Preisanpassungsklauseln im Spannungsverhältnis zwischen wirtschaftlicher Erforderlichkeit und rechtlicher Zulässigkeit [1 ed.] 9783737007801, 9783847107804


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German Pages [289] Year 2017

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Preisanpassungsklauseln im Spannungsverhältnis zwischen wirtschaftlicher Erforderlichkeit und rechtlicher Zulässigkeit [1 ed.]
 9783737007801, 9783847107804

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Schriften zum Internationalen Privatrecht und zur Rechtsvergleichung

Band 44

Herausgegeben im European Legal Studies Institute / Institut für Europäische Rechtswissenschaft / Institut pour le droit en Europe der Universität Osnabrück von Professor Dr. Dr. h. c. mult. Christian von Bar, FBA, MAE, Professor Dr. Christoph Busch, Professor Dr. Hans Schulte-Nölke, MAE, und Professor Dr. Dr. h. c. Fryderyk Zoll

Björn Krämer

Preisanpassungsklauseln im Spannungsverhältnis zwischen wirtschaftlicher Erforderlichkeit und rechtlicher Zulässigkeit

Mit einer Abbildung

V& R unipress Universitätsverlag Osnabrück

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet þber http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISSN 2198-7041 ISBN 978-3-7370-0780-1 Weitere Ausgaben und Online-Angebote sind erhÐltlich unter: www.v-r.de Verçffentlichungen des UniversitÐtsverlags Osnabrþck erscheinen im Verlag V& R unipress GmbH.  2018, V& R unipress GmbH, Robert-Bosch-Breite 6, D-37079 Gçttingen / www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich gesch þtzt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen FÐllen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages.

Meinen Eltern und Großeltern

Inhalt

Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Themeneingrenzung . . . . . . . . . . . . . . . I. Begrenzung auf Dauerschuldverhältnisse und Sukzessivlieferverträge . . . . . . . . . . . . II. Begrenzung auf Sonderverträge . . . . . . . C. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . .

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Kapitel 1: Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abschnitt 1: Vorstellung der Klauselarten und Erstellung eines Preisklauselschemas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Vorstellung der Klauselarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Oberbegriff Preisklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Indexbasierte Preisberechnungsklausel . . . . . . . . . . . III. Preisanpassungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Automatik- / Preisgleitklauseln . . . . . . . . . . . . . a) Einfache Preisgleitklausel . . . . . . . . . . . . . . . . b) Qualifizierte Preisgleitklausel . . . . . . . . . . . . . . aa) Echte Kostenelementeklausel . . . . . . . . . . . . . . bb) Unechte Kostenelementeklausel (= Spannungsklausel) (1) Beispiel: Kohle-Lohn-Klausel . . . . . . . . . . . . . . (2) Beispiel: HEL-Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Beispiel: Zinsgleitklausel in Spar- und Kreditverträgen cc) Börsen-/marktpreisorientierte Preisklauseln . . . . . . 2. Einfache Preisanpassungsklauseln (= ohne Anpassungsautomatik) . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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8

Inhalt

a) Preisänderungsvorbehaltsklausel . . . . . . . . . . . . b) Preisneuverhandlungsklausel . . . . . . . . . . . . . . B. Zusammenfassung und Erstellung eines Preisklauselschemas . Abschnitt 2: Grundsätze der AGB-Kontrolle nach §§ 307ff. BGB . . . A. Umriss der historischen Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . B. Schutzzweck der AGB-Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einschränkung der Selbstbestimmung durch Transaktionskostenasymmetrie . . . . . . . . . . . . . . . 1. Individuelle Gefährdungslage . . . . . . . . . . . . . . 2. Überindividuelle Gefährdungslage . . . . . . . . . . . II. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. § 307 Abs. 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Differenzierung zwischen Preishauptabreden und Preisnebenabreden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Preishauptabreden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Preisnebenabreden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Begründung der Kontrollfähigkeit aufgrund der Bindung an den Ausgangspreis . . . . . . . . . . . . . b) Begründung der Kontrollfähigkeit aufgrund der Bindung an das Äquivalenzverhältnis . . . . . . . . . . II. Differenzierung zwischen Festpreisregelung und Preisberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verzicht auf die Differenzierung zwischen Preishauptabreden und Preisnebenabreden . . . . . . . . . IV. Beschränkung des § 307 Abs. 3 BGB durch Einfügung eines Schwellenwertes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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37 39 41 42 42 43

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48 49 54 56 58

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71

Kapitel 2: Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abschnitt 1: Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abschnitt 2: Analyse zur Verletzung des Transparenzgebots nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Vorüberlegungen zum Transparenzgebot . . . . . . . . . . . . . B. Regelung von Voraussetzung, Umfang und Zeitpunkt der Anpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Preisanpassungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Refinanzierungsabhängige Zinsanpassungsklauseln . . . . . 1. Kritik an der älteren Rechtsprechung . . . . . . . . . . . 2. Neuere Rechtsprechung und Entwicklung von Mindestvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Einfügung eines Caps . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75 75 76 76 80 80 83 83 85 88

9

Inhalt

Übertragbarkeit der Mindestvoraussetzungen auf Automatikklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Übertragbarkeit der Mindestvoraussetzungen für Zinsanpassungsklauseln auf Preisanpassungsklauseln . III. Bonitätsabhängige Zinsanpassungsklauseln . . . . . . . . . IV. Prämienanpassungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Verstoß gegen die Wertung des § 315 BGB durch die Beschränkung des Ermessens . . . . . . . . . . . . . . . . »Wie« der Preisanpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kopplungsfähigkeit von Parametern und Gewichtung . . . . . I. Kopplungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Preisanpassungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Refinanzierungsabhängige Zinsanpassungsklauseln . . 3. Bonitätsabhängige Zinsanpassungsklauseln . . . . . . 4. Prämienanpassungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . II. Gewichtung der Anpassungsparameter . . . . . . . . . . . 1. Unklare Anforderungen in der Rechtsprechung . . . . 2. Kritik an der Offenlegung der Kalkulation . . . . . . . a) Kritik in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Heranziehung der Wertungen zu § 315 BGB . . . . . . c) Ökonomische Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . d) Praktische Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . Lösungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Beschränkung des Transparenzgebots . . . . . . . . . . . . 1. Transparenzgebot als Informationsmodell . . . . . . . 2. Differenzierung zwischen Transparenz- und Konkretisierungsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Differenzierung zwischen Abschluss- und Abwicklungstransparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ex nunc-Wirkung der Abschlusstransparenz . . . . . . b) Ex post-Wirkung der Abwicklungstransparenz . . . . II. Beschränkung der Anpassungsparameter . . . . . . . . . . Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kompensationsmöglichkeiten eines Transparenzdefizits . . . . I. Kompensation des Transparenzdefizits durch § 315 BGB . II. Kompensation des Transparenzdefizits durch nachträgliche Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Kompensation des Transparenzdefizits durch ein Vertragslösungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Rechtsprechung von BGH und EuGH zum Vertragslösungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.

C. D.

E.

F. G.

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90 91 92

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123 124 126 126 128 130 130

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132

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133

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133

10

Inhalt

2. a) b) c) d) e)

Diskussion zur Kompensationseignung in der Literatur . Verankerung im AGB-Recht . . . . . . . . . . . . . . . . Immanente Grenze des Transparenzgebots . . . . . . . . Möglichkeit der Kündigungsprovokation . . . . . . . . . Bestandsinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verstoß gegen das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Eigene Ansicht zur Kompensationseignung des Vertragslösungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . H. Zusammenfassung zu § 307 Abs. 1 S. 2 BGB . . . . . . . . . . . . Abschnitt 3: Analyse der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB . A. Benachteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Unangemessenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Sachlicher Rechtfertigungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . II. Zeitpunkt der Umstandsänderung . . . . . . . . . . . . . . . III. Vorhersehbarkeit der Umstandsänderung . . . . . . . . . . . IV. Risikoverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Wahrung des Äquivalenzverhältnisses . . . . . . . . . . . . . 1. Preissenkungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Preissenkungspflicht als Angemessenheitsvoraussetzung b) Kritik an der Preissenkungspflicht und einschränkende Ansichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Herleitung aus gesetzlichen Regelungen . . . . . . . . . aa) Reisevertragsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Versicherungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Preisklauselgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verbot der Gewinnmaximierung . . . . . . . . . . . . . a) Börsen- / marktpreisorientierte Preisanpassungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kostenelementeklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Problem: Überproportionale Berücksichtigung einzelner Parameter durch Ungenauigkeit . . . . . . . . bb) Problem: Fehlende Saldierung . . . . . . . . . . . . . . . cc) Darstellung der Problematik anhand der HEL-Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Bewertung hinsichtlich der Beschränkungsmöglichkeit der Parameter und der Angemessenheit durch Chancengleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Besondere Ansichten zu Preisänderungsvorbehaltsklauseln . . . . . . . . . . . .

137 138 140 141 141 144 144 146 148 148 148 149 151 152 155 156 158 158 160 162 162 165 165 166 166 167 169 170 171 172

175 177

11

Inhalt

Refinanzierungsabhängige Zinsanpassungsklauseln . . Bonitätsabhängige Zinsanpassungsklauseln . . . . . . Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vertragslösungsrecht als Angemessenheitserfordernis . Befürwortende Rechtsprechung und Literatur . . . . . Wertung der Richtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . Herleitung einer gesetzlichen Wertung . . . . . . . . . Herleitung einer entgegengesetzten gesetzlichen Wertung in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Vermittelnde Ansicht in der Literatur : Schwellenlösung f) Abschließende eigene Bewertung zum Vertragslösungsrecht als Angemessenheitserfordernis . C. Zusammenfassung der Analyse zu § 307 Abs. 1 S. 1 BGB . . . .

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178 180 181 181 181 183 184

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186 186

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190 192

Kapitel 3: Untersuchung der Rechtsfolgen der Unwirksamkeit . . . . . . Abschnitt 1: Auslegungs- und Anpassungslösungen . . . . . . . . . . . A. Störung der Geschäftsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Ergänzende Vertragsauslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Vertragslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Kein dispositives Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Das Unzumutbarkeitskriterium des Kartell- und des VIII. Zivilsenats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Lückenschließungsmaßstäbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einfügung eines Preisanpassungsrechts über die ergänzende Vertragsauslegung . . . . . . . . . . . . . . . a) Richterliche Vertragsgestaltung nach der Rechtsprechung des XI. Zivilsenats . . . . . . . . . . . . aa) Vereinbarkeit der Lösung des XI. Zivilsenats mit nationalem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Vereinbarkeit der Lösung des XI. Zivilsenats mit dem Unionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Alternativansatz über §§ 315, 316 BGB in der Literatur . 2. Begrenzung der Rückforderungsansprüche im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung . . . . . . . . . . . . . . a) Die Fristenlösung des VIII. Zivilsenats . . . . . . . . . . b) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vereinbarkeit der Fristenlösung des VIII. Zivilsenats mit nationalem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Vereinbarkeit der Fristenlösung des VIII. Zivilsenats mit dem Unionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

195 195 195 197 197 198

d) e) 3. 4. a) b) c) d)

198 203 204 204 204 209 216 218 218 219 219 222

12

Inhalt

Ergänzende Vertragsauslegung bei rückwirkender Rechtsprechungsänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zivilrechtliche Herleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verfassungsrechtliche Herleitung . . . . . . . . . . . . . aa) Berechtigtes Geltungsvertrauen in die Rechtsprechung . bb) Vorhersehbarkeit der Rechtsprechungsänderung . . . . cc) Vereinbarkeit der Rückwirkungssperre mit dem Grundgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Ergebnis zur ergänzenden Vertragsauslegung . . . . . . . . . C. Konkludente Akzeptanz der Preiserhöhung . . . . . . . . . . . . I. Deutung der Überweisungshandlung als beredtes Schweigen 1. Die Möglichkeit der konkludenten Zustimmung im Mietrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Mieterhöhung nach § 559 BGB . . . . . . . . . . . . . . b) Mieterhöhung nach § 558 BGB . . . . . . . . . . . . . . 2. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vereinbarung einer Erklärungsfiktion . . . . . . . . . . . . . 1. Anwendbarkeit des § 308 Nr. 5 BGB . . . . . . . . . . . . 2. Wirksamkeitsvoraussetzungen nach § 308 Nr. 5 BGB . . 3. Vereinbarkeit der Erklärungsfiktion mit § 307 Abs. 1 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abschnitt 2: Einwendungen und Einreden . . . . . . . . . . . . . . . . A. Unwirksamkeit des Vertrages nach § 306 Abs. 3 BGB . . . . . . . B. Kenntnis der Nichtschuld nach § 814 BGB . . . . . . . . . . . . C. Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . D. Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Verwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abschnitt 3: Zusammenfassung der Untersuchung der Rechtsfolgen der Unwirksamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.

Kapitel 4: Bewertung der Vereinbarkeit von Preisanpassungsklauseln mit § 307 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Auflösung des Konflikts zwischen § 307 Abs. 1 S. 1 und S. 2 BGB B. AGB-Kontrolle und Verbraucherschutz . . . . . . . . . . . . . . C. Beantwortung der Ausgangsfrage . . . . . . . . . . . . . . . . .

225 227 228 230 233 234 236 237 237 238 238 239 240 240 241 241 242 244 244 244 246 247 248 249 249

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253 253 256 261

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

263

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Abkürzungsverzeichnis

a. A. a. a. O. ABlEG ABlEU Abs. AcP a. F. AGB AGBG AnwBl AP Art. AVBFernwärmeV AVBGasV Az. b2b b2c BAG BaFin BB BeckRS Begr. Bekl. BGB BGB-E BGBl BGH BGHZ BKR

anderer Ansicht am angegebenen Ort Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft Amtsblatt der Europäischen Union Absatz Archiv für civilistische Praxis alte Fassung Allgemeine Geschäftsbedingungen Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Anwaltsblatt (Zeitschrift) Arbeitspreis Artikel Verordnung u¨ ber Allgemeine Bedingungen fu¨ r die Versorgung mit Fernwa¨ rme Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden Aktenzeichen business to business business to consumer Bundesarbeitsgericht Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Betriebs-Berater (Zeitschrift) Elektronische Entscheidungsdatenbank in beck-online (publizistische Verwendung Verlag C.H.Beck) Begründer Beklagter Bürgerliches Gesetzbuch Entwurf zum Bürgerlichen Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Zeitschrift für Bank und Kapitalmarktrecht

14 BT-Drucksache BTOELt BVerfG BVerfGE BVerwG bzgl. bzw. CESL ct DAR DAX DB DCFR ders. d. h. DNotZ DStR DÖV EONIA EST etc. EuGH Euribor evtl. EZB f./ff. Fn. GasGVV

GG GmbH GP GRUR Int. GVG GWB HEL HL Hrsg. i. E. IPrax IR i. H. v. i. V. m. JURA

Abkürzungsverzeichnis

Deutscher Bundestag Drucksache Bundestarifordnung Elektrizität Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverwaltungsgericht bezüglich beziehungsweise Common European Sales Law Cent Deutsches Autorecht (Zeitschrift) Deutscher Aktienindex Der Betrieb (Zeitschrift) Draft Common Frame of Reference derselbe das heißt Deutsche Notar-Zeitschrift Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Die Öffentliche Verwaltung (Zeitschrift) Euro Overnight Index Average Erdgassteuer et cetera Europäischer Gerichtshof Euro Interbank Offered Rate eventuell Europäische Zentralbank folgende Fußnote Verordnung u¨ ber Allgemeine Bedingungen fu¨ r die Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung mit Gas aus dem Niederdrucknetz (Gasgrundversorgungsverordnung) Grundgesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung Grundpreis Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Internationaler Teil (Zeitschrift) Gerichtsverfassungsgesetz Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Heizöl Extra Leicht Leichtes Heizöl Herausgeber im Ergebnis Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts (Zeitschrift) InfrastrukturRecht (Zeitschrift) in Höhe von in Verbindung mit Juristische Ausbildung (Zeitschrift)

Abkürzungsverzeichnis

JuS JZ kwh L LG lit. LMK MDR MünchKomm m. w. N. n. F. NJW NJW-RR Nr. N& R NZA NZA-RR NZM OLG ORDO PA RabelsZ RdE RG RGZ RIW Rn. RRa Rs. S. sog. StGB StromGVV

TranspR u. a. u. Ä. Urt. UWG v. VAG VersR Vgl. VHP

15

Juristische Schulung (Zeitschrift) Juristenzeitung (Zeitschrift) Kilowattstunde Lohn Landgericht litera Kommentierte BGH-Rechtsprechung Lindenmaier-Möhring Monatsschrift für Deutsches Recht (Zeitschrift) Münchener Kommentar mit weiteren Nachweisen neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift – Rechtsprechungs-Report Nummer Netzwirtschaften und Recht (Zeitschrift) Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht – Rechtsprechungs-Report Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht Oberlandesgericht Jahrbuch für die Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft Preisabschlag Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Recht der Energiewirtschaft (Zeitschrift) Reichsgericht Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Recht der internationalen Wirtschaft (Zeitschrift) Randnummer ReiseRecht aktuell (Zeitschrift) Rechtssache Seite sogenannt Strafgesetzbuch Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung mit Elektrizität aus dem Niederspannungsnetz (Stromgrundversorgungsverordnung) Transportrecht (Zeitschrift) unter anderem und Ähnliche Urteil Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom Gesetz über die Beaufsichtigung von Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz) Versicherungsrecht (Zeitschrift) Vergleiche Virtueller Handelspunkt

16 VuR VVG VW VwVfG WM WRP WTI WUW WUW/E DE-R z. B. ZBB ZEuP ZGR ZGS ZHR ZIP zit. ZMR ZNER ZPO ZVersWiss ZZP

Abkürzungsverzeichnis

Verbraucher und Recht (Zeitschrift) Gesetz über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz) Versicherungswirtschaft (Zeitschrift) Verwaltungsverfahrensgesetz Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht, Wertpapiermitteilungen Teil IV Wettbewerb in Recht und Praxis (Zeitschrift) West Texas Intermediate (Öl) Wirtschaft und Wettbewerb (Zeitschrift) Wirtschaft und Wettbewerb/ Entscheidungen Deutschland-Rechtsprechung (Zeitschrift) zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Schuldrecht Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis zitiert Zeitschrift für Miet- und Raumrecht Zeitschrift für Neues Energierecht Zivilprozessordnung Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft Zeitschrift für Zivilprozess

Vorwort

Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2017 vom Fachbereich Rechtswissenschaften der Universität Osnabrück als Dissertation angenommen. Für die Druckfassung konnten Rechtsprechung und Literatur bis einschließlich September 2017 berücksichtigt werden. Mein Dank gilt in erster Linie meinem Doktorvater Prof. Dr. Dr. h. c. (Ternopil) Fryderyk Zoll für die hilfreiche Unterstützung bei der Erstellung dieser Arbeit. Von der ersten Themenbesprechung bis zur Vollendung dieser Arbeit stand er mir jederzeit, sei es in Osnabrück oder in Krakau, mit wertvollem Rat zur Seite. Zudem möchte ich ihm an dieser Stelle einen weiteren Dank aussprechen. Seine lehrreiche und spannende Vorlesung im Rahmen der Schule des polnischen Rechts an der Universität Krakau hat mich zu diesem Projekt inspiriert. Prof. Dr. Hans Schulte-Nölke danke ich für die Übernahme der Zweitbegutachtung und für die Einladung zur Veröffentlichung in dieser Schriftenreihe. Dr. Pascal Heßler und Axel Kafka gebührt mein besonderer Dank für die Empfehlung der Thematik und die anregenden Gespräche während meiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Becker Büttner Held. In diesem Zusammenhang danke ich auch Dr. Jan Deuster für seine gewinnbringenden Ratschläge zur Bewältigung eines solchen Projekts. Bedanken möchte ich mich ferner bei Peter Junker und Klaus Zorn, die die mühevolle Arbeit des Korrekturlesens auf sich genommen haben. Der größte Dank gilt meinen Eltern und Großeltern. Sie haben mich auf meinem bisherigen Lebensweg in jeglicher Hinsicht stets unterstützt und gefördert. Ihnen widme ich diese Arbeit. Sankt Augustin, Oktober 2017

Björn Krämer

Einleitung

Seit Einführung der AGB-Kontrolle hat sich eine Entwicklung vollzogen, welche die Verwender von Preisanpassungsklauseln bei ihrer Formulierung vor erhebliche Probleme stellt. Namentlich die erste Flüssiggas-Entscheidung des VIII. Zivilsenats des BGH, die im weiteren Verlauf der Rechtsprechung konkretisiert und von anderen Zivilsenaten übernommen wurde, beinhaltete eine bedeutende Verschärfung der Anforderungen an die Klauselgestaltung.1 In der Folge der BGH-Urteile versuchten die Verwender bereits, der AGB-Kontrolle über Preisberechnungsklauseln gänzlich zu entgehen, was der VIII. Zivilsenat jedoch 2014 beendete.2 Zwei Urteile des EuGH über missbräuchliche Preisanpassungsklauseln (ebenfalls 2014) enthielten eine weitere verwenderbelastende Konkretisierung.3 Dies gibt Anlass dazu, sich tiefgreifend mit der rechtlichen Bewertung von Preisanpassungsklauseln auseinanderzusetzen und die Rechtsprechung auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundsätzen der AGB-Kontrolle und auf ihre Praktikabilität hin zu überprüfen. Nachdem in besagtem Zeitraum die Verbraucherrechte gestärkt wurden und die Möglichkeit der AGB-rechtskonformen Klauselformulierung in den Hintergrund getreten zu sein scheint, stellt sich die Frage, ob die derzeitige Linie des BGH dogmatisch tragfähig ist – oder ob eine Modifizierung der Rechtsprechung erforderlich ist. Möglicherweise ist auch der Gesetzgeber dazu angehalten, Anpassungen im Rahmen des AGB-Rechts vorzunehmen.

1 Siehe dazu BGH, NJW-RR 2005, 1717 (erste Flüssiggas-Entscheidung) sowie BGH, NJW 2007, 1055 (zweite Flüssiggas-Entscheidung). In der Folge auch der III. Zivilsenat, siehe BGH, NJWRR 2008, 134; BGH, NJW 2008, 360. Auch der Kartellsenat befindet sich auf einer Linie mit dem VIII. Zivilsenat, siehe BGH, NJW 2008, 2172. 2 BGH, NJW 2014, 2708; BGH, Urt. v. 14. 05. 2014, Az. VIII ZR 116/13, BeckRS 2014, 13807. 3 EuGH, Urt. v. 23. 10. 2014, verbundene Rs. C-359/11 und C-400/11 – Alexandra Schulz gegen Technische Werke Schussental GmbH und Co. KG sowie Josef Ebringhoff gegen Stadtwerke Ahaus GmbH, NJW 2015, 849; EuGH, Urt. v. 21. 3. 2013 – Rs. C-92/11 – RWE Vertrieb AG gegen Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e. V., NJW 2013, 2253.

20

A.

Einleitung

Problemstellung

Preisanpassungsklauseln stehen in einem Spannungsverhältnis zwischen wirtschaftlicher Erforderlichkeit und rechtlicher Zulässigkeit. Insbesondere aus dem Grundsatz pacta sunt servanda ergibt sich die Frage nach der Möglichkeit notwendiger flexibler Vertragsgestaltungen.4 Im Rahmen langfristiger Vertragsverhältnisse können die Vertragsparteien nicht davon ausgehen, dass die anfängliche Leistungsäquivalenz am Ende der Vertragslaufzeit weiterhin besteht.5 Gründe für die Notwendigkeit zur Preisanpassung können aus wirtschaftlicher Sicht beispielsweise sein6 : – allgemeine wirtschaftliche Veränderungen,7 insbesondere die inflationsbedingte Verschlechterung des Geldwerts, – die Markt- / Börsenentwicklung, – Preissteigerungen auf der vorgelagerten Wirtschaftsstufe, – Steuer- und Abgabenerhöhungen sowie anderweitige hoheitliche Belastungen (beispielsweise die Zinspolitik der EZB8), – branchenspezifische Veränderungen, z. B. Änderungen versicherungsrechtlicher Risiken, Änderungen der Refinanzierungskosten oder des Ausfallrisikos im Bankensektor. Bewirkt einer der genannten Faktoren eine Verschiebung des zu Vertragsbeginn bestehenden Wertverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung, kann der Verwender auf eine Änderung der Preise angewiesen sein. Aufgrund des dem BGB zugrunde liegenden Vertragsbindungsgrundsatzes und des daraus folgenden Prinzips der Veränderlichkeit des Vertrages lediglich im Einvernehmen der Vertragsparteien wäre nun der Verwender nach dispositivem Recht auf die Änderungskündigung verwiesen.9 Die Änderungskündigung widerstrebt je4 Horn, NJW 1985, 1118. 5 Baur, Vertragliche Anpassungsregelungen, S. 21; Säcker, in: Gedächtnisschrift für Jürgen Sonnenschein, S. 599. 6 Baur, Vertragliche Anpassungsregelungen, S. 21; Eder/vom Wege, in: Zenke/Wollschläger/ Eder, Preise und Preisgestaltung in der Energiewirtschaft, S. 99 Rn. 1; Nelle, Neuverhandlungspflichten, S. 67; Paulusch, in: Heinrichs, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55, 66f.; Schwarz, Der variable Zins, S. 25f.; Scholz, ZIP 1986, 545, 556; Wiedemann, Preisänderungsvorbehalte, S. 13, weist auf die dynamische Preisentwicklung in sämtlichen Wirtschaftsbereichen hin. Für das Versicherungsrecht siehe Wandt, in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, § 11 Rn. 1. 7 Zu beachten gilt, dass eine Bindung bloß an »allgemeine wirtschaftliche Veränderungen« nicht den Anforderungen an die erforderliche Transparenz entspricht, da sämtliche Bereiche des Wirtschaftslebens erfasst sind, siehe Baur, ZIP 1985, 905, 911. 8 Bruchner, BKR 2001, 16, 17f. 9 Paulusch, in: Heinrichs, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55, 67; Graf von Westphalen, MDR 2008, 424, 429; Bähr, Bürgerliches Recht, § 5 II 5, S. 109.

Problemstellung

21

doch dem wirtschaftlichen Interesse des Verwenders an einer einheitlichen Vertragsgestaltung, einem zeitgleichen Wirksamwerden von Preisanpassungen im Massenverkehr und an einer Rationalisierung des Verwaltungsaufwands.10 Zudem sind die Wertungen des § 314 BGB zu beachten.11 Danach muss ein wichtiger Grund zur Kündigung vorliegen, sodass in Bezug auf die Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmals Unsicherheit besteht. Auf der anderen Seite könnte die Änderungskündigung zu einer Belastung des Vertragspartners führen, da die Preisanpassung nicht mehr im Rahmen der festgelegten Klauselfaktoren vorgenommen werden muss.12 Eine weitere Belastung kann durch die Verteuerung des Produkts durch die Weitergabe von Verwaltungskosten entstehen.13 Noch gravierender als bei einer Änderungskündigung ist die Verwaltungskostenproblematik bei Preisneuverhandlungsklauseln, da Neuverhandlungen mit hohen Transaktionskosten verbunden sind.14 Darüber hinaus besteht in beiden Fällen das von den Vertragsparteien unerwünschte Risiko der Nichteinigung.15 Würde der Verwender stattdessen vollends auf eine Preisanpassung verzichten, wäre zu Vertragsbeginn ein erhöhter Preis anzusetzen, der einen Puffer für zukünftige Änderungen enthielte.16 Dieser Puffer liegt jedoch weder im Interesse des Vertragspartners noch in dem des Verwenders, denn für letzteren 10 BGH, NJW 1980, 2518, 2519; Paulusch, in: Heinrichs, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55, 67; Schöne, WM 2004, 262, 264; Schöne, in: Graf von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGBKlauselwerke, Stromlieferverträge Rn. 182; J. Becker, in: Bamberger/Roth, § 309 Nr. 1 BGB Rn. 15. Die Änderungskündigung erfordert nämlich die Auseinandersetzung mit dem Vertragspartner und dessen Mitwirkung, so Polke, Die darlehensvertragliche Umsetzung der Eigenkapitalgrundsätze nach Basel II, S. 161f. und Baur, Vertragliche Anpassungsregelungen, S. 119. Daneben ist zu beachten, dass in den Sparten der Lebens- und Krankenversicherungen die Kündigung grundsätzlich ausgeschlossen ist, siehe dazu Wandt, in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, § 11 Rn. 5; Wandt, Versicherungsrecht, S. 429 Rn. 1219 und S. 484 Rn. 1365. 11 Graf von Westphalen, MDR 2008, 424, 429. 12 Steindorff, ZHR 148 (1984), 271, 275; Baur, Vertragliche Anpassungsregelungen, S. 109f. 13 Schöne, WM 2004, 262, 264; Couf/l, in: Schöne, Vertragshandbuch Stromwirtschaft, Kapitel 4.B Rn. 101. 14 Polke, Die darlehensvertragliche Umsetzung der Eigenkapitalgrundsätze nach Basel II, S. 162. Nach der Ansicht, die eine Einigungspflicht vertritt, käme noch die Problematik des Prozesskostenrisikos zur Durchsetzung der Preisanpassung hinzu. 15 Köndgen/König, ZIP 1984, 129, 132; Kronke, AcP 183 (1983), 113, 120. Zum Gleichlauf siehe Baur, Vertragliche Anpassungsregelungen, S. 119. Im Versicherungsrecht ergibt sich daraus der weitere mögliche Nachteil einer kurzzeitigen Versicherungslosigkeit bei Nichteinigung, so Wandt, in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, § 11 Rn. 3; Wandt, VersR 2000, 129, 136. Dieser Ausschluss ist zugleich Voraussetzung für das gesetzliche Prämienanpassungsrecht nach § 203 Abs. 2 VVG, siehe Wandt, in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, § 11 Rn. 32. 16 BGH, NJW-RR 2010, 1205, 1209; BGH, NJW 2010, 2789, 2791f.; BGH, NJW 2008, 360, 361; BGH, NJW 2008, 2172, 2173; BGH, NJW 2007, 1054, 1055; BGH, NJW-RR 2005, 1717; BGH, NJW 1990, 115, 116.

22

Einleitung

könnte er seine Stellung auf dem Wettbewerbsmarkt verschlechtern.17 Verzichtet der Verwender hingegen mit Blick auf den Wettbewerbsmarkt auf einen Risikozuschlag, liefe dies auf die Gefahr einer bewusst defizitären Vertragsregelung hinaus, um Marktanteile zu gewinnen.18 Eine fehlende Berechtigung zu Preisanpassungsklauseln käme somit den Marktführern zugute, die über einen entsprechenden Goodwill verfügen. Eine weitere Alternative zu Risikoaufschlägen und Preisanpassungsklauseln wäre der Verzicht auf dauerhafte Vertragsbeziehungen, sodass nur noch Verträge mit kurzen Vertragslaufzeiten abgeschlossen würden.19 Erfordert eine Vertragsart ihren Umständen nach einen erhöhten Bestandsschutz, ist eine kurze Vertragslaufzeit jedoch keine zumutbare Alternative.20 Beispielsweise hätte eine Darlehenslaufzeit, die eine tatsächliche Refinanzierung durch den Ausgangszins gewährleistet, zur Folge, dass nur noch Teilabschnitte eines Bauvorhabens von dem Kredit gedeckt wären, sodass für den Vertragspartner das Problem der Folgefinanzierung aufkäme.21 Auf Verwenderseite würde aus der Kurzfristigkeit ein Verlust an Planungssicherheit aufgrund potentiellen Kundenverlusts folgen. Ein Übergang zu kurzfristigen Darlehen ginge nach Sanio zudem mit »unabsehbarer Wirkung für die Stabilität des Finanzplatzes Deutschland und verheerenden Folgen für den deutschen Mittelstand, der auf langfristige Finanzierung als Eigenkapitalersatz angewiesen ist,«22 einher. Folglich bedingen die Umstände des Wirtschaftsverkehrs und die Interessen des Vertragspartners eine Abweichung vom dispositiven Recht durch die Vereinbarung einer Preisanpassungsklausel.23 Dieser Gedanke entspricht auch der allgemeinen Anerkennung von AGB in Gesetzgebung und Rechtsprechung, die auf einem positiv eingeschätzten Rationalisierungseffekt im Wirtschaftsverkehr basiert.24 17 Eder/vom Wege, in: Zenke/Wollschläger/Eder, Preise und Preisgestaltung in der Energiewirtschaft, S. 109 Rn. 37. 18 Bereits das Reichsgericht führte 1922 gegen eine Festpreisregelung in einem einmaligen Werkvertrag aus, dass diese in den damaligen wirtschaftlichen Verhältnissen unvereinbar mit einer soliden Geschäftsführung sei, siehe RGZ 103, 414, 416. Trotz der wirtschaftlichen Veränderungen kann heute noch auf diese Aussage verwiesen werden. 19 Steindorff, ZHR 148 (1984), 271, 274f. 20 Steindorff, ZHR 148 (1984), 271, 275. 21 Hey, ZBB 2004, 219, 221f. 22 Sanio, in: Hadding/Hopt/Schimansky, Schriftenreihe der Bankrechtlichen Vereinigung, Band 22, Basel II: Folgen für die Kreditinstitute und ihre Kunden. Bankgeheimnis und Bekämpfung von Geldwäsche, Bankrechtstag 2003, 3, 10. 23 Paulusch, in: Heinrichs, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55, 67f.; Gloy, GRUR 1978, 325; Baur, Vertragliche Anpassungsregelungen, S. 88. 24 Bunte, NJW 1987, 921, 924; Köndgen, NJW 1989, 943, 947; Schmidt, NJW 1987, 929, 931; Koch, BB 2010, 1810; Joppich, Die Kodifikation des Transparenzgebots in § 307 BGB, S. 35 und S. 106.

Problemstellung

23

Diesem wirtschaftlichen Nutzen steht die rechtliche Bewertung gegenüber : Der Vertragspartner soll nicht der Gefahr einer missbräuchlichen nachträglichen Erhöhung der Preise ausgesetzt werden, sodass eine Kontrolle von Preisanpassungsklauseln notwendig erscheint. Diesbezüglich lassen sich vier zentrale rechtliche Problemstellungen ausmachen, die in Rechtsprechung und Literatur diskutiert werden: (1) Verwender von Preisanpassungsklauseln müssen diese gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB transparent ausgestalten und (2) nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB das Gebot von Treu und Glauben beachten. Werden die vorgenannten Wirksamkeitsvoraussetzungen nicht eingehalten, ist streitig, (3) ob dieser Mangel durch ein Vertragslösungsrecht kompensiert werden kann oder ob dieses eine Angemessenheitsvoraussetzung des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB darstellt. Schließlich (4) ist die Frage der Rechtsfolge der Unwirksamkeit einer Preisanpassungsklausel zu klären. Bei der rechtlichen Beurteilung von Preisanpassungsklauseln vertritt die Rechtsprechung eine harte Linie, sodass im Verhältnis business to consumer (im Folgenden: b2c-Verkehr) Preisanpassungsklauseln kaum den aufgestellten Anforderungen entsprechen können. So wurden in der b2c-Rechtsprechung Preisanpassungsklauseln konstant wegen ihrer Unangemessenheit gemäß § 307 Abs. 1 BGB verworfen.25 Folge dieser Rechtsprechung ist, dass die Verwendbarkeit von Preisanpassungsklauseln in der Literatur teilweise grundsätzlich in Frage gestellt wird.26 Eine wirksame Klausel zu finden, käme der »Quadratur des Kreises« gleich.27 Folglich gilt es, die vier Problemkreise der AGB-Kontrolle von 25 Zu Energielieferverträgen (VIII. Zivilsenat) siehe BGH, NJW 2013, 3647; BGH, NJW 2011, 1342; BGH, NJW 2011, 50; BGH, NJW 2010, 2789; BGH, NJW 2010, 2793; BGH, NJW-RR 2010, 1202; BGH, NJW 2009, 2662; BGH, NJW 2009, 2667; BGH, NJW 2007, 1054; BGH, NJWRR 2005, 1717. Zu Pay-TV- und Telekommunikationsverträgen (III. Zivilsenat) siehe BGH, NJW 2008, 360; BGH, NJW-RR 2008, 134. Zu Zinsanpassungsklauseln (XI. Zivilsenat) siehe BGH, WM 2011, 306; BGH, NJW 2009, 2051; BGH, NJW 2008, 3422. In der Literatur siehe Graf von Westphalen, BB 2014, 1731, 1734; Hansche/Tomala, in: Stuhlmacher/Stappert/ Schoon/Jansen, Grundriss zum Energierecht, Kap. 11.E Rn. 19. 26 Graf von Westphalen, MDR 2008, 424; Graf von Westphalen, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 707, 708; Graf von Westphalen, NJW 2006, 2228, 2230, bzgl. der Unmöglichkeit der transparenten Formulierung. Finke, IR 2007, 125, 126, spricht von »praktisch nicht erfüllbaren Voraussetzungen des BGH.« Auch Baur, Vertragliche Anpassungsregelungen, S. 103 spricht das Problem an, dass Preisanpassungsklauseln kaum den hohen Anforderungen aus der Rechtsprechung entsprechen können. Löwe, BB 1982, 152, 157 war bereits im Rahmen der früheren Tagespreisklauseln skeptisch hinsichtlich der Vereinbarkeit der Formulierung von Preisänderungsvorbehaltsklauseln und den Anforderungen aus dem AGBG. 27 Höch/Kalwa, in: Graf von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Gaslieferverträge Rn. 73. Für Preisänderungsvorbehalte: Schöne, in: Graf von Westphalen/ Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Stromlieferverträge Rn. 196; Schöne, WM 2004, 262, 266. Die Frage der Erfüllbarkeit der Anforderungen der Rechtsprechung stellt auch Thomas, AcP 209 (2009), 84, 128. Das Problem ebenfalls ansprechend, aber im Ergebnis verneinend Joppich, Die Kodifikation des Transparenzgebots in § 307 BGB, S. 98.

24

Einleitung

Preisanpassungsklauseln zu analysieren. Denn nur deren Aufschlüsselung kann zu einer harmonischen Anwendung und gegebenenfalls Fortentwicklung der AGB-Kontrolle führen, sodass das in der Literatur bereits gefällte »Todesurteil« abgewendet werden kann. Neben dem wirtschaftlichen Nutzen und den allgemein-rechtlichen Anforderungen sind wettbewerbliche Erwägungen zu beachten: Einerseits können Wettbewerbsinteressen eine Verkürzung der Vertragslaufzeiten erfordern,28 andererseits könnte der Wettbewerbsgedanke im Rahmen der Wirksamkeitsbeurteilung eine Rolle spielen.29 Eine Preisanpassungsklausel könnte möglicherweise bei funktionierendem Preiswettbewerb stets wirksam sein, sofern der Vertragspartner eine tatsächliche Möglichkeit zum Anbieterwechsel hätte.30

B.

Themeneingrenzung

I.

Begrenzung auf Dauerschuldverhältnisse und Sukzessivlieferverträge

Diese Untersuchung beschäftigt sich mit Preisanpassungsklauseln in Dauerschuldverhältnissen, sofern diese langfristig angelegt sind.31 Dies sind Vertragsbeziehungen, die eine wiederkehrende Leistung durch den Verwender zum Inhalt haben, sodass innerhalb der Vertragslaufzeit ständig neue Leistungspflichten entstehen.32 Eine Erfüllungshandlung führt damit nicht zum Erlöschen des Schuldverhältnisses nach § 362 Abs. 1 BGB.33 Die Beendigung erfolgt stattdessen durch Zeitablauf.34 Das Dauerschuldverhältnis unterscheidet sich von einmaligen Austauschverhältnissen somit durch seine zeitliche Dimension und seine ständige Pflichtenanspannung.35 Aufgrund ihres Charakters als Unterfall der Dauerschuldverhältnisse sind darüber hinaus Sukzessivlieferverträge erfasst.36 Sie charakterisiert, dass über einen längeren Zeitraum hinweg Einzel28 29 30 31 32 33 34 35 36

Steindorff, ZHR 148 (1984), 271, 272. Steindorff, ZHR 148 (1984), 271, 274. Steindorff, ZHR 148 (1984), 271, 274. Dauerschuldverhältnisse über z. B. eine Woche wären als kurzfristig einzustufen, siehe Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 14. J. Becker, in: Bamberger/Roth, § 309 Nr. 1 BGB Rn. 13; Grüneberg, in: Palandt, § 314 Rn. 2; Horn, in: Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Band 1, 551, 561; von Gierke, JherJb 64 (1914), 355, 359. Horn, in: Bundesminister der Justiz, Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Band 1, 551, 561; von Gierke, JherJb 64 (1914), 355, 359. von Gierke, JherJb 64 (1914), 355, 359. Grüneberg, in: Palandt, § 314 Rn. 2; Esser/Schmidt, Schuldrecht, Band 1, S. 256; Horn, in: Bundesminister der Justiz, Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Band 1, 551, 561. Zum Charakter des wichtigsten Unterfalls der Dauerschuldverhältnisse siehe Horn, in:

Themeneingrenzung

25

leistungen erbracht werden, deren maximale Anzahl nicht schon bei Vertragsschluss festgelegt wurde.37 Rechtliche Verankerung findet die unterschiedliche Behandlung von Dauerschuldverhältnissen und Verträgen über Einmalleistungen in § 309 Nr. 1 BGB. § 309 Nr. 1 Hs. 1 BGB verbietet Klauseln, die eine Erhöhung des Entgelts für Waren oder Leistungen vorsehen, die innerhalb von vier Monaten nach Vertragsschluss geliefert oder erbracht werden sollen. Von diesem Grundsatz macht § 309 Nr. 1 Hs. 2 BGB eine Ausnahme für Waren oder Leistungen, die im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen geliefert oder erbracht werden. Dieser Regelung liegt die Wertung zugrunde, dass der Vertragspartner aufgrund der Überschaubarkeit des Zeitraums zwischen Vertragsschluss und Erfüllung davon ausgehen kann, dass der Anbieter vorhersehbare Kostenveränderungen in seine Kalkulation einbezogen hat.38 In langfristigen Dauerschuldverhältnissen fehlt hingegen eine entsprechende berechtigte Erwartungshaltung. Stattdessen wird eine Preisanpassungsklausel in diesem Bereich als nicht überraschend angesehen.39 Denn Dauerschuldverhältnisse sowie Sukzessivlieferverträge können aufgrund ihres langfristigen Charakters empfindlich gegenüber Veränderungen im vertraglichen Umfeld sein, z. B. in Bezug auf potentielle Steigerungen der Bezugskosten oder sonstige Fixkosten wie Steuern, Importabgaben usw. des Verwenders.40 Durch diese Risiken besteht in sämtlichen langfristigen Verträgen ein Bedürfnis nach Preisanpassungsklauseln mit dem Problem ihrer Wirksamkeit.41 Eine Differenzierung zwischen den Vertragsarten erfolgt erst dahingehend, dass die allgemeinen Anforderungen an Preisanpassungsklauseln interessengerecht an die Eigenart der verwendeten Vertragstypen und die wirtschaftlichen Gegebenheiten angepasst werden müssen.42

37 38 39

40 41

42

Bundesminister der Justiz, Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Band 1, 551, 561. J. Becker, in Bamberger/Roth, § 309 Nr. 1 BGB Rn. 13; Horn, in: Bundesminister der Justiz, Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Band 1, 551, 561. Graf von Westphalen, in: Graf von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Preisanpassungsklauseln Rn. 8. J. Becker, in: Bamberger/Roth, § 309 Nr. 1 BGB Rn. 15. Zur fehlenden Einschlägigkeit von § 305c BGB siehe Lettl, JuS 2001, 559, 561; Beckmann, Die Zulässigkeit von Preis- und Prämienanpassungsklauseln nach dem AGB-Gesetz, S. 24. Für Prämienanpassungsklauseln siehe Beckmann, in: Bruck/Möller, Versicherungsvertragsgesetz, Band 2, § 40 Rn. 30. Paulusch, in: Heinrichs, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55, 66f.; Köndgen/König, ZIP 1984, 129, 132; Büdenbender, NJW 2007, 2945, 2946; Büdenbender, NJW 2013, 3601. Köndgen/König, ZIP 1984, 129, 132. Schöne spricht in ZIP 2007, 918 vom Energieliefervertrag als Paradebeispiel für vertragliche Preisanpassungsklausel. Im Hinblick auf die zahlreiche Rechtsprechung, die vornehmlich zu Energielieferverträgen ergangen ist, liegt diese Einschätzung durchaus nahe. Dennoch ist insbesondere die Zinsanpassungsrechtsprechung nicht außer Acht zu lassen, sodass hier sämtliche Preisanpassungsklauseln betrachtet werden. Steindorff, ZHR 148 (1984), 271, 275; Köndgen/König, ZIP 1984, 129, 137.

26 II.

Einleitung

Begrenzung auf Sonderverträge

Die vorliegende Untersuchung ist begrenzt auf Verbraucherverträge im privatautonomen Bereich, sodass dem Kontrahierungszwang unterliegende Verträge ausgeschlossen sind. Im Rahmen von Kontrahierungszwängen sind Preisanpassungen über die Regelungen in den Versorgungsverordnungen bereits gesetzlich normiert.43 Folglich bezieht sich diese Arbeit, sofern Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen betroffen sind, nur auf deren Sonderverträge. Dies sind etwa in der Energieversorgung solche Vertragsverhältnisse, in denen die Kunden im Vergleich zur Grundversorgung zu günstigeren oder anderen Bedingungen/Preisen beliefert werden.44 Dabei kann es sich um einen anderen Anbieter als den regionalen Grundversorger oder um eine andere Produktart handeln, wenn z. B. der Kunde lediglich »Ökostrom« beziehen möchte.45

C.

Gang der Untersuchung

In Kapitel 1 werden die Grundlagen zur Analyse von Preisanpassungsklauseln behandelt. Abschnitt 1 stellt die verschiedenen Klauselarten vor; im anschließenden Abschnitt werden die Grundpfeiler der AGB-Kontrolle erläutert. Darunter fällt die Diskussion über den Schutzzweck der AGB-Kontrolle sowie die Erläuterung der Differenzierung von Preishaupt- und Preisnebenabrede innerhalb der Kontrollschranke des § 307 Abs. 3 BGB. Kapitel 2 enthält den Kernbereich der Untersuchung mit der Analyse von Rechtsprechung und Literatur zur Kontrolle von Preisanpassungsklauseln nach § 307 Abs. 1 BGB. Im Anschluss an diese Analyse wird in Kapitel 3 die Rechtsfolge der Unwirksamkeit diskutiert. Abschließend enthält Kapitel 4 eine Bewertung der vorhergehenden Untersuchung einschließlich Anregungen zu einer besseren Vereinbarkeit von Preisanpassungsklauseln mit § 307 Abs. 1 S. 1 und S. 2 BGB.

43 Siehe dazu § 5 StromGVV/GasGVV; § 24 AVBFernwärmeV. 44 Rott, VuR 2006, 1; Grün/Ostendorf, BB 2014, 259, 262. Das Sondervertragsverhältnis ist nicht im EnWG definiert. Es wird lediglich negativ in Abgrenzung zum Grundversorgungskunden gemäß § 36 Abs. 2 EnWG beschrieben, siehe dazu Schöne, in: Graf von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Stromlieferverträge Rn. 35; Theobald/Theobald, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, S. 137. 45 Rott, VuR 2006, 1; Hansche/Tomala, in: Stuhlmacher/Stappert/Schoon/Jansen, Grundriss zum Energierecht, Kap. 10.A Rn. 7, 10.

Kapitel 1: Grundlagen

Abschnitt 1: Vorstellung der Klauselarten und Erstellung eines Preisklauselschemas A.

Vorstellung der Klauselarten

I.

Oberbegriff Preisklausel

Die Anpassung von Preisen kann auf verschiedene Art und Weise erfolgen. Um diese verschiedenen Arten der Anpassung von Preisen unter einen Oberbegriff zusammenzufassen, ist der Begriff Vertragsanpassung zu weitreichend.46 Er umfasst die gesamte Spannbreite an Vertragsklauseln und beschränkt sich nicht auf Klauseln, die einen Bezug zu Preisen haben.47 Lediglich auf Preise bezieht sich der Begriff Preisrecht.48 Doch ist auch er zu weit gefasst, denn darunter können alle Regelungen subsumiert werden, die die Geldschuld des synallagmatischen Austauschverhältnisses berühren.49 Darunter fallen zum Beispiel Vereinbarungen über Leistungszeit, -ort und -art sowie über die Währung. Der Wortlaut des Begriffs Preisanpassungsklausel erscheint hingegen zu begrenzt50 – auf den ersten Blick lässt sich aus ihm nämlich nicht schließen, dass hier auch Regelungen über Zinsen aus Bankgeschäften oder Mietzinsen sowie Prämien aus Versicherungsverträgen erfasst sind.51 Weiterhin würde eine Preisanpassung voraussetzen, dass der Preis zur Zeit des Vertragsschlusses als verbindlich festgelegt wurde. Je nach Klauselausgestaltung ist dies jedoch nicht immer der Fall. In Anlehnung an das Preisklauselgesetz sollte der Oberbegriff der Preis46 47 48 49 50 51

Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 14. Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 14. Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 14. Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 14. Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 14. Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 14.

28

Grundlagen

klausel verwendet werden.52 Gemäß § 1 Abs. 1 PrKG darf der Betrag von Geldschulden nicht unmittelbar und selbsttätig durch den Preis oder Wert von anderen Gütern oder Leistungen bestimmt werden, die mit den vereinbarten Gütern oder Leistungen nicht vergleichbar sind. Vor dem Hintergrund dieses Tatbestandes sind die Begriffe Betrag, Geldschuld und Wert entscheidend. Durch sie wird im Rahmen von Preisklauseln gerade nicht lediglich auf Preise abgestellt53 – beispielsweise sind auch Prämien eine Geldschuld.54 Ebenso bildet der Darlehenszins die geldwerte Gegenleistung für die Überlassung von Kapital.55 Somit kann mit der Einheit der Rechtsordnung trotz aller Ungenauigkeit vom Oberbegriff der Preisklausel gesprochen werden. Diese Preisklauseln können in vielfältiger Weise in AGB vereinbart werden. Sie können einen Preis festlegen, einen Preisvorbehalt einführen oder dem Verwender die Möglichkeit zur Preisanpassung einräumen.56

II.

Indexbasierte Preisberechnungsklausel

Die Preisberechnungsklausel erfüllt juristisch eine Zwitterfunktion. Ihr Vorliegen ist von zwei Voraussetzungen abhängig:57 Erstens darf kein von dieser Klausel unabhängiger Ausgangspreis zu ermitteln sein,58 und zweitens muss die Klausel eine zumindest partielle Regelung des Preises enthalten.59 Die partielle Regelung des Preises erfolgt durch die an einen Index gebundene mathematische Formel.60 Der Preis errechnet sich dann beim Leistungsaustausch direkt aus der Anwendung dieser Indexklausel.61 Eine derartige Klausel erfüllt zugleich zwei Funktionen:62 In erster Funktion errechnet sich der Ausgangspreis originär durch die Preisberechnungsklausel; zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gilt also kein festgelegter Preis, die konkrete Bezifferung erfolgt erst mit Beginn der

52 Diesen Begriff verwendet auch Lübke-Detring, Preisklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 20. Kritisch hingegen Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 14. 53 Siehe zum Tatbestandsmerkmal der Geldschuld Toussaint, in: jurisPK-BGB, Band 2.1, § 1 PrKG Rn. 19ff. 54 Deutsch/Iversen, Versicherungsvertragsrecht, S. 132 Rn. 198. 55 Kindler, Gesetzliche Zinsansprüche im Zivil- und Handelsrecht, S. 4. 56 Siehe dazu Wichmann, ZIP 1983, 393, 403, der in dem Begriff der Preisklausel die Funktionen der Preisberechnung und der Anpassung vereint sieht. 57 Dammann, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 309 Nr. 1 Rn. 15. 58 Dammann, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 309 Nr. 1 Rn. 15. 59 Dammann, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 309 Nr. 1 Rn. 15. 60 Lübke-Detring, Preisklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 21. 61 Lübke-Detring, Preisklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 21. 62 BGH, WM 2015, 299, 301; BGH, NJW 2014, 3508, 3509f.; BGH, NJW 2014, 2708, 2710; BGH, Urt. v. 14. 05. 2014, Az. VIII ZR 116/13, BeckRS 2014, 13807 Rn. 21.

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Vertragslaufzeit.63 Für jede weitere Preisberechnung während der Vertragslaufzeit greift die zweite Funktion ein: die Preisanpassung.64 An diesen Punkt knüpfen sich allerdings zwei Fragen an: Ist eine Trennung zwischen den Funktionen überhaupt möglich? Oder muss die Preisberechnungsklausel in ihrer Gesamtheit entweder als Preisnebenabrede oder Preishauptabrede beurteilt werden?65 III.

Preisanpassungsklauseln

Preisanpassungsklauseln sind vertragliche Regelungen, die die monetäre Gegenleistung während der Laufzeit eines Vertragsverhältnisses variabel gestalten und die Änderungsvoraussetzungen bestimmen.66 Damit gewährt eine solche Klausel ihrer Funktion nach einen unmittelbaren Anspruch auf Zahlung des neu festgelegten Preises.67 Im Rahmen der Vertragsfreiheit können die Voraussetzungen für eine Preisanpassung den Parteiinteressen angepasst werden, sodass diverse Ausgestaltungen möglich sind.68 In der Literatur finden sich unterschiedliche Kategorisierungen von bzw. Bezeichnungen für Preisanpassungsklauseln, die teilweise auch synonym verwendet werden.69 Überwiegend wird jedoch zwischen Preisanpassungsklauseln mit und solchen ohne Anpassungsautomatik unterschieden.70 Ist die Automatik

63 BGH, WM 2015, 299, 301; BGH, NJW 2014, 3508, 3509f.; BGH, NJW 2014, 2708, 2710; BGH, Urt. v. 14. 05. 2014, Az. VIII ZR 116/13, BeckRS 2014, 13807 Rn. 21. 64 BGH, WM 2015, 299, 301; BGH, NJW 2014, 3508, 3510; BGH, NJW 2014, 2708, 2710; BGH, Urt. v. 14. 05. 2014, Az. VIII ZR 116/13, BeckRS 2014, 13807 Rn. 21f. 65 Siehe dazu unten S. 67ff. 66 Finke, IR 2007, 125. 67 Harms, DB 1983, 322, 324. 68 Steindorff, BB 1983, 1127, 1129. 69 Schöne differenziert zwischen einfachen und qualifizierten Preisänderungsklauseln, Schöne, in: Graf von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Stromlieferverträge Rn. 195ff.; Schöne, WM 2004, 262, 264ff.; Hilber unterscheidet in BB 2011, 2691, 2695 zwischen Preisänderungsrechten und selbsttätigen Preisanpassungsklauseln. Andere sprechen in ähnlicher Weise von einer einseitigen Preisänderungsberechtigung/Leistungsbestimmung und automatischen Preisgleitklauseln, siehe Heßler/Specht, ZNER 2010, 219, 220; Feißel/Gorn, BB 2009, 1138, 1142; Horn, NJW 1985, 1118, 1119. Graf von Westphalen trennte in ZIP 2008, 669 beispielsweise lediglich zwischen Preisvorbehalts- und Kostenelementeklauseln. In BB 2014, 1731, 1734, spricht Graf von Westphalen hingegen von einseitigen Änderungsvorbehalten. 70 Baur, Vertragliche Anpassungsregelungen, S. 46f.; Höch/Kalwa, in: Graf von Westphalen/ Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Gaslieferverträge Rn. 68; Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 44; Kunth/Tüngler, RdE 2006, 257, 259; Lübke-Detring, Preisklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 21ff.; Thomas, AcP 209 (2009), 84, 88.

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Grundlagen

fortlaufend ausgestaltet, handelt es sich um sog. Gleitklauseln.71 Im Folgenden werden die verschiedenen Klauselgestaltungen näher vorgestellt und erläutert. 1. Automatik- / Preisgleitklauseln Automatikklauseln enthalten einen Anpassungsmechanismus, der die tatsächliche Preisanpassungsberechnung von jeglichem Ermessen des Verwenders befreit.72 Die Anpassungsvoraussetzungen werden dabei vollständig in der Vertragsklausel festgelegt.73 Vollständig bedeutet hier eine hinreichende Bestimmung des Tatbestands und der Rechtsfolgen.74 Durch diese endgültige Festlegung in der Vertragsgestaltung wird der Preis ohne erneute Willensbetätigung der Vertragsparteien an die veränderten Umstände angepasst.75 In der Regel geschieht dies über eine mathematische Formel, die zu einem eindeutigen rechnerischen Ergebnis führt.76 Nachteil dieser Eindeutigkeit ist die fehlende Flexibilität, um auf spätere Entwicklungen reagieren zu können.77 a) Einfache Preisgleitklausel Eine automatische Preisanpassung kann über einen einfachen Anpassungsmechanismus erfolgen, der eine Verknüpfung mit einem externen Parameter herstellt.78 Eine Klausel etwa, die eine jährliche zweiprozentige Preissteigerung festlegt79, enthält nach obiger Definition die vollständige Darstellung der Einflussfaktoren. Der Änderungsfaktor wäre hier der Ablauf des Vertragsjahres. 71 Kunth, BB 1978, 178, 179. Zum Teil findet sich hingegen die Differenzierung zwischen Zinsgleitklauseln und Zinsanpassungsklauseln, so u. a. bei Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 215f.; Bruchner, BKR 2001, 16, 17. 72 Hilber, BB 2011, 2691, 2695; Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 215; Habersack, WM 2001, 753, 754; Peterek, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1183 Rn. 8.109; Bruchner/ Krepold, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band 1, § 78 Rn. 68; Steenbuck, MDR 2009, 122, der die Gleitklausel als rechtsfeststellende Handlung im Vergleich zur rechtsgestaltenden Preisänderungsvorbehaltsklausel abgrenzt; Schebesta, BKR 2005, 217. 73 Horn, NJW 1985, 1118, 1119; Lübke-Detring, Preisklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 21; Thomas, AcP 209 (2009), 84, 88. 74 De Wyl/Soetebeer, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, 4. Auflage, § 11 Rn. 296; Lübke-Detring, Preisklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 21; Habersack, WM 2001, 753, 754. 75 De Wyl/Soetebeer, in: Schneider /Theobald, Recht der Energiewirtschaft, 4. Auflage, § 11 Rn. 295; Lübke-Detring, Preisklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 21; Rösler/ Lang, ZIP 2006, 214, 215; Langenbucher, BKR 2005, 134, 135; Schmidt-Räntsch, NJW 1998, 3166, 3167; Peterek, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1183, Rn. 8.109; Heßler/Specht, ZNER 2010, 219, 220; Graf von Westphalen, ZIP 2008, 669, 670. 76 Hilber, BB 2011, 2691, 2695; Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 215; Graf von Westphalen, ZIP 2008, 669, 670. 77 Horn, NJW 1985, 1118, 1120. 78 Langenbucher, BKR 2005, 134, 135. 79 Hilber, BB 2011, 2691, 2695.

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Darüber hinaus führen Ausgangspreis und Zwei-Prozent-Regelung zu einem eindeutigen rechnerischen Ergebnis. Ebenso kann eine Zinsgleitklausel nach dem folgenden Schema als einfache Preisgleitklauseln angesehen werden: »Der Zinssatz beträgt … Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank, z. Zt. also … % jährlich.«80 Ändert sich der vom Verwender in der Klausel als Anpassungsmaßstab bezeichnete Referenzzins, wird der Zinssatz automatisch ohne weiteren Ermessensspielraum seitens der Bank sowie ohne erneute Willensbildung angepasst.81 Ebenfalls eine Gleitklausel stellt eine bonitätsabhängige Zinsänderungsklausel dar, wenn sie eine Bonitätsveränderung (Downrating oder Uprating) von der Bewertung einer in der Klausel konkret festgelegten Ratingagentur abhängig macht.82 b) Qualifizierte Preisgleitklausel Neben den einfach ausgestalteten Preisgleitklauseln, die sich, wie oben dargestellt, beispielsweise lediglich auf einen Prozentsatz und den Jahresablauf beziehen und somit eine einfache mathematische Formel darstellen, besteht auch die Möglichkeit, komplexe Formeln zu verwenden. Diese komplexen Preisgleitklauseln erfordern eine erhöhte Aufmerksamkeit in Bezug auf ihre Transparenz. Im Folgenden werden verschiedene Ausformungen der qualifizierten Preisgleitklauseln vorgestellt. aa) Echte Kostenelementeklausel Im Rahmen von Kostenelementeklauseln wird der geschuldete Betrag insoweit von der Entwicklung der Preise oder Werte für Güter oder Leistungen abhängig gemacht, als diese die Selbstkosten des Gläubigers bei der Erbringung der Gegenleistung unmittelbar beeinflussen (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 1 PrKG). Der bloße Hinweis, dass sich der Preis bei einer Veränderung der Selbstkosten ändern kann, genügt nicht.83 Dieser Hinweis könnte mittels der verbraucherfeindlichsten Auslegung als Ermessen des Anbieters und somit als Preisänderungsvorbehaltsklausel verstanden werden.84 § 1 Abs. 2 Nr. 3 PrKG verlangt jedoch, dass in der Kostenelementeklausel jegliches Ermessen durch die Kopplung an die Herstellungskosten ausgeschlossen wird (»unmittelbar beeinflusst«).85 Zu beachten ist weiterhin, dass es sich bei den Referenzwerten im Rahmen von

80 81 82 83 84 85

Zitiert nach Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 215 sowie Schebesta, BKR 2005, 217, 218. Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 215; Bruchner, BKR 2001, 16, 17. Wand, WM 2005, 1969, 1970. Thomas, AcP 209 (2009), 84, 89. Thomas, AcP 209 (2009), 84, 89. Thomas, AcP 209 (2009), 84, 89.

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Grundlagen

Kostenelementeklauseln um preisbildende Kostenfaktoren handeln muss.86 Die Klausel kann somit lediglich aus Bestandteilen des Warenkorbs des Verwenders gestaltet werden.87 In der Regel sind in diesem Warenkorb die Arbeitskräfte und die Materialien für das Vertragsgut enthalten.88 Die Preisentwicklung dieser Kostenfaktoren kann dann an Indizes gebunden werden.89 Die Grundformel der Kostenelementeklausel lautet90 : P1 = P0 x (a +b x M1/M0 + c x L1/L0) Zeichenerläuterung:91 P1 = errechneter (korrigierter) Vertragspreis P0 = Ausgangspreis der Hauptleistung a = Fixkostenanteil b, c = Gewichtungsfaktoren der Kostenelemente M1 = Materialkosten zum Anpassungszeitpunkt M0 = Materialkosten bei Vertragsschluss oder des Vorjahres L1 = Lohnkosten zum Anpassungszeitpunkt L0 = Lohnkosten bei Vertragsschluss oder des Vorjahres Die Berechnung M1/M0 sowie L1/L0 zeigt die Entwicklung des Kostenelements im Vergleich zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses oder des letzten Anpassungsintervalls an. Die jeweilige Material- und Lohnkostensteigerung wird durch b und c prozentual gewichtet.92 In der Praxis der Gaswirtschaft z. B. kann derzeit eine Berechnung der Materialkosten mit dem Faktor 0,2 und der Lohnkosten mit dem Faktor 0,4 gefunden werden.93 Der Faktor a wird hingegen 86 Wolf, ZIP 1981, 235, 241; Toussaint, in: jurisPK-BGB, Band 2.1, § 1 PrKG Rn. 44; de Wal, Preis- und Preisänderungskontrolle in Energielieferungsverträgen, S. 29. 87 Ob eine Begrenzung auf einzelne Elemente vorgenommen werden kann, ist eine Frage der Anforderungen aus § 307 Abs. 1 BGB und wird in Kapitel 2 auf S. 126ff. (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) und S. 170ff. (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB) besprochen. 88 Wichmann, ZIP 1983, 393, 403. 89 Grün/Ostendorf, BB 2014, 259. 90 Da der Inhalt des »Warenkorbs« sowohl unternehmensabhängig als auch branchenabhängig ist, gibt es nicht nur eine Art von Kostenelementeklauseln, sondern eine Vielzahl von Ausgestaltungen. Die angegebene Grundformel ist damit den konkreten Verhältnissen anzupassen. 91 Baur, Vertragliche Anpassungsregelungen, S. 34; Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 18; Lübke-Detring, Preisklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 22; Finger, DB 1970, 1865, 1866. 92 Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 19; Lübke-Detring, Preisklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 22. 93 Dabei gilt, dass der Faktor für die Entwicklung der Lohnkosten stets doppelt so hoch wie der Faktor der Materialkosten angesetzt wird.

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als Fixkostenanteil nicht mit einem Vergleichswert multipliziert.94 Da die Summe von a, b und c immer 1 ergibt,95 ist dieser folglich mit 0,4 anzusetzen. Die mathematische Berechnung erfordert eine korrekte Bestimmung der Kostenelemente.96 Daher können auch mehrere Materialposten und Vorprodukte mit ihren Basis- und Folgewerten in die Formel einbezogen werden.97 Zudem kann durch eine Vielzahl variabler Werte die Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung höchstmöglich gesichert werden.98 Zu beachten ist dabei allerdings, dass das Verhältnis von b und c nicht gestört werden darf.99 Das Verhältnis b : c von 1 : 2 muss gewahrt bleiben, um die Proportion zwischen Lohn- und Materialkosten nicht zu verfälschen.100 Darüber hinaus müssen die Auswirkungen der Veränderung der prozentualen Anteile a, b und c auf die Veränderlichkeit des Endpreises beachtet werden.101 Höhere Werte von b und c bewirken eine größere Veränderlichkeit des Endpreises.102 Folglich muss der Verwender beachten, dass mit höheren Werten eine größere Preisspanne im positiven wie auch im negativen Sinne verbunden ist.103 Der Endpreis wird damit wesentlich anfälliger gegenüber Schwankungen von Material- und Lohnkosten.104 Dem kann der Verwender mit einem hohen Fixkostenanteil entgegenwirken:105 Je höher dieser ist, desto weniger wird sich der neue Preis vom Basispreis entfernen.106 Die Referenzwerte können an die veröffentlichten Indizes des Statistischen Bundesamtes gebunden werden.107 Das Statistische Bundesamt veröffentlicht diesbezüglich einen Basiswert, der von ihm für die Folgejahre monatlich fortentwickelt wird, bis ein neuer Basiswert festgelegt und veröffentlicht wird.108 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108

Lübke-Detring, Preisklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 23. Lübke-Detring, Preisklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 23. Lübke-Detring, Preisklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 23. Lübke-Detring, Preisklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 23; Finger, DB 1970, 1865, 1867. De Wyl/Soetebeer, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, 4. Auflage, § 11 Rn. 296. Lübke-Detring, Preisklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 23. Lübke-Detring, Preisklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 23. Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 19; Lübke-Detring, Preisklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 23. Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 19; Lübke-Detring, Preisklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 23. Lübke-Detring, Preisklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 23. Lübke-Detring, Preisklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 23. Harms, DB 1983, 322, 325; Lübke-Detring, Preisklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 23; Wichmann, ZIP 1983, 393, 403. Lübke-Detring, Preisklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 23; Harms, DB 1983, 322, 325; Wichmann, ZIP 1983, 393, 403. Grün/Ostendorf, BB 2014, 259. Siehe beispielhaft für Erdgas: Statistisches Bundesamt, Preise. Daten und Preise zur

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Grundlagen

Derzeit ist das Basisjahr 2010. In der Regel wird dies durch die Formulierung »(2010 = 100)« oder »auf der Basis … = 100« gekennzeichnet.109 Bezüglich der Wahl des Basiswerts ist der Verwender nicht frei, sondern aufgrund der Veränderungen der Märkte festgelegt auf den neuesten Basiswert.110 Neben den rechtlichen Schwierigkeiten, auf die noch näher einzugehen sein wird, haben Kostenelementeklauseln das praktische Problem, dass bezüglich der Kostenelemente eine feste Bindung besteht.111 Ergeben sich in der Vertragslaufzeit erhebliche Kostensteigerungen in einem zuvor nicht berücksichtigten Bereich, ist eine wirksame Preisanpassung ausgeschlossen.112 Die Verwendung dieser kostenorientierten Preisanpassungsklauseln wird seit der Liberalisierung der Strommärkte insbesondere in der energiespezifischen Literatur als selten angesehen.113 Sie werden teilweise heute noch in sogenannten Contracting-Verträgen verwendet, in denen der Investor lediglich seine Investition abzusichern sucht.114 Weite Verbreitung finden Kostenlementeklauseln hingegen in der Automobilzulieferindustrie.115 bb) Unechte Kostenelementeklausel (= Spannungsklausel) Neben den echten Kostenelementeklauseln gibt es unechte Kostenelementeklauseln, die auch als Spannungsklauseln bezeichnet werden.116 Nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 2 Nr. 2 PrKG werden bei Spannungsklauseln Güter oder Leistungen, die im Wesentlichen gleichartig oder zumindest vergleichbar sind, in ein Verhältnis zueinander gesetzt. Der von der Rechtsprechung geprägte Begriff soll das Ziel einer gleichmäßigen und dauerhaften Spannung zwischen zwei gleichartigen Geldleistungen zum Ausdruck bringen.117 Es geht somit um die Beibehaltung eines vereinbarten Verhältnisses zwischen der tatsächlichen

109 110 111 112 113 114 115 116 117

Energiepreisentwicklung, Lange Reihen von Januar 2000 bis März 2017, S. 20, abrufbar unter https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Preise/Energiepreise/Ener giepreisentwicklungPDF_5619001.pdf ?__blob=publicationFile (Abrufdatum 07. 09. 2017). Kunz, NJW 1969, 827, 829; Rasch, DNotZ 2003, 730ff.; Rasch, DNotZ 1996, 411, 420; Reul, DNotZ 2003, 92, 93. Rasch, DNotZ 2003, 730. Schöne, WM 2004, 262, 265. Schöne, WM 2004, 262, 265. De Wyl/Soetebeer, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, 4. Auflage, § 11 Rn. 297; Dem scheint auch Steenbuck, MDR 2009, 122 zuzustimmen. De Wyl/Soetebeer, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, 4. Auflage, § 11 Rn. 297. Bellinghausen, in: Abels/Lieb, AGB im Spannungsfeld zwischen Kautelarpraxis und Rechtsprechung, 29, 32. De Wyl/Soetebeer, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, 4. Auflage, § 11 Rn. 297. BGH, NJW 1954, 1684, 1685; BGH, DNotZ 1952, 120, 122; Toussaint, in: jurisPK-BGB, Band 2.1, § 1 PrKG Rn. 41.

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Vertragsleistung und der in Bezug genommenen vergleichbaren Leistung.118 Spannungsklauseln dienen damit nicht der Weitergabe tatsächlicher Kostensteigerungen oder -senkungen, sondern – unabhängig von der Kostenentwicklung – der Erhaltung der vertraglich festgelegten Äquivalenz.119 Sie nehmen Bezug auf Kostenelemente bzw. Primärenergieträger, die zwar nicht für die Produktion des Verwenders ausschlaggebend sind, von anderen Produzenten aber zur Erzeugung des gleichen Endprodukts verwendet werden.120 Das Kriterium der Gleichartigkeit bzw. Vergleichbarkeit ist nach der Rechtsprechung weit auszulegen.121 So können beispielsweise Gehälter an andere Gehälter oder Mietzinsen an die Mietpreisentwicklung für vergleichbare Räume gekoppelt werden.122 Spannungsklauseln werden in Verbraucherverträgen jedoch kaum noch verwendet.123 (1) Beispiel: Kohle-Lohn-Klausel Erzeugt ein Energieversorger seinen Strom mithilfe des Primärenergieträgers Gas, kann dieser in Form einer Spannungsklausel den Referenzwert Kohle in Bezug nehmen.124 Der in Bezug genommene Faktor stellt zwar keinen Kostenfaktor dar ; er kann allerdings einen Wertmesser für die vom Verwender zu erbringende Leistung darstellen, wenn er als solcher und ohne Rücksicht auf die Kosten des Verwenders die Höhe des Arbeitspreises bestimmen soll.125 Auch wenn die Erzeugung des Stroms durch eine Mischung verschiedener Primärenergieträger erfolgt, sodass sich die realen Kosten z. B. aus Kernkraft, Gas und Kohle zusammensetzen, kann Kohle als einziger Referenzwert angeführt werden.126 Dann stellt der Referenzwert Kohle einen Indikator für die allgemeine Entwicklung der Strompreise dar.127 118 BGH, NJW 1954, 1684, 1685; BGH, DNotZ 1952, 120, 122; Toussaint, in: jurisPK-BGB, Band 2.1, § 1 PrKG Rn. 41; Lübke-Detring, Preisklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 25. 119 BGH, NJW 2010, 2789, 2792; K. Schmidt, in: Staudinger, Vorbem. zu §§ 244ff. Rn. D 247; daraus folgt zugleich, dass sie den Schutzzweck der Klauselverbote nicht tangieren, so: Toussaint, in: jurisPK-BGB, Band 2.1, § 1 PrKG Rn. 41. 120 De Wyl/Soetebeer, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, 4. Auflage, § 11 Rn. 301. 121 Morsch, BB 2004, 1803, 1805. 122 Morsch, BB 2004, 1803, 1805. 123 Schöne, WM 2004, 262, 264f. Dies gilt insbesondere für HEL-Klauseln oder die früher in der Preisverordnung PR Nr. 18/52 verankerten Kohle-Lohn-Klauseln. 124 De Wyl/Soetebeer, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, 4. Auflage, § 11 Rn. 301. 125 BGH, NJW 2010, 2789, 2792. 126 De Wyl/Soetebeer, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, 4. Auflage, § 11 Rn. 301. 127 De Wyl/Soetebeer, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, 4. Auflage, § 11 Rn. 301.

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(2) Beispiel: HEL-Klausel Eine klassische Spannungsklausel ist die HEL-Klausel in Gaslieferverträgen.128 Bei einer HEL-Klausel wird der neben einem Grundpreis zu zahlende Arbeitspreis für die Lieferung von Gas an die Entwicklung des Preises für leichtes Heizöl gekoppelt und zu festgelegten Zeitpunkten angepasst.129 Diese Verknüpfung erklärt sich mit dem Konkurrenzverhältnis zwischen Gas und Heizöl auf dem Wärmemarkt.130 In der Literatur findet sich dazu das Argument, dass sonst – bedingt durch die Preisentwicklung zwischen den Preisen der beiden Wärmelieferanten – langfristige Bezugsverträge für Kunden und Lieferanten unrentabel würden.131 Dem Kunden wäre der Wechsel zu einem günstigeren Energieträger versperrt, und er müsste dauerhaft (in seinen Augen) zu hohe Preise zahlen.132 Das Energieversorgungsunternehmen seinerseits würde bei nachteiliger Preisentwicklung im Verhältnis zum Vergleichswert wirtschaftlich zu geringe Preise fordern.133 Ist dieser Erklärung hinsichtlich des Erstvertragsschlusses zuzustimmen, so muss die Aussage bezüglich der Vertragslaufzeit doch eingeschränkt werden: Durch den Erstvertragsschluss entsteht ein sog. Lock-in-Effekt.134 Denn der Unterschied zwischen den Energieträgern müsste derart erheblich sein, dass eine Umrüstung (Anschlüsse, Anlagen etc.) von Heizöl auf Gas tatsächlich einen Nutzen brächte. In dem fehlenden Substitutionswettbewerb wird sodann auch die Kritik an der rechtlichen Zulässigkeit der Sogwirkung gesehen.135 Allerdings wird in § 1 Abs. 2 Nr. 2 PrKG lediglich von »vergleichbaren« oder »im Wesentlichen gleichartigen« Leistungen und Gütern gesprochen und kein Substitutionswettbewerb vorausgesetzt.

128 Kunth/Tüngler, RdE 2006, 257, 260. 129 Höch/Kalwa, in: Graf von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Gaslieferverträge Rn. 72. 130 Baur, Vertragliche Anpassungsregelungen, S. 33. 131 Baur, Vertragliche Anpassungsregelungen, S. 33. 132 Baur, Vertragliche Anpassungsregelungen, S. 33. 133 Baur, Vertragliche Anpassungsregelungen, S. 33. 134 Ehricke, JZ 2005, 559, 605, der einen Substitutionswettbewerb immer dann ausschließt, wenn »technische oder sachliche« Hemmschwellen für einen Wechsel vorliegen. Ähnlich Steenbuck, MDR 2009, 122, 124. Ebenso Rott, VuR 2006, 1, 3, der zugleich die Umrüstungskosten von Gas auf Öl auf 5.000–8.000 Euro beziffert (siehe auch Derleder/Rott, WuM 2005, 423, 425f.). Dieses Problem spricht auch das OLG Dresden, in: Urt. v. 11. 12. 2006, Az. 1426/06 Kart –,juris Rn. 58 an. Zur fehlenden Wechselmöglichkeit siehe auch BGH, NJW 2008, 2172, 2172f.; OLG Düsseldorf, ZNER 2008, 161, 162; Mohr, in: Berliner Kommentar zum Energierecht, Band 2, § 29 GWB Rn. 94. Siehe dazu auch die Aussagen der Monopolkommission Strom und Gas 2007, in: BT-Drucksache 16/7087, S. 103 Rn. 416, S. 109 Rn. 443. 135 Rott, VuR 2006, 1, 3.

Vorstellung der Klauselarten und Erstellung eines Preisklauselschemas

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(3) Beispiel: Zinsgleitklausel in Spar- und Kreditverträgen Im Bankrecht dienen die veröffentlichten Zinssätze der Deutschen Bundesbank, der EZB sowie kapitalmarktbasierte Zinsindizes den Banken zur Refinanzierung ihrer Spar- und Kreditprodukte.136 Diese Referenzzinssätze werden in der Zinsanpassungsklausel mit dem Bankzinssatz in ein Abhängigkeitsverhältnis gestellt (Zinskombinationsmodell). Es handelt sich also um eine unechte Kostenelementeklausel. cc) Börsen-/marktpreisorientierte Preisklauseln Marktpreisorientierte Klauseln binden die Preisanpassung nicht an die Entwicklung der jeweiligen Kostenelemente, sondern an die gehandelten Vergleichswerte auf dem relevanten Markt.137 Alternativ kann eine Kopplung an die Börsenindizes für das Gesamtprodukt vorgenommen werden, sodass es sich um eine börsenorientierte Preisanpassungsklausel handelt.138 Vor allem seit der Etablierung einer liquiden Strombörse in Leipzig sind derartige börsenorientierte Klauseln auch in Energielieferverträgen üblich.139 Beispielsweise wird in der Literatur vorgeschlagen, die Kohle-Lohn-Klausel dahingehend zu modifizieren, dass der Verwender geeignete EEX-Börsenprodukte auswählt und an die Stelle des Kohlefaktors setzt.140 2.

Einfache Preisanpassungsklauseln (= ohne Anpassungsautomatik)

a) Preisänderungsvorbehaltsklausel In der Literatur wird in Bezug auf Preisänderungen zum Teil der Begriff Preisvorbehaltsklausel verwendet;141 dabei wird jedoch übersehen, dass er irreführend ist. Grundsätzlich bleibt bei einem Preisvorbehalt der Umfang der Geldschuld bei Vertragsschluss offen und wird erst später gemäß § 316 BGB einseitig durch denjenigen bestimmt, der die Gegenleistung zu fordern hat.142 Demnach 136 Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 215. 137 Säcker/Mengering, BB 2013, 1859, 1868; De Wyl/Soetebeer, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, 4. Auflage, § 11 Rn. 297; Couf/l, in: Schöne, Vertragshandbuch Stromwirtschaft, Kapitel 4.B Rn. 118. 138 De Wyl/Soetebeer, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, 4. Auflage, § 11 Rn. 297. 139 De Wyl/Soetebeer, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, 4. Auflage, § 11 Rn. 297; Grün/Ostendorf, BB 2014, 259. 140 Couf/l, in: Schöne, Vertragshandbuch Stromwirtschaft, Kapitel 4.B Rn. 118. 141 Höch/Kalwa, in: Graf von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Gaslieferverträge Rn. 70; Kunth/Tüngler, RdE 2006, 257, 260; Thomas, AcP 209 (2009), 84, 88. 142 Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 BGB Rn. 180; Bellinghausen, in: Abels/Lieb, AGB im Spannungsfeld zwischen Kautelarpraxis und Rechtsprechung, 29, 30, der zugleich die Tagespreisklausel im Neuwagengeschäft als Hauptbeispiel anspricht.

38

Grundlagen

ist bei der Anpassung von Preisen zu unterscheiden: Wird auf eine Preisbestimmung überhaupt verzichtet, sodass ein Preisvorbehalt im Sinne des BGH vorliegt143 oder handelt es sich um die Preisanpassungsfunktion? Bei Letzterem wird ein zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses festgelegter Preis nachträglich abänderbar gestellt. Mithin liegt kein Preisvorbehalt im obigen Sinne vor, sondern ein Preisänderungsvorbehalt, sodass im Folgenden von Preisänderungsvorbehaltsklauseln gesprochen wird. Diese stellen sowohl im Rahmen von Energielieferverträgen als auch in anderen Branchen die bevorzugten Preisanpassungsklauseln dar.144 Diese Preisänderungsvorbehaltsklauseln stellen die Preisanpassung in das billige Ermessen des Verwenders;145 es wird also ein einseitiges Preisbestimmungsrecht des Verwenders im Sinne des § 315 BGB statuiert.146 Dieses Preisbestimmungsrecht ist mithilfe der Angabe von Anpassungsgründen einzuschränken.147 Das Recht zur einseitigen Ermessensausübung muss in der Klausel nicht ausdrücklich enthalten sein; vielmehr genügt es, dass es aus der Formulierung der Klausel ablesbar ist.148 Ob ein einseitiges Preisbestimmungsrecht vorliegt, ist durch Auslegung der jeweiligen Parteivereinbarung zu klären.149 Preisänderungsvorbehaltsklauseln können Bezug auf Kostenfaktoren nehmen und somit als Kostenelementeklauseln ausgestaltet sein, sodass sie sich von den vorgenannten Klauseln lediglich durch die fehlende Automatik unterscheiden.150

143 Vgl. die Definition des Preisvorbehalts in BGH, NJW 1983, 1603, 1604. 144 Schöne, WM 2004, 262, 266. 145 Graf von Westphalen, ZIP 2008, 669; Thomas, AcP 209 (2009), 84, 88; Peterek, in: Kümpel/ Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1183 Rn. 8.109; Bruchner, in: Bruchner/Metz, Variable Zinsklauseln, S. 1 Rn. 2; Baur, Vertragliche Anpassungsregelungen, S. 47; Hansche/Tomala, in: Stuhlmacher/Stappert/Schoon/Jansen, Grundriss zum Energierecht, Kap. 11.E Rn. 22; de Wal, Preis- und Preisänderungskontrolle in Energielieferungsverträgen, S. 23. 146 Graf von Westphalen, ZIP 2008, 669; Habersack, WM 2001, 753, 754; Peterek, in: Kümpel/ Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1183 Rn. 8.109; Hansche/Tomala, in: Stuhlmacher/ Stappert/Schoon/Jansen, Grundriss zum Energierecht, Kap. 11.E Rn. 22. 147 Thomas, AcP 209 (2009), 84, 88. Siehe dazu unten S. 80ff. 148 Graf von Westphalen, ZIP 2008, 669, 670. Siehe dazu auch BGH, NJW 2000, 651. 149 Bork, JZ 2006, 682, 683; Graf von Westphalen, ZIP 2008, 669, 670. 150 Dies ergibt sich insbesondere aus der in der Literatur vorgeschlagenen Preisvorbehaltsklausel: »Der Lieferant kann die auf der Grundlage dieses Vertrages zu zahlenden Preise nach billigem Ermessen der Entwicklung der Kosten anpassen, die für die Entgeltberechnung maßgeblich sind. Eine Erhöhung oder Ermäßigung kommt insbesondere in Betracht, wenn sich die Kosten für die Beschaffung von Energie ändern oder sonstige Änderungen der energiewirtschaftlichen oder rechtlichen Rahmenbedingungen zu einer veränderten Kostensituation führen.« Diese Beispielformulierung führen De Wyl/Soetebeer, in: Schneider/ Theobald, Recht der Energiewirtschaft, 4. Auflage, § 11 Rn. 303 an. Ähnlich auch Graf von Westphalen, in: Festschrift Harm Peter Westermann, 707, 727. Nach derzeitigem Stand der Rechtsprechung ist diese Formulierung jedoch kritisch zu sehen, siehe dazu S. 80ff.

Vorstellung der Klauselarten und Erstellung eines Preisklauselschemas

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b) Preisneuverhandlungsklausel Preisneuverhandlungsklauseln geben den Vertragsparteien im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen eine größere Flexibilität hinsichtlich möglicher Änderungen der Verhältnisse als Preisanpassungsklauseln mit Anpassungsautomatik.151 Durch sie machen die Vertragsparteien die Preisänderung von einer erneuten vertraglichen Einigung abhängig.152 Damit liegt der Unterschied zu den Automatikklauseln darin, dass sie nicht ipso iure zu einer Vertragsanpassung führen.153 Von den Preisänderungsvorbehaltsklauseln unterscheidet sie, dass keiner Vertragspartei ein einseitiges Gestaltungsrecht zur Preisanpassung eingeräumt wird.154 Nach der gesetzlichen Wertung des § 311 Abs. 1 BGB haben Vertragsänderungen jedoch grundsätzlich durch Neuverhandlungen zu erfolgen. Die Neuverhandlungsklausel wäre danach nur deklaratorisch. Einen darüber hinausgehenden Charakter erhält eine Preisneuverhandlungsklausel dann, wenn in sie eine Neuverhandlungspflicht mit streitiger Rechtsfolge hineingelesen wird. Zum Teil wird vertreten, dass Neuverhandlungsklauseln die Vertragsparteien dazu verpflichten, bei Eintritt bestimmter Umstände über eine Vertragsanpassung zu verhandeln und sich darüber zu einigen.155 Andere Stimmen in der Literatur bestreiten hingegen eine derartige Einigungspflicht, sodass die Vertragsparteien lediglich über eine Vertragsanpassung verhandeln müssen.156 Martinek differenziert zwischen Neuverhandlungspflichten und Neuverhandlungsgeboten.157 Darüber hinaus führt er an, dass entgegen des allgemeinen Verständnisses grundsätzlich auch eine einseitige Neuverhandlungspflicht vorstellbar sei158 – dann dürfe sich der nicht-verpflichtete Vertragspartner darauf beschränken, das Angebot bzw. die Verhandlungen in ungebundener Entschließungsfreiheit an-

151 Fecht, Neuverhandlungspflichten zur Vertragsänderung, S. 107; Horn, AcP 181 (1981), 255, 261. 152 Höch/Kalwa, in: Graf von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Gaslieferverträge Rn. 69; Horn, AcP 181 (1981), 255, 257; Kunth/Tüngler, RdE 2006, 257, 259; Thomas, AcP 209 (2009), 84, 88; Feißel/Gorn, BB 2009, 1138, 1144; Wiedemann, Preisänderungsvorbehalte, S. 5. 153 Nelle, Neuverhandlungspflichten, S. 65. 154 Nelle, Neuverhandlungspflichten, S. 65; Feißel/Gorn, BB 2009, 1138, 1144; Horn, AcP 181 (1981), 255, 256; Baur, Vertragliche Anpassungsregelungen, S. 119. 155 Fecht, Neuverhandlungspflichten zur Vertragsänderung, S. 107; Horn, AcP 181 (1981), 255, 257; ähnlich Bilda, DB 1969, 427, 429, der in der Klausel zugleich einen aufschiebend bedingten Rahmenvertrag sieht, der zum Abschluss einer ungewissen Anzahl künftiger Abänderungsverträge verpflichte. 156 Eidenmüller, ZIP 1995, 1063, 1064; Nelle, Neuverhandlungspflichten, S. 65; Hoffbauer, Der Rahmenvertrag in der Lieferbeziehung, S. 180. 157 Martinek, AcP 198 (1998), 329, 335ff. 158 Martinek, AcP 198 (1998), 329, 337.

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Grundlagen

zunehmen oder abzulehnen, ohne selbst zur Förderung einer Vertragsanpassung beizutragen.159 Vertritt die erste Auffassung, dass die Neuverhandlungspflicht den Vertragspartnern eine Einigungspflicht auferlege, so erscheint dies fragwürdig. Die Einigungspflicht käme einem Vorvertrag gleich, der bereits essentielle Vertragspunkte des Hauptvertrages festlegen müsste.160 Im Rahmen der Privatautonomie sind die Vertragsparteien jedoch frei, ihre Interessen bei Verhandlungen zu vertreten. Kommen sie nicht überein, so können diese scheitern. Der Verwender, der in seine AGB eine Preisneuverhandlungsklausel eingearbeitet hat, muss sich des Risikos einer fehlenden Einigung und der Folge des beschwerlichen Weges einer gerichtlichen Festlegung bewusst sein.161 Um dieses Risiko zu minimieren, besteht die Möglichkeit, bei der Klauselgestaltung einen subsidiären Anpassungsmechanismus vorzusehen, der im Falle der Nichteinigung eingreift.162 Dieser kann z. B. in Form eines Preisänderungsvorbehalts oder einer Anpassungsautomatik ausgestaltet sein.163 Gerade im Bereich des Massengeschäfts erscheint die von Martinek angeführte einseitige Neuverhandlungspflicht als realistische Ausgestaltung der Preisneuverhandlungspflicht: Der Verwender wird dem Vertragspartner in der Regel ein Anpassungsangebot schicken, und dieser hat dann die Möglichkeit der Annahme oder Ablehnung. Tatsächliche Verhandlungen werden schon aus Praktikabilitäts- sowie ökonomischen Gründen kaum möglich sein. Die Klauseln können sowohl bestimmt als auch unbestimmt Einzug in den Vertrag erhalten.164 Eine unbestimmte Preisneuverhandlungsklausel macht die Verhandlungen etwa von der Änderung der Kostenstruktur der Leistung, also von einer nicht näher konkretisierten wirtschaftlichen Entwicklung, abhängig.165 Eine bestimmte Klausel ist hingegen ähnlich wie eine Preisänderungs159 Martinek, AcP 198 (1998), 329, 337. 160 Steindorff, BB 1983, 1127, 1128; so auch der Umkehrschluss aus den Ausführungen von Hoffbauer, Der Rahmenvertrag in der Lieferbeziehung, S. 180; a. A. Horn, NJW 1985, 1118, 1124. 161 Zur Festlegung des Preises über den ordentlichen Rechtsweg bei Nichteinigung siehe BGH, BB 1978, 580, 580f.; BGH, BB 1978, 581; BGH, BB 1971, 289. In der Literatur siehe Feißel/ Gorn, BB 2009, 1138, 1144. 162 Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 32; Nelle, Neuverhandlungspflichten, S. 65f. 163 Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 32; Nelle, Neuverhandlungspflichten, S. 65f. 164 Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 37. 165 Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 37. Die Klausel könnte nach Dally, BB 1977, 726, folgendermaßen formuliert sein: »Ändern sich die allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse gegenüber dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses so erheblich, dass die vereinbarten Preise oder Bedingungen für das EVU oder den Abnehmer nicht mehr zumutbar sind, so bleiben Vereinbarungen über eine Änderung der Preise oder Bedingungen vorbehalten.«

Vorstellung der Klauselarten und Erstellung eines Preisklauselschemas

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vorbehaltsklausel gestaltet und nimmt die Kosten des »Warenkorbs« wie bei einer Kostenelementeklausel oder die Marktentwicklung des HEL-Indexes wie bei einer Spannungsklausel in Bezug.166 Folglich können Preisneuverhandlungen z. B. »bei einem Anstieg des HEL um mehr als 35 Prozent«167 angesetzt werden.

B.

Zusammenfassung und Erstellung eines Preisklauselschemas

Preisklauseln lassen sich ihrer Funktion nach in Bezug auf die Aspekte Preisfestlegung, Preisvorbehalt, Preisberechnung und Preisanpassung unterscheiden. Die AGB-rechtliche Preisfestlegung im Sinne eines Festpreises bzw. Ausgangspreises, die unstreitig eine Preishauptabrede darstellt, ist nicht Bestandteil der folgenden Analyse; ebenso ausgeklammert ist der reine Preisvorbehalt nach § 315 BGB. Eine zentrale Funktion einer Preisklausel bildet die Preisanpassung: Hier wird der ursprünglich festgelegte Ausgangspreis durch Ausübung eines vertraglichen Anpassungsrechts modifiziert. Das Anpassungsrecht kann als Automatikklausel oder als einfache Preisanpassungsklausel ohne Anpassungsautomatik ausgestaltet sein. Automatikklauseln binden die Preisanpassung an das Ergebnis in sie eingearbeiteter mathematischer Formeln. Diese wiederum lassen sich untergliedern in einfache und qualifizierte Preisgleitklauseln. Im Rahmen einfacher Preisanpassungsklauseln kommt es auf eine Willensbildung des Verwenders oder beider Vertragspartner an. Preisänderungsvorbehaltsklauseln räumen dem Verwender ein ermessensabhängiges Anpassungsrecht ein. Preisneuverhandlungsklauseln verpflichten zu einem einseitigen Verhandlungsangebot, wenn eine Preisanpassung vorgenommen werden soll. Dabei kann nicht von einer Einigungspflicht im Sinne Horns ausgegangen werden. Das Risiko des Scheiterns der Verhandlungen trägt der Verwender. Aufgrund der Problemlosigkeit von Preisneuverhandlungsklauseln im Hinblick auf die Analyse der Inhaltskontrolle nach §§ 307ff. BGB wird auf diese im weiteren Verlauf der Untersuchung nicht weiter eingegangen. Die vierte Kategorie schließlich bilden indexbasierte Preisberechungsklauseln; ihnen kommt eine Zwitterfunktion von Preisfestlegung und Preisanpassung zu. Die Nähe zur Preisfestlegung besteht darin, dass die erste Preisberechnung die Festlegung des Ausgangspreises darstellt. In der weiteren Funktion dient sie der Preisveränderung. 166 Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 37. 167 Dally, BB 1977, 726, 727; Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 37.

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Grundlagen

Für den Gang der Untersuchung ergibt sich Folgendes: Sind die Ausführungen allgemeingültig und gelten sie somit sowohl für Automatikklauseln als auch für Preisänderungsvorbehaltsklauseln (Zinsänderungsvorbehalte / Prämienänderungsvorbehalte), wird der Begriff Preisanpassungsklausel verwendet. Ansonsten werden die im folgenden Schema dargestellten Untergruppen benutzt.

Preisklausel

Preisfestlegung

Preisvorbehalt

Preisberechnung

Preisanpassung

Einfache Preisanpassungsklausel

Automatik/Gleitklausel

Einfache Preisgleitklausel

Preisneuverhandlungsklausel

Qualifizierte Preisgleitklausel

Preisänderungsvorbehaltsklausel

Echte Kostenelementeklausel Unechte Kostenelementeklausel (=Spannungsklausel)

Abbildung: Preisklauselschema. Quelle: Eigene Darstellung.

Abschnitt 2: Grundsätze der AGB-Kontrolle nach §§ 307ff. BGB A.

Umriss der historischen Entwicklung

Die Kontrolle von Preisanpassungsklauseln nach §§ 307ff. BGB wird von der Rechtsprechung weitreichend wahrgenommen. Wurde vor Einführung des AGB-Gesetzes (1977) die Inhaltskontrolle noch durch den Gedanken der sittenwidrigen Ausbeutung durch einen Monopolmissbrauch bestimmt, ging schon das Reichsgericht (1941) dazu über, den Rechtsgedanken von Treu und

Grundsätze der AGB-Kontrolle nach §§ 307ff. BGB

43

Glauben heranzuziehen.168 Der BGH vollzog schließlich den absoluten Schnitt vom Ausgangspunkt des Monopolmissbrauchs und entwickelte eine an § 242 BGB ausgerichtete Inhaltskontrolle.169 Erstmals erfolgte 1956 die Loslösung vom Grundgedanken der privatautonomen Gestaltung von Verträgen, in die AGB einbezogen wurden.170 Zwar setzte sich im Verlauf der Rechtsprechung schließlich der Gedanke der grundsätzlichen Zulässigkeit der Inhaltskontrolle durch,171 doch wurden Preisanpassungsklauseln in Bierlieferverträgen in den 1970er Jahren bis ins Jahr 1981 lediglich am Schriftformerfordernis nach § 34 GWB gemessen.172 Verschärft wurden die Anforderungen an die Formulierung von Preisanpassungsklauseln mit dem Zeitungsabonnement-Urteil aus dem Jahr 1980.173 Der BGH kritisierte hier erstmals die Möglichkeit von Gewinnmaximierungen.174 Ein weiterer Entwicklungsschub erfolgte in den 2000er Jahren. Insbesondere hatte der BGH nun auch über Spannungsklauseln in Energielieferverträgen zu entscheiden und erklärte die bisherige Praxis der Energieversorgungsunternehmen in Verbraucherverträgen für unwirksam.175

B.

Schutzzweck der AGB-Kontrolle

Der BGH sieht in ständiger Rechtsprechung den Schutzzweck der AGB-Kontrolle in der Gefahr der einseitigen Ausnutzung der Vertragsgestaltungsfreiheit durch den Verwender.176 Dem hat sich auch die herrschende Meinung in der Literatur angeschlossen.177 Eine normative Verankerung findet dieser Schutzzweck in 168 Siehe Coester, in: Staudinger, Vorbem. zu §§ 307–309 Rn. 3 mit folgenden Rechtsprechungsnachweisen zur Inhaltskontrolle über den Gedanken des Monopolmissbrauchs: RGZ 62, 264 266; RGZ 99, 107, 109; RGZ 102, 396, 397; RGZ 103, 82, 83; RGZ 115, 218, 219. Zur Inhaltskontrolle nach dem Grundsatz von Treu und Glauben siehe RGZ 168, 321, 329. 169 Coester, in: Staudinger, Vorbem. zu §§ 307–309 Rn. 3. Da hier nur ein kurzer Umriss der historischen Entwicklung vorgenommen wird, sei an dieser Stelle auf die ausführliche Darstellung bei Hellwege, Allgemeine Geschäftsbedingungen, S. 313ff. m. w. N. verwiesen. 170 BGHZ 22, 90. Siehe dazu die Ausführungen von Coester, in: Staudinger, Vorbem. zu §§ 307– 309 Rn. 3. 171 Coester, in: Staudinger, Vorbem. zu §§ 307–309 Rn. 3. 172 BGH, WM 1978, 216; BGH, WuW/E BGH 1801; BGH, WuW/E BGH 1889. 173 Auf eine genaue Darstellung dieses Entwicklungsschubes wird hier verzichtet und auf die Ausführungen von Paulusch, in: Heinrichs, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55, 68, verwiesen. 174 BGH, NJW 1980, 2518. 175 Erstmals BGH, NJW 2010, 2789; BGH, NJW 2010, 2793. Bestätigt hat dies der BGH, in: ZIP 2015, 979. 176 BGH, NJW 2010, 1131, 1132; BGH, NJW 2004, 1454, 1455; BGH, NJW 2003, 888, 890; BGH, ZIP 1995, 1091, 1093; BGHZ 126, 326, 334; BGH, NJW 1994, 2825; BGH, NJW 1977, 624, 625. In BGH, ZIP 2009, 2446, 2447 wurde als Ursache die ungleiche Verhandlungsposition angesprochen. 177 K. P. Berger, in: Prütting/Wegen/Weinreich, Vor §§ 305ff. Rn. 1; U. Stein, in: Soergel,

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Grundlagen

§ 305 Abs. 1 BGB, § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB und Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 93/13/ EWG, die für die Kontrollfähigkeit auf den Umstand abstellen, dass der Verbraucher auf den Inhalt der Regelung keinen Einfluss nehmen konnte.178 Allerdings gilt es zu klären, wodurch die Gefahr der Ausnutzung konkret hervorgerufen wird, um die Rechtsprechung zur AGB-Kontrolle von Preisanpassungsklauseln interessengerecht zu bewerten und gegebenenfalls zu begrenzen. In der Gesetzesbegründung findet sich als Ausgangspunkt folgende Formulierung: »Der Gesetzentwurf beabsichtigt […] nichts anderes als die durch eine ungehemmte Entwicklung im Bereich der AGB gestörte Funktion des privaten Vertragsrechts wiederherzustellen.«179

Zentrale Aussage ist die Absicht der Wiederherstellung der gestörten Funktion des privaten Vertragsrechts. Biedenkopf führt, unter Berufung auf SchmidtRimpler, zur Funktion des Vertrages aus: »Diese Funktion des Vertrages als ein Mechanismus zur Regelung der menschlichen Beziehungen ohne hoheitlichen Eingriff ist die einzig mögliche Begründung des Vertrages als einer Institution des Rechtes. Soweit es an den Voraussetzungen fehlt, unter denen der Mechanismus allein wirksam werden kann, ist der Vertrag deshalb kein geeignetes Mittel zur privatrechtlichen Ordnung der Lebensverhältnisse.«180

Das private Vertragsrecht beschränkt sich sodann auf die Garantie und die Setzung von Grenzen gegenüber willkürlichem geschäftlichen Handeln im Rahmen des Vertragsmechanismus.181 Coester-Waltjen bezeichnete in diesem

178 179 180

181

Band 3, 12. Auflage 1991, Einl. AGB-Gesetz Rn. 3; P. Ulmer/M. Habersack, in: Ulmer/ Brandner/Hensen, Einl. Rn. 48; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, Einl. Rn. 3; Graf von Westphalen, ZIP 2007, 149, 151; Graf von Westphalen, BB 2010, 195, 199; Rabe, NJW 1987, 1978, 1979; Grünberger, JURA 2009, 249; Müller-Graff, JZ 1977, 245, 246; Kollmann, in: AnwK BGB, Band 2, Teilband 1, Vor §§ 305ff. Rn. 4; Bork, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Gesetzbuchs, S. 684f. Rn. 1744; Die alleinige Behauptung der Ausnutzung der einseitig in Anspruch genommenen Gestaltungsfreiheit genüge nicht: Lieb, AcP 178 (1978), 196, 202; Wackerbarth, AcP 200 (2000), 45, 63; Locher, JuS 1997, 389, 390. Wackerbarth, AcP 200 (2000), 45, 63f. Zum Charakteristikum des einseitigen Stellens und der fehlenden Einflussnahme siehe auch BT-Drucksache 7/3919, S. 15f. BT-Drucksache 7/3919, S. 13. Biedenkopf, Vertragliche Wettbewerbsbeschränkung und Wirtschaftsverfassung, S. 108. Aus ökonomischer Sicht ist die optimale Ressourcenallokation im Sinne der Förderung des Nutzens beider Vertragsparteien die Funktion des Vertrages, Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. 450. Ein hoheitlicher Inhaltseingriff wird notwendig, wenn die optimale Verteilung ex ante nicht gewährleistet ist, siehe Schäfer/Ott, a. a. O. Biedenkopf, Vertragliche Wettbewerbsbeschränkung und Wirtschaftsverfassung, S. 106f.; Raiser, in: Festschrift zum hundertjährigen Bestehen des Deutschen Juristentages 1860– 1960, Band 1, 101, 123; Flume, in: Festschrift zum hundertjährigen Bestehen des Deutschen Juristentages 1860–1960, Band 1, 135, 150.

Grundsätze der AGB-Kontrolle nach §§ 307ff. BGB

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Sinne die Inhaltskontrolle als »Krücke für die Vertragsfreiheit«, der das »Standbein der Ordnungsfunktion« gebrochen sei.182 Nach Schmidt-Rimplers Theorie der Richtigkeitsgewähr des Vertrages liegt eben diese in der Bestimmung der Rechtsfolgen durch die Vertragsparteien.183 Die Rechtsfolge, z. B. der gegenseitige Leistungsaustausch im Schuldverhältnis, wird als Sachverhalt des Gemeinschaftslebens als richtig angesehen, wenn sie dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien entspricht (positive Richtigkeitsgewähr).184 Das zwingende Zustimmungserfordernis des Vertragsmechanismus – sei es nun ausdrücklich oder konkludent – heilt in den Grenzen der Irrtumsregeln einen unrichtigen Willen.185 Im Rahmen des Vertragsmechanismus kann die Gegenpartei das Angebot ausschlagen und den Vertrag für den Fall des Empfindens eines »unrichtigen« Inhalts ablehnen und/oder einen abweichenden Antrag stellen.186 Von diesem der Privatautonomie entspringenden Recht zum Abschluss und zur inhaltlichen Gestaltung des Vertrages macht der Vertragspartner formal (und v. a. unbeeinträchtigt) durch sein Einbeziehungseinverständnis gemäß § 305 Abs. 2 BGB Gebrauch.187 In der konkreten AGB-rechtlichen take it or leave it-Situation, bedingt durch das Tatbestandsmerkmal des Stellens, wird die Privatautonomie jedoch auf den sekundären Teil der Abschlussfreiheit reduziert und somit der primäre Teil der materialen Entscheidungsfreiheit188 beeinträchtigt.189 Zu deren Wahrung müssten die Ver-

182 Coester-Waltjen, AcP 190 (1990), 1, 16. 183 Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130, 143. 184 Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130, 143; Schmidt-Rimpler, in: Festschrift für Ludwig Raiser, S. 3, 5. 185 Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130, 156; Schmidt-Rimpler, in: Festschrift für Ludwig Raiser, S. 3, 5. 186 Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130, 153; Schmidt-Rimpler, in: Festschrift für Ludwig Raiser, S. 3, 5. 187 Bülow, in: Bülow/Artz, Handbuch Verbraucherprivatrecht, S. 4; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 42 Rn. 2; Canaris, AcP 200 (2000), 273, 321; Bork, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Gesetzbuchs, S. 684f. Rn. 1744. Eine Einschränkung der formalen Privatautonomie besteht nur im Falle der vis absoluta, die in der Regel nicht vorliegt, siehe Hönn, in: Festschrift für Alfons Kraft, 251, 259. 188 Material bedeutet in diesem Sinne die tatsächliche Freiheitsentfaltung durch Einflussnahme bzw. freie Entscheidungsfindung, siehe Bülow, in: Bülow/Artz, Handbuch Verbraucherprivatrecht, S. 4; Canaris, AcP 200 (2000), 273, 277; Becker, JZ 2010, 1098, 1100. 189 Graf von Westphalen, NJW 2009, 2977, 2981; Graf von Westphalen, NJW 1994, 2113, 2117; Graf von Westphalen, BB 2010, 195, 199; Sedlmeier, Rechtsgeschäftliche Selbstbestimmung im Verbrauchervertrag, S. 92; Grünberger, JURA 2009, 249; Bork, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Gesetzbuchs, S. 684f. Rn. 1744. Siehe auch BT-Drucksache 7/3919, S. 22, wo von der »bloßen« Abschlussfreiheit die Rede ist. Auf die eingeschränkte Selbstbestimmung durch das Tatbestandsmerkmal »Stellen« abstellend Berger, NJW 2010, 465, 468. Siehe auch Raiser, in: Festschrift zum hundertjährigen Bestehen des Deutschen Juristentages 1860– 1960, Band 1, S. 126, nach dem die Vertragsfreiheit »verdünnt« sei, da diese formal noch

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Grundlagen

tragsparteien den Vertragsinhalt in ihr Bewusstsein aufnehmen und die festgelegten Bestimmungen tatsächlich bewirken wollen.190 Durch die Vorformulierung von AGB besteht jedoch die Gefahr, dass der Vertragspartner aufgrund fehlender Kenntnisnahme überhaupt nicht hinsichtlich der Nebenbestimmungen entscheidet, sondern den Vertragsschluss ausschließlich von den Hauptleistungspflichten abhängig macht.191 Die materiale Funktion der Privatautonomie kann damit als Verwirklichung der Selbstbestimmung bezeichnet werden.192 Mithin ist die Beeinträchtigung der materialen Entscheidungsfreiheit das zentrale Element der Problematik.193 Ist der Vertragsschluss selbstbestimmt zustande gekommen, ist ein staatlicher

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bestehe. In Anlehnung zu Raiser siehe Kramer, in: Festschrift für Claus-Wilhelm Canaris, 665, 670; Becker, JZ 2010, 1098, 1100. Kritisch Wackerbarth, AcP 200 (2000), 45, 64. Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130, 145. Leuschner, AcP 207 (2007), 491, 497. Hintergrund ist, dass eine die Richtigkeitsgewähr des Vertrages hervorrufende Handlungsentscheidung zwischen Annahme und Ausschlagung eine tatsächliche Richtigkeitsprüfung des Vertragsinhalts durch die zum Handeln aufgeforderte Partei erfordert, so Schmidt-Rimpler, in: Festschrift für Ludwig Raiser, S. 3, 12. Entsprechend hat das BVerfG in seiner Bürgschaftsentscheidung entschieden, dass »eine Verkennung der grundrechtlich gewährleisteten Privatautonomie« darin liege, wenn der BGH, »die Frage, ob und inwieweit beide Vertragspartner über den Abschluss und den Inhalt des Vertrages tatsächlich frei entscheiden konnten, nicht gestellt« hat, siehe BVerfG, NJW 1994, 36, 38. Bereits in BVerfG, ZIP 1990, 573, 575, hat das Gericht den Zusammenhang von Privatautonomie und der tatsächlichen freien Selbstbestimmung ausgeführt. Ausführungen finden sich hierzu bei Canaris, AcP 200 (2000), 273, 296 und Graf von Westphalen, NJW 2009, 2977, 2981, die dem BVerfG zugleich zustimmen. Daraufhin entschied der BGH, NJW 1994, 1278, 1280: »Die grundrechtlich geschützte Privatautonomie vermag das Abschließen risikoreicher und zugleich einseitig belastender Geschäfte nur zu rechtfertigen, sofern beide Parteien in der Lage sind, sich in Freiheit für oder gegen eine vertragliche Bindung zu entscheiden. Erst diese Freiheit sowie die uneingeschränkte Erkenntnismöglichkeit, mit welchen Rechtsfolgen die in Frage stehende Verpflichtung verbunden sein kann, ergeben die Rechtfertigung dafür, den Bürgen trotz ihn außergewöhnlich belastender Rechtsfolgen an der selbstverantwortlich getroffenen Entscheidung festzuhalten.« Ein etwas anderer Einschlag erfolgt bei Wolf, Rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit und vertraglicher Interessenausgleich, S. 81, der bereits die Möglichkeit der Richtigkeitsprüfung für die Annahme der Richtigkeitsgewähr genügen lässt. Wackerbarth, AcP 200 (2000), 45, 79; Wiedemann, in: Festgabe für Max Kummer, 175, 180; Canaris, AcP 200 (2000), 273, 323f.; Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 340f.; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Vorb. v. § 307 Rn. 31ff. Nach Basedow, AcP 200 (2000), 445, 487, entsteht durch diese »Nichtentscheidung« keine optimale Ressourcenallokation, sodass keine Richtigkeitsgewähr hinsichtlich dieser Punkte angenommen werden kann. Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 115; Sedlmeier, Rechtsgeschäftliche Selbstbestimmung im Verbrauchervertrag, S. 187. Canaris, AcP 200 (2000), 273, 296; Zöllner, AcP 196 (1996), 28; Hönn, in: Festschrift für Alfons Kraft, 251, 255; Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 274.

