschlichen Geistes, der in diesem Zusammenhang durch die drei Potenzen des Gemüts, des Geistes und der Seele strukturiert wird:64 „Die Seele ist das eigentlich Göttliche im Menschen, also das Unpersönliche, das eigentlich Seyende, dem das Persönliche als ein Nichtseyendes unterworfen seyn soll.“ 65 Strenge Objektivität, so ist die Stelle zu verstehen, zeichnet allein die Seele aus. Diese ist gleichsam die Darstellung der absoluten Identität im Menschen, die Schelling in der zitierten Stelle aus der Freiheitsschrift eine lebendige nannte.

dasselbe bliebe mit dem, wovon es ausgeflossen, also nichts Eignes, Selbstständiges.“ Vgl. auch AA I 17, 121 | SW VII, 348. 60 Vgl. SP, AA II 8, 74 | SW VII, 423: „So wie der Geometer, wenn er seine Sätze zu beweisen beginnt, nicht zuerst das Daseyn eines Raums beweist, sondern ihn nur voraussetzt, ebenso beweist die Philosophie nicht das Daseyn Gottes, sondern sie bekennt, daß sie ohne ein Absolutes oder Gott gar nicht vorhanden wäre.“ 61  Schellings medialer Begriff des Absoluten lässt sich somit durchaus in der Nachfolge von Kants Raumverständnis verstehen. Zu Kants medialem Raumverständnis vgl. Günzel (2012). 62  Vgl. AA I 17, 134 | SW VII, 363 f. 63  Vgl. hierzu Danz (im Erscheinen). 64  Vgl. AA II 8, 154–168 | SW VII, 465–474. 65  AA II 8, 160 | SW VII, 468.

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Bei der angeführten Passage aus den Stuttgarter Vorlesungen handelt es sich um einen Grundgedanken jener Zeit, der mit Vorformen in früheren Texten in der Rede Ueber das Verhältniß der bildenden Künste zu der Natur von 1807 programmatisch formuliert und unverändert bis hinein in die spätesten Texte Schellings beibehalten wird.66 In der besagten Schrift schreibt der Autor: Die Seele ist also im Menschen nicht das Princip der Individualität, sondern das, wodurch er sich über alle Selbstheit erhebt, wodurch er der Aufopferung seiner selbst, uneigennütziger Liebe, und, was das Höchste ist, der Betrachtung und Erkenntniß des Wesens der Dinge, eben damit der Kunst, fähig wird. Sie ist nicht mehr mit der Materie beschäftigt […], sondern nur mit dem Geist, als dem Leben der Dinge. Auch im Körper erscheinend, ist sie dennoch frei von dem Körper, dessen Bewußtseyn in ihr, in den schönsten Bildungen, nur wie ein leichter Traum schwebt […] Sie ist keine Eigenschaft, kein Vermögen, oder irgend etwas der Art insbesondere; sie weiß nicht, sondern sie ist die Wissenschaft, sie ist nicht gut, sondern sie ist die Güte […] (SW VII, 312)

Die unpersönliche Seele, die die Wissenschaft selbst sein soll und von konkreten Wissensbeständen unterschieden ist, fungiert als Grundlage des Programms einer objektiven Wissenschaft, wie sie Schelling auch noch um 1810 vorschwebt.67 Aber als eine solche Voraussetzung entsteht die Seele erst, die keine Eigenschaft des Menschen oder ein Vermögen sein soll. Die Seele symbolisiert die höchste Stufe des menschlichen Geistes und ist sowohl die Darstellung der absoluten Identität als einer lebendigen als auch die Grundlage der Wissenschaft. Damit jedoch die Seele jene Stufe repräsentieren kann, muss das Individuelle als für-sich-seiendes überwunden werden. Der Mensch muss also, wie es in der Passage aus der Akademierede von 1807 zu lesen ist, seine Selbstheit und Individualität aufopfern, sie zur Grundlage, mithin zum Nichtseienden gegenüber dem Allgemeinen machen, damit er wahrhaft frei ist. Genau in diesem Sinne formuliert auch die Freiheitsabhandlung: Der Mensch – in dem die Einheit von Eigen- und Universalwillen keine naturhafte ist – muss „aller Eigenheit“ und Selbstheit „absterben“, damit er in dem Zentrum bleibt, in dem er am Ende des Naturprozesses steht. Es sei, wie es im unmittelbaren Anschluss weiter heißt, ein gleichsam „nothwendiger Versuch“, aus „diesem [sc. dem Zentrum] in die Peripherie herauszutreten, um da eine Ruhe seiner Selbstheit zu suchen“.68 Die christologischen Abschnitte in der Abhandlung von 1809 sowie in den ein Jahr später gehaltenen Privatvorlesungen, in denen der Persönlichkeitsbegriff prominent gebraucht wird, wenn es heißt: „nur Persönliches kann Persönliches heilen, und Gott muß Mensch werden, damit der Mensch wieder zu Gott komme“,69 haben den nämlichen Sinn.70 Es ist der bereits in der Me66 Vgl. 67 An

Freiheitsschrift, AA I 17, 178 | SW VII, 415. Vgl. hierzu Ziche (2004); Braun (2004). dem genannten Programm arbeiten sich auch die Weltalter-Texte noch ab, vgl. Danz

(2018a). 68  AA I 17, 149 | SW VII, 381. 69  Freiheitsschrift, AA I 17, 148 | SW VII, 380. 70 Vgl. SP, AA II 8, 148 | SW VII, 463.

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thodenvorlesung formulierte Gedanke, dass sich die Person erst in einem Bildungsprozess herstellt, indem die Selbstheit zur Basis der Darstellung des Allgemeinen wird. Die cum grano salis kreuzestheologische Zuspitzung der Christologie zielt hier wie dort auf die Überwindung der für-sich-seienden Persönlichkeit und deren Konstitution als besonderer Darstellung des Allgemeinen bzw. als individueller Totalität, die Schelling mit der Religion und der Tugend verbindet.71 Der Begriff der Persönlichkeit, wie er in den Schriften Schellings um 1810 ausgearbeitet wird, versteht diese als eine Aufgabe, die der Einzelne zu realisieren hat. Da­ rauf zielt deren Konstruktion als eine nicht naturale Einheit von Eigen- und Universalwillen, also von erster und zweiter Potenz. Die höchste Stufe, die der Mensch hierbei erreichen soll, die Seele, besteht in der Überwindung der Individualität als Selbstheit sowie der Universalität in dem Sinne, dass diese die Grundlage der Darstellung der absoluten Identität wird.72 Dieses Persönlichkeitsverständnis, wie es Schelling in der Freiheitsabhandlung und den Stuttgarter Vorlesungen ausführt, stellt eine Übertragung des identitätsphilosophischen Individualitätsgedankens dar. Es ist denn auch kein Zufall, dass die anthropologischen Ausführungen in den Stuttgarter Vorlesungen in einen Religionsbegriff einmünden, der diese als „unbedingte[s] Walten der Seele“ versteht,73 und ähnlich wie die Schlusspassagen der Freiheitsschrift an die diesbezüglichen Ausführungen des Würzburger Systems anknüpfen.

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„Ahndender Wille“ und „vermitteltes Wissen“ Schellings ‚höherer Realismus‘ in der Freiheitsschrift1 Paul Ziche 1. Vorbemerkung: die Freiheitsschrift als ein Gewebe von Mittelbegriffen Eine der (vielen) auffallenden Eigenheiten von Schellings Freiheitsschrift liegt in der Schwierigkeit, eindeutig einen Zentralbegriff dieses Textes benennen zu können: ‚Freiheit‘, natürlich; aber ebenso gut auch das ‚Böse‘, ‚Gott‘, der ‚Ungrund‘, ‚Persönlichkeit‘ oder das ‚Mittlere‘ böten sich an, und sicher können noch mehr derartige Zentralbegriffe benannt werden. Schelling selbst offeriert den Begriff einer „derivirten Absolutheit oder Göttlichkeit“, der trotz seiner bewusst eingestandenen Widersprüchlichkeit „der Mittelbegriff der ganzen Philosophie“ sein könne.2 Er selbst gibt an, dass es mehrere solcher Mittelpunkte bzw. Mittelbegriffe geben kann (inwiefern das auch notwendig der Fall sein muss, wäre weiter zu untersuchen; die folgende Analyse plädiert tatsächlich für die systematische Notwendigkeit pluraler Mittelbegriffe im System): In dem System der Philosophie gebe es eine Mehrzahl von „herrschenden Mittelpunkte[n]“.3 Zweierlei fällt hieran sofort auf: Ein solcher ‚Mittelbegriff‘ ist kein Grundbegriff in dem Sinne, dass er Ausgangspunkt von (beispielsweise in einer hierarchisch geordneten Abfolge organisierten) Ableitungen sein könnte. Hiermit zeigt sich bereits in der begrifflichen Organisation der Freiheitsschrift ein zentrales Motiv der methodischen Ausrichtung dieses Textes: Die Begrifflichkeiten der ‚Mitte‘, der Vermittlung, des Mittlers durchziehen den Text, werden am Ende prominent aufgegriffen,4 und verdanken sich sehr deutlich dem Versuch, methodologische Alternativen zu traditionellen Formen der ableitenden Begründung und zur 1 

Die Begriffe im Titel finden sich in AA I 17, 124; 131 | SW VII, 351; 359 und SW X, 188. – Dieser Text steht im Kontext meines durch NWO (die Nederlands Organisatie voor Wetenschappelijk Onderzoek) geförderten Projekts ‚Thinking classified: Structuring the world of ideas around 1800‘; meinen Projektmitarbeitern Dirk van Miert, Tom Giesbers, Timmy de Goeij und Peter Sperber danke ich für viele Diskussionen. 2  AA I 17, 120 | SW VII, 347. 3  AA I 17, 111 | SW VII, 336. 4  Vgl. z. B. AA I 17, 174 f. | SW VII, 411 (der Mensch als „Mittler“ und als „Centralwesen“ sowie zur Rolle der „Mittelbestimmungen“). Vgl. auch AA I 17, 178 | SW VII, 415, mit der Formulierung von der Vernunft als dem „allgemeine[n] Ort der Wahrheit, d[er] ruhige[n] Stätte, darin die ursprüngliche Weisheit empfangen wird“; zu diesen lokaladverbialen Formulierungen vgl. unten, Abschnitt 3.1.

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hierarchischen Organisation eines philosophischen Systems zu liefern. Zum anderen überträgt Schelling die überraschende Forderung, ein System müsse aus seiner Mitte (bzw. aus seinen Mitten) organisiert werden, nicht im Ausgang von einem Beginnpunkt, auch auf eine spannungsvolle inhaltliche Festlegung solcher Grundbegriffe; die ‚derivierte Absolutheit‘ ist ein Beispiel. Die Freiheitsschrift ist in der Tat organisiert als ein Text über ‚zusammenhängende Gegenstände‘ und damit sowohl in eminenter Weise systemarchitektonisch gedacht als auch radikal a-systematisch. Die Begriffskonstellationen der Freiheitsschrift kennzeichnen sich durch die grenzenlose Verschiebbarkeit der Begriffe, die im Verschieben, in den vielfältigen Formen ihrer Überschiebung, dennoch nicht identifiziert werden. Dass diese begriffliche Verfasstheit des Textes sich herleiten lässt aus Schellings Diskussion des Identitätsbegriffs, liegt auf der Hand: Identität bedeutet einen Hinweis auf ein unterliegendes Niveau, auf einen Grund, auf dem oder vor dem Hintergrund dessen sich die identifizierenden Verschiebungen abspielen.5 Im Folgenden wird aufgewiesen, dass die auffallenden methodologischen und strukturellen Eigentümlichkeiten der Freiheitsschrift, wie sie in den einleitenden Passagen des Textes eingeführt werden, zusätzlich zu dem Bezug auf Schellings eigene Überlegungen zum Identitätsbegriff auch auf einen relevanten Diskurskontext in dieser Zeit verweisen, den Schelling ebenfalls am Anfang des Textes introduziert: Die kritische Diskussion über einen Realismus als Gegenposition zum Idealismus. Schelling motiviert den Ansatz der Freiheitsschrift einleitend, wenn auch nicht exklusiv, aus der kontroversen Debatte zwischen Idealismus und Realismus: Ein „Idealismus“ habe uns sehr „hoch“ gestellt, indem er „alle diejenigen Schwierigkeiten, die sich aus dem einseitig-realistischen oder dogmatischen System gegen den Begriff der Freyheit“ ergeben hätten, gehoben habe; dennoch sei er nicht hinreichend, „so bald wir in das genauere und bestimmtere eingehen wollen“.6 Während die Auseinandersetzung mit Fichte und mit Fichtes Idealismus, schon seit den ersten Texten Schellings und in seinem Anti-Fichte-Text von 1806 auch erneuert, den gut fixierbaren Hintergrund von Schellings kritischer Bezugnahme auf den Idealismus bildet, gibt Schelling dem Realismus zunächst wenig konkrete Konturen. Deutlich ist zunächst, dass Schelling direkt unterscheidet zwischen einer „einseitig-realistischen“ und einer „höheren“ oder „lebendigen“ Form des Realismus,7 wobei er letztere, wie zitiert, mit der Bestimmtheit des Konkreten verbindet. Die Freiheitsschrift insgesamt kann als eine Programmschrift für einen solchen höheren Realismus gelesen werden. Hierin liegt eine komplexe philosophiehistorische und systematische Verortung, in der Überwindung eines als einseitig erfahrenen Idealismus 5  Vgl. hierzu z. B. Gabriel (2014); spezifisch zur Freiheitsschrift Thomas (2014). In der Freiheitsschrift vgl. insbesondere AA I 17, 115 | SW VII, 341. 6  AA I 17, 123 f. | SW VII, 350 f. Vgl. auch die Hinweise, zwischen Klammern, auf die „idealistisch[e]“ bzw. „realistisch[e]“ Sicht des Weltganzen ganz am Anfang der Freiheitsschrift, AA I 17, 111 | SW VII, 337. 7  AA I 17, 123 f.; 128 | SW VII, 351; 356.

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einerseits, andererseits aber auch hinsichtlich der philosophiehistorischen Formation eines in dieser Zeit entwickelten und kontrovers diskutierten Realismus und hinsichtlich Spinozas als dem um 1800 immer wieder als idealtypisch angesehenen Realisten (dazu Abschnitt 2). Die Begrifflichkeit des Realismus wird von Schelling in der Tat auch gebraucht zur genaueren Einordnung der philosophiehistorischen Referenz­ autoren und -positionen der Freiheitsschrift: Beispielsweise insistiert Schelling darauf, dass man statt „Pantheismus“ den Begriff „einseitig-realistisches System“ für die Philosophie Spinozas verwenden solle.8 Die Debatten zu einem dem Idealismus Kants und Fichtes gegenübergestellten Realismus, wie sie um 1800 geführt wurden, führen in der Tat direkt in die Organisation des Textes der Freiheitsschrift anhand von ‚Mittelbegriffen‘ und in die Diskussion von Erkenntnisvermögen, die nicht mit hierarchischen und deduktiven Ableitungen operieren. Wenn Schelling (in den Ausführungen zu Jacobi und zur Theosophie in den Münchner Vorlesungen Zur Geschichte der neueren Philosophie) einen ‚Glauben‘ und ein ‚vermitteltes Wissen‘ verbindet (dazu unten, Abschnitt 4), greift er einen zentralen Vermögensbegriff des Rea­ lismus-Diskurses, den des ‚Glaubens‘, auf und konterkariert zugleich die Auffassung vom Glauben als einem unmittelbar geoffenbarten Zugang zu höheren Wahrheiten. Der Zusammenhang des von Schelling eingeforderten ‚höheren‘ Realismus mit der Freiheitsproblematik wird von Schelling bereits einleitend in der Freiheitsschrift deutlich gemacht: Freiheit, zum „Eins und Alles der Philosophie“ gemacht, ist die „innerste Voraussetzung“ dieses „höheren“ Realismus.9 Hiermit unterläuft Schelling bereits die gangbare und beispielsweise aus Fichtes Einleitungstexten bekannte Gegenüberstellung zwischen einem (in traditionellem, in Schellings Diktion ‚niederem‘ Sinne) realistischen Dogmatismus, der den Menschen gegenüber den Dingen zu einem Determinierten machen würde, und einem auf Freiheit gebauten Idealismus. Wenn Schelling betont, es gelte zu zeigen, dass auch die Natur die Freiheit zu ihrem Grunde habe, setzt er sich in doppelter Weise zugleich von einem traditionellen Idealismus ab, denn der Naturbegriff wird hier in einem ersten Schritt bereits einem einseitigen Idealismus korrigierend gegenübergestellt und nun in einem zweiten Schritt nochmals durch einen freiheitsverwirklichenden ‚höheren‘ Realismus unterfangen. Zugleich umschreibt Schelling den Realismus hier durch zwei bemerkenswerte Charakteristika. Aus der Ausrichtung eines wohlverstandenen Realismus auf Bestimmtheit (im Gegensatz zu einer Allgemeinheit, die nicht bis zur Konkretheit durchdringt),10 ergibt sich bereits, dass dieser Realismus ebenso mit Epitheta wie der Lebendigkeit (im Gegensatz zu bloß begrifflicher Abstraktion), Positivität,11 bewe8 

AA I 17, 123 | SW VII, 350. AA I 17, 124 | SW VII, 351. 10  Z. B. AA I 17, 123 | SW VII, 351: „so bald wir in das genauere und bestimmtere eingehen wollen“, erweist sich ein Idealismus als ungenügend. AA I 17, 124 | SW VII, 352: Idealismus ist unzureichend, wenn „eben das Bestimmte der menschlichen Freyheit“ gezeigt werden solle. 11  Z. B. AA I 17, 124 f. | SW VII, 352 zum „reale[n] und lebendige[n] Begriff“ der Freiheit und zum „einzig möglichen positiven Begriff des An-sich“. 9 

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gender Kraft (als einem ursprünglich produzierenden und dem rationalen Zugriff entzogenen Prinzip) bestimmt werden kann. Überraschend ist jedoch die Bestimmung des Freiheitsbezugs des ‚höheren‘ Realismus durch eine Emotion, ein „Verlangen“, das sich darauf richtet, „sie [die Freiheit] über das ganze Universum zu verbreiten“.12 Zweierlei ist hieran bemerkenswert: Die Forderung, der Freiheit durch ein ‚Verbreiten‘ zu einer ubiquitären Anwesenheit zu verhelfen, erinnert zunächst viel mehr an typisch idealistische Ansätze; zudem ist nicht klar, wie die Charakteristika der Bestimmtheit und Positivität zusammenhängen können mit diesem umfassenden und anscheinend eindeutig-individuelle Bestimmtheiten eher aufhebenden Verbreiten eines zentralen (Mittel-)Begriffs über die Gesamtheit des Universums. Genau an dieser Stelle jedoch wird sich die Einbettung der Freiheitsschrift in einen größeren realistischen Diskurs als hilfreich erweisen: Die typisch realistischen Positionen der Zeit um 1800 kennzeichnen sich gerade durch die zentrale Rolle des Gefühls und durch eine, wie man sagen könnte, ‚atmosphärische‘ Auffassung der Wirklichkeit, die nicht nach dem Modell des natürlichen Einzeldinges gedacht wird. Für Schelling wie für die typischen Realisten sind die Schlüsselaspekte der Wirklichkeit – reell, positiv, bestimmt, lebendig zu sein – nicht punktuell oder regional zu denken, sondern müssen in umfassender Weise zu Mittelbegriffen werden, die eben keine Grundbegriffe sind, sondern in offener Weise das ‚Universum‘ organisieren. Man wird zugleich erwarten müssen, dass diese Begriffe spannungsvoll bleiben; für seinen Mittelbegriff der ‚derivierten Absolutheit‘ hat Schelling genau eine solche Spannung bereits formuliert. Zum Zweiten wird dieses umfassende Verbreiten, das sich auf einen der zentralen Mittelbegriffe des Systems richtet, nicht als eine theoretische Operation, sondern als eine emotionale Praxis aufgefasst, wird durch ein Verlangen begründet bzw. mit einem solchen Verlangen identifiziert: In der begründenden Mitte des Systems kommt damit eine – nicht lokalisierte, umfassend verbreitete – Emotion zu stehen.13

2. Realismus um 1800 Ein Idealismus erfordert stets einen Realismus, um sich profilieren zu können, und in der Diskussion um Kant und die Philosophen des Deutschen Idealismus formiert sich in der Tat ein sehr nachdrücklich (und vielfach auch sehr polemisch) auftretender Realismus. Die möglichen Verhältnissetzungen zwischen Idealismus und Realismus sind vielfältig: Nebeneinanderbestehen in Hinsichtenunterscheidungen (wie in Kants transzendentalem Idealismus und empirischem Realismus); direkte Konkurrenz (so in Jacobis im Namen eines Realismus erfolgender Kritik an idealistischen 12 

AA I 17, 124 | SW VII, 351. die prominente Rede vom „Gefühl“ einer „Thatsache“ (AA I 17, 111 | SW VII, 336) im Eröffnungssatz zur Freiheitsschrift; Heidegger hebt die programmatische und methodologische Bedeutsamkeit dieser Formulierung hervor (Vorlesung, 18 f.). 13  Vgl.

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Positionen); Subordination des Realismus unter einen Idealismus, Verbindung beider Positionen in einem ‚Ideal-Realismus‘ und schließlich die Einführung eines ‚höheren‘ Realismus in unterschiedlichen Werkphasen bei Fichte;14 ineinander übergehende Wechselbestimmungen von Idealismus und Realismus (wenn man Schellings Wechselbezug von Naturphilosophie und Transzendentalphilosophie als eine Beziehung von realistischen und idealistischen Formen des Philosophierens auffasst). Die begriffliche und personelle Konstellation eines ‚Realismus‘ um 180015 – der sich wirkmächtig als Gegenposition zum Idealismus formiert und positioniert und damit auch diesen immer wieder zu präzisierenden Darstellungen zwingt – lässt sich anhand eines Schlagwortes und eines poetisch-metaphorischen Zitats umreißen. Das Schlagwort liefert Friedrich Heinrich Jacobi, sicherlich der prominenteste Realist in diesem Zeitraum. In der Beilage „Ueber den Transscendentalen Idealismus“ am Ende des, ausweislich des Untertitels ebenfalls der Gegenüberstellung von Realismus und Idealismus gewidmeten, Gesprächs David Hume grenzt Jacobi die Gruppe der Realisten, ausdrücklich, wenn auch ohne weitere Namensnennung als ‚wir Realisten‘ bezeichnet,16 von den Transzendentalphilosophen ab: Also was wir Realisten würkliche Gegenstände, von unseren Vorstellungen unabhängige Dinge nennen, das sind dem transscendentalen Idealisten nur innerliche Wesen, die gar nichts von dem Dinge, das etwa ausser uns seyn, oder worauf die Erscheinung sich beziehen mag, darstellen, sondern von allem würklich objectiven ganz leere blos subjective Bestimmungen des Gemüths. – ‚Vorstellungen‘ – nichts als Vorstellungen – ‚sind diese Gegenstände […] (JWA 2,1, 106 f.)

In anderen Passagen formuliert Jacobi diesen Sachverhalt schärfer und polemischer, wenn er den Idealisten vorwirft, einen ‚Nihilismus‘17 mit der Erfassung von Wirklichkeit zu verwechseln, also bloße Vorstellungen, die als subjektiv nur subjektiven Inhalt haben könnten und insofern leer sind, als keine subjektunabhängigen Inhalte in sie eingehen, für die Wirklichkeit zu halten. In den Spinoza-Briefen formuliert Jacobi, das Ziel der Philosophie sei „Daseyn zu enthüllen, und zu offenbaren“.18 Diese Erläuterung arbeitet bewusst einerseits mit dem religionsphilosophisch besetzten Begriff der Offenbarung, andererseits mit einem, in symbolischer Brechung, metaphorisch besetzten Terminus, nämlich dem üblicherweise für das Bloßlegen der Wahrheit verwendeten ‚Enthüllen‘. Die dem Dasein angemessene epistemische Atti14  Vor allem in der Wissenschaftslehre von 1804, hierzu vgl. Traub (1998). Zum Realismusbegriff um 1800, insbesondere zu Jacobi, Fichte und Hegel, vgl. Pluder (2012). 15  Die philosophiehistorische ‚Konstellationsforschung‘ hat diese realistischen Konstellationen allerdings kaum beachtet. 16 Die genaue personelle Zusammenstellung, die gruppeninternen und -externen Organisations- und Kommunikationsformen dieser Gruppe sind Thema weiterer Forschung; Giesbers (2017) analysiert diesen Realismus umfassend. Wichtige Autoren, neben Jacobi, sind Herder, Jean Paul, Köppen; Schleiermacher und Friedrich Schlegel interagieren in komplexer Weise mit diesem Realismus. Vgl. auch Zöller (2000). Zu Schleiermacher vgl. Korsch (2000); Ziche (2015b). 17  Zu diesem Begriff vgl. Giesbers (2017), 175–214. 18  JWA 1,1, 29.

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tude ist mithin nicht diejenige des Ableitens, Erschließens, partiellen Rekonstruierens, sondern diejenige des umfassenden Blicks auf das Phänomen selbst. Die grundlegende Motivation für einen solchen Realismus ist deutlich: Eine Wirklichkeit, die aufgrund eigener Machtvollkommenheit des Verstandes vollständig erschlossen werden könnte, wäre aufgrund dieser methodischen Fundierung defizitär. In keinem Fall könnten wir uns angesichts einer solchen Wirklichkeitsauffassung sicher sein, dass es sich dabei um mehr handelt als um unsere eigenen Gedankenprodukte. Prominent gebrauchte Tiermetaphern, insbesondere diejenige der Spinne, als räuberischer und hinterhältiger Versuch, die Wirklichkeit in einem farb- und sub­ stanzlosen, selbstproduzierten Gespinst zu fangen, ebenso wie begriffliche Neuprägungen wie ‚Nihilismus‘ formulieren diese Kritik an einem verfehlten Wirklichkeitsverständnis sehr plastisch. Insbesondere ist natürlich deutlich, dass ein Zugang zur Wirklichkeit, der von der epistemischen Machtvollkommenheit eines erkennenden Subjekts ausgeht, in blasphemischer Weise unangemessen ist für ein Erfassen transzendenter Gegenstände. Jacobi möchte jedoch nicht nur das Dasein Gottes enthüllen, sondern wirft den Idealisten ebenso vor – wie beispielsweise auch Herder in seiner Meta-Kritik an der kantischen Vernunftkritik –, auch in der Erkenntnis natürlicher Dinge in genau analoger Weise selbstüberheblich zu handeln. Das von Jacobi geforderte ‚Enthüllen‘ von Dasein erfordert damit Vermögen, die sich dem diskursiven Ableiten entziehen. Bei Jacobi sind dies Vermögen wie der ‚Glauben‘, im David Hume bewusst in der Schwebe gehalten zwischen religiösem ‚Glauben‘ und inhaltlich neutraler epistemischer Meinung (entsprechend den englischen Termen faith und belief), oder das ‚Gefühl‘; bei Jacobi und anderen Autoren ergänzt um eine Vielzahl anderer Vermögen wie Herders ‚Besonnenheit‘, Jacobis ‚vernehmender‘ Vernunft, dem ‚Ahnden‘. Schelling wird in der Freiheitsschrift eine ganze Reihe dieser Vermögensbegriffe aufgreifen. Friedrich Schlegel – dessen Stellung zum sich um 1800 formierenden Realismus ebenfalls weiterer Untersuchung wert ist – liefert eine ebenfalls sehr kompakte, in der Durchführung und den Implikationen allerdings sehr reichhaltige Umschreibung eines realistischen Ansatzes und insbesondere des einem solchen Ansatz angemessenen Wirklichkeitsbegriffs.19 In einer Diskussion der Philosophie Spinozas, also desjenigen Autors, der immer wieder als archetypischer Realist (oder ‚Dogmatist‘) eingeordnet wird, konzentriert Schlegel sich in auffallender Weise auf die Rolle der ‚Phantasie‘ und des ‚Gefühls‘, spezieller des Gefühls der ‚Sehnsucht‘ bei Spinoza, also gerade nicht auf Spinozas Aussagen zur Determiniertheit der Welt oder der metaphysisch-ontologischen Fundierung in einem Begriff der Gott-Natur. Schlegel umschreibt die Rolle des Gefühls und damit auch der Phantasie (er identifiziert beide der Art nach: „Von der Art wie die Fantasie des Spinosa, so ist auch sein Gefühl“) in Fortsetzung der Metapher des Schwebens, in der einem Darüberschweben die Rolle

19 

Vgl. hierzu ausführlicher Ziche (2015a).

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des „allgemeinen Grund[es] und Boden[s]“ zukommt, den er in der Phantasie zu finden dachte: […] ein klarer Duft schwebt unsichtbar sichtbar über dem Ganzen, überall findet die ewige Sehnsucht einen Anklang aus den Tiefen des einfachen Werks, welches in stiller Größe den Geist der ursprünglichen Liebe atmet. (Gespräch über die Poesie, KFSA 2, 317)

Die Metaphorik dieser Passage ist bemerkenswert. Die Grundlage eines emphatischen Wirklichkeitsverständnisses wird hier in einem ‚Atem‘ oder einem darüber schwebenden unsichtbaren ‚Duft‘ gesucht, in einem harmonischen ‚Anklang‘. Alle diese Metaphern verweigern sich der lokalisierenden Festlegung – genauso wie Schellings umfassendes Verbreiten der Freiheit nicht-lokal vorgeht. Das Modell dieser Wirklichkeit ist sehr deutlich nicht das Einzelding, sondern ein umfassender Zusammenhang, der alles umschwebend überzieht und zusammenhält (die Assoziation mit der Rolle des Atmosphärischen in der romantischen Landschaftsmalerei ist nicht nur äußerlich). Ein Realismus formiert sich um 1800 mithin im Bemühen, gegenüber einem Idealismus, der als durchgängig subjektiv und diskursiv vorgehend aufgefasst wurde, eine subjektunabhängige Wirklichkeit zu garantieren. Der Index der letztlichen Unbegreiflichkeit dieser Wirklichkeit hat für diese Garantie zentrale Bedeutung. In methodologischer Umsetzung dieses Gedankens werden im realistischen Diskurs Formen des direkten Wirklichkeitszugangs – durch Gefühl, Offenbarung, ‚Ahndung‘ und eine Vielzahl anderer, vielfach neu geprägter oder neu kombinierter Vermögensbegriffe – zentral. Auffallend ist auch hier wiederum die Komplexität der Diskussionslandschaft. Autoren wie Fichte (der etwa in der Wissenschaftslehre von 1804 ebenfalls einen „höhern“ Realismus anmahnt, diesen in der „Vernichtung des Denkens am Ansich“ sieht und mit der „Intuition“ verbindet und in ein dialektisches Spiel mit einem „tiefere[n] Idealismus“ setzt)20 und Schleiermacher, der bereits in seinen Reden über die Religion von 1799 genau diesen Begriff des ‚höheren Realismus‘ gebraucht, in einem religionsphilosophischen Kontext, in dem anschauliche Direktheit die Grundlage von Religion bildet, sind Beispiele. Schleiermachers Rede vom ‚höheren‘ Realismus in der zweiten Rede der Reden über die Religion bringt alle benannten Motive zusammen – Nihilismusvorwurf, Spinozismus, das ‚Ahnden‘ als Zugangsform zum ‚höheren‘ Realismus: Und wie wird es dem Triumph der Spekulation ergehen, dem vollendeten und gerundeten Idealismus, wenn Religion ihm nicht das Gegengewicht hält, und ihn einen höhern Realismus ahnden läßt als den, welchen er so kühn und mit so vollem Recht sich unterordnet? Er wird das Universum vernichten, indem er es zu bilden scheint, er wird es herabwürdigen zu einer bloßen Allegorie, zu einem nichtigen Schattenbilde unserer eignen Beschränktheit. Opfert mit mir ehrerbietig eine Loke den Manen des heiligen verstoßenen Spinosa! Ihn durchdrang der hohe Weltgeist, das Unendliche war sein Anfang und Ende, das Universum seine einzige und ewige Liebe, in heiliger Unschuld und tiefer Demuth spiegelte er sich in der ewigen Welt, und sah zu wie auch Er ihr liebenswürdigster Spiegel war; voller Religion war Er und voll heiligen 20 

WL 1804, 121–123.

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Geistes; und darum steht Er auch da, allein und unerreicht, Meister in seiner Kunst, aber erhaben über die profane Zunft, ohne Jünger und ohne Bürgerrecht. (KGA I/2, 213)

3. Realistische Relationen in der Einleitung in die Freiheitsschrift In den Eröffnungspassagen der Freiheitsschrift entwickelt Schelling das Programm eines höheren Realismus, indem er die systemarchitektonische Idee einer Organisation des Systems aus der Mitte dieses Systems verbindet mit der Gefühlsdimension der Tatsache der Freiheit. Diese für den höheren Realismus charakteristische Wechseldurchdringung verschiedener methodischer Prozeduren ebenso wie verschiedener Emotions- und Vermögensbegriffe wird nachgezeichnet anhand der auf allen Ebenen des Textes umgesetzten Diktion eines ‚In-Seins‘ (Abschnitt 3.1);21 zudem wird die bereits anhand der Emotionalität des Verbreitens eingeführte Dimension des Emotionalen anhand weiterer dem Emotionalen angehörender Vermögensbegriffe genauer ausgeführt (Abschnitt 3.2). 3.1. ‚In-Sein‘ Der ‚höhere‘ Realismus, den Schelling in der Freiheitsschrift konzipiert, schließt den subjektiven Idealismus Fichte’scher Prägung ein, als „wahre Weihe“,22 die wie die höheren Weihen der kirchlichen Hierarchie erst die Initiationsbedingung für eine höhere Form der Erfüllung ist. Bereits diese Formulierung ist aufschlussreich: Eine Weihe ist eine Schwellenfigur, die einen Übergang in einen neuen Status mit neuen Zugehörigkeiten markiert. Wenn der Idealismus jedoch selbst als ‚Weihe‘ bezeichnet wird, wird die eindeutige Höherstufung in einem solchen Schwellenübergang direkt aufgehoben, da eben die in der endgültigen Ordnung niedere Stufe des Idealismus die Initiation in den höheren Zustand eines Realismus bewerkstelligt: Die Weihe ist dann kein Moment in einem Übergang in linearen Schrittfolgen, die Vorheriges einfach zurücklassen. Selbst die Semantik der Weihe passt zu einer nicht in Schritten des Verlassens und Überwindens geordneten Systemorganisation. Eine ‚Weihe‘ ist typischerweise verbunden mit einem Eingeweiht-Werden in den neuen Status, ein Weihen ist ein Einbetten. Entsprechende Steigerungsfiguren finden sich bei Schelling in unterschiedlichen Kontexten, so bei seinem Plädoyer für einen ‚höheren Empirismus‘23 oder in seiner Analyse des „höhere[n] Licht[es] des Idealismus“.24 21  Dieser Terminus fällt in der Freiheitsschrift nicht wörtlich (wohl aber das „in-Gott-Seyn“, AA I 17, 174 | SW VII, 411); ‚In-Sein‘ wird hier als abkürzender Verweis auf die im Folgenden entfaltete Semantik des Einbettens und Verbreitens gebraucht, die sich u. a. in der prominenten Verwendung von lokalisierenden Verweisen auf ein ‚darin‘ oder ‚worin‘ manifestiert. 22  AA I 17, 124 | SW VII, 351. 23  Vgl. dazu Ziche (2012). 24  AA I 17, 121 | SW VII, 348.

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Die Häufung von Formulierungen, in denen, vielfach recht unauffällig in lokalen Pronominaladverbien wie ‚worin‘ oder ‚darin‘, eine Begrifflichkeit des In-Seins gerade an methodischen Schlüsselstellen der Einleitung zur Freiheitsschrift verwendet wird, macht bereits das Gewicht dieses In-Seins als methodologisches Konzept deutlich. Eine besonders bemerkenswerte Formulierung verbindet das gegenseitige Verhältnis von Idealismus und Realismus, als Seele und Leib der Philosophie, mit diesen Methodenkonzepten: Nie kann der letzte [der Realismus also] das Prinzip hergeben, aber er muß Grund und Mittel seyn, worin jener [der Idealismus] sich verwirklicht, Fleisch und Blut annimmt. (AA I 17, 128 | SW VII, 356)

Der Realismus wird hier ausdrücklich als ‚Grund‘ ausgezeichnet, zugleich aber ist dieser Grund ein ‚Mittel‘ und also auch nicht dasjenige, was sich im Begründeten als ein dieses spezielle Begründete wesentlich auszeichnendes Element oder wesentlicher Aspekt findet, ist jedoch auch nicht – als ‚Mittel‘ – von ganz anderer Art als das Begründete. Der Grund muss nicht verlassen werden im Begründeten oder um zum Begründeten zu kommen, sondern bleibt als universeller Kontext sowohl im spezifischen Begründeten, aber auch in allen anderen begründeten Sachverhalten anwesend. Die konkretesten Worte in diesem Zitat, ‚Fleisch‘ und ‚Blut‘, sind ebenfalls nicht, wie man erwarten könnte, Kennzeichen des Realismus selbst; der Realismus ist lediglich der Ort, in dem eine Fleisch- und Blutwerdung sich vollziehen kann. Das kleine ‚worin‘ fasst diese Funktion des Realismus prägnant und kompakt zusammen. Zugleich wird hiermit eine Verbindung hergestellt zu einem Methodenbegriff, den Schelling bereits eher entwickelt hatte, nämlich zu dem von Schelling um 1802 so prominent gehandhabten Begriff der ‚Konstruktion‘, die individuelle Objekte (oder Begriffe, Wissenschaften, …) durch das Eintragen in einen umfassenden Kontext in nicht-deduktiver Weise versteht. Auch hier bereits hatte Schelling mit den Begrifflichkeiten eines ‚womit‘ oder ‚worin‘ gearbeitet; entscheidend für die Methode der Konstruktion ist nicht dasjenige, was konstruiert wird, sondern das ‚womit‘ des einbettenden Kontextualisierens.25 Die Rolle des ‚Grundes‘ in den Argumentationen der Freiheitsschrift verdient detaillierte Aufmerksamkeit, nicht nur wegen der markanten Formulierungen zu ‚Grund‘ und ‚Ungrund‘ in diesem Text, sondern auch aufgrund einer methodologischen Eigentümlichkeit. Wenn Schelling ein „lebendige[s] Fundament“ sucht,26 fungiert dieses nicht nur als ein Fundament für Lebendigkeit, sondern auch als ein Fundament, das selbst lebendig ist. Diese Lebendigkeit war bereits als ein Merkmal des anvisierten Realismus gefordert worden. Systematisch vollzieht sich hier ein bemerkenswerter Schritt. Während Schelling immer wieder eine charakteristische Anfangsfigur iteriert, der zufolge der Grund sich in den entscheidenden Aspekten gera25 

26 

Vgl. dazu Ziche (2011). AA I 17, 128 | SW VII, 356.

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de anders verhalten muss als dasjenige, als dessen Grund er fungiert – ein begründungstheoretisches Differenzargument –, wird hier das Fundament selbst als ein lebendiges charakterisiert. Aus der Naturphilosophie ist ein ähnlicher Schritt bekannt: Das grundlegungstheoretische Argument, dass sich Grund und Begründetes wesentlich unterscheiden müssen, wendet Schelling gegen eine atomistische Erklärung von Materie, die aufgrund der Gleichartigkeit von Explicans und Explicandum nichts erklärt; zugleich aber macht er klar, dass seine eigene naturphilosophische Begründungsfigur im Ausgang von dynamischen Kräften sowohl selbst als ein ‚lebendiges‘ Fundament verstanden werden kann als auch zugleich Grundlage eines dann nur scheinbar Inerten und Toten, in Wahrheit aber Lebendigen der Natur ist. Diese Figur findet sich in der Freiheitsschrift noch mehrmals bestätigt; so wenn Schelling betont, der „Grund“ selbst solle nicht bloßer Begriff sein oder bleiben, sondern „zu etwas Reellem und Wirklichem“ gemacht werden.27 An dieser systematischen Stelle der Freiheitsschrift gibt Schelling also die Figur notwendiger Alterität in der Begründung auf. Allerdings bleibt, auf einem anderen Niveau, ein wesentliches Moment eines Unterschieds auch hier erhalten: Das lebendige Fundament fundiert nicht durch Weitergabe wesentlicher Charakteristika (etwa durch einen genetischen oder logischen, jedenfalls aber gerichteten Zusammenhang mit dem Abgeleiteten), sondern stellt wie der Raum als umfassender Ort und Horizont geometrischer Konstruktion das ‚worin‘ dar, innerhalb dessen sich jegliches Individuelle zu verorten hat. Die systematische Gewichtigkeit der Figur des In-Seins manifestiert sich wiederholt in der Freiheitsschrift. Spinozas Philosophie ist nicht deshalb fatalistisch, „weil es [Spinozas System] die Dinge in Gott begriffen seyn läßt“;28 der Fatalismus Spinozas speist sich aus anderen Quellen, was wiederum bestätigt, dass das In-Sein, hier das In-Sein in Gott, von der determinierenden Festlegung unterschieden werden muss. Ganz am Ende des Textes wird die Begrifflichkeit des In-Seins aufgegriffen, nun in der Bestimmung der Vernunft als der „ruhige[n] Stätte, darin die ursprüngliche Weisheit empfangen wird“29 – Anklänge an Jacobis und Herders antikantianische Analyse der Vernunft als Organ des Vernehmens sind ebenso deutlich wie die in dieser Passage angelegte Verbindung einer „eigentlich wissenschaftliche[n] Begeisterung“30 mit der Ruhe der Vernunft überraschen muss. Wenn Schelling den Menschen als „in Gott“ seiend auffasst und dieses In-Sein als die Bedingung für Freiheit (vgl. oben zur Abweisung des Fatalismus Spinozas) benennt und zugleich betont, „[i]n ihm“, also dem Menschen, seien alle Dinge erschaffen, weshalb der Mensch auch als umfassender „Mittler“, in einem biblisch besetzten Funktionsterminus für die Zwischenstellung Christi zwischen Gott und Mensch, auftreten könne,31 werden hierin auch die bereits besprochenen Begriffe vom Anfang der Freiheitsschrift aufgegriffen. 27 

AA I 17, 129 | SW VII, 357 f. AA I 17, 122 | SW VII, 349. 29  AA I 17, 178 | SW VII, 415. 30  AA I 17, 177 | SW VII, 414. 31  AA I 17, 174 | SW VII, 411. 28 

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3.2. Sehnsucht als ‚ahndender Wille‘: Verwirklichung in Vorstellungen und Gefühlen Schelling sucht einen komplexen methodologischen und philosophiehistorischen Spagat auch insofern, als er sich in der Zeit der Freiheitsschrift immer wieder gegen die Verführungen eines „poëtische[n] Taumels“32 der Sprache oder der „Schwärmerei“ (prominent beispielsweise im Anti-Fichte von 1806)33 erklärt, andererseits aber einem (wohlverstandenen, also analog zum Realismus unter einem ‚höheren‘ Gesichtspunkt oder selbst als ein ‚höherer‘ Gesichtspunkt angesehenen) Mystizismus durchaus das Wort reden möchte. Wenn dies gelingen kann, werden – wie bereits im Beginn der Freiheitsschrift angelegt – traditionell auf Gefühlsebene operierende Bestimmungsformen in einen umfassenden Begründungsanspruch einbezogen. Noch spezifischer als in der Diskussion zum In-Sein, die natürlich ebenfalls diesem Programm eingeordnet werden kann, widmet Schelling sich dieser Balance, wenn er, zu Beginn der Freiheitsschrift und in vielfältiger Berufung auf mystische Traditionen, die „Sehnsucht“ oder einen „ahndende[n] Willen“ in den Fundamentierungsfragen einer freiheitsbasierten Philosophie heranzieht.34 Entsprechende Formulierungen waren bereits im Schlegel-Zitat zu Spinozas atmosphärischem Realismus gefallen, und die große Rolle des Gefühls bei den realistischen Autoren stellt eine weitere Bezugsfolie dar, vor der sich diese Überlegungen Schellings einordnen lassen. Erster wichtiger Aspekt dieser Passagen ist der Anspruch, Gott zunächst in einer „Vorstellung“ „verwirklicht“ zu sehen.35 Vor dem Hintergrund einer Kritik an einem einseitigen Idealismus ist klar, dass hiermit der Vorstellungsbegriff selbst revidiert werden muss. Schelling bedient sich hierzu zunächst des begründungstheoretischen Unterscheidungsarguments („Ohne dieß vorausgehende Dunkel giebt es keine Realität der Kreatur“; „das Verstandlose zur Wurzel des Verstandes, die Nacht zum Anfang des Lichtes gemacht“).36 Ebenso wie in den eher behandelten Passagen der Freiheitsschrift jedoch sucht Schelling auch hier nach Formen der Einbettung oder des nicht-determinierenden oder nicht-ableitenden Übergangs. An dieser Stelle erhält die ‚Sehnsucht‘ (vgl. die Rede von einem auf die Ausbreitung der Freiheit bezogenen ‚Verlangen‘) ihren Ort, ebenso wie hier die Erläuterung der Sehnsucht durch das in einem auf Wissenschaftsbegründung abzielenden Diskurs ebenfalls problematische Vermögen der ‚Ahndung‘ oder eines ‚ahndenden Willens‘ tatsächlich erhellend ist. Diese Vermögen sind beide spezifischer und können komplexere Begründungsleistungen erbringen als das in einer bloßen Anrufung des Gefühls der Fall wäre. Die von Schelling konzipierte ‚Sehnsucht‘ verbindet ebenso wie das hier eingesetzte ‚Ahnden‘ kognitiv-verstandesmäßige und emotive Aspekte. Beide richten sich auf den Verstand („ein ahndender Wille, dessen Ahndung der Verstand ist“).37 Weder 32 

AA I 17, 27 | SW VII, 334. Z. B. SW VII, 27; 35 u. ö. 34  AA I 17, 130 f. | SW VII, 359. 35  AA I 17, 132 | SW VII, 361. 36  AA I 17, 131 | SW VII, 360. 37  AA I 17, 131 | SW VII, 359. 33 

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eine Sehnsucht noch ein Ahnden können über ihr Ziel in begrifflich deutlicher Weise Aufschluss geben, aber beide können gerichtet sein, ohne über ein Ziel in expliziter Repräsentation zu verfügen (an dieser Stelle könnten Begrifflichkeiten der Phänomenologie Husserls mit großem Gewinn eingesetzt werden). ‚Ahnden‘ (ein Konzept, das prominent in Kants dritter Kritik und beispielsweise auch bei Jakob Friedrich Fries verwendet wird)38 verweist auf eine Zukunft, die nicht im Modus des Wissens gekannt werden kann, aber auch inhaltlich weniger konkret bestimmt ist als die Gegenstände eines Glaubens. In dieser Funktion kann es sowohl mit den Weissagungen der Mystik als auch mit den Hypothesenbildungen des Naturforschers verbunden werden. In Bezug auf die Sehnsucht formuliert Schelling diesen Sachverhalt bildgewaltig: So also müssen wir die ursprüngliche Sehnsucht uns vorstellen, wie sie zwar zu dem Verstande sich richtet, den sie noch nicht erkennt, wie wir in der Sehnsucht nach unbekanntem namenlosem Gut verlangen, und sich ahndend bewegt, als ein wogend wallend Meer, der Materie des Platon gleich, nach dunkelm ungewissem Gesetz, unvermögend etwas Dauerndes für sich zu bilden. (AA I 17, 131 f. | SW VII, 360)

Auch dieses Zitat greift nahtlos ein in die hier immer wieder herausgestellten Begrifflichkeiten: Betont werden die Bewegung und der Drang zur Bildung; die Metapher des Meeres nimmt die Begrifflichkeit des Grundes auf, aus dem heraus sich etwas bildet oder ‚worin‘ Ereignisse verortet werden müssen, mit der Konnotation eines umfassenden Mediums. Die Sehnsucht, das ‚Ahnden‘ und die Funktion des medialen Grundes werden hier verbunden: Die Funktion des umfassenden Mediums wird beschrieben in Begriffen, die die Assoziation des wild Chaotischen abmildern zum unbegrenzten Wogen und Wallen; zugleich steht das wogend-wallende Meer auch hier wieder an der weihenden Schwelle hin zur Genese oder zur Aufnahme von fixierten Bestimmungen, wobei diese Schwellenfunktion im unbestimmt zukunftsgerichteten ‚Ahnden‘ vermögenstheoretisch bestimmt wird. Dies ermöglicht es – gerade im Rückgriff auf die einbettenden, aber nicht ableitenden Methodenkonzepte –, den Optimismus Schellings hinsichtlich einer Verwirklichung Gottes in einer Vorstellung zu unterbauen. Erklärungsbedürftig bleibt ein weiterer Aspekt, den Schelling an der ‚Sehnsucht‘ entdeckt, nämlich ihre innere Reflexivität. In Gott erzeuge sich nämlich, „entsprechend der Sehnsucht“, eine „innre reflexive Vorstellung“, die zugleich den ersten Schritt zu seiner Verwirklichung darstellt: „Diese Vorstellung ist das erste, worin Gott, absolut betrachtet, verwirklicht ist“, mit der Einschränkung: „obgleich nur in ihm selbst“.39 Da die Sehnsucht kein explizit repräsentiertes Ziel besitzt, liegt es nahe, die Leistung der Sehnsucht gerade in der Möglichkeit zu sehen, trotz dieser Ziellosigkeit ei38  Fries (1805) fasst das ganze kantische System unter den drei Begriffen des Wissens, Glaubens und der Ahndung zusammen; vgl. hierzu Sperber (2017). Vgl. auch, zum hier ebenfalls einschlägigen Begriff der ‚Hoffnung‘ bei Kant, Beyleveld/Ziche (2015). 39  AA I 17, 132 | SW VII, 360 f.

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nen reflexiven Charakter zu entwickeln. Schelling formuliert hier sehr präzise: Gott „erblickt“ sich in dieser „innre[n] reflexive[n] Vorstellung“ „in einem Ebenbilde“.40 Er erblickt also nicht einfach ein Ebenbild seiner selbst, sondern „sich selbst in einem Ebenbilde“. Eine Interpretation dieser merkwürdig unpersönlichen Formulierung könnte sein: Gott erblickt sich in etwas, das den Charakter der Ebenbildlichkeit trägt, ohne selbst bereits Ebenbild von etwas zu sein. Dieses Medium, in dem Gott sich selbst erblickt, müsste dann als eine nicht-repräsentationale Form der Ebenbildlichkeit zu bezeichnen sein, genauso wie die Sehnsucht eine nicht-repräsentationale Form der Zielausrichtung darstellt. In dieser Formulierung bleibt zugleich die Rolle des Raumes als umfassendem Medium des Abbildens, aber auch des Ausbildens im Rahmen einer Theorie der Konstruktion erhalten. Wenn Schelling gegen die „Geistes-Un-Zucht“ der „geistige[n] Wollüstlinge“ 41 ins Feld zieht, verwendet er eine ähnliche Argumentation. Erforderlich wäre, angesichts dieser Perversion einer gefühlsbasierten Wissenschaftsauffassung, eine Art kontrollierter Sehnsucht. Dies kann jedoch nicht durch eine Einsicht in das Ziel des Sehnens erreicht werden, auch nicht durch eine Limitierung der emotiven Kraft der Sehnsucht. Schelling hat eine Vielzahl von Formulierungen für die Möglichkeiten, hier dennoch zu Formen der Kontrolle zu gelangen. Die semantischen Felder der ‚Stille‘ (in der ‚ruhigen Stätte‘ bereits genannt) und der Milde des gelassenen Walten-Lassens erhalten genau diese Funktion: den Entgleisungen des Gefühls (und man wird hier mitlesen dürfen: der Schwärmerei, des poetischen Taumels) zu begegnen, ohne gerichtet gegenzusteuern, was sich im Medium der Sehnsucht verbietet. Inwieweit diese Operation glückt und wie sie konkret auszugestalten ist, wäre wiederum weiterer Untersuchung wert.

4. Schelling als Realist? Heidegger subordiniert den Realismus bei Schelling, sogar den ‚höheren‘ Realismus der Freiheitsschrift, stets noch dem Idealismus: „Gegen Fichte ist es Schellings entscheidender Schritt, daß er diesen höheren Realismus mit in die Philosophie des Idealismus einbezieht.“ 42 Solange nämlich der Realismus deshalb als ein „höherer“ ausgezeichnet sei, „weil die idea, Vorstellung, ‚Ich‘ und Freiheit schon in der Natur nach bestimmten Vorformen entdeckt wird“,43 verbleibe man im Ich-motivierten Idealismus. Noch Schellings Formel „Wollen ist Urseyn“ interpretiert Heidegger mithin als idealistisch.44 Hiermit wird er jedoch dem Schelling’schen Text nicht gerecht:45 40 

AA I 17, 132 | SW VII, 360 f. AA I 17, 159 | SW VII, 393. 42  Vorlesung, 113. 43  Vorlesung, 114. 44  AA I 17, 123 | SW VII, 350; Vorlesung, 115. 45  Ähnlich unbefriedigend ist Michelle Koschs Vorschlag, die Freiheitsschrift als ein „supple41 

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Schellings Denkfiguren und Formulierungen in der Freiheitsschrift zielen vielmehr auf eine vom Idealismus aus erreichbare Form des Realismus, die ihrerseits nicht mehr der dogmatische Realismus ist, gegen den sich der Idealismus Fichte’scher Prägung absetzt. Die grundlegende Idee hierbei ist, noch ganz unabhängig von einer expliziten Thematisierung des Freiheitsbegriffs, dass eine lebendige Bestimmtheit nicht in einer Unterordnung oder mit Verfahren der Ableitung erreicht werden kann, sondern nur im Modus des In-Seins. Die Motivation lässt sich gut in hermeneutischen Begrifflichkeiten der Kontexteinbettung erläutern, sie ergibt sich aber auch aus der Struktur eines Systems, das lebendig sein soll und, ungeachtet der notwendigen begründungstheoretischen Differenzfigur, die Grundcharakteristika der Systemgrundlegung im Durchgang durch das System nicht aufgeben möchte. In der Terminologie von ‚Bestimmung‘ formuliert: In einem solchen System soll eine Bestimmung des Individuellen möglich werden, die nicht ableitend oder subsumierend, aber auch nicht durch eine völlige Selbstbestimmung des Individuellen vollzogen werden soll. Die organizistische Idee einer Selbstbestimmung bleibt erhalten; der höhere Realismus ist ein Realismus der Lebendigkeit. Zugleich aber geht das resultierende Systemmodell nicht von einem Modell individueller Selbsterhaltung gegen andere Teile des Systems oder gegen das Systemganze aus. Der Freiheitsbegriff kann und muss dann als Implikation einer solchen realistischen, aus der Mitte heraus bestimmenden Systemarchitektur verstanden werden. Die hier benannten Motive werden in der Zeit der Freiheitsschrift durch Schelling vielfältig eingesetzt. Bereits im Anti-Fichte-Text von 1806 kommen alle benannten Themen zusammen. Wenn Schelling Fichtes Natur als ein „leeres Gespenst“ bezeichnet,46 bedient er sich bis in die Details der Diktion hinein des realistischen Gestus; wenn im selben Text eine Naturauffassung eingefordert wird, der zufolge Natur ‚selbstlebendig‘ sein kann, werden bereits hier Themen und Konzepte angesprochen, die in der Freiheitsschrift prominent fungieren. Das In-Sein wird ebenso aufgegriffen – nicht als festgefügter Terminus, aber in der vielfach eigens hervorgehobenen Präposition „in“ 47 – wie die atmosphärischen Metaphern,48 und auch der explizite Verweis auf den Realismus fehlt nicht.49 Bemerkenswert ist in diesem Text insbesondere die sehr affirmative Bezugnahme auf „Zeichen“, „Wunder“, „Weissagungen“, und zwar gerade auch im Kontext einer Begründung bzw. einer methodologischen ment“ zu einem Idealismus zu verstehen, der ein „complete concept of formal freedom“ (mit Verweis auf AA I 17, 123 | SW VII, 351) entwickele: Dieser Systematisierungsvorschlag erinnert an Schellings Vorschlag der Zeit um 1800, dem zufolge die Naturphilosophie als komplementäre Ergänzung zur Transzendentalphilosophie zu verstehen sei. Die Denkoptionen der Freiheitsschrift gerade jenseits einer solchen Gegenüberstellung, Ergänzung bzw. – bei Heidegger – einer bleibenden Präponderanz idealistischer Denkformen werden hiermit nicht erfasst (Kosch [2014], 145). 46  SW VII, 11. 47  SW VII, 30. 48  SW VII, 104 zum „leisesten Weben und Wirken der Natur“. 49  SW VII, 53.

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Analyse von Wissenschaft, mit einem direkten Bezug auf Bacon.50 Was in der Freiheitsschrift im Begriff der Ahndung nur angedeutet ist und dann in der komplexen Diskussion mystischer Traditionen weiter ausgeführt wird, wird hier bereits sehr direkt gerade anhand der scheinbar problematischsten Begriffe eines sich über den Verstand erhebenden bzw. diesen nochmals fundierenden methodischen Zugriffs benannt. Zugleich jedoch hält Schelling Distanz zu solchen Interpretationen eines Mystizismus oder (in der Diktion der Münchner Vorlesungen Zur Geschichte der neueren Philosophie) eines „Theosophismus“, die sich einem „Schauen“ als methodischem Grundprinzip unterwerfen: „Unsere Bestimmung ist nicht, im Schauen zu leben, sondern im Glauben, d. h. im vermittelten Wissen.“51 Diese Formulierung, mit der Schelling sich im Folgenden auch explizit gegen einen Fehlgebrauch von Mystik wendet,52 ist aufschlussreich: Schelling wendet sich hiermit sehr deutlich gegen eine Auffassung vom Glauben als einem unmittelbaren Zugang zu existentiell relevanten Wahrheiten, wie bei Jacobi gegen die Idealisten ausgeführt. Zugleich ist klar, dass Schelling nicht wieder umgekehrt den Glauben aus dem Wissen heraus fundieren möchte. Die Operation der Vermittlung, in der Glauben und Wissen zusammengeführt werden sollen, ergibt sich zwanglos aus dem oben zur Freiheitsschrift Ausgeführten: Ein Wissen, das – wie im Modus der ziellos gerichteten Sehnsucht oder der konstruktiven Horizonteinbettung – vermittelt ist in dem Sinne, dass es in ein umfassendes Medium eingetragen wird, innerhalb dessen individuelle kognitive Akte ihre abgegrenzte Einzelheit verlieren, erhält hierdurch Charakteristika des Glaubens (in der Freiheitsschrift geht Schelling insofern noch weiter, als die Sehnsucht inhaltlich noch weniger festgelegt ist als ein Glauben!), ohne hiermit in Konkurrenz zu treten zu einem auch wissenschaftlich relevanten Wissensgebrauch. Schellings Auseinandersetzung mit philosophischen Positionen eines Realismus führt ihn zu einer hochkomplexen methodologischen Fundierung seiner Untersuchungen zum Wesen menschlicher Freiheit. Bereits seit längerem von ihm gebrauchte Methodologien – insbesondere die Methode der Konstruktion – werden verbunden mit einer neuen Austarierung der grundlegenden Muster von Letztbegründung, in denen die notwendige Unterscheidung von Grund und Begründetem aufrechterhalten bleibt, aber von der bloß negativen Absetzung auf die positivere Ebene des methodologischen In-Seins verschoben wird. Noch die hierdurch entstehenden und hierdurch auch analysierbaren Spannungen in Philosophemen wie dem vom Glauben als vermitteltem Wissen oder dem wissenschaftsaffinen Zusammenhang von Sehnsucht und Verstand können in diesem Rahmen erläutert werden.

50 

SW VII, 104. SW X, 188. 52  Vgl. z. B. SW X, 190. 51 

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II. Die Freiheit und ihr ‚realer und lebendiger Begriff‘

Regaining Subjectivity in Absolute Freedom Schelling’s Ontological Extension of Kant’s Radical Evil in the Freiheitsschrift Lara Ostaric 1. Introduction Already in his early period, Schelling’s ambition was to make freedom, through his conception of the ‘absolute I’, the keystone and the capstone of his philosophical system: Philosophy must begin with the Unconditioned. But the question presents itself what the center is of the Unconditioned, the ‘I’, or the ‘not-I’. If this question is answered, then everything is answered. On my view, the highest principle of philosophy is the pure absolute ‘I’, i.e., the ‘I’ insofar as it is merely an ‘I’, not determined by objects, but posited [gesetzt] through Freedom. The Α and Ω of all philosophy is freedom. (Schelling to G. W. F. Hegel on 4.2.1795, Plitt I, 76)

This ‘unconditioned’ or ‘absolute I’, however, can only be achieved if we destroyed our personality that is defined by the unity of self-consciousness, and if practical reason somehow becomes exhaustive of what used to be Kant’s critical division of reason into practical reason with the noumenal domain – i.e., freedom – on the one hand, and theoretical reason with our phenomenal representation of nature as its own corresponding domain on the other. The “ultimate goal of the I” is to strive “to turn the laws of freedom into laws of nature, and the laws of nature into laws of freedom, to bring about nature in the I, and I in nature”.1 In other words, in his early period, Schelling wished to abandon Kant’s separation between, on one hand, the realm of contingency of human choice and action and on the other, the realm of necessity of the laws of nature, so that the actions of the ‘I’ would be such that “freedom and necessity are absolutely united”.2 However, by destroying its personality and by acting out of the necessity of its own nature Schelling’s ‘I’ of the early system ends up being not free as an individual at all. I wish to suggest that one way of approaching Schelling’s Freiheitsschrift is to see it as an effort to provide a conception of absolute freedom which presupposes an identity of necessity and contingency according to which a subject acts out of the necessi1  2 

Vom Ich, AA I 2, 126 Fn. | SW I, 198 Fn. System des transzendentalen Idealismus, AA I 9,1, 313 | SW III, 614.

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ty of one’s own nature; but now with a new solution to the problem of his early conception of absolute freedom, that is, with the conception of an absolute freedom that does not require an annihilation of individuality but, on the contrary, a fully individuated subjectivity in its preexisting and preformed relation to evil. In the Freiheits­ schrift, Schelling attempts to accomplish this by arguing that the objective reality of freedom cannot be demonstrated via Kant’s ‘moral world order’, but rather ontologically through one’s own nature. In section 2, I identify two questions that I take to be central to Schelling’s Freiheitsschrift which he develops in his attempt to amend Kant: 1) the question of the reality of freedom and 2) the problem of showing that this reality is a specifically human one. Section 3 discusses Schelling’s turn to Kant’s Religion and his conception of radical evil as a possible answer to the above named fundamental questions. Section 4 summarizes Schelling’s theodicy, which is his attempt to show that the problem of the reality of freedom and the origin of evil requires an ontological account that exceeds Kant’s notion of practical reason bound by the moral law. In section 5, I argue that for Schelling the question of the ‘possibility of evil’ requires an ontological extension of Kant’s conception of ‘predisposition (Anlage) to personality’. In section 6, I contend that for Schelling the problem of the ‘reality of evil’ requires an onto­logi­ cal extension of Kant’s notion of disposition (Gesinnung).

2. Schelling’s Two Main Questions in the Freiheitsschrift In the Freiheitsschrift, Schelling returns to Kant’s Third Antinomy and the opposition between freedom of choice, which he considers to be our “common concept of freedom” (der gewöhnliche Begriff der Freiheit) and “determinism”.3 For Schelling, the advantage of Idealism consists in the results of Kant’s Third Antinomy, which shows that “nature at least does not conflict with freedom” 4 or that determinism does not exclude the possibility of transcendental freedom, an uncaused cause, in the noumenal realm, which escapes mechanical determination. Thus, Schelling commends Idealism because it “first raised the doctrine of freedom into that realm”, namely, the noumenal realm, “in which it alone can be understood”.5 But Kant’s (idealist) conception of freedom, on Schelling’s view, remains merely “formal” and “most general” (allgemeinst).6 Instead, “the real and vital concept is that freedom is the capacity [Vermoegen] for good and evil”.7 The question now is to understand how Schelling’s conception of freedom as a faculty for good and evil advances the merely ‘formal’ and ‘general’ idealist conception of freedom so that the 3 

AA I 17, 150 f. | SW VII, 382 f. KrV, A558/B586. 5  AA I 17, 151 | SW VII, 383. 6  AA I 17, 125 | SW VII, 352. 7  AA I 17, 125 | SW VII, 352. 4 

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freedom that is a faculty for good and evil is the ‘real and vital concept’ of freedom, the one that unifies the formal with the material aspects, and does what Kant failed to do. And what Kant failed to do is, 1) to “transfer this only possible positive concept of the in-itself [An-sich] to things”,8 that is, to give reality to the transcendental conception of freedom as the uncaused cause. Furthermore, 2) “if freedom really is the positive concept of the in-itself, the investigation concerning human freedom is thrown back into the general, in so far as the intelligible on which it was alone grounded is also the essence of things-in-themselves”.9 In other words, because for Kant the condition of transcendental freedom, the noumenon, underlies both human beings and things, Schelling takes as his task to show that the reality of freedom in its particularity (not its generality) is a specifically human reality.10 Both of these questions, one can argue, Kant already answered with his “positive concept of freedom”,11 the conception of ourselves as beings capable of determining ourselves morally. The question of the objective reality of freedom, Schelling’s first objective, Kant took himself to have answered in the second Critique where he writes that, “the moral law […] proves not only the possibility but the reality [of the idea of freedom as a faculty of absolute spontaneity] in beings who cognize this law as binding upon them” and thereby “determines that which speculative philosophy had to leave undetermined, namely the law for a causality the concept of which was only negative in the latter, and thus for the first time provides objective reality to this concept”.12 Thus, for Kant, moral consciousness reveals to us that we are absolutely free to do as reason commands. That the moral law is the ratio cognoscendi of freedom should be understood in a weaker sense, that is, that the moral law is the ground of our awareness of freedom and not of theoretical cognition of freedom: By this, speculative reason does not gain anything with respect to its insight but it still gains something only with respect to the security of its problematic concept of freedom, which is here afforded objective and, though only practical, undoubted reality. (KpV, AA V: 49)

‘This kind of credential’, namely, this type of confirmation the moral law issues for freedom and to which Kant also refers as a “surrogate” (dieses Surrogat) of a deduc8 

AA I 17, 124 | SW VII, 352. AA I 17, 124 | SW VII, 352. 10  The insufficiencies of Idealism are already evident from Schelling’s introduction to the Freiheitsschrift and his critique of traditional systems of philosophy. On the one hand, Realism (Spinoza’s philosophy) is a system of mechanism and “inevitably fatalism” where human beings are “things” (AA I 17, 122 | SW VII, 349). From this follows the “lifelessness of his system, the sterility of its form, the poverty of concepts and expressions, the unrelenting severity of definitions that goes together excellently with the abstract means of presentation” (AA I 17, 122 | SW VII, 349). On the other hand, Idealism by itself is also incapable of solving the difficulties inherent in the concept of human freedom. While the former system is in need of the ideal and its principle of spontaneity, the latter system is in need of the real wherein its principles will receive their proper objective reality. Thus, for Schelling, the proper answer to the problem of freedom will presuppose the unity of both systems, which, when left to themselves, are deficient and one-sided. 11  GMS, AA IV: 446. 12  KpV, AA V: 47. 9 

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tion, is no less objective for Kant and does nothing less than “prove” (beweist)13 the reality of freedom. Kant’s notion of ‘positive freedom’ also addresses Schelling’s second worry insofar as only human beings are capable of morally determining themselves. What, then, are the grounds of Schelling’s dissatisfaction with Kant’s notion of ‘positive freedom’ as the answer to his two main worries? Schelling’s dissatisfaction with Kant’s way of securing the objective reality of freedom is evident from the following paragraph: [F]ree action follows immediately from the intelligible aspect of man. But it is necessarily a determined action, for example, to take what is nearest at hand, a good or an evil one. There is, however, no transition from the absolutely undetermined to the determined. That, for instance, the intelligible being should determine itself out of pure, utter indeterminacy without any ground [ohne allen Grund]14 leads back to the system of the equilibrium [Gleichgültigkeit] of free will. (AA I 17, 151 | SW VII, 384)

By the “system of the equilibrium of free will” Schelling understands empirical indeterminism which for him is “the common concept of freedom” and the one “according to which freedom is posited as a wholly undetermined capacity to will one or the other of two contradictory opposites, without determining grounds [Gründe] but simply because it is willed”.15 Put differently, according to this conception of free will, I am not causally or empirically determined to do something other than by my own decision to do it. But free will conceived in this way, according to Schelling, leads to an equilibrium and the problem of Bouridan’s ass that starves when placed before two piles of hay of equal distance, size, and composition. This is because in the absence of any empirical causal determination (in this example, any account of the motivation or desire to survive), and when the will can only be determined by its own ends (‘because it is willed’, or because it wants the pile of hay), when placed before the objects that are an identical representation of its ends, the agent would not be able to be moved towards any action. Freedom is therefore only to be saved by “contingency of action”, by flipping a coin, and in that case “it is not to be saved at all”16 because the contingency destroys the possibility of any genuine decision. Why does Schelling think that empirical indeterminism of the above-described sort is a problem for Kant’s notion of agency as the above-cited passage seems to suggest? The noumenal or intelligible realm for Kant is the realm outside of empirical 13 

KpV, AA V: 47. I depart here from the translation of Jeff Love and Johannes Schmidt who render “ohne allen Grund” as “without any reason”. The meaning of Grund in German can be ambiguous: it can stand for giving explanatory grounds, but it can also stand for a causation. It is clear that Love and Schmidt aimed to capture, and rightly so, the former. Schelling is concerned here, as I will argue below, with the problem of the agent’s motivation to respond to the rational demands of morality, or the problem of how the will is moved to action. Because for Schelling this problem presupposes that the pure rational demands cannot have any real traction on our faculty of desire (Begehrungsvermögen), I opt for a more literal translation of Grund as ‘ground’ rather than ‘reason’. 15  AA I 17, 150 | SW VII, 382. 16  AA I 17, 151 | SW VII, 383. 14 

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causal determination. But on Schelling’s understanding of Kant, this leaves us with, on the one hand, practical reason’s legislation of the moral law and on the other, the will that must decide for or against the moral law in its choice between moral and non-moral maxims.17 Outside of any empirical determination, including any desires that are a part of one’s preexisting motivational set, both options, whether moral or non-moral (A or –A), present the will with two equal possibilities. Put differently, without any preexisting desires both moral and non-moral options have equally compelling reasons. Thus, we are back at a state of an equilibrium of the Willkür that can only be resolved by an utterly contingent action. This is why Schelling claims that the “aequilibrium arbitrii” (equilibrium of choice) is the “plague of all morality”.18 Instead, the solution for Schelling is the following: In order to be able to determine itself, it would already have to be determined in itself, admittedly not from outside, which contradicts its nature, also not from inside through some sort of merely contingent or empirical necessity since all this (the psychological as well as the physical) is subordinate to it; but rather it would have to be its determination itself as its essence, that is, as its own nature. (AA I 17, 151 f. | SW VII, 384)

The proof of freedom’s objective reality that would circumvent the problem of the equilibrium of choice would be the one that starts from the conception of freedom Schelling already defended in his early period, namely, the conception of freedom as a unity of contingency of human choice and necessity. That is to say that the proof of the objective reality of freedom, the proof that we actually determine ourselves to choose A rather than –A, must be provided not via the moral law and hence not ‘through a moral world order’ but ontologically, through one’s own nature. The necessity of the latter is neither ‘external’, i.e., mechanical, nor is it ‘internal’, i.e., psychological. If the necessity were of the mechanical or psychological kind, then this type of determination would not be consistent with freedom as self-determination. It is the necessity of one’s own being: 17 That Willkür is a separate faculty that ‘decides’ for or against the moral law is not Kant’s view but rather the received interpretation of his practical philosophy at the time. It can be found in Carl Christian Erhard Schmid and his 1788 Wörterbuch zum leichten Gebrauch der Kantischen Philosophie that focuses on Kant’s second Critique, and also in Reinhold’s criticism of Schmid. See on this Franks (2005). The problem of how the agent is supposed to will the rational demands of morality if such willing is not necessitated by desires already existing in her motivational set persists in contemporary (predominantly) Anglophone reception of Kant. See for example McDowell (2001). For a defense of Kant and the view that there is a much stronger (although not too strong and strictly causal) connection in Kant between judgment and motivation (or ‘belief and desire’ if we are to phrase the problem in the terminology of contemporary Anglophone ethics) see Ameriks (2006). The assumption that there is a gap in Kant between the motivational aspects of our autonomy and the rational demands of reason permeates Schelling’s Freiheitsschrift. Consider for example the following passage: “[I]t is not possible to represent the relation of both [freedom of choice (the particular will) and the universal will] as an arbitrary morality or one originating in self-determination. The latter concept presupposed that the two principles were not in themselves one; but how are they supposed to become one if they are not one?” (AA I 17, 158 | SW VII, 392) 18  AA I 17, 159 | SW VII, 392.

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Hence, the intelligible being can, as certainly as it acts as such freely and absolutely, just as certainly act only in accordance with its own inner nature; or action can follow from within only in accordance with the law of identity and with absolute necessity which alone is also absolute freedom. For free is what acts only in accord with the laws of its own being and is determined by nothing else either in or outside itself. (AA I 17, 152 | SW VII, 384)

Unlike his earlier conception of absolute freedom, where the unity of contingency and necessity entailed a destruction of one’s own personality, Schelling’s conception of freedom in the Freiheitsschrift entails an actualization of one’s own personality. This is because the necessity of one’s own being is not some general necessity that pertains to me as a human being in general but rather a necessity that pertains to me as this unique specific individual, that is, my intelligible character. In the Freiheits­ schrift, Schelling’s view of freedom as the unity of contingency and necessity should be able to answer not only the problem of freedom’s reality (i.e., amend the deficiencies of Kant’s merely ‘formal’ account of freedom) but also the problem of its ‘generality’.

3. Kant’s Conception of Radical Evil as Schelling’s Starting Point Schelling looked into Kant’s conception of an intelligible character and his notion of radical evil as a way of amending what Schelling took to be the shortcomings of Kant’s conception of ‘positive freedom’. In Religion, Kant explicitly rejects indeterminism in morality: [T]he moral law is itself an incentive in the judgment of reason, and whoever makes it his maxim is morally good. Now, if the law fails nevertheless to determine somebody’s free power of choice [Willkür] with respect to an action relating to it, an incentive opposed to it must have influence on the power of choice of the human being in question; and since, by hypothesis, this can only happen because this human being incorporates the incentive (and consequently the deviation from the moral law) into his maxim (in which case he is an evil human being), it follows that his disposition [Gesinnung] as regards the moral law is never indifferent (never neither good nor bad). (AA VI: 24)19 19  Kant expresses the same view in the following footnote: “Now, if the moral law in us were not an incentive of the power of choice, the morally good (the agreement of the power of choice with the law) would be = a, and the not-good, = 0” (AA VI: 22 f. Fn.). Thus, Kant offers a scenario according to which one, in terms of one’s incentives, is indifferent to the moral law. In that case, one’s action to do what the duty commands would amount to some form of intellectual determinism, reason’s causal determination of one’s will (= a), which would leave no room for a genuine and free decision, or a lack of such causal determination, which could only explain why one does not do what the duty commands (= 0). “In us, however”, Kant continues, “the law is incentive, = a. Hence, the lack of the agreement of the power of choice with it (= 0) is possible only as the consequence of a real and opposite determination of the power of choice, i.e., of a resistance on its part, = –a; or again, it is only possible through an evil power of choice. And so between an evil and a good disposition (the inner principle of maxims) according to which the morality of an action must be judged, there is no intermediate position” (AA VI: 23 Fn.). Thus, Kant denies that we are ever in a position of empirical indeterminism, or what Schelling calls ‘an equilibrium of choice’, with respect to the moral law. We

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For Kant, the common saying that a human being is either “by nature good” or “by nature evil” points to the “subjective ground”20 in us, a ‘disposition’ (Gesinnung) for the adoption of good or evil maxims. The word ‘ground’ (Grund) here, warns Kant, should not be understood in empirical causal terms so that, given a certain character, one is inclined to choose either moral or non-moral maxims. To say that our choice of moral or non-moral maxims is necessitated in empirical causal terms by our intelligible character would contradict the fact that our adoption of maxims must be a free decision. Explanations of why one has chosen one or the other kind of maxim “must not be sought in any incentive of nature but always again in a maxim”.21 Thus, the fact that Kant refers to the intelligible character as the ‘ground’ of our free adoption of maxims should be understood as the agent’s commitment to a more general principle (i.e., either the principle that moral considerations should have precedence over self-interest or vice versa). Moreover, depending whether one has a good or an evil character, their power of choice legislates the respective more general maxim as a law, “qua human universally – in such a way, therefore, that by his maxims he expresses at the same time the character of his species”.22 Our power of choice, then, is necessitated by our intelligible character insofar as the latter serves as the law and justificatory ground for the maxims of the former. On this view, our ‘disposition’ (Gesinnung) orients the power of choice towards either the feeling of respect for the moral law or towards our inclinations as a sufficient incentive for the formation of our moral and non-moral maxims respectively.23 However, if Kant is to avoid the problem of non-imputability, he must show that our Gesinnung is the outcome of our own free choice. This free choice is made in the intelligible realm outside of time: Moreover, to have the one or the other disposition by nature as an innate characteristic does not mean here that the disposition has not been earned by the human being who harbors it, i.e., that he is not the author, but means rather that it has not been earned in time (that he has been the one way or the other always, from his youth on). (AA VI: 25)

It is the “power of choice that precedes every deed, and hence is itself not yet a deed”.24 Both one’s good or corrupt character originate in freedom, that is, it in the “intelligible deed” that “precedes every deed”.25 The adoption of the evil character, that is, the commitment to the principle that moral maxims must always be subordinated to are either in a state where we are moved by the moral law as a necessary backdrop for all our practical deliberations, or we are moved by evil, to wit, to actively resist the moral law (= –a). 20  AA VI: 21. 21  AA VI: 21 Fn. 22  AA VI: 21. 23  It is not uncommon in the secondary literature to find interpretations of Kant’s notion of Gesinnung as that which is open to reform or change depending on the circumstance in which one finds oneself. This, however, would be a misunderstanding of the noumenal and fundamental aspect of Kant’s Gesinnung. For such an interpretation see Peters (2018). 24  AA VI: 31. 25  AA VI: 31.

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non-moral ones, is one’s own choice that precedes all temporal relations. The empiri­ cal or sensible deed, or the choice of our maxims that regulate our actions in time, is determined by the more fundamental “supreme maxim”26 of the intelligible evil character as its law. Because the evil character is the outcome of one’s own freedom of choice that corrupts, or falsely orients, all our maxims towards non-moral ones, Kant calls it a “radical”27 evil. Schelling therefore follows Kant by rejecting a merely ‘negative’ account of evil’s origin, namely, its origin in human imperfection: either as reason’s weakness in mastering its desires, or, as shown above, in human sensuous nature. The fact that the human being, a most perfect being, is as such capable of evil shows that evil must be something ‘positive’, an act of human freedom. But the fact that Gesinnung is a product of our free power of choice reintroduces again the problem of the equilibrium of choice that Kant presumably solved by showing that the power of choice is necessitated by Gesinnung. For Schelling, however, this question cannot be put to rest with Kant’s claim that this original choice of character is “inscrutable”28 to us. That the latter must be the case, argues Kant, “can be seen provisionally”29 in the infinite regress to which our limited human understanding leads when attempting to conceive of this first subjective ground. This is because every free adoption of a maxim presupposes another maxim as its ground, and so on. Not only did Schelling follow Kant in looking for the origin of evil in one’s free choice of the intelligible character, but also in emphasizing the ontological aspects of one’s intelligible character, the dual aspect of our nature, which explains why the power of choice can have only two types of ends: either the ends of reason or the ends of our sentient nature. As we saw in the paragraph cited earlier, Kant refers to the intelligible character as one’s “subjective ground”.30 He refers to this ground as ‘subjective’ only relative to the objective idea of the good, the moral law.31 The former is ‘subjective’ not because, as shown above, Kant has in mind some empirical aspect of our human nature but rather because he has in mind the relation of our (subject-relative) character to the moral law, i.e., either the relation that takes morality as preponderant over self-interest or the one that takes morality to be subordinate to self-interest. But, for Kant, practical philosophy must address not only the principles of action, maxims, but also incentives, or what moves one to action. In order to account for the common notion of conscience, Kant claims that we as human beings are capable of the “moral feeling” he defines as “susceptibility [Empfänglichkeit] to respect for the moral law as of itself a sufficient incentive to the power of choice”.32 Kant also refers to this moral feeling as “predisposition [die Anlage] to personality”33 which 26 

AA VI: 31. AA VI: 32. 28  AA VI: 21 Fn. 29  AA VI: 21 Fn. 30  AA VI: 21. 31  Cf. AA VI: 27. 32  AA VI: 27. 33  AA VI: 28. 27 

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is one of the “original […] constituent parts [Bestandstücke]” that “belong with necessity to the possibility of this [human] being”.34 The meaning of this claim is far from obvious. A good starting point in its interpretation would be to note that Kant takes the notion of ‘predisposition’ (Anlage) from the 18th century discourse in biological sciences. The term Anlage referred to some original organization from which one could explain a development of a mature organism because it was believed (according to both preformation and epigenesis) that a mature organism could not be explained in mechanical terms, from the properties and functions of matter, only. The fact that Kant employs this term in relation to the ‘moral feeling’ indicates that he gives the ‘moral feeling’ the status of an anterior ontological make-up that is the condition for reason’s self-legislation of the moral law and, thus, the formation of personality. Put differently, Kant is referring to his conception of Begehrungsvermögen as the will (not a mere feeling) the nature of which is the capacity to be moved by the object that one judges to be normative for us. The will has the capacity to be moved by the feeling that is the product of the judgment, or the feeling of respect for the moral law. The possibility of the power of choice to be responsive to the ends of our sentient nature and thereby to subordinate the incentives of the moral law to non-moral ones is what Kant calls the “propensity [Hang] to evil in human nature”.35 While with the ‘predisposition to personality’ Kant attempted to give a philosophical account of the notion of conscience, common to the Judeo-Christian tradition, with the ‘propensity to evil’ he attempted to give a philosophical account of the notion of temptation. The propensity to evil is universal to all human beings, “even the best”, because it is “woven into human nature”.36 While the predisposition to personality is “original” and “necessary”, our propensity to evil is “contingent for humanity in general”.37 That is to say that although propensity to evil applies to human beings in general as a species, this propensity does not define us as to who we are originally and instead the human being “is possible in itself also without [this quality]”.38 34  AA VI: 28; my italics. In addition to the predisposition to personality, Kant identifies two other “original predispositions to good”: the predisposition to animality and the predisposition to humanity. The former pertains to instincts of self-preservation, propagation of the species, and the social drive, which do not require reason. The latter, just as in Rousseau, involves comparison with others which requires reason. This type of self-love is the origin of the inclination to “gain worth in the opinion of others” (AA VI: 26 f.). While the predisposition to humanity is grounded in practical reason, this type practical reason is merely instrumental (“subservient to other incentives” [AA VI: 28]). Only predisposition to personality is grounded in practical reason that determines the will unconditionally (i.e., “is practical of itself” [AA VI: 28]). While it may be more obvious why instincts of self-preservation, propagation of the species etc. are related to the good, this is less obvious for the predisposition to humanity that presupposes mutual competition. On Kant’s view, however, competition is the vehicle of culture and civil society, which constitute a conducive environment for the development of human ends in general, including moral ends. Given the topic of this essay, only the predisposition to personality is of interest to me. 35  AA VI: 28. 36  AA VI: 30. 37  AA VI: 28. 38  AA VI: 28. Given that the context of this claim is Kant’s writing on religion, it is clear that Kant

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But Kant’s above-summarized account of good and evil character leaves the origin of evil ultimately “inexplicable to us”.39 Its origin cannot be in (1) our sensuous nature because a proper relation to our sensuous nature and self-love is a condition for virtue. Furthermore, evil presupposes one’s own choice and responsibility and we cannot be held accountable for simply having inclinations. Its origin cannot be in (2) reason either. Our original and necessary predisposition is to the good, the recognition of the moral law as binding, so that even the individual who rebels against it, “(even the worst) does not repudiate the moral law”.40 In other words, even those of corrupt Gesinnung must recognize the normative claims of the moral law even though they choose to act contrary to what the moral law demands. To argue that the origin of evil is in reason would entail that “reason could extirpate within itself the dignity of the law itself” and this, for Kant, would entail an “evil reason […] (an absolutely evil will) […] because resistance to the law would itself be thereby elevated to incentive […], and so the subject would be made a diabolical being” 41 and not a human being. In other words, a diabolical being could only be moved by an incentive to evil while a human being, although choosing evil, is moved to do so in opposition to the incentive to do the good. This is where Kant turns to the Old Testament’s story of original sin only to abandon the question of the origin of evil by admitting that this type of inquiry “lies outside the boundaries of the competence of mere reason”.42 Furthermore, Kant not only admits that we cannot account for the origin of evil but he also acknowledges that we cannot explain an individual’s “change of heart”,43 that is, how a person with an evil character can ascend to the good. I will briefly sum up what I have argued thus far. Schelling was hoping to find in Kant’s notion of Gesinnung a solution to the problem of indeterminism of the will, a conception of freedom that would presuppose a unity of necessity and contingency. But, in Schelling’s view, the problem of the equilibrium of the will has been reintroduced with the fact that, for Kant, Gesinnung, or one’s intelligible character, is the product of one’s own free choice. Furthermore, Kant’s notion of Gesinnung looked initially promising to Schelling for solving the problem of freedom’s generality because it entails the notion of freedom as an actualization of one’s own individual character. But Kant left the notion of evil unintelligible and, hence, in the Freiheits­ schrift, Schelling felt compelled to reopen the question of the ‘possibility of evil’. For Schelling, only by answering these two questions that Kant left unanswered, namely, the problem of the equilibrium of choice and the problem of evil’s origin, can one

is here making room for the distinction in the Judeo-Christian tradition between the original creation of human beings in God’s image and the subsequent fall of man. 39  AA VI: 43. 40  AA VI: 36. 41  AA VI: 35. 42  AA VI: 43 Fn. 43  AA VI: 47.

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give a satisfying proof that we are really free as well as show that we are free as specific individual subjects.

4. Schelling’s Theodicy in the Freiheitsschrift In pursuing the question of the origin of evil, Schelling turns to theodicy, his attempt to conceptually articulate that which exceeds the limits of our rational cognitive capacities.44 The outcome of this theodicy, as we will see below, is to redefine Kant’s notion of predisposition to personality beyond the framework of normative ethics. This is accomplished by representing human beings as well as all creatures as having two basic principles: the ideal principle, or the universal will, and the real principle, the self-will. Despite the nomenclature, these principles are not Kantian moral oppositions between, on the one hand, the universal perspective of the will bound by the moral law and, on the other, self-love. On the contrary, the former is the organizing principle of unity of the entirety of nature and the latter is the “incomprehensible base of reality in things”.45 The theodicy is divided into 1) a history of nature which culminates in the creation of human beings and, beginning with the creation of human beings, 2) a history of freedom. A history of nature unfolds in several steps. (1) Building on the principles of his philosophy of identity (Identitätsphilosophie), Schelling begins with the Absolute which is the “original ground or the non-ground [Ungrund]”, A=A. It is the point of “absolute indifference [Indifferenz]” that at the same time contains in itself a not yet actualized opposition.46 This is because for Schelling an identity is a genuine relation between two things and therefore it presupposes a difference within itself.47 The Absolute differentiates itself into 1) existence, the ideal (Being as it exists, Aa), or the mind, and 2) ground of existence, the real (Being as the ground of existence, Ab), nature. The nomenclature ‘Aa’ and ‘Ab’ serves to denote that the newly realized opposition between existence and its ground belongs to the same original ‘whole’ (i.e., the Absolute) as difference. (2) From here, the ground of existence, the primal will, is 44  One must be reminded of Reinhold’s influence on Schelling’s reception of Kant’s transcendental idealism. On Reinhold’s reading of Kant, the knowledge of noumenal reality is in principle incoherent. This is in spite of Kant’s persistent claims in the first Critique that even though the knowledge of the noumenal is not accessible to our human cognitive capacities it may be accessible to some other kind of understanding unlike ours. Furthermore, Kant also insists that, although the noumenal objects are not accessible to our theoretical cognition, they are to our practical cognition. Motivated by his understanding of the Enlightenment, and by arguing for a complete impossibility of cognitive access to things in themselves, Reinhold believed that he was blocking the mystical and authoritarian reference of the spiritual realm. On Reinhold’s “short argument” of Kant’s transcendental idealism see Ameriks (2000), 125–136. 45  Freiheitsschrift, AA I 17, 131 | SW VII, 360. 46  AA I 17, 170 | SW VII, 406. 47  On the historical background of Schelling’s development of his notion of identity see Frank (2014).

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“yearning” 48 for the ideal, the understanding. Put differently, the primal will anticipates the concept of the understanding because the difference between the primal will and the understanding belongs to the same original ‘whole’, the Absolute. This anticipation of the concept on the part of the primal will is finally actualized in God, the unification of the previously separated ideal and real principles (Aa=Ab).49 God for Schelling “must have the ground of his existence in himself”,50 which is Schel­ ling’s take on the traditional conception of God as causa sui. Schelling refers to this identity of the understanding and the ground of existence in God as “eternal spirit”.51 (3) Furthermore, this newly formed identity, the ‘eternal spirit’, now seeks its objective reality, or, in traditional theological terms, God seeks his own revelation in things. The identity of the ‘eternal spirit’ divides itself again. On the one hand, there is the unconscious yearning of the primal will to give the reality of the identity in the ‘eternal spirit’. This unconscious desire is the cause of the coming into being of things. Here, Schelling must account for the difference between the perishable and finite nature of things and God’s eternal and infinite nature. The finite world cannot originate in God. But nothing can be outside of God because God is the identity of ground and existence. “[T]his contradiction”, argues Schelling, “can only be resolved by things having their ground in that which in God himself is not He Himself, that is, in that which is the ground of his existence”.52 On the other hand, on the ideal and spontaneous side of the understanding, there is a conscious will to give objective reality to the identity of the eternal spirit. Therefore, “an inner, reflexive representation is generated in God himself through which, since it can have no other object but God, God sees himself in an exact image of himself”.53 This act of self-representation presupposes a unity and hence a rule in virtue of which this unity is possible. This is the reason why Schelling refers to this step of the history of nature as the Word. (4) As was the case in the initial division of the Absolute, the newly formed opposition of the eternal spirit into unconscious desire and the Word belongs to the same original ‘whole’, namely, the unity of the eternal spirit. Hence, the desire is a “divining will” (ahnender Wille),54 meaning the will that anticipates the Word of the understanding. The Word of the understanding, on the other hand, seeks the will of the ground for its own self-revelation.55 From the unity of yearning (the real) and the Word (the 48 

AA I 17, 131 | SW VII, 359. This is what Schelling refers to as ‘duplicated identity’ and what Hegel in his Differenzschrift refers to as ‘identity of identity’. See on this Frank (2014). 50  AA I 17, 129 | SW VII, 357. 51  AA I 17, 132 | SW VII, 361. 52  AA I 17, 130 | SW VII, 359. 53  AA I 17, 132 | SW VII, 360 f. 54  AA I 17, 131 | SW VII, 359. 55  The notion of a ‘divining will’, which anticipates a concept, goes back to Schelling’s notion of creative agency and his very early philosophical beginnings, namely, his Timaeus-Kommentar (1794). There, he discusses Plato’s Demiurge as acting unconsciously, like, what he will later describe in Ideen zu einer Philosophie der Natur, “invisible nature” (AA I 5, 107). For the notion of creative 49 

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ideal) follows “a freely created and all-powerful will” that brings the rational order to nature “not through external representation but rather through genuine in-forming [Ein-Bildung]”.56 If creation were an activity that proceeded according to a rule that is an ‘external representation’, the concept, or the organizing principle of nature, would be a determinate one, which fully exhausts its phenomenon.57 But if creation proceeded through ‘in-forming’, then the organizing principle in nature would never lose the presence of that which cannot be fully exhausted by the understanding, the “incomprehensible base of reality”, the “indivisible remainder” (der nie aufgehende Rest).58 Put differently, [a]fter the eternal act of self-revelation, everything in the world is, as we see it now, rule, order and form; but anarchy still lies in the ground, as if it could break through once again, and nowhere does it appear as if order and form were what is original but rather as if initial anarchy had been brought to order. (AA I 17, 131 | SW VII, 359)

(5) The emergence of life in nature is manifested through the division of forces. And given that the division of forces is the realization of the original infinite creative power (will) of God, the complexity of the divisions increases so that each organic formation is more complete the more differentiated the end of its willing is, that is, the closer the will approximates its end, God’s understanding, or the Word. The process finally culminates in the human being as the rational being and, hence, the being with the most complex created form in whom God fully revels himself. In his attempt to capture metaphorically the saying of the Old Testament that God created man in His own image, Schelling writes that “[I]n him (in man) alone God loved the world”.59 With the creation of human beings, Schelling begins with the history of freedom, which finally explains the origin of evil in the separation of the two fundamental principles that in God remain united. This history also evolves in several stages. (1) The Word, which is the organizing principle of nature, is only one of the two princiagency in early Schelling and for an account of how it integrates both Kant’s conception of genius in the third Critique and Plato’s notion of Demiurge in Timaeus, see Ostaric (2012). 56  AA I 17, 132 f. | SW VII, 361 f. Here I depart from the Love/Schmidt translation that renders the term Ein-Bildung as ‘impression’. The latter, in my view, invites a confusion of the meaning of the term with a psychological state of having a feeling or an opinion about something. 57  At this point, one should be reminded of Kant’s distinction in §  77 of the third Critique between the production of the intuitive understanding where “the whole [is] the ground of the possibility of the connection of the parts” and the production of our human discursive understanding where the whole is “an effect (product) the representation of which would be regarded as the cause of its possibility” (KU, AA V: 407 f.; my italics). On the former principle of production, the unique whole-to-parts relation specific to organisms presupposes the ‘whole’ as the ‘ground’, or the third thing that is ontologically prior to the parts united by means of real (mechanical) and ideal (teleological) principles. The employment of our determinative and reflective judgment, can only help us represent and describe the functioning of an organism, but it can never fully exhaust the principle of their organization. On the latter principle of production, the ‘whole’ is the product of the concept of the understanding (the ideal principle) where the whole-to-parts relation defines a mechanism and not an organism. 58  AA I 17, 131 | SW VII, 360. 59  AA I 17, 134 | SW VII, 363.

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ples in created things. The other principle is the “principle of darkness” 60 or the “selfwill of creatures”.61 But the universal principle “stands against this self-will of creatures, using and subordinating the latter to itself as a mere instrument” 62 insofar as the longing, or the self-will, of creatures remains inadequate in relation to the universal principle of organization. Put differently, the will of created things can never understand itself, what it is that it is the will for, and hence can never recognize the universal principle as its own end. It remains a “blind will”.63 “Only in man, therefore, is the Word completely articulate, which in all other creatures was held back and left unfinished”.64 Only a human being, unlike other creatures, is a spirit. That is to say that only in a human being does the unity of the self-will and the universal will constitute a practical cognition so that in the human being the self-will understands and takes the end of the universal will as its own end. (2) Because a human being is a creature (i.e., it has its own selfhood, or self-will), his personality constitutes in the fact that as a creature with its own self-will, or particular will, it takes the end of the universal will as its own end. (3) But the “spirit of the human being” is not the same as the “eternal spirit” 65 insofar as in the human being the bond between the two principles is severable while in God it is not. On the one hand, the human being is a creature with its own self-will. On the other hand, it is above nature and all other creatures because its will is not a blind desire but the will of, what for Kant would be, practical reason and, thus, capable of claiming the end of the universal will as its own end: “It is will that beholds itself in complete freedom, being no longer an instrument of the productive [schaffenden] universal will in nature, but rather above and outside of all nature”.66 The particular will, selfhood, of a human being that recognizes the universal principle as its own end also has now a choice (other creatures do not have) to understand itself through the end of its own particular will and, hence, it wishes to divorce its own principle from the universal principle: “self-will can strive to be as a particular will that which it only is through identity with the universal will; to be that which it only is, in so far as it remains in the centrum”.67 That is to say, self-will can place itself as the end in lieu of the end of the universal will and, therefore, it can understand itself as the unity of its selfhood with itself as its own end. On Schelling’s view, the possibility of selfhood severing itself from the ‘human spirit’ makes intelligible human freedom as freedom for both good and evil.

60 

AA I 17, 133 | SW VII, 362. AA I 17, 133 | SW VII, 363. 62  AA I 17, 134 | SW VII, 363. 63  AA I 17, 133 | SW VII, 363. 64  AA I 17, 134 | SW VII, 363 f. 65  AA I 17, 134 | SW VII, 363. 66  AA I 17, 135 | SW VII, 364. 67  AA I 17, 135 | SW VII, 365. 61 

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5. Schelling on the ‘possibility of evil’: Extending Ontologically Kant’s Conception of Predisposition (Anlage) to Personality The upshot of Schelling’s theodicy, then, is an ontological extension of Kant’s notion of predisposition to personality. Kant, as I argued above, understood by predisposition to personality the nature of the human will to be moved by the normative force of the moral law. Schelling, like Kant in Religion, sees one’s capacity to be moved by the good as, in Kantian terms, ‘original and necessary’. In other words, for Schelling, one can only become the self, or a person, once self-will is united with the universal will, or once one becomes capable of being moved by the good, to wit, acquires conscience. The spirit, or the birth of the conscience, is at the same time the condition for the possibility of being a self (personality). However, on Schelling’s view, Kant did not go far enough in his ontology insofar as he reduces the human conscience to its formal aspects. On Shelling’s view, Kant’s conception of conscience overemphasized the ‘ideal principle’, the fact that the ‘moral feeling’ is a feeling for morality, which requires that it be preceded by a normative stance, a judgment. Given Schelling’s mistaken conception of Kant’s notion of Begehrungsvermögen as desire understood as a mere feeling, he could not conceive how an evaluative stance or judgment in Kant could have any traction on our sensibility. In other words, to Schelling Kant emphasized the “ideal principle” at the expense of the ‘real principle’,68 or the fact that the moral feeling is a feeling, a capacity for being affected or moved by the good. According to Schelling, the proper account of our original orientation towards the good requires that we approach both the sentient and rational aspects of our agency as origi­ nating in a prior unity, the “Bond” (das Band),69 which precedes the opposition between the ideal and real, the thought and feeling. For Schelling, evil is, as for Kant, a dissension against one’s conscience, but to do justice to the new ontological reinterpretation of it, Schelling must resort to Franz Baader’s metaphor of evil as a disease of an organism in order to illustrate the relation of evil to his ontologized conception of conscience. An individual will that sets itself as a universal end and a law can be represented with a metaphor of an organism where a part of an organism asserts itself to stand independent and above the organic whole so that its own function is the aim and purpose of the organic unity, even though its existence, or its original end, is only the whole. At first it may seem that Schelling resorts to Baader’s organic metaphor only in order to illustrate that the core of evil is moral, to wit, in the individual asserting its own selfish ends above the ends of others, the community as a whole. However, one should keep in mind the influence that Kant’s notion of an organism as a ‘natural end’ had on Schelling and the fact that the whole of an organism for Kant does not consist of the unity of individual members, or parts, so that it could be explained either in terms of “real causes” (efficient 68  69 

Cf. AA I 17, 135 | SW VII, 364. AA I 17, 177 | SW VII, 414.

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causes and the movement of matter)70 or “ideal causes” (an end or purpose according to which we assemble parts in an artifact).71 Instead, it is that which, for Kant taken only regulatively, is metaphysically prior to the parts, in which the ideal and real principles unite, and which explains their complementary use in our representation of the organic formation as a cause and effect of itself. Similarly, for Schelling, the opposition between the self-will and the universal will presupposes the third element, to which Schelling refers as the ‘bond’ (das Band) in which they both (the ideal and real principle) unite, the ‘human spirit’ in which God reveals himself. Thus, when the particular will takes itself as its own end and claims this new unity as ‘origi­ nal and necessary’, that is, as a legitimate replacement of human conscience, the unity of the ‘human spirit’, it is not the moral law that one transgresses, but the order and lawfulness of nature as a whole. This is because the ‘eternal spirit’ that reveals itself in human conscience is at the same time the principle of the order of the entire universe. Evil is a disease, a “disorder having arisen in nature”.72 It entered nature “through the misuse of freedom”.73 For Schelling, as for Kant, evil is the product of one’s own free act. Evil is not simply in the real principle (the sentient aspect of our nature), which would amount to the traditional conception of evil as “deprivation”74 or “weakness and inadequacy”75 of reason, which “cannot overcome the resisting power of sensuality”.76 Following Baader, Schelling claims that “it would be desirable that the corruption in man were only to go as far as his becoming animal [Tierwerdung]; unfortunately, however, man can stand only below or above animals”.77 It is also not in the ideal principle, or in the universal will because “God as spirit (the eternal bond of both) is the purest love: there can never be a will to evil in love just as little as in the ideal principle”.78 Kant rejects the idea of evil itself serving as an incentive because this would imply a diabolical being and deny that the original orientation of the human being is towards the good. Schelling, like Kant, rejects the idea that the source of evil is in the universal will, the ideal principle, because this would implicate a diabolical being whose original orientation is not towards the good and, given his theodicy, it would implicate that God is evil. But Schelling, unlike Kant, succeeds with his theodicy to make evil intelligible. Kant understood freedom only as freedom for the good, that is, as autonomy, or practical reason’s legislation of the moral law. If evil is not in our sentient nature and also not in our rational nature (i.e., freedom understood as practical reason’s legislation of the moral law), then the origin of evil, the reversal of maxims, cannot be accounted for. 70 

KU, AA V: 373. KU, AA V: 373. 72  AA I 17, 136 | SW VII, 366. 73  AA I 17, 136 | SW VII, 366. 74  AA I 17, 140 | SW VII, 371. 75  AA I 17, 141 | SW VII, 371. 76  AA I 17, 141 | SW VII, 372. 77  AA I 17, 142 | SW VII, 373. 78  AA I 17, 144 | SW VII, 375. 71 

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In his theodicy, Schelling shows that “the root of freedom” cannot be accounted for by taking into account only practical reason (self-legislation of the moral law) given that this leaves our decision for evil inexplicable but also by taking into account the “independent ground of nature”,79 the creaturely, finite aspect of ourselves. Put differently, the ‘root of freedom’ lies in the fact that the particular will, the selfhood, can sever itself from the unity of the bond. In order to make the possibility of evil intelligible, not only does Schelling appeal to our finitude, but also to the infinite aspect of ourselves, our conscience, or the original unity of selfhood with the universal will. The latter, or the “true unity”,80 makes intelligible the possibility of the unity of the particular will and itself as its own end, or a “false unity”.81 The notion of ‘false unity’ is to be contrasted with the notion of “deprivation of unity” or lack of unity, a disharmony.82 The latter amounts to negative accounts of evil as ‘deprivation’ or weakness of reason, a desire that cannot be mastered by the universal principle. The former, however, is positive insofar as the particular will (selfhood) sets itself as the end so that this new unity is supposed to take the place of conscience.

6. Schelling on the ‘reality of evil’: Extending Ontologically Kant’s notion of Gesinnung “But the possibility does not yet include the actuality, and this is in fact the main object in question”.83 With these words, Schelling starts to address the second principal question of his treatise, the question of the reality of evil, including the effects (Wirksamkeit)84 evil has in nature. Schelling’s focus therefore in this section of the essay is to refer back the effects of either good or evil in nature to one’s individual character, whether the character is grounded in ‘spirit’ or in a ‘false unity’ that rebels against the human spirit. Schelling’s attempt to answer the problem of the possibility of evil required a reinterpretation of Kant’s notion of predisposition to personality – Schelling defines it as a unity that is metaphysically prior to the universal will of practical reason and self-love of selfhood. In his attempt to address the problem of the reality of evil, Schelling reinterprets Kant’s notion of the intelligible character as the ground of actions that presupposes an identity of necessity and contingency (i.e., free choice), which is also manifested as such in one’s phenomenal character, or in empirical reality. Thus, while the question of the possibility of evil focused on the “explication of the real concept of freedom”, 85 i.e., the content of freedom as freedom for good 79 

AA I 17, 141 | SW VII, 371. AA I 17, 140 | SW VII, 371. 81  AA I 17, 141 | SW VII, 371. 82  AA I 17, 140 | SW VII, 371. 83  AA I 17, 142 | SW VII, 373. 84  Cf. AA I 17, 143 | SW VII, 373. 85  AA I 17, 150 | SW VII, 382. 80 

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and evil, the question of the reality of freedom focuses on the “formal essence of freedom”,86 freedom as the identity of necessity and contingency. Schelling defines absolute freedom as follows: [T]he intelligible being can, as certainly as it acts as such freely and absolutely, just as certainly act only in accordance with its own inner nature; or action can follow from within only in accordance with the law of identity and with absolute necessity which alone is also absolute freedom. For free is what acts only in accord with the laws of its own being and is determined by nothing else either in or outside itself. (AA I 17, 152 | SW VII, 384)

How does acting out of the necessity of one’s own nature constitute freedom for Schelling? We saw in Schelling’s theodicy that the ‘human spirit’ is subjectively necessitated. That is to say, because the universal will and the will of the ground belong originally to a prior unity, Schelling shows that the will of the ground can only have the end of the universal will as its own end and the universal will can only reveal itself in the particular will. In the original unity of the ‘human spirit’, the ‘eternal spirit’, God, must reveal itself.87 Yet, the formation of the ‘human spirit’, although subjectively necessitated by God’s determination of nature, is not the formation of the individual’s “essence” (Wesen)88 that is passively, as a thing, handed down to the human being. Instead, the formation of the ‘human spirit’ is at the same time an act of the human being’s will by which the original human character (Gesinnung), or the individual’s original essence, which explains one’s volitional tendency, is produced. Put differently, although one is subjectively determined by one’s capacity for having a conscience, the formation of the human spirit presupposes a decision, a “free act”, which “precedes consciousness just as it precedes essence, indeed, first produces it”.89 If in the formation of the ‘human spirit’ one “apprehended himself” (hat ergriffen)90 as the unity of his particular will and the end of the universal will and, therefore, wills the end of the universal will as its own end, then this is the act of the formation of the essence of a human being with a good Gesinnung. That is to say that in the formation of the ‘human spirit’, the particular will recognizes and takes (in Kantian terms ‘legislates’) the end of the universal will as its own end. Evil for Schelling is “general”91 insofar as everyone strives towards evil. Just as for Kant everyone has a ‘propensity (Hang) to evil’, so also for Schelling everyone has Selbst-Sucht, or temptation, to replace the end of the universal will with the end of one’s own self-will. In other words, in the formation of the ‘human spirit’ one is also 86 

AA I 17, 150 | SW VII, 382. See Jantzen (1995) for the insightful comment that for Schelling neither “objective necessity, the causality of nature” (i.e., the craving of one’s desire or selfhood) nor “subjective necessity, the godly determination of nature” (Jantzen [1995], 89) (i.e., the necessary revelation of God in nature and human spirit) exclude the possibility of human freedom. 88  AA I 17, 152 | SW VII, 385. 89  AA I 17, 153 | SW VII, 386. 90  AA I 17, 155 | SW VII, 388. 91  AA I 17, 149 | SW VII, 380 f. 87 

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objectively necessitated by the craving of one’s desire or selfhood. On the one hand, this opposition of the self-will is necessary so that the “love”92 of God (the universal will) would reveal itself or become real in the particular. On the other hand, the selfwill and individuality seeks to assert itself against the threat of universality: The fear of life itself drives man out of the centrum into which he was created: for this centrum, as the purest essence of all willing, is for each particular will a consuming fire; in order to be able to live within it the man of all particularity must become extinct [absterben], which is why the attempt to step out of this center into the periphery is almost necessary in order to seek there some calm for his selfhood. (AA I 17, 149 | SW VII, 381)

The fact that human beings as a species have a temptation for evil is still not the same as its actualization. For Schelling, as for Kant, evil’s actualization is a matter of one’s own individual decision to take selfhood as its own end, and thereby to choose an evil essence, or an evil Gesinnung. Thus, if in the formation of the ‘human spirit’ one apprehends oneself as a ‘false unity’, that is, as the unity of the particular will with oneself as its end, and wills oneself as one’s own end, then this is the formation of the essence of a human being with the evil Gesinnung. Kant’s notion of the intelligible character reintroduced for Schelling the problem of the equilibrium of choice. We saw above that, for Kant, Gesinnung must be the product of one’s own choice in order to save imputability. But the infinite regress that this entails, and Kant’s conclusion that the origin of one’s intelligible character must remain inscrutable to human cognitive capacities, reintroduced for Schelling the problem of the equilibrium of choice, the fact that the will determines itself from an initial indeterminate position for either good or evil. By showing, on one hand, that the human being’s essence is “fundamentally his own act”93 and, on the other, that it is necessitated (both subjectively and objectively), that is, that the capacity to be moved by both good and evil is a part of the human original motivational set, Schel­ ling takes himself to be solving the problem of the equilibrium of choice that was left unresolved in the wake of Kant’s Religion. If one wills one’s own Gesinnung, whether good or evil, while at the same time being both subjectively and objectively necessitated, then one’s decision for either good or evil is not preceded by some neutral indeterminism of the will. This also means that the solution to the problem of the indeterminism of the will is in the unity of the freedom of choice (contingency) and necessity. An individual’s action also manifests itself at the phenomenal level as absolute freedom, to wit, freedom that presupposes the unity of necessity and contingency (free choice). According to Schelling, Kant did not draw the proper conclusion from his notion of the intelligible character. The intelligible character, understood as one’s own essence and the product of one’s own act, presupposes a necessity of action that has a religious character where “religiosity” is understood in “the original, practical 92  93 

AA I 17, 170 | SW VII, 406. AA I 17, 152 | SW VII, 385.

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meaning of the word. It is conscientiousness or that one act in accordance with what one knows and not contradict the light of cognition in one’s conduct”.94 A truly conscientious person has a “severity of disposition”95 because she cognizes that the “liga­ ture”,96 a bond, of the two principles is who she is, originally and necessarily. Now, for Kant, practical cognition has the same epistemic status as theoretical cognition, apodictic necessity and universality. Therefore, the recognition of the moral law as binding is neither a mere expression of one’s ‘interest’ in morality,97 nor it is a ‘standpoint’ in which I take the moral law ‘as if’ true.98 Instead, it is the rational cognition, albeit not theoretical but practical, of how things are. But, for Schelling, the necessity of action cannot follow from the practical cognition of the moral law. “One is not conscientious”, writes Schelling, “who in a given instance must first hold the command of duty before himself in order to decide to do right out of respect for that command”.99 Recognition of the normative force of the moral law still leaves one with the decision to do what the law commands or to act against the moral law. Thus, if Kant were to be truly consistent with his view that our power of choice is always already determined by our disposition (as opposed to a capacity that starts from an arbitrary equilibrium), he would emphasize the necessity and resoluteness of one’s action that follows from practical cognition as a form of self-cognition, what is true of the self, or lawfulness of one’s own nature. Conscientiousness can appear quite formal in the strict fulfillment of duty, where even the character of hardness and cruelty is added to it, as in the soul of M. Cato, to whom one ancient ascribed this inner and almost divine necessity of action by saying that Cato most resembled virtue because he never acted correctly in order to act in that way (out of respect for the command), but rather because he could not at all have acted otherwise. (AA I 17, 159 | SW VII, 393)

Conclusion In the end, what has Schelling accomplished with his ontological extension of Kant’s notion of ‘predisposition to personality’ and the ‘intelligible character’? With his reinterpretation of Kant’s notion of ‘predisposition to personality’, Schelling makes intelligible for the first time what Kant attempted to show in his Religion: the notion of evil as not a mere deficiency, as evil has traditionally been understood, but as a positive magnitude and product of a human being’s own free act. Like Kant, for Schelling, our stance towards good or evil remains evaluative. However, given the outcome of his reinterpretation of Kant’s notion of the ‘intelligible character’, for Schelling we do 94 

AA I 17, 158 | SW VII, 392. AA I 17, 159 | SW VII, 393. 96  AA I 17, 158 | SW VII, 392. 97  This is how some contemporary Kantians understand the normative force of the moral law in Kant. See Allison (1990). 98  See Korsgaard (1996). 99  AA I 17, 158 f. | SW VII, 392. 95 

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not evaluate evil or good with a moral judgment, ‘This action is morally wrong’, ‘This action is morally permissible’, ‘This action is morally commendable’. This is because for Schelling one’s intelligible character cannot be grasped by an overarching general principle and, instead, it is identical with one’s essence understood as one’s conscience which consists of a unity of our sentient (affective) and our rational nature. This is why, for Schelling, we confront the moral good or evil with a feeling. Schelling refers to evil as “a phenomenon which excites a general, natural repugnance”100 and “fills us with fear and horror”.101 And we confront the good in a human being, “heroism (in the struggle against evil)”,102 with ‘awe’. Futhermore, as agents, our actions are no longer mediated with practical judgments and acts of practical deliberation which presuppose acts of rational justification. Put differently, we should act without the need of asking ourselves ‘What should I do?’ and ‘Why should I do it?’. The question remains whether we should not be wary of practical cognitions that do not require mediation of judgment and skeptical to what extent those cognitions can be cognitions of evil as evil and good as good.

References Schelling, F. W. J., Philosophical Investigations into the Essence of Human Freedom, transl. and ed. by J. Love/J. Schmidt, Albany 2006. Allison, H. E. (1990), Kant’s Theory of Freedom, Cambridge. Ameriks, K. (2000), Kant and the Fate of Autonomy. Problems in the Appropriation of the Critical Philosophy, Cambridge. – (2006), “Kant, Hume, and the Problem of Moral Motivation”, in: Ameriks, K. (ed.), Kant and the Historical Turn. Philosophy as Critical Interpretation, Oxford, 89–107. Frank, M. (2014), “‘Identity of Identity and Non-Identity’: Schelling’s Path to the ‘Absolute System of Identity’”, in: Ostaric, L. (ed.), Interpreting Schelling. Critical Essays, Cambridge, 120–144. Franks, P. (2005), “The Fact of Reason and the Standpoint of German Idealism”, in: Franks, P. (ed.), All or Nothing. Systematicity, Transcendental Arguments and Skepticism in German Idealism, Cambridge, MA, 260–336. Jantzen, J. (1995), “Die Möglichkeit des Guten und des Bösen (350–364)”, in: Höffe, O./Pieper, A. (eds.), F. W. J. Schelling. Über das Wesen der menschlichen Freiheit (= Klassiker Auslegen 3), Berlin, 61–90. Korsgaard, C. (1996), Creating the Kingdom of Ends, Cambridge. McDowell, J. (2001), “Two Sorts of Naturalism”, in: McDowell, J. (ed.), Mind, Value, and Reality, Cambridge, MA, 167–197. Ostaric, L. (2012), “Absolute Freedom of Creative Agency in Early Schelling”, in: Philosophisches Jahrbuch 119, 69–93. Peters, J. (2018), “Kant’s Gesinnung”, in: Journal of the History of Philosophy 56, 497–518. 100 

AA I 17, 145 | SW VII, 376. AA I 17, 157 | SW VII, 391. 102  AA I 17, 160 | SW VII, 394. 101 

Unbounded Being The Distinction between Existence and Actuality in Schelling’s Ontology of Freedom Marcela García-Romero And what is Earth’s eye, tongue, or heart else, where Else, but in dear and dogged man? – Ah, the heir To his own selfbent so bound, so tied to his turn (G. M. Hopkins, Ribblesdale) The topic of this article is the distinction we find in the Freiheitsschrift between the notion of existence and that of actuality, and the relevance of this distinction for Schelling’s attempt to provide an ontological foundation for freedom. While much attention has been paid to the dual structure of existence1 in the Freiheitsschrift, not enough has been said about the distinction between existence and actuality. Actuality is understood here as a dynamism of actively subordinating and overcoming both the ground and the existent toward a unity of a higher level that is free from both, subordinates them both, and has power over their bond. In order to appreciate the relevance of this distinction, I suggest focusing on the main objectives of the Freiheitsschrift regarding the ontological foundations of freedom, and considering the way the distinction between existence and actuality can illuminate some central challenges that emerge for the goal of finding ontological room for freedom. Three such main strains of ontological motivation in Schelling’s 1809 work are: (a) to conceive existence in such a way that it includes alterity in unity, so that the absolute does not depend on finite being in order to exist actually, thus avoiding a mere ‘dead being’ that would not leave room for ‘freedom in the system’; (b) to understand ‘freedom in nature’, avoiding any two-world solution to the problem of compatibilism; (c) to conceive ‘freedom at the very center of the system’, as that which holds the system together, through a particular nexus between human and divine freedom. 1  Schelling’s fundamental distinction “between the being insofar as it exists and the being insofar as it is mere ground of existence” (AA I 17, 129 | SW VII, 357). In the following pages, I will refer to this structure of ground and existent as ‘dual existence’. Throughout this article I use the English translation by Jeff Love and Johannes Schmidt (2006) with some modifications. One of the main terms I translate differently is wirklich, which I translate as ‘actual’ while Love and Schmidt mostly use the term ‘real’.

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The attempt to provide a metaphysics of freedom, which does not shrink from rethinking existence, identity, and the absolute, runs into the general problem of what we could call ‘ontologized freedom’: stressing the ontological foundations of freedom so radically that freedom itself becomes ingrained in being and loses its specificity.2 This general problem has different aspects, and we can identify three specific challenges for each of the ontological aims mentioned above: 1. Structure vs. Dynamism; 2. Naturalized spirit; 3. Ontologized freedom. As I will show, each of these challenges can be illuminated by considering the distinction between existence and actuality in more detail than has previously been the case in the literature. I conclude that Schel­ ling’s careful conceptual distinctions allow him to avoid the problems of an ‘ontologized freedom’ in favor of a ‘freedomized’ or ‘unbounded being’. Furthermore, by focusing on the distinction between existence and actuality, we can reconstruct Schelling’s argument for the ontological room of freedom through the following steps: 1) Existence: dual structure 2) Actuality: dynamism of overcoming 3) Real freedom: decision, an act of yielding or not 4) Love: a higher unity made possible by an act of freedom of the spirit. This is the order in which Schelling argues in the Freiheitsschrift. One step leads to the other, as its condition of possibility. Each previous step must be presupposed in order to reach the following one, as its ground. However, once we reach the end of Schelling’s text, we realize that love, the last step attained, must have been at the very origin in some way (as Ungrund). In fact, love preceded the original decision, which in turn gave way to the dynamism of forces, which produced the structure of existence. The actuality is at each step “the prius of the ground”,3 as Schelling writes. Actuality is the prius of dual existence.

1. Introduction: Three Ontological Aims in the Freiheitsschrift Schelling means to find ontological room for freedom in nature. Not only to make freedom and nature compatible, but rather to place freedom at the very center of the system. Indeed, this goal requires a revision not only of our notions of ‘freedom’ and ‘system’, but also of our ontological concepts such as the notion of an absolute, the nature of identity, or even the understanding of being itself. Schelling’s ontology will never be the same after 1809. This task will require the development of a concept that has been missing in German idealism according to Schelling: a real concept (realer Begriff ) of freedom, be2  Recent work has dealt with this problem of a generic, ontological notion of freedom in the Freiheitsschrift as a result of Schelling’s endeavor of providing a metaphysical foundation for freedom. Schwenzfeuer (2013) underlines the continuity with Schelling’s earlier philosophy and argues that freedom as foundation of “all that is actual, alive and active” is still the earlier subject/object that accounts for nature’s egoical (ichhaft) structure. Gardner (2017) argues that Schelling develops a new metaphysics which is both presupposed by freedom and derives from it. 3  Cf. AA I 17, 130 | SW VII, 358.

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yond a merely formal one. I see three main strains of ontological work that Schelling undertakes in the Freiheitsschrift to enable this kind of understanding of real freedom situated in nature and at the center of the system: 1) Freedom in the system First, we have the fundamental aim of thinking of freedom in a way that is compatible with the system. This aim requires a notion of existence that consists in manifestation (in contrast to the amodal ‘absolute being’ which characterized the absolute in Schelling’s earlier works). In turn, this notion of existence results from the groundbreaking conception of alterity within unity, the ‘inner dualism’ 4 that characterizes 1809 and marks Schelling’s ontology in his later works. The distinction between ground and existent5 will be crucial to Schelling’s goal of reconciling freedom with the system. But why does freedom require dual existence, existence as manifestation out of a ground? The goal of dual existence is actuality, as I will argue below. 2) Freedom in nature Second, we have the goal of not just conceiving freedom in a way that is not incompatible with nature, but of thinking freedom in nature. No two-world solution: this requires a real concept of freedom. Development is not a question of ideas becoming concrete but rather of reality becoming intelligible out of the depths. Similarly, freedom is not an intelligible level floating above the natural one, i.e., two worlds which we must somehow bring together, but rather one emerges in the other without being reduced to a mere natural process. 3) Freedom at the center of the system The third and perhaps most challenging aim: to conceive freedom not just in the system, but at the very center of the system. To show, in contrast to Fichte, that not only are life, activity, and freedom what is truly actual (wirklich), but rather that all that is actual has life, activity, and freedom as its ground.6 How to reconcile the general ontological notion of freedom at the foundation of actuality with specific human freedom? One might ask if the role of foundation belongs only to divine freedom. But this assumption would lead to other questions. In what way is God free? What is the relation between human freedom and divine freedom? Human freedom presupposes, requires, and manifests divine freedom. Each of these strains of philosophical work required to provide an ontological foundation for real freedom runs into specific challenges: a) Structure vs. Dynamism b) Naturalized Spirit c) Ontologized Freedom 4 

Cf. Hermanni (1994). “between the existent and that which is ground of existence” (AA I 17, 142 | SW VII, 373; my translation). 6  Cf. AA I 17, 123 f. | SW VII, 351. 5 

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I suggest that considering the distinction between ‘existence’ as a dual structure and ‘actuality’ as dynamism will help us better appreciate Schelling’s strategies to solve these problems. Furthermore, focusing on the dynamism of actuality over the dual structure of existence will bring out a feature of Schelling’s argument in the Freiheitsschrift. Existence may require a ground, but the ground would not be such without an actuality that is prior to it. The higher levels of unity and activity are at the very origin of the whole development and not merely its result.

