Pandekten des römischen Privatrechts: Band 1 Die Einleitung und die Lehre von den Voraussetzungen der Privatrechte [2., verm. Aufl., Reprint 2021] 9783112451762, 9783112451755


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Pandekten des römischen Privatrechts: Band 1 Die Einleitung und die Lehre von den Voraussetzungen der Privatrechte [2., verm. Aufl., Reprint 2021]
 9783112451762, 9783112451755

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Pandekten -es römischen Privatrechts oder

Institutionen des gemeinen deutschen Cilvilrechts.

Pandekten -es römischen Privatrechts aus dem Standpuncte unseres heutigen Rechtssystems oder

Institutionen des gemeinen deutschen Civilrechts. Nebst

Einleitung

in das Studium des römischen Rechts. Don

Eduard Böcking.

Erster Sand. Die Einleitung und die Lehre von den Voraussetzungen der Privatrechte.

Zweite vermehrte Auflage.

Bonn,

bei Adolf Marens, 1853.

Einleitung kn die

Pandritten des gemeinen Civilrechts

Don

Eduard Böcking.

Zweite vermehrte Auflage.

Bonn, bei Adolf Marens. 1853.

Vorrede [t>er erste» Auflage.)

(Jntiem ich mich anschicke mein Buch zu lehren, wie eS bei seinem Auftreten auf der Bühne der litterarischen Welt, wo nach begreiflichen

Gesetzen der mitagierenden immer mehr, der unbefangen züschauenden

immer weniger werden, seine Verbeugung zu machen habe (und die Le­

ser eine- Buches, wie das vorliegende ist, dürfen erwarten, vom Verfaßer in einer Vorrede begrüßt zu werden), wiederholt flch in mir, mich selbst zu freudiger und zugleich wehmuthSvvllcr Befriedigung, den

Leser aber zu ernstem Wolwvllen zu ermahnen gar wol geeignet, die

Betrachtung des Dichters: „Der zur Thätigkeit geborene Mensch über­

nimmt flch in Planen und überladet sich mit Arbeiten.

Das gelingt

„denn auch ganz gut, bis irgend ein physisches oder moralisches Hin„derniss dazutritt, um das unverhältnisSmäßige der Kräfte zu dem Un-

„ternehmen ins klare zu bringen."

Als ich vor fast fünfzehn Jahren

nach eben beendigter Ausgabe deS BrachyloguS zuerst Hand anlegte, die

unvollendbare Arbeit eines (äußerlich uu» freilich vollendeten) Commen-

tarS zur der damals auch in kritischer Hinsicht noch durchaus «nge-vi. sichteten Notitia Dignitatum zu beginnen, und gemeinschaftlich mit nuu

theils verstorbenen, theils durch sonstige Entfernungen mir

fast entzo­

genen Freunden die Sammlungen und Sichtungen zu bewerkstellige», welche das Bonner Corpus Juris antefustiniani zu zieren bestimmt wa­

ren, hatte ich an mir selbst noch nicht erfahren, wie stätS reifende und sich mehrende Berufsthätigkeit, zumal von solchen Sorgen «nbefreiete,

welche hinwegzunehmen doch billig als Beruf des Berufes anerkannt werden sollte, wie Familien-Glück und Wehe und die mancherlei An-

forderungen der uns umgarnenden Alltäglichkeit weitauöfthende Plane

verengen und die Fäden des Geistes nicht allzufern nach allen Seiten

hin ausschießen zu laßen nöthigen.

Füge ich hinzu, wie meine Erleb«

Vorrede der erste» Äustagc.

II

Nisse der drei Zähre, seit der Druck dieses Bandes begonnen hat, wie

langes Leiden «nd freudiger Tod der/enigen, die mir auf Erden die liebste war, und daS Hinscheiden anderer mir theuerer Menschen, wie das seit Jahren immer schärfer nagende Gefühl eigner Kranlhaftigkeit, anderer Widerwärtigkeiten zu geschweige«, meine» Muth zu schwächen

nur allzusehr geeignet scheinen, so müste ich fast verzagen auch nur de» vorgezeichnete» Plan dieses Werke- anSführen, um so mehr die früher

begonnenen litterarischen Arbeiten vollenden zu können.

Aber eben daS

beruhigt mich, daß daS, was Goethe daS unverhältuisSmäßige der Kräfte zu den Unternehmungen nennt, nicht- als da- allgemeine Looß deS zur Thätigkeit geborenen ist; wie sich fa auch der Vernünftige gerne trö­

stet sterben zu müßen, weil er das unverhältuisSmäßige der individuel­

len zu den allgemeinen Natur-Kräften selbst als ein wahres VerhältnisS begreift: «nd sind die Kräfte des einzelnen schon im VerhältnisS zu vn. der unwahren Ewigkeit der Natur so übergeh ring, wie sollten sie denn

zu der wahren Ewigkeit deö Geistes und der Wißenschaft eine günsti­ gere Proportion haben!

So will ich denn auch fernerhin getrost nicht

allein den Plan dieses Lehrbuches auszuführen unabläßig bemüht sein,

sondern auch meine sonstigen Arbeiten z« vollenden suchen, soweit meine geistigen «nd physischen Kräfte eS zulaßen werden. Diese Betrachtung soll eS rechtfertigen, daß dieses Lehrbuch, ehe

eS vom Verfaßer vollendet ist, in Theilen, die denn freilich vorläufig

als Stücke angesehen zu werden fich gefallen laßen müßen, erscheint, zu welcher Einrichtung mich überdiesS das persönliche Bedürfniss, mei­ ne- eigne» Lehrbuches mit meinen Zuhörern mich zu bediene», nöthigt.

Zugleich diene daS gesagte als Grund meines Anspruches auf Nach,

sicht wegen solcher Unebenheiten, UnverhältnisSmäßigkeiten «nd anderer

Unvollkommenheiten, welche fast nicht zu vermeiden sind, wen» ein um-

saßendereS Werk nicht vollständig auögearbeitet ist, bevor der Anfang in die Hände des Setzer- kommt.

Namentlich gehört hierher auch,

daß ich nicht überall von den wichtigeren meine Arbeit nahe berühren­

de» litterarische» Erscheinungen gleichmäßigen Gebrauch machen konnte,

Vorrede irr ersten Auflage.

m

rote denn z. B. Savigny's System des heutige» römischen Rechts und Puchta'S CursuS der Institutionen, die fa beide noch nicht vollendet sind

und wovon das erste nun auch wol leider nie vollendet werden wird, erst

während der Abfaßung und des Druckes der vorliegeude» Bogen, zum Theil für diese zu spät erschienen sind. Soweit | eS mir thunlich war, vm. habe ich die genannten und andere treffliche Hilfsmittel benutzt, und be«

merke nur noch über daS häufig nicht bloß receptive Verhalten meiner Dar, stellung zu denselben, daß nach meiner Ueberzeugung eine wißenschaftliche

Bekämpfung schon dann ihre Berechtigung als Förderung der Wahrheit

hat, wen» nur daS «»gegriffene das unrichtige oder unwahre ist, sollte auch dem Angreifer selbst, daS richtige «nd wahre entgegen zu setzen,

nicht gelungen sein: so werden, denk ich, die von mir erhobenen Wi­ dersprüche, oder sie widersprechen selbst meiner ernstesten Absicht, überall

gegen unrichtiges oder unwahres gerichtet sein; daß ich überall das rich­ tige und wahre getroffen haben sollte, wäre wol eine zu kühne Hoff­ nung.

Auf neues bin ich nicht ausgegangen, sondern auf wahres, und

doch muß ich, erwägend wie selten mir so viele Neuigkeiten unserer Lit­

teratur als «eue Wahrheiten erschienen sind, fast fürchten, mein Be­ streben, daS wirkliche Recht zu begreifen, habe zu häufig ganz andere

AuffaßungSweisen und Resultate herbeigeführt, als man m anderen Darstellungen des römischen Privatrechts findet: Recensenten werde»

dieses eben so leicht bestätigen, als schwer beweisen: die Zeit «nd fort­ zusetzende eigene Forschungen müßen mich belehren, ob ich ein Recht

habe, mit dem Vorredner der plautinische« Casina zu sagen: Novum attulerunt quod fit nusquam gentium. At ego aio hoc fieri in Graecia et Carlhagini

Et hic in nostra terra, in [ipsa] Appulia.

