Nitroglycerin IX: Nitrate und Mobilität. 9. Hamburger Symposion [Reprint 2020 ed.] 9783110808766, 9783110167757


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German Pages 140 [144] Year 1999

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Table of contents :
Herausgeber
Inhalt
Einleitung
Endothelfunktion und Stickstoffmonoxid (NO): zentrale Bedeutung für vaskuläre Funktion und Protektion
Organische Nitrate: Ist das therapeutische Potential ausgeschöpft?
Überblick über die Nitrattherapie
Mobilisation des Koronarpatienten: Einfluß und Bedeutung der Nitrate
Rehabilitation in der Bundesrepulik im Vergleich zum europäischen Ausland
Der vorausschauende Einsatz von Glyceryltrinitrat vor der Belastung
Psychologische Führung des koronarkranken Patienten
Die Hochdrucktherapie bei koronarer Herzkrankheit
Verleihung des Nitrolingual-Preises 1999
Ausschreibung Nitrolingual-Preis 2003
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Nitroglycerin IX: Nitrate und Mobilität. 9. Hamburger Symposion [Reprint 2020 ed.]
 9783110808766, 9783110167757

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Nitroglycerin IX

Nitroglycerin IX Nitrate und Mobilität 9. Hamburger Symposion

Herausgeber T. Meinertz

w DE

G

Walter de Gruyter Berlin • New York 1999

Dieses Buch enthält 30 Abbildungen und 13 Tabellen.

Die Übersetzung der im Original deutschsprachigen Artikel in die englische Sprache und der im Original englischsprachigen Artikel in die deutsche Sprache wurde von Dr. Peter Reuter vorgenommen.

Die Deutsche Bibliothek - Cataloging-in-Publication Data

Nitroglycerin IX : Nitrate und Mobilität / 9. Hamburger Symposion. Hrsg. Thomas Meinertz. - Berlin ; New York : de Gruyter, 1999 ISBN 3-11-016775-1

© Copyright 1999 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, D-10785 Berlin Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Photokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Printed in Germany. Der Verlag hat für die Wiedergabe aller in diesem Buch enthaltenen Informationen (Programme, Verfahren, Mengen, Dosierungen, Applikationen etc.) mit Autoren bzw. Herausgebern große Mühe darauf verwandt, diese Angaben genau entsprechend dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes abzudrucken. Trotz sorgfaltiger Manuskripterstellung und Korrektur des Satzes können Fehler nicht ganz ausgeschlossen werden. Autoren bzw. Herausgeber und Verlag übernehmen infolgedessen keine Verantwortung und keine daraus folgende oder sonstige Haftung, die auf irgendeine Art aus der Benutzung der in dem Werk enthaltenen Informationen oder Teilen davon entsteht. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen und dergleichen berechtigt nicht zu der Annahme, daß solche Namen ohne weiteres von jedermann benutzt werden dürfen. Vielmehr handelt es sich häufig um gesetzlich geschützte, eingetragene Warenzeichen, auch wenn sie nicht eigens als solche gekennzeichnet sind. Lektorat und Satz: K. Handwerker, Wissenschafts-Lektorat & DTP Service, Berlin. Druck: Gerike GmbH, Berlin. - Bindung: Lüderitz & Bauer, Berlin.

Herausgeber Prof. Dr. T. Meinertz

Medizinische Klinik Universitätskrankenhaus Eppendorf Martinistraße 52 D-20246 Hamburg Deutschland

Referenten Prof. Dr. S. P. Glasser

School of Public Health 1300 South 2nd Street, Suite 300 Minneapolis, MN 55454 USA

Prof. Dr. E. Jähnchen

Herz-Zentrum Bad Krozingen Klinische Pharmakologie Südring 15 D-79189 Bad Krozingen Deutschland

Dres. I. und G. Krück

Asperger Straße 48 D-7140 Ludwigsburg Deutschland

Prof. Dr. W. Langosch

Herz-Zentrum Bad Krozingen Klinische Pharmakologie Südring 15 D-79189 Bad Krozingen Deutschland

6

Referenten

Prof. Dr. P. Mathes

Rehabilitationszentrum München GmbH Carl-Wery-Straße 26 D-81739 München Deutschland

Prof. Dr. A. Mülsch

Klinikum der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Institut für Kardiovaskuläre Physiologie Theodor-Stern-Kai 7 D-60590 Frankfurt/Main Deutschland

Prof. Dr. J. O. Parker

Department of Cardiovascular Laboratory Kingston General Hospital Kingston, Ontario K7L 2V7 Canada

