Politisches Scheitern: Ein ambivalentes Phänomen im Europa der Vormoderne (11.-18. Jahrhundert) 9783110786927, 9783111087122, 9783111087207

Although innumerable sources have documented, reflected upon, and interpreted the failings of historical contemporaries,

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German Pages 235 [236] Year 2023

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Table of contents :
Vorwort der Reihenherausgeber
Dankwort
Inhalt
Einleitung
Teil I: Vor dem Scheitern. Dynamiken des historisch Möglichen
The pro-Spanish and anti-Richelieu Catholic faction at the court of Charles I of England
Gescheiterte Rebellen und Verschwörer?
Teil II: Über Scheitern schreiben und schweigen. Zur Herausforderung des historischen Erkennens von politischem Scheitern im Spiegel der Quellen
Herrschaft auf dem Prüfstand
Die französische Monarchie als failed state?
Teil III: Konstruktionen und Umdeutungen von politischem Scheitern
Failing to enforce the monastic model of celibacy in the eleventh century: Survival and persistence of priestly unchastity before and during the Gregorian reform
The infertility of the exemplary king as a narrative challenge
The revocation of the Edict of Nantes, a failure?
The inadmissible failure – the princes of the House of Bourbon and the Revolution (1789–1814)
Scheitern als moralischer Sieg?
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Politisches Scheitern: Ein ambivalentes Phänomen im Europa der Vormoderne (11.-18. Jahrhundert)
 9783110786927, 9783111087122, 9783111087207

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Politisches Scheitern

Colloquia Augustana

 Herausgegeben im Auftrag des Instituts für Europäische Kulturgeschichte der Universität Augsburg von Ulrich Niggemann, Bernd Oberdorfer, Lothar Schilling, Silvia Serena Tschopp und Gregor Weber Redaktion Stephanie Bode

Band 40

Politisches Scheitern  Ein ambivalentes Phänomen im Europa der Vormoderne (11.–18. Jahrhundert) Herausgegeben von Marie-Astrid Hugel, Roberto Berardinelli und Pauline Spychala

ISBN 978-3-11-078692-7 e-ISBN (PDF) 978-3-11-108712-2 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-108720-7 ISSN 0946-9044 Library of Congress Control Number: 2023941498 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2023 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Einbandabbildung: Die Verhaftung des Christoph Kolumbus durch Francisco de Bobadilla im Jahre 1500. Stich von Théodore de Bry um 1590, entnommen aus dem vierten Band der America-Serie die „Großen Reisen“ (1590–1634) des Verlagshauses De Bry. Ausgabe der Bibliothek des Deutschen Schifffahrtsmuseums, Bremerhaven. Satz: bsix information exchange GmbH, Braunschweig Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck www.degruyter.com

Vorwort der Reihenherausgeber Die Reihe Colloquia Augustana wurde im Jahr 1995 als zweite Schriftenreihe des Instituts für Europäische Kulturgeschichte (IEK) gegründet und etablierte sich schnell als Ort für Publikationen mit kulturhistorischem Schwerpunkt, ohne dabei auf geschichtswissenschaftliche Arbeiten im engeren Sinne begrenzt zu sein. Vielmehr war sie von Beginn interdisziplinär angelegt, wobei das komplexe Verhältnis zwischen lokalen Bezügen einerseits und großräumig wirkenden Zusammenhängen andererseits von vornherein einen wichtigen Teil des Profils der Reihe ausmachte. Folglich nimmt die Reihe Monographien und Sammelbände auf, deren Schwerpunkte in der europäischen Kultur der Vormoderne liegen, einschließlich ihrer antiken und mittelalterlichen Voraussetzungen und ihrer in die Moderne hineinwirkenden Aus- und Nachwirkungen. Der vorliegende Band zum politischen Scheitern geht auf eine Tagung zurück, die junge Wissenschaftler*innen (im deutschen Wissenschaftssystem gern als „Nachwuchs“ bezeichnet) im Sommer 2021 am Institut franco-allemand de sciences historiques et sociales (IFRA-SHS) durchgeführt haben. Die drei Veranstalter*innen, Roberto Berardinelli (Heidelberg/Paris), Marie-Astrid Hugel (Frankfurt am Main) und Pauline Spychala (Paris) hatten ausgehend von ihren je unterschiedlichen Promotionsprojekten ein Tagungsprogramm zusammengestellt, das zeitlich vom hohen Mittelalter bis zum Übergang zur Moderne reicht und ein breites Themenspektrum abdeckt. Die Thematik der Tagung – die unter COVID-19 Bedingungen online stattfinden musste – passte nicht nur hervorragend zu Überlegungen, die im Zusammenwirken zwischen dem IEK und Kooperationspartnern in Bonn, Marburg und Osnabrück diskutiert werden, sondern fügt sich auch sonst ein in ein Verständnis des Politischen, das am IEK seit langem gepflegt wird und das die komplexen Zuschreibungs-, Aneignungs- und Aushandlungsprozesse zwischen Akteuren und Akteursgruppen in den Blick nimmt. Folglich ist auch das Scheitern als Wahrnehmungs- und Deutungshorizont ein zentraler Aspekt des Politischen, das nicht zuletzt von medialen Debatten bestimmt wird und insgesamt noch intensiverer Erforschung harrt. Als Herausgeber haben wir daher zugestimmt, die als Anregung zur weiteren Diskussion und Beschäftigung mit dem Scheitern in der Geschichte angelegten Tagungsbeiträge in der Reihe zu publizieren. Wir hoffen damit, nicht nur jungen Wissenschaftler*innen die Möglichkeit gegeben zu haben, sich mit ihren Themen zu profilieren, sondern auch eine weitergehende wissenschaftliche Diskussion anzustoßen, die – wie der vorliegende Band bereits erkennen lässt – durchaus Potential besitzt.

https://doi.org/10.1515/9783111087122-201

VI  Vorwort der Reihenherausgeber

Finanziert werden konnte der Band mithilfe der Zuschüsse des IFRA, des Deutschen Historischen Instituts Paris und der Deutsch-Französischen Hochschule. Den genannten Institutionen sei daher herzlich gedankt. Augsburg, im Mai 2023 Ulrich Niggemann, Bernd Oberdorfer, Lothar Schilling, Silvia Serena Tschopp, Gregor Weber

Dankwort Wir möchten uns herzlich bedanken bei der Deutsch-Französischen Hochschule (DFH/ UFA) und dem Institut Franco-Allemand de Sciences Historiques et Sociales in Frankfurt am Main (IFRA/SHS) für die Finanzierung der deutsch-französischen Tagung „Bedingungen, Folgen und Repräsentationen des politischen Scheiterns in Mittelalter und Früher Neuzeit“, veranstaltet vom 24. bis 25. Juni 2021, auf welche letztlich die nunmehr vorliegende Aufsatzsammlung originär zurückgeht. Speziell möchten wir an dieser Stelle sowohl den beiden amtierenden Direktoren als auch dem ehemaligen Direktor des Institut Franco-Allemand de Sciences Historiques et Sociales in Frankfurt am Main danken, Herrn Falk Bretschneider und Frau Xenia von Tippelskirch sowie Herrn Pierre Monnet. Einen weiteren Dank richten wir an Frau Delphine Nguyen, die große Mühen auf sich genommen hat, eine funktionierende Administration der Geldfördermittel zu gewährleisten. Ohne die tatkräftige ideelle wie finanzielle Hilfe von Herrn Ulrich Niggemann und seinen Kollegen des Instituts für Europäische Kulturgeschichte in Augsburg, Bernd Oberdorfer, Lothar Schilling, Silvia Serena Tschopp und Gregor Weber, wäre eine Veröffentlichung der hier versammelten Beiträge im Rahmen einer renommierten Reihe wie den Colloquia Augustana sicherlich nicht zu realisieren gewesen. Herrn Niggemann gilt ferner unser besonderer Dank für seinen gewinnbringenden Beitrag zum vorliegenden Band sowie für seine umfangreiche Beratung, die uns im Verlaufe des Veröffentlichungsprozesses zuteil wurde. Wir möchten ebenfalls unseren institutionellen Kooperationspartnern in Frankreich für ihre großzügige finanzielle Unterstützung danken. Für ihre steten Förderungen des Publikationsprojektes bleiben wir dem Deutschen Historischen Institut in Paris, der Université Bourgogne Franche-Comté sowie der Sorbonne Université in tiefem Dank verbunden. Großen Dank richten wir schließlich an Herrn Paul Reeve, der so freundlich wie ausdauernd war, jene ursprünglich auf Französisch verfassten Beiträge ins Englische zu überführen. Die Herausgeber Marie-Astrid Hugel, Roberto Berardinelli, Pauline Spychala

https://doi.org/10.1515/9783111087122-202

Inhalt Vorwort der Reihenherausgeber  V Dankwort  VII Marie-Astrid Hugel, Roberto Berardinelli, Pauline Spychala Einleitung  1

Teil I: Vor dem Scheitern Dynamiken des historisch Möglichen Maxim Boyko The pro-Spanish and anti-Richelieu Catholic faction at the court of Charles I of England Understanding and interpreting a political failure  27 Sabrina Rospert Gescheiterte Rebellen und Verschwörer? Die Würdenträger des ungarischen Königreichs und ihr Wirken im politischen ‚Untergrund‘ 1664–1670  43

Teil II: Über Scheitern schreiben und schweigen Zur Herausforderung des historischen Erkennens von politischem Scheitern im Spiegel der Quellen Christa Birkel Herrschaft auf dem Prüfstand Überlegungen zum Ge- und Misslingen spätmittelalterlicher Territorialpolitik ausgehend von einem Schreiben Huwarts II. von Elter an Markgraf Jobst von Mähren  67 Willem Derek Fiene Die französische Monarchie als failed state? Heuristische Überlegungen am Beispiel des pays de Foix und des Béarn im ausgehenden 14. Jahrhundert  91

X  Inhalt

Teil III: Konstruktionen und Umdeutungen von politischem Scheitern Kouadio Guy-Stéphane Ulrich Kouame Failing to enforce the monastic model of celibacy in the eleventh century: Survival and persistence of priestly unchastity before and during the Gregorian reform  123 Djro Bilestone Roméo Kouamenan The infertility of the exemplary king as a narrative challenge The failure of Baldwin I of Jerusalem to produce an heir and his transformation in the historiography of the Crusades  147 Fabrice Hoarau The revocation of the Edict of Nantes, a failure? Vauban and the Huguenot question  169 Maria Sofia Mormile The inadmissible failure – the princes of the House of Bourbon and the Revolution (1789–1814)  187 Ulrich Niggemann Scheitern als moralischer Sieg? Ambivalenzen des Scheiterns am Beispiel der Jakobitenaufstände im Großbritannien des 18. Jahrhunderts  209

Marie-Astrid Hugel, Roberto Berardinelli, Pauline Spychala

Einleitung 1 Scheitern – ein komplexer Begriff In der großen Encyclopédie der französischen Aufklärer Denis Diderot und Jean-Baptiste le Rond d’Alembert findet sich kein Lemma „échec“ im Sinne von „Niederlage“, wohl aber ein Eintrag zum Schachspiel (Échecs), in dem erwähnt wird, dass der Verlust der Figur des Königs die Niederlage besiegle, was man mit der Formel „échec & mat“ (im Deutschen „schachmatt“) bezeichne.1 Untersucht man die Etymologie der deutschen Entsprechung ‚scheitern‘, gelangt man in die seemännische Sprachwelt: Scheitern bezeichnet in diesem Zusammenhang das Zerschellen eines Schiffes in Holzstücke, die Holzscheite.2 Wendet man Scheitern im übertragenen Sinne auf menschliches Handeln an, so ist damit im Deutschen – ebenso wie im Englischen mit den Termini fail/failure – zumeist Misserfolg, Versagen oder Niederlage gemeint. Ausgedrückt wird damit ein „Mangel an persönlicher Kompetenz und Ausdauer beziehungsweise […] ein Fehlverhalten“.3 Die Bedeutungsgehalte des Begriffes Misserfolg lassen sich in der Moderne häufig mit dem individuellen professionell-beruflichen und ökonomischen Scheitern verbinden.4 Für die Wahrnehmung von Scheitern als fehlerhaftem Verhalten und Inkompetenz lässt sich hier bereits konstatieren, dass es einer Form von kommunikativer Interaktion zwischen demjenigen, der scheitert und den beobachtenden Akteuren bedarf. Im Zuge dieses im weiteren Sinne kommunikativen Prozesses wäre es jedoch zu kurzgegriffen, von Scheitern lediglich als bloßem Feststellen menschlicher Makel durch andere zu sprechen. Es lässt sich vielmehr darüber hinaus aufgrund der kom1 De Jaucourt, Echecs, 244–248, 245. 2 Zur Etymologie Brakensiek/Claridge, Editorial, 8. 3 Ebd., 9. 4 Das Begriffspaar ‚Erfolg‘ – ‚Scheitern‘ in Bezug auf vormoderne Forschungsthemen, wie dieser Band sie versammelt, anzuwenden, ist ohne kritische Reflexion im Sinne der historischen Semantik problematisch. Daher soll hier einleitend darauf hingewiesen werden, dass ein solches Vokabular, wie Anna Becker treffend dargelegt hat, „vielmehr in einer Denk- und Diskurstradition zu verorten [ist], die von wirtschaftswissenschaftlichen Theorien des späten neunzehnten und frühen zwanzigsten Jahrhunderts beeinflusst ist, und durch die heutigen Gesellschaftstheorien massgeblich geprägt [ist]“, Becker, Fortuna oder die Umstände von Erfolg und Scheitern, 42–50, hier 42 f. Den Herausgebern wie Beitragenden ist der anachronistische Gebrauch des Begriffs Scheitern durchaus bewusst. Er ist im Rahmen der Onlinetagung, auf die der vorliegende Band zurückgeht, rege diskutiert worden: „Bedingungen, Folgen und Repräsentationen des politischen Scheiterns in Mittelalter und Früher Neuzeit“ (24.06.– 25.06.2021). Ein funktionales Begriffsinstrumentarium zur Untersuchung vergangener Epochen heranzuziehen, das sich gänzlich unberührt von modernen Diskursen nennen darf, bleibt unerreichbar. Aus Gründen der Praktikabilität soll daher an der weiteren Verwendung des Begriffs Scheitern festgehalten werden. https://doi.org/10.1515/9783111087122-001

2  Marie-Astrid Hugel, Roberto Berardinelli, Pauline Spychala

plexen Wahrnehmungs- und Deutungsfähigkeiten des Menschen als ein äußerst vielseitiges, ambivalentes Phänomen beschreiben. Scheitern kann geradezu moralischkulturell überhöht und in verschiedene Richtungen gedeutet werden. Einerseits können Außenstehende scheiternde Personen mit stark negativen Reaktionen wie Hohn, Spott und Verurteilung belegen. Handeln und Identität der Gescheiterten werden einer moralisierenden Bewertung unterzogen, an deren Ende oftmals ein Urteil gefällt wird – auf diese Weise wird Scheitern im eigentlichen Sinne erst kommunikativ produziert und menschlich erfahrbar. Andererseits ist auch Identifikation mit Gescheiterten durch Mitgefühl, Aufmunterung bis hin zu Solidarisierung beobachtbar. Menschliches Scheitern meint also mehr als individuellen Misserfolg in Form eines Fehlers, einer Niederlage oder Versagens. Stattdessen verweist Scheitern auf ein breites Spektrum zwischenmenschlicher Kommunikativität und Emotionalität. In der Einleitung einer 2015 publizierten Aufsatzsammlung kommen Stefan Brakensiek und Claudia Claridge zu dem Schluss: „Scheitern kann nur, wer Pläne hat“.5 Man hat es demnach beim Scheitern mit verschiedenen Perspektiven zu tun: der Umsetzungsprozess, der Versuch, ein Ziel zu erreichen, wird durch ein Ereignis unterbrochen, wobei Letzteres das Scheitern im eigentlichen Sinne markiert – das jedoch wiederum logisch mit dem Vorgeschehen verbunden ist. Scheitern ohne vorheriges (tatsächliches oder unterstelltes) intentionales Handeln gibt es nicht. Wer Scheitern erkennen und verstehen will, muss sich also notwendigerweise zunächst mit dem antezedierenden Handlungsprozess beschäftigen. So hat es wenig Erkenntnismehrwert, die Bedeutung gescheiterter Reform- und Protestbewegungen oder Verschwörungen und Umsturzpläne allein anhand ihres negativen Endresultats zu untersuchen.6 Die Träger solcher Bewegungen vermochten zwar nicht, ihre Ziele final durchzusetzen. Sie hinterließen aber dennoch einen nachweisbaren Fußabdruck in der Geschichte. Es gelang ihnen mitunter, die Entwicklung der letztlich triumphierenden politischen Seite entscheidend zu beeinflussen. So wurde das selbstbewusste, auf Demonstration von innen- wie außenpolitischer Stärke fußende Herrschaftsverständnis König Ludwigs XIV.7 maßgeblich durch die Krisenerfahrungen der jungen bourbonischen Dynastie im Zusammenhang mit den zahllosen innerfranzösischen Konflikten des 16. und 17. Jahrhunderts mitgeprägt. Die Prachtent-

5 Brakensiek/Claridge, Editorial, 8. 6 Hier sei bereits auf die Beiträge von Maxim Boyko und Sabrina Rospert im vorliegenden Band verwiesen, die ihren Fokus auf ebenjene Handlungsdynamiken gescheiterter Gruppierungen legen. 7 Es ist zu betonen, dass Demonstration von Stärke hier insbesondere auch symbolisch-kommunikativ zu verstehen ist und nicht mit real-faktischer Stärke gleichzusetzen ist. Die außenpolitisch-militärischen Machtmöglichkeiten Ludwigs XIV. hoben sich mitunter deutlich von der zahlreichen Begrenzungen unterliegenden Innenpolitik ab. Zur kulturgeschichtlichen Lesart von Begriff und Forschungskonzept des Absolutismus beachte die Beiträge in Schilling (Hg.), Absolutismus, ein unersetzliches Forschungskonzept? Vgl. dort einleitend Absolutismus als historiographische und historisch-reale, von den historischen Zeitgenossen aktiv betriebene Konstruktion Schilling, Vom Nutzen und Nachteil eines Mythos, 13–31, 22–25.

Einleitung  3

faltung der königlichen Schlösser und Gärten, der Ausbau des Beamtenapparates, die folgenreiche Katholisierungspolitik und die zahlreichen Kriege des Sonnenkönigs bleiben unverständlich, ohne die vorherige existenzielle Herausforderung der französischen Monarchie durch Hugenotten und Frondeure einzubeziehen.8 Die Regierungspolitik Ludwigs XIV. in den genannten Bereichen ließe sich somit durchaus als Kompensationshandlungen in Reaktion auf die langjährige innere Fragilität der Herrschaft der allerchristlichsten Monarchen deuten. Das Scheitern von Bewegungen und Gruppierungen wie der Fronde oder der nach Eigenständigkeit und Sicherheit strebenden Hugenotten9 zeichnete sich durch eine äußerst dynamische Vorgeschichte aus, die verschiedene politische Alternativen zu politischer Zentralisierung und monarchischer Selbstherrschaft bereit hielt.10 Mit anderen Worten ausgedrückt: das politische Symbol und Ideal einer unbeschränkten Herrschaft, wie es in verschiedensten Ausdrucksformen unter Ludwig XIV. zelebriert wurde, kann nicht aus sich selbst heraus verstanden werden; es stellt kein Telos dar, auf das die historische Entwicklung im Frankreich des 16. und 17. Jahrhunderts naturgesetzlich zulaufen musste.11 Der Dynamik und Vorgeschichte gescheiterter Initiativen wird nur derjenige gerecht, der es vermag, der Versuchung der Teleologie konsequent zu widerstehen. Die französische Historikerin Fabienne Bock hat diesbezüglich vor der Gefahr eines Geschichtsdeterminismus gewarnt, der die Vergangenheit des ‚Möglichen‘ auszublenden und die Forschung auf das Schreiben von Erfolgsgeschichte zu reduzieren droht.12 Wer also die Perspektive auf die zeitlich vorgelagerten Handlungsprozesse verschiebt, dem eröffnet sich Scheitern weniger negativ-final sondern vielmehr dynamisch-ergebnisoffen mit erheblichen Auswirkungen auf das historische Zeit- und Folgegeschehen.

8 Beachte vor allem jüngst Externbrink, Ludwig XIV., hier die Fronde gedeutet als ‚Lehrjahre‘ des Königs, 27–31; zur Selbstwahrnehmung Ludwigs XIV. als Sieger über die Häresie und Vollender der Religionspolitiken seiner Ahnen Heinrich IV. und Ludwig XIII., ebd. 183 f. 9 Der innerfranzösische Konfessionskonflikt unter dem politikwissenschaftlichen Konzept der securitization betrachtet bei Niggemann, Places de sûreté, 569–584, die an die Hugenotten konzedierten Sicherheitsplätze dort nicht allein als Schutz- und Rückzugsgebiete, sondern auch als Pfandbesitz und politisch nutzbare Drohkulisse gegen die französische Krone verstanden vgl. ebd., 580–583. Ebenfalls den Ansatz der Versicherheitlichung in Bezug auf die Religionskriege im frühneuzeitlichen Frankreich fruchtbar angewandt und noch erweitert hat Christian Wenzel im Rahmen seiner jüngst erschienenen Dissertationsschrift, vgl. hierfür insbesondere die konzeptuell-methodischen Ausführungen Wenzel, Ruine d’estat, 30–54. 10 Mit Zentralisierung ist hier freilich keinesfalls ein abgeschlossener Vorgang gemeint, der einen Zentralstaat moderner Prägung hervorgebracht hat. Vielmehr ist unter dem Begriff ein langwieriger, mit Widerständen und Hindernissen verbundener politisch-administrativer Prozess der Durchdringung peripherer Gebiete zu verstehen, die sich dem direkten Zugriff der Krone lange Zeit entzogen hatten. Sinnbildlich steht hierfür das Ausgreifen der Steuerbürokratie auf die Provinzen zur effektiveren Ressourcenabschöpfung, Externbrink, Ludwig XIV., 145 f. 11 Schilling, Vom Nutzen und Nachteil eines Mythos, 25. 12 Bock, Introduction, 5.

4  Marie-Astrid Hugel, Roberto Berardinelli, Pauline Spychala

Doch was kennzeichnet schließlich jenes Momentum des Scheiterns? Wie kann man es als Historiker erkennen und fassen? Es erscheint wenig überzeugend, Scheitern als ein sich selbst genügendes, autonomes Faktum zu beschreiben, das objektiv feststellbar ist. Die Wahrnehmung von Scheitern als vollbrachte, fehlgeschlagene Handlung bedarf der nachträglich bewertenden Reaktion durch die soziale Umgebung.13 Durch diesen performativen Akt zwischen dem sozialen Innen und dem sozialen Außen wird kommunikativ ausgehandelt, wer oder was gescheitert ist.14 Demnach muss Scheitern in einem Kommunikationsraum aktiv zugeschrieben, folglich sozial konstruiert werden. Die soziale Konstruktion von Scheitern ist als konstituierender Akt in den historischen Quellen nachweisbar. Man denke hierbei mit Blick auf die Vormoderne etwa an die gewaltsame Niederschlagung zahlloser Aufstände, Erhebungen und Bewegungen, die auf eine weitreichende Veränderung sozialer und politischer Strukturen abzielten und im Nachgang durch die berichtenden Quellenautoren verurteilt wurden – ihr Scheitern somit für die Mit- und Nachwelt als Narration kreiert wurde. Die Bauernerhebungen im Frankreich des Jahres 1358, auch als Jacquerie bezeichnet, verwüsteten weite Landstriche in der Île-de-France, der Champagne, Picardie und in Teilen der Normandie. Vor dem Hintergrund großen Leids durch Pest, den Hundertjährigen Krieg, Plünderungen und hoher Abgaben an den Adel lehnte sich die Landbevölkerung gegen die als ungerecht empfundene Grundherrschaft auf und legte zahlreiche Herrensitze in Schutt und Asche. Als radikal und ungewöhnlich in ihren Dimensionen können ebenfalls die Erhebungen im Königreich England des Jahres 1381 angesehen werden, die sogenannte Peasants’ Revolt.15 Aufstände mit hoher sozialer und politischer Tragweite ereigneten sich auch in der Mitte Europas. Besonders tiefgreifende, vor allem blutige Folgen zeitigte der Deutsche Bauernkrieg von 1524/25, der über den Bauernstand auf das städtische Milieu übergriff und von Peter Blickle treffend als „Revolution des gemeinen Mannes“ bezeichnet worden ist.16 Die Hervorhebung der Aufstände als gescheitert fand ihren deutlichen Widerhall in den berichtenden Chroniken, deren Autoren die Aufständischen und ihre Ziele mehrheitlich ablehnten. Die Hochstilisierung ihres Scheiterns lässt sich dabei als nachhaltige Bekräftigung der gottgegebenen Feudalordnung lesen. So interpretierte etwa der englische Chronist

13 Bock versteht Scheitern mit Blick auf die Moderne als soziales Werturteil, das von der Politik und der öffentlichen Meinung vorgenommen wird, ebd. 14 In der Einleitung ihres Sammelbandes „Riskante Versprechen. Scheitern in der Vormoderne“ sprechen die Herausgeberinnen Eva Brugger und Maike Christadler vom „Betrachter/Beobachter als Konstituens des Scheiterns“, Brugger/Christadler, Einleitung, 5–11, hier 10. 15 Beachte die Vergleichsstudie zur Schilderung der beiden Aufstände in der französischen und englischen Chronistik bei Bulst, „Jacquerie“ und „Peasants’ Revolt“, 791–819. 16 Blickle, Der Bauernkrieg: die Revolution des gemeinen Mannes, 10.

Einleitung  5

der Abtei St. Albans, Thomas Walsingham, das Ende der Peasants’ Revolt als Eingreifen Gottes, der das Königreich England vor der Zerstörung gerettet habe.17 Eine ähnlich anmutende christlich-eschatologische Zuschreibung von Scheitern findet sich in einigen Medaillenprägungen wieder, die anlässlich des Untergangs der spanischen Armada herausgegeben wurden. Die Inschrift einer vom Niederländer Gerard van Bylaer im Jahre 1588 geprägten Medaille greift einen alttestamentarischen Bibelvers auf und feiert die Unwetter, denen zahlreiche spanische Schiffe im Atlantik zum Opfer fielen, als göttliche Intervention zur Bestrafung der katholischen Invasoren: „Flavit Jehovah et dissipati sunt“.18 Das Scheitern des Gegners wird somit zur legitimierenden Parteinahme Gottes für den wahren Glauben und gegen die aggressiven Häretiker gedeutet. Der kreative Mechanismus der christlich-legitimierenden Zuschreibung von Scheitern lässt sich aber ebenso gut bei getauschten Rollen von Protestantismus und Katholizismus beobachten. Die kommunikative Terminierung des hugenottischen Scheiterns findet sich im Rahmen der bereits erwähnten Religionspolitik Ludwigs XIV. wieder.19 Am 18. Oktober 1685 erließ der französische König das Edikt von Fontainebleau, welches das von Ludwigs Großvater, Heinrich IV., verfügte Edikt von Nantes aus dem Jahre 1598 aufhob. Wie im Falle der niederländischen Münzprägungen lassen sich auch die Bestimmungen des Edikts von Fontainebleau als kommunikative Markierung des konfessionellen Gegners lesen – darunter das Verbot jedweder Ausübungen des reformierten Kultes, die Aufforderung der Pastoren zur Konversion oder Emigration sowie die befohlene katholische Taufe aller hugenottischen Kinder. Für Ludwig XIV. und die ihn in seiner entschiedenen Politik ermutigenden Minister Le Tellier und Louvois bedeuteten diese Verkündigungen nichts anderes als die in Wort gegossene Zementierung des gottgewollten endgültigen Triumphes über die Häresie in Frankreich.20 Allen hier angeführten historischen Beispielen ist gemein, dass Scheitern nicht allein militärisch-politisches Unterliegen im Sinne von Verlust, Niederlage oder Niederschlagung bedeutete, sondern stets darüber hinausgehend Zuschreibungsakte von ho17 Dazu Bulst, „Jacquerie“ und „Peasants’ Revolt“, 809; und umfassend im Vergleich Mollat/Wolff, Popular Revolutions. 18 Die Sammlung des Teylers Museum in Haarlem mit der besagten Medaille Bylaers ist online zugänglich. 19 Zur Politik Ludwigs XIV. gegen die Hugenotten zusammenfassend Externbrink, Ludwig XIV., 180– 187. 20 Ausführlich zur Rücknahme des Edikts von Nantes und über die Bestimmungen des Edikts von Fontainebleau s. Labrousse, La Révocation, 153–181. Zur Deutung durch den König und seine Minister als Sieg vgl. Externbrink, Ludwig XIV., 183 f. Die Wiederherstellung der Glaubenseinheit sollten Ludwig XIV. und seine Minister jedoch nie mithilfe des Edikts von Fontainebleau erreichen. So übten die Konvertiten ihren reformierten Glauben weiterhin heimlich aus; in den hugenottisch geprägten Cevennen brach sogar im Jahre 1702 ein Aufstand gegen die Krone aus, der sog. Camisarden-Aufstand, der erst unter massivem Einsatz militärischer Kräfte niedergeschlagen werden konnte. Dazu die grundlegende Studie Joutard, Les Camisards.

6  Marie-Astrid Hugel, Roberto Berardinelli, Pauline Spychala

her symbolisch-kommunikativer Bedeutung beinhaltete. Diejenigen Akteure und Gruppierungen, die mit ihren Vorstellungen und Vorhaben als gescheitert wahrgenommen wurden, mussten vorab erst mit entsprechenden Attributen belegt werden – ja man könnte sagen, im Rahmen eines kommunikativen Prozesses auf geradezu ausdrückliche Weise markiert werden. Diese Akte der Zuschreibung dienten dabei nicht zuletzt – auch das zeigen die Beispiele – derjenigen Seite, die ein Scheitern Anderer zu konstatieren suchte als moralische Selbstüberhöhung und politische Selbstlegitimierung. Neben der Dynamik vorgelagerter Handlungsprozesse sowie der aktiven Konstruktion von Scheitern im unmittelbaren Nachgang von Ereignissen existiert noch eine weitere zeitliche Ebene, die für die Untersuchung von Scheitern von Relevanz ist: Der zeitliche Blick über die Konstituierung des Scheiterns hinaus. Die Zeit und die mit ihr einhergehenden sozialen, politischen und kulturellen Veränderungen von Gesellschaften können zu einer Umdeutung des zuvor als gescheitert dargestellten Handelns führen, zumindest aber die Infragestellung tradierter Positionen und Haltungen zum einstigen Negativum nach sich ziehen. Scheitern ist dann nicht länger unabänderliche Zuschreibung von außen, sondern wird angefochten. Vormals wirkmächtigen Geschichtskonstruktionen können Gegendarstellungen in Form von abweichenden oder konkurrierenden Konstruktionen der historischen Vergangenheit entgegengehalten werden. Auf diese Weise wird Scheitern umkämpft. Für die Geschichtsforschung gestaltet sich sodann die Formulierung objektiver Schlussurteile als große Herausforderung. Wer kann etwa eindeutig konstatieren, ob Christoph Kolumbus im Zuge seiner Seefahrten gescheitert ist oder nicht? Für die Gegner des Genuesen am kastilischen Hofe boten die zunehmenden Unruhen unter den spanischen Kolonisten und das Ausbleiben großer Reichtümer einen willkommenen Anlass, Kolumbus zu verleumden. Trotz seiner erheblichen Anstrengungen, die Ordnung in den neuspanischen Gebieten im Rahmen seiner dritten Reise (1498–1500) wiederherzustellen, wurde Kolumbus als Gouverneur von Hispaniola durch Francisco de Bobadilla abgesetzt und in Ketten nach Spanien verschifft.21 Die Verhaftung von Kolumbus sprach sich rasch im Alten Europa herum. Im Zeitalter von Späthumanismus und Spätrenaissance wurde die Verhaftung knapp 100 Jahre später von dem Lütticher Schmied und Graveur Théodore de Bry als Stich verarbeitet und zum tragischen Momentum eines visionären Seefahrers stilisiert.22 Von einer allgemeinen Anerkennung der Verdienste des Kolumbus als risikoaffiner Navigator

21 Bucher, Christoph Columbus, 146–151; vgl. auch den Artikel im Dizionario Biografico degli Italiani Mahn-Lot, Colombo, Christoforo. 22 An dieser Stelle sei noch einmal explizit auf den Buchumschlag verwiesen, der den Stich Théodore de Brys von der Verhaftung des Kolumbus zeigt. Die Verhaftung und ihre Rezeption durch die Nachwelt boten sich aus der Sicht der Herausgeber geradezu an, um auf die Ambivalenz von Scheitern aufmerksam zu machen.

Einleitung

 7

und Entdecker konnte aber zum Zeitpunkt seiner erzwungenen Rückreise keine Rede sein. In der Zwischenzeit hatte der Portugiese Vasco da Gama Indien erreicht – nicht in westlicher sondern in östlicher Richtung, unter Umsegelung Südafrikas. Zwar erwirkte Kolumbus seine Rehabilitierung bei der Krone und es gelang ihm sogar, noch eine vierte Fahrt (1502–1504) nach Amerika zu organisieren, aber seine Reputation als fähiger Seefahrer und Geschäftsmann hatte am Hofe Schaden genommen.23 Die Krone hatte nun keinerlei Interesse mehr, die weitreichenden Privilegien länger zu bestätigen, welche Kolumbus in der Kapitulation von Santa Fé, im Vorfeld seiner ersten Reise, zugesichert worden waren – darunter die erblichen Rechte als Admiral, Vizekönig und Gouverneur.24 Stattdessen stellte man Kolumbus im Gegenzug für einen umfassenden Verzicht den Erwerb von Gütern in Kastilien als Entschädigung in Aussicht.25 Kolumbus lehnte das Angebot ab und hielt bis zu seinem Tod im Jahre 1506 an der Gültigkeit der Kapitulation fest, die für ihn nicht nur mit Titeln verbunden war, sondern auch sein historisches Erbe an Familie und Nachwelt darstellte.26 Kolumbus wähnte sich bis an sein Lebensende im Recht – dies schloss auch seine Überzeugung mit ein, den asiatischen Kontinent auf westlichem Seewege entdeckt zu haben.27 Auf diese Weise setzte Kolumbus dem politisch verordneten Scheitern durch die Krone das eigene Narrativ seiner Entdeckungsfahrten als Erfolg entgegen. In den 1520er Jahren verfasste dann Kolumbus’ jüngster Sohn, Hernando Colón, eine Chronik über das Leben des Vaters, die sich als vehemente Verteidigung seiner Leistungen verstand. Die Lebensbeschreibung des Sohnes begründete zusammen mit der Kolumbus ebenfalls insgesamt positiv darstellenden Historia de las Indias des Dominikanermönchs Bartolomé de Las Casas die sogenannte Kolumbinische Tradition in der Geschichtsschreibung.28 Person und Lebenswerk des Kolumbus wurden in den folgenden Jahrhunderten tiefgreifenden Umdeutungen unterzogen: die bunte Palette der Verklärungen reicht vom gottgesandten Verbreiter des Christentums in der Neuen Welt bis hin zum italienischen Nationalhelden.29

23 Zudem verstarb 1504 mit der Königin Isabella von Kastilien die letzte und zugleich wichtigste Unterstützerin des Genuesen. Zur letzten Reise s. Bucher, Christoph Columbus, 152–160; Kohler, Columbus und seine Zeit, 171 wirft die provokante Frage auf, ob die spanische Krone Kolumbus mithilfe der vierten Reise loswerden wollte. 24 Mahn-Lot, Colombo, Christoforo. 25 Kohler, Columbus und seine Zeit, 172; Bucher, Christoph Columbus, 161. 26 Ebd. 27 Kohler, Columbus und seine Zeit, 172. 28 Ausführlich zur Kolumbinischen Tradition Bucher, Christoph Columbus, 204–234. 29 Ein Personenkult um Kolumbus setzte bereits unmittelbar nach seinem Tod ein. Die Nachkommen unterhielten Verbindungen zum Hofe Kaiser Karls V. Kolumbus Schwiegertochter erreichte schließlich die Überführung des Leichnams nach Santo Domingo, zur Grablege in der dortigen Kathedrale, Kohler, Columbus und seine Zeit, 173; ferner zur Mythenbildung um die Person des Kolumbus in der italienischen Literatur beachte die umfassenden Studien bei Ochs, Der Mythos von Christoph Kolumbus. Konzise Übersicht zur Entwicklung des Kolumbusbildes vom 16. bis 20. Jahrhundert, 471–485.

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2 Forschungsstand Die Geschichte des Scheiterns nicht intensiver als bisher zu erforschen, käme der Ausblendung eines Gutteils der historischen Vergangenheit gleich. Erste Versuche in Frankreich, sich der Thematik interdisziplinär, mit Schwerpunkt auf Philosophie und Psychologie, zu nähern, fanden ihren Widerhall in dem von Jean Lacroix 1968 herausgegebenen Sammelband „Les Hommes devant l’échec“.30 Lacroix war bereits einige Jahre zuvor in seiner Monographie „L’échec“ zu der knappen wie durchaus eingängigen Definition gelangt, dass Scheitern die Nicht-Verwirklichung von Vorhaben meint.31 Die systematische Erforschung von Scheitern wird mit Schwerpunkt auf die Moderne beinahe ausschließlich von den Disziplinen der Sozialwissenschaft, Sozialpsychologie,32 seltener auch der Sozialgeschichte, vorgenommen.33 In der Geschichtswissenschaft erfreut sich das Thema Scheitern, genauer gesagt die Frage nach dem historischen Erkennen und der Erforschung von Scheitern als sozialem Kommunikationsprozess bis heute eher geringer Aufmerksamkeit. Zu den insgesamt rar gesäten frühneuzeitlichen Beiträgen zum Thema Scheitern zählt die 2006 veröffentlichte Aufsatzstudie der französischen Historikerin Caroline Le Mao „L’échec, le temps et l’histoire: réflexions autour de la Fronde parlementaire bordelaise“. Le Mao analysiert darin Ursachen und Folgen des gescheiterten Aufstands des Parlement von Bordeaux während der Fronde im Frankreich des 17. Jahrhunderts. Die Autorin macht gleich zu Beginn auf die im oberen Verlauf bereits thematisierte Abhängigkeit des Scheiterns vom Faktor Zeit aufmerksam. Sie plädiert für eine Verzeitlichung des Phänomens Scheitern: Il [l’échec] est donc, de prime abord, un moment circonscrit, a priori bref, une rupture, mais il est intrinsèquement lié à l’idée d’un processus se déroulant dans le temps. L’échec ne peut exister sans ce processus initial, de même qu’on ne peut concevoir la rupture sans la continuité.34

Michael Rohrschneider legte 2007 mit seiner Habilitationsschrift eine wichtige Pionierstudie zu den französisch-spanischen Verhandlungen auf dem Westfälischen Friedens-

30 Lacroix (Hg.), Les hommes devant l’échec. 31 Der Verweis auf die 1964 veröffentlichte Studie von Lacroix bei Le Mao, L’échec, le temps et l’histoire, 312. „Ne pas atteindre les buts poursuivis, c’est essuyer des échecs“, zit. ebd. 32 Nur skizzenhaft hierzu Junge/Lechner (Hg.), Scheitern. Aspekte eines sozialen Phänomens; auf den Untersuchungen Junges aufbauend, John/Langhof (Hg.): Scheitern – Ein Desiderat der Moderne, vor allem die Einführung zur soziologischen Theoretisierung von Scheitern, 1–7. 33 Beachte die Beiträge in Zahlmann (Hg.), Scheitern und Biographie; zum Scheitern mit zeithistorischem Schwerpunkt auf Deutschland nach dem 1. Weltkrieg, unter besonderer Berücksichtigung des Begriffs ‚Enttäuschung‘ s. Gotto/Ulrich (Hg.), Hoffen – Scheitern – Weiterleben; mit hauptsächlich zeithistorischen sowie interdisziplinären Beiträgen s. Kleinschmidt (Hg.), Scheitern. 34 Le Mao, L’échec, le temps et l’histoire, 311–334, hier 313.

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kongress vor.35 Dominierte bis dahin, auch vor dem Hintergrund des großen Jubiläumsfestes von 1998, eine Wahrnehmung der westfälischen Friedensschlüsse als historisches Gelingen einer Friedensordnung für das Alte Reich und Europa, widmet sich Rohrschneider – mit verstärktem Blick auf die lange Zeit vernachlässigte spanische Politik und das Agieren der spanischen Botschafterdelegation – den Ursachen und Bedingungen für das Scheitern der spanisch-französischen Friedensverhandlungen. Unabhängig vom großen Wert der Studie für die Bereiche der Friedenskongressforschung, frühneuzeitlichen Diplomatie und Internationalen Beziehungen wird das Scheitern der Verhandlungen letztlich als objektive Gegebenheit konstatiert und daher nicht als eigenständiges Thema beziehungsweise das Scheitern nicht eigens auf seine soziale und kommunikative Konstruktivität hin untersucht, wie es der vorliegende Band vorschlägt. Interessante Ansätze lassen sich gleichwohl in den Ausführungen Rohrschneiders zum diplomatischen Zeremoniell erkennen. So schlug sich das Ringen zwischen Spanien und Frankreich um die internationale Attribuierung von Erst- und Vorrangigkeit insbesondere in der Umkämpftheit des diplomatischen Zeremoniells nieder: zu keinem Zeitpunkt konnten direkt geführte Verhandlungen zwischen den beiden Kontrahenten realisiert werden, vielmehr bedurfte es der permanenten Vermittlung durch Mediatoren wie der päpstlichen Kurie und der Republik Venedig.36 Die Angst zu scheitern, war folglich für die spanische und französische Seite mit dem drohenden Verlust von äußerlich zugeschriebener Rangwertigkeit verbunden. Präzedenzund Suprematiedenken lassen sich somit als Kategorien von Sinn- und Deutungszuschreibungen identifizieren, die im hoch symbolischen Politikgefüge des 17. Jahrhunderts handlungsleitend waren. Eine erste umfassende Sammlung kulturwissenschaftlich-interdisziplinärer Fallstudien zum Thema legten Stefan Brakensiek und Claudia Claridge 2015 unter dem Titel „Fiasko – Scheitern in der frühen Neuzeit. Beiträge zur Kulturgeschichte des Misserfolgs“ vor.37 Im Zentrum der Beiträge steht das Forschungsinteresse am Erkennen von Scheitern sowie an den menschlichen Strategien des Umgangs mit Scheitern. Wenngleich es den Autoren gelingt, Scheitern als sozialen Kommunikationsprozess zu beschreiben, in dessen Verlaufe aktive Sinnstiftung sowie Umdeutungen des Vergangenen, oftmals in Form von Exkulpationsstrategien, vorgenommen werden können,38 bleiben die verschiedenen Beiträge leider doch etwas unverbunden. Man vermisst bisweilen einen – von den Herausgebern und Beiträgern ursprünglich sicherlich angestrebten – roten Faden in Form einer übergreifenden Konzeptualisierung von Scheitern.

35 Rohrschneider, Der gescheiterte Frieden von Münster. 36 Dazu die Ausführungen ebd., 222–232. 37 Brakensiek/Claridge (Hg.), Fiasko. 38 Vor allem Bös, Negotiations of Failure, 11–37; Claridge, The Darién Scheme, 59–84; Heyl, A Miserable Sight, 111–133; Pointner, Substituting Fantasy for Achievement, 171–195; Wesche, Glücksschmied und Schiffbruch, 197–220.

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Unter der Herausgeberschaft von Maike Christadler und Eva Brugger im 2016 veröffentlichten Band „Riskante Versprechen: Erfolg und Scheitern in der Vormoderne“ haben einige überzeugende Aufsatzstudien mit wirtschafts- und kulturhistorischer Ausrichtung Eingang in den Forschungsdiskurs gefunden.39 Eine wichtige, den Band durchziehende Erkenntnis ist das nahe Beieinanderliegen von Scheitern und Erfolg, ihre mithin erhebliche sozio-kulturelle Interdependenz. Scheitern kann demnach weniger als festzustellendes Negativum verstanden werden, sondern lässt sich unter dem Aspekt der zukunftszugewandten Hoffnung auf Erfolg und der damit verbundenen Inkaufnahme persönlicher Risiken als dynamisches, geradezu produktives Phänomen interpretieren.40 Dabei betont der Sammelband mit seinen Beiträgen die Uneindeutigkeit von Scheitern und Erfolg im Rahmen diskursiver Aushandlungsprozesse – womit die auch im Rahmen dieses Bandes thematisierte Frage nach der kommunikativen ‚Gemachtheit‘ von Scheitern und Erfolg aufgeworfen wird. Fehlschläge mussten nicht unbedingt von den historischen Zeitgenossen als eigenes Scheitern wahrgenommen beziehungsweise gegenüber dem sozialen Umfeld eingestanden werden. Sie konnten gar als Erfolge imaginiert und umgedeutet werden.41 Die bisweilen produktiv-positive Seite des Scheiterns betonen ebenfalls die anregenden Studien in dem 2020 erschienenen Sammelband „Untergang und neue Fahrt: Schiffbruch in der Neuzeit“.42 Schiffbruch wird dabei von den Autoren nicht als misslungenes Ende einer Seefahrt, sondern als kreativer Beginn, als Ermöglichung und Eröffnung neuer Perspektiven gedeutet.43 Auf diese Weise gelingt es, die mit Schiffbruch verbundene Vorstellung als ultimative Form des maritimen Scheiterns zu dekonstruieren und neue Impulse für ein weniger negativ-statisches Verständnis des Phänomens Scheitern zu liefern, die vom vorliegenden Band dankenswerterweise aufgegriffen werden sollen. Die im Jahre 2021 publizierte Monographie von Simon Karstens „Gescheiterte Kolonien – Erträumte Imperien“ hat jüngst eine umfangreiche Darstellung fehlgeschlagener europäischer Koloniegründungen und ihrer historischen Reflexion in transnationaler Perspektive geliefert.44 Karstens hinterfragt die in der Forschung zu kolonialen Projekten kaum reflektierte Nutzung des Begriffs Scheitern. Seinen Untersuchungen liegt, wie es im vorliegenden Band der Fall ist, ein konstruktivistisches Begriffsver-

39 Brugger/Christadler (Hg.), Riskante Versprechen. 40 Hierunter lassen sich insbesondere die Beiträge subsumieren, die sich ökonomisch-unternehmerischen Praktiken und Projekten in Spätmittelalter und Früher Neuzeit zuwenden. Vgl. etwa Kypta, Smarte Unternehmer, ausgegrenzte Versager, 12–29; Asmussen, Glück auf!, 30–41; Brugger, Riskante Projekte?, 71–87. 41 S. zur Uneindeutigkeit von Erfolg und Scheitern am Beispiel der englisch-niederländischen Expeditionen zur Erkundung einer Nordostpassage nach Asien im 16. Jahrhundert Calvi, Verheissungsvolle Berichte und suggestive Karten, 51–70. 42 Bähr (Hg.) [u. a.], Untergang und neue Fahrt. 43 Bähr/Burschel, Untergang und neue Fahrt, 8. 44 Karstens, Gescheiterte Kolonien – Erträumte Imperien.

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ständnis zugrunde. Scheitern begreift der Autor demnach als „eine von Zeitgenossen oder Historikern kontextabhängig und meist intentional vorgenommene, stark negative Zuschreibung, […]“.45 Die soziale Konstruktivität von Scheitern schließt jedoch auch, wenn man Karstens folgt und wie es die Herausgeber im oberen Verlauf vorgeschlagen haben, die Umstrittenheit, ja Umkämpftheit von Scheitern mit ein – und damit verbunden die Kreation verschiedener Wahrheiten, die sich im Rahmen gesellschaftlicher Diskurse entfalten konnten.46

3 Was meint politisches Scheitern? Die insgesamt überschaubare Zahl an Publikationen zum Scheitern in der Vormoderne ist ungerechtfertigt.47 Es gäbe zahlreiche Entwicklungen und Ereignisse in Mittelalter, Früher Neuzeit sowie an der Nahtstelle zwischen beiden Epochen, die sich anhand des Phänomens Scheitern untersuchen ließen.48 Konstituierende soziale Praktiken und Ordnungsstrukturen der Vormoderne könnten intensiver als bisher aus ihrer Kri-

45 Ebd., insbesondere vgl. den ersten Teil der Einleitung, ebd., 13–20, hier 15. 46 Ebd. 47 In letzter Zeit scheint das Interesse an der gezielten Erforschung des Phänomens Scheitern zuzunehmen. Zwischen dem 11. und 13. März 2020 wurde in Mainz unter der Organisation von Mona Garloff und Sylvia Brockstieger eine geschichtswissenschaftlich-germanistische Tagung zum Scheitern in der Gelehrtenkultur der Frühen Neuzeit ausgerichtet. Gezielt wurden in den Vorträgen und Diskussionen essentielle Probleme bei der Erforschung des Phänomens Scheitern thematisiert, so etwa die epistemologischen Herausforderungen im Zusammenhang mit Selbst- und Fremdwahrnehmungen der historischen Zeitgenossen bzw. vor dem Hintergrund kommunikativer Selbst- und Fremdzuschreibungsprozesse. Zum ausführlichen Tagungsbericht s. Thesing, Scheitern in der Gelehrtenkultur, 161– 164. Vom 12. bis 14. Mai 2022 fand die vielversprechende Tagung „Scheitern in der Vormoderne? Narrative Konzeptionalisierungen in Literatur, Hagiographie und Historiographie“, angesiedelt zwischen Germanistik, Historischen Grundwissenschaften und Geschichtswissenschaft, unter der Leitung von Margit Dahm, Andreas Bihrer und Timo Felber an der Christian-Albrechts-Universität Kiel statt; der Tagungsbericht von Emma Göttle bei H-Soz-Kult. Mit spätmittelalterlichem Schwerpunkt, aber weit gefasstem Beitragsspektrum wurde unter der Leitung von Mathieu Caesar, Anne-Lydie Dubois und Agostino Paravicini Bagliani an der Universität Genf vom 8. bis 10. Februar 2023 getagt zum Thema „Chutes et revers de fortune (XIIe–XVe siècles)“; die Programmübersicht findet sich über das Portal der Unité d’Histoire Médiévale der Universität Genf. 48 Auch für die Alte Geschichte lässt sich ein großes Forschungspotential erkennen. Hier wurden bereits in den letzten Jahren sehr ergiebige Untersuchungen zum Scheitern der Herrschaft jener römischen Kaiser angestrengt, die bis heute als Inbegriff des wahnsinnigen Tyrannen gelten. Die auffallend negative Rezeption eines Caligula, Nero oder Commodus durch die Nachwelt lag jedoch weniger in einer kaum nachweisbaren, von ihren Amtsvorgängern und -nachfolgern unterscheidbaren charakterlichen Disposition als vielmehr in einer missglückten politischen Kommunikation mit den Akzeptanzgruppen des römischen Principats begründet, allen voran mit den historiographisch aktiven Angehörigen der senatorischen Oberschicht. An dieser Stelle seien nur einige grundlegende Beiträge aufgeführt: Winterling, Caligula; Hekster, Commodus; Witschel, Verrückte Kaiser?, 87–129.

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sis heraus betrachtet werden. So offenbaren sich oftmals Wesen und Mechanismen von vormoderner Herrschaft gerade dann erstaunlich deutlich, wenn sie sich in Krisen oder im Niedergang befinden.49 Einschneidende Entwicklungen wie die bereits thematisierten Aufstandsbewegungen, Verschwörungen und Intrigen, das Aussterben von Dynastien – sowie die damit nur allzu häufig einhergegangenen Erbfolgekriege – Religions- und Bürgerkriege, Ereignisse wie Regizide, aber auch seltener Herrscherabdankungen50, und deren Rezeption im Spiegel der historischen Quellen lassen sich allesamt auf die eine oder andere Weise mit Fokus auf das Phänomen des Scheiterns beziehungsweise des politischen Scheiterns betrachten. Was aber ist unter politischem Scheitern zu verstehen? In einem weit gefassten Sinne schließt das Politische einerseits die Handlungen einzelner Akteure als auch sozialer Gruppen und andererseits die Strukturen und Prozesse einschließlich sozialer Aushandlungsprozesse ein, denen eine essentielle Bedeutung für die Konstituierung, Erhaltung oder Veränderung von kollektiven Ordnungssystemen beigemessen werden kann.51 Ein solch absichtlich weit gefasstes Begriffsverständnis hat es ermöglicht, eine vielseitige Auswahl von Fallstudien mit unterschiedlichen Forschungsansätzen in den vorliegenden Band aufzunehmen. Es sind Aufsätze enthalten, die sich einer traditionellen, jedoch um die Dimension des Scheiterns neu perspektivierten Politikgeschichte zuordnen lassen. Ferner haben Studien mit mikrohistorisch-rekonstruierendem Anspruch Eingang gefunden. Aber auch solche Beiträge sind vertreten, die eine kulturgeschichtliche Sichtweise zur Grundlage haben. Damit sollen nicht die alten, längst geführten Diskussionen zwischen den verschiedenen Schulen, zwischen den Anhängern einer traditionellen Politikgeschichte einerseits und den Befürwortern einer kulturwissenschaftlich gelesenen Politikgeschichte von Neuem angefacht werden.52 Viel-

49 Ein Beispiel für diesen Ansatz findet sich in der wichtigen Studie zur Bedeutung symbolisch-ritueller Akte für die Verfassung des Heiligen Römischen Reichs, Stollberg-Rilinger, Des Kaisers alte Kleider. Beachte dort insbesondere die Ausführungen zum sukzessiven Verlust der für die Reichsverfassung konstitutiven Präsenzkultur auf den Reichstagen bis hin zur politisch orchestrierten Fiktionalisierung des Reichs durch Kaiser und Reichsstände, ebd., 227–297. 50 Richter/Dirbach (Hg.), Thronverzicht. 51 Die hier getroffenen Annahmen zur Charakterisierung des Begriffs politisch orientieren sich an den ebenfalls weit gefassten Definitionen, wie sie im Zuge der sich um die Jahrtausendwende konstituierenden Kulturgeschichte des Politischen vorgenommen worden sind. Vgl. Stollberg-Rilinger, Einleitung: Was heißt Kulturgeschichte des Politischen?, 9–24, s. insbesondere zur Definition 13 f.: „Als hinreichend formale, weithin konsensfähige und heuristisch nützliche Definition kann diejenige gelten, wonach Politik es zum einen stets mit dem Ganzen und zum anderen mit Entscheidungen zu tun hat: Das Politische ist danach der Handlungsraum, in dem es um die Herstellung und Durchführung kollektiv verbindlicher Entscheidungen geht“. Beachte zudem die Erläuterungen Weidners zur gezielten Ausweitung des Politikbegriffs im Rahmen der Erneuerung von Politikgeschichte, Weidner, Begriffsgeschichte und Politikgeschichte, 29–53, vor allem 31–35. 52 Zur umfangreichen Diskussion nur skizzenhaft Frevert, Neue Politikgeschichte, 7–26; Landwehr, Diskurs – Macht – Wissen, 71–117; Nicklas, Macht – Politik – Diskurs, 1–25; die Beiträge in StollbergRilinger (Hg.), Was heißt Kulturgeschichte des Politischen?; zur bisweilen mit erheblicher Schärfe und

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mehr ist es das Anliegen der Herausgeber, darauf aufmerksam zu machen, dass die Erforschung des politischen Scheiterns für alle Strömungen und Teildisziplinen innerhalb der Geschichtswissenschaft gewinnbringend sein kann. Neben der bewussten Entscheidung für einen Politikbegriff mit großer Reichweite ist es ein weiteres Anliegen des Sammelbands, den Untersuchungen zum politischen Scheitern keine allzu eng bemessenen Zeitgrenzen zu setzen. Absichtlich wurde hier der zugegebenermaßen nicht besonders präzise Terminus der Vormoderne gewählt, unter den sich gleichermaßen Beiträge zum Mittelalter und Früher Neuzeit subsumieren lassen. Das zeitliche Beitragsspektrum reicht dabei von den Untersuchungen Kouadio Guy-Stéphane Ulrich Kouames zu den gescheiterten Bemühungen der römischen Kirche im 11. Jahrhundert, das monastische Modell des Zölibats flächendeckend durchzusetzen bis hin zu Maria Sofia Mormiles Studie über die Reflexionen der exilierten französischen Bourbonen im Angesicht von Revolution und napoleonischer Herrschaft um 1800. Das 11. Jahrhundert bietet sich insofern als Ausgangspunkt an, da sich zunächst die lateinische Kirche und nachfolgend die europäischen Monarchien in ihrem Wesen und Funktionieren grundlegend transformierten. Im Zuge der Gregorianischen Reformen verordnete sich die Westkirche eine Zentralisierung ihrer administrativen Strukturen, um den Machtanspruch der sich herausbildenden päpstlichen Kurie in der gesamten lateinischen Christenheit durchzusetzen. Mit Nachdruck und gegen Widerstände – auch innerhalb des Klerus, wie im Rahmen des Bandes verdeutlicht werden soll – versuchte man die Kirche, schärfer von Laien und Laienpraktiken abzugrenzen und sich somit als eigenständige Körperschaft zu konstituieren. Das römische Papsttum mit seinen Lehren und Normen wurde auf diese Weise zu einer ubiquitären Konstante vormoderner menschlicher Lebensrealitäten.53 In den weltlichen Herrschaftsbereichen der Fürsten, Könige und Kaiser kam es zu einer räumlichen Verstetigung von monarchischer Herrschaftsausübung. Die Herrschaftsterritorien wurden nicht mehr permanent und so umfassend wie zuvor durchreist, um die personalen Bindungen zwischen dem Monarchen und seinen Untertanen in Präsenz zu bekräftigen. Stattdessen wurden immer häufigere Aufenthalte an ausgewählten Orten zur Regel, an denen sich der Hof in Wechselbeziehung zwischen Monarch und Höflingen konstituierte und sich somit zu einem Zentrum des politischen Kommunizierens und Entscheidens im Rahmen von Aushandlungsprozessen verdichtete. Man hat es demnach mit einer Entwicklung des Staatswesens zu tun, die es erlaubt, das Politische in seiner sozio-spatialen Verdichtung zu untersuchen.54 Polemik geführten Debatte um den Gang der Politikgeschichte s. Kraus/Nicklas (Hg.), Geschichte der Politik, vor allem hier dies., Einleitung, 1–12; Erwiderung in Form der Rezension durch Stollberg-Rilinger, online über H-Soz-Kult. 53 Nur im Überblick vgl. den Eintrag im Lexikon des Mittelalters Struve, Gregorianische Reform, 1686–1688. 54 Detailliert zur Reiseherrschaft der fränkisch-deutschen Könige und Kaiser sowie den Gründen für den Übergang zur Residenzherrschaft s. Stieldorf, Reiseherrschaft und Residenz, 147–177, vor allem abschließend 175–177.

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Diese von lateinisch-christlicher und monarchisch-höfischer Grundierung geprägte Gesellschaftsordnung Europas, genauer gesagt des westlichen und mittleren Europas,55 lässt sich mit erheblicher Konstanz und Stabilität bis einschließlich zum 18. Jahrhundert beobachten. Eine Epochengrenze zwischen der Vormoderne und Moderne in Verbindung mit dem Phänomen des politischen Scheiterns um 1800 zu ziehen, wie es der vorliegende Band vorschlägt, kann natürlich nur als erste pragmatische Orientierung dienen, die keinesfalls als final und alternativlos zu verstehen ist. Hier bedarf es sicherlich noch weiterer Forschung, um die Frage nach dem Wann oder gar nach dem Ob einer zeitlichen Grenze zwischen ‚vormodernem‘ und ‚modernem Scheitern‘ beantworten zu können. Eine Grenzziehung an der Wende zum 19. Jahrhundert im vorliegenden Band vorgenommen zu haben, erklärt sich naheliegender Weise zum einen durch die zeitliche Reichweite der versammelten Beiträge. Zum anderen erscheint es angesichts der Schwerpunktsetzung auf den Bereich der Politik sinnvoll, die Untersuchung zur Zeit der Französischen Revolution und der napoleonischen Vorherrschaft in Europa enden zu lassen. Denn trotz der teils verwirklichten Restaurationsbestrebungen der letztlich über Frankreich triumphierenden Alliierten bedeutete der Wiener Kongress von 1814/15 keineswegs die politische wie mentale Rückkehr in ein Europa von vor 1789. Stattdessen fanden neuartige Ideen und Denkkategorien wie Nation und Volkssouveränität, anhand welcher die politische Praxis zunehmend gemessen und beurteilt wurde, Eingang in den politischen Diskurs. In besonders zugespitzter Form hat Thomas Nipperdey einleitend in seinem umfassenden Werk „Deutsche Geschichte 1800–1866“ auf die zäsierende Bedeutungsschwere der politischen Transformationen um 1800 aufmerksam gemacht: „Am Anfang war Napoleon“.56 Die einstigen politischen Leitlinien und Praktiken wie Gottesgnadentum, dynastische Traditionalität sowie trans- und übernationale Zusammengesetztheit reichten allein nicht mehr aus, um herrschaftlichen Führungsanspruch zu begründen; sie gerieten immer mehr zu prekären Staatskonzeptionen. Auf diese Weise wurden die Dynastien in Europa zur Suche nach neuen Legitimationsstrategien und neuen kommunikativen Formen der Interaktion mit ihren Untertanen genötigt, etwa unter Einbindung von Konstitutionalismus und Nationalstaatsprinzip.57 Damit änderte sich zwar am sozialen Mechanismus des Scheiterns als performativer Akt der Zuschreibung und seiner Deutung oder Umdeutung im Rahmen von Aushandlungsprozessen grundsätzlich nichts. Mechanismen der Zuschreibung können letztlich als zeitlose Konstante menschlicher Interaktion betrachtet werden. Aber die Kategorien, nach denen die historischen Zeitgenossen 55 Dies schließt die lateinischen Kreuzfahrerstaaten in der Levante mit ein, wie der Beitrag von Djro Bilestone Roméo Kouamenan noch zeigen wird. 56 Nipperdey, Deutsche Geschichte 1800–1866, 11. 57 Die Monarchie blieb zwar bis zum Ende des Ersten Weltkriegs unbestritten die in Europa dominierende Staatsform. Doch waren die Monarchien im Verlaufe des 19. Jahrhunderts permanent dazu gezwungen, ihre Legitimität neu zu begründen. Dies lässt sich sogar für das auf Traditionalität und nahezu uneingeschränkter Selbstherrschaft beruhende Staatswesen der russischen Kaiser nachweisen. Dazu umfassend Sellin, Gewalt und Legitimität.

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das Scheitern von Akteuren innerhalb kollektiver Ordnungssysteme als Solches terminierten, bewerteten, be- und verurteilten oder schließlich umdeuteten, hatten sich durch das Vordringen neuer politischer Denkmodelle verändert.

4 Gliederung des Bandes Der vorliegende Band unterteilt sich in die drei Sektionen: I. Vor dem Scheitern. Dynamiken des historisch Möglichen, II. Über Scheitern schreiben und schweigen. Zur Herausforderung des historischen Erkennens von politischem Scheitern im Spiegel der Quellen sowie III. Konstruktionen und Umdeutungen von politischem Scheitern. Die Abschnitte fungieren als kategoriale Reflexionsebenen, die eine multiperspektivische Untersuchung des politischen Scheiterns in der Vormoderne anhand konkreter Einzelfallstudien ermöglichen sollen. In der ersten Sektion des Bandes liegt der Fokus der beigesteuerten Aufsätze vor allem auf jenen dem Momentum des Scheiterns vorgelagerten Handlungsprozessen und deren detaillierter Rekonstruktion. Bewegungen, Programme, Aufstände und Verschwörungen sind nicht deswegen weniger interessant für die historische Forschung, weil sie heutzutage als objektiv gescheitert beurteilt werden. Allein der logisch erscheinende Umstand, dass die an solchen Unterfangen beteiligten Akteure sicherlich alles andere im Sinn hatten, als zu scheitern – vielmehr ihre eigenen politischen Ziele, Vorstellungen und Interessen gegen etwaige Konkurrenten oder etablierte Strukturen durchsetzen wollten – nötigt zu der Frage, ob sich die Forschung nicht noch intensiver als bisher mit solchen ‚abqualifizierten‘ Dynamiken beschäftigen und das historisch Mögliche stärker gewichten sollte. Ihren historischen Fußabdruck haben solche Dynamiken des Möglichen jedenfalls häufig auf der sich als Sieger stilisierten Kehrseite der Politik hinterlassen. Die komplexe Politik des Prinzipalministers von Frankreich, Armand-Jean du Plessis, Kardinal Richelieu (1585–1642), seine kühl kalkulierende Außenpolitik im Dienste der lange Zeit krisengebeutelten Monarchie, der Aufbau eines weitverzweigten Spionagenetzwerks sowie einer umfangreichen Klientel, all dies ist kaum zu erklären, ohne die Berücksichtigung der zahlreichen Verschwörungen und Intrigen, die der erste Minister Ludwigs XIII. im Laufe seiner Amtszeit niederzuschlagen hatte. Dabei mindert das letztliche Scheitern der anti-richelieuschen Umsturzpläne – so zum Beispiel der berühmt-berüchtigten Herzogin von Chevreuse 1626 im Rahmen der Verschwörung von Chalais, der Königinmutter, Maria de’ Medici, im Zuge der Journée des Dupes 1630 oder des Höflings Cinq-Mars im Jahre 1642 – keinesfalls die historische Relevanz ihrer nachweisbaren Auswirkungen auf die Politik des Kardinalministers.58 Einer au-

58 Jüngst ist die umfassende Biographie Klaus Malettkes über Leben und Politik des Kardinalministers erschienen, Malettke, Richelieu. Vgl. dort die detaillierte Darstellung der Verschwörung von Cha-

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ßenpolitischen Verschwörung besonderer Art gegen Richelieu wendet sich Maxim Boyko in seinem Beitrag zu. Darin legt er eine Analyse der französisch-englischen Beziehungen in den späten 1630er Jahren vor und untersucht die Ursachen für das gescheiterte Vorhaben der anti-richelieuschen und hispanophilen Faktion französischer Exulanten am Hofe König Karls I. von England, eine historisch bemerkenswerte Allianz zwischen dem katholischen Spanien und dem mehrheitlich protestantischen England zu schmieden – und somit einen gewaltsamen Regierungswechsel in Frankreich von außen herbeizuführen. Die Geschichte des europäischen Kontinents im Zeitalter des Dreißigjährigen Kriegs hätte sicherlich eine gänzlich andere Entwicklung genommen, hätte sich das aufstrebende Frankreich Richelieus und Ludwigs XIII. eingeengt zwischen den Verbündeten England und Spanien-Habsburg wiedergefunden. Das Verdienst des Beitrags besteht zum einen in der detaillierten Analyse der Akteure und ihrer Handlungen bei Hofe. Zum anderen wirft die Untersuchung ein verstärktes Licht auf die französisch-englischen Beziehungen zur Zeit Richelieus, die sich in der französischen und deutschen Forschungsliteratur im Vergleich zur umfassenden Aufarbeitung der französisch-habsburgischen Beziehungen bis heute eher bescheidener Aufmerksamkeit erfreuen. Nach einem Wechsel der politischen Verhältnisse strebte auch eine Gruppe kroatisch-ungarischer Magnaten in den 1660er Jahren. Sabrina Rospert erhellt in ihrer Studie die Geschichte einer in der bisherigen Forschung als gescheiterte Verschwörung abqualifizierten Bewegung innerhalb des kroatisch-ungarischen Hochadels, die sich gegen die Politik des habsburgischen Kaisers Leopold I. im Nachgang des Vierten Österreichischen Türkenkriegs (1663–1664) richtete. Obwohl das Agieren der Magnaten nie über eine grundständige Planungsphase und geheime Untergrundkommunikation hinausging – und somit die in der Forschung dominierende Attribuierung einer gescheiterten Rebellion von Rospert dekonstruiert wird – stellte der Umstand des geheimen, verdeckten Planens für die habsburgische Regierung vor dem Hintergrund der frühneuzeitlichen Vorstellung der arcana als Staatsmonopol eine nicht tolerierbare politische Praxis dar, die als konkrete Gefahrenquelle wahrgenommen wurde. Mit ihrer Studie liefert die Autorin über den Themenkomplex des politischen Scheiterns hinaus einen wichtigen Beitrag zu den bisher kaum erforschten Beziehungen zwischen dem Wiener Hof und der kroatisch-ungarischen Aristokratie im Zuge der österreichisch-habsburgischen Großmachtbildung in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. In der zweiten Kategorie stehen epistemologische Fragen im Vordergrund. Im Rahmen der Studien Christa Birkels und Willem Fienes soll gefragt werden, wie sich überhaupt menschliches Scheitern im Bereich der Politik für den Historiker konkret anhand von Quellenzeugnissen erfassen und beschreiben lässt – insbesondere dann, wenn wie nicht selten bei vormodernen Forschungsthemen, diffizile Überlieferungskontexte vorliegen. Hierbei soll versucht werden, Fragen zu Analysemodus und Melais, ebd., 353–361; noch umfangreicher die Ausführungen zur Journée des Dupes, 504–515, und CinqMars-Verschwörung, 945–964.

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thodologie mit einer Diskussion um funktionale Definitionen von politischem Scheitern in der Vormoderne zu verknüpfen. In ihrem Beitrag zur Pfandherrschaft über das Herzogtum Luxemburg am Ausgang des 14. Jahrhundert analysiert Christa Birkel anhand der Korrespondenz des langjährigen Truchsessen, Huwart II. von Elter, mit dem Pfandherrn, Markgraf Jobst von Mähren, Mängel und Missstände der in Absenz ausgeübten Herrschaft über die Stammlande der Luxemburger Dynastie. Im Mittelpunkt der Untersuchungen steht ein Schreiben des luxemburgischen Statthalters aus dem Jahr 1398, das im Anschluss des Beitrags von der Autorin dankenswerterweise als Edition beigegeben wurde. Ein Scheitern wurde demnach durch den loyalen Vertreter des Markgrafen nicht explizit konstatiert, doch besteht die Herausforderung – und zugleich das Verdienst des Beitrags – darin, dieses in den Klagen und Beschwerden des Truchsessen als verklausulierte Akte der kommunikativen Markierung und Zuerkennung gescheiterter Politik zu identifizieren sowie deren Bedingungen und Ursachen zu ergründen. Das Fehlen direkter Verweise auf ein ausdrücklich erklärtes Scheitern regte die Verfasserin abschließend dazu an, auf ein Modell der kanadischen Politikwissenschaftlerin Christine Rothmayr zur Bewertung von Politik zurückzugreifen. Ein Modell aus der modernen Politikanalyse mobilisiert ebenfalls Willem Fiene, wenn er danach fragt, ob und inwiefern die französische Monarchie in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts in den Territorien Foix und Béarn ein failed state war. Ausgehend von einer auffälligen Überlieferungslücke königlich autorisierter Kanzleischreiben für die beiden südfranzösischen Gebiete untersucht Fiene das Regiment des Fürsten Gaston Fébus von Foix. Demnach gelang es Gaston auf geschickte Weise, die Konflikte seiner Untertanen an sich zu reißen und die Konfliktführung für sich zu monopolisieren, was wiederum eine signifikante Eigenständigkeit von der französischen Krone generierte. Zugleich mahnt der Autor bei der Konstatierung gescheiterter Staatlichkeit die Beachtung sozialer wie zeitlicher Perspektivität an. Zum einen musste die Schwäche der französischen Krone in den Gebieten eines erfolgreichen Regionalherrschers mitunter nicht als Fehlen staatlicher Strukturen wahrgenommen werden. Sie mochte gar als erfolgreiche Politik wahrgenommen und akzeptiert werden. Zum anderen gelang es der französischen Monarchie nach dem Tod Gastons, dessen Regionalreich und die ehemaligen Gefolgsleute in den Rechtsraum der Monarchie zu reintegrieren. Wer die kommunikative ‚Gemachtheit‘ von Scheitern, das heißt dessen Kreation im Verhältnis zwischen scheiternden Personen und ihrer sozialen Umwelt beobachten will, wird häufig fündig in (selbst-)reflektierenden Quellendokumenten, etwa in Chroniken, Berichten, Memoranden oder Briefen, die in zeitlicher Nähe zum Momentum des Scheiterns verfasst wurden. Auf diese Konstruktionen von Scheitern konnte allerdings mit ‚Gegenkonstruktionen‘ geantwortet werden. In der letzten Sektion des Bandes, Konstruktionen und Umdeutungen des politischen Scheiterns, soll deshalb auch der Frage nachgegangen werden, wie und weshalb sich die Wahrnehmung von politischem Scheitern im Verlaufe der Zeit verändern konnte. Kulturelle Kodierungen und soziale Praktiken sind keinesfalls statisch, sondern unterliegen Transformationspro-

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zessen. Mit der Zeit können divergierende Auffassungen und Interpretationen von dem entstehen, was vormals scheinbar eindeutig als gescheitert be- und verurteilt wurde. Kommunikationsräume entstehen, in denen das Vergangene wieder aufgerollt und neu verhandelt wird, wobei es mitunter um nichts Geringeres geht, als den Kampf um die eigens verabsolutierte Wahrheit zu führen. Zu Beginn der dritten Sektion analysiert Kouadio Guy-Stéphane Ulrich Kouame die kurzfristig gescheiterten Bemühungen des Reformpapsttums im 11. Jahrhundert, den römischen Klerus flächendeckend unter das monastische Institut des Zölibats zu zwingen. Trotz der Weisungen Roms verheirateten sich Geistliche nach wie vor und pflegten weiterhin sexuellen Umgang mit Frauen. Doch die Reformbemühungen veränderten langfristig nachweislich das administrativ-politische Funktionieren der Kirche, ihre kulturelle Kodierung, ihr Verständnis von sich selbst sowie die von außen, so auch von Laien, an sie herangetragenen Erwartungen, sodass es in Abhängigkeit von zeitlicher wie sozialer Perspektivität eine nicht unerhebliche Herausforderung bleibt, die gregorianischen Reformen als Scheitern oder Erfolg zu werten – in jedem Falle aber Ambivalenz zu konstatieren ist. Was sahen die historischen Zeitgenossen des Hochmittelalters in einem Herrscher, der nicht dazu in der Lage war, Nachkommen zu zeugen? Musste er nicht, wie im Falle Balduins I., König von Jerusalem (1100–1118), zwangsläufig als gescheitert gelten, sofern es nicht gelang, die Dynastie aus eigener Kraft zu erweitern und die Thronfolge zu sichern? Djro Bilestone Roméo Kouamenan arbeitet anhand der Geschichtsschreibung zu den Kreuzzügen heraus, wie es noch zu Lebzeiten gelang, das dynastische Scheitern Balduins I. in eine Überhöhung des Königs als tief frommer Christ, der ein Leben in Keuschheit präferierte, umzudeuten. Auf diese Weise wurde dem geradezu vorprogrammierten Scheitern ein proaktiv kreiertes Geschichtsnarrativ entgegengesetzt, das es verunmöglichen sollte, Balduin I. und dessen Herrschaft als gescheitert zu betrachten. Fabrice Hoarau kommt in seinem Beitrag auf die persönliche Abrechnung des französischen Festungsbaumeisters, Sébastien Le Prestre, marquis de Vauban (1633– 1707), mit der Rücknahme des Edikts von Nantes durch König Ludwig XIV. zu sprechen. Es war das erklärte Ziel des Königs, die Glaubenseinheit in Frankreich wiederherzustellen. Daher stellte die Rücknahme des Edikts für Ludwig XIV. einen persönlichen Triumph dar. Doch genau diese als religionspolitischer Erfolg gefeierte Maßnahme wurde von Vauban angesichts der gravierenden Folgen, darunter die Abwanderung zahlreicher gebildeter Fachkräfte, als Sicherheitsbedrohung für die französische Monarchie gedeutet und als Solche in Form mehrerer Denkschriften festgehalten. Der mehrheitlich positiven Wahrnehmung von Hof und Regierung setzte der Militär seine eigene Auffassung einer gescheiterten Politik entgegen.59 59 Heute weiß man um die von Vauban oder von anderen historischen Zeitgenossen wie dem reformierten Gesandten Brandenburgs am französischen Hofe, Ezechiel Spanheim, betriebene Dramatisierung der politischen, ökonomischen und kulturellen Einbußen, die Frankreich durch die Abwande-

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Mit dem Ende der französischen Monarchie wiederum beschäftigt sich Maria Sofia Mormile in ihrem Beitrag. Sie analysiert die Reflexionen innerhalb der ins Exil ausgewichenen Angehörigen der Bourbonendynastie vor dem Hintergrund der französischen Revolution. Trotz nachweisbarer Unterschiede in den Einstellungen zu den revolutionären Umwälzungen zwischen dem liberaleren Louis-Philippe, dem späteren Bürgerkönig, und den auf vollständige Restauration drängenden direkten Verwandten Ludwigs XVI., begriffen sich doch alle als Teilhaber an der Monarchie und somit als potentielle Thronanwärter. Die Monarchie wurde noch immer als göttlich legitimiertes Eigentum der Dynastie wahrgenommen. Mit diesem dezidiert vormodernen Verständnis von Staatlichkeit, das in unauflösbarem Widerspruch zur modernen Volkssouveränität stand, wurde jedwedes Eingeständnis des eigenen Scheiterns verunmöglicht, wollte man nicht Gesicht und Identität verlieren. Gerade aber mittels dieser realitätsabweisenden Negierung eigener Fehler und Unzulänglichkeiten setzten die Bourbonen den revolutionären Entwicklungen ihre eigene Wahrheit von der Rechtmäßigkeit ihrer vakanten Herrschaft entgegen trotz der in Frankreich um 1800 allgegenwärtigen Auffassung, dass die Bourbonen in jeglicher Hinsicht als gescheitert zu gelten hatten. Greift man den Ereignissen um die Niederlage Napoleons und der Restauration Ludwigs XVIII. vor, ließe sich das starre Festhalten der Bourbonen gar als Erfolgsnarrativ deuten – wenngleich bezeichnender Weise der Bruder Ludwigs XVIII., Karl X., im Jahre 1830 maßgeblich bedingt durch ebenjene kompromisslose Haltung gestürzt wurde und erneut ins Exil flüchten musste. Ulrich Niggemann beschließt den Reigen der Beiträge mit einer Untersuchung zur Rezeption der Jakobitenaufstände im Großbritannien des 18. Jahrhunderts. Wenig scheint so absolut und unverrückbar in der britischen Geschichtsschreibung wie das Scheitern der Anhänger Jakobs II. Stuart – des entthronten und nach Frankreich geflohenen Königs von England, Schottland und Irland. Mit der Absetzung eines Königs – die bekanntlich einige Jahrzehnte zuvor bereits Jakobs Vater, Karl I. Stuart, mit anschließender Hinrichtung widerfahren war – und der Herausbildung einer breiten öffentlich-medialen Diskurslandschaft markiert England, ab 1707 mit Schottland im Königreich Großbritannien verbunden, eine für die Forschung spannende Ausnahmeerscheinung in der europäischen Geschichte der Frühen Neuzeit. Typisch vormodern war dennoch das strikte Festhalten Jakobs II. und seiner Anhänger am göttlich legitimierten Herrschaftsanspruch der Stuart-Dynastie. Die beiden Aufstände der Jahre 1715 und 1745, die zum Ziel hatten, die hannoveraner Dynastie vom Thron zu stürzen und eine Restauration der Stuart-Herrschaft zu ermöglichen, wurden vernichtend nie-

rung der Hugenotten zu verzeichnen hatte. Der verursachte Schaden wird mittlerweile von der Forschung als verkraftbar eingestuft. Wesentlich schwerer dagegen wogen die permanenten Kriege sowie die Hungersnöte zum Ende der Herrschaft Ludwigs XIV., vgl. Externbrink, Ludwig XIV., 185 f. Damit lässt sich die Religionspolitik des Sonnenkönigs bis heute weder als eindeutigen Erfolg noch als gänzliches Scheitern beurteilen. Dagegen lohnt es sich, wie im Beitrag Hoaraus gezeigt wird, die Wahrnehmungen und Deutungen der Akteure von Scheitern oder Erfolg zu untersuchen.

