205 50 23MB
German Pages 536 Year 1886
Neue
Militärische
XXIX .
Blätter.
Band.
(Zweites Semester 1886.)
Redigirt und herausgegeben
von
G.
von
Glaſenapp .
Potsdam. Expedition der Neuen Militärischen Blätter.
1886.
B
G
VAN OORLO HIN ! 1
2-5
792
EKEN
BIBLIOTH
DEPOT
STANFORD UN VERBITY LIBRARIES STACKS NOV 17 1970
Inhalt
des
XXIX . Bandes.
(2. Semester 1886).
Seite ]
Die Darstellung in Karten und Plänen
18
Betrachtungen über den Feldzug von 1859 in Italien . II. Die Frage der Unveränderlichkeit der Garnisonen und des regionalen Ersages in
41
Frankreich ..
44
Neuerungen in der russischen Schieß-Instruktion • Vom ersten kurbrandenburgischen Generalfeldmarschall.
Entwurf von Grundsäßen einer militärischen Länderbeschreibung. Inspizirung eines ruſſiſchen Kavallerie-Regiments .
45
II.
55
II.
68
.
69
Die Zulassungs- Prüfung für die französische Kriegsschule 1886
71
Der Serbisch-Bulgarische Krieg ·
81
Steht unsere Infanterie in Bezug auf ihre kriegsmäßige Ausbildung auf der • Höhe der Zeit ? II.
94
Der Mangel einer Verfolgung durch die Kavallerie .
105
99 Avant la bataille“ und „ Pas encore"
• 109
Manöver Reformen des franzöſiſchen Kriegsministers . Eine französische Stimme über die neue Armee-Vorlage . La trouée des Ardennes .
111
.
114
Der Schieß-Versuch in Spezia gegen die im April 1886 erprobte Gruson'sche Hartguß-Panzerplatte am 22. Juni 1886.
(Mit 4 Illuſtrationen) .
161
Ueber das Schießen der Artillerie gegen gefesselte Ballons . (Mit einer Tafel I. ) 169 • 177 .
Betrachtungen über den Feldzug von 1859 in Italien. III.. Die Armee von Chalons und ihre Bewegungen gegen Mey Zur Treffgenauigkeits- Tabelle der Schieß- Instruktion.
184
(Mit einer Tafel II .) . 194
Die Motive zu dem Gesetzentwurfe, betreffend die neue Organisation des . 201 französischen Heerwesens .
208
Von der Armee des Königs Cetewayo Reiterliche Druckschriften aus dem Jahre 1885. Der Serbisch Bulgarische Krieg .
215
I.
228
II..
Erwiderung auf eine franzöſiſche Beantwortung des Auffahes : versuche in Bukarest.
257
(Mit Illustration. )
Betrachtungen über den Feldzug von 1859 in Italien . Montenegro und das Testament Peters des Großen .
Die Schieß
IV..
. 289 297
IV
Der Serbisch-Bulgarische Krieg.
Seite •. 305
III.
315
Ein neuer Torpedo Reiterliche Druckschriften aus dem Jahre 1885. II.. Aus England. IV. célèbre. ) • .
(Seine militärisch - politiſche Ohnmacht.
317 winxcomm
Eine cause 328 · 353
Einige Worte über den Rekrutenunterricht Manöver in Rußland
358
Die Frage der Repetir- Gewehre in Belgien Reiterliche Druckschriften aus dem Jahre 1885. III.
361 362
372
Betrachtungen über den Feldzug von 1859 in Italien. V. Die Armee von Chalons und ihre Bewegungen gegen Meh. Montenegro und das Testament Peters des Großen. II. .
II .
. 379
. 384
Ueber Krieg und Schlachtenführung Gustav Adolfs .
393
Ein neuer englischer Torpedo .
409
Entwurf einer Instruktion über Patrouillendienst für Gefreite und Patrouillen 449 Führer . . 457 Prinz Alexander von Hessen und bei Rhein . 470 Der Ersaß und das Avancement des französischen Offizierkorps Verwendung von Velocipedisten und Läufern bei den franzöſiſchen Herbſtmanövern . Eine Umwälzung in der Kriegskunſt, keine Festungen mehr ! . Die Schnellfeuerfanonen . Ueber den wirklichen Nußen der festen Plähe .
480 481
483 498
Corresponden z.
. 117
Frankreich Schweiz .
Bericht des Eidgenössischen Militärdepartements über die fortge
sezten Versuche mit dem kleinkalibrigen Rubingewehr (72 mm) und Er 333 gänzungsbemerkungen zu demselben • Frankreich.
Stimmungen, Meinungen, Vorgänge .
411
V Seite
Literatur. 121
Bibliothèque Internationale d'Histoire Militaire . E. W.,
Die Offiziere des Beurlaubtenstand : s •
und die Bedeutung
•
Studiums der Militär-Wissenschaften .
des • 123
Aphorismen über die kriegsmäßige Verwendung der Feld-Artillerie
124 1
Die Kriegführung der Zukunft
124
Dr. Ludwig Stacke , Erzählungen aus der Neuen Geschichte in biographischer
126
Form Köppel, Geschichte des 4. Oberschlesischen Infanterie-Regiments Nr. 63
126
•
• 126
Richter, Geschichte des 5. Westfälischen Infanterie-Regiments Nr. 53 .
Clemens Koppmann , Das Militär- Strafgesetzbuch für das deutsche Reich 126 nebst dem Einführungsgesehe . 128 Preuße , Der Offizier des Beurlaubtenstandes Die Anstellung im Subaltern- (Bureau-) und Unterbeamten-Dienſte der Militär
128
Verwaltung Wilhelm Müller, Generalfeldmarschall Graf Moltke 1800-1885 • Hans Ziegler , Alte Geſchüßinſchriften H. Hungerbühler,
.
128
•
129
Die schweizerische Militär-Mission nach dem serbisch . 130 ·
bulgarischen Kriegsſchauplate
C. Imfeld, Elementare Anleitung über Terrainlehre und Terraindarstellung · 132 sowie über das Rekognosziren und Kroquiren .
240
Reinhold Koser, Friedrich der Große als Kronprinz . Ch. Le Brun - Renaud , L'armée ottomane contemporaine . La cavalerie de seconde ligne, en France et à l'étranger .
241 241
J. Bailly, Méthode d'enseignement pour l'instrution du soldat et de la · 241 compagnie . Prof. Buonaventura und Dr. phil. Alb. Schmidt , Sprachliche Unter richts-Briefe für das Selbst-Studium nach der Methode Toussaint 243 Langenscheidt 243 • Heros von Borcke , Zwei Jahre im Sattel und am Feinde. Der K. K. österreichiſche Feldmarschall Fürſt Windisch-Gräß
244
Heilmann , Der Feldzug von 1800 in Deutschland
245
Müller, Der Kompagnie-Dienst ..
245
J. G. Scott, Eine Beschreibung des Feldzuges von 1884
247
.
K. v. Sauer, Taktische Untersuchungen über neue Formen der Befestigungskunst 247 . 335 E., Praktischer Truppenführer . 337
P. Hermann Koneberg , Der Soldatenfreund 1886 . Krahmer, Kritische Rückblicke auf den Russisch-Türkischen Krieg 1877/78
. 337
Thomas Fischer , Leitfaden für den Unterricht in der Heeresorganisation an der Königlichen Kriegsschule Berghaus , Das Kriegsspiel für Reserve- und Landwehr-Offiziere .
338 338
VI Seite 338
E. Millard , Les Forts d'arrêt Libbrecht , Du droit pénal de la guerre .
339
C. E. Pilloy , Mémoire historique sur le développement progressif des 339 connaissances géographiques relatives à la Belgique • . 339 J. Mangon , Étude sur la théorie du tir . • L'armée italienne, son organisation actuelle, sa mobilisation. Josef Dvoracek , Taktik in Beispielen
339
Alfred Kirchhoff, Länderkunde der fünf Erdtheile
341
340
Des Herzogs August Wilhelm von Braunschweig-Bevern " Versuch und Aus zug einer Geschichte der Kurfürstlich Brandenburgischen und nachherigen 416 Königlich Preußischen Armee“ . 417 W. Frhr. v. Firds , Der Taschenkalender für das Heer 1887 . H. Hungerbühler, Die schweizeriſche Militärmiſſion nach dem Serbisch 417 Bulgarischen Kriegsschauplatze . L'armée des Pays-Bas . . 419 Colonel Stark.
