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German Pages 159 [160] Year 1979
Rede, Gespräch, Diskussion Theorie und Praxis von
Martin Panzenböck
w G_ DE
1979
Walter de Gruyter • Berlin • New York
SAMMLUNG GÖSCHEN 2092
Martin Panzenböck Rhetorik-, Personal- und Kommunikationstrainer an verschiedenen öffentlichen Institutionen in Wien
CIP-Kurztitelaufnahme
der Deutschen
Bibliothek
Panzenböck, Martin Rede, Gespräch, Diskussion : Theorie u. Praxis / von Martin Panzenböck. — Berlin, New York : de Gruyter, 1979. (Sammlung Göschen, Bd. 2092) ISBN 3-11-007749-3
© Copyright 1979 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J . Göschen'sche Verlagshandlung, J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung, Georg Reimer, Karl J. Trübner, Veit & Comp., 1000 Berlin 30 — Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Ubersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden — Printed in Germany — Satz und Druck: Walter de Gruyter, 1 Berlin 30 - Bindearbeiten: Berliner Buchbinderei Wübben Sc Co., 1 Berlin 42
Vorbemerkung Menschen, die über einen großen Wortschatz verfügen, die es verstehen, in Gesprächen und Diskussionen geschickt ihre Meinung zu vertreten und durchzusetzen, die die Fähigkeit besitzen, sich in jeder Situation und vor jedem Publikum unmißverständlich auszudrücken, finden immer und überall Anerkennung, ja Bewunderung. Viele glauben, diese Menschen seien von Natur aus begabt. Rhetorische Fähigkeiten sind jedoch Ergebnis eines langwierigen Bildungsprozesses und werden maßgeblich durch Faktoren der sozialen Umwelt beeinflußt; d.h., in Wirklichkeit werden diese Fähigkeiten erst im Laufe des Lebens erworben und durch fortwährendes Üben erlernt. Das trifft für alle Personen zu, die in irgendeiner Form mit Vortragsaufgaben betraut sind, insbesondere aber für solche, deren Beruf die Anwendung rhetorischer Fähigkeiten fordert. Dies bedeutet gleichzeitig, daß aus Gründen einer anschaulichen und verständlichen Sprechweise die erworbenen Sprechfähigkeiten in besonderer Weise zu schulen sind. Gerade deshalb sollte ein besonderes Augenmerk auf rhetorische Ausbildung gelegt werden, und zwar unter dem Gesichtspunkt, daß es jedem möglich ist, sein rhetorisches Verhalten durch Arbeit an sich selbst bis zu einem ansprechenden Niveau zu verbessern. Der hier vorgelegte praktische Wegweiser versucht, in komprimierter Form alle wesentlichen Aspekte rhetorischer Situationen zu erfassen und darzustellen. Er gibt ausgehend von der Struktur der Sprache und der ihr innewohnenden Ausdruckskraft konkrete Anleitungen zu rhetorischen Übungen, die den Leser befähigen sollen, Reden wirkungsvoller zu gestalten sowie Zwiegespräche, Verhandlungen und Diskussionen erfolgreicher zu bewältigen. Grundlage der inhaltlichen Gestaltung ist die Erkenntnis, daß Verständnis für das Wesen der Sprache und Beherrschung sprachlicher Wirkungselemente notwendige Voraussetzungen sind, um
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Vorbemerkung
Gesprächstechniken darauf aufzubauen und im jeweiligen Partnerbezug überzeugend und situationsgerecht anwenden zu können. Diesem Zweck dienen auch Hinweise zur Vorbereitung einer Rede und Ratschläge für das Halten von Reden. Bei der Auswahl der Beispiele und Übungen stand ebenso wie bei den allgemeinen Aussagen der Leitgedanke im Vordergrund: „Wie mache ich mich meinem Mitmenschen gegenüber besser verständlich und wie verstehe ich ihn besser", oder allgemeiner ausgedrückt: „Wie erreiche ich einen Austausch von Informationen, bei dem die beteiligten Gesprächspartner gleichermaßen aktiv teilnehmen". In die Darstellung eingeflossen sind viele Erfahrungen des Verfassers aus Rhetorikveranstaltungen und Kommunikationstrainings-Kursen, die sich reflektierend in einzelnen Methoden verdichteten. ,Reden können' hat in den vergangenen Jahren allgemein an Bedeutung gewonnen. Es gehört zu den Ausbildungsgrundlagen in der allgemeinen und beruflichen Erwachsenenbildung, und auch der Lehrer wird während seiner Ausbildung vielfach mit Sprecherziehung' vertraut gemacht. Im Unterrichtsgeschehen der Schule und Hochschule und in der Berufsausbildung bleibt jedoch Rhetorik, obwohl früher jahrhundertelang zentrales Anliegen jeder höheren Bildung, noch immer nahezu unberücksichtigt. Alle Bemühungen, kommunikatives und rhetorisches Training zum Bestandteil der Allgemeinbildung wie auch einer speziellen Berufsvorbildung zu machen, waren bisher ohne Erfolg. So läßt sich die Lücke gegenwärtig nur durch Selbststudium oder den Besuch einschlägiger Kurse der Erwachsenenbildung schließen. Das Buch will eine wesentliche Grundlage dafür sein. Wertvolle Hilfen und Anregungen erhielt der Verfasser von Univ. Prof. Dr. Walter Schöler (Universität für Bildungswissenschaften, Klagenfurt). Wien, im Oktober 1 9 7 8 Martin Panzenböck
Inhalt Vorbemerkung 1. Die 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7
Sprechtechnik Die Atemtechnik Die Aussprache Die Resonanz Die Artikulation Die Modulation Zusammenfassung
2. Die sprachliche Ausdruckskraft 2.1 Der Wortschatz 2.2 Das Definieren 2.3 Das anschauliche Sprechen 2.4 Verwendung von Fremdwörtern 2.5 Wortwahl und Wortkombinationen 2.6 Witz und Humor 2.7 Zitate 2.8 Wortspiele 2.9 Unwahre Behauptungen 2 . 1 0 Satzlänge 2.11 Zeitwort - Hauptwort 2 . 1 2 Zusammenfassung 3. Der 3.1 3.2 3.3 3.4
3 7 8 13 14 15 16 18 20 21 24 29 33 35 38 39 41 43 44 46 47
Dialog 49 Bedeutung des Zuhörens 49 Gesprächsformen 55 Fragetechniken 60 Gesprächstechniken 64 3.4.1 Das zielorientierte Gespräch 64 3.4.2 Das Gespräch unter dem Aspekt: Verbergen von Meinungen 80 3.4.3 Das Gespräch unter dem Aspekt der Aggressionsvermeidung,-dämpfung und-auflösung 89 3.4.4 Das Kritikgespräch 103 3.5 Zusammenfassung 105
6 4. Die Rede 4.1 Vorbereitungsablauf 4.1.1 T h e m e n - u n d Titel wähl 4.1.2 Ziel, Zweck, Zeit 4.1.3 Stoffsammlung, Stichwortkartei 4.1.4 Erstes Stichwortverzeichnis 4.1.5 Hauptteil 4.1.6 Einleitung und Schluß 4.1.7 Endgültiges Stichwortverzeichnis 4.1.8 Redeprobe 4.1.9 Überarbeitung 4.2 Beispiel einer Redevorbereitung 4.3 Tips für das Halten der Rede 4.4 Zusammenfassung
Inhalt 107 109 109 110 112 113 115 119 124 124 125 125 129 131
5. Die Diskussion 133 5.1 Die Diskussionsvorbereitung 135 5.1.1 Inhaltliche Vorbereitung 135 5.1.2 Personelle Vorbereitung 136 5.1.3 Räumliche Vorbereitung 137 5.2 Der Diskussionsleiter 139 5.3 Durchführung einer Diskussion 139 5.4 Durchführung einer Diskussion mit vorgeschaltetem Expertenreferat 145 5.5 Der Diskussionsteilnehmer 148 5.6 Zusammenfassung 153 Literatur
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Namen- und Sachregister
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1. Die Sprechtechnik Der Mensch kommuniziert vorrangig mit Hilfe der Sprache. Im Zusammenhang mit der Sprache werden Gedanken vermittelt, und zwar je nach dem, was sie umschreiben — kodiert in Lauten, Wörtern oder Sätzen. Unabhängig vom jeweiligen semantischen Gehalt, den eine Muttersprache entwickelt, werden Sprechtechniken verwendet, die sich im Verlaufe der anthropologischen Entwicklung des Menschen herausgebildet haben und sich auf die Sprechorgane (und deren zweckmäßigen Gebrauch) beziehen. Mit der Sprechtechnik beginnen daher die Überlegungen zur rhetorischen Sprechvermittlung (von nonverbalen Ausdrucksweisen abgesehen).
I
Grundvoraussetzung für jedes wohlklingende und damit ansprechende und wirksame Reden ist ein ausreichendes Maß an Kenntnissen und Fertigkeiten der Sprechtechnik.
Sprechtechnik umfaßt Atemtechnik, Artikulation, Resonanz und Modulation. Diese Faktoren beeinflussen die korrekte Lautausformung, speziell der Selbstlaute und die Resonanz der Stimme, das heißt die wohl ausgewogene Klangfülle. Stimmliche Modulation beeinflußt den Sinn des Gesagten und wird daher als eindrucksvoller Sprachstil wahrgenommen. Getragen wird der Sprechvorgang von einer guten Atmung. Die Aussprache ist letzten Endes Ergebnis sprechtechnischer Übung. Kirchner bestärkt diese Aussage in seiner ,Dialektischen Rhetorik':
„Eine gute und deutliche Aussprache ist wichtig. Dabei ist es gleichgültig, ob Sie Hochdeutsch oder eine Mundart sprechen oder die Mundart nur anklingen lassen. J e besser Sie die einzelnen Selbst- und Mitlaute in Ihrem Mund formen und aussprechen, desto besser werden Ihre Zuhöhrer Sie auch verstehen." [12, S. 128]
1. Die Sprechtechnik
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In dieser Überlegung klingt bereits an, daß es nicht unbedingt erforderlich ist, einwandfrei Hochdeutsch sprechen zu können, um beim Reden selbst wirkungsvoll zu sein. Es ist durchaus vertretbar, ja oft sogar ansprechender, den Hauch der Mundart oder des Dialekts anklingen zu lassen. Abzulehnen ist jedoch eine dialektgeprägte Sprechweise, die das rationale Verständnis sowohl des Sprechenden als auch der Zuhörenden zumeist begrenzt. Sprache als Kommunikationsmittel setzt voraus, sich in jener Sprechweise äußern zu können, in der Kultur sich manifestiert. Alles andere würde überdies zu schichtenspezifischen Benachteiligungen führen, da Bildung im wesentlichen stets durch Hochsprachen vermittelt wird, sprachliche Fähigkeit also stets Anteilnahme am kulturell-gesellschaftlichem Entwicklungsstand bedeutet. Als ideal könnte es angesehen werden, sowohl gutes hochdeutsch, als auch mundart- oder dialektgefärbt sprechen zu können, und zwar im Hinblick auf Kommunikationsbeziehungen in einem bestimmten Kreis, verbunden mit einer gezielt eingesetzten breiteren Spannbreite der sprecherischen Wirkungsweise. Unabhängig von der gesellschaftlich-kulturellen Verflechtung sprachlicher Kommunikation, aber doch in einem gewissen Zusammenhang damit — zumindest was die Ausdrucksfähigkeit betrifft — stehen die bereits genannten Grundbestandteile der Sprechtechnik, die in der Folge dargestellt werden sollen.
1.2 Die Atemtechnik Basis jedes guten Sprechens ist der sprechwirksame Einsatz der Atmung. Das erkannten bereits die alten Inder. Ihr Spruch lautete: Der Atem ist der Regler aller Dinge! Lemmermann präzisiert dies im ,Lehrbuch der Rhetorik': „Beherrschung guter Atemführung ist Voraussetzung für gutes und resonanzreiches R e d e n . " [13, S. 10]
Auf die besondere Relevanz der Atemtechnik für die Sprechweise weist auch Drach hin:
1.2 Die Atemtechnik
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„Sprechen ist, physiologisch gesehen, Ausatmen. Zweckmäßig sprechen heißt also zunächst richtig atmen!" [vgl. 2 2 , S. 20]
Um sich die Auswirkung des Atmens auf das Sprechen bewußt zu machen, sei zunächst der physische Prozeß der Atmung beschrieben. Das Bewußtwerden der möglichen Atmungsvorgänge ist deshalb wichtig, um den Einfluß der Atemtechnik auf den Sprechvollzug kennenzulernen. Beobachtet man zum Beispiel einen Schlafenden, so stellt man fest: das einzige, das ein Mensch beim Schlafen braucht, ist Luft! Luft, die er unter kleinstmöglichem Aufwand einatmet. Dem Menschen wird nicht gelehrt, wie er — vor allem wirtschaftlich, das heißt mit kleinstem Kraftaufwand — atmen soll. Atmung dient der Versorgung des Körpers mit Sauerstoff, also der Lebenserhaltung; dabei ist zunächst vom Einfluß der Atmung auf das Sprechen noch nicht die Rede. Der Mensch reguliert den Atmungsvorgang durch natürliche Organe und atmet vor allem mit Hilfe der Bauchdecke (Zwerchfell). Die Bauchdecke hebt sich, die Lunge kann sich in ihrem unteren Bereich dehnen, Luft strömt in die Lunge ein. — Die Bauchdecke senkt sich, Druck wird auf die Lunge ausgeübt, die verbrauchte Luft wird herausgepreßt, der Mensch atmet aus. Neben der Bauchatmung, gibt es die Flanken- und Brustatmung. Ist die Atmung beim Schlafenden reduziert, so wird in den meisten Fällen tagsüber — je nach Betätigung oder Lage des Körpers — eine Verbindung zwischen den Atmungsbereichen hergestellt oder eine Akzentuierung auf einzelne Atemformen vorgenommen. Wird Sprechen als Tätigkeit ausgeübt, wird Atmung gestuft vollzogen, und zwar zunächst durch Zwerchfellatmung, dann durch Flankenatmung und gegebenenfalls zur weiteren Unterstützung noch durch Brustatmung. Bei der Flankenatmung werden die unteren Rippen in die Höhe und auseinandergezogen; dadurch kann sich der untere Teil der Lunge mit Luft füllen. Zum Bewußtsein gelangt diese Form der Atmung, wenn die Hände über dem Kopf zusammengeschlossen werden und ein- beziehungsweise ausgeatmet wird. Zum Unterschied zur Zwerchfellatmung erfordert diese Form der Atmung einen größeren Kraftaufwand.
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1. Die Sprechtechnik
Eine andere Atmungsart, die Brustatmung, ist für viele der Inbegriff des Atmens schlechthin. Dabei werden die oberen Rippen hoch- und auseinandergezogen; dadurch wird die Lunge in ihrem oberen Teil geweitet, Luft wird eingezogen. Sehr oft wird dabei auch noch das Schlüsselbein in die Höhe gezogen, um scheinbar viel Luft in die Lunge saugen zu können. Das Brustatmen kommt einem zum Bewußtsein, wenn man die ausgestreckten Arme hinterrücks vereinigt und atmet. Der Zusammenhang zwischen Atmung und Sprechen ist eindeutig. Atmung ist deshalb so bedeutsam, weil ohne richtige, das heißt ökonomisch eingeteilte Atmung Redner leicht in Schwierigkeiten geraten! Die Einteilung der Luft wirkt sich nicht nur auf eine klare Sprechweise aus, sondern beeinflußt darüber hinaus den Sinn des Gesprochenen. Ringt man beispielsweise mitten im Redefluß nach Luft, so wird die Verständlichkeit des Gesprochenen beeinträchtigt. Wiederholt sich dieser Vorgang, so entgleitet dem Sprecher durch die nun notwendige Konzentration auf das Atmen nicht nur der Zuhörer, sondern auch der Sinngehalt des Gesprochenen. Hinzu kommt folgendes: Ohne Atem könnten wir unsere Sprechmotorik gar nicht in Gang setzen. Das heißt konkret, daß der Sprechvorgang von einer regulierten und richtig dosierten Atmung abhängt. Dies geschieht optimal durch die Vollatmung. Diese ist, wie bereits erwähnt, eine Kombination aus Zwerchfell-, Flanken- und Brustatmung, wobei die Zwerchfellatmung für den Sprechvorgang am wichtigsten ist. Eine reine Einzelatmungsmöglichkeit gibt es nicht. Dazu äußert sich auch Gerathewohl: „Der menschliche Körper stellt keine Summe einzelner voneinander getrennter und für sich bestehender Muskelgruppen dar, sondern ist, wie es überall in der Natur geschieht, vom Prinzip des ,Eines oder Alles' bestimmt. Einen völlig .ungemischten' Atemtypus gibt es nicht, nur eben Vorgänge beim Atmen, bei denen die eine oder die andere Muskelgruppe überwiegend in Tätigkeit tritt." [8, S. 19]
Deshalb sollte sich jeder bemühen, beim Sprechen eine richtig akzentuierte Vollatmung einzusetzen.
1.2 Die Atemtechnik
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Einfluß auf das Sprechen hat darüber hinaus das Einatmen durch die Nase; dies geschieht • •
um die Atemluft auf diese Weise vorzuwärmen und zu reinigen, was Heiserkeit verhindert, um schnell und unhörbar einatmen zu können, wodurch Atemgeräusche vermieden werden.
Gleichmäßiges Sprechen erfordert langsames Ausatmen, um das Gesprochene fließend auszuformen. In der Realität bleibt allerdings oft nur zum Nachatmen Zeit, und gelegentlich muß auch durch den Mund eingeatmet werden, denn •
•
durch die Nase kann nur relativ langsam eingeatmet werden; beim schnellen Einatmen durch die Nase entsteht der Eindruck eines Schnaufers, durch das volle Einatmen während des Sprechens werden oft an unpassenden Stellen zu lange Pausen verursacht.
Ausgeschlossen werden muß hier das seelische Atmen, wie es Hermann nannte [vgl. 10, S. 58], Das seelische Atmen spiegelt emotionale Affekte, wie zum Beispiel Schreck, Schmerz, Freude, für die das hörbare Atmen der unmittelbarste und eindrucksvollste Ausdruck ist, was sich unter anderem beim Sprechen auch bewußt einsetzen läßt. In gewisser Weise wird hier das Atmen selbst zur kommunikativen Vermittlung von Empfindungen oder gedanklich empfundener Situationen. Atmen ist hier Sprache oder unterstützt wirksames Sprechen. Um die für das Sprechen notwendige und zweckmäßige Vollatmung zu erlernen, bedarf es der Ausdauer und unermüdlichen Übung. Damit wird am Ende erreicht, daß man sich während einer Rede unabhängig vom Atemvorgang voll auf das Was und Wie des Vorzutragenden, konzentrieren kann. Atemübungen Bei Atemübungen sind auch verschiedene damit verbundene Grundsätze für sprechtechnische Übungen zu beachten.
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1. Die Sprechtechnik
Grundzüge für sprechtechnische
Übungen
•
Überall dort üben, wo keine äußeren Störfaktoren einwirken
•
Nur bei guter Luft üben (bei geöffnetem Fenster, im frisch gelüfteten Raum, im Freien)
•
Versuchen, immer möglichst geräuschlos einzuatmen
•
Keine beengende Kleidung, vor allem keinen eng geschnallten Gürtel tragen
•
Beginnen, Atemübungen mit Sprechübungen zu verbinden, wobei es zunächst darauf ankommt, mit laut vernehmbarer Stimme zu sprechen
Die Atemübungen lassen sich am besten mit der Aussprache von solchen Buchstabengruppen durchführen, die beim Ausatmen deutlich artikuliert werden. Das Üben selbst vollzieht sich unter Beachtung folgender Gesichtspunkte: •
Vollatmung einsetzen
•
Tief einatmen — langsam ausatmen. Wichtig ist, daß das Ausatmen ohne jeder Druckempfindung vonstatten geht, und daß man sich der Dauer des passiven Ausatmungsstromes bewußt wird. Tief einatmen — auf einigen Konsonanten langsam ausatmen, wie zum Beispiel auf sch, s, f und w Diese Übung ist deshalb besonders wertvoll, weil durch sie gelernt wird, während des Sprechens auszuatmen.
•
•
Tief einatmen, mit dem Atemvorrat haushalten, das heißt an- und abschwellend auf sch, s, f und w ausatmen Damit wird der Zweck verfolgt, die Voraussetzungen für eine effektvolle Modulation und Resonanz zu schaffen.
•
Lesen von Texten unter Einsatz der Vollatmung; langsam lesen und an geeigneten Stellen dosiert ein- und ausatmen.
Wird man bei Atemübungen beobachtet, so sollte man sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Rhetorische Übungsphasen tragen oft Spötteleien aus der nicht mit dem Training befaßten Umgebung ein.
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1.3 Die Aussprache
1.3 Die Aussprache In Verbindung mit der Atmung wird besonders die Aussprache reguliert. Wesentlich für die Aussprache ist die Ausformung der Selbstlaute, die im Grunde genommen die Aussprache vom vokalischen Klang her erheblich beeinflußt. Zwar spielt bei der Aussprache auch die deutliche Artikulation der Mitlaute eine Rolle, jedoch können diese für sich allein genommen keine Klangausformung bewirken. Daher wird die Betonung auf das Üben der Selbstlaute gelegt. Dies geschieht in Verbindung mit einer besonderen Lippenstellung, so daß die Mundöffnung quasi die Lautbildung mit Hilfe der Atmung reguliert. =
i
O
e
O
O
a o Lippenstellung
o
u
Die Bildung der Selbstlaute soll an Übungsaufgaben und an einem Übungsbeispiel verdeutlicht werden. Übungsaufgaben • Tief einatmen, für jeden einzelnen Selbstlaut einen Atemvorgang verwenden, auf a, e, i, o, u ausatmen • Tief einatmen, während eines Ausatmungsvorganges auf alle nacheinander gesprochenen Selbstlaute a_e_i_o_u ausatmen • Tief einatmen und während eines Ausatmungsvorganges auf ma_me_mi_mo_mu ausatmen. Diese Übung anschließend mit den Mitlauten t und s durchführen. • Lesen eines Textes, wobei sämtliche Selbst-, Um- und Zwielaute möglichst lange angehalten werden sollen (mit Ausnahme der Selbstlaute als Endlaute beziehungsweise in Endsilben). Übungsbeispiel: „Dem lahmen Asiaten sah man niemals an, was er dachte. Abraham jagte der Jacht samt ihrer achtköpfigen Bemannung der ganzen adriatischen Küste entlang nach, dann gelang es Andreas, die waghalsige Bande zu fangen. Der um das Erbe geprellte ehrliche Sekretär des Herzogs verhehlte seinen
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1. Die Sprechtechnik
berechtigten Ärger keineswegs. Ich gestehe, daß die Ehre des netten Mädchens nicht unerheblich verletzt ist. Die Ähren der Gerste sind von denen des Weizens verschieden. Er zielt aus der Zille auf die flink flitzenden Fischchen, die wir Stichlinge nennen. Ich bin das Ziel dieser Biene und werde binnen kurzem ihr Opfer sein. Diese übermütigen Iren wollen ihren Irrtum nicht einsehen. Es kollerte und bollerte und holperte und stolperte über Stock und Stein. Tom spielt im hohen Dom die Orgel. Die Sonne kommt hinter den Wolken hervor. Thomas bekam seinen Wochenlohn im Klosterhof. Zu seiner großen Not kam noch der Hohn und Spott unguter Kollegen. Eine Gruppe junger Burschen versuchte den Turm zu erstürmen. Die Mutter war über das lange Ausbleiben des Jungen tief beunruhigt. Die Furcht trieb ihn zur Flucht. Ruf den Jungen, Punktum und Schluß! Es wuchsen dunkle Ulmen und Buchen rundum. Die ewigen Verschwörungen erschweren den regierenden Herren das Leben, das tröstet den zerstörungslustigen Pöbel. Die böhmische Gräfin erfleht in ihren Gebeten göttlichen Segen für den verehrten König und die Königin. Er führt den Fürsten über Gründe und Schlünde. Nimm Rücksicht auf die vielen Mütter. Müde müssen wir wieder zurück. Der Schüler schielt hinüber. Meide seinesgleichen, er meint's nicht treu. Er zeigt vor Zeugen das verbeulte Fahrrad. Er liefert heiter heute die Häute. Sie kam heiser von der weiten Reise." [2, S. 19 ff.]
1.4 Die Resonanz Neben der Atmung spielt die Resonanz beim Sprechen eine wichtige Rolle.
I
Fehlt dem Sprechen ein genügendes Ausmaß an Tragweite (Füllklang), ist die Wirksamkeit des Sprechens herabgesetzt (was Undeutlichkeit zur Folge hat).
Zur Verbesserung der Resonanz dienen folgende Übungen: Übungsaufgaben: •
Tief einatmen, langsam und laut jeweils auf m, n und ng ausatmen
1.5 Die Artikulation
•
•
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Tief einatmen, für jede einzelne Silbe einen Ausatmungsvorgang aufwenden, ausatmen auf: bam, bem, bim, bom, bum ban, ben, bin, bon, bun bang, beng, bing, bong, bung Lesen eines Textes, wobei m, n und ng lange und klangvoll angehalten werden sollen.
Übungsbeispiel: Bei auslautendem ng darf nicht etwa ein k zu hören sein! Mir wird bang, wenn am Rande die Ringe hängen. Am Anfang ist der Drang nach Vollständigkeit groß. Die Menge möchte unseren Onkel gern sehen. Der Mond verschwand langsam hinter den Wolken. Der Mann gab der Nixe einen Namen. Die Vereinigung der Mitmenschen war für ihn eine enorme Belohnung. Der Jüngling konnte der Bedrängung nicht standhalten.
1.5 Die Artikulation Deutliche Aussprache ist weiterhin abhängig von einer entsprechenden Artikulation. Artikulation des Sprechens verschärft sprachliche Intonation. Artikulation ist dort wichtig, wo deutliche Aussprache zugleich Sinnunterschiede herausstellen soll. Zum Beispiel sollen die Zuhörer nicht Eingeweide verstehen, wenn von Eingeweihten die Rede ist. Mangelnde Artikulation führt oftmals dazu, daß nur die Stammsilben verstanden und Zwischen- und Endsilben beziehungsweise auch Endlaute vom Sprecher gleichsam verschluckt werden und damit von den Zuhörern gedanklich ergänzt werden müssen. Dies machen folgende Beispiele deutlich: Übungsaufgaben: Text mit möglichst lauter Flüsterstimme (ohne jeden Klang in der Stimme) lesen, wobei speziell
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1. Die Sprechtechnik
•
überdeutlicher Unterschied zwischen den Geräuschlauten p, t, und k und den Klanggeräuschlauten b, d, g herausgearbeitet werden sollte, • die Geräuschlaute f, ch, sch, s (stimmlos) und z länger angehalten werden sollten, • die Endsilben und Geräuschendlaute merklich überbetont gesprochen werden sollten. Beim wiederholten Lesen ausgewählter Texte empfiehlt es sich, die Lesegeschwindigkeit zu variieren, wobei etwa alle zehn Sekunden die Tempophase, wie folgt, verändert wird: • Langsam lesen — Übergang zu normalem Lesetempo — normales Lesetempo — Übergang zu schnellem Lesen — schnelles Lesetempo — Übergang zu normalem Lesetempo — usw. Übungsbeispiel: „Die Eiche und das Schwein. Ein gefräßiges Schwein mästete sich unter einer hohen Eiche mit der herabfallenden Frucht. Indem es die eine Eichel zerbiß, verschluckte es bereits eine andere mit dem Auge. ,Undankbares Vieh!' rief endlich der Eichbaum herab. ,Du nährst dich von meinen Früchten, ohne einen einzigen dankbaren Blick auf mich in die Höhe zu richten!' Das Schwein hielt einen Augenblick inne und grunzte zur Antwort: ,Meine dankbaren Blicke sollten nicht ausbleiben, wenn ich nur wüßte, daß du deine Eicheln meinetwegen hättest fallen lassen.'" [vgl. 3, S. 52]
1.6 Die Modulation Mit guter Atemtechnik, guter Lautausformung der Selbstlaute, ausreichender Resonanz und prägnanter Artikulation sind die Voraussetzungen geschaffen, um mit Hilfe der Sprechtechnik die Stimme bewußt als sprecherisches Ausdrucksmittel verwenden zu können. Besonderen Einfluß auf die Wirkung des Sprechens nimmt dann aber auch die Modulation. Modulation bedeutet in diesem Zusammenhang rhythmischer Wechsel der sprachlichen Intonation in Verbindung mit bewußten Hervorhebungen und Senkungen der Stimme. Man kann langsam und schnell, laut und leise, hoch und tief sprechen — oder jede beliebige Kombination wählen — und darüber hinaus
1.6 Die Modulation
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der Stimme den Charakter der Freundlichkeit, Traurigkeit, Heiterkeit oder Ironie usw. verleihen. Gerade die Stimme beeinflußt die sprachliche Ausdrucksform. Modulation motiviert den Zuhörer, weil sprachlicher Ausdruck beziehungsweise sprachliche Argumentation in der jeweiligen sprecherischen Situation die dazugehörige Stimmung erzeugt, womit die Bedeutung der sprachlichen Aussage unterstützt wird. Modulation bringt in das Sprechen eine schauspielerische Note hinein. Stimme wird aussagekräftig gestaltet. Es ist leicht zu beobachten, daß, je nach dem Sinn des Satzes, die einzelnen Worte mit unterschiedlicher Tonhöhe und Tontiefe gesprochen werden und außerdem jedem Satz eine ihm eigene Melodie verliehen wird. Meist geschieht dies vom Sprecher unbewußt. Ziel des Sprechtrainings sollte es jedoch sein, seine Stimme bewußt zu modulieren, um die Wirkung des Sprechens zu erhöhen. Auch dies sei an einigen Übungsbeispielen näher erläutert. Übungsbeispiele: Für die folgende Übung sind Satzbeispiele vorgegeben, die jederzeit erweitert werden können. Jeder Satz erfordert eine bestimmte Modulation, um die entsprechende Aussage sinngetreu und damit redewirksam zu gestalten. (Sprechen Sie die Sätze auf Tonband und überprüfen Sie deren Wirkung.) Kalte Höflichkeit: Ich freue mich selbstverständlich, daß Sie die Arbeit so schnell erledigt haben. Aber bitte, nehmen Sie doch Platz! Wie haben Sie das Problem ,Büromiete' gelöst? Pedanterie: Ich möchte Sie noch einmal darauf aufmerksam machen, daß die Arbeiten bis ins Detail genauestens ausgearbeitet werden müssen. Bis ins kleinste Detail! Wir müssen ständig an uns arbeiten, bis zur Vollkommenheit! Sehnsucht: Wie schön wird unser Urlaub werden. Wenn ich an den lieblichen, kleinen Ort in dem engen Tal denke, — ringsum grüne Wiesen, hohe Berge! Ich möchte am liebsten gleich alles liegen und stehen lassen und dorthin fahren!
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1. Die Sprechtechnik
Bitte: Liebes Fräulein Müller, bitte könnten Sie so lieb sein, mir schnell diesen Aktenvermerk schreiben? Ich brauche ihn sehr dringend. Bitte lassen Sie mich — so wie immer — nicht im Stich! Ich danke Ihnen dafür! Befehl: Schreiben Sie diesen Aktenvermerk. Schreiben Sie ihn eineinhalbzeilig. Er darf keinen Tippfehler enthalten! In spätestens einer halben Stunde möchte ich ihn fertig auf meinem Schreibtisch haben! Ich benötige ihn dringend. Zorn: Jetzt haben Sie schon wieder einen Fehler gemacht in dem lächerlichen, kurzen Aktenvermerk! Es ist zum Weinen mit Ihnen! Alles muß man sich selbst machen! Verschwinden Sie von der Schreibmaschine, oder ich werfe Sie hinaus! Haß: Dieser elende Kerl ist an allem schuld. Gnade Gott ihm, wenn ich ihn erwische und in meine Hände bekomme! Ich werde mich an ihm rächen! Er wird es sich überlegen, solche Dinge noch einmal zu tun! Jubel: Endlich, wir haben's geschafft! Wir sind fertig! Alle Mühe hat sich gelohnt! Fein fein, wir haben unser Ziel erreicht! Angst: Hast Du das gehört? Waren das Schritte? Wer kommt da? Sei ruhig, damit man uns nicht hört, wir sind ja ganz allein und können uns nicht wehren! Schweig bitte um Himmels willen. Ironie: Auch wenn es Ihnen schwer fallen sollte, einmal einen Brief fehlerlos zu schreiben, beanspruchen Sie bitte endlich einmal Ihre von mir noch nicht bemerkten Fähigkeiten!
1.7 Zusammenfassung Aus allen Übungen zu den sprechtechnischen Grundvoraussetzungen ergibt sich die Bedeutung einer Sprechtechnik. Ist Sprechtechnik einerseits identisch mit wirksam eingesetzter Atmung, dem vollen Auslaut des Klanges von Selbstlauten und Konsonanten in Verbindung mit Ausatmungsvorgängen, so verweisen Artikulation und Modulation als bereits höhergradige Varianten der Sprechtechnik auf ausdrucksvolles Sprechen und Bewußtmachen der semantischen Sprachgehalte. Atmung trägt sprechtechnisch ausgeformt zur deutlichen Aussprache und zum Ver-
1.7 Zusammenfassung
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ständnis inhaltlicher Beziehungen bei. Artikulation, Resonanz und Modulation formen den Klang der Stimme und somit die Wirkungsweise deutlichen Sprechens aus. Sprechtechnik richtig verwendet, vergrößert so die Fähigkeit eindrucksvollens Sprechens. Die sprachliche Ausdruckskraft selbst hängt jedoch von einer Reihe weiterer Faktoren ab.
2. Die sprachliche Ausdruckskraft Die sprachliche Ausdruckskraft trägt neben der Sprechtechnik wesentlich dazu bei, Deutlichkeit der Sprache zu erwirken und Verständnis des Gesprochenen zu erzielen. Sprachliche Ausdruckskraft führt dazu, einmal gefaßte Gedanken deutlicher in das Bewußtsein des Gesprächspartners zu stellen, so daß die Übertragung von Informationen in einem optimalen Sinne gewährleistet wird. Im Zusammenhang mit dem sprachlichen Ausdruck kommt es jedoch oftmals zu Kommunikationsstörungen. •
Wie oft passiert es, daß einem etwas auf der Zunge liegt und doch nicht über die Lippen kommt,
•
wie oft passiert es, daß wir etwas plausibel darstellen wollen, mit dem Ausdruck aber ringen, um möglichst exakt und präzise zu formulieren,
•
wie oft passiert es, daß wir Fremdwörter an unpassender Stelle gebrauchen, um bei den Zuhörern Eindruck zu machen und wie oft passiert es umgekehrt diesen, daß sie mit Fremdwortspezialisten konfrontiert werden und nicht Paroli bieten können,
•
wie oft passiert es, daß wir unvollständige Sätze formulieren, einfach aus dem Grund, weil wir schachteln, schachteln und schachteln und dann keinen Deckel als sinnvollen Abschluß mehr finden.
Wie oft passiert es, daß unser Gesprächspartner uns aus den genannten Gründen nicht versteht. Ist er nun ein Dummkopf, der uns nicht verstehen kann, oder liegt es an unserer Ausdrucksfähigkeit? Damit es nicht mehr so oft passiert soll ein wirkungsvolles Sprechen deshalb vom Standpunkt sprachlicher Ausdrucksfähigkeit betrachtet werden. Diese läßt sich zweifellos steigern.
2 . 1 Der Wortschatz
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2.1 Der Wortschatz Die Fähigkeit, sich sprachlich auszudrücken, ist Wesen jeder sprachlichen Vermittlung. Dazu gehört zunächst ein ausreichender Wortschatz. Je größer der Wortschatz, desto besser wird die sprachliche Ausdruckskraft sein. Nur mit Hilfe des Wortschatzes können Gedanken, verwendete Begriffe der Sache nach klar und auf den Zuhörer bezogen dargestellt werden, lassen sich Aussagen pointiert treffen, Sachverhalte von verschiedenen Seiten beleuchten, um das Verständnis zu vertiefen. Jeder von uns besitzt zwei Arten von ,Wortschatz', und zwar den aktiven und den passiven. Der aktive Wortschatz ist der Begriff für die Summe jener Wörter, die beim Sprechen Verwendung finden, unter dem passiven Wortschatz verstehen wir demgegenüber jene Wörter, die zwar — wenn sie gehört oder gelesen werden — dem Sinn nach klar sind, die jedoch bisher nicht in den Sprachgebrauch eingeflossen sind. Daher gilt es, Mittel und Wege zu finden, den passiven Wortschatz zu aktivieren, um auf diese Weise den aktiven Wortschatz zu vergrößern. Wichtige Hinweise, gerade für die sprachliche Ausdrucksweise gibt Gerathewohl, wobei allerdings auch schon der didaktische Aufbau einer Redeübung anklingt: „Beobachten Sie, wie andere sich im Gespräch äußern, besuchen Sie Versammlungen, hören Sie auf Rundfunkvorträge, und fragen Sie sich jeweils, was wohl die Gründe der größeren und geringeren Wirkung waren. Achten Sie dabei auf die Stimmführung (Lage, Stärke, Klangfarbe der Stimme) und die Sprechart (Mundart, Deutlichkeit) des Redners, sowie darauf, ob und inwieweit es ihm gelungen ist, sich in seine Hörer einzufühlen, den Vortrag seiner Aufgabe und Absicht gemäß aufzubauen, etwaige Einwände zu berücksichtigen, seine Gedanken sinnfällig zu veranschaulichen (Beispiele, Anekdoten, Bilder) sowie eine geschickte Einleitung und einen wirksamen Schlußteil zu finden. Beschränken Sie sich bei Ihren Hörübungen aber nicht auf eine bloße Kritik, sondern fragen Sie sich auch, wie anders wohl Sie selbst gesprochen, oder was Sie zu erwidern hätten." [22, S. 10]
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2. Die sprachliche Ausdruckskraft
Hinzuzufügen wäre noch folgende Anleitung: Lesen Sie! Aber nicht leise, noch dazu vielleicht im Stile des Überfliegens, sondern deutlich betonend und bewußt, denn damit können Sie Ihren Wortschatz am besten erweitern! Lesen S'.e laut. Sie können sogar ein Spiel daraus machen. Lesen Sie Ihrem Bekanntenkreis Kurzgeschichten, Satiren oder Auszüge aus Büchern vor, die Sie besonders angesprochen haben. Dies ist nicht nur eine Übung zur Vergrößerung des Wortschatzes, sondern zugleich auch ein Training sprechtechnischen Könnens und sprachlicher Gewandtheit. Beim Lesen ist man gezwungen, gut akzentuiert und wirkungsvoll vorzutragen, da sich im gegenteiligen Fall die ,Zuhörer' langweilen.