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dergeschlagen. Hierbei gibt Niggemann zu bedenken, dass die Rollen des Siegers und Verlierers nach dem Ende der Aufstände in der öffentlichen Mediendebatte vonseiten der hannoveraner Dynastie und ihrer Parteigänger aktiv zugeschrieben werden mussten. Den Jakobiten gelang es jedoch, ihr Scheitern im Nachgang der beiden militärischen Niederlagen in einen moralischen Erfolg umzukodieren. Im Beitrag wird hierbei ein besonderes Augenmerk auf die Gerichtsreden der zum Tode verurteilten Stuart-Anhänger, die sogenannten Dying Speeches, gerichtet, die eine wirksame Kommunikationsplattform darboten, um sich als Streiter für die Sache der einzig legitimen Herrscherdynastie inszenieren zu können. Für Historikerinnen und Historiker, so hoffen die Herausgeber einleitend verdeutlicht zu haben, beinhaltet die Auseinandersetzung mit Scheitern insbesondere das Aufspüren und Identifizieren von Wahrnehmungen und Wertungen, die von den historischen Zeitgenossen und der Nachwelt vorgenommen wurden. Scheitern existierte demnach als kommunikativ konstruierte Deutungs- und Zuschreibungsakte, die jedoch nicht als absolutes Faktum gesetzt waren, sondern wiederum Veränderungsprozessen im Sinne von Umdeutungen und Umkodierungen unterliegen konnten. Soziale Konstruktivität und zeitliche Perspektivität erweisen sich folglich als gewichtige Faktoren, deren konsequente Beachtung es ermöglicht, im Begriff des Scheiterns ein ambivalentes anthropologisches Phänomen zu erkennen. Der vorliegende Band vermag sicherlich nicht das Phänomen des politischen Scheiterns in seiner ganzen Vielseitigkeit und in all seinen verschiedenen Aspekten zu erschließen – und verfolgt diesen Anspruch schon allein im Hinblick auf die zeitliche Eingrenzung des Themas auf die Epochen des Mittelalters und der Frühen Neuzeit keinesfalls. Allerdings versteht sich der Band als Beitrag zur Annäherung an ein komplexes Thema, dem in der Forschung größere Aufmerksamkeit gebühren sollte.

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 Teil I: Vor dem Scheitern Dynamiken des historisch Möglichen

Maxim Boyko

The pro-Spanish and anti-Richelieu Catholic faction at the court of Charles I of England Understanding and interpreting a political failure The late 1630s saw an unprecedented strengthening of the pro-Spanish, anti-French Catholic faction at the court of Charles I of England, which became a hotbed of intrigue and plotting against Cardinal de Richelieu. At the time, nothing seemed to be able to the rise of this coalition. However, it was strengthened by the arrival in London of the famous and politically strategic Marie de Rohan, Duchess of Chevreuse, bearer of a proposal for an Anglo-Spanish alliance against France, and of Queen Mother Maria de’ Medici, who had been in exile since 1631 and came surrounded by a number of the cardinal’s notorious enemies. Maria de’ Medici had the support of Queen Henrietta Maria and her entourage, as well as Charles I’s principal ministers and advisers. Both in diplomatic circles and public opinion, this faction actively sought to destabilize Richelieu.1 Within a few years, however, the undertakings of the Spanish “cabal” ended in a failure whose causes and circumstances deserve to be clarified. The aim of this study will be to outline the context, understand how the pro-Spanish, anti-Richelieu party found itself in a position of strength at the court of Charles I, and analyze why the undertakings of Richelieu’s enemies were ultimately unsuccessful. We will begin by highlighting the dynamics of, and underlying reasons for, the strengthening of the pro-Spanish Catholic faction at the English court: the role of Queen Henrietta Maria and her entourage, the arrival in England of the Duchess of Chevreuse and Maria de’ Medici, Charles I’s distrust of France and, more generally, the complexity and fragility of Franco-English relations in the years 1635–1640. We will then attempt to present the causes of the failure of this faction, which were of several kinds. The first relates to the political circumstances created by the outbreak and development of the pre-revolutionary and revolutionary turmoil that shook the British Isles from the late 1630s onwards, coupled with the errors and intrigues of the most prominent members of the faction. The aim of our investigation is to analyze how, at the time of these unprecedented British troubles, Charles I’s political failures resonated with the struggles and intrigues of the “Spanish party” and had repercussions on its core, resulting in its dislocation. The links between the royal family and the faction were such that the defeats of one risked causing the disappearance of the other. The convening of the Long Parliament in November 1640 thus led to

1 See Sharpe, The Personal Rule of Charles I, 174 f.; Smuts, Religion, European Politics, and Henrietta Maria’s Circle, 23–32; Hibbard, Charles I and the Popish Plot, 83–88. https://doi.org/10.1515/9783111087122-002

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the definitive destruction of the pro-Spanish faction: parliamentarians were particularly hostile to the pro-Spanish Catholics, who were seen, not without reason, as spearheading a Catholic restoration and a move towards a French-style absolute monarchy. We will then delve into Richelieu’s strategy, worthy of a great diplomat and tactician, as he skillfully took advantage of the situation, using the Anglo-Scottish war as a means to fight his enemies at the court of Charles I. Careful reading and analysis of the sources shows that the cardinal maintained a carefully balanced policy in the context of the British unrest. Richelieu’s political line was to maintain good relations with the Scottish rebels and the English parliamentarians while avoiding a break with Charles I, which could strengthen the faction. This study draws on a set of rich, often unpublished sources found in various archives in both France and England: the most important among these is the correspondence of the French and English ambassadors kept in the archives of the Ministry of Foreign Affairs, in the Archives nationales and the Bibliothèque nationale de France.2 The study of these diplomatic texts – which serve to cross-reference French and British analyses by soliciting sources from both sides of the Channel – is of particular interest. Moreover, these very thorough and well-preserved reports present the studies of particularly well-informed contemporary observers, transcribing in an often precise and direct manner the thoughts and intentions of the political authorities. Finally, we have also drawn extensively on Anglo-Saxon historiography,3 which deals with the political relations between the French and English crowns, albeit partially – the subject has still as yet been little explored on the French side.4

1 The pro-Spanish and anti-Richelieu faction at the court of Charles I To begin, let us briefly sketch the background and reasons for the unprecedented strengthening of the anti-Richelieu faction at the English court. The first nucleus of intrigue and conspiracy against the cardinal was formed in the early 1630s around

2 This mainly consists of the correspondence of the French ambassadors and agents in England Pomponne II de Bellièvre (1606–1657), Archives du Ministère des Affaires étrangères, Correspondance politique Angleterre (AAE, CP Angleterre), vol. 47; Bibliothèque nationale de France, Manuscrits Français (BnF, Mss Fr.) 15915 and 15916; Jacques d’Étampes (1590–1668), Marquis de La Ferté-Imbault, AAE, CP Angleterre, vol. 48; Archives nationales (AN), fonds d’Étampes, 508AP/9; and Jean de Montereul (c. 1614–1651), BnF, Mss Fr. 15995. It also includes exchanges between the English king’s ambassador extraordinary to France Robert Sidney (1595–1677), second Earl of Leicester, and the secretary of state Sir Francis Windebank (1582–1646), AAE, CP Angleterre, vol. 47. 3 For example, for French-English relations in 1630–1635 or the Earl of Leicester’s embassy, see Sharpe, The Personal Rule of Charles I, 82–86, 525–536. 4 This problem was raised in Bienassis, Richelieu and Britain (1634–1642), 133–146.

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Queen Henrietta Maria.5 Despite difficult and unhappy marital beginnings – the banishment of the queen’s French entourage, the omnipotence of George Villiers (1592– 1628), Duke of Buckingham, the king’s favorite, and the rapid march towards a Franco-English military conflict6 – she succeeded in occupying an important place in the life of Charles I as, after Buckingham’s murder,7 he sought consolation with her. And from 1629 onwards, she managed to take up a significant place not only in the king’s domestic circle but also in the political arena at the English court. The Princess of France, whose links with her country of origin were more dynastic and personal than patriotic, became the privileged intermediary of Spanish interests.8 As a result, relations between Richelieu and the queen began to deteriorate following the Journée des Dupes and Maria de’ Medici’s flight to the Spanish Netherlands in 1631. Members of Henrietta Maria’s close circle – her childhood friend, the Duchess of Chevreuse, her favorite François de Rochechouart, also known as the Chevalier de Jars, who was imprisoned and released by the Cardinal, her Scottish Oratorian confessor Robert Philip, her first chambermaid Madame de Vantelet, and her friend Walter Montagu – made no secret of their animosity towards Richelieu.9 Some had been involved in the conspiracy of the Marquis de Châteauneuf a few years earlier. Thanks to the support of Henrietta Maria, the English court became a hotbed of intrigues and plots against Richelieu.10 In July 1637, the Abbé Scaglia, who had long been plotting against the Cardinal and was an agent of Brussels, proposed to Charles I that he take part in a new plot against the minister fomented by Maria de’ Medici’s entourage. A few months later, Monsigot, Gaston d’Orléans’ secretary of commandments, arrived in London to discuss a proposal for reconciliation between the Queen Mother and Louis XIII. It is important to note that the Queen’s political influence with her husband grew as she secured the support of his key ministers and advisers: Francis Cottington, Chancellor of the Exchequer and leader of the pro-Spanish and pro-Roman Catholic faction at court, William Laud, Archbishop of Canterbury, and Francis Windebank, Secretary of State.11

5 Smuts, Religion, European Politics, 13–37. 6 Canova-Green/Wolfson (ed.), The Wedding of Charles I and Henrietta Maria. 7 The Duke of Buckingham was stabbed by John Felton in Portsmouth on 23 August 1628. See Lockyer, Buckingham: The Life and Political Career of George Villiers. 8 Loomie, The Spanish Faction at the Court of Charles I. 9 For biographical notes on some of these characters, see Cousin, Madame de Chevreuse; Batiffol, La duchesse de Chevreuse; Prawdin, Marie de Rohan; Mongrédien, Le bourreau du Cardinal de Richelieu, 79–93; Depping, Études sur le règne de Louis XIII; Chevallier, Le procès du chevalier de Jars, 239–242; McMillan, Robert Philip, Father confessor to Henrietta Maria, 83–96; 142–154; Foster, Walter Montague, Courtier, Diplomat, and Abbot, 85–102; 208–225. On the Châteauneuf conspiracy, see Smuts, Religion, European Politics, 23–25. 10 Questier, Newsletters from the Caroline Court, 21–25. 11 For the factions at the English court in 1636, just before the arrival of the Duchess of Chevreuse and Maria de’ Medici, see Hibbard, Charles I and the Popish Plot, 30–37.

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Added to this were the problematic and unsuccessful negotiations for an offensive and defensive Franco-English treaty undertaken in 1635–1637 by Henri de Saint-Nectaire, Marquis de La Ferté-Nabert, French ambassador extraordinary to London, and John, First Viscount Scudamore, English ambassador ordinary to Paris, assisted by Robert Sidney, Second Earl of Leicester, ambassador extraordinary in 1636–1641.12 The entry into open warfare with Spain led Richelieu, in general, to extend his alliances against the Habsburgs and, in particular, to conciliate with England, lest its rally to the Spanish side.13 For his part, Charles was all the more open to this as the discussions with the Spaniards had not hitherto enabled him to achieve the main goal he had chosen for his policy on the continent: the restitution of the Palatinate to his nephew Charles-Louis. An arrangement with France was an alternative for him to explore.14 From the outset, the negotiations proved difficult and unsuccessful. The rise of France worried Charles I, who always kept an eye on Spain. Finally, after several months of talks, the terms of the offensive and defensive treaty were agreed in June 1637, although they were not formally concluded. Charles I signed the instruments of the treaties first; Louis XIII was to do the same, but Richelieu doubted the sincerity of the English king’s commitments and feared that England was not ready to break openly with the Habsburgs. In order to delay the French king’s signature, the cardinal used the pretext of the need to obtain the approval of his Protestant allies – the German princes, Sweden, and Holland – at a conference planned to take place in Hamburg but constantly postponed.15 This complexity of Franco-English relations only strengthened the pro-Spanish Catholic faction at the English court, whose peak can be situated around 1638. First, on 25 April, the Duchess of Chevreuse, a childhood friend of Henrietta Maria, landed in Portsmouth, accompanied by Alonso de Cárdenas, representative of the King of Spain, whose first mission was to secure the raising of Irish troops to aid the Duke of Lorraine against France.16 Received with enthusiasm and given a flat in the royal palace and a pension, she conveyed a proposal for an Anglo-Spanish alliance and quickly embarked on new intrigues against the cardinal. Once in London, the

12 See Atherton, Ambition and Failure in Stuart England, 171–219 and Atherton, Sidney, Robert, Second Earl of Leicester, 572–575. 13 Bienassis, Richelieu and Britain (1634–1642), 133–146. 14 The affair of the Palatinate’s return influenced the early Stuarts’ foreign policy. In 1618, Frederick V, Count Palatine of the Rhine, married to Elizabeth Stuart, daughter of James I, had unwisely accepted the Bohemian crown offered by the predominantly Protestant states. Having suffered a heavy defeat against the imperial troops at the Battle of White Mountain on 8 November 1620, he was not only stripped of his new dignity by Ferdinand II but also expelled from his lands in the Palatinate and banished from the Empire until he died in Mainz in 1632. From then onward, Charles I, having established himself as the protector of his nephew Charles-Louis, Frederick V’s son and heir, worked for the return of the Palatinate to its hereditary lands. 15 Sharpe, The Personal Rule of Charles I, 525–536. 16 Loomie, Alonso de Cárdenas and the Long Parliament, 290.

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Duchess, who was already familiar with some members of the Queen’s entourage – including Henry Rich, Earl of Holland, reputed to be her lover17 – gathered around her a significant number of individuals hostile to Richelieu and France. Notably, she renewed her friendship with Walter Montagu, whom she had hosted in Paris in 1634, and courted Father Philip, the Queen’s confessor. Then comes the arrival in England of Maria de’ Medici in October 1638, with an entourage of six hundred, including Charles de La Vieuville, former superintendent of finance, Jacques Le Coigneux, president of the Parliament of Paris, and Henri de Nogaret de La Valette, disgraced by Richelieu after a defeat at Fontarabie. All were notorious enemies of the cardinal. Their arrival further accentuated the “Spanishisation” of the court in general and of Henrietta Marie’s political vision in particular. The Queen of England could not resist the flattery of her mother and the Duchess of Chevreuse, thus favoring the resumption of negotiations with Spain; this only worsened relations with France. These Spanish/Catholic circles were undoubtedly behind the rumors at Charles’s court, accusing France of interference in British domestic affairs. They fostered the view that the cardinal had played an active role in the outbreak and development of the revolutionary turmoil in the British Isles from the late 1630s onwards. And they accused the cardinal, more or less explicitly, of having encouraged and supported the disturbances in Scotland in 1637–1640. It should be noted that English historiography of the seventeenth and eighteenth centuries, as well as (perhaps to a lesser extent) French historiography under the Ancien Régime, shared this view.18 Above all, these rumors may have been supported by the missions that Richelieu entrusted to his chaplain, Thomas Chambers, on his numerous trips to the British Isles.19 On 1 September 1637, his name appeared in the cardinal’s papers for the first time. It is an instruction in which Richelieu gave Chambers, “gentilhomme escossais, l’un des gentilshommes de sa maison”, permission to travel to the British Isles in order to find “avec adresse et secret les meilleurs moyens que l’on pourra employer pour avoir des levées d’Ecos17 Smuts, The Puritan Followers of Henrietta Maria in the 1630s, 26–45. 18 Hyde, The History of the Rebellion and Civil Wars, 398; Baker, A Chronicle of the Kings of England, 469 f.; Gordon, History of Scots Affairs, from 1637 to 1641, vol. 3, 9; Sanderson, A Compleat History of the Life and Raigne of King Charles, 286; Warwick, Memoirs of the Reign of Charles I, 152; Whitelocke, Memorials of the English Affairs, 33; d’Orléans, History of the Revolutions of England, vol. 3, 248–252. 19 Thomas Chambers’ name was Frenchified to Deschambres or de Chambres. The son of Gilbert Chambers, a merchant from Aberdeen, a port city in northeastern Scotland, and his wife Christian Con, he was educated at the Scots College in Rome in the years 1630–1637. There he studied philosophy and theology before being ordained a priest and leaving the papal city in the spring of 1637 to enter the service of Richelieu. After the cardinal’s death, Chambers, adviser, secretary, and chaplain ordinary to the king as well as his interpreter of foreign languages probably became Mazarin’s chaplain. A benefactor of the Scots College in Paris, he was actively involved in the life of this community. Always suspected of serving the enemies of the English crown, Chambers died in late 1651 or early 1652. See Williams, Paper Monuments, 77–99; Mcinally, The Sixth Scottish University: The Scots Colleges Abroad, 44.

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sois”. After that, his travels became more frequent: the sources we have consulted attest to at least two. In a letter dated 2 December 1637, the cardinal informed, the Count of Estrades of the forthcoming return of his chaplain.20 In 1639, the latter spent several more months with his uncle, who had fallen seriously ill; on this occasion, he brought some bills of exchange for the raising of troops, distributing them in June 1639.21 These comings and goings of someone close to Richelieu naturally aroused suspicion and concern at the English court. It was based on these rumors that, in September 1638, Windebank asked Leicester to prevent the delivery of French munitions to Scotland by all means; it was rumored that two French ships loaded with munitions had been stopped at Dover.22 Although the English ambassador replied to Windebank that he did not believe this to be true, a few months later, the same rumors were again fueled by major French naval maneuvers in the Channel and the North Sea, which were seen in London as possible preparations for an offensive against the islands of Jersey and Guernsey.23 Distrust of the English was at its height. Windebank wrote to the Earl of Leicester that “nos jalousies du Cardinal sont maintenant plus grandes que jamais”, and the French ambassador warned that events could be exploited by those whose main aim was to “brouiller les deux couronnes”. Faced with plots and rumors from across the Channel, the arsenal at Richelieu’s disposal was a meager one. First, he could not count on English Catholics, who were mostly pro-Spanish. The French ambassador in London, Pomponne de Bellièvre,24 tried to defend their interests and, in so doing, to get closer to Henrietta Maria – which following events offered him the opportunity to do. Indeed, in response to the first disturbances in Scotland in the summer of 1637, Charles I decided to issue new proclamations against Catholics in order to remove any ambiguity in the minds of the Covenanters, who would have seen the establishment of the Anglican rites as a first step towards the restoration of Catholicism. The queen then sought the assistance of the French ambassador, who, during an audience, succeeded in convincing the king to moderate the terms of the proclamations without withdrawing them.25 Let us also recall an emblematic gesture made by Richelieu in early 1638 in favor of the queen: he ordered the release of the Chevalier de Jars so that the sovereign would “se porte[r] avec d’autant plus de chaleur à ce qui regardera la France”. However, these efforts

20 Avenel, Lettres, instructions diplomatiques et papiers d’État, vol. V, 896. 21 BnF, Mss Fr. 15915, fol. 283, letter from Chavigny to Bellièvre, Paris, 15 March 1639; fol. 285, letter from Sublet de Noyers to Bellièvre, Rueil, 13 March 1639; AAE, CP Angleterre, vol. 47, fol. 497, letter from Bellièvre to Sublet de Noyers, London, 2 June 1639. 22 AAE, CP Angleterre, vol. 47, fol. 219, Windebank to Leicester, 20/30 September 1638; fol. 234, Leicester to Windebank, 8 October 1638. 23 AAE, CP Angleterre, vol. 47, fol. 23, Windebank to Leicester, 8/18 February 1638. 24 Pomponne II de Bellièvre (1606–1657), Marquis de Grignon, counsellor at the Parliament of Paris, maître des requêtes and ambassador extraordinary to Rome in 1635, then to England between September 1637 and February 1640. 25 AAE, CP Angleterre, vol. 47, fol. 36, letter from Bellièvre to Richelieu, London, 28 February 1638.

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were only partially successful: the French government was unable to turn Henrietta Maria away from her pro-Spanish leanings. As for George Con, the Pope’s resident at the court of Charles I and the uncle of Thomas Chambers, his main objective was the ‘Catholicization’ of the Anglican courtiers, and he approached the Queen Mother and the Duchess of Chevreuse to this end.26 The latter rapprochement was all the more unfortunate for the cardinal, as his numerous attempts to chase Chevreuse out of England – including having her husband, who remained loyal to the cardinal, sent the Abbé du Dorat and the Sieur de Boispillé to London in order to persuade her to leave – ended in failure.27 Consequently, the year 1638 marked the peak of the influence of the pro-Spanish faction at the court of Charles I. Strengthened and brought closer to the royal family as well as to a large number of courtiers and statesmen, it seemed to be in a position to cause considerable harm to Richelieu, who had significant geostrategic objectives in England in his struggle against the Habsburg hegemony. However, a few years later, the situation was abruptly reversed. In 1640, as the core of the Spanish “cabal” disappeared, a new political situation more favorable to French interests suddenly presented itself to the cardinal. In the next section, we will look at the reasons for this shift.

2 The destruction of the faction: the reasons for a political failure The failure of the pro-Spanish Catholic faction can be explained by a combination of several factors that go beyond a general climate of intranquility related to the rise of Puritanism and the government without calling members of Parliament. First, political errors and intrigues by members of the faction led to increasing hostility from the English public. By the late 1630s, the circle around Henrietta Maria and the Queen Mother posed the twin threats of Catholic restoration and absolutism, with the king himself accused of crypto-Catholicism and betrayal of the Anglican faith.28 The actions and behavior of the Duchess de Chevreuse and Maria de’ Medici particularly aroused the anger of parliamentarians and the general population. They were the focus of the most virulent criticism. Lodged and living “à l’ordinaire du roi d’Angleterre” – that is, at his expense – with a pension of 200 guineas per week,29 Chevreuse had forged close ties with a num-

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Hibbard, Charles I and the Popish Plot, 38–71; Dubois, Un Écossais, légat à la Cour d’Angleterre, 5– Batiffol, La duchesse de Chevreuse, 181–191. On the accusations against the King of England, see Hibbard, Charles I and the Popish Plot. Batiffol, La duchesse de Chevreuse, 176; Hibbard, Charles I and the Popish Plot, 86.

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ber of suspicious and fearsome characters, among them the abovementioned Alonso de Cárdenas, who in 1640 had become the King of Spain’s ambassador to England. Exchanges between Bellièvre and the French government referred to “negotiations” and “correspondence” between Chevreuse, La Vieuville, La Valette, and “l’agent d’Espaigne”.30 Richelieu stated in his Memoires that the Duchess was even in correspondence with the Spanish Prime Minister, the Count of Olivares.31 She also approached George Con, the Pope’s resident at the English court, an influential and well-informed figure. Con wanted to turn the Anglo-Scottish conflicts to the advantage of the Scottish Catholics, who were very weak numerically and politically, and pushed Charles I to undertake an offensive against the Scots.32 These intrigues undoubtedly further inflamed the anger of the public, which was very hostile to the pro-Spanish and pro-Roman Catholics, and even put Cárdenas’ life at risk.33 Then, when Maria de’ Medici moved to England and took up residence at St James’s Palace in London, her presence soon began to arouse hostility, linked to the Queen Mother’s lavish lifestyle and Catholic activism.34 Charles I himself feared the increased expense of hosting his mother-in-law. The pension allocated to Maria de’ Medici amounted to a hundred pounds daily, even as the military conflicts with Scotland drained the royal treasury.35 Moreover, Henrietta Maria immediately ordered the payment of 20,000 pounds of her mother’s debts.36 And on top of these large expenses were the court entertainment and the expenses they entailed. For example, the masque Salmacida Spolia – the last one performed in Whitehall before the outbreak of the English Civil War in January 1640 – featured the family ties between the Queen of England and Maria de’ Medici.37 As a result, a number of pamphlets and satires attributed the levying of the unpopular ‘ship money’ – a maritime tax initially intended to protect coastal inhabitants against pirates but which had become regular and permanent since 1634 – to the need to maintain the Queen Mother’s lifestyle.38 This excerpt from an anti-Catholic pamphlet published by the London lawyer William Prynne is illustrative: 30 BnF, Mss Fr. 15915, fol. 344, letter from Chavigny to Bellièvre, Péronne, 12 July 1639; fol. 347, letter from Noyers to Bellièvre, Péronne, 13 July 1639; fol. 351, letter from La Barde to Bellièvre, Mouzon, 3 August 1639. 31 Petitot (ed.), Mémoires du cardinal de Richelieu, vol. X, 487. 32 On Con’s role in this conflict, see Hibbard, Charles I and the Popish Plot, 94–96. 33 Loomie, Alonso de Cárdenas and the Long Parliament, 292. 34 Smuts, Religion, European Politics, and Henrietta Maria’s Circle, 31. 35 Osborne, A Queen Mother in Exile: Marie de Médicis in the Spanish Netherlands, 31. 36 Harris, Queenship and Revolution in Early Modern Europe, 159. 37 Britland, Drama at the Courts of Queen Henrietta Maria. 38 In 1634, Charles I imposed ‘ship money’, which obliged all maritime towns to provide either ships or funds to build them. The first collection of the naval levy was reasonably successful. This success led the government to extend the tax to the entire country, inland and maritime counties alike. The tax was repeated in 1636, 1637, and 1638, spurring resistance. See Sharpe, The Personal Rule of Charles I, 537–600.

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The Queene Mother wheresoever shee hath beene, there could be no peace or tranquility, yet ship and conduct mony must be had to keepe her and her Shakraggs, who are now well clothed and must have new suits if the City lendeth money.39

Beyond this purely financial aspect, Maria de’ Medici’s behavior also reinforced suspicions of a conspiracy to encourage Charles I not only to set up French-style absolutism but also to restore the Catholic religion in England. These fears were fuelled by the establishment of a private chapel at St. James’s Palace served by the Jesuit Father John Suffren, the Queen’s confessor since 1611.40 Various rumors and pamphlets began circulating secretly, blaming “les agents jésuites de la reine mere”, further discrediting the faction.41 In one of his best-known pamphlets, Prynne described Maria de’ Medici’s “mission” in England: And to further this Catholike work more effectually, the Queen Mother must be sent over into England, to contribute her assistance to the Catholike party here, which she had so much assisted in France, and forraign parts. No wonder then if the designe succeeded, prevailed so much of late, since assisted, promoted by so many powerfull active agents.42

Eventually, as the political situation in England deteriorated, Medici’s presence became the subject of increasing popular hostility, to the extent that she sought additional protection from the crowds gathering near her residence in May 1641.43 This prompted the House of Commons to put pressure on the Lords to ask the king to remove his mother-in-law. As the unpopularity of the Catholic faction grew, its members were entirely reliant on the support of the royal family, thus further strengthening the already existing ties of interdependence. We may thus ask: did Charles I’s political failures and defeats of the late 1630s thus erode the position of the core faction, gradually leading to its demise? It all began with the attempt by Charles I and Archbishop Laud to introduce English episcopal discipline into Presbyterian Scotland. The introduction of the English Prayer Book, which was to introduce a new liturgy and give a greater role to Scottish bishops, caused a great uproar in St. Giles’ Cathedral, Edinburgh, on 23 July 1637.44 These events took place against the backdrop of the religious disputes over Arminianism and the episcopal politics of Laud that had animated and fractured the Church

39 Prynne, Hidden workes darkenes brought to publike light, 196. 40 Minois, Le confesseur du roi: les directeurs de conscience, 360. 41 As an example, see the anonymous pamphlet A discoverie, to the praise of God. 42 Prynne, The Popish Royall Favourite, 57. 43 Osborne, A Queen Mother in Exile: Marie de Médicis in the Spanish Netherlands, 36. 44 See Fissel, The Bishops’ Wars; Stevenson, Scottish Revolution; Conrad, The Origins of the English Civil War.

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of England since the end of James I’s reign.45 In February 1638, the Presbyterians, supported among others by the Scottish nobility and the burghers of the Lowlands, committed themselves in a solemn pact, the “Covenant”, to defend their religion against the episcopate, and demanded certain independence from the monarchy in their religious affairs. Negotiations between the English crown and the Covenanters having failed, Charles I launched a punitive expedition that quickly failed, forcing the king to sign the Berwick Peace Treaty on 18 June 1639. But the compromise that ended the First Bishops’ War was short-lived. At a meeting on 12 August, the Scottish Church Assembly decided to abolish the episcopate and asked all Scots to sign the Covenant. The Scottish Parliament, meeting on 31 August, not only confirmed the abolition but also introduced a war tax and reserved the right to rule in the absence of the King of England. As most foreign observers quickly understood, Charles I could not emerge victorious from the conflict – a view shared by most foreign observers.46 The Short Parliament, which was dissolved on 5 May 1640 after only three weeks in session, had refused to vote on the expenditure necessary to continue the war. In the meantime, it had also become apparent that Charles I had little prospect of help from the Spanish. The Earl of Strafford,47 the King’s adviser, began negotiations with Spain to seek financial aid – the sinews of war – the day after the dissolution of the Short Parliament in exchange for protection for Spanish ships and goods in the Channel. But the discussions failed: Charles I may have been wary of English reactions to an alliance with Catholic Spain, which had to face a massive revolt in Catalonia beginning in May 1640. The king then embarked on the Second Bishops’ War, which proved even more disas45 Religious issues were at the heart of the British crisis. Despite the existence of controversy within the Church of England since the Acts of Supremacy and Uniformity of 1559, the Calvinist doctrine of grace and predestination united moderate Protestants and Puritans, sometimes well, sometimes poorly, until the 1620s, and more precisely until the publication in 1624 of the pamphlet A Gagg for the New Gospel? A New Gagg for an Old Goose by Richard Montague, later Bishop of Chichester and then Norwich. This publication indeed marked the Arminian offensive. Inspired by Dutch Arminianism, its followers rejected Calvinist predestination. This theological break was coupled with a desire to reform the liturgical ceremonial, the indispensable expression of faith: emphasizing the pomp of the ceremonies, rearranging the liturgy, and restoring the intermediary role of the clergy in the economy of salvation. Sensitive to the Arminian cause, Charles I appointed a number of these followers to key positions in the episcopal hierarchy in places such as York, Norwich, and Winchester. Moreover, in 1628, William Laud, the acknowledged leader of the anti-Puritan party, was appointed Bishop of London before becoming Archbishop of Canterbury in 1633. He immediately began to pursue a policy of thoroughgoing anti-Puritanism, especially in the capital, which was considered the bastion of Puritanism, thus provoking a strong counter-reaction. See Sharpe, The Personal Rule of Charles I, 275–402; Tyacke, Puritanism, Arminianism and Counter-Revolution, 119–143; Tyacke, Anti-Calvinists. The Rise of English Arminianism; Carlton, Archbishop William Laud; Poussou, Religious Clashes in the British Isles, 280–294. 46 Gregg, Charles Ier, 342. 47 Thomas Wentworth (1593–1641), first Earl of Strafford, minister and adviser to the King, Lord Lieutenant of Ireland. Arrested by order of Parliament, he was charged with treason and executed on 12 May 1641.

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trous for his forces than the first. In late October 1640, he was forced to make a provisional treaty with the Scots at Ripon. The Scots demanded that the negotiations be transferred to London and that the English Parliament be involved in drawing up the final treaty. Backed into a corner, Charles I ordered a new Parliament to be convened on 3 November 1640. The so-called Long Parliament that followed proved deeply hostile to the proSpanish Catholic faction and organized a real hunt for its members. Jean de Montereul wrote of “du mauvais vent qui commençait à souffler pour les catholiques”.48 Windebank, accused of signing letters of grace in favor of recusant priests and Jesuits, fled to France in December 1640, followed by Montagu in April 1641. The Earl of Strafford and Archbishop Laud were arrested and imprisoned in the Tower of London. Finally, Maria de’ Medici also hurriedly left England on 22 August 1641, just in time to escape the popular demonstrations of November and December that demanded the heads of the Anglican bishops. Richelieu found this purge all the more advantageous because, even after the departure of the Duchess of Chevreuse in May 1640, the entourage of Maria de’ Medici continued to spread rumors aimed at discrediting France. For example, in his letters, Montereul reported that Spanish agents had led people to believe that the French were preparing an army of thirty thousand men in Calais to intervene in England. And Henrietta Maria continued her own intrigues: plotting to bring these rumors to the ears of Montereul in Parliament, the Queen is said to have confided in private that “on est très aise en France, on y vit du malheur de ce pays”.49 The convening of the Long Parliament thus led to the destruction of the faction, which was the focus of public hatred and deprived of the support of a politically weakened king. And indeed, in the course of 1640, the political situation had reversed to the extent that, deprived of the support of the Spaniards and their agents, Charles I and Henrietta Maria were reduced to seeking the help of Louis XIII. As soon as the Short Parliament was dissolved, the King of England insisted on the appointment of a new French ambassador. As for the queen, she endeavored to join forces with Richelieu to obtain the cardinal’s hat for Jacques Le Noël du Perron.50 For his part, the Earl of Holland urged Charles I to conclude a league with France.51 This turnaround would not have been possible without Richelieu’s adoption of a careful and measured policy from the beginning of the internal upheavals in Britain. In this way, the cardinal prevented Charles I from turning entirely away from France 48 Bellièvre left England in February 1640, leaving his secretary Jean de Montereul (c. 1614–1651), as chargé d’affaires. Montereul filled this role from March 1640 to July 1641. See AAE, CP Angleterre, vol. 48, fol. 197, transcript of a letter from Montereul, 6 December 1640. 49 AAE, CP Angleterre, vol. 48, fol. 389, summary of a letter from Montereul, 27 June 1641; BnF, Mss Fr. 15995, fol. 127, duplicate of a letter from Montereul, 4 October 1640. 50 Jacques Le Noël du Perron (c. 1590–1649), former chaplain to Henrietta Maria and bishop of Angoulême beginning in 1636, was a regular visitor to London in the years 1637–1640 as an agent and close associate of Richelieu. 51 Hibbard, Charles I and the Popish Plot, 178 f.

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and throwing himself definitively into the arms of the pro-Spanish faction. The British crisis was of primary geostrategic importance to him, and Richelieu, whose foreign policy towards England initially seemed doomed to failure, managed to turn the situation to his advantage. Accused by the Catholic faction of fomenting the Scottish revolts against the authority of Charles I, the cardinal could have openly supported the Scots. Ambassador Bellièvre, frightened by the intrigues being hatched against the cardinal and the growing influence of the entourage of the Duchess de Chevreuse and Maria de’ Medici, argued for greater efforts to appease the English Catholics and form a new party at court but went so far as to raise the alternative of supporting the rebels in Scotland. Jean d’Étampes de Valençay, the French ambassador to Holland, also thought that a civil war would help to divert Charles I from “nouveautés à quoy l’oysiveté et trop grand repos porte les esprits”.52 Richelieu’s reaction was nevertheless prudent and measured: on the one hand, he sought to reassure Earl Leicester of Louis XIII’s neutrality and, on the other, to dissuade Bellièvre from undertaking costly and risky actions likely to further damage relations between Paris and London, while avoiding undermining his sense of dignity and initiative as ambassador.53 For Richelieu to meddle openly in British affairs would have been to commit a political error, risking not only further deterioration in relations between the two crowns but the triumph of the pro-Spanish faction. This risk should not be underestimated, given how readily the King of England was persuaded that the French supported Scotland, as well as the incredible power of the Spanish party at the English court.54 Moreover, Richelieu, who closely followed events in Britain, was likely wary of being quickly overwhelmed by a military conflict with particularly complex and difficult to grasp religious dimensions. And he was aware of the inability of the traditional players in French and European diplomacy to influence the unprecedented British crisis, which involved Scottish and English religious problems caused by the Arminian innovations of Charles I and Laud in theological and liturgical matters.55 The military conflict nevertheless suited the cardinal, who found a way to prevent a possible Anglo-Spanish alliance. Indeed, instead of pursuing unsuccessful, if not entirely futile, attempts to stop the strengthening of the pro-Spanish party at the English court, Richelieu came to view the ongoing civil war between Charles I and the Covenanters as in itself a sufficient obstacle to further Anglo-Spanish rapproche-

52 AAE, CP Angleterre, vol. 47, fol. 398, summary of a letter from Bellièvre, March 1639; BnF, Mss Fr. 15916, fol. 184, letter from d’Étampes de Valençay to Bellièvre, The Hague, 14 February 1639. 53 BnF, Mss Fr. 15915, fol. 275, letter from Chavigny to Bellièvre, Rueil, 25 February 1639. 54 Hibbard, Charles I and the Popish Plot, 91. 55 On the difficulties of reconstructing the mechanism of British events in order to understand their causes, which were purely religious and political, see Poussou, Revolution, Religion and Economy in England in the 1640s, 745–758.

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ment.56 As long as the Scots could sustain their own war efforts, France did not need to abandon the appearance of strict neutrality. In this light, Richelieu’s repeated assertion of his principled non-interference in British internal affairs can be seen as a means of appeasing Charles I and even of regaining the confidence of the royal couple, who attached great importance to this neutrality. This is evidenced, for example, by the king’s declaration, at an audience with Bellièvre, “qu’il aurait été offensé si la France lui avait proposé de s’entremettre à l’accommodement entre lui et les Écossais”.57 Richelieu’s firm stance was intended to convince Charles of the sincerity of the French, and even for them to serve “de reigle et d’exemple pour ne se point mesler des affaires d’autruy”.58 The Cardinal thus adopted a ‘two irons in the fire’ strategy – or, we might say, a balancing act. On the one hand, even after the conclusion of the Peace of Berwick on 18 June 1639, which could have given Charles I a free hand and encouraged him to act against French interests under the influence of the pro-Spanish Catholic faction, Richelieu did not change his political line. He bided his time, awaiting the details of the peace treaty – the admission of Scots to the Council of State might moderate the pro-Spanish influence in their negotiations – and the meeting of Scottish institutions. On the other hand, Richelieu was also trying to establish direct relations with parliamentarians. Although Richelieu succeeded in gaining support in Parliament, it was not an easy task. Some members of Parliament were suspicious of the involvement of France, which was regularly suspected of supporting Catholicism in England. Henrietta Maria’s entourage spread the rumor that the new French ambassador, La FertéImbault59, had been tasked with defending Catholics from Puritan oppression, even if it meant opposing Parliament.60 The anti-French sentiment of some deputies was no doubt further fuelled by the royal couple’s appeals for help to Louis XIII.61 On the whole, however, the parliamentarians attempting to impose limits on the power of the King of England were, for the most part, less hostile to France than was the court of Charles I. Having arrived a few weeks before the opening of the Short Parliament, Montereul had already been following parliamentary life closely for some time. In addition to his official correspondence, he kept a diary of the Parliament in which he scrupulously noted discussions relating to religion and the complaints made by deputies against Catholic circles. He was also quick to form links with a number of deputies, including John Pym, a Puritan and fierce opponent of the Catholic Church, whom he saw as likely to overthrow the “cabal” and drive the Queen Mother out of

56 BnF, Mss Fr. 15915, fol. 331, letter from La Barde to Bellièvre, Abbeville, 11 June 1639. 57 BnF, Mss Fr. 15915, fol. 292, letter from Chavigny to Bellièvre, Paris, 25 March 1639. 58 BnF, Mss Fr. 15915, fol. 305, letter from La Barde to Bellièvre, Rueil, 28 April 1639. 59 Jacques d’Étampes (1590–1668), Marquis de La Ferté-Imbault, was France’s ambassador to England from July 1641 to September 1642. 60 BnF, Mss, Français, 15995, fol. 177, duplicate of a letter from Montereul, n. d. 61 See Hibbard, Charles I and the Popish Plot, 178–179.

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England.62 Montereul was also in touch with the Earls of Holland and Northumberland.63 In general, increased trust between France and the Parliament of England was likely to frighten the House of Austria while avoiding compromising Louis XIII with an overly specific commitment.64 In the end, this policy of balance opened up new prospects for Richelieu in the relations between the two kingdoms. The failure and dismantling of the pro-Spanish Catholic faction and the increased powers of Parliament removed the specter of an Anglo-Spanish alliance and even seemed to have the potential to lead England into a conflict with the Habsburgs, an objective pursued by the cardinal since the Franco-English negotiations of 1635–1637. Although the precipitous events of 1641–1642 – the Great Remonstrance and the outbreak of the English Civil War – further upset the British Isles and buried the cardinal’s hopes, the emerging revolution also completely ruled out a revival of the pro-Spanish, anti-Richelieu faction at the English court. This case of a political enterprise that its participants had carefully thought out, the cardinal’s enemies, but that was brought down as much by their own political errors and intrigues as by the course of external events and circumstances, is representative of a pattern of political failure in Europe in the first half of the seventeenth century. It could thus serve as a starting point for another, more global study, aiming to establish a more general typology of failure in the political sphere in the modern period.

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62 Hibbard, Charles I and the Popish Plot, 167 and Cottret, The English Revolution: A British Rebellion, 144. 63 BnF, Mss, Français, 15995, fol. 170, duplicate of a letter from Montereul, n. d.; Cope (ed.), Proceeding of the Short Parliament of 1640, 38 f.; Anonymous, A discoverie, to the praise of God. 64 AN, Fonds d’Étampes, 508AP/9, letter from Chavigny to La Ferté-Imbault, Amiens, 4 October 1641.

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Gescheiterte Rebellen und Verschwörer? Die Würdenträger des ungarischen Königreichs und ihr Wirken im politischen ‚Untergrund‘ 1664–1670

1 Einleitung: Gescheiterte Rebellen und Verschwörer? Zwischen Januar und März 1670 kam Kaiser Leopold I. und seinen Geheimen Räten das Gerücht zu Ohren, dass der Ban von Kroatien und Slawonien, Peter Zrínyi, hinter einer Reihe gefährlicher, gegen den Wiener Hof gerichteter „Vor- und Anschläge“ stehen würde. Der Würdenträger hätte im Norden des ungarischen Königreichs, dessen Aristokratie er angehörte, Aufstände angezettelt mit dem Ziel, Leopold I. als rechtmäßig gewähltes Staatsoberhaupt zu stürzen und so ein Ende der bereits seit 1526 bestehenden Herrschaft der Habsburger über Ungarn herbeizuführen. Eine Reihe von Spähern und Vertrauten wurde damit beauftragt, den Wahrheitsgehalt der Meldung zu überprüfen. Der Geheime Rat befand schließlich, dass der Graf Zrínyi „alle zu einer Rebellion erforderte Essential-Requisita […]“ erfülle.1 Weitere Ermittlungen zeigten, dass Zrínyi den politischen Umsturz jedoch nicht allein geplant, sondern zu diesem Zweck über mehrere Jahre hinweg mit seinen Standesgenossen aus der ungarischen Magnaten- und Würdenträgerschicht kooperiert hätte, etwa mit dem bereits 1667 verstorbenen Palatin (Vizekönig) Franz Wesselényi sowie dem ungarischen Landesrichter Franz III. Nádasdy, einem am Wiener Hof hochgeschätzten Aristokraten, der auch über das österreichische Indigenat verfügte.2 Peter Zrínyi und der noch lebende Franz Nádasdy wurden im Frühjahr 1671 des Majestätsverbrechens (crimen laesae maiestatis) sowie des Hochverrats (perduellio) schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt3;

1 Rački, Acta coniurationem, 86: Relatio conferentiae apud Celsissimum Ducem Saganensem 20. Martii 1670; das Gerücht wurde dem Wiener Hof durch den kaiserlichen Residenten in Konstantinopel, Johann Baptist Casanova, gemeldet. 2 Der Landesrichter Nádasdy verfügte durch den Erwerb des Schlosses Pottendorf in Niederösterreich seit 1665 über das österreichische Indigenat, siehe ÖStA, FHKA, Niederösterreichische Herrschaftsakten, P54/A/1, fol. 50. 3 Die Straftatbestände des Majestätsverbrechens (crimen laesae maiestatis) und des Hochverrats (perduellio) gehen auf das antike römische Recht zurück. Sie wurden bereits dort genutzt, um Angriffe, Attentate etc. auf die Obrigkeit zu ahnden und zu verfolgen. Die Tatbestände sind eng miteinander verwandt; obwohl Juristen im Heiligen Römischen Reich seit dem 16. Jahrhundert darum bemüht waren, zwischen beiden Straftatbeständen zu differenzieren, waren sie in der Rechtspraxis in der Regel gemeinsam in Gebrauch, vgl. Steinberg, Hochverrat. https://doi.org/10.1515/9783111087122-003

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ihre vermeintlich gemeinsam erdachten „Vor- und Anschläge“ gingen in die Geschichte als sogenannte Magnatenverschwörung ein.4 Die Magnatenverschwörung stellt bis heute einen Wendepunkt in der neueren Geschichte Ungarns dar: Sie markiert den Auftakt zu weiteren Adelserhebungen gegen das Haus Habsburg. Während zu den Aufständen Emmerich Thökölys und Franz II. Rákóczis jeweils eine Fülle an historiographischen Arbeiten existiert,5 hält sich das Interesse an der Magnatenverschwörung in Grenzen. Abgesehen von der bereits 1876 erschienen Pionierstudie des ungarischen Archivars Gyula Pauler wurde die Verschwörung einzig überblicksweise im Rahmen von Gesamtdarstellungen zur Geschichte des habsburgischen Ungarns behandelt.6 Erklären lässt sich dies vor allem durch die negative Rezeption seitens der Forschung. Vor allem von Seiten der österreichischen Historiographie wurden die am Komplott Beteiligten lange Zeit als Separatisten und Verfechter eines frühen ungarischen Nationalismus begriffen. Dies spiegelt sich in der Literatur des 19. Jahrhunderts wider; zu dieser Zeit, in der die Nationalbestrebungen der einzelnen Ethnien den bereits rissigen Kitt der Habsburgermonarchie zu sprengen drohten, wäre eine reflektierte Studie zur Magnatenverschwörung vermutlich nicht umzusetzen gewesen.7 War der österreichischen Historiographie die Magnatenverschwörung zu ‚magyarisch‘, so stellte sie sich für die ungarische Geschichtswissenschaft als nicht nationalis-

4 Im ungarischen Raum wird das Komplott hingegen als ‚Wesselényi-Verschwörung‘ (Wesselényi összeesküvés) in Anlehnung an Palatin Franz Wesselényi bezeichnet, welcher bis heute als ‚Hauptstrippenzieher‘ des Unternehmens erachtet wird. Die kroatische Forschung geht davon aus, dass neben dem Komplott Wesselényis ein eigenes kroatisches Komplott existierte, an dessen Spitze Peter Zrínyi und sein Schwager Franz Frangepán standen. So spricht die kroatische Historiographie von der ‚Zrínyi-Frangepán-Verschwörung‘ (Zrinsko-frankopanska urota). In der Geschichtsforschung bestehen bis heute Kontroversen, ob das Komplott als ungarische Magnatenverschwörung oder als ungarisch-kroatische Magnatenverschwörung zu erachten ist, da Zrínyi und Frangepán durch die seit dem 12. Jahrhundert bestehende Personalunion Kroatiens mit Ungarn theoretisch sowohl dem ungarischen als auch dem kroatischen Adel angehörten. Um sich nicht in nationalhistoriographische Kontroversen zu verstricken, wird in der vorliegenden Studie einfach auf die Bezeichnung ‚Magnatenverschwörung‘ zurückgegriffen. 5 Zu den Aufständen Emmerich Thökölys und Franz II. Rákóczis, die in Ungarn heute noch als Nationalhelden verehrt werden, vgl. unter anderem Benczédi, A Thököly-felkelés és kora; Várkonyi, II. Rákóczi Ferenc. 6 Zur Pionierstudie von Gyula Pauler vgl. ders., Wesselényi Ferenc nádor és társainak összeesküvése; zu den Überblicksdarstellungen aus neuerer Zeit vgl. Winkelbauer, Ständefreiheit und Fürstenmacht, 151–161; Bérenger, La Hongrie des Habsbourg, 134–138; Evans, The Making of the Habsburg Monarchy, 261–262. Einen sehr guten Überblick mit fundierter und reflektierter Analyse bietet auch die Studie von Benczédi, vgl. ders. Rendiség, abszolutizmus és centralizáció, 9–40. Darüber hinaus existiert eine Studie von kroatischer Seite, die vor allem Zrínyi und seinen Schwager Franz Frangepán in den Blick nimmt, vgl. Mijatović, Zrinsko-frankopanska urota. 7 Für die Literatur des 19. Jahrhunderts vgl. Mailáth, Geschichte des östreichischen Kaiserstaates. Zum Nationalismus der einzelnen Ethnien in der Habsburgermonarchie des 19. Jahrhunderts vgl. Judson, The Habsburg Empire, insbes. Kap. 6 und 7.

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tisch genug dar. Die in die „Vor- und Anschläge“ verstrickten Aristokraten waren vor ihrer Verurteilung des Majestätsverbrechens und des Hochverrats wegen am Wiener Hof im Vergleich zum Großteil ihrer Standesgenossen gut integriert gewesen.8 Franz III. Nádasdy war seit 1644 Kämmerer Leopolds I.; 1668 hatte er den Kaiser und sein Gefolge sogar in seinen Gütern im niederösterreichischen Pottendorf empfangen und bewirtet.9 Die bis in die 1990er Jahre marxistisch und in diesem Sinn auch anti-habsburgisch geprägte ungarische Forschung nahm den Magnaten darüber hinaus übel, dass sie ihr Vorhaben, Leopold I. zu stürzen, nicht in die Tat hätten umsetzen können10: Sie seien gescheitert und hätten sich – im Gegensatz zu Emmerich Thököly, Franz II. Rákóczi und deren jeweiligen Unterstützern – durch ein besonders dilettantisches und amateurhaftes Vorgehen ausgezeichnet.11 Vor allem nach dem Tod des Palatins Wesselényi, des vermeintlichen Initiators der Verschwörung, im März 1667 seien den Magnaten strategische Fehler unterlaufen, die die Aufmerksamkeit des Wiener Hofes weckten. Sie lieferten sich schließlich selbst an den Hof aus.12 Jüngst erschienene Darstellungen zum Verhältnis Leopolds I. zu den ungarischen Ständen wecken Zweifel daran, dass die Magnatenverschwörung in dem Ausmaß, wie sie vom Wiener Hof und der älteren Forschung als solche entworfen wurde, überhaupt existierte. So interpretiert Georg B. Michels die Unruhen von 1670 als Aufstände, die in erster Linie vom oberungarischen niederen Adel, dem sogenannten Komitatsadel, getragen wurden.13 Dementsprechend stellt sich die Frage nach der eigentlichen Rolle der Magnaten im politischen Geschehen der 1660er und zu Beginn der 1670er Jahre. Wie tief waren die Würdenträger in Rebellion und Aufstand in Oberungarn, also im Norden des ungarischen Königreichs, verstrickt? Was verbarg sich hinter ihrem „amateurish plotting“14? Die vorliegende Untersuchung geht konkret der These nach, dass die Magnaten sich nicht von Beginn an gegen das Haus Habsburg verschworen, wie es ihnen von den Behörden und später auch von der Forschung vorgeworfen wurde. In einer Zeit, 8 Für die Schwierigkeiten der Integration des ungarischen Adels am Wiener Hof vgl. Pálffy, Medien der Integration des ungarischen Adels. 9 Zum Kämmereramt Nádasdys vgl. Hengerer/Schön Kaiser und Höfe; zum Besuch Leopolds I. auf Schloss Pottendorf vgl. Toma, Egy császári látogatás utóélete. 10 Zu den Studien von ungarischer Seite vgl. unter anderem Várkonyi, A Wesselényi szervezkedés történetéhez; Dominkovits, Ein verschenkter Sieg. 11 Evans, The Making of the Habsburg Monarchy, 261. 12 Vgl. zu dieser Auslegung des Handelns der Magnaten: Evans, The Making of the Habsburg Monarchy, 261. Winkelbauer hat die Sichtweise Evans’ übernommen, vgl. ders., Ständefreiheit und Fürstenmacht, 156. 13 Vgl. Michels, The Habsburg Empire under Siege, 99; Oberungarn war im 16. und 17. Jahrhundert ein Verwaltungsbezirk im Norden des Königreichs Ungarn, welcher das Gebiet von insgesamt 13 Komitaten umfasste. Die oberungarischen Territorien finden sich seit dem Vertrag von Trianon (1920) größtenteils auf dem Staatsgebiet der Slowakei wieder. Der deutsche Ausdruck „Oberungarn“ ist eine wortwörtliche Übersetzung des ungarischen Begriffs „Felvidék“. 14 Evans, The Making of the Habsburg Monarchy, 261.

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in der die Habsburger die Teilhabe der ungarischen Aristokratie an der Regierungsgewalt zu beschneiden pflegten, suchten die drei Würdenträger stellvertretend für ihre Standesgenossen vielmehr nach einem Weg, ihre politischen Privilegien zurückzuerlangen. Sie begaben sich dabei schrittweise in ein Terrain, das sich dem damaligen Verständnis von Öffentlichkeit entzog; sie agierten ab einem gewissen Zeitpunkt im politischen ‚Untergrund‘, was von den Behörden – dem politischen Klima der Zeit gemäß – als Rebellion und Hochverrat und Jahrhunderte später von der Forschung als sich durch Dilettantismus auszeichnendes Komplottieren ausgelegt wurde.15 Somit wäre im Folgenden zu klären, ob die Rezeption Nádasdys, Zrínyis und Wesselényis als amateurhaft agierende Verschwörer, die mit ihrem gegen den Hof gerichteten Vorhaben scheiterten, gerechtfertigt ausfiel. Handelt es sich bei der den Aristokraten zugeschriebenen Verschwörung um eine Konstruktion der späteren Geschichtsschreibung, die einen Großteil der auf der politisch-juridischen Ebene angesiedelten Dynamiken ausblendet? So betonte Caroline Le Mao in ihrem Beitrag über die Fronde parlementaire im Bordeaux des 17. Jahrhunderts, dass Scheitern in der Retrospektive zwar mehrheitlich als fixer Moment erscheint; dieser Moment stehe allerdings am Ende einer langen Kette verschiedener sozialer und auch Zuschreibungsprozesse, welche nur innerhalb des spezifischen zeitlichen Kontexts, in welchem sie angesiedelt sind, ausgelegt und verstanden werden können.16 Es stellt sich also die Frage nach dem ständischen Rahmen, in den das Scheitern der Magnaten eingebettet war. In einem ersten Untersuchungsschritt wird hierzu zunächst die politische Lage im habsburgischen Ungarn der 1660er Jahre in den Blick genommen. Es soll aufgezeigt werden, inwiefern Leopold I. im Zuge des Vierten Österreichischen Türkenkriegs die politische Handlungsmacht der Magnaten- und Würdenträgerschicht als Stellvertreter des Königs beschnitt (2). Daraufhin wendet sich die Analyse dem politischen Agieren der Magnaten nach Beschneidung ihrer Handlungsmacht zu. In welchem Ausmaß komplottierten sie gegen den Hof (3)? Abschließend ist zu klären, ob die Magnaten nun als gescheiterte Verschwörer und Rebellen aufzufassen sind, wie dies in der Historiographie bislang der Fall ist (4).

15 Für den frühneuzeitlichen ‚Untergrund‘ vgl. programmatisch den Ansatz von Mulsow, Einleitung, 10. Für das Konzept von Öffentlichkeit, das im Beitrag zum Tragen kommt vgl. Schmale [u. a.], Öffentlichkeit, insbes. Abschnitt 1.2. Politische Öffentlichkeit als Herrschaftskommunikation. 16 Le Mao, L’échec, 313.

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2 „Les Hongrois crient fort contre cette paix“: Die Magnatenschicht und die Beschneidung ihrer Handlungsmacht nach 1664 Bella gerant alii, tu felix Austria nube: Die berühmte Phrase, die im Laufe des 17. Jahrhunderts zur österreichischen „Meistererzählung“17 avancierte, steht unter anderem auch dafür, wie die ungarischen Territorien in den Besitz des Hauses Habsburg gelangten. 1526 war der kinderlose König Ludwig II. Jagiello in der Schlacht bei Mohács in voller Rüstungsmontur in einem Bach ertrunken; die Krone fiel daran anschließend seinem Schwager Ferdinand I. aus dem Geschlecht der Habsburger zu.18 Das ungarische Königreich war im Anschluss an den Ersten Österreichischen Türkenkrieg in mehrere Teile zerfallen. Siebenbürgen, das seit dem Mittelalter der Herrschaft eines der ungarischen Krone verpflichteten Wojwoden unterlegen hatte, wandelte sich immer mehr zu einem autonomen Fürstentum und der südliche Landesteil sowie die Landesmitte waren mit der Niederlage Ludwigs II. in Mohács dem Einzugsgebiet des Osmanischen Reiches einverleibt worden. Ferdinand I. herrschte im Anschluss an seine Thronbesteigung somit über weniger als ein Drittel des ursprünglichen Territoriums.19 An der Gebietsverteilung änderte sich in den Folgejahren nur wenig; die Habsburger verloren sogar noch an Territorien. Des Weiteren machten Teile der ungarischen Aristokratie ihren Anspruch auf die ungarische Krone immer wieder geltend und ernannten Gegenkönige wie etwa den Onkel und einstigen Reichsverweser des verstorbenen Ludwig II., Johann Szápolyai. Die Kontrolle des Hauses Habsburg über das ungarische Königreich erwies sich insgesamt gesehen als fragil.20 Um ihren Anspruch auf die Stephanskrone zu untermauern, strebten die habsburgischen Könige daher danach, die ungarischen Gebiete dauerhaft in die administrativen Strukturen ihrer österreichischen Erblande einzubinden. Dieses Unternehmen erwies sich als komplizierter als gedacht, da das ungarische Königreich ähnlich wie Polen-Litauen eine Art Adelsrepublik verkörperte. Die Krone war in ihrer Regierungsausübung in beträchtlichem Ausmaß von der mächtigen Aristokratie, dem sogenann-

17 Zur österreichischen „Meistererzählung“ vgl. Hochedlinger, Stiefkinder der Forschung, 317. 18 Zur Schlacht bei Mohács (1526) und der Erbregelung nach dem Tod Ludwig II. Jagiellos vgl. Winkelbauer, Ständefreiheit und Fürstenmacht, 123. 19 Das Fürstentum Siebenbürgen war einst integrativer Bestandteil des ungarischen Königreichs gewesen, verfügte seit dem Vertrag von Speyer (1570) aber über weitgehende Autonomie vom Königreich. Der siebenbürgische Adel blieb Ungarn trotz der wachsenden Unabhängigkeit des Fürstentums vor allem durch Familien- und Heiratsnetzwerke stets verbunden; viele ungarische Magnaten verfügten zudem über Landbesitz in Siebenbürgen und vice versa. Vgl. zur politischen Unabhängigkeit des Fürstentums und dessen Adel unter anderem Oborni, State and Governance in the Principality of Transylvania; Murdock, Freely Elected in Fear; zum osmanisch besetzten Ungarn s. Koller, Eine Gesellschaft im Wandel. 20 Vgl. Winkelbauer, Ständefreiheit und Fürstenmacht, 123–126.

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ten Magnatenstand, abhängig. Unter dem schwachen Königtum des Spätmittelalters war es der Magnatenschicht gelungen, ihre Macht stetig zu erweitern. Die Mitglieder der Schicht, die sich aus etwa fünfzig Familien zusammensetzte, besetzten im Spätmittelalter sowie in der Frühen Neuzeit mit wenigen Ausnahmen alle regierungsrelevanten Ämter sowohl weltlicher als auch geistlicher Natur, die sogenannten Würdenträgerposten.21 Ohne die Zustimmung sowie Fürsprache der Magnaten war es den Königen nicht möglich, Ungarn effizient zu verwalten und neue Gesetze zu implementieren. Widersetzten sich die habsburgischen Herrscher den Entscheidungen der Aristokraten, so schreckten diese nicht vor Waffengewalt zurück: Im Laufe des 16. und 17. Jahrhunderts beriefen sich die Mitglieder der Schicht wiederholt auf eine im ungarischen Gewohnheitsrecht verbürgte Widerstandsklausel, zogen daran anschließend mit ihren eigens unterhaltenen Söldnertruppen gen Wien und übten auf diese Weise Druck auf ihre Könige aus.22 Die ungarische Aristokratie erachtete sich ihrem Monarchen gegenüber als ebenbürtig. Gemäß ungarischem Gewohnheitsrecht waren die Magnaten nicht Untertanen des Königs, sondern verkörperten seine direkten Stellvertreter und Mitregenten.23 Der Hegemonieanspruch der Aristokraten sowie ihr Widerstand gegenüber der habsburgischen Zentralisierung galten in den Augen Leopolds I., der 1657 das ungarische Erbe antrat und folglich in Preßburg zum König von Ungarn und Kroatien erwählt wurde, als unhaltbar.24 Die 1660er Jahre als frühe Regierungsjahre Leopolds I. erwiesen sich dementsprechend als Phase des Umbruchs im ungarischen Königreich: Der Habsburger versuchte die politischen Handlungsmöglichkeiten der Magnaten einzuschränken, was sich insbesondere im Rahmen der Friedensverhandlungen im An-

21 Zu den Familien- und Verwandtschaftsnetzwerken der Magnaten vgl. Zímanyi, Economy and Society, 69. Zu den Kompetenzen des Magnatenstandes und dessen Bedeutung s. Bömelburg, Avantgarde der Ständeverfassung. Zu den wichtigsten weltlichen Würdenträgerposten zählten das Palatinat, das Amt des ungarischen Landesrichters sowie das des Bans von Kroatien und Slawonien, die in der Epoche des Vierten Österreichischen Türkenkriegs von Wesselényi, Nádasdy und Zrínyi ausgeübt wurden. Über große Bedeutung auf dem politischen Parkett verfügte darüber hinaus der Erzbischof von Gran, der die geistliche Schirmherrschaft über die wichtigste Diözese in den ungarischen Territorien innehatte. Vgl. zu den jeweiligen Funktionen und Ämtern Ember, Az újkori magyar közigazgatás története, 75–89; Für eine Archontologie der obersten ungarischen Würdenträger vgl. Fallenbüchl, Magyarország főméltóságai 1526–1648. 22 So ist Evans Gesamtdarstellung zur Geschichte der Habsburgermonarchie in dieser Hinsicht zu entnehmen: „The Habsburgs were used to compromise in Hungary.“, ders., The Making of the Habsburg Monarchy, 237. 23 Vgl. zur Ebenbürtigkeit der Magnaten und der entsprechenden Klausel im Gewohnheitsrecht Winkelbauer, Ständefreiheit und Fürstenmacht, 140–142. 24 Die ungarischen Stände verfügten traditionell über das Recht, ihren König zu wählen. Erst im November 1687 erkannte der ungarische Landtag die Erblichkeit der ungarischen Krone im Haus Habsburg im Mannesstamm an und das Königreich avancierte somit vom Wahlkönigtum zur Erbmonarchie, vgl. Winkelbauer, Ständefreiheit und Fürstenmacht, 167.

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schluss an den Vierten Österreichischen Türkenkrieg bemerkbar machte.25 Die für den Türkenkrieg 1663/1664 entscheidende Schlacht bei Mogersdorf/St. Gotthard war in ganz Europa als großer Triumph gefeiert worden. Die Magnaten konnten somit nicht nachvollziehen, weshalb Leopold I. im Herbst 1664 mit der Hohen Pforte Frieden schließen wollte und dabei sogar zu territorialen Zugeständnissen bereit war. Anders als der Kaiser wollten sie den Krieg weiterführen; die schwache Position des Großwesirs Ahmed Köprülü und seiner Truppen sollte aus Sicht der Würdenträger dazu genutzt werden, die Osmanen aus den besetzten Gebieten in der Landesmitte sowie im Süden des Königreichs zurückzudrängen, um auf diese Weise den Status quo Ungarns wiederherzustellen. Mit dem auf zwanzig Jahre angesetzten Waffenstillstand, der den Kern des Friedensschlusses darstellte, rückte dieses Ziel jedoch in weite Ferne.26 Hatte der Kaiser zunächst noch versucht, die Magnaten- und Würdenträgerschicht auf den Friedensschluss einzustimmen, schloss er sie nachträglich aus dem politisch-diplomatischen Diskurs aus.27 Innerhalb der ungarischen Aristokratie führte dies zu großer Unzufriedenheit: Die Magnaten erfuhren nur gerüchteweise vom letztlich ratifizierten Vertrag und zeigten sich angesichts der konkreten Bedingungen unzufrieden.28 So ist den Depeschen des seit 1664 am Wiener Hof residierenden Gesandten Ludwigs XIV., Jacques Bretel de Grémonville, zu entnehmen: „Les Hongrois crient fort contre cette paix disant que l’Empereur leurs a mis les fers aux pieds, dans le temps, qu’il avoit la plus belle occasion d’etablir la seureté du Royaume“.29 Die seit etwa 200 Jahren bestehende Bedrohung durch das Osmanische Reich hatte den ungarischen Magnaten nicht nur in finanzieller Hinsicht viel abverlangt. Viele verloren ihr Leben im Kampf. Die immer wieder aufflammenden Auseinandersetzungen löschten ganze Familien im Mannesstamm aus. Die Aristokratie zeigte dementsprechend ein reges Interesse daran, den osmanischen Expansionsbestrebungen

25 Manche sprechen in diesem Zusammenhang auch von einem „absolutistischen Experiment“ Leopolds I., vgl. Winkelbauer, Ständefreiheit und Fürstenmacht, 161. 26 Für den aktuellen Forschungsstand zur Schlacht von Mogersdorf/St. Gotthard sowie zum Frieden von Eisenburg und einen Überblick über die vor allem zwischen österreichischer und ungarischer Historiographie existierenden Kontroversen vgl. Toma, Der Friede von Eisenburg, 192. 27 Vgl. hierzu den Bericht des am Wiener Hof stationierten Gesandten Ludwigs XIV., Jacques Bretel de Grémonville, vom 30. Oktober 1664: Archives diplomatiques du Ministère des Affaires étrangères (AAE), Correspondance politique (CP) Autriche, Bd. 20, fol. 43v. Die Magnaten hätten formal gesehen allerdings über ein Mitspracherecht bei den Friedensverhandlungen verfügt, wie Katalin Toma mittels diplomatischer Korrespondenz nachweisen konnte, vgl. dies., Der Friede von Eisenburg, 193. 28 Martin Kászonyi, einer der Domherren des erzbischöflichen Stifts in Gran (Esztergom, Ungarn), bekam im Rahmen seiner diplomatischen Mission am Hof des Fürsten von Siebenbürgen, Michael II. Apafi, einen Entwurf des Friedensdiploms zu sehen und gab dessen Inhalt schriftlich an seine Standesgenossen und darüber hinaus an Mitglieder der Wiener Regierung weiter, vgl. MOL P507–1–A Nr. 566/17, Brief von Martin Kászonyi an Johann von Rottal, Szatmár, 15. Oktober 1664. 29 Vgl. AAE, CP Autriche, Bd. 19, fol. 248r., Grémonville an Ludwig XIV., 18. Oktober 1664. Zu Jacques Bretel de Grémonville und seiner Gesandtschaft am Hof Leopolds I. vgl. Bérenger, Une tentative de rapprochement entre la France et l’Empereur, 230.

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1664 ein endgültiges Ende zu setzen.30 Ohne auswärtige Unterstützung war ihr dies allerdings nicht möglich. So begannen Teile der Magnatenschicht bereits im Herbst 1664, ausländischen Gesandten und Vertretern gegenüber die Situation, in der sich das Königreich befand, aufzuzeigen und auf eine Fortsetzung des Krieges zu drängen.31 Leopold I. blieben diese diplomatischen Anstrengungen seitens der ungarischen Aristokratie nicht verborgen. Er fürchtete, dass die Magnaten und Würdenträger sich wie bereits in der Vergangenheit mit Waffengewalt gegen die herrschaftliche Ordnung erheben könnten. Um zu verhindern, dass sich die Magnatenschicht zu diesem Zweck die Unterstützung der mit ihnen durch zahlreiche Familien- und Verwandtschaftsverhältnisse verbundenen siebenbürgischen Aristokratie sichern würde, schickte der Geheime Rat im November 1664 Johann von Rottal, ein Mitglied der Wiener Regierung und enger Vertrauter Leopolds I., an den Hof des amtierenden Fürsten von Siebenbürgen, Michael II. Apafi.32 Rottals Mission sollte darin bestehen, den Fürsten Apafi darauf zu verpflichten, den ungarischen Magnaten bei einem möglichen Aufstand keine Soldaten zu schicken oder ihnen auf andere Weise zu Hilfe zu kommen.33 Die Magnaten selbst hatten jedoch, bevor sie auf die im ungarischen Gewohnheitsrecht verbürgte Widerstandsklausel zurückgriffen, auf den eigentlich für März 1665 vorgesehenen Landtag gesetzt.34 Sie wollten die Ständevollversammlung dazu nutzen, ihr Missfallen gegenüber dem geschlossenen Friedensvertrag auf die Vertreter der niederen Stände, die Repräsentanten der Komitate und freien Städte, zu übertragen. Nach Unterzeichnung des Friedensabkommens 1664 machte Leopold I. aber keine Anstalten, die hierzu notwendigen Vorbereitungen, welche in der Regel mehrere Monate in Anspruch nahmen, in Gang zu setzen. Weder wurde der Palatin, der oberste 30 Zu den Auswirkungen der Türkenkriege auf die ungarische Gesellschaft und deren finanzielle Dimension vgl. Pálffy, Die Türkenabwehr in Ungarn. 31 So wandte sich etwa die Familie Zrínyi an ihre Kontakte in Italien und knüpfte Beziehungen zum Gesandten Ludwigs XIV. in der Republik Venedig, Pierre de Bonzi, dem Bischof von Béziers. Georg Lippay, der 1664 amtierende Erzbischof von Gran, wandte sich im Herbst an den in Wien stationierten Grémonville und die Oberbefehlshaber der Montecuccoli zu Hilfe geeilten französischen Hilfskorps, für die er auch ein Abendessen ausrichtete; vgl. Kosáry, Français en Hongrie; Bérenger, Francia-magyar kapcsolatok, 279. 32 Zu Johann von Rottal, einem mährischen Adeligen, der aber auch über das ungarische Indigenat verfügte, vgl. Sienell, Die Geheime Konferenz, 362 f. 33 Für die Verbundenheit des ungarischen Magnatenstandes mit der siebenbürgischen Aristokratie vgl. Tóth, Une solution qui dura 120 ans, la naissance de la Transylvanie. Zu Rottals Reise an den Hof des Fürsten von Siebenbürgen vgl. AAE, CP Autriche, Bd. 20, fol. 75r., Grémonville an Ludwig XIV., 13. November 1664: „Le comte de Rottal est en Transilvanie. Il a ordre de se lier une estroite confiance avec M. Mihály Abafi et de l’obliger de promettre de ne donner aucun secours aux hongrois en execution des conditions de la paix“. 34 Zur Bezeichnung der gesetzgebenden Versammlung der ungarischen Stände wird im Folgenden auf den Begriff ‚Landtag‘ anstatt ‚Reichstag‘ zurückgegriffen. Zwar findet sich in der deutschsprachigen Literatur vermehrt die Bezeichnung ‚Reichstag‘; da das königliche Ungarn ab 1526 allerdings als Territorium der Habsburger galt, ergibt „Landtag“ meines Erachtens mehr Sinn. Für die für eine Einberufung des ungarischen Landtags nötigen Vorbereitungen vgl. Hengerer, Ferdinand III., 323 f.