La république et l'armée .
420
Service de deux ans
Blume, Strategie
• 420
A. v. Schell , Der Detachementsführer
• 421 422
Strategisch-taktische Aufgaben nebſt Löſungen
Entwurf eines Ererzier-Reglements für die Infanterie, basirt auf die Kompagnie • 423 Kolonne . 423 Brustbild Sr. Königl. Hoheit des Prinzen Wilhelm von Preußen A. Thümmel , Truppenmesser
424
.
C. Imfeld , Elementare Anleitung über Terrainlehre und Terraindarstellung, • 514 sowie über das Rekognosziren und Croquiren . Frhr. von Buddenbrock , Die Ausbildung der Eskadron im Felddienst
• 515
Organisation et rôle de la cavalerie française pendant les guerres de 515 1800 à 1815 .. 515 S. August Fournier, Napoleon I. A. von Taysen , Die militärische Thätigkeit Friedrichs des Großen während jeiner lesten Lebensjahre
516
Gottschling , Geschichte des 1. Hanseatischen Infanterie-Regiments Nr. 75 von seiner Gründung im Jahre 1866 bis zum Ende des deutsch-franzö . . 516 sischen Krieges 1870-71 . Kurze Darstellung der Geschichte des 2. Garde- Dragoner Regiments 1860-1885 517 Seeler , Geschichte des 1. Großherzoglich-Mecklenburgiſchen Dragoner-Regi 517 ments Nr. 17 vom 6. November 1819 bis 1. Januar 1885. . • Salzmann , Geschichte des Oberschlesischen Feld-Artillerie-Regiments Nr. 21 und seiner Stamm-Truppentheile .
518
Victor Asbrand gen. von Porbeck, Geschichte des Garde-Fuß-Artillerie 519 Regiments, seiner Stamm-Truppentheile und Stämme . 520 Unser Volk in Waffen .
VII
Alfred Kirchhoff , Länderkunde der fünf Erdtheile
Seite 520
von Marées , Militärische Klassiker des In- und Auslandes
520
Fr. von der Wengen , Die Geschichte der Kriegsereignisse zwischen Preußen 521 und Hannover 1866. . ng mili ihrer Berücksichtigu besonderer H. Moedebec, Die Luftschifffahrt unter " 522 tärischen Verwendung Gilbert Anger , Illustrirte Geschichte der k. k. Armee in ihrer kulturhistori 522 schen Bedeutung von der Begründung bis heute . 522 • J. H. A. Tromp , Die gepanzerten Flotten Alfons Dragoni Edler von Rabenhorst , Strategische Betrachtungen 522 über den deutsch-französischen Krieg 1870/71 523 . Pajol , Les guerres sous Louis XV 133. 425
Bibliographie .
Kleine Mittheilungen. Belgien. Die revolutionäre Bewegung in Belgien 2c. 140. Italien. Marſch-Ver suche 141.
Portugal. Lieferung von 40 000 Repetitionsgewehren nach dem
System Kropatschek 142.
Rußland .
Untersuchung von Soldatenbrod 142. im Militärdienst 143.
Die russische Macht in Asien 142.
Ueber die Verwendung der Stenographie
Nordenfelt's 6pfündige Schnellfeuerkanone 147. Liste
betr. der dem Chur-Brandenburgischen General-Feldmarschall Freiherrn Otto Christoph von Sparr zur Unternehmung gegen Magdeburg zur Verfügung ge stellten brandenburgischen Kriegs-Völker 147. Die Besoldungs-Liste des Chur Brandenburgischen General- Staabs vom 1. Julius 1657 149. Franzöſiſche Torpedoboote 150. Torpedobootsjäger von White 153. Vorrath an Ge schüßen in der englischen Marine 154. 155.
Ericsson's submarine Kanone 155.
pedo gegen Panzer 156.
Apparat zum Koppeln der Pferde Torpedobootsjagdschiff 156. Tor
Desterreich. Ueber die rehabilitirte Blouſe 248.
Die Luftschifffahrt im Dienſte der Kriegskunst 248. parks Rußlands 250.
Die Feld-Telegraphen
Die pneumatische Dynamitkanone 251.
der ersten in Rußland hergestellten Compound-Panzerplatte 253. Kautschuks 253.
England.
Schönberg's Patent 347.
Ericsson'sche Stahlkanone zum
Nachtgefechte 350.
Ersay des
Ueber ruſſiſche Militär-Backöfen und Aenderung des bis
herigen Modus bei Erbacken des Brodes 342. Glaskomposition,
Beſchießung
Ueber Delta - Metall 344.
Kein Satteldruck mehr 348 . Schießen unter Wasser 349 .
Das Gewehr Robin- Sturla-Pariès 431.
Nothwendig
VIII
keit einer Befestigung Londons gegen Handstreich 432.
Repetirgewehre für
die englische Flotte 433. Anwendung der gepreßten Sprengpulver- Patronen in Wieliczka 435. 26 neue französische Torpedoboote 435. Versuche über Maſſen-Explosion von Mitrailleusen-Patronen in England 436. Neue Schichau Torpedoboote für China und Italien 437. im Golf von Aden 438.
Der Juni-Orkan des Jahres 1885
Gepanzertes Torpedoboot für Japan 439.
Bericht
der Küstenbefestigungskommiſſion der Vereinigten Staaten von Nordamerika 440. Flottenplan der Vereinigten Staaten Marine 442.
Sprengversuche mit einer
Seemine gegen die schwimmende Batterie Protektrice 442. Uebungen ( 1884) mit elektrischen Beleuchtungs- Apparaten in den Festungen Kronstadt, Swea borg und Wiborg 444.
Portugal .
Guèdes und Bestellung 444.
Einführung des Gewehres System
Versuche mit dem unterſeeiſchen Nordenfelt
Boot in Griechenland 445. Ueber Torf als Stallstreu 523. Trotha's Feuer löschpatronen 528.
Ueber Torpedomutterschiffe 529.
in der Marine der Vereinigten Staaten 529. ton 530.
Der Fleuß'sche Taucheranzug 531.
Metalldrähten während der Dehnung 532.
Das 15 cm- Geschüßrohr
Unterseeiſches Boot Wadding Temperatur - Aenderung von
Betrachtungen und Bemerkungen
über das österreichiſch-ungarische Heer und Vergleich mit dem italieniſchen 532.
BIBLIOTHEER
2E
RE
G
Die
Darstellung
in
Karten und
Plänen.
Eine militärisch brauchbare Darstellung der Erdoberfläche oder auch nur eines Theiles derselben muß Aufschluß geben über alle auf den Truppenge brauch,
also Aufstellung, Bewegung und Gefecht, sowie auch Unterkunft der
Truppen, influirenden Verhältniſſe ; sie muß somit ein übersichtliches, ſelbſt im Detail noch genaues,
ein, sowohl in Bezug auf geographische Lage wie geo
metrische Form der einzelnen Theile, naturwahres und ähnliches und in allen Dimensionen nach einheitlichem Maßstabe abmeßbares Bild sein. Am meisten wird diesen Anforderungen dekanntlich eine nach den Ge ſeßen der orthographischen Horizontalprojektion hergestellte Zeichnung gerecht, wenn auch in einzelnen Fällen zweckentsprechender die perspektivische Projek tion, der Horizontal- und Vertikal-Durchschnitt angewendet wird . Nach altem Herkommen wird das
gesammte Gebiet der
naturgemäß gegliedert in die Darstellung der Situation, Nomenklatur und der taktischen Signaturen.
