Perspektiven einer europäischen Rundfunkordnung: Eine Untersuchung der gemeinschaftsrechtlichen Direktiven unter besonderer Berücksichtigung des Pluralismusangebots [1 ed.] 9783428505685, 9783428105687

Claudia Roider nimmt den durch die digitale Kommunikationstechnik ausgelösten Umbruch des Medienbereichs zum Anlaß, sich

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German Pages 328 Year 2001

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Perspektiven einer europäischen Rundfunkordnung: Eine Untersuchung der gemeinschaftsrechtlichen Direktiven unter besonderer Berücksichtigung des Pluralismusangebots [1 ed.]
 9783428505685, 9783428105687

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CLAUDIA ROIDER

Perspektiven einer europäischen Rundfunkordnung

Schriften zum Europäischen Recht Herausgegeben von

Siegfried Magiera und Detlef Merten

Band 81

Perspektiven einer europäischen Rundfunkordnung Eine Untersuchung der gemeinschaftsrechtlichen Direktiven unter besonderer Berücksichtigung des Pluralismusgebots

Von Claudia Roider

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek- CIP-Einheitsaufnahme

Roider, Claudia:

Perspektiven einer europäischen Rundfunkordnung : eine Untersuchung der gemeinschaftsrechtlichen Direktiven unter besonderer Berücksichtigung des Pluralismusgebots I von Claudia Roider. - Berlin : Duncker und Humblot, 2001 (Schriften zum europäischen Recht; Bd. 81) Zug!.: Heidelberg, Univ., Diss., 2000/2001 ISBN 3-428-10568-0

D 16 Alle Rechte vorbehalten

© 2001 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0937-6305 ISBN 3-428-10568-0 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 0

Der Fortschritt besteht nicht darin, das Gestern zu zerstören, sondern seine Essenz zu bewahren, welche die Kraft hatte, das bessere Heute zu schaffen.

lose Ortega Y Gasset

Vorwort Die vorliegende Untersuchung wurde von der Juristischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg im Wintersemester 2000/2001 als Dissertation angenommen. Sie wurde in Anbetracht der feierlichen Proklamation der Grundrechtscharta der Europäischen Union anläßlich des Europäischen Rates in Nizza geringfügig ergänzt und berücksichtigt den Stand von Literatur und Rechtsprechung vom Frühjahr 2001. Ganz besonderen Dank möchte ich an dieser Stelle Herrn Prof. Dr. Reiner Schmidt sagen, der durch seine hervorragende Betreuung und viele wertvolle Hinweise und Anregungen die Entstehung dieser Arbeit gefördert hat und dankenswerter Weise auch sehr zeitnah zur Abgabe korrigiert hat. Ebenfalls herzlich danken möchte ich Herrn Prof. Dr. Peter Hammelhoff für seine konstruktiven Hinweise während der Entstehungsphase sowie die schnelle Korrektur. Mein Dank gilt darüber hinaus Herrn Prof. Dr. Wolfgang Kahl, dessen Anregungen bezüglich des Konzepts der Arbeit sehr hilfreich waren und der sich bereitwillig als Ansprechpartner für fachliche Fragen zur Verfügung gestellt hat. Herrn Prof. Dr. Dieter Dörr danke ich für seine Bereitschaft, mich an dem von ihm im Sommersemester 2000 an der Universität Mainz veranstalteten Seminar zum europäischen Rundfunkrecht als Gast teilnehmen zu lassen, wodurch ich viele wichtige Informationen und Ideen gewonnen habe. Meinen Freunden und Kollegen, die während der Entstehung dieser Arbeit stets ein offenes Ohr für alle Probleme hatten, die einen Doktoranden während eines solchen Vorhabens beschäftigen und mich geduldig und zuweilen auch mit viel Humor durch diese Zeit begleitet haben, möchte ich vielen herzlichen Dank sagen. Für die Hilfe beim Korrekturlesen, die stete Bereitschaft zur Diskussion sowie die ehrliche Kritik gilt mein besonderer Dank unter anderem Herrn Dr. Michael Bormann, Herrn Dr. Florian Bottenschein, Frau Rechtsanwältin Kerstin Panhorst, Frau Rechtsanwältin Kirsten Saßmann und Herrn Dr. Christian Storck. Ohne das liebevolle Verständnis und das besondere Maß an seelischer und auch fachlicher Unterstützung meines Freundes, Herrn Dr. Klaus Cannive, wäre die Arbeit in dieser Form sicherlich nicht entstanden, dafür danke ich ihm von ganzem Herzen. Dank gebührt schließlich auch meiner Familie, die mich während meines Studiums stets unterstützt hat und mir auch sonst mit Rat und Tat zur Seite gestanden

8

Vorwort

hat. Meinen Großeltern danke ich darüber hinaus ganz herzlich für die großzügige finanzielle Unterstützung, durch welche die Veröffentlichung dieser Arbeit ermöglicht wurde. Für die Aufnahme in das Graduiertenkolleg "Unternehmensorganisation und unternehmerisches Handeln nach deutschem, europäischem und internationalem Recht" am Institut für deutsches und europäisches Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht, in dessen Rahmen diese Arbeit entstand, danke ich den Leitern des Kollegs, insbesondere dem Sprecher, Herrn Prof. Dr. Peter Hommelhoff. Dank schulde ich schließlich auch der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für die Gewährung des damit verbundenen großzügigen Promotionsstipendiums. Lübeck, den 8. August 2001

Claudia Roider

Inhaltsverzeichnis

Einleitung . . . .. .. . . .. .. .. .. . . . . .. . . .. . . .. .. .. .. . . . . . . . .. . . . .. .. . . . . . . . . . . .. .. . . .. .. .. . .

19

I. Problemaufriß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19

II. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24

Erster Teil

Die Rundfunk-Kompetenzen der Europäischen Gemeinschaft nach dem EG-Vertrag

27

I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

II. Der Streit um die Zuständigkeit der Europäischen Gemeinschaft für den Rundfunk... . ................ . ... . ..................... . .. . ................. . . .. . .. .

29

1. Der Rundfunk als Kulturträger und die Kompetenzen der Gemeinschaft . . . .

30

2. Der Rundfunk als Wirtschaftsfaktor und die Kompetenzen der Gemeinschaft . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

31

3. Standpunkt der Europäischen Gemeinschaft . .. . .. .. . . . .. .. .. . . . .. . . .. .. .. ..

34

4. Kritik und Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

III. Der Rundfunk im System der Grundfreiheiten des EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

1. Rundfunk und Warenverkehrsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

2. Rundfunk und Niederlassungsfreiheit

38

3. Rundfunk und Dienstleistungsfreiheit

41

a) Entgeltlichkeil der Dienstleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42

b) Grenzüberschreitung der Dienstleistung .. . .. .. . . .. .. .. . .. .. . .. . .. .. .. .. .

44

Inhaltsverzeichnis

10

IV. Die Kompetenzen der Gerneinschaft nach Art. 47 Abs. 2 i.V.rn. Art. 55 EGV . .

48

1. Gegenstände der Koordinierung nach Art. 47 Abs. 2 i.V.rn. Art. 55 EGV . . .

48

2. Begriff und Funktion der Koordinierung nach Art. 47 Abs. 2 i.V.rn. Art. 55 EGV ...................... . ................... .. .. . ................ . . .. . .. .

54

V. Der Rundfunk und die Kulturkompetenzen der Europäischen Gemeinschaft Art. 151 Abs. 2 EGV als Kompetenzgrundlage für Regelungen im Rundfunkbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

1. Der Kulturbegriff im Sinne von Art. 151 EGV. ... . . ... . ............ .. .. . . . .

56

2. Umfang der Handlungsbefugnisse nach Art. 151 EGV....... . ... . .. .. .... . .

61

VI. Der Rundfunk und die Kompetenzen nach den Artikeln 94, 95, 308 EGV . . . . . .

61

1. Art. 95 EGV

61

2. Art. 94 EGV

63

3. Art. 308 EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

VII. Ergebnis des Ersten Teils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

Zweiter Teil

Grenzen der gemeinschaftlichen Kompetenzausübung im Rundfunkbereich

68

I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

68

II. Art. 151 Abs. 4 EGV als Grenze der gemeinschaftlichen Regelungsbefugnisse .

68

1. Inhalt und Funktion der Querschnittsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

68

2. Bedeutung und Reichweite als Kompetenzausübungsgrenze . . . . . . . . . . . . . . . .

70

3. Bedeutung für die Tatigkeit der Gerneinschaft im Rundfunkbereich . .. .. ....

71

III. Der Grundsatz der Gemeinschaftstreue als Kompetenzausübungsgrenze . . . . . . .

76

1. Verpflichtung der Gerneinschaft aus dem Grundsatz der Gemeinschaftstreue

76

2. Inhalt und Reichweite der Verpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

Inhaltsverzeichnis

II

3. Bedeutung für die Tätigkeit der Gemeinschaft im Rundfunkbereich . . . . . . . . .

85

a) Begrenzung des Handlungsspielraums mit Rücksicht auf das föderalistische Verfassungssystem der Bundesrepublik Deutschland . . . . . . . . . . . . . . .