Einer besonderen Rechtfertigung zu erscheinen bedarf mein Buch nicht, oder eS ist ihrer nicht werth; und meine Gedanken über das Sy­

stem kann der geneigte Leser vorläufig aus den §§ 27.ff. dieses Ban-

des ersehen; rechtfertigen laßen sich diese in Wirklichkeit nur durch die ganze I Ausführung selbst, und widerlegen in Wahrheit nur durch beße-n.

res.

Daß ich aber ein so umfaßendes Lehrbuch, wie das hier theil«

weise vorliegende, auf drei Bände berechnete, als'Institutionen'bezeichne, dürfte wol manchem einer Rechtfertigung zu bedürfen scheinen.

Dar«

über habe ich nun hier svergl. §§ 4...6.) etwa folgendes zu sagen. Die

römischen Juristen bezeichneten alö Institutiones die Einleitungöwerle in 'ihr heutiges römisches Recht', und diese Einleitungen waren, wie

die ausführlichen Darstellungen, selbst 'reines römisches Recht'.

WaS

wir Deutschen nicht gut, weil eigentlich widersprechend, als 'unser heu­ tiges römisches Recht' bezeichnen, der Gegenstand unsrer heutige» Pan­ dekten, ist vom Standpuncte deö römischen Rechts aus betrachtet ein unreines römisches, vom Standpuncte unseres Rechts aus gesehen gar

kein römisches, sondern eben unser eigenes Recht, wie es sich unter dem bedeutenden Einflüße des fremden und insbesondere deö römischen ge­

staltet hat.

Unsere Institutionen, unsere Einleitungen in jenes söge-

nannte heutige römische Recht, müßen aus setzt allgemein anerkannte»

wißevschaftlichen und praktischen Gründen Darstellung deö reinen rö­ mischen Privatrechts sein; ihr Inhalt muß sich also anders zu dem

unserer Pandekten verhalten, als der römischer Jnstitutionenwerke zu den von Römern und für Römer verfaßten ausführlichen Darstellun­

gen W römischen Rechts: bei den Römern war der Unterschied nicht ei» materieller, sondern ei» formeller, methodologischer, etwa auch da­

neben quantitativer, obgleich z.B. Marcianö Institutionen sechszehn,

Modestinö Pandekten nur zwölf Bücher auSmachten; bei «ns muß er auch den Inhalt betreffen, und, der größere oder geringere Umfang der Darstellung tritt dabei als zufällig ganz in den Hintergrund: eö ist x. eine fast kindische | Vorstellung des Verhältnisses unserer heutigen In­

stitutionen und Pandekten, daß jene eine dünne, diese eine dicke Dar­ stellung deö römischen Privatrechts seien, eine Vorstellung, deren Un-

zuläßigkeit mehr als ein neues treffliches Jnstitutionenwerk, ich will hier nur Schilling und Puchta nennen, durch die rüstigste That wider­

legen. Unsere Institutionen müßen, als VorbereitnngS-und Einleitungs-

Werke in unsere CivilrechtSwißenschast, daö reine römische Privatrecht

Öflnrbt -er ersten Auflage.

v

darstelle», aber in der Gestaltung «nd dem innere» Zusammenhänge fei«

»er Bestandtheile (und diese sind Begriffe), in denen eS unserem Geiste als eine römische Nationalthat, als ein Werk deS römische» VolkSgeisteS

erfaßbar ist:

wir müße» das reine römische Recht durch unsere Con«

struction für unS hervorbringen, aber nut aus de» Quelle» deö römi­ schen Rechts; daS Recht ist das römische, die Betrachtung «nd Auffa-

ßung die unsrige. Haben wir so daS reine römische Recht, unserer selbst

bewust, erfaßt, so wird sich durch die SelbsterkeuntnisS, daß wir «icht Rö­ mer, sondern Deutsche und wie wir eS geworden sind, auch die Erkenntniss,

wie und i» wieweit daS römische Recht deutsch und unser heutiges Recht

geworden sei, vermitteln: wir besitzen den HeimatSschei» der bei unS na­ tionalisierten «nd von unS selbst naturalisierten ewigen römische» Gei-

steSthat. Diese Darstellung bildet die Aufgabe unserer Pandekten: in ih». »en betrachten wir daS römische Privatrecht als unser eigenes deutsches Werk.

Als unser eigenes deutsches, sage ich; den» wir habe« eS uns

redlich erworben und angeeignet; wir haben ihn wiederbelebt, den ab­ gestorbenen römische» Buchstaben, uod habe» ihm neuen Geist einge­ haucht.

Wir sind, um diese Bildnerei deS Rechtes zu erlernen, schon

im zwölften Jahrhundert auf die Wanderschaft gezogen | nach Lombar« xr. dien, und haben dann, wenngleich noch sehr »ach der zünftig geworde­

ne» Manier der Jtaliäner, daheim die Arbeit eine Zeitlang für unS

selbst, nicht eben allzugeschickt, betrieben.

Die Lehrsahre «nd Gesel­

lenschaft einer Nation, die eü zur Meisterschaft zu bringe» bestimmt

ist, möge» gerne Jahrhunderte ausfüllen: wie lange hat doch Griechen­

land an seiner Kunst, wie lange Rom an seinem Rechte, daS moderne Rom an seiner Kirche, wie lange England an seiner Staatöverfaßung,

seiner Handelspolitik gelernt «nd sich geübt!

Seit dem sechszehnte»

Jahrhundert erschloßen, uns Reformation «nd (die Verwandtschaft läßt sich darthun) die Pflege, welche die großen französischen Eregete» un­

serer Wißenschaft widmeten, nachmals nach einer andere» Seite hm

die linguistische und antiquarische Eleganz der Niederländer, die Quel­

le« deS römischen Rechts zu

freierer und tieferer Ergründung; un-

Vorrede Irr rr/ien Auflage.

TI

1 erd essen deutsche Innerlichkeit und Anschmiegsamkeit sich dem römischen Nationalwerke und dieses sich aneignete, nicht ohne geistige Tiefe, wenn

auch oft nicht geschmackvoll.

Auch die Vegetation deö Geistes, dessen

Blüthe« selbst die Früchte sind, hat ihre Jahreszeiten, wie ihre örtlichen Bedingungen: daS achtzehnte Jahrhundert war für die deutsche CivilrechtSwißenschaft eine heilsame Winterszeit, manches brauchbare Geräth

für die Arbeiten der folgenden Generationen ist damals zurecht gemacht

worden und mancher Frostschaucr hat das Feld unserer Wißenschast zu desto größerer Ergiebigkeit bereitet.

Unser Zeitalter hat die Erkennt­

niss unseres EigenthumSrechtS an dem römischen Rechte zugleich mit der Erkenntniss der wahren Bedeutung seiner Reception hervorgebracht, und begriffen, wie unser deutsches Recht neben und in unserem römi-

L«. scheu Rechte gelte.

So muste I mit dem eigentlichen Aufleben deS letzte­

ren in unserem Jahrhundert, und zumal mit dem Wiederbeginn deutsches

Lebens in den deutschen Lande» auch das germanische Recht wieder aufle­

be», und der Unterschied deS kanonischen Rechts und unseres Kirchen­ rechts, der noch längst nicht durchgeführte, sich zu entfalte» beginnen. Deutschlands gröste Thaten sind feine Gedanken: durch sie beherrscht eS sich und sie gürten ihm, thut eS Noth, die tapfren Waffe» um zur Wehr

und zum Schutze deS Rechtes: wo dieses herrscht, da sind die Linien der StaatSgränzen «nübersteiglicher als Wälle und Mauern, und fest ste­

he» inne» die Säulen der Throne, wie auch einzelne Bethörte unten oder oben daran rütteln mögen.

Es nahet deutscher RechtSwißenschaft die

Zeit eigenthümlicher Gestaltung deS öffentlichen Rechts, und, eö kann nicht anders sein, deö Rechtes der Kirche.