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Eingriff in die privatautonome Vertragsgestaltung nicht gerechtfertigt.194 Zur Wahrung der materialen Entscheidungsfreiheit muss der angetragenen Vertragspartei eine Handlungsalternative zur Verfügung stehen195, sodass diese von der Ausschlagungsmöglichkeit Gebrauch machen kann (negative Richtigkeitsgewähr).196 Erst wenn diese Alternative fehlt, liegt ein Versagen des Vertragsmechanismus vor.197 Sie könnte durch Verhandlungen erwirkt werden – oder durch Wechsel zu einem Konkurrenten mit einem inhaltlich anders ausgestalteten Angebot.198 Der vollkommene Verzicht stellt hingegen keine Alternative dar. Denn »Ausgangspunkt jeder wirtschaftlichen Tätigkeit sind die Bedürfnisse des Menschen, ihr Ziel deren Befriedigung.«199 In diesem Sinne besteht ein Drang zur Erreichung des Ziels der Befriedigung, nicht zum rationalen Verzicht wegen nachteiliger AGB. Auch kann eine Vorteilsabwägung die Akzeptanz einer nachteiligen Vertragsbedingung positiver erscheinen lassen als den vollkommenen Verzicht auf einen Vertragsschluss.200 Fehlen die Voraussetzungen der Selbstbestimmung oder Selbstverantwortung, sieht die Rechtsordnung an zahlreichen Stellen den sozialen Schutz des

194 Dauner-Lieb, AnwBl 2013, 845, 849; Kieninger, AnwBl 2012, 301, 302; Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 290. 195 Wackerbarth, AcP 200 (2000), 45, 69, sieht in diesem Sinne die Entscheidungsfreiheit als eine Art Synonym für Wettbewerb an. Canaris, AcP 200 (2000), 273, 293; Wolf, Rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit und vertraglicher Interessenausgleich, S. 92; Bydlinski, AcP 204 (2004), 309, 365; Dauner-Lieb, AnwBl 2013, 845, 847f. 196 Schmidt-Rimpler, in: Festschrift für Ludwig Raiser, S. 3, 5. Von der Option der Verweigerung und der anschließenden Beschaffung des Produkts bei einem Konkurrenten statt der Verhandlung und somit Umgestaltung des Vertrages spricht auch Frey, ZIP 1993, 572, 573. Nur im Falle der Handlungsoptionen wäre es möglich, einen Vorteil aus der Aufwendung von Transaktionskosten zur Kenntnisnahme des Inhalts von AGB zu ziehen, Kötz, JuS 2003, 209, 211; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Vorb. v. § 307 Rn. 32. 197 Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Vorb. v. § 307 Rn. 32. 198 Die Korrelation von Verhandlung und Richtigkeitsgewähr sprechen ebenfalls U. Stein, in: Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 3, AGB-Gesetz Einl. Rn. 3; Leuschner, AcP 207 (2007), 491, 497; Berger, ZIP 2006, 2149, 2152; Damm, JZ 1994, 161, 164; Lieb, AcP 178 (1978), 196, 206; G. Stein, Die Inhaltskontrolle vorformulierter Verträge des allgemeinen Privatrechts, S. 41f., an. Siehe zusätzlich zu den Effizienzverlusten aus ökonomischer Sicht Effizienzverluste Leyens/Schäfer, AcP 210 (2010), 771, 787. Eine fehlende Richtigkeitsgewähr aufgrund fehlenden Konditionenwettbewerbs stellt K. P. Berger, in: Prütting/Wegen/ Weinreich, Vor §§ 305ff. Rn. 1 fest. Zur Korrektur des Mangels an Einflussnahme durch den Wettbewerb siehe auch Wackerbarth, AcP 200 (2000), 45, 65. Zur Gewährleistung eines angemessenen Interessenausgleichs durch Wettbewerb vgl. Braun, BB 1979, 689, 690. 199 Biedenkopf, Vertragliche Wettbewerbsbeschränkung und Wirtschaftsverfassung, S. 21. Auf derselben Linie befindet sich Coester-Waltjen, die aufgrund der medialen Beeinflussung der Konsumgesellschaft das rationale Handeln bis zum Vertragsschluss ausgeschlossen sieht, siehe Coester-Waltjen, AcP 190 (1990), 1, 17. 200 Wolf, Rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit und vertraglicher Interessenausgleich, S. 126.

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Grundlagen

Fremdbestimmten vor (beispielsweise in den §§ 104ff. 123, 138, 312ff. BGB).201 Die Reaktion des BGB auf einen fremdbestimmten Vertragsschluss ist jedoch grundsätzlich die Wiederherstellung der Entscheidungsfreiheit, nicht die Inhaltskontrolle.202 Eine etwas andere Konstellation bildet § 138 BGB.203 Erfolgt bei § 108 BGB und § 312b BGB eine rein formale Prüfung, so wird im Rahmen des § 138 BGB auch der Inhalt in die Entscheidung mit einbezogen, wenn ein krasses Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung in Rede steht.204 Die Rechtfertigung für diesen abweichenden Prüfungsmaßstab ist in der Struktur des § 138 BGB zu sehen.205 Denn die Störung basiert nicht allein auf den Voraussetzungen der »internen« Unerfahrenheit, sondern auch auf der »externen« Ausnutzung dieser Unerfahrenheit durch den Vertragspartner, die sich objektiv im ungerechten Ergebnis niederschlägt.206 I.

Einschränkung der Selbstbestimmung durch Transaktionskostenasymmetrie

Eine der Struktur des § 138 BGB vergleichbare Situation zeigt sich im Rahmen von AGB durch eine externe Ausnutzung einer individuellen oder überindividuellen Gefährdungslage, die sich auf den Inhalt des Regelungswerkes auswirkt. Verstärkt wird dieser Gedanke durch die Rechtsprechung des Reichsgerichts, das die AGB-Kontrolle noch aus § 138 BGB herleitete.207 Damit bestätigt sich Flumes These, dass sich jedes rechtsgeschäftliche Problem aus »dem Wesen des Rechtsgeschäfts als der Gestaltung von Rechtsverhältnissen in Selbstbestimmung und Selbstverantwortung« lösen lasse.208 201 Wolf/Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 10 Rn. 65; Kötz, Vertragsrecht, S. 19 Rn. 38; Becker, Absurde Verträge, S. 89. 202 Wackerbarth, AcP 200 (2000), 45, 68; ähnlich, aber auf die Störung des Vertragsmechanismus und das daraufhin gewährte Lösungsrecht hinweisend: Coester-Waltjen, AcP 190 (1990), 1, 21. Dabei ist zu beachten, dass der gestörte Vertragsmechanismus grundsätzlich zu einer Missbilligung der Rechtsfolge des Vertrages und nicht zu einer richterlichen Inhaltsänderung führt, siehe Schmidt-Rimpler, in: Festschrift für Hans Carl Nipperdey, 1, 8. 203 Wackerbarth, AcP 200 (2000), 45, 68. 204 Bei den Widerrufsrechten kann sich der Vertragspartner ohne Angabe von Gründen und damit ohne eine gerichtliche Inhaltsprüfung vom Vertrag lösen. Die Rechtfertigung ergibt sich aus der bloßen Möglichkeit der Überrumpelung, aus der ein Mangel an verantwortlicher Entscheidung resultiert, Kötz, Vertragsrecht, S. 21 Rn. 42. Bzgl. des Erfordernisses der inhaltlichen Prüfung im Rahmen des § 138 BGB siehe Canaris, AcP 200 (2000), 273, 280 und 288. 205 Wolf/Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 10 Rn. 67. 206 Wolf/Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 10 Rn. 67; Wackerbarth, AcP 200 (2000), 45, 68; Canaris, AcP 200 (2000), 273, 280 zu § 138 Abs. 2 BGB und S. 326 zur Übertragung auf § 9 AGBG. 207 Wolf/Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 10 Rn. 67. 208 Flume, in: Festschrift zum hundertjährigen Bestehen des Deutschen Juristentages 1860–

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1. Individuelle Gefährdungslage Das Dilemma der Privatautonomie ist mit Flumes Worten, »dass sie immer wieder durch ungleiche Machtverteilung in Frage gestellt wird.«209 Diese Machtdivergenz kann entgegen einer verbreiteten Ansicht nicht in persönlichen Elementen gesehen werden.210 Stattdessen ergibt sich dieses Dilemma in der AGB-spezifischen Situation aus einem organisatorischen Vorsprung, der die materiale Vertragsfreiheit beeinträchtigt.211 Im Gesetzentwurf der Bundesregierung zum AGBG wird dazu Folgendes ausgeführt: »Aufgabe eines Gesetzes zur Regelung des Rechts der AGB muß es daher sein, die der Vertragsgestaltung vorgegebene Überlegenheit des AGB-Verwenders durch Schutzvorschriften zugunsten des AGB-Unterworfenen sachgerecht und vernünftig auszugleichen, ohne die Privatautonomie mehr als zur Erreichung dieses Zieles erforderlich einzuengen. Schon allein dieser organisatorische Vorsprung der vorgefertigten Vertragsgestaltung, deren rechtliche Tragweite der mit ihr konfrontierte andere Vertragsteil zumeist nicht voll zu überblicken vermag, schafft Überlegenheit; nicht selten wird sie aber noch dadurch verstärkt, daß der Vertragspartner, der sich den AGB unterwerfen soll, wirtschaftlich schwächer oder intellektuell unterlegen ist.«212

Bereits in dieser Begründung zeigt sich, dass die wirtschaftliche und intellektuelle Unterlegenheit lediglich Faktoren des der Verwendung von AGB imma-

209 210

211 212

1960, Band 1, 135, 143, der darüber hinaus eine Ausschließlichkeit dieses Lösungsansatzes sieht. Flume, in: Festschrift zum hundertjährigen Bestehen des Deutschen Juristentages 1860– 1960, Band 1, 135, 143; Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Band 2 – Das Rechtsgeschäft, § 1 7, S. 10. Zum Teil wird die materiale Entscheidungsfreiheit als Ausformung der Vertragsfreiheit aufgrund eines Machtgefälles als beseitigt angesehen und somit eine typische Ausnutzungssituation durch den Verwender behauptet, die einen hoheitlichen Eingriff rechtfertige, siehe Schmidt-Rimpler, in: Festschrift zum 70. Geburtstag von Ludwig Raiser, 3, 13; Raiser, in: Festschrift zum hundertjährigen Bestehen des Deutschen Juristentages 1860– 1960, Band 1, 101, 118; U. Stein, in: Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 3, AGB-Gesetz Einl. Rn. 2; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, Einl. Rn. 3f., der von strukturellen Störungen der Entscheidungsfreiheit durch überlegene Verhandlungsmacht spricht, zu der die Kosten noch »hinzu« kommen; Graf von Westphalen, NJW 1994, 2113, 2117. Dieser Schutzzweck könne nach Hommelhoff/Wiedenmann, ZIP 1993, 562, 565, und Locher, JuS 1997, 389, 392, aus der Klauselrichtlinie abgeleitet werden. Ist das Verhältnis derart gestört und ein Vertragspartner übermächtig und sucht als Wirtschaftssubjekt seinen Vorteil, wird er die Risiken auf den Gegenüber abwälzen, so Leyens/Schäfer, AcP 210 (2010), 771, 778; Schmidt, JuS 1987, 929, 931; Koch, BB 2010, 1810, 1812; Adams, BB 1989, 781, 782. Durch wirtschaftliche Machtunterschiede soll somit die Vertragsgestaltungsfreiheit ausgeschlossen und der Vertragspartner auf die formale Abschlussfreiheit beschränkt sein, so Schmidt-Salzer, AcP 167 (1967), 504, 511. Canaris, AcP 200 (2000), 273, 279 formulierte Flumes Zitat entsprechend dahingehend um, dass »es das ewige Dilemma der Privatautonomie [sei], daß diese immer wieder durch Beeinträchtigungen der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit in Frage gestellt wird.« BT-Drucksache 7/3919, S. 13 (Hervorhebungen durch den Verfasser).

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Grundlagen

nenten Machtgefälles sind. Diese Umstände sind kaum zu bewerten, und auch bei Nichtvorliegen dieser Unterlegenheit kommt es zur Inhaltskontrolle von AGB.213 Deren Vorliegen ist also keine Voraussetzung, sondern tatsächlich entsprechend der Regierungsbegründung lediglich eine Verstärkung der Beseitigung der Privatautonomie.214 Zentrale Elemente sind die Möglichkeiten der Vorformulierung und des Stellens von Bedingungen. Durch die Vorformulierung wird bereits die Situation geschaffen, dass die Parteien bei Vertragsschluss nicht auf derselben Stufe stehen – denn der Verwender hat hier eine erhobene Verhandlungsposition.215 Diese ungleiche Verhandlungsposition könnte durch Aufwendung von Transaktionskosten216 überwunden werden: Der Vertragspartner könnte die AGB selbst prüfen oder durch rechtskundigen Beistand überprüfen lassen, müsste daraufhin Änderungen entwerfen und diese sodann auch noch gegen213 Rittner, AcP 188 (1988), 101, 127 führte dazu bereits kritisch aus, dass »Parität und Gleichgewicht […] auf bestimmte Meßgrößen auf die Zahl und auf das Gewicht [verweisen].« Das Problem ist jedoch, dass die Variablen des Gleichgewichts und der Macht nicht messbar sind, Rittner, AcP 188 (1988), 101, 127; Hönn, Kompensation gestörter Vertragsparität, S. 92 und 98. Aufgrund der Unterschiedlichkeit der Individuen müsste immer eine Imparität festzustellen sein, Hönn, Kompensation gestörter Vertragsparität, S. 92. Zur Kritik hinsichtlich der Feststellung der tatsächlichen Ungleichgewichtslage siehe auch Coester-Waltjen, AcP 190 (1990), 1, 19; Graf von Westphalen, NJW 2009, 2977, 2980; Zöllner, AcP 176 (1976), 221, 237; Hönn, in: Festschrift für Alfons Kraft, 251, 260. 214 Zöllner, AcP 196 (1996), 1, 27. 215 Siehe Garrn, JZ 1978, 302, 303, der von einem »Vorsprung bei der rechtlichen Ausgestaltung« spricht; Lieb, AcP 178 (1978), 196, 202. Es entsteht eine psychologische Verbesserung der Verhandlungsposition, indem der Verwender durch das Stellen der AGB seine fehlende Dispositionsbereitschaft und eine Selbstbindung an diese signalisiert, siehe Schmidt-Salzer, Allgemeine Geschäftsbedingungen, S. 8 Rn. A.15; Hönn, Kompensation gestörter Vertragsparität, S. 150; Kramer, ZHR 146 (1982), 105, 110. Dadurch wird der Vertragspartner von vornherein davon ausgehen, dass Verhandlungen zwecklos sind, und der Verwender kann davon ausgehen, dass der Vertragspartner ökonomisch handeln und nicht in Verhandlungen über die Regelungen eintreten wird, siehe Bunte, NJW 1987, 921, 924; Kötz, Vertragsrecht, S. 104 Rn. 244; Lindacher, JZ 1981, 131. Zur fehlenden Chance des Wegverhandelns ungünstiger Bedingungen siehe auch Canaris, NJW 1987, 609, 613; siehe auch Wiedemann, in: Festgabe für Max Kummer, 175, 180, der von einer »Assoziation der Allgemeingültigkeit und Unabänderlichkeit […] unter Umständen sogar der Unwichtigkeit, wenn einzelne Punkte […] offengelassen werden« spricht, die durch die Vorformulierung hervorgerufen wird. Weiter hat dieser a. a. O. dieses Phänomen anschaulich als den »Sog des vorformulierten Gedankens« umschrieben. 216 Transaktionskosten umfassen sämtliche Kosten im Zusammenhang mit dem konkreten Vertragsschluss; sie entstehen bei der Suche nach einem geeigneten Vertragspartner (Suchkosten), der Einholung von Informationen über Vertragsgegenstand und -partner (Informationskosten), den Begleitumständen des Vertragsschlusses (Verhandlungs- und Entscheidungskosten) und der Vertragsabwicklung (Überwachungs- und Durchsetzungskosten sowie Anpassungskosten), siehe Leuschner, AcP 205 (2005), 205, 230; Richter/ Furubotn, Neue Institutionenökonomik, S. 58ff.; Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, S. 134f.; Bechtold, Die Grenzen zwingenden Vertragsrechts, S. 31.

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über dem Verwender durchsetzen. Der Vertragspartner hat aber in der Regel nicht die Fachkenntnis, die AGB auf ihre Zulässigkeit hin zu überprüfen, und in der konkreten Abschlusssituation meist weder die Zeit, eine externe Beratung in Anspruch zu nehmen, noch stehen Aufwand und Ertrag von Abänderungsversuchen in einem angemessenen Verhältnis.217 Bei den AGB eines Telekommunikationsdienstleisters etwa müsste der Kunde bei einem gebräuchlichen »Allinclusive-Paket« jeweils die AGB für den TV-, Mobilfunk-, Internet- und Haustelefonanschluss durcharbeiten. Der Kautelarjurist, der ein solches AGBWerk einmal zur Kontrolle und Abänderung vorliegen hatte, weiß, wie viele Stunden dies beanspruchen kann. Aus Sicht des Verwenders erscheint dieser Aufwand bei einer Vielzahl an Vertragsschlüssen und der Absicht der Rechtsgültigkeit sinnvoll: Schließlich reduzieren sich durch die vermutlich zahlreichen Vertragsschlüsse die durchschnittlichen Transaktionskosten pro Vertragsschluss.218 Durch diesen Hintergrund entsteht eine Transaktionskostenasymmetrie, aus der sodann, durch Nichtlesen, eine Informationsasymmetrie resultieren kann.219 Eine noch erheblichere Divergenz, was die Transaktionskosten angeht, besteht, wenn der Verwender AGB von Dritten benutzt. So finden sich in Kreditverträgen häufig Klauseln, die aus den AGB-Sparkassen übernommen wurden. Die Transaktionskosten des Verwenders minimieren sich hierdurch erheblich, da er nicht selbst mit der Kontrolle oder dem vollständigen Klauselentwurf belastet ist. Aus Sicht des Vertragspartners jedoch würde die Kontrolle in den Beispielen ein evidentes Missverhältnis zwischen ökonomischen Kosten und wirtschaftlichem Nutzen bedeuten (prohibitive Transaktionskosten).220 Diese prohibitiven Transaktionskosten führen zu einem rationalen Unwissen, 217 Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 3; Dauner-Lieb, AnwBl 2013, 845, 847; Kötz, JuS 2003, 209, 211; Kötz, Vertragsrecht, S. 104 Rn. 244; Köndgen, NJW 1989, 943, 947; Wolf/Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 47 Rn. 4; Frey, ZIP 1993, 572, 577; Koch, BB 2010, 1810, 1812; Adams, BB 1989, 781, 783f.; Schön, in: Festschrift für Claus-Wilhelm Canaris, 1191, 1206f.; Wackerbarth, AcP 200 (2000), 45, 70; Lieb, AcP 183 (1983), 327, 358f.; Kuntz, AcP 209 (2009), 242, 259; Hönn, Kompensation gestörter Vertragsparität, S. 149; CoesterWaltjen, AcP 190 (1990), 1, 25; Leyens/Schäfer, AcP 210 (2010), 771, 783f. und 790; Habersack, Vertragsfreiheit und Drittinteressen, S. 106; Dauner-Lieb/Axer, ZIP 2010, 309, 313; Stoffels, AGB-Recht, § 5 Rn. 83; Gottschalk, AcP 206 (2006), 555, 560; Basedow, in: MünchKommBGB, Vor § 305 Rn. 5; Beimowski, Zur ökonomischen Analyse Allgemeiner Geschäftsbedingungen, S. 15; Wurmnest, in: MünchKommBGB, § 307 Rn. 41. 218 Leuschner, JZ 2010, 875, 879; Hönn, Kompensation gestörter Vertragsparität, S. 150; Habersack, Vertragsfreiheit und Drittinteressen, S. 107. I. E., siehe auch Schlosser, in: Staudinger, Vorbem. zu §§ 305ff. Rn. 4. 219 Leuschner, JZ 2010, 875, 879; Kötz, JuS 2003, 209, 212; Wolf/Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 47 Rn. 4; Köndgen, NJW 1989, 943, 947; Kessel/Stomps, BB 2009, 2666, 2669. 220 Leuschner, JZ 2010, 875, 879; Kötz, JuS 2003, 209, 211; Adams, BB 1989, 781, 783f.; Basedow, in: MünchKommBGB, Vor § 305 Rn. 5; Schlösser, JURA 2008, 81, 82; Schlosser, in: Staudinger, Vorbem. zu §§ 305ff. Rn. 4; Dauner-Lieb, AnwBl 2013, 845, 847.

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Grundlagen

was den Inhalt der AGB angeht.221 Der Vertragspartner, der sich bei Rechtsgeschäften des alltäglichen Lebens zunächst mit sämtlichen AGB auseinandersetzen würde, z. B. bei der Einfahrt in ein Parkhaus, würde ökonomisch gesehen falsch handeln.222 Die Rechtsordnung sanktioniert das Handeln in bewusster Unkenntnis jedoch in der Regel mit Rechtsgültigkeit sowie Unanfechtbarkeit.223 Wer AGB ungelesen akzeptiert, hat unter dieser Perspektive nur dann ein Anfechtungsrecht, wenn er beweist, dass er sich falsche inhaltliche Vorstellungen über die AGB gemacht hat.224 Auch wenn eine Divergenz zwischen den Rechtsfolgen bestünde (Nichtigkeit des gesamten Vertrages im Gegensatz zur Nichtigkeit der unwirksamen Klausel), widerspräche eine Inhaltskontrolle ungelesener AGB grundsätzlich diesem Prinzip der Selbstverantwortung.225 Konsequenterweise müsste dann eine Kenntnisnahmemöglichkeit von AGB in der Regel und unabhängig von den Transaktionskosten angenommen werden. Deshalb bedarf die Ausnahme von diesem Grundsatz der Begründung: Die tatsächliche Ausübung der Möglichkeit des Lesens und Abänderns wird durch hohe Transaktionskosten sowie die Rationalisierungsmotivation des Verwenders und der damit einher221 Eidenmüller, JZ 2005, 216, 222; Koller, in: Festschrift für Ernst Steindorff, 667, 669f.; Wackerbarth, AcP 200 (2000), 45, 70; Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. 554; Becker, JZ 2010, 1098, 1106; Stoffels, AGB-Recht, § 5 Rn. 83; Stoffels, in: Habersack/Mülbert/Nobbe/Wittig, Schriftenreihe der Bankrechtlichen Vereinigung, Band 31, Anlegerschutz im Wertpapiergeschäft AGB in der Kreditwirtschaft, Bankrechtstag 2010, 89, 110. 222 Siehe dazu die Aussage von Richter Lord Denning im englischen contract law case, Thornton v. Shoe Lane Parking Ltd., (1971) 2 Q.B. 163, 169: »No costumer in a thousand ever read the conditions (on the back of a parking lot ticket). If he had stopped to do so, he would have missed the train or the boat.« Darauf nehmen auch Rösler, RabelsZ 73 (2009), 889, 900 und Wolf/Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 10 Rn. 67, Bezug. Ebenso die Irrationalität hervorhebend Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. 554. Ein anderes Beispiel ist nach Basedow, in: MünchKommBGB, Vor § 305 Rn. 5 die Verhandlung um die Übernahme von Kosten der Rücksendung eines defekten Staubsaugers beim Kauf. 223 BGH, DB 1967, 2115; BGH, WM 1956, 316, 317; BGH, NJW 1951, 705; LG Köln, VersR 2000, 243, 244; Ellenberger, in: Palandt, § 119 Rn. 9; Armbrüster, in: MünchKommBGB, § 119 Rn. 50; Wackerbarth, AcP 200 (2000), 45, 78; Loewenheim, AcP 180 (1980), 433, 444; Locher, BB 1981, 818, 819. 224 Ellenberger, in: Palandt, § 119 Rn. 9; Loewenheim, AcP 180 (1980), 433, 445; mit Verweis auf die erfolgte Selbstbestimmung: Hönn, Kompensation gestörter Vertragsparität, S. 150f. 225 Nach Wolf, Rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit und vertraglicher Interessenausgleich, S. 81, genügt die »bloße Möglichkeit der selbstbestimmten Vertragsgestaltung« für die Zurechenbarkeit einer rechtsgeschäftlichen Handlung. Ob der Vertragspartner von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, sei ihm überlassen, Wolf, a. a. O. Kritik hat die Kombination aus Möglichkeit und Zurechenbarkeit von Hönn, Kompensation gestörter Vertragsparität, S. 97 erfahren. Dieser stellt fest, dass derjenige »der ohne unterlegen zu sein, einen ungünstigen Vertrag schließt, […] nicht nur die Möglichkeit zur Selbstbestimmung [hatte]«, sondern auch in dieser handelt.

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gehenden fehlenden Dispositionsmöglichkeit beeinträchtigt. Beispielsweise kann im genannten Parkhaus-Fall nicht mit dem Automaten oder dem Parkhauswächter verhandelt werden.226 Im elektronischen Geschäftsverkehr gibt es lediglich die Möglichkeit, das Kreuzchen bei »Ich habe die AGB gelesen und akzeptiere sie« zu machen oder der Vertragsschluss findet nicht statt. Welcher Vertragspartner schickt schon eine E-Mail mit Änderungswünschen an den großen Onlinehändler? Eine solche Aktion wird mit Blick auf das vermutliche Ergebnis (keine Antwort) und die notwendigen Transaktionskosten als sinnlos angesehen und in der Regel unterlassen. Ebenso verhält es sich an der Garderobe:227 Die kurzen AGB können hier zwar gelesen werden, aber eine Abänderung würde Transaktionskosten verursachen, die in keinem Verhältnis zum Ertrag stünden, da sich der Veranstalter ohnehin nicht auf Verhandlungen einlassen wird.228 Dementsprechend ist die Einschätzung Wackerbarths, dass hier aufgrund von Nachlässigkeit keine Inhaltskontrolle eingreifen sollte, nicht gerechtfertigt.229 Denn im Rahmen seiner Bewertung lässt er unberücksichtigt, dass nicht nur »Nachlässigkeit« ein Grund für das Nichtlesen ist. Stattdessen spielt der Umstand, dass »Allgemeine Geschäftsbedingungen so weitgehend üblich geworden sind und man weiß, daß auf dem Verhandlungswege gegen diese wenig zu erreichen ist«230, eine erhebliche Rolle. Hinzu kommt die Möglichkeit der Fehleinschätzung der eigenen Beurteilungsfähigkeit von Risiken (overconfidence bias).231 Die betreffende Klausel muss im Zusammenhang mit anderen rechtlichen Regelungen betrachtet werden, um ihr Risiko vollständig zu bewerten232 – doch hierzu ist der Vertragspartner im b2c-Verkehr in der Regel 226 Ebenso kritisch Canaris, AcP 200 (2000), 273, 322. 227 Dieses Beispiel führt auch Hellwege, Allgemeine Geschäftsbedingungen, S. 560 an, der damit allerdings den ökonomischen Ansatz kritisiert, da dieser bei Ein-Klausel-AGB lediglich die Aussichtslosigkeit der Verhandlungen und nicht den weiteren Umstand des Gedankens »es werde schon nichts passieren« berücksichtige. Nach Hellwege, a. a. O. sei somit ein Rosinenpicken zur Meinungsbegründung seitens der Vertreter des ökonomischen Ansatzes zu beobachten. Stattdessen sieht er die wirtschaftliche Unterlegenheit als Grund für die fehlende Möglichkeit des Wegverhandelns. Auch wenn in diesen Ein-KlauselAGB zwar, wie Hellwege, a. a. O., S. 561 ausführt, tatsächlich nicht von einer Informationsasymmetrie gesprochen werden kann, besteht dennoch eine Transaktionskostenasymmetrie. Daraus kann geschlossen werden, dass aus einer Transaktionskostenasymmetrie nicht zwangsläufig eine Informationsasymmetrie, in der Regel aber eine organisatorische Unterlegenheit resultiert, die dann die Kontrolle der AGB rechtfertigt. 228 Dieses Ergebnis wird auch von Hellwege, Allgemeine Geschäftsbedingungen, S. 560 angesprochen, aber mit einer etwas anderen Intention (siehe dazu die vorherige Fußnote). 229 Wackerbarth, AcP 200 (2000), 45, 83. 230 Fastrich, Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht, S. 85f. 231 Eidenmüller, JZ 2005, 216, 223. Zur overconfidence bias, losgelöst vom AGB-Recht, Fleischer, in: Festschrift für Ulrich Immenga, 575, 577. Zum Bezug zum Kapitalmarktrecht, Fleischer, a. a. O., S. 581. 232 Adams, BB 1989, 781, 784, spricht von einem erforderlichen Systemverständnis; zustim-

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Grundlagen

nicht in der Lage. Die Bewertung durch einen Rechtsanwalt wäre mit hohen Kosten verbunden und in der konkreten Abschlusssituation in Alltagsgeschäften erstens nicht möglich und zweitens schlichtweg unangebracht. Die Verwendung von AGB provoziert somit den Verzicht auf die materiale Entscheidungsfreiheit. Es liegt jedoch kein zurechenbarer Verzicht im Sinne der Irrtumsregeln vor, sondern ein rationaler Verzicht.233 Dieser rechtfertigt es, eine vom Grundsatz abweichende Bewertung vorzunehmen.234 Durch den Rationalisierungseffekt erscheint der Verwender zugleich nicht schutzwürdig, da er von einem ökonomischen Handeln des Vertragspartners ausgeht und durch die Verwendung der AGB die Ursache des Defekts bildet.235 2. Überindividuelle Gefährdungslage Überindividuell kann es durch die prohibitiven Transaktionskosten zu einem Marktversagen kommen.236 Das rationale Unwissen führt dazu, dass der Verwender seiner Schiedsrichterfunktion im Wettbewerb nicht mehr nachkommen kann und es dadurch zum sog. race to the bottom kommt, aus dem wiederum ein Marktversagen folgt.237 Dazu ist der von Akerlof238 anhand des Gebrauchtwagenhandels aufgezeigte Prozess der adversen Selektion auf AGB zu übertragen: In der optimalen Situation des homo oeconomicus ohne Transaktionskosten hat der informierte Vertragspartner die Wahl zwischen dem Vertragsschluss samt Analyse der AGB sowie dem Nichtabschluss und dem Ausweichen auf ein

233

234 235 236 237 238

mend Koller, in: Festschrift für Ernst Steindorff, 667, 669; ähnlich auch Wackerbarth, AcP 200 (2000), 45, 70; Lieb, AcP 178 (1978), 196, 202. I. E. auch Lindacher, JZ 1981, 132; Lieb, AcP 178 (1978), 196, 202; Hönn, Kompensation gestörter Vertragsparität, S. 151, der in der Verwendung von AGB das Signal der Sinnlosigkeit von Verhandlungen sieht; Flume, in: Festschrift zum hundertjährigen Bestehen des Deutschen Juristentages 1860–1960, Band 1, 135, 167, in Erwiderung auf Krause, BB 1955, 265, 267, der bei Nichtwollen der Geltung von AGB die Obliegenheit des Widerspruchs der Verwendergegenseite sieht. Die Schuldlosigkeit im Rahmen des Unterlegenheitsansatzes anführend: G. Stein, Die Inhaltskontrolle vorformulierter Verträge des allgemeinen Privatrechts, S. 41. Kritisch hingegen Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 338f., für den ohne Kenntnisnahme keine Grundlage für eine Kosten-NutzenAnalyse besteht. Siehe Habersack, Vertragsfreiheit und Drittinteressen, S. 108f. I. E. sieht auch Lieb, AcP 178 (1978), 196, 202, in dem rationalen Unwissen »unter dem Aspekt der Selbstverantwortung [keine] Unaufmerksamkeit und damit Pflichtwidrigkeit.« Wackerbarth, AcP 200 (2000), 45, 79; Habersack, Vertragsfreiheit und Drittinteressen, S. 109. Für den Tatbestand des § 138 Abs. 2 BGB: Canaris, AcP 200 (2000), 273, 297. Nach Kieninger, AnwBl 2012, 301, 302, rechtfertigt dieses Marktversagen den staatlichen Eingriff in die Privatautonomie. Köndgen, NJW 1989, 943, 950; Adams, BB 1989, 781, 784; Wackerbarth, AcP 200 (2000), 45, 70; Stoffels, AGB-Recht, § 5 Rn. 86; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Vorb. v. § 307 Rn. 34. Akerlof, The Quarterly Journal of Economics 84 (1970), 488ff.

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Konkurrenzprodukt.239 Der analysierende Vertragspartner steht nun in der Position, die AGB eines Unternehmens als schlecht anzusehen und somit seiner Schiedsrichterfunktion gerecht zu werden – er zeigt diesem Unternehmen die Rote Karte. Damit es konkurrenzfähig bleibt, müsste es die AGB kundenfreundlicher ausgestalten. Es entwickelt sich ein Wettbewerb um die besseren AGB und damit eine Selbstregulierung des Marktes. Nach diesem Modell bedürfte es somit keiner Inhaltskontrolle.240 Dieser Konditionenwettbewerb besteht in tatsächlicher Hinsicht jedoch nicht: Vor dem Hintergrund der Transaktionskosten und unbewusst dem Gedanken folgend »wird schon stimmen«, »sind ja überall dieselben« oder »kann ich sowieso nicht ändern«, liest der Kunde die AGB der Unternehmen nicht.241 Der Kostenaufwand des Verstehens wäre höher als die Hinnahme einzelner Nachteile durch die ungelesenen AGB.242 Sollte der Vertragspartner doch einen Blick auf die AGB werfen, wird er sich vermutlich auf Merkmale wie (versteckte) Kosten beschränken, aber kaum jede Klausel auf ihre rechtliche Wirksamkeit sowie auf ihre Rechtsfolge hin überprüfen. Seine Entscheidung ist vielmehr abhängig vom Preis, von der Werbung sowie vom Goodwill einer Marke (im Sinne des Vertrauensvorschusses, den ein Verbraucher einer Marke ohne Test des konkreten Produkts entgegenbringt).243 Diese Eingrenzung der Entscheidungsfaktoren hat die Behavioral Law and Economics Forschung herausgestellt.244 Dem Menschen ist es danach nur in begrenztem Umfang möglich, Informationen aufzunehmen;245 bei wachsender Informationsquantität leidet die Verarbeitungsqualität und damit die Entscheidungsfindung.246 Das menschliche Gehirn ist mit der Verarbeitung der Informationen schlicht überfordert. Dem information overload wird dann mit einer selektiven Wahrnehmung der Informationen begegnet.247 Die Aufnahme 239 Leuschner, JZ 2010, 875, 879. 240 Gessner, in: Festschrift für Peter Derleder, 101, 103. 241 Laut Koller, in: Festschrift für Ernst Steindorff, 667, 670, ist dies aufgrund der Inhaltskontrolle die einzig ökonomisch rationale Handlung der Verwendergegenseite. 242 Frey, ZIP 1993, 572, 576. 243 Frey, ZIP 1993, 572, 573. Das Preis-Leistungs-Verhältnis als maßgeblich ansehend: Koch, BB 2010, 1810, 1812. Auf Preis und Qualität des Angebots stellen Grüneberg, in: Palandt, Überbl. v § 305 Rn. 6; Becker, JZ 2010, 1098, 1106; Stoffels, AGB-Recht, § 5 Rn. 86; Canaris, AcP 200 (2000), 273, 323; Gottschalk, AcP 206 (2006), 555, 560; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/ Hensen, AGB-Recht, Vorb. v. § 307 Rn. 33, ab. 244 Vgl. zum Kapitalmarktrecht Möllers/Kernchen, ZGR 2011, 1ff.; Eidenmüller, JZ 2005, 216ff. 245 Möllers/Kernchen, ZGR 2011, 1, 8; Gessner, in: Festschrift für Peter Derleder, 101, 105f.; Steinbeck/Lachenmaier, NJW 2014, 2086, 2088. 246 Möllers/Kernchen, ZGR 2011, 1, 9; Gessner, in: Festschrift für Peter Derleder, 101, 106; Eidenmüller, JZ 2005, 216, 218; Fleischer, in: Festschrift für Ulrich Immenga, 575, 576; Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, S. 115; Fleischer, ZEuP 2000, S. 772, 788; Kind, Die Grenzen des Verbraucherschutzes durch Information – aufgezeigt am Teilzeitwohnrechtegesetz, S. 467ff. 247 Möllers/Kernchen, ZGR 2011, 1, 10; Eidenmüller, JZ 2005, 216, 218.

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Grundlagen

oder Ignoranz der Information hängt von der Ausgestaltung (farbliche Darstellung oder sonstige Kenntlichmachung wichtiger Punkte), der Auffälligkeit in Bezug auf mediale Sensibilität (z. B. Werbung) sowie der Bewertung der hypothetischen Transaktionskosten ab.248 Sind im Rahmen der selektiven Entscheidungsfindung Preis und Qualität des Produkts das Hauptkriterium, besteht die Schiedsrichterfunktion hinsichtlich der AGB faktisch nicht. »Gute«, innovative und kundenfreundliche AGB schlagen sich im Preis nieder.249 Aus Unkenntnis entscheidet sich der Kunde jedoch gegen für ihn vorteilhaftere AGB und wendet sich schlechteren zu.250 Aufgrund der mangelnden Differenzierung ist es dem Hersteller von schlechter Qualität möglich, sein Produkt zum selben Preis wie dem eines guten Produkts anzubieten251 – er erhöht somit seine Gewinnmarge.252 Um im Wettbewerb konkurrieren zu können, leiden in der Folge die AGB des ehemals kundenfreundlichen Unternehmens, sodass das race to the bottom der AGB ausgelöst wird, bis schließlich nur noch »schlechte« AGB auf dem Markt zu finden sind und der Punkt des Marktversagens eingetreten ist.253 Weitere Einschränkungen des freien Wettbewerbs liegen in der Verwendung von VerbandsAGB oder der Nutzung von AGB in Monopolmärkten.254 Auch in diesen Fällen fehlt es der Verwendergegenseite an Alternativen.255

II.

Ergebnis

Das Erfordernis einer Inhaltskontrolle von AGB ist auf die durch organisatorische Unterlegenheit entstehende Transaktionskostenasymmetrie zurückzuführen. Sie ist der Hintergrund, warum der Vertragspartner die AGB nicht liest; vor allem hat er keine Möglichkeit zum Wegverhandeln der AGB. In überindividueller Hinsicht entsteht aus der auf rationalem Unwissen beruhenden Informationsasymmetrie die Folgeproblematik des Marktversagens.256 Dessen Kom248 Möllers/Kernchen, ZGR 2011, 1, 10f.; Gessner, in: Festschrift für Peter Derleder, 101, 106. 249 Adams, BB 1989, 781, 784; Adams, Ökonomische Theorie des Rechts, S. 127; Wackerbarth, AcP 200 (2000), 45, 70. 250 Kötz, JuS 2003, 209, 211; Frey, ZIP 1993, 572, 573; Adams, BB 1989, 781, 784; Kuntz, AcP 209 (2009), 242, 257. 251 Adams, Ökonomische Theorie des Rechts, S. 128. 252 Adams, Ökonomische Theorie des Rechts, S. 128. 253 Kötz, JuS 2003, 209, 213; Frey, ZIP 1993, 572, 573; Adams, BB 1989, 781, 784; Wackerbarth, AcP 200 (2000), 45, 70; Coester-Waltjen, AcP 190 (1990), 1, 25; Leyens/Schäfer, AcP 210 (2010), 771, 784 und 788; Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. 371f.; Schäfer, in: Festschrift für Claus Ott, 279, 298f.; Akerlof, The Quarterly Journal of Economics 84 (1970), 490ff. 254 Wolf/Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 47 Rn. 4. 255 Wolf/Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 47 Rn. 4. 256 Wolf/Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 47 Rn. 4; Köndgen, NJW 1989, 943, 946.

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pensation ist erforderlich, da die Funktionsvoraussetzung für die Ordnungskraft von Vertrag und Wettbewerb sonst entfällt.257 Es kommt nicht nur zu einer ineffizienten Güterallokation, sondern auch zu einem Mangel an materialer Entscheidungsfreiheit aufgrund fehlender Alternativen.258 Um dem Marktversagen entgegenzuwirken und den Vertragspartner individuell zu schützen, wird durch Beschränkung der Privatautonomie mittels der AGB-Kontrolle eine Mindestqualität von AGB geschaffen.259 Nutzen die Verwender das rationale Unwissen der Vertragspartner aus, um Geschäftsrisiken auf diese abzuwälzen und unterschreiten sie damit die gesetzlich gesicherte Mindestqualität, greift die Rechtsfolge der Nichtigkeit der Regelung nach § 306 Abs. 1 BGB, sodass unangemessene Klauseln eliminiert werden.260 257 Rösler, RabelsZ 73 (2009), 889, 899; Böhm, Die Ordnung der Wirtschaft als geschichtliche Aufgabe und rechtsschöpferische Leistung, S. 105f. 258 Renner, AcP 213 (2013), 677, 716. 259 Kötz, JuS 2003, 209, 213; Wolf/Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 47 Rn. 4; Adams, BB 1989, 781, 787. Entgegen Hellwege, Allgemeine Geschäftsbedingungen, S. 590f. (siehe dazu auch dessen Herleitung auf S. 563ff.) ist jedoch keine Differenzierung zwischen zwei Konzepten der Inhaltskontrolle vorzunehmen; vielmehr ist die Inhaltskontrolle einheitlich mit der Basis der Transaktionskostenasymmetrie zu verstehen. 260 Kötz, JuS 2003, 209, 213; ähnlich Adams, BB 1989, 781, 787. Zur Risikoabwälzungsfunktion von AGB siehe auch Schmidt, NJW 1987, 929, 931; Grüneberg, in: Palandt, Überbl. v § 305 Rn. 6; Stoffels, AGB-Recht, § 4 Rn. 72–75. Der Vertragspartner kann sodann ohne Kenntnisnahme von den AGB davon ausgehen, dass diese rechtsgültig sind, siehe Koller, in Festschrift für Ernst Steindorff, 667, 670. Praktische Folge wäre, dass die Gerichte bei der Inhaltskontrolle danach fragen müssten, ob die Klausel von der in einer Welt ohne Transaktionskosten hypothetisch ausgehandelten Klausel zum Nachteil des Vertragspartners unangemessen abgewichen wäre oder ein angemessener Interessenausgleich erreicht wurde, siehe dazu Kötz, JuS 2003, 209, 213; Kuntz, AcP 209 (2009), 242, 261; Schlösser, JURA 2008, 81, 82; Wurmnest, in: MünchKommBGB, § 307 Rn. 41. Kritisch hinsichtlich der Praktikabilität Renner, AcP 213 (2013), 677, 688, Posner, Economic Analysis of Law, § 4.1 S. 96. Renner sieht, Bezug nehmend auf Gronevetter, American Journal of Sociology 91 (1985), 487ff., das Problem in der Praktikabilität der Untersuchung, also in der Frage, welches Vertragsergebnis bei funktionierendem Wettbewerb zustande gekommen wäre. Dazu führt er an, dass sich die Vertragsparteien auch bei eingeschränktem Wettbewerb oft so wie bei funktionierendem Wettbewerb verhalten würden, da rechtsgeschäftliches Handeln nicht ausschließlich rational sei, sondern im konkreten Handlungskontext von vielen externen Faktoren abhängen könne, Renner, a. a. O. Teilweise wird als Ergebnis dieser Überlegungen eine vollkommene ökonomische Lösung vorgeschlagen, sodass es auf die Frage ankomme, wer das Risiko mit geringeren Kosten abwenden oder versichern könne (cheapest cost avoider) und bei welcher Regelung eine Pareto-Effizienz eintrete; zu dieser Ansicht siehe Kötz, JuS 2003, 209, 214; Kuntz, AcP 209 (2009), 242, 261; Schlösser, JURA 2008, 81, 82; Wurmnest, in: MünchKommBGB, § 307 Rn. 42; Posner, Economic Analysis of Law, § 4.1 S. 96. Siehe auch Leyens/Schäfer, AcP 210 (2010), 771, 780f., die darauf hinweisen, dass sich auf einem Wettbewerbsmarkt mit voll informierten Vertragspartnern der Markt immer zu einem stabilen Nash-Gleichgewicht hin entwickeln wird; dieses stelle das Prinzip des cheapest cost avoiders dar (S. 780). Jede Abweichung von ihm würde für den Verwender zu erhöhten Kosten und zu einer Reduzierung der Gewinnmöglichkeit führen (S. 781).

58 C.

Grundlagen

§ 307 Abs. 3 BGB

Der Inhaltskontrolle ist die Prüfung der Kontrollfähigkeit nach § 307 Abs. 3 BGB vorgeschaltet. Nach § 307 Abs. 3 BGB gilt die Inhaltskontrolle lediglich dort, wo AGB dazu dienen, von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen zu treffen. Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zum AGBG sind sowohl Leistungsbeschreibungen und Entgeltfestlegungen als auch rein deklaratorische Wiedergaben des Gesetzestextes von der Inhaltskontrolle ausgenommen.261 Durch die Kontrollschranke des § 307 Abs. 3 BGB wird den Gerichten die Möglichkeit entzogen, Preise und Leistungsangebote zu kontrollieren oder Vorschriften anderer Gesetze zu modifizieren.262 Von § 307 Abs. 3 S. 1 BGB werden nach ständiger Rechtsprechung lediglich Preishauptabreden erfasst.263 Somit ist im Hinblick auf die Kontrollfähigkeit von Preisklauseln nach §§ 307ff. BGB zwischen Preishaupt- und Preisnebenabreden zu differenzieren. I.

Differenzierung zwischen Preishauptabreden und Preisnebenabreden

1. Preishauptabreden Preishauptabreden bestimmen unmittelbar das Ob, die Art und den Umfang der vertraglich geschuldeten Gegenleistung für die vertragliche Hauptleistung.264 Die bloße Bestimmbarkeit genügt grundsätzlich nicht, es sei denn, die Festlegung des Preises ist zwingend von zukünftigen Ereignissen abhängig.265 Die angemessene Preishöhe (iustum pretium) ist von der Kontrolle ausgeschlossen –

261 262

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264 265

Ebenso Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. 374. Zur Pareto-Effizienz siehe Posner, Economic Analysis of Law, § 1.2 S. 12f. BT-Drucksache 7/3919 S. 22. BT-Drucksache 7/3919 S. 22. Noch deutlicher wird die Richtlinie 93/13/EWG: Nach Art. 4 Abs. 2 betrifft die Beurteilung der Missbräuchlichkeit der Klauseln weder den Hauptgegenstand des Vertrages noch die Angemessenheit zwischen Preis bzw. Entgelt und den Dienstleistungen bzw. Gütern, die die Gegenleistung darstellen, sofern diese Klauseln klar und verständlich abgefasst sind. Siehe dazu die ständige Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats in: BGH, ZIP 2015, 979, 980; BGH, WM 2015, 299, 300f.; BGH, NJW 2014, 209, 210; BGH, NJW 2014, 2708, 2709; BGH, NJW 2010, 2789, 2790; BGH, NJW 2010, 993, 994; BGH, NJW 2007, 1054, 1055; BGH, NJWRR 2005, 1717. Ebenso die ständige Rechtsprechung des XI. Zivilsenats BGH, NJW 2012, 2337, 2340; BGH, NJW 2011, 1801, 1802f.; BGH, NJW 2010, 1742; BGH, NJW 2009, 2051, 2052; BGH, NJW 2000, 651; BGH, NJW 1997, 2752, 2752f.; BGH, NJW 1994, 318. Für den III. Zivilsenat, siehe BGH, NJW 2008, 360, 361; BGH, NJW-RR 2008, 134, 135; BGH, NJW 1989, 222, 223. Für den V. Zivilsenat, siehe BGH, NJW 2001, 2399, 2401. Zustimmend u. a. Graf von Westphalen, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 707, 709; Thomas, AcP 209 (2009), 84, 91; Wurmnest, in: MünchKommBGB, § 307 Rn. 16. BGH, WM 2015, 299, 300. Paulusch, WM 1986, Sonderbeilage Nr. 10, S. 20; H. Schmidt, in: Bamberger/Roth, BGB, § 307 Rn. 83, der wohl generell die Bestimmbarkeit ausreichen lässt.

Grundsätze der AGB-Kontrolle nach §§ 307ff. BGB

59

und dies unabhängig davon, ob es sich um einen Teilpreis, den Gesamtpreis oder einzelne preisbildende Faktoren handelt.266 Auch wenn der Preis nicht von den Vertragsparteien ausgehandelt wurde, werden diese als wirtschaftlich denkende Handelspartner ihr Augenmerk auf den Preis als einen der Hauptbeweggründe für ihre Kaufentscheidung bzw. Vertragsunterzeichnung richten.267 Ob der Vertrag zu den in den AGB angegebenen Konditionen abgeschlossen wird, unterliegt im Anschluss an die wirtschaftliche Abwägung der Privatautonomie der Vertragsparteien.268 Transaktionskosten in Bezug auf die Auseinandersetzung mit der Preishauptabrede sind von den Vertragspartnern aufzuwenden, sodass kein rationales Unwissen anzunehmen ist. Dies resultiert aus den Erkenntnissen der Behavioral Law and Economics-Forschung, welche die Informationsaufnahme- und -verarbeitungskapazität zur selektiven Wahrnehmung der Informationen auf den Preis und die Qualität begrenzt.269 Der Unwissende ist nicht schutzbedürftig im Sinne des Schutzzwecks der AGB-Kontrolle. Damit resultiert die Kontrollfreiheit zum einen aus der von der Rechtsordnung erwarteten Fähigkeit, einen Vertrag frei und selbstverantwortlich abschließen zu können (Privatautonomie);270 zum anderen dient die Kontrollschranke der Wahrung marktwirtschaftlicher Prinzipien, indem Bildung und Beurteilung des iustum pretium allein dem Wettbewerb überlassen wird.271 Darüber hinaus sind im deutschen Recht kaum gesetzliche Preisregelungen vorhanden, die dem Richter als Vergleichsmaßstab für eine Inhaltskontrolle dienen könnten.272 Als Beispiel 266 BGH, NJW 1999, 2276, 2277; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 306; Arzt, N& R 2006, 2, 3; Horn, WM 1997, Sonderbeilage Nr. 1, S. 9f. 267 So der Umkehrschluss aus dem vom III. Zivilsenat ausdrücklich angesprochenen Telos von § 8 AGBG (nun: § 307 Abs. 3 BGB) in BGH, NJW 1989, 222, 223 und BGH, NJW 1986, 46: »Das Gesetz geht nämlich davon aus, daß der Durchschnittkunde der Vereinbarung über die Hauptleistung mehr Aufmerksamkeit widmet als den Nebenpunkten«. Siehe auch Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 303. 268 BVerfG, NJW 1986, 722; BVerfG, NJW 1959, 475; BGH, NJW 1999, 2276, 2277; BGH, WM 1990, 1367; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 303; S. Roloff, in: Erman, § 307 Rn. 45; Bruchner/Krepold, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankrechtsHandbuch, Band 1, § 78 Rn. 16; Roller, BKR 2008, 220, 225; Stoffels, JZ 2001, 843, 844 Horn, WM 1997, Sonderbeilage Nr. 1, S. 9, der zu Recht die Grenze des § 138 BGB hervorhebt. 269 Siehe dazu oben S. 55f. 270 Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 303. Eine richterliche Kontrolle besteht nur im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit den guten Sitten, siehe BGH, NJW 1989, 222f. Zur Kontrollfreiheit aufgrund Privatautonomie siehe auch BGH, NJW 2014, 209, 210; BGH, NJW 1997, 2752; BGH, NJW 1994, 318. 271 BGH, NJW 1999, 2276, 2277; Fuchs, in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 BGB Rn. 14; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 303; Bruchner/Krepold, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band 1, § 78 Rn. 16; Horn, WM 1997, Sonderbeilage Nr. 1, S. 9; Roller, BKR 2008, 220, 225. 272 Niebling, BB 1984, 1713, 1716. Die »Inhaltskontrolle bedarf normativer Leitbilder«, siehe Stoffels, in: Habersack/Mülbert/Nobbe/Wittig, Schriftenreihe der Bankrechtlichen Vereinigung, Band 31, Anlegerschutz im Wertpapiergeschäft AGB in der Kreditwirtschaft,

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Grundlagen

können hier die §§ 557ff. BGB im Mietrecht genannt werden. Diese Voraussetzung ist aber zwangsläufig notwendig, wenn man bedenkt, dass die Inhaltskontrolle anhand eines Rechtslagenvergleichs zwischen der Lage mit und ohne der Klausel erfolgt.273 Zu entscheiden, ob der marktwirtschaftlich entwickelte Preis ein gerechter Preis ist, kann damit nicht Aufgabe des Richters im Rahmen der AGB-Kontrolle sein.274 2. Preisnebenabreden Preisnebenabreden haben lediglich mittelbaren Einfluss auf die geschuldete Gegenleistung und bestimmen diese nicht originär.275 Sie modifizieren die ursprüngliche Preisvereinbarung oder konkretisieren diese, indem sie die Berechnung, die Zahlungsart oder die nachträgliche Änderung regeln.276 Beim Fehlen einer wirksamen Preisnebenabrede ist ein Ersatz durch dispositives Gesetzesrecht möglich.277

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Bankrechtstag 2010, 89, 102; S. Roloff, in: Erman, § 307 Rn. 45. Siehe dazu auch die Ausführungen von Canaris zum Unwirksamkeitstest in: WM 1996, 237, 239; Horn, WM 1997, Sonderbeilage Nr. 1, S. 14, der dies aus dem Verhältnis von essentialia negotiii und naturalia negotii schließt: Letztere seien von ersteren abhängig, nicht umgekehrt. Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 115. Zum Rechtslagenvergleich im Rahmen der Inhaltskontrolle siehe auch BGH, NJW 1994, 1069, 1070; Stoffels, AGB-Recht, § 16 Rn. 467; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 98; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 90ff.; von Hoyningen-Huene, Die Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG, S. 68 Rn. 134. Niebling, BB 1984, 1713, 1716 (Fn. 31) beschreibt plastisch: »Der Richter ist keine Preisbehörde!« Eine Kontrolle kann dieser Preis lediglich durch die Kartellbehörden erfahren. Im Rahmen der Art. 101ff. AEUV sowie §§ 1f. und 18ff. GWB überprüfen die Kartellbehörden, ob der Preis tatsächlich unter Wettbewerbsbedingungen gebildet wurde oder ob die Preisbildung durch Vereinbarungen zwischen Unternehmen oder durch Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung beeinflusst wurde. Zur ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung siehe BGH, WM 2015, 299, 300f.; BGH, NJW 2014, 209, 210; BGH, NJW 2014, 2708, 2709; BGH, NJW 2010, 2789, 2790; BGH, NJW 2010, 1742; BGH, NJW 2010, 993, 994; BGH, NJW 2007, 1054, 1055; BGH, NJW-RR 2005, 1717; BGH, NJW 2001, 2399, 2401; BGH, NJW 1997, 2752, 2752f.; BGH, NJW 1994, 318; BGH, NJW 1989, 222, 223. In der Literatur siehe Wurmnest, in: MünchKommBGB, § 307 Rn. 16; Grün/Ostendorf, BB 2014, 259, 260; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 323. Hilber, BB 2011, 2691, 2694; Langenbucher, BKR 2005, 134, 136; H. Schmidt, in: Bamberger/ Roth, BGB, § 307 Rn. 84; Paulusch, WM 1986, Sonderbeilage Nr. 10, S. 20; Niebling, BB 1984, 1713, 1717. Den echten Preisnebenabreden (sekundäre Entgeltbestimmungen) fehlt es an einer eigenständigen Regelung von »Ob und Umfang des Entgelts«, davon sind auch Preisanpassungsklauseln erfasst, siehe Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 76 und ähnlich Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 323f. So die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung. Zur Rechtsprechung des VIII. Zivilsenat siehe BGH, WM 2015, 299, 300f.; BGH, NJW 2014, 209, 210; BGH, NJW 2014, 2708, 2709; BGH, NJW 2010, 2789, 2790; BGH, NJW 2010, 993, 994; BGH, NJW 2007, 1054, 1055; BGH, NJW-RR 2005, 1717. Zur Rechtsprechung des XI. Zivilsenats, siehe BGH, NJW 2000, 651; BGH, NJW 1997, 2752, 2752f.; BGH, NJW 1994, 318. Für den III. Zivilsenat, siehe BGH,

Grundsätze der AGB-Kontrolle nach §§ 307ff. BGB

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a)

Begründung der Kontrollfähigkeit aufgrund der Bindung an den Ausgangspreis Das Hauptargument für die Kontrollfähigkeit von Preisnebenabreden ist, dass das dispositive Recht von der Bindung an den vereinbarten Preis ausgehe.278 Für diese Einordnung spricht bereits die Regelung des § 311 Abs. 1 BGB, nach der Änderungen des Schuldverhältnisses nur durch einen Abänderungsvertrag vorgenommen werden können. Die Anpassungsfunktion einer Preisklausel legt – unabhängig von ihrer Ausgestaltung mit oder ohne Anpassungsautomatik – den Preis nicht fest, sondern regelt lediglich die Zahlungsmodalitäten oder enthält die Preisbestimmung ergänzende Modifikationen.279 Damit weichen Preisanpassungsklauseln vom Grundsatz der Bindung an den vereinbarten Preis ab und überspringen somit die Hürde des § 307 Abs. 3 S. 1 BGB.280 Zudem wird von den Vertretern dieser Ansicht angeführt, dass der Gesetzgeber in der Regelung von § 309 Nr. 1 BGB die Wertung zum Ausdruck gebracht habe, dass Preisnebenabreden der AGB-Kontrolle unterliegen und nicht uneingeschränkt verwendbar sind.281 Der Gesetzgeber begründet diese Wertentscheidung folgendermaßen: »Vertragsbestimmungen, die bei gleichbleibenden Leistungen eine Erhöhung des zunächst vereinbarten Entgeltes vorsehen, ermöglichen entgegen dem Grundgedanken des ›pacta sunt servanda‹ einen nachträglichen einseitigen Eingriff in das ursprüngliche Verhältnis von Leistung und Gegenleistung. Der zahlungspflichtige Vertragsteil wird damit einem besonderen Risiko ausgesetzt. Hinzu kommt, daß die Möglichkeit nachträglicher einseitiger Preiserhöhung den Wert von Preisvergleichen bei Vertragsschluß relativiert und damit eine wesentliche Voraussetzung fu¨ r das Funktionieren des Wettbewerbs beseitigt. Zum individuellen und kollektiven Schutz der Verbraucher ist deshalb eine die Wirkung der Vorschriften der Verordnung u¨ ber Preis-

278

279 280 281

NJW 1989, 222, 223. Siehe auch die Rechtsprechung des V. Zivilsenats in BGH, NJW 2001, 2399, 2401. Darin ist nach Thüsing, in: Graf von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Preis – Preisnebenabrede Rn 13, der Kernpunkt hinsichtlich der Kontrollfähigkeitsfrage zu sehen. Ähnlich Graf von Westphalen, in: Graf von Westphalen/ Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Preisanpassungsklauseln Rn. 20; Kunth/ Tüngler, RdE 2006, 257, 258. BGH, WM 2015, 299, 301; BGH, NJW 1985, 853; Schwarz, Der variable Zins, S. 63; Paulusch, in: Heinrichs, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55, 64; Graf von Westphalen, in: Graf von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Preisanpassungsklauseln Rn. 22; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 324. BGH, WM 2015, 299, 301; Thomas, AcP 209 (2009), 84, 91. BGH, WM 2015, 299, 301; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 324. Hilber, BB 2011, 2691, 2694; Beckmann, in: Bruck/Möller, Versicherungsvertragsgesetz, Band 2, § 40 Rn. 32; Beckmann, Die Zulässigkeit von Preis- und Prämienanpassungsklauseln nach dem AGB-Gesetz, S. 30; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 87. Zu § 11 Nr. 1 AGBG: BGH, NJW 1985, 853; Schwarz, Der variable Zins, S. 63.

62

Grundlagen

angaben ergänzende Einschränkung der Zulässigkeit von Preiserhöhungsklauseln notwendig.«282

Dieser gesetzlichen Wertung ist zuzustimmen: Die Hauptleistung modifizierende Regelungen würden die Erhaltung des vereinbarten Vertragsgefüges erheblich gefährden.283 Insbesondere bestünde die Gefahr sog. Lockvogelangebote, mit denen die Verwender den Vertragspartner zunächst zum Vertragsschluss bewegen und den Vertrag über die Preisnebenabrede nachträglich wirtschaftlich werden lassen. Ein Vertragspartner, der ein günstiges Angebot annimmt, darf aber grundsätzlich auf die Beständigkeit des anfänglichen PreisLeistungsverhältnisses vertrauen.284 Durch die organisatorische Unterlegenheit und die Beschränkung der Informationswahrnehmung auf den günstigen »Lockpreis« besteht die Gefahr einer einseitigen Ausnutzung der Gestaltungsfreiheit. Hinzu kommt, dass zugleich die zweite Handlungsalternative (als Voraussetzung selbstbestimmten Handelns), nämlich die des Wettbewerbs, in mehrfacher Hinsicht gefährdet wird. Diese Gefährdung besteht neben dem im Gesetzentwurf zum AGBG angesprochenen beseitigten Element des Preisvergleichs im race to the bottom – und darin, dass im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen die Etablierung von Marktneulingen verhindert werden kann. Die Marktführer könnten durch unwirtschaftliche Preise den neuen Wettbewerber vom Markt entfernen, um ihre Preise über die Preisnebenabrede später wieder zu erhöhen. Dem liegt der Umstand zugrunde, dass Marktführer sich unwirtschaftliches Handeln durch Quersubventionierungen über einen begrenzten Zeitraum leisten können. b)

Begründung der Kontrollfähigkeit aufgrund der Bindung an das Äquivalenzverhältnis Einen etwas anderen Ansatz verfolgt Langenbucher, die die Differenzierung zwischen Kontrollfähigkeit und Kontrollfreiheit nicht von der Bindung an den Ausgangspreis, sondern von der Bindung an das vereinbarte Äquivalenzverhältnis abhängig macht.285 Jedes Ermessen gefährde das Äquivalenzverhältnis, sei es durch seine Gewährung im Rahmen einer Preisänderungsvorbehaltsklausel oder durch die Verknüpfung mit internen Referenzparametern.286 Die Kontrollfreiheit ergebe sich hingegen für Automatikklauseln, die an einen ex282 BT-Drucksache, 7/3919, S. 27. 283 Paulusch, in: Heinrichs, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55, 64. Den Schutz vor der Verschiebung des Vertragsgefüges kann § 315 Abs. 3 BGB allein nicht erreichen, siehe Schwarz, Der variable Zins, S. 63f. 284 Burck, DB 1978, 1385; Wolf, ZIP 1987, 341, 344. Ähnlich Wolf, in: Hadding/Hopt, Verbraucherkreditrecht, AGB-Gesetz und Kreditwirtschaft, Bankrechtstag 1990, 73, 79. 285 Langenbucher, BKR 2005, 134, 136. 286 Langenbucher, BKR 2005, 134, 137f.

Grundsätze der AGB-Kontrolle nach §§ 307ff. BGB

63

ternen Referenzparameter gebunden sind.287 Ist die Grundannahme noch vertretbar, so hinkt diese Beurteilung jedoch insbesondere im Hinblick auf die Ergebnisse: Zum einen kann das Ermessen auch dem Vertragspartner zum Vorteil gereichen (der Verwender verzichtet aufgrund des Wettbewerbs auf eine Preiserhöhung oder vollzieht diese niedriger als möglich288), zum anderen erschließt sich nicht, warum eine Automatikklausel nicht der Inhaltskontrolle unterzogen werden sollte. Gerade in Bezug auf die Erhaltung des Äquivalenzverhältnisses ergeben sich durch Auswahl und Gewichtung der einzelnen Parameter überprüfungsbedürftige Fragen.289

II.

Differenzierung zwischen Festpreisregelung und Preisberechnung

Zum Teil wird vertreten, die Kontrollfreiheit gelte auch für Vertragsklauseln, die den Preis nicht konkret beziffern, sondern nur Grundsätze der Preisberechnung beschreiben und die Preishöhe nach einer künftig eintretenden Bedingung bestimmen.290 Hilber begründet dies damit, dass das dispositive Recht nicht nur Festpreise, sondern in §§ 315ff. BGB auch die Leistungsbestimmungsrechte nach billigem Ermessen sowie in § 431 BGB und § 631 BGB vereinbarte Preise kenne.291 Daraus schließt er, dass eine Preisanpassung nur dann vom dispositiven Recht abweiche, wenn ein Festpreis vereinbart wurde, der während der Vertragslaufzeit durch Verwendung der Preisanpassungsklausel abgeändert werden soll.292 Sind in den AGB sowohl Preishaupt- als auch Preisnebenabrede enthalten, sei der Vertrag als ein Ganzes zu sehen und somit auch die Preisanpassung in den Grundsatz pacta sunt servanda einbezogen.293 Daran ändere auch § 309 Abs. 1 BGB nichts. Die verwendete Formulierung des »zunächst vereinbarten Entgeltes«294 sei dahingehend auszulegen, dass Festpreise gemeint seien und keine Preisberechnungsklauseln, die bereits den Ausgangspreis über eine Formel berechnen.295 Ein ausreichender Schutz bestehe über das Verbot überraschender Klauseln gemäß § 305c Abs. 1 BGB.296 Dem ist jedoch nicht zuzustimmen. Zum einen sind Preisanpassungsklauseln in Dauerschuldver287 288 289 290 291 292 293

Langenbucher, BKR 2005, 134, 137. Borges, DB 2006, 1199, 1200. Siehe dazu unten S. 170ff. Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 306; Hilber, BB 2011, 2691, 2694. Hilber, BB 2011, 2691, 2694. Hilber, BB 2011, 2691, 2694. Hilber, BB 2011, 2691, 2694; so auch BGH, NJW 1985, 853, 854; Thomas, AcP 209 (2009), 84, 92 (dort Fn. 37). 294 BT-Drucksache, 7/3919, S. 27. 295 Hilber, BB 2011, 2691, 2695. 296 Hilber, BB 2011, 2691, 2695.

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Grundlagen

hältnissen nicht als überraschend einzustufen.297 Zum anderen ist aus der allgemein anerkannten rationalen Unkenntnis abzuleiten, dass auch ein angemessenes äußeres Erscheinungsbild keinen ausreichenden Schutz gewährleisten kann. Für einen Gleichlauf von Festpreisregelungen und Preisberechnungsklauseln könnte hingegen sprechen, dass hinsichtlich bonitätsabhängiger Zinsgleitklauseln vertreten wird, dass sie den Zins für die jeweilige Zinsperiode unmittelbar festlegen und somit kontrollfrei sind.298 Zu beachten ist hier jedoch, dass bei bonitätsabhängigen Zinsgleitklauseln die Anpassungsstufen im Rahmen eines Margengitters bei Vertragsschluss bereits festgelegt sind, sodass nur noch von Stufe zu Stufe angepasst und kein neuer Zinssatz eingeführt wird. Entsprechend würde es bereits an der Übertragbarkeit fehlen. Darüber hinaus ist diese Einschätzung grundlegend in Frage zu stellen: Auch wenn einzelne Zinssätze auf der Rechtsfolgenseite durch das Margengitter festgelegt sind, hat der Verwender auf Tatbestandsseite Beurteilungsspielräume, die einer Kontrolle bedürfen. Schließlich kann er durch die Klausel die Voraussetzungen der Veränderung einer Bonitätsstufe festlegen und an weiche oder harte Parameter koppeln.299 Aufgrund der Automatik wäre der Vertragspartner ohne Inhaltskontrolle schutzlos.300 Da es sich um eine nachträgliche Modifikation des ursprünglichen Preises handelt, erscheint es gerechtfertigt, auf der Ebene des »Ob« der Anpassung die Voraussetzungen der Gitterberechnung (nicht sie selbst) zu kontrollieren.301 Damit bewegt man sich auch auf einer Ebene mit dem XI. Zivilsenat des BGH, der im Rahmen eines Annuitätendarlehens eine Zinsberechnungsklausel ausdrücklich als kontrollfähige Nebenabrede eingestuft hat, da sie den zu zahlenden Zinssatz nachträglich modifiziere.302 Zwei Monate nach dieser Entscheidung hatte der Senat eine variable Zinsklausel im Rahmen eines 297 Lettl, JuS 2001, 559, 561. Für Prämienanpassungsklauseln siehe Beckmann, Die Zulässigkeit von Preis- und Prämienanpassungsklauseln nach dem AGB-Gesetz, S. 24; Beckmann, in: Bruck/Möller, Versicherungsvertragsgesetz, Band 2, § 40 Rn. 30. 298 Rossbach, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1383 Rn. 11.80; Langenbucher, BKR 2005, 134, 137. Mülbert, WM 2004, 1205, 1209f. begründet dies damit, dass bei Vertragsschluss kein Äquivalenzverhältnis festzustellen sei, das als Kontrollmaßstab für § 307 Abs.1 S. 1 BGB dienen könne; vielmehr würden bei der Bindung an Referenzzinsen unterschiedliche Äquivalenzverhältnisse zwischen Leistung und Gegenleistung in Kauf genommen oder sogar bezweckt, Mülbert, a. a. O. Dem stimmt Wittig, ZHR 169 (2005), 212, 240f., zunächst zu, differenziert aber schließlich doch zwischen »Ob« und »Wie« der Anpassung. 299 Von der Linden, WM 2008, 195, 198; Ohletz, BKR 2007, 129, 134. 300 Von der Linden, WM 2008, 195, 198. 301 So auch Wittig, ZHR 169 (2005), 212, 240f. 302 BGH, WM 1991, 1944, 1945; siehe dazu Hensen, in: EWiR 1991, 1145 und Schwintowski, in: Schwintowski, Bankrecht, § 13 Rn. 145; Habersack, WM 2001, 753, 754 und 757; a. A. Polke, Die darlehensvertragliche Umsetzung der Eigenkapitalgrundsätze nach Basel II, S. 191.

Grundsätze der AGB-Kontrolle nach §§ 307ff. BGB

65

Kontokorrentkredits mit Verweis auf § 8 AGBG aus dem Prüfungsbereich des AGBG herausgenommen, lediglich anhand § 138 BGB überprüft und somit die Chance einer AGB-kontrollfreien Gestaltung angedeutet.303 Diese Rechtsprechung muss jedoch seit 2010 als überholt eingestuft werden. Der XI. Zivilsenat kehrte nunmehr zum Ergebnis der Annuitätendarlehensentscheidung zurück und unterstellte in einem Urteil über eine Zinsanpassungsklausel im Passivgeschäft die Entscheidung über das »Ob« der Zinsvariabilität ebenso wie die erstmalige Zinsfestlegung ausschließlich der Privatautonomie.304 Der konkreten Ausgestaltung der Variabilitätsabrede wurde indessen die Kontrollfähigkeit anhand der §§ 307ff. BGB zugesprochen.305 In der Rechtsprechung zu Preisanpassungsklauseln deutete sich ebenfalls die Möglichkeit an, der AGB-Kontrolle durch eine Preisvariabilität zu entgehen. Das LG München I stufte eine Preisberechnungsklausel als Preishauptabrede ein, da sich der Preis von Anfang an aus der Klausel heraus berechne und zu keinem Zeitpunkt ein festgelegter Preis bestehe.306 Damit werde mit jeder Preisneuberechnung der Preis unmittelbar festgelegt.307 Mit folgender Passage aus einem HEL-Urteil vom 24. 03. 2010 lieferte auch der VIII. Zivilsenat einen Anknüpfungspunkt für die Möglichkeit der kontrollfreien Gestaltung von Preisanpassungsklauseln: »Die […] Klausel ist auch nicht deswegen einer Inhaltskontrolle entzogen, weil die feste Arbeitspreisangabe in der Vertragsurkunde mit dem formularmäßigen Hinweis verbunden worden ist, der Preis ändere sich in Abhängigkeit vom Heizölpreis […]. Denn dieser Zusatz ist nicht Bestandteil der unmittelbaren Entgeltabrede mit der Folge, dass der vereinbarte Arbeitspreis von vornherein variabel ausgestaltet wäre.«308

Damit lag es nahe, zukünftige Preisanpassungsklauseln in einer einzigen Klausel als von Beginn an preisvariabel zu stellen. Dafür spricht auch die Formulierung in einem Urteil von 1983:

303 BGH, WM 1991, 179, 181. 304 BGH, NJW 2010, 1742. Zur Kontrollfreiheit des »Ob« der Variabilität und der Kontrollfähigkeit des »Wie« von Zinsanpassungsklauseln siehe auch Servatius, in: Langenbucher/ Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, 35. Kapitel Rn. 309. Auch das OLG Düsseldorf, WM 2004, 319, 321, kam über eine objektive Auslegung zu dem Ergebnis, dass durch die Formulierung »jeweils gültiger Zinssatz« eine Variabilität vereinbart wurde. Wäre es der Parteiwille gewesen, einen Zins festzulegen, hätten die Vertragsparteien diesen entweder beziffern oder auf den »heute gültigen Zinssatz« abstellen können, siehe OLG Düsseldorf, a. a. O. Allerdings wies auch das OLG Düsseldorf schlussendlich auf die Kontrollfähigkeit der Anpassungsmodalitäten (das »Wie«) hin (S. 322f.). 305 BGH, NJW 2010, 1742. 306 LG München I, WuM 2008, 100, 102. 307 LG München I, WuM 2008, 100, 102. 308 BGH, NJW 2010, 2793, 2795. Zur eigentlichen Intention des Urteils siehe unten S. 172ff.

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Grundlagen

»Denn von einer Preisänderung kann nur die Rede sein, wenn zuvor ein bestimmter anderer Preis festgesetzt war.«309

Diese Eröffnung einer Umgehung der Inhaltskontrolle muss jedoch als unbeabsichtigt eingestuft werden. 2014 stellte der VIII. Zivilsenat klar, dass einer vereinbarten Preisberechnungsformel mehrere Funktionen zukommen können, welche bei der Beurteilung der Kontrollfähigkeit einzeln zu bewerten sind.310 Bei der Berechnung des Ausgangspreises trete die Preisfestlegungsfunktion hervor.311 Dieser berechnete Ausgangspreis sei als Preishauptabrede der Inhaltskontrolle entzogen.312 Für zukünftige Preise komme der Berechnungsformel die Funktion der Preisanpassung zu, sodass der Klauselbestandteil, der die Anpassungsvoraussetzungen regelt, als Preisnebenabrede einzustufen sei.313 Sähe man die Preisberechnungsformel als Vereinbarung eines variablen Preises an, bestünde die Gefahr der Umgehung der Inhaltskontrolle.314 Bedenken bezüglich dieses Ergebnisses ergeben sich dahingehend, dass der verfassungsrechtlich in Art. 2 Abs. 1 GG verankerte Grundsatz der Privatautonomie in den §§ 134, 138 BGB seine Grenze erfährt. Bis zu dieser Grenze entzieht sich die Preisgestaltung der richterlichen Kontrolle. Der Inhalt der vertraglichen Regelung bildet den Kernbereich privatautonomer Vertragsgestaltung. Eine Preisberechnungsklausel könnte also nun dahingehend ausgelegt werden, dass ihr die Bedingung der Variabilität immanent sei. Damit wird der Preis von vornherein variabel gestellt, sodass jede Preisberechnung als originäre Preishauptabrede einzustufen wäre. Im Endergebnis ist dem VIII. Zivilsenat jedoch zuzustimmen. Die Befreiung von der Inhaltskontrolle hinge anderenfalls allein von der Formulierung der Klausel durch den Verwender ab. Trennt er Preisfestlegungs- und Preisanpassungsfunktion, würde daraus die Kontrollfähigkeit der Nebenabrede resultieren, formuliert er hingegen beide Funktionen zusammen im Rahmen einer Preisberechnungsklausel, wäre die Klausel insgesamt kontrollfrei. Eine solche Abhängigkeit von den Formulierungskünsten des Verwenders kann nicht im Sinne des § 307 Abs. 3 BGB als Ausnahmetatbestand315 verstanden werden und wäre 309 BGH, NJW 1983, 1603, 1604. 310 BGH, NJW 2014, 2708, 2710; BGH, Urt. v. 14. 05. 2014, Az. VIII ZR 116/13, BeckRS 2014, 13807 Rn. 21. In der Folge auch BGH, WM 2015, 299, 301; BGH, NJW 2014, 3508, 3509. 311 BGH, NJW 2014, 2708, 2710; BGH, Urt. v. 14. 05. 2014, Az. VIII ZR 116/13, BeckRS 2014, 13807 Rn. 21f. In der Folge auch BGH, WM 2015, 299, 301; BGH, NJW 2014, 3508, 3509f. 312 BGH, WM 2015, 299, 301; BGH, NJW 2014, 3508, 3509f. 313 BGH, WM 2015, 299, 301; BGH, NJW 2014, 3508, 3510. 314 BGH, WM 2015, 299, 301. 315 Zur Einordnung des § 307 Abs. 3 BGB als Ausnahmetatbestand siehe BT-Drucksache 14/ 6040, S. 154. Dieser Gesetzgeberwille kommt jedoch nach anderer Ansicht nicht im Wortlaut des § 307 Abs. 3 BGB zum Ausdruck (»gelten nur« deute auf die grundsätzliche Kontrollfreiheit hin), und zudem finde sich in der Richtlinie 93/13/EWG die umgekehrte

Grundsätze der AGB-Kontrolle nach §§ 307ff. BGB

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eine rein formalistische Betrachtung des Sachverhalts. Zudem wird der Vertragspartner realistischerweise keinen Vertrag ohne vorherige Bestimmung des potentiellen Preises abschließen. Der bei Vertragsschluss bestimmbare Preis stellt somit die Preishauptabrede dar, und die Preisberechnungsformel erschöpft sich in der Kalkulationsdarstellung bzw. in der Darstellung der mathematischen Formel. Der Preis muss also nicht feststehen; vielmehr genügt eine Bestimmbarkeit der Preisfestlegungsfunktion. Festzustellen bleibt, dass im Rahmen von Preisberechnungsklauseln zwischen einer Preisfestlegungsfunktion (Preishauptabrede) und Preisanpassungsfunktion (Preisnebenabrede) zu trennen ist. Letztere ist aufgrund des Grundsatzes der Kontrollfähigkeit und des dadurch gewährten Schutzes vor unangemessenen nachträglichen Preiserhöhungen dem Anwendungsbereich des § 307 Abs. 3 S. 1 BGB entzogen. Die Trennung ist auch rechtlich möglich. Nach ständiger Rechtsprechung kann eine Klausel hinsichtlich ihrer Wirksamkeitskontrolle aufgespalten werden, wenn sie »inhaltlich voneinander trennbare, einzeln aus sich heraus verständliche Regelungen« enthält.316 Voraussetzung ist damit, dass ein Teil der Klausel gestrichen werden kann, ohne dass der andere Teil an Sinngehalt verliert.317 Dies wird in der Regel möglich sein, indem man die Preisanpassungsfunktion streicht und die kontrollfreie Preisberechnungsformel unverändert fortbestehen lässt.

III.

Verzicht auf die Differenzierung zwischen Preishauptabreden und Preisnebenabreden

Die Trennung der Preisberechnungsklausel des BGH in zwei Funktionen könnte obsolet werden, wenn man den Gedankengang der Kommission aus dem Grünbuch zur Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstands im VerbrauReihenfolge, siehe Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 279. Allerdings entkräften die Erwägungsgründe der Richtlinie 93/13/EWG das letzte Argument, denn durch die Richtlinie wird lediglich eine Mindestharmonisierung vorgeschrieben, sodass es den Mitgliedstaaten gestattet ist, dem Verbraucher unter Beachtung des Vertrags einen besseren Schutz durch strengere einzelstaatliche Vorschriften zu gewähren. Erhebt der deutsche Gesetzgeber die Kontrollfähigkeit zum Grundsatz und die Kontrollfähigkeit zur Ausnahme, verschärft er die europarechtlichen Vorgaben aus der Richtlinie. Die Ansicht des Gesetzgebers folgt außerdem der Gesetzessystematik des BGB, sodass dem verunglückten Wortlaut keine Aussagekraft beigemessen werden sollte. Im BGB finden sich an mehreren Stellen Regel-Ausnahme-Verhältnisse, bei denen zunächst die Regel festgelegt wird, um sie später durch eine Ausnahme zu erweitern oder aufzuweichen (siehe §§ 398, 399 Var. 2 BGB, § 166 BGB). 316 Zitiert nach BGH, NJW 1989, 3215, 3216. Siehe auch BGH NJW 2009, 1486, 1487; BGH, NJW 2007, 674, 675; BGH NJW 2003, 2899, 2900; BGH, NJW 1998, 2284, 2286; BGH, NJW 1985, 320, 325. 317 Basedow, in: MünchKommBGB, § 306 Rn. 18.

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Grundlagen

cherschutz vom 15. 03. 2007318 und den Umsetzungsansatz der Richtlinie 93/13/ EWG durch die skandinavischen Länder weiter verfolgt. Im Anhang I des Grünbuchs wurde die Frage aufgeworfen, ob »der Umfang der Missbräuchlichkeitsprüfung der Richtlinie über missbräuchliche Vertragsklauseln erweitert werden« sollte.319 Eine von zwei Optionen sei die Ausdehnung der AGB-Kontrolle auf den Vertragsgegenstand sowie die Angemessenheit des Preises.320 In diesem Fall unterläge jede Preisklausel der AGB-Kontrolle. Soweit ersichtlich, verfahren die skandinavischen Rechtsordnungen nach eben diesem Gedanken, da in ihnen kein dem § 307 Abs. 3 BGB entsprechendes Pendant aufzufinden ist.321 Fraglich ist jedoch, ob dieser Ansatz mit dem deutschen Recht zu vereinbaren ist. Auf den ersten Blick entsteht ein Konflikt mit der Kontrollfreiheit des iustum pretium.322 Wenn sämtliche Preisklauseln einschränkungslos kontrollfähig sind, folgt daraus, dass auch die Preishöhe kontrolliert werden kann. Hierzu sei auf die 1982 von Kötz getroffene Aussage verwiesen, dass »jedem angst und bange bei dem Gedanken daran [werden müsse], daß sich künftig unsere Amts- und Landrichter als Preiskommissare zu betätigen und Sachverständigenbeweise darüber zu erheben hätten, ob und in welchem Umfang zwischenzeitliche Tarifabschlüsse, Materialsteigerungen oder Modellverbesserungen den geänderten Preis rechtfertigen.«323

Auf den zweiten Blick tritt ein Konflikt mit der Rechtfertigung der AGB-Kontrolle hinzu. Die Schutzbedürftigkeit des Vertragspartners wurde aufgrund einer Transaktionskostenasymmetrie angenommen, die zu einem Defizit an materialer Entscheidungsfreiheit führt. Entsprechend wurde in Bezug auf die Kontrollfähigkeit bei konsequenter Umsetzung des Normzwecks in der Literatur die »Testfrage« aufgeworfen, Europäische Kommission, ABlEU 2007/C 61/01. Europäische Kommission, ABlEU 2007/C 61/01, Anhang I Punkt 4.6 Frage D 3. Europäische Kommission, ABlEU 2007/C 61/01, Anhang I Punkt 4.6 Frage D 3. Für das schwedische Recht siehe §§ 10ff. AVLK (Lag om avtalsvillkor i konsumentförh,llanden 1994:1512), für die dänische Rechtsordnung siehe §§ 38 A ff. DAvtl (Aftalelov 1986). Im norwegischen Recht siehe §§ 36ff. NAvtl (Lov 1918 om avslutning av avtaler, om fuldmagt og om ugyldige viljeserklæringer). 322 Kritisch im Hinblick auf die Kontrollfreiheit des iustum pretium ist auch Canaris, NJW 1987, 609, 613, da sich keine »u¨ berzeugende[n] Kriterien fu¨ r eine richterliche Bestimmung des ›iustum pretium‹ finden ließen« und selbst bei der Prüfung nach § 138 BGB der Marktpreis herangezogen werde. 323 Kötz, BB 1982, 644. Ähnlich kritisch, aber mit Verweis auf den historischen Gesetzgeber Canaris, NJW 1987, 2407, 2408: »Durch die zunehmende Ausdehnung des Bereichs kontrollfähiger Preisnebenabreden zu Lasten kontrollfreier Entgeltsvereinbarungen gerät nämlich die Rechtsprechung mehr und mehr in Gefahr, entgegen den erklärten Intentionen des Gesetzgebers doch partiell zum ›Preiskommissar‹ zu werden.« Auch Niebling, BB 1984, 1713, 1716 (dort Fn. 31) beschreibt plastisch: »Der Richter ist keine Preisbehörde!«

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Grundsätze der AGB-Kontrolle nach §§ 307ff. BGB

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»ob die jeweilige Vertragsbedingung, deren Kontrolle in Frage steht, den Kräften von Markt und Wettbewerb in einer Weise ausgesetzt ist, dass damit gerechnet werden kann, der durchschnittliche Kunde werde sie zur Kenntnis nehmen und in seine Abschlussentscheidung einbeziehen.«324

Der Preis und der Vertragsgegenstand sind die Hauptbeweggründe für einen Vertragsschluss oder für die Abstandnahme von einem Vertrag.325 Sie bilden die wichtigsten Wettbewerbsparameter ; schließlich wird der Vertragspartner die Qualität und den Preis des Produktes auf dem Markt vergleichen, sodass hier allein der Wettbewerb als Regulativ eingreift.326 Ein staatlicher Eingriff wäre im Hinblick auf die grundgesetzlich geschützte Privatautonomie und das freiheitliche System des BGB nicht zu rechtfertigen.327 Ein weiterer Widerspruch der Inhaltskontrolle von Preisen besteht im Hinblick auf das marktwirtschaftliche System, in dem der Wettbewerb sowohl das Preisbildungs- als auch das primäre Kontrollinstrument darstellt.328 Wird die im Rahmen des Preiswettbewerbs gegebene materiale Entscheidungsfreiheit als Gegenargument für die Option aus dem Grünbuch angeführt, liegt es nahe, das Konzept der Trennung zwischen Preishaupt- und Preisnebenabrede an sich in Frage zu stellen. Alternativ und entsprechend der obigen Kritik würde der Wettbewerb zum maßgeblichen Kriterium für die Kontrollfähigkeit von AGB erhoben.329 Schließlich wäre es theoretisch möglich, eine Preisnebenabrede dem Wettbewerb zugänglich zu gestalten.330 Zu denken wäre etwa an eine zweijährige Preisänderungssperre seitens des Verwenders oder an Höchstgrenzen hinsichtlich der Preisänderung. Beide Beispiele wären durchaus 324 Zitiert nach Stoffels, in: Habersack/Mülbert/Nobbe/Wittig, Schriftenreihe der Bankrechtlichen Vereinigung, Band 31, Anlegerschutz im Wertpapiergeschäft AGB in der Kreditwirtschaft, Bankrechtstag 2010, 89, 97; Fastrich, Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht, S. 265; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 320; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 85. 325 So der Umkehrschluss aus dem vom III. Zivilsenat ausdrücklich angesprochenen Telos von § 8 AGBG (nun: § 307 Abs. 3 BGB) in BGH, NJW 1989, 222, 223 und BGH, NJW 1986, 46: »Das Gesetz geht nämlich davon aus, daß der Durchschnittkunde der Vereinbarung über die Hauptleistung mehr Aufmerksamkeit widmet als den Nebenpunkten.« Siehe auch Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 303. Kritisch zu dieser Aussage allerdings Canaris, NJW 1987, 609, 613. 326 Bunte, in: Festschrift für Herbert Schimansky, 19, 20. 327 Canaris, NJW 1987, 609, 613. 328 Canaris, NJW 1987, 609, 613. 329 So sah Canaris, NJW 1987, 609, 613 Markt und Wettbewerb mit einem Verweis auf das Kartellrecht als dem § 8 AGBG vorrangig an. Was nach § 1, 2 GWB nicht kartellfähig sei, sei auch nicht kontrollfähig. I. E. scheint Canaris, a. a. O., die Preisnebenabreden jedoch nicht der Inhaltskontrolle entziehen zu wollen, da er die gängige Differenzierung zwischen Preishaupt- und -nebenabreden bestätigt. 330 Canaris, NJW 1987, 609, 613 führte dazu bereits aus, dass Nebenbedingungen sehr wohl dem Wettbewerb unterliegen können.

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wettbewerbskompatibel. Gegen dieses Konzept sprechen jedoch sowohl praktische als auch dogmatische Gründe. Zunächst unterliegt der Wettbewerb einem Definitionsproblem. Das Kartellrecht umgeht diese Frage, indem der Wettbewerb dort negativ über Wettbewerbsbeschränkungen definiert wird.331 In der zivilrechtlichen Preisanpassungsproblematik wird man jedoch nicht auf die Tatbestandsmerkmale des Art. 101 Abs. 1 AEUV oder § 1 GWB zurückgreifen können. Das Bestehen eines Wettbewerbs im Rahmen von Preisnebenabreden lässt sich nicht über das Fehlen von Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen zwischen Unternehmen begründen. Der Schutz wird vielmehr erst dort entbehrlich, wo tatsächlich Wettbewerb besteht. Seine Funktionsfähigkeit kann aber weder leicht festgestellt noch quantifiziert werden.332 Zudem besteht die Frage, ob bei eingeschränktem Wettbewerb noch die materiale Entscheidungsfreiheit besteht. Beispielsweise sind die Wahlmöglichkeiten in einem Oligopol beschränkt, und die Möglichkeit eines »Ausreißers« in der Konditionengestaltung kann als gering eingestuft werden. Schließlich kommt noch ein prozessrechtliches Problem hinzu: Reicht es aus, wenn der darlegungs- und beweisbelastete Verwender dem Gericht einen Anbieter vorträgt, der eine alternative Klausel auf dem Markt anbietet, um den Wettbewerb zu bejahen?333 Im Rahmen des § 307 Abs. 3 BGB wäre der Wettbewerb als Tatbestandsmerkmal schlechthin unpraktikabel – schließlich müsste dieser für jede zur Überprüfung gestellte Klausel gesondert geprüft werden. Weiterhin ist ein Kritikpunkt darin zu sehen, dass die Wettbewerbskompatibilität von Preisnebenabreden dort endet, wo die Inhaltskontrolle ihre eigentliche Wirkung entfaltet. Im Rahmen des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB überprüft der BGH u. a. die unangemessene Benachteiligung durch fehlende Saldierungen, überproportionale Gewinnsteigerungen oder fehlende Preissenkungspflichten.334 Selbst wenn der Verwender die Höchstgrenze oder eine zeitliche Änderungssperre in den Wettbewerb einbringt, kann darüber keine Kontrollfreiheit gerechtfertigt werden. Denn schutzbedürftig ist er nicht hinsichtlich dieser Wettbewerbsparameter, sondern beispielsweise vor einer fehlenden Preissenkungspflicht. Um tatsächlich eine Kontrollfreiheit zu rechtfertigen, müssten dem Wettbewerb die Kernprobleme der Inhaltskontrolle von Preisanpassungsklauseln zugänglich sein. Die Wettbewerbsfähigkeit von Konditionen aber hängt vom Vergleichsinteresse und den Transaktionskosten der Vertragspartner sowie 331 Kling/Thomas, Kartellrecht, § 16 Rn. 42. 332 Thomas, AcP 209 (2009), 84, 103; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 303. 333 Zur Beweislast siehe Kollmann, in: NK-BGB, § 307 Rn. 56. 334 BGH, NJW-RR 2010, 1202, 1203; BGH, NJW 2010, 993, 994; BGH, NJW 2008, 2172, 2173; BGH, NJW 2007, 1054, 1055; BGH, NJW 2005, 1717. Siehe dazu ausführlich unten S. 148ff.

Grundsätze der AGB-Kontrolle nach §§ 307ff. BGB

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den Wettbewerbsverhältnissen ab,335 sodass diesem potentiellen Kontrollbeschränkungsmerkmal ein rationales Unwissen entgegensteht. Neben diesen Praktikabilitätsgründen gerät die »Wettbewerbslösung« in einen dogmatischen Konflikt mit der Struktur der AGB-Kontrolle: Da die Vertragspartner die auf dem Markt angebotenen Produkte vergleichen müssen, setzt Wettbewerb zwangsläufig Transparenz voraus. Die Anforderungen aus der Überprüfung der Klausel aus § 307 Abs. 1 S. 2 BGB würden damit zugleich die Kontrollfreiheit nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB begründen. Da die Transparenzkontrolle jedoch der Prüfung der Kontrollfähigkeit nachgestellt ist, kann das Ergebnis der Transparenzkontrolle nicht zugleich die vorherige Prüfung beeinflussen. Damit unterliegt die Wettbewerbslösung einem Zirkelschluss. Im Ergebnis ist aufgrund der aufgezeigten Probleme an der Differenzierung zwischen Preishaupt- und -nebenabrede festzuhalten.

IV.

Beschränkung des § 307 Abs. 3 BGB durch Einfügung eines Schwellenwertes

Im Hinblick auf eine mögliche Begrenzung des § 307 Abs. 3 BGB ist fraglich, ob die derzeitige Diskussion hinsichtlich der Einführung einer Kontrollschwelle im business to business-Verkehr (im Folgenden: b2b-Verkehr)336 auf den b2c-Verkehr übertragen werden kann.337 Denn die Privatautonomie sollte nur dort eingeschränkt werden, wo es zwingend geboten ist.338 Wenn man in der AGBKontrolle keinen Schutz des Schwächeren sieht, sondern auf die Transaktions335 Bunte, in: Festschrift für Herbert Schimansky, 19, 28. 336 Siehe zur befürwortenden Ansicht in der Diskussion Leuschner, ZIP 2015, 1045, 1047ff.; Leuschner, AGB-Recht fu¨r Vertra¨ ge zwischen Unternehmen, Unter besonderer Berücksichtigung von Haftungsbeschränkungen, Abschlussbericht v. 30. 09. 2014, S. 290f., abrufbar unter http://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/Fachinformationen/Abschlussbericht-AGB -Forschungsprojekt.pdf ?__blob=publicationFile (Abrufdatum: 19. 03. 2016); Leuschner, JZ 2010, 875, 884; Müller/Griebeler/Pfeil, BB 2009, 2658, 2662; Drygala, JZ 2012, 983, 987f.; Becker, JZ 2010, 1098, 1104f.; Pfeiffer, ZGS 2004, 401; Kötz, JuS 2003, 209, 211; Leyens/Schäfer, AcP 210 (2010), 771, 790ff. Kritisch bzgl. einer Vertragswertgrenze Basedow, in: MünchKommBGB, § 310 Rn. 17; Graf von Westphalen, ZIP 2015, 1316, 1317; Kieninger, AnwBl 2012, 301, 302; Jansen, ZEuP 2010, 69, 92. Gegen die Vertragswertgrenze scheint auch Oetker, AcP 212 (2012), 202, 219 zu sein, der zwar in einer positiven Kosten-Nutzen-Relation eine Verbesserung der Verhandlungsposition sieht, aber dennoch die Realisierung der Gestaltungsfreiheit durch weitere Faktoren, wie die Komplexität des Vertragswerks, der wirtschaftlichen Bedeutung des Geschäfts oder die gesetzlichen Rahmenbedingungen gefährdet sieht. 337 A. A. Leyens/Schäfer, AcP 210 (2010), 771, 795, die einen Schwellenwert im b2c-Verkehr wegen fehlender Lerneffekte aufgrund der Seltenheit von Transaktionen mit derart hohen Vertragswerten verneinen. Negative Folge wäre ihnen zufolge, dass z. B. der einmalige Immobilienerwerb eines Verbrauchers aus der Klauselkontrolle ausgenommen wäre, Leyens/Schäfer, a. a. O. 338 Zur Stärkung der Privatautonomie siehe unten S. 256ff.

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Grundlagen

kostenasymmetrie abstellt, könnte die Beschränkung der Privatautonomie ab einem Wert von 1 Mio. Euro generell nicht mehr geboten sein.339 Auch im b2cVerkehr ist ein solcher Vertragswert z. B. im Rahmen von Versicherungsverträgen denkbar. In diesem Fall könnte dem Verbraucher bei entsprechenden Vertragswerten eine tatsächliche Auseinandersetzung mit dem Vertrag aufzuerlegen sein, da nicht mehr von Rationalität im Hinblick auf das Nichtlesen von AGB gesprochen werden kann. Die negative Transaktionskostenbewertung wandelt sich um in eine positive – und damit in eine Aufwendungspflicht. Die Differenzierung zwischen b2b- und b2c-Verkehr würde somit zu einer unberechtigten Durchbrechung des Schutzzwecks führen. Die Vertragswertgrenze hat den potentiellen Vorteil, dass sie durch ihre klare Abgrenzbarkeit zu einer Rechtssicherheit zwischen Kontrollfähigkeit und Kontrollfreiheit führen kann, die über die Regelung in § 307 Abs. 3 BGB hinausgeht.340 Probleme ergeben sich bei der Vertragswertfeststellung allerdings im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen.341 Doch sollen diese Fälle derart marginal ausfallen, dass dem Gedanken der Rechtssicherheit der Vorrang gegenüber einem Verzicht auf eine Wertgrenze aufgrund solcher Einzelfälle zu geben sei,342 zumal Grenzfälle einen Mindestschutz über die §§ 134, 138, 305c BGB erfahren.343 Diese Regelung könnte zudem einen Konflikt des ökonomischen Schutzzweckansatzes mit der Konzeption des § 307 Abs. 3 BGB entfallen lassen. Maßgeblich für die Bewertung der Schutzbedürftigkeit aufgrund von Transaktionskosten können die Verständlichkeit und Wesentlichkeit der Regelung 339 Nach Leuschner, in: JZ 2010, 875, 884 und ZIP 2015, 1045, 1047 sowie Müller/Griebeler/Pfeil, BB 2009, 2658, 2662 soll die Schwelle bei einem Vertragswert von 1 Mio. Euro erreicht sein. Becker, JZ 2010, 1098, 1104f., schlägt eine Schwelle von 500.000 Euro vor. Pfeiffer, ZGS 2004, 401 sieht die Schwelle bei 3 Mio. Euro. Kritisch im Hinblick auf eine Willkürlichkeit der Wertgrenze Jansen, ZEuP 2010, 69, 92; Kieninger, AnwBl 2012, 301, 302; Basedow, in: MünchKommBGB, § 310 Rn. 17. 340 Leuschner, ZIP 2015, 1045, 1051. Kritisch insbesondere hinsichtlich der Vertragsvolumenfeststellung Kieninger, AnwBl 2012, 301, 302 und Graf von Westphalen, ZIP 2015, 1316, 1321f. Graf von Westphalen, ZIP 2015, 1316, 1317 sieht zudem die Gefahr, dass die Rechtsprechung die AGB-Kontrolle über § 242 BGB aufrechterhalte, siehe S. 1318. Dem entgegnet Leuschner, ZIP 2015, 1326, 1328f., dass eine Anwendung der AGB-rechtlichen Grundsätze nach der Reform unanwendbar seien und der potentielle § 310 Abs. 1a BGB somit nicht über § 242 BGB unterlaufen werden könne. 341 Leuschner, ZIP 2015, 1045, 1047ff. löst das Problem der Vertragswertfeststellung dahingehend auf, dass in diesem Fall »die Erwartung der anderen Vertragspartei« maßgeblich sei; siehe dazu auch § 310 Abs. 1a BGB-E (abgedruckt bei Leuschner, a. a. O., S. 1047). Graf von Westphalen, ZIP 2015, 1316, 1321f. hingegen zweifelt insbesondere die Praktikabilität der Vertragsvolumenfeststellung an und bezeichnet die einseitige Erwartungshaltung als »Hoffnungswert«. Kritisch auch Kieninger, AnwBl 2012, 301, 302. 342 Leuschner, ZIP 2015, 1045, 1051; Drygala, JZ 2012, 983, 988. 343 Drygala, JZ 2012, 983, 988.

Grundsätze der AGB-Kontrolle nach §§ 307ff. BGB

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sein.344 Damit würde der ökonomische Ansatz die Herausnahme der Preishauptabrede aus dem Kontrollbereich erklären. Problematisch ist jedoch, dass sich § 307 Abs. 3 BGB konsequenterweise nicht lediglich auf die Preishauptabrede und die Qualität beschränken dürfte.345 Denn je bedeutender der Vertragsgegenstand und der Vertragswert sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Aufwendung von Transaktionskosten ökonomisch gerechtfertigt ist.346 Verschließt sich der Vertragspartner bei einer positiven Transaktionskostenbewertung der AGB-Prüfung, würde das Selbstverantwortungsprinzip greifen, und ein gesetzlicher Schutz erschiene ungerechtfertigt.347 Daher würde die Schwellenlösung diesen Konflikt in individueller Hinsicht beilegen. Der Schutz der AGB-Kontrolle liegt jedoch – wie bereits dargelegt – in einer dem § 138 BGB vergleichbaren Gefahrenstruktur : Der Verwender kann eine individuelle oder überindividuelle Gefährdungslage ausnutzen und so in das Vertragswerk eine für ihn günstige Klausel einarbeiten. Wird der Vertragspartner durch die 1-Mio.-Euro-Vertragswertgrenze nun in individueller Hinsicht zur Kenntnisnahme verpflichtet, wird dies seine Stellung jedoch nicht verbessern, denn überindividuell bleibt es bei einem nicht bestehenden Klauselwettbewerb. Die Verwender werden aufgrund der wenigen Verträge, welche die Vertragswertgrenze überschreiten, keinen Druck zur Verbesserung ihrer AGB verspüren, und stattdessen tritt auch hier eine take it or leave it-Situation ein. Aufgrund des Zusammenspiels der durch die Transaktionskostenasymmetrie hervorgerufenen individuellen und überindivuellen Gefährdungslage ist eine Vertragswertgrenze im Rahmen des § 307 Abs. 3 BGB daher abzulehnen.

344 Kötz, JuS 2003, 209, 211; Becker, JZ 2010, 1098, 1104f. 345 Schäfer, in: Festschrift für Claus Ott, 279, 306f. 346 Kötz, JuS 2003, 209, 211; Kessel/Stomps, BB 2009, 2666, 2673; Leyens/Schäfer, AcP 210 (2010), 771, 791; Becker, JZ 2010, 1098, 1104f. 347 Kötz, JuS 2003, 209, 211. In diesem Fall würde man zu dem Ergebnis von Wolf, Rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit und vertraglicher Interessenausgleich, S. 81 gelangen, nachdem die »bloße Möglichkeit der selbstbestimmten Vertragsgestaltung« für die Zurechenbarkeit einer rechtsgeschäftlichen Handlung genügt. Da bei einer Überschreitung des Schwellenwerts keine rationale Unkenntnis bestünde, könnte in diesem Fall keine Ausnahme vom Selbstverantwortungsprinzip gemacht werden.

Kapitel 2: Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB

Abschnitt 1: Einführung In ständiger Rechtsprechung erkennt der BGH die Eignung und Notwendigkeit von Preisanpassungsklauseln zur Bewahrung der Äquivalenz der Vertragsgüter in langfristigen Vertragsverhältnissen an.348 Sie nehmen dem Verwender einerseits das Risiko einer langfristigen Kalkulation ab und sichern ihm seine Gewinnspanne trotz nachträglicher Änderungen der Bezugskosten, ohne dass er Verträge kündigen muss;349 andererseits bewahren sie den Vertragspartner vor Risikozuschlägen bei Vertragsschluss.350 Dennoch erfahren sie in Rechtsprechung und Literatur weitgehende Restriktionen. Bestimmungen in AGB sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Zu beachten ist, dass sich Transparenz- und Inhaltskontrolle in ein und demselben Klauselbestandteil überschneiden können. Beispielsweise ist eine Preisänderungsvorbehaltsklausel zwingend an ein Ermessen gebunden. Dieses Ermessen kann nun in beiden Tatbeständen von Bedeutung sein. Ob es zur Folge hat, dass der Vertragspartner seine Rechte und Pflichten in Bezug auf Umfang und Anlass einer Preisanpassung nicht erkennen kann, ist eine Frage der

348 BGH, NJW 2014, 3508, 3510; BGH, NJW-RR 2010, 1205, 1209; BGH, NJW 2010, 2789, 2791f.; BGH, NJW-RR 2008, 134, 135; BGH, NJW 2008, 360, 361; BGH, NJW 2008, 2172, 2173; BGH, NJW 2007, 1054, 1055; BGH, NJW-RR 2005, 1717; BGH, NJW 2004, 1588, 1589; BGH, NJW 1990, 115, 116. 349 BGH, NJW-RR 2010, 1205, 1209; BGH, NJW 2010, 2789, 2791f.; BGH, NJW 2008, 360, 361; BGH, NJW 2008, 2172, 2173; BGH, NJW 2007, 1054, 1055; BGH, NJW-RR 2005, 1717; BGH, NJW 1990, 115, 116. 350 BGH, NJW-RR 2010, 1205, 1209; BGH, NJW 2010, 2789, 2791f.; BGH, NJW 2008, 360, 361; BGH, NJW 2008, 2172, 2173; BGH, NJW 2007, 1054, 1055; BGH, NJW-RR 2005, 1717; BGH, NJW 1990, 115, 116.

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

transparenten Ausgestaltung der Klausel.351 Ob dieses Ermessen aber an sich problematisch ist, ist ein Aspekt der Inhaltskontrolle.352 Ebenso verhält es sich bei den preisrelevanten Faktoren: Bei diesen muss zwischen der Bewertung des tatsächlichen Einflusses auf das Äquivalenzverhältnis (Inhaltskontrolle) und dessen Erkennbarkeit (Transparenzkontrolle) unterschieden werden.353 Auch die Detailgenauigkeit – insbesondere die Gewichtung von Kostenelementen – ist ein solches ambivalentes Problem: Es vereint das Transparenzgebot im Sinne der Pflicht einer genauen Gewichtung und die Angemessenheitskontrolle im Rahmen der Auswirkungen einer ungenauen Gewichtung.354 Demnach lässt sich eine Trennung beider Ebenen in informative Darstellung (Informationsinteresse355) und inhaltliche Angemessenheit vornehmen.

Abschnitt 2: Analyse zur Verletzung des Transparenzgebots nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB A.