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Stößt man auf Wörter, deren Bedeutung nicht einwandfrei bekannt ist, dann hilft nur der Griff zum Wörterbuch.
Das Wort und dessen Bedeutung werden aufgeschrieben, die Notizen gelegentlich wiederholt und das betreffende Wort bei künftigen Gesprächen angewandt. Auf diese Weise wird ein Wort, das zunächst noch nicht bekannt war, dann dem passiven Wortschatz angehörte, allmählich in den aktiven Wortgebrauch einfließen. Däs gleiche geschieht beim Hören oder Lesen von treffenden Formulierungen. Treffende, prägnante Formulierungen zu finden, heißt aber auch, über ein ausreichendes Maß an synonymen Wörtern im aktiven Wortschatz zu verfügen. Hier gibt es zahlreiche Wörterbücher, denen sinnverwandte Wörter entnommen werden können. Reiners empfiehlt in diesem Zusammenhang: „Wer eine Rede auszuarbeiten oder einen Aufsatz zu schreiben hat: In diesem Buch [5] findet er die notwendigen Worte, um seinen Ausdruck abwechslungsreich und vor allem genau zu gestalten. Bei dem Stichwort ,kalt' finden wir zum Beispiel die Wörter: abkühlen, auskühlen, erkalten, erstarren, vereisen, vergletschern, Feuer erlischt, geht aus, abkühlen, abschrecken, eisen, erfrischen, erquicken, fächeln, glacieren, härten, kühlen, kalt stellen, abhärten, auslöschen, löschen, das Feuer dämpfen, das Feuer
2.1 Der Wortschatz
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unterdrücken, arktisch, bereift, eisig, frisch, frostig, kalt, kühl, polar, sibirisch, starr, unaufgetaut, vereist, winterlich, unter Null, eingekühlt, bitter kalt, eiskalt, grimmig kalt, hundekalt, naßkalt, schneidend kalt, saukalt, lausig kalt . . . " [17, S. 35]
Nicht nur eine treffende Wortwahl, sondern auch die Verwendung synonymer Aussagen und entsprechender Gegenüberstellungen verstärkt die Wirkung des Gesprochenen.
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Eine weitere Möglichkeit, an der Erweiterung seines Wortschatzes zu arbeiten, ist die Gleichnissprache.
Sie betrachtet im Vergleich das Für und Wider, das Pro und Kontra, die Vor- beziehungsweise Nachteile, und zwar jeweils bezogen auf den neutralen, den subjektiven und den entgegengesetzten Standpunkt. Als Beispiel sei dazu angeführt:
Neutral, die einfache Tatsache: Der Staatsbürger muß Steuern zahlen. Subjektiv: Der Preis für die individuelle Sicherheit und für die Gesamtordnung in einem Staat ist die Steuer. Gegnerisch: Der Staat beraubt seine Staatsbürger durch Erheben von Steuern. Im Gleichnis, neutral: Niemand entrinnt dem Tod, so wie man der Lohnsteuer nicht entrinnen kann. Im Gleichnis, subjektiv: So wie jede Institution für ihre Dienstleistungen Preise verlangen muß, um bestehen zu können, muß der Staat von seinen Staatsbürgern als Preis für die gebotene individuelle Sicherheit und für die Sicherung der Gesamtordnung Steuern einheben. Im Gleichnis, gegnerisch: So wie sich der Marder in den Hühnerstall stürzt und die arbeitsamen Bauern schädigt, stürzt sich der Staat auf die Lohntüten der arbeitenden Staatsbürger. Günstig für Wortschatzübungen bezogen auf die Gleichnissprache wäre es, ebenfalls Notizen zu machen. Man legt sich am besten ein Büchlein an, in das Aussprüche sowie Beispiele aus der Gleichnissprache eingetragen und gesammelt werden. Ihr Wortschatz wird wachsen und die Ausdrucksfähigkeit ständig zunehmen.
2. Die sprachliche Ausdruckskraft
2.2 Das Definieren Mit dem Wortschatz allein läßt sich sprachlicher Ausdruck zwar vergrößern, keinesfalls aber vom logischen Sinn her in jedem Fall schon eindeutig strukturieren. Um das zu erreichen, sind Begriffe zu bilden, beziehungsweise in ihren Merkmalen näher zu beschreiben.
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Die Fähigkeit, sagen zu können, was man unter verwendeten, das heißt verbalisierten Begriffen versteht, nennt man definieren.
Definieren geschieht als Begriffsklärung konkret und Begriffsbildung abstrakt. Man nennt grundsätzlich Aussagen in abstrakter Form oder beschreibt Begriffe mit anschaulichen Details. Beide Aspekte sollen unter dem gemeinsamen Begriff Definieren erläutert werden. Die Bedeutsamkeit und Wirksamkeit von Definitionen zeigt nachstehende Graphik: Verwendung eines Begriffes
unterschiedliche
(konkret)
(abstrakt)
Konfrontation
Mißverständnisse
Klärung des Gemeinten durch Definition
Die Graphik regt zum Nachdenken an. Sie zeigt zunächst die Struktur des logischen Redeaufbaus. Man muß damit rechnen, daß die Zuhörer oftmals die gleichen Begriffe verwenden, jedoch
2 . 2 Das Definieren
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Unterschiedliches interpretieren. Daraus ergeben sich in der Konfrontation Mißverständnisse, die aber vermieden werden können, wenn genau definiert wird, was — konkret oder abstrakt — tatsächlich gemeint ist. Wie oft wird nach einem Vortrag, in einem Zwiegespräch oder in einem Unterrichtsgespräch, in einer Diskussion oder in einer Mitarbeiterbesprechung aneinander vorbeigeredet, weil in den Ausführungen klare Definitionen gefehlt haben. Aus diesem Grund entstehen oftmals sogar persönliche Antipathien und gelegentlich auch Aggressionen.
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Man sollte daher stets bedenken, daß die Menschen ein und dasselbe Wort verschieden verwenden und interpretieren!
Das hat seinen Grund darin, daß wir häufig Begriffen verschiedene Sachen, Dinge, Personen zuordnen, Abstraktes jeweils mit Konkretem assoziieren, und zwar subjektiv Unterschiedliches, so daß Mißverständnisse im Hinblick auf die Bedeutung entstehen können. Hierzu tragen auch unterschiedliche Erlebnisse und Erfahrungen, sowie reflektierte Ge- und Verbote, moralische und ethische Normen, Vorurteile usw. bei.
Sprachlich ausdrucksvolles Definieren geht aufgrund unterschiedlicher begrifflicher Assoziationen von der Voraussetzung aus, daß in den Mittelpunkt der Betrachtungen stets die Funktion des Begriffes gestellt wird, um das Verständnis zu erleichtern. Das sei an dem alltäglichen Begriff Tabak erläutert, der beispielsweise in seiner Funktion beim Menschen unterschiedliche Begriffsinhalte hat. Ist Tabak für den einen ein wohltuendes und beruhigendes Genußmittel (für den Raucher), für den anderen ein gesundheitsschädigendes Suchtgift (für den Antiraucher), für den nächsten ein Krankheitserreger (meist für Nichtraucherärzte), für Hausfrauen luftverpestend und Vorgänge verräuchernd, so ist es für einen anderen wiederum nur eine einfache Ware, durch dessen Verkauf verdient werden kann (Tabakhändler). Der Begriffsumfang, die äußeren Merkmale des Tabaks sind im Prinzip klar, die interpretierte Funktion recht unterschiedlich und an Erlebnisse und Erfahrungen gebunden. Dieser Tatsache muß der Vortragende durch klare Definitionen Rechnung tragen.
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2. Die sprachliche Ausdruckskraft
Aus dem angeführten Beispiel ergibt sich: Um Mißverständnisse im Hinblick auf unterschiedliche Interpretationen eines Begriffes möglichst von vornherein auszuschließen, oder daraus resultierende Mißverständnisse aufzuklären, ist es vorteilhaft, solche vom Gesprächspartner anders interpretierte Begriffe unter Berücksichtigung des herauszuarbeitenden Betrachtungsaspekts in seinen spezifischen Merkmalen konkret zu definieren. Jede Definition soll eindeutig sein, das heißt, sie soll einerseits nicht mit anderen Begriffen oder Begriffsmerkmalen verwechselt werden können, andererseits in der Darlegung des jeweiligen inhaltlichen Bezugs Klarheit beim Zuhörer bewirken. Eine Definition ist demnach die möglichst kurze, aber doch ausreichend genaue Abgrenzung und Erklärung des Gemeinten. Schmidt erläutert Definition als Schnellinformation, indem er sagt: „ W e g e n der Kürze und Abgeschlossenheit sind Definitionen ein angemessener sprachlicher Ausdruck in unserer informationsüberfluteten Gesellschaft." [21, S. 7]
Es muß allerdings einschränkend gesagt werden, daß die hier angesprochene Kürze keineswegs Verzicht auf ausreichende Informationsinhalte bedeuten kann. Es ist stets soviel Information wie nötig zu geben. Die Bedeutung von Definitionen wird speziell in einigen Situationen sichtbar, und zwar • • •
wenn diffizile Sachverhalte zuhörerorientiert dargelegt werden sollen, wenn (das ist für den rhetorischen Alltag wesentlich) wir uns unmißverständlich ausdrücken wollen wenn auf destruktive Fragestellungen geantwortet werden muß.
Neben einer relativ vollständigen Definition unter Nennung der jeweils typischen begrifflichen Merkmalsverkettungen gibt es die aphoristische Definition, die als pointierte und begrifflich ein-
2 . 2 Das Definieren
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deutige Aussage betrachtet werden kann (wobei es sich durchaus auch um ironische Bemerkungen handeln mag). Soll zum Beispiel in einer Diskussion der Begriff Ehe geklärt werden, besteht die Möglichkeit, ihn wie folgt abzugrenzen: Die Ehe ist ein Vertrag zwischen Mann und Frau, durch den sich beide verpflichten . . . (Aufzählung der unendlich vielen Verpflichtungen). Oder aber, um den bedeutenden anglo-irischen Dramatiker Bernhard Shaw zu Wort kommen zu lassen: „Die Ehe ist der einzige gesetzliche Vertrag, der zwischen den Parteien alle Gesetze beseitigt, die jenes besondere Verhältnis schützen." [vgl. 2 1 , S. 4 2 ]
Die Gegenüberstellung beider Definitionen läßt erkennen, daß in eine aphoristische Definition stets auch Wertungen einfließen, denen unterschiedliche Auffassungen zu Grunde liegen. Damit ist klar, daß sprachlicher Ausdruck an Wertvorstellungen gebunden ist, die insbesondere zu einer emotionalen Resonanz beziehungsweise Dissonanz beim Zuhörer führen können. Je eindeutiger und sachlicher daher eine Definition gehalten wird, desto weniger affektbehaftet gestaltet sich der sprachliche Ausdruck. Emotionsgeladen werden Definitionen häufig auch dann, wenn sie in der Gefechtskunst der Rhetorik als eine wichtige Angriffsund Verteidigungswaffe eingesetzt werden, um die Gedankengänge des ,Gegners' durch Definitionsforderungen zu durchkreuzen. Aus dem bisher Gesagten ergibt sich die Notwendigkeit, als Hilfe für den Gebrauch von Definitionen ein formales Handlungsschema aufzustellen, und zwar nach folgenden Gesichtspunkten: Das
Definieren
(1) Absicherung vor Kritik durch sachliche Darstellung (2) Finden des übergeordneten Begriffes und Einbettung in den Zusammenhang (3) Anschauliche Beschreibung der Begriffsmerkmale (4) Eventuelle Abgrenzung zu synonymen Begriffsinhalten
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2. Die sprachliche Ausdruckskraft
Zur 1. Phase: Definitionen sind gegen etwaige Kritik abzusichern, indem man sie auf sachlicher Grundlage als Vorschlag, als Arbeitsdefinition (ist auf Fachleute ausgerichtet und reduziert die Erläuterung auf ein oder wenige Merkmale oder Funktionen) deklariert, oder aber als Versuch, bestimmte Begriffsinhalte zunächst unter diesem oder jenem Aspekt näher zu bezeichnen. Dadurch besteht die Möglichkeit, etwa während einer Diskussion von der vorgeschlagenen Definition abzuweichen, ohne dabei rhetorisch das Gesicht zu verlieren. Sollte eine Definition zitiert werden, ist der Autor dieser Definition zu nennen! Zur 2. Phase: Eine Definition sollte nicht mit der Gegenüberstellung von Nebensächlichkeiten, sondern mit übergeordneten Begriffen, also mit wesentlichen Aussagen beginnen, um klarer verstanden zu werden (Akzentuierung). Auch die Einbettung in den Gesamtzusammenhang macht den Inhalt von Definitionen verständlicher (Lokalisierung). Zur Detaillierung (Konkretisierung) benötigt man oftmals Hilfsbegriffe, wie etwa: Die Bezeichnung für . . . Ein Begriff, der . . . Ein Wesen, das . . . Je klarer einzelne Begriffe übergeordneten Begriffen zugeordnet werden, um das Wesentliche deutlicher herauszustellen, desto leichter ist es, die Einbettung verwendeter Begriffe in den Gesamtzusammenhang zu vollziehen, desto mehr kann auf weitere Veranschaulichung und begriffliche Abgrenzung verzichtet werden. Zur 3. Phase: Falls zur Präzisierung der Definition erforderlich, ist Sinn oder Zweck der Sache anschaulich zu beschreiben; das heißt, es wird das Charakteristische hervorgehoben oder die Beschaffenheit genannt, oder ein näheres Detail beschrieben. Zur 4. Phase: Sollte die gegebene Definition für das gewünschte Verständnis nicht ausreichen, das heißt noch nicht eindeutig sein, sind Unterscheidungsmerkmale zu synonymen Begriffsinhalten heranzuziehen, beziehungsweise auch Vergleiche anzustellen, die das Wesen einer Erscheinung verdeutlichen (Kontrast).
2.3 Das anschauliche Sprechen
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2.3 Das anschauliche Sprechen Beim Definieren wurde erwähnt, daß Begriffsinhalte, von der notwendigen Detaillierung abgesehen, in der Regel abstrakt formuliert werden. Trotzdem assoziiert der Zuhörer dabei etwas ganz Konkretes. Dies gelingt ihm umso eher, je anschaulicher das Vorgetragene trotz aller Abstraktheit durch entsprechende Wortwahl dargestellt wird. Anschauliches Sprechen bedeutet keineswegs allein weitere Detaillierung sprachlicher Inhalte, sondern vor allem Klarheit und Prägnanz des sprachlichen Ausdrucks. Dies gilt insbesondere für Abstraktionen. Jedes Verständnis für Abstraktes setzt im Grunde eine Konkretisierung voraus, zumindest dahingehend, Abstraktionen auf die eigene Erlebnis- und Erfahrungswelt zu beziehen und sie zumindest verstandesmäßig erfassen zu können. Das sei an dem Begriff Transportmittel erläutert. Jeder weiß, was abstrakt darunter zu verstehen ist; die konkreten Vorstellungen werden aber recht unterschiedlich sein, z. B. Eisenbahn, Flugzeug, Lastkraftwagen usw. Aus dem Mitschwingen konkreter Vorstellungen ergibt sich, daß anschauliches Sprechen bedeutet, beim Zuhörer unabhängig von der Ausführlichkeit der Darstellung ein konkretes Bild entstehen zu lassen. Wir sprechen hier von anschaulicher Vorstellungsbildung. Ein Redner hat sich demnach so auszudrücken, daß der Zuhörer bildlich klare Vorstellungen erhält und sich aufgrund seiner eigenen Lebensgeschichte (Erfahrung, Werturteile, Vorurteile usw.) sein eigenes Bild von dem Gesagten machen kann. Der Zuhörer wird zum Mitdenken angeregt. Dadurch vergrößert sich der rhetorische Erfolg. Reiners formuliert dazu: „Der Hörer haßt alles Abstrakte und liebt alles, was er sich anschaulich vorstellen kann. Abstrakt ist alles Allgemeine, anschaulich sind Einzelheiten." [17, S. 41]
Diese Auffassung darf jedoch nicht dazu führen, gänzlich auf Abstraktionen zu verzichten. Vielmehr sollte vom Standpunkt des anschaulichen Sprechens eben auch das Abstrakte durch eine
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2. Die sprachliche Ausdruckskraft
entsprechende Vorstellungsbildung anschaulich werden. Aus dem Gesagten ergibt sich — und dies sei nochmals hervorgehoben:
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Anschaulich ist man als Redner vor allem dann, wenn Abstraktionen der Verständnisstufe des Zuhörerkreises entsprechen.
Ist dies nicht der Fall, spricht man über die Köpfe der Zuhörer hinweg oder man benötigt in weitaus größerem Maße Einzelheiten und gedankenaufschließende Details, die aber oft in Nebensächlichkeiten abgleiten können und somit letztlich das Verständnis erschweren. Anschauliches Sprechen regt die Zuhörer überdies emotionell an und erzeugt — wenn auch grob differenziert — über den Inhalt des Gesprochenen begleitende Gefühle. Dies führt dazu, daß der Zuhörer je nach der Bedeutung der Information sich selbst von seinem Standpunkt aus innerlich mit der Information verstärkt auseinandersetzt.
Ein Beispiel soll die Bedeutung der begleitenden Emotionen verdeutlichen: „Ein Verkehrsunfall forderte zwei Todesopfer!" Diese Information ist zwar konkretisiert, jedoch noch immer abstrakt formuliert; nur die wenigsten Menschen werden sich über diese Information in der Folge den Kopf zerbrechen. Anders ist es, wenn die gleiche Aussage betont Gefühlsregungen anspricht: „Fritz Müller kam mit seinem Pkw, Marke X Y , in einer Kurve infolge überhöhter Geschwindigkeit ins Schleudern. Der Pkw stürzte eine Böschung hinunter. Die Folge davon waren zwei Todesopfer: Fritz Müller und seine Frau. Der tragische Unfall trifft Fritz Müller nicht mehr, nur seine beiden Kinder, die seit gestern Waisen sind. Der Unfall passierte, weil der Aufruf der Sicherheitsbehötden ,Vorsicht, Rücksicht, auch auf guten Straßen', nicht beachtet worden war. Wie stehen Sie zu diesem Aufruf?" M i t dieser Darstellung werden sich schon mehr Menschen auseinandersetzen, wenn sie auch unterschiedlich auf den Informationsgehalt reagieren:
2.3 Das anschauliche Sprechen
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•
Autofahrer, die den Wagentyp X Y nur belächeln und einen ,besseren' fahren: „Kein Wunder! Mit einem X Y kann man ja nur ,einmal' in eine Kurve richtig hineinfahren. Wie gut ist da mein . . . "
•
Autofahrer, die selbst einen X Y besitzen: „Er muß ein schlechter Autofahrer gewesen sein, mir wäre das nie passiert. Mein X Y liegt gut in den Kurven, sogar bei Nässe!"
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Autofahrer, die selbst eine kritische Schleudersituation erlebt haben: „Das wäre mir damals auch beinahe passiert. Hab ich ein Glück gehabt."
•
Kinderliebende Menschen: „Die armen Kinder. Wer wird sich jetzt bloß um sie kümmern?"
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Ängstliche und schutzbedürftige Menschen: „Die Sicherheitsbehörden müßten doch stärker durchgreifen."
Es entstehen also aufgrund der gegebenen Information bei jedem Zuhörer lebensnahe Bilder, aus denen die Beschäftigung mit der Aussage im Sinne einer differenzierten Konkretisierung resultiert. Dies muß jedem Redner bewußt sein: Er spricht unterschiedlich Erfahrungen bei den Zuhörern an, die das Gesagte jeweils anders mit ihren Bewußtseinsinhalten verknüpfen. Will man anschaulich sprechen, geht man daher am besten von vier Überlegungen aus, die Gerathewokl vorschlägt [vgl. 22, S. 108 ff.] Anschauliches
Sprechen
(1) Was sieht man? (2) Was empfindet man? (3) Was will man, welche Wünsche und Befürchtungen sind mit dem Wollen verbunden? (4) Was spricht die Phantasie an? Das Argument, manche Dinge könne man nicht anschaulich genug darstellen, gilt nur in ganz wenigen Fällen, denn:
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2. Die sprachliche Ausdruckskraft
Jedes abstrakte Faktum läßt sich sprachlich eindeutig und klar formulieren. Zu jedem abstrakten Faktum lassen sich zumindest Aussagen über Funktion und Wirkung machen. Kein Faktum ist so abstrakt, daß es sich nicht in diesem Sinne veranschaulichen läßt. Anschauliches Sprechen enthält aber auch Gefahren. Da gibt es die emotionelle Überladung mit Details (die Opfer lagen bluttriefend am Straßenrand). Werden andererseits Einzelheiten zu breit geschildert, wird der Kern der Aussage verwischt. Der Redner wirkt einschläfernd. Aus dem Gesagten leitet sich für die sprachliche Ausdruckskraft eine grundlegende Forderung ab: Dosiert formulieren, wenn ein Beispiel gebracht wird. Anschauliches Sprechen darf den Zuhörer weder emotional konditionieren, noch ihm durch ein Gewirr von Bildern die Erkenntnis erschweren oder verschließen.
2.4 Verwendung von Fremdwörtern Jede Sprache enthält zahlreiche Fremd- oder Lehnwörter aus der Berührung mit anderen Völkern. Ihr Gebrauch ist entweder Allgemeingut oder wird je nach dem Grad der allgemeinen Bekanntheit als verständnisfördernd oder verständniserschwerend empfunden. Oft ist gerade die Verwendung von Fremdwörtern Ausdruck für Bildungsprivilegien oder schichtenspezifische Determinanten im sprachlichen Umgang und oft führt das Bedürfnis, als „up to date" zu gelten zum Gebrauch von völlig sinnentstellenden Zusammenhängen oder falschen Beziehungen, wie das folgende Beispiel zeigt. Gemeint ist hier zunächst das sprachliche Verständnis. „Die inadäquate permanente Interpretationsproblematik ist akut! Der homo sapiens ist durch seine progressiv orientierte Ausdrucksflexibilität in jene von Semantik mehr und mehr abstrahierende Phase der Unsystematik geraten, die die Transparenz des sprachlichen Ausdrucks vermissen läßt." Bei der Verwendung von Fremdwörtern sollte daher folgendes beachtet werden:
2 . 4 Verwendung von Fremdwörtern
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Meiden Sie Fremdwörter, die andere nicht verstehen und Sie selbst vielleicht nicht erklären können — auch wenn das Gegenteil immer noch als modern und als Zeichen von Bildung empfunden wird. und des weiteren: Beim Sprechen ist Schlichtheit im Ausdruck angebracht. Fremdworthäufungen führen eher zur Verwirrung, ja sogar zur Belustigung, keinesfalls aber zur Informationsweitergabe und hemmen zusätzlich sprachliche Kommunikation. Die Frage, ob Fremdwörter überhaupt verwendet werden sollen, ist jedoch eindeutig mit ja zu beantworten, denn gegen gewisse termini technici ist nichts einzuwenden, wenn sie allgemein eingebürgert und somit verständlich sind oder verständlich gemacht werden müssen. Es kommt vielfach hinzu, daß entsprechende Worte zu wenig prägnant oder sinngemäß nicht deckungsgleich sind oder überhaupt fehlen. Sollten Fremdwörter gebraucht werden, die nicht jeder verstehen kann, so muß eine Erklärung über die Sinnbedeutung erfolgen, allerdings möglichst nicht in Form einer Belehrung. An dieser Stelle muß noch kurz auf die Menschen eingegangen werden, die ihren Zuhörer durch häufigen Gebrauch von Fremdwörtern den Eindruck vermitteln wollen, sie seien ihnen an Bildung überlegen. Diese „Fremdwortfanatiker" halten es mit dem Ausspruch Bismarcks „Das Ausländische hat immer einen gewissen vornehmen Anstrich für uns!" [vgl. 26, S. 232], Ihr Auftreten beschränkt sich keineswegs nur auf den deutschen Sprachraum. Für sie erarbeitete man eigens Schnellformulierungssysteme, deren bekanntestes von Broughton stammt. Dieses nachfolgend dargestellte Schema findet als Übung Anwendung im Rhetorik- und Kommunikationstraining, da es einerseits zu einer Gewandtheit im Reagieren auf die Phrasen des Fremdwortfreundes führt, andererseits aber eben diese parodiert.
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2. Die sprachliche Ausdruckskraft
Schema von Broughton II 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.
integrierte konzentrierte permanente systematisierte progressive funktionelle orientierte synchrone qualifizierte ambivalente
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.
FührungsOrganisationsIdentifikationsDrittgenerationsKoalitionsFluktuationsÜbergangsWachstumsAktionsInterpretations-
III 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.
-struktur -flexibilität -ebene -tendenz -Programmierung -konzeption -phase -potenz -problematik -kontingenz
Aus jeder Spalte des Schemas von Broughton kann wahllos jeweils ein Wort beziehungsweise ein Wortteil gewählt werden. Es ergibt in der Kombination eine mehr oder weniger sinnvolle und jederzeit einsetzbare Fremdwortformulierung. Zum Beispiel: 1/9, I I / l , III/3 = qualifizierte Führungsebene. Fassen Sie diese Übung als Spiel auf und bedenken Sie immer: Schlichtheit der Sprache bekräftigt den Ausdruck. Zu den Fremdwörtern zählt auch die Fachsprache oder der sogenannte Fachjargon, manchmal auch Fachchinesisch genannt. Hinzu kommen Ausdrucksformen, die sich in den unterschiedlichen sozialen und berufsbezogenen Schichten als spezielle Bezeichnungen herausgebildet haben. Hier handelt es sich um Wörter, die nur für gewisse Lebenskreise oder für den betreffenden Spezialisten von Bedeutung sind. Sie sind den Betroffenen zumeist so geläufig, daß diese die verwendeten Ausdrücke als für jedermann verständlich betrachten. Dennoch trifft gerade hier das über die unterschiedliche Interpretation Gesagte zu und führt zu Fehlinterpretationen. Dazu als Beispiel den Ausruf: „Schau Dir diese Amerikaner an!" Er kann sich auf Autos amerikanischen Fabrikates, auf Touristen, auf einen Spezialschraubenzieher oder auch auf ein Gebäck beziehen.
2.5 Wortwahl und Wortkombinationen
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Es ist also sehr wichtig, nicht nur Fremdwörter, sondern auch fachsprachliche Wörter, oder schichten- beziehungsweise dialektspezifisch gefärbte Ausdrücke auf ihre allgemeine Verständlichkeit zu prüfen, bevor man sie verwendet. Nur am Rande soll erwähnt werden, daß es notwendig ist, nicht nur den Sinn des verwendeten Fremdwortes zu verstehen, sondern auch die Aussprache zu beherrschen.
2.5 Wortwahl und Wortkombinationen Es wurde bereits gesagt: Sprachliche Ausdruckskraft hängt nicht zuletzt von der richtigen Wortwahl ab. Verbunden mit der Wortwahl ist jedoch stets die richtige Wortkombination. Um beim Zuhörer das gewünschte Verständnis zu erzielen, müssen Wortwahl und Wortkombination so eingesetzt werden, daß inhaltliche Klarheit entsteht und der Betroffene sich überdies angesprochen fühlt. Wie sehr wir dabei auf Nuancierungen und inhaltsbezogene Wortwahlkombinationen angewiesen sind, soll ein Beispiel zeigen: Ein Angestellter erhält von seinem Vorgesetzten eine Anweisung bzw. ein Vorgesetzter bittet einen seiner Kollegen, etwas zu erledigen. — „Sie müssen . . . " — „Sie sollten . . . " — „Würden Sie bitte? . . . " Es wird in der Kommunikationstheorie heute allgemein die Auffassung vertreten, daß fast kein Wort zufällig verwendet wird. Meist hat die Wahl des verbalisierten Wortes beim Sprecher auch einen Hintergrund. Bei den meisten Menschen vollzieht sich dies unbewußt, spiegelt aber ihre innere Einstellung und Haltung zu den jeweiligen Gesprächspartnern und zu den jeweiligen Gesprächsinhalten wider.
2. Die sprachliche Ausdruckskraft
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Außerdem gilt als gesichert, daß die meisten Menschen auch unbewußt auf die Wortwahl und Wortkombination anderer reagieren: Sie fühlen sich angesprochen oder abgestoßen. Es gelingt in der Regel kaum, sich gegen diese unterschwellige Wirkung zu wehren. Man sollte daher also stets beachten, daß es nicht nur rein auf das Wort allein ankommt, sondern auch auf die Situation in welcher und auf den Zusammenhang in welchem es gesagt wird. — „Sie müssen . . . " : Der Vorgesetzte meint in den meisten Fällen wirklich müssen, obwohl es in der Realität nur wenige Dinge gibt, die man tatsächlich muß, wie zum Beispiel Steuern zahlen, Wehrdienst leisten, Sterben usw. Es ließe sich eine Reihe weiterer Beispiele anführen. Innerlich wird in solchen Fällen zumeist widersprochen. An der nachfolgenden Ausführung ist für gewöhnlich kaum etwas zu ändern. — „Sie sollten . . .": Diese Formulierung läßt bereits die Möglichkeit offen, selbst Stellung dazu zu nehmen beziehungsweise hinsichtlich gewünschter Aufträge mit zu entscheiden. So formuliert, fühlt man nicht mehr so sehr den unabänderlichen Zwang. — „Würden Sie bitte? . . .": Eine höfliche, warme Wortkombination. Obwohl man in den meisten Fällen weiß, daß man es tun muß (weil der Vorgesetzte es wünscht), wenn auch durchaus nach eigenem Ermessen und bei relativ großer Entscheidungskompetenz, wird die Arbeit eher freudig entgegengenommen und letztlich vielleicht auch besser ausgeführt. Die Überlegung könnte noch weiter geführt werden.
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Es gibt Wörter, die Kälte ausstrahlen oder Wärme empfinden lassen.
Auch der kalte Wortschatz wird gelegentlich benötigt, weil es Situationen gibt, die eine entsprechende Reaktion verlangen. Dennoch geht es im allgemeinen darum, daß wir unseren Wortschatz mit warmen Wörtern bereichern sollten. Welche Wirkung
2.5 Wortwahl und Wortkombinationen
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Wörter und deren Kombination hinterlassen, läßt sich am besten bei Menschen ergründen, die einem nahestehen. Diese werden gefragt, welcher Eindruck aufgrund der einen oder anderen Formulierung bei ihnen persönlich entsteht. Man stellt auch fest, daß es oft bei ein und derselben Formulierung auch von der Betonung, von der Art und Weise der Modulation abhängt, welche Wirkung entsteht (Vergleichen Sie das Kapitel über die Sprechtechnik). Schließlich ist noch zu prüfen, ob manche Wörter überhaupt verwandt werden sollten. Darunter fallen nichtssagende oder im Inhalt gleiche Worthäufungen, zu denen Füllwörter wie „manchmal, jetzt gleich, nachher, sofort, bestimmt auch, gegebenenfalls, unter Umständen, die allseits einigermaßen bekannten" gehören. Unser Rat lautet daher: Vermeiden Sie Worthäufungen! Beliebt sind auch Steigerungen, darunter solche, die es logisch betrachtet gar nicht geben dürfte. Daß etwas unbrauchbar ist, sagt aus, daß es nicht mehr zu gebrauchen ist. Daher ist eine Steigerung des Nichtbrauchens kaum möglich. Folglich sind Formulierungen, wie vollkommen unbrauchbar, gänzlich unbrauchbar im wahrsten Sinne des Wortes unbrauchbar und dem Sinne nach unlogisch. Oder: Wahr sagt aus, daß etwas den Gegebenheiten oder Tatsachen entspricht. Die Steigerung wahrer, am wahrsten ist deshalb im deutschen Sprachgebrauch nicht üblich. Logisch ungenaue Redner helfen sich mit der Umgangssprache: Es ist wirklich wahr, es ist echt wahr, eindeutig wahr, mit Bestimmtheit wahr und dergleichen, womit sie vielleicht andeuten wollen, daß, wenn sie nur wahr sagen, der Eindruck entstehen könnte, daß es eben doch eigentlich nicht wahr sei. In diesem Zusammenhang steht ein Ausspruch von Lessing, der durch seinen Sprachstil — klar, prägnant, ironisch — beispielhaft für die deutsche Prosa wurde: „Ich gebrauche nicht gern einen Superlativum ohne Ursache!"[vgl. 26, S. 2 3 0 ]
Es ist also besser, Aussagen und Begründungen zwar eindeutig, aber dennoch ohne Übertreibung vorzutragen.
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2. Die sprachliche Ausdruckskraft
2.6 Witz und Humor Sprachliches Verständnis wird weiterhin erhöht, wenn Sachlichkeit und Genauigkeit des Ausdrucks und der den Informationen innewohnende Ernst gelegentlich aufgelockert werden durch Pointen, die gleichzeitig zur schlagartigen Erhellung des Gemeinten führen. Sprachlicher Ausdruck wird, bereichert durch Witz und Humor, lebendig. Allerdings bewirkt jede Übertreibung sofort wieder das Gegenteil. Es gehört jedoch zur Kunst des Redens, Vortrag oder Gespräch an geeigneten Stellen mit Witz und Humor zu würzen. Vorweg die Unterscheidung zwischen Witz und Humor. Der Witz bleibt im Grunde stets konkret inhaltsbezogen, der Humor spricht demgegenüber mehr das persönliche Empfinden an. Lemmermann veranschaulicht diese beiden Begriffe durch Bonmots: „ D e r Witz lacht, der H u m o r lächelt! — Der Witz ist geistreich, der Humor liebevoll. — Der Witz funkelt, der H u m o r strahlt. - Der Witz entlarvt die Unzulänglichkeiten der Welt, der Humor hilft über sie hinweg." [13, S. 73]
Humor und Witz bereichern die Sprache und tragen in Vortrag und Gespräch dynamische Elemente hinein. Die Frage, ob man Humor erlernen kann, läßt sich ruhigen Gewissens mit ja beantworten. Der Redner findet Anregungen in Satiren, Aphorismen, humorvollen Zitaten, Aussprüchen und Kurzgeschichten. Gelingt ihm eine sinnvolle Einarbeitung in die Diktion seiner Mitteilung, so werden ihm die Zuhörer dafür dankbar sein. Jedoch ist vor dem Fehler zu warnen, permanent oder in stereotyper Art und Weise witzig beziehungsweise humorvoll sein zu wollen. Erinnert sei hier an die Meinung von La Rochefoucauld, dem französischen Dichter, der den Aphorismus französischer Prägung schuf. Er schreibt: „ M a n gefällt nicht lange, wenn man nur eine Art von Witz hat."[vgl. 26, S. 2 4 7 ]
Es gibt jedoch Situationen, in denen Witz und Humor fehl am Platze ist, zum Beispiel bei einer Grabrede: „Endlich hat unser
2.7 Zitate
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Herrgott unseren geliebten Spielergefährten von uns genommen, der in lustiger Art zu sagen pflegte . . . " . Das heißt also: Humor und Witz sollten nicht störend, sinnentfremdend oder gar in Form von Ironie, Spott und Sarkasmus verletzend eingesetzt werden. Während Humor und Witz den sprachlichen Ausdruck auflockern, sind Ironie, Spott und Sarkasmus selten dazu angetan, Informationen sach- und situationsgerecht zu verstärken. Damit ist keineswegs gesagt, daß auch sie bei entsprechender persönlicher Nähe der Partner gelegentlich durchaus zu Humor und Witz werden können. Bei Distanz verletzen sie in jedem Fall die Würde des Menschen. Welche Reaktion würde es beispielsweise hervorrufen, wenn Ihnen jemand erklärt, daß Sie unsterblich seien, und zwar mit der Begründung: „Sie haben nicht viel zu verlieren, denn Sie haben ja keinen Geist aufzugeben!" Ein letzter aber sehr bedeutsamer Aspekt zum Humor und Witz:
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Man sollte auf keinen Fall die Fähigkeit verlieren, über sich selbst lachen zu können.
Viele erfolgreiche Männer und Frauen erklärten im Zenit ihres Lebens, daß sie nur selten Erfolge errungen hätten, denen nicht auch Mißerfolge vorausgegangen wären, die auf Fehler von ihnen beruhten. Niemand braucht sich also gelegentlicher Fehler zu schämen. Je offener man sie bekennt, je humorvoller man sie darstellen kann, um so ernster wird man genommen!
2.7 Zitate Beim Sprechen werden oft thesenartige Kerngedanken formuliert, die schon von anderen vorgedacht sind oder sich als allgemeingültige Erkenntnisse in Sprichwörtern, Redewendungen und dergleichen niedergeschlagen haben. Ein Redner benutzt also Zitate, die seine Meinung unterstützen, beziehungsweise durch gesichertes Gedankengut bekräftigen. Warum sollte ein Redner auf Zitate
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2. Die sprachliche Ausdruckskraft
und Sprichwörter verzichten, die etwas klarer und treffender zum Ausdruck bringen als er es mit eigenen Worten vermag? Wollte man derartige Kernsätze stets durch eigene (oft weitschweifige) Formulierungen ersetzen, bliebe das Wesentliche oft ungesagt. Bei der Verwendung von Zitaten ergibt sich ein interessanter Effekt: Zitate besitzen eine autoritätshafte Ausstrahlungskraft, so daß sie den Gesprächspartner seltener zum Widerspruch reizen. Voraussetzung dafür jedoch ist treffendes Zitieren. Anders ist es, wenn der Inhalt des Zitierten selbst in Frage gestellt wird, weil die Aussage nach neuestem Erkenntnisstand in Zweifel zu ziehen ist. An dieser Stelle wird deutlich, daß der sprachliche Ausdruck stets auch den Erkenntnisfortschritt reflektiert. Zitate dienen einerseits der Absicherung inhaltlicher Aussagen, andererseits zur Kenntlichmachung geistiger Auseinandersetzung im Sinne fortschreitender Einsicht. Anders ausgedrückt: Man beruft sich gleichsam auf Autoritäten oder stellt diese in Frage. Dabei ist eine manipulative Wirkung keineswegs ausgeschlossen. Eine Anekdote erzählt zum Beispiel der Kardinal von Retz habe in seinen Erinnerungen gestanden, daß er im Parlament in Notfällen sogar selbst erfundene Zitate unter Vorschub der Wendung ,Wie bekanntlich schon die Alten sagten! . . .' in seine Rede eingeflochten habe. Aufschlußreich wäre für ihn daran gewesen, daß niemand jemals zu fragen gewagt hätte, welcher ,Alte' das gesagt habe, weil niemand sich eine Blöße geben wollte. Trotz der Wirkung, die Zitate auszulösen vermögen, empfiehlt es sich nicht, jedes Argument mit Zitaten zu begründen, denn jede Übertreibung verkehrt die Wirkung in das Gegenteil. Ebenso verringern Fälschungen oder vorgetäuschte Zitate die Glaubwürdigkeit von Aussagen. Zweck jedes Zitierens — und das sei nochmals hervorgehoben — liegt in der Abstützung und im Beweis mitgeteilter Sachverhalte oder in der Weiterentwicklung der als bisher gesichert geltenden Befunde.