85

b) Begrenzung des Handlungsspielraums mit Rücksicht auf die verfassungsrechtliche Funktion des Rundfunks als Garant für Meinungsfreiheit und Demokratie

91

IV. Das Subsidiaritätsprinzip als Kompetenzausübungsgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96

1. Politischer Hintergrund und Funktion des Subsidiaritätsprinzips . . . . . . . . . . . .

96

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2. Bedeutung für die Tätigkeit der Gemeinschaft im Rundfunkbereich..... .. .. 101 a) Konkurrierende Zuständigkeit als Anwendungsvoraussetzung . . . . . . . . . . . 102 b) Zuordnung der Zuständigkeit der Gemeinschaft für den Rundfunkbe110 reich 0000

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V. Der Erforderlichkeilsgrundsatz als Kompetenzgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 I. Funktion des Erforderlichkeilsgrundsatzes im Gemeinschaftsrecht . . . . . . . . . . 114 2. Auswirkungen für die Tätigkeit der Gemeinschaft im Rundfunkbereich . . . . . 119 VI. Ergebnis des Zweiten Teils .

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126

Dritter Teil Die Regelung des Rundfunks im Lichte der Gemeinschaftsgrundrechte: Pluralismussicherung als rechtliches Gebot auf europäischer Ebene

128

I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

128

II. Die Gemeinschaftsgrundrechte als sedes materiae des Pluralismusgebots . . . . . . 129 1. Begriffsklärung . . .

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130

2. Allgemeines zur Entwicklung und Funktion der Gemeinschaftsgrundrechte. 133 a) Geltung und Rang der Gemeinschaftsgrundrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 aa) Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union . . . . . . . . . . . . . . . 133 bb) Geltung als allgemeine Rechtsgrundsätze des Gemeinschaftsrechts . 135 cc) Verhältnis zu Primär- und Sekundärrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136

12

Inhaltsverzeichnis b) Die Rechtsquellen der Gemeinschaftsgrundrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 aa) Die gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten . 137 bb) Die internationalen Verträge, insbesondere die EMRK . . . . . . . . . . . . . 139 cc) Die Methode der wertenden Rechtsvergleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 c) Grundrechtsverpflichtete und Grundrechtsträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 aa) Europäische Gemeinschaft und Mitgliedstaaten als Grundrechtsverpflichtete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 bb) Grundrechtsträger . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . .. . .. . . . . . . . . . . . . . . . .. 151 III. Art. 10 EMRK als Erkenntnisquelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 1. Einleitung und authentische Texte des Art. 10 EMRK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . !53

2. Die Gewährleistung der Rundfunkfreiheit nach Art. 10 Abs. 1 EMRK . . . . . . 155 a) Die Rundfunkfreiheit als Individualrecht nach Art. 10 Abs. I EMRK. . .. 155 b) Die Rundfunkfreiheit als objektiver Ordnungsgrundsatz.......... . . .. . . . !59 c) Das Verhältnis von subjektiv- und objektiv-rechtlicher Seite der Rundfunkfreiheil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 3. Das Pluralismusgebot als Ausfluß des objektiv-rechtlichen Gehalts des Art. 10 EMRK ........... .. ................... .. .. .. .. .. .... ..... ... ....... 171 4. Der Gestaltungsauftrag der nationalen Rundfunkgesetzgeber . . . . . . . . . . . . . . . 174 a) Die Begründung von Schutzpflichten aus Artikel 10 EMRK . . . . . . . . . . . . 174 b) Die Bedeutung der Rundfunkklausel Art. I 0 Abs. 1 Satz 3 EMRK . . . . . . 178 c) Die Schranken des Art. 10 Abs. 2 EMRK als Grenze des nationalen Gestaltungsspielraums . .. . . .. .. .. . .. .. . .. .. . .. . .. .. . . .. .. . .. .. .. . . . .. .. . .. . 182 5. Bewertung der Pluralismus-Konzeption des Art. 10 EMRK....... . ... .. .. . . 185 IV. Die mitgliedstaatliehen Verfassungsüberlieferungen als Erkenntnisquelle . . . . . . 187 1. Rundfunkfreiheit und Pluralismusgebot in der Bundesrepublik Deutschland

188

a) Verfassungsrechtliche Grundlagen .. .. .. . .. .. .. .. .. .. .. .. . .. . .. . .. .. .. .. 188 b) Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 aa) Der Pluralismus im Bereich des Rundfunks als anerkannter Verfassungswert .. . .. . .. .. .. .. . .. .. . .. .. .. .. . . .. . .. .. . .. .. . .. . . .. .. . . .. .. . 190 bb) Das Verhältnis von Pluralismus und Individualrechten . . . . . . . . . . . . . 192

Inhaltsverzeichnis

13

c) Der Gestaltungsauftrag des Gesetzgebers

194

aa) Die Verpflichtung des Gesetzgebers zur Pluralismusgewährleistung

194

bb) Die Grenzen der gesetzgebensehen Gestaltungsfreiheit . . . . . . . . . . . . 197 2. Audiovisuelle Kommunikationsfreiheit und Pluralismusgebot in Frankreich

197

a) Verfassungsrechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 b) Die Rechtsprechung des Conseil constitutionnel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 aa) Der Pluralismus im Bereich des Rundfunks als anerkannter Verfassungswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 bb) Das Verhältnis von Pluralismus und Individualrechten . . . . . . . . . . . . . 202 c) Der Gestaltungsauftrag des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 aa) Die Verpflichtung des Gesetzgebers zur Pluralismusgewährleistung

203

bb) Die Grenzen der gesetzgebensehen Gestaltungsfreiheit . . . . . . . . . . . . 204 3. Rundfunkfreiheit und Pluralismusgebot in Italien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 a) Verfassungsrechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 b) Die Rechtsprechung der Corte Costituzionale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 aa) Der Pluralismus im Bereich des Rundfunks als anerkannter Verfassungswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 bb) Das Verhältnis von Pluralismus und Individualrechten . . . . . . . . . . . . . 210 c) Der Gestaltungsauftrag des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 aa) Die Verpflichtung des Gesetzgebers zur Pluralismusgewährleistung

213

bb) Die Grenzen der gesetzgebensehen Gestaltungsfreiheit

214

4. Rundfunkordnung und Pluralismussicherung in Großbritannien

214

a) Verfassungsrechtliche Sonderstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 b) Aktuelle Regelungssituation ............ . .. . ..................... . .. .. . . 215 aa) Entwicklung und Regelung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks . . 215 bb) Entwicklung und aktuelle Regelung des privaten Rundfunks . . . .... 216 5. Gemeinsamkeiten der mitgliedstaatliehen Verfassungsüberlieferungen . . . . . . 223

V. Die Rezeption des Pluralismusgebots als allgemeiner Rechtsgrundsatz . . . . . . . . . 225 1. Das Pluralismusgebot als objektiver Wertmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 2. Die Kompatibilität des Pluralismusgebots mit der europäischen Kompetenzordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228

14

Inhaltsverzeichnis VI. Die Bedeutung des Pluralismusgebots für das Gemeinschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . 231 1. Das Pluralismusgebot und die gemeinschaftliche Rechtsetzung im Rundfunkhereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 a) Die Rundfunkkompetenzen der Gemeinschaft als Ermächtigung zur Pluralismussicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 b) Das Pluralismusgebot und seine Bedeutung im Rahmen der Rechtsangleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 2. Das Pluralismusgebot und das europäische Wettbewerbsrecht . . . . . . . . . . . . . . 236 a) Aufgabe und Funktion der europäischen Wettbewerbsregeln . . . . . . . . . . . . 237 b) Das Verhältnis zwischen der Sicherung des Pluralismus und der Gewährleistung des ökonomischen Wettbewerbs durch das europäische Wettbewerbsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 aa) Die Charakteristika des ökonomischen Wettbewerbs . . . . . . . . . . . . . . . 239 bb) Die Charakteristika einer pluralistischen Rundfunkstruktur. . . ... . .. 240 cc) Interessenübereinstimmungen und Interessenkonflikte zwischen den Grundsätzen des ökonomischen Wettbewerbs und der gebotenen Pluralismussicherung im Rundfunk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 (1) Bewertung unter Berücksichtigung der derzeitigen technischen

Gegebenheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 (2) Bewertung unter Berücksichtigung der durch die Digitalisierung veränderten Gegebenheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 c) Möglichkeiten zur Berücksichtigung des Pluralismusgebots im Rahmen der Anwendung des europäischen Wettbewerbsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 aa) Möglichkeiten zur Berücksichtigung des Pluralismusgebots im Rahmen des Kartellverbots nach Art. 81 EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 bb) Möglichkeiten zur Berücksichtigung des Pluralismusgebots im Rahmen der europäischen Beihilferegeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 (l) Der Beihilfetatbestand des Art. 87 Abs. I EGV . . . . . . . . . . . . . . . . 262

(2) Die Ausnahmetatbestände des Art. 87 Abs. 2 und 3 EGV . . . . . . 266 cc) Pluralismussicherung und die Fusionskontrollverordnung (FKVO) . 269 dd) Möglichkeiten zur Berücksichtigung des Pluralismusgebots nach Art. 86 Abs. 2 EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276

Inhaltsverzeichnis VII. Ergebnis des Dritten Teils

15 284

Gesamtergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 Zusammenfassende Thesen . . . . . . . . .. .. . . . . .. .. .. .. . . . . .. .. . . . . . . . . . . .. .. . . .. .. . . . . . . 293 Literaturverzeichnis . . . . . . .. .. . . . . . . . . . . . . . . . . .. .. .. .. . . . . . . . . . . . . . . .. .. . . . . . . . . . . . . . . 299 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325

Abkürzungsverzeichnis a.A.

anderer Ansicht

a. a. 0.