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aller Würdenträger, zu einer ausführlichen Absprache an den Hof bestellt, noch traf der Hof Maßnahmen für den Aufenthalt des Kaisers in Preßburg, das seit der Eroberung Budas durch die Türken als Regierungszentrum und provisorische Hauptstadt diente.35 Dies ärgerte die Magnaten, die dadurch das Gefühl bekamen, Leopold I. wolle ihnen die Teilhabe an der Regierung verweigern. An diesem Gefühl konnte auch die persönliche Absprache nichts ändern, die der Kaiser im Dezember 1664 am Wiener Hof abhielt und zu der einzig die Mitglieder der Magnaten- und Würdenträgerschicht zugelassen waren. Die Versammlung ersetzte den Aristokraten keinen Landtag: So verfügten sie im Rahmen des Versammlungsformats, das sich Leopold I. gemeinsam mit seinem Obersthofmeister Johann Ferdinand Porcia erdacht hatte, nicht über die Kompetenz, Regierungsentscheidungen des Kaisers zu beeinflussen oder gar anzufechten.36 Die Magnaten- und Würdenträgerschicht sah sich am Jahreswechsel 1664/1665 also mehrerer ihrer zentralen Privilegien beraubt. Der Kaiser hatte den Mitgliedern der Aristokratie zunächst die Teilhabe an den Friedensverhandlungen mit der Hohen Pforte verwehrt. Darüber hinaus hatte der Wiener Hof Vorkehrungen getroffen, damit die Magnaten nicht gegen den Frieden protestieren oder diesen gar brechen konnten. Die Einberufung eines Landtags, an dem sie ihre politischen Privilegien ausspielen hätten können, war ebenfalls nicht in Sicht. So begannen Teile der Magnaten- und Würdenträger in Folge nicht nur zu überlegen, wie sie auf eigene Initiative der Bedrohung durch das Osmanische Reich ein Ende setzen konnten, sondern darüber hinaus, wie sie ihre durch Leopold I. blockierte Handlungsmacht wiedererlangen würden. Zu diesen Magnaten zählten der Palatin Wesselényi, der Ban von Kroatien und Slawonien, Peter Zrínyi, sowie der Landesrichter Nádasdy.

35 Zur Forderung der Einberufung eines neuen Landtags durch die Magnaten, den der Kaiser ihnen zunächst auch zusagte vgl. AMAE, CP Autriche, vol. 20, fol. 72v., Grémonville an Ludwig XIV., 13. November 1664. 36 Für die Einberufung der Versammlung im ‚kleinen Rahmen‘ vgl. AAE, CP Autriche, Bd. 20, fol. 127r., Grémonville an Ludwig XIV., 18. Dezember 1664. Die Konferenz bzw. Absprache Leopolds I. mit den Magnaten hätte eigentlich bereits im November stattfinden sollen, war aber verschoben worden, nachdem Nikolaus Zrínyi, der ältere Bruder Peter Zrínyis, der vor ihm das Amt des kroatischen Bans innegehabt hatte, bei der Jagd von einem Eber getötet worden war. Zum Unfall Nikolaus Zrínyis vgl. AAE, CP Autriche, Bd. 20, fol. 93r., Grémonville an Ludwig XIV., 27. November 1664. Zum inoffiziellen Format der Ständeversammlung, das einzig die Anwesenheit der Mitglieder der oberen Tafel des ungarischen Landtags (sprich: der Magnaten und Würdenträger) vorsah, vgl. Bérenger, Les ‚Gravamina‘.

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3 „Das Königreich vor dem Verfall schützen“: Die weltlichen Würdenträger und ihre vermeintliche Verschwörung gegen den Hof Welcher politischen Vergehen machten sich Wesselényi, Nádasdy und Zrínyi schuldig, nachdem Leopold I. im Herbst 1664 die politische Handlungsmacht der Magnaten eingeschränkt hatte? Die Hauptlast im gegen Zrínyi und Nádasdy eingeleiteten Verfahren bildete der Vorwurf der coniunctio beziehungsweise confoederatio gegen den Hof: Die Justiz beschuldigte die Würdenträger, sich im Zuge des Vierten Österreichischen Türkenkrieges verbotenerweise gegen den König zusammengeschlossen zu haben.37 Hintergrund waren eine Reihe von Bündnisverträgen, welche zwischen den beschlagnahmten Schriften der Magnaten gefunden worden waren. In den zwischen Frühjahr 1665 und Juli 1668 abgefassten Schreiben garantierten sich die Magnaten, bis hin zum Falle von Blutvergießen (ad ultimam usque sanguinis guttam) füreinander einzustehen.38 In einem weiteren Bündnisschreiben, das laut dem Sekretär des Landesrichters Nádasdy im Dezember 1666 im Haus des Palatins in Preßburg aufgesetzt wurde, bezeichneten sich die drei Würdenträger als „fundamentale Säulen des Königreichs“ (az Orszagnak első Oszlopi) und verpflichteten sich außerdem, die „christlich ungarische Nation“ vor dem Ruin und Verfall zu schützen.39 Das kurz vor Jahresende 1666 geschlossene Bündnis prangerte also die im Königreich bestehenden Verhältnisse an. Es wandte sich sowohl gegen das Wohl des Königs als auch gegen die Außenpolitik des Wiener Hofes, indem es dessen Entscheidung kritisierte, mit dem als heidnisch und dadurch als Bedrohung erachteten Osmanischen Reich Frieden zu schließen. Damit erfüllte das Bündnisschreiben in den Augen der Wiener Justiz den Tatbestand des Majestätsverbrechens und Hochverrats.40 Nicht nur der Inhalt, sondern auch die Art und Weise, wie die Bündnisse zustande kamen, wurden von den Behörden als prekär eingestuft. Die Magnaten hätten sich zu 37 Dies ist etwa dem Votum des Geheimen Rates für Franz Nádasdy zu entnehmen, vgl. ÖStA, HHStA, Länderabteilungen, Ungarische Akten, Fasz. 315, Konvolut A, fol. 118: „Tunc enim quis moliri dicitur aliquid, contra principem, quando fiunt inter se liga, et socitates prohibita […]“. Für den Vorwurf der coniunctio und confoederatio vgl. den zusammenfassenden Bericht Rottals zum Hochverrat der Magnaten; ÖStA, HHStA, Länderabteilungen, Ungarische Akten, Fasz. 295, Konvolut A, Conscriptio Fidelissima Totius Rebellionis Hungariae, originis detectionis et poena in damnatos facta. 38 Vgl. das Bündnis, das Franz Wesselényi und Peter Zrínyi miteinander im April 1666 schlossen: ÖStA, HHStA, Länderabteilungen, Ungarische Akten, Fasz. 296, Konvolut A, fol. 34, Francisci Wesseleny Palatini Ung. Originalis obligatio et stipulatio Comiti Petro à Zrinio de mutuo auxilio et defensione facta, 5. aprilis 1666. 39 Für das Bündnis, das Wesselényi, Zrínyi und Nádasdy schlossen, s. MOL, Magyar Kamara Archívuma, E148 Neoregestrata Acta, Fasc. 518, Nr. 12. Die Mehrheit der Bündnisschreiben liegt in lateinischer Sprache vor; vermutlich handelt es sich um Übersetzungen des Wiener Hofs. Nur das Bündnis vom Dezember 1666 hat sich in ungarischer Form erhalten. 40 Vgl. ÖStA, HHStA, Länderabteilungen, Ungarische Akten, Fasz. 315, Konvolut A, fol. 118.

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privata conventicula einbefunden; ihre Bündnisverträge seien anlässlich ‚privater‘ Zusammenkünfte geschlossen worden. Es ist unklar, inwiefern es den ungarischen Würdenträgern sowie dem Magnatenstand zu Beginn der 1660er Jahre zustand, sich abseits offizieller ständischer Formate, wie etwa dem Landtag, einzufinden und sich zu Sachverhalten politischer Natur auszutauschen. Ein explizites Versammlungsverbot existierte nicht; dennoch legte der Wiener Hof die Treffen zwischen den Aristokraten insofern als unrechtmäßig aus, als dass sich diese ohne Kenntnis des Hofes vollzogen hätten.41 Zur Last gelegt wurde den Magnaten außerdem, miteinander verschlüsselt korrespondiert zu haben. Wesselényi, Nádasdy und Zrínyi hätten demnach im ‚Verborgenen‘, im ‚Untergrund‘ gegen den Hof agiert.42 Innerhalb des vormodernen europäischen Rechtsverständnisses stellte sich politisches Agieren, das sich der allgemeinen Sichtbarkeit und Nachvollziehbarkeit vollzog, jedoch als Praxis dar, die allein der Obrigkeit vorbehalten war und dieser half, ihren Herrschaftsanspruch durch eine Aura des ‚Geheimen‘ zu untermauern.43 Die frühneuzeitliche Gesellschaft präsentierte sich als vorwiegend präsentisch und performativ – sie konstituierte sich über bestimmte ‚Arrangements‘ von Körpern sowie eigens geschaffene Sprechordnungen und Rituale. Politische Akte wie Ehrbezeugungen, die Erneuerung von Lehnseiden oder die Infragestellung bestimmter Machtbefugnisse mussten öffentlich, also unter Anwesenden, vorgebracht werden und bedurften gewisser Legitimationsrituale.44 Die drei Magnaten trafen sich im Zeitraum von März 1665 bis März 1667 regelmäßig zu gemeinsamen Unterredungen. Diese fanden etwa auf den Gütern des Palatins, aber auch in Gasthäusern wie dem Goldenen Strutz im Komitat Somogy (Südwestungarn) und einem weiteren Etablissement in der an der Grenze zu den österreichischen Erblanden gelegenen Stadt Kőszeg (Güns) statt.45 Zu den Treffen waren in der Regel die servitores und familiares der Magnaten geladen. Anfangs gesellte sich auch Georg

41 Versammlungsverbote kamen im Heiligen Römischen Reich ab dem 16. Jahrhundert auf lokaler Ebene immer wieder zum Einsatz, um Aufruhr und Gewaltausbrüche seitens der Bevölkerung zu unterdrücken, vgl. Würgler, Criminalisation, judiciarisation et négociation, 532; im ungarischen Gewohnheitsrecht oder in den anlässlich der ungarischen Landtage verhandelten Punkte findet sich allerdings kein Verweis auf die Existenz derartiger Erlasse. Des Weiteren fanden in den 1660er Jahren im königlichen Ungarn nach wie vor die auf lokaler Ebene angesiedelten Komitatsversammlungen statt. Diese hätten ohne Versammlungsfreiheit nicht einberufen werden können. 42 Rački, Acta coniurationem, 86: Relatio conferentiae apud Celsissimum Ducem Saganensem 20. Martii 1670. 43 Bercé, Introduction, 2 f.: „La vérité est le devoir des sujets, tandis que le secret est un privilège du prince. En matière de crime d’État, de lèse majesté, aucun sujet ne doit rien dissimuler.“ Zum Verhältnis von Herrschaft und Geheimnis in der Frühen Neuzeit vgl. die grundlegende Studie von Stolleis, Arcana Imperii und Ratio Status. 44 Vgl. Mulsow, Einleitung, 10; zur Vergesellschaftung unter Anwesenden als prägendes Element der Gesellschafts- und Sozialform der Frühen Neuzeit vgl. Schlögl, Kommunikation und Vergesellschaftung unter Anwesenden, 157. 45 Dies konnte der ungarische Archivar István Bariska mittels erhaltener Wirtshausrechnungen ermitteln vgl. Ders., A Wesselényi-szervezkedés főrendjei egy kőszegi fogadóban.

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Szelepcsényi, ein hoch in der Gunst Leopolds I. stehender ungarischer Geistlicher, der ab 1666 das Amt des Erzbischofs von Gran (Esztergom) innehatte, zu den Zusammenkünften.46 Franz III. Nádasdy unterrichtete außerdem den Geheimen Rat Johann von Rottal, mit dem er insbesondere während des Vierten Österreichischen Türkenkrieges einen regen Briefwechsel geführt hatte, über die Zusammentreffen mit seinen Standesgenossen. Somit ist fraglich, inwieweit sich die Unterredungen der Magnaten ohne Kenntnis des Hofes vollzogen.47 Insgesamt schienen Wesselényi, Nádasdy und Zrínyi lange Zeit wenig Wert auf Geheimniswahrung gelegt zu haben. In ihren Bündnisschreiben ist keine Rede davon, innerhalb des Königreichs Stillschweigen über ihre coniunctio zu bewahren. Ihre Korrespondenz untereinander blieb unverschlüsselt. Einzig die Briefwechsel mit ausländischen Höfen und Gesandten wurden chiffriert, wie zum einen dem Bericht des Jacques Bretel de Grémonville zu entnehmen ist und zum anderen aus den zahlreichen Chiffrierschlüsseln hervorgeht, die sich in einem Bestand des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs erhalten haben.48 Jedoch machte Nádasdy ab Januar 1667 wiederholt Vorschläge zur Ausarbeitung von Chiffren, die die Würdenträger in ihrer Korrespondenz untereinander verwenden sollten. Der Landesrichter war nämlich davon überzeugt, dass Georg Szelepcsényi, der 1665 an den Zusammenkünften der Magnaten im Goldenen Strutz teilgenommen hatte, ihre Briefwechsel mit „höllisch-teuflischem Geschick“ (Pokolbeli ördögök Mestersegevel) abfangen und deren Inhalt an Leopold I. weitergeben würde.49 Nádasdy beauftragte kurz darauf seinen Privatsekretär, den in der Preßburger Stadtkanzlei ausgebildeten protonotarius Valentin Szente, damit, Chiffrierschlüssel zu liefern; ohne Chiffrierung wollte der Landesrichter nicht mehr an Zrínyi schreiben.50

46 Ebd. 47 Nádasdy unterrichtete Rottal bereits im Oktober 1664, dass sich seine Standesgenossen treffen würden, um sich zum Frieden von Eisenburg zu beratschlagen, vgl. MOL, P507–1–A, Nr. 554/24, Brief Nádasdys an Rottal, Pottendorf, 4. Oktober 1664: „Ugy latom Ersek Urt nem tetczik a bekesseg; akar is valami consultatiokat felök tartani; hirattia Palatinus Ban Urainkat.“ 48 Grémonville berichtete Ludwig XIV., dass der Graf Zrínyi ihm Chiffrierschlüssel ausgehändigt und ihn gebeten hatte, nur verschlüsselt mit ihm zu korrespondieren, vgl. AAE, CP Autriche, Bd. 20, fol. 51r., Bericht Grémonvilles an den König, 6. November 1664. Für die erhaltenen Chiffrierschlüssel vgl. ÖStA, HHStA, Länderabteilungen, Ungarische Akten, Fasz. 327, Konvolut D. Es ist jedoch fraglich, ob die überlieferten Schlüssel tatsächlich zum Einsatz kamen oder eventuell als Irreführung für den Wiener Hof gedacht waren. Laut Láng war es in den habsburgischen Territorien eine weitverbreitete Praxis, auf bereits bekannte oder sehr einfache Chiffriercodes zurückzugreifen. Dadurch sollten ungewollte Leser (wie z. B. die Mitglieder der Wiener Hofkammer) auf eine ‚falsche Fährte‘ gelockt und ihnen falsche Nachrichten untergeschoben werden, vgl. Láng, People’s Secrets, 302. 49 ÖStA, HHStA, Länderabteilungen, Ungarische Akten, Fasz. 287, Konvolut A, Brief Franz Nádasdys an Franz Nagy von Lessenye, einen familiaris des Palatin Wesselényi, Pottendorf, 26. September 1666, fol. 19–20, hier: fol. 19r. 50 Das Erstellen von Chiffrierschlüsseln erwies sich als komplexe Praxis; es mussten Schlüssel gefunden werden, die die Behörden, allen voran die Wiener Hofkammer, nicht dechiffrieren konnte. Im

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Etwa in diese Zeit fällt die ‚Radikalisierung‘ der Magnaten. Wie aus den Briefwechseln der Magnaten und der mit ihren servitores geführten Verhören durch den Wiener Hof hervorgeht, beschränkten sich Wesselényi, Nádasdy und Zrínyi bis zum Tod des Palatins vor allem darauf, Leopolds I. Innen- und Außenpolitik zu reflektieren sowie Lösungsvorschläge zu erarbeiten, die ihnen die Teilhabe an der Regierung wiedereröffnen und den Kaiser dazu bringen sollten, den Krieg mit den Türken fortzusetzen. Sie überlegten in diesem Sinne regelmäßig, wie sie Leopold I. auf die Ausrichtung des Landtags ansprechen konnten, der immer noch ausstand.51 Der Zugang zum Kaiser gestaltete sich jedoch als schwierig: Wesselényi und Nádasdy klagten immer wieder, dass der Hof ihre Meinung nicht anhöre und sie stets, ohne etwas erreicht zu haben, wieder nach Hause reisen würden.52 Valentin Szente behauptete in einem Bericht, den er dem Wiener Hof im Herbst 1670 nach Gefangennahme Franz Nádasdys ablieferte, dass es den Würdenträger anfangs in erster Linie darum gegangen sei, untereinander Freundschaft (amicitia) zu knüpfen.53 Dies wirkt überraschend, denn das Verhältnis der drei Magnaten war vor dem Vierten Österreichischen Türkenkrieg von Konkurrenz und Konflikten geprägt. Besonders Nádasdy und Wesselényi schätzten einander nicht und vertraten, was die Verwaltung des Königreichs betraf, selten dieselbe Meinung. Der jüngere Nádasdy neidete die Position des älteren Wesselényi und spekulierte zeitlebens darauf, dessen Nachfolge antreten zu können.54 Im frühneuzeitlichen Sozialgefüge stellten sich Freundschaften allerdings als Zweckbeziehungen dar. Sie bewährten sich durch das Einbringen kleiner Gefälligkeiten sowie durch gegenseitige Hilfeleistungen. Freundschaft umfasste auch, dem anderen zu Hilfe zu eilen, sofern sich dieser in einer politisch oder juristisch prekären Situation befand.55 Um ihre amicitia zu bestärken und

vormodernen Ungarn scheint es, dass die Erstellung von Chiffrierschlüsseln vor allem den in den städtischen Kanzleien ausgebildeten Schreibern, den protonotarii und notarii, sowieso Teilen der Geistlichkeit vorbehalten gewesen war. Darauf weist auch der Fakt hin, dass Geheimschriften im Ungarischen nach wie vor als „Sekretärschrift“ (Titkosírás) bezeichnet werden, vgl. Révay, Titkosírások. Dass Nádasdy seinen Sekretär Szente mit der Ausarbeitung von Schlüsseln beauftragte, geht aus seiner Korrespondenz mit Franz Nagy von Lessenye hervor, s. ÖStA, HHStA, Länderabteilungen, Ungarische Akten, Fasz. 287, Konvolut A, fol. 1r., Brief Franz Nádasdys an Franz Nagy von Lessenye, 4. Januar 1667. 51 Nádasdys Sekretär Valentin Szente berichtet, dass Nádasdy im November 1667 überlegte, ob und wenn ja, auf welche Weise er Leopold I. wegen des ausbleibenden Landtags ansprechen könnte, vgl. ÖStA, HHStA, Länderabteilungen, Ungarische Akten, Fasz. 291, Konvolut D, fol. 2–14, hier fol. 6r., Relatio Valentini Szente circa negotia Palatini, Palatinissae, Nadasdy, Zrinyi, Francisci Nagy et sua. 52 Vgl. Toma, Der Friede von Eisenburg; zum Zugang zum Kaiser allgemein vgl. Hengerer, Kaiserhof und Adel, 235–256. Wesselényi als Palatin hatte etwa Zutritt zur Geheimen Ratsstube. Es ist allerdings fraglich, inwiefern ihm dies ermöglichte, mit dem Kaiser oder seinen Ministern ins Gespräch zu kommen, s. ebd., 239. 53 ÖStA, HHStA, Länderabteilungen, Ungarische Akten, Fasz 291, Konvolut D, fol. 77r. 54 Zum Verhältnis von Wesselényi und Nádasdy vgl. Toma, Der Friede von Eisenburg, 189. 55 Zur Bedeutung adeliger Freundschaft in der Frühen Neuzeit vgl. Asch, Europäischer Adel in der Frühen Neuzeit, 117.

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nachhaltig zu festigen, planten die Magnaten, untereinander familiäre Bindungen einzugehen: Vorgesehen war etwa die Verheiratung einer von Franz Nádasdys Töchtern mit dem Schwager des Palatins, Georg Széchy, sowie einer weiteren Tochter des Landesrichters mit Peter Zrínyis Sohn Johann Anton.56 Mit dem Bündnis, welches Wesselényi, Nádasdy und Zrínyi im Dezember 1666 schlossen, begannen die Würdenträger allerdings, ‚heiklere‘ Vorhaben in Betracht zu ziehen. So arbeiteten sie fortan auf einen politischen Umsturz hin: Sie wollten Leopold I. als König von Ungarn stürzen und ihn durch einen Herrscher entweder aus ihren eigenen Reihen oder aus einer ausländischen Dynastie ersetzen. Der neue König sollte das osmanisch besetzte Ungarn befreien und das Königreich wieder zu seiner mittelalterlichen Blüte führen. Zu diesem Zweck versuchten sie, unter anderem die Hilfe Frankreichs und Polens zu gewinnen. Im Falle Frankreichs bauten sie dabei auf Beziehungen auf, die vor allem Zrínyi in den Jahren zuvor auf eigene Initiative geknüpft hatte;57 sie schickten außerdem einen Boten an den polnischen Königshof nach Krakau, an dem bereits Wesselényi über Kontakte verfügt hatte.58 Während sie den Krakauer Hof auf eine Personalunion Polen-Litauens und Ungarns unter Vorherrschaft der Wasa-Könige einstimmen wollten, erhofften sie sich von Ludwig XIV. vor allem Unterstützung finanzieller Natur.59 Sie bauten darüber hinaus ihre Kontakte nach Oberungarn aus und versuchten, unter dem dort ansässigen Komitatsadel Verbündete zu gewinnen. Ihre prinzipiellen Anlaufstellen waren Michael Bori, ein familiaris des Palatins, der allerdings im Spätherbst 1668 verstarb, sowie Melchior Keczer, ein protestantischer Kleinadeliger und Mitglied der Bürgerschaft der Stadt Eperjes (heute: Prešov, Slowakei), der Augenzeugen zufolge in mehreren oberungarischen Komitaten Unruhen zu provozieren versuchte.60 Nádasdy zielte unter anderem darauf ab, die Komitate im Norden des König-

56 Die geplante Heirat Nádasdys Tochter mit Georg Széchy, dem Schwager des Palatins Wesselényi, der über Besitzungen in Oberungarn verfügte, handelte Nádasdys Sekretär Valentin Szente aus, vgl. hierzu ÖStA, HHStA, Ungarische Akten, Fasz. 291, Konvolut D, fol. 2–14, hier fol. 3. Zur geplanten Ehe zwischen Zrínyis Sohn Johann Anton und einer anderen Tochter Nádasdys vgl. ebd., fol. 10r. 57 Zu den Verbindungen Zrínyis und seiner Familie mit der französischen Diplomatie vgl. überblicksweise Bérenger, Francia-magyar kapcsolatok. Zrínyi pflegte regelmäßigen Kontakt zu Grémonville in Wien sowie auch zum französischen Botschafter in Venedig, dem Bischof von Béziers. 58 Zrínyi schickte einen seiner servitores, einen Dominikanermönch, der sich selbst Abt Palmerini nannte, nach Krakau, vgl. hierzu die überlieferte Instruktion, welche Zrínyi für den Abt im Zuge von dessen Mission abfasste: ÖStA, HHStA, Länderabteilungen, Ungarische Akten, Fasz. 296, Konvolut B, fol. 19. 59 Vgl. Bérenger, Francia-magyar kapcsolatok. Die Magnaten trugen Ludwig XIV. teils aber auch direkt die ungarische Krone an. Dies sollte dem französischen König vermutlich als Anreiz dienen, sie in ihrem gegen Leopold I. gerichteten Handeln zu unterstützen. 60 Vgl. ÖStA, HHStA, Länderabteilungen, Ungarische Akten, Fasz. 291, Konvolut D, fol. 2–14, hier fol. 5r. Zu Michael Boris Tod 1668 vgl. ÖStA, HHStA, Länderabteilungen, Ungarische Akten, Fasz. 287 Konvolut C, Brief von Franz Nádasdy an Franz Nagy von Lessenye, 23. November 1668, fol. 38. Melchior Keczer (Schreibweise unter anderem auch Kecer, Katscher) entstammte einer weitverzweigten Familie

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reichs mithilfe eines angeblich von ihm selbst verfassten, aufrührerischen Pamphlets mit dem Titel Ad quatuor Status Ungariae (An die vier ungarischen Stände) zu gewinnen und von der Rebellion gegen das Haus Habsburg zu überzeugen.61 Dennoch ging aus dem Bündnis der Magnaten kein konkreter Plan für einen Coup d’État hervor. Nach dem Tod des Palatins erneuerten Zrínyi und Nádasdy zwar ihren Bündnisvertrag,62 ihr Kontakt zueinander brach aber ein. Die beiden Magnaten trafen sich im Januar 1668 nochmals mit dem Chevalier de Grémonville, dem Gesandten Ludwigs XIV., zu einer gemeinsamen Unterredung63 und reisten außerdem ins oberungarische Sárospatak (Potok am Bodroch), wo sie mit Franz I. Rákóczi, dem Sohn des 1660 verstorbenen Fürsten von Siebenbürgen, sprechen wollten.64 Im Juli 1668 löste der Landesrichter die Verlobung seiner Tochter mit dem Sohn des Bans auf. Eventuell führte dies zum Bruch zwischen den Magnaten. In der Folge intensivierte Zrínyi die Beziehung zu Rákóczi, der seit 1666 im Übrigen mit seiner Tochter Helena verheiratet war.65 Der Ban knüpfte außerdem Kontakte zur Hohen Pforte: Von den Osmanen, gegen deren Expansionsstrebungen sich der Würdenträger lange Zeit gestellt hatte, erhoffte sich Zrínyi spätestens ab 1668 eine groß angelegte Unterstützung für einen politischen Umsturz. Nádasdy hingegen zog sich zurück. Er nahm nicht mehr persönlich an den Komitatsversammlungen in Neusohl (heute: Banská Bystrica, Slowakei) teil, die nach Ansicht der Wiener Justiz den Grundstein für die Aufstände von 1670 legten, sondern schickte nur noch seinen Sekretär Valentin Szente vor, um sich über die oberungarischen Verhältnisse auf dem Laufenden zu halten.66 Zeitgleich bemühte sich Nádasdy Kleinadeliger, die ursprünglich aus dem Heiligen Römischen Reich stammten und sich im 16. Jahrhundert in Oberungarn niedergelassen hatten. Sie waren einerseits in Eperjes (heute: Prešov, Slowakei) sowie andererseits in Preßburg beheimatet und dort unter anderem in der städtischen Verwaltung als Notare tätig, vgl. Novák, Rodové erby na Slovensku, 140. Nagy, Keczer család. Zur Anstiftung von Unruhen durch Keczer vgl. die Aussage des Stephan Keresztes aus Terebes (heute: Trebišov, Slowakei) vor der Diözese Eger im März 1671: MOL, Filmtár, X492 Egri Káptalan Hiteleshélyi Levéltára, Protocollum extraseriale AG, Mikrofilm Nr. 1805, fol. 348–520, hier fol. 304v., Relatio Attestationis pro parte Fisci Regii contra Rebelles peractae Anno 1671 facta. 61 Dies berichtet Szente, der die Autorschaft eindeutig Nádasdy zuweist, vgl. ÖStA, HHStA, Länderabteilungen, Ungarische Akten, Fasz. 291, Konvolut D, fol. 2–14, hier fol. 6v.–7r.; Nádasdy selbst behauptete allerdings, es handele sich um Gravamina, die die Magnaten im Rahmen ihres Bündnisses gemeinsam zusammengetragen hätten; vgl. hierzu die Transkription des zweiten mit ihm geführten Verhörs: ÖStA, HHStA, Ungarische Akten, Fasz. 314, Konvolut A, fol. 1–8, hier fol. 1v.–2r. 62 Siehe zur Bündniserneuerung Nádasdys und Zrínyis 1668: MOL, E148, Neoregestrata Acta, Fasc. 518, Nr. 13. 63 Vgl. AAE, CP Autriche, Bd. 29, Grémonville an Ludwig XIV., 16. Februar 1668, hier fol. 187v. 64 ÖStA, HHStA, Ungarische Akten, Fasz. 291, Konvolut D, fol. 2–14, hier fol. 7r. 65 Für die Eheschließung Zrínyis Tochter Helena mit Franz I. Rákóczi, dem Sohn des verstorbenen Fürsten von Siebenbürgen, vgl. den Brief Peter Zrínyis an seine Ehefrau Anna Katharina Frangepán vom 9. Juni 1664: ÖStA, HHStA, Länderabteilungen, Ungarische Akten, Fasz. 296, Konvolut A, fol. 34. 66 Michels ist der Ansicht, dass der oberungarische Komitatsadel Nádasdy misstraute und für einen Spion der Habsburger gehalten hätte; folglich sei Nádasdy nicht persönlich gereist, sondern hätte nur

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um ein gutes Verhältnis zum Wiener Hof. Er empfing den Kaiser und seinen Hofstaat im Frühjahr 1668 auf seinen Gütern in Pottendorf, wo der Landesrichter Leopold I. ein opulentes Mittagessen servierte sowie seine edelsten Weine aus seinen Weinkellern in Tokaj vorsetzte. Nachmittags angelten sie im Schlossgarten nach Forellen.67 Das Bündnis, das die Magnaten einst geschmiedet hatten, verlor für Nádasdy und Zrínyi also an Bedeutung. Zrínyi agierte fortan auf eigene Initiative: Er versuchte, sich die Unterstützung des Osmanischen Reiches zu sichern, obwohl sich das im Dezember 1666 geschlossene Bündnis der Magnaten explizit gegen letzteres und dessen wachsenden Einfluss über das Königreich ausgesprochen hatte. Mit seinem Schwiegersohn hob Zrínyi für die im Jahr 1670 in Oberungarn ausgebrochenen Aufstände nachweislich Truppen aus. So betraf einer der gegen ihn angeführten Anklagepunkte die „aigene Armierung wider E. K. M. Befelch.“68 Im Falle Nádasdys ist hingegen nicht auszumachen, inwiefern er seine im ‚Verborgenen‘ angesiedelten Vorhaben fortsetzte. Der Landesrichter hegte nach Wesselényis Tod die Hoffnung, zum nächsten Palatin von Ungarn ausgerufen zu werden. Es ist davon auszugehen, dass Nádasdy für das Amt bereit war, nicht nur seine Kooperation mit dem Ban von Kroatien und Slawonien, sondern auch seine Kontakte nach Oberungarn aufzugeben.69 1668 lieferten sich die beiden Magnaten sogar gegenseitig an den Wiener Hof aus; die amicitia, die Zrínyi und Nádasdy einst geknüpft hatten, schien keine Gültigkeit mehr zu haben. Die Behörden schenkten den Anschuldigungen der Magnaten zum damaligen Zeitpunkt jedoch keine größere Beachtung. Erst mit dem Ausbruch der „Vor- und Anschläge“ im Norden des habsburgischen Ungarns, nahm der Wiener Hof ihre gegenseitigen Anklagen ernst.70

seine servitores geschickt, vgl. ders., The Habsburg Empire under Siege, 108. Zu den Reisen Valentin Szentes nach Neusohl vgl. das offizielle Verhör des Sekretärs durch die Wiener Behörden: ÖStA, HHStA, Länderabteilungen, Ungarische Akten, Fasz. 292, Konvolut B, fol. 96 ff. Nádasdy reiste nachweislich nur noch einmal persönlich nach Neusohl, und zwar im Jahr 1669; vgl. hierzu das dritte mit Nádasdy geführte Verhör, in dem der Landesrichter zu seinem Aufenthalt dort befragt wird: ÖStA, HHStA, Länderabteilungen, Ungarische Akten, Fasz. 314, Konvolut B, fol. 53–54. 67 Siehe dazu Nádasdys Bericht an seinen Sekretär Szente: ÖStA, HHStA, Ungarische Akten, Fasz. 292, Konvolut A, fol. 20 f.; siehe auch Toma, Egy császári látogatás utóélete. 68 Rački, Acta coniurationem, 86: Relatio conferentiae apud Celsissimum Ducem Saganensem 20. Martii 1670. 69 Zur Hoffnung Nádasdys, zum Palatin erwählt zu werden, vgl. dessen Briefwechsel mit seinem Standesgenossen Stephan Csáky: MOL, P507–1–A Nr. 516/5, Pottendorf, 4. Mai 1668. Der Wiener Hof hielt Nádasdy sichtlich hin und ließ den Posten des Palatins nach dem Tod Wesselényis vakant. Dies war eine Taktik, die sich für Leopolds I. Vorgänger bereits in der Vergangenheit als nützlich erwiesen hatte und ihnen ermöglichte, uneingeschränkt regieren zu können, ohne sich die Macht mit dem Palatin teilen zu müssen; vgl. hierzu Kubinyi, Landesherr, Reichstag bzw. Landtag und Komitatsversammlungen, 87. 70 Zur gegenseitigen Auslieferung an den Hof, vgl. die Relatio der Sitzung des Geheimen Rates vom 20. März 1670: Rački, Acta coniurationem, 86.

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4 Fazit: Das Scheitern eines Gemeinschaftsprojekts im politischen ‚Untergrund‘ Wie ist das Handeln Wesselényis, Nádasdys und Zrínyis auszulegen? Sind die Magnaten als gescheiterte Rebellen und Verschwörer anzusehen? Fakt ist, dass die Behörden lange Zeit selbst nicht wussten, wie sie über die coniunctio der Magnaten urteilen sollten. Durch die gegenseitigen Anschuldigungen Nádasdys und Zrínyis waren sie bereits über die zwischen den beiden Würdenträgern und dem Palatin geschlossenen Vereinbarungen in Kenntnis gesetzt worden. Erst als Leopold I. sich jedoch gezwungen sah, Truppen nach Oberungarn zu entsenden, um die dort ausgebrochenen Aufstände niederzuschlagen, schienen die Behörden das Bündnis der Magnaten als Gefahr zu begreifen und eine Verbindung zu den oberungarischen Rebellen zu ziehen. Wesselényi, Zrínyi und Nádasdy galten fortan als haubtrebellen, die an der Spitze sämtlicher Aufstände in Oberungarn standen.71 Wie in den vorigen Ausführungen dargelegt wurde, fanden sich die Magnaten im Anschluss an den Vierten Österreichischen Türkenkrieg in einem politischen Machtvakuum wieder: Leopold I. hatte sie 1664 von den Friedensverhandlungen mit dem Osmanischen Reich ausgeschlossen, nachdem sich die Magnaten- und Würdenträgerschicht gänzlich gegen die Idee eines Waffenstillstandes gestellt hatte. Des Weiteren schien der Kaiser keinen Landtag mehr ausrichten zu wollen und begrenzte so ihre Teilhabe an der Regierung. Damit war das sensible politische Gleichgewicht zwischen dem Haus Habsburg und dem ungarischen Magnatenstand gestört, das Leopolds I. Vorgänger nur mühsam aufrechterhalten hatten, indem sie die Vorrechte der Aristokratie unangetastet ließen.72 Da sich die ungarische Aristokratie ihren Königen als ebenbürtig erachtete, schien es für Wesselényi, Nádasdy und Zrínyi ein logischer Schritt, auf Eigeninitiative zum einen gegen die fortschreitende osmanische Expansion vorzugehen und sich zum anderen Mittel zurechtzulegen, über die sie ihre politische Handlungsmacht zurückgewinnen wollten. Aus Sicht der habsburgischen Behörden und deren Justizpraxis begaben sich die Magnaten damit allerdings in den politischen ‚Untergrund‘: Sie agierten im Verborgenen. Anstatt präsentisch und performativ vorzugehen, bedienten sie sich politischer Instrumente, auf die sie gemäß habsburgischem Rechtsverständnis keinen Anspruch hatten. So machten sie sich schließlich gemeinsam des Hochverrats schuldig.

71 So wurden verhaftete Rebellen von den Behörden stets dazu befragt, ob sie Kontakte zu Wesselényi, Nádasdy und Zrínyi gepflegt hatten. Vgl. dazu etwa die Befragungen, welche nach 1670 systematisch in den oberungarischen Komitaten durchgeführt wurden und heute im Bestand „Neoregestrata Acta“ im Ungarischen Staatsarchiv aufbewahrt werden: Magyar Országos Levéltár (MOL), Magyar Kamara Archívuma, E148 Neoregestrata Acta, Fasc. 517. 72 Vgl. Winkelbauer, Ständefreiheit und Fürstenmacht, 140.

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Das tatsächliche Strafmaß ist für jeden der drei Beteiligten aber unterschiedlich auszulegen. In der historiographischen Beurteilung der Magnatenverschwörung muss differenziert werden zwischen Wesselényis, Nádasdys und Zrínyis Gemeinschaftshandeln und jenen Vorhaben, die sie unabhängig voneinander im politischen ‚Untergrund‘ verfolgten. Wie die vorliegende Untersuchung zu veranschaulichen suchte, beschränkte sich das gemeinsame Vorgehen der Magnaten darauf, sich gegenseitig ihrer Treue zu versichern und sich untereinander auszutauschen, um eine Basis für die Planung eines politischen Umsturzes zu schaffen. Eine solche Basis konnte jedoch nie realisiert werden, denn nach dem Tod des Palatins, der das Bindeglied zwischen Nádasdy und Zrínyi verkörperte, zerbrach das Bündnis. Die beiden jüngeren Würdenträger verfolgten eigene Vorhaben und agierten nicht mehr gemeinsam. Schließlich lieferten sie sich bei dem Versuch, sich selbst zu schützen, sogar gegenseitig an den Hof aus. Letztlich ist also zu überdenken, worin das eigentliche Scheitern der Magnaten bestand. Scheiterten sie an ihrem amateurhaften und dilettantischen Komplottieren, wie die Forschung es ihnen bislang vorwarf? In der Gesamtbetrachtung scheint, dass die Magnaten an ihrer Unfähigkeit zur Kooperation scheiterten. Die Magnatenverschwörung stellt folglich weniger ein gescheitertes Komplott als vielmehr ein gescheitertes politisches Gemeinschaftsprojekt dar. Zum Komplott im ‚klassischen‘ machiavellistischen Sinn kam es nie; die Verschwörung wurde nie in die Praxis umgesetzt.73 Politische Verschwörungen oder Komplotte erfordern nicht nur ein Agieren im ‚Untergrund‘, sondern auch Kollektivität. Geheimnis und Gemeinschaft stehen hierbei in einem besonderen Verhältnis zueinander. So bringt die gemeinschaftliche Wahrung eines im Verborgenen angesiedelten Vorhabens sowie dessen Abschirmung nach außen Menschen selektiv zusammen und eröffnet ihnen Kontaktzonen, von denen andere ausgegrenzt sind. Das Element der Geheimhaltung oder Verschleierung liefert die Grundlage für die Generierung eines eigenen sozialen Feldes beziehungsweise einer in sich geschlossenen Gruppe.74 Martin Mulsow spricht in diesem Zusammenhang – in Anlehnung an Rudolf Schlögl – von „Vergesellschaftung unter Abwesenden“. Vergesellschaftung im Verborgenen kann aber (genau wie jene unter Anwesenden) nur aufrechterhalten werden, wenn die Beteiligten miteinander in regelmäßiger Interaktion stehen und dauerhafte soziale Strukturen zwischen sich etabliert haben. Das Agieren im Untergrund ist unweigerlich an eine intakte Vergemeinschaftung gebunden.75 Darauf deutet auch das hier aufgeführte Beispiel der Magnatenverschwörung hin.

73 Zu Machiavellis Verständnis von Verschwörungen und politischen Komplotten, das bis in die heutige Zeit Bestand hat, vgl. Campi, Machiavel et les conjurations politiques. 74 Zur sozialen Funktion von Geheimnis und Geheimhaltung vgl. Jütte, Das Zeitalter des Geheimnisses, 23–25; Gahlen [u. a.], Geheime Netzwerke im Militär, 15. 75 Mulsow, Einleitung, 10 f.; zur Vergemeinschaftung vgl. Weick, Der Prozeß des Organisierens, 131– 139.

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 Teil II: Über Scheitern schreiben und schweigen Zur Herausforderung des historischen Erkennens von politischem Scheitern im Spiegel der Quellen

Christa Birkel

Herrschaft auf dem Prüfstand Überlegungen zum Ge- und Misslingen spätmittelalterlicher Territorialpolitik ausgehend von einem Schreiben Huwarts II. von Elter an Markgraf Jobst von Mähren Wohl Anfang des Jahres 13981 richtete der langjährige Truchsess des Herzogtums Luxemburg, Huwart II. von Elter, ein Schreiben an Markgraf Jobst von Mähren, das nicht nur für die luxemburgische Landesherrschaft in den Stammlanden der Dynastie von großem Interesse ist,2 sondern darüber hinaus auch ganz allgemein aufschlussreiche Einblicke in die Wahrnehmung spätmittelalterlicher Territorialpolitik bietet. Die Ausführungen des Herrn von Elter greifen diverse Missstände im Fürstentum um die Jahrhundertwende auf und führen diese teilweise direkt auf verschiedene Mängel in der Herrschaftspraxis zurück. Zugleich agiert der Verfasser aus einer Verteidigungshaltung heraus: So war er nicht nur lange Zeit selbst unmittelbar in die Landesverwaltung involviert gewesen, sondern eigenen Angaben zufolge das Opfer übler Nachrede geworden. Insgesamt oszillieren die an den Markgrafen adressierten Zeilen zwischen Rechtfertigung und Anklage – Indizien dafür, dass wohl keiner der beiden Korrespondenzpartner die derzeitige politische Lage im Herzogtum Luxemburg als erfolgreich bewertete.3 Wie aber können Historiker und Historikerinnen vergangenes Scheitern erfassen und beschreiben, wenn die zeitgenössischen Quellen nicht explizit von einem politischen Fehlschlag sprechen? Welche methodische Vorgehensweise bietet sich an, um Momente des Scheiterns zu identifizieren? Woran also empfundenes Scheitern festmachen, wenn historische Quellenzeugnisse das Phänomen nicht ausdrücklich benennen? Einer Antwort auf die Frage, woran sich politischer (Miss-)Erfolg bemessen lassen könnte, sucht sich dieser Beitrag anhand des bisher kaum beachteten Schreibens Huwarts von Elter an Jobst von Mähren anzunähern. Ausgehend von diesem Dokument wird im Folgenden der Versuch unternommen, Bausteine für eine funktionale Definition vormodernen politischen Scheiterns herzuleiten. Zunächst werden jedoch

1 Das Dokument selbst ist undatiert, wurde aber bereits von Mojmír Švábenský in seinem Inventar des Brünner Bestands „A1“ völlig plausibel auf vor März 1398 eingegrenzt, vgl. Švábenský, A1. Stavovské listiny, 85. 2 Mit diesem Fokus wurde das Schriftstück von der Autorin in ihrer im Druck befindlichen Dissertation ausgewertet, vgl. demnächst Birkel, Herzogtum Luxemburg. 3 Vgl. das bislang unedierte Schreiben Huwarts II. von Elter an Markgraf Jobst von Mähren von 1398, in: MZA Brno, Bestand A1, Nr. 273 bzw. die diesem Beitrag beigegebene Edition in Teilabschnitt 5. Auf die Erklärungsbedürftigkeit von Misserfolgen und Scheitern verweisen auch Besson/Kikuchi, Conclusions, 142. https://doi.org/10.1515/9783111087122-004

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die Herrschaftsvoraussetzungen über das Herzogtum Luxemburg an der Wende zum 15. Jahrhundert dargestellt und der Blick auf die besonderen Herausforderungen der 1390er Jahre gerichtet, an deren Ende der fragliche Brief des Herrn von Elter an den Markgrafen von Mähren entstand.

1 Eine herausfordernde Herrschaft I: Zu den Herrschaftsvoraussetzungen im Herzogtum Luxemburg am Ausgang des 14. Jahrhunderts Nach vierjähriger persönlicher Herrschaft über die Stammlande hatte Herzog Wenzel II.4 am 26. Februar 1388 im Herzogtum Luxemburg publik gemacht, das Territorium als Pfand an seinen Vetter, den Markgrafen von Mähren, übertragen zu haben.5 Im Gegenzug hatte Jobst von Mähren die im böhmisch-schlesischen Grenzgebiet gelegene Burg und Stadt Glatz sowie die Festung Frankenstein, welche er bis zu diesem Zeitpunkt für eine Summe von 64.000 Gulden als Pfandherr beherrscht hatte, an Wenzel abgetreten.6 Der für Luxemburg gültige, auf den 24. Februar 1388 datierende Pfandvertrag räumte dem künftigen Pfandherrn weitgehende Rechte in der Territorialadministration ein: Bis zur Rückzahlung der Pfandsumme durch Herzog Wenzel oder seine Nachfolger war der Markgraf befugt, nahezu frei über das Fürstentum zu verfügen und dessen Einkünfte für sich zu beanspruchen, ohne dass hiermit eine Tilgung der herzoglichen Schuld einherging. Hingegen formulierten der Pfandbrief und der vom Begünstigten noch am selben Tag ausgestellte Revers zwei mögliche Szenarien, die zu einer Erhöhung der Pfandsumme führen konnten: die pfandherrliche Aufwendung von Mitteln zur Verteidigung des Herzogtums Luxemburg sowie die Auslösung von ihm zugehörigen verpfändeten Herrschaften und Rechten. In beiden Fällen war der Markgraf für etwaige Auslagen zu entschädigen. Ausgenommen aus der Pfandsetzung war lediglich die Burg La Roche-en-Ardenne, die sich der Herzog zur eigenen Verfügung vorbehielt. Neben dem Herzogtum Luxemburg und der zugehörigen Grafschaft Chiny sollte auch die Landvogtei Elsass Gegenstand der Pfandmasse sein.7

4 Als Wenzel II. herrschte der römische und böhmische König Wenzel (IV.) von 1383 bis 1419 über das Herzogtum Luxemburg. Zu Wenzel als Territorialherr Dietze, Luxemburg; Hanisch, Land; Hoensch, Luxemburger, 205–207; Kopičková, Bemerkungen. 5 Würth-Paquet, Table Wenceslas II, 37 f., Nr. 128. 6 Dies geht aus dem für Luxemburg aufgesetzten Pfandbrief hervor. Dieser Pfandbrief wurde sowohl von Brandl, Codex Moraviae, Bd. 11, 407–409, Nr. 467, als auch von van Werveke, Documents luxembourgeois inédits, 162–164, Nr. 2, ediert. Im Folgenden wird die etwas jüngere Edition nach van Werveke zitiert. Vgl. auch Birkel, Motive, 214 f.; Mezník, Politik, 315; Reinert, Jost von Mähren, 83. 7 Werveke, Documents luxembourgeois inédits, 162–164.

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Jaroslav Mezník, der die Finanzen Jobsts von Mähren eingehender untersucht hat, ordnet die Erwerbung dieser im Westen des Reiches liegenden Territorien einer Phase des markgräflichen Machtstrebens zu, in deren Fokus die Hinzugewinnung von Herrschaftsrechten und -gebieten, teils unter Aufwendung erheblicher finanzieller Mittel, stand. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts jedoch verschoben sich die Präferenzen des Markgrafen, da er dringend größerer Geldsummen bedurfte. Um an Geld zu gelangen, begann er folglich, auf Hoheitsgebiete zu verzichten.8 Diese neue Ausrichtung seiner Politik blieb auch für Luxemburg nicht folgenlos: Im Spätsommer 1402 veräußerte Jobst von Mähren seine Pfandrechte am Herzogtum an Herzog Ludwig von Orléans.9 Nach dessen Tod im November 1407 verwaltete der Markgraf das Herzogtum noch einmal pfandweise bis zum Ende seines eigenen Lebens im Februar 1411.10 Im Fokus dieses Beitrags wird die erste Pfandherrschaft des Markgrafen von Mähren über Luxemburg im Zeitraum von 1388–1402 stehen, aus deren letztem Drittel das Schreiben des Truchsesses an den Pfandherrn hervorging. Fast 900 Kilometer trennten das neu erworbene Herzogtum Luxemburg und die Markgrafschaft Mähren voneinander und nichts lässt darauf schließen, dass der Markgraf diese Distanz tatsächlich einmal zurückgelegt hätte, um die ihm verpfändeten Stammlande der Luxemburger in eigener Person aufzusuchen.11 Bis sich der Pfandherr persönlich nach Luxemburg begebe – so ordnete es die Kundgebung der Pfandsetzung vom 26. Februar 1388 an – sei der Treueid stellvertretend in die Hände des Truchsesses Huwart II. von Elter zu leisten.12 Zu einem derartigen Besuch des Herzogtums scheint es jedoch nicht gekommen zu sein, sodass Jobst von Mähren seine Pfandherrschaft über Luxemburg ausschließlich von außerhalb des Territoriums ausgeübt zu haben scheint. Wie aber gestaltete sich eine solche Herrschaft in Abwesenheit? Neben der ostentativen Kommunikation von Herrschaftsansprüchen13 waren für das Gelingen der (Pfand-)Herrschaft in absentia vor allem die institutionellen und per8 Mezník, Finanzen, 75 f. u. 85 f. Vgl. auch Birkel, Motive, 216. 9 Siehe zur Pfandherrschaft Ludwigs von Orléans über Luxemburg vor allem Yante, Louis d’Orléans; sodann auch Jarry, Vie politique, 272–278; Lefort, Maison souveraine, 106–141; Nordberg, Ducs, 152–184 u. Schoos, Machtkampf. 10 Hierzu ausführlich demnächst Birkel, Herzogtum Luxemburg. 11 Im Schnitt konnte ein schneller Berittener im ausgehenden Mittelalter etwa 60 bis 70 Kilometer pro Tag zurücklegen. Für Johann von Luxemburg, der in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts zugleich als Graf von Luxemburg und König von Böhmen regierte, nimmt die Forschung an, dass er teils gar 100 Kilometer am Tag zurückgelegt habe, vgl. Pauly, Itinéraire européen, 12. 12 Würth-Paquet, Table Wenceslas II, 37 f., Nr. 128. 13 Dass dem Faktor der herrscherlichen Selbstdarstellung in Zeiten der Absenz ein besonderer Stellenwert zukam, hat François Reinert am Beispiel der markgräflichen Münzprägungen im Herzogtum Luxemburg unterstrichen: In Form dreier nachweislicher Münzemissionen habe Jobst von Mähren „seinen Besitzanspruch unterstreichen“ und „so seine Abwesenheit wettmachen“ wollen, vgl. Reinert, Jost von Mähren, 90. Zu Jobsts Münzprägungen in Luxemburg auch Bernays/Vannérus, Histoire numismatique u. Weiller, Monnaies luxembourgeoises.

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sonalen Grundlagen, auf die der Pfandherr in Luxemburg zurückgreifen konnte, von elementarer Bedeutung. Diesbezüglich war es ihm möglich, sich auf verschiedene Instanzen der während seiner Pfandherrschaft bereits voll ausgebildeten Landesverwaltung zu stützen. Dem Truchsess, auch Drossart oder Seneschall genannt, kam seit der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts die permanente Stellvertretung der Zentralgewalt zu.14 In der Ausübung seines Amtes waren ihm weder räumliche noch sachliche Grenzen gesetzt, doch blieb er dem Landesherrn, der ihn jederzeit absetzen konnte, rechenschaftspflichtig. Winfried Reichert, der eine wegweisende Studie zur Landesherrschaft Luxemburgs im beginnenden Spätmittelalter vorgelegt hat, klassifizierte den Truchsess als „mit Abstand wichtigste[n] Verwaltungsträger“ des Territoriums.15 Während Francine Cajot das Geschlecht der Elter noch bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts als relativ unbedeutend einstufte, da seine Angehörigen den Grafen von Luxemburg lange Zeit für kleine Summen huldigten,16 gelang der Familie ab etwa 1338 ein glänzender Aufstieg in der Territorialadministration. Huwart I. von Elter trat als Marschall und Rat dreier Landesherren – Johanns von Luxemburg, Karls IV. und Wenzels I. – in Erscheinung und bekleidete schließlich gar das höchste Amt der Landesverwaltung, das Seneschallat.17 Sein gleichnamiger Sohn Huwart II. lässt sich ab März 1381 im Truchsessenamt greifen.18 Diese Funktion behielt er auch über den Tod Herzog Wenzels I. im Dezember 1383 hinaus: zwischen 1384–1399 ist er zweifelsfrei als Amtsträger nachweisbar. Kein anderer Truchsess verblieb auch nur annähernd so lange in dieser Position wie er.19 Seit Beginn des 14. Jahrhunderts setzten die Landesherren wahlweise zudem Statthalter ein, die ihre Stellvertretung temporär übernahmen. Anders als die Truchsesse wurden diese Statthalter zunächst nur in Ausnahmesituationen ernannt, beispielsweise befristet auf Zeiträume, in denen sich der Graf beziehungsweise Herzog außerhalb des Territoriums aufhielt. Mit dem Herrschaftsantritt Herzog Wenzels II., der bis auf zwei Aufenthalte in Luxemburg in den Jahren 1384 und 1398 permanent abwesend war, dehnten sich jene Phasen der ‚doppelten Stellvertreterschaft‘ deutlich aus: Während der Truchsess zu dieser Zeit noch ausschließlich den regionalen Eliten entstammte, stellten die böhmischen Luxemburger diesem immer öfter einen Haupt-

14 Zur Entstehung und Entwicklung der Territorialadministration in der Grafschaft bzw. im Herzogtum Luxemburg zuletzt Margue, Verschriftlichung; Margue/Pauly, The Territorial Principalities sowie grundlegend Margue/Pauly, Luxemburg; Reichert, Herrschaftliche Raumerfassung; Reichert, Landesherrschaft. 15 Reichert, Landesherrschaft, 637. 16 Cajot, La famille d’Autel, 24; Péporté, Emperor Sigismund, 62. 17 Cajot, La famille d’Autel; Margue, Recherches, 16. 18 Würth-Paquet, Table Wenceslas de Bohême, 188, Nr. 918. 19 Siehe hierzu demnächst die Detailanalysen zur gräflichen bzw. herzoglichen wie pfandherrlichen Regelung der Stellvertretung für den Zeitraum von 1346 bis 1437 in Birkel, Herzogtum Luxemburg.

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mann an die Seite, der in der Regel ein Vertrauter des jeweiligen Herrschers war.20 Wie Arnold von Arlon, der 1343 zum Statthalter (lieutenant) erhoben worden war, konnten diese temporären Stellvertreter explizit auch den Seneschallen vorgeschaltet werden, die ihrerseits in der Regel in ihren Ämtern verblieben.21 Auf regionaler Ebene wurde der Territorialherr im späten Mittelalter von sogenannten Pröpsten (prévôts) vertreten. Diese vom Grafen ernannten und jederzeit absetzbaren Amtmänner waren an der Wende zum 13. Jahrhundert an die Stelle der zuvor die Landesherrschaft mitgestaltenden adligen Burgvögte getreten.22 In ihren Verwaltungsbezirken, den Propsteien, oblag den Pröpsten die Verantwortung für sämtliche administrativen, finanziellen, militärischen und gerichtlichen Abläufe.23 Wohl seit dem 11. Jahrhundert stand den Grafen von Luxemburg regelmäßig ein Gremium von Ratsleuten zur Seite, das sich aus acht bis zwölf Herren – in der Regel luxemburgische Lehnsmänner – zusammensetzte, bei Bedarf jedoch durchaus erweiterbar war.24 Auf die herausragende Rolle, die dieser Territorialrat insbesondere in Zeiten der landesherrlichen Abwesenheit genießen konnte, hat Winfried Reichert anhand der Herrschaften Heinrichs VII. und Johanns von Luxemburg aufmerksam gemacht.25 Zugleich wurde die Einbindung des Territorialrates in die Regierungsgeschäfte jedoch nicht allein entlang des Kriteriums Präsenz/Absenz entschieden, sondern hing maßgeblich auch von der „Persönlichkeit des Landesherrn [und] seiner Bereitschaft, den Adel oder bestimmte Personenverbände an der Leitung der Grafschaft zu beteiligen“ ab.26

2 Eine herausfordernde Herrschaft II: Zur Herrschaftspraxis im Herzogtum Luxemburg am Ausgang des 14. Jahrhunderts Obwohl Jobst von Mähren gemäß Pfandbrief das Herzogtum Luxemburg inklusive der Grafschaften Chiny und La Roche sowie der Herrschaft Durbuy verpfändet worden war, kam er nach Antritt seiner Pfandherrschaft zunächst nicht in den Genuss letzte20 Ebd. Zu den böhmischen Stellvertretern Herzog Wenzels II. in Luxemburg auch Kopičková, Bemerkungen. 21 Reichert, Landesherrschaft, 631. 22 Zu den Burgvögten Vannérus, Avoués (1909) u. Vannérus, Avoués (1908). Zur Einführung des Propsteisystems Margue, Ermesinde u. Margue, Origines. 23 Majerus, Histoire, 145; Reichert, Herrschaftliche Raumerfassung, 266–269; Reichert, Landesherrschaft, 547–556. 24 Majerus, Histoire, 135–139; Margue, Entourage comtal; Reichert, Landesherrschaft, 663–693; Werveke, Conseil provincial. 25 Reichert, Landesherrschaft, 689. 26 Ebd., 688.

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rer Gebiete, denn sie waren Bestandteil der Morgengabe, die Herzog Wenzel I. zugunsten seiner Gattin Johanna von Brabant angewiesen hatte.27 Nach dem Tod ihres Mannes im Dezember 1383 hatte die Herzogin von Brabant die Herrschaft über ihr Wittum angetreten. Angesichts dieser Konstellation trat der Pfandherr im Sommer 1390 mit der Herzogin in Kontakt: Am 8. Juli 1390 bevollmächtigte Markgraf Jobst den Truchsess des Herzogtums, Huwart II. von Elter, sowie die Ratsmänner Wynmar von Gymnich und Johann von Orley, Propst von Luxemburg, Verhandlungen mit Johanna von Brabant aufzunehmen „und mit ihre zu übercommen von alsullichen morgengaben unnd widdumb sie heldet“.28 Knapp zwei Monate später, am 3. September 1390, gaben beide Vertragsparteien bekannt, zu einer Übereinkunft gelangt zu sein. Im Gegenzug für eine Jahresrente von 3.500 Franken würde die Herzogin auf die Grafschaften Chiny und La Roche sowie die Herrschaft Durbuy verzichten.29 Sechs Wochen darauf bestätigte Jobst von Mähren die getroffene Vereinbarung.30 Dass das Verabredete allenfalls einseitig zur Ausführung gekommen war, erhellt ein Brief der Herzogin von Brabant an den Pfandherrn vom 5. Dezember 1397: Obwohl sie ihr Wittum in die Hände der markgräflichen Amtleute gelegt habe, werde sie hinsichtlich der ihr urkundlich zugesicherten Jahresrente seit Langem hingehalten; trotz mehrfacher Appelle gegenüber Jobst und seinen Amtmännern sei ihr die ihr zustehende Rente nicht ausgezahlt worden.31 Daraufhin kam es im Folgejahr zu neuerlichen Verhandlungen mit der Herzogin bezüglich der Zahlungsmodalitäten ihrer Jahresrente,32 im Sommer 1399 konnte sie schließlich 10.500 Franken in Empfang nehmen.33 In ihrem Schreiben von Dezember 1397 hatte es Johanna von Brabant nicht versäumt, dem Pfandherrn anzukündigen, „das wir muessen und willen oever uch scriven und klagen allen herrn, fursten, steden und guden luden“, sofern er die Tilgung seiner Schuld nicht augenblicklich in Angriff nehme.34

27 Ende des Jahres 1354 bestimmte Wenzel zunächst La Roche und Durbuy zur Morgengabe Johannas, im Februar 1368 erweiterte der Herzog die potenziellen Witwengüter seiner Frau um die neu für das Herzogtum Luxemburg gewonnene Grafschaft Chiny und die Herrschaft La Ferté, vgl. Devillers, Cartulaire, 424 f., Nr. CCLXIX u. Würth-Paquet, Table Wenceslas de Bohême, 108, Nr. 524. 28 Würth-Paquet, Table Wenceslas II, 52, Nr. 176. 29 Würth-Paquet, Table Wenceslas II, 53 f., Nr. 179 u. 180. 30 Würth-Paquet, Table Wenceslas II, 55 f., Nr. 182. 31 In Anlehnung an Lindner, Geschichte, Bd. 2, 101, datiert Brandl, Codex Moraviae, Bd. 12, 46 f., Nr. 56, den Brief der Herzogin von Brabant fälschlich auf das Jahr 1391. Eine korrekte Datierung findet sich bei Švábenský, A1. Stavovské listiny, 84. 32 Am 22. Mai 1398 ließ Huwart II. von Elter Dieter von Katzenelnbogen wissen, dass der markgräfliche Getreue Johann Baldak in Kürze zur Herzogin von Brabant reiten müsse, um mit ihr wegen der Schulden zu verhandeln, die Jobst von Mähren bei ihr gemacht habe, vgl. Demandt, Regesten, Bd. 1, 605, Nr. 2128. 33 Schuldverschreibungen zugunsten Graf Johanns von Namur, in: ADN Lille, B 416, Nr. 14.116 u. ANL Luxemburg, Copie de titres, Bd. 2, A-X-46, Bl. 139v. 34 Brandl, Codex Moraviae, Bd. 12, 47. Vgl. auch Birkel, Motive, 215.

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Als herausfordernd wurden die 1390er Jahre bereits von den derzeitigen politischen Eliten des Herzogtums Luxemburg wahrgenommen. So gingen im Jahr 1393 mehrere städtische Gesandtschaften nach Böhmen und Mähren zu Herzog Wenzel II. wie dem Pfandherrn ab, um diese über „des lants vnd d(er) stede noet“ in Kenntnis zu setzen.35 Hintergrund dieser Hilferufe dürfte die konkrete Gefährdungslage im Territorium zu Beginn des Jahrzehnts, besonders die wiederkehrenden Einfälle des Grafen Walram von Saint-Pol und Ligny, gewesen sein.36 Per Schreiben vom 24. August 1392 hatte der Graf Huwart II. von Elter als Stellvertreter des Landesherrn mitgeteilt, dass er beabsichtige, ab dem kommenden 1. September gegenüber dem Herzogtum Luxemburg auf seine Rechte zu pochen. Trotz Geltendmachung seiner Ansprüche gegenüber Herzog Wenzel II. mehr als sechs Jahre zuvor sei er nämlich nicht, wie andere, die den verstorbenen Herzog, Wenzel I., in der Schlacht von Baesweiler (22. August 1371) unterstützt hatten, entschädigt, sondern stets aufs Neue vertröstet worden.37 Tatsächlich war es bereits im Kontext des Herrscherwechsels 1383/1384 zu Angriffen auf das Herzogtum Luxemburg durch den Grafen38 und im Zuge des persönlichen Besuchs Herzog Wenzels II. im September 1384 zu Unterredungen zwischen den Konfliktparteien gekommen, während derer dem Grafen von Saint-Pol und Ligny unter anderem zugebilligt wurde, in der Angelegenheit seiner Schuldforderungen mit entsprechenden urkundlichen Nachweisen abermals vor den römischen König treten zu dürfen.39 Wie in seinem Absagebrief angekündigt, suchte der Graf das Territorium im Herbst 1392 erneut heim, brachte die Städte und Burgen Virton, La Ferté und Saint Mard unter seine Kontrolle und belegte deren Einwohner teils mit hohen Abgaben.40 Ein Schiedsgericht unter dem Vorsitz des Herzogs von Bar und des Vogtes von Vitry legte schließlich die Modalitäten für eine Sühne zwischen dem Herzogtum Luxemburg und dem Grafen von Ligny fest: Die von Walram von Saint-Pol eroberten Gebiete waren zurück in die Hände des Markgrafen von Mähren oder seiner Amtleute zu geben, im Gegenzug hatten letztere eine Ausgleichszahlung von 7.000 Franken zu leisten.41 35 Moulin/Pauly, Rechnungsbücher, Bd. 1, 101. 36 Lindner, Geschichte, Bd. 2, 325 u. 340; Mezník, Finanzen, 81 f.; Reinert, Jost von Mähren, 84; Ulveling, Invasions. Zur Person Walrams von Saint-Pol Berry, Les Luxembourg-Ligny u. Berry, Waleran de Luxembourg. 37 Absagebrief Walrams von Saint-Pol an das Herzogtum Luxemburg vom 24. August 1392, in: MZA Brno, Bestand A1, Nr. 259, Bl. 3; Švábenský, A1. Stavovské listiny, 81 f. 38 Am 1. Januar 1384 setzte der Herzog von Teschen, Vikar des Heiligen Römischen Reiches in deutschen Landen, die rheinischen Städte darüber in Kenntnis, „wie daß sich der Grave von Sant Paule samen und gar starck werde mit Volck in Franckenrich und anderswo und meynet in das Lant zu Lutzelburg zyehen, das angriffen und auch das mit Gewalt an sich zyhen, das an unsern Herren den Romschen Konig ist erstorben“, vgl. Wencker, Apparatus, 215 f. 39 Übereinkunft zwischen Walram von Saint-Pol und Herzog Wenzel II. vom 12. September 1384, in: MZA Brno, Bestand A1, Nr. 259, Bl. 4; Švábenský, A1. Stavovské listiny, 81 f. 40 Ulveling, Invasions, 142 f. 41 Dies geht aus einer Fürsprache luxemburgischer Abgesandter am französischen Königshof im Mai 1396 hervor, vgl. MZA Brno, Bestand A1, Nr. 259, Bl. 1 f.; Švábenský, A1. Stavovské listiny, 81 f.

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Dieser Auflage kamen die Verantwortlichen im Herzogtum Luxemburg unter Rückgriff auf eine Anleihe bei Graf Johann von Namur in Höhe von 9.000 Franken nach.42 Hinsichtlich der Verwendung des geliehenen Betrags heißt es in einer Urkunde vom 19. August 1393 explizit: „damit man dem graven van Sentpol das gelt van der leistonge von Sent-Mychel bezailt hat.“43 Dennoch fiel der Graf von Saint-Pol und Ligny vor Ostern 1395 erneut ins Herzogtum ein – der luxemburgischen Schilderung am französischen Königshof vom 3. Mai 1396 zufolge kam er „nit vmb anders dan vmb zu striden“, denn er sei nicht gewillt gewesen, „sich zu verdragen von den VIIm franckin“.44 Der Bedrohung durch Walram von Saint-Pol begegnete Jobst von Mähren zusätzlich zu den militärischen wie diplomatischen Bemühungen, die der Truchsess leistete, indem er den luxemburgischen Getreuen Dieter VIII. von Katzenelnbogen zum „Hauptmann und obersten Amtmann des Herzogtums Luxemburg“ ernannte.45 Die öffentliche Bekanntmachung dieser Maßnahme im Territorium vom 26. April 1394 begründete diesen Schritt mit der Notwendigkeit der Friedenswahrung in den Stammlanden der Luxemburger.46 Auskunft über die Kompetenzen, die dem neubestellten Hauptmann zuteilwurden, gibt die auf denselben Tag datierende Bestallungsurkunde: Sollte das Herzogtum in eine Notlage geraten und der Graf von Katzenelnbogen würde hierüber vom Truchsess, dem Territorialrat oder auf anderem Wege informiert, so war es an ihm, nach Luxemburg zu reisen – sofern er dies für sinnvoll hielt – und die aufgekommenen Konflikte niederzulegen. Hierbei hatten ihm der Truchsess, alle amtierenden Amtleute, sämtliche Mannen und Bürger behilflich zu sein. Um im Falle einer potenziellen gewaltsamen Auseinandersetzung Männer und Burgen für das Herzogtum Luxemburg gewinnen zu können, erhielt der Hauptmann das Recht, finanzielle Verpflichtungen einzugehen – dies jedoch nur, sofern die Mehrheit von acht namentlich genannten Angehörigen des Territorialrats zustimmte. Schließlich sollten sowohl der Hauptmann, Dieter von Katzenelnbogen, als auch der Truchsess, Huwart II. von Elter, befugt sein, Amtmänner ein- und abzusetzen – diejenigen, die der Pfandherr selbst eingesetzt hatte, jedoch nur mit seiner ausdrücklichen Zustimmung.47

42 Švábenský, A1. Stavovské listiny, 74 f.; Würth-Paquet, Table Wenceslas II, 67, Nr. 227; Bormans, Archives, 512, mit falscher Datierung der entsprechenden Urkunde; Würth-Paquet, Table Wenceslas II, 79, Nr. 285, mit korrigiertem Ausstellungsdatum. Vgl. auch Birkel, Motive, 216. 43 Werveke, Archives, 29, Nr. 82. 44 Fürsprache luxemburgischer Abgesandter am französischen Königshof vom 3. Mai 1396, in: MZA Brno, Bestand A1, Nr. 259, Bl. 2; Švábenský, A1. Stavovské listiny, 81 f. 45 Zu den Grafen von Katzenelnbogen als Parteigänger der Luxemburger, vgl. Demandt, Katzenelnbogener Grafenhaus u. Demandt, Grafen von Katzenelnbogen. Zu Dieter VIII. von Katzenelnbogen im Kontext der Reichspolitik, vgl. Gerlich, Habsburg. 46 Demandt, Regesten, Bd. 1, 574, Nr. 2020. 47 Bestallungsurkunde Dieters von Katzenelnbogen zum Hauptmann des Herzogtums Luxemburg vom 26. April 1394, in: HStA Marburg, Urk. 1, Nachtrag K, Bd. 2 (unfoliiert); Demandt, Regesten, Bd. 1, 574 f., Nr. 2021.

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Die Einsetzung Dieters von Katzenelnbogen zum Hauptmann zwecks Schutzes und Befriedung des Herzogtums Luxemburg bestätigte Herzog Wenzel II. am 22. November 1394 und sprach ihm in diesem Zusammenhang erstmals auch explizit das Recht zu, alle Gerichte des Landes zu bestellen und über Straftäter zu richten.48 Eine weitere Aufwertung erfuhr der Graf von Katzenelnbogen im Dezember 1395, als Markgraf Jobst den gräflichen Aktionsradius im Territorium weiter ausdehnte, indem er ihn ermächtigte, Landfrieden, Bündnisse und Einungen mit angrenzenden Mächten auszuhandeln sowie einen eigenen Stellvertreter einzusetzen, wenn er nicht persönlich vor Ort war, wovon der Hauptmann wohl auch Gebrauch machte.49 Vor allem aber dürfte der Pfandherr mit einer weiteren Klausel für Konfliktpotenzial gesorgt haben. Neben allen anderen Amtleuten durfte Dieter von Katzenelnbogen von nun an auch den Truchsess ein- und absetzen, sämtliche Amtmänner zur Rechnungslegung auffordern und – sofern erforderlich – Ermittlungen gegen sie in die Wege leiten.50 Wann die Amtszeit des Grafen von Katzenelnbogen endete, lässt sich nicht mit Sicherheit bestimmen. Am 21. Juni 1396 urkundete er nachweislich noch als Hauptmann des Herzogtums Luxemburg,51 in einem Schreiben an die Stadt Luxemburg vom 9. Dezember 1398 trat er als ehemaliger Statthalter des Markgrafen auf.52 Am 22. Mai 1398 nahm der Truchsess Huwart II. von Elter in einem Brief an Jobst von Mähren Bezug auf ihn, ohne dass Dieter von Katzenelnbogen hier noch als Amtmann des Herzogtums in Erscheinung getreten wäre.53 War der Graf einst zur Beschirmung des Territoriums eingesetzt worden, so sollte er nach seinem Ausscheiden aus der Landesverwaltung selbst Anlass zu Konflikten geben. Für seine Dienste forderte der frühere Hauptmann eine Entschädigung in Höhe von 20.000 Gulden, die er trotz mehrfacher Aufforderungen gegenüber dem Markgrafen, dem Truchsess und schließlich auch der Stadt Luxemburg nicht erhielt.54 Vor diesem Hintergrund sagte noch Dieters Sohn Johann IV. von Katzenelnbogen Jobst von Mähren und späteren Pfandherren die Fehde an.55 Selbst die in den 1440er Jahren anbrechende burgundische Herrschaft sah sich noch mit den Forderungen der Grafen von Katzenelnbogen konfrontiert.56 Eine weitere Reaktion auf die Appelle aus den luxemburgischen Stammlanden bestand in der Bestätigung der sogenannten Luxemburgischen Goldenen Bulle, welche

48 Demandt, Regesten, Bd. 1, 579, Nr. 2037; Rödel, Urkundenregesten, Bd. 13, 136, Nr. 181. 49 Im Rechnungsjahr 1395 machte sich ein Bote der Stadt Luxemburg auf den Weg nach Meisemburg „zu wolffin, des g(ra)uen diener“, vgl. Moulin/Pauly, Rechnungsbücher, Bd. 1, 116. 50 Vollmacht Jobsts von Mähren für Hauptmann Dieter von Katzenelnbogen vom 26. Dezember 1395, in: HStA Marburg, Urk. 1, Nachtrag K, Akten, Bd. 2 (unfoliiert); Demandt, Regesten, Bd. 1, 587 f., Nr. 2060. 51 Demandt, Regesten, Bd. 1, 592, Nr. 2077. 52 Ebd., 609, Nr. 2140. 53 Ebd., 605, Nr. 2128. 54 Ebd., 606, Nr. 2131 u. 609, Nr. 2140. 55 Ebd., 709, Nr. 2535–2537 u. Demandt, Regesten, Bd. 2, 910, Nr. 3227 f. 56 Demandt, Katzenelnbogener Grafenhaus, 67.