2.8 Wortspiele
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Sprichwörter und Redewendungen stellen in diesem Zusammenhang komprimierte Lebenserfahrung dar, die aber wie alle gedanklichen Aussagen ebenfalls keineswegs unumstößlich oder auf Dauer gültig sind.
2.8 Wortspiele Die Sprache ist reich an Gestaltungsmöglichkeiten. Dies bezieht sich nicht allein auf die Verwendung des entsprechenden Wortschatzes. Der Sinn eines Wortes läßt sich vielfach variieren. Dies wird besonders deutlich an Wortspielen, die einen Kontrast schaffen und sprachlichen Ausdruck gerade durch Gegenüberstellung unterschiedlicher Sinngehalte unterstützen. Es gibt ungeahnte Möglichkeiten, mit Worte Spiele zu betreiben. Wortspiele zaubern Stimmung, Heiterkeit, Vergnüglichkeit bei Zuhörern. Sie können auch in Gesprächen als sinnvoller, spritziger Beitrag verwendet werden. Mit ihrer Hilfe lassen sich außerdem Aussagen, Argumente usw. des Gesprächspartners mitunter leicht entkräften. Zu den bekanntesten Wortspielen zählen die Alliterationen — Zungenbrecher, wie sie auch genannt werden — eine beliebte Form in der Unterhaltung. Fehlerfrei vorgesprochene ,Zungenbrecher-Verse' haben die besondere Eigenschaft, einen Informationsgehalt zu komprimieren und in eine sprachliche Form zu bringen, die ein möglichst genaues, fehlerloses und schnelles Nachsprechen erlaubt. Es gibt jedoch auch Alliterationen, bei denen dies nicht gelintgt. Dennoch bleibt der Eindruck beim Publikum, und außerdem wird die Wirkung nachhaltig unterstützt. Als Paradebeispiele sollen folgende allseits bekannte Zungenbrecher dienen: Fischer's Fritze fischte frische Fische! oder: Wir Wiener-Wäsche-Weiber wollen weiße Wäsche waschen, wenn wir wüßten, wo warines, weiches Wasser wäre.
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2. Die sprachliche Ausdruckskraft
Aus diesen Beispielen ergibt sich bereits die Regel für Alliterationen: Es sind Satzbildungen, in denen die verwendeten Wörter, möglichst alle mit dem gleichen Anfangsbuchstaben beginnen. Diese Spielereien dienen nicht nur der Motivation, sondern auch der sprachlichen Intention. Wirtschaft, Werbung, Schriftsteller usw. bedienen sich ihrer, um mit Hilfe der sprachlichen Formulierung eine suggestive Wirkung zu erzielen. Als Beispiele seien angeführt: Weiße Wochen, Max und Moritz, Brigitte Bardot (BB). Eine andere Art des Wortspiels ist der Chiasmus. Unter Chiasmus versteht man die kreuzweise Umstellung von Buchstaben, von Silben, von Wörtern und auch von ganzen Sätzen. Meist enthält der Chiasmus zugespitzte Gegenüberstellungen, wodurch sich Überraschungsmomente ergeben. Weis, der sich in einer Sammlung von Wortspielen das Spiel mit Worten zum Ziel setzte, und zwar ausschließlich nach der formalen und heiteren Seite hin, bringt diesbezüglich zahlreiche Beiträge. Unter anderem führt er an, daß speziell nach dem 2. Weltkrieg der Chiasmus wie eine Seuche verbreitet war. Damals — und natürlich auch noch heute — war es nicht egal ob man Bandnudeln oder einen Bund Nadeln aß. Es ist auch nicht gleich, ob jemand aus der Rolle fällt oder in eine Falle rollt, [vgl. 24, S. 25] Der Chiasmus läßt sich noch um einige Varianten bereichern. Es können nämlich auch gegensätzliche Bedeutungen, Sinnstrukturen von Sätzen und Aussagen nach Belieben vertauscht und manipuliert werden, und zwar beim Spiel mit einzelnen Wörtern und ganzen Sätzen. So wird zum Beispiel aus Man wird hart durch Leid — Man leidet durch Härte. Auf diese Weise lassen sich Aussagen nach Belieben abschwächen oder bekräftigen beziehungsweise sogar in ihrem Bedeutungsinhalt verdrehen:
2 . 9 Unwahre Behauptungen
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Man wird oft auch weich durch zu viel Güte! Die Menschen werden weich durch Glück! Werden Menschen nicht auch hart durch Glück? Werden manche Menschen vielleicht gütig durch Härte? Man wird nur glücklich durch Güte! Man wird aber auch glücklich durch Härte gegen sich selbst! Wird man nur glücklich durch Härte gegen andere? oder Leidet man durch Güte? oder leidet der Leser jetzt bereits unter dem Chiasmus? Neben dem Chiasmus eignet sich auch die Paradoxie für Wortspielereien zur Bekräftigung oder Abschwächung des Ausdrucks und seines Sinngehalts.
I
Paradoxie bedeutet, scheinbar vollkommen unvereinbare Wörter in möglichst kurzer Aufeinanderfolge in einem Satz unterzubringen.
I
Während Witz und Humor gezielt und speziell sparsam eingesetzt werden sollen, läßt sich mit Wortspielen verschiedenster Art nahezu jede Rede bereichern.
Blöd und Gescheit sind z. B. Worte, die man sich dem Sinn nach kaum hintereinander ausgesprochen vorstellen kann. Dennoch läßt sich formulieren: Wie blöd ist es doch manchmal, daß der andere so gescheit ist! oder, wie oft ist es gescheit, daß der andere diesmal nicht so blöd war! Paradox ist es aber auch, wenn ein Kurzsichtiger fernschaut, wenn ein Großer klein bei gibt und andererseits ein Kleiner große Sprünge macht oder wenn Götz von Berlichingen zärtlich und charmant geflötet hätte: Ich küsse Ihre Hand Madam!
Bedenklich ist es allerdings, wenn nicht Verständnis und Einsicht erreicht sondern der Gesprächspartner absichtlich verunglimpft und damit dem Spott preisgegeben werden soll.
2 . 9 Unwahre Behauptungen Wir wissen aus den bisherigen Kapiteln, daß es mit Hilfe des sprachlichen Ausdrucks möglich ist, den Zuhörer manipulativ zu
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2. Die sprachliche Ausdruckskraft
beeinflussen. Die Grenze jeder Manipulation wird jedoch überschritten, wenn man mit unwahren Behauptungen arbeitet. Diese entwerten die Aussage. Ein Sprichwort heißt: ,Lügen haben kurze Beine'. Auf die rhetorische Situation bezogen müßte es aber eigentlich heißen: Lügen haben keine Beine, oder Lügen haben Bergcharakter. Lügen verfestigen sich oder sie werden vom Zuhörer durchschaut, der nunmehr die Glaubwürdigkeit des Vorgetragenen überhaupt bezweifelt (Uberlappungseffekt), und der einmal gewonnene Eindruck haftet. Daß es zudem ungemein peinlich ist, als Lügner erkannt zu werden, sei nur am Rande bemerkt.
I
Conclusio: Läßt sich nicht mehr mit Fakten argumentieren, ist Schweigen besser, denn das ist ein Argument, wie Heinrich Boll sagte, das nicht zu widerlegen ist!
2 . 1 0 Satzlänge Neben Auswahl und Strukturierung des Inhalts, mit deren Hilfe sich Sprache anschaulich gestalten läßt, ist auch die Satzlänge für den sprachlichen Ausdruck und für das sprachliche Verständnis von entscheidender Bedeutung. Fest steht: Ein Zuhörer kann kurzen Sätzen leichter folgen als langen, die eine Häufung von Informationen bringen und somit das Verständnis aufgrund der komplizierten Satzstruktur erschweren. Reiners bringt hierzu in seiner ,Kunst der Rede und des Gesprächs' als Beispiel eine Definition, die das Reichsgericht gegeben hat: „Eine Eisenbahn ist ein Unternehmen, gerichtet auf wiederholte Fortbewegung von Personen oder Sachen über nicht ganz unbedeutende Raumstrecken auf metallener Grundlage, welche durch ihre Konstistenz, Konstruktion und Glätte den Transport größerer Gewichtsmassen beziehungsweise die Erzielung einer verhältnismäßig bedeutenden Schnelligkeit der Transportbewegung zu ermöglichen bestimmt ist und durch diese Eigenart in Verbindung mit dem außerdem zur Erzeugung der Transportbewegung benutzten Naturkräften — Dampf, Elektrizität, menschlicher oder tierischer Muskeltätigkeit, bei geneigter Ebene der Bahn auch schon durch die
2 . 1 0 Satzlänge
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eigene Schwere der Transportgefäße und der Ladung und so fort - bei dem Betrieb des Unternehmens auch derselben ein verhältnismäßig gewaltige je nach den Umständen nur bezweckterweise nützliche oder auch Menschenleben vernichtende und menschliche Gesundheit verletzende Wirkung zu erzeugen, fähig ist." [17, S. 30]
Angesichts solcher Schachtelsätze, noch dazu mit einer auf Juristendeutsch beruhenden Wortwahl, dürfte es klar sein, worin der sarkastische Ausspruch seine Begründung hat: ,Rechtskunde erfordert langes Studium, um die Befähigung zu erlangen, solche Sätze verstehen und interpretieren zu können'. Der Gebrauch solcher verworrenen Satzkonstruktionen ist aber nicht nur für die Rechtskunde typisch. Sie finden sich auch (zum Beispiel bei Kleist) in der Literatur und oftmals im Briefwechsel sowie in Alltagsreden. Typisch dafür ist der Redner, der am Ende langer, verschachtelter Sätze krampfhaft das geeignete Zeitwort sucht, weil ihm inzwischen selbst der zusammenhängende Sinn des Gesagten entfallen ist. Dazu ein Beispiel von einem Versammlungsredner: ,Meine Damen, meine Herren! Der Vorredner, der, wie Sie ja inzwischen nicht erst heute, sondern wie Sie es bereits mehrmals nach seinen Reden, in denen er über ein so heikles Thema sprach, feststellen konnten, die tatsächliche Problematik, die uns alle, speziell aber uns, die sich hier versammelt haben, versucht . . . haben . . . uns hinters Licht zu kommen . . . a . . . hinters Licht zu führen. Das ist nicht zu akzeptieren!' Das ist wirklich nicht zu akzeptieren! Die Aussage des Versammlungsredners wäre, wie folgt formuliert, wesentlich wirkungsvoller und einprägsamer gewesen: ,Meine Damen, meine Herren! Der Vorredner hat die tatsächliche Problematik verschleiert und meiner Meinung nach dadurch versucht, Sie hinters Licht zu führen. Eine solche Haltung kann ich nicht akzeptieren!' Aus diesem Beispiel lernen wir:
I
Je kürzer die Sätze, desto eher ist für die Zuhörer die Chance gegeben, einen Satz als ganzes aufzunehmen und sich damit auseinanderzusetzen.
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2. Die sprachliche Ausdruckskraft
Sind längere Sätze dennoch gelegentlich notwendig, sollte man wenigstens versuchen, diese durch sinnvolle Pausen und sprechtechnisch gut ausgeformte Modulation aufzulockern.
2 . 1 1 Zeitwort — Hauptwort Es ist eine in der Grammatik hinreichend bekannte Tatsache, daß Satzkonstruktionen vor allem durch die Anordnung von Hauptwort und Zeitwort bestimmt werden. Aber auch die wechselseitige Beziehung, die zwischen den Wortarten besteht, respektive die Umkleidung von Hauptwort und Zeitwort in diesem Zusammenhang wirken nachhaltig auf den sprachlichen Ausdruck ein.
I
Besonders Verben aktivieren die Sprache und gestalten Informationen um vieles dynamischer.
Aber nicht alles, was als modern oder gebildet empfunden und beurteilt wird, erscheint sprachlich gut formuliert und ausgewogen. Dies trifft besonders auf die in letzter Zeit weit verbreitete Sucht der Substantivierung zu. Es heißt nicht mehr: Ich bin verunsichert, sondern Die Verunsicherung meines Ichs. Man könnte hier beliebig viele Beispiele anführen. Wir schließen daraus:
I
Vermeiden Sie komplizierte und unnatürliche Hauptwortbildungen. Ihr sprachlicher Ausdruck wird sonst schwerfällig!
Für die zweckmäßige Verwendung von Verben sind Gespräche im privaten Bereich das beste Vorbild. Dort spricht man in der Regel natürlich, weil die Atmosphäre persönlicher ist und die Situation einem vertraut erscheint. Ein Ehemann wird seine Frau sicherlich nicht fragen: ,Welches Ergebnis hast Du bei Deiner Kochung erzielen können?', sondern ,Was hast Du heute Gutes gekocht?' Umgekehrt wird auch seine Frau an Stelle der Bemerkung ,Deine Hemden sind grau und schmutzig' nicht formulieren: ,Die Beschmutzung Deiner Hemden grenzt an Graufärbung!'.
2.12
Zusammenfassung
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Bei Reiners finden wir Belege dafür, wie der Gebrauch von Hauptwörtern sogar Charakterzüge und Verhaltensweisen wiederspiegelt: „Die Neigung, die Handlungen in Hauptwörtern wiederzugeben, hat eine charakterliche Bedeutung. Es sind fast immer schwache und ängstliche Naturen, die das tun. Wenn man sich nämlich des Verbums bedient, so muß man ganz klar sagen, wer handelt und was getan wird. Wenn wir dagegen die Handlungen in eine Reihe von Hauptwörtern mit ,-ung' kunstvoll hineinmanövrieren, können wir uns viel schwebender ausdrücken." [17, S. 32]
Daher sei nochmals hervorgehoben: Substantivierung veräußerlicht Sprache und macht sie wenig dynamisch und eindrucksvoll. Der Gebrauch von Zeitwörtern hingegen verinnerlicht und belebt Sprache mit eindeutigen und klaren Ausdrucksweisen. Schließen wir uns in diesem Zusammenhang einem Ausspruch Herders an: „Verbum! Leben! Handlung! Leidenschaft!" [vgl. 2 6 , S. 230]
2.12 Zusammenfassung Bezogen auf den sprachlichen Ausdruck haben wir folgende grundlegende Erkenntnis festzuhalten: Bringt das sprechtechnische Vermögen in den Redefluß zweckmäßige Artikulation und Modulation hinein, so wirkt der sprachliche Ausdruck unmittelbar auf Klarheit und Aussagekraft des Gesprochenen selbst. Jeder Redner sollte sich der Tatsache bewußt sein, daß sprachliche Ausdruckskraft Inhalt und Verständnis des Gesprochenen wesentlich beeinflußt. Er wird sich daher der sprachlichen Ausdrucksmittel bedienen, um den Zuhörer in seinen Bann zu ziehen. Es sei allerdings nochmals darauf hingewiesen: Sprache ist ein Mittel der Manipulation. Eine Grenze hinsichtlich des sprachlichen Ausdrucks wäre dort zu ziehen, wo Sachlichkeit und Toleranz überschritten werden und Glaubwürdigkeit abnimmt. Sprachlicher Ausdruck soll zur inhaltlichen Verdeutlichung des Vorgetragenen eingesetzt werden, ohne jedoch eigene Meinungen
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2. Die sprachliche Ausdruckskraft
und Überzeugungen zu unterdrücken, respektive zu überspielen. Man muß sich der Wirkung von Sprache und der gegebenen sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten bewußt bleiben und verantwortet als Redender ihren rechten Gebrauch. Eher noch erscheint es ratsam, Widerspruch zu erzeugen und Meinungen von einander abzugrenzen, eigene Standpunkte zu vertreten, um so den Zuhörern Spielraum für selbständiges Denken zu lassen. Vortrag und Gespräch sind Mittel des Informationsaustausches. Sie müssen in die wechselseitige Beziehung menschlicher Kommunikation gestellt werden, was immer Gleichberechtigung der Partner und gegenseitiges Respektieren und Akzeptieren bedeutet. Diese Grundeinstellung hindert den Mißbrauch sprachlicher Ausdrucksfähigkeit. Dennoch ist Übung und Einübung treffender Ausdrucksweisen notwendig und erlaubt, um sich rhetorisch kommunikativ besser verhalten und durchsetzen zu können. So gesehen und in ein solches Sinnverständnis eingebettet unterstützt sprachlicher Ausdruck die persönliche Überzeugungskraft.
3. Der Dialog Kommunikatives Verhalten in mitmenschlichen Beziehungen äußert sich vor allem im Dialog. Der Dialog steht im Gegensatz zum Monolog. Dialog bedeutet immer Zwiegespräch, und zwar unabhängig von der Anzahl der daran Beteiligten. Ein Dialog setzt einerseits voraus, Informationen aufnehmen und verarbeiten und andererseits Aussagen von sich aus partner- und situationsgerecht eindeutig formulieren zu können. Die Beherrschung der Sprechtechnik und die Formgebung des sprachlichen Ausdrucks ermöglichen überhaupt erst die Teilnahme am Dialog, ebenso das Vermögen zu argumentieren und den eigenen Standpunkt zu profilieren. Mit anderen Worten: Ein Dialog setzt sich aus wechselseitiger Rede und Antwort zusammen, was immer bedeutet, eine Bindung einzugehen; das heißt für Informationen aufgeschlossen zu sein und sie bewußt aufzunehmen. Als Dialogpartner muß man jedoch auch über Fähigkeiten verfügen, an Gesprächen aktiv teilzuhaben, das heißt, Formen und Techniken der Gesprächsführung zu beherrschen. Zuhören bildet dabei die Grundvoraussetzung für jeden kommunikativen Prozeß.
3.1 Bedeutung des Zuhörens Aktives Zuhören ermöglicht es, in der konkreten Sprechsituation dem Redenden zu folgen und die Inhalte des Vorgetragenen aufzunehmen. Damit erst besteht die Voraussetzung, auf jeden Gesprächspartner individuell einzugehen und auf die einzelnen Beiträge speziell und gezielt zu reagieren. Damit ist angedeutet, daß zwischen Aktion und Reaktion im Gesprächsverlauf ein enger Zusammenhang besteht. Eine sprachliche Äußerung zwingt zum Eingehen auf formulierte Argumente. Aus diesem Grund werden in zahlreichen Beiträgen zur Rhetorik immer wieder Rat-
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3. Der Dialog
schlage gegeben, die eigenen Gedanken nach ganz genau vorgegebenen Schemen zu ordnen, um beim Gesprächspartner eine Zwangsreaktion hinsichtlich der aufgestellten Behauptungen hervorzurufen. Dennoch liegt in dieser Ansicht ein Trugschluß, weil übersehen wird, daß der Mensch durchaus zu eigenen Reaktionen unabhängig von jeder gedanklichen Einwirkung fähig ist, und zwar deshalb, weil Wissen und Erfahrung in die Betrachtung einfließen und die jeweiligen Auffassungen stützen. In dieser menschlichen Fähigkeit liegt auch die Problematik jeglicher Kommunikation, denn jeder nimmt etwas Gesagtes unterschiedlich auf und reagiert entsprechend. Daher wäre es vermessen, von allgemeinen die Durchführung eines Dialogs betreffenden Hinweisen abgesehen, spezielle Regeln für die Reaktion der Teilnehmer aufzustellen. Vielleicht haben aber gerade diese Regeln mit dazu beigetragen, daß Kommunikation zum großen Teil nur mehr als Vermitteln von Information verstanden wird. Die derzeitige Praxis von Dialogen hat entsprechende Verhaltensweisen verfestigt. So kommt es im Hinblick auf Gespräche oder Diskussionen häufig zu dem unbefriedigenden Zustand, daß — Informationsgeber (Kommunikatoren) sich ichbezogen in den Vordergrund stellen, — die Intentionen des Zuhörers wenig, ja manchmal überhaupt nicht beachtet werden, worauf dieser eben nicht eigenständig reagiert. Mucchielli beschreibt diese Situation, in dem er feststellt, „daß die Menschen zwar viel miteinander reden, aber einander wenig verstehen. Ohne Zweifel erkennen sie es recht schnell, wenn sie nicht einer Meinung sind, und falls sie den anderen nicht überzeugen können, bleiben sie bei ihren jeweiligen Positionen. Es ist jedoch weniger leicht, sie zu dem Zugeständnis zu bringen, daß sie den jeweils benutzten Worten nicht den gleichen Sinn zuschreiben. Das geschieht nur mehr bei mehr oder weniger schwerwiegenden Krisen, in die die ganze und individuelle oder kollektive Existenz verwickelt ist. Dann sind sie zu dieser Erkenntnis gezwungen. Es genügt nicht, die gleiche Sprache zu sprechen, um einander auch zu verstehen. Nichts hält hartnäckiger als die Illusion, es genüge nur den Mund aufzumachen, um von einem anderen verstanden zu werden." [14, S. 6]
3.1 Bedeutung des Zuhörens
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Die Schwierigkeit gegenseitigen Verstehens ist vielleicht auch damit begründet, daß man einem Gespräch zumeist nur so lange zuhört, wie man es für nötig hält, das heißt so lange, wie das subjektive Interesse unmittelbar betroffen ist; oder daß man nur auf eine günstige Gelegenheit wartet, die Argumente des Partners mit einem Gegenargument abzuschwächen und die eigene Position in den Vordergrund zu stellen. Beides, das Zuhören wie das Unterbrechen des Gesprächspartners, sind gleichbedeutend mit dem Abbruch der Kommunikation. Sehr häufig kommt es auch zu einer Gesprächssituation, in der jeder der Gesprächspartner einen Monolog führt. Ohne auf das Argument des anderen einzugehen, ohne zu versuchen, herauszuhören, was für den anderen wichtig sein könnte, ohne zu erkennen, daß auch der andere wertvolle Gedanken hat, spricht man für sich, ist nur an dem interessiert, was einen selbst bewegt, spricht nur das, wovon man selbst überzeugt ist, verbalisiert es und versucht es dem Gesprächspartner einzuhämmern. Selbst wenn der Gesprächspartner einen Gedankenaustausch wünscht, wird er durch ein solches Verhalten zu einer Gegenreaktion gezwungen, die dem Verhalten des anderen sehr ähnlich ist. Wir erleben also zwei Monologe, die sich als Zwiegespräch abspielen. Mucchielli formuliert diesen Sachverhalt so: „Nicht die gleiche Sprache sprechen selbst wenn das benützte Sprachsystem das gleiche ist, bedeutet, daß man einerseits nicht in der Lage ist, sein eigenes Bezugssystem zu verlassen, wenn man mit einem anderen spricht, und daß man andererseits alles, was der andere sagt, auf dem Hintergrund des eigenen Bezugssystems sieht. Dies bewirkt eine regelrechte Verzerrung des Sinnes und ein mangelhaftes Auffassungsvermögen. Es impliziert die automatische Bestätigung dessen, was man schon vorher dachte." [14, S. 8]
Das Nicht-verstehen-wollen oder Nicht-verstehen-können der Mitmenschen ist so die Folge mangelnden Zuhörens und des Unvermögens, sich auf den Gesprächspartner einzustellen. Ein Mangel an Höflichkeit und Kontaktbereitschaft sind äußere Kennzeichen des Verhaltens während eines derartigen Gespräches.
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3. Der Dialog
Die Bedeutung des Zuhörens liegt darin, Kommunikation als partnerschaftlichen Informationsaustausch überhaupt vollziehen zu können.
I
Kommunikation findet nur dann statt, wenn sich die Zuhörer in mehr oder minder aktiver Weise am Kommunikationsprozeß beteiligen.
Aktivsein beginnt schon damit, daß die Zuhörer aufmerksam sind, daß sie zuhören, das Gehörte reflektieren und versuchen, es zu verstehen. Eine solche Forderung scheint auf den ersten Blick überflüssig, dennoch bleibt sie meist unerfüllt. Es gibt weit weniger Zuhörer, dafür aber umso mehr Weg-Hörer. Diese zeigen unter anderem folgende Verhaltensweisen: — Sie unterstellen nach dem Vortrag des Gesprächspartners trotzdem eine Behauptung, die gerade Gegenstand der Klärung war. Die Folge sind Meinungsverschiedenheiten oder Mißverständnisse. — Sie platzen mit ihrer Gegenmeinung mitten in die Argumentation des Gesprächspartners. Meist entsteht daraus ein Kampfgespräch, in dem sich die Standpunkte der einzelnen Gesprächspartner verhärten. Jede weitere Kommunikation wird dadurch erschwert, weil die Beziehungen zueinander in einer solchen Situation abgebaut werden. Im Extremfall ist ein Gesprächsabbruch die Folge.
Um die Basis für eine fruchtbringendere Kommunikation zu schaffen, muß man also als erstes Zuhören lernen. Macht man es sich zum Vorsatz zuzuhören, wird man bald merken, daß man den anderen verstehen lernt und sich mit seinen Gedanken, Gefühlen, Einstellungen usw. auseinanderzusetzen beginnt. Dieses Zuhören besteht allerdings nicht allein darin, seinem Gesprächspartner verständnisvoll in die Augen zu blicken und durch monotones Kopfnicken eine Zustimmung oder Aufmerksamkeit zum Ausdruck zu bringen, die gar nicht vorhanden ist.
3.1 Bedeutung des Zuhörens
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Zuhören hat auch seine Grenzen, vor allem dann, wenn der Redner die Gunst des Zuhörers durch Langatmigkeit seiner Ausführungen über Gebühr in Anspruch nimmt oder das Thema zu zerreden beginnt. Ähnlich gilt für die Situation, wenn ein Gesprächspartner den anderen nie zu Worte kommen läßt.
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Zum richtigen Zuhören gehört es auch rückzufragen, falls die Ausführungen des Gesprächspartners nicht ganz verstanden wurden.
Bei der Rückfrage, was gemeint war, sollte man jedoch keine vagen Schlüsse ziehen; sie könnten falsch sein! Fragen äußern das Interesse dem Gesprächspartner, seinen Vorstellungen, Meinungen usw. gegenüber. So gesehen ist die Frage gleichsam ein Signal dafür, den Gesprächspartner zu akzeptieren.
Gerathewohl gibt in diesem Zusammenhang einen wertvollen Denkanstoß: „ Z u überlegen ist eben nur vom Redner, ob es ihm mehr auf die Bekämpfung einer gegnerischen Meinung als auf unmittelbare Gewinnung seiner Gegner ankommt!" [22, S. 227]
Fallweise ist es zweckmäßig, die Gedanken des Gesprächspartners sinngemäß zu wiederholen. Dieser erhält dann eine Rückmeldung, ob das von ihm Gesagte angekommen ist beziehungsweise verstanden wurde. Wie bedeutsam die Rückkoppelung im Kommunikationsprozeß ist, soll ein Ubungsbeispiel zeigen. In einem Kommunikationstraining erhält ein Teilnehmer ohne Beisein der anderen eine Information, die er an den nächsten Teilnehmer, wieder ohne Beisein der anderen weitergeben muß, usw. (Prinzip der Stillen Post). Die ursprüngliche Information lautet: Morgen um 9.00 Uhr ist eine Sonnenfinsternis; also etwas, was man nicht alle Tage zu sehen bekommt. Lassen Sie die Belegschaft im Ausgehanzug antreten. Bei der Beobachtung dieses seltenen Ereignisses werde ich selbst die Erläuterungen geben. Wenn es regnet, werden wir das nicht gut sehen können. Die Belegschaft begibt sich dann zu einem Lichtbildvortrag in den Speiseraum.
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3. Der Dialog
Führt man diese Übung durch, so zeigt sich in der Regel folgendes: Wenn die Information fünfmal weitergegeben worden ist, hat sich die ursprüngliche Information bereits sehr deformiert. (Zum Beispiel: Morgen um 9.00 Uhr vormittag ist eine Sonnenfinsternis. Sie erhalten gesonderte Anzüge, die Sie dann anziehen müssen, und wenn Sie bitte diese Information an den nächsten weitergeben. Oder: Morgen um 9.00 Uhr bei der Sonnenfinsternis sollten Sie unbedingt dabei sein und wenn möglich in Sonntagskleidung erscheinen). Wird die Information zehnmal weitergegeben, weist die Übermittlung für gewöhnlich nur mehr Fragmente auf und diese sogar wesentlich entstellt. (Zum Beispiel: Morgen um 9.00 Uhr soll eine Sonnenfinsternis sein. Sie mögen in Sonntagskleidung erscheinen. Oder: Morgen früh wird eine Sonnenfinsternis stattfinden. Sie werden besondere Anzüge erhalten.) Aus dem angeführten Beispiel ergibt sich die Notwendigkeit, Zuhören besonders zu üben. Dies geschieht am besten durch Vortragen kurzer Texte, deren Inhalt mündlich oder schriftlich wiedergegeben und auf Vollständigkeit hin analysiert wird. Von Teilnehmern an solchen Übungsphasen aktiven Zuhörens wird oftmals bekundet: Am Beginn der Übung fühlten wir uns unsicher, oft so unsicher, daß sinnvolles Sprechen kaum möglich war. Der Grund für diese Unsicherheit liegt vor allem darin, daß von den Teilnehmern die Situation als völlig neu und fremd empfunden wurde. Aus der Tatsache, daß eine so lebensnahe Situation wie das Zuhören im Übungsfalle als ungewohnt empfunden wird, kann man den Schluß ziehen, daß das Zuhören auch in realen Situationen ähnliche Schwierigkeiten bereitet. Die Teilnehmer stellten weiter fest, daß enorme Konzentration notwenig ist, um die formulierten Gedanken des Gesprächspartners überhaupt aufnehmen zu können. Vielfach gelingt das Aufnehmen der Gedanken beim Zuhören nur sporadisch und zwar je nach sprachlicher Akzentuierung des Vorgetragenen oder dem entgegengebrachten individuellen Interesse. Bezogen auf diese Beobachtung kann folgendes festgehalten werden:
3.2
Gesprächsformen
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Je kürzer Informationen gehalten sind und je größer das Interesse der Beteiligten am Lösungsproblem oder am gemeinsam zu klärenden Sachverhalt ist, desto besser wird zugehört. So läßt sich ein beiderseitiges Verständnis der Standpunkte erreichen. Es sei deshalb nochmals betont, daß Zuhören wohl die wichtigste Voraussetzung für sprachliche Kommunikation bedeutet. Zuhören erweckt überdies bei Gesprächspartnern durch das Verstehenzeigen jenes Vertrauen, das für eine weiterführende Kommunikation erforderlich ist. Zum Zuhören-können treten als Voraussetzung für einen erfolgreichen Dialog noch Kenntnis der Gesprächsformen und Techniken der Gesprächsführung.
3.2 Gesprächsformen Gesprächsformen stellen gleichsam die Hülle dar, in der sich wirkungsvolle Variationen des Gedankenaustausches situationsund partnerbezogen vollziehen können. Situationsbezogenheit schließt bereits das geplante strategische Vorgehen und die vorgefaßte Taktik für ein Gespräch oder für eine Diskussion ein, aufgrund der überhaupt erst entsprechende Gesprächstechniken angewandt werden können. Das strategische Konzept, die taktische Durchführung und die darauf abgestimmte Gesprächstechnik werden in der Regel bereits vor dem Gespräch oder der Diskussion in irgendeiner Weise — und sei es zum Teil auch unbewußt — festgelegt sein und das Verhalten bestimmen. Die in einem Dialog möglichen Gesprächsformen treten selten in isolierter Form auf. Sie lassen sich schwerpunktmäßig akzentuieren, gehen jedoch zumeist Verbindung mit anderen Gesprächsformen ein. Dennoch müssen sie der Übersichtlichkeit halber getrennt voneinander dargestellt werden.
I
Ziel aller Gespräche sollte es sein, die Gesprächsform auf die jeweilige Situation und auf den jeweiligen Partner auszurichten.
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3. Der Dialog
Die bekannten Gesprächsformen lassen sich wie folgt definieren: Alle Gespräche bezwecken Verständigung, wobei es von der jeweils gewählten Gesprächsform abhängt, inwieweit der Grad partnerschaftlicher Kommunikation erreicht wird. Die Gesprächsstruktur entscheidet dabei, ob Aktivität gefördert und die Mitwirkung des Partners erfolgt. 1. Gesprächsform | Frage \—
| Antwort]-—
| Frage -»-
| Antwo
Diese Gesprächsform gleicht einer Kette und ist durch Frage und Antwort charakterisiert. Die Frage erzwingt meist die Richtung der Antwort. Der fragende Teil löst in enger Bindung an die von ihm vorgegebene Denkspur zwingend die Aktivitäten des Partners aus. In übertriebener Form gleicht diese Gesprächsform also nahezu einem Verhör. Die Verwendung dieser Gesprächsform tritt uns überall dort entgegen, wo vom Gesprächspartner etwas erfragt werden soll. Gespräche dieser Art dominieren in speziell autoritären beziehungsweise streng hierarchisch gegliederten Gesellschaftsstrukturen. Einer der Gesprächspartner ist Führer oder Vorgesetzter und dokumentiert seine Rolle und Position durch aufeinanderfolgende Fragen. Dem anderen, meist dem Untergebenen, kommt dann nur mehr die Aufgabe des Antwortens zu. Er hat beispielsweise zu antworten, wann etwas erledigt sein wird, oder warum etwas noch nicht erledigt wurde. Damit wird der Gesprächspartner in die Rolle des Verteidigens gedrängt. Solche Situationen sind zum Beispiel oft als typisch für Kritikgespräche anzusehen. In der schulischen Situation ist diese Gesprächsform unter starker Lehrereinwirkung als fragend — entwickelndes Lehrverfahren bekannt. Einschränkend muß jedoch gesagt werden, daß es durchaus Situationen gibt, in denen zum Zwecke eines besseren Verständnisses und der Klärung von Sachverhalten diese Gesprächsform positiv angewandt werden kann. Als Rück- oder Nachfrage fördert sie durchaus den Gesprächsverlauf. Isoliert und für sich genommen erwachsen aus dieser Gesprächsform jedoch kaum partnerschaftlich kommunikative Beziehungen.
3.2
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Gesprächsformen
2 . Gesprächsform Information
»
""**
Information-
Bei der zweiten Gesprächsform treten nach Vermittlung von Informationen Alternativen zur Überprüfung des Verständnisses in Form von Ja-Nein-Entscheidungen auf. Solche Gesprächsformen finden sich überall dort, wo einer der Gesprächspartner einen Wissensvorsprung besitzt und diesen durch Informationsweitergabe ausgleichen will oder muß. In diesem Fall wird der Informationsgeber Gesprächsführer sein. Er muß sich vergewissern, ob die Gesprächspartner ihn richtig verstehen und somit keine Gedankenbrüche auftreten. Seine Aufgabe ist es daher, sich während des Gesprächsverlaufs permanent zu überzeugen, ob die Gesprächspartner die Informationen auch tatsächlich aufgenommen haben. Dem Informationsnehmer fällt die Rolle zu, sich seinerseits durch entsprechende Einwände beziehungsweise Verständnisfragen den vermittelten Sinnzusammenhang tiefer zu erfassen. In dieser Gesprächsform liegt gegenüber der fragendentwickelnden Methode bereits eine erhöhte Form des Mitdenkens und eine Steigerung der Aktivität des Gesprächspartners. 3. Gesprächsform | Frage j-»-
| Gegenfrage | — | Frage [—-
| Gegenfrage)-—
Eine andere Gesprächsform entwickelt sich, wenn beispielsweise wissende Partner bei der Klärung oder Erörterung eines Problems aufeinandertreffen. Frage und Gegenfrage lösen einander ab, wobei es bei gegenteiliger Meinung auch zur Kampfsituation kommen kann. Jeder der Gesprächspartner befindet sich in der Rolle des Fragers und wird damit gezwungen, zeitweilig die Gesprächsführung an sich zu ziehen. Gespräche dieser Art verlaufen als Meinungsaustausch, sind jedoch nur dann effizient, wenn die Sachklärung als gemeinsames Anliegen empfunden wird. Meinung und Gegenmeinung kennzeichnen die Struktur des Gesprächsverlaufes. Gespräche dieser Art intendieren Spannung,
58
3. Der Dialog
die erst dann abgebaut wird, wenn Einigung erzielt beziehungsweise ein gemeinsamer Standpunkt erarbeitet worden ist. 4. Gesprächsform | Frage [—»-
| Antwort + Frage -«-
Antwort + Frage
Es gibt Gesprächsformen, bei denen sich Antworten mit neuen Fragen verbinden. Dies ist dann der Fall, wenn ein Meinungsaustausch sich nicht als direkte Konfrontation, sondern als sachliche Ergänzung beziehungsweise Fortführung von Gedanken vollzieht. Gegenüber stark hierarchisch gelenkten Gesprächspositionen besteht hierbei der Vorteil zunehmender Aktivierung des Partners. Die Lösungsfindung erfolgt gemeinsam, was starke Beteiligung ermöglicht. Diese Gesprächsform wird dann eingesetzt, wenn die Abklärung von Meinungen im Sinne des partnerschaftlichen Miteinanders erfolgen soll und dafür die entsprechende informative Basis gegeben ist. 5. Gesprächsform
Bei dieser Gesprächsform steht die Impulsgebung im Vordergrund. Aufgrund der gesetzten Impulse (Fragen, Einwände, Zweifel, Bedenken und dergleichen) gestaltet sich diese Gesprächsform offen. Dies bedeutet, daß die Gesprächspartner gemeinsam Lösungswege suchen und Ergebnisse erarbeiten. Die Zielrichtung und Aufgabenstrukturen bestimmen dabei das Vorgehen. Abgegebene Stellungnahmen sind in diesem Sinne auf einander bezogen. Das Klima der Gesprächsführung ist durch die Auseinander-
3.2 Gesprächsformen
59
Setzung mit einem Gegenstand bestimmt, wobei eine argumentative Kritik an vorgetragenen Meinungen des Partners zumeist unterbleibt. Es wird sachlich neutral miteinander gerungen, weil zielorientierte Bezugsfelder als Basis des Gespräches dienen und Konfrontationen dieser Art dadurch verhindern. Es geht weniger um die Auseinandersetzung mit den formulierten Gedanken des Gesprächspartners, als vielmehr um die sachliche Klärung unter Differenzierung der Bezugnahme zum jeweils Vorgetragenen beziehungsweise unter Anknüpfung an die jeweils erreichten Ergebnisse. Im Vordergrund steht die Weiterentwicklung des Gedankens selbst. Meinungsäußerungen werden als solche akzeptiert, durch Rückfragen vertieft und im Dialog zum Wechselgespräch mit weiterführenden Stellungnahmen ausgeformt respektive durch Auseinandersetzung mit dem Gehörten hinsichtlich bestehender Unklarheiten im Sinne gemeinsamer Lösungsfindung zunehmend verdeutlicht. Eine solche impulsgebende Gesprächsform ermöglicht partnerschaftliches Miteinander in besonderer Weise. Bei der Anwendung von Gesprächstechniken sollte man sich über die interaktiven Beziehungen im klaren sein, die sich im Rahmen der einzelnen Gesprächsformen entwickeln können und von deren Struktur weitgehend bestimmt werden. Gesprächstechniken sind Mittel zur Realisierung des Dialogs in einem durch die Gesprächsform vorgegebenen Rahmen. Es sei nochmals hervorgehoben, daß sowohl vom Standpunkt der Aktivität der Gesprächspartner untereinander als auch im Interesse sachlicher Klärung bestimmte Gesprächsformen je nach Ziel, Aufgabenstellung und Situation sich am günstigsten erweisen. Zu klären bleibt, wieweit Fragetechniken, zu denen auch auffordernde, hinweisende und andere Impulse zu rechnen sind, offene beziehungsweise gebundene Gesprächsformen und somit auch das Ausmaß aktiver Teilnahme am Gesprächsverlauf bestimmen. Richtig fragen zu können, bildet zugleich die Voraussetzung für den richtigen Einsatz aller übrigen Gesprächstechniken.