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ABI.

Amtsblatt

Abs. AfP AJDA

Absatz Archiv für Presserecht

AöR

Actualite juridique- Droit Administratif Archiv für öffentliches Recht

ARD

Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland

Art., Artt. BayVBI.

Artikel Bayrische Verwaltungsblätter British Broadcasting Corporation

BBC Bd. BGBI.

Band Bundesgesetzblatt

BR-Drs.

Bundesrat-Drucksache

BReg. Bull. BVerfG

Bundesregierung Bulletin Bundesverfassungsgericht

BVerfGE

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

bzw.

beziehungsweise

CDE

Cahiers de droit europeen

CMLR ders.

Common Marke! Law Review derselbe dieselbe(n)

dies. d. h.

das heißt

DÖV

Die Öffentliche Verwaltung

DVBI.

Deutsches Verwaltungsblatt

E EBU ed.

Entscheidung European Broadcasting Union

EEA

editor Einheitliche Europäische Akte

EEC

European Economic Community

EG

Europäische Gemeinschaft

EGMR EGV

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Europäische Kommission für Menschenrechte

EKMR

Abkürzungsverzeichnis ELR

European Law Review

EMRK

Europäische Menschenrechtskonvention

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endgültig

EP

Europäisches Parlament

EPL

European Public Law

ERT

Elliniki Radiophonia Tileorassi AE

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erweitert( e)

et. al.

et alii

EU

Europäische Union

EuG

Europäisches Gericht Erster Instanz

EuGH

Europäischer Gerichtshof

EuGRZ

Europäische Grundrechte-Zeitschrift

EuR

Europarecht

EUV

Vertrag über die Europäische Union

EuZW

Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

17

EWS

Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht, Betriebsberater für Europa

f., ff.

folgende

FAZ

Frankfurter Allgemeine Zeitung

Fn.

Fußnote

FS

Festschrift

GA

Generalanwalt

GG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland

GS

Gedächtnisschrift

HbdStR

Handbuch des Staatsrechts

Hdb.

Handbuch

Herv.

Hervorhebung

h.M.

herrschende Meinung

HRLJ

Human Rights Law Journal

Hrsg.

Herausgeber

hrsg.

herausgegeben

i.E.

im Ergebnis

i. s. d.

im Sinne des

i.V.m.

in Verbindung mit

IBA ITC

Independent Broadcasting Authority Independent Television Commission

ITV

Independent Television

JöR

Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart

Jura

Juristische Ausbildung

JuS

Juristische Schulung

JZ

Juristenzeitung

KOM

Kommissionsdokument

m.E.

meines Erachtens

2 Roider

Abkürzungsverzeichnis

18 MMR

MultiMedia und Recht

m.w.N.

mit weiteren Nachweisen

neubearb.

neu bearbeitet(e)

N.F.

Neue Folge

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

no.

number, numero

Nr.

Nummer

NVwZ

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht

p.

page(s)

PC

Personal Computer

RabelsZ RAI

Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Radiotelevisione italiana

RIW

Recht der Internationalen Wirtschaft

RL

Richtlinie

Rn.

Randnummer

Rs.

Rechtssache

S.

Seite

SC.

scilicet

Slg.

Sammlung

sog.

sogenannt

TV

Television

u. a.

und andere überarbeitet( e)

überarb. unveröff.

unveröffentlicht(e)

V.

von

VBIBW

Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg

verb. Rs.

verbundene Rechtssachen

Verf.

Verfasser(in)

VerwArch

Verwaltungsarchiv

vgl.

vergleiche

VVDStRL

Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

WuW

Wirtschaft und Wettbewerb

Yb

Yearbook

ZaöRV z. B.

Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Vatt/ Dashwood, The substantive law of the EEC, S. 182 f., die diese Abgrenzung für ökonomisch willkürlich halten. 59 EuGH, Urteil vom 26. II. 1975, Rs 39/75 "Coenen " , Slg. 1975 S. 1547 (1555); Urteil vom 04. 12. 1986, Rs. 205/84 "Kommission/ Deutschland", Slg. 1986 S. 3755 (3801); dazu: Dauses EuR 1988 S. 378 ff. (382). 60 EuGH, Urteil vom 03. 12. 1974, Rs. 33/74 "van Einsbergen ", Slg. 1974 S. 1299 (1309); Urteil vom 26. 11. 1975, Rs 39/75 " Coenen", Slg. 1975 S. 1547 (1555); Urteil vom 04. 12. 1974, Rs. 205/84 "Kommission/Deutschland" , Slg. 1986 S. 3755 (3801); Urteil vom 27. 09. 1989, Rs. 130/88 "van de Bijl", Slg. 1989 S. 3039 (3064). 61 Da grundsätzlich jeder Mitgliedstaat die Möglichkeit hat, sein innerstaatliches Recht auf in seinem Territorium Berufstätigen anzuwenden, würde vielen ausländischen Dienstleistungserbringern die tatsächliche Leistungserbringung erschwert bzw. unmöglich gemacht. 55

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1. Teil: Die Rundfunk-Kompetenzen der EG nach dem EG-Vertrag

EuGH wird im Schrifttum vereinzelt die Auffassung vertreten, daß die Verbreitung von Rundfunksendungen zumindest teilweise den Vorschriften über die Niederlassungsfreiheit unterfällt. 62 So könne sich ein ausländischer Rundfunkveranstalter, der seine Sendetätigkeit ausschließlich oder überwiegend auf das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ausrichte, nicht auf die Vorschriften über die Dienstleistungsfreiheit berufen.63 Dieser Auffassung kann jedoch nicht zugestimmt werden. Problematisch ist bereits, daß nach der geschilderten Auffassung der Tätigkeitsschwerpunkt beim Rundfunk in der Ausstrahlung des Sendeprogramms in einen anderen Mitgliedstaat liegt. Diese Konstruktion erscheint aus volkswirtschaftlicher Sicht eher gekünstelt und entspricht kaum der wirtschaftlichen Realität. Entscheidend für die Ermittlung des Tätigkeitsschwerpunkts ist vielmehr der Ort, an dem der Betrieb räumlich niedergelassen ist und an dem Planung, Herstellung und Finanzierung des Sendeprogramms stattfinden. 64 Wie die Definition in Art. 2 Abs. 3 der konsolidierten Fassung der Femsehrichtlinie65 zeigt, hat sich diese Auffassung durchgesetzt: die Anwendbarkeit der Vorschriften über die Niederlassungsfreiheit ist danach ausgeschlossen, wenn ein Rundfunkveranstalter seine Hauptverwaltung in einem anderen Mitgliedstaat hat und dort auch die redaktionellen Entscheidungen über das Programmangebot getroffen werden, bzw. ein wesentlicher Teil seines Sendepersonals in einem anderen Mitgliedstaat tätig ist. Es lassen sich aber noch weitere Argumente gegen eine Anwendung des Niederlassungsrechts vorbringen. Wie bereits geschildert, ist Grundlage der Rechtsprechung des EuGH die Verhinderung von Rechtsmißbrauch in Form der Umgehung nationalen Rechts. Betrachtet man nun den Fall des ausländischen Rundfunkveranstalters, der seine Sendetätigkeit ausschließlich oder überwiegend auf das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ausrichtet, ist folgendes festzustellen: Der Rundfunk weist im Vergleich zu den meisten Dienstleistungen eine Besonderheit auf, denn beim grenzüberschreitenden Rundfunk begibt sich nicht der Leistungserbringer selbst zwecks Erbringung der Leistung über die Grenze, sondern lediglich die Leistung selbst, indem spezielle Programme - unter Einhaltung der am Sitz des Rundfunkveranstalters geltenden Rechtsvorschriften - in den anderen Mitgliedstaat ausgestrahlt werEin entsprechender Privilegierungstatbestand i. S. d. Art. 60 Abs. 3 EGV ist daher erforderlich um ein Leerlaufen der im EGV garantierten Dienstleistungsfreiheit zu verhindern. 62 Gulich, Rechtsfragen grenzüberschreitender Rundfunksendungen, S. 65 f.; Bux, EGKompetenzen für den Rundfunk, S. 93 ff. Vgl. eingehend zur Rundfunkveranstaltung und Niederlassungsfreiheit, Liehr, Die Niederlassungsfreiheit zum Zwecke der Rundfunkveranstaltung und ihre Auswirkungen auf die deutsche Rundfunkordnung, insbes. S. 118 ff. 63 Gulich, Rechtsfragen grenzüberschreitender Rundfunksendungen, S. 65 f. 64 Interessant in diesem Zusammenhang sind die Ausführungen des EuGH, Urteil vom 10. 09. 1996, Rs. C-222/94 "Kommission/ Vereinigtes Königreich", abgedruckt in EuZW 1996 s. 725 ff. 65 Konsolidierte Fassung der Fernsehrichtlinie entsprechend der Richtlinie 97 /36/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 1997 zur Änderung der Richtlinie 89/ 552/ EWG des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit, ABI. der EG Nr. L 202 vom 30. 07. 1997, S. 60 ff.