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die Städte des Territoriums am 28. Dezember 1356 von Karl IV. erworben hatten.57 Am 7. Januar 1395 konfirmierte der zugleich als Herzog von Luxemburg amtierende römisch-deutsche König Wenzel die Bestimmungen dieser Bulle, der zufolge die Städte des Herzogtums nicht für die Schulden ihres Landesherrn haftbar gemacht werden durften. Möglicherweise war die Luxemburgische Goldene Bulle unter denjenigen Schriftstücken gewesen, die der Delegation der Städte, die sich im Sommer 1393 nach Böhmen begeben hatte, mitgegeben worden waren.58 Wenzels Urkunde vom Januar 1395 weist jedenfalls dezidiert auf die regionalen Eliten als Initiatoren der abermaligen Ausstellung hin.59 Aufschluss gibt das Schriftstück ebenso dahingehend, dass die Stadt Luxemburg wie die anderen Städte des Luxemburger Landes ihren Herzog über Angriffe, Raubüberfälle und Pfändungen innerhalb des Fürstentums in Kenntnis gesetzt hatten. Diese Information deutet darauf hin, dass das Vorgehen Walrams von Saint-Pol wohl keine Ausnahmeerscheinung war. Tatsächlich vermitteln die Rechnungsbücher der Stadt Luxemburg für den Verlauf der 1390er Jahre das Bild einer Intensivierung fehdeförmlicher Gewalt.60 Diesen Befund stützt auch die urkundliche Überlieferung: Im Falle Johanns von Kriechingen (Créhange) sprechen die zeitgenössischen Quellen gar von einem „kryege“, den er gegen das Herzogtum Luxemburg geführt habe. Eine Reihe von erhaltenen Dokumenten belegt, dass der Herr von Kriechingen das Land wohl von 1396 an für mehrere Jahre befehdete, nachdem er Forderungen in Zusammenhang mit militärischen Hilfeleistungen gegenüber dem verstorbenen Herzog Wenzel I. erhoben hatte, die keine Beachtung gefunden hatten.61 Ein solches Gesuch um Entschädigung für seine Dienste gegenüber Wenzel I. hatte nach dessen Tod zu mindestens zwei Gelegenheiten auch Gilles von La Tour gestellt.62 Thomas von Aspremont hingegen war im Gegenzug für seine Unterstützung des verstorbenen Herzogs gegen den Bischof von Toul bereits am 10. Juni 1390 durch Verpfändung der Herrschaft Conflans abgefunden worden.63 Schließlich sahen sich Land und Pfandherr spätestens 1398 auch mit den Ansprüchen des Herzogs von Bourbon konfrontiert.64 Als Sohn Peters von Bourbon war der

57 Bertholet, Histoire, Bd. 7, Pièces justificatives, 18; Würth-Paquet, Table Wenceslas de Bohême, 44, Nr. 176. 58 Moulin/Pauly, Rechnungsbücher, Bd. 1, 96. 59 Lascombes, Chronik, Bd. 1, 529; Werveke/Würth-Paquet, Cartulaire, 55 f., Nr. XX; Würth-Paquet, Table Wenceslas II, 70 f., Nr. 242 sowie Gerlich, Westpolitik; Hoensch, Luxemburger, 207; Reinert, Jost von Mähren. 60 Moulin/Pauly, Rechnungsbücher, Bd. 1. Hierzu demnächst die Auswertungen im Hinblick auf Trägergruppen, Mittel, Motive u. Handhabung der Fehde im pfandherrlichen Luxemburg in Birkel, Herzogtum Luxemburg. 61 Schötter/Würth-Paquet, Chartes, 158, Nr. 950; 166, Nr. 999 u. 170 f., Nr. 1026 f. 62 Schötter/Würth-Paquet, Chartes, 161, Nr. 970. 63 Schötter/Würth-Paquet, Chartes, 141, Nr. 856. 64 Birkel, Motive, 216.

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von 1356–1410 regierende Herzog, Ludwig II., ein Neffe Beatrix’ von Bourbon, die Johann von Luxemburg 1334 zu seiner zweiten Gemahlin genommen hatte.65 Im Rahmen der Eheschließung waren der Bourbonin „six mil livres de terre à Tournois à valuë de terre“ zugesichert worden,66 die ihre Funktion nach dem im August 1346 eingetretenen Tod ihres Gatten und Grafen von Luxemburg entfalten sollten. Das Schreiben, mit dem Ludwig von Bourbon auf seine vermeintlichen, von seiner Tante herrührenden Anrechte aufmerksam machte, wurde bislang nicht aufgefunden, sodass die einzige Informationsquelle im Hinblick auf das Gesuch des Fürsten aus einem Dokument besteht, das dem Markgrafen von Mähren Empfehlungen gibt, wie auf die unterschiedlichen Forderungen des Herzogs von Bourbon zu reagieren sei. Dieses Schriftstück mit dem Titel „Dis sint die antwerte, die meyn gnediger here der margraff geben und tůn mag auff sulche article, ansprache und vorderunge, als der hirtzog von Bourbon beschriben hait, geben, heischen und vorderende ist an das lant von Lutzemburg“ trägt die Jahreszahl 1398.67 Ob Ludwig II. tatsächlich erst 15 Jahre nach Beatrix’ Tod im Dezember 1383 an die Verantwortlichen im Herzogtum herangetreten war oder ob man vielmehr in Luxemburg mit entsprechender zeitlicher Verzögerung auf die ‚Ansprache‘ des Herzogs reagierte, lässt sich beim derzeitigen Kenntnisstand nicht entscheiden. Hauptsächlich dürfte sich die Argumentation Ludwigs II. auf den Vorwurf gestützt haben, Karl IV., Graf von Luxemburg von 1346–1353, habe Beatrix von Bourbon daran gehindert, die ihr zustehende Morgengabe zu genießen. Für die Einbehaltung des Wittums nach dem Ableben Johanns von Luxemburg verlangte der Herzog eine Entschädigung in Höhe von 6.000 Franken. Weitere Forderungen betrafen eine Rentenanweisung zugunsten Beatrix’ auf die Silberminen zu Kuttenberg (Kutná Hora) sowie Möbel und Kleinodien aus dem Nachlass Herzog Wenzels I., des Sohnes der verstorbenen Bourbonin. In sämtlichen Angelegenheiten war den überlieferten Ausführungen zufolge zu antworten, dass das Herzogtum Luxemburg nicht die richtige Anlaufstelle sei. Bezüglich der Rentenzahlung habe sich Ludwig von Bourbon nach Böhmen zu wenden, die Hinterlassenschaften Wenzels I. habe die Herzoginwitwe Johanna von Brabant an sich genommen. Daher sei Letztere auch hinsichtlich der beanspruchten 6.000 Franken zu kontaktieren, denn Karl IV. habe einst sämtliche der Grafschaft Luxemburg zugehörigen Territorien einschließlich des Wittums Beatrix’ von Bourbon nach nur kurzer Zeit seinem jüngeren Halbbruder Wenzel, Herzog von Luxemburg und Brabant, überantwortet.68

65 Zu Ludwig II. von Bourbon Leguai, Ducs de Bourbon; Leguai, Louis II; Troubat, Guerre. Zu Beatrix von Bourbon Kinsch, Beatrix de Bourbon; Troubat, Beatrix de Bourbon. 66 Bertholet, Histoire, Bd. 6, Pièces justificatives, 26–30. 67 Instruktion im Hinblick auf das Antwortschreiben an Herzog Ludwig II. von Bourbon von 1398, in: MZA Brno, Bestand A1, Nr. 275, Bl. 1; Švábenský, A1. Stavovské listiny, 86. 68 Ebd.

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Ob sich der Herzog von Bourbon mit diesen Auskünften zufriedengab beziehungsweise ob ihm überhaupt erst im Sinne dieser Anweisungen geantwortet wurde, ist nicht nachvollziehbar. Ein neuerliches Gesuch des Fürsten gegenüber dem Herzogtum Luxemburg liegt jedenfalls nicht vor. Interessant ist die überlieferte Instruktion ebenfalls in Bezug auf die in Luxemburg gängigen Herrschaftsprozesse am Ausgang des 14. Jahrhunderts. Wenngleich das Schriftstück selbst nicht den Namen seines Verfassers oder Auftraggebers preisgibt, so ist doch anzunehmen, dass es sich nicht um eine Skizze markgräflicher Provenienz, sondern vielmehr um eine im Herzogtum Luxemburg angefertigte Niederschrift handelt, die es Jobst von Mähren ermöglichen sollte, adäquat auf die Anfrage des französischen Fürsten zu reagieren. Hierauf deuten nicht nur auffallende Parallelen zum im weiteren Verlauf dieses Beitrags zu behandelnden Klageschreiben Huwarts II. von Elter in sprachlich-stilistischer und materieller Hinsicht hin, sondern vor allem die profunde Kenntnis der Stammlande der Luxemburger, welche aus dem Dokument hervorgeht. Wohl vor dem Hintergrund, dass Ludwig II. ganz konkret Ansprüche auf bestimmte Gebiete unter luxemburgischer Herrschaft erhoben hatte, erörtern die Ausführungen die Rechtsgrundlagen der Herzöge von Luxemburg für eine ganze Reihe von größtenteils, aber nicht ausschließlich frankophonen Einzelterritorien.69 Dauer und Art der Zugehörigkeit verschiedener Herrschaften werden teils bis in die Grafenzeit Heinrichs VII. im ausgehenden 13. Jahrhundert zurückverfolgt, sodass davon ausgegangen werden kann, dass der Urheber des Schreibens Zugang zum landesherrlichen Archiv auf der herzoglichen Burg zu Luxemburg gehabt haben muss.70 Vieles spricht dafür, dass die Anweisungen zum Umgang mit den Forderungen des Herzogs von Bourbon von der Hand des Herrn von Elter stammen oder auf dessen Geheiß hin entstanden sind. Unstrittig dürften indes die Beratungsintensität sein, welche die markgräfliche Pfandherrschaft aus der Ferne mit sich brachte, sowie der hohe Stellenwert, der einer regelmäßigen Versorgung des Herrschers mit belastbaren Informationen zukam.

69 Die benannten Herrschaften decken sich nur in Teilen mit den Wittumsgütern Beatrix’ von Bourbon, könnten aber angesichts ihrer Lage im äußersten Westen des Herzogtums Luxemburg für den Herzog von Bourbon besonders interessant gewesen sein. 70 Zum Archiv der Grafen und Herzöge von Luxemburg auf dem Bockfelsen Arendt, Plan.

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3 Eine herausfordernde Herrschaft III: Zur zeitgenössischen Wahrnehmung der 1390er Jahre aus der Perspektive Huwarts II. von Elter Mit dem eingangs erwähnten, wohl kurz vor der Jahrhundertwende entstandenen Schreiben71 des langjährigen Truchsessen Huwart II. von Elter an Markgraf Jobst von Mähren liegt eine Quelle vor, die nicht nur zahlreiche Details im Hinblick auf die Herrschaftspraxis im Luxemburg des ausgehenden 14. Jahrhunderts zugänglich macht, sondern darüber hinaus die derzeitigen Herrschaftsabläufe einordnet und hinsichtlich ihrer Wirksamkeit beurteilt. Erschwert wird die Auswertung der in Brno aufbewahrten Archivalie durch die Tatsache, dass sie als Einzelstück überliefert ist. Bekannt sind also weder die Inhalte des vorangegangenen markgräflichen Schreibens an seinen Amtmann in Luxemburg, noch die eventuelle Reaktion des Pfandherrn auf den Brief des Truchsessen. Zumindest ansatzweise lässt sich jedoch auf der Grundlage des auf uns gekommenen Schriftstückes rekonstruieren, dass sich der Herr von Elter wohl zu Beginn des Jahres 1398 mit diversen Anschuldigungen konfrontiert sah. Ausgangspunkt der sich anschließenden Schilderungen sind die Annahme Huwarts II. von Elter, „das euwer gnade [d. h. dem Pfandherrn] viel von mir geſait ſie woirden“ (Z. 4) sowie das Bedürfnis, der Markgraf möge die Wahrheit erfahren im Hinblick auf das Walten des Truchsessen im Herzogtum Luxemburg, „off das ich von euwr(e)n gnaten nicht mit lughen verstoißen werde“ (Z. 7). „Viel reten vnd meren“ waren Jobst von Mähren offenbar hinsichtlich der während der letzten Amtszeit Huwarts von Elter im Territorium intensivierten Fehdehandlungen getan worden (Z. 45). Außerdem dürfte sich der Pfandherr nach dem Verbleib bestimmter Einkünfte erkundigt haben: Sowohl in Bezug auf die Gülten aus den ehemaligen Witwengütern Johannas von Brabant als auch im Hinblick auf die im Lande erhobenen Beden lässt der Truchsess den Luxemburger wissen, dass er diese nicht an sich genommen habe (Z. 16 f. u. 20). Weiterhin hält Huwart von Elter es für möglich, dass ihm Illoyalität gegenüber Jobst von Mähren unterstellt worden war (Z. 77–79). Wichtig sei ihm schließlich auch, dass der Markgraf wisse, „das ich euwer lant, stede, purge(n) vnd leute nicht beſchonde(n), noch yn das yr abgenomen hain, ſint ich euwer amptma(n) geweſt pin“ (Z. 66 f.). Konfrontiert mit derartigen Vorwürfen leugnet der Amtmann nicht etwa die kritische Lage im Herzogtum, sondern benennt diverse Fehlerquellen, die diese mitverschuldet hätten. Hierzu zählt zunächst die Handhabung der herrscherlichen Stellvertretung. Bereits zuvor habe Huwart den Pfandherrn darauf aufmerksam gemacht, „das es euwer noch des lancz beſt vnd nůcze nicht en ſie, zwene heubtman(n) im lande zů haben“ (Z. 11 f.). Entschieden betont er, dass er den gleichzeitigen Einsatz zweier 71 Schreiben Huwarts II. von Elter an Markgraf Jobst von Mähren von Anfang 1398, in: MZA Brno, Bestand A1, Nr. 273; Švábenský, A1. Stavovské listiny, 85. Die Zeilenangaben im Folgenden beziehen sich auf die Edition des Quellentextes im letzten Teilabschnitt des Beitrags.

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zentraler Stellvertreter noch immer für die falsche Herangehensweise halte und rät dem Markgrafen erneut, die Statthalterschaft von nur einer Person seiner Wahl ausüben zu lassen (Z. 12–15). Auch in anderer Hinsicht war dem Truchsess zufolge nicht der richtige Weg eingeschlagen worden: im Hinblick auf den Umgang mit den Witwengütern der Herzogin von Brabant. Hätte man seinen Rat befolgt, lässt Huwart von Elter den Pfandherrn wissen, so wären die Naturaleinnahmen aus dem vormaligen Wittum verkauft und die Witwe unter Rückgriff auf den Erlös entschädigt worden (Z. 17 f.). In die von Jobst beanstandete Lage habe man sich also einerseits hineinmanövriert, da falsche politische Entscheidungen getroffen worden seien, zugleich aber auch aus dem Grund, dass gewisse angeordnete Maßnahmen der Realisierung einer in Huwarts Augen vielversprechenderen Politik entgegenstünden. Auf die Anschuldigung hin, der Rückgriff auf die Fehde habe in seiner letzten Amtszeit deutlich zugenommen, entgegnet der Herr von Elter, es sei ihm zunächst gelungen, die Gläubiger des Herzogtums auf unterschiedliche Art und Weise zufriedenzustellen, mit dem Ergebnis, „das nicht viel ſchaden geſchiet“ (Z. 49). Dieses effektive Vorgehen seinerseits sei jedoch nicht länger möglich gewesen, als der markgräfliche Getreue Johann Baldak ins Herzogtum gekommen sei und angeordnet habe, „das man algelt vnd gulde bey ein behalden vnd nyma(n)s icht geben oder beczailen ſulde, bis man ein ander gebot von euch hette“ (Z. 50–52). Erst daraufhin hätten die Gläubiger auf Entschädigung gedrängt und seien zur gewaltsamen Pfändung geschritten (Z. 52). „Das hette ich gerren erwert“, so der Truchsess weiter, „da en wolde man mir keyne(n) coſt darczů geben, das wiſlichen iſt“ (Z. 52 f.). Aus demselben Grund – also in Ermangelung einer Zusage, entsprechende finanzielle Mittel bereitzustellen – sei auch Neustolzemburg verloren gegangen (Z. 53–55). Derart ohnmächtig, Politik im Land zu gestalten und auf die Amtmänner der Territorialverwaltung einzuwirken, habe Huwart von Elter in der Hoffnung auf Abhilfe die Reise zum Markgrafen angetreten; seine Abwesenheit vom Herzogtum jedoch habe schließlich einen neuerlichen Anstieg der Fehdehandlungen nach sich gezogen (Z. 55–58). Am Beispiel der Beden wird darüber hinaus deutlich, dass die Umsetzung einer politischen Maßnahme im zeitgenössischen Verständnis nicht nur an vorenthaltenen Ressourcen scheitern konnte, sondern ebenso an den divergierenden Interessen anderer an Herrschaft beteiligter Akteure: So hätten „die lude in meynre frauwen wydmedom [schlichtweg] kein gelt noch bede nicht geben wulden“ (Z. 24 f.). Schließlich widmen sich mehrere Passagen des Schreibens den Veränderungen im Land als Folge der eingeschlagenen politischen Linie. Die negativen Auswirkungen der praktizierten Politik führt Huwart von Elter Jobst von Mähren insbesondere anhand seines eigenen Schicksals vor Augen, indem er seine Situation zu Beginn der Pfandherrschaft 1388 und seine gegenwärtige Lage kontrastiert: Die Schuldenlosigkeit des Ritters vor seinem Eintritt in markgräfliche Dienste sei einer hohen Verschuldung von über 7.000 Gulden gewichen (Z. 28–30); täglich sei der Truchsess als Repräsentant des abwesenden Landesherrn Raubüberfällen, Brandschatzung und Nahme „vmb des

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lancz ſcholt“ ausgesetzt (Z. 31). Da ihm seine Untertanen vertrieben worden seien, lägen seine jährlichen Einnahmen um 1.000 Gulden niedriger als zu seinem Amtsantritt (Z. 68–70). Doch ziehe die markgräfliche Politik für Huwart nicht nur im engeren Kontext der Landesverwaltung unangenehme Folgen nach sich. Als er sich zusammen mit seinem Sohn auf den Weg zum Pfandherrn begeben habe, seien sie unterwegs vom Herrn von Hohenlohe gefangen genommen und geschätzt worden. Bezüglich der Hintergründe dieser Gefangennahme führt der Truchsess an, der Herr von Hohenlohe „habe das getain von des ſegercz wegen von Norenb(er)g, dem euwer gnade ſein gůit zů Brune off gehalden hait“ (Z. 61 f.). Verschuldet durch den Markgrafen müsse nun er, Huwart von Elter, nach Nürnberg reiten, sich dafür verbürgen, dass das geforderte Geld zur rechten Zeit gezahlt werde und sich andernfalls ins Einlager begeben (Z. 62– 64). Aus Huwarts Zeilen tritt seine Sehnsucht nach einem politischen Kurswechsel hervor, insbesondere mit Blick auf die pfandherrliche Anordnung, keinerlei Entschädigungsleistungen mehr gegenüber den Gläubigern des Herzogtums zu erbringen. Die vielfache Eröffnung der Fehde gegenüber dem Herzogtum bewertet der Amtmann als Konsequenz der nichterfolgten – und seit dem Gebot Johann Baldaks aussichtslos erscheinenden – Abfindung einstiger Unterstützer der landesherrlichen Politik, was sich am Beispiel Gilles’ von La Tour zeigen lässt. Im Gegenzug für die Öffnung seiner Burgen in der Auseinandersetzung des Herzogtums mit Walram von Saint-Pol hatte der Truchsess dem Herrn von La Tour eine Vergütung zusichern müssen (Z. 37 f.). Um an diese Zusage zu erinnern und seinen Forderungen Nachdruck zu verleihen, war Gilles von La Tour dazu übergegangen, die Güter und Burgen des Herrn von Elter anzugreifen (Z. 42 f.). „Off das mir keynen ſchaden me von ym geſchie“, müsse von Seiten des Markgrafen veranlasst werden, dass der luxemburgische Lehnsmann wie angedacht bezahlt werde (Z. 44). Obschon Huwart II. von Elter dem Pfandherrn „clerlichen ſaigen wil“, wie es um die Landesherrschaft in den Stammlanden der Dynastie steht (Z. 27), geht es ihm doch nicht darum, mit Markgraf Jobst zu brechen. Vielmehr wolle er ihm „alczeit willencliche(n) dyne(n)“, sei es, „ab ich euwer amptma(n) ſie oder nicht“ (Z. 76 f.). An der Aufrechterhaltung der Beziehung dürfte dem Truchsess jedoch nicht zuletzt aus eigennützigen Erwägungen heraus gelegen gewesen sein, zielte er doch darauf ab, dass der Luxemburger seine Abrechnungen prüfte und ihm für seine Auslagen einen entsprechenden Ausgleich zukommen ließ (Z. 32–34 u. Z. 86 f.).

4 Schlussfolgerungen Der Brief Huwarts von Elter an den Markgrafen von Mähren bietet wertvolle Einsichten in die Herrschaftsprozesse im Herzogtum Luxemburg am Ende des 14. Jahrhunderts. Aufschlussreich ist die Lektüre des Schreibens aber besonders in Bezug auf den

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zum Ausdruck kommenden zeitgenössischen Argumentationshorizont. Als Erklärungsmuster für Missstände im Kontext der Landesherrschaft begegnet die Wahl inadäquater Herrschaftsmittel ebenso wie die Unmöglichkeit, wünschenswerte politische Maßnahmen umzusetzen. Politische Handlungsunfähigkeit wird auf das Fehlen notwendiger Ressourcen ebenso wie auf die Kollision mit gegenläufigen Interessen zurückgeführt. Im Hinblick auf ein etwaiges Misslingen spätmittelalterlicher Territorialpolitik ließe sich also folgern, dass eine mangelnde situative Passung der ergriffenen Maßnahme(n) als Ursache für einen politischen Misserfolg wahrgenommen werden konnte. Über den Erfolg oder Misserfolg einer politischen Linie entschieden jedoch offensichtlich nicht nur die mehr oder weniger adäquate Situationsanalyse und das hiervon ausgehende Sondieren des Handlungsbedarfs auf der Planungsebene, sondern ebenfalls das Gelingen der praktischen Umsetzung des Intendierten. Die Betrachtung jener beiden Dimensionen – Handlungsplanung und Handlungsrealisierung – hat auch die kanadische Politikwissenschaftlerin Christine Rothmayr zwecks Ermittlung des (Miss-)Erfolgs eines politischen Kurses angeregt. Darüber hinaus schlug sie vor, ein zusätzliches Augenmerk auf die Auswirkungen der verfolgten Politik zu richten,72 – eine Reflexionsachse, derer sich auch Huwart von Elter bedient, um die Fragwürdigkeit der gegenwärtig praktizierten Politik zu untermauern. Zur Rechtfertigung eigener Unzulänglichkeiten rekurriert der Amtmann schließlich vor allem auf seine Abhängigkeit von anderen Akteuren. Sein eigenes Wirken droht zu scheitern, wo der Amtmann auf den Widerspruch anderer an Herrschaft Beteiligter trifft, seine eigenen Gestaltungsvorschläge kein Gehör finden, ihm benötigte Mittel versagt werden oder er sich damit konfrontiert sieht, fragwürdige markgräfliche Anweisungen ausführen zu müssen. Einige spätere, zeitlich nach Huwarts Brief einzuordnende pfandherrliche Interventionen im Herzogtum Luxemburg geben Anlass zu der Frage, ob der Markgraf von Mähren frühere politische Entscheidungen mit Blick auf die Territorialadministration hinterfragt haben könnte. Entgegen seiner bisherigen Politik veranlasste Jobst am 30. November 1399 die zuständigen Amtleute im Herzogtum, die Gebrüder Tomburg für die von ihnen erbrachten Dienste in der Landesverteidigung gegen den Grafen von Saint-Pol zu entschädigen.73 Während seiner zweiten Pfandherrschaft über Luxemburg (1407–1411) arrangierte er die herrscherliche Stellvertretung ferner derart, dass neben seinen Statthaltern kein Truchsess amtierte.74 Inwiefern ihn die Zeilen des Herrn von Elter zu diesen Schritten bewogen haben könnten, lässt sich freilich kaum mehr ermitteln.

72 Rothmayr, Succès. 73 Aufforderung Jobsts von Mähren gegenüber seinen Amtleuten im Herzogtum Luxemburg vom 30. November 1399, in: LHA Koblenz, Bestand 15U, Nr. 77. 74 Vgl. demnächst Birkel, Herzogtum Luxemburg.

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5 Edition Das im Rahmen dieses Beitrags ausgewertete Schreiben Huwarts II. von Elter an Markgraf Jobst von Mähren wird im Mährischen Landesarchiv (Moravský zemský archiv) in Brno im Bestand A1: Stavovské listiny (1212–1847) unter der Inventarnummer 273 aufbewahrt. Das fragliche Schriftstück, ein papierner Rotulus mit einer Breite von 30 und einer Gesamtlänge von 45 Zentimetern, befindet sich in einem guten Erhaltungszustand ohne nennenswerte Schäden. Der Text wurde von einer Hand mit brauner Tinte mit einem Abstand von ca. 3,3 Zentimetern vom linken Rand aufgetragen und gliedert sich in insgesamt elf Abschnitte, von denen mit Ausnahme des ersten und des letzten Abschnittes alle mit Item eingeleitet werden. Zeilenumbrüche im Originaldokument werden im Folgenden mit einem Schrägstrich (/) gekennzeichnet, zwecks besserer Zugänglichkeit ist die Interpunktion an den heutigen Gebrauch angelehnt. Die Groß- und Kleinschreibung wurde dahingehend angepasst, dass lediglich Satzanfänge, Personen- und Ortsnamen sowie alle Bezeichnungen für Gott großgeschrieben werden.75 Kürzel wurden in runden Klammern aufgelöst, verständnisfördernde Ergänzungen in eckigen Klammern vorgenommen.

75 Anderweitige Majuskel aus dem Ursprungstext – so bedient sich der Schreiber bevorzugt eines großen „R“ und „B“ – werden klein wiedergegeben.

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Dourchluchtiger, hocgeporner furſt vnd gnediger lieber he(r). Ich, Hubart von Elter, euwer ritter, bieten euwer furſtlich gnade, mir / czů ſaigen, was euch von mir iſt geſait woirden vnd den ſeiger nenne(n). Ich willen, ab Got wilt, mich wail verantwerte(n), want ich verstande(n) / hain, das euwer gnade viel von mir geſait ſie woirden vnd wes ich mich nicht verantwerte(n) kan, des willen ich aen euwer gnade belienen / vnd bieten euwer gnate, das ir mich verantwerte(n) laiſſet vnd keyne lughen off mich geleubet vnd die woreit ervaret an den, die hie / vnd da heime ſint, off das ich von euwr(e)n gnaten nicht mit lughen verstoißen werde, want ich euwr(e)n gnaden sonder genoße vnd / ghireit gedynet hain. Ich hain das mein verlore(n) vnd groſen coſt gehabt vnd will gerr(e)n, das euwer gnade ervare(n) due, wy ich gelebt hain.

11 12 13 14 15

Item als ich euwr(e)n gnaden me geſchrive(n) hain, das es euwer noch des lancz beſt vnd nůcze nicht en ſie, zwene heubtman(n) im lande zů / haben, alſo ſprechen ich noch, das es euwer noch des landes beſt vnd nocze nicht en iſt, zwene heubtman(n) zů haben vnd wen(n) ich euwer / gnade geſaget han, rede war vmb das nicht gůit iſt, ſo mag euwer gnade dan eyne(n) machen, wen ir willent. /

16 17 18 19

Item der gulde in meynre frauwen wydmedom von Brabant, der en hain ich nicht gehabt noch verczert vnd der mein geheiſe vnd rait / getain hette, man hette die gulde wul verkauft vnd mit dem gelde we(r) meynre frauwe(n) beczailt woirden. Wulde euwer gnade mich / nů verhoren, ſo wulde ich euch wail ſaigen, wy mit der gulde gefaren iſt.

20 21 22 23 24 25 26 27

Item die beten, die im lande gehaben ſint woirden, der en hain ich nicht gehaben. Her Johan von Ourley, her Heinrich von Ourley vnd yder / amptma(n), der hait die pede in ſeime ampt gehaben vnd beczailt ein deil ſchulde(n), den man ſchuldich was, als man das vynden ſal an / hern Johan von Ourley, der hire iſt. Auch ſaiget mir her Heinrich von Ourley, da der Graff von Salme, her Robin von Vyſpach, her Johan / von Ourley vnd noch andre bey ware(n), das die lude in meynre frauwen wydmedom kein gelt noch bede nicht geben wulden. Man / beczailde dan da mit den ſchuld(e)rn, die ſie taiglichs pfenden wulden, als ich euwer gnade das vnd and(er)s clerlichen ſaigen wil. /

28 29 30 31 32 33 34 35 36

Item off den tag vnd zeit, da ich euwer amptman wart, da en was ich nyma(n)s ſchuldich vnd bin ſint in euwer vnd des lancz noit in groſe / ſcholt komen hinder criſten vnd juden, das hoir kompt dan vijm gulden an den groſen coſt, den ich gehabt hain vnd an den rouff, / brant vnd name, die mir ſint geſchiet ſint vnd altaige getain werde(n)t vmb des lancz ſcholt. Darumb man mich gelich dem lande angriffet / vnd genome(n) iſt woirden, als das lantkundich iſt. Da pieten ich euwer furſtlich gnade, meyne rechnonge zů verhore(n) oder beuelen, / das die gehoert werde vnd das mir da von dar nah ein beſch gelych geſchie vnd in der lant konne(n) ervaren laißent, wy ich gelebt vnd / gedinet hain vnd was ich rechnen worden ab das alſo ſie, want meyne rechnonge euwr(e)n gnaden nucze vnd gůit iſt. /

37 38 39 40 41 42 43 44

Item he(r)n Gilcz von dem Tourren, dem moiſt ich ein gelt geloben, vmb das er dem lande ſein veſten aff tede wyder den Grafen von ſt Pol, da er / Verton yn hatte. ſieter ſo hatte der ſelve her Gilcz eczwas myſtain wyder euwer genade, darumb er gefangen was in des proiſts hant von / Verton vnd in meyme hant vnd ſint das ich von Henne bin aus komen, ſo hait der her Heinrich von Ourley he(r)n Gilcz in ſeine hant / genomen vnd in dem, das er in ſeinre hant ſtoint, ſo hait der ſelbe her Gilcz mir das mein genome(n) vnd vnderſtande(n), meyne ſloſſe(r) / zů gewynne(n). Da bieten ich euwer furſtlich gnade, das ir beſtellen willent, das her(e)n Gilcz vourſ[riven] beczailt werde, off das mir keynen / ſchaden me von ym geſchie. /

45 46

Item ich hain verſtanden, ſo wy euwrn gnaten viel reten vnd meren geſait ſien woirden von mencher name(n) vnd ſchaiden, die geſchiet / ſien im lande, ſint ich leſt euw(e)r amptman

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woirden bin vnd von kranker weronge, die ich getain habe. Gnediger he(r), es iſt wiſliche(n), / das ich die ſchulder mit gelde, mit feruntſchaft, mit woirte(n), mit taige(n) vnd anders wy ich moecht verhalden hain, das nicht / viel ſchaden geſchiet, was bis an die zeit, das Johan Baldack quam vnd ein gebot von euwr(e)n twegen tede, das man algelt vnd / gulde bey ein behalden vnd nyma(n)s icht geben oder beczailen ſulde, bis man ein ander gebot von euch hette. Da wolden die ſchulde(r) beczailt / ſien vnd woirden da eerſt pfenden. Das hette ich gerren erwert, da en wolde man mir keyne(n) coſt darczů geben, das wiſlichen iſt. Vnd / iſt auch von gebrechen wegen, das man keyne(n) coſt geben wolde, das hawß Nuwe ſtolzenberg verloren woirden. Vnd da ich alſo keyne / gewalt noch maicht hatte im lande vnd an den amptlude(n), ſo was ich off den wech kome(n) her yn zuch euwer gnade zů kome(n), vmb die vnd / ander des lancz noit zů ſaigen vnd ſint ich nů aus pin geweſt, ſo iſt alremeiſt im lande genome(n) woirden. /

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Item der von Hohnloch, der hait mich vnd mein ſon off dieſem wege gefangen vnd geſcheczet fůnfthalff tawſen gulde(n), die nů in / der mitfaſten zů beczalen vnd sprichet offenbair, her habe das getain von des ſegercz wegen von Norenb(er)g, dem euwer gnade ſein / gůit zů Brune off gehalden hait. Darumb ich zů stont gen Norenb(er)g ryten moiß, das gelt verpurgen off die vourg(e)n[ante] zeit zů / beczailen vnd wo ich das nicht en tede, ſo můſt ich dem von Hohnloch gefangen yn reiten als vour. Da bieten ich euw(er) furſtlich gnade, / das ir mir da yn beholffen vnd ſtaden tůn willent, off das ich vnd die meyne euwrn gnaden dynen můghen. /

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Item ſo begher(e)n ich euwer gnate(n) zů wiſſen, das ich euwer lant, stede, purge(n) vnd leute nicht beſchonde(n), noch yn das yr abgenomen / hain, ſint ich euwer amptma(n) geweſt pin vnd auch des landes noch ampts nicht genoſſen en hain. Vnd ſint mir meyne lůde vnd / gulde ſieter verdriben woirden, das ich richtlicher gulde jairs tawſent gulden my(n)re han, dan ich hette, da ich euw(er) amptma(n) wart. /

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Item off alle vourſ[riven] article begher(e)n ich an euwer furſtlich gnade, mich zů verhoren vnd euwer gnade wil vnd antwert dar uber zů / geben, want ich nicht lenger verhalden noch belieben en mag. Ich moiß zů stont riden ghen Norenberg von meyns gefenckniß / wegen als vourſ[riven] ſteit vnd biete(n) euwer furſtlich gnade, das ir mich bewyſen vnd ſulchen ſtaden tůn willet, das ich vnd die meyne / euwr(e)n gnaten der willenclicher dynen můghen, want ich euw(e)r gnade alczeit willencliche(n) dyne(n) wil, es ſie, ab ich euwer amptma(n) / ſie oder nicht. Vnd we(r) euwer gnade geſaiget woirden, das ich icht wyder euwer gnade gewoirben hette an meyme gnedige(n) her(e)n / dem romiſchen kunig vnd anders icht getan hette, das wyder euwer gnade we(r), das wille(n)t mir ſaige(n) vnd mir auch den ſeger / nenne(n). Ich getruwen an Got, mich wail zů verantwerten. /

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Genediger furſt vnd he(r). Ich bieten euwer furſtlich gnade, das ir mich mit lughe(n) vnd mere(n) von euwr(e)n gnaden nicht / verstoiſen laiſſent vnd meyne(n) groſen croift, coſt, arbeit vnd verloſt, die wiſlichen ſint, die ich getain vnd gehabt hain ain / euch, alſo nicht verlieſen laiſſet vnd wil auch wail, das euwer gnade erfaren důe an den ritter(e)n, knechte(n) vnd ſteden im / lande vnd vz dem lande, wy ich gedinet vnd gelebt hain vnd das ich auch des ampts, ſtede vnd lancz nicht genoſſen / hain ſint ich euwer amptma(n) woir de(n) bin. Das piete(n) ich euwer furſtlich gnade, das ir meyne rechno(n)ge verhore(n)t oder / beuelent zů verhore(n), want euch die nůcze vnd ghůit iſt, alz vourſ[riven] iſt. Vnd auch das euw(er) gnade mich bewyſe vnd meyne(n) / dienſt, coſt, ſchaden vnd verloſt alſo erſtaden willet, das ich vnd meyne kynde(r) euwre(n) gnaden der willenclich(en) dynen / můghen vnd zů dynen haben, want wir dez ſicher noit iſt.

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Quellen- und Literaturverzeichnis Ungedruckte Quellen Archives départementales du Nord, Lille (ADN Lille), Série B: Cours et juridictions d’Ancien Régime, Soussérie 1B: Chambre des comptes de Lille et du Trésor des chartes des comtes de Flandre, B 416: Trésor des chartes. Mariages (1338–1356). Archives nationales de Luxembourg, Luxemburg (ANL Luxemburg), A–X: Trésor des chartes des comtes et ducs de Luxembourg (1095–1793), Nr. 46: Copie de titres, Bd. 2. Hessisches Staatsarchiv, Marburg (HStA Marburg), Urkunden 1: Hessisches Samtarchiv (1151–1873). Landeshauptarchiv Koblenz (LHA Koblenz), Bestand 15U: Herzogtum Luxemburg, Urkunden. Moravský zemský archiv, Brno (MZA Brno), Bestand A1: Stavovské listiny (1212–1847).

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Die französische Monarchie als failed state? Heuristische Überlegungen am Beispiel des pays de Foix und des Béarn im ausgehenden 14. Jahrhundert Ausgangspunkt der folgenden Überlegungen ist eine auffällige Lücke. Die Kanzlei der französischen Könige stellte regelmäßig Urkunden bezüglich des pays de Foix und des Béarn aus, die anschließend in die Registerbände des Trésor des chartes kopiert wurden. In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts wurden deutlich weniger Urkunden entsprechender Pertinenz ausgestellt und zwischenzeitlich kam diese Tätigkeit sogar vollständig zum Erliegen. Für die 17 Jahre zwischen 1366–1383 wurde keine einzige Urkunde verzeichnet und für die vier Jahrzehnte von 1350–1389 gerade einmal 13 Urkunden, also in etwa so viel wie jeweils in den beiden Jahrzehnten zuvor (1330–1339 und 1340–1349 jeweils 14 Urkunden) sowie im darauffolgenden Jahrzehnt (1390–1399 wieder zwölf Urkunden).1 Der Trésor des chartes war eines der zentralen Archive der französischen Monarchie und wurde von Olivier Guyotjeannin als das gemeinsame Gedächtnis von König, Dynastie und Königreich beschrieben, das als wichtiges Instrument des monarchischen Regierungshandelns diente.2 Ein großer Teil der dort in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts überlieferten Dokumente befasst sich mit den Rechtsverhältnissen und besonders mit den Konflikten der Untertanen.3 Schon der diachrone Vergleich legt nahe, dass solche Urkunden während des Zeitraums der Lücke auch für Foix und Béarn in weitaus größerer Zahl zu erwarten wären. Mehr noch zeigen die Ergebnisse der Forschung zur genèse de l’État moderne, dass die monarchischen Institutionen zur selben Zeit im übrigen Frankreich vermehrt in die Konflikte der Untertanen eingriffen und dabei den monarchischen Staat an der Kriminalität als seiner diskursiven Kehr-

1 Die hier diskutierte Auszählung beruht auf zwei regionalen Inventaren für die Register des Trésor des chartes (Reihe JJ der Archives Nationales in Paris), die um wenige, dort nicht berücksichtigte Einzelstücke ergänzt wurden. Samaran, La Gascogne dans les registres du Trésor des chartes; Dossat [u. a.], Le Languedoc et le Rouergue dans le Trésor des chartes. Für ihre Unterstützung bei der Durchsicht danke ich Marlene Vollmar. In meiner Dissertation plane ich eine ausführliche Besprechung des archivalischen Materials, während sich dieser Aufsatz auf die Auswertung der bereits veröffentlichten Stücke beschränkt. Zur Registrierungspraxis der königlichen Kanzleischreiber vgl. Canteaut, Du bon usage des registres. 2 Guyotjeannin, Super omnes thesauros rerum temporalium, 130 f. 3 Einen quantitativen Überblick gibt François, Note sur les lettres de rémission. Vgl. ferner Canteaut, Gouvernement et hommes de gouvernement, 240, Anm. 648. https://doi.org/10.1515/9783111087122-005

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seite konstruierten.4 Mit den immer häufiger ausgestellten Urkunden wurden das königliche Straf- und Gnadenrecht gleichermaßen als Prärogative des souveränen Herrschers propagiert,5 was als ein Prozess staatlicher Verdichtung gedeutet wurde.6 Betrachtet man nun die Urkundenausstellung für Foix und Béarn, so fand die monarchische Herrschaft, an dieser Stelle verstanden als obrigkeitliche Konflikteindämmung, in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts offenbar nicht oder nur eingeschränkt statt. Beobachten wir für die Zeit der Überlieferungslücke entlang der Pyrenäen also ein Scheitern des entstehenden monarchischen Staates – und wenn ja, inwiefern? Um dieses Scheitern zu analysieren, möchte ich zunächst ein Konzept des failed state aufgreifen, welches für die Politikanalyse entwickelt wurde. Entsprechend diesem Konzept lassen sich in einem failed state ein hohes Maß endemischer Gewalt und eine Unterminierung öffentlicher Institutionen durch lokale Eliten als zwei sich wechselseitig bedingende Faktoren greifen. Daran anknüpfend soll zunächst ausgeführt werden, ob sich eine solche Konstellation auch in Foix und Béarn ausmachen lässt. In einem zweiten Schritt wird dieser theoriegeleitete Erstbefund mit der bisherigen Forschung zu Foix und Béarn abgeglichen, die zum einen die lokalen Gewaltverhältnisse anders rekonstruiert und zum anderen die Rolle lokaler Machthaber anders deutet. Vorrangig wird Gaston Fébus von Interesse sein, der Foix und Béarn als Graf beziehungsweise Vizegraf beherrschte und der Forschung als herausragendes Beispiel fürstlicher Herrschaftsbildung gilt. Auf dieser Grundlage soll schließlich diskutiert werden, in welcher Hinsicht das Konzept des failed state hilfreich sein kann, um unser Verständnis der französischen Monarchie im Spätmittelalter zu erweitern. Dabei werden auch verschiedene Formen der Kritik am Begriff des failed state zu berücksichtigen sein, woraus sich im Rahmen dieses Aufsatzes vor allem zwei Folgefragen ergeben: Von wem und zu welchem Zweck wird ein vermeintliches Staatsversagen diskursiv beschworen? Und wer kontrolliert jenseits staatlicher Hoheitsansprüche effektiv die Gewalt?

1 War der monarchische Staat in Foix und Béarn ein failed state? Der Begriff ‚scheiternder‘ oder ‚gescheiterter Staaten‘ (failing oder failed states) meint zunächst einen Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung; allerdings lässt sich dieser

4 Grundlegend Gauvard, De grace especial. Vgl. beispielsweise mit Blick auf zwei benachbarte Großregionen für die Gascogne die Arbeit ihres Schülers Prétou, Crime et justice en Gascogne, und für das Languedoc Firnhaber-Baker, Violence and the State. 5 Zu dieser Qualifizierung der Dokumente Texier, La rémission au XIVe siècle. 6 Dazu zusammenfassend Rigaudière, Un enjeu pour la construction de l’État.

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publizistische Alltagsbefund konzeptionell präzisieren. Robert H. Bates spricht von einer ‚Implosion‘ des Staates in doppelter Hinsicht: Laut Bates wird zum einen in einem bestehenden Gemeinwesen das staatliche Gewaltmonopol durch private Akteure aufgebrochen, indem sich die Bevölkerung (zumindest teilweise) ‚von unten‘ militarisiert, was Gewaltpotenziale freisetzt. Zum anderen nutzen lokale Eliten die öffentlichen Institutionen als Instrumente, um Ressourcen ‚von oben‘ zur privaten Bereicherung abzuschöpfen.7 Nach Bates umreißen beide Elemente erst zusammengenommen und aufeinander bezogen das Spezifikum scheiternder Staaten, die beispielsweise von Gesellschaften in Bürgerkriegen oder mit schwachen öffentlichen Institutionen und Korruption abzugrenzen sind. In gescheiterten Staaten lässt sich beobachten, dass Akteure maßgebliche Teile der Gewalt gegen diejenigen staatlichen Institutionen richten, die sie jeweils nicht selbst kontrollieren. Indem öffentliche Institutionen kurzfristig und unter Gewalteinsatz als Ressourcen verwertet werden, kommt es zu Verteilungskämpfen um diese kurzfristigen Möglichkeiten raubmäßiger Abschöpfung, die das staatliche Gemeinwesen nachhaltig scheitern lassen. Der scheiternde Staat wird als Beuteobjekt unmittelbar zum Gegenstand einer Gewalt, die er seiner Idee nach unterbinden müsste, während (nicht allein lokale) Akteure, die weiterhin Beute machen wollen, diesen Zustand aufrechterhalten. Dieses Konzept des failed state ist auf die Verhältnisse der politischen (Post-)Moderne gemünzt und wird verwendet, um besonders mit Blick auf den globalen Süden humanitäre und militärische Interventionen zu rechtfertigen, weil humanitäre Katastrophen durch einen Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung drohen würden.8 Es ist daher nicht damit zu rechnen, dass vormoderne Verhältnisse umstandslos in das Konzept eingepasst werden können. Schon gegen den Staatsbegriff werden in diesem Sinn immer wieder Vorbehalte geäußert, die sich der Alterität der Vormoderne verpflichtet sehen.9 Allerdings geht es diesem Beitrag nicht um die sophistische Frage, ob

7 Bates, State Failure. So auch die Ergebnisse eines Forschungsprojekts an der Universität Harvard, das durch den World Peace Fund gefördert wurde. Rotberg, The Failure and Collapse of Nation-States, 5–10. 8 Als klassische Beispiele gelten Somalia seit den 1990er Jahren und nicht zuletzt Afghanistan, das weitergehend seit den Anschlägen vom 11. September 2001 als Beispiel für die globale Gefahr angeführt wird, die von gescheiterten Staaten durch ‚spill over-Effekte‘ ausgeht. Vgl. etwa den Band Straßner/Klein (Hg.), Wenn Staaten scheitern, besonders die Einleitung (dies., Staatszerfall – ein neuer Untersuchungsgegenstand?) und den Beitrag von Seidl, Failing states. Darüber hinaus institutionalisiert der Failed bzw. Fragile States Index des Fund For Peace das namensgebende Konzept seit 2005 auf der politischen Bühne. Das Gesamtrisiko jedes Staates wird als Score von zwölf Skalen errechnet, für die jeweils bis zu zehn Punkte vergeben werden. Im letzten Jahresbericht, der bei Abfassung dieses Textes vorlag, führte der Jemen für das Jahr 2022 die Tabelle an (111,7/120 Punkte). Das geringste Risiko für einen Staatskollaps weise dagegen Finnland auf (15,1/120 Punkte). Die Daten sind online einzusehen: Fragile States Index 2022 – Annual Report. Vgl. Fragile States Index Methodology. 9 Schneidmüller, Vor dem Staat. Die Lösung vom Staatsbegriff steht hier programmatisch für die Abkehr von einer klassischen Verfassungsgeschichte, die der Teleologie des Staatsbegriffs das Wort rede, zugunsten der Kulturgeschichte des Politischen mit ihrem Blick für die Alterität der Vormoderne. Zu

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ein konkretes historisches Gemeinwesen als (gescheiterter) Staat zu bezeichnen sei oder nicht.10 Vielmehr wollen die folgenden Ausführungen den methodischen Ansatz erproben, dass anachronistische Begriffe, die gerade nicht den Quellen entnommen sind, es erlauben, den Analysegegenstand gezielt zu verfremden und den gewohnten Blick zu irritieren, um auf diese Weise unser Verständnis von vergangenen wie auch heutigen Gesellschaften zu erweitern.11 Susan Reynolds fordert in diesem Sinn den reflektierten Gebrauch von Anachronismen wie dem Staatsbegriff als Bedingung des interdisziplinären und gesellschaftlichen Dialogs: „Excluding medieval structures from the history of statehood […] impoverishes the discussion of both medieval and later history. Using a common vocabulary, with care and thought for the concepts and phenomena one is comparing, ought to enrich both.“12 Inwiefern kann also das Konzept eines gescheiterten Staates auf die Situation in Foix und Béarn bezogen werden? Beide Definitionselemente sollen nacheinander betrachtet werden. Endemische Gewalt lässt sich in der Tat vielfach belegen. Zunächst sind hier die spärlichen Urkunden zu nennen, die in die Zeit der oben skizzierten Überlieferungslücke selbst fallen. Es handelt sich um einige Gnadenerlasse, die für ehemalige Söldner ausgestellt wurden, die nach ihren Taten gegen Untertanen der Krone nun wieder den Kontakt zur Monarchie suchten. Beispielsweise hatte Guillaume Sauveur aus Gien an der Loire (Dep. Loiret) im Jahr 1358 seine Heimat verlassen und war schließlich in Foix gelandet. Dort hatte er im Gefolge des notorisch bekannten Söldneranführers und Feindes der Krone Elias Machin, genannt Petit Meschin, allerhand Gewaltverbrechen an französischen Untertanten begangen.13 Nach einem anschließenden Aufenthalt in Navarra wünschte er, in seine Heimat und damit den Rechtsraum der französischen Monarchie zurückzukehren. Die 1365 ausgestellte Urkunde sollte diese Rückkehr ermöglichen. Ein vergleichbares Dokument von 1387 informiert uns über die Missetaten des Ritters Pierre d’Orneison, der sich des Raubs, Totschlags und weiterer Vergehen in verschiedenen Fällen schuldig gemacht hatte.14 Eine Urkunde von 1361 für Guilhem Pierre de Vaysse aus Laure-Minervois, (Dep. Aude), der mit anderen zusammen den Bauernhof eines gewissen Pierre Connil in Brand gesetzt hatte, erlaubt es ihm, wieder mit königlichen Amtsleuten in Kontakt zu treten, ohne eine Strafe

den verschiedensprachigen Forschungstraditionen in Europa mit Blick auf eine vormoderne Geschichte des modernen Staates vgl. Genêt, La genèse de l’État moderne, 6–8. 10 So etwa auch Patzold, Human Security, 421. 11 Beispiele aus der Diskussion über einen burgundischen Staat seit Huizinga und Pirenne überblickt Boone, Yet Another Failed State?, 117–120. 12 Reynolds, There were States in Medieval Europe, 554. Zum Gebrauch eines ‚kontrollierten Anachronismus‘ siehe Moos, Das Öffentliche und das Private, 1–10. Vgl. Jostkleigrewe, Monarchischer Staat und ‚Société politique‘, 41 f. 13 Devic/Vaissète, Histoire générale de Languedoc, Bd. 10, Nr. 516, 1339 f. 14 Ibid., Nr. 693, 1724 f.

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fürchten zu müssen, sofern er und seine Komplizen künftig auf derartige Gewalt verzichteten.15 Diese Urkunden lassen die Überlieferungslücke noch schärfer hervortreten. Nur selten wurde während der hier diskutierten Zeitspanne vom Rand der Pyrenäen aus überhaupt der Kontakt nach Paris gesucht. Wenn die Institutionen des monarchischen Staates allerdings doch einmal angerufen wurden, dann um eine diskursiv aufgebaute Schranke zwischen divergierenden Gesellschaftsordnungen zu passieren: Auf der einen Seite soll die Gewalt in Foix und Béarn gestanden haben, auf der anderen Seite die Rechtsordnung der Monarchie. Dieser Eindruck erhärtet sich noch mit Blick auf den Urkundenausstoß nach der überlieferungsschwachen Zeit. Von den 15 Urkunden, die 1391–1400 im Trésor des chartes für beide Regionen verzeichnet wurden, befassen sich alle mit gewaltsamen Konflikten der vorausgehenden Jahrzehnte und 13 sind sogar herrschaftliche Gnadenerlasse im engen Sinn. An dieser Stelle sei nur ein Beispiel genannt. Jacques des Naiz aus Puylaurens hatte mehrere Leute verschleppt, ferner Nutztiere und Nahrungsmittel geraubt und noch weiter geplündert, bis er sich 1393 begnadigen ließ.16 Die Belege für die Wahrnehmung einer grassierenden Gewalt in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts ließen sich leicht aus den Urkunden für Foix und Béarn vermehren, die allesamt eine Wiedereingliederung einzelner Untertanen oder ganzer Städte in den Rechtsraum der Monarchie regelten. Dazu wurde mit den Gnadenerlassen ein klassisches Instrument der königlichen Konflikteinhegung genutzt, welches seine Legitimation insbesondere aus dem Anspruch der französischen Könige ableitet, als Souveräne das geltende Recht durch ihre herrschaftliche Gnade zu dispendieren. Wie steht es aber um das zweite Definitionselement, nämlich den Aufschwung lokaler Eliten, die kurzfristig von der Schwäche des Staates profitieren und diese Schwäche durch ihre Machtpolitik als regelrechtes Scheitern stabilisieren?17 Hier lassen sich verschiedene Pole der Gewalt in den Quellen ausmachen. Immer wieder treten routiers in Erscheinung, also Söldner der grandes compagnies, die insbesondere nach dem Frieden von Brétigny marodierend durch Frankreich zogen. Angeklungen ist bereits das Beispiel des Söldnerhauptmanns Petit Meschin, dem sich Guillaume Sauveure angeschlossen hatte.18 Zweifelsohne handelte es sich bei Akteuren dieses Typus um militärische Eliten, die allerdings mobil agierten und den Zusammenbruch der öffent15 Devic/Vaissète, Histoire générale de Languedoc, Bd. 10, Nr. 481, 1261 f., dort mit dem konditionalen Zusatz der Gnadengewährung: si illi qui predicta facta vel crimina commiserint, nullatenus extunc in dictis criminibus vel aliquibus eorumdem reincideriut. 16 Devic/Vaissète, Histoire générale de Languedoc, Bd. 10, Nr. 749, 1849–1851. 17 Auf diese Frage legt auch Pécout den Schwerpunkt seiner Analyse, wenn er den politischen Aufschwung städtischer Oligarchien in der Provence als délitement de l’État unter Johanna von Neapel diskutiert. Den städtischen Eliten sei es vor allem gelungen, sich der chose publique materiell wie ideologisch zu bemächtigen. Vgl. Pécout, Corps et anticorps, 69. 18 Devic/Vaissète, Histoire générale de Languedoc, Bd. 10, Nr. 516, 1339 f. Die maßgeblichen Quellen zu den Zügen des Petit Meschin im politischen Kontext analysiert Fowler, The Great Compagnies.

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lichen Ordnung zwar herbeiführten, aber diese Dynamik nicht im Sinne von failed states zum eigenen Nutzen stabilisierten. Es gilt also nach lokal operierenden Magnaten zu fragen, die aus der Situation ihren Profit schlugen und deswegen auf Dauer stellten. Für die beiden Regionen Foix und Béarn sticht besonders Gaston Fébus hervor, der diese Gebiete auch nominell als Graf beziehungsweise Vizegraf zu beherrschen beanspruchte. Auf seine ubiquitäre Gewalt heben fast alle zeitlich und regional einschlägigen Gnadenerlasse ab und rücken ihn oftmals sogar in den Mittelpunkt der Erzählung. So stand auch der bereits genannte Jacques des Naiz mit seinen Kumpanen in Gastons Diensten, als sie auf Raubzügen umherschweiften. Nach seiner eigenen Aussage habe Jacques bald allerdings nicht mehr für Gaston plündern wollen, da seine Opfer mitunter treue Untertanen des französischen Königs gewesen wären. Jacques hätte deswegen für einige Zeit das Land verlassen, um Gaston nicht länger gehorsam sein zu müssen.19 An dieser Stelle hebt die Quelle den Druck hervor, der von Gaston ausging und auf jenen Akteuren lastete, die seine Gewalt letztlich ausübten. Wer mobil war, hatte immerhin noch die Möglichkeit, das Weite suchen. Anders erging es den städtischen Kommunen in Gastons Einflussgebiet, die eindrücklich ihre Angst vor dem lokalen Kriegstreiber schildern, gegen den keine Gegenwehr möglich schien. Die Einwohner von Montesquieu-Volvestre (Dep. Haute-Garonne) und weiterer Ortschaften hoben die 48 Jahre, die sie von Gaston dominiert wurden, als separate Epoche ihrer Geschichte hervor. Gaston habe viele Kriege geführt, wofür er Leute unter Waffen um sich geschart und sie nicht zuletzt in der Umgebung von Volvestre am westlichen Rand seines Einflussgebiets in Foix habe Stellung beziehen lassen. Die dortigen Einwohner kooperierten teils aus Sympathie, teils aus Angst vor dem Grafen (en faveur & pour crainte dudit feu conte).20 Weiter im Norden versicherten die Einwohner von Lautrec, dass es nicht in ihrer Macht gestanden habe, sich dem Willen des Grafen zu widersetzen, da die Präsenz willfähriger Parteigänger unter Waffen jeden Ungehorsam verunmöglichte.21 Die benachbarte Gemeinde Giroussens berief sich darauf, ange-

19 Devic/Vaissète, Histoire générale de Languedoc, Bd. 10, Nr. 749, 1849–1851, hier 1850: „Et avecques ce ait ledit Jacques chevauchié, couru & pillié pluseurs autres lieux & habitans obeissans pour lors à nous & et à nostre dit oncle [i. e. Jean de Berry], pour ce que ilz ne vouloient obeir audit conte de Foix ou autrement de sa voulenté, pour occasion desquelles choses ledit Jacques […] s’est absenté du pais par aucun temps.“ 20 Devic/Vaissète, Histoire générale de Languedoc, Bd. 10, Nr. 756, 1865 f. 21 Devic/Vaissète, Histoire générale de Languedoc, Bd. 10, Nr. 760, 1870–1872: „Pour le fait & occasion desdites guerres ilz aient perdu toutes leurs chevances & en soient en voye de desercion que tousjours n’a pas esté en leur puissance ou faculté de contredire ou empeschier le propos & volonté dudit conte leur seigneur mesmement, car par sa puissance & le secours desdiz soldoyers il les avoit telement subjuguez qu’ilz’ n’eussent osé désobéir.“

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sichts der von Gaston ausgehenden Gewalt gezwungen gewesen zu sein, selbst verschiedene Verbrechen zu begehen.22 Schließlich berichtet ein ehemaliger Gefolgsmann Gastons namens Raymond Bernard ohne Umschweife, wie die Herrschaft des Grafen funktionierte und wie sie zu werten sei. In Gastons Diensten hatte Raymond begonnen, Waffen zu gebrauchen, und er habe sie nicht niedergelegt, solange Gaston unter den Lebenden weilte. Waffenstarrend sei Raymond mit seinen Kumpanen umhergezogen. Eindrücklich beschreibt Raymond, wie sie zusammen als Gewaltgemeinschaft „kriegerisch und beizeiten auch räuberisch“ (more bellicoso & interdum predonico) großen Schaden angerichtet hatten, indem sie Leute ergriffen und ausraubten, Tiere stahlen und Beute mit sich fortführten, Burgen stürmten und königliche Amtsträger auf offener Straße überfielen.23 In Raymonds Erzählung tritt Gaston in diesem Sinn als besserer Räuberhauptmann in Erscheinung. Wie sehr Gaston Fébus seine Stellung als lokaler Machthaber der Gewalt verdankte, wusste er nicht zuletzt selbst in Szene zu setzen. Jedes Jahr ließ Gaston am 5. Dezember eine Gedenkfeier für den Jahrestag seines Sieges in der Schlacht von Launac gegen den Grafen von Armagnac und seine Verbündeten abhalten und memorierte auf diese Weise, wie er seine Vormachtstellung gegenüber anderen lokalen Aspiranten errungen hatte. Die Feierlichkeiten sollen den Zeremonien zu Ostern und Weihnachten am Hof des französischen Königs oder des Papstes in nichts nachgestanden und alle Gebiete aus dem Machtbereich von Gaston Fébus zusammengebracht haben.24 Die Gewalt stand im Zentrum der historischen Erinnerung, sodass Gaston dabei Psalm 144 singen ließ: Benedictus dominus Deus meus qui docet manus meas ad proelium et digitos meos ad bellum. Gaston dankte Gott für seinen gewaltsam errungenen Erfolg. Doch die Schlacht von Launac kann nicht nur als Fanal für die allenthalben grassierende Gewalt gelten, sondern auch für den konkreten Nutzen, den Gaston daraus zu ziehen wusste. Nach der Schlacht kassierte Gaston horrende Lösegelder, mit denen sich seine unterlegenden Kontrahenten freikaufen mussten.25 Allein Jean I. von Arma-

22 Devic/Vaissète, Histoire générale de Languedoc, Bd. 10, Nr. 737, 1828 f., hier 1829: „Pour occasion des guerres & oppressions, qui ou temps passé leur avoient & ont esté faictes par le dit feu conte & autres, ilz avoient esté contrains à commettre & faire pluseurs crimes, deliz & malefices.“ 23 Devic/Vaissète, Histoire générale de Languedoc, Bd. 10, Nr. 772, 1896–1898, hier 1896 und 1897: „[V] ivente Gastone, comite Fuxi condam, dictus Ramundus qui erat homo subditus dicti Gastonis, assumpsit usus armorum,quo extunc continue usus fuit tamdiu quamdiu dictus Gasto vixit in humanis, eidem Gastoni [diversis] in guerris […]. Sepe & pluries cum armis discopertis, more bellicoso & interdum predonico, cum quibusdam suis in hac parte complicibus, […] dampna plurima dederit, aprisionando & disraubando gentes, animalia capiendo, predas secum ducendo ac eciam sibj appropriando […], castraque & alias municiones […] explorando, capiendo & occuppando necnon pluries, […] gentibus nostris tam officiariis quam aliis personis insidias in itineribus publicis & alibi ponendo.“ 24 Froissart, Chroniques, Bd. 12, 94 f. 25 Tucoo-Chala, Gaston Fébus et la vicomté de Béarn, 88–92.

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gnac wurde auf 300.000 Florentiner Gulden geschätzt, wovon jener aber nur 50.000 Gulden aufbringen konnte, sodass er an Gaston noch Schmuckstücke im Wert von 75.000 Gulden sowie Herrschaftsrechte in den Seigneurien von Arrens und Tournay abtreten musste. Andere Widersacher kamen mit weniger davon, wie ArnaudAmanieu von Albret, der 100.000 Gulden zahlen sollte, oder Pierre-Raymond II. von Comminges mit 50.000 Gulden. Neben dieser herausragenden Erpressung enormer Lösegelder lässt sich auf eine Vielzahl kleinerer Raubzüge verweisen, die Gastons Leute immer wieder zu seinen Gunsten unternahmen.26 Zwar sind konkrete Aussagen über Gastons Einkommensverhältnisse aufgrund der verlorenen Überlieferung schwierig, aber noch bei seinem Tod soll seine Schatzkammer mit über 700.000 Gulden gefüllt gewesen sein, wie ein Schatzinventar des Turms von Moncade aufrechnet, das die Stände des Béarn unmittelbar nach Gastons Tod erstellen ließen.27 Doch agierte Gaston nicht allein more predonico. Vielmehr arbeitete er sich auch an den hergebrachten Institutionen in Foix und Béarn ab, die er ganz auf seine persönlichen Bedürfnisse zuschnitt. Die bestehenden Justizstrukturen höhlte er vor allen im Béarn weitgehend aus, aber eine vergleichbare Politik lässt sich auch in Foix greifen.28 Die ständisch gefasste cour des chevaliers ließ Gaston nur einmal zusammentreten, um ihn formell als Graf zu bestätigen. Der vormalige Seneschall lässt sich als oberster officier de justice im Béarn nach 1360 nicht mehr nachweisen. Die cour majour als oberstes Gericht verkleinerte er – vielleicht in Anlehnung an die pairs de France oder literarische Vorbilder – zu zwölf barons de Béarn, die sich nach 1365 nicht mehr versammelten und deren Amt zum Ehrentitel verkam. Damit war die Rechtsprechung zukünftig ganz auf Gaston ausgerichtet, der sie streng überwachte und viele Urteile persönlich fällte. Vertreten ließ er sich nur von einem juge de Béarn, der spätestens ab 1375 greifbar wird und der sich allein vor Gaston verantworten musste. Die Finanzverwaltung modellierte Gaston teilweise nach dem Vorbild der französischen Monarchie, indem er eine Herdsteuer (fouage) einführte und eine enquête zu deren Festsetzung durchführen ließ.29 Allerdings verzichtete Gaston darauf, die verhasste Salzsteuer (gabelle) für sich zu erheben, die aber auch die königliche Kasse nicht erreichen sollte. Insbesondere die städtischen Kommunen als ökonomische Zentren hatte Gaston durch seinen administrativen Zugriff weitgehend entmachtet, sodass die Städte ihrem Herrn Gaston laut Pierre Tucoo-Chala wie ‚Geiseln‘ ausgeliefert

26 Vgl. die Fallstudie Tucoo-Chala, Une bande de routiers. 27 Die Frage der Nachfolge Gastons wird im letzten Teil dieses Aufsatzes eigens aufgegriffen. Zum Schatzinventar Tucoo-Chala, Gaston Fébus et la vicomté de Béarn, 144–148. 28 Dazu und im Folgenden für das Béarn Tucoo-Chala, Gaston Fébus et la vicomté de Béarn, 161–168. Für einen Vergleich von Foix und Béarn vgl. Pailhès, Gaston Fébus, 137–144. 29 Dazu und im Folgenden für das Béarn Tucoo-Chala, Gaston Fébus et la vicomté de Béarn, 135–148. Für einen Vergleich von Foix und Béarn vgl. Pailhès, Gaston Fébus, 149–158.

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gewesen wären und Gaston sich als Vertreter eines despotisme administratif verstehen ließe.30 Schauen wir zurück auf die eingangs gegebene Definition eines failed state. Zweifelsohne lässt sich für die Gebiete Foix und Béarn ein hohes Maß endemischer Gewalt ausmachen. Hier ist nicht allein an die Dynamik des sogenannten Hundertjährigen Kriegs zu denken, der beispielsweise die Söldnerkompanien durch Frankreich streifen ließ. Gaston selbst übte und inszenierte Gewalt als lokaler Magnat, um seine Machtstellung zu sichern und auszubauen. Er war aber nicht bloß Kriegstreiber, der Gewaltakteure in seinem Gefolge versammelte und Unordnung stiftete. Vielmehr griff er mit der Besteuerung bestimmte Rechtsansprüche auf, welche die Monarchie in anderen Teilen Frankreichs zunehmend als ihr Reservat begriff. Ferner transformierte Gaston hergebrachte Institutionen auf regionaler und lokaler Ebene nach seinen eigenen Vorstellungen. Schließlich war er nicht zuletzt darin erfolgreich, mögliche Konkurrenten wie die Grafen von Armagnac oder Albret gewaltsam auszubooten. Damit ließ Gaston die öffentliche Ordnung des monarchischen Staates erodieren, setzte sich auf regionaler Ebene selbst an zentrale Stelle der hergebrachten und monarchischen Institutionen und stellte diesen Zustand eindrücklich durch seine eigene Gewalt auf Dauer. Die Überlieferungslücke der königlichen Urkunden scheint also durchaus als ein Indiz für ein Scheitern des monarchischen Staates in Foix und Béarn interpretiert werden zu können, während die Monarchie zumindest nicht war, was sie zu sein beanspruchte: nämlich oberste Instanz zur Bearbeitung und Einhegung der Konflikte für ihre Untertanen. Insofern sie Staat war, kann sie wohl in diesem Raum zu jener Zeit als gescheitert gelten. Auf regionaler Ebene beobachten wir demgegenüber ein stabiles, aber nach Maßstäben der monarchischen Staatlichkeit defizitäres Machtgefüge, was durch Gastons Gewalt geprägt war und der Definition eines failed state entsprach.

2 Im Staat des Sonnengrafen Dieser Befund steht sicherlich im krassen Gegensatz zum Bild, das die Forschung ansonsten recht einhellig von Gaston Fébus zeichnet. Die bemerkenswerte Namenswahl nimmt gewissermaßen die Rezeptions- und Forschungsgeschichte vorweg: Gaston III.,

30 Tucoo-Chala, Gaston Fébus et la vicomté de Béarn, 133–135, Zitat 135: „Ces quelques exemples pris sur le vif et qu’il est inutile de multiplier, prouvent bien que les magistrats municipaux étaient devenus, à l’époque de Gaston III, de simples responsables ou même des otages vis-à-vis de l’administration; leurs pouvoirs étaient nuls. II faut cependant remarquer que, dans aucun cas, ces affaires n’aboutissaient à des exécutions et qu’il y avait toujours, à la base des arrestations, un motif légal, avant tout d’ordre financier. Effectivement c’est en matière fiscale que le gouvernement de Fébus a été le plus exigeant.“ Der Ausdruck despotisme administratif findet sich als Überschrift des hier angegebenen Unterkapitels.

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Graf von Foix und Vizegraf von Béarn, gab nach seiner Preußenfahrt 1357 sich selbst den Beinamen des griechischen Sonnengottes Phoebus, wobei er die Graphie Fébus bevorzugte. Tucoo-Chala nahm die Steilvorlage in seiner grundlegenden Biographie von 1959 dankbar auf, um Gaston nach dem Vorbild des späteren ‚Sonnenkönigs‘ Ludwig XIV. als comte-soleil zu bezeichnen.31 Zum einen wird Gaston als Kulturförderer und Kulturschaffender gesehen, der unter anderem Jean Froissart an seinen Hof zog, der aber auch selbst dichtete und ein Jagd- sowie ein Stundenbuch verfasste.32 Zum anderen gilt Gaston als Architekt eines souveränen Pyrenäenreichs. Er verweigerte 1347 einem Gesandten des französischen Königs Philipp VI. den Lehnseid für das Béarn und reklamierte es für sich als souveränes Allod, wo er sich selbst fortan als lo senhor senhoreyant en Bearn oder Gratia Dei Dominus Bearni betitelte.33 Laut Tucoo-Chala zielte Gastons Politik nicht allein auf die Unabhängigkeit seiner Herrschaft, sondern Gaston habe gleichermaßen sein Pyrenäenreich arrondieren und einen zusammenhängenden Staat errichten wollen.34 Geschickt habe er auf das Vorbild der französischen Monarchie zurückgegriffen, um die Institutionen in Foix und Béarn zu reformieren, aber nicht zuletzt eigene Akzente gesetzt. Claudine Pailhès betont die territoriale Heterogenität seines Herrschaftsbereichs, indem sie konsequent von États im Plural spricht, aber auch sie beschreibt Gaston als herausragenden Herrscher, der laut Froissart und anderen die Anerkennung seiner Untertanen gefunden habe. Mag seine Finanzpolitik auch hohen Druck auf die Bevölkerung aufgebaut haben, so blieb sein Herrschaftsbereich dennoch von den Verwüstungen des Hundertjährigen Kriegs verschont, womit sich Foix und Béarn deutlich von benachbarten Regionen unterschieden: „Die Hand des Grafen wog schwer, aber sie war gerecht und handelte besonnen.“35 Auch Richard Vernier sieht das besondere politische Vermächtnis Gastons darin, dass er es geschafft habe, seine Untertanen zu beschützen, seinen Herrschaftskomplex zu verteidigen und auf diese Weise das Wohlergehen und den Reichtum seiner Untertanen zu sichern.36

31 Tucoo-Chala, Gaston Fébus et la vicomté de Béarn, 107 f. Vgl. Pailhès, Gaston Fébus, 189–194. 32 Einen Überblick gibt Pailhès, Gaston Fébus, 247–274. 33 Tucoo-Chala, La vicomté de Béarn, 79–88. Vgl. ders., Gaston Fébus et la vicomté de Béarn, 109 f. Insbesondere die gratia dei-Form war dabei nichts Ungewöhnliches und wurde beispielsweise auch von den Grafen von Armagnac geführt, was zum Stein des Anstoßes für die französischen Könige wurde Samaran, La maison d’Armagnac, 26. 34 Tucoo-Chala, Gaston Fébus et la vicomté de Béarn, 300: „Sans heurter de front ses adversaires, Gaston III, grâce à ses méthodes de pénétration financière, entendait manifester, après 1370, sa prépondérance tout au long de la chaîne pyrénéenne et de son piémont; on peut parler de politique d’hégémonie pyrénéenne. Elle avait pour objectif plus ou moins avoué la formation d’un vaste Etat unissant tous les pays s’étendant du Béarn au comté de Foix.“ Vgl. das Fazit zum moment d’apogée des Béarn unter Gaston ebd., 166. 35 Pailhès, Gaston Fébus, 144: „La main du comte était lourde mais elle était juste et elle était raisonnée.“ Vgl. ebd., 183–188. 36 Vernier, Lord of the Pyrenees, 167–170.

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Zweifelsohne entspricht eine solche Geschichtsdarstellung den Bedürfnissen einer regionalistischen Verklärung; sie macht sich vielleicht sogar zum posthumen Sachwalter des Narzissmus eines Gaston Fébus, der schon seine Zeitgenossen zur Legendenbildung veranlasste.37 Nichtsdestoweniger wird man gerade den sozialgeschichtlich herausgearbeiteten Unterschied zu benachbarten Regionen nicht unterschlagen wollen. Die Verwüstungen des Hundertjährigen Kriegs ereilten Foix und Béarn nicht im vergleichbaren Maß und auch die Hungersnot von 1374 konnte Gaston abwenden, indem er Weizen aus der Bretagne und Aragón ankaufen ließ. Ein weiteres Augenmerk legt die Forschung auf Gastons Verteidigungspolitik. Sein Burgenbauprogramm entlang der Pyrenäen und eine „véritable lévée en masse en cas d’invasion“ hätten den englischen Königssohn und Heerführer Edward von Woodstock, wegen seiner Rüstung auch bekannt als der Schwarze Prinz, auf seinen Plünderungszügen auf Abstand gehalten.38 Pailhès bilanziert in diesem Sinn, dass Gastons effektive Administration die verheerenden Auswirkungen der Krisenphänomene des 14. Jahrhunderts fast vollständig habe aushebeln können.39 Dieses Regierungshandeln Gastons lässt sich im Einklang mit der bereits referierten Forschung nicht allein als feudaler Paternalismus, sondern mehr noch als eine frühe Form staatlicher Organisation begreifen. Das Modell der genèse de l’État moderne definiert Staatlichkeit als gesellschaftliche Organisationsform, die innere und äußere Sicherheit garantiert und dafür auf ein Besteuerungssystem als materielle Basis zurückgreift, das von den Herrschaftssubjekten auf Grundlage dialogischer Interaktion akzeptiert wird.40 Entlang dieser Linien deutet die Forschung gerade den Strukturumbau unter Gaston Fébus nicht als ‚raubmäßige‘ Störung staatlicher Strukturen, sondern in wesentlichen Zügen selbst als staatliches Programm.41 Haben wir es also nicht mit einem einzelnen gescheiterten Staat, sondern vielmehr zwei miteinander konkurrierenden Staaten zu tun? Stellt die negative Charakte-

37 Pailhès, Gaston Fébus, 205–228, vgl. zur zeitgenössischen Legendenbildung 355–377. 38 Tucoo-Chala, Gaston Fébus et la vicomté de Béarn, 148–161, das Zitat 167. Vgl. Pailhès, Gaston Fébus, 167–188. 39 Pailhès, Gaston Fébus, 185: „On ajoutera enfin que l’efficacité de l’administration permettait de pallier les crises, telle la famine de 1374: Fébus eut alors les moyens d’aller faire chercher du blé en Bretagne. Tout cela fit que le Béarn et le pays de Foix n’ont pas ou peu subi la crise générale du XIVe.“ Zu Agrarproduktion und Weizenankauf in Béarn vgl. Tucoo-Chala, Productions et commerce en Béarn. Die relevanten Dokumente sind in der Empfängerüberlieferung ediert bei Tucoo-Chala/Staes, Notaire de prince, Nr. 183 und 227. Zur Krise des 14. Jahrhunderts im Languedoc vgl. Wolff, Histoire du Languedoc, 235–263, zur Hungersnot von 1374 dort bes. 235 f. 40 Vgl. Genêt, La genèse de l’État moderne, 4–6. 41 Allein Vernier lehnt den Staatsbegriff für Gastons Herrschaft ab, die er stattdessen als ‚feudal‘ charakterisiert, da es sich nicht um ein rechtlich homogenes Gebilde handelte. Allerdings entspricht gerade, was Vernier als umsichtige Politik Gastons zur Sicherung seines Herrschaftsbereichs auf Grundlage seiner konsequenten Besteuerung beschreibt, effektiv dem Modell der genèse de l’État moderne. Unter feudalen Voraussetzungen kann Gastons Herrschaft also auch nach Vernier ‚staatlich‘ gewesen sein.