Und so versuche den» an seinem Theile dieses Buch durch das römische Recht in das Heiligthum der Begriffe des Rechts überhaupt

einzuleiten, und zeige, so gut eü vermag, daß die römischen Juristen wol Grund gehabt haben, in den Tempel ihres Rechtes einzulade», als worin wahrhaft göttliches verehrt werde.

Bonn, 28. Januar 1843. Der Verfaßer.

Vorrede dieser zweiten Auflage. ÄöaS ich mit diesem Lehrbuche beabsichtige, ist zwar schon in der

vorstehenden Vorrede gesagt, aber, soweit meine Erfahrung von dessen

Wirksamkeit reicht, wie sich etwa erwarten ließ, von denjenigen, wel­

chen ich eS nicht auch mündlich erklärt habe, meinen Zuhörer», nicht ver­

standen oder gar nicht bemerkt worden, obgleich das Buch im einzelnen vielfältig, auch namentlich, noch häufiger ohne genannt zu werden, be­ nutzt worden ist: ich habe jene Abficht nun schon auf dem Titelblatte,

dem Theile des Buches, der j'a doch am unbefangensten und meisten gelesen zu werden Pflegt, anszudrücken gesucht.

DaS Studium unse­

res CivilrcchtS wird noch lange mit dem deö römischen Privatrechts be­

ginnen müßen, auch wen» die gemeinsame deutsche Rechtöüberzeugung,

die bei allem Mangel sonstiger nationaler Gemeinsamkeit de» Deutschen doch (Gott sei Dank!) nicht abzusprechen ist und hoffentlich bleiben

wird, die Form des römischen Rechts überwunden und sich aus ihr als

einer Entwickelungshülle herauögearbeitet haben wird.

Die gründliche

Kenntnisö deö reinen römischen RechtS ist recht eigentlich ein national­

deutsches Interesse, nicht damit jenem Geltung oder deren Fortdauer

bereitet werde, sondern gerade im Gegentheil, damit wir seiner, soweit

eS unserem RechtSlebe» unentsprechend ist, ledig werden, waö, wie die

Erfahrung gelehrt hat und zu lehren nicht ablaßen wird, durch Codi« ficationen nicht zu bewerkstelligen ist: die Gesetzgebung kann daS RechtS-

bewustsein zwar fördern oder stören, aber nicht schaffen.

Unzählige

Anwendungen des römischen Rechts auf Fälle unseres Rechtslebens sind

gemacht worden und werden gemacht, weil jenes nicht richtig verstanden worden ist und wird: ich führe, des öffentlichen Rechtes zu geschweige»,

nur beispielsweise daS Familienrecht an: sollte man nicht, wenn man unsere civilistische Litteratur, und nicht bloß die von Universitätslehrern ausgehende, ansieht, meinen, unsere Familie und die römische Familia

seien eins und dasselbe, unsere väterliche Gewalt stellte» die Römer

unter dem Namen palria potestas dar, der römische Begriff des stalus sei nur im Namen von den heutigen s.g. Zustandsrechten ver­ schiede», und die capitis minutio könne bei unö nur etwa alS maxima und allenfalls media nicht mehr vorkommen? Und das Erbrecht! Schon unsere Erbverträge beweisen, daß die römische hereditas von

unserer Erbfolge grundsätzlich eben so verschieden ist, als eS die römisch­

rechtliche familia von unserer Familie ist. Die Verunreinigung unsres Erbrechts rührt gröstevtheilS von der unreinliche» Behandlung des rö­ mischen her, und eS ist recht praktisch wichtig, die Einheit, Universitas

und fingierte Persönlichkeit der hereditas erkannt zu haben, damit man

die auf diesen Begriff fich gründenden Bestimmungen des römischen

Rechts nicht auf den Nachlaß und die Erbfolge deö heutigen Rechts anwende: die Hinterlaßenschaft ist nach unserem Recht nur eine Summe

von Vermögensrechte» und eS ist für den heutige» Erben eben so un­ richtig, daß er die vermögenörechtliche Persönlichkeit deö ErblaßerS in fich aufnehme, als dieses gerade das Wesen des römische» heres auS-

machte. Viele Zweifel und Streitigkeiten über die materielle» Wir. langen des Processes lösen fich durch das Verständniss, waö die rö­ mische obligatio und actio und daß diese nicht mit unserer 'Klage,

noch weniger jene mit unserer 'Obligation' identisch sek, und daß der römische Unterschied der civiles und der naturales obligationes bei unö nicht gelte; aber daß und warum er nicht gelte, zu begreifen, ist

wesentlich bedingt durch die Erkenntniss seiner eigentlichen ursprüngli­

chen Bedeutung.

Die oben geforderte gründliche Kenntnisü deö römk-

schen Rechts muß aber wesentlich dadurch gefördert werden, daß wir

das seit etwa anderthalbtausend Jahren in seiner nationale» Gestaltung

abgeschloßene, in seiner systematischen Gliederung, wie eö unö als ein gan­ zes erscheint, auffaßen, nicht bloß historisch oder gar nur antiquarisch,

noch auch bloß aprioristisch und nach irgend einer beliebigen logische» Anordnung, sondern in der organischen Einheit, zu welcher fich die ge­ schichtlich erforschten einzelnen Bestimmungen vor dem Blicke unserer

deutschen Wißenschaft unserer Zeit verlebendigen.

Daß jede solche

ix

Vorrede der zweite» Auslage.

Darstellung nur em Versuch sein kann, theilt sie mit allen wißenschaft«

lichen Darstellungen; sie braucht aber deshalb nicht ei» misslungener Versuch zu sein. Gegen die Willkürlichkeit deS Systematisierens, eine

Hauptgefahr des Gelingens, schützt am sichersten die Gründlichkeit der Erforschung des einzelne», verbunden mit dem Bestreben, in ihm de»

Ausdruck, die Bewährung deö allgemeinen zu erkennen und darzustel-

len, was seinerseits zu genauer Entwickelung und präcisem Ausdrucke der Begriffe und diesen entsprechender Scheidung und Verbindung führt, löblichen Eigenschaften, die selbst übelwollende Beurtheiler der

ersten Auflage dieses Buches an ihm zu rühme» geneigten.

Ich habe

dieselben in dieser zu vervollkommnen und zu vermehren gesucht, waS sich freilich wegen sorgfältigerer Raumbenutzung nicht durch Verglei­ chung der Seitenzahlen, aber letzteres gewiss und hoffentlich auch er­

steres durch den Inhalt deö Buches bewähren wird.

Die Digesten­

stelle» sind, sofern nicht einiges auö der vorigen Ausgabe stehen ge­

blieben ist was zu ändern gewesen wäre, nach der Florentina gege­ ben, was ich der Rechtschreibung wegen bemerke, an welcher sich sonst

vielleicht ein Unvorsichtiger stieße. Der besondere Titel, wodurch dieseömal der vorliegende Band

von dem meines Erachtens ihm zukommenden Rechte Gebrauch macht, sich auch als ein selbständiges Einleitungöwerk in die römische Civil«

rechtSwißenschaft zu geben, soll nicht ansage», daß die Fortsetzung auS« bleiben werde; vielmehr wird diese meine nächste litterarische Haupt­

aufgabe sei», und ich hoffe, im kommenden Jahre mindesten- die Aus­

führung dessen, waS auf Seite 133. Zeile» 2 bis 5. dieses Bandes sum­ miert ist, meinen Zuhörern und sonst etwa geneigten oder ungeneigten

Liebhaber» deö BuchcS Preisgeben zu können. Vielleicht sehen Manche ein Zeichen meines UnfleißeS darin, daß ich diese Fortsetzung nur erst zu

einem kleinen Theile zur Herausgabe bereit gearbeitet habe, so wie eS An­ dere vielleicht für Selbstgefälligkeit halten, daß ich davon hier rede. De» letzteren bekenne ich, daß ich zwar vollkommen begreife, wie sehr ein Lehrbuch, zumal in unseren Zeitläufte», eine kleine That sei, den«

Vsmtt brr zweiten Auflage.

x

noch die Vollendung meiner Arbeit im Verhältnisse zu meiner Stellung

und meinen Kräften gar nicht für unbedeutend halte. Den erstere» dürfte

ich wol zu meiner Rechtfertigung anführen, daß ich durch den dcsperaten Commentar zur Notitia Dignitatum, welcher fetzt, freilich nicht so wie ich in meiner Jugend gehofft hatte, zu Ende gebracht ist, an­

derer Arbeiten, die sich zwischengedrängt haben, zu geschweige«, von

fener Fortsetzung abgehalten worden sei.