2. Structure of Existence vs. Dynamism of Actuality (Freedom in the System) 2.1. The Problem of an Actual Absolute Dual existence is Schelling’s answer to the desideratum of an absolute that can be actual by itself, and not depend on finite beings for its actuality. The absolute in Schelling’s previous works was not actual in itself, but only through finite beings. Indeed, actuality was only the point of view of finitude. However, God must be actual in himself. The way to think of an actual God is by reconceiving existence as dual in unity. The actuality of the absolute is a problem Schelling struggles with and explicitly tries to solve since his philosophy of identity.7 To explain the background, I will briefly review the way this problem appears in Schelling’s earlier philosophy. In his philosophy of identity in general, Schelling understands the absolute as absolute identity. He distinguishes in these works between the essence (Wesen) and the form (Form) of the absolute identity. The essence is the non-distinction (neither subjective nor objective) that is not affected or determined by any opposites. In contrast, the form is conceived as the identity of determinate opposites. It is the distinct aspect, the expression of the essence and its self-knowledge. The form must imply a distinction in order to mean something determinate, to be knowable (self-knowledge means to posit oneself as subject and as object), and ultimately to exist. Specifically, the problem of the actuality of the absolute emerges in his Darstellung meines Systems der Philosophie of 1801. The absolute (here called “absolute reason”) is the total indifference of the subjective and the objective. By abstracting from the thinking subject, reason is the true “An sich”, the indifference point of the subjective and the objective.8 This standpoint of reason as knowledge of things as they are in themselves (an sich) is the only standpoint of philosophy, as opposed to the standpoint of mere reflection. There are, then, two possible standpoints or perspectives: that of reason or the absolute and that of reflection or appearance. 7  8 

Cf. Buchheim (1997), XXI. AA I 10, 117 | SW IV, 115.

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It is because reason is causa sui (she herself contains only the ground that she is),9 that she is absolutely one and identical. It follows from this that identity is the highest principle for being in itself (an sich), expressed in the proposition A = A. This proposition expresses the essence of reason. While identity is posited as subject and as object according to its form, subject and object are identical according to their essence.10 Since the same is posited as subject and as object, the difference between them cannot be qualitative but only quantitative. The form of identity thus expresses the quantitative difference or a predominance (Übergewicht) of subjectivity or objectivity. Since absolute identity is necessarily posited according to its form as subject and object, the form is only actual if a quantitative difference among them is posited.11 Without such a quantitative difference, subject and object would be indistinguishable because they are identical according to their essence. In that case, identity could not be posited as subject and object. The form would be destroyed.12 The distinction between quantitative difference and quantitative indifference goes hand in hand with the distinction between the standpoint of reflection and the absolute standpoint. Quantitative difference is only possible outside of identity through the standpoint of reflection which considers things as individual outside the totality. For this reason, there is quantitative difference from the standpoint of reflection and of the individual, but quantitative indifference from the absolute standpoint of the totality. Schelling writes that the absolute identity is only under the form of the subject-objectivity and that this form is only actual when quantitative difference is posited outside of the totality, that is, when things are considered separated from the absolute through the standpoint of reflection.13 By distinguishing both standpoints, Schelling faces the problem of how the absolute could be thought independently of finite being. In the first place, the problem emerges that the form can only mean or express something if there is an actual difference in individuals,14 i.e., a standpoint of finitude. Secondly, since the absolute is only under this form,15 the absolute can only be actual if there is a finite standpoint that is separated from the absolute. 9 

Cf. AA I 10, 118 | SW IV, 116. Cf. AA I 10, 124 | SW IV, 123. 11  Cf. AA I 10, 126 | SW IV, 124 f. 12  “This form, however, is not unless subjectivity and objectivity are posited together with [their] quantitative difference. For if both are posited as equally infinite they are utterly indiscernible, since there is no qualitative opposition either. Form is destroyed qua form; what is both the one and the other [of two opposites] with equal infinitude coincides with what is neither one nor the other.” (AA I 10, 128 Fn. | SW IV, 126 Fn.; my italics) 13  Cf. AA I 10, 130 | SW IV, 128 f. 14  Cf. Buchheim (1992), 77. 15  “The being that immediately follows from the essence of absolute identity can only be under the form A = A or the form of subject-objectivity. This form, however, is not unless subjectivity and 10 

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Hence the absolute does not exist in actuality unless, in addition to the difference between subjectivity and objectivity, there is also posited a difference with respect to that higher form – a difference between the ideal and the real. (AA I 10, 128 Fn. | SW IV, 126 Fn.)

We would have an absolute that depends on the finite beings to be actual. The absolute identity “cannot be conceived as separated from everything that is”.16 Thirdly, actuality and individuality belong to the finite standpoint, but this is merely a false perspective. Separation is the source of all error.17 In itself there is nothing individual. Thus, the absolute cannot exist actually in itself.18 The absolute is then, as quantitative indifference, dependent on the actuality of the finite. It has no actuality of its own. Jacobi had already ascribed this problem to Spinoza’s God: such a God lacks actuality because it is only identity, not an individual.19 Schelling himself mentions in 1802 that his concept of quantitative indifference is inspired by Spinoza and he comments on Jacobi’s critique.20 He realizes that there is a problem and, from then on, attempts to think of an independent absolute. A better strategy to separate the absolute from the finite is to give the absolute its own actuality, to think the absolute as being actual in itself. The only way to do this is to leave behind the notion of absolute identity as non-distinction and allow for a certain duality and for difference between possibility and actuality. The dual unity of the Freiheitsschrift is the way to think of a God that is actual in himself. Schelling writes in his Statement on the True Relationship of the Philosophy of Nature to the Revised Fichtean Doctrine (1806): We have opposed being and knowledge as essence and form; however this does not present a true opposition, for what is positive in the form is just the essence or being; and the self-affirmation is to this extent itself grasped as mere pure identity. (SW VII, 54)21

Why do we need a ‘true opposition’? True opposition is required in order to gain an emphatic notion of being as self-revelation. This ‘actual real being’ (das aktuelle wirkliche Seyn) thus requires alterity within unity. objectivity are posited together with [their] quantitative difference.” (AA I 10, 128 Fn. | SW IV, 126 Fn.; my italics) 16  AA I 10, 127 | SW IV, 125. 17  Cf. AA I 10, 130 | SW IV, 128. 18  Cf. Buchheim (1992), 78. 19  “Spinoza’s God is the pure principle of actuality [Wirklichkeit] in all that is actual, the principle of being in all existence, entirely without individuality, simply and plainly infinite. The unity of that God rests upon the identity of that which cannot be differentiated and hence does not exclude a kind of plurality. But taken merely in this transcendental unity, the divinity must as a matter of course lack actuality, which can be found nowhere but in definite individual entities. This latter one, the actuality, with its concept, is based thus on the Natura naturata (on the Son from eternity); just as the former one, the possibility, the essence, the substantiality of the infinite, with its concept, is based on the Natura naturanti (on the Father).” (Über die Lehre des Spinoza, JWA 1,1, 39) 20 Cf. Identitätssystem, AA I 11,1, 138 | SW V, 58. Cf. also FD, AA I 12,1, 112 f. | SW IV, 372 f. 21  “Wir haben Seyn und Erkennen auch entgegengestellt als Wesen und Form; allein auch so ist noch kein wahrer Gegensatz gegeben, denn das Positive in der Form ist selbst nur das Wesen oder das Seyn; und die Selbstbejahung ist so weit noch selbst als bloße, reine Identität begriffen.”

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A being that was merely itself, as a pure One (if indeed such an entity as the one we are assuming could be thought), would necessarily be without a revelation in itself; for it would have nothing in which to become revealed to itself, it could for that reason not be as the One, for being, the actual real being, is self-revelation. If it is to be as One, then it must reveal itself in itself; but it does not reveal itself when it is just itself if it does not have another in itself, and in this other itself the One, that is when it is not actually the living bond between itself and another. (SW VII, 54)22

This new notion of unity that incorporates alterity has come a long way from the identity of the philosophy of identity which required no nexus at all: where identity dominates, no bond (Band) was yet thinkable.23 At this point, the door is open to the new understanding of identity that Schelling proposes in the Freiheitsschrift. If the absolute’s actuality depends on finite beings, if it is not actual by itself, then such an absolute cannot be said to be free either. It would be dead being. As will become clearer as Schelling’s argument progresses, the absolute must be actual on its own, and it must itself be free, if we want to be able to make ontological room for human freedom. 2.2. The Actuality of God Requires Dual Existence Why does freedom require dual existence? Dual existence is introduced in order to make room for an actuality of God that does not depend only on finite beings. Only such an actual God would be compatible with freedom. Thus, dual existence is conducive to ‘freedom in the system’ in virtue of actuality. The notion of being itself must be reconceived in order for freedom to be compatible with the system at all. The understanding of ‘existence’ in the Freiheitsschrift is thus related to Schelling’s realization, at least since 1806 in the aforementioned work, that self-revelation or self-manifestation is only possible if there is an alterity in the absolute unity itself.24 This ‘inner dualism’,25 the ‘Seynsfuge’,26 appears in 1809 under the terms ‘ground of existence’ (Grund der Existenz) and ‘existent’ (Existierendes). Something occurs as existent always in relation to its ground. At the same time, the ground would not be 22  “Ein Wesen, das bloß es selbst wäre, als ein reines Eins (wenn nämlich ein solches, wie wir jetzt annehmen, gedacht werden könnte), wäre nothwendig ohne Offenbarung in ihm selbst; denn es hätte nichts, darin es sich offenbar würde, es könnte eben darum nicht als Eins seyn, denn das Seyn, das aktuelle wirkliche Seyn, ist eben die Selbstoffenbarung. Soll es als Eins seyn, so muß es sich offenbaren in ihm selbst; es offenbart sich aber nicht, wenn es bloß es selbst, wenn es nicht in ihm selbst ein Anderes, und in diesem Anderen sich selbst das Eine, also wenn es nicht überhaupt das lebendige Band von sich selbst und einem Anderen ist.” 23  “Truly absolute knowledge is only possible at the one point in which thought and being absolutely coincide, where no question is required anymore about a bond between concept and object, where the concept itself is simultaneously the object and the object the concept.” (FD, AA I 12,1, 89 Fn. | SW IV, 345 f. Fn.) 24  Cf. Buchheim (1997), XXI. 25  Cf. Hermanni (1994). 26  Cf. Vorlesung.

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such without an actuality.27 The only way we can understand it as ground is retrospectively, as it were.28 The whole investigation of the Freiheitsschrift, writes Schel­ ling, “is based” on this fundamental distinction “between the existent and that which is ground of existence”,29 and this ‘dualism in unity’30 is “the general foundation” of his doctrine regarding the possibility of evil.31 As mentioned above, if we take into account the context in which Schelling first develops the distinction between ground and existent in his 1801 Darstellung meines Systems, we see that the motivation for this notion of existence is the problem of an absolute that is not in itself actual. Indeed, the role of ground in the Darstellung meines Systems is first fulfilled by gravity (Schwerkraft), which can never be represented as such “in actuality”, since it must be thought as absolute identity insofar as it is the ground of its own being, that is, “not itself in actuality”.32 This means that dual existence is a way to think of an actuality that does not stem from a false perspective of finitude, in contrast to the philosophy of identity. The notion of dual existence is required in order to think of an inner actuality that is not dependent on other beings. However, dual existence does not by itself make freedom possible. It is not enough to exist with a dual structure, to have an existential fissure, in order to be free. Freedom requires the ability of administering, managing, deciding about that structure of existence. As we will see, being free goes hand in hand with being actual, that is, alive and personal, in Schelling’s view: “All existence demands a condition so that it may become actual, namely personal, existence.”33 The step from God as ground of finite beings to God as having his own ground in himself is the requisite to think of an actual God. Such a God would be personal in that he would make room for alterity, even within himself.34 Schelling leaves behind the no-

27 

Cf. AA I 17, 130 | SW VII, 358. Cf. Buchheim (1996), 225 f.; 236. 29  AA I 17, 142 | SW VII, 373. 30  Cf. AA I 17, 130 Fn. | SW VII, 359 Fn. 31  AA I 17, 142 | SW VII, 373. 32  AA I 10, 146–148 | SW IV, 146 f. Cf. Freiheitsschrift, AA I 17, 129 f. | SW VII, 358. 33  “Alle Existenz fodert eine Bedingung, damit sie wirkliche, nämlich persönliche Existenz werde. Auch Gottes Existenz könnte ohne eine solche nicht persönlich seyn, nur daß er diese Bedingung in sich, nicht ausser sich hat.” (Freiheitsschrift, AA I 17, 164 | SW VII, 399) 34  “But we have explained God as a living unity of forces; and if personality [Persönlichkeit] is founded, according to our previous explanation, on the connection between a separate [selbstständig] being and a basis independent of him, then, similarly, because both of these completely saturate the other and are but one being, God is the highest personality through the connection of the ideal principle in him with the (relative to it) independent ground, since basis and things existing in him necessarily unify themselves in one absolute existence; or also, if the living unity of both is spirit, then, as their absolute bond, God is spirit in the eminent and absolute understanding. It is so certain that the personality in him is grounded only through the bond of God with nature that, by contrast, the God of pure idealism, as well as the God of pure realism, is necessarily an impersonal being, of which the concepts of Spinoza and Fichte are the clearest proofs.” (Freiheitsschrift, AA I 17, 160 f. | SW VII, 394 f.) 28 

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tion of a non-actual absolute in favor of an actual, personal God. Only such a God could be free and enable human freedom. It makes sense, then, that ‘actuality’ in the Freiheitsschrift does not merely mean facticity or actualization of possibility, but rather liveliness and personality, as I explain below.35 It is the desideratum of an absolute that is not ‘dead being’ but alive and personal, capable of agency, which motivates Schelling’s dual existence. The connection between Schelling’s peculiar understanding of existence and freedom passes through a certain understanding of actuality. 2.3. Structure of Dual Existence as a Template Once Schelling establishes the notions of ground and existent with recourse to his earlier work, he goes on to provide analogies of the ground-existent relation. The positions of ground and existent are taken up by several conceptual pairs, showing that the dual structure serves as a template to be filled by different contents.36 Schelling describes nature and history as a process of transfiguration (Verklärung) or illumination of the dark principle. At each step of the process, what was previously seen as existent turns to ground. This template of dual existence is a structure that is traversed by different levels of actuality, as I will explain below. Here are some of the conceptual pairs that Schelling relates to each other as ground and existent: a) Gravity / Light This is the first analogy that serves to explain ground and existent once Schelling has introduced the distinction regarding God. This pair of gravity and light is an explicit reference to Schelling’s earlier work, specifically the Darstellung of 1801. This relation [between God, insofar as he exists, and the ground of his existence] can be explained analogically through that of gravity and light in nature. Gravity precedes light as its ever dark ground, which is not actual itself [actu] and flees into the night as the light (the existent) dawns. Even light does not fully remove the seal under which gravity lies contained. Precisely for this reason gravity is neither the pure essence nor the actual Being of absolute identity but rather follows only from its own nature or is absolute identity, namely considered as a particular potency. (Freiheitsschrift, AA I 17, 129 f. | SW VII, 358; my italics)37 35  Cf. Kosch (2002) on ‘actuality’ in the Berlin Introduction and the paradoxes that arise if we consider actuality as the mere actualization of possibility. 36  This can be seen for instance in the following passage, where Schelling explicitly states that “what is subordinated” (das Untergeordnete) can be understood in different ways (and must not necessarily be considered essentially evil): “This is the only correct dualism, namely that which at the same time permits a unity. The above discussion concerned the modified dualism, whereby the evil principle is not coordinated with, but subordinated to, the good principle. It is hardly to be feared that someone will confuse the relationship put forward here with that dualism in which the subordinate is always an essentially evil principle” (Freiheitsschrift, AA I 17, 130 Fn. | SW VII, 359 Fn.; my italics). 37 “Analogisch kann dieses Verhältniß [zwischen Gott, sofern er existiert, und dem Grund seiner

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It is noteworthy that, already with this first analogy, Schelling underlines the relativity of the ground-existent distinction. Namely, light only appears as existent in relation to gravity, but in the next step light itself will be regarded as ground: For, incidentally, that which relative to gravity appears as existent also belongs in itself to the ground, and, hence, nature in general is everything that lies beyond the absolute Being of absolute identity. (AA I 17, 130 | SW VII, 358; my italics)38

Considered from a higher level or potency, light turns to ground as well. These are not just stages in a horizontal, diachronical sense, but rather levels (although Schelling sometimes speaks in terms of degrees),39 where each higher level presupposes as its basis the lower ones which have been subordinated to it. b) Yearning / Understanding Another analogy is explicitly called a way of assimilating the ground-existent distinction in God to our human experience. How could we understand the notion of a ground of God’s existence that is not God himself? As a yearning to give birth to oneself: Since, however, nothing indeed can be outside of God, this contradiction can only be resolved by things having their ground in that which in God himself is not He Himself, that is, in that which is the ground of his existence. If we want to bring this way of being closer to us in human terms, we can say: it is the yearning the eternal One feels to give birth to itself. […] it is a will of the understanding, namely yearning and desire for the latter […] (AA I 17, 130 f. | SW VII, 359)40

c) Self-will (Eigenwille) / Universal will Whatever is in the position of the existent is considered existent relative to its ground. The existent has overcome, that is, subordinated whatever is in the position of ground and has turned this ground into an instrument. The analogy of yearning vs. underExistenz] durch das der Schwerkraft und des Lichtes in der Natur erläutert werden. Die Schwerkraft geht vor dem Licht her als dessen ewig dunkler Grund, der selbst nicht actu ist, und entflieht in die Nacht, indem das Licht (das Existirende) aufgeht. Selbst das Licht löst das Siegel nicht völlig, unter dem sie beschlossen liegt. Sie ist eben darum weder das reine Wesen noch auch das aktuale Seyn der absoluten Identität, sondern folgt nur aus ihrer Natur, oder ist sie, nämlich in der bestimmten Potenz betrachtet […]” (my italics) 38  “[…] denn übrigens gehört auch das, was beziehungsweise auf die Schwerkraft als existirend erscheint, an sich wieder zu dem Grunde, und Natur im Allgemeinen ist daher alles, was jenseits des absoluten Seyns der absoluten Identität liegt.” (my italics) 39  Cf. AA I 17, 133 | SW VII, 362. 40  “Da aber doch nichts ausser Gott seyn kann, so ist dieser Widerspruch nur dadurch aufzulösen, daß die Dinge ihren Grund in dem haben, was in Gott selbst nicht Er Selbst ist, d. h. in dem, was Grund seiner Existenz ist. Wollen wir uns dieses Wesen menschlich näher bringen, so können wir sagen: es sey die Sehnsucht, die das ewige Eine empfindet, sich selbst zu gebähren. […] Dennoch ist sie ein Willen des Verstandes, nämlich Sehnsucht und Begierde desselben […]” (my italics)

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standing is now expressed in terms of self-will vs. universal will, which again correspond to dark principle (ground) vs. light (existent). The principle, to the extent that it comes from the ground and is dark, is the self-will of creatures which, however, to the extent that it has not yet been raised to (does not grasp) complete unity with the light (as principle of understanding), is pure craving or desire, that is, blind will. The understanding as universal will stands against this self-will of creatures, using and subordinating the latter to itself as a mere instrument. (AA I 17, 133 f. | SW VII, 363; my italics)41

d) Spirit of evil / Spirit of love Schelling explicitly makes the analogy between the ground-existent structure at the higher level of spirit and the initial analogy of dark principle and light. The role of ground that the dark principle played regarding light now corresponds to the spirit of evil (Geist des Bösen), and the existent out of the ground, the role of light, is now taken up by the spirit of love (Geist der Liebe). For, as in the initial creation, which is nothing other than the birth of light, the dark principle had to be as ground so that the light could be raised out of it (as from mere potency to actuality), so there must be another ground of the birth of spirit and, hence, a second principle of darkness that must be just as much higher than the first as spirit is higher than the light. This principle is the very spirit of evil that has been awoken in creation by arousal of the dark ground of nature, that is, the turning against each other [Entzweiung] of light and darkness, to which the spirit of love opposes now a higher ideal, just as the light had done previously in regard to the anarchic movement of initial nature. (AA I 17, 146 | SW VII, 377; my italics)42

Just as there had to be a dark ground so that light could shine through it, in the case of the higher-level of spirit the spirit of evil is the ground43 in contrast to which the spirit of love can emerge.

41  “Das Prinzip, sofern es aus dem Grunde stammt, und dunkel ist, ist der Eigenwille der Kreatur, der aber, sofern er noch nicht zur vollkommnen Einheit mit dem Licht (als Prinzip des Verstandes) erhoben ist, (es nicht faßt), bloße Sucht oder Begierde, d. h. blinder Wille ist. Diesem Eigenwillen der Kreatur steht der Verstand als Universalwille entgegen, der jenen gebraucht, und als bloßes Werkzeug sich unterordnet.” (my italics) 42 “Denn wie in der anfänglichen Schöpfung, welche nichts anderes als die Geburt des Lichtes ist, das finstre Prinzip als Grund seyn mußte, damit das Licht aus ihm, (als aus der bloßen Potenz zum Aktus), erhoben werden könnte: so muß ein anderer Grund der Geburt des Geistes, und daher ein zweytes Prinzip der Finsterniß seyn, das um so viel höher seyn muß, als der Geist höher ist, denn das Licht. Dieses Prinzip ist eben der in der Schöpfung durch Erregung des finstern Naturgrundes erweckte Geist des Bösen, d. h. der Entzweyung von Licht und Finsterniß, welchem der Geist der Liebe, wie vormals der regellosen Bewegung der anfänglichen Natur das Licht, so jetzt ein höheres Ideales entgegensetzt.” (my italics) 43  As ground, the spirit of evil is in a subordinated position, not actualized. This is consistent with the possibility and not the actuality of evil being essential to human freedom. “For evil is surely nothing other than the primal ground [Urgrund] of existence to the extent this ground strives toward actuality in created beings and therefore is in fact only the higher potency of the ground active in nature.” (AA I 17, 146 | SW VII, 378)

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Thus the will of the ground […] must be particular and a will of its own, one turned away from love, so that love, when it nonetheless breaks through the will of the ground, as light through darkness, may now appear in its omnipotence. (AA I 17, 144 | SW VII, 375; my italics)44

In this way, the dual structure of existence is required for self-revelation and serves as a template for different moments within the process. 2.4. The Dynamism of Actuality This template of dual existence, the relation between ground and existent, is a structure that is traversed by different levels of actuality. These moments are not merely successive but represent ever higher orders that presuppose the previous ones and subordinate them, making them into their ground. In this sense, actuality is a dynamic process, in contrast to dual existence as a structure. I suggest that we focus on the dynamism. By taking the different levels and their overcoming into account, as I will show, we can make better sense of the relation between spirit and nature and between human beings and God. In other words, we can then better understand the implications of Schelling’s real concept of freedom. Actuality does not only consist in the elevation out of potentiality into actuality, which is the way Schelling describes the light or the understanding and belongs to the order of the natural process. Rather, there is a more specific sense of actuality connected to the higher order of spirit and personality, of freedom and action. Here is a summary of the traits of actuality (Wirklichkeit) Schelling mentions in the Freiheitsschrift, which I will specify below. Actuality is, to summarize, an overcoming (Überwindung) which implies activity and resistance (Widerstand), and is characterized by liveliness (Lebendigkeit) as a specific kind of unity between the principles which corresponds to spirit (Geist). Actuality may imply the dual structure of existence, but it’s more than a structure. a) Overcoming (Überwindung) Actuality is not mere instantiation: neither mere facticity, nor simple realization of something potential. Just as ‘existence’ requires whatever exists to have a ground for its existence out of which – in opposition to which – the existent emerges or becomes manifest, the term ‘actual’ (wirklich) implies here an overcoming (Überwindung) of resistance, “actualization through opposition”.45 Overcoming requires something that is overcome. Thus, actuality implies both principles.

44  “[…] der Wille des Grundes […] muß, von der Liebe abgewandt, ein eigner und besondrer Wille seyn, damit nun die Liebe, wenn sie dennoch durch ihn, wie das Licht durch die Finsterniß, hindurchbricht, in ihrer Allmacht erscheine.” (my italics) 45  AA I 17, 168 | SW VII, 403.

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b) Resistance (Widerstand) If actuality is the overcoming of resistance or opposition, we could observe a connection between Schelling’s very early notion of actuality where it has a negative character 46 and the aspect of activity that we find here in the Freiheitsschrift. Overcoming opposition implies both resistance and activity. As Schelling writes in a much later work: “Act is only where there is resistance, where there is something that must be negated and sublated.” 47 c) Separation (Scheidung) Actualization requires a process of separation (Scheidung) in order for higher levels of unity to emerge. But it is only the understanding that develops what is hidden and contained in this ground merely potentialiter and raises it to actuality [zum Aktus]. This can only occur through separation, thus through science and dialectic […] (Freiheitsschrift, AA I 17, 177 | SW VII, 413 f.)48

d) Liveliness (Lebendigkeit) Actuality appears in connection with life, since liveliness implies overcoming resistance as well.49 However, actuality is not reduced to life in general. It corresponds more precisely to the notion of a living unity between the principles as forces, which turns out to be the role of the spirit (Geist). e) Personality (Persönlichkeit) Actuality corresponds to the level of spirit, freedom, and personality, and not to mere natural light: “All existence demands a condition so that it may become actual, namely personal, existence.” 50 The only way to think of a unity that is not merely essential or substantial, but rather a living, active unity is to think of both principles as subject to personality, so that the unity is free from both and is insofar a higher unity. The higher unity between the principles means that, having them both subordinated, a person can manage them both and relate to their nexus in different ways.

46 Cf.

Vom Ich, AA I 2, 137 Fn. | SW I, 209 Fn.; PR, SW VI, 38; 45. ist nur wo Widerstand, wo etwas ist, das negirt und aufgehoben werden muß.” (DRP, SW XI, 141) 48  “Aber nur der Verstand ist es, der das in diesem Grunde verborgene und bloß potentialiter enthaltene herausbildet und zum Aktus erhebt. Dieß kann nur durch Scheidung geschehen, also durch Wissenschaft und Dialektik […]” 49  Cf. AA I 17, 162 | SW VII, 396. 50  “Alle Existenz fodert eine Bedingung, damit sie wirkliche, nämlich persönliche Existenz werde.” (AA I 17, 164 | SW VII, 399; my italics) 47 “Actus

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f) Action (Handlung/Tat) Actuality (Wirklichkeit) appears often in relation to effectiveness (Wirksamkeit). Both stem from the verb wirken: to produce an effect, to be active. The key to the connection between spirit and actuality seems to be activity, or rather action. Human beings are “from the beginning action and deed”:51 it is impossible for a human being to have a being independent of her will. Furthermore, revelation is action and deed, as Schelling underlines. Creation is not a mere event but an act.52 g) Spirit (Geist) Although it is light (or the understanding) that brings out of potentiality into actuality in a process of gradual separation or excision, actualization as agency is ascribed to the higher potency of spirit, on the level of personality: The light or the ideal principle is, as the eternal opposite of the dark principle, the creating word which delivers [erlöst] the life hidden in the ground from non-Being and lifts it from potentiality [Potenz] into actuality [zum Aktus]. The spirit rises above the word, and spirit is the first being which unifies the world of darkness with that of the light and subordinates both principles to its actualization and personality. (AA I 17, 168 | SW VII, 404)53

This higher kind of active unity belongs most properly to the spirit (Geist). For God to reveal himself as spirit is for God to reveal himself as actually existent.54 Throughout the different moments that Schelling explains through the structure of ground and existent, there is an active overcoming of resistance that is then subordinated and turned to ground. It turns out that there is agency behind actuality as activity of overcoming. It is the word as dynamic unity of the principles that reveals God not as ground, or essence, but as actually existent: as living. And it is the spirit who pronounces the word onto nature, in other words, it is the spirit who illuminates the ground, transfiguring the dark principle and unifying them both.55 Thus, behind the actualization undertaken by the understanding, by light, lies the agency of the spirit. The main issue at stake is not just the distinction between ground and existent, then, but rather the kind of unity that this distinction enables. The original indiffer51  “Es fällt damit auch jene oft gehörte peinliche Frage hinweg: Warum ist eben dieser bestimmt, böse und ruchlos, jener andre dagegen fromm und gerecht zu handeln? denn sie setzt voraus, daß der Mensch nicht schon anfänglich Handlung und That sey, und daß er als geistiges Wesen ein Seyn vor und unabhängig von seinem Willen habe, welches, wie gezeigt worden, unmöglich ist.” (AA I 17, 155 | SW VII, 388) 52  Cf. AA I 17, 161 | SW VII, 396. 53  “Das Licht oder das ideale Prinzip ist als ein ewiger Gegensatz des finstern Prinzips das schaffende Wort, welches das im Grunde verborgene Leben aus dem Nichtseyn erlößt, es aus der Potenz zum Aktus erhebt. Ueber dem Wort gehet der Geist auf, und der Geist ist das erste Wesen, welches die finstre und die Lichtwelt vereiniget, und beyde Prinzipien sich zur Verwirklichung und Persönlichkeit unterordnet.” 54  Cf. AA I 17, 134 | SW VII, 364. 55  “For the eternal spirit proclaims unity or the word into nature.” (AA I 17, 134 | SW VII, 363)

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ence divides itself in two equally eternal beginnings so that the two principles may become one through love, and personal existence come to be.56 The point of the dual structure of existence is the specific kind of unity that is made possible through separation:57 the spirit as active, living unity of the principles. If actuality is a particular kind of activity that unites the principles, it presupposes them and subordinates them,58 so that actuality would be of a higher order regarding the dual structure of existence. For this reason, the dynamism of actuality reaches different degrees and higher levels which all share the dual structure of existence. In a certain sense, the dynamism elevates itself over the structure. The structure is overcome, not in the sense that it is eliminated, but in the sense that we now turn our focus to the activity rather than the structure. In this way, both good and evil in the specific sense applied only to human beings represent a higher order which presupposes (has as its basis) the natural process and its direction. In a similar way, ‘actuality’ in the Freiheitsschrift is a higher-order notion, a living kind of unity between the principles that behave as the ground and the existent, and a notion that allows for degrees and levels, while ‘existence’ rather refers to the structure iterated at each of the levels of actuality.

3. Naturalized Spirit (Freedom in Nature) As I mentioned above, Schelling’s aim is to develop a real concept of freedom in contrast to a merely formal one. The main difference between these two kinds of concepts is the following: while a formal concept of freedom is merely abstract and empty, a real concept would give freedom a content that would allow for a conception of freedom in the system and in nature, excluding a two-world understanding. A real concept of freedom grounds it in nature conceived as the process of gradual transfiguration and illumination of an element that is opaque in itself: a ground that is not intelligible by itself, but which only contains a yearning for understanding and offers resistance to its transfiguration. By showing how freedom is grounded in this kind of natural process, Schelling develops a real concept of freedom, one that integrates this opaque real ground of existence. Nevertheless, Schelling’s attempt of providing freedom with this real ground incurs the risk of reducing freedom to nature because their contents are the same. Schelling considers the spirit to be above nature because it is a new sort of unity among the principles that goes beyond the bond they have in the natural process. The unity of spirit is of a higher level than the mere bond between ground and existent. As such, the spirit is said to be ‘above the creaturely’, ‘above and outside all nature’, 56 

Cf. AA I 17, 172 | SW VII, 408. Cf. AA I 17, 160 f. | SW VII, 394 f. 58  Cf. AA I 17, 168 | SW VII, 404. 57 

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‘above the light’, ‘above the unity of light and the dark principle’, ‘free or above nature’: The principle raised up from the ground of nature whereby man is separated from God is the selfhood in him which, however, through its unity with the ideal principle, becomes spirit. Selfhood as such is spirit; or man is spirit as a selfish [selbstisch], particular being (separated from God) – precisely this connection constitutes personality. Since selfhood is spirit, however, it is at the same time raised from the creaturely into what is above the creaturely; it is will that beholds itself in complete freedom, being no longer an instrument of the productive universal will in nature, but rather above and outside of all nature. Spirit is above the light as in nature it raises itself above the unity of the light and the dark principle. Since it is spirit, selfhood is therefore free from both principles. (AA I 17, 134 f. | SW VII, 364)59

The spirit is of a higher order in the sense that it presupposes and overcomes both the ground and the existent, turning them both into its ground. It is a dynamic, living, active unity of the principles that is free from both, i.e., a unity that emerges once the initial bond has reached the adequate point of maximal separation. In this case, there is still the question of whether the spirit itself is the product of said process of gradual separation. If it were, the spirit would belong to nature. There are different aspects to this problem of a ‘naturalized spirit’: the problem of a ‘natural good’ and the problem of reducing the spirit to nature. 3.1. Natural Good One way the distinction between structure and dynamism becomes relevant is the problem of a ‘natural good’ that could seem to emerge if we do not take note of the difference between the notions of existence and actuality in this text. As I mentioned at the beginning, by attempting to think of freedom in nature, instead of having two separate worlds, Schelling incurs the risk of ontologizing freedom. This overarching theme of ontologized freedom can be summarized as the tension between freedom as an ontological principle which configures existence itself and freedom in the ‘real’, specific sense of freedom as human capacity for good and evil. If freedom becomes ontologized, how does it reconcile with the specific sense of freedom related to human agency, decision, and moral accountability? A parallel problem emerges with the notion of the good: the mere continuation of the process of

59  “Das aus dem Grunde der Natur emporgehobne Prinzip, wodurch der Mensch von Gott geschieden ist, ist die Selbstheit in ihm, die aber durch ihre Einheit mit dem idealen Prinzip Geist wird. Die Selbstheit als solche ist Geist; oder, der Mensch ist Geist als ein selbstisches, besondres, (von Gott geschiedenes) Wesen, welche Verbindung eben die Persönlichkeit ausmacht. Dadurch aber, daß die Selbstheit Geist ist, ist sie zugleich aus dem Kreatürlichen in’s Ueberkreatürliche gehoben, sie ist Wille, der sich selbst in der völligen Freyheit erblickt, nicht mehr Werkzeug des in der Natur schaffenden Universalwillens, sondern über und außer aller Natur ist. Der Geist ist über dem Licht; wie er sich in der Natur über der Einheit des Lichts und des dunkeln Prinzips erhebt. Dadurch, daß sie Geist ist, ist also die Selbstheit frey von beyden Prinzipien.”

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nature (we might call it a ‘natural good’) against the specific, actual, and effective good. Once Schelling has sketched the process of progressive transfiguration or illumination of the dark principle through light, it might seem as if this process itself is already the good, a good extended to all of nature. But that would reduce the good to nature. The specific human good would seem to consist, at the most, in allowing or consenting freely to this development, instead of turning it back in the opposite direction towards chaos.60 If the good were merely the correct order among the two principles that occupy the dual structure of existence in the positions of ground and existent, then nature would already be the good. It is helpful to focus on the difference between the dual structure of existence and the higher order of actuality and spirit in order to understand how the good is not reduced to the natural process. The dynamic free unity between the principles requires separation of the bond of forces. Only then can the higher unity of actuality emerge. Actualization is an operation on the principles, an activity. The process is explicitly a gradual one, in which we can distinguish different degrees of separation, that is, degrees of actualization. It is easy to see that, in the resistance of the yearning that is necessary for any complete birth, the innermost bond of forces loosens itself only in a gradually occurring unfolding; and at each degree of separation [Grade der Scheidung] of forces a new being emerges from nature whose soul must be that much more complete the more it contains separated what is not separated in other things. (AA I 17, 133 | SW VII, 362)61

It is important for Schelling’s objectives that the specific good not be completely independent from nature or alien to the natural process. If freedom is to be real, it must have content,62 and the contents upon which the spirit operates are those of nature. The good should rather be a further turn or an intensification of what is already in play in nature. The spirit must operate with the principles: since it has overcome them both, it can and it must decide how to act. The agency of the spirit is understood, from the point of view of nature, as a subordinating of both natural principles to the spirit’s actualization and personality.63 However, this agency becomes clearer once we realize that the spirit acts upon the principles by acting upon itself. 60  “For all evil strives back into chaos, that is, back into that state in which the initial centrum had not yet been subordinated to the light and is a welling up in the centrum of a yearning still without understanding.” (AA I 17, 144 | SW VII, 374) 61  “Es ist leicht einzusehen, daß bei dem Widerstreben der Sehnsucht, welches nothwendig ist zur vollkommnen Geburt, das allerinnerste Band der Kräfte nur in einer stuffenweise geschehenden Entfaltung sich löst; und bei jedem Grade der Scheidung der Kräfte ein neues Wesen aus der Natur entsteht, dessen Seele um so vollkommner seyn muß, je mehr es das, was in den andern noch ungeschieden ist, geschieden enthält.” 62  The term ‘real’ in this context, as contrast to a merely ‘formal’ concept of freedom, refers to the term ‘Realität’, which is related to intelligible content or matter. Cf. Courtine (1992), 179. 63  Cf. AA I 17, 168 | SW VII, 404; quoted above.

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Since, however, selfhood has spirit (because this reigns over light and darkness) – if it is in fact not the spirit of eternal love – selfhood can separate itself from the light; or self-will can strive to be as a particular will that which it only is through identity with the universal will; to be that which it only is in so far as it remains in the centrum […] also on the periphery; or as created being. (AA I 17, 135 | SW VII, 364 f.)64

The spirit is free and above nature because it is its own dual unity of wills: a selfhood (or self-will) that has been transfigured by the understanding (or universal will).65 The spirit can either bring its selfhood back into potentiality and subsume it to the universal will or, by placing its self-will above the universal one, further separate the two principles and alter the natural order. The principles themselves cannot account for evil or for the good since it is only the spirit that has the possibility of both. The spirit must configure itself one way or the other: it must be either spirit of evil (placing its self-will above everything else and making everything into an instrument of its selfhood) or spirit of love (subordinating its selfhood to the universal will). For their part, the ground can only offer resistance, and the light can only illuminate. The two aspects of existence, ground and the existent, correspond to two ways of effectiveness. Each force can only act in one direction. The dark principle must resist transfiguration, in order for there to be separation. […] one could say of the irrational principle that it resists the understanding or unity and order without supposing it to be an evil fundamental being on that account. […] The initial fundamental being can never be evil in itself because there is no duality of principles in it. (AA I 17, 143 f. | SW VII, 374 f.)66

In the same way that the irrational principle cannot be evil, transfiguration alone is not yet properly good and actualization in the sense of elevation from potentiality into actuality through separation requires actuality in the sense of a living unity undertaken by the spirit. As we will see below, the process of transfiguration or illumination ultimately stems from freedom, action, and the good in the specific sense. 64  “Dadurch aber, daß sie [die Selbstheit] den Geist hat, (weil dieser über Licht und Finsterniß herrscht), – wenn er nämlich nicht der Geist der ewigen Liebe ist – kann die Selbstheit sich trennen von dem Licht, oder der Eigenwille kann streben, das, was er nur in der Identität mit dem Universalwillen ist, als Partikularwille zu seyn, das, was er nur ist, inwiefern er im Centro bleibt, (so wie der ruhige Willen im stillen Grunde der Natur ebendarum auch Universalwille ist, weil er im Grunde bleibt), auch in der Peripherie, oder als Geschöpf zu seyn […]” 65  “Now selfhood or self-will is, however, only spirit and thus free or above nature by virtue of the fact that it is actually transformed in the primal will (the light) so that it (as self-will) indeed remains in the ground (because there must always be a ground) – just as in a transparent body the matter which has been raised to identity with the light does not for that reason cease being matter (the dark principle) – yet, it does so merely as a carrier and, as it were, receptacle of the higher principle of light.” (AA I 17, 135 | SW VII, 364) 66  “In welchem Sinne jedoch von dem irrationalen Prinzip gesagt werden könne, daß es dem Verstande oder der Einheit und Ordnung widerstrebe, ohne es deßwegen als böses Grundwesen anzunehmen, ist aus den früheren Betrachtungen einleuchtend. […] Das anfängliche Grundwesen kann nie an sich böse seyn, da in ihm keine Zweyheit der Prinzipien ist.”

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As it is, however, in no way the intelligent or light principle in itself that is active in the good, but rather this principle connected to selfhood, that is, having been raised to spirit, then, in the very same way, evil does not follow from the principle of finitude for itself but rather from the selfish or dark principle having been brought into intimacy with the centrum; and, just as there is an enthusiasm for the good, there is a spiritedness [Begeisterung] of evil. Indeed, this dark principle is active in animals as well as in all other natural beings, yet it is still not born into the light in them as it is in man: it is not spirit and understanding but blind craving and desire; in short, no fall, no separation of principles is possible here where there is still no absolute or personal unity. (AA I 17, 142 | SW VII, 372)67

How does this higher potency of actuality become visible? If freedom only consisted in the ability to continue the natural process, even assenting to it, there would seem to be a mere continuity between nature and freedom. Schelling stresses the importance of the separability of the principles in human beings, in contrast to God and even to animals and other natural beings. In a way, only because the principles can be separated does the activity of uniting them actually become visible.68 A specific notion of the good would of course only pertain to human beings, who are the only ones capable of a separation or rather inversion of the principles. Yet we have proven once and for all that evil as such could only arise in creatures in so far as light and darkness or both principles can be unified in a severable manner only in them. (AA I 17, 144 | SW VII, 374 f.)69

But what makes the activity of the spirit visible is ultimately not just possible evil but the good understood as the inversion of the inversion of the principles. Along these lines, actuality in the Freiheitsschrift does not simply mean the step from potency towards act effected by the light or understanding, but rather overcoming, that is, most properly: making an opposite potential, turning it into ground. Only selfhood that has been overcome, thus brought back from activity to potentiality, is the good and, as having been overtaken by the good, it also remains in the good from then on according to its potency. (AA I 17, 165 | SW VII, 400)70 67  “Wie es aber keineswegs das intelligente oder Licht-Prinzip an sich, sondern das mit Selbstheit verbundne d. h. zu Geist erhobene ist, was im Guten wirkt: eben so folgt das Böse nicht aus dem Prinzip der Endlichkeit für sich, sondern aus dem zur Intimität mit dem Centro gebrachten finstern oder selbstischen Prinzip; und wie es einen Enthusiasmus zum Guten giebt, eben so giebt es eine Begeisterung des Bösen. Im Thier, wie in jedem andern Naturwesen, ist zwar auch jenes dunkle Prinzip wirksam; aber es ist in ihm noch nicht in’s Licht gebohren, wie im Menschen, es ist nicht Geist und Verstand, sondern blinde Sucht und Begierde; kurz, es ist hier kein Abfall möglich, keine Trennung der Prinzipien, wo noch keine absolute oder persönliche Einheit ist.” 68  “Were now the identity of both principles in the spirit of man exactly as indissoluble as in God, then there would be no distinction, that is, God as spirit would not be revealed.” (AA I 17, 134 | SW VII, 364) 69  “Allein wir haben ein für allemal bewiesen, daß das Böse, als solches, nur in der Kreatur entspringen könne, indem nur in dieser Licht und Finsterniß oder die beyden Prinzipien auf zertrennliche Weise vereinigt seyn können.” 70  “Nur die überwundne, also aus der Aktivität zur Potentialität zurückgebrachte Selbstheit ist das Gute, und der Potenz nach, als überwältigt durch dasselbe, bleibt es im Guten auch immerfort bestehen.”

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The inversion of the inversion is the actual good that incorporates selfhood and becomes effective (wirksam): “Good without active selfhood is itself inactive good.”71 This actual, effective, active good is so to speak a double turn on the contents of nature, a higher level of actuality not reducible to a mere continuation or even to an assent to a progressing transfiguration. Rather, the specific actual good requires the spirit to operate on itself and submit its selfhood, turning it into ground of existence. As we will see below, this operation of self-configuration is only possible because the human spirit is not the highest level of unity but is subordinated to love. 3.2. Spirit Reduced to Nature? We have, on the one hand, a process of gradual separation or excision, the natural process. And, on the other hand, we have the spirit which is above nature because it overcomes and subordinates the two principles (in their position as ground and existent), but which will in turn become the ground for love. However, if the spirit is to be superseded, does the spirit become one of the steps of the natural process?72 Schelling’s second ontological aim in the Freiheitsschrift is to conceive freedom in nature, without any sort of two-world solution. It is not enough to show the compatibility of freedom and nature. Freedom must be real, that is, it must have a content which is not different from that of nature. Schelling aims at a thin line between the Scylla of nature and freedom as two worlds and the Charybdis of reducing freedom and spirit to nature. Without the careful distinction between existence and actuality, the spirit becomes naturalized, since it is ‘made of the same stuff’ as nature, and it shares the same dual structure of existence. As mentioned above, actuality is a particular kind of activity that unites the separated principles, presupposes them, and subordinates them, so that actuality is of a higher order regarding the dual structure of existence. However, if the dynamism of overcoming turns out to be simply a higher-level iteration of the structure, then it would seem that the spirit is merely a higher potency of nature. In contrast to Schelling’s philosophy of nature, it is therefore not even enough to distinguish between structure and dynamism. Even with this distinction, it still may seem as if the overcoming of the dual structure is itself an iteration of the structure, a sort of iterated function which contains an implicit development that only needs to be played out. In that case, dynamism would end up being reduced to structure. The overcoming would be pre-programmed into the structure, as it were. The spirit would seem to be merely a higher level of unity that shares and expresses the dual structure. Moreover, since spirit is not even the highest level of development, it would be only 71 “Ein Gutes ohne wirksame Selbstheit ist selbst ein unwirksames Gutes.” (AA I 17, 165 | SW VII, 400) 72  Recall the relativity of the existent position which at a following stage can turn out to be part of the ground: “that which relative to gravity appears as existent also belongs in itself to the ground” (AA I 17, 130 | SW VII, 358; my italics).

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one of its iterations, since the spirit in turn becomes the ground for love. Schelling does indeed underline the parallels between nature and spirit: “The same principle, which was the ground in the first creation, only in a higher form, is here also the germ and seed from which a higher world is developed.”73 At different levels, light and spirit, or nature and history, share the same dual structure and behave as mutual similes: The birth of spirit is the realm of history as the birth of light is the realm of nature. The same periods of creation which are in the latter are also in the former; and one is the likeness and explanation of the other. (AA I 17, 146 | SW VII, 377 f.)74

Is spirit, then, an overcoming of the dual structure or is the overcoming itself foreseen by the structure? It would not be an authentic overcoming then. Is spirit in that case only one of the contents of the template of dual existence? If we considered only the point of view of dual existence, instead of that of actuality, and allowed the dynamism to be reduced to the structure, we would lack a sufficient distinction between nature and spirit, between nature and freedom. The notion of “potencies”75 might help explain that there is no leap between the lower levels and what is active at the higher levels of the process or, in other words, that what develops is one and the same but expressed in different potencies, at different levels. However, it would seem problematic to simply see nature and spirit as different potencies of the same development, precisely because the motivation is to find an ontological space for freedom in nature without reducing freedom to nature. 3.2.1. Dynamism Generates Structure The notion of potencies that Schelling applies to the development, as mentioned above, would indeed seem to underline that there is one and the same unity at the beginning and at the different levels of the process. The highest unity must be present from the beginning in some way, it cannot emerge from nature if it is higher than nature. This argument leads to the statement that the highest form of unity must be at the origin of the whole development. Above spirit, however, is the initial non-ground [Ungrund] that is no longer indifference (neutrality) and yet not the identity of both principles, but rather a general unity that is the same against all and yet gripped by nothing, that is free from all and yet a beneficence acting in all, in a word, love, which is all in all. (AA I 17, 172 | SW VII, 408; my italics)76 73  “Das nämliche Prinzip, das in der ersten Schöpfung der Grund war, nur in einer höheren Gestalt, ist auch hier wieder Keim und Samen, aus dem eine höhere Welt entwickelt wird.” (AA I 17, 146 | SW VII, 378) 74  “Die Geburt des Geistes ist das Reich der Geschichte, wie die Geburt des Lichtes das Reich der Natur ist. Dieselben Perioden der Schöpfung, die in diesem sind, sind auch in jenem; und eines ist des anderen Gleichniß und Erklärung.” 75  Cf. AA I 17, 129 f.; 146 | SW VII, 358; 378. 76 “Aber über dem Geist ist der anfängliche Ungrund, der nicht mehr Indifferenz (Gleichgültig-

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However, per Schelling’s own arguments, it cannot be the highest form of unity if it does not also imply the highest separation. As mentioned above, the whole point of the dual structure of existence is that the highest form of unity not require finite beings in order to be manifest or existent. It contains its own alterity, its own separation (as always already superseded,77 as becomes explicit in the later work The Ages of the World). […] for the will to revelation would not itself be living if no other will turning back into the inner realm of being did not oppose it […] Thus, since there is a tendency in God working against the will to revelation, love and goodness or the Communicativum sui must predominate so that there may be revelation […] (AA I 17, 162 | SW VII, 396 f.)78

This means that dual existence, ontological fracture, is certainly at the very origin of the process. However, if we look closely at the text, we see that it is the dynamism of forces that generates the dual structure of existence, and not the other way around: Each being having emerged in nature according to the manner indicated [the gradually occurring division of forces] has a dual principle in itself which, however, is basically but one and the same considered from both possible sides. (AA I 17, 133 | SW VII, 362; my italics)79

As Schelling will painstakingly develop two years later in the Ages of the World, the main point is not the structure to be iterated, but the dynamism of forces that generates the structure.80 While the natural process should not be seen as a merely horizontal, diachronic development, neither is it a non-temporal, static order of different levels, as in mathematics or logic. If that were the case, we would have a structure but no dynamism. Dynamism requires a higher unity of the right kind, an actuality (liveliness, activity, effectiveness), that does not emerge from the process of nature but is rather at the origin of such a process. The structure is a result of the dynamism. Existence is the result of actuality.

keit) ist, und doch nicht Identität beyder Prinzipien, sondern die allgemeine, gegen alles gleiche und doch von nichts ergriffene, Einheit, das von allem freye und doch alles durchwirkende Wohlthun, mit Einem Wort, die Liebe, die Alles in Allem ist.” (my italics) 77  Cf. AA I 17, 164 | SW VII, 399. 78  “[…] es würde der Wille zur Offenbarung selbst nicht lebendig seyn, wenn ihm nicht ein andrer auf das Innere des Wesens zurückgehender Wille entgegenstünde […] So muß also doch, da eine dem Willen zur Offenbarung entgegenwirkende Tendenz in Gott ist, Liebe und Güte oder das Communicativum sui überwiegen, damit eine Offenbarung sey; und dieses, die Entscheidung, vollendet erst eigentlich den Begriff derselben als einer bewußten und sittlich-freyen That.” (AA I 17, 162 | SW VII, 396 f.; my italics) 79  “Jedes der auf die angezeigte Art [durch stufenweise Scheidung der Kräfte] in der Natur entstandnen Wesen hat ein doppeltes Prinzip in sich, das jedoch im Grunde nur Ein und das nämliche ist, von den beyden möglichen Seiten betrachtet.” (my italics) 80  Cf. Bowman (2019), 269 f.

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3.2.2. Decision as Ontological Openness The use of the term ‘potencies’ as a way of explaining that the actuality at the origin of the whole process is found at higher levels should not be understood reductively, as if the higher potencies are none other than the same forces of nature intensified. Rather, the higher unity, that is, actual personal activity, is always already behind the non-personal potencies of the process. The specific role of freedom must mark a difference to Schelling’s previous philosophy of nature. This is the reason why the ‘center’ of the human spirit makes visible the ‘center’ at the origin of the whole development. The human spirit is ‘intimate with the center’, can look down into the abyss of forces that originate the development because it too is essentially that kind of center: the eye of the hurricane, the openness between the opposed and bound forces. The deepest point (the ‘past’: what has been subsumed, overcome) and the highest point (the highest kind of overcoming) coincide.81 The human spirit is the articulation between inferior and superior kinds of unity: it either yields to its self-will or it yields to love, letting the good principle act.82 Notwithstanding the progression of potencies, there must be room for freedom: an ontological openness. There is a decision taking place, not just an intensification of ever higher levels. Once freedom appears, it is possible for the spirit either to submit to a higher level, or not to yield itself. In fact, the spirit decides its configuration (whether to place its self-will under the universal one or not) in accordance with its relation to the higher unity of love (whether it submits to love or not). For this reason, it can only be either spirit of evil or spirit of love. This openness is essential to human beings. Yielding is a decision, an act: not automatic, not necessary, and not a mere focus on a certain stage in the whole continuous development. It is a decision insofar as it is not a necessary transition but an openness. This is not a temporal decision, but an atemporal one, insofar as it is an origin, effective at each instant. It is not a decision in time or ‘before’ time, which would still be temporal. Rather, the openness of the center allows no distinction between the activity at the origin of the development and its highest level. Freedom connects the human spirit to the deepest and highest points of the system. Freedom places human beings at the center. At each moment, constitutively, the human spirit yields or does not.

81  “This raising of the deepest centrum into light occurs in none of the creatures visible to us other than man. In man there is the whole power of the dark principle and at the same time the whole strength of the light. In him there is the deepest abyss and the loftiest sky or both centra. The human will is the seed – hidden in eternal yearning – of the God who is present still in the ground only; it is the divine panorama of life, locked up within the depths, which God beheld as he fashioned the will to nature. In him (in man) alone God loved the world, and precisely this likeness of God was possessed by yearning in the centrum as it came into opposition with the light.” (AA I 17, 134 | SW VII, 363) 82  Cf. AA I 17, 156 | SW VII, 389.

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4. Ontologized Freedom (Freedom at the Center of the System) Finally, we have the problem not just of the naturalization of the spirit, but of the ontologization of freedom. The risk, when stressing the ontological room for freedom and showing that freedom is at the very foundation of existence, is to end up with a notion of freedom so broad as to be unrecognizable. If freedom is everything, nothing is freedom. Indeed, how can Schelling affirm both that freedom is the ontological foundation of all that is actual83 (freedom as a principle of existence), and at the same time maintain a specific concept of freedom that does not dilute freedom into a generic concept of being?84 In the following section, I take the methodological connection between human and divine freedom as the key to solve the problem of an ontologized freedom. The main notion that allows Schelling to show how a specific notion of freedom can be at the origin and foundation of being is his conception of God as a person. Ultimately, the problems about the actuality of the absolute that Schelling had been aiming to solve since the philosophy of identity lead him to a personal God that is actual per se but freely decides to reveal himself in order to actualize love. There is a certain parallel between Schelling’s earlier absolute and his notion of a non-ground or Ungrund, that is at the origin of the whole development, but not yet actualized, not yet as love. The Ungrund could seem to share this characteristic with the absolute of the philosophy of identity: it has no actuality of its own. Once love is actualized through creation and revelation, it would seem to share the problem of dependence on finite beings for its actuality. Schelling’s key to solve the problem is to conceive of creation and revelation as a free decision in the specific sense of freedom. 4.1. Generic vs. Specific Senses of Freedom This ontological problem of generic vs. specific senses, of freedom in this case, has appeared in different guises in the philosophical tradition, for instance when trying to define ‘being’ or ‘existence’. There is a realization that these concepts are too broad for definition, and at the same time an interest in gaining a certain profile that does not let them become trivial, empty notions. Also in the discussion on the concept of life there is a parallel problem: is ‘life’ best understood as the minimal common denominator shared by all living beings (e.g., metabolism) or should we attempt to understand specific traits that only some living beings possess as their life (e.g., thought or action in the case of rational animals)? Famously in Aristotle’s Metaphysics there is a question of whether the science of being qua being (universal) should be theology 83 

Cf. AA I 17, 124 | SW VII, 351. its broadest formal sense of self-determination, freedom would become the paradigm of organic nature. S. Schwenzfeuer makes a similar argument based on Schelling’s previous work that stresses the egoical structure of nature and Schelling’s talk of freedom as the true ‘thing in itself’; cf. Schwenzfeuer (2013). 84  In

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(particular), given that a very specific kind of substance is a principle of being. The well-known answer there is that theology, although it considers only a particular kind of substance, is ‘universal because it is first’. In Schelling’s context the question could be formulated as follows: how is the freedom that is ontologically at the basis of all existence — without which it would be impossible for human freedom to emerge in nature — how is that notion of freedom related to specific human freedom, real freedom, as the capacity for good and evil? Is freedom ‘universal because it is first’, that is, is it also a specific notion of freedom as decision and act which is at the foundation of existence itself? Is divine freedom the key to obtaining a real concept of human freedom anchored in nature, and vice versa? The methodological connection between human and divine freedom, the characterization of both human beings and God as persons, points towards this main challenge of the Freiheitsschrift: How is freedom possible in God?85 Only if God is free, and free from himself, that is, free to allow or rather to liberate ontological room for other free beings. Divine freedom is manifest in human freedom; human freedom is necessary to understand divine freedom. Human freedom would be the ratio cognoscendi of divine freedom and divine actuality, and divine freedom the ratio essendi of human freedom in nature. 4.2. Freedom to Yield to Love Perhaps one of the strengths of Schelling’s particular dialectics is the conviction mentioned above that we humans are not the highest tier of the process of transfiguration. We might understand the origin of the whole development from the point of view of our freedom, but that does not mean that our freedom is the last word or the ultimate goal of the process. Human freedom is not the summit from which we look back and realize what was being articulated all along. Indeed, the unity of spirit must give way to an even higher form of unity, that of love. The human spirit with its capacity for good and evil can and must become the ground, that is, it must fundamentally submit, to the spirit of love: “For even the spirit is not yet the highest thing; it is but spirit or the breath of love. Yet love is the highest.”86 4.2.1. Human Freedom to Yield Indeed, freedom as an ontological gap or openness goes hand in hand with the fact that human freedom is not the highest tier of the development. It is because freedom is an articulation between both inferior and superior kinds of unity that there is an ontological gap between them. 85 

Cf. AA I 17, 113 f. | SW VII, 339. auch der Geist ist noch nicht das Höchste; er ist nur der Geist, oder der Hauch der Liebe. Die Liebe aber ist das Höchste.” (AA I 17, 170 | SW VII, 405 f.) 86  “Denn

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Human freedom consists in giving way to the higher unity of love. Not in the sense of a later temporal stage (as if love were the post-freedom stage of the development), not temporal at all, but rather configuring the spirit at each moment, in each action. Freedom consists in the decision we must take to either give way to the higher unity of love, and submit our selfhood to love, or to not submit and drag everything down to a lower level of unity. By submitting to love, the spirit configures itself accordingly, subordinating its self-will to the universal will and thus ordering light above the dark principle. In contrast, the decision to reject love leads to a sub-human level, 87 in the sense that we then use our spirit, our freedom and understanding, to attach ourselves to nature and to reject who we are (i.e., spirit, in nature but above nature, at the center of the system between nature and love). Human freedom as the ‘center’ of the system88 is not the middle point of a diachronic development, it is rather the core, the nucleus of the whole dynamics. The human spirit is not just at the center, it is a center. That is why Schelling writes that human essence is act. Human essence is nothing static or impassible, but rather decision, crisis, “devouring fire”:89 either yielding or bending upon oneself. The decision of the spirit is not between two horizontal options but rather vertical: to submit to a higher unity of love or to yield to an inferior unity, becoming ‘selfbent’. By submitting to love, the spirit assumes its right position of articulation between higher and lower unity, and thus orders nature. By refusing to submit, it becomes disordered and allows disorder to come into the natural bond of forces. As Thomas Buchheim underlines, these two modes of spirit belong already to the spirit’s self-constitution. There is no neutral spirit,90 but rather we must unavoidably decide to configure ourselves open and unbound or enclosed and selfbent. Man stands on the threshold [Scheidepunkt]; whatever he chooses, it will be his act: but he cannot remain undecided because God must necessarily reveal himself and because nothing at all can remain ambiguous in creation. (AA I 17, 143 | SW VII, 374)

Spirit is a kind of unity, formal freedom, that makes real freedom possible. Real freedom, freedom for good and evil, is not just a kind of unity but the open decision that is made possible and inevitable by that unity. Buchheim convincingly argues that the spirit must constitutively determine itself (self-determination, formal freedom) with a good or evil tendency (real freedom).91 I argue that the reason for this is the relation of the human spirit not just to nature but to the higher unity of love. We may consider human freedom as the articulation between an inferior and a superior kind of unity. Regarding the inferior bond of natural principles, freedom belongs to the spirit as the capacity for self-determination that is above both princi87 

Cf. AA I 17, 142 | SW VII, 373. is to be a “ruling centerpoint” (herrschender Mittelpunkt) of the system (AA I 17, 111 | SW VII, 336). 89  AA I 17, 149 | SW VII, 381. 90  Cf. Buchheim in this volume (271). 91  Cf. Buchheim in this volume (271). 88  Freedom

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ples and free from them. Regarding the superior unity of love, freedom consists in the decision to yield itself or not. Freedom considered from the perspective of nature, its inferior unity, corresponds to formal freedom. There is formal freedom because the spirit is self-determining, which situates it above nature, upon which the spirit operates. However, this self-determination would be merely abstract if we did not consider its place within the whole system. The spirit is higher than nature, but love is higher than the spirit. The self-determination of the spirit is inseparable from its yielding to this higher level or its refusal to accept its place within the whole (the centrum). The real concept of freedom situates human freedom in nature and at the very center of the system, because it both gives freedom a content, not separate from that of nature, and it places freedom as a decision in relation to divine freedom and love. In this sense, the act of real freedom is not simply identical with spirit. Spirit consists in the higher unity that subjects both ground and existence and has power over their bond so that it can invert the position of the principles and either put itself in the position of the existent (subjecting everything else and turning it into its mere ground or instrument) or turn itself into the ground for a higher unity, submitting to love. In this way, although the emergence of a higher and actual level of unity (spirit above the forces of nature) constitutes formal freedom, real freedom itself is in the act, in the unavoidable decision to yield or not. For this reason, the most authentic good is the overcoming of evil, the inversion of the inversion, since according to Schelling it is the spirit of evil that turns into the ground to the spirit of love. But suppose now that human or divine assistance – (man always requires some assistance) – may destine an individual to convert to the good, then, that he grants the good spirit this influence and does not positively shut himself off from it […] (AA I 17, 156 | SW VII, 389)92

Transforming its selfbent mode, spirit becomes a ground to the higher unity of love. Such transmutation requires the radically evil spirit being open to receiving help towards an inversion of the inversion, an action that already belongs to the original deed. The actual giving way is the letting be, the self-surrender that Schelling describes as a “letting the good principle act in oneself” [in-sich-handeln-Lassen].93 4.2.2. Divine Freedom to Yield One way to look at this specific notion of freedom as decision in connection with the ontological notion is to consider something that is new in the Freiheitsschrift in rela-

92  “Allein es sey nun, daß menschliche oder göttliche Hülfe – (einer Hülfe bedarf der Mensch immer) – ihn zu der Umwandlung ins Gute bestimme, so liegt doch dieß, daß er dem guten Geist jene Einwirkung verstattet, sich ihm nicht positiv verschließt […]” 93  AA I 17, 156 | SW VII, 389.

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tion to Schelling’s earlier work: the conception of both God and the human being as persons.94 It is through human freedom that we gain access to divine freedom. The principles are not reversible in God. However, it is because the principles are reversible for human beings that we are able to realize that also in God there are dynamic principles. God shares the dual structure of existence even if the ground has been eternally subordinated to God himself. We know that God is free, even if he’s not capable of evil, because we are free. But what does divine freedom consist in, then? In what sense is God free? In what sense is divine freedom the foundation of all existence? And how can there be room left for human freedom, if God is free? Schelling begins the Freiheitsschrift with this problem and comes back to it at the end. Freedom has emerged throughout Schelling’s argument ultimately as a decision in favor of love which is not necessary, so that in human beings it could as well be a decision against love (evil). The spirit either yields to the higher actuality of love by subordinating itself or remains bent on itself. Even in God, freedom is a decision and an act of yielding in favor of love. As Schelling writes in a passage quoted above: Thus, since there is a tendency in God working against the will to revelation, love, and goodness or the Communicativum sui must predominate so that there may be revelation; and this, the decision, only really completes the concept of revelation as a conscious and morally free act. (AA I 17, 162 | SW VII, 397)95

Divine freedom is specific too, also a decision to yield to love,96 and, at the same time, the ontological foundation of all that is actual. The highest unity turns out to be always already active, not a beginning in a temporal sense, but rather in the center, the origin, the point where the openness emerges. Love is a unity that is active throughout the whole.97 Indeed, when the spirit yields to love, the actual God, God as love, is then the living unity of the forces: The general possibility of evil consists, as shown, in the fact that man, instead of making his selfhood into the basis, the instrument, can strive to elevate it into the ruling and total will and, conversely, to make the spiritual within himself into a means. If the dark principle of selfhood and self-will in man is thoroughly penetrated by the light and at one with it, then God, as eternal love or as actually existing, is the bond of forces in him. (AA I 17, 156 | SW VII, 389 f.)98

94 

Cf. AA I 17, 160 f.; 164; 167 f. | SW VII, 395 f.; 399; 403. “So muß also doch, da eine dem Willen zur Offenbarung entgegenwirkende Tendenz in Gott ist, Liebe und Güte oder das Communicativum sui überwiegen, damit eine Offenbarung sey; und dieses, die Entscheidung, vollendet erst eigentlich den Begriff derselben als einer bewußten und sittlich-freyen That.” 96  Cf. AA I 17, 161 | SW VII, 395. 97  Cf. AA I 17, 172 | SW VII, 408; quoted above. 98  “Die allgemeine Möglichkeit des Bösen besteht, wie gezeigt, darin, daß der Mensch seine Selbstheit, anstatt sie zur Basis, zum Organ zu machen, vielmehr zum herrschenden und zum Allwillen zu erheben, dagegen das Geistige in sich zum Mittel zu machen streben kann. Ist in dem Menschen das finstre Prinzip der Selbstheit und des Eigenwillens ganz vom Licht durchdrungen 95 

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4.3. Specific Divine Freedom as Ontological Foundation It is ultimately shown that freedom as the ontological foundation of all that is actual is not a generic, ontologized notion, but the very specific real freedom that has emerged throughout Schelling’s argument: a decision in favor of love that overcomes resistance and enclosure and makes ontological room for other actual (i.e., alive, personal, free) beings. Plainly free or conscious will is, however, the will of love, precisely because it is what it is: the revelation that results from it is action and act. The whole of nature tells us that it in no way exists by virtue of a merely geometrical necessity; in it there is not simply pure reason but personality and spirit […] The creation is not an occurrence but an act. There are no results from general laws; rather, God, that is, the person of God, is the general law, and everything that happens, happens by virtue of the personality of God, not according to some abstract necessity that we in acting would not tolerate, to say nothing of God. (AA I 17, 161 | SW VII, 395 f.)99

5. Actuality as the ‘Prius of the Ground’ 5.1. ‘Prius of the Ground’ Inversion of the Argument In the Freiheitsschrift, we can reconstruct Schelling’s argument for the ontological room of freedom through the following steps: 1) Existence: dual structure 2) Actuality: dynamism of overcoming 3) Real freedom: decision, an act of yielding or not 4) Love: a higher unity made possible by an act of freedom of the spirit This is the order in which Schelling argues in the Freiheitsschrift. One step leads to the other, as its condition of possibility. Each previous step must be presupposed if we want to reach the following one, as its ground. However, once we reach the end of Schelling’s text, we realize that love, the last step attained, must have been at the very origin (as Ungrund). In fact, love preceded the decision, which in turn gave way to the dynamism of forces, which produced the structure of existence. The actuality is at each step the prius of the ground, as Schelling writes:

und mit ihm Eins, so ist Gott, als die ewige Liebe, oder als wirklich existirend, das Band der Kräfte in ihm.” Cf. also AA I 17, 144 | SW VII, 375. 99  “Schlechthin freyer und bewußter Wille aber ist der Wille der Liebe, eben weil er dieß ist; die aus ihm folgende Offenbarung ist Handlung und That. Die ganze Natur sagt uns, daß sie keineswegs vermöge einer bloß geometrischen Nothwendigkeit da ist; es ist nicht lautre reine Vernunft in ihr, sondern Persönlichkeit und Geist […] Die Schöpfung ist keine Begebenheit, sondern eine That. Es giebt keine Erfolge aus allgemeinen Gesetzen, sondern Gott, d. h. die Person Gottes, ist das allgemeine Gesetz, und alles, was geschieht, geschieht vermöge der Persönlichkeit Gottes; nicht nach einer abstrakten Nothwendigkeit, die wir im Handeln nicht ertragen würden, geschweige Gott.”

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God has in himself an inner ground of his existence that in this respect precedes him as existent; but, precisely in this way, God is again the prius of the ground in so far as the ground, even as such, could not exist if God did not exist actu. (AA I 17, 130 | SW VII, 358)100

5.2. Ungrund and Love Love is beyond and above the spirit, it is that to which freedom yields. At the same time, it is at the very origin of existence.101 In that sense, not yet as love, it is called non-ground (Ungrund). Love is the actual, manifest, pronounced unity that has gone through separation and overcome all resistance, but it is still always beyond the development, you can still only point at it through the dialectical progression. This is a structure that we can see in play in many of Schelling’s works: a limpidity pointed at, always beyond reach, and at the same time already behind us, as condition of possibility of the whole development. Doesn’t Schelling here fall back to the problem of a non-actual absolute from 1801? It could seem that way. The Ungrund is absolute, but not actual; Love is actual but in some sense dependent on finite beings. The crucial difference is that God’s dependence on finite beings for his actuality (as person, as love) is considered a free decision this time: an actual letting be that unbinds the dynamism rather than a static prism of endless finite manifestations.

6. Conclusion According to this insight gained at the end of the Freiheitsschrift, we can look back and summarize three ontological goals and three challenges that are illuminated by the distinction between structure and dynamism, between existence and actuality: We first had the problem of (1) ‘freedom in the system’: against an absolute that does not act and is not actual, a dual structure of existence allows Schelling to include alterity within unity, transforming the very notions of absolute and system. Why this is required for freedom becomes most clear at the end of the Freiheitsschrift, namely once we realize that at the very origin of existence there is a decision, an act, to overcome a force resisting love, and thus set the dynamism free. Then, we had the problem of understanding (2) ‘freedom in nature’ without reducing it to nature. The dynamism of actuality is not only above the dual structure of existence but rather generates the structure: there is a higher unity active at the very origin rather than a naturalized spirit. 100  “Gott hat in sich einen innern Grund seiner Existenz, der insofern ihm als Existirenden voran geht: aber eben so ist Gott wieder das Prius des Grundes, indem der Grund, auch als solcher, nicht seyn könnte, wenn Gott nicht actu existirte.” 101  “Sie ist das, was da war, ehe denn der Grund und ehe das Existirende (als getrennte) waren, aber noch nicht war als Liebe […]” (AA I 17, 170 | SW VII, 406)

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Finally, regarding the problem of an ontologized freedom, where the general ontological notion would seem to eclipse the specific notion of freedom: at the origin of the dynamism there turns out to be real, specific freedom in the sense of a decision, motivated by love. For this reason, Schelling can understand (3) ‘freedom at the center of the system’, as what holds the system together and connects humans and God. Indeed, the real concept of freedom has a content not different to that of nature. It thus ankers human freedom in nature, but the system is broader than nature, and human freedom is not the highest level of the system. For freedom to be at the very center of the system, Schelling must show that real freedom also situates human freedom, as capacity to yield to love or not, in relation to divine freedom.102 Schelling’s new ontological conceptions (existence, actuality, system, the absolute) do not result in an ontologized freedom (i.e., a paradigm of existence that dilutes real, specific freedom) but rather open up the possibility of a notion of being and existence not merely compatible with but originated and marked by freedom: unbounded being.103

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Cf. AA I 17, 113 f. | SW VII, 339. I would like to thank Thomas Buchheim, Thomas Frisch, Nora Wachsmann and all the participants in the international research project ‘Schellings Philosophie der menschlichen Freiheit’, generously funded by the Deutsche Forschungsgemeinschaft, for such fruitful discussion and helpful comments. For their help in preparing this article, I am grateful to Ana Zacil Vieyra, Nora Angleys, Thomas Frisch and Catherine Peters. 103 

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Courtine, J.-F. (1992), Art. “Realitas”, in: Ritter, J./Gründer, K. (eds.), Historisches Wörterbuch der Philosophie, vol.  8, Basel. Gardner, S. (2017), “The Metaphysics of Human Freedom: From Kant’s Transcendental Idealism to Schelling’s Freiheitsschrift”, in: British Journal for the History of Philosophy 25, 133– 156. Hermanni, F. (1994), Die letzte Entlastung. Vollendung und Scheitern des abendländischen Theodizeeprojektes in Schellings Philosophie, Wien. Kosch, M. (2002), “‘Actuality’ in Schelling and Kierkegaard”, in Stewart, J./Cappelørn, N. J. (eds.), Kierkegaard Studies Yearbook, Berlin/Boston. Schwenzfeuer, S. (2013), “Der ontologische Begriff der Freiheit. Über eine systematische Vo­ raussetzung von Schellings Freiheitsschrift”, in: Emundts, D./Sedgwick, S. (eds.), Internationales Jahrbuch des Deutschen Idealismus/International Yearbook of German Idealism 9 (2011), Berlin/Boston, 169–190.

Die logisch-ontologischen Grundbegriffe der Freiheitsschrift und das Wesen der menschlichen Freiheit Markus Gabriel Es wird häufig übersehen, dass die sogenannte Freiheitsschrift sich nicht direkt mit der menschlichen Freiheit, sondern primär mit ihrem Wesen beschäftigt. Dabei liegt es nahe, den logisch-ontologischen Faden im Umfeld des Wesensbegriffs zu verfolgen, da eine der Thesen der Untersuchungen bekanntlich lautet: „das Wesen des Menschen ist wesentlich seine eigne That“.1 Dies kann man geradezu als die Hauptthese über die menschliche Freiheit bezeichnen, deren logisch-ontologische Rahmenbedingungen der Text artikuliert. Schelling führt in diesem Zusammenhang den Begriff der „absolute[n] Freyheit“ ein: „frey ist, was nur den Gesetzen seines eignen Wesens gemäß handelt, und von nichts anderem weder in noch außer ihm bestimmt ist“.2 Im Folgenden werde ich zunächst einige Elemente von Schellings logisch-ontologischer Rahmentheorie erörtern, welche die Grundlage des Begriffs eines autonomen Wesens des Menschen liefert. Schelling versucht zu zeigen, dass der Mensch jeweils ein Individuum ist, das in keinem Bestimmtheitsgefüge aufgeht. Der Mensch ist kein Knoten eines über ihn hinausgehenden Netzwerks, kein Element einer Struktur, sondern durch sein eigenes Wesen bestimmt. [V]on einer solchen Bestimmtheit gilt der Spruch: Determinatio est negatio, keineswegs, indem sie mit der Position und dem Begriff des Wesens selber Eins, also eigentlich das Wesen in dem Wesen ist. (AA I 17, 152 | SW VII, 384)

Anschließend werde ich Schellings Überlegung im Umfeld seiner wegweisenden Einsicht rekonstruieren, dass „[d]as intelligible Wesen jedes Dings, und vorzüglich des Menschen“ dem „Idealismus“ „zufolge ausser allem Kausalzusammenhang, wie ausser oder über aller Zeit“3 ist.

1 

AA I 17, 152 | SW VII, 385. AA I 17, 152 | SW VII, 384. 3  AA I 17, 151 | SW VII, 383. 2 

248

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1. Die Rahmentheorie: Grund, Existenz, Ungrund Häufig wird die Distinktion zwischen Grund und Existierendem verkürzt wiedergegeben, was ihre eigentliche Pointe verfehlt. Schelling unterscheidet nämlich nicht einfach nur zwischen zwei Prinzipien, sondern führt eine Unterscheidung ein zwischen „dem Wesen, sofern es existirt, und dem Wesen, sofern es bloß Grund von Existenz ist“.4 Schelling illustriert diese Unterscheidung anhand des Gottesbegriffs, um auf diese Weise ein neues Paradigma zur Lösung bekannter Freiheitsprobleme (einschließlich der Theodizee) zu skizzieren. ‚Gott‘ bezeichnet hierbei zunächst lediglich ein starkes Immanenzprinzip. Gott wird darüber eingeführt, dass „nichts vor oder ausser“5 ihm sei. Dies erlaubt den genialen Schachzug, die Natur als etwas zu verstehen, was „in Gott“6 ist. Das Argument, das einem solchen Manöver zugrunde liegt, kann man mit etwas hermeneutischem Abstand folgendermaßen auffassen. ‚Gott‘ sei zunächst unser Name für das Absolute oder Unbedingte im Sinne desjenigen, zu dem nichts eine Beziehung aufbauen kann, ohne Teil von ihm zu sein. Damit ist pace Spinoza noch nicht entschieden, dass es nur ein einziges Absolutes oder Unbedingtes geben muss, wie wir noch sehen werden. Nun finden wir die Natur vor als einen bereits distinguierten Raum der Einzeldinge (als natura naturata). In dieser Natur bestehen Relationen zwischen den Einzeldingen, die in ihr vorkommen. Diese Relationen (Schelling führt als Beispiel die übrigens bis heute nicht auf ein Absolutes reduzierte Relation zwischen „Schwerkraft“ und „Licht“7 an) setzen natürliche Entitäten in ein wesentliches Verhältnis, d. h. ein Verhältnis, ohne das sie nicht sein könnten, was sie sind. Davon können wir die „absolute[.] Identität“8 unterscheiden, d. h. den Fall einer Selbst­identität, die nicht über Verhältnisse zu anderen Gegenständen etabliert wird. Die Selbstidentität Cäsars ergibt sich u. a. aus seinen Verhältnissen zu anderen Gegenständen – sei dies im strikten Leibnizianischen Modell ein so weiter Rahmen wie die gesamte vierdimensionale Cäsarweltlinie oder in einem minimaleren Essentialismus à la Kripke die notwendige biologische Verbindung seiner Eltern, die ihn zu Cäsar macht. Cäsars Selbstidentität wird über Verhältnisse zwischen Gegenständen hergestellt, die prima vista ihrerseits wiederum Gegenstände sind, deren Selbstidentität über Verhältnisse zwischen anderen Gegenständen hergestellt wird. Damit erhalten wir den „Begriff des Werdens“,9 den Schelling ausdrücklich als den „einzige[n] der Natur der Dinge angemessene[n]“10 bezeichnet.

4 

AA I 17, 129 | SW VII, 357. AA I 17, 129 | SW VII, 357. 6  AA I 17, 129 | SW VII, 358. 7  AA I 17, 129 | SW VII, 358. 8  AA I 17, 130 | SW VII, 358. 9  AA I 17, 130 | SW VII, 358 f. 10  AA I 17, 130 | SW VII, 359. 5 

Die logisch-ontologischen Grundbegriffe der Freiheitsschrift

249

Damit ist er wohlgemerkt nicht auf einen Herakliteismus festgelegt, da er eine solche Prozessontologie lediglich der Natur der Dinge, nicht aber den Dingen als solchen unterlegt. Denn ‚Natur‘ und ‚Wesen‘ der Dinge sind gerade nicht identisch. Das Wesen eines Dings ist nämlich seine Selbstidentität, die nicht erst durch Beziehungen zu anderen Gegenständen hergestellt werden kann, da ansonsten ein vitiöser Regress drohte, was in der jüngsten Holismusdiskussion besonders deutlich von Robert Brandom vorgeführt wurde.11 Wenn alle Gegenstände nur dadurch individuiert würden, dass sie in einer sie individuierenden Beziehung zu anderen Gegenständen stünden, drohte der Begriff einer Beziehung sich aufzulösen in die inkohärente Idee, dass es insgesamt nur Relationen ohne Relata gibt.12 Auf diese Weise ergibt sich der Begriff der absoluten Identität, der dadurch berechtigterweise eingeführt werden kann, dass wir ohne ihn in die Schwierigkeit geraten, keine bestimmten Beziehungen zwischen Gegenständen einführen zu können. Die Natur als der Raum des Distinkten muss also von etwas unterschieden werden, was selbst nicht mit einer der natürlichen Entitäten identisch ist, und genau dies nennt Schelling nun ‚Gott‘. Gott und Natur sind nicht identisch und dennoch gehören sie nicht zwei Bereichen an, die voneinander isoliert wären. Vielmehr wird die Natur in Gott verortet. Dieses Verhältnis des Enthaltenseins bestimmt Schelling begrifflich freilich noch weiter. Die Natur ist das „Wesen, sofern es bloß Grund von Existenz ist“13 ist. Damit ist der Gedanke von etwas verbunden, was mit keinem Naturgegenstand identisch ist, etwas, was also aus der Natur heraus-steht (ek-sistiert), d. h. nicht in ihr vorkommt. Dies ist das „Wesen, sofern es existirt“.14 Schelling bleibt freilich nicht bei einer solchen logischen Statik stehen, die zwischen Selbstidentität und Identität unterscheidet, sondern arbeitet auf der Grundlage einer „dynamische[n] Vorstellung der Natur“,15 die sich im Laufe der Abhandlung zu einer allgemeinen „dynamischen Erklärungsart“16 erweitert. Diese Dynamik artikuliert sich auch auf der Ebene der 11  Brandom (2002), 183 f.; vgl. dazu Gabriel (2014a), §§  14 f. Die Freiheitsschrift hebt mit einer Festlegung auf einen semantischen Holismus an: „Da jedoch kein Begriff einzeln bestimmt werden kann, und die Nachweisung seines Zusammenhangs mit dem Ganzen ihm auch erst die letzte wissenschaftliche Vollendung giebt“ (AA I 17, 111 | SW VII, 336) usw. Für jeden (philosophischen) Begriff gilt also, dass der „Zusammenhang dieses Begriffs mit dem Ganzen einer wissenschaftlichen Weltansicht“ (AA I 17, 111 | SW VII, 336) in Rechnung zu stellen ist. Es ist übrigens nicht eindeutig der Fall, dass diese Aussage für jeden und damit auch für jeden nicht-philosophischen Begriff oder gar für Bedeutung überhaupt gilt, wofür wenig spricht, wie man etwa der Gegenargumentation entnehmen kann bei Fodor/Lepore (1992). 12 Dafür halten im Ausgang von einer Interpretation der Quantenmechanik Ladyman/Ross (2007). Diese Deutung ist freilich – wie jede andere auch – umstritten und beruht letztlich auf Metaphysik und nicht auf Physik allein. So zu Recht Dorr (2010) in seiner Rezension in den Notre Dame Philosophical Reviews. 13  AA I 17, 129 | SW VII, 357. 14  AA I 17, 129 | SW VII, 357. 15  AA I 17, 122 | SW VII, 349. 16  AA I 17, 162 | SW VII, 396.

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Theorie selbst, die von einem „Weltwesen“,17 dem Menschen, formuliert wird, und damit in ihren Intelligibilitätsbedingungen der Dynamik der Natur untersteht. Die Dynamik besteht zunächst darin, dass Schelling auf einen „Zirkel“ aufmerksam macht, „daraus alles wird“.18 Dieser Zirkel besteht darin, dass Gott und Natur in einem Wechselverhältnis stehen: Ohne die Natur fehlte Gott die für ihn wesentliche Eigenschaft, nichts Natürliches zu sein; ohne Gott hätte die Natur keinerlei Einheit, sondern sie zerfiele in einen vitiösen Bestimmungsregress, in dem keine Gegenstände unterscheidbar wären. Als Argument für die Unerlässlichkeit Gottes in diesem Szenario kann man anführen, dass die natürlichen Gegenstände in Verhältnissen stehen, die sie nicht in verschiedene Systeme zerfallen lassen, sondern die einen Kausalzusammenhang herstellen (wie weit genau dieser auch immer reichen mag). Die natürlichen Gegenstände, die wir kennen, gehören jedenfalls zu einer Natur. Die Einheit dieser Natur ist selbst kein weiterer Gegenstand in der Natur und kann deswegen nicht unter Hinweis auf die Gegenstände selbst sichergestellt werden. In diesem Wechselverhältnis wäre die Natur nichts ohne Gott, aber Gott auch nichts ohne die Natur, da er diese wesentlich in sich hat. Das Wesen ist in diesem Fall diese gesamte Struktur, die man kurzum als das Bedingungsgefüge ansprechen kann. Im Rahmen der spezifischen Untersuchung des Wesens der menschlichen Freiheit arbeitet Schelling mit diesem Modell eines Bedingungsgefüges, was ihm erlaubt, eine Reihe von Freiheitsproblemen handzuhaben, die teilweise bis heute in der Diskussion um Freiheit und Determinismus eine Rolle spielen, was auf einem anderen Blatt steht und in anderen Beiträgen zum vorliegenden Band erörtert wird. Für unseren Zusammenhang ist es allerdings entscheidend, dass Schelling nicht bei der Einführung des operationalen Modells des Bedingungsgefüges stehen bleibt, sondern den letzten Teil des Textes dem „höchsten Punkt der ganzen Untersuchung“19 widmet. Dieser Punkt ist das Wesen selbst, das er entsprechend als den „gemeinsamen Mittelpunkt“20 von Grund und Existenz, von Gott und Natur, ansieht. An dieser Stelle führt er seinen bemerkenswerten Unterschied zwischen absoluter Identität und „absolute[r] Indifferenz“21 ein. Diese absolute Indifferenz ist das „Wesen des Grundes, wie das des Existirenden, […] also das schlechthin betrachtete Absolute“.22 Das Absolute und Gott fallen deswegen auseinander. Das Absolute ist weder Natur noch Gott, sondern dasjenige, was sie in Beziehung setzt, ohne selbst in Beziehung zu irgendetwas zu stehen. Gehen wir behutsam in der Artikulation dieses alles entscheidenden Hauptgedankens der Freiheitsschrift vor. Dazu ist es unerlässlich, sich die folgende Passage genauer anzusehen. 17 

AA I 17, 113 | SW VII, 339. AA I 17, 130 | SW VII, 358. 19  AA I 17, 170 | SW VII, 406. 20  AA I 17, 170 | SW VII, 406. 21  AA I 17, 170 | SW VII, 406. 22  AA I 17, 171 f. | SW VII, 407 f. 18 

Die logisch-ontologischen Grundbegriffe der Freiheitsschrift

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Was wir in der ersten Beziehung annehmen, haben wir bereits erklärt: es muß vor allem Grund und vor allem Existirenden, also überhaupt vor aller Dualität, ein Wesen seyn; wie können wir es anders nennen, als den Urgrund oder vielmehr Ungrund? Da es vor allen Gegensätzen vorhergeht, so können diese in ihm nicht unterscheidbar, noch auf irgend eine Weise vorhanden seyn. Es kann daher nicht als die Identität; es kann nur als die absolute Indifferenz beyder bezeichnet werden. (AA I 17, 170 | SW VII, 406)

Das im Titel der Untersuchungen angeführte Wesen entpuppt sich hier als der berühmt-berüchtigte Ungrund. Dieser Ungrund entspricht genau demjenigen, was Wolfram Hogrebe als die „Distinktionsdimension“23 bezeichnet hat. Der erste Unterschied (die erste Beziehung, wie Schelling schreibt) kann nur vorgenommen werden, wenn wir einräumen, dass der Unterschied etwas spaltet, was vor der Einziehung einer Differenz noch nicht unterschieden war. In unserer logisch-ontologischen Theoriebildung müssen wir irgendeinen Unterschied einführen, den wir nicht einem vorhandenen Distinktionsraum ablesen können, da wir ansonsten unkritisch mit einer Distinktion zwischen uns und dem vermeintlich vorhandenen Distinktionsraum hantieren, was das Theorieniveau dessen, was Schelling als Kritizismus im Unterschied zum Dogmatismus bezeichnet, erheblich unterschreitet und deswegen als Option ausscheidet.24 Den Unterschied zwischen Identität und Indifferenz deute ich dabei im Ausgang von den prädikationstheoretischen Überlegungen der Einleitung der Freiheitsschrift folgendermaßen. Das „Gesetz[.] der Identität“25 besagt Schelling zufolge nicht dasjenige, was scheinbar angemessen mit ∀x (x=x) ausgedrückt werden kann. Eine allgemeine Selbstidentität bezeichnet Schelling als „Einerleiheit“ bzw. als „unvermittelte[n] Zusammenhang“.26 Es hätte keinen Sinn, Selbstidentität als Zuschreibung einer Eigenschaft an einen Gegenstand aufzufassen, weil man damit Schelling zufolge den „Sinn[.] der Copula im Urtheil“27 verfehlt. Damit antizipiert Schelling hier die Art von Überlegungen, die später zwischen Frege und Wittgenstein zum Tragen kommen und darauf hinauslaufen, dass wir mit einer Klasse von Identitätsaussagen rechnen müssen, die sowohl informativ als auch widerspruchsfrei sind. Dazu gehören keine Instanzen des vermeintlichen universalen Identitätsschemas, sondern die viel23  Hogrebe (2006), 317 f. führt einen Raum ein, „den jede Unterscheidung, die wir treffen, spaltet“: „Jede Einführung von basalen Unterscheidungen nimmt diese Distinktionsdimension in Anspruch. Sie lässt sich daher von anderen Räumen nicht mehr unterscheiden, ja kann überhaupt nicht positiv gekennzeichnet werden, und doch brauchen wir sie, weil wir sonst kein Universum durch unsere Unterscheidungen erzeugen könnten. Sie ist der semantisch völlig diaphane Hintergrund aller semantischen Kontraste, transzendentale Bedingung ihrer Möglichkeit.“ Vgl. dazu Gabriel (2010b). 24  Vgl. dazu Gabriel (2006b). 25  AA I 17, 115 | SW VII, 341. 26  AA I 17, 115 | SW VII, 341. Schelling unterscheidet zwischen Einheit und Einerleiheit: „Dieses Prinzip [das Identitätsgesetz] drückt keine Einheit aus, die sich im Kreis der Einerleiheit herumdrehend, nicht progreßiv, und darum selbst unempfindlich und unlebendig wäre. Die Einheit dieses Gesetzes ist eine unmittelbar schöpferische.“ (AA I 17, 119 | SW VII, 345) 27  AA I 17, 115 | SW VII, 341.

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Markus Gabriel

diskutierten Fälle der Art ‚Cicero ist Tullius‘, ‚Wasser ist H2O‘, ‚Der Abendstern ist der Morgenstern‘. Schelling führt selbst eine Reihe von philosophisch bedeutsamen Beispielen an.28 Die Aussage ‚Otto ist Otto‘ ist hingegen sinnlos, insofern sie als Beispiel der Selbstidentität angeführt wird, weshalb Schelling gar schreibt: Selbst in dem tautologischen Satz, wenn er nicht etwa ganz sinnlos seyn soll, bleibt dieß Verhältniß. Wer da sagt: der Körper ist Körper, denkt bei dem Subjekt des Satzes zuverläßig etwas anders als bei dem Prädikat; bei jenem nämlich die Einheit, bei diesem die einzelnen im Begriff des Körpers enthaltnen Eigenschaften, die sich zu demselben wie Antecedens zum Consequens verhalten. Eben dieß ist der Sinn einer andern ältern Erklärung, nach welcher Subjekt und Prädikat als das Eingewickelte und Entfaltete (implicitum et explicitum) entgegengesetzt wurden. (AA I 17, 116 | SW VII, 342)

Es gibt demnach nicht etwa zwei Arten von Identität: Selbstidentität und informative Identität. Selbstidentität ist nämlich niemals derart instantiiert, dass etwas einfach nur es selbst ist, ohne dass es über seine Prädikate bestimmbar ist. Anders gewendet, vertritt Schelling hier eine Variante eines ontologischen Deskriptivismus, demzufolge nichts existiert, was nicht Eigenschaften hat, die es zu etwas machen.29 Reine Selbst­identität kommt nicht vor und lässt sich deswegen auch nicht in irgendeiner logischen Form des Aussagens finden. Das bedeutet wiederum, dass etwas nur dann mit etwas identisch ist, wenn ein differenzierter Raum von Prädikaten vorliegt. Die Existenz von etwas als etwas geht der Identitätszuschreibung vorher. Identität ist nicht die Grundlage von Existenz, sondern das Resultat eines Prozesses, den man als Suifikation bezeichnen könnte. Den tragenden Gedanken kann man auch folgendermaßen illustrieren. Damit irgendetwas in ein Identitätsschema eingesetzt werden kann, muss es deskriptiv identifizierbar sein. Nichts kann man einfach nur indexikalisch erfassen – eine Lektion, die Hegel bekanntlich am Anfang der Phänomenologie des Geistes in der Bewusstseinsgestalt der sinnlichen Gewissheit und in logischer Form am Eingang der Wissenschaft der Logik durchexerziert. Identität setzt also voraus, dass es einen Optionsraum gibt, in dem Prädikate gegeneinander bestimmt sind, sodass einschlägige Inklusions- und Exklusionsrelationen bestehen. Allerdings droht dieser Auffassung ein vitiöser Regress, den man auf die folgende Weise sichtbar machen kann. Schelling schlägt vor, „dieser Körper ist blau“ so zu analysieren, dass „dasselbe, was dieser Körper ist, […] obgleich nicht in dem nämlichen Betracht, auch blau“30 sei. Schematischer dargestellt, lautet der Vorschlag hier, ‚Fa‘ aufzufassen als ∃x (Fx ∧ ax). Wenn ein gegebenes a F ist, dann gibt es etwas, was dieses a ist, das seinerseits F ist. Wenn eine solche Analyserichtung im Allgemeinen gälte, müssten wir freilich die einzelnen Konjuncta ‚Fx‘ und ‚ax‘ entsprechend wei28  AA I 17, 115 f. | SW VII, 341 f.: „das Vollkommne ist das Unvollkommne“; „das Gute ist das Böse“; „Nothwendiges und Freyes“ werden „als Eins erklärt“; der „Satz, daß die Seele mit dem Leib Eins ist“. 29  Vgl. dazu Gabriel (2011). 30  AA I 17, 115 | SW VII, 341.

Die logisch-ontologischen Grundbegriffe der Freiheitsschrift

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teranalysieren und annehmen, dass es ein y gibt, das in einer Hinsicht F und in einer anderen Hinsicht x ist sowie in einer weiteren Hinsicht a, womit wir die Urteile vermehren, die wir anführen, um das ursprüngliche Urteil auf etwas zurückzuführen. Eine andere Annäherung an diesen Gedanken stützt sich auf eine Einsicht in den Form-Inhalts-Zusammenhang. Wir können niemals nur über logische Formen verfügen, ohne diese in einer Anschauungssituation zu verankern, weil wir ansonsten nicht imstande wären, einen vorliegenden Symbolismus überhaupt zu interpretieren. Damit wäre er prinzipiell sinn- und jedenfalls völlig nutzlos. Sollen einem formalen System Anwendungsbedingungen zugeschrieben werden, muss man über eine Verankerung in etwas verfügen, was Theoreme wahr machen kann. Ein exklusiv analytisches formales System, das prinzipiell nur wahre (und damit tautologische) Theoreme enthalten kann, sodass ihre Wahrheit systemintern definiert ist, drückt keinen Sinn aus. Sinn ist an wahrheitsfähige Aussagen gekoppelt, die in Systemen vorkommen können müssen, die auch falsche Aussagen enthalten können. Die Freiheitsschrift formuliert damit auf dieser Theoriestufe Bedingungen ihrer Fallibilität, mittels derer Schelling sich in eine Beziehung zu denjenigen Theorieofferten setzen kann, denen diejenige „mehr als gewöhnliche Reinheit und Tiefe des Sinns“31 zukommt, die darin besteht, den „Begriff der Freyheit“ zum „herrschenden Mittelpunkte des Systems“32 zu machen. Dieser Punkt – das Wesen – ist der Ungrund bzw. die Indifferenz. Identität ergibt sich aus der „Selbstheit“, die ihrerseits einen „Lebensprocess[.]“33 voraussetzt. Etwas zu sein, heißt, Eigenschaften aufzuweisen, die anderes nicht hat. Identität und Differenz bilden die Eckpunkte des logischen Raums. Davon unterscheidet sich die Indifferenz, die zwischen beiden steht, die also gleichsam In-Differenz ist.34 Der Ungrund befindet sich nicht im Gegensatz zur Identität, sondern ist vielmehr der Umstand, dass Identität und Differenz dergestalt zusammenhängen, dass Identität faktisch nur informativ realisiert ist. Der Ungrund ist die Distinktionsdimension, die durch jedes Urteil gespalten wird, indem etwas im Unterschied zu etwas anderem gedacht wird. „Der Ungrund theilt sich […] in die zwey gleich ewigen Anfänge“,35 d. h. in das Wesen, sofern es Grund von Existenz, und das Wesen, sofern es das Existierende ist.

31 

AA I 17, 111 | SW VII, 336. AA I 17, 111 | SW VII, 336. 33  AA I 17, 172 | SW VII, 408. 34  Vgl. dazu die folgende Passage aus den Stuttgarter Privatvorlesungen: „Nun kann aber alles nur in seinem Gegentheil offenbar werden, also Identität in Nicht-Identität, in Differenz, in Unterscheidbarkeit der Principien. […] Man hat diesen Uebergang von Identität zu Differenz sehr oft als ein Aufheben der Identität angesehen; dieß ist aber gar nicht der Fall, wie ich gleich zeigen werde. Es ist vielmehr nur eine Doublirung des Wesens, also eine Steigerung der Einheit“ (AA II 8, 76–78 | SW VII, 424 f.). Auf diesen Punkt hat mich Cem Kömürcü hingewiesen, vgl. dazu sein Buch Kömürcü (2011). 35  AA I 17, 172 | SW VII, 408. 32 

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Markus Gabriel

Der Ungrund schließt weder etwas ein noch etwas aus.36 Kommt es also überhaupt zur Identität, bestehen keine Ressourcen, die Suifikation aus etwas Ursprünglichem abzuleiten. Es führt kein begrifflicher, deduktiver Weg von der Setzung eines Anfangs zu den Theorieverhältnissen, in denen wir uns faktisch vorfinden. Der Ungrund hinterlässt also eine Spur der Freiheit, weil er Raum dafür lässt, dass wir das Gute oder das Böse tun, das Wahre erkennen oder die Falschheit ergreifen. Schelling führt an dieser Stelle die Begriffe ‚Geist‘ und ‚Liebe‘ ein, die in dem logisch-ontologischen Rahmen, den ich für meine Deutung verwende, eine zentrale Rolle spielen. Im Geist ist das Existirende mit dem Grunde zur Existenz Eins; in ihm sind wirklich beyde zugleich, oder, er ist die absolute Identität beyder. Aber über dem Geist ist der anfängliche Ungrund, der nicht mehr Indifferenz (Gleichgültigkeit) ist, und doch nicht Identität beyder Prinzipien, sondern die allgemeine, gegen alles gleiche und doch von nichts ergriffene, Einheit, das von allem freye und doch alles durchwirkende Wohlthun, mit Einem Wort, die Liebe, die Alles in Allem ist. (AA I 17, 172 | SW VII, 408)

Der Geist ist als dasjenige, was urteilt, zugleich dasjenige, was wahrheitsfähige Einstellungen einnimmt. Der Geist kann sich täuschen, er ist frei, das Gute oder das Böse, das Wahre oder das Falsche zu ergreifen.37 Deswegen ist im Modell der Freiheitsschrift ein „Geist der Lüge und Falschheit“38 vorgesehen, was allerdings zugleich Zeichen einer Aporie ist, die Schelling nicht gänzlich behebt, weshalb er die Theorie des Absoluten, die er in der Freiheitsschrift entwickelt, auch in späteren Werken revidiert hat. Diese Aporie kann man als das Problem des doppelten Attraktors bezeichnen. Einerseits beschreibt Schelling einen Weltprozess, der auf die Liebe zuläuft. In dieser Beschreibung untersteht der menschliche Geist einer Normativität des Guten und der Wahrheit, die letztlich alle endlichen Verhältnisse zugunsten einer stabilen Einsicht tilgt. Andererseits ist nicht absehbar, wie Schelling die These vermeidet, dass alles, was in endlichen Formaten existiert, notwendig auf Sünde und Tod hin angelegt ist, sodass der Weltprozess auf eine Negativbilanz hinausläuft, in der alles Wirkliche eine Art strukturellen Kältetod stirbt.39 Dass Schelling dieses Problem nicht ohne Schwierigkeiten bewältigt, sieht man an der folgenden Passage. Um im „Centrum“ zu bleiben, in das wir gehören, 36  Vgl. AA I 17, 171 | SW VII, 407: „Reales und Ideales, Finsterniß und Licht, oder wie wir die beyden Prinzipien sonst bezeichnen wollen, können von dem Ungrund niemals als Gegensätze prädicirt werden. Aber es hindert nichts, daß sie nicht als Nichtgegensätze, d. h. in der Disjunktion und jedes für sich von ihm prädicirt werden, womit aber eben die Dualität (die wirkliche Zweyheit der Prinzipien) gesetzt ist. In dem Ungrund selbst ist nichts, wodurch dieß verhindert würde. Denn eben weil er sich gegen beyde als totale Indifferenz verhält, ist er gegen beyde gleichgültig.“ 37  Vgl. dazu Gabriel (2018). 38  AA I 17, 158 | SW VII, 391. 39  Vgl. zur Diskussion meines in Richtung eines entropischen Pessimismus neigenden Deutungsangebotes in Gabriel (2006b): Gardner (2017a); Dews (2017) sowie hierauf Gardner (2017b).

Die logisch-ontologischen Grundbegriffe der Freiheitsschrift

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muß der Mensch aller Eigenheit absterben, weßhalb es ein fast nothwendiger Versuch ist, aus diesem in die Peripherie herauszutreten, um da eine Ruhe seiner Selbstheit zu suchen. Daher die allgemeine Nothwendigkeit der Sünde und des Todes, als des wirklichen Absterbens der Eigenheit, durch welches aller menschlicher Wille als ein Feuer hindurchgehen muß, um geläutert zu werden. Dieser allgemeinen Nothwendigkeit ohnerachtet bleibt das Böse immer die eigne Wahl des Menschen; das Böse, als solches, kann der Grund nicht machen und jede Krea­ tur fällt durch ihre eigne Schuld. (AA I 17, 149 f. | SW VII, 381 f.)40

Sowohl das Gute als auch das Böse ziehen am Wesen des Menschen, was das Gedankenexperiment von Buridans Esel auf den Plan ruft, das Schelling im Anschluss an diesen Passus diskutiert. Für unseren Zusammenhang ist es wichtig, die logisch-ontologische Rahmentheorie der Freiheitsschrift in Rechnung zu stellen, auf die sich Schellings Lösungsstrategie des Freiheitsproblems stützt. Er möchte nämlich sowohl das „System des Gleichgewichts der Willkühr“ 41 (also in etwa einen libertarischen Indeterminismus) als auch den „Determinismus (oder nach Kant Prädeterminismus)“ 42 (also einen harten Determinismus) vermeiden. „Beyde Systeme gehören dem nämlichen Standpunkt an; nur daß, wenn es einmal keinen höheren gäbe, das letzte unläugbar den Vorzug verdiente.“ 43 Sein Vorschlag ist „gleichweit entfernt […] von Zufall, als Zwang oder äußerem Bestimmtwerden“,44 indem er Freiheit in einer „innere[n], aus dem Wesen des Handelnden selbst quellende[n], Nothwendigkeit“ 45 verortet.

2. Radikale Freiheit Um eine Theorie der Freiheit als Selbstbestimmung zu entwickeln, stützt sich Schelling auf eine Form des Essentialismus, die es ihm erlaubt, Wesen zu postulieren, die nicht aus dem Bestimmungsgefüge der wechselseitigen Inklusion bzw. Exklusion von Prädikaten (der omnitudo realitatis) ableitbar sind. Unser Wesen ist radikal frei, weil dasjenige, was wir sind, ausser allem Kausalzusammenhang, wie ausser oder über aller Zeit [ist]. Es kann daher nie durch irgend etwas Vorhergehendes bestimmt seyn, indem es selbst vielmehr allem Andern, das in ihm ist oder wird, nicht sowohl der Zeit, als dem Begriff nach als absolute Einheit vorangeht, die immer schon ganz und vollendet da seyn muß, damit die einzelne Handlung oder Bestimmung in ihr möglich sey. (AA I 17, 151 | SW VII, 383)

Dabei geht Schelling freilich weiter, da er behauptet, dass das „intelligible Wesen jedes Dings“ 46 außer aller Zeit sei. Als Grund für diese Annahme kann man versuchs40 

Vgl. dazu Gabriel (2010a). AA I 17, 151 | SW VII, 383. 42  AA I 17, 151 | SW VII, 383. 43  AA I 17, 151 | SW VII, 383. 44  AA I 17, 151 | SW VII, 383. 45  AA I 17, 151 | SW VII, 383. 46  AA I 17, 151 | SW VII, 383. 41 

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weise die allgemeine Ontologie der Freiheitsschrift anführen. Dieser zufolge ist das Wesen im allgemeinen Indifferenz und damit etwas Absolutes. Das Wesen steht prinzipiell in keiner Beziehung zu Entitäten, durch die es bestimmt würde. Es ist, anders gewendet, eine intrinsische Struktur, dank derer etwas allein es selbst ist. Diese intrinsische Struktur kann nicht darin aufgehen, dass etwas Prädikate hat, die irgendetwas anderes auch hat bzw. haben kann, da das Wesen ansonsten nicht metaphysisch unverwechselbar wäre. Die metaphysische Unverwechselbarkeit des Wesens ergibt sich aus der Überlegung, dass wir das Wirkliche in jedem formalen System, das überhaupt sinnvolle Aussagen abbilden kann, in der logischen Form singulärer Termini repräsentieren müssen, die letztlich nur dadurch in Verbindung mit dem Wirklichen stehen, dass sie etwas „Wesentliches oder Positives“ 47 ausdrücken. Die Distinktion zwischen dem Negativen und dem Positiven zieht sich hierbei durch die gesamte Freiheitsschrift, wobei das Positive u. a. anhand der „Kraft“ als „inner[er] Selbstheit des Körpers“ 48 illustriert wird.49 Das Positive ist letztlich das Individuierte, dasjenige, was wir im Gefüge der Dinge (im System) vorfinden. Die Aufgabe, die Schelling sich setzt, lautet bekanntlich, System und Freiheit miteinander zu versöhnen, d. h. eine Systemtheorie zu formulieren, die zu keiner Spannung zwischen der „individuelle[n] Freyheit“ und dem „Weltganzen“ 50 führt. Es geht also auf der formal-ontologischen Ebene um das Verhältnis von Holismus und Individuation, worin Schelling (zu Recht!) die eigentliche Quelle des Freiheitsproblems ausmacht.51 Auf der höchsten Theoriestufe diskutiert Schelling den „Idealismus“ als die relevante Größe der Freiheitsdiskussion, womit er den „Kantischen Begriff“52 vor Augen hat, den er durchaus auch Fichte attestiert. Meines Erachtens schwebt ihm hier das Problem eines automaton spirituale vor, das Kant an einer berühmten Stelle der Kritik der praktischen Vernunft diskutiert.53 Dieses Problem besteht darin, dass wir auch dann in eine mit Freiheit als Selbstbestimmung inkompatible deterministische Situation gerieten, wenn wir unser psychologisches System als Vorstellungsmotor auffassen, der interne Kräfteverhältnisse erzeugt, die uns in die eine oder andere Entscheidungsrichtung neigen lassen. Damit wird zwar Buridans Esel ausgeschaltet, aller47 

AA I 17, 118 | SW VII, 344. AA I 17, 140 | SW VII, 370. 49  Schelling wendet sich mit seiner Distinktion des Negativen und Positiven, die erkennbar ein Vorläufer der späteren negativen und positiven Philosophie ist, gegen Spinoza (AA I 17, 118 | SW VII, 344), Fichte (AA I 17, 123 f. | SW VII, 351) und gegen die Platonisch-Neuplatonische Auffassung der Materie und des Bösen als Privation (AA I 17, 136 f.; 138 f.; 140 f.; 142 Anm. | SW VII, 366; 368 f.; 371; 373 Anm.). 50  AA I 17, 111 | SW VII, 337. 51  Vgl. in diesem Sinn den Lösungsvorschlag in Gabriel (2015a), 263–303. 52  AA I 17, 151 | SW VII, 383 f. 53  KpV, AA V: 96–98. Dort erscheint das Theorem der intelligiblen Tat in der Form eines „Charakters, den er [das vernünftige Wesen] sich selbst verschafft, und nach welchem er sich als einer von aller Sinnlichkeit unabhängigen Ursache die Causalität jener Erscheinungen selbst zurechnet.“ (KpV, AA V: 98) 48 

Die logisch-ontologischen Grundbegriffe der Freiheitsschrift

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dings zugunsten von Bestimmungsrelationen, die prinzipiell wiederum nicht in unserer Hand sind. Diesem Problem entgeht Kant in Schellings Deutung durch die Einführung der intelligiblen Tat, welche die eigentliche Selbstbestimmung außerhalb der Zeitreihe und damit in weite Ferne vom Ablauf des psychologischen Geschehens rückt.54 Schelling geht nun allerdings einen entscheidenden Schritt über Kant hinaus, weil er in Kants Modell einer intelligiblen Tat ein weiteres Determinationsproblem logisch-ontologischer Natur ausmacht, das er mit den Mitteln der Freiheitsschrift auflöst. Nennen wir das folgende das Bestimmungsproblem: Aus dem Wesen eines Menschen folgt sub specie aeternitatis jede bestimmte Handlung, die er unter Zeitbedingungen ausführt. Die Handlung selbst ergibt sich demnach nicht daraus, dass jemand einen Entschluss fasst, in dem Erwägungen eine Rolle spielen, die uns irgendwie über den kausalen Determinationsrahmen hinwegsetzen, weil dieser psychologische Begriff der Freiheit bereits ausgeschlossen wurde (er führt letztlich auf dem einen oder anderen Pfad zurück zum automaton spirituale).55 Folglich tun wir dasjenige, was wir tun, „mit absoluter Nothwendigkeit“.56 Hinsichtlich unseres Wesens gibt es keine zusätzliche Freiheit der Bestimmung. Es ist vielmehr die Grundlage jeder Bestimmtheit, die im Rahmen unseres Lebens als Handlung hervortritt. Schelling akzeptiert dieses Modell, meint aber in der alles entscheidenden Passage zu zeigen, dass genau darin unsere „absolute Freyheit“57 liegt, dass unsere Handlungen „nach dem Gesetz der Identität“58 aus unserem Wesen folgen, was mutatis mutandis dem Leibniz’schen Theorem ‚praedicatum inest subiecto‘59 folgt. Anders gewendet, stützt sich Schelling auf einen Vierdimensionalismus in der Theorie der personalen Identität, demzufolge unser Wesen nach einem Perduranz-Modell rekonstruiert wird. Was wir sind, ist letztlich identisch mit allem, was wahr über uns ist, sodass wir mit keinem temporalen Teil unserer selbst strikt identisch sein können. Das Wesen selbst ist dadurch frei, dass es durch keinen zusätzlichen extrinsischen Faktor bestimmt sein kann, „denn frey ist, was nur den Gesetzen seines eignen We54 Vgl.

Rel., AA VI: 31 f. dazu die Argumentation gegen die Fähigkeitstheorie der menschlichen Freiheit, die durch die geläufige Distinktion zwischen Gründen und Ursachen aus dem Schneider zu sein meint in Gabriel (2015a), 277–285. Beiläufig gesagt, ist die allgemeine Unterscheidung von Grund und Ursache kein Novum, sondern wird von Schelling in der Freiheitsschrift in Anspruch genommen, wie er selbst unterstreicht in einem Brief an E. F. Georgii (am 18.7.1810, AA II 8, 209 f.). Dennoch arbeitet Schellings Lösungsidee der Einhegung des Kausalzusammenhangs letztlich mit dem Ungrund und nicht mit Gründen. Schellings Unterscheidung zwischen Grund und Ursache wirkt übrigens über Schopenhauers Rezeption vermittelt bis in den Zweig der gegenwärtigen analytischen Metaphysik, in welcher der Begriff des grounding im Zentrum steht, ein Zusammenhang, der eine eigene Untersuchung wert wäre. 56  AA I 17, 152 | SW VII, 384. 57  AA I 17, 152 | SW VII, 384. 58  AA I 17, 152 | SW VII, 384. 59  Zu Belegen aus Leibniz-Texten, die Schelling im Umfeld seiner Arbeit an der Freiheitsschrift verwendet hat, vgl. AA I 17, 236. 55 Vgl.

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sens gemäß handelt, und von nichts anderem weder in noch außer ihm bestimmt ist“.60 Wir handeln demnach unserer „eignen innern Natur gemäß“,61 was im Rahmen der Freiheitsschrift in Analogie zum Fall Gottes zu verstehen ist. So wie Gott die Natur in sich hat, so haben wir jeweils unsere eigene Natur in uns. Auf diese Weise besteht ein Selbstverhältnis zwischen unserem Wesen, sofern es bloß Grund von Existenz ist und unserem Wesen, sofern es existiert. Unser Wesen teilt sich ebenso wie das Wesen Gottes in zwei ontologische Teile, wobei es beiden gegenüber indifferent bleibt. Wir sind deswegen weder bottom-up noch top-down durch einen Teil unserer selbst determiniert, da das Ganze, das wir sind, durch seine Teile nicht modifizierbar ist. Wäre es modifizierbar, würde das metaphysisch notwendige Identitätsgesetz verletzt. Unser Wesen untersteht dabei keinen Wesensgesetzen, die es in ein Bestimmungsverhältnis mit anderen Wesen setzte. Der intelligible Raum der Wesen untersteht nicht dem „Spruch: Determinatio est negatio“.62 Das „Wesen in dem Wesen“63 ist dadurch frei, dass es mit dem Prozess seiner Suifikation identisch ist, für den es keine außerhalb seiner Verlaufsform liegende Gesetzesförmigkeit gibt. Dennoch herrscht hier kein Zufall, da die Regeln, denen zufolge wir handeln, metaphysisch daraus folgen, wer wir sind. Schelling ist sichtlich eher vom Zufallsproblem als von der Schwierigkeit der Formulierung eines geeigneten Kompatibilismus irritiert, da er den wichtigen Punkt in Rechnung stellt, dass Determination kein Freiheitsproblem sein kann, sofern sie Selbstbestimmung ist. Es ist mit dieser Vorstellung der Sache wenigstens Eines gewonnen, daß die Ungereimtheit des Zufälligen der einzelnen Handlung entfernt ist. Dieß muß feststehen, auch in jener höheren Ansicht, daß die einzelne Handlung aus innerer Nothwendigkeit des freyen Wesens, und demnach selbst mit Nothwendigkeit erfolgt, die nur nicht, wie noch immer geschieht, mit der empirischen auf Zwang beruhenden, (die aber selber nur verhüllte Zufälligkeit ist), verwechselt werden muß. (AA I 17, 152 | SW VII, 384 f.)

Schelling bestreitet ausdrücklich das Prinzip alternativer Möglichkeiten, da die Entscheidung der Suifikation metaphysisch notwendig ist.64 Das „Wesen des Menschen ist wesentlich seine eigne That“,65 wir sind identisch mit demjenigen, was wir tun. Da wir nicht von außen bestimmt werden, sind wir nach allen verfügbaren Standards für die Handlungen verantwortlich, in denen sich unser Wesen manifestiert – so sieht dies jedenfalls in Schellings Modell aus.

60 

AA I 17, 152 | SW VII, 384. AA I 17, 152 | SW VII, 384. 62  AA I 17, 152 | SW VII, 384. 63  AA I 17, 152 | SW VII, 384. 64  AA I 17, 154 | SW VII, 386: „indem derjenige, welcher etwa, um eine unrechte Handlung zu entschuldigen, sagt: So bin ich nun einmal, doch sich wohl bewußt ist, daß er durch seine Schuld so ist, so sehr er auch Recht hat, daß es ihm unmöglich gewesen, anders zu handeln.“ 65  AA I 17, 152 | SW VII, 385. 61 

Die logisch-ontologischen Grundbegriffe der Freiheitsschrift

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3. Aussichten Schellings Freiheitstheorie hängt von der Kohärenz des logisch-ontologischen Rahmens ab, innerhalb dessen er seine Lösungsvorschläge der einschlägigen Freiheitsaporien verortet. Dass er selbst weder mit dem logisch-ontologischen Rahmen noch mit der Freiheitstheorie dauerhaft einverstanden war, kann als Deutung seiner Entwicklungsgeschichte akzeptiert werden. Insbesondere bleibt die Frage weitgehend offen, wie genau sich die Ewigkeit (Zeitlosigkeit) der Wesen zur Wirklichkeit des Weltganzen verhält, das sich temporal entfaltet.66 Der Ungrund trägt hierbei nicht sehr weit, da er lediglich Raum für eine vom Wesen unabhängige Ordnung schafft, die allerdings letztlich doch anscheinend zufällig auftaucht. Weil der Ungrund keine Bestimmtheitsressourcen zur Verfügung stellt, macht die Wirklichkeit den Anschein einer metaphysischen Zufälligkeit. Schelling konzediert selbst: „Vom absolut-Unbestimmten zum Bestimmten giebt es […] keinen Uebergang“,67 was die Frage aufwirft, ob die Entscheidung des Menschen, sich selbst zu setzen und damit ein Eigenwesen zu generieren, nicht doch metaphysischer Zufall ist, der sich selbst nachträglich reguliert. Abschließend möchte ich hier lediglich die an anderer Stelle ausgeführte Deutungshypothese aufrufen, dass Schelling genau dieses Problem in seiner sogenannten Spätphilosophie aufgreift und durch seine Theorie der Modalitäten zu beheben sucht, in der die Struktur der nachträglichen Notwendigkeit eingeführt wird, der zufolge etwas, was in einer Begründungsrichtung zufällig erscheint, vom Standpunkt einer einmal etablierten Ordnung als notwendig gelten kann.68 Dieser Modalapparat scheint zum Zeitpunkt der Freiheitsschrift noch nicht zur Verfügung zu stehen, sodass sie das Problem, wie sich das zeitlose Wesen des Menschen zur temporalen Entfaltung verhält, letztlich nicht bewältigen kann, weil dieses der blinde Fleck der vorliegenden Theoriekonstruktion ist. Warum kommt es überhaupt zu einer temporalen Artikulation des Wesens der menschlichen Freiheit? Welchen modalen Status hat die Existenz der Zeit? Dieses Thema verfolgt Schelling in den Weltalter-Entwürfen, woraus sich im Spätwerk der Begriff der positiven als einer geschichtlichen Philosophie ergibt, die dann mit einem anderen Modell des Menschen als Person arbeitet. Die Details dieser Entwicklung stehen freilich auf einem anderen Blatt.69

66  Auf diesen wunden Punkt wurde bereits in der frühesten Rezension der Freiheitsschrift hingewiesen. Vgl. AA I 17, 77. 67  AA I 17, 151 | SW VII, 384. 68  Vgl. dazu Gabriel (2009a) sowie Gabriel (2009b). 69  Vgl. dazu ausführlich Gabriel (2006a) sowie Gabriel (2013); (2014b); (2015b); (2016) und Gabriel (2015c).

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Markus Gabriel

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Die logisch-ontologischen Grundbegriffe der Freiheitsschrift

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III. Formelle Freiheit und intelligible Tat

Schellings Konzept der „intelligiblen Tat“ Kritische Angriffe und Chancen der Verteidigung Thomas Buchheim

Zunächst gilt es wahrzunehmen, dass Schellings Konzept erheblich anders gebaut ist und größere Begründungslasten zu tragen hat als das Vorbild aus Kants Religionsschrift. Denn bei Kant ist die intelligible Tat ein bloßes Noumenon, das wir denken müssen, wenn wir unsere Handlungen als frei beurteilen und uns selbst zurechnen möchten.1 Die Freiheit des Menschen spielt sich aber laut Kant einzig und allein im Verhältnis von uns selbst als intelligiblen Wesen zur Welt der Erscheinungen ab,2 betrifft also nicht die interne Struktur und Veranlagung des intelligiblen oder noumenalen Wesens selbst. Schelling dagegen möchte Freiheit des Menschen realistisch verstehen: Das, was der Mensch als ein Ding an sich ist, ist zugleich das, was auch in der zeitlichen Natur wirklich vorhanden und insgesamt in seinen Handlungen frei und selbstbestimmt ist. Diese Auffassung ist sowohl die Stärke der Schelling’schen Theorie (wir wollen uns als frei innerhalb der uns auch sinnlich zugänglichen Natur auffassen, nicht als ein bloß Gedachtes, das wir bei entsprechender Selbstbeurteilung voraussetzen müssen) als auch seine Achillesferse gegenüber den Angriffen auf eben ein realistisches Verständnis der intelligiblen Freiheitstat. Es muss für uns nachvollziehbar wirklich so sein können, dass wir innerhalb der Natur vorkommende und dennoch frei sich selbst bestimmende Wesen sind, nicht nur müssen wir Grund haben, uns selbst als frei zu beurteilen,3 obwohl wir uns zugleich als eingewoben in die Kette der Naturerscheinungen erfahren.