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3. Der Dialog
3.3 Fragetechniken Gespräche führen zu können, beginnt beim Fragen. Wer etwas wissen will, stellt Fragen. Die Frage ist gleichsam schon wichtigste Form der Gesprächstechnik selbst, denn: Fragen setzen Kommunikation in Gang.
I
Die Kunst, richtig zu fragen, das heißt Spielraum für selbständiges Denken zu eröffnen, ermöglicht erst einen dialogischen Prozeß mit sozial-integrativen Formen.
Interessant ist, wie sich Menschen einander gegenüber verhalten, wenn sie Fragen stellen. Auf folgende Formulierungen werden Sie dabei immer wieder treffen: (1) Auf dem Amt: ,Wie alt sind Sie?' - ,Wo wohnen Sie?' ,Sind Sie verheiratet?' (2) Ein Redner: ,. . . nun, wie ist dieses Problem zu lösen? . . . Ich stelle mir vor, daß . . .' (3) In einer Diskussion: ,. . . Sie wissen doch sicher, daß dieser Sachverhalt . . .' oder: ,Sie meinen also, daß . . .' (4) Der Ober: ,Wünschen Sie als Nachtisch Kompott oder Kaffee?' (5) Ein Hinterhältiger:,Wissen Sie, wo Krefeld liegt?' Gesprächspartner: J a , freilich!' Der Hinterhältige: ,Wie komme ich mit dem Auto am raschesten dort hin?'
Schon diese wenigen Beispiele zeigen, daß Fragen sehr viel bewirken können. Fragen vermitteln Informationen, tragen zur Klärung bei, dienen der Überprüfung des Verständnisses, bieten Spielraum für eine vertiefende Betrachtung oder aber führen vom Thema ab. Von der Form her können Fragen prinzipiell offen oder geschlossen sein, wobei von einer geschlossenen Frage dann gesprochen wird, wenn die Antwort vom Inhaltlichen her betrachtet in den Bgründungszusammenhang zu stellen ist und Raum für selbständiges Argumentieren bietet. Auf die Frage: ,Was hast Du in Deinem Urlaub erlebt?' kann der Gesprächspartner aus einer Vielzahl von Erlebnissen auswählen und seine Darstellung beliebig gestalten. Diese Struktur ist typisch für die
3.3
Fragetechniken
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Offenheit der Frage. Anders ist es, wenn der Gesprächsgegenstand als solcher durch die Frage eindeutiger festgelegt wird. Wissen wir beispielsweise, daß der Gesprächspartner den Urlaub in Spanien verbracht hat, hätten wir ihn auch fragen können, ,Warst Du auch in Toledo?' Als Antwort wäre ,ja' oder ,nein' in Betracht gekommen. Sind Antworten auf Fragen derart eingeengt, so ist stets eine geschlossene Struktur des Gesprächsverlaufes gegeben. Zurück zu den unter (1) —(5) angegebenen Beispielen. Das erste zeigt geschlossene Fragen. Sie werden gestellt, um Informationen rationell zu sammeln, denn sie fordern vom Beantworter knappe und präzise Stellungnahmen. In vielen Kommunikationssituationen treten Fragen dieser Art auf, weil es im Grunde nicht um einen Gedankenaustausch geht, sondern der Informationszweck in den Vordergrund rückt. Werden geschlossene informatorische Fragen gestellt, zeigt sich dies in der Regel schon an den Fragewörtern wer, was, wie, wann, wo, warum, womit usw. Das zweite Beispiel bringt eine rhetorische Frage, die konkret betrachtet, keine Frage im eigentlichen Sinn ist, da sie sich der Redner selbst stellt. Natürlich will er damit die Zuhörer motivieren und die Aufmerksamkeit auf das erörterte Problem lenken. Er will sie aber auch selbst beantworten und vertraut darauf, daß alle Zuhörer die Frage als rhetorisch erkennen und daher nicht antworten. In der Regel wird auf diese Weise das Mitdenken aktiviert. Es kann jedoch die Situation eintreten, daß aus dem Zuhörerkreise doch eine Antwort kommt. Dann besteht zumeist die Gefahr, aus dem Redekonzept zu geraten, weil man mit einer solchen Reaktion gar nicht gerechnet hat. Der Redner sollte in diesem Falle flexibel genug sein, auf die geäußerte Antwort einzugehen und sie in seinen weiteren Darlegungen aufzugreifen. Sehr beliebt in Gesprächen, speziell in Diskussionen, ist die Verwendung von Suggestivfragen beziehungsweise entsprechenden Ausdrucksweisen, die den Gesprächspartner in eine bestimmte Richtung drängen beziehungsweise ihm eine Meinung oktroyieren (Beispiel 3). Der Frager nutzt seinen Informationsvor-
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3. Der Dialog
Sprung und die Unsicherheit seiner Zuhörer aus. Gewöhnlich wagt niemand zu sagen: ,Bitte ich weiß es nicht!' (wo doch vorher gesagt wurde: ,Wie Sie alle wissen!') Das heißt aber auch, daß der Redner durch Suggestion den Befragten beeinflussen kann. Jeder Redner sollte sich deshalb genau überlegen, wann er sich dieser suggestiven Frageweise bedient, einfach aufgrund der Tatsache, daß mit einem provisorischen ,Ja' des Gesprächspartners auf eine suggestive Frage noch lange nicht die Gewähr gegeben ist, daß dieser die Sache kennt und von den vorgetragenen Begründungen überzeugt ist. Es kann sogar der Fall sein, daß der Redner damit weiteres Fragen von Seiten des Partners verhindern und diesen informationsmäßig gleichsam überrennen will. Besonders abstoßend wirken in diesem Zusammenhang suggestive Formulierungen, wie z. B.: „Wie Sie alle sicher wissen, auf alle Fälle aber wissen sollten . . ." usw., die im Interesse des Gesprächsklimas besser unterbleiben sollten. Ähnlich verhält es sich mit Alternativfragen (Beispiel 4). Diese Frageform findet speziell bei Erkundigungen Anwendung, wobei ebenfalls die Richtung festliegt, jedoch dem Zuhörer die Wahl zwischen vorgegebenen Handlungsalternativen überlassen wird. Fragt ein Ober seine Gäste: ,Wollen Sie einen Nachtisch?' läßt er ihnen durchaus die Antwort ,nein' offen. Der Gast kann sich also noch grundsätzlich entscheiden. Eine Alternative hingegen engt von der Frageform her seine Entscheidungskompetenz zugunsten des Wunsches anderer von vornherein ein. Es ist nämlich unangenehm, auf die Alternativfrage: ,Wollen Sie Kaffee oder Kompott zum Nachtisch?' mit: ,Ich will überhaupt keinen Nachtisch' zu antworten. Die Alternativfrage kann also den Gesprächspartner zu einer Entscheidung drängen, die er ursprünglich überhaupt nicht in Erwägung gezogen hat. Oft will man zum Beispiel beim Gesprächspartner eine Ja-Stimmung erzeugen und unterstellt ihm Annahmen oder Meinungen, mit denen er sich durch Ja-Fragen identifizieren muß. In den meisten Fällen handelt es sich hier um alternative Bestätigungsfragen, die Möglichkeiten zur eigenen Stellungnahme weitgehend ausschließen. Mit Fragen läßt sich auch Mißbrauch treiben und zwar in dem Sinne, daß der Gesprächspartner aufs Glatteis geführt wird. Oft
3.3 Fragetechniken
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tappt man in die Falle einer Fangfrage (Beispiel 5). Auf ,Wissen Sie, wo Krefeld liegt?' antwortet man, um nicht bloßzustehen, gedankenlos mit ,ja', ohne mitunter zu wissen, wo Krefeld tatsächlich liegt. Durch die nachfolgende Frage, wird dann unter Umständen das Unwissen offenbar. Als Fangfrage wird eine Frage auch dann bezeichnet, wenn sie dem Fragenden auf indirekte Weise zu Informationen verhilft, die ihm eine direkte Frage in der Regel verschließt. Beispielsweise fragt man nach der Höhe der Steuer, die der Gesprächspartner zu zahlen hat, um damit indirekt auf sein Einkommen schließen zu können. Der manipulative Charakter solcher Fangfragen ist eindeutig, mehr noch als bei suggestiven Möglichkeiten der Beeinflussung durch gesprächstechnische Mittel. Dies führt uns zum Problem der Verantwortung des Fragenden seinem Gesprächspartner gegenüber. Der Fragende muß sich stets darüber im klaren sein, daß jede Frage, unabhängig von der Form, einen Antwortzwang beim Befragten auslöst, das heißt, daß sich der Befragte der Antwort nicht entziehen kann. Selbst wenn eine Frage mit Schweigen beantwortet wird, interpretiert man eben das Schweigen als Antwort. Sachliche Ausrichtung des Gesprächs und Respektieren der Intimsphäre des Partners sind grundsätzliche Forderungen, die an den Gebrauch sprechtechnischer Mittel zu stellen sind, zumal deshalb, weil Gesprächs- und Frageformen unabweisliche Zwänge haben. Jede Frage muß gerade deshalb ihrem Wesen nach so offen wie möglich gehalten werden, um trotz ihrer Enge die Äußerung eigener Standpunkte, Meinungen und Überzeugungen zuzulassen. Dies gelingt am besten, wenn Fragen von vornherein mit Impulsen verbunden werden, die zur eigenen Darstellung und Begründung auffordern. Für den Verlauf eines Gespräches ist die Offenheit, verstanden als Spielraum für das Kundtun eigener Meinungen, stets am günstigsten. Der Interaktionsprozeß zwischen den beteiligten Part-
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3. Der Dialog
nern setzt Gleichberechtigung ebenso wie die Möglichkeit freien und selbständigen Reagierens voraus. Dies ist naturgemäß überall dort erschwert, wo dem Gesprächsleitenden übertragen wurde, thematisch gebundene, zielorientierte Gespräche zu führen, wie dies beispielsweise in allen Unterrichtsituationen und bei eindeutig festgelegten Aufgabenstellungen der Fall ist. Die Zielorientiertheit mit der Absicht, ein spezielles Problem zu lösen, oder einen vorausgeplanten Erkenntnisprozeß einzuleiten, schafft einen Vorsprung an interaktiver Kompetenz zu Gunsten des Lehrenden beziehungsweise des für die Durchführung einer Aufgabe Verantwortlichen. Damit ist für alle Antworten eine Grundlinie vorgegeben, über die hinaus nicht diskutiert werden kann. Außerdem gibt es Situationen, wo im Verlauf von Gesprächen ganz bewußt einzelne Aspekte des persönlichen Verhaltens in den Vordergrund gestellt werden, so daß im Interesse des Gesprächsklimas Zurückhaltung geboten erscheint, Offenheit sich also erst im Verlauf des Gespräches selbst allmählich entwickeln kann.
3.4 Gesprächstechniken Gespräche finden oft unter den verschiedensten Zielsetzungen statt, von denen es abhängt, welche Gesprächstaktik angewandt wird, beziehungsweise wie die Diskussionsführung im einzelnen verläuft. Vier typische Formen sollen herausgestellt werden: — das zielorientierte Gespräch — das Gespräch unter dem Aspekt Verbergen von Meinungen — das Gespräch unter dem Aspekt der Aggressionsvermeidung, -dämpfung und -auflösung — das Kritikgespräch 3 . 4 . 1 Zielorientiertes Gespräch Zielorientiertheit kennzeichnet bei der Gesprächstechnik die Absicht des Sprechenden, der seinen Beitrag auf das vorgegebene Ziel hin strukturiert. Zielorientiertheit bedeutet für die Leitung eines Gespräches dann auch, entsprechende Durchsetzungsstrategien anzuwenden. Dabei hängt es nicht nur von dem inhaltlichen Schwerpunkt ab, inwieweit das gesteckte Ziel tatsächlich erreicht
3.4 Gesprächstechniken
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wird, sondern ebenso auch von den spontanen Reaktionen der Zuhörer, die die Argumentation stützen. Während beispielsweise ein sprachlicher Gedanke ausgeformt wird, entsteht assoziativ beim Sprechenden der nächste Gedanke, der wieder formuliert wird, und zwar so lange, bis eine Schlußfolgerung aus der Aussage gezogen wird. Der Anstoß dazu erfolgt in der Regel durch mitgeteilte Informationen oder Argumente aus dem bisherigen Gesprächsverlauf. Die Zielorientiertheit geht jedoch dann verloren, — wenn man etwas sagen will und doch nichts zu sagen hat, — wenn der Beitrag aufgrund redundanter Äußerungen das eigentlich zu Sagende verdeckt, — wenn nur argumentiert wird, ohne zu eindeutigen Schlußfolgerungen zu gelangen, oder — wenn durch Zwischenbemerkungen der Kern der eigentlichen Aussage nicht mehr erkennbar ist. Jeder wird darum bestrebt sein, durch Verwendung geeigneter Gesprächstechniken sich möglichst wenig aus der Bahn drängen zu lassen. Er wird sich um zielorientierte Argumentation bemühen. Als Methode dazu empfiehlt sich: •
das Ziel der Aussage überlegen
•
Argumente darauf abstimmen
•
erst dann zu sprechen beginnen
Diese Grundidee jeder Gesprächstechnik hat Geißner zu einem sogenannten ,Fünfsatz' ausgebaut; ,Fünfsatz' deshalb, weil jede Argumentation seiner Auffassung nach in fünf Sätze gefaßt werden soll. In seiner ,Rhetorik' beschreibt er, was der Fünfsatz leistet: „Erstens: Im fünften als Zwecksatz, einem meist sentenzartig, in Ausnahmefällen auch als Frage formulierten Satz wird die Kurzrede zugespitzt; sie verliert sich nicht, fasert nicht aus, ist nicht stumpf. Der Fünfsatz ist redewirksam. Zweitens: Im dreifach gegliederten Mittelteil kann so kurz wie möglich, aber so ausführlich wie nötig begründet, erläutert, veranschaulicht wer-
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3. Der Dialog
den, und zwar zum Beispiel entweder in einer vollständigen logischen Schlußfigur oder in einem dialektischen Dreierschritt. Der Fünfsatz ist logisch geordnet. Drittens: Im ersten Satz werden, sei es als Behauptung, sei es als Frage, die Sprechsituation eingefangen, die Hörer einbezogen, am Vorredner angeknüpft, das eigene zum Wortmelden motiviert. Der Fünfsatz ist situativ gesteuert. Viertens: Die Konzentration auf fünf Sätze verbietet umwegigen Gliedsatzbau, sie zwingt deshalb dazu, das anschauliche, treffende Wort zu suchen. Der Fünfsatz ist im Sprachstil prägnant. Fünftens: Dieser Sprachstil im fünffach gegliederten zugespitzten Sinnganzen verlangt ein präzises, gespanntes und spannendes Sprechen. Der Fünfsatz ist im Sprechstil ,Rede'." [7, S. 119]
Geißner gibt in seinen Beispielen jeweils immer nur fünf Sätze an. Dies bedeutet aber in der konkreten Sprechsituation ein zusätzliches und gefährliches Hemmnis, denn einerseits erfordert nicht jede Aussage unbedingt fünf Sätze (oft sind vier oder sogar schon drei ausreichend), andererseits ist es aber oft nicht möglich, einen Gedanken mit fünf Sätzen schon auszuformulieren. Am Ende erscheint die Anzahl der Sätze gar nicht so entscheidend. Vielmehr sollte der Satz nicht als Satz im eigentlichen Sinn interpretiert werden, sondern als zu formulierender Gedankenschritt. Dabei enthält — nach dem situativen Einstieg, der das Mitzuteilende lediglich ankündigt — der Mittelteil die eigentliche Argumentation, bis dann am Schluß die vorweggeplante Kernaussage getroffen wird. Im Grund folgt auch Geißner dem für die Führung eines zielorientierten Gesprächs typischen Dreischnitt, unabhängig davon, daß er den Mittelteil ausgeweitet wissen will. Die Erweiterung darf aber niemals zur Redundanz führen. Damit wird die Grundidee nicht über Bord geworfen, sie bleibt vielmehr als wertvoll und lernwürdig existent: Zuerst den Zielsatz planen, dann die Argumentation aufbauen, den situativen Einstieg wählen und erst dann sprechen. Da jedoch zahlreiche Gedanken erst während des Sprechverlaufs entstehen, sind Abweichungen zwischen Planverlauf und Sprechverlauf nicht auszuschließen. Die Ursprungskonzeption des Planverlaufs sollte aber im Sprechverlauf durchgehalten werden. Man faßt den Zielgedanken ins Auge (5), überlegt sich dann die Argumente, die zu diesem Ziel-
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3 . 4 Gesprächstechniken
satz hinleiten (2, 3, 4), und schafft sich mit einer treffenden Hinführung (1) eine günstige Ausgangsbasis. Dies zeigen folgende Figuren: Planverlauf
Sprech verlauf
Beim Argumentationsaufbau und damit bei der Wahl der ,Figur' sollte beachtet werden: Nicht jede Figur ist für jede Aussage einsetzbar. Es sollte daher nicht dazu führen, eine Aussage formal der Figur anzupassen; vielmehr gilt es, eine sinnvolle Verbindung von Zielgedanken und Argumenten herzustellen. Erst wenn die eindeutige Folgerung festliegt, werden Argumente herangezogen, so daß jeweils für die geplante Rede eine in sich anders verkettete Figur entsteht. Für das Mitzuteilende ist dann jeweils ein motivierender situativer Beginn zu wählen. Mit der formalen Verknüpfung von Gesprächsverläufen hat sich Geißner in seinem Buch auseinandergesetzt. Das dynamische Moment bleibt auch bei ihm, allerdings nur in der von ihm angegebenen 1. Figur erhalten. Die einzelnen Argumente sind beliebig kombinierbar beziehungsweise austauschbar, je nach dem ausgeführten Begründungszusammenhang. Die anderen Beispiele zeigen jedoch eine so enge Verkettung, daß sie nur noch im Rahmen des angegebenen Verknüpfungsschemas auszuführen sind. Dennoch bieten sie Hilfe, die methodische Struktur eines Gesprächsverlaufes deutlich zu machen und im einzelnen darzustellen, wie ein Gedanke in den einzelnen Figuren durchgehalten werden kann. Um die bei Geißner erfolgte Formalisierung zu Gunsten dynamischer Gesprächsstrukturen aufzubrechen, sind zur weiteren Veranschaulichung flexiblere Vorgehensweisen angeführt.
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3 . Der Dialog
Zur näheren Erklärung sei angemerkt, daß alle Beispiele, die mit arabischen Ziffern numeriert sind, dem Buch Geißners entnommen wurden. Der Zielsatz lautet in allen Fällen: Reden ist erlernbar! Bedingt durch die einzelnen formalen Abläufe, kann der Aussageinhalt der Argumentation jedoch nicht einheitlich sein!
1. Figur Die erste Figur entspricht der gängigen Rede- und Aufsatzgliederung in Einleitung, Hauptteil und Schluß, wobei zu beachten ist, daß die drei Gedankenschritte im Mittelteil gleichgewichtig nebeneinander stehen und darüberhinaus auch austauschbar sind. Beispiele dazu werden nicht angeführt, weil zunächst nur die reine Vorgehensweise Gegenstand der Betrachtung ist (vgl. Figur Sprechverlauf). Zum besseren Verständnis sei dies inhaltlich durchstrukturiert.
3 . 4 Gesprächstechniken
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2. Figur Die zweite Figur gleicht einer Kette. Sie bringt im Unterschied zur Figur 1 eine strenge chronologische oder logische Abhängigkeit der Glieder.
(1) Ich meine, der Vorschlag X ist gefährlich. (2) Wir müssen überlegen, ob nicht . . . (3) Mir scheint der bessere Weg, wenn . . . (4) Dann nämlich können wir . . . (5) Wir haben zu entscheiden, ob . . .
Folgt man den Formulierungen der von Geißner vorgeschlagenen Schrittfolge, so besteht die Gefahr, daß die Zuhörer das unterlegte Schema durchschauen. In Übungen hat sich immer wieder herausgestellt, daß die Teilnehmer bei Vorgabe solcher Beispielformulierungen diese in der Regel unkritisch übernehmen, sodaß eine selbständige Gedankenführung ungemein erschwert wird. Es läßt sich bei einer Kette durchaus — trotz aller logischer Verbindungen — der Gedankengang als Beispiel so gestalten, daß die einzelnen Übungsteilnehmer jeweils zu einer individuellen Lösung in den Argumentationen kommen. Voraussetzung dafür ist allerdings, von schematisierten Satzanfängen wegzukommen und als Orientierung den Verlauf selbst in seinen konkreten Inhaltsbezug logisch zu strukturieren:
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Beispiel:
3. Figur Die dritte Figur baut dialektisch auf:
3. Der Dialog
3 . 4 Gesprächstechniken
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Zu dieser Figur bringt Geißner wiederum Vorschläge für die jeweilige Argumentationsstufe. Auch hier läßt sich zeigen, daß bei Umformung des Beispiels wieder ein rein schematischer Aufbau durchbrochen werden kann: (1) Dem Referenten möchte ich danken für eine Menge neuer Einsichten . . . (2) Unter anderem hat er gesagt. . . (3) Dagegen ist aber auch zu halten . . . (4) Vergleicht man beide Ansichten, dann . . . (5) Aus diesem Grunde schlage ich vor . . . Beispiel:
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3. Der Dialog
4. Figur Die vierte Figur zeigt in der zielorientierten Gesprächstechnik den Übergang vom Allgemeinen zum Besonderen. Geißner empfiehlt als Aufhänger für jeden Schritt wiederum fünf standardisierte Formulierungen. Wie dem Beispiel zu entnehmen ist, sind aber auch hier flexiblere Lösungen denkbar.
(1) Gemeinhin sieht man die Sache so . . . (2) Aus unserer Erfahrung aber . . . (3) Denn erstens . . . (4) Außerdem zweitens . . . (5) Folglich . . .
3 . 4 Gesprächstechniken
Beispiel:
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3. Der Dialog
5. Figur Die fünfte Figur vergleicht zwei Positionen miteinander, die vergleichsweise argumentativ einander gegenübergestellt werden, um daraus dann einen bestimmten Schluß zu ziehen. Geißner empfiehlt wiederum allgemeine Satzanfänge für das Vorgehen, die jedoch den Kontrast überaus stark zuspitzen. Es empfiehlt sich daher auch in diesem Falle, die schematische Abfolge inhaltsbezogen aufzufächern, um das Vorgehen selbst konkreter zu kennzeichnen und Spielraum für flexiblere Möglichkeiten zu eröffnen.
(1) Die A-Partei hat folgenden Standpunkt . . . (2) Sie begründet ihn m i t . . . (3) Die B-Partei vertritt den entgegengesetzten Standpunkt . . . (4) Sie begründet ihn m i t . . . (5) Ich kann mich für keinen von beiden entschließen, sondern
3.4 Gesprächstechniken Beispiel:
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3. Der Dialog
6. Figur Die Figur sechs gleicht in ihrem Aufbau der Figur fünf. Der Unterschied besteht allerdings darin, die eigene Meinung zu gewichten, konträre Auffassungen hingegen hinsichtlich ihrer Bedeutung weitgehend zu negieren oder auszuklammern. Obwohl der Kontrast in seiner Detaillierung wegfällt, erscheint hier die von Geißner vorgeschlagene Vorgehensweise günstig zu sein, weil die logische Struktur durch die vorgenommene Akzentuierung deutlicher zum Tragen kommt. Der Nachteil allerdings ist, daß der Begründungszusammenhang und damit mögliche Einwände und Bedenken hinter der Profilierung der eigenen Meinung zurücksteht. Die Figur eignet sich im Grunde nur dort, wo Eindeutigkeit gewünscht wird oder von der Sache gegeben ist.
(1) Wir reden schon eine Weile über . . . (2) Bislang drehte sich alles um . . . (3) Dabei wurde übersehen, daß . . . (4) Gerade dies scheint mir aber besonders wichtig, weil . . . (5) Ich stelle den Antrag . . . .
3 . 4 Gesprächstechniken
Beispiel:
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3. Der Dialog
7. Figur In Figur sieben wird der Versuch unternommen, die bisher gezeigten Figuren und Formen des gesprächstechnischen Vorgehens miteinander zu verbinden, das heißt je nach Situation und aufgeworfenen Problemen eine Mischform aufzubauen. In diesem Zusammenhang erscheinen allerdings die von Geißner vorgeschlagenen Formalschritte wiederum bedenklich, da sehr leicht stereotype Argumentation folgen kann. Es ist daher auch hier notwendig, die vorgeschlagene Schrittfolge auf den konkreten Inhalt zu beziehen und argumentativ zu detaillieren. Ihre Aufgabe: Formulieren Sie als Beispiel einen eigenen Lösungsvorschlag.
(1) A behauptet. . . (2) B widersprach mit dem Hinweis auf . . . (3) Mir scheint, die beiden treffen sich in einem Punkt . . . (4) Hier liegt vielleicht die Lösung, denn . . . (5) Wir sollten in dieser Richtung weiterdenken . . .
3 . 4 Gesprächstechniken
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Beispiel:
Zusammenfassung Die aus der Betrachtung der einzelnen Figuren in bezug auf zielorientierte Gesprächstechniken gewonnenen Erkenntnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen: Die einzelnen Figuren sind in jedem Fall nur formalisierte Hilfsmittel, geben jedoch Anhaltspunkte für die klare logische Strukturierung. Das jedoch enthebt den Redner nicht der Aufgabe, die Inhaltsstruktur selbst und den Aufbau seiner Argumente im einzelnen flexibel und dynamisch zu halten. Auf keinen Fall darf die Zielorientiertheit durch Überlagerung zu vieler Argumente und vor allem durch affektive Beziehungen verloren gehen. Es sei nochmals darauf hingewiesen, daß es für den Gesprächsaufbau keine festen Regeln gibt, wohl aber Hinweise und Anregungen zu einer zielorientierten Gesprächsgestaltung.
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3. Der Dialog
3 . 4 . 2 Das Gespräch unter dem Aspekt: Verbergen von Meinungen Bevor wir uns anderen Formen der Gesprächstechnik zuwenden, sei nochmals herausgestellt, daß das entscheidende Kriterium für die Gesprächstechnik die Zielorientiertheit ist, das heißt die dargestellten Gesprächsformen werden dazu benutzt, möglichst logisch, kurz und prägnant eine informierende, bewertende, stellungbeziehende Aussage zu formulieren. In der Folge geht es jedoch um die Mitteilung und Strukturierung von Sachaussagen und Argumenten, sondern um das Verbergen von Meinungen. Es ist dies eine Erscheinung, die in Gesprächen immer dann auftritt, wenn mit der Antwort auf die Aussage des Partners aus taktischen Gründen gewartet wird beziehungsweise das Vorzutragende unvollständig bleibt, um den eigenen Informationsvorsprung im weiteren Gesprächsverlauf an geeigneter Stelle ausspielen zu können. Umgekehrt läßt sich mangelnde Sachkompetenz verschleiern, in dem ohne auf Inhalte präzise einzugehen, ein Sachverhalt als hinreichend bewiesen und geklärt dargestellt wird. Verbergen von Meinungen bedeutet also auch Vortäuschen von Sachkenntnis. Das Verbergen von Meinungen kann demnach bezogen auf die Gesprächslenkung positiv sein, nimmt jedoch immer dann negative Züge an, wenn der Gesprächspartner hintergangen wird. Dies ist im Fall des Vortäuschens von Sachkenntnis gegeben. Es können aber auch noch andere Gründe vorliegen, mit der eigenen Meinung zurückzuhalten. Selbst wenn man in einem Gespräch oder in einer Diskussion aufgefordert wird, konkret Stellung (ja — nein, gut — schlecht usw.) zu beziehen, ist man oft nicht gewillt, spontan oder konkret zu reagieren. Die Motive dafür sind verschieden und können in der Absicht begründet sein, — die eigene Meinung erst dann bekanntzugeben, wenn von Seiten anderer Gesprächspartner weitere Argumente vorgetragen worden sind, — sich Zeit zu verschaffen, um bei der Darlegung des eigenen Standpunktes zugleich auf andere Argumente eingehen zu können, — sich nicht eindeutig festlegen zu wollen,
3 . 4 Gesprächstechniken
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— sich die Möglichkeit zu verschaffen, seine Argumente zum günstigsten Zeitpunkt in den Vordergrund zu stellen. Fehlt es an Sachwissen beziehungsweise sind die Gedanken in ihrer logischen Folge noch nicht eindeutig strukturiert, so ist es nicht klug, sofort mit einem begründeten ja oder nein zu antworten. Wer einmal konkret Stellung bezogen hat, kommt in eine schwierige Situation, wenn in der nachfolgenden Diskussion seine vorgetragenen Anschauungen widerlegt werden. Ohne das Gesicht zu verlieren läßt sich also in der Regel eine Meinung nicht sofort ändern. Dies führt in der konkreten Gesprächssituation oftmals dazu, sich in Argumente zu flüchten, um auf diese Weise die einmal aufgestellte Behauptung zu bekräftigen. Damit verfestigen sich die Standpunkte, und zwar so lange, bis schließlich eine Annäherung erfolgt. Hegt man den eigenen Argumenten gegenüber bereits Zweifel, beharrt aber dennoch auf dem einmal vertretenen Standpunkt, so erscheint man als uneinsichtiger Gesprächspartner, dessen Gedanken nicht wahrheitsgetreu wiedergegeben werden. Die Glaubwürdigkeit auch künftiger Aussagen ist damit in Frage gestellt. Auch in diesem Sinn spricht man von Verbergen von Meinungen. Nachfolgend soll auf die positiven Möglichkeiten eingegangen werden, die sich für den Gang eines Gesprächsverlaufes als günstig erweisen. Das methodische Schema läßt sich in sechs Phasen einteilen (vgl. nachfolgende Abbildung). Der Anwendungsbereich dieser Methode ließe sich aber auch auf jede spontane Diskussion ausweiten. Eine Situation dazu wäre die Aufforderung, ad hoc zu einem Thema Stellung zu beziehen. Das bedeutet für den Redner oftmals, daß er kein Konzept für ein Statement parat hat. Hier hilft diese Form der Gesprächstechnik, Meinungen zu verbergen. Man verschafft sich während des Sprechens Klarheit über den Inhalt, über die Bezugspunkte, über die einzelnen darin liegenden Problemstellungen. Die Aufforderung zur Stellungnahme wird in ein Über-das-Thema-Sprechen übergeführt, das Gespräch danach weitergegeben.
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3. Der Dialog
Methode zum Verbergen von Meinungen 1. Phase
Einleitung
2 . Phase
Problemdarstellung „ 7 W " (Wer, Was, Wann, Wo, Wie, Warum, Wozu)
3 . Phase
Analyse der Problemstellung nach: o Standpunkten o Ursachen o Möglichkeiten o Vor- und Nachteilen o Auswirkungen o Bedingungen usw.
4 . Phase
Synthese Prioritäten aufzeigen o Reihung der Fakten o Beschränkung auf ein Faktum o Beschränkung auf wenige Fakten
5 . Phase
Phase des Verknüpfens Gegenüberstellung mit prinzipiellen Anschauungen und ökonomischen, ethischen, moralischen, legalen usw. Normen oder Werthaltungen
6. Phase
Resultat o Klares ,ja* oder ,nein' o ,ja' unter . . . . eingeschränkten Umständen, ,nein' unter . . . . eingeschränkten Umständen o Keine Stellungnahme
Diese Methode ist ein weiterer Anwendungsbereich des vom Instituts für angewandte Psychologie/Wien' verwendeten Schemas für die Stegreifrede 1. P h a s e — Einleitung D i e erste Phase k a n n — wie beim zielorientierten Gespräch — als situativer Einstieg bewertet werden. Als inhaltliche Schwerpunkte sind m ö g l i c h : — Z u s a m m e n f a s s u n g der bisherigen Äußerungen — Herausstellen eines speziell erörterten Gesichtspunktes — Hinzuziehung eines neuen, n o c h nicht geäußerten Gedankens
(im
Themas)
Hinblick
auf komplexere
Sicht
des
gestellten
3 . 4 Gesprächstechniken
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— Begriffsklärung beziehungsweise Begriffsabgrenzung ( = Definition), um die vorgetragenen Argumente durch eindeutige Hervorhebung des Gemeinten zu stützen. Beispiele: Sie stellen die Frage , ?'. Bevor ich jedoch konkret Stellung beziehe, will ich das Problem noch kurz von der . . . Seite beleuchten ( = Vertiefung der bisherigen Argumentation). Wir haben bisher zu dem Problem bereits einige Stellungnahmen und Ansichten gehört. Die einen meinten . . . ich jedoch vertrete die Ansicht . . . ( = Herausstellen des eigenen Standpunktes) Sehen Sie! Ich glaube, daß die Frage, die Sie mir hier stellen nicht einfach mit ja oder nein beantwortet werden kann, denn in unserer Diskussion wurden einige Ansichten, die mir besonders wichtig erscheinen, noch nicht ausgesprochen, wie zum Beispiel . . . ( = Ausführen neuer Argumente) Wenn ich hier jetzt schlicht und einfach mit ja oder nein antworten würde, bliebe der Zusammenhang unklar, denn . . . ( = Beleuchtung des Themas aus verschiedenen Richtungen) Es gibt Menschen, die ihre Frage sofort mit ja oder nein beantworten würden, ohne sich darüber im klaren zu sein, daß es hier um eine sehr komplexe Angelegenheit geht . . . ( = Darstellung der Komplexität) Diese Frage wird aus Aktualitätsgründen häufig gestellt. Es gibt Menschen, die voreilig und ohne sich über die Problematik im klaren zu sein mit ja oder nein antworten. Wir — so glaube ich — sollten diesen Fehler nicht machen. Die Frage . . . wirft nämlich etliche Problemstellungen auf und daraus wird sich eine Fülle von Lösungsmöglichkeiten ergeben . . . ( = Darstellung der Probleme) Bevor ich auf Ihre Frage näher eingehe, möchte ich zuerst den Begriff, den Inhalt der Problemstellung abklären . . . ( = Begriffsabklärung, Begriffsabgrenzung) 2. Phase — Problemdarstellung Die zweite Phase der Gesprächstechnik Verbergen von Meinungen umfaßt die ausführliche Problemdarstellung. Dieses Vorgehen gleicht einem one-man-brainstorming, in dem ausgehend
84
3 . Der Dialog
von der gewählten Einleitung nunmehr der eigentliche Sachverhalt detailliert dargelegt wird. Ziel ist es, durch das Formulieren neuer Gedanken klare Vorstellungen vom bisher Gesagten oder dem noch offen Stehenden zu schaffen. Auf diese Art und Weise wird ein Thema aus den verschiedensten Blickrichtungen beleuchtet. Dabei helfen uns die sieben-W-Fragen (Wer, Was, Wann, Wo, Wie, Warum, Wozu). Beispiele: Wer Wer ist alles betroffen (welche Gruppen, Institutionen, soziale Bereiche usw.) Wer ist der Impulsgeber oder soll (müßte es sein, welche Interessen) ? Wer war oder wird der Verursacher (Auslöser) sein? Wer nimmt welche Standpunkte ein (pro — kontra)? Wer wird oder hat die Verantwortung? Sollte sie eventuell ein anderer tragen? Wer ist mit dem Zustand zufrieden, wer kritisiert ihn? Wer soll entscheiden: nur die Betroffenen, die Nichtbetroffenen, alle? Wer war der Initiator, wer hätte es sein sollen? Wer soll die Konsequenzen tragen? Wer soll die Kontrolle übernehmen? Besitzen alle, die sie innehaben auch die erforderliche Kompetenz? Wer kann das Problem objektiv beurteilen? Was Was ist unter den zur Diskussion gestellten Begriffen, Anschauungen usw. zu verstehen? ( = Definition) Was für (welche) Unterscheidungen müssen wir treffen? Was für (welche) Möglichkeiten — im Hinblick auf Verwirklichung usw. — gibt es? Was für (welche) Umstände bewirken den derzeitigen Stand der Dinge? Was müssen wir unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit berücksichtigen?