Gewichtiger aber ist mir zur

Rechtfertigung, daß ich alö Universitätslehrer meinen Hauptberuf mehr

im mündlichen als im schriftlichen Lehren erkenne, wie mir eine gute Zahl ehemaliger und fetziger Zuhörer gerne bezeugen wird; und diesem

Beruf ergebe ich mich um so getroster, fe mehr mir die Erfahrung die Einsicht aufdrängt, daß, manchen anderen Krise», welche man für Ent­ wickelungskrankheiten zu halte» pflegt, hierin vergleichbar, auch die Kräfte,

welche wißenschaftliche Krise» wirken, sich durchschnittlich nur in Jün­ gere übertragen laßen.

Und so schließe ich mit dem Wunsche, daß

meine auSgesäeten mündlichen und schriftliche» Worte in den Jüngern

der Rechtöwißenschaft und solgeweise in unserem Rechtöleben gute

Früchte hervorbringen mochten.

Bonn, 20. Mai 1853.

E. Böcking.

B nhalts-Ueb erficht. §§ 1. 2.

Einleitung in bas Studium des römischen Rechts. Wißenschaft, Rechtswißenschaft. (S.1.2.) Recht im objectiven und subjektiven Sinne. Recht. (S.2...4.)

Oeffentlicheö und Privat-

3.

Positives Recht und dessen nothwendige Verschiedenheit. (S.4.5.)

4.

Gegenstand dieser Darstellung: das römische Civilrecht. (S.5.)

5.

Verhältniss der Anstitutionen-Vorträge zu anderen, welche ebenfalls rö­ misches Recht zum Gegenstände haben. (S.6...8.)

6.

Bedeutung dieser Darstellung: deren wißenschaftliche und praktische Wich­ tigkeit. (S.8.)

7.

Entwickelung des Rechtszustandes eines Volkes im allgemeinen. (S.8...10.)

8.

Entwickelungsgang des römischen Rechts; dessen vier Perioden. (S.11.12.)

9.

Verschiedene Seiten der Darstellung: systematische, historische, dogmati­ sche. (S.13.)

Quellen der Darstellung: 10.

I. Allgemeine Begriffe: Rechts- und rechtsgeschichtliche Quellen. (S.13.14.)

II. Insbesondere A. Rechtsquellen:

11.

1. Ius non scriptum, s.g. Gewohnheitsrecht. (S.14...19.)

2. Ius scriptum: a. Die römischen Formen:

12.

«. Das gemeinschaftliche. (S.19...21.)

ß*. Die einzelnen Formen: 13.

14. 15. 16.

17.

Leges und plebi scita, (S.21...23.) Senatus consulta. (S.24.25.) Constitutiones principum. (S.26...30.) Edicta magistratuum oder ius honorarium. (S. 31...34.) e. Responsa prudentium. (S.35...39.)

a. b. c. d.

b. Die uns erhaltenen Quellenschriften des römischen Rechts:

Juristische Werke außer den Constitutionen- und officiellen Sammlungen:

18. 19.

a. in ihrer ächten Form uns überlieferte. (S.39...43.) b. in Ueberarbeitungen aufuns gekommene. (S.44...50.)

/)'. Die

Constitutionensammlungen Rechtswerke:

und

die

officiellen

kaiserlicher

20.

a. die

vorjustinianischen Sammlungen Constitutionen. (S.50...58.)

21.

b. die

justinianischen Rechtswerke. Anhänge l...V.S.*2...*22.)

22.

k. die Leges Romanae Barbarorum, (S.69.,,77.)

(S.58...69. und

JI

Uebersicht.

XII

c. Die rrachjrrstim'anischen Rechtswerke: 23

d. im Orient. (S.77...95.) ß. im Occident. (S.95...115.)

24.

B. Rechtsgeschichtliche Quellen. (S.115...23.)

25. 26.

Bearbeitungen der Institutionen. (S.124...27.) System:

27.

I.

dessen Bedeutung überhaupt. (S.127.128.)

28.

II.

System der gaianischen und justinianischen Institutionen. (S.128... 130. und Anhang VI.S.*22...*31.)

29.

III. System des römischen Privatrechts von unserem Standpuncte auS. (S.130...34. vgl. die Vorrede.)

Erstes Buch. Die Boraussetzungen der Privatrechte.

Erstes Kapitel. Oie Rechts sulyecte, oder von der Rechts- und Handlungs-Fähigkeit der Personen. 30.

Begriff, Entstehung und Ende der Persönlichkeit. (S.135...37.)

31.

Uebersicht. (S.137...39.)

Erster Abschnitt. Van den physischen Personen. Erster Unterabschnitt. Rechts- und Handlungs-Fähigkeit der Physischen Personen.

32.

I.

Die physische Eristenz des Individuums. (S.139...41.).

II. Die rechtlichen Erfordernisse: 33.

Römische Auffaßung der Rechtsfähigkeit überhaupt und die beiden Seiten der Privatrechtsfähigkeit insbesondere: connubium und commercium. (S.141...43.)

A. Liberi homines aut ingenui sunt aut libertini.

34.

1. Ingenui. (S.143.144.)

35.

2. Libertini: cives Romani, Latini', dediticiorum numero. (S.144...48.)

36.

B. Servi. (S.148.149.)

Jweiter Unterabschnitt.

Verschiedenheit der Uechts- und Handlungs-Fähigkeit der physischen Personen:

I. nach Verschiedenheit ihrer natürlichen Eigenschaften oder Zustände. 37.

A. Geschlecht. (S.149.150.)

38.

B. Altersstufen. (S.151...55.)

39.

C. Gesundheit und Krankheit.(S.155...58.)

40.

D. Räumliche Beziehungen: Wohnort, 158...60.)

An- und Ab-wesenheit. (S.

II. nach ihrer Beziehung als Glieder eines Ganzen zu andern diesem Ganzen angehörigen Personen: 41.

Vorbemerkung. (S.160.161.)

Ueberflcht. 42.

43. 44.

45. 46.

47. 48.

49.

50. 51. 52.

53. 54.

55. 56. 57.

58. 59.

XIII

A. Die Person alS Familienglied. 1. Begriff der Familia als eines natürlichen, sittlichen und recht, lichen Ganzen. (S.161...63.) 2. Die Stellung der Glieder in der Familie a. in Beziehung auf deren Rechtsfähigkeit: s.g. status farnttiae: er. Qüaedam personae sui iuris sunt, quaedam alieno iuri sunt subiectae. (S.163...67.) ß\ Die verschiedenen Formen des ius über Andere oder der Familienbotmäßigkeit. (S.167...70») a. DaS ius über vollständige freie Familienglieder: aa. Palria potestas. (S.17O...74.) bb. Manus. (S.174...82.) b. Das ius über unvollständige, unfreie oder diesen analog in der familia stehende freie Mitglieder derselben: aa. Domini in servum potestas. (S.182...92.) bb. De bis qui in mancipio sunt. (S.193...96.) b. Verhaltniss der einzelnen Familienglieder zu einander als Voraussetzung bestimmter Rechte unter ihnen: a. Eigentliche Verwandtschaft. (vgl.AnhangVU.S.*32.*33.) ü. Begriff und Eintheilungen. (S.196...98.) b. Die einzelnen Arten der Verwandtschaft: aa. nach ihrer civilrechtlichen Bedeutung: ad. Agnatio. (S.198...2OO.) ß’ß’. Cognatio; eheliche und außereheliche Ver­ wandtschaft. (S.200...202.) bb. Stellung der Verwandten zu einander: da. Stemma, linea, ordo, gradus. Ascendenten, Descendenten,Seitenverwandte. Stamm, •frfiespectus parentelae. Voll- und halb­ bürtige Seitenverwandte. (S.2O2...2O4.) /r'/r'. Einfache und mehrfache Verwandtschaft. (S. 204...206.) c. Berechnung der Vermittelung des Verwandtschafts­ verhältnisses: Gradus cögnationis sive agnationis. (©.206.) ß*. Der Verwandtschaft ähnliche Verhältnisse: a. Adfinitas. (©.207.208.) b. tCognatio spirilualis. Pflegekindschaft. (©.208.209.) c. Gentilität. (©.209.210.) B. Die Person als Staatsmitglied. 1. Das durch die Stellung der Person als Familienglied gegebene Verhältniss zum Staate: Capitis minutio. (S.21O...2O.) 2. Die Rechtsfähigkeit des Civis als Mitgliedes eines bestimmten Standes: Einfluß von Rang, Stand und Gewerbe auf die Rechtsfähigkeit. (S.22O...23.)