1  Z. B. KpV, AA V: 55 „Nun ist der Begriff eines Wesens, das freien Willen hat, der Begriff einer causa noumenon“; vgl. MS, VI: 226: „Als Noumen […], d. i. nach dem Vermögen des Menschen bloß als Intelligenz betrachtet, wie sie [sc. die Freiheit] in Ansehung der sinnlichen Willkür nöthigend ist, mithin ihrer positiven Beschaffenheit nach, können wir sie theoretisch gar nicht darstellen.“ 2 Vgl. Prolegomena, AA IV: 344 Anm.: „Die Idee der Freiheit findet lediglich in dem Verhältnisse des Intellectuellen als Ursache zur Erscheinung als Wirkung statt.“ 3  Vgl. z. B. KpV, AA V: 75 f.: „indem dadurch, daß die Vorstellung des moralischen Gesetzes der Selbstliebe den Einfluß und dem Eigendünkel den Wahn benimmt, das Hinderniß der reinen praktischen Vernunft vermindert und die Vorstellung des Vorzuges ihres objectiven Gesetzes vor den Antrieben der Sinnlichkeit, mithin das Gewicht des ersteren relativ (in Ansehung eines durch die

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Schelling muss also denken, dass es wirklich so ist und sein kann, dass wir als intelligible Wesen an sich uns selbst bestimmen, also eine Transition oder einen Übergang durchmessen von freiheitseinschlägigem Nichtbestimmt- oder Möglichsein zu freiheitseinschlägigem Wirklich-Bestimmtsein durch uns selbst;4 und dass diese intelligible Transition wirklich, sofern wir freie Einzelhandlungen in der sinnlichen Welt begehen, der reale Grund unserer moralischen Statur (als gut oder böse) und der Verantwortlichkeit für unser Tun ist. Es ist die sinnliche Qualität unserer Handlungen (stechen oder tragen, helfen oder zagen etc.), welche unmittelbar Ausdruck der moralischen Qualität und damit Freiheit der Person und ihres Charakters ist. So wollen wir unsere Freiheit verstehen, können es aber nicht mit Kant. Es sind – in unterschiedlichen Variationen – drei starke Einwände gegen die Schelling’sche Konzeption einer intelligiblen Freiheitstat erhoben worden: (1) Der modale Einwand, dass eine Handlung, um frei zu sein, aus dem Wesen der Person (nicht aus zufälligen Umständen) hervorgehen müsse, dieses Wesen aber wiederum, aus der von Schelling behaupteten „innere[n] Nothwendigkeit“5 eben der intelligiblen Freiheitstat folge, so dass insgesamt der Mensch niemals anders könne oder gekonnt habe, als er tatsächlich handelt. (2) Der handlungstheoretische Einwand: Eine jede Handlung, die eine von ihrem Subjekt wirklich vollzogene Handlung sein soll (erst recht, wenn sie als frei firmiert), muss erstens mit Bewusstsein, d. h. gezielt oder intentional erfolgen; zweitens einen Übergang vom Vor- oder Möglichkeitszustand des Handelnden zum Nach- oder Effektzustand desselben Handelnden eben dank der Handlung durchmessen. Schelling scheint aber zu behaupten, dass die intelligible Freiheitstat erstens eine vorbewusste Tat oder Handlung ohne Bewusstsein sein müsse (und damit offenbar nicht intendiert sein kann); zweitens eine zeitlose oder ewige Verfassung besitze (die folglich nicht einen solchen zeitlich geordneten Wechsel zwischen unterschiedlichen Zuständen absolviert haben kann). (3) Der biographische oder geschichtstheoretische Einwand: Wenn die intelligible Tat ein für alle Mal den moralischen Charakter des Menschen festgelegt hat, dann ist innerhalb der empirischen und geschichtlichen Handlungszusammenhänge kein Wandel des Charakters vom Bösen zum Guten oder umgekehrt möglich. Schelling scheint aber eine solche „Transmutation“6 oder einen Wandel vom Bösen zum Guten im Menschen zu behaupten, argumentiert also auch in dieser Hinsicht inkonsistent. letztere afficirten Willens) durch die Wegschaffung des Gegengewichts im Urtheile der Vernunft hervorgebracht wird.“ (eigene Hvg.) 4  Nicht jeder Übergang von Nichtbestimmt- oder Möglichsein zu Wirklich-Bestimmtsein durch uns selbst ist freiheitseinschlägig. Zum Beispiel ist der Übergang von der Möglichkeit gesitteter Nahrungsaufnahme zu wirklich gesittetem Essen mit Stäbchen oder mit Messer und Gabel nicht freiheitseinschlägig (obgleich durch uns selbst bestimmt). Wohl aber wäre der Übergang von Nichtbestimmt- oder Möglichsein wohlüberlegter Entscheidungsfindung zu Wirklich-Bestimmtsein in der Art, wohlüberlegte Entscheidungen zu treffen, ein freiheitseinschlägiger Übergang. 5  AA I 17, 152 | SW VII, 384. 6  AA I 17, 156 | SW VII, 389.

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1. Der modale Einwand Beginnen wir also mit dem modalen Einwand. Zunächst ist festzustellen, dass dieser Einwand (Schelling unterstelle die freien Handlungen des Menschen einer inneren Notwendigkeit, die zugleich deren Freiheit aufzuheben droht) durchaus triftig und berechtigt erscheint und sogar in doppelter Hinsicht von Schelling herausgestrichen wird. Ich führe nur ein Zitat dafür an, das die Triftigkeit des Einwands klar belegt: [1] Dieß muß feststehen, auch in jener höheren Ansicht, daß die einzelne Handlung aus innerer Nothwendigkeit des freyen Wesens, und demnach selbst mit Nothwendigkeit erfolgt, die nur nicht, wie noch immer geschieht, mit der empirischen auf Zwang beruhenden, (die aber selber nur verhüllte Zufälligkeit ist), verwechselt werden muß. (AA I 17, 152 | SW VII, 384 f.)

Notwendigkeit wird sogar in zwei Hinsichten behauptet: Erstens ‚innere Notwendigkeit‘ des Wesens, von dem freie Handlungen begangen werden. Zweitens ‚Notwendigkeit‘, mit der einzelne freie Handlungen aus dem Wesen heraus erfolgen oder hervorgehen. Ich möchte die zweite als ‚Bindungsnotwendigkeit‘ bezeichnen, da durch sie die freie Einzelhandlung des Menschen an sein eigenes Wesen statt an die zufälligen Umstände als Folge gebunden wird. Die erste oder innere Notwendigkeit dagegen nenne ich ‚Konstitutionsnotwendigkeit‘, weil ihr Notwendigkeitszusammenhang das Individuum als ein moralisches Subjekt konstituiert. Die Bindungsnotwendigkeit ist diejenige, die Schelling aus einer entschlossenen Anknüpfung an Luthers Gedanken in De servo arbitrio gewinnt: dass jemand nicht aus zufälligen Umständen, sondern kraft ihres Wesens und daher durch ihre eigene Schuld so handelt, wie sie handelt. Wir können diese zweite Notwendigkeit daher auch als Zurechnungsnotwendigkeit des freien Handelns bezeichnen: [2] […] daß er durch seine Schuld so ist, so sehr er auch Recht hat, daß es ihm unmöglich gewesen, anders zu handeln. […] daß gleichwohl niemand die Zurechnungsfähigkeit derselben bezweifelt, und von der Schuld dieses Menschen so überzeugt ist, als er es nur immer seyn könnte, wenn jede einzelne Handlung in seiner Gewalt gestanden hätte. (AA I 17, 154 | SW VII, 386 f.)

Die zweite oder Bindungsnotwendigkeit ist also folgendermaßen zu charakterisieren: die für eine freie Person empfundene subjektive Unmöglichkeit, bei einer einzelnen Gelegenheit anders zu handeln als es ihrem eigenen Wesen entspricht. Es handelt sich dementsprechend um eine hypothetische und zugleich Person-relative Notwendigkeit der Handlung. Sie ist, so muss man mit Schelling m. E. annehmen, tatsächlich eine Bedingung möglicher Freiheit, nicht aber deren Verhinderung. Denn allein so lässt sich Zurechnungsfähigkeit und individuelle Verantwortlichkeit freier Handlungen in einem belastbaren Sinn behaupten. Doch ist diese zweite Notwendigkeit, wie Schelling selbst sagt, nur ein Abkömmling jener ersten ‚inneren Notwendigkeit‘, aus der heraus das betreffende Wesen selbst so ist wie es ist, d. h. mit der ein Individuum sich als moralisches Subjekt konstituiert. Beide, die Bindungsnotwendigkeit und die Konstitutionsnotwendigkeit,

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hängen eng miteinander zusammen, da die Konstitutionsnotwendigkeit eben die das ganze Leben umfassende Einheit desjenigen Wesens garantiert, an die (durch Bindungsnotwendigkeit) gebunden erst eine Zurechenbarkeit der freien Einzelhandlungen gegeben sein kann. Beide haben deshalb auch die gleiche modale Wertigkeit, nämlich hypothetisch, d. h. unter Voraussetzung und relativ auf das einzelne Subjekt zu sein: Wo immer ein gewisses von Natur aus existierendes menschliches Individuum angenommen wird,7 das als frei gelten soll, da konstituiert sich dieses selbst mit innerer Notwendigkeit so und so als ein moralisches Subjekt. Und wiederum: Wenn sich ein gewisses moralisches Subjekt aus innerer Notwendigkeit so und so selbst konstituiert hat, dann ist es ihm bei konkret-empirischen Gelegenheiten seiner Freiheitsausübung unmöglich, anders zu handeln als so und so. ‚Unmöglich‘ heißt hier: Auch bei Austausch innerer oder äußerer empirischer Umstände, die weder das Wesen dieses Subjekts noch das der betreffenden Handlung angehen, würde das betreffende Subjekt ebenso handeln wie es tatsächlich handelt. Denn natürlich würde beispielsweise Judas, wenn umständehalber niemand da wäre, dem er Jesus verraten könnte, ihn nicht verraten; und natürlich würde er ihn auch dann verraten haben, wenn irgendwelche anderen Hohepriester statt der tatsächlichen da gewesen wären. Und Judas würde Jesus natürlich nicht verraten haben, wenn dieser sein Herz vorher umgewendet haben würde; und natürlich hätte er ihn ebenfalls verraten, wenn der Jünger, den Jesus liebte, ihn inständig gebeten hätte, nicht der zu sein, der Jesus verrät. Die übrigbleibende Frage ist nun aber die, ob und wie wiederum diese innere Konstitutionsnotwendigkeit logisch konsistent mit der von Schelling behaupteten Freiheit des betreffenden Wesens zusammengedacht werden kann. Schelling selbst sieht das Problem genau, wenn er in einer Fußnote zur Zurechnung begründenden Bindungsnotwendigkeit bemerkt: [3] So Luther im Tractat de servo arbitrio; mit Recht, wenn er auch die Vereinigung einer solchen unfehlbaren Nothwendigkeit mit der Freyheit der Handlungen nicht auf die rechte Art begriffen. (AA I 17, 153 | SW VII, 386)

Es sind nun leider notorisch unklare und für einen nicht schon spezifisch vorbereiteten Blick unverständlich wirkende Sätze, in denen Schelling seine Lösung des gestellten Problems zuerst entwickelt hat. Dennoch müssen wir versuchen, den Zusammenhang so zu explizieren, dass er eben auch wirklich eine Lösung für das Problem bietet. Wie kann vertreten werden, dass der Mensch, obwohl er sich mit innerer Notwendigkeit so als moralisches Subjekt konstituiert, wie er sich konstituiert, sich dennoch ‚frei‘ so und nicht vielmehr anders konstituiert, womit dann auch die mit Bin-

7  Die Hypothese ‚angenommen, es existiere von Natur aus ein bestimmtes menschliches Individuum‘ impliziert, modalitätstheoretisch betrachtet, nicht mehr oder weniger als die: angenommen, jeder Mensch sei ein von Gott, aber nicht notwendigerweise geschaffenes Wesen. Beide repräsentieren keine schlechthin bestehende Notwendigkeit.

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dungsnotwendigkeit daraus rührenden Einzelhandlungen frei und zugleich zurechenbar von ihm getan werden? Ich zerlege den ganzen relevanten Zusammenhang in drei Stücke und mache jeweils auf ein paar Besonderheiten aufmerksam: [4] Die freye Handlung folgt unmittelbar aus dem Intelligibeln des Menschen. Aber sie ist nothwendig eine bestimmte Handlung, z. B. um das Nächste anzuführen, eine gute oder böse. Vom absolut-Unbestimmten zum Bestimmten giebt es aber keinen Uebergang. Daß etwa das intelligible Wesen aus purer lautrer Unbestimmtheit heraus ohne allen Grund sich selbst bestimmen sollte, führt auf das obige System der Gleichgültigkeit der Willkühr zurück. (AA I 17, 151 | SW VII, 384)

Der Text beginnt mit der freien Einzelhandlung, die per Bindungsnotwendigkeit aus dem intelligiblen Wesen folgt und gerade deshalb eine freiheitseinschlägig bestimmte, nämlich entweder gute oder böse Handlung ist. Wo kommt nun diese Bestimmtheit her? Antwort: Aus dem intelligiblen Wesen des Menschen. Ja ist dieses Wesen selbst denn schon als gut oder böse bestimmt? Antwort: Nicht an sich vor seiner Selbstkonstitution, sondern erst kraft dieser durch sich selbst. Aber was liegt der fälligen Selbstbestimmung des Wesens wiederum zugrunde? Etwa „pure […] Unbestimmtheit“?8 Das kann nicht sein. Die Selbstbestimmung des Wesens greift nicht Platz auf lauterer Unbestimmtheit, sondern auf einer vorgängigen Bestimmtheit. Dies wird im nächsten Stück des Textes näher beschrieben: [5] Um sich selbst bestimmen zu können, müßte es in sich schon bestimmt seyn, nicht von außen freylich, welches seiner Natur [als intelligibles Wesen] widerspricht, auch nicht von innen durch irgend eine bloß zufällige oder empirische Nothwendigkeit, indem dieß alles (das Psychologische so gut wie das Physische) unter ihm liegt; sondern es selber als sein Wesen, d. h. seine eigne Natur müßte ihm Bestimmung seyn. Es ist ja kein unbestimmtes Allgemeines, sondern bestimmt das intelligible Wesen dieses Menschen; […] (AA I 17, 151 f. | SW VII, 384)

Der die moralische Bestimmung nur weiterreichenden Bindungsnotwendigkeit liegt also der innerlich notwendige Selbstbestimmungszusammenhang des Wesens zugrunde. Aber auch dieser Selbstbestimmungszusammenhang des Wesens braucht wiederum eine bestimmte Grundlage, von der aus er – der Selbstbestimmungszusammenhang – anhebt: „Um sich selbst bestimmen zu können, müßte es in sich schon bestimmt seyn“. Es sind deshalb bei näherer Betrachtung – und zwar unvermeidlicher Weise – zwei Komponenten der Selbstbestimmung im Spiel: Einmal diejenige Komponente, in der das Wesen, wie es durch sich selbst bestimmt ist, sich selbst auch bestimmt: Das Wesen selbst bestimmt sich selbst immer konsistent oder in identischer Übereinstimmung mit sich selbst. Diesen Aspekt der Selbstbestimmung drückt Schelling wenige Zeilen später so aus, dass er sagt, die Handlung [6] „kann aus seinem Innern nur nach dem Gesetz der Identität und mit absoluter Nothwendigkeit folgen“.9 8  9 

AA I 17, 151 | SW VII, 384. AA I 17, 152 | SW VII, 384.

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Jedoch muss sich das Wesen auch – und das ist die andere Komponente – in das Verhältnis der Selbstbestimmung erst erheben oder einsetzen. Diese zweite Komponente ist angespielt in der Bemerkung Schellings: [5, siehe oben] „es selber als sein Wesen, d. h. seine eigne Natur müßte ihm Bestimmung seyn“. Aber die Frage, wie oder in welchem Modus ihm die eigene Natur Bestimmung ist – das bestimmt wiederum das Wesen selber, aber nun so, dass es sich zu einem von mehreren möglichen Modi entscheidet. Die Selbstbestimmung des Wesens ist also zum einen in Kraft als die sich wiederholende oder selbstbestätigende Selbstbestimmung.10 So ist sie notwendig sich selbst treu. Zum anderen ist sie eine Selbsterhebung in dieses Selbstverhältnis. In dieser Hinsicht findet Beschränkung auf eine von mehreren Möglichkeiten statt. Denn der Ausgangszustand der ‚eignen Natur‘ darf noch nicht moralisch bestimmt sein, sondern erhält seine moralische Bestimmtheit als gut oder böse erst durch Erhebung der eigenen Natur in das moralisch reflektierte Selbstverhältnis.11 Dieses moralische Selbstverhältnis ist dann und auf dieser Grundlage eines der Selbstbestimmung und darum nach dem Gesetz der Identität innerlich notwendig oder folgerichtig. Wollte man es sich anhand eines Vergleichs verdeutlichen, wo es allerdings de facto keine Selbstbestimmung gibt: Könnte ein Tonkrug sich selbst zum Kruge formen, so wäre es nicht der Klumpen Ton, der sich selbst zum Kruge formt, sondern vielmehr der Krug, der aus Ton sich selbst zum Kruge formen müsste und zwar so, dass er den Ton auf eine bestimmte Weise zum Element seiner Krugform machen würde. Wäre es nämlich nicht der Krug, der sich selbst formt, sondern der Ton, der dieses tut, dann handelte es sich nicht um einen Fall von Selbstbestimmung. Weil es sich also um einen Fall von Selbstbestimmung handeln soll, deshalb muss zwar Bestimmtheit vorausgesetzt werden (die eigene Natur bzw. Art des Tons), aber der Akt der Selbstbestimmung müsste von ihm selbst und nicht vom bloßen Ton ausgehen. Die Eigenschaften des Tons wären dabei vielmehr in einer bestimmten Weise in die Krugform zu integrieren.12 Die eigene Natur, schreibt Schelling, „müßte ihm [sc. dem Wesen] Bestimmung seyn“. Sie ist es aber noch nicht per se, d. h. nicht ohne die Selbstbestimmung eben des intelligiblen Wesens, die nur in solchen zwei Komponenten zumal vonstatten gehen könnte. Im metaphorischen Vergleich gesprochen: Der Ton müsste dem Krug eine Bestimmung von dessen Form sein, die er selbst – der Krug – hervorgebracht hat. Dies ist durchaus sehr sinnvoll gedacht: Ein gut oder meisterlich geformter Krug ist eben so geformt, dass die Materialität des Tons oder Lehms zur Bestimmung seiner 10 Das entspricht dem Gedanken der Selbstvoraussetzung der guten oder bösen Maxime in Kants Religionsschrift. 11  Dass der Ausgangszustand noch nicht als gut oder böse moralisch bestimmt ist, bedeutet nicht unbedingt, dass keine ambivalenten Ansatzpunkte moralisch relevanter Unterschiede in ihm enthalten sein könnten. Dies zeigt sehr überzeugend Thomas Oehl in seinem Beitrag in diesem Band (siehe insbes. 388–390; 395–397). 12  Allgemeiner zum Problem und der Frage einer Selbstformierung des menschlichen Charakters in Schellings Freiheitsschrift vgl. Florig (2010), bes. 141–177.

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Form geworden ist, im Krug-Sein sozusagen formal bewältigt wurde. So muss das moralische Subjekt seine eigene Natur formal bewältigt haben, nämlich mit ihr auf moralisch selbstbestimmte Weise gleichsam arbeiten.13 Und so geht der Text auch weiter: [7] von einer solchen Bestimmtheit gilt der Spruch: Determinatio est negatio, keineswegs, indem sie mit der Position und dem Begriff des Wesens selber Eins, also eigentlich das Wesen in dem Wesen ist. (AA I 17, 152 | SW VII, 384)

Man kann dementsprechend sagen: Die ‚eigne Natur‘ des intelligiblen Wesens wird von diesem selbst erst erhoben oder eingesetzt in die Bestimmtheit, zu der es sich selbst bestimmt.14 Und die Art und Weise dieser Erhebung macht, dass das moralische Subjekt sich selbst als gut oder böse konstituiert. Das Ergebnis der Einsetzung oder Erhebung der schon-bestimmten eigenen Natur ist die durchs ganze Leben hindurch anhaltende moralische Selbstbestimmung des Wesens; aber die Art und Weise der Einsetzung oder Erhebung ist entweder die gute oder die böse. Wenn man die Sache so versteht, ist auch völlig klar, dass der Bestimmungsakt des intelligiblen Wesens nicht einer das jeweilige Bestimmungsgegenteil ausschließenden Wahl zwischen etwa gut und böse gleicht. Die Determinatio ist hier tatsächlich nicht negatio der Gegenbestimmung. Sondern sie ist Positionierung der eigenen Natur, des eigenen Wesens im moralischen Kraftfeld oder Formfeld des Guten oder Bösen. In diesem Formfeld oder Kraftfeld befände sich das intelligible Wesen überhaupt nicht ohne den Akt der Selbstbestimmung, d. h. nicht ohne die Selbstkonstitution als moralisches Subjekt. Insofern nun das intelligible Wesen seine eigene Natur so zu seiner Bestimmtheit erhebt, dass diese Art und Weise einen Hang zum Bösen disponiert, insofern hat es sich konstituiert als radikal Böse. Insofern es diese Natur aber so zu seiner Bestimmtheit erhebt, dass die Art und Weise einen Hang zum Guten aufwiese, hätte es sich konstituiert als ebenso in der Wurzel moralisch gut. Beides war möglich in der Natur des Menschen (und zwar eines jeden) als eine geschaffene Grundlage seiner Selbstbestimmung. Die radikal-gute Selbstbestimmung war möglich, aber sie war nicht die ‚kreatürliche‘, wie Schelling schreibt, sondern wäre vielmehr ‚überkreatürlich‘ gewesen.15 Der Mensch folgt jedoch in seiner Selbstbestimmung tatsächlich der kreatürlichen Möglichkeit seines Daseins. Ein allgemeiner (für jeden Menschen gleich gelten13  Vgl. AA I 17, 154 | SW VII, 387: „so hat der Mensch, der hier entschieden und bestimmt erscheint, in der ersten Schöpfung sich in bestimmter Gestalt ergriffen, und wird, als solcher, der er von Ewigkeit ist, geboren, indem durch jene That sogar die Art und Beschaffenheit seiner Korporisation bestimmt ist.“ 14  Es handelt sich um die gleiche Grundfigur wie im Falle der Selbstzeugung Gottes: [8] „Aber entsprechend der Sehnsucht, welche als der noch dunkle Grund die erste Regung göttlichen Daseyns ist, erzeugt sich in Gott selbst eine innre reflexive Vorstellung“ (AA I 17, 132 | SW VII, 360). Nicht etwa die Sehnsucht erzeugt diese Vorstellung, sondern sie erzeugt sich selbst entsprechend der Sehnsucht. Schelling verwendet immer wieder diese Figur, so eben auch hier. 15  Vgl. AA I 17, 149; 157 | SW VII, 381; 390 f.

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der) Grund dafür ist „die Angst des Lebens“,16 die ihn aus dem Zentrum treibt, in das er erschaffen wurde. [9] Der Mensch ist in der ursprünglichen Schöpfung, wie gezeigt, ein unentschiedenes Wesen […]; nur er selbst kann sich entscheiden. Aber diese Entscheidung kann nicht in die Zeit fallen; sie fällt außer aller Zeit und daher mit der ersten Schöpfung, (wenn gleich als eine von ihr verschiedne That), zusammen. Der Mensch, wenn er auch in der Zeit geboren wird, ist doch in den Anfang der Schöpfung (das Centrum) erschaffen. Die That, wodurch sein Leben in der Zeit bestimmt ist, gehört selbst nicht der Zeit, sondern der Ewigkeit an: sie geht dem Leben auch nicht der Zeit nach voran, sondern durch die Zeit, (unergriffen von ihr), hindurch als eine der Natur nach ewige That. (AA I 17, 153 | SW VII, 385 f.)

Doch kehren wir zurück zum Problem der „innere[n] Nothwendigkeit“17 und ihrer Vereinigung mit der Freiheit, wie sie Schelling vorschwebt. Nach der gegebenen Erklärung des schwer durchdringlichen Textstücks in seinen drei Stücken muss man unterscheiden zwischen dem inneren Zusammenhang der einmal etablierten Selbstbestimmung des Wesens einerseits und der Erhebung oder Einsetzung dieses das ganze Leben in der Zeit unterfütternden Zusammenhangs auf Grundlage der für sich genommen unentschiedenen Wesensnatur des Menschen andererseits. Während erstere (die etablierte Selbstbestimmung) – „nach dem Gesetz der Identität“,18 wie Schelling schreibt, – selbstverständlich notwendig ist (denn das Wesen selbst bestimmt sich selbst getreu seiner selbst) und also die innere Notwendigkeit des selbstbestimmten Wesens ausmacht, ist die Erhebung der unentschiedenen Natur zu einer moralisch entschiedenen, die im Ergebnis ‚Bestimmtheit‘ dieses Wesens durch sich selbst ist, wie erklärt, nicht notwendig in nur einer Weise zu vollziehen. Sie ist also und kann sein ein Akt der Freiheit jedes Menschen. Und so ergibt sich ganz und gar folgerichtig, was Schelling auch beteuert: [10] Aber eben jene innere Nothwendigkeit ist selber die Freyheit; das Wesen des Menschen ist wesentlich seine eigne That; Nothwendigkeit und Freyheit stehen in einander, als Ein Wesen, das nur von verschiedenen Seiten betrachtet als das eine oder andre erscheint; an sich Freyheit, formell Nothwendigkeit ist. (AA I 17, 152 | SW VII, 385)

Moralische Selbstbestimmung und Erhebung der eigenen Natur des intelligiblen Wesens erfolgen zwar in einem Zug, sind aber nicht dasselbe und können deshalb auch modal unterschiedlich zu beurteilen sein. Die etablierte Selbstbestimmungstat, permanent das zeitliche Leben begleitend, ist eine innere oder ‚formelle‘ Notwendigkeit dieses Wesens.19 Die Art und Weise der Einsetzung oder entschiedenen Positionierung der noch unentschiedenen Natur des Menschen ins moralisch bedeutsame Formfeld ist dagegen frei, insofern die gegebene Möglichkeit, überkreatürlich zu agieren, aus nicht überwundener ‚Angst des Lebens‘ heraus nicht realisiert wird. Der 16 

AA I 17, 149 | SW VII, 381. AA I 17, 152 | SW VII, 385. 18  AA I 17, 152 | SW VII, 384. 19  Ihr entspricht bei Kant (in der Religionsschrift) die berühmte Selbstvoraussetzung der guten oder bösen Maxime des Handelns. 17 

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modale Einwand gegen Schellings Konzeption der intelligiblen Freiheitstat ist also unterkomplex im Verhältnis zur manifesten Gedankenführung in der Freiheitsschrift und kann deshalb guten Gewissens zurückgewiesen werden.

2. Der handlungstheoretische Einwand Der handlungstheoretische Einwand zieht in Zweifel, dass das, was Schelling nur den Worten nach als eine ‚freie Handlung‘ bezeichnet (nämlich die intelligible Tat), überhaupt die Merkmale aufweisen kann, die für Handlungen oder gar freie Handlungen ganz generell und unbestreitbar notwendig sind. Es sind insbesondere zwei solche Handlungsmerkmale, die Schelling der intelligiblen Tat abzusprechen scheint, nämlich erstens das Bewusstsein (die intelligible Tat sei eine vorbewusste oder bewusstlose, weil sich durch sie das Bewusstsein erst herstellt) und zweitens die zeitliche Struktur, die gegebenenfalls zwischen einem Handlungsbeginn oder Handlungsansatz und einem Handlungsergebnis zu unterscheiden erlaubt. Wie kann etwas eine freie Handlung sein, das weder bewusst ist noch einen zeitlich strukturierten Unterschied zwischen Beginn und Ergebnis des Vorgangs zulassen soll? Um beiden Ästen des Einwands begegnen zu können, ist zunächst wichtig, sich klar zu machen, dass die intelligible Tat eines Menschen einerseits und die freien Einzelhandlungen während seines Lebens andererseits nicht zwei Beispiele oder Fälle abgeschlossener Handlung im gleichen Sinne sind. Denn keine einzige empirische Handlung eines Menschen ist frei und zurechnungsfähig ohne den Einschluss einer intelligiblen Selbstkonstitutionshandlung im erklärten Sinn; und keine intelligible Selbstkonstitutionshandlung existiert oder kommt vor, ohne in zeitlichen Einzelhandlungen eines Menschen eingeschlossen zu werden. Es gibt beide also nur im Gespann, obwohl sie verschieden sind: Denn die eine ist während des ganzen Lebens eines Menschen vollendet und eine Einheit wie ein und derselbe Sockel für viele darauf errichtete Figuren. Deshalb unterliegt diese Basishandlung auch keiner zeitlichen Sukzession, sondern geht, wie Schelling sagt, als diese einzige durch die ganze Zeit hindurch und reicht zurück bis in den Anfang der Schöpfung. Auch die Schöpfung ist ja eine Handlung außerhalb der Zeit, nur nicht eine desselben Subjekts wie die beiden, über die wir jetzt sprechen. Die anderen (also die empirisch figurierten Einzelhandlungen des Menschen) sind dagegen viele derselben Person, und sie sind sämtlich in der Zeit- und Kausalfolge der Natur präsent. Beide müssen also verschieden sein, aber nicht von derselben Art. Sie sind verschiedenartige Handlungen, die im Falle des Stattfindens von Freiheit jedoch nur zusammen auftreten können (ein Token, das zwei Handlungstypen in sich vereinigt). Aus diesem Grund, dass beide nur zusammen auftreten können in jeweils einem frei handelnden Menschen, kann es auch Eigenschaften des Menschen geben, deren Vorkommen sich aus beiden speist oder in beiden Handlungstypen fundiert ist. Eine

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dieser Eigenschaften ist das Bewusstsein oder genauer gesagt das Verantwortungsbewusstsein des Menschen. Schelling schreibt: [11] In dem Bewußtseyn, sofern es bloßes Selbsterfassen und nur idealisch ist, kann jene freye That, die zur Nothwendigkeit wird, freylich nicht vorkommen, da sie ihm, wie dem Wesen, vorangeht, es erst macht; aber sie ist darum doch keine That, von der dem Menschen überall kein Bewußtseyn geblieben; indem derjenige, welcher etwa, um eine unrechte Handlung zu entschuldigen, sagt: So bin ich nun einmal, doch sich wohl bewußt ist, daß er durch seine Schuld so ist, so sehr er auch Recht hat, daß es ihm unmöglich gewesen, anders zu handeln. (AA I 17, 153 f. | SW VII, 386)

Aus diesem Text ersehen wir leicht, dass es erstens nicht Bewusstsein überhaupt ist, das der intelligiblen Tat abgesprochen wird, sondern nur ‚idealisches‘ oder sich ‚selbsterfassendes‘ Bewusstsein. Wir können dies auch das Erinnerungsbewusstsein des Menschen nennen oder, mit einem modernen Wort, das self-monitoring des Bewusstseins. Hingegen wird dadurch nicht ausgeschlossen, dass die intelligible Tat Handlungsbewusstsein aufweist, d. h. sehenden Auges getan wird. Im Gegenteil lässt sich das sogar direkt aus dem Text belegen, wo es heißt: [12] das Wesen des Menschen ist wesentlich seine eigne That; […] Das Ich, sagt Fichte, ist seine eigne That; Bewußtseyn ist Selbstsetzen – aber das Ich ist nichts von diesem verschiedenes, sondern eben das Selbstsetzen selber. Dieses Bewußtseyn aber, inwiefern es bloß als Selbst-Erfassen, oder Erkennen des Ich gedacht wird, ist nicht einmal das erste, und setzt wie alles bloße Erkennen das eigentliche Seyn schon voraus. Dieses vor dem Erkennen vermuthete Seyn ist aber kein Seyn, wenn es gleich kein Erkennen ist; es ist reales Selbstsetzen, es ist ein Ur- und Grundwollen, das sich selbst zu Etwas macht und der Grund und die Basis aller Wesenheit ist. (AA I 17, 152 | SW VII, 385)

Also auch hier: Nicht das idealische Selbsterfassungsbewusstsein ist das einzige und primäre Bewusstsein, sondern eines, das mit Absicht oder ‚Wollen‘ einhergeht, und das ich als Handlungsbewusstsein bezeichne. Auch Kindern sprechen wir zu, etwas mit voller Absicht zu tun, das sie aber idealisch oder begrifflich gar nicht erfassen können. Auch geben wir zu, dass wir keine Erinnerung an solche absichtlichen Taten unserer eigenen Kindertage haben, obwohl wir dabei nicht unterstellen, wir hätten ohne Bewusstsein getan, was wir taten. Das ist also das erste, was zu dem Einwand der Bewusstlosigkeit zu sagen ist. Das zweite, noch Interessantere ist, dass bestimmte Formen des Bewusstseins wie namentlich unser Verantwortungsbewusstsein tatsächlich nur auf beide Typen verschiedenartiger Handlungen von uns gestützt werden können – wie es das oben angeführte Zitat selbst beschreibt. Denn es geht um gewisse frei begangene Einzelhandlungen, für die wir uns bewusst sind, die Schuld zu tragen, obwohl wir zugleich sagen, dass wir nun einmal so sind und in der bewussten konkreten Situation gar nicht hätten anders handeln können. Diese Art von Bewusstsein des Menschen stützt sich, wie Schelling erklärt, in einem Zug auf das Vorkommen beider Handlungsarten in uns: der (wie wir uns bewusst sind) frei begangenen Einzelhandlung und der, die wir

Schellings Konzept der „intelligiblen Tat“

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dabei nur unterstellen, ohne dass wir uns ihrer bewusst wären, durch welche wir uns als ein bestimmtes moralisches Subjekt konstituiert haben. Was nun weiter die Überzeitlichkeit oder außer der Zeit fallende Gestalt der intelligiblen Tat betrifft, so kann ich hier nur in aller Kürze hervorheben, dass die zeitliche Sukzession m. E. logisch nicht erforderlich ist, um die notwendige Struktur einer wirklichen Handlung behaupten oder denken zu können. Vielmehr muss man nur die Unterschiedenheit von einerseits mehrpoliger Handlungsmacht, andererseits eindeutig entschiedener Widmung dieser Macht in ein und derselben übergreifenden und zugleich gerichteten Ordnung denken. Eine Richtung ist jedoch nicht nur in der Zeit von früher nach später zu denken, sondern auch in hierarchischen Strukturen, etwa einer pyramidalen Struktur aus breiterer (mehrpoliger) Basis und eindeutiger, auf dieser Basis errichteter Gipfelfunktion. Ich gebrauche hier nur Ausdrücke, die sich logisch-mathematisch und völlig ohne eine Inanspruchnahme von Zeit oder Sukzession oder auch Raum explizieren lassen. Deren bestimmt geordneter Zusammenhang kann dann als Modell wirklicher Handlungsstrukturen gelten, ohne dass zeitliche Sukzession dafür vorausgesetzt werden muss. Es liegt hier allerdings eine Schwierigkeit, mit der Schelling zu kämpfen hat, die ihn im Anschluss an die Freiheitsschrift viele Jahre beschäftigen wird: da er nämlich behauptet, dass der Mündungspunkt menschlicher Freiheitshandlungen tatsächlich in der Zeit zu liegen kommt, aber die dafür begrifflich vorauszusetzende Konstitu­ tionsbasis (die intelligible Tat) außerhalb der Zeit liegen solle – dadurch schafft er das Problem, dass ein und dieselbe freie Einzelhandlung zu einem Stück innerhalb der Zeitordnung, zu einem anderen Stück außerhalb dieser und damit vielmehr in einer andersartig oder gar nicht gerichteten (rein intelligiblen) Ordnung zu liegen komme. Das bedeutet: Er ist außerstande, eine homogene Ordnungsstruktur zu denken, in der sowohl zeitlich-sukzessive wie nicht-sukzessive Anordnung der Handlungselemente möglich ist. Dieses in der Freiheitsschrift nur unterstellte Ordnungskonglomerat oder Ordnungshybrid versucht er dann in seiner Weltalterphilosophie so neu zu fassen, dass ein und dasselbe (nämlich gewisse Handlungen) sowohl zeitlich-sukzessive Ausläufer haben als auch nicht sukzessiven, aber dennoch zeitlichen oder zeitaffinen Ordnungen oder besser Stellen in ein und derselben Ordnung (einer Art erweiterten Zeit) angehören können. Dies muss uns aber hier nicht weiter beschäftigen.20 Wir können jedenfalls schlüssig und mit guten Gründen auch die beiden handlungstheoretischen Einwände gegen Schellings Theorie der intelligiblen Tat zurückweisen.

20 

Vgl. dazu Buchheim (2020).

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Thomas Buchheim

3. Der biographische bzw. geschichtstheoretische Einwand Dieser Einwand moniert, was schon Schelling selbst als den einzigen „Grund […], der gegen diese Ansicht angeführt werden könnte“ eingeschätzt hat, den er aber auch zugleich meinte entkräften zu können, nämlich [13] […] daß sie [die Ansicht] alle Umwendung des Menschen vom Bösen zum Guten, und umgekehrt, für dieses Leben wenigstens abschneide. (AA I 17, 155 f. | SW VII, 389)

Der Einwand ist insofern noch zu erweitern, dass dies sowohl für den einzelnen Menschen und seine persönliche Biographie als auch für die menschliche Gattung im Allgemeinen gelten müsste, nachdem Schelling ja behauptet, dass alle Menschen, die geboren werden, mit dem selbst zugezogenen Hang zum Bösen (kraft ihrer intelligiblen Selbstkonstitution) ins empirische Leben und Dasein eintreten.21 Denn wenn alle Menschen ausnahmslos einen aus Freiheit zugezogenen Hang zum Bösen besäßen und außerdem keiner während des Lebens eine Wandlung vom Bösen zum Guten durchmachen könnte, dann wäre auch im Geschichtsverlauf der gesamten Gattung nie ein von Menschen zu verantwortendes Gutsein der Verhältnisse möglich. Wenn nun also die Einheit der intelligiblen Tat so stark durch das ganze Leben und alle Zeit hindurch sich geltend macht, wie Schelling behauptet, wie könnte sie dann gleichsam gelockert oder schwach werden, um dem Gegenteil ihrer moralischen Statur Einlass zu gewähren? Um dies zu sehen, ist es wichtig, sich noch einmal den Charakter jener „absolute[n] Einheit“ vor Augen zu führen, die nach Schellings Aussage dank jener intelligiblen Tat der einzelnen Handlung des Menschen „nicht sowohl der Zeit, als dem Begriff nach […] vorangeht“. Wir haben schon festgestellt, dass die intelligible Tat eines Menschen nicht vorkommt oder vielmehr gar nicht existiert, ohne dass sie eingebettet wäre in wirkliche und in der Zeit stattfindende Einzelhandlungen des betreffenden (ein Handlungstoken, das auf einmal zwei Handlungstypen in einer asymmetrischen Fundierungsbeziehung instanziiert). Das heißt, die intelligible Tat ist immer intern gepaart mit der empirisch zeitlichen Handlungsweise eben der Menschen, die sich als moralische Subjekte selbstkonstituiert haben. Schelling beschrieb das eingangs so: [14] Das intelligible Wesen […] kann daher nie durch irgend etwas Vorhergehendes bestimmt seyn, indem es selbst vielmehr allem Andern, das in ihm ist oder wird, nicht sowohl der Zeit, als dem Begriff nach als absolute Einheit vorangeht, die immer schon ganz und vollendet da seyn muß, damit die einzelne Handlung oder Bestimmung in ihr möglich sey. (AA I 17, 151 | SW VII, 383) 21  Vgl. AA I 17, 155 | SW VII, 388: „so hat der Mensch sich von Ewigkeit in der Eigenheit und Selbstsucht ergriffen, und alle, die geboren werden, werden mit dem anhängenden finstern Prinzip des Bösen geboren“ – dieses selbst frei zugezogene „Prinzip des Bösen“ in jedem Menschen ist nicht zu verwechseln mit dem „natürliche[n] Hang des Menschen zum Bösen“ (AA I 17, 149 | SW VII, 381), der vielmehr der intelligiblen Selbstbestimmungstat eines jeden noch voraufgeht als Element seiner hoch ambitionierten, aber dennoch geschaffenen Natur.

Schellings Konzept der „intelligiblen Tat“

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Hervorzuheben ist, dass das intelligible Wesen nie durch irgendetwas Vorhergehendes bestimmt werden kann, was aber natürlich nicht ausschließt, dass es durch etwas ihm erst (begrifflich) Nachfolgendes bestimmt werden könnte.22 Außerdem ist deutlich, dass die absolute Einheit, die sich in seiner intelligiblen Tat konstituiert, dem Begriff nach „allem Andern, das in ihm ist oder wird“ vorangehen muss. Meine Frage lautet: Was ist gemeint mit „allem Andern, das in ihm ist oder wird“? Könnte es nicht zum Beispiel etwas sein, was ein Mensch einem anderen tut oder zufügt? Dem Begriff nach geht diesem, was mir von anderen zugefügt wird, zwar die absolute Einheit meines intelligiblen Wesens voran. Aber das bedeutet nicht, dass in diesem Wesen kraft der Zufügung nichts anderes ist als das, wozu es sich in der intelligiblen Tat selbst macht. Und weiter: Die absolute Einheit muss schon ganz und vollendet da sein, damit die einzelne Handlung oder Bestimmung (welche Bestimmung?) in ihr möglich sei. Schelling sagt nicht, dass diese einzelne Handlung oder Bestimmung schon wirklich in dieser absoluten Einheit drin sei, also zu deren Vollendungszustand als Element oder Teil gehöre. Wir haben also jede Menge Lizenz und Anhaltspunkte dafür, mit Schelling selbst und zugleich logisch konsistent zu behaupten, dass kraft des zeitlichen Daseins und Lebens eines Menschen gewisse Bestimmungen die absolute Einheit des intelligiblen Wesens modifizieren können. Diese Bestimmungen entspringen dann natürlich erstens nicht der Selbstbestimmung des betreffenden Menschen, und sie sind zweitens niemals Rückgängigmachung dessen, wozu sich das intelligible Wesen selbst bestimmt. Vielmehr bleibt sich die Selbstbestimmung des intelligiblen Wesens gleich, aber es werden in ihm Valenzen geweckt und genutzt, die etwas zur Geltung bringen, was nicht auch Element seiner wesentlichen Selbstbestimmung ist. Man muss, so könnte man sagen, die Leute in den meisten Fällen nur richtig einsetzen, um ihre Bosheit zu konterkarieren durch etwas, wozu sie sich nicht selbst haben bestimmen können. Und genau das ist es, was Schelling am Ende des Lehrstücks von der intelligiblen Tat mit seiner These von einer möglichen „göttliche[n] Transmutation“23 zum Guten eben auch ausführt und beschreibt: [15] Allein es sey nun, daß menschliche oder göttliche Hülfe – (einer Hülfe bedarf der Mensch immer) – ihn zu der Umwandlung ins Gute bestimme […] (AA I 17, 156 | SW VII, 389; eigene Hvg.)

Ich unterbreche und hebe hervor: Es ist die Hilfe von anderer Seite, die ihn zur Umwandlung ins Gute bestimmt – und wir haben bereits gesehen, dass die ‚absolute Einheit‘ der Selbstbestimmung ausdrücklich andere Bestimmungen zulässt als die, die ihr selbst entspringen.

22  Zum Beispiel kann die Amplitude oder Frequenz einer Sinuskurve verändert und derselbe Sinus dadurch bestimmt oder ‚moduliert‘ werden. 23  AA I 17, 155 | SW VII, 388.

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Thomas Buchheim

[16] […] so liegt doch dieß, daß er dem guten Geist jene Einwirkung verstattet, sich ihm nicht positiv verschließt, ebenfalls schon in jener anfänglichen Handlung, durch welche er dieser und kein andrer ist. (AA I 17, 156 | SW VII, 389)

Wer oder was ist der ‚Geist‘ – ein guter oder böser –, dem man eine bestimmende Einwirkung verstattet oder nicht? Er ist etwas, das nicht und niemals fundiert ist in nur einer Person. Er ist ein Verhältnis oder besser eine Valenz des Verhältnisses zwischen mehreren Personen. Und dies ist nach meiner These oder vielmehr nach dem im Projekt erarbeiteten Verständnis Schellings genau das, was eben nicht eine einzige Person für sich durch ihre Selbstbestimmung bestimmen kann, wofür sie aber Ansprechbarkeit oder Erreichbarkeit besitzt oder sich dazu bestimmt. Und zwar scheint das Gewitzte dieses Schelling’schen Gedankens darin zu liegen, dass eben praktisch jedes Verhältnis zwischen Personen sowohl einen guten wie einen bösen Geist liefern kann, je nachdem wie die Ansprechbarkeit von jemandem für ihn gelagert und ausgebaut ist. Weswegen Schelling kurz danach hinzufügt: [17] Es ist im strengsten Verstande wahr, daß, wie der Mensch überhaupt beschaffen ist, nicht er selbst, sondern entweder der gute oder der böse Geist in ihm handelt; […] (AA I 17, 156 | SW VII, 389)

Wir haben nun alles beisammen, d. h. alle Requisiten, um eine ‚göttliche Transmutation‘ vom selbstbestimmten Bösen des einzelnen Menschen ‚ins Gute‘ oder zum Guten konsistent zu denken: Alles Böse oder Gute ist Effekt des freien Handelns von Personen. Aber es steht nicht geschrieben, dass es allein Effekt des Handelns je einer Person ist, deshalb auch nicht, dass es immer der Selbstbestimmung von einzelnen moralischen Subjekten entspringen muss. Vielmehr wäre es möglich, dass manches Gute wie auch sicherlich manches Böse nur als Effekt der zwischen vielen Personen herrschenden Verhältnisse überhaupt denkbar ist, wodurch eine Determinante ins moralische Spiel kommt, die nicht Bestandteil der intelligiblen Selbstbestimmung des Wesens eines jeden sein kann. Für diese neuartige Determinante haben aber, wie Schelling sagt, die einzelnen Personen kraft ihrer intelligiblen Freiheitstat schon darauf ansprechende Antennen gebildet, die in der absoluten Einheit, soweit sie dem Leben in der Zeit begrifflich vorangeht, zwar noch stumm, aber im empirischen Dasein eben in bestimmter Weise empfänglich für modifizierende Einflüsse daraus sind. Diese Einflüsse machen die moralisch selbstbestimmte Qualität (als radikal böse oder radikal gut) nicht hinfällig oder rückgängig, sondern erweitern deren Komplexität über das hinaus, was der Selbstbestimmung nur Einzelner entstammen kann. Vor dem Hintergrund dieser möglich höheren Komplexität manches Guten und Bösen kann es nun sein, dass die freien Einzelhandlungen der Menschen (unter Einbeziehung der ‚Hilfe‘, die ihnen jedenfalls zuteil wird) gerechter Weise anders zu beurteilen sind, als es der Maßstab dessen zeigt und hergibt, der zur Unterscheidung des radikal Bösen vom radikal Guten im einzelnen Menschen heranzuziehen ist. So könnte der einzelne Mensch, der radikal böse ist, durch die Einbeziehung der neuartigen Determinante und ihres mo-

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difizierenden Einflusses auf das intelligible Wesen „zu der Umwandlung ins Gute bestimm[t]“24 werden, nämlich desjenigen Guten, das nicht Verdienst nur eines einzelnen ist noch sein kann, dessen Zutat dazu aber einen hinreichenden Grund dafür abgibt, ihn mit göttlicher Kraft auch selbst in einen neuen Menschen zu verwandeln. Diese Überlegung zeigt, dass noch lange nicht, wenn auch jeder Mensch aufgrund seiner selbstbestimmten intelligiblen Freiheitstat radikal böse ist, mit dieser moralischen Ausgangslage ebenfalls schon das Ende aller moralischen Tage erreicht ist und auch nicht alles sich am Ende moralisch gleich für jeden Menschen und sie alle zusammen verhalten muss. Eine Transmutation ist also möglich und verhält sich, wenn sie geschieht, konsistent zu allen Elementen und Modalitäten, die Schelling für die aus innerer Notwendigkeit herrührende absolute Einheit des selbstbestimmten Wesens eines Menschen in Anspruch nehmen muss.

Literaturverzeichnis Buchheim, T. (2020), „Freiheit unter Bedingungen der Zeit? Schellings neuer Zeitbegriff im Nachgang zur Freiheitsschrift“, in: Kant-Studien 111, 191–223. Florig, O. (2010), Schellings Theorie menschlicher Selbstformierung. Personale Entwicklung in Schellings mittlerer Philosophie, Freiburg/München.

24 

AA I 17, 156 | SW VII, 389.

Ist das Wesen des Menschen „seine eigne That“? Über ein Theorem in Schellings Freiheitsschrift Friedrich Hermanni Wer das Problem der menschlichen Freiheit aufwirft, ist gut beraten, an einem Vorverständnis Maß zu nehmen, das mit allgemeiner Zustimmung rechnen kann. Trotz mancher Kontroversen in der heutigen Freiheitsdebatte1 ist es unstrittig, dass freies Handeln von zwei anderen Weisen des Handelns unterschieden werden muss. Einerseits ist es von fremdbestimmtem Handeln abzugrenzen, einem Verhalten beispielsweise, zu dem man durch äußere oder innere Faktoren gezwungen wird. Andererseits sind freie Handlungen nicht mit zufälligen zu verwechseln, d. h. solchen, die ohne Grund, gleichsam ‚aus heiterem Himmel‘ geschehen und daher unverständlich sind. Wenn sich Freiheit aber sowohl von Fremdbestimmung als auch von Zufall oder Unbestimmtheit unterscheidet, muss sie als Selbstbestimmung verstanden werden. Die entgegengesetzten Auffassungen von Freiheit, die sich in der heutigen Debatte primär gegenüberstehen, die libertarische und die kompatibilistische, sind alternative Versuche, das unstrittige Vorverständnis von Freiheit im Einzelnen zu entfalten. Sie können daher anhand der Frage geprüft werden, ob und inwieweit sie diesem Vorverständnis tatsächlich gerecht werden. Dasselbe gilt für die Theorie menschlicher Freiheit, die Schelling in seiner Freiheitsschrift von 1809 entwickelt hat. Zwar ist sie weder den libertarischen noch den kompatibilistischen Positionen unserer Tage eindeutig zuzuordnen, aber auch sie kann als Versuch gelten, das unstrittige Vorverständnis von Freiheit zu explizieren. Worin dieser Versuch genau besteht und ob er Bestand hat, ist Gegenstand der folgenden Überlegungen. Die beiden ersten Abschnitte rekonstruieren zunächst Schellings Begriff der formellen Freiheit (1.) und sein Theorem einer intelligiblen Tat (2.), durch die der Mensch nach Schelling sein eigenes Wesen bestimmt. In den folgenden Abschnitten (3. und 4.) werden zwei Lesarten dieses Theorems unterschieden und kritisch erwogen. Der letzte Abschnitt (5.) zieht ein kurzes Resümee.

1 Vgl. z. B. Fischer/Kane/Pereboom/Vargas (2007); Kane (2011); Timpe/Griffith/Levy (Hgg.) (2017).

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Friedrich Hermanni

1. Das formelle Wesen der menschlichen Freiheit Schelling präsentiert seinen Begriff vom „formelle[n] Wesen der Freyheit“,2 der sich auf einzelne Handlungen bezieht und von deren inhaltlicher Bestimmtheit noch absieht, als Resultat einer kritischen Betrachtung des Indeterminismus und des Determinismus, die jeweils auf einer empirischen und auf einer intelligiblen Ebene vertreten werden können. Dem empirischen Indeterminismus zufolge besteht menschliche Freiheit in dem unbestimmten Vermögen, von zwei alternativen Handlungsmöglichkeiten die eine oder andere ohne bestimmende Gründe zu ergreifen. Jeder habe es beispielsweise in seiner Gewalt, seinen Arm auszustrecken oder anzuziehen, ohne einen bestimmenden Grund zu benötigen. Nicht einmal das Interesse, seine Willkürfreiheit zu beweisen, könne ihn bestimmen, die eine der beiden Alternativen anstelle der anderen zu ergreifen, denn durch das Ergreifen der anderen würde er seine Freiheit ebenso gut demonstrieren. Schelling kritisiert diese Position mit zwei traditionellen Argumenten. Erstens kann aus der Unkenntnis bestimmender Gründe nicht auf deren Abwesenheit geschlossen werden, denn – so schreibt schon Leibniz – wir bemerken durchaus nicht immer die häufig unvorstellbaren Ursachen, von denen unser Entschluß abhängt. Das ist als ob man sagen würde, die Magnetnadel finde ein Vergnügen daran, sich nach Norden zu drehen […] (Theodizee, I, §  50)

Zweitens führt dieser Freiheitsbegriff zur Annahme der Zufälligkeit der einzelnen Handlungen, die „der Vernunft wie der nothwendigen Einheit des Ganzen“ widerstreitet.3 Schelling zielt damit auf Leibniz’ Satz vom zureichenden Grund, der die unverbrüchliche Verkettung aller Ereignisse garantiert und dessen Aufhebung eine Atomisierung allen Geschehens zur Folge hätte.4 Mit der Zurückweisung des empirischen Indeterminismus trägt Schelling dem zweiten Moment des unstrittigen Vorverständnisses Rechnung, das Freiheit von Zufall unterscheidet. Dem empirischen Indeterminismus setzt sich nach Schelling mit vollem Recht der empirische Determinismus entgegen. Ihm zufolge ergeben sich Handlungen notwendig aus inneren und äußeren Faktoren, die in der Vergangenheit liegen und deshalb zum Zeitpunkt des Handelns nicht mehr in der Gewalt des Handelnden stehen. Nach 2  AA I 17, 150 | SW VII, 382. Der Abschnitt zum formellen Wesen der Freiheit beginnt mit AA I 17, 150, Zeile 6 | SW VII, 382, Zeile 7 und endet mit der Definition dieses formellen Wesens auf AA I 17, 152, Zeile 10 f. | SW VII, 384, Zeile 25–27. Für diese Abgrenzung plädiert, u. a. aus Gründen der Textkomposition, auch Gerlach (2019), 229 f. 3  AA I 17, 150 | SW VII, 383. Mit der „nothwendigen Einheit des Ganzen“ meint Schelling offenbar die „im göttlichen Verstande zuvor entworfne Einheit des Weltganzen“ (AA I 17, 154 | SW VII, 387). 4  Schellings Hinweis, dass der Begriff einer „gänzliche[n] Zufälligkeit der einzelnen Handlungen […] sehr richtig mit der zufälligen Abweichung der Atomen verglichen worden ist, die Epikurus in der Physik in gleicher Absicht ersann“ (AA I 17, 150 | SW VII, 383), bezieht sich auf Leibniz, Theodizee, III, §  303.

Ist das Wesen des Menschen „seine eigne That“?

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Leibniz wird menschliche Freiheit damit aber nicht ausgeschlossen. Vielmehr sind Handlungen frei, wenn sie durch Motive und Absichten determiniert werden, die den Handelnden geneigt machen, „ohne zu zwingen“.5 Denn der Akteur unterliegt in diesem Fall keiner von ihm unterschiedenen Nötigung, sondern handelt aufgrund innerer Vorstellungen und insofern freiwillig. Schon Kant hat diesen Freiheitsbegriff als unzureichend verworfen. Denn die den Handelnden determinierenden Motive und Absichten sind zum Zeitpunkt der Handlung „nicht mehr in seiner Gewalt“, lassen „mithin keine transcendentale Freiheit übrig […], welche als Unabhängigkeit von allem Empirischen und also von der Natur überhaupt gedacht werden muß“,6 und zerstören deshalb die Zurechenbarkeit der Handlung.7 Nach Schelling hat erst Kants Unterscheidung zwischen empirischer und intelligibler Welt einen Bereich eröffnet, in dem die Rede von menschlicher Freiheit einen verständlichen Sinn hat.8 Er nimmt deshalb Kants Lehre vom intelligiblen Charakter, der nicht unter Zeitbedingungen steht und somit nicht dem Gesetz der Natur­ kausalität unterworfen ist, zum Ausgangspunkt seiner eigenen Überlegungen. Der intelligible Charakter ist nach Kant frei im transzendentalen Sinne, insofern er „seine Wirkungen in der Sinnenwelt von selbst“ anfängt, „ohne daß die Handlung in ihm selbst anfängt“.9 Schelling versteht dieses intelligible Wesen des Menschen als eine „absolute Einheit“, die „immer schon ganz und vollendet da seyn muß, damit die einzelne Handlung oder Bestimmung in ihr möglich sey“.10 Auf der intelligiblen Ebene wiederholt sich nun die Alternative zwischen Indeterminismus und Determinismus. Ein intelligibler Indeterminismus, wonach „das intelligible Wesen aus purer lautrer Unbestimmtheit heraus ohne allen Grund sich selbst [sc. zu einer einzelnen Handlung] bestimmen sollte“,11 ist nach Schelling ebenso undenkbar wie sein empirischer Vorgänger. Denn hier wie dort gibt es keinen Übergang vom „absolut-Unbestimmten zum Bestimmten“.12 Um sich selbst zur Handlung bestimmen zu können, muss dem intelligiblen Wesen folglich schon eine Bestimmtheit eigen sein, die ihm aber nicht durch zeitlich voraus5 

Theodizee, I, §  45. KpV, AA V: 96 f. 7  Wenn Schelling bemerkt, Leibniz’ Überlegungen würden „in der Hauptsache gar nichts [helfen]“ (AA I 17, 151 | SW VII, 383), dann scheint er sich der Leibnizkritik Kants anzuschließen, geriete damit aber in Konflikt zu seiner eigenen Position. Denn im Unterschied zu Kant nimmt er an, dass die Gründe, die den Akteur zum Handeln bestimmen, zum Zeitpunkt des Handelns nicht (mehr) in seiner Gewalt stehen, so dass er unmöglich anders handeln konnte. Zu dieser Differenz zwischen Kant und Schelling siehe unten 286. 8  Vgl. AA I 17, 118; 123; 151 | SW VII, 345; 351; 383. 9  KrV, A541/B569. 10  AA I 17, 151 | SW VII, 383. 11  AA I 17, 151 | SW VII, 384. Der Argumentationskontext zeigt, dass in diesem Satz noch nicht von der Konstitution des Wesens selbst die Rede ist, sondern von der Bestimmung einzelner Handlungen durch das Wesen. Die Frage nach der Konstitution des Wesens wird erst ab AA I 17, 152, Zeile 18 | SW VII, 385, Zeile 1 behandelt. Anders interpretieren Buchheim in diesem Band, 269, und Gerlach (2019), 240. 12  AA I 17, 151 | SW VII, 384. 6 

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Friedrich Hermanni

gehende, äußere oder innere Ursachen vermittelt sein kann. Das intelligible Wesen ist kein unbestimmtes Allgemeines, zu dem die Bestimmtheit erst sekundär hinzutreten würde, sondern als Wesen eines einzelnen Menschen ist es je schon ein bestimmtes. Diese Bestimmtheit macht das Wesen selbst aus, sie ist, schreibt Schelling, „mit der Position und dem Begriff des Wesens selber Eins, also eigentlich das Wesen in dem Wesen“.13 Das intelligible Wesen eines Menschen kann deshalb anstelle seiner eigenen Bestimmtheit keine andere haben; denn ansonsten wäre der betreffende Mensch eben ein anderer und nicht er selbst. Schelling bezeichnet diese notwendige Verknüpfung zwischen dem intelligiblen Wesen eines Menschen und der ihm eigenen, alternativlosen Bestimmtheit als „innere Nothwendigkeit des Wesens“.14 Im Gegenzug zum intelligiblen Indeterminismus vertritt Schelling einen intelligiblen Determinismus, dem zufolge das notwendig so und so bestimmte intelligible Wesen eines Menschen seine Einzelhandlungen determiniert. Diese Art von Determination schließt die formelle Freiheit nicht aus, sondern ist mit ihr identisch. „[D]enn frey ist, was nur den Gesetzen seines eignen Wesens gemäß handelt, und von nichts anderem weder in noch außer ihm bestimmt ist.“15

2. Die intelligible Tat Eine Handlung ist im formellen Sinne frei, wenn sie weder zufällig geschieht wie im empirischen und intelligiblen Indeterminismus noch durch zeitlich vorhergehende, äußere oder innere Ursachen fremdbestimmt wird wie im empirischen Determinismus. Freie Handlungen folgen nach Schelling vielmehr notwendig aus dem intelligiblen Wesen eines Menschen, das seinerseits notwendig ein so und so bestimmtes ist. Gegen dieses Verständnis von Freiheit lässt sich freilich Folgendes einwenden: Auch wenn jemand durch das ihm eigene intelligible Wesen zum Handeln bestimmt wird, kann er dennoch fremdbestimmt sein. Denn neben der Fremdbestimmung durch äußeren oder inneren Zwang ist eine weitere Form von Fremdbestimmung denkbar, die im dargelegten Freiheitsverständnis unberücksichtigt bleibt. Fremdbestimmt ist ein Akteur nämlich auch dann, wenn er sein intelligibles Wesen, das seine Handlungen determiniert, nicht selbst setzt, sondern als bloß gegebenes vorfindet. Schelling wirft dieses Problem selbst auf und löst es durch sein Theorem einer intelligiblen Tat: Wäre jenes Wesen ein todtes Seyn und in Ansehung des Menschen ein ihm bloß gegebenes; so wäre, da die Handlung aus ihm nur mit Nothwendigkeit folgen kann, die Zurechnungsfähigkeit und alle Freyheit aufgehoben. Aber eben jene innere Noth­wendigkeit ist selber die Freyheit; das Wesen des Menschen ist wesentlich seine eigne That; Nothwendigkeit und Freyheit stehen in einander, als Ein Wesen, das nur von verschiedenen Seiten betrachtet als das eine 13 

AA I 17, 152 | SW VII, 384. AA I 17, 152 | SW VII, 385. 15  AA I 17, 152 | SW VII, 384. 14 

Ist das Wesen des Menschen „seine eigne That“?

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oder andre erscheint; an sich Freyheit, formell Nothwendigkeit ist. Das Ich, sagt Fichte, ist seine eigne That; Bewußtseyn ist Selbstsetzen – aber das Ich ist nichts von diesem verschiedenes, sondern eben das Selbstsetzen selber. Dieses Bewußtseyn aber, inwiefern es bloß als Selbst-Erfassen, oder Erkennen des Ich gedacht wird, ist nicht einmal das erste, und setzt wie alles bloße Erkennen das eigentliche Seyn schon voraus. Dieses vor dem Erkennen vermuthete Seyn ist aber kein Seyn, wenn es gleich kein Erkennen ist; es ist reales Selbstsetzen, es ist ein Ur- und Grundwollen, das sich selbst zu Etwas macht und der Grund und die Basis aller Wesenheit ist. (AA I 17, 152 | SW VII, 385)

Nach Schelling sind Handlungen nur dann frei und zurechenbar, wenn sie durch das intelligible Wesen des Akteurs determiniert werden. Diese Bedingung allein genügt indes nicht. Denn wenn der Mensch sein intelligibles Wesen bloß vorfände, dann wären die Handlungen, die aus diesem Wesen notwendig folgen, fremdbestimmt. Frei und zurechenbar sind sie vielmehr erst dann, wenn das handlungsbestimmende Wesen des Menschen seine eigene Tat ist. Was bedeutet das genau? In welchem Verhältnis steht das intelligible Wesen eines Menschen zu seiner „intelligibeln That“?16 An einigen Stellen identifiziert Schelling das Wesen und die Tat, z. B. wenn er von einer „Handlung“ spricht, „die das Wesen des Menschen selbst ausmacht“,17 oder wenn er bestreitet, „daß der Mensch nicht schon anfänglich Handlung und That sey, und daß er als geistiges Wesen ein Seyn vor und unabhängig von seinem Willen habe“.18 An anderen Stellen hingegen bestimmt Schelling das intelligible Wesen als Folge der intelligiblen Tat, etwa wenn es heißt, dass „jene freye That“ dem Bewußtsein „wie dem Wesen, vorangeht, es erst macht“.19 Dass Schelling das Verhältnis zwischen intelligibler Tat und intelligiblem Wesen einerseits als Identitäts- und andererseits als Grund-Folge-Beziehung auffasst, ist ein Hinweis auf zwei mögliche Lesarten der intelligiblen Tat, die in den beiden folgenden Abschnitten genauer unterschieden und kritisch erwogen werden sollen. Zuvor aber ist das moralphilosophische Argument in den Blick zu nehmen, mit dem Schelling für die Annahme einer intelligiblen Tat plädiert. Dem Argument zufolge sind die unmittelbaren sittlichen Urteile der praktischen Vernunft nur dann berechtigt, wenn eine intelligible, außerzeitliche Tat vorausgesetzt wird, durch die der Mensch sein handlungsbestimmendes Wesen konstituiert. Das Textstück, in dem Schelling sein Argument vorträgt,20 variiert eine Passage in Kants Kritik der praktischen Vernunft.21 Durch den Vergleich beider Texte zeigen sich die Identität und der Unterschied zwischen Kants und Schellings moralphilosophischer Konzeption. Übereinstimmend werden zwei exemplarische Fälle betrachtet, bei denen sich die Frage sittlicher Beurteilung stellt. Im ersten Fall versucht ein Akteur sich von der Verantwortung für eine unrechte Handlung freizusprechen, indem er erklärt: Auf16 

AA I 17, 156 | SW VII, 389. AA I 17, 154 | SW VII, 387. 18  AA I 17, 155 | SW VII, 388. 19  AA I 17, 153 | SW VII, 386; vgl. auch AA I 17, 152, Zeile 33 f. | SW VII, 385, Zeile 19 f. 20  AA I 17, 154 | SW VII, 386 f. 21 Vgl. KpV, AA V: 98–100. 17 

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Friedrich Hermanni

grund einer Vergangenheit, die ich nicht mehr beeinflussen kann, bin ich nun einmal so, wie ich bin, und konnte deshalb unmöglich anders handeln oder das Handeln unterlassen. Dieser Entlastungsversuch misslingt indes nach Kant, weil sich der Täter in seinem Gewissen aus gutem Grund die Tat zurechnet. Denn er ist sich bewusst, als Ding an sich „nicht unter Zeitbedingungen“ zu stehen, und kann deshalb „von einer jeden gesetzwidrigen Handlung […] mit Recht sagen, daß er sie hätte unterlassen können“.22 Die gegenteilige Auffassung ist nach Kant ein moralisches Fehlurteil, mit dem der Akteur ‚künstelt‘ und sich etwas ‚vormalt‘. Anders beurteilt Schelling die Sachlage. Zwar ist die Schuldzuweisung des Gewissens auch nach Schelling berechtigt, richtig ist aber auch – und darin besteht der Unterschied zu Kant –, dass es dem Menschen nicht nur in empirischer, sondern auch in intelligibler Hinsicht „unmöglich gewesen [wäre], anders zu handeln“.23 Dass Schellings Konzeption die beiden sich scheinbar ausschließenden Handlungsbeurteilungen gleichermaßen rechtfertigt, wird auch im zweiten Fall deutlich: Jemand zeigt von früher Kindheit an einen Hang zum Bösen, sodass für seine Handlungen als Erwachsener das Schlimmste zu befürchten steht. Treffen die Befürchtungen tatsächlich ein, wird dennoch jeder „von der Schuld dieses Menschen so überzeugt“ sein, „als er es nur immer seyn könnte, wenn jede einzelne Handlung in seiner Gewalt gestanden hätte“.24 Durch sein Theorem der intelligiblen Tat ist Schelling in der Lage, die moralische Zurechenbarkeit der einzelnen Handlungen zu begründen, ohne mit Kant anzunehmen, dass der Akteur auch anders hätte handeln können. Der auffällige Unterschied zwischen Kant und Schelling gründet darin, dass der Bezugspunkt der intelligiblen Freiheit jeweils ein anderer ist. Während Kant die Freiheit zumeist auf einzelne Handlungen bezieht,25 folgen diese Handlungen nach Schelling notwendig aus dem intelligiblen Wesen eines Menschen, das seine eigene freie Tat ist.

22 

KpV, AA V: 97 f. AA I 17, 154 | SW VII, 386. 24  AA I 17, 154 | SW VII, 387. 25  Kants Position ist allerdings nicht eindeutig. Gegenüber der vorherrschenden Betrachtungsweise finden sich schon in der KrV (vgl. A553/B581) und in der KpV (vgl. AA V: 99) Äußerungen, in denen die Freiheit nicht auf einzelne Handlungen bezogen, sondern, wie Julius Müller zu Recht interpretiert, „das gesammte sittliche Sein des Menschen als der zeitliche Reflex einer intelligibeln Urentscheidung“ (Müller [1849], 141) angesehen wird. Eine entsprechende Unstimmigkeit ist auch in Kants Aufsatz Über das radikale Böse in der menschlichen Natur nachweisbar. Während Kant zunächst die einzelnen bösen Handlungen auf eine böse Gesinnung zurückführt, die ihrerseits durch die intelligible Tat konstituiert wird, wird in Abschnitt IV jede böse Handlung als ursprünglicher Gebrauch der freien Willkür angesehen (vgl. dazu die Analyse von Schulze [1927], 33–39). 23 

Ist das Wesen des Menschen „seine eigne That“?

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3. Die intelligible Tat als subjektive Unhintergehbarkeit des Selbst Nach Schellings Freiheitsschrift sind Einzelhandlungen dann und nur dann frei und zurechenbar, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind: Erstens werden die Handlungen durch das intelligible Wesen des Akteurs determiniert und zweitens ist dieses intelligible Wesen seine eigene freie Tat. Die zweite Bedingung scheint freilich in ein Dilemma zu führen. Denn die Frage, in welchem Sinne von Freiheit die intelligible Tat ein „Aktus der Freyheit“ ist,26 scheint nur zwei mögliche Antworten zuzulassen, die gleichermaßen abwegig sind. (a) Entweder ist die Tat frei im Sinne der Willkürfreiheit, d. h. sie entspringt dem unbestimmten Vermögen des Akteurs, von zwei alternativen Handlungsmöglichkeiten die eine oder die andere zu ergreifen, ohne Gründe zu benötigen. In diesem Fall aber ist eine Tat, wie wir im ersten Abschnitt sahen, in Wahrheit kein freier Akt, sondern ein zufälliges Geschehen. Die Konsequenzen liegen auf der Hand: Wenn das intelligible Wesen des Akteurs durch ein zufälliges Ereignis zustande kommt, dann ist es auch seinerseits bloß zufällig. Und wenn die Einzelhandlungen notwendig aus dem nur zufälligen Wesen des Akteurs folgen, d. h. aus einem, das unter identischen Umständen auch anders beschaffen sein könnte, dann sind sie dem Akteur nicht zuzurechnen. Denn „um eine unrechte Handlung zu entschuldigen“,27 könnte der Akteur zu Recht erklären: Was ich bin und wie ich handele, hängt nicht von mir, sondern vom Zufall ab. (b) Oder die intelligible Tat, durch die der Akteur sein intelligibles Wesen setzt, ist frei im Sinne formeller Freiheit. Nun sind aber nach Schelling Handlungen nur dann formell frei, wenn sie durch das intelligible Wesen des Akteurs determiniert sind. Folglich muss die freie intelligible Tat, die das Wesen des Akteurs konstituieren soll, ihrerseits notwendig aus einem intelligiblen Wesen zweiter Ordnung hervorgehen. Dieses intelligible Wesen zweiter Ordnung darf dem Akteur aber ebenfalls nicht bloß vorgegeben sein, wenn sich das Ausgangsproblem nicht erneut einstellen soll. Vielmehr muss es wiederum durch eine freie intelligible Tat zustande kommen, die ihrerseits durch ein intelligibles Wesen dritter Ordnung determiniert wird. Kurzum: Die Annahme, dass der Akteur sein handlungsbestimmendes intelligibles Wesen durch eine im formellen Sinne freie intelligible Tat setzt, führt in einen infiniten Regress. Um dieses Dilemma zu vermeiden, schlage ich vor, die intelligible Tat nicht als Tat oder Handlung im gewöhnlichen Sinn zu verstehen, sondern als Ausdruck für die subjektive Unhintergehbarkeit des Selbst, d. h. für folgenden Sachverhalt: Ich kann den Kernbestand, das Wesen meines eigenen Selbst nicht als etwas von mir Unterscheidbares betrachten, das auch ganz anders sein könnte und auf das mich eine fremde Macht festgelegt hätte. Denn diese Betrachtung beruht auf der selbstwidersprüchlichen Vorstellung, ich könnte ein anderer sein und im Kern dennoch ich 26  27 

AA I 17, 154 f. | SW VII, 387 f. AA I 17, 154 | SW VII, 386.

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selbst bleiben. Zwar kann ich bestimmte Züge an mir selbst als äußerlich und fremd erfahren, aber diese Erfahrung ist nur auf dem Hintergrund anderer Züge möglich, die mir unmittelbar vertraut sind und wesentlich zu mir selbst gehören. Auch wenn das, was mich ausmacht, durch vorausgehende Faktoren bestimmt wäre, könnte ich es nicht sinnvollerweise als etwas mir Aufgezwungenes verstehen. Denn es gibt nichts, dem es aufgenötigt sein könnte. Diese subjektive Unhintergehbarkeit des Selbst erfüllt die Aufgabe, die Schellings intelligible Tat erfüllen soll: Sie schließt aus, dass das Wesen des Akteurs, das seine freien Handlungen bestimmt, „ein ihm bloß gegebenes“ ist,28 von dem sich der Akteur distanzieren könnte. Genau deshalb rechnen sich Menschen ihre wesensbestimmten Handlungen zu, obgleich ihr handlungsbestimmendes Wesen, wie es scheint, nicht als Resultat einer freien und wesensbestimmenden Tat gedacht werden kann.

4. Die intelligible Tat als Aufhebung sittlicher Unentschiedenheit Der Vorschlag, die intelligible Tat als Ausdruck für die subjektive Unhintergehbarkeit des eigenen Selbst zu verstehen, kann sich auf die oben genannten Stellen berufen, an denen die intelligible Tat mit dem intelligiblen Wesen identifiziert wird. Dennoch würde Schelling den Vorschlag nicht akzeptieren. Denn die intelligible Tat soll nicht nur ausschließen, dass das intelligible Wesen des Menschen ‚ein ihm bloß gegebenes‘ ist, sondern hat zudem die Aufgabe, „die ursprüngliche Unentschiedenheit des menschlichen Wesens“29 zugunsten der Entschiedenheit für das Gute oder Böse aufzuheben. (1) Damit drängt sich allerdings die Frage auf, ob Schelling mit der Annahme einer intelligiblen Tat, die auch diese Aufgabe erfüllen soll, seinen eigenen freiheitstheoretischen Maßstäben standhält. Wie wir sahen, wendet er sich auf der Ebene der Einzelhandlungen gegen das Verständnis von Freiheit als Vermögen der Willkür, von zwei alternativen Handlungsmöglichkeiten die eine oder andere ohne Gründe zu ergreifen. Denn der Zufall, dem die Handlungen dadurch ausgeliefert würden, ist nach Schelling ein Ding der Unmöglichkeit.30 Wird diese „Gleichgültigkeit der Willkühr“31 nun auf der Ebene der intelligiblen Tat, welche die ursprüngliche Unentschiedenheit des menschlichen Wesens in sittliche Entschiedenheit überführen soll, wieder eingesetzt? Bleibt der Grundsatz, dass es vom „absolut-Unbestimmten zum Bestimmten […] keinen Uebergang“ gibt,32 nun außer Acht?33

28 

AA I 17, 152 | SW VII, 385. AA I 17, 150 | SW VII, 382. 30  Vgl. AA I 17, 150 | SW VII, 383. 31  AA I 17, 151 | SW VII, 384. 32  AA I 17, 151 | SW VII, 384. 33  Für diese Interpretation und Kritik vgl. z. B. Sigwart (1839), 204, und Habermas (1954), 239. 29 

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Schelling steht das Problem klar vor Augen und er präsentiert seine Lehre von der Versuchung zum Bösen als dessen Lösung: Wenn es für den Menschen keine veranlassenden Gründe gäbe, von der ursprünglichen Unentschiedenheit seines Wesens zur sittlichen Entschiedenheit überzugehen, dann wäre dieser Übergang nach Schelling nicht einmal möglich. Nun setzt Schelling aber voraus, dass das Wesen des Menschen aufgrund seiner intelligiblen Tat de facto für das Böse entschieden ist. Folglich muss diese Tat durch gewisse Gründe veranlasst sein, die er in der Versuchung zum Bösen findet. Der Mensch, so schreibt er, kann nicht in der Unentschiedenheit bleiben […] Dennoch scheint es, er könne auch nicht aus seiner Unentschiedenheit heraustreten, eben weil sie dieß ist. Es muß daher ein allgemeiner Grund der Solicitation, der Versuchung zum Bösen seyn […] (AA I 17, 143 | SW VII, 374)

Diese Versuchung zum Bösen besteht darin, dass der Mensch von der Möglichkeit angezogen wird, die vorgesehene Ordnung zwischen dem Eigenwillen und dem Universalwillen ins Gegenteil zu verkehren. Versucht wird er dabei nicht von außen, weder durch einen geschaffenen, aber abgefallenen Geist noch durch ein böses Grundwesen,34 sondern durch seinen ‚erregten‘ Eigenwillen,35 der dem Universalwillen dienen soll, stattdessen aber bestrebt ist, ihn zu beherrschen. Aus dieser Lehre von der Versuchung zum Bösen ergibt sich eine vorläufige Klärung der Frage, was Schelling unter Freiheit versteht, wenn er die intelligible Tat als „Aktus der Freyheit“ bezeichnet.36 Die Freiheit, aus der die Tat entspringt, ist keine „potenzierte Willkür“,37 keine harmlose Indifferenz zwischen Gut und Böse, sondern als ‚Vermögen des Bösen‘ eine in sich gefährdete Macht, deren Missbrauch intern veranlasst ist. Schelling kann deshalb nicht vorgeworfen werden, dass er auf der Ebene der intelligiblen Tat ein Verständnis von Freiheit vertritt, das er auf der Ebene der Einzelhandlungen aus gutem Grund verwirft. (2) Gleichwohl ist damit die Frage, ob die intelligible Tat als freier Akt aufgefasst werden kann, noch nicht beantwortet, sondern nur verschoben. Auf der einen Seite steht der Mensch dem Guten und Bösen nicht gleichgültig oder indifferent gegenüber, sondern wird unmittelbar durch seine „aktivirte Selbstheit“38 und mittelbar durch den von Gott selbst unterschiedenen Grund in Gott zum Bösen versucht. Auf der anderen Seite bildet die Versuchung zum Bösen nach Schelling nicht den zureichenden Grund für die intelligible Tat, welche die vorgesehene Ordnung zwischen dem Eigenwilllen und dem Universalwillen ins Gegenteil verkehrt: Die Versuchung zum Bösen kann das Böse „nicht machen“;39 es kann „nicht gesagt werden, daß das Böse aus dem Grunde komme, oder daß der Wille des Grundes Urheber desselben 34 

Vgl. AA I 17, 126 f.; 143 f. | SW VII, 354; 374 f. Vgl. AA I 17, 166 | SW VII, 401. 36  AA I 17, 154 f. | SW VII, 387 f. 37  Habermas (1954), 239. 38  AA I 17, 165 | SW VII, 400. 39  AA I 17, 150 | SW VII, 382. 35 

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sey“.40 Vielmehr „bleibt das Böse immer die eigne Wahl des Menschen“;41 „nur er selbst kann sich entscheiden“;42 „das Böse kann immer nur entstehen im innersten Willen des eignen Herzens, und wird nie ohne eigne That vollbracht“.43 Kann diese Wahl oder Entscheidung, durch die der Mensch sein intelligibles Wesen setzt, als freier, von Fremdbestimmung und Zufall gleichermaßen unterschiedener Akt verstanden werden? Genau betrachtet bestehen für den ursprünglich unentschiedenen Menschen alternative Möglichkeiten auf zwei Ebenen: Entweder verbleibt er in seiner Unentschiedenheit oder er gibt sie zugunsten sittlicher Entschiedenheit auf. Und wenn er aus seiner Unentschiedenheit in die sittliche Entschiedenheit heraustritt, dann entweder in die Entschiedenheit für das Gute oder für das Böse. Bezogen auf die erste Ebene hat der Mensch nach Schelling keine Wahl. Denn „er kann nicht in der Unentschiedenheit bleiben, weil Gott nothwendig sich offenbaren muß, und weil in der Schöpfung überhaupt nichts Zweydeutiges bleiben kann“.44 Dass der Mensch aus der Unentschiedenheit überhaupt in die Entschiedenheit heraustritt, hängt demnach von Faktoren ab, auf die er keinen Einfluss hat, und ist deshalb fremdbestimmt. Anders liegt der Fall auf der zweiten Ebene: Bezogen auf die alternativen Möglichkeiten, sein intelligibles Wesen als gutes oder böses zu bestimmen, hat der Mensch nach Schelling sehr wohl die „Wahl“.45 Zwar entscheidet er sich für das Böse, aber er 40 

AA I 17, 164 f. | SW VII, 399. AA I 17, 150 | SW VII, 382. 42  AA I 17, 153 | SW VII, 385. 43  AA I 17, 165 | SW VII, 399. 44  AA I 17, 143 | SW VII, 374. 45  AA I 17, 150 | SW VII, 382. Auch nach AA I 17, 143 | SW VII, 374 wählt der Mensch zwischen alternativen Bestimmungsmöglichkeiten seines intelligiblen Wesens: „Er steht am Scheidepunkt; was er auch wähle, es wird seine That seyn“. In einer Reihe von Texten, die in zeitlicher Nachbarschaft zur Freiheitsschrift liegen, scheint Schelling freilich das Gegenteil anzunehmen. In den Stuttgarter Privatvorlesungen heißt es: „Niemand wird behaupten, daß sich ein Mensch seinen Charakter gewählt habe; er ist insofern kein Werk der Freiheit im gewöhnlichen Sinn – und doch imputabel.“ (AA II 8, 88 | SW VII, 430) Entsprechend bemerkt Schelling in den Weltaltern: Es „ist anerkannt, daß keiner sich nach Gründen oder Ueberlegung seinen Charakter gewählt hat; […] gleichwohl beurtheilt jeder diesen Charakter als ein Werk der Freiheit, gleichsam als eine ewige (nie aufhörende, beständige) That“ (WA III, 304). Ebenso äußert sich Schelling an zwei Stellen der Weltalter-Fragmente: „Ich glaube, daß nicht leicht jemand annehmen wird, er selbst oder irgend ein anderer Mensch habe sich seinen Charakter gewählt; und dennoch unterläßt keiner, ihm die aus seinem Charakter folgende Handlung als eine freye zuzurechnen.“ (WA I, 93; dieselbe Auffassung findet sich auch WA II, 177) Ein Widerspruch zwischen diesen Texten und den beiden zitierten Stellen der Freiheitsschrift lässt sich nach Gerlach nur vermeiden, wenn „man den Ausdruck der ‚Wahl‘ an diesen beiden Stellen [der Freiheitsschrift] relativiert“ (Gerlach [2019], 247). Insgesamt plädiert Gerlach deshalb für eine Interpretation, wonach die ursprüngliche Unentschiedenheit des Menschen und seine Entscheidung oder Wahl zwischen zwei alternativen Bestimmungsmöglichkeiten seines Wesens der sittlichen Entschiedenheit für das Böse nicht vorausliegen. Unentschiedenheit und Entscheidung bilden nach Gerlachs Interpretation vielmehr nur gedankliche Momente, die im Begriff der nicht hintergehbaren sittlichen Entschiedenheit des menschlichen Wesens eingeschlossen sind: „Das Nacheinander der Reihe von ursprünglicher Unentschiedenheit und Entscheidung ist, wie Schelling 41 

Ist das Wesen des Menschen „seine eigne That“?

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hätte sich unter denselben Umständen auch für das Gute entscheiden können. Dass der Mensch seinen Eigenwillen dem Universalwillen überordnet, ist nach Schelling kein vollkommen unvermeidlicher, sondern nur ein „fast nothwendiger“ Akt.46 Im Rahmen der Semantik möglicher Welten heißt das: In den meisten möglichen Welten, welche die ursprüngliche Unentschiedenheit des menschlichen Wesens und die Versuchung zum Bösen einschließen, wählt der Mensch das Böse. In mindestens einer, vielleicht auch in mehreren dieser möglichen Welten, entscheidet er sich dagegen für das Gute. Welcher Faktor ist nun ausschlaggebend, ob eine mögliche Welt aus der ersten Gruppe oder eine aus der zweiten Gruppe zur wirklichen Welt wird? Offenbar kann weder die ursprüngliche Unentschiedenheit des menschlichen Wesens noch die Versuchung zum Bösen den Ausschlag geben, denn diese Sachverhalte sind in beiden Gruppen eingeschlossen. Was könnte aber stattdessen entscheidend sein? Hat der Mensch womöglich Gründe, die mit seiner anfänglichen sittlichen Unentschiedenheit vereinbar sind und die ihn gleichwohl dazu treiben, der Versuchung zum Bösen nachzugeben, statt ihr zu widerstehen? Gründe solcher Art mögen durchaus vorliegen,47 aber auch sie können in Schellings Szenario unmöglich den Ausschlag geben, dass sich der Mensch anstelle des Guten für das Böse entscheidet. Denn nach Schelling hätte die intelligible Tat des Menschen unter denselben Umständen und bei identischer Lage der Gründe auch anders ausfallen und sein intelligibles Wesen deshalb auch anders bestimmen können. Wenn aber die Gründe eines Akteurs nicht erklären, warum er auf die eine statt auf die andere Weise handelt, ist nicht einzusehen, wieso er sein Handeln selbst bestimmt. Der spätere Hinweis auf einen geheimnisvollen Akteur, der „absolute Freyheit“ besitzt und für dessen wesensbestimmende Tat daher „kein Grund anzugeben“ ist,48 gibt darüber nicht den geringsten Aufschluss. Die intelligible Tat, welche die Aufgabe erfüllen soll, die ursprüngliche Unentschiedenheit des menschlichen Wesens in eine sittliche Entschiedenheit für das Gute oder Böse zu überführen, ist daher kein Akt der Freiheit, wie Schelling meint, sondern ein ausdrücklich betont, nur der sukzessiven Darstellung geschuldet (AA I 17, 154 | SW VII, 387). In Wirklichkeit ist es eine dauernde Ausrichtung, ein immer schon Entschieden-Sein, in das die vorgängige Unentschiedenheit und der ‚Moment‘ der Entscheidung nur als Strukturelement eingehen.“ (Gerlach [2019], 249, vgl. auch 241 f.) Dazu ist zweierlei zu bemerken: Erstens zeigen die Stellen auf AA I 17, 153 f. | SW VII, 385–387, dass die ursprüngliche Unentschiedenheit und die Entscheidung der Entschiedenheit zwar nicht zeitlich vorhergehen, wohl aber sachlich vorausliegen sollen. Gerlachs Interpretation wird dem Text der Freiheitsschrift deshalb nicht gerecht. Zweitens läuft Gerlachs Interpretation letzten Endes auf meinen Vorschlag hinaus, die intelligible Tat als Ausdruck für die subjektive Unhintergehbarkeit des eigenen Selbst zu verstehen – eine Auffassung, die aus systematischen Gründen, nämlich zur Vermeidung des Zufalls- und des Regressproblems (s. o.), ins Auge gefasst wurde, von Schellings eigener Auffassung der intelligiblen Tat aber abweicht. 46  AA I 17, 149 | SW VII, 381. 47  Nach Schelling ist es bekanntlich die „Angst des Lebens selbst“, die den Menschen „aus dem Centrum [treibt], in das er erschaffen worden“ (AA I 17, 149 | SW VII, 381). 48  WA I, 93.

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zufälliges Geschehen. Im Blick auf die intelligible Tat verwechselt Schelling offenbar Freiheit mit der zweifelhaften Fähigkeit, grundlose und daher unvernünftige Entscheidungen zu treffen. Wenn aber „die Freiheit darin besteht“, schreibt Leibniz, das Joch der Vernunft abzuschütteln, so sind die Narren und Blödsinnigen allein frei; aber ich glaube nicht, daß jemand aus Liebe zu einer solchen Freiheit ein Narr werden möchte, den ausgenommen, welcher es schon ist. (Neue Abhandlungen, 200 f. [Buch II, Kapitel XXI, §  50])

5. Resümee Schellings Theorem einer freien intelligiblen Tat, durch die der Mensch sein intelligibles Wesen bestimmt, hat zwei Aufgaben. Erstens soll es ausschließen, dass ihm dieses Wesen als bloß gegebenes zufällt; denn wäre das der Fall, dann könnten die aus dem Wesen notwendig folgenden Einzelhandlungen nicht frei und zurechenbar sein. Das Theorem der intelligiblen Tat löst diese Aufgabe, sofern es als Ausdruck für die subjektive Unhintergehbarkeit des eigenen Selbst verstanden wird. Zweitens soll das Theorem darlegen, wie der Mensch aus der ursprünglichen Unentschiedenheit seines Wesens in die Entschiedenheit für das Böse übergeht. An dieser zweiten Aufgabe scheitert es indes. Denn weil Schelling annimmt, dass die intelligible Tat, die de facto zugunsten des Bösen ausfällt, bei identischer Verfassung des Akteurs und seiner Umstände auch zugunsten des Guten hätte ausfallen können, kann sie von einem zufälligen Ereignis nicht unterschieden und daher nicht als freie Handlung verstanden werden.

Literaturverzeichnis Leibniz, G. W., Die Theodizee. Übersetzung von A. Buchenau, einführender Essay von M. Stockhammer, Hamburg 21968. [= Theodizee] – Neue Abhandlungen über den menschlichen Verstand, übers., eing. und erl. von E. Cassirer, Hamburg 1971. [= Neue Abhandlungen] Fischer, J. M./Kane, R./Pereboom, D./Vargas, M. (2007), Four Views on Free Will, Malden, MA/Oxford. Gerlach, S. (2019), Handlung bei Schelling. Zur Fundamentaltheorie von Praxis, Zeit und Religion im mittleren und späten Werk, Frankfurt a. M. Habermas, J. (1954), Das Absolute und die Geschichte. Von der Zwiespältigkeit in Schellings Denken, Bonn. Kane, R. (Hg.) (22011), The Oxford Handbook of Free Will, Oxford/New York. Müller, J. (31849), Die christliche Lehre von der Sünde, Bd.  2, Breslau. Schulze, M. (1927), Kants Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft, Königsberg. Sigwart, H. C. W. (1839), Das Problem von der Freiheit und der Unfreiheit des menschlichen Wollens. Eine kritische Abhandlung, Tübingen. Timpe, K./Griffith, M./Levy, N. (Hgg.) (2017), The Routledge Companion to Free Will, New York/London.

Freiheit in Schuld und Strafe Überlegungen zu Schellings Konzept der intelligiblen Tat Siegbert Peetz 1. Einleitung Als „bei weitem das Beste“, was ihm „in der Literatur über den späten Schelling […] begegnet“ sei, zitiert Walter Schulz in seinem Werk Die Vollendung des Deutschen Idealismus in der Spätphilosophie Schellings die folgende These von Arnold Gehlen: Der transzendente Grund X legt sich also in die Realität und das Bewußtsein dialektisch auseinander, und ist darin erst der Inbegriff der Wirklichkeit, als Grund X aber nichts Wirkliches: der Grundgedanke von Schellings Altersmetaphysik. Indem er sich also zu sich selbst indirekt verhält, setzt er die Wirklichkeit. (Gehlen [1933], 390; Schulz [1975], 84 Fn.)

Diese These möchte ich mit der folgenden Passage aus Schellings Freiheitsschrift illustrieren: Das Wesen des Grundes, wie das des Existirenden, kann nur das vor allem Grunde Vorhergehende seyn, also das schlechthin betrachtete Absolute, der Ungrund. Er kann es aber […] nicht anders seyn, als indem er in zwey gleich ewige Anfänge auseinander geht, nicht daß er beyde zugleich, sondern daß er in jedem gleicherweise, also in jedem das Ganze, oder ein eignes Wesen ist. Der Ungrund theilt sich aber in die zwey gleich ewigen Anfänge, nur damit die zwey, die in ihm, als Ungrund, nicht zugleich oder Eines seyn konnten, durch Liebe Eins werden, d. h. er theilt sich nur, damit Leben und Liebe sey und persönliche Existenz. (AA I 17, 171 f. | SW VII, 407 f.)

Die Rede ist hier von einem Selbstverhältnis des Absoluten, das sich auf dem Umweg über die Teilung in zwei Momente konstituiert, die es zueinander ins Verhältnis setzt und dadurch personale Existenz gewinnt. In analoger Weise gilt dies für die Konstitution des Selbstverhältnisses des urständlichen Menschen. Indem der Mensch sich in sich selbst teilt und das so Geteilte zueinander ins Verhältnis setzt, also sich zu sich selbst indirekt verhält, kommt er zu personaler Wirklichkeit. Diesen Umweg zu sich selbst beschreibt Schellings sogenannte intelligible Tat in der Freiheitsschrift. Zentrale Aspekte von Struktur und Funktion dieser intelligiblen Tat sollen in einer Folge von drei Schritten entwickelt werden. Im ersten, rekonstruktiv und zugleich kritisch verfahrenden Schritt wird es darum gehen zu zeigen, wie Schelling seinen Freiheitsbegriff von einer Ontologie des Wollens her entwickelt und unter

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Verwendung transzendentalphilosophischer Formen eine so tiefgreifende Modifikation von Kants Konzept der intelligiblen Tat und Fichtes Konzept der Tathandlung herbeiführt, dass sein eigener idealistischer Begründungsversuch der intelligiblen Tat scheitert. Der zweite, kritisch vorgehende Schritt zielt darauf ab, im Ausgang von diesem Befund einen alternativen Begründungsgang für das Theorem der intelligiblen Tat zu entwickeln, aus dem dann auch Schellings weitere Überlegungen zum Problem der Freiheit plausibel gemacht werden können. Dies geschieht im Ausgang von Hölderlins Textfragment Über den Begriff der Straffe aus dem Jahr 1795, das offenbar mit Schellings Überlegungen inhaltlich verwandt ist, aber meines Wissens für die Erhellung dieser Zusammenhänge von der Forschung noch nicht herangezogen worden ist. Im dritten Schritt schließlich, der wiederum rekonstruktiv verfährt, wird dargelegt, wie Schelling aus der willensontologischen Anlage seines Theorems der intelligiblen Tat einen neuen ‚passiven‘ Begriff von Freiheit als Seinlassen gewinnt, der den ‚aktiven‘ Begriff von Seinwollen, wie er für den Standpunkt der Subjektivität charakteristisch ist, hinter sich lässt und für seine weitere Philosophie bestimmend wird.

2. Struktur der intelligiblen Tat I: Schellings Auseinandersetzung mit der Transzendentalphilosophie 2.1. Schelling und Kant Bekanntlich bezieht sich Schellings Konzeptualisierung der intelligiblen Tat auf Kants Theorem der intelligiblen Tat in dessen Religionsschrift von 1793.1 Um Schellings Rezeption und Transformation dieses Theorems nachvollziehen zu können, erscheint eine kurze Rückerinnerung an Kants Ausführungen nützlich. Kant unterscheidet in der Religionsschrift als zwei gleichermaßen natürliche Triebfedern des Handelns das moralische Gesetz und die Selbstliebe, zwischen denen die Willkür des Menschen sich entscheiden könne, um sich als gut oder böse zu bestimmen. Diese Entscheidung könne der Mensch aber nicht im ausschließlichen Sinn treffen; vielmehr komme es darauf an, „welche von beiden er [der Mensch] zur Bedingung der andern macht“.2 Folglich sind Gutes und Böses Bedingungsverhältnisse, die ihrerseits in einem chiastischen Verhältnis der Umkehrung stehen. Dies bedeutet: Das Böse, also der Vorrang oder die Herrschaft der Selbstliebe über das Sittengesetz, ist für Kant keine Naturanlage, sondern die Folge davon, dass der Mensch sich des Sittengesetzes bewusst ist und „doch die (gelegenheitliche) Abweichung von demselben in seine Maxime aufgenommen“ hat.3 Da man die ursprüngliche Stellungnahme zum Moralgesetz selbst im besten Menschen voraussetzen muss, spricht Kant von 1 

Ausführlich hierzu siehe Peetz (2006), bes. 514–518. Rel., AA VI: 36. 3  Rel., AA VI: 32. 2 

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einem „natürlichen Hang zum Bösen“, der „in gesetzwidrigen Maximen der Willkür bestehen muß“.4 Der Hang zum Bösen ist damit Ausdruck eines peccatum originarium,5 d. h. einer intelligiblen Tat, die „bloß durch Vernunft ohne alle Zeitbedingung erkennbar“ ist.6 Es handelt sich hier also um die willentliche Einbeziehung einer Ausnahme von der Anpassung der eigenen Handlungsmaxime an das moralische Gesetz, so dass Kant die intelligible Tat als selbstverursachte Grunddisposition des Menschen zu einer bösen Tat begreift. Es ist die Disposition für eine jeweils neu zu treffende Entscheidung für das Gute oder Böse; insoweit bleibt sie mit Kants Konzept der Freiheit durchaus vereinbar. Kant argumentiert prinzipiell aus einer Position der Willensstärke der Vernunft: Die Vernunft bleibt Steuerungsinstanz des Handlungsgeschehens insofern, als sie sich aus dem Hang zum Bösen durch eine „Revolution in der Gesinnung“7 befreien kann: Die Möglichkeit der Umkehrung des obersten Grundes der Maximen bestätigt insoweit die Regel und sichert damit letztlich die Herrschaft der Vernunft über die Selbstliebe. Wie Kant formuliert auch Schelling das Gute und das Böse als Bedingungsverhältnisse; was ihn aber von Kant unterscheidet, ist eine konsequente Umformung von Kants Dualität von Selbstliebe und Moralgesetz in eine anthropologisch verfahrende Ontologie des Wollens. Auf der Basis der Unterscheidung von Grund und Existierendem entwirft er das Selbstverhältnis des Menschen als Ergebnis einer Triangulation des Wollens.8 „Wollen ist Urseyn“, so charakterisiert Schelling den absoluten Ausgangspunkt dieses Wollens und ordnet ihm die Prädikate Grundlosigkeit, Ewigkeit, Unabhängigkeit von der Zeit und Selbstbejahung zu.9 Dieses absolute Wollen, der von Schelling sogenannte Ungrund, verzweigt sich in Universalwillen, d. h. die existierende reine praktische Vernunft, auf der einen, und in Eigenwillen, d. h. den materiellen Grund und die Sehnsucht nach Sein auf der anderen Seite. Im Unterschied zu Kant führt Schelling Eigen- und Universalwillen aber nicht auf die Teilhabe an zwei getrennten Welten zurück – hier sinnliche Willkür, dort vernünftiger Wille –, sondern begreift beide als Momente einer real-idealen Einheit des menschlichen Wollens. Dies bedeutet: Mit der Konstitution seines Selbstverhältnisses gibt sich der Mensch ein spezifisches Rationalitätsprofil, das nicht ausschließlich durch Natur oder Vernunft, sondern durch eine Dominanz von naturalem Grund oder Vernunft 4 

Rel., AA VI: 32. Rel., AA VI: 31. 6  Rel., AA VI: 31. 7  Rel., AA VI: 47. 8  Die Emanzipation des freien Willens als eines selbständigen Vermögens spezifisch menschlicher Freiheit, das von den Forderungen der reinen praktischen Vernunft und des Naturgesetzes des subjektiven Begehrens unabhängig ist und diese so zueinander ins Verhältnis setzt, dass es „einen von den veranlassenden Gründen zum bestimmenden“ erhebt, geht auf Carl Leonhard Reinholds Kritik an Kants Freiheitsbegriff zurück, vgl. Reinhold (1792), 262–308 (Zitat: 280). Die menschliche Freiheit besteht für Reinhold in einer von den unwillkürlichen Wirkungen des Natur- und Sittengesetzes unabhängigen willkürlichen Handlung. Vgl. hierzu Peetz (1995), 202–210. 9  Vgl. AA I 17, 123 | SW VII, 350. 5 

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im Wollen als deren gemeinsamem Grund gekennzeichnet ist. Diese Triangulierung des Wollens macht zugleich die Personalität des Menschen insofern aus, als die Dominanz des einen oder anderen Willensmoments und damit ein guter oder ein böser Wille sein gesamtes Handeln fundiert und damit seinen Charakter bestimmt. Was nun das Theorem der intelligiblen Tat selbst angeht, so ordnet Schelling dem Menschen als Menschen ein vom natürlichen Eigenwillen dominiertes Selbstverhältnis zu, welchem apriorischer Charakter zukommt. Schelling spricht sogar von einer Prädestination des Menschen durch sich selbst: […] wie der Mensch hier handelt, so hat er von Ewigkeit und schon im Anfang der Schöpfung gehandelt. Sein Handeln wird nicht, wie er selbst als sittliches Wesen nicht wird, sondern der Natur nach ewig ist. (AA I 17, 154 f. | SW VII, 387 f.)

Mit dieser Fassung der intelligiblen Tat als der Grundentscheidung für die Herrschaft des Grundes über das Existierende oder des Eigenwillens über den Universalwillen wird bei Schelling zu einem durch den Menschen selbst nicht (mehr) veränderlichen ontologischen Faktum, was bei Kant ein durch Vernunft revidierbares Prinzip war. Die Motive für diese Tat sind für Schelling wie für Kant nicht rein intelligibel und damit nicht vollkommen transparent, denn sonst hätte die Entscheidung ohne Zweifel gegenteilig ausfallen, also zugunsten der reinen praktischen Vernunft und damit – kantisch gesprochen – zugunsten des guten Willens erfolgen müssen. Die Motive sind vielmehr gemischter Natur. Sie entspringen bei Kant dem freien Akt der Maximenwahl einer durch Sinnlichkeit inklinierten Vernunft, bei Schelling haben sie ontologischen Charakter: Wie schon erwähnt, sieht er den urständlichen Menschen als real-ideale Einheit und damit als ein Wesen, das einen der Intelligibilität nicht völlig zugänglichen naturalen Grund hat. Es handelt sich hier folglich um eine Entscheidung, in welcher nicht die Kraft der Vernunft, sondern die Stärke des Triebes die Entscheidung letztlich bestimmt. Die Vernunft bleibt zwar erhalten, verliert aber ihre Steuerungshoheit an ein Wollen, welches den Verstand für sein unbegrenztes Streben instrumentalisiert und insofern böse ist. Schelling etabliert mit der Herrschaft des Naturmoments über die (praktische) Vernunft in seiner Version der intelligiblen Tat also eine Disposition selbstverschuldeter Willensschwäche, aus welcher der Mensch sich – anders als bei Kant – aus eigenen Kräften nicht zu befreien vermag. Schellings Theorem ist also im Unterschied zu Kant radikal willensontologisch gefasst: Bei Kant ist die Wiederherstellung der Autonomie des Willens aufgrund von dessen Hervorgang aus der reinen praktischen Vernunft prinzipiell möglich, bei Schelling geht gerade diese Willensautonomie, bedingt durch ihre Verkettung mit dem in der intelligiblen Tat erfolgten dispositionellen Rollentausch von Eigenwille und Universalwille im naturalen Grund des Selbst, verloren.

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2.2. Schelling und Fichte Aus dem Dargelegten ergibt sich, dass mit Schellings Fassung der intelligiblen Tat der Eigenwille und damit ein der Intelligibilität nicht völlig zugänglicher naturaler Grund das Selbstverhältnis des Menschen dominiert. Nun wird die intelligible Tat von Schelling selbst darüber hinaus als präreflexiv, also als vorbewusstes Wollen charakterisiert. Als die Tat eines intelligiblen Wesens wird sie von ihm im Kontext des Idealismus verortet, von dem er behauptet, dass erst dieser „die Lehre von der Freyheit in dasjenige Gebiet erhoben“ habe, „wo sie allein verständlich ist.“10 In der Charakterisierung des intelligiblen Wesens folgt Schelling im Wesentlichen zunächst den Vorgaben Fichtes. Schelling bezieht sich direkt auf Fichtes Tathandlung, die er wie folgt referiert: „Das Ich, sagt Fichte, ist seine eigne That; Bewußtseyn ist Selbstsetzen – aber das Ich ist nichts von diesem verschiedenes, sondern eben das Selbstsetzen selber.“11 Gleichsam ‚gesprächsweise‘ lässt Schelling dann aber eine Dekonstruktion der Fichte’schen Tathandlung folgen.12 Im Horizont seines neuen Modells einer Triangulation des Wollens hält er Fichte eine formelle, den tatsächlichen Sachverhalt verkürzende Perspektivierung der Tat auf das Ichbewusstsein vor: Dieses Bewußtseyn aber, inwiefern es bloß als Selbst-Erfassen, oder Erkennen des Ich gedacht wird, ist nicht einmal das erste, und setzt wie alles bloße Erkennen das eigentliche Seyn schon voraus. Dieses vor dem Erkennen vermuthete Seyn ist aber kein Seyn, wenn es gleich kein Erkennen ist; es ist reales Selbstsetzen, es ist ein Ur- und Grundwollen, das sich selbst zu Etwas macht und der Grund und die Basis aller Wesenheit ist. (AA I 17, 152 | SW VII, 385)13

10 

AA I 17, 151 | SW VII, 383. AA I 17, 152 | SW VII, 385. 12  Für den Terminus ‚gesprächsweise‘ als Charakteristik für die in der Freiheitsschrift angewandte dialektische Methode siehe AA I 17, 174 Anm. | SW VII, 410 Anm. Dazu Buchheim (2017), bes. 39–43. 13  Während der Tagung [im Februar 2018, Anm. der Hgg.] ergab sich ein Dissens hinsichtlich des korrekten Verständnisses des Satzes „Dieses vor dem Erkennen vermuthete Seyn ist aber kein Seyn, wenn es gleich kein Erkennen ist“. Versteht man – wie von Thomas Buchheim vorgeschlagen – (1) das ‚wenn‘ konditional, so bedeutete dies, dass das ursprüngliche Sein nur dann Sein ist, wenn es zugleich Erkennen ist – dies liefe dann auf die Duplizität von Erkennen und Sein als unterscheidbaren Momenten des ‚Ur- und Grundwollens‘ hinaus. Versteht man hingegen – wofür ich plädiere – (2) das ‚wenn‘ im Zusammenhang mit dem nachfolgenden ‚gleich‘ konzessiv, also bedeutungsgleich mit ‚wenn auch‘, so beschreibt der Satz einen Fundierungszusammenhang: Das vor dem Erkennen vermutete Sein ist weder Sein noch Erkennen, sondern ein ‚Ur- und Grundwollen‘, aus dem Sein und Erkennen gleichursprünglich hervorgehen. Letztere Deutungsvariante erscheint mir sowohl sachlich vor dem Hintergrund von Schellings Triangulation des Wollens (der Unmöglichkeit, dass der Mensch „als geistiges Wesen ein Seyn vor und unabhängig von seinem Willen habe“ [AA I 17, 155 | SW VII, 388]) als auch sprachlich von seinem Wortgebrauch her (vgl. z. B. ähnliche Verwendung der Konjunktion ‚wenn gleich‘ wenig später im Text in AA I 17, 164 | SW VII, 399: „Was daher aus der bloßen Bedingung oder dem Grunde kommt, kommt nicht von Gott, wenn es gleich zu seiner Existenz nothwendig ist“, ferner der Konjunktion ‚obgleich‘ in AA I 17, 164 | SW VII, 399: „Der Mensch bekommt die Bedingung nie in seine Gewalt, ob er gleich im Bösen danach strebt“) die zutreffende zu sein. Von ihr gehen die folgenden Überlegungen aus. In diese Perspektive lässt sich auch das oben zitierte Gehlen-Diktum ohne weiteres einfügen: Wollen als Ursein legt sich als der „transzendente 11 

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Mit der Konzeptualisierung der Selbstsetzung des naturalen Grundes aus der Perspektive des Bewusstseins gibt Fichte also aus der Sicht Schellings nur eine eindimensionale, sozusagen ‚dünne Beschreibung‘ seiner Entdeckung. Fichtes Selbstsetzen des Ich blendet aus, dass es sich bei der Tathandlung, die es repräsentieren soll, vielmehr um eine Scheidung von Willenskräften eines präreflexiven Urwollens zugunsten der Dominanz des Eigenwillens über den Universalwillen und damit um eine Tat handelt, die ontologischen Charakter hat. Die Selbstsetzung des bewussten Ich erweist sich aus der Perspektive der Ontologie des Wollens als die Selbstbewusstwerdung des triebhaften Eigenwillens, der versucht, sich selbstreferentiell gegen den mit ihm gleich­ursprünglich aus dem Urwollen hervorgehenden, konträren Universalwillen zu behaupten.14 Liest man mit Schelling die Fichte’sche Tathandlung vor dem Hintergrund einer Triangulation des Wollens, so wird erkennbar, dass das intelligible Wesen bei Fichte eine nur scheinbar autarke, von einem inneren Drang nach Ausdehnung des Selbst gesteuerte Tätigkeit des Subjekts ist, welche ihre Willensenergie gleichwohl aus dem von ihr faktisch verdrängten Universalwillen bezieht. Schelling kontextualisiert also Fichtes Tathandlung im Horizont der von ihm sogenannten intelligiblen Tat als eine Willenskonfiguration, in welcher das Ur- und Grundwollen sich indirekt zu sich selbst verhält, indem es die triebhafte Selbstsucht in sich zur Geistigkeit erhebt und damit einen personalen und zugleich böswilligen Charakter annimmt.15 Die intelligible Tat erlaubt es Schelling somit, Fichtes Konzept der Tathandlung als spontane Verkehrung der Willenskräfte einer natural fundierten konkreten Personalität zu dechiffrieren.16 Die Fichte’sche Subjektivität wird so von Schelling dem Kontext der Entstehung individueller Personalität eingeschrieben. Letztere entsteht auf präreflexiver Basis insofern, als das Ur- und Grundwollen17 das Bewusstsein des Menschen ‚macht‘, wie Schelling sich ausdrückt, und darüber hinaus „sogar die Art und Beschaffenheit seiner [des Menschen] Korporisation“ bestimmt.18 Das Grundwollen selbst ist dabei offensichtlich ein weder bewusstes noch unbewusstes Streben, das sich gleichursprünglich in Vernunft und Leiblichkeit differenziert. Das faktische Verhältnis beider ist für Schelling gleichwohl Ausdruck intelligibler Selbstbestimmung. Grund X […] in die Realität und das Bewußtsein dialektisch auseinander, und ist darin erst der Inbegriff der Wirklichkeit, als Grund X aber nichts Wirkliches“ (siehe oben 293). 14 Diesen Aspekt hat aus sündentheologischer Perspektive Lore Hühn herausgearbeitet; vgl. Hühn (1998a), bes. 62–69. 15  Vgl. hierzu AA I 17, 140 f. | SW VII, 370 f. 16  Schelling greift hier zum einen Jacobis Fichte-Kritik auf, die dieser an Fichtes Monismus der Reflexion geäußert hatte. Diese isoliere die Vernunft von jeglicher Erfahrung und sei „eine Handlung des Auflösens alles Wesens in Wißen“ (Jacobi an Fichte, JWA 2,1, 203). Zu Jacobis ontologischer Fundierung von Freiheit im Ganzen siehe Peetz (1995), 48–72, zu Jacobis Fichte-Kritik 67 f. Zum anderen koppelt Schelling durch seine Engführung von Tathandlung und intelligibler Tat Fichtes Tathandlung von ihrer Verbindung mit der reinen praktischen Vernunft ab, wie Lisa Egloff zu Recht betont. Siehe Egloff (2016), 124. 17  Vgl. AA I 17, 152 | SW VII, 385. 18  AA I 17, 154 | SW VII, 387.

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Wie aber kann – so ist gegen Schelling kritisch einzuwenden – personale Existenz Ausdruck von Selbstbestimmung und Freiheit sein, wenn der Akt der Personalisierung auf naturalem Grund, wie Schelling sagt, unausweichlich, also notwendig geschieht? Der Mensch trifft hier ja keine bewusste Entscheidung, sondern folgt einem Impuls zu Entschiedenheit und Bestimmung, so dass man von einem spontanen Umschlag von Unbestimmtheit in Selbstbestimmtheit sprechen muss. Die durch die intelligible Tat herbeigeführte Herrschaft des Eigenwillens als Disposition zum Bösen kann daher nicht das Ergebnis einer Wahl sein, obwohl Schellings Wortwahl gerade diese Sicht favorisiert.19 Zieht man aber Schelling folgend für diesen Umschlag die Freiheit der Wahl als Erklärung einmal in Betracht, so ergibt sich ein Zirkel: Denn das Selbstverhältnis, das durch Wahlfreiheit allererst begründet werden soll, wird dann durch diese selbst bereits vorausgesetzt. Die hier von Schelling de facto versuchte Kombination der Erklärung von Freiheit durch Selbstgesetzgebung der reinen praktischen Vernunft (Autonomie des Willens) mit Wahlfreiheit vermag seinen Ansatz offenbar nicht zu erläutern; sie führt vielmehr zu Inkonsistenzen.20 Eine dieser Inkonsistenzen besteht darin, dass sich Absolutheit der Tat und Entscheidung wechselweise ausschließen: Denn wenn eine absolute Handlung des intelligiblen Wesens dadurch charakterisiert ist, dass sie notwendigerweise und wesensgemäß so ist, wie sie ist, lässt sich kein weiterer Grund für sie angeben; sie ist bei vorausgesetzter Transparenz der Bestimmungsgründe der Handlung so, wie sie ist, ohne Alternative. Ist sie aber dies, so wird der für die Freiheit zum Guten oder Bösen konstitutive Entscheidungscharakter hinfällig. Das Böse erscheint dann als das Ergebnis eines spontanen Aktes bzw. einer – sit venia verbo – ‚Entscheidung ohne Alternative‘.21 Schellings Konzept der intelligiblen Tat läuft damit auf die Aufhebung von Kants Autonomieprinzip durch den Versuch seiner Bewahrung hinaus.22 Es zeigt sich: Die Selbstdifferenzierung des naturalen Grundes, des Wollens als „Urseyn“, ist keine vernunftgeleitete Wahl.

19  Vgl. AA I 17, 143 | SW VII, 374: „Der Mensch ist auf jenen Gipfel gestellt, wo er die Selbstbewegungsquelle zum Guten und Bösen gleicherweise in sich hat: das Band der Principien in ihm ist kein nothwendiges, sondern ein freyes. Er steht am Scheidepunkt; was er auch wähle, es wird seine That seyn: aber er kann nicht in der Unentschiedenheit bleiben, weil Gott nothwendig sich offenbaren muß, und weil in der Schöpfung überhaupt nichts Zweydeutiges bleiben kann.“ (eigene Hvg.) Siehe ferner AA I 17, 149 f. | SW VII, 381 f.: „Dieser allgemeinen Nothwendigkeit ohnerachtet bleibt das Böse immer die eigne Wahl des Menschen“. 20  Vgl. hierzu Peetz (1995), 211–216. 21  Auch die Rede von einer ‚blinden Wahl‘ trifft den von Schelling faktisch beschriebenen Sachverhalt nur bedingt. Hierzu Egloff (2016), 138–143. 22  Siehe dazu bereits oben 2.1. Ausführlich hierzu Peetz (1995), 213–216.

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3. Struktur der intelligiblen Tat II: Präreflexivität und tragische Implikationen 3.1. Der Zusammenhang von Gesetz und Strafe: Hölderlin Wie aber soll man Schellings Ansatz dann verstehen, wenn sein eigener Versuch einer idealistischen Konzeptualisierung der Tat scheitert? Ein erster Schritt zum Verständnis ergibt sich m. E. dann, wenn man die Beschreibung des von Schelling sogenannten „allgemeinen Bösen“23 heranzieht, die er der idealistisch verfahrenden Erklärung der intelligiblen Tat vorangehen lässt. Diese Beschreibung bewegt sich auf der Ebene der Empfindung. Das Zustandekommen der intelligiblen Tat beschreibt Schelling in diesem Kontext als sensible Reaktion auf den Reiz der Freiheit nach Art eines Reiz-Reaktions-Schemas: Der Wille des Grundes „reagirt […] nothwendig gegen die Freyheit als das Ueberkreatürliche und erweckt in ihr die Lust zum Kreatürlichen“.24 Und er verbildlicht diese Erfahrung mit der Metaphorik von Schwindel, Sturz und Ertrinken sowie zentrifugaler Bewegung: So stimuliert der Wille des Grundes die menschliche Freiheit zur Lust zum Kreatürlichen wie den, welchen auf einem hohen und jähen Gipfel Schwindel erfaßt, gleichsam eine geheime Stimme zu rufen scheint, daß er herabstürze, oder wie nach der alten Fabel unwiderstehlicher Sirenengesang aus der Tiefe erschallt, um den hindurchschiffenden in den Strudel hinabzuziehen. (AA I 17, 149 | SW VII, 381)25

Weiter heißt es dort, dass der Wille des Grundes den Menschen „aus dem Centrum, in das er erschaffen worden“ ist, an die „Peripherie“ treibe, „um da eine Ruhe seiner Selbstheit zu suchen“.26 Die hier geschilderte Erfahrung des allgemeinen Bösen lässt erkennen, dass der mit der intelligiblen Tat einhergehende zentrifugale Impuls offenbar nichts anderes meint als eine Form der Selbstsucht, nämlich den Willen, selbst ‚über alle Dinge zu herrschen‘.27 Der Mensch empfindet sich in seiner faktischen Natur als zu Selbsterhaltung und Streben nach Macht disponiert, ohne noch eigens dar­ auf zu reflektieren. Dies aber stuft Schelling mit seinem Konzept der intelligiblen Tat als triebhaft-exzentrische Flucht des Menschen ein, die (Selbst-)Sucht ist und gleichwohl dessen freie Wahl sein soll. 23 

AA I 17, 149 | SW VII, 381. AA I 17, 149 | SW VII, 381. 25  Die Metapher des auf einem hohen und jähen Gipfel in die Tiefe blickenden und vom Schwindel erfassten Menschen erinnert auffällig an Caspar David Friedrichs Bild Der Wanderer über dem Nebelmeer (um 1818 entstanden; Hamburg, Kunsthalle). 26  AA I 17, 149 | SW VII, 381. 27  Vgl. AA I 17, 157 | SW VII, 390: „So ist denn der Anfang der Sünde, daß der Mensch aus dem eigentlichen Seyn in das Nichtseyn, aus der Wahrheit in die Lüge, aus dem Licht in die Finsterniß übertritt, um selbst schaffender Grund zu werden, und mit der Macht des Centri, das er in sich hat, über alle Dinge zu herrschen. Denn es bleibt auch dem aus dem Centro gewichenen immer noch das Gefühl, daß er alle Dinge gewesen ist, nämlich in und mit Gott; darum strebt er wieder dahin, aber für sich, nicht wo er es seyn könnte, nämlich in Gott.“ 24 

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Dann aber ist in einem zweiten Schritt über Schelling hinaus kritisch zu fragen: Woran soll der Mensch erkennen, dass diese triebhaft zustande gekommene Grunddisposition seines Handelns von ihm frei gewählt und zudem böse ist? Anders gefragt: Wie kann er für etwas verantwortlich sein oder gemacht werden, wozu ihn seine Natur veranlasst? Da die von Schelling versuchte idealistische Erklärung erkennbar in Widersprüche führt, seine Beschreibung des allgemeinen Bösen sich aber auf der Ebene unvermeidlicher Reaktion auf das Gefühl und den Reiz der Freiheit bewegt, möchte ich einen Vorschlag zur Klärung des Problems skizzieren, der über Hölderlin führt. Von Hölderlin gibt es nämlich einen Text zum Problem der Erkenntnis des dispositionell Bösen, dessen strukturelle Verwandtschaft mit Schellings Konzept der intelligiblen Tat unübersehbar ist. Hölderlin hat diesen Text Anfang 1795 geschrieben – kurz bevor er in einen intensiven Gedankenaustausch mit Schelling trat.28 Es handelt sich um das Fragment Über den Begriff der Straffe, das höchstwahrscheinlich als Entwurf für einen Aufsatz in Niethammers Philosophischem Journal geschrieben ist.29 In ihm stellt Hölderlin die Frage nach der Möglichkeit, „ein für sich bestehendes Kriterium der bösen Handlung“ anzugeben, und erörtert sie im Fokus des Verhältnisses von Gesetz und Strafe. Zunächst kritisiert er in diesem Zusammenhang die Zirkularität der Argumentation „aller Feinde der Principien“, die dies nicht vermöchten.30 Für diese seien nämlich „Böse Handlungen […] solche, wo28  Nach Hölderlins Rückkehr von Jena nach Nürtingen im Juni 1795 sind drei Begegnungen mit Schelling bekannt: Die erste fand zwischen dem 21.7. und 30.8.1795 in Tübingen statt, die zweite vor Hölderlins Abreise nach Frankfurt im Dezember 1795, die dritte im Frühjahr 1796 in Frankfurt. Vgl. hierzu die Ausführungen von Friedrich Beißner in: Stuttgarter Ausgabe, Bd.  7/2, 47 f. Die dabei teilweise auch kontrovers geführten Gespräche scheinen sich vor allem um die Philosophie Fichtes gedreht zu haben, den Hölderlin auch als Rechtsphilosophen schätzte (vgl. Stuttgarter Ausgabe, Bd.  7/2, 47 sowie den Brief an Neuffer aus Jena vom November 1794 in: Stuttgarter Ausgabe, Bd.  6/1, 139 f.), und – wie die beiden Briefe Hölderlins an Niethammer vom 22.12.1795 und vom 24.2.1796 belegen – um Schellings „neue Überzeugungen“, mit denen er nach Hölderlins Einschätzung „einen besseren Weg gegangen [ist], ehe er auf dem schlechteren ans Ziel gekommen war“ (Stuttgarter Ausgabe, Bd.  6/1, 203). In dem Brief an Niethammer vom 24.2.1796 macht er die Bemerkung: „Wir sprachen nicht immer accordirend miteinander, aber wir waren uns einig, daß neue Ideen am deutlichsten in der Briefform dargestellt werden können.“ (Stuttgarter Ausgabe, Bd.  6/1, 203) Hölderlin spielt hier offenbar auf Schellings Philosophische Briefe über Dogmatismus und Kriticismus an, deren erster Teil in Niethammers Philosophischem Journal von 1795 zum Zeitpunkt des Briefes bereits erschienen war, und verbindet hiermit die Bitte an Niethammer, ihm sein Urteil über Schellings „neueste Sachen“ zu sagen. Den für unseren Zusammenhang wichtigen zweiten Teil von Schellings „Briefen“ (Briefe 5–10) enthielt das 11. Heft des Jahrgangs 1795 (S.  173–239), das aber erst im April 1796 als erschienen angezeigt wurde (vgl. den Editorischen Bericht in: AA I 3, 3 mit Fn.  2). Damit ist nicht auszuschließen, dass Schelling in diesen Teil der „Briefe“ Ergebnisse seiner Diskussionen mit Hölderlin eingearbeitet hat. Inhaltlicher Hauptpunkt des zwischen Schelling und Hölderlin geführten Disputs war anscheinend das Problem des Heraustretens aus dem Absoluten und die daraus abgeleitete Forderung, die verlorene Einheit unter Bedingungen der Trennung wiederzuerlangen. Zu deren Realisierung schlugen Schelling und Hölderlin jeweils unterschiedliche Wege ein. Siehe hierzu die erhellenden Ausführungen von Lore Hühn in: Hühn (1998b), bes. 97–103. 29  Über den Begriff der Straffe, in: Stuttgarter Ausgabe, Bd.  4/1, Stuttgart 1961, 214–215 [= Begriff der Strafe]. Zu diesem Entwurf Hölderlins im Ganzen siehe Henrich (2004), 391–407. 30  Begriff der Strafe, 214.