3 . 4 Gesprächstechniken
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Was begrenzt unsere Gedanken im Hinblick auf Werthaltungen und Normen (ethische, moralische, logische, legale usw.)? Was hat Priorität? Wann Seit wann gibt es dieses Problem oder wann könnte es auftreten? Wann werden oder könnten Veränderungen eintreten? Wann werden zusätzliche Änderungen, Hinweise und dergleichen berücksichtigt? Wann und unter welchen Umständen wird jemand mit dem Problem konfrontiert? Wo W o treten die verschiedenen Meinungen, Interessen, Neigungen, Standpunkte usw. auf? Wo wird der Umstand, das Faktum Auswirkungen zeigen? W o — auf welche Gebiete (zum Beispiel regional, national, international) beschränkt sich eine Problemstellung, beziehungsweise wo soll sie ausgeweitet oder aber eingeschränkt werden? W o wird jemand mit dem Problem konfrontiert? Wie Wie werden die derzeit vorhandenen Möglichkeiten (zum Beispiel nach ökonomischen, legalen, ethischen, logischen Gesichtspunkten) ausgeschöpft? Wie — in welchem Ausmaß — werden Informationen bekanntgemacht beziehungsweise Vorschläge verwirklicht? Wie sind die derzeitigen Auswirkungen, wie ist der derzeitige Stand (status quo?) Wie soll die Lösung sein? Wie ist die jetzige Situation zustande gekommen? Wie verhalten sich die Betroffenen, wie werden sie sich in Zukunft verhalten? Warum Warum werden Änderungen, Neuregelungen ins Kalkül gezogen? Warum wird das Problem erst jetzt (gerade zu diesem Zeitpunkt) offenkundig (aktuell)?
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3. Der Dialog
Warum halten Teilnehmer, Leitungsgremien und andere bestimmte Informationen zurück? Warum schließt man sich der einen oder anderen Meinung an?
Wozu Wozu Wozu Wozu Wozu
werden die neuen Möglichkeiten ausgenützt werden? dienen die Lösungsvorschläge? tragen Änderungen bei? werden weitere Informationen benötigt?
Die angeführten Standardbeispiele zeigen nur einige von vielen Möglichkeiten. Während der Problemdarstellung geht es aber immer noch darum, die eigene Meinung bezogen auf eine wertende Stellungnahme beziehungsweise auf die Einschätzung des Sachverhaltes zurückzuhalten. 3. Phase — Analyse der Problemstellung Während der Diskussion werden Problemdarstellungen in vielerlei Hinsicht vertieft, einander gegenübergestellt, auf ihren Bedeutungsgehalt hin überprüft und schließlich bezogen auf Ursache und Folge eingeschätzt und gewertet, wobei auch Bedingungen für konkrete Realisierung aufgezeigt werden müssen. Für jeden Gesprächsverlauf besteht eine solche Notwendigkeit, Problemlösungen allmählich zuzuspitzen. Dies geschieht auf dem Wege der Analyse. Die folgenden Beispiele zeigen, in welche Richtung hin analysiert werden kann. Wir unterscheiden nach: — Standpunkten (pro — kontra) Die Betrachtung wird auf unterschiedlich vertretene Standpunkte gelenkt, um Klarheit zu gewinnen, beziehungsweise das bereits Gesicherte von dem noch weiter zu Klärendem abzuheben. — Möglichkeiten Aus dem bisherigen Verlauf der Diskussion wird das, was realisierbar erscheint beziehungsweise nach Stand der Dinge sich nicht als anwendbar erweist, besonders herausgehoben.
3.4 Gesprächstechniken
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— Vor- und Nachteilen Hinsichtlich bestehender Vor- und Nachteile wird der Blick auf die Konsequenzen gelenkt, die sich aus den Problemdarstellungen im einzelnen ergeben. — Ursachen Meinungskonfrontationen haben bestimmte Ursachen, die wenn aufgedeckt, eine Einschätzung der vorgetragenen Argumente im Sachbezug ermöglichen. Auswirkungen und Bedingungen zu überprüfen bedeutet, für spätere Phasen des Gespräches erste Anhaltspunkte für die tatsächliche Lösung der diskutierten Probleme zu gewinnen. Während dieser Analyse sollte bereits gewichtet werden. Dies geschieht in der Weise, daß alles, was für die weitere Klärung unwesentlich erscheint oder aber darüber hinausgeht, aus dem Diskussionsverlauf ausgeklammert wird. Im weitesten Sinne kann die Analyse als Gesprächsphase verstanden werden, in der es zur Darstellung eines Problemkataloges kommt. 4. Phase — Synthese Ein klar gegliederter Problemkatalog erlaubt es, gruppierte Tatsachen auf dem Wege der Synthese zu überschaubaren Ganzheiten und damit zu Einsichtsstrukturen zu verbinden. Das Vorgehen hierbei erstreckt sich auf: — Reihung der Fakten Die Fakten werden schwerpunktmäßig und auf die einzelnen Problemgruppen bezogen in eine Rangreihe gebracht. — Beschränkung auf ein Faktum Ein Faktum wird besonders herausgestellt, um auf diese Weise die Klärung eines bestimmten Sachverhalts voranzutreiben. — Beschränkung auf wenige Fakten Einzelne Fakten werden miteinander in Beziehung gebracht, um auf dem Wege von Vergleichsoperationen ihren Stellenwert bezogen auf das Gesamtproblem zu bestimmen.
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3. Der Dialog
Im Zusammenhang mit der Synthese werden jene Auffassungen ausgeschieden, die nicht der unmittelbaren Weiterführung der Diskussion dienen. Man wird sich demnach in dieser Gesprächsphase darauf beschränken, wesentliche Aspekte hervorzuheben beziehungsweise die vorgetragenen Argumente und Kernprobleme zu gruppieren. 5 . Phase — Verknüpfen Ist die Synthese erfolgt, so läßt sich das bisher Gesagte, das bisherige Ergebnis mit prinzipiellen Anschauungen und Wertvorstellungen ökonomischer, ethischer, moralischer, legaler, logischer Art usw. verknüpfen. Das diskutierte Problem wird in einem übergeordneten Zusammenhang gestellt und dialektisch betrachtet, insbesondere was die Einschätzung bezogen auf Normen, Einstellungen oder Wert- und Erwartungshaltungen betrifft. In dieser Phase des Gesprächsverlaufs kommt es zur Wertung und Bewertung vorgetragener Argumente. Ergeben sich bei dieser Verknüpfung Diskrepanzen, so wird die Problemdarstellung erneut diskutiert und aufgearbeitet. Es können aber auch Teilergebnisse durch eine vertiefende Betrachtung modifiziert werden, so daß sie aus dem Verlauf des weiteren Gesprächs teilweise als gesichert herauszunehmen sind.
6. Phase -
Resultat
Am Schluß des Gespräches wird das Resultat herausgestellt, um zu konkreten Festlegungen zu gelangen. Der Bezug zur einleitenden Problemstellung ist deutlich. Im gegenteiligen Fall würde sonst von den Gesprächspartnern der Vorwurf erhoben werden, daß an der Sache vorbeigesprochen worden sei. Die Überlegungen bei der Formulierung eines Resultats zielen auf Abgabe einer endgültigen Stellungnahme (Resümee). Dabei bestehen im einzelnen folgende Vorgehensweisen: — Klares ja oder nein Man kann aufgrund seines Statements eine gut überlegte und damit auch vertretbare Stellung beziehen.
3 . 4 Gesprächstechniken
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Beispiel: Ich glaube, daß man nun aus den getroffenen Überlegungen ihre Frage . . . (Wiederholung der Frage) . . . entschieden mit ja (oder nein) beantworten kann. — Eingeschränktes ja oder nein Man kann ja oder nein von Bedingungen abhängig machen, oder zu gewissen Auffassungen ja oder nein sagen. Beispiel: Sie sehen, daß das Problem differenzierter ist, als es ihre Frage . . . (Wiederholung der Frage) . . . zeigte. Sie läßt sich in dem einen Fall . . . (Beispiel anführen) . . . mit ja, in dem anderen Fall . . . (Beispiel) . . . mit nein beantworten. — Keine Stellungnahme Soll keine Stellungnahme abgegeben werden, obwohl dazu aufgefordert wird, so bleibt nur noch die Möglichkeit, den vertretenen Standpunkt erneut zur Diskussion zu stellen. Beispiel: Die gestellte Frage . . . (Wiederholung der Frage) . . . wurde von mir durch . . . (zusammenfassende Beispiele) . . . nunmehr erläutert. Sollte es andere Auffassungen oder ergänzende Fragen geben, bitte ich um weitere Diskussion. Zusammenfassung Aus den angeführten Beispielen ergibt sich, daß eigentlich in jeder Diskussion das Verbergen von Meinungen eine wesentliche Rolle spielt. Es hat seinen Grund nicht zuletzt in der Tatsache, daß um Standpunkte gerungen wird, die nicht in jedem Fall zu Beginn schon einsichtig sind. Das Streben nach Klarheit und allmählicher Problemerhellung macht diese Gesprächstechnik geradezu zur Methode der Auseinandersetzung. Wird Verbergen jedoch zur manipulativen Absicht, quasi als Taktik unaufrichtiger Verschleierung, so zeigt sich die moralische Grenze der Anwendbarkeit von Techniken dieser Art. 3.4.3 Das Gespräch unter dem Aspekt der Aggressionsvermeidung, -dämpfung und -auflösung Eine gänzlich andere Situation hinsichtlich der Anwendung von Gesprächstechniken entsteht, wenn das Gesprächsklima durch Stellungnahmen einzelner Teilnehmer oder durch die ablehnen-
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3. Der Dialog
de Haltung ganzer Gruppen zueinander affektiv beziehungsweise in gesteigerter Form sogar aggressiv überlagert wird. In solchen Fällen muß sich jeder Redner bemühen, seine Darlegungen möglichst sachlich zu halten; das heißt, er muß mit verhaltenen Argumenten dazu beitragen, die aggressiv rhetorische Situation zu entschärfen beziehungsweise die Aggressionen in ihrem weiteren Verlauf aufzulösen. Sachlichkeit (zielorientierte Gesprächstechniken) und Zurückhaltung (positives Verbergen von Meinungen) tragen wesentlich dazu bei, einerseits das Verstehen der Gesprächspartner zu fördern, andererseits die zur Klärung anstehenden Probleme einer Lösung näher zu bringen. Dennoch gibt es spezielle Methoden der Gesprächsführung, um auf aggressives Verhalten zu reagieren. In diesem Zusammenhang spricht man von Gesprächstechniken der Aggresionsvermeidung, -dämpfung und -auflösung. Über die Aggression Aggression ist durch feindselige Einstellung gekennzeichnet. Demgegenüber steht die Forderung nach einem toleranten Verhalten, das auch als Ziel jeder Gesprächstechnik angesehen werden muß. Das bedeutet: Gespräche sollten von einer inneren Einstellung zueinander getragen werden, die relativ frei von Vorurteilen, Ablehnungen, stereotypen Einstellungen, Antipathien usw. ist, damit es gar nicht erst zu aggressiven Verhaltensweisen kommt. Aggression nämlich bedeutet immer Streit, unabhängig davon, aus welchen Einstellungs- oder Antriebsursachen dieser auch resultiert. In Gesprächssituationen kommt es in der Regel nur selten zu direkten Aggressionen. Viel häufiger treten Voreingenommenheit, Vorurteil und ablehnende Haltung zueinander auf, die jedoch ebenfalls ein aggressives Klima zur Folge haben. Für die Vermeidung, Dämpfung und Auflösung von Aggressionen gibt es Verhaltenshinweise. Diese erweisen sich allerdings nur in solchen Situationen als wirkungsvoll, wo Aggression sich noch nicht zur Feindschaft verfestigt hat. Wenn einer der Gesprächspartner von vornherein allein mit der Absicht, Streit zu suchen, in
3.4 Gesprächstechniken
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das Gespräch geht und sich daher auf andere nicht einstellen kann, fehlt jede Einbindungsfähigkeit, das Eingehen auf Argumente anderer. Eine Gesprächsbasis ist so nicht gegeben. Ein günstiges Gesprächsklima setzt gegenseitiges Akzeptieren voraus. Zum Problem der Aggresionen in einer Gesprächssituation sollte man sich eine Tatsache bewußt machen: Menschen reagieren auf Aussagen eines Gesprächspartners durchaus unterschiedlich. Was den einen zur sofortigen aggressiven Reaktion herausfordert, wirkt unter Umständen auf einen anderen überhaupt nicht. Der Grund dafür liegt in den unterschiedlichen Einstellungen, kann aber auch Temperamentssache sein. Da man sich dem Gesprächspartner gegenüber nicht so ohne weiteres aufschließt und aus Besonnenheit eher zum Verbergen von Meinungen neigt, gehen nachfolgende Ausführungen von der Annahme aus, daß Aggressionen durch inadäquates Verhalten hervorgerufen werden können, jedoch nicht unbedingt entstehen müssen! Entscheidend dafür ist die jeweilige Situation. Aggressive Situation Ein Gesprächspartner kann aus den verschiedensten Motiven eine aggressive Haltung einnehmen: Das Verhalten anderer, selbst vielleicht nicht einmal aggressiver Gesprächspartner löst bewußt oder unbewußt Aggressionen aus. Auch Sympathie und Antipathie können ebenso wie Irrtümer oder sachlich falsche Darstellungen dazu beitragen, aggressive Situationen zu schaffen oder heraufzubeschwören. Bewußt provoziert werden Aggressionen immer dann, wenn man den Gesprächspartner erkennen läßt, daß man ihn nicht als gleichberechtigt betrachtet. Dies geschieht bei folgenden rednerischen Verhaltensweisen: • Beschimpfung Typische Fälle dieser Situation sind Mißachtung des Partners, Verunglimpfung, Herabsetzung seiner Fähigkeiten und Fertigkeiten usw. Verfolgt wird mit einer solchen Verhaltensweise in jedem Falle Prestigeabwertung des Partners, um das eigene aufzuwerten. Besonders häufig werden bei Beschimpfungen Vergleiche mit der Tierwelt angestellt, da es viel schwerer ist, charakteristi-
3. Der Dialog
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sehe menschliche Verhaltensweisen zu beschreiben, als auf angebliche Verhaltensweisen von Tieren anzuspielen. Der Vergleich mit einem Esel zum Beispiel bringt eindeutige Assoziationen im Hinblick auf Geist und Verhalten, so daß jede andere Charakterisierung weitschweifiger und damit weniger aussagekräftig wäre. Daneben sind Ironie und Spott typische Formen indirekter Beschimpfung mit dem Ziel der Bloßstellung und Mißachtung des Partners. •
Beschuldigung
Aggressionen werden häufig auch durch Beschuldigungen ausgelöst. Man macht seinem Gesprächspartner Vorhaltungen zumeist im Hinblick auf nicht eingelöste Forderungen oder stellt Fähigkeiten beziehungsweise auch positive Verhaltensweisen in Abrede. Beschuldigungen versetzen den Gesprächspartner in die Situation, sich rechtfertigen zu müssen. Der Angreifer ist im Vorteil, selbst wenn seine Vorhaltungen ungerechtfertigt sind. Für den Betroffenen bestehen zwei Möglichkeiten. Er zeigt entweder Reue oder befreit sich von der Beschuldigung durch sachliche Richtigstellung. Häufig jedoch sind aggressive Gegenbeschuldigungen die Folge. Das Gesprächsklima bleibt bei Beschuldigungen immer aggressiv überlagert. • Totreden, Totschweigen Reichen Argumente nicht mehr zur sachlichen Klärung eines Problems aus, so kommt es einerseits dazu, den Partner totzureden und andererseits dazu, seine Aussagen zu negieren, das heißt den Gesprächspartner totzuschweigen. Wie sehr solche Verhaltensweisen Aggressionen auslösen, erlebt man in jeder Diskussion. Aussagen werden zerpflückt und zerredet, so daß eine mögliche Verständigung von vornherein erschwert wird. Man redet den Diskussionsteilnehmer, selbst wenn er sich um eine rasche Lösung eines Problems und somit um die aktive Weiterführung des Gespräches bemüht, durch übersteigerte Gegenargumente tot, oder man nimmt das Vorgetragene gar nicht erst zur Kenntnis, unabhängig davon, wie überzeugend die Argumente im einzelnen auch gewesen sein mögen.
3 . 4 Gesprächstechniken
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• Wortabschneiden Affektbeladenes oder ablehnendes Verhalten entsteht in Gesprächssituationen auch dann, wenn ein Gesprächspartner die verbalisierten Gedanken — bewußt oder unbewußt — falsch interpretiert. Wortverdrehungen oder Sinnentstellungen sind oft der Anlaß dafür, absichtliche Unterstellungen oder Einschränkung der Kompetenz zu vermuten. Man wertet dies als ungerechtfertigten persönlichen Angriff. Aggressive
Gesprächstechniken
Aggressive Situationen werden auch dann ausgelöst, wenn ein Gesprächspartner taktisch agiert, einerseits um seine persönliche Auffassung durchzusetzen, andererseits um eventuell gegebene Unsicherheiten zu verschleiern. Eine Reihe von Verhaltensweisen des taktischen Manövrierens sei hier vorgestellt: — Die eigene Meinung als absolute Behauptung hinstellen. Hier wird eine subjektive Meinung als allgemeingültig und unumstößlich formuliert. Damit wird ausgedrückt: Der Redner ist die Quelle der Faktenwahrheit, der Gesprächspartner hat unbesehen alles zu glauben und keinen Anspruch auf eigenständiges Denken. — Absolute Werturteile verbalisieren. Die eigene Wertskala wird als die allgemein richtige vertreten. Es wird durch autoritäres Auftreten signalisiert, daß andere Bezugssysteme von vornherein unrichtig sind. — Fragen ständig ausweichen oder ständig neutral reagieren. Der Gesprächspartner nimmt keinen Bezug auf die gestellten Fragen, sondern spricht von etwas anderem. Er weicht somit einer von ihm geforderten Stellungnahme aus oder aber er wiederholt außer Streit stehende Argumente, um eine neutrale Position zu bekunden. Damit wird zum Ausdruck gebracht, daß der Gesprächspartner es nicht wert ist, Antwort zu bekommen. — Überlegenheit demonstrieren. In diesem Fall lassen sowohl die gewählten Formulierungen als auch die vorgetragenen Argumente erkennen, daß einem Gesprächspartner die Sache schon immer klar gewesen sei
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3. Der Dialog
und es eigentlich keiner weiteren Diskussion mehr bedürfe. Dadurch entsteht beim Partner ein Gefühl der Unterlegenheit. — Geheime Strategie vermuten lassen. Ein Gesprächspartner bringt in seinen Aussagen zum Ausdruck, daß er seine persönliche Meinung schon längst mit anderen Gremien oder einflußreichen Personen abgeklärt habe. Damit gibt er zu erkennen, daß seine Überzeugung sich auf Autoritäten stützt und somit unwiderlegbar ist. Dies trägt zum Entstehen ablehnender Haltungen bei, weil überzeugende Argumente letztlich fehlen. Unbewußtes Auslösen aggressiver Situationen Das Verhalten eines Gesprächsteilnehmers wird oftmals unbewußt durch früher erlebte Situationen beziehungsweise durch seine Lebenserfahrung beeinflußt. Hinzu kommt die typische menschliche Eigenschaft, selbst erfahrene Aggressionen nicht dem Auslöser gegenüber abzubauen, sondern sie durch auf andere bezogen Ersatzhandlungen zu kompensieren. Beide Erscheinungen führen in Gesprächen zu unbewußten Reaktionen, die einer näheren Erläuterung bedürfen. Gelegentlich projizieren Menschen auf andere — zum Beispiel im Hinblick auf ähnlichen Charakter oder ähnliche Verhaltensweisen. Ein Beispiel: Jemand hatte einen Lehrer, den er aus irgendwelchen Gründen ablehnte. Begegnet er nun einem Menschen, der in Aussehen und Auftreten (Stimme, sprachlicher Ausdrucksweise usw.) an diesen erinnert, kann es vorkommen, daß er plötzlich Aggressionen zeigt, deren Ursachen für den Gesprächspartner nicht erklärbar sind. Die Projektion ist aber dem Aggressiven selbst in den meisten Fällen ebenfalls nicht bewußt. Zu Kompensationsakten in Gesprächssituationen kommt es auch dann, wenn man seine Aggression stellvertretend auf einem anderen abreagiert. Beispiel: Ein Geselle wird von seinem Meister aus irgendeinem Grund aggressiv behandelt. Der Geselle lädt die in ihm entstandene Gegenaggression nicht auf den Chef ab, sondern sucht nun eine ihm unterlegene Bezugsperson: den Lehr-
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3.4 Gesprächstechniken
ling oder einen Betriebsneuling, die beide selbst keinen Anlaß zu diesem Verhalten gegeben haben.
Aggressionsabbau
in
Gesprächssituationen
Jedes Gespräch sollte von dem Ziel getragen sein, Aggressionen möglichst abzubauen oder zu dämpfen. Bemühen sich die Gesprächspartner nicht darum, so spitzen sich Konflikte zu, weitere Aggressionen sind die Folge. Der Aggressionsabbau wird dadurch erschwert. Folgende Verhaltensweisen können z. B. Aggressionen verstärken: — Sofortige Zugeständnisse an den aggressiven Gesprächspartner, um auf diese Weise die Aggression rasch aufzulösen. Die Problematik: Der Aggressor hat ein Erfolgserlebnis und erkennt daraus, daß sich durch Aggression Ziele leichter erreichen lassen. Es bewirkt lediglich, daß der Aggressor seine Forderungen noch verstärkt. Zugeständnisse eignen sich nur dann als Mittel der Aggressionsauflösung, wenn die Ursache des Angriffs auf eigenes Verschulden zurückzuführen ist. — Gegenangriff in Gesprächssituationen, um die Unhaltbarkeit aggressiv vorgetragener Beiträge besonders herauszustellen. Die Problematik: Der Aggressor gerät in eine Gegenposition, so daß Versuche und Bemühungen einer Aggressionsauflösung fehlschlagen. Am Ende geraten die Partner in Streit. In Gesprächssituationen einen Gegenangriff zu starten, heißt vorhandene Spannungen zu eskalieren; das jedoch stört die Beziehungen und hindert einen weiteren effizienten Gesprächsverlauf. — Die sofortige Versachlichung eines Problems, ohne zuvor den persönlichen Kontakt hergestellt zu haben. Die Problematik: Ein etwaiger Vorschlag das Problem doch sachlich zu diskutieren, provoziert die Gegenbehauptung. Dadurch ist die für den Fortgang des Gespräches notwendige persönliche Kontaktnahme erschwert.
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3. Der Dialog
Es bleibt die Frage offen, mit Hilfe welcher Techniken phasenweise eine dem Aggressionsabbau günstige Gesprächssituation herzustellen ist. Nachfolgend vorgestellte Methode ermöglicht es, unabhängig von den Aggressionsmotiven, aggressives Verhalten in einem Gespräch zu vermeiden. Beim Aggresionsabbau geht es immer darum, eine gestörte Beziehung zwischen den Gesprächspartnern zu beseitigen. Dies gelingt nur, mit einem Versuch, den Partner bewußt erleben zu lassen, daß seine Person als Persönlichkeit akzeptiert wird. Für die erfolgreiche Anwendung von Gesprächstechniken zur Aggressionsauflösung ist eine positive Grundeinstellung unter den Gesprächspartner unerläßlich, denn ein nicht glaubhafter Beziehungsaufbau bewirkt nicht Aggressionsabbau, sondern das Gegenteil: Verstärkung der Aggression!
Erklärung der
Gesprächsmethode
Der Abbau von Aggressionen in einzelnen Phasen des Gesprächsverlaufs darf nicht zu dem Schluß verleiten, sich sämtlicher Punkte chronologisch und schemenhaft zu bedienen. Vielmehr sind methodische Maßnahmen angedeutet, mögliche Verhaltensweisen zum Aggressionsabbau in einem Gespräch anzuwenden, und zwar abgestimmt und bezogen auf die spezielle Gesprächssituation und auf den jeweiligen Gesprächspartner. Mit allem Nachdruck sei noch einmal hervorgehoben, daß die innere Einstellung dem Partner gegenüber erst den erfolgversprechenden Einsatz einer Gesprächsmethode garantiert. Andernfalls würde man dadurch nicht Wirkung erzielen, sondern das Gegenteil: Aggressionsaufbau!
Methode zur Aggressionen
Vermeidung,
Dämpfung
und Auflösung
1. Phase
Aufbau der persönlichen Beziehung • Ausreden lassen • Notieren der Aggressionsargumente • Verbalisieren des Gefühls des anderen • Wiederholen des Aggressionsgegenstandes: — Sinngemäß - Bestätigung
von
3 . 4 Gesprächstechniken
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— Hervorheben der Bedeutung — Aktualität und Interesse — Gemeinsamkeiten herausfinden 2 . Phase
Auf die Aggression bezogene Argumentation • Herstellung der Identifikation • Begründung des eigenen Verhaltens • Information • Veränderung der Sicht der Fakten • Veränderung der Rollen • Entschuldigung
3 . Phase
Lösung durch Verständnisanbahnung • Kompromißbereitschaft • Klärung der Standpunkte
4 . Phase
Positiver Ausklang • Bedeutung des Gespräches • Rückblendung des Gesprächs • Dank • Verständnis verbalisieren • Zukunftsaspekte
1. Phase — Aufbau der persönlichen Beziehung • Ausreden lassen Schweigen und Zuhören ist bewußt eingesetzte Methode. Ein Gesprächspartner sollte ausreden dürfen, selbst wenn er eine ausgesprochen aggressive Haltung einnimmt. Dies heißt in jedem Fall, innere Ruhe bewahren, denn mit hoher Wahrscheinlichkeit tritt folgendes ein: Während des Sprechens reagiert sich der Gesprächspartner nicht nur emotional erheblich ab, sondern bemerkt auch während seines Fehl Verhaltens die Peinlichkeit der Situation, so daß daraus in den meisten Fällen schon eine innere Bereitschaft zum Ausgleich entsteht. In dieser Phase des Gespräches ergibt sich also die Forderung nach aktivem Zuhören. Nur so hat man als Gesprächspartner die Gewähr, in der nachfolgenden Diskussion für eine entsprechende Versachlichung des Problems zu sorgen. • Notieren der Aggressionsargumente Wird man in der ersten Phase eines Gespräches von einem aggressiven Gesprächspartner mit Aggressionsargumenten über-
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3. Der Dialog
häuft, das heißt, mit einem sogenannten Aggressionspaket konfrontiert, so ist es angeraten, die einzelnen Argumente zu notieren. Nur so gewinnt man die Sicherheit, die wichtigsten Argumente im nachfolgenden Gespräch parat zu haben. Es darf jedoch nicht der Fehler gemacht werden, diese Notizen dem Gesprächspartner gegenüber wie ein Geheimnis zu hüten. Ein solches Verhalten stünde im krassen Widerspruch zum Ziel, Aggressionen im Gespräch zu dämpfen oder auflösen zu wollen. Vielmehr sollte man allein schon durch die Art des Notierens (offen, nur die Hauptpunkte) den Gesprächspartner die Notwendigkeit bestimmter Aufzeichnungen demonstrieren. Ebenso ist mitunter ein erklärender Hinweis angebracht. Beispiel: Sie verzeihen, daß ich Sie unterbreche, aber das, was Sie mir sagen, scheint mir für uns beide wesentlich; ich notiere mir die einzelnen Punkte, damit keines Ihrer Argumente verloren geht! Die Notizen können im weiteren Verlauf des Gespräches dann als gemeinsame Gesprächsunterlage dienen. • Verbalisieren des Gefühls des anderen Hat der aggressive Gesprächspartner seine Rede beendet und sind die wichtigsten Aggressionsargumente festgehalten, so kommt auf den anderen Partner die Aufgabe zu, mit der Präzisierung vorgetragener Argumente auch die gefühlsmäßigen Motive der Aggression aufzuspüren, weil sonst ein Abbau der Aggressionen auf die Dauer gesehen unmöglich wird. Dies begründet sich unter anderem aus der Tatsache, daß Menschen sehr oft, während sie sich aggressiv verhalten, nicht den tatsächlichen Grund ihrer Aggression nennen, sondern nur einen Scheingrund vortragen, zumeist, um ihre Aggressionen loszuwerden. In solchen Fällen ist es für den Gesprächspartner schwer, den Grund der Aggression aufzuspüren und das Gefühl zu formulieren, das der Gesprächspartner dabei empfindet. Wichtig ist vor allem eines, nämlich für das Gefühl des anderen Verständnis zu finden und dies dem Gesprächspartner in Haltung, Stimme und Satzausformung zum Ausdruck zu bringen.
3 . 4 Gesprächstechniken
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Beispiele: . . . ich kann mir vorstellen, daß Sie durch diese Angelegenheit Schwierigkeiten bekommen haben . . . . . . ich weiß, daß das . . . für uns beide (für mich, für Sie) unangenehm sein kann . . . • Wiederholen des Aggressionsgegenstandes Kann in der ersten Phase des Gespräches das Motiv des anderen noch nicht eruiert werden, besteht die Möglichkeit — unter der Voraussetzung, daß die Forderung des aktiven Zuhörens erfüllt worden ist — die Aggressionsargumente sachlich zu wiederholen, um die Gesprächsbeziehung zunächst überhaupt einmal aufbauen und eine künftige Klärung auf diese Weise vorzubereiten. Dies kann auf mehrfache Weise geschehen: — Es kann das Gesagte sinngemäß wiederholt werden. — Es kann das aggressiv Formulierte neutralisierend bestätigt werden. — Es kann die Bedeutung der Aggressionsargumente für einen der Gesprächspartner, für beide, für eine Gruppe usw. betont beziehungsweise herausgestrichen werden. — Es kann die Aktualität oder das Interesse, das man den Aggressionsargumenten entgegenbringt, zum Ausdruck gebracht werden. — Es können Gemeinsamkeiten herausgestellt werden. In jedem Fall gilt es, die Wiederholung des Aggressionsgegenstandes entweder aus der Sicht des Gesprächspartners vorzunehmen oder aber neutral darzustellen. Vermieden werden sollte es jedoch, in dieser Phase des Gespräches bereits bewertende Aspekte bezogen auf Inhalt und Form der Aggressionsargumente in den Vordergrund zu stellen. Dies wäre einer Aggressionsauflösung oder -dämpfung hinderlich. Beispiele: Sie sagten mir, daß . . . (Aufzählung der Aggressionsargumente) Ihr Argument . . . ist für uns (für mich) tatsächlich ein Problem, wie Sie richtig erkannt haben . . . Ihre Argumente . . . haben sicher nicht nur für uns beide Bedeutung . . . (oder . . . sind gerade für uns beide von Bedeutung . . .)
100
3. Der Dialog
Das Problem . . . das Sie mir dargelegt haben, ist gerade jetzt wieder aktuell. Immer wieder höre ich . . . Sie erwähnten, daß . . . (Darstellung eines der Aggressionsargumente) . . . Ich glaube für uns beide ist speziell . . . interessant. 2. Phase — Auf die Aggression bezogene Argumentation Im allgemeinen folgt auf eine wiederholende Anknüpfung an den Aggressionsgegenstand der Aufbau einer entsprechenden Gegenargumentation. Je sachlicher diese gehalten wird, um so leichter läßt sich eine gemeinsame Basis für die Klärung der vorgetragenen Sachverhalte finden. Beachten sollte man, daß eine konkrete Stellungnahme erst dann sinnvoll ist, wenn der aggressive Gesprächspartner den Gipfel des Aggressionsausbruches überwunden hat. Mit anderen Worten: Erst nachdem die Beziehung zum Partner hergestellt ist, wird argumentiert. Dies darf jedoch nicht in verletzender oder belehrender Weise geschehen. Außerdem muß der Gesprächspartner sein Gesicht wahren können! Nur unter diesen Voraussetzungen wird die Argumentation vom bisher aggressiven Gesprächspartner überhaupt aufgenommen werden können. Es geht stets darum, eine Situation zu schaffen, in der für beide Gesprächspartner die Möglichkeit besteht, das Problem von der einen oder anderen Warte her zu besprechen und es letztlich auch zu klären. Auch für die Argumentation in dieser Phase des Gespräches gibt es verschiedene methodische Varianten, um auf den Gesprächspartner ausgleichend einzuwirken: — Man kann sich mit dem Gesprächspartner identifizieren und ihm dies auch verbal zur Kenntnis bringen. — Man kann sein eigenes Verhalten (was vielleicht Grund des Aggressionsausbruchs war) ausführlicher und vor allem emotionslos begründen. — Man kann sachlich informieren, indem man überzeugend darlegt, daß sich der Aggressionsausbruch auf Informationsmangel zurückführen läßt. — Man kann die Sicht der Fakten ändern, um die Aggressionsargumente zu entkräften und damit die Möglichkeit zu bekommen, das aggressionsauslösende Problem mit Distanz zu betrachten.
3 . 4 Gesprächstechniken
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— Man kann den Gesprächsverlauf durch besondere Hinweise auf das Rollenverhalten beeinflussen, etwa dadurch, daß man die Rollen auf Beratung, Arbeitsaufgaben, gemeinsame Lösungsfindung usw. bezieht, um aus der Aggression herauszuführen. — Man kann sich entschuldigen, wenn man erkennt, daß die aggressive Handlungsweise des Gesprächspartners begründet war. Beispiele: Ich an Ihrer Stelle könnte . . . auch nicht verstehen, und zwar aus folgenden Überlegungen: . . . (Herstellung der Identifikation) Bisher habe ich die Sache nur aus einem Blickwinkel betrachtet: Ich ging bisher von der Überlegung aus, daß . . . (Begründung des eigenen Verhaltens) Noch vorige Woche habe ich dieselbe Meinung wie Sie vertreten und ähnlich reagiert. Dann las ich jedoch einen Artikel, in dem stand, daß . . . (Zitieren des Artikels . . . (Information). (Die Informationsgrundlage ist allerdings nur dann glaubwürdig, wenn das Beweismaterial — Artikel — tatsächlich existiert und tatsachengetreu wiedergegeben werden kann.) Das Problem, das sich für uns momentan als unlösbar darstellt, berührt eine Reihe von Tatsachen. Wir sollten daher bei dem derzeitigen Stand der Diskussion auf . . . Bedacht nehmen. (Veränderung der Sicht der Fakten). Aufgrund der vorgetragenen Argumente kann ich verstehen, daß Sie dies vorgebracht haben. Ich weiß jetzt, daß das . . . nicht korrekt war. Ich bitte Sie daher, mich auch künftig darauf . . . aufmerksam zu machen, sobald ich mit . . . anfangen sollte. Sie haben mir dadurch außerordentlich geholfen! (Entschuldigung und Veränderung der Rollen: der Angreifer wird zum helfenden Partner) 3. Phase — Lösung durch Verständnisanbahnung Wurde in der ersten Phase des Gespräches die Aggression des Gesprächspartners abgebaut, danach in der zweiten Phase konkret auf einzelne Aggressionsargumente eingegangen, so gilt es nun in
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3. Der Dialog
der dritten Phase, zu einer für beide Gesprächspartner akzeptablen Lösung zu kommen. Läßt es die Situation zu, gibt man dem Gesprächspartner zu verstehen, daß man eventuell zu einem Kompromiß bereit ist. Dieses Angebot sollte jedoch schrittweise erfolgen, um erkennen zu können, ob der Gesprächspartner seinerseits zum Verständnis bereit ist oder nicht. Ist keine Annäherung der festgefahrenen Standpunkte möglich, kann nur mehr der Versuch gemacht werden, die unterschiedlichen Auffassungen abzugrenzen und jeweils aus der Sicht des anderen zu respektieren. Nur auf diese Weise gelingt es, das Gespräch zu wenden und gegenseitiges Akzeptieren anzubahnen. 4. Phase — Positiver Ausklang Mit der Lösung oder mit der Klärung der Standpunkte ist das Gespräch von der Argumentation her beendet. Dennoch sollte im Hinblick auf das Verhalten in zukünftigen Diskussionen der Identifikationsprozeß noch motivationsbezogen verstärkt werden. Es darf nämlich keineswegs außer acht gelassen werden, daß jedes Gespräch, speziell aber ein Gespräch, in dem Aggressionen gedämpft oder aufgelöst wurden, mit einem positiven Ausklang im Bereich der sozialen Interaktion enden sollte. Einige Vorschläge für ein solches Vorgehen seien hier genannt: — Es kann abschließend auf die Wichtigkeit und damit auf die Bedeutung des Gespräches allgemein hingewiesen werden. — Es können rückblickend auf den Gesprächsverlauf die Inhalte schwerpunktmäßig wiederholend genannt werden, wobei die positiven Ansätze zur Klärung des Sachverhalts eine entsprechende Gewichtung erfahren. — Es kann der Hinweis gegeben werden, daß die erfolgte Klärung für alle Beteiligten sich als fruchtbar erwiesen hat und zur Weiterführung der Diskussion unbedingt erforderlich war. — Es kann nochmals das Verständnis für die Situation des Gesprächspartners herausgehoben werden, um die Verständnisgrundlage zu untermauern. — Es kann verallgemeinert werden, daß gerade Offenheit und Kritik grundsätzlich für die Lösung von Konflikten notwendig sind.