Uebersicht.

XIV

60.

3. Die Rechtsfähigkeit des Civis in seinem unmittelbaren Verhältniss als Privatperson zum Staate: Bürgerliche Ehre und deren Schmälerung: Infamia. (S.223...27.)

61.

C. Me Person als Mitglied einer Religionsgemeinschaft. (S.227...29.) Zweiter Abschnitt.

Von den juristischen Personen.

Begriff und Arten überhaupt. (S.230...35.)

62.

I.

63.

II. Entstehung und Beendigung. Wirksamkeit. (S.235...37.)

III. Einzelne Arten juristischer Personen.

A. Universilates. (S.237...39.) B. Fiscus. (S.240...41.) C. Kirchen und s.g. fromme Stiftungen. (S.241.242.)

64. 65.

66.

Zweites Kapitel.

Die Nechtsobjecte

oder von den körperlichen Dingen und den Willensäußerungen.

67.

Begriff der Sache und dessen Entfaltungen. (S.243...46.) Erster Abschnitt.

I.

Von den körperlichen Aachen.

Fähigkeit der Sache Rechtsobject zu sein,

A. allgemeine: 68.

1. Res quae in nostro sunt patrimonio vel extra nostrum patrimonium habentur. (S.246...48.) 2. Die einzelnen Arten der dem Verkehr entzogenen Sachen:

69.

a. Res divini iuris. (S.248...51.)

d. Dem Verkehr entzogene res humani iuris: 70.

«. Naturali iure omnium communia. (S.252.)

71.

ß\ Res publicae und universitalium. (S.252...54.)

72. 73.

/. Relative Beschränkungen. (S.254.)

B. Besondere Fähigkeit der Sache als Rechtsobjects: Res mancipi und nec mancipi. (S.255...59.)

II. Natürliche Verschiedenheiten der Sachen, welche auf deren Behand­ lung als Rechtsobjecte von Einfluß sind:

74.

A. Beweglichkeit. (S.259...63. Anhang VIII.S.*34...*43.)

75.

B. Theilbarkeit. (S.263...66.)

76.

C. Nutzbarkeit: Fruchtbarkeit und Verzehrbarkeit. (S.267.268.) III. Verschiedenheit der juristischen Auffaßung der Sachen:

77.

A. Genus, species. Vertretbarkeit.

Werth.

Geld. (S.269...72.

Anhang IX.©.*43...*48.)

B. Haupt- und Neben-Sachen. 78.

1. Begriff. Omnis causa. (S.273...75.) 2. Die Arten körperlicher Nebensachen:

79. 80.

a. Früchte. (S.275...77.s b. Die s.g. bürgerlichen Früchte und insbesondere Zinsen. (S.277...81.und Anhang X.©.*47.*48.)

81.

c. Zubehör. (S.281...85.)

Uebersicht.

xv

Zweiter Abschnitt, von Len unkörperlichen NechtsgegenstLnLen. 82. I. Begriff der Leistung. (S.285.286.) 83. II. Arten der Leistung. (S.286...89.) III. Erfordernisse der Willensäußerung A. in Beziehung auf die Personen: 84. 1. Willensfähigkeit. (©.290.291.) 2. Willensfreiheit 85. a. im allgemeinen. (S.291.292.) b. Insbesondere 86. «'. Zwang. (S.292...94.) 87. ß*. Irrthum und unwißenheit. (S.294...97.) 88. 3. Willenswirklichkeit. (S.297...300.) B. in Beziehung auf die Gegenstände: 89. 1. Object der Leistung. (S.300...303.) 90. 2. Zeit der Leistung. (S.303.304.) 91. 3. Ort der Leistung. (S.304...306.) Drittes Kapitel, von den Rechten überhaupt oder von der Beziehung des Willens des Subjects auf das ihm Objective im Verhältnisse zu dem allgemeinen Willen. Erster Abschnitt. Die Rechtsbestimmung oder das sg.objertioe Recht. 92. Vorwort. (S.307.) I. Die Geltung der Rechtsbestimmung 92*. A. nach ihrem Ursprung aus römischer Volkstümlichkeit oder den, anderen Völkern gemeinsamen Rechtsansichten: ius civile und ius gentium. (S.307...12.) 93. B. in ihrem Verhältnisse zum Privatwillen: absolut geltendes und dispositives Recht. (S.312.313.) 94. C. in ihrem Verhältniss als Bestandtheil des RechtssystemS: ius commune und singulare; generale, speciale; gemeines und partikulares. (S.313...16.) 95. II. Entstehung, Veränderung und Aufhebung. (S.316...19.) III. Anwendung der Rechtsbestimmung. 96. A. Bestimmung des Inhalts. Rechtsauslegung. (S.320...25.) 97. B. Subjecte, deren Willensäußerungen durch die Rechtsbestimmung normiert werden. (S.326...28.)

Zweiter Abschnitt. Die rechtlichen Befugnisse ober Lao s.g.subjeetive Recht. Erster Unterabschnitt. Legriff unL Arten. 98. I. nach dem Subjecte: absolute und relative; selbständige und unselb­ ständige Rechte; gegenwärtige und zukünftige; gemeine und sin­ guläre Rechte oder Privilegien. (S.328...32.) 99. II. nach dem Inhalte: Familien- und Vermögens-Rechte. (S.332.333.)

xn

Urbttjlcht.

Iwelter Unterabschnitt.

Entstehung und Ende.

Entstehung überhaupt. (S.333...36.)

100.

I.

101.

II. Beendigung überhaupt. (S.336...39.) III. Insbesondere

A. Thatsachen:

102.

1. zufällige, casus; periculum et commodum; damnum et lucrum; Interesse. (S.340...45.)

2. Rechtsgeschäfte: 103.

a. Begriff, Bestandtheile und Eintheilungen. (S.345...48.)

104.

b. Die Subjecte der Rechtsgeschäfte. (S.348...53.) c. Die Arten nach ihrem Inhalte.

105.

«. unerlaubte Willensäußerungen. Delikte. Dolus und culpa. Schadenserfaßpflicht. (S.353...61.)

ß*. Erlaubte: a. Hauptinhalt. aa. Rechtsgeschäfte unter Lebenden,

106.

da. gegenseitige. (S.362...76.) i.

Vertrag. (S.362...65.)

ii. Schenkung. (S.365...71.)

in. Precarium. (S.371...73.) iv. Vergleich. (S.373.374.) v.

Eid. (S.374...76.)

ß’ß*. einseitige Rechtsgeschäfte, 107.

aa. Rechte begründende: (S.376...81.)

i.

ii.

Verheißungen: Pollicitation, Gelüb­ de, dotis dictio, Auslobungen. (S.376...78.)

Quasicontracte. (S.378.379.)

in. Verwendungen. (S.379...81.)

iv. In rem versio und unhaltbare Bereicherungen. (S.381.) 108. 109.

bb. Rechte beendigende einseitige Rechtsge­ schäfte. (S.381...83.) bb. Rechtsgeschäfte auf Todesfall. (S.383...86.)

b. Nebenbestimmungen 110.

aa. im allgemeinen. (S.387...90.)

da. Condicio oder Bedingung: 111.

aa. Begriff und Arten. (S.390...93.)