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rauf Straffe folgt. Und Straffe folgt da wo böse Handlungen sind.“31 In letzter Konsequenz bestimme nach ihnen „die Folge den Werth der That“.32 Diese Folge sei dann in nichts Höherem begründet: Strafe ist eben Strafe, und wenn mir der Mechanism oder der Zufall oder die Willkür, wie man will, etwas unangenemes zufügt, so weiß ich, daß ich bösgehandelt habe, ich habe nun weiter nichts mehr zu fragen […] (Begriff der Strafe, 214)

Erst auf einer zweiten Stufe, nämlich dem Gesetzesbewusstsein als der korrespondierenden Dimension des Begriffs der Strafe, wird das Problem einer Lösung zugeführt, indem es von Hölderlin auf der Ebene einer Ontologie des Wollens verhandelt wird. Hier wird die Strafe als Moment eines Willensantagonismus erkennbar: Sie ist der wirkende Wille des Gesetzes, der dem Eigenwillen Widerstand leistet und im Bewusstsein als Moralgesetz erscheint.33 Hölderlin beschreibt diesen Willensantagonismus wie folgt: Im Factum ist aber das Gesez thätiger Wille. […] Dieser thätige Wille muß gegen eine andre Thätigkeit des Willens gehen. Wir sollen etwas nicht wollen, das ist seine unmittelbare Stimme an uns. Wir müssen also etwas wollen, dem das Sittengesez sich entgegensezt. Was das Sittengesez ist wußten wir aber weder zuvor ehe es sich unserem Willen entgegensezte, noch wissen wir es jetzt da es sich uns entgegensezt, wir leiden nur seinen Widerstand, als die Folge von dem, daß wir etwas wollten, das dem Sittengesez entgegen ist, wir bestimmen nach dieser Folge den Werth unseres Willens; weil wir Widerstand litten betrachten wir unsern Willen als böse […] (Begriff der Strafe, 214 f.)

Weil Strafe so zwar als faktischer „Widerstand des Gesezes“ zu bestimmen ist, aber ohne Kenntnis dieses Gesetzes unterbestimmt bleibt – nulla poena sine lege –,34 stellen sich nach Hölderlin zwei Fragen in Hinsicht auf das (Sitten-)Gesetz und das von ihm gesuchte für sich bestehende Kriterium der bösen Handlung: 1.  „kann ich an der Straffe das Gesez erkennen?“ und 2.  „kann ich bestraft werden für die Übertretung eines Gesezes das ich nicht kannte?“

Hölderlins Antwort auf die erste Frage ist einfach und komplex zugleich. Sie lautet, „daß man in der Straffe, insofern man sie als Strafe beurteile, notwendig des [Gesetzes sich bewußt sei.]“35 Das Verhältnis von Strafbewusstsein und Gesetzesbewusstsein bestimmt er aber nicht, wie das Zitat zunächst nahelegen könnte, als zirkuläres, sondern als Gleichursprünglichkeit beider, in der die Strafe zur ratio cognoscendi des Gesetzes avanciert.36 Gesetz und Strafe stehen in einem Zusammenhang notwendiger wechselweiser Voraussetzung, der auf einen dunklen unvordenklichen Grund 31 

Begriff der Strafe, 214. Begriff der Strafe, 214. 33  Begriff der Strafe, 214. 34 Vgl. Begriff der Strafe, 215. 35  Begriff der Strafe, 215 (Konjektur von D. Henrich, vgl. Henrich [2004], 400). 36  Vgl. Henrich (2004), 400. 32 

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verweist, aus dem sie als dessen Scheidungsprodukte gleicherweise hervorgehen. Strafe ist so wie auch das ihr korrespondierende Gesetz – mit Hölderlin gesagt – sehr wohl in etwas ‚Höherem‘ begründet. Dies deutet Hölderlin im (später hinzugefügten) ersten Abschnitt des Aufsatzentwurfs an, wo es heißt: „Es scheint, als wäre die Nemesis der Alten nicht sowohl um ihrer Furchtbarkeit als um ihres geheimnisvollen Ursprungs willen als eine Tochter der Nacht dargestellt worden.“37 Die Gleichursprünglichkeit von Gesetz und Strafe aus einem notwendig vorauszusetzenden dunklen Grund bildet auch die Leitlinie für Hölderlins Antwort auf die zweite Frage: „kann ich bestraft werden für die Übertretung eines Gesezes das ich nicht kannte?“ Sie lautet, „daß man, insofern man sich als bestraft betrachte, noth­ wendig die Übertretung des Gesezes in sich vorausseze“.38 Die Antwort macht deutlich, dass der eigene Wille des Menschen, sofern er sich nicht aus der Perspektive puren Strebens nach Selbststeigerung und Macht, sondern aus der Perspektive des Sittengesetzes betrachtet, den Widerstand dieses Gesetzes gegen sein eigenes Streben als Strafe für dessen Übertretung beurteilen muss, ohne dass er sich allerdings dieser als solcher bewusst gewesen wäre. Den erlittenen Widerstand gegen sein eigenes Streben als Strafe für die Übertretung dieses Gesetzes zu beurteilen, setzt nämlich Hölderlin zufolge voraus, dass die Strafe mit dem Gesetz in Verbindung steht, es also eine wie auch immer geartete Inhärenz des Gesetzes in der Strafe gibt. Dies bedeutet, dass der Mensch im Strafurteil über sein Wollen sich des Gesetzes bewusst wird: Aus der Perspektive der Strafe erscheint der Widerstand gegen das eigene Wollen nicht mehr als anonymes Schicksal oder bloßer Zufall, sondern als die Sanktion für einen vorsätzlichen Gesetzesverstoß. Gesetz und Strafe werden offenbar von Hölderlin als aufeinander einwirkende Teilkräfte einer – mit Pindar gesprochen – ‚doppelwilligen‘ Nemesis entziffert, durch deren Wirken der Mensch sich als schuldlos schuldig erfährt und beurteilt.39 Damit wird er von Hölderlin offenbar in eine tragische Situation gestellt, aus der es zunächst keinen Ausweg zu geben scheint. 3.2. Schellings Formation der intelligiblen Tat im Horizont von Hölderlins Text Genau an dieser Stelle setzt nun Schelling synchron mit Hölderlin 1795 in seinen Philosophischen Briefen über Dogmatismus und Kriticismus an, indem er den von

37  Begriff der Strafe, 214. Vgl. hiermit Schellings ähnliche Charakteristik der Nemesis in seiner Philosophie der Mythologie: „Die Nemesis erscheint bei Hesiodos unter den Kindern der Nacht, d. h. der ersten Unentschiedenheit, jener Indifferenz des Willens – ‚es gebar aber auch die verderbliche (Verderben bringende) Nyx Nemesis, ein Unheil den Sterblichen‘, d. h. die den Sterblichen unheilbringende Nemesis. Jene ganze Stelle des Hesiodos, wo von den Kindern der Nacht, also auch von der Nemesis die Rede ist, enthält offenbar die Trümmer einer tiefen, obwohl nicht dem Ursprung der Mythologie gleichzeitigen, übrigens noch mit mythologischer Verworrenheit kämpfenden philosophischen Ansicht.“ (SW XII, 145 f.) 38  Begriff der Strafe, 215. 39  Vgl. dazu unten Fn.  58.

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Hölderlin erschlossenen Zusammenhang von Gesetz und Strafe in den Kontext seiner Theorie der griechischen Tragödie einbettet. Denn was heißt es, sich als bestraft zu betrachten? Für Hölderlin attribuiert der Mensch den Gesetzesverstoß sich selbst; er akzeptiert die Strafe für die Übertretung eines Gesetzes, das er gar nicht kannte. Mit der Akzeptanz der Strafe vollzieht er zugleich einen Akt der Approbation des der Strafe inhärierenden Sittengesetzes. Er bekennt sich selbst als schuldlos schuldig. Im Unterschied zu Hölderlin arbeitet Schelling aber die Freiheitsimplikationen dieses Schuldbekenntnisses heraus: Die Approbation des Sittengesetzes bedeutet für den Menschen vor allem die freiwillige Übernahme der Verantwortung für eine Tat, die er unvermeidlich begehen musste. Die Akzeptanz von Strafe und Gesetz als Bewertungsmaßstab für seine unvermeidliche Tat wird damit für ihn zum Anker der Freiheit, die er im Modus des Verlustes für sich reklamiert. Diesen Gedanken sieht Schelling in der griechischen Tragödie zwar ausgesprochen, aber nicht konsequent durchgeführt. Denn die griechische Tragödie bleibt für ihn dem Formzwang des tragischen Streits von Freiheit und Schicksal insofern verhaftet, als der Held seine Freiheit im Kampf mit dem Schicksal zu behaupten versucht, diesem aber letztlich unterliegt. Die griechische Tragödie bleibt Schicksalstragödie: Im Untergang wird der Held seiner Freiheit beraubt.40 Mit dieser Regel verharrt die griechische Kunst nach Schelling insgesamt „in den Schranken der Natur“,41 wobei die Formschranke der griechischen Tragödie im Besonderen darin liegt, dass sie Freiheit und Untergang (Natur) „nicht zusammenreimen“ konnte.42 Ungeachtet der formalen Dominanz des Schicksals aber bricht sich für Schelling das Gleichgewicht von Freiheit und Schicksal in der Tragödie selbst Bahn, und zwar mit dem Gedanken der Anerkennung von Sittengesetz und Strafe für eine unvermeidliche Tat. Mit diesem Gedanken sieht Schelling den für die Tragödie typischen Dualismus von Freiheit und Schicksal in einen Prozess der Realisierung des Gleichgewichts von Freiheit und Notwendigkeit durch den tragischen Helden selbst verwandelt: Es war ein großer Gedanke, willig auch die Strafe für ein unvermeidliches Verbrechen zu tragen, um so durch den Verlust seiner Freiheit selbst eben diese Freiheit zu beweisen, und noch mit einer Erklärung des freien Willens unterzugehen. (AA I 3, 107 | SW I, 337)43 40  Vgl. AA I 3, 107 | SW I, 336: „[U]m nicht über die Schranken der Kunst zu springen, mußte sie [die griechische Tragödie] ihn unterliegen, aber, um auch diese, durch die Kunst abgedrungene, Demüthigung menschlicher Freiheit wieder gut zu machen, mußte sie ihn – auch für das durch’s Schicksal begangne Verbrechen – büßen lassen.“ 41  AA I 3, 108 | SW I, 337. 42  AA I 3, 107 | SW I, 337. Damit wäre sie ins Übernatürliche übergegangen, was für die griechische Kunst erst später mit dem Gedanken des Fatum begann als einer „unsichtbaren Macht, die keine Naturmacht mehr erreicht, und über die selbst die unsterblichen Götter nichts vermögen“ (AA I 3, 108 Anm. | SW I, 337 Anm.). 43  Schelling wiederholt denselben Gedanken, noch emphatischer formuliert, in seiner Philosophie der Kunst: „Es ist der größte Gedanke und der höchste Sieg der Freiheit, willig auch die Strafe für ein unvermeidliches Verbrechen zu tragen, um so im Verlust seiner Freiheit selbst eben diese Freiheit zu beweisen, und noch mit einer Erklärung des freien Willens unterzugehen.“ (AA II 6,1,

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In der Philosophie der Kunst erkennt Schelling hierin den „innerste[n] Geist der griechischen Tragödie“ 44 und präzisiert den Gedanken wie folgt: Daß ein Schuldloser durch Schickung unvermeidlich fortan schuldig werde, ist, wie gesagt, an sich das höchste denkbare Unglück. Aber daß dieser schuldlose Schuldige freiwillig die Strafe übernimmt, dieß ist das Erhabene in der Tragödie, dadurch erst verklärt sich die Freiheit zur höchsten Identität mit der Nothwendigkeit. (AA II 6,1, 375 | SW V, 699)45

Von diesem tragischen Modell der Realisierung des dunklen Grundes der absoluten Identität in Form der Äquilibrierung von Freiheit und Notwendigkeit (Natur) durch das Subjekt selbst sind nicht nur Schellings Philosophische Briefe über Dogmatismus und Kriticismus von 1795 bestimmt; es durchwirkt auch das System des transzendentalen Idealismus von 1800.46 In der Schrift Philosophie und Religion von 1804 reformuliert Schelling das Modell zur Beschreibung der tragischen Konstitution der Selbstheit im Sinne einer notwendigen Verknüpfung von Freiheit, Schuld und Strafe. Es handle sich bei der Selbstheit um einen aus Freiheit vollzogenen und deswegen als Schuld zurechenbaren „Abfall“ des ‚anderen Absoluten‘,47 dessen Folge und Strafe die Endlichkeit sei: Hat schon die erste Endlichkeit der Seele eine Beziehung auf Freiheit und ist eine Folge der Selbstheit, so kann auch jeder künftige Zustand der Seele zu dem gegenwärtigen nur in diesem Verhältniß stehen, und der nothwendige Begriff, durch welchen allein die Gegenwart mit der Zukunft verknüpft wird, ist der der Schuld oder der Reinheit von der Schuld. Die Endlichkeit ist an sich selbst die Strafe, die nicht durch ein freies, sondern nothwendiges Verhängniß dem

373 | SW V, 697) Seine Charakteristik der antiken Tragödie entspricht damit zugleich dem Kriterium „der moralischen Selbständigkeit im Leiden“, das Schiller zu einem der „beiden Fundamentalgesetze aller tragischen Kunst“ erklärt hatte (Vom Erhabenen, 512). Hierzu Höfele (2019), 189–192. 44  AA II 6,1, 373 | SW V, 697. 45  In dieser „Anerkennung der Schranken und der Begrenzung […], die dem menschlichen Geschlecht gesetzt ist“, liegt für Schelling „die höchste Sittlichkeit“ (AA II 6,1, 156 | SW V, 420), die dem Handeln der Götter deswegen entspricht, weil sie wie diese im Rahmen ihrer Begrenzung absolut handelt. Dies demonstriert Schelling darüber hinaus auch an der mythologischen Figur des Prometheus. Sie sei das „Urbild der Sittlichkeit“: „Hier tritt also das Unendliche allerdings hervor, aber in seinem Hervortreten unmittelbar wieder gefesselt, zurückgehalten und begrenzt“ (vgl. AA II 6,1, 156 | SW V, 420). Für Schellings spätere, anders akzentuierte Sicht, die den infolge seiner Freiheitstat leidenden Prometheus als „das erhabene Vorbild des Menschen-Ichs“ herausstellt, siehe unten Fn.  58. 46  Schelling wendet dieses tragische Modell im zehnten seiner Philosophischen Briefe über Dogmatismus und Kriticismus auf das Verhältnis von Substanzphilosophie (Spinoza) und Subjektphilosophie (Fichte) an. Beide betrachtet Schelling als Selbstentzweiung eines absoluten Urseins, das nur aus dem Kampf und Untergang der entgegengesetzten Systeme – dort ‚unbeschränkteste Passivität‘ und Vernichtung jeder freien Kausalität, hier unbeschränkte Aktivität und unendliche Realisierung des Absoluten in mir selbst – zur Erscheinung kommen kann. Ähnlich verhält es sich im System des transzendentalen Idealismus (1800): Der tragische Widerstreit von realer und idealer Tätigkeit hebt sich im Kunstwerk als der objektiv gewordenen intellektuellen Anschauung in absoluter Identität auf. Für das Tragische in den Philosophischen Briefen siehe Hühn (1998b) sowie Hay (2011), bes. 250 f. 47  Siehe hierzu SW VI, 39 f.

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Abfall folgt (hier liegt der Grund der nach Fichte unbegreiflichen Schranken) […] (SW VI, 61 f.)48

In der Freiheitsschrift von 1809 schließlich gibt Schelling diesem Modell der Konstitution des menschlichen Selbst als Freiheit in Schuld und Strafe im Blick auf den Anfang der Schöpfung die finale Form der intelligiblen Tat, wenn auch – wie oben gezeigt – mit einer unzulänglichen idealistischen Begründung. Im Ausgang von Hölderlins Überlegungen zu Gesetz und Strafe lässt sich Schellings Konzept der intelligiblen Tat m. E. aber wie folgt plausibel machen: Sie ist eine aus anfänglicher Indifferenz, dem dunklen naturalen Grund spontan erfolgende Selbstbestimmung des menschlichen Ur- und Grundwollens in Form der Herrschaft des Eigenwillens über den Universalwillen. Als solche wird sie – funktional äquivalent zu Schellings Konzept des ‚Abfalls‘ in Philosophie und Religion – zur notwendigen ontologischen Vo­ raussetzung des Bewusstseins der Freiheit und damit des Bewusstseins von Gut und Böse. Denn indem der Mensch den Widerstand des Gesetzes, das sich ihm als ein seiner faktischen Grunddisposition konträres Verhältnis von Eigenwillen und Universalwillen darstellt, als Sanktion gegen sich selbst, also als Strafe deutet, erkennt er im Kräfteantagonismus von Sittengesetz und eigenem Willen den Unterschied von Gut und Böse. Damit gewinnt er eine zweite, aus der Triangulation des Wollens abgeleitete moralische Perspektive auf seine Natur. Indem der Mensch sich diese zu eigen macht, erscheint ihm sein naturhaft gegebenes Wollen als selbstverschuldet, d. h. als Realisierung eines intentionalen Aktes, der hätte unterlassen werden sollen oder auch Konträres prinzipiell hätte intendieren können. Mit der Approbation des Gesetzes als Sittengesetz unterwirft er also seinen naturalen Grund und dessen spontan erfolgende Verzweigung in konträre Willenskräfte der Gesetzgebung der Freiheit. Dies bedeutet: Eine naturgegebene Disposition wird zugleich als Ergebnis einer freien Wahl bewertet, ohne jemals Gegenstand einer solchen gewesen zu sein.49 Indem er die Geltung des Sittengesetzes für seine faktische Willensdisposition akzeptiert, erkennt der Mensch seine Natur als böse und sich selbst als bestraft. Damit aber eignet er sich zugleich Freiheit im Modus ihres Verlustes zu: Er ist schuldlos schuldig. Nur in Form eines solchen paradoxen Selbstzurechnungsaktes, wie er aus Hölderlins Text zu gewinnen ist und von Schelling in seiner frühen Tragödientheorie freiheitstheoretisch ausdifferenziert wird, scheint mir Schellings Gedanke von „eigne[r] Wahl des Menschen“ und Fall durch „eigne Schuld“50 argumentative Konsistenz gewinnen zu können. Schelling hat die Schwierigkeiten, die sich aus der ontologischen Fundierung des idealistischen Gedankens von Freiheit als Autonomie in einem Wol48  Zur „Verwicklung mit dem Endlichen“ bzw. „Verwicklung der Seele mit dem Leib (welche eigentlich Individualität heißt)“ als Strafe siehe außerdem 42 und 61. 49  Wobei diese als Kriterium der Selbstbewertung herangezogene Wahl von Reinholds Konzept des freien Willens her zu begreifen ist, vgl. dazu oben Fn.  8. Zu Schellings Ablösung des Willens von der Vernunft nach Maßgabe der Einbeziehung der Natur und der damit verbundenen Absetzung von Kant siehe Peetz (1995), 206–210, sowie jüngst Egloff (2016), 47 f. 50  AA I 17, 150 | SW VII, 382.

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len als ‚Urseyn‘ und darüber hinaus aus der Verknüpfung von Willensdisposition und Willenswahl für das Selbstverhältnis des Menschen ergeben, in der Freiheitsschrift selbst offenbar unterschätzt, um dann den Gedanken der Wahl später ganz aufzugeben und ihn durch das Konzept der Gründung des Charakters zu ersetzen.51

4. Funktion der intelligiblen Tat: Fundament eines neuen Freiheitsbegriffs – paulinischer Befund und Seinlassen als Grund absoluter Freiheit Mit der Übernahme der Perspektive einer Freiheit in Schuld und Strafe stellt sich für Schelling zugleich die Frage, wie Freiheit nach deren Verlust wiedererlangt werden kann. Gibt es eine Möglichkeit der Aufhebung der erworbenen bösen Grunddisposition und damit eine Freiheit zum Guten? Es ist offensichtlich, dass das spontane Ereignis der intelligiblen Tat den Menschen der Fähigkeit beraubt, eine „Transmutation“ vom Bösen zum Guten aus eigener Kraft zu vollziehen. Dessen ungeachtet bleibt mit dem Aufgang der Freiheitsperspektive das Faktum bestehen, dass „die innere Stimme seines eignen, in Bezug auf ihn, wie er jetzt ist, besseren Wesens, nie aufhört, ihn dazu aufzufodern“.52 Der Mensch erkennt, dass die intelligible Tat ihm genau die Freiheit zum Guten entzogen hat, nach der er sich sehnt. Die Disposition selbsterworbener Willensschwäche, die er sich im Horizont des Sittengesetzes eingestehen muss, läuft auf Paulus’ bekannten anthropologischen Befund aus dem Römerbrief hinaus, in dem Kant eine zurechenbare, aber unvorsätzliche angeborene Schuld erkennt: „Denn nicht was ich will, das Gute, bewirke ich, sondern was ich nicht will, das Böse, dies tue ich.“53 51  So führt er in Druck II der Weltalter von 1813 im Kontext seiner Überlegungen zur Gründung des Charakters das Folgende aus: „Und doch ist bekannt, daß sich niemand Charakter geben kann, und daß sich keiner den bestimmten Charakter gewählt hat, den er trägt. Überlegung, Wahl, dieß alles fehlt, und doch erkennt und beurtheilt jeder den Charakter als eine ewige (nie aufhörende, beständige) That und rechnet ihn selbst und die aus ihm folgende Handlung dem Menschen zu. Also erkennt das allgemeine sittliche Urtheil in jedem Menschen eine Freyheit an, bey der (explicite) keine Überlegung, keine Wahl stattfindet, eine Freyheit, die sich selbst Schicksal, sich selbst Noth­ wendigkeit ist.“ (WA II, 177) Eine Vorform dieses Gedankens findet sich bereits in Schellings Ausführungen über Shakespeares Dramen in seinen Vorlesungen über Philosophie der Kunst: „An die Stelle des alten Schicksals tritt bei ihm [Shakespeare] der Charakter, aber er legt in diesen ein so mächtiges Fatum, daß er nicht mehr für Freiheit gerechnet werden kann, sondern als unüberwindliche Nothwendigkeit dasteht […] Es ist also der Charakter, der entscheidet.“ (AA II 6,1, 392 | SW V, 720 f.) 52  AA I 17, 156 | SW VII, 389. 53  Röm 7,19: οὐ γὰρ ὃ ϑέλω ποιῶ ἀγαϑόν, ἀλλὰ ὃ οὐ ϑέλω κακὸν τοῦτο πράσσω. Vgl. in ähnlichem Sinn auch Gal 5,17. Kant erkennt in diesem paulinischen Befund die erste Stufe des Hangs zum Bösen und bezeichnet sie als Gebrechlichkeit der menschlichen Natur, vgl. Rel., AA VI: 28: „Erstlich, die Gebrechlichkeit (fragilitas) der menschlichen Natur ist selbst in der Klage eines Apostels ausgedrückt: Wollen habe ich wohl, aber das Vollbringen fehlt, d. i. ich nehme das Gute (das Gesetz) in die Maxime meiner Willkür auf; aber dieses, welches objectiv in der Idee (in thesi) eine unüberwindliche Triebfeder ist, ist subjectiv (in hypothesi), wenn die Maxime befolgt werden soll,

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Die Akzeptanz des Gesetzes zusammen mit der Einsicht in sein Unvermögen, ihm Folge zu leisten, wird dem Menschen zum Anlass der Erkenntnis des Scheiterns der Subjektivität. Der Anspruch des Eigenwillens, alle Dinge sein zu wollen, impliziert den Zwang zur perpetuierten Wiederholung von Selbstbehauptung und mündet schließlich in die nihilistische Erkenntnis dispositionellen Gefangenseins im naturalen Zirkel des Bösen. Die Begegnung mit dem Sittengesetz führt den Menschen zur Einsicht in die faktische Unfreiheit seiner Natur. Der ständige Kreislauf von Schuld und Strafe evoziert in ihm die Frage: Wie kann ich in die Lage versetzt werden, das Gute zu tun, das ich tun will, aber nicht tun kann? Schellings Antwort hierauf ist, dass der Mensch aus dem „finstern Prinzip des Bösen“ zum Guten nur „durch göttliche Transmutation“ bzw. durch „menschliche oder göttliche Hülfe“ gelangen kann.54 Die Umwendung in das Gute bzw. die Handlungsfreiheit, das Gute zu tun, kann also nicht – wie bei Kant – aus dem Subjekt selbst, sondern nur von außen kommen. An dieser Stelle wird die Funktion erkennbar, die Schelling der intelligiblen Tat zudenkt: In ihrer Struktur, insbesondere in dem zur Latenz gebrachten Universalwillen, der aber als Wille des Sittengesetzes weiterwirkt (als ‚innere Stimme‘ präsent bleibt, siehe oben), liegen die Wurzeln für einen neuen Freiheitsbegriff. Denn der Mensch selbst kann nach Schelling zu dieser Umwandlung dadurch beitragen, dass er „dem guten Geist jene Einwirkung [von außen] verstattet, sich ihm nicht positiv verschließt“ – was Schelling zufolge ebenfalls in der intelligiblen Tat angelegt sein soll.55 Der Mensch kann sich also trotz seiner Disposition zum Bösen für das Wirken göttlicher Gnade moralisch empfänglich machen,56 indem er die Geltung des Sittengesetzes für sich akzeptiert. Und dies bedeutet letztlich zweierlei: einerseits, dass der Mensch den guten Geist in sich handeln lässt, der die Relation der Willensmomente in seinem Selbstverhältnis umkehrt und damit absolute Freiheit wiederherstellt; andererseits, dass er selbst als Vorbereitung dieser von außen erfolgenden Umkehr seinen Eigenwillen nicht verneint – wie es im Gegensatz zu Schelling Schopenhauer tun wird –, sondern ihn deaktiviert, indem er ihn aus der Seinsweise unbeschränkten Seinwollens (Seinkönnen als ‚Seinwollen‘) in den des Nichtwollens (Seinkönnen als ‚Seinlassen‘) verwandelt. Schelling legt so seinem Konzept der intelligiblen Tat eine modifizierte Version des Tragödienschemas zugrunde, das er in seinen Philosophischen Briefen angewandt hatte: Während sich in diesen die Idee absoluter Freiheit durch Äquilibrierung der Gegensätze von Kritizismus und Dogmatismus realisiert, verwirklicht diese sich in der Freiheitsschrift in einem internen Drama menschlicher Subjektivität: als chiastidie schwächere (in Vergleichung mit der Neigung).“ Zur Differenzierung von unvorsätzlicher (culpa) und vorsätzlicher angeborener Schuld (dolus) siehe 38. 54  AA I 17, 155 f. | SW VII, 388 f. 55  AA I 17, 156 | SW VII, 389. 56  Vgl. hierzu Kant, Rel., AA VI: 75 Anm.: „[D]er Rathschluß aber eines Oberen zu Ertheilung eines Guten, wozu der Untergeordnete nichts weiter als die (moralische) Empfänglichkeit hat, heißt Gnade.“

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sche Umkehrung des Herrschaftsverhältnisses der für diese konstitutiven Willensmomente von Eigenwille und Universalwille, so wie es sich im paulinischen Befund der Willensschwäche zum Guten manifestiert. Die Peripetie dieses inneren Dramas liegt darin, dass die Usurpation der Freiheit durch die Subjektivität, indem sie einen Riss zwischen Eigen- und Universalwille verursacht, den Verlust der Freiheit zur Folge hat. Die Aktivierung des nach Macht strebenden Eigenwillens des Grundes erweist sich als unfähig, die Stelle und Funktion des Universalwillens einzunehmen. Nur auf dem Weg über seine Deaktivierung, d. h. in der Unterordnung des ‚Willens zur Macht‘ unter das Sittengesetz, und durch (göttliche) Hilfe von außen wird nunmehr die Realisierung absoluter Freiheit möglich. Damit formuliert Schelling in Ausdeutung der Konsequenzen der intelligiblen Tat einen neuen, passiven Freiheitsbegriff, in dessen Zentrum fortan nicht das Handeln-Wollen, sondern das HandelnLas­sen steht.

5. Zusammenfassende Kritik Ruft man sich das oben zitierte Gehlen-Diktum vom „Grundgedanke[n] von Schellings Altersmetaphysik“ in Erinnerung: Der „transzendente Grund X legt sich […] in die Realität und das Bewußtsein dialektisch auseinander, und ist darin erst der Inbegriff der Wirklichkeit, als Grund X aber nichts Wirkliches […] Indem er sich also zu sich selbst indirekt verhält, setzt er die Wirklichkeit“, so wird man sagen müssen, dass das in ihm enthaltene Schema sich bereits in der Freiheitsschrift findet – mit dem Einbau der Figur einer tragischen Inversion: Die göttliche Freiheit (der Ungrund) realisiert sich in einem Dreischritt: zunächst durch Verzweigung in gegensätzliche Willensmomente, dann durch tragische Inversion von deren Verhältnis in der intelligiblen Tat des Menschen (der dadurch zum ‚anderen Absoluten‘, zum prometheischen Gegengott wird), und schließlich in der chiastischen Umkehrung dieses Verhältnisses durch das personale Zusammenwirken von Mensch und Gott zur absoluten Freiheit. Schelling entwickelt auf diese Weise mit der intelligiblen Tat ein Konzept, das der Erfahrung der Grenzen menschlicher Freiheit Rechnung zu tragen versucht, indem es einerseits menschliche Freiheit in einem naturalen Grund fundiert und damit Selbstwerdung an Freiheitsverlust koppelt, andererseits Möglichkeiten einer Wiedergewinnung der verlorenen Freiheit durch Umbau der voluntativen Grundstruktur des Selbst sondiert. Mit dieser in vier Stufen (1795, 1800, 1804, 1809) vollzogenen Ausgestaltung eines ontologischen Modells tragisch gebrochener Freiheit grenzt Schelling sich deutlich von seinen idealistischen Vorgängern Kant und Fichte ab. Mit seinem Modell verfängt er sich allerdings in argumentative Schwierigkeiten dadurch, dass er es idealistisch einzubetten sucht. Im Horizont von Hölderlins inhaltlich verwandten Überlegungen zum Begriff der Straffe, die von Schelling in seiner Tragödientheorie freiheitstheoretisch verschärft werden, lässt sich Schellings Konzept der

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intelligiblen Tat jedoch – abweichend von seiner Gedankenführung in der Freiheitsschrift – mit einem paradoxen Selbstzurechnungsakt plausibel profilieren. In der Folge stößt Schelling dann zu einem neuen passiven Konzept von Freiheit vor, das auf der Selbstdepotenzierung der Subjektivität zu einem bloßen Seinlassen beruht, wodurch diese erst zum Fundament einer personalen Realisierung absoluter Freiheit werden kann – in einem Prozess der ‚Transmutation‘ des von Hölderlin entfalteten Zusammenhangs von Gesetz und Strafe in den von Gesetz und Gnade. Schellings Konzept der intelligiblen Tat bewegt sich sachlich im Horizont von Alternativen, welche der Neuplatonismus zum Problem der Freiheit des Endlichen als Entfernung vom Einen entwickelt hatte, und überschreitet diesen zugleich. Insbesondere Plotin hatte zwei unterschiedliche Varianten des Abfalls der Seele vom Einen entwickelt, nämlich die frühere gnostische (und letztlich pythagoreische) Variante einer freien Entscheidung der Einzelseele für den Abstieg in der Absicht, ‚selber einen Teil der Welt zu beherrschen‘ oder ‚ihr eigener Herr zu sein‘, und die spätere naturalistische Variante eines instinktiven Abstiegs ‚weder aus eigener Überlegung noch auf Gottes Geheiß‘.57 Betrachtet man Schellings Konzept vor diesem Hintergrund, so wird man sagen müssen, dass es die vom Neuplatonismus entwickelten und im Weiteren als exklusiv betrachteten Alternativen der Genese des menschlichen Selbst (der Seele) aus Naturnotwendigkeit oder Freiheit komplementärperspektivisch zusammenzuführen versucht. Dies geschieht auf der ontologischen Basis einer Triangulation des Wollens. Sie ermöglicht eine Perspektivierung von Natur und Freiheit als gleichursprünglichen Formen des Wollens, die in der paradoxen Erkenntnis schuldloser Schuld des Menschen ihren Niederschlag finden. Schellings Konzept der intelligiblen Tat ist daher als eine Natur(notwendigkeit) und Freiheit in sich integrierende Doppelaspekttheorie menschlichen Wollens zu charakterisieren. Sie ist noch für Schellings Spätphilosophie von großer Bedeutung.58 57  Vgl. hierzu Dodds (1992), 34–37 (mit Bezug auf Enn. IV 7, 13,11; V 1,1,5; IV 8,4,10–28 und IV 3, 13). Dodds sieht in Plotins Bruch mit dem Gnostizismus das entscheidende Motiv für die Ausarbeitung der zweiten Variante des Abstiegs der Einzelseele. Ist für die erste Variante noch der pythagoreische Begriff τόλμα (‚Fürwitz‘ bzw. ‚Wagnis‘) als Motiv für den Abstieg der Einzelseele zentral, so handelt es sich beim Abstieg der Seele in der zweiten Variante um eine „biologische Notwendigkeit“, „so wie einer Kuh Hörner wachsen“ (Dodds [1992], 36 mit Bezug auf Enn. IV 3,13,14; vgl. aber auch schon – von Dodds nicht zitiert – die interessanten und zeitlich früheren Überlegungen in IV 8,5,1–28, die mit Bezug auf die Seelenlehre in Platons Phaidros zwischen beiden Varianten changieren). Beide Varianten sind Momente von Schellings Konzept der intelligiblen Tat. Wenn er sie auch nicht explizit im Neuplatonismus verortet, so zeigt sein Konzept gleichwohl eine sachliche Affinität zu diesem, die er spätestens seit Philosophie und Religion als solche auch explizit macht (vgl. SW VI, 37–42). Zu „Plotins Gedanken in Schelling“ generell siehe die gleichnamige Abhandlung von Werner Beierwaltes in: Beierwaltes (2001), 182–227, sowie Beierwaltes (2004), 100–144. 58  Die intelligible Tat sowie die auf sie folgende Strafe sieht Schelling in seiner Philosophie der Mythologie in Feuerraub und Bestrafung des Prometheus symbolisiert. Das „himmlische, Gott entwandte Feuer“ ist nichts anderes als „der freie Wille“ (DRP, SW XI, 484), für dessen selbstbezogene Aktivierung Prometheus Strafe zahlen muss: „Er büßt für die ganze Menschheit, und ist in seinen Leiden nur das erhabene Vorbild des Menschen-Ichs, das, aus der stillen Gemeinschaft mit Gott sich setzend, dasselbe Schicksal, erduldet, mit Klammern eiserner Nothwendigkeit an den starren Felsen

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Ein zentraler Aspekt von Schellings Konzept der menschlichen Freiheit aus heutiger Sicht scheint mir darin zu liegen, dass menschliche Freiheit für ihn zwischen Willensschwäche und tendenzieller Überdehnung ihres Geltungsbereichs oszilliert. Auf der einen Seite wird sie durch eine interne Dynamik ihres Grundes bedroht, den der Mensch nicht völlig beherrschen kann (und der ihn ständig der Gefahr des Verlustes von Freiheit aussetzt); auf der anderen Seite wird dem Menschen von Schelling unbeschadet dieses Befundes volle Verantwortung und Zurechenbarkeit auch für die unbewussten Komponenten seines Handelns zugeschrieben.

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einer zufälligen aber unentfliehbaren Wirklichkeit angeschmiedet, und hoffnungslos den unheilbaren, unmittelbar wenigstens nicht aufzuhebenden Riß betrachtet, welcher durch die dem gegenwärtigen Daseyn vorausgegangene, darum nimmer zurückzunehmende, unwiderrufliche That entstanden ist.“ (DRP, SW XI, 482) Als natürlicher Treibsatz für die Tat und den durch sie bedingten Zusammenhang von Gesetz und Strafe erscheint die Nemesis. Sie ist Schelling zufolge „nichts anderes als die Macht eben jenes höchsten, alles in Bewegung bringenden Weltgesetzes, das nicht will, daß irgend etwas verborgen bleibe, das alles Verborgene zum Hervortreten antreibt und gleichsam moralisch zwingt sich zu zeigen“ (PM, SW XII, 146 f.). Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist auch Schellings Hinweis auf Pindars ‚doppelwillige‘ Nemesis: „Bei Pindar heißt Nemesis die doppelwillige (διχόβουλος Νέμεσις), die einen doppelten Willen hat. Wie dieß zu verstehen sey, dürfen wir nicht weit suchen. Es reicht hin, an das Horazische: tollere in altum, ut lapsu graviore ruat, zu denken. Hier ist ein doppelter Wille; zuerst erhebt sie das zum Untergang Bestimmte – dieses ist ihr unmittelbarer Wille –, aber sie erhebt es nur, damit es desto tiefer stürze; dieß ist der zweite Wille“ (PM, SW XII, 147).

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Henrich, D. (22004), Der Grund im Bewußtsein. Untersuchungen zu Hölderlins Denken (1794– 1795), Stuttgart. Höfele, P. (2019), „Vom ‚einzig wahrhaft Tragischen in der Tragödie‘ zur ‚Tragödie im Sittlichen‘. Zu Figuren und Funktion des Tragischen bei Schelling und Hegel“, in: Schelling-Studien 7, 177–198. Hühn, L. (1998a), „Die intelligible Tat. Zu einer Gemeinsamkeit Schellings und Schopenhauers“, in: Iber, C./Pocai, R. (Hgg.), Selbstbesinnung der philosophischen Moderne. Beiträge zur kritischen Hermeneutik ihrer Grundbegriffe, Cuxhaven/Dartford, 55–94. – (1998b), „Die Philosophie des Tragischen. Schellings Philosophische Briefe über Dogmatismus und Kriticismus“, in: Jantzen, J. (Hg.), Die Realität des Wissens und das wirkliche Dasein. Erkenntnisbegründung und Philosophie des Tragischen beim frühen Schelling (= Schellingiana 10), Stuttgart-Bad Cannstatt, 95–128. Peetz, S. (1995), Die Freiheit im Wissen. Eine Untersuchung zu Schellings Konzept der Rationalität, Frankfurt a. M. – (2006), „Kraft der Freiheit: Überlegungen zu Schellings Konzept der Willensfreiheit“, in: Hühn, L. (Hg.), Die Ethik Arthur Schopenhauers im Ausgang vom Deutschen Idealismus (Fichte/Schelling), Würzburg, 505–521. Reinhold, C. L. (1792), Briefe über die Kantische Philosophie, Bd.  2, Leipzig. Schulz, W. (21975), Die Vollendung des Deutschen Idealismus in der Spätphilosophie Schellings, Pfullingen.

Schelling und Spinoza über menschliche Freiheit Hiroshi Abe Wodurch wird Schellings Theorie über menschliche Freiheit in der Freiheitsschrift gekennzeichnet? Um diese Frage zu beantworten, lohnt es sich, so denke ich, sein Denken mit dem Spinozismus zu vergleichen. Wieso soll Schelling aber hier nicht Anderen, sondern Spinoza gegenübergestellt werden? Es ist einerseits bekannt, dass Schelling Spinoza deshalb scharf kritisiert, weil seiner Interpretation zufolge der Spinozismus als „ein einseitig-realistisches System“1 gilt, das uns bloß „eine blinde und verstandlose Nothwendigkeit“2 einräumt. Andererseits scheint Schelling jedoch – wenn von einem freien Handeln des Menschen im wahren Sinne die Rede ist – gerade Spinozas Freiheitsbegriff zu akzep­ tieren, der lautet: „Dasjenige Ding heisst frei, das aus der blossen Nothwendigkeit seiner Natur da ist und allein von sich zum Handeln bestimmt wird“.3,4 Definiert er doch selbst ganz ähnlich in der Freiheitsschrift: „frey ist, was nur den Gesetzen seines eignen Wesens gemäß handelt, und von nichts anderem weder in noch außer ihm bestimmt ist“.5 Wie können wir diese (anscheinend) merkwürdig zwiespältige Spinoza-Rezep­tion in der Freiheitsschrift interpretieren? Daraus soll sich im Folgenden ergeben, wie man Schellings eigenartigen theologischen Kompatibilismus erfassen kann.

1. Spinoza über menschliche Freiheit Zu Beginn betrachte ich zur Vorbereitung auf vergleichende Überlegungen über Schellings Spinoza-Rezeption die Freiheitstheorie bei Spinoza. Wie allgemein bekannt, verneint Spinoza menschliche Freiheit ganz und gar, indem er beispielsweise in einem Brief an Georg Hermann Schuller einen von jemandem geworfenen Stein 1 

AA I 17, 123 | SW VII, 350. AA I 17, 163 | SW VII, 397. 3  Textstellen aus Spinozas Ethik werden unter dem Werkkürzel (‚E‘) in der auf Edwin Curley zurückgehenden Zitierweise angegeben, wobei auf Teil (Zahl), Einleitung (‚pr‘), Definition (‚d‘), Lehrsatz (‚p‘), Folgesatz (‚c‘), Anmerkung (‚s‘) und Anhang (‚a‘) verwiesen wird. ‚1d7‘ heißt z. B. ‚Teil 1, Definition 7‘. Sofern deutsche Übersetzungen angeführt werden, stammen diese von Berthold Auerbach; sie sind in der Blumenstock-Ausgabe inkludiert und werden mit Angabe der Bandziffer (‚SW2‘) zitiert. 4  E 1d7/SW2, 88 f. 5  AA I 17, 152 | SW VII, 384. 2 

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anführt – einen Stein, der trotz seines Geworfenseins seinerseits der Meinung ist, er selbst bewege sich und fühle sich ganz frei. Anschließend schreibt Spinoza dort: „Und das ist jene menschliche Freiheit, die zu haben alle sich rühmen“.6 Dagegen unterstreicht er, dass Gott gerade deshalb frei ist, „weil er aus der bloßen Notwendigkeit seiner Natur existiert“.7 Warum meint Spinoza menschliche Freiheit leugnen zu müssen? Und was ist, Spinozas Ansicht nach, der Unterschied zwischen dem Menschen und Gott? In der Ethik hebt Spinoza z. B. hervor: „Es gibt im Geiste keinen unbeschränkten oder freien Willen“.8 „Die Menschen täuschen sich, indem sie glauben, sie seyen frei“, „d. h. sie glauben, daß sie freiwillig etwas tun oder lassen können“.9 Wie wir schon aus dem ersten Zitat leicht ersehen, hat der Mensch nach Spinoza keine Willensfreiheit. Oder vielmehr, wie das zweite Zitat zeigt, behauptet Spinoza, der Mensch habe sie höchstens aus der subjektiven Perspektive, die nur möglich ist aufgrund seines Unwissens von den Ursachen, die sein Wollen veranlassen und beschränken.10 Was besagen diese Ursachen, die den menschlichen Willen unfrei machen? Auf diese Frage ließe sich mit Spinoza zunächst antworten: Jede einzelne von ihnen ist diejenige, die, da sie als eine endliche sowie bestimmte Vorstellung (idea) existiert, ihrerseits von einer anderen Vorstellungsursache bedingt ist, welche selbst auch ebenfalls von einer weiteren bedingt ist, „et sic in infinitum“.11 Nur ist zugleich zu beachten, dass jede Vorstellung, die zu einer solchen unendlichen kausalen Kette gehört, – wie Spinoza selber bemerkt – zwar im Prinzip „Gott zur Ursache [hat]“, aber „nicht insofern er unendlich ist, sondern insofern er als durch eine andere Vorstellung […] afficirt betrachtet wird“.12 Nach meiner Ansicht lässt sich diese letzte Phrase („quatenus aliâ […] ideâ affectus consideratur“)13 im Kontext unserer Diskussion so interpretieren, dass jede einzelne Vorstellung am Ende eine affectio ist, als die der eigentlich unendliche Gott (oder substantia) sich selbst unter einer Einschränkung bestimmt. In diesem Sinne können wir zwar mit Spinoza sagen, dass der (unendliche) Gott als die ursprüngliche causa efficiens14 des menschlichen Willens gilt. Dies bedeutet aber gar nicht, dass er selbst als das allererste Glied zu der oben erwähnten kausalen Kette der Vorstellungen zählt. Denn diese Vorstellungen bewirken den Willen „nach den Gesetzen der denkenden Natur“15 kausal-sukzessiv, um dann den menschlichen Geist 6  Spinoza an G. H. Schuller im Herbst 1674, Nr.  58, 266: „Atque haec humana illa libertas est, quam omnes habere jactant“. 7  Spinoza an G. H. Schuller im Herbst 1674, Nr.  58, 265: „quae ex solâ suae naturae necessitate existit“. 8  E 2p48/SW2, 238 f.; Hvg. im Original. 9  E 2p35s/SW2, 216 f.; SW2, 561. 10  Vgl. E 1p36a; E 3p2s. 11  E 1p28; Hvg. im Original. 12  E 2p9/SW2, 172 f.; Hvg. im Original. 13  E 2p9; Hvg. im Original. 14  Vgl. E 1p16c1. 15  Ludovicus Meyer, Praefatio, 132: „secundùm leges naturae cogitantis“. Wie bekannt, wurde diese Vorrede Meyers von Spinoza selber schon vor der Publikation autorisiert.

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zu „einem gewissen geistigen Automat“16 zu machen, während Gott (oder die Substanz) – trotz seiner obigen missverständlichen Kennzeichnung als causa efficiens – menschliches Wollen als eine sich aus der Substanz selbst konsequentermaßen ergebende Affektion „[a]us der Nothwendigkeit der göttlichen Natur“17 deduktiv-analytisch folgen lässt. Mit anderen Worten: Bei Spinoza ist Gottes Wirken (efficere) zu verstehen nach dem Modell der „Mathematik“, die sich in seinen Augen „nur mit den Wesenheiten und den Eigenschaften der Gestalten“18 beschäftigt, was ich z. B. aus der folgenden Passage in der Ethik ersehe: Ich glaube aber deutlich genug gezeigt zu haben […], dass aus der höchsten Macht Gottes oder aus seiner unendlichen Natur […] Alles […] immer nach derselben Nothwendigkeit folge, auf dieselbe Art, wie aus der Natur des Dreieckes […] folgt, dass seine drei Winkel zweien rechten gleich sind. (E 1p17s/SW2, 117 f.)

Das bisher Gesagte kurz zusammenfassend lässt sich sagen, dass nach der Ansicht Spinozas menschlicher Wille nicht frei, sondern gezwungen ist, und zwar auf doppelte Weise: Er ist nicht nur kausal-sukzessiv von anderen Vorstellungen, sondern auch deduktiv-analytisch von Gott bestimmt. Wenn dies der Fall ist, dann können wir mit Spinoza (dieser zweifachen Willensbestimmtheit entsprechend) den Menschen „auf zweierlei Arten [duobus modis]“ begreifen – d. h. den Menschen, insofern als er betrachtet wird „in Beziehung auf eine bestimmte Zeit und einen bestimmten Ort daseyend“ einerseits, und als „in Gott enthalten und aus der Nothwendigkeit der göttlichen Natur folgend“19 andererseits. Dies bedeutet, so denke ich, dass der Mensch sowohl in einem raum-zeitlich kausalen Netzwerk der Dinge eingebettet und dort von anderen Dingen von außen beeinflusst als auch „ohne irgend eine Beziehung auf die Zeit unter der Form der Ewigkeit“20 von Gott (oder der göttlichen Natur) innerlich prädeterminiert ist. Auf diese Weise finden wir eine Antwort auf die oben genannte erste Frage, wieso Spinoza behauptet, es gebe menschliche Freiheit nicht: Weil er denkt, dass nicht allein die Dinge des obigen Netzwerkes als „äußere Ursachen“,21 sondern auch die göttliche Natur qua „die immanente […] Ursache“22 den Menschen determinieren. Und daraus wird auch eine Antwort auf die zweite Frage ersichtlich, worin der Unterschied zwischen dem Menschen und Gott liegt. Da Gott nämlich „aus der bloßen Notwendigkeit seiner Natur“23 existiert, so ist er nur von den immanenten Ursachen bestimmt und unabhängig von allen äußeren Ursachen. Im Unterschied zum Men16 Spinoza,

Tractatus de Intellectus Emendatione, 66: „aliquod automa spirituale“. E 1p16/SW2, 114 f. 18  E 1p36a/SW2, 148 f. 19  E 5p29s/SW2, 540 f. 20  E 2p44c2/SW2, 234 f.: „absque ullâ temporis relatione, sed sub quâdam aeternitatis specie“. 21  Spinoza an G. H. Schuller im Herbst 1674, Nr.  58, 266: „causae externae“. 22  E 1p18/SW 120 f.; Hvg. im Original: „causa immanens“. 23  Spinoza an G. H. Schuller im Herbst 1674, Nr.  58, 265; eigene Hvg.: „quae ex solâ suae naturae necessitate existit“. 17 

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schen ist Gott deshalb frei von der raum-zeitlichen Kausalität und allein in Übereinstimmung mit der reinen überzeitlichen Notwendigkeit seines Wesens. Durch die vorgeführte Überlegung ist immerhin so viel deutlich geworden, dass es sich bei Spinozas Freiheitsbegriff um „die freie Notwendigkeit“24 – oder anders ausgedrückt, die Wesensfreiheit25 – handelt, die nicht dem Menschen, sondern einzig Gott zukommen kann. Und daraus können wir eine kleine, aber wichtige Erkenntnis ableiten. Dem äußeren Anschein zum Trotz ist die Art und Weise, wie Schelling den spinozischen Freiheitsbegriff aufnimmt, nicht Spinoza getreu, weil er ihn, im Kontrast zu Spinoza, auf menschliches Handeln anwendet. Wie Schelling selbst auch behauptet, besagt dies: Wer handelt, der besitzt „eine innere, aus dem Wesen des Handelnden selbst quellende, Nothwendigkeit“.26 Wenn es aber so ist, folgt daraus nicht, dass es solchem ‚frei‘ Handelnden bei Schelling wie dem Gott Spinozas an Willensfreiheit fehlt, da dieser, zu dessen Natur „weder Verstand noch Wille gehört“,27 „nicht aus Willensfreiheit wirkt“?28 Im folgenden Abschnitt soll sich also die Frage stellen, ob und in welcher Weise Schelling im Gegensatz zu Spinoza den Menschen aus solcher „blinde[n] und verstandlose[n] Nothwendigkeit“29 rettet.

2. Schelling über menschliche Freiheit Mit einem groben Überblick über Schellings Idee der menschlichen Freiheit möchte ich beginnen. Nach meiner Auffassung ist sein Begriff der menschlichen Freiheit, dem „[d]er reale und lebendige Begriff“30 entspricht, derjenige, auf den man „den allgemeinsten, […] bloß formellen Begriff“31 der Freiheit durch die „spezifische Differenz […] der menschlichen Freyheit“32 beschränkt. Konzentrieren wir uns daher zu dem oben erwähnten Zweck auf eine eingehende Betrachtung nur des formellen Freiheitsbegriffs, unter dem beide – Gott und Mensch – allein vergleichbar sein können. In seiner Erörterung zum Thema der formellen Freiheit stellt sich Schelling die Aufgabe, eine „höhere Nothwendigkeit“33 zu erwägen, die sowohl von dem „Determinismus“,34 dem die obenerwähnte „blinde und verstandlose“35 Notwendigkeit ent24 

Spinoza an G. H. Schuller im Herbst 1674, Nr.  58, 265: „in liberâ necessitate“. Diesen Ausdruck verdanke ich Thomas Buchheims Kommentar zu der Urfassung des vorliegenden Aufsatzes. 26  Freiheitsschrift, AA I 17, 151 | SW VII, 383. 27  E 1p17s/SW2, 116 f. 28  E 1p32c1/SW2, 134 f. 29  Freiheitsschrift, AA I 17, 163 | SW VII, 397. 30  AA I 17, 125 | SW VII, 352. 31  AA I 17, 125 | SW VII, 352. 32  AA I 17, 124 | SW VII, 352. 33  AA I 17, 151 | SW VII, 383. 34  AA I 17, 151 | SW VII, 383. 35  AA I 17, 163 | SW VII, 397. 25 

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spricht, als auch von dem „System des Gleichgewichts der Willkühr“36 abweicht. Man könnte zuerst meinen, dass Schelling in diesem Punkt seinem Vorgänger Leibniz einfach nachfolgt, der, teils gegen Spinoza,37 teils gegen Pierre Bayle,38 schon nach „der Mitte zwischen den geometrischen Wahrheiten und den willkürlichen Verordnungen“39 suchte. Was Schelling unter dem Begriff der soeben ausgesprochenen ‚höheren‘ Notwendigkeit versteht, lässt sich jedoch nicht gleichsetzen mit Leibniz’ „sittlicher Notwendigkeit“,40 die in dessen Augen nichts anderes als „die vollkommenste Freiheit“41 ist. Dies kann man unter anderem folgender Erklärung Schellings entnehmen: […] so bald nur die nähere Bestimmung einer sittlichen Nothwendigkeit hinzugefügt wird, ist ganz unläugbar der Satz: daß aus der göttlichen Natur alles mit absoluter Nothwendigkeit folgt […] (AA I 17, 162 | SW VII, 397)

Aus diesem Zitat wird ersichtlich, dass nach Schellings Ansicht offenbar gerade eine solche ‚absolute Notwendigkeit‘ der wahre dritte Weg zwischen einem Determinismus von außen und dem aequilibrio arbitrii ist. Denn im Unterschied zu Leibniz meint Schelling, hier Spinoza zustimmend, dass, da „alle Möglichkeit […] nur beziehungsweise auf die göttliche Vollkommenheit“42 gelten soll, „was nicht wirklich ist, auch sittlich-unmöglich seyn muß“;43 d. h. alles Mögliche außer dem Besten kann von vornherein gar nicht stattfinden. Falls dies der Fall ist, worin liegt dann noch ein Unterschied zwischen dieser absoluten Notwendigkeit bei Schelling und dem spinozischen Determinismus? Dafür müssen wir auf die oben genannte Frage zurückkommen, wie und warum der Mensch nach der Freiheitstheorie Schellings nicht in einen Determinismus nach dem Modell von Spinoza gerät. (1) In seinem diesbezüglichen Argument geht Schelling, wie schon angedeutet, einerseits von der Auffassung aus, wer handle, der sei – genauso wie der Gott bei Spinoza – bloß von den immanenten Ursachen (im oben erklärten Sinne) bestimmt und frei von den äußeren Ursachen (im obigen Sinne ebenfalls), sodass die „einzelne Handlung aus innerer Nothwendigkeit des freyen Wesens […] erfolgt“.44 Andererseits lässt sich aber dieses Wesen des Menschen bei Schelling begreifen als „seine 36 

AA I 17, 151 | SW VII, 383. Vgl. z. B. Essais de Théodicée, 139. 38  Vgl. z. B. Essais de Théodicée, 228. 39  Essais de Théodicée, 37: „le milieu entre les verités Geometriques […] et les decrets arbitraires“. 40  Essais de Théodicée, 389: „necessité […] morale“. ‚Sittliche Notwendigkeit‘ ist nach Leibniz diejenige, „die macht, dass der Weise [inklusive des Gottes] das Beste wählt [une necessité […] qui fait que le sage chosit le meilleur]“ (Essais de Théodicée, 389), obgleich er, „metaphysisch gesagt, das wählen oder machen könnte, was nicht im geringsten das Beste war [metaphysiquement parlant, il pouvoit choisir ou faire ce qui ne fût point le meilleur]“ (Essais de Théodicée, 256). Hier ist zu beachten, dass notwendigerweise Leibniz’ Idee der sittlichen Notwendigkeit voraussetzt, dass es mehr als zwei Auswahlmöglichkeiten gibt, unter denen die beste auszuwählen ist. 41  Streitschriften, 390; Hvg. im Original: „la plus parfaite liberté“. 42  AA I 17, 163 | SW VII, 398. 43  AA I 17, 162 | SW VII, 397. 44  AA I 17, 152 | SW VII, 384. 37 

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eigne That“,45 die als das anfänglichste Selbstsetzen eines solchen Menschenwesens selbst „der ewigen, mit der Schöpfung gleichzeitigen, Handlung“46 sowie der „alles menschliche Seyn bestimmenden That“47 entspricht. Im Unterschied dazu verhält es sich bei Spinoza ganz anders, weil nach dessen Ansicht der ‚freie‘ Gott über seine eigene Natur nicht selber verfügen kann, sondern wie gesehen bloß in Gestalt eines deduktiven inneren Kontextes notwendig nach ihr ausgerichtet sein muss. Deswegen gibt es Schelling zufolge so etwas wie ‚das Menschenwesen an sich‘ überhaupt nicht, das solcher menschlichen Selbstentscheidung schon voranginge und davon unabhängig wäre. Und da bei dem anfänglichsten Selbstsetzen, das allem anderen Handeln vorausgeht, von dem Menschen „die Ungereimtheit des Zufälligen der einzelnen Handlung entfernt ist“,48 so ist seine Selbstbestimmung des ihm eigenen Wesens rein freiwillig. Genauer gesagt, aus dem Vorangegangenen folgt nicht, dass diese menschliche Selbstbestimmung ex nihilo ausgeführt wird. Denn nach Schelling gibt es bei dem Menschen, der im Begriffe ist, sich durch seine Tat zu bestimmen, schon „ein Ur- und Grundwollen“49 – das Wollen, das von dem Grunde hergekommen ist und als „reales Selbstsetzen“50 das Menschenwesen selbst „erst macht“.51 Kommt es also nicht dazu, dass gerade das Urwollen, das der obigen menschlichen Selbstbestimmung zugrunde liegt, diese von vornherein determiniert? Keineswegs. Das Urwollen, das einfach „sich selbst zu Etwas macht“,52 ist so blind, dass es dem Menschen nicht vorzeichnen kann, als was er sich selbst bestimmen soll, wie Schelling sagt: „Der Mensch ist in der ursprünglichen Schöpfung […] ein unentschiedenes Wesen […]; nur er selbst kann sich entscheiden“.53 Daher kann man sagen, dass gerade wegen dieser Art von Blindheit das Urwollen als „der Grund und die Basis aller Wesenheit“54 unsere eigene freie Selbstentscheidung nicht so sehr unterbindet, als vielmehr unterstützt. Die bisherigen Ausführungen, so hoffe ich, haben schon einigermaßen gezeigt, dass Schellings Theorie der menschlichen Freiheit nicht deterministisch ist. Trotzdem bleiben hier folgende Bedenken noch übrig: Aufgrund der oben erwähnten Sicht vertritt Schelling seine eigene Lehre von der „Prädestination“,55 die z. B. behauptet: „wie der Mensch hier handelt, so hat er von Ewigkeit und schon im Anfang der Schöpfung gehandelt“.56 Ist diese Lehre, in der es um eine Art von Prädetermination 45 

AA I 17, 152 | SW VII, 385; Hvg. im Original. AA I 17, 154 | SW VII, 387. 47  AA I 17, 155 | SW VII, 388. 48  AA I 17, 152 | SW VII, 384. 49  AA I 17, 152 | SW VII, 385. 50  AA I 17, 152 | SW VII, 385. 51  AA I 17, 153 | SW VII, 386; Hvg. im Original. 52  AA I 17, 152 | SW VII, 385; eigene Hvg. 53  AA I 17, 153 | SW VII, 385. 54  AA I 17, 152 | SW VII, 385; eigene Hvg. 55  AA I 17, 154 | SW VII, 387. 56  AA I 17, 154 | SW VII, 387. 46 

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mittels „der intelligibeln That [des Menschen], wodurch sein Wesen und Leben bestimmt ist“57 geht, nicht doch bereits ein Determinismus? Meine Antwort ist: Nein. Meiner Ansicht nach ist die obige Lehre gerade deshalb nicht deterministisch, weil „[d]ie That [des Menschen], wodurch sein Leben in der Zeit bestimmt ist, […] selbst nicht der Zeit“58 angehört und demzufolge „dem Leben auch nicht der Zeit nach“59 vorangeht. Das bedeutet: Indem diese ‚mit der Schöpfung gleichzeitige‘ Urtat – obzwar logisch – doch nicht zeitlich ‚vor‘ dem ganzen Leben des Menschen da ist, ist jede seiner konkreten Handlungen dadurch gar nicht von Anfang an voll bestimmt. Sondern vielmehr begleitet die anfängliche intelligible Tat des Menschen, die in der zeitlosen Schöpfung geschieht, wo sich alle Ereignisse „in Einem magischen Schlage“60 sozusagen synchronisieren lassen, jede einzelne von seinen eigenen Handlungen jeweils simultan – wie Schelling sorgfältig sagt: „durch die Zeit, (unergriffen von ihr), hindurch“.61 Anders ausgedrückt, diese intelligible Tat kann immer nur in Gestalt einer konkreten Einzelhandlung existieren. Solches merkwürdige Verhältnis der intelligiblen Tat zu den einzelnen Handlungen beim Menschen scheint zwar rätselhaft zu sein. Falls wir aber hier eine mathematische Metapher benutzen dürften, dann könnte man es, so denke ich, mit der Abbildung eines Punktes (= der intelligiblen Tat) auf einer Halbgeraden (= einer Serie der konkreten Handlungen in der Zeit) vergleichen (siehe Fig. 1). Fig. 1

die intelligible Tat

simultane Begleitung

konkrete Handlungen in der Zeit 57 

AA I 17, 156 | SW VII, 389. AA I 17, 153 | SW VII, 385. 59  AA I 17, 153 | SW VII, 385. 60  AA I 17, 154 | SW VII, 387. 61  AA I 17, 153 | SW VII, 385 f. 58 

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(2) Zweitens ist zu beachten, dass das oben erwähnte Urwollen nicht das Einzige ist, was bei der ewigen Tat eine entscheidende Rolle spielt, obzwar es allerdings unmöglich ist, dass der Mensch „als geistiges Wesen ein Seyn vor und unabhängig von seinem Willen habe“.62 Denn Schelling stellt zugleich heraus, dass sich „göttliche Hülfe“63 auch wesentlich daran beteiligt.64 Anders gewendet: Obgleich die anfängliche Tat einerseits ganz und gar gerade unser eigenes Selbstsetzen ist, erschöpft sie sich andererseits nicht in ihm, sondern ist vielmehr stetig offen für „göttliche Transmutation“,65 was Schelling selber wie folgt erklärt: […] dieß, daß er [der Mensch] dem guten Geist jene Einwirkung verstattet, sich ihm nicht positiv verschließt, [liegt] ebenfalls schon in jener anfänglichen Handlung, durch welche er dieser und kein andrer ist. Daher in dem Menschen, in welchem jene [göttliche] Transmutation noch nicht vorgegangen, aber auch nicht das gute Prinzip völlig erstorben ist, die innere Stimme seines eignen, in Bezug auf ihn, wie er jetzt ist, besseren Wesens, nie aufhört, ihn dazu aufzufodern […]. Es ist im strengsten Verstande wahr, daß, wie der Mensch überhaupt beschaffen ist, nicht er selbst, sondern entweder der gute oder der böse Geist in ihm handelt; […] (AA I 17, 155| SW VII, 388; eigene Hvg.)

Dabei ist aber sehr bemerkenswert, dass es nach Schelling von unserem eigenen „insich-handeln-Lassen des guten oder bösen Prinzips“66 abhängig ist, welches von den beiden Prinzipien bei der ewigen Tat in unserem Wesen handelt. In diesem Sinne tut solche Handlung der Prinzipien bei uns „der Freyheit keinen Eintrag“, 67 sondern setzt immer schon unsere freie Entscheidung voraus, der unsere Willensfreiheit zugrunde liegt.

3. Schlussbetrachtung Durch die Interpretation von Schellings scheinbar merkwürdiger Spinoza-Rezeption habe ich zu zeigen versucht, worin die Eigentümlichkeit des theologischen Kompatibilismus bei Schelling liegt. Ganz kurz zusammenfassend lässt sich sagen: 1. Spinozas Freiheitsbegriff aufnehmend behauptet Schelling, dass, wer frei ist, bloß aus der Notwendigkeit seines Wesens existiert und handelt. Im Gegensatz zu Spinoza jedoch entgeht Schelling dem Determinismus, indem er unterstreicht, dass der Mensch selbst sein eigenes Wesen – obzwar aufgrund des Urwollens, das aus der Natur stammt – erst dadurch so bestimmen kann wie er will, dass er die intelligible Tat oder das anfänglichste Selbstsetzen ausführt. 62 

AA I 17, 155| SW VII, 388. AA I 17, 156| SW VII, 389. 64  Hierbei ist „menschliche […] Hülfe“ (AA I 17, 156| SW VII, 389) der anderen frei Handelnden im geschichtlichen gegenseitigen Wirkungszusammenhang ebenfalls von entscheidender Bedeutung, worauf ich leider nicht eingehen kann. 65  AA I 17, 156| SW VII, 389. 66  AA I 17, 156| SW VII, 389; eigene Hvg. 67  AA I 17, 156| SW VII, 389. 63 

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2. Zudem lässt er bei seiner intelligiblen Tat diese Selbstbestimmung seines eigenen Wesens immer schon für Gottes Einwirkung offen sein, indem er seinerseits zu dem „in-sich-handeln-Lassen des guten oder bösen Prinzips“68 freiwillig bereit ist. Aufgrund dieses Ergebnisses können wir, falls ich nicht falsch sehe, ein charakteristisches Merkmal des theologischen Kompatibilismus bei Schelling herausfinden. Was den Pantheismus betrifft, so spricht Spinoza bekanntlich von Deus sive natura,69 wobei der (un)freie Mensch keine Rolle spielt, um die beiden – Gott und Natur – zu vereinigen. Dagegen denkt Schelling ganz anders. Denn er behauptet: Ohne den freien Menschen, „durch welchen als Mittler […] Gott (nach der letzten Scheidung) auch die Natur annimmt und zu sich macht“,70 wäre „die Immanenz der Dinge in Gott“71 überhaupt nicht möglich. Aus dieser Idee, dass „Gott nur durch den Menschen auch die Natur annimmt und mit sich verbindet“,72 lässt sich daher, so denke ich, der Schellings theologischem Kompatibilismus eigentümliche Standpunkt ersehen, den wir menschenorientierten Pantheismus nennen können.

Literaturverzeichnis Leibniz, G. W., Essais de Théodicée, in: Die Philosophischen Schriften von Gottfried Wilhelm Leibniz, Bd.  6, hg. von C. I. Gerhardt, Berlin 1885. [= Essais de Théodicée] – Streitschriften zwischen Leibniz und Clarke. Leibniz’ fünftes Schreiben, in: Die Philosophischen Schriften von Gottfried Wilhelm Leibniz, Bd.  7, hg. von C. I. Gerhardt, Berlin 1890. [= Streitschriften] Meyer, L., Praefatio zu Spinoza, Renati Des Cartes Principiorum Philosophiae. Pars I & II, in: Spinoza Opera, Bd.  1, im Auftrag der Heidelberger Akademie der Wissenschaften hg. von C. Gebhardt, Heidelberg 1972 (unveränderter Nachdruck der Erstausgabe von 1925). [= Praefatio] Spinoza, B. de, Brief an G. H. Schuller im Herbst 1674, Nr.  58, in: Spinoza Opera, Bd.  4, im Auftrag der Heidelberger Akademie der Wissenschaften hg. von C. Gebhardt, Heidelberg 1972 (unveränderter Nachdruck der Erstauflage von 1925). [= Spinoza an G. H. Schuller im Herbst 1674, Nr.  58] – Ethik, in: Werke, Bd.  2, hg. von K. Blumenstock, Darmstadt 2008. [= Ethik] – Tractatus de Intellectus Emendatione, in: Werke, Bd.  2, hg. von K. Blumenstock, Darmstadt 2008. [= Tractatus de Intellectus Emendatione]

68 

AA I 17, 156| SW VII, 389. E 4p4. 70  AA I 17, 174| SW VII, 411; Hvg. im Original. 71  AA I 17, 174| SW VII, 410. 72  AA I 17, 174| SW VII, 411. 69 

Intelligible Tat und intelligibles Wesen Zwischen Kant und Schelling Ryan Scheerlinck Das Lehrstück der intelligiblen Tat gehört zu den schwierigsten und den am kontroversesten diskutierten der Freiheitsschrift. Nun gibt Schelling zu erkennen, dass er damit nur ein kantisches Lehrstück aufgreift, das er zudem nur in seinen eigenen Worten wiederzugeben sucht, jedenfalls so, wie es wiedergegeben werden müsste, um, nach Schellings Dafürhalten, überhaupt verständlich zu sein.1 Es erscheint somit durchaus naheliegend, den Schelling’schen Text auf der Basis des kantischen zu interpretieren. Diese Strategie scheitert jedoch alsbald daran, dass der kantische Text kaum weniger schwierig ist und kaum weniger kontrovers beurteilt wurde. Schelling selbst gibt zu erkennen, dass der kantische Text nicht eben leicht zu verstehen ist und dass seine, wie gesagt selbst schwerverständliche, Wiedergabe im Grunde leichter zu verstehen sein müsste als das kantische Original.2 Darüber hinaus würden an dem Lehrstück der intelligiblen Tat die Aporien sichtbar, in welchen die kantische Lehre vom Bösen letztlich mündete. Indem Schelling gerade an dieses Lehrstück anzuknüpfen sucht, scheint er zwangsläufig auch die gegen dasselbe erhobenen Einwände mittransportieren zu müssen.3 Wie dem auch sei, Schellings ausdrückliche Erklärung, sich in diesem Punkt die kantische Lehre zu eigen zu machen, hat dazu geführt, dass man für gewöhnlich auch von einer Schelling’schen Lehre von der intelligiblen Tat spricht, obwohl dieser Ausdruck in der Freiheitsschrift überhaupt nur ein einziges Mal vorkommt. Stattdessen ist hin und wieder vom ‚intelligiblen Wesen‘ die Rede. Diese unscheinbare Abweichung vom kantischen Buchstaben wird uns im zweiten Teil unserer Untersuchung zum Leitfaden in diesem labyrinthischen Textstück dienen. Die bereits erwähnte Tatsache, dass die Lehre von der formellen Freiheit gemeinhin als aporetisch eingeschätzt wird, obwohl an ihr insofern das Gelingen 1 

Vgl. AA I 17, 151 | SW VII, 384. Vgl. AA I 17, 151 | SW VII, 384. 3  So hat z. B. Friedrich Hermanni geschlossen, dass an der Behauptung einer intelligiblen Tat die Free-Will-Defence und damit das Theodizeeprojekt als Ganzes scheitert. Indem Schelling gerade dieses Lehrstück von Kant übernimmt, müsste sich jenes Scheitern bei ihm zwangsläufig, wenn auch auf einer höheren Ebene, wiederholen (vgl. Hermanni [1994], 60 f.; 247–261). Es sei hier daran erinnert, dass Schelling durch die Anknüpfung an gerade diesen kantischen Text sich genau jenes Lehrstück zu eigen machen zu wollen scheint, das Kant den Verdacht eingetragen hatte, „seinen Philosophenmantel mit dem schändlichen Fleck des radikal Bösen beschmiert“ zu haben (vgl. Buchheim [2001], bes. 656 f.). 2 

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des Schelling’schen Vorhabens hängt, dass mit den Untersuchungen zum realen Freiheitsbegriff so lange nichts gewonnen ist, als nicht auch die Zuschreibbarkeit von Handlungen gewährleistet ist, mag es rechtfertigen, dass wir uns hier auf die Teiluntersuchung zur formellen Freiheit, d. h. auf bloß sieben der insgesamt neunundvierzig Absätze der Freiheitsschrift, konzentrieren. Dabei wird sich hoffentlich zeigen, dass Schelling gerade in dieser Untersuchung besonders präzise argumentiert, wenn der Text auch so konzipiert zu sein scheint, dass er die besagten Einwände geradezu herausfordert, wie Schelling bereits dadurch zu erkennen gibt, dass ihm durchaus bewusst ist, wie „unfaßlich diese Idee der gemeinen Denkweise vorkommen“ 4 muss. Aus diesem Labyrinth hat der Leser aus eigener Kraft herauszufinden, indem er auch „leise[n] Bestimmungen“5 größte Aufmerksamkeit zuwendet und sich durch dieselben zu einigem Selbstdenken bewegen lässt. Gerade dadurch dürfte die Freiheitsschrift selbst eine Erfahrung der Freiheit ermöglichen, indem sie den Leser in ein „chaotische[s] Gemenge der Gedanken“6 hineinführt, aus welchem dieser sich selbsttätig zum Licht emporzuarbeiten genötigt ist. Insofern mag sie unserem Verlangen nach Freiheit eine, wenn auch nur menschliche, Hilfe leisten.7 Bevor wir uns Schelling zuwenden, werden wir dessen Hinweis insofern Folge leisten, als wir in einem ersten Teil einige Spuren im kantischen Text sichtbar machen werden, die sich vielleicht als Folie für das Verständnis des Schelling’schen Textes eignen.

1. Kant Die Verbindung von ‚intelligibel‘ und ‚Tat‘ hat etwas Paradoxes, wenn nicht sogar Irritierendes. Es gilt somit, zu verstehen, wie eine Tat überhaupt als intelligibel bezeichnet werden kann. Unter ‚intelligibel‘ versteht Kant „Gegenstände, so fern sie blos durch den Verstand vorgestellt werden können“.8 Es handelt sich somit um solche ‚Gegenstände‘, die nicht in der Erfahrung gegeben werden können, die jedoch, so können wir hinzufügen, in gewissen Fällen gedacht werden müssen, falls wir uns bestimmte in der Erfahrung gegebene ‚Gegenstände‘ einsichtig machen wollen. Als ein besonders prominentes Beispiel solcher Gegenstände wären Handlungen anzuführen. Diese sind insofern in der Erfahrung gegeben, als zu einer Handlung bestimmte äußerlich wahrnehmbare Vorkommnisse gehören (z. B. die Bewegung eines Arms und einer Hand), die jedoch nur insofern als eine Handlung (z. B. eine Ohrfeige) wahrgenommen werden, als wir etwas voraussetzen, das sich nicht wahrnehmen lässt. Demnach können wir als eine intelligible Tat eine solche Tat verstehen, die notwendig gedacht werden muss, wenn wir uns eine bestimmte Handlungsweise ein4 

AA I 17, 153 | SW VII, 386. AA I 17, 117 | SW VII, 344. 6  AA I 17, 132 | SW VII, 361. 7  Vgl. AA I 17, 156 | SW VII, 389. 8  Prolegomena, AA IV: 316 Anm.; eigene Hvg. 5 

Intelligible Tat und intelligibles Wesen

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sichtig machen wollen. Dabei handelt es sich um eine Annahme, die nicht so sehr theoretischer Art ist, sondern vielmehr in unserem alltäglichen Umgang mit Personen impliziert ist, z. B. wenn wir über die Intention, die einer Handlung oder Aussage zugrunde liegt, Vermutungen anstellen. Jemanden als eine Person zu betrachten oder behandeln bedeutete somit eo ipso, ihm eine solche Tat zuzuschreiben. Überhaupt verstehen wir ein Vorkommnis oder eine Aussage erst dann auch wirklich als eine Handlung, wenn wir nach der zugrunde liegenden Intention fragen. Bereits im Alltag haben wir also durchgängig mit solchen intelligiblen Dingen zu tun. Mag die Intention des Handelnden uns auch nicht direkt zugänglich sein, so nehmen wir doch an, dass wenigstens er selbst einen direkten Zugang zu ihr habe. Die Intelligibilität einer intelligiblen Tat wäre demnach in einem stärkeren Sinne zu verstehen als im Fall der Intention. Dass die Rede von einer intelligiblen Tat, die dem Handelnden selbst nicht als eine solche bewusst zu sein braucht, wie paradox sie zunächst auch anmuten mag, doch auch dem Alltäglichsten nicht gänzlich fremd ist, mag sich da­ ran zeigen, dass wir eine Äußerung, die jemandem unwillkürlich entschlüpft ist, dadurch, dass wir ihn darüber zur Rechenschaft ziehen, nachträglich in eine Handlung im prägnanten Sinne verwandeln. Die bisherigen Überlegungen dürften der Rede von einer intelligiblen Tat, von einer nicht sinnlich gegebenen und nur durch Verstand zu erfassenden Tat, bereits etwas von ihrer Befremdlichkeit genommen haben. Das kantische Theorem einer intelligiblen Tat wird indes erst einsichtig vor dem Hintergrund der Ausführungen im vierten Abschnitt des Ersten Stücks der Religionsschrift. Dieser Abschnitt hat bislang, wie mir scheint, nicht die Beachtung gefunden, die er verdient. Dies dürfte darauf zurückzuführen sein, dass Kant den Eindruck erweckt, als ob der Beweis seiner zentralen These mit dem dritten Abschnitt im Wesentlichen abgeschlossen ist und der vierte Abschnitt höchstens einen Nachtrag liefert. Vor diesem Hintergrund mag es denn auch durchaus überraschen, dass die Überschrift „[v]om Ursprunge des Bösen in der menschlichen Natur“9 zu handeln ankündigt, da man meinen könnte, diese Frage sei im Vorhergehenden, insbesondere gegen Ende des zweiten Abschnitts, bereits hinlänglich geklärt. Was ist nämlich naheliegender, als den Ursprung des Bösen in dem Hang zum Bösen zu suchen? Am Anfang des vierten Abschnitts bemerkt Kant jedoch erstaunlicherweise, dass wir, „wenn wir dem Ursprunge des Bösen nachforschen, […] anfänglich noch nicht den Hang dazu […] in Anschlag bringen“,10 von dem Begriff eines Hangs zum Bösen für die Erklärung des Ursprungs des Bösen also zunächst gar keinen Gebrauch machen dürfen. Für ein angemessenes Verständnis dieses Abschnitts ist denn auch zu beachten, dass er eine ganz neue Fragestellung einführt, die sich sowohl notwendig aus dem Hervorgehenden ergibt als sie auch für den Übergang zum fünften Abschnitt und damit zu den weiteren Stücken der Religionsschrift unerlässlich ist. 9 

Rel., AA VI: 39. Rel., AA VI: 40.

10 

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Nachdem er „das Dasein dieses Hanges zum Bösen in der menschlichen Natur durch Erfahrungsbeweise […] dargethan“11 hat, bemerkt Kant, dass der „Mensch (selbst der ärgste) […] auf das moralische Gesetz nicht gleichsam rebellischerweise […] Verzicht [tut]“ und dass „[b]ei dieser Umkehrung der Triebfedern durch seine Maxime wider die sittliche Ordnung […] die Handlungen dennoch wohl so gesetzmäßig ausfallen [können], als ob sie aus ächten Grundsätzen entsprungen wären“.12 Der Hang zum Bösen braucht somit keineswegs notwendigerweise in gesetzwidrigen oder manifest bösen Handlungen zu resultieren, sondern kann sehr wohl mit einem gesetzmäßigen Verhalten zusammen bestehen. Es wäre somit im Prinzip denkbar, dass eine böse Gesinnung sich gar nicht äußerlich bemerkbar machte und von der Warte Dritter aus von einer guten Gesinnung auf keine Weise unterscheidbar wäre. So zeichnet die höchste ‚Stufe‘ des bösen Herzens sich gerade dadurch aus, dass es „mit einem im Allgemeinen guten Willen zusammen bestehen“13 und auch ohne einen ‚Hang zum Laster‘, d. h. ohne einen Hang zu gesetzwidrigen Handlungen vorkommen kann. Die Beispiele, die Kant als Belege für das ‚Dasein dieses Hanges zum Bösen‘ angeführt hatte, werfen somit ein Rätsel auf: Zwar belegen sie, dass es diesen Hang gibt, aber aus diesem Hang selbst ist für sich genommen noch nicht einzusehen, weshalb dieser sich in solchen Handlungen manifestiert, die als Belege für denselben gelten können. Die Annahme jenes Hangs schließt nämlich nicht die Möglichkeit aus, dass zwar alle Menschen böse wären (in dem Sinne, dass sie das moralische Gesetz dem Prinzip der Eigenliebe unterordnen), sie sich dennoch wenigstens in ihren Handlungen gesetzmäßig verhalten würden. Der Hang zum Bösen könnte somit damit zusammen bestehen, dass er sich in keiner manifest bösen Handlung bekundet und insofern ohne wahrnehmbare Wirkungen bliebe. In diesem Fall wäre es zudem nicht möglich, auf Beispiele zu rekurrieren, um das Dasein eines solchen Hangs zu beweisen. Die Beispiele belegen somit nicht nur, dass es jenen Hang gibt, sondern zudem, dass dieser sich auch in manifest bösen Handlungen zu erkennen gibt. Letzteres ist indes durch den Hang für sich genommen noch nicht hinreichend erklärt. Daraus ergibt sich die Aufgabe, zu erklären, wie es dazu kommt, dass der Hang sich auch in manifest bösen Handlungen bekundet. Aus dem bisher Gesagten mag bereits ersichtlich werden, weshalb Kant bei der Erörterung dieser Frage ‚anfänglich noch nicht den Hang dazu in Anschlag bringen‘ möchte und weshalb er stattdessen besonders den Ursprung böser Handlungen zu erklären sucht. Der vierte Abschnitt führt denn auch im Vergleich zum Vorhergehenden nicht nur ein neues Problem ein, sondern vollzieht zugleich einen Perspektivwechsel: Während im Vorhergehenden eine begriffliche oder eidetische Analyse vorherrschend war, nimmt Kant jetzt eine eher genetische Perspektive ein. Dies geht mit einer Fokussierung des Einzelnen und der bösen Handlung einher, die auch im 11 

Rel., AA VI: 35. Rel., AA VI: 36. 13  Rel., AA VI: 37. 12 

Intelligible Tat und intelligibles Wesen

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nächsten Abschnitt durchgehalten wird. Deshalb rückt Kant jetzt nicht mehr den Grund (oder die Wurzel) einer bösen Handlung (der nämlich derart ist, dass er nicht notwendig in einer bösen, gesetzwidrigen Handlung resultieren muss), sondern den Ursprung (oder die Abstammung) derselben in den Mittelpunkt. Kant eröffnet den Abschnitt mit einer Begriffserläuterung und einer Begriffseinteilung. Dadurch gibt er bereits zu erkennen, dass der Begriff eines ‚Ursprungs‘ in der Überschrift erläuterungsbedürftig ist und dass er mit ihm zudem einen neuen Gesichtspunkt einführt. ‚Ursprung‘ definiert er nun als „die Abstammung einer Wirkung von ihrer ersten […] Ursache“, wobei unter einer ‚ersten Ursache‘ eine solche zu verstehen ist, „welche nicht wiederum Wirkung einer andern Ursache von derselben Art ist“.14 Die Erläuterung erweist sich als selbst erläuterungsbedürftig. Der Unterscheidung entsprechen zwei unterschiedliche Betrachtungsweisen und durch dieselbe implizierte Fragestellungen. Es kommt Kant zunächst darauf an, den Leser für die jeweilige Eigenart dieser beiden Betrachtungsweisen zu sensibilisieren, damit er diese nicht miteinander vermische. (Als Beispiel einer solchen irreführenden Vermischung beider Betrachtungsweisen wird er dann in der Folge Genesis III anführen.) Dass die Unterscheidung so zu lesen ist, geht nicht nur aus Kants Wortwahl hervor, sondern insbesondere auch daraus, dass wir bei der Befassung mit irgendeinem ‚Gegenstand‘, in dem vorliegenden Fall mit einer besonderen wahrnehmbaren Handlung, im ersten Fall nur an dessen bloßem „Dasein“ interessiert sind, unter Absehung von dem Zusammenhang, in welchem er sich präsentiert, im zweiten Fall hingegen an ihm als „Geschehen“ oder als „Begebenheit“.15 Suchen wir von irgendeiner Wirkung den Zeit­ursprung, dann geht dies mit einer Bewegung der Kontextualisierung einher: Wir suchen diese Wirkung dadurch einsichtig zu machen, dass wir sie auf frühere Begebenheiten oder Faktoren beziehen. Sind wir hingegen am Vernunftursprung interessiert, findet eine Art von Dekontextualisierung statt: Wir sehen vom tatsächlichen Kontext ab, der zu dieser Handlung geführt hat, um die Wirkung vielmehr auf ‚vernünftige‘ Gründe zu beziehen, die ihr Dasein begründen sollen; solche Gründe sind nicht so sehr durch Beobachtung oder Introspektion erkennbar, sondern nur durch Vernunft auffindbar. Wir werden somit in eine Bewegung hineingezogen, ‚vernünftige‘ Gründe für die besagte Handlung tätig aufzusuchen. Diese Gründe brauchen nicht notwendig zum ‚Geschehen‘ der Handlung beigetragen zu haben. Es kann sich bei der Suche eines Vernunftursprungs sehr wohl um eine nachträgliche Reflexion handeln, die sich durch die Frage leiten lässt, nach welchen Prinzipien die ihrem Zeitursprung nach durch anderweitige Ursachen veranlasste Handlung sich rechtfertigen ließe, wenn auch nicht ausgeschlossen zu werden braucht, dass solche Erwägungen eine Handlung auch wirklich verursachen könnten. Die besagte Dekontextualisierung bedeutet bereits, dass die Suche nach einem Zeitursprung hier ausgeklammert wird. Dennoch sind beide Betrachtungsweisen in gewissen Umständen legitim. Es ist 14 

15 

Rel., AA VI: 39. Rel., AA VI: 39.

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demnach nicht so, dass Kant dafür plädiert, nur den Vernunftursprung zu betrachten. Nur ist jeweils zu fragen, welche Betrachtungsweise für die jeweilige Fragestellung angemessen ist, da jede der beiden Betrachtungsweisen gewissermaßen über den Gegenstand, den man im Blick hat, präjudiziert. Sucht man nach dem Zeitursprung z. B. einer bösen Handlung, dann kann diese Suchbewegung durchaus aufschlussreich sein und interessante Elemente zu Tage fördern, die die Handlung für uns nachvollziehbar machen dürften, ohne dass dies hieße, dass sie auch als moralisch gerechtfertigt gelten könnte. Die Beschäftigung mit dem Zeitursprung vermag nämlich nicht die moralische (in casu böse) Qualität der Handlung zu erfassen, die in dieser Betrachtungsweise sozusagen ausgeblendet wird. In diesem Sinne ist es ein „Widerspruch“ von „freien Handlungen als solchen den Zeitursprung […] zu suchen“.16 Allerdings könnte man alle bösen Handlungen auch als bloße Folgen einer ursprünglichen, ersten Verkehrung der Maximen sehen und die Handlungen deshalb als böse bezeichnen, weil sie von dieser ersten Handlung abstammen, die insofern als ‚erste Ursache‘ angesehen werden kann, als sie nicht ‚von derselben Art‘ ist wie die übrigen Glieder in dieser Kausalkette. Diese erste Verkehrung wäre dann in der Tat ein Zeitursprung im definierten Sinne, da sie das erste Glied der Kette bildet und zudem nicht von derselben Art ist wie die nachfolgenden Glieder. Es ist unschwer zu sehen, dass dies eine mögliche Lesart der sogenannten intelligiblen Tat wäre. Danach wären zwar alle bösen Handlungen die notwendigen Folgen jener ersten Grundentscheidung, diese wäre dennoch frei und zurechenbar. Allerdings wäre nur jene erste Grundentscheidung frei und zurechenbar, alle einzelnen Handlungen würden sich aus ihr notwendig ergeben: Durch die ursprüngliche Tat wären alle weiteren Handlungen von Anfang an festgelegt. Nur sofern man den Menschen für diese ursprünglich böse Tat verantwortlich machen könnte, wäre er auch für die sich aus ihr ergebenden Handlungen verantwortlich zu machen. Es ist jedoch gerade gegen diese Lesart, dass Kant bemerkt, dass von einer bösen Handlung der Vernunftursprung gesucht werden muss und die Handlung selbst deshalb „so betrachtet werden [muss], als ob der Mensch unmittelbar aus dem Stande der Unschuld in sie gerathen wäre“.17 Die intelligible Tat darf somit nicht als Zeitursprung oder als Ursache aller bösen Handlungen gedacht werden, sondern vielmehr als deren „formale[r] Grund“:18 Eine böse Handlung wird nicht durch eine böse Maxime verursacht, sondern sie ist derart, dass man sie nur unter Rekurs auf solche Maximen überhaupt zu rechtfertigen versuchen könnte, die eine Ausnahme vom moralischen Gesetz implizieren. Danach ist eine jede Handlung als böse anzusehen, für welche sich keine universalisierbare Rechtfertigung auffinden lässt. Eine gesetzwidrige Handlung kann nur dadurch versuchsweise gerechtfertigt werden, dass man dazu Gründe anführt, die eine Ausnahme von der Allgemeingültigkeit des Gesetzes implizieren.19 16 

Rel., AA VI: 40; eigene Hvg. Rel., AA VI: 41. 18  Rel., AA VI: 31. 19 Vgl. Prolegomena, AA IV: 424. 17 

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Der Begriff eines Hangs zum Bösen könnte leicht als Prinzip einer Erklärung von bösen Handlungen verstanden werden. Dies würde allerdings dem Sinn, den Kant ihm zuschreibt, entgegenlaufen. Der Hang würde dann als die Ursache für die Annahme böser Maximen genommen werden und wäre dann nicht mehr selbst böse, indem er dadurch den Charakter einer Maxime verlöre. Der Hang zum Bösen ist nicht das Ergebnis einer intelligiblen Tat, sondern vielmehr selbst als eine solche zu denken. Eben dies ist das Problem, das Kant zu lösen sucht: wie ein Hang, der ja eine natürliche Veranlagung zu sein scheint, dennoch als eine Tat und deshalb als dem Subjekt zuschreibbar zu denken sei. Anders gesagt: Der Hang zum Bösen muss selbst als eine Maxime verstanden werden. Wenn es heißt, dass der erste Grund der Annahme böser Maximen ‚unerforschlich‘ ist, dann heißt dies lediglich, dass wir von ihm keine Ursache oder keinen Zeitursprung angeben können. Dies ist eigentlich ein analytischer Satz: Falls wir eine Ursache für die Annahme einer solchen Maxime angeben könnten, würde diese dadurch aufhören, böse zu sein, da sie uns dann nicht mehr zugeschrieben werden könnte und wir dann nicht mehr als Urheber derselben gelten könnten. Eine böse Maxime lässt sich somit nicht als die Wirkung einer Ursache verstehen. Nun ist zu beachten, dass eine Maxime nur aufgrund ihrer Form, nicht aufgrund ihrer Materie (ihres Inhalts) böse heißen kann. Wenn jener Grund auch insofern unerforschlich heißt, als wir für ihn keine Ursache finden können, so schließt dies eine rationale Prüfung derselben dennoch nicht aus. Weil eine Maxime durch ihre Form eine allgemeine Regel ist, impliziert sie eine Annahme darüber, was ‚gut‘ ist. Diese Idee davon, was gut sei, lässt nämlich eine rationale Prüfung zu – indem man nämlich die Maximen mit dem Gesetz vergleicht, d. h. untersucht, ob sie ihren Anspruch auf universelle Gültigkeit auch tatsächlich erfüllen. Die Abweichung jener Maximen vom Gesetz kann nun darauf zurückgeführt werden, dass man es sich zur allgemeinen Regel macht, sich eine Ausnahme vom Gesetz zu gestatten. Diese Regel hätte selbst den Charakter einer Maxime und erlaubte selbst eine rationale Prüfung, indem man untersuchen kann, ob ein solches Prinzip der Universalisierung fähig ist, ob wir also wollen können, dass alle den eigenen Vorteil zum einzigen Prinzip ihres Handelns erheben würden. Es ist in diesem Zusammenhang, dass der Begriff eines Vernunftursprungs einen weiteren Sinn als Ursprung aus der Vernunft erhält. Es sind ‚vernünftige‘ Überlegungen oder „Vernunftvorstellungen“,20 die zu einer bösen Handlung führen. ‚Vernunft‘ wird in der Religionsschrift nämlich äquivok verwendet: Zum einen kann damit, wie sonst bei Kant, die reine „praktische, d. i. unbedingt gesetzgebende“ Vernunft gemeint sein, die der Anlage für die Persönlichkeit entspricht, zum anderen kann jedoch auch eine „zwar praktische, aber nur andern Triebfedern dienstbare“21 Vernunft gemeint sein. Letztere könnte man auch als ‚pragmatische‘ Vernunft bezeichnen. Eine solche impliziert die Unterordnung allen Denkens unter praktische 20  21 

Rel., AA VI: 40. Rel., AA VI: 28.

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Zielsetzungen, die selbst von einer rationalen Prüfung ausgenommen bleiben. Dass Kant mit dem Vernunftursprung des Bösen behaupten würde, das Böse hätte seinen Ursprung in der reinen praktischen Vernunft, wie gelegentlich behauptet wird, ist nicht nur widersinnig und mit der kantischen Lehre im Widerspruch, sondern ist schon damit unvereinbar, dass Kant von der dritten Anlage bemerkt, dass auf sie „schlechterdings nichts Böses gepfropft werden kann“:22 Wenn von der reinen praktischen Vernunft kein zweckwidriger Gebrauch möglich ist, dann kann in ihr auch nicht der Ursprung einer bösen Handlung gefunden werden. Wenn wir nun den Vernunftursprung als einen Ursprung aus Vernunft zu verstehen haben, dann in dem Sinne, dass die Handlung aus der pragmatischen Vernunft erwächst, wobei zu bemerken ist, dass daraus, selbst bei böser Gesinnung, doch nur gute Handlungen folgen könnten. Die Einführung der zunächst rätselhaften Unterscheidung von Vernunft- und Zeit­ursprung ist somit aus zwei Gründen unerlässlich: Zum einen vermag Kant dadurch das Problem zu lösen, weshalb der Hang zum Bösen sich tatsächlich durch böse Handlungen manifestiert. Zum anderen erlaubt sie es ihm, seine Kritik an Genesis III zu entfalten. Diese Erzählung bzw. deren verbreitetste Auslegung vermischt nämlich beide Typen von Ursprung: Man hat in sie einen Zeitursprung hineingelesen, statt in ihr nur eine Schematisierung eines Vernunftursprungs zu sehen.

2. Schelling Vor dem Hintergrund der bisherigen Überlegungen mag Schellings Feststellung, wonach Kant auf dem Wege einer „bloße[n] treue[n] Beobachtung der Phänomene des sittlichen Urtheils“ zu seiner Behauptung einer „transcendentalen alles menschliche Seyn bestimmenden That“23 gelangt sei, als durchaus zutreffend gelten. In der Tat sieht Kant sich zu dieser Behauptung genötigt, weil die Annahme einer solchen Tat in den alltäglichen sittlichen Urteilen, durch welche wir einem Menschen eine moralische Qualität beilegen, impliziert ist, mag sie der „gemeinen Denkweise“ auch paradox, wenn nicht geradezu „unfaßlich“24 vorkommen, sobald sie ausdrücklich artikuliert wird. Die kantische Lehre einer intelligiblen Tat ist dementsprechend als eine Explizierung des Selbstverständnisses des moralischen Menschen zu verstehen.25 Dies heißt indes auch, dass Kant die Realität solcher Urteile einfach voraussetzen würde, ohne diese zum Gegenstand eines eigenen Beweisgangs zu machen. Wohl deshalb bemerkt Schelling, dass das Theorem der intelligiblen Tat recht isoliert in der kantischen Lehre dasteht und zu einer Umgestaltung derselben hätte nötigen müs22 

Rel., AA VI: 27. AA I 17, 155 | SW VII, 388. 24  AA I 17, 153 | SW VII, 386. 25  Ein ähnliches Verfahren kommt übrigens auch in der Grundlegung zur Metaphysik der Sitten zur Anwendung (vgl. GMS, AA IV: 404 f.). 23 

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sen, falls dessen Realität behauptet werden sollte. Schellings Charakterisierung von Kants Verfahrensweise beinhaltet somit die verhaltene Kritik, dass Kant, jedenfalls in der Religionsschrift, durchgängig vom Standpunkt des moralischen Menschen aus oder ex concesso argumentiert. Es kann hier nicht unsere Absicht sein, zu untersuchen, inwiefern diese Kritik berechtigt ist oder inwiefern diese Vorgehensweise durch die Absicht der kantischen Religionsschrift motiviert sein mag. Hier muss der Hinweis genügen, dass Schelling zufolge dieses Theorem nur dann hinreichend begründet ist, wenn es gelingt, es in eine „wissenschaftliche Weltansicht“26 zu integrieren. Bei Fichte, den Schelling ebenfalls kontrastierend heranzieht, liegt die Sache geradezu umgekehrt, da dieser zwar „den Begriff einer solchen That in der Spekulation erfaßt hatte, in der Sittenlehre wieder dem herrschenden Philanthropismus zufiel“27 und deshalb das Böse bzw. dessen Realität leugnen müsste. Der Besitz des richtigen Begriffs hat ihn somit nicht zu einer ‚treuen Beobachtung der Phänomene des sittlichen Urteils‘ befähigt.28 Schellings Erklärung zufolge scheint er für seine Untersuchung zur formellen Freiheit keinen sonderlichen Anspruch auf Originalität zu erheben. Vielmehr scheint er nicht mehr zu bezwecken, als eine von Kant und Fichte gemachte Entdeckung von den Inkonsequenzen, mit denen sie bei diesen noch behaftet ist, zu befreien. Angesichts Schellings erklärter Absicht, das kantische Theorem der intelligiblen Tat in eine ‚wissenschaftliche Weltansicht‘ zu integrieren, darf es durchaus überraschen, dass der Begriff in der gesamten Abhandlung überhaupt nur ein einziges Mal vorkommt, und zwar erst im letzten Satz der betreffenden Untersuchung, wo eine etwas lässigere Ausdrucksweise vielleicht erlaubt ist.29 Für die Argumentation scheint ihm somit keine tragende Rolle zuzukommen, wird er doch erst in dem Augenblick erwähnt, in dem diese abgeschlossen ist. Dafür übernimmt der Begriff des intelligiblen Wesens, wenigstens zu Beginn der Untersuchung zur formellen Freiheit, eine tragende Rolle.30 Nun ist der Begriff eines intelligiblen Wesens kaum weniger rätselhaft als der einer intelligiblen Tat. Darüber hinaus darf man sich fragen, was durch diese unscheinbare terminologische Abweichung überhaupt gewonnen sein soll. Jedenfalls muss Schellings Verhältnis zur kantischen Lehre der intelligiblen Tat so lange dunkel bleiben, wie keine Klarheit darüber gewonnen ist, was ihn zu dieser terminologischen Abweichung bewogen hat. Dass es sich um alles andere als eine bloß terminologische, für die Sache unerhebliche Variation handelt, mag daraus hervorgehen, dass Schelling hier einen Begriff aufgreift, der nicht nur im Titel der Abhandlung prangt, sondern der an exponierter Stelle, im Übergang von der Einleitung zum ei26 

AA I 17, 111 | SW VII, 336. AA I 17, 155 | SW VII, 388 f.; vgl. AA I 17, 141 | SW VII, 371. 28  Vgl. zum Verhältnis Schelling–Fichte in diesem Punkt: Jacobs (1995), bes. 135–148. 29  Vgl. AA I 17, 156 | SW VII, 389. 30  Sämtliche vier Erwähnungen des Begriffs finden sich im 25. Absatz der Abhandlung. Der Begriff wird danach durch den Begriff des ,Wesens des Menschen‘ abgelöst, der die Einschränkung „und vorzüglich des Menschen“ aufgreift und dem Begriff des ,Wesens‘ seine ursprüngliche Zweideutigkeit restituiert (AA I 17, 151 | SW VII, 383). 27 

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gentlichen Hauptteil der Untersuchung, als für dieselbe grundlegend eingeführt wird.31 Während der Begriff des Wesens, wie er im Titel erscheint, zunächst dahingehend erläutert wird, als sei damit nur der ‚richtige Begriff‘ gemeint,32 erhält er zu Beginn der eigentlichen Untersuchung einen sehr präzisen Sinn, indem Schelling dort einen zweifachen Begriff von ‚Wesen‘ unterscheidet, das Wesen nämlich, „sofern es existirt“, und das „Wesen, sofern es bloß Grund von Existenz ist“.33 Das Wesen, sofern es bloß den Grund von Existenz bezeichnen soll, bedeutet eine bestimmte Art des Seins, die für eine Klasse von Dingen charakteristisch ist. Richten wir im Umgang mit irgendeinem Seienden die Aufmerksamkeit ausschließlich auf solche Züge, die es mit anderen Seienden gemeinsam hat und die dessen Zugehörigkeit zu einer Klasse ausmachen, dann blenden wir all jene Züge aus, die es zu diesem besonderen, singulären Seienden machen. Dabei klammern wir zugleich die Tatsache aus, dass das jeweilige singuläre Seiende auch ein aktuell Existierendes ist, um nur jene Züge zu beachten, von welchen es sich in seiner Singularität abhebt. Damit ist bereits der andere Sinn von ‚Wesen‘ angedeutet. Diesen zweiten Sinn von ‚Wesen‘ schreiben wir einem aktuell existierenden Wesen als dessen individuelle, besonders geprägte Natur zu, wie sie sich erst im persönlichen Umgang mit ihm nach und nach erschließt. Diese Unterscheidung ist durchaus an den gewöhnlichen Sprachgebrauch angelehnt. Die besagte Unterscheidung impliziert zugleich eine Priorität des Grundes: Das Verhältnis zu einem Seienden, sofern es wirklich existiert, geschieht immer vor dem Hintergrund solcher Züge, die es einer bestimmten Art des Seins zuordnen.34 Für dieses Wesen dürfen wir auch den (menschlichen) Willen einsetzen, der ebenfalls betrachtet werden kann, sofern er einen gemeinsamen Zug einer Klasse von Seienden, nämlich des Menschen als einer besonderen Gattung, oder aber als aktuell existierend und dann als Wille eines besonderen Individuums betrachtet werden kann.35 Das Wesen, wovon untersucht werden soll, ob von ihm Freiheit ausgesagt werden darf oder auch nicht, ist nämlich der (menschliche) Wille. Zur größeren Klarheit 31  Während Schelling im Titel mehrerer früherer Abhandlungen den Begriff des Verhältnisses hervorgehoben hatte, ist die Freiheitsschrift die einzige Schrift, deren Titel das ‚Wesen‘ herausstellt. Auf die Verschränkung von ‚Wesen‘ und ‚Verhältnis‘, die für das Argument der Schrift grundlegend ist, kann ich an dieser Stelle nicht eingehen. 32  Diese Bewegung wiederholt Schelling im ersten Satz der Untersuchung zur formellen Freiheit, indem er erklärt, jetzt „das formelle Wesen der Freyheit […] in’s Auge“ fassen zu wollen (AA I 17, 150 | SW VII, 382). In der Einleitung war bereits mehrfach vom Begriff der formellen Freiheit oder vom formellen Begriff der Freiheit die Rede (vgl. AA I 17, 120; 122; 123; 125 | SW VII, 347; 349; 351; 352). 33  AA I 17, 129 | SW VII, 357. 34  Vgl. AA I 17, 130 | SW VII, 358. Übrigens unterscheidet Schelling auch noch einen dritten Sinn von ‚Wesen‘, indem er dieses für die Referenz vor aller Prädikation einstehen lässt, die man als schlichtes ‚Irgendetwas‘, jedenfalls etwas mehr als Nichts, bezeichnen könnte. Deshalb heißt es an der zitierten Stelle, dass die Priorität des Grundes nicht mit derjenigen des Wesens verwechselt werden darf, obwohl die Bezeichnung desselben als Ur- oder Ungrund eine solche Verwechslung doch wieder nahelegt (vgl. AA I 17, 130; 170–172 | SW VII, 358; 406–408). 35  Dort, wo er zur Untersuchung über die Wirklichkeit des Bösen überging, hatte Schelling ausdrücklich an diese Unterscheidung als „das allgemeine Fundament dieser Lehre“ erinnert (AA I 17, 142 | SW VII, 373).

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schlage ich vor, den Willen, sofern er lediglich als die distinktive Ausstattung einer besonderen Klasse von Seienden betrachtet wird, als den potentiellen Willen, den Willen aber, sofern er einem aktuell existierenden Ding zukommt, als den wirklichen Willen oder den Willen in Vollzug zu bezeichnen.36 Sinn und Tragweite der besagten Unterscheidung werden sich in der Folge hoffentlich weiter klären. Nachdem er den Begriff der formellen Freiheit als das Thema der neuen Untersuchung angezeigt hat, lenkt Schelling die Aufmerksamkeit sogleich auf den „gewöhnliche[n] Begriff der Freyheit“.37 Dies ist insofern durchaus folgerichtig, als sich in diesem gewöhnlichen Begriff wenn nicht das tiefste, so doch das unmittelbarste Gefühl der Freiheit zu artikulieren sucht. Deshalb nennt Schelling keine Vertreter dieses Begriffs beim Namen, da er mit dem natürlichen Bewusstsein gleichursprünglich ist.38 Zweierlei ist an diesem gewöhnlichen Begriff hervorzuheben: Das sich in ihm artikulierende Gefühl ist, erstens, mit dem Verdacht der Selbsttäuschung behaftet. Zwar fühlt man sich in der Wahl zwischen zwei kontradiktorisch entgegengesetzten Möglichkeiten frei, dieses Gefühl der Freiheit ist dennoch nicht von dem Verdacht zu befreien, dass das sich frei fühlende Subjekt hinter seinem Rücken durch unbewusste Triebfedern bestimmt wird. Vielmehr wäre gerade aus dem „Nichtwissen des bestimmenden Grundes“39 auf das Dasein eines solchen zu schließen.40 Ein tragfähiger Begriff formeller Freiheit muss demnach so konzipiert sein, dass er diesen Verdacht zu beheben fähig ist. Man wird die Erkenntnis somit nicht als einen der Freiheit äußerlichen Faktor von der Untersuchung derselben ausschließen können. In einem unmittelbareren Sinn einschlägig ist, zweitens, die Tatsache, dass jener gewöhnliche Begriff mit einer „gänzliche[n] Zufälligkeit der einzelnen Handlungen“ 41 einhergeht. Damit ist gesagt, dass die Handlungen nach diesem Begriff keinen Aufschluss über den Willen des handelnden Subjekts erlauben. Hieraus ist zu ersehen, dass Schelling 36  Vgl. auch spätere Untersuchungen, in welchen der „Wille, der nichts will“ eine wichtige Rolle spielt (WA II, 132). 37  AA I 17, 150 | SW VII, 382. 38  Dies hindert natürlich nicht daran, dass mehrere Denker sich zu ausdrücklichen Vertretern dieses gewöhnlichen Begriffs aufgeworfen haben. Für ein für Schelling unmittelbar relevantes Beispiel vgl. Allgemeine Uebersicht der neuesten philosophischen Litteratur, AA I 4, 157–168 (eine überarbeitete Fassung dieses Textes von 1797 wurde von Schelling in den Philosophischen Schriften aufgenommen). 39  AA I 17, 150 | SW VII, 382; vgl. Würzburger System, SW VI, 551. 40  Das „Interesse, den Satz zu beweisen“, ist zwar Grund, dass überhaupt eine Handlung erfolgt, nicht aber zureichender Grund dafür, dass diese bestimmte Handlung erfolgt (AA I 17, 150 | SW VII, 382). Es ist somit ein Grund, der zu zwei kontradiktorisch entgegengesetzten Folgen führen kann. Deshalb muss ein dem handelnden Subjekt unbekannter zureichender Grund angenommen werden, der zu dieser bestimmten Handlung führt, mit Ausschluss der entgegengesetzten Möglichkeit. Um Freiheit behaupten zu können, muss also ein Grund aufgefunden werden, der zu einer bestimmten Handlung (oder einem bestimmten Handlungsmuster) führt und die entgegengesetzte Handlung kategorisch ausschließt, die allerdings bei bloßer Beachtung der Konstellation und unter Absehung des jeweils besonderen Handlungssubjekts als ebenso möglich erscheinen könnte (vgl. AA I 17, 163 | SW VII, 389). 41  AA I 17, 150 | SW VII, 383.

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einen Begriff des Willens entwickeln will, wonach der Wille nicht sein kann, ohne sich in bestimmten Handlungen kundzugeben, und zwar in solchen, die einen gewissen Aufschluss über die besondere Verfassung des Willens geben. Gegen den gewöhnlichen Begriff der Freiheit führt Schelling nun die Lehre des Idealismus an, da dieser „[u]eberhaupt erst […] die Lehre von der Freyheit in dasjenige Gebiet erhoben [hat], wo sie allein verständlich ist“,42 mag diese Lehre der „gemeinen Denkweise“ auch „unfaßlich“ 43 und vom Fatalismus kaum unterscheidbar erscheinen. Gleich anschließend gibt Schelling in seinen eigenen Worten wieder, was er für die Kernlehre des Idealismus hält, durch welche dieser ein Verstehen der Lehre von der Freiheit ermöglicht. Um den gewöhnlichen Begriff zurückzuweisen, greift Schelling an dieser Stelle auf ein Argument zurück, das zwar in der Anwendung auf den Menschen seine eigentliche Prägnanz erhält, das aber dennoch im Prinzip auf alle Seienden anwendbar ist.44 Es ist in diesem Zusammenhang, dass Schelling den Begriff des intelligiblen Wesens einführt, und zwar nicht als seine eigene Erfindung, sondern als einen Begriff, den er vielmehr vorfindet und nur von den Mängeln, mit welchen er insbesondere bei Kant behaftet ist, zu befreien sucht. Von einem intelligiblen Wesen oder einem Wesen, das wir „nur mit dem Geiste und den Gedanken erfassen können“,45 war indes bereits an jener früheren Stelle der Freiheitsschrift die Rede, an welcher die Unterscheidung des zweifachen Begriffs von Wesen erläutert wird – eine Erläuterung, die in erster Linie dafür argumentiert, dass es für die Wissenschaft unerlässlich ist, neben den aktuell existierenden Einzeldingen auch ein „Wesen“ anzunehmen, das „bloß Grund von Existenz ist“.46 Vom Wesen in diesem Sinne hebt Schelling nun mehrere negative Merkmale hervor, d. h. solche, die das Wesen desselben nicht ausmachen, sondern unmittelbar aus diesem sich ergeben.47 Man könnte hier auch von ‚menschlicher Natur‘ sprechen, solange man beachtet, dass diese als ein bloßes Vermögen bestimmt wird, das nicht von sich aus für jeden jeweils Einzelnen festlegt, wie dieser es zu aktualisieren hat. Insofern bezeichnet es eher eine Art Spielraum oder Spannbreite, was dann auch die Rede von ‚Freiheit‘ im realen Sinne rechtfertigt. Das intelligible Wesen ist, erstens, „ausser allem Kausalzusammenhang“, und zwar weil es, zweitens, „ausser oder über aller Zeit“48 ist.49 Das 42 

AA I 17, 151 | SW VII, 383. AA I 17, 153 | SW VII, 386. 44  Vgl. AA I 17, 151 | SW VII, 383: „Das intelligible Wesen jedes Dings, und vorzüglich des Menschen“; vgl. AA I 17, 124; 153 | SW VII, 351; 385. 45  AA I 17, 131 | SW VII, 359. 46  AA I 17, 129 | SW VII, 357. 47  Andernorts habe ich dies auch als ein proprium bezeichnet, als eine Eigenschaft, die zwar notwendig aus dem Wesen folgt, aber die dennoch keinen positiven Begriff von diesem gibt. Dieser positive Begriff muss indes so verfasst sein, dass jene negativen Eigenschaften sich notwendigerweise aus ihm ergeben. Solche negativen Bestimmungen vermögen der Konstruktion des positiven Begriffs eine gewisse Orientierung zu geben. Vgl. Scheerlinck (2017), 178–180. 48  AA I 17, 151 | SW VII, 383. 49  Damit greift Schelling eine These auf, die er in der Einleitung Kant zugeschrieben hatte, nämlich dass „die Zeit […] nur die Bedingung der Erscheinungen, nicht aber der Dinge an sich selbst“ 43 

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besagte Wesen kann, drittens, „nie durch irgend etwas Vorhergehendes bestimmt seyn“:50 Das intelligible Wesen kann nicht als durch etwas, das ihm der Zeit oder auch nur dem Begriff nach vorangeht, bestimmt gedacht werden. Vielmehr geht das Wesen selbst „allem Andern, das in ihm ist oder wird, nicht sowohl der Zeit, als dem Begriff nach“51 voran, insbesondere den einzelnen Handlungen, die als Ausdruck jenes Wesens zu denken sind. Schließlich folgt, viertens, die „freye Handlung […] unmittelbar aus dem Intelligibeln des Menschen“.52 Aus diesen negativen Merkmalen zieht Schelling den Schluss, dass nur „es selber [das intelligible Wesen] als sein Wesen, d. h. seine eigne Natur, […] ihm Bestimmung seyn [müsste]“.53 Der Gebrauch des Konjunktivs (‚müsste‘) zeigt an, dass hier eine Forderung aufgestellt wird. Noch bevor wir fragen können, wie Schelling diese Forderung zu erfüllen gedenkt, erhebt sich die Frage, was mit ihr eigentlich gemeint sei oder was es denn heißen soll, dass die ‚eigne Natur‘ dem Wesen ‚Bestimmung‘ sein soll. Die Natur jenes Wesens bestand nun darin, als ein Vermögen zum Guten und Bösen ein bestimmtes Verhältnis von Partikular- und Universalwille zu sein. Als Vermögen konnte es bestimmt werden, indem beide Willen in zweierlei Verhältnissen zueinander zu stehen vermögen. Die Forderung besagt somit, dass, falls es zu wirklichen Handlungen kommt oder falls das Wesen nicht länger betrachtet wird als bloß Grund von Existenz, sondern als auch actu existierend, diese Handlungen als unmittelbare Folgen der besonderen Verfassung des Wesens oder des besonderen Verhältnisses von Partikular- und Universalwille gedacht werden müssen. Anders gesagt: Aus dem Wesen, sofern der Universalwille in ihm dem Partikularwillen untergeordnet ist, können nur solche Handlungen folgen, die dieses Verhältnis auf irgendeine Weise zum Ausdruck bringen, die einer eingehenden Prüfung, ob sie mit dem Universalwillen in Übereinstimmung sind, nicht standhalten würden und insofern böse sind. Damit ist die Abstraktion beseitigt, wonach das Wesen des jeweils Einzelnen unbestimmt oder unentschieden wäre und die Handlungen nur mit gänzlicher Zufälligkeit aus dessen Wesen folgten. Darüber hinaus folgt aus diesem Begriff, dass der Wille, wenigstens im Prinzip, aus den Handlungen ermittelt werden kann. Diese Annahme ist auch in unserem alltäglichen Verhalten impliziert: Im Umgang mit Personen suchen wir nämlich unablässig aus den Handlungen den Willen oder die Intention zu ermitteln. Allerdings sehen wir uns dabei vor dieselbe Schwierigkeit gestellt, auf welche Kant aufmerksam macht, indem er behauptet, dass der Hang zum Bösen durchaus mit guten oder vielmehr gesetzeskonformen Handlungen zusammen bestehen kann. Die Ermittlung des Willens aus der Handlung ist somit, wie wir aus Erfahrung wissen, keineswegs ein unkompliziertes Unterfangen und durchaus fehleranfällig. Vielleicht wäre das Unterist, dass letztere nicht der Zeitform der Sukzession unterworfen sind (KrV, A539/B567; vgl. AA I 17, 124 | SW VII, 352). 50  AA I 17, 151 | SW VII, 383. 51  AA I 17, 151 | SW VII, 383. 52  AA I 17, 151 | SW VII, 384. 53  AA I 17, 152 | SW VII, 384.