III. Der Rundfunk im System der Grundfreiheiten des EGV

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den. Eine Niederlassung im Sinne einer ständigen Präsenz im Empfangsland ist für den Rundfunkveranstalter faktisch nicht erforderlich, eine "Niederlassungspflicht" wäre dementsprechend unverhältnismäßig. 66 In dieser Konstellation kann somit schwerlich von einer rechtsmißbräuchlichen Berufung auf die Dienstleistungsfreiheit gesprochen werden. Damit würde auch hieran eine Anwendung der Vorschriften über die Niederlassungsfreiheit scheitern. Zudem würde eine Qualifikation des geschilderten Sachverhalts als "faktische" Niederlassung dem Empfangsstaat, welcher sein nationales Recht grundsätzlich nicht auf aus dem Ausland sendende Rundfunkveranstalter anwenden kann, 67 weitgehende Eingriffe in die ausländische Rundfunkordnungen ermöglichen und dem betroffenen Rundfunkveranstalter u.U. nicht unerhebliche Wettbewerbsnachteile im Verhältnis zu seinen inländischen Konkurrenten bringen. Auch der EuGH hat sich in seiner Rechtsprechung zu diesen speziellen Rundfunkfällen im Ergebnis stets gegen die Anwendung der Niederlassungsvorschriften ausgesprochen. So entschied er beispielsweise in der Rechtssache ,. Vereniging Veronica Omroep Organisatie " 68 sowie in der Rechtssache ,. TV 10 SA ",69 daß in Fällen, in denen ein inländischer Rundfunkveranstalter sich die Dienstleistungsfreiheit zunutze mache, um sich Verpflichtungen des nationalen Rundfunkrechts zu entziehen, dem betroffenen Mitgliedstaat das Recht zustehe, die Inanspruchnahme der Dienstleistungsfreiheit seitens der inländischen Runclfunkveranstalter zu beschränken. Er stellte dadurch klar, daß die betroffenen Mitgliedstaaten eine solche Umgehung nicht tatenlos hinnehmen müssen, jedoch die dienstleistungsrechtlichen Bestimmungen in solchen Umgehungsfallen nicht durch die Vorschriften über die Niederlassungsfreiheit verdrängt werden, sondern lediglich die Berufung auf die Dienstleistungsfreiheit hier beschränkt werden könne. Dieser Rechtsprechung ist im Ergebnis mit Blick auf die oben genannten Argumente zuzustimmen. Hinsichtlich der hier zu untersuchenden Kompetenzfrage kann damit festgehalten werden, daß sich aus den Vorschriften über die Niederlassungsfreiheit keine nennenswerten Regelungsbefugnisse der Europäischen Gemeinschaft für die Ausstrahlung von Rundfunk ergeben.

3. Rundfunk und Dienstleistungsfreiheit

Art. 50 Abs. 1 EGV definiert Dienstleistungen als Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden. Zudem setzt der Tatbestand der Dienstleistungsfreiheit einen grenzüberschreitenden Bezug voraus. Dies ergibt sich aus Art. 49 Abs. 1 EGV, der klarstellt, daß von den Beschränkungen des freien DienstleiVgl. hierzu Petersen, Rundfunkfreiheit und EG-Vertrag, S 47 m. w. N. Ausnahmen sind aber denkbar in Fällen, in denen die ausländischen Sendungen im Inland über eine Kabelanlage weiterverbreitet werden. 68 EuGH, Urteil vom 03. 02. 1993, Rs. C-148/91 "Vereniging Veronica Omroep Organisatie ", Slg. 1-1993 S. 487. 69 EuGH, Urteil vom 05. 10. 1994, Rs. C-23/93 " TV 10 SA ", Slg. 1-1994 S. 4795. 66 67

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!. Teil: Die Rundfunk-Kompetenzen der EG nach dem EG-Vertrag

stungsverkehrs Angehörige eines Mitgliedstaates betroffen sein müssen, die in einem anderem Staat der Gemeinschaft als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind. Im folgenden sollen nunmehr diese beiden Tatbestandsvoraussetzungen hinsichtlich des Rundfunks untersucht werden.

a) Entgeltlichkeit der Dienstleistung Durch das Merkmal der Entgeltlichkeil soll sichergestellt werden, daß durch die Leistungserbringung ein Erwerbszweck verfolgt und damit am freien Wirtschaftsverkehr innerhalb der Europäischen Gemeinschaft teilgenommen wird. 70 Es gilt daher der Grundsatz, daß eine Leistung dann gegen Entgelt erbracht wird, wenn sie bezahlt wird. 71 Darüber hinaus wird im Schrifttum teilweise gefordert, daß Leistung und Entgelt in einem synallagmatischen Verhältnis stehen.72 Anknüpfend an die erste Silbe des Wortes ,.Entgelt" wird gefolgert, die Bezahlung der Leistung müsse einen Zweck, nämlich die Gegenleistung für die Dienstleistung verfolgen. Die Erbringung der Leistung und der Gegenleistung setzte dementsprechend zwei Personen voraus. Entgeltliche Dienstleistungen könnten daher nur innerhalb eines gegenseitigen Vertrages erbracht werden. Dieser Argumentation kann indes nicht gefolgt werden. Sie findet bereits im Wortlaut des Art. 50 Abs. 1 EGV keine Stütze, denn dieser spricht nur von ,.Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden" und nicht von ,.Leistungen, für die der Leistungsempfänger ein Entgelt erbringt". 73 Für die Entgeltlichkeit ist es somit ohne Bedeutung, ob der Leistungsempfänger oder ein Dritter den Leistenden bezahlt. Andernfalls fielen viele wirtschaftliche Betätigungen aus dem Gewährleistungsbereich der Dienstleistungsfreiheit heraus und es entstünden Schutzlücken, die mit Sinn und Zweck dieser Grundfreiheit nicht zu vereinbaren sind.74 Der EuGH hat sich diesem Ergebnis im ,.Bond van Adverteerders"-Urteil angeschlossen und ausgeführt, daß Art. 50 EGV nicht verlange, daß die Dienstleistung von demjenigen bezahlt werden müsse, dem sie zugute komme.75 Betrachtet man vor diesem Hintergrund die verschiedenen Erscheinungsformen des Rundfunks, ergibt sich folgendes Bild: Unproblematisch lassen sich alle For70 EG-Kommission, "Fernsehen ohne Grenzen. Grünbuch über die Errichtung des Gemeinsamen Marktes für den Rundfunk, insbesondere über Satellit und Kabel", KOM (84) 300 endg. Brüssel, den 14. Juni 1984, S. 107. 71 Troberg, in: von der Groeben/Thiesing/ Ehlermann, Art. 60 Rn. 4; Jarass, EuR 1986 S. 75 ff. (78); Gulich, Rechtsfragen grenzüberschreitender Rundfunksendungen, S. 41. n So Börner ZUM 1985 S. 577 ff. (578). 73 Petersen, Rundfunkfreiheit und EG-Vertrag, S. 51. 74 Gulich, Rechtsfragen grenzüberschreitender Rundfunksendungen, S. 42; Beispiele auch bei Petersen, Rundfunkfreiheit und EG-Vertrag, S. 52 f. 75 EuGH, Urteil vom 26. 04. 1988, Rs. 352/85 .,Bond van Adverteerders/NL", Slg. 1988 s. 2085 (2131).