Darstellung
des Terrains, der
I. Situationsdarstellung. Unter Situation versteht man alle auf der Erdoberfläche befindlichen Objekte mit Ausnahme der Unebenheiten, des Reliefs, seien sie nun durch Natur oder Kunst hervorgebracht. Man gliedert dieselben gewöhnlich in : 1) Hydrographische Bestandtheile, d . h. Gewäſſer mit allem Dazugehörigen, also besonders Uferanlagen, Uebergänge und sonstige Kunſtbauten ; 2) Chorographische Bestandtheile, d. h. alles auf die natürliche Boden beschaffenheit, Bewachſung und Bedeckung bezügliche ; 3) Topographische Bestandtheile, die vorzugsweise der Menschenhand ihre Entstehung verdanken, also besonders Wohnpläge, Kommunikationen und kleinere Objekte, sogenannte Orientirungsgegenstände. Bis Ende des vorigen Jahrhunderts beschränkten sich die kartographischen Produkte fast nur auf die Wiedergabe der Theile in perspektivischer Ausführung. übersichtlich und deutlich,
Situation, freilich zum großen
Diese Darstellungen sind zwar sehr
aber den Eingangs erwähnten Anforderungen nur
sehr unvollkommen entsprechend ; erst
mit der allmählich sich Geltung ver
schaffenden konsequenten und unbedingten Durchführung der orthographischen 1 Neue Mil. Blätter. 1886. Juli-Auguſt-Heft.
----
Horizontalprojektion wurde der denkbar höchste Grad der Vollkommenheit für diesen Theil der Darstellung erreicht. An sich kommen dabei zwar nur die Umrisse,
Kontouren,
der Gegen
ſtände zum Ausdruck ; durch Anwendung von Signaturen laſſen ſich aber auch die Beschaffenheit, durch Beiseßen von Zahlen sogar einzelne Höhendimenſionen darstellen. Die Signaturen heißen Füll- oder Form-Signaturen, je nachdem sie zur Ausfüllung der durch die Umrisse gebildeten Flächen, oder zur Darstellung von kleineren, aber militärisch noch wichtigen Gegenständen dienen,
welche
überhaupt in dem anzuwendenden Verjüngungs -Verhältniß nicht mehr darſtell bar sind, oder aus dem Grundriß allein ihrer Bedeutung nach nicht richtig erkannt werden können . Die ersteren find theils Seiten-, theils Grundriß-Figuren, theils willkür lich gewählte Zeichen (in dieſem Falle aber stets zu erläutern !) ; die lepteren entweder Aufrißanfichten der betreffenden Gegenstände oder ebenfalls willkür lich gewählte Zeichen. Wern nun dieſe allgemeinen Grundsäße der Darstellung auch aller Orten acceppirt sind, so variiren im Einzelnen die Formen selbst um so mehr und zwar nicht bloß in den verschiedenen Staaten, sondern auch in den einzelnen Staaten selbst je nach Verschiedenheit der Maßstäbe, der Ausführung 2c. Die Entwicklung der Situationsdarstellung kann
als
abgeschlossen
be
trachtet werden und ist ein Fortschritt nur mehr in der Ausführung, also in technischer Beziehung insofern Allem die Füllsignaturen,
möglich,
als
die schwarzen Signaturen,
vor
durch Farben erseßt werden, deren Anwendung
auch in der That in den lezten Jahren besonders beliebt wurde, wenn auch technische und finanzielle Schwierigkeiten einer allgemeinen Durchführung bis jezt noch ziemlich hinderlich im Wege stehen . Zwar ist nun ein weiteres Eingehen auf die Details hier um so weniger geboten, als ja überall die ausgedehnteſten Vorschriften, Muſterblätter, Zeichen erklärungen 2c. existiren ; immerhin dürften
aber einige Punkte
von
allge
meinerer Bedeutung noch besonders betont werden : 1) Die Form der Signaturen hat meistens mit dem Bilde des dar
gestellten Gegenstandes einige Aehnlichkeit, sowie auch die gewählten Farben gewöhnlich derjenigen der Gegenstände entsprechen ; die Erkennung ist daher wohl selten eine besonders schwierige. 2) Nachdem vielfach Gegenstände zur Darstellung kommen müssen, deren Dimensionen so gering sind, daß sie entweder gar nicht
dargestellt
könnten (kleinere Orientirungsgegenstände), oder daß sie nicht in
werden
der ihrer
Bedeutung und Wichtigkeit entsprechenden Weise in die Augen fallen würden (Kommunikationen), ist ein Herausgehen aus dem Maßstabe nicht blos gestattet, sondern sogar nothwendig ; das ist aber von vorn herein bei allen Füllsignaturen der Fall.
3
-
3) Das Streben nach größter Uebersichtlichkeit und Deutlichkeit wird in erster Linie eine möglichste Beschränkung der Signaturen bedingen, andrerseits wird aber auch für eine Anzahl von Gegenständen die Verwendung gleicher oder wenigstens sehr ähnlicher Signaturen nöthig sein, die dann durch beſonders beizuſeßende Zeichen oder Buchstaben 2c. zu unterscheiden sind. Die Situationszeichnung muß sowohl selbst klar,
deutlich und übersicht
lich sein, als auch darf sie diese Eigenſchaften bei der Darstellung des Terrains nicht beeinträchtigen ; das ist aber am ehesten zu erreichen durch Ausführung in Farben, die durchsichtig, und, zwar lebhaft, aber nicht grell sein müſſen . Mit Erfolg wird vielfach eine Verbindung der Schwarz- und Bunt-Darſtellung in der Weise angewendet, daß die lettere nur für
wenige,
aber besonders
wichtige Gegenstände, wie Gewässer und Kommunikationen gebraucht wird . — Eine besondere Berücksichtigung und Modifizirung verlangt die Anwendung von Farben für den Fall, daß die Zeichnung auf photographischem Wege zu reduciren oder zu vervielfältigen iſt. 4) Confequenter Weise sollte für die gesammte Situationszeichnung die ſenkrechte Beleuchtung angenommen sein, resp . beibehalten werden ; zur Er höhung der Klarheit und Deutlichkeit wird jedoch vielfach davon abgegangen und für die weitere Ausführung der Grundriß
oder Aufrißfiguren die Be
leuchtung meist aus Nordwesten kommend gedacht. 5) In Folge der Darstellung der Situation orthographischen Horizontalprojektion kommen
nach den
Gefeßen
der
nur die Horizontaldimen
sionen, also bei nicht horizontalen Flächen und Linien nicht die wirklichen Dimensionen, sondern mehr oder minder starke Verkürzungen derselben zum Ausdruck. Da aber in der Praxis nur die ersteren von Bedeutung sind, so ist stets auf diese nach bestimmten mathematischen Geseßen stattfindende Veränderung Rücksicht zu nehmen.
Das Profildreieck giebt über alle hier in
Betracht kommenden Verhältnisse Auskunft. 6) Neben dem Zweck, dem die Darstellung dienen soll, ist besonders der Maßstab für die Ausführung und Reichhaltigkeit der Situation , die Form und
Größe der Signaturen maßgebend.
Während z . B. in
dem Maßstab 1:25 000 der preußischen Originalaufnahme (Meßztischblätter) ca.