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fangen auf eine zuverlässige Weise so durchführbar, dass wir durch Vernunft solche Gründe aufzufinden suchen, die eine bestimmte Handlungsweise zu rechtfertigen vermögen, um danach unser eigenes Handeln zu beurteilen. Wie dem auch sei, wenigstens für den menschlichen Willen gilt, dass dieser nicht unerforschlich wäre. In einem prägnanten Sinne freie Handlungen sind danach nur solche Handlungen, durch welche das Wesen oder die besondere Natur eines Menschen sich zu erkennen gibt, während die Handlungen, die das Willkürmodell als paradigmatisch annimmt, gerade solcherart sind, dass sie keine Rückschlüsse auf den Willen oder den Charakter des Handelnden erlauben. Wie gesagt, gilt das bisher Gesagte zwar ‚vorzüglich‘ vom Menschen, aber eben im Prinzip von allen Dingen. Man darf somit fragen, ob auch Gott in diesen ‚Dingen‘ mitenthalten ist und ob auch von ihm gilt, dass seine Handlungen sich mit Notwendigkeit aus seinem Wesen ergeben und deshalb Rückschlüsse auf dasselbe erlauben. Dafür scheint zu sprechen, dass Schelling am Ende des Absatzes bemerkt, dass die „absolute Freyheit“ darin besteht, dass „die Handlung […] aus seinem Innern nur nach dem Gesetz der Identität und mit absoluter Nothwendigkeit folgen [kann]“,54 da absolute Freiheit und menschliche Freiheit wohl kaum gleichzusetzen sind.55 Wenn diese absolute Freiheit auch als Freiheit im prägnanten Sinn zu verstehen ist, nämlich so, dass insbesondere solche Handlungen in einem ausgezeichneten Sinne als frei zu bezeichnen wären, die aus der besonderen Natur eines Wesens mit Notwendigkeit folgen, weshalb gerade solche Handlungen als Paradigmata für die Erörterung des Wesens der menschlichen Freiheit heranzuziehen sind, so zeigte die Endlichkeit menschlicher Freiheit sich gerade darin, dass niemals ausnahmslos alle Handlungen eines Menschen aus der eigenen Natur oder nach dem Gesetz der Identität folgen, sondern dass er, um das Nächstliegende zu nennen, auch Handlungen aus bloßer Willkür tut oder auch solche, die auf irgendeine Weise auf Zwang zurückgehen, solche Handlungen also, die von der Qualifikation als ‚gut‘ oder ‚böse‘ ausgenommen und in dem Sinne nicht frei sind. Ziehen wir in Betracht, dass Schelling in der Freiheitsschrift hin und wieder gegen solche polemisiert, die nur eine negative Moral kennen und nur einen mangelhaften Begriff von Freiheit haben, so können wir daraus schließen, dass solche Handlungen, die nach dem Gesetz der Identität aus dem Wesen folgen, und dementsprechend auch die Freiheit, von welcher diese zeugen, eher Ausnahmephänomene sind, desto mehr, da Schelling auf einen außergewöhnlichen Fall hinweist.56 Göttliche Freiheit bestünde dann darin, zu solchen Handlungen aus Willkür oder Zwang gar nicht fähig zu sein, sondern ausnahmslos nur so zu handeln, wie es der eigenen Natur gemäß ist. Eine solche Freiheit wäre damit ein Kriterium der Vollkommenheit: Das allervollkommenste Wesen lässt sich nur so denken, dass ihm eine solche Freiheit eignet. Diese 54 

AA I 17, 152 | SW VII, 384. Begriff der Notwendigkeit verdiente eine eigene Untersuchung. Soweit ich sehe, verwendet Schelling in der Freiheitsschrift mindestens fünf Begriffe von Notwendigkeit: empirische, logische, geometrische, sittliche und absolute Notwendigkeit. 56  Vgl. AA I 17, 159; 165 f. | SW VII, 392 f.; 400 f. 55  Schellings

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göttliche Freiheit wird insbesondere gegen solche aufgeboten, die die Allmacht als das entscheidende Attribut des vollkommensten Wesens ansetzen.57 Hieran zeigt sich, im Vorbeigehen gesagt, dass die Erörterung der Freiheit zugleich einen Beitrag zu einer philosophischen Theologie liefert und wie der idealistische Begriff vom intelligiblen Wesen sich in der Absicht anwenden lässt, eine solche Theologie zu entfalten. Die Differenz zwischen Schelling und Kant und Fichte lässt sich vielleicht vor allem an dieser Absicht ablesen: Die Änderungen, die Schelling an deren Begriffen vornimmt, dürften insbesondere durch diese Absicht geleitet und bestimmt sein.58 Wie dem auch sei, nach dieser beiläufigen Aussage resümiert Schelling das bisherige Ergebnis dahingehend, dass „mit dieser Vorstellung der Sache wenigstens Eines gewonnen“ ist, nämlich „daß die Ungereimtheit des Zufälligen der einzelnen Handlung entfernt ist“.59 Mag dieser Gewinn durchaus beachtlich sein, so ist durch ihn doch noch keineswegs ein befriedigender oder vollständiger Begriff formeller Freiheit gewonnen. Bereits in der Einleitung hatte Schelling angekündigt, dass der Idealismus uns „in der Lehre der Freyheit“ letztlich „rathlos“60 lässt. Das Vorherige hatte somit vor allem eine vorbereitende Bedeutung. Erst ab diesem Punkt der Untersuchung rückt das ‚Wesen‘, sofern es existiert, in den Fokus. Dafür, dass dem so sei, können vier Gründe angeführt werden: Erstens wird das Problem der formellen Freiheit im Rahmen der Untersuchung der Wirklichkeit des Bösen behandelt. Zweitens wird das Wesen im Zusammenhang mit Handlungen betrachtet: Es soll nicht nur als bloßes Vermögen (zum Guten und Bösen) in Betracht gezogen werden, sondern vielmehr insofern es sich in (guten oder bösen) Handlungen zu erkennen gibt. Die Differenz zwischen einem bloß potentiellen und einem wirklichen Willen soll einsichtig gemacht werden. Drittens handelt es sich hier betont um die Freiheit eines einzelnen Menschen und nicht länger um die Freiheit des Menschen in der Idee oder des Menschen als Gattungswesen.61 Ein einzelner Mensch kann nun wohl nur als ein existierender gedacht werden. Viertens ist zu beachten, dass die Untersuchung, die die Wirklichkeit und damit das Wesen, sofern es existiert, fokussiert, mit einer Wandlung der Denkungsart einhergeht. Dies wird bereits bei der Untersuchung der allgemeinen Wirksamkeit des Bösen offenkundig, wie sie sich in der Natur zu erkennen gibt. Dort heißt es, dass der „Anblick der ganzen Natur […] uns von dieser geschehenen Erregung [überzeugt]“.62 Der ‚Anblick der ganzen Natur‘ ist hier der Ausgangspunkt, der uns indes dazu nötigt, eine solche ‚Erregung‘ anzunehmen, wenn wir uns die Natur, so wie sie sich unserem Anblick darbietet, verständlich machen wollen. Bereits in der Betrachtung der Natur finden wir somit ein Analogon einer intelligib-

57 

Vgl. AA I 17, 113 f. | SW VII, 339. Vgl. Hermanni (1994), 211–222. 59  AA I 17, 152 | SW VII, 384; eigene Hvg. 60  AA I 17, 123 | SW VII, 351. 61  Vgl. „das intelligible Wesen dieses Menschen“ (AA I 17, 152 | SW VII, 384; eigene Hvg.). 62  AA I 17, 145 | SW VII, 376. 58 

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len Tat, das Schelling auch als ‚Schöpfung‘ bezeichnet.63 Das Wesen, sofern es existiert, ist hier Ausgangspunkt, von welchem aus auf eine Tat zurückgeschlossen wird. Man könnte dies als eine regressive Methode bezeichnen, während die Betrachtung des Wesens, sofern es bloß Grund von Existenz ist, progressiv vorgeht. Wie Schelling bemerkt, liegt erst hier „der Punkt, bei welchem Nothwendigkeit und Freyheit vereinigt werden müssen, wenn sie überhaupt vereinbar sind“.64 Damit ist gesagt, dass das notwendige Verhältnis zwischen Wille und Handlungen für sich genommen so wenig zur Behauptung formeller Freiheit ausreicht, als dass sie im Prinzip auch mit der Leugnung derselben kompatibel ist. Um letztere Möglichkeit auszuräumen, muss Schelling die Annahme, auf welche sie sich zu stützen hat, widerlegen, nämlich dass die menschliche Natur für jeden Einzelnen insofern „ein ihm bloß gegebenes“65 wäre, als sie ihn auf eine bestimmte Art der Aktualisierung des Vermögens zum Guten und zum Bösen festlegte.66 Auch hier dienen Schelling die in der Untersuchung zum realen Freiheitsbegriff gewonnenen Ergebnisse als Prämissen, aus welchen er die Folgerungen für den formellen Freiheitsbegriff zieht.67 Zugleich berücksichtigt Schelling dadurch ausdrücklich den geläufigen Einwand, die intelligible Tat würde den Charakter des Einzelnen festlegen. Der Nachweis, dass das aktuell existierende Wesen oder der Wille im Vollzug nur als eigene Tat gedacht werden kann, dient nämlich gerade dazu, diesen Verdacht zu beseitigen. Der Einwand wäre nämlich nur unter der Annahme zutreffend, dass das jeweils individuelle Wesen in der Tat ein ‚gegebenes‘ wäre. Wie dem auch sei, so führt Schelling, erstens, an, dass jenem Vermögen nicht von sich aus eine Tendenz innewohnt, sich auf die eine oder die andere Weise zu aktualisieren. Vielmehr ist es, zweitens, eine äußere Konstellation, die die Aktualisierung des Vermögens zum Bösen provoziert oder ‚sollicitiert‘.68 Diese provozierte Aktualisierung hebt das Vermögen zum Guten jedoch nicht schlechthin auf, sondern versetzt es lediglich in einen Zustand der Latenz, aus welchem es sich gegebenenfalls zum Aktus erheben lässt. Es gilt somit einsichtig zu machen, weshalb jeder Einzelne sich zwar zunächst und zumeist für das Böse entscheidet, ohne dass dies ihm von der Schuld oder Verantwortung für jene Entscheidung entlaste, dies übrigens in Übereinstimmung mit dem natürlichen Bewusstsein, das sich trotz des Gefühls, „nun einmal“69 so zu sein, dadurch doch nicht von der 63 

Vgl. auch AA I 17, 131 | SW VII, 359. AA I 17, 152 | SW VII, 385. 65  AA I 17, 152 | SW VII, 385. 66  Wenig später deutet Schelling noch eine weitere Annahme an, aus welcher die Leugnung formeller Freiheit folgen würde, nämlich dass das Wesen des jeweils besonderen Menschen durch einen „absoluten, d. h. völlig grundlosen Rathschluß Gottes“ festgelegt wäre (AA I 17, 154 | SW VII, 387). 67  Deshalb hieß es gleich zu Beginn dieser Untersuchung, dass „bis jetzt das formelle Wesen der Freyheit weniger in’s Auge gefaßt“ wurde, obwohl aus den bisherigen Überlegungen unmittelbare Folgen für den formellen Begriff zu ziehen sind (AA I 17, 150 | SW VII, 382). 68  Vgl. AA I 17, 143 f. | SW VII, 374 f. 69  AA I 17, 154 | SW VII, 386. 64 

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Schuld oder von der Pflicht, für diese Natur Verantwortung zu übernehmen, befreit fühlt. Wenn die Erklärung, wonach die Entscheidung für das Böse ein „fast nothwendiger Versuch“70 ist, zunächst die Annahme nahelegen mag, jene dürfte bei einigen von Anfang an anders, nämlich zugunsten des Guten, ausfallen, so ist diese Annahme dennoch zurückzuweisen.71 Der Initialzustand ist für alle Menschen der gleiche, nämlich die Unterordnung des Universalwillens unter den Partikularwillen, d. h. ein Wille zum Bösen. Dieser schließt indes nicht eine nachträgliche Umkehrung dieses Verhältnisses aus. Deshalb kann „das Gute“ „[n]ur aus diesem finstern Prinzip […] herausgebildet werden“.72 Eine Entscheidung ist darum nicht deshalb eine solche, weil sie als ein bewusster Willensakt, als eine Wahl zwischen „zwei kontradiktorisch Entgegengesetzten“73 vollzogen wird, sondern weil für sie Verantwortung zu übernehmen ist, was immer auch nachträglich geschehen kann.74 Als vielleicht klarstes Beispiel lassen sich solche ‚natürlichen‘ Gegebenheiten wie Nationalität, Hautfarbe, Geschlecht, auch die Muttersprache anführen: Auch wenn wir diese niemals gewählt haben und wir deshalb ‚nun einmal‘ so sind, so befreit dies uns so wenig von der Pflicht, von diesen Verantwortung abzulegen, so wenig es uns der Freiheit beraubt, so oder so mit ihnen umzugehen.75 Formelle Freiheit besagte danach nichts anderes als Verantwortlichkeit: Ein solches Wesen ist im formellen Sinn frei, das für seine Handlungen zur Rechenschaft gezogen werden kann, dem man wenigstens zumutet, von seinen Handlungen Verantwortung ablegen und nachvollziehbare Gründe anführen zu können. In diesem Sinn ist dann auch von Persönlichkeit die Rede. Diese ist insofern ein distinktives Merkmal des Menschen, als Tieren zwar Individualität, aber keine Persönlichkeit zukommt, da man sie für ihr Verhalten nicht zur Rechenschaft ziehen kann. Persönlichkeit ist daher auch eine erst durch die menschliche Natur eröffnete Möglichkeit, die sich jedoch nicht von selbst realisiert oder die zunächst und zumeist nur im Modus ihrer Defizienz auftritt. Wir haben gesagt, dass die intelligible Tat nach Kant eine unbewusste Tat ist, deren Annahme in der Begegnung und im Umgang mit Personen impliziert ist. Man kann es als einen Fortschritt ansehen, dass Schelling diese Annahme nicht nur in unserem Umgang mit Personen impliziert findet, sondern dass er diesem paradoxen Begriff dadurch Plausibilität zu verleihen sucht, dass er auf das Gefühl verweist. Zwar 70 

AA I 17, 149 | SW VII, 381. Dies würde letztlich zu der Annahme eines grundlosen Ratschlusses Gottes oder aber einer Laune der Natur zurückführen. 72  AA I 17, 155 | SW VII, 388; eigene Hvg. 73  AA I 17, 150 | SW VII, 382. 74  Zu beachten ist, wie im Laufe dieser Beweisführung vom wirklichen Willen alle jene „Prädikate“ nachgewiesen werden, welche in der Einleitung dem „Wollen“ als „Urseyn“ zugesprochen werden: „Grundlosigkeit, Ewigkeit, Unabhängigkeit von der Zeit, Selbstbejahung“. Es ist denn auch nichts weniger als eine bloße Redewendung, wenn es dort heißt, dass wir „diesen höchsten Ausdruck zu finden“ haben, da dieser in der Tat erst in der Untersuchung zur formellen Freiheit gefunden ist (AA I 17, 123 | SW VII, 350). 75  Der Begriff einer moralischen Entscheidung muss deshalb ohne die Logik der ‚vorherigen Posteriorität‘ unverständlich bleiben. Vgl. dazu Tyler Trittens Beitrag zu diesem Band (53–69). 71 

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ist auch für ihn die intelligible Tat insofern eine unbewusste Tat, als von ihr keine Erinnerung im Bewusstsein vorkommen kann, aber sie ist nicht, ohne eine Spur im Bewusstsein zu hinterlassen. Schelling verweist in dieser Absicht zum einen auf das Gefühl, zum anderen auf Aussagen oder Urteile des nicht-reflektierenden Bewusstseins, in welchen jenes Gefühl zum Ausdruck kommt.76 Insofern ist die Annahme einer solchen Tat auch nach Schelling in Übereinstimmung mit dem natürlichen Bewusstsein. Bereits die kantische Ansicht eröffnete die Möglichkeit, mit dem Handelnden oder auch mit sich selbst in eine dialektische Erörterung über mögliche Rechtfertigungsversuche der eigenen Handlungsweise zu treten. Gerade weil die böse Maxime eine Ausnahme von einer allgemeinen Regel impliziert, vermag man den Handelnden, indem man ihn mit diesem Anspruch auf Allgemeinheit konfrontiert, in eine Lage zu bringen, in welcher er sich dazu genötigt sehen könnte, die Inkonsistenz des eigenen Lebensentwurfs einzusehen. Klarer als dies bei Kant der Fall ist, deutet Schelling darauf hin, dass ein solcher Versuch der Rechtfertigung mit emotionalen Widerständen zu rechnen hat. Sowohl Kant als auch Schelling gehen auf den Einwand ein, dass ihre Ansicht die Möglichkeit eines Charakterwandels ausschließen würde.77 Meiner Ansicht nach weisen sie diesen Einwand zu Recht zurück. Gerade weil es sich bei der bösen Gesinnung oder beim bösen Willen um inkonsistente Gebilde handelt, beinhalten diese wenigstens im Prinzip die Möglichkeit einer solchen Änderung, wenn es auch höchst unwahrscheinlich sein mag, dass diese sich auch tatsächlich ereignet. Gerade weil die Rechtfertigungsversuche des böse Handelnden notwendigerweise mangelhaft sind, weil dieser nach Kants Behauptung unvermeidlich eine gewisse Universalisierung beanspruchen muss, zugleich aber für sich selbst eine Ausnahme macht, ist ein Wandel möglich, sofern ihm an Konsistenz gelegen ist. Dieser Gedanke wird von Schelling noch radikaler gefasst: Die Inkonsistenz des bösen Willens ist nicht nur in den Begründungsversuchen seiner Handlungen zu suchen, sondern ist auf der Ebene der Gefühle, der „Leidenschaften“,78 „Begierden und Lüste“ 79 zu verorten. Wenn der wirkliche Wille zudem nicht sein kann, ohne sich auch in Handlungen zu bekunden, dann kann der böse Wille nicht sein, ohne die „Lüge“ und „Unruhe“,80 die den Kern seines Lebens bilden, auch außer sich zu verbreiten. Es ist, als ob er dadurch, dass er eine Welt der Lüge um sich herum aufzubauen sucht, die „innere Stimme seines eignen […] besseren Wesens“81 zu beschwichtigen sucht. Eine Rechenschaftsforderung über das eigene Handeln, durch welche zugleich die Lebensführung als Ganze betroffen ist, stellt somit nicht, wie man bei Kant vielleicht noch glauben möchte, vor einer intellektuellen, sondern vor einer durchaus existentiellen 76 

Vgl. AA I 17, 154 | SW VII, 386 f. Rel., AA VI: 44–49; AA I 17, 155 f. | SW VII, 389. 78  AA I 17, 155; 166 | SW VII, 388; 400 f. 79  AA I 17, 136 | SW VII, 365. 80  AA I 17, 136 | SW VII, 366. 81  AA I 17, 156 | SW VII, 389. 77 Vgl.

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Herausforderung. Schellings Begriff des Bösen ist demnach so gebaut, dass er sowohl die Möglichkeit eines Charakterwandels zulässt als auch zugleich der Unwahrscheinlichkeit eines solchen Rechnung trägt.82 Weitaus überraschender als die Widerlegung dieses durchaus naheliegenden Einwands mag dem Leser Schellings Erklärung vorkommen, dass eine tragfähige Lehre von der Freiheit auch den umgekehrten Fall, nämlich einen Umschwung vom Guten zum Bösen einsichtig zu machen fähig sein muss.83 Die Möglichkeit einer solchen Umkehr ließe sich dadurch denken, dass auch der gute Wille nicht weniger die Anziehungskraft des Bösen empfindet, der Kampf gegen dasselbe ein endloser, in jedem Augenblick neu zu bestehender ist, so wie die Philosophie selbst eine ‚unendliche Analyse‘ ist.

3. Ausblick Auch wenn sich gezeigt hätte, dass Schelling die Lehre von der intelligiblen Tat ohne Abstriche oder Zusätze von Kant übernommen hätte, wäre immer noch der jeweilige Zusammenhang zu beachten, in welchen beide diese Lehre einschreiben, sowie die Absicht, die sie mit derselben verfolgen. Nun ist Kants Gesichtspunkt in der Religionsschrift in erster Linie ein anthropologischer: Ihm geht es vor allem darum, das Phänomen der Religion einsichtig zu machen, und zu zeigen, wie diese aufgrund der besonderen Verfassung der menschlichen Natur fast notwendigerweise entstehen 82  In der ersten Fassung der Weltalter gibt Schelling näheren Aufschluss über das einem jeden unmittelbar eingeprägte Gefühl der Freiheit: Es ist das Entsetzen darüber, dass man den eigenen Charakter zwar nicht gewählt habe und dennoch es nicht unterlassen kann, sich die aus ihm folgende Handlungen als frei zuzurechnen (vgl. WA I, 93 und Freiheitsschrift, AA I 17, 149 | SW VII, 381). Indem der Einzelne weder zum eigenen Charakter eine solche Distanz gewinnen kann, dass dieser als Ergebnis einer Wahl erschiene, die eventuell rückgängig gemacht werden könnte, noch so restlos mit sich zusammenfällt, als dass er seine Handlungen als bloße Folgen des eigenen Charakters betrachten könnte, ist er sich selbst immer zugleich zu nah und zu fern. Es ist wohl aus diesem Grund, dass Schelling an anderer Stelle die Ichheit als das „Princip des Sündenfalls“ bezeichnet (PR, SW VI, 43; vgl. Anti-Fichte, SW VII, 82). Aus diesem existentiellen double bind oder aus diesem ursprünglichen Terror erklärt sich der fast notwendige Versuch, die eigenen Handlungen unter Rekurs auf Scheingründe zu rechtfertigen (Schelling nennt nur die Berufung darauf, dass man ‚nun einmal so ist‘), ein Hang, der sich bis in den Bereich der ‚Theorie‘ durchsetzt, da man gerade auch die von Schelling kritisierte Lehre von der Willkürfreiheit darauf zurückführen kann (vgl. WA I, 22 f.; 95 f.; 101). Die Lehre vom Charakter, deren Schelling sich rühmt, erneut in die Sittenlehre eingeführt zu haben, scheint zunächst jede Rechenschaft auszuschließen, sofern alle Handlungen notwendig aus dem Charakter folgen, dieser aber selbst nicht frei gewählt wurde (WA I, 94). Diese anscheinend unausweichliche Folge dieser Lehre entfällt, sobald man den Charakter als eine intelligible Tat versteht, da das intelligible Wesen kein bloß gegebenes ist, sondern selbst Tat ist, nämlich eine solche, die schon immer mit dem Versuch, die eigenen Handlungen durch Gründe zu rechtfertigen, einhergeht. Indem er seine Gesprächspartner zur Rechenschaft zieht, führt Sokrates sie zum besagten Entsetzen hin. Zugleich zeigt sich hier besonders prägnant, dass die Identität von Freiheit und Notwendigkeit zugleich deren Widerspruch ist (vgl. Freiheitsschrift, AA I 17, 112 f. | SW VII, 337 f.) 83  Vgl. „alle Umwendung des Menschen vom Bösen zum Guten, und umgekehrt“ (AA I 17, 155 f. | SW VII, 389; eigene Hvg.).

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müsse und weshalb sie dennoch nicht fähig ist, das Problem, das sie zu lösen sucht, zu einer befriedigenden Lösung zu bringen. Die Religion, die sich im fünften Abschnitt des Ersten Stücks als Lösung des Problems des radikalen Bösen anbietet, zeigt sich in der Folge als unfähig, das Böse wirklich zu überwinden, da vielmehr die Religion selbst durch das radikale Böse korrumpiert wird. Schellings Aufnahme der Lehre von der intelligiblen Tat hingegen ist vielmehr als Schlussstück einer Lehre von der Freiheit gedacht, die selbst einen Teil einer philosophischen Theologie bildet. So kann man bereits dem Zusammenhang, in welchen Schelling das kantische Lehrstück einschreibt, eine implizite Kritik an Kant entnehmen: Indem dieser sich vorzüglich am Phänomen der Religion orientiert und dadurch zum Urheber der Religionsphilosophie wurde, umgeht er die eigentliche Herausforderung, die der Begriff des Gottes der Offenbarungsreligion für die Philosophie darstellt. Verknappt gesagt soll diese Lehre von der Freiheit zeigen, wie der menschliche Wille dem Zugriff des göttlichen Willens entzogen ist. Während eine „[a]bsolute Kausalität“ Gottes den Geschöpfen „nur unbedingte Passivität übrig“84 lassen würde, hat Gott weder auf den Willen selbst noch darauf, dass die Handlungen sich mit Notwendigkeit aus der besonderen Verfassung des Willens ergeben, einen Zugriff. Eine Änderung in dieser Verfassung, die zugleich zu einer Differenz bezüglich der Handlungen führt, lässt sich auf keinen anderen Weg einleiten als über die Erkenntnis.85 Hieraus mag sich auch erklären, weshalb Schelling im Rahmen der Untersuchung zur formellen Freiheit plötzlich und, wie es zunächst scheinen mag, durch die immanente Logik derselben kaum motiviert, auf Gott zu sprechen kommt. So heißt es, im Anschluss an die Kritik des gewöhnlichen Freiheitsbegriffs, der „eine gänzliche Zufälligkeit der einzelnen Handlungen ein[ge]führt“86 hätte, dass gerade „die angenommne Zufälligkeit der menschlichen Handlungen im Verhältniß zu der im göttlichen Verstande zuvor entworfnen Einheit des Weltganzen, der größte Anstoß in der Lehre der Freyheit“87 war. Bei dieser gänzlichen Zufälligkeit wäre nämlich auch kein göttliches Vorherwissen möglich. Es ist gerade die Lehre von der inneren Notwendigkeit der Handlungen und des Tat-Charakters des menschlichen Wesens, die es erlaubt, die Lehre Gottes mit der Freiheit zu vereinigen. Hieraus dürfte sich schließlich erklären, weshalb mit dem Abschluss der durch den Titel weithin sichtbar angekündigten Untersuchung über das Wesen der menschlichen Freiheit dennoch die „höchste Frage dieser ganzen Untersuchung“88 noch gar nicht erst zur Sprache gekommen ist.

84 

AA I 17, 113 | SW VII, 339. Vgl. AA I 17, 158 | SW VII, 391 f. 86  AA I 17, 150 | SW VII, 383. 87  AA I 17, 154 | SW VII, 387. 88  AA I 17, 160 | SW VII, 394. 85 

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Literaturverzeichnis Buchheim, T. (2001), „Die Universalität des Bösen nach Kants Religionsschrift“, in: Gerhardt, V./Horstmann, R.-P./Schumacher, R. (Hgg.), Kant und die Berliner Aufklärung. Akten des IX. Internationalen Kant-Kongresses, Bd.  3, Berlin/New York, 656–665. Hermanni, F. (1994), Die letzte Entlastung. Vollendung und Scheitern des abendländischen Theodizeeprojektes in Schellings Philosophie, Wien. Jacobs, W. G. (1995), „Die Entscheidung zum Bösen oder Guten im einzelnen Menschen“, in: Höffe, O./Pieper, A. (Hgg.), F. W. J. Schelling. Über das Wesen der menschlichen Freiheit (= Klassiker Auslegen 3), Berlin, 125–148. Scheerlinck, R. (2017), Philosophie und Religion – Schellings Politische Philosophie, Freiburg/ München.

Freiheit und Geschichtlichkeit Die Situation der „intelligiblen Tat“ bei Kant und Schelling Nora C. Wachsmann Eine intelligible Tat als Ort der freien Grundlegung des Handelns anzunehmen ist nicht Schellings eigener Gedanke. Er stützt sich in der Freiheitsschrift auf das bekannte Theorem Kants, um der Herausforderung zu begegnen, die Zurechenbarkeit von Handlungen trotz ihrer empirischen Einbettung zu erklären. Ich stelle in diesem Beitrag dar, warum nach Kant überhaupt ein Bedarf für eine solche Tat besteht und welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit die Zurechenbarkeit von Handlungen beansprucht werden kann (1.). Ich versuche aufzuzeigen, worin die besondere Leistung des kantischen Theorems besteht, und auch, wo ich Schwierigkeiten sehe (2.). Die Darstellung von Schellings Adaption der intelligiblen Tat konzentriert sich vor allem auf seine Annahme einer geschichtlichen Situierung der menschlichen Selbstbestimmung. Ich argumentiere dafür, dass diese Anreicherung zwei wesentliche Missstände des rein-kantischen Modells beheben kann: Zum einen ist der Mensch durch seine geschichtliche Verortung in die Lage versetzt, eine informierte Entscheidung über sein Handeln zu treffen, die den Herausforderungen des tatsächlichen Vollzugs gerecht werden kann; zum anderen wird nachvollziehbar, wie dem Menschen eine Änderung seiner moralischen Bestimmtheit innerhalb des Lebens ermöglicht wird (3. und 4.).

1. Warum braucht es die intelligible Tat bei Kant? Nach Kant finden menschliche Handlungen einerseits im empirischen Kontext statt und sind damit Teil des Zusammenhangs von Erscheinungen. Im empirischen Kontext sind sämtliche Handlungen in der Reihe der Erscheinungen notwendig („Prädeterminismus“).1 Andererseits sollen die Handlungen eines Menschen moralisch bewertbar, und darum dem Handelnden selbst zurechenbar sein, d. h. nicht allein dem Lauf des Kausalzusammenhangs der Erscheinungen zuzuschreiben.2 Die Zurechen1 

Rel., AA VI: 49 Anm. Behandelt wird das Problem dieser scheinbaren Unvereinbarkeit besonders eindringlich in der Kritischen Beleuchtung der Analytik der reinen praktischen Vernunft; vgl. KpV, AA V: 95 f.: „Wenn ich von einem Menschen, der einen Diebstahl verübt, sage, diese That sei nach dem Naturgesetze der Causalität aus den Bestimmungsgründen der vorhergehenden Zeit ein nothwendiger Erfolg, so war 2 

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barkeit kann nach Kant dann als gesichert gelten, wenn wir „transzendentale Freiheit“3 voraussetzen, d. h.: Eine Handlung kann frei genannt werden, wenn wir annehmen, dass sie dem ‚intelligiblen Charakter‘ des Handelnden entspringt. Handlungen sind damit doppelt bestimmt: In der zeitlich geordneten Reihe der Erscheinungen sind sie einerseits, als Ausdruck des ‚empirischen Charakters‘ des Handelnden, durch Vorhergehendes verursacht und damit notwendig; andererseits kann die Handlung, insofern sie dem intelligiblen Charakter des Handelnden zuzurechnen ist, ‚frei‘ genannt werden. So heißt es in der Auflösung der dritten Antinomie in der Transzendentalen Dialektik der Kritik der reinen Vernunft: […] man [nehme] eine willkürliche Handlung, z. E. eine boshafte Lüge, durch die ein Mensch eine gewisse Verwirrung in die Gesellschaft gebracht hat, und die man zuerst ihren Bewegursachen nach, woraus sie entstanden, untersucht und darauf beurtheilt, wo sie sammt ihren Folgen ihm zugerechnet werden könne. In der ersten Absicht geht man seinen empirischen Charakter bis zu den Quellen desselben durch, die man in der schlechten Erziehung, übler Gesellschaft, zum Theil auch in der Bösartigkeit eines für Beschämung unempfindlichen Naturells aufsucht, zum Theil auf den Leichtsinn und Unbesonnenheit schiebt; wobei man denn die veranlassenden Gelegenheitsursachen nicht aus der Acht läßt. […] Ob man nun gleich die Handlung dadurch bestimmt zu sein glaubt: so tadelt man nichts destoweniger den Thäter und zwar nicht wegen seines unglücklichen Naturells, nicht wegen der auf ihn einfließenden Umstände, ja sogar nicht wegen seines vorhergeführten Lebenswandels; denn man setzt voraus, man könne es gänzlich bei Seite setzen, wie dieser beschaffen gewesen, und die verflossene Reihe von Bedingungen als ungeschehen, diese That aber als gänzlich unbedingt in Ansehung des vorigen Zustandes ansehen, als ob der Thäter damit eine Reihe von Folgen ganz von selbst anhebe. […] die Handlung wird seinem intelligibelen Charakter beigemessen, er hat jetzt, in dem Augenblicke, da er lügt, gänzlich Schuld; mithin war die Vernunft unerachtet aller empirischen Bedingungen der That völlig frei, und ihrer Unterlassung ist diese gänzlich beizumessen. (KrV, A554 f./B582 f.)

Kant will mit diesem Bau von Handlungen Freiheit denken können, ohne gleichzeitig die geschlossene Bestimmtheit der Natur durch Kausalgesetze zu bestreiten.4 Die Möglichkeit der doppelten Bestimmtheit einer Handlung als Ausdruck der transzenes unmöglich, daß sie hat unterbleiben können: wie kann denn die Beurtheilung nach dem moralischen Gesetze hierin eine Änderung machen und voraussetzen, daß sie doch habe unterlassen werden können, weil das Gesetz sagt, sie hätte unterlassen werden sollen, d. i. wie kann derjenige in demselben Zeitpunkte in Absicht auf dieselbe Handlung ganz frei heißen, in welchem, und in derselben Absicht, er doch unter einer unvermeidlichen Naturnothwendigkeit steht?“ 3 Vgl. KpV, AA V: 96 f.: „[…] so sind es immer Bestimmungsgründe der Causalität eines Wesens, so fern sein Dasein in der Zeit bestimmbar ist, mithin unter nothwendig machenden Bedingungen der vergangenen Zeit, die also, wenn das Subject handeln soll, nicht mehr in seiner Gewalt sind, die […] Naturnothwendigkeit bei sich führen, mithin keine transscendentale Freiheit übrig lassen, welche als Unabhängigkeit von allem Empirischen und also von der Natur überhaupt gedacht werden muß, […] ohne welche Freiheit (in der letzteren eigentlichen Bedeutung), die allein a priori praktisch ist, kein moralisch Gesetz, keine Zurechnung nach demselben möglich ist.“ 4 Vgl. KpV, AA V: 98: „In diesem Betracht nun kann das vernünftige Wesen von einer jeden gesetzwidrigen Handlung, die es verübt, ob sie gleich als Erscheinung in dem Vergangenen hinreichend bestimmt und so fern unausbleiblich nothwendig ist, mit Recht sagen, daß er sie hätte unterlassen können; denn sie mit allem Vergangenen, das sie bestimmt, gehört zu einem einzigen Phäno-

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dentalen Freiheit des Handelnden einerseits und als Effekt der empirischen Bedingungen (‚Prädeterminismus‘) andererseits ergibt sich aus der Annahme des transzendentalen Idealismus als Theorie über Zeit (und Raum). Indem angenommen wird, dass ein Ding zwei Seiten hat – indem angenommen wird, dass es einerseits als ‚Ding an sich selbst‘ und andererseits als ‚Erscheinung‘ existiert –, kann angenommen werden, dass dieses Ding zweifach bestimmt ist: einerseits durch die Eigenschaften des Intelligiblen und andererseits durch die Eigenschaften des Empirischen. Im Fall des Charakters des Handelnden, der nach Kant sämtlichen Handlungen als Einheit zugrunde liegt, heißt das: Insofern er intelligibler Charakter ist, kommt ihm transzendentale Freiheit zu, wodurch er selbst der Bestimmungsgrund seiner Kausalität genannt werden kann;5 insofern er aber empirischer Charakter ist, ist er wie sämtliche empirische Vollzugsformen aller Personen in den zeitlichen Kausalnexus eingebunden, wodurch die bestimmenden Gründe seiner Handlungen zum Zeitpunkt des Handelns nicht in seiner Gewalt liegen.6 Kant sagt von der transzendentalen Freiheit, dass sie „allen moralischen Gesetzen und der ihnen gemäßen Zurechnung zum Grunde gelegt werden muß“.7 Würden wir die Unterscheidung in ‚Ding an sich selbst‘ und ‚Erscheinung‘ nicht mitgehen, aber an der kausalen Geschlossenheit im räumlich und zeitlich geordneten empirischen Kontext festhalten wollen, ließe sich laut Kant unsere Freiheit nicht behaupten. In der That: wären die Handlungen des Menschen, so wie sie zu seinen Bestimmungen in der Zeit gehören, nicht bloße Bestimmungen desselben als Erscheinung, sondern als Dinges an sich selbst, so würde die Freiheit nicht zu retten sein. (KpV, AA V: 101)

Angesichts seiner Auffassung, dass innerhalb des empirischen Kontextes solche Handlungen undenkbar sind, bei denen die bestimmenden Gründe in der Gewalt des Handelnden selbst liegen, wird die Strenge nachvollziehbar, mit der Kant all jenes, was als ‚intelligibel‘ angenommen werden muss, vom empirischen Kontext isoliert, wenn er die Zurechenbarkeit unserer Handlungen erhalten will. Nach Kant kann die transzendentale Freiheit nur dann als unbedingte Voraussetzung moralischer Zurechenbarkeit gelten, wenn die notwendigkeitsstiftenden Bedingungen des empirischen Zusammenhangs das Intelligible nicht kontaminieren. Das ist mit seiner Annahme konsistent, dass Zeit und Raum „bloße sinnliche Vorstellungsart der denkenden Wesen in der Welt“8 sind, diese von uns also überhaupt erst, als Bedingungen der Möglichkeit unserer Erfahrung, gestiftet werden, aber keine von uns unabhängige Realität beanspruchen. Die raumzeitliche Existenz sämtlicher Erscheimen seines Charakters, den er sich selbst verschafft, und nach welchem er sich als einer von aller Sinnlichkeit unabhängigen Ursache die Causalität jener Erscheinungen selbst zurechnet.“ 5 Vgl. KpV, AA V: 98. 6 Vgl. KpV, AA V: 94: „Da nun die vergangene Zeit nicht mehr in meiner Gewalt ist, so muß jede Handlung, die ich ausübe, durch bestimmende Gründe, die nicht in meiner Gewalt sind, nothwendig sein, d. i. ich bin in dem Zeitpunkte, darin ich handle, niemals frei.“ 7  KpV, AA V: 96. 8  KpV, AA V: 102.

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nungen, und damit auch der zeitliche Vollzug unserer Handlungen, sind unserer subjektiven Anschauungsform geschuldet. Jenes Subjekt, das den Rahmen für zeitliche Existenz überhaupt erst stiftet, kann und darf in seiner unabhängigen zugrundeliegenden Form, als Ding an sich selbst, von der notwendigkeitsstiftenden Verkettung der Erscheinungen in der ihm nachgeordneten Kontextualisierung selbst nicht belangt werden. Insofern ist die Verkettung der Erscheinungen des empirischen Kontextes („Causalität als Naturnothwendigkeit“)9 zwar inhärent gültig und zwingend, aber niemals von Belang für das Subjekt als Ding an sich selbst („Causalität […] als Freiheit“).10 Wesentliches Kennzeichen des Subjekts in seiner intelligiblen Verfasstheit ist also, dass es – qua jegliches zeitliche Erscheinen Grundlegendes – von sämtlichen bestimmenden Gründen und Kausalverhältnissen des zeitlich-empirischen Kontextes unbelangt bleibt, weil diese ihm nachgeordnet sind. Anders gesagt: Was sich zeitlich ereignet, kann nie einen Grund abgeben für die intelligible Beschaffenheit des Subjekts. Aber ebendasselbe Subject, das sich anderseits auch seiner als Dinges an sich selbst bewußt ist, betrachtet auch sein Dasein, so fern es nicht unter Zeitbedingungen steht, sich selbst aber nur als bestimmbar durch Gesetze, die es sich durch Vernunft selbst giebt, und in diesem seinem Dasein ist ihm nichts vorhergehend vor seiner Willensbestimmung, sondern jede Handlung und überhaupt jede dem innern Sinne gemäß wechselnde Bestimmung seines Daseins, selbst die ganze Reihenfolge seiner Existenz als Sinnenwesen ist im Bewußtsein seiner intelligibelen Existenz nichts als Folge, niemals aber als Bestimmungsgrund seiner Causalität, als Noumens, anzusehen. (KpV, AA V: 97 f.)

Es stellt sich die Frage, wie dieses Auseinanderfallen von empirischer Kontextualisierung einerseits und intelligibler Verursachung andererseits in der einzelnen Handlung zusammenzudenken ist. Die Handlung ist, als Ausdruck der transzendentalen Freiheit des Subjekts, zwar frei und zurechenbar, aber für ihren empirischen Vollzug wird die Bestimmtheit durch empirische Bedingungen dadurch nicht unwirksam. Wie soll diese doppelte Bestimmtheit, die einander ausschließende Prädikate – Naturnotwendigkeit und „Causalität durch Freiheit“11 – zu veranschlagen scheint, in einer einzelnen geschlossenen Handlung zum Niederschlag kommen?12 Kant nimmt an, dass der intelligible Charakter eines Handelnden grundlegend für dessen empirischen Charakter ist. Kant nennt den intelligiblen Charakter die „transcendentale

9 

KpV, AA V: 94. KpV, AA V: 94. 11  KpV, AA V: 47. 12 Vgl. KpV, AA V: 95: „Folglich wenn man sie [die Freiheit] noch retten will, so bleibt kein Weg übrig, als das Dasein eines Dinges, so fern es in der Zeit bestimmbar ist, folglich auch die Causalität nach dem Gesetze der Naturnothwendigkeit blos der Erscheinung, die Freiheit aber eben demselben Wesen als Dinge an sich selbst beizulegen. So ist es allerdings unvermeidlich, wenn man beide einander widerwärtige Begriffe zugleich erhalten will; allein in der Anwendung, wenn man sie als in einer und derselben Handlung vereinigt und also diese Vereinigung selbst erklären will, thun sich doch große Schwierigkeiten hervor, die eine solche Vereinigung unthunlich zu machen scheinen.“ 10 

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Ursache“13 des empirischen Charakters, jede empirische Handlung sei seine „unmittelbare Wirkung“.14 Der empirische Charakter sei „im intelligibelen Charakter […] bestimmt“15 und könne als „sinnliches Zeichen desselben“16 angesehen werden; „ein anderer intelligibeler Charakter würde einen andern empirischen gegeben haben“.17 Die Vernunft ist also die beharrliche Bedingung aller willkürlichen Handlungen, unter denen der Mensch erscheint. Jede derselben ist im empirischen Charakter des Menschen vorher bestimmt, ehe noch als sie geschieht. In Ansehung des intelligibelen Charakters, wovon jener nur das sinnliche Schema ist, gilt kein Vorher oder Nachher; und jede Handlung unangesehen des Zeitverhältnisses, darin sie mit anderen Erscheinungen steht, ist die unmittelbare Wirkung des intelligibelen Charakters der reinen Vernunft, welche mithin frei handelt, ohne in der Kette der Naturursachen durch äußere oder innere, aber der Zeit nach vorhergehende Gründe dynamisch bestimmt zu sein; und diese ihre Freiheit kann man nicht allein negativ als Unabhängigkeit von empirischen Bedingungen ansehen (denn dadurch würde das Vernunftvermögen aufhören, eine Ursache der Erscheinungen zu sein), sondern auch positiv durch ein Vermögen bezeichnen, eine Reihe von Begebenheiten von selbst anzufangen, so daß in ihr selbst nichts anfängt, sondern sie als unbedingte Bedingung jeder willkürlichen Handlung über sich keine der Zeit nach vorhergehende Bedingungen verstattet, indessen daß doch ihre Wirkung in der Reihe der Erscheinungen anfängt, aber darin niemals einen schlechthin ersten Anfang ausmachen kann. (KrV, A553 f./B581 f.)

Wir erinnern uns: Zweck der transzendentalen Freiheit ist, die moralische Zurechenbarkeit von Handlungen trotz ihrer Bedingtheit durch die Bestimmungsgründe des empirischen Kontextes, dem sie angehören, zu ermöglichen. Was Kant der transzendentalen Freiheit zutraut, ist, die moralische Qualität von Handlungen in die Verantwortung der Handelnden zu stellen. Durch die Unterordnung der empirischen Existenz des sämtlichen Handlungen zugrunde liegenden Charakters der Handelnden unter ihre intelligible Existenz sieht Kant die Möglichkeit geschaffen, die intelligibel gegebene, grundlegende Kausalität durch Freiheit auf die einzelne Handlung zuzuspitzen, die empirisch vollzogen wird. Der empirisch erscheinende Charakter vollzieht im zeitlich geordneten Kontext die Vorgaben seiner intelligiblen Grundlage. Die moralische Bestimmtheit des intelligiblen Charakters ist entscheidend für die moralische Qualität der einzelnen Handlungen. Um mir nun die moralische Qualität meiner Handlungen selbst zurechnen zu können, muss ich mir wiederum die moralische Vorgabe meines intelligiblen Charakters selbst zurechnen. Wäre diese intelligible Ursache der sinnlich als Erscheinung qualifizierten Handlung mir selbst nicht zuzurechnen, würde die Isolation der Kausalität durch Freiheit vom zeitlich-empirischen Kausalnexus nicht leisten, was sie soll – nämlich gerade der Handelnden die Urheberschaft der moralischen Qualität ihres Handelns zu übertragen. Anders gesagt: Wäre mein intelligibler Charakter 13 

KrV, A546/B574. KrV, A553/B581. 15  KrV, A551/B579. 16  KrV, A546/B574. 17  KrV, A556/B584. 14 

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ohne mein Zutun so, wie er ist, und würde all mein Handeln damit einer Vorgabe folgen, die ich nicht selbst ‚gemacht‘ habe, wäre durch die Verlegung der Urheberschaft meiner Handlungen ins Intelligible zwar die ausschließliche Bedingtheit meiner Handlungen durch den empirischen Kausalnexus aufgebrochen, aber ich könnte trotzdem nicht verantwortlich gemacht werden dafür, dass ich so handle, wie ich handle. Ich muss die Vorgaben, die mein intelligibler Charakter den empirischen Ausführungen macht, selber verantworten können. Kant fordert, dass der Willensbestimmung des Subjekts, das sich als Ding an sich selbst begreift, nichts vorhergeht, weil sämtliches Handeln überhaupt erst die Folge seiner Kausalität durch Freiheit sein kann. Das Subjekt als Ding an sich selbst ist nach dieser Vorstellung allein durch solche Gesetze bestimmbar, „die es sich durch Vernunft selbst giebt“; die ihm nachgeordneten Vollzüge in seiner empirischen Existenz fungieren „niemals […] als Bestimmungsgrund“ dieser Kausalität.18 Diese Willensbestimmung des Subjekts geschieht nach Kant nun durch eine „intelligibele That“.19 Laut Religionsschrift muss die grundlegende Bestimmtheit des moralischen Zuschnitts sämtlicher Handlungen des Menschen von der Handelnden selbst ‚gemacht‘ sein, weil „nichts sittlich-(d. i. zurechnungsfähig-)böse [ist], als was unsere eigene That ist“.20 Es kann aber der Ausdruck von einer That überhaupt sowohl von demjenigen Gebrauch der Freiheit gelten, wodurch die oberste Maxime (dem Gesetze gemäß oder zuwider) in die Willkür aufgenommen, als auch von demjenigen, da die Handlungen selbst (ihrer Materie nach, d. i. die Objecte der Willkür betreffend) jener Maxime gemäß ausgeübt werden. […] Jene ist intelligibele That, bloß durch Vernunft ohne alle Zeitbedingung erkennbar; diese sensibel, empirisch, in der Zeit gegeben (factum phaenomenon). (Rel., AA VI: 31)

In der Willensbestimmung des Subjekts wird die Rangordnung der Triebfedern in der obersten Handlungsmaxime gestiftet.21 Ressourcen der Willensbestimmung sind das moralische Gesetz einerseits und Triebfedern der Sinnlichkeit andererseits. Diese Ressourcen werden zwar nicht vom Subjekt selbst hervorgebracht, sie speisen sich aber auch nicht aus dem Kontext seines empirischen Daseins: Das moralische Gesetzt „dringt sich ihm […] kraft seiner moralischen Anlage unwiderstehlich auf“ und das Subjekt „hängt […] auch vermöge seiner gleichfalls schuldlosen Naturanlage an den Triebfedern der Sinnlichkeit“.22 Der Mensch nimmt sowohl das moralische Gesetz als auch das Prinzip der Selbstliebe als Triebfedern in seine Maxime auf, stiftet allerdings de facto eine Ordnung, die „die Triebfeder der Selbstliebe und ihre Neigungen zur Bedingung der Befolgung des moralischen Gesetzes“23 macht.

18 

KpV, AA V: 97 f. Rel., AA VI: 31. 20  Rel., AA VI: 31. 21 Vgl. Rel., AA VI: 37; 47 und 21 f. 22  Rel., AA VI: 36. 23  Rel., AA VI: 36. 19 

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2. Auswertung des kantischen Modells Kant fordert, dass es vom Naturlauf der Erscheinungen zu der intelligiblen Selbstbestimmung des Menschen ‚nach oben hin‘ keine Durchlässigkeit geben darf, weil dies dazu führen würde, dass die Selbstbestimmung jenen ‚bestimmenden Gründen‘ unterworfen wäre, die für Naturnotwendigkeit sorgen. Er will so die Zurechenbarkeit von Handlungen sicherstellen. Dass die Willensbestimmung des Subjekts allein aus Ressourcen und nach Gesetzen der reinen praktischen Vernunft gemacht wird, ermöglicht nach Kant Freiheit überhaupt erst. M. E. bringt die Forderung, dass die moralische Selbstbestimmung des Subjekts in so strenger intelligibler Isolation sattfinden soll, nicht unerhebliche Schwierigkeiten mit sich. 2.1. Motivlage in der Selbstbestimmung Kant stellt fest, wie oben beschrieben, dass die Ressourcen, aus denen das Subjekt sich moralisch selbst bestimmen soll, nicht dem empirischen Kontext entstammen dürfen, sondern von der praktischen Vernunft a priori vorgefunden werden. Das moralische Gesetz und die Triebfedern der Sinnlichkeit werden dem Subjekt nicht durch seine empirische Existenz verfügbar, sondern sind ihm unabhängig davon gegeben. Nichts, was der intelligiblen Tat subsequent ist – keine „bestimmende[n] Gründe“24 des empirischen Kontextes, nichts, was sich zeitlich im Naturlauf ereignet –, darf für die Selbstbestimmung des Subjekts von Belang sein. Neben der Unabhängigkeit von den notwendigkeitsstiftenden Bedingungen des Empirischen traut Kant der intelligiblen Situiertheit des Subjekts auch zu, eine Entscheidbarkeit der Frage nach der moralischen Bestimmung zu bedeuten. Das Subjekt soll in seinem Status als Ding an sich selbst in der Lage sein, eine gerechtfertigte Entscheidung zu einer guten oder bösen Gesinnung zu treffen. Nun ist die Frage nach der Entscheidbarkeit einer Situation nicht allein von den Ressourcen abhängig, die für die Entscheidung zur Verfügung stehen. Das Subjekt wird nicht durch das bloße Vorhandensein der Ressourcen in die Lage versetzt, eine begründete Entscheidung zu treffen, sondern es muss Gründe dafür haben, mit den Ressourcen auf die eine oder andere Weise verfahren zu wollen. Diese Entscheidungs-Motivation ist unter anderem von einer gewissen Kenntnis dessen abhängig, was ein so oder anders geartetes Verfahren mit den Ressourcen für Auswirkungen hat. Die Möglichkeit des ‚Einpreisens‘ der Auswirkungen der eigenen Entscheidung ist eine Bedingung für die Entscheidbarkeit der Situation. Entschieden wird in der intelligiblen Tat über nichts Geringeres als über die Moralität eines Menschen. Damit der Mensch zurechenbare, moralisch relevante Handlungen überhaupt erst vollziehen kann, muss er sich zu ihnen bestimmen. Die transzendentale Freiheit ist die „unbedingte Bedingung jeder willkürlichen Hand-

24 

KpV, AA V: 94.

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lung“25 des Menschen; damit der Mensch im vollen Sinne zurechenbar handeln kann, begeht er seine intelligible Tat. Nun ist aber die Situation, in der über das Handeln des Menschen entschieden wird, gegenüber dem Kontext, in dem das Handeln vollzogen wird, gänzlich unempfänglich. Das heißt: Das Subjekt, von dem verlangt wird, sich einen abschließenden moralischen Zuschnitt zu geben, muss dies tun, ohne in der Entscheidungssituation die konkreten Auswirkungen dieser Entscheidung absehen und ihnen in angemessener Weise Rechnung tragen zu können. Es soll seine oberste Handlungsmaxime ohne eine Kenntnis der Herausforderungen des realen Vollzugs seiner Handlungen bestimmen. Zwischen intelligibler Selbstbestimmung und Handlungsrealität besteht ein so erhebliches Realitätsgefälle, dass das Zustandekommen einer informierten Entscheidung schwerlich möglich ist. Es ist schwer vorstellbar, dass in der hohen Abstraktion von moralischem Gesetz und Triebfedern der Sinnlichkeit die Handlungsrealität des zeitlich vollzogenen Handelns, zumal des Handelns im Kontext mit anderen Menschen, angemessen abgebildet würde. Das ist schließlich, worüber der Mensch hier entscheidet: Wie er sich im Angesicht von konkreten, sich im Lauf seines Lebens für ihn auftuenden Handlungsalternativen entscheidet, seine Haltung, die ihn das eine lieber als das andere machen lässt – wofür wir ihn einen Menschen nennen, der Handlungen von moralischer Relevanz vollzieht. All das soll ihm zugerechnet werden, für all das soll er verantwortlich zeichnen, ohne dass ihm diese Realität am ‚Ort‘ seiner Entscheidung irgendwie ersichtlich sein kann. Es scheint, dass die intelligible Isolation der moralischen Selbstbestimmung des Subjekts jene Zurechenbarkeit von Handlungen, die sie garantieren soll, zugleich erschwert. Zwar mag geleistet sein, dass die transzendentale Freiheit des Subjekts eine Unabhängigkeit (‚negative Freiheit‘)26 von fremden, nicht verantworteten Gründen garantiert, indem durch die Entzogenheit des Subjekts aus sämtlichem zeitlich-empirischem Vollzug solche nötigenden Ursachen hier keine Geltung haben. Auch mag transzendentale Freiheit bedeuten, dass dem Subjekt als Ding an sich selbst Kausalität durch Freiheit zukommen kann und ihm im Zuge der intelligiblen Tat die Chance gegeben ist, sich eine moralische Gestalt zu verleihen, die freies Handeln ermöglicht (‚positive Freiheit‘).27 Allerdings bringt es eben die so streng gezogene intelligible Isolation des Subjekts, die negative Freiheit garantieren soll, mit sich, dass der Horizont für positive Freiheit nicht hinreicht. Positive Freiheit kann im Vollsinne nur dann behauptet werden, wenn die Zurechenbarkeit sich nicht allein auf die Unabhängigkeit von fremden, nicht verantwortbaren Gründen beruft, sondern auch darauf, dass die Ausstattung an eigenen (mit Kant: Vernunft-)Gründen der freien Entscheidung angemessen ist. Die intelligible Isolation des Subjekts als Ding an sich selbst bedeutet, jedenfalls in dieser strengen Form, eine Unmöglichkeit für das Subjekt, 25 

KrV, A554/B582. KpV, AA V: 33. 27 Vgl. KpV, AA V: 33. 26 Vgl.

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innerhalb jener Situation, in der es über sein gesamtes, konkretes, freies Handeln entscheiden soll, eine informierte Entscheidung über eben sein gesamtes, konkretes, freies Handeln zu fällen. Der Mensch kann nicht wissen, wozu er sich entscheidet; trotzdem soll ihm voll zugerechnet werden, wozu er sich entschieden hat. 2.2. Moralische Entwicklung Wenn dem Agenten nun neben der ursprünglichen moralischen Selbstbestimmung außerdem die Möglichkeit eingeräumt werden soll, im Laufe seines Lebens eine Entwicklung seiner moralischen Haltung zu vollziehen, zeigen sich in der kantischen Architektur der transzendentalen Freiheit weitere Hindernisse. Kant erwägt am Ende des ersten Stücks der Religionsschrift in der „Allgemeine[n] Anmerkung. Von der Wiederherstellung der ursprünglichen Anlage zum Guten in ihre Kraft“28 die Option, dass der Mensch, der sich ursprünglich eine ‚böse‘ Gesinnung gegeben hat, im Laufe seines Lebens ein „Wiederaufstehen aus dem Bösen zum Guten“29 vollzieht. Er stellt fest: […] so kann die Möglichkeit des letztern nicht bestritten werden. Denn ungeachtet jenes Abfalls erschallt doch das Gebot: wir sollen bessere Menschen werden, unvermindert in unserer Seele; folglich müssen wir es auch können […] (Rel., AA VI: 45)

Die klare Trennung der empirischen Existenz des Subjekts von seinem Dasein als Ding an sich selbst (im Jargon der Religionsschrift: empirischer und intelligibler Charakter) durchzieht auch das Phänomen der moralischen Entwicklung eines Menschen. Kant unterscheidet die „Reform […] für die Sinnesart“30 von der „Revolution für die Denkungsart“31 bzw. „Revolution in der Gesinnung“.32 Die Reform für die Sinnesart meint eine allmähliche Veränderung der moralischen Qualität der Handlungen eines Menschen, insofern die Handlungen uns im zeitlich-empirischen Kontext erscheinen, insofern also der empirische Charakter des Handelnden beurteilt wird. Hier kann eine Entwicklung von Handlungen, die als deutlicher Ausdruck einer bösen Gesinnung erscheinen hin zu einer „virtus phaenomenon“33 beobachtbar sein. Wir würden sagen, dass sich dieser Mensch ‚zum Guten‘ verändert hat. Kant will streng unterschieden wissen zwischen solchen Ursachen, denen gemäß wir die „Begebenheit[en] in der Welt“34 als „von irgend einem vorhergehenden Zustande abgeleitet“ betrachten (‚Zeitursprung‘), und solchen Ursachen, die wir als freien Handlungen und überhaupt der moralischen Beschaffenheit des Menschen – als 28 

Rel., AA VI: 44–55. Rel., AA VI: 45. 30  Rel., AA VI: 47. 31  Rel., AA VI: 47. 32  Rel., AA VI: 47. 33  Rel., AA VI: 47. 34  Rel., AA VI: 40. 29 

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Grund des Gebrauchs der Freiheit – zugrunde liegend annehmen müssen (‚Vernunftvorstellungen‘). Dabei ist explizit gefordert, dass die moralische Beschaffenheit des Menschen nicht auf solche Ursachen zurückgehen darf, die wir im zeitlichen Nexus betrachten. Wenn die Wirkung auf eine Ursache, die mit ihr doch nach Freiheitsgesetzen verbunden ist, bezogen wird, wie das mit dem moralisch Bösen der Fall ist: so wird die Bestimmung der Willkür zu ihrer Hervorbringung nicht als mit ihrem Bestimmungsgrunde in der Zeit, sondern blos in der Vernunftvorstellung verbunden gedacht und kann nicht als von irgend einem vorhergehenden Zustande abgeleitet werden […]. Von den freien Handlungen als solchen den Zeitursprung (gleich als von Naturwirkungen) zu suchen, ist also ein Widerspruch; mithin auch von der moralischen Beschaffenheit des Menschen, sofern sie als zufällig betrachtet wird, weil diese den Grund des Gebrauchs der Freiheit bedeutet, welcher (so wie der Bestimmungsgrund der freien Willkür überhaupt) lediglich in Vernunftvorstellungen gesucht werden muß. (Rel., AA VI: 39 f.)

Die Reform des Handelns, die sich unserer Sinnesart zeigt, ist eine solche Begebenheit in der Welt, deren Ursache wir im zeitlichen Nexus betrachten. Die virtus phaenomenon entscheidet darum nicht über die Moralität des Handelnden. Sie kann für die Moralität nicht entscheidend sein, weil die Bedingung der Zurechenbarkeit nicht erfüllt ist. Seine moralische Beschaffenheit soll dem Menschen zurechenbar sein und muss daher nach Kant per definitionem allein durch ‚Vernunftvorstellungen‘ begründet sein. Für die Moralität des Menschen ist allein entscheidend, ob seinem Handeln eine gute Gesinnung zugrunde liegt, d. i. ob die Achtung des Moralgesetzes für ihn hinreichender Bestimmungsgrund für die sittliche Rangordnung der Triebfedern in seiner obersten Handlungsmaxime ist. Ausschlaggebend für die Frage nach der moralischen Besserung ist, ob sich im intelligiblen Charakter des Menschen eine Umkehr vollzieht, denn nur diese ist ihm, als auf Vernunftvorstellungen gründend, voll zurechenbar.35 Hier aber liegt ein erstes Problem. Denn die moralische Beschaffenheit seines intelligiblen Charakters und die wahrnehmbare Qualität der Handlungen eines Menschen können voneinander abweichen. Vom Phänomen des Verhaltens lässt sich, jedenfalls bei guten Handlungen, nicht zweifelsfrei auf die zurechenbare Beschaffenheit des Charakters schließen; eine virtus phaenomenon gibt keine sichere Auskunft über eine virtus Noumenon. Der Mensch, der eine allmähliche, graduelle Verbesserung in seinem Handeln beobachtet, kann nicht wissen, ob dem eine ihm zurechenbare ‚Revolution in der Gesinnung‘ zugrunde liegt. Die Reform, die sich uns in der Sinnesart darstellt, kann in ihrer Allmählichkeit nicht der Revolution der Gesinnung entsprechen. Nach Kant ist die Allmählichkeit 35 Vgl. Rel., AA VI: 47: „Daß aber jemand nicht bloß ein gesetzlich, sondern ein moralisch guter (Gott wohlgefälliger) Mensch, d. i. tugendhaft nach dem intelligiblen Charakter (virtus Noumenon), werde, welcher, wenn er etwas als Pflicht erkennt, keiner andern Triebfeder weiter bedarf, als dieser Vorstellung der Pflicht selbst: das kann nicht durch allmählige Reform, so lange die Grund­ lage der Maximen unlauter bleibt, sondern muß durch eine Revolution in der Gesinnung im Menschen (einen Übergang zur Maxime der Heiligkeit derselben) bewirkt werden […]“

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allein unserer zeitlichen Anschauung geschuldet, und diese gilt nicht für die ‚Denkungsart‘. ‚Revolution in der Gesinnung‘ bedeutet, dass das Subjekt den obersten Grund seiner Maximen, der dem intelligiblen Charakter seine spezifische moralische Qualität verleiht, „durch eine einzige unwandelbare Entschließung umkehrt“.36 Auf dieser Ebene findet keine schrittweise Annäherung zur Tugendhaftigkeit statt, weil uns die sukzessive Entwicklung eines Dings nach Kant, zumal von einem Prädikat (‚böse‘) zu seinem Gegenteil (‚gut‘), überhaupt nur in der zeitlichen Reihe erscheint. Graduelle moralische Besserung bedeutet, dass auf dem Weg zur Tugendhaftigkeit Uneindeutigkeit besteht in der moralischen Qualität der Handlungen, und solche Uneindeutigkeit kann auf intelligibler Ebene nicht vorkommen.37 Es kann im Intelligiblen keinen zwischenzeitlichen Zustand geben zwischen einer rein bösen und einer rein guten Gesinnung; die Gesinnung kann nicht teilweise gut und teilweise böse, noch kann sie unentschieden sein. Die Rangordnung der beiden Triebfedern – von moralischem Gesetz und Selbstliebe – in der obersten Handlungsmaxime ist eine entweder-oder-Ordnung. Es gibt sie in zwei Alternativkonstellationen, die je ausschließlich sind: Eine Triebfeder wird zur Bedingung der anderen gemacht, was entweder die sittliche Ordnung oder ihr Gegenteil bedeutet. Kant fordert vom Menschen, dass er ‚nach‘ der ursprünglichen de facto-Entscheidung gegen die sittliche Ordnung in einer Revolution in der Gesinnung durch eine ‚einzige unwandelbare Entschließung‘ die Rangordnung zum Guten umkehrt. Das Konzept einer Revolution in der Gesinnung soll also leisten, die moralische Besserung des Menschen in seine eigene Verantwortung zu stellen, indem ihr allein Vernunftursachen zugrunde gelegt werden, die diesem Menschen zurechenbar sind. Zu diesem Zweck muss die moralische Besserung des intelligiblen Charakters, wie schon die intelligible Tat, als der ursprüngliche Akt moralischer Selbstbestimmung, gegenüber dem zeitlichen Nexus so isoliert werden, dass nichts als Vernunftursachen Gültigkeit hat. Eines Menschen Moralität verdient nach Kant diesen Namen überhaupt nur, wenn sie allein solchen Gründen folgt, die in seiner Gewalt liegen, und diese Bedingung lässt sich nur durch strenge intelligible Isolation des Subjekts erfüllen. Was die ursprüngliche moralische Grundlegung des Subjekts – seine intelligible Tat – angeht, hatte ich auf die Schwierigkeiten hingewiesen, die sich m. E. mit der intelligiblen Isolation einstellen: Dem Subjekt als Ding an sich selbst wird zugemutet, sich in gänzlicher intelligibler Isolation einen moralischen Zuschnitt zu verschaffen, der die Grundlage für sein gesamtes Handeln bildet. Darin genau wird die Freiheit 36 

Rel., AA VI: 47 f.

37 Vgl. Rel., AA VI: 39 Anm.: „Hieraus, d. i. aus der Einheit der obersten Maxime, bei der Einheit

des Gesetzes, worauf sie sich bezieht, läßt sich auch einsehen: warum der reinen intellectuellen Beurtheilung des Menschen der Grundsatz der Ausschließung des Mittleren zwischen Gut und Böse zum Grunde liegen müsse; indessen daß der empirischen Beurtheilung aus sensibler That (dem wirklichen Thun und Lassen) der Grundsatz untergelegt werden kann: daß es ein Mittleres zwischen diesen Extremen gebe, einerseits ein Negatives der Indifferenz vor aller Ausbildung, andererseits ein Positives der Mischung, theils gut, theils böse zu sein. Aber die letztere ist nur Beurtheilung der Moralität des Menschen in der Erscheinung und ist der ersteren im Endurtheile unterworfen.“

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des Subjekts gesehen: Als Ding an sich selbst Kausalität durch Freiheit auszuüben, indem es durch zurechenbare Moralität das eigene Handeln verantwortet, obwohl die Handlungen im zeitlichen Vollzug als durch äußere Gründe notwendig erscheinen (‚Naturnotwendigkeit‘). Allerdings bringt es die Undurchlässigkeit zwischen empirischem Vollzug und intelligibler Selbstbestimmung mit sich, dass dem Subjekt am ‚Ort‘ seiner Freiheit das Objekt seiner Freiheit nicht in einem Umfang verfügbar ist, der eine informierte Entscheidung ermöglichen würde. Die fehlende Einsicht in die realen Auswirkungen der Entscheidung erschwert die Rechtfertigbarkeit der Entscheidung. Für die geforderte Gesinnungsänderung könnte dieser Missstand behoben sein. Kant scheint ermöglichen zu wollen, dass ein Mensch, der sich dazu veranlasst sieht, anders handeln zu wollen, auch anders handeln kann, indem er Gelegenheit hat, an seiner moralischen Beschaffenheit ‚Nach‘-Besserungen vorzunehmen. Anlass dazu könnte ihm eben genau durch die Erfahrung jener realen Auswirkungen seiner Entscheidung gegeben sein, die ihm in der ursprünglichen moralischen Gründung nicht zur Verfügung standen. Das entspricht unserer Erwartung: dass sich der Mensch im Laufe seines Lebens durch einschlägige Erfahrungen dazu veranlasst sieht, die eigene Haltung zu überdenken und er also ein ‚besserer‘ werden will, indem er dieser Einsicht in ‚besseren‘ künftigen Handlungen Rechnung trägt. Damit nun seine Besserung tatsächlich im Rahmen dessen ist, was der Mensch selbst macht, und nicht bloß ein ihm nicht zurechenbarer Effekt günstiger Umstände in der Welt, muss sie nach Kant aber, wie beschrieben, ihre Gründe „lediglich in Vernunftvorstellungen“38 haben. Und genau hier zeigt sich die Unmöglichkeit einer Motivation zur Gesinnungsänderung bei Kant. Dass sich das Subjekt de facto dazu entscheidet, der Achtung des Moralgesetzes nicht angemessen Rechnung zu tragen, sondern lieber eine Verkehrung der Triebfedern in den Maximen seiner Willkür vorzunehmen, ist das Ergebnis einer Entscheidung aus Vernunftgründen. Am a priori-Bestand nun der reinen praktischen Vernunft kann sich freilich nichts ändern, denn es ist für Kant undenkbar, dass dieser Bestand durch solches, was im zeitlichen Verlauf eines Lebens in der Welt passiert, eine Anreicherung erfährt. Wenn nun das ‚Material‘, mit dem das Subjekt diese ‚einzige unwandelbare Entschließung‘ einer Gesinnungsänderung bewerkstelligen soll – Moralgesetz und Triebfedern der Sinnlichkeit –, dasselbe sein muss wie das, was ihm schon zum Machen der intelligiblen Tat zur Verfügung stand, dann muss sich irgendwie erklären lassen, warum sich das Subjekt nun dazu veranlasst sieht, diesem Material eine ‚gute‘ Form zu verleihen und seine ursprüngliche Entscheidung mit ihrem Gegenwert zu überschreiben. Grund dafür haben muss das Subjekt allemal – für das so-Machen der intelligiblen Tat wie für das anders-Machen in der Umkehr –, denn stünde es allein einer situativen Beliebigkeit anheim, dass das Subjekt sich mal so und mal anders entscheidet, würden wir weder im einen noch im anderen Fall von einer solchen Entscheidung sprechen, die 38 

Rel., AA VI: 40.

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Zurechenbarkeit trägt. In Kants Architektur der transzendentalen Freiheit nun muss solcher Grund Vernunftgrund sein, und zum Vernunftgrund taugt nichts, was dem Intelligiblen subsequent ist. Vernunftgründe kann das Empirische nicht bereitstellen, sie können nicht aus Erfahrungen in der Zeitlichkeit gewonnen werden. Und so kann jenes Realitätsgefälle, das schon in der ursprünglichen moralischen Entscheidung einer angemessenen Motivation ein Hindernis war, vom Menschen durch die Erfahrung seines eigenen Handelns nicht überbrückt werden. Zwar hat die Handelnde ‚nun‘ Einsicht in die realen Auswirkungen ihrer selbstverantworteten moralischen Beschaffenheit, doch kann ihr diese Einsicht nicht als Vernunftgrund dienen, sich moralisch anders aufzustellen. Der Mensch mag also im Laufe seines Lebens durchaus Anlass haben, seinem Handeln von Grund auf eine andere, nämlich nach Kants Definition ‚gute‘ moralische Beschaffenheit verleihen zu wollen. Nur darf seine Moralität davon nicht abhängen, weil eine solche Durchlässigkeit von empirischer Erfahrung zur reinen praktischen Vernunft undenkbar ist.39 Die praktische Vernunft muss in Fragen der Moralität allein auf a priori-Boden operieren, um die Unabhängigkeit von empirischen Bedingungen und damit Zurechenbarkeit und moralische Freiheit überhaupt zu garantieren. Diese strenge intelligible Isolation soll dem Erhalt der transzendentalen Freiheit dienen. Der einzige Anlass, den Kant gelten lässt, damit das Subjekt sich zu einer Änderung seiner Gesinnung zum Guten durchringen sollte, ist die Pflicht: Die Pflicht gebiete, ein besserer Mensch zu werden, und da die Pflicht nichts gebiete, „als was uns thunlich ist“, muss die „Revolution für die Denkungsart […] nothwendig und daher auch dem Menschen möglich sein“.40 Das entspricht ganz der oben zitierten Herleitung: „wir sollen bessere Menschen werden, […] folglich müssen wir es auch können“.41 Diese Herleitung ist gleichsam ein Symptom der kantischen Grundthese von der Unerforschlichkeit der Freiheit. Gewissheit haben wir nach Kant nur vom moralischen Gesetz in uns,42 und damit einher geht die Forderung, ihm Folge zu leisten. Diesem Gebot, so Kant, muss im Subjekt die Fähigkeit zu seiner Befolgung entsprechen, und hieraus lässt sich auf die Freiheit der Willkür schließen, die eben in jenem ‚das-Sollen-Können‘ besteht. Mehr lässt sich über die Freiheit nicht sagen. Wir müssen sie annehmen, um uns als moralfähige Wesen verstehen zu können; ihr genaues ‚Geschehen‘ aber muss uns unerforschlich bleiben. 39  Vgl. hierzu die Diagnose Gordon Michaelsons, der herausstellt, dass im kantischen Modell keine Lebenserfahrung des Agenten für eine etwaige ‚künftige‘ moralische Entscheidung relevant sein kann. Michaelson attestiert Kants Philosophie eine fundamentale Spannung, wenn nicht gar Inkompatibilität zwischen seinen Bemühungen, eine zufriedenstellende Theorie der personalen Identität zu entwickeln und seinen Bemühungen, eine Lösung für das Problem der moralischen Regeneration zu finden, das sich aus seiner Theorie des radikalen Bösen ergeben muss (Michaelson [1990], 86 f.). 40  Rel., AA VI: 47. 41  Rel., AA VI: 45. 42  Vgl. etwa im berühmten „Beschluß“ der Kritik der praktischen Vernunft, AA V: 161 f.

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Sämtliche Beweislast in Sachen Machbarkeit des Besserwerdens scheint bei Kant auf dieser Herleitung der Freiheit vom Bewusstsein des Moralgesetzes – ‚Wir sollen es, also müssen wir es auch können‘ – zu liegen. Unabhängig davon, wie überzeugend man diesen Schluss auf die Freiheit finden mag, für Kant ist er der gleiche für die Machbarkeit des Besserwerdens wie für die Machbarkeit der Moralität in erster In­ stanz (die ursprüngliche intelligible Tat). Wenn nun schon für die ursprüngliche intelligible Tat die Forderung bestand, die Achtung des Moralgesetzes zum bestimmenden Prinzip der Willkür zu machen, und das Subjekt auch ‚danach‘ in unveränderter Weise zu nichts anderem angehalten ist, dann ist nicht ersichtlich, worin für das Subjekt, das sich in erster Instanz zu einer bösen Gesinnung entschieden hat, ein neues Motiv dafür liegen sollte, dem Bewusstsein des Moralgesetzes jetzt Rechnung zu tragen, sich also doch eine gute Gesinnung zu verleihen. Genau ein solches neues Motiv braucht es aber, um Bewegung in die Sache zu bringen, d. h. um das Subjekt zu einer Änderung seiner moralischen Beschaffenheit zu veranlassen. Es zeigt sich hieran, dass moralische Entwicklung für Kant widersinnig sein muss.43 Die moralische Beschaffenheit entscheidet sich für Kant noumenal, und da sich an der dortigen Begründungslage nichts ändern darf (das Moralgesetz ist schon ‚immer‘ und für jede/n, und mit ihm die Pflicht zu seiner Befolgung), können keine neuen Motive generiert werden, die Anstoß zur Besserung geben könnten.44 Anders gesagt: Wenn ich mich in erster Instanz schon nicht dazu veranlasst gesehen habe, dem Bewusstsein des Moralgesetzes dahingehend Folge zu leisten, dass ich mir eine gute Gesinnung gebe, wieso sollte ich es in einer Folge-Entscheidung tun – wenn die Erfahrung meines Handelns in der Welt mich dazu nicht motivieren kann. Durch den ‚das-Sollen-Können‘-Schluss mag Kant auf die Notwendigkeit einer Möglichkeit zur Gesinnungsänderung kommen – und zwar genau so wie schon auf die Freiheit des Subjekts; anhand einer transzendentalen Freiheit aber, die allein diese Herleitung hat, lässt sich nicht nachvollziehbar machen, warum sich der Mensch wirklich zu dieser Entwicklung veranlasst sehen sollte. Kant kann so eben nicht zeigen, was unserer Erwartung entspricht: dass ein Mensch, der sich dazu veranlasst 43 Paul Stern attestiert, dass sich Kants Problem, moralische Entwicklung biographisch/geschichtlich motiviert zu erklären, aus seiner ‚Theorie der zwei Standpunkte‘ ergibt, die einen Unterschied machen muss zwischen der ‚phänomenal-externen‘ Seite der Entwicklung einerseits und ihrer moralisch relevanten Grundlage andererseits: Wenn der kategorische Imperativ in moralischen Fragen das alleinige motivierende Prinzip im menschlichen Willen sein muss und diese Motivation allen Agenten gleichermaßen zukommt (was sie alle transzendental frei und zurechenbar macht), muss es historisch unqualifiziert sein – sowohl, was die persönliche Biographie des einzelnen Agenten angeht, als auch, was die Geschichte der gesamten Spezies (‚Menschheit‘) betrifft (vgl. Stern [1986], 539 f.). 44  Unabhängig davon, auf welche Art der Unterstützung, etwa von göttlicher Seite, man nach Kant hoffen darf, betont er, dass die moralische Besserung aus eigener Anstrengung initiiert werden muss; vgl. z. B. Rel., AA VI: 47: „Wenn der Mensch aber im Grunde seiner Maximen verderbt ist, wie ist es möglich, daß er durch eigene Kräfte diese Revolution zu Stande bringe und von selbst ein guter Mensch werde? Und doch gebietet die Pflicht es zu sein, sie gebietet uns aber nichts, als was uns thunlich ist.“

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sieht, anders handeln zu wollen, wirklich anders handeln kann; sondern er kann auf diese Weise allein postulieren, dass der Mensch, der anders handeln soll, anders handeln können muss.

3. Schellings intelligibles Wesen Schelling stützt sich in der Freiheitsschrift auf Kants Theorem der intelligiblen Tat. Er greift die kantische Konzeption einer solchen Tat, die die Voraussetzung für sämtliches freie Handeln eines Menschen schafft und es mit Zurechenbarkeit versieht, auf, um in seiner Behandlung des „formelle[n] Wesen[s] der Freiheit“ 45 zu erklären, „wie nun im einzelnen Menschen die Entscheidung für Böses oder Gutes vorgehe“.46 Dabei formuliert Schelling den Bedarf durchaus vergleichbar: Die Handlungen eines Menschen sollen diesem Menschen eindeutig zugerechnet werden können. Darum dürfen sie nicht aus „empirische[r] Nothwendigkeit“ 47 folgen, sondern müssen aus „jene[r] höhere[n] Nothwendigkeit“ 48 hervorgehen, die Schelling eine „innere, aus dem Wesen des Handelnden selbst quellende, Nothwendigkeit“ 49 nennt. Um die Bestimmtheit, die diese ‚höhere Notwendigkeit‘ in die Handlungen legt, dem Handelnden selbst zurechnen zu können, muss das Wesen, als ihre Quelle, „seine eigne That“50 sein. In einer intelligiblen Tat gibt der Mensch sich selbst den moralischen Zuschnitt seines Handelns, der ihm darum zurechenbar ist. Dass die Einzelhandlungen des Menschen dieser selbstgesetzten Vorgabe mit ‚innerer Notwendigkeit‘ folgen, ist nach Schelling dann gerade kein Hindernis für menschliche Freiheit, sondern ihre Bedingung. Auf der Ebene der konkreten Einzelhandlungen schlägt sich dies in unserer scheinbar widersprüchlichen Beurteilung nieder, dass der Handelnde hier und jetzt zwar nicht anders konnte, aber dass er genau dafür die volle Verantwortung trägt:51 In dem Bewußtseyn, sofern es bloßes Selbsterfassen und nur idealisch ist, kann jene freye That, die zur Nothwendigkeit wird, freylich nicht vorkommen, da sie ihm, wie dem Wesen, vorangeht, es erst macht; aber sie ist darum doch keine That, von der dem Menschen überall kein Bewußtseyn geblieben; indem derjenige, welcher etwa, um eine unrechte Handlung zu entschuldigen, sagt: So bin ich nun einmal, doch sich wohl bewußt ist, daß er durch seine Schuld 45 

AA I 17, 150 | SW VII, 382. AA I 17, 150 | SW VII, 382. 47  AA I 17, 151 | SW VII, 383. 48  AA I 17, 151 | SW VII, 383. 49  AA I 17, 151 | SW VII, 383. 50  AA I 17, 152 | SW VII, 385. 51  Friedrich Hermanni sieht in der Fähigkeit, solchen scheinbar widersprüchlichen Handlungsbeurteilungen gerecht zu werden, eine entscheidende Leistung der Schelling’schen Position. Schelling gehe darin über Kant hinaus, dass er nicht nur der Schuldzuweisung des Gewissens Rechnung trägt (wie schon Kant), sondern auch der Behauptung, dass es dem Menschen unmöglich sei, anders zu handeln (vgl. Hermanni [1994], 149). 46 

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so ist, so sehr er auch Recht hat, daß es ihm unmöglich gewesen, anders zu handeln. (AA I 17, 153 f. | SW VII, 386)

Schelling nimmt also wie Kant an, dass die intelligible Selbstbestimmung des Menschen die Voraussetzung für sein Handeln auf konkreter, zeitlicher Ebene ist. So kann ihm sein Handeln zugerechnet werden, wenn es teilnimmt am zeitlichen Kontext, in dem auch solche Ereignisse stattfinden, die der Handelnde selbst nicht verursacht. Ueberhaupt erst der Idealismus hat die Lehre von der Freyheit in dasjenige Gebiet erhoben, wo sie allein verständlich ist. Das intelligible Wesen jedes Dings, und vorzüglich des Menschen, ist diesem zufolge ausser allem Kausalzusammenhang, wie ausser oder über aller Zeit. Es kann daher nie durch irgend etwas Vorhergehendes bestimmt seyn, indem es selbst vielmehr allem Andern, das in ihm ist oder wird, nicht sowohl der Zeit, als dem Begriff nach als absolute Einheit vorangeht, die immer schon ganz und vollendet da seyn muß, damit die einzelne Handlung oder Bestimmung in ihr möglich sey. Wir drücken nämlich den Kantischen Begriff nicht eben genau mit seinen Worten, aber doch so aus, wie wir glauben, daß er, um verständlich zu seyn, ausgedrückt werden müsse. (AA I 17, 151 | SW VII, 383 f.)

An dieser Stelle lohnt sich ein Blick auf die Struktur der Freiheitsschrift. Dass Schelling die Behandlung des „formelle[n] Wesen[s]“ der Freiheit an seine Erklärung des „realen Begriffs“52 anschließt, liefert einen entscheidenden Hinweis auf das genuin Schelling’sche Verständnis der intelligiblen Tat. Schelling hatte von seinem „reale[n] und lebendige[n] Begriff“53 der Freiheit gefordert, dass mit ihm die „spezifische Differenz“54 der menschlichen Freiheit erfasst wird, nämlich „daß sie ein Vermögen des Guten und des Bösen sey“.55 Der Idealismus, so Schelling, gebe „einerseits nur den allgemeinsten, andrerseits den bloß formellen Begriff der Freyheit“.56 Es lässt sich daraus ablesen, dass Schelling für seinen Begriff von menschlicher Freiheit beansprucht, jenes ‚Vermögen des Guten und des Bösen‘ dadurch erklärbar zu machen, dass er irgendwie über den ‚allgemeinsten‘ und ‚bloß formellen Begriff‘, mit dem der Idealismus bis dato aufwartet, hinausgeht. Bevor der Text in die Behandlung des ‚formellen Wesens‘ der Freiheit, also die Schilderung der formellen Bedingungen für die Freiheit des Wesens in der intelligiblen Tat, übergeht, schreibt Schelling: „Erst nach Erkenntniß des allgemeinen Bösen ist es möglich, Gutes und Böses auch im Menschen zu begreifen“.57 Genau dieser „Erkenntniß des allgemeinen Bösen“ dient der Abschnitt, der der Behandlung der intelligiblen Tat vorangestellt ist. Schelling sieht in der „universelle[n] Wirksamkeit“ des Bösen, das heißt darin, dass das Böse „als ein unverkennbar allgemeines, mit

52 

AA I 17, 150 | SW VII, 382. AA I 17, 125 | SW VII, 352. 54  AA I 17, 124 | SW VII, 352. 55  AA I 17, 125 | SW VII, 352. 56  AA I 17, 125 | SW VII, 352. 57  AA I 17, 149 | SW VII, 381. 53 

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dem Guten überall im Kampf liegendes Prinzip“58 auch auf den Menschen seine Wirkung ausübt, eine Voraussetzung für die Entscheidbarkeit des intelligiblen Wesens. Der Text der Freiheitsschrift liefert an einigen Stellen Belege dafür, dass Schelling diese universelle Wirksamkeit eines „allgemeinen […] Bösen“,59 also eines Bösen, das sich dem Menschen unabhängig von der eigenen Entscheidung zeigt, für die Entscheidung dieses Menschen zum Guten oder Bösen für notwendig hält.60 So nimmt Schelling für die Situation der intelligiblen Tat, in der vom Menschen gefordert ist, dass er sich eine moralische Bestimmung verleiht, eine Empfehlungsstruktur an, die die Alternativen des Bösen und des Guten kenntlich macht und dem sich Entscheidenden so Anlass gibt, die eine Alternative der anderen vorzuziehen.61 Ein „natürlicher Hang des Menschen zum Bösen“62 etwa bietet dem sich Entscheidenden eine gewisse Identifizierbarkeit der bösen Option im Gegensatz zur guten, die „Angst des Lebens“63 provoziert ihn, diesem Hang nachzugehen. Durch die allgemeine Wirksamkeit des Bösen sind dem Menschen nach Schelling die Alternativen seiner Entscheidung ‚lebhaft‘ vor Augen, und diese natürlicherweise gegebene Identifizierbarkeit verleiht dem tatsächlichen Resultat seiner Selbstbestimmung eine gewisse Rechtfertigbarkeit. Der Mensch ist auf jenen Gipfel gestellt, wo er die Selbstbewegungsquelle zum Guten und Bösen gleicherweise in sich hat: das Band der Principien in ihm ist kein nothwendiges, sondern ein freyes. Er steht am Scheidepunkt; was er auch wähle, es wird seine That seyn: aber er kann nicht in der Unentschiedenheit bleiben, weil Gott nothwendig sich offenbaren muß, und weil in der Schöpfung überhaupt nichts Zweydeutiges bleiben kann. Dennoch scheint es, er könne auch nicht aus seiner Unentschiedenheit heraustreten, eben weil sie dieß ist. Es muß daher ein allgemeiner Grund der Solicitation, der Versuchung zum Bösen seyn, wär’ es auch nur, um die beyden Prinzipien in ihm lebendig, d. h. um ihn ihrer bewußt zu machen. (AA I 17, 143 | SW VII, 374)

3.1. Geschichtlichkeit Weiterhin sieht Schelling die geschichtliche Vermittlung der Alternativen des Guten und des Bösen als Voraussetzung dafür an, dass das Individuum in seiner intelligiblen Tat eine informierte Entscheidung seines Wesens treffen kann. Es lässt sich m. E. ausmachen, dass die Schilderung des Geschehens des Guten und des Bösen in ge58 

AA I 17, 143 | SW VII, 373. AA I 17, 149 | SW VII, 381. 60  Vgl. „allgemeiner Grund der Solicitation, der Versuchung zum Bösen“ (AA I 17, 143|SW VII, 374); „natürlicher Hang“ (AA I 17, 149 | SW VII, 381); „Angst des Lebens“ (AA I 17, 149 | SW VII, 381); „allgemeine Nothwendigkeit der Sünde“ (AA I 17, 149 | SW VII, 381); wir haben nicht „allein mit Fleisch und Blut, sondern mit einem Bösen in und ausser uns zu kämpfen, das Geist ist“ (AA I 17, 155 | SW VII, 388). 61  Vgl. „Vom absolut-Unbestimmten zum Bestimmten giebt es aber keinen Uebergang.“ (AA I 17, 151 | SW VII, 384) 62  AA I 17, 149 | SW VII, 381. 63  AA I 17, 149 | SW VII, 381. 59 

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schichtlicher Form64 für die intelligible Selbstbestimmung des Menschen für Schelling zwei wesentliche Funktionen erfüllt. 1) Die Passage zeigt anhand der Schilderung einer allgemeinen Vorgeschichte zur Entscheidung dieses Menschen auf, inwiefern jeder Mensch mit seinem Handeln zu dem Hervortreten des Guten und des Bösen in der Geschichte einen wesentlichen Beitrag leistet. Schelling geht davon aus, dass dem Menschen die historische Wirksamkeit seines Handelns bewusst sein muss, damit er sich gerechtfertigterweise zu seinem de facto historisch relevanten Handeln bestimmen kann. Indem ihm bewusst ist, dass er das Geschehen des Guten und das Geschehen des Bösen in der Welt mitverantwortet, ist er in der Lage, diese geschichtliche Relevanz seiner Handlungen im Zuge seiner moralischen Selbstbestimmung zu berücksichtigen. Schelling schildert in der Passage, wie in verschiedenen Epochen die Einzelne in unterschiedlicher Weise dazu aufgerufen ist, ihren individuellen Spielraum, das Gute mithervorzubringen, zu nutzen. Dabei bedeutet jede Epoche ein ganz eigenes Milieu mit einem eigenen ‚Zeitgeist‘ und je besonderen Herausforderungen für das Individuum. Es ist für Schelling eine wesentliche Voraussetzung für die Entscheidbarkeit des intelligiblen Wesens, dass der Mensch mit einem geschichtlichen Bewusstsein ausgestattet ist – d. h., dass sein Bewusstsein durch die Präsenz von Vorbildern des Guten und Bösen in den verschiedenen Konstellationen und Herausforderungen, die der geschichtliche Verlauf der Welt mit sich bringt, dafür geschärft ist, die eigene Entscheidung hinsichtlich ihrer historischen Relevanz zu rechtfertigen. Ich hatte es als ein wesentliches Problem der kantischen intelligiblen Isolation der moralischen Selbstbestimmung bezeichnet, dass die Undurchlässigkeit von der intelligiblen Grundlegung des Menschen zu seinem zeitlich erlebten Handeln dazu führt, dass das Subjekt die realen Auswirkungen seiner Entscheidung nicht angemessen berücksichtigen kann. Eine informierte Entscheidung über sein Handeln ist ihm in der Situation seiner intelligiblen Tat darum nicht möglich, weil ihr Horizont den Vollzugskontext des Handelns mitsamt seinen spezifischen Herausforderungen nicht angemessen abbilden kann. Mit der Annahme, dass der Mensch zur Bewältigung seiner moralischen Selbstbestimmung mit einem geschichtlichen Bewusstsein ausgestattet sein muss, scheint Schelling genau diesem Missstand zu begegnen. Durch die geschichtliche Vermittlung des Geschehens des Guten und des Bösen auch durch den Menschen wird die geschichtliche Relevanz des eigenen Handelns in der Situation der intelligiblen Tat für den Einzelnen präsent. Das Realitätsgefälle zwischen der intelligiblen Selbstbestimmung und dem zeitlichen Vollzug von Handlungen, der die Handelnde mit einer Vielzahl an Herausforderungen und Einzelheiten konfrontiert, denen sie gemäß ihrer intelligibel festgelegten Haltung begegnen muss, kann nach Schelling überbrückt werden, indem das intelligible Subjekt ein Bewusstsein davon hat, was seine geschichtliche Mitwirkung bedeuten kann. Wem vermittelt ist, was unter verschie64 

Vgl. AA I 17, 146–149 | SW VII, 377–380.

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denen Bedingungen im Lauf der Welt als gut und als böse hervorgebracht werden kann, sieht sich in die Lage versetzt, dasjenige Gute oder Böse zu bestimmen, das sie durch eigene Entscheidung und Leistung hervorbringen kann und will. Das intelligible Subjekt, dem die eigenen Möglichkeiten des Guten und des Bösen in dieser Weise kenntlich sind, weiß viel eher, wozu es sich bestimmt; darum kann dieses Subjekt seine moralische Bestimmung gerechtfertigterweise treffen. Zweck der moralischen Selbstbestimmung ist es ja gerade – für Kant wie für Schelling –, dem Menschen sein Handeln zurechenbar zu machen, indem ihm durch ‚Kausalität durch Freiheit‘ selbst die Urheberschaft seiner Handlungen zukommt. Kant ist der Auffassung, dass die transzendentale Freiheit nur unter strenger intelligibler Isolation zu erhalten ist und fordert, dass der Willensbestimmung des Subjekts nichts vorhergehen darf. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass „jede Handlung und überhaupt jede dem innern Sinne gemäß wechselnde Bestimmung seines Daseins“65 der Willensbestimmung des Subjekts nachgeordnet ist und diese der ‚Naturnotwendigkeit‘ des Empirischen keinesfalls anheimfallen kann. Was Kant sicherstellen will, ist, dass der Ausgang der intelligiblen Tat nicht der bloße Effekt von Ursachen ist, die nicht in der Verantwortung des Handelnden liegen; Bestimmungsgrund für das intelligible Subjekt können nur Vernunftvorstellungen sein, die „Bestimmung der Willkür zu ihrer Hervorbringung […] kann nicht als von irgend einem vorhergehenden Zustande abgeleitet werden“.66 Entscheidend für die Beurteilung des Schelling’schen Vorschlags ist, ob die geschichtliche Sättigung der Situation der intelligiblen Tat, wie Schelling sie voraussetzt, diese Unabhängigkeit des Subjekts von zeitlichen Ursachen, die ihm selbst nicht zugerechnet werden können, gefährdet. Schelling stimmt mit Kant ausdrücklich darin überein, dass die ‚höhere Notwendigkeit‘ des intelligiblen Wesens den Prädeterminismus, also die empirische Notwendigkeit aller Handlungen, überwindet.67 Der Ausschluss von Freiheit durch empirische Notwendigkeit besteht nach Schelling dann, wenn jede Handlung „durch Vorstellungen oder andre Ursachen bestimmt [ist], die in einer vergangenen Zeit liegen, und die bei der Handlung selbst nicht mehr in unsrer Gewalt stehen“.68 Die Forderung eines geschichtlichen Bewusstseins des sich moralisch bestimmenden intelligiblen Wesens scheint mir nicht mit der Forderung zu kollidieren, dass die intelligible Tat, als Grundlegung aller Handlungen des Menschen, nicht so durch zeitlich Vorhergehendes verursacht sein darf, dass es die Zurechenbarkeit des intelligiblen Wesens für die Entscheidung aufheben würde. Schelling fordert nicht, dass die intelligible Tat in den geschichtlichen Lauf der Dinge eingebettet werden soll und damit letztlich ein empirisches Ereignis unter vielen wird, verursacht durch solches, was nicht in der Gewalt der Handelnden steht. Das geschichtliche Bewusstsein des 65 

KpV, AA V: 97 f. Rel., AA VI: 39. 67  Vgl. AA I 17, 151 | SW VII, 383. 68  AA I 17, 151 | SW VII, 383. 66 

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intelligiblen Wesens meint nicht eine Bedingtheit des Wesens durch die raumzeitliche Verortung historischer Ereignisse. Entscheidend ist nicht die Tatsächlichkeit der Geschehnisse selber, noch die raumzeitliche Stelle, die sie im Lauf der empirischen Notwendigkeit einnehmen. Entscheidend ist, dass die Präsenz des geschichtlichen Geschehens des Guten und des Bösen im Freiheitsbewusstsein des intelligiblen Wesens die historische Relevanz des menschlichen Handelns für das Geschehen des Guten und des Bösen überhaupt anzeigt und sich der Mensch dadurch selbst dazu aufgerufen und in der Lage sieht, dies in der Entscheidung über sein eigenes Handeln zu berücksichtigen. Die Kenntnis von Vorbildern des guten und bösen Handelns in geschichtlicher Form reichert für die Einzelne die Bewertungsgrundlage ihrer Wesensbestimmung so an, dass ihre Entscheidung der geschichtlichen Realität, in der ihr Handeln vollzogen wird, Rechnung tragen kann. Ob das historische Geschehnis selbst empirisch nezessitiert und wiederum nezessitierend sei, ist für das intelligible Subjekt dabei unerheblich. Entscheidend ist, wie die Einzelne das zu gestaltende eigene Handeln auf Grundlage der geschichtlichen Vorbilder des Guten und Bösen bewertet. Die historische Auswertung kann ihr gute Gründe dafür liefern, die eine oder andere Alternative ihrer Wesensbestimmung zu ergreifen, ohne dass diese Entscheidung dadurch (empirisch) notwendig würde. Eine solche Bewertung von Geschehenem – sei es konstruiert oder raumzeitlich ‚tatsächlich‘ – ist genau dazu geeignet, die (Vernunft-)Begründung der Willensbestimmung des Subjekts zu stützen, ohne dass die raumzeitliche ‚Tatsächlichkeit‘ des Geschehens eine nötigende Ursache darstellen würde. Die Auswertung des historischen Stoffs ist allein Leistung des intelligiblen Subjekts und damit ihm voll zurechenbar. Die Gründe, die dem intelligiblen Wesen dadurch in der geschichtlich gesättigten Situation der intelligiblen Tat geliefert sind, erfüllen die Bedingung der Unabhängigkeit des Intelligiblen vom empirischen Kausalnexus. Durch die von Schelling geforderte geschichtliche Anreicherung ist keine ‚Kontamination durch zeitliche Notwendigkeit‘ für die Situation der moralischen Selbstbestimmung zu befürchten, die die Zurechenbarkeit des Individuums gefährden würde. 2) Durch die geschichtliche Vermittlung des Geschehens des Guten und des Bösen wird weiterhin offensichtlich, dass das eigene Handeln in der Teilnahme am geschichtlichen Verlauf immer konfrontiert ist mit solchem, was der Einzelne nicht selbst macht. Die allgemeine Vorgeschichte zur intelligiblen Tat zeigt, dass die eigene Entscheidung in einer gemeinsamen Handlungsrealität von vielen Freiheitssubjekten relevant wird. Das intelligible Wesen bestimmt sich zu solchem Handeln, das immer vollzogen wird in der Kontextualisierung mit dem Handeln anderer, die sich ebenfalls frei selbstbestimmen. Wir wollen dem Einzelnen den individuellen Beitrag zurechnen, den er aus eigener Entscheidung in seinem Leben in einem Kontext leistet, der auch von anderen Freiheitssubjekten mitgestaltet wird. Weil jedes der mitgestaltenden Subjekte für sich ‚Kausalität durch Freiheit‘ beansprucht, ist es keinem Einzelnen möglich, im Zuge der individuellen Entscheidung seines Handelns zu berücksichtigen, wofür andere Subjekte ihre Freiheit nutzen und

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welche Ausrichtung sie ihrem Handeln geben. Die intersubjektive Relevanz seiner Entscheidung steht demjenigen, der sich zum guten oder bösen Handeln bestimmen soll, nicht so zur Verfügung, dass ‚schon‘ sicher sei, welche konkreten Herausforderungen und Möglichkeiten er in der von vielen zu gestaltenden gemeinsamen Handlungsrealität zu erwarten hat. Wohl aber kennt er die universellen Bedingungen der intelligiblen Selbstbestimmung und es sind ihm, durch die allgemeine Vorgeschichte des Guten und des Bösen, gewisse geschichtliche Ausprägungen des gemeinsamen Kontextes des Handlungsvollzugs sowie Motive und Folgen der einen oder anderen Entscheidung des Menschen vermittelt. Mir kann nicht zugerechnet werden, wie andere Freiheitssubjekte aus eigener Entscheidung handeln, aber ich habe zu verantworten, welchen Beitrag ich selbst bereit bin, in meinem Leben im gemeinsamen Kontext zu leisten. M. E. wird es der Realität der menschlichen Freiheit gerecht, wenn sie für die Zurechenbarkeit des von mir verantworteten Guten und Bösen in einem Zusammenhang gesehen wird, der nicht allein von mir selbst hervorgebracht und bestimmt ist. Dieser Realität muss die Situation der Grundlegung meiner Moralität Rechnung tragen, indem ich in die Lage versetzt bin, die Kontextualisierung meines Handelns mit dem Handeln anderer zu berücksichtigen, auch wenn ich die tatsächliche Ausprägung dieses Kontextes nicht vorhersehen kann. Der Schelling’sche Gedanke ist, dass dem Einzelnen die intersubjektive Dimension des eigenen Handelns für seine intelligible Selbstbestimmung durch die Präsenz einer allgemeinen Vorgeschichte des Geschehens des Guten und Bösen durch geschichtliche Szenarien und Vorbilder verfügbar gemacht wird, wo die den Freiheitsentscheidungen auch anderer Menschen nachgeordneten konkreten Ausprägungen des Kontextes, der auch im Leben dieses Menschen tatsächlich wird, nicht gewusst oder beeinflusst werden können. Der Passage über die intelligible Tat schließt Schelling folgende Anmerkung an: Es scheint nur Ein Grund zu seyn, der gegen diese Ansicht angeführt werden könnte: dieser, daß sie alle Umwendung des Menschen vom Bösen zum Guten, und umgekehrt, für dieses Leben wenigstens abschneide. Allein es sey nun, daß menschliche oder göttliche Hülfe – (einer Hülfe bedarf der Mensch immer) – ihn zu der Umwandlung ins Gute bestimme, so liegt doch dieß, daß er dem guten Geist jene Einwirkung verstattet, sich ihm nicht positiv verschließt, ebenfalls schon in jener anfänglichen Handlung, durch welche er dieser und kein andrer ist. […] Es ist im strengsten Verstande wahr, daß, wie der Mensch überhaupt beschaffen ist, nicht er selbst, sondern entweder der gute oder der böse Geist in ihm handelt; und dennoch thut dieß der Freyheit keinen Eintrag. Denn eben das in-sich-handeln-Lassen des guten oder bösen Prinzips ist die Folge der intelligibeln That, wodurch sein Wesen und Leben bestimmt ist. (AA I 17, 155 f. | SW VII, 389)

Schelling möchte hier einem Einwand zuvorkommen, von dem er annimmt, dass er gegen seine Darstellung der ‚höheren Notwendigkeit‘ aus intelligibler Selbstbestimmung vorgebracht werden könnte. Die geschilderte Herausforderung ist uns schon vom kantischen Vorschlag zur Option der Veränderung der eigenen moralischen Ausrichtung innerhalb eines Lebens bekannt: Wenn die intelligible Selbstbestim-

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mung des Menschen, die die moralische Qualität seines Handelns festlegen muss, sämtlichem Handeln dieses Menschen vorgeordnet ist, ist nicht erklärbar, wie ihm im Verlauf seines Lebens die Möglichkeit gegeben wäre, an dieser Vorbestimmung seines Handelns etwas zu ändern. Ist diese ‚Umwandlung‘ empirisch verursacht, ist sie dem Handelnden selbst nicht zurechenbar und damit für die Beurteilung seiner Moralität völlig unerheblich. Auffällig an Schellings Schilderung der Option der „Umwendung des Menschen vom Bösen zum Guten, und umgekehrt“, ist, dass er auf die Hilfe abhebt, die jemandem durch andere zuteilwerden kann. Menschliche oder göttliche Hilfe, so Schelling, könne einen Menschen zur Umwandlung ins Gute ‚bestimmen‘. Dass jemand diese Hilfe annimmt, indem sie „dem guten Geist jene Einwirkung verstattet“, liege aber wiederum schon in der ursprünglichen Handlung begründet, in der der Mensch sich zu seinem Wesen bestimmt. Der Gedanke Schellings ist, dass die Umwandlung eines Menschen durch ein Zusammenspiel passiert aus einer in der intersubjektiven Erfahrung liegenden Veranlassung zur Umwandlung einerseits und der freien Entscheidung, diese Veranlassung zu berücksichtigen andererseits. Schelling will die Urheberschaft der Umwandlung dem Freiheitssubjekt selbst beilegen, aber zugleich ermöglichen, dass die Veranlassung zur Umwandlung im Lebenslauf des Menschen passiert – und zwar durch das Erleben des Handelns anderer Freiheitssubjekte, das nicht in der eigenen Gewalt liegt. Schelling wollte die intersubjektive Dimension des menschlichen Handelns in der geschichtlich gesättigten Situation der intelligiblen Selbstbestimmung so abgebildet sehen, dass der Mensch eine gerechtfertigte Entscheidung treffen kann über sein Handeln im Kontext mit anderen Freiheitssubjekten. Festzustellen ist aber, dass dem intelligiblen Subjekt durch die geschichtliche Vermittlung von Intersubjektivität nicht die konkreten Ausmaße des gemeinsamen Kontextes verfügbar sind – eben weil diese Ausmaße mitgestaltet werden von anderen Subjekten, die ebenfalls Freiheit für sich beanspruchen. Die Ursachen der Handlungen von anderen liegen nicht in meiner Gewalt. Allerdings scheint sich solche Verursachung, die der Freiheit eines anderen Menschen entspringt, doch entscheidend anders zu verhalten als die äußere Verursachung durch Kausalgesetze der Natur, die solches uneingeschränkt belangen, das nicht mit Freiheit ausgestattet ist. Alles Handeln, das den intersubjektiven Kontext mitgestaltet, hat seine Ursache in der Gewalt von Freiheitssubjekten, die vor derselben Herausforderung der Ausrichtung des eigenen Handelns stehen wie ich selbst. Zwischen solchen Freiheitssubjekten eröffnet sich nun ein Spielraum des gemeinsam Machbaren – ganz anders, als es sich beim moralisch nicht wertbaren ‚Gemeinsamen‘ anderer, freiheitsunbegabter Lebewesen verhält.69 Dass sich die Freiheitssubjekte gegenseitig dazu veranlassen, etwa Gutes gemeinsam zu veranstalten, 69  Einen Hinweis darauf, dass die spezifisch menschliche Fähigkeit zum Bösen auch für den ‚moralischen Wert‘ des gemeinsam veranstalteten Guten entscheidend ist, kann man z. B. darin sehen, dass wir im Vergleich etwa kooperatives Verhalten unter Tieren als moralisch irrelevant beurteilen würden.

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ist nur im Kontakt dieser Subjekte möglich, und dazu braucht es das Teilen einer Geschichte. Eine Empfänglichkeit wiederum, diese gemeinsame Veranlassung im eigenen Handeln umzusetzen, muss die Einzelne sich selbst verleihen, und der Ort für so eine moralisch relevante Bestimmung ist das intelligible Wesen. Dass mir die beschriebene Hilfe durch andere zukommt, liegt nicht in meiner Gewalt, wohl aber, mich dazu zu bestimmen, ihr eine ‚Einwirkung zu verstatten‘. Die empirische Tatsächlichkeit einer Hilfe durch andere steht mir nicht zur Disposition – dass sich ein anderes Individuum dazu entscheidet, mir diese Hilfe zukommen zu lassen, liegt allein in seiner Freiheit begründet; es ist aber eine Sache meiner Freiheit, für mein Handeln die Bedingung zu definieren, dass ich solche Hilfe ‚zum Guten‘ annehme, wenn sie mir tatsächlich begegnet. Ebenso liegt es übrigens in meiner Gewalt, mich dazu zu bestimmen, selbst anderen eine Hilfe zu sein, wenn sich die Gelegenheit bietet. Überhaupt ist das gemeinsam veranstaltete Gute von ungleich höherer Komplexität als jenes radikal Gute, zu dem die Einzelne im Zuge ihrer intelligiblen Selbstsetzung befähigt ist. Das gemeinsame Gute bedarf der Entscheidung und Leistung vieler solcher Subjekte, die auch anders können, und der Entschluss dazu kann nur in der intersubjektiven, also geschichtlichen Vermittlung dieses Wollens vieler passieren. Mit der ‚Umwandlung‘ des Menschen geschieht demnach keine Rückgängigmachung70 der ursprünglichen Selbstbestimmung; vielmehr ist sie der Vollzug der in der ursprünglichen Selbstbestimmung getroffenen Entscheidung, meiner guten Anlage nach Möglichkeit Rechnung zu tragen, d. h. zum Beispiel, wenn ich mir das Machen des Guten im gemeinsamen Vollzug des Handelns zutraue. Die Einzelne kann sich durch die Hilfe anderer befähigt fühlen, ihr Handeln in den Dienst der Gedeihlichkeit des Gesamtzusammenhangs zu stellen, auch oder gerade wenn sie sich ‚vor‘ der intersubjektiven Vermittlung dieser Hilfe, getrieben von der ‚Angst des Lebens‘, nicht dazu in der Lage sieht. Ihr zuzurechnen ist dabei die ‚Schmerzgrenze‘, die sie sich setzt, also die Definition dessen, was es braucht, damit sie sich ‚das Gute‘ zutraut bzw. welche Gelegenheit es für sie braucht, ‚das Böse‘ zu wollen. Ihr nicht zuzurechnen ist, auf welcher Seite der Schmerzgrenze die Wirklichkeit der Welt sich tatsächlich abspielt. Das scheint mir sehr genau zu treffen, wofür wir einen Menschen verantwortlich machen und wofür wir ihn loben und tadeln: Was es für ihn braucht, damit er so handelt, dass nicht Eigennutz, sondern die Gedeihlichkeit des Gesamten Antrieb seines Handelns ist. Darum machen wir in unserem moralischen Urteil einen Unterschied zwischen der, die unter stärksten Widrigkeiten und mit größter Anstrengung ihren Beitrag zu einem Gelingen des Gesamtzusammenhangs leistet und der, der die kleinste Gelegenheit reicht, um ihrem Eigennutz zu frönen. 70  Vgl. Thomas Buchheims Beitrag in diesem Band (276–279), der darstellt, wie gewisse Bestimmungen die absolute Einheit des intelligiblen Wesens modifizieren können, wobei diese Bestimmungen erstens nicht der Selbstbestimmung des Menschen entspringen und sie zweitens die Selbstbestimmung nicht rückgängig machen.

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Den Menschen für dieses ‚was es für ihn braucht‘ verantwortlich zu machen, ist darum so treffend, weil der reale ‚Betrag‘ des Handelns eines Menschen sich genau aus diesen beiden Komponenten zusammensetzt: der selbstverantworteten Definition der Bedingungen für mein persönliches Handeln einerseits und dem von meinem Zutun unabhängigen Erfülltsein dieser Bedingungen in der Welt andererseits. Der Gedanke Schellings, dass die Umwandlung eines Menschen durch ein Zusammenspiel aus einer in der intersubjektiven Erfahrung liegenden Veranlassung zur Umwandlung einerseits und der freien Entscheidung, diese Veranlassung zu berücksichtigen andererseits passiert, scheint mir dieses Verhältnis genau abzubilden.

4. Fazit Schelling geht über das kantische Vorbild der intelligiblen Tat hinaus, indem er ihre Situation um die natürliche und geschichtliche Vermittlung der Alternativen der freien moralischen Selbstbestimmung erweitert. Die geschichtliche Vermittlung dient dabei zum einen der Anreicherung der Begründungslage für die Wesensbestimmung des Einzelnen: Die Abbildung der geschichtlichen Realisierbarkeit des Guten und Bösen versetzt den Einzelnen in die Lage, eine informierte Entscheidung seines Wesens zu treffen, die seiner geschichtlichen Relevanz Rechnung trägt und allgemeine Herausforderungen des Handelns in der Geschichte in den Horizont der Entscheidung holt. Zum anderen kann ein gewisses historisches Bewusstsein die intersubjektive Dimension des menschlichen Handelns in der Welt dem sich Entscheidenden für die Situation seiner moralischen Selbstbestimmung so verfügbar machen, dass er die Optionen, die sich ihm in der tatsächlichen Intersubjektivität seines Lebensvollzugs bieten mögen, in seine wesensgrundlegende Entscheidung einpreisen kann. Die Möglichkeit des Menschen, innerhalb seines Lebens eine ‚Umwendung‘ der Ausrichtung seines Handelns vorzunehmen, hängt davon ab, dass er seinen eigenen Beitrag zu dieser Umwendung seiner Lebensrealität angemessen definiert. Dass er die Gelegenheiten zur Besserung, die sich ihm im intersubjektiven Kontext bieten, ergreift, ist seine eigene Entscheidung. Eine geschichtliche Vermittlung dessen, was die gemeinsame Verantwortlichkeit für das Gute bedeutet, ist die Voraussetzung dafür, dass der Mensch diesen eigenen Beitrag angemessen definieren kann. Mit der Annahme einer geschichtlichen Grundlage der intelligiblen Selbstbestimmung des Menschen geht Schelling über die in intelligibler Isolation beheimatete kantische transzendentale Freiheit hinaus, die er in seiner Freiheitsschrift ‚allgemeinst‘ und ‚bloß formell‘ nennt. Intelligible Selbstbestimmung auf realem Grund – so kann man Schellings Anliegen formulieren – leidet zum einen nicht an einem Realitätsgefälle zum vollzogenen Leben, das dem intelligiblen Subjekt eine informierte Entscheidung über sein Handeln erschwert. Zum anderen bedeutet die geschichtliche Sättigung jener Situation, in der über die Moralität des Menschen ent-

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schieden wird, dass ich mir über das Einpreisen der intersubjektiven Dimension meines Handelns auch eine Neuausrichtung meines Handelns im Laufe meines Lebens ermöglichen kann. Schelling will durch diese Schilderung der Bedingungen von moralischer Selbstbestimmtheit den Vorgang der Freiheit nachvollziehbar machen, statt aus der Annahme einer Unerforschlichkeit der menschlichen Freiheit die Beweislast in ihrer Frage allein auf den ‚das-Sollen-Können‘-Schluss zu legen.

Literaturverzeichnis Hermanni, F. (1994), Die letzte Entlastung. Vollendung und Scheitern des abendländischen Theodizeeprojektes in Schellings Philosophie, Wien. Michaelson, G. E. (1990), Fallen freedom. Kant on radical evil and moral regeneration, Cambridge. Stern, P. (1986), „The Problem of History and Temporality in Kantian Ethics“, in: Review of Metaphysics 39, 505–545.

Schelling on Time and Agency in the Freiheitsschrift and the Weltalter Thimo Heisenberg1 1. Introduction In his 1811 Weltalter, Schelling, for the first time in his philosophical career, confronts the reader with the following stunning claim: time, he argues here, is not the all-encompassing medium in which all human (and divine) actions and interactions take place – rather, time is generated by agents through the decisions they make.2 While we might ordinarily think that there can be no actions outside of time and, hence, that the existence of time always has to logically and ontologically precede our agency, our ordinary intuitions are just mistaken in this regard. To the contrary, it is agency – manifested in decisions – that ontologically and logically precedes time and through which time is posited and brought into the world.3 This unusual and consciously heterodox view has caused great puzzlement among commentators and has raised many questions. Among them, one of the most immediately pressing seems to be this: why, exactly, was Schelling motivated to develop this highly unusual view? What caused Schelling’s turn to this heterodox conception of time? Surprisingly, this question is very rarely explicitly thematized in the literature. If commentators attend to Schelling’s heterodox theory of time at all, they instead tend to focus on all the reasons why this theory of time might, ultimately, be unsustainable or unsuccessful as a philosophical view – why, in other words, it might, at the end of the day, be a philosophical failure.4 Yet, there is very little attention on why Schelling, in the first place, thought this view to be promising, and what got him to diverge, so consciously and so decisively, from our ordinary understanding of time and its relationship to agency.5 1  This article originated in a long-standing conversation about the Freiheitsschrift with Thomas Buchheim, Thomas Frisch, Nora Wachsmann, and Marco Hausmann. To all of them – especially to Thomas Buchheim – I’m deeply indebted. I also want to thank Wolfgang Mann for providing extremely helpful comments on an earlier draft of this article. 2  Cf. WA I, 79. All translations are my own, but I have profited by consulting the translation of the Freiheitsschrift by Love/Schmidt. 3  Cf. WA I, 78. 4  See Wieland (1956). 5  One further reason why the motivation behind Schelling’s turn to this unusual theory of time is often neglected, is that Schelling, in general, has a reputation for changing his philosophical views

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In this article, then, I want to present what I think is a plausible answer to these latter questions. I argue that Schelling was centrally motivated to develop this view of time out of a desire to demonstrate that the metaphysics of time leaves room for human freedom.6 Indeed, I think that there are good arguments that, already in his Freiheitsschrift of 1809, Schelling had come to believe that human freedom, in order to be possible, required time to be very different from how we ordinarily conceive of it (Sections 2 and 3). His heterodox view of time, then, appears to be intended as a direct response to this realization – as an attempt to show that time indeed had this unconventional structure and was hence ‘fit for human freedom’ (Sections 4 and 5). Before I start, however, let me point out that the goal of my investigation here is not merely historical insight into the trajectory of Schelling’s thought. Sure enough: as I already indicated, what we are doing here is indeed intended to reveal the philosophi­ cal logic behind an unusual theoretical development in Schelling’s so-called ‘middle period’. And in as much as this theoretical development is largely unexplored, this historical insight is surely valuable in and of itself. But this is not all that this article is about. After all: what the argument in the article also intends to do is to shed light, in general, on the theoretical demands of Schel­ ling’s conception of human freedom – particularly on the fact that endorsing this conception of human freedom seems, even by Schelling’s own lights, to require a fundamental rethinking of the nature of time. This insight is pertinent for recent attempts to revive and defend a genuinely Schellingian notion of human freedom in the contemporary debate about this subject.7 For, surely, if Schelling’s conception of human freedom requires a fundamental rethinking of the metaphysics of time – proponents of such a contemporary revival will have to systematically recon with this demand: they will have to either endorse Schelling’s own highly unusual metaphysics of time, or come up with their own, original way of accommodating the implications Schelling’s theory has in temporal metaphysics. Hence, the upshot of this article is both historical and philosophical: it illuminates the development of Schelling’s thought, and – at the same time – throws light on a theoretical challenge that even contemporary defenders of a Schellingian notion of human freedom will have to face.8

in jarring and unpredictable ways – which might make such an investigation into the reasons for his philosophical development seem potentially fruitless. For this reputation, see – for example – Baumgarten/Korten (1996), 9; Frank (1985), 7. 6  This connection to Schelling’s project of conceptualizing freedom is not only, as far as I can see, often neglected, but sometimes actively denied see, e.g., in Xian (2005), 23. 7  This attempt is largely associated with Thomas Buchheim’s recent work on Schelling, as laid out in a number of highly interesting publications, such as Buchheim (2012). 8  Recently, and partially in response to the concerns raised in the present article, Thomas Buchheim has taken up this concern in Buchheim (2020).

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2. Setting Up the Problem: Time and Human Freedom in the Freiheitsschrift The obvious starting point for my argument is a brief portrayal of Schelling’s conception of human freedom in the 1809 Freiheitsschrift and its relationship to time. Three central points seem especially worth highlighting here. First point: In the Freiheits­ schrift, Schelling’s general aim is to develop a conception of human freedom that is rationally intelligible and, in principle, defensible against various challenges that can be levelled against such a conception9 – such as, for example, the challenges arising from the complete causal determinacy in the world of space and time.10 In doing so, Schelling takes himself to be specifically addressing readers who, like Schelling himself, take themselves to be free, but, in the face of all these theoretical challenges, feel forced to choose between this endorsement of their own freedom and their endorsement of a worldview that fully embraces the standards of modern science and rationality.11 It is specifically for those readers that Schelling offers his conception of freedom, since it shows, if things go well, that this distressing choice does not need to be made12 and that it is compatible to take oneself, as a human being, to be genuinely free and to hold on to a fully and thoroughly rational and scientific worldview.13 In a way, then, the project of the Freiheitsschrift might almost be described as an existential offer to the reader: it charts for those readers a way out of a theoretical, yet also deeply personal dilemma14 by showing that, if we truly think it through, the dilemma does not need to be decided either way – but rather ceases to be a dilemma at all. Now, of course – and this is the second point worth attending to here – coming up with a conception of human freedom that we can rationally endorse in the way just described is quite an ambitious task. What it centrally requires is that Schelling examines some of the main metaphysical, epistemological, and theological challenges that are leveled against the idea of human freedom – showing all the while that there is an intelligible notion of freedom that is not vulnerable to these challenges.15 Among these challenges, the most pressing from a contemporary perspective is surely the one 9 

Cf. AA I 17, 111 | SW VII, 336. e.g., AA I 17, 150 | SW VII, 382. It is important, however, to note that this challenge from causal determination is only one of the challenges that the Freiheitsschrift confronts. Schelling is equally concerned to tackle other problems threatening the intelligibility of human freedom, such as the problem that divine foreknowledge seems to make human freedom inconceivable (for this see, e.g., AA I 17, 167 f. | SW VII, 402 f.). 11  Cf. AA I 17, 111 | SW VII, 336. 12  This is, crucially, contra Jacobi’s position, who had very explicitly argued in his Spinoza Letters that we indeed face this choice. For a discussion of this, see also Thomas Buchheim (2011), 92. 13  Thomas Buchheim has recently argued that this personal character of the Freiheitsschrift – i.e., that it speaks from person to person, as it were – is part of a fundamentally new philosophical method Schelling adopts in 1809. For this, see Buchheim (2017). 14  This highly personal character of the Freiheitsschrift comes through specifically clearly in the famous footnote on AA I 17, 173 | SW VII, 409. For more on this footnote, see also Buchheim (2004). 15 See, e.g., AA I 17, 150 | SW VII, 382. 10 See,

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already mentioned earlier, namely this: within the world of space and time, there is complete causal determination – every event and every entity is completely determined by causal chains that precede it. But this seems to make human freedom impossible. If how we are and how we act is completely determined by a network of causal chains that originate way back in time, it seems that our character and our actions are always already ‘fixed’ before we set out to act.16 And if this is true, we seem to be reduced to cogs in the causal machinery of the world, who cannot actually determine themselves, but who are ‘always already’ determined by their respective causal history.17 Schelling attempts to meet this crucial challenge by arguing that we can and should conceive of our freedom as emanating from an underlying decision outside of time and space,18 through which each one of us has influenced the spatiotemporal causal network such that it produces a certain psychological and physiological composition in us (which then, in turn, manifests itself in certain ways of acting). From that perspective, the causal history that leads to our respective constitution does not longer appear to be an insurmountable obstacle to our freedom. Much rather, in a surprising twist, causal determination reveals itself to be a form of self-determination: for it is through the network of causes in the spatiotemporal world that our underlying free act of self-formation – which Schelling also calls by the traditional name of an ‘intelligible deed’– comes to expression. It is this conception, then, that makes it possible for Schelling to maintain that someone who breaks moral rules (such as Judas) legitimately feels himself directly and immediately responsible for what he has done, while at the same time acknowledges that his deeds are an outcome of the network of causes and effects that preceded his deed (in this case: his treason).19 One might even, as Schelling himself does, put this point in a stronger, more paradoxical-sounding, way: despite it being true that Judas, as the spatiotemporal being that he is now, could not have acted otherwise than he did due to the causal history that bears on his own action,20 he nevertheless remains completely culpable for his deed – since the causal determination that has him in its grasp as a spatiotemporal being, is itself an expression and a manifestation of Judas’ underlying decision to be the kind of being that he is.

16 

This is, of course, a similar challenge to the one Kant had confronted in the Third Antinomy. Cf. AA I 17, 150 | SW VII, 382. 18  Cf. AA I 17, 151 f. | SW VII, 384. 19  Cf. AA I 17, 153 | SW VII, 386. 20  Cf. AA I 17, 153 f. | SW VII, 386. 17 

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Now, of course,21 there would still be a lot to explain here.22 But we have already said just enough to see – and this is the important third point on our list – how this conception of freedom, centered around the idea of a ‘timeless decision’, seems to demand an unusual metaphysics of time. After all: intuitively, we do think of time as a universal condition on our agency. We think, in other words, that the existence of time must logically and ontologically precede all our actions and decisions, since these decisions can only happen in the medium that time provides for them. That way, time appears intuitively as an inevitable background against which we make all our choices and against which we act and interact with others: the inevitable medium, in which it all takes place. Moreover: This thought of time as a universal condition on our agency is not only a matter of our intuitions – it seems to be also supportable by a sustained philosophi­ cal argument. After all: A decision constitutively involves that the deciding subject changes its status from being ‘undecided’ to being ‘decided’ (regarding the matter of its decision). Such a change between contradictory states (‘undecided’ and ‘decided’), however, seems only possible within time; if there was no temporal succession to separate one state (‘undecided’) from the other (‘decided’), both contradictory states would obtain of the same subject at once. And that would be absurd, since it violates the Principle of Non-Contradiction.23 Hence, we land exactly where our intuitions already led us: namely at the thought that time must be a universal condition on our agency – the background and stage against and on which all our decisions need to take place. Hence, by giving pride of place to a ‘timeless decision’, Schelling’s conception of freedom requires that time has a different status than we usually think it has. For, of course, time cannot be a universal condition on our agency, if the one decision through which human beings come to determine their whole life, occurs independently of time and does not require the stage that time sets for it. Instead, time must be ontologically somewhat less foundational than we ordinarily think it is; not 21  I’m saying ‘of course’ here, because Schelling’s notion of an intelligible deed, for a great variety of reasons, has attracted controversy ever since the Freiheitsschrift appeared. One particularly vicious critic is Schopenhauer, cf. Handschriftlicher Nachlass, 313. These criticisms, of course, did not stop Schopenhauer from being inspired, in various ways, by Schelling. For more on this, see, e.g., Berg (2003) as well as Hühn (2012). For other criticisms of Schelling’s notion of the intelligible deed, coming from his contemporaries, see – for example – the various criticisms gathered together in Hennigfeld (2001), 110. 22  One question, for example, that will remain open here is the question of how this conception of one timeless act of self-formation can account for the possibility of radical changes in character, as Schelling himself maintains it can (cf. AA I 17, 155 f. | SW VII, 389). Another question that equally remains open is how an act that logically precedes our individual self-consciousness can itself be free and attributable to us. For the latter questions, see also Sturma (1995). 23  Another way of putting this argument, of course, is that timeless agency necessarily involves an equally timeless change. And while there has been some vivid controversy about whether there can be time without change, the idea of change without time is often regarded with philosophical suspicion. For a discussion of the former, see – for example – Shoemaker (1969).

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the inevitable background to whatever it is we do and whatever it is we decide, but rather something else. But what is this ‘something else’? And how could it be that our ordinary intuitions about the relationship between time and agency are so systematically mistaken that we find the notion of a timeless act so very difficult to conceive? These are exactly the kind of questions to which Schelling (and even a contemporary defender of Schel­ ling’s notion of freedom) needs to give an answer. And it is also exactly these kinds of questions whose pressure Schelling already recognized in 1809 – and which lead him to move from the Freiheitsschrift to the Weltalter.24

3. Did Schelling Already Notice the Problem in 1809? Now, this latter suggestion – that Schelling already recognized the problem in 1809 – must seem a bit puzzling at first. After all: there initially seems to be a forceful argument – which I think other readers of Schelling often at least implicitly subscribe to25 – that Schelling did not, in fact, recognize the full time-ontological implications of his own account of freedom in 1809. After all, or so the argument goes: If Schelling had himself recognized that his conception of human freedom demands an unusual notion of time, in which this conception of freedom can be adequately embedded, the Freiheitsschrift would have discussed the topic of time much more explicitly and much more centrally. But it doesn’t. Yet I think, we can find at least three convincing arguments why this line of thinking is uncharitable – and why, instead, we should adopt the view that, already in 1809, Schelling had himself realized the unconventional temporal implications of his own conception of freedom. The first argument is simply that the problem seems too obvious for Schelling to miss. Especially in light of the fact that structurally similar problems had already arisen in the discussion of Kant’s notion of an ‘intelligible deed’26 – a conception that Schelling himself was intimately familiar with and that he himself cites in the text of the Freiheitsschrift as a progenitor of his own view27 – it seems uncharitable to assume that Schelling would have failed to notice that these kinds of problems concerned his own vision of timeless agency as well. 24  One intermediate point between the Freiheitsschrift and the Weltalter lies in Schelling’s unpublished Stuttgarter Privatvorlesungen of 1810. Here, Schelling, as is well-known, begins to transition into his new theory of time, while also retaining and re-asserting previous elements of his philosophical system, such that the whole text appears almost as a conceptual laboratory, in which Schelling tries out different philosophical views. For a helpful analysis of these issues, see – for example – Vetö (2011). 25  A broad argument that Schelling’s treatment of time in the Freiheitschrift is somehow unreflective can be found, e.g., in Hennigfeld (1991); in Jacobs (2004) and most recently in Florig (2010). 26  For the contemporary discussion of this problem in Kant, see – for example – Wood (1984) and Allison (1990), 47–53. 27  Cf. AA I 17, 151 | SW VII, 384.