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risierung der Gewaltherrschaft von Gaston Fébus aus dem Remissionsbrief gewissermaßen nur monarchische Propaganda dar, die einen konkurrierenden Fürsten abwerten soll?

3 Die französische Monarchie scheiterte – aber für wen, und wie? Hier ergibt sich ein weiterer Anknüpfungspunkt zur Kontroverse um den Begriff des gescheiterten Staats. Von Kritikern wird konstatiert, dass mit dem Epitheton des state failure für gewöhnlich ganz unterschiedliche Gesellschaften bezeichnet werden, ohne dass sich ein Mehrwert erkennen ließe. In aller Regel hält der Begriff des failed state kein analytisches Register bereit und wird konzeptionell kaum unterfüttert. Stattdessen wird er vor allem seit den Anschlägen vom 11. September 2001 genutzt, um die außenpolitischen Interventionen westlicher Staaten zu rechtfertigen.42 In diesem Sinn haben Bøås und Jennings die Rede von failed states als rhetorische Strategie beschrieben, die situativ konkreten Interessen dient und ihrerseits eine Analyse lohnt. Wer beschwört in welchen Kontexten ein Scheitern des Staates, und was soll damit erreicht werden? Hier ist nicht nur an westliche Regierungen zu denken, die ihre Außenpolitik rechtfertigen wollen, sondern auch an lokale Regierungen, die lieber einen ‚gescheiterten Staat‘ als einen ‚Schurkenstaat‘ repräsentieren, ferner an private Sicherheitsfirmen, die auf ihre Auftragslage blicken, und nicht zuletzt an regionale Akteure, die in der Tat der Definition von Bates entsprechend ihren Profit daraus zu ziehen wissen, dass unter Aufwendung enormer Finanzmittel immer wieder Programme zur Staatsbildung aufgelegt werden.43 Daher schlussfolgern Bøås und Jennings: „The question for researchers and policymakers is not which states are failed states, but rather for whom is the state failing, and how?“44 Diese Frage soll an dieser Stelle mit Blick auf die mittelalterlichen Quellen aufgegriffen werden, um nach möglichen Gründen zu fragen, welche die Zeitgenossen dazu veranlasst haben mochten, Gastons Gewaltregime als ausufernd zu beschreiben und seine Herrschaft damit abzuwerten. Eine Argumentationslinie, die auf die negative Charakterisierung von Gaston Fébus und seiner Herrschaft im Trésor des chartes rekurriert, muss die besondere Charakteristik der hier diskutierten Gnadenerlasse oder Remissionsbriefe (lettres de rémission) berücksichtigen, die eine zentrale Quellengattung für die Interaktion der

42 Nay, Fragile and Failed States, 338: „The concepts of ‚fragile‘ and ‚failed states‘ have inherent conceptual limitations and flawed assumptions that obscure their utility for research. They are shallow, confusing and imprecise policy-oriented labels.“ Für eine Historisierung des Diskursphänomens vgl. Call, The Fallacy of the ‚Failed State‘, 1492–1494. 43 Schlichte, Können Staaten scheitern?, 83–86. 44 Bøås/Jennings, Insecurity and Development, 386.

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französischen Monarchie mit ihren Untertanen darstellen.45 Diese Urkunden dienten dazu, vorausgegangene Delikte auf dem Weg herrschaftlicher Gnade zu pardonieren, beziehungsweise eine weitere Strafverfolgung zu unterbinden. Eine besonders umfängliche Darstellung der Delikte war dabei also im Interesse der Untertanen, damit der Gnadenerlass ihre Schuld möglichst umfassend abdeckte. Zugleich versuchten sich die Supplikanten gegenüber der königlichen Kanzlei für ihre Taten, die eigentlich ja justiziabel waren, zu rechtfertigen. Beispielsweise sei im Vorfeld des Delikts die eigene Ehre verletzt worden, ein tätlicher Angriff sei vorausgegangen, oder man habe aus äußerem Zwang gehandelt, wie für Gastons Herrschaft immer wieder vorgebracht wird.46 Wenn also zahlreiche königliche Urkunden die Gewalt von Gaston Fébus betonen, dann greifen wir damit zunächst einmal eine Darstellung der lokalen Verhältnisse, wie sie durch die Supplikanten nach Paris getragen wurde, um dort Gehör zu finden. Dieser Dialog lässt sich von beiden Seiten her lesen. Auf der einen Seite war es für Gastons Untertanen zu seinen Lebzeiten nur dann unproblematisch, die eigenen Delikte auf das direkte oder indirekte Wirken des Grafen zurückzuführen, wenn sie seinen Einflussbereich verließen. Erst nach Gastons Tod waren durch ihn keine Repressalien mehr zu befürchten, sodass wir eine Welle an Remissionsbriefen beobachten, die den nunmehr toten Grafen verunglimpfen, um eine Begnadigung für ehemalige Untertanen zu erwirken. Auf der anderen Seite waren die Juristen der sich zentralisierenden Monarchie ihrerseits anscheinend nur allzu bereit, dem verstorbenen Grafen die herrschaftliche Legitimität abzusprechen und ihn als besseren Räuberhauptmann zu schmähen, wenn es auf diese Weise gelang, die entfremdeten Gebiete des Foix und Béarn wieder in den Einflussbereich der Krone zu ziehen. Die ubiquitäre Gewalt eines Gaston Fébus war damit als narratives Vehikel der Gnadengewährung für beide Seiten anschlussfähig und führte zu einer Vielzahl erfolgreicher Supplikationen. Erst in dieser spezifischen Kommunikationssituation und damit im Nachgang der Geschehnisse hatte die Rede vom ‚gescheiterten Staat‘ in Foix und Béarn eine Konjunktur.

4 Gewalt als Indikator eines Scheiterns der französischen Monarchie in Foix und Béarn Zweifelsohne ist es wichtig, diese Form der Quellenkritik zu üben, wenn wir etwa die zeitliche Verteilung der ausgestellten Urkunden betrachten wollen. Ungeachtet aller Erzählstrategien, mit denen die Supplikanten ihre persönliche Schuld vor der königlichen Justiz rechtfertigen wollten, ändert sich damit jedoch nichts am Befund eines ho45 Einen Überblick gibt Verreycken, The Power to Pardon. Grundlegend Gauvard, De grace especial. 46 Verreycken, ‚En nous humblement requerant‘. Grundlegend für Ansätze zur narratologischen Analyse der Remissionsbriefe auch Zemon Davis, Fiction in the Archives.

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hen Maßes endemischer Gewalt, das ja die Untertanen von Gaston Fébus überhaupt erst in Umstände brachte, sich vor der Justiz zu verantworten. Wenn wir allerdings endemische Gewalt in dieser Form zu einem Kriterium einer (scheiternden) Staatlichkeit machen, unterschieden sich Foix und Béarn nicht maßgeblich vom Rest des französischen Königreichs, – ohne dass wir dort effektiv einen Zusammenbruch monarchischer Herrschaft beobachten würden.47 Den sich mehrenden Quellenberichten zufolge scheint die Gewalt im französischen Spätmittelalter überall auf der Tagesordnung gestanden zu haben.48 Insbesondere die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts schien durch krisenhafte Störungen der öffentlichen Ordnung im Rahmen des Hundertjährigen Kriegs wie Plünderungszüge, marodierende Söldnerbanden und öffentliche Unruhen geprägt, während es den persistierenden monarchischen Institutionen nirgends gelang, Konflikte der Untertanen umfassend zu regulieren und Gewalt einzuhegen. Mehr noch wurde Gewalt zunehmend geduldet, wenn nicht sogar explizit als Selbsthilfe erlaubt. Wie Firnhaber-Baker überzeugend argumentiert hat, wurde die Wahrung des öffentlichen Rechts zunehmend an private Personen delegiert, was allerdings gerade als Beleg für die ungebrochene Idee königlicher Autorität über die öffentliche Ordnung gedeutet werden sollte.49 Andersherum hatten königliche Amtsträger die ihnen übertragene Gewalt nicht als privates Vorrecht absorbiert, auch wenn sie als Akteure in gewaltsamen Konflikten mitunter eigene Interessen verfolgten.50 Schließlich lässt sich grundlegend argumentieren, dass gerade die zahlreichen Quellenzeugnisse, die auf die Institutionen der königlichen Verwaltung und Justiz zurückgehen und von Gewalt berichten, nicht als prinzipielles Zeichen der Schwäche ebenjener Institutionen zu verstehen sind, sondern zunächst einmal von deren kontinuierlicher Aktivität und besonders ihrer zunehmender Schriftproduktion zeugen. Philippe Wolff fand dafür die Formulierung: „La Guerre de Cent Ans est avant tout une crise de croissance de l’Etat français.“51 Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage der Spezifik von Foix und Béarn neu: Wenn wir überall beträchtliche Ausmaße von Gewalt beobachten, ohne dass die monarchische Staatlichkeit kollabierte, was unterscheidet den Herrschaftsbereich von Gaston dann vom übrigen Königreich? Welcher Erkenntnisgewinn rechtfertigt es überhaupt, die bekannten Forschungsergebnisse erneut zusammenzutragen und mit postmodernen Kategorien neu auszustaffieren zu wollen? Der hier vorgebrachte Befund ähnelt einer weiteren Kritik, die immer wieder am Konzept des failed state als einem Instrument der Gesellschaftsanalyse geübt wird. In 47 Bove, Le temps de la Guerre de Cent Ans, 507–539. 48 Gauvard, Violence et ordre public, 13–15. Diesem Befund entspricht ein reges Interesse der Forschung: Foronda [u. a.] (Hg.), Violences souveraines au Moyen Âge; Skoda, Medieval Violence; Firnhaber-Baker, Violence and the State; Mauntel, Gewalt in Wort und Tat; Jostkleigrewe, Monarchischer Staat und ‚Société politique‘, 53–160; Challet/Juchs, Nouveaux regards sur la violence seigneuriale. 49 Firnhaber-Baker, Violence and the State, 142–149, 172–178. 50 Jostkleigrewe, Monarchischer Staat und ‚Société politique‘, 149–153. 51 Wolff, Un problème d’origines, 146.

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der Tat lässt sich wohl beobachten, dass in manchen Gemeinwesen der globalisierten Moderne beträchtliche Maße von Gewalt das Zusammenleben prägen und wohl für ein Gros der Bevölkerung auch drastisch erschweren. In diesem Sinne lässt sich das ideengeschichtliche Fundament des failed state im negativen Friedensbegriff ausmachen, der auf die Abwesenheit physischer Gewalt abhebt und auch als regulative Leitidee des staatlichen Gewaltmonopols gelten kann.52 Wie Klaus Schlichte pointiert kritisiert hat, werden durch einen derartigen Analyseansatz aber relevante Spezifika der Untersuchungsgegenstände gerade dadurch verwischt, dass sie gegen einen holistischen Staatsbegriff gehalten werden, der auf eine Nabelschau westlicher Gesellschaften zurückgehe und unter Bedingungen des Kolonialismus global exportiert worden sei: „Afghanistan mit Schweden zu vergleichen, um dann die Unterschiede als ‚failure‘ zu interpretieren, ist wissenschaftlich einfach unsinnig.“53 Nach Klaus Schlichte ist der Staat gerade in diesem Zusammenhang als nicht empirisch fundiert zu verstehen, sondern als ein „Erwartungsbegriff“: „Das Paradoxe an der Diskussion über das Scheitern von Staaten ist, dass sie keine Alternative produziert. Die Antwort auf das vermeintliche Scheitern von Staaten führt immer nur zu politischen Bemühungen, den Staat erneut zu errichten. Wirklich scheitern kann die Idee also offenbar nicht.“54 Dagegen lässt sich allerdings argumentieren, dass Staat und Staatlichkeit nirgends und niemals realisiert zu finden sein werden, wenn sie in diesem Sinn ‚bloß‘ als mentale oder kommunikative Artefakte gefasst sind. Jedes normative System ist mit Blick auf menschliche Interaktion notwendigerweise unterkomplex und für eine differenzierte Beschreibung an sich ungeeignet, da es ja die Komplexität der Handlungsmöglichkeiten durch zusätzliche Beschränkungen reduzieren und sie nicht selbst abbilden will.55 Besonders für die Vormoderne wird vielmehr anzumerken sein, dass das materielle Substrat des Staatsbegriffs seiner juristischen Reflexion in modernen Kategorien vorausging und sich beide miteinander verschränkt entwickelten. Beispielsweise können wir mit Blick auf die französische Monarchie des Spätmittelalters institutionelle Strukturen beobachten, die als staatlich gelten können und dementsprechende Ansprüche selbst in der Sprache ihrer Zeit formulierten.56 Wenn in den Gesellschaften, die der monarchische Staat zu durchwirkten versuchte oder beanspruchte, zugleich ein beträchtliches Maß an Gewalt grassierte, dann scheint der transepochale Vergleich mit den sogenannten failed states der Moderne wiederum plausibel.57 52 Richmond, Failed Statebuilding. 53 Schlichte, Können Staaten scheitern?, 90. Zu dieser Kritik vgl. Call, Beyond the ‚failed state‘; Saeed, The Ubiquity of State Fragility. Zum postkolonialen Staat vgl. Schlichte, Der Staat in der Weltgesellschaft. 54 Schlichte, Können Staaten scheitern?, 83. 55 Vgl. Luhmann, Zur Komplexität von Entscheidungssituationen, 13. 56 Vgl. beispielsweise Autrand, Un certain sens de l’Etat. Grundlegend auch Strayer, Medieval Origins. Vgl. schon Elias, Über den Prozeß der Zivilisation, 3. Kapitel, 2. Teil: „Zur Soziogenese des Staates“. 57 Schlichte, Können Staaten scheitern?, 87: „Politik in gesellschaftlichen Räumen, die eher so strukturiert sind wie Europa in der Frühen Neuzeit, lässt sich nicht mit dem Maßstab einer idealisierten

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An dieser Stelle soll eine letzte Perspektive benannt werden, die sich kritisch auf den Begriff des failed state bezieht und ihn über seine analytischen Schranken weiterzudenken versucht. So wird immer wieder die Unkenntnis westlicher Akteure mit Blick auf lokale Gesellschaftsverhältnisse hervorgehoben, die ein wichtiger Ansatzpunkt für eine andauernde Friedenssicherung seien.58 Methodisch positiv gewendet gilt es strukturfunktionalistisch zu fragen, welche alternativen Strukturen zum nominellen Staat auf lokaler Ebene staatliche Aufgabenfelder komplementär oder in Konkurrenz besetzen.59 Nicht zuletzt das weite Feld der Konfliktbearbeitung mit etablierten Alternativen zur staatlichen Justiz rührt mit der Frage der legitimen oder illegitimen Gewaltausübung an einem Nerv moderner failed states wie auch des historischen Prozesses der Staatsbildung: „Wer kontrolliert die Gewalt?“60

5 Wer kontrollierte die Gewalt in Foix und Béarn? Schauen wir erneut nach Foix und Béarn, wo die monarchischen Institutionen der Konfliktregulierung für einige Jahrzehnte nicht greifbar sind. An ihrer Stelle gelang es Gaston, sein eigenes Angebot obrigkeitlicher Konfliktregulierung zu setzen. Zahlreiche Urkunden belegen seine rege Tätigkeit als Richter, gebietender Schlichter und souveräner Herrscher. Beispielsweise fällte er ein Urteil bezüglich des Untreuevorwurfs, den Arnautuc de Camii gegen seine Frau und den Baron von Arros erhob, stellte die Bastide von Geaune unter seinen besonderen Schutz, und gewährte Galhard de la Mote und seinem zwischenzeitlich verstorbenen Vater einen Gnadenerlass für Mord, Brandstiftung und Plünderungen.61 Für den lokalen Konfliktaustrag etablierte Gaston ein erfolgreiches Angebot in Konkurrenz zur französischen Monarchie und den ihrerseits angebotenen Instrumenten der Konfliktbeilegung. Nicht diese Parallelität zweier Rechtsordnungen ist jedoch

Organisationsform messen, die historisch dreihundert Jahre später die entfaltete kapitalistische Moderne prägt.“ 58 So beispielsweise auch Richmond, Failed Statebuilding; Schlichte, Können Staaten scheitern?; Bøås/ Jennings, Insecurity and Development. 59 Mit Blick auf den Südsudan mit expliziter Formulierung eines strukturfunktionalistischen Paradigmas Okeke [u. a.], Failure of States, Fragility of States. Zur Justiz in failed states vgl. Rose-Ackerman, Establishing the Rule of Law. Für die Bedeutung der Justiz im Rahmen der europäischen Staatsbildungen Padoa Schioppa (Hg.), Legislation and Justice. Vgl. für das Verhältnis von Justiz und Staatsbildung im spätmittelalterlichen Frankreich die klassischen Studien Guenée, Tribunaux et gens de justice; Autrand, Naissance d’un grand corps de l’Etat. Neuerdings beispielsweise Hildesheimer/Morgat-Bonnet, Le Parlement de Paris. 60 Die Formulierung der Frage ist entnommen von Schlichte, Editorial: Wer kontrolliert die Gewalt? 61 Die Urkunden sind ediert bei Tucoo-Chala/Staes, Notaire de prince, dort Nr. 201 (Arnautuc de Camii), Nr. 146 (Geaune), Nr. 203 (Galhard de la Mote, vgl. Nr. 155).

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als das entscheidende Spezifikum anzusehen; sie kann vielmehr als vormoderner Normallfall eines Rechtspluralismus gelten.62 An dieser Stelle sei ein zeitgenössischer Konfliktkomplex als Vergleichspunkt aufgegriffen. In den 1390er Jahren führten Manaud, Herr von Barbazan, und Géraud, Graf von Pardiac, einen Privatkrieg, der sich vor allem im Einflussbereich des Grafen von Armagnac Bernard VII. und damit geographisch im Gebiet zwischen Foix und Béarn abspielte. 1395 kam es schließlich zu einem Prozess vor dem Parlement de Paris, dessen Registereinträge die wesentliche Überlieferung des Falls darstellen und die Anfang 1396 einen arrêt verzeichnen.63 Die gegnerischen Parteien hatten nicht nur auf Gewalt zurückgegriffen, sondern sich jeweils auch um obrigkeitliche Unterstützung bemüht. Beispielsweise hatte Géraud nach den Leuten des Königs schicken lassen, da Manaud bei Marciac zwei Galgen errichten ließ. Dort teilten sich Géraud und der König die Oberherrschaft in paréage, was Géraud gegenüber den königlichen Amtsleuten vergeblich als Argument zu nutzen versuchte, um ihre Unterstützung zu gewinnen.64 Hingegen hatte sich Manaud unter den Schutz der königlichen sauvegarde begeben, deren Bruch als lese-majesté gewertet werden konnte. Darüber hinaus hatte der königliche Marschall Louis de Sancerre noch vor dem Prozess versucht, als Schlichter aktiv in den Streit einzugreifen und zwischen beiden Parteien zu vermitteln. Wir finden also königliche Amtsleute und Institutionen auf allen Ebenen des Konflikts und in verschiedenen Funktionen, sei es als Justizvertreter herrschaftlich disponierend, sei es als aktive Teilnehmer der Konfrontation auf beiden Seiten65 oder sei es in dem weiten Bereich außergerichtlicher Einigung.66 Auf ganz ähnliche Weise können wir mit Blick auf seigneuriale Herrschaftsstrukturen beobachten, wie Akteure im Konflikt aus ihnen einen persönlichen Nutzen zu ziehen versuchten. Manaud operierte etwa im Windschatten Bernards VII., des Grafen von Armagnac. Bernard lag seinerseits mit Géraud im Streit über das Erbe der Margarethe von Comminges, die ihrerseits kurz zuvor Gérauds Sohn statt Bernard selbst geheiratet hatte. Die Quellen der königlichen Justiz bilden diese Konstellation und damit gewissermaßen die personalen Netzwerke als Konkurrenzangebot der verfügbaren

62 Zum Konzept des Rechtspluralismus und seiner konkreten Gestalt für den geographischen Raum nördlich der Alpen vgl. Höhn, Kaufleute in Konflikt, 103–114. 63 Zum Geschehen und seiner historischen Kontextualisierung vgl. Firnhaber-Baker, Violence and the State, 165f. Die maßgebliche Überlieferung des Prozesses und des weitreichenden Konflikts zwischen Géraud und Bernard ist ediert bei Durrieu (Hg.), Documents relatifs à la chute de la maison d’Armagnac-Fezensaguet. 64 Zwar war diesem direkten Versuch kein Erfolg beschieden und die königlichen Amtsleute erlaubten Géraud lediglich, sich sein Recht selbst zu sichern, was als freimütige Duldung von privater Gewalt verstanden werden kann. Durrieu (Hg.), Documents relatifs à la chute de la maison d’Armagnac-Fezensaguet, 16. 65 Dazu umfassend Telliez, Per potentiam officii, 403–584. 66 Vgl. Firnhaber-Baker, Jura in medio, 450–453.

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Unterstützung für den Konfliktaustrag nicht eigens ab.67 Allerdings wird das Handeln von Gérauds Leuten klar auf die Comminges-Partei bezogen, die sich um seine Schwiegertochter Margarethe und deren Erbansprüche versammelte.68 Im Gegenzug können wir ebenso beobachten, dass einerseits Géraud und andererseits Manaud sowie Bernard als agonale Kristallisationspunkte lokaler Konfrontationen in vergleichbarer Weise wie die königliche Verwaltung von anderen Akteuren angerufen wurden. Diese parallel geführten Konflikte von Parteigängern und Hintersassen werden in der Überlieferung mitunter fast vollständig von den Auseinandersetzungen der sozial herausstechenden Herren absorbiert. Roger von Comminges, Herr von Roquefort, sowie der Bastard von Comminges, die zur Partei Margarethes und damit zu Géraud hielten, führten etwa eine Fehde gegen Johann und Géraud von Lantar, die wir im Umfeld von Manaud finden. Im Prozess vor dem Parlament spielen auch Gewaltepisoden dieses Konflikts eine Rolle, sie werden aber den Exponenten der beiden Lager angelastet, was der schon von den Zeitgenossen veranschlagten Logik der Parteibildung als konzentrische Netzwerke entspricht.69 Schließlich bestand das nicht-monarchische Angebot nicht allein aus personalen Beziehungen. Viele Herren schufen auf lokaler Ebene ein alternatives oder sogar konkurrierendes Angebot ihrer justice seigneuriale zum monarchischen Staat. Die Grafen von Armagnac waren nicht bloß lokale Magnaten, sondern taten sich auch als Gerichtsherren hervor und verfügten über Teile der lokalen Justizinfrastruktur.70 Géraud und sein Sohn starben einige Jahre später im Gefängnis des Grafen von Armagnac.71 Vergleichbare Strukturen lassen sich freilich auch anderswo beobachten und sind grundsätzlich zu erwarten. Zuletzt hat beispielsweise Erika Graham-Goering un67 Juchs, „Des guerres que aucuns nobles font entre eulx“, 192–294. Die Quellenlage unterscheidet sich damit wesentlich für das römisch-deutsche Reich und Frankreich, während sich die Praktiken allerdings zu ähneln schienen. Zu rituellen Formen adeliger Konfliktbeilegung im spätmittelalterlichen Frankreich vgl. Oschema, Falsches Spiel mit wahren Körpern. 68 Gérauds Leuten sollen immer wieder Comminges gerufen haben, was im Gerichtsverfahren als Argument herangezogen wird, um die Delikte der Leute Gérauds mittelbar ihrem Herrn anlasten zu können. Durrieu (Hg.), Documents relatifs à la chute de la maison d’Armagnac-Fezensaguet, 29–31. Vgl. ebd., 35–39. 69 Vgl. zu den Ebenen des Konflikts die knappe Beschreibung bei Firnhaber-Baker, Violence and the State, 165 f. Bemerkenswert ist vor allem, dass es Bernard zunächst gelang, nicht selbst in Erscheinung zu treten, sondern seinen Gefolgsmann Manaud vorzuschieben. In der folgenden Auseinandersetzung um die Grafschaft Pardiac sollte Bernard dem noch amtierenden Grafen Géraud auch vor Gericht direkt gegenübertreten. In meiner Dissertation plane ich diesen Konfliktkomplex sowie vergleichbares Material ausführlich zu besprechen. Zu den Grafen von Armagnac als politisches Gravitationszentrum in verschiedenen Perspektiven vgl. Pollack-Lagushenko, Le parti Armagnac; Johans, Lignages aristocratiques; ders., Foix et Armagnac face à la question pontificale; Morel, Jean de Labarthe et la maison d’Armagnac. 70 Samaran, La maison d’Armagnac, 25–37. 71 Ebenso ließ Manaud den Bastard seines Kontrahenten Géraud inhaftieren, worüber die Quellen aber nicht viel berichten, vgl. Durrieu (Hg.), Documents relatifs à la chute de la maison d’ArmagnacFezensaguet, 17 und 81. Firnhaber-Baker, Violence and the State, 166.

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tersucht, wie Johanna von Penthièvre und Karl von Blois in der Bretagne ein Angebot herzoglicher Konfliktregulierung schufen, das parallel zur königlichen Justiz bestand und in der Rechtspraxis immer wieder mit monarchischen Institutionen verflochten war.72 In der königlichen Überlieferung erscheinen die monarchische Verwaltung und die alternativen Strukturen als gänzlich verschiedene Phänomene. Auch eine rechtsund herrschaftsgeschichtliche Deutung wird in der Regel die Unterschiede hervorheben, folgt dabei allerdings der Deutungstendenz der monarchozentrischen Quellen. Im Gegensatz dazu lassen sich königliche Verwaltung und lokaler Adel als zwei parallele Infrastrukturen und damit gleichermaßen als Anbieter von Angeboten begreifen, die lokale Akteure für ihre Konfliktführung nutzten. Erst aus dieser Perspektive eines konfliktbasierten state-building from below zeigt sich, dass das Nebeneinander von monarchischem Staat und feudaler Gesellschaft keine Gleichzeitigkeit ungleichzeitiger Phänomene darstellte und nicht als gesellschaftliches Defizit zu bewerten wäre.73 Vielmehr kann diese Gemengelage als spätmittelalterlicher Normalfall gelten, mit dem die Akteure produktiv umzugehen wussten.74 Gegen diese Kontrastfolie wird schließlich das Spezifikum der Herrschaftsbildung eines Gaston Fébus verständlich: Außergewöhnlich ist, dass es Gaston gelang, das königliche Angebot für einige Jahrzehnte effektiv auszuhebeln und die herrschaftliche Regulierung von Konfliktführung – sowohl auf dem Weg des Rechts als auch der Gewalt – in Foix und Béarn ganz auf seine Person zu fokussieren. Gastons Angebot von Konfliktinfrastruktur war zu seinen Lebzeiten leicht verfügbar. Die zeitgenössische Historiographie vermittelt das Bild eines Herrschers, der den Klagen seiner Untertanen bereitwillig Gehör schenkte, was wohl nicht allein als panegyrischer Topos abzutun ist.75 Zugleich unterbreitete Gaston ein Angebot, das offenbar nicht leicht abgelehnt werden konnte. Selbst wenn Gaston das Béarn als Allod für sich reklamierte, waren die Grafschaft Foix und andere Gebiete seiner Herrschaft weiterhin Lehen der französischen Krone und fielen somit in die Zuständigkeitsbereiche der königlichen Justiz. Gaston hatte selbst erwirkt, dass die Grafschaft Foix und die Stadt Pamiers aus dem Sprengel des Seneschalls von Carcassonne gelöst und in die Sénéchaussée von Toulouse eingegliedert wurden.76 Nichtsdestoweniger klafft die eingangs

72 Graham-Goering, Princely Power in Late Medieval France, 156–189. 73 Blockmans [u. a.] (Hg.), Empowering Interactions. 74 Vergleichbare Dynamiken werden auch in „Räumen begrenzter Staatlichkeit“ beobachtet und im Vokabular der Governanceforschung als Ko-Produktion von Staatlichkeit beschrieben. Vgl. mit explizitem Zuschnitt auf den Epochenvergleich Esders/Schuppert, Mittelalterliches Regieren. Zum Spätmittelalter ferner Meulen, Seigneurial Governance; Heinemeyer, Zwischen Reich und Region im Spätmittelalter. 75 Die einschlägigen Belege zur zeitgenössischen Wahrnehmung Gastons als Gerichtsherr und gerechter Herrscher bei Froissart, Juvénal des Ursins und der sog. Chronique du Religieux de Saint Denis versammelt Pailhès, Gaston Fébus, 146–148. 76 Viard/Vallée, Registres du Trésor des Chartes, Bd. 3/1, Nr. 1938 und Bd. 3/2, Nr. 3182.

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skizzierte Lücke im Trésor des chartes und die lokale Konfliktlandschaft in Foix und Béarn scheint zeitweise gegenüber den königlichen Institutionen nahezu vollständig abgeschirmt. Wie war das möglich? Gaston kontrollierte die Gewalt im Foix-Béarn auf einmalige Art und Weise, indem er gleichermaßen die sozialen Institutionen zur Einhegung der Gewalt wie auch der Ausübung von Gewalt ganz auf seine Person ausrichtete. Für die Akteure in seinem Herrschaftsbereich waren wohl beide Aspekte kaum voneinander zu scheiden. Die Gewalt des Grafen wird damit zur Erklärung der Gewalt der Untertanen: „Pour occasion des guerres & oppressions, qui ou temps passé leur avoient & ont esté faictes par le dit feu conte & autres, ilz avoient esté contrains à commettre & faire pluseurs crimes, deliz & malefices.“77 Allem Anschein nach blieb für die monarchischen Institutionen kein Platz. Wenn die königlichen Amtsleute sogar einmal selbst den Weg in Gastons Herrschaftsbereich suchten, standen sie wortwörtlich vor verschlossenen Türen. Eindrücklich sind Beispiele aus dem Albigeois, das nicht so fest wie Foix und Béarn in den Herrschaftsbereich Gastons integriert war. Auch hier hatte Gaston den Städten verboten, die königlichen Steuern zu zahlen und kassierte stattdessen selbst jedes Frühjahr 25 Turnosen. Königliche Amtsleute seien konsequent abgewiesen und ihre schriftlichen Mandate ignoriert worden. Roger d’Espagne als Seneschall von Carcassonne sei selbst mit einigen Leuten unter Waffen nach Grailhet gezogen, um den königlichen Forderungen Nachdruck zu verleihen. Letztlich sei aber auch der Seneschall unterschiedslos abgewiesen worden. Daran anschließende Vorladungen der Gemeinde von Grailhet und ihrer Vertreter seien trotz hoher Strafandrohungen folgenlos geblieben.78 Die nachträgliche Aufbereitung dieser rebelliones fokussiert ganz die Abweisung der Amtsträger und besonders die Steuerdelikte, die die königliche Verwaltung vorrangig interessiert haben dürften. Allerdings lässt sich annehmen, dass königliche Amtsleute wohl auch in Justizfragen nicht mit offenen Armen empfangen wurden. Die Remissionsbriefe für ehemalige Untertanen Gastons berichten also von einem Druck, sich nicht an die königlichen Institutionen zu wenden. Seitens der einzelnen Supplikanten mag diese individuelle Rechtfertigungsstrategie vorgeschoben gewesen sein. Aber diese Erklärung gewinnt insgesamt gerade dadurch an Plausibilität, dass nach dem Tod des Grafen und mithin dem Fortfall des von ihm ausgehenden Drucks tatsächlich eine beachtliche Reihe von Remissionsbriefen ausgestellt wurde.79 Nicht zuletzt zeichnen

77 Devic/Vaissète, Histoire générale de Languedoc, Bd. 10, Nr. 737, 1828 f., hier 1829. 78 Devic/Vaissète, Histoire générale de Languedoc, Bd. 10, Nr. 738, 1830 f. 79 Man mag hier an die Kritik von Algazi an Brunner denken. Während Brunner den durch den Herrn gewährten Schirm als verfassungsgeschichtliches Grundkonzept konturierte, verwies Algazi gerade auf die abweichende Bewertung dieses Schirms durch die abhängigen Bauern, die sich vor der Gewalt ihrer eigenen Herren eher nach Art eines Schutzgeldes geschützt sahen, Brunner, Land und Herrschaft; Algazi, Herrengewalt und Gewalt der Herren.

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die übrigen Remissionsbriefe für Empfänger im Languedoc kein in solcher Weise einhelliges Bild von irgendeinem anderen Herrn, der vergleichbar zu Gaston aufgetreten wäre.

6 Gastons posthumes Scheitern Gastons ungewöhnlich durchsetzungsfähiges Gegenangebot von Konfliktinfrastruktur, welches die Ansprüche der französischen Monarchie derart deutlich untergrub, überdauerte ihren Schirmherrn nicht. Gaston starb 1391 in Orthez, ohne ein Testament hinterlassen zu haben.80 Seine direkte Erbfolge hatte er selbst sabotiert: Seine Ehefrau Agnes von Navarra hatte er verstoßen, nachdem sie 1362 den einzigen gemeinsamen Sohn geboren hatte. Diesen Sohn namens Gaston hatte Vater Gaston 1380 wiederum aus Angst vor einem Mordkomplett töten lassen, wenn er nicht sogar selbst zur Tat geschritten war.81 Als Gaston III. Fébus elf Jahre später selbst starb, hegten zunächst seine illegitimen Söhne Ambitionen auf das Erbe ihres Vaters und genossen wohl hohes Ansehen im Béarn. Die Stände des Béarn wurden jedoch aktiv, nahmen den Schatz des verstorbenen Gaston in ihre Obhut und entschieden, dass entsprechend dem Testament von Gaston I. zu verfahren sei, der damals sein Erbe unter seinen Söhnen aufgeteilt hatte. Demnach gingen Gastons Besitzungen an seinen Cousin Mathieu von Castelbon, dem Karl VI. von Frankreich noch im Dezember 1391 die französischen Lehen bestätigte. Das Béarn behielt zwar seinen territorialen Sonderstatus, aber dort wie überall in Gastons ehemaligem Herrschaftsbereich wurde die auf den lokalen Herrscher ausgerichtete Ordnung bald transformiert. Mathieu sah sich zu umfassenden Kapitulationen gegenüber den ständischen Institutionen gezwungen, die Gaston faktisch entmachtet hatte, um sich die Anerkennung seiner Herrschaft zu sichern. Das Béarn sollte Mathieu erst 1393 betreten und künftig die Stände regieren lassen. Gaston Tod markiert zweifelsohne einen Wendepunkt für die Frage der Staatlichkeit in Foix und Béarn. Ausschlaggebend sind allerdings nicht aufeinanderprallende Vorstellungen von Souveränität in Paris und entlang der Pyrenäen. Das zeigt auch der Vertrag von Toulouse, den Karl VI. von Frankreich während seiner Reise ins Languedoc 1390 mit Gaston geschlossen hatte. Die beiden Herrscher ungleichen Rangs verständigten sich darauf, dass Gaston den König als seinen Alleinerben für alle Besitzungen inklusive des Béarn einsetzte (!) und im Gegenzug auf Lebenszeit das Bigorre und einmalig 100.000 Francs erhielt.82 Auf Ebene dieser politischen Winkelzüge ist aller80 Vgl. dazu und im Folgenden Pailhès, Gaston Fébus, 297–323. 81 Pailhès, Gaston Fébus, 409–422. Die Tötung seines Sohnes im Affekt sollte der ansonsten ‚kontrollierte Gewaltmensch‘ Gaston wohl zeitlebens bereuen, sodass er nicht zuletzt mit seinem Stundenbuch versuchte, Buße zu tun. Zu dieser Interpretation vgl. Saulnier, Gaston Febus. 82 Tucoo-Chala, La vicomté de Béarn, 89–91 und die Edition der Urkunde unter Nr. 31 (167–171). Froissarts Chronik berichtet ebenfalls vom Vertragsschluss, scheint aber lokalen Gerüchten aufzusit-

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dings keine Erklärung für die innere Transformation des Herrschaftsbereichs von Gaston zu erwarten.83 Vielmehr können wir konkret beobachten, dass sich die Rahmenbedingungen der Konfliktführung für die lokalen Akteure drastisch verschoben. Gastons Untertanen überlebten die Herrschaft des Grafen und übertrugen ihre Konflikte in das neue Ordnungsgefüge unter Mathieu und nach 1398 unter Archambaud von Grailly, der Mathieus Schwester Isabeau geheiratet hatte. Die damit einhergehende Rückkehr zur Normalität bedeutete keine Kehrtwende in Sachen Gewalt oder Staatlichkeit. Aufschlussreich ist beispielsweise der bereits genannte Remissionsbrief für Raymond Bernard, der von sich selbst sagte, dass er die einmal unter Gaston ergriffenen Waffen nie wieder abgelegt hätte. Nach Gastons Tod sei er der Familie Foix treu geblieben und habe sich zunächst in Mathieus, dann in Archambauds Dienste begeben, im Rahmen derer er weiterhin Gewalt auf beiden Seiten des königlichen Gesetzes ausgeübt habe.84 Währenddessen schotteten Gastons Nachfolger das Herrschaftskonglomerat allerdings nicht auf vergleichbare Art und Weise gegen den monarchischen Einfluss ab, sodass die zentrale Überlieferung des Trésor des chartes für Foix und Béarn wieder einsetzt.

7 Zusammenfassung Das ausschlaggebende Moment hinter Gastons Staat und der nachfolgenden Transformation seiner Herrschaft mag damit in Prinzipien der politischen Klugheit seiner Untergebenen liegen, die sich flexibel mit den gegebenen Strukturen arrangierten und den Kontakt zu den Institutionen der Monarchie aufnahmen, wenn es ihnen opportun schien. Im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten wollten sie wohl vor allem eins nicht, nämlich in ihren Konflikten das Nachsehen haben; anders formuliert, versuch-

zen, dass Gaston und Karl VI. sich auf eine Erbfolge für Gastons illegitime Söhne Yvain und Gratian verständigt hätten. 83 Tucoo-Chala sieht hier ein weiteres Mal Gastons Arrondierungsbemühungen am Werk, hat allerdings Schwierigkeiten zu erklären, dass gerade der Autonomieanspruch des Béarn, der ein Eckstein der Hegemoniepolitik Gastons gewesen seien soll, im Vertrag ohne viel Aufhebens zumindest perspektivisch aufgegeben wird. Nach Vertragsschluss habe Gaston also den nächstbesten Grund gesucht, um sich nicht an den Vertrag halten zu müssen, und Kontakt zu den Königen von England und Aragón aufgenommen. Vgl. Tucoo-Chala, Gaston Fébus et la vicomté de Béarn, 333–336. Vernier hat darauf hingewiesen, dass Gastons Politik wohl vor allem darauf zielte, die drei Könige jeweils an seine eigenen Interessen zu binden und somit die Grafen von Armagnac weiter zu isolieren. Vernier, Lord of the Pyrenees, 184–187. Zur Reise Karls VI. ins Languedoc und der Aktualisierung der Lehensbindungen als Teil eines Dialogs zwischen König und société politique vgl. Graham-Goering, Aristocratic involvement. 84 Devic/Vaissète, Histoire générale de Languedoc, Bd. 10, Nr. 749, 1849–1851.

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ten sie in ihren politischen Biographien ein persönliches Scheitern zu verhindern.85 Die Monarchie war damit zu Gastons Lebzeiten wohl im eigentlichen Sinn nur für sich selbst und an den Souveränitätsansprüchen der Juristen im monarchischen Herrschaftszentrum gescheitert, ohne dass wir für Karl VI. und die kurzfristigen Zugeständnisse im Vertrag von Toulouse ein Interesse an prinzipieller Geltung der eigenen Herrschaftsansprüche in den Pyrenäen annehmen müssten.86 Nach Gastons Tod scheiterte der von ihm behauptete Parallelstaat, weil er keine dynastischen Linien begründet oder transpersonale Administration aufgebaut hatte, die ihn selbst überleben und als Fluchtpunkt einer auf die neue Herrscherperson hin ausgerichteten Ordnung fungieren konnten.87 Das Foix-Béarn unter Gaston kann also als Irritation der Verdichtung monarchischer Herrschaft in Frankreich verstanden werden, als einige Jahrzehnte des Scheiterns des monarchischen Staates in einem geographischen Teilbereich. Ausschlaggebend ist für eine solche Lektüre die spezifische Konstellation, die Supplikanten und königliche Kanzlei von einem Scheitern der Monarchie im Einflussbereich des ‚Räuberhauptmann‘ Gaston Fébus sprechen lässt. Allerdings war die regionale Staatlichkeit unter Gaston in einer Perspektive ‚from below‘ keineswegs gescheitert, als Gastons Hof in Orthez, Pau, Morlaàs oder Mazères für einige Jahrzehnte ihr alleiniger Kristallisationspunkt wurde und man diesen vielleicht lieber und mit mehr Gewissheit – aber auch unter mehr Druck – besuchte als den Sitz des Seneschalls in Carcassonne oder das ferne Paris. Als Kriterium dieses besonderen Zustands kann gerade nicht das beträchtliche Maß endemischer Gewalt herangezogen werden, die allenthalben zu beobachten ist. Endemische Gewalt und Staatlichkeit beziehungsweise Recht oder öffentliche Ordnung sind also nicht als Gegensatz zu konzipieren, wie es im Konzept des failed state allerdings angelegt ist. Vielmehr zeigt sich, dass für die Entwicklung von Staatlichkeit maßgebend war, welche institutionellen Angebote der Konfliktführung durch die lokalen Akteure nachgefragt und genutzt wurden oder nicht. Der monarchische Staat war also dann erfolgreich, wenn es ihm nachhaltig gelang, in die

85 Abélès skizziert das politische Scheitern ausgehend von der existenziellen Notwendigkeit, den eigenen Tod zu verhindern, und überträgt diese Notwendigkeit auf das politische Feld, wo mögliche Machtverluste als drohendes Scheitern von Biographien oder Institutionen diskursiv gerahmt und abgewendet versucht zu werden, um das politische Überleben zu sichern. Abélès, L’échec en politique, 47–76. Vgl. zur ambivalenten Bewertung des individuellen Sterbens auch Feldmann, Sterben – Scheitern oder Sieg? 86 Vernier, Lord of the Pyrenees, 168. Anders mag es hingegen um Vertreter der ‚königlichen Partei‘ stehen, die sich auf regionaler Ebene direkt mit Gaston konfrontiert sahen wie etwa Jean de Berry, als Gaston mit lokaler Unterstützung 1380/1381 versuchte, statt seiner lieutenant-général zu werden. Autrand, Jean de Berry, 158–160. 87 Zur Bedeutung der „Dynastien als Träger kontinuierlichen Machtwillens“ s. Reinhard, Geschichte der Staatsgewalt, 23. Zur historischen Kontingenz dieser gesellschaftlichen Entwicklung vgl. die Kritik von Pečar, Dynastien – Träger der Staatsbildung?

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Streitigkeiten seiner Untertanen hineingezogen zu werden, während Gaston selbst die Konflikte seiner Untertanen an sich riss. Dieser Befund verdient insofern Beachtung, als sich der moderne Rechtsstaat dadurch auszeichnet, dass er sich die Konflikte seiner Bürger aneignet, die damit ihre privaten Zerwürfnisse an das staatliche Rechtssystem abtreten müssen und auf diese Weise gewissermaßen enteignet werden. Insbesondere strafrechtlich als Opfer gefasste Personen sind demnach darauf angewiesen, dass Fachpersonal spezialisierte Prozeduren abspult und an ihrer Stelle die Konflikte bearbeitet.88 Ein vergleichbarer Zugriff auf die persönlichen Auseinandersetzungen ihrer Herrschaftssubjekte ist weder für vormoderne Monarchien noch für failed states wahrscheinlich. In historischen Querschnitten unterscheidet sich die Blaupause der Moderne von dem historisch kontingenten und facettenreichen Prozess staatlicher Verdichtung, der sich in der longue durée empirisch beobachten lässt, ohne ihn teleologisch konzipieren zu müssen. Episoden der Irritation des historischen Prozesses sollten uns daher umso mehr interessieren, um die Dynamik der gesellschaftlichen Strukturen und ihre Bedingungen besser zu verstehen. Mit Blick auf das 14. Jahrhundert liegt der Unterschied des monarchischen Staates zu Gastons durchgreifender protection musclée wohl nicht zuletzt im organisatorischen Aufbau seiner Herrschaft begründet, die sich auf einen geographisch ungleich enger abgesteckten Raum beschränkte.89 Das Konzept des failed state wie auch die daran geübte Kritik können hilfreich sein, diese Zusammenhänge anders zu durchdenken. Gastons Funktion in dem von ihm geprägten Gesellschaftsgefüge lässt sich mit Blick auf die Gewalt als Strukturphänomen neu perspektivieren: Insbesondere zeigt sich, dass Gastons durchsetzungsfähige Herrschaft endemische Gewalt nicht bloß einhegte, sondern selbst ausübte und ausüben ließ, um eine regionale Gewaltordnung zu behaupten. Der Erfolg dieses mitunter ‚räuberischen Regimes‘ stellt dann, wie auch der moderne Staat ‚als weltgeschichtliche Ausnahme‘, das eigentliche explanandum dar90, während sich die komplizierte Gemengelage von ganz verschiedenen Konfliktlinien unter Bedingungen eines Rechtspluralismus als Normalfall beschreiben lässt, egal ob nun in vormodernen Gesellschaften oder vermeintlichen failed states.

88 Grundlegend dazu Christie, Conflicts as Property. 89 Autrand, Jean de Berry, 158. 90 Auf die deskriptive Ähnlichkeit und strukturelle Verwandtschaft von Staatsbildung und organisiertem Verbrechen, die beide gesellschaftliche Organisationsformen von Gewalt darstellen, hat schon Charles Tilly hingewiesen. Tilly, War Making and State Making. Zum modernen Staat als weltgeschichtlicher Ausnahme vgl. Reinhard, Geschichte der Staatsgewalt, 15.

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 Teil III: Konstruktionen und Umdeutungen von politischem Scheitern

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Failing to enforce the monastic model of celibacy in the eleventh century: Survival and persistence of priestly unchastity before and during the Gregorian reform In 1049, less than a year after his accession, Pope Leo IX (1049–1054) began to summon a series of synods that focussed on reforming the Church, especially on combating simony and enforcing priestly celibacy. Writing with hindsight almost three generations later, the Benedictine monk and English chronicler Orderic Vitalis mentions the second of these synods, held at Reims in early October 1049, in his Historia ecclesiastica with the words: At that time [= autumn 1049], he [= Pope Leo IX] held a general council there [= in Reims] and, among other decrees that he established for the advantage of the church, he utterly prohibited priests from bearing arms or taking wives. From that time the fatal custom began to wither away little by little. The priests were ready enough to give up bearing arms but even now they are loath to part with their mistresses or to live chaste lives.1

This quotation takes us back to the beginning of the Church reform movement and gives us an idea of its results, which oscillate between success and failure. In his ambition to put an end to the ‘deadly custom’ (letalis consuetudo) to which members of the clergy had become accustomed, Pope Leo IX not only forbade warfare, fighting and even the simple bearing of arms to priests, but also prohibited them to take wives (i. e. to enter into a formal bond of marriage). The prescription concerning the bearing of arms had been respected. At the same time, the one prescribing sexual abstinence and chastity had fallen on deaf ears, since even now (adhuc), i. e., by the time Orderic Vitalis was writing these words in the 1130s, priests were still refusing to abstain from keeping concubines, let alone the observation of complete chastity. Therefore, priestly unchastity gave reformers of the eleventh century a hard time, and the problem persisted even after the so-called Gregorian reform. When the energetic monk Hildebrand took over the Holy See as Gregory VII, the papacy experienced a decisive turn1 Tunc ibidem generale concilium tenuit, et inter reliqua aecclesiae commoda quae constituit presbiteri arma ferre et coniuges habere omnio prohibuit. Exinde letalis consuetudo paulatim exinanire coepit. Arma quidem ferre presbiteri iam gratanter desiere: sed a pelicibus adhuc nolunt abstinere, nec pudiciae inherere, Vitalis, The ecclesiastical history, vol. 3, 120–123; Hinschius, System des katholischen Kirchenrechts, vol. 1, 151, n. 3, remarks that the acta of the synod do not mention that the topic of priestly celibacy had been discussed, but affirms that the account of Orderic should be deemed credible. A careful reading of the text, however, shows that Orderic only says that the pope decreed, not that the synod formally approved of the interdiction. https://doi.org/10.1515/9783111087122-006

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ing point. Through a fierce struggle of a few decades, the Roman Church freed itself from the hitherto unquestioned tutelage of secular princes. From then on, popes concentrated enormous power in their hands, the principles of which Gregory VII had laid down in writing (though not publicly proclaimed) in his famous dictatus papae of 1075. The reform movement had reached its climax; therefore, historians distinguish this period from the earlier decades of the Church reform as the ‘Gregorian reform’ because Gregory VII was its most emblematic and energetic figure. Like all reform movements within the Church, the Gregorian reformers did not call for a revolution but presented themselves as advocates of a return to an old order in which chastity of priests seemed to be a normative achievement as early as the fourth century.2 Preceding the Gregorian reform, the monastic reform of Cluny, Gorze and Hirsau had justified the claim that founders of monasteries and their heirs should not in any way interfere with the organisation of monastic life by claiming that the rule and thus the ascetic life of the monks and eremites in late antiquity should be the only model to be followed.3 It is therefore not surprising to see some precursors of the eleventh-century reform movement, such as Peter Damian4 and Humbert of Silva Candida, coming from the reformed monasteries of the tenth century.5 Favouring chastity and frugality, these monks sought to imprint the monastic model of chastity and poverty on all secular clerics, who had to conform to the principle of ritual purity linked to their sacrificial and liturgical function: namely the transformation of bread and wine into the body and blood of Christ as a sacrifice allowing to win back the grace of God, as well as the administration of sacraments to the faithful (especially the forgiving of sins in the sacrament of penance and the protection of the soul against a demonic assault on its way to heaven in the sacrament of last unc-

2 The earliest conciliar decisions on priestly celibacy date back to the Council of Elvira which in 300 or 305 (canon 33) forbade bishops, priests and deacons and indeed all clerics in the ministry, to have wives and to have sons (non generare filios). As for canon 27, it allows only their own sisters and daughters who are virgins and consecrated to God to be present in the houses of these clerics; Hefele, Histoire des conciles, 236, 238 f. A decade later, the Council of Ancyra (canon 10) asked deacons at the time of their ordination to choose whether they would marry or not; Joannou, Discipline générale antique (IVe IXe s.), 64. Canon 3 of the Council of Nicaea of 325 forbids priests to have subintroductam mulierem unless they are close relatives. Popes Damasus and Siricius gave a strong push to the new discipline through their respective decrees ad gallo episcopos; Sirmond (ed.), La décrétale Ad Gallos episcopos.; Somerville/Brasington (eds.), Prefaces to Canon Law Books in Latin Christianity, 36–46. Several regional councils held in the Latin West (esp. in Gaul, Africa, Spain) issued similar decrees in the fifth and the sixth centuries. 3 Many of the Church Fathers of the East and West came from monastic backgrounds; Schimmelpfennig, Ex Fornicatione Nati, 5 f. On the influence of the monastic reform, especially that of Cluny, on ecclesiastical celibacy, see Jestice, Why Celibacy?, 81–115. 4 On the biography of Peter Damian, his monastic life and his relationship with the papacy, see Ranft, The Theology of Work, 33–54. 5 On the chastity of priests from monasteries as opposed to the incontinence of secular priests, see Parish, Clerical Celibacy in the West, 92 f.

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tion administered on the deathbed). Concerns of ritual purity have always motivated the decrees and laws in favour of priestly celibacy since it was instituted.6 However, despite the Church’s intransigence on these requirements, the expected results of celibacy (to achieve perfect chastity and live an angelic life) remained impracticable as members of the higher clergy continued to live either in marriage or in concubinage, annihilating thus any idea of perfect chastity, even after the resounding success of Gregory VII and his successors in proclaiming the nullity of priests’ marriages at the Second Council of Lateran by 1139.7 Considering the contrast between canonical decisions and the clerics’ sexual misconducts, one is entitled to ask whether chastity, sought-after by the law of celibacy, had been achieved. Or, whether the unchastity of priests denounced at every opportunity by reformers was proof of a bitter setback of the Gregorian reform, which, at least, is supposed to be a great success in imposing clerical celibacy? Or, in other words: Did not resistances and iterative criticisms of clerics towards the imposition of celibacy hint at a failure of the moral reform of the Roman Church? In this article, I do not aim to rewrite the history of priestly celibacy, nor that of the Gregorian reform; for both topics have been treated at great length by many scholars.8 Instead, I will first emphasise the moral crisis that reformers tried to resolve without real success before turning to much more practical and economic issues such as the empowerment of the Church, the eradication of venality of Church property, and especially the squandering of Church property in favour of priests’ families. In the light of literary sources (chronicles, letters, treatises, etc.) and normative sources (conciliar decrees and papal decretals), I will first take stock of the discipline of ecclesiastical celibacy at the time when the reform movement took place in the eleventh century; that is to say, I will look at whether sexual conduct of clergy was perfectly in line with the ideal of chastity advocated by the Church. I will then present the notable but unfortunately insufficient and ineffective, sometimes even misguided, actions of first reformers in favour of celibacy in the face of an increasingly resistant and uncontrolled clergy. Finally, I will present Gregory VII’s actions, which gave rise to a public debate between defenders of clerical marriage and defenders of priestly celibacy.

6 On ritual purity as a basic element of eleventh-century reform, cf. Frassetto (ed.), Medieval Purity and Piety. 7 Lateran II Canon 7 denied clerical marriage. Canon 6 emphasises clerical purity and benefits. Foreville, Lateran I–IV, 226. 8 Poulat, Les Origines du célibat ecclésiastique, 206–208. In this review, the author mentioned an ‘immense literature’ listed as early as 1888 by Bishop Roskavany which must ‘approach or exceed today [in 1970] ten thousand titles’. Cochini puts forward the figure of 7,000 titles in the 1980s. Cochini, Origines apostoliques du célibat sacerdotal, 39; Scheper-Hughes/Devine, Priestly Celibacy and Child Sexual Abuse, 15–41. For the Gregorian reform, see the research of Fliche in three volumes Fliche, La Réforme grégorienne: la formation; Fliche, La Réforme grégorienne: Grégoire VII; Fliche, La Réforme grégorienne: l’opposition.

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1 Celibacy before the Gregorian reform, a discipline that fell into disuse As a reminder, priestly celibacy came into being in the fourth century for various reasons, including cultic purity. It evolved rapidly in the West, particularly in Rome, Gaul, Spain and Africa, during the fourth, fifth and sixth centuries, before becoming bogged down in the seventh century in Greek-speaking Christianity. At Quinisextus Council of 693, also known as Council in Trullo, Eastern Church departed slightly from the doctrine adopted in the West9 and allowed priests to marry while respecting the principle of ritual purity which the Latin Church considered incompatible with married life.10 These doctrinal deviations were undoubtedly at the origin of the account of Paphnutius’ intervention, now generally recognised as apocryphal,11 inserted in the Ecclesiastical History of Socrates (380–440) and relayed by Sozomen (400–450?) and later by Cassiodorus (485–580), thus demonstrating that perfect chastity desired by the Roman Church is an unattainable and therefore dangerous ideal.12 The period after the seventh century in the West, particularly in Gaul, was not decisive in terms of legislation condemning clerical marriage, since the conciliar activity was much less intense in Merovingian Gaul than it had been before. In his correspondences with Pope Zechariah in the first half of the eighth century, Boniface complains of the lethargy of the Frankish Church and, above all, the pitiful moral state of its clergy, which prompted the mayor of the palace, Carloman, to request resumption of synods in order to bring about reforms.13 When, in 751, the Carolingians took over the kingship, they established strong links with the papacy in order to legitimise their dynasty’s newly acquired royal authority. In recognition of this, they frequently 9 The Eastern Church was not at all ignorant of the principle of ritual purity guaranteed by sexual continence, but it thought it inappropriate to opt for absolute continence. For this reason, it chose temporary continence, so that the weekly calendar of the priests’ service would be established in such a way as to allow those who are not on duty to enjoy their marriage in peace, Cholij, Clerical Celibacy, 161. 10 Canon 6 allows the promotion of married deacons to the priesthood, while canon 48 suggests that the priest who is ready to be elevated to the rank of bishop should separate from his wife by mutual consent. But canon 13 is the one that marks the great divergence between the Latin and Greek Churches, for it allows not only marriage for deacons and priests, but also sexual intercourse, Joannou, Discipline générale antique (IVe IXe s.), 131 f., 140–143. Since potential priests who were candidates for the episcopate could be married, the Eastern Church recruited most of its bishops directly among the monks whose asceticism is no longer in question, Cholij, Clerical Celibacy, 112–114. 11 On the debates of the authenticity of this history. Parish, Clerical Celibacy, 69 f.; Heid, Zölibat in der frühen Kirche, 14–16; Lea, History of Sacerdotal Celibacy, 35–37; Hefele, Histoire des conciles, 1340 f. 12 Socrate, Histoire de l’Eglise, 66 f.; Sozomène, Histoire ecclésiastique, 212–215; Stainreuter/Boot, Cassiodorus’ Historia ecclesiastica tripartita, 153 f. 13 Letter 50 early 742 and letter 51 April 743 in Emerton (ed.), The Letters of Saint Boniface, 78–88. However, it should be noted that the concilium romanum held by Pope Zacharias in 743 reserved some points (chapters I, II and V) to clerical continence, Mansi, Sacrorum conciliorum, vol. 12, 381–383.

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intervened in Rome on behalf of the papacy, which was constantly being attacked by Lombards and their king Didier. From then on, in what looked like an alliance between the royal throne and the altar, the Carolingian kings served the Holy See’s interests and vice versa; until popes became dependent on the imperial sceptre as they had depended on Byzantine protection before. When Pope Leo III was evicted from Rome in April 799 by his adversaries who attacked him and tried to cut out his tongue to make him unable to exercise priestly functions, he fled to Charlemagne, who brought him back to Rome, reinstalled him and was crowned emperor by him. That the pope depended upon the Emperor, even though the Emperor owed him the legitimacy of his title, became even more evident in 824, when Pope Paschal died, and a succession crisis broke out between two candidates. Lothar, son of Louis the Pious, was sent to Rome to restore order and promulgated the Constitutio Romana, which stipulated that the election of popes would be carried out in the presence of an imperial missus, who was to receive the oath of fidelity of the newly elected pope.14 Since this situation did not allow for energetic interventions by the popes, it is apparent that many clerics were more inclined to live like laymen. As to the period from the fourth to the ninth century, Bernard Schimmelpfennig, asked: ‘In how far did the demand of celibacy succeed?’ Although many elements of a comprehensive answer are lacking, he concludes that recurrent prohibition of clerical marriage, and especially occasional information on bishops’ social origin, suggest that most of the higher clergymen had children both in or out of wedlock; he also concludes that some popes were born of such relationships.15 The situation did not change during the tenth century when lay investiture was strongly marked: Saxon and Salian emperors interfered in the elections of some popes such as Leo VIII (963–965), John XIII (965–972), Benedict VII (974–983).16 At the same time, as far as chastity is concerned, the tenth century is known as the ‘dark age’ of the Roman Church, firmly by the influence of papal concubines (and therefore sometimes exaggeratingly called the age of papal ‘pornocracy’). By the tenth century, priests used to live in the manner of the laity: they lived with legitimate wives or concubines, carried weapons and practised hunting. Church reformers from the reform monasteries could hardly tolerate this secular lifestyle. They convinced many synods and councils that remedies had and could be found by including in their major decisions measures reiterating old laws on ecclesiastical celibacy, among others, the general assembly of Trosly (909) in the diocese of Soissons, the synods of Augsburg (952), of Anse (994) and Poitiers (1000);17 this indeed testifies that the canons demanding celibacy had largely fallen into oblivion. However, some prelates disturbed by this attitude did not hesitate to denounce severe unchastity

14 15 16 17

Fliche, La Réforme grégorienne: la formation, 3 f. Schimmelpfennig, Ex Fornicatione Nati, 8. Ranft, The Theology of Work, 49. Fliche, La Réforme grégorienne: la formation, 31 f.

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cases. In the mid-tenth century, Atto of Vercelli, in his Epistola ad omnes sacerdotes dioecesis Vencellensis said he was ashamed to see that: some [priests] have given into so much lust that they allow obscene prostitutes to live with them, to have a meal and to spend time in public with them. Seduced by their charm, they hold them responsible for their own household and all their domestic goods, and after their death they thus appoint a prostitute as their heir and leave whatever they can acquire from possessions of the Church, or by alms.18

Clerical unchastity was a matter of public concern since a significant consequence was the dispersal of the Church’s goods into the hands of the clerics’ children. However, Rathier of Verona, Atto’s contemporary, addressing priests of his diocese, complained that he would not find any cleric worthy of the priesthood and of celebrating the mass if he had wanted to apply canons that exclude married, bigamous, or polygamous priests from divine offices. To testify that he had expressly condoned priests’ misconduct to make his churches work normally, he asks: ‘If I were to expel from the clergy those with many wives, whom would I leave in the church except boys? If I were to cast out the manzeres [bastards], whom of these boys would I permit in the choir?’ (si multinubos a clericatu repellerem, quem, nisi puerulos, in Ecclesia relinquerem? Si manzeres abicerem quem, ex eisdem puerulis stare in choro permitterem?).19 In addition, Rathier stated that those clerics instituted their offspring in their inheritance, thus squandering the goods of the Church.20 The writer of Ariald’s passion also presented a less glowing picture of Milanese priests’ morality. At the time when the anti-clerical marriage movement was being born in Italy, it was difficult to distinguish between clerics and laymen, since they had the same lifestyles: clerics, like laity, hunted, hung out with hounds and hawks, practised usury; worse, ‘Almost all of them, either with public wives or with prostitutes, led their lives in an ignoble manner’ (cuncti fere aut cum publicis uxoribus sive scortis suam ignominiose ducebant vitam).21 These examples show the particular situation of Italy, but one can imagine the general situation in all the Latin Christendom. Pope Benedict VIII confirmed this

18 Praeterea quod dicere pudet, tacere autem periculum, quidam in tantum libidini mancipantur, ut obscenas meretriculas sus simul in domo secum habitare, una cibum sumere ac publice degere permittant. Quarum illecebris illecti, suae domui, cunctaeque familiae ac supellectili eas praesse dijudiciant, suumque post obitum scortum haeredem constituunt, et quidquid de facultatibus ecclesiae, vel eleemosynis, seu undecunque acquirere possunt, hujusmodi manibus distrahendum relinquunt, Atton of Verceil, epistolae 9 in PL. 134, 116. 19 Weigle, Die Briefe des Bischofs Rather, 144; Rathier of Verona, The complete works of Rather of Verona, 472. 20 Rathier of Verona devoted two major treatises to the question of the Church’s property, which was constantly being dispersed because of the marriage of priests and especially because of the arranged marriages between their daughters and sons. See de contemptu canonum in PL. vol. 136, 491 and de nuptu cujusdam illicito in PL. vol. 136, 567–574. 21 Andreas de Strumis, Vita sancti Arialdi, 1051.

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when, in 1015, at the Council of Pavia, he presented the life of clerics as being in no way different from that of the laity: they married, fathered children, and misused goods of the Church in favour of their wives and offspring. The preface of the Council opens with the following statement: There are some of these same clerics, if they are called clerics, who belong to the church but live like people, and despite laws excluding women for clerics, they nevertheless procreate children through women; they then obtain freedom for these women and provide for them as a lawful mother for their children. They obtain many rewards and benefits for these women and children from the church, which rewards what they do not have in any way, let alone for their illegitimate children.22

Orderic Vitalis also depicted the non-observance of celibacy in the Gallo-Norman Church. At the period when Rollo the Viking reigned over Normans (911–928), celibacy had fallen into oblivion: ‘In Neustria after the coming of Normans the practice of celibacy among clergy was so relaxed that not only priests but even bishops freely shared the beds of concubines and openly boasted of their numerous progenies of sons and daughters.’ (in Neustria post aduentum Normannorum, in tantum dissoluta erat castitas clericorum: ut non solum presbiteri sed etiam presules libere uterentur thoris concubinarum, et palam superbirent multiplici propagine filiorum ac filiarum).23 Given this, it could not be more apparent that the Church of the tenth and early eleventh centuries, in addition to its total dependence on secular authority, was plagued by two main problems: clerical marriage (nicolaitism) and the venality of ecclesiastical offices (simony),24 a clear manifestation of the moral and spiritual decadence of the clergy. In any case the prescription prohibiting clerical marriage had become a dead letter among secular clergy by the time the reform movement took place. As Hazel Freestone, who has done remarkable work on wives and children of clerics in Normandy and England between 1050 and 1150, said: ‘In the eleventh century celibacy was a signifier only of monastic and eremitic clergy – the secular clergy were and had been married for centuries. Therefore, the starting point of any study must 22 Ipsi quoque clerici, qui sunt de familia ecclesiae, si sunt dicendi clerici, qui vivunt ut ethnici, cum sint ab omni muliere legibus exclusi, ex liberis mulieribus filios procreant; ancillas ecclesiae hac sola fraude fugientes, ut matrem liberam filii quasi liberi prosequantur. Ampla itaque praedia, ampla patrimonia, & quacumque bona possunt, de bonis ecclesiae, neque enim aliunde habent, infames patres infamibus filiis adquirunt, Mansi, Sacrorum conciliorum, vol. 19, 343 f. 23 Chibnall, The Ecclesiastical History of Orderic Vitalis, vol. 3, 120. 24 Nicolaism and simony are two heresies whose names derive directly from the names of persons whose conduct was considered contrary to the Church’s doctrine on clerical continence and the venality of spiritual gifts. St. Jerome mentions the founders of these two forms of heresy in his Adversvs Pelagivm: ‘Simon the magician founded his heresy [simony] with the help of the courtesan Helen. Nicholas of Antioch, the inventor of all obscenities, led troops of women.’ (Simon Magus heresin condidit, Helenae meretricis adiutus auxilio. Nicolaus Antiochenus, omnium inmunditiarum repertor, choros duxit femineos), Saint Jerome, Epistolae, vol. 8, 55.

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be that clerical marriage was the norm, rather than an inherent signifier of a ‘failing’ church.’25 Accordingly, the marriage of secular priests was not surprising and should not be attributed to any dysfunction of the Church. Furthermore, at that time, only monks from the recently reformed monasteries, who had taken a vow of chastity, poverty, and obedience, still observed the discipline of celibacy. It is therefore natural that the hermit Peter Damian, who was a very incisive ideologist in the early days of the reform movement – we can see this in his two famous treatises (liber gomorrhianus and de coelibatu sacerdotium) addressed respectively to Popes Leo IX and Nicholas II – should want to apply the monastic ideal of chastity to the secular clergy.

2 Imposing the monastic vision of chastity: an unattainable ideal? From the eleventh century onwards, the moral reform of the secular clergy was based on ritual purity; a prerequisite for a priest to be pleasant to God, from whom he is supposed to gather blessings for the faithful. As I have already mentioned, monasteries were suitable places where, so to say, one could still find clerics resplendent in virginal modesty and perfect chastity. Towards the end of the tenth century, Abbo of Fleury, who drew up different levels of purity and spirituality, placed monks at the top, continents (clerics) or widowers in the middle and married men at the bottom.26 As such, the chastity of monks becomes an ideal that secular clerics should be held to carry out their daily duties, which require no less chastity than obedience. Pope Benedict VIII, at the Council of Pavia in 1015, pointed out how chastity should intrinsically be linked to the daily celebration of the divine office.27 To enforce celibacy, he issued decrees that ostracised children of priests, who constituted, to a certain extent, clear proof of their unchastity.28 Nevertheless, is this enough to overcome the voluptuousness of clerics? Definitively not! According to the Liber Gomorrhianus that Peter Damian dedicated to Pope Leon IX in 1049, ‘the cancer of impurity of sodomy is, thus, spreading so through clerical order, like a bloodthirsty beast raging through the flock of Christ, with the audacity of so great liberty’ (Sodomiticae igitur immunditiae cancer ita per clericalem ordinem serpit, imo velut cruenta bestia intra ovile Christi cum tantae libertatis saevit audacia).29 Thus, clerics no longer make women the target of their venereal desire; but they masturbate or fornicate with each other. Damian cites four types of sodomites:

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Freestone, Evidence of the ordinary: Wives and Children, 54. van Meter, Eschatological order and the Moral Arguments, 155. Mansi, Sacrorum conciliorum, vol. 19, 345. Ibid., 351, 355. Reindel (ed.), Die Briefe des Petrus Damiani: Teil 1/Nr. 1–40, 287.

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those who pollute themselves by spilling their seed, those who do it mutually with their hands, those who do it between their legs and finally those who do it in the rear of another (anal penetration). These are the four sins of sodomy that Pope Leo IX, in the letter to Damian in response to his Liber Gomorrhianus, had condemned.30 Furthermore, in the liber gratissimus addressed to Bishop Henry of Ravenna, in which Damian demonstrates the validity of simoniac priests’ ordination, Bishop Raimbaldus of Fiesole is introduced as a simoniac who had several concubines, a legitimate wife and many children, both girls and boys.31 In his famous letter De coelibatu sacerdotium to Pope Nicholas II in 1059, Damian points out the priests’ unchastity as an epidemic, plague (pestis), that had spread in the body of Christ. Shamelessly, this epidemic has been so audaciously revealed that everyone knows the houses of prostitution, the names of the mistresses, the fathers-in-law and mothers-in-law, brothers, and other close relatives; and lest anything be lacking in these assertions, they give evidence of messengers running to and fro, of the sending of presents, of the Jokes they laughed at, and of their private conversation and lastly, to remove all doubt, you have the obvious pregnancies and the squalling babies.32

Still under the pontificate of the same Nicholas II, the hermit of Fonte Avellana relates an anecdote that testifies that the Church was far from finished with clerical sexual misconduct. The monk John of Marsica from the monastery of Monte Cassino informed Damian how a certain Bishop Alberic of Marsica, falsely pretending to be celibate (falsum mentitus est celibatum), had hidden his affair with a prostitute. When the Emperor’s arrival was announced, he made her take the veil and pass her off as a nun in a convent before taking her out after the Emperor had left. Worse still, he had a son with her, whom he subsequently made his heir.33 Faced with all these cases of unchastity, Peter Damian remains equal to the monastic vision of chastity and puts forward the argument of ritual purity. He addresses the sacerdos in these terms: But since I do not dare revile the highest bishop in the universal Church, I will briefly address myself to the one who has sinned. O bishop, you whose name means to make sacred, that is, that you should offer sacrifice to God, why are you not terrified to offer yourself in sacrifice to the evil spirit? By committing fornication, you cut yourself off from the members of Christ, and make

30 Ibid., 284–286; Hünermann (ed.), Enchiridion symbolorum definitionum et declarationum, 1054 f. 31 Reindel (ed.), Die Briefe des Petrus Damiani: Teil 1/Nr. 1–40, 439. 32 Pestis haec in tantam prorupit audaciam, ut per ora populi volitent loca scortantium, nomina concubinarum, socerorum quoque vocabula, simul et socruum, fratrum denique, et quorumlibet propinquorum, et ne quid his assertionibus deesse videatur, testimonio sunt discursio nuntiorum, effusio munerum, cachinnantium joca, secreta colloquia; postremo, ubi omnis dubietas tollitur, uteri tumentes, et pueri vagientes, Reindel (ed.), Die Briefe des Petrus Damiani: Teil 2/Nr. 41–90, 208; English translation see Blum, Peter Damian. Letters 61–90, 4. 33 Reindel (ed.), Die Briefe des Petrus Damiani: Teil 4/Nr. 151–180, 81 f.

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yourself physically one with a harlot, as the apostle attests when he says “anyone who links himself with a harlot with physically one with her”. And again, “shall then take from Christ his bodily parts and make them over to a harlot? Never! “what business have you to handle the body of Christ, when by wallowing in the allurements of the flesh you have become a member of antichrist? “can light consort with darkness, or can Christ associate with Belial? “are you unaware that the son of God was so dedicated to the purity of the flesh that he was not born of conjugal chastity, but rather from the womb a virgin?34

Peter Damien wants to make ministers understand, first, the special status conferred on them by ordination, second why they must be chaste. Indeed, priests or bishops embody sacredness because they officiate at the sacred altar of God. It would be surprising, therefore, to see such persons committing fornication. If someone does so, he disassociates himself from the body of Christ (a Christi te membris abscidis) and unites himself with the one with whom he has been having sex. Therefore, Damien could ask the indelicate priest by what courage he would dare to touch things of the Lord, especially since, after having wallowed in lures of the flesh, he had become a member of the antichrist (Quid ergo tibi cum corpore Christi, qui per carnis illecebrosae luxuriam membrum factus es antichristi?). Moreover, a priest cannot claim to be a member of Christ and indulge in things forbidden by divine modesty. Therefore, if there is no darkness in Christ, he cannot be associated with darkness, idols, lust, or fornication; clearly, Christ is a pure and unambiguous manifestation of sublime chastity, mainly since God chose to bring him into the world through a virgin who was herself betrothed, according to the faith of the Church (ecclesiae fides est), to a man resplendent in virginal modesty.35 Furthermore, Peter Damian draws the bishop’s attention to his relationship with the women of the Church. If a father, he says, commits incest with his daughter, he would be excommunicated, excluded from the Christian community, thrown into prison or sent into exile (Plane si pater filiam suam incestuose corrumpit, mox ab aecclesia proiectus excluditur, communione privatur, et vel in carcerem truditur, vel in exilium destinatur)36; how much more degrading would be the status of a bishop who sleeps with his ‘spiritual daughter’, for all Christians are his spiritual children. Conse-

34 Sed quoniam ego summum aecclesiae universalis antistitem vel leviter sugillare non audeo, ipsum, qui peccat, breviter alloquar. Cur, o sacerdos, qui sacrum dare, hoc est sacrificium Deo debes offerre, temetipsum prius maligno spiritui non vereris victimam immolare? Fornicans enim a Christi te membris abscidis, et meretricis corpus efficeris apostolo testante qui ait: Qui adheret meretriti, unum corpus efficitur. Et item: Tollam, inquit, membra Christi, faciam membra meretricis? Absit. Quid ergo tibi cum corpore Christi, qui per carnis illecebrosae luxuriam membrum factus es antichristi? Quae enim conventio lucis ad tenebras, aut quae societas Dei ad Belial? Numquid ignoras Dei filium adeo carnis elegisse mundiciam, ut ne quidem de pudicitia coniugali, sed de clausula potius incarnatus sit virginali?, Reindel (ed.), Die Briefe des Petrus Damiani: Teil 2/Nr. 41–90, 213 f.; English translation see Blum, Peter Damian. Letters 61–90, 9. 35 Reindel (ed.), Die Briefe des Petrus Damiani: Teil 2/Nr. 41–90, 214. 36 Ibid.