Vorüberlegungen zum Transparenzgebot

Das Transparenzgebot bildet das unverzichtbare Gegenstück zum allseits anerkannten Interesse des Verwenders, Kostenentwicklungen in Dauerschuldverhältnissen an die Vertragspartei weiterzugeben.356 Wird dem Verwender eine Abweichung vom Ausgangspreis zugestanden, muss der Durchschnittskunde bei Vertragsschluss in die Lage versetzt werden, die potentiellen wirtschaftlichen Belastungen innerhalb der Vertragslaufzeit zu erkennen und gegenüber dem Abschlussinteresse abzuwägen.357

351 Borges, DB 2006, 1199, 1204. 352 Borges, DB 2006, 1199, 1204. 353 Borges, DB 2006, 1199, 1204. Die Übergänge der Kontrollbereiche sind fließend, siehe Stoffels, in: Habersack/Mülbert/Nobbe/Wittig, Schriftenreihe der Bankrechtlichen Vereinigung, Band 31, Anlegerschutz im Wertpapiergeschäft AGB in der Kreditwirtschaft, Bankrechtstag 2010, 89, 113. 354 Siehe dazu auch Borges, DB 2006, 1199, 1204f. 355 Borges, DB 2006, 1199, 1205. 356 Lettl, JuS 2001, 559, 562; Paulusch, in: Heinrichs, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55, 73. Bestimmtheitsgrundsatz als Folge der Privatautonomie: Köndgen/König, ZIP 1984, 129, 132. 357 Paulusch, in: Heinrichs, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55, 68; Borges, DB 2006, 1199, 1205. Zur Überprüfbarkeit der Maximalbelastung siehe auch Habersack, WM 2001, 753, 756. Für bonitätsabhängige Zinsanpassungsklauseln siehe Ohletz, BKR 2007, 129, 134. Zur ständigen Rechtsprechung hinsichtlich der Überprüfbarkeit der wirtschaftlichen Belastungen im Rahmen der Transparenz siehe BGH, NJW 2010, 2789, 2790; BGH, NJW 2001, 2014, 2016; BGH, ZIP 2001, 64; BGH, NJW 1998, 454, 456; BGH, NJW 1988, 558, 560; BGH, NJW 1989, 222, 224; BGH, NJW 1989, 222, 224.

Analyse zur Verletzung des Transparenzgebots nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB

77

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist für die Wirksamkeit nach Transparenzgesichtspunkten entscheidend, »dass der Vertragspartner des Verwenders den Umfang der auf ihn zukommenden Preissteigerungen bei Vertragsschluss aus der Formulierung der Klausel erkennen und die Berechtigung einer vom Verwender vorgenommenen Erhöhung an der Ermächtigungsklausel selbst messen kann.«358

Das Transparenzgebot soll damit verhindern, dass sich der Verwender durch die ungenaue Formulierung von Tatbestand und Rechtsfolge in die Lage versetzt, ungerechtfertigte Beurteilungsspielräume zu Lasten des Vertragspartners auszunutzen.359 Das Transparenzgebot besteht demnach aus zwei Kernelementen: erstens der Erkennbarkeit der Belastungen bei Vertragsschluss (Abschlusstransparenz360),361 welche der Wahrnehmung von Verhandlungen und dem Wettbewerbsvergleich im Sinne der dargestellten Richtigkeitsgewähr dient362 und zweitens der Nachprüfbarkeit der erfolgten Preisanpassung durch einen aufmerksamen und sorgfältigen Vertragspartner (Abwicklungstransparenz363).364 Nach dieser Definition liegt Intransparenz vor, wenn die Klausel die 358 BGH, NJW-RR 2005, 858; BGH, NJW 2003, 746, 747; BGH, NJW 1986, 3134, 3135; BGH, NJW 1980, 2518, 2519. Sich auch in der Formulierung anschließend OLG Oldenburg, RdE 2009, 25, 31; OLG Stuttgart, NJW-RR 2005, 858; OLG Bremen, ZIP 2008, 28, 30; LG Bremen, ZIP 2006, 1301, 1303. Eine andere Formulierung, aber derselbe Sinngehalt findet sich in BGH, NJW 2008, 360, 361; OLG Frankfurt, NJW-RR 1987, 146, 1464. 359 BGH, NJW-RR 2005, 858; OLG Oldenburg, RdE 2009, 25, 31; OLG Stuttgart, NJW-RR, 2005, 858; OLG Bremen, ZIP 2008, 28, 30. 360 Begriff übernommen von Stoffels, in: Habersack/Mülbert/Nobbe/Wittig, Schriftenreihe der Bankrechtlichen Vereinigung, Band 31, Anlegerschutz im Wertpapiergeschäft AGB in der Kreditwirtschaft, Bankrechtstag 2010, 89, 111. Den Begriff ebenfalls verwendend Joppich, Die Kodifikation des Transparenzgebots in § 307 BGB, u. a. S. 84. 361 Nur auf dieses Element abstellend (zumindest in den konkreten Urteilen) BGH, NJW 1998, 454, 456; LG Köln, ZIP 2001, 65, 66. So auch das Transparenzverständnis von SchulzGardyan, RdE 2009, 97, 99. 362 Heinrichs, in: Hadding/Hopt, Verbraucherbraucherkreditrecht, AGB-Gesetz und Kreditwirtschaft, Bankrechtstag 1990, 101, 109; Stoffels, in: Habersack/Mülbert/Nobbe/Wittig, Schriftenreihe der Bankrechtlichen Vereinigung, Band 31, Anlegerschutz im Wertpapiergeschäft AGB in der Kreditwirtschaft, Bankrechtstag 2010, 89, 111; Gottschalk, AcP 206 (2006), 555, 561; Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 543f. 363 Begriff übernommen von Stoffels, in: Habersack/Mülbert/Nobbe/Wittig, Schriftenreihe der Bankrechtlichen Vereinigung, Band 31, Anlegerschutz im Wertpapiergeschäft AGB in der Kreditwirtschaft, Bankrechtstag 2010, 89, 111 und Wolf, in: Hadding/Hopt, Verbraucherbraucherkreditrecht, AGB-Gesetz und Kreditwirtschaft, Bankrechtstag 1990, 73, 76. Den Begriff ebenfalls verwendend Joppich, Die Kodifikation des Transparenzgebots in § 307 BGB, u. a. S. 84. 364 BGH, NJW 2008, 360, 361; BGH, NJW-RR 2005, 858; OLG Stuttgart, NJW-RR 2005, 858; OLG Düsseldorf, BB 1997, 699; Fischer, in: Fischer/Klanten, Bankrecht, S. 360 Rn. 6.85; Habersack, WM 2001, 753, 757; Merz, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1326 Rn. 10.278; Knops, in: Derleder/Knops/Bamberger, Handbuch zum deutschen und

78

Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

Preisanpassungsvoraussetzungen nur bruchstückhaft und/oder nicht verständlich darstellt. Eine Begrenzung erfolgt dahingehend, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen für den Vertragspartner nur insoweit erkennbar gestaltet werden müssen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann.365 Damit wird die immanente Grenze des Transparenzgebots deutlich: Formulierung im Rahmen des Möglichen.366 In seiner ursprünglichen Ausprägung berücksichtigt es somit, dass durch Vertragsbestimmungen zum Teil nur schwer komplexe Vorgänge vollumfänglich dargestellt werden können und verlangt von den Verwendern keine unmöglichen Dinge.367 Über das angesprochene Verbot einer bruchstückhaften Darstellung der Anpassungsvoraussetzungen gelangt man zum Kern der Problematik: Zwischen geforderter Detailtiefe und Transparenz besteht ein Spannungsverhältnis.368 Insbesondere die in den Formeln von Kostenelementeklauseln verankerten Preisbildungsfaktoren können, abhängig vom Vertragsgegenstand, höchst unterschiedlich und komplex sein.369 Ebenso können bonitätsabhängige Zinsanpassungen vielschichtig sein, da mit dem Bonitätsstatus des Kunden und dem Besicherungsgrad der Forderung zwei veränderliche Faktoren Einfluss auf das Risiko des Kreditinstituts haben, die zudem noch weiter aufgeschlüsselt werden könnten, wenn man das Transparenzerfordernis weitgehend interpretiert.370 Nimmt der Verwender sämtliche Preisindikatoren oder Bonitätsberechnungsfaktoren in die Klausel auf, führt dies oft zu einer Unübersichtlichkeit der Klausel, aus der Intransparenz resultiert.371 Beschränkt er die Klausel hingegen

365 366

367 368 369 370 371

europäischen Bankrecht, § 11 Rn. 9; Mülbert, WM 2004, 1205, 1206; Wittig, ZHR 169 (2005), 212, 237; Steenbuck, MDR 2010, 357, 359; Arzt, N& R 2006, 2, 3. BGH, NJW 2010, 2789, 2790; BGH, NJW 2001, 2014, 2016; BGH, NJW 1998, 454, 456; BGH, NJW 1988, 558, 560; BGH, NJW 1989, 222, 224; BGH, WM 1990, 1367, 1368; BGH, NJW 1989, 222, 224. BGH, WM 1990, 1367, 1368; OLG Düsseldorf, WM 2004, 319, 323; Heinrichs, in: Hadding/ Hopt, Verbraucherbraucherkreditrecht, AGB-Gesetz und Kreditwirtschaft, Bankrechtstag 1990, 101, 107. Die Richtigkeit dieser immanenten Grenze betonend: Rossbach, in: Kümpel/ Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1386 Rn. 11.89. So auch Wittig, ZHR 169 (2005), 212, 237. Polke, Die darlehensvertragliche Umsetzung der Eigenkapitalgrundsätze nach Basel II, S. 174; Langenbucher, BKR 2005, 134, 140. Graf von Westphalen, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 707, 711; Halfmeier, VuR 2006, 417, 418. Polke, Die darlehensvertragliche Umsetzung der Eigenkapitalgrundsätze nach Basel II, S. 174. Arzt/Fitzner, ZNER 2005, 305, 310; Ebel, DB 1982, 2607, 2608f.; Toussaint, in: jurisPK-BGB, Band 2.1, § 1 PrKG Rn. 56; Stoffels, in: Habersack/Mülbert/Nobbe/Wittig, Schriftenreihe der Bankrechtlichen Vereinigung, Band 31, Anlegerschutz im Wertpapiergeschäft AGB in der Kreditwirtschaft, Bankrechtstag 2010, 89, 112. Für bonitätsabhängige Zinsanpassungsklauseln bei Angabe von sämtlichen weichen und harten Parametern vgl. von der Linden, WM 2008, 195, 199; Wand, WM 2005, 1969, 1971; Rossbach, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1386 Rn. 11.89; Langenbucher, BKR 2005, 134, 140;

Analyse zur Verletzung des Transparenzgebots nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB

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auf ausgewählte Parameter, könnte gerade in dieser Beschränkung Intransparenz zu erblicken sein.372 Konkretisierung und Transparenz laufen somit nicht zwangsläufig parallel, sondern können sich konträr zueinander verhalten.373 Darüber hinaus wird vorgebracht, dass es sich z. B. bei einer komplexen Kostenelementeklausel nicht mehr um Formeln handelt, die mit dem einfachen Einmaleins nachzuvollziehen sind.374 Stattdessen benötige hier auch der mathematisch Gebildete einige Einarbeitungszeit, wenn die Klausel nicht sogar nur von Finanz- bzw. Wirtschaftsstudierten/Branchenexperten vollständig verstanden werden könnte.375 Dem ist zu widersprechen, da dem Verbraucher bei Kenntnis der Grundrechenarten die Fähigkeit zum Nachvollzug derartiger Berechnungen durchaus zugesprochen werden sollte.376 Untermauert wird diese Annahme durch die Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats zu Spannungsklauseln. Der Senat stuft in mittlerweile ständiger Rechtsprechung Klauseln in der Form »Pa = 1,60 x (P/20 Euro/hl) Cent kWh Hs«377 als transparent ein. Übertragen auf Kostenelementeklauseln nach dem Muster P1 = P0 x (a + b x M1/M0 + c x L1/L0) muss festgestellt werden, dass diese bei Zugänglichkeit der Faktorinformationen unschwer ausgerechnet werden können. Treffend wird dazu in der Literatur ausgeführt, dass auf »Gleitklauseln beruhende Preisänderungen […] ein Maß an Transparenz, Kalkulierbarkeit und Überprüfbarkeit auf[weisen], das mit einseitigen Preisänderungsberechtigungen nicht zu erreichen ist.«378

372 373 374 375 376 377

378

Schöne, in: Graf von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Stromlieferverträge Rn. 196; Schöne, WM 2004, 262, 265; Graf von Westphalen, in: Graf von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Preisanpassungsklauseln Rn. 53, der eine Überforderung des Kunden bereits dann annimmt, wenn eine Klausel mehr als zwei Faktoren ins Verhältnis mit den Gesamtkosten setzt. Siehe dazu Schöne, in: Graf von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Stromlieferverträge Rn. 196; Graf von Westphalen, in: Graf von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Preisanpassungsklauseln Rn. 53. Paulusch, in: Heinrichs, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55, 74. Graf von Westphalen, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 707, 714. Nach de Wal, Preis- und Preisänderungskontrolle in Energielieferungsverträgen, S. 173 muss eine mathematische Formel nicht für den Laien leicht verständlich dargestellt werden. Graf von Westphalen, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 707, 714f.; derselbe ähnlich in MDR 2008, 424, 427; Paulusch, in: Heinrichs, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55, 74; Arzt/Fitzner, ZNER 2005, 305, 310. Halfmeier, VuR 2006, 417, 418. So auch der BGH, der simple Berechnungen wie »(24:[6x1=]6=4)« als durchführbar ansieht, BGH, NJW 1993, 2052, 2054. BGH, WM 2015, 299, 300; BGH, NJW 2014, 3508, 3509; BGH, NJW 2014, 2708, 2709; BGH, Urt. v. 14. 05. 2014, Az. VIII ZR 116/13, BeckRS 2014, 13807 Rn. 16; BGH, NJW 2010, 2793, 2795; BGH, NJW 2010, 2789, 2790. In diesen Urteilen beschränkt sich der VIII. Zivilsenat auf die Klarheit und Verständlichkeit der Klausel. Heßler/Specht, ZNER 2010, 219, 220.

80

Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

Schließlich wird durch sie jedes Ermessen ausgeschlossen, und die Anpassungsparameter sind bei Vertragsschluss für die gesamte Laufzeit festgelegt.379 Das am Beispiel von Preisgleitklauseln soeben dargestellte Spannungsverhältnis besteht ebenfalls bei Preisänderungsvorbehalten. Die Rechtsprechung hat die Anforderungen an diese mit der Begründung verschärft, dass bei mangelnder Bestimmtheit dem Verwender ein Beurteilungsspielraum eingeräumt würde, der die Anpassungsberechtigung der Kontrolle entzöge.380 Damit ist eine Ermessensklausel nach derzeitiger Rechtsprechung an klare Voraussetzungen zu knüpfen. Folglich stellt sich auch hier die Frage, wie komplex eine Klausel formuliert werden kann und muss.

B.

Regelung von Voraussetzung, Umfang und Zeitpunkt der Anpassung

I.

Preisanpassungsklauseln

Wie sogleich gezeigt wird, geraten nach diesem allgemeinen Verständnis Preisänderungsvorbehaltsklauseln, die durch Einbeziehung von Kostenfaktoren oder Marktpreisen nicht an konkrete Anpassungsvoraussetzungen gebunden sind, sondern dem Verwender weite Ermessensspielräume einräumen, in Konflikt mit dem Transparenzgebot.381 Dadurch erfolgt ein Gleichlauf zwischen Kostenelementeklauseln, die als Preisänderungsvorbehaltsklauseln und solchen, die als Gleitklauseln ausgestaltet sind.382 Denn nicht die Terminologie der Klauseln ist entscheidend, sondern ihre Formulierung, sodass keine divergierenden Maßstäbe angesetzt werden dürfen.383 Inhaltlich signalisiert die Kostenelementeklausel nur, »dass es sich um Klauseln handelt, die eine Preisanpassung wegen und auf Grundlage sich veränderter Kosten vorsehen.«384 Daher werden beide Arten von Kostenelementeklauseln hinsichtlich ihrer Transparenzanforderungen gemeinsam behandelt und, sofern erforderlich, auf Besonderheiten hingewiesen. Entsprechend der obigen Transparenzdefinition hat der BGH Preisänderungsvorbehalte, in denen sich der Verwender über Formulierungen wie »darf anpassen«, »sind berechtigt/behalten sich vor« oder »entsprechende Anpassung/ im gleichen Umfang wie ihr Vorlieferant« eine Anpassungsbefugnis einräumt, als 379 Kessel/Schwedler, BB 2010, 585, 588. 380 BGH, NJW 2009, 578, 579; OLG Düsseldorf, BB 1997, 699. 381 Kessel/Schwedler, BB 2010, 585, 588; Arzt/Fitzner, ZNER 2005, 305, 308; Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 218. 382 OLG Bremen, ZIP 2008, 28, 31. 383 OLG Bremen, ZIP 2008, 28, 31. 384 OLG Hamm, ZNER 2008, 68, 70.

Analyse zur Verletzung des Transparenzgebots nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB

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unangemessene Benachteiligung des Kunden nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB eingestuft.385 Derartigen Formulierungen sei lediglich zu entnehmen, dass etwas mit dem Preis geschehen kann oder, bei einer Variante wie »werden … geändert«, etwas mit ihm geschehen soll.386 Dem aufmerksamen Vertragspartner wird jedoch weder ersichtlich, ob und wann eine Preisanpassung erfolgt (eine Anpassung wäre damit jederzeit möglich)387, noch unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang sie geschehen soll.388 Diese Kriterien werden auch bei einer Formulierung wie »wenn sie dies für erforderlich hält« nicht eingehalten.389 Ebenso erklärte das OLG Düsseldorf die Formulierung »bei einer nicht unwesentlichen Erhöhung« für unwirksam.390 Es stelle sich die Frage, wann die Wesentlichkeitsgrenze überschritten sei, sodass eine solche Formulierung dem Verwender eine willkürliche Preisanpassung ermögliche.391 Nach dem OLG Köln war auch der bloße Verweis auf »Kosten« und »Einstandspreise« intransparent, da der Durchschnittsverbraucher ohne betriebswirtschaftliche Vorkenntnisse der Klausel nicht entnehmen könne, dass es sich um die Gestehungskosten beim Vorlieferanten handelt.392 Nach obergerichtlichen Urteilen ist zudem die ausschließliche Bezugnahme auf die Veränderung des Lohns im Hinblick auf die Transparenz zu unpräzise.393 385 BGH, NJW 2010, 993, 995; BGH, NJW-RR 2010, 1202, 1203; BGH, NJW 2009, 2667, 2670; LG Bremen, ZIP 2006, 1301, 1303. Ebenso Arzt/Fitzner, ZNER 2005, 305, 311. 386 BGH, NJW 2009, 2051, 2053. Zu beachten ist, dass der BGH sich gemäß des Urteils des Kartellsenats vom 29. 04. 2008, NJW 2008, 2172, 2174 nicht an der Ausgestaltung der Preisanpassungsbefugnis als Recht (statt als Pflicht) stört, sondern an der fehlenden Verpflichtung zur Preissenkung, denn es könne nicht im Interesse des Kunden liegen, den Verwender zu verpflichten, jede Erhöhung der Gaskosten unverzüglich weiterzugeben. 387 BGH, NJW-RR 2005, 858, 859. Zum Problem der freien Zeitpunktbestimmung mit Bezug auf die Gefahr der Gewinnmaximierung durch zeitliche Verzögerung der Preisanpassung siehe BGH, NJW-RR 2010, 1202, 1203; BGH, NJW 2010, 993, 995; BGH, NJW 2008, 2172, 2174; LG Bremen, ZIP 2006, 1301, 1303; Graf von Westphalen, in: Graf von Westphalen/ Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Preisanpassungsklauseln Rn. 30; Ohne ausdrücklichen Bezug auf das Gewinnmaximierungsproblem Steenbuck, MDR 2010, 357, 359. 388 OLG Oldenburg, RdE 2009, 25, 31. 389 Reifner, JZ 1995, 866, 873. 390 OLG Düsseldorf, BB 1997, 699. 391 OLG Düsseldorf, BB 1997, 699. 392 OLG Köln, Urt. v. 13. 01. 2006, Az. 6 U 148/05 –, juris Rn. 16 mit Verweis auf OLG Düsseldorf, BB 1997, 699. 393 Nach dem OLG Düsseldorf kann unter den Begriff »Lohn« vieles gefasst werden, z. B. freiwillige Gratifikationen, Tariferhöhungen oder betriebsbedingte Kostensteigerungen, siehe OLG Düsseldorf, BB 1997, 699, 700. Nach dem LG Bremen sei dem Begriff nicht zu entnehmen, ob die Preisanpassung von der Entwicklung eines bestimmten Niveaus, Indexes oder Tarifs abhängig sei, siehe LG Bremen, ZIP 2006, 1301, 1303; bestätigt durch OLG Bremen, ZIP 2008, 28, 30. Letzteres Urteil erscheint doch sehr restriktiv. Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass es objektiver Kriterien bedarf, die der Beschränkung der Anpassungsberechtigung sowie der Vorhersehbarkeit und Nachprüfbarkeit genügen. Überraschend

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

In seiner Rechtsprechung zur Übernahmefähigkeit der Regelungen aus § 5 StromGVV/GasGVV in Sonderverträgen hatte der VIII. Zivilsenat, trotz ausdrücklich festgestellten Verstoßes gegen obige Grundsätze394, eine liberalere Haltung eingenommen. Danach war es nicht erforderlich, »die aus der Bindung an den Maßstab billigen Ermessens folgenden Anforderungen hinsichtlich Anlass, Voraussetzungen und Umfang eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts in der Klausel tatbestandlich zu konkretisieren.«395

Dieser Rechtsprechung trat jedoch der EuGH in der verbundenen Rechtssache Alexandra Schulz gegen Technische Werke Schussental GmbH und Co. KG sowie Josef Ebringhoff gegen Stadtwerke Ahaus GmbH aus Verbraucherschutzaspekten entgegen und verwies zunächst auf das Urteil RWE Vertrieb AG gegen Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e. V.396 In diesem Urteil hatte der EuGH bereits folgendermaßen zum Transparenzgebot Stellung genommen: Für den Verbraucher sei »es nämlich von grundlegender Bedeutung, dass er vor Abschluss eines Vertrags über die Vertragsbedingungen und die Folgen des Vertragsschlusses informiert ist. Insbesondere auf der Grundlage dieser Information entscheidet er, ob er sich durch die vom Gewerbetreibenden vorformulierten Bedingungen binden möchte.«397

Neben diesem aus dem RWE-Urteil zu ziehenden wettbewerblichen Schutzzweckargument führte der EuGH in der konkreten Entscheidung zu den Versorgungsverordnungen zusätzlich das Nachprüfbarkeitserfordernis aus, wo-

394 395 396 397

erscheint demgegenüber die liberale Rechtsprechung des OLG Karlsruhe aus dem Jahr 2014, OLG Karlsruhe, MDR 2014, 1066: Das Gericht erklärte eine Klausel, die den Verwender dazu berechtigte, die Preise »nach billigem Ermessen der Entwicklung der Kosten anzupassen« und dies auch, wenn »sonstige Änderungen der energiewirtschaftlichen oder rechtlichen Rahmenbedingungen zu einer veränderten Kostensituation führen«, mit dem Transparenzgebot vereinbar. Die Verknüpfung von Ermessen und Kostenanstieg verdeutliche Anlass und Modus der Preiserhöhung und schließe durch die Kostenbindung eine Gewinnmaximierung aus. Darüber hinaus sei eine konkretere Bezeichnung der Rahmenbedingungen aufgrund ihrer hohen Änderungsanfälligkeit nicht zumutbar. Da diese Rechtsprechung aber keinerlei Angaben bezüglich der Anpassungszeitpunkte und der Maximalbelastung fordert, bewegt sich das OLG Karlsruhe doch zu weit weg von der stetigen Rechtsprechung des BGH. Zum eigentlichen Verstoß gegen die Grundsätze siehe BGH, NJW 2009, 2662, 2665; BGH, NJW 2009, 2667, 2669; BGH, NJW 2009, 2051; BGH, NJW 2007, 1054 Rn. 21; BGH, NJW-RR 2005, 1717. BGH, NJW 2011, 50, 52. I. E., aber unter Verzicht einer detaillierten Ausführung, ebenso BGH, NJW 2011, 1342, 1344; BGH, NJW-RR 2010, 1205, 1210. Zustimmend noch Büdenbender, NJW 2009, 3125, 3129; a. A. Markert, RdE 2009, 291, 292ff. EuGH, Urt. v. 23. 10. 2014, verbundene Rs. C-359/11 und C-400/11 Rn. 45 – Alexandra Schulz gegen Technische Werke Schussental GmbH und Co. KG sowie Josef Ebringhoff gegen Stadtwerke Ahaus GmbH, NJW 2015, 849, 850. EuGH, Urt. v. 21. 03. 2013, Rs. C-92–11 – RWE Vertrieb AG gegen Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e.V., NJW 2013, 2253, 2255 Rn. 44.

Analyse zur Verletzung des Transparenzgebots nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB

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nach dem Vertragspartner die tatsächliche Möglichkeit gegeben werden müsse, gegen Preisanpassungen vorzugehen.398 Dabei komme es insbesondere auf die Stärkung der Entscheidungsgrundlage zur selbstbestimmten Handlung an: »Um diese Rechte in vollem Umfang und tatsächlich nutzen und in voller Sachkenntnis eine Entscheidung über eine mögliche Lösung vom Vertrag oder ein Vorgehen gegen die Änderung des Lieferpreises treffen zu können, [müsse der Kunde] rechtzeitig vor dem Inkrafttreten dieser Änderung über deren Anlass, Voraussetzungen und Umfang informiert werden.«399

Damit ist den Urteilen des EuGH die Bestätigung der bisherigen Sondervertragsrechtsprechung des BGH zum Erfordernis der transparenten Gestaltung hinsichtlich Anlass, Umfang und Voraussetzungen zu entnehmen.400 Einer Ausnahme von diesen Anforderungen mittels einer gesetzlichen Regelung wurde eine Absage erteilt. Zudem können diese Maßstäbe bezüglich Preisänderungsvorbehaltsklauseln nun durch die Reaktion des nationalen Gesetzgebers auf die Vorgaben aus Luxemburg als gesetzlich verankert angesehen werden.401 II.

Refinanzierungsabhängige Zinsanpassungsklauseln

1. Kritik an der älteren Rechtsprechung In einem Urteil vom 06. 03. 1986 hielt der III. Zivilsenat eine Zinsanpassungsklausel, welche die Bank dazu berechtigte, »den Zinssatz zu ändern, wenn sie dies (z. B. wegen der Entwicklung am Geld- oder Kapitalmarkt) für erforderlich hält«, im Hinblick auf die Transparenz für wirksam.402 Damals störte den III. Zivilsenat 398 EuGH, Urt. v. 23. 10. 2014, verbundene Rs. C-359/11 und C-400/11 Rn. 46 – Alexandra Schulz gegen Technische Werke Schussental GmbH und Co. KG sowie Josef Ebringhoff gegen Stadtwerke Ahaus GmbH, NJW 2015, 849, 850. 399 EuGH, Urt. v. 23. 10. 2014, verbundene Rs. C-359/11 und C-400/11 Rn. 47 – Alexandra Schulz gegen Technische Werke Schussental GmbH und Co. KG sowie Josef Ebringhoff gegen Stadtwerke Ahaus GmbH, NJW 2015, 849, 850. 400 Büdenbender, NJW 2013, 3601, 3604f., aber nur in Bezug auf EuGH, Urt. v. 21. 03. 2013, Rs. C-92–11 – RWE Vertrieb AG gegen Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e. V., NJW 2013, 2253, 2255. In Folge des Urt. v. 23. 10. 2014, verbundene Rs. C-359/11 und C-400/11 Rn. 46 – Alexandra Schulz gegen Technische Werke Schussental GmbH und Co. KG sowie Josef Ebringhoff gegen Stadtwerke Ahaus GmbH, NJW 2015, 849, hat der BGH in seinen Urteilen vom 28. 10. 2015 eine Rechtsprechungsänderung für Grundversorgungsverträge vorgenommen und die Anforderungen aus der Rechtsprechung zu Sonderverträgen übernommen: BGH, Urt. v. 28. 10. 2015, Az. VIII ZR 13/12, Rn. 17, 27ff. –, juris; BGH, Urt. v. 28. 10. 2015, Az. 158/11, Rn. 14, 21ff. –, juris. 401 Im Anschluss ergänzte der Gesetzgeber die § 5 Strom/GasGVV durch folgenden Halbsatz: »hierbei hat er den Umfang, den Anlass und die Voraussetzungen der Änderung sowie den Hinweis auf die Rechte des Kunden nach Absatz 3 und die Angaben nach § 2 Absatz 3 Satz 1 Nummer 5 und Satz 3 in übersichtlicher Form anzugeben.« 402 BGH, NJW 1986, 1802, 1803.

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

nicht, dass eine Preissenkungspflicht nicht ausdrücklich vorgesehen wurde, sondern hielt nur fest, dass der Klausel keine Absicht des Vorbehalts der einseitigen Begünstigung zu entnehmen sei.403 Das Fehlen einer ausdrücklichen Aufführung der Bindung an den Umfang des Kostenanstiegs und der Anpassungsvoraussetzungen sei aufgrund der Möglichkeit der variablen Anpassung basierend auf § 315 BGB unschädlich.404 Der III. Zivilsenat wendete damit eine restriktive Auslegung an, die dem Transparenzgebot und dem Verbot der geltungserhaltenden Reduktion zuwiderläuft.405 Darüber hinaus ist die Klausel in mehrfacher Hinsicht konkretisierungsbedürftig: Zum einen gibt es nicht »den« Geld- oder Kapitalmarkt, und zum anderen eröffnet sie durch Ausführungen wie »z. B.« und »für erforderlich hält« einen unbegrenzten Ermessensspielraum, sodass sowohl für den Vertragspartner als auch für die Gerichte eine effektive Kontrolle der Anpassungsberechtigung ausgeschlossen wird.406 Ferner wird an dem BGH-Urteil zu Recht kritisiert, dass Inhaltskontrolle und Billigkeitskontrolle in der Argumentation ungerechtfertigt vermengt werden.407 Ein weiterer Kritikpunkt der Literatur richtet sich auf den Verstoß der Klausel gegen die Richtlinie 87/12/EWG (Verbraucherkreditrichtlinie).408 Nach Art. 4 Abs. 2 lit. b) der Richtlinie 87/12/EWG sind in der Vertragsurkunde die Bedingungen anzugeben, unter denen der effektive Jahreszins geändert werden kann. Aus einem Abgleich mit der englischen (»statement of the conditions«) und der französischen (»des conditions«) Fassung ergebe sich ein Ausschluss der Auslegung im Sinne der Ermöglichung eines Ermessens.409 Diese Auslegung erscheint jedoch zu weit gegriffen. Alle drei Versionen schreiben die Festlegung der Bedingungen 403 BGH, NJW 1986, 1802, 1804. 404 BGH, NJW 1986, 1802, 1803. 405 Habersack, WM 2001, 753, 755f.; Schwarz, Der variable Zins, S. 72, spricht von einer typisierenden Auslegung; Schwarz, NJW 1987, 626, 628; Polke, Die darlehensvertragliche Umsetzung der Eigenkapitalgrundsätze nach Basel II, S. 171; Ellenberger, in: Festschrift für Klaus J. Hopt, Band 2, 1753, 1756. Kritisch auch Joppich, Die Kodifikation des Transparenzgebots in § 307 BGB, S. 94. Im Urteil AG Ibbenbühren, WM 1997, 1145, 1147, konkretisierte das AG den Kapitalmarkt anhand der Vorstellungen der Vertragsparteien und ihres Verhaltens bei erstmaliger Zinsanpassung – auch diese Auslegung widerstrebt diesen Grundsätzen. 406 Metz, BKR 2001, 21, 21ff.; Reifner, JZ 1995, 866, 673; Schwarz, NJW 1987, 626, 628; Ellenberger, in: Festschrift für Klaus J. Hopt, Band 2, 1753, 1755. In einem ähnlichen Fall kritisierte das LG Dortmund, dass Formulierungen wie »Veränderungen ›…des Marktzinses…‹ oder ›…des allgemeinen Zinsniveaus…‹ ohne jegliche Aussagekraft« seien, LG Dortmund, ZIP 2006, 66, 68. 407 Schwarz, NJW 1987, 626, 628; bestätigend Metz, BKR 2001, 21, 22. Siehe dazu unten S. 130ff. 408 Habersack, WM 2001, 753, 755; Metz, BKR 2001, 21, 23. 409 Metz, BKR 2001, 21, 23. Diese Rechtsprechung deckte sich mit dem damals geltenden § 4 Abs. 1 S. 5 Nr. 1 lit. e VerbrKrG sowie nach der Integrierung ins BGB mit § 492 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 BGB a. F., siehe Schimansky, WM 2003, 1449; ähnlich bereits Schimansky, WM 2001, 1168, 1170.

Analyse zur Verletzung des Transparenzgebots nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB

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einer Änderung der Verträge vor. Bedingungen könnte man im Sinne von Voraussetzungen auslegen, welche die Ausübung des Ermessens regeln. Trotz der Kritik hielt der XI. Zivilsenat nach dem Zuständigkeitswechsel zunächst an der Rechtsprechung des III. Zivilsenats fest.410 2. Neuere Rechtsprechung und Entwicklung von Mindestvoraussetzungen Eine Abweichung von dieser Rechtsprechung erfolgte in einer Entscheidung vom 19. 10. 1999: Der XI. Zivilsenat forderte in Bezug auf die Konkretisierungsbedürftigkeit von Zinsänderungsvorbehaltsklauseln nun, dass diese Anpassungsanlass sowie Richtlinien und Grenzen der Anpassungsausübung so konkret wie möglich angeben müssten.411 Der Vertragspartner müsse voraussehen können, welche Folgebelastungen unter welchen Voraussetzungen auf ihn zukommen können.412 2009 hatte der XI. Zivilsenat über eine der AGB-Sparkassen nachgebildete Zinsanpassungsklausel zu entscheiden. Die Aussagen aus diesem Grundsatzurteil sind sowohl für das Passiv- als auch für das Aktivgeschäft maßgeblich und sollen deshalb hier näher dargelegt werden.413 Die zu beurteilende Klausel hatte folgenden Wortlaut: »Soweit nichts anderes vereinbart ist, werden die Entgelte im Privat- und Geschäftskundenbereich von der Sparkasse unter Berücksichtigung der Marktlage (z. B. Veränderung des allgemeinen Zinsniveaus) und des Aufwands nach gemäß § 315 des BGB nachprüfbarem billigem Ermessen festgelegt.«414

Der XI. Zivilsenat verwarf diese Klausel aufgrund des Verstoßes gegen Treu und Glauben und unterließ aus diesem Grund eine Entscheidung hinsichtlich der Einhaltung des Transparenzgebotes. Stattdessen führte er in Bezug auf die Formulierung »Marktlage (z. B. Veränderung des allgemeinen Zinsniveaus)« das Problem der zeitlichen Transparenz (fehlende Benennung der Anpassungszeitpunkte) und der sachlichen Transparenz (fehlende Konkretisierung der Umstände der Zinsanpassung, d. h. insbesondere Bindung an einen anerkannten Referenzzins) unter Hinweis auf diesbezügliche Entscheidungen und Lite410 BGH, NJW 1993, 3257, 3258; BGH, NJW 1992, 1751, 1752. 411 BGH, NJW 2000, 651, 652. Diese Rechtsprechungsänderung sorgte zunächst für Aufregung in der Kreditbranche, Schimansky, WM 2003, 1449; Derleder, WM 2001, 2029. In der rechtswissenschaftlichen Literatur wurde sie jedoch befürwortet, so bei Metz, BKR 2001, 21; Schimansky, WM 2003, 1449; Bruchner, BKR 2001,16; Langenbucher, BKR 2005, 134. 412 BGH, NJW 2000, 651, 652. 413 Zur Bedeutung für beide Geschäftsbereiche siehe Nobbe, in: Festschrift für Hans-Jürgen Lwowski, 83. Kritisch zur Übertragbarkeit auf das Passivgeschäft siehe OLG Hamm, WM 2003, 1169, 1171f.; OLG Düsseldorf, WM 2004, 319, 323. 414 BGH, NJW 2009, 2051.

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

raturansichten nur am Rande an.415 Vergleicht man dieses Urteil mit der Systematik des VIII. Zivilsenats zu Spannungsklauseln416, fällt auf, dass dieser einen möglichen Verstoß gegen das Transparenzgebot trotz fehlgeschlagener Angemessenheitskontrolle geprüft hat. Der Verweis auf die Fundstellen wird also nicht ohne Grund erfolgt sein.417 Hätte der XI. Zivilsenat erhebliche Bedenken gegenüber den Einordnungen der zitierten Urteile des LG Dortmund418 und des LG Köln419 gehabt, hätte er diese sicher zum Ausdruck gebracht und nicht bloß deren Ergebnisse angeführt. Dies bestätigt sich darin, dass der Senat die Klausel aufgrund dieser fehlenden Voraussetzungen als gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB verstoßend einstuft.420 Damit deckt sich die höchstrichterliche Rechtsprechung mit den in der Literatur herausgearbeiteten drei Mindestvoraussetzungen für Zinsanpassungsklauseln in Kreditverträgen:421 – Bindung an einen Referenzzins, – Angabe einer Anpassungsschwelle,422 – Angabe eines Anpassungsintervalls.423 Zum Teil wird zusätzlich die Verankerung einer Informationspflicht gefordert.424 Aufgrund der Verpflichtung zur Information über § 493 Abs. 3 BGB i. V. m. Art. 247 § 15 EGBG wäre eine Aufnahme in die Klausel jedoch rein deklaratorisch und damit entbehrlich.425 415 416 417 418 419 420 421

422

423 424 425

BGH, NJW 2009, 2051. BGH, WM 2015, 299. Metz, BKR 2010, 265, 267. LG Dortmund, ZIP 2001, 66. LG Köln, ZIP 2001, 65. BGH, NJW 2009, 2051, 2053. Schimansky, WM 2001, 1169, 1173; Metz, BKR 2010, 265, 267; Metz, in: Bruchner/Metz, Variable Zinsklauseln, S. 122f. Rn. 428; Reifner, JZ 1995, 866, 869; Habersack, WM 2001, 753, 758; Rolfes, WM 2001, 762, 767; Merz, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1326 Rn. 10.278; Bruchner/Krepold, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankrechtsHandbuch, Band 1, § 78 Rn. 71; Sonnenhol, in: Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis, Band 1, Rn. 1/338a; Freitag, in: Staudinger, § 488 Rn. 204. Für bonitätsabhängige Zinsanpassungsklauseln siehe Ohletz, BKR 2007, 129, 134. Kritisch zur Übertragbarkeit auf das Passivgeschäft OLG Hamm, WM 2003, 1169, 1171f.; OLG Düsseldorf, WM 2004, 319, 323. A. A. Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 216. Für die Angabe einer Anpassungsschwelle spricht jedoch, dass sie – insbesondere bei Automatikklauseln – auch aus Verwendersicht sinnvoll ist, da sie bei bagatellartigen Veränderungen eine Anpassungspflicht und damit die Entstehung unangemessener Verwaltungskosten verhindert, siehe dazu Bilda, Anpassungsklauseln in Verträgen, S. 78 Rn. 99. Kritisch hierzu Strube, in: Habersack/Mülbert/Nobbe/Wittig, Schriftenreihe der Bankrechtlichen Vereinigung, Band 31, Anlegerschutz im Wertpapiergeschäft AGB in der Kreditwirtschaft, Bankrechtstag 2010, 114, 132. So Bruchner/Krepold, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band 1, § 78 Rn. 71 und 87. Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 215.

Analyse zur Verletzung des Transparenzgebots nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB

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Die genannten Mindestvoraussetzungen konkretisierte der XI. Zivilsenat in zwei Urteilen aus dem Jahr 2010 für das Passivgeschäft. Zwar ging es nicht ausdrücklich um die Transparenz von Zinsanpassungsklauseln, sondern um die ergänzende Vertragsauslegung426, doch lassen sich hieraus Rückschlüsse auf das Transparenzerfordernis ziehen. Im Fall einer unwirksamen Zinsanpassungsklausel in einem Sparvertrag konkretisierte der Senat am 13. 04. 2010 die Anforderungen an die gerichtliche Lückenschließung.427 Das Gericht hat danach zunächst einen Referenzzins zu bestimmen, der öffentlich zugänglich und von unabhängigen Stellen durch ein genau festgeschriebenes Verfahren ermittelt worden sein muss und der die Bank nicht einseitig begünstigen darf.428 Diesbezüglich erkannte der Senat in ständiger Rechtsprechung die in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Zinssätze als geeignete Referenzzinsen an.429 Aus diesen Listen habe das Gericht den Zinssatz auszuwählen, der der konkreten vertraglichen Ausgestaltung des Geschäfts durch die Vertragsparteien am nächsten komme.430 In einem weiteren Schritt habe das Gericht die Anpassungsschwelle431 und den Anpassungszeitraum432 zu ermitteln.433 Aufgrund der Privatautonomie könnten diese Elemente frei bestimmt werden mit der Einschränkung, dass für Zinssenkungen und -erhöhungen dieselben Voraussetzungen gelten müssen.434 Dies habe das Gericht zu beachten, sodass es je nach Vertragsgestaltung auch zu dem Ergebnis gelangen könne, dass lediglich der Entfall einer Anpassungsschwelle interessengerecht sei und somit jede Veränderung des Referenzzinses zu einer Zinsanpassung führe.435 Daraus resultiert nach einem Teil der Literatur jedoch das praktische Problem einer unangemessenen Häufigkeit von Zinsanpassungen.436 Daher wird teilweise die Übernahme der Mindestschritte der EZB in Höhe von 0,25 Prozentpunkten vorgeschlagen.437 426 427 428 429 430 431 432 433 434 435 436 437

Grundsätzlich zur ergänzenden Vertragsauslegung siehe unten S. 197ff. BGH, NJW 2010, 1742, 1743; bestätigt in BGH, WM 2011, 306. BGH, NJW 2010, 1742, 1743. BGH, NJW 2010, 1742, 1743; BGH, NJW 1986, 1803; BGH, NJW 2005, 751. BGH, NJW 2010, 1742, 1743. Dementsprechend entschied der Senat, dass im konkreten Fall lediglich ein Referenzzins für langfristige Spareinlagen in Betracht kam. Bestätigt in BGH, WM 2011, 306, 308. Wert, ab dem eine Zinsänderung erfolgen soll, BGH, NJW 2010, 1742, 1743; Metz, BKR 2001, 21, 27. Zeitlicher Rahmen, in dem die Anpassung gelten soll, BGH, NJW 2010, 1742, 1743; Metz, BKR 2001, 21, 27. BGH, NJW 2010, 1742, 1743. BGH, NJW 2010, 1742, 1743. BGH, NJW 2010, 1742, 1743; bestätigt in BGH, WM 2011, 306, 308f. Bruchner, BKR 2001, 16, 19; grundsätzlich anerkennend Derleder, WM 2001, 2029, 2033. Bruchner, BKR 2001, 16, 19; Bruchner, in: Bruchner/Metz, Variable Zinsklauseln, S. 30 Rn. 91.

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

Diese Rechtsprechung lässt den Schluss zu, dass sich auch Banken an diesen Handlungsempfehlungen orientieren können – insbesondere, als der Senat diese im seinem Urteil vom 21. 12. 2010 bestätigt und seitdem keine anderen Maßstäbe aufgestellt hat.438 Darüber hinaus sind diese Mindestvoraussetzungen auch auf das Aktivgeschäft zu übertragen.439 Diese Linie des BGH und der Literatur bestätigt sich zudem in der Rechtsprechung des EuGH. Diesem zufolge ergibt »sich insbesondere aus den Art. 3 und 5 der Richtlinie 93/13 sowie aus Nr. 1 Buchst. j und l und Nr. 2 Buchst. b und d ihres Anhangs, dass es für die Einhaltung des Transparenzerfordernisses von wesentlicher Bedeutung ist, ob der Kreditvertrag die Gründe und die Besonderheiten des Mechanismus zur Änderung des Zinssatzes und das Verhältnis zwischen dieser Klausel und anderen Klauseln über das Entgelt des Kreditgebers so transparent darstellt, dass ein informierter Verbraucher die sich daraus für ihn ergebenden wirtschaftlichen Folgen auf der Grundlage genauer und nachvollziehbarer Kriterien absehen kann.«440

3. Einfügung eines Caps Zum Teil wird die Einfügung einer Kappungsgrenze (im Folgenden: Cap) vorgeschlagen, sodass der Vertragspartner bei Vertragsschluss im Sinne des Transparenzgebotes die wirtschaftlichen Maximalbelastungen erkennen kann.441 Die tatsächliche Belastung kann das Kreditunternehmen dann im Rahmen des eingeräumten Ermessens festlegen – unter anderem unter Berücksichtigung des Wettbewerbs.442 Ein solcher Cap scheint im Hinblick auf die Absehbarkeit wirtschaftlicher Belastungen ein geeignetes Mittel zur Gestaltung transparenter Anpassungsklauseln zu sein.443 Verzichtet man auf ihn, konkretisiert man die Zinsanpassungsvorbehaltsklausel also nur mittels Referenzzins und Anpassungsschwellen und bindet die Anpassungshöhe an das billige Ermessen, wüsste der Vertragspartner lediglich, dass bei einer Erhöhung des Referenzzinses irgendetwas mit seinem Zins geschieht; in welchem Umfang die

438 Siehe dazu BGH, WM 2011, 306, 308. 439 Schebesta, BKR 2005, 217, 221; Burkiczak, BKR 2007, 190, 193; Peterek, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1185f. Rn. 8.115ff. So wohl auch das AG Koblenz, WM 2007, 2057, das bei langfristigen Sparplänen den geltenden Spareckzins über eine ergänzende Vertragsauslegung anwenden wollte. A. A. noch Schebesta, BKR 2002, 564, 569. 440 EuGH, Urt. v. 26. 02. 2015, Rs. C-143/13 – Bogdan Matei, Ioana Ofelia Matei gegen SC Volksbank Rom.nia SA, ECLI:EU:C:2015:127 Rn. 74. 441 Metz, BKR 2010, 265, 268. 442 Metz, in: Bruchner/Metz, Variable Zinsklauseln, S. 164f. Rn. 591f.; Früh/Müller-Arendt, in: Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis, Band 1, Rn. 3/119f. 443 So auch Metz, in: Bruchner/Metz, Variable Zinsklauseln, S. 164f. Rn. 591f.; Früh/MüllerArendt, in: Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis, Band 1, Rn. 3/119f.

Analyse zur Verletzung des Transparenzgebots nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB

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Bank aber zu einer Zinserhöhung konkret berechtigt wäre, erführe er nicht.444 Aus der Einräumung einer Anpassung nach billigem Ermessen in Bezug auf den Anpassungsumfang ergibt sich somit ein Vorhersehbarkeits- und Kontrolldefizit.445 Gegen einen Cap und für eine Obergrenze im Wege einer Alternativlösung wird angeführt, dass er nicht nur marktwirtschaftsfremd sei, sondern auch jegliche gesetzliche Verankerung vermissen lasse.446 Stattdessen wird eine refinanzierungsbedingte, aktivgeschäftsgedeckelte und äquivalenzwahrende Zinsanpassung vorgeschlagen, bei der die Zinsanpassung zwar an den EuriborZinssatz gekoppelt ist, die tatsächliche Erhöhung aber durch den von der Deutschen Bundesbank ermittelten Durchschnittszinssatz für die konkrete Kreditart als Mittelwert begrenzt wird.447 Zur Verdeutlichung führt Derleder folgendes Beispiel an:448 – Ursprünglicher Vertragszins = 6 Prozent – Durchschnittlicher Monatswert der Deutschen Bundesbank = 6,5 Prozent (errechnet aus der Streubreite 5,5 Prozent – 7,5 Prozent) – Euribor-Anstieg = 0,75 Prozent Durch die Deckelung des Mittelwerts wäre lediglich ein Anstieg auf 6,5 Prozent möglich und somit um 0,5 Prozent statt um 0,75 Prozent.449 Hierdurch würde jedoch die Vorhersehbarkeit der Maximalbelastung durch den Vertragspartner bei Vertragsschluss eingeschränkt. Zudem würde diese Lösung die Flexibilität des Verwenders, die er sich gerade durch den Zinsänderungsvorbehalt einräumen möchte, mehr einschränken als ein Cap. Das Ermessen würde sich eher auf die Wahl der Anpassungsschwelle oder des Anpassungsparameters beschränken.450 Die durch Ermessen eingeräumte Flexibilität liegt aber nicht nur im Interesse des Verwenders, sondern kann auch im Interesse des Vertragspartners liegen.451 Referenzzinsen wohnt nämlich das Problem inne, dass sie als starre Indizes allgemeine Entwicklungen, nicht jedoch die konkreten Refinanzierungskosten eines Kreditinstituts darstellen können.452 Durch das Ermessen ist es hingegen möglich, Zinserhöhungen an tatsächliche Kosten anzupassen. 444 Metz, BKR 2001, 21, 25. Gegen die Erforderlichkeit eines Caps, da die Bindung des Kreditinstituts an den Referenzzins genüge: Langenbucher, BKR 2005, 134, 140. 445 Aus § 307 Abs. 1 S. 2 herleitend: Schimansky, WM 2003, 1449, 1450; Schimansky, WM 2001, 1169, 1171; Derleder, WM 2001, 2029, 2037. 446 Derleder, WM 2001, 2029, 2035. 447 Derleder, WM 2001, 2029, 2035. 448 Derleder, WM 2001, 2029, 2035. 449 Derleder, WM 2001, 2029, 2035. 450 Dies führt Derleder, WM 2001, 2029, 2035 zwar an, sieht aber letztlich kein Problem darin. 451 Habersack, WM 2001, 753, 754. 452 Habersack, WM 2001, 753, 754.

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

Mittlerweile kann für einen Cap auch eine gesetzliche Verankerung im BGB gefunden werden: § 558 Abs. 3 BGB regelt etwa, dass sich die Miete bei Erhöhungen nach § 558 Abs. 1 BGB innerhalb von drei Jahren nicht um mehr als 20 Prozent erhöhen darf – und beinhaltet zugleich die Legaldefinition der Kappungsgrenze. Ein weiterer Kritikpunkt gegen den Cap wird darin gesehen, dass er aufgrund der Anpassungssymmetrie auch zum Nachteil des Vertragspartners gereichen könne.453 Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass hier das Prinzip der Chancengleichheit greift, das keinen Verstoß gegen das Äquivalenzverhältnis darstellt.454 Somit erscheint ein Cap als durchaus mögliches Mittel im Rahmen von Zinsanpassungsklauseln. 4. Übertragbarkeit der Mindestvoraussetzungen auf Automatikklauseln Die herausgearbeiteten Anforderungen der Rechtsprechung und der Literatur gegenüber Zinsänderungsvorbehaltsklauseln lassen sich grundsätzlich auch auf Zinsgleitklauseln übertragen. Ein Problem der Zinsgleitklauseln ist allerdings, dass Zinsindizes unflexibel sind und somit weder die tatsächlichen Kosten darstellen noch auf Erfordernisse des Wettbewerbs reagieren können.455 Dieser Punkt kann bei Zinsänderungsvorbehaltsklauseln jedoch durch das Ermessen ausgeglichen werden.456 Um aus ersterem Nachteil keine intransparente Äquivalenzverschiebung werden zu lassen, sollte eine Automatikklausel einen Hinweis auf diese mögliche (unvermeidbare) Verschiebung des Äquivalenzverhältnisses beinhalten.457 Damit wäre dem Transparenzgebot Genüge getan. Ob dieser Verschiebung eine Angemessenheitsrelevanz zukommt, wird im Kapitel über die Inhaltskontrolle untersucht. 5.

Übertragbarkeit der Mindestvoraussetzungen für Zinsanpassungsklauseln auf Preisanpassungsklauseln Das Erfordernis der Transparenz des Umfangs der wirtschaftlichen Belastungen wird in der Literatur im Hinblick auf Preisanpassungsklauseln kritisch gesehen. Hauptargument ist, dass es dem Zweck von Preisanpassungsklauseln widerspreche.458 Schließlich sei es gerade ihr Ziel, auf zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses unvorhersehbare Veränderungen der Preisbildungsfaktoren flexibel 453 Habersack, WM 2001, 753, 759. Habersack geht darüber hinaus – trotz eventueller Marketingvorteile – bereits die Beschränkung des Ermessens im Rahmen eines Caps zu weit, sodass Derleders Modell erst Recht ausscheiden muss. 454 Siehe dazu unten S. 156ff. 455 Habersack, WM 2001, 753, 754. 456 Habersack, WM 2001, 753, 754; Rolfes, WM 2001, 762, 763. 457 Habersack, WM 2001, 753, 754. 458 Baur, Vertragliche Anpassungsregelungen, S. 103; Eder/vom Wege, in: Zenke/Wollschläger/ Eder, Preise und Preisgestaltung in der Energiewirtschaft, S. 108 Rn. 36.

Analyse zur Verletzung des Transparenzgebots nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB

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reagieren zu können.459 Als Korrelat zur Preisanpassungsbefugnis wird der Verbraucher bei Vertragsschluss über die potentiellen Gefahren der Kontrahierung in Kenntnis gesetzt. Der Preis nimmt schließlich als essentialia negotium eine überragende Stellung in der Rechtsgeschäftslehre ein, sodass der Vertragspartner über die Änderungsmöglichkeiten im Bilde sein muss.460 Ein Vergleich des maximalen Umfangs einer Preisanpassung ist leicht nachzuvollziehen,461 sodass die materiale Entscheidungsfreiheit und der Wettbewerb gestärkt werden. Auf der anderen Seite würde dieser Cap über die durchschnittliche Preisentwicklung ermittelbar sein.

III.

Bonitätsabhängige Zinsanpassungsklauseln

Ein aufgrund wirtschaftlicher Veränderungen beim Schuldner nachträglich risikoreich werdender Kredit führt zu einer erhöhten Bindung von Eigenkapital, um das Risikogewicht auszugleichen und stellt somit einen Kostenfaktor dar.462 Im Interesse der Banken liegt es nun, diese Veränderung über Zinsanpassungen an den Vertragspartner weiterzugeben.463 Hierzu kann ein Margengitter vereinbart werden.464 Dabei ändert sich die vom Kreditinstitut der Kreditabrede zugrunde gelegte Marge, die zusätzlich zum Referenzzinssatz zu zahlen ist, schrittweise nach den Änderungen der finanziellen Situation des Kreditnehmers.465 Zur Gitterberechnung können externe Ratings »oder Kennzahlen (Financial Convenants), wie zum Beispiel der Verschuldungsgrad (Leverage Ratio) oder der Zinsdeckungsgrad« und nach der Basel III-Rahmenvereinbarung sowie der Richtlinie 2013/36/EU auch interne Ratings herangezogen werden.466 Nicht mit dem Transparenzgebot vereinbar wäre hingegen ein Kundenrating im Sinne einer »Black Box«, da sich der Verwender hier unangemessene Ermessensspielräume gewähren würde und keinerlei Überprüfungsmöglichkeiten be459 Baur, Vertragliche Anpassungsregelungen, S. 103; Eder/vom Wege, in: Zenke/Wollschläger/ Eder, Preise und Preisgestaltung in der Energiewirtschaft, S. 108 Rn. 36. 460 BGH, NJW 1987, 1886, 1887; Hoeren, EWiR § 307 BGB 1/08, 71, 72, der zugleich für eine konsequente Anwendung im Rahmen von Zinsanpassungsklauseln plädiert. 461 Ein Alternativverhältnis zwischen der Angabe der Maximalbelastung und einem Rücktrittsrecht sah Jung, BB 1981, 1606, 1609 als Angemessenheitsanforderung im Rahmen der Inhaltskontrolle an. 462 Hey, ZBB 2004, 219, 221; Rossbach, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1385 Rn. 11.87; Wittig, ZHR 169 (2005), 212, 231. 463 Hey, ZBB 2004, 219, 221. 464 Rossbach, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1385 Rn. 11.87. 465 Rossbach, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1385 Rn. 11.86f. 466 Rossbach, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1385 Rn. 11.87. Ähnlich Wittig, ZHR 169 (2005) 212, 232; Wand, WM 2005, 1969ff. Zur Kritik am externen Rating siehe unten S. 105f.

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

stünden.467 Aus diesem Grund wird vorgeschlagen, dem Kundenrating über ein Scoringssystem Kontrollfähigkeit im Sinne des Transparenzgebots zu verleihen.468 Ebenso muss der Vertragspartner in die Lage versetzt werden, die Änderungen des Besicherungsgrades nachzuvollziehen.469 Zusammengefasst bedeutet dies, dass über das Margengitter die Anpassungsschwellen dargestellt werden. Auf einer weiteren Transparenzebene müssen die risikobildenden Faktoren des Bonitätsratings und der Kreditsicherheiten verständlich beschrieben werden, um eine transparente Anpassungsklausel zu gestalten. Eines Caps bedarf es hier nicht, da die Anpassungsstufen im Margengitter festgelegt sind und der Darlehensnehmer den (Nicht-) Eintritt einer Zinsanpassung beeinflussen kann.470

IV.

Prämienanpassungsklauseln

Die Verallgemeinerungsfähigkeit der Mindestkriterien ergibt sich zudem aus einem Blick auf das Versicherungsvertragsrecht. Bemerkenswert ist das D.A.S.Urteil des BVerwG aus dem Jahr 1980.471 Das BVerwG hatte vier vorgelegte Klauseln (ein Hauptantrag und drei Hilfsanträge) zu beurteilen, und nur eine Prämienanpassungsklausel hielt den Anforderungen des Gerichts stand.472 Das BVerwG verwarf die restlichen Klauseln zwar anhand ihrer inhaltlichen Unangemessenheit und bezog sich nicht auf die Transparenz, dennoch sollte hier ein Blick auf dieses Kriterium geworfen werden. Die Klausel enthielt nämlich die Angabe eines Anpassungsintervalls (Prüfung zum 01.07. eines jeden Jahres), die Angabe einer Anpassungsschwelle sowohl nach oben als auch nach unten (Mindestveränderung um fünf Prozent) und einen Anpassungsmaßstab (Ver467 Polke, Die darlehensvertragliche Umsetzung der Eigenkapitalgrundsätze nach Basel II, S. 176; Von der Linden, WM 2008, 195, 199; Langenbucher, BKR 2005, 134, 138; Langenbucher, in: Festschrift Westermann, 2008, 399, 411. 468 Siehe hierzu die Ausführungen von Polke, Die darlehensvertragliche Umsetzung der Eigenkapitalgrundsätze nach Basel II, S. 176ff., samt Beispiel eines Scoringsystems. Ähnlich Langenbucher, BKR 2005, 134, 140f., der über ein »Schulnotensystem« für die einzelnen Parameter spricht. 469 Polke, Die darlehensvertragliche Umsetzung der Eigenkapitalgrundsätze nach Basel II, S. 182. 470 Siehe dazu auch die Ausführungen im Rahmen von Prämienanpassungsklauseln, S. 94ff. 471 Die Ergänzung der AVB durch eine Prämienanpassung bedurfte nach §§ 13 Abs. 1 S. 1, 5 Abs. 3 Nr. 2 VAG a. F. der Genehmigung. In den Voraussetzungen der Genehmigungsprüfung nach §§ 13 Abs. 1 S. 1, 5 Abs. 3 Nr. 2, 8 Abs. 1 Nr. 2 Var. 1 VAG a. F. waren nach dem ausdrücklichen Verständnis des BVerwG die Anforderungen des § 9 AGBG bereits enthalten, siehe BVerwG, VersR 1981, 221, 223. Damit können die Ausführungen für die Überprüfung des AGB-Rechts verwendet werden. 472 BVerwG, VersR 1981, 221, 221ff.

Analyse zur Verletzung des Transparenzgebots nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB

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änderung des Regulierungsaufwands).473 Nach den bisherigen Ausführungen zu Preisanpassungsklauseln war diese Klausel als transparent zu bezeichnen, da sie kein unbegrenztes Prämienanpassungsrecht beinhaltete. Auch der IV. Zivilsenat des BGH hat sich, soweit ersichtlich, bislang nicht ausdrücklich und eingehend mit dem Transparenzgebot beschäftigt. 2004 hatte der Senat zwar die Prämienanpassung eines Krankenversicherers zu beurteilen, in der die Mindestvoraussetzungen Anpassungsschwelle (fünf Prozent), Anpassungsfaktor (Berechnung anhand der Richtlinien für die Aufstellung technischer Geschäftspläne) und das Anpassungsintervall (zumindest jährlich) angeben waren.474 Dabei wurde aber im Vergleich zur Rechtsprechung zu Preisanpassungsklauseln das Transparenzgebot erstaunlicherweise mit keinem Wort angesprochen. Denn das Anpassungsintervall »zumindest jährlich« erscheint in zeitlicher Hinsicht intransparent. Auch in einem vorherigen Urteil musste sich der entscheidende IV. Zivilsenat nicht dezidiert mit dem Transparenzgebot auseinandersetzen, da er das Prämienanpassungsrecht bereits aufgrund seiner Schrankenlosigkeit als intransparent einstufen konnte.475 Mithin erscheint die Rechtsprechung des IV. Zivilsenats hinsichtlich ihrer Anforderungen unergiebig. In der Kommentarliteratur findet sich die Forderung, dass der Versicherungsnehmer erkennen können müsse, nach welchen Faktoren und Maßstäben die Prämienberechnung erfolge.476 Demnach genüge nicht die bloße Anknüpfung des Anpassungsrechts an den »erforderlichen Schadensbedarf«;477 vielmehr müsse diese Regelung an Berechnungsgrundlagen gebunden sein.478 Damit deckt sich diese Ansicht mit der Forderung nach einem festgelegten Anpassungsmaßstab. Für die gesetzlichen Prämienanpassungsrechte in der Krankenversicherung nach § 163 VVG und der Lebensversicherung gemäß § 203 VVG finden sich zudem in § 155 Abs. 3 S. 2 VAG gesetzliche Anpassungsschwellen. Auch das Anpassungsintervall ist in § 155 Abs. 3 S. 1 VAG mit einer »zumindest jährlichen« Überprüfung angedeutet, bedarf aber nach obiger Ansicht noch der Konkretisierung in der Klausel. In Anlehnung an die vom BVerwG zu bewertende Klausel und das 473 Siehe dazu den dritten Hilfsantrag i. V. m. dem Hauptantrag in BVerwG, VersR 1981, 221, 222. Zur Anpassungsschwelle siehe die Ausführungen dort auf S. 226 und zur Symmetrie der Schwelle S. 223. Zu den Referenzfaktoren siehe die Ausführungen Beckmanns in: VersR 1996, 540, 541 und in: Bruck/Möller, Versicherungsvertragsgesetz, Band 2, § 40 Rn. 37. 474 BGH, VersR 2004, 1446. 475 BGH, VersR 1997, 1517, 1519. Die Klausel hatte folgenden Wortlaut: »Der Aufsichtsrat ist außerdem ermächtigt, […] die Beiträge bei einem dringenden Bedürfnis vorläufig zu ändern.« 476 Stagl, in: Looschelders/Pohlmann, VVG-Kommentar, § 40 Rn. 9. 477 Knappmann, in: Prölls/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, § 40 Rn. 7. 478 Knappmann, in: Prölls/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, § 40 Rn. 7. Beckmann folgert die Angabe an Referenzgrößen als Zulässigkeitsvoraussetzung aus dem D.A.S.-Urteil des BVerwG, siehe Beckmann, in: Bruck/Möller, Versicherungsvertragsgesetz, Band 2, § 40 Rn. 37; Beckmann, VersR 1996, 540, 541.

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

Verständnis von Beckmann sowie die Vorgaben zu den genannten gesetzlichen Anpassungsrechten müssen im Ergebnis grundsätzlich dieselben Mindestvoraussetzungen gelten wie bei Preis- und Zinsanpassungsklauseln. Eine Ausnahme bildet das Erfordernis eines Caps, dessen es bei Versicherungsverträgen nicht bedarf. Beckmann begründet dies damit, dass die Prämienanpassung an einen zulässigen Veränderungsfaktor, z. B. die Veränderung des Schadensaufwands, zu binden ist.479 Überzeugender lässt sich der Unterschied zu anderen Preisanpassungsklauseln jedoch mit der Besonderheit des Versicherungswesens begründen: Der Versicherer übernimmt bei Vertragsschluss den Schutz vor im Leistungsversprechen verankerten Gefahren (z. B. Diebstahl eines Gemäldes im Wert von …, Schadensregulierung in Höhe von …).480 Die Verschiebung des Äquivalenzverhältnisses ist vom Versicherer nicht kalkulierbar und teilweise vom Versicherungsnehmer beeinflussbar. Als Beispiel soll eine Wohngebäudeversicherung dienen: Zu unterscheiden ist hier zwischen der überindividuellen Prämienanpassung und der individuellen Sanierung. Bei der überindividuellen Prämienanpassung verschiebt sich das Äquivalenzverhältnis z. B. aufgrund von Naturgewalten. Vermehrte Unwetter (Gewitter, Sturm, Hagel etc.) sind im Voraus nicht berechenbar, und somit wird eine Prämienanpassung notwendig, die aber nicht ausschließlich den einzelnen Versicherungsnehmer trifft, sondern die gesamte Risikogemeinschaft. Die individuelle Sanierung knüpft hingegen an das Problem des Moral Hazards an: Moral Hazard beschreibt die Steigerung des Eintrittsrisikos durch eine Veränderung des Versicherungsnehmerverhaltens nach Versicherungsvertragsabschluss.481 In diesem Fall ist der Versicherer derjenige, der aufgrund von Informationsasymmetrie Akerlofs Markt der adversen Selektion unterliegt.482 Hinzu kommt das Dilemma 479 Beckmann, in: Bruck/Möller, Versicherungsvertragsgesetz, Band 2, § 40 Rn. 55; i. E., aber mit einem anderen Einschlag und Hervorhebung der besseren Wettbewerbssituation im Vergleich zu Preisanpassungsklauseln siehe auch Beckmann, Die Zulässigkeit von Preisund Prämienanpassungsklauseln nach dem AGB-Gesetz, S. 141f. 480 Siehe zur näheren Beschreibung des Äquivalenzverhältnisses in Versicherungsverträgen am Beispiel der Lebensversicherung Leithoff, in: Staudinger/Halm/Wendt, Versicherungsrecht Kommentar, § 163 VVG Rn. 15f. 481 Zum Moral Hazard-Problem siehe Hull, Risikomanagement: Banken, Versicherungen und andere Finanzinstitutionen, S. 63; Gleißner/Nguyen, ZversWiss 2013, 367, 371. Instruktiv Pindyck/Rubinfeld, Mikroökonomie, S. 859ff., die u. a. eine ökonomische Betrachtungsweise am Beispiel der Kfz-Nutzung vornehmen. Ausführlich: Zweifel/Eisen, Versicherungsökonomie, S. 294ff., die insbesondere die verschiedenen Formen des Moral HazardProblems (ex ante können Schadensverhütung und palliative Anstrengungen zur Schadenseindämmung und ex post kann die Wahl der Art der Schadensbehebung betroffen sein) beschreiben. 482 Zweifel/Eisen, Versicherungsökonomie, S. 295; Gleißner/Nguyen, ZversWiss 2013, 367, 371. Auf S. 369 sprechen Gleißner/Nguyen von einem »Metarisiko«, d. h. dem »Risiko, ein Risiko falsch eingeschätzt zu haben.« Der Versicherer nimmt eine Mischkalkulation vor, und daraus entsteht das Dilemma, dass die Versicherung für gute Risiken zu teuer und für

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des Versicherers, dass er das Verhalten des Versicherungsnehmers nicht überwachen kann und schließlich vermehrten Schadensfällen ausgesetzt ist.483 Mithin kann nur retrospektiv gehandelt werden. Wird ein Versicherungsnehmer gegenüber vergleichbaren Versicherungsnehmern (z. B. Nachbarn) schadensauffällig, wird das Versicherungsverhältnis individuell saniert. Sofern die Voraussetzungen des § 24 VVG vorliegen, wird der Versicherer von seinem Kündigungsrecht oder von seinem alternativen gesetzlichen Recht zur Prämienanpassung nach § 25 VVG Gebrauch machen.484 Daneben besteht die Möglichkeit der Wahrnehmung eines vertraglichen Prämienanpassungsrechts,485 bei dem die Voraussetzungen des § 24 VVG nicht vorliegen müssen, welches dann aber den §§ 305ff. BGB unterliegt.486 Ein bei Vertragsschluss festgelegter Cap wäre kontraproduktiv und würde der Risikosphäre nicht gerecht werden. Der Versicherer weiß bei Vertragsschluss schließlich nicht, wie gut oder schlecht das eingekaufte Risiko ist. Entsprechend kann er keine maximale Veränderung angeben. In der Krankenversicherung (§ 203 VVG) ist die Gesundheit zwar in der Regel nicht direkt beeinflussbar (ausgenommen sei z. B. Extremsport), dennoch ergibt sich das gleiche Problem, da der Versicherer die tatsächliche gesundheitliche Befindlichkeit des Versicherungsnehmers zu Beginn nicht abschließend feststellen kann. Im Rahmen von Preisanpassungsklauseln und refinanzierungsabhängigen Zinsanpassungsklauseln hat der Vertragspartner hingegen keinen Einfluss auf die Äquivalenzverschiebung, sodass ein Cap angemessen erscheint. Zudem handelt es sich nicht um unberechenbare Veränderungen wie Naturgewalten. Sollte in diesen Fällen einmal eine Naturgewalt oder Veränderungen der weltpolitischen Lage zu unübersehbaren Veränderungen der Refinanzierung oder Einkaufsbedingungen führen, hat der Verwender Vertragslösungsmöglichkeiten

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schlechte Risiken zu günstig ist. Im Ergebnis erfolgt eine Subventionierung durch die guten Versicherungsnehmer, Krummaker/Schulenburg, in: Krummaker/Schulenburg, Innovationen in der Versicherungswirtschaft, S. 3. Zweifel/Eisen, Versicherungsökonomie, S. 294. Siehe dazu auch Pindyck/Rubinfeld, Mikroökonomie, S. 859ff. Die Verknüpfung mit den Tatbestandsvoraussetzungen des § 24 VVG erfolgt bereits durch die Formulierung »an Stelle einer Kündigung« (§ 25 Abs. 1 VVG). Siehe zu den Voraussetzungen und bzgl. des Alternativitätsverhältnisses auch BT-Drucksache 16/3945, S. 68; Looschelders, in: Looschelders/Pohlmann, VVG-Kommentar, § 25 Rn. 4; Segger/Degen, in: Staudinger/Halm/Wendt, Versicherungsrecht Kommentar, § 25 VVG Rn. 5; Karczewski, in: Rüffer/Halbach/Schimikowski, Versicherungsvertragsgesetz, § 25 Rn. 3; Prölls, in: Prölls/ Martin, Versicherungsvertragsgesetz, § 25 Rn. 2. Zur Parallelität, die zwischen vertraglichen und gesetzlichen Prämienanpassungsrechten grundsätzlich besteht, siehe Hahn, in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, § 12 Rn. 15; Voraussetzung Brambach, in: Rüffer/Halbach/Schimikowski, Versicherungsvertragsgesetz, § 163 Rn. 1. Zur Geltung des AGB-Rechts siehe Stagl, in: Looschelders/Pohlmann, VVG-Kommentar, § 40 Rn. 9; Knappmann, in: Prölls/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, § 40 Rn. 6; Brambach, in: Rüffer/Halbach/Schimikowski, Versicherungsvertragsgesetz, § 163 Rn. 1.

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

(Kündigung oder Störung der Geschäftsgrundlage) und ist nicht auf eine Preisanpassung angewiesen.

V.

Verstoß gegen die Wertung des § 315 BGB durch die Beschränkung des Ermessens

Nach den bisherigen Ausführungen können Preisänderungsvorbehaltsklauseln nicht mehr bloß das »billige Ermessen« in Bezug nehmen, sondern müssen auch konkrete Anpassungsfaktoren festlegen.487 Daraus folgt, dass das Ermessen auf Null reduziert wird, woraus aber mangels Automatik noch keine Gleitklausel entsteht, da ein Zutun des Verwenders erforderlich ist.488 Fraglich ist jedoch, ob die Ermessensreduzierung auf Null der Wertung des § 315 BGB widerspricht. Nach § 315 BGB ist die Billigkeitskontrolle bei Automatikklauseln ausgeschlossen, da der »Umfang der Leistung durch objektive Beurteilungsmaßstäbe festgelegt ist.«489 Im Umkehrschluss könnte dies bedeuten, dass im Rahmen von Preisänderungsvorbehalten eben keine Reduzierung auf Null, sondern ein Handlungsspielraum bestehen muss. Gegen einen Widerspruch spricht jedoch der Charakter des § 315 BGB, welcher als Ausnahmetatbestand zu qualifizieren ist.490 § 315 BGB erlaubt die Loslösung der Bestimmung des Vertragsinhalts vom Abschlusszeitpunkt und die Verlagerung auf den späteren Konkretisierungsakt.491 Der Vertrag gilt danach als geschlossen, obwohl sich die Parteien nicht auf die Gegenleistung festgelegt haben.492 Dadurch ermöglicht die Regelung des § 315 BGB, einen nach Grundsätzen des Allgemeinen Teils des BGB formal ungültigen Vertrag durch nachträgliche Konkretisierung zu retten.493 Die Grenze der Rettungsmöglichkeit ist jedoch dort vorzufinden, wo strengere Anforderungen an vertragliche Ausgestaltungen zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gesetzlich vorgeschrieben sind.494 Mit Blick auf diesen Ausnahmecharakter erscheint es sinnvoll, die Norm als freies Leistungsbestimmungsrecht ausschließlich bezüglich der Preishauptabrede zu verstehen. Denkt man Riebles Ausführung, dass durch ein vereinbartes 487 488 489 490 491 492 493 494

Schebesta, BKR 2005, 217, 220. Schebesta, BKR 2005, 217, 220. Grüneberg, in: Palandt, § 315 Rn. 6. Schimansky, WM 2001, 1168, 1173; Rieble, in: Staudinger, § 315, Rn. 5; Langenbucher, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 2008, 399, 404. Rieble, in: Staudinger, § 315 Rn. 5. Rieble, in: Staudinger, § 315 Rn. 5. Rieble, in: Staudinger, § 315, Rn. 7; Langenbucher, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 2008, 399, 404. Rieble, in: Staudinger, § 315 Rn. 10.

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Leistungsbestimmungsrecht ein unwirksamer Vertrag gerettet werde,495 zu Ende, erschöpft sich die Funktion des § 315 BGB auf die einmalige Preisfestlegung und die Herstellung der Wirksamkeit. Hinsichtlich der Preishauptabrede genügt die vertragliche Festlegung eines Leistungsbestimmungsrechts und die Bindung an das billige Ermessen dem Transparenzgebot. Der Vertragspartner weiß, dass er sich dem Bestimmungsrecht des Verwenders ausliefert, kann aber aufgrund der grundsätzlich in einem überschaubaren Zeitraum erfolgenden Preisfestlegung die auf ihn zukommende Belastung abschätzen. In den Motiven zum Entwurf des BGB finden sich entsprechend der Kauf- und der Dienstleistungsvertrag als Anwendungsbeispiele.496 Diesbezüglich kann auch Art. 14 Abs. 1 S. 2 CISG herangezogen werden, der ein Angebot als hinreichend konkretisiert ansieht, sofern es die Festsetzung ermöglicht. Hier geht es ebenfalls um die Bestimmung des originären Ausgangspreises. Obwohl in den Motiven nicht zwischen kurzfristigen und langfristigen Verträgen unterschieden wird, liegt eine solche Differenzierung doch nahe. Man denke daran, dass die Diskussion über die Dauerschuldverhältnisse erst 1914 durch von Gierkes Abhandlung über dauernde Schuldverhältnisse zum Durchbruch gelangte.497 Folglich ist die fehlende Differenzierung in den 1888 entstandenen Motiven nicht maßgeblich. Für eine Differenzierung spricht, dass der Vertragspartner im Rahmen langfristiger Dauerschuldverhältnisse bei Vertragsschluss die zukünftige Belastung bei ausschließlicher Bindung an das billige Ermessen nicht überblicken kann; er unterliegt einer Informationsasymmetrie, die ihn schutzbedürftig erscheinen lässt.498 Grundsätzlich darf er sich dem Leistungsbestimmungsrecht des Verwenders zwar bis zur Grenze der §§ 134, 138 BGB ausliefern,499 doch wäre das selbsterwählte Bestimmungsopfer bei Zulässigkeit des Ermessens nach § 307 BGB lediglich über § 315 Abs. 3 BGB geschützt.500 § 315 BGB sanktioniert allerdings nicht die Beeinträchtigung der materialen Entscheidungsfreiheit, sodass von einer Verfehlung des Zwecks der §§ 305ff. BGB gesprochen werden müsste.501 Da dieser Bestandteil der Privatautonomie erfordert, dass der Vertragspartner bei Vertragsschluss die zukünftigen Belastungen überblicken und in seine Abschlussentscheidung einfließen lassen kann, scheidet das billige Ermessen als Anpassungsparameter aus. 495 Rieble, in: Staudinger, § 315 Rn. 7. 496 Motive zu dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Band 2 Recht der Schuldverhältnisse, §§ 353, 354, S. 192. 497 Oetker, Das Dauerschuldverhältnis und seine Beendigung, S. 50. Siehe dazu von Gierke, JherJb 64 (1914), 355. Allgemein zur Historie des Begriffs des Dauerschuldverhältnisses Oetker, a. a. O., S. 50. 498 Langenbucher, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 2008, 399, 404. 499 Rieble, in: Staudinger, § 315 Rn. 48. 500 Rieble, in: Staudinger, § 315 Rn. 48. 501 Rieble, in: Staudinger, § 315 Rn. 48.

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

Damit spricht zum einen der Ausnahmecharakter der Norm gegen eine Begrenzung des Transparenzgebots durch eine Übertragung der Wertmaßstäbe des § 315 BGB; zum anderen setzt § 315 Abs. 3 BGB eine wirksame Klausel voraus, sodass hieraus kein Wirksamkeitsmaßstab für die vorherige Prüfungsebene gebildet werden kann. Darüber hinaus können die Funktion des Transparenzgebots und der Schutzzweck der AGB-Kontrolle gegen ein billiges Ermessen in Dauerschuldverhältnissen angeführt werden.

C.

»Wie« der Preisanpassung

Neben der Darstellung der Voraussetzungen und des Umfangs der Preisanpassung muss eine Klausel dem Vertragspartner klar und deutlich aufzeigen, auf welche Weise die Preise angepasst werden. Dies lässt sich an folgender, vom VIII. Zivilsenat wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot als unzulässig eingestufter Regelung verdeutlichen: »§ 2 2. Der vorstehende Gaspreis ändert sich, wenn eine Änderung der allgemeinen Tarifpreise eintritt. § 6 1. Soweit in diesem Vertrag nichts anderes vereinbart wird, gelten die jeweils gültigen Allgemeinen Bedingungen für die Gasversorgung (AVBGasV), die wesentlicher Bestandteil dieses Vertrages sind.«502

Der BGH kritisierte an dieser Regelung, dass der Klausel lediglich die Bindung an die Tarifpreise zu entnehmen sei.503 In Bezug auf die Frage, auf welche Weise eine Änderung erfolgen soll, ließe sich die Klausel aus § 2 Nr. 2 der vorgenannten Regelung von einem verständigen und redlichen Vertragspartner unter Abwägung der Interessen der beteiligten Kreise in drei verschiedenen Weisen auslegen: »1. Eine Änderung der Tarifpreise wird nominal auf die Sonderkundenpreise übertragen. 2. Eine Änderung der Preise wird prozentual auf die Sonderkundenpreise übertragen. 3. Bei einer Änderung der Tarifpreise besteht ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht [des Energieversorgungsunternehmens], die Preise für Sonderkunden zu erhöhen.«504

Diese Unklarheit werde auch nicht durch den Verweis in § 6 Nr. 1 auf die AVBGasV beseitigt, da die Formulierung »soweit in diesem Vertrag nichts anderes bestimmt ist« so auszulegen sei, dass die konkreten Vertragsregelungen 502 Zitiert nach BGH, NJW 2009, 578. 503 BGH, NJW 2009, 578, 579. 504 BGH, NJW 2009, 578, 579. Zur Auslegungsmöglichkeit der nominalen oder prozentualen Berechnung siehe auch OLG Hamm, RdE 2009, 261, 263.

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abschließend seien.505 Nur für Fälle, in denen der Vertrag schweigt, könnte demnach die AVBGasV herangezogen werden, aber nicht als Auslegungshilfe zur Beseitigung von Unklarheiten bzw. zur Ergänzung der vereinbarten Regelungen.506

D.

Kopplungsfähigkeit von Parametern und Gewichtung

Ein weiteres Problem stellt die Kopplungsfähigkeit von Kostenelementen oder Parametern sowie deren Gewichtung dar.507 Dieses Erfordernis resultiert aus dem zutreffenden Gedanken, dass die causa des Preisanstiegs in einem Anstieg der Preisbildungsfaktoren liegt.508 Entsprechend sieht der BGH eine Unangemessenheit dann als gegeben an, wenn eine Klausel bloß allgemein auf Kostenänderungen abstellt und nicht darstellt, in welchen Bereichen diese Veränderungen auftreten können und müssen, um eine Preisanpassung zu rechtfertigen.509 In diesem Fall wären die Voraussetzungen einer Preisanpassung unklar. Sollen Kostenänderungen die Preisanpassung beeinflussen, ist der Verwender dazu verpflichtet, die Höhe der Entgeltbestandteile bei Vertragslaufzeitbeginn anzugeben und »deren Gewichtung bei der Kalkulation des Gesamtpreises« offenzulegen.510 Fehlt es an dieser Gewichtung, ist für den Vertragspartner nicht ersichtlich und damit nicht überprüfbar, wie sich die Erhöhung eines Elementes 505 BGH, NJW 2009, 578, 579. 506 BGH, NJW 2009, 578, 579. 507 Dies gilt unabhängig von der Ausgestaltung als Automatik- oder Ermessensklausel. Die Frage der Gewichtung tritt zudem auch bei bonitätsabhängigen Zinsanpassungsklauseln auf. 508 Graf von Westphalen, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 707, 711. 509 BGH, NJW 2007, 1054, 1055; BGH, NJW-RR 1988, 819, 821. In der Literatur wird eine Preisanpassung aufgrund der »allgemeinen Preis- und Kostenentwicklung« vorgeschlagen, siehe Graf von Westphalens, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 707, 726. Damit sei dem Vertragspartner deutlich gemacht, dass über die Klausel sowohl einer inflationären Geldentwertung entgegengewirkt wird als auch eine Weitergabe von Kostensteigerungen erfolgen soll (S. 726). Um eine hinreichende Bestimmtheit des Merkmals der allgemeinen Kostenentwicklung zu erreichen, könnte als nachvollziehbare und öffentlich zugängliche Anpassungsrichtlinie die Entwicklung der allgemeinen Lebenshaltungskosten in die Klausel einbezogen werden (S. 726f.). Siehe zu dieser Ansicht auch De Wyl/Soetebeer, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, 4. Auflage, § 11 Rn. 303. Andererseits finden sich in der Literatur auch Beiträge, die eine Beschränkung auf wesentliche Kostenelemente für nicht ausreichend halten, so J. Becker, in: Bamberger/Roth, BGB, § 309 Nr. 1 BGB Rn. 26, Bezug nehmend auf BGH, NJW 2010, 2789, 2793 und BGH, NJW 2010, 2793, 2797. 510 BGH, NJW-RR 2008, 134, 135; Eder/vom Wege, in: Zenke/Wollschläger/Eder, Preise und Preisgestaltung in der Energiewirtschaft, S. 118 Rn. 67.

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

auf den Gesamtpreis auswirkt.511 In der Praxis entsteht daher das Problem, dass die Tauglichkeit von Kostenelementeklauseln durch diese weite Ausgestaltungsverpflichtung im b2c-Verkehr stark beschränkt wird.512 Schließlich würde dies zur Offenlegung von Betriebsgeheimnissen führen.513 Damit ist klärungsbedürftig, welche Kostenfaktoren in die Klausel einbezogen werden können sowie ob und wie sie gewichtet werden müssen.

I.

Kopplungsfähigkeit

1. Preisanpassungsklauseln Hinsichtlich der Möglichkeit der Einbeziehung von Kostenfaktoren hat der Verwender zu beachten, dass es dem Vertragspartner möglich sein muss, die aktuellen Werte der Anpassungsfaktoren mit zumutbaren Mitteln in Erfahrung zu bringen, um die Rechtfertigung der Preisänderung zu überprüfen.514 Dies ist ihm nach der Rechtsprechung des BGH verwehrt, wenn die Klausel lediglich auf betriebsinterne Berechnungsgrößen Bezug nimmt.515 Beispielsweise beinhalten die Lohnkosten unkalkulierbare Risiken, indem unternehmerische Entscheidungen wie »freiwillige übertarifliche Lohnzahlungen, Gratifikationen u. Ä.« in sie einfließen.516 Ebenso wenig zugänglich und kontrollfähig sind die tatsächlichen Gestehungs-, Transport- und Lagerkosten.517 Grundsätzlich werden nur die Faktoren für Kostenelemente zumutbar zu ermitteln sein, die an einen Markt511 BGH, NJW 2007, 1054, 1055; BGH, NJW-RR 2005, 1717, 1718. Entgegen diesen Urteilen des VIII. Zivilsenats ließ der Kartellsenat die Entscheidung in BGH, NJW 2008, 2172, 2175 offen. 512 Eder/vom Wege, in: Zenke/Wollschläger/Eder, Preise und Preisgestaltung in der Energiewirtschaft, S. 118f. Rn. 68. 513 J. Becker, in: Bamberger/Roth, BGB, § 309 Nr. 1 BGB Rn. 26; Schmid, NJW 2000, 1301, 1304. 514 BGH, NJW 2008, 360, 361; BGH, NJW 2007, 1054, 1055; BGH, NJW-RR 2005, 1717, 1717f.; ebenfalls aus der Unbestimmtheit ein Mangel an Überprüfbarkeit feststellend BGH, NJW 2009, 578, 579. OLG Köln, Urt. v. 13. 01. 2006, Az. 6 U 148/05. OLG Stuttgart, NJW-RR 2005, 858, 860; OLG Düsseldorf, BB 1997, 699, 700; OLG Bremen, ZIP 2008, 28, 30; OLG Köln, Urt. v. 13. 01. 2006, Az. 6 U 148/05 –, juris Rn. 15; Graf von Westphalen, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 707, 727; Graf von Westphalen, in: Graf von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Preisanpassungsklauseln Rn. 27. 515 BGH, NJW-RR 2005, 1717, 1717f. Der VIII. Zivilsenat hatte folgende Klausel zu beurteilen: »Wenn sich nach Abschluss des Vertrags die Gestehungspreise für Flüssiggas, die Material-, Lohn-, Transport- und Lagerkosten oder die Mineralöl- bzw. Mehrwertsteuersätze ändern, kann S im Umfang der Veränderung dieser Kostenfaktoren pro Liefereinheit den vorstehend angegebenen derzeitigen Gaspreis ändern.« Siehe auch die Vorinstanz, OLG Stuttgart, NJWRR 2005, 858, 860. Diese Rechtsprechung wurde in der zweiten Flüssiggas-Entscheidung bestätigt, BGH, NJW 2007, 1054, 1055. Ebenso Arzt/Fitzner, ZNER 2005, 305, 311; Steenbuck, MDR 2010, 357, 359. Letzterer hebt die Unabhängigkeit von betriebswirtschaftlichen Entscheidungen hervor und verweist auf die HEL-Klauseln. 516 BGH, NJW-RR 2005, 1717; OLG Düsseldorf, BB 1997, 699, 700. 517 OLG Stuttgart, NJW-RR 2005, 858, 860.

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oder Börsenpreis gekoppelt sind.518 Das LG Bremen verstand die Grundsätze des BGH in einem Urteil so, dass die Wirksamkeit einer Kostenelementeklausel eine Bezugnahme auf öffentlich zugängliche Daten voraussetze, die zudem derart gewichtet werden müssen, dass die Preisbildung mit der vorgelagerten Wirtschaftsstufe widergespiegelt wird.519 Damit war selbst die Einbeziehung eines vom Statistischen Bundesamt ermittelten und veröffentlichten Standardwerts nicht ausreichend.520 Auf derselben Ebene scheint sich der BGH in seiner zweiten Flüssiggas-Entscheidung zu bewegen: Ihm war eine Bezugnahme auf die Veränderungen der vorgelagerten Wirtschaftsstufe zu unbestimmt, da die betreffende Klausel erstens auf die Veränderung betriebsinterner Berechnungsgrößen abstelle und zweitens den Vertragspartner nicht erkennen lasse, »welches Gewicht den Preisen welcher Vorlieferanten für die Kalkulation des Gaspreises der Bekl. zukommt.«521 2. Refinanzierungsabhängige Zinsanpassungsklauseln Im Zusammenhang mit refinanzierungsabhängigen Zinsanpassungsklauseln stellt sich die Frage, welche Referenzzinssätze kopplungsfähig sind. Insbesondere steht das Problem der Übertragungsfähigkeit von Referenzzinssätzen aus dem Passiv- oder Aktivgeschäft auf das jeweils andere Geschäft sowie die Bindung an den Neugeschäftszins im Raum. Grundsätzlich ist der Verwender über die Privatautonomie frei in der Wahl des Referenzzinssatzes und könnte im Passivgeschäft einen Zinssatz aus dem Aktivgeschäft wählen.522 Er hat jedoch nur mittelbar Einfluss auf das Passivgeschäft.523 Darüber hinaus können Aktiv- und Passivgeschäft aufgrund unter518 Graf von Westphalen, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 707, 712. 519 LG Bremen, ZIP 2006, 1301, 1304. 520 LG Bremen, ZIP 2006, 1301, 1304. Erstaunlicherweise fordert das Gericht aber schließlich keine exakte Offenlegung mit Verweis auf die Klauseln in der Stromwirtschaft und das Urteil des OLG Stuttgart, NJW-RR 2005, 858, 860. 521 BGH, NJW 2007, 1054, 1055. Aus der Bindung nur an die Vorlieferantenpreise ohne Gewichtung resultiere nach dem OLG Köln, Urt. v. 13. 01. 2006, Az. 6 U 148/05 –, juris Rn. 23 die Gefahr einer ungeprüften Abwälzung von Kostensteigerungen durch den Verwender. Zur Kritik an der bloßen Einbeziehung der Vorlieferantenpreise siehe Arzt/Fitzner, ZNER 2005, 305, 311. Anders sah es das OLG Frankfurt in einer jüngeren Entscheidung über eine Indexklausel sowohl in einem Pacht- als auch in einem Erbbaurechtsvertrag, in der es sogar die Einbeziehung eines nicht veröffentlichten Lebenshaltungskostenindexes des Statistischen Bundesamtes als transparent ansah, OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 10. 10. 2014, Az. 2 U 245/12 –, juris Rn. 65. Diese Entscheidung kann aber nicht mit der Ausübungskontrolle vereinbart werden; vielmehr ist dem Erfordernis der allgemeinen Zugänglichkeit zuzustimmen. 522 Siehe dazu Nobbe, in: Festschrift für Hans-Jürgen Lwowski, 83, 85; Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 215. 523 Nobbe, in: Festschrift für Hans-Jürgen Lwowski, 83, 85.

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schiedlicher Einflussfaktoren entgegengesetzte Entwicklungen nehmen.524 Entsprechend der BGH-Rechtsprechung von 2010 ist damit ein Referenzzinssatz aus dem Passivgeschäft zu verwenden, z. B. die in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Zinssätze.525 Überwiegend ist die Verwendung des 3-Monats-Euribor-Refenzzinssatzes526 in der Literatur anerkannt.527 Allerdings können Zweifel an dessen Einbeziehungsfähigkeit aufgrund bereits erfolgter Manipulationen auftreten.528 Hinzu kommt, dass die Bindung an den Euribor in Krisenzeiten problematisch gesehen wird.529 So wurden durch die Rettungspolitik der EZB Refinanzierungen im Interbankengeschäft kaum mehr notwendig, und der Euribor sank erheblich; beispielsweise auf derzeit – 0,329 % beim 3-Monats-Euribor (Stand: 07. 09. 2017).530 Die Folge war eine zeitweise fehlende Referenzzinseignung des Euribor.531 Zusätzlich spreche »die von der Rechtsprechung geforderte Einbeziehung des Neukundengeschäfts« gegen den Euribor.532 Alternativen wären die Bindung

524 Schimansky, WM 2003, 1449, 1452; Schimansky, WM 2001, 1168, 1174. Zur Ungenauigkeit hinsichtlich der Refinanzierungsbedingungen bei Zinsgleitklauseln siehe auch Sonnenhol, in: Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis, Band 1, Rn. 1/338b sowie Früh/MüllerArendt, in: Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis, Band 1, Rn. 3/119d. 525 Siehe dazu BGH, NJW 2010, 1742, 1743; Nobbe, in: Festschrift für Hans-Jürgen Lwowski, 83, 86. 526 »Die Euro Interbank Offered Rate (Euribor) ist ein Durchschnittszinssatz für unbesicherte Euro-Kredite. Zur Berechnung melden mehr als 30 ausgewählte Banken täglich, welches der höchstgebotene Zinssatz dafür ist, dass eine Bank einer anderen Bank von hoher Bonität einen unbesicherten Euro-Kredit gewährt. […] Im Euroraum ist der Euribor der maßgebliche Zinssatz für eine große Zahl von Krediten, darunter zum Beispiel Hypothekendarlehen mit variabler Verzinsung.« https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Glossareintraege/ E/euro_interbank_offered_rate.html (Abrufdatum: 19. 03. 2016). 527 Früh/Müller-Arendt, in: Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis, Band 1, Rn. 3/119d; Freitag, in: Staudinger, § 488 Rn. 199; Rossbach, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1384 Rn. 11.82; Bruchner/Krepold, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 78 Rn. 81ff.; Wimmer/Rösler, WM 2011, 1788, 1795ff.; Renner, in: Staub, Großkommentar HGB, Band 10/2, Vierter Teil, Das Kreditgeschäft Rn. 47. 528 Schwintowski, in: Schwintowski, Bankrecht, § 13 Rn. 131. Siehe zur Manipulationsaffäre Bausch/Wittmann, WM 2014, 494, 494ff.; Nobbe, in: Festschrift für Hans-Jürgen Lwowski, 83, 93; a. A. Wimmer/Rösler, WM 2011, 1788, 1795ff. In der Folge der Manipulationsaffäre verhängte die Europäische Kommission aufgrund der Teilnahme an einem Zinskartell im Derivatebereich gegen acht meldepflichtige Finanzinstitute eine Geldbuße in Höhe von insgesamt 1,7 Milliarden Euro, siehe http://europa.eu/rapid/press-release_IP-13-1208_de. htm (Abrufdatum: 22. 03. 2016). 529 Nobbe, in: Festschrift für Hans-Jürgen Lwowski, 83, 94; Ellenberger, in: Festschrift für Klaus J. Hopt, Band 2, 1753, 1759; Wimmer/Rösler, WM 2011, 1788, 1796. 530 Nobbe, in: Festschrift für Hans-Jürgen Lwowski, 83, 94; Wimmer/Rösler, WM 2011, 1788, 1796; Ellenberger, in: Festschrift für Klaus J. Hopt, Band 2, 1753, 1759. 531 Nobbe, in: Festschrift für Hans-Jürgen Lwowski, 83, 94; Wimmer/Rösler, WM 2011, 1788, 1796. 532 Ellenberger, in: Festschrift für Klaus J. Hopt, Band 2, 1753, 1759.

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an den EONIA533, den Eurepo534, den Leitzinssatz der EZB oder an den Spitzenrefinanzierungssatz der EZB.535 Die ersten beiden unterliegen ähnlichen Problemen wie der Euribor.536 Der EONIA wird zwar als weniger manipulationsanfällig ausgewiesen, gilt jedoch als ebenso untauglich in Krisenzeiten.537 Darüber hinaus ist er anfälliger für Schwankungen.538 Der Eurepo erscheint wie der Euribor manipulationsanfällig, weil ihm Einschätzungen der Banken und keine tatsächlichen Umsätze zugrunde liegen.539 Der Spitzenrefinanzierungssatz wiederum enthält wenig Aussagekraft bezüglich der Refinanzierung der Kreditinstitute; dies zeigt ein Vergleich des Spitzenrefinanzierungssatzes von 0,25 % (Stand: 07. 09. 2017) im Verhältnis zum 3-Monats-Euribor i. H. v. -0,329 % (Stand: 07. 09. 2017).540 An diesem Vergleich scheitert auch die Bindung an den Leitzins der EZB (0,0 % Stand: 07. 09. 2017), obwohl er die Verhältnisse der Geld- und Kapitalmärkte grundsätzlich abbildet.541 Trotz der Manipulationsaffäre bleibt der Euribor – auch aufgrund der beschriebenen Schwächen der Alternativen – der wichtigste Refinanzierungszinssatz.542 Grundsätzlich könnte zwar auch das Aktivgeschäft an ihn gebunden werden, jedoch ist dies aufgrund des möglichen Auseinanderdriftens der tatsächlichen Entwicklungen proble-

533 »Der Euro Overnight Index Average (EONIA) ist ein auf Basis tatsächlich getätigter Umsätze berechneter Durchschnittszinssatz für Tagesgeld im Euro-Interbankengeschäft. Zur Ermittlung des EONIA berechnet jede der rund 30 berichtenden Banken täglich das Gesamtvolumen der Umsätze mit unbesichertem Übernachtgeld und den gewichteten Durchschnittszins für dieses Tagesvolumen. Diese Daten werden von jeder berichtenden Bank an die Europäische Zentralbank gemeldet, die daraus wiederum einen gewichteten Durchschnittszins berechnet. Der so ermittelte EONIA ist für die Banken ein wichtiger Referenzzins. Der EONIA dient für Finanzinstrumente wie beispielsweise EONIA-Swaps als Basiswert.« https://www. bundesbank.de/Redaktion/DE/Glossareintraege/E/euro_overnight_index_average.html (Abrufdatum: 19. 03. 2016). 534 »Der Eurepo ist ein Durchschnittszinssatz für besicherte Euro-Kredite. Zur Berechnung melden mehrere ausgewählte Banken täglich, welches der höchstgebotene Zinssatz am Markt dafür ist, dass eine Bank einer anderen Bank von hoher Bonität einen mit bestimmten Sicherheiten unterlegten Euro-Kredit gewährt.« https://www.bundesbank.de/Redaktion/ DE/Glossareintraege/E/eurepo.html (Abrufdatum: 19. 03. 2016). 535 Nobbe, in: Festschrift für Hans-Jürgen Lwowski, 83, 92ff. 536 Nobbe, in: Festschrift für Hans-Jürgen Lwowski, 83, 95. 537 Nobbe, in: Festschrift für Hans-Jürgen Lwowski, 83, 95; a. A. Wimmer/Rösler, WM 2011, 1788, 1795ff. 538 Nobbe, in: Festschrift für Hans-Jürgen Lwowski, 83, 95. 539 Nobbe, in: Festschrift für Hans-Jürgen Lwowski, 83, 95. 540 Nobbe, in: Festschrift für Hans-Jürgen Lwowski, 83, 93. Zur fehlenden Eignung, siehe auch Bruchner/Krepold, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 78 Rn. 76. 541 Nobbe, in: Festschrift für Hans-Jürgen Lwowski, 83, 93. Zur fehlenden Eignung, siehe auch Bruchner/Krepold, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 78 Rn. 78. 542 Nobbe, in: Festschrift für Hans-Jürgen Lwowski, 83, 93.

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matisch. Deshalb wird an anderer Stelle in der Literatur vertreten, dass eine Bindung an die EWU-Zinsstatistik zum Aktivgeschäft zielgerechter sei.543 In einer Vertragsklausel, über die das LG Düsseldorf zu entscheiden hatte, suchte ein Kreditinstitut der vorgenannten Schwäche der fehlenden Abbildung der tatsächlichen Schwankungen an den Geld- und Kapitalmärkten folgendermaßen zu begegnen: »Bildet der Referenzzins die Schwankungen am Geldmarkt nicht mehr ab, ist die Bank berechtigt, einen geeigneten Referenzzins zu bestimmen.«544

In Anwendung der oben herausgearbeiteten Transparenzanforderungen erklärte das LG Düsseldorf diese Klausel zu Recht für unzulässig. Das Gericht argumentierte, dass aus der Klausel für den Vertragspartner nicht ersichtlich sei, ob und wann eine Abbildung der Schwankungen am Geldmarkt nicht mehr gegeben sei.545 Dadurch, dass das Kreditinstitut sich in einem weiteren Klauselteil die Zinsanpassung nach billigem Ermessen einräumte, habe sich der Verwender einen zu großen Anpassungsspielraum eingeräumt, sodass die Abwicklungstransparenz beeinträchtigt sei.546 Aus dem Urteil kann im Umkehrschluss geschlossen werden, dass die Zulässigkeit der Klausel gegeben ist, wenn sie die Mindestanforderungen erfüllt und zusätzlich Faktoren aufzeigt, die das Ersetzungsrecht konkretisieren. Die Transparenz des einseitigen Bestimmungsrechts eines »Ersatz-Referenzzinses« müsste in Anlehnung an die Mindestvoraussetzungen durch Anpassungsschwellen und -pflichten hergestellt werden. Fraglich ist, ob die Kopplung an den jeweiligen Zinssatz für Neugeschäfte interessengerecht ist.547 Die originäre Zinsfestlegung ist als Preishauptabrede nicht kontrollfähig und unterliegt lediglich der Grenze der §§ 134, 138 BGB.548 Über diese Bindung könnten sich die Kreditinstitute ein uneingeschränktes Leistungsbestimmungsrecht einräumen. Auf der anderen Seite würde diese Problematik aufgrund der Mindestvoraussetzungen, eines möglichen Caps und des Wettbewerbs abgemildert. Die Kopplungsfähigkeit an das Neugeschäft ist jedoch wegen der internen Manipulationsanfälligkeit aufgrund einer ge543 Noch mit Bezugnahme auf die Bundesbank-Statistik: Schimansky, WM 2003, 1449, 1452. Metz, BKR 2010, 265, 267, sieht sämtliche amtlich festgestellten Zinssätze als geeignet an; kritisch hinsichtlich der Bundesbankstatistiken Freitag, in: Staudinger, § 488 Rn. 199, da diese ebenfalls nicht frei von Fehlabbildungen der tatsächlichen Lage seien. 544 LG Düsseldorf, Urt. v. 07. 11. 2014, Az. 22 O 208/12, BeckRS 2015, 02113. 545 LG Düsseldorf, Urt. v. 07. 11. 2014, Az. 22 O 208/12, BeckRS 2015, 02113. 546 LG Düsseldorf, Urt. v. 07. 11. 2014, Az. 22 O 208/12, BeckRS 2015, 02113. 547 Für die Möglichkeit der Bindung an das Neugeschäft siehe Ellenberger, in: Festschrift für Klaus J. Hopt, 1753, 1755. 548 Nobbe, in: Festschrift für Hans-Jürgen Lwowski, 83, 89.

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schäftspolitischen Gestaltung zu verneinen.549 Denn dieser intern ermittelte Wert entspricht dann nicht der tatsächlichen Refinanzierungssituation.550 Zudem stufte der BGH amtlich ermittelte Zinssätze als geeignete Referenzzinssätze ein.551 Versteht man diese Ausführung als Definition des geeigneten Zinssatzes, würde die Neugeschäftsbindung ihr widersprechen.552

3. Bonitätsabhängige Zinsanpassungsklauseln Konträr zu dieser Bewertung von Betriebsinterna laufen die bonitätsabhängigen Zinsanpassungsklauseln. Im Rahmen der Basel II-Rahmenvereinbarung und den Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG war anerkannt, dass externe Kreditnehmerratings unproblematisch mit dem Transparenzgebot vereinbar sind.553 Damit war ein Gleichlauf mit Preisanpassungsklauseln festzustellen. Gemäß der Richtlinie 2013/36/EU sollen jedoch – als Reaktion auf die Finanzkrise – Eigenmittelanforderungen, die abhängig von den Ausfallrisiken sind, vermehrt auf interne und weniger auf externe Beurteilungen gestützt werden.554 Damit wird die Kopplungsfähigkeit von externen Ratings mittlerweile kritisch gesehen. Für die Vereinbarkeit eines internen Ratings werden in der Literatur zwei Gründe genannt: Zum einen werde der Vertragspartner durch die Bankenaufsicht geschützt,555 zum anderen führe »ein schlechtes Rating zu einer höheren Eigenkapitalbelastung und damit zu höheren Kosten für die Bank.«556 Hieran wurde jedoch bereits vor der Basel III-Rahmenvereinbarung kritisiert, dass es zum einen zweifelhaft sei, dass die Rechtsprechung von ihrer strengen Linie hinsichtlich interner Berechnungsmethoden abweiche;557 zum anderen erfolge im Wege des aufsichtsrechtlichen Prüfverfahrens lediglich eine Kontrolle des Ratingsystems als solches, keine Prüfung ihrer korrekten Umsetzung.558 Dem ist entgegenzuhalten, dass eine Prüfung der konkreten Anwendung einer Anpassungsklausel generell nicht von der Inhaltskontrolle und erst recht nicht von der Transparenzkontrolle erfasst wird. Diese soll den Vertragspartner nur in die Lage versetzen, eine Ausübungskontrolle durchzuführen. Gerichtlich fällt die Kontrolle der konkreten Umsetzung des Ratingsystems in den Bereich der BilNobbe, in: Festschrift für Hans-Jürgen Lwowski, 83, 90; Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 218. Nobbe, in: Festschrift für Hans-Jürgen Lwowski, 83, 90. BGH, NJW 2010, 1742, 1743; BGH, NJW 2005, 751; BGH, NJW 1986, 1803. Mit diesem Verständnis wohl Nobbe, in: Festschrift für Hans-Jürgen Lwowski, 83, 90. Mülbert, WM 2004, 1205, 1207; Wand, WM 2005, 1969, 1972. Siehe die Erwägungsgründe 70ff. der Richtlinie 2013/36/EU. Rossbach, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1386 Rn. 11.89; Freitag, in: Staudinger, § 488 Rn. 201. 556 Rossbach, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1386 Rn. 11.89. 557 Mülbert, WM 2004, 1205, 1206. 558 Mülbert, WM 2004, 1205, 1206f.

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ligkeitskontrolle. Zudem entstünden Probleme mit der Umsetzbarkeit der BaselRahmenvereinbarungen.559 4. Prämienanpassungsklauseln Was die Kopplungsfähigkeit von Anpassungsmaßstäben im Rahmen von Prämienanpassungsklauseln angeht, gilt es, zunächst wieder einen Blick auf das D.A.S.-Urteil zu werfen. Das BVerwG hat die Bindung an die Änderung des Schadensaufwandes als Anpassungsmaßstab zugelassen. Dies sollte jedoch nicht abschließend verstanden werden, sondern lediglich als Aufforderung zur Angabe eines angemessenen Anpassungsmaßstabes.560 Beispielsweise kommt die Änderungsberechnung mithilfe folgender Methoden in Betracht: anhand der Schadensquote561, als Produkt von Schadenshäufigkeit und dem Durchschnitt der Schadenszahlungen562 oder durch Erhöhung der durchschnittlichen Schadenszahlungen.563 In Bezug auf die Berechnung des Schadensaufwandes hatte das BVerwG keine Bedenken, dass die Prämienneuberechnung aufgrund von Branchenwerten erfolgt.564 Es begründete dies damit, dass sich die Umstände nicht im Bestand des Versicherers ändern, sondern es sich um Veränderungen »der allgemeinen technischen, ökonomischen, gesellschaftlichen, rechtlichen oder politischen Verhältnisse« handle.565 Diese könnten anhand der Branchenzahlen einwandfrei festgestellt werden.566 Die Frage, ob auch interne Unternehmenswerte kopplungsfähig sind, ist dem Urteil jedoch nicht zu entnehmen.567 In der Literatur wird die Kopplungsfähigkeit interner Unternehmenswerte grundsätzlich anerkannt.568 Hier entsteht jedoch das Problem der Nachprüfbarkeit. Überträgt man die Anforderungen in Bezug auf Preisanpassungsklauseln, 559 Siehe dazu unten S. 149f. 560 So Beckmann, VersR 1996, 540, 541. 561 Die Schadensquote beschreibt das Verhältnis des Regulierungsaufwands zu den Prämieneinnahmen, siehe Knappmann, in: Prölls/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, § 40 Rn. 9. 562 Hier ist das Verhältnis zwischen Schadensmeldungen in einem festgelegten Zeitraum zur Summe der Zahlungen geteilt durch die versicherten Risiken oder durch die gemeldeten Schadensfälle in diesem Zeitraum maßgeblich, Knappmann, in: Prölls/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, § 40 Rn. 9. 563 Knappmann, in: Prölls/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, § 40 Rn. 10. 564 BVerwG, VersR 1981, 221, 225. 565 BVerwG, VersR 1981, 221, 225. 566 BVerwG, VersR 1981, 221, 225. 567 Beckmann, in: Bruck/Möller, Versicherungsvertragsgesetz, Band 2, § 40 Rn. 40; Beckmann, VersR 1996, 540, 541. 568 Nach Beckmann ist dies möglich, wenn die Zahlen die Veränderungen außerhalb des versicherten Risikos angemessen berücksichtigen, siehe Beckmann, in: Bruck/Möller, Versicherungsvertragsgesetz, Band 2, § 40 Rn. 40; Beckmann, VersR 1996, 540, 541. Knappmann fordert sogar, die Prämienanpassung müsse anhand der Unternehmenszahlen erfolgen, wenn diese sich vorhersehbar positiver für den Versicherungsnehmer entwickeln, Knappmann, in: Prölls/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, § 40 Rn. 12.