Prof. Dr. J. Scholze

Charité Medizinische Poliklinik Luisenstraße 11-13 D-10098 Berlin Deutschland

Inhalt

T. Meinertz Einleitung

9

A. Mülsch Endothelfunktion und Stickstoffmonoxid (NO): zentrale Bedeutung für vaskuläre Funktion und Protektion

11

E. Jähnchen Organische Nitrate: Ist das therapeutische Potential ausgeschöpft?

37

J. O. Parker Überblick über die Nitrattherapie

55

I. Krück und G. Krück Mobilisation des Koronarpatienten: Einfluß und Bedeutung der Nitrate

69

P. Mathes Rehabilitation in der Bundesrepulik im Vergleich zum europäischen Ausland

87

S. P. Glasser Der vorausschauende Einsatz von Glyceryltrinitrat vor der Belastung

93

W. Langosch Psychologische Führung des koronarkranken Patienten

105

8

Inhalt

J. Scholze Die Hochdrucktherapie bei koronarer Herzkrankheit

117

Verleihung des Nitrolingual-Preises 1999

139

Ausschreibung Nitrolingual-Preis 2003

141

Einleitung Die Historie der Nitrate ist inzwischen über 130 Jahre alt. Sie begann 1867 mit der Entdeckung, daß Nitroglycerin antianginös wirkt (Brunton 1867). Schon im Jahre 1858 wurden ähnliche Beobachtungen von dem Briten Alfred Field publiziert. Nach Selbstversuchen hatte er erstmals eine Frau, die an Angina-pectoris-Beschwerden litt, mit Erfolg behandelt und schrieb dem Mittel „antispasmatische" Kräfte zu. Der Wirkmechanismus war jedoch zunächst ungeklärt. 1933 publizierte Sir Thomas Lewis eine Monographie, in der über die positive Nitratwirkung in Bezug auf eine Erweiterung der Herzkranzgefaße sowie über eine verbesserte Versorgung des Myokards mit Sauerstoff nach Gabe von Nitroglycerin berichtet wurde (Lewis 1933). Die vorlastsenkende Wirkung der Nitrate und die Verminderung des myokardialen Sauerstoffbedarfes wurde 1959 durch Gorlin beschrieben (Gorlin et al. 1959). Im Jahre 1980 fanden Furchgott und Zawadski (Furchgott et al. 1980), daß die gefaßrelaxierende Wirkung von Vasodilatatoren von der Anwesenheit von intaktem Endothel (endothelialer Zellen) abhängig ist. Mitte 1986 gelangte Furchgott zu der Vorstellung, daß es sich beim Endothelfaktor, der die Gefaßrelaxtion auslöst, dem sogenannten EDRF, möglicherweise um Stickstoffmonoxyd (NO) handelt (Furchgott 1988). Zur selben Zeit kamen Ignarro et al. (1988) zu dem Ergebnis, daß es sich beim EDRF entweder um NO oder eine nahverwandte Verbindung handeln müsse. Der Pharmakologe Ferid Murad (Houston, Texas) hatte ebenfalls analysiert, wie Nitroglycerin vasodilatierend wirkt. 1977 entdeckte er, daß die NO-Freisetzung der Substanz die entscheidene Rolle spielt. Murad war fasziniert, das ein solch einfaches Gas-Molekül zelluläre Funktionen regulieren kann. Mit diesen Ergebnissen war es gelungen, nach über einem Jahrhundert therapeutischer Erfahrungen mit Nitroglycerin den Wirkmechanismus der Nitrate zu erklären. Die Wichtigkeit dieser Erkenntnisse von Furchgott, Ignarro und Murad wurde in Ihrer Bedeutung dadurch unterstrichen, daß ihnen für diese Forschungsarbeiten 1998 der Nobelpreis für Medizin zugesprochen wurde. Dieser Nobelpreis zeigt auch, daß die Nitrate und ihre Wirkungsweise auch nach über 130 Jahren immer noch aktuell und für die Wissenschaft hochinteressant sind.

Einleitung

10

Nitrate haben in der Vergangenheit immer wieder Gelegenheit zu Überraschungen geboten und werden dies wahrscheinlich auch zukünftig tun. Der vorliegende Nitroglycerin-Band setzt sich jedoch weniger mit den Ergebnissen der Grundlagenforschung zum Thema Nitrate auseinander, sondern vielmehr mit deren klinischen Anwendung. Das übergeordnete Thema ist „Nitrate und Mobilität": -

Welche Bedeutung hat die Mobilisierung des Koronarpatienten auf seine Prognose und welche Rolle spielen hierbei die Nitrate ? Welchen Stellenwert hat die prophylaktische Anwendung der Nitrate ?

Das sind nur zwei Motive dieses Bandes, die die Wichtigkeit des Themas körperliche Aktivität für den Angina-pectoris-Patienten unterstreichen. Verständlicherweise hat der Koronarkranke zunehmend den Anspruch, ein größtmögliches Maß an Lebensqualität und sozialer Integration aufrecht zu erhalten bzw. wiederzuerlangen. Erwähnt werden sollte der Nitrolingual-Preis, der anläßlich des IX. Hamburger Nitroglycerin-Symposiums wieder verliehen wurde. Auszüge der prämierten Arbeit von Frau Dr. M. Brückmann werden im letzten Kapitel dieses Bandes referiert. Die Vorträge des IX. Hamburger Nitroglycerin-Symposiums 1999 sind die Grundlage dieses Bandes. Im Namen aller Referenten und Organisatoren des Symposiums darf ich Sie herzlich einladen, dieses Buch als Nachlese- und Nachschlagewerk zu nutzen. T. Meinertz

Endothelfunktion und Stickstoffmonoxid (NO): zentrale Bedeutung für vaskuläre Funktion und Protektion A. Mülsch