III. Der Rundfunk im System der Grundfreiheiten des EGV

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men des entgeltfinanzierten Rundfunks (z. B. Pay-TV) als entgeltliche Dienstleistungen erfassen. Dort zahlt der Rezipient auf Grundlage eines privatrechtliehen Vertrages an den Anbieter ein bestimmtes Entgelt für die Versorgung mit Sendebeiträgen oder Programmangeboten, so daß unzweifelhaft eine entgeltliche Dienstleistung des Anbieters gegenüber dem Rezipienten im Sinne des Art. 50 Abs. 1 EGV vorliegt. Da es unerheblich ist, in welcher Form eine Leistung bezahlt wird, kann auch eine Rundfunkgebühr, wie sie in verschiedenen Mitgliedstaaten für die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erhoben wird, als Entgelt i. S. d. Art. 50 EGV qualifiziert werden.76 Hiergegen ist im Schrifttum eingewandt worden, daß es sich schon deswegen nicht um eine Vergütung für eine erhaltene Dienstleistung handeln könne, da die Gebühr ja unabhängig von der tatsächlichen Nutzung erhoben werde. 77 Begreift man die Gebühren hingegen als Entgelt für die Möglichkeit, Programme öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten zu empfangen, steht der Einordnung als Entgelt i. S. d. Art. 50 Abs. l EGV nichts entgegen. 78 Auch die öffentlich-rechtliche Ausgestaltung der Zahlungsbeziehung kann hieran nicht ändern. 79 Käme es auf die Rechtsnatur der Zahlungsbeziehung an, hätten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, wirtschaftliche Sachverhalte durch öffentlichrechtliche Ausgestaltung dem Regime des EG-Vertrages zu entziehen und damit über die Reichweite der Dienstleistungsfreiheit zu bestimmen. 80 Problematischer erscheint die Situation, soweit Rundfunksendungen aus Werbeeinnahmen finanziert werden müssen und die Empfänger kein Entgelt entrichten. Die eigentliche wirtschaftliche Leistung wird in diesen Fällen den Werbekunden erbracht, denen Werbezeiten verkauft werden. Die Leistung erstreckt sich dabei nicht nur auf die Werbesendung, sondern auch auf das sonstige Programm, da die Werbesendung nur dann von einer nennenswerten Personenzahl empfangen wird, wenn sie in ein Programm eingebettet ist. Die inhaltlichen Programmbeiträge sind quasi der "Köder", damit der Rezipient die Werbung "schluckt". 81 Für diese Dienstleistung muß der Werbekunde bezahlen. 82 Unbestritten ist, daß mithin eine entgeltliche Dienst76 Jarass EuR 1986 S. 75 ff. (78) (bezüglich der deutschen Rundfunkgebühren allerdings abweichender Ansicht); Bux, EG-Kompetenzen für den Rundfunk, S. 130; Petersen, Rundfunkfreiheil und EG-Vertrag, S. 52; ablehnend dagegen: Gulich, Rechtsfragen grenzüberschreitender Rundfunksendungen, S. 44 ff.; wohl auch Börner ZUM 1985 S. 577 ff. (579). 77 Gulich, Rechtsfragen grenzüberschreitender Rundfunksendungen, S. 44 ff. 78 So auch Petersen, Rundfunkfreiheit und EG-Vertrag, S. 52; Deringer ZUM 1986 S. 627 ff. (636); Dörr/Cloß ZUM 1996 S. 105 ff. (113). 79 Vgl. hierzu aber: BVerfGE 31, S. 314 ff. (330), dort wird betont, daß die Rundfunkgebühr ein Mittel zur Finanzierung der Gesamtveranstaltung Rundfunk sei und daher nicht als Entgelt für eine Leistung verstanden werde könne. Dieser Einwand ist europarechtlich jedoch irrelevant. 80 Im Ergebnis so auch: Kugelmann, Der Rundfunk und die Dienstleistungsfreiheit des EWG-Vertrages, S. 117; Petersen, Rundfunkfreiheit und EG-Vertrag, S. 52; lpsen, Rundfunk im europäischen Gemeinschaftsrecht, S. 85; auf die weitreichenden negativen Folgen für die deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten weist insbesondere Deringer ZUM 1986 S. 627 ff. (635) hin. 81 Kugelmann, Der Rundfunk und die Dienstleistungsfreiheit des EWG-Vertrages, S. 120.

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1. Teil: Die Rundfunk-Kompetenzen der EG nach dem EG-Vertrag

Ieistungsbeziehung zwischen Werbekunden und Rundfunkveranstalter i. S. d. Artt. 59, 60 EGV besteht. Kontrovers wird hingegen die Frage diskutiert, ob daneben auch eine entgeltliche Dienstleistung zugunsten des Rezipienten vorliegt. 83 Nach der hier vertretenen Auffassung muß das Vorliegen einer solchen bejaht werden. Wendet man nämlich den vom EuGH in seiner Rechtsprechung bestätigten Grundsatz an, daß lediglich entscheidend ist, daß ein Entgelt gezahlt wird, es aber nicht darauf ankommt, ob der Empfanger der Dienstleistung selbst dieses entrichtet, muß man auch in dieser Konstellation zu dem Ergebnis kommen, daß nicht nur zwischen Werbekunden und Rundfunkveranstalter, sondern auch zwischen Rezipient und Rundfunkveranstalter eine entgeltliche Dienstleistungsbeziehung vorliegt. 84 Neben diesen entgeltlichen Leistungsbeziehungen zwischen Rundfunkveranstaltern und Rezipienten sowie Rundfunkveranstaltern und Werbekunden, bestehen darüber hinaus unbestrittener Maßen auch zwischen den Kabelbetreibergesellschaften, welche Programme der Rundfunkveranstalter zwecks Übertragung an die Rezipienten in ihre Netze einspeisen, und den Rundfunkveranstaltern 85 Leistungsbeziehungen im Sinne der Art. 49 ff. EGV sowie zwischen Kabelbetreibergesellschaft und Rezipient, sofern zwischen diesen auf Grundlage eines privatrechtlichen Vertrages eine Entgeltzahlung vereinbart wurde. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, daß entgeltliche Dienstleistungen im Bereich des Rundfunks in vielfacher Hinsicht vorliegen und der Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit damit eröffnet ist, sofern im nachfolgenden auch das Vorliegen der Grenzüberschreitung bejaht werden kann.

b) Grenzüberschreitung der Dienstleistung

Art. 49 Abs. 1 EGV begrenzt den Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit in räumlicher Hinsicht auf solche Dienstleistungen, denen ein grenzüberschreitendes Element innewohnt. 86 Die Erfüllung des Tatbestands der Grenzüberschreitung ist dabei in drei verschiedenen Konstellationen denkbar. 87 Zum einen 82 Vgl. hierzu auch: EuGH, Urteil vom 26. 04. 1988, Rs. 352/85 ,. Bond van Adverteerders/NL", Slg. 1988 S. 2085 (2131). 83 Siehe dazu Meine/, Grenzen europäischer Rundfunkrechtsetzung, S. 62. 84 Grundlegend dazu erstmals GA Wamer in den Schlußanträgen im Urteil vom 18. 03. 1980, Rs. 52179 ,.Debauve", Slg. 1980 S. 833 (860 ff. 875 ff.); im Ergebnis so auch: Meine/, Grenzen europäischer Rundfunkrechtsetzung, S. 62; Bux, EG-Kompetenzen für den Rundfunk, S. ll3 ff.; Petersen, Rundfunkfreiheit und EG-Vertrag, S. 54; anders hingegen Kugelmann, Der Rundfunk und die Dienstleistungsfreiheit des EWG-Vertrages, S. 120, der nur hinsichtlich der gesendeten Werbebeiträge das Vorliegen einer entgeltlichen Dienstleistung zugunsten des Rezipienten bejaht, sehr restriktiv auch Bömer ZUM 1985 S. 577 ff. (586). 85 Vgl. im einzelnen hierzu die detaillierten Ausführungen bei Kugelmann, Der Rundfunk und die Dienstleistungsfreiheit des EWG-Vertrages, S. 120 ff. 86 Troberg, in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, Art. 59 Rn. 40.

III. Der Rundfunk im System der Grundfreiheiten des EGV

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kann der Leistende sich in den Staat des Leistungsempfängers begeben, um dort seine Leistung zu erbringen. Die Vorschriften der Dienstleistungsfreiheit kommen ebenso zur Anwendung, wenn sich der Empfänger der Leistung in den Staat des Leistungserbringers begibt. Schließlich ist inzwischen allgemein anerkannt, daß eine Grenzüberschreitung i. S. d. Art. 49 Abs. 1 EGV auch dann vorliegt, wenn weder Leistungserbringer noch Leistungsempfänger einen Ortswechsel vornehmen, sondern lediglich die Leistung selbst die Grenze überschreitet. Bei der Ausstrahlung von Rundfunkprogrammen handelt es sich um die letztgenannte Form der grenzüberschreitenden Leistungserbringung. Werden von einem Rundfunkveranstalter aus dessen Sitzstaat Sendungen ausgestrahlt, die von Rezipienten in einem anderen Mitgliedstaat empfangen werden, liegt eine grenzüberschreitende Leistung vor. Dies hat auch der EuGH in seiner Rechtsprechung zum Rundfunk mehrfach hervorgehoben. 88 Anknüpfungspunkt des EuGH für die Qualifizierung der Leistung als grenzüberschreitend ist dabei, daß die Erbringer der Leistung, in einem anderen Mitgliedstaat ansässig sind als diejenigen, denen die Leistung zugute kommt. 89 Diese Konzeption erscheint jedoch im Hinblick auf das im EGV verankerte Ziel der Errichtung eines Binnenmarktes für Dienstleistungen als zu eng, da sie wichtige Fallgruppen, gerade im Bereich Rundfunk und Medien nicht erfaßt. So wurde dem EuGH bereits in der Rechtssache "Coditel 1"90 durch das vorlegende Gericht die Frage gestellt, ob Art. 49 I EGV auch Beschränkungen einer Dienstleistung erfasse, die zwischen zwei in demselben Mitgliedstaat ansässigen Personen erbracht werde, sich jedoch auf eine Leistung beziehe, deren Substanz aus einem anderen Mitgliedstaat stamme. Zugrunde lag dabei der Fall, daß eine Kabelgesellschaft inländische Verwertungsrechte umgangen hatte, indem sie einen Film, der von einer ausländischen Rundfunkanstalt ausgestrahlt worden war, an inländische Rezipienten übermittelte. Der EuGH äußerte sich im geschilderten Fall nicht zu dieser Frage. Legt man jedoch seine bisherige Rechtsprechung zum Rundfunkrecht zugrunde, müßte er bei einer solchen Sachlage der Leistung einen grenzüberschreitenden Charakter absprechen, da Leistungserbringer und -empfänger im gleichen Mitgliedstaat ansässig sind. Ein solcher Sachverhalt weist jedoch erkennbar eine vergleichbare Gemeinschaftsrelevanz auf. Es ist daher sachlich 87 Vgl. Petersen, Rundfunkfreiheit und EG-Vertrag, S. 47; Gulich, Rechtsfragen grenzüberschreitender Rundfunksendungen, S. 24. 88 EuGH, Urteil vom 30. 04. 1974, Rs. 155173 "Sacchi", Slg. 1974 S. 409; Urteil vom 18. 03. 1980, Rs. 52179 " Debauve" , Slg. 1980 S. 833; Urteil vom 18. 03. 1980, Rs. 62179 "Coditel /", Slg. 1980 S. 881; Urteil vom 26. 04. 1988, Rs. 352/85 " Bond van Adverteerders / NL", S1g. 1988 S. 2085; Urteil vom 18. 06. 1991, Rs. 260/89 " ERT ", Slg. 1-1991 S. 2925; Urteil vom 25. 07. 1991, Rs. 288/89 " Stichling Collectieve Antennevoorziening Gouda", Slg. 1-1991 S. 4007; Urteil vom 25. 07. 1991, Rs. C-353/89 "Kommission/ Niederlande" , Slg. 1-1991 S. 4069; Urteil vom 03. 02. 1993, Rs. C-148/91 .. Vereniging Veronica Omroep Organisatie", Slg. 1-1993 S. 487; Urteil vom 05. 10. 1994, Rs. C-23 /93 .. TV 10 SA ", Slg. 1-1994 S. 4795. 89 EuGH, Urteil vom 26. 04. 1988, Rs. 352/85 "Bond van Adverteerders / NL", Slg. 1988 s. 2085 (2 131). 90 EuGH, Urteil vom 18. 03. 1980, Rs. 62179 " Codite/1", Slg. 1980, S. 881.