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müsste der Versicherungsnehmer die Prämienanpassung nachvollziehen können. Dies bedeutet, dass interne Zahlen und der Berechnungsmechanismus bekannt sein müssten. Das Problem löst der Gesetzgeber in der Lebens- und Krankenversicherung (gesetzliche Prämienanpassungsrechte) durch Einsatz eines zuverlässigen, fachlich geeigneten, unabhängigen Treuhänder, der die Berechnungsmethode und die Zulässigkeit der Prämienerhöhung überprüft (§ 203 Abs. 2 S. 3 VVG i. V. m. § 155 VAG; § 163 Abs. 1 Nr. 3 VVG).569 Er wird dabei als Interessenvertreter des Versicherungsnehmers tätig und überprüft die Richtigkeit des Berechnungsergebnisses und die Übereinstimmung mit geltenden Rechtsvorschriften570 – er prüft insbesondere, ob eine Fehlkalkulation vorliegt, die nicht durch eine Prämienanpassung behoben werden darf.571 Der Treuhänder wird über einen mit dem Versicherer abgeschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrag mit Werkvertragscharakter tätig, der Schutzwirkung zugunsten Dritter entfaltet.572 Die Pflicht seiner Einbindung erlischt nach § 163 Abs. 4 VVG nur, wenn es einer aufsichtsbehördlichen Genehmigung bedarf. Allerdings ist die gesetzliche Treuhändereinbindung auf diese Versicherungsarten beschränkt, sodass in den anderen Bereichen interne Werte problematisch bleiben. II.

Gewichtung der Anpassungsparameter

Ist die fehlende Kopplungsfähigkeit der Betriebsinterna weitestgehend anerkannt, so trifft dies auf das bereits angesprochene Gewichtungsproblem nicht zu; es soll nachfolgend untersucht werden. Die Transparenzanforderung weist erhebliche Schwierigkeiten im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit der tatsächlichen Ausgestaltungsmöglichkeit und den wettbewerblichen Interessen des Verwenders auf. Bereits in der ersten Flüssiggas-Entscheidung forderte der VIII. Zivilsenat, dass es einer »Gewichtung der einzelnen Kostenelemente im 569 Der Treuhänder ist fachlich geeignet, wenn er hinreichende Kenntnisse im Gebiet der Prämienanpassung hat, Brömmelmeyer, in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, § 42 Rn. 103. Der Treuhänder wird von der BaFin hinsichtlich seiner Eignung geprüft und zugelassen, Brambach, in: Rüffer/Halbach/Schimikowski, Versicherungsvertragsgesetz, § 163 Rn. 9. 570 Hohlfeld, in: Berliner Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz, § 178 g Rn. 10; Schramm, VersR 1996, 424, 425. Streitig ist hingegen, ob der Treuhänder auch zur Angemessenheitsprüfung berechtigt ist: Befürwortend Hohlfeld, in: Berliner Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz, § 178 g Rn. 10; Küntzel, VersR 1996, 148, 149ff.; Renger, VersR 1994, 1257, 1259; a. A. Drews, VersR 1996, 422, 423; Schramm, VersR 1996, 424, 424f.; Wedler, VW 1997, 447, 449. 571 Brömmelmeyer, in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, § 42 Rn. 103. Zum Verbot der nachträglichen Behebung von Fehlern in der Kalkulation siehe unten S. 152ff. 572 Hohlfeld, in: Berliner Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz, § 178 g Rn. 12.

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

Hinblick auf ihre Bedeutung für die Kalkulation des Gaspreises« bedürfe.573 Der Vertragspartner sei ohne sie weder in der Lage, die Auswirkung eines Kostenanstiegs in einem Bezugselement vorherzusehen noch dessen Berechtigung nachzuprüfen.574 Auch wenn der Senat in der zweiten Flüssiggas-Entscheidung am Ende offenließ, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Bindung an die Vorlieferantenpreise zulässig ist, lässt sich eine Tendenz zur Offenlegung der exakten Kalkulation in der obigen Formulierung nicht übersehen.575 In weiteren Entscheidungen griffen die unterschiedlichen Senate diesen Problempunkt im Rahmen der Transparenz entweder durch Verweis auf die Flüssiggas-Entscheidungen576 oder durch ausdrückliche Benennung auf.577 Auch ein Teil der Literatur und der obergerichtlichen Rechtsprechung vertritt den Standpunkt, dass Bezugskostensteigerungen nicht isoliert – also ohne genaue Gewichtung des Anteils des jeweiligen Preisbildungsfaktors an der Gesamtkalkulation – beurteilt werden können.578 Allerdings gibt es auch Stimmen in Rechtsprechung und Literatur, die eine gewisse Ungenauigkeit in der Gewichtung tolerieren, um die Gestaltung von Preisanpassungsklauseln nicht unmöglich zu machen.579 Auch in Bezug auf bonitätsabhängige Zinsanpassungsklauseln wird eine Gewichtung der internen Ratingkriterien gefordert.580 Dabei sind nicht nur die 573 BGH, NJW-RR 2005, 1717, 1718; In der Pay-TV-Abonnement-Entscheidung (BGH, NJW 2008, 360, 361) schloss sich der III. Zivilsenat dieser Formulierung an und führte aus, dass eine Intransparenz vorliege, weil »insbesondere […] die Kostenelemente und deren Gewichtung im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Kalkulation des Abonnementpreises nicht offengelegt« werden. Ebenso in der Internetprovider-Entscheidung BGH, NJW 2008, 134, 135. 574 BGH, NJW-RR 2005, 1717, 1718. Dem schloss sich das OLG Köln, Urt. v. 13. 01. 2006, Az. 6 U 148/05 –, juris Rn. 16 an. 575 Siehe dazu BGH, NJW 2007, 1054, 1055. In diesem Sinne auch Toussaint, in: jurisPK-BGB, Band 2.1, § 1 PrKG Rn. 56; ähnlich legt Borges die BGH-Rechtsprechung in: Abels/Lieb, AGB im Spannungsfeld zwischen Kautelarpraxis und Rechtsprechung, 51, 58ff. aus. 576 In BGH, NJW 2008, 2172, 2174 verwies der BGH auf die beiden zweite Flüssiggas-Entscheidung, hatte das Problem wegen anderer Defizite aber letztlich nicht zu entscheiden. 577 So der III. Zivilsenat in BGH, NJW 2008, 360, 361; BGH, NJW-RR 2008, 134, 135. Durch die Übernahme der Rechtsprechung durch den III. Zivilsenats auf Pay-TV-Abonnement- und Telekommunikationsverträge kann auch Finkes Auffassung in IR 2007, 125, 127, nicht aufrechterhalten werden, der eine Übertragung der Flüssiggas-Entscheidungen auf Stromund Gaslieferverträge verneinte. 578 Dreher, ZNER 2007, 103, 107; Hanau, ZIP 2006, 1281,1286. Das OLG Bremen spricht vom Erfordernis einer »quantitativen Gewichtung«, die bei Vertragsschluss angegeben werden müsse und anhand derer die Anpassung zu erfolgen habe. Diese Gewichtung erscheint dem Gericht wichtiger als die Übersichtlichkeit der Klausel, da es aus diesem Grund mildere Transparenzmaßstäbe seitens des LG Bremen toleriert. Siehe dazu OLG Bremen, ZIP 2008, 28, 30f. Unklar bleibt, was »quantitative Gewichtung« hier letztlich bedeutet. 579 OLG Stuttgart, NJW-RR 2005, 858, 860; de Wyl/Soetebeer, in: Schneider/Theobald, § 11 Rn. 298; Rott, VuR 2006, 1, 2. 580 Ohletz, BKR 2007, 129, 134; von der Linden, WM 2008, 195, 200; Mülbert, WM 2004, 1205,

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Verhältnisse zwischen den einzelnen Faktoren, sondern der konkrete prozentuale Stellenwert in Bezug auf das Gesamtrating anzugeben.581 Ziel dieser Gewichtung ist, wie bei den Preisanpassungsklauseln, die Überprüfbarkeit des Ratingergebnisses.582 Trotz der Anerkennung interner Ratings ergibt sich somit wieder ein Gleichlauf mit der Preisanpassungsproblematik in der Hinsicht, dass die Gefahr einer wettbewerbsschädlichen Offenlegung der internen Ratingmechanismen besteht,583 denn um volle Transparenz zu gewährleisen, müsste das betreffende Kreditinstitut alle zur Anpassung maßgeblichen Kriterien in der Klausel aufführen.584 1. Unklare Anforderungen in der Rechtsprechung Da die Anforderungen an die Gewichtung bislang unklar sind, könnte die Betrachtung des geforderten Grades der Nachberechenbarkeit das Merkmal konkretisieren. Denn wenn eine exakte Nachprüfbarkeit gefordert wird, deutet dies auf eine korrekte Gewichtung und Offenlegung aller Parameter hin.585 In der ersten Flüssiggas-Entscheidung, in der das Gewichtungskriterium eingeführt wurde, verlangte der VIII. Zivilsenat die zumutbare Überprüfbarkeit der erfolgten Preisanpassung.586 In der zweiten Flüssiggas-Entscheidung sah er die »realistische Möglichkeit, die Preiserhöhungen der Bekl. auf ihre Berechtigung zu überprüfen« als erforderlich an.587 Ob zwischen Überprüfbarkeit und realistischer Möglichkeit ein gravierender Unterschied besteht, sei dahingestellt.588 Es bleibt jedoch festzuhalten, dass der Vertragspartner in die Lage versetzt werden muss, eine Abwicklungskontrolle durchzuführen589 – und die Kontrollfähigkeit erfordert genaue Angaben. Hinsichtlich der Berechenbarkeit bleiben die Oberlandesgerichte teilweise

581 582 583 584 585 586 587 588 589

1207; Polke, Die darlehensvertragliche Umsetzung der Eigenkapitalgrundsätze nach Basel II, S. 176. Ohletz, BKR 2007, 129, 134. Ohletz, BKR 2007, 129, 134; Mülbert, WM 2004, 1205, 1207; Polke, Die darlehensvertragliche Umsetzung der Eigenkapitalgrundsätze nach Basel II, S. 176. Hier bilden Gewichtung und die einzelnen Ratingfaktoren Geschäftsgeheimnisse des jeweiligen Kreditinstituts, siehe dazu Rossbach, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1386 Rn. 11.89; Wittig, ZHR 169 (2005), 212, 238. K. P. Berger, in: MünchKommBGB, § 488 Rn. 179. Graf von Westphalen, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 707, 712. Siehe dazu auch die Auslegung der BGH-Rechtsprechung durch Borges, in: Abels/Lieb, AGB im Spannungsfeld zwischen Kautelarpraxis und Rechtsprechung, 51, 58f. BGH, NJW-RR 2005, 858, 859. BGH, NJW 2007, 1055. Diese Formulierung deutet, wie Graf von Westphalen, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 707, 712 ausführt, auf eine nicht allzu starke Schranke hin. Graf von Westphalen, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 707, 712. BGH, WM 2006, 585, 588. Auf dieselbe Folge weist Graf von Westphalen, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 707, 712 hin; schließlich gelte es auch noch die Saldierungspflicht zu beachten.

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

undeutlich oder werden inkonsequent.590 Zwei Urteile sollen hier explizit erwähnt werden: Das OLG Stuttgart spricht immerhin von der Notwendigkeit einer exakten Berechnung sämtlicher Kostenfaktoren durch den Verwender591 – konsequenterweise müsste nach dem Transparenzgebot dann eigentlich auch der Vertragspartner in die Lage versetzt werden, eine exakte Nachberechnung durchzuführen. Am Ende zieht das OLG Stuttgart jedoch die Notbremse und verweist auf die Unmöglichkeit einer transparenten Darstellung der korrekten Abbildung der einzelnen Kostenelemente.592 Hilfreicher erscheint die Rechtsprechung des OLG Oldenburg: Nach ihr ist eine Überprüfbarkeit der Erfolgschancen vor Gericht erforderlich.593 Das Transparenzgebot solle verhindern, dass der Vertragspartner eine Preiserhöhung nur hinnehme, weil er das »zulässige Ausmaß nicht überblicken kann.«594 Damit sei für eine Angemessenheit einer Klausel erforderlich, dass sie die Anpassungskriterien aufzeige, denn nur dadurch entstehe die Kontrollmöglichkeit.595 Anderenfalls könne der Vertragspartner eine Preisermäßigung nicht durchsetzen.596 Denn »da er nicht einmal weiß, welche Kosten mit welcher Gewichtung in die Kalkulation eingehen, könnte beispielsweise sein Hinweis auf gesunkene Bezugskosten ohne weiteres durch das Argument entkräftet werden, es seien inzwischen Kostensteigerungen in anderen Bereichen eingetreten.«597

2.

Kritik an der Offenlegung der Kalkulation

a) Kritik in der Literatur Zum Teil wird in der Literatur vertreten, die Nachvollziehbarkeit einer Preisanpassung sei ausreichend.598 Eine Offenlegungspflicht der Kalkulation sei 590 Das OLG Düsseldorf fordert zwar die Berechenbarkeit; der Grad des Erfordernisses wird jedoch nicht deutlich, siehe OLG Düsseldorf, BB 1997, 699. In einem Urteil des OLG Hamm findet sich die Formulierung, dass die Berechtigung zur Preisanpassung »zuverlässig« nachprüfbar sein müsse, siehe OLG Hamm, RdE 2009, 261, 264. Durch den Begriff der Zuverlässigkeit erhält sich das OLG Hamm jedoch einen weiten Ermessenspielraum. Es stellt sich schließlich die Frage, wie der Begriff für einen Verwender auszulegen und umzusetzen ist. 591 OLG Stuttgart, NJW-RR 2005, 858, 859. 592 OLG Stuttgart, NJW-RR 2005, 858, 860. 593 OLG Oldenburg, RdE 2009, 25, 32; OLG Oldenburg, Urt. v. 12. 02. 2010, Az. 6 U 164/09 –, juris Rn. 80. 594 OLG Oldenburg, Urt. v. 12. 02. 2010, Az. 6 U 164/09 –, juris Rn. 80. 595 OLG Oldenburg, RdE 2009, 25, 31f.; OLG Oldenburg, Urt. v. 12. 02. 2010, Az. 6 U 164/09 –, juris Rn. 80. 596 OLG Oldenburg, RdE 2009, 25, 32. 597 OLG Oldenburg, RdE 2009, 25, 32. 598 Rottnauer, EWiR § 315 BGB 1/08, 171, 172; Borges, DB 2006, 1190.

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weder nach § 307 Abs. 1 BGB noch nach § 315 BGB gefordert.599 Gegen die Preisgabe der Kalkulation spreche, dass die Regeln des Wettbewerbs dies gerade nicht verlangen würden, denn der Markt trete in seiner Funktion als Regulativ über die Angemessenheit des Preises in Erscheinung.600 Daher sei die Forderung nach einem so hohen Maß an Transparenz sachfremd und verlange dem Verwender Unzumutbares, wenn nicht gar Unmögliches ab.601 Damit sei zugleich die immanente Grenze des Transparenzgebots, das Möglichkeitskriterium, tangiert.602 Die Annahme der Unzumutbarkeit bekräftige sich zudem im Hinblick auf die Schutzvorschriften für Geschäftsgeheimnisse (§ 384 Nr. 3 ZPO, § 172 Nr. 2 GVG, § 29 Abs. 2 VwVfG sowie § 17 UWG i. V. m. § 203 StGB).603 Da die einzelnen Preisbildungsfaktoren und ihre Gewichtung einen zentralen Wettbewerbsfaktor darstellen, müssten diese somit vom Geheimnisschutz erfasst sein.604 b) Heranziehung der Wertungen zu § 315 BGB Muss der Verwender exakt darstellen, welche Kosten den Preis in welchem Umfang beeinflussen, ergibt sich das Problem der indirekten Pflicht zur Offenlegung der internen Kalkulation.605 Im Rahmen der Billigkeitskontrolle von Preisänderungsvorbehalten deutet die Zuweisung der Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Billigkeit der Preisbestimmung auf eine solche Offen599 Rottnauer, EWiR § 315 BGB 1/08, 171, 172; Stoffels, in: Habersack/Mülbert/Nobbe/Wittig, Schriftenreihe der Bankrechtlichen Vereinigung, Band 31, Anlegerschutz im Wertpapiergeschäft AGB in der Kreditwirtschaft, Bankrechtstag 2010, 89, 101; a. A. Morsch, BB 2004, 1803, 1806. 600 Graf von Westphalen, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 707, 712. Auf den positiven Effekt des Wettbewerbs weist dieser auch in Graf von Westphalen, NJW 2006, 2228, 2231 hin. 601 Graf von Westphalen, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 707, 712. 602 Graf von Westphalen, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 707, 712. Aus demselben Grund sieht das OLG Stuttgart eine gewisse Unbestimmtheit der Klausel hinsichtlich der Gewichtung einzelner Faktoren als hinnehmbar an, OLG Stuttgart, NJW-RR 2005, 858, 860; zustimmend Thomas, AcP 209 (2009), 84, 111. Nach Thomas (a. a. O.) könnte eine hinreichende Bestimmtheit durch die Festlegung (grober) Gewichtungsspannen erzielt werden. Eine Gewichtungsspanne wäre die Festlegung der Auswirkung der Kostenfaktoren auf den Preis i. H. v. 60 bis 70 Prozent. 603 Wittig, ZHR 169 (2005), 212, 238. 604 Die Frage der Zumutbarkeit der Offenlegung der tatsächlichen Refinanzierungskosten einer Bank aus Wettbewerbsgesichtspunkten ansprechend, aber nicht weiter darauf eingehend: Rolfes, WM 2001, 762, 763; ebenso im Hinblick auf die Offenlegung von internen Ratings im Rahmen von Margengittern: Rossbach, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1386 Rn. 11.89; Wittig, ZHR 169 (2005), 212, 238; Mülbert, WM 2004, 1205, 1207. 605 Rott, VuR 2006, 1, 2; Büdenbender, NJW 2007, 2945, 2949. Siehe auch Borges, DB 2006, 1199, 1202; Borges, in: Abels/Lieb, AGB im Spannungsfeld zwischen Kautelarpraxis und Rechtsprechung; a. A. BGH, ZIP 2007, 2222; Rottnauer, EWiR § 315 BGB 1/08, 171, 172.

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legungspflicht hin.606 Dies gilt zumindest für die gerichtliche Billigkeitsfeststellung über den Kostenpreis,607 denn hier hat der Richter anhand der Kalkulation über die wirtschaftliche Plausibilität zu entscheiden.608 Ist jedoch ein Wettbewerbspreis festzustellen, gilt dieser als Richtwert, sodass die Kalkulation auch im Rahmen der Billigkeitskontrolle nicht offengelegt werden muss.609 Zum Offenlegungsproblem ist (auch bundesverfassungsgerichtlich610) anerkannt, dass nach Lösungen gesucht werden muss, die eine Billigkeitsprüfung unter Ausgleich des Spannungsverhältnisses von Betriebsgeheimnisschutz nach Art. 12 Abs. 1 GG und dem Grundrecht des Vertragspartners auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG gewährleisten.611 Vor dem Hintergrund des Geheimnisschutzes im Rahmen des § 315 BGB erscheint es allerdings fraglich, ob hinsichtlich des Transparenzgebots eine solch gravierende Anforderung gestellt werden kann. c) Ökonomische Erwägungen Wettbewerbsfreiheit und Vertragsfreiheit stehen zueinander in einem Komplementaritätsverhältnis.612 Bei beiden Instituten geht es um die »Abschluß- und

606 Dreher, ZNER 2007, 103, 107; Hanau, ZIP 2006, 1281, 1286; BGH, NJW-RR 1992, 183, 186. Wegen fehlenden Interesses des Verwenders an der Offenlegung der wettbewerbssensiblen Kalkulation sind nach Held, VuR 2003, 296, 297 Klagen gegen die Billigkeit einer Preisanpassung basierend auf § 315 Abs. 3. S. 2 BGB erfolgsversprechend. Zur Beweislast hinsichtlich der Billigkeit der Preisanpassung siehe auch Reuter, DB 1981, 71, 72; BGH, NJW 1969, 1809; Graf von Westphalen, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 707, 727. A. A. LG Heilbronn, RdE 2006, 88, 93. 607 Siehe dazu Steenbuck, MDR 2009, 122, 124; Büdenbender, NJW 2007, 2945, 2949; Dreher, ZNER 2007, 103, 107; Hanau, ZIP 2006, 1281,1286; Ehricke, JZ 2005, 599, 604. 608 Steenbuck, MDR 2009, 122, 124. 609 Kunth/Tüngler, NJW 2005, 1313, 1315. 610 BVerfG, WuW/E DE-R 1715, 1720ff. Nach den Ausführungen des feststellenden Senats kann ein Schutz über Art. 14 Abs. 1 GG nicht weitergehen als der Schutz über Art. 12 Abs. 1 GG, sodass eine Verletzung des Art. 14 Abs. 1 GG nicht mehr zu prüfen war (S. 1723). 611 Dreher, ZNER 2007, 103, 109. In der Literatur finden sich für dieses Problem auf gerichtlicher Ebene verschiedene Lösungsansätze: das Vergleichsmarktkonzept (siehe Ehricke, JZ 2005, 599, 604; Büdenbender, NJW 2007, 2945, 2949) und das Konzept der Gewinnspannenbegrenzung (dazu Dreher, ZNER 2007, 103, 110 (i. E. dann ablehnend)). Zur grundsätzlichen Anerkennung des Gewinnspannenbegrenzungskonzepts siehe Mohr, in: Berliner Kommentar zum Energierecht, Band 2, § 29 GWB Rn. 53; kritisch Kling/Thomas, Kartellrecht, § 20 Rn. 179ff.; OLG Düsseldorf, WuW/E DE-R 1239. Die Einschaltung eines Wirtschaftsprüfers fordern Kunth/Tüngler, NJW 2005, 1313, 1315; kritisch dazu Hanau, ZIP 2006, 1281, 1287; ablehnend Dreher, ZNER 2007, 103, 111. Das in camera Verfahren, BVerfG, WuW/E DE-R 1715, 1721f.; befürwortend Hanau, ZIP 2006, 1281, 1287, der in dem begrenztem Verzicht auf rechtliches Gehör eine Verbesserung des Rechtsschutzes gegenüber dem vollkommenen Ausschluss der Betriebsgeheimnisse sieht. 612 Rittner, AcP 188 (1988), 101, 126; Leistner, in: Gloy/Loschelder/Erdmann, Handbuch des Wettbewerbsrechts, § 4 Rn. 35; Leistner, Richtiger Vertrag und lauterer Wettbewerb, S. 257;

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Inhaltsfreiheit, das Ob, Mit-Wem und Mit-Welchem-Inhalt des Vertragsschlusses.«613 Einen Bedingungszusammenhang führte 1937 bereits Böhm aus, indem er feststellte, unerlässliche Voraussetzung zur Entfaltung der Ordnungsfunktion des Tauschs (wohl im Sinne des Vertrags) und des Wettbewerbs sei es, dass die Voraussetzungen für das Bestehen von Wettbewerb gegeben seien.614 Erfolgen diese Vertragsabschlüsse aufgrund eines Transparenzmangels nun unter Beeinträchtigung der materialen Entscheidungsfreiheit, verzerrt dies zugleich den Wettbewerb.615 Versucht man hingegen, die materiale Entscheidungsfreiheit durch eine erhöhte Transparenz zu fördern, könnte durch die Offenlegung der Kalkulation zugleich der funktionierende Wettbewerb bedroht sein und sich so negativ auf die Ordnungsfunktion des Vertrages auswirken. Vor dem Hintergrund dieses Dilemmas scheint es naheliegend, sich das Institut des Wettbewerbs und seine Auswirkungen genauer anzuschauen. In dem von Smith geprägten dynamischen Wettbewerbsprozess verändern sich die wirtschaftlichen Verhältnisse stets durch die Freiheit der Marktteilnehmer.616 Ohne auf die Feinheiten der verschiedenen ökonomischen Schulen einzugehen,617 ist es charakteristisch für einen dynamischen Wettbewerb, dass die Wirtschaftssubjekte sich ständig darum bemühen, der Konkurrenz voraus zu sein – etwa, indem sie durch vorteilhafte Vertragsabschlüsse ihre Gewinnspanne zu erhöhen versuchen.618 Dabei lebt der Wettbewerb von Vorstoß und

613 614 615

616 617 618

Alexander, Vertrag und unlauterer Wettbewerb, S. 38ff.; Busch, Informationspflichten im Wettbewerbs- und Vertragsrecht, S. 8 und 32ff. Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 124. Böhm, Die Ordnung der Wirtschaft als geschichtliche Aufgabe und rechtsschöpferische Leistung, S. 105. Leistner, in: Gloy/Loschelder/Erdmann, Handbuch des Wettbewerbsrechts, § 4 Rn. 35; Leistner, Richtiger Vertrag und lauterer Wettbewerb, S. 70 und 249ff. So auch Busch, Informationspflichten im Wettbewerbs- und Vertragsrecht, S. 161ff. Nach ihm liegt im Element der materialen Entscheidungsfreiheit eine elementare Verbindung zwischen AGBRecht und Lauterkeitsrecht. Ersteres sanktioniere die fehlende materiale Entscheidungsfreiheit (S. 162f.). Letzteres fördere diese zum Schutz des Interesses der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb (S. 163). Aus diesen Ausführungen kann der Schluss gezogen werden, dass eine Wettbewerbsbeschränkung im Rahmen der vertragsrechtlichen Rechtsprechung im Widerspruch zum Schutzauftrag des UWG stünde. Smith, An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations, Book I Chapter VII, S. 64; Cox/Hübener, in: Handbuch des Wettbewerbs, 1, 5; Leistner, Richtiger Vertrag und lauterer Wettbewerb, 2007, S. 19. Siehe hierzu die Ausführungen bei Leistner, Richtiger Vertrag und lauterer Wettbewerb, S. 25ff.; Leistner, in: Gloy/Loschelder/Erdmann, Handbuch des Wettbewerbsrechts, § 4 Rn. 2ff. und Cox/Hübener, in: Handbuch des Wettbewerbs, 1, 9ff. Cox/Hübener, in: Handbuch des Wettbewerbs, 1, 4, z. B. durch aus Forschung und Entwicklung resultierenden Innovationen oder auf Kostensenkungen beruhende Preissenkungen.

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

Reaktion.619 Diese Freiheit für Vorstöße in Verbindung mit der Vertragsfreiheit der Verbraucher führt in einem funktionierenden Wettbewerb zur Annäherung des Marktpreises an den sogenannten Gleichgewichtspunkt.620 Die Wettbewerbsergebnisse entstehen unvorhersehbar aus den Handlungen der Martktteilnehmer und können auch in Fehlern münden, die dann durch andere Wettbewerber ausgenutzt werden.621 Der zentrale ökonomische Anreiz liegt im »Entdeckungswettbewerb«:622 Aus Reaktionen der Konkurrenten können Vorstöße werden, auf die es wiederum zu reagieren gilt.623 Ein Vorstoß setzt drei Eigenschaften der Wirtschaftssubjekte sowie des Marktes/der Rechtsordnung voraus: einen Willen zum Wettbewerb (»spirit of competition«), einen ausreichenden Freiheitsspielraum sowie die Bereitschaft, ein Verlustrisiko zu tragen.624 Wäre der Verwender nun zur Offenlegung seiner Kalkulation verpflichtet, wie es hier in Rede steht, erhielte die Konkurrenz Einblicke in seine Vertragskonditionen mit Unternehmen der vorgelagerten Wirtschaftsstufe und könnte sich dadurch Wettbewerbsvorteile verschaffen.625 Von zentraler Bedeutung für einen funktionierenden Wettbewerb ist die Unwissenheit der auf dem Markt tätigen Wirtschaftssubjekte gegenüber den Handlungen und Strategien der Konkurrenten.626 Je mehr Informationen der Verwender nun über seine Preisanpassungsklausel preisgibt, desto geringer wird sein Wettbewerbsvorteil bzw. sein Anreiz zu einem Vorstoß sein.627 619 Kruber, in: May, Handbuch zur ökonomischen Bildung, S. 301. Siehe auch das Beispiel in Fikentscher, Die umweltsoziale Marktwirtschaft, S. 8. 620 Smith, An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations, Book I Chapter VII, S. 64; Leistner, in: Gloy/Loschelder/Erdmann, Handbuch des Wettbewerbsrechts, § 4 Rn. 2; Leistner, Richtiger Vertrag und lauterer Wettbewerb, S. 19; Fikentscher, Die umweltsoziale Marktwirtschaft, S. 8; Fikentscher, GRUR Int. 1993, 901, 903f.; Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 122. 621 von Hayek, Der Wettbewerb als Entdeckungsverfahren, abgedruckt in: Bosch/Streit/Vanberg/Veit, Gesammelte Werke in deutscher Sprache, Abteilung A Band 4, Rechtsordnung und Handelsordnung, 132, 133, 142. 622 von Hayek, Der Wettbewerb als Entdeckungsverfahren, abgedruckt in: Bosch/Streit/Vanberg/Veit, Gesammelte Werke in deutscher Sprache, Abteilung A Band 4, Rechtsordnung und Handelsordnung, 132, 132ff.; Cox/Hübener, in: Handbuch des Wettbewerbs, 1, 5. 623 Kruber, in: May, Handbuch zur ökonomischen Bildung, S. 301. 624 Kruber, in: May, Handbuch zur ökonomischen Bildung, S. 301; nur die ersten beiden Elemente erwähnend: Cox/Hübener, in: Handbuch des Wettbewerbs, 1, 6. 625 Hanau, ZIP 2006, 1281, 1286f. mit Verweis auf die Überraschung kleinerer Stadtwerke über die günstigen Konditionen seitens der Lieferanten zugunsten von E.ON, die im Rahmen eines Prozesses vor dem LG Hamburg, aufgrund eines durch Indiskretion an die Öffentlichkeit gelangten Papieres über die Gaspreiskalkulation der E.ON-Hanse bekannt wurden. Dieser Kostenvorteil darf nach Borges, in: Abels/Lieb, AGB im Spannungsfeld zwischen Kautelarpraxis und Rechtsprechung, 51, 60 nicht durch die AGB-Kontrolle beseitigt werden. 626 Cox/Hübener, in: Handbuch des Wettbewerbs, 1, 5. 627 Borges, DB 2006, 1199, 1202; Cox/Hübener, in: Handbuch des Wettbewerbs, 1, 6.

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Vorstöße setzen ein gewisses Maß an Reaktionszeit voraus.628 Diese würden durch einen transparenten Markt verkürzt oder womöglich egalisiert, da die »Nachahmer« aufgrund der Offenlegungspflicht unschwer ohne große »Entdeckungsanstrengungen« nachziehen könnten.629 Vollkommene Transparenz würde somit den Antrieb des dynamischen Wettbewerbs beseitigen.630 Folglich könnte aus einem »zu viel« an Information eine Schwächung des Wettbewerbs resultieren. Der beschriebene freie Wettbewerb wird stetig durch einen Drang zu Monopolbildungen oder Preisabsprachen von innen heraus gefährdet.631 Folglich muss der Staat eingreifen, um diesen labilen Zustand zu schützen.632 Aufgabe der staatlichen Wettbewerbspolitik ist es, die Dynamik des Wettbewerbs aufrechtzuerhalten und zu gewährleisten, dass sich der Leistungsfähigere, nicht der Mächtigere, durchsetzt.633 Die ökonomische Problematik in Bezug auf die Preisanpassungsklausel-Rechtsprechung liegt nun darin, dass die Judikative als Träger der Wettbewerbspolitik634 durch das weite Verständnis des Transpa628 Cox/Hübener, in: Handbuch des Wettbewerbs, 1, 7; Kruber, in: May, Handbuch zur ökonomischen Bildung, S. 301. 629 Cox/Hübener, in: Handbuch des Wettbewerbs, 1, 7; Kruber, in: May, Handbuch zur ökonomischen Bildung, S. 301. 630 Cox/Hübener, in: Handbuch des Wettbewerbs, 1, 7; Leistner, Richtiger Vertrag und lauterer Wettbewerb, S. 98f. Von einer Beseitigung geht auch von Hayek, Der Sinn des Wettbewerbs, abgedruckt in: Bosch/Streit/Vanberg/Veit, Gesammelte Werke in deutscher Sprache, Abteilung A Band 4, Rechtsordnung und Handelsordnung, 107, 110f. aus, wenn er Unvollkommenheit als Voraussetzung für Wettbewerb ansieht. Bei Vollkommenheit wären Werbung, Preisunterbietungen und Innovationen ausgeschlossen. 631 So bereits Smith, An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations, Book I Chapter X Part II, S. 130: »People of the same trade seldom meet together, even for merriment and diversion, but the conversation ends in conspiracy against the public, or in some contrivance to raise prices.« Siehe dazu auch Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 93; Leistner, Richtiger Vertrag und lauterer Wettbewerb, S. 20; Cox/ Hübener, in: Handbuch des Wettbewerbs, 1, 8; Tuchtfeldt, ORDO 27 (1976), 29, 38. Kruber, in: May, Handbuch zur ökonomischen Bildung, S. 302 stellt eine »propensity to monopolize« fest. Diese Gefährdungslage ist sozusagen das wettbewerbliche Gegenstück zu Flumes Dilemma-These in: Festschrift zum hundertjährigen Bestehen des Deutschen Juristentages 1860–1960, Band 1, 135, 143 und in Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Band 2 – Das Rechtsgeschäft, § 1 7, S. 10. Somit zeigt sich wieder, dass Privatautonomie und Wettbewerb ein gewisser Gleichlauf innewohnt: Neben der inhaltlichen Gleichheit werden beide durch Machtunterschiede in Frage gestellt. 632 Kruber, in: May, Handbuch zur ökonomischen Bildung, S. 302. 633 Cox/Hübener, in: Handbuch des Wettbewerbs, 1, 8. Wirtschaftspolitik ist danach als die »Gesamtheit aller Bestrebungen, Handlungen und Maßnahmen zu verstehen, die darauf abzielen, den Ablauf des Wirtschaftsgeschehens in einem Gebiet oder Bereich zu ordnen, zu beeinflussen oder unmittelbar festzulegen.« 634 Träger der Wettbewerbspolitik sind die Institutionen die in der Lage sind, die Wettbewerbsordnung nachhaltig zu beeinflussen, also die drei Gewalten nach Art. 20 GG, Cox/ Hübener, in: Handbuch des Wettbewerbs, 1, 33f.

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

renzgebots wettbewerbsbeschränkend tätig wird und somit gegen den ihr auferlegten Schutz des dynamischen Wettbewerbs verstößt. Denn es ist nicht das Ziel der Transparenzkontrolle, dem Verwender seinen Wettbewerbsvorteil zu nehmen, sodass eine Pflicht zur Offenlegung der Kalkulation abzulehnen ist.635 Darüber hinaus könnte man feststellen, dass ein Übermaß an Verbraucherschutz im Rahmen der Inhaltskontrolle nach §§ 307ff. BGB zum Gegenteil, nämlich einer Verbraucherbelastung durch erliegenden Wettbewerb, führen kann. Dies könnte dem Verbraucher dahingehend schaden, dass die Unternehmen keinen Anreiz mehr für Innovationen haben und so Stillstand in der Entwicklung eintritt. Damit kann ein Widerspruch zum Schutzzweck der AGBKontrolle festgestellt werden. Wird der Wettbewerb eingeschränkt, können Handlungsalternativen entfallen, sodass der Vertragsmechanismus im Sinne der materialen Richtigkeitsgewähr gestört wird. Darüber hinaus ist der Verwender seitens der Judikative grundsätzlich über Art. 12 Abs. 1 GG vor einer Beschränkung oder Verzerrung des Wettbewerbs geschützt.636 Auch wenn man den Schutz vor einer einseitigen Ausnutzung der Vertragsfreiheit im Sinne des Schutzzwecks der AGB-Kontrolle als Rechtfertigungsgrund ansieht, erscheint der Eingriff aufgrund der zuvor genannten Argumente nicht verhältnismäßig. Damit sollte das Transparenzgebot aus wettbewerblichen Aspekten behutsam verwendet und nicht auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse erstreckt werden. Schließlich muss bei einer Begrenzung der Vertragsfreiheit das Komplementaritätsverhältnis zum Wettbewerb beachtet werden. Ein überdimensionierter Verbraucherschutz würde zu einer unangemessenen Verzerrung des Wettbewerbs führen. d) Praktische Erwägungen Neben den dargestellten ökonomischen Erwägungen sprechen gegen die vollkommene Offenlegung der Preiskalkulation die im Schutzzweck der AGBKontrolle angeführten Erkenntnisse der Behavioral Law and Economics-Forschung:637 Der Durchschnittsvertragspartner ist trotz der Transparenz meist gar nicht in der Lage, betriebsinterne Entwicklungen (Rationalisierungsmaßnahmen, Änderungen der Einkaufspreise etc.) zu überblicken und ent635 Borges, DB 2006, 1199, 1202; Borges, in: Abels/Lieb, AGB im Spannungsfeld zwischen Kautelarpraxis und Rechtsprechung, 51, 60. 636 Ruthig/Storr, Öffentliches Wirtschaftsrecht, S. 70 Rn. 118. Zur Einordnung der Wettbewerbsfreiheit unter Art. 12 Abs. 1 GG siehe BVerfGE 46, 120, 137; BVerfG, NJW 1992, 2621, 2622; BVerwG, NJW 1985, 2774, 2775. 637 Siehe dazu Möllers/Kernchen, ZGR 2011, 1, 9; Gessner, in, Festschrift für Peter Derleder, 101, 106; Eidenmüller, JZ 2005, 216, 218; Fleischer, in: Festschrift für Ulrich Immenga, 575, 576; Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, S. 115.

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sprechende Zusammenhänge zu verstehen.638 Eine wirkliche Nachvollziehbarkeit der Preisanpassung im Sinne des Transparenzgebotes scheint somit nahezu ausgeschlossen. Anders läge der Fall nur, wenn der Verwender bei jeglicher Preisanpassung im Ankündigungsschreiben die (internen) Entwicklungen der einzelnen Parameter darstellen und gegebenenfalls erläutern würde; dies jedoch widerspräche sowohl dem Geheimwettbewerb als auch der Rationalisierungsfunktion von AGB. Darüber hinaus wird sich der Vertragspartner, realistisch betrachtet, zunächst auf dem Wettbewerbsmarkt umsehen, orientieren und sich dann für das für ihn attraktivste Angebot entscheiden. Die Hintergründe der Preisbildung, also die genaue Kalkulation bestimmter Parameter, spielen für den Verbraucher im Massengeschäft kaum eine Rolle.639

E.

Lösungsansätze

I.

Beschränkung des Transparenzgebots

Das Transparenzgebot ist im rechtlichen Kontext eine Eigenheit des AGB-Rechts und daher sowohl aus dessen Schutzzweck als auch aus der Konzeption des Transparenzgebots heraus zu erklären.640 Die Rechtfertigung der AGB-Kontrolle wurde in einer individuellen und einer überindividuellen Gefährdungslage der materialen Entscheidungsfreiheit erblickt.641 Der Vertragspartner hat in der Regel weder die Fachkenntnis, die AGB auf ihre Zulässigkeit zu überprüfen, noch in der konkreten Abschlusssituation die Zeit, eine externe Beratung in Anspruch zu nehmen. Auch stehen Aufwand und Ertrag von Abänderungsversuchen in keinem angemessenen Verhältnis zueinander.642 Die prohibitiven Transaktionskosten führen zu einem »rationalen

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Kessel/Schwedler, BB 2010, 585, 587; Derleder, WM 2001, 2029, 2030. Derleder, WM 2001, 2029, 2030. Bunte, in: Festschrift für Herbert Schimansky, 19, 24. Siehe oben S. 48ff. Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 3; Kötz, JuS 2003, 209, 211; Kötz, Vertragsrecht, S. 104 Rn. 244; Köndgen, NJW 1989, 943, 947; Wolf/Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 47 Rn. 4; Frey, ZIP 1993, 572, 577; Koch, BB 2010, 1810, 1812; Adams, BB 1989, 781, 783f.; Schön, in: Festschrift für Claus-Wilhelm Canaris, 1191, 1206f.; Wackerbarth, AcP 200 (2000), 45, 70; Lieb, AcP 183 (1983), 327, 358f.; Kuntz, AcP 209 (2009), 242, 259; Hönn, Kompensation gestörter Vertragsparität, S. 149; Coester-Waltjen, AcP 190 (1990), 1, 25; Leyens/Schäfer, AcP 210 (2010), 771, 783f. und 790; Habersack, Vertragsfreiheit und Drittinteressen, S. 106; Dauner-Lieb/Axer, ZIP 2010, 309, 313; Stoffels, AGB-Recht, § 5 Rn. 83; Gottschalk, AcP 206 (2006), 555, 560; Basedow, in: MünchKommBGB, Vor § 305 Rn. 5; Beimowski, Zur ökonomischen Analyse Allgemeiner Geschäftsbedingungen, S. 15; Wurmnest, in: MünchKommBGB, § 307 Rn. 41.

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

Unwissen« über den Inhalt der AGB.643 Aus der Transaktionskostenasymmetrie resultiert somit, wie dargestellt, eine Informationsasymmetrie.644 Anschließend an diesen Aspekt stellt sich die Frage, worin die Funktion des Transparenzgebots gesehen werden kann und wie es ausgefüllt werden muss, d. h., ob es überhaupt einer exakten Bestimmung bedarf oder ob es auf das Klarheitsgebot beschränkt werden sollte. Schließlich stellt die Inhaltskontrolle sicher, dass sich der Vertragspartner nur mit Preis und Qualität, nicht mit weiteren Vertragsdetails auseinandersetzen muss, was mit hohen Transaktionskosten verbunden wäre.645 Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob Abschlussund Abwicklungstransparenz mit dem Schutzzweck der AGB-Kontrolle vereinbar sind. 1. Transparenzgebot als Informationsmodell Das Transparenzgebot ist als Informationsmodell konzipiert.646 Dies wird in der Literatur damit begründet, dass AGB-Klauseln derart zu gestalten seien, dass ihre Rechtsfolgen aus ihnen heraus verständlich hervorgehen.647 Nach dem Ansatz des Informationsmodells genügt es, dass der Vertragspartner über den Inhalt der AGB aufgeklärt wird.648 Dadurch werde dieser in die Lage versetzt, seine Interessen auf dem Wettbewerbsmarkt durchzusetzen.649 Im Gegensatz zum Modell des reinen Homo oeconomicus wird der Markt allein im geltenden Modell des aufzuklärenden Verbrauchers jedoch nicht als ausreichendes Regulativ verstanden.650 Der vollständig aufgeklärte, rational handelnde Vertragspartner ist nicht zuletzt aufgrund der Transaktionskostenasymmetrie nur ein theoretisches Konstrukt. Die Marktregulation wird aufgrund der überindividuellen Gefährdungslage beeinträchtigt. Im Rahmen des Informationsmodells ist zu beachten, dass es grundsätzlich 643 Eidenmüller, JZ 2005, 216, 222; Koller, in Festschrift für Ernst Steindorff, 667, 669f.; Wackerbarth, AcP 200 (2000), 45, 70; Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. 554; Becker, JZ 2010, 1098, 1106; Stoffels, AGB-Recht, § 5 Rn. 83; Stoffels, in: Habersack/Mülbert/Nobbe/Wittig, Schriftenreihe der Bankrechtlichen Vereinigung, Band 31, Anlegerschutz im Wertpapiergeschäft AGB in der Kreditwirtschaft, Bankrechtstag 2010, 89, 110. 644 Leuschner, JZ 2010, 875, 879; Kötz, JuS 2003, 209, 212; Wolf/Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 47 Rn. 4; Köndgen, NJW 1989, 943, 947; Kessel/Stomps, BB 2009, 2666, 2669. 645 Wackerbarth, AcP 200 (2000), 45, 80. 646 Siehe dazu ausführlich Koller, in: Festschrift für Ernst Steindorff, 667, 674; Joppich, Die Kodifikation des Transparenzgebots in § 307 BGB, S. 37. 647 Koller, in: Festschrift für Ernst Steindorff, 667, 674. 648 Koller, in: Festschrift für Ernst Steindorff, 667, 674. 649 Koller, in: Festschrift für Ernst Steindorff, 667, 674; Joppich, Die Kodifikation des Transparenzgebots in § 307 BGB, S. 37. 650 Gessner, in: Festschrift für Peter Derleder, 101, 103.

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im Sinne einer situativen Verbesserung der Informationsgrundlage verstanden wird.651 Damit können Informationspflichten der Aufhebung von Beschränkungen der materialen Entscheidungsfreiheit förderlich sein;652 sie beseitigen jedoch nicht die Transaktionskostenasymmetrie.653 Zudem wird verhindert, dass der Vertragspartner seine Vertragsgestaltungsfreiheit dahingehend ausnutzt, dass er Rechte verschleiert und den Vertragspartner so an ihrer Geltendmachung hindert. Informationsmodell und Sozialmodell unterscheiden sich somit insoweit, dass ersteres die Selbstbestimmung zu fördern bestimmt ist und zweiteres die Privatautonomie im schutzbedürftigen Bereich begrenzt.654 Die Rechtsprechung des EuGH geht von einem informierten und aufmerksamen Verbraucher aus, der in der Lage ist, die ihm zur Verfügung gestellten Informationen zu verarbeiten und sachgerecht zu nutzen.655 Um diesem Verbraucherleitbild gerecht zu werden, muss das Transparenzgebot im Rahmen der Informationsregulierung mit dem Problem des information overload in Einklang gebracht werden: Der Mensch selektiert aufgrund eingeschränkter Informationsaufnahme- und -verarbeitungskapazitäten des Gehirns nicht nur ihm bereitgestellte Informationen, sondern wägt bei Entscheidungen auch immer ab, ob sich die geistige Auseinandersetzung mit einem Problem für ihn lohnt oder nicht.656 Darüber hinaus vollziehen sich Entscheidungsfindungen keineswegs rein rational im Sinne des Homo oeconomicus (rational choice-Modell),657 sondern werden beeinflusst von emotionalen Hintergründen und unterliegen nicht zuletzt Informationsverarbeitungsfehlern.658 Eine Entscheidung basiert 651 Schön, in: Festschrift für Claus-Wilhelm Canaris, 1191, 1195f. 652 Canaris, in: Festschrift für Peter Lerche, 873, 887. 653 Schäfer, in: Festschrift für Claus Ott, 279, 305; ebenfalls nur eine Minderung statt eines Entfalls der Transaktionskosten sehend Frey, ZIP 1993, 572, 574. 654 Joppich, Die Kodifikation des Transparenzgebots in § 307 BGB, S. 37. 655 Zitiert nach EuGH, Urt. v. 16. 07. 1998, Rs. C-210/96 – Gut Springenheide GmbH und Rudolf Tusky gegen Oberkreisdirektor des Kreises Steinfurt, Slg. 1998, I-4681, I-4691 Rn. 31. Das Verbraucherleitbild des EuGH wird dann sichtbar, wenn man die Informationspflichten aus EuGH, Urt. v. 07. 03. 1990, Rs. C-362/88 – GB-INNO-BM gegen Conf8d8ration du Commerce Luxemburgeois (CCL), Slg. 1990, I-683, I-688 Rn. 17 mit einbezieht. In diesem Urteil stand der EuGH dem Verbraucher die Fähigkeit zu, mittels der gelieferten Angaben »eine Wahl in Kenntnis aller Umstände zu treffen.« Siehe auch EuGH, Urt. v. 06. 07. 1995, Rs. C-470/93 – Verein gegen Unwesen in Handel und Gewerbe Köln e.V. gegen Mars GmbH, Slg. 1995, I1936, I-1944 Rn. 24; Fleischer, ZEuP 2000, 772, 781; Staudenmayer, RIW 1999, 733, 737. 656 Gessner, in: Festschrift für Peter Derleder, 101, 106; Möllers/Kernchen, ZGR 2011, 1, 8ff.; Eidenmüller, JZ 2005, 216, 218. 657 Zum rational choice-Modell siehe Steinbeck/Lachenmaier, NJW 2014, 2086, 2087; Mathis, Effizienz statt Gerechtigkeit?, S. 22; Janson, Ökonomische Theorie im Recht, 2004, S. 26ff.; Kirchgässner, Homo Oeconomicus, S. 12ff.; Lüdemann, in: Engel/Englerth/Lüdemann/ Spiecker, Recht und Verhalten, 7, 12ff. 658 Bechtold, Die Grenzen zwingenden Vertragsrechts, S. 69ff.; Steinbeck/Lachenmaier, NJW 2014, 2086, 2087. In der Literatur finden sich hierzu zahlreiche Informationsverarbei-

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nicht (nur) auf Rationalität im Sinne des größtmöglichen Vorteils, sondern kann auch (negativ) beeinflusst werden, wenn z. B. notwendige Informationen nicht, unvollständig oder falsch aufgenommen und verarbeitet werden.659 Die Folge ist, dass das Informationsmodell in dem Moment an seine Grenzen stößt, in dem der Vertragspartner mit der Informationsaufnahme und -verarbeitung überfordert ist.660 Statt eines Maximums an Information muss es daher Ziel des Schutzes der Verwendergegenseite sein, dem Vertragspartner ein Optimum an Information zur Verfügung zu stellen.661 Grundsätzlich ist »die Menge der veröffentlichten Information und die Informationskomplexität (Inhalt) und die Präsentation (Form)« auf den durchschnittlichen Vertragspartner anzupassen.662 Dieses Optimum spräche gegen ein vollständiges Abbild der Kostenstruktur im Rahmen des Transparenzgebots. Die Anforderungen an die Transparenz sollten also nicht zu hoch angelegt werden. In einem weiteren Schritt kann dann im Rahmen der Angemessenheitskontrolle das Sozialmodell greifen und die Klausel auf ihre inhaltliche Tragfähigkeit kontrolliert werden. Da das Informationsmodell aufgrund der Verarbeitungsdefizite nur eingeschränkt anwendbar ist und die oben beschriebene Kosten-Nutzen-Analyse weiterhin negativ ausfallen wird, wird der Inhaltskontrolle nicht die Rechtfertigung entzogen.663

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tungsdefekte wie z. B. die Überschätzung der eigenen Fähigkeiten (sog. overconfidence bias) oder die Verwendung vor allem leicht zugänglicher bzw. bereits vorhandener Informationen (availability bias), siehe dazu Eidenmüller, JZ 2005, 216, 218. Weitere Defekte sind nach Bechtold (a. a. O.) u. a. der framing-Effekt (Einfluss der Bewertung der Konsequenzen der Entscheidung als Gewinn oder Verlust), belief perseverance (Unbewusstes irrational langes Festhalten an einer einmal getroffenen Erwartungshaltung) und confirmation bias (Überbewertung von Informationen, die die Erwartungshaltung bestätigen). Siehe zu den einzelnen Rationalitätsdefekten auch Klöhn, Kapitalmarkt, Spekulation und Behavioral Finance, S. 116ff.; Englerth, in: Engel/Englerth/Lüdemann/Spiecker, Recht und Verhalten, 60, 95f.; Schön, in: Festschrift für Claus-Wilhelm Canaris, 1191, 1209; Lüdemann, in: Engel/Englerth/Lüdemann/Spiecker, Recht und Verhalten, 7, 22. Gessner, in: Festschrift für Peter Derleder, 101, 106. Bechtold, Die Grenzen zwingenden Vertragsrechts, S. 68, 73, 86; Möllers/Kernchen, ZGR 2011, 1, 14; Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, S. 115f. Gessner, in: Festschrift für Peter Derleder, 101, 106 spricht davon, dass Informationspflichten ihren gewünschten Effekt verlieren. Zum Effizienzverlust bei zu viel Information siehe Kind, Die Grenzen des Verbraucherschutzes durch Information – aufgezeigt am Teilzeitwohnrechtegesetz, S. 467. Möllers/Kernchen, ZGR 2011, 1, 14; Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, S. 116; Fleischer, ZEuP 2000, 772, 798; Leistner, Richtiger Vertrag und lauterer Wettbewerb, S. 129. So formulierten dies Möllers/Kernchen, ZGR 2011, 1, 14, zu Informationspflichten im Kapitalmarktrecht. Leyens/Schäfer, AcP 210 (2010), 771, 798; Frey, ZIP 1993, 572, 574.

Analyse zur Verletzung des Transparenzgebots nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB

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2. Differenzierung zwischen Transparenz- und Konkretisierungsgebot Sind die Transparenzanforderungen auf ein Optimum zurückzuführen, stellt sich die Frage, ob das Transparenzgebot mit einem Teil der Literatur auf die Klarheit der Sprache begrenzt werden kann. Insbesondere Kamanabrou und Schimansky vertreten diese Verengung des Transparenzbegriffs. Kamanabrou unterscheidet zwischen Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) und Konkretisierungsgebot (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB).664 Danach beruhe die unangemessene Benachteiligung im Rahmen des Transparenzgebots ausschließlich auf einer unklaren oder unverständlichen Formulierung, während beim Verstoß gegen das Konkretisierungsgebot die Klausel unangemessen weit formuliert werde.665 Auch Schimansky will den Inhalt des Transparenzgebots nicht darüber hinaus erweitern, da sonst – aufgrund des geringen Begründungsaufwandes – die Gefahr einer inflationären Unwirksamkeitserklärung von Klauseln nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB drohe, weil man sich nicht weitgehend mit den Tatbestandsmerkmalen des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB auseinandersetzen müsse.666 Ähnlich formulierte der XI. Zivilsenat in zwei Urteilen 1996, das Transparenzgebot stelle einen Schutz vor der Verschleierung von Rechten und Pflichten dar und die Bestimmung der Regelungsdichte eines Vertrages falle in die Privatautonomie.667 Gegen diese Differenzierung könnte jedoch die Existenz von § 307 Abs. 3 S. 2 BGB sprechen. Nach dieser Regelung wird die Transparenzkontrolle auf Preishauptabreden erstreckt, die den Preis originär festlegen. Wird der Preis von zukünftigen Ereignissen abhängig gemacht, können diese ausschließlich die Berechnungsmethode festlegen, sodass bei Vertragsschluss die Bestimmbarkeit ausreicht.668 Die Folge der Differenzierung zwischen Transparenz- und Konkretisierungsgebot wäre, dass bei einer Preisberechnungsklausel die Preisfestlegungsfunktion dem Konkretisierungsgebot entzogen wäre – stattdessen würde sich die Prüfung auf eine klare Formulierung erschöpfen.669 Das Bestimmtheitsgebot gebietet jedoch bereits begrifflich eine Bestimmtheitsprüfung, sodass

664 Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 195. 665 Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 195. 666 Schimansky, WM 2001, 1169, 1171. A. A. scheint Canaris, AcP 200 (2000), 273, 303 zu sein, der den Vorzug prozeduraler Voraussetzungen wie Informationspflichten darin sieht, dass sie leichter zu begründen seien als Anforderungen an den Inhalt des Vertrages. 667 BGH, WM 1996, 476, 480; BGH, WM 1996, 1128, 1131. 668 Paulusch, WM 1986, Sonderbeilage Nr. 10, S. 20; H. Schmidt, in: Bamberger/Roth, BGB, § 307 Rn. 83, der wohl generell die Bestimmbarkeit ausreichen lässt. 669 So aber der VIII. Zivilsenat im Rahmen seiner HEL-Rechtsprechung, BGH, WM 2015, 299, 300; BGH, NJW 2014, 3508, 3509; BGH, NJW 2014, 2708, 2709; BGH, Urt. v. 14. 05. 2014, Az. VIII ZR 116/13, BeckRS 2014, 13807 Rn. 16; BGH, NJW 2010, 2793, 2795; BGH, NJW 2010, 2789, 2790. In diesen Urteilen beschränkt sich der VIII. Zivilsenat auf die Klarheit und Verständlichkeit der Klausel.

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

eine Trennung im Sinne Kamanabrous nicht mit § 307 Abs. 3 S. 2 BGB vereinbar ist. Auch die Rechtsprechung des EuGH sperrt eine Auslegung des Transparenzgebots dahingehend, dass die Klausel schon den Anforderungen aus § 307 Abs. 1 S. 2 BGB genügt, wenn sie nur grammatikalisch verständlich ist.670 Der EuGH legt das Merkmal »klare und verständliche Abfassung« vielmehr so aus, dass die Klausel bei Vertragsschluss über die Vertragspflichten informieren und die Mechanismen der inhaltlichen Regelung zugleich deutlich darstellen muss, sodass der Verbraucher die wirtschaftlichen Folgen des Vertragsschlusses absehen kann.671 Deutlich werden die Anforderungen insbesondere bei der Betrachtung der Entscheidung in der Rechtssache Nemzeti Fogyasztjv8delmi Hatjs#g gegen Invitel T#vközl8si Zrt. Hier entschied der EuGH, dass »bei einer Vertragsklausel, die eine Änderung der Gesamtkosten der dem Verbraucher zu erbringenden Dienstleistung vorsieht, […] wegen Nr. 1 Buchst. j und l sowie Nr. 2 Buchst. b und d des Anhangs der Richtlinie insbesondere Grund oder Modus der Änderung dieser Kosten angegeben werden und der Verbraucher über das Recht zur Beendigung des Vertrags verfügen [müsste].«672

Der Entscheidung lag der Sachverhalt zugrunde, dass Invitel T#vközl8si Zrt. eine Klausel in seine AGB aufgenommen hatte, wonach der Dienstleister berechtigt war, über den Festpreis hinaus zusätzliche Kosten (z. B. Postgebühren) in Rechnung zu stellen.673 Die Berechnung dieser Anweisungskosten wurde jedoch nicht dargestellt.674 Hierauf nahm der EuGH in seinem preisklauselspezifischen Urteil in der 670 EuGH, Urt. v. 23. 04. 2015, Rs. C 96/14 – Van Hove gegen CNP Assurances, ECLI:EU: C:2015:262 Rn. 40f.; EuGH, Urt. v. 26. 02. 2015, Rs. C-143/13 – Bogdan Matei, Ioana Ofelia Matei gegen SC Volksbank Rom.nia SA, ECLI:EU:C:2015:127 Rn. 74 EuGH, Urt. v. 30. 04. 2014, Rs. C-26/13, ]rp#d K#sler, Hajnalka K#slern8 R#bai gegen OTP Jelz#logbank Zrt., EuZW 2014, 506, 509 Rn. 70, 73; EuGH, Urt. v. 21. 03. 2013, Rs. 92/11 – RWE Vertrieb AG gegen Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e. V., NJW 2013, 2253, 2255 Rn. 44, 49. 671 EuGH, Urt. v. 23. 04. 2015, Rs. C 96/14 – Van Hove gegen CNP Assurances, ECLI:EU: C:2015:262 Rn. 41; EuGH, Urt. v. 26. 02. 2015, Rs. C-143/13 – Bogdan Matei, Ioana Ofelia Matei gegen SC Volksbank Rom.nia SA, ECLI:EU:C:2015:127 Rn. 74; EuGH, Urt. v. 30. 04. 2014, Rs. C-26/13, ]rp#d K#sler, Hajnalka K#slern8 R#bai gegen OTP Jelz#logbank Zrt., EuZW 2014, 506, 509 Rn. 73; EuGH, Urt. v. 21. 03. 2013, Rs. 92/11 – RWE Vertrieb AG gegen Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e. V., NJW 2013, 2253, 2255 Rn. 49. 672 EuGH, Urt. v. 26. 04. 2012, Rs. C-472/10 – Nemzeti Fogyasztjv8delmi Hatjs#g gegen Invitel T#vközl8si Zrt., ZIP 2012, 2020, 2021 Rn. 24; bestätigt in EuGH, Urt. v. 21. 03. 2013, Rs. 92/ 11 – RWE Vertrieb AG gegen Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e. V., NJW 2013, 2253, 2255 Rn. 49. 673 EuGH, Urt. v. 26. 04. 2012, Rs. C-472/10 – Nemzeti Fogyasztjv8delmi Hatjs#g gegen Invitel T#vközl8si Zrt., ZIP 2012, 2020 Rn. 18. 674 EuGH, Urt. v. 26. 04. 2012, Rs. C-472/10 – Nemzeti Fogyasztjv8delmi Hatjs#g gegen Invitel T#vközl8si Zrt., ZIP 2012, 2020 Rn. 18.

Analyse zur Verletzung des Transparenzgebots nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB

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Rechtssache RWE Vertrieb AG gegen Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e. V. zu Recht Bezug.675 Schließlich macht es für die Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers keinen Unterschied, ob die Klausel Zusatzkosten eines anfänglichen Festpreises regelt oder einen variablen Preis. Ausweislich dieser Rechtsprechung ist eine Differenzierung zwischen Transparenz- und Bestimmtheitsgebot im Sinne von Kamanabrou und Schimansky nicht mit der Richtlinie 93/13/EWG vereinbar, denn bei dieser Differenzierung fiele die Angabe des Anpassungsmechanismus unter das Bestimmtheitsgebot des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB, nicht unter das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. 3. Differenzierung zwischen Abschluss- und Abwicklungstransparenz Zum Teil wird in der Literatur die Bedeutung von Transparenzgebot und Inhaltskontrolle auf zeitlich unterschiedlichen Ebenen gesehen. Demnach bestehe die Funktion des Transparenzgebots in der ex post-Verständlichkeit der Nebenbedingungen bei Vertragsabwicklung und bei nachvertraglichen Streitigkeiten (Verringerung der Suchkosten bei der Risikozuweisung).676 Die Funktion der Inhaltskontrolle verwirkliche sich hingegen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses.677 In dieser Differenzierung kann der Ausgangspunkt einer harmonischen Lösung zwischen Rechtsprechung und ökonomischen Ansätzen erblickt werden. Dazu bedarf es jedoch einer Modifizierung hin zu der These, dass dem Transparenzgebot sowohl eine ex nunc-Wirkung (zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses) als auch eine ex post-Wirkung (nach dem Vertragsschluss) zukommt.678 Da es sich um unterschiedliche Zeitpunkte handelt, können sich auch andere Beurteilungen hinsichtlich der aufzuwendenden Transaktionskosten 675 EuGH, Urt. v. 21. 03. 2013, Rs. 92/11 – RWE Vertrieb AG gegen Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e. V., NJW 2013, 2253, 2255 Rn. 49. 676 Leyens/Schäfer, AcP 210 (2010), 771, 798f.; Koller, in: Festschrift für Ernst Steindorff, 667, 671ff.; siehe dazu auch die ältere Rechtsprechung BGH, NJW 1987, 379; BGH, NJW 1985, 2253, 2255; BGH, NJW 1985, 623, 627; BGH, NJW 1985, 320, 321; BGH, NJW 1984, 1182, 1183; BGH, NJW 1982, 870; BGH, NJW 1980, 2518; OLG Koblenz, WM 1984, 1259. 677 Nicht ausdrücklich, aber im Umkehrschluss Leyens/Schäfer, AcP 210 (2010), 771, 798f. 678 So auch Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 176ff.; Joppich, Die Kodifikation des Transparenzgebots in § 307 BGB, S. 43, 84. Eine Differenzierung zwischen Transparenzgebot und Bestimmtheitsgebot findet sich bereits bei Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 195, die jedoch nicht auf die zeitliche Ebene und die Folgebetrachtung eingeht. Ebenso Schimansky, WM 2001, 1169, 1171. Auch das OLG Düsseldorf, BB 1997, 699 differenzierte zunächst zwischen Bestimmtheitsgebot und Transparenzgebot. In der Ausführung wird dann aber deutlich, dass es das Bestimmtheitsgebot als Bestandteil des Transparenzgebots versteht, denn das Transparenzgebot wird von ihm als »Gebot der Klarheit und Bestimmtheit« definiert (OLG Düsseldorf, a. a. O). Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBRecht, § 307 Rn. 326 differenziert zeitlich zwischen der Transparenzwirkung bei Vertragsschluss und bei der Vertragsabwicklung; ebenso findet sich eine zeitliche Differenzierung bei Koller, in: Festschrift für Ernst Steindorff, 667, 678. Koller und Fuchs unterscheiden aber nicht zwischen Transparenz und Bestimmtheit.

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und damit einhergehend der zur Verfügung zu stellenden Informationen ergeben. a) Ex nunc-Wirkung der Abschlusstransparenz Nach der Rechtsprechung und Teilen der Literatur kommt dem Transparenzgebot der Zweck zu, den Durchschnittskunden bei Vertragsschluss in die Lage zu versetzen, potentielle wirtschaftliche Belastungen innerhalb der Vertragslaufzeit zu erkennen und gegenüber dem Abschlussinteresse abzuwägen.679 Kann der Vertragspartner die Folgen des Vertrages nicht übersehen, käme es zu einer Einschränkung der materialen Entscheidungsfreiheit des Vertragspartners dahingehend, dass er nicht zwischen Handlungsalternativen wählen könnte (Beeinträchtigung der Vertragswahlfreiheit).680 Damit kann er zugleich seiner Schiedsrichterfunktion im Wettbewerb nicht nachkommen.681 Überindividuell fehlt der Anreiz für den Wettbewerb um bessere Klauseln.682 Griffe das Transparenzgebot nicht zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, würde das Informationsmodell und die Funktion der Förderung der materialen Entscheidungsfreiheit in Frage gestellt. Für die ex nunc-Wirkung spricht auch die Überlegung, dass dem Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB nicht nur Preisnebenabreden, sondern nach § 307 Abs. 3 S. 2 BGB auch Preishauptabreden unterliegen. Denn die Preishauptabrede hat sehr wohl Einfluss auf die Abschlussentscheidung. Ebenso unterliegt die Qualität des Produkts, die der Inhaltskontrolle entzogen ist, dem Transparenzgebot zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Damit liegt in Anlehnung an die Ausführungen zur Differenzierung hinsichtlich der Kontrollfähigkeit von Preisabreden der Gedanke nahe, dass eine ex nuncTransparenz für solche Klauseln oder Klauselteile in Betracht kommt, die 679 Paulusch, in: Heinrichs, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55, 68; Borges, DB 2006, 1199, 1205; Nasall, JZ 1995, 689, 692; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 326. Nur hinsichtlich der Hauptparameter, Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 178. Zur Überprüfbarkeit der Maximalbelastung siehe auch Habersack, WM 2001, 753, 756. Hinsichtlich der Überprüfbarkeit der wirtschaftlichen Belastungen im Rahmen der Transparenz siehe BGH, NJW 2010, 2789, 2790; BGH, NJW 2001, 2014, 2016; BGH, NJW 1998, 454, 456; BGH, NJW 1989, 222, 224; BGH, NJW 1989, 222, 224; BGH, NJW 1988, 558, 560. Die ex nunc-Wirkung verneinend Oetker, JZ 2002, 337, 340 und Diehn, NZA 2004, 129, 134, die beide die Abschlusstransparenz der Regelung § 305 Abs. 2 BGB zuordnen. Deutlich für eine ex nuncWirkung spricht sich Generalanwältin Verica Trstenjak in ihren Schlussanträgen v. 13. 09. 2012, Rs. C-92/11 – RWE Vertrieb AG gegen Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e. V., BeckRS 2012, 81902 Rn. 86 aus. 680 Köndgen, NJW 1989, 943, 950. Ähnlich Kreienbaum, Transparenz und AGB-Gesetz, S. 223, die das Informationsmodell als Instrument zur Wiederherstellung der Abschlussfreiheit ansieht. A. A. Bunte, in: Festschrift für Herbert Schimansky, 19, 29, der dem Transparenzgebot jegliche Fähigkeit zur Erzeugung eines Wettbewerbsdrucks aberkennt. 681 Köndgen, NJW 1989, 943, 950. 682 Köndgen, NJW 1989, 943, 950.

Analyse zur Verletzung des Transparenzgebots nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB

125

wettbewerbsfähig sind.683 Denn sind Regelungen wettbewerbsfähig, können sie vor Vertragsschluss verglichen werden und die Abschlussentscheidung beeinflussen. Für Preisanpassungsklauseln bedeutet dies nach den obigen Ausführungen, dass Anpassungsschwellen und -intervalle, Caps und zeitliche Bindungsfristen so klar und verständlich dargestellt werden müssen, dass der Vertragspartner sie beim Überfliegen der AGB ohne Mühe auffinden kann. Insofern wird man auch der Feststellung gerecht, dass AGB nicht vollständig gelesen und verstanden werden. Von einem Vertragspartner jedoch, der einen langfristigen Darlehensvertrag abschließt, ist zu erwarten, sich zumindest kurz mit der Regelung zu Zinsanpassungen auseinanderzusetzen.684 Stellt dieser bei einem Vergleich der Angebote unterschiedlicher Banken verschiedene wettbewerbsfähige Anpassungsmodalitäten fest, wird er dies in seine Entscheidungsfindung einbeziehen. Ob dabei nun der Euribor, der EONIA oder der Eurepo einbezogen wurde und welche weiteren Parameter die Zinsanpassung beeinflussen, wird der durchschnittliche, nicht (bank-) betriebswirtschaftlich vorgebildete Vertragspartner hingegen kaum in seine Abschlussentscheidung einbeziehen. Der ex nunc-Funktion des Transparenzgebots kommt damit die Aufgabe zu, die belastende Wirkung der Klausel zur Geltung zu bringen und nicht zu verschleiern.685 Übertragen auf Preisanpassungsklauseln bedeutet dies, dass in den AGB die Einräumung des Preisanpassungsrechts durch die Präsentation deutlich zum Ausdruck kommen muss und inhaltlich einen prägnanten Kern aufweisen sollte, der dem durchschnittlichen Verbraucher nicht verschlossen bleibt.686 Wichtig ist zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, dass der Vertragspartner um die Preisanpassungsmöglichkeit weiß.687 Sie muss klar und ver-

683 Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 176. 684 Generalanwältin Verica Trstenjak scheint in ihren Schlussanträgen v. 13. 09. 2012, Rs. C-92/ 11 – RWE Vertrieb AG gegen Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e. V., BeckRS 2012, 81902 Rn. 86, sogar grundsätzlich davon auszugehen, dass Vertragsänderungsklauseln in unbefristeten Verträgen genau geprüft werden. 685 BGH, WM 1990, 1367, 1368. Nach Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 195 beruht die unangemessene Benachteiligung im Rahmen des Transparenzgebots ausschließlich auf einer unklaren oder unverständlichen Formulierung. 686 Aus wahrnehmungspsychologischer Sicht besteht ein Bedingungszusammenhang zwischen der Wirkungsentfaltung von Informationen und der Verständlichkeit (Kürze und Übersichtlichkeit). Durch die Gestaltung kann die Informationsverarbeitungsfähigkeit stark beeinflusst werden. Dabei hat die Forschung festgestellt, dass eine sehr gute Textverständlichkeit folgender Voraussetzungen bedarf: Einfachheit, Gliederung / Ordnung / Platzierung, Kürze / Prägnanz, So die Ausführungen bei Kind, Die Grenzen des Verbraucherschutzes durch Information – aufgezeigt am Teilzeitwohnrechtegesetz, S. 467 m. w. N. 687 A. A. Schäfer, in: Festschrift für Claus Ott, 279, 305, der nur eine ex post-Wirkung der Transparenz vertritt, aber nicht wie hier zwischen beiden Funktionen differenziert.

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

ständlich formuliert und in den AGB auffindbar sein.688 Die Wahlfreiheitsfunktion gebietet es zudem, dass wettbewerbszugängliche Mindestvoraussetzungen deutlich ersichtlich sind. b) Ex post-Wirkung der Abwicklungstransparenz Anders ist es jedoch, wenn der Vertragspartner die Anpassungsberechtigung ex post nachprüfen möchte.689 In diesem Moment wird er die Transaktionskosten für das Studium der AGB oder die externe Beratung aufwenden, da er seinen eigenen Vorteil sucht.690 Er muss somit alle zur Nachprüfbarkeit erforderlichen Informationen verfügbar haben. Dazu bedarf es der genauen Festlegung der Parameter und der Zugänglichkeit der Zahlen, die die Variablen ausfüllen. Damit kommt dieser Funktion die Bedeutung zu, dass die Voraussetzungen und Rechtsfolgen derart bestimmt werden, dass – etwa durch unangemessen weite Formulierungen – für den Klauselverwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen und der Vertragspartner in die Lage der Kontrollfähigkeit versetzt wird.691 In der Literatur wird diese ex post-Transparenz nicht mehr anhand § 307 Abs. 1 S. 2 BGB, sondern anhand der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB kontrolliert.692 Entgegen dieser Ansicht betrifft die Inhaltskontrolle zunächst die Frage, ob die Begrenzung der Parameter zu einer unangemessenen Ausnutzungsmöglichkeit der Klausel führt oder ob Chancengleichheit gewahrt wird. Die rechtliche Beurteilung würde dann im Rahmen des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unter dem Stichpunkt der zwingenden Wahrung des Äquivalenzverhältnisses erfolgen. Folglich muss zwischen ex post-Kontrollfähigkeit und Inhaltskontrolle unterschieden werden. II.

Beschränkung der Anpassungsparameter

In der Literatur wird vorgeschlagen, dass sich der Verwender der Problematik der Offenlegung seiner Kalkulation durch Begrenzung der Anpassungspara688 Auch die Richtlinie 93/13/EWG spricht in Art. 4 Abs. 2 in englischer Sprache sowie in der Einleitung u. a. in der deutschen, spanischen und französischen Fassung von einer »klaren und verständlichen Sprache«. 689 Zur ex post-Wirkung siehe auch Joppich, Die Kodifikation des Transparenzgebots in § 307 BGB, S. 43. Darüber hinaus besteht eine ex post-Wirkung darin, dass dem Vertragspartner zugesprochene Rechte nicht verschleiert werden dürfen, sodass diese faktisch nicht wahrgenommen werden, siehe Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 328; Bunte, in: Festschrift für Herbert Schimansky, 19, 31; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 178. 690 Koller, in: Festschrift für Ernst Steindorff, 667, 678; Bunte, in: Festschrift für Herbert Schimansky, 19, 38. 691 BAG, DB 2011, 1639; Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 195. 692 Bunte, in: Festschrift für Herbert Schimansky, 19, 39; Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 195.

Analyse zur Verletzung des Transparenzgebots nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB

127

meter auf bestimmte Kostenelemente entziehen könne.693 Hierin kann ein praktikabler Weg der Ausgestaltung des Transparenzoptimums gesehen werden, ohne beiden Transparenzzielen zu widersprechen. Die Rechtsprechung des III. Zivilsenats scheint mit dieser Ansicht im Einklang zu stehen, wenn sie in Telekommunikationsverträgen eine transparente Beschränkung auf Umstände, die sich »nach Vertragsschluss in technischer oder kalkulatorischer Hinsicht« geändert haben, für möglich hält.694 Ebenso hielt der III. Zivilsenat es im sog. Pay-TV-Abonnement-Urteil für umsetzbar, die Kostenelemente in ihren »Grundzügen« darzustellen.695 In seiner HEL-Rechtsprechung wandte der VIII. Zivilsenat ferner – zumindest unter Transparenzgesichtspunkten – nichts gegen eine Beschränkung der Parameter ein und betrachtete die HEL-Klauseln in ständiger Rechtsprechung als transparent, obwohl sie auf Angabe eines Jahresgrundpreises (gebunden an den Lohnindex) und eines Arbeitspreises (gebunden an den Preis für HEL) für die abgenommene Erdgasmenge beschränkt waren.696 Der Senat führte aus, dass eine solche Klausel auch ohne Hinweis darauf, wie und ob die Bezugskosten des Verwenders von der HEL-Komponente abhängig seien, hinsichtlich Art, Weise und Zeitpunkt der Anpassung klar und verständlich sei.697 Dazu müsste auch der Äquivalenzfaktor nicht aufgeschlüsselt werden.698 Kritisch müssen hier jedoch zwei Punkte gesehen werden: Erstens wurde die Klausel vom VIII. Zivilsenat zwar als transparent eingestuft, durch Verstoß gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB aber für unwirksam erklärt;699 zweitens hatten die unterschiedlichen Zivilsenate die Frage der Gewichtung und Beschränkbarkeit (abseits der oben angeführten Entscheidungen) wegen einer Vielzahl an Transparenzmängeln nicht abschließend zu klären, sodass aus der BGH-Rechtsprechung keine endgültige Aussage abgeleitet werden kann, ob eine Preisanpassungsklausel eine exakte Offenlegung und Gewichtung verlangt.700 693 694 695 696

697 698 699 700

Kessel/Schwedler, BB 2010, 585, 587; Rott, VuR 2006, 1, 2. BGH, NJW-RR 2008, 134, 135f. BGH, NJW 2008, 360, 361. Siehe dazu beispielhaft die Formeln aus BGH, NJW 2010, 2789: »GP = 10,22 + (0,88 * (L – 11,61)« und »AP = 2,43 + (0,092 * (HEL – 19,92)) + 0,2024 in ct/kWh.« BGH, Urt. v. 25. 03. 2015, Az. VIII ZR 360/13 –, juris Rn. 16; BGH, ZIP 2015, 979; BGH, NJW 2014, 2708, 2709; BGH, NJW 2010, 2793, 2795. Siehe auch OLG Hamm, Urt. v. 28. 10. 2010, Az. 2 U 60/10, I-2 U 60/10 –, juris Rn. 24. BGH, NJW 2010, 2789, 2790; BGH, NJW 2010, 2793, 2795. BGH, NJW 2010, 2793, 2795, in der Formel AP (Cent je kWh) = 0,092 HEL ist der Äquivalenzfaktor »0,092«. BGH, NJW 2010, 2789, 2793. Thomas, AcP 209 (2009), 84, 110 vermag keine Gewissheit der BGH-Haltung festzustellen, da diesem lediglich Klauseln vorlagen, denen jede Konkretisierung fehlte. Der VIII. Zivilsenat hatte in der zweiten Flüssiggas-Entscheidung, diese Frage bewusst offen gelassen und die Klausel aufgrund des Erkennbarkeitsdefizits hinsichtlich des Umfangs der Preiserhö-

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

Auch für bonitätsabhängige Zinsanpassungsklauseln wird in der Literatur vertreten, dass es Aufgabe der Kreditinstitute sei, »mit wenigen Parametern operierende Ratingsysteme zu entwickeln, die sich kraft dieser Selbstbeschränkung für den Durchschnittskunden verständlich und nachvollziehbar darlegen lassen, aber gleichwohl die Veränderungen des Kreditnehmerrisikos hinreichend genau abbilden.«701

Betrachtet man ausschließlich die zwei Funktionen der Transparenzkontrolle, ist die Kehrseite einer Beschränkbarkeit, dass eine vollständig nachvollziehbare Gewichtung nur durch Offenlegung von Betriebsgeheimnissen erfolgen kann. Ohne diese kann der Vertragspartner nicht kontrollieren, ob Materialkosten, die z. B. mit dem hypothetischen Wert von 10 % gewichtet werden, auch wirklich 10 % der Kosten ausmachen. Die Klausel stellt ein verzerrtes Bild der Kostenstruktur dar.702 Das gleiche Problem ergibt sich bei der vom VIII. Zivilsenat geforderten Saldierungspflicht von Kostensteigerungen und Kostensenkungen,703 denn diese ist nur bei absoluter Transparenz mittels korrekter Angabe und Gewichtung der Kostenelemente nachprüfbar.704 Aus Transparenzgesichtspunkten erscheint es jedoch erforderlich, diese Unschärfe zuzulassen, um dem Konflikt zu entgehen, nach dem eine zu komplexe Klausel ebenfalls als intransparent einzustufen ist.705

F.

Zwischenergebnis

Ob der BGH tatsächlich eine exakte Gewichtung und Offenlegung der Kalkulation fordert, ist den bisherigen Urteilen nicht genau zu entnehmen. Die ständige HEL-Rechtsprechung, nach der Transparenz angenommen wurde, spricht jedoch gegen eine Offenlegung der Kalkulation und für die Möglichkeit einer Begrenzung auf ausgewählte Parameter (zumindest nach Transparenzgesichtspunkten). Zudem erfährt die Kalkulation sowohl verfassungsrechtlichen (Art. 12 GG) als auch einfachgesetzlichen Schutz (§ 384 Nr. 3 ZPO, § 172 Nr. 2 GVG, § 29 Abs. 2 VwVfG sowie § 17 UWG i. V. m. § 203 StGB).706 Eine Durch-

701 702 703 704 705 706

hung verworfen, siehe BGH, NJW 2007, 1054, 1055f. Auch hinsichtlich der Beschränkbarkeit erfolgte im Urteil des III. Zivilsenats nur eine Andeutung und keine Entscheidung, da die Klausel anderweitig bereits unwirksam war, siehe BGH, NJW-RR 2008, 134, 135. Mülbert, WM 2004, 1205, 1210. Kessel/Schwedler, BB 2010, 585, 587; Arzt/Fitzner, ZNER 2005, 305, 310. BGH, NJW-RR 2005, 1717, 1719. Graf von Westphalen, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 707, 713; J. Becker, in: Bamberger/Roth, BGB, § 309 Nr. 1 Rn. 26. Zur Behandlung der Problematik unter dem Gesichtspunkt der Inhaltskontrolle siehe unten S. 170ff. Siehe oben S. 110f.

Analyse zur Verletzung des Transparenzgebots nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB

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brechung dieser Schutzmechanismen im Wege der Transparenzkontrolle erscheint nicht interessengerecht. Der Durchschnittsvertragspartner hätte durch die Offenlegung der Kalkulation ohnehin wenig gewonnen: Die komplexe Kalkulation wird er kaum nachvollziehen können (und in der Regel auch nicht wollen). Einen Erkenntnisgewinn erlangt hingegen der Wettbewerber : Er erhält Einblick in die Berechnungen des Konkurrenten und kann so Wettbewerbsrückstände ausgleichen. Eine andere Betrachtungsweise erscheint realitätsfremd. Das Transparenzgebot soll seinem Zweck nach den Ausgleich der Einräumung des einseitigen Leistungsbestimmungsrechts durch eine Überprüfungsmöglichkeit vollziehen. Hierzu ist es ausreichend, dass eine Klausel die Kalkulierbarkeit der nachträglichen Belastungen sowie die Nachprüfbarkeit anhand der in der Klausel dargelegten Voraussetzungen gewährleistet. Eine Nachprüfbarkeit der einzelnen Elemente griffe zu weit. Nach den bisherigen Ausführungen und in Bezug auf die Rechtsprechung des OLG Oldenburg sind die Grundannahmen der zwei Funktionen des Transparenzgebots beizubehalten: Einerseits bedarf es sprachlicher Klarheit und Verständlichkeit in Bezug auf Umfang, Zeitpunkt und Anpassungsvoraussetzungen, andererseits muss die betreffende Klausel nachprüfbar gestaltet werden. Dabei schließen beide Varianten einander nicht aus. Bezieht sich die Klausel klar auf ausgewählte Parameter, die allgemein zugänglich sind und lässt keine Lücken für versteckte Einflussfaktoren, muss sie der Abwicklungstransparenz genügen. Ob der Verwender sich dann ein Ermessen hinsichtlich der Höhe der Anpassung einräumt oder eine Automatik einarbeitet, ist irrelevant. Im Rahmen der Inhaltskontrolle wird schließlich die Angemessenheit der Beschränkung auf die ausgewählten Parameter kontrolliert.707 Damit ist dem Verwender eine gewisse Unschärfe zuzugestehen. Die Anpassungsfaktoren können nach Transparenzgesichtspunkten beschränkt werden, um die Kalkulation nicht vollständig offenbaren zu müssen. Diese Beschränkung würde zum einen Probleme mit Wettbewerbsgrundsätzen vermeiden, zum anderen wäre das Gebot der Nachprüfbarkeit gewahrt. Voraussetzung ist, dass die Anpassung nur anhand der angegebenen Parameter vollzogen wird. Damit wird zugleich ein Widerspruch dahingehend vermieden, dass Betriebsinterna nicht nachprüfbar sind. Entgegen einer Literaturansicht sollte die Maximalbelastung über einen Cap angegeben werden.708 Dieser ist nun auch im Mietrecht verankert. Dem Verwender sollte es möglich sein, aus Durchschnittswerten einen angemessenen Cap zu berechnen, der ihm ausreichend Spielraum lässt, und dem Vertragspartner wird bei Vertragsschluss die poten707 Siehe dazu unten S. 170ff. 708 Für die Übertragung auf Preisanpassungsklauseln wohl auch Hilber, BB 2011, 2691, 2698.

130

Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

tielle Entwicklung der wirtschaftlichen Belastung aufgezeigt. Durch dieses Element wird zugleich ein Wettbewerbselement eingeführt. Solche Cap-Grenzen werden in AGB leicht vergleichbar sein und den Wettbewerb anregen. Die Einhaltung dieser Voraussetzungen erscheint nicht unmöglich zu sein, sofern man das Transparenzgebot für sich allein betrachtet. Probleme können sich jedoch im Zusammenspiel mit den Anforderungen aus § 307 Abs. 1 S. 1 BGB ergeben.709

G.

Kompensationsmöglichkeiten eines Transparenzdefizits

Nachfolgend werden die in Rechtsprechung und Literatur vorgebrachten Kompensationsmöglichkeiten eines Transparenzdefizits dargestellt und bewertet. I.

Kompensation des Transparenzdefizits durch § 315 BGB

Zum Teil wird von der Unmöglichkeit der Formulierung einer für den Vertragspartner nachvollziehbaren Preisänderungsvorbehaltsklausel gesprochen.710 Entsprechend dürften nach einer liberalen Ansicht bei Preisänderungsvorbehaltsklauseln keine überspannten Anforderungen an den Konkretisierungsmaßstab gestellt werden.711 Durch Bezugnahme auf Kostenfaktoren begrenzen Preisänderungsvorbehaltsklauseln nur die Ermessensgrundlage; daraus könne nicht gefolgert werden, dass es einer genauen Gewichtung bedürfe.712 Denn der Schutz vor einer unangemessenen Benachteiligung werde durch die an die Inhaltskontrolle anschließende Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB gewahrt.713 Diese Ansicht verkennt allerdings die unterschiedlichen Ebenen zwischen Klausel- und Billigkeitskontrolle. Die AGB-Kontrolle nach §§ 307ff. BGB und die 709 Siehe unten S. 148ff. 710 Hilber, BB 2011, 2691, 2698; Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 218; Schöne, WM 2004, 262, 265; a. A. Ellenberger, in: Festschrift für Klaus J. Hopt, Band 2, 1753, 1760. Im Rahmen der Rechtsprechung zur Übernahme der Regelungen aus § 5 StromGVV/GasGVV auf Sonderverträge klingt diese Kompensationsmöglichkeit auch beim VIII. Zivilsenat an, siehe BGH, NJW 2011, 50, 52. Nachdem die Konkretisierungspflicht verneint wurde, weist der Senat daraufhin, dass dem Sondervertragskunden wie dem Grundversorgungskunden eine Überprüfung der Preisanpassung nach § 315 BGB offen stehe, siehe dazu auch BGH, NJW 2009, 2662, 2665; BGH, NJW 2009, 2667, 2669. 711 Thomas, AcP 209 (2009), 84, 109. 712 Thomas, AcP 209 (2009), 84, 109. 713 OLG Karlsruhe, MDR 2014, 1066; OLG Düsseldorf, WM 2004, 319, 323; Thomas, AcP 209 (2009), 84, 109; a. A. LG Köln NJW-RR 1987, 885; Ellenberger, in: Festschrift für Klaus J. Hopt, Band 2, 1753, 1760.

Analyse zur Verletzung des Transparenzgebots nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB

131

Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB haben unterschiedliche Zielsetzungen.714 § 315 BGB setzt schon seinem Wortlaut nach eine wirksame vertragliche Vereinbarung über die Preisbestimmung nach billigem Ermessen voraus.715 Folglich ist die Angemessenheitskontrolle eine abstrakte Kontrolle hinsichtlich des »Ob« der Anpassung und die Billigkeitskontrolle eine der konkreten Anpassungsausübung (»Wie«).716 Konsequenterweise müsste der Prüfung einer der Billigkeit entsprechenden Preisanpassung, also der korrekten Subsumtion unter die Klausel, zunächst eine der Wirksamkeit vorausgehen. Ist diese schon nach §§ 307ff. BGB unwirksam, würde sie gemäß § 306 Abs. 1 BGB aus dem Regelwerk entfernt werden, sodass jegliche Preisanpassung untersagt wäre. Der Vertragspartner kann mithin eine angemessene Klauselgestaltung erwarten und ist nicht nur ex post auf die Billigkeitskontrolle verwiesen.717 Zudem gilt es zu beachten, dass die Angemessenheitskontrolle durch höhere Anforderungen ein schärferes Schwert darstellt als die Billigkeitskontrolle, sodass eine Kompensation der Unbestimmtheit durch § 315 BGB eine unzulässige Umgehung der Angemessenheitsmaßstäbe darstellen würde.718 Eine Kompensation darf somit nicht durch eine sach- bzw. systemfremde Norm erfolgen, sondern muss innerhalb des AGB-Rechts entwickelt werden. Darüber hinaus muss das Ziel der AGB-Kontrolle beachtet werden. Nach der Gesetzesbegründung zum AGB-Gesetz liegt es darin, »den Vertragsteil, insbesondere den Letztverbraucher, der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterworfen wird, vor unangemessenen, einseitig vorformulierten Vertragsbedingungen zu schu¨ tzen.«719

Damit soll der Rechtsverkehr von missbräuchlichen Klauseln befreit werden.720 Die gerichtliche Billigkeitsüberprüfung stünde diesem vorprozessualen Schutz des Vertragspartners jedoch entgegen.721 Der Rechtsbehelf der Billigkeitskontrolle ist für den Vertragspartner nur dann von Wert, wenn er bereit ist, einen Prozess zu führen.722 Insofern ist zu beachten, dass das Transparenzgebot dem Vertragspartner in seiner ex post-Wirkung die Prüfung ermöglicht, ob eine 714 Paulusch, in: Heinrichs, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55, 72; Schwarz, Der variable Zins, S. 68; Schwarz, NJW 1987, 626, 628. 715 Paulusch, in: Heinrichs, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55, 72; Schwarz, Der variable Zins, S. 68; Schwarz, NJW 1987, 626, 628; grundlegend u. a. aus der systematischen Stellung herausarbeitend von Hoyningen-Huene, Die Billigkeit im Arbeitsrecht, S. 55f. 716 Paulusch, in: Heinrichs, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55, 72; Schwarz, NJW 1987, 626, 628. 717 Köndgen/König, ZIP 1984, 129, 134. 718 Schwarz, NJW 1987, 626, 628. 719 BT-Drucksache, 7/3919, S. 1. 720 Paulusch, in: Heinrichs, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55, 72. 721 Paulusch, in: Heinrichs, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55, 72. 722 Wiedemann, Preisänderungsvorbehalte, S. 139.

132

Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

Billigkeitskontrolle erfolgversprechend ist.723 Diesbezüglich ist es Ziel des Transparenzgebots, zu verhindern, »dass es im Einzelfall zu gerichtlichen Auseinandersetzungen kommt oder der Betroffene eine Erhöhung deswegen hinnimmt, weil sich das zulässige Ausmaß nicht nach den von ihm akzeptierten Bedingungen beurteilen lässt.«724

Aufgrund des Kostenrisikos wird ein Verbraucher schließlich keinen Prozess ohne konkrete Anhaltspunkte führen.725 Unter Berücksichtigung dieses Zwecks kann das Transparenzgebot im Rahmen von Preisänderungsvorbehalten nicht durch Anführung der Billigkeitskontrolle eingeschränkt werden. Erst, wenn die Hürde der Transparenz überwunden wurde, kann die Klausel der Billigkeitskontrolle unterworfen werden.726 Abgesehen von diesem Prozessrisiko entfällt die Möglichkeit der Berufung auf das Kontrollelement der Billigkeitskontrolle, wenn keine Anpassung vorgenommen wurde.727 Hier muss der Vertragspartner über eine transparente Darstellung der Anpassungsvoraussetzungen in die Lage versetzt werden, die eigentliche Anpassungspflicht nachprüfen zu können.728 II.

Kompensation des Transparenzdefizits durch nachträgliche Information

Borges schlägt die Kompensation des Transparenzdefizits durch eine nachträgliche Informationspflicht vor.729 Ziel müsse es sein, dem Vertragspartner durch mildere Mittel als der Offenlegung der Kalkulation die Möglichkeit der Überprüfung der Preisanpassung zu geben und dem Verwender die Nutzbarkeit von Preisanpassungsklauseln zu erhalten.730 Um dieses Ziel zu erreichen, könne dem Verwender auferlegt werden, in der Klausel Kostenarten oder -gruppen darzulegen und den Kunden bei der Preisanpassung über die Faktorentwicklung zu informieren.731 Dies entbinde den Verwender von der Offenlegung der gesamten Kalkulation, und der Vertragspartner könne die Berechtigung der Preiserhöhung überprüfen.732 Gegen diesen Ansatz spricht, dass die Preissen723 OLG Oldenburg, Urt. v. 12. 02. 2010, Az. 6 U 164/09 Rn. 80; Graf von Westphalen, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 707, 727. 724 BGH, NJW 1980, 2518, 2519; i. E. auch OLG Hamm RdE 2008, 183, 185f. 725 So auch Wiedemann, Preisänderungsvorbehalte, S. 139; Nobbe, in: Festschrift für HansJürgen Lwowski, 83, 86f. Ähnlich auch Ellenberger, in: Festschrift für Klaus J. Hopt, Band 2, 1753, 1760. 726 Graf von Westphalen, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 707, 725. 727 Habersack, WM 2001, 753, 757. 728 Siehe auch Schwintowski, in: Schwintowski, Bankrecht, § 13 Rn. 129. 729 Borges, DB 2006, 1199, 1203. 730 Borges, DB 2006, 1199, 1203. 731 Borges, DB 2006, 1199, 1203; Borges, in: Abels/Lieb, AGB im Spannungsfeld zwischen Kautelarpraxis und Rechtsprechung, 51, 61. 732 Borges, DB 2006, 1199, 1203.

Analyse zur Verletzung des Transparenzgebots nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB

133

kungspflicht nicht nachprüfbar gestaltet wird. Senkt der Verwender seine Preise nicht, fehlen dem Vertragspartner mangels detaillierten Ankündigungsschreibens die zur Kontrolle notwendigen Informationen. Borges geht auf diese Problematik nicht ein; stattdessen stellt er lediglich auf die Preiserhöhung ab.733

III.

Kompensation des Transparenzdefizits durch ein Vertragslösungsrecht

In der Rechtswissenschaft wird darüber hinaus diskutiert, ob ein Transparenzdefizit durch Gewährung eines Vertragslösungsrechts kompensiert werden kann. 1. Die Rechtsprechung von BGH und EuGH zum Vertragslösungsrecht In der neueren Rechtsprechung herrscht zwischen den Zivilsenaten des BGH Uneinigkeit hinsichtlich dieser Streitfrage.734 Der VIII. Zivilsenat räumt dem Verwender zwar die Möglichkeit ein, eine unangemessene Benachteiligung durch ein Vertragslösungsrecht auszugleichen.735 Zugleich stellt er jedoch Anforderungen an die Ausprägung des Vertragslösungsrechts. Ein angemessener Ausgleich setze eine frühzeitige individuelle Vorabinformation über die geplante Preiserhöhung voraus.736 Diese Information müsse dem Vertragspartner die Möglichkeit einräumen, sich vor Wirksamwerden der Preisänderung vom Vertrag zu lösen.737 Zudem dürfe das Vertragslösungsrecht nicht zu unzumutbaren Folgekosten oder anderweitigen Nachteilen des Vertragspartners führen.738 733 Borges, in: Abels/Lieb, AGB im Spannungsfeld zwischen Kautelarpraxis und Rechtsprechung, 51, 61. 734 Um Wiederholungen zu vermeiden wird hier sämtliche Rechtsprechung zur Kompensationsmöglichkeit dargestellt, d. h. es werden auch Bezüge zu § 307 Abs. 1 S. 1 BGB hergestellt. 735 BGH, NJW 2017, 325, 327; BGH, NJW 2010, 993, 995f.; BGH, NJW-RR 2010, 1202, 1204; BGH, NJW 2007, 1054, 1056. Die Möglichkeit eines Kündigungsrecht als Ausgleich andeutend, BGH, NJW 2011, 50, 54; BGH, NJW 1980, 2518, 2519. Außerhalb von Dauerschuldverhältnissen für die Tagespreisklausel in Kfz-Kaufverträgen siehe BGH, NJW 1984, 1177, 1179; BGH, NJW 1982, 331, 332. Ebenso OLG Köln, Urt. v. 13. 01. 2006, Az. 6 U 148/05 –, juris Rn. 26ff.; OLG Bremen, ZIP 2008, 28, 31; OLG Oldenburg, RdE 2009, 25, 32. Das OLG Brandenburg ließ die Kompensation einer Unbestimmtheit ausdrücklich zu, musste sich schließlich jedoch nicht mit der konkreten Ausgestaltung beschäftigen, da die Klausel kein Vertragslösungsrecht enthielt, OLG Brandenburg, NJW-RR 2002, 1640, 1641. 736 BGH, NJW 2007, 1054, 1056. So auch BGH, NJW 2010, 993, 995f.; BGH, NJW-RR 2010, 1202, 1204. Mit Verweis auf die in der vorherigen Rechtsprechung herausgearbeiteten Maßstäbe, BGH, NJW 2017, 325, 327. Eine öffentliche Bekanntmachung genügt nicht BGH, NJW 2010, 993, 996; bestätigt durch BGH, NJW-RR 2010, 1202, 1204 zur Bekanntgabe über die Tagespresse. 737 BGH, NJW 2010, 993, 995f.; BGH, NJW-RR 2010, 1202, 1204; BGH, NJW 2007, 1054, 1056. Zuletzt bestätigt in BGH, NJW 2017, 325, 327 durch Verweis auf die in der vorherigen Rechtsprechung herausgearbeiteten Maßstäbe. 738 BGH, NJW 2007, 1054, 1056; Zuletzt bestätigt in BGH, NJW 2017, 325, 327.

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

Darüber hinaus müsse ein Wettbewerbsmarkt vorliegen, damit der Vertragspartner eine echte Alternative habe.739 Auf das Nichtentstehen von Folgebelastungen scheint auch der VII. Zivilsenat abzustellen, der aber schließlich in dem ihm vorliegenden Fall nicht über den angemessenen Ausgleich durch ein Vertragslösungsrecht zu entscheiden hatte.740 Der IV. Zivilsenat entschied hingegen zu Prämienanpassungen, dass ein Vertragslösungsrecht eine unangemessene Benachteiligung aufgrund eines Bestimmtheitsdefizits nicht ausgleichen könne,741 denn das Vertragslösungsrecht ändere nichts an der Ungewissheit des Vertragspartners über die künftig zu erwartenden Belastungen und beseitige somit nicht die unangemessene Benachteiligung.742 Ob dies auch für einen Verstoß gegen Treu und Glauben gilt, ist allerdings offen. Bezüglich einer unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB sprach sich der XI. Zivilsenat gegen eine Kompensationswirkung des Vertragslösungsrechts aus. Bei der Begründung scheint er dem VIII. Zivilsenat zu folgen, d. h. mit der Kündigung dürfen keine nachteiligen Belastungen für den Vertragspartner einhergehen. In seinem Urteil vom 21. 04. 2009 führt der XI. Zivilsenat aus, dass sich im Falle einer die Gewinnmaximierung ermöglichenden Klausel eine Kündigung zum Vorteil des Verwenders auswirke.743 Der Verwender könne sich somit von einem unvorteilhaften Vertrag lösen.744 Über diesen Nachteil der Kündigungsprovokation hinaus bestehe im Aktivgeschäft der Banken für den Kreditnehmer der Nachteil, dass diesem bei einer Kündigung des Darlehensvertrages hohe Transaktionskosten bei der erforderlichen Umschuldung ent739 BGH, NJW 2010, 993, 996; bestätigt durch BGH, NJW-RR 2010, 1202, 1204. Ebenso OLG Bremen, ZIP 2008, 28, 31. Dabei führt das Gericht aus, dass in Mietverhältnissen (und teilweise auch für Inhaber von Wohnungseigentum) ein Substitutionswettbewerb zwischen Öl und Gas faktisch nicht bestehe. Zuvor hatte bereits das LG Bremen, ZIP 2006, 1301, 1305, die Kompensationsfähigkeit auf Monopolmärkten ausgeschlossen. Siehe auch OLG Oldenburg, RdE 2009, 25, 32; OLG Dresden, Urt. v. 11. 12. 2006, Az. 1426/06 Kart –, juris Rn. 57; a. A. Ebel, BB 1980, 477, 486; Futter, BB 1976, 1295, 1297, die nicht auf Wechselhemmnisse eingehen. 740 BGH, NJW 1985, 2270, 2271. Dem VII. Zivilsenat lag folgende Klauselformulierung zur Bewertung vor: »sofern alle Voraussetzungen zum Baubeginn vor dem 15. 12. 1980 gegeben sind… Wird der Festpreistermin überschritten, so erhöht sich der Gesamtpreis um den Prozentsatz, für den die Firma diesen oder entsprechende Haustypen zum Zeitpunkt des Baubeginns der Baumaßnahme verkauft bzw. anbietet (z. Zt. gültige Preisliste).« 741 BGH, NJW 1998, 454, 456. Ein Bestandsinteresse des Versicherungsnehmers klingt in BGH, WM 1999, 1367, 1368 an. 742 BGH, NJW 1998, 454, 456. Es ging um folgende Klausel: »Der Vorstand kann mit Zustimmung der Hauptversammlung eine Änderung der Tarifbestimmungen, der Beiträge und der Versicherungsbedingungen, letztere nur soweit sie Bestimmungen über Versicherungsschutz, Pflichten des Versicherungsnehmers, Willenserklärungen und Anzeigen betreffen, auch für bestehende Versicherungsverhältnisse beschließen.« 743 BGH, NJW 2009, 2051, 2054. 744 BGH, NJW 2009, 2051, 2054.

Analyse zur Verletzung des Transparenzgebots nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB

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stünden.745 Auch im Fall einer unwirksamen Zinsanpassungsklausel in Sparverträgen sprechen in der Regel wirtschaftliche Gründe gegen die Möglichkeit, eine unangemessene Benachteiligung durch ein Sonderkündigungsrecht zu kompensieren.746 Sparverträge sind häufig derart gestaltet, dass die Zinsen mit zunehmender Vertragslaufzeit steigen. Kündigt der Kunde vor Vertragsende, kann er die höchsten Zinsen seines Sparvertrages nicht mehr realisieren und fängt im Rahmen eines neuen Sparvertrags (evtl. bei einer anderen Bank) wieder beim niedrigsten Zinssatz an. Der III. Zivilsenat knüpfte in seinem Urteil vom 06. 04. 1989 die Vereinbarkeit einer Klausel zur Änderung der Vertragskonditionen mit dem damals geltenden § 9 Abs. 1 AGBG (heute: § 307 Abs. 1 S. 1 BGB) an ein Vertragslösungsrecht des Vertragspartners.747 Im Gegensatz zum XI. Zivilsenat störte er sich nicht an den Kosten für eine Umschuldung, sondern hielt es für ausreichend, dass der Vertragspartner eine angemessene Kündigungsfrist erhält, um einen Marktvergleich und eine Umschuldung durchzuführen.748 Allerdings hatte der III. Zivilsenat in diesem Fall eine Konditionenanpassungsklausel – Gegenstand der Klausel waren Verzinsung, Tilgung, neue Festzinsperiode und Jahresleistung in einem749 – und keine gesonderte Zinsanpassungsklausel zu beurteilen.750 In seinem Urteil vom 15. 11. 2007 über eine Preisanpassungsklausel in Pay-TV-Abonnementverträgen räumte der III. Zivilsenat dem Verwender eine Kompensationsmöglichkeit ein, wenn die Komplexität der Anpassungsmechanismen eine transparente Konkretisierung unmöglich mache.751 Allerdings scheide eine Nachteilskompensation aus, wenn eine Klausel einen Kunden vor die Wahl der Art take it or leave it stellt, sodass er zu einer Kündigung gezwungen wird, wenn er die Preisanpassung nicht akzeptieren will und willkürliche Preiserhöhungen nicht ausgeschlossen sind.752 Entsprechend kommt es auf die konkrete Vertragsgestaltung an, ob ein Vertragslösungsrecht zu einem angemessenen Interessenausgleich führt.753 745 746 747 748 749 750 751

BGH, NJW 2009, 2051, 2054. BGH, WM 2011, 306, 308. BGH, NJW 1989, 1796, 1798. BGH, NJW 1989, 1796, 1798. BGH, NJW 1989, 1796. Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 146. BGH, NJW 2008, 360, 363. Im konkreten Fall fehlte es jedoch an der Erfüllung dieser Voraussetzungen. 752 BGH, NJW 2008, 360, 363. Die Möglichkeit zur willkürlichen Preiserhöhung sah der Senat darin, dass der Pay-TV-Anbieter sich in der Klausel vorbehalten hatte, dass jede Programmänderung zu einer Preisanpassung berechtige und der Abonnent demnach einseitig herbeigeführten Äquivalenzverschiebungen ausgeliefert sei. 753 BGH, NJW 2008, 360, 361. Sowohl der III. Zivilsenat als auch der VIII. Zivilsenat führen ausdrücklich an, dass es keinen Grundsatz gebe, wonach ein Vertragslösungsrecht stets zur Kompensation einer Benachteiligung führe, BGH, NJW 2008, 360, 363 (III. Zivilsenat) BGH, NJW 2007, 1054, 1056 (VIII. Zivilsenat).

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

Nach der Rechtsprechung des EuGH ist eine Kompensationsmöglichkeit durch ein Vertragslösungsrecht zweifelhaft. In der Rechtssache Nemzeti Fogyasztjv8delmi Hatjs#g gegen Invitel T#vközl8si Zrt. legt dieser Art. 3 und 5 der Richtlinie 93/13/EWG dahingehend aus, dass der Verwender, um den Anforderungen des Transparenzgebots zu entsprechen, »Grund und Modus der Änderung [der] Kosten angeben und der Verbraucher über das Recht zur Beendigung verfügen« müsse.754 In der Rechtssache RWE Vertrieb AG gegen Verbraucherzentrale NordrheinWestfalen lehnte Generalanwältin Trstenjak mit Verweis auf die vorgenannte Urteilspassage die Kompensation eines Transparenzdefizits durch ein Vertragslösungsrecht ausdrücklich ab.755 Dem schloss sich der EuGH, wenn auch nicht mit der Klarheit der Generalanwältin, an. Zunächst stellte er fest, »dass der Verbraucher die etwaigen Änderungen der Entgelte anhand klarer und verständlicher Kriterien absehen kann, wobei das Ausbleiben der betreffenden Information vor Vertragsabschluss grundsätzlich nicht allein dadurch ausgeglichen werden kann, dass der Verbraucher während der Durchführung des Vertrags mit angemessener Frist im Voraus über die Änderung der Entgelte und über sein Recht, den Vertrag zu kündigen, wenn er diese nicht hinnehmen will, unterrichtet wird […].«756

Dann stellte er Anforderungen an das Vertragslösungsrecht: Dieses dürfe nicht lediglich formal bestehen, sondern müsse auch tatsächlich ausgeübt werden können. Daran aber fehle es, »wenn der Verbraucher aus Gründen, die mit den Modalitäten der Ausübung des Kündigungsrechts oder mit den auf dem betroffenen Markt herrschenden Bedingungen zusammenhängen, nicht über eine wirkliche Möglichkeit zum Wechsel des Lieferanten verfügt oder wenn er nicht angemessen und rechtzeitig von der künftigen Änderung benachrichtigt wurde und dadurch nicht die Möglichkeit hatte, zu überprüfen, wie sich die Änderung berechnet, und gegebenenfalls den Lieferanten zu wechseln.«757 754 EuGH, Urt. v. 26. 04. 2012, Rs. C-472/10 – Nemzeti Fogyasztjv8delmi Hatjs#g gegen Invitel T#vközl8si Zrt., ZIP 2012, 2020, 2021 Rn. 24. 755 Schlussanträge der Generalanwältin Verica Trstenjak v. 13. 09. 2012, Rs. C-92/11 – RWE Vertrieb AG gegen Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e. V., BeckRS 2012, 81902 Rn. 84: »Aus diesem Grund kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein etwaiger Verstoß gegen das Transparenzgebot durch die Möglichkeit der Kündigung geheilt werden kann.« 756 EuGH, Urt. v. 21. 03. 2013, Rs. C-92/11 – RWE Vertrieb AG gegen Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e. V., NJW 2013, 2253, 2256 Rn. 55 (Hervorhebungen durch den Verfasser). 757 EuGH, Urt. v. 21. 03. 2013, Rs. C-92/11 – RWE Vertrieb AG gegen Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e. V., NJW 2013, 2253, 2255f. Rn. 54 (Hervorhebungen durch den Verfasser).