Einleitung Das Endothel trennt als einlagige, kontinuierliche Zellschicht an der Innenwand der Gefäße das intravasale (Blut) vom interstitiellen Kompartiment. Aufgrund seiner Zellzahl (6 x 10 13 ), Masse (1,5 kg) und Oberfläche (1.000 m 2 ) kann es als eigenständiges Organ betrachtet werden [24, 16]. Lange fasste man das Endothel als passive Barriere zwischen Blut und Extravasalraum auf (z. B. zur Aufrechterhaltung des intravasalen kolloidosmotischen Drucks). Erstmals mit der Entdeckung des Prostacyclins und anderer endothelialer Prostanoide [52] zeichnete sich ab, daß das Endothel über autokrine (intrazelluläre), epikrine (über die Endotheloberfläche vermittelte) und parakrine (durch Freisetzung von Mediatoren vermittelte) Signalwege die Kommunikation zwischen Intravasalraum, Gefäßwand und Gewebe ermöglicht und dadurch lebenswichtige homöostatische Funktionen wahrnimmt. So reguliert das Endothel durch Freisetzung bzw. Präsentation verschiedener Signalmoleküle die Blutgerinnung, den Gefaßtonus, die Adhäsion und transendotheliale Migration von Monozyten, die Gefäßneubildung und die Proliferation der Gefäßwandzellen (Abb. 1). An diesen Prozessen sind vasodilatierende, vasokontrahierende, chemotaktische, mitogene, hämostatische, Zellkontakt-vermittelnde und inflammatorische Faktoren beteiligt (Tab. 1). Aufgrund seiner vielfältigen Wirkungen (s. u.) nimmt N O in vielen Gefaßprovinzen gegenüber den anderen endothelialen Autakoiden eine hervorragende Stellung im Rahmen der Endothelfunktion ein. Andererseits unterliegt auch die Endothelfunktion äußeren Einflüssen. So wird z. B. die NO-Bildung durch im Blut zirkulierende Hormone (Östrogen), Zytokine und freigesetzte Zellinhaltsstoffe (Nukleotide, Wachstumsfaktoren), aber auch durch mechani-

12

A. Mülsch

sehe Faktoren, wie z. B. die durch die Blutströmung am Endothel erzeugte Schubspannung, die pulsatile Dehnung der Gefaßwand, und den Gefaßwandtonus moduliert (Abb. 1). Ein Versagen bzw. Fehlsteuerung dieser komplexen Endothelfunktionen wird bei akuten und chronischen kardiovaskulären Erkrankungen, z. B. Atherosklerose, Thrombosen, Diabetes und Hypertonie, beobachtet. Gefäßlumen

Gefäßwand

Strömung + Pulsation Hormone

Monozyten Granulozyten

Thrombozyten '-- : c;;c-

Abb. 1: Das Endothel als Regulator der vaskulären Homöostase. EC = Endothelzelle. SMC = Gefaßmuskelzelle. Das Schema stellt die Wechselwirkungen zwischen Endothelzellen und ihrer Umgebung grob vereinfacht dar. Näheres im Text.

Endotheliales Stickstoffmonoxid (NO) Durch die Entdeckung des „endothelium-derived relaxing factor" (EDRF) durch Furchgott [30] und dessen Identifizierung als Stickstoffmonoxid (NO) durch Ignarro, Furchgott und Moncada [29, 38] gelang ein neuer molekularer Ansatz zum Verständnis der Rolle des Endothels bei der vaskulären Homöostase. Obwohl die vasodilatierende Wirkung von NO schon 1977

13

Endothelfunktion und Stickstoffmonoxid (NO) Tabelle 1

Endotheliale Signalmoleküle Signalweg

Signalmolekül

Akronym/Formel

Vasodilatatoren: Endothelium-derived relaxing factor/ Stickstoffmonoxid Prostacyclin Endothelium-derived hyperpolarising factor C-Typ Natriuretisches Peptid Bradykinin

EDRF/NO PGI 2 EDHF CNP Bk

paraparaparapara-

o2

auto- und epikrin para- u. autokrin para- u. autokrin parakrin parakrin para- u. autokrin

Vasokonstriktoren : Superoxidanionradikal Endothelin-1 Angiotensin II Bradykinin Thromboxan A 2 Hydroperoxyeicosatetraensäuren

ET-1 AT-II Bk TXA 2

HPETE

u. u. u. u.

autokrin autokrin autokrin autokrin autokrin

Integrine: Intercellular adhesion molecule-1 Vascular adhesion molecule-1 Endothelial-leukocyte adhesion molecule-

ICAM-1 VCAM-1 E-Selektin/ELAM-1

Chemokine: Monocyte chemoattractant protein-1

MCP-1

parakrin

Zytokine: Interleukine Tumornekrosefaktor

IL-1 ß TNF-a

para- u. autokrin para- u. autokrin

VPF/VEGF

para- u. autokrin

TGFß

para- u. autokrin

vWF/Faktor VIII PA PAI

epikrin/parakrin parakrin parakrin

Wachstumsfaktoren: Vascular permeability factor/ endothelial growth factor Transforming growth factor ß Gerinnungsfaktoren: Von-Willebrand-Faktor Gewebsplasminogenaktivator Plasminogenaktivatorinhibitor