112.

bb. Erfüllung ».Erfüllbarkeit. (S.394...97.)

113. 114. 115.

116.

cc. Wirkung. (S.397.398.)

pß*. Dies oder Zeitbestimmung. (S.398...401.) //. Modus. (S.401...407.) d. Form der Rechtsgeschäfte; Clauseln, Protestatio» und Re­ servation, Ratihabition. (S.407...14.)

Uebersicht.

XVII

e. Wirkungen der Rechtsgeschäfte:

d. Feststellung derselben im allgemeinen:

117.

a. Auslegung der Rechtsgeschäfte. (S.414...18.)

118.

b. Beweis und Beweislast; Beweisgründe und Beweis­ mittel. Ausnahmen: Notorietät und Geständniss, Vermutung und Fiction. (S.418...25.)

119.

ß'. Insbesondere: Wirkungen unvollkommener Rechtsge­ schäfte und Heilung der Mängel: Nullität, Infirmation und Rescisstbilität; Convalescenz und Eonversion. (S.425...33.) 13. Einfluß der Zeit auf Entstehung und Beendigung von Rechten.

1. Bestimmung dieses Einflußes tut allgemeinen und von der un­ vordenklichen Zeit. (S.433...36.)

120. 121.

2. Die Zeiteintheilung. (S.436...39.und Anhang XI.S.*48.)

122.

3. Die Zeitberechnung: (S.440...48.)

a. Naturale und civile Zeitberechnung. (S.440...44.)

b. Continuum und utile tempus. (S.444...48.) C. Einfluß des räumlichen Verhaltens des Subjects zum Object auf Entstehung und Beendigung von Rechten: vom Besitze.

1. Der eigentliche Besitz oder die corporis possessio,

123.

a.

124.

b. Erwerb des Besitzes. (S.458...65.)

125.

c.

Begriff und Arten. (S.448...58.)

Verlust deS Besitzes. (S.465...68.)

2. Iuris quasi possessio. (S.468...76.)

126.

Dritter Abschnitt.

Ausübung und Schutz der Uechte,

oder die Objektivierung der subjektiven Rechte, die Geltendmachung deS ob/ectiven Rechts als subjektives. 127.

I.

Erhaltung und Sicherungsmittel der Rechte. (S.476...83.)

i.

Inventarisierung. (S.476.477.)

ii.

Retentionsrecht. (S.477.478.)

ui. Cautionen. (S.478...81.)

iv. Pfändung und Arrest. (S.481.482.)

v. 128.

Sequestration. (S.482.483.)

II. Ausübung, Concurrenz und Collision der Rechte. (S.483...90.) III. Schutzmittel verletzter Rechte.

129.

A. Einleitung: Verbot der Selbsthilfe und von der Nothwehr. Be­ deutung des gerichtlichen Rechtsschutzes und Arten desselben im allgemeinen. (S.490...96.) B. Die regelmäßigen gerichtlichen Schutzmittel:

130.

1. Uebersicht der gerichtlichen Handlungen. (S.496...501.)

131.

2. Die ordinaria auxilia: (S.501...519.) i.

Acliones. (S.501...512.)

ii. Interdicta. (S.512...16.)

in, Exceplioneg, (S.516. ..19.)

Uebersicht.

XVIII

3. Von dem besonderen gerichtlichen Schutz: (S.5^0...28.)

132.

i.

Einweisung in den Besitz. (S.520...22.)

ii. In integrum restitutio. (S.522...28.)

Anhänge. Uebersicht des Plans und der Eintheilung der Digesten in Partes, libri ob tiluli, in die drei Digesien uud drei Drittheile. (S.*2.*3.)

I.

II. Uebersicht des Plans und der Eintheilung des justinianischen Constitutionen­ coder. (©.*3.*4.) III. Verzeichnis der unglossierten Stellen des Corpus juris civilis. (S.*4.*ö.)

IV. Uebersicht der justinianischen Novellen nach ihrer Ordnung in den verschie­ denen Sammlungen, Sprache, Alter und Glossierung. (S.*6...*ll.)

V. Ueber Handschriften und Ausgaben der justinianischen Rechtswerke: (©.*12. ...*22.)

A. Die einzelnen justinianischen Rechtswerke: 1. Instituliones. (©.*13.)

2. Digesta oder Pandectae. (©.*13...*15.)

3. Iuslinianeus Codex. (S.*15.*16.) 4. Novellae Iustiniani imp. (S.*16.*17.)

B. Ausgaben des ganzen Corpus iuris, 1. Glossierte. (©.*18.*19.)

2. unglossierte. (©.*19...*21.)

3. Reconcinnationen und ueberseßungen des Corpus iuris civilis oder einzelner Theile desselben. (©.*21.*22.) VI.

Tabellen zur Uebersicht der Systems der gaianischen und der justinianischen Institutionen. (S.*22...*31.)

VII. Verwandtschaftstabelle. (©.*32.*33.)

VIII. Rudorfs ueber Behandlung Römern. (S.*34...*43.) IX.

und Benennung der Ländereien bei den

Uebersicht des römischen Gewichts-, Münz-und Maß-Wesens. (S.*43...*47.) i.

Gewichte. (©.*44.)

ii. Münzen. (S.*45...*47.)

in. Maße. (©.*47.) X.

Zur Lehre vom römischen Zinsfüße. (S.*47.*48.)

XL

Der römische Kalender. (©.*48.)

Register. Verbeßerungen und Zusätze.

Einleitung in das Studium des römischen Nechts.

§. 1.

Wissenschaft, Rechtswissenschaft.

'Institutionen' oder'Institutionen des römischen!"Rechts'nennt man jetzt in Deutschland vorzugsweise die wißenschaftliche Darstellung, welche in das Studium des römischen Prirvatrechts einleitend zugleich eine Einleitung in das Studium der

positiven Rechtswißenschaft überhaupt zu sein bestimmt ist (§§5.6.).

Wißenschaft ist die durch das Denken vermittelte Form, in§ö. welcher dem Menschen die Wahrheit erscheint. Diese ist uns nicht ein unmittelbar gegebenes, sondern ein objectiv und subjektiv sich 10 entwickelndes: sie führt sich durch die verschiedenen Gebiete von

Gegenständen durch, und wir begreifen sie nur in ihrer Selbst­ entfaltung.

Indem sie Wahrheit ist, wo und wie sie von uns be- $ c.

griffen wird, geht der Begriff der W a h r h e i t für uns in den von

Wahrheiten auseinander. So nimmt die Wahrheit für den sie ir erfaßenden menschlichen Gedanken die Form der Wißen schäften

an. Dem die Wahrheit denkenden, begreifenden, erkennenden Menschen wird auch er selbst, es wird der Mensch in der Wißenschaft sich selbst Gegenstand, sowol nach der Seite seiner natürlichen,

unmittelbaren Eristenz, als physischer und psychischer Organismus,

2o im Verhältnisse zu sich selbst und der ganzen übrigen Natur; als

auch nach der Seite seiner Vernünftigkeit, wie er für sich, nicht bloß als einzelner, sondern zugleich als ein allgemeines ist, wie

der Mensch als dieser existierend sich zugleich als Ausdruck des Begriffs der Menschheit erkennt: der Mensch ist allein zugleich

r» Object und Subject der Wißenschaft, und jenes wieder als natürli­ ches und als geistiges Wesen. In seiner Bewegung von dem natür-§-.

lichen zum geistigen geht er aus von dem Selbstbewustsein, dem

unmittelbaren Wißen seiner selbst in seiner Einzelnheit, hin zu dem Wißen seiner selbst als eines allgemeinen; sich so begreifend weiß

so und will sich der Mensch als den vernünftigen im Verhältnisse zu 1

2 §1.