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I . Tei I: Die Rundfunk-Kompetenzen der EG nach dem EG-Vertrag

nicht einzusehen, den grenzüberschreitenden Charakter einer Leistung ausschließlich von den Aufenthaltsorten der Beteiligten einer Dienstleistungsbeziehung abhängig zu machen. Vielmehr müssen die Vorschriften über die Dienstleistungsfreiheit auch dann zur Anwendung kommen, wenn lediglich der Inhalt der Leistung aus einem anderen Mitgliedstaat stammt und damit grenzüberschreitender Natur ist.9' Teile des Schrifttums wollen den Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit darüber hinaus auf die Fälle beschränken, in denen die Grenzüberschreitung Folge eines zielgerichteten und voluntativen Aktes ist. 92 Zur Begründung wird auf den Wortlaut des Art. 49 Abs. 1 EGV verwiesen, der von Dienstleistungen "für" Angehörige eines anderen Mitgliedstaates spreche.93 Folgt man dieser Auffassung, würde dies im Hinblick auf den grenzüberschreitenden Rundfunk bedeuten, daß der rein sendeenergie- oder sendekegelbedingte Overspill nicht als grenzüberschreitende Dienstleistung qualifiziert werden kann. Indes kann der vorgebrachten Argumentation aus verschiedenen Gründen nicht gefolgt werden. Schon die Berufung auf den Wortlaut des Art. 49 Abs. 1 EGV kann nicht überzeugen, da sich diese Formulierung grammatikalisch nicht auf die Dienstleistung, sondern auf deren Beschränkung bezieht. Der Schluß auf das Erfordernis einer intendierten Grenzüberschreitung ist daher verfehlt. 94 Zudem ist auch im Hinblick auf die Vertragsziele, welche auf die Erreichung eines wirtschaftlichen Optimums ausgerichtet sind, eine möglichst weite Auslegung zu fordern, da nur so das Entstehen von Liberalisierungslücken verhindert werden kann. 95 Dies läßt sich gerade am Beispiel des Rundfunks verdeutlichen. Grenzüberschreitungen sind dem Rundfunk immanent, eine Begrenzung des Sendekegels auf einen bestimmten Mitgliedstaat ist technisch nicht möglich. 96 Eine restriktive Auslegung der Grenzüberschreitung würde daher insbesondere im Bereich des Rundfunks zu erheblichen Anwendungslücken führen .97 Nach der hier vertretenen Auffassung ist das Merkmal der Grenz-

9 1 Im Ergebnis so auch: Petersen, Rundfunkfreiheit und EG-Vertrag, S. 58, Schwarze, Rundfunk und Fernsehen in der Europäischen Gemeinschaft, in: ders. (Hrsg.), Fernsehen ohne Grenzen, S. 28; Troberg, in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, Art. 59 Rn. 40 anders aber: Kugelmann, Der Rundfunk und die Dienstleistungsfreiheit des EWG-Vertrages, s. 115 f. 92 So etwa: Jarass, EuR 1986 S. 75 ff. (80); Gulich, Rechtsfragen grenzüberschreitender Rundfunksendungen, S. 53 f.; wohl auch Bux, EG-Kompetenzen für den Rundfunk, S. 115 ff., der aber eine Vermutungsregel für das Vorliegen einer solchen Absicht aufstellt. 93 Vgl. hierzu auch die Erklärung der Bundesrepublik Deutschland in der Rs. 52/79 ,. Debauve ", EuGH, Urteil vom 18. 03. 1980, Slg. 1980, 833 (847). 94 Kugelmann, Der Rundfunk und die Dienstleistungsfreiheit des EWG-Vertrages, S. 82. 95 Bleckmann EuR 1987 S. 28 ff. (32). 96 Siehe hierzu auch die Schlußanträge des Generalanwalts Mancini in der Rs. 352 I 85 ,. Bond van Adverteerders/NL ", EuGH, Urteil vom 26. 04. 1988, Slg. 1988 S. 2115. 97 Ausführlich zu der gesamten Problematik: Petersen, Rundfunkfreiheit und EG-Vertrag, S. 59 ff.

III. Der Rundfunk im System der Grundfreiheiten des EGV

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Überschreitung also auch dann gegeben, wenn der Leistungserbringer sie nicht beabsichtigt. Umstritten ist des weiteren, ob die Merkmale Grenzüberschreitung und Entgeltlichkeit notwendig zusammenfallen müssen. 98 Entscheidend ist diese Frage dann, wenn in die Leistungsbeziehung zwischen Dienstleistungserbringer und Dienstleistungsempfänger ein Dritter eintritt, denn in diesen Fällen können Grenzüberschreitung und Entgeltlichkeit auseinanderfallen. Zur Begründung für die Notwendigkeit des Zusammenfallens beider Merkmale wird insbesondere angeführt, daß sich der Dienstleistungsbegriff aus einer Zusammenschau der Artt. 49 Abs. 1 und 50 Abs. 1 EGV ergebe. Folglich müsse der grenzüberschreitende Vorgang als solcher entgeltlich sein99 oder ein Beteiligter müsse gerade zum Zweck der Vomahme der grenzüberschreitenden Leistung durch den Dienstleistungserbringer an diesen das Entgelt richten. 100 Eine solche Interpretation der Dienstleistungsfreiheit hätte weitreichende Konsequenzen für den grenzüberschreitenden Rundfunk, denn gerade hier sind Drei- oder Mehrecksverhältnisse im Rahmen der Dienstleistungsbeziehungen häufig anzutreffen. Zu denken ist hier etwa an den Fall, daß ein Runclfunkveranstalter Sendungen ausstrahlt, die sowohl im Inland, als auch in anderen Mitgliedstaaten empfangen werden können, für die jedoch lediglich die inländischen Rezipienten ein Entgelt i. S. d. Art. 50 Abs. 1 EGV (z. B. eine Rundfunkgebühr) entrichten. Die geschilderte Auffassung ist jedoch abzulehnen. Weder eine grammatikalische, noch eine Auslegung nach Sinn und Zweck, ergibt Anhaltspunkte für eine solch restriktive Handhabung der Dienstleistungsvorschriften. Allein die Tatsache, daß der Dienstleistungsbegriff über zwei Normen im EGV definiert wird, hat noch nicht zur Konsequenz, daß beide Vorschriften in dem Sinne zusammengelesen werden müssen, daß die dort normierten Merkmale notwendig zusammenfallen müssen. Für eine solche, über den Wortlaut hinausgehende Interpretation fehlen insoweit eindeutige Anhaltspunkte. 101 Zudem spricht auch die Funktion der Dienstleistungsfreiheit als Auffangtatbestand für eine extensivere Auslegung, da nur so das in Art. 3 Abs. 1 lit. c) EGV aufgeführte Ziel der Errichtung eines Binnenmarktes optimal erreicht werden kann. Im Ergebnis ist es daher als ausreichend zu erachten, wenn für ein grenzüberschreitenden Leistung überhaupt ein Entgelt gezahlt wird. Auf den Rundfunk bezogen bedeutet dies, daß ein Rundfunkveranstalter, der Sendungen sowohl ins Inland als auch in andere Mitgliedstaaten ausstrahlt, Entgelt dabei aber nur von inländischen Rezipienten oder

98 In diesem Sinne etwa: Kugelmann, Der Rundfunk und die Dienstleistungsfreiheit des EWG-Vertrages, S. 107 ff. ; Roth ZHR 149 (1985) S. 679 ff. (685 f.); Sparr; Kulturhoheit und EWG-Vertrag, S. I 79 ff.; Shaikh, Rundfunkwerberegelungen im nationalen und europäischen Recht, S. 31. 99 Jarass EuR 1986 S. 75 ff. (80). 1oo Kugelmann, Der Rundfunk und die Dienstleistungsfreiheit des EWG-Vertrages, S. 115. 101 Mestmäcker; Wege zur Rundfunkfreiheit in Europa, in: ders. (Hrsg.), Offene Rundfunkordnung- Prinzipien für den Wettbewerb im grenzüberschreitenden Rundfunk, S. 9 ff. (25).