epikrin epikrin epikrin

14

A. Mülsch

bekannt war [3, 15, 83, Übersicht in 63], ist die Entdeckung doch überraschend gewesen, daß das flüchtige Gas NO im Säugerorganismus enzymatisch aus der Aminosäure L-Arginin gebildet wird und als pleiotropes Signalmolekül dient. Drei Isoformen von NO-bildendenden Enzymen wurden bisher identifiziert, die nach ihrer ersten Entdeckung auch als neuronale (I), makrophagozytäre bzw. induzierbare (II) und endotheliale (III) NO-Synthase bezeichnet werden [65]. Die Enzyme ähneln dem Cytochrom P450, jedoch befindet sich die Häm-haltige Oxidase-Domäne und die Flavin-haltige Reduktase-Domäne in einem Peptidstrang [9], Außerdem benötigen sie Tetrahydrobiopterin als Kofaktor. NO wird aus dem Guanidino-N-Atom des Arginins und einem aktivierten 02-Molekül unter Verbrauch von NADPH gebildet. Das Enzym in Endothelzellen (NOS III; EC 1.14.13.39) kann über Rezeptorabhängige Agonisten wie Bradykinin und Acetylcholin, oder, physiologisch wichtiger, durch physikalische Stimulation (Schubspannung des strömenden Blutes, pulsatile Dehnung) aktiviert werden (Abb. 2). Rezeptorstimulation führt über Erhöhung des intrazellulären Ca 2+ und Bindung von Calmodulin zur transienten Enzymaktivierung [10], Schubspannung durch Aktivierung der Proteinkinase B und Phosphorylierung eines Serinrestes der NOS zur lang anhaltenden NO-Bildung [18] (Abb. 2). Letzterer Mechanismus dominiert physiologisch in den Leitungs- und Wiederstandsgefaßen. Unabhängig von der akuten Modulation kann die NO-Bildung auch langfristig durch Änderung der Expression der NOS III beeinflußt werden. So legen zell- und tierexperimentelle Untersuchungen nahe, daß der gefaßprotektive Effekt von Östrogenen [13] und körperlicher Aktivität (Fitnesstraining) [84] auf einer transkriptionellen Hochregulation der NOS III beruht [26, 94, 100],

Molekularer Wirkungsmechanismus von NO Die Vielfalt der biologischen Wirkungen von NO resultiert einerseits aus seiner guten Membranpermeabilität, die eine schnelle Diffusion über mehrere Zellschichten ermöglicht [41], andererseits aus der Fülle der verschiedenen biologischen NO-Akzeptoren (ein NO-Rezeptor im klassischen Sinne wurde bisher nicht gefunden). Eine orientierende, aber unvollständige Übersicht gibt

15

Endothelfunktion und Stickstoffmonoxid (NO)

Tab. 2. Wichtige ubiquitäre NO-Akzeptoren sind Proteine mit zweiwertigem Hämeisen (lösliche Guanylylcyclase - s(oluble)GC, Cytochrom C-Oxidase, Hämoglobin, Myoglobin), die das N O binden, und Proteine mit Eisen-Schwefel-Komplexen (Aconitase, Komplex I-III der mitochondrialen Atmungskette), die durch Reaktion mit N O ihr Eisen verlieren [34], Im kardiovaskulären System spielt der NO-cGMP Signaltransduktionsweg eine herausragende Rolle (Abb. 2). Die NO-Bindung an das Hämeisen der

Schubspannung Agonist

Hormon L-Arg

—-i—FK.B" ke/epiot ~ T CaMfNÖS Ca

Nitrate Kern v -/ I TraraSkn,,Ti0 \ faktoren '7 R-SH

Mo

Kern ^(Rezeptor NOS-Qcn

EC

Transkription:

Motoren

K'

B 10 •5

5

Interventionsgruppe Kontrollgnjppe

59% (n=19)

74% (n=25)

26% (n=9) 22% (n=7)

19%

(n=6) 0% (n=0)

Regression Abb. 4

p < 0,0001

unverändert

Progression

Veränderung des relativen Stenosedurchmessers. Regression bzw. geringere Progression des relativen Stenosedurchmessers in der Rekoronarangiographie nach sechs Jahren, besonders in der Gruppe der Patienten, die pro Woche signifikant mehr Energie für körperliche Aktivität verbraucht hatten [26].

werden konnte, somit vergleichbar mit der ß-Blockertherapie [27], In der Zeitschrift für Kardiologie erschien im Februar diesen Jahres ein Übersichtsartikel über das Thema: Primäre und sekundäre Prävention der koronaren Herzerkrankung: Was können wir uns leisten? Verglichen wurden hier die Kosten und der Effekt von ß-Blockern, A S S und HMG-CoA-ReduktaseHemmer auf die Morbidität an Hand von Metanalysen. Die „billigste" Therapie - das regelmäßige körperliche Training - wurde in diesem Artikel nicht erwähnt und erscheint daher abgesetzt in Tab. 1 [17, 11], Auch in der Postinfarktphase profitieren somit die Patienten von einem regelmäßigen Trainingsprogramm: dies fuhrt zu einer • • • • • • •

niedrigeren Mortalität Verminderung der Risikofaktoren Verminderung der Progression bzw. Regression der Koronarsklerose Ökonomisierung der Herzarbeit Verbesserung der Ausdauerleistung Verminderung der Angina pectoris-Anfalle (Verbesserung der LV-Funktion).

76

I. Krück und G. Krück

Tabelle 1

Primäre und sekundäre Prävention [17]

Medikament

Reduktion koronarer Ereignisse (%)

Metaanalyse

Kosten/Patient/ Jahr (DM)

Beta-Blocker

20

Aspirin

25

Prog. Cardio.vascular Dis. 27 (1985) 335 Br. Med. J.296 (1998) 320

310,00 (100 mg Metoprodol/Atenolol 36,00 (100 mg Acetylsalicylsäure)

HMG-CoAReduktaseHemmer

24-31

Internist 39 (1998) 987

1.197,00 bis 2.390,00 (20-40 mg Simvastatin/Pravastatin)

Koronarsport

20

Circulation 8 (1989) 234



Bedeutung der Nitrate für die Mobilisierung der Koronarpatienten Sowohl die Gabe von oralen Kurz- und Langzeit-Nitraten und transdermal verabreichten Nitraten fuhren zu • • • • • • •

Vor- und Nachlastsenkung Koronardilatation vor allem der größeren Koronararterien Hemmung der Thrombozytenaggregation Reduktion der Angina-pectoris-Anfalle verlängerter und/oder höherer Belastbarkeit Abnahme der ischämisch bedingten ST-Streckensenkungen im Belastungs- bzw. Langzeit-EKG niedrigerem Wandbewegungsscore im Belastungsechokardiogramm.