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Moreover, and this is the second argument, if we read the Freiheitsschrift closely, we can find multiple passages in which Schelling implicitly acknowledges that his conception of human freedom goes against our ordinary understanding of time. The most instructive of these passages perhaps is the following: Because there is the highest harmony in creation, and nothing is as discrete and consecutive as we must portray it to be, but rather in what is before that which comes after is already at work, and everything happens at once in one magic stroke: so, man, who appears decided and determinate here, gives himself a determinate form in the first creation and is born as that which he had been from eternity since through this act even the type and constitution of his corporeal formation is determined. (AA I 17, 154 | SW VII, 387)

In this passage, Schelling discusses the intelligible deed, and then goes out of his way to warn the reader not to misinterpret his conception of a timeless decision in a temporal manner, just because there seems to be some type of successive change involved in this decision here (some ‘before’ and ‘after’). But such a warning, of course, only makes sense if Schelling was quite aware of the fact that we ordinarily would think that there must be time wherever there are decisions – but that his own view requires, very much in contrast to this ordinary view, that time has a different status. This passage, hence, is no less than an indirect admission, on Schelling’s part, that we need to think time (and especially its relationship to our agency) differently than we are used to conceive of it. The third argument, finally, returns to our starting point. It is just this: As we have seen above, the strongest argument for the idea that Schelling did not recognize the time-related problems of his conception of freedom lies in the thought that, if he had, he would have discussed the topic of time much more explicitly in the Freiheitsschrift. But is this conditional really plausible? I don’t think it is. There is good evidence, after all, to suggest that Schelling did not intend the Freiheitsschrift as a completely self-standing philosophical text. Instead, it seemed fairly clear – e.g., from the famous last sentences of the text, according to which “this present treatise will be followed by a series of others, in which the entirety of the ideal part of philosophy will gradually be presented”28 – that Schelling intended to follow up the Freiheitsschrift with a wider range of philosophical texts that would flesh out and further support the claims made in the Freiheitsschrift. Hence, it seems absolutely plausible that Schelling would have thought that he would have plenty opportunity to address the worries surrounding time in a different philosophical venue. My contention now is that this is exactly what happens – namely in the 1811 Weltalter.29

28 

AA I 17, 179 | SW VII, 416. course, as is well known, the Weltalter never see the light of philosophical publication, which gives the Freiheitsschrift the false appearance of a ‘stand-alone’ philosophical text. For an interesting intellectual and biographical portrayal of the struggle to publish the Weltalter, see – for example – Tilliette (2004), Chs. 9 f. 29  Of

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4. Time in the 1811 Weltalter Draft – Schelling’s Attempt at a Response. Schelling’s new 1811 theory of time, of course, would demand a article onto itself.30 For our purposes however, we can approach this theory, again, through three crucial points. The first one is this: As we have already explained above, we ordinarily think of time as a universal condition of our agency. On this kind of view, time is the in­ evitable background to all our decisions, actions, and projects – the medium in which it all takes place. It is this intuition, of course, that makes it so hard for us to even imagine something like timeless agency, because such an idea seems, to put it metaphorically, as if we are being asked to consider a fish existing outside of its water, i.e., as if we are being asked to consider something (namely agency) as existing outside the medium to which it is constitutively tied (namely time). However, there is an undercurrent in our talk about time that does not sit well with these intuitions. We say, for example, that someone has brought about a ‘new time’ through a significant decision that she has made or that it is time to ‘put things in the past’ (e.g., old conflicts or resentments) and move on from them. We say, even more significantly, that some people still ‘live in the past’, because they cannot leave it behind and cannot summon the strength to open a new future for themselves.31 In this metaphorical talk, then, it seems as if there is a faint acknowledgment of time not as the inevitable medium of our agency, but rather as its product – as generated by agency. What these sayings, in other words, seem to dimly suggest is a view of an agential origin of time, where it is our decisions that posit time and generate a temporal order between things and events. Now, of course: we might immediately be inclined to say that this talk about time that I just alluded to is mere metaphors – just talk. We don’t really think that our decision can influence or even generate time, we only talk that way, while being otherwise convinced that time is indeed a universal condition on our agency and, therefore, both logically and ontologically prior to our agency. But, I think, the best way to ‘get into’ Schelling’s new understanding of time is to see him as trying to crucially reverse this very thought: for him, it is the idea of an agential origin of time that describes what is actually happening, whereas the idea of time as a universal condition on our agency is only a mere metaphor (that we are being misled into for various reasons, see below).32 Now, of course, if Schelling wants to indeed argue that our agency is logically and ontologically prior to time, he needs to tell us more about how timeless agency is possible. The account that Schelling seems to come up with – and this is the second point that we need to attend to here – could be best described in the following way: As we have seen, every decision involves two contradictory states (‘undecided’ and 30  More detailed expositions of Schelling’s theory of time can be found in Florig (2010), Ch.  5 as well as Buchheim (2020). 31  See also WA I, 50 f. 32  Cf. WA I, 78.

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‘decided’) that are predicated of the same subject. Since the Principle of Non-Contradiction forbids that they are predicted of the same subject at once, decisions inevitably require a medium which consists of multiple successive moments, such that it is possible for the state of ‘undecidedness’ to occur prior to the state of ‘decidedness’. And since time seems to be the only such medium, we seem to be forced to acknowledge that decisions can only happen in time. But in 1811, it is this last step that Schelling comes to deny.33 For Schelling now has convinced himself of the idea that there are media other than time, which conceptually fall into multiple successive moments and, hence, are capable of mediating decisions such that no violation of the Principle of Non-Contradiction occurs. What are these other media? Schelling’s 1811 pre-occupation with the idea of ‘narration’ (in German: both Erzählung and Geschichte) and ‘narrating’ suggests (e.g., already WA I, 3 and passim), that what he is primarily thinking of here are conceptual structures like narrative plots (such as you would find them in a novel or in a play). The idea here seems to be that such plots fall into successive moments (so that, for example, there is a clear sense in which the ending of a story occurs before its beginning), yet this succession is not, in and of itself, temporal. The ‘before’ and ‘after’ in the story, is instead of a merely conceptual nature: in the Illiad, the Greeks arrive at the gates of Troy before the city falls, independently of any passage of time. But if all of that is true, there is no philosophical necessity anymore to infer from the premise that decisions require a successive medium to the conclusion that they also require time. Instead, the successive medium in which they are embedded might be something like a grand narration that gives decisions their necessary background, without requiring specifically time as a universal condition of their possibility. Hence, or so Schelling hopes to be able to suggest, timeless decisions are indeed possible – which clears the way for Schelling to argue, as we already alluded to above, that such timeless decisions can generate time, instead of being conditioned on the existence of time as the necessary background to all that we do and decide. And this is, of course, precisely what Schelling’s organic theory of time claims is the case. But how exactly then, do the details of this new theory look like? Schelling answers this question – and this is the last point I want to elaborate here – in what I think amounts to three theoretical steps, which together make up the bulk of his new theory of time. I will briefly mention them here, along with the key passages in the 1811 text to which they pertain. That way, we arrive at something of a ‘map’ of Schelling’s new theory of time, which locates its central parts, describes their relationship to one another and, hence, offers some orientation in the highly difficult logical topography of the 1811 theory of time (without, of course, giving much of the details). Here, then, are the three steps: In the first step, Schelling elaborates the non-temporal, grand narrative of which all agential decisions are part and which gives them a successive medium, without at once embedding them in time. The key passages here concern God 33 

Cf. WA I, 80.

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and how exactly his own trinitarian constitution presents an ontological framework that allows for a ‘before’ and ‘after’, without itself being temporal.34 In the second step, Schelling then explains how precisely the decisions of agents generate time. This generation begins, or so Schelling explains, insofar every individual decision posits and establishes what one could call an ‘individual time’, consisting of a past, a present, and a future. These individual times, then – or so Schelling tells us – come to be organized and coordinated into time simpliciter, i.e., into the kind of time that all deciders share with one another. The key passages here are, on the one hand, the passages in which Schelling discusses how each individual decision posits past, present, and future and,35 on the other hand, the passages in which Schelling discusses how these individual times are then coordinated in what he calls the ‘organism of times’,36 in which all these individual times are integrated into a coherent whole representing time as such (which is precisely why Schelling, appropriately, calls his 1811 theory an ‘organic’ theory of time). In the third step, finally, Schelling then explains how, even though all this is true, our intuitions are still often misled into thinking that time is not a product of our agency, but rather a universal condition on our agency. He gives, and I think this is quite interesting, what we nowadays would call an ‘error theory’ of our ordinary intuitions about time. The key passages here are passages in which Schelling develops the thought, that modern science and technology demand an understanding of time that is objective in the sense of being completely independent of individual decisions.37 It is through this pressure exerted by scientific objectivity that we then ‘dissociate’ time from its actual source (namely the decisions of agents) and come to perceive it as existing independently of us as the framework for our lives and decisions.

5. Schelling’s New Theory of Time and the Demands of Freedom With all this on the table, I think it is now easy to ‘tie together’ the strings of the argument and formulate three summary arguments for why we should read Schelling’s new 1811 theory of time as a response to his 1809 conception of freedom. First of all, it is crucial to recognize that there is a perfect ‘conceptual fit’ between his 1809 theory of human freedom and his 1811 theory of time – where the latter seems to supply precisely the necessary metaphysical background for the former. Just recall that the new theory of time presents us not only with an elaborate justification of the notion of timeless agency, but also supplies an ‘error theory’ that is capable of explaining why we find such a notion initially counterintuitive. That way, it supplies exactly the kind of theoretical resources to hold on to a notion of a timeless agency 34 

See WA I, 72. Cf. WA I, 78 f. 36  Cf. WA I, 81. 37  Cf. WA I, 79. 35 

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– which is, of course, exactly what we need in order to justify human freedom, as Schelling conceives of it in 1809. Now add in a second point: namely the fact that Schelling, as we have seen in our discussion of the Freiheitsschrift above, had already implicitly admitted that his notion of human freedom needed a fundamental re-thinking of time – and that he had even hinted at this rethinking being completed in further work (recall the last sentence of the Freiheitsschrift!). Taken together with the perfect ‘conceptual fit’ alluded to a second ago, this makes it virtually impossible not to see the theoretical demands of human freedom Schelling had uncovered in 1809 as the central driving force behind the development of his new and unconventional theory of time in the Weltalter. Thirdly: even though this does not rise to the level of a ‘smoking gun’, of course, there is a passage at the end of the Weltalter that seems pertinent in the present context. In this passage, Schelling describes – echoing in some ways the beginnings of the Nicomachean Ethics – some preconditions that one has to fulfill in order to grasp the philosophical content of the Weltalter. Schelling writes: For not without a hard inner struggle, not without a separation of oneself from oneself will the truth be won. Even theoretical participation is not enough. Who has not practically experienced the process of all life, as it has been described in this book, will never comprehend it. (WA I, 102; my italics)

Now, given that Schelling had previously described the separation of oneself from oneself as the central moment of human freedom, what Schelling seems to be saying here is that it is the conscious and direct experience of our own, human freedom (and only this experience) through which we are being led to the philosophical position of the Weltalter. Given what we already know, it is very tempting to read this as implying a confession on Schelling’s part that his own journey to the Weltalter took a similar route: that it was the conscious experience of his own, human freedom – and the philosophical reckoning with it in the Freiheitsschrift – that led him to the Weltalter and to the theory of time that is so central to it.

6. Conclusion: Schelling Today We can conclude: In his 1811 Weltalter, Schelling confronts the reader with a highly unusual and heterodox theory of time, centered around the idea that agents generate time through their decisions. In this article, I have investigated what motivated Schelling to develop this unusual and heterodox view. I have argued that Schelling was driven to develop it out of a desire to philosophically secure the possibility of human freedom, as he had started to conceive of it in 1809. All of this, as I have already alluded to above, has implications for recent attempts to revive Schelling’s notion of freedom as a contemporary option. After all: if it is true, as I have argued, that Schelling’s conception of freedom conceptually demands

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a new understanding of time, then this throws light on a challenge for such a contemporary revival: namely to come up with a temporal metaphysics that matches the Schellingian notion of time. There are, I think, two principal routes in which this challenge might be met – both interesting and with potential advantages, but also both fraught with difficulties.38 The first route is to stick with Schelling all the way through and to adopt the solution that Schelling himself worked out in the 1811 Weltalter – and especially in the theory of time that it centrally contains. The great advantage of this route is that it might open our eyes to an understanding of time that is clearly a highly original, realist alternative to, e.g., Kantian approaches to the meta­ physics of time – an alternative, that has so far received very little attention from Schelling scholars and no attention from the current debate on the nature of time. The great difficulty here, however, is that the text of the Weltalter is notoriously difficult to understand and his theory of time challenging to make plausible to a contemporary audience. This is especially so, since Schelling, as is well-known, did never completely finish the 1811 draft, and so it is an open question – one that can only be settled through meticulous textual exegesis – whether we can really extract a detailed and, in all respects consistent, theory of time from the 1811 text. The other route for the defender of the Schellingian notion of freedom is not to stick with Schelling all the way through to the Weltalter – but rather to come up with an alternative, text-independent solution to the problem of timeless agency. Such a solution could borrow, for example, Schelling’s basic ideas for a non-temporal and completely conceptual form of succession as basis for our timeless agency, but could jettison Schelling’s further commitments to the idea that agency generates time or to the idea that this time has, ultimately, an organic structure. The great advantage of this route is that it frees us from some of the heavy hermeneutic burden and gives us the freedom to, as it were, think ‘with Schelling beyond Schelling’. The great difficulty here is, of course, that facing the task of explaining timeless agency just on one’s own is a daunting task indeed – and one that requires an enormous philosophical effort that some of the most influential philosophical minds39 have actively shied away from.

References Schopenhauer, A., Der handschriftliche Nachlaß, vol.  2, ed. by A. Hübscher, München 1985. [= Handschriftlicher Nachlass] Schelling, F. W. J., Philosophical Investigations into the Essence of Human Freedom, transl. and ed. by J. Love/J. Schmidt, Albany 2006. 38 

For this, see also Buchheim (2020). I’m, of course, thinking here of Kant, who famously declared the inner workings of the intelligible deed as being, in principle, ‘inscrutable’. 39 

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Freie Charakterbildung in oder jenseits der Zeit? Schellings Konzept der intelligiblen Tat im Spiegel gegenwärtiger Debatten Thomas Oehl Zum Sperrigsten, was Schelling in seiner Freiheitsschrift präsentiert, gehört der Gedanke, dass jede Person sich in einer ‚intelligiblen Tat‘ – frei und ewig – moralisch selbstbestimmt habe. Dieser Gedanke scheint sich aber zwingend zu ergeben, wenn man einerseits daran festhalten will, dass einzelne (moralisch einschlägige) Handlungen in der Zeit mit Notwendigkeit an einen moralisch schon bestimmten Charakter des Handelnden gebunden sein müssen, diesen Charakter selbst aber andererseits nicht als mit Notwendigkeit gegeben, sondern als frei zugezogen begreifen will.1 In diesem Beitrag will ich eine Konzeption freier moralischer Selbstbestimmung zur Diskussion stellen, in der diese beiden Denkerfordernisse ebenfalls zusammengedacht werden können, die aber auf den notorisch schwierigen Gedanken einer ‚ewigen‘ – d. h. (logisch) vor oder außer der Zeit liegenden2 – intelligiblen Tat verzichten kann. Meine Überlegungen werde ich im Kontext gegenwärtiger Debatten entwickeln, außerdem anhand realistischer Beispiele, die meinen Überlegungen als Probierstein dienen sollen und – inmitten großer metaphysischer Begriffe – sicherstellen, dass die Triftigkeit und Adäquatheit der vorgetragenen Überlegungen anhand lebensweltlich erfahrbarer Evidenzen belegbar bleibt.

1. Vorbemerkungen: Realismus und Metaphysik, Ewigkeit und Zeitlichkeit Markus Gabriel plädiert dafür, Schelling als einen Nachkantianer zu lesen, dessen in der Freiheitsschrift entwickelte Metaphysik denkbar und plausibel machen will, dass und in welchem Sinne die Gegenstände der Freiheit, nämlich (freie) Handlungen, wirklich existieren.3 Eine solche Metaphysik rechnet das, was den Menschen wesent1  Zur Exposition dieses Problems vgl. auch Thomas Buchheims Beitrag zu diesem Band (265– 279). 2  Schelling selbst gebraucht in der Freiheitsschrift nicht nur die Charakterisierung „ewig[..]“ (AA I 17, 154 | SW VII, 387), sondern auch die der „Unabhängigkeit von der Zeit“ (AA I 17, 123 | SW VII, 350). Auf die Bedeutungsdifferenz zwischen beiden wird später einzugehen sein. 3  Vgl. Gabriel (2014).

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lich auszeichnet – Freiheit, Handlungsfähigkeit – zur Sphäre des wirklich Existierenden hinzu, will dadurch aber nicht die kategoriale Differenz zwischen dem, was wirklich existiert, dem aber keine Freiheit zukommt, und dem, was wirklich existiert und intern mit Freiheit zusammenhängt, verwischen oder gar leugnen. Sie löst damit einen Streit auf zwischen derjenigen Sorte von Realisten, die Freiheit und Handlungsfähigkeit zur Illusion4 oder allenfalls zu einer in unserer sprachlichen Selbstverständigung aufgehenden, nicht aber wirklich existierenden Normativität degradieren,5 und solchen Idealisten, die Freiheit und Handlungsfähigkeit gerade dadurch als in einem vermeintlich ‚höheren Sinne‘ real ausgeben wollen, dass sie sie aus dem Bereich des ‚bloß‘ Seienden ausgrenzen. Diese beiden Streitparteien – so Gabriels Diagnose – teilen eine unhinterfragte Voraussetzung, die den Streit dogmatisch (oder antinomisch) macht: nämlich, dass unter ‚wirklicher Existenz‘ eine bestimmte Form natürlicher Existenz – wie sie etwa in empirischen Untersuchungen thematisch wird – zu verstehen ist, zu welcher aus kategorialen Gründen nichts, was uns nicht empirisch zugänglich ist – also etwa unsere eigene, selbstbewusste Freiheit –, hinzuzurechnen ist; dass Freiheit also entweder als nicht wirklich existierend oder als in einem ganz anderen Sinne (‚eigentlich‘) wirklich existierend zu gelten hat. Dem entgegen also entwickelt Schelling eine nicht-dualistische Metaphysik, in der natürlich – und das heißt insbesondere auch: zeitlich organisiertes – Wirkliches so gedacht wird, dass es zugleich als intern mit Freiheit verbunden gedacht werden kann;6 dass Akte der Freiheit – freie Handlungen – somit als in der Zeit liegend gedacht und zur Sphäre des Tatsächlichen gehörig betrachtet werden können. Aus dieser Überlegung ergibt sich aber sogleich ein Dilemma, wenn man den eingangs umrissenen Gedanken einer ‚intelligiblen Tat‘ in Betrachtung zieht: Wäre auch die intelligible Tat eine wirklich existierende Handlung – verortbar in der Zeit –, so ist nicht mehr verständlich zu machen, wie sie allen wirklich existierenden Einzelhandlungen in determinierender Weise (logisch) vorausliegen, sie insgesamt bindend umfassen könnte; will man dies denken können, muss man sie, so scheint es, außerhalb der Zeit – in die ‚Ewigkeit‘ – verlagern. Damit aber droht eine neue Form des Dualismus, die der eben mit Gabriel umrissenen metaphysischen Stoßrichtung der Freiheitsschrift entgegensteht. Bereits daher lässt sich mein Vorhaben motivieren, in Auseinandersetzung mit Schelling eine Konzeption der ‚intelligiblen Tat‘ zu entwickeln, die leisten kann, was sie leisten soll, ohne deshalb schlicht außerhalb der Zeit – in der ‚Ewigkeit‘ – liegen zu müssen und einen neuen Dualismus mit sich zu bringen.7 4 

Dies wäre die Position reduktiver Naturalisten. Dies wäre die Position nicht-reduktiver Naturalisten. 6 Zum anti-dualistischen Charakter von Schellings Freiheitskonzeption vgl. auch Buchheim (265 f. in diesem Band). Zu Schellings zunehmend kritischer Überwindung des Dualismus von Zeitlichkeit und Ewigkeit in Richtung eines Begriffs der ‚Geschichte‘ vgl. Hutter (1996). Darauf wird am Schluss dieses Aufsatzes noch genauer einzugehen sein. 7  Dabei wird sich auch zeigen, dass eine solche Konzeption nicht darin bestehen sollte, die intelligible Tat zunächst als außerhalb der Zeit – in der ‚Ewigkeit‘ – liegend zu konzipieren, und dann zuzugeben, dass sie nur jeweils im Bunde mit einer konkreten Einzelhandlung realisiert wird. So die 5 

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2. Grundlinien einer innerzeitlichen Konzeption freier Charakterbildung Schellings Konzept der intelligiblen Tat scheint einem Einwand ausgesetzt, den Thomas Buchheim als „modalen Einwand“ bezeichnet:8 Er besagt, dass Schelling keine Freiheit, sondern bloße Notwendigkeit denken kann, wenn er denken will, dass alle Einzelhandlungen moralisch so bestimmt sind, wie es der – jeder Einzelhandlung bereits vorausgesetzte – Charakter der handelnden Person je schon ist. Buchheim stimmt zu, dass von einer moralisch einschlägigen Einzelhandlung der Person nur dann die Rede sein kann, wenn sich die Person in dieser Einzelhandlung selbst treu bleibt, also ihrem schon bestehenden, moralisch bestimmten Charakter darin fortsetzenden Ausdruck verleiht. Dies ist, darin folge ich Buchheim, Bedingung und nicht Verhinderung menschlicher Freiheit. Buchheim nennt die Notwendigkeit, mit der sich die moralische Bestimmtheit einer Einzelhandlung aus dem (moralisch einschlägigen) Charakter der handelnden Person ergibt, „Bindungsnotwendigkeit“:9 Jede Einzelhandlung ist ihrer moralischen Bestimmtheit nach mit Notwendigkeit an die moralische Bestimmtheit des Charakters der handelnden Person gebunden. Allerdings fügt Buchheim hinzu, dass Schelling die moralische Bestimmtheit des Charakters als solche nicht als kontingent oder notwendig gegeben, sondern aus einem freien Akt moralischer Selbstbestimmung resultierend denkt. Ein solcher Akt kann freilich keine Einzelhandlung sein, denn als solche würde sie a fortiori den Charakter, der durch diesen Akt erst moralisch bestimmt werden soll, bereits als moralisch bestimmten voraussetzen. Die Form dieses Aktes ist also eine kategorial andere als die der Einzelhandlung. Buchheim zufolge lässt sie sich so rekonstruieren: Das Selbst, das bereits natürlich bestimmt ist, prägt sich selbst seine moralische Bestimmtheit ein – und zwar nicht durch Wahl zwischen zwei Alternativen, Gut und Böse, sondern durch „Positionierung“, wie Buchheim es ausdrückt, „im moralischen Kraftfeld oder Formfeld des Guten oder Bösen“.10 Da in diesem Akt eine natürliche Bestimmtheit des Selbst bereits vorausgesetzt ist, ist dieser Akt kein Akt der libertas indifferentiae; da die natürliche Bestimmtheit des Selbst an sich noch keine moralische ist, ist dieser Akt ein freier Akt der moralischen Selbstbestimmung; da er keine Einzelhandlung ist,

Strategie von Buchheim (vgl. 273 in diesem Band), mit der er dem umrissenen metaphysischen Programm Schellings gerecht zu werden versucht. Vielmehr werde ich versuchen, den zeitumfassenden, zeitdurchgreifenden und in einem näher zu klärenden Sinne mit Schelling auch ‚zeitunabhängig‘ zu nennenden Charakter bestimmter (‚revolutionärer‘) Handlungen ohne Aufspaltung in eine außerhalb und eine innerhalb der Zeit liegende Komponente herauszuarbeiten. 8  267 in diesem Band. 9  267 in diesem Band. 10  271 in diesem Band.

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liegt er nicht in der Zeit, sondern „ausser der Zeit“11 und „über aller Zeit“,12 muss somit „ewige[.] […] Handlung“13 sein, wie Schelling sagt. Wie eingangs angekündigt, will ich im Folgenden eine Konzeption entwickeln, die ebenfalls besagte Bindungsnotwendigkeit und den freien Akt moralischer Selbstbestimmung zusammendenken kann, ohne letzteren als ‚ewig‘ – als (logisch) vor oder schlicht außerhalb der Zeit liegend – qualifizieren zu müssen. Die Differenz zu Buchheims Konzeption – und meine entsprechend alternative Lesart Schellings – lässt sich ihrer Keimzelle nach in zwei Schritten beschreiben und darin zugleich zu bestimmten Debatten der gegenwärtigen Philosophie in ein instruktives Verhältnis setzen: Erstens, Schelling spricht davon, dass der Mensch (logisch) vor seiner moralischen Selbstbestimmung ein „unentschiedenes Wesen“14 sei. Das kann nun heißen – und so scheint es Buchheim tendenziell aufzufassen15 –, dass es diesseits jeglicher moralischer Bestimmtheit ist, von ihm also noch keine normativen Prädikate aussagbar sind; es kann aber auch heißen – und so werde ich argumentieren –, dass ein In- oder Durcheinander moralischer Bestimmtheit vorliegt so, dass der Mensch in diesem Zustand weder ‚gut‘ noch ‚böse‘ zu nennen ist, sondern mit ihm ein – geradezu kindliches – unmittelbares Verwickeltsein beider gegeben ist. Wir werden gleich darauf zurückkommen und ein Beispiel dafür geben. Schon jetzt allerdings kann man sich initial klarmachen, was der Unterschied dieser beiden Lesarten impliziert: Gemäß der ersten Lesart muss man im Konzept der intelligiblen Tat eine Transformation des Menschen – vom moralisch kategorial unbestimmten zum moralisch bestimmten – denken, wohingegen der zweiten gemäß eine im Wortsinne Ent-Wicklung des moralischen In- und Durcheinanders von Gut und Böse hin zu einer eindeutigen, erwachsenen moralischen Richtung zu denken ist. Allgemein gesprochen, handelt es sich bei der zweiten Lesart also um die Instanz einer allgemeinen Konzeption des Erwerbs rationaler Fähigkeiten oder normativer Einstellungen, derzufolge dieser Erwerb nicht als Transformation von einem noch-nicht in ein dann-schon, sondern als inund aus-sich-Entwickeln eines anfänglich nur unreif Vorhandenen verstanden wer11 

AA I 17, 154 | SW VII, 387. AA I 17, 151 | SW VII, 383. 13  AA I 17, 154 | SW VII, 387. 14  AA I 17, 153 | SW VII, 385. Vgl. auch die erläuternde Parallelstelle AA I 17, 151 f. | SW VII, 384: „Daß etwa das intelligible Wesen aus purer lautrer Unbestimmtheit heraus ohne allen Grund sich selbst bestimmen sollte, führt auf das obige System der Gleichgültigkeit der Willkühr zurück. Um sich selbst bestimmen zu können, müßte es in sich schon bestimmt seyn, nicht von außen freylich, welches seiner Natur widerspricht, auch nicht von innen durch irgend eine bloß zufällige oder empirische Nothwendigkeit, indem dieß alles (das Psychologische so gut wie das Physische) unter ihm liegt; sondern es selber als sein Wesen, d. h. seine eigne Natur müßte ihm Bestimmung seyn.“ 15  Buchheim schreibt: „Denn der Ausgangszustand der ‚eignen Natur‘ darf noch nicht moralisch bestimmt sein, sondern erhält seine moralische Bestimmtheit als gut oder böse erst durch Erhebung der eigenen Natur in das moralisch reflektierte Selbstverhältnis.“ (270 in diesem Band) Diese Formulierung schließt die zweite, im Folgenden von mir vertretene Lesart zwar nicht aus, allerdings macht Buchheim in seinem Aufsatz nichts aus dem Gedanken eines In- oder Durcheinanders von Gut und Böse diesseits der moralischen Selbstbestimmung. 12 

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den soll. Für eine solche Konzeption haben jüngst einige kritische Rezipienten und Fortdenker von John McDowells Philosophie – hier sind vor allem Michael Thompson,16 Andrea Kern17 und Sebastian Rödl18 zu nennen – argumentiert. Sie wollen – etwa im Hinblick auf den Erwerb der Wahrnehmungs-, Wissens- oder Handlungsfähigkeit – anstelle einer metaphysischen Verwandlung eines non-rationalen in ein sodann rationales Wesen ein in-und-aus-sich-selbst-Erwachsen des immer schon rationalen Wesens denken. Durch eine kritische Weiterentwicklung dieser Denkfigur will ich hier den analogen Versuch anstellen, den ewigen Akt moralischer Selbstbestimmung ‚in die Zeit zu holen‘ und ihn als in-und-aus-sich-selbst-Erwachsen eines – jedenfalls im Ansatz – immer schon charakterlich, auch moralisch, bestimmten Wesens zu denken. Exegetisch spricht für diese Lesart, dass Schelling vom sich moralisch selbstbestimmenden Wesen schreibt: „Um sich selbst bestimmen zu können, müßte es in sich schon bestimmt seyn“.19 Diese scheinbare Paradoxie ergibt sich, wenn man das Modell der Selbstbestimmung ex nihilo – ex libertate indifferentiae – ablehnt; nur scheinbar paradox ist dieser Satz jedoch deshalb, weil es eben unterschiedliche Modi von Bestimmtsein geben kann: ein vorläufiges Bestimmtsein, wie es in einem kindlichen In- und Durcheinander von Gut und Böse vorliegt, und ein endgültiges Bestimmtsein, das durch eine eindeutige und soweit endgültige – ent-wickelte – moralische Richtung (Gut oder Böse) definiert ist und aufgrund der besagten vorausgegangenen Entwicklung des Individuums aus und in sich selbst nicht bloßes Bestimmtsein, sondern sich-selbst-bestimmt-Haben ist. Zweitens hängt damit unmittelbar ein Verständnis des Lernens, Erwerbens oder Aneignens rationaler Fähigkeiten oder normativer Einstellungen zusammen, deren elementare Struktur man als ‚neoaristotelisch‘ (und ‚neohegelsch‘) etikettieren kann und die mit einer bestimmten Antizipationsfigur operiert. Auf Basis einer an sich trivialen Unterscheidung zwischen dem Lernen oder Ausbilden einer Fähigkeit und ihrem anschließenden Besitz samt Ausübung lässt sich folgender fundamentaler Gedanke formulieren: Die Lernende übt beim Lernen schon diejenige Fähigkeit aus, die sie gerade und dadurch erst zu erwerben im Begriff ist, wenngleich eben noch defizitär und vorläufig; z. B.: Jemand, der unter Aufsicht einer Schwimmlehrerin das Schwimmen lernt, schwimmt schon, wenngleich eben noch schlecht oder jedenfalls schlechter, als er es tun wird, wenn er es ordentlich gelernt haben wird. In durchaus analoger Weise,20 wenn auch mit einigen grundsätzlichen kritischen Fortentwick16 

Vgl. u. a. jüngst Thompson (2017). Vgl. Kern (2017) sowie Kern (2018) – auch im Anschluss an Thompson (2017). 18  Rödl (2016). 19  AA I 17, 151 | SW VII, 384. 20  Es handelt sich – jedenfalls im Hinblick auf das gegebene Beispiel – nur um Analogie oder Vergleichbarkeit, nicht um Identität, weil die moralische Dimension der charakterlichen Selbstbestimmung etwas ist, das diese kategorial vom Erwerb einer moralisch nicht (oder nicht unmittelbar) einschlägigen Praxis, wie z. B. einer sportlichen Betätigung, unterscheidet. Anders und allgemein gesagt, die vorhin so bezeichnete „allgemeine Konzeption des Erwerbs rationaler Fähigkeiten oder normativer Einstellungen“ instanziiert sich im Hinblick auf nicht-wesentliche Fähigkeiten (z. B. 17 

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lungen, so werden wir gleich sehen, kann auch eine freie Charakterbildung gedacht werden: die Selbstfestlegung des Individuums in eine moralische Richtung, in die es sich aus einem anfänglichen In- und Durcheinander von Gut und Böse heraus frei begibt, zu der es sich aus einer Verwicklung von Gut und Böse ent-wickelt. Ein Kind eignet sich also einen bestimmten, eben auch moralisch bestimmten Charakter an; der Weg dieser Aneignung besteht aus Einzelhandlungen, die ein defizitärer, vorläufiger Ausdruck des künftigen, in Aneignung begriffenen Charakters sind. Sobald dieser voll ausgebildet ist, gilt dann für alle folgenden Einzelhandlungen, was für sie auch Buchheim zufolge gelten soll: dass die Person darin ihrem Charakter treu bleibt; wie ein guter Schwimmer sein Können in allen folgenden Einzelhandlungen unter Beweis stellt,21 so zeigt sich ein guter oder böser Charakter in Gut bzw. Böse der Einzelhandlungen, die an ihn gebunden sind. Gegen diese, soweit nur grob angedeutete, Konzeption scheint direkt zu sprechen, dass sie dem Wortlaut von Schellings Text zuwiderläuft, demzufolge es sich beim besagten Akt um eine „ewige That“22 handeln soll, nicht um eine Entwicklung in der Zeit. Doch steht diese Rede wirklich im Widerspruch zur eben skizzierten Konzeption? Dazu ein paar Bemerkungen, welche zusammengenommen uns dies eher verneinen lassen sollten: (i) Zunächst, der Verweis auf Schellings Gebrauch des Wortes ‚ewig‘ ist zunächst ‚nur‘ ein exegetisches, kein systematisches Argument, und, da es lediglich auf ein einziges, noch dazu eher schillerndes Wort – ‚ewig‘ – Bezug nimmt, nicht einmal ein allzu gewichtiges. (ii) Entsprechend könnte man, in historischer Dis­tanz, durchaus vertreten, Schelling hafte noch zu sehr religiöser Terminologie an, sodass die von mir vorgeschlagene Konzeption als eine Art explizit säkularisierter Schelling gelten könnte. (iii) Noch wichtiger aber ist, dass Schelling eben nicht nur das Wort ‚ewig‘ gebraucht, um die Relation der intelligiblen Tat zur Zeit(lichkeit) zu beschreiben, sondern – an anderer Stelle – die Formulierungen „ausser oder über aller Zeit“23 und „Unabhängigkeit von der Zeit“.24 Diese weisen in eine andere Richtung als ‚Ewigkeit‘: Sie suggerieren kein bloßes Jenseits der Zeit, sondern vielmehr eine durchgreifende Souveränität über die Zeit, die freilich auch – ja nur – von innerSchwimmen) in einigen Aspekten anders als im Hinblick auf wesentliche Fähigkeiten (z. B. Wahrnehmung) – und wiederum kategorial anders im Hinblick auf normative Einstellungen (z. B. einen guten oder bösen Charakter). Auf diese Unterschiede, soweit sie für unsere Zwecke relevant sind, werden wir eingehen. 21  Man mag hier einwenden, dass es für einzelne Handlungen, die Ausübungen einer Fähigkeit (oder Praxis im engeren Sinne) sind, konstitutiv ist, misslingen zu können; dass es also ein genuines Charakteristikum solcher Ausübungen ist, dass z. B. ein guter Schwimmer auch einmal schlecht schwimmen kann. Dies trifft jedenfalls nicht auf die moralisch einschlägige Bindungsnotwendigkeit zu – was (erneut) zeigt, dass das Verhältnis der moralischen Bestimmtheit des Charakters zur moralischen Bestimmtheit jeder an ihn mit Notwendigkeit gebundenen Einzelhandlung nicht strikt dasselbe ist wie dasjenige einer Fähigkeit (oder Praxis im engeren Sinne) zu (wiederholten) Ausübungen derselben (vgl. auch Fn.  20). 22  AA I 17, 153 | SW VII, 386. 23  AA I 17, 151 | SW VII, 383. 24  AA I 17, 123 | SW VII, 350.

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halb der Zeit ausgeübt werden kann – genauso, wie sich etwa eine Souveränität gegenüber Gruppenzwängen ja anerkennend auch nur von einem Individuum aussagen lässt, das sich nicht ohnehin schon außerhalb dieser Gruppe und ihrer Zwänge bewegt, sondern selbigen von innen her zu widerstehen in der Lage ist. (iv) Nicht zuletzt hebt meine vorgeschlagene Konzeption nicht auf, was mit Schelling als die logische Priorität des Charakters vor der Einzelhandlung zu fassen ist; denn analog wie ja der, der das Schwimmen lernt, schon schwimmt, lassen sich selbst die Einzelhandlungen vor dem endgültigen Ausgebildetsein des Charakters schon als antizipativer Ausdruck desselben verstehen, wenngleich defizitärer und vorläufiger Art. Für die Einzelhandlungen nach dem endgültigen Ausgebildetsein gilt dies, wie gesagt, sogar in Vollform: Sie sind mit strikter Bindungsnotwendigkeit an den endgültig ausgebildeten Charakter gebunden. Die charakterbildenden Einzelhandlungen als vorläufigen Ausdruck des künftigen, erwachsenen, endgültigen Charakters zu verstehen, scheint mir in der Tat vollends adäquat zu sein, wenn man auf die tatsächliche biographische Entwicklung des Menschen blickt – nun also das Beispiel: Denken wir uns ein Kind, das im Supermarkt Schokolade mitgehen lässt, um sie einem bedürftigen Obdachlosen zu schenken. Wie könnte man diesen Fall besser beschreiben als, einerseits, einen Vorgriff auf einen künftigen moralisch guten Charakter – da das Kind sich doch um den Bedürftigen sorgt und dabei sogar in Erwägung zieht, dass der Supermarkt die eine Tafel Schokolade wohl gut entbehren kann; andererseits aber eben lediglich als einen Vorgriff auf diesen Charakter, dessen Unreife und, an sich, durchaus auch noch Zweideutigkeit daran erkennbar wird, dass dem Kind der faktische Diebstahl zu unproblematisch erscheint. Üblicherweise würden Eltern ihr Kind darauf behutsam hinweisen, und ein erzogenes Kind findet ‚seinen‘ Weg, auch ohne Diebstahl fürsorglich mit Bedürftigen umzugehen. Dieses Beispiel spiegelt phänomenal dasjenige wider, was Buchheim durchaus sprechend als eine Selbstpositionierung im Kraftfeld des Guten und Bösen beschreibt: Die Spannung eines solchen Feldes, sein Potential und seine Aufgeladenheit von allen Richtungen her, wird das beschriebene Kind in seinem Heranwachsen geradezu erfahren. Soweit also scheint die alternative Konzeption – mit Schelling – eine plausible Alternative zu derjenigen Buchheims zu sein. Nun hat Buchheim aber – in unserer Diskussion auf der Tagung im Februar 2018 – eingewandt, dass diese alternative Konzeption dem berühmten Argument von Galen Strawson, welches die Unmöglichkeit moralischer Zurechenbarkeit demonstrieren soll, ausgesetzt ist. Den durchaus und zugegebenermaßen hohen metaphysischen Preis der Ewigkeit, den man sich mit Schellings Konzeption der intelligiblen Tat einkauft, müsse man, so Buchheim, deshalb zahlen, da dies der einzige Weg sei, um sich Strawsons Argument entziehen zu können. Ich glaube, dass meine Konzeption dies ebenfalls vermag, wenn man einige nötige und wesentliche Differenzierungen an ihr vornimmt – allen voran die schon mehrfach angeklungene, zentrale Unterscheidung zwischen einem vorläufigen und einem endgültigen Charakter. Dies will ich im Folgenden, nach kurzer Bezugnahme

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auf Strawson, durchführen, und so die dargestellte Antizipationsfigur gleichsam freiheitstauglich machen.

3. Galen Strawsons Argument – eine Herausforderung? Galen Strawsons Argument, wie er es in seinem Aufsatz „The Impossibility of Moral Responsibility“25 vorgetragen hat, lautet wie folgt: „(1) Interested in free action, we are particularly interested in actions that are performed for a reason (as opposed to ‘reflex’ actions or mindlessly habitual actions). (2) When one acts for a reason, what one does is a function of how one is, mentally speaking. (It is also a function of one’s height, one’s strength, one’s place and time, and so on. But the mental factors are crucial when moral responsibility is in question.) (3) So if one is to be truly responsible for how one acts, one must be truly responsible for how one is, mentally speaking − at least in certain respects. (4) But to be truly responsible for how one is, mentally speaking, in certain respects, one must have brought it about that one is the way one is, mentally speaking, in certain respects. And it is not merely that one must have caused oneself to be the way one is, mentally speaking. One must have consciously and explicitly chosen to be the way one is, mentally speaking, in certain respects, and one must have succeeded in bringing it about that one is that way. (5) But one cannot really be said to choose, in a conscious, reasoned, fashion, to be the way one is mentally speaking, in any respect at all, unless one already exists, mentally speaking, already equipped with some principles of choice, ‘P1’ − preferences, values, pro-attitudes, ideals − in the light of which one chooses how to be. (6) But then to be truly responsible, on account of having chosen to be the way one is, mentally speaking, in certain respects, one must be truly responsible for one’s having the principles of choice P1 in the light of which one chose how to be. (7) But for this to be so one must have chosen P1, in a reasoned, conscious, intentional fashion. (8) But for this, i.e. (7), to be so one must already have had some principles of choice P2, in the light of which one chose P1. (9) And so on. Here we are setting out on a regress that we cannot stop. True self-determination is impossible because it requires the actual completion of an infinite series of choices of principles of choice. [.] 25 

Strawson (1994).

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(10) So true moral responsibility is impossible, because it requires true self-determination, as noted in (3).“26 Wie bereits betont, ist Strawson darin zuzustimmen, dass wir in moralischen Einzelhandlungen nur unseren moralisch schon (endgültig)27 bestimmten Charakter fortsetzen: Wenn wir z. B. die Entlassung eines Mitarbeiters damit begründen, dass dies den Profit maximiert – und damit präsupponieren, dass das Ziel der Profitmaximierung unbedingt höher zu gewichten ist als das Wohl der Mitarbeiter –, so geben wir eine logisch schlüssige Begründung für unsere Handlung an. Sie erklärt aber nicht, warum wir böse handeln und nicht gut – denn die Begründung enthält Prämissen, die selbst schon böse sind, sodass auch die durch sie begründete Handlung böse ist, das Böse der Prämisse sozusagen erbt, mit der Notwendigkeit des logischen Schlusses, in welchem diese Begründung besteht. Nach Buchheims Lesart widerspricht Schelling Strawson aber darin zu glauben, dass solche, in der Zeit liegenden, moralisch schon bestimmten Handlungen Fälle des einzigen Typs von (moralisch einschlägiger) Handlung sind, den es gibt, und damit auch des einzigen Typs von Handlung, von dem man überhaupt fragen kann, ob er so strukturiert ist, dass Handlungen dieses Typs frei und wir mithin für sie verantwortlich sind. Es gibt, so der Gedanke Schellings in Buchheims Lesart, sehr wohl einen genuinen Typ von Handlung oder Tat, der nicht in Fällen von Einzelhandlungen, sondern in einem ewigen, außerhalb der Zeit liegenden Akt der Selbstbestimmung besteht – und in dem unsere Freiheit wesentlich besteht. Dieser Akt ist frei – auch wenn und indem er nicht nach der Logik von schon vorausgesetzten „principles of choice […] − preferences, values, pro-attitudes, ideals“ erfolgt, „in the light of which one chooses how to be“. Strawson würde gegen Buchheim vielleicht einwenden, dass eine solche Konzeption letztlich unintelligibel und überdies nur mit einer Menge an metaphysischem Ballast zu haben ist – insbesondere, was die Idee einer Handlung oder Tat angeht, die außerhalb der Zeit liegt. Unabhängig davon, ob wir Buchheims diesbezügliche Verteidigungsversuche plausibel finden oder nicht,28 kann man dies als (weitere) Motivation dafür werten, den freien Akt der moralischen Selbstbestimmung ‚zurück‘ in die Zeit zu holen, wie meine Überlegungen dies zu tun versuchen. Buchheim hat, wie gesagt, dagegen eingewandt, dass ein solcher Versuch gerade wieder eine Flanke für Strawsons Argument öffnet. Das wäre in der Tat der Fall, wenn die Idee der Antizipation des künftigen, erwachsenen, endgültigen Charakters so zu verstehen wäre, dass der im vorläufigen Charakter antizipierte, endgültige Charakter schon feststeht 26 

Strawson (1994), 6 f. abgesehen von möglichen Transmutationsmöglichkeiten, auf die Schelling und Buchheim eingehen, die ich hier wie im Folgenden jedoch ausklammere, da sie nicht die innere Konstitution des freien, moralischen Wesens betreffen. 28  Insbesondere natürlich Buchheims durchaus subtile Konzeption des faktischen und unauflöslichen Verknüpftseins der intelligiblen Tat mit der Einzelhandlung so, dass jede Einzelhandlung ein token ist, das zugleich zwei types instanziiert: den type der intelligiblen Tat und den type der (bloßen) Einzelhandlung. Vgl. 276 in diesem Band. 27  ‚Endgültig‘

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in dem Zeitrahmen, in welchem der vorläufige Charakter besteht; dass also der biographische Weg der Charakterbildung kein freier ist, sondern lediglich die bereits determinierte Vollstreckung eines schon feststehenden moralischen End- oder Zielpunktes des biographischen Charakterbildungsprozesses. Dies aber ist nicht meine Auffassung, wie ich im Folgenden – anhand weiterer Differenzierungen – deutlich machen will. Dazu ist es zunächst notwendig, scharf zwischen einem endgültig erwachsenen, ausgebildeten, gegründeten Charakter (fortan kurz: ‚endgültiger Charakter‘) – an dessen Ausgebildetsein sich sozusagen ‚die Mitte des Lebens‘ festmachen lässt – und einem noch im Erwachsen, in der Ausbildung, im Gründen begriffenen oder sich dafür vorbereitenden Charakter (fortan kurz: ‚Proto-Charakter‘) zu unterscheiden.29 Um zur Umrundung von Strawsons Argument geschickt zu sein – und zugleich den eingangs explizierten Denkerfordernissen genügen zu können –, muss diese Unterscheidung so gefasst werden, dass (i) der Übergang von einem Proto-Charakter zum endgültigen Charakter ein freier Übergang ist, und zwar ein freier Akt der (endgültigen) moralischen Selbstbestimmung; (ii) dass dieser Akt der (endgültigen) moralischen Selbstbestimmung nicht frei im Sinne der libertas indifferentiae ist; (iii) dass Einzelhandlungen vor diesem Akt, qua Proto-Charakter, noch keine moralischen Einzelhandlungen im Vollsinne sind, wie dies für moralische Einzelhandlungen gilt, die mit Bindungsnotwendigkeit an den endgültigen Charakter gebunden sind;

29  In einigen Punkten ähnelt diese Idee demjenigen Konzept von Charaktergründung, wie Kant es in seiner (späten) Anthropologie skizziert. Dort schreibt Kant: „Der Mensch, der sich eines Charakters in seiner Denkungsart bewußt ist, hat ihn nicht von der Natur, sondern muß ihn jederzeit erworben haben. Man kann auch annehmen: daß die Gründung desselben gleich einer Art der Wiedergeburt, eine gewisse Feierlichkeit der Angelobung, die er sich selbst thut, sie und den Zeitpunkt, da diese Umwandlung in ihm vorging, gleich einer neuen Epoche ihm unvergeßlich mache. – Erziehung, Beispiele und Belehrung können diese Festigkeit und Beharrlichkeit in Grundsätzen überhaupt nicht nach und nach, sondern nur gleichsam durch eine Explosion, die auf den Überdruß am schwankenden Zustande des Instincts auf einmal erfolgt, bewirken. Vielleicht werden nur Wenige sein, die diese Revolution vor dem 30sten Jahre versucht, und noch wenigere, die sie vor dem 40sten fest gegründet haben.“ (AA VII: 294) Paradoxerweise verlegt der ‚Idealist‘ Kant die Charaktergründung – anders als der (scheinbare) ‚Realist‘ Schelling, wie Buchheim ihn liest – in die (biographische) Zeit und nicht in die (transzendentale) Zeitlosigkeit oder Ewigkeit – jedenfalls der späte Kant der Anthropologie. Es sei aber betont, dass ich hier nicht auf die vieldiskutierte Frage nach dem Verhältnis von Kant und Schelling (bzw. deren Moralphilosophien) eingehen will; vielmehr benutze ich Kants Bemerkungen aus der Anthropologie eher als originelle Beschreibungen eines Phänomens – der revolutionären Charaktergründung –, auf das ich in meinen Überlegungen ausführlich eingehen werde, ohne deren Einbettung in und Zusammenhang zu kantischen Philosophemen zu diskutieren oder gar vorauszusetzen oder zu implizieren.

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(iv) dass Einzelhandlungen vor diesem Akt, qua Proto-Charakter, unbeschadet (iii) als Antizipationen des endgültigen Charakters (und solcher Einzelhandlungen, die mit Bindungsnotwendigkeit an ihn gebunden sind) gelten können. Führen wir diese Differenzierungen nun systematisch aus und zusammen.

4. Unterscheidungen: Proto-Charakter, Charakterbildung, Charaktergründung, endgültiger Charakter30 Um zur genaueren Ausbuchstabierung dieser Unterscheidungen fortzugehen, rufen wir noch einmal das Beispiel des Kindes ins Gedächtnis, das eine Tafel Schokolade aus dem Supermarkt mitgehen lässt, um sie einem Obdachlosen zu schenken. In dieser Handlung liegen, wie man sagen könnte, Gut und Böse noch ungeschieden ineinander; gerade darin besteht, was man die kindliche Unschuld oder Naivität nennen kann:31 Sie lässt das böse Moment, aufgrund des mit ihm untrennbar verbundenen guten Willens – Hilfsbereitschaft –, harmlos erscheinen; umgekehrt ist dieser durch die Selbstverständlichkeit, mit der er sich mit einer an sich bösen Handlung – dem Diebstahl – vermengt, verwässert, gleichsam neutralisiert. Darin liegt das Kindliche der Handlung, ihre Liebenswürdigkeit, die uns Sympathie und Zuneigung – und nicht wirklich moralischen Respekt – abnötigt. Diese Ungeschiedenheit des Guten und Bösen im Proto-Charakter wird auch da­ ran deutlich, dass man sich mühelos einen doppelten biographischen Ausgang des Beispiels denken kann: entweder, dass aus dem Kind ein endgültig böses Wesen wird, das seine Zwecke – und seien es bisweilen gute – absolut setzt und dadurch jedes Mittel – von Diebstahl bis Mord – heiligt; oder, dass das Kind sich zu einem für die Not anderer sensiblen Menschen entwickelt, der künftig auf Diebstahl verzichtet und sein Bestes tut, sich ausschließlich auf nicht-böse Weise für die Linderung der Not anderer Menschen einzusetzen. Nun ist die Selbstfestlegung des Kindes in eine dieser beiden Richtungen der freie Akt der Selbstbestimmung. Dieser ist offen insofern, als soweit noch nicht entschieden ist, ob das Kind ein agiler, querköpfiger, sozialer und guter Charakter oder ein agiler, querköpfiger, dem Recht gegenüber ignoranter und böser Charakter werden wird. Allerdings ist – in diesem Beispiel – etwa nicht offen, ob es ein agiler Querkopf werden wird; das liegt, wie wir sagen, ‚in seinem Naturell‘, das aber nicht seine Natur ist, 30  Mit dem Terminus der ‚Charaktergründung‘, die ich im Folgenden genauer erläutern werde, folge ich Kant – allerdings nur terminologisch und die Beschreibung des Phänomens betreffend, nicht im Sinne einer (moralphilosophischen) Kantauslegung (vgl. Fn.  29). 31  In diesem Sinne ist es wohl zu verstehen, wenn die (philosophische) Tradition das Kindliche als diesseits von Gut und Böse versteht: Das muss nicht bedeuten, dass vom Kind – in seinem Verhalten – kategorial weder Gut noch Böse prädiziert werden könnte, sondern vielmehr, dass von ihm immer ein Amalgam aus Beidem zu prädizieren ist. Das bedeutet, dass das Kindliche nicht als amoralisch oder gar reintierisch, sondern eben als protomoralisch zu verstehen ist.

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die moralische Prädikate kategorisch ausschließen würde, sondern ein noch un-entwickeltes Ineinander von Gut und Böse immer schon enthält. Damit wird bereits deutlich, dass der ausstehende Akt der endgültigen moralischen Selbstbestimmung nicht frei im Sinne der libertas indifferentiae ist, sondern stets frei auf dem Grunde einer schon vorliegenden Bestimmtheit, proto-charakterlich und eben auch schon proto-moralisch. Diese Bestimmtheit nimmt in meiner Konzeption die analoge Funktionsstelle wie die natürliche Bestimmtheit bei Buchheim ein, ist aber nicht, wie es bei Buchheim scheint, eine natürliche und noch-nicht-moralische, sondern eine schon im Ansatz, antizipativ moralische – in unserem Beispiel: der agile Querkopf in seiner Doppeldeutigkeit zwischen Gut und Böse, in seiner unreifen Verquickung beider. Machen wir uns diese Zusammenhänge unter erneuter Analogisierung zum Fall des Erwerbs einer Fähigkeit weiter klar: Derjenige, der als Schwimmenlernender schwimmt, vollzieht anfängerhaft eine Praxis, deren weiterer, übender Vollzug eine bestimmte Richtung aufweist, nämlich hin zum guten Schwimmen. Doch bereits bei einer solchen Praxis, die an sich noch keine moralisch einschlägige ist, ist offensichtlich, dass diese nicht von allen Individuen gleich vollzogen wird. Vielmehr ist es so, dass die Ausübung einer Praxis immer eine individuelle ist – nicht bloß in dem Sinne, dass sie je von einem Individuum vollzogen wird und im Individuum defiziente oder privative Abweichungen vom Ideal der Praxis begründet liegen können, sondern auch in dem – positiven – Sinne, dass jedes Individuum seine eigentümliche Ausprägung dieser Praxis ausbilden kann. (Das ist natürlich damit kompatibel, dass es faktisch – und häufig – so etwas wie normales, durchschnittliches oder unauffälliges Schwimmen gibt.) Diese individuelle Ausprägung kann so weit gehen, dass das Ideal einer Praxis neu bestimmt wird durch die Art und Weise, wie ein bestimmtes Individuum selbige ausgeprägt hat – etwa, dass ein bestimmter Sportler zum fortan geltenden Ideal des Fußballspielers und seine Spielweise zum bis auf weiteres akzeptierten Ideal des Fußballspielens wird. (Noch deutlicher der Fall ist dies bei ästhetisch relevanten Praktiken, wie etwa der Beherrschung eines Musikinstruments.) Deutlich stärker – ja kategorial anders – ist die Rolle des Individuums bei der Ausbildung seines eigenen Charakters. Denn dieser ist immer individuell: Wir sagen z. B., dieser Auftritt sei ein ‚typischer Schröder‘ gewesen. Nun kann es offenkundig nicht sein, dass das, was später als ‚typisch Schröder‘ – also mit Bindungsnotwendigkeit an den Charakter des Bundeskanzlers Gerhard Schröder gebunden – gilt, eine allgemein verfügbare, institutionalisierte Praxis darstellt, in die sich der kleine Gerhard einst eingeklinkt hat, wie er dies durch einen Schwimmlehrer in die Praxis des Schwimmens tun konnte. Denn, zum einen, ist sein späterer individueller Charakter im Stadium des Proto-Charakters noch nicht festgelegt, also das, was später als ‚typisch Schröder‘ gilt, noch gar nicht da. Das einzige, was festgelegt ist – die Praxis, in die wir notwendig, qua Menschsein, hineingestellt sind –, ist die des Ausbildens eines Charakters überhaupt. Jede Person bildet einen Charakter aus (– und sei es, im Extremfall, den der Charakterlosigkeit). Zum anderen wäre es – was rein sprachlich schon angezeigt ist – absurd, den endgültigen Charakter, zu dem sich ein vormaliges

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Kind entwickelt hat, als eine von diesem Individuum abstrahierte Praxis – wie ‚das‘ Schwimmen – anzusprechen. Es gibt keine Praxis ‚des Schröderseins‘ und, damit, ebenso keinen Weg des Erwerbs ‚von Schrödersein‘ – eben weil ‚das Schrödersein‘ etwas ist, das erst durch das Individuum Gerhard Schröder wirklich wird. Und würde sich ein Individuum zu einem endgültigen Charakter entwickeln, der demjenigen Gerhard Schröders maximal nahe kommt, so wäre dies immer noch nicht so zu beschreiben, dass zwei Individuen dieselbe vorgegebene Praxis gelernt und vollzogen hätten, sondern als eine (seltene) Zusammenkunft zweier individueller Charakter. Unbeschadet dessen gibt es dennoch Züge oder Typisches, das sich am Proto-Charakter aufweisen lässt: So mag ein Kind etwa – wie manch andere Kinder auch – grüblerische Züge oder Begeisterung für Abstraktes erkennen lassen. Dies bedeutet einerseits eine gewisse Determination – im Wortsinne einer Einschränkung: Ein Kind, das diese beiden Züge aufweist, wird beispielsweise nicht den Charakter eines seicht-volkstümlichen Kabarettisten entwickeln. Andererseits aber determinieren diese Züge, dieses Typische, nicht den späteren, endgültigen Charakter des Kindes – das aber nicht nur in dem Sinne, dass noch offen ist, ob das so beschriebene Kind ein leidenschaftlicher Mathematiker oder Physiker wird, sondern so, dass noch offen ist, ob es ein leidenschaftlicher Mathematiker oder ein melancholischer Dichter wird. Das aber sind zwei Charakteristika, die weit auseinander liegen (können). Daran wird etwas Wesentliches der Charakterbildung deutlich: (Typische) Züge des vor-läufigen Proto-Charakters schließen zwar bereits einige Möglichkeiten künftigen Charakters aus, determinieren den künftigen Charakter aber nicht annähernd hinreichend positiv. ‚Vor-läufig‘ meint also zweierlei: zum einen, dass in diesem Proto-Charakter eben noch nicht der endgültige Charakter festgelegt ist; vielmehr steht der Schritt der Charaktergründung noch aus, in dem der Proto-Charakter in einen endgültigen Charakter überführt wird. Zum anderen aber, dass dieser Proto-Charakter als Proto-Charakter des konkreten endgültigen Charakters x oder y erst dann ausgewiesen werden kann, sobald der endgültige Charakter festgelegt ist. Die grüblerischen Züge des Kindes sind, ex post, der Proto-Charakter des späteren Mathematikers – was kompatibel damit ist, dass sie auch der Proto-Charakter des künftigen Dichters hätten werden (und sodann sein) können, wenn der Heranwachsende seinen Proto-Charakter entsprechend anders in einen endgültigen Charakter überführt hätte. Der Übergang vom Proto-Charakter zum endgültigen Charakter – ich nenne das (terminologisch mit Kant)32 den Akt der Charaktergründung, unterschieden von der Charakterbildung, die die Einzelhandlungen zur Zeit des Proto-Charakters mit einschließt und somit den Entwicklungsprozess im Ganzen bezeichnet – kann mehr oder weniger zeitlich punktuell sein: Er kann durchaus an einer bestimmten Einzel32  Nur terminologisch deshalb, weil Kant der Charaktergründung keinen genuin moralphilosophischen Platz (auf derselben Ebene, auf der auch die intelligiblen Tat lokalisiert ist) einräumt, sondern einen diesem nachgeordneten Platz. Deshalb wird die Charaktergründung auch in der Anthropologie verhandelt.

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handlung ablesbar – und zeitlich als unmittelbar vor ihr liegend zu lokalisieren – sein, die sodann zugleich die erste Einzelhandlung des nun gegründeten, endgültigen Charakters ist. So zum Beispiel, wenn das Kind aus unserem Supermarkt-Beispiel sich eines Tages dazu entschließt, einen bewaffneten Raubüberfall auf einen Supermarkt auszuüben, um ein Zeichen gegen den Kapitalismus zu setzen, und von dann an ein kriminelles, ideologisch verblendetes Leben führt. Freilich kann die Charaktergründung sich aber auch schrittweise über mehrere Einzelhandlungen erstrecken, deren Sequenz somit den zunehmenden Übergang vom Proto-Charakter zum endgültigen Charakter markiert: Die erste wäre dann noch eine Einzelhandlung des Proto-Charakters, die letzte eine des endgültigen Charakters; dazwischen mag es, was die Einzelhandlungen angeht, einen Graubereich geben, sodass nur die Sequenz im ganzen letztlich als Aktkomplex der Charaktergründung zu identifizieren wäre. Zwischen dem Proto-Charakter und dem endgültigen Charakter – d. h. zwischen der Charakterbildung, soweit sie noch nicht die Charaktergründung einschließt, und der Charaktergründung – besteht also in der Tat eine Determinationslücke. Diese ist aber nicht so beschaffen, dass es sich bei der Charaktergründung um einen grundlosen, zufälligen oder blinden Akt handeln würde; vielmehr ist sie so beschaffen, dass die soweit getriebene Charakterbildung qua Gründung entweder in den endgültigen Charakter x oder den endgültigen Charakter y münden kann. Es liegt keinerlei Problem darin – und ist aus der Lebenserfahrung sogar plausibel –, dass aus dem kriminellen Rebellen auch ein besonnener Aktivist hätte werden können, wenn er ‚die Weichen‘ seines Lebens an entscheidender Stelle anders gestellt hätte. Aus der Tatsache, dass er sie so und nicht anders gestellt hat, obwohl er sie auch anders hätte stellen können, folgt außerdem nicht, dass es – rückblickend – in irgendeinem Sinne rätselhaft oder sprunghaft gewesen wäre, wie der Charakter sich tatsächlich endgültig entwickelt hat. Logisch schlüssig – und kohärent lesbar – wird die Lebensgeschichte aufgrund des beschriebenen Zusammenhangs von Proto-Charakter und endgültigem Charakter in beiden ihrer möglichen Ausgänge sein. Die Determinationslücke, die – im logischen Sinne – unmittelbar vor der Charaktergründung liegt, wird also durch eine oder mehrere Einzelhandlungen geschlossen; sie markieren den Übergang von der/den letzten Einzelhandlung/en des Proto-Charakters zur/zu den ersten des endgültigen Charakters. Sie folgen – und das ist ebenfalls wichtig zu sehen – nicht mit Bindungsnotwendigkeit aus dem Proto-Charakter, da dieser, qua Proto-Charakter, keine strikte Bindungsnotwendigkeit – sondern bloß, so kann man es nennen, Bindungsaffinität – impliziert. Ein Proto-Charakter ist der Proto-Charakter also nicht nur durch seine moralische Zweideutigkeit, sondern auch, damit intern zusammenhängend, durch eine weit größere Bindungstoleranz, als sie der endgültige Charakter hat; entsprechend groß ist die Bandbreite möglicher Einzelhandlungen zur Zeit des Proto-Charakters, die in einem analogen Sinne vorläufig gegenüber den mit Bindungsnotwendigkeit an den endgültigen Charakter gebundenen Einzelhandlungen sind wie es der Proto-Charakter als solcher

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gegenüber dem endgültigen Charakter ist. Die letzten Schritte vor der Ausübung eines bewaffneten Raubüberfalls oder vor dem überzeugten Verbleiben auf der Ebene friedlicher Proteste genügen beide – trotz augenfälliger Verschiedenheit – dem Kriterium der Bindungsaffinität an den Proto-Charakter der/des beschriebenen Heranwachsenden; und je nach dem, welchen Ausgang die Charaktergründung nimmt, ist entweder der bewaffnete Raubüberfall die erste Einzelhandlung, die mit – sodann strikter33 – Bindungsnotwendigkeit an den nunmehr endgültig gewordenen – bösen – Charakter gebunden ist, oder eben das Engagement in friedlichem Protest die erste Einzelhandlung, die mit – strikter – Bindungsnotwendigkeit an den nunmehr endgültig gewordenen – guten – Charakter gebunden ist.34 Das diskutierte Beispiel zeigt, dass aus der Richtung, die ein Individuum qua Charakterbildung und Proto-Charakter genommen hat, zwar gewisse endgültige Charakter ausgeschlossen sind (in unserem Beispiel: politische Gleichgültigkeit oder Apathie); dass es weiter Züge gibt, die sich in beiderlei möglichem Ausgang der Charaktergründung beobachten lassen (eben beispielsweise die aktive, zupackende Art); und schließlich aber auch, dass der mögliche endgültig gute Charakter und der ebenso mögliche endgültig böse Charakter dennoch sehr weit auseinanderliegen – und das nicht nur in der Hinsicht, dass Gut und Böse gegensätzliche normative Prädikate sind, sondern auch in dem Sinne, dass die charakterliche Gesamterscheinung eines Individuums, das auf den Straßen Krawalle anführt, um Welten verschieden ist von derjenigen möglichen desselben Individuums, das sich besonnenen Geistes politisch – vielleicht sogar feingeistig – engagiert. Damit verhält es sich also weder so, dass der freie Akt der Charaktergründung ohne eine ihr vorausgehende Bestimmtheit als Basis stattfinden würde und könnte, noch so, dass dieser Akt dadurch nicht mehr frei ist, dass sich ein Individuum innerhalb einer solchen Bestimmtheit bloß nach vorgegebenem Muster – und damit mit Zwangsläufigkeit, in schon determinierter Weise – weiterentwickeln würde. Unbeschadet dessen ist es aber sowohl richtig, die Einzelhandlung(en), welche unmittelbar 33  An der hier vorgenommenen Unterscheidung zwischen (strikter) Bindungsnotwendigkeit des endgültigen Charakters und (entsprechend nicht-strikter) Bindungsaffinität des Proto-Charakters lässt sich die Frage nach dem Verhältnis von Schelling zu Kant in neuer und instruktiver Weise stellen: Lässt Kant (in der Religionsschrift) kategorisch keine nicht-strikte Dimension moralischer Bestimmtheit zu? Oder abstrahiert er dort ‚nur‘ von dieser Dimension (etwa zu methodischen Zwecken) – wobei in diesem Fall immer noch zu fragen wäre, ob die hier mit Schelling entwickelte Konzeption auch für Kant als Konkretion, die über diese Abstraktion hinausführt, gelten könnte, oder aber die kantische Abstraktion von einer Art ist, welche diese (oder eine andere derartige) Konkretion ausschließt. Eine kritische Relektüre der Religionsschrift unter dieser Fragestellung kann hier jedoch nicht geleistet werden. 34  Die von mir gewählten Beispiele folgen – um der Plakativität und Anschlussfähigkeit willen – einem durchaus hausbackenen Bild von Gut und Böse. Schelling hat wohl – entsprechend der christlichen Tradition – einen tiefgreifenderen Begriff des Bösen im Sinne des radikal Bösen, dem auch derjenige aufsitzt, den wir in unserem Beispiel als ‚guten‘ politischen Aktivisten charakterisieren. Will man diesen Gedanken einholen, wäre meine Konzeption wohl an biographisch ‚früheren‘ (jedenfalls fundamentaleren) Entwicklungsstadien des Individuums anzusetzen. Dies scheint mir jedoch kein grundsätzliches Problem für diese Konzeption zu bedeuten.

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der Charaktergründung folgen, als mit Bindungsnotwendigkeit an den nunmehr endgültigen Charakter gebunden zu begreifen, als auch den Proto-Charakter als Antizipation des endgültigen Charakters. Dieser Gedanke aber enthält nun einen Zeit­ index: Eine Antizipation des endgültigen Charakters x ist der Proto-Charakter p erst, wenn der endgültige Charakter x gegründet ist, also nach dem freien Akt der Charaktergründung. Wäre der endgültige Charakter y gegründet worden, wäre der Proto-Charakter p dadurch der Proto-Charakter von y geworden. Ein Proto-Charakter p ist der Proto-Charakter also an sich, immer schon; der Proto-Charakter von x oder y – also p von x bzw. p von y – ist er hingegen erst – in einem logisch wie zeitlichen Sinne – nach dem freien Akt der Charaktergründung.35 Anschaulich verdeutlichen lässt sich diese Überlegung durch Analogie zu einer Tonfolge t, die ein bestimmtes Musikstück m eröffnet: t wird überhaupt erst zur Eröffnung von m, wenn nach t weitergespielt wird und überhaupt ein Musikstück erklingt. Es wird erst zur Eröffnung von m, wenn dieses Musikstück m – und nicht ein anderes – ist. Es lässt sich ohne weiteres denken, dass t zugleich die Eröffnung eines anderen Musikstücks m* ist. Nun ist aber t als Eröffnung von m mit t als Eröffnung von m* nur identisch, was die notierte Tonfolge angeht, nicht aber – und darum geht es beim Hören eines Musikstücks, in ästhetischer Absicht, ja –, was seinen Klang im Kontext von m bzw. m* angeht: t als Eröffnung von m kann etwas ganz Anderes als t als Eröffnung von m* sein. So verhält es sich auch mit dem Proto-Charakter: Wenn dessen Einzelhandlungen (z. B. der Schokoladendiebstahl) ex post als Proto-Charakter des Lebens eines tüchtigen, hilfsbereiten Menschen festgelegt werden, so sagen wir mit Recht, dass sich bereits in diesen Einzelhandlungen seine (spätere) Güte zeigte – und nicht bloß, dass wir solche – an sich scheinbar neutralen – Einzelhandlungen nun rückblickend so ‚lesen‘ oder ‚verstehen‘, dass sie Vorläufer seiner späteren Güte sind. Es geht also um tatsächliche, nicht um eine bloß hermeneutische ex-post-Determination des vormaligen Proto-Charakters.36 Nun können wir präzise benennen, worin der blinde Fleck von Galen Strawson und seinem Argument besteht: Er ist unfähig, den genuinen Gedanken einer (charakterlichen) Revolution denken zu können. (Es ist bemerkenswert, dass Kant – ganz mit Recht – die Charaktergründung mit dem Gedanken der Revolution intern ver35  Die hier vorgeschlagene Konzeption stößt durch diesen Gedanken auf dieselbe logische Figur, die Tyler Tritten in seinem Beitrag zum vorliegenden Band (53–69) unter dem Schlagwort ‚posterior anteriority‘ als einen Kerngedanken der (späteren) Philosophie Schellings herausarbeitet. Mit Tritten will auch ich betonen, dass es sich bei dieser Figur nicht – hermeneutisch – um eine nachträglich andere Sicht auf vorherige Dinge handelt, sondern – ontologisch – um ein (anderes) Sein des Vorherigen erst durch das Nachherige, und nach ihm. Darauf wird zurückzukommen sein. 36  Die beschriebenen, komplexen zeit-determinationslogischen Zusammenhänge geraten leicht a priori aus dem Blick, wenn man – in methodologischer Hinsicht – logizistische Tendenzen hat: Denn ein praktischer Schluss, ohne Zeitindex, lässt einen gar nicht auf die Idee kommen, es könnte so etwas wie eine realistisch verstandene ex-post-Determination überhaupt geben. (Entsprechend ist eine bloß hermeneutische ex-post-Determination das Maximum, das der Logizist denken und zugeben kann.)

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bindet und diesen somit als entscheidend zum Verständnis der Charakterbildung ausweist.) Eine Revolution hat es – wie von den geschichtlich gegebenen Paradigmata klar zu ersehen ist – offenbar zu ihrem Wesen, einerseits nicht sein zu können ohne das, was vorher war – und damit ‚Grund‘ oder ‚Boden‘ der Revolution ist –, sich dennoch aber nicht mit logischer Zwangsläufigkeit daraus ableiten und damit vorhersagen zu lassen – so, als ob sie gar nichts Neues, Überraschendes mehr wäre. Vielmehr gehört es zum Wesen einer Revolution, so oder auch anders stattfinden zu können – je nach dem, wie die Kräfte, die sich vorher in einer gewissen Weise aufgeschaukelt haben, sich schließlich und endgültig konfigurieren und auswirken. Diese Wesenszüge einer Revolution kann man nicht denken, wenn man eine freie Handlung – ausschließlich – am Modell der durch Gründe vollständig determinierten (Einzel-)Handlung denkt, wie Galen Strawson das tut. So richtig es ist, dass es diese Handlungen gibt – Einzelhandlungen, die mit Bindungsnotwendigkeit an den (endgültigen) Charakter gebunden sind – und dass wir im Alltag mehr oder weniger ausschließlich mit diesen konfrontiert sind, so unzureichend ist dieses Modell, um die Gründung des Charakters als solchen, als ganzen zu verstehen – und damit das, was immer schon hinter dem steht, was wir als Charakter alltäglich tun und erleben. Diesen Punkt macht, wie gesagt, auch Buchheim mit Schelling gegen Strawson stark: indem er einen außerhalb der Zeit liegenden, freien Akt der Selbstpositionierung eines Individuums im ‚Kraftfeld oder Formfeld‘ des Guten und Bösen denken will. Wie ich zu zeigen versuchte, bedarf es zu einer Profilierung gegen(über) Strawson in eben diesem Geiste allerdings keiner Positionierung dieses Aktes schlicht außerhalb der Zeit.

5. Zusammenschau, Schluss und Ausblick – noch einmal Schelling und die Metaphysik Fassen wir also zusammen. Wir haben am Ende von Teil 3 vier Adäquatheitsbedingungen festgehalten, an denen sich eine Konzeption des freien Aktes moralischer Selbstbestimmung – einer freien Charakterbildung – zu messen und zu bewähren hat. Führen wir uns diese abschließend noch einmal vor Augen und fassen wir zusammen, wie die vorgeschlagene Konzeption dies leistet: (i) Der Übergang von einem Proto-Charakter zum endgültigen Charakter muss ein freier Übergang sein, und zwar ein freier Akt der (endgültigen) moralischen Selbstbestimmung. Dem trägt die vorgeschlagene Konzeption dadurch Rechnung, dass dieser Übergang als Revolution gedacht wird – d. h. weder möglich ohne den Proto-Charakter noch vollständig derterminiert durch ihn. (ii) Der Akt der (endgültigen) moralischen Selbstbestimmung ist nicht frei im Sinne der libertas indifferentiae.

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Gemäß der vorgeschlagenen Konzeption geht dem freien Akt der (endgültigen) moralischen Selbstbestimmung – der Charaktergründung – ein Proto-Charakter voraus, der – wie auch bei Buchheim – schon bestimmt ist, aber – anders als bei Buchheim – nicht bloß natürlich, sondern bereits moralisch, durch ein noch ungeschiedenes oder jedenfalls noch nicht hinreichend geschiedenes Ineinander von Gut und Böse, worin die grundsätzliche – moralisch einschlägige – Vorläufigkeit und Unreife des Proto-Charakters im Unterschied zum endgültigen Charakter begründet liegt. Mit (i) und (ii) haben wir diejenigen Bedingungen erfüllt, die auch Buchheim im Sinne Schellings an eine adäquate Konzeption freier moralischer Selbstbestimmung stellt. Mit den folgenden beiden – (iii) und (iv) – wird das spezifische Profil meiner Konzeption deutlich, und zwar als keinem der von Buchheim aufgestellten Erfordernisse zuwiderlaufend, geschweige denn widersprechend: (iii) Einzelhandlungen vor dem Akt der freien Selbstbestimmung sind, qua ProtoCharakter, noch keine moralischen Einzelhandlungen im Vollsinne, wie dies für moralische Einzelhandlungen gilt, die mit Bindungsnotwendigkeit an den endgültigen Charakter gebunden sind. Wir haben Einzelhandlungen vor der Charaktergründung in einem dreifachen Sinne als vor-läufig charakterisiert: Zum ersten ist ihre moralische Bestimmtheit ein bloßes Ineinander von Gut und Böse, zum zweiten sind sie bloß mit Bindungsaffinität – und nicht mit (strikter) Bindungsnotwendigkeit – an den Proto-Charakter gebunden, zum dritten sind sie unbeschadet dessen eine Antizipation eines späteren, endgültigen Charakters – welches, steht freilich erst nach der Charaktergründung fest. (iv) Einzelhandlungen vor diesem Akt, qua Proto-Charakter, haben unbeschadet (iii) als Antizipationen des endgültigen Charakters und solcher Einzelhandlungen, die mit Bindungsnotwendigkeit an ihn gebunden sind, zu gelten. Der Kerngedanke der Antizipation wurde so profiliert, dass er nicht dem Argument von Galen Strawson ausgesetzt ist – wie es der Fall wäre, wenn ein erst später realisierter Charakter schon determinationslogisch wirksam wäre in den zu ihm hinführenden, vorläufigen Einzelhandlungen der Charakterbildung. So ist es aber nicht: Der Proto-Charakter hat wesentlich einen Zeitindex von der Art, dass er erst nach der Charaktergründung von x/y der Proto-Charakter von x/y wird. Dann aber ist er es, und zwar wirklich – und nicht bloß hermeneutisch. Irreführend wäre es nun, zu glauben, durch die ‚Rückholung‘ der intelligiblen Tat in die Zeit käme man anders als derjenige Schelling der ‚Ewigkeit‘, wie Buchheim ihn präsentiert, ohne Metaphysik aus. Davon kann nicht die Rede sein. Zwar ist eine bestimmte Konzeption von ‚Ewigkeit‘, die einen an dogmatische Metaphysik erinnern mag und Schelling eher zu einem Vor- als zu einem Nachkantianer (im Sinne Gabriels) machen würde, so zu vermeiden. Sehr wohl aber bedarf es, wie gezeigt, einer metaphysischen Revision unseres ordinär-linearen Zeitverständnisses – denn nur in einer nicht-ordinär-linearen Zeit kann Freiheit sein; nur so kann in ihr dasjenige sein,

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was bei Buchheim und seinem Schelling gar in die Ewigkeit gehören zu müssen scheint. Ebenso bedarf es einer metaphysischen Auffassung des Normativen (des Moralischen), die sich nicht im Hermeneutischen erschöpft;37 das Gute und Böse, das Seinsollende, sind nicht nur Verstehens- oder Reflexionsmodi, sondern Realitäten. Diesen Metaphysica kann und muss nun aber im Sinne einer nachkantischen, kritischen Metaphysik Rechnung getragen werden. Sie wären im Einzelnen, an sich wie im Zusammenhang des Ganzen, auszubuchstabieren, detaillierter, als es in dieser Untersuchung – mit Fokus auf den Gedanken einer freien, revolutionären moralischen Selbstbestimmung – geschehen konnte. Die Metaphysik nach Schelling bleibt so eine Aufgabe, deren Richtung und Grundlinien allerdings mit der Konzeption einer innerzeitlichen, revolutionären moralischen Selbstbestimmung vorgezeichnet wären. Abschließend sei bemerkt, dass das hier entwickelte Verständnis dieser Konzeption zwei vorteilige Perspektiven in Richtung des Schelling nach der Freiheitsschrift ermöglicht: (i) Zum einen wird es – allem voran in den Weltaltern – eine große Frage für Schelling, wie eine nicht-lineare Zeitordnung zu denken ist.38 Wie Axel Hutter gezeigt hat,39 mündet diese Frage in die Frage nach einer ‚geschichtlichen Vernunft‘, welche gerade nicht durch die unvermittelte Gegenüberstellung von Zeit und Ewigkeit zu fassen ist, sondern auf eine Überwindung dieses Dualismus hindrängt. Die hier vorgetragenen Überlegungen haben gezeigt, dass schon die Freiheitsschrift so gelesen werden kann, dass sie die freie moralische Selbstbestimmung des Menschen nicht unter einfacher Voraussetzung und Affirmation dieser unvermittelten Gegenüberstellung denken will. Doch erst wenn es gelingt, eine nicht-lineare Zeitordnung und – mit ihr – Geschichte philosophisch wirklich zu denken, ist Schellings Ansatz hinreichend außer Gefahr, das zeit-kritische Moment, das im Gedanken der ‚Ewigkeit‘ liegt und diesen philosophisch unverzichtbar macht, zu unterschlagen und faktisch die sinnlose, bloß lineare Zeit als einzig wirkliche Ordnung zu affirmieren.40 (ii) Zum anderen aber wird die Ewigkeit – auch im Sinne einer (künftigen?) Überwindung der Zeit – in meiner Lesart noch nicht durch diesen Akt beansprucht, ja verbraucht; will man Ewigkeit – zumindest als einen möglichen Horizont über dasjeni37  Es dürfte klar geworden sein, dass die beiden Punkte intern zusammenhängen: Denn wenn die Zeit, als Organisationsform des Realen verstanden, nicht anders als ordinär-linear gedacht werden kann, muss ein anspruchsvolles Konzept des Normativen – etwa als das Ganze meiner Handlungen umfassende moralische Determination – außerhalb der Zeit und damit des Realen liegen. (Umgekehrt erspart einem die (un)philosophische Zufriedenheit mit einer Irrealität oder scheinbar höheren Realität des Normativen die Mühe, das ordinär-lineare Zeitverständnis im kritisch-philosophischen Denken erschüttern zu müssen.) 38  Vgl. dazu auch den Aufsatz von Thimo Heisenberg in diesem Band (371–383). 39  Hutter (1996). 40  Hier ist auf Axel Hutters differenzierte und kritische Darstellung diesbezüglicher Inkonsequenzen (und Zweideutigkeiten) in Schellings Weltaltern zu verweisen (vgl. Hutter (1996), 117−123).

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ge, was in der Zeit ist, hinaus – denken können, will man also Gott und den Möglichkeiten, die nur er haben kann, einen Platz in der Philosophie lassen, so tut man gut daran, diesen Platz auch für ihn freizulassen. Was Schelling in der Freiheitsschrift als in die Zukunft hinein offene Transmutationsmöglichkeit des Menschen andenkt – und was beim späteren Schelling in zunehmend auch theologisch orthodoxer Schärfe als Unvordenklichkeit, Freiheit und Souveränität Gottes (durch die Geschichte hindurch) in den Blick genommen wird –, kommt dieser Richtung entgegen. So bleibt – wenig überraschend – vieles, was mit Schelling zu diskutieren wäre. Zumindest einen kleinen Beitrag zu dieser Diskussion leistet die vorgeschlagene Konzeption vielleicht – hoffentlich aber vor allem zum gemeinsamen philosophischen Tasten nach dem Wesen der menschlichen Freiheit – und den damit zusammenhängenden Gegenständen.

Literaturverzeichnis Gabriel, M. (2014), „Aarhus Lectures. Schelling and Contemporary Philosophy. Second Lecture: Schelling’s Ontology in the Freedom Essay“, in: SATS: Northern European Journal of Philosophy 15, 75−98. Hutter, A. (1996), Geschichtliche Vernunft. Die Weiterführung der Kantischen Vernunftkritik in der Spätphilosophie Schellings, Frankfurt a. M. Kern, A. (2017), „Kant über selbstbewusste Sinnlichkeit und die Idee menschlicher Entwicklung“, in: Kern, A./Kietzmann, C. (Hgg.), Selbstbewusstes Leben. Texte zu einer transformativen Theorie der menschlichen Subjektivität, Frankfurt a. M., 270−301. Kern, A. (2018), „Selbstbewusstsein und die Idee der Bildung als ‚immanentes Moment des Absoluten‘: Über einige Unterschiede zwischen Kant, Hegel und McDowell“, in: Oehl, T./ Kok, A. (Hgg.), Objektiver und absoluter Geist nach Hegel. Kunst, Religion und Philosophie innerhalb und außerhalb von Gesellschaft und Geschichte, Leiden/Boston, 872−893. Rödl, S. (2016), „Education and Autonomy“, in: Journal of Education 50, 84−97. Strawson, G. (1994), „The Impossibility of Moral Responsibility“, in: Philosophical Studies 75, 5−24. Thompson, M. (2017), „Formen der Natur: erste, zweite, lebendige, vernünftige und phronetische“, in: Kern, A./Kietzmann, C. (Hgg.), Selbstbewusstes Leben. Texte zu einer transformativen Theorie der menschlichen Subjektivität, Frankfurt a. M., 29−77.

IV. Moralphilosophische Implikationen und Theodizee

Schelling’s Moral Psychology in the Freiheitsschrift and Stuttgarter Privatvorlesungen Michelle Kosch There are a number of philosophical projects underway in the Freiheitsschrift, not all equally central or equally successful, and not, so far as I can see, all jointly consistent. I am going to focus on one: the account of empirical human moral agency the text presupposes. Since it seems not perfectly obvious that Schelling owes us such an account (by his own lights), I will start with some reasons for thinking he does (1.). Then after laying out the philosophical issues (2.) I will look at the Freiheitsschrift and other texts of the period and extract an account from them (3.). I will conclude by describing two problems with that account (4.).1

1. A fair portion of the text of the Freiheitsschrift is devoted to criticism of a way of thinking about human agency that Schelling attributes to a number of philosophers, on which, as he says, we can make sense of freely willed good actions but can make sense of evil actions only as not (or not entirely) freely willed.2 The question of how to remedy that deficit is presented as one central concern of the essay. The desideratum is an account of agency that allows for evil on a conception that is positive in the double sense of involving both a “positive perversion [Verkehrtheit] or reversal [Umkehrung] of principles” and a genuine exercise of agency rather than a mere failure to exercise agency.3 Otherwise put, there must be a principle of evil (i.e., a unitary characterization: defective actions or dispositions cannot simply be a chaotic agglomeration); and there must be an account of what an agent is doing in acting on that principle (an account on which she is not merely passive in the face of forces external to her will). 1  Earlier versions of this article were presented at two conferences at Ludwig-Maximillians-Universität Munich in 2016 and 2018. I am grateful to the audiences at those two conferences for valu­ able feedback, to Daniel Whistler for written comments on the first draft, and especially to Thomas Buchheim for his generous support and intellectual engagement over the course of the project. 2  I have discussed this general topic in earlier work. What I say here partially reframes the issues and considers new texts; but it is intended to be on the whole consistent with those earlier discussions. 3  AA I 17, 137 | SW VII, 366. AA references have been suplied by editors. All translations are mine.

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We have no choice but to see this as a concern that stands on its own feet, since it does not follow from any of the plausibly related concerns in the essay. So, for example, Schelling is (at this time) increasingly occupied with the project of articulating a conception of human and divine personhood that would enable him to think about the relation of the human to the divine on the model of an interpersonal encounter. But that project does not require an account of human freedom whereon it is freedom for evil in this positive sense. Nor does the cosmology of the Freiheitsschrift require such an account. It is consistent with it, but it does not require it; and in fact it is clear from the text that the relation of dependence between these two projects is meant to run in the opposite direction: our cosmology has to account for a human capacity for evil in this positive sense, consistent with theodicy, and so is constrained in some important sense by our moral psychology. (Lest that seem an odd claim, it is worth pointing out that this is the way the ‘problem of evil’ was handed down from the tradition; and it is within this very traditional framework that Schelling approaches it.) Nor does the project of articulating a conception of freedom meeting this constraint appear to have a primarily scriptural motivation. Schelling does not present his concern as being with a philosophical accommodation of the Christian doctrine of original sin. He uses the word Sünde in the essay only very rarely. Although there are a number of scriptural references, these are offered as canonical depictions of a set of phenomena with which the reader is assumed to be independently acquainted. They are not intended to provide our only or main route to acquaintance with those phenomena. Nor, finally, is that acquaintance described as something purely introspective. What we are told instead is that the ‘philanthropism’ of contemporary moral psychology is inconsistent with observed phenomena. Schelling tells us that human evil “is manifest” 4 and that we are able to observe, even in non-human nature, phenomena that are manifestly the “effects” of evil.5 But something observable both in itself and in its effects is an empirical phenomenon. Thus, the evil will to be accounted for must be an empirical phenomenon. (I emphasize this because it might seem tempting to infer, from the fact that Schelling’s moral psychology is not naturalistic, that it must concern something other than empirical human psychology. The second does not follow from the first and is ruled out by too many remarks in the text to be plausible on its own.)

4  5 

AA I 17, 126 | SW VII, 354. AA I 17, 146 | SW VII, 377.

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2. If we are to be able to say that evil is manifest, we must also 1. be able to say which observable phenomena constitute the extension of the term, at least to some approxi­ mation (that is: the Freiheitsschrift must presuppose at least some first-order normative principles); and we must further 2. be able to recognize these phenomena as the actions of empirical human beings (that is: the essay must presuppose at least some theses in empirical moral psychology). My topic is the second set of presuppositions; but the path to them leads through the first set. Schelling does not articulate his first-order normative presuppositions in the Freiheitsschrift, but the preponderant characterization of evil is as involving a sort of egoism, self-seeking, “aroused selfhood […] that […] has torn itself entirely free from the light or the universal will”,6 “self-will [that strives] to be, as particular will, that which it is able to be only in identity with universal will”,7 elevating one’s “selfhood to the place of the dominant will of the universe, instead of making it into the basis or organ”.8 So, briefly put, the observable phenomena are ones in which an individual privileges her own ends or good in a way that disregards or actively usurps the legitimate claims of others, that violates some legitimate ordering of the claims of multiple individuals on one another or the claims of some (perhaps divine) authority. That is an intuitive characterization. It is consistent across a range of texts in this period of Schelling’s authorship. It is also consistent with the Kantian and Fichtean characterization of one important subset of morally defective actions (a proper subset, since it is not clear how actions that violate self-regarding duties can fall under this characterization – but then it is not wholly clear that Schelling recognizes the existence of such duties in this essay or other writings of this period). Kant, of course, agrees that morality is inconsistent with at least some manifestations of partiality to self. Fichte takes this further in that for him both the moral end of independence and the reasons for action that flow from it are taken to be fully agent-neutral.9 Privileging my ends, my welfare, or even my moral virtue over those of similarly situated others is morally forbidden. Doing this is ‘egoistic’ in a familiar sense of the term. In an 1806 discussion of Fichte’s recent work,10 Schelling described this thought (“for example, of the reprehensibleness of self-interest, and how the individual must subordinate itself to the race”)11 as the universally accepted moral assumption that one can count on approval for mouthing (as, he there suggests, Fichte does). 6 

AA I 17, 165 | SW VII, 399 f. AA I 17, 135 | SW VII, 365. 8  AA I 17, 156 | SW VII, 389. 9 Cf. System der Sittenlehre, GA I/5, 209–213. Translations are mine. 10  Anti-Fichte, SW VII, 1–91. 11  Anti-Fichte, SW VII, 50. 7 

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That is not a ringing endorsement of the thought itself, but the text of the Freiheitsschrift is completely devoid of any expression of disagreement with this universally accepted assumption, and Schelling’s own characterization of morally evil action is, as we have seen, consistent with it. This agreement about first-order normative principle is worthy of note: there exists a level of description at which it is fair to say that Schelling and Fichte agree that some actions (or dispositions) can be observed to fit that description, and those are the evil ones. Notice also that there is at least a thin motivational account attached to the description: people who so act are moved by partial self-concern rather than impartial concern for all. The agreement is noteworthy because the most salient target of the criticism in the passage with which I am concerned does look to be Fichte. The passage I have in mind is the discussion of the “actuality” of evil from VII, 366–373,12 the passage bracketed by two references to an 1807 essay by Franz Baader on this topic. An important part of that passage is this: According to them, the sole ground of evil lies in sensibility, or in animality or the earthly principle, insofar as they oppose heaven not to hell, as is fitting, but rather to earth. This representation is a natural consequence of the doctrine according to which freedom consists solely in the domination of the intelligent principle over sensible desires and inclinations, and the good comes from pure reason [aus reiner Vernunft], according to which there is, understandably, no freedom for evil (insofar as here the sensible inclinations predominate); more precisely however evil is entirely cancelled. (AA I 17, 141 | SW VII, 371)

Of course, there is a family of views here, and Leibniz and Kant are targets as well, but it is Fichte’s “philanthropism” in the System of Ethics that Schelling comes back to discuss explicitly at VII, 389.13 (Notably, the term ‘philanthropism’ occurs in these two passages, and nowhere else.) It is difficult to avoid the conclusion that Schelling has chiefly in mind Fichte’s explanation of evil as the psychological expression of the power of inertia (Trägheit) in nature in System of Ethics §  16.14 The problem is specified in the passage at VII, 37115 above as the conjunction of two claims, on the one hand that (1) the rationality of an action is a necessary condition of the freedom of that action

and on the other that (2) the rationality of an action is a sufficient condition of the moral goodness of that action.

Taken together, these two claims present a problem for the possibility of free evil actions. This is a specifically moral psychological problem, not soluble by the cosmological moves by which Schelling hopes to make human freedom compatible with di­ 12 

AA I 17, 136–142 | SW VII, 366–373. AA I 17, 156 | SW VII, 389. 14  Cf. also Schelling’s discussion of Trägheit at Freiheitsschrift, AA I 17, 139 f.; 155 | SW VII, 369 f.; 389. 15  AA I 17, 141 | SW VII, 371. 13 

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vine goodness. It is the problem of how there could be an action that is both free and morally evil. The peculiar commitment of rationalist theories like Kant’s and Fichte’s – what informs (2) – is that partiality is morally forbidden in virtue of being irrational. To privilege myself over similarly situated others is to ascribe to the fact that I am the agent or patient at issue an importance I cannot justify – ‘it is me’ being the wrong kind of consideration, something we can see as soon as we notice the results of generalizing the line of reasoning, and so cannot reflectively endorse. If I do endorse something with this upshot, the explanation must (typically at least) be some failure of practical reflection that renders it confused or incomplete. This failure is what Fichte explains with reference to Trägheit in System of Ethics §  16. The worry (and this is a reason, in addition to the explicit references, to think that Fichte is the primary target here) is that such failures of reflection are all that evil can amount to on Fichte’s view. We never do what we clearly see to be irrational;16 if what we do is in fact irrational, that is because its irrationality is obscured by our own failure to deliberate thoroughly and systematically. That failure is itself explained by something about our nature: an inborn propensity to reflective sloth which is one manifestation of the natural force of inertia and which an individual is not always, on her own, in a position to counteract.17 So a certain sort of intentional malice is impossible on this view; but more worrisome still (for Schelling) is that these failures of practical reflection are themselves failures of agency, because the disposition to reflect practically – to systematize the contents of all of the attitudes conflict among which makes up the extension of practical irrationality – is the disposition in virtue of which we are agents to begin with. This is, of course, what informs (1).

3. So, assume that what we mean by evil is at least privileging one’s own interest over the interest of similarly situated others (where that subsumes violating the duties assigned to one by relevant cooperative conventions). The question then is: what alternative account of the choice of it does Schelling offer? We can perhaps approach this question via an apparently more straightforward one: which of (1) or (2) does he deny? Is it that I am supposed to be able to freely do this, even though doing it involves some irrationality? Or is it that it can be rational to do this, and that is why I can freely do it? Is it the link between freedom and rationality that Schelling wants to sever, or is it the link between rationality and the good? Or both? 16 Cf.

17 Cf.

System der Sittenlehre, GA I/5, 176 f. System der Sittenlehre, GA I/5, 185–187.

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This question is harder to answer than it ought to be. Before trying to answer it, I want, first, to deny that we can take Schelling’s musings about atemporal acts of choice to allow him to bypass it. Not even Kant (who of course held one of the historical precursors to that atemporal choice view) thought he could bypass this question. The act of the faculty of choice (Willkür) that determines intelligible (and thereby empirical) character is one in which the first link, the one between freedom and rationality, is severed.18 It is initially tempting to think Schelling intends to take a similar position; but this position is not obviously consistent with the text. One problem is that Schelling plainly wants to deny that evil is the absence of rationality or a mere deficiency of rationality, and to insist that if we are to have a positive account of evil we must have an account of how the intellectual principle can be active in it. That ambition is not obviously consistent with the choice to deny (1) and affirm that we are positively free to do irrational things. In fact, it fits much better with the choice to deny (2) and affirm that rationality can be put to evil use as well as good. Schelling’s denial of the thesis that “the good comes from pure reason” seems to support an interpretation on which rationality is not a sufficient condition for moral goodness – that is, on which Schelling intends to deny (2). This interpretation also seems to fit well with Schelling’s later theological voluntarism about value; and this speaks in its favor to those who believe, as I do, that the Freiheitsschrift is a step on the way to that later view. Furthermore, it makes sense that this should be the picture, given that the references that bracket this discussion of the actuality of evil (in footnotes 13 and 21) are after all to Baader’s 1807 essay in the Morgenblatt titled “On the Proposition that there can be no Evil Use of Reason”, in which Baader argues against the titular proposition. Baader argues that evil arises not from the absence of reason or the failure to use it, but from its positive misuse, its perversion and corruption. (Notice that whatever perversion or corruption he has in mind cannot be a perversion or corruption of reason itself sufficient to render it unreason – since the idea that evil is unreason is just what he takes himself to be arguing against.) Experience and linguistic usage, Baader writes, testify to the existence of “an evil spirit” (ein böser Geist) in human beings; one need be in the grip of no particular ideology to see this; in fact only philosophers with whose “theories and systems” the idea is inconsistent are inclined to deny it.19 So evil is not the failure of reason to master sensible inclinations; evil is itself a spiritual phenomenon. Schelling’s continual reference Baader therefore suggests that (1) cannot be the proposition Schelling means to reject.

18  This is how I understand Kant’s claim, in Religion within the Limits of Reason Alone, that we can give no account of a rational origin of evil; cf. Rel., AA VI: 43. 19  Über die Behauptung, 35 f.

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Now if we conjoin the idea that evil is a kind of self-seeking egoism with the idea that, far from being irrational or arational, this disposition actually has its roots in a use of reason, we have not a Kantian/Fichtean picture, indeed, but a picture that is nevertheless familiar in a couple of guises. One is the topic of Book II of Sidgwick’s Methods of Ethics: the view that the reasons that we have support actions that further our own self-interest.20 The second is the standard Humean view on which reason is subordinate always to some end given by the passions, with no ends intrinsic to it, and unable to rule out any substantive end however egoistic.21 So, the view that there is some Sidgwickean dualism of practical reason, and the view that reason has no ends intrinsic to it, are two ways of filling out a claim that reason is engaged when creaturely self-will revolts against universal will. Either would give us a way of understanding Schelling’s insistence that evil does not simply amount to irrationality. But that is so far just speculation: neither way is spelled out in the text of the Freiheitsschrift. In fact, there is no positive account of practical reason at all in the Freiheitsschrift. Schelling talks about ‘practical reason’ in the essay only when referencing Kant’s second Critique;22 and he refers to reason as something with a possibly practical valence only when criticizing his opponents: disparaging that moral philosophy in which “the good comes from pure reason”, or denying that anyone could be virtuous “out of pure reason”.23 He uses the word ‘reason’ in his own voice (as it were) exclusively to refer to its theoretical use.24 So, it is tempting to look at other texts of the period – for example the Stuttgarter Privatvorlesungen, which contains the most worked-out thoughts on psychology of anything written in this period – for clarification. But if we succumb to that temptation, the reading I have just proposed is in trouble. For not only do we not find this speculation confirmed there; in fact, this option seems to be simply ruled out by the picture of human psychology we find in those lectures. Consider the discussion of spirit.25 Schelling describes spirit (Geist) in a broad sense as having three potencies: character (Gemüth), spirit (Geist) in a narrower sense, and soul (Seele). Character is the “dark principle” of spirit, the unconscious source of drives. Spirit in the narrower sense is “that which is truly [eigentlich] personal in the human being, and therefore also the true potency of consciousness [Be20 Cf.

Methods of Ethics, 119–195. Cf. Hume, Treatise, 265–68. 22  Cf. AA I 17, 124 | SW VII, 352. 23  AA I 17, 177 | SW VII, 413. 24  A remark at AA I 17, 176 | SW VII, 413 (“By contrast, a system in which reason actually knows itself must unite all demands of both spirit and heart, of moral feeling as well as most rigorous understanding”) does not constitute a counterexample to this claim. Saying that a system in which reason knew itself would have to show the consistency of the demands of moral feeling with the demands of the understanding is a far cry from saying that reason is practical. Thanks to Thomas Buchheim for pressing me to clarify this point. 25 Cf. SP, AA II 8, 154–165 | SW VII, 465–472. 21 

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wußtheit]”.26 In spirit in this narrow sense the desires and pleasures that are present unconsciously in character become conscious, become, he says, will (Wille), which he seems to want to define here as conscious desire, and which he calls “truly the center [Innerste] of spirit”.27 Soul, by contrast, is “the truly divine in the human being, and thus the impersonal”.28 Spirit (in the narrow sense) is the seat of the will, which has two sides, “a real [side], which concerns the individuality of the human being, the self-will [Eigenwille, also willfulness]; and a universal or ideal side, the understanding”.29 The two sides seem initially related to another (tripartite) distinction Schelling draws between potencies of spirit in the narrow sense: 1. “the potency of self-will, of egoism, that would be blind without the understanding”; 2. opposed to this, “the highest, which is the understanding itself”; and between these 3. the actual will: “From understanding and self-will together the middle potency, c) the true [eigent­ liche] will that thus appears again here in the point of indifference”.30 If we take the “two sides” thought seriously, these are best seen as two aspects of will: that on the one hand it is the will of an individual; and that on the other hand it is informed by a universal principle or principles (where ‘universal’ means, at minimum, both non-egoistic and non-idiosyncratic). It seems that the capacity for good and evil will be rooted in this two-faceted character of the will, a double character that (as we have seen) had been announced as a desideratum, but not explained in detail, in the Freiheitsschrift itself. Further, it seems that here, as in the Freiheits­ schrift, it is the ineliminability of the individuality of human agency that makes evil a standing possibility. Let me note and set aside for the moment that this desideratum might seem not to have been met insofar as the intellectual principle characteristic of spirit does not itself have two sides. This means that there are not obviously two principles here, because individuality or the “real ground” is not obviously a principle. If we look back at the Freiheitsschrift, we can see that this is consistent with Schelling’s description there of the understanding as the “universal will” (Universalwille) that stands in opposition to the “self-will of the creature”,31 that is the principle of “unity” and “order”,32 that is “light set into nature”33 – and also consistent with the absence of a description of anything resembling an opposing principle. I will return to this aspect of the account in both texts in a moment. Surprisingly, in the Stuttgart lectures, Schelling goes on to explain that freedom of the sort he wants to account for is not actually explained by the structure of spirit (in 26 

AA II 8, 158 | SW VII, 466. AA II 8, 158 | SW VII, 467. 28  AA II 8, 160 | SW VII, 468. 29  AA II 8, 158 | SW VII, 467. 30  AA II 8, 158 | SW VII, 467. 31  AA I 17, 133 f. | SW VII, 363. 32  AA I 17, 143 | SW VII, 374. 33  AA I 17, 133 | SW VII, 362. 27 

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the narrow sense) just outlined, but rather by the fact that spirit is situated in a kind of intermediary role between character and soul. We see this in these passages: But his freedom truly consists not in this relationship – not in its [situation in the] middle between understanding and self-will, but rather [in its situation] between the first and third, the lowest and the highest potency [viz. character and soul]. Thus in order to cognize completely the essence of freedom, we must consider the third potency. (AA II 8, 158 | SW VII, 467) True human freedom consists precisely in the fact that the spirit is subordinate to the soul on the one hand, and stands above the character on the other. (AA II 8, 164 | SW VII, 470 f.)

In what looks like a departure from the picture in the Freiheitsschrift, Schelling then explains that spirit, because it is capable of illness (Krankheit), error (Irrthum), sin (Sünde) and evil (Böse), cannot be the “highest”34 in the human being; the highest is soul,35 and soul is the highest because it is the uncorruptible link to the divine,36 incapable of evil or illness (ordinary linguistic usage being in error on these matters).37 Soul is “the truly divine in the human being, and thus the impersonal”.38 Its essence is love39 – impartial benevolence – and soul is also the seat, within the human being, of the moral principle. Kant had this right, Schelling tells us, insofar as he saw that what morality fundamentally requires is impersonality: Allow the soul in you to act, or act always as a holy man – this is in my opinion the highest principle wherein the truth of the different moral systems, epicureanism and stoicism, comes together. Kant has only the formal expression of this principle. ‘Act in accordance with your soul’ means just: act not as a personal being, but rather entirely impersonally; do not disturb through your personality [the soul’s] influence in yourself. (AA II 8, 166 | SW VII, 473)

The obvious problem with using these Stuttgart lectures to fill in the interpretation I have proposed is that they portray soul, not spirit, as the seat of reason, and reason as the incorruptible faculty for receiving the moral truth: the truth that one must act impersonally. Reason knows no distinction between persons, knows no ‘subjectivity’, and could not in principle be misused toward egoistic ends. Instead it is the misuse of the understanding that is at the root of evil. There is a further striking aspect of the characterization of reason in the Stuttgart lectures, and that is Schelling’s description of it as being “more something passive, surrendering itself” – in contrast to the understanding, which is “more active, engaged”.40 “If one says of someone, he showed much reason, one always means by that not so much that he displayed activity as that he displayed submission to a higher motive.” 41 34 

AA II 8, 158 | SW VII, 467. Cf. AA II 8, 158–160 | SW VII, 467 f. 36  Cf. AA II 8, 160 f. | SW VII, 469. 37  Cf. AA II 8, 160 | SW VII, 468. 38  AA II 8, 160 | SW VII, 468. 39  Cf. AA II 8, 168 | SW VII, 473. 40  AA II 8, 166 | SW VII, 472. 41  AA II 8, 166 | SW VII, 472. Schelling expresses the same view about the understanding being 35 

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If we then return to the Freiheitsschrift and ask whether it is consistent with this part of the picture, we see what I have noted already, namely that understanding seems to be the (only) intellectual faculty with practical employment there. At the end of the essay Schelling also seems to describe reason as something passive;42 but for the most part it seems the view is rather that reason is not a practical faculty at all. What is certain is that in the essay it is their possession of understanding – not reason – that makes human beings (in contrast to animals) capable of both evil and good. At least that is what is suggested by this passage: In the animal, as in every other natural being, that dark principle is indeed effective; but it is not yet born into the light in [the animal] as it is in the human being; it is not spirit and understanding, but rather blind craving and desire; in short, there is no fall possible here, no separation of the principles, where there is as yet no absolute or personal unity. (AA I 17, 142 | SW VII, 372)

So on the interpretation that is emerging, spirit (not soul) is the practical aspect of the human being; understanding (not reason) is the intellectual faculty that has a role in the will, that is engaged in practical deliberation; and it is understanding (not reason) whose perversion makes itself manifest in the evil will. The question I asked at the beginning of this section can be answered differently once we have brought this distinction into play. Now it seems plausible that Schelling does want to deny (1), replacing it with (1’) an action’s conformity with the understanding (Verstandesmäßigkeit) is a necessary condition of the freedom of that action

which together with (2) the rationality (Vernünftigkeit) of an action is a sufficient condition of the moral goodness of that action

(which he seems to affirm explicitly in the Stuttgart lectures), is perfectly consistent with the desideratum that a free choice of evil be possible. Actions can be free without being rational because they can display understanding without displaying reason, and their display of understanding is what sets them off from the instinct-driven behavior of beasts. What exactly am I doing when I am displaying understanding but not reason in my decision-making, on the proposed account? To understand this we might look again for a foothold in Fichte. Though I am far from sure Fichte is particularly relevant here, as a matter of fact in the System of Ethics Fichte does use “understanding” 43 to designate what is called in English ‘instrumental reason’;44 and he does describe that in virtue of which human beings are self-active, reason being a passive and receptive faculty, in the review of Niethammer (1808), cf. AA I 18, 35 f. | SW VII, 516. 42  Cf. AA I 17, 178 | SW VII, 415. 43  GA I/5, 110. 44  The ‘instrumental’ label can be misleading: in fact, instrumental reason is usually taken (also by Fichte) to subsume logical and mereological as well as causal reasoning.

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understanding as what is employed when one acts according to the “maxim of self-interest”.45 The view we would be attributing to Schelling, on this interpretation, would be something like this: freedom relies on the intellectual capacity for instrumental rationality. Call that capacity ‘understanding’. There is a different capacity – call it ‘reason’ – which is the capacity passively to receive the moral truth. Reason is incorruptible; but it is also inactive. The active intellectual faculty is corruptible in virtue of being yoked to self-will as its real ground. Its only real principle is ‘universal will’. But there is a standard, characteristic perversion that is almost like an opposing principle: the principle of enlightened self-interest. That sounds reasonable. Unfortunately, there are two problems.

4. The first is that this interpretation has Schelling disagreeing with the Baader text he has professed agreement within the footnotes bracketing the section of the Freiheits­ schrift I have been discussing. Contra Baader, there can indeed be no evil use of reason, on this picture. This would be a difficulty. Schelling could hardly have missed the fact that Baader begins that essay by floating (and then rejecting) the idea that one might want to distinguish between understanding and reason, and say that the former can be perverted but that the latter is incorruptible and insusceptible to misuse. Baader writes: one might have common linguistic usage at least partially on one’s side if one wanted to call ‘understanding’ unmodified [Verstand schlechthin] the understanding of the animal as its skill with respect to its animal ends, and [to call] ‘reason’ its skill with respect to its higher end. (Über die Behauptung, 35)

However, Baader continues, one would have neither common usage nor the facts of the case on one’s side if one wanted further, and maintaining the above restriction on the sense of both words (understanding and reason), to designate the root of the essence or awfulness [Wesen oder Unwesen] of the depravity of the human being by saying: the human being who gives up his reason becomes merely an animal with an understanding, and sinks to the level of the latter, whereas reason in him is incorruptible, and of it itself there can be no evil use. (Über die Behauptung, 35 f.)

That is exactly what Baader accuses Jacobi – the ostensible target in that essay – of having done. This ‘animal with understanding’ language is also the language Fichte 45  GA I/5, 182. In calling on this text, we must add the caveat that the same capacity is engaged in all practical deliberation, including that subordinate to the moral end, the end given by practical reason (cf. GA I/5, 153–156). Fichte does not distinguish in these contexts between understanding and reason as distinct capacities. As we will see in the next section, neither does Schelling.

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uses in the System of Ethics to designate the person at the stage of moral development at which he is able to use his rational capacities to reason prudentially on a self-interested basis: What then could the human being’s maxim be, at the level of reflection at which we have left him? Since no other drive comes to consciousness beyond the natural drive, and this is directed at pleasure and has desire as its motive, this maxim can be none other than the following: one must choose what promises the (intensively and extensively) greatest pleasure; in short, the maxim of one’s own happiness. This last may be sought also along with the happiness of others, according to the sympathetic drive, but the satisfaction of this drive and the desire that arises from it, and thus one’s own happiness, nevertheless remains the final aim of action. The human being at this level becomes an animal with an understanding. (GA I/5, 167)

Others, for instance Schiller, use the same language in a similar way: Inner sense, or the capacity to affect oneself through thought, specifically distinguishes the human being only as a type of animal with understanding and as a higher sensible being; but only his rationality, or the capacity to act according to pure thought, can distinguish him from the animal as a different genus. However spiritual something may be that moves him to feeling, as soon as he is immediately determined through this feeling, he determines himself merely as an animal with understanding: for everything is called an animal that acts a certain way because it feels a certain way. (Schiller to F. C. von Augustenburg on 11.11.1793, 308)46

Schelling does not use this language – it is to be found nowhere in the texts of this period – and that is because he denies that there is animal understanding.47 So at VII, 372 f.,48 he agrees with Baader that the evil human being is lower than an animal, but gives a different explanation: only the human being has understanding and spirit (Verstand und Geist) and so only the human being is capable of the ‘personal unification’ of dark and light principles; and for that reason only the human being is capable of their perversion: evil. One might initially think that this is a way of explaining the compatibility of the interpretation proposed and Schelling’s agreement with Baader here that the absence of reason does not put human beings at the level of animals. If animals do not have understanding, then the characterization of evil I have described is not a characterization of the evil human being as like an animal with an understanding (as, e.g., in

46  This passage is taken from Schiller’s third letter to Friedrich Christian von Augustenburg (the set of letters that, much reworked, became the Letters on the Aesthetic Education of the Human Being); cf. Ästhetische Erziehung, 99 f. The context suggests the view is that reason is impersonal, and that actions with moral worth are un-self-interested. This is farther up the same page: “I cannot avoid regarding the human being who possesses it as a more noble natural being; but I can make no merit of it on behalf of his person. In order to esteem him as a rational being, I must first have convinced myself that he would act just as selflessly, steadfastly and justly even if these virtues did not have the appeal for him that they actually have, and their exercise were to cost him as much effort as it now gives him enjoyment.” (Schiller to F. C. von Augustenburg on 11.11.1793, 308) 47  Cf. the review of Niethammer of 1808 (AA I 18, 34 f. | SW VII, 515). 48  Freiheitsschrift, AA I 17, 142 | SW VII, 372 f.

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Fichte). That is, Schelling could be making the same point, but refusing to hold fixed the terminology that Baader asks us to hold fixed. But that is not quite enough for this not to be a problem, as we see once we look at the second problem. This second problem has to do with the point I mentioned earlier, to which I said I would return. It seems clear that if this solution to the problem of how to account for a choice of evil that is genuinely free is going to work, Schelling has to have a clear and plausible account of the distinction between the operation of understanding and the operation of reason. This is going to be an account on which (1’) and (2) are together compatible with the positivity of evil only if accordance with understanding and accordance with reason are different criteria. The worry is that there is quite a bit of textual evidence that points in the opposite direction, in two ways. First, virtually everything Schelling has to say in this period about the operation of the understanding on the inclinations looks very much like what Fichte (to take the most relevant case) would call the operation of practical reason. The mental operation involved in applying the understanding to my drives looks like what moves me from unreflective partiality to self and to the present time to increasingly reflective increasing impartiality amongst individuals and amongst times. That is why it makes sense for Schelling to call the will of the understanding “universal will”, after all, and it is why when the will of the ground is subordinated to it (rather than it to the ground) what we have is good action. But this is just the heart of what practical reason does in deliberation for Fichte.49 This already calls into question the idea that accordance with understanding and accordance with reason really are different criteria. But, second, in the Stuttgart lectures and elsewhere, Schelling explicitly describes the understanding and reason as continuous with one another, the operation of the former only a limited version of the operation of the latter. Take for instance these two passages from 1810: Universally a distinction is drawn between understanding and reason. This is completely incorrect. Understanding and reason are the same thing regarded in different ways. (SP, AA II 8, 164 | SW VII, 471) Since in the essence of reason there obviously lies something yielding, passive, but on the other hand reason and understanding can in truth only be the same thing, we must say: reason is nothing other than understanding in its submission to the higher, soul. (SP, AA II 8, 166 | SW VII, 472)

and compare these two passages from 1806: The understanding is just reason and nothing different, only reason in its non-totality […] The understanding has no life of its own, but only through reason, not as a rigid, but rather as a yielding instrument of the latter. (Anti-Fichte, SW VII, 42) True understanding comes […] already of its own accord to reason. (Anti-Fichte, SW VII, 43) 49 

This fact motivates the caveat in footnote 45 above.

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I cite these passages as evidence that this view that the understanding and reason are not two separate faculties brackets the time period in which the Freiheitsschrift was composed. There are variations of this idea in earlier texts as well.50 So, the modus operandi of the understanding as described by Schelling is no different from the modus operandi of reason as described by Fichte, and moreover Schel­ ling himself, far from being willing to draw a bright line between understanding and reason, in fact does the opposite. This second problem looks fatal. If we understand the relation between understanding and reason in this way, the intellectual element which it was so important to preserve (to distinguish human evil from mere animality) really does have to be present in limited quantity (or with limited effectiveness) in order for evil to be possible. Schelling has not given us an alternative to the picture on which evil is a deficiency, and in particular a deficiency in the exercise of the intellect. But that was very clearly what was desired.

References Baader, F., Über die Behauptung: dass kein übler Gebrauch der Vernunft sein könne [Morgenblatt für gebildete Stände 1, 197; 18.8.1807], in: Sämmtliche Werke, vol.  1, ed. by F. Hoffmann, Leipzig 1851. [= Über die Behauptung] Hume, D., A Treatise of Human Nature, ed. by D. F. Norton/M. J. Norton, Oxford 2007. [= Treatise] Schiller, F., Briefe von Schiller an Herzog Friedrich Christian von Schleswig-Holstein-Augustenburg über ästhetische Erziehung, ed. by A. L. J. Michelsen, Berlin 1876. [= Ästhetische Erziehung] – Letter to F. C. von Augustenburg on 11.11.1793, in: Schillers Werke. Nationalausgabe, vol.  26: Briefwechsel. Schillers Briefe 1.3.1790–17.5.1794, ed. by E. Nahler/H. Nahler, Weimar 1992. [= Schiller to F. C. von Augustenburg on 11.11.1793] Sidgwick, H., The Methods of Ethics, Indianapolis/Cambridge 1981. [= Methods of Ethics]

50  This point about there being no subjectivity in the sense of relativity-to-an-individual in reason, at least as a theoretical faculty – in contrast with understanding’s ‘only relative’ universality – is one that we find earlier as well – for instance in the 1804 Würzburger System (cf. SW VI, 142 f.).

Einige Bemerkungen zu Schellings Auseinandersetzung mit der ‚Freiheit Gottes‘ und ihrem Verhältnis zur menschlichen Freiheit in der Freiheitsschrift Amit Kravitz Zunächst (1.) werde ich einige allgemeine Bemerkungen zum Thema ‚Freiheit Gottes‘ machen, die sich zwar auch – aber nicht nur – auf Schellings spezifische Auseinandersetzung damit beziehen. Danach (2.) werde ich einige Aspekte bezüglich Schellings Herangehensweise an dieses Problem und dessen Verhältnis zur Frage nach der menschlichen Freiheit in der Freiheitsschrift näher betrachten.

1. Allgemeine Bemerkungen zum Thema ‚Freiheit Gottes‘ Dass jede monotheistische Position den Begriff Gottes unter bestimmten Voraussetzungen denken muss, ist bekannt; denn wer will leugnen, dass, angenommen, dass es nur einen einzigen Gott gibt,1 ihm Eigenschaften (oder ‚Vollkommenheiten‘) wie ‚Allmächtigkeit‘, ‚Allwissenheit‘ oder ‚notwendige Existenz‘ zwingend zukommen müssen? Eine monotheistische Position zu vertreten heißt in erster Linie über eine prinzipielle Bereitschaft bzw. ein bestimmtes Wollen zu verfügen, gewisse grundlegende Verpflichtungen einzugehen. Daraus geht natürlicherweise nicht unbedingt hervor, dass andere nicht monotheistische Positionen zwangsläufig inkohärent sind;2 es ist allerdings klar, dass, wenn man im Begriff ist, eine Position, nach der es nur einen einzigen Gott gibt, zu vertreten, man dann mit grundlegenden Herausforderungen konfrontiert ist, welche eventuell bei alternativen Positionen nicht so bedrohlich zu sein scheinen. Es ist aber etwas irreführend, schlichtweg zu behaupten, dass jegliche monotheistische Position von Haus aus Gott eine Reihe von notwendigen und hinreichenden Attributen beilegen muss. Denn erstens steht nicht immer fest, was genau unter der jeweiligen Eigenschaft verstanden werden soll. Das heißt: Auch wenn zugegeben 1  ‚Einzigkeit‘ darf nicht mit ‚Einheit‘ verwechselt werden: „Die Einheit“, wie Hermann Cohen zu Recht vermerkt, „bezeichnet nur den Gegensatz zur Vielheit der Götter“ (Cohen [2008], 67). 2  Denn manche Philosophen sind sogar der Ansicht, dass anhand des Faktums des Bösen auf der Welt, welches keiner ernsthaft in Abrede stellt, jegliche monotheistische Position sich in einen formellen Widerspruch verwickeln muss; siehe z. B. Mackie (1955). Dagegen hat z. B. Plantinga scharfsinnig argumentiert; siehe Plantinga (1977), 12–64.

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wird, dass der einzige Gott beispielsweise als ‚allmächtig‘ zu begreifen ist, muss immer noch weiter bestimmt werden, welcher Sinn genau dieser Eigenschaft zukommt. Um ein konkretes Beispiel vor Augen zu führen: Bezieht sich die ‚Allmächtigkeit‘ Gottes lediglich auf Handlungen, welche logisch möglich sind? Und auch wenn dies der Fall ist: Erschöpfen die bloß logischen Grenzen die ‚Allmächtigkeit‘ Gottes vollkommen, oder sollen diesbezüglich andere Überlegungen in Erwägung gezogen werden? Einen anzulügen ist sicherlich, rein logisch gesehen, möglich; dennoch tendieren wir dazu, Gott diese Fähigkeit, wie auch das Vermögen des Bösen, aufgrund unterschiedlicher metaphysischer Gründe mit Recht abzusprechen, und dieses Absprechen als solches verletzt in unseren Augen die ‚Allmächtigkeit‘ Gottes nicht; vielmehr macht es sie aus. Ein zweites Beispiel: Die Frage, worauf sich genau die ‚Allwissenheit‘ Gottes bezieht (beispielsweise ob es auch Wissen über zukünftige Handlungen von freien Wesen beinhaltet, bevor sie sich ereignen), hängt u. a. davon ab, in welchem systematischen Zusammenhang diese Frage nach der ‚Allwissenheit‘ Gottes ab ovo aufgeworfen ist. Bei Kant – um hier Schellings berühmten Vorgänger heranzuziehen – taucht der Begriff Gottes erst in einem besonderen philosophischen Zusammenhang auf, nämlich in Bezug auf die Versicherung der Möglichkeit der Wirklichmachung des höchsten Guts. Die Art und Weise, wie Kant Gott Attribute zuschreibt, ist diesem Zusammenhang unterworfen; denn erst [i]n Beziehung auf das höchste unter seiner Herrschaft allein mögliche Gut, nämlich die Existenz vernünftiger Wesen unter moralischen Gesetzen, werden wir uns dieses Urwesen als allwissend denken: damit selbst das Innerste der Gesinnungen (welches den eigentlichen moralischen Werth der Handlungen vernünftiger Weltwesen ausmacht) ihm nicht verborgen sei […] (KU, AA V: 444)

Genau wie in Bezug auf die ‚Allmächtigkeit‘ Gottes, an die wir auch mithilfe metaphysischer Überlegungen herangehen (wir wollen Gott kein Vermögen des Bösen zuschreiben), verfährt Kant in Bezug auf die ‚Allwissenheit‘ Gottes, die einem moralischen Interesse, welches tief in seiner Philosophie verwurzelt ist, untergeordnet ist. Und ein zeitgenössischer Philosoph wie Peter van Inwagen ist auch der Meinung – zwar angesichts anderer Überlegungen –, dass ‚Allwissenheit‘ Gottes nicht bedeuten kann – wenn man das, was üblicherweise als ‚free will defense‘ bezeichnet wird, verfolgen will –, dass Gott über ein Wissen von zukünftigen Entscheidungen freier endlicher Wesen verfügen kann.3 Zweitens aber versteht es sich keinesfalls von selbst, dass man überhaupt auf eine Reihe von notwendigen Attributen hinweisen kann, die wir auf jeden Begriff eines monotheistischen Gottes anwenden müssen. Gehört ‚Freiheit‘ z. B. oder ‚Persönlichkeit‘ notwendig zur ‚Einzigkeit‘ Gottes? ‚Freiheit‘ als das, was Gott zugeschrieben werden muss, scheint diesbezüglich und im Gegensatz zu anderen Eigenschaften ein besonderes Problem darzustellen; denn auf den ersten Blick scheint es nicht unbe3  „Why not say that even an omniscient being is unable to know certain things – those such that its knowing them would be an intrinsically impossible state of affairs?“ (van Inwagen [2006], 82).