Analyse zur Verletzung des Transparenzgebots nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB

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Neben den Wettbewerbsverhältnissen und der Überprüfbarkeit seien darüber hinaus die Kosten eines Vertragspartnerwechsels in die Prüfung der Wirkung des konkreten Vertragslösungsrechts einzubeziehen.758 Zur Bewertung der Kompensationsfähigkeit ist entscheidend, dass der EuGH die Wirksamkeit des Vertragslösungsrechts kumulativ an die Überprüfungsfähigkeit der Preisanpassung bindet. Diese besteht lediglich bei einer transparenten Klausel. Denn im Falle der Intransparenz kann der Vertragspartner die Preisänderung nicht wie gefordert berechnen. Ein Defizit an Transparenz kann somit nicht durch ein defizitäres Vertragslösungsrecht ausgeglichen werden, sodass aus der EuGH-Rechtsprechung eine ablehnende Haltung gegenüber der Kompensationsmöglichkeit herausgelesen werden kann. 2. Diskussion zur Kompensationseignung in der Literatur Nach einem Teil der Literatur kommt eine Kompensation in Betracht, wenn eine hinreichende Formulierung aufgrund der Komplexität der Preisbildungsmechanismen nicht möglich ist und der Verwender die Klausel dennoch so konkret wie möglich ausformuliert hat.759 Nach der Gegenansicht wird dem Vertragslösungsrecht jedoch die Eignung zur Kompensation – sowohl für vertragliche als auch gesetzliche Vertragslösungsrechte – unabhängig vom Grund des Wirksamkeitsmangels abgesprochen.760 758 EuGH, Urt. v. 21. 03. 2013, Rs. C-92/11 – RWE Vertrieb AG gegen Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e. V., NJW 2013, 2253, 2255f. Rn. 54. Damit deutet der EuGH auf die Problematik des Bestandsinteresses hin, siehe dazu unten S. 141ff. 759 Couf/l, in: Schöne, Vertragshandbuch Stromwirtschaft, Kapitel 4.B Rn. 130, vorausgesetzt, der Vertragspartner hat eine zumutbare Alternative (Rn. 133); Dammann, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 309 Nr. 1 Rn. 132–134; Paulusch, in: Heinrichs, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55, 77f.; Kessel/Schwedler, BB 2010, 585, 588; S. Roloff, in: Erman, § 309 Rn. 14; Schöne, in: Graf von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Stromlieferverträge Rn. 204ff.; Einmahl, ZIP 2002, 381, 384; Köndgen/König, ZIP 1984, 129, 134; konkretisierend, sofern keine Nachteile für den Vertragspartner entstehen; Schöne, WM 2004, 262, 267; Schulz-Gardyan, N& R 2005, 97, 98f. An das Fehlen von Ausübungshindernissen gebunden Wurmnest, in: MünchKommBGB, § 309 Nr. 1 Rn. 26. Für Versicherungsverträge siehe Marlow, in: Festschrift für Horst Baumann, 209, 219ff. SchulzGardyan geht sogar so weit, dass die bestimmte Gestaltung im Hinblick auf Voraussetzungen und Umfang nicht erforderlich sei, wenn ein Vertragslösungsrecht vereinbart wurde, Schulz-Gardyan, N& R 2005, 97, 98f. Dies ist jedoch nicht tragfähig: Durch ein Vertragslösungsrecht kann sich der Verwender nicht der Pflicht des Transparenzgebots entziehen; er muss vielmehr gehalten sein, die Klausel so transparent wie möglich zu gestalten. Graf von Westphalen, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 707, 718 verzichtet auf eine Differenzierung zwischen beiden Varianten des § 307 Abs. 1 BGB, sodass auch ein Verstoß gegen Treu und Glauben kompensiert werden kann. 760 Dammann, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 309 Nr. 1 Rn. 132–134; Löwe, BB 1982, 152, 157; J. Becker, in: Bamberger/Roth, BGB, § 309 Nr. 1 Rn. 29; S. Roloff, in: Erman, § 309 Rn. 14; Steenbuck, MDR 2010, 357, 359; Wolf, ZIP 1987, 341, 350; Schwarz, Der variable Zins, S. 73ff.; Graf von Westphalen, in: Graf von Westphalen/Thüsing, Vertrags-

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

a) Verankerung im AGB-Recht In der Literatur wird vorgetragen, dass der Kompensationsgedanke dem AGBRecht grundsätzlich nicht fremd sei.761 Eine Kompensation ließe zum Beispiel § 309 Nr. 8 lit. b) bb) BGB zu.762 Die Kompensation durch einen anderen Vorteil setze jedoch voraus, dass eine Konnexität zwischen Klausel und Ausgleichsbestimmung bestehe und letztere durch ihr Gewicht in der Lage sei, einen angemessenen Ausgleich herzustellen.763 Die Gegenseite führt an, dass § 307 Abs. 1 BGB seinem Wortlaut nach keinen Anhaltspunkt für eine mögliche Kompensation einer Unwirksamkeit enthalte.764 Auch die preisanpassungsspezifische Norm des § 309 Nr. 1 BGB habe keine Kompensationsmöglichkeit durch ein Vertragslösungsrecht zum Inhalt.765 Ein möglicher Verweis auf preisanpassungsfremde Tatbestände verschließe sich bereits mangels Übereinstimmung der Sachverhalte.766 § 309 Nr. 10 lit. b) BGB behandle beispielsweise den Wechsel eines Vertragspartners, nicht die Anpassung eines Vertragselements.767 Abweichend von dieser Ansicht kann § 309 Nr. 10 BGB sehr wohl ein Hinweis hinsichtlich der Kompensationsproblematik entnommen werden: Danach wird die einseitige Berechtigung des Vertragspartnerwechsels ohne Wertung als unwirksam anerkannt. Zugleich statuiert sie eine unwiderlegbare Vermutung dahingehend, dass ein Vertragslösungsrecht zu einem angemessenen Interessenausgleich führt. Was man dieser Regelung also entnehmen kann, ist: Ein Vertragslösungsrecht kann selbst bei einem Verstoß gegen wesentliche Prinzipien der Privatrechtsordnung zu einem angemessenen Interessenausgleich führen. Demnach kann dieser Grundsatz erst recht in die

761 762

763 764 765 766 767

recht und AGB-Klauselwerke, Preisanpassungsklauseln Rn. 47; Wiedemann, Preisänderungsvorbehalte, S. 55; Beckmann, Die Zulässigkeit von Preis- und Prämienanpassungsklauseln nach dem AGB-Gesetz, S. 122f.; Nobbe, in: Festschrift für Hans-Jürgen Lwowski, 83, 86; Ellenberger, in: Festschrift für Klaus J. Hopt, Band 2, 1753, 1760; Langenbucher, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 399, 414; Schulze Schwienhorst, Aufsichts- und wettbewerbsrechtliche Probleme der Prämienanpassungsklausel, S. 49; Joppich, Die Kodifikation des Transparenzgebots in § 307 BGB, S. 94f. Zum Transparenzgebot siehe auch die Schlussanträge der Generalanwältin Verica Trstenjak v. 13. 09. 2012, Rs. C-92/11 – RWE Vertrieb AG gegen Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e. V., BeckRS 2012, 81902 Rn. 84. Stoffels, AGB-Recht, § 16 Rn. 487. Stoffels, AGB-Recht, § 16 Rn. 487. Nach § 309 Nr. 8 lit b) bb) ist eine Klausel bezüglich der Beschränkung von Gewährleistungsrechten unwirksam, sofern dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich das Recht vorbehalten wird, bei Fehlschlagen der Nacherfüllung zu mindern oder, wenn nicht eine Bauleistung Gegenstand der Mängelhaftung ist, nach seiner Wahl vom Vertrag zurückzutreten. Stoffels, AGB-Recht, § 16 Rn. 487. Arzt/Fitzner, ZNER 2005, 305, 309. Arzt/Fitzner, ZNER 2005, 305, 309. Arzt/Fitzner, ZNER 2005, 305, 309. Arzt/Fitzner, ZNER 2005, 305, 309.

Analyse zur Verletzung des Transparenzgebots nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB

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Wertung im Rahmen des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB einbezogen werden. Das Vertragslösungsrecht ist jedoch eine Wirksamkeitsvoraussetzung. Denn die Wertung vollzieht sich auf der Ebene: Recht zum Vertragspartnerwechsel auf Verwenderseite gegenüber Vertragslösungsrecht auf Vertragspartnerseite. Zur Verdeutlichung wäre das Äquivalent bei Preisanpassungsklauseln die Wertung: Recht zur Preisanpassung versus Vertragslösungsrecht. Aber, und das ist hier das entscheidende Argument, eben nicht auf der Ebene: intransparente oder die Chancengleichheit verletzende Bestimmung versus Vertragslösungsrecht. Mithin scheidet eine Kompensationsfähigkeit bereits aus diesen Überlegungen aus. Ebenso verhält es sich im Rahmen von § 309 Nr. 8 lit. b) bb) BGB. Eine vertragliche Gewährleistungsbeschränkung mittels AGB ist nur dann möglich, wenn dem Vertragspartner im Gegenzug genannte Rechte zugestanden werden. Dieser Einstufung des Vertragslösungsrechts als Wirksamkeitsvoraussetzung könnte die Wertung des § 309 Nr. 1 BGB entgegenstehen, da das Sonderkündigungsrecht einer Fristverlängerung des Erhöhungsverbots gleichkäme.768 Außerhalb des Bereichs des § 309 Nr. 1 BGB, d. h. entweder bei einem Lieferzeitraum ab vier Monaten oder bei Dauerschuldverhältnissen, sind Preisanpassungen nicht generell verboten.769 Stattdessen greifen hier die Kontrollmechanismen der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB und der Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB.770 Dies ändert jedoch nichts an der Einschätzung, die hier über § 309 Nr. 10 BGB herausgearbeitet wurde. § 309 Nr. 1 BGB ist zu entnehmen, dass Preisanpassungsklauseln in Dauerschuldverhältnissen nicht dem scharfen Verbot ohne Wertungsmöglichkeit unterliegen. Eine weitergehende Wertung ist dieser Regelung aufgrund des herrschenden Verständnisses von § 307 Abs. 3 BGB nicht zu entnehmen. Hätte eine Wertung dahingehend erfolgen sollen, dass Preisanpassungsklauseln in Dauerschuldverhältnissen jederzeit wirksam wären, wären sie nach § 307 Abs. 3 BGB nicht überprüfbar, was, wie oben dargestellt, aber nicht der Fall ist.771 Auch kommt dem Vertragslösungsrecht keine Wirkung eines Ausübungsverbots zu772 – es dient lediglich der Beschränkung auf einen angemessenen bzw. marktkonformen Umfang.

768 769 770 771

Reuter, DB 1981, 71, 72. So BGH, NJW 1985, 853, 854. Reuter, DB 1981, 71, 72. Siehe neben den obigen Ausführungen auf S. 61ff. auch BGH, NJW 1985, 853; Hilber, BB 2011, 2691, 2694; Schwarz, Der variable Zins, S. 63; Beckmann, Die Zulässigkeit von Preisund Prämienanpassungsklauseln nach dem AGB-Gesetz, S. 29f.; Beckmann, in: Bruck/ Möller, Versicherungsvertragsgesetz, Band 2, § 40 Rn. 32. 772 Es ist lediglich ein Druckmittel, siehe dazu unten S. 190ff.

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

b) Immanente Grenze des Transparenzgebots Begrenzt eine Ansicht in der Literatur die Ausgleichsmöglichkeit auf die Unmöglichkeit der transparenten Formulierung nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB, könnte dies mit der immanenten Grenze des Transparenzgebotes in Konflikt geraten.773 Der Vertragspartner wäre mangels Verletzung des Transparenzgebotes nicht schützenswert.774 Anderenfalls hätte dies zur Folge, dass dem Vertragspartner ein vom Verwender nicht erwünschter Vorteil zuerkannt wird.775 Denn der Vertragspartner könnte das Vertragslösungsrecht trotz angemessener Klausel gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB ausüben.776 Problematisch an der Differenzierung ist jedoch, dass der Verwender ein Interesse an einer sicheren Vertragslage ohne die Gefahr nachträglicher Rückforderungsansprüche in unkalkulierbarer Höhe hat.777 Eine solche Gefahr liegt immer dann vor, wenn zur Kompensationswirkung des Vertragslösungsrechts eine Formulierung wie »soweit möglich« gefordert wird. Hinsichtlich dieser Formulierung stellt sich bereits die Frage, wie der unbestimmte Begriff der Möglichkeit ausgelegt wird. Ab wann war es dem Unternehmen unmöglich, genauer zu formulieren? Inwieweit greift also das richterliche Ermessen? Und wird die Voraussetzung der Unmöglichkeit in München genauso ausgelegt wie in Hamburg oder Berlin? Dann wäre es interessengerechter, den Verwender in die klare Position der Verwendung einer unwirksamen Klausel (mitsamt den daraus folgenden Nachteilen) zu stellen als ein Vertrauen in eine Scheinkompensationskraft des Vertragslösungsrechts aufrechtzuerhalten.778 Auf der anderen Seite ist es für den Vertragspartner – aufgrund der Unsicherheiten der Kompensationseignung – günstiger, in den Verträgen »die unvermeidlichen Preiserhöhungen kontrolliert und begründet«779 zu wissen als eine unangemessene Preisanpassungsklausel zuzüglich der Risiken des Vertragslösungsrechts zu haben.780 Ist dem Verwender eine hinreichende Vertragsgestaltung nicht möglich, stehen ihm nach Becker zwei Möglichkeiten offen: erstens der Verzicht auf die Preiserhöhung (gegebenenfalls mit der Folge der ordentlichen Kündigung, wenn der Vertrag wirtschaftlich untragbar geworden ist) oder zweitens die Änderungskündigung.781 Diese Auffassung berücksichtigt jedoch nicht, dass ein berechtigtes ökonomisches Interesse an Preisanpassungsklauseln besteht und die Hürden hinsichtlich der Formulierung Graf von Westphalen, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 707, 717f. Graf von Westphalen, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 707, 718. Graf von Westphalen, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 707, 718. Graf von Westphalen, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 707, 718. J. Becker, in: Bamberger/Roth, BGB, § 309 Nr. 1 Rn. 29. J. Becker, in: Bamberger/Roth, BGB, § 309 Nr. 1 Rn. 29. Gärtner, BB 1980, 448, 451. Dammann, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 309 Nr. 1 Rn. 132–134. Zu den Risiken siehe die nachfolgenden Ausführungen auf S. 144ff. 781 J. Becker, in: Bamberger/Roth, BGB, § 309 Nr. 1 Rn. 29.

773 774 775 776 777 778 779 780

Analyse zur Verletzung des Transparenzgebots nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB

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deshalb nicht zu hoch gesetzt werden dürfen. Die Änderungskündigung etwa würde zu einem hohen Verwaltungskostenaufwand führen. c) Möglichkeit der Kündigungsprovokation Zum Teil wird in der Kompensationswirkung die Gefahr der Kündigungsprovokation erblickt: Der Verwender könnte durch unangemessene Preiserhöhungen den Vertragspartner zur Lösung vom Vertrag verleiten.782 Aus diesem Grund wird auch eine Kompensation der Unangemessenheit nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB ausgeschlossen.783 Die Gegenansicht misst der Kündigungsprovokation keine große Bedeutung bei, indem sie von einem an einer langfristigen Bindung interessierten Verwender ausgeht.784 Dieser Einschätzung ist zuzustimmen. Der Gefahr der Kündigungsprovokation steht zum einen das Interesse des Verwenders am Erhalt der Marktanteile entgegen; zum anderen muss die konkrete Ausgestaltung der Klausel berücksichtigt werden. Im Rahmen indexgebundener Automatikklauseln hat der Verwender gar nicht die Möglichkeit, nur zur Kündigungsprovokation exorbitante Preiserhöhungen durchzuführen, da er hier keinen Einfluss auf die Anpassung hat.785 Bei Preisänderungsvorbehalten würde dieses Problem nach der hier vertretenen Ansicht über den Cap begrenzt. d) Bestandsinteresse Ein weiterer Kritikpunkt in der Literatur richtet sich darauf, dass ein Vertragslösungsrecht auf faktische Ausübungssperren stößt, wenn dem Vertragspartner aufgrund eines erheblichen Bestandsinteresses eine Lösung vom Vertrag nicht zumutbar ist.786 Ein Bestandsinteresse kann vorliegen, wenn der Wechsel 782 Dammann, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 309 Nr. 1 Rn. 132–134; J. Becker, in: Bamberger/Roth, BGB, § 309 Nr. 1 Rn. 29; Löwe, BB 1982, 152, 157; Arzt/Fitzner, ZNER 2005, 305, 309; Ellenberger, in: Festschrift für Klaus J. Hopt, Bd. 2, 1753, 1760; nur für den Fall der Unangemessenheit nach § 307 Abs. 1 S. 1: S. Roloff, in: Erman, § 309 Rn. 14. Bartsch, DB 1983, 214, 216 scheint aus diesem Grund gegen jegliches Kündigungsrecht zu sein; Borges, in: Abels/Lieb, AGB im Spannungsverhältnis zwischen Kautelarpraxis und Rechtsprechung, 51, 65 schließt die Kompensationsfähigkeit nicht vollkommen aus, sondern spricht sich für eine duale Eignung aus, nämlich Wirksamkeitsvoraussetzung und Kompensation. 783 Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, 4. Auflage 1999, § 11 Nr. 1 Rn. 49. 784 Köndgen/König, ZIP 1984, 129, 135. Zudem äußert sich Paulusch, in: Heinrichs, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55, 78f. kritisch gegenüber dem Argument der Kündigungsprovokation. 785 Siehe auch Bartsch, DB 1983, 214, 216, der die Gefahr der Kündigungsprovokation von der Klauselgestaltung abhängig macht. So komme bei einer Tagespreisklausel eine Provokation aufgrund der Bindung an den Listenpreis nicht in Betracht, siehe Bartsch, a. a. O. 786 Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 307 BGB Rn. 177; Graf von Westphalen, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 707, 718f.; S. Roloff, in: Erman, § 309 Rn. 14; Wurmnest, in: MünchKommBGB, § 309 Nr. 1 Rn. 28; Borges, in: Abels/Lieb, AGB im Spannungsverhältnis zwischen Kautelarpraxis und Rechtsprechung, 51, 65f. Für Versicherungsverträge siehe Beckmann, VersR 1996, 540, 544f. Ein Bestandsinteresse des Ver-

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

aufgrund fehlenden/eingeschränkten Wettbewerbs, hoher Investitionen sowie Transaktionskosten oder emotionaler/regionaler Bindungen ausscheidet.787 Selbst auf einem Wettbewerbsmarkt würden die Transaktionskosten zu einem faktischen Ausübungshindernis führen, solange diese höher sind als die Preisanpassung (z. B. durch Einmalkosten beim Vertragsabschluss).788 Dies wird insbesondere bei der vorzeitigen Beendigung von Kreditverträgen relevant, da Suchkosten nach einem Ersatzkredit und den Umschuldungskosten entstehen.789 Das gilt umso mehr für Wohnungsbaukredite, in denen der Kreditnehmer keine zusätzlichen Belastungen im Sinne von Umschuldungskosten aufnehmen kann.790 Dies ist aber nicht ein spezifisches Phänomen des Kreditvertrags – man denke ebenso an Kosten im Rahmen von Telekommunikationsverträgen, bei denen Anschluss- und Hardwarekosten die Akzeptanz einer möglichen Preisanpassung attraktiver machen, weil die Neuabschlusskosten höher sind als die eingesparten Kosten.791 Erst bei längerer Laufzeit kann dieser Effekt ins Gegenteil umschlagen.792 Dazu bedarf es aber eines Jahre vorausdenkenden Verbrauchers – oder er bemerkt diesen Vorteil erst in der Retrospektive.793 Als Beispiel für ein nicht interessengerechtes Vertragslösungsrecht wird in der Literatur der Altenheimvertrag angeführt.794 Hieraus eine Allgemeingültigkeit abzuleiten, wird jedoch als schwierig angesehen, da es aufgrund der Möglichkeit der ordentlichen Kündigung (Stichwort: Änderungskündigung) kein Vertrauen in die Unabänderlichkeit von Preisen oder Prämien gebe und in anderen Branchen nicht zwangsläufig eine gehobene Schutzbedürftigkeit des Vertragspartners bestehe.795 Darüber hinaus wird angenommen, dass eine fehlende

787

788 789 790 791 792 793 794 795

sicherungsnehmers klingt auch in BGH, WM 1999, 1367,1368 an. A. A. Schöne, in: Graf von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Stromlieferverträge Rn. 206 für Stromlieferverträge Marlow, in: Festschrift für Horst Baumann, 209, 224 für Versicherungsverträge. J. Becker, in: Bamberger/Roth, BGB, § 309 Nr. 1 Rn. 29. Zum Bestandsinteresse und dem faktischen Ausübungshindernis aufgrund von Investitionen des Vertragspartners siehe Jickeli, Der langfristige Vertrag, S. 231f. Allgemein zum Begriff des Bestandsschutzes siehe Horn, in: Bundesminister der Justiz, Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Band 1, 551, 570. Die Begründung des Bestandsinteresses ist vergleichbar mit dem Ausschluss eines Substitutionswettbewerbs. Dieser gilt bei sachlichen oder technischen Hemmschwellen als ausgeschlossen, siehe dazu Ehricke, JZ 2005, 599, 605, siehe auch Steenbuck, MDR 2009, 122, 124 und die Ausführungen oben auf S. 36. Derleder, WM 2001, 2029. Schimansky, WM 2001, 1168, 1172; Habersack, WM 2001, 753, 757; Ellenberger, in: Festschrift für Klaus J. Hopt, Band 2, 1753, 1760f.; Langenbucher, in: Festschrift Westermann, 2008, 399, 414. Derleder, WM 2001, 2029. Für den Kreditvertrag siehe Derleder, WM 2001, 2029. Derleder, WM 2001, 2029. Derleder, WM 2001, 2029. H.-D. Hensen, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, § 11 Nr. 1 Rn. 16. Schöne, WM 2004, 262, 268. Für Versicherungsverträge sieht Marlow, in: Festschrift für

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günstigere Beschaffungsmöglichkeit die Angemessenheit einer Preisanpassung bestätige.796 Der Vertragspartner hat jedoch ein berechtigtes Interesse an einer transparenten Preisanpassung.797 Es geht schließlich nicht um Vertrauen in die Unabänderlichkeit; vielmehr geht die Kritik dahin, dass eine intransparente Klausel mit weiteren Nachteilen ausgeglichen wird. Denn diese Erwiderungen beachten nicht, dass dem Vertragspartner durch das Vertragslösungsrecht ökonomische Kosten in Form der Notwendigkeit einer erneuten Sondierung des Marktes entstehen können. Der Nutzen der Aufwendung der Transaktionskosten ist für den Vertragspartner aber nicht einmal garantiert, da insbesondere aufgrund des fehlenden Konditionenwettbewerbs stets die Gefahr besteht, dass auch die Konkurrenz die Preise erhöht. Vor allem bei der Verwendung von Kostenelementeklauseln erscheint dieses Nachziehen der Konkurrenz aufgrund der Veränderung von Bezugskosten, die in der gesamten Branche bestehen, z. B. in der Ölbranche, nicht abwegig. Damit ist es eine Fehlannahme, dass ein Vertragslösungsrecht ein geeignetes Mittel wäre, auf allgemeinen Kostensteigerungen basierende Preiserhöhungen abzuwenden.798 Es könnte bestenfalls bei Preisänderungsvorbehalten ein Druckmittel gegenüber dem Umfang der Ausübung des Anpassungsrechts darstellen. Gewiss ist hingegen, dass ein Kündigungsrecht aufgrund faktischer Ausübungshindernisse keinen Mangel heilen kann. Der Vertragspartner würde vor die problematische Wahl gestellt, entweder eine unangemessene Preiserhöhung hinzunehmen und damit das Produkt zu einem ungerechtfertigten Preis weiter zu beziehen (da aufgrund einer unwirksamen Klausel erfolgt) oder sich durch Vertragslösung vom Weiterbezug zu befreien und einen Neuvertrag abzuschließen.799 Der Weiterbezug zu ungerechtfertigten Preisen aufgrund einer an sich unwirksamen Preisanpassungsklausel ist jedoch unzumutbar. Daran ändert auch ein Vertragslösungsrecht

796 797 798 799

Horst Baumann, 209, 224 aufgrund der Möglichkeit der ordentlichen Kündigung kein Vertrauensverhältnis für eine Unabänderlichkeit der Prämie während der gesamten Vertragslaufzeit. Statt der Anpassung bestünde schließlich die Möglichkeit der Kündigung. Marlow, in: Festschrift für Horst Baumann, 209, 224. Dieses Argument gilt aber nur für einen funktionierenden Wettbewerbsmarkt und greift wegen der im Folgenden angesprochenen eigentlichen Intention der Kritik über das Bestandsinteresse nicht durch. Gärtner, BB 1980, 448, 451. Gärtner, BB 1980, 448, 451. Wolf, ZIP 1987, 341, 350. Verwunderlich erscheint, dass Wolf für unbefristete Dauerschuldverhältnisse durch das ordentliche Vertragslösungsrecht keinen Verstoß gegen Treu und Glauben vorliegen sieht, da kein Vertrauen in die Vertragsbindung geschaffen werde und der Vertragspartner nach Kündigung einen günstigeren Vertrag abschließen könne. Warum diese Differenzierung erfolgt, erschließt sich jedoch nicht. Entweder kann der Vertragspartner in beiden Dauerschuldverhältnissen vom potentiellen Preiswettbewerb profitieren oder nicht. Zur Problematik der Optionen des Vertragspartners siehe auch Schwarz, Der variable Zins, S. 74. Zum unangemessenen Zwang zur Wahl zwischen der Hinnahme eines unberechtigt gesenkten Zinses und der Kündigung siehe auch Nobbe, in: Festschrift für Hans-Jürgen Lwowski, 83, 86f.

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

nichts, denn es vermag bei fehlenden niedrigeren Preisen oder durch Nachziehen der Konkurrenz keinen angemessenen Interessenausgleich herzustellen. e) Verstoß gegen das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion Arzt/Fitzner sehen in der Heilung über ein Vertragslösungsrecht einen Verstoß gegen das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, weil der Verwender völlig risikofrei unwirksame Klauseln formulieren könnte, »wenn durch die Reduktion auf das gerade noch zulässige oder angemessene Maß die Klausel stets aufrechterhalten bliebe.«800 Bei der Vereinbarung des Kompensationsmechanismus liegt der Fall allerdings anders. Preisanpassungsklausel und Vertragslösungsrecht sind als ein Ganzes anzusehen.801 Damit wird der Inhalt der Klausel nicht auf ein Mindestmaß reduziert, sondern der Vertragspartner erhält, unabhängig von einer festgestellten Unwirksamkeit, das Recht, Abstand von dem Vertrag zu nehmen. Gesteht man dem Vertragslösungsrecht eine kompensierende Wirkung zu, ist die Klausel somit insgesamt als angemessen anzusehen. Sie wird demnach gerade nicht mit dem noch zulässigen Kern (der unter Umständen nicht mehr viel mit dem ursprünglich Vereinbarten gemein hat) aufrechterhalten werden. Es findet schließlich keine Reduktion statt. Darüber hinaus entsteht dem Verwender – abgesehen von der Möglichkeit der Kündigungsprovokation – ein Nachteil durch Kundenverlust. Bei der geltungserhaltenden Reduktion hat er hingegen keine Nachteile zu befürchten, da die AGB-Regelung trotz unwirksamer Ausgestaltung in ihrer wirksamen Fassung als vereinbart gilt. 3. Eigene Ansicht zur Kompensationseignung des Vertragslösungsrechts Gegen die Kompensation eines Transparenzdefizits könnten zunächst Schutzzweck und Anknüpfungszeitpunkt des Transparenzgebots angeführt werden. Nach der Rechtsprechung und Teilen der Literatur kommt dem Transparenzgebot der Zweck zu, den Durchschnittskunden bei Vertragsschluss in die Lage zu versetzen, potentielle wirtschaftliche Belastungen innerhalb der Vertragslaufzeit zu erkennen und mit dem Abschlussinteresse abzuwägen (inklusive Wettbewerbsvergleich).802 Kann der Vertragspartner die Folgen des Vertrages nicht 800 Arzt/Fitzner, ZNER 2005, 305, 309. 801 Schöne, in: Graf von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Stromlieferverträge Rn. 210; Schöne, WM 2004, 262, 267. Die Klausel ist nach Schöne somit einer Gesamtbetrachtung zu unterziehen und nicht in eine unwirksame Preiserhöhungsklausel und ein gesondertes Vertragslösungsrecht zu unterteilen. Bei einer getrennten Betrachtung wäre eine Rettungsmöglichkeit durch das Vertragslösungsrecht von vornherein ausgeschlossen, Schöne, in: Graf von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Stromlieferverträge Rn. 210; Schöne, WM 2004, 262, 264. 802 Paulusch, in: Heinrichs, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55, 68; Borges, DB 2006, 1199, 1205; Nasall, JZ 1995, 689, 692; Heinrichs, in: Hadding/Hopt, Verbraucherbraucherkreditrecht, AGBGesetz und Kreditwirtschaft, Bankrechtstag 1990, 101, 109; Stoffels, in: Habersack/Mülbert/

Analyse zur Verletzung des Transparenzgebots nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB

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übersehen, käme es zu einer Einschränkung seiner materialen Entscheidungsfreiheit dahingehend, dass die Handlungsalternative fehlt, da ein Vergleich im Wettbewerb erschwert bzw. unmöglich wird.803 Da es sich nicht um ein gesetzliches Widerrufsrecht handelt, könnte er sich auch nicht nach einer Cooling-offPhase innerhalb einer bestimmten Frist vom Vertrag lösen.804 Eine ex anteWirkung des Kündigungsrechts könnte also einen durch das Transparenzgebot ermöglichten Wettbewerbsvergleich bei Vertragsschluss nicht ausgleichen, zumal zum Zeitpunkt der Ausübung des Gestaltungsrechts bereits Bestandsinteressen bestehen können. Auch die ex post-Wirkung des Transparenzgebots wird durch das Vertragslösungsrecht nicht kompensiert. Dem Vertragspartner wird durch eine intransparente Klausel die Möglichkeit genommen, bereits erfolgte und noch nicht verjährte Preisanpassungen auf ihre Rechtsmäßigkeit zu überprüfen. Auch hier erhält der Vertragspartner keinen Vorteil durch die ex ante-Kündigungswirkung. Weiteren Aufschluss könnte die Behavioral-Law-and-Economics-Forschung für die Bewertung bringen. Im Rahmen des Behavioral Laws wird die Fehleinschätzung von in Zukunft liegenden Risiken im Verhältnis zu bei Vertragsschluss bestehenden Kosten- / Konsumfaktoren und -optionen betrachtet.805 Schön betitelt diese Fallkonstellation als »Phänomen der Zeitinkonsistenz«.806 Unter dieser Perspektive wird die Gefahr des Vertragslösungsrechts als Kompensationsgrund deutlich: Es ist schlicht und ergreifend eine Wette. Das Vertragslösungsrecht verhilft nämlich nur dann zur Kompensation, wenn z. B. die Preisentwicklung eine positive Veränderung des Bestandsinteresses vollzieht. Der Fall der negativen Bewertung sei illustriert am Beispiel der Wohngebäudeversicherungen: Diese liefen jahrelang defizitär, sodass sich die Versicherer dazu entschlossen, Vertragsänderungen unter Aufnahme von Preisanpassungsklauseln anzubieten. Alternative wäre die Kündigung des Versicherungsverhältnisses durch den Versicherer. Folge der Kündigung wäre jedoch ein Neuabschluss bei einem Konkurrenzunternehmen, der zu deutlich schlechteren Konditionen auf dem Markt zu erreichen wäre. Der Kunde hat in diesem Fall ein

803 804 805 806

Nobbe/Wittig, Schriftenreihe der Bankrechtlichen Vereinigung, Band 31, Anlegerschutz im Wertpapiergeschäft AGB in der Kreditwirtschaft, Bankrechtstag 2010, 89, 111; Gottschalk, AcP 206 (2006), 555, 561. Zur Überprüfbarkeit der Maximalbelastung siehe auch Habersack, WM 2001, 753, 756. Hinsichtlich der Überprüfbarkeit der wirtschaftlichen Belastungen im Rahmen der Transparenz siehe BGH, NJW 2010, 2789, 2790; BGH, NJW 2001, 2014, 2016; BGH, NJW 1998, 454, 456; BGH, NJW 1989, 222, 224; BGH, NJW 1988, 558, 560. Köndgen, NJW 1989, 943, 950. Zum Informationsmodell, das dem Transparenzgebot zugrunde liegt, siehe Gottschalk, AcP 206 (2006), 555, 561. Zur Cooling-off Phase bei Widerspruchsrechten siehe Leistner, Richtiger Vertrag und lauterer Wettbewerb, S. 132. Schön, in: Festschrift für Claus-Wilhelm Canaris, 1191, 1210. Schön, in: Festschrift für Claus-Wilhelm Canaris, 1191, 1210. Zu diesem Phänomen siehe auch Bechtold, Die Grenzen zwingenden Vertragsrechts, S. 76.

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

Bestandsinteresse. Im Ergebnis verhält es sich ebenso bei Energielieferverträgen: Im Vergleich zu einem langfristigen Bestandsvertrag läge ein Neuvertrag auf einem zumeist höheren Marktpreisniveau.807 Übertragen auf die Situation des Vertragslösungsrechts bedeutet dies: Auch wenn ein Vertragslösungsrecht als Kompensation zunächst interessengerecht erscheint, muss dies nicht tatsächlich vorteilhaft sein. Der Vertragspartner wäre besser gestellt, wenn die Klausel unwirksam wäre. Der beeinflussbare Vertragspartner sollte hier Schutz erfahren, denn bei einer negativen Bewertung hin zu einem bestehenden Bestandsinteresse hat der Verwender das Risiko der Unwirksamkeit auf den Vertragspartner abgewälzt, da er aufgrund der Kompensation keine Unwirksamkeit und aufgrund des Bestandsinteresses keine Kundenabwanderung zu befürchten hat. Die Gefahr der Fehleinschätzung von in der Ferne liegenden Risiken einer Vertragsregelung muss im Rahmen der AGB-Kontrolle also beachtet werden. Der Schutz vor zeitlichen Fehleinschätzungen ist dem BGB ebenfalls nicht fremd: Im Rahmen von § 138 Abs. 1 BGB wird der Bewucherte vor eigenen Fehleinschätzungen »über die Wirkungen seiner aktuellen und fortlaufenden Zahlungsverpflichtungen zum Nachteil künftiger Konsumoptionen« geschützt (Phänomen der Zeitinkosistenz).808

H.

Zusammenfassung zu § 307 Abs. 1 S. 2 BGB

Im Rahmen des Transparenzgebots müssen die Anforderungen der Rechtsprechung wieder verwenderfreundlicher werden. Der BGH sieht schließlich selbst ein praktisches Gestaltungsproblem, wenn er feststellt, dass »es in bestimmten Rechtsbereichen außerordentliche oder sogar unüberwindbare Schwierigkeiten bereiten kann, alle Auswirkungen einer Regelung für den Durchschnittskunden verständlich darzustellen. Das Transparenzgebot will den Verwender nicht zwingen, jede AGB-Regelung gleichsam mit einem umfassenden Kommentar zu versehen. Er soll aber verpflichtet sein, bei der Formulierung von vornherein auf die Verständnismöglichkeit des Kunden Rücksicht zu nehmen […].«809

Es ist unbefriedigend, wenn der BGH derart hohe Hürden setzt, dass er selbst das Konstrukt des Vertragslösungsrechts einführen muss.810 Stattdessen müssen die herausgearbeiteten Mindestvoraussetzungen an Preisanpassungsklauseln genügen und auch gewisse Ungenauigkeiten zulässig sein. Durch die Begrenzung 807 808 809 810

Zabel, BB 2015, 1556. Schön, in: Festschrift für Claus-Wilhelm Canaris, 1191, 1210. BGH, WM 1990, 1367, 1368. Auch Graf von Westphalen spricht, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 707, 713 von übertrieben hohen Anforderungen an die Transparenz einer Preisanpassungsklausel.

Analyse zur Verletzung des Transparenzgebots nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB

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von Parametern wird die Klausel zum einen verschlankt und damit verständlicher, und zum anderen umgeht der Verwender die Gefahr der Offenlegung der gesamten Kalkulation. Letzteres wäre ein Wettbewerbsnachteil und widerspräche somit dem Auftrag der Wettbewerbsförderung. Zudem wäre der Verwender nicht aus der Pflicht des Versuchs der transparenten Gestaltung entlassen, denn er muss sehr wohl alles Mögliche unternehmen, um eine transparente Klausel zu formulieren. Nur wo dies schlichtweg unmöglich ist, greift die Grenze des Transparenzgebots. Die Möglichkeit der Kompensation eines Transparenzdefizits ist gleichfalls abzulehnen. Zum einen ist dem AGB-Recht keine grundsätzliche Wertung hinsichtlich der Kompensationsfähigkeit unwirksamer Klauseln zu entnehmen, zum anderen wurde gezeigt, dass aufgrund einer zeitlichen Betrachtung sowohl die ex nunc- als auch die ex post-Funktion des Transparenzgebots nicht durch ein ex ante wirkendes Vertragslösungsrecht kompensiert werden können. Darüber hinaus besteht vielfach ein Bestandsinteresse, welches sich der Verwender zunutze machen kann: Es entstünde eine Wette auf geringen Kundenverlust. Der Verwender könnte abwägen, ob er auf diesen setzt oder hohe Transaktionskosten investiert, um eine transparente Klausel zu formulieren. Ist die Abwanderung einer Vielzahl an Vertragspartnern wegen der Neuabschlusskosten und des fehlenden Wettbewerbs auf dem Markt unwahrscheinlich, verliert das Kündigungsrecht jegliche Druckmittelqualität. Diese Ansicht bewegt sich zudem auf einer Linie mit der Rechtsprechung des EuGH hinsichtlich der Anforderungen an ein wirksames Vertragslösungsrecht, das neben der Transparenz zugestanden werden muss. Der EuGH hatte in diesem Zusammenhang drei kumulative Voraussetzungen aufgestellt:811 – Wettbewerb auf dem streitgegenständlichen Markt. Entsprechend darf die nationale Rechtsprechung den Wettbewerb nicht durch zu hohe Transparenzerfordernisse einschränken, sonst müsste der Klausel aufgrund des bloß formalen Vertragslösungsrechts die Wirksamkeit abgesprochen werden. – Überprüfbarkeit der konkreten Preisanpassung. – Beachtung der Kosten des Vertragspartnerwechsels, wodurch das Bestandsinteresse des Vertragspartners angesprochen ist.

811 EuGH, Urt. v. 21. 03. 2013, Rs. C-92/11 – RWE Vertrieb AG gegen Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e. V., NJW 2013, 2253, 2255f. Rn. 54.

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

Abschnitt 3: Analyse der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB Nach allgemeiner Auffassung erfolgt die Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB in zwei Stufen: erstens Feststellung einer Benachteiligung und zweitens Prüfung der Unangemessenheit. Abzustellen ist dabei auf die »im Zeitpunkt des Vertragsschlusses erkennbaren Verhältnisse und Entwicklungen des konkreten Rechtsverhältnisses.«812

A.

Benachteiligung

Zunächst ist herauszuarbeiten, ob eine Preisanpassungsklausel objektiv, d. h. ohne Wertungselement, eine Benachteiligung darstellt.813 In diesem Schritt ist aus Sicht des Vertragspartners ein Vergleich zwischen der Rechtslage mit und ohne Klausel vorzunehmen.814 In einem Dauerschuldverhältnis kann es vorkommen, dass der aktuelle Preis wesentlich über dem Ausgangspreis bei Vertragsschluss liegt. Rein objektiv läge bei Fehlen der Preisanpassungsklausel eine Festpreisbindung vor, sodass der Verwender eine Anpassung der Preise nicht ohne Weiteres vornehmen könnte. Da eine objektive Betrachtung aus Sicht des Vertragspartners die wirtschaftlichen Zwänge aufseiten des Verwenders ausklammern muss, ist eine Benachteiligung anzunehmen.

B.

Unangemessenheit

Im zweiten Schritt ist in einer wertenden Betrachtung die Unangemessenheit der Klausel nach den Grundsätzen von Treu und Glauben festzustellen. Angemessenheit sowie Treu und Glauben bilden dabei eine Wertungseinheit mit dem Prüfungsauftrag, ob der Verwender seine einseitige Gestaltungsmacht ausgenutzt oder eine ausgeglichene Interessenverteilung herbeigeführt hat.815 Durch Anknüpfung an den Schutzzweck der Norm erklärt sich dieser Prüfungsmaß812 Stoffels, AGB-Recht, § 16 Rn. 472. 813 Stoffels, AGB-Recht, § 16 Rn. 467; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 90. 814 BGH, NJW 1994, 1069, 1070; Stoffels, AGB-Recht, § 16 Rn. 467; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/ Hensen, AGB-Recht, § 307 Rn. 98; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 90ff.; von HoyningenHuene, Die Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG, S. 68 Rn. 134.; Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 124. 815 Stoffels, AGB-Recht, § 16 Rn. 468; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, § 307 Rn. 75; Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 96f.

Analyse der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB

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stab wieder anhand Schmidt-Rimplers Vertragsmechanismus.816 In der Idealvorstellung haben die Vertragsparteien bei Vertragsschluss durch gegenseitiges Nachgeben (tit for tat) einen Ausgleich der widerstrebenden Interessen hinsichtlich der essentialia negotii, hier : des Preises (Gewinnmaximierung des Verwenders/günstiger Einkauf durch den Käufer), erreicht.817 In diesem Idealfall wäre die Selbstbestimmung durch Verhandlungen material eingetreten und eine Richtigkeitsgewähr anzunehmen (keine Inhaltskontrolle notwendig). Bei der einvernehmlichen Einbeziehung von AGB in den Vertrag sind jedoch materiale Vertragsfreiheit und formale Vertragsgerechtigkeit – die nach Canaris in einem untrennbaren Zusammenhang stehen818 – durch die organisatorische Überlegenheit des Verwenders und die hohen Transaktionskosten des Vertragspartners typischerweise beeinträchtigt. Konnte damit der Schutzzweck der AGB-Kontrolle begründet werden, muss nun die Frage gestellt werden, ob die typische Beeinträchtigung der materialen Vertragsfreiheit im Rahmen von Preisanpassungsklauseln eine praktisch relevante Auswirkung auf den Vertragsinhalt erfährt. Im Folgenden werden Elemente dargestellt, die in Rechtsprechung und Literatur im Rahmen der Angemessenheitsbewertung von Preisanpassungsklauseln diskutiert werden.

I.

Sachlicher Rechtfertigungsgrund

Die Preisanpassung muss sachlich gerechtfertigt sein. Ein sachlicher Grund liegt vor, wenn wegen einer nachträglichen Umstandsänderung ein Bedürfnis des Verwenders an der Wiederherstellung des ursprünglichen Äquivalenzverhältnisses besteht. Dieses erkennt der BGH in ständiger Rechtsprechung in langfristigen Vertragsverhältnissen an,819 denn sie nehmen dem Verwender das Risiko einer langfristigen Kalkulation ab und sichern ihm seine Gewinnspanne trotz nachträglicher Veränderungen der Bezugskosten, ohne dass er Verträge 816 Zum Vertragsmechanismus siehe Schmidt-Rimpler AcP 147 (1941), 130, 156ff. und oben S. 43ff. Ebel, DB 1982, 2607, 2608 sieht den Vertragsmechanismus bei »undifferenzierten einseitigen [Preiserhöhungsrechten] außer Kraft gesetzt«; mangels übereinstimmender Willenserklärungen werde der Interessenausgleich nicht wirkungsvoll erfolgen. 817 Thomas, AcP 209 (2009), 84, 93, der zugleich diese Voraussetzung in Anlehnung an die Draft Common Frame of Reference Model Rules zu einem allgemeinen AGB-rechtlichen Prüfungsmaßstab erhebt (Vgl. Art. II.-9:410 Abs. 1 lit. k DCFR); Mülbert, WM 2004, 1205, 1207. 818 Canaris, AcP 200 (2000), 273, 286f. 819 BGH, NJW 2014, 3508, 3510; BGH, NJW-RR 2010, 1205, 1209; BGH, NJW 2010, 2789, 2791f.; BGH, NJW 2008, 2172, 2173; BGH, NJW-RR 2008, 134, 135; BGH, NJW 2008, 360, 361; BGH, NJW 2007, 1054, 1055; BGH, NJW-RR 2005, 1717; BGH, NJW 2004, 1588, 1589; BGH, NJW 1990, 115, 116.

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

kündigen muss.820 Andererseits bewahren sie den Vertragspartner vor Risikozuschlägen bei Vertragsschluss.821 Der sachliche Rechtfertigungsgrund einer Preisanpassungsklausel kann sich zudem aus Gesetzen oder Richtlinien ergeben. Im Rahmen bonitätsabhängiger Zinsanpassungsklauseln resultiert die Rechtfertigung aus der Basel II-Rahmenvereinbarung. Ein wesentliches Ziel dieser Vereinbarung war es, die Kreditinstitute dazu zu zwingen, risikoadäquate Konditionen zivilrechtlich durchzusetzen.822 Danach müssen sie für den Fall von Bonitätsverschlechterungen Zinsanpassungen vereinbaren können – zumal kurzfristige Kredite nicht interessengerecht sind.823 Auch Prämienanpassungsklauseln erfahren eine gesetzliche Rechtfertigung. Neben ökonomischen Bedürfnissen ergibt sich die Zulässigkeit einer solchen Klausel aus einem Umkehrschluss aus § 40 VVG.824 Eine weitere Verankerung der rechtlichen Zulässigkeit des Prämienanpassungsrechts findet sich in § 205 Abs. 4 VVG.825 Durch diese Vorschriften wird allerdings kein schrankenloses Anpassungsrecht gewährt – vielmehr ist herrschende Ansicht, dass sich der Versicherer an die Vorgaben des AGB-Rechts halten muss.826 Die gesetzliche Verankerung der Preisanpassung in Energielieferverträgen findet sich in § 41 Abs. 1 Nr. 1 EnWG. Hintergrund der Regelung ist die Umsetzung von Art. 3 Abs. 5 der Richtlinie 2003/54/EG und Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2003/55/EG. Danach müssen die Mitgliedstaaten Maßnahmen zum Schutz der Verbraucher durch Transparenz der Vertragsinhalte schaffen. Aus der Regelung des § 41 Abs. 1 Nr. 1 EnWG ergibt sich, dass Energielieferverträge eine Preisanpassungsregelung enthalten müssen, sofern sich das Energieversor820 BGH, NJW-RR 2010, 1205, 1209; BGH, NJW 2010, 2789, 2791f.; BGH, NJW 2008, 2172, 2173; BGH, NJW 2008, 360, 361; BGH, NJW 2007, 1054, 1055; BGH, NJW-RR 2005, 1717; BGH, NJW 1990, 115, 116. 821 BGH, NJW-RR 2010, 1205, 1209; BGH, NJW 2010, 2789, 2791f.; BGH, NJW 2008, 2172, 2173; BGH, NJW 2008, 360, 361; BGH, NJW 2007, 1054, 1055; BGH, NJW-RR 2005, 1717; BGH, NJW 1990, 115, 116. 822 Sanio, in: Hadding/Hopt/Schimansky, Schriftenreihe der Bankrechtlichen Vereinigung, Band 22, Basel II: Folgen für die Kreditinstitute und ihre Kunden Bankgeheimnis und Bekämpfung von Geldwäsche, Bankrechtstag 2003, 3, 9f.; Wand, WM 2005, 1969, 1972; Rossbach, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1385 Rn. 11.88. 823 Sanio, in: Hadding/Hopt/Schimansky, Schriftenreihe der Bankrechtlichen Vereinigung, Band 22, Basel II: Folgen für die Kreditinstitute und ihre Kunden Bankgeheimnis und Bekämpfung von Geldwäsche, Bankrechtstag 2003, 3, 9f.; Wand, WM 2005, 1969, 1972. 824 Thessinga, in: Staudinger/Halm/Wendt, Versicherungsrecht Kommentar, § 40 VVG Rn. 13; Beckmann, in: Bruck/Möller, Versicherungsvertragsgesetz, Band 2, § 40 Rn. 5. 825 Wandt, in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, § 11 Rn. 69. 826 Beckmann, in: Bruck/Möller, Versicherungsvertragsgesetz, Bd. 2, § 40 Rn. 16; Stagl, in: Looschelders/Pohlmann, VVG-Kommentar, § 40 Rn. 9; Brambach, in: Rüffer/Halbach/ Schimikowski, Versicherungsvertragsgesetz, § 163 Rn. 1; Wandt, in: Beckmann/MatuscheBeckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, § 11 Rn. 70.

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gungsunternehmen diese Möglichkeit einräumen möchte. Damit ist der Regelung zugleich die gesetzliche Erlaubnis zur Verwendung einer Preisanpassungsklausel zu entnehmen, die den Vorschriften der AGB-Kontrolle nach §§ 305ff. BGB genügt. II.

Zeitpunkt der Umstandsänderung

In Rechtsprechung und Literatur ist unstreitig, dass Preisanpassungsklauseln nur auf nachträgliche Umstandsveränderungen abstellen dürfen.827 Der Zweck ihrer Vereinbarung ist die Wiederherstellung der im Laufe der Vertragsdauer aufgrund von Schwankungen der Bezugskosten verschobenen Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung. Demgemäß verlangte der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung, »daß Preiserhöhungen nur für den Fall einer Änderung der bei Vertragsschluß vorliegenden Verhältnisse vorgesehen werden.«828 Der Verwender darf vor Vertragsschluss unterlaufene Fehler nicht auf den Vertragspartner abwälzen, da das Kalkulationsrisiko allein in die Sphäre des Verwenders fällt.829 Diese Wertung entspricht der des Kalkulationsirrtums.830 Legt der Verwender, wie in vielen Bereichen der Massendauerschuldverhältnisse, die Kalkulation nicht offen (z. B. bei Pay-TV Verträgen), stellen Berechnungsfehler einen unerheblichen Motivirrtum dar.831 Dem Verwender selbst steht kein Anfechtungsrecht nach § 119 BGB zu, sodass an dem fehlerhaften Preis festgehalten wird. Ebenso verhält es sich beim offenen Kalkulationsirrtum, d. h., wenn die Kalkulation offengelegt und zum Gegenstand der Vertragsverhandlungen erhoben wurde.832 Der offene Kalkulationsirrtum ist, so wie der

827 BGH, NJW-RR 2008, 134, 136; Beckmann, Die Zulässigkeit von Preis- und Prämienanpassungsklauseln nach dem AGB-Gesetz, S. 53; J. Becker, in: Bamberger/Roth, BGB, § 309 Nr. 1 Rn. 22; Lettl, JuS 2001, 559, 562; Paulusch, in: Heinrichs, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55, 70; Löwe, BB 1982, 152, 157; Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 11 Nr. 1 Rn. 41; Wolf, ZIP 1987, 341, 346. Zu Zinsanpassungsklauseln: Früh/Müller-Arendt, in: Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis, Band 1, Rn. 3/118a. Zum Reisevertrag: Führich, NJW 2000, 3672, 3676. 828 BT-Drucksache 7/3919, S. 28. 829 BGH, NJW 2008, 2172, 2173; BGH, NJW-RR 2008, 134, 136; Beckmann, Die Zulässigkeit von Preis- und Prämienanpassungsklauseln nach dem AGB-Gesetz, S. 53; Wolf, ZIP 1987, 341, 346; Führich, NJW 2000, 3672, 3676. Auch Änderungen der Kalkulation würden eine Preisanpassung nicht sachlich rechtfertigen, siehe Sonnenhol, in: Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis, Band 1, Rn. 1/339. Für Versicherungsverträge: Thessinga, in: Staudinger/ Halm/Wendt, Versicherungsrecht Kommentar, § 40 VVG Rn. 13; Staudinger, in: Langheid/ Wandt, MünchKommVVG, Band 1, § 40 Rn. 5. 830 Beckmann, Die Zulässigkeit von Preis- und Prämienanpassungsklauseln nach dem AGBGesetz, S. 53. 831 Ellenberger, in: Palandt, § 119 Rn. 18. 832 Ellenberger, in: Palandt, § 119 Rn. 19; Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts,

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

verdeckte, als unerheblicher Motivirrtum einzustufen, sodass auch hier eine Anfechtung ausgeschlossen ist.833 Eine Anpassung kommt lediglich durch ergänzende Vertragsauslegung nach §§ 157, 133 BGB oder Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB in Betracht.834 Allerdings ist eine einseitige Kalkulation durch den Anbieter/Verkäufer im Rahmen von § 313 BGB unerheblich, sodass es erforderlich wäre, dass die Kalkulation in den Vertragsverhandlungen eine derart erhebliche Stellung einnähme, dass eine Anpassungsverweigerung des Vertragspartners gegen den Grundsatz des venire contra factum proprium aus § 242 BGB verstieße.835 Ein solcher Fall wird jedoch im b2c-Verkehr nicht vorkommen; stattdessen fällt die Preisberechnung in der Regel in die Verwendersphäre, sodass sich der Vertragspartner nicht mit der Kalkulation beschäftigen muss und selbst bei einer Offenlegung der Kalkulation im Rahmen einer Preisanpassungsklausel ein unerheblicher Motivirrtum vorliegt.836 Demnach würde es zu einer unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners führen, wenn der Verwender durch AGB von den Grundsätzen vom Kalkulationsirrtum abweichen und das Risiko somit von internen Berechnungsfehlern auf den Vertragspartner übertragen würde.837 Dieser muss bei Vertragsschluss vielmehr darauf vertrauen können, dass der Anbieter die Preise mit der erforderlichen Sorgfalt berechnet und der Ausgangspreis ab Vertragsschluss somit maßgeblich ist.

III.

Vorhersehbarkeit der Umstandsänderung

Umstritten ist, ob das Kriterium der Vorhersehbarkeit der Veränderung von Bezugskosten das berechtigte Interesse zur Preisanpassung ausschließt.838 Zum Teil wird vertreten, dass der Verwender angehalten sei, vorhersehbare Kostensteigerungen bereits bei Vertragsschluss in die Preiskalkulation einfließen zu

833 834 835 836 837 838

Band 2 – Das Rechtsgeschäft, § 23 4 e, S. 469f.; Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, § 48 Rn. 758; Wolf/Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 41 Rn. 81. Ellenberger, in: Palandt, § 119 Rn. 19. Ellenberger, in: Palandt, § 119 Rn. 19. Ellenberger, in: Palandt, § 119 Rn. 21a. Wolf/Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 41 Rn. 81. Beckmann, Die Zulässigkeit von Preis- und Prämienanpassungsklauseln nach dem AGBGesetz, S. 53f. Die Rechtsprechung ist diesbezüglich nicht eindeutig. Der IV. Zivilsenat des BGH räumte 1999 in einem Urteil über Bedingungsanpassungsklauseln in der Rechtsschutzversicherung einen sachlichen Grund für eine Anpassung nur bei einer unvorhersehbaren Umstandsänderung ein, BGH, NJW 1999, 1865. Der VIII. Zivilsenat scheint das Kriterium der Vorhersehbarkeit der Umstandsänderung hingegen nicht sonderlich zu beachten – beispielsweise ging es in der Tagespreisklauselrechtsprechung ausschließlich um vorhersehbare Kosten, siehe BGH, WM 1982, 9; die Vorhersehbarkeit in diesem Urteil herausstellend Köndgen/König, ZIP 1984, 129, 137.

Analyse der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB

153

lassen.839 Ein berechtigtes Interesse könne nämlich dann nicht mehr vorliegen, wenn der Verwender die Marktentwicklung hätte vorhersehen können und aufgrund des Preiswettbewerbs die Kalkulation zu knapp ansetzt.840 Voraussetzung ist nach dieser Ansicht, dass eine konkrete Vorhersehbarkeit besteht, denn im Fall unsicherer Preissteigerungen würde dem anerkannten Zweck der Preisanpassungsklauseln (Schutz vor Risikoaufschlägen) widersprochen.841 Die Gegenansicht stellt die Frage, wann eine Vorhersehbarkeit von Kostenentwicklungen besteht.842 Das Vorhersehbarkeitskriterium weist nach dieser Ansicht einen Mangel an Praktikabilität auf.843 Zudem stehe es in einem unüberwindbaren Spannungsverhältnis zum Transparenzgebot.844 Denn wären Preisanpassungen lediglich bei unvorhersehbaren Kostensteigerungen zulässig, könne das Bestimmtheitsgebot von vornherein nicht eingehalten werden, da unvorhersehbare Umstände von Natur aus nicht konkretisiert werden könnten.845 Dieses Argument ist nach der BGH-Rechtsprechung jedoch nicht tragfähig, denn das Transparenzgebot stellt den Verwender nicht vor unüberwindbare Schwierigkeiten; er muss die Klauseln mit der größtmöglichen Klarheit ausgestalten, eine präzise Beschreibung von Unvorhersehbarem ist jedoch nicht erforderlich. Ein weiterer Ansatz besteht darin, dem Kriterium die Messbarkeit abzusprechen.846 Denn es sei fraglich, welche Veränderungen überhaupt als vorhersehbar gelten und inwieweit dem Verwender Informationspflichten hinsichtlich möglicher Veränderungen aufzuerlegen sind.847 Da es den Gerichten schwer 839 J. Becker, in: Bamberger/Roth, BGB, § 309 Nr. 1 Rn. 22; Schmid, NJW 2000, 1301, 1302; Wolf, ZIP 1987, 341, 346; Graf von Westphalen, in: Graf von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Preisanpassungsklauseln Rn. 24. Daraus einen Verstoß gegen § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG (heute: § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB) folgernd, Burck, DB 1978, 1385, 1390. 840 Führich, NJW 2000, 3672, 3676. 841 OLG Düsseldorf, NJW 2002, 447, 449; J. Becker, in: Bamberger/Roth, BGB, § 309 Nr. 1 Rn. 22. 842 Paulusch, in: Heinrichs, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55, 70f.; Beckmann, Die Zulässigkeit von Preis- und Prämienanpassungsklauseln nach dem AGB-Gesetz, S. 54. 843 Paulusch, in: Heinrichs, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55, 70f.; Beckmann, Die Zulässigkeit von Preis- und Prämienanpassungsklauseln nach dem AGB-Gesetz, S. 54; a. A. Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 166. Das Kriterium aufgrund eines Vertragslösungsrechts ablehnend Schöne, WM 2004, 262, 270. Kritisch zur Konkretisierung des Begriffs »Vorhersehbarkeit« auch Bilda, Anpassungsklauseln in Verträgen, S. 70 Rn. 78, der aber aus der Problematik heraus eine vertragliche Definition vorschlägt. 844 Beckmann, Die Zulässigkeit von Preis- und Prämienanpassungsklauseln nach dem AGBGesetz, S. 55. 845 Beckmann, Die Zulässigkeit von Preis- und Prämienanpassungsklauseln nach dem AGBGesetz, S. 55. 846 Siehe dazu Paulusch, in: Heinrichs, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55, 71. 847 Paulusch, in: Heinrichs, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55, 71.

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

fallen wird, eine Vorhersehbarkeit bei Vertragsschluss ex post festzustellen, bedürfte es objektiver Grenzwerte, bei deren Überschreitung eine Vorhersehbarkeit festzustellen ist und somit zu einer Unzulässigkeit der Klausel führt.848 Denn das Gericht wird im Fall von Lohnsteigerungen nicht wissen können, welche Einblicke das Unternehmen in die Verhandlungen der Tarifparteien hatte.849 Weiter kann in Bezug auf Lohnsteigerungen gefragt werden, ob der Verwender entsprechend der Rechtsprechung850 mit diesen rechnen muss, da sie stetig steigen, sodass Lohnsteigerungen generell ausgenommen wären. Oder müssten die Gerichte einen Prozentsatz festlegen, in welchem Maß mit einer Lohnsteigerung gerechnet werden kann? Gegen diese Sichtweise wird eingewandt, dass das Praktikabilitätsproblem (oder auch Konkretisierungsproblem) durch eine Auslegung der Vorhersehbarkeit im Sinne von Kalkulierbarkeit gelöst werden könne.851 Danach sei die Frage entscheidend, welche zukünftigen Kostenentwicklungen der Verwender bei Vertragsschluss in seine Kalkulation einberechnen müsse.852 Kostensteigerungen beim Vorlieferanten seien nur dann kalkulierbar, wenn sie dem Verwender bekannt sind, wie die erwähnten Tariferhöhungen – etwa, wenn die maßgeblichen Änderungen über die Medien bekannt wurden.853 Der Ausschluss der Anpassung in naher Zukunft liegender Preisänderungen, die vorhersehbar waren, erscheint sachlich gerechtfertigt: Zu nah ist der Sachverhalt am Verbot der Ausbesserung der vor Vertragsschluss erfolgten Fehlkalkulation. Genau genommen fließen beide Kriterien sogar ineinander, denn die übersehene Preisänderung ist schließlich eine gewisse Art von Fehlkalkulation. Dennoch ist dieses Kriterium mit Unsicherheiten behaftet, die auch durch die Kalkulierbarkeit nicht ganz ausgeräumt werden. Es bleibt schließlich die Frage, anhand welcher Maßstäbe die Gerichte die Vorhersehbarkeit zu beurteilen haben. Denkbar wäre, den Gerichten zusätzlich zum Ansatz der Gleichstellung von Vorhersehbarkeit und Kalkulierbarkeit eine zeitliche Auslegungshilfe einzuräumen. Der Sinn von Preisanpassungsklauseln liegt gerade darin, dass dem Verwender das Risiko einer langfristigen Kalkulation abgenommen und der Vertragspartner vor Risikozuschlägen bei Vertragsschluss geschützt werden soll.854 Entsprechend muss auch die Wertung des § 309 Nr. 1 848 849 850 851 852 853 854

Paulusch, in: Heinrichs, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55, 71. Paulusch, in: Heinrichs, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55, 71. Zum stetigen Anstieg der Lohnkosten siehe BGH, NJW 1990, 115, 116. Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 167. Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 167. Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 167. BGH, NJW-RR 2010, 1205, 1209; BGH, NJW 2010, 2789, 2791f.; BGH, NJW 2008, 2172, 2173; BGH, NJW 2008, 360, 361; BGH, NJW 2007, 1054, 1055; BGH, NJW-RR 2005, 1717; BGH, NJW 1990, 115, 116.

Analyse der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB

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BGB verstanden werden. Kurzfristige Verträge sind aufgrund ihrer Kalkulierbarkeit der Verwendung von Preisanpassungsklauseln nicht zugänglich.855 Dauerschuldverhältnissen wird diese Kalkulierbarkeit durch die Ausnahmeregelung in § 309 Nr. 1 Hs. 2 BGB abgesprochen. Liest man diese Ausnahme als Vermutung dahingehend, dass bei ihnen die Vorhersehbarkeit fehlt, entledigt man sich weitgehend des Problems der konkreten Vorhersehbarkeit und kann stattdessen – abhängig von der vereinbarten Vertragslaufzeit – eine Wertung im Rahmen des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB vornehmen. Je näher die vereinbarte Vertragslaufzeit an der Viermonatsregelung liegt, desto eher sind Kostenentwicklungen noch vorhersehbar.856 Darüber hinaus sollten sich konkrete Vorhersehbarkeiten im jeweiligen Einzelfall bei einem überschaubaren Vertragsverhältnis leichter feststellen lassen. Anhand dieser Wertung dürfte das erste Anpassungsintervall frühestens nach Ablauf von fünf Monaten, besser jedoch erst nach sechs Monaten oder einem Jahr liegen, damit Veränderungen aus den ersten vier Monaten unberücksichtigt bleiben.857 Im Falle der gesetzlichen Einführung einer solchen Vermutung müsste der Vertragspartner beweisen, dass die Änderungen eines Anpassungsfaktors bei Vertragsschluss bereits bekannt waren. IV.

Risikoverteilung

Zum Teil finden sich Stimmen in der Literatur, die fordern, dass nur die Verhältnisveränderungen zu einer Anpassung von Preisen führen dürfen, die nicht in die Risikosphäre des Verwenders fallen.858 Maßgeblich für die Angemessenheit einer Preisanpassung sei aus ökonomischer Sicht, »in wessen Sphäre das Risiko fällt und ob die Verwirklichung des Risikos besser und kostengünstiger durch zumutbare Präventionsmaßnahmen des Kunden oder des Verwenders verhindert werden kann.«859 855 Graf von Westphalen, in: Graf von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Preisanpassungsklauseln Rn. 8. 856 Nach BGH, NJW 1999, 1865 darf der Verwender weder Einfluss auf die Umstandsänderung haben noch darf er sie veranlassen; Graf von Westphalen, in: Graf von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Preisanpassungsklauseln Rn. 23. 857 A. A. Graf von Westphalen, in: Graf von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGBKlauselwerke, Preisanpassungsklauseln Rn. 24, der der 4-Monatsregelung aus § 309 Nr. 1 BGB im Rahmen der Vorhersehbarkeit keine Beachtung schenken will. 858 Wurmnest, in: MünchKommBGB, § 307 Rn. 45ff.; Lettl, JuS 2001, 559, 562; Habersack, WM 2001, 753, 755. Klingt auch bei Sonnenhol, in: Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis, Band 1, Rn. 1/339 an, der der Änderung der innerbetrieblichen Kalkulation die sachliche Rechtfertigung für eine Zinsanpassung abspricht. Nach Thessinga, in: Staudinger/Halm/ Wendt, Versicherungsrecht Kommentar, § 40 VVG Rn. 13 dürfe der Versicherer keinen Einfluss auf die zur Änderung berechtigenden Faktoren haben. 859 Stoffels, AGB-Recht, § 16 Rn. 490; Wurmnest, in: MünchKommBGB, § 307 Rn. 45ff. Siehe dazu die Rechtsprechung zu Haftungsausschlussklauseln BGH, NJW 2005, 422, 424; BGH,

156

Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

Auch die ökonomische Analyse des Rechts weise dem »cheapest cost avoider« dieses Risiko zu.860 Demnach wären im Rahmen der Zinsanpassung interne Verwaltungskosten kein sachlicher Anpassungsgrund, das Kredit- und Ausfallrisiko hingegen schon.861 Ebenso fällt eine hohe Veränderlichkeit des Marktes nach der Rechtsprechung in die Sphäre des Verwenders, sodass hieraus kein umfassendes Anpassungsrecht hergeleitet werden kann.862 Dagegen wird vorgebracht, dass die Begrenzung auf Umstände, die in der Vertragspartnersphäre liegen, konträr zur grundsätzlichen Anerkennung von nachträglichen Preisanpassungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung laufen,863 denn denkbare Preisänderungsfaktoren seien nach schuldrechtlichen Vertragsgrundsätzen in der Regel der Risikosphäre des Verwenders zuzurechnen.864 Konsequent betrachtet wären z. B. die Bezugskosten des Verwenders ein Teil seiner Risikosphäre.865 Zur Erreichung des anerkannten Zwecks von Preisanpassungsklauseln (Aufrechterhaltung des Äquivalenzinteresses über die gesamte Vertragslaufzeit) zählt zwangsläufig die Einbeziehung verwenderseitig beeinflussbarer Faktoren.866 Anderenfalls würde die generelle Anerkennung von Preisanpassungsklauseln, im vorgenannten Beispiel insbesondere die Kostenelementeklausel, durch diese Voraussetzung ad absurdum geführt. Zudem entstünden praktische Probleme, da eine klare Abgrenzung zwischen den Risikosphären schwer durchführbar ist.867 V.

Wahrung des Äquivalenzverhältnisses

Rechtsprechung und Literatur stellen auf die Wahrung des Äquivalenzverhältnisses als Angemessenheitskriterium ab.868 Nach herrschender Meinung ist

860

861 862 863 864 865 866 867 868

NJW 2002, 673, 675f.; BGH, NJW 1991, 1886, 1888; OLG Frankfurt a. M., NJW 2000, 2114, 2115. Stoffels, AGB-Recht, § 16 Rn. 490; Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomische Analyse des Zivilrechts, S. 252ff. Zur Berücksichtigung des cheapest cost avoider-Ansatzes im Rahmen des § 307 Abs. 1 BGB siehe auch Wurmnest, in: MünchKommBGB, § 307 Rn. 48f.; Stadler, in: Jauernig, § 307 Rn. 3. Habersack, WM 2001, 753, 755. BGH, NJW-RR 2008, 134, 135. Beckmann, Die Zulässigkeit von Preis- und Prämienanpassungsklauseln nach dem AGBGesetz, S. 56; Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 167. Paulusch, in: Heinrichs, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55, 71; Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 167. Paulusch, in: Heinrichs, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55, 71. Borges, DB 2006, 1199, 1201. Beckmann, Die Zulässigkeit von Preis- und Prämienanpassungsklauseln nach dem AGBGesetz, S. 57; Borges, DB 2006, 1199, 1201. Nach OLG Bremen, ZIP 2008, 28, 30 gilt dieser Grundsatz für alle langfristigen Lieferverträge. Zum Grundsatz siehe BGH, NJW 2014, 3508, 3510; BGH, NJW 2010, 1742, 1744; BGH, NJW 2010, 993, 994; BGH, NJW 2009, 2662, 2665; BGH, NJW 2009, 2051, 2053; BGH, NJW

Analyse der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB

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dieses bei Verbraucherverträgen nicht mehr gewahrt, wenn die Preisanpassungsklausel eine Gewinnmaximierung ermöglicht.869 Im Falle der Einräumung der Möglichkeit der Gewinnmaximierung wird davon ausgegangen, dass die Vertragsparteien bei einem funktionierenden Vertragsmechanismus diese Vereinbarung so nicht getroffen hätten; damit mangelt es an der Richtigkeitsgewähr.870 Aus einem anderen Blickwinkel muss eine Preisanpassungsklausel zum Ausschluss von Lockvogelangeboten derart ausgestaltet sein, dass beide Vertragsparteien von ihr profitieren können, d. h., der Verwender darf sich nicht einseitig die Möglichkeit einer nachträglichen Gewinnmaximierung einräumen,871 sondern es muss vielmehr Chancengleichheit geschaffen werden.872 Folglich führt eine Äquivalenzverschiebung nicht zwingend zu einer unangemessenen Benachteiligung.873

869

870 871

872

873

2008, 2172, 2173; BGH, NJW 2004, 1588, 1589; BGH, NJW 1999, 1865, 1866; BGH, NJW 1985, 2270; Thomas, AcP 209 (2009), 84, 93; Rott, VuR 2006, 1, 2f.; Fischer, in Fischer/ Klanten, Bankrecht, S. 360 Rn. 6.85; Mülbert, WM 2004, 1205, 1207; Bruchner, in: Bruchner/Metz, Variable Zinsklauseln, S. 38 Rn. 315. BGH, NJW-RR 2010, 1202, 1203; BGH, NJW 2010, 993, 994; BGH, NJW 2008, 2172, 2173; BGH, NJW 2007, 1054, 1055; BGH, NJW 2005, 1717; BGH, NJW 1990, 115, 116; BGH, NJW 1985, 855, 856; OLG Naumburg, ZNER 2009, 400, 402; OLG Oldenburg, RdE 2009, 25, 31; OLG Köln, Urt. v. 13. 01. 2006, Az. 6 U 148/05 –, juris Rn. 11; OLG Düsseldorf, BB 1997, 699; Hilber, BB 2011, 2691,2696; Thomas, AcP 209 (2009), 84, 93; Lettl, JuS 2001, 559, 562. Im b2b-Verkehr ist dieser Grundsatz u. a. nach BGH, NJW 2014, 3508, 3510; BGH, NJW 2014, 2708, 2712 nicht anzuwenden, da die sachgerechte Beurteilung der Klausel sowie die Kopplungsfähigkeit der Parameter in einer marktwirtschaftlichen Ordnung der Selbstverantwortung des Unternehmers unterfallen. Zustimmend Kühne, NJW 2014, 2714. Siehe dazu Thomas, AcP 209 (2009), 84, 93, der allerdings von einer Gefährdung der materiellen Richtigkeitsgewähr ausgeht. Siehe BGH, NJW 1999, 1865, 1866; Kunth, BB 1978, 178 (181); Thomas, AcP 209 (2009), 84, 93; Wolf, in: Hadding/Hopt, Verbraucherbraucherkreditrecht, AGB-Gesetz und Kreditwirtschaft, Bankrechtstag 1990, 73, 79; von der Linden, WM 2008, 195, 200; Fischer, in Fischer/Klanten, Bankrecht, S. 360 Rn. 6.85. Zur Unzulässigkeit von Lockvogelangeboten, die später aus einem Vorzugszins einen Normalzins werden lassen, siehe auch Schebesta, BKR 2005, 217, 221. Ausdrücklich von einer Chancengleichheit sprechend BGH, NJW 2008, 2172, 2173. Dahingehend lassen sich auch die Ausführungen Kamanabrous interpretieren, wenn sie von einem Interessenausgleich aufgrund des beiderseitigen Verzichts auf vollkommene Durchsetzbarkeit der Äquivalenzvorstellungen spricht, siehe Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 177. Schulz-Gardyan, RdE 2009, 97, 99; Heßler/Specht, ZNER 2010, 219, 220, die auf die tatsächliche Missbrauchsgefahr abstellen, was wiederum auf das Kriterium der Chancengleichheit hinausläuft.

158 1.

Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

Preissenkungspflicht

a) Preissenkungspflicht als Angemessenheitsvoraussetzung Nach herrschender Meinung muss eine Preisanpassungsklausel zur Wahrung der Chancengleichheit zugleich zu einem Verlustrisiko im Sinne einer Preissenkungspflicht des Verwenders führen (Anpassungssymmetrie).874 Begründet wird diese Pflicht mit dem Charakter des Dauerschuldverhältnisses.875 Gerade dessen Auslegung auf »Langfristigkeit und Nachhaltigkeit der Leistungserbringung« hin erfordere eine mit der Preiserhöhung kongruierende Preissenkungspflicht, um einer unzulässigen nachträglichen Gewinnmaximierung auf Verwenderseite entgegenzuwirken.876 Formulierungen wie »darf anpassen«, »sind berechtigt/behalten sich vor« oder »entsprechende Anpassung/im gleichen Umfang wie ihr Vorlieferant« ist keine Verpflichtung dahingehend zu entnehmen, dass der Verwender dazu verpflichtet ist, seine Preise auch bei einer Senkung der Bezugskosten anzupassen und wurden regelmäßig als unwirksam eingestuft.877 Stattdessen ist nach der kundenfeindlichsten Auslegung878 zu Lasten des Verwenders davon auszugehen, dass die Klausel eine solche Verpflichtung nicht enthält und der Verwender die Möglichkeit hat, die Preisän874 Aus der neueren Rechtsprechung siehe BGH, NJW 2013, 3647, 3650; BGH, NJW 2010, 1742, 1744; BGH, NJW 2010, 993, 994; BGH, NJW 2009, 2662, 2665; BGH, NJW 2009, 2051, 2053; BGH, NJW 2008, 2172, 2173; BGH, NJW-RR 2008, 134; BGH, NJW 2008, 360, 361; BGH, NJW 2007, 1054, 1055; BGH, NJW-RR 2005, 1717, 1718; OLG Naumburg, ZNER 2009, 400, 403; OLG Hamm, RdE 2013, 391, 392; OLG Hamm, ZNER 2012, 548, 551; LG Dortmund, ZIP 2001, 66, 67; In der Literatur zu Preisanpassungsklauseln siehe J. Becker, in: Bamberger/ Roth, BGB, § 309 Nr. 1 Rn. 24; Thomas, AcP 209 (2009), 84, 93; Canaris, ZIP 1980, 709, 720; Kunth, BB 1978, 178, 181; Lettl, JuS 2001, 559, 562. Dies ist auch für refinanzierungsabhängige Zinsanpassungsklauseln die herrschende Ansicht, siehe dazu die einschlägige Literatur : Bruchner, in: Bruchner/Metz, Variable Zinsklauseln, 2001, S. 1f. Rn. 3; Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 217; Fischer, in Fischer/Klanten, Bankrecht, S. 360 Rn. 6.85; Peterek, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1186 Rn. 8.117; Merz, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1326 Rn. 10.278; Knops, in: Derleder/Knops/Bamberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 11 Rn. 9; Wittig, ZHR 169 (2005) 212, 232. Für bonitätsabhängige Zinsanpassungsklauseln siehe Ohletz, BKR 2007, 129, 133. 875 J. Becker, in: Bamberger/Roth, BGB, § 309 Nr. 1 Rn. 24. 876 J. Becker, in: Bamberger/Roth, BGB, § 309 Nr. 1 Rn. 24. 877 BGH, NJW 2009, 2051, 2053; BGH, NJW 2009, 2667, 2670; BGH, NJW 2010, 993, 995. »Eine solche Verpflichtung folgt auch nicht aus der einleitenden Formulierung ›Ändern sich die allgemeinen Tarifpreise …‹ Diese gibt nur die Voraussetzungen für die Vornahme einer Preisänderung wieder«, BGH, NJW 2013, 3647, 3650; OLG Naumburg, ZNER 2009, 400, 403. Ebenso muss eine Bank Zinsen auch zugunsten des Kunden anpassen, BGH, NJW 2010, 1742, 1744; BGH, NJW 1986, 1803, 1804. 878 Die kundenfeindlichste Auslegung ist »im Ergebnis regelmäßig die dem Kunden günstigste. Diese Regel gilt aber nicht nur im Verbandsprozess, sondern kann auch im Individualprozess anwendbar sein. […] Erst wenn sich die Klausel nach jeder in Betracht kommenden Auslegung als wirksam erweist, ist bei der Anwendung der Klausel die dem Kunden günstigste Auslegung maßgeblich«, BGH, NJW 2008 2172, 2173.

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derungen lediglich zu seinen Gunsten vorzunehmen.879 Damit werden die Risiken und Chancen einer Veränderung der Gestehungskosten durch die fehlende Preissenkungsverpflichtung ungleich verteilt und der Vertragspartner unangemessen benachteiligt.880 Wie der VIII. Zivilsenat in seinem Urteil vom 12. 07. 1989 ausführte, kann eine Chancenungleichverteilung zudem dann vorliegen, wenn eine Preissenkungsverpflichtung zwar besteht, die Realisierung allerdings unrealistisch ist.881 Problematisch erscheint, dass der Verwender nach den Erfahrungen eines Teils der Literatur ohne Regelung zur Ausübungspflicht bei Preissenkungen zurückhaltender agieren wird als bei Preiserhöhungen.882 Damit könne ein Ermessen zu einer Beschränkung der Rechte des Vertragspartners führen, indem er nicht entsprechend der Preissenkung auf dem Markt profitiert.883 Realistisch gesehen wird jedoch kein Verbraucher regelmäßig prüfen, ob sich Referenzzinsen oder einbezogene Indizes günstig entwickelt haben, sondern der Vertrag wird »laufen gelassen«. Damit halten die Vertragspartner bei gleichbleibenden Preisen still, da sie keinen Anlass zur Kontrolle sehen.884 Daraus resultiert der Nachteil, dass der Verwender ohne Automatik keinen Preissenkungsanreiz verspürt. Im Hinblick auf die Anpassungssymmetrie muss ein Preissenkungsermessen somit gänzlich ausscheiden.885 Ein weiteres Problem stellen fehlende Anpassungsintervalle dar, zu denen die Preisänderung zwingend zu erfolgen hat. Aus der zeitlichen Unbestimmtheit kann sich die negative Folge ergeben, dass die Klausel dem Verwender die Möglichkeit einräumt, Preissenkungen mit zeitlicher Verzögerung weiterzugeben, sodass bis zum Wirksamwerden der Preisanpassung eine Gewinnsteigerung erfolgt.886 879 BGH, NJW 2009, 2662, 2666; BGH, NJW 2009, 2667, 2670; BGH, NJW 2009, 2051, 2053; BGH, NJW 2008, 2172, 2174; OLG Naumburg, ZNER 2009, 400, 402. 880 BGH, NJW 2010, 993, 994; BGH, NJW 2008, 2172, 2173. 881 BGH, NJW 1990, 115, 116. Die zu beurteilende Klausel sah eine Mietpreisermäßigung im Zusammenhang mit Lohnänderungen vor. Dies sah der Senat als nicht ausreichend an, weil eine Preissenkung »angesichts mehr oder weniger stetig steigender Löhne und Preise ernsthaft nicht in Betracht zu ziehen« sei. 882 Bzgl. Zinsanpassungsklauseln: Schimansky, WM 2003, 1449, 1451; Derleder, WM 2001, 2029; Knops, in: Derleder/Knops/Bamberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, § 11 Rn. 9; Reifner, JZ 1995, 866, 867; OLG Frankfurt, BB 1980, 1550, 1551. 883 Bzgl. Zinsanpassungsklauseln: Schimansky, WM 2003, 1449, 1451. 884 Derleder, WM 2001, 2029, 2031. 885 Schimansky, WM 2003, 1449, 1451. Nicht ausdrücklich, aber wohl dem Gedankengang nach auch Derleder, WM 2001, 2029, 2031, der die Behebung des Implementationsdefizits fordert. Ähnlich, den Vergleich mit Automatikklauseln tätigend, Borges, in: Abels/Lieb, AGB im Spannungsverhältnis zwischen Kautelarpraxis und Rechtsprechung, 51, 64. 886 BGH, NJW 2013, 3647, 3650; BGH, NJW 2010, 993, 995; BGH, NJW-RR 2010, 1202, 1203; BGH, NJW 2009, 2662, 2666; BGH, NJW 2009, 2667, 2670; BGH, NJW 2008, 2172, 2174.

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b) Kritik an der Preissenkungspflicht und einschränkende Ansichten Gegen eine Preissenkungspflicht wird in der Literatur vorgebracht, dass aufgrund stetig steigender Preise eine Aufnahme dieser Pflicht in eine Preisanpassungsklausel einer verschönernden Darstellung gleichkomme, die in der Regel gar nicht vollzogen werde.887 Dieses Argument der »Ergebniskosmetik« vermag einen belastbaren Kerngehalt haben, stellt man lediglich auf die Lohnpreisbindung ab. Bei einem Blick auf die Entwicklung des Ölpreises (WTI) verliert es jedoch seine Überzeugungskraft: Am 19. März 2016 verzeichnete dieser 25,23 Euro je Barrel im 52-Wochen-Tief,888 im 52-Wochen-Hoch stand er hingegen bei 55,21 Euro je Barrel.889 Bei dieser Preisentwicklung von minus 50 % kann wahrlich nicht mehr nur von einer kosmetischen Korrektur gesprochen werden. Als weiterer Kritikpunkt gegen eine Preissenkungspflicht wird vorgebracht, dass sie dem Zweck von § 307 BGB widerspreche.890 Dieser sei es, eine einseitige Begünstigung des Verwenders zu verhindern.891 Es sei nicht ersichtlich, dass durch die Regelung eine beiderseitige Begünstigungsmöglichkeit der Vertragspartner als Zulässigkeitsvoraussetzung statuiert werde.892 Zudem habe der Vertragspartner den Ausgangspreis akzeptiert, sodass durch wirtschaftliches Handeln erreichte Gewinne ausschließlich Verdienst des Verwenders seien.893 Zu Recht bestreitet Kamanabrou die Stichhaltigkeit dieses Arguments, da einem einseitigen Erhöhungsrecht (ohne Preissenkungspflicht) zugleich eine einseitige Begünstigung innewohnt.894 Ein weiterer Kritikpunkt an der Preissenkungspflicht richtet sich darauf, dass dem Verwender die Anreize zur Durchführung von Rationalisierungsmaßnahmen genommen würden, wenn dieser die Einsparungen sogleich an den Vertragspartner weitergeben müsste.895 Eine Ver887 OLG Frankfurt, BB 1980, 1550, 1551; Paulusch, in: Heinrichs, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55, 72. Niebling sieht in BB 1992, 717, 719 die Preissenkungspflicht aufgrund der allgemeinen Kostenentwicklung grundsätzlich als »leertretend« an. 888 Die Werte sind http://www.finanzen.net/rohstoffe/oelpreis/euro entnommen (Abrufdatum: 19. 03. 2016). 889 Die Werte sind http://www.finanzen.net/rohstoffe/oelpreis/euro entnommen (Abrufdatum: 19. 03. 2016). 890 Beckmann, Die Zulässigkeit von Preis- und Prämienanpassungsklauseln nach dem AGBGesetz, S. 60; Wolf, ZIP 1987, 341, 351. 891 Beckmann, Die Zulässigkeit von Preis- und Prämienanpassungsklauseln nach dem AGBGesetz, S. 60. 892 Beckmann, Die Zulässigkeit von Preis- und Prämienanpassungsklauseln nach dem AGBGesetz, S. 60. 893 Beckmann, Die Zulässigkeit von Preis- und Prämienanpassungsklauseln nach dem AGBGesetz, S. 60f.; Wolf, ZIP 1987, 341, 351. 894 Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 187. 895 Wolf, ZIP 1987, 341, 351; Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 187. Dieser Punkt wird auch von de Wal, Preis- und Preisänderungskontrolle in Energielieferungsverträgen, S. 124 angedacht, der aber schließlich für das Energierechts anhand des Gebots

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pflichtung zur Preissenkung liefe somit ins Leere. Eine Profitbeteiligung an Rationalisierungsmaßnahmen käme einer Art Schicksalsgemeinschaft zwischen Verwender und Vertragspartner gleich, die aus Sicht der Vertragsparteien aber nicht durch Vereinbarung einer Preisvariabilität gebildet werden sollte.896 Eine vermittelnde Ansicht vertritt Kamanabrou, indem sie zwischen der Veränderung des Wertes der Leistung und der Veränderung von Kosten differenziert.897 Für erstere Entwicklung schlägt sie als Lösungsansatz die Kopplung an das Neugeschäft vor.898 So müsse der Verwender die Preise des Bestandsgeschäfts nicht senken, wenn er die Preise für das Neugeschäft ebenfalls nicht senke.899 Diese Befreiung von der Preissenkungspflicht erfährt aber zugleich die logisch erforderliche Ausnahme der Marktpreisbindung.900 Eine weitere Ausnahme besteht im Hinblick auf Kostenentwicklungen im Rahmen von Kostenelementeklauseln.901 In der Literatur wird jedoch zu Recht vorgebracht, dass die Preissenkungspflicht nicht auf markt- und börsenpreisgebundene Kosten zu begrenzen sei, sondern hinsichtlich aller einbezogener Preisbildungsfaktoren bestehe.902 Nur so werde interessengerecht zwischen interner Kostenlast und

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der preisgünstigen Versorgung nach § 1 Abs. 1 EnWG verworfen wird. Ebenso ergebe sich aus dem Kartellrecht eine »gesetzliche Pflicht, Kostensenkungspotentiale soweit wie möglich zu realisieren.« Letzteres Argument muss jedoch angezweifelt werden: Aus dem Kartellrecht ergibt sich keine gesetzliche Pflicht, Kostensenkungspotentiale auszuschöpfen. Die Realisierung kann hingegen durch den Wettbewerbsdruck ausgelöst werden, siehe dazu den Tätigkeitsbericht des Bundeskartellamts, BT-Drucksache 13/1660, S. 5f. Vgl. zum Vergaberecht, aber mit derselben Intention: Thüsing, Europäisches Vergabe- und Kartellrecht als Herausforderung für die deutsche Sozialversicherung, S.156. Ziel des Kartellrechts sei nicht primär die Kostensenkung, sondern die Sicherung und Etablierung eines funktionsfähigen Wettbewerbs. Ebenso klingt in Beschlüssen des Bundeskartellamts eine Kritik sowohl bzgl. eines großen Kostensenkungspotentials im Hinblick auf Marktneueinsteiger als auch hinsichtlich einer oligopolistischen Preisbildung an, Bundeskartellamt, Beschl. v. 26. 02. 2002, Az. B 8 40000 – U – 149/01, S. 48 Rn. 65; Bundeskartellamt, Beschl. v. 17. 01. 2002, Az. B8-109-01, S. 41 Rn. 56. Paulusch, in: Heinrichs, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55, 72; ähnlich Wolf, ZIP 1987, 341, 351, der auf die Möglichkeit kurzfristiger Vertragsabschlüsse seitens des kaufmännischen Vertragspartners abstellt, sofern dieser von Kostensenkungen profitieren möchte. Siehe dazu Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 187f. Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 187. Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 187. Dieser Ansatz erfolgt zwar im Kapitel zu Nichtdauerschuldverhältnissen, jedoch verweist Kamanabrou bei der Behandlung von Dauerschuldverhältnissen ausdrücklich auf die vorherigen Ausführungen (S. 203). Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 203. Ist eine Klausel marktpreisgebunden, muss sie zwangsläufig zu Preissenkungen verpflichten. Für marktpreis- und börsenkursgebundene Klauseln ist eine Preissenkungspflicht entsprechend anerkannt, siehe Dammann, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 309 Nr. 1 Rn. 135; Wolf, ZIP 1987, 341, 351f., der auch noch den Kontrahierungszwang in der Daseinsvorsorge als weitere Ausnahme ansieht. Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 210. Borges, DB 2006, 1199, 1203.

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weitergabefähigen externen Kosten unterschieden.903 Neben dieser Differenzierung gebietet es die Chancengleichheit, dass die Anpassung symmetrisch verläuft. Daran ändert auch nichts, dass im Neugeschäft Preise aufgrund von Kostensteigerungen in anderen Bereichen oder einer gesteigerten Wertentwicklung eventuell ebenfalls nicht gesenkt werden. Erfolgt eine extreme Wertsteigerung, ist der Verwender auf die Kündigung des Vertragsverhältnisses angewiesen. c) Herleitung aus gesetzlichen Regelungen Möglicherweise lässt sich das Erfordernis einer Preissenkungspflicht neben den vorherigen Ausführungen auch aus den gesetzlichen Regelungen herleiten; dies wird im Nachfolgenden untersucht. aa) Reisevertragsrecht Eine Preissenkungspflicht könnte § 651a Abs. 4 BGB zu entnehmen sein. Hierin ist zwar ausdrücklich lediglich die Begrenzung der Preiserhöhungsmöglichkeit angeführt, doch war bereits unter der Richtlinie 90/314/EWG streitig, ob im Wege der richtlinienkonformen Auslegung eine Preissenkungspflicht in § 651a Abs. 4 BGB hineinzulesen ist. In Art. 4 Abs. 4 lit. a) S. 1 der Richtlinie 90/314/EWG war geregelt, dass die »vertraglich festgelegten Preise […] nicht geändert werden [dürfen], es sei denn, daß der Vertrag die Möglichkeit einer Preiserhöhung oder -senkung ausdrücklich vorsieht und genaue Angaben zur Berechnung des neuen Preises enthält, bei der ausschließlich nachstehenden Änderungen Rechnung getragen werden darf.«904

Fraglich war nun, ob aus obiger Formulierung auch eine Preissenkungspflicht folgt. Verwirrung stiftete dabei die Verbindung von Preiserhöhung und Preissenkung durch das Wort »oder«. Der Wortlaut spricht eindeutig für ein Alternativverhältnis;905 dennoch wurde in der Literatur teilweise ein Kumulationserfordernis befürwortet und insbesondere aus der historischen Entwicklung hergeleitet.906 Der ursprüngliche Entwurf der Richtlinie beschränkte sich, wie 903 Borges, DB 2006, 1199, 1203. 904 Hervorhebungen durch den Verfasser. 905 Deshalb ein Alternativitätsverhältnis vertretend Bidinger/Müller, Reisevertragsrecht, § 651a BGB Anm. 31; Tempel, TranspR 2000, 297, 298; LG Düsseldorf, RRa 2001, 57, 58; LG Düsseldorf, RRa 2001, 123, 124; LG Frankfurt a.M., RRa 2001, 125, 126; LG Frankfurt a. M., RRa 2001, 127. 906 Führich, Reiserecht, § 5 Rn. 152; Führich, NJW 2000, 3672, 3674; Führich, RRa 2000, 43, 45; Kietaibl, Pauschalreiserecht, S. 32 Rn. 58. Zwar nicht ausdrücklich die historische Entwicklung ansprechend, aber für eine kumulatives Verhältnis der Richtlinienregelung Tonner, in: MünchKommBGB, § 651a Rn. 108; Tonner, Der Reisevertrag, § 651a Rn. 77; Kaiser, in: Staudinger, § 651a Rn. 161.

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die BGB-Regelung, auf die Preiserhöhung.907 Auf Veranlassung des Europäischen Parlaments wurde die Regelung schließlich auf den zitierten Inhalt erweitert.908 Für die deutsche Regelung wäre nach dieser Ansicht durch die ausschließliche Bezugnahme auf Preiserhöhungen eine fehlerhafte Umsetzung der Richtlinie festzustellen, sodass europarechtskonform eine Preissenkungspflicht in die Regelung hineingelesen werden müsste.909 Das OLG Düsseldorf hingegen sah den Zweck der Aufnahme der Preissenkung in den Regelungswortlaut darin, die Vereinbarkeit mit Rechtsordnungen herzustellen, die eine Preissenkungspflicht vorsehen.910 Eine allgemeine Preissenkungsverpflichtung sei somit nicht beabsichtigt gewesen.911 Diese Ansicht ist nach der neuen Richtlinie (EU) 2015/2302 nicht mehr tragfähig. Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2015/2302 bestimmt nun, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass nach Abschluss des Pauschalreisevertrags Preise nur dann erhöht werden dürfen, wenn diese Möglichkeit im Vertrag ausdrücklich vorbehalten ist und darin angegeben ist, dass der Reisende Anspruch auf Preissenkung gemäß Abs. 4 hat. Damit haben sich das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union ausdrücklich für ein Kumulationserfordernis und gegen ein Alternativverhältnis entschieden. Die Richtlinie (EU) 2015/2302 steht damit im Einklang mit der schon unter 907 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, KOM (88) 41 endg., abgedruckt in ABlEG Nr. C 96/06, 5, 8. 908 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, KOM (89) 348 endg., abgedruckt in ABlEG Nr. C 190/08, 1, 12. Kietaibl weist darauf hin, dass die Ergänzung seitens des Europäischen Parlaments sinnlos sei, wenn die Einräumung eines Preiserhöhungsrechts ohne Pflicht einer Preissenkung bei gesunkenen Kosten möglich wäre, siehe Kietaibl, Pauschalreiserecht, S. 32 Rn. 59. 909 Führich, Reiserecht, § 5 Rn. 152, der die Unwirksamkeit bei fehlender Preissenkungspflicht wegen Unzumutbarkeit nach § 308 Nr. 4 BGB befürwortet; Führich, NJW 2000, 3672, 3674; Kietaibl, Pauschalreiserecht, S. 32 Rn. 58; Kaiser, in: Staudinger, § 651a Rn. 161; Tonner, in: MünchKommBGB, § 651a Rn. 108 erklärt eine Klausel ohne Preissenkungspflicht nach § 307 Abs. 1 BGB für unwirksam. Derselbe hat in Tonner, Der Reisevertrag, § 651a Rn. 77 die Unwirksamkeit jedoch noch nach § 308 Nr. 4 BGB befürwortet. 910 OLG Düsseldorf, NJW 2002, 447, 448. 911 OLG Düsseldorf, NJW 2002, 447, 448. Für diese Auslegung sprach nach dem OLG Düsseldorf, dass »in Art. 4 Nr. 4 lit. c dieses Entwurfs […] als Korrelat fu¨ r Preiserhöhungen, die zudem einen Kostenanstieg um mehr als 4 % des vereinbarten Preises voraussetzten (Art. 4 Nr. 4 lit. a des Entwurfs), vielmehr ausdrücklich ein in gleicher Weise zu berechnender Ru¨ ckerstattungsanspruch des Verbrauchers fu¨ r den Fall vorgesehen [war], dass sich die variablen Preisfaktoren um mehr als 4 % zu Gunsten des Reiseveranstalters veränderten. Diese Regelung wurde ebenso wie der Schwellenwert von 4 % des vereinbarten Preises nicht in die Richtlinie vom 13. 6. 1990 u¨bernommen. Es liegt indes fern, dass der Rat diese eindeutige Bestimmung ohne inhaltliche Änderung durch die unscharfe und missverständliche Formulierung ›Preiserhöhung oder -senkung‹ (›upward or downward revision‹) ersetzen wollte, zumal Preiserhöhungen mit dem Wegfall der Schwelle von 4 % auch im Übrigen erleichtert wurden.«

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der Richtlinie 90/314/EWG vorzugswürdigen Meinung: Gegen die Ansicht des OLG Düsseldorf wurde eingewandt, dass der Telos der Norm der Regelung aus der Richtlinie 90/314/EWG darin liege, den Verwender auch bei einer Preissenkung an die Vorgaben des § 651a BGB zu binden.912 Ein Alternativverhältnis würde hingegen zu dem Ergebnis führen, dass auch eine für den Vertragspartner vorteilhafte isolierte Preissenkung nur bei ausdrücklicher Regelung im Vertrag und bei Offenlegung der Berechnungsmethode erfolgen könnte.913 Zudem wurde die praktische Frage aufgeworfen, welcher Reiseveranstalter ernsthaft darüber nachdenken werde, nur eine Preissenkungsklausel in den Vertrag einzuarbeiten.914 Sinnvoll sei die Erwähnung der Preissenkung damit nur in Verbindung mit der Preiserhöhung.915 Mit der neuen Richtlinie ist nun auch das Begründungsdilemma dieser Ansicht beseitigt. Hilfsweise griffen die Befürworter des kumulativen Verhältnisses zur Auslegung des § 651a Abs. 4 BGB auf die Rechtsprechung zu Preisanpassungsklauseln in Energielieferverträgen und Zinsanpassungsklauseln zurück.916 Mit Bezug auf die bisherigen Ausführungen zur Preissenkungspflicht und der Chancengleichheit war es zwar naheliegend, eine ebensolche in die Regelung hineinzulesen, im Rahmen der hiesigen Fragestellung unterläge man jedoch einem Zirkelschluss. Fraglich bleibt jedoch, ob die Richtlinie (EU) 2015/2302 zu einer Preissenkungspflicht im Wege des § 651a Abs. 4 BGB führt. Bereits zur Vorgängerregelung ließen Kamanabrou und das LG Düsseldorf eine Entscheidung dahinstehen, da die Richtlinie lediglich von einer Preisanpassungsmöglichkeit spreche, sodass sich kein konkreter Hinweis für eine Preissenkungspflicht ergebe.917 Auch die neue Richtlinie verwendet den Begriff der Möglichkeit. Diese Ansicht greift jedoch zu kurz. Die Möglichkeit der Preiserhöhung oder -senkung bezieht sich auf den Änderungsvorbehalt und ist als vertragliche Anpassungsberechtigung auszulegen. Der Begriff der Möglichkeit ist damit nicht ins Verhältnis zu dem der Pflicht zu setzen. Art. 10 Abs. 4 der Richtlinie (EU) 2015/2302 spricht dem Reisenden nun einen Anspruch auf eine Preissenkung zu. Die Verbesserung dieser Regelung liegt darin, dass die Preissenkung somit nicht im Belieben des Reiseveranstalters steht. Allerdings sollte die Leistungspflicht im Sinne des Verbraucherschutzes nicht von einem Tätigwerden des Reisenden abhängig gemacht werden. Der Reiseveranstalter, der sich ein Recht zur Preiserhöhung 912 913 914 915 916 917

Bidinger/Müller, Reisevertragsrecht, § 651a BGB Anm. 31. Kaiser, in: Staudinger, § 651a Rn. 161. Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 240. Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 241. Führich, Reiserecht, § 5 Rn. 152; Kaiser, in: Staudinger, § 651a Rn. 161. LG Düsseldorf, RRa 2001, 123, 124; LG Düsseldorf, RRa 2001, 57, 58; Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 240f.

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einräumt, sollte im Gegenzug verpflichtet sein, eine Preissenkung durchzuführen. § 651f Abs. 4 BGB n. F. – der am 01. 07. 2018 in Kraft tritt – sieht hingegen entsprechend der Richtlinie nur einen Preissenkungsanspruch vor. Der deutsche Gesetzgeber hätte gut daran getan, in der Norm eine ausdrückliche Preissenkungspflicht festzulegen. bb) Versicherungsrecht In der Lebensversicherung ergibt sich für das gesetzliche Prämienanpassungsrecht gemäß § 203 VVG eine Senkungspflicht aus § 155 Abs. 3 S. 2 VAG. Sind die Anpassungsschwellen erreicht, müssen die Versicherer anpassen, unabhängig davon, ob eine Entwicklung des Schadensaufwands nach oben oder unten erfolgte.918 Ein allgemeingültiger Grundsatz kann dieser Regelung jedoch nicht entnommen werden. cc) Preisklauselgesetz Eine Preissenkungspflicht könnte auch dem Preisklauselgesetz entnommen werden. Nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 PrKG liegt eine unangemessene Benachteiligung insbesondere dann vor, wenn einseitig ein Preis- oder Wertanstieg eine Erhöhung, nicht aber umgekehrt ein Preis- oder Wertrückgang eine entsprechende Ermäßigung des Zahlungsanspruchs bewirkt. Dabei entspricht der Begriff der unangemessenen Benachteiligung nach allgemeinem Verständnis im Wesentlichen dem des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB.919 Darüber hinaus erfährt dieser jedoch eine preisklauselspezifische Konkretisierung dahingehend, dass eine Klausel benachteiligend ist, wenn sie (neben der Erhöhungsmöglichkeit bei einem Preisoder Wertanstieg) nicht umgekehrt eine entsprechende Ermäßigung bei einem Preis- oder Wertru¨ ckgang bewirkt.920 Demgegenüber muss aufgrund des Generalklauselcharakters der Begriff des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB naturbedingt weit gefasst sein. Ist in der Rechtsordnung eine preisklauselspezifische Regelung vorhanden, sollte auf diese nach dem Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung bei der Auslegung der Generalklausel zurückgegriffen werden. Hätte der Gesetzgeber im Rahmen von § 307 Abs. 1 S. 1 BGB eine unangemessene Benachteiligung unabhängig von der Preissenkungspflicht gesehen, wäre die im Jahr 2007921 eingeführte Regelung nicht erklärbar. Im Falle einer anderen Wertung 918 Staab, in: Staudinger/Halm/Wendt, Versicherungsrecht Kommentar, § 203 VVG Rn. 10; Voit, in: Prölls/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, § 203 Rn. 19. 919 Toussaint, in: jurisPK-BGB, Band 2.1, § 2 PrKG Rn. 8; Aufderhaar/Jäger, ZfIR 2008, 121, 123; Grüneberg, in: Palandt, Anh. zu § 245 (PrKlG), § 2 PrKlG Rn. 3. 920 Toussaint, in: jurisPK-BGB, Band 2.1, § 2 PrKG Rn. 8. 921 PrKG v. 07. 09. 2007, BGBl. I S. 2247.

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hätte er insbesondere nach den zuvor ergangenen Flüssiggas-Entscheidungen des BGH922 entgegenwirken können. d) Zwischenergebnis Die Richtlinie (EU) 2015/2302 und § 651f BGB n. F. regeln ausschließlich einen Preissenkungsanspruch des Reisenden. Eine Preisanpassungspflicht des Verwenders ist den Regelungen nicht zu entnehmen. Ob diese im Wege der Auslegung in die Normen hineingelesen werden kann, bleibt somit weiter fraglich. Hier hätte der Gesetzgeber konsequent zu Gunsten des Reisenden eine Preissenkungspflicht in den Wortlaut der Neuregelung einarbeiten sollen. Denn nur so wird der Verwender effektiv an den Erhalt des Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung gebunden. Verankerungen einer Preissenkungspflicht finden sich hingegen im gesetzlichen Prämienanpassungsrecht und im Preisklauselgesetz. Neben diesen Verankerungen erscheint die Preissenkungspflicht mit Blick auf die Grundlage der Angemessenheitsprüfung erforderlich. Der Verwender soll die einseitige Gestaltungsmacht nicht ausnutzen dürfen. Dazu wurde auf das Erfordernis der Chancengleichheit verwiesen. Der Begriff Chancengleichheit verlangt schon seiner Natur nach, dass Anpassungssymmetrie herrscht. Will der Verwender die Preise wegen Kostenänderungen anpassen, ist es nur angemessen, wenn er spiegelbildlich auch zur Senkung verpflichtet ist. Ein Ausschluss der Preissenkungspflicht muss nicht aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten erfolgen, denn im Falle einer Preissenkung würde der Verwender die Produktnachfrage steigern, sodass sich Marktposition und Gewinnmarge steigern lassen.923 Damit liegt diese auch im Interesse des Verwenders. 2. Verbot der Gewinnmaximierung Ist eine Preisanpassungsklausel an Bezugskosten gekoppelt, darf die Kostensteigerung nicht lediglich als Berechtigung zur Ausübung der Preiserhöhung dienen, sondern es muss dem Umfang nach zugleich eine Begrenzung auf die Kostensteigerung erfolgen.924 Die Klausel darf demnach nicht die Möglichkeit eröffnen, Fehleinschätzungen der Marktlage einseitig zu korrigieren, um die Gewinnmarge zu steigern.925 Die Ratio dieser Anforderung ist es, im Anschluss an die Bewertung der Preisnebenabreden Lockvogelangebote auszuschließen, die im späteren Vertragsverlauf auf ein gewinnbringendes Niveau angehoben werden.926 922 923 924 925 926

BGH, NJW 2007, 1054; BGH, NJW-RR 2005, 1717. Köndgen/König, ZIP 1984, 129, 137. Thomas, AcP 209 (2009), 84, 94. BGH, NJW-RR 2008, 134, 136. Thomas, AcP 209 (2009), 84, 102.

Analyse der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB

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a) Börsen- / marktpreisorientierte Preisanpassungsklauseln Entsprechend dieser Ratio kann der Verwender der Unangemessenheit durch Kopplung einer Preisanpassungsklausel an Marktpreise / Börsenindizes entgehen, da hier die Chancengleichheit gewahrt ist.927 Denn gerade bei der Kopplung an die Wettbewerbsmärkte besteht die Äquivalenz des Gewinn- / Verlustrisikos.928 Beide Parteien haben die Chance, von Kursschwankungen der Produktindizes zu profitieren.929 Zusätzlich profitiert der Kunde vom Preiswettbewerb.930 Durch diese Äquivalenz ergibt sich, dass eine Gewinnmaximierung bei einer marktpreisbezogenen Klausel unschädlich ist.931 Auch der BGH sprach in früheren Entscheidungen dem Marktpreis eine chancenwahrende Wirkung zu.932 Demnach kann auch der Rechtsprechung eine tendenzielle Offenheit gegenüber dem Argument entnommen werden, dass eine Äquivalenzverschiebungsmöglichkeit nicht zwangsläufig zu einer unangemessenen Benachteiligung führen muss.933 Eine andere Einordnung der Marktpreisbindung könnte sich allerdings bei beschränkten Wettbewerbsverhältnissen ergeben. Dagegen wird zum einen vorgebracht, dass ein Praktikabilitätsdefizit bestehe,934 denn der Wettbewerb fehle lediglich in natürlichen oder rechtlichen Monopolen vollständig.935 In Marktsituationen, in denen ein Unternehmen beherrschend im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 2 und 3 GWB keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist oder 927 Thomas, AcP 209 (2009), 84, 102; Paulusch, in: Heinrichs, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55, 75; Lettl, JuS 2001, 559, 562; Wolf, ZIP 1987, 341, 348; Kunth/Wollburg, BB 1985, 230, 234. Marktpreisklauseln ausdrücklich befürwortend Baur, Vertragliche Anpassungsregelungen, S. 102. 928 Thomas, AcP 209 (2009), 84, 102. 929 Thomas, AcP 209 (2009), 84, 102. 930 Thomas, AcP 209 (2009), 84, 102, der unabhängig von der Einhaltung der Anforderung im Rahmen des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB auch den positiven Effekt der prokompetitiven Wirkung hervorhebt. 931 Paulusch, in: Heinrichs, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55, 75, mit dem Argument, dass in der bestehenden marktwirtschaftlichen Ordnung die Preisbildung über den Wettbewerbsmarkt geschehe und der Marktpreis entsprechend auch zu einer Gewinnsteigerung führen könne. 932 In einem Mietverhältnis würde die Marktpreisbindung, nach dem VIII. Zivilsenat, »die Bestimmung eines an der Realität des Marktes vorbeikalkulierten Miet- und Pachtzinses« verhindern, BGH, NJW 1977, 801, 802. Nach Baur, Vertragliche Anpassungsregelungen, S. 84 kommt diese anpassungsbegrenzende Wirkung auch in Kostenelementeklauseln zur Entfaltung. Im Rahmen einer Grundstücksankaufsberechtigung sprach der V. Zivilsenat dem Marktpreis eine den Vertragspartner begünstigende Wirkung zu, da dieser von gesteigerten Marktpreisen profitiere, BGHZ 71, 276, 282. 933 Zur Verallgemeinerungsfähigkeit dieses Grundsatzes siehe Baur, Vertragliche Anpassungsregelungen, S. 82. 934 Thomas, AcP 209 (2009), 84, 103. 935 Thomas, AcP 209 (2009), 84, 103.