Mobilisation des Koronarpatienten

77

Mehrere Untersuchungen konnten zeigen, daß unter Nitratmedikation eine bessere Belastbarkeit der Patienten zu erzielen ist. Die Gabe von Nitroglycerinspray vor Belastung bewirkte eine längere Belastungsdauer um ca. 30 % bis zum Auftreten von Angina pectoris-Beschwerden und eine Verminderung der ST-Streckensenkungen von 2,1 ±1,0 mm auf 1,2 ±0,9 mm (Abb. 5) [11, 14, 16], Thadani et al. konnten eine verbesserte Belastbarkeit unter unterschiedlichen Nitratdosierungen über insgesamt acht Stunden feststellen, höhere Nitratdosen hatten jedoch keinen zusätzlichen Effekt [34]. Auch die transdermale Applikation von Nitroglycerin führte zu einer Verlängerung der Belastbarkeit (im Mittel 35 Sekunden). In einer größeren Studie war aber nach acht Wochen kein signifikanter Unterschied mehr erkennbar. Auch höhere Nitroglycerindosen brachten keine Verbesserung der Belastbarkeit. Insgesamt konnte aber die Anzahl der Angina pectoris-Anfalle von > 7 Anfalle pro Woche auf zwei Anfälle pro Woche reduziert werden [30]. Unter der Nitroglycerintherapie konnte auch eine signifikante Zunahme der Ejektionsfraktion von 36 % auf 48 % gemessen werden. Entsprechend kam es auch zu einer Abnahme der

? 1

4

3H

G)

2,1 ± 1

C

3 2 je c o> 2 1

2,0 ±0,9

1,9 ±0,9

1,3 ±0,5

- \

CO

vor

nach

Nitroglycerin Spray

nach

1

Placebo

Abb. 5 Abnahme der ST-Senkung nach Nitroglycerinspray. Nach Gabe von Nitroglycerinspray signifikante Abnahme der ischämischen ST-Streckensenkung bei maximaler Belastungsstufe von 2,1 auf 1,3 mm im Mittel, während auf Placebogabe - erwartungsgemäß - keine Änderung erfolgt [14],

78

I. Krück und G. Krück

belastungsinduzierbaren Wandbewegungstörungen nach 0,4 mg Nitroglycerin [4], Unter einer entsprechenden Therapie und regelmäßig kontrollierten Belastungen können also koronarkranke Patienten weitgehend beschwerdefrei und damit auch angstfreier trainiert werden. Die prophylaktische Anwendung von Nitraten wurde in einem weiteren Vortrag des Symposiums abgehandelt. Durch die prophylaktische Gabe von Nitratspray bzw. Nitratkapseln sublingual kann die Dauer und Belastbarkeit verbessert werden. Diese bisher eindrucksvoll positiven Ergebnisse der Behandlung mit Nitraten wurden allerdings durch das Problem der Toleranzentwicklung relativiert: mehrere Untersuchsgruppen stellten bekanntlicherweise fest, daß nach akuter ISDN/ISMN-Behandlung und auch bei zunehmender Nitratdosis die Belastbarkeit zunimmt. Unter chronischer Nitrattherapie mit gleichmäßig hohen Nitratspiegeln, sowohl oral als auch transdermal, hatte die Belastungsdauer und die ST-Streckensenkungen nahezu das Ausgangsniveau vor Nitratmedikation wieder erreicht [1, 22, 32]. Durch geänderte zeitliche Therapieregime bzw. Intervalltherapie kann die Nitratwirkung aufrecht erhalten werden, allerdings mit dem Nachteil, daß kein 24-Stunden-Ischämieschutz vorhanden ist. Andere neue Therapiekonzepte, die z.B. auch die gleichzeitige Gabe von Antioxidanzien wie Vitamin C oder N-Acetyl-Cystein und Vasokonstriktoren berücksichtigen, könnten der Nitratbehandlung bei Koronarpatienten in Zukunft einen höheren Stellenwert geben. Unter einer Kombinationstherapie mit N-Acetyl-Cystein oder Vitamin C waren die ST-Streckensenkungen im Belastungs-EKG signifikant niedriger; die Belastungsdauer und die Zeit bis zum Auftreten von Angina-pectoris-Beschwerden unter Belastung blieb aber unverändert [36, 5].

Nitrate bei der chronischen KHK und Herzinsuffizienz Aufgrund von tierexperimentellen Untersuchungen gibt es Hinweise, daß Nitrate die LV-Dilatation und Infarktausweitung verhindern können [21], Der Einsatz von Nitraten nach Myokardinfarkt wird jedoch nach wie vor kontrovers beurteilt, da bisher keine größere Studie belegen konnte, daß Nitrate dem