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quently, spiritual paternity and generation are by far to be chosen over biological kinship (spiritalis generatio maior est quam carnalis); the bishop thus becomes both ‘husband and wife of the Church’ (vir et sponsus aecclesiae).37 So, a bishop who does not take all these things into account should not sacrifice to the Lord. Peter Damian presents a bishop’s unchastity as a pollution in the privileged circle of the higher clergy and the whole body of Christ, for as much as the bishop communicates the Holy Spirit to somebody by the imposition of pure hands, he defiles, pollutes, and sullies his holiness by the imposition of defiled hands which have touched the genital part of a prostitute. And since all ecclesiastical orders are accumulated in one awesome structure in you alone, you surely defile all of them as you pollute yourself by associating with prostitutes. And thus, you contaminate by your actions the doorkeeper, the lector, the exorcist, and in turn all the sacred orders, for all of which you must give an account before the severe judgment seat of God. As you lay your hand on someone, the Holy Spirit descends upon him; and you use your hand to touch the private parts of harlots.38

Peter Damien clearly demonstrates the mystery of a bishop’s sacramental function: he is not only the intermediary between God and men but also the representative of Christ on earth. Therefore, if he remains united to Christ, he is enlivened by the power of divine holiness, which the bishop, in turn, communicates to the one on whom he lays his hand. However, if he disassociates himself from this divine holiness by indulging in fornication, he can only defile the faithful person on whom he lays his hand. Moreover, a bishop who is not afraid to indulge in the abyss of impurity falls straight into the Nicolaitan heresy (Nikolaitarum heresim incurristi); a heresy that God, through the angel of Ephesus, condemned (Revelation 2: 6). Now if, as Peter Damian says, taking up the words of the apostle Paul: ‘no fornicator has a share in the kingdom of heaven’, then how much more so would fornicating bishops dare to maintain themselves in the episcopal dignity which remains assuredly the kingdom of God (regnum Dei est).39 Consequently, popes must be just and decisive enough to cut off those whose ‘bad life’ does not honour ecclesiastical dignity from the clergy. Damien invites Nicolas II to act without ‘laziness’ (ignavia), in order to stop this disease that is spreading ‘like a cancer’ (hic morbus ut cancer) in the body of Christ. On this point, his request could not be more explicit: ‘that those who do not respect the purity of ecclesiastical chastity 37 Ibid., 215. 38 Et cum omnes aecclesiasticos ordines in te uno habeas metuenda mole congestos, omnes proculdubio foedas, dum te prostibuli permixtione commaculas. Polluis itaque in te ostiarium, lectorem, exorcistam, omnesque deinceps sacros ordines, pro quibus omnibus in districto Dei iudicio redditurus es rationem. Ad impositionem manus tuae descendit Spiritus sanctus, et tu eam adhibes genitalibus meretricum, Ibid., 215 f.; Blum, Peter Damian. Letters 61–90, 11. 39 Reindel (ed.), Die Briefe des Petrus Damiani: Teil 2/Nr. 41–90, 216 f.

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be deposed’ (deponantur hii, qui aecclesiasticae castitatis non verentur).40 Moreover, if the Supreme Pontiff succeeds in overcoming Nicolaitism, he will enter the kingdom of heaven with great pomp and ceremony, accompanied by a column of angels (angelis comitantibus introducat).41 All in all, this letter from Peter Damian to Pope Nicholas II is fundamental to understanding the archetype of priest that the first reformers wanted for the Church from the eleventh century onwards. Damian makes priests aware of the sacramental function that is theirs and invites them to greater temperance and spirituality so that the sacred mystery of Eucharist does not suffer from their impurity. As for the pope, he calls for more vigilance and firmness in the fight against the unchastity of God’s ministers. Like his predecessor, Pope Nicholas II responded to the hermit’s requests and took action to end clerical marriage. In 1059, at a Council he held in Rome, he involved laymen in the fight against clerical marriage, forbidding them to take part in the mass said by clerics who have concubines or clandestine wives (Ut nullus missam audiat presbyteri, quem scit concubinam indubitanter habere, aut subintroductam mulierem). He even threatened to excommunicate all clerics who trampled underfoot prescriptions of Leo IX and married or refused to separate from their wives42, which does not lessen the fact that the matter was not observed and persisted in. These measures did not change much under the pontificate of his successor Alexander II, who, in the Roman Council of 1063, not only reiterated that no one should hear a mass said by a priest who lives with a woman but also excommunicated all priests or deacons who, after hearing decrees of Popes Leon IX and Nicholas II, continued to have a concubine or did not renounce marrying her. If a priest persists, he decreed, let him ‘remain neither in the college of priests and in the divine office with those who have submitted to the previous constitution; nor have any part in the Church’ (neque in presbyterio ad divina officia cum his, qui praefatae constitioni obedientes fuerint, maneat, neque partem ab ecclesia suscipiat).43 Once again, the law imposing chastity is broken and Alexander II tries to add economic motives to the religious one, that is, the one of ritual purity, by affecting the prebends and privileges of incontinent priests. This idea had already crossed the minds of legislators gathered in Turin three years earlier (1060); canon 6 warned incontinent bishops or priests or deacons or subdeacons who refused to leave the Church and their privilege to expect little to be relegated to minor orders (ministerium ecclesiae cum beneficio non statim deseruerit).44

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Ibid., 217. Ibid., 218. Mansi, Sacrorum conciliorum, vol. 19, 897 f. Ibid., 1025. Ibid., 927.

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We can see the entry of a new strategy in the operationalisation of the reform movement in the matter of perfect chastity: it is not only a question of associating the laity, but also of ostracising the children and wives of priests who, by way of inheritance, were causing the Church to lose great goods. On closer inspection, therefore, the monastic ideal of chastity, which Peter Damian had strongly defended, seems to have been diverted into the struggle for preserving Church’s properties. This was to become much more pronounced under the pontificate of Gregory VII, who wanted not only to establish the pre-eminence and the prepotency of the papacy but also and above all, a Church domain on the fringe of that of the empire, so that religious institutions would regain their former economic strength. The new pope considered that strategy to be a good one and kept up the pressure on priests and their families by imposing the discipline of celibacy. He even urged the dukes Rudolf of Swabia and Berthold of Carinthia to ‘debar such men [simoniacal and married priest] from serving at the holiest mysteries, even by force if it should be called for’.45 However, as we have seen, most priests were reluctant to submit to the rule of celibacy, which they bent over backwards, often using trickery and subterfuge. But with the propensity to attack their families and properties, clerics decided to take up the cause either pragmatically or intellectually through treatises and pamphlets.

3 Resistance to reformers and defence of clerical marriage The two central problems – nicolaitism and simony –, which ecclesiastical authorities tackled, were to provoke numerous reactions throughout Christendom and bring defenders of clerogamy and defenders of celibacy into conflict. The English Benedictine monk and chronicler of the thirteenth century, Matthew Paris, put it bluntly: decisions of reformers, particularly those of Gregory VII, sowed division and created chaos in Christendom. Worse, it was a scandal (sacandalum): This pope, in a general synod, excommunicated simoniacs, cut off married priests from the divine office, and forbade the laity to hear their masses. In the eyes of many [priests], this is a new pattern, a rash decision, against the decrees of holy fathers, who wrote that sacraments in the Church, [i. e.] baptism, charisma, the body and blood of Christ, by co-operating Spirit, become invisibly the same effect of sacrament, whether they be dispensed by good or bad [priests] in the Church of God. However, since the Holy Spirit mystically vivifies them, that neither merits of good increase, nor evil things of sinners diminish; this decision [of Gregory] gave rise to such a scandal, that in the time of the greatest heresies, no such violent schism had torn the church apart. Some were for justice, others against it. A few observed their vows of chastity, some kept appearance of it through pride and self-interest: many added to their lust, perjury, and multiplied

45 Grégoire, The register of Pope Gregory VII, 136.

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adulteries. To make matters worse, the laity, believing that time had come to rebel against sacred orders and to withdraw from all ecclesiastical dependence, profaned sacred ministry and competed to fulfil it; They baptise children themselves, and instead of chrism and holy oils, use some disgusting grease; they refuse to allow married priests to give the viaticum to the dying, and to perform the rite observed by the church in funerals. They throw into fire tithes due to priests, often trample on the body of the Lord, if it is consecrated by married priests, and make a sport of spilling the blood of their God on the earth.46

Matthew Paris paints a very gloomy picture of the aftermath of Gregory VII’s decisions. First, the great majority of priests seemed stunned by the pontiff’s ordinance, stressing its novelty and absurdity. The latter developed a new theology concerning the validity of sacraments, maintaining stubbornly that whether one receives sacraments from the hands of priests of good morality or the hands of clerics of bad morality, this does not change the grace attached to the divine mystery. What an attractive interpretation that could be more convincing for defenders of priests’ marriages who would not be ready to abandon their wives! However, the most worrying consequence, we believe, is the casual attitude of the laity who keep disregarding priestly authority, which, to some extent, should have appeared to them as more oppressive. On closer inspection, this attitude, as described in this fragment of the text, suggests a desire to return to pagan practices free from Christian control. In conclusion, the pontiff’s rigorous handling of this matter is divisive and creates disorder throughout Christendom. Therefore, Gallic clergymen had already shown that they did not want, at the head of the Church, a man like Hildebrand whose rigorist principles had largely contributed to increase his fame in the region of Italy under Nicholas II and Alexander II;47 rightly, archbishopric of Milan (where Hildebrand and Peter Damian had been

46 Iste Papa in synodo generali, symoniacos excommunicavit, uxoratos sacerdotes a divino removit officio, et laicis missas eorum audire interdixit, novo exemplo et, ut multis visum est, inconsiderate judicio, contra sanctorum patrum sententiam, qui scripserunt, quod sacramenta quae in ecclesia fiunt, baptisma, chrisma, corpus Christi et sanguis, Spiritu invisibiliter cooperante eorundem sacramentorum effectum, seu per bonos seu per malos intra Dei ecclesiam dispensentur; tamen quia Spiritus Sanctus mystice ilia vivificat, nec bonorum meritis amplificantur, nec peccatis malorum attenuantur. Ex qua re tam grave oritur scandalum, ut nullius haeresis tempore sancta ecclesia graviori sit schismate discissa, his pro justitia, illis contra justitiam agentibus; porro paucis continentiam observantibus, aliquibus earn causa lucri ac jactantia simulantibus, multis incontinentiam perjurio multipliciori adulterio cumulantibus; ad hoc, hac opportunitate laicis insurgentibus contra sacros ordines et se ab omni ecclesiastica subjectione excutientibus, laici sacra mysteria temerant, et de his disputant, infantes baptizant, sordido aurium humore pro sacro chrismate utentes et oleo, in extremo vits viaticum Dominicum et xisitatum ecclesiae obsequium sepulturse a presbyteris uxoratis accipere parvipendunt. Decimas etiam presbyteris debitas igne cremant, laici corpus Domini a presbyteris uxoratis consecratum pedibus ssepe conculcant, et sanguinem Domini voluntarie frequenter in terrain effundunt, Matthæi Parisiensis, Chronica Majora, 12. 47 He worked with various popes before being elevated to the papacy. First under Gregory VI, then Leo IX, he gained power under Nicholas II and Alexander II. On 10 May 1057, Hildebrand was one of

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legates) was the scene of violent confrontations between supporters of clerical marriage and the reformers. This crisis only ended in 1075 when the Milanese killed the leader of the reformers.48 On the other hand, Norman clergy was also reluctant to reformers’ injunctions. Orderic Vitalis tells of a scuffle between married clerics and church officials who tried to impose the law of celibacy: ‘For ten years he fulfilled his duties as metropolitan with courage and thoroughness, continuously striving to separate immoral priests from their mistresses: on one occasion, when he forbade them to keep concubines he was stoned out of the synod, and fled exclaiming a loud voice: O God, the heathen are come into thine inheritance’. (Decem itaque annis metropolitanum regimen fortiter et diligenter gessit, multumque contra impudicos presbyteros pro auferendis pelicibus laboravit; a quibus dum in synodo concubinas eis sub anathemate prohiberet, lapidibus percussus aufugit: ‘fugiensque de ecclesia Deus uenerunt gentes in haereditatem tuam’ fortiter clamauit).49 So, we have the clergy of Germany being more intractable on this issue. However, long before that, it seems that the Germanic clergy wanted to make the new pope reconsider his position by reminding him that he was acting against scriptural prescriptions and that imposing celibacy on clerics is to do violence to human beings so that they live like angels; Thus, changing the natural course of things, he would give free rein to fornication and all kinds of impurity (violenta exactione homines vivere cogeret ritu angelorum, et dum consuetum cursum naturae negaret, fornicationi et immunditiae frena laxaret).50 Nevertheless, Gregory VII remained steadfast in his position and sent his legates throughout Germany with instructions and full power to enforce celibacy and punish all recalcitrant.51 Once in front of them, they accused Germanic bishops of laxity and negligence and threatened them with apostolic sanctions. Clerics, in turn, threatened to leave the priesthood for their marriages, since they were convinced that nowhere on the earth would Gregory VII find people like angels for the service of God.52 Seeing the turn of events, the archbishop of Mainz tried to calm his suffragans and subordinates and gave them six months to choose either their wives or the priesthood. Finally, in October 1074, he convened a synod in Erfurt to discuss the matter more seriously. He rejected all arguments of clerics and asked them to choose be-

two legates sent by the pope to support the Pataria movement against clerics deemed unworthy either because signs of simony or unchastity had been discovered in them, Gouguenheim, La réforme grégorienne: De la lutte, 58–60. 48 Zey, Ohne Frauen und Kinder, 308 f. 49 Chibnall, The Ecclesiastical History of Orderic Vitalis, vol. 2, 200 f. 50 Lamberti Hersfeldensis, Annales, in PL. 146, 1168. 51 For the period between 1073 and 1081, Cowdrey has recorded some thirty letters from Gregory VII dealing with ecclesiastical celibacy. For the region of Germany, he recorded twenty-one letters compared to six in Italy and five in France. This suggests where contestations were most intense and where the imposition of celibacy had met with little success, Cowdrey, Pope Gregory VII and the chastity, 272. 52 Lamberti Hersfeldensis, Annales in PL. 146, 1168.

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tween priesthood and marriage. Bishops then went out as if to consult before making their answer known to him; against all expectations, a more numerous of them resolved to bring the archbishop down from his throne and have him killed so that no one after him would dare to undermine the priesthood with such measures:53 this would thus be an example to posterity so that clerical marriage would not be undermined. Having been informed of what was being planned against him, this archbishop found a way of satisfying the furious crowd and postponed the synod until the following day. The next day, the question was not discussed any more, but another much more burning issue was dealt with: he accused Thuringians of not paying their tithe, which once again aroused the anger of the crowd, who wanted to lynch him. Fortunately, he escaped thanks to his knights.54 Thus, if there were any more sensitive issues in Gregory VII’s time that needed to be addressed with sufficient sensitivity, it was those of mandatory celibacy and money (simony). But the newly elected pope did not care about this and castigated these two evils that were destroying the Lord’s Church with great vigour. So, why did the Germanic clergy behave like this? Were they influenced by the Epistola Pseudo-Udalrici De Continentia Clericorum which presented similar arguments as theirs? It would be difficult to answer with accuracy because the author and origin of that letter are still subject to debate. It is sometimes from Bishop Ulrich of Augsburg (923–73), sometimes from an Italian bishop, Ulrich of Imola (1053–63), in response to Pope Nicholas II and Peter Damian55, and sometimes, it dates from the second half of 1075 and comes from Constance.56 In view of this, Melve chooses 1059 as terminus ante quem and 1079 as terminus post quem.57 This letter, which remains one of the most important documents supporting clerogamy in the public debate on ecclesiastical celibacy in the eleventh century, argues that it is contrary to the gospel commandment and the Holy Spirit (contra euangelicam institutionem ac sancti Spiritus dictationem) to impose continence on clerics.58 Celibacy should not be an obligation since, from the Old Testament to the New, no prohibition was formally given. To support this argument, the author quotes the Matthean logion: ‘There are eunuchs those who have castrated themselves for the kingdom of heaven; however, not all understand this word. He who can understand, let him understand’ (sunt eunuchi qui se castraverunt propter regnum caelorum; sed non omnes capiunt hoc verbum. Qui potest capere, capiat). This free interpretation is proof that celibacy was commended but not commanded as reformers would have believed. Thus, it would be a serious fault to 53 Ibid., 1169. 54 Ibid., 1170. 55 On the criticism of this letter, Melve, The Public Debate on Clerical Marriage, 690–692 f.; Giese, Pseudo-Udalrichs Brief über die Klerikerehe, 153–163f; Frauenknecht, Die Verteidigung der Priesterehe, 34–70; Fliche, Ulrich d’Imola. Étude sur l’hérésie, 127–139. 56 Frauenknecht, Die Verteidigung der Priesterehe. 57 Melve, The Public Debate on Clerical Marriage, 691. 58 Frauenknecht, Die Verteidigung der Priesterehe, 204.

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impose it because with a false image of continence to please men but not God, clerics would indulge in more serious breaches: they would touch wives of fathers (patrum uxores subigare), they would not abhor embraces either with men or with animals (masculorum aut pecudum amplexus non abhorrere). Indeed, this situation is more serious as he compares it to a pestilential disease that risks shaking the fragile structure of the Church (morbi…pestilentiam convalescente status nimirum lebefactaretur ecclesiae). And to overcome this disease, the author points out, that apostle Paul did well to say in his letter to Corinthians that everyone should have a wife to avoid fornication (1 Corinthians 7:2); he goes further by accusing reformers who consider this Pauline recommendation to be only for the laity of being liars and hypocrites.59 About embracing men or animals, was the author alluding to homosexual acts or bestiality? It is possible to confirm it with accuracy, but the author wishes to make it clear that obligatory celibacy would lead to far worse than fornication and concubinage. Anne Barstow sees this as a response to Peter Damian’s condemnation and recriminations against male-male sex among clerics.60 To give force to his point of view, the polemicist cites scriptural data and Church fathers such as Saint Jerome and Saint Augustine who, although fierce defenders of asceticism, unanimously praised the benefits of marriage. Better still, the letter recalls the intervention of Paphnutius at the Council of Nicaea – though it should be noted, with Bernold of Constance, that both the rescript and the Paphnutius story were condemned in 107961 – to demonstrate that, according to ancient practice, celibacy was always optional. Thus, the rescript recognises ecclesiastical celibacy but does not accept that it should be imposed on clergy: it would be divisive and sectarian to do so. But behold, if we observe carefully, the whole heap of weeds, the whole assembly of folly, while clerics, God forbid! overcome by Pharisees and compelled by fury to abandon the only lawful marriages, that is, the company of one wife, become fornicators and adulterers with the other ministers of disgraceful depravities, who, like blind leaders of the blind, engineer heresy in the Church of God.62

Rightly, our author does not hesitate to call the party of reformers ‘Pharisees’ compared to Jesus Christ’s opponents who hardly made proselytes, and once they had one, they imposed a heavy burden on him making him worthy of hell (Matthew 23:15). Moreover, he compares forced celibacy to ‘a heresy’ because it is out of step with ancient tradition: this is, therefore, an opportunity for the author to rectify the idea sup59 Ibid., 205. 60 Barstow, Married Priests and the Reforming Papacy, 112 f. 61 Robinson (ed.), Eleventh-century Germany, 264. 62 Hic est autem, si diligenter inspicitur, tocius eorum manipulus zizaniae, tocius [con]eventus insaniae, ut, dum clerici licita unius uxoris coniugia, scilicet unius mulieris consortia, pharisaico devicti, quod absit! Furore relinquere cogantur, fornicatores et adulteri et aliarum pravitatum turpissimi ministri cum ipsis efficiantur, qui hanc in aecclesia dei heresim sicut ceci duces cecorum machinantur, Frauenknecht, Die Verteidigung der Priesterehe, 214.

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ported by reformers that clerical marriage was a heresy (nicolaitism). The rescript goes further, calling the reformist impulse scandalum and suggesting that the pope put an immediate end to it: ‘[as] you know discernment, we advise that you wake up even now before the propulsion of such a great scandal of the Church of God and extirpate Pharisaic doctrine from the flock of God’ (Consulimus ut vel nunc ad tanti scandali ab aecclesia dei propulsionem evigiles et per quam nosti discretionis disciplinam pharisaicamm ab ovili dei exstirpes doctrinam,).63 It is only at this price that ‘the holy people, the royal priesthood’ (gentem santam, regale sacerdotium) will be reconciled with Christ who remains the only true spouse of the Church.64 For closure, the De Continentia Clericorum was not only the first official document defending clerical marriage, but also and above all, a source of inspiration for other treatises that animated the debate of the eleventh and twelfth centuries. According to Augustin Fliche, the Tractatus pro clericorum conubio, written around 1065, sounds like a response to the Council of Lisieux held in 1064, which had addressed the question of priests’ marriages.65 For him, this treatise, whose author remains anonymous, seems to have been introduced into Normandy by a cleric of Italian origin, so precise is his knowledge of the patarenes movement. However, authors such as Erwin Frauenknecht and Brigite Meijns believe that it dates from the last quarter of the eleventh century and that it was produced in the archdiocese of Reims, precisely in the diocese of Thérouanne. It is said to follow the Council of Poitiers of 15 January 1078, which had been firmer in its measures against incontinent clerics and their children.66 But contrasting with Fliche’s view, this tractatus may not be influenced by the above-mentioned De Continentia Clericorum although it almost takes up the main lines of its arguments. However, the Tractatus pro clericorum conubio retains a certain specificity insofar as, as can be seen in the first few lines, it supports its view with canonical data by appealing to ancient councils such as Ancyra, Nicaea I, Chalcedon, Carthage and Toledo; and above all, to the most valuable authoritative in the Church such as Saint Augustine, Saint Leo the Great, Pope Siricius, etc. Whoever holds to the faith of the Catholic Church, far from hypocrisy of injustice, will have scrupulously scrutinised the authentic writings of the holy fathers, will find legitimately celebrated marriages of clerics to be chaste and natural, and not adulterous or fornicating, as authors of the new dogma report. If indeed the sentence of the Council of Nicaea, which is most often interpreted in this way: “that bishop should not have a wife clandestinely introduced into his house (introductam mulierem), and that all clerics should be forbidden to have one at home,” [concerns] also the wife [of the minister of God] who from afar is an honest person, let it be understood that this will be in opposition to usages established by the councils of Chalcedon,

63 64 65 66

Ibid., 215. Ibid. Fliche, La Réforme grégorienne: l’opposition, 15. Meijns, Opposition to Clerical Continence, 239–250.

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Carthage, and Toledo, as well as to the decrees of the learned Sirice, Leo I, and Gregory the Great.67

The author, who proclaims his attachment to the Catholic faith and to the decisions of councils held by the holy fathers, is keen to make one important clarification: the introductam mulierem (or subintroductam mulierem, to use the original text) referred to in the third canon of the Council of Nicaea is not to be confused with the legitime celebrata conubio of the clergy. Indeed, subintroductam mulierem refers to a woman who is smuggled into one’s home, whereas legitime celebrata conubio is a legitimate marriage whose consummation should in no way attract accusations of adultery or fornication. As a reason he gives: ‘As a thing taken away or removed is that said to be carried away or snatched away stealthily; so, let the woman brought in secretly mean one who is not legitimately married’.68 Despite this determination to distinguish between a clandestine woman and a legitimate wife, he does not agree at all with those who consider that this Nicene ban affects only canons and not the whole clergy: in his reply demonstrating the falsity of their allegations, he does not hesitate to call these ‘destroyers of the canons and disturbers of ecclesiastical peace’ (subversores canonum et perturbatores ecclesiastice pacis).69 The treatise also refers to Paphnutius’ story and to conciliar decrees (Ancyra reinforced by Nicaea and Chalcedon) to demonstrate the optional character of priestly celibacy: deacon at his ordination is called upon to pronounce before the assembly on the regime under which he would like to serve the Lord. If he takes a vow of chastity, then he is tenuous, even obliged to respect it; but, if he decides to marry, he could do so and serve in the Church,70 and the sacraments administered by him would be just as valid as those administered by a celibate minister. Therefore, our author considers that issue, especially since Reformers made it a strategic asset in their desire to impose celibacy: they commanded the laity not to attend masses said by married priests. The Tractatus eloquently repeats the reformers’ point of view and demonstrates, with conciliar and patristic data, the validity of sacraments administered by a married priest. He cites the Council of Granges, which anathematised those who would refuse to take part in a mass said by a married priest. He also cites Pope Nicholas I, who warned Bul-

67 Quisquis catholice ecclesie fidem tenens, ab ypocrisis iniquitate alienus, aucenticas sanctorum patrum scripturas diligenter investigaverit, inveniet legittime celebrata conubia clericorum casta esse et sincera, non, ut novi dogmatis ferunt auctores, adulterina vel fornicaria. Si enim sententia Niceni concilii, quae maxime ita interpretatur, ut presul introductam mulierem non habeat, que omni qui in clero est haberi in domo interdicitur, uxor etiam, que procul dubio honesta persona est, intelligatur, repugnabunt instituta concilorum Calcedonensis, Cartaginiensis atque Toletanii, repugnabunt universalia decreta doctorum, siricii, Leonis, Gregorii, Frauenknecht, Die Verteidigung der Priesterehe, 254. 68 Sicut res sublata vel subtracta, id est furto ablata vel abstracta dicitur, ita mulier subintroducta latenter, id est non legittime, nupta significetur, Ibid., 256. 69 Ibid. 70 Ibid., 260.

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garians not to shun a married priest’s authority, for although Judah was a thieving and lying disciple, the Lord did not remove him from his apostles. He goes further to say that priests on whom the greatest suspicions of immorality hang always retain their authority until a college of bishops decides on their cases.71 He concludes on this point with a theory of Paschasius Radbert, which he falsely attributes to Saint Augustine, about the blood and body of Christ as a sacrament. It is through prayer that Christ is present in Eucharist and not through the purity of priests that transubstantiation takes place; therefore, whether the host is consecrated by good or bad priests, it still has its mystical, divine, and life-giving power to purify the people of God.72 Moreover, if the honour of priesthood has been so mocked, it is due to the schism of patarenes and the transgression of the canons at the highest level of the Church, which ‘transform the truth of the law into error’ (Legis veritatem convertum in errorem).73 The treatise also looks at the case of the children of clerics and their clerical careers, since this was, at least, another aspect of the ostracism of priests and their families. He appeals to two authoritative of the Church (Saint Augustine and Saint Isidore) to demonstrate that no child who honours God should pay for his parents’ fault. Better still, he draws from the liber pontificalis examples of popes born of clerical parents, that the Roman Church does not hesitate to boast of their actions against heresies. Moreover, he claims to be able to give names of bishops of clerical parents who are still alive and who were appointed or consecrated by the Roman pope in Gaul, Italy, and Normandy.74 In view of these facts, the treatise considers that the reformers deviate from the true doctrine and therefore run the risk of anathema: apostle Paul declared such a curse against anyone, even if it were an angel, who would dare to preach something else than what he himself had taught. Finally, he concludes with an appeal to those of his party in order to reassure them: ‘You then, sons of the Catholic Church, who reject being polluted by the wickedness of deception, who refuse to fear those who seek to subvert ecclesiastical truth; [those] to whom, if statutes of canons and ecclesiastical vigour had been strong, safe and sound; you should have been afraid of’.75 Ultimately, this other treatise in favour of clerical marriage draws its inspiration from the Rescript of Uldaric, since it takes up almost the same main lines of argument. Historians even agree that the Tractatus pro clericorum conubio is the first Norman

71 Ibid., 260 f. 72 Ibid., 262. 73 Ibid., 263. 74 Ibid., 263–265. 75 Vos ergo filii catholice ecclesie, qui eretice fraudis pravitate pollui respuitis, nolite timere eos, qui ecclesiasticam veritatem subvertere nituntur, quibus, si statuta canonum, si vigor aecclesiasticus vigeret incolumis, timori esse deberetis, Ibid., 266.

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version of the rescript: there would be a second and then a third version76 and a whole series of pamphlets openly criticising mandatory celibacy. Most of these pamphleteers were in no way against the discipline of celibacy or perfect continence, which they did not hesitate to recognise as having pre-eminence over marriage. However, they were opposed to the intention of Church leaders to impose it: which would be, according to them, a way of pushing priests into worse immoralities. Hence the repeated and sometimes verbatim story of Paphnutius’ intervention, sometimes borrowed from Sozomen, sometimes from Casiodorus. This was one of the central points that opposed the Gregorian apologist Bernold of Constance to a certain priest Alboin. In six letters they exchanged, the authenticity of this story had been the Gordian knot between them: The one (Bernold) strove to show that Sozomen’s account was a fabrication, a confabulation, while the other (Alboin) made it the basis of an argument with the intention of showing that clerical marriage had not only always existed but had also been accepted by the Church since the question had been exhausted at Nicaea.77 All in all, the eleventh century marks a decisive turning point in the history of ecclesiastical celibacy; for since the first formal prescriptions in the fourth century, this is the first time that the celibacy issue has rekindled tensions, especially in intellectual circles. In any case, when we know a troubled and uncertain period that the Church went through towards the end of the Carolingian era and throughout the Ottonian period: secular princes had royally invited themselves into the Church, whose ministers, they saw as imperial officials. It was not the German Emperor Henry IV who said otherwise in a letter he sent to Gregory VII in August 1073, well before relations between them deteriorated. In this letter, we clearly read of Henry IV confessing all offences he had caused the Church and its goods through, promising to place himself at the service of the pontiff in a joint struggle against simony and secular investitures. Among other things, the following can be read: Alas blameless and unfortunate as we are, partly through flattered instinct of our childhood, partly through the freedom of our imperious power and might, partly through deceitful seductions of those whose counsels we have followed too much; we have sinned against heaven and against you, and we are no longer worthy to be called your son. For we have not only invaded the ecclesiastical goods but have indeed sold churches themselves to any unworthy who are made bitter with the gall of simony and who do not enter by the door [of the fold] but from elsewhere; and we do not defend these [churches] properly.78

76 On these different versions, see the relevant analyses by Augustin Fliche and Anne Barstow. Fliche, La Réforme grégorienne: l’opposition, 21–38; Barstow, Married Priests and the Reforming Papacy, 119– 125. 77 On this debate, see Barstow, Married Priests and the Reforming Papacy, 125–132. 78 Heu criminosi nos et infelices! partim pueritiae blandientis instinctione, partim potestativae nostrae et imperiosae potentiae libertate, partim etiam eorum, quorum seductiles [seductilia] nimium secuti sumus consilia, seductoria deceptione peccavimus in coelum et coram vobis, et jam digni non sumus vocatione vestrae filiationis. Non solum enim nos res ecclesiasticas invasimus, verum quoque

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This compunction of Henry IV is not only evidence of the critical state of the Church in the eleventh century, but it should also augur well for the Church as Reformers understood it. Despite these resistances to the reform movement and the survival of clerical marriage, the reformers seem to have won, since at Lateran I (1123), a canon was inserted that no longer simply forbade clerical concubinage, but rather declared their marriage null and void, and clerics who should be found guilty of nicolaitism would be obliged to do penance. In such a manner, the prohibition of clerical marriage could be seen as a successful enterprise, since it hindered priests from having legitimate offspring that could claim to inherit their goods and their office. Yet, as far as ritual purity was concerned, it was at best a partial success, if not a failure since priests continued to have sex with women. Consequently, the prestige of the priesthood suffered from the fact that clerics now lived with concubines rather than legitimate wives: hence the reappearance of the issue at the time of the Reformation, especially in England.79

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The infertility of the exemplary king as a narrative challenge The failure of Baldwin I of Jerusalem to produce an heir and his transformation in the historiography of the Crusades

1 Introduction In the Western Middle Ages, ensuring dynastic continuity was a crucial task for the holders of a throne. Not only could the lack of a male heir lead to instability in succession, but the medieval nobleman’s inability to procreate cast doubt on his masculinity, an essential aspect of which was the ability to produce offspring.1 Beyond the variety of approaches that can be observed to the use of masculinity(ies) in medieval history and the resulting problems,2 the traditional attributes of medieval masculinity are known. The medieval nobleman had to be able to assert himself and defend his honour as well as his property and the people under his care. Like other essential attributes of this virile or masculine role, the ability to fulfil his marital duties and to sire offspring was linked to his perceived social competence and closely associated with his sense of honour.3 Being accused of impotence (understood as the inability to perform penetrative sexual intercourse) in a divorce case was a direct attack upon the honour of the husband. Still, a series of barren marriages could also fragilise his honour as a man, especially if he did not do everything possible to enter into a new marriage since this could be understood as a tacit admission that the childlessness of the union was his fault. Baldwin of Boulogne, known as Baldwin I, king of the Latin kingdom of Jerusalem (1100–1118), which was a sort of protectorate for the whole of Christendom, is an exemplary case for discussing the theme of a king’s infertility. Before taking the throne, his military intrepidity enabled him to found the Crusader County of Edessa in 1098. For two generations, this first Crusader state in the East was the shield of Antioch’s principality and Jerusalem’s kingdom. It was only after he took the throne that Baldwin I was able to expand his kingdom by uniting several other territories, one after

1 Van Eickels, Männliche Zeugungsunfähigkeit. 2 Fletcher, The Whig Interpretation of Masculinity, 57–75. 3 Coumert, Markers of Masculinity, 95–108; Karras, Clergy, Marriage and Masculinity in the Middle Ages, 109–120; Fletcher, Being Male, 47–68. Whether a medieval lord could have children was a social fact of great importance, not a marginal element in an honour society. In 2009, Klaus van Eickels highlighted the immense social and political significance of the male inability to procreate for the medieval feudal structure. Cf. van Eickels, Männliche Zeugungsunfähigkeit. https://doi.org/10.1515/9783111087122-007

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the other.4 This courage earned him praise from the chroniclers of his reign.5 All agreed that he was a wise politician and a great conqueror who preferred to spend more time on the battlefield with his brothers in arms than with women. Nevertheless, Baldwin I had three marriages. The first was to Godehilde, an Anglo-Norman woman, whom he took with him on crusade. She died in Marash in Asia Minor in 1097. Pressed by his feudatories to remarry, his second marriage was to Arda, the daughter of an Armenian lord. But he repudiated her in 1108 and had her confined to a convent. Without waiting for the proclamation of divorce by the Church, Baldwin I contracted a third marriage with Adelaide of Sicily in 1113, five years after the second. His behaviour caused a scandal of European proportions, as he was guilty of bigamy.6 But despite his three marriages, the king had no children.7 Was Baldwin I infertile or sexually impotent? If not, why did God deny him the grace to produce an heir despite all his sacrifices in defence of the kingdom of Jerusalem? On the one hand, current representations and perceptions of masculinity differ fundamentally from those of the premodern era. Since the end of the nineteenth century, a man’s ability to be a sexually potent lover has come to the forefront of representations of masculinity, whereas previously his testicles were at the forefront as the seat of procreative ability. Gary Taylor summed it up in this concise phrase: ‘The

4 Edgington, Baldwin I of Jerusalem, 38–46, 111–128. 5 In his chronicle, Albert of Aachen describes him as a ‘distinguished and farsighted man’ (Baldwinus uir illustris et prouidus) and calls him ‘Christ’s champion’ (Christi athlete). Cf. Albert of Aachen, Historia Ierosolimitana, book VII, chap. XXXV, 538, 539 and book XII, chap. XXIII, 860, 861. William of Malmesbury speaks of his admirable and almost divine bravery (admirabilis et pene divina virtus). Cf. William of Malmesbury, De Gestis Regum Anglorum Libri Quinque, vol. II, book IV, 451. 6 Fulcheri Carnotensis, Historia Hierosolymitana, book II, chap. LIX, 601: ‘Siculorum scilicet comitissam nomine Adelaidem quia iniuste duxerat eam, eo quod adhuc viveret sua, quam apud urbem Edessam ante recte duxerat.’ Translation in Fulcher of Chartres, A History, book II, chap. LIX, 217 f.: ‘[…] the Countess of Sicily mentioned above [named Adelaide], whom he had unlawfully wed since she whom he had lawfully married in the city of Edessa was still alive.’ 7 On the other hand, MacEvitt, The Crusades, 57 and Runciman, A History, 200 f., have argued that Baldwin I and Godehilde had children who did not survive for long. However, no primary source states that Baldwin I had children. William of Tyre’s words about the term familia referring to Baldwin I cannot be translated as a reference to his closely nuclear family: William of Tyre, Chronicon, vol. 1, book II, chap. III, 164: ‘dominum Balduinum, ducis fratrem, cum uxore et familia’; Guillaume de Tyr et ses continuateurs, Texte français, vol. 1, book II, chap. III, 59: ‘Baudoin le frère le Duc et sa femme et sa mesnie’. The English translation of the Latin is given thus, in William of Tyre, A History of Deeds, vol. 1, book II, chap. III, 120: ‘Baldwin, the duke’s brother, with his wife and household.’ In another passage, William of Tyre, Chronicon, vol. 1, book III, chap. XXV, 229: ‘De familia vero domini Balduini captus est vir preclarus et nobilis’; Guillaume de Tyr et ses continuateurs, Texte français, vol. 1, book III, chap. XXV, 118 f.: ‘par leur conseil et par leur aticement avoit Tancrez coru sus a Baudoin et a ses gent.’ It, therefore, seems certain that William of Tyre was referring to Baldwin I’s immediate entourage, not necessarily his dependants, a meaning attributed to the Latin familia. See database www.oed.com/(entry familia) (last access 22.02.2022). For a discussion, see Murray, Women in the Royal Succession, 137.

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rise of the penis, the fall of the scrotum’.8 On the other hand, infertility and sexual impotence were not on the same level of importance in premodern times. From the point of view of ecclesiastical law, the inability to procreate was irrelevant as long as the marriage could be consummated.9 In other words, it was not sterility but the husband’s impotence that was the decisive criterion for the dissolution of a marriage.10 A union that had no children was, of course, socially dysfunctional in many respects. But, according to the Church’s understanding, it was not questionable. The husband’s erectile capacity, on the other hand, could be the subject of discussion and scrutiny in court, even to the extent of using ‘honest women’ as experts to examine him.11 The question of his ability to procreate only became more important insofar as the presence of children ruled out the possibility of arguing that the husband was impotent from the outset. Baldwin I’s delicate situation needed a good justification in such a social and religious context. Since the medieval nobleman’s ability to produce offspring was essential to his masculinity, the absence of children from a good ruler had to be especially justified. In contrast, the lack of children from a bad ruler was considered a punishment from God.12 In recent years, a great deal of work has been devoted to questions of Baldwin’s character and personality. The fact that he practically withdrew from women for a long time, concentrating on his military challenges, has seemed suspicious to many modern historians, who have approached the issue in terms of possible homosexuality.13 The German historian Hans Eberhard Mayer carefully reviewed the sources on this reign. He found efforts by contemporary chroniclers to cover up the real cause of Baldwin’s marital scandals, which, he claimed, was his homosexuality.14

8 Taylor, Castration, 85. 9 Brundage, Law, Sex, and Christian, 505. It was not until 1587, when renowned physicians considered, contrary to the Aristotelian conception, that the testicles were the actual place of sperm production, that Pope Sixtus V added as an additional criterion for the accomplishment of the conjugal act, in addition to penetration, the insemination of the male semen called verum semen in the woman’s vagina, and forbade castrated men to marry: Behrend-Martínez, Manhood and the Neutered Body. 10 Brundage, Impotence; Pedersen, Marriage Disputes; Helmholtz, Marriage Litigation, 87 f. 11 One of the documented cases took place at the court of the archbishop of York and Canterbury: ‘The same witness exposed her naked breasts, and with her hands warmed at the said fire, she held and rubbed the penis and testicles of the said John. And she embraced and frequently kissed the same John, and stirred him up in so far as she could to show his virility and potency, admonishing him that for shame he should then and there prove himself a man. And she says, examined and diligently questioned, that the whole time aforesaid, the said penis was scarcely three inches long […] remaining without any increase or decrease.’ Helmholtz, Marriage Litigation, 89. Cf. Brundage, Law, Sex, and Christian, 457. 12 Van Eickels, Männliche Zeugungsunfähigkeit, 74. 13 Rubenstein, Nebuchadnezzar’s Dream, 90 f.; Barber, The Crusader States, 113; Tyerman, God’s War, 202. 14 Mayer, Mélanges sur l’histoire du royaume latin de Jérusalem, 49–72.

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This interpretation of the king’s failure is problematic. Not only is there no way of knowing the king’s sexual orientation, but also, in the model of the medieval Latin chroniclers’ explanation, the question did not arise. On the contrary, their objectives were to give a favourable veneer to the history of the Latin East and exalt Jerusalem’s royal dynasty. The accounts they produced relate to the history of the Frankish community in the Holy Land shortly after the conquest of Jerusalem in 1099. These Latin reports, whether they are contemporary with or late to the first crusade, aimed to help consolidate the Frankish states in the Holy Land (the second and third crusades in particular), to exalt a new ideal of life and to incite Westerners to cross. The failure of Baldwin I’s marriages, and particularly the fact that they were childless, must have been fairly surprising to contemporaries in that the absence of offspring was contrary to the image of a virile man that he enjoyed in Latin Christendom in the twelfth century. This posed a real narrative challenge to the chroniclers, raising the question of how narrators of kingly power at this time could construct a positive image of a good king without children. To answer this question, this article presents a selection of examples and conclusions from the Latin historiography of the First Crusade. The analysis focuses on the relations of the Latin chronicler Fulcher of Chartres (c. 1059–c. 1127)15, an eyewitness of the First Crusade, along with Guibert of Nogent (1053–1124)16, Albert of Aachen (1060–1120)17, William of Malmesbury (c. 1096–c. 1143)18 and William of Tyre (c. 1130– 1186)19, who did not participate. From their accounts emerges a medieval perception of Baldwin I’s inability to produce an heir that, far from lending itself to accusations of illicit sexual behaviour, reflects a clear desire to explain and excuse his failure. The methodological approach adopted to identify the narrative challenge of constructing a positive image of a childless king in these sources is that of the history of sexualities. This approach, which is essential for understanding medieval society and culture, is built both on an understanding of the theological doctrine of marriage, infertility and chastity as developed from the twelfth century onwards, and on the debate between social constructivism and essentialism. Human sexual desire and behaviour are not conceived as an anthropological constant that can be intuitively grasped and understood across cultures and time but as sociocultural constructs that must be contextualised with the interpretive models and social values attributed to sexual and emotional behaviour.20 Thus, in the Middle Ages, chastity was seen as a 15 Fulcheri Carnotensis, Historia Hierosolymitana; Fulcher of Chartres, A History. 16 Guibert of Nogent, Gesta Dei per Francos; Guibert of Nogent, The Deeds of the Gods through the Franks. 17 Albert of Aachen, Historia Ierosolimitana. 18 William of Malmesbury, De Gestis Regum Anglorum Libri Quinque. 19 William of Tyre, Chronicon; William of Tyre, A History of Deeds; Guillaume de Tyr et ses continuateurs, Texte français. 20 Halperin, How to Do the History of Male Homosexuality, 262–286; DeLamater/Hyde, Essentialism vs. Social Constructionism, 10–18.

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sacrifice offered to God if, and only if, the historical actor concerned had a sexual desire to overcome. Offspring, on the other hand, was defined as grace and determined the value of a man. The absence of children diminished it, if there was no higher cause that justified the infertility.21 It goes without saying that the medieval notions of chastity and offspring differ so much from the modern notion of sexual orientation that a textual analysis based on intuition cannot succeed. In the following reflection, the dimension of sexual orientation will therefore be set aside, and the analysis focused instead on some details of the narrative techniques that were available to medieval authors when it came to recounting a failure that they considered or wanted to describe as a good and prudent choice. Three steps will allow us to understand how the chroniclers perceived, explained and judged the fact that Baldwin I died without a male heir. The first will be to show that, in their accounts, for Baldwin I, the defence of the kingdom of Jerusalem for the cause of all Christendom was more important than the embrace of a woman. Secondly, we will show how they used the reproach of a sexual permissiveness attributed to Orientals to justify five years of celibacy for Baldwin I – and, consequently, the impossibility of procreating – between 1108 and 1113. Finally, we will see how the chroniclers surreptitiously introduced the idea of conversion to chastity after a life of marriage in order to give the impression that Baldwin I was a knight in love with perfection.

2 Love and defence of the kingdom, a more important vocation than the love of sex Baldwin I seems to be the epitome of a carefree medieval nobleman who was only interested in his wives to the extent that they brought him possessions, wealth and power. Politically, however, Baldwin I had the merit of defending the new kingdom of Jerusalem for almost two decades. He accomplished this feat after the return of the first Crusaders to the West, leaving him and the remaining knights in a nearly hopeless situation in the Holy Land. Given the importance of Baldwin’s military actions after taking the cross, Fulcher of Chartres, his chaplain and chronicler, chose to ignore his multiple wives and his controversial private life, focusing instead only on his military campaigns. He decided in particular to narrate Baldwin’s campaign in Sicily in 1197 and his conquest of Edessa in 1098, which gave the West its first crusader state. In his chronicle, Fulcher highlights the king’s exceptional fighting prowess. When he decides, however, to talk about the king’s third marriage, he does so surreptitiously. Once, he announces the marriage: ‘[R]ex Balduinus cum suis Ptolemaidemus reversus

21 Toepfer, Kinderlosigkeit.

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est, ubi comitissam Siciliae repperit, quae coniunx fuerat Rogeri, comitis Roberti Guiscardi fratris, nunc autem uxor futura regis Balduini.’22 He only mentions it a second and final time in order to document the separation: ‘[e]xitu siquidem anni appropinquante, molestia corporis ingruente, quia rex mori tunc timuit, dimisit uxorem suam superius memoratam, Siculorum scilicet comitissam nomine Adelaidem.’23 William of Tyre, however, did choose to describe the king’s sexual behaviour. According to him, Baldwin I had a strong inclination towards sexual pleasures: ‘Verumtamen, ut viciatae propaginis et primae maledictionis haeredem se non dubitaret, carnis dicitur lubrico impatienter laborasse.’24 The famous French translation of his chronicle from the thirteenth century explains the Latin passage in these terms: ‘Si com len dit. Bien se sentoit de la nature et de la char des homes qui fu bleciée et corrompue par le pechié Adam; quar il estoit acoustumé de cheoir sovent eu pechié de la char.’25 The author, who was a rubricator, seems to have been so struck by this trait of Baldwin’s character that he entitled his description of the king ‘De la faute Baudoin qui estoit trop luxurieus’. However, William of Tyre continued by praising the king, describing him as a highly prudent ruler: Ita tamen caute que ad illum defectum respiciunt negotia procurare satagebat, ut nemini scandalum, nulli vis maior, nulli enormis infligeretur iniuria, quodque rarum est in huiusmodi, vix ad paucos ex cubiculariis ejus, huius rei poterat pervenire notitia. Tamen, si more peccatorum ad excusandas excusationes in peccatis eius fautor querit descendere, videtur aliquam apud homines, etsi non apud districtum iudicem, excusationem habere de peccato, sicut in sequentibus dicetur.26

22 Fulcheri Carnotensis, Historia Hierosolymitana, book II, chap. LI, 575, 577. Translation in Fulcher of Chartres, A History, book II, chap. LI, 209: ‘King Baldwin then retired with his men to Acre where he found the Countess of Sicily. She had been the wife of Count Roger, brother of Robert Guiscard, but now was to be the wife of King Baldwin.’ 23 Fulcheri Carnotensis, Historia Hierosolymitana, book II, chap. LIX, 600 f. Translation in Fulcher of Chartres, A History, book II, chap. LIX, 217 f.: ‘When the end of that year was approaching the king was attacked by a growing bodily illness and feared death. For this reason he dismissed his wife Adelaide, the Countess of Sicily mentioned above.’ 24 William of Tyre, Chronicon, vol. 1, Book X, chap. II, 454; William of Tyre, A History of Deeds, vol. 1, Book X, chap. II, 416: ‘[T]here is no doubt that he was a descendant of Adam and an heir of the original curse, for he is said to have struggled in vain against the lustful sins of the flesh.’ 25 Guillaume de Tyr et ses continuateurs, Texte français, vol. 1, book X, chap. II, 332. 26 William of Tyre, Chronicon, vol. 1, Book X, chap. II, 454; William of Tyre, A History of Deeds, vol. 1, Book X, chap. II, 416: ‘Yet so circumspectly did he conduct himself in the indulgence of these vices that he was a stumbling block to no one. Neither did he inflict violence or great injury on anyone; in fact, a thing rare in such cases, only a few of his personal attendants were aware of his licentious habits. If, like all sinners, his partisans try to find excuses for him, it seems possible that some may be found acceptable, if not with the strict Judge, at least among men, as will be related in the following pages.’ Cf. also Guillaume de Tyr et ses continuateurs, Texte français, vol. 1, book X, chap. II, 332: ‘[M]ès si en estoit honteus que trop le fesoit celeément. Mout avoit pou gent en sa mesniée qui riens en séussent; à nului ne fesoit force ne outrage por ceste chose’. Towards God, he could not have escaped the sin, but towards the century and towards the people he had no defence, as you will see later. The anonymous

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In this extract, Baldwin I is characterised as being addicted to the sins of the flesh. This assumption was not unusual for a man who had been married three times. So, at first sight, the image of the monarch is quite positive. The king seems to have had a few extramarital affairs with women. This behavioural trait meant that the king was not sexually impotent. Of course, the chronicler could have expressed himself in a way that reflected the view of adultery as scandalous. Nonetheless, on William’s account, the king is presented as acting without causing scandal or harm to anyone – unlike King Amaury I a few decades later, of whom William explicitly states that he seduced married women, thereby infringing on the rights of their husbands and causing scandal.27 Hans-Eberhard Mayer has, however, argued that William of Tyre’s silence on the exact nature of the king’s sexual behaviour may conceal an even greater sin than that of King Amaury I.28 He compares the comments of other chroniclers and finds a revealing clue in William of Malmesbury who writes: ‘Illud constat regem prolis inopem fuisse; nec mirum si homo, cuius otium erat aegrescere, uxorios amplexus horruerit, omnem aetatem in bellis deterens.’29 For Mayer, it is obvious that this author is implying here that Baldwin I was not at all attracted to women and preferred the company of virile warriors – in other words, that he was a sodomite. He supports his opinion with a remark by Guibert of Nogent about the king’s life after his divorce from Adelaide, to the effect that Baldwin I ‘was glad to live the celibate life’ (Ipse vero gaudet vivere celebs).30

French version, L’Estoire de Eracles (thirteenth century), explicitly presents the praise given by William of Tyre to the king, which does not adhere closely to the original Latin text. A comparison of the Latin chronicle (twelfth century) with this anonymous French version reveals crucial differences. The numerous syntactic, lexical, and thematic initiatives, conditioned by the tastes of the translator and his audience, as well as by the demands of translation and the possibilities offered by the language mainly attest to the difficulties encountered in contact with the most complex historiographical monument of the crusade. They reflect the fact that the medieval notion of translatio often corresponded less to the modern concept of translation than to that of adaptation. Cf. Issa, La version latine et l’adaptation française. 27 William of Tyre, Chronicon, vol. 2, book XIX, chap. II, 866: ‘Lubrico etiam carnis, ut dicitur, impatienter laborans, quod ei clementer indulgeat Dominus, aliena attentare matrimonia dicebatur’; William of Tyre, A History of Deeds, vol. 2, Book XIX, chap. II, 297: ‘Amaury is said to have abandoned himself without restraint to the sins of the flesh and to have seduced married women’; Guillaume de Tyr et ses continuateurs, Texte français, vol. 2, book XIX, chap. IV, 257 f. and book XIV, chap. II, 254: ‘Du pechié de son cors fu trop lasches et trop abandonez; si que maintes foiz, selonc ce que l’en disoit, pechoit en femmes mariées.’ 28 Mayer, Mélanges sur l’histoire du royaume latin de Jérusalem, 49–72. 29 William of Malmesbury, De Gestis Regum Anglorum Libri Quinque, vol. 2, book IV, 451. My translation: ‘It is well known, however, that the king had no offspring; nor is it surprising that a man for whom leisure was a burden should abhor female embraces, he who spent all his time at war.’ 30 Guibert of Nogent, Gesta Dei per Francos, book VII, chap. XLVIII, 259; Guibert of Nogent, The Deeds of the Gods through the Franks, 165.

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Mayer overlooked several decisive points related not only to Baldwin’s political imperative to have a son but also to the legal-religious consequences of sodomy and sexual impotence in medieval Western culture. At the time of his establishment as Count of Edessa in 1098, Baldwin’s future seemed to rest on the county. His brother Godfrey and the crusaders had not yet conquered Antioch, let alone Jerusalem. Godfrey’s election as head of the future kingdom of Jerusalem could not be foreseen. It was only a year and a half later that Count Baldwin was summoned to Jerusalem as heir to the throne of Jerusalem. It is therefore reasonable to assume that he wished to have sons to inherit his new county, but also to succeed him as king of Jerusalem. It is probably for this reason that he called on his wife Arda to join him and settle together in Jerusalem.31 Moreover, not only is there no way of knowing the king’s sexual orientation, but also medieval discourse on sodomy is distinctly expressed in the narrative sources. Sodomy and sexual impotence were not taboo because they had significant religious and legal consequences: namely, the inability to be king and the inability to marry. However, in the stories, the king is not accused of these transgressions. If the chroniclers had wished to charge Baldwin I with being a sodomite, they would have formulated it clearly in order to undermine the king’s image rather than proceeding by innuendo.32 The fact that God did not bless Baldwin I with children, despite all his merit for the conquest of the Holy Land, needed an explanation. William of Malmesbury’s expression that the king ‘abhorred wifely embraces’ (uxorios amplexus horruerit)33 is strong. However, it would be wrong to read it here in terms of physical intimacy and sexual feelings. The phrase does not mean that Baldwin I literally hated the embrace of a wife as such, as Mayer suggests.34 Uxorios amplexus is a technical term in canon law that describes married life. A man who wanted to divorce his wife could be granted a separation if there was a severe reason; otherwise, the synod ruling on the case condemned him to ‘return to the arms of his wife’, i. e., to continue living with her.35 William of Malmesbury means here that Baldwin I was a warrior of God who refused to seek rest in the arms of a wife until he had fulfilled his duty to defend his kingdom.36 He thus explained Baldwin I’s lack of children by the fact that he was too

31 Edgington, Baldwin I of Jerusalem, 183. 32 Kouamenan, The King, His Favorite and the Barons, 210–219. 33 William of Malmesbury, De Gestis Regum Anglorum Libri Quinque, vol. II, book IV, 451. 34 Mayer, Mélanges sur l’histoire du royaume latin de Jérusalem, 70. 35 A search of the Patrologia Latina on CD-ROM reveals a great deal of documentary evidence in the acts of late antique and early medieval councils that refused to dissolve the marriages of couples and invited them to return ad uxorios amplexus. The range of applications of this formula shows that while its meaning included fulfilment of marital duties, it referred more generally to marital cohabitation. To consult scanned images of this database, see Migne, Patrologiae Cursus Completus. 36 This idea is supported, for example, by the biblical example of Uriah the Hittite, who refused to return to his home and sleep with his wife while the army of Israel was on a military campaign. Cf. Latin Vulgate, Biblia Sacra, 430, Liber 2 Samuhelis 11,11: ‘et ait Urias ad David arca et Israhel et Iuda

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busy defending the kingdom to have the leisure to enjoy the tenderness of a wife. In other words, the king did not have children for scheduling reasons. This explanation must have seemed implausible to readers in the Middle Ages, just as it does today. However, it serves an important function in William of Malmesbury’s praise of Baldwin I, as it skirts around the suggestion that the king, despite his efforts, would have been unable to father children. This could have been interpreted as divine punishment. It seemed essential to William of Malmesbury to make it clear that Baldwin I preferred the kingdom’s defence against the infidels to the delights of the marriage bed. This was a form of chastity in marriage for a cause even more noble than procreation. William of Tyre emphasises that sexual desire was nevertheless very strong in him, suggesting that his distancing himself from women was a difficult, but also conscious and voluntary decision. His renunciation of female embraces was not due to sexual impotence, but only to the fact that he considered his presence with his warriors to be more important for the cause of God. The king followed his vocation by renouncing the normal pleasures he might have desired and obtained. This was very much in line with the chivalric norms of the twelfth century. According to William, Baldwin I never retreated, except at Ramla in 1102 and Acre in 1103. And even these two defeats were followed by brilliant victories, the rewards of reckless courage. It is therefore quite natural that the chronicler follows his sentence containing the words ‘uxorios amplexus’ immediately with a remark that celebrates the king’s virility: ‘Quibus laboribus effecit, ut admirabilis et pene divina virtus ejus fuerit prassentibus stimulo, futura posteris miraculo.’37 William of Malmesbury finds in Baldwin I’s ability to reverse these setbacks, a source of astonishment and admiration for posterity. Through this overall narrative strategy, he succeeds in setting up Baldwin as a model of bravery for the whole world. William’s explanation thus cannot be interpreted as an accusation but must be read as an excuse. These efforts by Baldwin’s chroniclers to frame as success what some would present as a failure were closely related to the cultural context of the Latin East. A sexual argument is fundamental in this case, as the reproach of the sexual permissiveness attributed to the Orientals was used to transform Baldwin I into a victim of the Saracens’ sexual behaviour and thus as a king who had to defend his injured honour.

habitant in papilionibus et dominus meus Ioab et servi domini mei super faciem terrae manent et ego ingrediar domum meam ut comedam et bibam et dormiam cum uxore mea per salutem tuam et per salutem animae tuae quod non faciam rem hanc’ (2 Samuel, 11,11: ‘And Uriah said to David, “The ark and Israel and Judah dwell in tents, and my lord Joab and my lord’s servants are encamped in the open country, and I will go into my house to eat and drink and to lie with my wife! As long as you are alive and your soul is alive, I will not do this.”’). 37 William of Malmesbury, De Gestis Regum Anglorum Libri Quinque, vol. II, book IV, 451. My translation: ‘By these efforts, [Baldwin I] made his admirable and almost divine bravery an encouragement to the present race and a source of wonder to posterity.’

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3 The sexual argument in the narrative mechanism of the chroniclers: from rape to the adulterous relations of the second queen Here we will look at sexual licentiousness as an essential element in the construction of the image of Orientals in general in the Western historiography of the Crusades. Guibert of Nogent uses it to explain Baldwin’s repudiation of Arda, his second wife, and thus to justify his celibacy between 1108 and 1113 since it took him five years to contract his third marriage with Adelaide. Baldwin I had married Arda, the Armenian, to consolidate his position as Count of Edessa.38 They both lived there, but he left her in Edessa when he succeeded his brother Godfrey of Bouillon as king of Jerusalem in 1100. When she made the journey to join her husband, she fell into Saracen captivity on the way from Edessa to Jerusalem. She was held captive by the Saracens for a long time. After her release, her husband, the king, suspected her of incontinentia ethnica – that is, of having committed illicit sexual acts with Saracens. He therefore forced her to enter a monastery in Jerusalem: Mulier ipsa ex optimis terræ gentilibus oriunda, post maritum, ipso jubente, Iherosolimam tendens, ad portum usque Sancti Simeonis marina evectione devenerat. Quæ in celeriorem ibi translata carinam, dum cursum expedire nititur, in insulam quamdam barbaricam, flaminum importunitate, defertur. Quam idem insulani corripiunt; quemdam ejus comitiæ episcopum cum officialibus cædunt; diu ipsam detentam postmodum abire permittunt. Quæ quum ad virum venisset, incontinentiam ethnicam rex ipse habens non sine ratione suspectam, a thoro proprio pror-

38 This marriage, which Albert of Aachen described as ‘splendid and legal’ (magnificis et legalibus), had received the approval of the council of Edessa, which advised Baldwin to consolidate his position by marrying an Armenian noblewoman. Cf. Albert of Aachen, Historia Ierosolimitana, book III, chap. XXXI, 188, 189. Arda was the daughter of an Armenian prince called Taphnuz, the brother of Constantine, a powerful landowner in the Taurus region. William of Tyre’s report is unequivocal about their political position. Cf. William of Tyre, Chronicon, vol. 1, book X, chap. I, 453: ‘sicut diligenter premissum est, uxorem duxit filiam cuiusdam nobilis et egregii Armeniorum principis Taftoc nomine, qui cum fratre Constantino circa Taurum montem presidia habebant inexpugnabilia multasque virorum fortium copias, unde et propter divitiarum et virium inmensitatem gentis illius reges habebantur’; Guillaume de Tyr et ses continuateurs, Texte français, vol. 1, book X, chap. I, 331 f.: ‘Por avoir greigneur pooir en la terre, il espousa femme la fille à un haut prince d’Ermenie qui avoit non Tafroc. Icist ermins et un suen frère, Costantins avoit non, avoient assez fors chastiaus et grans pooir de gens cutor le mont du Tor [qui est assez près de Rohez]. Cil dui estoient si riche d’avoir et si haut d’autres puissances, que les gens de celé terre les tenoient por rois.’ An English translation of the Latin text can be found in William of Tyre, A History of Deeds, vol. 1, Book X, chap. I, 415 f.: ‘He then married the daughter of a noble and distinguished Armenian prince, Tafroc [Thoros] by name, who, with his brother Constantine, had impregnable fortresses in the vicinity of Mt. Taurus and large forces of brave men. Because of their wealth and immense power, these lords were regarded as the kings of this people.’

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sus abstentam, mutato habitu, posuit eam, cum monachabus aliis, apud beatam matrem Dei Virginis matris Annam.39

Certainly, claims that Saracens or Turks raped young boys, adult men or women in the ranks of the Christians were common at the time of the First Crusade. The denunciation of these practices in the Council of Nablus in 1120, especially if we read it as symbolic, may be part of an attempt to draw the cultural line between Christians and Muslims.40 But with his accusation and under the pretext of his violated honour, Bald39 Guibert of Nogent, Gesta Dei per Francos, book VII, chap. XLVIII, 259; Guibert of Nogent, The Deeds of the Gods through the Franks, 164: ‘His wife was descended from the finest pagans in the land, and in obedience to him, she followed her husband to Jerusalem, arriving by ship at the port of Saint-Simeon. There she was transferred to a faster ship in an attempt to make the trip more quickly, but she was brought by unfavorable winds to a certain island inhabited by Barbars. The islanders seized her, killed a bishop of her retinue, together with some other officials, and, after holding her captive for some time, finally released her. When she reached her husband, the king, suspicious, and not unreasonably, of the Barbars’ sexual incontinence, banished her from his bed, changed her mode of dress, and sent her to live with other nuns in the monastery of Anne, the blessed mother of the virgin mother of God.’ In their accounts, Fulcher of Chartres and Albert of Aachen do not mention the story of the sea voyage and the abduction. Similarly, William of Tyre does not say a word about it. Still, he reproaches the king for having separated from his lawful wife without any legal procedure: William of Tyre, Chronicon, vol. 1, book XI, chap. I, 495 f.: ‘[V]erum etiam uxorem legitimam, quam apud Edessam, dum ibi comes esset, duxerat, absque cause cognitione, non convictam, non confessam lege matrimoniorum neglecta dimisit eamque in monasterio Sancte Anne, matris dei genitricis et semper virginis Marie, monacham fieri compulit violenter’; William of Tyre, A History of Deeds, vol. 1, Book XI, chap. I, 461: ‘Regardless of the rights of matrimony and without procedure of law, he compelled [the woman he had legitimately married in Edessa, while he was living there as a count], though she had been convicted of no crime and had confessed none, to become a nun in the convent of St. Anna, the mother of the Mother of God, the immaculate Virgin Mary.’ Also, Guillaume de Tyr et ses continuateurs, Texte français, vol. 1, book XI, chap. I, 378: ‘Si pou prisa la loi de mariage que il, par sa sae autorité, la mist en religion et la fist devenir nonain en l’église madame sainte Anne, la mere Nostre Dame.’ 40 For example, Raymond of Aguilers, who participated in the crusade in the entourage of Raymond de Saint Gilles, Count of Toulouse, writes that the Seljuk Turks, whom the crusaders fought in Asia Minor, put captured girls and boys in brothels (ponebant juvenes in prostibuli). See Raymond of Aguilers, Historia Francorum qui ceperunt Iherusalem, chap. XVIII, 288. Albert of Aachen also suggested such practices when he reports that at the battle of Nicaea, ‘The Turks who were outside were cutting down with swords those who were coming out and running away; about two hundred others who were beautiful in face and youthful body they took away as prisoners’ (Turci qui a foris erant, exeuntes et fugientes ense trucidabant, alios uultu et corpore iuuenili uenustos circiter ducentos abduxerunt captious). He does not say that they were captured for sexual purposes. Still, the emphasis on beauty suggests this, as also appears in a later passage in which girls and young boys are captured: ‘They took away only young girls and nuns, whose faces and figures seemed to be pleasing to their eyes, and beardless and attractive young men’ (Solummodo puellas teneras et moniales, quarum facies et forma oculis corum placere uidebatur, iuuenesque inberbes et uultu uenustos abduxerunt), cf. Albert of Aachen, Historia Ierosolimitana, book I, chap. XVII, 36, 37 and book I, chap. XXI, 42, 43. Guibert of Nogent also mentions Christian girls being made prostitutes by the Saracens: Guibert of Nogent, Gesta Dei per Francos, book VII, chap. XLVIII, 259; Guibert of Nogent, The Deeds of the Gods through the Franks, 37. For a discussion of the cultural demarcation between Christians and Muslims and an analysis of the ca-

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win I was probably looking for a way to dissolve the childless marriage with Arda. He wanted to be free to marry a more politically suitable – richer and nobler – woman, to alleviate his overwhelming poverty.41 If we are to believe an opinion reported by William of Tyre, who reproaches Baldwin for his readiness to separate from Arda without any examination of the case – without obtaining a confession and a conviction: ‘dicentibus aliis, dominum regem ideo dimisisse uxorem, ut ditiorem et nobiliorem ducendo conditionem suam faceret meliorem et paupertati, qua plurimum premebatur, sumpta dotis nomine aliunde opulentia consuleret.’42 This union had become politically dysfunctional, and the usual procedure of seeking a divorce on the grounds of consanguinity was blocked because Arda was Armenian. It was therefore unlikely, in contrast to marriages between European nobles, that common ancestors could be found.43 Only the sexual argument remained. Guibert of Nogent, who completed his Geste de Dieu in 1109, did not take the cross. However, he echoed the crusaders’ testimonies of the sexual permissiveness of the Saracens and how worrying this situation was for the Franks who remained in the East. The Council of Nablus in 1120 had given pride of place to the sins of sensual lust. They emphasised how important it was for the Crusader Franks in Jerusalem to ensure that the order established by God was maintained in the Latin kingdom of Jerusalem.44 William of Tyre, the only chronicler to mention this assembly in Nablus,

nons of the Council of Nablus of 1120 focusing solely on concerns about the danger of miscegenation to Christian sexual purity, see Kangas, Growing Up to Become a Crusader, 262 f.; Van Eickels, Die Konstruktion des Anderen, 43–68. 41 Baldwin I had not received the total amount of the dowry. Arda’s father had fled to Constantinople with most of it unpaid. The fact that Arda was transferred to a faster ship (celeriorem carinam), according to the account of Guibert of Nogent, Gesta Dei per Francos, book VII, chap. XLVIII, 259; Guibert of Nogent, The Deeds of the Gods through the Franks, 164, suggests that she had made an important sea voyage at her husband’s request, for example, from Constantinople, in order to pressure her father to recover the unpaid part of her dowry. All of this implies a level of trust between the two spouses if Arda obeyed her husband’s order. By seeking to separate from his wife, it is clear that Arda failed in this mission. See Edgington, Baldwin I of Jerusalem, 183. 42 William of Tyre, Chronicon, vol. 1, Book XI, chap. I, 496; William of Tyre, A History of Deeds, vol. 1, Book XI, chap. I, 461 f.: ‘Some say that the king dismissed her in order to marry a richer woman of higher rank. In this way he could improve his condition and relieve the poverty which weighed so heavily on him, for he would acquire wealth from outside under the name of dowry.’ Similarly, Guillaume de Tyr et ses continuateurs, Texte français, vol. 1, book XI, chap. I, 378: ‘Li un disoient que il la lessa pour prendre une autre plus riche car il estoit si povres de terres et de muebles quil li covenoit a fere meschief dont il poist issir de povrete.’ In contrast, Guibert of Nogent, Gesta Dei per Francos, book VII, chap. XLVIII, 259; Guibert of Nogent, The Deeds of the Gods through the Franks, 164, described these rumours as slanderous: ‘Sed quoniam calumniæ patere dinoscitur, quia uxori dicitur dedisse repudium, causa sic traditur’ (But since the charge has been spread about that the king repudiated his wife, here is what is said about it). 43 Devard, Des rumeurs au scandale, 399–415; Ubl, Inzestverbot und Gesetzgebung, 417–425; Van Eickels, Vom inszenierten Konsens, 17 f., 134, 347. 44 Karras, The Regulation of ‘Sodomy’, 969–986; van Eickels, Die Konstruktion des Anderen, 43–68.

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which he calls ‘conventus publicus et curia generalis’, concluded his chronicle in 1184.45 He was well aware of the proceedings of this assembly. While Guibert of Nogent also chose to report that Saracens raped Arda,46 the ending that William of Tyre gives to this version of the story is specifically revealing. His account shows that, according to the contemporary belief of both the Crusaders and those who remained in the West, sexual intercourse with Saracens, even if involuntary or semi-voluntary in captivity, rendered one subsequently incapable of maintaining marital or monastic chastity. In fact, he reports an opinion that the king’s wife began by seemingly living happily in the convent. Then, suddenly, her behaviour changed and she did not stay long in her cloister. On the pretext of asking relatives in Constantinople for gifts for her monastery, she obtained permission to go there. Once in that city, she turned to prostitution: [A]liis vero asserentibus reginam improvidam minusque prudentem thori maritalis minus caute observasse foedera. Cumque prius, quasi gaudens, religionis habitum videretur assumpsisse, et primo conversionis suae tempore, satis honeste videretur in eodem monasterio conversata, tandem occasione sumpta ex commentis fraudibus, ad dominum regem accedens, licentiam obtinet ut pro necessitate monasterii sui, ad sublevandam ejus inopiam liceret ei consanguineos suos, qui Constantinopoli erant, visitare. Sub quo praetextu de regno exiens, sordibus et immunditiis omnem coepit dare operam; depositoque religionis habitu, divaricans se ad omnem transeuntem nec propriae parcens aestimationi, nec regiam quam habuit reverita dignitatem.47

45 William of Tyre, Chronicon, vol. 1, book XI, chap. XIII, 563. 46 Guibert of Nogent, Gesta Dei per Francos, book VII, chap. XLVIII, 259; Guibert of Nogent, The Deeds of the Gods through the Franks, 164. 47 William of Tyre, Chronicon, vol. 1, Book XI, chap. I, 496. See also Guillaume de Tyr et ses continuateurs, Texte français, vol. 1, book XI, chap. I, 378 f.: ‘li autre que li Rois s’estoit aperceuz que la Reine se contenoit folement de son cors, ne ne li gardoit mie bien la loiauté qu’ele li avoit promise au mariage: ce sembla-il bien par la contenance que ele ot après. La Reine fist grant semblant q’ele ot grant joie au comencement de la religion, et bien se contint honestement, une piece; apres chanja son corage et vint au Roi, demanda-li que la lessast aler à Costantinoble, por parler à ses parenz et prier que il feissent bien à l’abaïe où elle s’estoit rendue. Par ceste achoison s’en issi du roiaume et mist jus tout l’abit de religion et mena mout mauvese vie dilec en avant; son cors abandona a garçons et à autre gent; ne li souvint mie de l’enneur où ele avoit esté. Grant honte en fist à la hautece de reine, bien en descovri par semblant le corage q’ele en avoit eu, eu tens son seigneur.’ An English translation William of Tyre, A History of Deeds, vol. 1, Book XI, chap. I, 462: ‘Others claim that the queen was indiscreet and careless in observing the bonds of marriage and thus had incurred the anger of her husband. At first she appeared content to put on the habit of religion, and, in the early period of her profession, she lived an honorable life, to all appearance, in that monastery. Finally, however, she seized a favorable opportunity to approach the king and, by false stories, obtained permission to visit her kindred at Constantinople. She claimed that she wished to obtain means to relieve the poverty of her community and, under this pretext, left the realm. But she at once laid aside the habit of religion and began to abandon herself to a sordid and immoral life. Without regard for her reputation and the queenly dignity of her former estate, she prostituted herself to all who came.’

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This reported conduct of the king’s wife becomes understandable only if we consider how sexual desire was generally perceived and explained in the Middle Ages. Sexual acts were not categorised and evaluated according to the desire of the actor expressing it but according to a descending scale of permissibility. Clearly, one who lives chastely – who totally resists the temptation of sexual action – overcomes their human weakness and acquires spiritual merit. Whoever gives in to the temptation of heterosexual activity, within marriage and according to the rules of fasting and the celebration of ordinary Masses or the great times of the Church, is doing what is permitted. But whoever gives in to the temptation of heterosexual activity outside of marriage commits a sin. And whoever gives in to the temptation of homosexual activity commits a graver sin, for he is violating not only the divine commandment but also the order of nature.48 In the Middle Ages, the most reprehensible forms of sexual activity were considered to be those that gave the greatest pleasure and represented the greatest temptation. It was believed that unstable or misguided people, lacking the moral standards, the strength of character and the moderation to resist them, would give in to the temptation of sexual debauchery. Anything that immerses someone in unbridled heterosexual activity often brings with it homosexual acts as well. According to this perception of sexual desire, it is easier to resist sexual temptation when one has never experienced the pleasure associated with sexual activity. But fornication takes on a whole new dimension in the context of the Crusades, where rape was closely involved in efforts to construct a negative image of the other and could therefore also be used to characterise believers of another religion in a pejorative way. Thus, the medieval Latin historiography of the Crusades constructed the Saracen as a sexually unbridled ‘bad other’. According to the chroniclers, the prophet had allowed all forms of fornication, even between people of the same sex, to the extent that Westerners attributed a particularly disinhibiting effect to sex with Saracens. William of Tyre’s account of the sexual behaviour of the raped queen testifies to this: rape by infidels was not seen as a traumatic experience that leads to an aversion to sexual activity but rather as a stimulating experience.49 The report of Albert of Aachen on the case of a nun from the monastery of St. Mary of Horrea in Trier illustrates this consideration perfectly. The nun had joined the First Crusade army and fallen into Turkish captivity at the Battle of Nicaea in 1097. When, after some time, she was released into the hands of the Christian army in a prisoner exchange, ‘she complained that she had been taken in a vile and detestable union by a certain Turk and others with scarcely a pause’ (et parum intermissionis a feda et abhominabili cuiusdam Turci et ceterorum commixtione habuisse conquesta est). Only a slight penance was imposed on her ‘because she had endured this hideous defilement by wicked and villainous men under duress and unwillingly’ (eo quod ui et nolens ab impiis et sceleratis hominibus hanc fedam pertulerit oppressionem). The 48 Van Eickels, Die Konstruktion des Anderen, 43–68; Biblia sacra, Liber Levitici 18, 22. 49 See also Van Eickels, Die Konstruktion des Anderen, 43–68.

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very next night, the Turk, ‘inflamed by passion for the nun’s inestimable beauty, and so excessively annoyed at her absence’ (Exarserat enim idem Turcus in illius inestimabilem, unde nimium egre ferebat illius absentiam), had sent her a messenger. With much persuasion and sweet promises, even going so far as to convert to Christianity, ‘that same Turk who had violated her and taken her from the rest’ (Turci qui eam uiolauerat et ceteris abstulerat) invited the nun ‘to an unlawful and unchaste union’ (ad illicitos et incestos thalamos reinuitatur). Therefore, ‘this most wretched woman, who may have been forced to do wrong before, was now deceived by flattery and vain hope, and she rushed back to her unlawful bridegroom and her false marriage’ (Tandem misella si ui ante deliquit, nunc blandiciis et uana spe decepta, ad iniquum sponsum et adulterinas nuptia recurrit). Only later had the Christian army learned ‘that she went back to that same Turk in exile where he was, for no other reason than because her lust was too much to bear’ (quod ad eundem Turcum reuersa sit in exilio quo erat, non alia de causa, nisi propter libidinis sue intolerantiam).50 While introducing the sexual argument into the narrative mechanism through the transformation of rape into consenting adulterous intercourse may have seemed plausible to the historical actors concerned, the chroniclers’ ingenuity is completed with the spiritual elevation of the king.