250 Situationsobjekte zum Ausdruck gebracht werden, hat deren die
Zeichenerklärung für die Karte des deutschen Reiches in 1 : 100 000 nur ca. 120, die österreichische Spezialkarte in 1 : 75 000 ca. 170. Die militärisch unstreitig wichtigsten Situationsobjekte sind die Kommunikationen. Gerade ihre Darstellung ist aber gewöhnlich eine sehr verschiedene, be sonders insofern, als gleiche Zeichen je nach der Verschiedenheit des Maßſtabes, des Staates
2c. , sehr verschiedenes bedeuten,
was
von
um so größerer
Wichtigkeit iſt, als gerade bei den Kommunikationen aus der Signatur, welche 1*
4
-
die Klasse der Kommunikation angiebt, Schlüſſe auf die Qualität, Beschaffen heit, mithin auch Benußbarkeit zu ziehen sind . In Anbetracht dessen dürfte es wohl gerechtfertigt sein, aus dem ganzen umfangreichen Gebiet der Situationsdarstellung die Darstellung der Kom munikationen allein einer kurzen Betrachtung zu unterziehen und dürfte sich hierfür am besten ein Vergleich der Darstellungsarten in den wichtigſten Generalstabskarten eignen. 1. Deutsche Reichskarte 1 : 100 000. a) Chausseen, Haupt- und
Staatsstraßen,
Steinpflaster- und
Kieschausseen, Wege I. Klasse, vom Staate, mitunter auch von den Provinzen, kunstgerecht mit Planum und Decke, hergestellt und unterhalten, mit Gräben und Alleebäumen versehen,
zwischen 8 und 12 m breit, mit Steigungen im
Flachlande höchstens bis zu 3º,
im Gebirge bis zu 6º,
werden dargestellt
durch 2 parallele, verschieden starke Linien mit ſeitwärts angeſeßten Punkten. b) Gebaute
Verbindungswege,
Distrikts - Straßen (II. Klasse),
Neben- , Land-,
gewöhnlich
auch sogenannte gebesserte Wege, von
Post-
oder
Steindämme und Kieswege,
den Distriktsgemeinden, Kreiſen oder
Provinzen kunstgerecht hergestellt und unterhalten, aber in bedeutend geringerer Breite, meist auch aus weniger gutem Material, in der Nähe befindlichen,
gewöhnlich bloß
oft auch mit Holzunterlage,
anders, wie gut erhaltene Ortsverbindungswege : starke Linien.
zwei
und
aus dem
vielfach kaum
parallele,
ungleich
c) Nebenwege, unterhaltene Verbindungen, ehemalige Landſtraßen, Ortsverbindungen ( III. Klaſſe), mit der Wegbahn auf dem gewachsenen Boden, von den anliegenden Gemeinden stets in praktikablem Zustande erhalten, aber je nach dem verwendeten Materiale von sehr verschiedener Güte : eine stark ausgezogene Linie. d) Feld- und Waldwege, Naturwege, meist nur für Zwecke der Landwirthschaft hergestellt, entweder gar nicht oder nur nach Bedürfniß aus gebessert, von sehr wechselnder Breite,
mit vielen Hohlwegen
und
geringer
Berücksichtigung von Steigungen : eine fein ausgezogene Linie. e) Fußwege, Steige, Pfade, schmale nicht ausgebesserte Naturwege, nur für Fußgänger : eine kräftige, gerissene, (abgesette) Linie. f) Saumpfade, für Fußgänger und Saumthiere, im Hochgebirge, nach Umständen sehr gut unterhalten : zwei parallele, feine, gerissene Linien. 2. Aeltere preußische Karten in 1 : 100 000. a) Chausseen : 3 parallele Linien, wovon die mittlere stärker. b) Landstraßen : zwei parallele, kräftige Linien. c) Fahrwege : zwei feine, parallele Linien, wovon die eine gerissen ist. d) Verbindungs (Neben-) Wege : eine einfache, starke Linie. e) Fußsteige : eine punktirte Linie.
3. Bayerische Generalstabskarte 1:50 000. a) Hauptstraßen : zwei parallele Linien, die eine etwas stärker. b) Neben (Distrikts ) Straßen : zwei feine parallele Linien,
die eine
geriffen. c) Ortsverbindungen : eine starke Linie. d) Feld- und Waldwege : eine feine Linie. e) Fußwege : kurze Striche mit 3 Punkten in den Zwischenräumen. 4. Desterreichische Spezialkarte 1:75 000. a) Chauſſeen I. Klaſſe, mindeſtens 5 m breit : zwei parallele, ſtarke Linien. b) Chausseen II . Klasse, eine stärker.
2,5-5 m breit : zwei parallele Linien, die
c) Landstraßen (Straßen III . Klasse), parallele feine Linien, die eine gerissen. d) Erhaltener Landweg,
weniger als 2,5 m breit : zwei
mindestens 2,5 m breit :
einfache Linie mit
einer punktirten Parallelen . e) Nicht erhaltener Landweg, Fahrweg I. Klaſſe, mindeſtens 2,5 m breit : einfache, feine Linie. f) Karrenweg (Feld- oder Waldweg), Fahrweg II. Klasse,
weniger als
2,5 m breit : furze Striche mit einem Punkte in den Zwischenräumen. g) Saumweg, Reitweg, Treppelweg : einfache gerissene Linie. h) Fußsteige : punktirte Linie.
5. Schweizerischer topographischer Atlas 1:25 000 und 1:50 000. a) Kunststraße größter Breite : zwei parallele, starke Linien . b) Kunststraßen geringer Breite (Landstraßen) : zwei parallele Linien, die eine stärker. c) Fahrweg ohne Kunſtanlage (Verbindungsweg) : Linien, die eine geriſſen.
zwei parallele,
feine
d) Karren , Reit- und Saumweg : einfache, feine Linie. e) Fußweg : geriſſene Linie.
6. Französische carte topographique in 1 : 80 000. a) Routes nationales : zwei parallele Linien, die eine stärker. b) Routes départementales : zwei parallele, einander entfernt.
feine Linien, weiter von
c) Chemins carrossables : zwei parallele, feine Linien, enge beisammen . d) Voies Romaines : zwei parallele, feine, geriſſene Linien. e) Chemins, dont la viabilité n'est pas certaine : zwei parallele, feine Linien, die eine geriſſen. f) Chemins d'exploitation : einfache Linie. g) Sentiers : feine, gerissene Linie.
6
7. Russische kriegstopographische und Spezialkarte in 1 : 126 000 und 420 000. a) Chausseen : zwei enge, parallele, starke Linien, resp . eine starke. b) Poststraßen: zwei feine, parallele Linien, resp . zwei parallele Linien, die eine stärker. c) Transportwege (bessere Fahrwege) :
zwei feine parallele Linien, die
eine gerissen, resp . zwei feine, parallele Linien. d) Vizinalwege : bei beiden Karten eine feine Linie. e) Fußsteige (nur in der ersteren Karte überhaupt dargestellt) : punktirte Linic.
eine
8. Italienische Originalaufnahmen in 1:25 000 und 50 000 gran carta d'Italia in 1 : 100 000. a) Strade a fondo artificiale I. Klasse : zwei parallele, starke Linien, zu beiden Seiten mit Punkten in kleinen Zwischenräumen. b) Desgl. II. Klaſſe : zwei parallele, ſtarke Linien mit Punkten zu beiden Seiten, jedoch in größeren Zwischenräumen. c) Desgl. zwei feine, resp . zwei starke parallele Linien. d) Strade a fondo naturale : zwei feine parallele Linien, die eine ge
rissen . e) Strade campestri : zwei feine geriſſene Linien. f) Tratturo : zwei feine, punktirte Linien. g) Mulattieri : kurze Striche mit einem Punkte in den Zwischenräumen . h) Sentieri : feine gerissene Linie. i) Sentieri o passi dificile : feine punktirte Linie.
II. Terraindarstellung. Die Anforderungen, die man an Karten in Bezug auf Terraindarstellung früher stellte, waren im höchsten Grade bescheiden ; glaubte ja ſogar Friedrich der Große sich damit begnügen zu können, daß er die steileren Berge schwärzer . zu zeichnen, nach anderen Nachrichten, in seiner drastischen Weise Berge über haupt nur durch einen Kley
darzustellen befahl .