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I. Teil: Die Rundfunk-Kompetenzen der EG nach dem EG-Vertrag

inländischen Werbekunden bezieht, auch im Verhältnis zu den ausländischen Rezipienten eine Dienstleistung im Sinne des EGV erbringt. 102 Im Ergebnis ist daher festzuhalten, daß im Bereich des Rundfunks zahlreiche grenzüberschreitende Dienstleistungsbeziehungen bestehen. 103 Da diese, wie oben erörtert, auch entgeltlichen Charakter aufweisen, ist der Anwendungsbereich der Dienstleistungsvorschriften des EGV eröffnet. 104 Kompetenzrechtlich bedeutet dies, daß die EG, welche über Art. 55 i.V.m. Art. 47 Abs. 2 EGV ermächtigt ist, Richtlinien zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten zu erlassen, somit grundsätzlich auch die Kompetenz zur Regelung wichtiger rundfunkrelevanter Fragen besitzt.

IV. Die Kompetenzen der Gemeinschaft nach Art. 47 Abs. 2 i.V.m. Art. 55 EGV Nachfolgend ist nunmehr der Umfang der aus Art. 47 Abs. 2 i.V.m. Art. 55 EGV resultierenden Rundfunkkompetenz der Europäischen Gemeinschaft zu ermitteln. Entscheidend für die Klärung dieser Frage ist dabei die inhaltliche Bestimmung des von den Vorschriften erfaßten Regelungsgegenstandes sowie die Konkretisierung des Begriffs der Koordinierung. 1. Gegenstände der Koordinierung nach Art. 47 Abs. 2 i.V.m. Art. 55 EGV

Seinem Wortlaut nach ermöglicht Art. 47 Abs. 2 EGV die Koordinierung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Aufnahme und Ausübung selbständiger Tätigkeiten. Für die Ermittlung des konkreten Umfangs der auf Art. 47 Abs. 2 i.V.m. Art. 55 EGV basierenden Rundfunkkompetenz der Gemeinschaft ist damit in einem ersten Schritt zu klären, welche Rechts- und Verwaltungsvorschriften im Rundfunkbereich zulässiger Gegenstand einer Koordinierung nach diesen Vorschriften sein können. Die Antwort auf diese Frage läßt sich nur aus einer Zusammenschau des Art. 47 Abs. 2 mit Art. 49 Abs. l EGV erschließen. Art. 49 Abs. I EGV statuiert - in der konsolidierten Fassung durch den Vertrag von Amsterdam nunmehr ausdrücklich -ein Verbot aller Beschränkungen des freiSo auch Niedobitek, Kultur und Europäisches Gemeinschaftsrecht, S. 156. Der EuGH hat in seiner bisherigen Rechtsprechung zum Rundfunkrecht, etwa im Urteil vom 26. 04. 1988, Rs. 352 I 85 "Bond van Adverteerdersl NL ", Slg. 1988 S. 2085 (2130) festgestellt, daß mind. zwei gesonderte Dienstleistungsbeziehungen vorliegen und sich damit die Möglichkeit offengehalten, im Rahmen künftiger Verfahren weitere Dienstleistungen im Bereich des Rundfunks zu bejahen. 104 Vgl. dazu auch: Mestmäcker, Wege zur Rundfunkfreiheit in Europa, in: ders. (Hrsg.), Offene Rundfunkordnung, - Prinzipien für den Wettbewerb im grenzüberschreitenden Rundfunk, S. 9 ff. (25). 102 103

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en Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft. Infolge dieses Verbotes können sämtliche Rechts- und Verwaltungsvorschriften, welche eine unzulässige Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs im Sinne von Art. 49 Abs. I EGV darstellen, auch nicht Gegenstand einer Koordinierung seitens der Gemeinschaft sein. Die Reichweite des Art. 47 Abs. 2 i.V.m. Art. 55 EGV wird damit bereits wesentlich durch die Definition des Beschränkungsbegriffs in Art. 49 Abs. I EGV bestimmt. Der Begriff der Beschränkung in Art. 49 Abs. 1 EGV hat in den letzten Jahren, in Zusammenhang mit der Weiterentwicklung der zunehmend an Bedeutung gewinnenden Dienstleistungsfreiheit durch die Rechtsprechung des EuGH, einen Bedeutungswandel erfahren. IOS Wurde zu Beginn noch die Auffassung vertreten, daß lediglich diskriminierende Tatbestände, d. h. alle Anforderungen, die an den Leistenden namentlich aus Griinden seiner Staatsangehörigkeit gestellt werden und nicht für im Staatsgebiet ansässige Personen gelten, unzulässige Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit darstellten, Io6 führte der EuGH in seiner späteren Rechtsprechung aus, daß Art. 49 EGV nicht nur die Beseitigung sämtlicher Diskriminierungen des Leistungserbringers aufgrund seiner Staatsangehörigkeit verlange, sondern die Beseitigung aller Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs, welche Dienstleistungen ohne Rücksicht auf ihren Ursprung, auf die Staatsangehörigkeit des Leistungserbringers oder auf den Ort, an dem dieser ansässig ist, gleich treffen. 107 Damit wurde Art. 49 Abs. 1 nicht mehr als spezielle Ausprägung des in Art. 12 EGV niedergelegten allgemeinen Diskriminierungsverbots angesehen, sondern als umfassendes Verbot aller den freien Dienstleistungsverkehr behindernden diskriminierenden und nicht-diskriminierenden Maßnahmen und Tatbestände verstanden. IOS Als verbotene Beschränkungen des freien Dieostleistungsverkehrs sind somit nach der Rechtsprechung des EuGH grundsätzlich alle Fälle der offenen Diskriminierung anzusehen, aber auch Fälle der versteckten Diskriminierung, 109 beispielsweise die Verpflichtungen zur Ansässigkeit (sog. Residenzpflicht I Io), sowie alle nicht-diskriminierenden Hindernisse, etwa die Pflicht zur Hinterlegung von finanziellen Garantien. I I I

Troberg, in: von der GroebeniThiesingiEhlermann, Art. 59 Rn. 3. So der EuGH, Urteil vom 03. 12. 1974, Rs. 33/74 .. van Einsbergen ", Slg. 1974 S. 1299 (1309), Bleckmann, Europarecht, S. 610. 107 Grundlegend dazu: EuGH, Urteil vom 26. 04. 1988, Rs. 352 I 85 .,Bond van Adverteerders/NL", Slg. 1988 S. 2085; Urteil vom 25. 07. 1991, Rs. C-353189 .. Kommission / Niederlande", Slg. 1991 S. 4069 und Urteil vom 25. 07. 1991, Rs. C-76190 .,Säger/Dennemeyer", Slg. 1-1991 S. 4221. 108 Die Literatur ist dieser Auffassung weitgehend beigetreten, vgl. Troberg, in: von der GroebeniThiesingiEhlermann, Art. 59 Rn. 4; wohl anderer Auffassung aber: Randelzhofer, in: Grabitz I Hilf, Kommentar zur EU, Art. 59 Rn. II. 109 Vgl. hierzu insbesondere die Ausführungen des EuGH, Urteil vom 17. 12. 1988, Rs. 279180 .. Webb", Slg. 1988 S. 3305 (3306) sowie Deringer ZUM 1986 S. 627 ff. (628). 11o Vgl. hierzu etwa die Rechtsprechung des EuGH, Urteil vom 26. 11. 1975, Rs. 39/75 .. Coenen", Slg. 1975, S. 1547. 105

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All diesen Beschränkungen ist gemeinsam, daß sie personenbezogen sind, d. h. unmittelbar an den Dienstleistungserbringer als Rechtssubjekt anknüpfen. Problematischer und noch nicht abschließend durch den EuGH geklärt ist hingegen, ob auch produktbezogene Regelungen, d. h. bestimmte Anforderungen an den Inhalt der Dienstleistung, welche unterschiedslos für alle in- und ausländischen Dienstleistungserbringer gelten, eine unzulässige Beschränkung des freie Dienstleistungsverkehrs darstellen können. 112 Diese Frage ist vor allem im Rundfunkbereich von erheblicher Bedeutung, da sich hier, wie bei kaum einer anderen Dienstleistung, die mitgliedstaatliehen Regelungen und Maßnahmen in der Regel gerade auf den Inhalt beziehen. Der Grund dafür liegt auf der Hand, denn die Erreichung des in fast allen Mitgliedstaaten verfolgten Zieles der Gewährleistung und Aufrechterhaltung von Meinungspluralismus im Rundfunkbereich 113 setzt eine Einflußnahme auf den Inhalt der Rundfunksendebeiträge denknotwendig voraus. So finden sich in den Mitgliedstaaten eine Vielzahl von rundfunkspezifischen Bestimmungen, die sich insbesondere auf Fragen der Werbung, des Jugendschutzes, des Rechts auf Gegendarstellung, etc. und damit auf das "Produkt Rundfunk" beziehen. Daß solche Regelungen geeignet sind, den freien Dienstleistungsverkehr z.T. erheblich zu behindern, steht außer Frage, denn gelten im Empfangsstaat z. B. hinsichtlich bestimmter Werbebeiträge strengere Regelungen als im Sitzland des Rundfunkveranstalters, wird diesem die Erbringung der Dienstleistung wesentlich erschwert, da eine u.U. kostspielige Anpassung der Sendebeiträge an das im Empfangsland geltende Recht, etwa durch Herausschneiden der Werbemitteilungen, erforderlich wäre.114 Im Falle von Live- Übertragungen in verschiedene Mitgliedstaaten kann dem Rundfunkveranstalter infolge gegensätzlicher Regelungen der Empfangsstaaten die Erbringung der Dienstleistung, im Falle der Inkompatibilität der verschiedenen Rechtsordnungen, unter Umständen sogar unmöglich werden. Festzuhalten ist somit, daß produktbezogene Regelungen die Dienstleistungsfreiheit in gleicher Weise zu beeinträchtigen vermögen, wie personenbezogene Regelungen. 115 Als Argument für die Einbeziehung produktbezogener Regelungen in den Beschränkungsbegriff des Art. 49 Abs. I EGV läßt sich zudem die enge wirtschaftliche Verwandtschaft der Dienstleistungsfreiheit zur Warenverkehrsfreiheit anführen. Beide Grundfreiheiten sollen einen ungehinderten grenzüberschreitenden Austausch von Produkten im Binnenmarkt gewährleisten. 116 Dienstleistungen werden dabei, im III Der EuGH hat sich damit augenscheinlich an die Grundsätze angelehnt, die er in seiner Rechtsprechung zur Warenverkehrsfreiheit entwickelt hat. 11 2 Diese Frage wird insbesondere aufgeworfen von Troberg, in: von der Groeben/Thiesing I Ehlermann, Art. 59 Rn. 6, 29 f. 11 3 Ausführlich dazu später im Dritten Teil IV. 11 4 In diesem Sinne auch: Schwanz ZUM 1991 S. 155 ff. (162 f.); Sparr; Kulturhoheit und EWG-Vertrag, S. 204 ff.; Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, S. 132. 115 In diesem Sinne auch Deringer ZUM 1986 S. 627 ff. (628); weitere Beispiele bei Traberg in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, Art. 59 Rn. 29 f. 116 So auch Troberg, in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, Art. 59 Rn. 5 und vor Art. 59 Rn. 22- 26.