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

eine im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern überragende Marktstellung innehat, ist ein Wettbewerb, wenn auch geschwächt, vorhanden.936 Daraus wird die Frage abgeleitet, ab welchem Wettbewerbsgrad eine marktbezogene Preisanpassungsklausel nicht mehr zulässig ist.937 Dabei bestehe die Problematik darin, dass die Bezifferung und damit Handhabbarkeit bzw. Vergleichbarkeit einer Wettbewerbsintensität äußerst schwierig sei.938 Einen brauchbaren Ansatz zur Quantifizierung liefere wegen der fehlenden Anwendbarkeit außerhalb des Kartellrechts auch nicht § 19 Abs. 3 GWB a. F. (heute: § 18 Abs. 4 GWB).939 Da diese Ansicht nicht als herrschend bezeichnet werden kann,940 ist entscheidender, dass die Vermutungsregelungen lediglich grobe Indizien aufweisen, sodass selbst die Kartellbehörden zur Marktbeherrschungsbestimmung weitere Indizien benötigen.941 Zudem fehle es an einem sachlichen Grund, einer marktbezogenen Klausel aufgrund geschwächter Wettbewerbsverhältnisse ihre Wirksamkeit abzusprechen.942 Dies resultiere daraus, dass der Preis, den der Vertragspartner zu zahlen hat, nicht höher sein könne als der derzeitige Marktpreis (Annahme eines Nash-Gleichgewichts943), unabhängig davon, ob dieser durch

936 937 938 939

940 941

942 943

Thomas, AcP 209 (2009), 84, 103. Thomas, AcP 209 (2009), 84, 103. Thomas, AcP 209 (2009), 84, 103. Thomas, AcP 209 (2009), 84, 103. Thomas, WuW 2002, 470, 478f., spricht der Einzelmarktbeherrschungsvermutung eine sekundäre Darlegungs- und Beweislast im Zivilprozess zu. Danach sei das Unternehmen zum qualifizierten Bestreiten der Marktbeherrschung verpflichtet. Zur Ansicht, dass die Vermutung keine solche im Sinne des Zivilprozessrechts ist, siehe auch den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft zur 2. GWB-Novelle in WuW 1973, 581, 588. Die Anwendbarkeit der Vermutung im Zivilprozess schätzen Ebel, Kartellrecht, GWB und EG-Vertrag, § 19 Rn. 26 und Pohlmann, ZHR 164 (2000), 589, 602ff. als sachgerecht ein. Siehe dazu insbesondere die ausführlichen Ausführungen von Pohlmann in ZHR 164 (2000), 589, 602ff. zur Anwendbarkeit im Zivilprozessrecht und zur Vergleichbarkeit der kartellrechtlichen Vermutungen mit den zivilrechtlichen Vermutungen. Thomas, AcP 209 (2009), 84, 103. Nach Thomas, WuW 2002, 470, 478 sind Marktanteile kein notwendiges Tatbestandmerkmal zur Feststellung einer Marktbeherrschung. Dass es weiterer Kriterien bedarf, um Marktmacht festzustellen (siehe hierzu Knöpfle, BB 1970, 717, 723; Leo, WRP 1970, 197, 201 zum Recht vor der zweiten GWB-Novelle) zeigt sich insbesondere in § 18 Abs. 3 GWB n. F.: Hier stellt der Marktanteil ausdrücklich nur ein Bewertungskriterium unter mehreren dar. Thomas, AcP 209 (2009), 84, 103. Beim Nash-Gleichgewicht erzielt jeder Marktteilnehmer »unter Berücksichtigung der Preisentscheidungen seiner Konkurrenten den größtmöglichen Gewinn«, Pindyck/Rubinfeld, Mikroökonomie, S. 664. Siehe auch Wied-Nebbeling, Preistheorie und Industrieökonomik, S. 321. Leyens/Schäfer, AcP 210 (2010), 771, 780f. weisen darauf hin, dass sich auf einem Wettbewerbsmarkt mit voll informierten Vertragspartnern der Markt immer zu einem stabilen Nash-Gleichgewicht hin entwickeln werde. Dieses Gleichgewicht stelle das Prinzip des cheapest cost avoiders dar, jede Abweichung von ihm führe für den Verwender zu Verlusten.

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vollständigen oder geschwächten Wettbewerb entstanden sei.944 Denn der Vertragspartner zahle keinen höheren Preis als bei Kündigung und einem entsprechenden Neuabschluss.945 Kündigt der Vertragspartner, kann dieser schlechterdings einen neuen Vertrag zu den Konditionen abschließen, die derzeit auf dem Markt vorherrschen. Auch in einem Monopol kann der Verwender nicht uneingeschränkt seine Preise ändern. Zwar formulieren Pindyck/Rubinfeld plastisch, dass »der Monopolist […] der Markt« sei.946 Dennoch sei er, trotz seiner komfortablen Situation, auf spieltheoretische Entscheidungen der Konkurrenten keine Rücksicht nehmen zu müssen, nicht in der Lage, die Preise vollkommen frei festzulegen.947 Denn auch ein nach Gewinnmaximierung strebender Monopolist muss den Nachfragemarkt im Auge behalten.948 Damit kann für den Regelfall eine marktbezogene Preisanpassungsklausel unabhängig von der Wettbewerbssituation als chancenwahrend eingestuft werden. Gewiss wird es im konkreten Fall zu überprüfen sein, ob die Chancengleichheit auch tatsächlich vorliegt oder der Ausnahmefall eines ökonomisch falsch handelnden Monopolisten gegeben ist. Im Rahmen rein marktpreis- / börsenorientierter Klauseln wird damit eine unangemessene Benachteiligung wegen der Veränderung des Äquivalenzverhältnisses gänzlich ausgeschlossen sein (im Verständnis des Äquivalenzverhältnisses des Produkts zum Marktpreis).

b) Kostenelementeklauseln Ein Problem stellen Kostenelementeklauseln dar, die nicht an Markt- oder Börsenpreise gekoppelt sind. Die Problematik beruht darauf, dass die Erforderlichkeit von Preisanpassungsklauseln allgemein mit den wirtschaftlichen Unwägbarkeiten langfristiger Vertragsbeziehungen und dem Interesse der Parteien an einer Aufrechterhaltung des anfänglichen Äquivalenzinteresses begründet wird.949 Hält man starr am Erfordernis der Wahrung des Äquivalenzverhältnisses fest, wird die Chancengleichheit bei Kostenelementeklauseln nicht genügen, denn das Dogma des Äquivalenzverhältnisses schreibt hier einen 944 945 946 947 948 949

Thomas, AcP 209 (2009), 84, 103. Thomas, AcP 209 (2009), 84, 103. Pindyck/Rubinfeld, Mikroökonomie, S. 487. Pindyck/Rubinfeld, Mikroökonomie, S. 487. Pindyck/Rubinfeld, Mikroökonomie, S. 487. Nach dem OLG Bremen, ZIP 2008, 28, 30 gilt dieser Grundsatz für alle langfristigen Lieferverträge. Zum Grundsatz siehe BGH, NJW 2014, 3508, 3510; BGH, NJW 2010, 1742, 1744; BGH, NJW 2010, 993, 994; BGH, NJW 2009, 2662, 2665; BGH, NJW 2009, 2051, 2053; BGH, NJW 2008, 2172, 2173; BGH, NJW 2004, 1588, 1589; BGH, NJW 1999, 1865, 1866; BGH, NJW 1985, 2270; Thomas, AcP 209 (2009), 84, 93; Rott, VuR 2006, 1, 2f.; Steindorff, BB 1983, 1127, 1128f.

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

gleichbleibenden Abstand von Gegenleistung und Summe der preisbildenden Faktoren vor. Für einen korrekten Kostenausgleich spricht die Definition der Kostenelementeklausel (Äquivalenzverhältnis von Produkt zu Kosten950).951 Begrenzt die Klausel nun, wie oben angedacht, die Elemente, um die Transparenz herzustellen, kann sie somit in Konflikt mit den Anforderungen der Inhaltskontrolle geraten (Stichpunkt: »Quadratur des Kreises«). Es gilt jedoch zu klären, ob sich aus den übergeordneten allgemeinen AGBrechtlichen Überlegungen etwas anderes ergeben kann. Nach dem Schutzzweck sind AGB aufgrund des Ausnutzungspotentials der einseitigen Gestaltungsfreiheit kontrollfähig. Daraus folgt die Prüfung der unangemessenen Benachteiligung, die in einer Wertung zu erfolgen hat. Damit stellt sich die Frage, ob die Ermöglichung von Chancengleichheit die Wertung der unangemessenen Benachteiligung – trotz Gewinnmaximierungsmöglichkeit für den Verwender – ins Positive umschlagen lässt. aa)

Problem: Überproportionale Berücksichtigung einzelner Parameter durch Ungenauigkeit Sowohl die Beschränkung auf einige wesentliche Kostenfaktoren als auch jegliche Abweichung von der tatsächlichen Gewichtung führen zu der Möglichkeit einer unzulässigen Gewinnmaximierung durch überproportionale Berücksichtigung der Elemente;952 dabei steigt der Wert des kostenerhöhenden Parameters stärker als zum Kostenausgleich tatsächlich notwendig.953 Bereits die Wertstellungsklausel-Rechtsprechung des BGH wurde jedoch dahingehend kritisch hinterfragt, dass § 307 BGB eine AGB-rechtliche Bewertung und Begrenzung unangemessener Gewinne fremd sei.954 In diesem Rahmen 950 Siehe dazu die Ausführungen zur Definition der Kostenelementeklausel oben S. 31ff. 951 Graf von Westphalen, in: Graf von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Preisanpassungsklauseln Rn. 26. Thomas, AcP 209 (2009), 84, 95 will – entgegen der hier erfolgten allgemeinen Einordnung – Preisänderungsvorbehaltsklauseln anders behandeln. Danach sei eine Begrenzung auf die Änderung »allfälliger Kostensteigerungen« ausreichend, um das Äquivalenzverhältnis zu wahren, Thomas, a. a. O. Dem kann aber nach den Anforderungen in der Rechtsprechung nicht zugestimmt werden. 952 Graf von Westphalen, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 707, 713; Graf von Westphalen, MDR 2008, 424, 428; J. Becker, in: Bamberger/Roth, BGB, § 309 Nr. 1 Rn. 26; Horn, NJW 1985, 1118, 1120; Ebel, DB 1982, 2607, 2609; Kessel/Schwedler, BB 2010, 585, 587; Arzt/Fitzner, ZNER 2005, 305, 310 sprechen von der Möglichkeit, dass eine Kostenelementeklausel »lediglich suggeriert, sie würde ausreichende Determinanten nennen, die eine Preiserhöhung rechtfertigt.« In Wirklichkeit hätten die Faktoren aber keinen oder einen abweichenden Einfluss auf die Preisbildung als in der Formel festgelegt, Arzt/Fitzner, a. a. O. 953 Kessel/Schwedler, BB 2010, 585, 587; Graf von Westphalen, MDR 2008, 424, 428. 954 Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 92; Stoffels, in: Habersack/Mülbert/Nobbe/Wittig, Schriftenreihe der Bankrechtlichen Vereinigung, Band 31, Anlegerschutz im Wertpapier-

Analyse der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB

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bewegt sich auch das D.A.S.-Urteil des BVerwG zu Prämienanpassungsklauseln: Im Gegensatz zur BGH-Rechtsprechung hat das BVerwG die Möglichkeit der Gewinnmaximierung durch überproportionale Steigerungen des Gewinnanteils nicht kategorisch ausgeschlossen.955 Die Interessen des Vertragspartners seien hinreichend gewahrt, wenn die Anpassung aufgrund einer nicht nur unwesentlichen Umstandsänderung (angemessene Anpassungsschwelle) vorgenommen werde und sie in einem angemessenen Verhältnis zur Änderung stehe.956 An der Angemessenheit fehle es nicht schon deshalb, weil eine Veränderung des Schadensaufwands zu einer linearen Erhöhung der Prämie führe.957 Auch hieraus ergibt sich, dass nicht die Gewinnmaximierungsmöglichkeit, sondern die einseitige Ausnutzung der Gestaltungsmöglichkeit maßgeblich ist. Wenn die Prämie auch überproportional zu einer Gewinnsenkung führen kann, ist die Klausel als angemessen einzustufen. bb) Problem: Fehlende Saldierung Nach der Rechtsprechung verstößt eine Klausel gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB, wenn der Verwender durch den Anstieg von Kosten zu einer Preisanhebung berechtigt wird, obwohl dieser Kostenanstieg durch Ersparnisse in anderen Bereichen ausgeglichen wird.958 Damit trägt die Rechtsprechung dem Umstand Rechnung, dass die rechtliche und betriebswirtschaftliche Rechtfertigung einer Preisanpassung nicht zwangsläufig parallel verlaufen.959 Der Verwender könnte seine Befugnis dazu ausnutzen, eine Preisanpassung vorzunehmen, obwohl er in der Summe überhaupt keine erhöhten Kosten zu tragen hat. Es erscheint jedoch fraglich, ob eine Saldierung aller Preisbildungsfaktoren erforderlich ist oder die Klausel auf wenige Einflussfaktoren begrenzt werden kann, die dann saldiert werden müssen. Für Letzteres könnte sprechen, dass eine detaillierte (und damit exakte) Darstellung aller Kostenpositionen aufgrund der teilweise komplexen Kostenzusammensetzungen nahezu unmöglich ist und zudem zur Intransparenz der Klausel führen würde.960 Eine andere Sicht würde nach Kessel/Schwedler einen Widerspruch in der BGH-Rechtsprechung aufzei-

955 956 957 958 959 960

geschäft, AGB in der Kreditwirtschaft, Bankrechtstag 2010, 89, 109. Zur Wertstellungsklausel-Rechtsprechung siehe BGH, NJW 1997, 3168; BGH, NJW 1997, 2042; BGH, NJW 1994, 318; BGH, NJW 1989, 582. BVerwG, VersR 1980, 221, 225f. BVerwG, VersR 1980, 221, 226. BVerwG, VersR 1980, 221, 226. BGH, NJW 2008, 360, 361; BGH, NJW 2007, 1054, 1055; BGH NJW-RR 2005, 1717, 1718; OLG Hamm, RdE 2013, 391, 392; OLG Hamm, ZNER 2012, 548, 551. Graf von Westphalen, MDR 2008, 424, 428. Schöne, in: Graf von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Stromlieferverträge Rn. 194. Siehe dazu oben S. 78ff.

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

gen:961 Der BGH verneine einerseits die Einbeziehung von Betriebsinterna in Kostenelementeklauseln mangels Nachprüfbarkeit, um diese im Gegenzug bei der Saldierungspflicht dann doch zu fordern.962 Damit könne die BGH-Rechtsprechung nur dahingehend interpretiert werden, dass nicht sämtliche, sondern nur die einbezogenen Faktoren saldiert werden müssen.963 cc) Darstellung der Problematik anhand der HEL-Rechtsprechung Wie bereits ausgeführt, hielt der VIII. Zivilsenat in seiner ständigen HELRechtsprechung die Klauseln trotz der Beschränkung der Anpassungsparameter für transparent.964 Im Rahmen der Beurteilung der Angemessenheit nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB verläuft die Bewertung in Verbraucherverträgen jedoch entgegengesetzt. Der VIII. Zivilsenat stufte folgende Preisanpassungsregelungen als unangemessen ein: »2. Der Erdgaspreis setzt sich zusammen aus Arbeitspreisen und einem monatlichen Grundpreis. … Der Arbeitspreis errechnet sich nach der Formel: AP = 2,43 + (0,092 * (HEL – 19,92)) + 0,2024 in ct/kWh Der Arbeitspreis entha¨ lt die zusa¨ tzliche Erdgassteuer seit 01. 01. 2003 in Ho¨ he von 0,2024 ct/kWh. Die bis 31. 12. 2002 gu¨ ltige Erdgassteuer ist im Ausgangspreis bereits enthalten. Der monatliche Grundpreis (GP) wird unabha¨ ngig vom Verbrauch berechnet. Er errechnet sich nach der Formel: GP = 10,22 + (0,88 * (L – 11,61)) in E/Monat.«965

sowie »1.1 Die Arbeitspreise errechnen sich nach folgenden Formeln und enthalten die zusa¨ tzliche Erdgassteuer seit 01. 01. 2003 in Ho¨ he von 0,2024 ct/kWh. Die bis 31. 12. 2002 gu¨ ltige Erdgassteuer ist in den Ausgangspreisen bereits enthalten fu¨ r die ersten 4.972 kWh/Jahr AP = 3,21 + 0,092 * (HEL – 25,39) + 0,2024 in ct/kWh von 4.973 bis 99.447 kWh/Jahr AP = 2,88 + 0,092 * (HEL – 25,39) + 0,2024 in ct/kWh

961 Kessel/Schwedler, BB 2010, 585, 587. 962 Kessel/Schwedler, BB 2010, 585, 587. Eine Saldierung mit nicht einbezogenen Kostenfaktoren verstieße aber, wie oben gezeigt, mangels Nachprüfbarkeit ihrerseits gegen das Transparenzgebot. 963 Kessel/Schwedler, BB 2010, 585, 587. 964 Siehe dazu oben S. 79. 965 BGH, NJW 2010, 2789.

Analyse der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB

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alle weiteren kWh/Jahr AP = 2,83 + 0,092 * (HEL – 25,39) + 0,2024 in ct/kWh. 1.2 Der monatliche Grundpreis wird unabha¨ ngig vom Verbrauch berechnet. Er errechnet sich nach der Formel: GP = 9,46 + 0,88 * (L – 12,83) in E/Monat.«966

Der Grundpreis, der ausschließlich an den Lohn gekoppelt ist, berücksichtige nach den Ausführungen des Senats nicht, dass sich staatliche Abgaben oder Netz- und Vertriebskosten verringern könnten, sodass wegen der fehlenden Saldierung eine unangemessene Gewinnmaximierung ermöglicht werde.967 Auch die Arbeitspreisformel stufte er wegen der Ermöglichung der Gewinnmaximierung als unzulässig ein.968 Zum einen bilde die Klausel nicht die tatsächliche Kostenentwicklung ab, zum anderen sei durch ausschließliche Bindung an den HEL-Parameter eine Saldierung mit den sinkenden Netz- und Vertriebskosten nicht möglich.969 Hinsichtlich des Arbeitspreises wurde bereits nach den Urteilen im Jahr 2010 in der Branche gemutmaßt, dass der BGH die HEL-Klauseln gänzlich untersagen wollte.970 Er führte nämlich aus, dass die Angemessenheit der Spannungsklausel erfordere, dass sich die Marktpreise von Gas und HEL gleich entwickeln.971 Eine entsprechende Prognose war jedoch mangels eines Marktpreises für Gas nicht möglich.972 Ein berechtigtes Interesse der Weitergabe der Ölpreisbindung an den Verbraucher liege darüber hinaus nur dann vor, wenn auch die Gestehungskosten ebenso von der Ölpreisbindung abhingen.973 Letzteres Argument des BGH deutete jedoch noch nicht gänzlich auf eine Verabschiedung von der HELKlausel hin; zudem versuchte die Branche zunächst durch Auslegung des ersten HEL-Urteils, die Überprüfbarkeit der Klausel zu umgehen.974 Ziel war es, zunächst einmal der Kontrolle über die Gestaltung einer Preisberechnungsklausel mit HEL-Kopplung zu entgehen – dieser Möglichkeit be966 967 968 969

970 971 972 973 974

BGH, NJW 2010, 2789. BGH, NJW 2010, 2789, 2793. BGH, NJW 2010, 2789, 2793. BGH, NJW 2010, 2789, 2793. So sahen es auch de Wyl/Essig/Holtmeier noch in der Erstauflage des Handbuchs zum Recht der Energiewirtschaft und wiesen auf die Unwirksamkeit einer Klausel hin, wenn sie die Preisentwicklung nur von einem aus mehreren Kostenelementen abhängig mache Essig/de Wyl/Soetebeer, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, 1. Auflage, S. 606 Rn. 402. In der 4. Auflage finden sich diese Ausführungen allerdings nicht mehr, siehe de Wyl/Soetebeer, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, 4. Auflage, § 11 Rn. 298ff. Klingt auch bei Grün/Ostendorf, BB 2014, 259, 260 an. BGH, NJW 2010, 2789, 2792. BGH, NJW 2010, 2789, 2792. BGH, NJW 2010, 2789, 2792. BGH, NJW 2010, 2793. Der BGH hatte nämlich auf S. 2795 Folgendes formuliert: »Denn dieser Zusatz ist nicht Bestandteil der unmittelbaren Entgeltabrede mit der Folge, dass der vereinbarte Arbeitspreis von vornherein variabel gestellt wäre.«

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

reitete der VIII. Zivilsenat jedoch bereits 2014 durch die Funktionstrennung der Klausel in Preisfestlegung und Preismodifikation ein Ende.975 Das jüngste Urteil aus dem März 2015 scheint die inhaltlichen Anforderungen aus dem Jahr 2010 zu bestätigen.976 Es lässt aber doch für die Praxis relevante Fragen offen, denn ob sich seine Bewertung hinsichtlich der Vergleichbarkeit der Marktpreise inzwischen geändert hat, musste der Senat nicht entscheiden.977 Diese Annahme war jedoch schon 2010 problematisch, da Erdgas in Deutschland sowohl an virtuellen Handelspunkten978 (für die H-Gas Marktverantwortlichen GASPOOL und NetConnect Germany) als auch an den Energiebörsen European Energy Exchange AG (EEX) in Leipzig und European Power Exchange (EPEX SPOT SE) in Paris gehandelt wird.979 Darüber hinaus besteht auch in einem beschränkten Wettbewerbsmarkt ein Marktpreis, der zu Chancengleichheit führen kann.980 Damit konnte sich der Senat lediglich auf eine Differenzierung der Märkte zwischen der Belieferung von Industriekunden und Haushalts- und Kleingewerbekunden berufen.981 Bei letzteren ist nach Heßler/Specht nicht ohne Weiteres ein Marktpreis feststellbar, »da Angebot und Nachfrage nämlich – anders als an den VHP der Marktgebiete – nicht an zentralen Orten zusammentreffen, sondern es jeweils All-Inklusive-Preise sind, die insbesondere auch die gesamten Transportkosten enthalten.«982

Daher sind die Erdgaspreise für Haushaltskunden deutschlandweit unterschiedlich.983 Mit dem BGH-Verständnis von Heßler/Specht könnte die Klausel auch heute im b2c-Verkehr nicht an HEL geknüpft werden. Ebenso hat der BGH nicht entschieden, ob die Einbeziehung des Erdgassteuerparameters in die Klausel der Bestimmtheit im Hinblick auf die Saldierungspflicht genügt. In konsequenter Fortführung der Urteile aus dem Jahr 2010 würde in der Formel

975 BGH, NJW 2014, 2708, 2710; BGH, Urt. v. 14. 05. 2014, Az. VIII ZR 116/13, BeckRS 2014, 13807 Rn. 21. Siehe dazu auch oben S. 66. 976 Siehe dazu BGH, ZIP 2015, 979, 980. 977 Siehe dazu BGH, ZIP 2015, 979, 980. 978 Im Folgenden: VHP. 979 Heßler/Specht, ZNER 2010, 219, 222; Malcher/Puffe, in: Zenke/Wollschläger/Eder, Preise und Preisgestaltung in der Energiewirtschaft, S. 21 Rn. 30. 980 Heßler/Specht, ZNER 2010, 219, 222; Thomas, AcP 209 (2009), 84, 103; Pindyck/Rubinfeld, Mikroökonomie, S. 487. 981 Heßler/Specht, ZNER 2010, 219, 222. 982 Heßler/Specht, ZNER 2010, 219, 222. 983 Heßler/Specht, ZNER 2010, 219, 222. Hinzu kommt, dass es keinen einheitlichen Wärmemarkt gibt, siehe Mohr, in: Berliner Kommentar zum Energierecht, Band 2, § 29 GWB Rn. 94ff.

Analyse der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB

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»AP1 = AP0 + 0,091333 (HL1 – 17,60 E/hl) + EST – PA«984 die Saldierungsmöglichkeit mit den Netz- und Vertriebskosten fehlen. In diesem Paradebeispiel für die Preisanpassungsproblematik zeigt sich zunächst die heterogene Behandlung des VIII. Zivilsenats hinsichtlich Transparenz und Inhaltskontrolle bezüglich der Beschränkbarkeit der Anpassungsparameter. Zudem muss die Tragfähigkeit des Totschlagskriteriums Gewinnmaximierung überprüft werden: Gerade die HEL-Rechtsprechung deutet daraufhin, dass nicht der Verstoß gegen die Transparenz985, sondern der gegen die Gewinnmaximierung inflationär benutzt wird. dd)

Bewertung hinsichtlich der Beschränkungsmöglichkeit der Parameter und der Angemessenheit durch Chancengleichheit Wie gezeigt wurde, kritisierte der VIII. Zivilsenat ausdrücklich die Beschränkung auf einzelne Parameter. Dessen Ansicht bezüglich der Reduzierung auf wenige Faktoren (etwa Saldierung von HEL und Einkommensteuer) ist derzeit noch nicht absehbar. Es sprechen jedoch gute Gründe für eine Begrenzbarkeit der Anpassungsfaktoren. In einer HEL-Automatikklausel mit Beschränkung auf den HEL-Index und die staatlichen Abgaben oder für den Grundpreis an den Lohnkostenindex besitzen beide Vertragsparteien dieselben Chancen auf eine Steigerung oder Senkung der Preise.986 Das Äquivalenzverhältnis wird aufgrund des Erhalts der Chancengleichheit nicht verletzt – somit kann nicht kategorisch von einer unangemessenen Benachteiligung ausgegangen werden. Die fehlende Saldierung aller Preisbildungsfaktoren brächte auch nicht die Gefahr mit sich, dass der Vertragspartner einer willkürlichen Preisanpassung ausgesetzt wäre, da die Anpassungsfaktoren mit Vertragsschluss fixiert sind.987 Denn mangels Einflusses des Verwenders im Rahmen einer Gleitklausel auf die festgelegten Parameter ist jede Änderung schon im Moment des Vertragsschlusses angelegt.988 Selbst in einem eingearbeiteten Ermessen wird es entgegen der Andeutung von Heßler/Specht989 nicht anders sein. Ein erwähnenswerter Ansatz findet sich in einem HEL-Urteil des OLG Köln: Es stufte die Möglichkeit einer Gewinnmaximierung durch Bindung des Preises für Fernwärme an die Entwicklung von HEL als nicht unangemessen ein.

984 BGH, ZIP 2015, 979. AP = Arbeitspreis; HL1 = Folgewert Preis leichtes Heizöl; EST = Erdgassteuer ; PA = Preisabschlag. 985 So Schimansky, WM 2001, 1169, 1171. 986 Heßler/Specht, ZNER 2010, 219, 220. Allgemein für Gleitklauseln siehe Kessel/Schwedler, BB 2010, 585, 587f.; Thomas, AcP 209 (2009), 84, 102. 987 Kessel/Schwedler, BB 2010, 585, 588. 988 Kessel/Schwedler, BB 2010, 585, 588; Heßler/Specht, ZNER 2010, 219, 220. 989 Siehe dazu Heßler/Specht, ZNER 2010, 219, 220.

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

Maßgeblich komme es nach dem Gericht darauf an, ob die Anwendung der Klausel »das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung im Wesentlichen unberührt lässt oder ob die Klausel darauf angelegt ist, dieses Verhältnis in einer die Kunden benachteiligenden Weise zu verändern, weil die Entwicklung der Selbstkosten (Erdgas-Bezugskosten) der Bekl. voraussehbar hinter der Entwicklung des Heizölpreises zurückbleibt.«990

Das OLG Köln bezieht hier das subjektive Element von Vorsatz und Fahrlässigkeit in die Wertung ein. Schutzzweck der AGB-Kontrolle ist der Schutz vor der Ausnutzung einseitiger Gestaltungsfreiheit.991 Mit diesem Zweck ließe sich das Urteil des OLG Kölns vereinbaren, wenn man auf eine Ausnutzung der konkreten inhaltlichen Gestaltungsmöglichkeit abstellt, denn ohne bewusste Kenntnis über die Fehlentwicklung nutzt der Verwender seine Position nicht zum Nachteil des Vertragspartners aus. Die Gefahr der Hebelwirkung im Hinblick auf die angebliche Chancengleichheit bei der Faktorbegrenzung betonte allerdings die Frankfurter Allgemeine Zeitung, indem sie auf ein im Rahmen des Prozesses vor dem LG Hamburg gegen E.ON Hanse992 aufgekommenes internes Papier Bezug nahm: »Allerdings hat ein internes Papier, das an die Öffentlichkeit gelangt ist, die Glaubwürdigkeit der offengelegten Kalkulation von vornherein erschüttert. In dem Papier des Eon-Hanse-Konzerncontrolling, das die Risiken der Offenlegung intern bewertet, heißt es zum Beispiel, ›insbesondere die Verlagerung der Kosten innerhalb des Gasbereiches – im Trend zum Netz – könnte in einigen Punkten nicht plausibel sein‹. Unter Bezug auf ein Bewertungsverfahren steht in dem Papier : ›Für die Gasbranche ist das Modell prima; mit ein paar wenigen Annahmen hat man mal eben Millionenbeträge von einer Kundengruppe zur anderen geschaufelt.‹«993

Die Berücksichtigung des Problems der Kalkulationsverlagerung würde wohl den endgültigen Tod der Preisanpassungsklausel bedeuten, denn sie würde zu einer Pflicht zur Offenlegung der Kalkulation führen, die aufgrund wettbewerblicher Bedenken oben bereits kritisiert und abgelehnt wurde.994 Aus der Offenlegung wiederum würden Transparenzprobleme resultieren, da der nicht betriebswirtschaftlich vorgebildete Verbraucher kaum in der Lage wäre, entsprechend komplexe Klauseln noch zu verstehen. Eine externe Beratung wäre aufgrund von Transaktionskosten sowie der zeitlichen Verzögerung des VerOLG Köln, RdE 2009, 22, 24. Siehe oben S. 43ff. LG Hamburg, ZMR 2010, 185. Schmidt, in: F.A.Z., 12. 01. 2006, Nr. 10, Seite 12 abrufbar auf http://www.faz.net/aktuell/ wirtschaft/wirtschaftspolitik/energie-gaspreise-erreichen-rekordniveau-1302867.html (Abrufdatum: 19. 03. 2016). 994 Siehe oben S. 112ff. 990 991 992 993

Analyse der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB

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tragsschlusses sowohl für das Massengeschäft als auch für viele andere Rechtsgeschäfte unpraktikabel. Zum anderen erscheint es ausreichend, die Chancengleichheit durch Bindung an einen Referenzindex zu wahren, der dann im weiteren Vertragsverlauf nicht beeinflusst werden kann. Ob intern missbräuchliche Verlagerungen stattfinden, ist keine Frage der Angemessenheitsbeurteilung im Rahmen der AGB-Kontrolle – hier sollte nur maßgeblich sein, ob die Klausel durch die Anpassungssymmetrie einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der Vertragsparteien herbeiführen kann. Schließlich sollte die Möglichkeit einer Gewinnmaximierung nicht kategorisch als unangemessen angesehen werden.995 Gegen die Rechtsprechung des BGH spricht diesbezüglich, dass dem Verwender hinsichtlich der Interaktion von Transparenz- und Inhaltskontrolle keine unüberwindbaren Hürden auferlegt werden dürfen. Wird das Transparenzgebot als tragende Säule des AGB-Rechts anerkannt996 und im obigen Sinne ausgefüllt, muss die Inhaltskontrolle mit diesen Anforderungen in Einklang gebracht werden. Die Gewinnerzielung, die bei gewahrter Chancengleichheit erreicht wird, kann ebenso dem Vertragspartner zugutekommen, denn Gewinne verschaffen Investitions- und Innovationsanreize.997 Der Vertragspartner profitiert also von verbesserter Qualität.

c) Besondere Ansichten zu Preisänderungsvorbehaltsklauseln In Bezug auf Preisänderungsvorbehaltsklauseln wird zuweilen vertreten, dass es keiner Saldierung mit sinkenden Kosten bedürfe,998 denn dieses Erfordernis wäre durch fehlende Benennung der Preisbildungsfaktoren wirkungslos.999 Dagegen ist einzuwenden, dass dieses Argument der Saldierungspflicht nur vordergründig entgegenstehen kann, da die Transparenzvoraussetzungen mit den Anforderungen an die qualifizierten Preisanpassungsklauseln vergleichbar sind, sodass auch in diesem Bereich eine Benennung von Kostenfaktoren notwendig ist. Aus demselben Grund muss eine Ansicht ausscheiden, die eine Be995 Für die Energiebranche hatte bereits Steenbuck, MDR 2009, 122, 124 in Anlehnung an § 12 BTOELt a. F. die Zulassung von Gewinnzuschlägen angedacht, »die dem Erfordernis des Kapitalmarkts nach ausreichenden Anreizen für die Finanzierung der energiewirtschaftlichen Betätigung noch genügen.« 996 So Köndgen, NJW 1989, 946, 949; Heinrichs, in: Hadding/Hopt, Verbraucherbraucherkreditrecht, AGB-Gesetz und Kreditwirtschaft, Bankrechtstag 1990, 101, 102. Horn, WM 1997, Sonderbeilage Nr. 1, S. 18, spricht vom Grundprinzip des AGB-Rechts. Nasall, JZ 1995, 689, 692, sieht darin zudem ein Grundprinzip des Verbraucherschutzes. Zur Gegenansicht siehe Roller, BKR 2008, 220, 225. 997 Cox/Hübener, in: Handbuch des Wettbewerbs, 1, 4. 998 Schöne, in: Graf von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Stromlieferverträge Rn. 213. 999 Schöne, in: Graf von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Stromlieferverträge Rn. 213.

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

grenzung auf die Änderung »allfälliger Kostensteigerungen« ausreichen lässt, um das Äquivalenzverhältnis zu wahren.1000 In der Literatur findet sich zudem der Ansatz, die Unschädlichkeit einer Gewinnmaximierung über Billigkeitserwägungen herzuleiten. Graf von Westphalen hält den gewinnmaximierenden Charakter einer Preisänderungsvorbehaltsklausel aufgrund der Möglichkeit der Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB für unschädlich.1001 Ähnlich, aber mit etwas anderem Einschlag, schlägt de Wal eine vom Verwender in der Klausel selbst auferlegte Billigkeitsschranke vor, die eine gewinnmaximierende Preiserhöhung heilt.1002 Nach beiden Ansätzen wäre eine angemessene und verhältnismäßige Gewinnerhöhung zulässig. Gegen diese Lösungen aus § 315 BGB können dieselben Argumente wie im Rahmen der Transparenz vorgebracht werden: Der Regelung des § 315 BGB kann sowohl durch den Charakter als Ausnahmevorschrift als auch durch die nachgelagerte Prüfungsebene keine Fähigkeit zur Auslegungsbeeinflussung (im Sinne einer Abmilderung der Anforderungen) des § 307 Abs. 1 BGB zugesprochen werden.1003 Somit wird eine Zulässigkeit der Gewinnmaximierung lediglich über die Chancengleichheit begründet.

d) Refinanzierungsabhängige Zinsanpassungsklauseln Mit einer refinanzierungsabhängigen Zinsgleitklausel, die an einen von unabhängigen Stellen bestimmten, öffentlich zugänglichen Referenzzins gekoppelt ist, verhält es sich wie mit börsen- und marktpreisorientieren Preisanpassungsklauseln,1004 denn von dem Referenzzinssatz kann erwartet werden, dass er »sich möglichst korrekt zum relevanten Produktmarkt entwickelt.«1005 Damit bleibt der von den Vertragsparteien vereinbarte Abstand zwischen Zins und Referenzzins (Spread) bei jeglicher Veränderung des Zinssatzes parallel zum Markt gleich.1006 Dies gilt auch dann, wenn der vereinbarte Zins nicht den realen Markt widerspiegelt, sondern aufgrund fiktiver Umsätze abweicht (die Festlegung des Ausgangszinses ist als Preishauptabrede kontrollfrei), da das Äquivalenzverhältnis durch den Spread festgelegt wurde.1007 Wird hingegen ein nicht allgemein anerkannter, unabhängiger Referenzzins gewählt oder ein Referenz1000 1001 1002 1003 1004 1005

Thomas, AcP 209 (2009), 84, 95. Graf von Westphalen, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 707, 728. De Wal, Preis- und Preisänderungskontrolle in Energielieferungsverträgen, S. 177. Siehe dazu oben S. 96ff und S. 130ff. Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 216; Schebesta, BKR 2005, 217, 221. Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 216. Zum Erfordernis dieser Parallelentwicklung im Rahmen von Zinsanpassungsklauseln siehe BGH, NJW 2010, 1742, 1744; Schimansky, WM 2003, 1449, 1452. 1006 Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 216; vgl. für das Aktivgeschäft AG Koblenz, WM 2007, 2057. 1007 Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 216.

Analyse der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB

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zins, der nicht imstande ist, die Refinanzierung nachzubilden, besteht die Gefahr unzulässiger Äquivalenzverschiebungen.1008 Im Vergleich zu anderen Vertragsarten ist bei Zinsanpassungsklauseln jedoch ein Unterschied bei der Wahrung des Äquivalenzprinzips zu beachten: Nach der Rechtsprechung des XI. Zivilsenats ist bei Zinsanpassungsklauseln vertragstypusbedingt nicht das anfängliche Preis-Leistungsverhältnis (und damit einhergehend das Verbot der Gewinnmaximierung), sondern das Verhältnis zu vergleichbaren Produkten auf dem konkreten Markt (z. B. Darlehens- oder Sparvertragsmarkt) maßgeblich.1009 Damit muss bei einer Zinsanpassung das Verhältnis zum Referenzzins erhalten bleiben, selbst wenn daraus eine Erhöhung der Gewinnmarge folgen sollte.1010 Trotz dieser Einordnung sind bei Zinsanpassungsklauseln mit Blick auf das Gebot der Verwendung eines marktnahen Referenzzinssatzes die unterschiedlichen Berechnungsmethoden der Anpassungshöhe zu beachten.1011 Wird die Differenzmethode verwendet, ist die Entwicklung des Referenzzinssatzes in Prozentpunkten zu berechnen.1012 Die Anpassungshöhe ergibt sich sodann aus folgender Berechnung: Variabler Zinssatz +/– errechneter Prozentzinssatz.1013 Bei der Verhältnismethode ist der variable Zinssatz in demselben prozentualen Verhältnis anzupassen, wie sich der Referenzzinssatz verändert hat.1014 Um einen 1008 Habersack, WM 2000, 753, 754; Bruchner, BKR 2001, 16, 18. 1009 BGH, NJW 2010, 1742, 1744. Siehe dazu auch Wimmer/Rösler, WM 2011, 1788, 1790ff. 1010 BGH, NJW 2010, 1742, 1744. Darüber hinaus sind nach den Ausführungen des Senats zwei verschiedene Äquivalenzverhältnisse denkbar : So wird zwischen dem absoluten und dem relativen Abstand von Vertragszins und Referenzzins differenziert. Bei der absoluten Äquivalenzerhaltung bestehe zwischen Referenzzins und dem neuen Zins über die gesamte Vertragslaufzeit derselbe Abstand. Dies sei nach dem XI. Zivilsenat aber nicht interessengerecht, da der Bank eine absolute Gewinnmarge zugesichert werde und dies im schlechtesten Fall dazu führen könne, dass der Sparvertrag Negativzinsen unterliege. Stattdessen sei in dem konkreten Sparvertrag der relative Abstand zwischen Vertrags- und Referenzzins interessengerecht gewesen. Denn dieser Abstand gewährleiste »zum einen, dass der Vertragszins immer den gleichen prozentualen Abstand zum Referenzzins beibehält und so das Grundgefüge der Vertragskonditionen über die gesamte Laufzeit beibehalten wird, also ein günstiger Zins auch günstig bleibt. Zum anderen verhindert die Maßgeblichkeit des prozentualen Abstands zwischen Vertrags- und Referenzzins die Verstetigung einer absoluten Gewinnmarge und das Absinken des Vertragszinses auf Null oder ins Negative«, BGH, a. a. O. 1011 Siehe hierzu die Ausführungen von Bruchner/Krepold, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 78 Rn. 85f., insbesondere die dortigen Berechnungsbeispiele. 1012 Bruchner/Krepold, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 78 Rn. 85. 1013 Bruchner/Krepold, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 78 Rn. 85, mit dem Beispiel: Steigerung des Referenzzinssatzes um 4 Prozentpunkte (von 4 % auf 8 %), sodass sich der variable Zinssatz von 6 % auf 10 % erhöht. 1014 Bruchner/Krepold, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 78 Rn. 85, mit dem Beispiel: Steigerung des Referenzzinssatzes um 100 % (von 4 % auf 8 %), sodass sich der variable Zinssatz von 6 % auf 12 % erhöht.

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

marktnahen Zinssatz zu gewährleisten, muss nach Bruchner/Krepold die Differenzmethode gewählt werden.1015 Denn die Verhältnismethode neige zu höheren Ausschlägen und könne somit zu ungerechtfertigten Erhöhungen der Gewinnmarge führen.1016 e) Bonitätsabhängige Zinsanpassungsklauseln Ungenauigkeiten in der Gewichtung können im Rahmen bonitätsabhängiger Zinsanpassungsklauseln vernachlässigt werden: Ihnen kommt die Besonderheit zu, dass die Kreditinstitute an einem möglichst positiven Rating interessiert sind, da dieses sich auf das bankenaufsichtsrechtlich vorgeschriebene Eigenkapital auswirkt.1017 Ein Downrating während der Vertragslaufzeit würde somit zu einem potentiellen Verlust führen, da das vorzuhaltende Eigenkapital nicht im Anlagegeschäft verwendet werden kann.1018 Daher wird teilweise vertreten, dass eine Begrenzung der Angaben der Klausel auf Ratingkriterien (z. B. auf die Eigenkapitalquote) und die potentiellen Auswirkungen einer Umstandsänderung auf das interne Rating keine Unangemessenheit im Sinne von § 307 Abs. 1 S. 1 BGB darstellt.1019 Hingegen ist die Saldierungspflicht auch im Rahmen bonitätsabhängiger Zinsanpassungsklauseln zu verlangen, da das Bonitätsrating des Vertragspartners durch nachträgliche Kreditsicherheiten positiv beeinflusst werden kann.1020 Problematisch erscheint allerdings auch hier die Begrenzung der Bonitätsbewertungsfaktoren, da die tatsächliche Kreditausfallwahrscheinlichkeit in diesem Fall nur bruchstückhaft abgebildet wird.1021 Dem Problem ist dadurch zu be1015 Bruchner/Krepold, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 78 Rn. 86. 1016 Bruchner/Krepold, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 78 Rn. 86. 1017 Ohletz, BKR 2007, 129, 134; von der Linden, WM 2008, 195; Rossbach, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1386 Rn. 11.89; Wittig, ZHR 169 (2005), 212, 239; Kersting, ZIP 2007, 56, 60. Zur Eigenkapitalpflicht siehe Becker/Brackschulze/Müller, DStR 2004, 740; Schmeisser/Schmeisser, DStR 2005, 344; Fischer, in: Tietmeyer/Rolfes, Die Banken und der Mittelstand, 113, 117. 1018 von der Linden, WM 2008, 195; Kersting, ZIP 2007, 56. Aus diesem Grund mache ein schlechtes Rating zur Rechtfertigung höherer Zinsen für das Kreditinstitut keinen Sinn, so Rossbach, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1386 Rn. 11.89. Zudem wirkt sich die Eigenkapitalquote auch auf die Möglichkeit der Fremdkapitalbeschaffung aus, Küting/Dürr, DStR 2005, 938, 943. 1019 Rossbach, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1386 Rn. 11.89; Wittig, ZHR 169 (2005), 212, 237; a. A. Mülbert, WM 2004, 1205, 1212, der die Anpassung der Ratingsysteme an die (harten) rechtlichen Vorgaben fordert: »Damit liegt die Herausforderung nunmehr bei den einzelnen Kreditinstituten. Diese sind aufgefordert, mit wenigen Parametern operierende Ratingsysteme zu entwickeln, die sich einerseits für den Durchschnittskunden verständlich und nachvollziehbar darlegen lassen, und andererseits die Veränderungen des Kreditnehmerrisikos gleichwohl sensitiv abbilden.« 1020 Ohletz, BKR 2007, 129, 133. 1021 Wand, WM 2005, 1969, 1973.

Analyse der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB

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gegnen, dass ein bankenaufsichtsrechtlich anerkanntes Risikoklassifizierungsverfahren (Internal Rating Based Approach, sog. IRB-Ansatz), das in einer transparenten Klausel verankert ist, eine Zinsanpassung ermöglichen muss.1022 Damit wird dem Schutzzweck aus den Basel-Rahmenvereinbarungen und der Richtlinie 2013/36/EU entsprochen. Eine andere Beurteilung könnte als richtlinienwidrig angesehen werden. 3. Zwischenergebnis Als Ergebnis der oben entwickelten Ausführungen sollte nicht zwanghaft am Begriff der Gewinnmaximierung festgehalten, sondern auf die Chancengleichheit geachtet werden. Der verwerfliche bzw. unangemessene Charakter einer Preisanpassungsklausel entsteht erst durch missbräuchliche Einseitigkeit, etwa durch die Ermöglichung von Lockvogelangeboten. Sind die Anpassungsvoraussetzungen jedoch klar bestimmt und die Chancengleichheit faktisch eingearbeitet, kann die Klausel angemessen sein. Dann muss in der Angemessenheitsbewertung nur noch darauf geachtet werden, ob eine realistische Chancengleichheit besteht oder ob der Verwender Parameter gewählt hat, die sich ausschließlich zu seinen Gunsten entwickeln können. Dadurch wird der Verwender in der Gestaltung flexibel und entgeht der »Quadratur des Kreises«. 4.

Vertragslösungsrecht als Angemessenheitserfordernis

a) Befürwortende Rechtsprechung und Literatur Zum Teil findet sich in Literatur und Rechtsprechung die Ansicht, dass es zur Herbeiführung eines angemessenen Interessenausgleichs neben den obigen Voraussetzungen eines kumulativen Vertragslösungsrechts bedürfe.1023 In der Folge wäre die Klausel mit dem Gebot von Treu und Glauben nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB nur dann vereinbar, wenn sie einen Vertragslösungsmechanismus enthielte, der dem Vertragspartner einen Ausgleich gegenüber dem einseitig zugesprochenen und in Anspruch genommenen Preisänderungsrecht gäbe. So sah es auch eine in der Literatur als konsumenten- / verbraucherfreundlich1024 bezeichnete Entscheidung des OLG Frankfurt am Main aus dem Jahr 1980:1025 1022 Wand, WM 2005, 1969, 1973; Rossbach, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 1385 Rn. 11.88. 1023 OLG Frankfurt, BB 1980, 1550, 1551; Löwe, NJW 1995, 1726, 1727; ders. forderte die Einräumung eines kumulativen Vertragslösungsrechts bereits in BB 1982, 152, 157. Jung, BB 1981, 1606. In der neueren Literatur siehe Borges, in: Abels/Lieb, AGB im Spannungsfeld zwischen Kautelarpraxis und Rechtsprechung, 51, 62; Beckmann, VersR 1996, 540, 543 mit Bezugnahme auf BVerwG, VersR 1981, 221. 1024 So Micklitz, BB 1981, 635; Jung, BB 1981, 1606, 1609. 1025 OLG Frankfurt, BB 1980, 1550, 1551.

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

Der Urteilsbegründung zufolge verstieß hier eine Tagespreisklausel (unter anderem aufgrund fehlenden Vertragslösungsrechts) gegen Treu und Glauben.1026 In der Literatur wird die Ansicht vertreten, dass langfristige Vertragsbeziehungen, die ohne Kündigungsrecht bei Erhöhung der Preise ausgestaltet sind, aufgrund einhergehender unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners grundsätzlich in Frage zu stellen seien.1027 Das fehlende Vertragslösungsrecht verstärke die Überlegenheit des Verwenders und widerspreche damit dem Gerechtigkeitsgebot der ursprünglich ausgehandelten Vertragsäquivalenz.1028 Dabei wird das kumulative Vertragslösungsrecht aus seiner Funktion abgeleitet:1029 Es sei ein Instrument zur Wahrung der Interessen des Vertragspartners.1030 Durch eine Preiserhöhung könne sein Interesse an der Aufrechterhaltung des Vertrages abnehmen – und zwar unabhängig davon, ob die Preisanpassung anhand einer wirksamen oder unwirksamen Klausel erfolge.1031 Bezüglich Prämienanpassungsklauseln wurden die Ausführungen des BVerwG im D.A.S.-Urteil als Zeichen für ein kumulatives Vertragslösungsrecht als Zu-

1026 OLG Frankfurt, BB 1980, 1550, 1551. Auch in der späteren Entscheidung des OLG Frankfurt, NJW-RR 1987, 1462, 1463f. scheint das Gericht dieser Wirksamkeitseinschätzung treu zu bleiben: Es sprach von dem berechtigten Interesse der Preiserhöhung und forderte im Gegenzug den Ausgleich durch ein Vertragslösungsrecht. Ebenso LG Köln, NJW-RR 1987, 885, 886. 1027 Löwe, NJW 1995, 1726, 1727; Löwe; BB 1982, 152; Jung, BB 1981, 1606; Borges, in: Abels/ Lieb, AGB im Spannungsfeld zwischen Kautelarpraxis und Rechtsprechung, 51, 62. A. A. Paulusch, in: Heinrichs, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55, 77 und Wolf, ZIP 1987, 341, 351, die das Schutzbedürfnis des Verbrauchers zwar anerkennen, jedoch vertreten, dass ein Vertragslösungsmechanismus ausschließlich über die Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung bzw. der Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage zu erfolgen habe. 1028 Jung, BB 1981, 1606, 1609, der diese These durch das Zeitschriftenabonnementurteil des VIII. Zivilsenats vom 11. 06. 1980 zu untermauern versucht. Doch kann dieser Übertragung nicht zugestimmt werden. Die Preisvorbehaltsklausel im Zeitschriftenabonnementurteil wurde aufgrund des Vorbehalts jeder beliebigen Preiserhöhung als gegen § 9 AGBG verstoßend beurteilt. Es wurde somit ein Verstoß gegen Treu und Glauben durch die Möglichkeit der Gewinnmaximierung sowie ein Verstoß gegen das Transparenzgebot festgestellt. Von einer Unwirksamkeit aufgrund eines fehlenden Vertragslösungsrechts ist nicht die Rede. Dieses wird lediglich als möglicher Interessenausgleich unter Berufung auf die Begründung des Regierungsentwurfs in Erwägung gezogen. Eine Vertiefung oder gar eine Entscheidung in Richtung einer Zulässigkeitsvoraussetzung erfolgt nicht. Vgl. dazu BGH, NJW 1980, 2518, 2519. 1029 Borges, in: Abels/Lieb, AGB im Spannungsfeld zwischen Kautelarpraxis und Rechtsprechung, 51, 62. 1030 Borges, in: Abels/Lieb, AGB im Spannungsfeld zwischen Kautelarpraxis und Rechtsprechung, 51, 62. 1031 Borges, in: Abels/Lieb, AGB im Spannungsfeld zwischen Kautelarpraxis und Rechtsprechung, 51, 62f. Die Hervorhebung des Vertragspartnerinteresses erfolgt auch bei Eder/ vom Wege, in: Zenke/Wollschläger/Eder, Preise und Preisgestaltung in der Energiewirtschaft, S. 125 Rn. 93.

Analyse der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB

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lässigkeitsvoraussetzung interpretiert.1032 Hätte der Gesetzgeber etwas anders gewollt, hätte dieser seinen abweichenden Standpunkt bei der Einführung des § 31 VVG zum Ausdruck bringen können oder sogar müssen.1033 b) Wertung der Richtlinie Nach Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 93/13/EWG enthält der Anhang der Richtlinie eine als Hinweis dienende, nicht erschöpfende Liste der Klauseln, die fu¨ r missbräuchlich erklärt werden können. So findet sich in Nr. 1 lit. l) der Hinweis, dass eine Klausel missbräuchlich ist, die den Verkäufer einer Ware oder den Erbringer einer Dienstleistung dazu ermächtigt, den Preis zum Zeitpunkt der Lieferung festzusetzen oder zu erhöhen, ohne dass der Verbraucher ein Recht hat, vom Vertrag zuru¨ ckzutreten, wenn der Endpreis im Verhältnis zum Preis, der bei Vertragsabschluss vereinbart wurde, zu hoch ist.1034 Hier müssen jedoch zwei Einschränkungen hinsichtlich der Entnahme einer Wertung beachtet werden: Zum einen nimmt Nr. 2 lit. d) des Anhangs indexgebundene Automatikklauseln aus dem Anwendungsbereich heraus,1035 zum anderen entspringt dem EuGH zufolge aus dem Hinweis keine Verbindlichkeit für die Mitgliedstaaten. Denn »was den in Artikel 3 Absatz 3 der Richtlinie erwähnten Anhang angeht, […], so heißt es in dieser Bestimmung wörtlich, dass er eine als Hinweis dienende und nicht erschöpfende Liste der Klauseln enthält, die für missbräuchlich erklärt werden können. Es steht fest, dass eine in der Liste aufgeführte Klausel nicht zwangsläufig als missbräuchlich anzusehen ist und umgekehrt eine nicht darin aufgeführte Klausel gleichwohl für missbräuchlich erklärt werden kann.«1036

1032 Beckmann, VersR 1996, 540, 543 mit Bezugnahme auf BVerwG, VersR 1981, 221. Hätte das BVerwG das Vertragslösungsrecht nicht zur Voraussetzung neben die allgemeinen Anforderungen gestellt, hätte das Gericht nach den Ausführungen Beckmanns bereits die Klausel aus dem ersten Hilfsantrag für wirksam erklären müssen. Ebenso auch Harerer, in: Berliner Kommentar zum Versicherungsrecht, § 31 VVG Rn. 15. Gegen eine kumulative Zulässigkeitsvoraussetzung spricht sich Marlow (in: Festschrift für Horst Baumann, 209, 222) aus, der das D.A.S.-Urteil durch die BGH-Rechtsprechung als überholt ansieht. 1033 Beckmann, VersR 1996, 540, 543; Marlow, in: Festschrift für Horst Baumann, 209, 222, der, wie in der vorherigen Fußnote erwähnt, der BGH-Rechtsprechung größere Bedeutung zumisst. 1034 Wie sich aus einem Vergleich der deutschen mit der englischen, französischen und spanischen Fassung ergibt, sind entgegen des deutschen Wortlauts auch Preisanpassungen nach erfolgter Lieferung von Hinweis Nr. 1 lit. l) erfasst, siehe dazu Grüneberg, in: Palandt, § 310 Rn. 40. 1035 Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 141. 1036 EuGH, Urt. v. 07. 05. 2002, Rs. C-478/99 – Kommission gegen Königreich Schweden, Slg. 2002, I-4165, I-4172f. Rn. 20. Siehe zur Folgerechtsprechung auch EuGH, Urt. v. 01. 04. 2004, Rs. C-237/02 – Freiburger Kommunalbauten GmbH Baugesellschaft & Co. KG gegen Ludger Hofstetter, Ulrike Hofstetter Slg. 2004, I-3412, I-3422 Rn. 20; EuGH, Urt. v. 04. 06.

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

Für die hier in Rede stehenden Zwecke kann dem Hinweis entnommen werden, dass der Richtliniengeber eine Tendenz dahin verspürte, dass ein einseitiges ermessensgebundenes Preisanpassungsrecht eines Ausgleichs durch ein Vertragslösungsrecht bedürfe. Darüber hinaus wurde bereits ausgeführt, dass der EuGH in den Rechtssachen Nemzeti Fogyasztjv8delmi Hatjs#g gegen Invitel T#vközl8si Zrt. und RWE Vertrieb AG gegen Verbraucherzentrale NordrheinWestfalen ein kumulatives Vertragslösungsrecht forderte, um den Anforderungen aus Art. 3 und 5 der Richtlinie 93/13/EWG zu genügen.1037 c) Herleitung einer gesetzlichen Wertung Neben der bereits oben aus dem AGB-Recht (§ 309 Nr. 1 und Nr. 10 BGB) hergeleiteten Wertung könnten sich aus § 489 Abs. 2 BGB, § 561 Abs. 1 BGB und § 40 Abs. 1 VVG weitere Anhaltspunkte ergeben.1038 Zunächst ist auf § 489 Abs. 2 BGB einzugehen, der für alle Darlehensverträge mit veränderlichem Zinssatz gilt.1039 In der Begründung zum Referentenentwurf zur Aufhebung des § 247 BGB a. F. und Einfügung des § 609a BGB a. F. (jetzt § 489 BGB) heißt es ausdrücklich, dass »sich ein besonderes Interesse des Schuldners an der Lösung vom Vertrag ergeben« könne.1040 Als Anwendungsbeispiel für das Vertragslösungsrecht wird der Fall einer fehlenden Preissenkung angeführt:1041 Hier sei ein

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2009, Rs. C-243/08, Pannon GSM Zrt. gegen Erzs8bet Sustikn8 Györfi, Slg. 2009, I-4716, I4729 Rn. 38. EuGH, Urt. v. 21. 03. 2013, Rs. C-92/11 – RWE Vertrieb AG gegen Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e. V., NJW 2013, 2253, 2256 Rn. 55f.; EuGH, Urt. v. 26. 04. 2012, Rs. C-472/10 – Nemzeti Fogyasztjv8delmi Hatjs#g gegen Invitel T#vközl8si Zrt., ZIP 2012, 2020, 2021 Rn. 24. Siehe dazu oben S. 136ff. Siehe zur Herleitung aus dem AGB-Recht oben S. 138ff. Hopt/Mülbert, WM 1990, Sonderbeilage Nr. 3, S. 4; Mülbert, in: Staudinger, § 489 Rn. 53. Nach dem Gesetzentwurf muss die Veränderlichkeit »jederzeit« eintreten können, BTDrucksacke 10/4741, S. 23. Damit dürfte zu keinem Zeitpunkt ein fester Zinssatz bestehen, Rohe, in: Bamberger/Roth, BGB, § 489 Rn. 16. Obwohl diese Voraussetzung für eine Begrenzung der Norm auf Zinsgleitklauseln spricht, nehmen Mülbert, in: Staudinger, § 489 Rn. 54; Rohe, in: Bamberger/Roth, BGB, § 489 Rn. 16 die Anwendbarkeit auch bei Zinsanpassungsklauseln an. Von § 489 Abs. 2 BGB sind auch bonitätsabhängige Zinsanpassungsklauseln erfasst: Rösler/Sauer, in: Festschrift für Gerd Nobbe, 437, 447; Rohe, in: Bamberger/Roth, BGB, § 489 Rn. 16. Bei bonitätsabhängigen Zinsgestaltungen in Form eines Margengitters steht der Zinssatz hingegen für einen bestimmten Zeitraum fest, sodass § 489 Abs. 2 BGB keine Anwendung findet, siehe hierzu Rossbach, in: Kümpel/ Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 11.139; Achtert, BKR 2007, 318; Mülbert, in: Staudinger, § 489 Rn. 55. Referenten-Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§§ 247, 609a BGB), in: WM 1985, 1488, 1490. Referenten-Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§§ 247, 609a BGB), in: WM 1985, 1488, 1490.

Analyse der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB

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Vertragslösungsrecht interessengerechter als die Angewiesenheit auf die Billigkeitskontrolle.1042 Deutlicher wird der Gesetzentwurf der Fraktionen CDU/CSU und FDP zur A¨ nderung wirtschafts- und verbraucherrechtlicher Vorschriften: »Hier erscheint ein maßvoll ausgestaltetes allgemeines Ku¨ ndigungsrecht des Schuldners als ein wesentliches und wirksames Gegengewicht gegen das Zinsbestimmungsrecht des Gla¨ ubigers; dabei soll das Kündigungsrecht dem Schuldner auch die Mo¨ glichkeit ero¨ ffnen, bei allgemein sinkendem Zinsniveau auf eine Herabsetzung der Zinsen zu dringen.«1043

Auch wenn diese Begründung auf ein schrankenloses Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB zugeschnitten war,1044 ist die Einarbeitung eines Gegengewichts heute im Sinne des angemessenen Interessenausgleichs nach § 307 Abs. 1. S. 1 BGB zu verstehen. Das Zugeständnis des Druckmittels richtet sich gegen die einseitige Ausnutzung der Klausel und dient damit der Erreichung der beiderseitigen Äquivalenzerhaltung. Normzweck des § 489 BGB ist es somit, dem Vertragspartner eine Art Waffengleichheit für das einseitige Leistungsbestimmungsrecht zu geben.1045 Mit anderen Worten: Der Verwender erhält ein einseitiges Anpassungsrecht und der Vertragspartner ein Vertragslösungsrecht. Damit ist zugleich gezeigt, dass ein Kündigungsrecht nicht als Kompensation eines Mangels dienen kann, sondern ein zusätzliches Recht vermittelt, um den Verwender zu einer angemessenen Verwendung der Klausel zu verleiten. Der Vertragspartner erhält es nicht, um ein Defizit zu heilen. Im Versicherungsvertragsgesetz gewährt § 40 VVG dem Versicherungsnehmer ein vorzeitiges Vertragslösungsrecht für den Fall, dass sich die Prämie erhöht, die Versicherungsleistung aber gleich bleibt. Bei Versicherungsverträgen ist damit das Äquivalenzverhältnis zwischen Prämie und Regulierungsaufwand relevant. Passt der Versicherer die Prämie aufgrund einer Verschiebung des Regulierungsaufwands an, soll der Versicherungsnehmer in die Lage versetzt 1042 Referenten-Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§§ 247, 609a BGB), in: WM 1985, 1488, 1490. 1043 BT-Drucksache, 10/4741, S. 22. 1044 Siehe dazu den Referenten-Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§§ 247, 609a BGB), in: WM 1985, 1488, 1490. Siehe auch Mülbert, WM 2004, 1205, 1211. 1045 Hopt/Mülbert, WM 1990, Sonderbeilage Nr. 3, S. 4; K. P. Berger, in: MünchKommBGB, § 489 Rn. 3; Ohletz, BKR 2007, 129, 138f., nach dem die Waffengleichheit mit Bezug auf die Regierungsbegründung auch für Klauseln gilt, durch die der Verwender keinen Einfluss mehr auf die Zinsanpassung hat. Dem ist zuzustimmen: Zum einen hat der Verwender durch die Aufnahme der Klausel von seiner Gestaltungsfreiheit Gebrauch gemacht, zum anderen ist jede weitere automatische Zinsanpassung auf diese Gestaltung zurückzuführen und damit seiner Sphäre zuzurechnen.

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

werden, zu prüfen, ob er ein Bestandsinteresse an dem Vertrag hat.1046 Auch hieraus ergibt sich ein Gegengewicht, um unangemessenen Prämienerhöhungen vorzubeugen. In Verbraucherdarlehensverträgen und Versicherungsverträgen wäre der Klauselbestandteil damit eine Wiedergabe der tatsächlichen Gesetzeslage. Das Ziel des Gegengewichts ist aber nicht nur auf diese Branchen, sondern auf sämtliche Dauerschuldverhältnisse übertragbar. d) Herleitung einer entgegengesetzten gesetzlichen Wertung in der Literatur In der Literatur findet sich allerdings auch die entgegengesetzte Meinung, welche die Wirksamkeitsfunktion des Vertragslösungsrechts aufgrund von Wertungen des Gesetzes bestreitet. So wird aus § 315 BGB die grundsätzliche Anerkennung einer einseitigen Bestimmungsmacht abgeleitet, die bei einer Qualifikation des Vertragslösungsrechts als Wirksamkeitsvoraussetzung in Frage gestellt würde.1047 Darüber hinaus wird angeführt, die durch ein Vertragslösungsrecht erreichte Angemessenheit sei einzelfallabhängig und habe deshalb auf der Ausübungsseite im Rahmen des § 315 Abs. 3 BGB zu erfolgen.1048 Ein weiterer Einwand ist ein möglicher Wertungswiderspruch zum Institut der Störung der Geschäftsgrundlage, da dieses primär die Vertragsanpassung (§ 313 Abs. 1 BGB) und erst subsidiär bei Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit (§ 313 Abs. 3 BGB) die Vertragslösung vorsehe.1049 Darüber hinaus sei das Interesse der Vertragsparteien nicht die Vertragsauflösung, sondern die Durchführung des Vertrages, sodass ein Kündigungsrecht nicht zum Interessenausgleich führen könne.1050 e) Vermittelnde Ansicht in der Literatur: Schwellenlösung Innerhalb der Ansicht, das Vertragslösungsrecht als kumulative Zulässigkeitsvoraussetzung einzustufen, wird der Kompromiss der Schwellenlösung vorgebracht:1051 Danach besteht das Vertragslösungsrecht erst bei Überschreiten einer 1046 Beckmann, in: Bruck/Möller, Versicherungsvertragsgesetz, Band 2, § 40 Rn. 5, 10. Michaelis, in: Schwintowski/Brömmelmeyer, Praxiskommentar zum Versicherungsvertragsgesetz § 40 Rn. 3. 1047 Wiedemann, Preisänderungsvorbehalte, S. 53. 1048 Wiedemann, Preisänderungsvorbehalte, S. 54 sowie 136. 1049 Lübke-Detring, Preisklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 96ff.; sich anschließend Wiedemann, Preisänderungsvorbehalte, S. 53f. 1050 Lübke-Detring, Preisklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 104ff. 1051 Micklitz, BB 1981, 635; Borges, in: Abels/Lieb, AGB im Spannungsfeld zwischen Kautelarpraxis und Rechtsprechung, 51, 63; Schulze Schwienhorst, Aufsichts- und wettbewerbsrechtliche Probleme der Prämienanpassungsklausel, S. 56ff. Das BVerwG nahm in der D.A.S.-Entscheidung die Erforderlichkeit eines Kündigungsrechts bei einer Erhöhung von 15 % innerhalb eines Jahres oder 30 % innerhalb von drei Jahren angenommen, BVerwG, VersR 1981, 221, 226.

Analyse der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB

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festgelegten Schwelle.1052 Ein uneingeschränktes Vertragslösungsrecht führe zum Problem der Übervorteilung des Vertragspartners.1053 Denn es bestehe kein berechtigtes Vertrauen in den unveränderten Fortbestand des Vertragsverhältnisses, sodass erst eine Unzumutbarkeitsschwelle erreicht sein müsse.1054 Zum Teil wird dieses von einer Kompensationswirkung losgelöste, selbstständige Vertragslösungsrecht als allgemeiner Rechtsgedanke normativ in § 651a Abs. 4 und Abs. 5 BGB verankert gesehen:1055 Die Vertragsparteien müssten sich danach über ein ordentliches (und damit eigenständig neben dem Preisanpassungsrecht bestehendes) Vertragslösungsrecht von unzumutbaren Verträgen lösen können.1056 Voraussetzung sei aber, dass dieser Grundsatz nur unter Berücksichtigung der Vertragsumstände Anwendung finde.1057 Berücksichtigt werden müsse insbesondere, inwiefern sich der in Frage stehende Vertrag vom Reisevertragsrecht unterscheide.1058 Die gesetzliche Verankerung könnte darüber hinaus in § 314 Abs. 1 BGB und dessen Voraussetzung eines wichtigen Grundes gesehen werden. Die Schwelle würde sodann ein Äquivalent zum wichtigen Grund darstellen. Bei ihrem Überschreiten würde ein unzumutbarer Eingriff in ein essentialia negotium vermutet und ein Ausgleich durch ein Vertragslösungsrecht erforderlich.1059 Stellte nun aber die schwellenüberschreitende Preisanpassung tatsächlich das Äquivalent zum wichtigen Grund dar, wäre das Erfordernis obsolet, da dieses bereits gesetzlich verankert ist. Angemessenheitsvoraussetzung kann demnach nur ein vertraglich gewährtes leichter zu verwirklichendes Vertragslösungsrecht sein. Zudem würde dem Verwender Einfluss auf die Druckmittelqualität des Vertragslösungsrechts zugestanden, indem er geringfügig unter der Hürde bleibt und eine Kündigung damit ausschließt. Kritisch zu sehen ist die Schwellenlösung zudem aus einer Folgebetrachtung 1052 Micklitz, BB 1981, 635. Für ein Vertragslösungsrecht bei starken Preisausschlägen siehe BGH, BB 1982, 146; OLG Stuttgart, BB 1982, 148; Kötz, BB 1982, 644. Ulmer, BB 1982, 1125, 1132; Löwe, BB 1982, 152, 157 (ab ca. 5 Prozent); J. Becker, in: Bamberger/Roth, BGB, § 309 Nr. 1 Rn. 28f. 1053 Beckmann, Die Zulässigkeit von Preis- und Prämienanpassungsklauseln nach dem AGBGesetz, S. 143. 1054 Beckmann, Die Zulässigkeit von Preis- und Prämienanpassungsklauseln nach dem AGBGesetz, S. 143. 1055 Dammann, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 309 Nr. 1 Rn. 131; J. Becker, in: Bamberger/Roth, BGB, § 309 Nr. 1 Rn. 29. Wohl auch Borges, in: Abels/Lieb, AGB im Spannungsfeld zwischen Kautelarpraxis und Rechtsprechung, 51, 63. 1056 J. Becker, in: Bamberger/Roth, BGB, § 309 Nr. 1 Rn. 29. 1057 Dammann, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 309 Nr. 1 Rn. 131. 1058 Dammann, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 309 Nr. 1 Rn. 131. 1059 Der wichtige Kündigungsgrund im Sinne von § 314 Abs. 1 BGB verlangt die Unzumutbarkeit des Festhaltens an dem Vertrag, siehe BGH, NJW-RR 2009, 1189 und Grüneberg, in: Palandt, § 314 Rn. 7.

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

heraus: Unausweichliche Folge nämlich ist das Problem der Schwellenfestlegung.1060 Das Gericht muss beurteilen, bis zu welcher Schwelle eine Preiserhöhung angemessen ist, wann also ein Vertragslösungsrecht zwingend erforderlich wird. In Betracht käme, die Schwelle in Anlehnung an § 651a BGB zu definieren.1061 § 651a Abs. 5 S. 2 BGB verlangt, dass der Vertragspartner im Falle einer Erhöhung des Reisepreises um mehr als fünf vom Hundert oder einer erheblichen Änderung einer wesentlichen Reiseleistung vom Vertrag zurücktreten kann. Erhöbe man im Rahmen eines Darlehensvertrages ein Vertragslösungsrecht zur Zulässigkeitsvoraussetzung und setzte eine Schwelle von fünf Prozent an, würden schon minimale Anpassungen des Zinssatzes zum Kündigungsrecht führen.1062 Alternativ könnte sich die Schwelle am gesetzlichen Prämienanpassungsrechts nach § 25 Abs. 2 S. 1 VVG orientieren: Danach erhält der Versicherungsnehmer ein Kündigungsrecht ab einer Prämienanpassung in Höhe von zehn Prozent. Allerdings müsste dann begründet werden, ob diese Prozentschwelle übertragbar ist. Dementsprechend müsste die Rechtsprechung mangels normierter Wesentlichkeitsgrenzen Grundsätze entwickeln, ab wann in der jeweiligen Vertragsart eine wesentliche Preiserhöhung anzunehmen ist.1063 An das genannte Darlehensvertragsbeispiel knüpft nun auch die Hauptkritik an der Schwellenlösung an: Sie verstößt gegen gesetzliche Wertungen. § 489 Abs. 2 BGB gewährt ein schwellenfreies Vertragslösungsrecht, und ebenso verhält es sich bei § 561 Abs. 1 S. 1 BGB, der ein Kündigungsrecht nach einer Mieterhöhung vorsieht. Noch deutlicher wird es im Versicherungsrecht: Im Vergleich zum gesetzlichen Prämienanpassungsrecht nach § 25 Abs. 1 VVG beinhaltet § 40 VVG für das vertragliche Prämienanpassungsrecht keine Kündigungsschwelle. Aus diesem Unterschied zwischen den Kündigungsrechten könnte eine gesetzgeberische Wertung dahingehend erblickt werden, dass bei vertraglichen Prämienanpassungsklauseln keine festen Schwellen gelten sollen. 1060 Bartsch, DB 1983, 214, 216. 1061 Diese Übernahme ergibt sich aus der in Teilen der Literatur erfolgten Überlegung, dass das Vertragslösungsrecht als allgemeiner Rechtsgedanke normativ in § 651a Abs. 4 und 5 BGB verankert sei, siehe dazu Dammann, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 309 Nr. 1 Rn. 131; J. Becker, in: Bamberger/Roth, BGB, § 309 Nr. 1 Rn. 29. Wohl auch Borges, in: Abels/Lieb, AGB im Spannungsfeld zwischen Kautelarpraxis und Rechtsprechung, 51, 63. 1062 Dammann, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 309 Nr. 1 Rn. 131 und Rn. 136–139. Diesem Problem entgeht Beckmann, Die Zulässigkeit von Preis- und Prämienanpassungsklauseln nach dem AGB-Gesetz, S. 114, indem er einen flexiblen Schwellenwert anhand der allgemeinen Lebenshaltungskosten vorschlägt. Ebenso schlägt SchulzeSchwienhorst eine Schwelle von 5 % über den Lebenshaltungskosten vor, siehe SchulzeSchwienhorst, Aufsichts- und wettbewerbsrechtliche Probleme der Prämienanpassungsklausel, S. 60ff. Ähnlich im Rahmen von einmaligen Kfz-Kaufverträgen, Salje, DAR 1982, 88, 97. 1063 So auch Schöne, WM 2004, 262, 268.

Analyse der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB

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Diese Wertung sollte auf die anderen Preisanpassungsklauseln übertragen und die Schwellenlösung somit abgelehnt werden. Die Vertreter der Schwellenlösung müssten zum einen diese Wertung und zum anderen die unterschiedliche Behandlung von Darlehens-, Versicherungs- und Mietverträgen im Verhältnis zu Energieliefer- und Telekommunikationsdienstleistungsverträgen erklären. Dabei sind die gerade aufgelisteten Verträge allesamt näher beisammen als ihr jeweiliges Verhältnis zum in der Literatur als Maßstab herangezogenen Reisevertrag, denn dieser unterscheidet sich von diesen Dauerschuldverhältnissen dadurch, dass eine zum absehbaren Zeitpunkt X zu erbringende Leistung vereinbart wird und der Vertrag danach erfüllt ist.1064 Dauerschuldverhältnisse werden hingegen teilweise über Zeiträume von mehreren Jahren geschlossen, sodass eine Übernahme der Schwellenwerte nicht eins zu eins möglich ist.1065 Darüber hinaus geht mit der Schwellenfestlegung einher, dass der Richter gewissermaßen über den iustum pretium zu entscheiden hätte. In dieser Sichtweise wäre der iustum pretium der gerade noch ohne Vertragslösungsrecht zulässige Preis. Die Richter sind jedoch innerhalb der Inhaltskontrolle nicht dazu berufen, einen »gerechten« Preis festzulegen.1066 Neben diesen Bedenken kann gegen eine Schwellenlösung die Entstehungsgeschichte des § 40 VVG angeführt werden: Im Rahmen der VVG-Reform 1990 wurde auf Vorschlag des Bundesrates das Kündigungsrecht eingeführt.1067 Sein Diskussionsentwurf war mit einer Kritik an der versicherungswirtschaftlichen Praxis verbunden, die ein Kündigungsrecht nur ab Erreichung einer bestimmten Schwelle gewährte.1068 Diese Schwellenlösung führe zu der Problematik, dass der Versicherungsnehmer faktisch von der Prüfung abgehalten werde, ob er weiterhin an dem Vertrag festhalten wolle.1069 Ferner sei hierin ein »den Wettbewerb unnötig dämpfendes Element« zu erblicken.1070 Zunächst setzte sich allerdings der Finanzausschuss durch, der die Schwellenlösung empfahl.1071 Mit der nächsten Reform 1994 wurde die Schwellenlösung wieder fallen gelassen: Die Bundesregierung folgte einerseits nun der Begründung des Bundesrates von 1990,1072 andererseits fügte sie hinzu, eine angemessene Ausgestaltung eines bedingten Kündigungsrechts sei nur mittels einer aufsichtsrechtlichen Genehmigung der Versicherungsbedingungen sicherzustellen.1073 1064 1065 1066 1067 1068 1069 1070 1071 1072 1073

Dammann, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 309 Nr. 1 Rn. 131. Dammann, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 309 Nr. 1 Rn. 131. Stoffels, AGB-Recht, § 16 Rn. 493. Beckmann, in: Bruck/Möller, Versicherungsvertragsgesetz, Band 2, § 40 Rn. 1. BT-Drucksache, 11/6341, S. 45. BT-Drucksache, 11/6341, S. 45. BT-Drucksache, 11/6341, S. 45. Siehe dazu BT-Drucksache, 11/8321, S. 2. BT-Drucksache, 12/6959, S. 101. BT-Drucksache, 12/6959, S. 101.

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

f)

Abschließende eigene Bewertung zum Vertragslösungsrecht als Angemessenheitserfordernis Für ein kumulatives Vertragslösungsrecht spricht, dass beiden Vertragsparteien ein Gestaltungsmittel zugesprochen wird. Dadurch wird dem Vertragspartner zum einen ein Werkzeug der Selbstbestimmung und zum anderen ein Druckmittel gegeben, sodass der Wettbewerb positiv beeinflusst werden kann (Preissenkungsdruck / niedrigere Preiserhöhungen).1074 Die Druckmittelfunktion beschränkt sich dabei, wie Langenbucher zu Recht anmerkt, auf die Ermessensklauseln, da der Verwender von Automatikklauseln naturbedingt keinen Einfluss auf die Preisanpassung hat.1075 Dennoch verbleibt auch bei den Gleitklauseln der Zweck der Waffengleichheit zwischen der einseitigen Gestaltungsmöglichkeit der Klauseln (Einfügung einer Anpassungsklausel) und dem Gestaltungsrecht der Kündigung. Darin könnte eine doppelte Durchbrechung des Grundsatzes pacta sunt servanda gesehen werden.1076 Zum einen wird der Preis entgegen dieses Grundsatzes vom Verwender angepasst, und zum anderen kann sich der Vertragspartner vom Vertrag lossagen. Zu diesem Kritikpunkt muss man sich veranschaulichen, welcher Wertgehalt dem Grundsatz zukommt: Er ist dahingehend auszulegen, dass beide Vertragsparteien den von ihnen geschlossenen Vertrag einhalten sollen und nicht einseitig brechen dürfen.1077 Es handelt sich somit um ein Verbot des Bruches des einmal geschlossenen Vertrages. Daraus resultiert die entscheidende Frage: Kann man einen Vertrag, der ein Preisanpassungsrecht und ein Vertragslösungsrecht als angemessenen Interessenausgleich enthält, wegen Wahrnehmung genau dieser Rechte brechen? Dies könnte zu bejahen sein, da die Literatur teilweise auf einen zweiten Bestandteil des Grundsatzes hinweist – nämlich auf das Verbot der Veränderung der Vertragsbindung.1078 Die Frage ist dennoch eindeutig zu verneinen: Der Grundsatz beschränkt sich auf den Vertragsbruch. Ein Kaufvertrag muss in Übergabe und Übereignung der Kaufsache und der Gegenleistung münden. Hier darf eine Vertragspartei nicht unberechtigt Abstand von dem Vertrag nehmen. Der Grundsatz bedeutet hingegen nicht, dass die Ausgangsbestandteile des Vertrags nicht verändert werden dürfen, sofern eine Variabilität eingear1074 Zur Waffengleichheit / Druckmittelqualität siehe auch Schöne, WM 2004, 262, 267; Langenbucher, BKR 2005, 134, 141. 1075 Langenbucher, BKR 2005, 134, 141. 1076 Im Hinblick auf die Kompensationsfähigkeit durch ein Vertragslösungsrecht siehe Joppich, Die Kodifikation des Transparenzgebots in § 307 BGB, S. 95. Wiedemann, Preisänderungsvorbehalte, S. 29 spricht von einer praktischen Halbierung des formalen Bindungsgrundsatzes. 1077 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 2 Rn. 32; Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 45. 1078 Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 45; Bähr, Bürgerliches Recht, § 5 II 5, S. 109.

Analyse der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB

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beitet ist,1079 denn dann wird der Vertrag nicht gebrochen. Es besteht weder eine moralische noch rechtliche Bindung an das Ausgangsversprechen,1080 das beide Vertragsparteien im Rahmen ihrer Privatautonomie abänderbar gestellt haben.1081 Die Vertragsparteien verhalten sich vertragsgetreu.1082 Schließlich ist auf die Wertung des § 311 Abs. 1 BGB hinzuweisen, der eine einvernehmliche Vertragsänderung zulässt.1083 Dann muss auch ein vorgelagertes, d. h. bei Vertragsschuss erfolgendes Einverständnis zur Variabilität der Leistung mit dem Grundsatz vereinbar sein.1084 Ebenso besteht keine unerwünschte Durchbrechung durch das Vertragslösungsrecht: Zum einen ist dieses vertraglich verankert, zum anderen deutet die Wertung des § 314 Abs. 1 BGB darauf hin, dass in einem Dauerschuldverhältnis eine im Vergleich zum zeitlich überschaubaren und auf einmalige Leistung ausgerichteten Austauschverhältnis vereinfachte Lösungsmöglichkeit bestehen soll.1085 Auch wenn dieses Recht an die Voraussetzung des wichtigen Grundes gebunden ist, ist die Abweichung vom Grundsatz pacta sunt servanda gesetzlich verankert. Schöne geht noch einen Schritt weiter, wenn er sagt, die Kombination von vertraglichem Anpassungsrecht und Vertragslösungsrecht diene der Vertragsstabilität,1086 denn der Verwender könne auf wirtschaftliche Veränderungen reagieren und der Vertragspartner den Wettbewerbsmarkt ausloten.1087 Folglich ist der Verwender von Preisänderungsvorbehalten durch das Vertragslösungsrecht dem Wettbewerbsdruck ausgesetzt und kann nicht unbegrenzte Preiserhöhungen ansetzen.1088 Wählen die Vertrags1079 Sind in den AGB sowohl Preishaupt- als auch Preisnebenabrede enthalten, ist der Vertrag nach Hilber, BB 2011, 2691, 2694 als ein Ganzes zu sehen und somit auch die Preisanpassung in den Grundsatz »pacta sunt servanda« einbezogen. Siehe auch Thomas, AcP 209 (2009), 84, 92 (dort Fn. 37). 1080 So die Dimensionen der Vertragsbindung nach Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 45f. 1081 I. E. dann auch Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 46; ebenso Fricke, VersR 2000, 257, 258f.; Wandt, VersR 2000, 129, 137. 1082 Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 46 (dort Fn. 149); Fricke, VersR 2000, 257, 258. 1083 Grüneberg, in: Palandt, § 311 Rn. 3; Nach Kamanabrou, Vertragliche Anpassungsklauseln, S. 46 (Fn. 149) gilt dies auch für den Änderungsvorbehalt. 1084 Man könnte von einer vertraglichen Lockerung der starren Vertragsbindung sprechen. 1085 Siehe dazu Beckmann, Die Zulässigkeit von Preis- und Prämienanpassungsklauseln nach dem AGB-Gesetz, S. 123. Zur Differenzierung zwischen einmaligen und dauerhaften Austauschverhältnissen siehe Grüneberg, in: Palandt, § 314 Rn. 2. 1086 Schöne, in: Graf von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Stromlieferverträge Rn. 206. 1087 Schöne, in: Graf von Westphalen/Thüsing, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Stromlieferverträge Rn. 206,der damit bereits das Äquivalenzverhältnisses nicht verletzt sieht, da dessen Zweck, die Erreichung eines fairen Interessenausgleichs, hinreichend gewahrt sei. 1088 Siehe Wolf, ZIP 1987, 341, 349; Borges, in: Abels/Lieb, AGB im Spannungsfeld zwischen Kautelarpraxis und Rechtsprechung, 51, 62, mit der Formulierung: »Das Lösungsrecht hat

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Analyse der Rechtsprechung und der Literatur zur AGB-Kontrolle

parteien im Rahmen ihrer Gestaltungsfreiheit diesen Mechanismus, ist dies von der Rechtsordnung unter zwei kumulativen Voraussetzungen zu tolerieren: – Freiwilligkeit des Vertragsabschlusses (formale Privatautonomie) und – Angemessenheit der Regelung nach § 307 Abs. 1 BGB. Der Unterschied zur abgelehnten Kompensationskraft liegt darin, dass kein Defizit ausgeglichen wird. Stattdessen besteht ein inhaltlich die Chancengleichheit wahrendes, transparentes Anpassungsrecht. Damit ist der Vertragspartner bereits vor Missbräuchen geschützt und gelangt nicht in die Situation, eine aufgrund eigentlich unwirksamer Klausel erfolgte Preisanpassung wegen eines Bestandsinteresses hinzunehmen. Dem Vertragslösungsrecht kann zudem eine wettbewerbsfördernde Wirkung zugesprochen werden, wenn die Marktteilnehmer um neue Kunden konkurrieren. Zwar wird es nur dann zu einem scharfen Schwert werden, wenn auf dem relevanten Markt ein funktionierender Wettbewerb (oder tatsächlicher Substitutionswettbewerb) herrscht.1089 Doch selbst bei einem stumpfen Schwert stünde der Vertragspartner im Vergleich zur Kompensationswirkung nicht schlechter da.1090 Damit ist das Vertragslösungsrecht als ausgleichendes Gestaltungsmittel zu sehen, nicht als Defizitausgleich. Die Schwellenlösung ist hingegen aufgrund des oben dargestellten Verstoßes gegen gesetzliche Wertungen sowie der Problematik der Bestimmung einer angemessenen Schwelle abzulehnen.

C.

Zusammenfassung der Analyse zu § 307 Abs. 1 S. 1 BGB

Preisanpassungsklauseln sind sowohl in der Rechtsprechung als auch vom Gesetzgeber grundsätzlich anerkannt und damit sachlich gerechtfertigt. Dabei ist unstreitig, dass eine Preisanpassungsklausel lediglich auf nachträgliche Umstandsveränderungen abstellen darf.1091 Aufgrund der Nähe des Vorhersehbarkeitskriteriums zur ausgeschlossenen Anfechtbarkeit einer Fehlkalkulation den Vorteil, dass es den Wettbewerb als Korrektiv für eine sachgerechte Preisgestaltung fruchtbar macht.« 1089 Siehe dazu auch Trinkner, BB 1983, 924. 1090 Intransparenz plus Vertragslösungsrecht mit Bestandsinteresse (Kompensationswirkung) versus chancenwahrende und transparente Klausel plus Vertragslösungsrecht trotz Bestandsinteresse (Wirksamkeitsvoraussetzung). 1091 BGH, NJW-RR 2008, 134, 136; Beckmann, Die Zulässigkeit von Preis- und Prämienanpassungsklauseln nach dem AGB-Gesetz, S. 53; J. Becker, in: Bamberger/Roth, BGB, § 309 Nr. 1 Rn. 22; Lettl, JuS 2001, 559, 562; Paulusch, in: Heinrichs, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55, 70; Löwe, BB 1982, 152, 157; Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, § 11 Nr. 1 Rn. 41; Wolf, ZIP 1987, 341, 346. Für Zinsanpassungsklauseln siehe Früh/Müller-Arendt, in: Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis, Band 1, Rn. 3/118a. Für den Reisevertrag siehe Führich, NJW 2000, 3672, 3676.

Analyse der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB

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sollte dieses Kriterium im Rahmen der Inhaltskontrolle Beachtung finden. Da eine tatsächliche Vorhersehbarkeitsbeurteilung praktische Probleme mit sich bringt, wurde hier vorgeschlagen, eine Vermutung in Anlehnung an die zeitliche Grenze des § 309 Nr. 1 Hs. 2 BGB festzulegen. Um eine tatsächliche Vermutungswirkung zu entfalten, wäre der Gesetzgeber aufgerufen, eine solche in das AGB-Recht einzufügen. Die Beachtung der Risikoverteilung würde insbesondere bei Kostenelementeklauseln die grundsätzliche Anerkennung von Preisanpassungsklauseln ad absurdum führen, sodass auf dieses Merkmal bei der Prüfung verzichtet werden sollte. Im Hinblick auf den Erhalt der Leistungsäquivalenz gebietet bereits die Chancengleichheit, dass eine Anpassungssymmetrie besteht. Die Preissenkungspflicht kann aus § 2 Abs. 3 Nr. 1 PrKG hergeleitet werden. Diese Regelung enthält ebenfalls das Tatbestandsmerkmal der unangemessenen Benachteiligung. Diese preisklauselspezifische Regelung sollte auf die allgemeine Generalklausel des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB übertragen werden. Aufgrund der aufzuwendenden Transaktionskosten und mangels Anlass wird ein Vertragspartner in der Regel nicht regelmäßig überprüfen, ob der Verwender eine Preissenkung hätte vornehmen müssen und erst recht nicht gerichtlich beurteilen lassen, ob der Verzicht auf eine Anpassung der Billigkeit entspricht.1092 Daher muss ein Preissenkungsermessen gänzlich ausscheiden. Im Rahmen markt- und börsenpreisgebundener Klauseln ist die Chancengleichheit stets gewahrt.1093 Bei Kostenelementeklauseln muss das Kriterium der Chancengleichheit eine größere Aufmerksamkeit erhalten. Betrachtet man die Saldierungsgefahr und die überproportionale Berücksichtigung der Anpassungsfaktoren aus diesem Blickwinkel, löst sich das Problem der Beschränkungsfähigkeit: Denn achtet man nicht nur auf die bloße Gewinnmaximierungsmöglichkeit, sondern zudem darauf, ob die überproportionale Berücksichtigung auch dem Vertragspartner zugutekommen kann, ist eine völlig andere Angemessenheitsbeurteilung möglich. Dabei sollte die Rechtsprechung ihr Augenmerk darauf richten, ob eine realistische Chancengleichheit besteht oder ob der Verwender Parameter gewählt hat, die sich ausschließlich zu seinen Gunsten entwickeln konnten. Die Angemessenheit einer Preisanpassungsklausel erfordert ein Vertragslösungsrecht als Gegengewicht zum Gestaltungsrecht des Verwenders. Dieses ist nicht an einen Schwellenwert zu knüpfen.

1092 Schimansky, WM 2003, 1449, 1451; Derleder, WM 2001, 2029, 2031. 1093 Thomas, AcP 209 (2009), 84, 102; Paulusch, in: Heinrichs, Zehn Jahre AGB-Gesetz, 55, 75; Lettl, JuS 2001, 559, 562; Wolf, ZIP 1987, 341, 348; Kunth/Wollburg, BB 1985, 230, 234; Baur, Vertragliche Anpassungsregelungen, S. 102.

Kapitel 3: Untersuchung der Rechtsfolgen der Unwirksamkeit

Gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB hat der Verwender die aufgrund einer unwirksamen Preisanpassung erlangten Zahlungen zurückzuzahlen.1094 Zur Rückforderung sind grundsätzlich sämtliche Vertragspartner berechtigt – unabhängig davon, ob sie Klage erhoben, nur unter Vorbehalt gezahlt oder Widerspruch eingelegt haben.1095 Im Folgenden werden die Möglichkeiten einer Abmilderung oder Beseitigung dieser für den Verwender wirtschaftlich belastenden Unwirksamkeitsfolge besprochen.

Abschnitt 1: Auslegungs- und Anpassungslösungen A.

Störung der Geschäftsgrundlage

In Betracht kommt die Anwendung der Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage.1096 Dazu müssten sich nach Vertragsschluss Umstände schwerwiegend geändert haben, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind und bei deren Vorhersehbarkeit die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten. Bei gegenseitigen Verträgen, wie sie hier in Rede stehen, bildet die Wertäquivalenz von Leistung und Gegenleistung die Geschäftsgrundlage.1097 Unter Umständen könnte alternativ das Geltungsvertrauen in die höchstrichterliche Rechtsprechung in Betracht kommen.1098 Nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage ist es jedoch erforderlich, dass die Veränderung der Umstände zu einem »untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden und damit der betroffenen Partei nicht zu1094 Büdenbender, NJW 2009, 3125, 3130; J. Becker, in Bamberger/Roth, BGB, § 309 Nr. 1 Rn. 34; Markert, RdE 2009, 291, 294. 1095 J. Becker, in Bamberger/Roth, BGB, § 309 Nr. 1 Rn. 34; Markert, RdE 2009, 291, 294. 1096 Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 218; Löwe, BB 1982, 152, 154; Löwe, BB 1982, 648. 1097 BGH, WM 1978, 322, 323; BGH, NJW 1959, 2203. 1098 Siehe dazu unten S. 225ff.

196

Untersuchung der Rechtsfolgen der Unwirksamkeit

mutbaren« Ergebnis führt.1099 Zur Beurteilung der Unzumutbarkeit des Ergebnisses muss eine Würdigung des gesamten Vertragsinhalts unter Berücksichtigung seines Zweckes vorgenommen werden.1100 Scheitern wird die Berufung auf das Institut der Störung der Geschäftsgrundlage daran, dass nach der Rechtsprechung des BGH keine Umstände zur Vertragsanpassung führen können, die in der Risikosphäre des Verwenders liegen.1101 Das Gestaltungsrisiko und damit der Bestand der anfänglichen Kalkulation (ohne die unwirksame Klausel hätte dieser eine andere Kalkulation vorgenommen) kann jedoch ausschließlich dem Verwender zugerechnet werden.1102 Zudem kann man in Übertragung des Vorrangs der ergänzenden Vertragsauslegung im Verhältnis zur Störung der Geschäftsgrundlage das Regelungskonzept des § 306 BGB in Gänze gegenüber § 313 BGB als vorrangig ansehen.1103 Dieses weicht vom üblichen materiellen Recht ab, wonach gemäß § 139 BGB Gesamtnichtigkeit eintritt, und es führt ein differenzierteres System ein.1104 In diesem System wird dem Verwender das Risiko auferlegt, dass trotz Unwirksamkeit der Klausel grundsätzlich am Vertrag festgehalten wird, wobei dispositives Recht an die Stelle der Klausel tritt (§ 306 Abs. 1 und Abs. 2 BGB)1105 – eine Ausnahme bildet nur § 306 Abs. 3 BGB im Falle der Unzumutbarkeit der Anpassung. Ein ähnliches System bildet auch die Störung der Geschäftsgrundlage; die Kündigung kommt nach § 313 Abs. 3 BGB wie bei § 306 Abs. 3 BGB erst nach der Anpassung in Betracht.1106 Damit wird § 313 BGB durch § 306 BGB als AGB-spezifisches Regelungssystem verdrängt.1107 1099 BGH, WM 1978, 322, 323; BGH, WM 1977, 946, 948; BGH, WM 1971, 214, 215; BGH, WM 1967, 561; BGHZ 84, 1, 9; BGHZ 121, 378, 392; BGHZ 128, 230, 238; BGHZ 133, 316, 321; siehe auch Paulusch, WM 1986, Sonderbeilage Nr. 10, S. 31; Grüneberg, in: Palandt, § 313 Rn. 24. 1100 BGHZ 84, 1, 10; BGH, WM 1971, 214, 215. 1101 BGHZ 121, 378, 392; BGH, NJW 1993, 259, 262; BGH, NJW 1992, 2690, 2691; BGH, NJW 1979, 1818, 1819; BGH, WM 1977, 946, 948; Bunte, ZIP 1983, 765, 769; Paulusch, WM 1986, Sonderbeilage Nr. 10, S. 31. 1102 Siehe dazu auch die Ausführungen zum Kalkulationsirrtum auf S. 151ff. 1103 So auch H. Roth, Vertragsänderung bei fehlgeschlagener Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 71. Zum Vorrang von § 306 Abs. 3 BGB gegenüber § 313 BGB siehe auch Ulmer, BB 1982, 1125, 1130; Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 306 Rn. 44; Canaris, in: Festschrift für Ernst Steindorff, 546, 556f. A. A. Löwe, BB 1982, 152, 154; Fastrich, Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht, S. 356f. 1104 § 306 BGB ist lex specialis zu § 139 BGB, siehe H. Roth, Vertragsänderung bei fehlgeschlagener Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 2; Thomas, AcP 209 (2009), 84, 123. 1105 H. Roth, Vertragsänderung bei fehlgeschlagener Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 2f. 1106 Zur Anwendbarkeit der Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage erst auf ergänzte Verträge siehe Säcker, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 617, 630. 1107 So auch H. Roth, Vertragsänderung bei fehlgeschlagener Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 71.

Auslegungs- und Anpassungslösungen

B.

197

Ergänzende Vertragsauslegung

Ist die Preisanpassungsklausel nicht Vertragsbestandteil geworden, bleibt der Vertrag gemäß § 306 Abs. 1 BGB grundsätzlich wirksam.1108 Der Vertragsinhalt richtet sich gemäß § 306 Abs. 2 BGB zunächst nach den gesetzlichen Vorschriften. Eine ergänzende Vertragsauslegung kommt nach ständiger Rechtsprechung in Betracht, wenn sich die mit dem Wegfall einer unwirksamen Klausel entstehende Lücke nicht durch dispositives Gesetzesrecht füllen lässt und dies zu einem Ergebnis führt, das den beiderseitigen Interessen nicht mehr in vertretbarer Weise Rechnung trägt, sondern das Vertragsgefüge einseitig zugunsten des Kunden verschiebt.1109

I.

Vertragslücke

Voraussetzung eines richterlichen Eingriffes in ein privatautonomes Regelungswerk ist, dass dieses einen offen gebliebenen oder nachträglich entfallenden Regelungspunkt enthält, »dessen Ergänzung ›zwingend und selbstverständlich‹ geboten ist, um einen offenbaren Widerspruch zwischen der tatsächlichen Lage und dem vertraglich Vereinbarten zu beseitigen.«1110 In seiner neueren Rechtsprechung führt der VIII. Zivilsenat des BGH aus, dass sich die Vertragsparteien durch die Aufnahme einer Preisanpassungsklausel einig seien, dass der Kunde die Kosten für die in der Klausel verwendeten Anpassungselemente tragen solle.1111 Damit ist der Ausgangspreis lediglich zu Beginn des Vertragsverhältnisses festgesetzt und soll nach der Parteivereinbarung im späteren Verlauf den Umständen nach angepasst werden.1112 Diese Beurteilung der Vertragssituation beruht auf der realistischen Einschätzung, dass in einem langfristigen Vertragsverhältnis Kostenschwankungen entstehen und die Vertragsparteien dieser Gefahr einer späteren Äquivalenzstörung durch Aufnahme einer Preisanpassungsklausel in angemessener Art und Weise begegnen.1113 Ist die vereinbarte Klausel gemäß § 306 Abs. 1 BGB unwirksam, so ist »im Regelungsplan der Parteien eine Lücke eingetreten.«1114 Ebenso entschied der XI. Zivilsenat, dass die Vertragsparteien durch die Aufnahme einer Zins1108 BGH, NJW 2011, 50, 54; BGH, NJW 2009, 578, 580; BGH, NJW 2008, 2172, 2175. 1109 BGH, RdE 2014, 119, 121; BGH, NJW 2013, 3647, 3653; BGH, NJW 2011, 50, 54; BGH, NJW 2010, 993, 997; BGH, NJW 2009, 578, 580; BGH, NJW 2008, 2172, 2175. 1110 BGH, WM 1969, 1237, 1238; BGH, NJW 1954, 799, 800; H. Roth, in: Staudinger, § 157 Rn. 15. 1111 BGH, NJW 2013, 991, 992; BGH, NJW 2012, 1865, 1866. 1112 BGH, NJW 2013, 991, 992; BGH, NJW 2012, 1865, 1866. 1113 BGH, NJW 2013, 991, 992; BGH, NJW 2012, 1865, 1866. 1114 BGH, NJW 2013, 991, 992; BGH, NJW 2012, 1865, 1866.

198

Untersuchung der Rechtsfolgen der Unwirksamkeit

anpassungsklausel im Rahmen der Vertragsgestaltung eine Grundsatzentscheidung »für eine Zinsvariabilität und damit gegen eine Zinsstabilität« getroffen hätten.

II.

Kein dispositives Recht

Bis auf die Vorschriften zur Mietzinsanpassung nach §§ 557ff. BGB finden sich im BGB keine Vorschriften, welche die Preisanpassung im Rahmen des § 306 Abs. 2 BGB ersetzen könnten. Im Energierecht kann auch keine ergänzende oder hilfsweise Anwendung von § 5 Abs. 1 und 2 GasGVV/StromGVV auf Sonderverträge vorgenommen werden: Zum einen stellt sich nach der Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats die Zulässigkeitsfrage aufgrund des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion,1115 zum anderen können die Normen nicht als dispositives Recht im Sinne des § 306 Abs. 2 BGB im Rahmen von Sonderverträgen angewendet werden, da diesen Verträgen die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzung der Tarifkunden fehle.1116 Ebenso wenig folge eine solche Anpassungsmöglichkeit als vertragsimmanente Gestaltung aus der Rechtsnatur des Versorgungsvertrages,1117 stattdessen stehe es den Parteien offen, Änderungen der Bezugskosten durch entsprechende Risikozuschläge zu erfassen.1118 Auch könne mangels planwidriger Regelungslücke keine entsprechende Anwendung der Normen vorgenommen werden.1119 Der Unterschied zwischen Tarif- und Sonderabnehmern sei dem Gesetzgeber von § 310 BGB und dem Verordnungsgeber bewusst gewesen.1120 Dennoch wurde weder eine Verordnung für Sonderkunden erlassen noch die AVBGasV (nun: StromGVV) auf diese ganz oder teilweise für anwendbar erklärt.1121

III.

Das Unzumutbarkeitskriterium des Kartell- und des VIII. Zivilsenats

Am 29. 04. 2008 entschied der Kartellsenat, und im Anschluss auch der VIII. Zivilsenat, dass eine »ergänzende Vertragsauslegung […] nur in Betracht [komme], wenn sich die mit dem Wegfall einer unwirksamen Klausel entstehende Lücke nicht durch dispositives Gesetzesrecht füllen lässt und dies zu einem Ergebnis führt, das den beiderseitigen In1115 1116 1117 1118 1119 1120 1121

BGH, NJW 2010, 993, 996. BGH, NJW 2010, 993, 996; bestätigt durch BGH, NJW-RR 2010, 1202, 1204. BGH, NJW 2010, 993, 996. BGH, NJW 2010, 993, 996. BGH, NJW 2010, 993, 996. BGH, NJW 2010, 993, 997. BGH, NJW 2010, 993, 997.

Auslegungs- und Anpassungslösungen

199

teressen nicht mehr in vertretbarer Weise Rechnung trägt, sondern das Vertragsgefüge völlig zu Gunsten des Kunden verschiebt.«1122

Aus dieser Formel folgerte der Kartellsenat, dass es dem Verwender zumutbar sei, bis zu seinem ordentlichen Kündigungsrecht (vertraglich war ein Kündigungsrecht nach zweijähriger Vertragsdauer vorgesehen) an den Ausgangspreis gebunden zu sein.1123 Folglich wurde die ergänzende Vertragsauslegung an die Unzumutbarkeit der Unwirksamkeitsfolge für den Verwender geknüpft. Eine solche Unzumutbarkeit wird nun in ständiger Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats angenommen, wenn der Vertragspartner in einem langjährigen Vertragsverhältnis den Preisanpassungen »und den darauf basierenden Jahresabrechnungen über einen längeren Zeitraum nicht widersprochen hat und nunmehr auch für länger zurückliegende Zeitabschnitte die Unwirksamkeit der Preiserhöhungen geltend macht.«1124

In diesem Fall genüge auch nicht die Kündigungsmöglichkeit, da diese lediglich eine Wirkung ex ante entfalte.1125 Erfolge kein individueller Widerspruch oder eine Zahlung lediglich unter Vorbehalt, habe der Verwender keinen Anlass, das Vertragsverhältnis zu kündigen und die Rechtmäßigkeit des vertraglichen Leistungsaustauschs in Frage zu stellen.1126 Die Einführung dieses Unzumutbarkeitserfordernisses hat jedoch in der Literatur Kritik erfahren – insbesondere die Zitation der Tagespreisklauselrechtsprechung führte zu Verwunderung.1127 In der Tagespreisklauselrechtsprechung 1122 BGH, NJW 2008, 2172, 2175. Nachfolgend wiederholt durch den VIII. Zivilsenat in: BGH, RdE, 2014, 119, 121; BGH, NJW 2011, 1342, 1345; BGH, NJW 2011, 50, 54; BGH, NJW-RR 2010, 1202, 1204; BGH, NJW 2010, 993, 997. 1123 BGH, NJW 2008, 2172, 2175. 1124 BGH, WM 2015, 303, 304; BGH, RdE, 2014, 119, 121; BGH, NJW 2012, 1865. Im Ergebnis zustimmend, aber die Unzumutbarkeitsprüfung in die Interessenabwägung im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung verortend und damit als Eingangsvoraussetzung verneinend De Wal, Preis- und Preisänderungskontrolle in Energielieferungsverträgen, S. 226. 1125 BGH, RdE 2014, 119, 121. 1126 BGH, RdE 2014, 119, 121; BGH, NJW 2013, 991, 994; BGH, NJW 2012, 1865, 1866. 1127 Uffmann, NJW 2011, 1313, 1314; Graf von Westphalen, in: Festschrift für Wienand Meilicke, 105, 114, der zu Recht darauf hinweist, dass die zitierten Urteile mildere Voraussetzungen aufstellen. Zur Divergenz der beiden Rechtsprechungen des VIII. Zivilsenats siehe auch Thomas, AcP 209 (2009), 84, 125; Häger/Olschewski, RdE 2009, 276, 277. Dem Kartellrechtsenat zu unterstellen, er habe die Divergenz nicht erkannt, geht aber zu weit. Sinnvoller erscheint es, die Zitation dahingehend zu verstehen, dass auf die Tagespreisklauselrechtsprechung Bezug genommen wird, da in ihr die Vereinbarkeit der ergänzenden Vertragsauslegung mit dem damals neuen AGB-Recht festgestellt wurde. Zur Zulässigkeitserklärung der ergänzenden Vertragsauslegung in der Tagespreisklauselrechtsprechung siehe auch Basedow, in: MünchKommBGB, § 306 Rn. 24. Kritisch bereits zur Vereinbarkeit der Zulässigkeitsanerkennung mit AGB-Recht im Rahmen der Tagespreisklauselrechtsprechung siehe Trinkner, BB 1984, 490, 491f.; Löwe, BB 1984, 492, 493.