Entwicklung der Taktik, nicht zum
Mit der fortschreitenden
geringsten Theile einer Folge des sich
immer mehr Geltung verschaffenden Einflusses des Terrains auf die Gefechts und Kriegführung, wurden auch diese Anforderungen immer weitergehenderc. Eine denselben entsprechende, mithin militärisch brauchbare Karte soll demgemäß Aufschluß über Alles geben, was auf Stellung, Bewegung und Gefecht der Truppen von Einfluß ist, also nicht blos über Gegenstände der Situation, sondern in ganz hervorragender Weise über das Terrain im engeren Sinne, die Erhabenheiten und Vertiefungen oder mit anderen Worten, das Relief der Erdoberfläche . Es kommen mithin nicht blos Horizontaldimenſionen wie bei der Situation
-
7
zur Darstellung, ſondern verſchiedene andere Verhältnisse, welche durch die bei legterer gebräuchlichen Darstellungsarten nicht auszudrücken sind, wenn auch immerhin die orthographische Projektion und projektion die Grundlage bleiben wird.
insbesondere
die Horizontal
einer jeden zweckentsprechenden Terraindarstellung
Im Allgemeinen muß verlangt werden, daß bei einer solchen deut lich zum Ausdruck kommen: 1) Horizontaldimensionen, 2) Höhen,
3) Böschungen, 4) Fallrichtung und Abhangsform, 5) Wirkliche Länge,
= 6) Zusammenhang und Gliederung.
(Formen
Detail, so weit es das
Verjüngungsverhältniß überhaupt wiederzugeben erlaubt.) Ferner soll: 7) Die Ausführung der Zeichnung nicht zu schwierig und auch bei be schränktem Zeichnungsmaterial möglich sein, also vor allem sich auch zum Feld gebrauch eignen ;
8) Situation und Schrift müssen deutlich hervortreten ; 9) Die Darstellungsmanier soll sich für jeden Maßstab eignen ; 10) Es soll dadurch ein übersichtliches,
der Wirklichkeit
entsprechendes
Bild des Reliefs in seinem Zusammenhang erzeugt werden. Bis zum Anfang dieses Jahrhunderts mangelte der Terraindarstellung jegliche wissenschaftliche Baſis ; erſt ſeit dieſem Zeitpunkte suchte man den oben erwähnten Anforderungen durch Aufstellung der verschiedenartigſten, meiſt auf mathematischen Grundsäßen baſirenden Darstellungsmanieren gerecht zu werden. Bis jest gelang es jedoch nicht, eine nach jeder Richtung hin vollkommen ent sprechende Methode aufzustellen ; es ist daher dieser Zweig der Militärwiſſen schaften immer noch einer weiteren Ausbildung fähig. Eine Autorität ersten Ranges auf dem Gebiete des Kartenwesens und der Terrainlehre, Streffleur, giebt die Zahl der zur Zeit noch in Gebrauch befind lichen Terraindarstellungsarten auf 91 an, wobei jedoch keineswegs ausgeschlossen sein dürfte, daß es deren noch mehr giebt ; dieselben lassen sich in 4 Klaſſen theilen, deren Reihenfolge im Allgemeinen auch schon chronologisch in folgender Weise sich bestimmt : 1) Aeltere, ohne jegliche
wissenschaftliche Basis,
im Allgemeinen bis
Ende vorigen, theilweise sogar noch bis ungefähr zur Mitte des gegenwärtigen Jahrhunderts in Gebrauch; 2) solche, welche hauptsächlich auf Beleuchtungsgrundsäßen basiren, Schatti rungsmanieren, aufgestellt und weiter entwickelt in der ersten Hälfte dieſes Jahrhunderts, allgemein auch jezt noch in Gebrauch : 3) solche, welche im Prinzip hauptsächlich auf Projektion (orthographische
und Durchschnitt) beruhen, gewöhnlich Höhenschichtmanieren genannt, seit der Mitte des jeßigen Jahrhunderts in Gebrauch; 4) endlich die aus den beiden vorgenannten gemischten Manieren, d . h. Höhenschichten mit irgend welcher körperlichen Ausfüllung, in der Gegenwart, wenigstens für größere Maßstäbe, allgemein angewendet. Die Grundprinzipien dieſer Manieren dürfen hier wohl als bekannt vor ausgesezt werden, so
daß sich die folgende Darstellung durchweg auf eine
kurze Erwähnung der Modifikationen und Unterarten, die oft nur in ganz unbedeutenden,
nebensächlichen Punkten sich von einander unterscheiden,
mit
Angabe einzelner Beispiele zur weiteren Orientirung und Erläuterung be schränken kann.
(Im Allgemeinen nach Streffleur.) A. Aeltere Manieren.
1) Die ältesten Darstellungen des Reliefs der Erdoberfläche bestehen in gleichmäßigen, an einander gereihten Bergsignaturen,
im Aufriß von regel
mäßiger Form . 2) Später, an der Scheide des 17. und 18. Jahrhunderts, legte man, den gesteigerten Anforderungen der Kriegskunst entsprechend, das Hauptgewicht auf die Darstellung der Terraineinsenkungen,
indem man die Thal- und
4 Schluchtwände durch eine Schraffur mittelst geschwungener und gewundener Striche bezeichnete. 3) Im 18. Jahrhundert schritt man bereits zur allgemeinen Darstellung des ganzen Terrains
durch Anwendung sogenannter Schwungstriche (bei den
Franzosen unter schiefer Beleuchtung), welche, allmählich anschwellend, gegen Kuppen und Ebenen zu verliefen und, je nach der Höhe der Erhebungen, verschieden stark gezeichnet wurden. Durch den preußischen Ingenieur- Offizier Müller wurde diese Manier dahin umgestaltet und verbessert, daß er 9, nach der Art des Falles benannte Hauptböschungen durch verschiedene Form (gerissen, schraffirt 2c.), brachte.
wechselnde Haltung und Stärke der
glatt,
abgeseßt,
Striche zum
4) Eine weitere Modifikation der Schwungſtrichmanier war
quer
Ausdruck
das Ver
fahren, durch je nach der Steilheit sich mehrfach kreuzende feine Striche eine Zeichnung von getuschtem Ansehen zu erzeugen. 5) In wenigen, jezt noch in Gebrauch befindlichen Karten kleinen Maß stabes, besonders Schul- und geographischen Karten, kommen noch verschiedene andere ältere Darstellungs- Formen vor, z . B. maulwurfshaufenartige Zeichen an den
Wasserscheiden,
Rücken-
und
Wasserscheide-Kämme,
perspektivische
Zeichnungen 2c. 6 ) Ende des vorigen und noch zu Anfang des jeßigen Jahrhunderts war vielfach eine Schattirungsmanier durch gleichfeine Wasserlaufe in Gebrauch,
die jedoch,
Striche nach dem
weil ohne jede wissenschaftliche Basis,
9
-
eine Ablesbarkeit von Böschungen und Höhen nicht ermöglichte, sondern ein fach nur die relative Zunahme der Steilheit durch engere Strichstellung aus drückte. (Rußland 1 : 420 000 ; älteste österreichische Generalstabskarten ; farbig: in Frankreich, Niederlanden und Rußland angewendet; in verschiedenen Tuſch tönen bei den älteren österreichischen Gebirgsaufnahmen.) B. Schattirungsmanieren (mit wiſſenſchaftlicher Basis.) a) Schraffen nach dem Wasserlaufe mit senkrechter Beleuchtung : 1 ) Die nach dem Begründer einer wissenschaftlichen Terraindarstellung benannte Lehmann'sche Manier, Böschungen bis zu 45º darstellbar, ursprünglich ohne Höhenangaben, später mit wenigen kotirten Bergſpißen
(ältere öſter
reichische Generalstabskarten) oder mit kotirten Thalpunkten (französische Karte vom Libanon
1 : 200 000) oder mit wenig Berg- und
Thal-Höhenkoten
(neuere österreichische Generalstabskarten und Scheda ; farbig : Südwestdeutsch land vom milit.