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Sinne von dem Handel zugängliche unternehmensehe Leistungen, wie bewegliche Sachen als "Produkte" angesehen. Die Art. 49 ff. und 28 ff. EGV erfüllen daher nach der Vertragssystematik dieselbe wirtschaftliche Funktion. Im Hinblick auf diese funktionale Parallelität der beiden Grundfreiheiten ist es geboten, die zur Warenverkehrsfreiheit entwickelten Wertungen und Grundsätze auch auf die Dienstleistungsfreiheil zu übertragen und den Schutzbereich beider Grundfreiheiten übereinstimmend auszulegen. 117 Bei den angeführten produktbezogenen Regelungen im Bereich der Dienstleistungsfreiheit geht es der Sache nach um Vorschriften, die sich auf diese Grundfreiheit ähnlich störend auswirken wie Vorschriften bzgl. technischer Normen, Zusammensetzungen der Produkte, Etikettierung, und Verpakkung in Bezug auf den freien Warenverkehr. Zwar betrachtet der EuGH seit seiner Entscheidung in der Rechtssache "Keck/ Mithouard" sog. Verkaufsmodalitäten nicht mehr als Einfuhrbeschränkungen; 118 Bestimmungen hinsichtlich Gestalt und Beschaffenheit der Ware werden jedoch nach wie vor als potentielle Handelshindernisse im Sinne von Art. 28 EGV einer Prüfung unterzogen. Infolge des aufgezeigten Produktencharakters der Dienstleistungsfreiheit und der Konkordanz der Regelungsziele von Warenverkehrs- und Dienstleistungsfreiheit ist eine Übertragung dieses Grundsatzes auf die Dienstleistungsfreiheit geboten. 119 Letztlich scheint auch der EuGH in diese Richtung zu tendieren, wie sich aus einem Umkehrschluß der Entscheidung in der Rechtssache "Debauve " 120 ergibt. Dort sah der EuGH Regelungen hinsichtlich der Rundfunkwerbung "in Ermangelung einer Harmonisierung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und unter Berücksichtigung der auf das Allgemeininteresse abstellenden Erwägungen " nicht als Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs an. 121 Diese Formulierung kann als Indiz dafür herangezogen werden, daß der EuGH davon ausgeht, daß Regelungen der Rundfunkwerbung und damit produktbezogene Regelungen grundsätzlich eine verbotene Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit darstellen können, sofern sie nicht durch ein zwingendes Allgemeininteresse gerechtfertigt sind. 122 Aus alledem ergibt sich, daß der Beschränkungsbegriff des Art. 49 Abs. 1 117 Troberg, in: von der Groeben I Thiesing I Ehlerrnann, vor Art. 59 Rn. 22 - 26; Jarass EuR 1986 S. 75 ff. (87 f.); SteindorffRIW 1983 S. 831 ff. (834); Petersen, Rundfunkfreiheit und EG-Vertrag, S. 108 f., einschränken aber: Müller-G raff, Dienstleistungsfreiheit und Erbringungsforrnen grenzüberschreitender Dienstleistungen, in: FS Lukes, S. 471 ff. (483). 118 EuGH, Urteil vorn 24. II. 1993, Rs. C-267191 und C-268191 "Keck! Mithouard", Slg. I-1993 S. 6097. 119 Ob darüber hinaus auch im Bereich der Dienstleistungsfreiheit zwischen bloßen "Verkaufsrnodalitäten" und produktbezogenen Beschränkungen im Sinne der Keck-Rechtsprechung unterschieden werden muß, ist eine weitere, bisher noch nicht geklärte Frage, deren Erörterung hier jedoch den Rahmen dieser Untersuchung sprengen würde. Eingehender dazu etwa Troberg, in: von der GroebeniThiesingl Ehlerrnann, Art. 59 Rn. 34 ff. 120 EuGH, Urteil vorn 18. 03. 1980, Rs. 52179 "Debauve", Slg. 1980 S. 833. 121 EuGH, Urteil vorn 18. 03. 1980, Rs. 52179 .,Debauve ", Slg. 1980 S. 833 (856). 122 Deringer versteht den EuGH sogar dahingehend, daß er durch das Urteil .,Debauve" einen entscheidenden Anstoß für eine Koordinierung seitens der Gerneinschaft gegeben hat.

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EGV weit zu verstehen ist. Nach der hier vertretenen Auffassung erfaßt er damit grundsätzlich auch produktbezogene Regelungen. 123 Die Grenze für die Qualifikation solcher produktbezogenen Vorschriften als Beschränkung im Sinne des Art. 49 EGV dürfte allerdings da liegen, wo der Zweck einer Regelung nicht mehr allein das Erzeugnis der Unternehmerischen Tätigkeit oder die Rechtsbeziehung zwischen den Dienstleistungserbringer und seinem Kunden betrifft, da es in diesen Fällen an einem spezifischen Bezug zum freien Dienstleistungsverkehr fehlt. In Hinblick auf den Gegenstand von Koordinierungsmaßnahmen gemäß Art. 47 Abs. 2 i.V.m. Art. 55 EGV bedeutet dies, daß alle personen-und produktbezogenen Vorschriften und Maßnahmen, welche eine nach Art. 49 Abs. I EGV verbotene Beschränkung des Dienstleistungsverkehrs darstellen, nicht Gegenstand einer Koordinierung seitens der Europäischen Gemeinschaft sein können. Zu beachten ist jedoch, daß solche Vorschriften, die grundsätzlich eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs im Rundfunkbereich darstellen, durch die Rechtfertigungsvorbehalte des EGV gemeinschaftsrechtlich legitimiert sein können. Da es sich in diesen Fällen nicht um unzulässige Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit handelt, kann die Europäische Gemeinschaft hier zum Zwecke der Erleichterung des freien Dienstleistungsverkehrs die entsprechenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften harmonisieren. 124 Grundsätzlich ist hinsichtlich der Legitimationsvorbehalte für die Dienstleistungsfreiheit beschränkende Maßnahmen zwischen diskriminierenden und nicht-diskriminierenden Regelungen zu differenzieren 125 . Diskriminierende Regelungen, d. h. Sonderregelungen für Ausländer, sind nach der Rechtsprechung des EuGH und dem überwiegenden Teil des Schrifttums nur nach Maßgabe der sog. Ordre-Public-K/ausei in Art. 46 Abs. I, nach der Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit aus Gründen der öffentlichen Sicherheit, Ordnung oder Gesundheit gerechtfertigt sind, zulässig. Diese Ausnahmevorschrift spielt jedoch hinsichtlich der Legitimation von beschränkenden Regelungen im Rundfunkbereich und damit in Bezug auf die Begründung einer Koordinierungsbefugnis von rundfunkrelevanten Vorschriften nach Maßgabe des EGV nur eine untergeordnete Rolle. Zum einen hat der EuGH bisher offengelassen, ob kulturpolitische Erwägungen oder Maßnahmen zum Schutz des Pluralismus im Rundfunk überhaupt der Ordre-Public-Klauset unterfallen, zum anderen besteht mit Art. 46 Abs. 2 EGV bereits eine spezielle Kompetenz der Gemeinschaft zur Koordinierung mitgliedstaatlicher Regelungen, die sich nach Art. 46 Abs. I EGV als rechtmäßige Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit darstellen. Diese spezielle Ermächtigungsgrundlage, von der in der Praxis allerdings bisher kaum GeV gl. Deringer ZUM 1986 S. 627 ff. (631) sowie ders., Kulturhoheit der Länder und Europäische Union, in: FS I