200

Untersuchung der Rechtsfolgen der Unwirksamkeit

wurde die ergänzende Vertragsauslegung für zulässig erklärt, wenn kein dispositives Gesetzesrecht »zur Verfügung steht und die ersatzlose Streichung der unwirksamen Klausel […] keine angemessene, den typischen Interessen des BGB-Verwenders und des Kunden Rechnung tragende Lösung bietet.«1128

Damit war in der Tagespreisklauselrechtsprechung im Vergleich zur heutigen Unzumutbarkeitsanforderung eine sehr niedrige Zulässigkeitsschwelle vorgesehen. Die ergänzende Vertragsauslegung sollte nach der damaligen Ansicht des VIII. Zivilsenats gerade der Anwendung der Grundsätze über die Störung der Geschäftsgrundlage vorgehen und musste somit mildere Voraussetzungen haben.1129 Schließlich sollten eben nicht nur eine Erheblichkeitsschwelle überschreitende Sonderfälle einer ergänzenden Vertragsauslegung zugänglich sein.1130 In diesem Zuge muss auch die Rechtsprechung des XI. Zivilsenats Beachtung finden: Dieser stellt nach den ergangenen Urteilen des VIII. Zivilsenats weiterhin nicht auf das Unzumutbarkeitskriterium ab und setzt sich zudem nicht mit der Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats auseinander.1131 Diese fehlende Auseinandersetzung verwundert, weil der XI. Zivilsenat bereits eine Gleichbehandlung von Zinsanpassungsklauseln und Preisanpassungsklauseln andeutete.1132 Zwar bezog er diese ausdrücklich nur auf § 305 c Abs. 2 BGB, doch muss – wie auch die Gegenüberstellung der Transparenzerfordernisse zeigte – eine grundsätzlicher Gleichlauf angedacht werden. Eben dann müssten sich die Zivilsenate (insbesondere VIII. und XI.) mit einer divergierenden Rechtsprechung auseinandersetzen.1133 Der XI. Zivilsenat hatte, wie erwähnt, ausgeführt, dass sich die Vertragsparteien auf eine Zinsvariabilität geeinigt hätten, die aufrechterhalten bleibe und ausfüllungsbedürftig sei.1134 Bei Preisanpassungsklauseln wird man entsprechend diesen Ausführungen ebenso feststellen müssen, dass die Vertragsparteien eines langfristigen Schuldverhältnisses von einer 1128 BGH, NJW 1984, 1177, 1178. Zur folgenden ständigen Rechtsprechung bis zum Urteil des Kartellsenats von 2008 siehe BGH, NJW 2000, 1110, 1114; BGH, NJW 1998, 450, 451; BGH, NJW 1992, 1164, 1165; BGH, NJW 1989, 3010, 3011. 1129 Siehe BGH, NJW 1984, 1177, 1178 und dazu Uffmann, NJW 2011, 1313, 1314. 1130 BGH, NJW 1984, 1177, 1178. 1131 BGH, NJW 2010, 1742, 1743. Bestätigt in BGH, WM 2011, 306. Siehe dazu Graf von Westphalen, NJW 2010, 2254, 2256. Zur Abweichung der beiden Senate siehe auch Uffmann, NJW 2012, 2225, 2226. 1132 BGH, NJW 2009, 2051, 2053. 1133 Der Kartellrechtssenat setzte sich zumindest in einem Urteil hinsichtlich der ergänzenden Vertragsauslegung mit dem Urteil des XI. Zivilsenats vom 06. 03. 1986 (BGH, NJW 1986, 1803) auseinander, siehe BGH, NJW 2008, 2172, 2174. Eine Übertragung wurde hier zu Recht abgelehnt, da die damalige Rechtsprechung des XI. Zivilsenats dogmatisch nicht tragfähig war, siehe dazu oben S. 83ff. 1134 BGH, NJW 2008, 3422, 3422f.

Auslegungs- und Anpassungslösungen

201

Preisvariabilität ausgehen.1135 Damit ist eine Übernahme der Rechtsprechung des XI. Zivilsenats durchaus möglich. Ein weiterer Kritikpunkt in Bezug auf die Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats wird in der Folge dieser Rechtsprechungsänderung gesehen: Diese liege darin, dass das Tatbestandsmerkmal der Unzumutbarkeit aus § 306 Abs. 3 BGB zur notwendigen Bedingung der versteckten Aushilfsvariante des § 306 Abs. 2 BGB (= Hineinlesen der ergänzenden Vertragsauslegung nach §§ 157, 133 BGB durch historische extensive Auslegung des Tatbestands) emporgehoben werde.1136 Im Rahmen des weiten Zulässigkeitsverständnisses ist die Unzumutbarkeit der Unwirksamkeitsfolge hingegen lediglich eine hinreichende Bedingung für die Anwendbarkeit der ergänzenden Vertragsauslegung.1137 Die Sicht einer notwendigen Bedingung habe zur Folge, dass das berechtigte Interesse des Verwenders an der Preisanpassung bis zur Unzumutbarkeitsschwelle unberücksichtigt bleibe.1138 Dabei hat die ergänzende Vertragsauslegung gerade den angemessenen Interessenausgleich im Blick und wirkt nicht einseitig belastend.1139 Der Vertragspartner wird über diesen Ausgleich geschützt, und dem Verwender wird in langfristigen Vertragsverhältnissen nicht die (unmögliche) kalkulatorische Berücksichtigung von Rechtsprechungsentwicklungen aufgebürdet.1140 Die Lösung des Kartell- und des VIII. Zivilsenats begibt sich zudem in Konflikt mit gesetzlichen Wertungen. Zum einen wird der gesetzlichen Wertung des § 306 Abs. 2 BGB widersprochen. Der historische Gesetzgeber sprach der ergänzenden Vertragsauslegung eine hilfsweise Heranziehungsfähigkeit zu, übernahm sie jedoch nicht in den Gesetzestext, da sie bereits über §§ 157, 133 BGB gesetzlich verankert war. Es wäre jedoch systemwidrig, unterläge die aus1135 Graf von Westphalen, in: Festschrift für Wienand Meilicke, 105, 115. 1136 Uffmann, NJW 2011, 1313, 1314; Uffmann, Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, 2010, S. 184; Thomas, AcP 209 (2009), 84, 124; Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 306 Rn. 37a. 1137 Uffmann, NJW 2011, 1313, 1314; Lindacher/Hau, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 306 Rn. 17. 1138 Uffmann, NJW 2011, 1313, 1314; Uffmann, Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, 2010, S. 185; Thomas, AcP 209 (2009), 84, 125; Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 306 Rn. 37a. 1139 Durch die Unzumutbarkeitsschwelle entfernt man sich nach Uffmann, NJW 2011, 1313, 1316 »in rechtfertigungsbedürftiger Weise von der normativen Grundlage dieses Instituts, nämlich den §§ 157, 133 BGB, wonach für die Ergänzungsbedürftigkeit auf die Interessen beider Vertragsseiten abzustellen ist.« Kritisch zum Kriterium der Unzumutbarkeit auch Graf von Westphalen, NJW 2010, 2254, 2256f.; Graf von Westphalen, in: Festschrift für Wienand Meilicke, 105, 118f.; Schlosser, in: Staudinger, § 306 Rn. 13a; Thomas, AcP 209 (2009), 84, 125. Einen Konflikt mit dem angemessenen Interessenausgleich sieht auch Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 306 Rn. 37a. 1140 Schlosser, in: Staudinger, § 306 Rn. 13a.

202

Untersuchung der Rechtsfolgen der Unwirksamkeit

drückliche Variante der Ergänzung durch dispostives Recht (§ 306 Abs. 2 BGB) einer niedrigeren Schranke als die ergänzenden Vertragsauslegung nach §§ 157, 133 BGB.1141 Man könnte noch weitergehen: Sogar das (für den Verbraucher potentiell mildere) Instrument bekommt eine höhere Hürde auferlegt, denn bei der Ergänzung durch dispositives Recht gilt die gesetzliche Regelung ohne die Möglichkeit einer Milderung im Sinne eines angemessenen Interessenausgleichs. Das dispositive Recht könnte also auch nachteilig für den Vertragspartner wirken. Diese Möglichkeit berücksichtigt letztlich auch § 306 Abs. 3 BGB, der beiden Vertragsparteien das Lösungsrecht zugesteht. Zum anderen zeigt sich ein Widerspruch zur gesetzlichen Wertung der allgemeinen ergänzenden Vertragsauslegung nach §§ 157, 133 BGB, die außerhalb des AGB-Rechts stattfindet,1142 denn hier besteht keine Kopplung an eine Unzumutbarkeit1143 – diese greift erst bei einer Unzumutbarkeit im Sinne der Störung der Geschäftsgrundlage.1144 Da die Aufrechterhaltung des Vertrages vorrangig ist und die allgemeine ergänzende Vertragsauslegung immer dann möglich und erforderlich ist, wenn sich eine Vertragslücke auftut, ist es widersprüchlich (und wohl auch willkürlich), im Rahmen von AGB ein Unzumutbarkeitserfordernis in die Anwendungsvoraussetzungen hineinzulesen.1145 Die Unzumutbarkeit greift vielmehr erst im Rahmen des § 306 Abs. 3 BGB.1146 Dies erscheint auch sachgemäß, da es sich hierbei um eine Unwirksamkeit ex tunc des gesamten Vertrags mitsamt der Folge von Rückforderungsansprüchen handelt. Würde der Vertragspartner in einem langfristigen Schuldverhältnis Rückforderungsansprüchen von Leistungen über mehrere Jahre hinweg ausgesetzt werden, könnte dies eine unzumutbare (ruinöse) Härte bedeuten. Deshalb muss eine solche belastende Folge – im Gegensatz zu einer Aufrechterhaltung des Vertrages – an hohe Hürden gekoppelt werden. Wie bereits zum Verhältnis von § 306 BGB zu § 313 BGB ausgeführt, folgt aus dem Regelungssystem des § 306 BGB und seinem Vorrangverhältnis gegenüber § 139 BGB die Wertung, dass dem Verwender das Risiko der Aufrechterhaltung des Vertrages auferlegt wird.1147 Um dem Ausnahmecharakter des § 306 Abs. 3 BGB und dem Verhältnis zum vorrangigen Abs. 2 gerecht zu werden, muss das Unzumutbarkeitskriterium begrenzt werden

1141 Uffmann, NJW 2011, 1313, 1316; Uffmann, Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, 2010, S. 186; Thomas, AcP 209 (2009), 84, 127; Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 306 Rn. 37a. 1142 Graf von Westphalen, in: Festschrift für Wienand Meilicke, 105, 118. 1143 Graf von Westphalen, in: Festschrift für Wienand Meilicke, 105, 118. 1144 Graf von Westphalen, in: Festschrift für Wienand Meilicke, 105, 119. 1145 Graf von Westphalen, in: Festschrift für Wienand Meilicke, 105, 119. 1146 Uffmann, NJW 2011, 1313, 1316. 1147 Thomas, AcP 209 (2009), 84, 123; H. Roth, Vertragsänderung bei fehlgeschlagener Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 2ff. Siehe auch oben S. 196.

Auslegungs- und Anpassungslösungen

203

auf die Fälle des § 306 Abs. 3 BGB.1148 Folglich ist entsprechend der Tagespreisklauselrechtsprechung das Vorhandensein einer Vertragslücke, die nicht durch dispositives Recht geschlossen werden kann, Tatbestandsvoraussetzung für die ergänzende Vertragsauslegung.1149 Die ersatzlose Streichung der unwirksamen Preisanpassung entspricht weder dem anfänglichen Regelungsplan noch den typischen Interessen der Vertragsparteien bei Eingehung eines langfristigen Vertragsverhältnisses.1150 Aufgrund der Langfristigkeit und der daraus resultierenden wirtschaftlichen Notwendigkeit von Preisanpassungen besteht ein anzuerkennendes Bedürfnis an einer Lückenschließung durch ergänzende Vertragsauslegung.1151 Die Begründung des VIII. Zivilsenats und des Kartellsenats, die Folge des § 306 Abs. 1 BGB führe aufgrund der Möglichkeit der ordentlichen Kündigung durch den Verwender nicht zu einem unzumutbaren Ergebnis und somit sei eine ergänzende Vertragsauslegung ausgeschlossen, übersieht, dass die Vertragsparteien mit der Vereinbarung der Preisanpassungsklausel einen Regelungsplan festgelegt haben, nämlich die Preisvariabilität.1152 Durch Wegfall der unwirksamen Klausel hat dieser Plan eine Lücke erhalten, die durch eine ergänzende Vertragsauslegung zu schließen ist.1153 IV.

Lückenschließungsmaßstäbe

Die Lückenschließung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nach §§ 157, 133 BGB muss sich sowohl am subjektiven Element des hypothetischen Parteiwillens als auch am objektiven Element des Grundsatzes von Treu und Glauben orientieren und zu einer Regelung führen, die die Interessen beider Vertragsparteien angemessen berücksichtigt.1154 Dabei geht es »darum zu ermitteln, was die Parteien bei einer angemessenen, objektiv generalisierenden Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben redlicherweise vereinbart hätten, wenn sie bedacht hätten, dass die Wirksamkeit der verwendeten Preisänderungsklausel jedenfalls unsicher war.«1155

1148 1149 1150 1151 1152

Thomas, AcP 209 (2009), 84, 123f. Thomas, AcP 209 (2009), 84, 124ff. Kunth/Tüngler, RdE 2006, 257, 263. Kunth/Tüngler, RdE 2006, 257, 263. Schulz-Gardyan, RdE 2009, 97, 99. Der Vereinbarung der Variabilität zustimmend, aber schließlich die ergänzende Vertragsauslegung ablehnend Arzt/Fitzner, ZNER 2005, 305, 311. 1153 Schulz-Gardyan, RdE 2009, 97, 99. 1154 BGH, NJW 2012, 1865, 1866; BGH, NJW 1984, 1177; BGH, NJW 1990, 115, 116. 1155 BGH, NJW 2012, 1865, 1866.

204 1.

Untersuchung der Rechtsfolgen der Unwirksamkeit

Einfügung eines Preisanpassungsrechts über die ergänzende Vertragsauslegung

a) Richterliche Vertragsgestaltung nach der Rechtsprechung des XI. Zivilsenats Der XI. Zivilsenat differenziert zwischen dem »Ob« und dem »Wie« der Zinsanpassung: Eine ergänzende Vertragsauslegung sei dann vorzunehmen, wenn lediglich die Zinsänderungsklausel und nicht zugleich die Zinsvariabilitätsabrede unwirksam ist.1156 Daraufhin ist die Lücke entsprechend der Ausführungen zum Transparenzgebot richterlich auszufüllen.1157 Eine solche Anpassung lehnte der VIII. Zivilsenat in Sondervertragsverhältnissen ab, da der Verwender nach Widerspruch oder Vorbehaltszahlung des Vertragspartners der Unzumutbarkeit durch Kündigung entgehen könne.1158 In konsequenter Fortführung dieses Ansatzes wendete der Senat nun in seinen Urteilen vom 28. 10. 2015 die ergänzende Vertragsauslegung in Grundversorgungsverhältnissen an.1159 Er begründete dies mit der Eigenheit des Grundversorgungsverhältnis, insbesondere des Kontrahierungszwangs, und der geminderten Kündigungsmöglichkeit.1160 aa) Vereinbarkeit der Lösung des XI. Zivilsenats mit nationalem Recht Die ergänzende Vertragsauslegung im Rahmen unwirksamer Preisanpassungsklauseln kann aus folgenden Gründen kritisch gesehen werden: Der XI. Zivilsenat ruft dazu auf, dass die Gerichte vertragsgestaltend tätig werden.1161 Sie sollen Anpassungsmaßstab, -intervall und Referenzzins bestimmen.1162 Kritisch wird entgegnet, dass hierdurch die Sanktionswirkung von § 307 BGB beseitigt werde und der Vertragspartner das Verwenderrisiko trage.1163 Darüber hinaus werde die Rechtsprechung problematisch, wenn die Vertragsparteien, wie in dem vom XI. Zivilsenat zu entscheidenden Fall, eine einfache (ermessensabhängige) Zinsanpassungsklausel und keine Automatikklausel vereinbart haben.1164 Nach dieser Kritik könnte der Senat eine Grundvoraussetzung der 1156 BGH, NJW 2008, 3422, 3423. 1157 Siehe dazu oben S. 85ff. 1158 BGH, NJW 2012, 1865, 1866; BGH, NJW 2011, 1342, 1345; BGH, NJW 2011, 50, 54; BGH, NJW-RR 2010, 1202, 1204; BGH, NJW 2009, 2662, 2667. 1159 BGH, Urt. v. 28. 10. 2015, Az. VIII ZR 13/12, Rn. 73ff. –, juris; BGH, Urt. v. 28. 10. 2015, Az. 158/11, Rn. 71ff. –, juris. Bei der Lückenfüllung ist in Energieversorgungsverträgen der Grundsatz der preisgünstigen Energieversorgung aus § 1 Abs. 1 EnWG zu berücksichtigen, siehe dazu BGH, Urt. v. 28. 10. 2015, Az. VIII ZR 13/12, Rn. 80. –, juris; BGH, Urt. v. 28. 10. 2015, Az. 158/11, Rn. 78 –, juris. 1160 BGH, Urt. v. 28. 10. 2015, Az. VIII ZR 13/12, Rn. 75ff. –, juris; BGH, Urt. v. 28. 10. 2015, Az. 158/11, Rn. 73ff. –, juris. 1161 BGH, NJW 2010, 1742, 1743. Bestätigt in BGH, WM 2011, 306, 308. 1162 BGH, NJW 2010, 1742, 1743. Bestätigt in BGH, WM 2011, 306, 308. 1163 Schwintowski, in Schwintowski, Bankrecht, § 13 Rn. 131. 1164 Nobbe, in: Festschrift für Hans-Jürgen Lwowski, 83, 87: »Sie stellt eine von Praktikabili-

Auslegungs- und Anpassungslösungen

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ergänzenden Vertragsauslegung verlassen haben. Nach früherer Rechtsprechung scheidet die ergänzende Vertragsauslegung nämlich aus, wenn zur Lückenschließung mehrere Optionen in Frage kommen und das Gericht keine Anhaltspunkte hat, welche Regelung die Vertragsparteien in das Vertragswerk eingefügt hätten, wenn sie um die Unwirksamkeit der verwendeten Klausel gewusst hätten.1165 In der neueren Rechtsprechung vertritt der VIII. Zivilsenat jedoch, dass es einer objektiv-generalisierenden Betrachtungsweise bedürfe.1166 Dabei stünden unterschiedliche Alternativen zur Lückenschließung der ergänzenden Vertragsauslegung nicht entgegen.1167 Entscheidend sei vielmehr, dass unter dem Aspekt der Berücksichtigung einer funktionsfähigen Wirtschaft mittels ergänzender Vertragsauslegung eine für beide Seiten zumutbare Lösung gefunden werde.1168 Dabei sei es auch nicht notwendig, dass für jede Einzelheit der ausfüllungsbedürftigen Regelungen konkrete »Anhaltspunkte im Willen oder in den Erklärungen der Vertragsparteien« ersichtlich seien.1169 Stattdessen sei auch berücksichtigungsfähig, welche Regelung an derartigen Geschäften Beteiligte typischerweise vereinbart hätten.1170 Die im Wege des objektiv-generalisierenden Maßstabs gefundene Regelung ist als einzig richtige und damit als alternativlos zu qualifizieren.1171 Die gestalterische Tätigkeit des Richters könnte zudem unter Berücksichtigung des konkreten Anwendungsfalls der Preisanpassungsklausel aufgrund einer historischen und teleologischen Auslegung des § 306 Abs. 2 BGB zulässig sein. Der BGH und Teile in der Literatur sehen die §§ 157, 133 BGB bereits als

1165 1166 1167

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tätserwägungen dominierte unzulässige Vertragsgestaltung im Gewand der ergänzenden Vertragsauslegung dar.« BGH, NJW 2000, 1110; BGH, NJW 1990, 115, 116; BGH, NJW 1989, 3010, 3011; BGH, NJW 1985, 3013, 3016; BGH, NJW 1984, 1177, 1179; BGH, NJW 1974, 1322, 1323; BGH, NJW 1974, 551, 553. Siehe auch Graf von Westphalen, NJW 2010, 2254, 2257. BGH, NJW 2012, 1865, 1868. BGH, NJW 2012, 1865, 1868. Da das Urteil von der Tagespreisrechtsprechung abweicht, erscheint dessen Zitation lediglich dahingehend sinnvoll, dass der Grundsatz der Zulässigkeit der ergänzenden Vertragsauslegung verdeutlicht werden soll. Die neue Rechtsprechungslinie befürwortend Lindacher/Hau, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 306 Rn. 21. BGH, NJW 2012, 1865, 1868. Grundlegende Kritik an der Einbeziehung des tatsächlichen Willens im Rahmen von AGB äußerte Graf von Westphalen, in: Festschrift für Wienand Meilicke, 105, 110f.: Außerhalb eines Individualvertrages sei immer eine abstrakt-generelle Wertung vorzunehmen, sodass tatsächliche Umstände auch nicht im Rahmen von §§ 157, 133 BGB berücksichtigungsfähig seien. Diese Umstände widersprächen fundamental der abstrakten Auslegung, die in § 306 Abs. 2 BGB Beachtung zu finden habe. Siehe dazu auch S. Roloff, in: Erman, § 306 Rn. 13. BGH, NJW 2012, 1865, 1868. Ähnlich BGH, WM 2015, 306, 308. BGH, WM 2015, 306, 308. Für den b2b-Verkehr siehe BGH, WM 2008, 2076, 2078; BGH, NJW-RR 2007, 1697, 1701. Markert, ZMR 2012, 521, 522f.

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Untersuchung der Rechtsfolgen der Unwirksamkeit

dispositives Recht im Sinne des § 306 Abs. 2 BGB an.1172 Die Gegenmeinung erfasst jedoch nur Normen mit sachlichem Regelungsgehalt und keine methodischen Normen wie §§ 157, 133 BGB.1173 Diesbezüglich wird eine Argumentation vorgebracht, die an die Kontrollfähigkeit von Klauseln nach § 307 Abs. 3 BGB erinnert: Methodische Normen besäßen keine Ersatzfähigkeit, da eine Klausel nicht von diesen abweichen könnte, sodass auch umgekehrt diese nicht an deren Stelle treten könnten.1174 Allerdings wird im Endeffekt die ergänzende Vertragsauslegung nicht abgelehnt, sondern damit begründet, dass § 306 Abs. 2 BGB keine Ausschlusswirkung entfalte.1175 Für die Anwendbarkeit der §§ 157, 133 BGB im Rahmen des § 306 Abs. 2 BGB kann die historische Auslegung von § 306 Abs. 2 BGB herangezogen werden. Der Entwurf zum AGB-Gesetz sah in § 5 Abs. 2 vor, dass sich der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Vorschriften und in Ermangelung solcher nach der Natur des Vertrages richten soll, wenn Vertragsklauseln unwirksam sind.1176 Der Rechtsausschuss verwarf die Erstreckung des § 6 Abs. 2 AGBG auf die Ausfüllung anhand der Natur des Vertrages, da es nach seiner Auffassung ausreiche, »in Absatz 2 zu bestimmen, daß an die Stelle der unwirksamen Bestimmungen die gesetzlichen Vorschriften treten. In Ermangelung von solchen ermöglicht bereits § 157 i. V. m. § 133 BGB eine ergänzende Vertragsauslegung.«1177

Daraus wird in der Literatur gefolgert, dass die ergänzende Vertragsauslegung historisch bedingt in dem »AGB-Unwirksamkeitsfolgenplan« des § 306 BGB verankert sei.1178 Dies hat zur Folge, dass der Richter dort, wo kein dispositives

1172 BGH, NJW-RR 2010, 1202, 1204; BGH, NJW 2008, 2172, 2175; BGH, NJW 1984, 1177; Bechtold, DB 1983, 539, 540; Bunte, NJW 1984, 1145, 1147; Bunte, ZIP 1983, 765, 767; K. Schmidt, ZIP 1983, 639, 641. Der IV. Zivilsenat ließ in BGH, NJW 2005, 3559, 3563 die Frage, ob es sich um Normen im Sinne des § 306 Abs. 2 BGB oder um eine Alternative der Lückenschließung handle, ausdrücklich offen. 1173 Thomas, AcP 209 (2009), 84, 121; H. Roth, Vertragsänderung bei fehlgeschlagener Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 52; Schmidt, in: Ulmer/Brandner/ Hensen, AGB-Recht, § 306 Rn. 26, 34; H. Schmidt, Vertragsfolgen der Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 160; Ulmer, NJW 1981, 2025, 2030; Trinkner, BB 1983, 1874, 1875. 1174 Thomas, AcP 209 (2009), 84, 121; H. Schmidt, Vertragsfolgen der Nichteinbeziehung und Unwirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 160. 1175 Thomas, AcP 209 (2009), 84, 121. 1176 Siehe BT-Drucksache 7/3919, S. 4. 1177 BT-Drucksache 7/5422, S. 5. 1178 Uffmann, NJW 2011, 1313, 1316; Lindacher/Hau, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 306 Rn. 15 und Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 306 Rn. 3, 34 verweisen ausdrücklich darauf, dass § 306 Abs. 2 BGB neben den Ausführungen aus der Gesetzesbegründung die ergänzende Vertragsauslegung als Aushilfsvariante nicht ausschließt.

Auslegungs- und Anpassungslösungen

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Recht zur Lückenschließung bereitsteht, gestalterisch tätig werden darf.1179 In der Bedingung des Nichtvorliegens von Ersatznormen zeigt sich gerade, dass §§ 157, 133 BGB keine dispositiven Normen im Sinne des § 306 Abs. 2 BGB darstellen.1180 Zu dem Schluss der Anwendbarkeit der ergänzenden Vertragsauslegung kann man zudem teleologisch gelangen. Denn es ist gerade nicht Sinn und Zweck von § 306 BGB und des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion, dass der Vertragspartner durch den ersatzlosen Wegfall der unwirksamen Klausel einen Vorteil erhält, indem das Vertragsgefüge nun (sozusagen spiegelbildlich) einseitig zu seinen Gunsten abgeändert wird.1181 Problematisch erscheinen bei dieser Lösung jedoch zunächst zwei Überlegungen: Zum einen besteht nur ein schmaler Grat zwischen zulässiger ergänzender Vertragsauslegung (angemessener Interessenausgleich im Sinne der Vertragsparteien) und eines Verbots der geltungserhaltenden Reduktion (Aufrechterhaltung des gerade noch Zulässigen, sodass durch die Verwendung unwirksamer Klauseln für den Verwender keine wirklich nachteiligen Folgen vorhanden sind).1182 Schließlich wird bei beiden Instrumenten die Klausel im Sinne des Regelungskonzepts der Preisvariabilität am Leben erhalten.1183 In dieser Ergebnisgleichheit wird der Entstehungsgrund der hier abgelehnten Unzumutbarkeitslösung gesehen, sodass die Rechtsprechung verhindern wolle, dass die ergänzende Vertragsauslegung zum Regelfall werde.1184 Die Zulässigkeit der ergänzenden Vertragsauslegung könnte aber in dem richterlich originär vorgenommenen Interessenausgleich unter Rücksicht auf den beiderseitigen Parteiwillen oder die Verkehrssitte begründet sein.1185 Der Regelungsplan wird interessengerecht ohne eine AGB-immanente einseitige Begünstigung des Verwenders fortentwickelt. Im Fall des XI. Zivilsenats war der Regelungsplan die Vereinbarung einer Zinsanpassung, die sodann vom Gericht ausgefüllt werden sollte, wohingegen bei der geltungserhaltenden Reduktion das Ergebnis vom 1179 Uffmann, NJW 2011, 1313, 1316. 1180 Anderenfalls stünden immer Ersatznormen zur Verfügung. 1181 BGH, NJW 1998, 450, 451; Grüneberg, in Palandt, § 306 Rn. 13; Thomas, AcP 209 (2009), 84, 121f. 1182 Uffmann, NJW 2011, 1313, 1315. Zur Problematik einer Differenzierung siehe Canaris, in: Festschrift für Ernst Steindorff, 518, 549ff. H. Roth, Vertragsänderung bei fehlgeschlagener Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 58 sieht die Abgrenzungsproblematik aufgrund einer »funktionellen Verwandtschaft« und verweist auf die kaum vorhandene Abgrenzbarkeit der in der Tagespreisklauselrechtsprechung vorgenommenen ergänzenden Vertragsauslegung zur verbotenen geltungserhaltenden Reduktion. 1183 Uffmann, NJW 2011, 1313, 1315. Zur Problematik einer Differenzierung, siehe Canaris, in: Festschrift für Ernst Steindorff, 518, 550. 1184 Uffmann, NJW 2011, 1313, 1315. 1185 Dem Schutz des Vertragspartners ist gedient, wenn eine »beiderseits Interessengerechte Regelung« an die Stelle der unwirksamen Klausel tritt, Schmidt, in: Ulmer/Brandner/ Hensen, AGB-Recht, § 306 Rn. 37. Ähnlich Thomas, AcP 209 (2009), 84, 127.

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Untersuchung der Rechtsfolgen der Unwirksamkeit

Verwender angelegt ist. Die Klausel würde nicht im Sinne der Rechtsprechung des XI. Zivilsenats komplett neu geschrieben, sondern lediglich auf das gerade noch zulässige Maß »zusammengestrichen«. Canaris stellt hier zu Recht die Frage, was geschehe, wenn das Angemessene mit dem gerade noch Zulässigen zusammenfalle?1186 Deshalb sei auf eine statische Differenzierung zwischen ergänzender Vertragsauslegung und geltungserhaltender Reduktion zu verzichten.1187 Zum anderen entsteht ein Problem im Hinblick auf den Zweck, einen Mindeststandard von AGB herbeizuführen, wenn man dem Verwender das Signal gibt, dass jede unwirksame Klausel durch den Richter im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung gerettet wird (Stichpunkt: fehlender Abschreckungseffekt).1188 Somit bietet es sich an, dass eine ergänzende Vertragsauslegung immer nur dann zulässig ist, wenn sie »dem Schutze des anderen Teils dient.«1189 Folglich stellt sich nun erneut die Zulässigkeitsfrage der ergänzenden Vertragsauslegung im konkreten Anwendungsfall. Ist die Preisanpassungsklausel unwirksam, würde von Beginn an eine Festpreisregelung (bei einer Preisberechnungsklausel: der bei Vertragsbeginn ermittelte Preis) gelten. Damit hätte der Vertragspartner einen Rückzahlungsanspruch gegenüber dem Verwender, müsste allerdings mit einer Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt rechnen. Unter Umständen könnte sogar noch eine Unwirksamkeit in Gänze nach § 306 Abs. 3 BGB in Betracht kommen, sodass seitens des Ver1186 Canaris, in: Festschrift für Ernst Steindorff, 518, 549. Zum Definitionsproblem siehe auch Uffmann, Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, 2010, S. 225ff., die auch die Frage stellt, wie sich das gerade noch Zulässige bemisst. 1187 Canaris, in: Festschrift für Ernst Steindorff, 518, 546. In ähnlicher Weise, aber aus Sicht der geltungserhaltenden Reduktion, sieht Uffmann die absolute Verneinung der Zulässigkeit der geltungserhaltenden Reduktion in dem Umstand, dass die Vertreter dieser Ansicht in ihr eine »weitgehende Benachteiligung des Vertragspartners« sehen, was aber nicht unbedingt der Fall sein müsse, Uffmann, Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, 2010, S. 226. 1188 De Wal, Preis- und Preisänderungskontrolle in Energielieferungsverträgen, S. 226. 1189 Canaris, in: Festschrift für Ernst Steindorff, 518, 546. Zu dieser These passt auch, dass Lindacher/Hau den Zweck der ergänzenden Vertragsauslegung in der Aufrechterhaltung des Vertrages zugunsten des Kundeninteresses sehen, Lindacher/Hau, in: Wolf/Lindacher/ Pfeiffer, AGB-Recht, § 306 Rn. 15. I. E. nehmen Lindacher/Hau aber die Begrenzung der ergänzenden Vertragsauslegung anhand des Kriteriums der Vorhersehbarkeit einer Unwirksamkeitserklärung vor, sodass bei Preisanpassungsklauseln eine Klausel ohne Vertragslösungsrecht nicht mehr über die ergänzende Vertragsauslegung zu retten wäre (Rn. 20ff.). Auch wenn die Ansicht von Lindacher und Hau hier nicht vertreten wird, gilt es grundsätzlich zu beachten, dass der Kunde durch die ergänzende Vertragsauslegung nicht einseitig bevorteilt werden darf, siehe Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 306 Rn. 37. H. Roth, Vertragsänderung bei fehlgeschlagener Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 61ff. hingegen will den Anwendungsbereich der ergänzenden Vertragsauslegung beschränken, indem dieselben Schranken bestehen wie für die geltungserhaltende Reduktion, sodass diese bei institutionellem Rechtsmissbrauch ausscheidet.

Auslegungs- und Anpassungslösungen

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wenders Wertersatzansprüche entstehen könnten. Die ergänzende Vertragsauslegung würde dem Schutz des Vertragspartners dienen, wenn dessen Bestandsinteresse festzustellen ist. Die Gerichte wären damit angehalten, als Zulässigkeitsvoraussetzung einer ergänzenden Vertragsauslegung alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, aus denen sich ein Bestandsinteresse ergeben kann. Beispielsweise ist auf die Dauer des gültigen Vertrages zu achten und der Bestandspreis mit Neupreisen zu vergleichen. An dieser Stelle sei an die Ausführungen zum Bestandsinteresse und an die Beispiele des Altenheimvertrages und der Wohngebäudeversicherung erinnert.1190 bb) Vereinbarkeit der Lösung des XI. Zivilsenats mit dem Unionsrecht Weiterhin stellt sich die Frage, ob die Lückenschließung im Sinne des XI. Zivilsenats mit dem Unionsrecht vereinbar ist – diesbezügliche Zweifel regen sich vor allem bei der Betrachtung der EuGH-Rechtsprechung zu Art. 6 und 7 der Richtlinie 93/13/EWG. Generalanwältin Trstenjak trug in der Rechtssache Banco EspaÇol de Cr8dito SA gegen Joaqu&n Calderjn Camino vor, dass die Regelung des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG dahingehend zu verstehen sei, »dass der Vertrag nach Beseitigung der missbräuchlichen Klauseln in unveränderter Form mit den verbleibenden Klauseln fortbestehen muss, sofern dies rechtlich möglich ist, was bereits begrifflich jegliche Ersetzung von Klauseln bzw. Anpassung des Vertrags ausschließt.«1191

Dieser Position schloss sich der EuGH an und führt sie mittlerweile in ständiger Rechtsprechung fort. Demnach ist Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG dahingehend auszulegen, »dass die nationalen Gerichte eine missbräuchliche Vertragsklausel nur für unanwendbar zu erklären haben, damit sie den Verbraucher nicht bindet, ohne dass sie befugt wären, deren Inhalt abzuändern. Denn der betreffende Vertrag muss – abgesehen von der Änderung, die sich aus der Aufhebung der missbräuchlichen Klauseln ergibt – grundsätzlich unverändert fortbestehen, soweit dies nach den Vorschriften des innerstaatlichen Rechts rechtlich möglich ist.«1192

1190 Siehe oben S. 141ff. 1191 Schlussanträge der Generalanwältin Verica Trstenjak v. 14. 02. 2012, Rs. C-618/10 – Banco EspaÇol de Cr8dito SA gegen Joaqu&n Calderjn Camino, ECLI:EU:C:2012:74 Rn. 85 (Hervorhebungen durch den Verfasser). 1192 EuGH, Urt. v. 14. 06. 2012, Rs. C-618/10 – Banco EspaÇol de Cr8dito SA gegen Joaqu&n Calderjn Camino, EuZW 2012, 754, 757 Rn. 65. Anschließend EuGH, Urt. v. 30. 05. 2013, Rs. C-488/11 – Dirk Frederik Asbeek Brusse, Katarina de Man Garabito gegen Jahani BV, EuZW 2013, 596, 599f. Rn. 58; EuGH, Urt. v. 30. 04. 2014, Rs. C-26/13 – ]rp#d K#sler, Hajnalka K#slern8 R#bai gegen OTP Jelz#logbank Zrt., EuZW 2014, 506, 509f. Rn. 77. Sinngemäß auch EuGH, Urt. v. 21. 12. 2016, verbundene Rechtssachen C-154/15, C-307/15

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Untersuchung der Rechtsfolgen der Unwirksamkeit

Allein durch diese ausschließliche Unwirksamkeit werde dem Ziel der Richtlinie, missbräuchliche Klauseln aus dem Geschäftsverkehr zu beseitigen, entsprochen.1193 Eine Ersetzungsbefugnis hingegen liefe diesem Ziel zuwider, da dann der Abschreckungseffekt entfiele:1194 Die Verwender könnten versucht sein, die missbräuchlichen Klauseln weiterhin zu verwenden, wenn ihnen statt der Unwirksamkeit lediglich die Ersetzung durch eine entsprechende wirksame Klausel drohe1195 – ihr Verwendungsinteresse sei somit nur bei Nichtanwendung der Klauseln berührt.1196 In Bezug auf Vertragsstrafeklauseln entschied der EuGH in der Rechtssache Dirk Frederik Asbeek Brusse und Katarina de Man Garabito gegen Jahani BV ausdrücklich, dass Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG der Herabsetzung der vertraglich festgelegten Sanktion durch das nationale Gericht entgegenstehe.1197 Stattdessen müsse die Klausel ersatzlos gestrichen werden.1198

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und C-308/15 – Francisco Guti8rrez Naranjo gegen Cajasur Banco SAU, Ana Mar&a Palacios Mart&nez gegen Banco Bilbao Vizcaya Argentaria SA (BBVA), Banco Popular EspaÇol SA gegen Emilio Irles Ljpez,Teresa Torres Andreu Rn. 57, EuZW 2017, 148, 150. EuGH, Urt. v. 14. 06. 2012, Rs. C-618/10 – Banco EspaÇol de Cr8dito SA gegen Joaqu&n Calderjn Camino, EuZW 2012, 754, 757 Rn. 69; Schlussanträge der Generalanwältin Verica Trstenjak v. 14. 02. 2012, Rs. C-618/10 – Banco EspaÇol de Cr8dito SA gegen Joaqu&n Calderjn Camino, ECLI:EU:C:2012:74 Rn. 88. Anschließend EuGH, Urt. v. 30. 04. 2014, Rs. C-26/13 – ]rp#d K#sler, Hajnalka K#slern8 R#bai gegen OTP Jelz#logbank Zrt., EuZW 2014, 506, 510 Rn. 79. EuGH, Urt. v. 14. 06. 2012, Rs. C-618/10 – Banco EspaÇol de Cr8dito SA gegen Joaqu&n Calderjn Camino, EuZW 2012, 754, 757 Rn. 69; Schlussanträge der Generalanwältin Verica Trstenjak v. 14. 02. 2012, Rs. C-618/10 – Banco EspaÇol de Cr8dito SA gegen Joaqu&n Calderjn Camino, ECLI:EU:C:2012:74 Rn. 88. Anschließend EuGH, Urt. v. 30. 04. 2014, Rs. C-26/13 – ]rp#d K#sler, Hajnalka K#slern8 R#bai gegen OTP Jelz#logbank Zrt., EuZW 2014, 506, 510 Rn. 79. Siehe auch die Schlussanträge der Generalanwältin Eleanor Sharpston v. 19. 11. 2015, Rs. 377/14 – Ernst Georg Radlinger, Helena Radlingerov# gegen FINWAY a. s., ECLI:EU:C:2015:769 Rn. 76. EuGH, Urt. v. 14. 06. 2012, Rs. C-618/10 – Banco EspaÇol de Cr8dito SA gegen Joaqu&n Calderjn Camino, EuZW 2012, 754, 757 Rn. 69. Anschließend EuGH, Urt. v. 30. 04. 2014, Rs. C-26/13 – ]rp#d K#sler, Hajnalka K#slern8 R#bai gegen OTP Jelz#logbank Zrt., EuZW 2014, 506, 510 Rn. 79. EuGH, Urt. v. 14. 06. 2012, Rs. C-618/10 – Banco EspaÇol de Cr8dito SA gegen Joaqu&n Calderjn Camino, EuZW 2012, 754, 757 Rn. 69. Anschließend EuGH, Urt. v. 30. 04. 2014, Rs. C-26/13 – ]rp#d K#sler, Hajnalka K#slern8 R#bai gegen OTP Jelz#logbank Zrt., EuZW 2014, 506, 510 Rn. 79. Bestätigt in EuGH, Urt. v. 21. 01. 2015, verbundene Rs. C-482/13, C484/13, C-485/13 und C-487/13 – Unicaja Banco SA gegen Jos8 Hidalgo Rueda (C-482/13), Mar&a del Carmen Vega Mart&n (C-482/13), Gestijn Patrimonial Hive SL (C-482/13), Francisco Antonio Ljpez Reina (C-482/13), Rosa Mar&a Hidalgo Vega (C-482/13) sowie Caixabank SA gegen Manuel Mar&a Rueda Ledesma (C-484/13), Rosario Mesa Mesa (C484/13), Jos8 Labella Crespo (C-485/13), Rosario M#rquez Rodr&guez (C-485/13), Rafael Gallardo Salvat (C-485/13), Manuela M#rquez Rodr&guez (C-485/13), Alberto Gal#n Luna (C-487/13), Domingo Gal#n Luna (C-487/13), ECLI:EU:C:2015:21 Rn. 31. EuGH, Urt. v. 30. 05. 2013, Rs. C-488/11 – Dirk Frederik Asbeek Brusse, Katarina de Man Garabito gegen Jahani BV, EuZW 2013, 596, 600 Rn. 59. Siehe dazu im Anschluss auch die

Auslegungs- und Anpassungslösungen

211

In der Rechtssache ]rp#d K#sler, Hajnalka K#slern8 R#bai gegen OTP Jelz#logbank Zrt. bestätigte der EuGH zunächst seine grundsätzliche Ablehnung einer Ersetzung der missbräuchlichen Klauseln aus dem Urteil in der Rechtssache Banco EspaÇol de Cr8dito SA gegen Joaqu&n Calderjn Camino.1199 In einem weiteren Schritt entwickelte er jedoch eine Ausnahmeregelung für den Fall, dass die Unwirksamkeit der Klausel das Gericht dazu verpflichten würde, den gesamten Vertrag für nichtig zu erklären und dies dem Verbraucher zum Nachteil gereichen würde.1200 In dem zu entscheidenden Fall hätte die Nichtigerklärung der Klausel zur sofortigen Fälligkeit eines Darlehens geführt, sodass der Verwender mangels Bestrafung nicht von der Verwendung der Klausel abgeschreckt worden wäre.1201 In dieser Konstellation sieht es der EuGH als angemessen an, eine missbräuchliche Klausel durch dispositives Recht zu ersetzen.1202

1198

1199 1200

1201 1202

Schlussanträge des Generalanwalts Nils Wahl v. 16. 10. 2014, verbundene Rs. C-482/13, C484/13, C-485/13 und C-487/13 – Unicaja Banco SA gegen Jos8 Hidalgo Rueda (C-482/13), Mar&a del Carmen Vega Mart&n (C-482/13), Gestijn Patrimonial Hive SL (C-482/13), Francisco Antonio Ljpez Reina (C-482/13), Rosa Mar&a Hidalgo Vega (C-482/13) sowie Caixabank SA gegen Manuel Mar&a Rueda Ledesma (C-484/13), Rosario Mesa Mesa (C484/13), Jos8 Labella Crespo (C-485/13), Rosario M#rquez Rodr&guez (C-485/13), Rafael Gallardo Salvat (C-485/13), Manuela M#rquez Rodr&guez (C-485/13), Alberto Gal#n Luna (C-487/13), Domingo Gal#n Luna (C-487/13), ECLI:EU:C:2014:2299 Rn. 27. EuGH, Urt. v. 30. 05. 2013, Rs. C-488/11 – Dirk Frederik Asbeek Brusse, Katarina de Man Garabito gegen Jahani BV, EuZW 2013, 596, 600 Rn. 59. Siehe dazu im Anschluss auch die Schlussanträge des Generalanwalts Nils Wahl v. 16. 10. 2014, verbundene Rs. C-482/13, C484/13, C-485/13 und C-487/13 – Unicaja Banco SA gegen Jos8 Hidalgo Rueda (C-482/13), Mar&a del Carmen Vega Mart&n (C-482/13), Gestijn Patrimonial Hive SL (C-482/13), Francisco Antonio Ljpez Reina (C-482/13), Rosa Mar&a Hidalgo Vega (C-482/13) sowie Caixabank SA gegen Manuel Mar&a Rueda Ledesma (C-484/13), Rosario Mesa Mesa (C484/13), Jos8 Labella Crespo (C-485/13), Rosario M#rquez Rodr&guez (C-485/13), Rafael Gallardo Salvat (C-485/13), Manuela M#rquez Rodr&guez (C-485/13), Alberto Gal#n Luna (C-487/13), Domingo Gal#n Luna (C-487/13), ECLI:EU:C:2014:2299 Rn. 27. EuGH, Urt. v. 30. 04. 2014, Rs. C-26/13 – ]rp#d K#sler, Hajnalka K#slern8 R#bai gegen OTP Jelz#logbank Zrt., EuZW 2014, 506, 509f. Rn. 77ff. EuGH, Urt. v. 30. 04. 2014, Rs. C-26/13 – ]rp#d K#sler, Hajnalka K#slern8 R#bai gegen OTP Jelz#logbank Zrt., EuZW 2014, 506, 510 Rn. 80ff. Bestätigt in EuGH, Urt. v. 21. 01. 2015, verbundene Rs. C-482/13, C-484/13, C-485/13 und C-487/13 – Unicaja Banco SA gegen Jos8 Hidalgo Rueda (C-482/13), Mar&a del Carmen Vega Mart&n (C-482/13), Gestijn Patrimonial Hive SL (C-482/13), Francisco Antonio Ljpez Reina (C-482/13), Rosa Mar&a Hidalgo Vega (C-482/13) sowie Caixabank SA gegen Manuel Mar&a Rueda Ledesma (C484/13), Rosario Mesa Mesa (C-484/13), Jos8 Labella Crespo (C-485/13), Rosario M#rquez Rodr&guez (C-485/13), Rafael Gallardo Salvat (C-485/13), Manuela M#rquez Rodr&guez (C485/13), Alberto Gal#n Luna (C-487/13), Domingo Gal#n Luna (C-487/13), ECLI:EU: C:2015:21 Rn. 33f. EuGH, Urt. v. 30. 04. 2014, Rs. C-26/13 – ]rp#d K#sler, Hajnalka K#slern8 R#bai gegen OTP Jelz#logbank Zrt., EuZW 2014, 506, 510 Rn. 84. EuGH, Urt. v. 30. 04. 2014, Rs. C-26/13 – ]rp#d K#sler, Hajnalka K#slern8 R#bai gegen OTP Jelz#logbank Zrt., EuZW 2014, 506, 510 Rn. 80. Bestätigt in EuGH, Urt. v. 21. 01. 2015,

212

Untersuchung der Rechtsfolgen der Unwirksamkeit

Nach den Ausführungen in diesem Urteil steht ausschließlich die ausnahmsweise erlaubte Ersetzungsbefugnis im Einklang mit Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG, »da diese Bestimmung nach ständiger Rechtsprechung darauf abzielt, die formale Ausgewogenheit der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien durch eine materielle Ausgewogenheit zu ersetzen und so ihre Gleichheit wiederherzustellen, nicht aber die Nichtigkeit sämtlicher Verträge herbeizuführen, die missbräuchliche Klauseln enthalten.«1203

Sowohl nach dem Verständnis der Generalanwältin Trstenjak in der Rechtssache Banco EspaÇol de Cr8dito SA gegen Joaqu&n Calderjn Camino als auch nach der erweiterten Rechtsprechung des EuGH erscheint nicht nur die geltungserhaltende Reduktion (so das Verständnis des BGH in Folge des Urteils in der Rechtssache Banco EspaÇol de Cr8dito SA gegen Joaqu&n Calderjn Camino), sondern auch die ergänzende Vertragsauslegung nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG untersagt.1204 Schließlich erlaubt der EuGH lediglich die Ersetzung durch dispositives Recht, nicht durch originär gestaltete Klauseln. Damit würde die Rechtsprechung des XI. Zivilsenats gegen Unionsrecht verstoßen, da dieser eine neue Zinsanpassungsklausel in den Vertrag einarbeiten lässt. Dieses weitreichend verstandene Ersetzungsverbot bestätigte der EuGH zuletzt in seinem Urteil vom 21. 12. 2016 indem er ausführte, dass »das nationale Gericht eine missbräuchliche Klausel schlicht unangewendet zu lassen [habe],

verbundene Rs. C-482/13, C-484/13, C-485/13 und C-487/13 – Unicaja Banco SA gegen Jos8 Hidalgo Rueda (C-482/13), Mar&a del Carmen Vega Mart&n (C-482/13), Gestijn Patrimonial Hive SL (C-482/13), Francisco Antonio Ljpez Reina (C-482/13), Rosa Mar&a Hidalgo Vega (C-482/13) sowie Caixabank SA gegen Manuel Mar&a Rueda Ledesma (C484/13), Rosario Mesa Mesa (C-484/13), Jos8 Labella Crespo (C-485/13), Rosario M#rquez Rodr&guez (C-485/13), Rafael Gallardo Salvat (C-485/13), Manuela M#rquez Rodr&guez (C485/13), Alberto Gal#n Luna (C-487/13), Domingo Gal#n Luna (C-487/13), ECLI:EU: C:2015:21 Rn. 33f. 1203 EuGH, Urt. v. 30. 04. 2014, Rs. C-26/13 – ]rp#d K#sler, Hajnalka K#slern8 R#bai gegen OTP Jelz#logbank Zrt., EuZW 2014, 506, 510 Rn. 80. Dieser Zweck des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG hat der EuGH auch in den Rechtssachen, EuGH, Urt. v. 29. 10. 2015, Rs. C-8/14 – BBVA SA gegen Pedro PeÇalva Ljpez, Clara Ljpez Dur#n, Diego Fern#ndez Gabarro, EuZW 2016, 147, 147f. Rn. 18; EuGH, Urt. v. 14. 06. 2012, Rs. C-618/10 – Banco EspaÇol de Cr8dito SA gegen Joaqu&n Calderjn Camino, EuZW 2012, 754, 755 und 757 Rn. 40, 63 und EuGH, Urt. v. 15. 03. 2012, Rs. C-453/10 – Jana Perenicˇov# und Vladislav Perenicˇ gegen SOS financ spol. s r. o., EuZW 2012, 302, 303 Rn. 31 ausgeführt (Hervorhebungen durch den Verfasser). 1204 So offenbar das Verständnis von Markert, ZNER 2013, 156, 157 und ZNER 2013, 257, der aber in beiden Beiträgen keinen Bezug auf die Rechtsprechung des XI. Zivilsenats nimmt, sondern die später zu erörternde Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats kritisiert, siehe zu dieser Rechtsprechung unten S. 218ff.

Auslegungs- und Anpassungslösungen

213

damit sie den Verbraucher nicht bindet, ohne dass es befugt wäre, deren Inhalt abzuändern.«1205 Bereits zur deutschen Tagespreisklauselrechtsprechung regten sich kritische Stimmen (wiederzufinden in der heutigen Argumentationslinie von EuGH und Generalanwältin Trstenjak), die einwandten, der Verwender könne bei Einbeziehung der ergänzenden Vertragsauslegung in den Alternativplan des § 306 Abs. 2 BGB immer mit einer Rettung rechnen.1206 Dabei sei die ergänzende Vertragsauslegung unter Umständen ein noch gravierenderer Einschnitt in die Rechte des Vertragspartners als die geltungserhaltende Reduktion, da hier durch den Richter eine neue – nicht über das AGB-Recht überprüfbare – Klausel eingeführt werde.1207 Bei der geltungserhaltenden Reduktion hingegen bleibe die aufrechterhaltbare Restklausel bestehen.1208 Das EuGH-Urteil in der Rechtsache Banco EspaÇol de Cr8dito SA gegen Joaqu&n Calderjn Camino wurde in der Literatur noch als »verunglückt« betitelt, sodass es äußerst eng auszulegen und nicht auf die ergänzende Vertragsauslegung zu erstrecken sei.1209 Diese Argumentation wird nach den Folgeentscheidungen des EuGH jedoch nicht mehr ausreichen, um die Anwendung der ergänzenden Vertragsauslegung durch die nationalen Gerichte im Falle einer missbräuchlichen Vertragsklausel zu rechtfertigen. Dennoch erscheint es auch im Lichte der Argumentation des EuGH gerechtfertigt, die ergänzende Vertragsauslegung im Sinne des XI. Zivilsenats des BGH zuzulassen. Denn die Aufrechterhaltung des Regelungsplans durch den Richter bei Ausfüllung der Klausel durch beiderseits angemessene Referenzzinsen sowie Anpassungsintervalle und -schwellen zielt gerade auf die Herstellung einer materiellen Ausgewogenheit ab.1210 Dafür spricht, dass die ergänzende Vertragsauslegung nach der Rechtsprechung gerade und vor allem nur dann eingreifen soll, wenn kein dispositives Recht vorhanden ist und »die ersatzlose Streichung der unwirksamen Klausel […] keine angemessene, den typischen 1205 EuGH, Urt. v. 21. 12. 2016, verbundene Rechtssachen C-154/15, C-307/15 und C-308/15 – Francisco Guti8rrez Naranjo gegen Cajasur Banco SAU, Ana Mar&a Palacios Mart&nez gegen Banco Bilbao Vizcaya Argentaria SA (BBVA), Banco Popular EspaÇol SA gegen Emilio Irles Ljpez,Teresa Torres Andreu Rn. 57, EuZW 2017, 148, 150. 1206 Trinkner, BB 1984, 490, 491f.; zustimmend Löwe, BB 1984, 492, 493. 1207 Trinkner, BB 1984, 490, 492. 1208 Trinkner, BB 1984, 490, 492. 1209 Schlosser, in: Staudinger, § 306 Rn. 12; Ausführlich zur weiteren Möglichkeit der ergänzenden Vertragsauslegung und dem verunglückten Urteil, u. a. aufgrund von Übersetzungsfehlern, siehe Schlosser, IPrax 2012, 507, 509ff. 1210 Ähnlich hatte der VIII. Zivilsenat seine Fristenlösung gerechtfertigt, BGH, ZNER 2013, 152, 154. Trotz Ablehnung der Fristenlösung ist demnach die Argumentation des VIII. Zivilsenats im Hinblick auf das Rechtsinstitut der ergänzenden Vertragsauslegung zuzustimmen. Europarechtliche Probleme ergeben sich jedoch – wie gezeigt – bei deren Anwendung durch den VIII. Zivilsenat. Kritisch Markert, ZNER 2013, 156, 157.

214

Untersuchung der Rechtsfolgen der Unwirksamkeit

Interessen des BGB-Verwenders und des Kunden Rechnung tragende Lösung bietet.«1211 Für die Anwendbarkeit der ergänzenden Vertragsauslegung spricht sich auch Pfeiffer aus: Durch Anerkennung der Unwirksamkeit der gesamten Klausel werde der Abschreckungseffekt erhalten, da die Klausel nicht im Sinne des Verwenders auf das gerade noch zulässige Maß reduziert werde.1212 Dem kann insofern zugestimmt werden, als der Richter eine aus seiner Sicht interessengerechte Klausel einführt, die jeden missbräuchlichen Vorteil der unwirksamen Klausel beseitigt. Dieser Gedanke leitet zugleich über zu der Begründung der Ausnahmeregelung im EuGH-Urteil und in den Schlussanträgen des Generalanwalts Wahl in der Rechtssache ]rp#d K#sler, Hajnalka K#slern8 R#bai gegen OTP Jelz#logbank Zrt. Dieser hatte die Ersetzungsbefugnis durch dispositives Recht aufgrund der Wiederherstellung eines echten Gleichgewichts zwischen den Vertragsparteien begründet.1213 Nach den bisherigen Ausführungen zur ergänzenden Vertragsauslegung im Sinne des XI. Zivilsenats muss diese Begründung im selben Maße für die ergänzende Vertragsauslegung gelten. Die neue Klausel wird unabhängig von den Einflüssen der Vertragsparteien und allein nach Angemessenheitsgesichtspunkten konstruiert. Dadurch spielt die Transaktionskostenasymmetrie keine Rolle mehr ; beide Vertragsparteien befinden sich bezüglich der neuen Klausel im Gleichgewicht. Auch die Rechtsprechung in der Rechtssache Dirk Frederik Asbeek Brusse und Katarina de Man Garabito gegen Jahani BV steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Die Reduzierung einer Vertragsstrafe durch das erkennende nationale Gericht käme einer geltungserhaltenden Reduktion gleich. Damit kann diesem Urteil für das deutsche Recht nur die Ablehnung hinsichtlich der geltungserhaltenden Reduktion entnommen werden, die nach herrschender Meinung ohnehin als unzulässig angesehen wird.1214 Eine Übertragung auf die ergänzende Vertragsauslegung 1211 BGH, NJW 1984, 1177, 1178. Zur folgenden ständigen Rechtsprechung bis zum Urteil des Kartellsenats von 2008 siehe BGH, NJW 2000, 1110, 1114; BGH, NJW 1998, 450, 451; BGH, NJW 1992, 1164, 1165; BGH, NJW 1989, 3010, 3011. 1212 Pfeiffer, LMK 2012, 339740. Ähnlich Lindacher/Hau, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGBRecht, § 306 Rn. 17a, 18. 1213 EuGH, Urt. v. 30. 04. 2014, Rs. C-26/13 – ]rp#d K#sler, Hajnalka K#slern8 R#bai gegen OTP Jelz#logbank Zrt., EuZW 2014, 506, 510 Rn. 82; Schlussanträge des Generalanwalts Nils Wahl v. 12. 02. 2014, Rs. C-26/13 – ]rp#d K#sler, Hajnalka K#slern8 R#bai gegen OTP Jelz#logbank Zrt., ECLI:EU:C:2014:282 Rn. 100f. 1214 Siehe dazu BGH, NJW 1982, 2309, 2310 sowie die Bestätigungen in der neueren Rechtsprechung BGH, NJW 2016, 560, 562; BGH, NJW 2015, 1594, 1596; BGH, NJW 2015, 1440, 1441; BGH, NJW 2015, 1874, 1875; BGH NJW 2010, 674, 675; BGH NJW 2009, 1486, 1487. In der Literatur siehe S. Roloff, in: Erman, § 306 BGB Rn. 6; Lapp/Salamon, in: jurisPKBGB, § 306 BGB, Rn. 28; Stoffels, AGB-Recht, § 20 Rn. 593ff.; Schmidt, in: Ulmer/ Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 306 Rn. 14; Lindacher/Hau, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 306 Rn. 26ff.; Grüneberg, in: Palandt, § 306 Rn. 6.

Auslegungs- und Anpassungslösungen

215

sollte nicht erfolgen. Ein Verbot der Lückenschließung durch ergänzende Vertragsauslegung könnte nach Pfeiffer in anderen Rechtsordnungen allerdings zu Konflikten führen, da diese zum Teil nicht zwischen ergänzender und erläuternder Vertragsauslegung unterscheiden würden, sodass nur ein gänzliches Verbot der Auslegung in Betracht käme – was sicherlich widersinnig ist.1215 Zudem ist zu beachten, dass Generalanwältin Trstenjak in ihren Ausführungen eine Quellenangabe machte,1216 in der Pfeiffer selbst eine geltungserhaltende Reduktion und damit gerade nicht die ergänzende Vertragsauslegung als unvereinbar mit der Richtlinie 93/13/EWG ansah.1217 Folglich könnte daraus geschlossen werden, dass sich auch die Generalanwältin lediglich auf die geltungserhaltende Reduktion bezog. Auch nach dem Urteil des EuGH vom 21. 12. 2016 sieht Pfeiffer die Zulässigkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung nicht gänzlich ausgeschlossen, ihr sei nun aber gewisse Grenzen gesetzt.1218 An dieser Stelle gilt es, nochmals einen genauen Blick auf die Begründung der Ausnahmeregelung in der Rechtssache ]rp#d K#sler, Hajnalka K#slern8 R#bai gegen OTP Jelz#logbank Zrt. zu werfen: Der EuGH lässt danach eine Ersetzung der Klausel zu, wenn die Nichtigkeit des gesamten Vertrages dem Verbraucher zum Nachteil gereichen würde.1219 Diese ergebnisorientierte Auslegung ließe sich auf die hier vorgeschlagene Einschränkung der Anwendbarkeit der ergänzenden Vertragsauslegung auf Fälle des Bestandsinteresses übertragen. In diesen Fällen würde die verwenderseitige Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt ebenfalls dem Verbraucher zum Nachteil gereichen. Damit erscheint hier eine ergänzende Vertragsauslegung angemessener als die Nichtigkeit der bloßen Klausel. In der Gesamtheit sprechen die besseren Argumente für eine Zulässigkeit der ergänzenden Vertragsauslegung zur Ausfüllung einer durch Wegfall einer Klausel entstandenen Lücke. Wird die ergänzende Vertragsauslegung dennoch als gegen die Richtlinie verstoßend angesehen, müsste zumindest eine einge-

1215 Pfeiffer (LMK 2012, 339740) vertritt die Ansicht, die ergänzende Vertragsauslegung könne sogar als Lückenschließungsinstrument in europäischem Sinne angesehen werden. 1216 Schlussanträge der Generalanwältin Verica Trstenjak v. 14. 02. 2012, Rs. C-618/10 – Banco EspaÇol de Cr8dito SA gegen Joaqu&n Calderjn Camino, ECLI:EU:C:2012:74 Rn. 89. In der Fußnote bezieht sich diese auf Pfeiffer, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union – Kommentar, Band 4, A5, Art. 6, S. 2 Rn. 7, und führt sogar ausdrücklich aus, dass Pfeiffer »eine ›geltungserhaltende Reduktion‹, also eine Aufrechterhaltung der missbräuchlichen Klausel mit dem gerade noch zulässigen Inhalt mit der Richtlinie 93/13 für im Regelfall unvereinbar« halte. 1217 Pfeiffer, LMK 2012, 339740. 1218 Pfeiffer, NJW 2017, 913, 914. 1219 EuGH, Urt. v. 30. 04. 2014, Rs. C-26/13 – ]rp#d K#sler, Hajnalka K#slern8 R#bai gegen OTP Jelz#logbank Zrt., EuZW 2014, 506, 510 Rn. 80ff.

216

Untersuchung der Rechtsfolgen der Unwirksamkeit

schränkte Anwendung im hier vorgeschlagenen – das Bestandsinteresse berücksichtigenden – Sinne möglich sein.1220 b) Alternativansatz über §§ 315, 316 BGB in der Literatur Abweichend zur Rechtsprechung des XI. Zivilsenats findet sich in der Literatur der Ansatz, ein Zinsanpassungsrecht über die Anwendung der §§ 315, 316 BGB im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung herzustellen.1221 Die Zulässigkeit dieses Ansatzes wird darin gesehen, dass die Unwirksamkeit einer Zinsanpassungsklausel nichts an dem ursprünglich vereinbarten Regelungsplan der Variabilität des Zinses ändere, sodass die Entscheidung für eine variable Ausgestaltung als Teil des Preis-Leistungs-Verhältnisses angesehen werden könne.1222 Damit könnte die Variabilität durch Umdeutung in ein Leistungsbestimmungsrecht nach §§ 315, 316 BGB ausgefüllt werden.1223 Die Folge wäre, dass der Verwender gemäß § 316 BGB die Gegenleistung und somit den Zins bestimmen könnte – allerdings unter Beachtung der Vorgaben aus § 315 BGB.1224 Nach anderen Literaturstimmen entsteht hingegen kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht, sondern ein beidseitiger Anspruch auf Einwilligung in die Zinsanpassung unter Möglichkeit des Widerspruchs durch den Vertragspartner.1225 Mangels Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB komme es dann zu einer gerichtlichen Richtigkeitskontrolle, d. h. der Richter

1220 Siehe dazu oben S. 207ff. 1221 Bruchner, in: Bruchner/Metz, Variable Zinsklauseln, Rn. 241ff. Andere werten §§ 315, 316 BGB als gesetzliche Bestimmungen im Sinne des § 306 Abs. 2 BGB, siehe dazu K. Schmidt, ZIP 1983, 639, 641; Bechtold, DB 1983, 539, 540. Aufgrund der oben vollzogenen Differenzierung zwischen sachlichen und methodischen Normen (S. 206) ist aber der Weg über die ergänzende Vertragsauslegung erforderlich. 1222 Zum Erhalt der Variabilität siehe Reifner, JZ 1995, 866, 869; Bruchner, BKR 2001, 16, 20; Habersack, WM 2001, 753, 760; Schimansky, WM 2001, 1169, 1175; Metz, BKR 2001, 21, 23. I. E. derselben Ansicht, aber in Bezug auf einen Preisvorbehalt ausführend Bechtold, DB 1983, 539, 540. Diese Rechtsprechung erscheint übertragbar auf andere Vertragsarten. Der Vertragspartner erkauft sich sozusagen einen günstigeren Einstiegspreis durch die Anpassungsfähigkeit, sodass die Infragestellung der Variabilität von Preisanpassungsklauseln zugleich den Ausgangspreis in Frage stellen würde. 1223 Habersack, WM 2001, 753, 760; Bruchner, BKR 2001, 16, 20; Bruchner, in: Bruchner/Metz, Variable Zinsklauseln, Rn. 241ff. Allerdings nun a. A. Bruchner/Krepold, in: Schimansky/ Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band 1, § 78 Rn. 89. Eine Verdrängung der §§ 315, 316 BGB durch die ergänzende Vertragsauslegung im Sinne des XI. Zivilsenats vertritt Renner, in: Staub, Großkommentar HGB, Band 10/2, Vierter Teil, Das Kreditgeschäft Rn. 51f. 1224 Bruchner, in: Bruchner/Metz, Variable Zinsklauseln, Rn. 247. 1225 Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 218; Schimansky, WM 2001, 1169, 1175.

Auslegungs- und Anpassungslösungen

217

»wird durch Auslegung der Vereinbarung über die Veränderlichkeit des Zinses eigene Maßstäbe für Zeitpunkt und Ausmaß der Zinsanpassungen festlegen müssen und anhand dieser Maßstäbe die Entscheidung der Bank überprüfen.«1226

Dazu biete sich die Heranziehung eines Referenzzinses an.1227 Die Umdeutung einer unwirksamen Preisanpassungsklausel in ein Leistungsbestimmungsrecht nach §§ 315f. BGB erscheint sachwidrig und nicht interessengerecht. Nach dem XI. Zivilsenat ist in der Regel kein hypothetischer Vertragswille der Vertragsparteien dahingehend festzustellen, dass eine unangemessene Benachteiligung der Anpassungsklausel »durch eine der unausgewogenen Regelung im Kern gleichende Gestaltung« ersetzt werden soll.1228 Deshalb könne eine unwirksame Anpassungsklausel nicht durch ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Verwenders gemäß § 316 BGB ersetzt werden.1229 Das OLG Hamm merkt zu Recht an, dass die Anwendbarkeit von § 315 BGB die wirksame Vereinbarung eines eben solchen Leistungsbestimmungsrechts voraussetze.1230 Auch das OLG Düsseldorf sieht eine vertragliche Regelung des einseitigen Leistungsbestimmungsrechts als erforderlich an; dabei genüge nicht die bloße Variabilitätsabrede.1231 Darüber hinaus ist anzumerken, dass der Vertragspartner zum Bestimmungsopfer herabgewürdigt würde. Deutet man die unwirksame Klausel in ein Bestimmungsrecht nach freiem Ermessen um (die Anpassungsvoraussetzungen sind schließlich nichtig), wird der Schutz des Vertragspartners unterlaufen. Das Bestimmungsrecht würde gewissermaßen erweitert. Deutlich wird dies am Beispiel einer Klausel, die etwa wegen eines Mangels im Rahmen der Saldierungspflicht für unwirksam erklärt wird: Der zuvor einem vertraglich beschränkten Anpassungsrecht ausgesetzte Vertragspartner wäre dem Verwender nun gänzlich ausgeliefert und lediglich über § 315 Abs. 3 BGB geschützt. Werden die Klauselvoraussetzungen zur Begrenzung des Bestimmungsrecht jedoch aufrechterhalten, wird vorgebracht, dass darin ein Verstoß gegen das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion zu erblicken sei1232 – bei einer Umdeutung entstünde also das vertragspartnerfeindliche Resultat der Folgenlosigkeit der Verwendung einer unwirksamen Klausel. Darüber hinaus stellt Derleder fest, dass der Verwender einer unwirksamen Klausel »immer Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 218; Schimansky, WM 2001, 1169, 1175. Rösler/Lang, ZIP 2006, 214, 218. BGH, WM 2011, 306, 308. BGH, WM 2011, 306, 308; BGH; NJW 2010, 1742, 1744. I. E. zustimmend Renner, in: Staub, Großkommentar HGB, Band 10/2, Vierter Teil, Das Kreditgeschäft Rn. 51f. 1230 OLG Hamm, RdE 2008, 183, 186. 1231 OLG Düsseldorf, WM 2004, 319, 322. Der VIII. Zivilsenat des BGH schließt dies zumindest für den Fall aus, dass keine Variabilität von Anfang an vereinbart wurde, BGH, NJW 2010, 993, 997. 1232 OLG Hamm, RdE 2008, 183, 186; Steenbuck, MDR 2010, 357, 359; Löwe, BB 1982, 648.

1226 1227 1228 1229

218

Untersuchung der Rechtsfolgen der Unwirksamkeit

wieder durch eigene Leistungsbestimmung nach § 316 BGB die richterliche Bestimmung abwenden könne.«1233 2.

Begrenzung der Rückforderungsansprüche im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung

a) Die Fristenlösung des VIII. Zivilsenats Erfolgte eine widerspruchslose Hinnahme der Preisanpassung oder eine vorbehaltlose Zahlung, befürwortet der VIII. Zivilsenat auch in Sonderverträgen der Energieversorgung eine ergänzende Vertragsauslegung.1234 Die durch die Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel entstehende Vertragslücke schließt der Senat dahingehend, dass der Vertragspartner die Preiserhöhungen nur geltend machen kann, wenn er sie innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresabrechnung beanstandet hat.1235 Begründet wird dies damit, dass bei auf einen wiederkehrenden Leistungsaustausch gerichteten Dauerschuldverhältnissen ein berechtigtes Interesse an der Aufrechterhaltung einer ungestörten Leistungsäquivalenz bestehe.1236 Dem widerspräche es, wäre die rückwirkende Geltendmachung der Unwirksamkeit von Preiserhöhungen zeitlich unbegrenzt.1237 Denn würde der Ausgangspreis anschließend dauerhaft gelten, entstünde bei einer stetigen Bezugskostensteigerung eine unzumutbare Äquivalenzstörung, die dem Kunden einen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht absehbaren (und damit nicht den Parteiinteressen widerspiegelnden) Vorteil zukommen lassen würde.1238

1233 Derleder, WM 2001, 2029, 2038. Zur Unanwendbarkeit des § 316 BGB siehe Metz, BKR 2001, 21, 23f. 1234 BGH, Urt. v. 05.10. 2016, BeckRS 2016, 19594; BGH, NJW 2017, 320, 321; BGH, BB 2015, 1548, 1549; BGH, NJW 2013, 3647, 3654; BGH, NJW 2012, 1865, 1866; BGH, NJW 2013, 991, 992. Diese Rechtsprechung gilt nun auch im Grundversorgungsverhältnis, siehe BGH, Urt. v. 28. 10. 2015, Az. VIII ZR 13/12, Rn. 88ff. –, juris; BGH, Urt. v. 28. 10. 2015, Az. 158/ 11, Rn. 86ff. –, juris. Zur Ablehnung der ergänzenden Vertragsauslegung bei erfolgtem Widerspruch oder bei einer Vorbehaltszahlung des Vertragspartners siehe S. 204. 1235 BGH, Urt. v. 05.10. 2016, BeckRS 2016, 19594; BGH, NJW 2017, 320, 321; BGH, BB 2015, 1548, 1549; BGH, NJW 2013, 3647, 3654; BGH, NJW 2012, 1865, 1866; BGH, NJW 2013, 991, 992. Diese Rechtsprechung gilt nun auch im Grundversorgungsverhältnis, siehe BGH, Urt. v. 28. 10. 2015, Az. VIII ZR 13/12, Rn. 88ff. –, juris; BGH, Urt. v. 28. 10. 2015, Az. 158/ 11, Rn. 86ff. –, juris. 1236 BGH, NJW 2012, 1865, 1866f., bestätigt zuletzt in BGH, NJW 2017, 320, 321. 1237 BGH, NJW 2012, 1865, 1867. 1238 BGH, NJW 2012, 1865, 1867. In dem diesem Urteil vom 14. 03. 2012 zugrunde liegenden Fall hätte der 1981 vereinbarte Arbeitspreis für sämtliche Folgejahre gegolten, BGH, NJW 2012, 1865, 1868. Bestätigt zuletzt in BGH, NJW 2017, 320, 321.

Auslegungs- und Anpassungslösungen

219

b) Kritik Die Begrenzung der Rückforderungsansprüche im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung führt zu einer Heilung der unwirksamen Preiserhöhungen mit Ablauf einer dreijährigen Widerspruchsfrist.1239 Diesbezüglich stellen sich Fragen hinsichtlich der Vereinbarkeit mit nationalem und europäischem Recht. aa) Vereinbarkeit der Fristenlösung des VIII. Zivilsenats mit nationalem Recht Zunächst ist hinsichtlich der Fristenlösung fraglich, worauf der VIII. Zivilsenat eine dreijährige Ausschlussfrist stützt. Schaut man sich die Begründung des VIII. Zivilsenats an, entwickelt dieser die Dreijahresregelung aus § 18 Abs. 2 GasGVV.1240 Nach dieser Regelung sind Ansprüche aus Berechnungsfehlern beschränkt auf den der Feststellung des Fehlers vorhergehenden Ablesezeitraum, es sei denn, die Auswirkung des Fehlers kann über einen größeren Zeitraum festgestellt werden. In diesem Fall ist der Anspruch auf längstens drei Jahre beschränkt. Für Fernwärmelieferverträge gilt nach dem OLG Naumburg entsprechend § 21 Abs. 2 AVBFernwärmeV eine Frist von zwei Jahren.1241 Durch diese Herleitung dürfte eine Übertragung auf Dauerschuldverhältnisse ohne eine entsprechende Regelung ausgeschlossen sein. Auch eine Konstruktion aus der Regelverjährung heraus scheint für andere Dauerschuldverhältnisse nicht möglich. Drei Jahre könnten zunächst zwar auf die Regelverjährungsfrist hindeuten, doch sind Fristenlösung und Verjährung voneinander unabhängig und müssen aufgrund verschiedener Anknüpfungspunkte nicht einmal parallel laufen.1242 Auch die verschiedenen Regelungsziele erfordern keine Übernahme der Jahresregelung, denn die Fristenlösung heilt eine Unwirksamkeit, und die Verjährung begrenzt den Anspruch als Ganzes.1243 Sollte der VIII. Zivilsenat im Revisionsverfahren zum Urteil des OLG Naumburg die dreijährige Ausschlussfrist übertragen, wäre dies wenig nachvollziehbar – die besseren Gründe sprechen für den »sauberen« Weg des OLG Naumburg. Nicht zuletzt müssen auch die Unterschiede zwischen GasGVV und AVBFernwärmeV sowie die gesetzgeberische Wertung beachtet werden. Denn § 21 Abs. 2 AVBGasV enthielt ebenfalls eine zweijährige Ausschlussfrist, die aber im Gegensatz zur AVBFernwärmeV auf drei Jahre hochgesetzt wurde. Darüber hinaus ist die Erarbeitung der Fristenlösung aus den Versorgungsverordnungen bedenklich, da diese nicht für Sondervertragsverhältnisse gelten.1244 1239 Ahnis/Helbach/Kirschnick, IR 2014, 74, 75. 1240 BGH, NJW 2012, 1865, 1868. 1241 OLG Naumburg, ZNER 2014, 488, 489. Das Revisionsverfahren ist derzeit unter dem Aktenzeichen VIII ZR 174/14 beim BGH anhängig. 1242 Ahnis/Helbach/Kirschnick, IR 2014, 74, 75. 1243 Ahnis/Helbach/Kirschnick, IR 2014, 74, 75. 1244 Markert, ZMR 2012, 521, 523.

220

Untersuchung der Rechtsfolgen der Unwirksamkeit

Die Fristenlösung muss ferner bereits im Ansatz kritisch gesehen werden – vor allem kann gegen sie vorgebracht werden, dass sie zu einer faktischen Wiederherstellung des eigentlich unwirksamen Klauselinhalts führen würde.1245 Zudem wird das Risiko einer unwirksamen Klausel weitgehend auf den Vertragspartner übertragen1246 ; grundsätzlich trägt jedoch der Verwender das Risiko der Unwirksamkeit einer Klausel.1247 Dem widerspricht es, wenn es dem Vertragspartner obliegt, den Verwender auf die Unwirksamkeit hinzuweisen, um seinen Anspruch auf Rückzahlung zu bewahren – und den Verwender paradoxerweise sogar zur Wahrung seiner Interessen durch Kündigung zu bewegen.1248 Zudem fällt der Energieversorger bei Unwirksamkeit einer Klausel verhältnismäßig weich. Der Vertragspartner hingegen ist den missbräuchlichen Preisen, die außerhalb der Dreijahresfrist festgelegt wurden, weiterhin ausgesetzt.1249 Daraus wird gefolgert, dass die ergänzende Vertragsauslegung allein auf die Interessen des Verwenders zugeschnitten ist und schutzwürdige Verbraucherschutzinteressen hier vernachlässigt werden.1250 Bedenkt man, dass im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung ein angemessener Interessenausgleich gefunden werden soll, kann man sich tatsächlich fragen, worin dieser hier gesehen werden soll. Ohne die ergänzende Vertragsauslegung würde der Ausgangspreis gelten, der abhängig von der Verjährungsregelung zurückgefordert werden kann – oder der (bei noch nicht erfolgter Zahlung) erst gar nicht bezahlt werden muss. Der Verbraucher wird durch diese »Lösung« nicht geschützt, sondern ihm wird die Pflicht zur Auseinandersetzung mit den Preiserhöhungsankündigungen und die Aufwendung von Transaktionskosten aufgebürdet. Dies scheint jedoch dem Schutzzweck des AGB-Rechts zu widersprechen: Der Vertragspartner soll schließlich gerade geschützt werden, damit die Aufwendung der Transaktionskosten zum Verständnis von AGB und ihrer Folgen in einem angemessenen Verhältnis zum Ertrag stehen. Wendet der Vertragspartner diese Kosten nicht auf, verliert er seinen Rückforderungsanspruch. Daraus resultiert, dass der Verwender eine Wette eingehen kann, wie viele Vertragspartner rechtzeitig auf eine unwirksame Preiserhöhung reagieren und dass er somit – vom VIII. Zivilsenat gerechtfertigt – seine einseitige Vertragsgestaltungsfreiheit miss-

1245 Lietz, RdE 2012, 199, 200. Eine solche Wiederherstellung des eigentlich unwirksamen Inhalts darf eben gerade nicht erfolgen, siehe dazu Steindorff, ZHR 148 (1984), 271, 276. 1246 Zimmerlin, ZNER 2012, 590. 1247 Lapp/Salomon, in: jurisPK-BGB, Band 2.1, § 306 BGB Rn. 28, 32. 1248 Wassermann, jurisPR-BGHZivilR 9/2012 Anm. 1, S. 3; Uffmann, NJW 2012, 2225, 2227. 1249 Zimmerlin, ZNER 2012, 590; Wassermann, jurisPR-BGHZivilR 9/2012 Anm. 1, S. 4. 1250 Zimmerlin, ZNER 2012, 590. Ähnlich kritisiert Wassermann den VIII. Zivilsenat dahingehend, dass er nicht berücksichtige, dass dem Vertragspartner die rechtliche Problematik oft nicht bewusst und dieser deshalb schutzwürdig sei, Wassermann, jurisPR-BGHZivilR 9/2012 Anm. 1, S. 3.

Auslegungs- und Anpassungslösungen

221

bräuchlich ausnutzen kann.1251 Wäre eine solche Fristenlösung von Beginn an durch den Verwender in den Vertrag eingearbeitet worden, wäre sie nicht mit § 307 Abs. 1 BGB vereinbar.1252 Folglich widerspricht die Fristenlösung bereits den Grundprinzipien der Inhaltskontrolle. Widersinnig erscheint auch das Ergebnis, dass der Vertragspartner den Verwender darauf hinweisen muss, dass eine Klausel unwirksam ist und sich somit der Gefahr der Kündigung aussetzt, obwohl in einem Dauerschuldverhältnis, wie oben dargestellt, oft Bestandsinteressen herrschen.1253 Der Rechtfertigung des VIII. Zivilsenats, ein Dauerschuldverhältnis könne in nicht mehr hinnehmbarer Weise gestört werden, wenn Ansprüche nicht zeitnah geltend gemacht würden und die Rückforderungssumme somit in unzumutbare Höhen wachse, kann nicht zugestimmt werden.1254 Wie Markert zu Recht anmerkt, schützt die Rechtsordnung die Anspruchsgegner durch die Institute der Verjährung und Verwirkung.1255 Die Fristenlösung deklariert dieser als modifizierten Verwirkungstatbestand,1256 denn faktisch handle es sich um eine Ausübungssperre eines Rechts und damit um eine Verwirkung.1257 Bei der Fristenlösung jedoch werde lediglich das Zeitmoment, nicht das Umstandsmoment zur Voraussetzung erhoben.1258 Der VIII. Zivilsenat weicht damit das Rechtsinstitut der Verwirkung im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung auf, was dogmatisch fragwürdig erscheint. Im Urteil E.ON-Hanse übertrug der VIII. Zivilsenat diese Grundsätze auf eine Zahlungsklage des Energieversorgungsunternehmens.1259 Nach diesem Urteil ist der Preisberechnung der Arbeitspreis zugrunde zu legen, dem nicht innerhalb der Dreijahresfrist widersprochen wurde.1260 Damit gerät der VIII. Zivilsenat jedoch in Konflikt mit dem Ausschluss der konkludenten Annahme eines erhöhten Betrages:1261 Wurde der Vertrag 2007 geschlossen, 2008, 2010 und 2012 angepasst und der Widerspruch erfolgte 2013, gilt nach dem VIII. Zivilsenat der Arbeitspreis aus der Jahresabrechnung 2010, also der 2008 angepasste Preis. Ist nun aber die Preisanpassungsklausel unwirksam, müssten jegliche zuvor erfolgten Preisanpassungen nichtig sein. Es wird also nicht bloß die Geltendmachung eines Rückforderungsrechts versagt, sondern dem Schweigen auf die 1251 1252 1253 1254 1255 1256 1257 1258 1259 1260 1261

Uffmann, NJW 2012, 2225, 2227. Uffmann, NJW 2012, 2225, 2227. Siehe S. 141ff. Vgl. BGH, NJW 2012, 1865, 1866. Markert, ZMR 2012, 521, 524. Markert, ZMR 2012, 521, 524. Markert, ZMR 2012, 521, 524. Markert, ZMR 2012, 521, 524. BGH, Urt. v. 14. 03. 2012, Az. VIII ZR 93/11 Rn. 29 –, juris. BGH, Urt. v. 14. 03. 2012, Az. VIII ZR 93/11 Rn. 30 –, juris. Markert, ZMR 2012, 521, 524; Wassermann, jurisPR-BGHZivilR 9/2012 Anm. 1, S. 3.

222

Untersuchung der Rechtsfolgen der Unwirksamkeit

Preiserhöhung zugleich auch ein Erklärungswert beigemessen.1262 Stattdessen müsste die Zahlungsklage des Verwenders als unbegründet abgewiesen werden, da zu keinem Zeitpunkt ein Anspruch auf den erhöhten Preis bestand.1263 Eine Aberkennung der Möglichkeit der Berufung auf den Ausgangspreis widerspräche zudem, wie sogleich gezeigt wird, der Richtlinie 93/13/EWG.1264 Es erscheint aus der Rechtfertigung des VIII. Zivilsenats heraus auch fraglich, warum auf den individuellen Widerspruch abgestellt wird.1265 Hatte der Verwender nach den Aussagen des VIII. Zivilsenats keinen Anlass, ohne Widerspruch an der Rechtmäßigkeit des Vertrages zu zweifeln und eine Kündigung in Erwägung zu ziehen1266, ist dieser Anlass doch bereits beim ersten Widerspruch irgendeines Kunden für alle Verträge, in der diese Klausel verwendet wird, gegeben.1267 Da gerade keine konkludente Annahme durch fehlenden Widerspruch erfolgt,1268 muss der Verwender wissen, dass die Preiserhöhungen in sämtlichen Verträgen somit unwirksam waren. Dass der Verwender hier nur die Preisanpassung des widersprechenden Vertragspartners in Zweifel ziehen muss, ist doch eine sehr gewagte Konstruktion des VIII. Zivilsenats.1269 bb) Vereinbarkeit der Fristenlösung des VIII. Zivilsenats mit dem Unionsrecht Neben den zuvor herausgearbeiteten Problemen im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit nationalem Recht könnte die Fristenlösung auch gegen Art. 6 und 7 der Richtlinie 93/13/EWG verstoßen. Zu Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG entschied der EuGH in ständiger Rechtsprechung, dass missbräuchliche Klauseln grundsätzlich unverbindlich sein müssen.1270 1262 1263 1264 1265 1266 1267

Markert, ZMR 2012, 521, 524. Markert, ZMR 2012, 521, 524. Markert, ZNER 2013, 156, 157; Markert, ZNER 2013, 257. Wassermann, jurisPR-BGHZivilR 9/2012 Anm. 1, S. 3. Vgl. BGH, NJW 2012, 1865, 1866. Wassermann, jurisPR-BGHZivilR 9/2012 Anm. 1, S. 3. De Wal, Preis- und Preisänderungskontrolle in Energielieferungsverträgen, S. 231 sieht das Vertrauen in die Wirksamkeit der Klausel sogar unabhängig von einem Widerspruch in der Literatur als erschüttert an. Eine Weiterverwendung erfolge dann auf Risiko des Verwenders, De Wal, a. a. O. Eine Erschütterung durch die bloße Diskussion in der Literatur ginge jedoch zu weit; es sollte vielmehr auf das Geltungsvertrauen in die Rechtsprechung ankommen, siehe dazu unten S. 225ff. 1268 Ausführlich dazu unten S. 237ff. 1269 Wassermann, jurisPR-BGHZivilR 9/2012 Anm. 1, S. 3. 1270 EuGH, Urt. v. 26. 04. 2012, Rs. C-472/10 – Nemzeti Fogyasztjv8delmi Hatjs#g gegen Invitel T#vközl8si Zrt., ZIP 2012, 2020, 2021f. Rn. 34; EuGH, Urt. v. 15. 03. 2012, Rs. C-453/10 – Jana Perenicˇov# und Vladislav Perenicˇ gegen SOS financ spol. s r. o., EuZW 2012, 302, 303 Rn. 28; EuGH, Urt. v. 09. 11. 2010, Rs. C-137/08 – VB P8nzügyi L&zing Zrt. gegen Ferenc Schneider, Slg. 2010, I-10888, I-10905 Rn. 47; EuGH, Urt. v. 06. 10. 2009, Rs. C-40/08 – Asturcom Telecomunicaciones SL gegen Cristina Rodr&guez Nogueira, Slg. 2009, I-9602, I-

Auslegungs- und Anpassungslösungen

223

Diese Rechtsprechung spricht gegen eine Heilungsmöglichkeit über die Dreijahresfristenlösung des VIII. Zivilsenats, denn faktisch wirkt die unwirksame Preisanpassungsklausel außerhalb der Frist hinsichtlich der Zahlungsverpflichtung und des Wegfalls der Rückzahlungsansprüche bindend.1271 Auch die Ausnahme aus der Entscheidung in der Rechtssache ]rp#d K#sler, Hajnalka K#slern8 R#bai gegen OTP Jelz#logbank Zrt. kann hier nicht angeführt werden.1272 Denn die Aufrechterhaltung der missbräuchlichen Preisanpassungsklausel stellt keine angemessene Reaktion auf ein mögliches Bestandsinteresse dar. Der VIII. Zivilsenat sah die Fristenlösung in seiner Entscheidung vom 06. 04. 2016 jedoch gerade im Hinblick auf diese Ausnahmeregelung als mit dem Unionsrecht vereinbar an. In Bezug auf die Unwirksamkeit einer Preisanpassungsklausel in Energielieferverträgen stellte der Senat fest, »dass eine ersatzlose Streichung der Preisanpassungsklausel zur materiellen Unausgewogenheit und damit zur Gesamtnichtigkeit des Versorgungsvertrages«1273 führe. Die materielle Ausgewogenheit könne durch eine Rückabwicklung des Vertragsverhältnisses nicht im selben Maße erreicht werden wie durch eine ergänzende Vertragsauslegung;1274 ferner könne ein fairer Vertragspartner weder erwarten noch verlangen, dass die Vertragsleistung in einem langfristig angelegten Dauerschuldverhältnis auf Dauer zum Ausgangpreis angeboten werden kann.1275 Infolge der Entscheidung des EuGH vom 21. 12. 2016 muss die Fristenlösung allerdings endgültig als mit Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG unvereinbar angesehen werden.1276 Der Oberste Gerichtshof Spaniens beschränkte in dem vom EuGH zu entscheidenden Sachverhalt die Rückforderungsansprüche des Vertragspartners aufgrund einer unwirksamen Mindestzinsklausel auf zwei Jahre. Für die vorherige Zeit könne die vertraglich vereinbarte Mindestzinsklausel unverändert fortbestehen bleiben. Diese Beschränkung der Nichtigkeit

1271 1272 1273 1274 1275 1276

9613 Rn. 30; EuGH, Urt. v. 04. 06. 2009, Rs. C-243/08 – Pannon GSM Zrt. gegen Erzs8bet Sustikn8 Gyo˝rfi, Slg. 2009, I-4716, I-4726 Rn. 25; EuGH, Urt. v. 26. 10. 2006, Rs. C-168/05 – Elisa Mar&a Mostaza Claro gegen Centro Mjvil Milenium SL, Slg. 2006, I-10437, I-10448 Rn. 36. Zuletzt EuGH, Urt. v. 21. 12. 2016, verbundene Rechtssachen C-154/15, C-307/15 und C-308/15 – Francisco Guti8rrez Naranjo gegen Cajasur Banco SAU, Ana Mar&a Palacios Mart&nez gegen Banco Bilbao Vizcaya Argentaria SA (BBVA), Banco Popular EspaÇol SA gegen Emilio Irles Ljpez,Teresa Torres Andreu Rn. 57, EuZW 2017, 148, 150. Markert, ZNER 2013, 156, 157. Kritisch zur Vereinbarkeit der Fristenlösung mit EU-Recht auch Zimmerlin, ZNER 2012, 590, 590f. EuGH, Urt. v. 30. 04. 2014, Rs. C-26/13 – ]rp#d K#sler, Hajnalka K#slern8 R#bai gegen OTP Jelz#logbank Zrt., EuZW 2014, 506, 510 Rn. 80ff. BGH, NJW 2017, 320, 323. Zustimmend OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 08. 03. 2017, Az. 11 U 103/15-, juris. BGH, NJW 2017, 320, 323. BGH, NJW 2017, 320, 323. Zustimmend OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 08. 03. 2017, Az. 11 U 103/15-, juris. So auch Markert, LMK 2017, 386786; Markert, ZMR 2017, 213, 216.

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Untersuchung der Rechtsfolgen der Unwirksamkeit

der Mindestzinsklausel entspricht in ihrer Wirkung jener der Fristenlösung des VIII. Zivilsenats. Beide Rechtsprechungen führen zu einer faktischen Fortwirkung der unwirksamen Klausel. Dieser faktischen Fortwirkung hat der EuGH in seiner aktuellen Entscheidung in konsequenter Fortführung seiner bisherigen Rechtsprechung wegen der Infragestellung des Abschreckungseffektes widersprochen.1277 Zudem könnte ein Verstoß gegen Art. 7 der Richtlinie 93/13/EWG vorliegen. In der Cofidis-Entscheidung hatte sich der EuGH mit Art. L 311–37 Abs. 1 des Code de la consommation (Verbraucherschutzgesetzbuch) auseinandergesetzt. Dieser enthielt folgende Regelung: »Fu¨ r Streitigkeiten aus der Anwendung des vorliegenden Kapitels ist das Tribunal d’instance zuständig. Klagen sind innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Jahren nach dem die Streitigkeit auslösenden Ereignis bei diesem Gericht zu erheben […]«1278

Hierzu entschied der EuGH, dass diese Norm dem Schutz von Art. 6 und 7 der Richtlinie 93/13/EWG entgegenstehe, weil sie »es dem nationalen Gericht im Rahmen einer von einem Gewerbetreibenden gegen einen Verbraucher erhobenen Klage, die auf einen von ihnen geschlossenen Vertrag gestu¨ tzt wird, verwehrt, nach Ablauf einer Ausschlussfrist von Amts wegen oder auf eine vom Verbraucher erhobene Einrede hin die Missbräuchlichkeit einer in diesem Vertrag enthaltenen Klausel festzustellen.«1279

Diese Ausschlussfrist kann mit der Fristenlösung des VIII. Zivilsenats gleichgesetzt werden. Verstößt eine nationale Vorschrift, die dem Gericht die Feststellung der Missbräuchlichkeit nach einer Ausschlussfrist von zwei Jahren verwehrt, gegen EU-Recht, erscheint es doch erst Recht unionsrechtswidrig, wenn das nationale Gericht selbst eine Ausschlussfrist für die Feststellung der Missbräuchlichkeit einer Preiserhöhung im Rahmen einer ergänzenden Vertragsauslegung einführt. Auch aus dieser Überlegung heraus wäre eine Entscheidung des EuGH zur endgültigen Klärung der Rechtmäßigkeit der Fristenlösung erforderlich.

1277 EuGH, Urt. v. 21. 12. 2016, verbundene Rechtssachen C-154/15, C-307/15 und C-308/15 – Francisco Guti8rrez Naranjo gegen Cajasur Banco SAU, Ana Mar&a Palacios Mart&nez gegen Banco Bilbao Vizcaya Argentaria SA (BBVA), Banco Popular EspaÇol SA gegen Emilio Irles Ljpez,Teresa Torres Andreu Rn. 57, EuZW 2017, 148, 150. 1278 Zitiert nach EuGH, Urt. v. 21. 11. 2002, Rs. C-473/00 – Cofidis SA gegen John-Louis Fredout, Slg. 2002, I-10898, I-10903 Rn. 11. 1279 EuGH, Urt. v. 21. 11. 2002, Rs. C-473/00 – Cofidis SA gegen John-Louis Fredout, Slg. 2002, I-10898, I-10911 Rn. 38.

Auslegungs- und Anpassungslösungen

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3. Ergänzende Vertragsauslegung bei rückwirkender Rechtsprechungsänderung Im Rahmen der AGB-Kontrolle anhand der Generalklausel des § 307 Abs. 1 BGB ist eine richterliche Bewertungsänderung nicht ausgeschlossen.1280 Diese entfaltet eine echte Rückwirkung, wenn durch ein Urteil in abgeschlossene Sachverhalte eingegriffen wird – beispielsweise in die Jahresabrechnung in einem Energieliefervertrag.1281 Ein Beispiel ist die Rechtsprechungsänderung des VIII. Zivilsenats hinsichtlich Preisanpassungsklauseln in Sonderverträgen durch die erste Flüssiggas-Entscheidung, mit dem eine neue, deutlich höhere Angemessenheitsgrenze eingeführt wurde.1282 Die letzte Wendung in der Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats erfolgte durch den EuGH, der die kontrollfreie Übernahme von § 5 StromGVV/GasGVV ablehnte.1283 Ein anderes Beispiel ist die Abkehr des XI. Zivilsenats von der großzügigen Auslegung von Zinsanpassungsklauseln des III. Zivilsenats im Jahr 1999.1284 Die auf die alte Rechtsprechung abgestimmten Klauseln waren in der Folge gänzlich als unwirksam einzustufen. Problematisch erscheint, dass die Verwender, die sich bei der Klauselgestaltung an der alten Rechtsprechung orientierten, nun die Unwirksamkeitsfolgen zu tragen hatten.1285 Dies gilt bei höchstricherlichen Entscheidungen im Sinne der soeben genannten Beispiele nicht nur für die Prozessparteien, sondern für die gesamte Branche (immerhin besteht bei sämtlichen Klauseln von dem Urteil an ein Prozessrisiko).1286 Folglich zeigt sich hier ein Spannungsverhältnis zwischen der wirtschaftlichen Erforderlichkeit einer Preisanpassungsklausel und dem Risiko der Rechtssicherheit und Planbarkeit für die Wirtschaftsunternehmen.1287 Eine Gesetzesänderung würde nach den Grundsätzen des Rückwirkungsverbots nur Wirkung ex ante entfalten.1288 Damit könnte es unangemessen und widersprüchlich sein, wenn diese verfassungs-

1280 1281 1282 1283 1284 1285 1286 1287 1288

Weber, WM 1996, 49. Höpfner, RdA 2006, 156, 157; Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 1994, S. 581. Siehe dazu die erste Flüssiggas-Entscheidung, BGH, NJW-RR 2005, 1717. EuGH, Urt. v. 23. 10. 2014, verbundene Rs. C-359/11 und C-400/11 – Alexandra Schulz gegen Technische Werke Schussental GmbH und Co. KG sowie Josef Ebringhoff gegen Stadtwerke Ahaus GmbH, NJW 2015, 849. Zur früheren Rechtsprechung des III. Zivilsenats siehe BGH, NJW 1986, 1803. Die Rechtsprechungsänderung erfolgte in BGH, NJW 2000, 651, 652. Siehe dazu oben S. 85ff. Hinsichtlich der fehlenden Vorhersehbarkeit der Rechtsprechungsänderung siehe Weber, WM 1996, 49. Höpfner, RdA 2006, 156, 157. Die Herstellung von Planbarkeit und Rechtssicherheit forderten Fischer und von Wetzky auf einem Symposium zur Rückwirkung der Rechtsprechung in Bonn, abgedruckt in: Weber, WM 1996, 49, 52f. So Gass bei einem Symposium zur Rückwirkung der Rechtsprechung in Bonn, abgedruckt in: Weber, WM 1996, 49.

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rechtliche Sperre für den Richterspruch nicht gilt, aber für den Fall greift, dass der Gesetzgeber die Bewertungsänderung des Richters in Gesetzesform gießt.1289 Walter Leisner gestand dem Gesetzesvertrauen zwei Bestandteile zu: das Geltungsvertrauen und das Kontinuitätsvertrauen. Der Gesetzgeber verabschiedet ein Gesetz, wenn er zu der Erkenntnis kommt, dass ein Sachverhalt in der Zukunft nach neuen Maßgaben geregelt sein sollte – eine (ewige) Bestandsgewähr für derzeit geltende Normen kann er aufgrund der Entwicklung der allgemeinen Lebensverhältnisse dabei allerdings nicht abgeben (Kontinuitätsvertrauen).1290 Dies gilt ebenso für die Rechtsprechung1291 – der Bürger seinerseits hat jedoch ein berechtigtes Interesse daran, dass die Rechtsordnung nicht rückwirkend abgeändert wird (Geltungsvertrauen).1292 Folgt man dieser Differenzierung zwischen Geltungs- und Kontinuitätsvertrauen, könnte man in Bezug auf Dauerschuldverhältnisse Folgendes feststellen1293 : Der Verwender von AGB eines zehnjährigen Kreditvertrages tätigt seine Dispositionen nicht in dem Vertrauen, dass die Rechtsprechung sein Verständnis des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB in der Laufzeit nicht ändern wird. Er könnte aber ein berechtigtes Vertrauen darin haben, dass das Verständnis der Rechtsordnung durch die Rechtsprechung nicht rückwirkend abgeändert wird. Dem wird entgegnet, dass bei der hier in Frage stehenden Rechtsprechungsänderung die geschriebene Rechtsordnung gerade nicht angerührt, sondern das bestehende Gesetz aufgrund neuer Erkenntnisse lediglich anders ausgelegt werde.1294 Daraus ergäbe sich dann nach dem BAG, dass die neue Rechtsprechung grundsätzlich auch auf Fälle anzuwenden sei, in denen die entscheidungserheblichen Tatsachen vor der Rechtsprechungsänderung gesetzt worden sind.1295 Darüber hinaus wird in der Literatur vorgebracht, dass es in der Natur des Urteils liege, Rückwirkung zu erzeugen, da mit ihm stets in der Vergangenheit begründete Streitfragen

1289 So die Ausführungen von Lieb und Gass bei einem Symposium zur Rückwirkung der Rechtsprechung in Bonn, abgedruckt in: Weber, WM 1996, 49. 1290 W. Leisner, in: Festschrift für Friedrich Berber, 273, 281; Louven, Problematik und Grenzen rückwirkender Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, S. 131. 1291 Kissel, in: Herzog/Kissel/Reiter, Gesetz und Richterspruch in der Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland, S. 20f. 1292 W. Leisner, in: Festschrift für Friedrich Berber, 273, 281; Louven, Problematik und Grenzen rückwirkender Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, S. 131; Huster/Rux, in: Beck’scher Online-Kommentar GG, Art. 20 Rn. 184. 1293 Siehe dazu Louven, Problematik und Grenzen rückwirkender Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, S. 136. 1294 BVerfG, NZA 1993, 213; BAG, NZA 2007, 965, 969; BAG, NZA 2007, 25; Brocker, NJW 2012, 2996, 2997; A. Leisner, Kontinuität als Verfassungsprinzip, 2002, S. 538; Hanau/Preis, DB 1991, 1276, 1281; Maurer, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Band 4, § 79 Rn. 149; Lerche/von Pestalozza, BB 1986, Beilage 14, S. 14. 1295 BAG, NZA 2007, 965, 969.

Auslegungs- und Anpassungslösungen

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gerichtlich geklärt werden.1296 Allerdings sollte man berücksichtigen, dass die Rechtsprechungsänderung durchaus gravierende Folgen für die Verwender erzeugen kann, indem der ehemals wirksamen Klauselgestaltung die Grundlage entzogen wird.1297 Da damit zwar Wirkungsgleichheit feststellbar ist, die Funktionen zwischen originärer Rechtsetzung durch die Legislative und Rechtsanwendung durch die Judikative aber divergieren1298, ist die Übertragbarkeit der Grundsätze fraglich. Damit müsste eine gesetzliche Verankerung auffindbar sein, die die Übertragbarkeit stützt. a) Zivilrechtliche Herleitung Bevor das Verfassungsrecht herangezogen wird, ist nach einer Regelung im Privatrecht zu suchen.1299 Dazu wird angeführt, dass es keinen privatrechtlichen Grundsatz gebe, wonach abgewickelte Vertragsleistungen erhalten blieben, wenn sich erst später durch Urteil herausstelle, dass der erhöhte Betrag ohne Grund geleistet wurde.1300 Das Verbot einer echten Rückwirkung von Urteilen könnte sich aber nach anderer Ansicht aus § 242 BGB und konkret aus dem Grundsatz venire contra factum proprium ergeben.1301 Voraussetzungen sind das Vertrauen des Verwenders in die ständige Rechtsprechung, eine rechtsmissbräuchliche Handlung des Vertragspartners sowie eine Abwägung zwischen den Parteiinteressen.1302 In der Regel fehlt es im Rahmen dieser Prüfung bereits an einer missbräuchlichen Handlung des Vertragspartners – die Rechtsmissbräuchlichkeit würde die Kenntnis der tatsächlichen Rechtslage bei Vertragsschluss und den 1296 Brocker, NJW 2012, 2996, 2996f.; Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 1994, S. 581; Robbers, JZ 1988, 481, 483; Lerche/von Pestalozza, BB 1986, Beilage 14, S. 13; Robbers, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 20 Abs. 1 Rn. 2457; Griebeling, RdA 1992, 373, 375, der die Rückwirkungssperre damit als Ausnahme ansieht, sodass diese lediglich bei berechtigtem Vertrauen greifen könne. 1297 Maurer, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Band 4, § 79 Rn. 145; Robbers, JZ 1988, 481, 482; Lerche/von Pestalozza, BB 1986, Beilage 14, S. 14, betonen, dass schließlich alle Verträge eines Unternehmens auf die geltende Rechtslage (und damit Spruchpraxis) ausgerichtet sein können. 1298 Maurer, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Band 4, § 79 Rn. 149; A. Leisner, Kontinuität als Verfassungsprinzip, S. 538. 1299 So Medicus bei einem Symposium zur Rückwirkung der Rechtsprechung in Bonn, abgedruckt in: Weber, WM 1996, 49, 51. 1300 Löwe, BB 1982, 152, 154 und insbesondere S. 156. 1301 Höpfner, RdA 2006, 156, 164; Brocker, NJW 2012, 2996, 3000; Maurer, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Band 4, § 79 Rn. 153; Olzen, JZ 1985, 155, 162; Louven, Problematik und Grenzen rückwirkender Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, S. 136. Sofern der verfassungsrechtliche Weg ausscheidet, sieht auch von Arnauld (Rechtssicherheit, S. 456) die Möglichkeit der Herleitung aus § 242 BGB. 1302 Höpfner, RdA 2006, 156, 164.

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Abschluss gerade im Vertrauen auf diese voraussetzen.1303 Zudem müsste der Vertragspartner mit dem Vertragsschluss das Vertrauen erwecken, dass er an der zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechtslage während der gesamten Vertragslaufzeit festhalten will.1304 Im Hinblick auf den Schutzzweck der Inhaltskontrolle, der auf der Feststellung eines rationalen Unwissens basiert, erscheint dieses rechtsmissbräuchliche Verhalten im b2c-Verkehr jedoch nahezu ausgeschlossen. Der Vertragspartner schließt den Vertrag in der Regel in Unkenntnis der AGB und erst Recht in Unkenntnis der tatsächlichen Rechtslage ab. Sollte man demjenigen, dem man aufgrund rationalen Unwissens den Schutzmechanismus der AGB-Kontrolle an die Hand gibt, nun aufbürden, sich bei Vertragsschluss mit dem geltenden Recht einverstanden zu erklären und auf jegliche Geltung etwaiger Rechtsprechungsänderungen zu verzichten? Dies liefe dem Schutzzweck zuwider. Nicht zuletzt wäre im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen und der zivilrechtlichen Lösung der Vertrauensschutz in Bezug auf seine wirtschaftlichen Folgen abzuwägen.1305 b) Verfassungsrechtliche Herleitung Verfassungsrechtlich könnte das Rückwirkungsverbot aus Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG (Gebot der gleichen Rechtsanwendung) hergeleitet werden.1306 Aus dem Gleichheitssatz ergibt sich jedoch keine Garantie der Unveränderlichkeit.1307 In der Folge lehnt das BVerfG einen Anspruch auf Fortführung einer Rechtsprechung, die nach neuen Erkenntnissen als nicht mehr tragfähig beurteilt wird, aus dem Recht auf Rechtsanwendungsgleichheit ab, sofern die Beurteilung willkürfrei erfolgte.1308 Diese Willkürfreiheit ist nach den weiteren Ausführungen des BVerfG dann gegeben, wenn »eine solche Änderung

1303 Höpfner, RdA 2006, 156, 164; Louven, Problematik und Grenzen rückwirkender Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, S. 136. 1304 Louven, Problematik und Grenzen rückwirkender Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, S. 136. 1305 Wolf bei einem Symposium zur Rückwirkung der Rechtsprechung in Bonn, abgedruckt in: Weber, WM 1996, 49, 52. Dahingehend auch das BAG, NZA 2007, 965, 970, welches »angesichts der Dispositionen, die die Arbeitgeber insoweit im Vertrauen auf den Bestand der immer wieder bestätigten Rechtsprechung getroffen haben« eine große Verunsicherung in der Branche als Resultat ansah, was zu einer unzumutbaren Härte führe. 1306 Brocker, NJW 2012, 2996, 2997; Knops/Brocker, WM 2010, 1101, 1107; Grzeszick, in: Maunz/Du¨rig, Grundgesetz-Kommentar, Art. 20 Rn. 105f.; Gusy, DÖV 1992, 461, 468; von Arnauld, Rechtssicherheit, S. 443f., 453, 458; Heun, in: Dreier, Grundgesetz-Kommentar, Band 1, Art 3 Rn. 62; Osterloh/Nußberger, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 3 Rn. 128. 1307 Kischel, in: Beck’scher Online-Kommentar GG, Art. 3 Rn. 102. Siehe auch Gusy, DÖV 1992, 461, 468, der die Voraussetzung der sachlichen Begründung der Abweichung von früheren Entscheidungen heraushebt. 1308 BVerfG, NVwZ 2005, 81, 82.