geogr. Institut in 1 : 288 000 ;
Schlesien von Liebenow)
endlich mit vielen Höhen und Tiefenpunkten (Frankreich 1 : 80 000 ; Irland 1:63 360 ; Heſſen-Darmſtadt 1 : 50 000 ;
in 3 Farben : Zentraleuropa vom
milit.-geogr. Institut in 1 : 300 000.) 2) Modifikationen der Lehmann'schen Manier : darstellbar ;
Böschungen bis zu 60º
(Bayern und Sachsen 1 : 50 000, mit wenig Höhenangaben in
den älteren, mit vielen in den
neueren Karten ;
Südwestdeutschland vom
bayer. Generalstabe 1 : 250 000) ; Böschungen bis zu 80° darstellbar (Dester reichische Spezialkarte 1 : 75 000) . 3) Müffling'sche Manier,
bis zu 45º,
mit und
ohne Höhenangaben ;
außer den Lehmann'schen Grundsägen noch bestimmte konventionelle Strich formen (alte preußische Generalstabskarten 1 : 100 000 ; Hessen-Darmſtadt : Aufnahmen bis 1861 ). Aehnlich sind die vorausgegangenen
Vorschläge zur Verbesserung der
Lehmann'schen Manier von Schienert, Schneider, Humbert, von Lynker. 4) Generalstabsmanier, Lehmann.
bis
10" nach Müffling,
von
10-45 ° nach
(Preußen und deutsche Reichskarte 1 : 100 000. )
5) Croquirmanier,
mit und
ohne Höhenangaben, in C Strichen oder
geschwungenen Krigeln, nach Umständen auch mit kurzen horizontalen Formen linien und mit den wichtigsten Geripplinien. 6) Schraffur, je höher
desto
dunkler ,
ohne Höhenangaben (nur
bei
einigen Schulkarten angewendet), fast ohne wissenschaftlichen Werth. b) Schraffen nach dem Wasserlaufe mit schiefer Beleuchtung : ohne Höhenangaben in älteren italienischen Karten, mit vielen Höhenangaben in Dufour's Karte der Schweiz 1 : 100 000 . c) Horizontalschraffen : (in gewisser Beziehung auch zur Horizontalen manier gehörig .) 1) mit senkrechter Beleuchtung ohne Höhenangaben,
entweder gleichfeine
--
Striche, je 1 : 200 000),
10
nach der Steilheit enger und weiter gehalten (Spanien : Coëllo oder um so stärkere Striche, je steiler die Böschung
von Sebastopol von Todleben) ; mit wenig Berg- und
(Pläne
Thal-Höhenpunkten
(Norwegen und Schweden für Felsboden) . 2) mit schiefer Beleuchtung und verschieden starken Strichen. 3) Parallellinien,
Guilloches
nach einem Relief,
ohne Höhenangaben
(Karte der Westpyrenäen von Wyld), fast ohne wissenschaftlichen Werth. d) Schummer- und Lavir - Manier.
Abtönung schwarz oder farbig
mit senkrechter (nach denselben Grundsäßen wie bei der Lehmann'schen Manier) oder schiefer Beleuchtung, auch als photographische Copie von Reliefs. e. Kombinirungen : 1 ) Skizzenhafte Schraffirung (Croquirmanier) und Unterschummerung oder Unterlavirung ; 2) Schummerung mit Horizontalschraffur, farbig, ohne (Sebastopol) und mit vielen Höhenangaben
(Horizontalschraffen
von ungleicher Dicke und zu
gleich von stärkerem und lichterem Tone) ; 3) Schummerung mit Schraffenreihen an den Formenlinien ; 4) Schummerung mit Liniirung und theilweise schiefer Beleuchtung ; 5) Senkrechte Schraffen (ſchwarz) und Schummerung (röthlich : Corsika 1:80 000) ; 6. Senkrechte Schraffen für Kulturboden, Querschraffen für Felsboden, mit wenig Höhenangaben
(Schweden 1 : 100 000 ;
7) Senkrechte Schraffen mit
Haldenbezeichnung mit wenig Höhenangaben.
C. Horizontalen
Norwegen 1 : 200 000) ;
theilweiser Beleuchtung und symbolischer (Michaëlis, Aargau 1 : 50 000.)
I I
I I
oder Niveaulinien -Manieren.
Das Prinzip der Horizontalschichtenmanier ist eine französische Erfindung,
I
denn die älteste in der Anwendung dieser Methode bekannte Karte ist jene, welche der Franzose Buache 1732 zur Darstellung des canal de la Manche verfaßt und 1737 der französischen Akademie der Wissenschaften
mit einer
dazu geschriebenen Abhandlung, in welcher er anregte, die Unebenheiten des Meeresbodens durch eine Reihe von Kurven zu bezeichnen, welche die Umrisse der Küsten bei einem gleichmäßigen, stufenweisen Sinken des Wassers nehmen würden, vorgelegt hat.
ein
1752 erschien diese Abhandlung unter dem
Titel „ Essais de géographic physique" im Druck ; Buache hat jedoch seine Idee nicht weiter verfolgt. Dieselbe wurde erst 1768 von dem Ingenieur Ducaila in Genf weiter ausgebildet, indem er,
das Meer in gleichen Höhenstufen
ſteigend gedacht, auch die Bergformen durch solche Kurven darzustellen schlug.
vor
1771 legte er der Akademie seine Methode vor und 1780 gab er
ein eigenes Werf expressions nivellements ou méthode nouvelle pour marquer rigoureusement sur les cartes terrestres et marines les hauteurs et les configurations du terrain " heraus .
1782 wurde nach seiner Idee
| |
-
11
von Dupain Triel eine Karte von Frankreich verfertigt, bereits 1740 eine solche erschienen sein soll.
nachdem
übrigens
Alle diese Versuche und Vorschläge scheinen jedoch einstweilen auf sich be ruhen geblieben zu sein, da Karten und Pläne noch lange Zeit hindurch einzig unter Anwendung der Schraffirmethode verfaßt wurden. Das Haupthemmniß für die Durchführung der neuen Methode war Höhenmessungen.
der Mangel an entsprechenden
Uebrigens fühlten entschieden die Franzosen früher als an
dere Nationen das unzureichende der bisherigen Darstellung der Bodengeſtaltung ; so ist z . B. in einer älteren Karte von Frankreich (carte de la chasse) cine nicht unbedeutende Zahl von Höhenkoten eingeschrieben, während andere Na tionen sich damit begnügten, nur die Höhe der höchsten Berge anzugeben. 1820 begann der damalige österreichische Genieoffizier Hauslab die Dar stellung des Terrains mittelst Horizontalschichten zu lehren, und später arbei tete er sein System in der Weise aus, daß er behufs Erzielung schnelleren Verständnisses die Anwendung verschiedener Farben vorschlug . 1826 entschied sich der französische Generalstab für die Anwendung der Schichtenmanier bei allen Aufnahmen in größerem Maßstabe wie 1 : 10 000 und 1827 wurde
die Manier bereits
eingehend
in einem Lehrbuch (von
Puissant) behandelt. 1852 wurde durch den preußischen Ingenieur-Hauptmann Chauvin die Anwendung äquidistanter Niveaukurven in Verbindung mit Wischmanier bei schräger Beleuchtung in Vorschlag gebracht und systematisch behandelt. Allgemein bekannt und eingeführt wurde die Manier in Deutschland erst seit dem Jahre 1855. Eine der ersten Karten in dieser Manier war die Karte der Welttheile von Vogel und Delitsch 1855 (jedoch nur mit 4 Schichten), dann die Karte der Umgebung von Coblenz und des Kyffhäuſergebirges von Wolf, 1855, und die Karte von Centraleuropa von Papen, 1858 . Uebrigens war die Terrainaufnahme in äquidiſtanten Niveaukurven (mit Hilfe von Kippregel und Distanzlatte) wendung bei den Aufnahmen
in Preußen
schon seit 1852 in An
in der Provinz Sachsen und in den hohen
zollern'schen Landen und wurde seit 1859 auch für die topographische Bear beitung der Provinz Preußen 2c. angenommen.
In Bayern entschloß man
sich zur Annahme der neuen Manier erst im Jahre 1868 . Jezt arbeiten fast alle europäischen Staaten, wenigstens in den größeren Maßstäben und bei den Originalaufnahmen, gemischten Manier.
in der Horizontallinien
resp .