Mobilisation des Koronarpatienten

79

Prozeß des Remodeling vorbeugen. Eine Subgruppenanalyse in der V-HeFT-I/II-Studie zeigte, daß die Kombination von Hydralazin und Nitraten einen positiven Effekt auf die Mortaliltät hat [38]. In der GISSI-3 Studie wurde ebenfalls ein positiver Effekt nach sechs Monaten gesehen unter der Kombinationtherapie für insgesamt sechs Wochen nach Infarkt mit GTNPflaster und Lisinopril. Besonders ältere Patienten scheinen von dieser Therapie zu profitieren [9, 10]. In der ISIS-4 Studie wurden ebenfalls zusätzlich Nitrate in Form von retardiertem Mononitrat eingesetzt; auch hier war nur ein geringer Mortalitätsvorteil in der nitratbehandelten Gruppe erkennbar [12]. Unbestritten jedoch bleibt der positive Effekt auf die Hämodynamik und Symptomatik unter Nitrattherapie in Kombination mit einem ACE-Hemmer oder Beta-Blockern. In der erst kürzlich veröffentlichten Übersicht im European Heart Journal wurde dargestellt, daß in Europa ziemlich gleichmäßig ca. 45 % der Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz mit Nitraten behandelt werden [35], Ältere Untersuchungen bei Patienten mit Herzinsuffizienz auf ischämischer Basis konnten eindeutig zeigen, daß sowohl ISDN als auch ISMN den Füllungsdruck des rechten und linken Ventrikels und den systemischen und pulmonalen Gefaßwiderstand signifikant senkten und auch zu einer Steigerung des Herzminutenvolumens führten [15]. Retardierte Nitratformen hatten einen Vorteil gegenüber Nitroglycerin. Auch eine Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit konnte unter Nitrattherapie erzielt werden. In einer Langzeitstudie konnte Elkayam zeigen, daß bei Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz (NYHA III-IV) durch Erhöhung der Nitratdosis, Intervalltherapie und zusätzliche Gabe von Hydralazin die Nitrattoleranz vermieden und eine Verbesserung der Herzleistung zu erzielen ist [31, 6, 8]. In einer kleinen Studie bei Patienten mit KHK und Herzinsuffizienz und vorbestehender Nitrattoleranz kam es nach Gabe von 50 mg Captopril p.o. zu einer Verbesserung der Hämodynamik [33], Insgesamt war in keiner Studie ein signifikanter Effekt organischer Nitrate auf Morbidität und Mortalität von Infarktpatienten mit Herzinsuffizienz feststellbar. Etablierte Methoden zur Überprüfung der Belastbarkeit des Ischämiegrades nach körperlichem Training und der Medikation bei KHK sind das Belastungs-EKG, die Belastungs-Echokardiographie, das Langzeit-EKG, die Myokardszintigraphie und die Koronarangiographie. In letzter Zeit wird auch immer häufiger die Magnetresonanztomographie und die ElektronenstrahlPositronenemissionstomographie zur Diagnostik und Therapieüberprüfung

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I. Krück und G. Krück

eingesetzt. Die Belastungsechokardiographie ist eine nicht invasive Methode, die auch geeignet ist, antiischämische Medikamentenwirkungen zu erfassen. Es konnte gezeigt werden, daß es nach acht Tagen unter ISDN-Therapie zu einer signifikanten Abnahme des Wandbewegungsscore kam im Vergleich zu Placebo (Abb. 6) [20],

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JK MAR.. 1986

Abb. 1

Belastungsinduzierte laterale und inferiore ST-Segment-Abweichung bei chronischer stabiler Angina pectoris, vor und 5 Minuten nach Applikation von sublingualem Nitroglycerin. Die senkrechte Linie im Diagramm markiert das Ende der Belastung. Auffällig ist die verlängerte Belastung nach NTG und die eindeutige Verringerung der ST-Segment-Senkung.

Patienten mit kompensierter Herzinsuffizienz im Liegen den rechtsatrialen Druck und den Kapillarverschlußdruck senkte, aber keinen Einfluß auf Herzfrequenz oder Herzminutenvolumen hatte [2], Eine andere Studie umfaßte 15 Patienten mit Angina pectoris Klasse II oder III mit normalem pulmonalkapillärem Verschlußdruck in Ruhe, die Sitzübungen durchführten. Vier Minuten nach NTG-Applikation stieg die Herzfrequenz um 13 % an, während die gemessenen Herz- und Systolenindices um 1 3 % abfielen. Rechtsatrialer

S. P. Glasser

96

Druck, kapillärer Verschlußdruck, sytolischer Druck und arterieller Mitteldruck fielen um 36,5%, 48%, 19% bzw. 15% ab. Verglichen mit dem Placebo verringerte NTG unter Belastung den rechts- und linksventrikulären Füllungsdruck und den systemischen Gefäßwiderstand (Abb. 2). Die kombinierte Wirkung auf Vorlast und Nachlast sollte zu einer verbessertem SauerstoffVersorgung des Myokards fuhren.

RAP

PWP

SVR/100

SWI/10

Abb. 2 Anpassung der hämodynamischen Reaktion nach Applikation von sublingualem Nitroglycerin in Ruhe und unter Belastung (mit und ohne Vorbehandlung mit NTG). Auffallig ist die klinisch erwünschte Abnahme von belastungsinduziertem rechtsatrialem Druck (RAP), pulmonalkapillärem Verschlußdruck (PWP), systemischem Gefäßwiderstand (SVR) und SchlagArbeits-Index (SWI) nach Vorbehandlung mit NTG.