3 . 4 Gesprächstechniken
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— Es kann der Dank für das Gespräch ausgesprochen werden. — Es kann der Hoffnung Ausdruck verliehen werden, daß auch in Zukunft Gespräche mit diesem Partner so zufriedenstellend verlaufen werden. 3.4.4 Das Kritikgespräch Bei bestimmten Vorkommnissen oder Vorfällen nehmen Gespräche oftmals die Form von Kritikgesprächen an. Auch dafür gibt es eine besondere Gesprächstechnik und verschiedene methodische Varianten. Das Kritikgespräch ist dadurch gekennzeichnet, daß im Falle auftretender Konflikte Belehrungen oder Ermahnungen notwendig werden, und zwar mit dem Ziel, einen Zustand oder ein Verhalten kategorisch zu ändern. Dies geschieht entweder im Interesse der persönlichen Situation, oder um eine Atmosphäre zu schaffen, in der Kommunikation im sozialen Bezug wieder stattfinden kann. Bei einem Kritikgespräch sollte man jedoch beachten, daß niemand gern kritisiert wird, schon gar nicht vor Zuhörern. Daher sind folgende allgemeine Forderungen an ein Kritikgespräch zu stellen: — Es soll nach Möglichkeit unter vier Augen geführt werden. — Nicht an Dritte (weniger Kompetente) delegiert werden. — Das kritisierte Faktum so klar umrissen werden, daß es keiner weiteren Erörterung dazu mehr bedarf. — Am Ende Lösungswege offen halten, die dem Kritisierten helfen, sich positiv zu ändern. Es bedarf keiner weiteren Begründung, daß in solchen Fällen mit besonderer Vorsicht vorzugehen ist, um den Kritisierten nicht in eine Verteidigerrolle zu drängen. Er soll auf einen Fehler aufmerksam gemacht werden und zur Einsicht gelangen, daß er sein unzulängliches Verhalten in bestimmten Situationen ändern muß. Das Kritikgespräch wird meist nur dann vollen Erfolg haben, wenn das Vorgetragene, auch akzeptiert werden kann. Nicht unwesentlich trägt dazu die Form selbst bei, in der Kritik geäußert wird. •
Vor Beginn eines Kritikgesprächs muß überprüft werden, ob die Kritik auch sachlich gerechtfertigt ist. Sehr oft werden
3. Der Dialog
Kleinigkeiten oder geringfügige Vorkommnisse zum Anlaß genommen, um Kritik zu üben, die ganz allein persönlichen Wünschen oder Vorstellungen des Kritikers entspringt nicht aber unbedingt vom Standpunkt sachlicher Tatsachen begründet erscheint. Um für das Kritikgespräch einen positiven Rahmen zu schaffen, sind Maßnahmen zur Kontaktnahme zu treffen, die Zugänglichkeit und Aufgeschlossenheit begünstigen. Zweckmäßigerweise beginnt man daher in der Regel mit etwas Positivem. Sofort geäußerte Kritik schafft in vielen Fällen emotionale Barrieren. Wird eine solche Aussprache überdies mit dem Ausdruck persönlicher Wertschätzung verbunden, so erhöht sich die Bereitschaft zur Änderung des Verhaltens. Vorgetragene Kritik muß affektfrei sein und auf Ehrlichkeit beruhen. Der Ton ist entscheidend. Es ist daher nicht ratsam, unmittelbar nach einem Vorkommnis noch affektbeladen ein solches Gespräch zu beginnen. Am besten, man ,schläft erst einmal darüber'. Verschlafen soll man aber den Zeitpunkt der Kritik nicht, denn dieses Gespräch sollte möglichst kurze Zeit nach dem gegebenen Anlaß durchgeführt werden, damit die vorgetragenen Argumente nicht schon aus Gründen der zeitlichen Distanz wirkungslos bleiben. Vom Kritisierten eine Bestätigung abwarten, daß er sein Fehlverhalten einsieht. Sollte Einsicht nicht gezeigt werden oder erkennbar sein, bleibt nur die unnachgiebige Forderung nach sofortiger Änderung des Verhaltens. Diese darf jedoch niemals verletzend sein. Dem Gesprächspartner muß die Möglichkeit eingeräumt werden, zu den kritischen Punkten Stellung zu nehmen. Damit wird ihm zugleich gezeigt, daß auch seine Meinung von Bedeutung ist. Im Falle der Rechtfertigung entfällt aufgrund der Stellungnahme die Kritik überhaupt. Der Gesprächspartner soll als gleichberechtigter Partner geachtet werden. Demütigung verletzt den Grundsatz gegenseitiger Achtung. Damit ist eine Vertrauensbasis nicht mehr gegeben.
3.5 Zusammenfassung
105
•
In einem Kritikgespräch sollte man nie persönlich werden, sondern bei den Tatsachen bleiben. Von Fehlleistung oder Fehlverhalten im Einzelfall ist keineswegs schon auf das Gesamtverhalten zu schließen.
•
Verständnis und Geduld bilden immer die Grundlagen für ein Kritikgespräch. Dadurch erreicht man viel eher, daß sich der Gesprächspartner der Kritik gegenüber aufgeschlossen zeigt.
•
Negatives Verhalten muß objektiv kritisiert werden. Vorwürfe führen nicht weiter. Ist der Kritiker nachtragend, so verliert er an Glaubwürdigkeit und erschwert damit dem Betroffenen das Bemühen um positive Änderung.
•
Drohungen oder Ankündigungen von Sanktionen sind immer problematisch. Sollten sie dennoch aufgrund wiederholter Vorkommnisse notwendig werden, so ist Konsequenz angebracht. Inkonsequenz hätte zur Folge, daß weitere Kritikgespräche nicht mehr ernst genommen würden.
Unter Berücksichtigung dieser allgemeinen Forderungen empfiehlt sich folgender Verlauf eines Kritikgespräches: (1) Kontaktnahme (2) Wertfreie Darstellung der Fehlleistung oder des zu kritisierenden Fehlverhaltens (3) Stellungnahme des Kritisierten (4) Klärung und Bewertung des Sachverhaltes (5) Gemeinsame Vereinbarung des künftigen Verhaltens (6) Positiver Ausklang
3.5 Zusammenfassung Allgemein läßt sich zu den verwendeten Gesprächstechniken und Gesprächsmethoden sagen: Dialoge vollziehen sich im Interaktionsprozeß. Eine Aktivität löst die andere aus. Grundlage für jede kommunikative Interaktion ist gegenseitiges Respektieren. Nur auf diese Weise kann die für den Gesprächsverlauf notwendige Identifikation der Gesprächspartner überhaupt entstehen. Das bedeutet, daß bei den Gesprächs-
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3. Der Dialog
partnern Glaubwürdigkeit gewahrt werden muß, und zwar bezogen auf das eigene Verhalten sowie auf Inhalte und Formen der Gesprächsführung. Glaubwürdigkeit zu wahren heißt jedoch nicht, einer Auseinandersetzung oder Problemlösung auszuweichen. Sie findet ihren Ausdruck vielmehr durch innere Einstellung und Bereitschaft zur Konfliktlösung. Dies setzt Zuhören-können und auf einander Eingehen-können voraus. Die jeweilige Situation entscheidet am Ende darüber, wie und in welcher Weise sich das Verhalten des einzelnen ausdrückt und die von ihm benutzten dialogischen Mitteln angewendet werden. Die Grenze des Dialogs wird dann überschritten, wenn mangelnde Bereitschaft zum Verständnis und menschliches Versagen das Miteinander grundsätzlich verhindern und damit keine Basis für eine sachliche Klärung mehr besteht.
4. Die Rede Begriffsklärung Die Rede ist ein geschlossener Vortrag. Sie dient der Vermittlung von Informationen. Das kommunikative Verhalten eines Redners wird dabei einerseits durch seine sachliche Kompetenz andererseits durch die Herstellung von Kontaktbeziehungen mit den Zuhörern bestimmt. Der Aufbau einer Rede folgt eigenen Gesetzmäßigkeiten; jede Rede besitzt eine dynamische Struktur. Sie dient stets dem Zweck, beim Zuhörer klare Vorstellungen und Verständnis für das Vorzutragende zu schaffen. Das setzt über das Engagement des Redenden logische Strukturierung und Anwendung spezieller Methoden voraus, die sowohl das rhetorische Vermögen als auch die Fähigkeit zur wirkungsvollen Gestaltung eines Vortrags betreffen. Verfügt man über ausreichende Fähigkeiten und Fertigkeiten in der Sprechtechnik und der sprachlichen Ausdruckskraft und ist man in der Lage, die beim Dialog genannten Grundsätze des partnerschaftlichen Verhaltens in seinem persönlichen Auftreten anzuwenden, kann man sich den Aufgaben eines Referenten oder Redners im eigentlichen Sinne zuwenden. Jeder Redner steht vor der Aufgabe, den Zuhörern Kenntnisse und Erkenntnisse zu vermitteln und sie mit seinen Aussagen von bestimmten Sachverhalten zu überzeugen. Das heißt mit anderen Worten, daß er die Zuhörer durch seine Rede für etwas gewinnen will. Um dieses Ziel zu erreichen, muß die persönliche Eigenart und Natürlichkeit des Redners gewahrt bleiben. Nur dadurch läßt sich zusammen mit Klarheit und Folgerichtigkeit der Information und übersichtlicher Gliederung des Vortrags die Identifikation mit dem Redner herstellen, die notwendig ist, wenn dieser eindrucksvoll und überzeugend wirken will. Jede zur Schau gestellte Fassade beziehungsweise die schematische Übernahme
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4. Die Rede
von unreflektierten und nicht in der Person verankerten Rollen würde unabhängig vom Inhalt des Gesagten diesen Prozeß erschweren oder hemmen. Der Begriff Rede sei noch weiter präzisiert: Er umfaßt alle Arten von Informationsübermittlung, die auf dem Wege einer Einwegkommunikation erfolgen und beim Zuhörer eine rezeptive Lernhaltung auslösen.
I
Ziel jeder Rede ist stets die Information über einen thematischen Zusammenhang, unabhängig davon, ob es sich mehr um affektbeladene oder sachlich-rationale Inhalte handelt.
Für die methodische Aufbereitung einer Rede ist es allerdings zunächst unerheblich, ob die inhaltliche Gestaltung und das Halten der Rede selbst mehr in die subjektiv emotionale oder sachlich rationale Dimension zielt, denn der Vorbereitungsablauf wird in den meisten Fällen gleich sein. Dennoch unterscheidet sich die Strukturierung der einzelnen Argumente beim Meinungsredner und beim Sachredner. Während es in einem Fall auf eine besonders zuhörerbestimmte Darstellung mit motivierenden Fakten ankommt, steht im anderen Falle Sachverknüpfung und sachlich orientierte Beweisführung im Vordergrund. Allgemein gültige und verbindliche Grundsätze für Aufbau und Gestaltung von Reden gibt es bis heute allerdings nicht, und zwar aus zwei Gründen: Erstens, weil es bis heute nicht gelungen ist, eine allgemeingültige Systematik für Reden zu erstellen und zweitens, weil Redeschemata bei Ihrer Anwendung sich je nach gegebener Situation verändern und dieser anzupassen sind. Nach Ansicht Gerathewohls „ h a t jedes Schema für den Aufbau einer Rede nur bedingten Wert, denn im Grunde trägt jedes Thema sein eigenes Gepräge. Wenn Sie bedenken, d a ß jedes W o r t , das Sie sprechen, in der Art, wie Sie es äußern, einmalig ist, und Sie niemals in Ihrem Leben zweimal denselben Satz in genau derselben Tonstärke oder Klangfarbe äußern, so verstehen Sie, daß es unmöglich ist, Schemata aufzustellen, die allgemeingültigen Wert hätten." [ 2 2 , S. 1 4 2 ]
4.1
Vorbereitungsablauf
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Damit ist allerdings nicht gesagt, daß es hinsichtlich des Vorbereitungsablaufs keine methodischen Gestaltungskriterien gibt, die für jede beliebige Rede — auf die jeweilige Zielsetzung abgestimmt — Gültigkeit hat.
4.1 Vorbereitungsablauf Bei der Gestaltung einer Rede sollte man sich bewußt sein, daß eine gute Vorbereitung bereits ein gewaltiger Schritt zum Redeerfolg selbst ist. Goethe faßte diesen Gedanken in die Worte: „Wenn man das erste Knopfloch verfehlt, kommt man mit dem ganzen Zuknöpfen nicht zustande." [vgl. 26, S. 223]
Und das ,Erste Knopfloch' im Zusammenhang mit einer Rede ist deren Vorbereitung. Der Vorbereitungsablauf gliedert sich in folgende Schritte: (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) (9)
Themen- und Titelwahl Ziel, Zweck, Zeit Stoffsammlung — Stichwortkartei Erstes Stichwortverzeichnis Hauptteil Einleitung und Schluß Endgültiges Stichwortverzeichnis Redeprobe Überarbeitung
4.1.1 Themen- und Titelwahl Hat man die Möglichkeit, die Thematik seiner Rede selbst zu wählen, so stelle man folgende Überlegung an: Das Gebiet, über das man am liebsten spricht, muß nicht unbedingt jenes sein, das auch für die Zuhörer von Interesse ist. Daher ist die Frage zu stellen, was könnte die Zuhörer besonders ansprechen und welche Thematik interessiert sie am meisten? Wird dem Redner aber ein Thema gestellt, sollte man zumindest Einfluß auf den Titel der Rede nehmen. Dabei versuche man, einen solchen Titel zu finden, der den thematischen Zusammenhang klar abgrenzt und den Zuhörern deutlich macht, worüber man sprechen wird. Die Themen- und Titelwahl hat den Charakter einer An-
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4. Die Rede
kündigung, die das Ziel dessen erkennen lassen muß, was abgehandelt werden soll. Der Redner muß sich darüber im klaren sein, daß die zweckmäßige Wahl des Titels beim Zuhörer Erwartungen auslöst, die motivierend wirken. 4.1.2 Ziel, Zweck, Zeit Hat man die Themen- beziehungsweise Titelwahl vorgenommen, so ist, bevor man sich über die inhaltliche Struktur und den Umfang der Rede selbst Gedanken macht, noch folgende Frage zu klären: Was will man der Aufgabenstellung nach mit seiner Rede erreichen? (Information, Berichterstattung, Darstellung eines Problems oder Problemskreises, Aufruf, Handlungsanstoß usw.) Erst danach formuliert man das konkrete Inhaltsziel, an dem sich die weitere Redevorbereitung orientiert, das in komprimierter Form gleichsam den Kern dessen enthält, was im einzelnen weiter ausgeführt werden soll. In dem Siemens-Lehrgang ,Deutsche Redekunst' heißt es in diesem Zusammenhang über die Vorbereitungsaufgaben, die von einem Redner geleistet werden müssen: „ N i c h t die Einleitung wird zuerst überlegt, sondern der Zielsatz, das heißt ein Satz, in dem sich in zusammengefaßter Form seine Hauptabsicht ausdrückt. D e m Zielsatz müssen sich alle anderen Gedanken unterordnen. Er wird in veränderter Form immer wieder einmal erscheinen: er ist zu ergänzen, zu erläutern, durch Beweisstücke zu stützen und von den verschiedensten Seiten her zu beleuchten! Bei den meisten Rednern wird er s o gestaltet sein, daß er auch bei den Verstands- und Gefühlsmenschen den Willen auslöst, im Sinne des Redners zu handeln." [22, S. 114]
Nach eindeutiger Festlegung der Zielvorstellung sind auf den Zuhörer bezogen weitere Überlegungen anzustellen: • •
Vor welchem Publikum werde ich sprechen? Welches Wissen kann ich beim Publikum voraussetzen?
In dieser Phase der Vorbereitung konkretisieren sich die Zielüberlegungen bezogen auf den Zuhörerkreis. Der Adressatenbezug ist maßgeblich für das Niveau der Rede, für Wortwahl,
4.1
Vorbereitungsablauf
111
Abstraktionsgrad usw. Es hängt letztlich vom Vorstellungsvermögen und Abstraktionsniveau ab, wieweit man bei fachlichen Themen mit der begrifflichen Definition gehen muß, um Verständnis beim Zuhörer zu erwecken. In diesem Zusammenhang muß man sich darüber im klaren sein, daß die Auffassungsgabe und die Denkfähigkeit bei den einzelnen Zuhörern unterschiedlich entwickelt ist. Gerathewohl teilt folgende drei Hauptgruppen ein: „( 1) Verstandesmenschen Beim Verstandesmenschen ist begriffliches Denken stark ausgeprägt; Sie neigen dazu, die Dinge rational zu erfassen und theoretisch zu verallgemeinern. Das Wort,objektiv' gehört zum eisernen Bestand ihres Sprachschatzes. Übertreibung und gefühlsbetonte Schilderungen erregen ihren Widerwillen. Soweit ihr Erkenntnistrieb zur Auswahl affektbezogener Inhalte gefordert wird, suchen sie sich an das zu halten, was begrifflich faßbar ist. Als Hörer sind sie skeptisch und suchen sich der Einwirkung auf Gefühl und Willen nach Möglichkeit zu entziehen. (2) Gefühlsmenschen Menschen, in denen das Gefühlsleben besonders stark entwickelt ist, sind empfänglich für jeden Appell, der die subjektiven Gefühle anspricht, zum Beispiel Gewissen, Zuneigung, Bescheidenheit. Der Gefühlsmensch neigt leicht zu Überschwenglichkeiten, fügt sich jedoch mit Ergebung in sein Schicksal, mit dem glücklichen Bewußtsein, nur das Gute erstrebt zu haben. Er findet seine Befriedigung nicht in der Klärung der Sachlage und im Erkennen der Wahrheit, sondern verlangt nach einer Auslösung seines Gefühlslebens. (3) Willensmenschen Die Willensmenschen tragen in sich einen charakteristischen Tatendrang, der sich im schnellen und geschickten Handeln äußert. Es entwickelt sich in ihnen die Willenskraft und Kühnheit. Informationen regen ihre Entschlußkraft an, so daß die in Vorträgen gebotenen Anregungen sehr schnell in die Praxis umgesetzt werden. Jeder Mensch trägt alle drei Richtungen in sich, doch eine ist meistens besonders ausgeprägt." [vgl. 2 2 , S. 112 ff.]
• Wie lange werde ich reden? Die Festlegung der Zeitdauer ist aus mehreren Gründen wesentlich. Erstens muß überlegt werden, was vom Standpunkt der Aufnahmefähigkeit (Anspannung, Konzentration, Ermüdung) den
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4. Die Rede
Zuhörern zugemutet werden kann. Ein Überschreiten der Redezeit schwächt die "Wirkung jedes Vortrags ab. Zweitens vermehrt sich mit Zunahme der Redezeit der Zeitaufwand der Redevorbereitung. Man kann damit rechnen, daß die effektive Redezeit bezogen auf Vorbereitung mit fünf bis zehn multipliziert werden muß, um so auf das gesamte Zeitausmaß der benötigten Vorbereitungsarbeit schließen zu können. Drittens ist es wichtig, die geplante Zeitdauer der Rede zu beachten, da die Faustregel gilt: ,Das Backgroundwissen sollte dreimal so umfangreich sein, als das Wissen, das unmittelbar zum Reden erforderlich ist.' Außerdem steigt mit Zunahme des Backgroundwissens auch die Sicherheit beim Reden. Dadurch wirkt der Redner nicht nur überzeugender, sondern kann darüber hinaus auch in einer eventuell nachfolgenden Diskussion zusätzliche Gedanken ins Spiel bringen. 4.1.3 Stoffsammlung, Stichwortkartei Erst nachdem Ziel, Zweck und Zeitdauer der Rede präzise festgelegt worden sind, geht man daran, Stoff für die Rede zu sammeln und zweckmäßigerweise eine Stichwortkartei anzulegen. Dabei muß die Orientierung am Zielsatz stets beachtet werden, um einerseits die Schwerpunkte richtig zu setzen, andererseits eine Detaillierung von Nebensächlichkeiten zu vermeiden. Bei der Stoffsammlung und Aufbereitung der Stichwortkartei gehen Sie am besten in folgender Weise vor: Notieren Sie zuerst in Schlagworten — ganz wahllos — was Ihnen zum betreffenden Thema einfällt. Schreiben Sie jedes Schlagwort auf einen separaten Zettel (am besten im Postkartenformat). Fügen Sie neue Einfälle während der Vorbereitungszeit ergänzend hinzu. Fragen Sie Verwandte, Bekannte und Freunde, was diese zum Thema zu sagen haben. Wählen Sie aus Ihrem ,Zitat-Sprichwort-Büchlein' treffende Formulierungen aus. Ordnen Sie diese den passenden Schlagworten zu.
4 . 1 Vorbereitungsablauf
113
Erst wenn Ihre Gedanken hinsichtlich der Stoffsammlung voll ausgeschöpft sind, nehmen Sie Fachliteratur zur Hand (Stichwortverzeichnisse in Bibliotheken geben Aufschluß über vorhandenes Material), oder suchen Sie aus Zeitungen und Zeitschriften aktuelle Beispiele aus. Ergänzen Sie Ihre Stichwortkartei mit den notwendigen, entsprechenden Definitionen von Fremdwörtern, Fachtermini usw. Dadurch können Sie während Ihres Referates durch etwaige Definitionsforderungen nicht mehr aus der Ruhe gebracht werden. Außerdem werden Sie jederzeit konkret und sachbezogen und damit für die Zuhörer verständlich sprechen können. Trennen Sie nach diesen Vorbereitungen die Stoffsammlung nach zwei Gesichtspunkten: Was werde ich konkret reden? und Was könnte ich in diesem Zusammenhang als Backgroundwissen brauchen? Allgemein sollte man sich bei der Stoffaufbereitung vom Grundsatz größtmöglicher Sachlichkeit leiten lassen. Dies gelingt zum Beispiel dadurch, daß persönliche Einstellungen, Interessen, Neigungen und Gefühle zurückgestellt werden, um das Problem neutral zu betrachten. Das besagt jedoch nicht, daß bei der späteren Rede keine Werthaltungen und Gefühlsregungen einfließen können oder sollen. Bei der Auseinandersetzung mit dem Stoff versteht man unter neutral in erster Linie Sachgenauigkeit. Die Entwicklung eines eigenen Standpunktes baut stets auf einer genauen Prüfung der Fakten auf. Eine Gegenüberstellung unterschiedlicher Auffassungen und Meinungen, die korrekt wiedergegeben werden, macht die Profilierung der eigenen Überlegungen deutlich. Neutral heißt also nicht, die eigene Position zugunsten sogenannter wertfreier Informationen aufzugeben. Man erwartet vom Redner vielmehr Überzeugung, was immer bedeutet, daß er sich zu dem von ihm Erarbeiteten bekennt und seine eigene Ansicht durch- begründete Darlegung unter Beweis stellt. 4 . 1 . 4 Erstes Stichwortverzeichnis Ist der Prozeß der Stoffsammlung und die Erstellung der Stichwortkartei beendet, wird die Ausarbeitung der Rede aufgrund des
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4. Die Rede
Stichwortverzeichnisses in Angriff genommen. Der Redner steht vor der Aufgabe, die gesammelten Schlagworte nach bestimmten Ordnungsprinzipien im Hinblick auf die Strukturierung des Vorzutragenden zu ordnen. Zu diesem Zweck legt er sich ein Stichwortverzeichnis an, was einer inhaltlichen Gliederung gleichkommt und die Hypothesenbildung erleichtert. In der Literatur finden sich sowohl was die Anlage des Stichwortverzeichnisses, als auch deren Auswertung betrifft, dazu zahlreiche Hinweise: „Die Art, wie dieser Stichwortzettel ausgearbeitet wird, ist von großer praktischer Bedeutung. J e weniger Übung ein Redner besitzt, desto umfangreicher muß er seinen Stichwortzettel machen. Vielleicht muß er sich zunächst sogar für jeden Satz ein Stichwort merken. Viele Redner benützen auch für den Stichwortzettel Buntstifte: sie schreiben oder unterstreichen zum Beispiel die Hauptteile rot, die Unterteile blau und die Ubergänge grün, damit sie sich auf dem Zettel möglichst schnell zurechtfinden können." [8, S. 67]
Für die Auswertung der gesammelten Unterlagen müssen diese möglichst übersichtlich sein, damit die Anlage eines Stichwortverzeichnisses besser und vor allem auch schneller gelingt. Wer das glaubt, ein Stichwortverzeichnis (zumindest in Form eines gedanklich strukturierten Stichwortzettels) sei unnötiger Ballast zur Vorbereitung einer Rede und damit über Bord zu werfen, sollte sich die Gedanken Drachs zu eigen machen: „Ohne Stichwortzettel sollte vor andere nur hintreten, wer seiner Sache völlig sicher ist. Wenn er entgleist, blamiert er nicht nur sich selber, sondern stiehlt durch diese Selbstüberschätzung der Hörergemeinschaft Zeit und Spannkraft; dieser Diebstahl ist immer unentschuldbar." [vgl. 2 6 , S. 124]
Aufbau eines Stichwortverzeichnisses Es erfolgt auf der Grundlage der bereits vorgenommenen Stoffsammlung die thematische Gewichtung und Grobstrukturierung der gesammelten Argumente. Für die einzelnen Themenkreise werden treffende Stichworte gesucht. Stichworte sind für Redner gleichsam der rote Faden für den darzulegenden Inhalt. Sie bieten ihm Stütze und Hilfe bei der Auswahl und Zuordnung geeigneter Argumente. So gesehen hat das gewählte Stichwort stets im Zu-
115
4.1 Vorbereitungsablauf
sammenhang mit der geplanten Aussage zu stehen, um mögliche Irrtümer zu vermeiden. Aus allen vorbereiteten und gesammelten Unterlagen werden zielorientiert Schwerpunkte herausgearbeitet. Speziell für eine Kurzrede gilt, Weniger ist mehr!, das bedeutet, daß von den nach Schwerpunkten gereihten Stoffinhalten weniger wichtige ausgeschieden werden müssen. Sie werden wieder in die Stichwortkartei (Backgroundwissen) eingegliedert. 4.1.5
Hauptteil
Bei der Gestaltung der Rede beginnt man zweckmäßigerweise mit dem Hauptteil. Aus dem Stichwortverzeichnis ergeben sich dafür die wesentlichen Schwerpunkte, was im einzelnen in den Mittelpunkt der Betrachtungen gestellt werden soll. Im einzelnen sind für die rhetorische Bearbeitung folgende Überlegungen anzustellen: •
W o werde ich überwiegend sachlich (rational) sprechen?
Beim rationalen Sprechen versucht man, rein vom Logischen her zu argumentieren und gut fundierte Beweise zu liefern, wie aus Wissenschaft, Wirtschaft, Geschichte usw. Solche Tatsachen sind zum Teil unwiderlegbar ( = absolute Beweise). Daß zum Beispiel der Erste Weltkrieg von 1 9 1 4 — 1 9 1 8 dauerte, ist eine Tatsache. Einleitung: Wörtlich niederschreiben Hauptschlagwörter
Nebenschlagwörter
Bemerkungen
Groß und Deutlich kenntlich machen
sachgerecht zuordnen
Hinweise notieren zum Backgroundwissen Definitionen Zitate usw.
Schluß: Wörtlich niederschreiben
116
4. Die Rede
Daran gibt es nichts mehr zu rütteln. Daß andererseits die derzeitige Währungskrise seit 1971 schwelt, kann sicher von einigen Aspekten her bewiesen werden, ebensogut aber könnten Experten meinen, sie begann bereits 1968, oder noch früher; es kann aber genauso gut der Standpunkt vertreten werden, daß es heute überhaupt keine Währungskrise mehr gibt. (= relative Beweise). Neben absoluten und relativen Beweisen gibt es auch scheinbare Beweise. Von scheinbaren Beweisen — man nennt sie auch Trugschlüsse — sollte man aber besser Abstand nehmen — zumindest in ernsthaften Reden. Gerathewohl gibt für scheinbare Beweise einige Beispiele, wobei es nicht empfehlenswert ist, diese nachzuahmen. „Es gibt Trugschlüsse, vor denen man sich hüten muß. So finden wir zum Beispiel in der Mathematik Trugschlüsse beim Rechnen mit der Null! Hierbei kann man alles beweisen, zum Beispiel, daß 6 = 7 ist!
6-6 = 0
7 — 7 = 0 daraus folgt: 6 — 6 = 7 — 7. Mathematisch anders ausgedrückt: 6(1 — 1) = 7(1 — 1). Dividiert man diese Gleichung durch ( 1 - 1 ) erhält man das Resultat: 6 = 7! Oder man will beweisen, daß eine lebendige Katze neun Schwänze hat: Jeder gibt gern zu, keine Katze hat acht Schwänze. Und niemand wird bezweifeln, daß eine Katze mindestens einen Schwanz mehr hat als keine Katze. Folglich muß eine Katze neun Schwänze haben." [vgl. 26, S. 215 ff.]
Oder wie man jemandem beweist, daß er 100 kg Gold hat! Jeder wird zugeben, daß er das, was er nicht verloren hat, noch besitzt. Hat dieser jemand 100kg Gold verloren? Nein? — Folglich muß er sie noch besitzen! Scheinbare Beweise, und das geht aus diesen Beispielen deutlich hervor, kommen durch sprachliche Manipilation zustande. Sie können zwar die Herausarbeitung einzelner Erkenntnisse unterstützen oder die Rede motivierend auflockern, sind aber keinesfalls dazu geeignet, einen Sachverhalt eindeutig darzulegen. Günstiger ist es daher, die sachliche Argumentation durch abgesicherte Beweise abzustützen. Anders ist es, wenn man bei Zuhörern Emotionen auslösen will.
4.1
•
Vorbereitungsablauf
117
Wo werde ich Emotionen ansprechen?
Emotionen ansprechen heißt, Gefühle beim Zuhörer durch eine Aussage wachzurufen. Dies gelingt besonders dadurch, daß man vorrangig solche Fakten vorträgt, die affektbeladen sind und vom Zuhörer entsprechend aufgenommen werden. Auf diese Weise werden die Zuhörer mitgerissen, in extremer Form gesteigert bis zur emotionalen Konditionierung. Jede Übersteigerung sollte daher vermieden werden. Affektbesetzte Informationen können jedoch dazu beitragen, die Intentionen des Redners mit den eigenen eher zu konfrontieren und sich mit den Gedanken des Redners engagierter auseinanderzusetzen.
I
Besonders vor großer Zuhörerschaft sollte aufgrund dieser Tatsache der Satz Berücksichtigung finden: „Jede Masse hat weit mehr Gefühl als Verstand!"
•
Wo werde ich urteilen, wo berichten?
Die Ansprache des Gefühls darf — und das sei nochmals besonders hervorgehoben — jedoch keinesfalls zu einer emotionalen Konditionierung führen, in dem affektbeladene Informationen ungeprüft und ohne konkreten Sachbezug vorgetragen und unkritisch hingenommen werden. Urteile allerdings fließen in jede Rede ein.
Ob der Redner seine Aussagen im Sinne eines Berichtes oder eines Urteils darbietet, ist in den meisten Fällen von der Zielstellung einer Rede abhängig. Ist zum Beispiel das Ziel der Rede Überzeugung von etwas oder jemandem, so wird es notwendig sein, Werturteile in den Vordergrund zu stellen und das Berichten von Tatsachen in den Hintergrund zu drängen. Allerdings ist auch hier die Gefahr emotionaler Beeinflussung gegeben. Diesem Gedanken folgt auch Reiners: „Wenn wir sagen: dieser Wein ist rot oder dieses Mädchen ist 1,69 m groß, so ist das die Feststellung einer Tatsache. Die Behauptung läßt sich objektiv nachprüfen. Sie ist entweder richtig oder falsch. Wenn wir sagen: dieser Wein schmeckt gut oder dieses Mädchen ist schön, so ist das ein Werturteil. Es läßt sich nicht objektiv feststellen, ob die Behauptung ,richtig' oder ,falsch' ist. Werturteile entziehen sich dem Beweis.
4. Die Rede
118
In der Massenseele sind Gefühl und Wille reicher entwickelt als der Verstand. Die Masse will keine Feststellungen, sie will Entscheidungen. Sie will hören, was geschehen soll, nicht was geschehen ist. Und die Grundlagen von Entscheidungen sind Werturteile. Der Redner darf dies nie vergessen: er muß Stellung nehmen, er muß sagen, was er gut und was er schlecht findet: er muß preisen und verdammen. Die meisten Hörer nehmen überhaupt nur auf, was sie selbst berührt. Wir urteilen unaufhörlich. Selbst wenn wir längst vergangene Ereignisse betrachten, ist unser Herz mit im Spiele." [17, S. 51]
Daraus ergibt sich, daß keine Rede objektiv in dem Sinne ist, daß nur sachlich begründete Argumente vorgetragen werden. Immer sind Urteile damit verbunden. Urteile gründen sich auf subjektive Einstellung oder objektive Wertmaßstäbe. Es kommt also immer auf die Betrachtung an. Dies führt auf das Problem, was vereinfacht, übertrieben oder wiederholt werden soll, und zwar im Aspekt einer sachgerechten (objektiven) Darlegung. •
Wo werde ich vereinfachen, übertreiben, wiederholen?
Der Redner hat darüber zu befinden, welche Aussagen wort- und strukturmäßig einfach darzustellen sind, welche in aller Ausführlichkeit bis in alle Einzelheiten hinein dargeboten werden und welche Aussagen während der Rede einmal, zweimal oder öfters wiederholt werden. Dies ist für die Wirkung und Einprägsamkeit der einzelnen Argumente von besonderer Bedeutung. Allerdings orientiert sich die Entscheidung darüber nicht nur an dem jeweiligen Ziel der Rede, sondern vor allem auch an dem Niveau der betreffenden Zuhörer und deren Anzahl. Reiners schreibt in diesem Zusammenhang, daß „eine Menschenmasse kein Organ für logische Feinheiten hat." Er führt weiter aus: „Will ein Redner auf eine Menge einwirken, so darf er sich nicht auf das Urteilsvermögen eines Universitätsprofessors einstellen, sondern muß mit den törichsten Menschen rechnen, die unter seinen Zuhörern sein können. Er muß so sprechen, daß ihn der durchschnittliche Zuhörer nicht nur verstehen kann, sondern verstehen muß. Neben Vereinfachung und Übertreibung tritt die Wiederholung. So schädlich die Wiederholung in dem gedruckten Text ist, so üblich ist sie in der Rede. Freilich soll sie in wechselnden Wendungen erfolgen. Hundenmal
4.1
Vorbereitungsablauf
119
hämmert der Redner dieselben Dinge dem wehrlosen Hörer ein. Die wenigen gescheiten unter ihnen verzweifeln, aber die zahlreichen törichten glauben allmählich wirklich: ,Vierzehn Jahre lang habe ich mit ansehen müssen . . . " [17, S. 73]
Die Grenze für Vereinfachungen oder Übertreibung liegt im Wahrheitsgehalt der betreffenden Aussage. Wiederholungen sind aus didaktischen Gründen angebracht, um wesentliche Tatsachen einzuprägen und Verständnis bei den Zuhörern zu festigen. Wichtig für die Gestaltung des Hauptteils ist weiterhin, anhand des Stichwortverzeichnisses anschauliche Beispiele auszuwählen. Sie dienen der Verdeutlichung oder Untermauerung der jeweiligen Aussagen. Ebenso entnimmt man dem Stichwortverzeichnis treffende Zitate, Sprichwörter usw. und führt die Rede im einzelnen aus. Die hier dargestellte Vorgehensweise bezieht sich nur auf die Ausgestaltung des Hauptteiles der Rede. Ein besonderes Problem sind jedoch Einleitung und Schluß. 4 . 1 . 6 Einleitung und Schluß Mit der Erarbeitung der Einleitung einer Rede beginnt man erst, wenn der Hauptteil abgeschlossen ist. In diesem Zusammenhang, ist es wichtig zu wissen: Vom ersten Eindruck — der sehr oft auch der bleibende ist — hängt mitunter schon der Erfolg der Rede ab. Die Einleitung trägt dazu bei, die Zuhörer auf das Problem und den Redner hin bezogen zu motivieren. Es wird eine Erwartungshaltung erzeugt. Einem Ausspruch des griechischen Philosophen Aristoteles, muß in diesem Zusammenhang Zustimmung gezollt werden: „Der Anfang ist die Hälfte des Ganzen!" [vgl. 2 6 , S. 223]
Es wäre zum Beispiel unangebracht, eine Rede mit dem Satz zu beginnen: ,In einem uralten Indianerstamm war es üblich, daß jeder nur so lange seine Rede schwingen durfte, wie er auf einem Bein zu stehen vermochte', um damit indirekt eine kurze Rede anzukündigen, aber dann durch stundenlanges Zerreden einer Problemstellung die Zuhörer zu verärgern.
120
4. Die Rede
In der Folge sollen einige Möglichkeiten betrachtet werden, unter welchen Gesichtspunkten eine Rede begonnen werden kann. Gleichzeitig werden aber auch die jeweils damit verbundenen Gefahren aufgezeigt. •
Aktualitätsbezug
Speziell für eine Rede, deren Thematik selbst schon aktuell ist, eignet sich die Problematisierung aktueller Tatsachen oder Ereignisse als Redeauftakt. Das betreffende Problem wird durch Auswahl geeigneter Beispiele umrissen. Im Anschluß daran kann in kurzer, prägnanter und anschaulicher Form nahezu übergangslos zum Hauptteil der Rede übergeführt werden. •
Autoritätsbezug
Hier nimmt man Bezug auf sogenannte dritte Personen und stellt deren Anschauungen dar oder bedient sich treffender Aussprüche von ihnen. Zu beachten ist dabei allerdings, daß diese dritte Person auch allgemein als anerkannte Autorität gilt, sonst könnten die Aussagen einer Rede bereits zu Beginn unglaubwürdig erscheinen. •
Vorbringen der Gegenargumente
Beim Vorbringen von Gegenargumenten ist Vorsicht geboten. Gerathewohl
schreibt dazu,
„daß es sich bei der Prolepsis, wie man seit den alten Griechen das rhetorische Kunstmittel der Vorwegnahme der Einwände nennt, um naheliegende Gegengründe handeln muß. Verfallen Sie nicht in den Fehler, einen Widerstand in den Hörern damit zu erregen, daß Sie sie mit Gegenmeinungen bekannt machen, die gar nicht in ihnen vorhanden waren, und erwähnen Sie überdies nur solche Einwände, die Sie wirklich überzeugend entkräften können!" [22, S. 83ff.]
Beim Vorbringen von Gegenargumenten kommt es vor allem darauf an, vertretene Standpunkte sachlich abzugrenzen und die einzelnen Aussagen hinsichtlich ihres konkreten Aussagegehalts möglichst wertneutral zu begründen.
4.1 Vorbereitungsablauf
•
121
Geschichtsbezug
Geschichtliche Ereignisse können sehr eindrucksvoll sein, vor allem dann, wenn sie in konkretem Zusammenhang mit dem Thema selbst stehen oder wenn mit ihnen nahtlos zum eigentlichen Thema hingeleitet werden kann. Bedenklich ist ein solcher Beginn jedoch wenn der Geschichtsbezug nur scheinbar hergestellt, das heißt, wenn das herangezogene Beispiel in keinem logischen Zusammenhang mit den beabsichtigten Aussagen steht, oder wenn die einleitende Darlegung historischer Tatsachen und Erscheinungen im Verhältnis zur Gesamtrededauer zu lang ausfällt. Das gleiche gilt auch für Zitate und Sprichwörter. •
Zitat oder Sprichwort
Zitate oder Sprichwörter erlauben es, schlagartig auf ein Thema einzustimmen. Voraussetzung dafür ist, daß die Zuhörer das Gemeinte von ihrem Vorverständnis her sofort verstehen. Wählt man für den Beginn seiner Rede ein Zitat oder ein Sprichwort, so muß dieses in jedem Fall zum Inhalt der Rede Bezug haben und zu diesem übergangslos hinführen. Zitate oder Sprichwörter können in ernster Form, als Kontrast oder in heiterer Form dargestellt werden. •
Neugierde wecken, Aufmerksamkeit erregen usw.