Einleitung. Wahrheit, Wissenschaft, NechtSwissenschast.

sich selbst und in dem zu den anderen Menschen, den ebenfalls ver­ nünftigen; die Bestimmungen der Wahrheit des vernünftig für sich

thätigen Menschen im Verhältnisse zu den anderen als eben solchen

sind das Recht; die für das Derhältniss des Vernünftigen zu sich und die für seine sonstigen Verhältnisse zu Anderen geltenden Be-s stimmungen liegen außer dem Gebiete des Rechts, kn dem der Sitt-

§f.lichkeit und der Religion. Das sich ausführende Wollen ist das Thun, die gewollte That ist die Handlung, und diese als die vernünftige in ihrem wahren Verhältnisse zu den Anderen und zum

Ganzen ist die gerechte. In diesem Sinne ist dkeWißenschaftio vom Rechte Erkenntniss der Wahrheit des Handelns des Men­

schen für sich im Verhältnisse zu den andern Menschen in ihrer Einzelnheit und ihrer Allgemeinheit', und so als Wißcnschaft des menschlichen als des vernünftigen und Erkenntniss des Unrechts

als der Unwahrheit oder des unvernünftigen, eine Wissenschaft ir

des göttlichen 2. §. 2, Lrcht im objtrtwrn und fubjcrtiBcn Sinne. Veffcntlichrs und Privat-Nccht. a.

Wendet man die allgemeine Begriffsbestimmung des Rechts als

her Wahrheit des sich für sich in seinem Verhältnisse zu Anderen be­

thätigenden Willens auf die einzelnen Willensäußerungen oder (so# 20 (J) Ulp. LA.pr.D. de iustilia et iure 1,1. eleganter Celsus definit: Ins eet ars boni et aequi«. Das bonum ist bas der Vernünftigkeit des Menschen angemeßene, abstrakt gefaßt; das aequum dieses angemeßene in seiner concreten Gestalt, unter gegebenen umständen, utilitatis ratio. (2) Hiernach hat es auch feine spekulative Richtigkeit mit Ulp.LAO.D.tit.cil.1,1. „Iustilia esl 25 constans et perpetua volunlas ins suum cuique tribuendi. § 1. Iuris praecepta sunt haec Honeste vivere, Altervm non laedere, Svvm cviqve tribyere. §2. Iuris prüdentia est divinarum atque humanarum rerum notitia, iusti atque iniusti scienlia“. (Fr.§§ 1.3J.de iust.el iure 1,1.) Ulpian geht hier von der Definition der Gerechtigkeit als des zum vernünftigen Handeln, also 30 nach Grundsätzen, welche die Zufälligkeit und das wandelbareres Beliebens aus­ schließen, sich bestimmenden Willens (constans et perpetua voluntas) zur An­ gabe der oberste^ oder Grund-Vorschriften, aus denen die rechtlichen Vorschrif­ ten hervorgehen (iuris praecepta, nicht juristische Vorschriften'), und so zur Bestimmung der Rechtöwißenschaft als einer Erkenntniss des wahrhaft mensch- 35 lichen und damit göttlichen über. Daß er bei seiner (traditionellen) Definition der Jurisprudenz an das römische ius sacrum als Theil des ius publicum ge­ dacht habe (§2. Note 1.), soll' eben nicht geläugnet werden. Die Definition der iustilia und die drei obersten Sätze, die hier als Ausgangspunkte des Rechts aufgestellt werden, 1) Thätigkeit des Menschen in Gemäßheit seiner eigenen Wür-40 de, 2) ohne Eingriff in die Sphäre der vernunftgemäßen Thätigkeit oder der Freiheit Anderer, vielmehr 3) mit positiver Anerkennung der Vernünftigkeit der­ selben), finden sich im wesentlichen eben so bei Platon, Cicero und Seneca, s. Schrader'sOorp.iur.ciY.adlnst.locc.citt.^ vgl. über die tria praecepta iuris v. Sllvigny's System des heut.rvm.R.l.S.407.ff. 45

2 §1.

Einleitung. Wahrheit, Wissenschaft, NechtSwissenschast.

sich selbst und in dem zu den anderen Menschen, den ebenfalls ver­ nünftigen; die Bestimmungen der Wahrheit des vernünftig für sich

thätigen Menschen im Verhältnisse zu den anderen als eben solchen

sind das Recht; die für das Derhältniss des Vernünftigen zu sich und die für seine sonstigen Verhältnisse zu Anderen geltenden Be-s stimmungen liegen außer dem Gebiete des Rechts, kn dem der Sitt-

§f.lichkeit und der Religion. Das sich ausführende Wollen ist das Thun, die gewollte That ist die Handlung, und diese als die vernünftige in ihrem wahren Verhältnisse zu den Anderen und zum

Ganzen ist die gerechte. In diesem Sinne ist dkeWißenschaftio vom Rechte Erkenntniss der Wahrheit des Handelns des Men­

schen für sich im Verhältnisse zu den andern Menschen in ihrer Einzelnheit und ihrer Allgemeinheit', und so als Wißcnschaft des menschlichen als des vernünftigen und Erkenntniss des Unrechts

als der Unwahrheit oder des unvernünftigen, eine Wissenschaft ir

des göttlichen 2. §. 2, Lrcht im objtrtwrn und fubjcrtiBcn Sinne. Veffcntlichrs und Privat-Nccht. a.

Wendet man die allgemeine Begriffsbestimmung des Rechts als

her Wahrheit des sich für sich in seinem Verhältnisse zu Anderen be­

thätigenden Willens auf die einzelnen Willensäußerungen oder (so# 20 (J) Ulp. LA.pr.D. de iustilia et iure 1,1. eleganter Celsus definit: Ins eet ars boni et aequi«. Das bonum ist bas der Vernünftigkeit des Menschen angemeßene, abstrakt gefaßt; das aequum dieses angemeßene in seiner concreten Gestalt, unter gegebenen umständen, utilitatis ratio. (2) Hiernach hat es auch feine spekulative Richtigkeit mit Ulp.LAO.D.tit.cil.1,1. „Iustilia esl 25 constans et perpetua volunlas ins suum cuique tribuendi. § 1. Iuris praecepta sunt haec Honeste vivere, Altervm non laedere, Svvm cviqve tribyere. §2. Iuris prüdentia est divinarum atque humanarum rerum notitia, iusti atque iniusti scienlia“. (Fr.§§ 1.3J.de iust.el iure 1,1.) Ulpian geht hier von der Definition der Gerechtigkeit als des zum vernünftigen Handeln, also 30 nach Grundsätzen, welche die Zufälligkeit und das wandelbareres Beliebens aus­ schließen, sich bestimmenden Willens (constans et perpetua voluntas) zur An­ gabe der oberste^ oder Grund-Vorschriften, aus denen die rechtlichen Vorschrif­ ten hervorgehen (iuris praecepta, nicht juristische Vorschriften'), und so zur Bestimmung der Rechtöwißenschaft als einer Erkenntniss des wahrhaft mensch- 35 lichen und damit göttlichen über. Daß er bei seiner (traditionellen) Definition der Jurisprudenz an das römische ius sacrum als Theil des ius publicum ge­ dacht habe (§2. Note 1.), soll' eben nicht geläugnet werden. Die Definition der iustilia und die drei obersten Sätze, die hier als Ausgangspunkte des Rechts aufgestellt werden, 1) Thätigkeit des Menschen in Gemäßheit seiner eigenen Wür-40 de, 2) ohne Eingriff in die Sphäre der vernunftgemäßen Thätigkeit oder der Freiheit Anderer, vielmehr 3) mit positiver Anerkennung der Vernünftigkeit der­ selben), finden sich im wesentlichen eben so bei Platon, Cicero und Seneca, s. Schrader'sOorp.iur.ciY.adlnst.locc.citt.^ vgl. über die tria praecepta iuris v. Sllvigny's System des heut.rvm.R.l.S.407.ff. 45

Nrcht im ods. uni im fubj. Sinne. Vcffentiiches und Privat-Nrcht.