Fanalli verglich die hämodynamische und vasodilatorische Wirkung von Nitroglycerin-Tabletten und Spray mittels Plethysmographie an 14 gesunden Probanden [5]. Es zeigten sich geringe Unterschiede in der Herzfrequenz und dem diastolischen Blutdruck, aber keine Differenz im Venenvolumen (Abb. 3). Zusätzlich war kein Unterschied im zeitlichen Verlauf der Wirkung zwischen Tabletten und Spray festzustellen [5],

Einsatz von Glyceryltrinitrat in der Anginaprophylaxe

97 *

15

Spray II Tabletten

10 5 systolischer Druck (mmHg)

diastolischer Druck (mmHg)

0 Herzfrequenz (pro Minute)

-10 *

V e n e n v o l u m e n (x10)

i

Abb. 3 Vergleich der venodilatorischen Wirkung von Sublingualspray und sublingualen Nitroglycerintabletten bei gesunden Probanden. Es zeigt sich eine größere Abnahme von systolischem und diastolischem Blutdruck, eine größere Zunahme der Herzfrequenz, aber eine geringere Zunahme des venösen Volumens bei Probanden mit Sublingualtabletten.

Antianginöse und antiischämische Wirksamkeit Kimchi et al. [10] untersuchten das antianginöse Präventionspotential von Nitroglycerinspray an 20 Patienten mit angiographisch dokumentierter koronarer Herzkrankheit und stabiler Angina pectoris (Abb. 4). Diese randomisierte Crossover-Studie verglich Placebo mit sublingualem Nitroglycerinspray (0,8 mg) mittels Laufbandbelastungstest. Nitroglycerinspray verzögerte die Zeit bis zum Aufteten von Anginaschmerzen um durchschnittlich 100 ± 64 Sekunden bei 13 Patienten und verhinderte das Auftreten vollständig bei 7 Patienten. Die Gesamtbelastungszeit stieg um 31 % an und der Beginn der belastungsinduzierten 1 mm-Senkung der ST-Strecke wurde bei 14 Patienten verzögert und bei 6 Patienten vollständig verhindert [10]. Parker et al. [12] verglichen die hämodynamische und antianginöse Wirksamkeit von Nitroglycerinspray (0,2 mg, 0,4 mg und 0,8 mg) und Sublingualtabletten (0,4 mg) bei 20 Patienten mit chronischer stabiler belastungsinduzierter Angina. Sie fanden eine Dosisabhängigkeit der hämodynamischen und

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S. P. Glasser

Beginn des Anginaanfalls

Zeit bis zur 1 mm-STStreckensenkung

Frequenz-Druck-Produkt

Abb. 4 Wirkung einer Vorbehandlung mit sublingualem Nitroglycerinspray auf belastungsinduzierte EKG-Veränderungen und hämodynamische Parameter im Vergleich zu Placebo. Beachte den verzögerten Beginn des Anginaanfalls und der 1 mm-ST-Segment-Senkung und das höhere Frequenz-Druck-Produkt der vorbehandelten Patienten.

antianginösen Wirkung; die Wirksamkeit von 0,2 mg und 0,4 mg Spray entsprach in etwa der von 0,4 mg Sublingualtabletten (Abb. 5). Detry und Bruce [4] untersuchten ebenfalls die hämodynamische und antianginöse/antiischämische Wirksamkeit und kamen zu vergleichbaren Ergebnissen wie Parker et al. [12]. Sie folgerten, daß Nitroglycerin die myokardiale SauerstofiVersorgung verbessert, die Symptome von Anginaanfällen vermindert, genauso wie die elektrokardiographischen Hinweise auf Myokardischämie, und daß diese Wirkung trotz eines konstanten oder erhöhten Druck-Frequenz-Indexes besteht. Ein weitere offene Frage ist die Wirksamkeit von sublingualem Nitrolgycerin in der Prävention oder Behandlung von akuten Anginaanfällen bei Patienten, die schon mit langwirkenden Nitraten behandelt werden. Naito et al. [11] verglichen die Wirksamkeit von sublingualem ISDN bei Patienten, die bereits ISDN-Retardpräparate (20 mg, viermal täglich) erhielten, mit der Wirkung bei nicht vorbehandelten Patienten. Ihr Ergebnisse zeigten, daß bei den bereits

Einsatz von Glyceryltrinitrat in der Anginaprophylaxe

500

99

Placebo .2 mg Spray .4 mg Spray .6 mg Spray STN-Subllngualtablette

400

300

Laufbandgehstrecke (in Sekunden)

Abb. 5 Dosisabhängige Verbesserung der Laufbandgehstrecke (in Sekunden) durch sublinguales Nitroglycerinspray und STN mit Sublingualtabletten (0,4 mg).

vorbehandelten Patienten die Senkung des systolischen Aortendrucks und des linksventrikulären enddiastolischen Drucks und die Zunahme des Koronararteriendurchmessers geringer war als in der Kontrollgruppe (Abb. 6). In der FDA Cooperative-Studie wurden Patienten, bei denen durch eine kontinuierliche Applikation von hochdosierten Nitroglycerinpflastern Toleranz erzeugt wurde, einem Belastungstoleranztest nach Gabe von sublingualem Nitroglycerin unterzogen [14]. Auch wenn es eine Dosis-Wirkungs-Abschwächung, vor allem bei niederiger Dosierung, gab, konnte trotzdem eine Wirksamkeit von sublingualem Nitroglycerin nachgewiesen werden. Ein anderer Weg, die Effekte von Nitroglycerin auf die Gefäße darzustellen, besteht in der Messung von Gefäßelastizitätsparametern. Seit es nichtinvasive Methoden gibt, ist das ein besonders guter Weg die Gefäße und ihre (strukturelle und funktionelle) Reaktivität bei Verwendung verschiedener Medikamente und bei verschiedensten Erkrankungen und Erkrankungsstadien zu untersuchen [8, 9]. So untersuchten zum Beispiel Feske et al. [6] die Wirkung von Nitroprussid (NP) auf die Rigidität großer und kleiner Arterien und Smulyan [13] die Wirkung von Nitroglycerin. Feske et al. zeigten, daß Nitroprussid Blutdruck und Impedanz senkte, begleitet von einer daraus resultierenden Abnahme des Widerstandes kleiner Arterien [6], Allerdings war die Nitroprussidwirkung auf die Gefaßcompliance größer, als die Wirkung auf den