Der wesentlichste Unterschied ergiebt sich für die Niveaulinienmanier durch die Anwendung von ungleichen oder gleichen Schichten ; in der Praxis kommen fast nur leßtere in Betracht. Die Ausführung der Manier gestaltet sich übrigens sehr verschiedenartig : 1) Gleich feine Schichtenlinien in ungleichen Abständen, schwarz oder farbig. 2) Gleich feine Schichtenlinien in gleichen Abständen, schwarz, in großen
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12
Abständen, nach Schraffur und wenigen gemessenen Höhen konstruirt (Irland 1:63 360) ; nach der Natur eingezeichnet, ohne eingetragene Höhenmeſſungen (Dänemark 1 : 80000) ; mit eingetragenen Höhenmeſſungen (Portugal 1 : 100 000) ; roth (Kurhessen 1:25 000 und Schweiz 1:50 000) ; mit eingeschriebenen Böschungszahlen (einige Pläne zum Feldzug 1866). 3) Enge Schichtenlinien, aber zählbar, mit eingetragenen Koten (Frank reich, Alpenkarte 1 : 80 000 und Aufnahme und Spezialfarte von Unter italien 150 000). 4) In horizontaler Richtung ungleich starke Schichtenlinien (je nach der Steilheit der Böschung särker), ohne eingetragene Höhenkoten (farbig, Pläne zur Belagerung von Sebastopol) ; 1:10 560).
mit
eingetragenen Höhenkoten (England
5) Ungleich dicke Schichtenlinien unter einander, schwarz oder roth und zwar :
Haupt- und Zwischenschichten verschieden ſtark ;
dicker ; oder auch :
nach aufwärts immer
Haupt- und Zwiſchenschichten verschieden stark und ver
schieden farbig (Belgien 1 : 40 000). 6) Konventionelle Schichtenlinien (der Müffling'ſchen Skala entsprechend, Pläne zum Feldzug 1866 , 1 : 25 000 ; volle, gestrichelte und punktirte Linien, österreichische Seekarten) ; farbig, die Hauptſchichten stärker ausgezogen (neueſte bayerische Positionsblätter 1 : 25 000). 7) Verschiedenfarbige Schichtenlinien je nach der Höhe. 8) Tiefenangaben bei Seekarten bloß durch Zahlen.
D. Gemischte Manieren. 1) Schichtenlinien, schwarz
mit feinen,
parallelen oder nach aufwärts
enger werdenden Strichen innerhalb der Schichten oder farbig mit einfachen oder Kreuzstrichen. 2) Schichtenlinien mit vollen Tönen in Schwarz mit Nüancen in der selben Farbe, je höher um jo
dunkler ; in Braun,
Töne
1000 Fuß wechselnd, mit Höhenkoten und parallelen Tauernfarte 1 : 144 000). 3) Schichtenlinien mit Tonflächen in nach aufwärts lichter ; gewendet) ;
wechselnd
von
1000 zu
Strichen (Sonclar,
verschiedenen Farben und zwar :
nach aufwärts dunkler (von Hauslab mit Erfolg an (gruppenweise grell verschieden), lichter und dunkler in
jeder Schicht nach Maß der Steilheit ; bei Seekarten je tiefer um so dunkler.
und
4) Schichtenlinien mit vollen Tönen in einer Farbe und mit feinen dicken Strichen ; oder Schichtenlinien mit vollen Tönen, Punkten und
Strichen, gemischt in verschiedenen Farben . 5) Schichtenlinien in Verbindung
mit
Schraffen, bei senkrechter Be
leuchtung: a) alte, schraffirte Darstellung mit Farbschichten überdruckt ; b) schwarze Schichtlinien
mit schwarzer Schraffur
nach Lehmann'scher
-
13
Manier und deren Modifikationen (Preußen 1:25 000, 1:50 000) ;
Bayern
und
Abarten mit eingetragenen Koten
1:25 000 , Desterreich 1 : 75 000, Italien
c) Rothe Schichtlinien mit ſchwarzem Gerippe und dunkelfarbiger Schraffur oder mit farbigem Gerippe, einzelne hochwerthige Schichtenlinien stärker aus oder mit schwarzem Gerippe und schwarzen
gezogen (Desterreich 1:25 000 ) ;
Schraffen ; oder braune, verſchieden gestaltete Schichtlinien und Schraffen mit farbigem Gerippe (Umgebung von Wien 1:12 500). 6) Schichtlinien mit Schummerung oder Lavirung,
mit senkrechter Be
leuchtung, alles in ſchwarz (Amerika), oder in gleicher Farbe, mit eingetragenen Höhenkoten (Sachſen 1:25 000) ;
oder Schichtenlinien mit Schummerung in
ſchiefer Beleuchtung (Chauvins Vorschlag) schwarz oder farbig ; endlich Schichten mit Schummerung, gruppenweiſe andersfarbig. 7) Körperliche Ausfüllung der Schichten, jedoch ohne ausgezogene Schichten linien durch Schraffen,
deren Länge
einer bestimmten Schichthöhe entspricht
(Ziegler's Karten von Schweizer Gebieten) ; schiedenfarbig geschummert
oder lavirt ;
oder
nach Höhenschichten
ver
oder nach Höhenschichten verschieden
farbig ſchraffirt ; oder einreihige Schraffen zur Markirung der Formenlinien mit verschiedenfarbiger Schummerung der Hauptmaſſen nach einzelnen Schichten und Schichtengruppen mit eingetragenen Höhenkoten.
Wie schon oben erwähnt, giebt es eine absolut beſte Terraindarstellungs methode nicht ; nach dem Zwecke der Karte, nach der gegebenen Zeit und den zu Gebote stehenden Mitteln wird eben die eine oder andere der angeführten Darstellungsmanieren zu wählen sein. Die Vor- und Nachtheile einer jeden der verschiedenen Manieren ergeben sich bei Beantwortung der Frage,
in wie weit dieselben den Eingangs auf
gestellten Anforderungen an eine gute Terraindarstellung entsprechen, von ſelbſt. Im Allgemeinen
dürfte
als Resultat der Beurtheilung der
einzelnen Manieren Folgendes anzuführen sein : 1) Die Niveaulinienmanier giebt die Formenverhältnisse, das Re lief,
nicht auf den ersten Blick verſtändlich (wenigstens nicht für den minder
Geübten) ; die Böschungen sind nicht unmittelbar zu erkennen, mittelbar frei lich auf's Genaueste ; die Anwendung ist nicht für alle Maßstäbe geeignet, höchstens bis zu 1:50 000 ; bei kleineren Maßstäben und bei steilem Terrain müssen die Schichthöhen, um die Darstellung überhaupt zu ermöglichen, schon erheblich vergrößert werden ; dadurch gehen aber die meisten Vortheile der Manier verloren. Diese bestehen vor Allem in der leichten Höhenbestimmung, der Leichtig keit der Darstellung, welche weder ein besonderes theoretisches Verständniß, " noch besondere mechanische Fertigkeit vorausseßt und endlich darin, daß Situa
―――――
14
――
tion und Schrift unter allen Umständen deutlich und klar erscheinen, zumal wenn die Niveaulinien in Farbe (roth oder braun) ausgezogen sind. 2) Die Bergstrich-
oder
ſelbſt den kleinsten Maßstäben
Schraffur Manieren sind
anwendbar, liefern schöne,
in
allen,
gefällige Bilder,
geben die Formenverhältnisse sehr deutlich und selbst für den Laien ſchnell verständlich ; erkennen.
Böschungen lassen sich mit genügender Genauigkeit unmittelbar
Dagegen find die Höhenverhältnisse nicht von vornherein erkennbar und ist deren Bestimmung, wenn nicht andere Anhaltspunkte zur Verfügung ſind, umständlich ; das Zeichnen ist schwierig, mühevoll und zeitraubend ; die Deut lichkeit von Schrift und Situation leidet vielfach.