Einige Bemerkungen zu Schellings Auseinandersetzung mit der ‚Freiheit Gottes‘

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dingt notwendig zu sein, Gott diese Eigenschaft beizulegen. Fakt ist, dass in der Geschichte der Philosophie prominente Beispiele zu finden sind, wo sowohl die ‚Existenz‘ eines einzigen Gottes wie auch die Aberkennung von ‚Freiheit‘ oder ‚Persönlichkeit‘ Gottes zugleich behauptet wird. Um drei prominente Beispiele kurz vor Augen zu führen: Kant war sicherlich der Meinung, dass der Begriff ‚Gott‘ (zwar nur in der Reflexion bzw. in Bezug auf die Möglichkeit des höchsten Guts) als ‚einzig‘, ‚allwissend‘, ‚allmächtig‘, und ‚allgütig‘ zu denken ist; dennoch war er der Meinung, dass – was Handlungen in der Welt betrifft – einem reinen Verstandeswesen keine ‚Freiheit‘ zuzuschreiben ist bzw. dass Gott bezüglich dessen, was Kant ‚immanente Handlungen‘ nennt, keine ‚Freiheit der Wahl‘ besitzt:4 Die Idee der Freiheit findet lediglich in dem Verhältnisse des Intellectuellen als Ursache zur Erscheinung als Wirkung statt. Daher können wir der Materie […] nicht Freiheit beilegen […] Eben so wenig können wir für reine Verstandeswesen, z. B. Gott, so fern seine Handlung immanent ist, keinen Begriff von Freiheit angemessen finden. (Prolegomena, AA IV: 344 Anm.)5

Ein zweites bekanntes Beispiel: Laut Spinoza gibt es offenkundig einen einzigen Gott,6 dem aber prinzipiell ein moralisches Attribut wie ‚Freiheit‘ im üblichen Sinn des Wortes nicht zuzuschreiben ist.7 Und vor ihm hat Descartes bewiesen, dass es zwar Gott gibt und dass Gott notwendigerweise existiert, aber erst danach versuchte er zusätzlich zu beweisen, dass Gott auch „nicht betrügerisch sein kann“8 bzw. als ‚gut‘ zu denken sei; dieses Manöver mag nicht von ungefähr den Verdacht erregen, dass die moralischen Eigenschaften Gottes nicht so ursprünglich sind wie die anderen göttlichen Attribute, oder zumal: dass die Tatsache, dass wir anscheinend den Begriff ‚Gott‘ auch ohne diese Eigenschaft denken können (aber schlechterdings nicht ohne ein Attribut wie ‚Unendlichkeit‘) als ein Indiz dafür dienen mag, dass ihr eventuell keine ursprüngliche Bedeutung zukommt. Angesichts dessen drängt sich die Frage auf, warum man sich mit den Schwierigkeiten, welche bekanntlich mit dem Attribut ‚Freiheit‘ bezüglich Gott verknüpft sind, befassen muss, anstatt darauf schlichtweg Verzicht zu tun? Ein Spinoza hat es diesbezüglich sicherlich leichter; ihn beschäftigte z. B. die Frage der ‚Theodizee‘ bzw. die Frage nach der Rechtfertigung eines freien weltschaffenden Gottes angesichts der Übel auf der Welt so gut wie nicht. Denn wenn Begriffe wie ‚Persönlichkeit‘ oder ‚Möglichkeit‘ aus dem Bereich des Absoluten ausgeklammert sind, ist die faktische Existenz des Bösen keine virulente philosophische Herausforderung. Also warum besteht ein Philosoph wie Schelling darauf? 4 

Siehe dazu Insole (2013), 86. Kant fügt allerdings in dieser Fußnote hinzu, dass das bezüglich des ‚Anfangs der Welt‘ nicht zwangsläufig der Fall ist. 6 Vgl. Ethik, 42. 7 Vgl. Ethik, 42–51. 8  Meditationen, 147. 5 

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Eine mögliche Antwort wäre: Weil Schellings Position der Position Spinozas diesbezüglich widersprach. Allein diese Beschreibung trifft bei manchen philosophischen Angelegenheiten nicht vollkommen zu. Zugegeben: Ein gewisser Philosoph kann manchmal auf einen echten Widerspruch in dem Werk eines andern Philosophen, oder zumindest auf eine solche Schwierigkeit hinweisen, welche zu notwendigen Änderungen führen muss; die wissenschaftliche Arbeit von Frege musste z. B. anhand der sogenannten ‚Russelschen Paradoxie‘ in eine schwere Krise stürzen.9 Allein in Sachen ‚Freiheit Gottes‘ verhält es sich etwas anders; denn es fällt schwer, sich vorzustellen, dass, falls Spinoza die Freiheitsschrift von Schelling hätte lesen können, er hätte zugeben müssen, dass seine Position bezüglich ‚Freiheit‘ im Allgemeinen und spezifisch der ‚Freiheit Gottes‘ falsch gewesen wäre oder mindestens unumgänglich hätte reformiert werden müssen. Bereits der frühe Schelling wusste wohl, dass das, was in solchen Angelegenheiten auf dem Spiele steht, durch den Begriff ‚Widerspruch‘ nicht vollkommen zu erschöpfen ist: Wie unrecht würde man Spinoza thun, wenn man glaubte, ihm sei es in der Philosophie einzig und allein um die analytischen Sätze zu thun gewesen, die er als Fundament seines Systems aufstellt. (Philosophische Briefe, AA I 3, 77 | SW I, 309 f.)

Mehr noch: Es ist wesentlich schwerer, nicht nur über Freiheit, sondern spezifisch über die Freiheit Gottes philosophisch zu sprechen; denn was für einen sicheren Boden haben wir diesbezüglich oder könnten wir überhaupt besitzen? Wir verfügen über Intuitionen bezüglich moralischer Sachen, die uns (als Weltwesen) immerhin als eine Art Wegweiser dienen können, wenn uns eine moralische Angelegenheit bevorsteht. Man muss natürlich derartige Intuitionen nicht immer berücksichtigen; aber sie sind jedenfalls da, und bedürfen freilich einer Berücksichtigung. Allein was das Thema ‚Freiheit Gottes‘ angeht, fühlt es sich so an, als ob uns jemand den Boden unter den Füßen entzogen hat; woran sollen wir uns in dem Fall tastend orientieren, wonach sollen wir uns richten, und warum sollen wir die eine (beispielsweise Spinozas) und nicht die andere (z. B. Schellings) Alternative akzeptieren, vorausgesetzt, dass beide logisch gesehen gleichermaßen möglich sind? Stellen wir uns eine mögliche Debatte zwischen Kant, Leibniz und Schelling bezüglich der Freiheit Gottes vor: Leibniz würde klarerweise behaupten, dass eine Reihe von unendlich vielen möglichen Welten in Gottes Verstand u. a. seine Freiheit konstituiert.10 „Keineswegs“, würde Schelling vermutlich erwidern: „In dem göttlichen Verstande selbst […] [gibt es] nur Eine mögliche Welt.“11 Kant würde eventuell erwidern können: 9  Damit behaupte ich keineswegs, dass Russell ein für alle Male gezeigt hat, dass die Mathematik nicht auf die Logik zurückgeführt werden kann, sondern einzig und allein: Die Kritik Russells machte unumgänglich eine Reform von Seiten Freges notwendig. 10  Dies, wie auch die Tatsache, dass eine Welt daraus die beste sein muss; siehe beispielsweise Theodizee, I, §  8, 96 f.: „gäbe es nicht die beste (optimum) aller möglichen Welten, dann hätte Gott überhaupt keine erschaffen“. 11  Freiheitsschrift, AA I 17, 164 | SW VII, 398.

Einige Bemerkungen zu Schellings Auseinandersetzung mit der ‚Freiheit Gottes‘

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Liebe Freunde, ihr beide versteht es leider ganz falsch! Gott kommt von Haus aus keine Freiheit zu, denn sein Wille wird per definitionem einzig und allein durch das moralische Gesetz bestimmt; und die Idee der Freiheit findet lediglich in dem Verhältnisse des Intellektuellen als Ursache zur Erscheinung als Wirkung statt. Dich, teuerer Leibniz, kann ich wohl verstehen, denn Du starbst, bevor Du die Gelegenheit hattest, die in meiner Philosophie obwaltende Wahrheit bezüglich des Themas ‚Freiheit Gottes‘ zur Kenntnis zu nehmen. Allein dich, lieber Schelling, versteht keiner, denn ein fleißiger kluger Philosoph wie Du hat sicherlich meine Lehre dazu bis ins Detail studiert, und dennoch kommst Du auf die seltsame Idee, Gottes Freiheit anders zu definieren.

Die Debatte bezüglich der ‚Freiheit Gottes‘ scheint mithin ein Fall eines Streits um Worte zu sein: Jeder Philosoph scheint die Freiheit Gottes anders zu definieren; denn freilich hat Schelling keinen Fehler à la Russell in der Definition von Spinoza, Leibniz oder Kant gefunden. Die unterschiedlichen Definitionen scheinen demgemäß gewissermaßen beliebig zu sein, auch wenn es sich nicht nur um Belieben handelt; denn sobald ein Philosoph eine gewisse Definition ins Feld führt, muss er freilich auch die objektiven Konsequenzen tragen. Aber die Definition selber, ist sie nicht bloß willkürlich? Nicht unbedingt; die Unstimmigkeiten bezüglich der ‚Freiheit Gottes‘ sind nicht nur als bloßer ‚Streit um Worte‘ zu verstehen.12 Es ist zwar richtig, dass Schelling uns schlichtweg eine andere Definition für die ‚Freiheit Gottes‘ als die Leibniz’sche vor Augen führt. Nichtsdestoweniger ist das, was auf dem Spiele steht, in dem Fall mehr als eine bloße formale Definition. In manchen Fällen geht es ohne jeden Zweifel um bloße Wortstreitigkeiten: Wenn ein Philosoph behauptet, es stünden auf dem Tisch zwei Gläser, während sein Freund insistiert, es stünden dort ein Glas und eine Tasse, dann handelt es sich vermutlich bloß um Definitionen: Der erste definiert einfach eine Tasse als eine Art Glas, der zweite nicht; außerdem wird nichts vermittelt. Allein was die Freiheit Gottes angeht, verhält es sich etwas anders. Denn das, was uns durch solche Unstimmigkeiten vermittelt wird, lässt sich keineswegs erschöpfend bloß auf zwei unterschiedliche Definitionen reduzieren. Hinter jeder Definition verbergen sich eine Menge von wichtigen Themen, beispielsweise das Wesen des Endlichen, die Möglichkeit, innerhalb eines Systems die ‚Freiheit‘ als „ein Vermögen des Guten und des Bösen“13 zu denken (bzw. das Böse in seiner Positivität zu begreifen), der Wunsch, dass eine philosophische Explikation der Freiheit unserem „Gefühl“14 derselben entsprechen soll und so weiter. Auch wenn eine gewisse verbale Dimension in derartigen Kontroversen stets und in welcher Art auch immer zu finden ist, sind diese Kontroversen dennoch wichtig, denn das, was auf dem Spiele steht, geht über die Definition hinaus. Dies aber bedeutet auch, dass sich hinter der Definition der ‚Freiheit Gottes‘ viele andere Angelegenheiten verstecken, die durch das Thema ‚Frei12  Ich verfolge hier, ohne auf die Einzelheiten diesbezüglich einzugehen, den Unterschied zwischen ‚verbalen Disputen‘ und ‚bloß verbalen Disputen‘, den David J. Chalmers formuliert hat. Siehe Chalmers (2011). 13  Freiheitsschrift, AA I 17, 125 | SW VII, 352; eigene Hvg. 14  AA I 17, 111 | SW VII, 336.

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heit Gottes‘ nur implizit ausgedrückt werden. Und eine der wichtigsten Angelegenheiten, die sich wie ein roter Faden durch jede Auseinandersetzung mit dieser Frage zieht, ist das Thema ‚menschliche Freiheit‘. In der Freiheitsschrift lässt sich die leitende Frage diesbezüglich so formulieren: Wie ist die Freiheit Gottes zu denken, angenommen, dass wir sie mit dem ‚Gefühl der Freiheit‘ eines endlichen Wesens vereinbaren wollen. Die ‚Freiheit Gottes‘ wird also herangezogen, um ein bestimmtes Verständnis der menschlichen Freiheit zu unterstützen. Im Folgenden werde ich einige diesbezügliche Aspekte in Angriff nehmen.

2. Schellings Auseinandersetzung mit der ‚Freiheit Gottes‘ und deren Verhältnis zur menschlichen Freiheit Ich werde nun einige Aspekte bezüglich der Art und Weise, wie Schelling sich in der Freiheitsschrift mit der ‚Freiheit Gottes‘ und deren Bezug zur menschlichen Freiheit befasst, ans Licht bringen. Dieser Teil gliedert sich folgendermaßen: Zunächst (2.1) werde ich die Frage, ob es Schellings Ziel war, bloß auf die Möglichkeit des Denkens der (realen) menschlichen neben der göttlichen Freiheit zu verweisen, in Angriff nehmen; sodann (2.2) werde ich mich der Frage zuwenden, in welchem systematischen ‚Moment‘ die Diskussion über die ‚Freiheit Gottes‘ in der Freiheitsschrift auftaucht. Dann (2.3) wird das Thema ‚Theodizee und Freiheit Gottes‘ behandelt, eine Angelegenheit, in deren Rahmen das wesentliche Verhältnis zwischen der göttlichen und der menschlichen Freiheit explizit problematisiert wird. Dies werde ich so behandeln: Erstens (2.3.1) werde ich das Verhältnis zwischen der ‚Allwissenheit Gottes‘ und seiner ‚Freiheit‘ aufrollen, und dann (2.3.2) werde ich das Verhältnis zwischen der ‚Allmächtigkeit Gottes‘ und der ‚Freiheit Gottes‘ prüfen. Ziel meiner Diskussion wäre nicht nur, Schellings Position im Groben darzulegen, sondern auch einige Schwierigkeiten, die m. E. damit einhergehen, in den Fokus zu nehmen. 2.1. Ist es bloß möglich, die menschliche neben der göttlichen Freiheit zu denken? Schellings Behandlung des Problems der Freiheit Gottes ist einem klaren Interesse unterworfen: zu zeigen, dass sich die „Tatsache der Freiheit“15 eines menschlichen bzw. endlichen Wesens in einem systematischen Zusammenhang denken lässt. In dieser Hinsicht ist die Freiheitsschrift keine rein theoretische Abhandlung. Schelling vermerkt diesbezüglich, dass auch wenn „die äußre Form des Gesprächs fehlt, doch alles wie gesprächsweise entsteht“.16 Allein wie ist dieser Satz näher zu verstehen? Thomas Buchheim hat vermerkt, dass das Ziel, welches sich Schelling gesetzt habe, darin bestehe, die menschliche Freiheit nicht 15  16 

AA I 17, 111 | SW VII, 336. AA I 17, 174 Anm. | SW VII, 410 Anm.

Einige Bemerkungen zu Schellings Auseinandersetzung mit der ‚Freiheit Gottes‘

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zum objektiv unbestreitbaren Bestandteil eines theoretisch-wissenschaftlichen Weltbilds zu machen, sondern vielmehr den in einer Vernunft möglichen ‚Zusammenhang dieses Begriffs mit dem Ganzen einer wissenschaftlichen Weltansicht‘ darzutun […] (Buchheim [2012], 188 f.; vgl. AA I 17, 111 | SW VII, 336)

Die Art und Weise, wie man die Freiheit Gottes verdeutlicht, ist sicherlich ein wichtiger Bestandteil dieser Aufgabe; denn zu zeigen, dass es möglich ist, die menschliche Freiheit ‚real‘ (bzw. als „Vermögen des Guten und des Bösen“)17 neben der göttlichen – bzw. in einem systematischen Zusammenhang – zu denken, muss als ein großer Gewinn von Schelling angesehen werden. Die Schwierigkeit besteht eben darin, dass die menschliche Freiheit als ‚real‘ bzw. als ein Vermögen des Bösen (und nicht nur des Guten) in einem systematischen Zusammenhang darzulegen in der Tat heißt, eine Antwort darauf anbieten zu können, wie aus einem göttlichen Wesen, welches ab ovo moralisch ist, ein Wesen entstand, das auch über ein Vermögen des Bösen verfügt. Doch nach der obigen Interpretation war das, worauf Schelling zielte, ganz bescheiden, auch wenn es philosophisch keineswegs als einfach anzusehen ist: Schelling will seinen Lesern zeigen, dass es bloß möglich ist, die menschliche Freiheit ‚real‘ und anhand einer vorhergehenden, ursprünglichen göttlichen Freiheit zu denken, ohne sich aber zu verpflichten, dass es notwendigerweise auch tatsächlich der Fall ist. Es ist zwar richtig, dass es zu schwer und eventuell eine Art Anmaßung ist, diesbezüglich einen theoretischen Beweis erbringen zu wollen, weshalb sich Schelling angeblich begnügt, bloß eine Möglichkeit aufzuzeigen. Allein nur die Möglichkeit zu zeigen, ist zu wenig. Schellings Absicht muss m. E. zwischen dem ‚rein Theoretischen‘ und dem ‚bloß Möglichen‘ verortet werden. Sprich: Wenn das, was Schelling uns mit großer philosophischer Mühe zeigt, sich ohne Widerspruch denken lässt, dann haben wir auch mehrere Gründe, zu glauben, dass diese Position tatsächlich wahr ist. Denn wenn gezeigt wird, dass sowohl die Schelling’sche wie auch beispielsweise die Leibniz’sche Position möglich sind, dann ist Schellings Position, weil sie z. B. dem ‚Gefühl der Freiheit‘ Raum gibt, oder weil es ihr gelingt, einen ‚realen‘ Begriff der menschlichen Freiheit darzulegen, mehr als bloß möglich, und demnach ist sie auch zu präferieren. 2.2. Wann taucht die Diskussion über die ‚Freiheit Gottes‘ in der Freiheitsschrift systematisch auf? Erst spät in der Freiheitsschrift setzt sich Schelling explizit und ausschließlich mit dem Problem der Freiheit Gottes auseinander; ist diese Tatsache überhaupt von Bedeutung, oder handelt es sich hier um eine zufällige Tatsache? 17  Dies wird u. a. gegen das, was die Philosophie Kants diesbezüglich ausmacht, gerichtet; denn Kant zufolge ist „ein freier Wille und ein Wille unter sittlichen Gesetzen einerlei“ (GMS, AA IV: 447). Deshalb muss Kant das Vermögen des Bösen als Unvermögen bezeichnen, beispielsweise hier: „Die Freiheit in Beziehung auf die innere Gesetzgebung der Vernunft ist eigentlich allein ein Vermögen; die Möglichkeit von dieser abzuweichen ein Unvermögen.“ (MS, AA VI: 227)

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Philosophen unterscheiden gelegentlich zwischen der ‚Ordnung der Erkenntnis‘ und der ‚Ordnung der Sache selbst‘. In den Meditationen z. B. beweist Descartes erst die Existenz des ‚cogito‘ und erst hinterher die Existenz Gottes. Aber das heißt bekannterweise nicht zwangsläufig, dass nach Descartes dem ‚cogito‘ ein ontologischer Vorrang gegenüber Gott zukommt; ganz im Gegenteil: Wir entdecken zwar Gott erst nach der Enthüllung des ‚cogito‘, aber ontologisch gesehen kommt Gott sicherlich die Priorität zu. Bei Spinoza hingegen ist es ganz bewusst und absichtlich umgekehrt: Er beginnt mit Gott und der Entfaltung seines Wesens bzw. mit der ontologischen Ordnung, und erst danach und angesichts dessen, was er bezüglich ‚Gott‘ freigelegt hat, nimmt er das Problem endlicher Wesen in Angriff. Und bei Schelling? Auf den ersten Blick scheint es klar zu sein, dass nach Schellings systematischer Position der ‚Freiheit Gottes‘ und dessen Sein im Allgemeinen die ontologische Priorität zukommt. Mit Schelling gesprochen: „nur das Freye und so weit es frey ist, [ist] in Gott […],18 das Unfreye und so weit es unfrey ist, nothwendig ausser Gott“.19 Die menschliche Freiheit lässt sich ohne Gott nicht denken und kann ohne ihn nicht sein. Dennoch scheint es – angesichts der Ordnung seiner Diskussion in der Freiheitsschrift – so zu sein, dass Schelling nicht wie Spinoza angefangen hat, sondern eher wie Descartes. Nach dieser Auslegung ist Schelling ein spinozistisches Schaf im cartesianischen Wolfspelz: Hätte Schelling seine Position der Sache nach und nicht nur ‚gesprächsweise‘ präsentieren wollen, hätte er mit der Freiheit Gottes begonnen. Ist es aber wirklich so? Meiner Meinung nach muss man es nicht unbedingt auf diese Weise verstehen. Schellings Position darf in der Tat als eine kluge Zwischenalternative zwischen Des­ cartes und Spinoza angesehen werden. Denn zum einen ist klar, dass nach Schelling der Freiheit Gottes gegenüber der menschlichen ontologische Priorität zukommt. Aber zum anderen und aus prinzipiellen Gründen konnte Schelling nicht mit der Freiheit Gottes anfangen bzw. er konnte keineswegs seine Position auch ‚rein wissenschaftlich‘ darlegen, denn das oben erwähnte ‚gesprächsweise‘ ist keine zufällige Darlegungsweise der Position Schellings, sondern dieses ‚gesprächsweise‘ macht sie wesentlich aus und lässt sich aus prinzipiellen Gründen nicht beseitigen. Es ist nämlich so: Schelling beginnt absichtlich mit einer ‚Tatsache‘, allein mit einer, die eine ganz andere Bedeutung hat als die, von der Descartes ausgeht. Für Des­ cartes ist der Ausgangspunkt wie die berühmte Leiter von Wittgenstein zu verstehen, die er, nachdem er sein Ziel erreicht hat, von sich stoßen kann. Die Diskussion über Gott und über die ‚Freiheit Gottes‘ kommt bei Schelling (und zwar ganz bewusst und durchdacht) zur Sprache nur anhand der Tatsache der Freiheit, die wir unbedingt und von Haus aus behalten wollen. Aber das heißt wiederum nicht, dass die ganze Schelling’sche Auseinandersetzung mit der ‚Freiheit Gottes‘ lediglich als ein Mittel zum 18  Hier wird u. a. die Schelling’sche Version des Pantheismus (als Alternative zu Spinoza) angedeutet: In Gott im strengen Sinne des Wortes befindet sich allein der Mensch. 19  AA I 17, 120 | SW VII, 347.

Einige Bemerkungen zu Schellings Auseinandersetzung mit der ‚Freiheit Gottes‘

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Zweck oder bloß als eine Art Lückenfüller dient, in dem Sinne, in dem für die Okkasionalisten beispielsweise die ‚Tat Gottes‘ jede Lücke in jeglicher Erklärung füllen sollte. Nein: Die ‚Freiheit Gottes‘ ist ernst zu nehmen, auch wenn die Diskussion darüber nur aufgrund eines gewissen Interesses, auf welches wir nicht verzichten wollen, durchgeführt wird. Im Gegensatz zu Descartes, der seine Philosophie nach den Meditationen auch ‚wissenschaftlich‘ (in seinen Prinzipien der Philosophie) dargestellt hat, darf Schelling seine Philosophie nicht anders darlegen; mit dem Verzicht auf das ‚gesprächsweise‘ würde auch der Witz seiner Philosophie verloren gehen. 2.3. ‚Theodizee‘ und ‚Freiheit Gottes‘ Laut Schelling ist die zentralste Aufgabe bzw. die „höchste Frage“,20 die ihm in der Freiheitsschrift vorschwebte, eine zufriedenstellende Antwort auf die Frage der Theodizee anzubieten. Die Art und Weise, wie Schelling die ‚Freiheit Gottes‘ denkt, spielt diesbezüglich eine wichtige Rolle. Denn ‚Theodizee‘ heißt: „wie ist Gott wegen des Bösen zu rechtfertigen“;21 und Gott zu rechtfertigen bzw. Gott schuldigzusprechen hängt aufs Engste mit der Art von Freiheit, welche wir Gott zubilligen, zusammen. Zwei zentrale Begriffe sind an dieser Stelle von Bedeutung, angenommen, dass Gott moralisch ist: Seine ‚Allwissenheit‘ und seine ‚Allmächtigkeit‘. Diese Begriffe machen in vielerlei Hinsicht das Wesen der ‚Freiheit Gottes‘ aus. Im Folgenden werde ich einige Schwierigkeiten bezüglich des Verhältnisses zwischen der Freiheit Gottes und seiner Allwissenheit wie auch Allmächtigkeit in Schellings Freiheitsschrift behandeln. 2.3.1. ‚Allwissenheit‘ und die ‚Freiheit Gottes‘ Das, was Gott vorherwissen konnte, bestimmt sowohl seine ‚Freiheit‘ wie auch die Art und Weise, wie wir Gott moralisch einschätzen. Nicht jeder Philosoph ist der Meinung, dass die ‚Allwissenheit‘ Gottes zwangsläufig bedeutet, dass Gott alle Folgen der Schöpfung – im Falle, dass Gott sich dafür entschieden hat, freie Wesen in die Existenz zu bringen – auch wissen muss. Schelling stellt allerdings diesbezüglich sonnenklar fest: [E]s fragt sich noch außerdem, ob die That der Selbstoffenbarung in dem Sinne frey gewesen, daß alle Folgen derselben in Gott vorgesehen worden? Auch dieses aber ist nothwendig zu bejahen […] (AA I 17, 162 | SW VII, 396)

In der Freiheitsschrift will Schelling u. a. zeigen – und auf einige Feinheiten seines Arguments werde ich noch eingehen –, dass das wirkliche Böse keine Bedingung für Gottes Offenbarung sei;22 die Offenbarung Gottes muss lediglich dazu führen, dass 20 

AA I 17, 160 | SW VII, 394. AA I 17, 160 | SW VII, 394. 22  AA I 17, 167 | SW VII, 402. 21 

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freie geschaffene Wesen mit einer Möglichkeit, das Böse zu tun, welche einzig und allein als ihre (und nicht Gottes) Möglichkeit zu denken ist, konfrontiert werden.23 Gott war demnach in dem Sinne frei, dass Gott die tatsächlichen zukünftigen freien Entscheidungen dieser endlichen Wesen zugunsten des Bösen zwar vorhersah (er wusste vorher, dass sie aus Freiheit fehlen würden), aber zugleich ist er dennoch zu ‚rechtfertigen‘, denn erst nach seiner Selbstoffenbarung kommt die Möglichkeit des Bösen überhaupt ins Spiel. Aber ist Gott damit wirklich gerechtfertigt? Anders gefragt: Gibt es womöglich einen Unterschied zwischen der Art und Weise, wie wir den Begriff ‚Rechtfertigung‘ im Zusammenhang mit endlichen Wesen gebrauchen, und der Art und Weise, wie wir ihn bezüglich Gott verwenden? Um diese Frage entscheiden zu können, ist es vielleicht ratsam, zu prüfen, was wir im ähnlichen Falle von einem endlichen Subjekt, welches sich der Folgen einer freien Entscheidung von ihm bewusst ist, behaupten würden. Man stelle sich vor, dass der, welcher den dreidimensionalen Drucker erfunden hat, in dem Moment der Erfindung auch wusste, dass einige freie Personen in der Zukunft seine Erfindung böserweise verwenden würden, und zwar um zu Hause eine Pistole zu drucken und mithilfe dieser Pistole unschuldige Leute zu töten (wir dürfen auch zusätzlich annehmen, dass unser Erfinder seine Erfindung in erster Linie aus gutartigen Motiven in die Welt setzte). Würden wir sagen, der Erfinder sei an dem Mord wirklich schuld? Mir scheint, dass wir dazu tendieren, unseren Erfinder in dem Fall nicht zu beschuldigen. Denn er muss nicht die Art und Weise, wie andere freie Wesen möglicherweise seine Erfindung in der Zukunft verwenden, berücksichtigen, wenn er sich überlegt, ob er seine Erfindung umsetzen soll oder nicht; es liegt nicht an ihm, weil das Böse aus Freiheit anderer vollzogen wird. Dieses Beispiel scheint mir Schellings Rechtfertigungslinie in Bezug auf Gott zu verfolgen und deshalb seine Position zu untermauern. Versetzen wir aber dieses Beispiel in den göttlichen Bereich, tauchen andere Schwierigkeiten auf. Im Falle des Erfinders befinden wir uns auf einem relativ sicheren Boden, denn unser Erfinder ist nicht für die Existenz anderer freier Wesen verantwortlich, sondern nur dafür, dass die schon existierenden freien Wesen mit der Möglichkeit, einen guten oder schlechten Gebrauch von dem, was er erfunden hat, zu machen, konfrontiert werden. Aber bei Gott verhält es sich klarerweise anders; da müssen wir auch in Kauf nehmen, dass Gott dafür verantwortlich ist, dass es überhaupt freie Wesen gibt. Das Dilemma, vor dem Gott stand, kann folglich mit dem des Erfinders nicht zwangsläufig unter ein Dach gebracht werden. Gott wählt zwischen dem Schaffen freier Wesen, von denen Gott weiß, dass sie sich freierweise und unabhängig von ihm für das Böse 23  Denn die Freiheit Gottes beinhaltet die Möglichkeit des Bösen natürlich von Grund aus nicht. Siehe Buchheim (2009), 374 f.

Einige Bemerkungen zu Schellings Auseinandersetzung mit der ‚Freiheit Gottes‘

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entscheiden werden, und dem reinen Nichts. Gottes Mitverantwortung ist deshalb sicherlich stärker als im Falle des Erfinders, welcher gezwungen war, die Existenz anderer freier Wesen als ‚Faktum‘ zu akzeptieren (dies heißt wiederum nicht, dass Gott keinen Grund hatte, freie endliche Wesen zu schaffen, sondern nur: Der Fall Gottes und der Fall des Erfinders lassen sich nicht gleichsetzen). Führt dieser Unterschied zur Untergrabung seiner ‚Rechtfertigung‘? Wie ist hier überhaupt zu entscheiden? Wir wissen zwar, weil Gott am Anfang absolut ‚frei‘ war, dass Gott die „Beweglichkeit der Liebe“24 gegenüber dem Nichts bevorzugte; und wir wissen auch, dass diese Entscheidung Gottes sozusagen etwas kostet, denn sie führt zum „Wirkenlassen des Grundes“,25 welches letztendlich für die Verführung zum Bösen als unumgängliche Folge der Offenbarung verantwortlich ist. Aber sind wir in der Lage, diese Entscheidung moralisch anhand der Alternative des Nichts zu bewerten? Welches Gewicht kommt dem Nichts als einer Möglichkeit Gottes zu? Die Frage bleibt, so scheint es mir wenigstens, auch innerhalb der Theodizee Schellings – und überhaupt in jeder Theodizee – immer noch dahingestellt. 2.3.2. ‚Allmächtigkeit‘ und die ‚Freiheit Gottes‘ Wie gesagt setzt sich Schelling zum Ziel, eine verbesserte ‚Theodizee‘ anzubieten, innerhalb derer das Verhältnis zwischen der göttlichen und der menschlichen Freiheit neu gedacht wird. Allein hinter der Frage der Theodizee verbergen sich unterschiedliche Herausforderungen: Zielt Schellings Theodizee darauf, die bloße Existenz des Bösen26 bzw. die Tatsache, dass es freie Wesen gibt, die das Vermögen des Bösen besitzen und sich auch dafür entschieden haben, zu erklären? Oder bezieht sich sein philosophisches Bemühen auf das Ausmaß bzw. die Dauer des Bösen, die einer Erklärung bedarf?27 Oder will Schelling vielleicht das Böse, welches uns überflüssig zu sein scheint, rechtfertigen? Die erste Frage, warum es überhaupt freie Wesen, die auch das Vermögen zum Bösen besitzen, und warum es eine „Solicitation zum Bösen“28 als Folge der Schöpfung geben muss, hat Schelling in der Freiheitsschrift (in erster Linie in seiner ‚naturphilosophischen Deduktion‘) beantwortet. Aber ist diese Erwiderung zufriedenstellend bezüglich jeglicher Herausforderung der ‚Theodizee‘, die ich oben angeführt habe? In vielerlei Hinsicht scheint es so zu sein. Zum Beispiel: Aber es sind in der Natur zufällige Bestimmungen, die nur aus einer gleich in der ersten Schöpfung geschehenen Erregung des irrationalen oder finstern Prinzips der Kreatur – nur aus aktivirter Selbstheit erklärlich sind. (AA I 17, 145 | SW VII, 376; eigene Hvg.)

24 

AA I 17, 143 | SW VII, 373. AA I 17, 144 | SW VII, 375. 26  Vgl. Halbig (2001), 441–445; Cornman/Lehrer/Pappas (1992), 260–278; Peterson (1998), 17–32. 27  Vgl. Löffler (2006), 129. 28  AA I 17, 143 | SW VII, 374. 25 

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Dass es zufällige Bestimmungen als Folge der Schöpfung geben muss, mag als Erklärung dienen, nicht nur dafür, dass es das Böse gibt, sondern auch dafür, dass es überflüssig zu sein scheint. Das starke Gefühl, gemäß dem wir gelegentlich bestimmte Fälle des Bösen keinesfalls einem ‚Zweck‘ unterordnen können, wird also von Schelling, genau wie das oben genannte ‚Gefühl der Freiheit‘, respektiert. Aber dient Schellings Theodizee auch als eine gute Erklärung bezüglich des Ausmaßes und der Dauer des Bösen? Ich möchte mich nun diesem Punkt, in dem das Verhältnis zwischen der göttlichen und der menschlichen Freiheit eine große Rolle spielt, nähern. Unmittelbar nach der Diskussion über die ‚Freiheit Gottes‘ erhebt Schelling die folgende Frage: [E]ndet das Böse und wie? Hat überhaupt die Schöpfung eine Endabsicht und wenn dieß ist, warum wird diese nicht unmittelbar erreicht, warum ist das Vollkommne nicht gleich von Anfang? (AA I 17, 168 | SW VII, 403)

Diese Frage deckt die Tatsache auf, dass die Freiheit Gottes prinzipiell zwei Schichten beinhaltet: Zunächst einmal handelt es sich um die Freiheit, überhaupt eine Welt zu schaffen. Die zweite Schicht aber bezieht sich auf die Freiheit Gottes nach der Schöpfung.29 Die erste Entscheidung darf man ‚absolut frei‘ nennen; denn Gott musste sich laut Schelling keineswegs offenbaren und die besagte ‚Liebe‘ in Bewegung bringen. Allein sobald Gott diesen Entschluss gefasst hat, sind dem, was von diesem ‚Moment‘ an als ‚möglich‘ gedacht werden kann, gewisse (metaphysische) Grenzen gesetzt. Denn sobald es schon eine ‚Welt‘ mit freien endlichen Wesen – und zwar, die auch das Vermögen zum Bösen besitzen – gibt (denn ohne ihre Existenz kann die Schöpfung ihr Ziel nicht erreichen), kann selbst die ‚Freiheit Gottes‘ – eben weil sie von der menschlichen Freiheit metaphysisch abhängig ist – keineswegs herbeiführen, dass der moralische Zweck unmittelbar und auf Anhieb erreicht wird. Das Böse endet eben deshalb nicht unmittelbar: „Es giebt darauf keine Antwort, als die schon gegebene: Weil Gott ein Leben ist, nicht bloß ein Seyn. Alles Leben aber hat ein Schicksal und ist dem Leiden und Werden unterthan.“30 Dieser Punkt ist von Bedeutung, denn an ihm wird deutlich, wie dem Geschichtlichen eine zentrale Rolle in Schellings Argumentation zukommt. Allein das geschichtliche Moment beginnt nicht erst, nachdem Gott eine ‚Welt‘ schuf, in der sich freie Wesen befinden, die freiwillig das Gute erreichen sollen. Nein: Das Geschichtliche ist in einer Spannung verwurzelt, welche bereits in der Struktur Gottes selber obwaltet. Dies tritt deutlich in den Vordergrund in dem, was Schelling „dialektische Erörterung“ nennt:

29  Wie ich im ersten Teil dieses Aufsatzes gezeigt habe, war Kant der Ansicht, dass Gott keine Freiheit bezüglich Handlungen in der Welt zuzuschreiben ist, allein was den Anfang der Welt angeht, verhält es sich anders. Für ihn kommt also – in gewissem Gegensatz zu Schelling – nur die erste Art der Freiheit bzw. Freiheit überhaupt in Frage. 30  AA I 17, 168 | SW VII, 403.

Einige Bemerkungen zu Schellings Auseinandersetzung mit der ‚Freiheit Gottes‘

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Das Wesen des Grundes, wie das des Existirenden, kann nur das vor allem Grunde Vorhergehende seyn, also das schlechthin betrachtete Absolute, der Ungrund.31 Er kann es aber (wie bewiesen) nicht anders seyn, als indem er in zwey gleich ewige Anfänge auseinander geht, nicht daß er beyde zugleich, sondern daß er in jedem gleicherweise, also in jedem das Ganze, oder ein eignes Wesen ist. Der Ungrund theilt sich aber in die zwey gleich ewigen Anfänge, nur damit die zwey, die in ihm, als Ungrund, nicht zugleich oder Eines seyn konnten, durch Liebe Eins werden, d. h. er theilt sich nur, damit Leben und Liebe sey und persönliche Existenz. (AA I 17, 171 f. | SW VII, 407 f.)

Das geschichtliche Moment ist also bereits in der göttlichen Struktur selber zu verorten; die Tatsache, dass die ‚Liebe‘ im echten Sinn des Wortes nicht auf Anhieb erreicht werden kann, bezieht sich in erster Linie nicht darauf, dass es nun – nach der Schöpfung – freien endlichen Wesen obliegt, sie freiwillig zu realisieren, sondern eher darauf, dass die Spannung, welche das göttliche Wesen von Haus aus konstituiert, „eine sehr reelle Unterscheidung“32 ist bzw. eine, die nicht aufgehoben werden kann. Der Ungrund selber kann gewissermaßen nicht sein ohne die zwei Anfänge; und da er in beiden nicht bereits zugleich (sondern nur gleicherweise) obwaltet, sollen sie ‚durch Liebe Eins‘ werden. Sprich, eine Art Aufgabe, welche sich zwangsläufig auf Dauer ereignet, darf als Folge der göttlichen Struktur selber gesehen werden,33 und nicht als Folge der Offenbarung. Gott, wenn man so will, ist schon – und zwar unabhängig von der Offenbarung – ‚geschichtlich‘ definiert oder ‚gesetzt‘. Dies lässt sich auch so formulieren: Nur weil eine gewisse Dualität bereits im Ungrund ist (auch wenn beide Prinzipien der göttlichen Persönlichkeit unterworfen sind),34 gewinnt das geschichtliche Moment des Menschen an Bedeutung. Die Intelligibilität der Tatsache, dass „[o]hne den Begriff eines menschlich leidenden Gottes […] die ganze Geschichte unbegreiflich [bleibt]“,35 ist in dem ursprünglichen geschichtlichen Moment, welches Gott ausmacht, verwurzelt. 31 Oder

Urgrund; siehe AA I 17, 170 | SW VII, 406. AA I 17, 171 | SW VII, 407. 33  Darin liegt übrigens einer der wesentlichen Unterschiede zwischen Schelling und Kant. In Kants Philosophie kommt der Geschichte im wesentlichen Sinne (bzw. als das, was Kant den ‚Kampf des guten Prinzips mit dem bösen‘ nennt) erst dann Relevanz zu, nachdem der Mensch – und zwar „in seiner Gattung betrachtet“ (Rel., AA VI: 32) – sich für das Böse entschieden hat. Erst als Folge dieser ursprünglichen freien Tat, die „durch freie Willkür“ verursacht wird (Rel., AA VI: 25), beginnt die Geschichte, die darin besteht – angesichts der Tatsache, dass jeder Mensch sich in einer Lage befindet, in der das Böse „schon Platz genommen hat“ (Rel., AA VI: 58 Anm.) – das Gute wiederherzustellen bzw. gegen das Böse zu kämpfen. Also das, was die Geschichte sozusagen ins Rollen bringt, hat nichts mit der Struktur des Göttlichen als solcher zu tun, sondern allein mit einer freien Tat des Menschen, welche der ganzen Gattung zugeschrieben werden kann. Die Funktion, die Gott hier zukommt, geht also der menschlichen Freiheit nicht vorher, sondern kann nur im Lichte der menschlichen Handlung verstanden werden bzw. angesichts der Tatsache, dass die Wiederherstellung des Guten auch einer „übernatürliche[n] Mitwirkung“ (Rel., AA VI: 44) bedarf. Bei Schelling hingegen ist der Ausgangspunkt des Geschichtlichen bereits in der Spannung, welche das Wesen Gottes ausmacht, zu verorten. 34  AA I 17, 172 f. | SW VII, 408 f. 35  AA I 17, 168 | SW VII, 403. 32 

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Nun aber möchte ich das zweite geschichtliche Moment – nicht das, welches sich auf die göttliche Struktur bezieht, sondern eben das, welches sich auf die Handlungen freier Wesen nach der Schöpfung bezieht – in den Fokus nehmen. Wie ist es systematisch anhand der gesamten Schelling’schen Überlegungen zu verdeutlichen? Zum einen unterwirft sich Gott freiwillig der Geschichte, aber nicht in dem Sinne, dass sobald es eine Welt gibt, Gott auf seine Allmächtigkeit Verzicht tut. In seinem Gottesbegriff nach Auschwitz schreibt Hans Jonas, dass „das Verhältnis Gottes zur Welt vom Augenblick der Schöpfung an, und gewiss von der Schöpfung des Menschen an, ein Leiden seitens Gottes beinhaltet“.36 „[I]m bloßen Zulassen menschlicher Freiheit liegt ein Verzicht der göttlichen Macht.“37 Diesen Sinn von ‚Unterwerfung‘ aber lehnt Schelling klarerweise ab; denn für ihn steht fest: „zöge Gott seine Macht einen Augenblick zurück, so hörte der Mensch auf zu seyn“.38 Sprich: Es muss – metaphysisch gesehen – eine ‚Geschichte‘ auch nach dem Schöpfungsakt geben, weil es nun freien endlichen Wesen obliegt, sich trotz der ‚Sollizitation zum Bösen‘ für das Gute zu entscheiden; das Böse bzw. der Prozess muss also dauern. Allein es lässt sich – im klaren Gegensatz zu Jonas’ Position – eine göttliche ‚Intervention‘ in Schellings Erklärung freilich denken bzw. Gott bleibt gegenüber der Geschichte gewissermaßen ‚frei‘ (oder immerhin: nicht vollkommen machtlos wie in der Beschreibung von Jonas). Warum mischt sich Gott also nicht gelegentlich ein, obwohl seine Allmächtigkeit dies durchaus erlaubt? In einem späten Text von Schelling lässt sich eine mögliche Antwort darauf finden, die die Argumentation Schellings in der Freiheitsschrift expliziter darlegt: Warum überhaupt zögert alle Entwicklung? Warum, so oft das Ziel nahe scheint, werden auch im allgemeinen Lauf der Dinge immer wieder neue, die Entscheidung auf unbestimmte Zeit hinaussetzende Mittelglieder eingeschaltet oder dazwischen geschoben? Hierauf gibt es nur Eine Antwort: Von Anfang an ist alles auf die höchste Freiwilligkeit berechnet. Es soll eben nichts mit bloßer Gewalt durchgesetzt werden. Es soll zuletzt alles aus dem Widerstehenden selbst kommen, welches eben darum seinen Willen haben muß bis zur letzten Erschöpfung. Die Umwandlung, die ihm zugedacht ist, soll nicht von außen, gewaltsam, sondern von innen, und so erfolgen, daß es stufenweise dazu gebracht wird sich ihr freiwillig hinzugeben. (PM, SW XII, 263)

Also: Gott will, dass der Mensch sich zu ihm freiwillig bekehre. Eine Intervention ist zwar möglich, und lässt sich im Gegensatz zu Jonas’ Position nicht ausklammern, aber sie widerspricht sozusagen dem höchsten Sinn der Offenbarung – das Erreichen dieses Ziels rechtfertigt Gottes Verzicht darauf, sich einzumischen. Freiheit, wenn man so will, kostet etwas: Mischt sich Gott ein, dann tut er das auf Kosten der Freiheit, denn er verunmöglicht das, was nur durch freie geschaffene Wesen erreicht werden kann; mischt sich Gott nicht ein, spielen sich böse Ereignisse ab. 36 

Jonas (1987), 25 f. Jonas (1987), 43. 38  AA I 17, 114 | SW VII, 339. 37 

Einige Bemerkungen zu Schellings Auseinandersetzung mit der ‚Freiheit Gottes‘

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Angesichts dessen scheint mir doch eine gewisse Klage relevant zu sein. Sie bezieht sich nicht auf die Tatsache, dass es Dauer überhaupt geben muss (denn dies ist eine Schranke der Freiheit Gottes nach der Selbstoffenbarung, die in der göttlichen Struktur selber verwurzelt ist), sondern auf die Tatsache, dass sie, wenn man sich so ausdrücken darf, zu lang dauert (eine ähnliche Klage ist gegenüber Jonas irrelevant, denn für ihn ist Gott der Geschichte vollkommen unterworfen). Was ist damit gemeint? Nicht von ungefähr fragt Schelling ‚endet das Böse und wie‘ und nicht ‚endet das Böse, wie und wann?‘. Wenn ich die ‚Wann-Frage‘ aufwerfe, meine ich keineswegs, Schelling hätte uns ein bestimmtes Datum angeben sollen. Ich ziele lediglich darauf ab, zu zeigen, dass wenn eine zukünftige ‚Intervention‘ Gottes als reale Möglichkeit gedacht werden kann (und nicht, wie bei Jonas, als ausgeschlossen gilt), dann dürfen wir auch fragen, nicht warum sie sich nicht auf Anhieb abspielt (dies verstehen wir schon), sondern warum sie sich angesichts des faktischen Ausmaßes des Bösen – dessen wir uns, als freie Wesen, nur von der geschichtlichen Erfahrung her bewusst sind – noch nicht ereignete. Diese Frage mag sich seltsam anhören, denn die Philosophen pflegen den Bereich der Philosophie von der Zufälligkeit dessen, was sich in der Geschichte abspielt, sorgfältig abzugrenzen. Dem Philosophen reicht es nämlich, zu zeigen, dass es – aufgrund unterschiedlicher Überlegungen – ‚Geschichte‘ (oder, mit Schelling gesprochen, ein ‚Zögern‘) geben muss; das, was in der Geschichte bzw. im Reich der Kontingenz passiert, kann das philosophische Argument aber nicht untergraben. Gott hat also – und zwar aus guten Gründen – eine freie Geschichte zugelassen; nichts, was sich in ihr abspielt, kann die Rechtfertigung dieser Zulassung verletzen. Aber nach der Argumentation Schellings reicht die Dauer als solche als zufriedenstellende Rechtfertigung nicht aus, vor allem weil die göttliche Allmächtigkeit der Geschichte, wie gesagt, nicht vollkommen unterworfen ist. Gott sieht zwar, dass das ganze Projekt der menschlichen Freiheit (und damit das der Offenbarung) bzw. des Prozesses der freiwilligen Rückkehr des Menschen zu Gott zwangsläufig scheitern muss, wenn er sich einmischt; aber angesichts dessen, was sich in der von freien Subjekten durchgeführten Geschichte bisher ereignete (beispielsweise ein Völkermord wie der Holocaust): Ist es nicht eventuell besser, das besagte Projekt abzuschaffen – angenommen wiederum, das ist, anders als Jonas behauptet, möglich?39 Denn Gott hat, im Gegensatz zu endlichen Wesen, auch die Möglichkeit, das Experiment der Freiheit als solches abzuschaffen. Gott kann nicht umhin, zu sehen, dass wenn er dies tut, es der freiwilligen Rückkehr des Menschen zu ihm widerspricht; aber es muss noch gerechtfertigt werden, warum Gott dies, angesichts der faktischen Geschichte, 39  Eine derartige Position kann man der Bibel entnehmen; siehe Gen 6,5–7: „Als aber der Herr sah, dass der Menschen Bosheit groß war auf Erden und alles Dichten und Trachten ihres Herzens nur böse war immerdar, da reute es ihn, dass er die Menschen gemacht hatte auf Erden, und es bekümmerte ihn in seinem Herzen und er sprach: Ich will die Menschen, die ich geschaffen habe, vertilgen von der Erde, vom Menschen an bis hin zum Vieh und bis zum Gewürm und bis zu den Vögeln unter dem Himmel; denn es reut mich, dass ich sie gemacht habe.“.

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nicht doch tut. Schelling muss also ein Argument liefern, durch das nicht nur gezeigt wird, warum es ‚Geschichte‘ gibt, sondern auch warum sie im Lichte des bisherigen faktischen Laufs der Dinge weiterläuft. Was soll noch passieren – was soll überhaupt passieren –, das zu dem Schluss führt, dass ab diesem Punkt die ‚Rechtfertigung Gottes‘ nicht mehr überzeugend ist? Kann man dafür ein Kriterium finden, das uns zeigt, ab welchem geschichtlichen Punkt das Zulassen der Freiheit ein Grund für neue Klage ist? So gesehen gewinnt auch die Klage über das, was wir das ‚überflüssige‘ Böse nannten, erneut an Kraft. Denn die Tatsache, dass das Böse überflüssig zu sein scheint, ist in Schellings Denken berechtigt; aber ab einem gewissen geschichtlichen Punkt mag das andauernde in Freiheit verwurzelte Böse angesichts der Möglichkeit einer göttlichen Intervention wieder Schwierigkeiten bereiten. Dies ist keine Frage des sittlich-religiösen Gefühls, sondern sie betrifft, so scheint es mir wenigstens, das Herz der Argumentation Schellings. Allein lassen sich derartige Schwierigkeiten nicht bereits durch Schellings Bestimmung, nach der es in Gottes Verstand nur eine einzige mögliche Welt gibt, lösen? Hier hören allerdings die Schwierigkeiten nicht auf. Denn entweder das Vermögen Gottes, sich einzumischen, ist bloß formell (beinhaltet keinen Widerspruch), aber nicht real; allein Schelling lehnt, wie er in der Freiheitsschrift betont, dieses Verständnis der Freiheit ab (so gesehen wäre Gott gegenüber der Geschichte nicht wirklich frei, und der Unterschied zu einer Position à la Jonas verschwände in der Tat). Oder die These, laut der es nur eine einzige mögliche Welt gibt, bedeutet, dass die göttlichen Interventionen schon vorher mitgedacht sind. Aber in dem Fall bleibt die Klage: dass uns das, was uns vorher als überzeugende Rechtfertigung erschien, nachdem wir von der faktischen Geschichte erfahren, nicht mehr so vorkommen muss. So oder so aber wird durch diese Schwierigkeiten klar, dass nicht jeder Aspekt einer ‚Rechtfertigung‘ von der faktischen Geschichte vollkommen unabhängig ist. Denn zu rechtfertigen, dass es eine Geschichte geben muss, kann als Folge von Überlegungen gedacht werden, die a priori sind; aber es bedarf eines weiteren Arguments, um zu zeigen, dass es moralisch richtig ist, dass sie (die Geschichte) ab einem gewissen Zeitpunkt von Gott nicht abgeschafft wird. Sprich, eine ‚Verteidigung‘ kann gut funktionieren und überzeugend sein, solange uns nicht bewusst ist, was beispielsweise in Auschwitz (als Höhepunkt des Bösen in den Augen von vielen) passiert ist. Es kann sein, dass, nachdem wir von dem Lauf der Geschichte erfahren haben, wir nicht umhin können, die Frage der Rechtfertigung neu aufzuwerfen.

Literaturverzeichnis Descartes, R., Meditationen (Latein – Französisch – Deutsch), eing., übers. und erl. von A. Schmidt, Göttingen 2004. [= Meditationen]

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Leibniz, G. W., Versuche in der Theodicée über die Güte Gottes, die Freiheit des Menschen und den Ursprung des Übels, übers. und mit Anm. vers. von A. Buchenau, Hamburg 1996. [= Theodizee] Spinoza, B. de, Ethik in geometrischer Ordnung dargestellt, in: Werke, Bd.  1, Hamburg 2006. [= Ethik] Buchheim, T. (2009), „Freispruch durch Geschichte. Schellings verbesserte Theodizee in Auseinandersetzung mit Leibniz in der Freiheitsschrift“, in: Neue Zeitschrift für Systematische Theologie und Religionsphilosophie 51, 365–382. – (2012), „Der Begriff der menschlichen Freiheit nach Schellings Freiheitsschrift“, in: Hermanni, F./Koch, D./Peterson, J. (Hgg.), „Der Anfang und das Ende aller Philosophie ist – Freiheit!“ Schellings Philosophie in der Sicht neuerer Forschung, Tübingen, 187–217. Chalmers, D. J. (2011), „Verbal Disputes“, in: The Philosophical Review 120, 515–566. Cohen, H. (2008), Religion der Vernunft aus den Quellen des Judentums, Wiesbaden. Cornman, J. W./Lehrer, K./Pappas, G. (41992), Philosophical Problems and Arguments. An Introduction, Indianapolis. Halbig, C. (2001), „Theismus und Rationalität. Neuere Beiträge zur analytischen Religionsphilosophie“, in: Zeitschrift für philosophische Forschung 55, 277–296; 441–461. Insole, C. J. (2013), Kant and the Creation of Freedom. A Theological Problem, Oxford. van Inwagen, P. (2006), The Problem of Evil, Oxford. Jonas, H. (1987), Der Gottesbegriff nach Auschwitz. Eine jüdische Stimme, Frankfurt a. M. Löffler, W. (2006), Einführung in die Religionsphilosophie, Darmstadt. Mackie, J. L. (1955), „Evil and Omnipotence“, in: Mind 64, 200–212. Peterson, M. L. (1998), God and Evil. An Introduction to the Issues, Boulder. Plantinga, A. C. (1977), God, Freedom and Evil, Grand Rapids.

Schellings Theodizee zwischen Leibniz und Plantinga Thomas Frisch 1. Einleitung Schon in den frühen Rezensionen der Freiheitsschrift wird als eine ihrer philosophischen Hauptleistungen die „vollständige Theodicee“ hervorgehoben, die „als eine ganz originelle, nach den strengsten wissenschaftlichen Foderungen unternommene, müsse angesehen werden“.1 Durch seine „theoretischen Grundsätze vom menschlichen Willen“ habe Schelling „die Ursache des Bösen, als von Gott kommend, absolut ab[gelehnt], was […] noch keinem Philosophen in solcher Vollständigkeit gelungen ist, daß auch bey Niemand der geringste Zweifel übrig bleiben kann“.2 Spätere Zeiten haben Schellings Beitrag zum Theodizeediskurs durchaus anerkannt, seine theoretischen Chancen jedoch weniger optimistisch beurteilt. Von einer ‚letzten Entlastung‘ in klassisch-metaphysischer Tradition hat man gesprochen, welche schlussendlich in eine Art tragisches ‚Scheitern‘ münde.3 Insbesondere fällt auf, dass Schellings Theorie des ‚positiven Bösen‘ in Überblickswerken regelmäßig Be­ achtung findet,4 während sein darauf aufbauendes Theodizeeargument in den einschlägigen Debatten keine merkliche Rolle spielt.5 Dies kann zweierlei bedeuten: Entweder bieten Schellings Überlegungen für eine zeitgemäße Verständigung über die im Theodizeebegriff zusammengefassten Fragestellungen kaum Anknüpfungspunkte und wären dann allenfalls historisch von Interesse. Oder aber es ist der Forschung trotz vielversprechender Ansätze noch nicht ausreichend gelungen, Schellings ‚Theodizee‘ als auch im gegenwärtigen Kontext anschluss- und konkurrenzfähige Position zu profilieren. 1  So Schellings Schüler und Rezensent Georg Michael Klein in Klein (Rez.) (1809), 167; siehe dazu den Editorischen Bericht in AA I 17, 78–80. Klein fasst den Argumentationsgang der Freiheitsschrift insgesamt als ‚Theodizee‘ auf. 2  Anonyme Rezension in der Neuen Oberdeutschen allgemeinen Literatur-Zeitung vom 15. und 18.7.1809 (zitiert nach AA I 17, 76 f.). Von besagten ‚Grundsätzen‘ hatte der Verfasser dieser frühesten nachweisbaren Rezension allerdings ein höchst unzureichendes Verständnis, siehe AA I 17, 76– 78, bes. 77 mit Fn.  192. 3  Hermanni (1994). Dieser beliebte Topos der Schellingforschung ist ebenso ein Mittel, Schelling seinen Platz im Pantheon des Deutschen Idealismus zu sichern, wie seine philosophische Mumifizierung voranzutreiben. 4  Vgl. z. B. Schulte (1988), 195–246; Bernstein (2002), 76–97; Noller (2017), 64–68. 5  Gerade die analytisch geprägte angelsächsische Philosophietradition erweist sich hinsichtlich des Problems der Gerechtigkeit Gottes als ausgesprochen vital.

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Im Folgenden soll das Argument der Freiheitsschrift zwischen klassisch-metaphysischer und modern-analytischer ‚Theodizee‘ verortet und nach beiden Richtungen hin trennscharf herausgearbeitet werden. Als Ausgangspunkt dient ein Vergleich mit der bekannten Free Will Defense von Alvin Plantinga, mit der Schellings Verteidigung einige Ähnlichkeit hat (2.1), obwohl sie zugleich entschieden davon abweicht bzw. darüber hinausgeht (2.2). Sodann ist Schellings Leibniz-Kritik in den Blick zu nehmen, welche die Grundlage seines eigenen Theodizeeversuchs bildet (2.3). Von hier aus können Chancen und Probleme dieses Versuchs diskutiert werden (3.), um schließlich aufzuzeigen, wie er – konsequent zu Ende gedacht – der Theodizeedebatte eine neue, ‚geschichtliche‘ Wendung gibt (4.).6

2. Schellings ‚Theodizee‘ zwischen Leibniz und Plantinga 2.1. Plantingas Leibniz-Kritik Alvin Plantingas Free Will Defense gilt in unseren Tagen als das, was die eingangs zitierte Rezension der Freiheitsschrift für die Zeit des frühen 19. Jahrhunderts bescheinigt: „als eine ganz originelle, nach den strengsten wissenschaftlichen Foderungen unternommene“7 Verteidigung der Gerechtigkeit Gottes angesichts des vielen Übels in der Welt. Plantinga selbst spricht ganz bewusst nicht von einer Theodizee, sondern von einer Free Will Defense, womit sich eine bestimmte methodische Beschränkung verbindet: A theodicist, then, attempts to tell us why God permits evil. Quite distinct from a Free Will Theodicy is what I shall call a Free Will Defense. Here the aim is not to say what God’s reason is, but at most what God’s reason might possibly be. (Plantinga [1977], 28)

Plantinga drückt das Verhältnis zwischen dem Vertreter einer Free Will Theodicy und einer Free Will Defense genauer so aus, dass beide die Konsistenz der Sätze „God is omniscient, omnipotent, and wholly good“ und „God creates a world containing evil and has a good reason for doing so“8 durch eine weitere Proposition r zeigen wollen, in Verbindung (Konjunktion) mit der sich vom ersten auf den zweiten Satz schließen lässt. Während jedoch der Free Will Theodicist behauptet, dass r wahr ist, lässt der Free Will Defender diesen Punkt völlig offen. Er beschränkt sich auf einen bloßen Konsistenznachweis, ohne eine Aussage darüber zu treffen, wie die Dinge sich wirklich und in Wahrheit verhalten.9

6  Auch wenn die betrachteten Philosophen manches zum sogenannten natürlichen Übel zu sagen haben, konzentrieren wir uns ganz auf das malum morale. 7  Klein (Rez.) (1809), 167. 8  Plantinga (1977), 26. 9  Plantinga (1977), 28.

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Ist Schellings Verteidigungsversuch10 von demjenigen Plantingas damit etwa bereits methodisch durch einen unüberwindlichen Graben getrennt? Keineswegs. Schellings Überlegungen stehen im Kontext eines methodischen Programms, das nicht auf positive Darlegung transzendenter Verhältnisse, sondern auf die begriffliche Selbstaufklärung des Menschen über sein „Gefühl“ der Freiheit und die „Nachweisung“ des „Zusammenhang[s] dieses Begriffs [der Freiheit] mit dem Ganzen einer wissenschaftlichen Weltansicht“ zielt.11 Streng und beim Wort genommen ist Schellings Theodizee damit ebenfalls ein bloßer Konsistenznachweis bzw. Teil eines solchen, auch wenn er sich so ausdrücken mag, als wollte er in vorkritisch-dogmatischer Manier metaphysische Tatsachenbehaupten über ‚Gott und die Welt‘ aufstellen. Am ehesten besteht hier ein gewisser strategischer Unterschied: Während Plantinga versucht, sich möglichst auf die logisch-begriffliche Analyse allgemein zugestandener Sätze zu beschränken und so die ‚metaphysischen Kosten‘ gering zu halten, ist Schelling davon überzeugt, dass philosophische Fragen angemessen nur auf der Folie eines umfassenden Systems, oder wie er es in der Freiheitsschrift ausdrückt, im „Ganzen einer wissenschaftlichen Weltansicht“ beantwortet werden können.12 Dieser Unterschied ist jedoch insofern vernachlässigbar, als die Güte eines (logisch gültigen) Arguments sich letztlich danach bemisst, ob es dem fraglichen Sachverhalt gerecht wird. Dass Plantinga mit größerer systematischer Sparsamkeit zu Werke geht, bedeutet zwar eine klare methodische Präferenz, aber keine grundlegende Differenz: Auch er muss ein philosophisches ‚System‘ wenigstens ansatzweise entwickeln; umgekehrt blendet Schelling mit Blick auf den „gegenwärtigen Zweck“ einige Teile seiner ‚wissenschaftlichen Weltansicht‘ bewusst aus.13 Seine Free Will Defense gibt Plantinga in einem ersten „preliminary statement“ wie folgt wieder: A world containing creatures who are significantly free (and freely perform more good than evil actions) is more valuable, all else being equal, than a world containing no free creatures at all. Now God can create free creatures, but He can’t cause or determine them to do only what is right. For if He does so, then they aren’t significantly free after all; they do not do what is right freely. To create creatures capable of moral good, therefore, He must create creatures capable of moral evil; […] As it turned out, sadly enough, some of the free creatures God created went wrong in the exercise of their freedom; this is the source of moral evil. The fact that free creatures sometimes go wrong, however, counts neither against God’s omnipotence nor 10  Auch Schelling spricht nicht von einer Theodizee, sondern von einer Untersuchung der Frage, wie „sich Gott als sittliches Wesen zu dem Bösen [verhält], dessen Möglichkeit und Wirklichkeit von der Selbstoffenbarung [Gottes] abhängt […] oder im gewöhnlichen Ausdruck, wie […] Gott wegen des Bösen zu rechtfertigen“ ist (AA I 17, 160 | SW VII, 394). Klein ist der erste, der den (zeitgenössisch geläufigen, siehe z. B. Wagner [1809]) Theodizeebegriff auf die Freiheitsschrift anwendet. Vgl. aber AA I 17, 167 Anm. | SW VII, 402 Anm.: „Kern der ganzen Leibnitzischen Theodicee“. 11  AA I 17, 111 | SW VII, 336. Vgl. zu diesem ‚anthropologischen Ansatz‘ (Theunissen) treffend Martin in diesem Band, 113 Fn.  2. Zur Methode der Freiheitsschrift allgemein Buchheim (2017); Frisch/Heisenberg/Wachsmann (2017). 12  AA I 17, 111 | SW VII, 336. 13  Explizit die „vollständige Naturphilosophie“ (AA I 17, 133 | SW VII, 362).

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against His goodnes; for He could have forestalled the occurrence of moral evil only by removing the possibility of moral good. (Plantinga [1977], 30)

Im Sinne der methodischen Beschränkung ist das gezeichnete Szenario selbstverständlich nicht als Tatsachenbehauptung zu verstehen, sondern als Aufweis einer Denkmöglichkeit: The heart of the Free Will Defense is the claim that it is possible that God could not have created a universe containing moral good (or as much moral good as this world contains) without creating one that also contained moral evil. And if so, then it is possible that God has a good reason for creating a world containing evil. (Plantinga [1977], 31)

Der Dreh- und Angelpunkt des Arguments liegt offenbar in Plantingas Konzept von ‚signifikanter Freiheit‘, worunter er Freiheit hinsichtlich einer ‚moralisch signifikanten‘, d. h. guten oder bösen Handlung in einer bestimmten Situation versteht.14 Diese Freiheit hat zwei Eigenschaften, die sich zueinander verhalten wie die zwei Seiten einer Medaille: Die glänzende Vorderseite ist nicht ohne die Kehrseite zu haben. Einerseits, als Vermögen zum Guten (‚capable of moral good‘), ermöglicht sie das moralisch Gute in der Welt, andererseits erweist sie sich, als Vermögen zum Bösen (‚capa­ ble of moral evil‘), de facto als Quelle des moralisch Bösen (‚source of moral evil‘). Nun ist Folgendes konsistent denkbar: Es könnte sein, dass das moralisch Gute das moralisch Böse de facto überwiegt, sodass eine Welt mit freien Wesen insgesamt besser wäre als eine Welt ohne solche. Und in diesem Fall könnte es sein, dass Gott einen guten Grund hatte, eine Welt zu erschaffen, in der es auch Böses gibt. Laut Plantinga täte dies weder seiner Allmacht noch seiner Güte Abbruch, weil das moralisch Gute eben nicht ohne seine Kehrseite, das moralisch Böse, zu haben wäre. Das preliminary statement bietet Anlass für ein Missverständnis, aus dem sich ein naheliegender Einwand ergibt. Denn stellt Plantinga die Sache nicht falsch dar, indem er so tut, als brächte das moralisch Gute unvermeidbar moralisch Böses mit sich? Gewiss: „To create creatures capable of moral good […] He must create creatures capable of moral evil“, sonst könnte von Freiheit nicht sinnvoll gesprochen werden. Unstrittig ist auch, dass einige freie Wesen Böses wirklich getan haben, sodass die ‚signifikante Freiheit‘ sich de facto als Quelle des Bösen erweist. Aber wäre es nicht prinzipiell möglich, dass alle moralisch freien Wesen die Fähigkeit, Böses zu tun – das Vermögen zum Bösen, mit Schelling gesprochen –, zwar besitzen, aber dennoch immer nur Gutes tun? Das mag in unseren Ohren vielleicht nicht gerade ‚wahrscheinlich klingen‘, aber ein allmächtiger Gott – kann er nicht alles Mögliche, also auch das ‚Unwahrscheinliche‘ realisieren? Nicht darum ist es ja zu tun, wie die Welt wirklich ist oder welcher Weltzustand uns als wahrscheinlich erscheint (dies ist nur der Stein des Anstoßes), sondern ob Gott eine bessere hätte erschaffen können. Plantinga findet diesen Einwand bei J. L. Mackie vorgetragen:15 14 

15 

Vgl. Plantinga (1977), 30. Mackie (1955), 209.

Schellings Theodizee zwischen Leibniz und Plantinga

443

According to the Free Will Defense, it is possible both that God is omnipotent and that He was unable to create a world containing moral good without creating one containing moral evil. But, replies Mackie, this limitation on His power to create is inconsistent with God’s omnipotence. For surely it’s possible that there be a world containing […] persons who are significantly free but always do what is right. Surely there are possible worlds that contain moral good but no moral evil. But God, if He is omnipotent, can create any possible world He chooses. So it is not possible, contrary to the Free Will Defense, both that God is omnipotent and that He could create a world containing moral good only by creating one containing moral evil. If He is omnipotent, the only limitations of His power are logical limitations; […] (Plantinga [1977], 33)

Hier wird es interessant. Klassische Theodizeeargumente verfolgen im Kern alle denselben, paradox anmutenden Ansatz: dass Gottes Allmacht auf eine Weise eingeschränkt ist, die es erlaubt, sie gleichwohl als Allmacht zu verstehen. Begründet wird das mit der inneren Harmonie der göttlichen Attribute: Wäre Gottes Allmacht unumschränkt, geriete sie in Konflikt mit seinen anderen Eigenschaften, insbesondere seiner vollkommenen Güte und vollkommenen Weisheit. Im Hinblick auf Gottes Güte wird diese Idee von den meisten Autoren akzeptiert.16 Gott kann kraft seiner Allmacht nichts Schlechtes oder Böses wollen, sonst wäre er nicht gut und also nicht Gott. Aber genau hierin liegt das Problem: Wäre Gottes Allmacht nur an seine Güte gebunden, wäre die faktische Existenz des Bösen nicht mit der Annahme eines allwissenden, allmächtigen und vollkommen guten Gottes vereinbar. Die entscheidende Frage besteht folglich darin, ob es noch weitere Beschränkungen für die göttliche Allmacht gibt, sodass die göttliche Güte in der Schöpfung trotz der Existenz des malum ‚voll durchschlägt‘. Im paradigmatischen Entwurf von G. W. Leibniz ist dieser zusätzlich limitierende Faktor die Logik, genauer: die Modallogik. Nach Leibniz kann Gott jede Welt realisieren, die logisch möglich, aber keine, die aus Konsistenzgründen als Ganzes nicht einmal denkbar ist. Eben diese These trägt Plantinga, Mackie paraphrasierend, als Selbsteinwand vor: Warum hat Gott nicht eine Welt erschaffen, in der alle freien Wesen immer das Gute tun, wo eine solche Welt doch sowohl besser als auch logisch möglich ist?17 Erst an diesem Punkt wird die philosophische Pointe der Free Will Defense sichtbar, welche Plantinga in den nachfolgenden Kapiteln seines Buches modallogisch durchexerziert und sukzessive verfeinert. Seine Antwort ist diese: weil die ‚signifikante Freiheit‘ (die den Dreh- und Angelpunkt der Free Will Defense bildet) Gottes Allmacht nicht in einem bloß logischen oder ideellen, sondern in einem außerlogischen, ‚tatsächlichen‘, oder mit Schellings Begriff: reellen Sinne beschränkt. Nicht an 16  Wird umgekehrt (wie von einigen radikal voluntaristischen Philosophen und Theologen) die göttliche Allmacht zum Maßstab des Guten gemacht, stellt sich die Theodizeefrage nicht. Gottes Taten wären dann ipso facto das Rechte. 17  Plantinga zeigt sich seltsam unbehelligt von Leibniz’ diametral entgegengesetzter Auffassung, dass eine Welt mit ausschließlich tugendhaften Kreaturen gerade nicht möglich ist. Um Leibniz in diesem Punkt zu widerlegen, müsste gezeigt werden, dass seine Zurückführung des moralischen Übels auf das metaphysische (notwendige Unvollkommenheit alles Endlichen) zu einem defizitären Begriff des Bösen führt. Vgl. Theodizee, I, §§  20–33, bes. §  31.

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der Sphäre logischer Möglichkeiten, sondern an der aktualen Wirklichkeit hängt ihre Realität.18 Die ‚signifikante Freiheit‘, das Vermögen zum Guten oder Bösen, erweist sich solchermaßen als reell limitierender Faktor für die göttliche Allmacht. Aber warum ist das so und in welchem Sinne? Plantingas Auskunft ist denkbar einfach: weil Freiheit sonst nicht Freiheit wäre. Der entscheidende Passus ist der bereits zitierte: Now God can create free creatures, but He can’t cause or determine them to do only what is right. For if He does so, then they aren’t significantly free after all; they do not do what is right freely. (Plantinga [1977], 30)

Plantinga rekurriert hier auf den unkontroversen Grundsatz der Freiheitsdebatte, dass freies Handeln jedenfalls von fremdbestimmtem abzugrenzen ist.19 Wenn es aber zur Idee von Freiheit gehört, dass sie als Selbstbestimmung gedacht werden muss, dann kann Gott freie Wesen nicht dazu (vorher-)bestimmen, immer nur das Gute zu tun (wie der Einwand vorgibt), ja er kann sie überhaupt nicht zu freien Handlungen bestimmen, die diesen Namen verdienen.20 Ob die freien Handlungen der Kreaturen gut oder böse ausfallen, muss vielmehr an ihnen selbst liegen, und dieser Umstand limitiert genau umgekehrt die Möglichkeiten göttlichen Handelns. Am deutlichsten zieht Plantinga diese Folgerung im Zusammenhang mit dem Beispiel vom Jäger Paul, der ein Erdferkel erbeutet hat, das kaufen zu wollen Plantinga seinem Leser zumutet. Ein Angebot von 500 Dollar schlägt fehl und die Frage ist, ob Paul für 700 Dollar verkauft hätte. Angenommen nun, er hätte für 700 Dollar verkauft: Then it was beyond the power of God to create a world in which (1) Paul is free to sell his aardvark and free to refrain, and […] (2) Paul does not sell […] [S]o if God […] left Paul free with respect to this action, he would have sold […] If, on the other hand, God had brought it about that Paul didn’t sell or had caused him to refrain from selling, then Paul would not have been free with respect to this action; […] (Plantinga [1977], 41)

Das kann nur eines bedeuten: […] it depends upon what Paul would have freely chosen to do in a certain situation. So there are any number of possible worlds such that it is partly up to Paul wether God can create them. (Plantinga [1977], 42; eigene Hvg.) 18 

Vgl. Plantinga (1977), 47 f., besonders die abschließenden Bemerkungen in Klammern. Hermanni in diesem Band, 281. Schelling formuliert im Abschnitt über die intelligible Tat: „Wäre jenes Wesen ein todtes Seyn und in Ansehung des Menschen ein ihm bloß gegebenes; so wäre, da die Handlung aus ihm nur mit Nothwendigkeit folgen kann, die Zurechnungsfähigkeit und alle Freyheit aufgehoben.“ (AA I 17, 152 | SW VII, 385) 20  Plantingas Argument kommt der idealistischen Spekulation sehr nahe, dass die entscheidende reelle Dimension der Freiheit bereits eine Konsequenz ihrer Idee ist, die sich darin selbst entäußert (vgl. z. B. Schellings Schrift Philosophie und Religion von 1804). Das metaphysische Problem, wie es eigentlich zugehen soll, dass Gott freie Wesen erschafft, nicht aber die konkreten Handlungen determiniert, wird von Plantinga vornehm ausgeklammert. (Die Vereinbarkeit von göttlicher Allwissenheit und Freiheit zu zeigen, ist dann nicht allzu schwer, vgl. Plantinga [1977], 66–72.) Dagegen ist kritisch zu fragen, ob die Free Will Defense angesichts solcher Sparmaßnahmen ihr Ziel erreicht. 19  Vgl.

Schellings Theodizee zwischen Leibniz und Plantinga

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Anders als Leibniz dachte, konnte Gott also doch nicht jede logisch mögliche Welt erschaffen. Plantinga nennt dies „Leibniz’ Lapse“.21 Zusätzlich limitierender Faktor ist die Wirklichkeit moralisch signifikanter Freiheit, welche Gott zwar die Erschaffung des moralisch Guten ermöglicht, seine Bestimmungsgewalt über den Lauf der Dinge aber weiter eingrenzt. Die große Gemeinsamkeit zwischen Plantinga und Schelling liegt darin, dass auch Schelling meint, die göttliche Allmacht werde nicht allein durch logische Konsistenzbedingungen, sondern durch einen reellen Faktor limitiert, über den sich das Böse erklären und rechtfertigen lässt. Wie bei Plantinga spielt die ‚reelle Freiheit‘, verstanden als Vermögen zum Guten oder Bösen, dabei die Hauptrolle. Anders als bei Plantinga ist sie aber nur indirekt jener Limitationsgrund. 2.2. Schellings ‚Plantinga-Kritik‘ Schellings Untersuchung des Zusammenhangs zwischen menschlicher Freiheit, Gott und moralischem Bösen setzt dort ein, wo Plantinga sie beendet. In einer der begrifflich schärfsten und argumentativ zwingendsten Passagen der Freiheitsschrift gegen Ende der ‚Einleitung‘ exponiert Schelling das Problem in einer Weise, die den Text wie eine Plantinga-Kritik avant la lettre erscheinen lässt.22 Im Vorangehenden hatte er erklärt, dass der idealistische Begriff der Freiheit (zu denken ist besonders an Kant und Fichte) nicht hinreicht, um die „spezifische Differenz, […] das Bestimmte der menschlichen Freyheit zu zeigen“,23 und in dieser Absicht den ‚realen Begriff‘ der Freiheit eingeführt, der ungefähr dem entspricht, was Plantinga signifikante Freiheit nennt: Der Idealismus giebt nämlich einerseits nur den allgemeinsten, andrerseits den bloß formellen Begriff der Freyheit. Der reale und lebendige Begriff aber ist, daß sie ein Vermögen des Guten und des Bösen sey. (AA I 17, 125 | SW VII, 352)

Mit dem reellen Freiheitsbegriff und dem untrennbar mit ihm verbundenen Begriff des moralischen Bösen ist laut Schelling erst der „Punkt der tiefsten Schwierigkeit in der ganzen Lehre von der Freyheit“ erreicht, weit gefehlt, dass er diese Schwierigkeit von Haus aus lösen würde. Derart tiefgreifend sei die Aporie, dass sie „nicht bloß dieses oder jenes System, sondern, mehr oder weniger, alle trifft“: Am auffallendsten allerdings den Begriff der Immanenz; denn entweder wird ein wirkliches Böses zugegeben, so ist es unvermeidlich, das Böse in die unendliche Substanz oder den Urwillen selbst mitzusetzen, wodurch der Begriff eines allervollkommensten Wesens gänzlich zerstört wird; oder es muß auf irgend eine Weise die Realität des Bösen geläugnet werden, womit aber zugleich der reale Begriff von Freyheit verschwindet. Nicht geringer jedoch ist die Schwierigkeit, wenn zwischen Gott und den Weltwesen auch nur der allerweiteste Zusammenhang 21 

Plantinga (1977), 44. AA I 17, 125–127 | SW VII, 352–355. 23  AA I 17, 124 | SW VII, 352.

22 

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angenommen wird; denn wird dieser auch auf […] [die] nothwendige Mitwirkung Gottes zum Handeln der Kreatur24 beschränkt, welches vermöge der wesentlichen Abhängigkeit der letzten von Gott angenommen werden muß, wenn auch übrigens Freyheit behauptet wird: so erscheint doch Gott unläugbar als Miturheber des Bösen, indem das Zulassen bei einem ganz und gar dependenten Wesen doch nicht viel besser ist, als mitverursachen: oder es muß ebenfalls auf die eine oder die andere Art die Realität des Bösen geläugnet werden. (AA I 17, 125 | SW VII, 353)

Schelling schnürt in diesem Abschnitt einen mehrfach verwickelten Knoten: Ohne ihren realen Begriff lässt sich das Spezifische der menschlichen Freiheit nicht erfassen. Ihr ‚realer Begriff‘ aber involviert, wenigstens der Möglichkeit nach, das moralische Böse, womit sich die Frage unde malum stellt, bzw. wie das Böse mit Gott zusammenhängt. Doch ganz gleich, wie man den Zusammenhang systematisch aus­ gestaltet: Immer fällt das Böse auf Gott zurück, „wodurch der Begriff eines allervollkommensten Wesens gänzlich zerstört wird“. Am offensichtlichsten sei das beim ‚Begriff der Immanenz‘, der mit dem ‚Pantheismus‘ identifiziert werden kann, worunter in Schellings Diktion ohne nähere Bestimmung aber nur „die Lehre von der Immanenz der Dinge in Gott“ verstanden wird, zu der „jede Vernunftansicht […] hingezogen werden muß“;25 also der metaphysische Gemeinplatz, dass es nichts schlechthin Außergöttliches geben kann. Allein auch wenn der Zusammenhang zwischen Gott und Bösem, wie z. B. im System von Leibniz, durch ‚Mittelbegriffe‘ so weit wie möglich ausgedehnt wird, gelingt es nicht, Gott vom Vorwurf der Mitursächlichkeit freizusprechen. Ähnlich verhält es sich mit dem metaphysischen Dualismus und dem Emanationssystem der Neuplatoniker.26 Es bleibt also nur, entweder ‚auf irgendeine Weise‘ die Realität des Bösen zu leugnen und damit die menschliche Freiheit zu verlieren, oder sie anzuerkennen und damit den theistischen Gottesbegriff preiszugeben. Die Theorien von Leibniz und Spinoza etwa laufen nach Schellings Analyse auf erstere Variante hinaus.27 Schelling diskutiert indes noch eine alternative, gewissermaßen systemneutrale Argumentationsstrategie, die allein mit einer Analyse des Freiheitsbegriffs auszukommen scheint: Es könnte jemand versuchen, jenem Dilemma durch die Antwort zu entgehen: das Positive, was von Gott herkommt, sey die Freyheit, die an sich gegen Böses und Gutes indifferent sey. Allein wenn er nur diese Indifferenz nicht bloß negativ denkt, sondern als ein lebendiges posi-

24  Schelling legt die scholastische Concursus-Lehre im Anschluss an Leibniz dahingehend aus, dass Gott zumindest insofern am Handeln des Menschen ‚mitwirkt‘, als er ihm das Sein verleiht (was die Bestimmung seiner „Gedanken, Bestrebungen und Handlungen“ einschließt); vgl. AA I 17, 114 | SW VII, 339. 25  AA I 17, 113 | SW VII, 339. 26  AA I 17, 126 f. | SW VII, 127. Anders als die Systeme der Immanenz und der Mitwirkung sind diese allerdings schon unabhängig vom Problem des Bösen dem Verdacht der Inkonsistenz ausgesetzt. 27  AA I 17, 125 f.; 137–140 | SW VII, 353 f.; 367–370.

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tives Vermögen zum Guten und zum Bösen, so ist nicht einzusehen, wie aus Gott, der als lautere Güte betrachtet wird, ein Vermögen zum Bösen folgen könne. (AA I 17, 126 | SW VII, 354)

Es ist schwer zu bestreiten, dass Schelling hier ein tragendes Element der Free Will Defense ins Visier nimmt. Auch Plantinga nimmt an, dass die reelle Freiheit als Vermögen zum Guten oder Bösen von Gott kommt, während die wirklichen, guten oder bösen, Handlungen auf das Konto der von ihm erschaffenen freien Wesen gehen, sofern sie wahrhaft frei sein sollen. Schelling zufolge beruht diese Annahme auf einer Art begrifflichen Selbsttäuschung, die etwas mit der für den Freiheitsbegriff charakteristischen Vorstellung einer Indifferenz oder Unentschiedenheit zu tun hat: Der zumal für Plantingas Modell so wichtige Grundsatz, dass Freiheit durch ihre Erschaffung nicht schon ‚entschieden‘ sein darf, kann den Schein hervorrufen, als wäre sie an sich moralisch neutral. Nach Schelling ist das nur dann der Fall, wenn sie rein als negative Freiheit (Freiheit vom Guten und Bösen) verstanden wird. Tatsächlich ist sie aber jederzeit als positive Freiheit (Freiheit zum Guten und Bösen) zu denken und also von Anfang an moralisch signifikant.28 Nach dieser Lesart hätte die Free Will Defense die Form eines quaternio terminorum-Fehlschlusses. Nun wird man Plantinga sicher nicht vorwerfen wollen, er habe die Positivität der ‚signifikanten Freiheit‘ verkannt.29 Dann aber, so Schelling weiter, „ist nicht einzusehen, wie aus Gott, der als lautere Güte betrachtet wird, ein Vermögen zum Bösen folgen könne“.30 Vermutlich würde Plantinga erwidern, dass Gott einen guten Grund dafür gehabt haben könnte, ein Vermögen zum Bösen zu erschaffen, nämlich das faktische Überwiegen des durch die Freiheit ermöglichten moralischen Guten über das gleichfalls daraus resultierende moralische Böse. Aber einmal abgesehen davon, dass Schelling die Vorstellung einer „Berathschlagung Gottes mit sich selbst“31 zurückweist,32 ist sein Punkt ein ganz anderer: Nicht darum geht es, ob Gott einen guten Grund für die Erschaffung des Vermögens zum Bösen hatte, sondern um die Frage, wie bzw. auf welcher Grundlage Gott überhaupt ein Vermögen zum Bösen erschaffen kann. In Gott selbst ist schließlich nichts als ‚lautere Güte‘ (wie auch Plan­tinga zugibt, wenn er ihn ‚wholly good‘ nennt), schlechthin vor oder außer Gott aber ist überhaupt nichts. Wie kann daraus jemals ein Vermögen zum Bösen folgen, oder umgekehrt gefragt: Wenn Gott mit der reellen Freiheit ein Prinzip des Bösen erschafft, muss er als dessen Ursache nicht selbst schon ein Prinzip des Bösen ent­ halten? Plantinga würde womöglich an seiner Strategie festhalten, indem er auf den Status der Freiheit als reell limitierendem Faktor für die göttliche Allmacht verweist. Ein vollkommen gutes Wesen könne gewiss nur Gutes hervorbringen, doch hinsichtlich der Freiheit sei Gott nun einmal an das gebunden, was seine Geschöpfe mit ihr an28 

Schelling greift eine klassische Unterscheidung Kants auf. Zu Plantingas Freiheitsbegriff vgl. Plantinga (1977), 29 f. und 31 f. 30  AA I 17, 126 | SW VII, 354. 31  AA I 17, 162 | SW VII, 397. 32  Siehe dazu unten 451 f. 29 

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fangen. Wenn sie Böses damit anfangen, falle das so lange nicht auf Gott zurück, als das Gute überwiegt, da die Erschaffung freier Kreaturen von Gott her betrachtet immer noch als reine Vermehrung des Guten und lediglich Inkaufnahme des Bösen verstehbar sei (gleichsam als würde Gottes Wille auf einen Widerstand treffen). Das wäre freilich schon nicht mehr ganz sauber argumentiert, denn die Frage war, wie ein vollkommen guter Ausgangszustand aller Realität in einen solchen übergehen kann, der auch Böses enthält. Allerdings verweist das Argument deutlicher auf ein noch tiefer liegendes Problem, um das es Schelling, hier und allgemein in der Freiheitsschrift, eigentlich geht. Bezeichnenderweise klingt es in dem Nachsatz an, den Schelling seiner Kritik der Free Will Defense anfügt: Es erhellt hieraus, im Vorbeigehen zu sagen, daß, wenn die Freyheit wirklich das ist, was sie diesem [positiven] Begriff zu Folge seyn muß, (und sie ist es unfehlbar), daß es alsdenn auch mit der oben versuchten Ableitung der Freyheit aus Gott wohl nicht seine Richtigkeit habe;33 denn, ist die Freyheit ein Vermögen zum Bösen, so muß sie eine von Gott unabhängige Wurzel haben. Hiedurch getrieben kann man versucht werden, sich dem Dualismus in die Arme zu werfen. Allein dieses System […] ist nur ein System der Selbstzerreißung und Verzweiflung der Vernunft. (AA I 17, 126 | SW VII, 354)

Es geht, kurz gesagt, um das Problem der metaphysischen Verortung der reellen Freiheit, welches im Lichte der Frage nach dem Ursprung des Bösen besonders sichtbar wird. Wenn man mit der Freiheit wirklich Ernst macht – und Plantinga tut das ebenso wie Schelling –, wird durch sie „eine dem Prinzip nach unbedingte Macht außer und neben der göttlichen behauptet“, wie Schelling an einer früheren Stelle angemerkt hatte.34 Diese Behauptung ist offensichtlich genau das, was oben als philosophische Pointe der Free Will Defense identifiziert wurde: Die moralisch signifikante Freiheit setzt sich der göttlichen Allmacht als ein reelles Prinzip entgegen, das den Möglichkeitsraum göttlichen Handelns einschränkt. Das Problem mit dieser These ist, dass sie zwar die Vereinbarkeit des Bösen mit der theistischen Gottesidee zu sichern scheint, dafür jedoch ihrerseits dem dringenden Verdacht der Inkonsistenz ausgesetzt ist. Und zwar, darauf kommt es entscheidend an, nicht erst in einer dezidiert systematischen Perspektive, sondern schon nach den theistischen „Vorstellungen“ oder „Begriffen“ der „meisten“ (deren Konsistenz zu prüfen Plantinga sich anschickt) ist ein reelles Prinzip neben Gott „undenkbar“.35 Denn es gehört zu den unumstößlichen Grundsätzen des Theismus, dass alle Realität, oder wie Schelling es die klassische Formulierung variierend ausdrückt,36 „alles Positive der Kreatur von Gott 33  Die selbstkritische Bemerkung bezieht sich auf eine frühere Passage (AA I 17, 120 | SW VII, 346 f.), in der Schelling eine Ableitung der Freiheit aus Gott im Stil seiner Schrift Philosophie und Religion skizziert hatte. 34  AA I 17, 113 | SW VII, 339. 35  AA I 17, 113 | SW VII, 339. 36  Siehe z. B. Leibniz, Theodizee, I, §  3: „Die ganze Realität […] und die sogenannte Substanz der Handlung sei […] ein Erzeugnis Gottes; denn er ist es, der allen Kreaturen und allen ihren Handlungen Realität verleiht.“ Vgl. §  20: „die wir alles Sein von Gott herleiten“; ferner §  27: „und alles Reelle in der Sünde der Kreatur von ihm [Gott] herrührt“. Auch Leibniz fasst bereits Sein und Han-

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kommt“.37 Wie aber könnte es dann mit den faktischen Entscheidungen und Handlungsvollzügen freier Wesen ein positives Element geben, das dem göttlichen Wirkungsbereich entzogen ist?38 Die Free Will Defense läuft so gesehen auf einen (strikten) metaphysischen Dualismus hinaus, der mit dem monotheistischen Gottesbegriff inkompatibel wäre und überdies den Einheitssinn der Wirklichkeit verletzt, weil nicht zu begreifen ist, wie zwei sensu strico voneinander unabhängige ‚Wurzeln‘ der Realität miteinander in Beziehung treten können.39 Spätestens hier ist für Schelling der Moment gekommen, wo es einzusehen gilt, dass nicht bereits die Analyse, sondern erst „die Nachweisung seines Zusammenhangs mit dem Ganzen ihm [dem Freiheitsbegriff] […] die letzte wissenschaftliche Vollendung giebt“.40 Die ganze Freiheitsschrift kann und muss als groß angelegter Versuch gelesen werden, einen solchen systematischen Konsistenznachweis zu führen. Die grundlegende Weichenstellung, die Schelling vornimmt, ist seine Annahme eines reellen Elements in Gott, des berühmt-berüchtigten ‚dunklen Grundes‘‚ der „in Gott selbst nicht Er Selbst ist“.41 Sie ergibt sich als Folgerung aus zwei Grundsätzen, die nicht aufgegeben werden können: dem Unabhängigkeitsgrundsatz (reelle Freiheit ‚muss eine von Gott unabhängige Wurzel haben‘) und dem Abhängigkeits- oder Immanenzgrundsatz (‚alles Positive der Kreatur kommt von Gott‘ resp. es kann nichts schlechthin Außergöttliches geben).42 Dieser ‚Grund‘ ist selbstverständlich nicht mit der reellen Freiheit identisch, denn dann wäre in Gott selbst ein Prinzip des Bösen und die Freiheit des Menschen nicht vom Wirken Gottes unterscheidbar. Als ein von deln der Kreatur, soweit dies beides von Gott kommt, als das ‚Positive‘ zusammen, worauf Gottes Tätigkeit (allein) gerichtet sei (§  31, vgl. §§  29 f.). 37  AA I 17, 125 | SW VII, 353. Als ein solches Positives sind auch jene präpersonalen ‚Essenzen‘ anzusehen, in denen Plantinga das Reelle der Freiheit letztlich verortet; vgl. Plantinga (1977), 49–53. 38  Die unter dem Titel der Kontraktion firmierende Vorstellung, dass Gott „seine Allmacht zurück[hält], damit der Mensch handeln könne, oder er […] die Freyheit zu[lässt]“ lehnt Schelling mit Recht als einen begrifflich nicht gedeckten metaphorischen Behelf ab: „zöge Gott seine Macht einen Augenblick zurück, so hörte der Mensch auf zu seyn“ (AA I 17, 114 | SW VII, 399). 39  Man beachte, dass das „System der Selbstzerreißung und Verzweiflung der Vernunft“ noch in der Konsequenz von Schellings Kritik liegt: „Es erhellt hieraus […] Hiedurch getrieben […]“ (AA I 17, 126 | SW VII, 354) 40  AA I 17, 111 | SW VII, 336. 41  AA I 17, 130 | SW VII, 359. Die präzise Herausarbeitung des ‚internen Dualismus‘ in seiner Bedeutung für Schellings Theodizee ist das bleibende Verdienst von Friedrich Hermanni. Siehe Hermanni (1994), 73–142. 42  Vgl. prägnant Heidegger, Vorlesung 124: „Wenn aber die Freiheit als Vermögen zum Bösen eine von Gott unabhängige Wurzel haben muß, andrerseits aber Gott selbst die eine und einzige Wurzel des Seienden bleiben soll, dann kann dieser von Gott unabhängige Grund des Bösen nur in Gott selbst sein. Es muß in Gott solches sein, was Gott nicht selbst ‚ist‘. Gott muß ursprünglicher begriffen werden.“ Der für die Freiheitsschrift schlechthin zentrale Begriff des Grundes wurde und wird häufig als theosophische Fantasterei abgetan, weil Schelling versucht hat, ihn durch metaphorische Umschreibungen „menschlich näher [zu] bringen“ (AA I 17, 130 | SW VII, 359). Das ist nicht viel anders, als würde jemand die Annahme von ‚Schwarzen Löchern‘ oder ‚Wurmlöchern‘ für Unsinn halten, bloß weil es sich bei diesen Bezeichnungen um assoziationsreiche Metaphern handelt. Der interne Dualismus ergibt sich als begriffliches Strukturerfordernis zwingend aus bestimmten Prinzipien.

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Gott Unterschiedenes in ihm selbst ermöglicht er jedoch die Erschaffung des endlichen Geistes, der sich durch die Integration des Grundes (in Gestalt der ‚Selbstheit‘) in die höhere Einheit der Person endgültig als gottunabhängiges Prinzip etabliert. Insofern dafür die Festlegung einer hierarchischen Ordnung von Eigenwille und Universalwille nötig ist, besteht hierin auch schon der Vollzug der Freiheit als eines Vermögens zum Guten (Überordnung des Universalwillens) oder Bösen (Überordnung des Eigenwillens).43 „[W]ie nun im einzelnen Menschen die Entscheidung für Böses oder Gutes vorgeh[t]“ 44 und wie sich die Konstitutionshandlung der Person zu den guten oder bösen Einzelhandlungen verhält, wird schließlich durch das Lehrstück der ‚intelligiblen Tat‘ geklärt.45 Der Grund hat zwei unter Theodizeegesichtspunkten besonders wichtige Eigenschaften. In Bezug auf Gott ist entscheidend, dass er den Grund als solchen nicht ändern, geschweige denn ‚aufheben‘ kann. Dies wird denkbar, wenn man ihn als ‚Grund seiner Existenz‘ begreift, durch den Gott ontologisch gleichsam an sich selbst gefesselt ist: Die Bedingung seiner eigenen Existenz zu ändern oder gar aufzuheben, hieße nichts anderes als sich selbst aufzuheben.46 Gott kann den Grund zwar transformieren (oder transmutieren, wie Schelling sagt), nicht aber die durch ihn vorgegebenen ‚Startbedingungen‘ modifizieren. In Bezug auf den Menschen ist wichtig, dass der Grund in Gestalt der Selbstheit oder des Eigenwillens die Entscheidung für Gutes oder Böses zwar als ein Faktor maßgeblich beeinflusst, nicht aber prädeterminiert. In diesem Sinne spricht Schelling von einer ‚Sollizitation‘ (Versuchung) zum Bösen durch die jeden Menschen plagende ‚Angst des Lebens‘ und einer eben nur ‚fast notwendigen‘ Entscheidung des Menschen für das Böse.47 Mit diesem Modell, das hier nur ganz grob umrissen werden konnte, glaubt Schelling die Konsistenz zwischen der theistischen Gottesidee und dem Begriff der reellen Freiheit systematisch nachweisen zu können. Die einzelnen Elemente des Nachweises, die ‚Mittelbegriffe‘, anhand derer Schelling ihren Konnex theodizeeträchtig entzerren möchte, sind in der Forschung sämtlich umstritten – besonders die Ansetzung eines Grundes in Gott und die Explikation der Entscheidung zum Bösen als intelligible Tat.48 Aber einmal gesetzt, dass der Gedankengang in allen Punkten zustimmungsfähig wäre, hätte Schelling Plantinga widerlegt oder auch nur widersprochen? Man wird das schwerlich behaupten wollen. Plantinga könnte Schelling etwa Folgendes entgegnen: Vielleicht hast du recht, dass ich es mir mit der metaphysischen Verortung der Freiheit etwas zu leicht gemacht habe. Ich kann dir deshalb nur dafür danken, dass du die metaphysische Drecksarbeit erledigt und die Verträglichkeit von Gottesidee und reellem Freiheitsbegriff sys43 

Diese Idee verdankt Schelling Kant; vgl. Rel., AA VI: 36. AA I 17, 150 | SW VII, 382. 45  AA I 17, 150–156 | SW VII, 382–389. 46  AA I 17, 164; 167 | SW VII, 399; 403. 47  AA I 17, 149 | SW VII, 381. 48  Zu letzterer siehe die dritte Sektion in diesem Band. 44 

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tematisch nachgewiesen hast. Am Ende sind wir uns aber doch einig, dass sie miteinander verträglich sind; und dass die Freiheit (wenn auch nur vermittelterweise) Gottes Allmacht als ein reeller Faktor limitiert. Die Free Will Defense bleibt also unvermindert in Kraft.

Genau das würde Schelling aber ziemlich sicher bestreiten. Um zu verstehen warum und mit welchen Argumenten, müssen wir uns im nächsten Schritt seiner LeibnizKritik zuwenden. 2.3. Schellings Leibniz-Kritik Wie oben gesehen, steht im Zentrum der Free Will Defense eine Leibniz-Kritik, nach der Gott durchaus nicht jede der unendlich vielen logisch möglichen Welten erschaffen konnte. Auch Schelling formuliert sein Theodizeeargument als Kritik am Mögliche-Welten-Modell von Leibniz, nur fällt die seine ungleich radikaler aus.49 Denn während Plantinga die „Vorstellung einer Berathschlagung Gottes mit sich selbst“ grundsätzlich beibehält – Gott präferiert eine Welt mit freien Wesen gegenüber einer Welt ohne solche –, lehnt Schelling sie rundweg ab: […] die Vorstellung einer Berathschlagung Gottes mit sich selbst, oder einer Wahl zwischen mehreren möglichen Welten [bleibt] eine grundlose und unhaltbare Vorstellung. […] Denn eine perfekte Freyheit der Wahl würde erst dann gewesen seyn, wenn Gott auch eine weniger vollkommne Welt, als nach allen Bedingungen möglich war, hätte erschaffen können: […] So sind auch die Gründe gegen die Einheit der Möglichkeit und Wirklichkeit in Gott von dem ganz formellen Begriff der Möglichkeit hergenommen, daß alles möglich ist, was sich nicht widerspricht; […] Wenn zur Freyheit nichts weiter als eine solche leere Möglichkeit fehlt, so kann zugegeben werden, daß formell, oder ohne auf die göttliche Wesenheit zu sehen, unendliches möglich war und noch ist; allein dieß heißt die göttliche Freyheit durch einen Begriff behaupten wollen, der an sich falsch ist, und der bloß in unserm Verstand, aber nicht in Gott möglich ist, in welchem ein Absehen von seinem Wesen oder seinen Vollkommenheiten wohl nicht gedacht werden kann. (AA I 17, 162 f. | SW VII, 397 f.; eigene Hvg.)

In seiner Argumentation greift Schelling einen Einwand auf, mit dem schon Leibniz selbst sich abgekämpft hatte und der gewissermaßen den Versuch darstellt, ihn mit seinen eigenen Waffen zu schlagen.50 Die Aussage, dass Gott alle logisch möglichen Welten hätte erschaffen können, ist bei Leibniz nur auf der Grundlage einer gewissen Abstraktion möglich: der Betrachtung der göttlichen Allmacht und Weisheit unter Absehung von der göttlichen Güte. In dem Moment, wo letztere in die Betrachtung einbezogen wird, reduziert sich die Zahl der möglichen Welten unmittelbar auf eine einzige: die beste. In diesem Sinne kann man sagen, dass Gott gar nicht wirklich eine andere Welt hätte erschaffen können, da er natürlich immer schon vollkommen gut ist. Das unauflösbare Gebundensein Gottes an seine Güte bezeichnet Leibniz als ‚sittliche Notwendigkeit‘ im Unterschied zur ‚metaphysischen Notwendigkeit‘ durch 49 

50 

Zur Auseinandersetzung mit Leibniz in der Freiheitsschrift vgl. Buchheim (2009). Die gesamte zweite Hälfte des zweiten Teils der Theodizee ab §  168 kreist darum.

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die Gesetze der Logik – eine Terminologie, die Schelling übernimmt und kritisch wendet: […] so bald nur die nähere Bestimmung einer sittlichen Nothwendigkeit hinzugefügt wird, ist ganz unläugbar der Satz: daß aus der göttlichen Natur alles mit absoluter Nothwendigkeit folgt, daß alles, was Kraft derselben möglich ist, auch wirklich seyn muß, und was nicht wirklich ist, auch sittlich-unmöglich seyn muß. (AA I 17, 162 | SW VII, 397)51

Die Abstraktion von der göttlichen Güte verkennt Gottes Wesen gleich doppelt, freiheitstheoretisch wie auch epistemologisch, und ist daher unzulässig. Freiheitstheoretisch, weil es zu einem falschen Bild der göttlichen Freiheit führt, wenn sie lediglich gegen einen Hintergrund rein formeller Möglichkeiten profiliert wird. Das wäre etwa so, wie wenn ich mich in meiner Entscheidung, nach München zu ziehen, schon dadurch frei wähnte, dass ich logisch betrachtet auch an den Nordpol ziehen könnte, obwohl ein Umzug an den Nordpol von Anfang an ‚realistisch‘ gar keine Option für mich war. Epistemologisch, weil ein Wesen, das nach theistischer Vorstellung auf vollkommene und somit vollständige Weise erkennt, gar nicht ‚von seinem Wesen oder seinen Vollkommenheiten‘ absehen kann. In dieser Hinsicht entpuppt sich das Leibniz’sche Modell als Anthropomorphismus, mit dem Gott ein endlicher Verstand angedichtet wird.52 Schellings Kritik, die auch Plantinga und alle anderen Anhänger der ‚Vorstellung einer Beratschlagung Gottes mit sich selbst‘ trifft, erweist sich als theoretisch außerordentlich folgenreich. Die erste Konsequenz ist zunächst die, dass Gott kraft seiner Allmacht überhaupt nur eine einzige Welt erschaffen kann: „Gott [kann] nach seiner Vollkommenheit nur Eines wollen […] In dem göttlichen Verstande selbst aber […] ist, wie nur Ein Gott ist, so auch nur Eine mögliche Welt.“53 Man sieht nun, dass diese Welt sich aus dem Zusammenspiel dreier Faktoren ergibt: den Gesetzen der Logik als formellem Limitationsgrund,54 der göttlichen Güte und dem ‚Grund in Gott‘ als reellem Limitationsgrund (dessen Annahme nötig war, um die Verträglichkeit des Gottesbegriffs mit menschlicher Freiheit und Bösem sicherzustellen). Darauf deutet Schelling hin, wenn er – einen etwas tiefklingenden poetischen Ton anschlagend, der heute nicht mehr dem Zeitgeist entspricht – schreibt:

51  Vgl. AA I 17, 163 | SW VII, 397: „Wenn aber Gott wesentlich Liebe und Güte ist, so folgt auch das, was in ihm sittlich-nothwendig ist, mit einer wahrhaft metaphysischen Nothwendigkeit.“ 52  In der modernen Leibniz-Forschung hat Robert M. Adams dafür argumentiert, dass die Kontingenz des Satzes ‚Gott wählt das Beste‘ nicht als systematische These des Leibniz betrachtet werden kann, und zwar vor dem Hintergrund seiner Kontingenztheorie (Adams [1994], 9–52, bes. 39–42). Dagegen hat Paul Rateau entsprechende Aussagen, namentlich in der Theodizee, per analogiam durch die Unterscheidung von remote potency und proximate potency erläutert (Rateau [2014], 105– 109). Das scheint ihren Sinn besser zu treffen, schützt Leibniz aber gerade nicht vor Schellings Einwürfen. 53  AA I 17, 164 | SW VII, 398. 54  Diesen Faktor dürfen wir für Schelling ebenfalls voraussetzen, auch wenn er bei ihm nicht im Vordergrund steht.

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Aber entsprechend der Sehnsucht, welche als der noch dunkle Grund die erste Regung göttlichen Daseyns ist, erzeugt sich in Gott selbst eine innre reflexive Vorstellung, durch welche, da sie keinen andern Gegenstand haben kann, als Gott, Gott sich selbst in einem Ebenbilde erblickt. […] Weil […] d[a]s Wesen (der anfänglichen Natur) nichts anders ist, als der ewige Grund zur Existenz Gottes, so muß es in sich selbst, obwohl verschlossen, das Wesen Gottes, gleichsam als einen im Dunkel der Tiefe leuchtenden Lebensblick enthalten. (AA I 17, 132 | SW VII, 360 f.; eigene Hvg.)

Die eine mögliche Welt ist nichts anderes als das durch reflexive Selbsterkenntnis Gottes in den Grund ‚hineingeschaute‘ und darin gleichsam sich abspiegelnde gute Wesen seiner selbst. Fast könnte man meinen, Schelling wäre übers Ziel hinausgeschossen und hätte das Theodizeeproblem weniger gelöst als vielmehr aufgelöst. Wenn die eine mögliche Welt aus den genannten Prinzipien unabänderlich folgt, Gott also überhaupt nur eine einzige Welt erschaffen kann, so scheint es, als hätte er diesbezüglich keinerlei Freiheit der Wahl.55 Die Theodizeefrage wäre dann vollkommen sinnlos, weil die Verfassung der Welt nicht das Ergebnis einer intentionalen göttlichen Handlung, sondern eine notwendige Folge oder Modifikation des göttlichen Seins wäre. Sie könnte nicht hinterfragt, sondern müsste als bloßes Faktum einfach hingenommen werden.56 Das hieße den Theismus durch den Versuch seiner Verteidigung zu begraben und so weit möchte Schelling natürlich nicht gehen. Aber worin könnte sich Gott noch als frei erweisen, wenn nur eine einzige Welt reell möglich ist? Schellings Antwort: da­ rin, dass er diese Welt überhaupt erschafft: […] es fragt sich noch außerdem, ob die That der Selbstoffenbarung in dem Sinne frey gewesen, daß alle Folgen derselben in Gott vorgesehen worden? Auch dieses aber ist nothwendig zu bejahen; […] So muß also doch […] Liebe und Güte oder das Communicativum sui überwiegen, damit eine Offenbarung sey; und dieses, die Entscheidung, vollendet erst eigentlich den Begriff derselben als einer bewußten und sittlich-freyen That. (AA I 17, 162 | SW VII, 396 f.)57

Damit verschiebt sich, wenn man so will, der Fokus der Theodizee von der zweiten der berühmten Leibniz’schen Fragen: ‚Warum ist die Welt so und nicht anders?‘, auf die erste: ‚Warum ist eher etwas als nichts?‘. Oder angewandt auf das Theodizeeproblem: von der Frage, ob diese Welt die beste oder wertvollste ist im Vergleich mit anderen möglichen Welten, auf die noch fundamentalere, ob diese Welt es eher wert ist, erschaffen zu werden, als nicht erschaffen zu werden.58 Dieser Perspektivwechsel bedeutet die wohl radikalste Zuspitzung eines systematischen Nachdenkens über das 55 

Diese Konsequenz zog Bayle für Leibniz, vgl. Theodizee, II, §§  227 ff. Vgl. auch Anhang, 401. Das Modell des Spinoza. 57  Es würde den Rahmen dieses Aufsatzes sprengen, zu erläutern, wie Schelling den Begriff der göttlichen Freiheit rechtfertigt. An dieser Stelle muss der Hinweis genügen, dass ohne ihn die Theodizeefrage gar nicht sinnvoll gestellt werden könnte. 58  Die erste Leibniz’sche Frage spielt in der Theodizee eine untergeordnete Rolle. Vgl. aber II, §  228 und vor allem die Bemerkungen über William Kings Buch De origine mali im Anhang: 426 und 448 f. An letzterer Stelle finden sich die zwei Leibniz’schen Fragen. 56 

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Theodizeethema. Die damit einhergehenden Chancen und Probleme sollen in den restlichen Abschnitten aus einer allgemein systematischen Perspektive, jedoch unter ständiger Bezugnahme auf Schellings Text, diskutiert werden.

3. Chancen und Probleme 3.1. Die Entinstrumentalisierung des Bösen Die Konzeption der Freiheitsschrift hat diverse Vorzüge, z. B. dass sie die Schwierigkeit ausräumt, wie anhand ausschließlich logischer und werthafter Kriterien überhaupt eine definite Welt bestimmt werden kann.59 Für Schelling selbst war ihre Vereinbarkeit mit einer Theorie des Bösen, wonach dieses nicht als Privation, sondern in positivem Freiheitsvermögen wurzelnd zu denken ist, besonders wichtig.60 Im Folgenden soll der aus heutiger Sicht wahrscheinlich größte Vorzug erläutert und philosophisch auf die Probe gestellt werden, welcher in der Entteleologisierung oder Ent­ instrumentalisierung des Bösen besteht. Was ist damit gemeint? Das Leibniz’sche Modell hat neben den aufgezeigten metaphysischen Schwachpunkten noch eine mehr praktisch-moralische Achillesferse. Theodizeeversuche in der Tradition von Leibniz (zu denen, bei aller Kritik, auch die Free Will Defense zählt) beruhen auf der hypothetischen Idee eines komparativen Weltenvergleichs. Hypothetisch, weil ein solcher Vergleich von einem endlichen Verstand empirisch weder durchgeführt noch evaluiert werden kann. Ein endlicher Verstand kann jedoch logisch konsistent denken, dass der Vergleich zugunsten unserer Welt ausfallen könnte, nämlich dann, wenn sie verglichen mit allen anderen möglichen Welten die relativ beste wäre. Mit dieser Hypothese begründen Leibniz und seine Nachfolger, warum gerade ein vollkommen guter Gott diese und keine andere Welt aktualisieren musste. Soll der Vergleich möglicher Welten – hypothetisch – zu einem eindeutigen Ergebnis führen, muss das in Anschlag gebrachte werthafte Kriterium ein global-komparatives sein. Es muss messbar oder doch vergleichbar machen, ob die eine Welt im Ganzen besser als die andere ist. Leibniz erblickt den gesuchten Maßstab in der jeweils herrschenden Ordnungsstruktur der Zweck-Mittel-Beziehungen, die in der einen 59  Vgl. Plantinga (1977), 61: „Perhaps for any world you mention, replete with dancing girls and deliriously happy sentient creatures, there is an even better world, containing even more dancing girls and deliriously happy sentient creatures. If so, it seems reasonable to think that the second possible world is better than the first. But then it follows that for any possible world W there is a better world W’, in which case there just isn’t any such thing as the best of all possible worlds.“ Durch die Einführung des Grundes als reeller Bedingung der Weltschöpfung kann der hier drohende Regress m. E. abgewendet werden (vgl. AA I 17, 163 f. | SW VII, 398). Wie Plantinga das Problem bewältigen möchte, bleibt etwas schleierhaft. 60  Schelling entwickelt in der Freiheitsschrift bekanntlich eine derartige Theorie unter Rückgriff u. a. auf Kant und Franz von Baader.

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Welt ein insgesamt größeres Gutes bedingt als in der anderen. Entscheidend ist also nicht, wie schlecht oder böse eine mögliche Welt lokal, sondern wie gut sie global ist. Diese Diskrepanz zwischen globalem Guten und lokalem Bösen führt zu einer moralphilosophischen Härte, die niemand klarer und anschaulicher beschrieben hat als Leibniz selbst. In der allegorischen Erzählung, die seine Theodizee beschließt,61 nimmt der Hohepriester Theodorus Anstoß daran, dass Jupiter dem Sextus Tarquinius, der Lucretia vergewaltigt, vertrieben wird und ein unglückliches Dasein fristet, ein so hartes Schicksal bestimmt hat. Der Gott verweist ihn an Pallas Athene, die Theodorus in einen Palast führt, dessen Gemächer die unendlich vielen möglichen Welten repräsentieren. Im obersten Zimmer erblickt er Sextus Tarquinius, wie dieser wirklich ist und handelt. Dennoch ist Theodorus von der Schönheit des Gemachs so geblendet, dass er erst einmal in Ohnmacht fällt – es ist die beste, unsere Welt. Die Göttin der Weisheit beschwichtigt den zweifelnden Theodorus durch den Hinweis auf die funktionale Rolle des Sextus in der besten aller möglichen Welten.62 Sein Schicksal kann kein anderes sein, weil sonst die Welt eine andere und damit schon nicht mehr die beste wäre. Nimmt man den Gedanken Ernst, dass Gott theoretisch auch eine andere Welt mit einem anderen, weniger unglücklichen Sextus hätte erschaffen können, so hat man es hier mit einer dezidiert instrumentellen Sicht auf das Theodizeeproblem zu tun: Die Existenz eines lokalen Übels ist überall dort gerechtfertigt, wo sie in der kosmischen Gesamtökonomie der bestmöglichen Welt einem größeren Guten dient, und es ist Leibniz’ erklärter Optimismus, dass dies bei jedem lokalen Übel der Fall ist.63 Wie die Erzählung von Sextus zeigt, macht er dabei auch vor dem vom Menschen verübten moralischen Bösen und erlittenen individuellen Leid nicht halt. Sextus hat sich damit abzufinden, dass er mit seinem Schicksal für den bestmöglichen Weltverlauf sozusagen die Kosten trägt.64 Das ist zwar höchst bitter für ihn, aber letztlich besser für alle. In §  118 des zweiten Teils der Theodizee formuliert Leibniz den folgenschweren Grundsatz, der im Hintergrund seines Räsonnements steht: Ich gebe zu, daß das Glück der vernünftigen Geschöpfe den wesentlichsten Teil der göttlichen Absichten bildet, da diese Geschöpfe am meisten Ähnlichkeit mit ihm selbst haben, aber ich kann durchaus nicht sehen […], daß dies sein einziges Ziel gewesen ist. Jede Vollkommenheit oder Unvollkommenheit der Kreatur hat ihren Wert, aber einen unendlichen Wert hat keine. Daher übersteigt das Wohl der vernünftigen Kreaturen oder ihr moralisches und physisches 61 

Theodizee, III, §§  413–417. „Des Sextus Verbrechen dient zu großen Dingen; es macht Rom frei, und daraus wird es als großes Reich hervorgehen und große Beispiele abgeben. Das ist jedoch noch nichts, verglichen mit der Gesamtheit dieser Welt, deren Schönheit du erst dann bewundern kannst, wenn die Götter dich nach einem glücklichen Übergange von diesem sterblichen in einen anderen besseren Zustand ihrer Erkenntnis teilhaftig werden lassen.“ (Theodizee, III, §  416) 63  In der besten aller möglichen Welten ist es freilich per definitionem der Fall, da jedes darin enthaltene Übel zu ihrer Realisierung vonnöten ist. 64  Dabei schließt das Unglück des Sextus das seiner Opfer ein, die also gleichfalls für das allgemeine Beste aufzukommen haben. 62 

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Übel keineswegs unbegrenzt das bloß metaphysische Gut oder Übel, d. h. dasjenige, das in der Vollkommenheit anderer Kreaturen besteht […] Es gibt keine Substanz, die vor Gott unbedingt verächtlich oder unbedingt wertvoll wäre. (Theodizee, II, §  118; eigene Hvg.)

Der Mensch ist als Ebenbild Gottes zwar besonders wertvoll, aber ‚keine Substanz ist vor Gott unbedingt wertvoll‘ und eben darum in der Kostenkalkulation für die beste aller möglichen Welten ‚verrechenbar‘, wie Leibniz ausdrücklich festhält.65 Eine solche Sichtweise erscheint uns heute als zutiefst befremdlich. Der Grund liegt offenkundig darin, dass wir von Leibniz durch die Zäsur des Kategorischen Imperativs getrennt sind:66 Wir sind es gewohnt, personale Substanzen „jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel“67 zu betrachten und ihnen in diesem präzisen Sinne keinen bloß relativen, sondern absoluten Wert beizumessen. Daher erwarten wir auch und erst recht von einem Gott, der das Prädikat moralischer Vollkommenheit verdient, diesem Grundsatz gemäß zu handeln. Ein demiurgisches Wesen, das bei der Weltschöpfung Bosheit und individuelles Leid ‚utilitaristisch‘ verrechnet, erschiene uns dagegen als zynisch und keineswegs göttlich. An dieser Stelle spielt die Theodizeedebatte in die Ethik hinüber.68 Alle Theodizeeargumente, die sich am Mögliche-Welten-Modell des Leibniz orientieren, erben unvermeidlich das Instrumentalisierungsproblem, da die Einführung einer lokalen absoluten Größe jeden komparativen Weltenvergleich zunichte machen würde. Auch nach der Free Will Defense sind Figuren wie Sextus oder Judas die großen Verlierer der moralischen Weltschöpfung und haben die Kosten für das allgemeine Beste zu tragen. Dagegen hat Schellings Argument augenscheinlich sehr gute Chancen, den verschärften moralphilosophischen Begriffen eines Kant standzuhalten. Wenn sich in Gottes Verstand überhaupt nur eine einzige mögliche Welt befindet, dann ist die Idee eines metaphysischen Weltenvergleichs bedeutungslos, die Notwendigkeit zur Verrechnung des Bösen im Rahmen einer globalen Kostenkalkulation hinfällig. Schellings Leibniz-Kritik führt mithin auf direktem Weg zu einer vollständigen Entinstrumentalisierung des Bösen. – Oder etwa doch nicht?

65  „Aber warum kann denn der Überfluß an Gutem in den vernunftlosen Kreaturen, die die Welt erfüllen, den Überfluß an Bösem in den vernünftigen Kreaturen nicht aufwiegen und sogar unvergleichlich übertreffen? Allerdings ist der Wert der letzteren größer, aber dafür sind jene an Zahl unverhältnismäßig viel größer und das Verhältnis an Zahl und Menge kann sehr wohl jenes an Wert und Beschaffenheit übersteigen.“ (Theodizee, Anhang, 391 f.) 66  Diese Einsicht verdanke ich Amit Kravitz. 67 Kant, GMS, AA IV: 429. 68  Kant war es auch, der in seinem berühmten Aufsatz Über das Misslingen aller philosophischen Versuche in der Theodizee die instrumentelle Deutung des Bösen zum Zwecke der Verteidigung Gottes als moralisch verabscheuenswert brandmarkte: „Diese Apologie, in welcher die Verantwortung ärger ist als die Beschwerde, bedarf keiner Widerlegung und kann sicher der Verabscheuung jedes Menschen, der das mindeste Gefühl für Sittlichkeit hat, frei überlassen werden.“ (AA VIII: 258)

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3.2. Erster Einwand Der Jubel wäre in der Tat verfrüht. Zwar fällt mit dem Weltenvergleich der Zwang zur Verrechnung weg, nicht aber automatisch auch die teleologische Ordnungsstruktur, die der Kalkulation zugrundeliegt. Die eine mögliche Welt im göttlichen Verstand ist ja immer noch „ein System“,69 in dem alles untereinander zusammenhängt. Und sofern dieses System nicht ‚geometrisch‘ aus Gottes Eigenschaften folgt, sondern Ausdruck seiner Freiheit ist (was nach theistischen Begriffen angenommen werden muss), ist es notwendig auf ein bestimmtes Ziel hin konzipiert,70 das kein anderes sein kann als das dem göttlichen Wesen am meisten entsprechende Gute. Folglich dient alles in dem einen möglichen Weltsystem Enthaltene direkt oder indirekt dem Endzweck des Guten. Also auch das Böse. Schon ist das Instrumentalisierungsproblem zurückgekehrt.71 An einigen Stellen kommt Schelling einer teleologischen Ausdeutung des Bösen gefährlich nahe, etwa an folgender: Denn jedes Wesen kann nur in seinem Gegentheil offenbar werden, Liebe nur in Haß, Einheit in Streit. Wäre keine Zertrennung der Prinzipien, so könnte die Einheit ihre Allmacht nicht erweisen; wäre nicht Zwietracht, so könnte die Liebe nicht wirklich werden. (AA I 17, 143 | SW VII, 373 f.)