S. P. Glasser

100

20 10

% J

0 10 20 30

Herzfrequenz

systolischer Aortendruck

40 50

60 70



Kontrolle . Langzeitnitrate

linksventrikulärer enddiastolischer Druck

Abb. 6 Einfluß von sublingualem ISDN auf hämodynamische Parameter bei Patienten mit und ohne Langzeitnitrattherapie. Die Langzeitapplikation von Nitraten vermindert die Wirkung von ISDN, ohne sie aber gänzlich zu unterdrücken.

Widerstand kleiner Arterien. Die Autoren zeigten insbesondere eine 19%ige Senkung des Mitteldrucks, eine 6%ige Senkung des Widerstandes kleiner Arterien; aber eine Abnahme der proximalen Compliance um 19 % und der distalen Compliance um 326%. Smulyan et al. berichteten, daß Nitroglycerin, unabhängig vom Blutdruck, immer zu einer Erhöhung der Dehnbarkeit der Unterarmgefaße führt. Wir haben den akuten Einfluß von sublingualem Nitroglycerin auf die Steifheit von Blutgefäßen, als auch den zeitlichen Ablauf von Veränderungen untersucht. Abb. 7 zeigt ein repräsentatives Beispiel. Zusammenfassend kann gesagt werden, daß die Verwendung von Nitroglycerin zur Prävention von vorhersehbaren Anginaanfallen, die durch bekannte Belastungen ausgelöst werden, seit vielen Jahren empfohlen wird. Sublinguale Nitroglycerinzubereitungen haben eine unmittelbare Wirkung und sind des-

Einsatz von Glyceryltrinitrat in der Anginaprophylaxe

101

halb für diese Anwendung besonders geeignet. Sublinguales Nitroglycerin ist sogar zur Anfallsprophylaxe bei Patienten einsetzbar, die bereits mit langwirkenden Nitratpräparaten behandelt wurden.

PuIseWavt* T!\ f m ****r> J'ü/'Sst'fti'

i K A V / r f f W A i a > v \ t , Y $ f * r v».ir 5 5 Jahre Frauen > 65 Jahre Rauchen Gesamtcholesterol > 6.5 mmol/1 (250 mg/dl) Diabetes Familienanamnese

Endorganschäden • linksventrikuläre Hypertonie (EKG, Echokardiogramm) • Proteinurie und/oder Plasmakreatininerhöhung (1.2-2.0 mg/dl) • Ultraschall oder radiographischer Nachweis von arteriosklerotischen Plaques (Karotis-, Illiacal- und Fermoralarterien, Aorta) Assoziierte klinische Erkrankungen • zerebrovaskuläre Erkrankungen ischämischer Schlaganfall zerebrale Blutung TIA • Herzerkrankungen Myokardinfarkt Angina pectoris koronare Revaskularisation Herzinsuffizienz • Nierenerkrankungen diabetische Nephropathie Niereninsuffizienz (Kreatinin > 2.0 mg%) • vaskuläre Erkrankungen Aneurysma dissecans symptomatische AVK • schwere hypertensive Retinopathie Blutungen, Exsudate

122

J. Scholze

Tabelle 3

Zielblutdruckwerte

a)

generell jüngere Patienen ABDM + Selbstmessung

b)

schwere Begleiterkrankungen bzw. Hypertoniefolgeschäden: Diabetes mellitus "1 Herzinsuffizienz > Niereninsuffizienz J

< 140/90 mmHg < 130/85 mmHg < 135/85 mmHg

< 130/85 mmHg ideal 125/80 mmHg ABDM 125/80 mmHg

Pathophysiologische Zusammenhänge zwischen Hypertonie und (koronarer) Gefaßsklerose Arteriosklerosevorgänge sind auch vom pathophysiologischen Aspekt her als äußerst komplex zu charakterisieren. Neben hämodynamischen Faktoren (Scherkräfte, Pulsationen etc.) spielen neuroendokrin getriggerte Mechanismen eine ganz wesentliche Rolle (Abb. 1 und 2). Dabei steht die endotheliale Dysfunktion als einer der ersten Schädigungsmechanismen ganz im Mittelpunkt des Geschehens - sowohl als „Effektororgan" als auch als „Mittler" weiterer Proliferations-, Adhäsions- und prokoagulatorischer Vorgänge. Aus exakten Studien der amerikanischen Arbeitsgruppe um J. Laragh und M.H. Aldermann [2] ist bekannt, daß Patienten mit hohen Reninwerten auch ein deutlich gesteigertes Herzinfarktrisiko aufweisen, unabhängig vom individuellen Risikofaktorenstatus. Aber auch dem sympathischen Nervensystem kommt sowohl in der Entwicklung chronischer Skleroseprozesse als auch akuter Komplikationen eine bedeutende Rolle zu (Abb. 3) [20].

123

Die Hochdrucktherapie bei koronarer Krankheit

Abb. 2 Hypertonie und Arteriosklerose - involvierte Pathomechanismen.

Venolen (postkapillar)

I

Arteriolen in Skelettmuskel (präkapillar)

I

Nährstofftransport

Kapillarfiltrationsdruck

\

Betarezeptor

Plasmavolumen I