Dies gelingt am besten durch rhetorische Fragen (vgl. dazu Kapitel über die Fragetechniken). Neugierde und Aufmerksamkeit lassen sich darüber hinaus durch Aufdecken von Widersprüchen, interessante Beispiele und Argumente beziehungsweise auch durch eine nonverbale Unterstützung der Rede auslösen. •
An vergangene gemeinsame Erlebnisse anknüpfen
Knüpft eine Rede an gemeinsame Erlebnisse an, so werden sowohl das Erinnerungsgefühl (Gefühlswelt) der Zuhörer als auch ihre Erfahrungen angesprochen. Wirksam sind besonders solche Erlebnisse, die beim Zuhörer angenehme Erinnerungen hervorrufen.
122 •
4. Die Rede
Anekdote
Eine Anekdote als Redebeginn versetzt die Zuhörer in Spannung und erhöht damit ihre Konzentration. Die Pointe muß allerdings richtig herauskommen. Das gelingt nur dem routinierten Redner. Eine nicht effektvoll dargebrachte Anekdote erzeugt nicht die beabsichtigte Wirkung, sondern gerade das Gegenteil, nämlich Lächerlichkeit. Die Anekdote muß in kurzer Form zum eigentlichen T h e m a hinleiten. Reformator Luther, der nicht nur predigte, sondern auch Vorlesungen in Philosophie und Theologie in Wittenberg und Erfurt hielt, gab diesbezüglich den Rat: „ D i e Zuhörer lustig machen, daß sie gern mit Willen hernach hören, was gepredigt wird."[vgl. 2 6 , S. 2 4 7 ]
•
Provokation der Zuhörer
Provokationen führen einerseits zu Überraschung und Verblüffung, andererseits auch zu Frustration, vor allem dann, wenn die Zuhörer das provokativ Gesagte nicht auf die Sache, sondern auf sich selbst beziehen. Bei provozierendem Redebeginn, muß es dem Redner im Verlaufe der Rede gelingen, entsprechende Motivationen aufzubauen. Dies betrifft die sachliche Klärung ebenso wie die innere Einstellung dem vorgetragenen Sachverhalt gegenüber. Er ist vor die Aufgabe gestellt, die bei den Zuhörern möglicherweise aufgestaute Aggression wieder abzubauen. Einstiegssituationen lassen sich in vielfacher Weise gestalten. Ihre Funktion besteht darin, Aufmerksamkeit und Sachkonzentration zu bewirken, das heißt beim Zuhörer eine bewußte Einstellung gegenüber dem Redner und dem Inhalt des Vorgetragenen zu schaffen. Wie Reden diesbezüglich gestaltet werden, bleibt dem Einfallsreichtum des Redners überlassen. Sagen läßt sich allerdings, wie eine Rede nicht begonnen werden sollte. Ein Redner sollte zu Beginn einer Rede keine Entschuldigung für sein Auftreten bringen, und zwar unabhängig davon, ob er diese Entschuldigung direkt oder verklausuliert formuliert. Ein solcher Beginn spiegelt meist die Einstellung des Redners zu seiner Redefähigkeit wider (Angst, mangelnde Vorbereitung usw.) und wird von den Zuhörern bewußt oder unbewußt aufgenommen. Dadurch wird die Zuhörbereitschaft in hohem Maße beeinflußt.
4.1
Vorbereitungsablauf
123
Ebenso wenig ansprechend für einen Redebeginn sind folgende Beispiele, obwohl von einigen Rednern häufig verwandt. ,Guten Tag, meine Damen und Herren! Ich möchte heute eine Rede über . . . halten . . .' oder ,Ich habe heute die ehrenvolle Aufgabe, zu Ihnen über . . . zu sprechen . . oder: ,Ich habe heute zu wenig Redezeit, um über das gestellte Thema . . . ausführlich reden zu können . . .' Floskeln dieser Art erzeugen in der Regel bei den Zuhörern Vorbehalte oder gar eine negative Einstellung dem Redner gegenüber. Ist die Ausarbeitung des Redebeginns vollzogen, wird dieser wörtlich im Stichwortverzeichnis festgehalten. Die wörtliche Niederschrift sollte den Redner aber nicht dazu veranlassen, seine Rede mit Lesen zu beginnen. Vielmehr dient sie dazu, ihm Sicherheit zu geben, und zwar in Situationen, wo er zu Beginn das unangenehme Black out hat. Man überbrückt so möglicherweise eine peinliche Verlegenheitsstrecke am Anfang. In solchen Fällen ist das kurzfristige Vom Blatt singen noch immer das kleinere Übel gegenüber dem verlegenen Schweigen. Das heißt aber nicht, daß der Redebeginn nicht möglichst frei gesprochen werden sollte. Schluß Ist das Problem der Einleitung zur Rede gelöst, wendet man sich der Gestaltung ihres Schlusses zu. Schluß bedeutet in diesem Sinne nicht, schlicht und einfach Schluß zu machen mit der Rede, vielleicht noch mit der unangebrachten Ankündigung „Ich komme nun zum Schluß meiner Rede . . ." oder „Zum Schluß möchte ich noch sagen . . ." oder ähnlichem. Schluß bedeutet eine komprimierte Zusammenfassung aller wesentlichen Gedanken, verbunden mit einem Höhepunkt, der weiteres Durchdenken und eine weitere Auseinandersetzung mit dem Vorgetragenem offen läßt. Die letzten Worte einer Rede wirken in der Regel beim Hörer am längsten nach.
124
4. Die Rede
Im Zusammenhang mit dem Schluß einer Rede kann man sich wiederum der Ansicht Luthers anschließen: „Eines guten Redners Amt und Zeichen ist es, daß er aufhöre, wenn man ihn am liebsten höret und meint, es muß erst kommen." [vgl. 26, S. 226]
Der Redeschluß läßt sich gestalten als — Folgerung — Zusammenfassung — Aufruf an die Zuhörer Um eine Folgerung handelt es sich, wenn aus dem bisher Vorgetragenen Kernaussagen noch einmal schlüssig bewiesen und von ihrem Aussagegehalt her in den übergeordneten Zusammenhang eingebettet werden. Eine Zusammenfassung bringt noch einmal eine Übersicht mit allen wesentlichen Details. Ein Aufruf an die Zuhörer soll diese motivieren und zum Handeln anregen. In allen Fällen aber sollte der Redeschluß — einprägsam gestaltet werden, — kurz sein, vor allem prägnant in seiner Formulierung. Unabhängig davon, wie der Redeschluß aufgebaut wird, hat er eine allgemeine Forderung zu erfüllen, muß das Dargestellte in der Rede sinnfällig akzentuieren und aus dem Dargestellten entsprechende Folgerungen ziehen. Auf diese allgemeine Funktion hin sollte der Schluß auch schonungslos überprüft werden. Erfüllt ein gewählter Redeschluß nicht diese Forderung, so ist er ungeeignet. 4 . 1 . 7 Endgültiges Stichwortverzeichnis Sind die bisher dargestellten Vorbereitungsarbeiten abgeschlossen, erstellt man — wie in Punkt 4 beschrieben — anhand aller Unterlagen das endgültige Stichwortverzeichnis für die geplante Rede. 4 . 1 . 8 Redeprobe Läßt es die Vorbereitungszeit zu, wird man zumindest einmal die Rede zur Probe laut und deutlich durchsprechen. Als Zuhörer
4 . 2 Beispiel einer Redevorbereitung
125
kommen Verwandte, Bekannte, Freunde oder ein Tonband in Frage. In Zeitnot ist in jedem Fall jedoch ein mehrmaliges Durchlesen der ausgearbeiteten Rede mit Unterstreichung wesentlicher Teile zu empfehlen. Für jede konstruktive Kritik, die man im Anschluß an die Redeprobe erhält, sollte man aufgeschlossen sein, selbst wenn diese auch manchmal als unangenehm empfunden wird. Eine Aufgabe der Redeprobe ist es, die Einhaltung der veranschlagten Redezeit zu überprüfen. 4.1.9 Überarbeitung Nach der Redeprobe ist unter Umständen das vorhandene Stichwortkonzept noch einmal zu überarbeiten.
4.2 Beispiel einer Redevorbereitung Es wurde angenommen, daß Zuhörer für einen modernen und zeitadäquaten Briefstil motiviert werden sollen. Die Rede soll nur etwa fünf Minuten dauern. Der Titel der Rede ist: Der moderne Briefstil! Punkt 1 und Punkt 2 des Redevorbereitungsschemas sind damit bereits vorgegeben.
126
4. Die Rede
Es folgt nun die G e w i c h t u n g und Gliederung des Hauptteils a n h a n d der erarbeiteten Stichwortkartei. D e r Beginn und der Schluß der Rede wurden nach der Strukturierung des Hauptteils erstellt und sind d e m nachfolgenden Stichw o r t v e r z e i c h n i s bereits integriert.
Einleitung Meine Damen, meine Herren! Sie können mit Recht von sich behaupten, aufgeschlossene, moderne Menschen zu sein! Aufgeschlossene Menschen
Vielseitige Interessen Sich in Frage stellen
Neugierde wecken
Weiterbildung Persönliche menschliche Beziehung: Ja!
Freunde Ansehen durch Partnerschaft
Anknüpfung an Erfahrungen
Aufbau von persönlichen Beziehungen
Kontakt zum Zuhörer
Anspruch gerecht werden ,Papierne' menschliche Beziehung: Nein!
Zeitalter der Information
Provokation
Seltener persönlicher Kontakt
Briefstil von heute
Kurz, knapp und präzise
Information
Entbehrliches weglassen Beschränkung aufs Notwendige
Auswirkung guten Stils
des
Ganz gelesen werden Wirkung erzielen
Anregung zum Handeln
Schluß Ich richte daher an Sie den Aufruf: Kampf den Stilveteranen!
4.2 Beispiel einer Redevorbereitung
127
Die Rede hätte etwa folgenden Wortlaut: (Pause!) Meine Damen, meine Herren! Sie können mit Recht von sich behaupten, aufgeschlossene, moderne Menschen zu sein! Aufgeschlossen, modern deshalb, weil Sie — so wie ich die meisten von Ihnen kenne — vielseitige Interessen haben, sich selbst in Frage stellen, enorme Bereitschaft zur Weiterbildung zeigen. Speziell im Hinblick auf den Aufbau persönlicher, menschlicher Beziehungen werden Sie diesem Anspruch gerecht. Aus diesem Grunde sind Sie durch partnerschaftliches Verhalten unter Ihren Freunden anerkannt. (Ende des 1. Teils) Wie sieht aber Ihre Befähigung aus, auch auf Papier menschliche Beziehungen herzustellen? In einem Zeitalter, wo Elektronik groß geschrieben wird, in einem Zeitalter der Information, wo der persönliche Kontakt immer seltener wird und sich das Kontaktnehmen in der Regel auf einem Stück Papier abspielt, — auf einem Brief! Hier glaube ich, werden Sie dem Anspruch auf aufgeschlossene, moderne Menschen nicht gerecht! Ich glaube vielmehr, hier sind Sie verkalkte Großmütter, verkalkte, graue Großväter. (Ende des 2. Teils) Sie wollen Beweise? Sicher beginnen Sie nicht mehr Ihre Briefe mit ,ich halte Ihren Allerwertesten in meinen Händen', sicher aber mit bezugnehmend auf Ihr Schreiben vom . . . sende ich Ihnen beiliegend . . .'. Wie oft haben Sie sich damit einem Kuvert beigelegt und sich somit selbst übermittelt? Vielleicht deshalb, um Ihrem Partner eine persönliche Entschuldigung für Ihren schriftlichen vorzüglich verbleibenden Stil zu bieten und persönlich um Entschuldigung zu bitten? Sie haben aber noch andere Erfolgsrezepte für Ihre schlechten Briefe! Sie eliminieren die dynamischen, persönlich wirkenden, aussagekräftigen Zeitwörter! Ersetzen Sie durch jämmerliche Hauptwörter! Tun Sie das im privaten Bereich auch? (Pause) Nein! Hier nicht! Denn im Privaten würden Sie ständig — aber berechtigt — ausgelacht werden. Sagen Sie, meine Damen, zu Ihren Männern: „Du hast die Unterlassung der Beschmutzung Deiner Hemden einer Eindämmung zu unterziehen?" Im privaten Bereich formulieren Sie nicht so, nur beim Briefeschreiben, denn dort scheint es normal und gut. (Ende des 3. Teils).
128
4. Die Rede
Meine Damen, meine Herren! Der heutige Briefstil ist durch einige Merkmale gekennzeichnet. 1. Kurze, knappe, präzise Formulierungen! 2. Alles Entbehrliche als solches berücksichtigen — nämlich nicht niederschreiben! 3. Das Notwendige optimal mitteilen, denn nur so können Ihre Partner im Wettlauf mit der Informationsflut Schritt halten! Außerdem haben nur mehr solche Briefe die Chance, ganz oder überhaupt gelesen zu werden, haben nur mehr solche Briefe die Chance, beim Partner die Wirkung, die Sie erreichen wollen, zu erzielen. Vielleicht gehört aber zu einem solchen Stil Mut! (Ende des 4. Teils). Sie sind sicher noch nicht mit diesem Problem so konkret konfrontiert worden wie hier. Da sie aber alle nicht konservativ in Ihrer Einstellung sind, sondern Menschen, die ich als aufgeschlossen und modern bezeichne, setze ich alle Hoffnung in Sie, mit mir gemeinsam in eine Richtung zu arbeiten. Die Richtung heißt: Kampf den Stilveteranen! (Ende des 5. Teils). Hinweise zu den einzelnen Teilen: Zum 1. Teil: Im 1. Abschnitt der Rede wird zunächst versucht, die Gunst der Zuhörer zu wecken und sie auf das Folgende aufmerksam zu machen. Durch die ausgesprochene Hochachtung — wenn auch scheinbar ein wenig übertrieben — werden die Zuhörer zunächst offen. Dieser Einstieg ist bewußt gewählt, obwohl er von der eigentlichen Problematik noch nichts sagt (Neugierde wecken). Zum 2 . Teil: Der zweite Abschnitt ist durch die Provokation der Zuhörer geprägt. Hier kann man sich die Provokation durchaus leisten, weil fast jeder der Zuhörer Briefe schreibt, die nicht als zeitadäquat zu bezeichnen sind und sich die Zuhörer dessen meist auch bewußt sind (Anknüpfen an Erfahrungen). Zum 3. Teil: Im dritten Abschnitt geht die Provokation zunächst noch weiter. Ziel ist es, daß sich die Zuhörer im Inneren gepackt fühlen, sich gegen das Gesagte sicher nach außen auflehnen, aber bei eingehendem Nachdenken vor ihrem eigenen Gewissen sagen müssen: Ja, ich habe solche Fehler auch schon gemacht — in dieser Hinsicht zumindest. Das Beispiel aus dem privaten Bereich
4.3 Tips für das Halten der Rede
129
soll die Unhaltbarkeit des heutigen Briefstils verdeutlichen (Veranschaulichung). Zum 4. Teil: Im vierten Abschnitt der Rede wird suggestiv agiert; den Zuhörern wird zugebilligt, nichts dafür zu können, einen Briefstil zu haben, der den modernen Anforderungen nicht mehr gerecht wird. Jetzt aber werden sie aufgefordert, gemeinsam mit dem Redner gegen die Stilveteranen (damit ist natürlich jeder einzelne Zuhörer konkret gemeint) vorzugehen.
4.3 Tips für das Halten der Rede Die gewissenhafte Vorbereitung einer Rede ist für den Redner der beste Tip. Darüber hinaus sollten Sie beim Reden selbst aber einige Grundsätze beachten: •
Beginnen Sie mit einer Pause! Sie ziehen damit die Aufmerksamkeit der Zuhörer auf sich!
•
Sie sind gut vorbereitet. Daher können Sie sich mit gutem Recht vor der Rede sagen: Jedes Lampenfieber ist ungerechtfertigt. Durch die gute Vorbereitung können Sie nicht steckenbleiben und falls dies dennoch geschieht, gibt es das Stichwortverzeichnis, das Ihnen eine lange Verlegenheitspause erspart.
•
Vor einer großen Zuhörerschaft brauchen Sie keine Angst zu haben; hätten Sie denn Angst, wenn Sie mit jedem einzelnen Ihrer Zuhörer ein Zwiegespräch führen müßten? Warum also plötzlich vor einer Vielzahl von Gesprächspartnern Angst empfinden?
•
Angst vor Zwischenrufen? — Auch diese sind zu bewältigen. Dazu meint Gerathewohl: „Zuweilen versteht der Redner den Zwischenruf überhaupt nicht. Er macht wohl eine kleine Pause, fährt aber, da der Zwischenrufer nichts mehr verlauten läßt, in seiner Ansprache fort. Ungünstiger für den Redner ist es aber, wenn ein Zwischenruf so laut erfolgt, daß jeder im Saale ihn verstehen muß. Dann kann der Redner sich nicht gut taub stellen, wenn er nicht den Eindruck der Angst erwecken will.
130
4. Die Rede Am besten ist es bei einer solchen Gelegenheit, wenn man nicht auf die inhaltlichen Folgerungen eines solchen, vielleicht von zustimmendem Lachen aus dem Zuhörerraum begleiteten Zurufes eingeht, sondern mit einem schlagfertigen Wort den Zurufer selbst der Lächerlichkeit preisgibt. M a n bereitet dem Zurufer etwa mit Wendungen wie den folgenden eine treffende Abfuhr: .Weiter wollen Sie nichts mehr sagen?' oder ,Ganz meine Meinung!' N i e darf man den Fehler begehen, in einer größeren Versammlung ausführlich auf Zurufe zu antworten. M a n kommt dabei nur allzu leicht vom Hundertsten ins Tausendste und fordert damit die anderen Zuhörer auf, ebenfalls Zurufe zu machen." [22, S. 81]
•
Orientieren Sie sich während des Redeverlaufs an Ihrem Stichwortverzeichnis. Ihr Stichwortverzeichnis soll Ihnen helfen, den roten Faden einzuhalten. Zugleich bewahren Sie sich damit vor dem Steckenbleiben. Dies gelingt jedoch nur dann, wenn Sie während der Rede in gewissen Abständen einen Kontrollblick in Ihr Stichwortverzeichnis werfen. Viele Redner sind der unrichtigen Auffassung, ins Konzept schauen mache einen negativen Eindruck.
•
Halten Sie das Stichwortverzeichnis nicht mit beiden Händen krampfhaft fest! Sie hemmen sich damit selbst, weil die innere normale Erregung aufgestaut wird und durch die Gestik nicht mehr abgeleitet werden kann. Das ist oftmals auch der Grund, daß Aussagen nicht auf natürliche Weise nonverbal unterstützt werden, sondern sich als vom Vortragsinhalt her völlig losgelöste Bewegungen zeigen (monotones Wackeln mit dem ganzen Körper, unkontrollierte, monotone Schrittbewegungen usw.).
•
Daß Pausen (natürlich nicht zu lang) einen negativen Eindruck beim Zuhörer hinterlassen, ist eine falsche, oft bei Redeanfängern anzutreffende Vermutung. Dabei wird übersehen, daß für das Auffassen des Gesprochenen Zeit benötigt wird, die von der Sprechweise abhängt. Zu langsames Sprechen erzeugt Langeweile, zu schnelles Sprechen Ungeduld, weil der Zuhörer nicht folgen kann. Wir können also sagen: Selbst der Zeitraum, während dessen man nicht spricht, gilt als sprachliches Ausdrucksmittel.
4.4 Zusammenfassung
131
Pausen zur Besinnung müssen eingelegt werden. In der Praxis zeigt sich, daß speziell bei den ersten Reden, bei den ersten Referaten Furcht vor dem Pausensetzen besteht. Der ungerechtfertigte Grund ist die Angst, die Zuhörer könnten eine Pause als Verlegenheitsstrecke in den Ausführungen interpretieren. Dies ist nicht der Fall, solange die Pause etwa drei Sekunden nicht übersteigt. Im Gegenteil: Pausen ermöglichen geistige Besinnung auf das Gesagte, erlauben dem Zuhörer gleichsam gedankliches Nachvollziehen. Deshalb sollte man immer dann pausieren, wenn etwas Wichtiges und damit für die Zuhörer Interessantes gesagt wurde. Dies läßt sich jedoch auch umkehren, indem Pausen vor wichtigen Aussagen gesetzt werden, um die Wichtigkeit des nun Kommenden anzukündigen. Damit werden die Redekonsumenten wieder zu aktiven Zuhörern und sie werden die von Ihnen als wichtig empfundene Aussage auch als solche aufnehmen können. Pausen sind nach gezielt gesetzten Denkimpulsen und rhetorischen Fragen ebenfalls unerläßlich; unerläßlich deshalb, weil sie den Zuhörern die Möglichkeit geben, das Gesagte ausleben lassen zu können. Dies bedeutet konkret, dem Zuhörer Zeit geben zum Überdenken oder auch zum Weiterführen des gedanklich Mitgeteilten beziehungsweise zum Vorbedenken des Angekündigten, auf das er sich durch eine Pause besser einstellen kann.
4.4 Zusammenfassung Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß das Verantwortungsgefühl des Redners seinem Publikum gegenüber im Vordergrund steht und dieses vorweg das Gelingen oder Mißlingen einer Rede beeinflußt. Verantwortungsbewußt sein heißt, sich auf seinen Redeauftritt intensiv vorzubereiten und auf die Zuhörer bewußt einzustellen. Die Vorbereitung selbst kann von zwei Gesichtspunkten her betrachtet werden: Der erste ist das ständige
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4. Die Rede
Training in der Sprechtechnik und die Verbesserung der sprachlichen Ausdruckskraft als Voraussetzung für die Realisierung des zweiten Gesichtspunktes, der eigentlichen Redevorbereitung. Diese umschließt ausführliche Auseinandersetzung mit dem Redeinhalt und dem konkreten Aufbau der geplanten Rede, so wie dies im einzelnen dargestellt wurde.
5. Die Diskussion Oft ist ein Redner in die Situation gestellt, im Anschluß an seinen Vortrag Fragen beantworten, beziehungsweise über die Problemstellung des Vortrags vertiefend diskutieren zu müssen. Auch für die Diskussion gibt es — sowohl für den Diskussionsleiter als auch für den Diskussionsteilnehmer — zusätzliche Verhaltenswegweiser und richtungsweisende Grundsätze. Vorweg sei aber der Begriff der Diskussion selbst geklärt. Diskussion kann als Aussprache im engeren Sinn definiert werden. Damit wird noch nicht ausgesagt, wie, beziehungsweise in welcher Form die Aussprache selbst von statten geht. Die Diskussion reicht in ihrer Spannbreite von der Beantwortung einzelner Zusatzfragen bis zum Disput (Streitgespräch), dazwischen liegt die Erörterung sachlicher Probleme. Eine Erörterung kann wiederum soweit begrifflich abgesteckt werden, daß darunter die Darlegung eines Standpunktes, die Klärung eines Sachverhalts oder die Begründung von Zusammenhängen verstanden wird. Wird aber Diskussion im weiteren Sinn definiert, kann gesagt werden, daß dazu neben Vortragsveranstaltungen und Versammlungen, Mitarbeiterbesprechungen (vollziehen sich in einer Diskussion zwischen Vorgesetzten und Mitarbeiter), Arbeitsgespräche und ähnliches gehören. Diskussionen stehen in der Regel unter einer konkreten Zielsetzung, das heißt sie sind thematisch gebunden. Das Ziel richtet sich darauf, einer Meinung, Ansicht, Anschauung, Auffassung zum Durchbruch zu verhelfen, so daß sie allgemein akzeptiert wird. „Meinung Ansicht
vorläufiges subjektives Urteil einer Person über eine Sache persönliche Betrachtungsweise über einen bestimmten Gegenstand, von der der Betreffende zwar überzeugt ist, die aber für andere nicht hinreichend bewiesen erscheint, beziehungsweise die Gesamtheit der Uberzeugung einer Person
134
5 . Die Diskussion
Anschauung
umfassende Ansicht, grundsätzliche Meinung über eine bestimmte Frage, oft philosophischer Art beziehungsweise ein persönliches Urteil über eine Sache
Auffassung
bestimmte Auslegung oder Betrachtungsweise eines komplizierten Sachverhalts, im Unterschied zu ,Ansicht' und ,Anschauung* immer auf einen bestimmten, näher bezeichneten Inhalt bezogen." [6, S. 451]
Diskussionen verfolgen aber auch die Absicht, zu dargelegten Problemen einen einheitlichen Standpunkt zu erarbeiten beziehungsweise konträre Auffassungen von einander abzugrenzen. Es handelt sich auch hier um die Durchsetzung von Meinungen, Ansichten, Anschauungen und Auffassungen. Aus dem Gesagten läßt sich nun der Schluß ziehen, daß es nicht unbedingt notwendig ist, für ein und dieselbe Zielvorstellung beziehungsweise für jede spezifische Realisierungsform einen eigenen Verhaltenswegweiser für Diskutierende zusammenzustellen. Dies würde nämlich zur Einengung des Handlungsspielraums der Diskutierenden führen und ihnen somit nicht helfen. Die Diskussion würde am Ende auf Rituale bei der Durchführung herabsinken. Aus diesem Grund lassen wir uns in der Folge von der Überlegung leiten, daß die einzelnen Gesichtspunkte zur Diskussion jeweils situationsgerecht, auf die jeweiligen Partner abgestimmt, sowie auf das allgemeine Ziel hin ausgerichtet ausgewählt werden müssen, um zur Verwirklichung der jeweils gesteckten Ziele zu gelangen. Um die allgemeinen Gesichtspunkte zur Durchführung von Diskussionen theoretisch und praktisch zu erläutern, sollen zunächst die allgemeinen Grundlagen einer Diskussionsvorbereitung dargelegt, dann die für die Leitung einer Diskussion charakteristischen Verfahren entwickelt und anschließend Verhaltenswegweiser für den Diskussionsteilnehmer erläutert werden.
5 . 1 Die Diskussionsvorbereitung
135
5.1 Die Diskussionsvorbereitung Die Vorbereitung einer Diskussion läßt sich in drei Bereiche auffächern: • • •
Inhaltliche Vorbereitung Personelle Vorbereitung Räumliche Vorbereitung
5.1.1 Inhaltliche Vorbereitung Die inhaltliche Vorbereitung beginnt mit der Definition des Zieles der Diskussion. Diese Zieldefinition schließt auch die Leitlinie der angestrebten Ergebnisrichtung beziehungsweise mögliche Beschlußvorlagen mit in sich ein, wobei der konkrete Inhalt der Ergebnisse im einzelnen selbst natürlich noch nicht vorgegeben werden darf. In einem solchen Fall würde sich die Diskussion von vornherein erübrigen. Das Ziel muß, je nach Aufgabenstellung und Situation, mit etwaigen kompetenten Vorgesetzten, Mitgliedern und dergleichen abgeklärt werden, beziehungsweise auf der Grundlage vorgegebener Richtlinien, gesetzlicher Vorschriften usw. seine Ausprägung finden, soll die Diskussion von der Zielstellung her als zielführend geplant bezeichnet werden. Aus dem Ziel der Diskussion ergibt sich meist die Notwendigkeit, die Diskussionsinhalte dem Rahmen nach schwerpunktmäßig abzugrenzen. Das hat für die Diskussion zur Folge, zielorientiert vorgehen zu können. Der Diskussionsleiter übernimmt die Funktion, die festgelegte Zielstellung in der Diskussion einzuhalten. Dies stellt ihn vor die Notwendigkeit, sich mit dem Thema der Diskussion auseinanderzusetzen, oder aber dafür eine Sachautorität, also einen Experten einzuladen. Die inhaltliche Klärung der in der Diskussion gestellten Probleme bleibt in jedem Falle offen. Vorteilhaft ist es jedoch, die Diskussionsteilnehmer zeitgerecht über den Diskussionsinhalt zu informieren, damit sie sich darauf einstellen können. Dies geschieht am besten mit der Einladung an die Teilnehmer. In der Einladung sollten außer der Zielstellung der Diskussion folgende Angaben enthalten sein: Veranstaltungsort, Termin (Zeitdauer der Diskussion bekanntgeben), Diskussionsform.
136
5. Die Diskussion
Ist es erforderlich, daß sich die Diskussionsteilnehmer auf die Diskussion vorbereiten müssen, so werden der Einladung als Anlage entsprechende Unterlagen beigefügt. Für den Diskussionsteilnehmer wäre es auch wünschenswert, eine Namensliste seiner Diskussionspartner zu erhalten. Dieser kann er gegebenenfalls schon entnehmen, wer als Partner oder Gegner agieren wird. Es gibt allerdings auch Situationen, in denen dies aufgrund der Zielstellung der Diskussion nicht angebracht ist. Mit und aus der inhaltlichen Vorbereitung ergeben sich zugleich auch personelle Überlegungen. 5.1.2 Personelle Vorbereitung Im Rahmen der personellen Vorbereitung wird der Teilnehmerkreis der Diskussion bestimmt. Es ist genau festzulegen, für welche Adressaten eine Veranstaltung geplant und durchgeführt werden soll. Es kann sich dabei um einen Vortrag, eine Mitgliederversammlung, Fachkonferenz, Abteilungsbesprechung und anderes mehr handeln. Ebenso werden etwaige Experten (als Referenten, als Diskutanten) ausgewählt und eingeladen. Bei der Festlegung der Teilnehmerzahl sollte man sich bewußt machen, daß es sich um so schwieriger gestaltet, die Diskussion zu leiten und auch zu einem konkreten Ergebnis zu kommen, je größer der Teilnehmerkreis ist. Die ideale Teilnehmerzahl ist erfahrungsgemäß mit sechs bis zwölf Personen gegeben. Nehmen mehr Personen an einer Diskussion teil, muß man die Erfahrungstatsache einkalkulieren, daß bei der Diskussion nicht mehr jeder mit jedem Diskussionsteilnehmer in einen konkreten Meinungsaustausch eintreten kann. Zur Einladung von Experten sei folgendes gesagt: Der Experte muß vom Veranstalter über die Zielstellung der Diskussion genauestens informiert werden. Zusätzlich sind ihm Hinweise über seine Aufgabe (Rolle) und über das zu erwartende Publikum zu geben. Nur dadurch ist gewährleistet, daß der Experte aus seinem Wissen jene Bereiche konkret vorbereitet, die für die Realisierung des Diskussionsgegenstandes als zielorientiert bezeichnet werden
5 . 1 Die Diskussionsvorbereitung
137
können. Soll der Experte vor der allgemeinen Diskussion ein Referat halten, so erweist es sich als zweckmäßig, die Referatinhalte genau abzugrenzen. Darüber hinaus ist dem Experten ein festes Zeitmaß für seine Ausführungen vorzugeben. Ist gezielte Auswahl der Diskussionsteilnehmer und der Experten neben der inhaltlichen Vorbereitung die zweite Voraussetzung, eine Diskussion aufgabenorientiert abwickeln zu können so bleibt als dritte, aber trotzdem sehr bedeutsame Voraussetzung die räumliche. 5.1.3 Räumliche Vorbereitung In räumlicher Hinsicht ist, abgesehen von ästhetischen und funktionellen Aspekten, die Sitzordnung von entscheidender Bedeutung. Für Diskussionen bis zu 18 Teilnehmern gibt Schlenzka Beispiele, wie die Anordnung der Plätze am besten geplant werden kann. Die folgenden Graphiken wurden seinem Buch ,Unternehmer, Direktoren, Manager' entnommen. Plön B/9 Teilnehmer
•
o o o o
•
CD
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Plan E/14 Teilnehmer
• o o
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1°
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PlanD/12Teilnehmer
PlanC/lOTeilnehmer
o
138
5 . D i e Diskussion
Plan F/18 Teilnehmer
1 = 1
c
u
lafel oder Flip Chart
•
Diskussionsleiter
O
Diskussionsteilnehmer
Zu Plan C sei noch hinzugefügt, daß diese U-förmige Anordnung der Sitzplätze nicht auf 10 Diskussionsteilnehmer beschränkt bleiben muß; man kann die Teilnehmerzahl durchaus vergrößern. Nicht berücksichtigt bei Schlenzka ist eine Sitzgruppierung, die den Leiter der Diskussion in Kreisform näher mit den Diskussionsteilnehmern in Berührung bringt. Diese Anordnung der Plätze ist jedoch nur bei geringer Teilnehmerzahl möglich.
o
o Eine solche Sitzordnung bietet den Vorteil, daß speziell am runden Tisch unter den Diskussionsteilnehmern Gleichberechtigung herrscht. Bei allen anderen Anordnungen gibt es gute und weniger günstige Plätze. So sind beispielsweise bei Plan C jene Plätze günstiger, die direkt gegenüber dem Diskussionsleiter liegen, bei Plan E die beiden mit •) gekennzeichneten Sitze relativ ungünstig. Neben der Sitzordnung zählt die Aufstellung und Funktionsüberprüfung etwaiger Medien zur räumlichen Vorbereitung. Diese werden entweder zu Demonstrationszwecken oder zur Erarbeitung von Hauptgesichtspunkten, graphischen Schemata und dergleichen eingesetzt. Will man ungestört diskutieren, empfiehlt es sich, ein Türschild mit der Aufschrift,Bitte nicht stören' vorzube-
5.3 Durchführung einer Diskussion
139
reiten. Kurz vor der Diskussion sollte der Raum überprüft werden, um etwaige Mängel noch beheben zu können. Unabhängig von den genannten Schritten zur Vorbereitung einer Diskussion muß die Funktion des Diskussionsleiters bestimmt werden, zumal dieser während der Diskussion die verantwortliche Leitung übernimmt und somit wesentlich Einfluß auf Ablauf und Gestaltung hat.
5.2 Der Diskussionsleiter Der Führungsstil des Diskussionsleiters ist für die Atmosphäre einer Diskussion ausschlaggebend. Als Idealtyp müßte er über große Rollenflexibilität verfügen, da er einerseits die Diskussion leiten, andererseits aber auch als gleichberechtigter Partner mit eigenen Beiträgen in die Diskussion eingreifen und von der Gruppe akzeptiert werden muß. Es empfiehlt sich jedoch gerade für den Diskussionsleiter eine gewisse Zurückhaltung, um sich nicht selbst zu sehr in den Vordergrund zu stellen. In der Folge werden anhand von zwei charakteristischen Ablaufdiagrammen einige theoretische Überlegungen für die Leitungsfunktion im Verlauf der Diskussion angestellt. Die nachfolgende Darstellung einer Diskussionsdurchführung kann als Lösungsvorschlag betrachtet werden. Vorausgesetzt wird, daß der Diskussionsleiter selbst über den Themenbereich der Diskussion informiert ist und über ausreichende Sachkenntnisse verfügt. Die Ablaufsphasen der Diskussion sollen nunmehr im einzelnen genauer beschrieben werden.
5.3 Durchführung einer Diskussion 1. Phase
Vorstellung und Begrüßung
2. Phase
Einleitung zur Diskussion Problemdefinition Zielstellung Vertrauensbasis herstellen
3. Phase
5. Die Diskussion
140 4. Phase
Diskussionsverfahren Bekanntgabe durch den Diskussionsleiter Erarbeitung durch die Teilnehmer
5. Phase
Diskussion Koordinierung der Wortmeldungen Unterschiedliches Fachwissensniveau ausgleichen Fachwissen an Teilnehmer weitergeben Achten auf die Redezeit Motivierung durch Verbalisieren von erreichten Teilzielen Wesentliches schriftlich festhalten Anbot von Lösungsmöglichkeiten Zusammenfassung Resümee der erarbeiteten Schwerpunkte Hervorheben der Gemeinsamkeiten Gegenüberstellung von „Pro" und „Kontra" Zu realisierende Lösungsmöglichkeiten zusammenfassen
6. Phase
7. Phase
8. Phase
Abschluß Beschlußfassung Dank an die Teilnehmer für die Mitarbeit Anerkennung für die erbrachten Leistungen Protokollerstellung
1. Phase — Vorstellung und Begrüßung Der Diskussionsleiter wird sich vorstellen und seine Freude darüber ausdrücken, daß er mit den Teilnehmern zusammengekommen ist. Er soll jedoch immer daran denken, daß die Diskussionsteilnehmer die Freude auch als solche wahrnehmen und die Ehrlichkeit seiner Feststellung empfinden. Daher ist es angebracht, sich natürlich zu verhalten und die verbalisierte Form der Begrüßung motivationsmäßig nicht zu übertreiben. Im gegenteiligen Fall wird dem Diskussionsleiter sonst Mißtrauen entgegengebracht, wodurch seine Glaubwürdigkeit in Frage gestellt ist. 2 . Phase — Einleitung zur Diskussion Z u Beginn der Diskussion sollte den Teilnehmern das angestrebte Diskussionsziel bekanntgegeben werden: z. B. ob die Diskussion
5.3 Durchführung einer Diskussion
141
Gedankenaustausch im Hinblick auf wechselseitige Information sein soll, ob Vorschläge erarbeitet oder Beschlüsse gefaßt werden sollen, o. ä. Das zu erörternde Problem wird auf Schwerpunkte hin konzentriert und in klar umrissene Konturen gefaßt. 3 . Phase — Vertrauensbasis herstellen Um eine Vertrauensbasis herzustellen, ist den Diskussionsteilnehmern zu verdeutlichen, daß sie befähigt und kompetent sind das gestellte Problem zu klären. Alles Vertrauenshemmende ist zu unterlassen. Dazu gehört beispielsweise Zufluchtnehmen zum sozialen Status, der Gruppe direkt oder indirekt Unfähigkeit vorwerfen, eigene Überschätzung und eine daraus resultierende Mißachtung der Gruppe. 4. Phase — Diskussionsverfahren Ist in den ersten Phasen eine der Diskussion förderliche Atmosphäre hergestellt worden, wird anschließend das Diskussionsverfahren erläutert. Dies geschieht meist aus zeitökonomischen Überlegungen (Zeitlimit setzen) durch Vorgeben eines Inhaltsrasters und Festlegungen für das formale Vorgehen, wobei etwaige Vorschläge der Diskussionsteilnehmer eingeschlossen werden können. Welches Verfahren im einzelnen gewählt wird, hängt von der Problemdefinition und vom Diskussionsgegenstand, von der Zahl der Diskussionsteilnehmer sowie vom etwaigen Arbeitsprogramm ab. Es ist verständlich, daß eine Diskussion um so straffer geleitet werden muß, je mehr Personen an der Diskussion teilnehmen, je mehr Probleme erörtert oder gelöst werden müssen. Die Klärung der Verfahrensfrage darf daher nur kurze Zeit in Anspruch nehmen! Zu empfehlen wäre etwa folgende Vorgehensweise: Zuerst einfache und unstrittige Teilprobleme, dann schwierige Fragen für den Diskussionsverlauf vorschlagen. Der Vorteil liegt darin, daß die Teilnehmer durch Konsens in Teilproblemen für den Verlauf der kommenden Diskussion positiv gestimmt sind und dadurch dann auch schnelleren und besseren Kontakt zueinander finden können, wenn es um die Lösung schwieriger Probleme geht.