8 2. 3

wol positiven als negativen) Handlungen an, so nennt man die für diese geltenden Bestimmungen oder Vorschriften das'Recht im ob­

jectiven (Sinne*1 (d. h. den rechtlichen Willen in seiner Allgemein­ heit); die Vernunft- (recht-) gemäße Möglichkeit (oder die Befugniss

rzu) der Bethätigung des Willens, zum Handeln (einem Thun oder Unterlaßen),'das Recht im subjektiven Sinne','Berechtigung' ('Ge­

rechtsame, mitunter auch'eine lz.B. Pfand-, Wege-, Weide-s Ge­ rechtigkeit'), d. h. den rechtlichen Willen in seiner concreten Erschei­

nung

Der vernünftig thätige Mensch in seinem wahren Verhält-

ionisse zu anderen als eben solchen ist der Mensch int Staate, das Staatsmitglied (§3.); der Staat ist die durch die Vernünftigkeit

des Menschen gegebene Gesammtheit Einzelner als in ihren mannichfaltigen Beziehungen zu einander wollender und wirkender. Danach ist das gesammte Recht als allgemeine Willensnorm ent- § c. ir weder öffentliches Recht, der Inbegriff der für die Mitglieder

des Staates int Verhältniss zu ihm, und der für die Handlungen des Staates selbst geltenden Bestimmungen, oder Privat-Recht, der Inbegriff der für die Willensäußerungen der Staatsmitglieder als für sich berechtigter einzelner Subjecte, privati, im Verhältnisse

2v zu anderen als eben solchen geltenden NormenDas öffentliche Recht umfaßt einerseits die für den Staat in seinem praktischen Verhältnisse zu anderen Staaten und deren Mitgliedern geltenden (a) Allerdings ist jene Unterscheidung durch den Gegensatz des s.g.vb-und sub-jectrven Rechts nicht gut bezeichnet und unrichtig, wenn man sie so erklärt, 25 das obj. Recht habe den Menschen zum Object, das subjective ihn zum Subject (Puchta, Inft. §6.); aber diese salsche Erklärung widerlegt nicht die wißenfchaftlich unentbehrliche Unterscheidung des rechtlichen Willens an sich als des allge­ meinen, der eben deshalb auch der Wille des wahren Rechtssubjects ist, und des rechtlichen Willens des Subjects als des Grundes seiner Bethätigung im einso zelnen. Auch das bewerft nur die Unentbehrlichkeit jener Unterscheidung, daß der Wille des Subjects sich nur insoweit geltend zu machen berechtigt ift, alS er mit dem allgemeinen, dem Rechtswillen übereinftnnmt. vgl. §§93.98. (1) Ulp.L.l.§ 2.D.de ius t. et iure /,!.(§ ^.Inst.eod. 1.) „Huius [iuris] studii [i.e. disciplinae] duae sunt positiones [i. e. duo membra, duo tyow Eidq, 35 zwei Fächer, Entwickelungs-Gebiete), publicum et privatum, publicum ius est quod ad statum rei Romanae speötat; privatum, quod ad singulorum utili— tatem: sunt enim quaedam publice ulilia [i.e.publicae utilitatis causa constiluta, mit Rücksicht aus die Verhältnisse des Staates als allgemeine Normen geU tende Bestimmungen), quaedam privatim». Das folgende „Publicum ius in sa40 cris, in sacerdotibus, in magistrahbus consistil» bezieht sich speciell auf die römische Staatsverfaßung, in welcher auch die auf das Religionswefen bezügli­ chen Einrichtungen lediglich Staatseinrichtungen waren, f.unten § 61. AusonJdyll. H,61.sq. bezeichnet als Inhalt der zwölf Tafeln das ius triplex, „Sacrum, pri­ vatum, populi commune quod. usquam est».

4 §3.

Einleitung,

positives Recht nnl Lessen Verschiedenheit.

Bestimmungen (s.g. Völkerrecht und äußeres Staatsrecht), anderer­ seits die für seine Thätigkeit im Verhältniss zu seinen eigenen Gliede­ rungen und seinen eigenen Mitgliedern als solchen geltenden (inneres

oder eigentliches Staatsrecht, Derfaßungs- und Regierungs-Recht).

$(t.

§. 3. positives Recht und dessen nothwendige Verschiedenheit. 5 Wie die einzelnen Menschen im Staate, so stehen auch die Staaten als Individualitäten in einem Verhältnisse zu einander, jeder für sich existierend. In diesem Verhältniss erscheinen die einzelnen Individuen bei oberflächlicher Betrachtung nur neben einan­

der zu stehen; in Wahrheit aber sind sie in wesentlicher Beziehung 10 auf einander, sich in ihren mannichfaltigen Berührungen bedingend

und bestimmend: das Wollen und Handeln der Individuen greift r in endloser Vielseitigkeit in einander ein. Das Recht, als die Wahr5 ' heft des sich in Handlungen für sich äußernden Willens, ist bedingt durch das ErkennenWie nun der Mensch seiner Vernünftigkeit 15 gemäß als Glied des Volkes im Staate seinen Willen für .sich zur Ausführung bringt, handelt, so erkennen wir das Recht auch als das im Staate und für ihn wirkliche': ohne Staat giebt es kein

vernünftiges Handeln, kein wirkliches Recht-; dieses selbst ist wirf# fit Schelling Vorlesungen über die Methode des aeadem. Studium. 2tezg Aus« ntvo>v ■noavuaxwv. del di aviöy nQOOxäxgy rk tiyax xaiy xaküy xai xwy alOYofiy, xai WjXoyta xai gytfiöya, xai xaxa xouxo xayoya xe tlyax d«vaLv xai äSUtoV xai xuSv tpiiotx noknixoiy (uxuiy, nQooxax.xoy piy wy so *o„L0„ &ncY0Qtwxw di liy ou noxgxtoy“. (Demosthenes: „Das ist das W-sen des Gesetzes (Rechts), daß ihm alle Menschen gehorchen;., es ist die ge­ meinsame Staatsubereinkunft, wonach alleStaatsmitgliever leben müßen». Chryilvvus • Das Gesetz (Recht) ist der Herrscher über alle göttlichen und menschlicken Anaeleaenhenen t es muß über alle gute und böse Handlungen gesetzt, «11635 beiter und «ubrer sein, und demnach eine Richtschnur über gerechtes und unge­ rechtes und für die durch die Natur zur Staatsmitgliedschaft bestimmten Indi­ viduen- ein Gebieter dessen was man thun soll und ein Verbieter dessen was man nicht thun soll".) (3) Ein vom Staate abstrahierendes, aus soge­ nannten reinen Vernunftprineipien abgeleitetes Recht, s. g. Naturrecht, ist kein wirk- 40 Jitbe« Recht sondern etwas hohles, erträumtes, und seinem Inhalte nach eine nach den An- und Einsichten des Verfaßers hervorgebrachte Mischung von Ab­ straktionen oder Vorschriften aus positiven Rechten und subjektiven Vorstellun­ gen Die wahre Philosophie des Rechts descheidet sich, das Recht nicht erst her­ vor-»bringen, sondern sie will das wirklicheRecht begreifen, d.h.das allgemeine,45

Bestimmung des Gegenstandes dieser Darstellung.

§$ 3.4. 5

kicher Wille des Staates, positives Recht. Als Individuums, muß daher jeder Staat ein positives Recht, sein Recht haben/;

wobei es jedoch hier gkeichgiltig ist, ob und in wie weit dieses

dem Inhalte nach mit dem Rechte anderer Staaten übereinstimmt *♦ 5 Mit der Individualität des Staates und seiner Natur als einer in $ d.

der Geschichte erscheinenden Vernunftform ist seine Veränderlichkeit,

und folgeweise die seines positiven Rechts gegeben: das positive

Recht des Staates ist in verschiedenen Zeiten verschieden 6* §. 4.

io

Gegenstand dieser Darstellung.

Aufgabe dieses Werkes ist die wißenschaftliche Darstellung;«. (§9.) des römischen Privatrechts, wie wir es von dem Standpuncte unseres Rechtssystems aus in den uns erhaltenen, vorzüglich in den bei uns recipierten Quellen des römischen Rechts (§21.) er­

kennen. Vollkommene Rechtsfähigkeit auch in privatrechtlicher Be-z L.

isziehung genoß im römischen Staate, nach römischem Rechte, nur der civis Romanus (§ 33.); manche Rechtseinrichtungen waren dem römischen Staate ausschließlich eigen: daher nennen schon die Rö­ mer-häufig ihr Privatrecht (im objectiven Sinne)"ius civile" (§92*.).

Manche bedienen sich bei uns der Bezeichnung "Civilrecht' zur Unter- §