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der Rechtsprechung […] hinreichend und auf den konkreten Fall bezogen begründet ist« und damit nicht auf sachfremden Erwägungen beruht.1309 Ein neues Verständnis einer Norm durch neue Erkenntnisse stellt aber grundsätzlich eine Rechtfertigung für eine Rechtsprechungsänderung dar, sodass nicht mehr von Willkür oder Sachfremdheit gesprochen werden kann.1310 Da damit bereits kein Eingriff festzustellen ist, kann der Vertrauensschutz im Rahmen der Prüfung nach Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m Art. 20 Abs. 3 GG keine Geltung mehr beanspruchen. Eine weitere Herleitungsmöglichkeit der Rückwirkungssperre bildet Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG. Danach ist das Prinzip des Vertrauensschutzes in Art. 20 Abs. 3 GG verankert, sodass dieses im Zusammenhang mit der in Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG geregelten Privatautonomie eingreifen könnte.1311 Zunächst spricht gegen diese Lösung, dass das BVerfG einen Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 GG bei einer Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung grundsätzlich ausschließt.1312 Nach dessen Rechtsprechung liege ein solcher Verstoß selbst dann nicht vor, »wenn eine wesentliche Änderung der Verhältnisse oder der allgemeinen Anschauungen nicht eingetreten ist.«1313 Höchstrichterliche Urteile seien »kein Gesetzesrecht und erzeugen keine damit vergleichbare Rechtsbindung.«1314 Dem Urteil des BVerfG vom 26. 06. 1991 ist jedoch zu entnehmen, dass es zwar einen Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 GG abgelehnt, sodann aber noch einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes angeprüft hat.1315 Konkret formuliert das BVerfG in einem Urteil vom 25. 04. 2015: »Die Änderung einer ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ist unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes grundsätzlich dann unbedenklich, wenn sie hinreichend begründet ist und sich im Rahmen einer vorhersehbaren Entwicklung hält (vgl. BverfGE 84, 212 ; 122, 248 ). Schutzwürdiges Vertrauen in eine bestimmte Rechtslage aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung kann daher in der Regel nur bei Hinzutreten weiterer Umstände, insbesondere bei einer 1309 BVerfG, NVwZ 2005, 81, 82; BVerfG, NJW 1992, 1675; BVerfG, NJW 1990, 1103. Siehe dazu auch Osterloh/Nußberger, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 3 Rn. 129; Heun, in: Dreier, Grundgesetz-Kommentar, Band 1, Art 3 Rn. 62. Willkürlichkeit besteht nach Kischel, in: Beck’scher Online-Kommentar GG, Art. 3 Rn. 117, wenn ein Gericht von Fall zu Fall in seiner Ansicht schwankt; ebenso Gusy, DÖV 1992, 461, 468. 1310 Robbers, JZ 1988, 481, 482. 1311 BVerfG, NJW 1988, 2787; Herdegen, WM 2009, 2202, 2204; Medicus, NJW 1995, 2577, 2581. 1312 BVerfG, NVwZ 2005, 81, 82; BVerfG, NZA 1991, 809, 810. Mit Bezug auf das Urteil des BVerfG von 1991 auch BAG, NZA 2007, 965, 970, welches aber dann das Vertrauenskriterium prüft. I. E. zustimmend Louven, Problematik und Grenzen rückwirkender Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, S. 130. 1313 BVerfG, NVwZ 2005, 81, 82; BVerfG, NZA 1991, 809, 810. 1314 BVerfG, NJW 2015, 1867, 1868; BVerfG, NZA 1991, 809, 810. 1315 BVerfG, NZA 1991, 809, 810f.

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gefestigten und langjährigen Rechtsprechung entstehen (vgl. BVerfGE 126, 369 ; 131, 20 ).«1316

Damit sind im Folgenden die vom BVerfG angeführten Voraussetzungen zur Berücksichtigung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes darzustellen. aa) Berechtigtes Geltungsvertrauen in die Rechtsprechung Zunächst müsste zum Zeitpunkt des jeweiligen Jahresabschlusses ein berechtigtes Geltungsvertrauen des Verwenders auf die Rechtsprechung bestehen – dazu wäre es erforderlich, die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung zu einem Vertrauenstatbestand zu erheben.1317 Dafür spricht, dass der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine erhebliche Orientierungswirkung zukommt.1318 Diese und das daraus resultierende berechtigte Geltungsvertrauen könnten dadurch aufgehoben werden, dass eine Rechtsprechung Kritik in der Literatur erfahren hat.1319 Der Bezug auf die Literatur wird dahingehend kritisiert, dass der Vertrauensschutz dann davon abhängen könnte, ob Rechtswissenschaftler sich des Themas angenommen haben.1320 Stattdessen wird der Vertrauensschutz daran geknüpft, ob ein Verwender bewusst eine mit rechtlichen Problemen behaftete Klausel in das Vertragswerk aufnimmt.1321 Doch selbst dann werden sich die Verwender bei ihrer Klauselgestaltung an der Rechtsprechung des BGH orientieren. Spräche man dem Richterspruch nun keine Rückwirkungssperre zu, da er – wie zum Teil in Erwägung gezogen – lediglich Recht anders auslegt und kein neues Recht schafft, überginge man diese Orientierungskraft aufgrund einer formalistischen Denkweise sehenden Auges.1322 An1316 BVerfG, NJW 2015, 1867, 1868. 1317 Hoffmann, NZA-RR 2015, 337, 345 sieht eine »ständige Rechtsprechung« bei zehnjährigem Bestand der Rechtsprechungslinie als gegeben an, stuft diese Bezeichnung aber sonst als wenig konkret ein. Instanzgerichtlichen Entscheidungen hingegen kann unstreitig kein Vertrauensschutz entnommen werden, da die Gerichte in ihrer Rechtsprechung divergieren und die Urteile vom BGH aufgehoben werden können, siehe Höpfner, RdA 2006, 156, 158; Olzen, JZ 1985, 155, 160; Lerche/von Pestalozza, BB 1986, Beilage 14, S. 16, Zippelius, Wertungsprobleme im System der Grundrechte, S. 211; a. A. Bär, in: Festschrift für Arthur Meier-Hayoz, 1, 2. 1318 von Arnauld, Rechtssicherheit, S. 445f. Wohl auch Medicus, NJW 1995, 2577, 2582 und Bär, in: Festschrift für Arthur Meier-Hayoz, 1. 1319 BVerfG, NZA 1991, 809, 811 Die Bezugnahme auf die kritische Literatur findet sich auch in BAG, NZA 2007, 965, 971 wieder. Nach Medicus, NJW 1995, 2577, 2583 muss das Bestehen von Kritik in der Literatur in die Gesamtwürdigung einfließen. 1320 Robbers, JZ 1988, 481, 485; Höpfner, RdA 2006, 156, 160 bestätigt diese Kritik damit, dass der BGH trotz teilweise harscher Kritik aus der Literatur dennoch an seiner Rechtsprechung – teils über Jahre hinweg – festhalte, sodass die widersprechende Literatur keinen Maßstab bilden könne. 1321 Löwe, BB 1982, 152, 154 und insbesondere S. 156f.; Wolf bei einem Symposium zur Rückwirkung der Rechtsprechung in Bonn, abgedruckt in: Weber, WM 1996, 49, 52. 1322 von Arnauld, Rechtssicherheit, S. 445. Ähnliches klingt auch bei Herdegen, WM 2009,

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dererseits könnte man dem Kriterium zugestehen, dass bei einer heftig diskutierten Klausel ein Verwender, dessen Gestalter um die Diskussion wissen muss, nicht mehr von einer Unvorhersehbarkeit sprechen kann, sollte der BGH daraus neue Erkenntnisse gewonnen haben. Hier könnte man nun anführen, der Verwender hätte die Klausel bereits aufgrund der Kritik besser gestalten können. Aber wer gibt den Verwendern die Sicherheit, dass entsprechende Literaturanregungen vom BGH in Zukunft gleichfalls als wirksam eingeschätzt werden? Ab wann ist die Kritik erheblich? Gewinnbringender hingegen ist die Anforderung, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung zusätzlich in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Anerkennung finden muss und somit keinen erheblichen Widerstand erfahren haben darf.1323 Denn wenn die Oberlandesgerichte die bisherige Rechtsprechung in Zweifel gezogen haben, besteht die Gefahr, dass die Revision sich dieser Entscheidung anschließt. Ebenso wird eine stufenweise Konkretisierung von Tatbestandsmerkmalen durch die höchstrichterliche Rechtsprechung als nicht vertrauensbildend angesehen.1324 In der Literatur wird der Rechtsprechung die Vertrauenswirkung aus zwei Gründen zum Teil gänzlich aberkannt: Zum einen trete der Staat im Prozess lediglich als Dritter auf, Vertrauensgrundlage sei aber »immer das Verhalten eines Gegenübers«,1325 und zum anderen habe ein Urteil lediglich inter partes Wirkung.1326 Letzteres Argument wird jedoch von der Gegenansicht mit der Hervorhebung der generalisierenden Wirkung der höchstrichterlichen Rechtsprechung bestritten1327 – schließlich komme der Revision die Funktion einer Vereinheitlichung der Normauslegung zu.1328 Auch der VIII. Zivilsenat schien das Geltungsvertrauen lange gänzlich abzulehnen, da er in seiner Rechtsprechung zur ergänzenden Vertragsauslegung vertrat, dass der Verwender das Risiko im Allgemeinen zu tragen habe, dass die Klausel in späteren höchstrichterlichen Entscheidungen wegen unangemessener Benachteiligung als unwirksam beurteilt werde.1329 In seinen Urteilen vom 28. 10.

1323 1324 1325 1326 1327

1328 1329

2202, 2204f. an. Siehe dazu auch Rüberg, Vertrauensschutz gegenüber rückwirkender Rechtsprechungsänderung, S. 23, 49; Lerche/von Pestalozza, BB 1986, Beilage 14, S. 14. Hoffmann, NZA-RR 2015, 337, 345; a. A. Höpfner, RdA 2006, 156, 160. Herdegen, WM 2009, 2202, 2207. Knops/Brocker, WM 2010, 1101, 1109. A. Leisner, Kontinuität als Verfassungsprinzip, S. 536ff. So von Arnauld, Rechtssicherheit, S. 446; Ossenbühl, DÖV 1972, 25, 33; Grunsky, Grenzen der Rückwirkung bei einer Änderung der Rechtsprechung, S. 15f.; Louven, Problematik und Grenzen rückwirkender Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, S. 168. Zur gesetzesähnlichen Wirkung siehe Medicus, NJW 1995, 2577, 2582. von Arnauld, Rechtssicherheit, S. 446. Siehe auch Rüberg, Vertrauensschutz gegenüber rückwirkender Rechtsprechungsänderung, S. 52; Pawlowski, ZZP 80 (1967), 345, 351; Grunsky, Grenzen der Rückwirkung bei einer Änderung der Rechtsprechung, S. 15. BGH, NJW 2013, 3647, 3654; BAG, NZA 2007, 965, 970. Zustimmend Sternel, NZM 2007, 545, 547; siehe auch Artz, NZM 2007, 265, 268, der in der Rückwirkung eine der In-

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Untersuchung der Rechtsfolgen der Unwirksamkeit

2015 deutet sich jedoch eine andere Haltung an:1330 Der Senat hatte im Anschluss an das Urteil des EuGH vom 23. 10. 20141331 seine Rechtsprechung zu Preisanpassungsklauseln in Grundversorgungsverträgen geändert.1332 Die nach dem EuGH-Urteil unwirksamen Regelungen waren von den Verwendern nach der Versorgungsverordnung zwingend in die Verträge aufzunehmen, sodass die Vertragsparteien bei Vertragsschluss ein Preisanpassungsrecht vorausgesetzt haben und eine Vertragslücke entstand.1333 Diese schloss der VIII. Zivilsenat im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung.1334 Auch wenn der BGH nicht ausdrücklich von einem Rückwirkungsproblem spricht, handelt es sich faktisch doch um einen Schutz des Geltungsvertrauens des Verwenders, der anderenfalls erhebliche nachträgliche Belastungen zu tragen hätte.1335 Zuvor ließen sich bereits in der Rechtsprechung anderer Zivilsenate Nachweise finden, in denen der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung die Fähigkeit zur Vertrauensbildung zugesprochen wurde. Beachtenswert sind insbesondere die Urteile des II., VII. und IX. Zivilsenats.1336 So schloss der II. Zivilsenat in einem gesellschaftsrechtlichen Sachverhalt die Rückwirkung seiner Rechtsprechungsänderung zur Haftung von Neugesellschaftern für Altverbindlichkeiten wegen unverhältnismäßiger Härte aus.1337 Auf die Vorausset-

1330 1331 1332

1333 1334 1335

1336 1337

haltskontrolle immanente Folge sieht, was eine Vergleichbarkeit mit der verfassungsrechtlichen Rückwirkung ausschließe. BGH, Urt. v. 28. 10. 2015, Az. VIII ZR 13/12, Rn. 68ff. –, juris; BGH, Urt. v. 28. 10. 2015, Az. 158/11, Rn. 66ff. –, juris. EuGH, Urt. v. 23. 10. 2014, verbundene Rs. C-359/11 und C-400/11 – Alexandra Schulz gegen Technische Werke Schussental GmbH und Co. KG sowie Josef Ebringhoff gegen Stadtwerke Ahaus GmbH, NJW 2015, 849. Siehe BGH, Urt. v. 28. 10. 2015, Az. VIII ZR 13/12, Rn. 17, 27ff. –, juris; BGH, Urt. v. 28. 10. 2015, Az. 158/11, Rn. 14, 21ff. –, juris. Die bloße Übernahme des § 5 Abs. 2 StromGVV/ GasGVV a. F. genügte damit nicht (mehr) den Transparenzanforderungen, die, wie § 5 Abs. 2 StromGVV/GasGVV n. F. klarstellt, die Angabe von Umfang, Anlass und Voraussetzungen der Änderung erfordern, siehe dazu auch die Ausführungen zum EuGH-Urteil oben S. 82f. BGH, Urt. v. 28. 10. 2015, Az. VIII ZR 13/12, Rn. 70 –, juris; BGH, Urt. v. 28. 10. 2015, Az. 158/11, Rn. 68 –, juris. BGH, Urt. v. 28. 10. 2015, Az. VIII ZR 13/12, Rn. 68ff. –, juris; BGH, Urt. v. 28. 10. 2015, Az. 158/11, Rn. 66ff. –, juris. Diese unbillige wirtschaftliche Belastung bei Wegfall der Preisanpassungsklausel zuzüglich der eingeschränkten Kündigungsmöglichkeit im Grundversorgungsverhältnis führt der BGH ausdrücklich an, siehe BGH, Urt. v. 28. 10. 2015, Az. VIII ZR 13/12, Rn. 75ff. –, juris; BGH, Urt. v. 28. 10. 2015, Az. 158/11, Rn. 73ff. –, juris. Auch beim 9. Senat des Arbeitsgerichts klingt in BAG, NZA 2014, 957, 959 ein mögliches Vertrauen in die Angemessenheit einer Klausel nach § 307 BGB aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung an. BGH, NJW 2003, 1803, BGH, NJW 2002, 1642. Kein Vertrauensschutz besteht nach BGH, NZM 2006, 154, 156, jedoch dann, »wenn der Neugesellschafter die bestehende Altverbindlichkeit der Gesellschaft im Beitrittszeitpunkt kennt oder wenn er sie bei auch nur geringer Aufmerksamkeit hätte erkennen können.«

Auslegungs- und Anpassungslösungen

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zung eines Härtefalls stellte auch der IX. Zivilsenat in einer Entscheidung zur Änderung des Schriftformerfordernisses ab.1338 Der VII. Zivilsenat sprach bei Verwendung einer später als unangemessen eingestuften Vertragsstrafeklausel zumindest die Möglichkeit eines Vertrauensschutzes des Verwenders an.1339 Beachtenswert sind diese Urteile aus folgenden Gründen: Der II. und IX. Zivilsenat des BGH begrenzen das Rückwirkungsverbot mittels der Voraussetzung der »unverhältnismäßigen Härte«.1340 Damit wird zu den Anforderungen des BVerfG ein weiteres Kriterium hinzugefügt, das jedoch nach der oben vollzogenen Wertung mit Zweifeln behaftet ist.1341 Durch dieses Kriterium würde die Lückenschließung durch die ergänzende Vertragsauslegung wieder von dem Unzumutbarkeitskriterium abhängig gemacht, das erst im Rahmen von § 306 Abs. 3 BGB eingreift. Der BGH und das BAG rechtfertigen dieses Kriterium damit, »dass die materielle Gerechtigkeit einen dem Grundsatz der Rechtssicherheit mindestens ebenbürtigen Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips verkörpert.«1342 Durch das Vorhersehbarkeitskriterium und die Interessenabwägung des Richters ist jedoch ein ausreichender Schutz des Vertragspartners gegeben, sodass es des Kriteriums der unzumutbaren Härte nicht bedarf. Beide Prinzipien werden im Zuge der praktischen Konkordanz der Grundrechte ausgeglichen. Im Ergebnis kann man vom Verwender nicht mehr verlangen, als die Klausel inhaltlich nach den Ansprüchen der Rechtsprechung zu gestalten.1343 Im Hinblick auf spätere nicht vorhersehbare Rechtsprechungsänderungen muss damit ein Geltungsvertrauen der Rechtslage im Zeitpunkt der Klauselgestaltung angenommen werden. Nur so wird man der Orientierungs- und Vereinheitlichungswirkung der höchstrichterlichen Rechtsprechung gerecht. Dabei sollte nicht auf das Kriterium der Unzumutbarkeit zurückgegriffen werden. Eine Eingrenzung erfolgt allerdings bei (neuer) entgegengesetzter Rechtsprechung der Oberlandesgerichte. bb) Vorhersehbarkeit der Rechtsprechungsänderung Ist entsprechend den obigen Ausführungen ein Geltungsvertrauen festzustellen, darf die Rechtsprechungsänderung nicht vorhersehbar gewesen sein. Diesbe1338 Letztlich wurde der Vertrauensschutz aber nicht zugesprochen, da u. a. keine Existenzbedrohung vorlag, siehe BGH, NJW 1996, 1467, 1470. 1339 Im konkreten Einzelfall lehnte der Senat die Berufung auf den Vertrauensschutz dann ab, siehe BGH, NJW 2003, 1805, 1809. 1340 Dieses Kriterium verwenden auch der 2. und 4. Senat des BAG, siehe BAG, NZA 2007, 965, 970; BAG, NZA 2006, 971, 975; BAG, DB 2002, 100, 101. 1341 Siehe S. 198ff. 1342 BAG, NZA 2007, 965, 970. So auch der IX. Zivilsenat, der ebenfalls ein Unzumutbarkeitskriterium anwendete, BGH, NJW 1996, 1467, 1470. 1343 So bereits Lerche/von Pestalozza, BB 1986, Beilage 14, S. 17.

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Untersuchung der Rechtsfolgen der Unwirksamkeit

züglich ist zu unterscheiden, ob es sich um eine Änderung der Rechtsprechungslinie oder um eine »widerspruchslose Fortführung oder Ergänzung« der bisherigen Rechtsprechung handelt.1344 Im Rahmen von Änderungen der Gesetzesauslegung wird sodann im Einzelfall zu entscheiden sein, ob eine Vorhersehbarkeit gegeben war. Zudem ist eine Unvorhersehbarkeit anzunehmen, wenn eine Rechtsprechungsänderung abrupt erfolgt und somit im Einzelfall gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens verstößt.1345 cc) Vereinbarkeit der Rückwirkungssperre mit dem Grundgesetz Gegen die Anwendung einer Rückwirkungssperre wird vorgebracht, dass sie sich nicht mit dem Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG vereinbaren lasse, wenn Richter trotz neuer Erkenntnisse an ihrer vorherigen, sich nun als falsch herausgestellten Rechtsprechung festhalten würden.1346 Weiterhin würde die Rechtsschutzgarantie nach Art. 19 Abs. 4 GG beeinträchtigt.1347 Der sich nach neuen Erkenntnissen der Rechtsprechung im Recht befindliche Kläger würde nur wegen einer Präjudiz den von ihm angestrengten Prozess nicht gewinnen.1348 Dies sei im verfassungsrechtlichen Verhältnis zwischen Staat und Bürger noch zu vertreten,1349 denn hier wird der Bürger durch das Rückwirkungsverbot geschützt und das Staatshandeln eingeschränkt. Dem nach neuen Erkenntnissen im »Unrecht« befindlichen Verwender einen vergleichbaren Schutz des Bürgers zuzugestehen und den Verbraucher in die Rolle des Staates zu drängen, erscheint auf den ersten Blick tatsächlich fragwürdig.1350 Doch bei genauerer Betrachtung ergibt sich folgende differenzierende Überlegung: Einerseits ist der Zweck des § 307 BGB zu berücksichtigen, nämlich Schutz vor einer missbräuchlichen Ausnutzung der einseitigen Gestaltungsmacht durch Transaktionskostenasymmetrie.1351 Richtet sich der Verwender nach den Vor1344 Herdegen, WM 2009, 2202, 2208. 1345 Zum Verstoß gegen den Grundsatz eines fairen Verfahrens siehe BVerfG, NJW 1988, 2787; Grzeszick, in: Maunz/Du¨rig, Grundgesetz-Kommentar, Art. 20 Rn. 106. 1346 Brocker, NJW 2012, 2996, 2998; Knops/Brocker, WM 2010, 1101, 1109, die neuen Erkenntnisse erforderten nach dem Gebot der Bindung an Recht und Gesetz die sofortige Abkehr von einer nun unrichtigen vorherigen Entscheidung, sodass keine Rückwirkungssperre eintreten dürfe; Hanau/Preis, DB 1991, 1276, 1281; Robbers, JZ 1988, 481, 487; Louven, Problematik und Grenzen rückwirkender Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, S. 140; von Arnauld, Rechtssicherheit, S. 458. 1347 Maurer, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. 4, § 79 Rn. 150; Knops/ Brocker, WM 2010, 1101, 1109. 1348 Knops/Brocker, WM 2010, 1101, 1109. 1349 Knops/Brocker, WM 2010, 1101, 1109. 1350 Olzen, JZ 1985, 155, 160 zweifelt darüber hinaus aus diesem Grund bereits die Vergleichbarkeit der Sachverhalte an. 1351 Die Heranziehung des Schutzzwecks ist nach Knops/Brocker bei einer Bejahung der Herleitung aus verfassungsrechtlichen Normen im Rahmen der Interessenabwägung zu

Auslegungs- und Anpassungslösungen

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gaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung (deren Kenntnis von Rechtsanwälten auch verlangt wird1352), handelt er nicht im schutzerweckenden Sinne. Selbst wenn der Vertragspartner Transaktionskosten aufgenommen, den Vertrag von Rechtsanwälten hätte überprüfen und über Verhandlungen abändern lassen, wären diese wegen der anerkannten Erforderlichkeit einer Preisanpassungsklausel sowie des Vorteils des günstigeren Preises vermutlich nicht zu einem anderen Ergebnis gekommen. Andererseits gilt es, den Schutz des Verbrauchers zu sehen: Nach neuen Erkenntnissen der Rechtsprechung würde er durch die Klausel unangemessen benachteiligt, sodass ihre Aufrechterhaltung mit dem Gesetz nicht mehr vereinbar ist. Für diesen Fall schreiben Gesetz und Richtlinie die anfängliche Unwirksamkeit der Klausel vor. Erklärt der Richter die Klausel nun für unwirksam, setzt zugleich aber im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung eine neue ein, wird beiden Interessen genügt: Auf der einen Seite muss der Verwender nicht auf die notwendige Preisanpassungsklausel verzichten und die Rechtsfolgen der Unwirksamkeit werden gemildert, auf der anderen Seite erlangt der Vertragspartner effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG. Mit dieser Lösung wäre auch nicht Art. 97 Abs. 1 GG verletzt, wie die kritische Literatur einwendet,1353 denn der Richter ist ja gerade nicht an die vorherige Rechtsprechung gebunden, sondern kann seine neuen Erkenntnisse anwenden, muss aber einen angemessenen Ausgleich einfügen.1354 Damit ließe berücksichtigen, siehe dazu Knops/Brocker, WM 2010, 1101, 1110. Schließlich kommen sie aber zu einem anderen Ergebnis, da sie den Schutzzweck der AGB-Kontrolle im Schutz des Schwachen sehen und das Rückwirkungsvebot nicht der stärkeren Partei dienen dürfe, Knops/Brocker, a. a. O. 1352 Robbers, JZ 1988, 481, 482; Herdegen, WM 2009, 2202, 2204. 1353 Zur Kritik siehe Brocker, NJW 2012, 2996, 2998; Knops/Brocker, WM 2010, 1101, 1109; Louven, Problematik und Grenzen rückwirkender Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, S. 140; Kischel, in: Beck’scher Online-Kommentar GG, Art. 3 Rn. 106, 117. Anders sieht es Horst, NZM 2007, 185, 192, der bei Nichtbeachtung des Vertrauensschutzes Art. 97 Abs. 1 GG verletzt sieht, da der Richter nach dieser Regelung dem Gesetze und damit auch Art. 20, Abs. 3 GG, dem der Vertrauensschutz entspringe, unterworfen sei. 1354 Zur Möglichkeit der ergänzenden Vertragsauslegung siehe Hoffmann, NZA-RR 2015, 337, 344; Stoffels, AGB-Recht, § 20 Rn. 606. Als weitere Möglichkeit wird die ausnahmsweise Zulässigkeit der geltungserhaltenden Reduktion vorgebracht, siehe Kirchhof und Medicus bei einem Symposium zur Rückwirkung der Rechtsprechung in Bonn, abgedruckt in: Weber, WM 1996, 49, 51ff. Ebenfalls möglich sei der Weg über die Störung der Geschäftsgrundlage, siehe Canaris bei einem Symposium zur Rückwirkung der Rechtsprechung in Bonn, abgedruckt in: Weber, WM 1996, 49, 50 und Medicus (S. 51). Der Weg über die geltungserhaltende Reduktion ist grundsätzlich möglich (wenn auch die Tatbestandsmerkmale von § 313 Abs. 1 BGB nach hiesiger Auffassung nicht erfüllt sind, siehe dazu oben S. 195ff.), da bei Ausgestaltung einer Klausel nach einer gefestigten Rechtsprechung keine missbräuchliche Handlung in dem Sinne vorliegt, dass der Verwender bewusst eine Klausel über das zulässige Maß formuliert, da er sowieso mit keinem schlechteren Übel als dem gerade noch zulässigen rechnen muss. Schließlich hat er bei Formulierung der Klausel die zu dem Zeitpunkt geltenden Vorgaben der höchstrichter-

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Untersuchung der Rechtsfolgen der Unwirksamkeit

sich bei Anerkennung der Herleitung eines Vertrauensschutzes aus Art. 20 Abs. 3 GG i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG der Konflikt mit Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 97 Abs. 1 GG nach obiger Lösung im Wege der praktischen Konkordanz auflösen.

V.

Ergebnis zur ergänzenden Vertragsauslegung

Der VIII. Zivilsenat sollte sich an der Rechtsprechung des XI. Zivilsenats orientieren und von seiner nach nationalem wie europäischem Recht fragwürdigen Linie abweichen. Denn der XI. Zivilsenat verwendet das Instrument der ergänzenden Vertragsauslegung in der Weise, dass er durch die Gerichte eine wirksame Klausel aufstellen lässt und nicht einer unwirksamen Klausel Geltung verschafft.1355 Hat sich der Verwender bei seiner Klauselgestaltung an die zu dieser Zeit geltenden Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung gehalten, kommt der rückwirkenden Unwirksamkeit der Klausel faktisch dieselbe Bedeutung zu wie der echten Rückwirkung von Gesetzen. Dem Verwender kann nicht abverlangt werden, auf eine von der Rechtsprechung in wirtschaftlicher Hinsicht anerkannte Preisanpassungsklausel zu verzichten. Ebenso wenig können von ihm hellseherische Kräfte gefordert werden. Ihm ist damit zwar kein Kontinuitätsvertrauen, aber ein Geltungsvertrauen zuzugestehen. Ändert sich die Rechtsprechung, sollte der Richter im Sinne der praktischen Konkordanz eine interessengerechte Lösung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung finden – auch, wenn diese faktisch einer geltungserhaltenden Reduktion gleichkäme. Da die Ablehnung seitens des EuGH seit seinem Urteil vom 21. 12. 2016 nicht nur noch als auf die geltungserhaltende Reduktion bezogen ausgelegt werden kann, hängt der Bestand der vorgeschlagenen Lösung davon ab, ob der EuGH die ergänzende Vertragsauslegung aufgrund der Beseitigung des Abschreckungslichen Rechtsprechung eingehalten bzw. die Klausel gerade anhand dieser Vorgaben gestaltet, siehe dazu Hoffmann, NZA-RR 2015, 337, 344. Zur Zulässigkeit der Einschränkung des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion bei gutem Glauben des Verwenders siehe auch die Ausführungen von Medicus bei einem Symposium zur Rückwirkung der Rechtsprechung in Bonn, abgedruckt in: Weber, WM 1996, 49, 53. Siehe ebenso auf Seite 52 die Ausführungen von von Wetzky. Damit gelangt man zu der Feststellung Uffmanns, dass der geltungserhaltenden Reduktion fälschlicherweise eine stets schlechte Wirkung zugesprochen wird, siehe dazu Uffmann, Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, 2010, S. 226. Ob man nun eine geltungserhaltende Reduktion oder eine ergänzende Vertragsauslegung anwendet, sollte der Richter im Rahmen der Überlegung, wie den Interessen beider Parteien am besten gedient ist, selbst entscheiden können. 1355 Siehe dazu Uffmann, NJW 2012, 2225, 2226. Beispielhaft führt Uffmann auch folgende Urteile an: Für den XI. Zivilsenat, BGH, NJW 2010, 1742, 1743; BGH, WM 2011, 306. Für den VII. Zivilsenat, BGH, NJW 2002, 3098, 3099. Für den IX. Zivilsenat, BGH, NJW 1998, 450, 451f. Siehe darüber hinaus auch für den V. Zivilsenat: BGH, NVwZ, 531, 536.

Auslegungs- und Anpassungslösungen

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effektes gänzlich abgelehnt oder lediglich eingeschränkt hat. Hier bleibt Raum für eine weitere Diskussion in Rechtsprechung und Literatur – spannend wird es sein zu sehen, wie der VIII. und der XI. Zivilsenat reagieren. Allerdings sollte man an der Lösung festhalten. Eine nachträgliche Beseitigung des Regelungskonzepts der Preisvariabilität würde der Besonderheit der Verträge nicht gerecht werden, denn der Vertragspartner kann nicht davon ausgehen, dass ein auf Jahre ausgelegtes Dauerschuldverhältnis dauerhaft zum Ausgangspreis abgewickelt werden kann.1356

C.

Konkludente Akzeptanz der Preiserhöhung

I.

Deutung der Überweisungshandlung als beredtes Schweigen

Grundsätzlich ist Schweigen als rechtliches Nullum zu verstehen, es sei denn, es liegt ein beredtes Schweigen vor.1357 Dieses könnte hier angenommen werden, sofern der Verwender in der konkreten Situation nach den Grundsätzen von Treu und Glauben ein Reden erwarten kann, wenn der Vertragspartner mit der Preisanpassung nicht einverstanden war, und das Schweigen somit als Zustimmung gedeutet werden konnte.1358 Der VIII. Zivilsenat sieht allerdings in der Zahlung des erhöhten Preises keine konkludente Akzeptanz der Preiserhöhung.1359 Mit der Überweisung des Rechnungspreises komme der Handlung des Vertragspartners nicht die Wirkung einer Anspruchsanerkennung zu.1360 Auch wenn der Senat im Anschluss einer widerspruchslosen Zahlung in Tarifkundenverträgen die Preisanpassung als wirksam ansah, verneint er doch die Übertragbarkeit auf Sondervertragsverhältnisse aufgrund verschiedener Ausgangslagen.1361 Beim Tarifvertrag sei diese Auslegung des Kundenverhaltens gerechtfertigt, da über § 4 AVBGasV (jetzt: GasGVV) die Berechtigung zur Preisanpassung außer Frage stehe und lediglich Ungewissheit über die Billigkeit der Preisanpassung herrsche.1362 Im Sonderkundenverhältnis bestehe hingegen bereits Ungewissheit über die Zulässigkeit der Preisanpassung.1363 Eine Auslegung des Kundenverhaltens dahingehend, dass dieser nicht nur die Billigkeit, 1356 1357 1358 1359 1360 1361 1362 1363

Vgl. BGH, NJW 2017, 320, 323. Wurmnest, in: MünchKommBGB, § 308 Nr. 5 Rn. 1; A. Arnold, in: Erman, Vor § 116 Rn. 8. Wurmnest, in: MünchKommBGB, § 308 Nr. 5 Rn. 1; A. Arnold, in: Erman, Vor § 116 Rn. 8. BGH, NJW 2013, 991, 992; BGH, NJW 2012, 1865, 1865f.; BGH, Urt. v. 14. 03. 2012, Az. VIII ZR 93/11 Rn. 22 –, juris; BGH, NJW 2011, 1342, 1345; BGH, NJW 2011, 50, 55. Zustimmend Häger/Olschewski, RdE 2009, 276, 277. BGH, NJW 2011, 50, 55. Siehe auch Häger/Olschewski, RdE 2009, 276, 277. BGH, NJW 2011, 50, 55; bestätigt durch BGH, NJW 2011, 1342, 1345f. BGH, NJW 2011, 50, 55. BGH, NJW 2011, 50, 55.

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Untersuchung der Rechtsfolgen der Unwirksamkeit

sondern auch die Berechtigung des Energieversorgungsunternehmens akzeptiere, komme nicht in Betracht.1364 Der Vertragspartner handelt nicht mit der Intention, eine Willenserklärung abzugeben, sondern lediglich zur Begleichung einer vermeintlich bestehenden Pflicht.1365 Es fehlt am Rechtsbindungswillen. Auch entfällt eine Zurechnung der Zahlung als Willenserklärung, da der Vertragspartner bei Anwendung der pflichtgemäßen Sorgfalt nach § 276 BGB in der Regel nicht erkennen kann, dass seine Handlung als Willenserklärung im Sinne einer Anerkennung der unberechtigten Preiserhöhung verstanden wird.1366 Eine weitere Möglichkeit des beredten Schweigens ist die vertragliche Vereinbarung, dass einem Schweigen ein Erklärungswert zukommt1367 – in diesem Fall muss der Verwender die Vorgaben des § 308 Nr. 5 BGB beachten.1368 1. Die Möglichkeit der konkludenten Zustimmung im Mietrecht Das Mietrecht enthält in § 557 BGB die Möglichkeit eines Änderungsvertrages zur Anpassung der Miete und knüpft diesen an die Voraussetzungen der §§ 558ff. BGB. Hinsichtlich der gesetzlichen Anpassungstatbestände der §§ 558 und 559 BGB gibt es unterschiedliche Ansätze in Bezug auf die Bewertung einer vorbehaltlosen Zahlung des Mieters auf ein unwirksames Mieterhöhungsverlangen. a) Mieterhöhung nach § 559 BGB Das LG Leipzig sah die vorbehaltlose Zahlung wiederholt als konkludente Zustimmung zum Mieterhöhungsverlangen nach § 559 BGB an.1369 Diese Entscheidungen wurden jedoch kritisch bewertet: Zum einen missachte das Gericht hier den Unterschied zwischen Gestaltungserklärung und Willenserklärung, und zum anderen ignoriere es die Beweggründe und Intentionen der Zahlungen durch den Mieter.1370 Eine Umdeutung einer Gestaltungserklärung in eine Willenserklärung zur Andienung einer einvernehmlichen Vertragsänderung widerspreche der Rechtsgeschäftslehre.1371 Der Mieter zahle im Gedanken der Verpflichtung, das umgestaltete Vertragsverhältnis zu bedienen, folglich hat er 1364 BGH, NJW 2011, 50, 55. Siehe auch Häger/Olschewski, RdE 2009, 276, 277. 1365 Häger/Olschewski, RdE 2009, 276, 277. 1366 Häger/Olschewski, RdE 2009, 276, 277. Dies ist allerdings die Zurechnungsvoraussetzung bei Handeln ohne Erklärungsbewusstsein, siehe BGH, BKR 2005, 501, 503; BGH, WM 2004, 21, 24; BGH, BKR 2003, 942, 944f.; BGH, WM 2002, 1273, 1275; Ellenberger, in: Palandt, Einf. v § 116, Rn. 17; Ahrens, in: Prütting/Wegen/Weinreich, § 133 Rn. 10. 1367 A. Arnold, in: Erman, Vor § 116 Rn. 8. 1368 A. Arnold, in: Erman, Vor § 116 Rn. 8. 1369 LG Leipzig, ZMR 2001, 548, LG Leipzig, ZMR 1999, 767, 768. 1370 Artz, NZM 2005, 367, 370. 1371 Artz, NZM 2005, 367, 370.

Auslegungs- und Anpassungslösungen

239

mit der Zahlung nicht den Willen geäußert, den Vertrag zu ändern.1372 Für eine Erklärung durch konkludentes Handeln bedarf es nämlich des Bewusstseins, durch die eigene Handlung rechtsgeschäftlich tätig zu werden.1373 Darüber hinaus handle es sich im Falle des § 559 BGB um ein einseitiges Mieterhöhungsverlangen und nicht um einen Mieterhöhungstatbestand, der eine einvernehmliche Einigung voraussetzt.1374 Der Vermieter macht jedoch von seinem einseitigen Erhöhungsrecht (Gestaltungsrecht) nach § 559 BGB Gebrauch, sodass eine Umdeutung in einen Änderungsvertrag nicht in Betracht kommt, da die Vermietererklärung kein Angebot zur Vertragsänderung enthält.1375 b) Mieterhöhung nach § 558 BGB Die herrschende Meinung deutet das unwirksame Mieterhöhungsverlangen nach § 558 BGB in einen Änderungsvertrag um.1376 Diese Umdeutung komme dann in Betracht, wenn der Vermieter seinen Vertragspartner »zur Abgabe einer Zustimmungserklärung tatsächlich aufgefordert hat.«1377 In diesem Fall könne zweifelsohne eine konkludente Annahme bei der ersten Zahlung angenommen werden, da der Mieter erkennen konnte, dass die Wirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens von seiner Zustimmung abhing1378 – anderenfalls verhalte er 1372 Artz, NZM 2005, 367, 370. 1373 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Band 2 – Das Rechtsgeschäft, § 5 4, S. 73. 1374 Börstinghaus, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 557 Rn. 16; Börstinghaus, MiethöheHandbuch, Kap. 7 Rn. 10; Artz, in: MünchKommBGB, 6. Auflage, § 557 Rn. 39. 1375 BGH NZM 2007, 514; OLG Karlsruhe, ZMR 1986, 239, 240; LG Berlin ZMR 2001, 544, 545; Artz, NZM 2005, 367, 370; Börstinghaus, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 557 Rn. 16; Börstinghaus, Miethöhe-Handbuch, Kap. 7 Rn. 10; Börstinghaus, in: Blank/Börstinghaus, Miete, § 557 Rn. 4; Schüller, in: Beck’scher Online-Kommentar BGB, § 557 Rn. 6; Schüller, in: Bamberger/Roth, BGB, § 557 Rn. 8; Weitemeyer, in: Emmerich/Sonnenschein, Miete, § 557 Rn. 4; Weitemeyer, NZM 2000, 313, 317. 1376 BGH, NZM 2005, 736, 737; Börstinghaus, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 557 Rn. 13; Weitemeyer, in: Staudinger, § 557 Rn. 33; Schüller, in: Bamberger/Roth, BGB, § 557, Rn. 9. Im Ergebnis gleich, aber keine Umdeutung als notwendig ansehend, da die Aufforderung zur Abgabe der Zustimmungserklärung gemäß § 558 BGB bereits als Angebot zu werten sei, Weitemeyer, NZM 2000, 313, 316f. Zur Möglichkeit der konkludenten Zustimmung siehe auch LG Leipzig, ZMR 1999, 767, 768. A. A. Artz, in: MünchKommBGB, 6. Auflage, § 557 Rn. 40; Artz, NZM 2005, 367, 370f.: Der Mieter werde vor die Wahl gestellt, den Anspruch nach § 558 BGB zu erfüllen oder das Sonderkündigungsrecht nach § 561 BGB auszuüben. Er habe somit zwar keinen Anspruch auf unveränderten Fortbestand des Vertragsverhältnisses, aber er zahle in Anbetracht der Alternativen nur mit dem Gedanken »Ich muss ja« und nicht mit dem Gedanken, im Falle der Unwirksamkeit ein umgedeutetes Angebot anzunehmen. Der privatautonome Änderungsvertrag könne schon aus diesem Aspekt nicht als Auffangtatbestand im Wege der Auslegung oder der Umdeutung eingeführt werden. 1377 Börstinghaus, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 557 Rn. 13. So auch Weitemeyer, in: Emmerich/Sonnenschein, Miete, § 557 Rn. 4. 1378 Börstinghaus, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 557 Rn. 13; Börstinghaus, Miethöhe-

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Untersuchung der Rechtsfolgen der Unwirksamkeit

sich widersprüchlich,1379 denn schließlich könne er bei Erhalt eines Mieterhöhungsverlangens anwaltliche Beratung in Anspruch nehmen.1380 Zu beachten ist jedoch, dass auch nach dieser Ansicht keine Umdeutung in einen Änderungsvertrag möglich ist, wenn nach dem objektiven Empfängerhorizont der Eindruck entsteht, dass die Miete einseitig neu festgesetzt wird und es somit keiner gestaltenden Willenserklärung des Mieters bedarf.1381 2. Zwischenergebnis Als Ergebnis dieser Untersuchungen bestätigt sich das zuvor zu Preisanpassungsklauseln herausgearbeitete Ergebnis auch aus den Wertungen zum Mietrecht. Preisanpassungsklauseln sind mit der Mietzinserhöhung nach § 559 BGB vergleichbar. Der Verwender nimmt sein vertraglich zugesichertes einseitiges Preisanpassungsrecht in Anspruch, sodass eine die Wirksamkeit hervorrufende Willenserklärung des Vertragspartners nicht vorgesehen ist. So wie der Mieter auf eine nach § 559 BGB erfolgte Mieterhöhung zahlt (im Gedanken der Verpflichtung, das umgestaltete Vertragsverhältnis zu bedienen), kommt auch der Zahlung auf eine Preisanpassung keine Erklärungswirkung dahingehend zu, die Anpassung zu akzeptieren oder den Vertrag zu ändern. Die entgegengesetzte Bewertung im Rahmen von § 558 BGB ergibt sich aus dem gesetzlichen Anspruch auf Zustimmung zur angedienten Vertragsänderung. Damit ähnelt der Umdeutungsansatz zumindest im Ergebnis der BGH-Rechtsprechung zur konkludenten Akzeptanz in Grundversorgungsverträgen. Eine solche gesetzesgestützte Preisanpassung erfolgt jedoch bei Preisanpassungen in Sondervertragsverhältnissen nicht, sodass auch hier keine Wertung übernommen werden kann.

II.

Vereinbarung einer Erklärungsfiktion

Ob und unter welchen Voraussetzungen ein Schweigen als Willenserklärung gilt, kann von den Vertragsparteien vertraglich festgelegt werden.1382 Damit kommt in Betracht, dass der Verwender regelt, eine Preisanpassung dann als konkludent akzeptiert anzusehen, wenn der Vertragspartner ihr weder widersprochen noch von seinem Vertragslösungsrecht Gebrauch gemacht hat. Erfolgt die Regelung

1379 1380 1381 1382

Handbuch, Kap. 7 Rn. 8; Weitemeyer, NZM 2000, 313, 317; Schüller, in: Beck’scher OnlineKommentar BGB, § 557 Rn. 5. Börstinghaus, Miethöhe-Handbuch, Kap. 7 Rn. 8. Börstinghaus, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 557 Rn. 13. Börstinghaus, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 557 Rn. 13, 15; Schüller, in: Beck’scher Online-Kommentar BGB, § 557 Rn. 5. Wurmnest, in: MünchKommBGB, § 308 Nr. 5 Rn. 1, 3; Grüneberg, in: Palandt, § 308 Rn. 28.

Auslegungs- und Anpassungslösungen

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AGB-rechtlich, sind der Verbotstatbestand des § 308 Nr. 5 BGB und die Generalklausel des § 307 BGB zu beachten. 1. Anwendbarkeit des § 308 Nr. 5 BGB Gemäß § 308 Nr. 5 BGB ist eine Bestimmung, nach der eine Erklärung des Vertragspartners des Verwenders bei Vornahme oder Unterlassung einer bestimmten Handlung als von ihm abgegeben oder nicht abgegeben gilt, unwirksam, es sei denn, dem Vertragspartner wurde zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eine angemessene Frist eingeräumt und der Verwender hat sich verpflichtet, den Vertragspartner bei Beginn der Frist auf die vorgesehene Bedeutung seines Verhaltens besonders hinzuweisen. § 308 Nr. 5 BGB ist ein zukunftsorientierter Tatbestand und richtet sich an Fiktionen, die nach Einbeziehung der AGB und damit während der Vertragslaufzeit durch festgelegte Ereignisse ausgelöst werden.1383 Daraus folgt zugleich, dass die Ausnahmeerlaubnis des § 308 Nr. 5 BGB im Moment des erstmaligen Vertragsschlusses nicht anwendbar ist.1384 In diesem Fall kann durch AGB nicht von dem Grundsatz des Schweigens als rechtlichem Nullum abgewichen werden.1385 Einen neuen Vertragsschluss könnte man annehmen, wenn man die Preisanpassung als Änderungskündigung wertet, indem in ihr das Angebot auf einen Vertragsschluss zu geänderten Konditionen zu erblicken ist.1386 Ein solches Angebot liegt im Hinblick auf die Verwaltungskostenproblematik jedoch nicht vor: Der Vertrag wird im Rahmen der Preisanpassungsklausel nicht geändert, sondern es wird lediglich von dem zuvor festgelegten Recht auf Preisänderung Gebrauch gemacht, sodass es sich nur um eine Maßnahme der Vertragsdurchführung handelt. Aus diesem Grund ist eine Erklärungsfiktion unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 308 Nr. 5 BGB grundsätzlich möglich. 2. Wirksamkeitsvoraussetzungen nach § 308 Nr. 5 BGB Nach § 308 Nr. 5 lit. a) BGB muss dem Vertragspartner in der Klausel eine angemessene Frist zur ausdrücklichen Erklärung eingeräumt werden. Durch den Umstand, dass die Preisanpassung und damit auch das Ankündigungs1383 Coester-Waltjen, in: Staudinger, § 308 Nr. 5 Rn. 1 und 6, dies werde nach ihrer Ansicht durch die Zukunftsorientierung der Worte »bei Vornahme oder bestimmter Handlungen« deutlich. Dammann begründet dieses Ergebnis in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 308 Nr. 5 Rn. 15 dogmatisch und überzeugend: Die AGB seien Bestandteil des Vertrages, sodass vorherige Erklärungen nicht vertraglich fingiert werden könnten, sondern Bestandteil der Willenserklärung zum Vertragsschluss seien. 1384 Grüneberg, in: Palandt, § 308 Rn. 28; Wurmnest, in: MünchKommBGB, § 308 Nr. 5 Rn. 6. 1385 Grüneberg, in: Palandt, § 308 Rn. 28; Wurmnest, in: MünchKommBGB, § 308 Nr. 5 Rn. 6. Stattdessen müsste eine echte konkludente Willenserklärung vorliegen, so S. Roloff, in: Erman, § 308 Rn. 43. 1386 Graf von Westphalen, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 707, 721.

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Untersuchung der Rechtsfolgen der Unwirksamkeit

schreiben vom Verwender einseitig veranlasst werden, ist nach der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur eine großzügige Frist (zwischen vier und sechs Wochen) festzulegen.1387 Darüber hinaus ist der Verwender nach § 308 Nr. 5 lit. b) BGB verpflichtet, den Vertragspartner bei Beginn der Frist auf die vorgesehene Bedeutung seines Verhaltens besonders hinzuweisen. Dieser Hinweis hat auch tatsächlich durch individuelles Anschreiben zu erfolgen, damit die Fiktion ihre Wirkung entfaltet.1388 Die Voraussetzung des besonderen Hinweises erfordert, dass er drucktechnisch derart gestaltet ist, dass er die Aufmerksamkeit des Vertragspartners zwangsläufig erweckt.1389 3. Vereinbarkeit der Erklärungsfiktion mit § 307 Abs. 1 S. 1 BGB Damit ist die Vereinbarung einer Erklärungsfiktion über AGB grundsätzlich möglich und scheitert nicht an § 308 Nr. 5 BGB. Allerdings greift im Anschluss an die Prüfung des Verbotstatbestandes die Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB.1390 Angemessenheitsvoraussetzung im Rahmen der Prüfung nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB ist, dass ein berechtigtes Interesse des Verwenders an der Verwendung der Erklärungsfiktion festzustellen ist.1391 1387 Für eine sechswöchige Frist siehe J. Becker, in: Bamberger/Roth, BGB, § 308 Nr. 5 Rn. 15. Für den Widerspruch bzgl. einer Bedingungsanpassung in Versicherungsbedingungen sah der IV. Zivilsenat des BGH eine Widerspruchsfrist von unter einem Monat als zu gering an, da dies bei einem möglichen dreiwöchigen Urlaub zu kurz für die Einholung von Rechtsrat sei, BGH, NJW 1999, 1865, 1866. Für eine vierwöchige Frist siehe OLG Düsseldorf, NJW 2005, 1515, 1516. Im Hinblick auf den Widerspruch gegen eine Zinsanpassung ebenfalls einen Monat befürwortend LG Dortmund, NJW-RR 1986, 1170, 1171. Differenzierend: Grüneberg, in: Palandt, § 308 Rn. 29; Coester-Waltjen, in: Staudinger, § 308 Nr. 5 Rn. 13. Unter Umständen ist eine Verringerung der Frist anhand einer objektiv generalisierenden Gesamtbetrachtung des Vertragstyps möglich, siehe Graf von Westphalen, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 707, 721; Schmidt, in: Ulmer/ Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 308 Nr. 5 BGB Rn. 11; Grüneberg, in: Palandt, § 308 Rn. 29. Diese Verkürzung kommt allerdings nach J. Becker, in: Bamberger/Roth, § 308 Nr. 5 Rn. 14 nur dann in Betracht, wenn es sich um einfache Prüfungen handelt und keine weiteren Informationen eingeholt werden müssen. 1388 Grüneberg, in: Palandt, § 308 Rn. 30; Graf von Westphalen, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 707, 721. 1389 BGH, NJW 1985, 617, 619; Coester-Waltjen, in: Staudinger, § 308 Nr. 5 Rn. 14; S. Roloff, in: Erman, § 308 Rn. 46; Dammann, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 308 Nr. 5 Rn. 50. 1390 BGH, NJW 2010, 2942, 2943; BGH, NJW-RR 2008, 134, 136; BGH, NJW 1990, 761, 763; OLG Düsseldorf NJW-RR 1988, 884, 886; Wurmnest, in: MünchKommBGB, § 308 Nr. 5 Rn. 11; J. Becker, in: Bamberger/Roth, § 308 Nr. 5 Rn. 14; Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 308 Nr. 5 Rn. 7; Coester-Waltjen, in: Staudinger, § 308 Nr. 5 Rn. 2 und 4; Seybold, VersR 1989, 1231, 1235; S. Roloff, in: Erman, § 308 Rn. 39; Dammann, in: Wolf/ Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 308 Nr. 5 Rn. 1. 1391 Nach dem OLG Düsseldorf NJW-RR 1988, 884, 886 musste das berechtigte Interesse aus

Auslegungs- und Anpassungslösungen

243

Der BGH verneint ein solches Interesse, wenn der Verwender sich durch die Erklärungsfiktion die Möglichkeit einräumt, uneingeschränkt Leistungsänderungen vorzunehmen.1392 Eine unangemessene Benachteiligung ist – in Konkretisierung der BGH-Aussage – immer dann festzustellen, wenn es der Verwender darauf abzielt, Änderungen der Vertragsleistungen aufgrund des absehbar nicht vorgenommenen Widerspruchs eines Kundenteils durchzusetzen, um daraus Vorteile zu ziehen.1393 Der Verwender würde durch die Erklärungsfiktion den Schutz des Verbrauchers durch die Inhaltskontrolle umgehen, indem er die Unwirksamkeitsfolge des § 306 Abs. 1 BGB und die Alternative des § 306 Abs. 2 BGB über die Widerspruchsobliegenheit für den Zeitraum des fehlenden Widerspruchs ausschließt. Im Vergleich zur Rechtslage ohne Erklärungsfiktion wäre der Vertragspartner schlechter gestellt: Schließlich würde sonst entweder die Klausel gänzlich entfallen, sodass der Ausgangspreis gilt, oder die Ersetzung durch ergänzende Vertragsauslegung nach §§ 157, 133 BGB würde erfolgen. Letztere würde im Ergebnis einen angemessenen Interessenausgleich herstellen und wäre damit ebenfalls für den Vertragspartner vorteilhafter. Diese objektive Benachteiligung führt auch im weiteren Schritt der Interessenabwägung nicht zu einer zulässigen Klausel. Dieser Prüfung liegt das Bewertungskriterium zugrunde, ob der Verwender seine einseitige Gestaltungsmacht ausgenutzt oder eine ausgeglichene Interessenverteilung herbeigeführt hat.1394 Aus Verwendersicht verwirklichen sich zwei Interessen gleichzeitig: Wird die unwirksame Preisanpassungsklausel anerkannt, entledigt er sich insbesondere der organisatorischen Probleme des Massenverkehrs.1395 Dazu führte bereits Graf von Westphalen aus, die Änderungskündigung im Massenverkehr sei ein »zu teures und kaum adäquat einsetzbares« Instrument.1396 Der Verwender habe ein höherrangiges Interesse an einer Preisanpassung als an einer Änderungskündigung, da erstere durch den Erhalt des Vertrages auch dem Interesse der Kundenerhaltung entspreche.1397 Bei einer Änderungskündigung liege die Gefahr der Verprellung und des damit einhergehenden Verlusts des Kunden nahe.1398 Als zweites Interesse verwirklicht sich das Interesse am Ausschluss potentieller Rückforderungsansprüche, die durch eine nachträgliche Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel entstehen. Auch eine potentielle Kündigungsmöglich-

1392 1393 1394 1395 1396 1397 1398

organisatorischen Gründen im Massenverkehr entstehen; Wurmnest, in: MünchKommBGB, § 308 Nr. 5 Rn. 11; Grüneberg, in: Palandt, § 308 Rn. 31. BGH, NJW-RR 2008, 134, 136; Seybold, VersR 1989, 1231, 1236f. Siehe Wurmnest, in: MünchKommBGB, § 308 Nr. 5 Rn. 11. Stoffels, AGB-Recht, § 16 Rn. 468; Pfeiffer, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 307 Rn. 75. Grüneberg, in: Palandt, § 308 Rn. 31. Graf von Westphalen, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 707, 720. Graf von Westphalen, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 707, 720. Graf von Westphalen, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, 707, 720.

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Untersuchung der Rechtsfolgen der Unwirksamkeit

keit des Vertragspartners würde nur Wirkung ex ante entfalten, sodass eine ausgeglichene Gestaltungsmöglichkeit nicht ersichtlich ist. Denn auf der Unwirksamkeitsfolgenseite könnte nicht einmal das (in Bezug auf seine Zulässigkeit umstrittene) Preisargument einen Vorteil des Vertragspartners bilden,1399 da es allenfalls in der Lage ist, eine wirksame Preisanpassungsklausel zu rechtfertigen. Damit ist in der Vereinbarung der Erklärungsfiktion eine Ausnutzung der einseitigen Vertragsgestaltungsmacht und somit ein Verstoß gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB zu erblicken. III.

Ergebnis

Eine konkludente Akzeptanz kommt weder durch Deutung des Vertragspartnerverhaltens in der konkreten Situation nach Treu und Glauben noch durch eine Übernahme durch gesetzliche Wertungen aus dem Mietrecht und auch nicht über eine vertragliche Vereinbarung einer Erklärungsfiktion in Betracht.

Abschnitt 2: Einwendungen und Einreden A.

Unwirksamkeit des Vertrages nach § 306 Abs. 3 BGB

Geht der VIII. Zivilsenat im Hinblick auf die ergänzende Vertragsauslegung von der Voraussetzung einer Unzumutbarkeit der Rückzahlungsansprüche bei nicht erfolgtem Widerspruch aus, könnte diese Unzumutbarkeit gleichsam den Tatbestand des § 306 Abs. 3 BGB erfüllen. Folge wäre, dass sich der Verwender vom gesamten Vertrag lösen könnte. Daraus wiederum würde resultieren, dass die erbrachten Leistungen zurück zu gewähren sind. Allerdings gilt es hier zu beachten, dass für diese Einschätzung eine ergänzende Vertragsauslegung entweder ausgeschlossen sein müsste oder die Unzumutbarkeit zu beseitigen nicht in der Lage ist. Durch diese Einschränkung ist der Anwendungsbereich des § 306 Abs. 3 BGB äußerst begrenzt. Nach der Regierungsbegründung zu § 6 Abs. 3 AGBG ist ein denkbarer Fall, dass durch das dispositive Recht das Äquivalenz1399 Argumente gegen das Preisargument sind der Konflikt mit der AGB-rechtlichen Bewertung des Äquivalenzverhältnisses (iustum pretium), die Gefahr des race to the bottom durch die Betonung des Preises, das fehlende Gleichgewicht zwischen Verwender- und Vertragspartnervorteil sowie die fehlende wirtschaftliche Belegbarkeit, inwiefern sich verwenderfreundliche AGB im Preis niederschlagen, siehe Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 129ff. Weitergehend zum Preisargument siehe Pflug, Kontrakt und Status im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 86ff.; Fastrich, Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht, S. 302ff.

Einwendungen und Einreden

245

verhältnis von Leistung und Gegenleistung unzumutbar verschoben wird.1400 Ein weiterer Anwendungsbereich bestehe, wenn der Vertrag nach der Anpassung »gegenüber seinem ursprünglichen Inhalt in seinem Kern verändert wird.«1401 Bei Preisanpassungsklauseln könnte ein Anwendungsfall angenommen werden, wenn die Unzumutbarkeit weiterhin besteht, weil die nun vorliegende Klausel nicht mit der Preiskalkulation vereinbar ist.1402 Dann jedoch ist die Risikoverteilung im Rahmen der Verwendung von AGB zu beachten. Die Einführung von AGB und deren Ausgestaltung fällt in die Risikosphäre des Verwenders.1403 Entstehen diesem aus der Unwirksamkeit heraus Nachteile, muss er diese tragen und kann sich nicht auf die Unwirksamkeit des Vertrages im Ganzen berufen.1404 Zudem muss hinsichtlich § 306 Abs. 3 BGB wiederum die Vereinbarkeit mit der Richtlinie 93/13/EWG angesprochen werden. Wie bereits erwähnt, hat der EuGH in der Rechtssache Banco EspaÇol de Cr8dito SA gegen Joaqu&n Calderjn Camino ausgeführt, dass der Vertrag trotz Wegfalls der unwirksamen Klausel fortgelte, »soweit dies nach den Vorschriften des innerstaatlichen Rechts rechtlich möglich ist.«1405 In der Literatur wurde dazu von Basedow vorgebracht, dass das Tatbestandsmerkmal der Möglichkeit eine ganz andere Qualität habe als die Unzumutbarkeit.1406 Dem ist insoweit zuzustimmen, als dass eine Klausel wirtschaftlich unzumutbar und dennoch rechtlich möglich sein kann. Allerdings könnte diese Divergenz entsprechend der EuGH-Entscheidung in der Rechtssache Jana Perenicˇov# und Vladislav Perenicˇ gegen SOS financ spol. s. r. o. mit der Richtlinie vereinbar sein. Der EuGH führte aus, dass »die Richtlinie 93/13 einen Mitgliedstaat nicht daran [hindert], im Einklang mit dem Unionsrecht eine nationale Regelung vorzusehen, die es erlaubt, einen Vertrag, den ein Gewerbetreibender mit einem Verbraucher geschlossen hat und der eine oder mehrere missbräuchliche Klauseln enthält, in seiner Gesamtheit für nichtig zu erklären, wenn sich erweist, dass dadurch ein besserer Schutz des Verbrauchers gewährleistet wird.«1407 1400 BT-Drucksache, 7/3919, S. 21. 1401 BT-Drucksache, 7/3919, S. 22; H. Roth, Vertragsänderung bei fehlgeschlagener Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 69 sieht damit Torsoverträge oder atypische Verträge als Hauptanwendungsbereiche. Nach Schmidt, in: Ulmer/Brandner/ Hensen, AGB-Recht, § 306 Rn. 42 liege dann die Unzumutbarkeit für den Vertragspartner in der Ungewissheit über das Ergebnis der ergänzenden Vertragsauslegung, siehe dazu auch OLG München, Urt. v. 16. 09. 2008, Az. U (K) 4252/07, BeckRS 2008, 12473. 1402 Basedow, in: MünchKommBGB, § 306 Rn. 32. 1403 Basedow, in: MünchKommBGB, § 306 Rn. 32. 1404 Basedow, in: MünchKommBGB, § 306 Rn. 32. 1405 EuGH, Urt. v. 14. 06. 2012, Rs. C-618/10 – Banco EspaÇol de Cr8dito SA gegen Joaqu&n Calderjn Camino, EuZW 2012, 754, 757 Rn. 65. 1406 Basedow, in: MünchKommBGB, § 306 Rn. 6. 1407 EuGH, Urt. v. 15. 03. 2012, Rs. C-453/10 – Jana Perenicˇov# und Vladislav Perenicˇ gegen SOS

246

Untersuchung der Rechtsfolgen der Unwirksamkeit

Sofern sich die Gesamtnichtigkeit als höherer Schutz für den Verbraucher erweist, hat der deutsche Gesetzgeber somit von Art. 8 der Richtlinie 93/13/EWG Gebrauch gemacht.1408 Folglich stellt sich die Frage, wann dem Verbraucher die Gesamtnichtigkeit zum Vorteil gereicht. Ein solcher Fall wird vorliegen, wenn man die Unzumutbarkeit im Sinne des EuGH versteht: Dieser hat eine Begrenzung von Ansprüchen wegen Unzumutbarkeit nur dann für möglich gehalten, wenn »zwei grundlegende Kriterien erfüllt sind, nämlich guter Glaube der Betroffenen und die Gefahr schwerwiegender Störungen.«1409 In seinem Urteil vom 23. 10. 2014 führte das Gericht dazu aus, dass den Verwendern von Preisanpassungsregelungen die Darlegungslast hinsichtlich einer Erschütterung der gesamten deutschen Strom- und Gasversorgungsbranche durch die Unwirksamkeit der Klausel zukomme.1410 Wenn aufgrund der Unwirksamkeit einer Klausel eine ganze Branche bedroht ist, ist der Verbraucher mit der Gesamtnichtigkeit besser gestellt als mit der bloßen Klauselunwirksamkeit, da der Wettbewerb aufrechterhalten bleibt.1411

B.

Kenntnis der Nichtschuld nach § 814 BGB

Nach § 814 BGB kann das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war oder wenn die Leistung einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprach. Bei Verbrauchern kann – solange die Klausel nicht gerichtlich für unwirksam erklärt

1408 1409

1410 1411

financ spol. s r. o., EuZW 2012, 302, 303 Rn. 35. Siehe dazu auch die Schlussanträge der Generalanwältin Verica Trstenjak v. 29. 11. 2011, Rs. C-453/10 – Jana Perenicˇov# und Vladislav Perenicˇ gegen SOS financ spol. s r. o., ECLI:EU:C:2011:788 Rn. 71ff. Die Vereinbarkeit wird von Lindacher/Hau, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, § 306 Rn. 58a angenommen. EuGH, Urt. v. 23. 10. 2014, verbundene Rs. C-359/11 und C-400/11 – Alexandra Schulz gegen Technische Werke Schussental GmbH und Co. KG sowie Josef Ebringhoff gegen Stadtwerke Ahaus GmbH, NJW 2015, 849, 851 Rn. 57; EuGH, Urt. v. 21. 03. 2013, Rs. C-92– 11 Rn. 44 – RWE Vertrieb AG gegen Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e. V., NJW 2013, 2253, 2256 Rn. 59. EuGH, Urt. v. 23. 10. 2014, verbundene Rs. C-359/11 und C-400/11 – Alexandra Schulz gegen Technische Werke Schussental GmbH und Co. KG sowie Josef Ebringhoff gegen Stadtwerke Ahaus GmbH, NJW 2015, 849, 851 Rn. 60. A. A. Schlosser, in: Staudinger, § 306 Rn. 31. Dieser will mit der bisherigen BGH-Rechtsprechung nicht derart hohe Anforderungen stellen, sondern eine fehlende Vorhersehbarkeit der Unwirksamkeit oder die völlige Beseitigung des Äquivalenzverhältnisses solle genügen (bzgl. Letzterem siehe BGH, NJW-RR 2002, 1136, 1137; BGH, NJW-RR 1996, 1009, 1010). Eine völlige Beseitigung der Leistungsäquivalenz sei entsprechend des Urteils BGH, NJW-RR 1996, 1009, gegeben, wenn der Verwender den »Preis im Vertrauen auf den Bestand der Klausel erheblich unter dem Marktpreis kalkuliert« habe (Rn. 33).

Einwendungen und Einreden

247

worden ist – nicht davon ausgegangen werden, dass sie um die Unwirksamkeit einer vertraglichen Preisanpassungsklausel wissen.1412 Der Vertragspartner wird sich aufgrund der hohen Transaktionskosten nicht mit den Klauseln beschäftigen, sofern er keinen Anhaltspunkt für eine Unwirksamkeit hat. Realistischerweise müsste man dies auch nach einem Urteil anzweifeln, da ein solches Urteil schon publikumswirksam durch sämtliche Presseblätter gehen müsste, um bei der breiten Masse zur Kenntnis zu gelangen. Auch ein Kennen müssen erscheint realitätsfremd. Darüber hinaus ist eine gesicherte Kenntnis erforderlich, zu der erst eine ständige Rechtsprechung durch den BGH führt.1413

C.

Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB

Der Verwender könnte den aufgrund der unwirksamen Preisanpassung zu Unrecht geleisteten Mehrbetrag aufgrund der Einwendung des § 818 Abs. 3 BGB behalten, wenn er diesen verbraucht hat.1414 Dieser Vermögensverlust könnte in der Zahlung an den Vorlieferanten gesehen werden.1415 Voraussetzung für das Entstehen der rechtsvernichtenden Einwendung ist, dass ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen Leistung und Entreicherung besteht.1416 Die Einwendung scheitert im Rahmen dieser Voraussetzung bereits daran, dass der Verwender den Vermögensverlust ohne den Vermögenszuwachs nicht erlitten haben dürfte.1417 Büdenbender stellt hier zu Recht heraus, dass die Zahlung des Verwenders an den Vorlieferanten nicht die Folge der Preiserhöhung sei, sondern gerade umgekehrt die Preiserhöhung die Folge der erhöhten Vorlieferantenpreise.1418 Hinzu komme, dass nach dem Grundsatz der Relativität der Schuldverhältnisse die Vertragsverhältnisse zwischen Verwender und Vorlieferant sowie Verwender und Vertragspartner in der rechtlichen Bewertung zu trennen seien.1419 Der Verwender komme mit der Lieferung an den Vertragspartner seiner Vertragspflicht nach, die trotz des wirtschaftlichen Zusammenhangs nicht mit den Bezugspflichten beim Vorlieferanten zu vermengen sei.1420 Auch auf der nächsten Ebene würde die Einwendung scheitern: Im Rahmen der Adäquanzprüfung ist die vertragliche und gesetzliche Risikoverteilung zu 1412 1413 1414 1415 1416 1417 1418 1419 1420

Markert, RdE 2009, 291, 295. Büdenbender, NJW 2009, 3125, 3131. Sprau, in: Palandt, § 818 Rn. 26. Siehe auch die Thematisierung bei Büdenbender, NJW 2009, 3125, 3131. BGH, NJW 1992, 2415; Sprau, in: Palandt, § 818 Rn. 29; Büdenbender, NJW 2009, 3125, 3132; Prütting, in: Prütting/Wegen/Weinreich, § 818 Rn. 18. Sprau, in: Palandt, § 818 Rn. 29. Büdenbender, NJW 2009, 3125, 3132. Büdenbender, NJW 2009, 3125, 3132. Büdenbender, NJW 2009, 3125, 3132.

248

Untersuchung der Rechtsfolgen der Unwirksamkeit

berücksichtigen.1421 Die Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel würde in die Risikosphäre des Verwenders fallen, sodass er sich nicht auf eine Entreicherung aufgrund des nachträglichen Wegfalls dieser Klausel berufen könnte.

D.

Verjährung

Die Verjährungsfrist beginnt nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und in dem der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Die erforderliche Kenntnis setzt keine zutreffende rechtliche Bewertung der anspruchsbegründenden Tatsachen voraus; vielmehr muss dem Vertragspartner eine erfolgversprechende, aber nicht risikolose Klageerhebung möglich sein.1422 Daraus folgt, dass die Verjährungsfrist grundsätzlich beginnt, wenn der Vertragspartner Kenntnis von der Preiserhöhung erlangt, da er zu diesem Zeitpunkt die anspruchsbegründenden Umstände kennt.1423 Im Rahmen von Energielieferverträgen ist zu beachten, dass die Frist erst mit der Fälligkeit der Jahresabschlussrechnung beginnt, nicht mit jeder Einzelforderung.1424 Eine Ausnahme dieses Verjährungsbeginns besteht nach der ständigen Rechtsprechung des BGH, »wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage besteht, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag; denn in diesem Fall fehlt es an der Zumutbarkeit einer Klageerhebung.«1425

Dazu führte der VIII. Zivilsenat weiter aus, dass diese unsichere Rechtslage nicht bestehe, wenn für den Rechtsberater bei Entstehung der Rückforderungsansprüche erkennbar war, dass diese der Kontrolle anhand § 307 Abs. 1 BGB nicht standhalten würden.1426 Für Preisanpassungsklauseln herrscht seit der ersten Flüssiggas-Entscheidung eine stabile, wenn auch zu weit gehende Rechtspre1421 Sprau, in: Palandt, § 818 Rn. 29; Schwab, in: MünchKommBGB, § 818 Rn. 129f. Zur Beachtlichkeit der Risikoverteilung im Rahmen von Bereichungerungsansprüchen siehe auch BGH, NJW 2010, 2873, 2875. 1422 BGH, NJW 2013, 1077, 1080; BGH, WM 2008, 1346, 1349; BGH, BKR 2008, 511, 512; BGH, NJW 2004, 510; BGH, NJW 1999, 2734, 2735; BGH, NJW-RR 1990, 343, 343f.; BGH, NJWRR 1990, 222, 223; Häger/Olschewski, RdE 2009, 276, 280; Büdenbender, NJW 2013, 3601, 3607. 1423 Häger/Olschewski, RdE 2009, 276, 280; Büdenbender, NJW 2013, 3601, 3607. 1424 BGH, NJW 2013, 1077, 1081; Ahnis/Helbach/Kirschnick, IR 2014, 74, 75. 1425 Zur Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats siehe BGH, NJW 2013, 1077, 1080. Für den XI. Zivilsenat siehe BGH, NJW 2009, 2046, 2050. Für den III. Zivilsenat siehe BGH, NJWRR 2008, 1237, 1238. Für den IX. Zivilsenat siehe BGH, NJW 1999, 2041, 2042. 1426 BGH, NJW 2013, 1077, 1080.

Zusammenfassung der Untersuchung der Rechtsfolgen der Unwirksamkeit

249

chung, sodass die Verjährungsfrist grundsätzlich mit der Kenntnis der Preiserhöhung (in Energielieferverträgen: mit der Fälligkeit des Jahresabschlusses) zu laufen beginnt.

E.

Verwirkung

Eine Verwirkung kommt nach der Rechtsprechung des BGH nur dann in Betracht, wenn eine wirksame Preisanpassungsklausel fehlerhaft angewandt wurde, aber nicht, wenn die Preisanpassungsklausel an sich unwirksam ist.1427 Gegen eine Verwirkung spricht, dass es am Umstandsmoment fehlt, da vom Vertragspartner kein Vertrauenstatbestand geschaffen wird.1428 Dieser leistet Zahlungen lediglich in dem Bewusstsein, einer Verpflichtung nachzukommen.1429 Dies muss den Verwendern bewusst sein, sodass sie nicht auf den Verzicht des Vertragspartners auf eine Rückforderung vertrauen können.1430 Darüber hinaus wird angeführt, dass es ungerechtfertigt sei, dem Verwender die Berufung auf die Verwirkung zuzugestehen, da das Handlungsmoment auf einer in seine Risikosphäre fallenden unwirksamen Klausel beruhe.1431 Nur so werde die gesetzliche Risikoverteilung einer unwirksamen Klausel zu Lasten des Verwenders aufrechterhalten.1432

Abschnitt 3: Zusammenfassung der Untersuchung der Rechtsfolgen der Unwirksamkeit Zur Verdeutlichung werden die Unwirksamkeitsfolgen an einem Beispiel stichwortartig zusammengefasst:1433 Angenommen, Verwender und Vertragspartner schließen im Jahr 2006 einen Energieliefervertrag mit unwirksamer Preisanpassungsklausel. 2007 erfolgt eine Preisanpassung anhand der unwirksamen Klausel, die erstmals in der Jahresabrechnung 2008 Berücksichtigung findet. 2010 und 2012 folgen weitere 1427 BGH, NJW 2007, 2540, 2544; BGH, NJW 2011, 50; J. Becker, in Bamberger/Roth, § 309 Nr. 1 BGB Rn. 34. 1428 Häger/Olschewski, RdE 2009, 276, 280; Dreher, ZNER 2007, 103, 108; Mogwitz/Wagner, RdE 2008, 118, 122. Zur Definition und der Erforderlichkeit des Umstandsmoments siehe auch BGH, NJW 2006, 219, 220. Siehe zur Erforderlichkeit des Umstandsmoments zudem Artz, NZM 2005, 367, 372. 1429 Häger/Olschewski, RdE 2009, 276, 280; Mogwitz/Wagner, RdE 2008, 118, 122. 1430 Häger/Olschewski, RdE 2009, 276, 280; Mogwitz/Wagner, RdE 2008, 118, 122. 1431 Häger/Olschewski, RdE 2009, 276, 280. 1432 Häger/Olschewski, RdE 2009, 276, 280. 1433 Der Beispielsfall ist Ahnis/Helbach/Kirschnick, IR 2014, 74, 75f. entnommen.

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Untersuchung der Rechtsfolgen der Unwirksamkeit

Preisanpassungen. 2012 erfolgt ein Widerspruch bezüglich aller Erhöhungen, und 2014 macht der Vertragspartner Rückforderungsansprüche gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB geltend. – Die Einwendung der Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB gilt nicht, da es an einem adäquaten Kausalzusammenhang zwischen rechtsgrundloser Leistung und Verbrauch durch das Energieversorgungsunternehmen fehlt. – Eine Berufung auf § 814 BGB entfällt aufgrund der fehlenden gesicherten Kenntnis des Verbrauchers. – Eine Verwirkung kommt wegen des fehlenden Umstandsmoments nicht in Betracht. – Es greift die allgemeine Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 BGB, sodass die Zahlungen bis Ende 2010 verjährt sind. Die Zahlungen ab 2011 können hingegen geltend gemacht werden. Eine Ausnahme vom allgemeinen Verjährungsbeginn besteht nicht, da eine ständige Rechtsprechung des BGH gegeben ist, sodass die Unwirksamkeit von einem Rechtskundigen hätte gesehen werden können. – Die durch die Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel entstehende Vertragslücke schließt der VIII. Zivilsenat in Energieversorgungsverträgen dahingehend, dass der Vertragspartner die Preiserhöhungen nur geltend machen kann, wenn er sie innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresabrechnung beanstandet hat.1434 Damit gilt der Preis, der in der Jahresabrechnung drei Jahre vor dem Widerspruch bestand, somit der 2007 angepasste und in der Jahresabrechnung von 2010 noch gültige Preis. Die Anpassung von 2010 wurde schließlich erst in der Jahresabrechnung von 2011 berücksichtigt. Diese Fristenlösung ist weder mit dem Unionsrecht noch mit dem deutschen Recht vereinbar. Eine Umdeutung in ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht nach §§ 315, 316 BGB in Anlehnung an die Literatur zu Zinsanpassungsklauseln kommt nicht in Betracht. Diese Möglichkeit ist aufgrund ihrer Sachwidrigkeit gänzlich abzulehnen. Nach dem XI. Zivilsenat kommt vielmehr die Einfügung einer neuen Anpassungsklausel im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in Betracht. – Eine konkludente Anpassung an die widerspruchlose Preisanpassung entfällt aufgrund der für den Verwender ersichtlichen Zahlung mit der bloßen Intention der Rechnungsbegleichung. Die Zahlung kann nicht als beredtes Schweigen interpretiert werden, denn ein solches kann weder aus dem Gesetz hergeleitet noch über eine Fiktion im Sinne von § 308 Nr. 5 BGB eingeführt werden. Letztere scheitert an § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. – Für die Anwendbarkeit von § 306 Abs. 3 BGB müsste der Verwender darlegen, dass die gesamte Branche gefährdet ist. 1434 BGH, NJW 2013, 3647, 3654; BGH, NJW 2013, 991, 992; BGH, NJW 2012, 1865, 1866.

Zusammenfassung der Untersuchung der Rechtsfolgen der Unwirksamkeit

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Dieses Beispiel zeigt, dass im Hinblick auf die Rechtsfolgen der Unwirksamkeit viele Ansätze aufzufinden und anzudenken sind, mit denen versucht wird, die wirtschaftlichen Folgen für den Verwender zu begrenzen. Dabei wird in erster Linie ergebnisorientiert vorgegangen. Anders ist die Fristenlösung des VIII. Zivilsenats aufgrund des Herleitungsproblems und des Widerspruchs zu unionsrechtlichen Vorgaben nicht zu erklären. Den sachgerechtesten Weg geht nach hiesiger Auffassung der XI. Zivilsenat, wenn er eine unwirksame Zinsanpassungsklausel im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung durch eine neue Klausel ersetzt. Dadurch wird weder die alte unwirksame Klausel aufrechterhalten noch wird der Verwender einseitig bevorteilt. Die ergänzende Vertragsauslegung zielt schließlich auf einen angemessenen Interessenausgleich ab. Dabei ist, wie ausgeführt, auch nicht das Unzumutbarkeitskriterium heranzuziehen, da dieses den gesetzlichen Wertungen aus §§ 157, 133 BGB und § 306 Abs. 2 sowie Abs. 3 BGB widerspricht. Sollte in Zukunft eine Rechtsprechungsänderung erfolgen, kann nach den obigen Ausführungen ebenfalls auf die ergänzende Vertragsauslegung zurückgegriffen werden. Dies erklärt sich insbesondere durch die Orientierungskraft höchstrichterlicher Urteile für die Klauselgestalter. Eine andere Einschätzung wäre realitätsfremd und liefe dem Geltungsvertrauen in die Rechtsprechung zuwider. Eine Eingrenzung der ergänzenden Vertragsauslegung könnte dahingehend erfolgen, dass sie auch dem Schutz des Vertragspartners dienen muss. Dieses Schutzerfordernis läge entsprechend der Ausführungen in Kapitel 2 dieser Arbeit bei einem Bestandsinteresse des Vertragspartners vor.

Kapitel 4: Bewertung der Vereinbarkeit von Preisanpassungsklauseln mit § 307 Abs. 1 BGB

Im Verlauf dieser Arbeit hat sich gezeigt, dass Wettbewerb und Vertragsrecht in einem Komplementaritätsverhältnis zueinander stehen. Eine Einschränkung des Vertragsrechts durch die AGB-Kontrolle wirkt sich somit zugleich auf den Wettbewerb aus, sodass beide Rechtsinstitute in Einklang zu bringen sind. Eine weitere Herausforderung liegt darin, folgende Gegensätze zu vereinbaren: das Konfliktverhältnis in der Bewertung der Rechtsprechung zwischen § 307 Abs. 1 S. 1 und S. 2 BGB und das Verhältnis von AGB-Kontrolle und Verbraucherschutz. Auf beides wird nachfolgend eingegangen.

A.

Auflösung des Konflikts zwischen § 307 Abs. 1 S. 1 und S. 2 BGB

Dem Gesetzgeber ist sowohl der Schutz der Vertragsfreiheit als auch der Schutz des Wettbewerbs auferlegt. Durch die Verwendung von AGB entsteht ein strukturelles Gefährdungspotential im Sinne der Beschränkung der materialen Entscheidungsfreiheit aufgrund einer Transaktionskostenasymmetrie. Zum Schutz der materialen Entscheidungsfreiheit enthält das BGB das Instrument der AGB-Kontrolle. Diese basiert auf zwei verschiedenen Ansätzen, dem Sozialmodell (Inhaltskontrolle) und dem Informationsmodell (Transparenzgebot). Zum Schutz des Wettbewerbs greifen die Schutzinstrumente in UWG und GWB. Aus dem dargestellten Komplementaritätsverhältnis heraus wäre es nun jedoch abwegig, die AGB-Kontrolle losgelöst von Wettbewerbsgesichtspunkten und nur im Hinblick auf das vertraglich optimale Ergebnis für den Vertragspartner zu lösen. Um Störungen oder die Beseitigung des Wettbewerbs zu vermeiden, müssen die vertragsrechtlichen Anforderungen mit dem Wettbewerbsprozess in Einklang gebracht werden. Ebenso müssen Inhaltsmodell und Sozialmodell, die strukturell gänzlich unterschiedlich sind, aufeinander abgestimmt werden, sodass keine »Quadratur des Kreises« entsteht.

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Bewertung der Vereinbarkeit von Preisanpassungsklauseln mit § 307 Abs. 1 BGB

Der Konflikt zwischen Vertragsrecht und Wettbewerb entsteht, wie gezeigt wurde, insbesondere im Verhältnis zum Informationsmodell. Im Sinne von Hayek darf der Entdeckungswettbewerb nicht durch Informationspflichten beseitigt werden.1435 Denn dieser ist es, der den Wettbewerb erst zum Wettbewerb macht.1436 Bei vollkommener Transparenz verspüren die Wettbewerber keinen Anreiz für Werbung, Preisunterbietungen oder Innovationen.1437 Würde man dem Verwender auferlegen, seine Kalkulation durch Angabe sämtlicher preisbildender Faktoren anzugeben, würde dieser Entdeckungswettbewerb beeinträchtigt.1438 In diesem Punkt greift der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Denn die Offenlegung der Kalkulation ist für den Schutz des Vertragspartners weder geeignet noch erforderlich. Der durchschnittliche Verbraucher wird die Kalkulation nicht verstehen und sich aufgrund der Transaktionskosten erst Recht nicht mit ihr auseinandersetzen. Zudem greifen hier zugleich die Erwägungen zum information overload und zur Beeinträchtigung der tatsächlichen Entscheidungsfähigkeit durch Informationsverarbeitungsfehler.1439 Ein weiterer Kritikpunkt besteht darin, dass bei einer sehr komplexen Klausel wiederum eine Intransparenz angenommen werden muss. Diesem Konflikt kann nicht durch Herausnahme wettbewerbsfähiger Klauseln aus der AGB-Kontrolle begegnet werden.1440 Zunächst unterliegt der Wettbewerb einem Definitionsproblem. Das Kartellrecht umgeht diese Frage, indem der Wettbewerb hier lediglich negativ über Wettbewerbsbeschränkungen definiert wird. Weiterhin ist ein Kritikpunkt darin zu sehen, dass die Wettbewerbskompatibilität von Preisnebenabreden dort endet, wo die Inhaltskontrolle ihre wahre Wirkung entfaltet (etwa bei der Chancengleichheit). Neben diesen Praktikabilitätsgründen wurde festgestellt, dass die Wettbewerbslösung in einen dogmatischen Konflikt mit der Struktur der AGB-Kontrolle gerät. Da die Vertragspartner die Produkte auf dem Markt vergleichen müssen, setzt Wettbewerb zwangsläufig Transparenz voraus. Die Anforderungen aus der Überprüfung der Klausel aus § 307 Abs. 1 S. 2 BGB würden damit zugleich die Kontrollfreiheit 1435 von Hayek, Der Wettbewerb als Entdeckungsverfahren, abgedruckt in: Bosch/Streit/ Vanberg/Veit, Gesammelte Werke in deutscher Sprache, Abteilung A Band 4, Rechtsordnung und Handelsordnung, 132, 132ff. 1436 von Hayek, Der Wettbewerb als Entdeckungsverfahren, abgedruckt in: Bosch/Streit/ Vanberg/Veit, Gesammelte Werke in deutscher Sprache, Abteilung A Band 4, Rechtsordnung und Handelsordnung, 132, 132ff.; von Hayek, Der Sinn des Wettbewerbs, abgedruckt in: Bosch/Streit/Vanberg/Veit, Gesammelte Werke in deutscher Sprache, Abteilung A Band 4, Rechtsordnung und Handelsordnung, 107, 111. 1437 von Hayek, Der Sinn des Wettbewerbs, abgedruckt in: Bosch/Streit/Vanberg/Veit, Gesammelte Werke in deutscher Sprache, Abteilung A Band 4, Rechtsordnung und Handelsordnung, 107, 111. 1438 Siehe dazu oben S. 112ff. 1439 Siehe dazu oben S. 119f. 1440 Siehe dazu oben S. 67ff.

Auflösung des Konflikts zwischen § 307 Abs. 1 S. 1 und S. 2 BGB

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nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB begründen. Da die Transparenzkontrolle jedoch der Prüfung der Kontrollfähigkeit nachgestellt ist, kann das Ergebnis der Transparenzkontrolle nicht zugleich die vorherige Prüfung beeinflussen. Damit unterliegt die Wettbewerbslösung einem Zirkelschluss. Eine praktikable Lösung bildet die Beschränkung auf ausgewählte Anpassungsparameter. An dieser Stelle gilt es, den nächsten Konflikt zu lösen: Werden im Rahmen des Transparenzgebots die Anpassungsparameter beschränkt, kann es durch die Klausel zu überproportionalen Berücksichtigungen kommen, die nicht mehr mit der tatsächlichen Kalkulation übereinstimmen. Im Zusammenhang mit der Inhaltskontrolle vertritt die Rechtsprechung jedoch, dass unberechtigte Gewinnmaximierungsmöglichkeiten als einseitige Ausnutzung der Gestaltungsfreiheit zu werten sind. Diesem Konflikt kann durch eine Fokussierung auf die Chancengleichheit entgangen werden. Verpflichtet die Klausel zu einer Anpassung anhand der ausgewählten Parameter sowohl nach oben als auch nach unten, kann zugleich der Vertragspartner von einer überproportionalen Berücksichtigung eines Anpassungsparameters profitieren. Eine Ausnutzung läge nur dann vor, wenn der Verwender bewusst Parameter verwendet, die sich lediglich zu seinem Gunsten entwickeln können oder wenn er intern Kostenverschiebungen vornimmt, um eine Preiserhöhung durchzusetzen.1441 Die Handlungsmöglichkeit der internen Kostenverschiebung sollte aus der Betrachtung des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB herausfallen, um der »Quadratur des Kreises« zu entgehen. Damit muss der Verwender im Ergebnis eine Klausel aufstellen, die – klar und deutlich abgefasst ist (ex nunc-Wirkung des Transparenzgebots), – die bindenden Anpassungsparameter (ex post-Wirkung des Transparenzgebots), – Schwellen und Schwellenintervalle angibt, – die Chancengleichheit durch eine Preissenkungspflicht einführt, – eine Saldierung der Preisanpassungsfaktoren vorsieht und – dem Vertragspartner ein Vertragslösungsrecht zugesteht. Metz schlägt vor, dass diese Preisanpassungsvoraussetzungen für den b2c-Verkehr zukünftig in § 315 BGB aufgezählt werden könnten.1442 Dagegen spricht, dass es einer klaren Trennung zwischen Inhaltskontrolle und Billigkeitskontrolle bedarf. Die Inhaltskontrolle ist der Billigkeitskontrolle vorangesetzt, sodass die Klausel eine entsprechende Wirksamkeit aufweisen muss. Zudem ist § 315 BGB lediglich bei einfachen Preisanpassungsklauseln einschlägig. Da die Mindestvoraussetzungen aber auch für Automatikklauseln gelten müssen, wäre eine 1441 Siehe dazu die oben ausgeführte Lösung in Anlehnung an das OLG Köln auf S. 175f. 1442 Metz, BKR 2010, 265, 270.

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Bewertung der Vereinbarkeit von Preisanpassungsklauseln mit § 307 Abs. 1 BGB

solche Verortung unsauber. Als richtiger Standort der Festlegung der Anpassungsvoraussetzungen erscheint damit nur das AGB-Recht der §§ 305ff. BGB. Dort käme konkret § 309 Nr. 1 BGB in Betracht. Thematisch behandelt die Norm bereits Preisanpassungen im Rahmen der Inhaltskontrolle. Demnach wäre es denkbar, in einem § 309 Nr. 1 lit. a) BGB das bisherige Verbot der kurzfristigen Preisanpassung außerhalb von Dauerschuldverhältnissen und in einer lit. b) das Verbot von Preisanpassungsklauseln in Dauerschuldverhältnissen zu regeln. Allerdings bedarf es dieser Änderung nicht, denn diese Anforderungen sind schließlich durch höchstrichterliche Rechtsprechung bereits im Transparenzgebot verankert.

B.

AGB-Kontrolle und Verbraucherschutz

Im Hinblick auf die Möglichkeit einer Beschränkung der Anpassungsfaktoren sollen an dieser Stelle konzeptionelle Überlegungen hinsichtlich der Vereinbarkeit von AGB-Kontrolle und Verbraucherschutz angestellt werden. Das AGBRecht nach §§ 305ff. BGB ist kein ausschließliches Verbraucherschutzrecht.1443 Der Verbraucher schließt ein Rechtsgeschäft zu Zwecken ab, die überwiegend weder seiner gewerblichen noch seiner selbständigen beruflichen Tätigkeit zugehören. Demnach basiert der Verbraucherschutz auf der Ausgangssituation eines gegenüber dem Hersteller, Dienstleister oder Vertreiber unterlegenen, fachfremden Vertragspartners.1444 Voraussetzung für einen Verbraucherschutz ist somit das Vorliegen einer Machtdiskrepanz zwischen den Vertragsparteien.1445 Die Inhaltskontrolle hat hingegen einen allgemeinen Schutz des Vertragspartners zur Intention. Dies ergibt sich aus dem Anwendungsbereich der AGB-Kontrolle nach § 310 BGB.1446 Denn nach § 310 Abs. 1 S. 2 BGB findet § 307 Abs. 1 und 2 BGB Anwendung bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. Der AGB-rechtliche Schutz entspringt damit vielmehr dem Gedanken eines Schutzes des Vertragspartners vor der strukturellen Gefahr einer Ausnutzung der einseitigen Gestaltungsfreiheit durch Transaktionskostenasymmetrie. Die Allgemeingültigkeit und der Bezug auf die Transaktionskostenasymme1443 So zum früheren AGBG bereits Pflug, Kontrakt und Status im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 28; Locher, JuS 1997, 389, 391; Lieb, AcP 183 (1983), 327, 355. 1444 Lieb, AcP 183 (1983), 327, 360 formuliert überspitzt: »Der Adressat des Schutzes, der Verbraucher, gilt sozusagen als per se schutzbedürftig, und zwar praktisch gegenüber allem und jedem, wenn nur auf der Gegenseite ein Unternehmer steht.« 1445 Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 3. 1446 Coester, in: Staudinger, § 307 Rn. 3.

AGB-Kontrolle und Verbraucherschutz

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trie kann anhand eines Beispiels verdeutlicht werden: Unternehmen buchen für Dienstreisen ihrer Angestellten ein Ticket bei einer Fluggesellschaft. Bei der Buchung akzeptieren sie die Beförderungsbedingungen. Welches Unternehmen, sei es DAX-gelistet oder ein kleines oder mittleres Unternehmen im Sinne des § 3 Nr. 2 GWB, wird hier ernsthaft überlegen, in Vertragsverhandlungen mit der Fluggesellschaft einzutreten? Gleichermaßen ist die HEL-Rechtsprechung zu Verträgen im b2b-Verkehr zu kritisieren. Eine Klausel, die im b2c-Verkehr wohl unwirksam gewesen wäre, wurde vom VIII. Zivilsenat im b2b-Verkehr als wirksam eingestuft. Argumentiert wurde damit, dass ein Unternehmer die nachteiligen Folgen der Preisanpassungsklauseln hätte nachvollziehen können und im Anschluss selbstverantwortlich über die Akzeptanz hätte entscheiden müssen.1447 Diesem Argument ist an sich nicht zu widersprechen. Allerdings ist es nicht geeignet, den minderen Schutz zu rechtfertigen. Der Unternehmer versteht die Klausel und vergleicht sie mit anderen Anbietern, die dieselbe Klausel in ihren Verträgen verwenden. Was wäre die Option des Unternehmers? Der Verzicht auf einen Abschluss des Energieliefervertrages kommt kaum in Betracht. Anhand dieser Beispiele zeigt sich zudem, dass »die moderne Wirtschaft […] kein Basar [ist], wo über Preise und Konditionen gefeilscht wird, sondern […] weitgehend auf festen und standardisierten Bedingungen [beruht] die grundsätzlich nicht verhandlungsfähig sind.«1448

Der entscheidende Punkt liegt darin, dass ein Wegverhandeln der Klausel ebenso wenig möglich ist: Zum einen wird der Verwender dazu nicht bereit sein, zum anderen müsste auch der unternehmerische Vertragspartner Transaktionskosten aufnehmen, die kaum im Verhältnis zum Ertrag stünden.1449 Damit müsste ein äquivalenter Schutz im b2b-Verkehr bestehen.1450 Gegen diese Einschätzung könnte nun die differente Behandlung in Art. 82 und Art. 86 CESL sowie Art. II.9:403 und Art. II.-9:405 DCFR sprechen. Doch wird der Ansatz dieser internationalen Regelungswerke bereits wegen seiner Unvereinbarkeit mit dem öko1447 BGH, NJW 2014, 2708, 2713: »Von einem gewerblichen Unternehmen wie der Klägerin ist zu erwarten, dass es seine Kosten – auch auf dem Energiesektor – sorgfältig kalkuliert und deshalb einer ihm gegenüber verwendeten Preisanpassungsklausel besondere Aufmerksamkeit schenkt. Diese Kostenkalkulation gehört zum Kernbereich kaufmännischer Tätigkeit. Es ist deshalb in einer marktwirtschaftlichen Ordnung Aufgabe des Unternehmers, selbstverantwortlich zu prüfen und zu entscheiden, ob ein Gaslieferungsvertrag, der eine Bindung des Arbeitspreises für Erdgas an den Preis für leichtes Heizöl vorsieht, für ihn als Kunden akzeptabel ist.« 1448 Zitiert nach Canaris, AcP 200 (2000), 273, 323; siehe dazu auch Canaris, Festschrift für Ernst Steindorff, 1990, 519, 548; Medicus, JuS 1996, 761, 764. Kritisch zum Basar-Prinzip auch Kreienbaum, Transparenz und AGB-Gesetz, S. 223. 1449 Im Ergebnis auch Kieninger, AnwBl 2012, 301, 302; Dauner-Lieb, AnwBl 2013, 845, 848. 1450 So auch Kieninger, AnwBl 2012, 301, 302; Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269, 279f.

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Bewertung der Vereinbarkeit von Preisanpassungsklauseln mit § 307 Abs. 1 BGB

nomischen Schutzzweck des AGB-Rechts abgelehnt.1451 Darüber hinaus wird vorgebracht, dass diese Differenzierung innerhalb des Common European Sales Law lediglich das politische Motiv habe, einen Kompromiss zwischen den Mitgliedstaaten herzustellen.1452 Somit ist aufgrund des Schutzzwecks der AGBKontrolle ein einheitlicher Maßstab hinsichtlich der Beurteilung von Preisanpassungsklauseln im b2b- und b2c-Verkehr zu setzen. Der Akt des Stellens der AGB und die Transaktionskostenbewertung nehmen ein zentrales Moment ein. Eine Begrenzung der AGB-Kontrolle kann also unabhängig von der Eigenschaft des Vertragspartners nur dann erfolgen, wenn die Transaktionskostenbewertung ins Positive umschlägt und somit ein rationales Unwissen ausscheidet.1453 Allerdings ist es auch nicht möglich, einen Einfluss des Verbraucherschutzes auf das AGB-Recht zu leugnen. Bereits der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum AGBG stellt dazu fest, dass »das Gesetz […] in erster Linie eine Verbesserung des Schutzes der Letztverbraucher gegenüber AGB [bezweckt]. Im Handelsverkehr ist das Schutzbedürfnis des AGBunterworfenen Vertragsteils regelmäßig nicht so ausgeprägt wie in den Rechtsbeziehungen zu den Verbrauchern. Die Vorschriften des Entwurfs sind jedoch Ausprägung des die gesamte Rechtsordnung beherrschenden Grundsatzes von Treu und Glauben. Deshalb ist es nicht möglich, etwa Handelsgeschäfte von Kaufleuten vom Anwendungsbereich schlechthin auszunehmen. Vielmehr sollen die grundlegenden Schutzvorschriften des Gesetzes ohne Rücksicht auf den persönlichen Status des AGB-unterworfenen Vertragsteils Anwendung finden, wenn einem Vertrag einseitig vorformulierte Bedingungen zugrunde gelegt werden.«1454

Ebenso kann nicht übersehen werden, dass der Verbraucherschutz durch europarechtliche Vorgaben zunehmend gestärkt und mit der AGB-Kontrolle verflochten wird – den wohl größten Einfluss nimmt hier die Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen ein. Darüber hinaus zeigt sich das verbraucherrechtliche Element darin, dass mit dem als Informationsmodell ausgestalteten Transparenzgebot ein Leitbild des Verbraucherschutzes Einzug in das AGB-Recht erhalten hat.1455 Diese Ausstrahlung lässt sich 1451 Drygala, JZ 2012, 983, 989; Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269, 279. 1452 Drygala, JZ 2012, 983, 989; Schäfer/Leyens, Judicial Control of Standard Terms and European Law – A Law & Economics Perspective on the Draft Common Frame Reference for a European Private Law (08. 12. 2009), S. 21f., abrufbar unter http://papers. ssrn.com/sol3/papers.cfm ?abstract_id=1520457 (Abrufdatum: 19. 03. 2016). 1453 Die Begrenzung der Inhaltskontrolle hat somit anhand einer Vertragswert-Kontrollschwelle, ab der eine positive Transaktionskostenbewertung unwiderleglich vermutet wird, zu erfolgen, siehe dazu oben S. 71ff. 1454 BT-Drucksache 7/3919, S. 43 (Hervorhebungen durch den Verfasser). 1455 Zur Leitbildfunktion siehe Bydlinski, AcP 204 (2004), 309, 362.

AGB-Kontrolle und Verbraucherschutz

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insbesondere anhand der in Kapitel 2 Abschnitt 2 dargestellten Veränderung der Zinsanpassungsrechtsprechung nachvollziehen. Aufgrund des Verbraucherschutzes wird die hierdurch erfolgende Einschränkung der Vertragsgestaltungsfreiheit vielfach protestlos hingenommen.1456 Richtig ist zwar, dass der Vertragspartner im Rahmen von AGB auf die formale Privatautonomie beschränkt ist, sodass ein staatlicher Schutz erfolgen muss.1457 Im Rahmen dieses Schutzes darf die Privatautonomie des Verwenders jedoch nicht durch Verbraucherschutzerwägungen verdrängt bzw. vernachlässigt werden.1458 Dies kommt auch im Gesetzentwurf der Bundesregierung zum AGBG zum Ausdruck, wo ausgeführt wird, dass es Aufgabe des Gesetzes sei, »die der Vertragsgestaltung vorgegebene Überlegenheit des AGB-Verwenders durch Schutzvorschriften zugunsten des AGB-Unterworfenen sachgerecht und vernünftig auszugleichen, ohne die Privatautonomie mehr als zur Erreichung dieses Zieles erforderlich einzuengen.«1459

Da die AGB-Kontrolle im Rahmen des Schuldrechtmodernisierungsgesetzes nicht neu entwickelt, sondern weitestgehend unverändert in das BGB integriert wurde, erfolgte keine Harmonisierung zwischen den beiden Konzepten der AGB-Kontrolle und des Verbraucherschutzes. Schmidt bemängelte bereits 1980 den Wandel des Privatrechts von der Privat- zur Sozialautonomie, die mit einer stetigen Erweiterung des dogmatischen Gebäudes einhergehe: »Hier noch ein Erker und dort noch ein Figürchen. Passen wird’s schon deshalb, weil mit juristischen Bausteinen gewerkelt wird, die aus eben jenem Rechtsstoff sind, der offenbar in unbegrenzter Menge vorhanden ist. Die Gefahren einer derartigen Sichtund Verhaltensweise liegen auf der Hand. Sie geht mit einem Verlust an argumentativer Ehrlichkeit einher.«1460

Der Verlust argumentativer Ehrlichkeit könnte nun darin liegen, dass sich die Rechtsprechung aus Verbraucherschutzerwägungen (die auch aufgrund der Richtlinie 93/13/EWG provoziert werden) von den grundlegenden Vertragsgedanken distanziert hat.1461 Eine Loslösung vom freiheitlichen Grundkonzept des BGB kann insbesondere in der Materialisierung des Rechts gesehen werden.1462 1456 Dauner-Lieb, AnwBl 2013, 845. 1457 Siehe dazu die Ausführungen oben zum Schutzzweck der AGB-Kontrolle, S. 43ff. 1458 Pflug, Kontrakt und Status im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 36f., der das Vergessen der Prämissen bürgerlich-rechtlicher Vertragsfreiheit in Rechtsprechung und Literatur bemängelt, da dies zu undogmatischen, zufälligen Ergebnissen führe. 1459 BT-Drucksache 7/3919, S. 13 (Hervorhebungen durch den Verfasser). 1460 Schmidt, JZ 1980, 153, 154. Siehe dazu auch Pflug, Kontrakt und Status im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 34f. 1461 Zum Vergessen der Prämissen bürgerlich-rechtlicher Freiheit siehe Pflug, Kontrakt und Status im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, S. 36. 1462 Klingt bereits bei Pflug, Kontrakt und Status im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedin-

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Bewertung der Vereinbarkeit von Preisanpassungsklauseln mit § 307 Abs. 1 BGB

In diesem Punkt ist zwischen der materialen Entscheidungsfreiheit und der materialen Vertragsgerechtigkeit zu unterscheiden: Die materiale Funktion der Privatautonomie kann als Verwirklichung der Selbstbestimmung bezeichnet werden,1463 und diese ist über das AGB-Recht zu schützen. Handelt der Vertragspartner durch die Transaktionskostenasymmetrie fremdbestimmt, muss er Schutz erfahren. In diesem Zusammenhang ist Einstimmigkeit mit Drexls Verständnis des Verbraucherrechts zu erzielen, wonach dessen Aufgabe darin liege, »Situationen festzustellen, in denen die privatautonome Gestaltung privater Rechtsverhältnisse nicht die Verwirklichung selbstbestimmter Entscheidungen des Verbrauchers gewährleistet, und rechtliche Instrumentarien zu entwickeln, die in solchen Situationen Selbstbestimmung fördern oder deren Fehlen ausgleichen.«1464

Dazu ist es ausreichend, dass die AGB-Kontrolle eine Chancengleichheit zwischen Verwender und Vertragspartner sowie eine Mindestqualität von Preisanpassungsklauseln sicherstellt und, wo diese nicht gegeben ist, die Folge der Nichtigkeit der Klausel einführt. Denn in diesem Fall kann nicht mehr von einer Ausnutzung der einseitigen Gestaltungsmöglichkeit gesprochen werden. Die Inhaltskontrolle darf durch das Bewertungskriterium der Gewinnmaximierungsmöglichkeit aber nicht auf eine Überprüfung der materialen Vertragsgerechtigkeit erstreckt werden.1465 Hier griffe zwar nicht das Unsicherheitsproblem der Feststellung des gerechten Vertragsinhalts, wie Canaris es allgemein zur materialen Vertragsgerechtigkeit beschrieben hat,1466 denn eine Differenz zwischen tatsächlicher Kostensteigerung und erfolgter Preisanpassung ließe sich mittels der konkreten Werte seitens der Gerichte unschwer ermitteln. Der zweite, ebenfalls schon von Canaris ausgeführte Konflikt mit dem gesellschaftlichen Freiheitsethos,1467 dessen Ausfluss die zivilrechtliche Privatautonomie bildet,1468 erscheint jedoch ungerechtfertigt beeinträchtigt. Wo beide Vertragsparteien von einer Klausel profitieren können, darf das Preisanpassungsergebnis nicht als

1463 1464 1465 1466 1467 1468

gungen, S. 36 an. Nach der Schuldrechtsreform eine Abkehr des BGB von der rein formal geprägten Privatautonomie feststellend Leistner, Richtiger Vertrag und lauterer Wettbewerb, S. 197; Schmidt, JZ 1980, 153, 155ff. Zur Materialisierung des Rechts ausführlich Canaris, AcP 200 (2000), 273. Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 115; Sedlmeier, Rechtsgeschäftliche Selbstbestimmung im Verbrauchervertrag, S. 187. Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 284. Materiale Vertragsgerechtigkeit meint Austauschgerechtigkeit im Sinne der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung, siehe dazu Bergmann, Die Rechtsfolgen des ungerechten Vertrags, S. 2f. Canaris, AcP 200 (2000), 273, 286f. Das Problem zeigt sich insbesondere in der Diskussion um den iustum pretium. Canaris, AcP 200 (2000), 273, 287. Weller, Die Vertragstreue, S. 159.

Beantwortung der Ausgangsfrage

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ungerecht beurteilt werden. Im Ergebnis würde damit ein flexibles Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung vertraglich vereinbart werden. Der Einfluss der Richtlinie und damit des Verbraucherschutzes darf die Grundprinzipien des AGB-Rechts sowie des BGB nicht überlagern, sondern kann aufgrund des Schutzzwecks lediglich ein Motiv bei der Auslegung der Generalklausel des § 307 Abs. 1 BGB darstellen. Daraus folgt, dass dem Verwender von Preisanpassungsklauseln weitestgehende Vertragsfreiheit einzuräumen ist.1469 Eine Einschränkung erscheint nur im Hinblick auf die Mindestanforderungen und die Gewährung einer Chancengleichheit gerechtfertigt. Das bedeutet zugleich, dass er die Parameter, welche die Preisanpassung beeinflussen, nach seinen Wünschen beschränken kann, sofern im Rahmen dieser freien Wahl die Chancengleichheit nicht bewusst ausgeschlossen wird.

C.

Beantwortung der Ausgangsfrage

Als abschließendes Ergebnis dieser Untersuchung kann festgehalten werden, dass auf Preisanpassungsklauseln auch in Zukunft nicht verzichtet werden muss. Sie sind wirtschaftlich erforderlich, um langfristige Verträge an die aktuellen Verhältnisse (z. B. Einkaufskonditionen, Steuern etc.) anzupassen. Ständige Änderungskündigungen aufgrund von Festpreisregelungen und Neuverhandlungspflichten lägen weder im Interesse des Verwenders noch im dem des Vertragspartners. Dieser Einordnung wird die Rechtsprechung durch die grundsätzliche Anerkennung von Preisanpassungsklauseln gerecht; an die Klauseln werden jedoch hohe Anforderungen hinsichtlich Transparenz und Angemessenheit geknüpft, die vom Verwender kaum einzuhalten sind. Der wirtschaftlichen Erforderlichkeit wird sodann über die Möglichkeit eines Vertragslösungsrechts zur Kompensation eines Transparenzdefizits oder einer Dreijahresfristenregelung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung entsprochen. Durch diese »Reparatur« wird jedoch der – ohnehin stellenweise übermäßige – Verbraucherschutz im Endeffekt nicht konsequent durchgeführt und einer eigentlich unwirksamen Klausel Wirksamkeit verliehen. Es erscheint somit notwendig, dass der VIII. Zivilsenat über eine Modifizierung seiner Rechtsprechung zu Preisanpassungsklauseln in Verbraucherverträgen nachdenkt, um die beschriebenen Folgen der ausufernden Auslegung der 1469 Ähnlich bereits Graf von Westphalen, MDR 2008, 424, 428, der die Begrenzbarkeit der Anpassungsfaktoren befürwortet und die umfassende Ablehnung von Klauseln aufgrund der Gewinnmaximierungsmöglichkeit kritisiert. Hier habe eine Stärkung des Preiswettbewerbs (als Regulativ von übermäßigen Preiserhöhungen) u. a. über ein heilendes (hier abgelehntes) Vertragslösungsrecht zu erfolgen, siehe Graf von Westphalen, a. a. O.

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Bewertung der Vereinbarkeit von Preisanpassungsklauseln mit § 307 Abs. 1 BGB

Generalklausel des § 307 Abs. 1 BGB nicht über unsaubere Unwirksamkeitslösungen beseitigen zu müssen.

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