Viele Interpreten haben ihn deshalb so verstanden, als wollte er die These der Notwendigkeit des Bösen für die göttliche Offenbarung vertreten.72 Dagegen hat die neuere Forschung mit Recht geltend gemacht, dass in der Freiheitsschrift eine andere Argumentationslinie bei weitem vorherrscht, die im Gegenteil gerade auf Überwindung des felix culpa-Modells zielt.73 Als Dreh- und Angelpunkt erweist sich einmal mehr das Theorem des Grundes in Gott. Oben wurden zwei wichtige Implikationen desselben festgehalten: nämlich erstens, dass Gott den Grund nicht verändern kann, ohne sich selbst aufzuheben; und zweitens, dass der Grund nicht selbst Ursache des Bösen ist, sondern in den endlichen Freiheitswesen in Gestalt der ‚Selbstheit‘ lediglich eine Versuchung bedingt, der sie prinzipiell auch widerstehen könnten.74 Hiervon 69 

AA I 17, 164 | SW VII, 399. Auf diese grundlegende Differenz zwischen theistischem und pantheistischem System hat Jacobi immer wieder hingewiesen. 71  Bezogen auf das Beispiel des Sextus kann man den Einwand auch so ausdrücken: Nach dem Wegfall alternativer Schöpfungsoptionen ist Gott zwar nicht mehr vorzuwerfen, dass er Sextus ein glücklicheres Los verweigert; es bleibt aber dabei, dass er ihm seine böse Rolle im Rahmen einer teleologischen Weltordnung zumutet. 72  Literatur bei Hermanni (1994), 30 f., 240 f. und Buchheim (1997), XXX–XXXII. 73  Hermanni (1994), 21–23, 240–246; Buchheim (1997), XXIX–XXXIII; (2000). 74  Vgl. AA I 17, 149 f. | SW VII, 381 f.: „Die Angst des Lebens selbst treibt den Menschen aus dem Centrum, in das er erschaffen worden: […] weßhalb es ein fast nothwendiger Versuch ist, aus diesem in die Peripherie herauszutreten, um da eine Ruhe seiner Selbstheit zu suchen [d. h. sich für das Böse zu entscheiden]. […] [Dessen] ohnerachtet bleibt das Böse immer die eigne Wahl des Menschen; das Böse, als solches, kann der Grund nicht machen und jede Kreatur fällt durch ihre eigne Schuld.“ (eigene Hvg.) 70 

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ausgehend formuliert Schelling in Anlehnung an Leibniz’ Unterscheidung zwischen vorgängigem und nachfolgendem Willen den eigentlichen Clou seiner Theodizee:75 Die Erregung des Eigenwillens geschieht nur, damit die Liebe im Menschen einen Stoff oder Gegensatz finde, darin sie sich verwirkliche. In wie fern die Selbstheit in ihrer Lossagung das Prinzip des Bösen ist, erregt der Grund allerdings das mögliche Prinzip des Bösen, aber nicht das Böse selber, noch zum Bösen. Aber auch diese Erregung geschieht nicht nach dem freyen Willen Gottes, der sich in dem Grunde nicht nach diesem oder seinem Herzen, sondern nur nach seinen Eigenschaften bewegt. Wer daher behauptete, Gott selbst habe das Böse gewollt, müßte den Grund dieser Behauptung in der That der Selbstoffenbarung als der Schöpfung suchen, wie auch sonst oft gemeynt worden, derjenige, der die Welt gewollt, habe auch das Böse wollen müssen. Allein […] [d]er Wille zur Schöpfung war […] unmittelbar nur ein Wille zur Geburt des Lichtes, und damit des Guten; das Böse aber kam in diesem Willen weder als Mittel, noch selbst, wie Leibnitz sagt, als Conditio sine qua non der möglich größten Vollkommenheit der Welt in Betracht. Es war weder Gegenstand eines göttlichen Rathschlusses, noch und viel weniger einer Erlaubniß. (AA I 17, 166 f. | SW VII, 401 f.)

Das Theorem der Sollizitation eröffnet Schelling einen Spielraum, der die Aussage zulässt, dass das Böse in Gottes Idealplan der Welt nicht nur nicht nötig war, sondern ihn sogar durchkreuzt und einen ‚Plan B‘ erforderlich macht.76 Sein Argument kann in folgenden Schritten zusammengefasst werden: (1) Die durch den Eigenwillen bedingte Sollizitation ist für den Menschen zwar eine Versuchung zum Bösen; in Gottes Idealplan der Welt fungiert sie jedoch als eine Versuchung zum (Zwecke des) Guten. Denn die menschliche Freiheit braucht das widerstrebende Element der Versuchung zum Bösen, um sich im Gegensatz dazu für das Gute entscheiden zu können. Folglich braucht auch Gott die Versuchung (des Menschen), um in der Schöpfung das moralische Gute zu verwirklichen. Das wirkliche Böse braucht er dafür nicht. 75 

Vgl. Leibniz, Theodizee, I, §§  22–25. gehört zu den tragischen Ironien der Freiheitsschrift-Rezeption, dass H. C. W. Sigwart in seinem Buch Das Problem des Bösen oder die Theodice von 1840 das antiteleologische Potential des Sollizitationstheorems erstmals deutlich wahrnimmt, um Schelling mit Hinweis auf anderslautende Stellen wie der oben zitierten desto bestimmter eine Teleologisierung des Bösen im Rahmen der göttlichen Offenbarung vorzuwerfen. Vgl. Sigwart (1840), 208–255, bes. 232–234. 233 heißt es: „Die Erregung des Willens ist als solche an und für sich, wie mit Recht so oft und so entschieden versichert wird, noch nicht das Böse. Wäre nun diese Erregung des Eigenwillens schon die (hinreichende) Bedingung, unter welcher der Wille der Liebe verwirklichet werden kann, so wäre freilich das Böse in dieser Beziehung ein Zuviel, und man würde dann mit vollem Recht sagen, Gott hätte (falls er konnte), das Böse nicht wirklich werden lassen sollen, weil er auch ohne dieses seinen Willen der Liebe verwirklicht; […] [Weiter könnte man sagen] daß zwar die Erregung des Eigenwillens eine innere und nothwendige Beziehung zur Selbstoffenbarung Gottes und Verwirklichung seiner Liebe habe, das (actuelle) Böse aber nur eine äußerliche und zufällige.“ Sigwart nutzt diese wegweisenden Überlegungen bedauerlicherweise nur, um Schellings System vermeintlicher Inkonsistenzen zu überführen (ein eindrucksvoller Beleg für die Relevanz des hermeneutischen principle of charity). Vgl. ähnlich, aber deutlich differenzierter Müller (1844), 128–134. Aus jüngerer Zeit vgl. Buchheim (2009), 370 und 376 f. 76  Es

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(2) Das Gesamtziel des Guten wird am besten und auf direktem Wege dann erreicht, wenn alle freien Wesen sich gemäß göttlichem Idealplan angesichts der Versuchung (immer) für das Gute entscheiden. Wenn sie sich de facto für das Böse entscheiden, kann es nur schlechter und auf Umwegen noch erreicht werden. Nun entscheiden sich die Menschen de facto für das Böse.77 Also muss Gott vom Idealplan abweichend einen komplizierten ‚Plan B‘ realisieren. (3) In jedem Fall muss Gott den Menschen in Versuchung führen, um sein Ziel zu erreichen. Das aber ist eine Vorgabe des Grundes, die Gott nicht ändern kann, ohne sich selbst aufzuheben.78 Mit vollem Recht weist Schelling auf dieser Grundlage Leibniz’ Instrumentalisierung des Bösen in dem Sinne zurück, dass es als notwendige Bedingung (‚Conditio sine qua non‘) der größtmöglichen Vollkommenheit der Welt fungieren würde oder müsste. Diese Bezeichnung könne wenn dann „nur auf den Grund angewendet werden“.79 Das wirkliche Böse à la Schelling ist im Gesamtkontext einer Schöpfung niemals Bedingung des allgemeinen Besten, sondern ein von Gott ganz und gar ungewolltes Faktum, das alles nur viel komplizierter macht. Und weil die Versuchung eigentlich nicht zum Bösen, sondern immer nur zum Guten dienen soll, kann auch von einer göttlichen Lizenz zum Tun des Bösen nicht die Rede sein. Schelling bevorzugt daher ein anderes Leibniz’sches Konzept: das der unvermeidlichen Begleitfolge.80 Man könnte einwenden, dass die Rede von einem ‚Plan B‘ durch die Hintertür das Mögliche-Welten-Modell wieder einführt. Indessen ist sie nur hermeneutisch zu verstehen: Die Welt hätte, soweit es dabei auf Gott ankommt, besser sein können und sollen; weil aber die Menschen sich de facto für das Böse entscheiden, ist sie nur so gut, wie sie ist. Das ist etwas anderes als bei Leibniz, wo das Böse einen essenziellen Beitrag im Gesamtzusammenhang einer Welt leistet und durch Gottes Wahl der besten gleichsam nobilitiert wird, wenn auch in einem noch so abgestuften Sinne (‚Conditio sine qua non‘). Und es ist auch etwas anderes als bei Plantinga, dessen Analyse der Freiheit als reeller Limitationsgrund zwar das Potential zur Entinstrumentalisie77 

Was nicht zur Disposition Gottes steht, siehe oben 448–450. diesem Argumentschritt kann Schelling der kritischen Rückfrage begegnen, ob Gott nicht ein weniger drastisches Mittel hätte wählen können als die Angst des Lebens, der alle Menschen, wenn auch nur ‚fast notwendig‘, schließlich erliegen. 79  AA I 17, 167 | SW VII, 403. 80  „daß das Böse wenigstens begleitungsweise aus der Selbstoffenbarung folgen würde“ (AA I 17, 167 | SW VII, 402). Vgl. Leibniz, Theodizee, II, §  119; III, §  336 (concomitanter/per concomitantiam in der von Schelling benutzten Dutens-Ausgabe). Auch Leibniz hatte – trotz unverhohlener Sympathie für die Idee einer felix culpa, siehe I, §§  10 f. – den instrumentellen Aspekt seiner Theodizee zumindest terminologisch etwas abgemildert, indem er zwischen voluntas antecedens und voluntas consequens unterschied und das moralische Übel im göttlichen Willen nur als notwendige Bedingung vorkommen ließ: „Daraus muß man schließen, Gott will das Gute an sich antizipierend, er will das Beste nachfolgend als Absicht und er will das Indifferente und das physische Übel zuweilen als Mittel; aber er will das moralische Übel nur als conditio sine qua non oder als hypothetische Notwendigkeit, da er an die Wahl des Besten gebunden ist. Daher ist der nachfolgende Wille Gottes, dessen Gegenstand die Sünde ist, nur ein zulassender.“ (I, §  25) 78 Mit

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rung des Bösen hätte, welches aber, durch Plantingas Festhalten an der (hypothetischen) ‚Beratschlagung Gottes‘ und sein Versäumnis, die Möglichkeit reeller Freiheit außer Gott aufzuzeigen, unausgeschöpft bleibt.81 3.3. Zweiter Einwand Schelling selbst wusste, dass die Sache noch immer nicht ausgestanden ist. Eine letzte, alles entscheidende Frage ist noch zurück: die, „warum Gott, da er nothwendig vorgesehen, daß das Böse wenigstens begleitungsweise aus der Selbstoffenbarung folgen würde, nicht vorgezogen habe, sich überhaupt nicht zu offenbaren“.82 Sie führt uns wieder an den Punkt, von dem wir so optimistisch ausgegangen waren: Schellings Perspektivwechsel von dem Zweifel, ob Gott nicht eine andere, bessere Welt hätte schaffen können, zu der Frage, warum er ‚überhaupt‘ eine Welt erschaffen hat. Anders als Leibniz’ Weltenvergleich blieb diese Frage statthaft, weil einem theistischen Gott (mindestens) hinsichtlich der Erschaffung einer Welt überhaupt Freiheit eingeräumt werden muss.83 Insofern mit dem Begriff einer freien Schöpfung untrennbar die Vorstellung verknüpft ist, „daß alle Folgen derselben in Gott vorgesehen worden“,84 scheint sich das Instrumentalisierungsproblem erneut einzustellen – beinahe so wie beim Wettlauf von Hase und Igel, wo der Igel bzw. seine Frau dem siegesgewiss heranstürmenden Hasen jedes Mal ‚Ich bin schon da!‘ zuruft, bis er erschöpft zusammenbricht. Zwar ist das Böse, wo immer es realisiert wird, im strengen Sinne des Menschen „eigne That“85 und fungiert im göttlichen Idealplan weder als Bedingung der noch gar als Mittel zur größtmöglichen Vollkommenheit der Welt. Allein wenn Gott alle Folgen der Schöpfung vorhersieht, also auch die faktischen Entscheidungen der Menschen für das Böse, wird man doch nicht umhin können einzuräumen, dass er das Böse als Begleitfolge wenigstens zulassen muss, damit er überhaupt eine Welt erschaffen kann. Das Böse ist dann zwar nicht Conditio sine qua non der größtmöglichen Vollkommenheit, aber immer noch die per Schöpfungsbeschluss akzeptierte

81  Der ganze Unterschied zwischen Leibniz und Schelling/Plantinga lässt sich so zusammenfassen, dass bei jenem das Böse sich als Folge aus dem Begriff der bestmöglichen Welt ergibt, nämlich allgemein aus dem Begriff einer Welt überhaupt, die als endliche (wenn sie freie Wesen enthält) moralische Unvollkommenheit enthalten muss, und konkret aus dem Begriff des Besten als optimalem ‚Mischungsverhältnis‘ zwischen so und so bestimmtem Guten und so und so bestimmtem Bösen in einem möglichen Weltzusammenhang. Während diese es als ein unableitbar Faktisches verstehen, das dem Begriff einer Welt immer schon vorausgeht. Daher ist das Böse bei Leibniz metaphysisch bzw. moralisch notwendig im göttlichen Weltplan, bei Schelling und Plantinga in jeder Hinsicht ‚äußerlich und zufällig‘. 82  AA I 17, 167 | SW VII, 402 (eigene Hvg.). 83  Siehe oben 453. 84  AA I 17, 162 | SW VII, 396. 85  AA I 17, 165; vgl. 149 f. | SW VII, 399; vgl. 381 f.

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Bedingung der Erschaffung einer Welt überhaupt. Und „Zulassen“ ist, nach Schellings eigenen Worten, „doch nicht viel besser […] als mitverursachen“.86 Weiter kann Schelling die Rolle Gottes bei der Schöpfung nicht zurückschrauben, da sonst der Begriff der göttlichen Freiheit verschwände und Gott zu einer spinozistischen Allursache verkäme, aus der ‚blind‘ eine Welt folgt, was wie gesagt einer Auflösung oder vielmehr einem Abblocken der Theodizeefrage gleichkäme. Damit spitzt sich die ganze Angelegenheit zu folgendem Dilemma zu: Entweder man macht Gott zur blinden Allursache und erklärt die Theodizeefrage schlicht für sinnlos oder man gesteht ihm in irgendeinem Sinne Freiheit zu und handelt sich damit das Instrumentalisierungsproblem ein. Der schmale Grat, auf dem Schelling zwischen den beiden Abgründen wandeln wollte, wäre so zuletzt doch noch weggebrochen. Doch etwas ist auf dieser letzten Zuspitzungsstufe des Problems anders: Bislang drehte es sich darum, dass in einem Weltzusammenhang gewisse Wesen unendlichen Wertes zum Wohle anderer solcher Wesen (und um des Weltbesten willen) in­ strumentalisiert werden; dabei immer vorausgesetzt, dass diese Wesen jedenfalls zum Sein gelangen. Jetzt aber wird gefragt, ob es nicht besser wäre, auf die Erschaffung freier Wesen überhaupt zu verzichten, um das Böse zu vermeiden, kurz gesagt es steht nicht nur die Beschaffenheit, sondern das Sein einer Welt überhaupt auf dem Spiel. Das ist ein kategorialer Unterschied, der die Frage in ein neues Licht taucht. Wie es scheint, kann Gott es nur falsch machen, weil er in jedem Fall den unendlichen Wert freier Wesen verletzen müsste. Denn entweder er erschafft eine Welt und in­ stru­mentalisiert damit um des Guten willen freie Wesen wie Sextus und seine Opfer. Oder er erschafft keine Welt und versagt damit um des Bösen willen zahllosen freien Wesen das Sein. Vor diese Alternative gestellt erschien Schelling letztere Variante, bei der das Böse das letzte Wort hat, als eine solche metaphysische Absurdität, dass er meinte, die Frage als Gottes unwürdig zurückweisen zu können: Die Frage aber, warum Gott, da er nothwendig vorgesehen, daß das Böse wenigstens begleitungsweise aus der Selbstoffenbarung folgen würde, nicht vorgezogen habe, sich überhaupt nicht zu offenbaren, verdient in der That keine Erwiederung. Denn dieß hieße ebensoviel als, damit kein Gegensatz der Liebe seyn könne, soll die Liebe selbst nicht seyn, d. h. das absolut-Positive soll dem, was nur eine Existenz als Gegensatz hat, das Ewige dem bloß Zeitlichen geopfert werden. Daß die Selbstoffenbarung in Gott, nicht als eine unbedingt willkührliche, sondern als eine sittliche-nothwendige That betrachtet werden müsse, in welcher Liebe und Güte die absolute Innerlichkeit überwunden, haben wir bereits erklärt. So denn also Gott um des Bösen willen sich nicht geoffenbart, hätte das Böse über das Gute und die Liebe gesiegt. (AA I 17, 167 | SW VII, 402)

Schellings finales Argument, das mindestens sprachlich an beiden Seiten des Dilemmas anschrammt, wirkt seltsam abstrakt. Amit Kravitz hat dagegen eingewandt,

86 

AA I 17, 125 | SW VII, 353. Dazu auch Kravitz in diesem Band, 430 f.

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dass wir möglicherweise gar nicht in der Lage sind, die Frage moralisch zu entscheiden: Aber sind wir in der Lage, diese Entscheidung [Gottes zur Schöpfung] moralisch anhand der Alternative des Nichts zu bewerten? Welches Gewicht kommt dem Nichts als einer Möglichkeit Gottes zu? Die Frage bleibt, so scheint es mir wenigstens, auch innerhalb der Theodizee Schellings – und überhaupt in jeder Theodizee – immer noch dahingestellt. (Kravitz in diesem Band, 431)

Erst recht gerate unser Urteil ins Wanken, wenn wir auf den faktischen Verlauf der Geschichte mit ihren beispiellosen Exzessen des Bösen und insbesondere Auschwitz als dem „Höhepunkt des Bösen in den Augen von vielen“ blicken.87 Das philosophische Denken steht mit der Frage nach der Realisierungswürdigkeit der Welt vor einem gewaltigen Abgrund: Wie verhält sich der unendliche Wert freier Kreaturen zum unendlichen Unwert des von ihnen getanen Bösen? Und macht der lokale Unwert moralischer Grausamkeit die Welt mit all ihrem Guten und Schönen etwa wertloser als selbst der Nichtwert des Nichts? Kravitz’ Einwand zeigt: Mit herkömmlichen moralischen und abstrakten metaphyischen Ökonomieprinzipien88 ist der Abgrund nicht zu überwinden.89 Sieht man sich die zitierte Passage genauer an, ist feststellbar, dass Schelling darin mit einem Wertbegriff operiert, der streng genommen weder das eine noch das andere ist: der ‚Liebe‘. Diesen Aspekt hat besonders Thomas Buchheim stark gemacht und darauf hingewiesen, dass sich mit dem Liebesbegriff bei Schelling eine geschichtliche Gottesvorstellung verbindet, die über jenen Abgrund zuverlässig hinweghelfe.90 Nach Schelling überlasse ein liebender Gott die Welt nicht einfach ihrem Schicksal, sondern müsse „entschlossen sein, unter Bedingungen zeit- und todverfallener Existenz das Seine zu tun, um uns das uns mögliche Beste auf einem geschichtlichen Weg dennoch irgendwann erreichen zu lassen“:91 Er muss, so oder so, selbst eintreten in einen geschichtlichen Zusammenhang mit seinem Geschöpf […] Dies eben ist das ‚Geheimnis der Liebe‘, die es, wie Schelling sagt, nicht für einen Raub achtet, für sich absolut zu sein, sondern nur ist und sein kann mit einem andern. (Buchheim [2009], 379)

Für Buchheim ist einigermaßen klar, dass Schelling mit der spekulativen Idee der Liebe eine vollständige Theodizee, ein ‚Freispruch durch Geschichte‘ geglückt ist: Indem Gott die Verpflichtung eingeht, sich selbst geschichtlich zu „engagieren“, und 87 

Kravitz in diesem Band, 436. Man könnte beide zusammenfassend als Prinzipien der Gerechtigkeit bezeichnen. 89  Kravitz’ anderer Einwand, warum Gott nicht auf Kosten der menschlichen Freiheit interveniert, um Exzesse des Bösen zu verhindern (Kravitz in diesem Band, 434–436), scheint mir das theoretische Niveau Schellings ebenso zu unterbieten wie das moralphilosophische Niveau eines Kant. 90 Vgl. die auf den Theodizeeabschnitt unmittelbar folgenden Passagen AA I 17, 168–172 | SW VII, 403–408. 91  Buchheim (2009), 380. 88 

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dem Menschen im „bis zum Ende der jetzigen Zeit fortdauernde[n], Streit des Guten und des Bösen“92 hilfreich zur Seite springt, ist er in seiner Entscheidung zur Erschaffung einer Welt überhaupt „gerechtfertigt“.93 Andere Philosophen wie Kravitz (der Buchheims Aufsatz erwähnt) oder auch Voltaire würden diese Lösung vermutlich nicht akzeptieren und auf die Exzesse des Übels und des Bösen im Lauf der Geschichte verweisen: ‚Wo war denn der geschichtlich engagierte Gott beim Erdbeben von Lissabon oder wo war er in Auschwitz? In welchem Sinne kann man sagen, dass er dem Menschen dort geholfen hat? Wird ein hilfreicher Gott in der Geschichte nicht vielmehr schmerzlich vermisst?‘ Wie können Philosophen in diesem Punkt derart unterschiedlicher Meinung sein? Dies führt uns zu einer abschließenden metaphilosophischen Betrachtung.

4. Theodizee als geschichtlich-biographische Sinnsuche Zunächst müssen wir noch besser verstehen, inwiefern die Idee der Liebe das Pro­ blem der Realisierungswürdigkeit löst. Liebe im Sinne Schellings (der hier auf Paulus zurückgreift) hat zwei begriffliche Eigenschaften, die aufs engste miteinander verknüpft sind. Die erste Eigenschaft kann als unbedingtes Realisierungsstreben charakterisiert werden. Ein wahrhaft Liebendes will in eine wirkliche, nicht bloß vorgestellte Beziehung mit dem Geliebten eintreten, ohne dies an irgendwelche Bedingungen zu knüpfen. In dieser Hinsicht ist Liebe gewissermaßen blind: Die oder der Liebende achtet nicht darauf, ob die oder der Geliebte ‚es wert ist‘, sondern will die Beziehung zu ihr oder ihm sozusagen um jeden Preis. Ihrer bzw. seiner ‚schlechten Seiten‘ wegen darauf zu verzichten, wäre aus einer liebenden Perspektive undenkbar, denn der Liebe ist jede Form von Verrechnung völlig fremd.94 Liebe wäre jedoch von egoistischer Begierde nicht zu unterscheiden, wenn sich mit dem Realisierungsstreben nicht eine zweite Eigenschaft verbände: der ebenso unbedingten Einsatzbereitschaft für das Geliebte. Ein Liebendes, das nicht bereit wäre, sich für das Geliebte um seiner selbst willen zu engagieren, würde die Beziehung zu ihm vom eigenen Vorteil abhängig machen und wäre insofern gar kein Liebendes, sondern ein egoistisch Begehrendes. Die beiden Eigenschaften verhalten sich auf folgende Weise zueinander: Ohne das Verwirklichungsstreben würde erst gar keine ‚Liebesbeziehung‘ realisiert, in der sich jemand für den anderen einsetzen könnte. Umgekehrt würde nach Realisierung der Beziehung das Ausbleiben unbedingten Engagements auch die Unbedingtheit des Realisierungsstrebens rückwirkend in Frage stellen und das Ganze als egoistische Begierde dekuvrieren. In diesem Sinne könnte man die zweite Eigenschaft als Bewährungsbedingung der Liebe bezeichnen. 92 

AA I 17, 148 f. | SW VII, 380. Buchheim (2009), 379. 94  Vgl. 1Kor 13,5: οὐ λογίζεται τὸ κακόν. 93 

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Die erste Eigenschaft löst das Problem der Realisierungswürdigkeit insofern, als nach dem Gesagten ein liebender Gott den Eintritt in eine reale Beziehung mit dem Menschen ohne weitere Bedingungen will und in eine solche Beziehung nur eintreten kann, indem er ihn als von ihm selbst unabhängiges Wesen erschafft. Nimmt man nun an, dass Gott „im Menschen“ „die Welt geliebt“ hat,95 so folgt ex hypothesi, dass er wirklich eine Welt erschafft. Und da es eine Welt wirklich gibt, spricht bis hierher nichts gegen diese Hypothese. Dass sie dem Denken über jenen Abgrund hinweghilft, spricht vielmehr erst einmal für sie. Die Probleme beginnen mit der zweiten Eigenschaft, angewandt auf den vorliegenden Fall dem unbedingten Engagement Gottes für den Menschen, in dem sich seine Liebe – und damit die Hypothese eines liebenden Gottes – zu bewähren hat. Da diese Eigenschaft sich auf die Phase nach Realisierung des Gott-Mensch-Verhältnisses bezieht, kann sie nicht mehr die Erschaffung, sondern nur die Geschichte der Welt betreffen. In der Geschichte muss sich Gott durch sein unbedingtes Engagement als ein liebender bewähren und die entscheidende Frage ist, ob er die Bewährungsbedingung durch sein geschichtliches Handeln erfüllt bzw. ob sich in der Geschichte die Spuren eines liebenden Gottes finden lassen (de facto im höheren Sinne). Damit wird die Theodizeefrage am Ende zu einer geschichtlichen,96 die freilich nicht auf historisch-deskriptivem Weg beantwortet werden kann, weil sie empirische Tatsachen unter dem Aspekt ihres Sinns thematisiert. Sie ist nur je persönlich zu entscheiden, auf der Grundlage einschlägiger kollektiver sowie individuell-biographischer Erfahrung im Lichte konkurrierender Sinndeutungen. Je nachdem, ob ich meine geschichtliche Situation mit einer solchen in Deckung bringen kann, wird meine Antwort anders ausfallen, was wiederum sowohl von meinen Erfahrungen als auch von der bevorzugten Deutung abhängt. Dabei ist die Präferenz für eine bestimmte Deutung bereits historisch-biographisch bedingt (wenn auch natürlich revisionsfähig). Außerdem muss jede Antwort schon insofern vorläufig bleiben, als weder die allgemeine Geschichte noch die individuelle Biographie abgeschlossen vorliegt.97 Über die geschichtliche Dimension des Theodizeeproblems kann es sehr wohl noch eine diskursive Verständigung geben – Erfahrungen können ausgetauscht, Sinndeutungen miteinander ins Gespräch gebracht werden. Eine im engeren Sinne philosophische Verständigung wäre dies aber nicht mehr. Doch hätte Schelling be95 

AA I 17, 134 | SW VII, 363. Das mag erklären, warum ein Voltaire gegen Leibniz’ Theodizee das Erdbeben von 1755 ins Feld führte, obschon sie gegenüber historischen Ereignissen theoretisch robust ist. 97  An eine geschichtliche Antwort sind, wohlgemerkt, grundsätzlich dieselben Anforderungen zu stellen wie an eine Theodizee überhaupt. Das heißt insbesondere, dass 1. das tatsächliche Böse als solches niemals Gegenstand einer Sinndeutung sein kann, eben weil es das positiv Sinnwidrige ist (3.2); vielmehr ist zu fragen, ob gewisse Ereignisse als unbedingtes Engagement Gottes für den Menschen in Anbetracht des Bösen ausgelegt werden können. 2. kann auch und zumal ein liebender Gott nicht Böses abwenden, indem er die reellen Entscheidungen der Menschen ändert, weil er sich dafür wie gesagt selbst aufheben müsste (2.2, 3.2), oder das Gute durch Zwangsmittel herbeiführen, womit wieder die Selbstzweckhaftigkeit freier Wesen verletzt würde (3.1). 96 

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reits etwas ungemein Wichtiges und Philosophisches dadurch geleistet, dass er die Theodizeefrage erstmals richtig gestellt hat.

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Schelling’s Systematization of Kant’s Moral Philosophy Divine Craftsmanship as the Human Moral Telos Karin Nisenbaum In his influential History of Moral Philosophy, the German Protestant theologian C. F. Stäudlin attributes the deplorable state of ethics in Germany in the eighteenth and early nineteenth centuries to the rise of Spinozism, and in particular to Schelling’s renewal of the same in his Philosophy of Nature and Identity Philosophy.1 Referring to Schelling’s Freiheitsschrift (1809), Stäudlin protests that Schelling and his followers use moral expressions such as ‘freedom’, but they do not use them in a moral sense.2 My aim here is to dispel this longstanding view that Schelling has nothing significant to say about ethics, and to show how two of Schelling’s earliest works can help us understand the ethical outlook that Schelling develops in the Freiheitsschrift. When Schelling first published the Freiheitsschrift, he published it in a volume that included a few earlier works, including his Ichschrift, and thereby indicated that he perceived there to be thematic continuity between the Freiheitsschrift and these earlier works.3 I will argue that two of Schelling’s works from 1794, his commentary on Plato’s Timaeus and his Ichschrift can be seen as attempts to systematize Kant’s moral philosophy, in order to steer it between the Scylla of a heteronomous and eudaimonist account of moral motivation, which fails to explain the possibility of a categorical imperative (in the first Critique), and the Charybdis of a purely rational account of moral motivation, which seems to result in an empty formalism (in the second Critique). As we shall see, Schelling’s systematization of Kant’s moral philosophy takes the Kantian view that moral action is the realization of our capacity for knowledge of the good in a perfectionist direction;4 but Schelling’s perfectionism is compatible

1 

I am grateful to Michelle Kosch for this reference. See Kosch (2015), 115. Geschichte der Moralphilosophie, 995. 3 Schelling’s Freiheitsschrift was first published in 1809 in volume one of what was to be a collected edition of Schelling’s writings published by Philipp Krüll in Landshut. The first volume was the only volume published. Other works included were: Philosophical Letters on Dogmatism and Criticism (1795), the Treatise Explicatory of the ‘Idealism’ in the Science of Knowledge (1797), and On the Relation of the Fine Arts to Nature (1807). 4 Cf. KpV, AA V: 58: “The only objects of a practical reason are therefore those of the good and the evil. For by the first is understood a necessary object of the faculty of desire, by the second, of the faculty of aversion, both, however, in accordance with a principle of reason.” 2 Cf.

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with the Kantian view that autonomy of the will is the sole principle capable of grounding obligation.5 I will also argue that the conception of systematicity that Schelling favors is best understood as Platonic. As we shall see, Schelling shares the Platonic view that there is a systematic connection between cosmology, or philosophy of nature, and ethics. In his book on Plato’s natural philosophy, Thomas Johansen argues that Plato’s central claim in the Timaeus is that there is a moral agreement between man and the universe, which makes it the case that the very properties that constitute goodness in the cosmos also do so in human life. He writes: Goodness is represented in the universe. We can therefore learn something about goodness by studying the cosmos. Cosmology teaches us how to lead our lives. It is therefore a recommended course of studies if we are to become better people. (Johansen [2004], 2)

This view concerning the moral agreement between man and the cosmos is related to the Platonic perfectionist view that our moral goal or telos is becoming like God (homoiōsis theōi kata to dunaton). I will argue that Schelling also shares this perfectionist view. He holds that when we act morally, we act in a manner that is analogous to the creative activity of the demiurge or divine craftsman in Plato’s Timaeus. As Schelling reads the Timaeus, the divine craftsman necessarily creates good and beautiful things by looking to a perfect model and persuading the non-rational movement of matter to move in a way that it is subject to reason. Analogously, when we act morally, we necessarily effect good and beautiful actions by taking as our model the holy will and giving the non-rational incentives of our sensuous nature the rational form of the moral law. Thus, divine craftsmanship serves as a principle of goodness because it serves as a paradigm that is involved in the specification of my end, in which I participate when I realize my end. I will begin (1.) by discussing what I believe is one of the main obstacles to appreciating Schelling’s contribution to ethics – namely, the widely held view that Schel­ ling’s systematization of Kant’s critical philosophy is, at least initially, no different from Fichte’s systematization of the same. In this section I also discuss the general problem that gives rise to the task of systematicity, as well as the version of this problem that affects the practical domain, which leads to Schelling’s systematization of Kant’s practical philosophy. As I show (2.), this problem concerns Kant’s answer to the question concerning why we are motivated to act morally. The problems with Kant’s answers to this question come into focus in Kant’s discussion of the highest good in the Critique of Pure Reason and in the Critique of Practical Reason. By focusing on central passages from Schelling’s commentary on Plato’s Timaeus (3.), we will gain the conceptual resources needed to understand Schelling’s solution to these problems in his Ichschrift (4.). I conclude (5.) by highlighting some of the ways in 5 Cf. KpV, AA V: 33: “Autonomy of the will is the sole principle of all moral laws and of duties in keeping with them; heteronomy of choice, on the other hand, not only does not ground any obligation at all but is instead opposed to the principle of obligation and to the morality of the will.”

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which the Ichschrift sheds light on views Schelling develops in the Freiheitsschrift, and vice versa.

1. One of the main obstacles to appreciating how Schelling takes the Kantian view that moral action is the realization of our capacity for knowledge of the good in a perfectionist direction, and hence one of the main obstacles to appreciating Schelling’s contribution to ethics, is the Fichtean language he employs in some of his early works. Many readers of Schelling’s early works took him to be doing little more than clarifying central themes in Fichte’s Jena Wissenschaftslehre.6 Indeed, this was Fichte’s own view. In a letter to Reinhold of July 02, 1795, Fichte writes: Judging by what I have been able to read of it, Schelling’s entire essay (the Ichschrift) is a commentary on my writings.7 But he has grasped the matter splendidly, and several people who did not understand me have found his essay very clear. Why he does not say so [i.e., that his essay is a commentary on the Wissenschaftslehre] I do not quite understand. (Fichte Briefwechsel, GA III/2, 347)

Schelling was undeniably impressed by Fichte, and at least initially saw many of his own ideas reflected in Fichte’s works.8 Yet, what Schelling says later in life about his relationship to Fichte during these early years suggests that his admiration was primarily based on an inadequate understanding. Approximately ten years after the publication of the Ichschrift, Schelling reflects on his early veneration of Fichte and says: It was admittedly a time when I myself did not quite understand Fichte, even though he himself thought I did and praised (my understanding of him); It was a time when I sought something higher and deeper in his teaching than I could indeed find. (Anti-Fichte, SW VII, 23)

Much later, in his Munich lectures on the history of philosophy, Schelling says: I was in so little hurry to put up my own system that I contented myself for the time being, as was appropriate to my youthfulness at that time, with making the Fichtean system comprehensible, in the hope that Fichte himself would approve of this meaning given to his system, which afterwards admittedly did not turn out like that. (GNP, SW X, 95)

6  See, for example, Breazeale (1988), 29: “After reading Fichte in 1794, [Schelling] fell for a time completely under his spell. Schelling’s first published writings were brilliant presentations and interpretations of themes from Fichte’s Wissenschaftslehre.” 7  Fichte could be referring either to the Ichschrift or the Formschrift. 8  For example, in a letter to Hegel of January 06, 1795, Schelling writes: “Fichte wird die Philosophie auf eine Höhe heben, vor der selbst die meisten der bisherigen Kantianer schwindeln werden […] Glücklich genug, wenn ich einer der ersten bin, die den neuen Helden, Fichte, im Lande der Wahrheit begrüßen!” (BuD II, 59 f.)

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Schelling’s remark indicates that he shared with Fichte the task of systematizing Kant’s critical philosophy; but it also indicates that Schelling gave this task a different meaning. In the remainder of this section I clarify the problem that led to the task of systematicity and the task itself, and I also briefly discuss some of the distinct features of Schelling’s systematization of Kant’s practical philosophy. The view that philosophy should be systematic can mean a number of different things, but in the context of post-Kantian German idealism, the task of systematicity is the task of finding a single first principle that grounds all of reality, and from which all of reality can be systematically derived.9 Importantly, for Fichte and Schelling the first principle also has the epistemic status of something that we hold to be true based on practical, not theoretical grounds. For that reason, they say that their first principle has the status of a postulate.10 The requirement to systematize Kant’s critical philosophy was developed in response to different forms of skepticism voiced by Jacobi, Reinhold, Schulze, and Maimon (among others), in the first two decades after the publication of Kant’s Critique of Pure Reason.11 As Paul Franks has rightly noted, these different forms of skepticism can be seen as versions of one of the oldest skeptical problems of all, namely Aggripa’s trilemma. The pattern of skeptical argumentation exemplified by Agrippa’s trilemma has the following form: Suppose you are asked to respond to a why-question. For any answer you give, the Agrippan skeptic undertakes to show that it is either a brute assertion that itself lacks justification, or a justification that raises a further why-question, or a justification that presupposes what it is supposed to establish. If this can be done, then any response you give to the why-question will either terminate arbitrarily, or lead to an infinite regress, or move in a circle. (Franks [2005], 16 f.)

In his Essay on Transcendental Philosophy (1790), Salomon Maimon employs a similar pattern of skeptical argumentation to undermine the results of Kant’s critical philosophy. He argues that Kant’s transcendental arguments, including the Transcendental Deduction of the Categories in the first Critique, rest on premises that do not need to be interpreted transcendentally, which results in circular, question-begging arguments.12 For example, Maimon holds that Kant’s account of the necessary conditions of possibility for human experience rests on a commitment to a form of cognitive dualism that is not itself warranted (cognition requires a faculty of thought: the understanding, and a faculty of receptivity: sensibility). Because of this presupposition, transcendental philosophy “can only beg the question, or argue in a circle” when it attempts to respond to skeptical doubts.13

9 

See Franks (2005), Chs. 1 and 2, and Nisenbaum (2018), Chs. 2 and 4. See Nisenbaum (2018), Ch. 4. 11  See Nisenbaum (2018), Chs. 1 and 2. 12  See Nisenbaum (2018), Ch. 2. 13  Franks (2005), 255. Schelling was clearly acquainted with Maimon’s work; he refers to Maimon a few times both in the Formschrift and Ichschrift. 10 

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Both in his published works and in his correspondence, Schelling makes it clear that he is sensitive to the problems to which Agrippa’s trilemma gives rise. And he makes it clear that providing a solution to this form of skepticism is what led him to systematize Kant’s critical philosophy (including Kant’s practical philosophy). For example, in a famous letter to Hegel of January 06, 1795, Schelling echoes Maimon’s complaint that the results of Kant’s critical philosophy rest on assumptions that Kant does not justify (such as the discursivity thesis): “Philosophy is not yet at an end. Kant has provided the results. The premises are still missing. And who can understand results without premises?”14 At the start of the Ichschrift, in order to explain the motivation for his search for a first principle, Schelling raises the worry of an infinite regress when we try to ground any claim to knowledge: He who wants to know something, wants to know at the same time that what he knows is real. Knowledge without reality is not knowledge. What follows from that? […] If there is any genuine knowledge at all, there must be knowledge which I do not reach by way of some other knowledge, but through which alone all other knowledge is knowledge. In order to reach this last statement I do not have to presuppose some special kind of knowledge. If we know anything at all, we must be sure of at least one item of knowledge which we cannot reach through some other knowledge and which contains the real ground of all our knowledge. (AA I 2, 85 | SW I, 162 f.)

This passage suggests that Schelling’s primary concern is epistemological, that the problem he is concerned to address is that we cannot enjoy knowledge because any attempt to demonstrate that we know something inevitably ensnares us in an infinite regress of justifications. Yet Agrippa’s trilemma is a more general problem that can arise in epistemic, practical, or ontic domains. As Franks notes, it is a problem that arises: not only when we try to give the reason why we believe something, but also when we try to give the reason why we should do something, or why something is the sort of thing that it is. (Franks [2005], 18 f.)

I will argue that Schelling is sensitive to this more general application of Agrippa’s trilemma and how it affects the practical domain. As I mentioned earlier, a central aim of the Ichschrift is to systematize Kant’s practical philosophy in order to understand in a new way why we are motivated to do what we should do: because our moral goal or telos is becoming like God. As I will explain in the next three sections, Schelling believes that the puzzle of moral motivation only arises for Kant if we mistakenly attribute to him the view that human agents have two distinct motivational capacities, one rational (virtue) and the other non-rational (happiness). By systematizing Kant’s moral philosophy, Schelling proposes a reading of Kant’s conception of the highest good that transforms our view of the relationship between virtue and happiness, which enables us to understand them as the formal and material components of our practical knowledge of the good. In doing so, 14 

BuD II, 57.

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he also dissolves Kant’s antinomy of practical reason, and he provides a new way of understanding the practical postulates of immortality and God’s existence.

2. Like Hume and other sentimentalists, Kant thought that in order to be practical or valid, moral claims must be capable of motivating us; yet he also thought that moral claims must be categorical, which he believed they could not be if they were grounded on empirical motives, such as the desire for happiness.15 For that reason, in the Canon of the Critique of Pure Reason, the only place in the first Critique where Kant addresses topics in practical philosophy, Kant takes his main task to be to explain how purely rational principles can have motivational force. Yet the view he presents there seems oddly wedded to an account of moral motivation that is both eudaimonistic and heteronomous.16 For example, in a passage explaining why we must postulate God’s existence, Kant says: Everyone also regards the moral laws as commands, which, however, they could not be if they did not connect appropriate consequences with their rule a priori, and thus carry with them promises and threats. This, however, they could not do if they did not lie in a necessary being, as the highest good, which alone can make possible such a purposive unity. (KrV, A811/B839)

As Allison rightly notes, Kant’s answer here to the question concerning how moral claims can motivate us is “that they attain such [motivational] force through the postulates, which provide rational grounds for the belief that happiness will be rewarded (whether in this life or beyond) in proportion to one’s worthiness of it”.17 So what motivates us to act morally is not the moral law itself, but the promise of happiness. Yet as Christian Garve soon made Kant see, this answer to the question concerning the motivational force of moral demands only casts doubt on their status as categorical demands. In the original, unedited version of his Göttingen review, Garve writes: What we cannot know on speculative grounds reason enjoins us to believe because it provides us with a priori certain and necessary rules of conduct. These rules, however, could not be true, or could at least not be motivating powers of our will, if there were no God and no afterlife, that is, if there were no intelligible creator of the world and no state in which blessedness and desert are always together. (The Garve Review, 59–81)

15 See KrV, A807/B835: “I assume there are really pure moral laws, which determine completely a priori (without regard to empirical motives, i.e., happiness) the action and omission, i.e., the use of the freedom of a rational being in general, and that these laws command absolutely (not merely hypothetically under the presupposition of other empirical ends), and are thus necessary in every respect.” 16  This account seems odd, because from the 1770s onward Kant is committed to the view that morality is grounded in reason. See Allison (2011), 55 f. 17  Allison (2011), 56.

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At first blush, Garve merely seems to be restating Kant’s view. Yet Garve’s point is that it is only because Kant has assumed that there are moral laws that command categorically or absolutely that he is led to postulate God’s existence and immortality, in order to explain how such laws can command us (how they can have motivational force). But Kant’s answer here to the question concerning how moral claims can motivate us forces us to ask how there can be categorical demands.18 If what motivates me to act morally is not the moral demand itself, but the promise of happiness, then I would have no reason to act morally in cases when doing so would go against what would make me happy. Garve’s objections made Kant see that in order to explain how purely rational principles can have motivational force, he would first need to explain the categorical nature of moral demands.19 By the mid-1780s (the Groundwork is published in 1785, the second Critique in 1788), Kant arrives at the view that respect is a ‘moral feeling’ and thus a rational incentive, and he arrives at the view that respect for the moral law alone is a sufficient rational incentive.20 He also arrives at the view that, in order to explain the categorical nature of moral demands, the supreme principle of morality must be a formal principle, not a material one. As we saw above, this is because moral action must not involve any expectation that performing it will help the agent to realize some non-moral end, and as Robert Stern notes, “it therefore follows […] that what determines the will must be the formal properties of the maxim on which the agent acts, namely whether or not some sort of contradiction would be involved in acting in this way”.21 If a contradiction would arise by acting on a proposed maxim, then that shows that the maxim of the action does not conform to the form of a law and we must refrain from acting on that maxim. In the second Critique, happiness is still a component of the highest good, even if it is no longer present as the incentive for moral action (that is now respect for the moral law). Yet it now seems unclear how happiness can be a component of the highest good, if the highest good is the object of a good or moral will. Andrew Chignell explains the apparent difficulty: Let’s grant that the highest good is a state of affairs in which happiness is apportioned to moral worth. But what is moral worth? For Kant, it is a function […] of the incentives or maxims by which one acts. This means that one’s moral worth is a function of the extent to which one takes the moral law (alone!) to be the rational incentive for acting. But how, then, could the highest good itself also be a rational incentive, given that the degree to which one takes the moral law (alone!) to be one’s rational incentive is a component of the highest good? (Chignell [forthcoming]) 18 

See Förster (2000), 125. See Allison (2011), 55. 20  As he says in the second Critique: “Respect for the moral law is therefore the sole and also the undoubted moral incentive” (KpV, AA V: 78). In the Groundwork he defines duty as “the necessity of an action from respect for law” (GMS, AA IV: 400). 21  Stern (2015), 141. 19 

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Chignell makes this remark in order to clarify why he doesn’t believe Allen Wood’s attempt to explain away Kant’s heteronomous account of moral motivation in the first Critique works (by drawing on Kant’s account of the highest good in the second Critique, and arguing that the highest good is a state of affairs in which happiness is apportioned to moral worth). So his remark does not specifically refer to Kant’s conception of the highest good in the second Critique. Yet it helps to show that if we understand the language of proportionality in terms of moral desert (the more virtuous you are the happier you will be), and if we understand happiness in hedonic terms, then Kant’s account of moral motivation in the second Critique is just as heteronomous as it is in the first Critique. Chignell’s worry also raises a widespread concern regarding Kant’s view that respect for the moral law is the only moral or rational incentive, namely that Kant’s view results in an empty formalism. This is because if Kant’s view that respect for the moral law is the only rational incentive means that respect for the moral law is the only incentive for an action that has moral worth, then happiness cannot also be an incentive for an action with moral worth, nor can any other incentive other than respect for the moral law, which is a purely formal principle. So Kant’s account of moral motivation in the second Critique seems to face a dilemma: either it is as heteronomous as his account in the first Critique, or it results in an empty formalism. Let me begin to offer a solution to this dilemma that is informed by Schelling’s reading of Kant in the Ichschrift. Kant’s view is that respect for the moral law is the only incentive that gives an action moral worth, and not that it is the only incentive for an action with moral worth.22 In fact, non-moral desires or incentives must be constituents of moral actions (either as incentives that are given lawful form and turned into rational desires or motives, or as incentives that are ruled out because they cannot be given lawful form). In the second Critique, for example, Kant claims that “to be happy is necessarily the demand of every rational but finite being and therefore an unavoidable determining ground of its faculty of desire”23 and in Religion within the Boundaries of Mere Reason, he notes that the claim that personal happiness is good naturally arises from self-love: “to incorporate [self-love] into one’s maxim is natural […] for us – dependent as we are on objects of the senses – happiness is by nature the first that we desire and desire unconditionally”.24 Thus, on Kant’s view, the claim that the end of personal happiness is good can “remain” as the “matter of the maxim” of our will, but in the case of a virtuous will, that matter is “limited” or given the form of a law.25 The content that the moral law forms comes from non-moral incentives, which when given the form of the moral law are transformed into moral maxims or rational desires. 22 

I’m grateful to Christopher Noble for helping me find a clear way of putting this point. KpV, AA V: 25. 24  Rel., AA VI: 45 Fn.  2 . 25  KpV, AA V: 34; See Engstrom (1992), 752. 23 

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As we shall see, Schelling’s Ichschrift offers a way of understanding why and how happiness can be a component of the highest good that is consistent with this last point: happiness in the highest good provides the content or material that, when given proper form, enables us to realize our capacity for knowledge of the good.26 On this reading, the relationship between virtue and happiness in the highest good should not be understood in terms of moral desert (the virtuous get the happiness they deserve), but in terms of grounding: the conditional value of non-moral ends (such as happiness) is grounded in the unconditional value of the good will, of a will disposed to act out of respect for the moral law. When non-moral ends are grounded in this way we have a reason to pursue them, and they become rational desires or ends that are good. As we shall see, and as I mentioned above, Schelling’s reading of the highest good also dissolves the antinomy of practical reason and removes the need to postulate immortality and God’s existence (at least as the antinomy of practical reason and the postulates of immortality and God’s existence are often understood).

3. In this section I will briefly present and explain four main ideas that Schelling develops in his commentary on Plato’s Timaeus. In the next section, I will explain the importance of these ideas for Schelling’s systematization of Kant’s practical philosophy in the Ichschrift. As we shall see, Schelling shares Timaeus’ view that the very same features that constitute goodness in the cosmos also do so in human life, and he shares Timaeus’ view that God is a principle of goodness because he is a paradigm of goodness.27 Timaeus begins his account by saying that everything that comes into being has a cause, and that the world was created by a divine craftsman, the demiurge, who being good himself, wanted to make the world as good and beautiful as possible. In order to make his creation as good as possible, the demiurge created the world by looking to an eternal and perfect model, the intelligible realm of the forms.28 While it is uncontroversial that everything that comes into being has a cause, what supports Timaeus’ view that the cause of the world is intelligent and a craftsman? It is clear that Timaeus allows for causes other than a craftsman or demiurge, (including other causes of goodness and beauty), but as Johansen notes, Timaeus “focuses on the particular case of causation where the cause is a craftsman because this is the kind of cause that can

26 

Andrews Reath provides a similar reading of the highest good in Reath (1988). Cf. Johansen (2004), 2. 28 See Tim. 28a–29b. More specifically, the form that the demiurge of the Timaeus looks to in creating the world is the form of the genus animal. Yet according to some interpreters, the form of the animal designates the entire intelligible realm, viewed itself as somehow alive. See Sedley (2007), 108. 27 

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necessitate the beauty of the outcome”.29 What makes it the case that a craftsman is the kind of cause that necessitates the beauty and goodness of the outcome is that his creative activity is guided by a model that is ordered, and hence good and beautiful. Something produced without intelligence might be ordered and beautiful, but it would be so by chance. So again, in the Timaeus craftsmanship is seen as a necessary cause of goodness and beauty because it works with reference to an eternal, ungenerated, and perfect model. In his commentary on these sections of the Timaeus, Schelling gives a further gloss on these views. He says that if the ideal according to which the demiurge creates the world is eternal and ungenerated, and if it is a pure ideal, independent of all sensuousness, then the work that imitates this ideal is bound to become perfect, for all perfection is agreement with an ideal.30 As I will argue below, this cluster of ideas provide the conceptual resources for Schelling’s perfectionist reading of Kant’s practical philosophy, according to which our moral goal or telos is becoming like God. Schelling next presents and interprets Timaeus’ account of how God made the world as good as possible. The relevant passage in the dialogue can be paraphrased as follows: Wanting everything to be good and finding the universe in a state of disorderly motion, god brought order to it, believing that an ordered state was ‘altogether better.’ And reasoning that, taken whole for whole, nothing visible which lacks intelligence will ever be finer than something intelligent he gave the universe intelligence and a soul, so that his work would be as fine and good as it is possible in accordance with nature. (Johansen [2004], 70)31

Schelling’s interpretation of this passage might strike us as idiosyncratic. He says: “Mind alone has no causality, so if it should be visible in anything, it cannot be otherwise than if it is connected with a principle of efficacy”.32 Schelling’s claim suggests that he thinks of soul as a causal intermediary between God or the divine intellect and matter: the world must originally, independently of God, have had a peculiar principle of motion which, as a principle belonging to matter, opposed all rule and lawfulness; the lawful motion of the divine intellect must have had to thwart this opposite principle of motion, which soul does by giving form to matter.33 Timaeus 29 

Johansen (2004), 71 f. Timaeus-Kommentar, AA II 5, 150. 31 See Tim. 30a3–b6. 32 “Verstand hat für sich allein keine Caußalität, soll er also an irgend etwas sichtbar werden, so kann diß nicht anders geschehen, als wenn er mit einem Princip der Wirksamkeit verbunden ist.” (Timaeus-Kommentar, AA II 5, 154) 33 Cf. Timaeus-Kommentar, AA II 5, 154: “Plato hatte, weil er die Materie für etwas ganz heterogenes vom göttlichen Wesen, für etwas der reinen Form der Gesezmäßigkeit im göttlichen Verstande widersprechendes hielt, vorausgesezt, daß die gegenwärtige Welt von Gott nichts als die Form erhalten habe. Insofern sich nun die Form, die Gott der Welt mitteilte, nur auf die Form der Bewegung der Welt bezog, so mußte die Welt auch ursprünglich, unabhängig von Gott ein eigenthümliches Princip der Bewegung haben, das als Princip, das der Materie angehört, aller Regel- und Gesez­ mäßigkeit wiedersprach und erst durch die Form (περας) die der göttliche Verstand ihm gab, in die Schranken der Gesezmäßigkeit gebracht wurde. – Der Ausdruck Bewegung ist selbst nur eine ein30 Cf.

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says that God brings everything that is in a state of disorder to one of order, so Schel­ ling’s interpretation seems to depart in this respect from the original text. Yet Schel­ ling’s interpretation will help us understand the way in which in the Ichschrift Schel­ ling conceives moral action – giving the incentives of our sensuous nature the form of a universal law – as analogous to divine craftsmanship. It will also help us understand the next claim in Schelling’s commentary that I wish to highlight. Schelling tells us that Plato describes the efficacy of the rational soul as completely analogous to the efficacy of human reason.34 In what sense are the capacities of the rational soul and human reason analogous? Schelling arrives at this view by interpreting the Timaeus with the help of the fourfold division of all beings developed in the Philebus, which he also identifies with Kant’s categories of the understanding.35 So to understand Schelling’s view, it will be useful briefly to review the context in which Plato introduces the fourfold division of all beings. The bone of contention between Socrates and Philebus is the question whether pleasure is the good, or whether knowledge is a better good than pleasure. Yet the dialogue quickly leads to a discussion of the kind of unity and plurality that can be ascribed to pleasure and knowledge, and then to the problem of unity and plurality more generally. As Dorothea Frede has argued, in the context of this dialogue, the problem of the one and the many comprises two questions: “first, whether Forms ought to be assumed at all; and second, what kind of status they have, whether eternally selfsame when taken by themselves, or also dispersed and multiplied in the sensible world”.36 As Socrates sees it, solving these questions involves understanding both the method of all scientific investigation and the fourfold division of all beings into: the limit (peras), the unlimited (apeiron), the mixture of the limit and the unlimited (koinon), and the cause of such mixtures (aitia).37 The method of scientific investigation consists in finding the highest genus for every field of knowledge and subdividing it into species and subspecies, until the ultimate specifications have been reached. And Socrates presents the fourfold division of all beings as the ontologically most general division there can be. The first class, the unlimited, contains all things that have no definite measure or degree in themselves. The second class, the limit, is defined as what imposes a definite degree or quantity on what is in itself unlimited. zelne Bezeichnungsart für die Form der Verändrungen der Welt überhaupt (species propria). Ψυχη ist demnach nichts anders als Princip der Verändrungen in der Welt überhaupt.” 34 Cf. Timaeus-Kommentar, AA II 5, 166: “Plato beschreibt ferner die Wirksamkeit der vernünftigen Weltseele als ganz analog mit der Wirksamkeit der menschlichen Vernunft.” 35  See Sandkaulen (1990), 19. 36  Frede (1993), xxii. 37  Because my aim here is not to reconstruct the argument of the Philebus, but to present Schelling’s interpretation of it, I won’t explain how the method of scientific investigation and the fourfold division of all beings help to solve the problem of the unity and plurality of the Forms. Instead, I will only focus on how Schelling uses these concepts to support his view that the activity of the rational soul is analogous with the activity of human reason. For helpful clarification of these issues, see Frede (1993), xxv–xxxix.

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The third class contains the mixtures of the limit and the unlimited; more specifically, it contains good or harmonious mixtures (beauty, fine weather, strength, and the virtues in the soul). Finally, the fourth class is the cause of the mixtures, and Socrates makes it clear that the cause of these mixtures is reason, whether divine or human, for only reason can be the cause of good or harmonious states. Schelling juxtaposes the passages from the Philebus where Socrates explains the scientific method and the fourfold division of all beings with a passage where Timaeus says that the soul’s composition – soul is composed of Being, the Same, and the Different – is expressed in acts of thinking. As Johansen observes, “Timaeus says that it is because the soul already has elements of sameness, difference, and being that it is able to think and make judgments about these things”.38 So when Schelling says that the efficacy of the rational soul is analogous to the efficacy of the human mind, what he might have in mind is the view that the capacities involved in achieving scientific understanding – such as being able to find unity in multiplicity – are constituents of the rational (world) soul. Yet the fact that Schelling identifies the four different classes of beings with Kant’s categories of the understanding – the unlimited with quality, the limit with quantity, the mixture of both with relation, and the cause of the mixture with causality – suggests a different interpretation, one that is consistent with Birgit Sandkaulen’s view that the aim of the Timaeus commentary is to establish the compatibility between Plato’s account of the creation of the world and Kant’s theory of knowledge, by conceiving both as a synthesis of form and matter.39 As I mentioned earlier, on Schel­ ling’s reading of the Timaeus, in the creation of the world the lawful motion of the divine intellect must thwart an opposite principle of motion, which soul does by giving form to matter. Here Schelling argues that it is in this sense that the activity of the rational (world) soul is analogous to the activity of the human mind: just as the rational soul enables the divine intellect to become ‘visible’ by giving form to matter, the human mind achieves scientific understanding (in the theoretical case) and practical knowledge of the good (in the practical case), by giving form to matter: by bringing what is given to us in sensibility under the categories of the understanding and principles of reason (in the theoretical case), and by giving the incentives of our sensuous nature the form of the universal law (in the practical case).40 As I shall argue in

38 

Johansen (2004), 139. Cf. Sandkaulen (1990), 19–22. 40 Cf. Timaeus-Kommentar, AA II 5, 154: “Plato hatte, weil er die Materie für etwas ganz heterogenes vom göttlichen Wesen, für etwas der reinen Form der Gesezmäßigkeit im göttlichen Verstande widersprechendes hielt, vorausgesezt, daß die gegenwärtige Welt von Gott nichts als die Form erhalten habe. Insofern sich nun die Form, die Gott der Welt mitteilte, nur auf die Form der Bewegung der Welt bezog, so mußte die Welt auch ursprünglich, unabhängig von Gott ein eigenthümliches Princip der Bewegung haben, das als Princip, das der Materie angehört, aller Regel- und Gesez­ mäßigkeit wiedersprach und erst durch die Form (περας) die der göttliche Verstand ihm gab, in die Schranken der Gesezmäßigkeit gebracht wurde. – Der Ausdruck Bewegung ist selbst nur eine ein39 

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the next section, this reading of Plato’s Timaeus will help us understand key aspects of Schelling’s systematization of Kant’s practical philosophy in his Ichschrift.

4. I have claimed that a central aim of the Ichschrift is to systematize Kant’s moral philosophy in order to explain moral motivation in a manner that avoids the problems with Kant’s heteronomous and eudaimonist account of moral motivation in the first Critique, and his purely rational account of moral motivation in the second Critique. We have seen that Kant’s account of moral motivation in the first Critique is heteronomous and fails to explain the possibility of a categorical imperative, and his purely rational account of moral motivation in the second Critique seems to result in an empty formalism. Schelling believes that these problems with Kant’s account of moral motivation only arise if we mistakenly attribute to him the view that human agents have two distinct motivational capacities, one rational and the other non-rational. In his opening remarks to the Ichschrift, Schelling explains how he hopes to solve these and other problems affecting Kant’s critical philosophy: The many apparent contradictions in Kant’s writings pointed out by his opponents should have been admitted long ago for they cannot be corrected at all except under those higher principles which, in the Critique of Pure Reason, its author only presupposed. […] I think the mere mention of all this will suffice to justify the need of an exposition of Kant’s philosophy based on superior principles. Indeed I believe that, in the case of such an author, one must explain him according to the principles which he must have presupposed, and only according to them. Even in the face of the original sense of his words, one must assert the still more original sense of his thoughts. This essay proposes to establish the principles on which Kant’s thoughts rest. (AA I 2, 72 f. | SW I, 154 f.)

As we shall see, by providing an exposition of Kant’s practical philosophy according to the principles that (Schelling believes) he must have presupposed, Schelling transforms our conception of the relationship between virtue and happiness, enabling us to view them as the formal and material components of our practical knowledge of the good. In doing so, he also dissolves Kant’s antinomy of practical reason and provides a new way of understanding the practical postulates of immortality and God’s existence. Schelling’s systematization of Kant’s practical philosophy leads to the perfectionist view that our moral end or telos is becoming like God, here understood as a craftsman who necessarily creates good and beautiful things by looking to a perfect model and exhibiting this model by giving rational form to matter. That our moral end is becoming like God explains why we are motivated to act morally, because what is good for a living thing is to realize its end or nature. And this way of explaining moral motivation makes reference to a first principle because the first principle (God) zelne Bezeichnungsart für die Form der Verändrungen der Welt überhaupt (species propria). Ψυχη ist demnach nichts anders als Princip der Verändrungen in der Welt überhaupt.”

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serves as a paradigm, and the paradigm is both something I participate in when I realize my end, and something that is involved in the specification of my end. Referring to Kant’s conception of the relationship between virtue and happiness in the highest good, Schelling says: True enough, Kant spoke of morality and proportionate happiness as the highest good and ultimate goal. Yet he himself knew very well that morality without an ultimate goal has no reality and that it presupposes limitation and finiteness and is not thinkable as an ultimate goal in itself but only as an approximation thereof […]. For that reason the search for empirical happiness (as an agreement of the objects with the I, brought into unison by nature) would be unreasonable without the presupposition that the ultimate goal of all striving is not happiness but utter elevation over its very sphere. Therefore we must strive endlessly not to become happy, but no longer to need happiness, indeed to become incapable of needing it, and to elevate our very being to a form that is repugnant to the form of happiness as well as to [the form of] its opposite. (AA I 2, 123–125 | SW I, 196–198)

Why does Schelling believe that morality without an ultimate goal has no reality (keine Realität)? What does he mean when he says that morality “presupposes limitation and finiteness and is not thinkable as the ultimate goal but only as an approximation thereof”? And why is that the reason why the ultimate goal of all striving is not (empirical) happiness but “utter elevation over its very sphere”? When Schelling says that morality without an ultimate goal has no reality, I believe he has in mind the Kantian view that, in order to be practical or valid, moral claims must be capable of motivating us. As we saw earlier, in the first Critique Kant holds that what motivates us is not the moral law itself, but the promise of happiness; but this account of moral motivation is eudaimonistic and heteronomous, which makes it mysterious how there can be categorical moral demands (because if what motivates me to act is the promise of happiness, and if happiness is conceived as a non-moral end, then I would have no reason to act morally in cases when doing so would go against what would make me happy). We also saw that, in the second Critique, Kant develops the view that respect for the moral law is the only rational incentive, and in order to explain the categorical nature of moral demands, Kant develops the view that the supreme principle of morality must be a formal principle, not a material one. But Kant’s view is not an empty formalism: non-moral incentives that stem from selflove provide the content that, when properly formed, enable us to determine what is good. So happiness must be included in the highest good, as the material component of our capacity for practical knowledge of the good. Where Schelling differs from Kant is that he views Kant’s moral law as a principle that describes what we must do in order to realize our capacity for knowledge of the good, and he takes our good to consist in the realization of our essence or form. Moreover, the paradigm of a being that is fully real is God. This difference means that Schelling’s systematization of Kant’s practical philosophy is decidedly perfectionist and teleological. Keeping these ideas in view will help us understand the ‘limitation’ Schelling has in mind when he says that morality presupposes limitation and can only be thought

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of as an approximation of the ultimate goal. We cannot apprehend the good in the manner that God does, through a purely rational or intellectual intuition; we can only apprehend it by forming maxims for action, by giving rational form to the material presented by our non-moral incentives. That means that our capacity for knowing the good is fallible. Actualizing our capacity to know the good depends on nothing hindering our exercise of that capacity.41 But what hinders our exercise of our capacity to know the good is our natural propensity to evil. Like Kant, Schelling holds that we have a natural tendency to turn self-love into the unconditioned practical principle, to “make the incentives of self-love and their inclinations the condition of compliance with the moral law”.42 Our ultimate moral goal would be to apprehend the good in the manner that God does, without this ‘limitation’, and that is the reason why the ultimate goal of all striving is not happiness but ‘utter elevation over its very sphere’. Our ultimate moral goal is not to satisfy our desires, but to become acquainted with the object of practical knowledge, the good, and in doing so to realize our essence and become like God (conceived as pure actuality). It is important to note that the sort of happiness Schelling has in mind here, which he holds cannot be our ultimate goal, is what he calls “empirical happiness”, which he defines as a “contingent” harmony or “agreement of the objects with the I, brought into unison by nature”.43 Schelling distinguishes this form of happiness from what he calls “pure happiness”, which has as its aim “a necessary agreement of the not-I with the I”. This form of happiness, Schelling says, is something that “can be realized only by morality and is always in proportion to it”.44 And it is only in this sense, Schelling 41  For helpful discussion of the idea that fallibility is a ‘formal feature’ of our finite cognitive capacities, see Kern (2018), 211; my italics: “[…] this allows us to understand the fallibility of perceptual knowledge in a specific way: namely, as a formal feature of the capacity for perceptual knowledge. To say that perceptual knowledge is fallible, according to this account, is to say that dependence on favorable circumstances is a formal feature of the kind of explanation that a capacity for perceptual knowledge provides. Thus, it is not simply that no amount of effort, training, or dedication will enable a subject to so perfect her capacity for perceptual knowledge that some day she will no longer have to rely on favorable circumstances in order to actualize it. Regardless of how much she practices, it is impossible, in principle, that she will eventually have a capacity for perceptual knowledge that is no longer susceptible of failure in its actualizations. To have such a capacity is not simply unattainable. It is a formal feature of a rational capacity for perceptual knowledge to be fallible, it is logically impossible, despite any amount of tireless practice and perfectionistic effort.” In this passage Kern is explaining why fallibility is a ‘formal feature’ of our rational capacity for perceptual knowledge; in the case of our capacity to know the good, our ‘natural’ propensity to evil is what makes our rational capacity for knowledge fallible. As I will explain below, this is also a ‘formal feature’ of our rational capacity to know the good. 42  Rel., AA VI: 36. At this point, Schelling shares the Kantian (and standard) view that capacities are defined with respect to their proper ends, not with respect to their privations. So evil can only be understood as a form of error, as the misuse of a capacity. In the Freiheitsschrift, Schelling develops a very different and heterodox conception of evil, and defines human freedom as the “capacity for good and evil” (AA I 17, 125 | SW VII, 352). 43  AA I 2, 124 | SW I, 197. 44  AA I 2, 124 f. Fn. | SW I, 197 Fn.

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thinks, that Kant could have conceived of the highest good as a state in which happiness is in proportion to morality. Let us examine this distinction between ‘empirical happiness’ and ‘pure happiness’. I take it that in the case of empirical happiness, the ‘agreement of the objects with the I’ is the feeling of pleasure that is expected as an effect from an action that is determined by a non-rational incentive.45 This agreement is contingent and brought about by nature, because the success of my action is not fully within my power; it depends at least in part on the cooperation of nature. By contrast, in the case of pure happiness, the agreement or “identification” 46 of the I with the not-I describes the form of a perfectly realized capacity for knowledge of the good. So the ‘not-I’ in the case of ‘pure happiness’ corresponds to the material component of our practical knowledge of the good: all the non-rational incentives, that when turned into maxims that conform to the form of the moral law, enable us to know the good (but also all the non-rational incentives, that when not subordinated to the moral law hinder the exercise of our capacity to know the good). The ‘I’ is the self or subject that imparts rational form. In the case of pure happiness, the agreement between the I and not-I is necessary, because what is at issue when we are trying to determine what is good is not whether our action will be successful (and bring pleasure), which is not within our power, but whether there is sufficient reason to perform the action (whether it is good), which as Kant says, is “quite independent of this comparison with our physical ability”.47 Moreover, if we understand happiness as eudaimonia or flourishing, then it becomes clear why Schelling describes the realization of our capacity for practical knowledge of the good as pure happiness: because we flourish by realizing our capacities. If we return for a moment to Schelling’s commentary on the Timaeus, we will see how Schelling understands moral action as analogous with divine craftsmanship. As we saw earlier, what distinguishes the causality of craftsmanship is that it necessitates the goodness and beauty of the outcome, because it works with reference to an eternal and perfect model, which is itself ordered, and hence good and beautiful. Analogously, when we act morally, we act in ways that are necessarily good and beautiful, because we work with reference to a perfect model: the holy will.48 We also saw that Schelling regards the world soul as a causal intermediary between God or the divine intellect and matter. Let me propose that Schelling regards our own moral action as performing a similar intermediary function as that of the world soul in the Timaeus: 45  See Kleingeld (2016), 36: “Saying that an action is good (or evil) is fundamentally different from saying that it serves our well-being (or our ill-being). In the latter case, we say something about the expected effects of an action on our feeling of pleasure or displeasure. To say that some action is good, by contrast, is to say that there is sufficient reason to act in this way.” 46  AA I 2, 124 | SW I, 197. 47  KpV, AA V: 57 f. 48  Kant defines the holy will as a will that “would not be capable of any maxim conflicting with the moral law”, and he argues that this holiness of will is a “practical idea, which must necessarily serve as a model to which all finite rational beings can only approximate” (KpV, AA V: 32).

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when we act morally, we enable the good to become ‘visible’ just as soul enables intellect to become visible, by giving rational form to matter. Schelling comes close to saying this towards the end of the Ichschrift. He writes: “Finite creatures must exist in order that the nonfinite may manifest its reality in the actual world. All finite action aims at this manifestation of the nonfinite reality in actuality”.49 In his book on Plato’s natural philosophy, Johansen argues in a similar vein that our own moral telos is to act in a way that resembles the creative activity of the divine demiurge. He says: The challenge that we face as human beings is to reassert our rationality over the influence of necessity that arises through embodiment. In a sense, just as the demiurge created the kosmos by persuading necessity to work for a rational good, so we within our own sphere have to persuade the necessary affections that arise through the body to cooperate with reason. (Johansen [2004], 18)

In the Ichschrift, Schelling also conveys the view that moral action should be understood by analogy with God’s creative activity by calling the moral law a ‘schema’ that enables us to determine the ‘nonfinite’. He says: “the moral law in the finite being is first of all a schema of natural law whereby the being of the nonfinite is determined. What the natural law presents as being, the moral law must present as an ought”.50 The Schematism chapter of the first Critique is notoriously difficult and obscure; yet to understand Schelling’s claim it suffices to note some of the functions schemata are meant to serve.51 In general, schemata serve an intermediary function between two classes of representation, whose heterogeneity makes it difficult to see how one class of representation could be applied to or exhibited in the other class.52 For example, in the case of transcendental schemata, because of the heterogeneity of the sensible and intellectual conditions of human cognition, it is unclear how the categories or pure concepts of the understanding can be applied to or exhibited in appearances in particular cases.53 In general, schemata perform their intermediary function by combin49 

AA I 2, 172 Fn. | SW I, 239 Fn. AA I 2, 126 | SW I, 198 f. 51  Kant describes as follows the problem that transcendental schemata are meant to solve: “Now pure concepts of the understanding, however, in comparison with empirical (indeed sensible) intuitions, are entirely unhomogeneous, and can never be encountered in any intuition. Now how is the subsumption of the latter under the former, thus the application of the category to appearances possible, since no one would say that the category, e.g., causality, could also be intuited through the senses and is contained in the appearance? This question, so natural and important, is really the cause which makes a transcendental doctrine of the power of judgment necessary, in order, namely, to show the possibility of applying pure concepts of the understanding to appearances in general. In all other sciences, where the concepts through which the object is thought in general are not so different and heterogeneous from those that represent it in concreto, as it is given, it is unnecessary to offer a special discussion of the application of the former to the latter.” (KrV, A137 f./B176 f.) 52  For helpful discussion of the functional properties of schemata in the first Critique, see Haag (2007), Ch. 7.5. 53  It is important to note that this question is different from the question the Transcendental Deduction addresses – namely, whether the categories apply to appearances; the question here is how the categories can be represented or exhibited in concreto. 50 

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ing properties that belong to each of the two heterogeneous classes of representations. Transcendental schemata, for example, perform a mediating function between categories and appearances by determining the categories temporally, thereby combining the intellectual and sensible conditions of human cognition. How does this function of schemata help us understand Schelling’s claim that the moral law in the finite being is “a schema of [a] natural law whereby the being of the nonfinite is determined. What the natural law presents as being, the moral law must present as an ought”.54 Let me propose: The nonfinite (God) is completely heterogeneous from the finite being (humans). The moral law serves as a schema or intermediary between God and finite beings, which enables his exemplification or representation. The moral law does this by representing the nature or being of God in the form of an ‘ought’. So the ‘natural law’ and the ‘moral law’ have the same content, but the first represents that content descriptively, the second normatively.55 What aspect of God’s nature does the moral law represent in the form of an ‘ought’? I have been arguing that Schelling views moral action as the realization of our fallible capacity for practical knowledge of the good. So it would seem to follow that the aspect of God’s nature that the moral law represents in the form of an ‘ought’, is the manner in which God apprehends the good, through a perfect or infallible capacity. The moral law ‘schematizes’ this manner of apprehending the good by representing it or exhibiting it temporally: it commands us to realize in ourselves the sort of knowledge of the good that God has. In other words, Schelling’s claim that the moral law schematizes the being of the nonfinite (or God) means that the moral law enables us to represent or exhibit in our own action the being of God, and it also means that our moral goal or telos is becoming like God, as far as that is possible for finite beings like us. My reading of Schelling’s claim that the moral law is a schema that helps us determine the being of the nonfinite is supported by the way Schelling formulates his version of the categorical imperative. He says: “Therefore the supreme law for the finite being is: Be absolutely identical with yourself.”56 Schelling also phrases his version of the categorical imperative as the demand to become fully “real” or “one”.57 How can we understand Kant’s categorical imperative as the demand to become ‘identical’, ‘real’, or ‘one’? In Scholastic philosophy God is conceived as actus purus, as pure actuality unmixed with potentiality. So when Schelling characterizes the moral law as the demand to become fully real, I take it that he means that we should fully actualize what is potential in us, including our capacity for knowledge of the good, which we do by giving the maxims of our actions the form of a universal law. When he characterizes the moral law as the demand to become ‘identical’ or ‘one’, I take it that he has in mind something like the (Aristotelian) idea that the divine intellect is al54 

AA I 2, 126 | SW I, 198 f. I thank Johannes Haag for helpful conversations about this passage in the Ichschrift. 56  AA I 2, 126 | SW I, 199. 57  AA I 2, 127 Fn. | SW I, 200 Fn. 55 

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ways active and that an active intellect is one insofar as it is at once the intellectual subject, the intellectual object, and the intellectual activity.58 We have seen that in the Timaeus, the demiurge or divine intellect is always actively thinking of the forms, and at least on some interpretations, the divine intellect is identical with the forms, so that its activity represents this form of unity between the subject, object, and activity of thought. Yet if this is the form of thought or knowledge that the moral law demands that we realize in ourselves, we have seen why it is in principle impossible for us to achieve it: because of the ‘limitation’ that affects our finite or fallible capacity for knowing the good. As we saw above, we have a natural tendency to turn self-love into self-conceit, to make the incentives of self-love the condition of compliance with the moral law. How does Schelling solve this contradiction? By proposing his version of the postulate of immortality: This contradiction […] can be mediated only through a new schema, that of production in time, so that the law which aims at a demand on being becomes a law of becoming. The basic moral law, expressed in its fullest sensuous form, says: become identical, elevate (in time) the subjective forms of your being to the form of the absolute. […] In order to approach this ultimate goal, an infinite approximation takes place, therefore an infinite continuance of the I, immortality. (AA I 2, 127 f. | SW I, 199–201)

In other words, the ultimate goal would be to apprehend the good in the manner that God does, without the ‘limitation’ that characterizes our fallible capacity for knowledge of the good; because it is in principle impossible for us to overcome this limitation, our goal cannot be to be like God, but only to become like him. But then when Schelling speaks of an infinite ‘approximation’ of this ultimate goal, we must not take him to mean that we gradually get closer to the goal, but rather that whenever we act morally we act in a way that is analogous to the nature of God; indeed, whenever we act morally we participate in the nature of God. Interestingly, in his book on Plato’s natural philosophy, Johansen develops a similar view in order to depersonalize the demiurge or divine craftsman of the Timaeus and propose that we construe the temporal creation story as a recurrent event. Johansen notes that a demiurge is “trivially a practitioner of dēmiourgia, craftsmanship, and thereby of a technē”.59 He also notes that in certain contexts, Plato speaks of the craft rather than the craftsman as productive. That suggests to him both that the divine demiurge “can be understood as the manifestation of the craft” and that “craftsmanship can be understood as the cause [of the creation] of the cosmos”.60 Yet 58 See Metaph. XII,7, 1072b19–23: “Now thinking according to itself is of the best according to itself, and thinking in the highest degree is of that which is best in the highest degree. Thus, in partaking of the intelligible, it is of Himself that the Intellect is thinking; for by apprehending and thinking it is He Himself who becomes intelligible, and so the Intellect and its intelligible object are the same.” 59  Johansen (2004), 84. 60  Johansen (2004), 84 f.

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it is central to the concept of a craft that it can be taught by others and repeated, and that makes the individual craftsman seem less important.61 Johansen concludes from this that the creation story in the Timaeus can be construed as a recurrent event: God is involved in the creation whenever there is order, just as on my understanding craftsmanship works to create order whenever the necessary conditions obtain. Put differently, if God acts qua craftsman, we would expect him to be on standby and restore chaos to [the] cosmos whenever the world slips into disorder. For this is what craftsmanship as such is about: bringing order to the disorder. Since craftsmanship, unlike individual craftsmen as individual, represents a general power to bring about order, pointing to craftsmanship as the cause of the cosmos would indicate that the cause is of a repeatable type. The Timaeus would, then, be a story not just about what a divine craftsman did once upon a time, but also a story about what divine craftsmen do at all times. (Johansen [2004], 84 f.)

I would like to propose that Schelling understands in a similar way Kant’s postulate of God’s existence. He does not understand the postulate of God’s existence as it is often understood, namely as a cause of nature that is distinct from nature and somehow brings about a necessary proportional relation between virtue and happiness.62 Instead, he understands God as the personification of a general power or capacity that we all possess, which we exemplify whenever we bring order to disorder (or using Kantian language, whenever we synthesize a manifold in acts of theoretical or practical cognition).63 Schelling does not believe in a personal God, nor does he understand God as a cause of nature that is distinct from nature; instead, he conceives God in a manner similar to the way Johansen conceives the divine craftsman of the Timaeus: as an immanent indwelling cause of order, beauty, and goodness that we all exemplify whenever we bring order, beauty, and goodness into the world. In closing this section, let me briefly address the question whether Schelling’s perfectionist reading of the Kantian view that moral action is the realization of our capacity for knowledge of the good is compatible with the view that autonomy of the will is the sole principle capable of grounding obligations. Both in the Groundwork and in the Critique of Practical Reason, Kant argues that any principle of morality other than his purely formal principle (autonomy of the will) results in heteronomy. Such principles direct us to will something because we have willed something else. The principle of autonomy, by contrast, tells us to will something regardless of wheth-

61  For Plato’s discussion of the fundamental features of craftsmanship, see Gorg. 500e3–501c1; 503d5–504a5. 62  See Wood (2009), 128–130. The passage in the second Critique that is the basis of this interpretation reads as follows: “Accordingly, the existence of a cause of all nature, distinct from nature, which contains the ground of this connection, namely of the exact correspondence of happiness with morality, is also postulated.” (KpV, AA V: 125) 63  In her book on Schelling’s early philosophy, Birgit Sandkaulen argues that the aim of Schel­ ling’s Timaeus commentary is to show that Plato’s doctrine of the creation of the world is in fact nothing other than a description of the subjective act of knowledge as conceived by Kant. See Sandkaulen (1990), 19–22.

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er we have willed anything else; for that reason, it is the only principle capable of grounding categorical imperatives.64 As Kant says: Wherever an object of the will has to be laid down as the basis for prescribing the rule that determines the will, there the rule is none other than heteronomy; the imperative is conditional, namely: if or because one wills this object, one ought to act in such or such a way; hence it can never command morally, that is, categorically. Whether the object determines the will by means of inclination, as in the principle of one’s own happiness, or by means of reason directed to objects of our possible volition in general, as in the principle of perfection, the will never determines itself immediately, just by the representation of an action. (GMS, AA IV: 444)

Does Schelling’s perfectionist reading of Kant fall prey to this criticism? I have argued that, on Schelling’s view, we are motivated to act morally because our moral goal or telos is becoming like God, and what is good for a living thing is to realize its end or nature. But as we have seen, Schelling’s God is like the divine craftsman of the Timaeus, and we are like him whenever we act morally. That shows that Schelling’s perfectionism is compatible with the Kantian view that a moral will must determine itself immediately, just by the representation of an action (a perfect action). Indeed, Paul Guyer has argued in a similar way that Kant’s moral philosophy can be understood as a form of perfectionism, “as long as it is recognized that the role of reason is not to perfect our condition through greater insight into the available means to do so but to perfect our own will or power of choice by conforming to our own ideal of rationality”.65 For these reasons, I shall call Schelling’s perfectionism a ‘post-Kantian perfectionism’.66

5. In my opening remarks, I mentioned that Schelling first published the Freiheitsschrift in a volume that included a few earlier works, including the Ichschrift, and I promised to show how the Ichschrift and the commentary on Plato’s Timaeus can help us understand the ethical outlook that Schelling develops in the Freiheitsschrift. I would like to conclude by briefly addressing these issues. We have seen that three ideas form the basis of Schelling’s moral perfectionism in the Ichschrift: first, that our moral end or telos is becoming like God; second, that this way of defining our moral end explains why we are motivated to act morally, because what is good for a living thing is to realize its essence or form; and third, that this way of explaining moral motivation makes reference to a first principle because the first principle (God) serves as a paradigm. As I will show, these three ideas also form the basis of the moral perfectionism 64  For helpful discussion of Kant’s criticism of all other principles of morality, see Schneewind (2009). 65  Guyer (2011), 205. 66  See Moggach (2011).

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Schelling develops in the Freiheitsschrift.67 Yet while in works prior to the Freiheits­ schrift Schelling’s perfectionism is wedded to the view that the freedom of all natural entities (including human persons) consists in the realization of their essence or form, in the Freiheitsschrift Schelling’s perfectionism is combined with a libertarian conception of freedom (freedom is “the capacity for good and evil”).68 Let me turn to some of the motivations for and implications of these similarities and differences. Both in the Ichschrift and Freiheitsschrift, Schelling holds that our moral goal or telos is becoming like God. Consider, for example, the following three passages from the Freiheitsschrift: The general possibility of evil consists, as shown, in the fact that man, instead of making his selfhood into the basis, the instrument, can strive to elevate it into the ruling and total will and, conversely, to make the spiritual within himself into a means. If the dark principle of selfhood and self-will in man is thoroughly penetrated by the light and at one with it, then God, as eternal love or as really existing, is the bond of forces in him. (AA I 17, 156 | SW VII, 389 f.) The human will is to be regarded as a bond of living forces; now, as long as it remains in unity with the universal will, these same forces exist in divine measure and balance. (AA I 17, 136 | SW VII, 365) God as spirit is the absolute identity of both principles. (AA I 17, 173 | SW VII, 409)

As is well-known, the first passage refers to Kant’s doctrine of radical evil in his Religion within the Boundaries of Mere Reason, where Kant holds that evil consists in a universal tendency to reverse the proper order of our incentives to action: instead of subordinating the incentives of self-love to the moral law, we “make the incentives of self-love and their inclinations the condition of compliance with the moral law”.69 What Schelling calls ‘the dark principle of selfhood’ roughly corresponds to the incentive of self-love (in Kant); and what Schelling elsewhere calls the ‘universal will’ or the ‘principle of light’ roughly corresponds to respect for the moral law (in Kant).70 The second and third passages indicate that, on Schelling’s view, moral goodness consists in imitating God, here conceived as the identity or living bond of both principles. This shows that God is a principle because he is a paradigm of goodness, the perfect example of a person for whom the proper order of incentives is ‘indissoluble’. By contrast, human evil is “a dissolution of the principles which are indissoluble in God”.71 Yet Schelling’s conception of God as a person for whom the bond of principles is ‘indissoluble’ might seem completely at odds with his conception of God as a divine craftsman who necessarily creates good and beautiful things by looking to a perfect 67  I have argued elsewhere that the ethical outlook Schelling develops in the Freiheitsschrift is a form of moral perfectionism. See Nisenbaum (2018), Ch. 6. 68  Freiheitsschrift, AA I 17, 125 | SW VII, 352. See Kosch (2015), 91. 69  Rel., AA VI: 36. 70 See Freiheitsschrift, AA I 17, 133–136 | SW VII, 363–365. 71  Freiheitsschrift, AA I 17, 135 | SW VII, 365. In the Weltalter fragments, Schelling develops the view that this configuration of God’s personality (in which the bond of principles is indissoluble in him) is the product of divine freedom.

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model and persuading the non-rational movement of matter to move in a way that it is subject to reason (in the Timaeus commentary, and as I argued, in the Ichschrift). But in both cases, goodness (both human and divine) comes about by giving rational form to what is initially external to reason.72 Nonetheless, the fact that Schelling explicitly describes God as a person in the Freiheitsschrift marks a significant departure from his earlier view. As Thomas Buchheim has argued, Schelling’s conception of personhood requires three things: first, that the person have a nature; second, that the person take a certain position or stance toward her nature; and third, that the person be self-conscious of this stance or position.73 This shows that central to Schel­ ling’s conception of personhood is the freedom to reflect on our nature, and self-consciously endorse or reject it. By describing both human beings and God as persons, Schelling indicates that he believes both beings possess this kind of freedom. In the case of human beings, this form of freedom manifests itself as the capacity for good and evil; in the case of God, it manifests itself as the capacity to create the world and reveal himself (or not to create the world or reveal himself).74 Properly explaining both the motivation for Schelling’s conception of God as a person with whom we relate as persons, and the motivation for his conception of human and divine freedom, is not something I can undertake here. Yet I can at least offer a partial explanation. At the start of the Freiheitsschrift, Schelling says that one aim of the treatise is to solve the contradiction of “necessity and freedom”.75 As I mentioned earlier, in the Freiheitsschrift Schelling upholds a libertarian conception of freedom, insofar as he conceives freedom as the capacity for good and evil. Yet he does not want his view to be misconstrued as a form of indifferentism about freedom, i.e., as the view that a rational being can indifferently will to act in one way or another, given identical circumstances.76 Schelling illustrates the problem with indifferent72  I take it that the ‘self-will’ and ‘universal will’ pair in the Freiheitsschrift roughly corresponds to the ‘not-I’ and ‘I’ pair in the Ichschrift. As we saw earlier, the ‘not-I’ corresponds to the material component of our practical knowledge of the good (all the non-rational incentives, that when turned into maxims that conform to the form of the moral law, enable us to know the good, but also all the non-rational incentives, that when not subordinated to the moral law hinder the exercise of our capacity to know the good), and the ‘I’ is the self or subject that imparts rational form. Moreover, in the Ichschrift the agreement or identification of the ‘I’ with the ‘not-I’ describes the form of a perfectly realized capacity for knowledge of the good, just as in the Freiheitsschrift God is the ‘identity’ or ‘living bond’ of both principles (the ‘self-will’ and ‘universal will’). 73  See Buchheim (2004), 25: “Dreierlei braucht demnach die Person nach Schelling: erstens Natur; zweitens eine entschiedene Position zur ihr als individuelles Selbst mit dieser Natur; drittens Bewusstsein von ihrem selbstsein. Persönlichkeit ist eine individuell gehaltene (‘selbstische’) Natur, die denkt oder Bewusstsein von sich hat.” 74  That God freely decides to create the world and reveal himself is a view Schelling develops in the Weltalter fragments. See Nisenbaum (2018), Ch. 5. 75  AA I 17, 111 f. | SW VII, 337 f. 76  In his Letters concerning the Kantian Philosophy (1792), Reinhold defined freedom as the capacity for self-determination through volition for or against the practical law. Soon after, in his Attempt at a New Presentation of the Principle of Morality (1794), Salomon Maimon objected that Reinhold’s view introduced a complete indeterminacy about freedom. Maimon’s criticisms of Rein-

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ism about freedom – that it leads either to complete paralysis or to complete contingency in action – with the example of Buridan’s ass: To be able to decide for A or –A without any compelling reasons would be, to tell the truth, only a prerogative to act entirely irrationally and would not distinguish man in exactly the best way from the well-known animal of Buridan which, in the opinion of the defenders of this concept of free will, would have to starve if placed between two piles of hay of equal distance, size and composition (namely because it does not have this prerogative of free will). (AA I 17, 150 | SW VII, 382)

His aim is to offer a conception of freedom that is “equidistant from contingency and from compulsion or external determination”, which he describes as “an inner necessity springing from the essence of the acting individual itself”.77 How might Schel­ ling’s conception of personhood contribute towards this conception of freedom, which is equidistant from contingency and compulsion? If for Schelling being a person involves having a nature, positioning oneself or taking a stance towards that nature, and doing so self-consciously, then that means (returning to the perfectionist perspective), that we do have a nature or essence which it would be (morally) good for us to realize. So we do have a reason to choose to realize our essence or form. But our freedom does not consist in the realization of our essence or form. It consists in the self-conscious capacity to decide to take the realization of our essence or form as our ultimate moral aim (the decision to be good), or not to do so (the decision to be evil). This decision constitutes our personhood.

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Autorenverzeichnis Hiroshi Abe ist Professor für Philosophie an der Universität Kyoto. Christoph Binkelmann ist Wissenschaftlicher Sekretär des Projekts ‚Schelling – Edition und Archiv‘ der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (München). G. Anthony Bruno ist Lecturer für Philosophie an der Royal Holloway University of London (Egham). Thomas Buchheim ist Professor für Philosophie (Lehrstuhl I) an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Christian Danz ist Professor für Systematische Theologie A. B. an der EvangelischTheo­logischen Fakultät der Universität Wien. Thomas Frisch ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Philosophie I an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Markus Gabriel ist Professor für Philosophie an der Rheinischen Friedrich-WilhelmsUni­versität Bonn. Mildred Galland-Szymkowiak ist Forscherin am Centre National de la Recherche Scientifique und Professorin für Philosophie an der Ecole normale supérieure (Paris). Marcela García-Romero ist Associate Professor für Philosophie an der Loyola Marymount University (California). Thimo Heisenberg ist Assistant Professor für Philosophie am Bryn Mawr College (Pennsylvania). Friedrich Hermanni ist Professor für Systematische Theologie an der EvangelischTheo­logischen Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen. Michelle Kosch ist Professor für Philosophie an der Johns Hopkins University (Maryland). Amit Kravitz ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Philosophie I an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Christian Martin ist Akademischer Oberrat am Lehrstuhl für Philosophie II an der Ludwig-Maximilians-Universität München.

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Autorenverzeichnis

Karin Nisenbaum ist Assistant Professor für Philosophie am Boston College (Massachusetts). Thomas Oehl ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Philosophie II an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Lara Ostaric ist Associate Professor für Philosophie an der Temple University (Pennsylvania). Siegbert Peetz ist Professor em. für Philosophie/Ethik an der Pädagogischen Hochschule Weingarten. Ryan Scheerlinck ist Lehrbeauftragter am Lehrstuhl für Philosophie I an der LudwigMaxi­milians-Universität München. Tyler Tritten ist Assistant Professor für Philosophie an der Gonzaga University (Wash­ington). Nora C. Wachsmann ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Philosophie I an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Daniel Whistler ist Reader für Philosophie an der Royal Holloway University of London (Egham). Paul Ziche ist Professor für Geschichte der modernen Philosophie an der Universität Utrecht.

Personenregister Angelus Silesius (Johannes Scheffler) 54 Aristoteles 2, 56, 65, 67, 119, 137, 238, 484 f. Ast, Georg Anton Friedrich 35 Baader, Franz Xaver von 207 f., 410, 412, 417–419, 454 Bacon, Francis 189 Bayle, Pierre 317, 453 Böhme, Jakob 108 Bouterweck, Friedrich Ludewig 93 Brandom, Robert 249 Cäsar, Gaius Julius 248 Cato, Marcus Porcius, d. J. 212 Cohen, Hermann 421 Cousin, Victor 82 Damaskios 55 Descartes, René 423, 428 f. Engel, Johann Jakob 93 Epikur 282 Eschenmayer, Adolph Carl August 95 Fichte, Johann Gottlieb 3, 5, 18–22, 24–29, 35 f., 38 f., 41, 47–49, 51, 61, 71 f., 74 f., 84, 93, 108, 120–122, 130, 176 f., 179, 181 f., 187 f., 217, 222, 256, 274, 285, 294, 297 f., 301, 305 f., 309, 331, 337, 409–411, 416–420, 445, 468–470 Frege, Friedrich Ludwig Gottlob 251, 424 Friedrich Christian II. (Friedrich Christian von Augustenburg) 418 Friedrich, Caspar David 300 Fries, Jakob Friedrich 186 Gall, Isabelle Geneviève Marie Anne 270 f., 362, 452 Garve, Christian 472 f. Gehlen, Arnold 293, 297, 309 Georgii, Eberhard Friedrich von 135, 257

Habermas, Jürgen 288 f. Hamann, Johann Georg 49 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich 1, 35–37, 39, 43, 55–57, 65, 93, 105, 121, 125, 128, 179, 193, 204, 252, 469, 471 Heidegger, Martin 1, 66, 68, 85, 145, 178, 187 f., 449 Hemsterhuis, Frans 79 Herder, Johann Gottfried 179 f., 184 Hesiod 303 Hölderlin, Friedrich 121, 294, 300–304, 306, 309 f. Hume, David 59, 115, 413, 472 Inwagen, Peter van 422 Jacobi, Friedrich Heinrich 1, 23, 26, 35 f., 40, 72–79, 85, 88, 93, 98, 108, 121, 153, 177–180, 184, 189, 220, 298, 373, 417, 457, 470 Jaspers, Karl 63 Jean Paul (Johann Paul Friedrich Richter) 179 Jesus Christus 161–163, 172, 184, 268 Jonas, Hans 434–436 Judas 268, 374, 456 Kant, Immanuel 3, 5, 17 f., 20 f., 24 f., 28, 30–32, 36, 47, 51, 55, 93, 95, 98, 108, 114–123, 125, 127 f., 130–133, 153, 159, 163–165, 169 f., 177 f., 180, 186, 193–195, 197–203, 205–212, 255–257, 265 f., 270, 272, 283, 285 f., 294–296, 299, 306–309, 323–331, 334 f., 337, 339–342, 345–360, 362 f., 365, 368, 374, 376, 382, 394 f., 397, 399 f., 409–413, 415, 422–425, 427, 432 f., 445, 447, 450, 454, 456, 462, 467–484, 486–488 King, William 453 Klein, Georg Michael 439–441 Köppen, Friedrich 35, 179

496

Personenregister

Kripke, Saul Aaron 248

Russell, Bertrand 424 f.

Leibniz, Gottfried Wilhelm 41 f., 57, 63 f., 108, 114 f., 257, 282 f., 292, 317, 410, 424 f., 427, 440, 443, 445 f., 448, 451–456, 458–460, 464 Lessing, Gotthold Ephraim 93 Levinas, Emmanuel 55, 60 Luther, Martin 267 f.

Salat, Jakob 35 f. Schelling, Karl Friedrich August 93 f. Schiller, Friedrich 47, 305, 418 Schlegel, August Wilhelm 80, 94 Schlegel, Friedrich 35, 71–81, 83–88, 93, 102, 105 f., 179 f. Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst 93 f., 102, 179, 181 Schmid, Carl Christian Erhard 197 Schopenhauer, Arthur 257, 308, 375 Schubert, Gotthilf Heinrich 71, 81 Schuller, Georg Hermann 313–316 Schulze, Gottlob Ernst 470 Sextus Tarquinius 455–457, 461 Shakespeare, William 307 Sidgwick, Henry 413 Sigwart, Heinrich Christoph Wilhelm 288, 458 Sokrates 341, 477 f. Solger, Karl Wilhelm Ferdinand 93, 102 Spinoza, Baruch de 20, 22, 27 f., 48, 57, 61, 64 f., 71, 77 f., 108, 121, 123, 177, 180 f., 184 f., 195, 220, 222, 248, 256, 305, 313–318, 320 f., 423–425, 428, 446, 453 Stäudlin, Karl Friedrich 467 Strawson, Galen 391–394, 400–402

Mackie, John Leslie 421, 442 f. Maimon, Salomon 470 f., 489 Meister Eckhart 54 Mendelssohn, Moses 79, 93 Meyer, Ludwig 314 Molitor, Joseph Franz 35 Müller, Adam 72, 76, 87 Müller, Julius 286, 458 Napoleon Bonaparte 36 Neuffer, Christian Ludwig 301 Niethammer, Friedrich Immanuel 124, 157, 301 Noack, Ludwig 95 Paulus 68, 307, 463 Peirce, Charles Sanders 57 Pindar 303, 311 Plantinga, Alvin 421, 440–445, 447–452, 454, 459 f. Platon 104, 106–108, 110, 145, 186, 204 f., 310, 467 f., 475–479, 483, 485–487 Plotin 310 Porète, Marguerite 54 Reinhold, Karl Leonhard 35, 47, 94, 120–123, 197, 203, 295, 306, 469 f., 489 f. Röschlaub, Andreas 35 Rousseau, Jean-Jacques 201

Tennemann, Wilhelm Gottlieb 93 Unger, Johann Friedrich Gottlieb 94 Wagner, Johann Jakob 441 Walther, Philipp Franz von 35 Weiller, Cajetan von 36 Windischmann, Karl Joseph Hieronymus 71, 80–82, 105, 153 Wittgenstein, Ludwig 137, 251, 428

Sachregister Abfall 305 f., 310 Absolutes/absolute 42 f., 49, 96 f., 99 f., 102 f., 109 f., 122 f., 159–162, 203 f., 218–223, 248, 250, 254, 256, 423 – absolute Einheit 99, 104, 255, 276–279 – siehe auch Freiheit/freedom: absolute Freiheit/absolute freedom – siehe auch Indifferenz/indifference – siehe auch Notwendigkeit/necessity: absolute Notwendigkeit – siehe auch Ungrund actuality 218–223, 226–229, 243 f. – siehe auch Böses/evil: actuality of evil agency 196, 204 f., 207, 371, 375–382, 407, 411, 414 Allmacht 337, 421–423, 429, 431, 434 f., 441–445 Allwissenheit 421–423, 429 Angst des Lebens 6, 139 f., 272, 361, 367 Animalität/animality 124 f., 208, 416–418, 420 antecedent 56–60 – siehe auch consequent assistance, siehe Hilfe Band/bond 102–104, 106, 206–209, 212, 231, 488 f. Bewusstsein/consciousness 65–68, 195, 200 f., 204, 207–210, 213, 266, 273 f., 297–299, 333, 338–340, 413 f. – Selbstbewusstsein/self-consciousness 122, 126 f., 130, 134, 193, 489 f. – unbewusst/unconscious 66–68, 103 f., 110 f., 204, 266, 273 f., 297–299, 339 f., 413 f. bond, siehe Band Böses/evil 2–8, 76 f., 79 f., 137–142, 144 f., 148–150, 198–202, 205–213, 254 f., 269–271, 276, 278, 325–331, 335–342, 360–365, 388–390, 393, 395 f., 399, 402 f.,

407–413, 415–420, 429–436, 441 f., 445–448, 454–463, 481, 488 f. – allgemeines Böses/general evil 210, 300, 360 f. – böser Geist/evil spirit 278, 320, 412 – Geist des Bösen/spirit of evil 225, 232 f., 240 f. – Hang zum Bösen/propensity to evil 6 f., 201, 210, 271, 276, 294 f., 325 f., 329 f., 335, 361, 481 – Möglichkeit des Bösen/possibility of evil 79 f., 144 f., 202, 209, 430 – positives Böses/positive evil 2, 138, 149 f., 200, 208 f., 212, 256, 407 f., 412, 419 f., 425 – radikales Böses/radical evil 5, 198–200, 271, 278 f., 323, 342, 488 – Ursprung des Bösen/origin of evil 200, 202 f., 205, 208 f., 325–330, 412, 445–449 – Versuchung zum Bösen, Sollizitation zum Bösen 211, 289 f., 361, 431, 434, 457–459 – Wirklichkeit des Bösen/actuality of evil, reality of evil 139 f., 144 f., 209 f., 225, 331 f., 337, 410, 412 – siehe auch Prinzip/principle: Umkehrung der Prinzipien/inversion of the principles, reversal of the principles – siehe auch realer Begriff der Freiheit/real concept of freedom: Vermögen zum Guten und Bösen/capacity for good and evil capacity for good and evil, siehe realer Begriff der Freiheit/real concept of freedom cause, siehe Ursache Charakter/character 164–166, 199 f., 202, 209–211, 266, 338, 341, 385, 387, 390 f., 393–402, 413–415 – intelligibler Charakter/intelligible character 198–200, 202, 209, 211–213, 266, 283, 290, 307, 346–350, 353–355, 412

498

Sachregister

choice, siehe Wahl Conditio sine qua non 459 consciousness, siehe Bewusstsein consequent 56–60, 67 siehe auch antecedent contingency 19, 29, 32, 53, 57, 59, 65, 193, 196–198, 202, 209–211, 490 copula, siehe Kopula creation, siehe Schöpfung Determination/determination 58, 62–64, 194–198, 210 f., 257 f., 271, 318, 373 f., 397–400, 473, 487 Determinismus/determinism 54 f., 62 f., 194, 198, 255 f., 282–284, 315–320, 345–348, 363 f., 373 f. – siehe auch Indeterminismus/indeterminism Dialektik, dialektisch/dialectical 1 f., 35–38, 82, 101, 104–108, 110, 153 f. Dialog, dialogisch 36, 91–111, 154 – siehe auch gesprächsweise disposition, siehe Gesinnung Dualität 44–46, 50 f., 433 dynamism 27, 226–229, 234–236 Eigenwille, siehe Wille/will, Wollen/willing Emotion, siehe Gefühl/feeling equilibrium of free will, siehe Wille/will, Wollen/willing essence, siehe Wesen evil, siehe Böses Existenz/existence 58–60, 221–223, 238 f., 386 Existierendes/existent 30, 42–45, 61 f., 166 f., 203, 221–226, 228–230, 232 f., 248–251, 253 f., 258, 295 f., 332–335, 337 f., 385 f. – siehe auch Grund (von Existenz)/ground (of existence) feeling, siehe Gefühl first principle, siehe Prinzip/principle formelle Freiheit/formal freedom, siehe Freiheit/freedom Free Will Defense 422, 440–451 – siehe auch Theodizee/theodicy Freiheit/freedom

– absolute Freiheit/absolute freedom 31, 49, 193–195, 198, 210 f., 247, 257, 291, 307–309, 336, 431 f. – formelle Freiheit/formal freedom 3 f., 7 f., 194 f., 198, 210, 240 f., 282–284, 287, 316, 323, 331–333, 337–339, 342, 359 f., 368 – Gefühl der Freiheit/feeling of freedom 84 f., 333, 341, 425–427, 432 – negative Freiheit, positive Freiheit/ negative freedom, positive freedom 195 f., 198, 200, 352, 412, 447 – transzendentale Freiheit/transcendental freedom 194–198, 346–353, 356–358, 363, 368 – Willkürfreiheit/libertas indifferentiae 6, 31 f., 194, 196, 282, 287 f., 336, 341, 387, 394, 396, 401 – siehe auch Gott/God: Freiheit Gottes/ divine freedom – siehe auch realer Begriff der Freiheit/real concept of freedom Gefühl/feeling, Emotion 108, 110, 178, 180 f., 185–187, 213, 339 f. – sittliches Gefühl, moralisches Gefühl/ moral feeling 201, 207, 413, 473 – siehe auch Freiheit/freedom: Gefühl der Freiheit/feeling of freedom Geist/spirit 46, 97 f., 104, 106, 109–111, 124–144, 167–169, 204–211, 228–235, 237, 239–241, 254, 278, 314 f., 365 f., 412–416, 418 – siehe auch Böses/evil: böser Geist/evil spirit – siehe auch Böses/evil: Geist des Bösen/ spirit of evil Geschichte/history 7 f., 51, 57, 67, 78, 81 f., 99, 106, 203–205, 266, 276, 320, 358, 361–368, 374, 379, 386, 403 f., 432–436, 462–464 Gesetz, moralisches, siehe Moralität/ morality Gesinnung/disposition 198–202, 210–212, 326, 330, 340, 353–358 – Revolution in der Gesinnung 295, 353–358 gesprächsweise 1, 36, 91–93, 105 f., 109–111, 154, 426, 428 f.

Sachregister

– siehe auch Dialektik, dialektisch/ dialectical – siehe auch Dialog, dialogisch Gleichgewicht der Willkür, siehe Wille/will, Wollen/willing Gott/God 3 f., 8, 29 f., 45 f., 60–62, 131, 140, 166–168, 184–187, 204–206, 208, 210 f., 220–223, 228, 248–250, 258, 314–318, 321, 336 f., 342, 404, 421–436, 441–464, 468, 471–473, 475–477, 479–489 – Freiheit Gottes/divine freedom 49 f., 62, 66, 238 f., 241–245, 315–318, 336 f., 422–432, 435, 453, 460 f. – göttliche Natur/God’s nature 313–318, 484 – Natur in Gott 42, 248–250, 258 – umgekehrter Gott 149 – siehe auch Allmacht – siehe auch Allwissenheit – siehe auch Offenbarung/revelation – siehe auch Person/person, Persönlichkeit/ personality: God as a person – siehe auch Schöpfung/creation – siehe auch Theodizee/theodicy Grund (von Existenz)/ground (of existence) 6, 19, 30, 42–45, 61 f., 99, 103 f., 106, 108, 111, 129–131, 166 f., 183 f., 203 f., 209 f., 221–226, 228–230, 232 f., 248–250, 253 f., 257 f., 266, 295 f., 318, 332, 334 f., 338, 414, 417, 419, 431, 449 f., 457–459 – siehe auch Existierendes/existent – siehe auch Sehnsucht/yearning – siehe auch Wille/will, Wollen/willing: Wille des Grundes/will of the ground Hang zum Bösen, siehe Böses/evil Hilfe/assistance 8, 241, 277 f., 308 f., 320, 324, 365–367 history, siehe Geschichte human being, siehe Mensch Idealismus/idealism 1–3, 20–28, 130–133, 176–183, 187 f., 194 f., 203, 247, 256, 334, 337, 347, 360, 386, 470 Identität/identity 40–48, 99–101, 203, 248–254, 257 f., 269 f., 272 – siehe auch Philosophie/philosophy: Identitätsphilosophie/philosophy of identity

499

imputability, siehe Zurechenbarkeit Indeterminismus/indeterminism 196–198, 202, 211, 255, 282–284 – siehe auch Determinismus/determinism – siehe auch Wille/will, Wollen/willing: Gleichgewicht der Willkür/equilibrium of free will Indifferenz/indifference 43–47, 49–51, 62, 203, 250 f., 253, 256 – siehe auch Ungrund Individualität/individuality 96–99, 101 f., 110, 161–166, 171 f., 193 f., 198, 202 f., 207, 209–211, 219 f., 247, 256, 267, 332, 338 f., 396 f., 409, 414 intelligible Tat/intelligible deed 4–7, 62–68, 199, 237, 240 f., 256 f., 265 f., 273–279, 284–292, 294–300, 306–309, 319–321, 323–325, 328–331, 337–342, 345, 350–352, 355 f., 358–368, 374–377, 385–391, 393, 402 – siehe auch Selbstbestimmung/self-determination intelligibler Charakter/intelligible character, siehe Charakter/character intelligibles Wesen, siehe Wesen/essence Irrtum 146 f. Konstruktionsmethode, siehe Methode/ method, Methodologie/methodology Kopula/copula 40–43, 46, 53–57 Kunst 99–103, 105 libertas indifferentiae, siehe Freiheit/ freedom Liebe/love 8, 46 f., 102, 208, 211, 225 f., 239–244, 254, 415, 431–433, 461–464 – Selbstliebe/self-love 201–203, 209, 326, 474, 481, 485, 488 Logik/logic 37 f., 42, 47, 55–60, 252 f., 256, 275, 393, 400 f., 443–445, 451 f. – temporal logic 55–57 love, siehe Liebe mathematische Methode, siehe Methode/ method, Methodologie/methodology Mensch/human being 51, 62, 68, 103 f., 106–108, 113–120, 123–144, 151 f., 165–172, 184, 195 f., 198–203, 205–208,

500

Sachregister

211, 228, 233, 247, 250, 254 f., 259, 265, 268, 271–279, 307–311, 313–321, 326, 330–332, 334, 336–339, 341 f., 360–362, 364–366, 368, 385 f., 388, 396, 407 f., 413–418, 426–428, 433–435, 464, 477–479, 489 Methode/method, Methodologie/methodology 1 f., 81–84, 91 f., 104, 106–108, 113–120, 132, 152–154, 183, 188 f., 440 f. – mathematische Methode, Konstruktionsmethode 120–123, 153, 159 f., 169 f., 183 – siehe auch Dialektik, dialektisch/ dialectical – siehe auch gesprächsweise – siehe auch System/system: Serie von Systemen/series of systems mögliche Welten 443–445, 451–456 Möglichkeit des Bösen, siehe Böses/evil Moralität/morality 195–198, 200 f., 207, 212 f., 266, 269–271, 349–358, 365 f., 368, 409, 415, 467 f., 471–476, 479–488 – moral psychology 408–410 – moralisches Subjekt 5, 140–144, 267–271, 275 – Sittengesetz, moralisches Gesetz/moral law 31 f., 163 f., 195, 197–202, 207 f., 212, 294 f., 301–309, 326, 328, 350–352, 354–358, 468, 472–475, 480–485 – siehe auch Gefühl/feeling, Emotion: sittliches Gefühl, moralisches Gefühl/ moral feeling Natur/nature 5, 27, 96–98, 110, 130, 166–169, 184, 188, 193 f., 200–206, 208–210, 229–235, 240 f., 248–250, 265, 268, 320 f., 337, 346, 348, 351, 386 f., 408, 483 f., 486 – eigene Natur/own nature 126, 193 f., 197, 210, 212, 258, 270–272, 335 f. – siehe auch Gott/God: Natur in Gott necessity, siehe Notwendigkeit negative Freiheit/negative freedom, siehe Freiheit/freedom Nihilismus/nihilism 23, 179–181 Notwendigkeit/necessity 5–7, 31 f., 48–50, 53–55, 59 f., 63–66, 82, 85 f., 193, 197 f., 201, 209–212, 259, 267–269, 272, 275, 313–317, 320, 336, 345 f., 351, 356, 363 f., 385, 387 f., 391, 398 f.

– absolute Notwendigkeit/absolute necessity 54, 257, 269, 317, 336 – höhere Notwendigkeit/higher necessity 63 f., 316 f., 359, 363, 365 – innere Notwendigkeit/inner necessity 63 f., 266–268, 272, 284, 316 f., 342, 359 – sittliche Notwendigkeit 317, 451 f. Offenbarung/revelation 49, 107, 179, 204 f., 210 f., 220 f., 228, 238, 429–435, 457–461, 489 origin of evil, siehe Böses/evil Pantheismus/pantheism, Spinozismus/ spinozism 8, 20–28, 71–88, 180–182, 184, 313–317, 320 f., 428, 446, 467 Partikularwille/particular will, siehe Wille/ will, Wollen/willing Person/person, Persönlichkeit/personality 4, 7 f., 39, 68, 95, 97, 103–106, 110 f., 114, 119 f., 123–131, 133–145, 151–154, 157 f., 161–172, 193 f., 198, 200 f., 206 f., 212, 227, 257, 266 f., 273, 278, 298, 325, 329, 339, 387, 408, 413–415, 418, 488–490 – God as a person 222 f., 238, 486, 488 f. Philanthropismus/philanthropism 124, 331, 408, 410 Philosophie/philosophy – Identitätsphilosophie/philosophy of identity 19, 35, 96 f., 100 f., 107, 109, 120–123, 153, 158–172, 203, 218–222, 467 – philosophische Praxis/philosophical practice 21 f., 31 f., 77–79, 83–88, 93, 98–106, 109–111, 151–154 positive Freiheit/positive freedom, siehe Freiheit/freedom positives Böses/positive evil, siehe Böses/evil possibility of evil, siehe Böses/evil Prädikatlosigkeit 43 f., 49 f. praktische Vernunft/practical reason, siehe Vernunft/reason Prinzip/principle – ideal principle 203 f., 207 f. – reelles Prinzip/real principle 203 f., 207 f., 447–449 – (System-)Prinzip, first principle 3–5, 21, 25 f., 61, 159, 170, 470 f., 479, 487

Sachregister

– Umkehrung der Prinzipien/inversion of the principles, reversal of the principles 138 f., 142, 148, 233, 407, 418 – siehe auch Band/bond propensity to evil, siehe Böses/evil radikales Böses/radical evil, siehe Böses/evil Rationalität/rationality 4, 17–19, 87 f., 203, 207, 212 f., 373, 389, 410–413, 416–418, 467 f., 472–475, 479, 481, 487 realer Begriff der Freiheit/real concept of freedom 1–8, 79 f., 194 f., 209, 216 f., 229–231, 239–241, 243, 316, 324, 334, 338, 360, 427, 443–451 – Vermögen zum Guten und Bösen/ capacity for good and evil 4–7, 18, 31 f., 79 f., 129, 137–139, 144 f., 194 f., 209 f., 289, 335, 337 f., 360, 408, 414, 422, 425, 427, 431 f., 441–448, 481, 488 f. Realismus/realism 22, 130, 176–183, 187 f., 385 f. reality of evil, siehe Böses/evil reason, siehe Vernunft responsibility, siehe Verantwortung revelation, siehe Offenbarung Revolution in der Gesinnung, siehe Gesinnung/disposition Schöpfung/creation 5 f., 45 f., 111, 205, 238, 273, 318 f., 431–434, 451–453, 460–464, 478, 485 f. – siehe auch Gott/God: Freiheit Gottes/ divine freedom Seele/soul 104, 167, 170–172, 310, 413–416, 476–478 Selbstbestimmung/self-determination 4–6, 64, 197, 240 f., 255–258, 267–273, 276–278, 281, 298 f., 306, 318, 320 f., 351 f., 356, 360–365, 368, 374, 385, 387–389, 393–403, 444, 489 – selbstbezügliche Tätigkeit 126–129 – siehe auch intelligible Tat/intelligible deed Selbstbewusstsein, siehe Bewusstsein/ consciousness Selbstliebe, siehe Liebe/love self-consciousness, siehe Bewusstsein/ consciousness self-determination, siehe Selbstbestimmung

501

self-love, siehe Liebe/love self-will, siehe Wille/will, Wollen/willing Sehnsucht/yearning 30, 108, 204, 185–187, 224 Sittengesetz, siehe Moralität/morality Sollizitation zum Bösen, siehe Böses/evil soul, siehe Seele Spinozismus/spinozism, siehe Pantheismus/ pantheism spirit, siehe Geist Subjekt/subject 19 f., 48 f., 96–98, 102, 105 f., 121 f., 128, 140–144, 158, 161–164, 193 f., 200, 203, 210 f., 287 f., 298, 308 f., 333, 364–369, 375, 379, 482, 485 – siehe auch Moralität/morality: moralisches Subjekt Sukzession, zeitliche, siehe Zeit/time System/system 1–5, 8, 21–32, 53–55, 60 f., 79 f., 83–87, 92, 95 f., 98, 100, 105 f., 109–111, 159 f., 175–178, 188, 195, 216 f., 240 f., 245, 250, 253, 256, 413, 426–428, 441, 445–451, 457, 470 – Serie von Systemen/series of systems 78, 80–83, 154 – siehe auch Prinzip/principle: (System-) Prinzip Tathandlung 5, 48 f., 51, 297 f. temporal logic, siehe Logik/logic temporal succession, siehe Zeit/time Theodizee/theodicy 203, 207–210, 429–432, 434–436, 439–441, 443, 450 f., 453–456, 458 f., 461–465 – siehe auch Free Will Defense time, siehe Zeit timelessness, siehe Zeit/time Tragödie 36 f., 304–306 Transformation 123–154 Transmutation/transmutation 7 f., 68, 137, 241, 266, 276–279, 307–309, 320, 340 f., 353–357, 365–368 – siehe auch Hilfe/assistance transzendentale Freiheit/transcendental freedom, siehe Freiheit/freedom Tugend/virtue 78 f., 86–88, 163–165, 202, 355, 471, 475, 478–480, 486 Überzeitlichkeit, siehe Zeit/time

502

Sachregister

unbewusst, siehe Bewusstsein/consciousness unconscious, siehe Bewusstsein/consciousness undecidedness, siehe Unentschiedenheit understanding, siehe Verstand Unentschiedenheit/undecidedness 5 f., 31 f., 50, 62, 272, 288–292, 318, 375, 378 f., 388, 447 – siehe auch Wille/will, Wollen/willing: Gleichgewicht der Willkür/equilibrium of free will Ungrund 43, 61 f., 203, 243 f., 251, 253 f., 259, 293, 295, 433 – siehe auch Indifferenz/indifference Universalwille/universal will, siehe Wille/ will, Wollen/willing Ursache/cause 23, 27, 194 f., 207 f., 257, 314 f., 317, 327–330, 349, 353 f., 363, 475 f. Ursprung des Bösen, siehe Böses/evil Urteil 40–48, 252 f. Verantwortung/responsibility 139 f., 146–149, 202, 258, 266 f., 274, 285 f., 301, 304, 311, 339, 349 f., 352, 355, 359, 363, 365, 368, 374, 392 f., 430 f. – siehe auch Zurechenbarkeit/imputability Vermögen zum Guten und Bösen/capacity for good and evil, siehe realer Begriff der Freiheit/real concept of freedom Vernunft/reason 36, 38–43, 47, 60–63, 78, 81 f., 87, 106, 184, 193, 200–202, 208 f., 327–330, 412 f., 415–420, 477 f., 489 – praktische Vernunft/practical reason 17–21, 32, 141, 193 f., 197, 201, 206, 208 f., 295 f., 299, 351, 356 f., 413, 417, 419 Verstand/understanding 30, 36–40, 45–47, 106, 143–146, 185 f., 204 f., 414–420, 476, 478 Versuchung zum Bösen, siehe Böses/evil Wahl/choice 197, 199 f., 202, 206, 209, 211, 271, 290 f., 299, 306 f., 317, 339, 341, 373, 387, 392 f., 412, 416, 419, 423, 451–453, 459 Welten, mögliche, siehe mögliche Welten Wesen/essence 41–46, 48–50, 53, 58–60, 103, 113–115, 124–129, 134–137, 151–154, 167, 210 f., 213, 218 f., 247–251, 253, 255–259, 265–272, 316–321, 331 f.,

334–338, 359, 366, 368, 388 f., 451–453, 490 – intelligibles Wesen/intelligible essence, intelligible being 6, 32, 64 f., 197 f., 265–267, 269–272, 276 f., 279, 283–292, 297–299, 323, 331, 334 f., 337, 341, 361–364, 367 Wille/will, Wollen/willing 18 f., 31 f., 37 f., 40, 47–51, 54, 185, 196–198, 201–211, 294–300, 302 f., 306–309, 314–316, 332–340, 342, 407–409, 414, 416, 419, 458 f., 468, 473–475, 482, 486 f. – Eigenwille/self-will, Partikularwille/ particular will 5–7, 140–144, 167 f., 170–172, 203, 206–211, 224 f., 232, 237, 289, 295–299, 302 f., 306, 308 f., 335, 339, 409, 413–415, 417, 458, 488 f. – Gleichgewicht der Willkür/equilibrium of free will 6, 31, 196–198, 200, 202, 211 f., 255, 288 f., 317 – Universalwille/universal will 5–7, 141, 167 f., 170–172, 203, 206–211, 224 f., 232, 237, 289, 295–298, 306, 308 f., 335, 339, 409, 413 f., 417, 419, 488 f. – Wille des Grundes/will of the ground 6, 204, 210, 300, 419 – Willensbestimmung 117, 350 f., 363 f. – siehe auch Free Will Defense – siehe auch Freiheit/freedom: Willkürfreiheit/libertas indifferentiae Willkürfreiheit, siehe Freiheit/freedom Wirklichkeit des Bösen, siehe Böses/evil yearning, siehe Sehnsucht Zeit/time 55, 97, 99, 200, 255, 257, 259, 265 f., 272 f., 275–278, 315 f., 319, 327–330, 334, 346–349, 352–356, 360, 362–364, 371–382, 385–391, 393 f., 397 f., 400, 402–404 – Überzeitlichkeit, Zeitlosigkeit/timelessness 20, 65, 67 f., 99, 199, 237, 255, 259, 266, 275, 283, 285 f., 316, 319, 334, 371, 374–380, 382, 385–388, 390 f., 393, 401, 403 – zeitliche Sukzession/temporal succession 273, 275, 346–349, 351, 353–355, 363 f., 375 – siehe auch Logik/logic: temporal logic

Sachregister

Zufall 258 f., 266 f., 281 f., 287, 290–292, 333, 335, 342, 432, 435 – siehe auch contingency Zurechenbarkeit/imputability 5, 140 f., 146–148, 199, 211, 265, 267–269, 273,

503

283–287, 305–307, 311, 328, 345–352, 354–357, 359, 363–367, 391 – siehe auch Verantwortung/responsibility