142
5 . Die Diskussion
5. Phase — Diskussion Für die Durchführung der Diskussion selbst ist es von entscheidender Bedeutung, mit welchen Lenkungsverfahren (Konferenztechniken) die Diskussion gesteuert wird. Der Diskussionsleiter ist bestrebt, die gesteckten Ziele zu erreichen. Seine Lenkungstechniken tragen wesentlich dazu bei, eine Atmosphäre sachlicher Auseinandersetzung zu schaffen, in der persönliche Konfrontation weitgehend ausgeschaltet bleibt. Zur Herbeiführung einer solchen Atmosphäre gibt es eine Reihe von Verhaltensregeln. •
•
Seien Sie sich der Vermittlerrolle bewußt, das heißt: Etwaige Diskrepanzen in bezug auf sachliche und persönliche Meinungsverschiedenheiten ausgleichen oder zumindest abbauen, zwei oder mehrere Meinungen als gleichberechtigt zur Anerkennung verhelfen, zumal dann, wenn eine Annäherung der Standpunkte aussichtslos scheint. Bevorzugen Sie niemanden, das heißt: Seien Sie gerecht, bleiben Sie sachlich und objektiv! Denken Sie daran, daß jeder Diskussionsteilnehmer als gleichwertiger Partner zu betrachten ist und die gleichen Chancen erhält; selbst wenn bedeutende Persönlichkeiten der Diskussionsrunde angehören sollten.
•
Verfallen Sie nicht in den Fehler, nur mit einigen wenigen Teilnehmern Dialoge zu führen, das heißt: Wenden Sie sich an die Gruppe. Versuchen Sie aber auch Dialoge zwischen Diskussionsteilnehmern zu unterbinden, wenn diese von der Sache wegführen beziehungsweise zum persönlichen Streitgespräch werden. Verhelfen Sie stummen Diskussionsteilnehmern im späteren Verlauf der Diskussion zum Wort. Ermuntern Sie diese mit der Aufforderung, zu bereits erörterten Fakten Stellung zu beziehen. Nur in seltenen Fällen wird der Angesprochene ablehnend reagieren. Bedenklich ist es jedoch, bereits zu Beginn der Diskussion einzelne Teilnehmer zu bestimmten Diskussionsbeiträgen zu
5.3 Durchführung einer Diskussion
143
bestimmen, denn gerade gehemmte Teilnehmer fühlen sich dadurch zurückgesetzt; gewiegte Diskutanten hingegen stellen sich darauf bewußt in den Vordergrund. Dies geht auf Kosten schwächerer Partner. •
Falls erforderlich, müssen Sie auch energisch durchgreifen, das heißt: Sie verhindern, daß das Thema der Diskussion zerredet wird. Dabei können Sie auf das vereinbarte Diskussionsverfahren hinweisen, beziehungsweise die Ziele der Diskussion nochmals in Erinnerung rufen. Sie können aber auch durch Ordnungsaspekte in die Diskussion eingreifen, Geklärtes von Ungeklärtem sondieren, Positives verstärken und Negatives abschwächen, oder aber auch einzelne Diskussionsteilnehmer mit Aufforderungen ermahnen und zur Ordnung rufen.
•
Leider ist es immer wieder erforderlich, in Diskussionen den Redefluß von Dauerrednern zu unterbinden, das heißt: Sie müssen Hinweise geben und Richtungen setzen, die zur Beendigung des betreffenden Diskussionsbeitrages führen. Dies kann beispielsweise durch den Hinweis geschehen, daß die bisherigen Ausführungen bereits so wichtig und inhaltsreich waren, daß vor Darlegung weiterer Argumente erst andere Teilnehmer Stellung dazu nehmen müßten, um den Sachverhalt abzuklären. Ein weiteres Mittel ist die kurzfristige, strengere Koordinierung der Wortmeldungen. Sprechen Sie die Diskussionsteilnehmer persönlich an, das heißt: Nennen Sie die Teilnehmer beim Namen. Dazu ist unter Umständen die Vorbereitung von Namenskärtchen erforderlich. Stellen Sie die Kärtchen so auf, daß jeder Teilnehmer die Namen der anderen sehen kann.
•
•
Wesentliche Dinge sollten in einer Diskussion festgehalten werden, das heißt: Ergebnisse werden schriftlich notiert, am besten auf Tafel, Flip-Chart oder Overhead. Diese Unterlagen können Sie dann jeweils bei den unbedingt erforderlichen Teilzusam-
144
5 . Die Diskussion
menfassungen als Demonstrationsmittel verwenden. Solche Teilzusammenfassungen sind aus mehreren Erwägungen notwendig. Den Diskussionsteilnehmern wird das Gesagte wieder ins Gedächtnis gerufen. Daraus entstehen konkrete Ansätze für die Weiterfiihrung der Diskussion. Die Diskussionsteilnehmer erhalten überdies Erfolgserlebnisse, wenn das Erarbeitete sichtbar gemacht wird. Dies spornt in der Folge an und läßt das noch zu Bearbeitende besser erkennen. Ein Nebenaspekt für den Diskussionsleiter: Durch eine geschickt formulierte Zwischenzusammenfassung kann er eine themenfremde Diskussion für den weiteren Diskussionsverlauf ausklammern. In Teilzusammenfassungen lassen sich aufgrund des Informationsstandes weitere Lösungsmöglichkeiten oder auch schon Entscheidungsgrundlagen vorbereiten. 6. Phase — Zusammenfassung Am Ende jeder Diskussion steht die klare und eindeutige Zusammenfassung aller erarbeiteten Schwerpunkte. Dies geschieht durch • • •
Hervorheben der Gemeinsamkeiten, Gegenüberstellung und Vergleich unterschiedlicher Standpunkte und Darlegung von möglichen Lösungs- oder Anwendungsvorschlägen.
Dem Diskussionsleiter bleibt es überlassen, diese Endzusammenfassung von einzelnen Teilnehmern durchführen zu lassen oder aber sie selbst vorzunehmen. Um die Diskussion zu beenden, sind abschließend Vereinbarungen zu treffen beziehungsweise auch Beschlüsse zu fassen. Dabei ist darauf zu achten, daß vorgegebene Normen (Geschäftsordnung, Satzung usw.) eingehalten werden, weil sonst die Gefahr besteht, Beschlüsse nachträglich anzufechten. Dies darf jedoch nicht dazu führen, unkritisch alles hinzunehmen. Gegebenenfalls sollte also beschlossen werden, die Änderung gesetzter Vorschriften vorzuschlagen.
5 . 4 Durchführung einer Diskussion mit Expertenreferat
145
7. Phase — Abschluß Bei der Verabschiedung der Teilnehmer nach Beendigung der Diskussion hat der Diskussionsleiter die Möglichkeit, allen Teilnehmern für die aktive Mitarbeit zu danken und seine Anerkennung für die erbrachten Beiträge und Leistungen auszusprechen. 8. Phase -
Protokollerstellung
Es ist allgemein üblich, über durchgeführte Diskussionen Protokolle zu verfassen. Sie enthalten in der Regel je nach Art der Diskussion vorgetragene Meinungen, Feststellungen, Beschlüsse, Einwände, Bedenken usw., sowie auch Hinweise über Abwesenheit, Reihenfolge der Wortmeldungen und dergleichen. Solche Protokolle sollten in der Folge jedem Teilnehmer zugestellt werden, und zwar mit der Bitte um Kenntnisnahme oder sogar Stellungnahme. Damit ist gewährleistet, daß das Ergebnis der Diskussion aufbewahrt bleibt. In etwaig nachfolgenden Diskussionen kann dann auf Protokolle dieser Art Bezug genommen werden. Das Protokoll sollte enthalten: • Ort, Datum und Zeitdauer •
Thema der Diskussion
•
Diskussionsteilnehmer
•
Erarbeitete oder dargelegte Pro- und Kontraargumente
•
Die in der Diskussion formulierten Beschlüsse
•
Beschlußverfahren und -ergebnis (damit erarbeitete Entscheidungen späterhin nicht angefochten werden können)
•
Unterschrift des Diskussionsleiters beziehungsweise des Protokollführers
5.4 Durchführung einer Diskussion mit vorgeschaltetem Expertenreferat Eine zweite Form der Diskussion ist dann gegeben, wenn vor der eigentlichen Diskussion ein Experte referiert oder, ein Redner in Form eines Referats den Diskussionsrahmen absteckt.
146
5. Die Diskussion
In diesem Fall könnte der rein schematische Ablauf wie folgt realisiert werden: 1. Phase 2. Phase
Begrüßung der Teilnehmer, Begrüßung des Referenten (Experten) Problemdefinition Zielstellung Bekanntgabe des Veranstaltungsablaufs
3. Phase
Referat
4. Phase
Diskussion
5. Phase
Zusammenfassung
6. Phase
Abschluß
7. Phase
Protokollerstellung
Erläuterung zu den einzelnen Phasen Alle bisher dargestellten Gesichtspunkte zur Durchführung einer Diskussion treffen im allgemeinen auch für die zweite Diskussionsform mit einem Experten zu. Daher sollen nur noch die Besonderheiten herausgestellt werden, die sich aus der unterschiedlichen Diskussionsform ergeben. 2 u r 1. Phase: Ist ein Experte zur Diskussion eingeladen , so wird der Organisator der Veranstaltung den Diskussionsleiter mit der Begrüßung des Referenten (Experten) beauftragen. Ist der Referent als Person den Teilnehmern unbekannt, so ist er nicht nur mit seinem Namen vorzustellen, sondern auch durch Informationen über seinen Werdegang, seine besondere Qualifikation beziehungsweise Spezialisierung und über sein bisheriges Betätigungsfeld. Diese Informationen sollen gut ausgewählt und müssen knapp gehalten werden, denn eine aufdringliche Form der Vorstellung des Experten würden dem Gang der Diskussion von vornherein abträglich sein. Es könnte eine Ablehnung gegenüber dem Referenten entstehen und seine Glaubwürdigkeit in Frage stellen. Dies ist besonders dann wichtig, wenn nicht der Experte selbst, sondern ein Außenstehender die Leitung der Diskussion übernimmt.
5 . 4 Durchführung einer Diskussion mit Expertenreferat
147
Zur 2. Phase: Nach Begrüßung und Vorstellung des Experten wird Thema oder Problem der Veranstaltung definiert und die Zielsetzung bekanntgegeben (Programm). Die Diskussionsteilnehmer werden über den Ablauf der Veranstaltung informiert und gebeten, gegebenenfalls Beiträge zum Inhalt des Referates für die nachfolgende Diskussion bereitzuhalten. Damit ist gewährleistet, daß der Referent einerseits seine vorbereiteten Ideen und Gedanken bereits im Hinblick auf die nachfolgende Diskussion konkret formuliert; andererseits wird es ihm dadurch erleichtert, späterhin zu den einzelnen vorgetragenen Diskussionsstandpunkten gezielt Stellung zu nehmen. Abschließend sei jedem Diskussionsleiter, der die Problemstellung definiert und die Zielstellung bekanntgibt, der Rat gegeben: Fassen Sie sich kurz und halten Sie vor allem kein Referat! — Dafür wurde der Experte eingeladen. Zur 3. Phase: Mit einer kurz formulierten Bitte wird der Experte eingeladen, sein Referat zu beginnen. Zur 4.-7. Phase: Der rem formale Ablauf dieser Phasen unterscheidet sich von den bei der ersten Diskussionsform dargelegten Gesichtspunkten lediglich dadurch, daß hier in den einzelnen Phasen die Aussagen des Experten wesentlich mit einbezogen werden. Während der eigentlichen Diskussion (4. Phase) sollte der Referent oder Experte von Zeit zu Zeit die Möglichkeit erhalten, auf Fragen und Einwände der Diskussionsteilnehmer einzugehen. Am Ende der allgemeinen Diskussion oder aber bereits nach Lösung von Detailproblemen sollte dem jeweiligen Experten Gelegenheit gegeben werden, abschließend Stellung zu beziehen, zumal gerade er die maßgeblichen Grundthesen für die Diskussion aufgestellt hat. Dies darf andererseits nicht dazu führen, daß der Referent die Diskussion von vornherein erdrückt. Den Teilnehmern muß in jedem Fall Gelegenheit gegeben werden, ihre Meinung und auch kritische Standpunkte zum Vorgetragenen uneingeschränkt zu formulieren. Zusammenfassung Das Gelingen beziehungsweise Mißlingen einer Diskussion hängt sehr stark davon ab, inwieweit es dem Diskussionsleiter (Beauftragten oder Experten) gelingt, von seiner Persönlichkeit her die
148
5 . Die Diskussion
methodischen Anforderungen an eine erfolgreiche Diskussion zu erfüllen und inwieweit er die Diskussionsteilnehmer motivieren kann, sich mit dem Ablauf der Diskussion zu identifizieren und ihre Verhaltensweisen mit der Zielsetzung und dem Gang der Diskussionsführung in Einklang zu bringen. 5 . 5 Der Diskussionsteilnehmer Jede Diskussion hat aufgrund der behandelten Probleme eine unterschiedliche Zielsetzung und damit eine eigene Atmosphäre. Die für die Diskussionsleitung aufgestellten Forderungen und methodischen Maßnahmen gelten in übertragenem Sinne auch für den Diskussionsteilnehmer. Sein Verhalten bestimmt ebenso den positiven Ablauf. Es ist klar, daß nicht alles bisher Erwähnte in jeder Situation uneingeschränkt anwendbar sein wird. Vielmehr wird es vom Verhalten der Diskussionsteilnehmer abhängen, inwieweit bestimmte Vorgehensweisen und Methoden dazu beitragen können, eine qualifizierte Auseinandersetzung zu ermöglichen. Das bedeutet auch immer, nach einer Diskussion ein Einvernehmen herzustellen oder aber unterschiedliche Standpunkte herauszuarbeiten und diese zu akzeptieren, weil eine Annäherung aufgrund stark verfestigter Meinungen oft nur schwer möglich ist. Aggressionen werden auf diese Weise zumeist vermieden. Gerade in der Diskussion mit einem Experten sollte man stets am Motto festhalten:
I
Sieg ja, aber so, daß der Verlierer vor sich selbst und den anderen ohne Gesichtsverlust bestehen kann!
Ein Diskussionsteilnehmer kann — wenn das behandelte Diskussionsthema bekannt ist — von sich aus zu den vorgetragenen Thesen Stellung nehmen und einen entsprechenden Diskussionsbeitrag vorbereiten. In diesem Falle gilt: Bereiten Sie Ihren Diskussionsbeitrag sorgsam vor — wie eine Rede! Sie haben dadurch nicht nur Sicherheit beim Sprechen, sondern auch den roten Faden beim Darlegen Ihrer Ausführungen! Die Einleitung wird in den meisten Fällen nicht im voraus wörtlich abgefaßt
5.5 Der Diskussionsteilnehmer
149
werden können, da in der Diskussion situationsbedingt eine Anknüpfung für den jeweiligen Beitrag gefunden werden muß. Zur Vorbereitung gehört es auch, als Unterstützung der Argumente oder zur Widerlegung von Gegenargumenten Beweismaterial (Statistiken, Gutachten usw.) zu sammeln und bei der Diskussion zur Hand zu haben. Für die Diskussion selbst — und dies gilt für beide der dargestellten Diskussionsformen — sollten folgende Überlegungen beachtet werden: Seien Sie immer etwas vor Beginn der Diskussion im Raum. Ist Ihr Platz bereits namentlich gekennzeichnet, so ist es nicht angebracht, sich auf einen anderen Platz zu setzen. Die Sitzordnung muß allerdings eine Regelmäßigkeit erkennen lassen (zum Beispiel alphabetisch), sonst ist die soeben aufgestellte Forderung eindeutig hinfällig. Bei dieser Sachlage oder in Situationen, in denen eine besondere Sitzordnung von vornherein nicht vorgesehen ist, sollte man seinen Sitzplatz sorgfältig wählen. Goossens stellt dazu folgende Überlegungen an: „Der günstigste Platz ist gegenüber dem Konferenzleiter an der Schmalseite des Konferenztisches. Von dort haben Sie, wie der Konferenzleiter, alle Teilnehmer in Ihrem Blickkreis, zugleich aber auch den Konferenzleiter. Wenn Sie sich in der Diskussion zu Wort melden, sind Sie vom Konferenzleiter nicht zu übersehen. Sprechen Sie in der Diskussion, können alle Teilnehmer Sie sehen, Sie selbst sehen die Reaktion der Teilnehmer und des Konferenzleiters auf Ihre Worte. Sollte der Konferenztisch länger sein als etwa 6 m, oder ist die Teilnehmerzahl größer als zwölf, oder wurde der eine Platz — oder die mehreren Plätze — direkt gegenüber dem Konferenzleiter bereits besetzt, so setzen Sie sich auf einen der zweitbesten Plätze. Zweitbeste Plätze am Konferenztisch sind die Plätze links und rechts an der Außenseite des Konferenztisches, die jeweils durch einen Platz vom Konferenzleiter getrennt sind. Ungünstig sind die Plätze direkt beim Konferenzleiter deshalb, weil Sie dort gewissermaßen im toten Winkel sitzen. Der Konferenzleiter kann eine Wortmeldung von dort schon einmal unabsichtlich — aber auch unauffällig absichtlich — übersehen. Von den Plätzen weiter hinten an den
150
5. Die Diskussion
Schmalseiten haben Sie eine schlechtere Sicht auf den Konferenzleiter und die Tafel. Die anderen Teilnehmer auf Ihrer Seite des Konferenztisches sind von Ihnen schlecht oder überhaupt nicht zu sehen. Dadurch ist es aber auch schwer, auf Wortmeldungen von Teilnehmern auf der gleichen Sitzseite zu antworten, deren Reaktion in Mimik und Gestik, während Sie sprechen, nicht zu erkennen ist." [9, S. 106 ff.]
Genaues Zuhören bereits im Zusammenhang mit den Dialogstrukturen im einzelnen erörtert gilt als Voraussetzung, um eine Diskussion mit Unterstützung auch der Diskussionsteilnehmer in die gewünschte Richtung zu lenken. Für den Gang der Diskussion ist es von Vorteil, wichtige Hauptargumente des Diskussionspartners mitzuschreiben. Sie können dadurch besser auf diese eingehen und beim Diskussionspartner widersprüchliche Aussagen aufdecken. Sie können aber auch Gesprächspartner zitieren, einmal um die Beweiskraft Ihrer Argumente abzustützen, zum anderen, um einen entgegengesetzten Standpunkt klar herausstellen zu können. Hören Sie Ihren Diskussionspartner aktiv zu, haben Sie die Chance zu erkennen, welche Argumente für die einzelnen Diskussionsteilnehmer besonders bedeutsam sind. Daraus können Sie entnehmen, inwieweit der betreffende Diskussionsteilnehmer sachliche Kompetenz besitzt und welche gefühlsmäßige Einstellung er zum dargelegten Standpunkt hat. Das Wissen darüber, welche subjektive Gewichtung die Gesprächspartner den einzelnen Argumenten gegenüber vornehmen, können Sie nützen, um aus der Sicht des anderen so zu argumentieren, daß Ihre eigene Meinung deutlich zum Ausdruck kommt. Die Information gewinnt an Deutlichkeit, wenn die einzelnen Diskussionsbeiträge problemorientiert gestaltet werden. Hier ist folgendes zu beachten: Werfen Sie nicht zuviele Argumente in die Diskussion. Oft genügt bereits ein Argument, das aber soll treffend formuliert und mit Beweisen gut abgesichert sein. Wird das Argument von den Diskussionspartnern nicht verstanden oder gar negiert, versuchen Sie es noch einmal — aus einer anderen Sicht — darzustellen und klar zu formulieren. Fordern Sie dann die Diskussionspartner auf, zu Ihrem Argument Stellung zu nehmen.
5.5 Der Diskussionsteilnehmer
151
Sind Ihnen Einwände bekannt, die den weiteren Verlauf der Diskussion bestimmen könnten, so empfiehlt es sich, mögliche Gegenargumente des Diskussionspartners von sich aus vorwegzunehmen und zu entkräften. Entspricht aber das von Ihnen Gesagte noch nicht dem Stand der Diskussion, so gilt: Machen Sie Diskussionspartner nicht auf Argumente aufmerksam, die diese gar nicht in ihrem „Diskussionsarsenal" gehabt hätten! Auf Fragen, die Ihnen unangenehm scheinen, reagieren Sie am besten mit Gegenfragen. Sie können auch abwarten, ob nicht nachfolgende Diskussionsredner Ihnen gegebenenfalls Unterstützung bieten.
I
Aggressivität gegen einen der Diskussionsteilnehmer können Sie durch Freundlichkeit wieder wettmachen. Aggressivität gegen die ganze Diskussionsrunde aber kaum.
Es gilt daher der Grundsatz, sich partnerschaftlich zu verhalten. Das bedeutet auch, Argumente anderer anzuerkennen. Meinungsstreit tritt in Diskussionen häufig auf, er ist belebendes Element jeder Auseinandersetzung. Auch hier gibt es bestimmte Verhaltensregeln, die ein Diskussionsteilnehmer beachten sollte. Entkräften Sie nicht alle Argumente Ihres Gegners. Widerlegen Sie gegebenenfalls auf bestimmte Schwerpunkte konzentriert nur jene, die Ihrer Meinung entgegenstehen. Beziehen Sie dabei Gültiges oder Positives mit ein. Damit lassen Sie an seinen Argumenten und letztlich auch an ihm etwas Gutes. Andernfalls könnten Sie in den Ruf eines Neinsagers aus Prinzip kommen. Dies soll Sie aber nicht hindern, die Schwäche einer Argumentation aufzudecken. Die Schlußfolgerung, ob und inwieweit auch die anderen Argumente Ihres Diskussionspartners haltbar sind, können Sie den anderen Diskussionsteilnehmern selbst überlassen. Beginnt sich eine Meinung zu zementieren, die Ihren Intentionen entgegenspricht, versuchen Sie eine bevorstehende Beschlußfassung durch neue, aber sachlich begründete Einwände zu verhin-
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5 . Die Diskussion
dem, zum Beispiel: Ich glaube — bevor wir uns festlegen — sollten wir uns die praktischen Auswirkungen zu dieser allgemeinen Idee vorstellen. Wie würde sich ein solcher Vorschlag tatsächlich umsetzen lassen? (Bringen Sie die Darstellung eines konkreten Falles, der die betreffende Auffassung des Problems ad absurdum führt.) Man kann jedoch auch in einer solchen Situation in das Allgemeine ausweichen: Meine Damen, meine Herren! Bevor wir über die Grundsatzfragen noch nicht gesprochen, und damit noch keine Klärung erreicht haben, ist es — glaube ich — noch nicht möglich, über diese Details Entscheidungen zu treffen. Ich schlage daher vor . . . Bringt Ihr Diskussionspartner Argumente, die schwer zu widerlegen sind, deren Beweiskraft Sie sich aber nicht anschließen wollen, so können Sie mit nachstoßenden Fragen seine Argumente anzweifeln. Könnten Sie das, was Sie gesagt haben, präzisieren? . . . Haben Sie schon Überlegungen angestellt, wie das . . . dann wirklich realisiert werden könnte? . . . Haben Sie bereits Erfahrungswerte? . . . Haben Sie Vergleichswerte? Solche Einwände führen dazu, daß Ihr Widerpart irgendeinmal mit nein antworten muß. Dann ist es angebracht, ihm zu sagen: Ich glaube Ihre Ideen sind gut, im Moment aber vielleicht doch noch zu wenig diskutiert, um jetzt schon Grundlage für die zu treffende Entscheidung zu sein. Wirkungsvoll ist auch die Forderung nach Definitionen, weil sie den Diskussionspartner zwingen, Inhalte präziser zu bestimmen. Sie sind besonders dann sinnvoll, wenn keine einheitliche Auffassung bei den Diskussionspartnern besteht. Dies gilt insbesondere für Wörter wie Freiheit, Jugend, Erziehung usw., die jeweils erst in einem konkreten Inhaltsbezug verdeutlicht werden können. Fragen Sie ruhig: Bitte, was verstehen Sie unter . . . ? Könnten Sie uns es kurz darstellen, damit wir Mißverständnisse von vornherein ausschließen! (Selbstverständlich müssen Sie selbst eine bestimmte Vorstellung von der betreffenden Definition besitzen, denn sonst wird dieses Vorgehen zum Bumerang: Sie werden ebenfalls gefragt, was Sie darunter verstehen!) Argumente stehen in logischer Beziehung zueinander. Vorgetragene Begründungen enthalten Urteile und Schlußfolgerungen.
5.6
Zusammenfassung
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Achten Sie daher auf Vergleiche, die Ihr Diskussionspartner bringt. In den herangezogenen Gegenüberstellungen sind oftmals logisch falsche Verknüpfungen enthalten, die es Ihnen ermöglichen, Ansätze zur Entgegnung zu bringen. Taktische Verhaltensregeln dürfen in Diskussionen keinesfalls zum Selbstzweck werden und — es wurde bereits gesagt — Diskussionen sollten sich auf einer partnerschaftlichen Basis vollziehen. Dies setzt Respektierung sowohl des Partners als auch gegensätzlicher Standpunkte voraus. Versuchen Sie daher folgende Verhaltensweisen zu beachten: Bieten Sie sich so oft wie möglich den Diskussionsteilnehmern als Partner an, und zwar speziell im Hinblick auf menschliche Beziehungen. Verhelfen Sie schon aus diesen Gründen — falls es der Diskussionsleiter verabsäumt — anderen zum Wort. Bitten Sie zum Beispiel, wenn Sie momentan nicht an der Diskussion aktiv beteiligt sind, jeden aussprechen zu lassen und keinen Diskussionsteilnehmer zu unterbrechen. Schlagen Sie vor, sachlich zu bleiben und nicht durch Aggressivität das Diskussionsklima anzuheizen und damit zu stören. Achten Sie darauf, daß nicht vorschnell verallgemeinert wird. Decken Sie es schonungslos auf, wenn in einer Diskussion der betreffende Sachverhalt nicht eindeutig geklärt worden ist, oder wenn aufgrund subjektiver Meinungsäußerungen ein falsches Bild entsteht.
5.6 Zusammenfassung Ziel jeder Diskussion ist es — wie eingangs erörtert — eine Ansicht, Meinung, Auffassung oder Anschauung allgemein verständlich zu machen und durchzusetzen. Dies gelingt allerdings nur, wenn die übrigen Diskussionspartner bei entsprechenden Argumenten bereit sind, von ihrer eigenen Ansicht, Meinung, Auffassung oder Anschauung abzugehen und sich mit der eines anderen zu identifizieren. Die Identifikation mit sachlichen Inhalten oder vorgetragenen Meinungen ist stets das Kennzeichen einer erfolgreichen Diskussion. Jede Diskussion wird von Erwar-
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5 . Die Diskussion
tungshaltungen und Einstellungen getragen. Das Merkmal einer erfolgreichen Diskussion ist daher nicht nur allein Wertschätzung und Achtung der Diskussionsteilnehmer, sondern auch das Ringen um Standpunkte, das heißt sachliche Auseinandersetzung, die schließlich zu Einvernehmen führt. Es hängt von der Qualität des Diskussionsleiters ab, den Erfolg einer Diskussion sicherzustellen. Es widerspricht dem Wesen jeder sachlich geführten Diskussion, mit den Mitteln der persönlichen Disqualifizierung, Demagogie oder Demoralisierung eines Gesprächspartners zu arbeiten. Jede Diskussion, die aufgrund persönlicher Divergenzen, Voreingenommenheit oder mangelnder Bereitschaft zum Verständnis von vornherein zum Scheitern verurteilt ist, sollte daher vermieden werden. Dies setzt nicht in jedem Fall persönliches Einvernehmen voraus, zumindest aber gegenseitiges Respektieren und Akzeptieren.
Literatur [1] Antons, Klaus: Praxis der Gruppendynamik. Göttingen/Toronto/ Zürich 1974. [2] Balser-Eberle, Vera-, Sprechtechnisches Übungsbuch. Wien 1961. [3] Christiansen, Broder: Kleine Prosaschule. Stuttgart 1962. [4] Dollard, Doob, Miller, Mowrer, Sears: Frustration und Aggression. Weinheim 1970. [5] Dornseiff, Franz: Der deutsche Wortschatz. Berlin 1959. [6] Duden, Band 8. Mannheim/Zürich 1964. [7] Geissner, Hellmut: Rhetorik. München 1974. [8] Gerathewohl, Fritz: Sprechen, Vortragen, Reden. Stuttgart 1955. [9] Goossens, Franz: Konferenz- und Verhandlungstechniken. München 1974. [10] Hermann, Karl: Die Technik des Sprechens. Leipzip Frankfurt a. M. 1902. [11] Hofer, Franz].: Interaktionen im Verkauf. (UnveröffentlichtesManuskript) Wien 1976. [12] Kirchner, Baidur: Dialektische Rhetorik. München 1974. [13] Lemmermann, Heinz: Lehrbuch der Rhetorik. München 1962. [14] Mucchielli, Roger: Kommunikation und Kommunikationsnetze. Salzburg 1974. [15] Panzenböck, Martin u.a.: Zuhören und Mitreden, Wien 1976. [16] Patocka, Hans: Die Kunst der Rede. Wien 1951. [17] Reiners, Ludwig: Die Kunst der Rede und des Gesprächs, o. O. 1968. [18] Rother, "Werner: Die Kunst des Streitens. München o.J. [19] Schirm RolfW.: Kürzer, knapper, präziser. Düsseldorf 1970. [20] Schlenzka: Unternehmer, Direktoren, Manager. Düsseldorf 1954. [21] Schmidt, Lothar: Schlagfertige Definitionen. Reinbek 1974. [22] Siemens-Lehrgang: Deutsche Redekunst. Bearbeitet von Dr. Fritz Gerathewohl. Bad Homburg 1939. [23] Weigl, Hans: Die Leiden der jungen Wörter. München 1974. [24] Weis, Hans: Spiel mit Worten. Bonn 1965. [25] Weller, Maximilian: Das Buch der Redekunst. Berlin/Darmstadt/ Wien 1958. [26] Weller, Maximilian: Die besten Regeln der Rhetorik. Düsseldorf 1969.
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Literatur
[27] Widl, Leander: Der Bildungsbegriff aus der Sicht der innerbetrieblichen Ausbildung, (unveröffentlichte Diplomarbeit der Universität Klagenfurt) Wien 1977. [28] Zelber, Siegfried: Die Funktion der Bildung im kommunalen Bereich. (unveröffentlichte Diplomarbeit der Universität Klagenfurt) Wien 1977. [29] Zöchbauer-Hagen: Gespräch und Rede. o. O. 1974.
Namen- und Sachregister Abstraktion 30, 32, 111 Aggression 25, 90 - . A b b a u 95 —, Auflösung 8 9 ff. —, Dämpfung 89 ff. - , Vermeidung 89ff. aggressive Gesprächstechniken 93 ff. Aktualitätsbezug 120 Alliteration 41 ff. Anekdote 122 Anschauliches Sprechen 29 ff. - , Methode 31 Anschauung 134 Ansicht 133 Aphorismus 38 Argumentation 100, 115 Aristoteles 119 Artikulation 7, 15 ff. - , Übungen 15 Atemtechnik 7 Atmen, Atmung 7 —, seelische(s) 11 —, Technik 8 ff. —, Übungen 11 ff. Aufbau der Rede 109 ff. Auffassung 134 Ausdruckskraft —, sprachliche 20 ff., 27, 29, 32, 35, 38, 44, 46, 107 Ausklang —, positiver 102 Ausreden 97 Aussprache 35 —, Selbstlaute 13 ff. —, Übungen 13 Ausweichen 93 Autoritätsbezug 120 Bauchatmung 9
Begriffsinhalt 25 Behauptung 93 - , unwahre 43 ff. berichten 117 Beschimpfen 91 Beschuldigung 92 Beziehungsaufbau 97 Beweise, absolute 115 — .relative 116 —, scheinbare 116 Bismarck 33 Boll 44 Broughton 33 —, Schema von 34 Brustatmung 10 Chiasmus 42 f. Dauerredner 143 Definieren 24 ff., 111, 113 - , aphoristisches 2 7 - . M e t h o d e 26ff. -.vollständiges 26 Detaillierung 29 Dialog 49 ff. Diskussion 133 ff. - . D u r c h f ü h r u n g 139 ff., 145 ff. —, Einladung 135 —, inhaltliche Vorbereitung 135 ff., 148 - , Leiter 139, 146, 147 —, personelle Vorbereitung 136 - , räumliche Vorbereitung 137ff. - . T e i l n e h m e r 148 ff. - . V e r f a h r e n 141 Dornseiff 22 Drach 9, 114 Einleitung 82, 83, 119, 122, 140 Erfahrung 31
158 Fachsprache 34 Flankenatmung 9 Folgerung 124 Frage 56 - , Alternativ- 62 - , Fang- 63 —, Gegen- 57 —, geschlossene 60 —, offene 60 —, rhetorische 61, 121 - , Rück- 53, 56 —, suggestive 61 —, Techniken 59, 60ff. Fremdwörter 20, 32 ff., 113 Füllwörter 37 Fünfsatz 65 ff. Gegenangriff 95 Gegenargument 120, 151 Geissner 65, 68 ff. Geschichtsbezug 121 Gespräch 49 ff. —, Formen 55 ff. —, Technik 59, 60, 64 ff. —, zielorientiertes 64 ff. Gerathewohl 10, 21, 31, 53, 108, 111, 114, 116, 129 Gleichnissprache 23 Goethe 109 Goossens 149 Hauptteil 115 Hauptwort - , Verwendung 46 ff. Herder 47 Hermann 11 Hochsprache 7, 8 Humor 38 ff. Identifikation 101, 102, 105, 153 Impulsgebung 58, 59 Informationsaustausch 49 ff., 57
Namen- und Sachregister Inhaltsziel 110 Ironie 18, 39 Kirchner 7 Kommunikation 49, 55 - , Prozeß 49, 52 konkretisieren 31 Kritikgespräch 103 ff. Lemmermann 8, 38 Lessing 37 Luther 122, 124 Manipulation 44, 89, 116 Meinung 83, 133 - , Verbergen von 80ff. Mißverständnis 25 Modulation 7, 16 ff. - , Übungen 17 Monolog 49, 51 Mucchielli 50, 51 Mundart 7, 8 Neugierde 121 Nicht-verstehen 51 Paradoxie 43 Pausen 46, 129, 130 ff. Problem, Analyse 86 ff. —, Darstellung 83 ff. - , Katalog 87 Protokoll 145 Provokation 122 Publikum 110 Rede 107 ff. - , Begriffsklärung 107 —.Einleitung 119 - . H a l t e n 129 ff. - . H a u p t t e i l 114 - . P r o b e 124 —, Schluß 119
Namen- und Sachregister -.Vorbereitung 109, 112 —, Zeit 110, 111 - , Ziel, Zweck 110 Redevorbereitung, Beispiel 125 ff. Redewendung 39, 40 Reiners 22, 29, 44, 117, 118 Resonanz 7, 14 ff. —, Übungen 14 Resümee 88 Retz 40 Rochefoucauld 38 Rückkoppelung 53 Satz, Konstruktion 44, 45 —, Länge 44 ff. Schlenzka 137 ff. Schluß 119, 123 Schmidt 26 Schweigen 97 Selbstlaute 13 ff. —, Übungen 13 Shaw 27 Sitzordnung 149 - , Diskussion 137ff. Sprache 7 Sprachliche Ausdruckskraft 20 ff-, 27, 29, 32, 35, 38, 44, 46, 107 Sprechen - , anschauliches 29ff. Sprechtechnik 7 ff., 107 Spott 43 Sprichwort 39, 40, 121 Steigerung 37 Stichwortkartei 112 Stichwortverzeichnis 113, 126, 130 Aufbau 114 Stoffsammlung 112 Strategie —, geheime 94 suggestiv 61, 62 Themenwahl 109
159 Titelwahl 109 Totschweigen 92 Totreden 92 Überlegenheit 93 Übertreibung 37, 118 Überzeugung 117 Urteilen 117 Verallgemeinerung 153 Vereinfachung 118 Versachlichung 95 Verständnisanbahnung 101 Vertrauen 55, 141 Vollatmung 10 Werturteil, absolutes 93 Wiederholung 53, 99, 108 Wirkung 37 - , manipulative 40, 42, 63 - , suggestive 42 Witz 3 8 ff. Wort, synonym 22 Wortabschneiden 93 Worthäufung 37 Wortkombination 34, 35 ff. Wortschatz 21 ff., 41 —, aktiver 21, 22 —, passiver 21, 22 - , Übungen 22ff. —, Vergrößerung 21 Wortspiel 41 ff. Wortwahl 34, 35 ff., 110 Zeitwort —, Verwendung 46 ff. Zielsatz 65 ff., 110 Zitat 39 ff., 101, 121, 150 —, Verwendung 40 Zugeständnis 95 Zuhören 49 ff., 97, 150 —lernen 52, 54
RHETORIK IM ALLTAG B e g r ü n d e t von M a r t i n PANZENBÖCK
Theoretische Beiträge Praktische Hinweise
ZEITSCHRIFT RHETORIK IM
Zeitschrift des
Workshop «Rhetorik» Jahrgang 1
- Heft 1
ALLTAG
- J ä n n e r 1979
DIE SCHEINARGUMENTATION
Ziel der Zeitschrift (erscheint vierteljährlich) ist, O Inhalte aus dem Bereich Rhetorik - Kommunikation, die bislang nicht oder wenig systematisch veröffentlicht wurden, zu publizieren. O Existentes aus dem Bereich Rhetorik - Kommunikation zusammenfassend und aus neuer Sicht zu veröffentlichen. O Praktische Erfahrungen des Workshop - Rhetorik (Rhetorikclub an der Volkshochschule Margareten/Wien) in Beziehung zur Literatur zu setzen. O
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