4 Chastity in marriage as an ideal of life Guibert of Nogent is not content to simply recount the story of the queen’s rape. He also concludes his account with a seductive explanation of the royal couple’s separation in 1108, verging on the idea of conversion to chastity after married life, when he remarks that king Baldwin ‘was glad to live the celibate life’ (Ipse vero gaudet vivere celebs).51 This idea also appeared in 1117 when the king separated from his third wife. In this respect, the testimony of William of Malmesbury differs radically from that of Albert of Aachen and William of Tyre. According to William of Malmesbury, the divorce in 1117 was because the queen was suffering from an incurable disease, namely cancer, which had consumed her genitals. For this reason, she could not have a child. But this is a rumour relayed by the chronicler: ‘[A]iunt incommodo tactam, quo ejus geni-

50 Albert of Aachen, Historia Ierosolimitana, book II, chap. XXXVII, 124–129. For a more detailed discussion of the problem of rape and the sexual fragility that results from it, see Friedman, Captivity and Ransom, 121–139; Brundage, Prostitution, Miscegenation and Sexual Purity, 57–64. 51 Guibert of Nogent, Gesta Dei per Francos, book VII, chap. XLVIII, 259; Guibert of Nogent, The Deeds of the Gods through the Franks, 165.

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talia cancer, morbus incurabilis, exederit. Illud constat, regem prolis inopem fuisse.’52 The accounts of Albert of Aachen and William of Tyre suggest instead that the king’s frail health was the reason for Adelaide’s removal. That same year, the king was seized with a violent illness that made him fear death. Moreover, his conscience was burdened by the matter of Arda, his lawful wife, whom he had unjustly dismissed. Albert of Aachen presents a picture of the penitent king who distributes large sums of money to the poor, widows and orphans so that through their prayers and tears, he may recover his health: Qui uite diffisus thesauros quos habuit in uasis aureis et argenteis, in multis quoque milibus bisantiorum, pauperibus partim iussit erogari, pro peccatis suis et anime sue salute; uinum, frumentum, oleum et ordeum, quod habehat Ierusalem et alibi in locis plurimis, item pauperibus et orphanis et uiduis sine dilatione distribuere mandauit, uite sue nimium incertus. Domui quidem sue partem contulit, militibus quoque domesticis et aduenis, et cunctis qui sibi in auxilio militari seruierant in conuentione solidorum, bisantios, aurum et argentum et ostra plurima partitus est. Omnia debita sua persolui precepit et constanter ammonuit ne anime sue essent impedimento.53

William of Tyre, who based a vital part of his work on the account of Albert of Aachen, goes further. In his account, he particularly emphasises the three acts of the penitent in accordance with the teaching of the Church: contrition or intimate conversion of the heart, a confession made to the Church and acceptance of an act of satisfaction proposed by the priest.54 The chronicler presents Baldwin I with a heart full of contrition, repenting of his conduct and opening himself up to religious and God-fearing men. He confessed his crime and promised to follow their recommendation: Inde Ierosolimam rediens gravi ex insperato correptus est egritudine. Qua cum supra vires fatigaretur et timeret deficere, lesam habens conscientiam super eo quod legitima uxore iniuste abiecta alteram superduxerat, corde compunctus et facti penitens viris religiosis et deum timentibus aperiens conscientiam reatum confessus est, satisfactionem promittens.55

52 William of Malmesbury, De Gestis Regum Anglorum Libri Quinque, vol. II, book IV, 451. My translation: ‘It is said that she was afflicted with cancer which attacked her womb. It is well known, however, that the king had no offspring.’ 53 Albert of Aachen, Historia Ierosolimitana, book XII, chap. XXIII, 860–861: ‘He despaired of living and ordered that the treasures which he had in gold and silver vessels, in many thousands of bezants too, should be paid out partly to the poor, for his sin, and the salvation of his soul; he ordered them likewise to distribute wine, corn, oil, and barley, which he had in Jerusalem and elsewhere in many places, to the poor and orphans and widows without delay, he was so unsure he would live. He also granted a part to his household, to soldiers as well, both belonging to the household and outsiders, and he shared out bezants, gold and silver, and a very great deal of purple to all who had been bound to him in military service for agreed pay. He instructed and told them firmly that all his debts were to be repaid lest they should be a hindrance to his soul.’ 54 Vogel, The Sinner and Penance. 55 William of Tyre, Chronicon, vol. 1, Book XI, chap. XXIX, 542; Guillaume de Tyr et ses continuateurs, Texte français, vol. 1, book XI, chap. XXIX, 428: ‘Mès une maladie li prist soudeinnement qui trop le comença à grever, si que il cuida bien morir. Lors comença a penser à sa femme et vout amender

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‘He was admonished to send away the wife whom he had married and to restore his former wife to the dignity of which he had deprived her’ (Cui cum pro consilio daretur ut reginam, quam superduxerat, a se dimitteret, abiectam vero ad regiam, unde deciderat, revocaret dignitatem).56 The king consented. He sent for the Sicilian woman and told her of his intentions. Sad and deeply distressed, Adelaide returned to her homeland three years after coming to Jerusalem to be united with the king. Albert of Aachen notes that from that day onward the king resolutely led a life of sanctification: ‘Rex uero ab ipsa die et deinceps in obseruantia indicte penitentie persistens, mira abstinentia et castimonia ab omnibus illicitis corpus edomuit, a Deo tactus et ammonitus.’57 The report that the king overcame the forbidden pleasures of the body in order to live in admirable abstinence presents the royal figure as a penitent man. By associating his desire for celibacy with the quest for abstinence, the chroniclers suggest that Baldwin I no longer envisaged living and sleeping with a woman and that his vassals would not be able to persuade him to marry again to procreate. It should be noted that his union with Arda had not been dissolved, and they were thus still united by the sacred bonds of marriage. Of course, an exemplary leader must be both husband and father. However, the concrete content of Albert of Aachen’s report clearly states that Baldwin I vowed to be formally married in the future but to live separately from his wife and in chastity. The accounts of William of Tyre and Albert of Aachen show, however, that an eschatological motive underlay the king’s decision. The warnings not to lose sight of the essential and to devote oneself to religious matters is a common thread in the history of Christian discourse. People decide to remain celibate in order to prepare themselves as well as possible for the afterlife. They know that they will have to die in the

ses mesfez. Entre les autres pechiez li vint plus en remembrance ce que il plus doutoit de ce qu’il avoit lessiée sa femme qu’il avoit espousée bien et loiaument, et tenoit une autre de que sa conscience li disoit bien qu’ele n’estoit mie bien jointe à lui par loi de mariage. Il se repentoit trop de ce; por ce envoia querre confesseurs, preudomes bien letrez et de grant religion; il leur demanda conseil de cele chose, et promist mout fermement que il entendroit ce qu’il en feroient.’ An English translation by William of Tyre, A History of Deeds, vol. 1, Book XI, chap. XXIX, 513 f.: ‘From there he went on to Jerusalem, where he was seized with a sudden and serious illness that exhausted him beyond his powers of endurance. Fearing that he was about to die, he was pricked in conscience because he had wrongfully cast off his legitimate wife and married another woman. Full of remorse and penitence, he made known his scruples to certain religious and God-fearing men, confessed his guilt, and promised to make amends.’ 56 William of Tyre, A History of Deeds, vol. 1, Book XI, chap. XXIX, 514; William of Tyre, Chronicon, vol. 1, Book XI, chap. XXIX, 542; Guillaume de Tyr et ses continuateurs, Texte français, vol. 1, book XI, chap. XXIX, 428: ‘Cil li conseillerent et enjoindrent en penitence que il lessast cele que il tenoit, et sanz demorance envoiast querre la roine qu’il avoit lessiée.’ 57 Albert of Aachen, Historia Ierosolimitana, book XII, chap. XXIV, 862, 662: ‘From that day onwards the king was steadfast in observing the appointed penance and, having been moved and reproved by God, he subdued his body by wonderful abstinence and chastity from everything unlawful.’

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near future and they want to do everything they can for their salvation. The fear of dying thus became the main motivation for refusing fatherhood, when Baldwin I was troubled by his illness. All his efforts to give alms to the poor, widows and orphans can be explained by the fear of imminent death that also dictated his decision to live chastely. For a man of his time, the sense of imminent death made the obligation to reproduce less relevant and even counterproductive.58 Conversion to chastity after a married life was a common practice. But in the case of a royal couple, both husband and wife would have had to decide to retire to a monastery in order to end their married life in favour of religious life. For Baldwin I, such a choice could have been a kind of perpetual crusade, like the form of life adhered to by military orders, which implies separation from one’s wife for the duration of the crusade.59 But this was far from being the case. The chronicler Guibert of Nogent, however, follows up his statement that Baldwin I ‘was glad to live the celibate life’ with a biblical verse taken from St. Paul’s letter to the Ephesians (6:12): ‘quia non est ei colluctatio adversus carnem et sanguinem, sed contra mundi rectores.’60 Paul emphasises in his epistle that being in the flesh and blood and being in the spirit are two fundamentally different modes of existence. For him, the Christian must arm himself for his struggle – certainly against temporal things, as emphasised by adversus carnem et sanguinem – but the struggle is above all of spiritual nature. This insertion of St. Paul’s passage into the narrative becomes more understandable in light of the theological doctrine of marriage, sexuality and sin developed by St. Paul and St. Augustine. By the divine injunction ‘Be fruitful and multiply’ (crescite et multiplicamini),61 the Jews of the first century AD understood that a man capable of procreation should do so within the framework of marriage. Yet St. Paul, who expected Christ to return in his lifetime, advised that it was better to remain celibate like him; but the marriage remained the second, less good but still acceptable option. Marriage was recommended for those unable to moderate themselves, who burn with sexual desire and who need it to avoid succumbing to fornication.62 In the fifth century, St. Augustine developed this approach by arguing that in paradise Adam and Eve did not experience sexual pleasure. Since man was created in the image of God and the Christian God, unlike the pagan gods, has no sexual desire, it seemed logical, ac-

58 Toepfer, Kinderlosigkeit, 339 f. 59 Rousset, Histoire d’une idéologie, 71. 60 Guibert of Nogent, Gesta Dei per Francos, book VII, chap. XLVIII, 259; Guibert of Nogent, The Deeds of the Gods through the Franks, 165: ‘His struggle was not against the flesh and blood, but against the rulers of the world.’ The Latin Vulgate, Biblia Sacra, 1814, Liber Ephesios 6, 12, reads: ‘quia non est nobis colluctatio adversus carnem et sanguinem, sed adversus principes et potestates adversus mundi rectores tenebrarum harum, contra spiritualia nequitiæ, in cælestibus’, (Ephesian 6, 12: ‘For our struggle is not against flesh and blood, but against the rulers, against the authorities, against the powers of this dark world and against the spiritual forces of evil in the heavenly realms’). 61 Biblia sacra, 2007: Liber Genesis 1, 22. 62 Lindemann, Paulus and die Frauen, 21–57.

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cording to Augustine, that Adam initially had no sexual desire. This view implied that a man who overcomes his sexual desire in chastity and preserves his virginity approaches the ideal that God intended at the time of creation. According to Augustine, Adam and Eve were able to use their genitalia as an arm or a foot in paradise. However, he explained that after the fall from grace, God punished them by making their reproductive organs as rebellious to their reason as they had been disobedient to God. Augustine thus concludes that the sexual act becomes a sin through fornication. Even if marriage obtains reparation by legitimating the sexual act, it is nevertheless through the minimum of pleasure needed for procreation that original sin is transmitted to the children, who must then be purified by baptism. But even within marriage, from Augustine’s point of view, there can be no sexual relations without sin. This is because the man and the woman inevitably go beyond the necessary since the man sleeps with his wife ‘as with a prostitute’, i. e., for mere pleasure and without the will to procreate.63 The theological doctrine of marriage, infertility and chastity developed in the twelfth and thirteenth centuries was influenced by the thought of St. Paul and St. Augustine. Medieval theologians agreed that man was commanded by God to procreate. However, they saw this divine injunction as a commandment that did not have to be fulfilled by every individual, for there were vocations and functions that pleased God even more than procreation. Thus, the Christian elite, namely the clergy, monks and nuns, opted for virginity. Only the mass of laypeople was left to choose the path of marriage. In the twelfth century, churchmen developed the idea that marriage and procreation were good but less noble than chastity, which perfects the individual.64 Therefore, a widow who opts for chastity rather than remarriage is making the more dignified choice, although she is not prevented from contracting a new marriage. For the infertile man, these considerations open a path of justification that ennobles the fact that he has no children. Guibert of Nogent, Albert of Aachen and William of Tyre, as clergymen, shared this vision with the clergy in the twelfth century, a formative period when theologians began to take an interest in marriage as a sacrament. Instead of seeing Baldwin I’s situation as divine punishment or biological fate, they chose to report that the king made the noble decision to remain chaste. In doing so, they followed a literary tradition of their time, such as the stories about the marriage of Emperor Henry II and Cunigunde in Germany or Edward the Confessor and Edith in England.65 Baldwin I had the even nobler option of defending the kingdom of Jerusalem and the holy places that God had entrusted to him. He could have married and taken rest in the embrace of his wife. But he made the defence of the Holy Land against the infidels a priority. But instead, the chroniclers explained, he chose of his own free will not to remarry, to live chastely and not to have children. This was an 63 Steinberg, The Sexuality of Christ, 230–234. 64 Toepfer, Kinderlosigkeit, 340. 65 Toepfer, Kinderlosigkeit, 333 f.

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option for a nobler path following an even more important vocation, despite his strong carnal desire. The chastity of Baldwin I, after all, is only a victory given that ceding to the power of lust was at least possible. As Steinberg says, ‘Chastity consists not in impotent abstinence, but in potency under check.’66

5 Conclusion The texts reviewed above clearly imply that the character and personality of Baldwin I should be reconsidered. It is true that his unsuccessful marriages were a political failure for a crowned head, but it would be too hasty to conclude that the chroniclers were clearly trying to conceal the king’s homosexuality. In the medieval chroniclers’ model of explanation, the question of whether the king was homosexual did not arise. Instead, the concern was to locate his vocation between the love of God and the love of sex in an attempt to justify his lack of children. The assessment of infertility in the Middle Ages differed fundamentally from today. For medieval European societies, childlessness had a different meaning. They offered both the infertile and the unwilling to marry various options considered more honourable and noble than procreative marriage. These choices could serve as an escape route for those who knew they could not procreate, or perhaps even penetrate a woman. In this view, deliberate childlessness for eschatological reasons is a culturally specific motive that the Christian doctrine of original sin can explain. Medieval narrative literature considered the problematic link between marriage, sex, and sin in terms derived from such theological doctrines. The perceptions and convictions of those writing about the reign of Baldwin I in the twelfth century must thus be taken into account. These are closely related to the mentality of the historical actors involved and allow us to identify the narrative and social mechanisms that transformed the political failure of a good king by sublimating it.

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66 Steinberg, The Sexuality of Christ, 18, 145.

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Fabrice Hoarau

The revocation of the Edict of Nantes, a failure? Vauban and the Huguenot question The Revocation of the Edict of Nantes is in many ways the epitome of political error. The patriotic regrets expressed by Malet and Isaac, deploring the fact that France had lost a moral elite ready to brave all perils out of religious loyalty, continue to echo in contemporary historiography.1 This major drama of the reign of Louis XIV was autopsied at a very early stage by a man who was both close to the king and a critical witness to his actions: Vauban. Nothing predisposed Vauban to this very special role; he came from the lesser noblesse d’épée, which he was always careful to distinguish from the noblesse d’office2, and he disapproved of the idleness of his own order.3 After participating in the Fronde des princes (he served for a time under Condé4), whose success stood to upset the structures of the monarchy, thanks to Mazarin, he became a zealous servant of the monarchy beginning in 1653.5 On 3 May 1655, he was appointed ingénieur ordinaire du roi. By 1685, he had for eight years been general commissioner of fortifications, a position whose importance was reinforced by the transition from wars of movement to siege warfare.6 By the end of his career, he had worked on more than 160 fortresses and taken part in 153 sieges.7 However, it was not until 1688 that he was given the title of Lieutenant General of the Kingdom, and until 1703 that he finally obtained the title of Marshal. Vauban was a singular character in various respects. He managed to gain the confidence of a king8 who frequently asked him for advice9, and with whom he communicated freely10, without submitting to the servi-

1 An aggravating circumstance is that this precious elite was imprudently offered up to the enemies of the kingdom, Malet, Albert [et al.] (eds.), L’âge classique, 1492–1789, 152 f.; Petitfils, Louis XIV, 458: ‘une des fautes majeures du règne’; Bély, La France au XVIIe, 728: ‘une erreur, une faute […] un crime’. 2 Virol, Louis XIV et Vauban, 440. 3 Ibid., 540. 4 Le Roy Ladurie, Le Poliorcète aux champs, 34. 5 Virol, Du devoir aux Oisivetés, 64. 6 Virol, Un esprit curieux, 12 f. 7 Ibid., 11. 8 Blanchard, Vauban, 119; In a letter of 13 June 1693, he wrote to her: ‘Continuez à m’écrire ce qui vous passe par la tête et ne vous rebutez pas, quoique je ne fasse pas toujours ce que vous proposez’, Virol, Louis XIV et Vauban, 102. 9 Ibid., 316. 10 Virol, Du devoir aux Oisivetés, 63. https://doi.org/10.1515/9783111087122-008

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tudes of the life of the courtier.11 His circle of influence also included Colbert and, most importantly, Louvois, whose protégé he became.12 The Revocation of the Edict of Nantes could not be a matter of indifference for this man who was so sincerely devoted to the greatness of the state. Predictably, the text provoked him into an almost immediate response. This military man perfectly grasped what was at stake with these new measures, and the dangers that they implied for the kingdom. His position is known to us through a series of circumstantial writings intended to prevent irreparable harm to the monarchy and the kingdom. The first is entitled Mémoire pour le rappel des Huguenots, which he worked on from spring 1687, and which was mentioned in a letter written by Louvois to Vauban on 13 October 1687.13 This was followed by a series of additions written during his time in Paris14, in April 1692 and May 169315, 1695 and 1697.16 The fate of these texts reflects the singular status of religious questions at the time, the only ones that, it seems, he was unwilling to raise directly with the king. Vauban sent the memoir to Madame de Maintenon, inviting her to read it, to show it to people who loved the state,17 and to inform the king about it. On 25 December 1689, the engineer also sent the memoir to Louvois,18 who immediately advised him to destroy it.19 In fact, Vauban’s chief intention – to make the memorandum known to the king – would not be fulfilled.20 The document was included in the collection of the Oisivetés beginning in 1696–1697, and, like the rest of his writings, was not printed during his lifetime, with the exception of La dîme royale.21 The public did not have the chance to discover it until 1843 with the publication of the Oisivetés.22 At first glance, the Mémoire appears to be a patriotic manifesto, written by a man who avowed the utmost confidence that France was the best situated kingdom in the world,23 the most beautiful, filled with the best subjects;24 and who noted in an agenda that the government of his time was the best of all.25 Predictable as it was, Vauban’s

11 Ibid., 326 and 11. A king for whom, despite disagreements, he felt a sincere esteem: ‘Louis XIII fut fort bien. Et Louis XIV fut encore mieux’, ibid., 455. 12 Le Roy-Ladurie, Le Poliorcète aux champs, 36–38; Virol, Du devoir aux Oisivetés, 69. 13 Armogathe [et al.] (eds.), Ecrits divers sur la religion, 60. 14 Virol, Louis XIV et Vauban, 94. 15 Armogathe [et al.] (eds.), Ecrits divers sur la religion, 35–40. Virol, Louis XIV et Vauban, 96. 16 Blanchard, Vauban, 345. 17 Virol, Louis XIV et Vauban, 302. 18 Virol, Du devoir aux Oisivetés, 68. 19 Virol, Louis XIV et Vauban, 94. 20 Virol, Un esprit curieux, 46. 21 Blanchard, Vauban, 516. 22 Virol, Les Oisivetés de Monsieur de Vauban, 301. 23 Armogathe [et al.] (eds.), Vauban, Ecrits divers sur la religion, 40. 24 Ibid. 25 Virol, Louis XIV et Vauban, 467.

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intervention in public debates on an issue in which he was by no means a specialist26 nonetheless raises many questions. It should be contrasted with the silence that followed the monarchy’s adoption of the Code Noir in the same year. The differing reception of the two texts sheds some light on Vauban’s motivations in protesting against the Revocation of the Edict of Nantes, which were more rational than passionate. This did not prevent him from promoting a system where the king governs with love and lamenting the existence of elements of the state that had little to do with this truth.27 Louis XIV’s decision came at a time when nearly everyone, nearly everywhere was seeking religious unity. Civil tolerance was rare among Catholics and Protestants alike – the persecution of religious minorities was by no means the exclusive preserve of Catholic states (English Catholics were persecuted in 1678). All camps shared the conviction that they alone professed the one true religion.28 Louis XIV’s decision must also be understood in the context of a monarchical tradition built on the defence of a religious orthodoxy whose importance was illustrated, notably, by the coronation oath.29 Finally, it was part of a process of unification and political centralisation of the kingdom, wherein religious unity could logically be seen as the last stage, and as a means of closing the chasm opened twelve decades earlier by the Wars of Religion – this time definitively. For Catholics, the unity of religion and the consecration of the principle of ‘one king, one faith, one law’ were non-negotiable. For them, then, the model established by the edicts of 1598 and 1629 – the ‘institutionalisation of religious pluralism’ – represented only a temporary ceasefire. The resolution was not taken either suddenly or in isolation.30 In some respects, it appears to be the last in a series of measures directed against the Huguenots, which reflects the king’s growing preference for religious coercion. From this perspective, the eighth decade of the seventeenth century constitutes a turning point. The revocation conspicuously confirmed the king’s desire to dismantle the provisions of the Edict of Nantes, imposing the official religion of the kingdom on the entire Protestant minority. By decreeing that Catholics could not convert (June 1680) or marry Protestant women (November 1680), Louis XIV had already contributed to widening the gap between the two communities and confined the reformed religion to those who had not known any other. The king’s aim of converting Protestants at any cost became even 26 He was accustomed to doing this, Virol, Les Oisivetés de Monsieur de Vauban, 119. 27 Virol, Louis XIV et Vauban, 457. 28 At the time, French Protestants were often criticised for their complacency and superiority complex towards the Catholics, Labrousse, La révocation de l'Edit de Nantes, 39–43. 29 Among other things, it obliged the king to expel heretics from the kingdom, Harouel [et al.], Histoire des institutions, 534. 30 We leave aside here the debate about who may have influenced the king on this occasion: the king’s return to Christian practice under the influence of Madame de Maintenon, Louvois, a French clergy that was an indispensable ally against Rome, the ‘devout party’, the Compagnie du Saint-Sacrement, etc.

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more apparent when, in a declaration of 7 June 1681, he permitted the conversion of Huguenot children as young as seven. Many held that only revoking Henry IV’s edict, declaring it null and void once and for all, could clarify an increasingly ambiguous situation, and bring to a close the succession of not always evenly applied edicts, declarations, and rulings through which the monarchy had rescinded the concessions made to Protestants in 1598. The edict of 1685, which took away the Huguenots’ freedom of conscience and worship (previously retained after the Peace of Alais in 1629), appears in this respect as the epilogue to a process of increasing repression that had been initiated by the King of France and encouraged by the French clergy. Supposedly in response to the disturbances, evils and confusion caused by the progress of the fausse religion31, the ceremonies and religious assemblies of the Religion prétendue réformée (R. P. R.) were prohibited, and ministers who refused to convert forced to leave the kingdom, while the faithful were forbidden to do the same. The edict also ordered the demolition of temples and outlawed schools intended for children of the R. P. R. The only concession granted to the Huguenots was that they could continue their trade and enjoy their possessions.32 The ambivalence that this provision would produce among the Huguenots was apparent to all at the time. Some 800,000 subjects of the King of France were now faced with a major, insoluble conflict between civil and religious duties. Of all the provisions listed in the king’s declaration, Vauban was particularly concerned about one in particular: the one that prohibited subjects of the R. P. R. from leaving the kingdom and transporting their goods outside its borders. The draughters of the ordinance seem to have foreseen what risked becoming – and what did prove to be – one of the tragedies of the Revocation: the emigration of Huguenot populations determined to remain faithful to their faith. What they did not recognize was that the monarchy, a collateral victim of the ‘mégalomanie des gens de Versailles’33, lacked the human and material means needed to enforce this measure. The threatened penalties, however severe, proved unable to dissuade all Huguenots from fleeing religious persecution. And not only was the monarch unable to achieve the objective defined by his edict, but his authority was further discredited by the measures that his regime was able to enforce. Vauban countered the naivety of this political dogmatism with a clear-sighted pragmatism without which attempts to solve the problem were doomed to fail.34 He knew that circumstances did not obey human governments – that it was they who determined the limits of the possible, and that failure was inevitable for those who overstepped them. He thus recognised that to avoid this fate, governments must carefully

31 Jourdan [et al.] (eds.), Recueil général des anciennes lois françaises, vol. 19, 532. 32 Ibid., 534. 33 Garrisson, L’Edit de Nantes et sa révocation, 184. 34 As shown by his support for the establishment of relations with le Grand Seigneur, similar to those that François I had maintained with Soliman (agenda of 24 July 1696), Virol, Louis XIV et Vauban, 345.

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observe the context and milieu in which they were acting, remaining attentive to any signs that might alert them that they had gone astray. But Vauban did not condemn the principle of Louis XIV’s programme, particularly as he believed that it might have succeeded (I). It was circumstances that decided otherwise: the king thus had to backtrack (II).

1 Chronicle of a failure that was not foretold To Vauban, in principle, Louis XIV’s decision was not a senseless one (A); but in practice, this legitimate decision, which might conceivably have succeeded, regrettably proved disastrous for the kingdom (B).

A A legitimate decision To the Commissioner General, the aim of achieving political and religious unity was anything but illusory. On the contrary, an ‘uniformité de sentiments était désirable’.35 The goal was pious, holy and just.36 This master of siege warfare, a man of unimpeachable faith, went further: what had been done to the Huguenots was done ‘à bonne intention’ and on a ‘pieux fondement’.37 Up to this point, nothing distinguishes him from Catholics who held that converting the Huguenots was the only way to save them from hell.38 Vauban’s criticism of the Revocation was not that of a mind seduced by religious relativism; on the contrary, he lamented, for example, the too-great freedom to reason about religion allowed in the kingdom.39 His Réflexions of 1693 also shed light on his views on religious freedom, and reveal his fear – shared with many Catholics – of a possible Protestant contagion. On his view, Catholics could not be given the right to become Protestants without running the risk of seeing the kingdom fall into the hands of a reformed religion that had the advantage over its competitor of pandering more to the senses while promising just as much.40 Vauban did not call into question the edict of 1680, and admitted indirectly that, in the absence of religious constraint and discrimination, the Reformation was destined to prevail. His description, in a letter of 2 August 1694 of the Lord of Barrault as a ‘bon prédicateur, bon conseiller, bon prêtre […] qui a beaucoup travaillé à la conversion des Huguenots de mon

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Armogathe [et al.] (eds.), Vauban, Ecrits divers sur la religion, 3. Ibid., 4. Ibid., 24. Labrousse, La révocation de l’Edit de Nantes, 52. Armogathe [et al.] (eds.), Vauban, Ecrits divers sur la religion, 4 f. Ibid., 38.

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pays et qui y travaille encore tous les jours’41 confirms the idea of him as a man who did not condemn the conversion of the Huguenots as such, as long as appropriate methods were used – something that many Huguenots, who favoured religious unity, were prepared to admit.42 For some, the king’s only offence was that he did not give them the choice between banishment and abjuration.43 In the light of these positions, Vauban might be suspected of having taken the dominant approach. Unsurprisingly, Catholics had welcomed Louis XIV’s decision.44 The Church was convinced of its responsibility for the salvation of the Reformed, a key objective of the Counter-Reformation, and considered the Edict of Nantes a provisional solution. Having used the weapons of both promise and threat, and having encouraged the king to combat heresy, the Church now believed that the hour to bring these legions of misguided Christians back into its fold had arrived.45 It was virtually impossible for Catholics in the kingdom to show intellectual resistance. Racine, La Bruyère and Madame de Sévigné unsurprisingly expressed their approval of the Revocation; Bossuet, who praised the intolerance of the Catholic Church in his Avertissemens aux Protestans (1689–91)46, described Louis XIV as the ‘nouveau Constantin’47. This use of coercion to impose the official religion was nothing new48 in a kingdom where tolerance remained a marginal, and marginalized, value.49 But this is where the similarities between Vauban and his contemporaries end. For him, the elimination of Protestantism was neither conceivable nor desirable. And although he repeatedly expressed his desire to impose a single system of customary law and a single system of measurement in the kingdom, he did not show the same enthusiasm for religious unity.50 Calvinists in his village, the lords of Ruères, had shown him that it was not necessary to be Catholic to behave as a loyal subject of the king.51 In the April 1692 addition to his memoirs, he even presented the Huguenots as dissidents who served Catholicism well, suggesting that in their absence the Church would be neglected, as it had been under the reign of François I.52 The author of the

41 Virol, Louis XIV et Vauban, 203. 42 Labrousse, La révocation de l’Edit de Nantes, 52. 43 Ibid., 94. 44 Labrousse in Ecrits divers sur la religion, XV. 45 Ibid., XVI. 46 Avertissemens aux Protestans sur les lettres du ministre Jurieu, Liège, Hoyaux, 494–513. 47 Bossuet, Oraisons funèbres, 1998, 340. 48 Jews and Moriscos were expelled from Spain in the fifteenth century: Labrousse, La révocation de l’Edit de Nantes, 94. 49 It emerged in England, notably under the pen of Locke (Essay concerning toleration, 1667; Letter concerning toleration, 1689) – a tolerance that he refused, however, to atheists or people whose religion placed them under the obedience of another prince: Wanegffelen, L’Edit de Nantes, 179. 50 Virol, Louis XIV et Vauban, 538 f. 51 Blanchard, Vauban, 269. 52 Armogathe [et al.] (eds.), Vauban, Ecrits divers sur la religion, 16.

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Mémoire sur les affaires de la RPR argued that heretics53 are better than people without religion and atheists.54 His feelings towards the regular clergy were partly in line with the accusations aimed at it during the Reformation – celibacy, greed, unproductivity – to the point where he advocated measures to limit the number of monks in the kingdom,55 indeed the suppression of ‘à peu près toute la moinerie’.56 But in his view it was not the king’s programme as such – the conversion of all Huguenots – that created the conditions for disaster, but the method he had adopted in the context of 1685. There were two ways for the monarchy to seek the universal conversion of Protestants: coercion and persuasion. The second of these, advocated by Fleury and Fénelon, had produced encouraging results in certain provinces of the kingdom: in 1681, 8,000 Huguenots had been converted through gentleness and persuasion.57 But this method had a drawback: it required a patient policy, whose fruits could take years to reap. It could also meet with stubborn resistance from some of the Reformed, as the success of the enterprise ultimately depended on their consent. Coercion promised a quicker and more effective solution. The evangelical legitimation invoked by Saint Augustine (compelle intrare) during the repression of the Donatists also seemed to authorise it. The question then became the price that might be paid to obtain these conversions. The intendant Marillac experimented with forcing Huguenots to lodge soldiers, dragonnades, in Poitou, a policy that was followed by conversions (perhaps 30,000).58 The many excesses encouraged by this strategy were reported to Louvois, who quickly came to fear the impact of such practices on military discipline, and to the king. The intendant was recalled. These waves of conversions obtained by force nonetheless had the perverse effect of persuading Louis XIV that religious coercion was an effective – indeed, the most effective – strategy. He came to believe that the conversion process would be easy, and that the Revocation of the Edict of Nantes would make it still easier.59 Subsequent events would prove him wrong.

B Poor execution At the time when Vauban entered the debate, he was not hostile to the principle of the execution of an edict revoking the previous edict of 1598. Indeed, he was convinced that despite the inevitable collateral damage, this execution could have been success53 Vauban considered them as such, contrary to those who regarded them as mere schismatics, or even ‘frères séparés’: Labrousse, La révocation de l’Edit de Nantes, 86. 54 Armogathe [et al.] (eds.), Vauban, Ecrits divers sur la religion, 24. 55 Virol, Louis XIV et Vauban, 483. 56 Ibid., 540. 57 Armogathe [et al.] (eds.), Vauban, Ecrits divers sur la religion, 21. 58 Garrisson, L’Edit de Nantes et sa révocation, 160. 59 Armogathe [et al.] (eds.), Vauban, Ecrits divers sur la religion, 22.

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ful. There was no avoiding an examination of the causes of the failure. The supernatural explanation which he initially evoked60 – that providence itself contributed to the failure of the enterprise – struck him as obviously insufficient, although he admitted that some Huguenots could have been encouraged to resist by this conviction. He determined the causes of the disaster on more empirical grounds: the circumstances, as he saw it, were unfavourable to the king, and it was thus to them, and not to the king, that the failure was due.61 The conversion of the Protestants, he argued, was not a completely delusional objective from the outset. It could have been achieved if the kingdom had enjoyed a 20year truce, but in fact there had been only five years of peace.62 The truce of Regensburg, signed in 1684 with the Holy Roman Emperor and the King of Spain and intended to last 20 years, was in fact abandoned in 1688. The war following the formation of the League of Augsburg definitively ended the truce. It was this war that allowed the Huguenots to benefit from the help of enemy powers.63 Other circumstances also made the context unfavourable to the success of the enterprise. Among them was the Glorious Revolution, which had the effect of encouraging the Huguenots,64 particularly as the persecutions preceding the Revocation themselves favoured James II’s fall. The Sun King’s initiative did not inspire enthusiasm in the head of the universal Church, who was no doubt afraid of seeing the new converts join the Gallican movement.65 Moreover, the Pope was hostile to the violence perpetrated against the Huguenots. The great specialist in fortifications was also sufficiently familiar with the history of his country to know that the time was not really right for such an initiative. The tolerance that the Huguenots had enjoyed for a century was likely to complicate their conversion: this long period of freedom had come to represent a kind of prescription.66 After the adoption of the Edict of Toleration, the number of Huguenots born into the Reformed religion was bound to increase. The idea of using force, possibly an acceptable way to extinguish a nascent heresy, would not work to extinguish an established one.67 Despite these conditions, the monarchy forgot the rules of common sense and politics that the governing power could not evade without suffering immediate punishment by circumstances.68 The need to reconsider a plan that, in principle, was not illegitimate, thus seemed to be clearly established. The events that followed the 60 61 62 63 64 65 66 67 68

That God had not blessed the revocation, ibid., 3. Ibid., 9. Ibid. Ibid., 3 f. Ibid., 23. Armogathe [et al.] (eds.), Vauban, Ecrits divers sur la religion, XIf. Ibid., 26. Labrousse, La révocation de l’Edit de Nantes, 105. Armogathe [et al.] (eds.), Vauban, Ecrits divers sur la religion, 9.

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Revocation are very instructive from this point of view. They showed that a religion cannot be persuaded by hampering the consciences of its adherents.69 This postulate was recalled in Vauban’s Réflexions: religion is a matter of persuasion, not command.70 His correspondence reflected the same conviction: the sincerity of forced conversions is always doubtful.71 Vauban distanced himself from the model of the prince who uses violence on his subjects and makes them fear him too much72, and lamented that it was ordinarily thought that the quality of a great king “ne s’acquiert que par le fer et le feu en faisant périr des millions d’hommes et saccageant beaucoup de pays parmi lesquels il y a une infinité d’innocents confondus”.73 Unlike the Dauphin and certain ministers of state, he would probably not have opposed the Revocation when its appropriateness was being debated in the King’s Council. It was the verdict handed down by history that, in his opinion, showed that this decision was a mistake. It was thus imperative, he suggested, that the king take note of this failure… and rectify it.

2 The need for a policy reversal A A total failure The scope of the failure of this religiously motivated decision was not limited to its main purpose: it also worsened France’s geopolitical situation. In this respect, the failure was a perfect one. The Revocation did not benefit Catholicism – Louis XIV was not able to convert all the Huguenots in the kingdom; the Church – the ‘conversions’ were dubious, to say the least; or the king, the state and the kingdom – Huguenots who wished to leave could not always be prevented from doing so. All of this evidently made it imperative to abandon the initial project in its entirety. This faithful servant of Louis XIV dared to ask himself whether there was a single convert in the kingdom after the adoption of the Edict of Fontainebleau. A provocative formulation? Not really. Vauban considered that many converts in reality remained faithful to their former religion.74 In the Addition of 5 April 1692, he took an only slightly less pessimistic view. The announced conversions, he wrote, were almost all deceptions – a great lover of statistics, he ventured a numerical estimate: 2 % of the converts were in good faith.75

69 70 71 72 73 74 75

Ibid., 26. Ibid., 39 f. Ibid., 65. Virol, Louis XIV et Vauban, 468. Ibid., 471. Armogathe [et al.] (eds.), Vauban, Ecrits divers sur la religion, 4. Ibid., 15.

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The facts seemed to prove him right: the Easter of 1686 would not be celebrated by the ‘nouveaux convertis’, ‘catholiques de pure façade’.76 His correspondence echoed the scepticism that the supposed successes of the Revocation provoked in him. In a letter to Le Peletier, dated 17 March 1693, he wrote of regions – the Vivarais and the Cévennes – ‘pavés de nouveaux catholiques comme je suis mahométan’.77 But the religious failure of the Revocation was not limited to the failure to convert the Huguenots. It also undermined the religion whose triumph it was supposed to ensure. Many converts now hated Catholicism, as Louis XIV’s resolution only strengthened the faith of Huguenots who were hostile to conversion.78 The resulting shockwave also shook the Catholic Church: by encouraging hypocrisy and false conversions, he argued, it produced impious, sacrilegious, profane people.79 A lucid observation: those who had not been driven to rebellion by the violent methods used in forced conversion were sometimes tempted into religious indifference, deism, or even atheism. This view was confirmed in the Addition of April 1692, where Vauban explained that false converts necessarily commit sacrilege, making the king indirectly responsible for the worst of religious transgressions.80 Of course, Vauban did not sidestep the political dimension of the drama. It was not the religious failure that primarily concerned him, but the consequences of a decision that contributed to undermining the foundations of the power of the monarchy, evidently linked to the fact that most Huguenots refused to convert. He spoke out as a politician, like all of those who, from 1550 onwards, sought to put national unity and the interests of the kingdom above religious considerations.81 Vauban’s was well aware of the demographic realities – and their growing importance – and his meticulously constructed political assessment of the Revocation reflected it.82 In the early 1680s, he had insisted that the king carry out an accurate count of the population of the kingdom.83 As governor of the town of Douai, he experimented in 1682 with a form designed to facilitate just this operation.84 Could it really be a coincidence that only a year after the Revocation, he published a Méthode générale et facile pour faire le dénombrement des peuples, including information on the occupation of the king’s subjects? Vauban knew that the string of measures that preceded the Revocation had already driven many Huguenots to flee. Without specifying his sources85 – his task was complicated by the clandestine nature of the departures – he advanced the figure of 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85

Labrousse, La révocation de l’Edit de Nantes, 189. Armogathe [et al.] (eds.), Vauban, Ecrits divers sur la religion, 64. Ibid., 4. Ibid. Ibid., 15. Wanegffelen, L’Edit de Nantes, 101 f. Pernot in Ecrits divers sur la religion, XXXV. Virol, Un esprit curieux, 42. Ibid. Virol, Louis XIV et Vauban, 307.

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600,000 departures before 1685. After that, he claimed, between 80,000 and 100,000 Huguenots had left the kingdom.86 The observation of this mass exodus obviously pained this servant of the kingdom who was convinced, like most of his contemporaries, that the greatness of kings rests on the number of their subjects, more than on the extent of their kingdom, or on their income.87 He thus wondered at the fact that those in charge of the king’s affairs should have been such poor administrators of the population.88 And he would soon dare to dream of a Canada peopled by 26 million Frenchmen in 1970.89 It was evidently on the king’s subjects that his happiness, strength and prosperity rests.90 In a diary, he noted that the king is responsible for the safety and survival of all members of the state,91 and that he must do everything in his power to increase their number,92 the objective being to assert ‘la puissance numérique de la France’.93 By persecuting this precious minority,94 then, Louis XIV had conjured an internal resistance out of thin air – one whose persistence and strength would be amply illustrated in the War of the Camisards, during a critical phase of the War of the Spanish Succession. An aggravating circumstance was that the lost subjects constituted an economic elite. The commissioner Chauvin had already underlined the economic singularity and importance of this reformed minority in 1668.95 The Revocation laid bare the inconsistencies of the king’s economic policy. A few years earlier, under the impetus of Colbert, foreign workers had been recruited at great expense in order to make up for France’s backwardness in several manufacturing sectors. This unprecedented and partially successful effort was virtually cancelled out by the Revocation. It pushed thousands of highly qualified workers and craftsmen to leave for states that were at war with France, where, in most cases, they were well received.96 It is not surprising that in 1697, with the Peace of Ryswick, the states opposed to Louis XIV did nothing to encourage the return of this workforce.97 Vauban, who had put his engineering skills at the service of the art of war, was aware of what the presence of an intellectual elite meant for the future of a country. The Reformed minority also seemed to be a model group: with their social integration and practices of solidarity among coreligionists, 86 Armogathe [et al.] (eds.), Vauban, Ecrits divers sur la religion, 18. Regarding the departures of Huguenots from the kingdom after 1685, current estimates range from 150,000 to 300,000, cf. Pernot in Ecrits divers sur la religion, XLI. 87 Armogathe [et al.] (eds.), Vauban, Ecrits divers sur la religion, 40. 88 Virol, Louis XIV et Vauban, 460. 89 Blanchard, Vauban, 527. 90 Virol, Louis XIV et Vauban, 457. 91 Ibid., 468. 92 Ibid., 494. 93 Virol, Les Oisivetés de Monsieur de Vauban, 450. 94 Protestants then formed 10 % of the kingdom’s armed forces: Bély, La France au XVIIe siècle, 726. 95 Bély, Les secrets de Louis XIV, 281. 96 Labrousse in Ecrits divers sur la religion, XXIf. 97 Ibid., XXV.

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they were under-represented in delinquency statistics.98 Vauban’s complaints reflect the Huguenot elites’ peaceful relationship with Catholic intellectual elites and men of letters.99 But the situation in which the Revocation placed the Huguenots raised the spectre of a much more serious threat to the kingdom: namely, that those who had not emigrated could now constitute a genuine fifth column.100 This accusation had already been made before the Revocation, because of the close links that some Protestants had established with their coreligionists in England, the United Provinces, the German principalities and Switzerland, reflections of an ‘internationalisme réformé’.101 The risk, Vauban explained, was now the emergence of some enemies ‘cachés, très dangereux, dans le cœur de l’Etat’,102 who had already cultivated relations with the enemies of France.103 In particular, he worried, they could put themselves at the service of William of Orange104 and join him in an invasion of France.105 This scenario seemed all the more likely given that, in Vauban’s view, they could not really be blamed for wishing to bring down the kingdom.106 These fears were supported by Vauban’s lucid perception of the new forms taken by the conflict between France and the Protestant powers – forms whose codes, it seemed clear, the latter understood better. They knew what devastation good communication could inflict on the king. On arrival in Protestant countries, the Huguenots enjoyed almost unlimited freedom of expression. They could now relate their oppression and mistreatments at the hands of the French authorities. The Netherlands became the epicentre of this literature, which presented the instigator of the Revocation as a tyrant.107 A veritable ‘guerre des écrits’ was launched as early as 1685.108 According to Vauban, the effect of these pamphlets was made all the more devastating by an exaggeration of the Huguenots’ suffering and persecution. The image of the French monarchy, he concluded, had been irreparably tarnished.109 But, he lamented, the best writers in the kingdom did not even respond to these accusations. With the Revocation, then, Louis XIV had unknowingly multiplied his adversaries and united powers that previously lacked common interests.110 William of Orange became the champion of the Huguenots, indeed of European

98 Labrousse, La révocation de l’Edit de Nantes, 64 f. 99 Ibid., 73. 100 Labrousse in Ecrits divers sur la religion, XXIV. 101 Garrison, L’Edit de Nantes et sa révocation, 82. 102 Armogathe [et al.] (eds.), Vauban, Ecrits divers sur la religion, 16. 103 Ibid., 23. 104 Ibid., 6. 105 Ibid., 16. 106 Ibid. 107 Pernot in Ecrits divers sur la religion, XXXIX. 108 Virol, Les Oisivetés de Monsieur de Vauban, 149. 109 Armogathe [et al.] (eds.), Vauban, Ecrits divers sur la religion, 5. 110 Ibid.

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Protestants generally.111 An invasion of the kingdom could no longer be ruled out.112 France’s advantageous diplomatic position at the beginning of Louis XIV’s reign was now a distant memory. The king of France thus had no choice but to reverse the Revocation of the Edict of Nantes.

B Proposed outcomes Vauban certainly did not intend to undermine his master. Employing an exculpatory strategy that was common at the time, he suggested that Louis XIV had not been kept informed of the plight of his kingdom.113 He also expressed this suspicion later when he accused ministers of serving themselves instead of the king.114 Having been informed of the success of certain conversion campaigns, he developed an image of the Huguenots as a residual group who were destined to disappear as a religious community. He took the same type of position in the Réflexions, claiming that Louis XIV would immediately understand the need to recall the Huguenots if he had accurate information on the situation.115 Vauban was convinced that the king was being kept in the dark and that a ‘drame de l’information et de la communication’ was unfolding as a result.116 It had become a matter of urgency to inform the king of the seriousness of a situation that Vauban himself was perfectly aware of: between 1678 and 1698 he had travelled 100,000 kilometres117 – 7,000 kilometres in 1681 alone.118 He was familiar with the provinces with large Huguenot communities, particularly Languedoc. Moreover, in a letter dated 24 July 1686, Bouchu, the intendant of Dauphiné, had alerted him to the consequences of the Revocation in the province.119 For Vauban, then, the king had no choice but to recognise his mistake and reverse his position.120 Vauban certainly did not underestimate the difficulties of a retraction,121 which the Huguenots could interpret as a victory, encouraging resistance to the king. But the welfare of the State was the supreme law: Louis XIV had to understand that its interests prevailed over the drive to convert the Huguenots.122 In so doing, he would sim-

111 Ibid., 36. 112 Ibid., 8. 113 Ibid., 7. 114 Virol, Louis XIV et Vauban, 467. 115 Armogathe [et al.] (eds.), Vauban, Ecrits divers sur la religion, 40. 116 Petitfils, Louis XIV, 480. Did such a reality really need to be hidden from a king ensconced in Versailles for him to be unaware of it? 117 Virol, Un esprit curieux, 15. 118 Virol, Du devoir aux Oisivetés, 66. 119 Virol, Les Oisivetés de Monsieur de Vauban, 316 f. 120 Armogathe [et al.] (eds.), Vauban, Ecrits divers sur la religion, 16. 121 Ibid., 8. 122 Ibid., 25.

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ply be following the path taken by his predecessors – notably Henry III, cited as an example123 – who had authorised the practice of the Reformed religion.124 He had no doubt about the Huguenots’ loyalty: in 1563, they had supported the monarchy in driving the English out of the kingdom.125 The reversal had become urgent: the king had to act while he could still change course without being forced to do so by external powers.126 Vauban thought he knew how to close the floodgates. First, it was necessary to put an end to restrictions that not only strengthened the Huguenots’ faith,127 but also risked intensifying the seductive power of the Protestant religion. This was demonstrated by the example of the Saint Bartholomew’s Day massacres, which had been followed by numerous conversions to the Reformed religion.128 Vauban also suggested what he called a ‘coup d’état’: this would consist in a declaration,129 an essential condition of a return to peace,130 as the conversion of the Huguenots represented the main obstacle to the resolution of the conflict.131 In the declaration, the king would commit to the non-use of coercion in matters of religion, and, first and foremost, to reinstating the Edict of Nantes.132 Protestants who had recanted would be allowed to return to their religion.133 Vauban, now disposed towards major concessions, also recommended a general amnesty for Huguenots who had emigrated – including even those who had served in enemy forces.134 He also recommended that those convicted of disobedience or rebellion be released from prison.135 His objective was clear: the return of as many Huguenots as possible to the kingdom136 – a return that the Huguenots themselves wished, at least for some years, until it became clear that their exile was to be a permanent one. He showed a great optimism about the immediate effects of such a reversal. Once the declaration was adopted, the Huguenots who had left would return.137 The Protestant powers would thus have no further reason to demand the return to the situation that preceded the

123 Ibid. 124 Ibid., 24. 125 Ibid., 31. They had shown him comparable loyalty during the Fronde. 126 Ibid., 8. 127 Ibid., 5. 128 Ibid., 6. 129 Ibid., 12. 130 Ibid., 13. 131 Ibid., 35. 132 Ibid., 10. 133 Ibid. 134 Ibid. 135 Vauban never deviated from this political line: during the War of Spanish Succession, he declared himself a supporter of clemency towards the Camisards, Virol, Louis XIV et Vauban, 370. 136 Armogathe [et al.] (eds.), Ecrits divers sur la religion, 30. 137 Ibid., 11.

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Revocation.138 And Catholics, who had no interest in continuing the war, would necessarily approve the return of the Huguenots.139 In the Mémoire, Vauban described in detail the means available to the monarchy to win the trust of the émigrés.140 But he did not sidestep the difficulties that would be raised by the reversal. For one, such a declaration could lead to conflict between the king and the Pope. But he quickly swept this objection aside. First, the Pope had not taken part in the conversion of the Huguenots. The whole thing was in any case a purely temporal affair and did not fall within the remit of a spiritual leader. And finally, France’s present and future welfare depended on this matter: to avoid any risk of a dispute with Rome, Louis XIV could if necessary challenge the Pope to find a way out of the war that did not involve calling on the Huguenots to return. In the absence of an alternative solution, no further opposition could stand in the way.141 The Vauban of the Addition of 5 April 1692 was already more pessimistic. Only two solutions remained, he wrote, after the failure of this ambitious attempt at mass conversion. The first was the outright extermination of the Huguenots – a possibility that, Vauban immediately pointed out, would evidently be contrary to all moral, civil and political virtues.142 The second was to keep the Huguenots happy, a solution that had the advantage of being at once good, honest and charitable.143 It would also ward off the menace of the enemy within: even if the Huguenots decided to turn against the monarchy, they would have no more than 40,000 soldiers scattered throughout the kingdom – not enough to pose a real threat to the state.144 In his Mémoire, then, Vauban recommended a return to the status quo ante. Concretely, he argued that the Edict of Nantes should be reinstated in the terms of 1680.145 This solution was preferable to a new edict, which the Huguenots could be expected to fear would be revoked in its turn.146 In the Réflexions of 1693, he identified three possible outcomes: making the law, receiving it, or appealing to a mediator. The first was made impossible by a coalition twice as strong as the kingdom, with the support of the Huguenots; the second risked making the Huguenots more arrogant than ever; and should they be brought back by a peace treaty, they would no longer regard the King of France as a legitimate sovereign.147 But, writing eight years after the Revocation, Vauban was resigned: it would take a miracle for peace to be secured without restoring the rights of

138 139 140 141 142 143 144 145 146 147

Ibid., Ibid., Ibid. Ibid., Ibid., Ibid. Ibid., Ibid., Ibid. Ibid.,

12. 26. 14. 18. 18 f. 30. 3.

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Huguenots and ensuring the return of those who had left.148 In an apparent expression of discouragement, he wrote of two outcomes that, in his view, did not represent solutions at all. The first was a policy of chasing all Huguenots from the kingdom, which would be both pernicious and unjust. The second, their extermination, would confront the monarchy with a series of obstacles. Curiously, the engineer began by presenting the practical difficulties that would attend this undertaking, and the associated risk of a weakening of the kingdom. Only then did he move on to moral questions, emphasizing that such a mass killing would be abhorrent to both God and men, and would make France into an odious actor in the eyes of the other monarchies.149 Ever the voluntarist, he nonetheless saw fit here to place matters in the hands of providence, which, it might be hoped, would eliminate the ‘usurper’ William of Orange, or bring about the conclusion of a separate peace among Catholic princes after a break with the Protestant king. And yet the latter prospect, he recognised, was entirely unrealistic in the circumstances of the time – as was the threat of ecclesiastical censure from the Pope directed at Catholic princes who refused to take their distances from Protestant ones.150 A separate peace with the confederate princes was also unlikely. He returned to the subject very late in his life, in an agenda that he probably wrote between the Peace of Ryswick and the beginning of the War of the Spanish Succession. One item in a list of twelve ways to repopulate the kingdom highlights the persistence of his preoccupation with the subject: ‘Rappeler tous les bannis et fugitifs du royaume par une amnistie générale’.151 Did all this represent much ado about nothing? We know that Louis XIV did not read Vauban’s pamphlets. But did he nonetheless hear of the engineer’s opinions? Did Vauban have a chance to speak of them directly to the king? A survey of his correspondence with the king makes this hypothesis an unlikely one. While Vauban did not hesitate to appeal to the king on behalf of family members, express his disappointment about clauses in the treaty of Ryswick,152 or send him military memoirs,153 the two men’s extensive written exchanges were dominated by military matters, and featured not a word on religious affairs. From 1691 onward, Vauban drew up preparatory notes on the subjects that he hoped to discuss during his audiences with the king: these documents, too, almost exclusively concern war, along with appeals on behalf of friends and family, and lack any trace of an intention to discuss these religious-political matters with the king.154

148 Ibid., 37. 149 Ibid., 39. 150 Ibid. 151 Virol, Louis XIV et Vauban, 540. 152 Ibid., 289. 153 Ibid., 22. 154 After Louvois’ death, his relationship with the king intensified: ibid., 41. In 1691, he received 100,000 livres from him after the capture of Mons. On 10 May 1693, he was named Grand Cross of

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In addition to expressing his opposition to an enterprise that would be invalidated by history, Vauban – unsuccessfully – highlighted the limits up against which a power seeking to become total was bound to run. Louis, caught up in unshakeable conviction, would be defeated by the resistance of the Huguenots, with their steadfast determination to remain faithful to their religion. For Vauban, added to the failure of the Revocation itself was a note of bitterness at his own failure to sway the monarchy. In 1787, its last representative would correct his dramatic decision late – far too late, and only partially. And yet the question of the success or failure of the enterprise posed itself in very different terms for Louis XIV and Vauban. The former was convinced that he had made a resolution that was imposed by his very mission as king. The latter focused on its concrete repercussions for the kingdom. Vauban, who was well placed to know that in an absolute monarchy, the prince has the last word, wished nonetheless to remind him that events obey no one – not even the Sun King.

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Maria Sofia Mormile

The inadmissible failure – the princes of the House of Bourbon and the Revolution (1789–1814) From 1789 to 1848, the date of the abdication of Louis-Philippe, the last king ever to rule France, the House of Bourbon regularly failed to control, defeat and to some degree even to understand the French Revolution. Many reasons can be invoked to account for this oddly persistent failure, and many of them had nothing to do with the Bourbons at all. As Jean-Clément Martin wrote, echoing Tolstoy, it would be presumptuous of the historian to deny how much the ‘force des choses’ intervened to foil plans and intentions.1 In this paper, we will specifically focus on how the princes of the House of Bourbon coped with the fall of the monarchy, and the part they played in it. We can say straight away that this part was not played intentionally, and for the purpose of our subject – that of failure – this premise is fundamental. The princes did not deliberately contribute to the destruction of the system that legitimised their birthright, their privileges and even their very existence. They saw the outbreak of the revolution as a chance to demonstrate strength and to renegotiate the forces around the throne. But their attempt quickly backfired: by leaving the country or by taking their chances with the new constitutional system, the actions of the princes brought about a division within the dynasty and contributed to the loss of credibility of the monarchy in France, and eventually to its collapse. The princes’ efforts to master the process led to different scenarios, but in the end, they were all forced to come to terms with the loss. As the revolution spread and then paved the way to the Napoleonic Empire, the Bourbon princes had to interpret defeat without admitting failure and contemplate alternative existences without surrendering their right to the French throne.

1 Martin, Nouvelle Histoire de la Révolution Française, 14. Notice: This paper summarises a part of the results gathered during my PhD research, discussed on June 23rd 2022 with the title “Les princes de France entre la Révolution et l’exil (1789–1824) – Essai d’une biographie familiale” (University of Turin/EHESS Paris – supervisors: Patrizia Delpiano, Natalia Muchnik). https://doi.org/10.1515/9783111087122-009

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1 Exploit the crisis: the princely response to the outbreak of the Revolution (1789–1793) Among the many causes that could explain the outbreak of the French Revolution, the failed attempt of the French monarchy to reform itself from within and to overcome the resistance of its collegial bodies is certainly central. This struggle contained another, the one opposing the king and his male relatives, who often functioned as reference points for dissident groups. Banned from the privy council by Louis XIV’s decision to concentrate power in his own hands, the princes of the royal family and of the cadet branches often teamed up with Parliaments to contest the sovereign’s resolution to dismantle the State’s ancient structures and prerogatives. The princes’ position was, however, naturally ambiguous. Their closeness to the sovereign – being a father, a brother, or a cousin – acted as a double-edged sword. On the one hand, it legitimated, as far as they were concerned, their insistence upon interfering and influencing the crown. They considered the crown itself to be not the property of the king, but of the royal house, accepting merely that the king, being the eldest, would ‘wear’ it. But on the other hand, as the king tried to act alone, potential crises and turmoil would feed the princes’ ambition. By proposing themselves as “alternatives” to the established power the princes could easily start to pose a grave threat. By the end of the eighteenth century, the House of France had more princes than it could ever hope to satisfy. Besides his two infant male children, Louis XVI had two brothers, the Counts of Provence and Artois, and two young nephews, Artois’ sons, the Dukes of Angoulême and Berry. The king’s cousins, the princes of the blood, also constituted a restless group, including the Duke of Orléans, the richest man in the kingdom, and the Prince of Condé, an experienced military man. Across the years there have been several biographies, mostly written in French, of almost all the princes, attributing to each a highly politicised persona: Artois as the champion of royalist nostalgia, whose reign as Charles X (1824–1830) ended with a new revolution; Orléans as the “revolutionary prince” who accepted the republic and voted in his role as a member of the National Convention for the death of his cousin; Louis-Philippe, the man of the middle ground, trying to reconcile tradition and innovation but also failing, in the end, to adapt to the times. If the biographers managed to paint vivid portraits of each prince, these often-romanticised works have failed to place the emphasis on what united, rather than divided, the dynastic group: its controversial impulse to achieve social recognition by challenging and therefore endangering the monarchy.2 Good-na2 The tone of existing biographies on members of the royal family and princes of the blood is, still problematic to the extent that they are not always entirely free from apologetic or novelistic intentions. This is the case of Charles X, for whom no critical biography exists to this day. For Louis XVIII, we recommend the two extensive works of Lever, (Louis XVIII) and Mansel, (Louis XVIII). For LouisPhilippe, see Antonetti’s monumental and well-documented biography (Antonetti, Louis-Philippe), although there is a tendency towards a conspiratorial interpretation of Louis-Philippe’s intentions. More-

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tured but unconfident, Louis XVI treated his relatives with a mixture of tolerance and mistrust. As a consequence, the princes neither feared nor greatly respected him. The fact that the three most important princes – Provence, Artois and Orléans – also possessed more flamboyant personalities than the king contributed to the establishing of a dangerous comparison – and fostered antagonism. But what would otherwise have been a common enough family dynamic, revealed its dangers when the crisis of the French crown became dramatic and called for resolute action. In 1787, the financial deficit, popular discontent and the loss of credibility suffered by the French crown led Louis XVI and his minister, Charles-Alexandre de Calonne, to seek a dialogue with the kingdom’s peers. The king’s brothers and the princes that were of age each presided over a commission called upon to examine various reform proposals, including the imposition of a territorial subsidy to be applied systematically throughout the kingdom, without social distinction.3 While all the other princely bureaux were firmly opposed to Calonne’s reform plan, the one chaired by Artois voted in favour. What could be seen as a sign of openness, in truth concealed a conservative intention, namely, the wish to pre-empt more drastic measures.4 Artois’ fears became reality once the decision to convene the States General had been taken. With the support of two collateral branches of the House of Bourbon, the Condés and the Contis, Artois presented his brother with a Mémoire des princes that warned of the risks of giving in to the demands of the Third Estate to vote by head and not by estate. The text presented this as the first step in a degeneration of the French state, with the monarchy gradually being dismantled under pressure from public opinion: Les droits du trône ont été mis en question; les droits des deux ordres de l’état divisent l’opinion; bientôt les droits de la propriété seront attaqués; l’inégalité des fortunes sera présentée comme un objet de réforme; déjà on a proposé l’abolition des droits féodaux, comme l’abolition d’un système d’oppression.5

More subtly, the memoir was a statement. It presented the princes as the guarantors of the ancient order and the natural leaders of that part of the nobility that also feared an uncontrolled revolution.6 From a dynastic point of view, the memoir divided the family into two. Firstly, it warned the king that a part of the dynasty did not approve of his show of tolerance and therefore distanced itself from his actions. Secondly, the memorandum sealed the alliance between the Artois and Condés, and by the same over important Price, The Perilous Crown; Margadant, The Restoration of the Duke of Orleans, 199–212; Brown, Louis-Philippe before the Throne, 1–59, Brown has given more complex analyses of Louis Philippe’s psychology. For the Condés, see Jean-Paul Bertaud’s excellent biography (Bertaud, Le Duc d’Enghien). Although the Duke of Bourbon and the Prince of Condé still remain the subject of fictionalised biographies, notably Bourbon, e. g., (Maury, Le dernier des Condé). 3 Renouvin (ed.), L’assemblée de Notables de 178, III. 4 Price, The Fall of the French Monarchy, 59. 5 Condé, Mémoire sur le moment présent, in Condé/Sevelinges (eds.), Mémoires, 170. 6 Ibid.

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token confirmed the independence of the Orléans branch, which refused to sign it, thus positioning itself in favour of the revolution.7 This stance should not be misinterpreted: Orléans’ views were not far removed from those of his cousins regarding the right of princes to speak out. But his personal restlessness and the trust he placed in astute and liberal men like Baron Ducrest and Choderlos de Laclos, would soon result in his vague desire to come to the fore clothed in revolutionary colours.8 The seizure of the Bastille in July 1789 and the king’s decision to treat with the newly formed National Assembly soon served to crystallise the polarised positions of the princes: there were rumours that Orléans had encouraged the insurrection, while Artois and the Condés left the country, meeting up in Turin, to be joined in due course by their supporters. In the eyes of Artois and the Condés, their emigration was not explicitly intended as an act of disloyalty to the king. It meant preserving, in a safe haven, ‘les maximes fondamentales’ of the monarchy, maxims that were being challenged in France.9 However, their action was not merely symbolic. From the outset, it was clear that the princes were hoping to muster an army that would allow them to return to France and put an end to a revolution that Louis XVI was evidently unable to control. In their political discourse, the princes presented themselves as concerned relatives, willing to help ‘un roi prisonnier’ recover his power.10 But by declaring the king to be a prisoner and by seeking to act on his behalf, the princes were implicitly deposing him. As the senior prince abroad, Artois acted as a leader and presented himself as an alter ego of his brother, and in many ways as more “legitimate”. The more Louis XVI did not manage to stop the Revolution and preserve the Old Regime, the more Artois’s chances of saving it increased in the opinion of his supporters – and not only in theirs, as the great fear that swept through the country in the summer of 1789 attested.11 For the most competent observers, such as Minister Montmorin in Paris, Artois was nothing more than an ‘enfant livré à d’autres enfants’,12 but Artois’s conviction was strong enough for him to declare to a courtier that he no longer had to answer to Louis XVI since: ‘Dans ce moment-ci, il n’est de Roi que moi’.13 Artois’s closest confidant, the Count of Vaudreuil, urged him not to give the public cause to portray him as a ‘sujet rebelle’14 and to compare him to Orléans, the ‘prince

7 Louis-Philippe, Mémoires, vol. 2, 473. In truth, Orléans’s refuse to sign the Mémoire of the princes was rather circumstantial, since he attended the reunion where it was conceived (Dorset to Carmarthen, December 18th 1788, Browning (ed.), Despatches from Paris, vol. 2, 128). 8 Kelly, The Machine of the Duke d’Orléans, 671–674. 9 Artois to Condé, August 22nd, 1797, Chantilly, Archives de la Maison Condé, (AMC), Série Z V. III, fol. 283. 10 Condé, Mémoire sur le moment présent, 178. See also, Mormile, Affaires de Famille, 291–293. 11 Lefebvre, La Grande Peur, 100 f., 139, 191. 12 Montmorin to Floridablanca, August 15th, 1789 in Mousset, Un témoin ignoré de la Révolution, 70. 13 Grassion (ed.), Marquis de Bombelles, vol. 3, 226. 14 Vaudreuil to Artois, Venice, August 7th, 1790 in Pignaud (ed.), Correspondance intime, vol. 1, 261.

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rebelle’, whom the émigré princes accused daily of treason and conspiracy.15 Vaudreuil’s warning that Artois’s ambition risked being confused with that of Orléans reveals just how blurred the line was between the two princely insubordinations to the king. Both were looking for a new space of influence. But whereas in the case of Artois, the disturbance he caused was presented as an attempt to save the monarchy and was therefore never explicit, Orléans publicly welcomed the reform and was inclined to arrange France along similar lines to the British constitutional model.16 But his intentions towards change were far less explicit than those that moved Artois towards conservation. After being accused of having promoted the storming of the Bastille and the march on Versailles that forced the royal family to move to Paris, Orléans had sought to regain Louis XVI’s favour by accepting an questionable diplomatic mission to London in 1789–1790.17 But since the king’s mistrust prevented him from playing a real role, Orléans became embittered, serving as an active member of the National Assembly first, and then of the Constituent and Legislative assemblies.18 As for Louis XVI, he behaved ambiguously towards his brother and his cousin. On the one hand, he never took any measures against Orléans but continued to openly mistrust him. As for Artois, he refused to allow him to deal on his own account with the European courts but never forced him to return to France, an ambiguous stance that led many to suspect the king and queen of duplicity. Since the plans for reconquest were likely however to fail without the king’s approval, Vaudreuil warned Artois of the risks of persevering with his agenda. In the event of disaster, he wrote, ‘on en jetterait sur vous toute la faute […] quelques pures que soient vos intentions’.19 Not that the failure of their counter-revolutionary projects was something the princes ever refused to consider. On the contrary, that prospect was an integral part of the strategy they employed to convince the European cabinets to rally to their cause. By claiming that they, the princes, were not strong enough to fight alone, that the king was a prisoner and that their supporters in France were incapable of real action for fear of repression, they hoped to push the monarchs to decisively support their plans.20 The situation was unblocked in June 1791, when another failure once again decided the princes’ course. While Louis XVI’s attempt to escape from France ended in his arrest at Varennes, the king’s other brother, Provence, whose own flight had succeeded, joined Artois’ emigration front. Together with the Condés, they publicly con15 Vaudreuil to Artois, Venice, June 17th, 1790 in Pignaud (ed.), Correspondance intime, vol. 1, 208. 16 Boutry, Les Bourbons en exil, 239. 17 The files regarding the Orléans mission in London are kept in the Archives of the French Foreign Ministry (Archives diplomatiques du Ministère des Affaires étrangères, Mémoires et documents (AAE, MD), Correspondance politique (CP) Angleterre, Dossier 572 and 573. 18 See Orléans’s letter to Montmorin, dated London, May 28th, 1790 (AAE, MD, CP Angleterre, 572, fol. 193). 19 Vaudreuil to Artois, Rome, December 13th, 1789, Pignaud (ed.), Correspondance intime, vol. 1, 57. 20 Condé, Mémoire sur le moment présent, 176.

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demned the constitution that Louis XVI had accepted in September, formalising in an open letter what their proposal in Turin had merely hinted at, namely, that they no longer felt obliged to obey him.21 Meanwhile, they began to organise militarily the émigrés who had followed them, many of whom were officers. In the princes’ eyes, the army they mustered between Coblenz and Worms perpetuated a “heroic utopia”22 and adorned itself with glorious references (the crusades, the wars of religion) that justified their intention to present themselves as the guarantors of a mythical past.23 With a mixture of indulgence and mockery, Louis-Philippe would later recall how naively Artois spoke of his army: Il n’y avait, je crois, que quelques compagnies d’infanteries qu’on avait appelées les Hommes d’Armes, probablement pour se faire l’illusion du rétablissement du régime féodal. Charles X [Artois] m’a dit bien de fois qu’il avait là, en entrant en France pour la campagne de Champagne, cinq mille hommes de la plus belle cavalerie qui eût jamais existé, et capable d’enfoncer quel qu’obstacle que ce fût…24

Despite its utopian premises, the émigré army was spurred into action by the outbreak of war between France and the First Coalition in April 1792. In the minds of the princes, visions of success included a saved royal family, but also a resolute restoration of the Old Regime – and, of course, an important role for themselves. As Provence told Condé, if the princes were to restore Louis XVI, the latter would be forced to listen to them: ‘notre parti sera trop fort pour qu’il fût possible, à nous de nous dédire, et à lui de nous contrarier’.25 But Louis XVI was not the only one who would have to countenance the putative triumph of the princes. By the same token, the Duke of Orléans was also imagined as defeated and humiliated by the relatives he had refused to support. When Vaudreuil imagined Artois entering a conquered Paris, he urged him to ensure that Orléans did not escape, in order to confront, and presumably, punish him.26 Anger towards the Orléans branch increased with the proclamation of the republic in September 1792 and the imprisonment of the royal family, as neither of these developments apparently altered their adherence to the revolution. On the contrary, they seemed to be willing to embrace their new position as eminent citizens. They accepted the new name of “Egalité”, and the eldest sons of Orléans, including the future

21 Lettre de Monsieur et de M. le comte d’Artois au roi leur frère, avec la déclaration signée à Pillnitz le 27 août 1791 par l’Empereur et le Roi de Prusse – Lettre au roi par M. le prince de Condé, M. le duc de Bourbon, M. le duc d’Enghien, Coblence, chez Baille, 1791, 10–12. Cf. Boutry, Les Bourbons en exil, 243. 22 The expression is used by Arlette Jouanna in connection with the Prince of Condé and the Fronde des Princes in the 1640s (Le prince absolu, 174–179). 23 Rance, L’historiographie de l’émigration, 362. See Mémoires et voyages du duc d’Enghien, 281. 24 Louis-Philippe, Mémoires, vol. 2, 487. 25 Condé to Bourbon, July 4th, 1792, in Crétineau-Joly, Histoire des trois derniers princes de la Maison de Condé, vol. 2, 50. The sentence was allegedly uttered by Provence at a family gathering. See also, Mormile, Affaires de Famille, 295 f. 26 Vaudreuil to Artois, May 24th, 1791, Pignaud (ed.), Correspondance intime, vol. 1, 374.

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king Louis-Philippe, served in the national army. In January 1793, Orléans pushed his defiance to the extreme by voting for Louis XVI’s death. This act, intended to convince the National Convention of his republican faith, had no other result than to increase his political isolation and personal anguish. But it also served to split the family, with Louis-Philippe deciding to stop supporting his father. Where the émigré princes were concerned, the death of the king not only proved that the rescue mission they had claimed to carry out had been fruitless but also led to their official seizure of power. Provence proclaimed himself regent for Louis XVI’s son – still held prisoner in Paris – and Artois took over as lieutenant general of the kingdom.27 In 1793, the two dynastic groups were figuratively supposed to be fighting against each other: Artois, Provence and the Condés together in the Coalition, the Orléans under the tricolour flag. But what could have been a confrontation turned out to be a stalemate. The success of the revolutionary army soon showed that the Coalition’s chances of breaking through to seize Paris were less than expected and that the émigré princes would not soon fulfil their hopes of restoration. As for the Orléans, it became evident that their republican experiment was too dangerous to last. As the Terror set in and suspicions of treason grew, the Convention decided to arrest those Bourbons who were still in France. Louis-Philippe managed to desert the Republican army and escape, but his father and brothers were imprisoned and Orléans himself was executed in November 1793.28 Despite the Orléans’ personal catastrophe, they waited several years before achieving rapprochement with the other branches. LouisPhilippe kept a low profile, travelling in Switzerland, Scandinavia and Germany, often incognito. His brothers remained in prison in Marseille until 1797, when they were granted permission to emigrate to the United States. Louis-Philippe joined them there and they travelled for three whole years. The reconciliation between the branches finally took place in London, where the Orléans arrived in February 1800 and where they were welcomed by Artois and Bourbon, Condé’s son. It was a challenging reunion, but a necessary one. Times had changed and while Europe acknowledged the rise of Bonaparte’s power, it was wise to close ranks and at least eliminate the enemy within.29

2 Explaining failure: pretexts, shame, and denial (1793–1802) As a quite understandable defence mechanism, in their personal narrative, the princes sought to exonerate themselves for their failed plans. What had started as an 27 Boutry, Les Bourbons en exil, 245. 28 Ibid., 239 f. 29 Mormile, Les Bourbons en exil juges du royalisme, 88–91.

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old-fashioned display of dissidence towards the crown had evolved into the overthrow of the whole system. Above all, their involvement in the process had to be redefined: did they own the narrative of what had happened, or was their role ultimately irrelevant? Were they victims or were they culprits? The revolutionary débâcle of the Orléans branch found a ready advocate in the figure of Louis-Philippe, whose desire to rewrite the past is demonstrated by the large number of autobiographical texts he produced during his lifetime, including a manuscript of memoirs begun in 1802 and updated until his death in 1850.30 There, he gives an account of his last month in France before his escape as altogether blameless: he insists on his father’s inability to refrain from voting for the death of Louis XVI, an unforgivable sign of weakness that was however merely the result of his isolation and, paints himself in the guise of a virtuous patriot, willing to defend his country but forced to flee under the threat of imprisonment.31 Louis-Philippe presents the circumstances of his defection as simply determined by fate, and not by will. Shortly after Louis XVI’s death, the declaration of war against England and the Netherlands led him to join General Dumouriez’s army. The general, who had begun to distance himself from the revolutionary government, devised a plan for the restoration of the monarchy that included the release of the young Louis XVII and the restoration of the Constitution of 1791. With this end in mind, Dumouriez entered into negotiations with the Austrians, who were camped on the borders of Flanders. Since his soldiers remained loyal to the Convention, Dumouriez was however now exposed, and he therefore decided to go over to the Austrians. LouisPhilippe claimed to have had no choice but to follow him but insisted that he had played no part in the plot.32 This proclamation of innocence had the double purpose of not making him a traitor to his country and of clearing him of the accusation that he had hoped to exploit Dumouriez’s plan to seize the throne himself or assume the regency. However, as Guy Antonetti, Louis-Philippe’s most thorough biographer, has argued, Dumouriez recounts in his memoirs that in one of the talks with the Austrians, he was accompanied by a delegation of generals, including Louis-Philippe.33 If this is true, the reasons for Louis-Philippe’s omission of this detail from the memoirs may be many: shame, repentance, forgetfulness, or the fact that Dumouriez lied – but it is obvious that such a tale of virtue would have shown its author in a good light, and therefore served as useful propaganda on his behalf. Considering 30 The Memoirs, discovered by Marguerite Castillon du Perron in the 1960s, have been published in two volumes by Perron in 1973–1974. The body of the book covers the years from 1773 to 1793. The published edition included other texts, such as the account of his trip to America, and two “Notes sur l’émigration”. The commentary is poor, and a critical study of the two existing manuscripts would be welcome. 31 Louis-Philippe, Mémoires, vol. 2, 292–321, 385–425. 32 Louis-Philippe, Mémoires, vol. 2, 380–387. 33 Antonetti, Louis-Philippe, 233.

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Louis-Philippe’s future as a constitutional king, one might be tempted to read the memoirs as a kind of self-fulfilling prophecy.34 But also taking into account the fact that a publication in Louis-Philippe’s lifetime would have been problematic, one should not underestimate the importance of self-narration in a person’s sense of their own trajectory, a thing that usually precedes any conscious attempt at self-promotion.35 So, the memoirs helped Louis-Philippe to understand and define his political profile as a prince: he denounces the extremes of Jacobin politics and clearly distances himself from republicanism, without however disavowing the benefits of a constitution for France. As for his ambiguous role in Dumouriez’s plot, which suggests at least a tacit agreement, it must also be remembered that if it had succeeded, the Revolution would probably have come to an end. In that case, it is therefore conceivable that Louis-Philippe’s father and brothers would have been freed. Moreover, participating in the monarchical restoration would have partially atoned for the shame of Orléans vote for the death of Louis XVI and would have rehabilitated not only Louis-Philippe but his entire branch. A passage written in May 1800 – two years before the first mention of the drafting of the memoirs – would confirm both Louis-Philippe’s participation in the conspiracy and its purpose: La douloureuse journée du 21 janvier [the day of Louis XVI’s death] ne me laissa plus d’espoir de réparer des maux irréparables et me fit voir clairement qu’il était impossible de continuer à faire cause commune [with my father]. Je le lui mandai franchement, je lui dis que j’allais malgré moi à l’ar(mée?) et que je m’en irais, ou ferais quelque chose qui marquerait mon opinion; […] tout le monde sut mieux encore la part que je pris à l’entreprise de Dum(ouriez), cependant cette connaissance exista bien longtemps sans m’affranchir de cacher de réprobation que nous avais imprimé le 21 janvier.36

But what is confessed in a letter to his mother, is disguised in Louis-Philippe’s personal narrative, because its mention would have obscured a political profile that was also built upon the foundations of Dumouriez’s own failure. Given that Louis-Philippe’s escape had fatally compromised his father and brothers, telling the story in his own terms and insisting on his good will was a way of absolving himself in his own eyes – of proving that what he had done was right.37 Very aptly, the memoirs did not dwell on the immediate consequences of his escape. He does not linger over the arrest of his family or his father’s death. The years he spent wandering in northern Europe when he was still being targeted by Orléans’s supporters who wanted to promote his candi34 Antonetti calls the memoirs “pugnacious”, attributing to them a character of explicit political propaganda, Ibid. 334. 35 A publication would have been inadmissible during both Louis XVIII’s and Charles X’s reigns and when Louis-Philippe himself became king, he was not in a position to publish his personal memoirs. 36 Louis-Philippe to the dowager Duchess of Orléans, undated (May 1800), AN 300 AP III 15, fol. 205– 208. 37 Brown, Louis-Philippe Before the Throne, 20; Margadant, La Restauration du duc d’Orléans, 205.

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dacy for the throne and had not yet become reconciled with Louis XVI’s brothers are only covered in part and mostly in later notes. After 1800, once he had settled into a more comfortable situation, that of a royal exile in Britain and a prince reconciled with the other princes, Louis-Philippe would focus on the Revolution, so as to turn a personal trauma into a personal parable. The émigré princes also had to process their counter-revolutionary failure, but they did so in a less explicit, less reasoned way than Louis-Philippe. If the future king of the French made a conscious effort to look back through the act of writing, neither Provence, Artois nor Condé really questioned their actions. In their letters and journals, they simply – but gradually – acknowledged that their plans had failed.38 In general, they looked for scapegoats. As we have already seen, for them the original blame lay with Louis XVI’s hesitation, which had given European rulers a perfect excuse not to take them too seriously and thus had let the Revolution spread. Without the king, the fatal indecision became that of the European sovereigns, accused of selfishness and of not giving an adequate response to the French military offensive. Moreover, Provence’s ascension as king after the death of Louis XVI’s son in June 1794 was never recognised by European cabinets. Even if governments agreed to deal with him and his delegates, to them he was no more than the comte de l’Isle, a somewhat awkward political presence to handle – and to accommodate, since exile was the only option for him at the time. He had to travel from Italy to Germany and finally wandered for many years in the territories of the Russian Empire before settling down in England at the end of 1807.39 Another reason for reproaching the European powers was the rapid dismantling of the émigré army, mainly due to the mismanagement of financial resources. It was the end of the heroic utopia of the princes and the Duke of Bourbon, son of Condé, commented gloomily: ‘on ne voit que des malheureux; des gens mourants de faim’.40 Only a small contingent, known as the Armée de Condé, after the prince who commanded it, was kept operational and served under Austrian, Russian and finally British orders. Conditions were far from ideal, and Condé lamented in 1797 both the precariousness of the equipment and the uncertainty of policy after eight years of fighting: ‘on m’ôte tous les moyens de continuer la guerre, quand même on la recommencerait’ – and since it seemed that this was not the case, any hope of restoration was in vain, and he concluded: ‘il n’y a rien à faire pour le Roi’.41 It became increasingly clear that while it was in the general interest of the cabinets to ‘restore some degree of order’ in France, the restoration of the Bourbons to the

38 All three princes of the Condé branch kept diaries. The ones kept by the prince of Condé and by the Duke of Enghien were published in 1924 and in 1841 respectively. The journal of the Duke of Bourbon is unpublished and held in the Archives de la Maison Condé in Chantilly. 39 Mansel, From Coblenz to Hartwell, 9–21; Boutry, ibid. 40 Bourbon, Journal, November 20th, AMC, Série Z 1 ZR 21, fol. 78. 41 Condé to Bourbon, October 27th, 1797, in: Rance, L’exil des Condé, 27.

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French throne was not a priority.42 Talks of a truce or peace with the republican – and then consular – government began to appear in the correspondence of the princes – Louis-Philippe included – as a shameful and senseless act. In February 1799, Bourbon wrote to Artois: ‘plus ces puissances retardent le moment de déclarer une guerre juste à laquelle elles seront un jour forcés, plus elles s’exposent à éprouver des grands embarras dans leurs propres armées où le venin révolutionnaire circule avec rapidité’.43 In 1802, Louis-Philippe wrote to his brother Beaujolais that he was impressed to see how ‘l’apparence de la guerre s’éloigne chaque jour, sans que la possibilité de l’éviter existe’ but thought bitterly that ‘ces gens-ci [the European powers] paraissent décidés à se soumettre à tout’, and particularly to Bonaparte.44 Adding to the Bourbons’ frustration was the fact that they hoped to continue fighting somehow. Louis-Philippe, his brothers, and their cousin Enghien all hoped to serve in the Russian, Austrian or British armies, but were prevented from doing so by the fact that any of these countries could, at any time, come to terms with France, which would put them in an embarrassing position.45 For lack of a better way, Artois kept his military spirit alive by striding around Holyrood House, the residence George III had offered him in Edinburgh, wearing an unnecessary uniform.46 In a perverse sense, the success of the French republican army in Europe and the subsequent capitulation of several governments somehow proved the princes right in their plan to fight the revolution from the start and reinforced the view that they should have been listened to. One can sense the satisfaction underlying the words Louis-Philippe attributes to Artois: Si la Révolution était restée dans ses premières limites et sans les excès qui l’ont suivie, [les souverains étrangers] n’auraient jamais compris qu’il fallait nous appuyer, et nous aider à l’écraser par la force. Ils l’ont compris trop tard pour eux-mêmes et pour nous, mais je peux dire que ce n’est pas ma faute, car je n’ai cessé de leur répéter.47

The responsibility attributed to foreign powers excused the princes for the poor results they had achieved on their own and, above all, for the failure of the counter-revolutionary movements in France. As we have already seen, the princes never placed

42 George III to Baron Grenville, February 9th, 1793, Dropmore Papers, vol. 2, 378, in Hutt, Chouannerie and Counter-Revolution, 102. Cf. Mansel, From Coblenz to Hartwell, 1–21; Mansel, Un adversaire de longue haleine, 163–178; De Waresquiel, L’obstination d’un roi, 32–43; Boutry, Les Bourbons en exil, 249–251; Mormile, Affaires de Famille, 298 f. 43 Bourbon to Artois, February 20th, 1799, AMC, Z, V. CCXXI, fol. 93 f. 44 Louis-Philippe to Beaujolais, November 20th, 1802, AN 300 AP III 15, fol. 77. 45 Rance, L’exil des Condé, 26; Beaujolais to Louis-Philippe, December 10th, 1803, AN 300 AP 15, fol. 186. 46 Artois to Condé, September 18th, 1796, AMC, Z, V. III, fol. 271; Bourbon to Condé, March 25th 1796, AMC, Z, V. VIII, fol. 215. 47 Louis-Philippe, Mémoires, vol. 2, 477. Louis-Philippe does not, in this case, discredit Artois’ vision. Cf. Artois to Lord Moira, June 3rd, 1796, Mount Stuart, HA 5 6.

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too much faith in provincial revolts. Thus, the counter-revolution the princes wanted was not automatically the one that happened: the two movements needed each other but did not coincide. This established a chain of reproaches, with the local movements not being able to count on the princes, and this was because the princes could not convince the European cabinets to place an army at their disposal. For example, between 1789 and 1790, there was a plan to bring to Lyon, a city where anti-revolutionary sentiment was strong, a Sardinian army augmented by troops supplied by the Swiss cantons and joined by a Spanish regiment that would have to cross the Pyrenees. But as neither the Spanish nor the Sardinian king was willing to operate without the agreement of Louis XVI, when the National Assembly blocked the insurrection in Lyon before it had even begun, the project failed and the princes were nowhere to be seen.48 Between 1794 and 1795, the same dynamic was established in a different theatre, namely, the Vendée. This region in north-western France had been unstable since 1793 and its proximity to the United Kingdom favoured a channel of communication between local counter-revolutionary leaders and the British government, then at war with France. The princes’ desire to be actively involved as an interested party prompted the Pitt cabinet to consider Artois as a means of facilitating a possible operation in France, encouraging the counter-revolutionaries, and possibly taking command of them.49 But once again, a clash between different visions produced an impasse. Firstly, once Artois entered the game, the counter-revolutionary leaders had to seek his approval in order to be recognised as a legitimate force working for a royalist restoration. They did not, however, obtain a full approval, as Artois mistrusted some of them, such as the ex-constitutionalist count de Puisaye – and desired to maintain control.50 Secondly, Artois mistakenly thought that Britain was prepared to support his expedition with a considerable military force, when in fact it was only prepared to be auxiliary to the émigré and local forces.51 The misunderstanding became apparent in August 1795 when the British agreed to take Artois to the Île d’Yeu, a small island not far from the Vendée coast, where he was to arrange a meeting with another counter-revolutionary chief, Charrette. As Charrette failed to give Artois assurances about the size of his military force, and once the British had made it clear that they would not provide an army, Artois refused to come down and hurried back to England.52 What could easily pass as an act of co48 Diesbach, L’émigration, 130; Marie Antoinette to Leopold II, December 19th, 1790, De la Rocheterie/ De Boucourt (eds.), Lettres de Marie Antoinette, vol. 2, 203. Price, The Fall of the French Monarchy, 123. 49 The main work on the relationship between the British government, the French princes and the vendéens chiefs stays, up until this day, Maurice Hutt’s study, Chouannerie and Counter-Revolution. 50 Hutt, Chouannerie and Counter-Revolution, 155–158. Artois to Vaudreuil, December 5th, 1794, Pignaud (ed.), Correspondance intime, vol. 2, 219. 51 Hutt, Chouannerie and Counter-Revolution, 261–307; Sutherland, L’expédition de l’île d’Yeu en 1795, 54 f.; Mormile, Les Bourbons en exil juges du royalisme, 83. 52 Sutherland, L’expédition de l’île Yeu en 1795, 51–53; Hutt, Chouannerie and Counter-Revolution, 360; Mormile, Les Bourbons en exil juges du royalisme, 84.

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wardice conceals a deeper insight into the princes’ understanding of what they represented and what they expected from their country: local movements were certainly deemed heroic in their willingness to support the princes’ mission to restore the monarchy, but because they did not necessarily respond to the princes, they were also perceived as dangerously unstructured, if not too ‘popular’ to be trusted, let alone to be joined.53 The mistrust of the émigré princes for what did not emanate directly from them, including national sentiment, led them to consider a civil war to be a fortunate prospect, one that would help the ‘secours étrangers’ conquer the country.54 In their political discourse, the Royalists who remained in France had the same aim as always: to confirm the right of the princes to protest against the Revolution, but by the same token not to interfere in high politics. The idea of the foreign army, which would soon acquire a mythical meaning, remained in the minds of the princes the only element that would guarantee their victory and make the Restoration truly happen. Any other means was unconvincing. In 1798, Bourbon denied in a letter to Condé the rumour that he was working to raise a regiment of émigrés from England. Not only, he declared, would he never do anything of the sort without the consent of his father and Louis XVIII, but even so, ‘je suis bien loin d’avoir le désir de me charger d’une commission aussi pénible et aussi embarrassante’.55 At the end of 1799, Artois avoided planning another descent into Brittany on the assumption that he would shortly be called to join the Russian army commanded by Suvorov in Switzerland.56 When even the Swiss plans evaporated, however, he did not revert to the other proposal and opted to limit himself to sending the Royalists in the west of France some rather vague instructions to ‘calmer et entretenir’ the spirits but to discourage unnecessary action.57

3 A success through Napoleon’s failure? Loss, leisure, and statements (1800–1814) When every option to end the revolution from outside Paris – through invasions, or local uprisings – seemed to have failed or was destined to fail, the only hope left for the princes was that the revolution would end from within.58 Given the influence that certain politicians, and especially army generals, exerted over events, the prospect of 53 Condé, Mémoire sur le moment présent, 176; Cf. Bourbon to Artois, June 1795, Bourbon to Artois, August 9th, 1795 in Mormile, Les Bourbons en exil juges du royalisme, 85. 54 Bourbon to Condé, November 27th, 1795, in Mormile, Les Bourbons en exil juges du royalisme, 85. 55 Bourbon to Condé, July 20th, 1798, AMC, Z, V. VIII, fol. 283–288. 56 Daudet, Louis XVIII et le comte d’Artois, 566, 588. 57 Bourbon to Condé, September 1st, 1799, AMC, Z, V. VIII, fol. 309–316. Cf. Mormile, Les Bourbons en exil juges du royalisme, 86. 58 Mansel, Louis XVIII, 184.

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winning over a man who, having seized power, would put it in the hands of the legitimate sovereign remained an option for the Bourbons. The idea was underpinned by a sense of historical repetition and the spectre of a “new Monck”, the general who had made Charles I’s restoration in Britain in 1660 possible, haunted the republicans and raised the hopes of the Royalists from 1794.59 Bonaparte’s return from Egypt, the echoes of his victories and the coup d’état of 18 Brumaire soon made him First Consul and the only man on whom the Bourbons could possibly rely. In February 1800, Louis XVIII sent Bonaparte a flattering letter and intended to cry up his successes and to lead him to expect greater ones if he devoted himself to the return of the monarchy. Bonaparte replied with words that have remained famous: ‘N’essayez pas de revenir en France. Il vous faudrait marcher sur cent mille cadavres’.60 This reply was lucidly commented on by the Prince of Condé, whose small army would soon be disbanded for good, marking the definitive end of the princes’ military adventure. He wrote to his son: ‘à l’égard de ce qu’il prédit, s’il [Bonaparte] se consolide, il voit juste’.61 The consolidation of Bonaparte’s power soon proved Condé right and Louis XVIII’s attempts to bring Bonaparte back to the monarchical cause came to an end. Once all hope of using the First Consul dissolved, he – his hunger for power, his origins, his success – quite understandably became the object of a mixture of hatred and contempt. In April 1800, the Bourbons hoped that Bonaparte would push his luck too far, amassing in his own hands more power than a republican state could tolerate, and leading someone to assassinate him.62 Oddly enough, since admitting the possibility of an alternative kingship was a worrying prospect, they viewed a republican vendetta and a consequent redistribution of power almost sympathetically, as this would allow the Bourbons to retain the royal prerogative. At that time, the possibility of a Bonaparte actually reigning still struck the Duke of Bourbon as absurd: Les Français rougiront de se laisser gouverner par un aventurier corse, sans principes, sans religion, qui n’a d’autre mérite que ses talents militaires, et sa prodigieuse activité dans les circonstances difficiles.63

But for others, it was clear that this was exactly what was happening. For LouisPhilippe, whose reconciliation with the rest of the dynasty still echoed a past of rebellion, his hatred of Bonaparte was a way of adhering to the family cause and banishing any suspicion of personal ambition. As he wrote vehemently to his mother as early as June 1800, it was him, Bonaparte, who was the ‘usurpateur du trône de ma famille […]

59 Francesco Benigno [et al.], Napoleone deve morire, 137–148. See also Kerautret, Napoléon et la quatrième dynastie: fondation ou restauration?, 35–48. 60 Mansel, Louis XVIII, 184; Waresquiel, L’obstination d’un roi, 37; Boutry, Les Bourbon en exil, 248. 61 Condé à Bourbon, Juin 17th, 1800, AMC, Série Z, V. ZCCIII, fol. 77. 62 Bourbon to Condé, Avril 16th, 1800, AMC, Z, V. CCXXI, fol. 99–104. 63 Ibid.

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un usurpateur assis sur le trône du malheureux Louis 16.’ 64 In January 1803, Artois’s son, the Duke of Berry acknowledged that the rise of the future emperor could not be halted: ‘tout prend le chemin de la Royauté pour Buonaparte [sic]’.65 At this point, the contrast was no longer between legitimacy and usurpation, but between possibility and immobility. If in fact, Bonaparte was on the ‘bon chemin’, on the side of the Bourbons things were at a standstill: ‘rien ne s’achemine […] au contraire, nous sommes oubliés’.66 Probably hoping to make the oblivion permanent, in February 1803, Bonaparte proposed to Louis XVIII that he should renounce his rights to the throne in exchange for monetary compensation.67 Louis XVIII and all the princes publicly protested and refused, insisting that by doing so they were also expressing France’s true wishes: Positivement certain que la grande majorité des Français partage intérieurement tous les sentiments qui nous animent, c’est au nom de nos loyaux compatriotes, comme au nôtre, que nous renouvelons devant Dieu, sur notre épée, et entre les mains de notre Roi, le serment sacré de vivre et de mourir fidèles à l’honneur, et à notre légitime Souverain.68

But apart from this proclamation, which showed that they were not giving up their rights, the episode was a clear sign of the times: the choice was now between being patient or being defeated.69 There were several ways to be both. Philosophically, one could go to extremes and be like Louis-Philippe, who already in 1800 saw the rise of Napoleon as a new phase in a ‘rotation continuelle de malheurs’ that had affected France and would see the revolution as something destined never to end: ‘un abîme sans fond’.70 Usually an optimist – ‘le découragement n’atteindra jamais mon âme’, he declared to a courtier in 180271 – Artois became gloomy following the death of his mistress in 1804, which anticipated the proclamation of the Empire by a few months. On the anniversary of his emigration in July 1789, which he retrospectively said had prevented him from suffering ‘une mort inutile’, he grudgingly confessed to his old friend 64 Louis-Philippe to the Dowager Duchess of Orléans, undated (May 1800), AN 300 AP III 15, fol. 205– 208. 65 Berry to Angoulême, January 8th, 1803, Kew, The National Archives, FO 95 638, copy. 66 Ibid. 67 Mansel, Louis XVIII, 123 f. et De Waresquiel, L’obstination d’un roi, 38. 68 Publication faite par Monsieur, frère du Roi de France, AN 300 AP III 15, fol. 232. Cf. Boutry, Les Bourbons en exil, 249. Boutry reports a different version of the proclamation, mistakenly quoted by Walter, Le comte de Provence, 369. 69 According to Mansel (who quotes Daudet, Histoire de l’émigration, vol. 3, 251 and the papers of the Duke of Serent) Louis XVIII would, on the other hand, have contemplated accepting a pension from the First Consul, ‘to Artois’s horror’ (Mansel, From Coblenz to Hartwell, 11). This is not apparent from the correspondence between the princes. 70 Louis-Philippe to the Dowager Duchess of Orléans, undated (May 1800), AN 300 AP III 15, fol. 205– 208. 71 Artois to the Marquis de la Quenille, undated (May 1802), Kew, The National Archives, FO 95 638, copy.

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and accomplice, Vaudreuil, that he now found his life purposeless: ‘je n’existe plus que pour demander à Dieu d’abréger mon supplice’.72 Artois also expressed his sadness to Louis XVIII, who reproached him for a dangerous tendency towards political nihilism: Je ne vois que trop les traces de [doubleur accablante] dans cette phrase qu’en toute autre circonstance j’appellerais cruelle: Le Ciel me réserve peut-être la véritable consolation de mourir bientôt en vous servant. Non, il ne vous la réserve point; il faut que vous viviez pour pleurer ce que nous avons perdu, pour aimer ce qui nous reste, pour me remplacer un jour, pour achever l’ouvrage que je ne puis me croire digne de mener à la fin.73

The death of the Duke of Enghien – Condé’s grandson – killed on Bonaparte’s orders in March 1804 seemed to mark another stage in the seemingly inexorable decline of the Bourbons – but it was also interpreted as an opportunity to reassert the rights and perseverance of the dynasty. Louis-Philippe compared Napoleon to Macbeth, asserting that Enghien’s ‘catastrophe’ could have the benefit of striking a blow at the ‘trône de l’usurpateur’ and thus ‘assurer le rétablissement de son maître’.74 Louis XVIII tried to take advantage of the general indignation over Enghien’s death to issue a proclamation in which he urged the French not to give in to the ‘soif et à la jalousie des tyrans’ and to help them avenge the ‘jeune héros que des mains impies viennent de ravir à la patrie et à la gloire’.75 Artois, still in a dark mood, went so far as to imagine in a letter to Condé sacrificing himself to avenge Enghien: ‘si je pourrais au prix de mon sang réparer les malheurs qui ont déchiré votre âme et celle de votre fils, je jure que je le donnerais avec un vrai [plaisir].’76 The proclamation of the Empire and the coronation of Napoleon completed this annus horribilis and definitively condemned the Bourbons to patience – and silence. Louis-Philippe could comment on the ridiculous appearance of the ‘mock emperor’, and Artois may have dreamed of humiliating him – ‘saisissonsle pour le toupet, et détruisons ce damné Corse!’, but in practice, there was nothing they could do but stand by and watch.77 Of course, they had to keep up the facade to preserve what one might call their existential sense. They had been born princes and to admit that they had lost their crown forever would have meant losing meaning and value. But their display of being the rightful sovereigns of France was less and less welcome, and when in 1807 Louis XVIII asked the British government for permission

72 Artois to Vaudreuil, July 17th, 1804, Correspondance intime, vol. 2, 322. 73 Daudet, Louis XVIII et le comte d’Artois II, 836–841, 853–858. The sentence in italics is Louis XVIII’s quotation of Artois words. 74 Louis-Philippe to George, Prince of Wales, April 13th, 1800, AN 300 AP III 15, fol. 170. 75 Boutry, L’exil des Bourbons, 251. 76 Artois to Condé, Juin 23rd, 1804, AMC, Z, V. III, fol. 315. 77 Louis-Philippe to unknown recipient, June 1804, AN 300 AP III 15, fol. 144 and Artois to Vaudreuil, Kew, The National Archives, FO 95 638, copy.

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to settle near London in order to join the rest of the family, the cabinet instructions were clear: the comte de l’Isle could come but he was not to meddle in politics.78 However, it was not all drama and declarations. Although Louis XVIII was not recognised, the other princes living in Britain were still treated as high-profile figures, leading a fashionable lifestyle, and being known by their former titles and prerogatives. English newspapers gave accounts of their movements and entertainments, showing their close links with the British aristocracy. If the residences they kept in and around London were not too splendid – as they had to be paid for out of the £ 500 a month the princes received – they spent months travelling from estate to estate when visiting eminent aristocrats such as the Duchess of Devonshire, the Earls of Moira and Dumfries or the Duke of Queensbury.79 These visits had the double advantage of honouring the host with a royal presence and the visitors with a sumptuous setting. These attendances did not escape the public eye. For example, on October 7th, 1806, the Sun reported: On Saturday morning, the Marchioness of Stafford arrived in town from the family seat, near Stone, in Staffordshire. The Count d’Artois, the Duke of Orléans and all that are in England of the illustrious House of Bourbon have for some time past been down in Staffordshire, enjoying the festivities of Trentham. The French Princes, however, are now in town, and some of those distinguished Foreigners yesterday visited the amiable Marchioness and congratulated her upon her safe arrival in town.80

The life of princes in Great Britain had a bittersweet taste. Alongside the symbolic existence, nostalgically projected into the Restoration, there was a pleasant life to enjoy daily. The fact that there was no recognised court allowed the princes to enjoy some leisure time – even some coveted solitude. After a week of receptions in Edinburgh in 1802, Artois would happily write: ‘Grâce à Dieu, j’ai fini toutes mes politesses, et nous rentrons dans notre solitude’.81 As mentioned earlier, it was in Twickenham that Louis-Philippe found time to begin his Memoirs, which he jokingly sent to his brother Montpensier to ‘[le] faire endormir’.82 Exile could also be fun. Bourbon’s diary tells us that he and Artois each owned a buggy, a light, fast vehicle for two people in which they used to ride ‘fort gaiement’ near the fashionable suburb of Tunbridge in the sum-

78 Mansel, Louis XVIII, 151–153. 79 For an idea of the area the Bourbons settled in, see Mansel, Court in exile, 104–107. To be more precise, the sum of £ 500 per month was given to each of the chef de branche (Artois, Louis-Philippe and Condé). A supplementary sum of £ 250 was given to them to provide to their sons (Angoulême, Berry and Bourbon), with the exception of Louis-Philippe’s brothers, that had to share the £ 500 he received. The Duke of Enghien, Bourbon’s son, received a separate pension of £ 250 per month even though he never lived in Britain. (Louis-Philippe to the Duke of Portland, May 31st, 1807, AN 300 AP III 16, fol. 115). 80 Sun, October 7th, 1806. 81 Artois to Vaudreuil, July 24th, 1802, FO 95 638, copy. 82 Louis-Philippe to Montpensier, November 10th, 1802, AN 300 AP III 15, fol. 137.

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mer of 1801.83 Beaujolais, Berry, Artois and Montpensier gathered to watch the horse races at Hamilton in 1802.84 In 1807, the daughter of the Duchess of Devonshire was surprised that Artois still retained his ‘high and childlike spirit’ despite his long and seemingly irremediable ‘public and private calamity’.85 She compared Artois to James II, who according to Madame de Sévigné ate merrily at Versailles ‘comme si n’y avait point de Prince d’Orange au monde’.86 In 1808, the Bourbons were received at Stowe House by the Marquis of Buckingham and had a merry time. Louis-Philippe recounts that Artois danced ‘faisant le bonheur universel’ and that he and one of Artois’ sons, the Duke of Angoulême, were trapped with the young Lady Mary Grenville in a “swamp” where they were about to ‘mourir de rire, car la pluye nous a pris’.87 Of course, the Bourbons did not lose sight of what was happening in Europe. Between 1808 and 1810, their eyes were fixed on the French invasion of Spain, which led to the collapse of another ruling branch of their house. Both Louis XVIII and LouisPhilippe tried to convince the British to support a monarchist revolt, the pretender issued yet another declaration, but the British government had no intention of going down that road again.88 The Neapolitan branch was still standing but took refuge in Sicily; Louis-Philippe went there and married a princess, Marie-Amélie, and in September 1810 became the father of the first Bourbon prince born in twenty-five years (the last being the last child of Louis XVI and Marie Antoinette, born in 1785). This small step in the future of the House of Bourbon was not enough to compensate for the great event of the year, the marriage of Napoleon and Marie-Louise of Austria, which strengthened the new dynasty in its most brilliant alliance and promptly provided the Empire with an heir. Four years still had to pass between the Spanish venture and the first Restoration, for Louis-Philippe to exclaim in a letter to the Prince of Starhemberg, the Austrian ambassador in London who had been his neighbour at Twickenham during his English exile: Qui nous l’eut dit que nous nous retrouverons à Paris!! […] Quelles vicissitudes! Puissent-elles au moins nous avoir appris à tous à connaitre les temps où nous vivons, les hommes avec qui nous avons à vivre, & à agir en conséquence! C’est ce que souhaite bien sincèrement à tous les Rois & à tous les Princes & à tous les Ministres.89

Had the lesson of the Revolution been learned? It could be said that this is never the case in history, and failure, like victory, is not synonymous with knowledge. In the 83 Bourbon, Journal, August 1st, 1801 AMC, Z, 1 ZR 21, fol. 322. 84 Montpensier to Louis-Philippe, October 22nd, 1802, AN 300 AP III 15, fol. 196. 85 Harriet Cavendish to the dowager countess Spencer, October 18th, 1807, in Hary O, 217. 86 Ibid. 87 Louis-Philippe to Beaujolais, January 19th, 1808, An 300 AP III 16, fol. 22. 88 See, e. g. the note written by Louis XVIII to Louis-Philippe on 1st July 1808 and the note he sent to the British government on the 17th July 1808 (AAE, MD, CP Angleterre, 615, fol. 92; Dossier 604, fol. 229, copy). Cf. Antonetti, Louis-Philippe, 395–402; Mansel, Louis XVIII, 170. 89 Louis-Philippe to the prince of Starhemberg, April 28th, 1814, AN 300 AP III 16, fol. 43.

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case of the Bourbons, Louis XVIII was the only one who managed to die in his bed – in Paris, in 1824. As for the others, the “vicissitudes” mentioned by Louis-Philippe did not prevent him from being dethroned in 1848: he too failed to “know the times in which he lived” and ignored the rise of the working class and its political power. His own ascent to the throne as Charles X’s successor in 1830 was the result of another failure – that of Artois’s wish not to repeat the mistakes he had attributed to Louis XVI in 1789. Having blamed his brother for being weak, he endeavoured to be authoritarian, the consequence being a new revolution for France and a new exile for himself. The only thing Artois succeeded in doing, however briefly, was to satisfy the princes of the blood by granting them a status similar to that of the royal family, thus compensating for the sense of inferiority that the princes had always fought against, and which had contributed to their restlessness in the summer of 1789. But gratitude for the upgrade did not prevent Louis-Philippe from accepting the throne when the spectre of a new republic presented itself. After all, the crown was the property of all the princes, and now, as in the past, some thought they could do better in avoiding one failure while paving the way for another.

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Ulrich Niggemann

Scheitern als moralischer Sieg? Ambivalenzen des Scheiterns am Beispiel der Jakobitenaufstände im Großbritannien des 18. Jahrhunderts Das 17. Jahrhundert stellte in England, Schottland und Irland eine Zeit tiefgreifender politisch-sozialer wie auch religiöser Umwälzungen dar. Insbesondere die Revolution und das Interregnum zwischen 1638 und 1660, die Restauration der Stuart-Monarchie 1660 sowie die Ereignisse der Glorious Revolution von 1688/89 stellten – auch von den Zeitgenossen als solche wahrgenommene – Brüche und Zäsuren dar.1 Sie gingen einher nicht nur mit Triumphen und Niederlagen für verschiedene konfessionelle und politische Strömungen im Land, sondern auch mit entsprechenden Umdeutungen des Vergangenen und Zuschreibungen von Scheitern und Niederlage. Insbesondere nach der Glorious Revolution wurde die Vergangenheit bzw. die Erinnerung an das vorangegangene Stuart-Regime umcodiert und zu einem Narrativ konstruiert, das eine bevorstehende Zerstörung englischer Freiheiten und des Protestantismus unterstellte, die im letzten Moment durch das Eingreifen Gottes und durch das Handeln Wilhelms III. von Oranien habe abgewendet werden können.2 Parlamentarische Freiheiten und der protestantische Charakter des Königreichs – ab 1707 durch die Union Englands mit Schottland zum Königreich Großbritannien vereinigt – wurden in der Geschichtsdeutung des 18. Jahrhunderts untrennbar mit den Errungenschaften der Glorious Revolution, der Herrschaft Wilhelms III. und ab 1714 mit der nunmehr regierenden Hannoveraner Dynastie verknüpft. Jene teleologisch-fortschrittsorientierte Erzählung der Whig Interpretation of History, um hier noch einmal Herbert Butterfields Formulierung aufzugreifen3, ließ die Erfolgsgeschichte Großbritanniens im 18. Jahrhundert, die Geschichte des first British Empire, aber auch die Erfolge des 19. Jahrhunderts als gewissermaßen natürliches Ergebnis der Glorious Revolution erscheinen. Von nun an sei britische Geschichte geprägt gewesen von einem vernünftigen Gleichgewicht der Kräfte, von der rationalen Aushandlung politischer Gegensätze im Parlament, von einer gemäßigten und parlamentarisch eingehegten Monarchie, die letztlich solche Turbulenzen, wie sie Frankreich in der Folge der Revolution von 1789 und zahlreiche weitere Staaten im Umfeld der Revolutionen von 1848 erlebt hätten, überflüssig gemacht habe. Oder in den Worten von Thomas Babington Lord Macaulay:

1 Vgl. einführend Coward, The Stuart Age; Hill, The Century of Revolution; Greyerz, England; Harris, Restoration; ders., Revolution; Hoppit, A Land of Liberty. 2 Vgl. Niggemann, Revolutionserinnerung. Zu den konkurrierenden Deutungen auch Kenyon, Revolution Principles; und Claydon, William III and the Godly Revolution. 3 Butterfield, The Whig Interpretation of History. https://doi.org/10.1515/9783111087122-010

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„The highest eulogy which can be pronounced on the revolution of 1688 is this, that it was our last revolution.“4 Was ein solches Narrativ freilich ausblendet, ist, dass es auf den Britischen Inseln – mit Unterschieden in England, Schottland und Irland – durchaus auch Gegner der Revolution gab, und dass diese Gegnerschaft einen langen Schatten auf das postrevolutionäre Regime warf. Insbesondere in Schottland und Irland existierte eine nicht zu ignorierende Anhängerschaft der exilierten Stuart-Dynastie, und selbst in England bestand abgespalten von der regimetreuen Anglikanischen Kirche eine Nonjuring Church, eine Anzahl Geistlicher, die den Bruch mit den Stuarts als Eidbruch empfanden, die sich nicht bereit erklärten, dem neuen Regime einen Loyalitätseid zu schwören und die die Amtsenthebung der Eidverweigerer, der Nonjurors, als Bruch mit der Apostolischen Sukzession empfanden.5 Und auch andere Gruppen, die kleine katholische Minderheit in England, die etwas größere katholische Minderheit in den schottischen Highlands und die katholische Mehrheitsbevölkerung in Irland pflegten zumindest teilweise Stuart-Sympathien.6 Andere setzten aus politisch-taktischen Gründen auf eine Stuart-Restauration. Zumindest am äußeren Rand der sich herausbildenden Tory-Partei gab es ein hohes Maß an Unzufriedenheit mit dem von den Whigs dominierten politischen System der Hannoveraner Dynastie.7 Diese in sich sehr heterogenen Gruppierungen, die mit dem Oberbegriff Jakobitismus in ihrer Vielfalt nur unzureichend erfasst werden können, gelten in der historischen Rückschau als Verlierer. Die beiden großen Aufstandsversuche 1715 und 17458 werden dementsprechend nicht nur als gescheitert hingestellt, sondern in einer teleologischen Konstruktion als notwendigerweise zum Scheitern verurteilt präsentiert. Der Lauf der Geschichte selbst sei – so die implizite Voraussetzung – über sie hinweggegangen, die Aufstandsversuche seien demnach allein retardierende und rückwärtsgewandte Bemühungen, diesen Lauf der Geschichte aufzuhalten, reine Nostalgie so wie die romantischen Projektionen eines Sir Walter Scott. Es liegt auf der Hand, dass solche Repräsentationen der Vergangenheit nicht nur teleologisch sind, indem sie dem geschichtlichen Verlauf ein eindeutiges Ziel unterstellen und Abweichungen davon marginalisieren, sondern auch das Scheitern als historisches Faktum setzen und dabei unreflektiert Perspektiven und Zuschreibungen adap-

4 Macaulay, History of England, Bd. 2, 397. 5 Vgl. zu den Nonjurors Overton, The Nonjurors; Bennett, Conflict in the Church; Every, The High Church Party; Goldie, The Nonjurors; Cornwall, Nonjuring Bishops; und zu den Jakobiten, den Anhängern des Stuart-Regimes, Cruickshanks, Political Untouchables; Lenman, The Jacobite Cause; Pittock, Jacobitism; Szechi, The Jacobites. 6 Zum Katholizismus in England, Schottland und Irland Walsham, Church Papists; Glickman, The English Catholic Community; Corens, Confessional Mobility. 7 Colley, In Defiance of Oligarchy. Zur Hannoverschen Thronfolge 1714 vgl. insbesondere die im Jahr 2014 erschienene Jubiläumsliteratur; etwa Meiners (Hg.), Als die Royals aus Hannover kamen; Asch (Hg.), Hannover, Großbritannien und Europa. 8 Vgl. etwa Lenman, The Jacobite Risings.

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tieren, die nur aus konkreten historischen Kontexten heraus verständlich sind. Neuere Arbeiten haben dagegen einen Ansatz entwickelt, der Scheitern stärker aus dem Blickwinkel der jeweiligen Zeitgenossen deutet. Dabei wird der Begriff explizit als umstritten und umkämpft aufgefasst, als Zuschreibung, die von konkreten Akteuren in konkreten Situationen – bisweilen auch konkurrierend – mit ganz bestimmten Intentionen vorgenommen wird.9 Es geht also weniger darum, das Scheitern bestimmter Akteure als Faktum zu setzen und historisch zu erklären, als vielmehr um die Frage, wer aus welchen Interessenlagen heraus Scheitern konstatierte, welche Narrative um das Scheitern generiert wurden und welche konkurrierenden Deutungen sich damit verbanden. Im Zentrum der folgenden Überlegungen soll daher gar nicht das Scheitern der Jakobitenaufstände von 1715 und 1745 per se stehen, sondern vielmehr die Frage nach zeitgenössischen Zuschreibungen des Scheiterns, wobei im ersten Schritt jene medialen Konstruktionen in den Blick genommen werden sollen, die aus einer hannovertreuen Perspektive das Scheitern der jakobitischen Umsturzbestrebungen thematisierten, um dann im zweiten Schritt die jakobitischen Antworten darauf zu untersuchen. Quellenmäßig entsteht damit indes ein Ungleichgewicht, denn die Masse der medialen Äußerungen findet sich auf Seiten des Hannoveraner Regimes: Das ist natürlich nicht verwunderlich, denn auch wenn es in England seit dem Auslaufen der Licensing Act 1695 keine Vorzensur von Druckwerken mehr gab, standen jakobitische Äußerungen doch verschiedenen Hemmnissen gegenüber: Nicht nur gab es durchaus eine Strafverfolgung für dezidiert systemfeindliche öffentliche Stellungnahmen, es war auch sonst deutlich schwerer, entsprechende Darstellungen zu drucken, zu verlegen und an den Konsumenten zu bringen.10 Ganz anders sah die Situation für das prinzipiell hannovertreue Lager aus: Hier gab es zahlreiche Möglichkeiten, auch heftigen Meinungsstreit zu unterschiedlichen Fragen und auch Kritisches zu drucken und zu verkaufen. Opposition, solange sie nicht fundamental war, konnte sich äußern, ebenso wie die Regierungsseite selbst.11 Interessant für unseren Zusammenhang ist freilich eine Gruppe von Texten, die sogenannten Dying Speeches12 der zum Tode verurteilten Aufständischen, die hier an zwei Beispielen aufgegriffen werden. Obwohl die Interessen und Motive hinter den Veröffentlichungen dieser Reden – etwa durch Daniel Defoe, der vielfach vor allem für ein whiggistisches, jedenfalls hannovertreues Lager journalistisch tätig war13 – nicht klar sind, geben diese Texte doch Einblick in eine Umcodierung des Scheiterns, die hier etwas ausführlicher zu thematisieren ist. Vorab ist kurz 9 Vgl. Brakensiek/Claridge, Editorial, 7–9; Junge, Scheitern und Scheiternsbewältigung. S. auch die Einleitung von Berardinelli, Hugel und Spychala in diesem Band. 10 Vgl. zum Auslaufen der Zensurgesetzgebung Winkler, Wörterkrieg, 5–7; Black, English Press, 1–12; Hoppit, Land of Liberty, 177 f. Zur Strafverfolgung vgl. Black, English Press, 9 f.; Schwoerer, Liberty of the Press, 199, 229; Knights, Representation, 269–271. 11 Vgl. etwa Gerrard, The Patriot Opposition; Urstad, Sir Robert Walpole’s Poets. 12 Vgl. zu dieser Praxis auch Krischer, Die Macht des Verfahrens, 88–90. 13 Zu Defoe vgl. Schonhorn, Defoe’s Politics.

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auf den Übergang zur Hannoveraner Dynastie einzugehen, die schon im Vorfeld den Hintergrund für den Jakobitenaufstand 1715 und in der langfristigen Perspektive auch für den zweiten großen Aufstand 1745 darstellt, auch wenn auf die politischen Entwicklungen während der Herrschaft Georgs I. und Georgs II. hier nicht weiter eingegangen werden kann.14

1 Glorious Revolution und Hannoversche Thronfolge Mit dem Tod Königin Annas am 1. August 1714 traten die erbrechtlichen Bestimmungen der noch von Wilhelm III. 1701 initiierten und im Parlament verabschiedeten Act of Settlement in Kraft.15 Anna selbst war die jüngere Tochter des katholischen StuartHerrschers Jakob II. Wie ihre ältere Schwester Maria stammte sie aus der ersten Ehe Jakobs mit Anne Hyde und war protestantisch erzogen worden.16 Als im Juli 1688 in der zweiten Ehe Jakobs mit Maria von Modena ein Sohn geboren wurde, der katholisch getauft und erzogen werden sollte, rückten nicht nur Maria und Anna in der Thronfolge auf die zweite und dritte Position, sondern es stand auch unmittelbar die Etablierung einer katholischen Dynastie auf dem englischen, schottischen und irischen Thron bevor. Bekanntlich war dies einer der Auslöser der revolutionären Entwicklungen im Herbst 1688 sowie der Intervention Wilhelms von Oranien, der mit seiner Armee am 5. November 1688 im südenglischen Torbay landete. Jakob ergriff daraufhin mit seiner Familie die Flucht und etablierte in Saint-Germain-en-Laye einen Exilhof unter dem Schutz Ludwigs XIV. von Frankreich.17 In der Glorious Revolution entstand nunmehr ein komplizierter Kompromiss, der einerseits möglichst nahe an der traditionellen Thronfolge blieb, andererseits jedoch die neuen politischen Verhältnisse und insbesondere Wilhelm III., der hinter Maria und Anna in der Thronfolge stand, berücksichtigen musste. Der Kompromiss sah vor, dass Maria und Wilhelm als Königspaar gekrönt wurden und dass ihre gemeinsamen Kinder, sofern sie welche hätten, ihnen auf den Thron folgen sollten.18 Das hieß indes nichts anderes, als dass Anna ihre Ansprüche zurückstellen musste, was sie, die sich aktiv gegen ihren Vater gewandt, den Hof verlassen und sich zu den oppositionellen Adeligen nach Nottingham begeben hatte, zunächst bereitwillig tat, was aber später doch Konflikte mit ihrer

14 Vgl. dazu überblicksartig Hoppit, A Land of Liberty; Langford, A Polite and Commercial People. 15 An Act for the further Limitation of the Crown, 12/13 Will. 3 c.2, Statutes of the Realm Bd. 7, 636–638. Zur Act of Settlement vgl. aus der Fülle der Literatur Schnath, Geschichte Hannovers, Bd. 4, 32; Nenner, The Right to be King, 229; Hoppit, A Land of Liberty, 37 f., 161 f.; Troost, William III, 234 f. Zum Tod Königin Annas Gregg, Queen Anne, 394 f.; Niggemann, Revolutionserinnerung, 390–394. 16 Zur Biographie Gregg, Queen Anne. 17 Zu den Ereignissen: Ashley, The Glorious Revolution; Cruickshanks, The Glorious Revolution; Coward, The Stuart Age, 343–378; Harris, Revolution; Schwoerer, The Revolution. 18 Vgl. Nenner, The Later Stuart Age, 203–208.

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Schwester und ihrem Schwager erzeugte.19 Zugleich wurde nicht nur die Flucht Jakobs II. als Abdankung gedeutet, sondern auch sein im Sommer 1688 geborener Sohn, James Francis Edward, für illegitim erklärt. Hintergrund waren die bereits seit Bekanntwerden der Schwangerschaft Marias von Modena kursierenden Gerüchte über eine Täuschung, die dazu dienen solle, eine katholische Thronfolge zu sichern. Diese Gerüchte nahmen in der Folge der Geburt noch zu: Es seien zu wenige Zeugen anwesend gewesen, die zudem nicht vertrauenswürdig seien. Geschichten über einen in einer Bettpfanne ins Schlafzimmer geschmuggelten Säugling machten die Runde. Prinzessin Anna selbst hatte offenbar Zweifel an der Echtheit der Geburt, wie sie ihrer Schwester in mehreren Briefen anvertraute.20 Die vorhandenen Gerüchte und Zweifel erleichterten in der Folge der Revolution die Konstruktion eines Narrativs, das von der Illegitimität James Francis Edwards ausging und somit eine Thronfolge zugunsten Marias und Wilhelms ermöglichte, ohne zu offensichtlich mit dem Erbrecht zu brechen.21 Nach Marias frühem Tod Ende 1694 und nach dem Tod Wilhelms 1702 konnte Anna dann doch noch als Königin gekrönt werden. Noch 1701 hatte Wilhelm im Parlament die Act of Settlement und damit die Thronfolge des Hauses Hannover durchgesetzt, unter der Voraussetzung, dass Anna keine Kinder mehr haben würde. Annas Regierungszeit stand somit immer schon unter dem Vorzeichen eines wahrscheinlichen Dynastiewechsels. Die massiven parteipolitischen Auseinandersetzungen, der sogenannte rage of party22 in ihrer Regierungszeit ist somit auch vor dem Hintergrund der Thronfolgefrage zu verstehen, wobei die Bestimmungen der Act of Settlement weder von den Whigs noch von den Tories noch von Anna selbst je offen in Frage gestellt wurden. Anna war indes bemüht, keinen Hannoveraner Gegenhof in England entstehen zu lassen. Erst mit ihrem Tod wurde Kurfürst Georg Ludwig von Hannover als Nachfolger proklamiert. Als Georg I. bestieg er schließlich die Throne von Großbritannien und Irland.23

2 Die Jakobitenaufstände und die mediale Reaktion 1715 und 1745 Der Dynastiewechsel vom Haus Stuart zu den Welfen verlief zunächst reibungslos, doch im September 1715 brach im schottischen Hochland eine Rebellion aus, und im

19 Vgl. Gregg, Queen Anne, 74–129. 20 Vgl. Kenyon, The Birth; Miller, James II, 180 f., 186 f.; Gregg, Queen Anne, 52; Harris, Revolution, 258 f.; McTague, Anti-Catholicism, 440 f. 21 Vgl. Sharpe, Rebranding Rule, 315–319; Niggemann, Revolutionserinnerung, 117–119, 184–188. 22 Begriff bei Plumb, The Growth of Political Stability, 129–158. 23 Vgl. Gregg, The Protestant Succession, 259; Thompson, Georg I., 46–48; Hoppit, A Land of Liberty, 389–392.

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Dezember desselben Jahres landete James Francis Edward Stuart in Aberdeenshire. Nachdem die Schlacht von Sherrifmuir noch ohne klares Ergebnis geblieben war, wurde der Vormarsch der Jakobiten nach Nordengland hinein bei Preston in Lancashire gestoppt. In der Folge brach der Aufstand bald in sich zusammen, wohl einerseits weil mit dem Frieden von Utrecht und dem Tod Ludwigs XIV. die Unterstützung aus Frankreich fehlte, andererseits aber auch, weil sich viele der Highland Clans nach anfänglicher Begeisterung bald wieder abwandten.24 In London herrschte dennoch angesichts der Ereignisse im Norden eine Alarmstimmung, die sich auch medial niederschlug. Schon im unmittelbaren Vorfeld der Thronbesteigung Georgs I. hatten zahlreiche Flugschriften, Predigtdrucke und Zeitschriften aus dem Whig-Lager diese Alarmstimmung forciert, indem sie eine jakobitische Restauration als reale Gefahr darstellten.25 Der Aufstand ab Herbst 1715 schien dieses Bedrohungsszenario zu bestätigen und wurde vor allem in zwei Richtungen auch instrumentalisiert: Konfessionell gegen eine High-Church-Bewegung innerhalb der Anglikanischen Kirche, die bereits in den Jahren zuvor den Katholizismus als wahren Feind der englischen Kirche verharmlost habe, und politisch als Beleg dafür, dass zumindest Teile der Tory-Partei insgeheim jakobitische Neigungen gepflegt hätten.26 Der ausgeprägte Alarmismus der Publizistik der Jahre 1715 und 1716 resultierte also aus einer sowohl kirchlichen als auch parlamentarischen Frontstellung rivalisierender Gruppen, von denen vor allem die Low-Church-Anglikaner und die Whigs auf Förderung durch den neuen König hofften und diese Hoffnung nicht zuletzt durch Diskreditierung des gegnerischen Lagers zu unterstützen versuchten. Wer den Aufstand unterstütze, so die in vielen whiggistischen Medien artikulierte Position, sei unenglisch, sei ein Sympathisant von Franzosentum und Katholizismus.27 Am 7. Juni 1716 wurde der Sieg über die jakobitischen Rebellen mit einem offiziellen Thanksgiving gefeiert.28 Das Thanksgiving war mehr als nur der in allen Pfarrgemeinden abgestattete Dank an Gott für die Errettung Englands, sondern es bedeutete immer auch einen symbolischen Akt. Dieser symbolische Akt besiegelte die Niederlage des Gegners, war der rituelle Übergang vom Zustand der Bedrohung und des Bürgerkriegs hin zum Zustand der Stabilität und der Sicherheit. Zugleich dienten Liturgie und Predigten dazu, den Gegner zu diskreditieren und ihm die Schuld an Unruhe und Blutvergießen anzulasten. Diejenigen, die sich an der „Unnatural Rebellion“ beteiligt hätten, wurden als falsche Protestanten dargestellt, die sich mit „profess’d Papists“ zu24 Vgl. Baynes, The Jacobite Rising; Sinclair-Stevenson, Inglorious Rebellion, 73–137; Lenman, The Jacobite Risings, 107–154; Szechi, The Jacobites, 73–78; ders., 1715. 25 Vgl. Colley, In Defiance of Oligarchy, 20 f., 49 f.; Bennett, The Tory Crisis, 189–192; Niggemann, Revolutionserinnerung, 394–403. 26 Zu den inneranglikanischen Gegensätzen vgl. Every, The High Church Party; Bennett, Conflict in the Church; Spellman, The Latitudinarians; Champion, The Pillars of Priestcraft Shaken; Gibson, The Church of England. 27 Niggemann, „Beleaguered Isle“. 28 Vgl. Williamson [u. a.] (Hg.), National Prayers, 375–383.

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sammengetan hätten, um ihre bösartigen, gegen Freiheit und Protestantismus gerichteten Ziele zu erreichen.29 Zudem wurde der Sieg über die Rebellen als Errettung Englands durch Gott präsentiert und damit auch eingereiht in eine Geschichte wundersamer Errettungen seit der Armada-Schlacht von 1588.30 Gott – so die Botschaft – stand auf Seiten des protestantischen England, das als „beleaguered Isle“ in besonderer Weise gefährdet und bedroht sei, sich jedoch des göttlichen Schutzes sicher sein könne.31 Mit „The Rebell’s Doom“ war eine der Thanksgiving-Predigten überschrieben.32 Und schon damit wird deutlich, wie sehr der Aufstand als zum Scheitern verurteilt dargestellt werden konnte. Die Tories sollten sich nun endlich – so eine Flugschrift mit dem Titel „Tories be True. For the day will be your own still“ – vollständig von der jakobitischen Sache distanzieren und sich zum Haus Hannover bekennen.33 Daneben gab es auch Spott – Spott etwa darüber, dass genau jene politischen und kirchlichen Strömungen, die sich am vehementesten gegen jede Form des legitimen Widerstands ausgesprochen hatten, nun mit Rebellen gemeinsame Sache machten.34 Sie seien also auch auf einer intellektuell-argumentativen Ebene zum Scheitern verurteilt, weil sie sich in Widersprüche verstrickten, die nicht aufgelöst werden könnten. Als am 23. Juli 1745 der von seinem Vater zum Prinzregenten ernannte Charles Edward Stuart mit Hilfe einiger Clan-Führer in Schottland landete und am 17. September desselben Jahres in Edinburgh einzog, schien sich die Geschichte von 1715 zu wiederholen.35 Erneut konnten die nach Nordengland vordringenden Rebellen, die zunächst bei Prestonpans am 20. September 1745 noch über die regulären schottischen Truppen gesiegt hatten, relativ bald geschlagen werden, vor allem in der Entscheidungsschlacht von Culloden im April 1746.36 Auch bei diesem letzten großen Aufstand kommunizierten die Medien in London ein massives Bedrohungsszenario, dessen Scheitern dann erneut mit dem ganzen Register symbolischer Kommunikation markiert und inszeniert wurde. Es gab erneut ein Thanksgiving, und auch am 5. November, dem traditionellen Danktag für die Errettungen Englands vor „popery and slavery“, wurden nochmals Predigten mit Bezug zur gescheiterten Rebellion gehal-

29 Knaggs, Haman and Mordecai, 28. Dazu auch The Case of the Condemn’d Lords, 8 f. 30 [Harrington] Popery and Treason Inseparable, 1 f. Vgl. Niggemann, Revolutionserinnerung, 395 f. 31 Zum Konzept Großbritanniens als „beleaguered Isle“ vgl. Wiener, Beleaguered Isle; sowie zu den Erwählungskonzepten Colley, Britons, 11–54; Ihalainen, Protestant Nations Redefined; Queckbörner, Englands Exodus. 32 Rebell’s Doom. 33 Tories be True. 34 Z. B. Bradbury, Non-Resistance, 3; und ähnlich Knaggs, Haman and Mordecai, 28. 35 Vgl. Lenman, The Jacobite Risings, 241–252; Szechi, The Jacobites, 97–99. 36 Vgl. Szechi, The Jacobites, 102 f., zu Prestonpans ebd., 99; Langford, Polite and Commercial People, 198 f.; Thompson, George II, 167–169; sowie zu den Problemen des jakobitischen Einmarsches in Nordengland Lenman, The Jacobite Risings, 257–259.

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ten.37 Selbstverständlich wurde der Aufstand als illegitimer Akt der Rebellion geframt und zugleich nochmals die Rechtmäßigkeit der Glorious Revolution, des Revolution Settlement und der Hannoveraner Herrschaft hervorgehoben.38 Spottschriften erinnerten an all das, was seit der Revolution mit dem Stuart-Regime assoziiert wurde, also vor allem Papismus und Tyrannei. Ein Flugblatt listete Fundstücke auf, die angeblich nach der Schlacht von Culloden im Gepäck der Jakobiten gefunden wurden – eine Liste satirischer Anspielungen auf das Stuart-Regime, wie es sich ohne die Revolution entfaltet hätte: Da werden Holzscheite zur Errichtung von Scheiterhaufen, um Protestanten zu verbrennen, ebenso aufgezählt wie vorbereitete Gesetzestexte zur Zerstörung der protestantischen Identität und Memorialkultur.39 Das Scheitern des Aufstands, so die Botschaft, habe England vor all dem bewahrt.

3 Die jakobitischen Medien und die Umdeutung des Scheiterns Jeweils im Vorfeld der beiden Aufstände publizierten James Francis Edward Stuart und später sein Sohn Charles Edward Stuart Erklärungen, von denen sie sich offenbar erhofften, dass sie nicht nur den Aufstand legitimieren, sondern auch Zustimmung und Gefolgschaft generieren würden. Die Erklärung des sich selbst als Jakob III. titulierenden Thronprätendenten vom 29. August 1714 rückte das postrevolutionäre Regime ostentativ in ein schlechtes Licht: Die Revolution habe die englische Monarchie zerstört, das Parlament habe sich widerrechtlich das Vorrecht angeeignet, Könige abzusetzen und zu ernennen. Seinem Vater sei dadurch großes Unrecht geschehen. Georg I. sei nicht nur ein sehr ferner Verwandter des englischen Königshauses, sondern zudem auch ein Landfremder, der das englische Recht und die Sitten des Landes nicht kenne. England werde dadurch dauerhaft unruhig und instabil bleiben.40 Es ist auffällig, dass die späteren Deklarationen, insbesondere jene des Jahres 1745 etwas anders argumentierten: Zwar betonten auch sie die Unrechtmäßigkeit der Hannoveraner Könige und das Unrecht, das den Stuarts widerfahren sei. Zugleich spielte in ihnen aber die Korruption des Hannoveraner Regimes eine entscheidende Rolle, d. h. die Deklarationen bedienten sich der Argumente, die die hannovertreue Opposition in England entwickelt hatte, um die regierende Whig-Clique zu attackieren. Die Erklärung Charles Edwards vom 10. Oktober 1745 betonte vor allem den schlechten

37 Vgl. zu den mehrfachen Thanksgivings in England, Schottland und Irland Williamson [u. a.] (Hg.), National Prayers, 456–465. Zum 5. November als Anniversarium vgl. Cressy, Bonfires and Bells, 185 f.; Claydon, William III and the Godly Revolution, 102; Niggemann, Revolutionserinnerung, 102 f. 38 Vgl. Niggemann, Revolutionserinnerung, 480 f. 39 A List of Goods. 40 James Francis Edward Stuart, Declaration, Plombières, 29.8.1714, TNA SP 35/1, fol. 100–100’.

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Zustand der englischen Staatsfinanzen, die hohen Schulden und die Belastung der Bevölkerung. Am Ende steht die rhetorische Frage, ob es der Nation in der Folge der Revolution wirklich besser gehe als zuvor.41 Die Antwort der Jakobiten war klar: Der britischen Nation gehe es schlechter als unter den Stuarts. Die Revolution war also eigentlich gescheitert, eine tolerante und verfassungsmäßige Stuart-Herrschaft die bessere Alternative. Was hier also im Vorfeld beider Erhebungen bereits deutlich gemacht wurde, ist eine Interpretation des Aufstands, der nicht als Unrecht, als unrechtmäßige Rebellion zum Scheitern verurteilt war, sondern begangenes Unrecht rückgängig machen und Recht wiederherstellen sollte. Diese Deutung wurde auch in der Folge des Aufstands von 1715, also nach dem Scheitern der Zielsetzungen der zentralen Akteure, formuliert, am deutlichsten vielleicht in jenen Dying Speeches, die die verurteilten Rebellen vor ihrer Hinrichtung hielten und die Daniel Defoe in der Monatszeitschrift ‚Mercurius Politicus‘ abdruckte. Diese Texte sind in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Sie knüpften an eine Tradition an, die bereits im 16. Jahrhundert nachweisbar ist und verurteilten Verrätern die Möglichkeit einer Rechtfertigung gab.42 Noch wichtiger im konkreten Fall war jedoch die Chance, jakobitische Anliegen auf die mediale Agenda zu setzen und das Handeln der Jakobiten in ein alternatives Licht zu rücken. Anders als in der hannovertreuen Publizistik erschienen sie hier nicht als prinzipienlose Dummköpfe oder ‚papistische‘ Verschwörer, sondern als prinzipienfeste Akteure.43 Die Rede von William Paul zum Beispiel, ein Kleriker der Nonjuring Church of England, prangerte die Glorious Revolution als den eigentlichen Rechtsbruch an: „Remember that King James the Third is your only Rightful Sovereign“, heißt es dort, und: „You see what Miseries and Calamities have befallen these Kingdoms by the Revolution“.44 Die Nonjuring Church sei die Kirche, „which has kept it self free from Rebellion and Schism, and has preserved and maintain’d the true and Orthodox Principles both as to Church and State“.45 Die Revolution habe gewaltsam jene Bischöfe und Kleriker aus den Ämtern entfernt, die sich an ihren Treueid gehalten hätten. Dadurch habe die Revolution der Religion mehr geschadet als die angebliche Gefahr durch „popery“, die unter Jakob II. gedroht habe. Die Revolution habe Atheismus und Häresie in England eingeführt und gefördert. Rebellion sei niemals ein Weg, um Sicherheit zu erlangen.46 Mit diesen Worten – ebenso wie mit der Gleichsetzung der Glorious Revolution mit Rebellion – nahm William Paul eine klare Wertung vor. Nicht er oder die anderen Jakobiten und Nonjurors seien die Rebellen, die sich ins Unrecht gesetzt hätten. Viel-

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Charles Edward Stuart, Declaration, Edinburgh, 10.10.1745, BL C.114.i.3.(5). Vgl. Krischer, Die Macht des Verfahrens, 88–90. Vgl. Niggemann, Revolutionserinnerung, 414 f. The Speech of William Paul, a Clergy-man, in: Mercurius Politicus Bd. 1, 95–97, hier 96. Ebd., 95 f. Ebd., 97.

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mehr lebten die Staatskirche und alle, die ihr folgten, seit nunmehr achtundzwanzig Jahren im Zustand der Rebellion und des Unrechts. In gleicher Weise kritisierten auch andere im Moment der Niederlage das Revolution Settlement als andauerndes Unrecht, das im Sieg über die Jakobiten nur eine Fortsetzung finde. Captain John Bruce hielt ebenfalls bei seiner Hinrichtung eine Rede, die später als Druck kursierte.47 Er kritisierte nicht nur das gegenwärtige Regime in Großbritannien, sondern wertete die eigene Niederlage und Hinrichtung in einen Triumph um: „I am not asham’d of that Cause for which I Die, but rejoice in that I am worthy to be a sacrifice in the Vindication of the undoubted Rights of my Lawful and Natural Liege Lord King James III“.48 Er sterbe in dem Bewusstsein, sich für das Recht, für die wahre Verfassung Englands und den legitimen König eingesetzt zu haben. Das Unrecht liege allein auf der Seite des Hannoveraner Regimes: „As one Wickedness is the Parent of the other“ – aus dem Unrecht der Revolution seien weitere Akte des Unrechts gefolgt, und nur eine umfassende Restauration der alten Verfassung und der Stuarts könne das Recht wiederherstellen.49 Das eigene Scheitern wird eingestanden, aber es wird auf einer moralischen Ebene zum Sieg. Anders formuliert sind die Sieger die eigentlich Gescheiterten, weil sie das Unrecht fortsetzten, statt das Recht wiederherzustellen. In ähnlicher Weise argumentierte auch eine Deklaration James Francis Edwards vom 21. März 1717, in der das eigene Handeln, die Landung in Schottland, nicht nur als Dienst an den Briten dargestellt wird, sondern das Scheitern damit erklärt wird, dass die Regierung fremde Söldner ins Land habe holen müssen, um den Aufstand niederzuschlagen.50 Die fremden Söldner verwiesen dabei nicht nur auf die offenbare Unfähigkeit der Regierung, sich ohne auswärtige Unterstützung auf dem Thron zu halten, sondern die Bemerkung adressierte auch die enorm verbreitete Ablehnung von stehenden Heeren und Söldnerwesen in England.51 Als wie problematisch diese Reden und Deklarationen vom regierungstreuen Lager empfunden wurden, zeigt sich auch daran, dass das regierungstreue Medienlager versuchte, ihnen Reden entgegenzustellen, in denen verurteilte Jakobiten Reue zeigten und ihren Irrtum eingestanden.52 Diese Reden zeichneten nicht das Bild des moralischen Sieges, sondern eben das Scheitern und die Einsicht in das – auch moralische – Scheitern. Gefährlich für die Regierung war auch der mehrfach hergestellte Vergleich mit dem Vorgehen nach der Rebellion des Herzogs von Monmouth 1685. Diese Erhebung kurz nach der Thronbesteigung Jakobs II. im Westen Englands war schnell niedergeschlagen worden. Die Strafprozesse, die der spätere Kanzler Lord Jeffreys leitete, wur47 A True Copy of the Paper Delivered by Capt. John Bruce. 48 Ebd., 4. 49 Ebd., 5. 50 James Francis Edward Stuart, Declaration, 21. März 1717, gedruckt in Calendar of Stuart Papers, Bd. 4, 128–131, hier 128 f. 51 Zur stark am traditionellen Wesen der Grafschaftsmilizen orientierten Ideologie vgl. Schwoerer, No Standing Armies. 52 Z. B. The Case of the Condemn’d Lords, 61 f.

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den als die Bloody Assizes bekannt und im gängigen Narrativ der Glorious Revolution als ein wichtiges Element der Darstellung der Regierung Jakobs als Tyrannei eingesetzt.53 So deutete der spätere jakobitische Verschwörer Francis Atterbury mit Verweis auf die Prozesse von 1685 an, dass Rachefeldzüge sich am Ende gegen ihre Betreiber richteten: „As if Providence were resolved sooner or later to turn the Weapons of Malice and Revenge upon those, who seem to be the fondest of them.“54 Wenn jene Regierung, die sich auf die Glorious Revolution berief, nach dem Jakobitenaufstand nicht anders verfuhr als Jakobs Regierung 1685, dann delegitimierte sie sich damit selbst. Folglich bemühten sich andere Medien auch darum, den Unterschied zwischen Jakobs Vorgehen und dem Georgs I. herauszustellen, so dass die Erinnerung an die Bloody Assizes zu einem umstrittenen Erinnerungsort wurde.55 Auch während des Aufstands von 1745 wurde die Illegitimität der Revolution von 1688/89 immer wieder betont, um damit auch die aktuelle Regierung zu delegitimieren. Zugleich akzentuierten Flugschriften wie der ‚Letter to a Gentleman in England‘, der vorgab, von einem Soldaten in Charles Edwards Armee verfasst worden zu sein, oder auch die offizielle Erklärung von Charles Edward Stuart die Korruption des herrschenden Regimes. Die Hannoveraner Regierung wurde als „foreign Yoke“ präsentiert, die sich vom Wohlstand Englands nähre und sich mit einem stehenden Heer an der Macht halte.56 Die hohen Schulden Großbritanniens und die allgemeine Korruption seien unmittelbare Folge der Revolution und der Einsetzung einer landfremden Dynastie.57 Die rhetorische Frage des Thronprätendenten lautete: „That our Family has suffered Exile during these fifty seven Years, every Body knows. Has the Nation during that Period of Time been the more happy and flourishing for it? Have you found Reason to love and cherish your Governors, as the Fathers of the People of Great Britain and Ireland?“58 Die Antwort darauf konnte nur lauten, dass die Revolution gescheitert war, dass ihre Bestrebungen gescheitert waren. Als Lösung wurde die Restauration der Stuarts angepriesen. Ausführlich wurde daher auch die heroische Landung Charles Edwards in Schottland in einem kleinen Boot, mit nur wenigen Getreuen und einer minimalen Ausstattung geschildert. Ziel war die Wiederherstellung eines geordneten, die negativen Folgen der Revolution überwindenden Königreichs. Auch 1746 erschienen wieder Dying Speeches und Briefe verurteilter Rebellen im Druck. Interessanterweise war das Spektrum der Äußerungen und Reflektionen zu diesem Zeitpunkt breiter als 1715. Deshalb lohnt sich hier ein nochmaliger Blick auf die Argumentationen und auf die Darstellungen des Scheiterns. Eine Argumentations-

53 Vgl. Zook, „The Bloody Assizes“; Niggemann, Revolutionserinnerung, 121 f. 54 [Atterbury] An Argument to Prove the Affections of the People, 20. Vgl. auch Bennett, The Tory Crisis, 197 f.; Szechi, 1715, 199. 55 Vgl. Niggemann, Revolutionserinnerung, 413 f. 56 A Letter to a Gentleman, 1 f. Ähnlich auch Britannus, Considerations. 57 Charles Edward Stuart, Declaration, Edinburgh, 10. Oktober 1745, BL C.114.i.3.(5), 1 f. 58 Ebd., 3.

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linie war auch hier die Betonung, man habe im Bewusstsein der eigenen politischen Überzeugungen und Prinzipien gehandelt. Francis Townley etwa betont in einem Brief, der laut Angabe einer Sammlung von Briefen und Reden im Gefängnis von Southwark geschrieben worden war, er habe nach den „Dictates of my own Conscience“ gehandelt und geglaubt, seine Pflicht für die wahre Königsfamilie zu tun.59 Thomas David Morgan schrieb demnach ebenfalls aus dem Gefängnis, er habe stets an die Doktrin des „hereditary indefeasible Right“ geglaubt und daher die Vertreibung der Stuart-Familie vom Thron für Unrecht gehalten.60 Francis Townley hielt es daher auch nicht für ehrenrührig für eine Sache zu sterben, die nun verurteilt werde, schließlich sei es auch den Märtyrern und sogar Christus nicht anders ergangen.61 Scheitern war also in dieser Sicht kein ausschließlich negatives Ereignis. Vielmehr konnte es den guten Namen dessen, der in einer gerechten Sache scheiterte, nicht beschmutzen. Und möglicherweise wartete sogar der Lohn im Jenseits. Townley ging aber in seiner Reflektion des Scheiterns noch weiter. Nicht nur stellte die Niederlage einen moralischen Sieg dar, sie war auch der Unbeständigkeit aller weltlichen Affären geschuldet. Sie war „the Effect of my Enemies happening to be more powerful than my Friends“.62 Wer sich durch den Zufall auf der unterlegenen Seite wiederfand, der musste die Niederlage, das Scheitern hinnehmen, es notfalls auch mit dem Leben bezahlen. Die Zuschreibung der Rebellion und des Verrats tätigten die Sieger, also diejenigen, die letztlich die Oberhand gewonnen hatten. Wäre es anders ausgegangen, so wären diejenigen, die jetzt die Deutungshoheit über das Scheitern besaßen, die Rebellen und Verräter gewesen. Freilich blieb die Publikation der ‚Authentic Copies of the Letters And Other Papers Delivered, at their Execution, by the Nine Rebels‘ ambivalent. Während nämlich Townley und Morgan für ihre Prinzipien mehr oder weniger deutlich einstanden, erklärte George Fletcher: „I now abhor the mad Enterprize I was engaged in“.63 Und James Dawson bekannte, er habe stets die „Revolution Principles“ vertreten, also jenes Set an politischen Überzeugungen, die mit der Glorious Revolution verbunden wurden64, sei jedoch durch seine „unfortunate Immoralities“ in den Aufstand verwickelt worden.65 Scheitern war also auch die Folge fehlender politischer Einsicht, unmoralischer Lebensumstände und Wahnsinn. Die Sammlung der Briefe verurteilter Rebellen diente also in Teilen auch der Abschreckung, führte den Lesern vor, wie Menschen sich aus falsch verstandenen Prinzipien oder aufgrund von Verführungen – etwa durch französisches Geld66 – auf eine fehlgeleitete Rebellion eingelassen hatten, ge59 60 61 62 63 64 65 66

[Griffiths] Authentic Copies of the Letters, 6, 9. Ebd., 13. Ebd., 4 f. Ebd., 6. Ebd., 16. Vgl. Kenyon, Revolution Principles; Niggemann, Revolutionserinnerung, 292 f., 323–327. [Griffiths] Authentic Copies of the Letters, 19. Ebd., 23.

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scheitert waren und mit dem Leben dafür bezahlten. Ob die Briefe dabei tatsächlich als authentisch gelten können, ist weniger entscheidend als die Art und Weise, wie sie das Scheitern adressierten. Damit aber wird auch deutlich, dass die Publikation der Briefe mit der Absicht einer Diskreditierung des Jakobitenaufstands erfolgte, dass hier nicht einfach nur sympathisierend der moralische Sieg präsentiert wurde. Vielmehr wurde ein ambivalentes Bild wiedergegeben, das zwar Elemente der Tragik enthielt, jedoch zugleich auch abschreckend wirkte.

4 Fazit Am Ende seien zwei Beobachtungen kurz zusammengefasst: Erstens: Selbst im Falle der Jakobitenaufstände von 1715 und 1745, deren Scheitern objektiv gegeben scheint, bedurfte es kommunikativer Prozesse, um die Aufstände als gescheitert zu markieren. Die Zuschreibung des Scheiterns erfolgte ganz wesentlich im Rahmen medialer und performativer Akte in London, oder von London ausgehend in weiten Teilen Englands sowie der schottischen Lowlands. Es waren gegnerische Zuschreibungen, die aus einer massiven Bedrohungskommunikation und der Inszenierung einer überwundenen Bedrohung heraus erfolgten. Zweitens: Die Zuschreibung des Scheiterns wurde freilich auch von den Besiegten übernommen, hier jedoch in der Folge des Aufstands von 1715 in einer deutlichen Umwertung und Umcodierung, die das Scheitern zum moralischen Sieg werden ließ. Die Gescheiterten, nicht zuletzt Einzelpersonen, denen die Hinrichtung drohte, nutzten die Chance, ihren moralischen Sieg zu kommunizieren und ihn als Triumph zu verkaufen. Dieser moralische Sieg drohte durchaus den militärischen Sieg des Gegners zu delegitimieren, weshalb er auch medial beantwortet wurde. In der Folge des Aufstands von 1745 hingegen war die mediale Reflektion des Scheiterns einerseits differenzierter, andererseits eben dadurch auch ambivalenter. Zumindest in den hier untersuchten Texten gelang es den hannovertreuen Medien offenbar, die Deutungshoheit in der Hand zu behalten und damit auch zu verhindern, dass der moralische Sieg an den Gegner überging. Wo das Handeln der Jakobiten als prinzipiell bestimmten politischen Überzeugungen folgend dargestellt wurde oder wo es – wie in den Stuart-Deklarationen – als geradezu alternativlos erschien, erhielt das Scheitern der Stuart-Restauration zwangsläufig auch eine tragische Note, denn die gescheiterte Restauration und damit die fehlende Wiederherstellung der guten alten Verfassung, wie die Jakobiten sie verstanden, bedeutete die Fortsetzung, vielleicht sogar den endgültigen Sieg des Unrechts. Es wäre eine weitere Frage, die hier nicht mehr verfolgt werden kann, wie Charles Edward als „Bonnie Prince Charlie“ zur tragischen Figur verklärt wurde, wie gegen Jahrhundertende seine Person romantisiert wurde – auch im Kontext der literarischen Romantik, der nostalgischen Überhöhung Schottlands und des schottischen

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Ringens um Unabhängigkeit von England. Das Scheitern dürfte für diese Stilisierung eine ganz entscheidende Rolle gespielt haben.

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