Die Müffling'sche Manier
giebt zwar die Böschungen am genauesten, jedoch ohne Uebergänge, ist außer ordentlich mühsam und liefert ein wenig schönes, rauhes und hartes Bild. Bei Anwendung der schiefen Beleuchtung ist ein mathematisch richtiges Lesen der Böschungsgrade nicht möglich, sondern Alles mehr einer relativ be urtheilenden Auffassung anheimgestellt. Böschungen verschieden stark gezeichnet ! )
(Je nach der Lage werden ja gleiche Die Darstellung ist schwierig, doch
liefert sie dem nur oberflächlich hinschauenden, überraschend angenehmes und klares,
wenig sachkundigen Auge ein
plaſtiſches Bild.
Besonders gut
an
wendbar iſt dieſe Manier für die Darstellung bedeutender Berggeſtalten in kleineren Maßstäben und für militärische Zwecke bei Terrain, welches für die Truppenoperationen untauglich ist. 3) Die Schummerungs- und Lavir - Manieren liefern leicht und schnell ausführbare Bilder
und
geben die Formenverhältniſſe,
besonders bei
Anwendung der hierfür vorzüglich geeigneten schiefen Beleuchtung sehr deutlich ; im übrigen sind sie im höchsten Grade unvollkommen
und
ist insbesondere
gewöhnlich nur ein vergleichendes Schäßen der Böschungswinkel möglich. 4) Durch die Niveaulinienmanier,
gemischten
Manieren
werden
die
Vortheile der
je nach dem Zweck und sonstigen bestimmenden Verhält
nissen, mit denen irgend einer anderen Manier vereinigt und so der denkbar höchste Grad der Vollkommenheit erreicht, wenn dabei auch die Gefahr einer Ueberfüllung und somit die Möglichkeit von Undeutlichkeiten,
Unklarheiten
und Verwechslungen in manchen Fällen nicht ausgeschlossen ist. III. Nomenklatur. Die Benennung der verschiedenen topographischen Objekte einer Karte, ist, wenn auch kein direkter Bestandtheil der Karte, doch
die Nomenklatur,
von nicht minderer Wichtigkeit als die graphische Darstellung selbst, weil in vielen Fällen nur hierdurch erst eine Karte wirkliche Brauchbarkeit für die Orientirung auf dem Terrain erhält. Durch die Nomenklatur sollen aber die verschiedenen Objekte nicht bloß einfach benannt werden, sondern es soll durch eine gewisse Klassifikation der
15
selben,
d. h.
―――
durch Anwendung verschiedener
Schriftgattungen
(Charakter,
Formen), Schriftstellungen und Größen die relative Wichtigkeit von Objekten gleicher Gattung ausgedrückt, besonders wichtige Objekte außerdem noch mehr, als es durch ihre graphische Darstellung allein möglich wäre,
auf eine leicht
übersichtliche Weise hervorgehoben werden. Es können in solcher Weise selbst statistische,
administrative und andere
Verhältnisse anschaulich gemacht werden . Im Allgemeinen werden für gewöhnlich angewendet : Die stehende, vor und rückwärts liegende Kapitalschrift ; die stehende, vor- und rückwärts
liegende
römische Schrift ;
die Kursiv
oder italienische
Schrift, auch rückwärts liegend ; die Hohlschrift (in Deutschland als römische) ; neuerdings vielfach die Rundschrift. Die rückwärtsliegenden Schriften, voll und schraffirt, werden in Deutsch land in neuester Zeit ausschließlich zur Darstellung von Gewässern gebraucht. Im Uebrigen geben über Nomenklatur die Schrifttabellen, Schriftmuſter, welche gewöhnlich mit den Situationsmusterblättern in Verbindung stehen, sowie bei der Einfachheit der bezüglichen Verhältnisse jedes Lehrbuch
über
Terraindarstellung die genaueste Auskunft. IV. Taktische, überhaupt militärische Zeichen. Dieselben kommen in Anwendung zur Darstellung der Kriegsoperationen in Verbindung aller Waffen, der gegenseitigen ſtrategiſchen Evolutionen - Marsch, Stellungen und Gefecht.
und taktiſchen
Im Detail geben gewöhnlich auch hierüber die Situationsmusterblätter 2c. genügende Auskunft. 1 ) Die Truppen aller Waffengattungen werden dargestellt durch, in den größeren Maßstäben (bis ungefähr 1:25 000) maßhaltige, in den kleineren vergrößerte Grundrißsignaturen, der Form und Größe der stellenden Truppenformation theilungen durch Rechtecke.
entsprechend,
alſo
z . B.
darzu
bei geſchloſſenen Ab
Die Frontseite wird stets durch ein kurzes, senkrecht zu Front stehendes Strichchen, bei der Kavallerie mit Fähnchen, bezeichnet. Teutsche und feindliche Truppen, sowie die Truppengattungen werden durch verschiedene Signaturen, Schraffur, Farben oder Farbennüancen zum Ausdruck gebracht,
außerdem die Abtheilungen durch römische und arabische
Ziffern in Bruchform und durch Buchstabenbezeichnung unterschieden. In ähnlicher Weise kommen auch die Truppenſtellungen in verschiedenen Momenten, sowie die Marschlinien zur Darstellung.
Biwaksräume werden
entweder bloß durch die Umfaſſungslinien oder durch blassen Farbton be zeichnet. 2) Die Details
von Festungs- und Belagerungsplänen find
nach den Vorschriften für das Fortifikationszeichnen
auszuführen ; einzelne
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16
-
Objekte von besonderer taktischer Wichtigkeit jedoch werden durch besondere Signaturen gegeben, so z . B. Laufgräben, Batterien, in größeren Maßstäben ſogar die einzelnen Geſchüße ausgeschieden Kaliber und Gattung, Schußlinien,
durch verschiedene Signatur nach
Pallisaden,
Minengänge, Verhaue und
sonstige künstliche Annäherungshinderniſſe 2c. 3) Für die Darstellung der Objekte der Marine , Kriegsschiffe und Torpedo's, beſtehen bindende Vorschriften zur Zeit noch nicht ; die gewöhnlich angewendeten Signaturen bedürfen jedoch selten einer beſonderen Erläuterung.
Literatur. Im Allgemeinen befaſſen ſich alle Werke über Terrainlehre und Karten wesen mehr oder minder eingehend auch mit der Darstellung der Situation und des Terrains 2c. Ausführliche, ungefähr bis zum Jahre 1874 reichende Zuſammenſtellungen der wichtigsten, bezüglichen literarischen Erzeugnisse sind zu finden in : Poten's Handwörterbuch der gesammten Militärwissenschaften .
Artikel
Bergzeichnen “, Band II, Seite 6. Rüdgisch
die Terrainrekognoszirung", Anhang II, Literatur.
Von den literarischen Erscheinungen des leßten Dezenniums sind besonders zu erwähnen: 1 ) Burchardt , Leitfaden für den Unterricht in der Terrainlehre, im militärischen Planzeichnen und im militärischen Aufnehmen an den königlichen Kriegsschulen. Auf Befehl der General-Inspektion des Militär-Erziehungs und Bildungs-Wesens ausgearbeitet. 2) Find, Situations- und Terraindarstellung. Stuttgart 1884. 3 Mk. 3) " Handbuch über die Terrainlehre, das Kartenlesen und die Rekognoszirungen " für den Gebrauch der Offiziere der Infanterie und Kavallerie. Bearbeitet im Auftrag des eidgenössischen Militärdepartements, vom Stabsbureau publizirt. Deutsche Ueberseßung, Bern 1876 . 4) Koßmann , die Terrainlehre, Terraindarstellung und das militärische Aufnehmen.
Mit Berücksichtigung der neuesten Bestimmungen
der königlich
preußischen Landesaufnahme bearbeitet. 5. Auflage. Potsdam 1880 . 5) Pila, Planzeichnen, theoretische und praktische Anleitung zum Terrain und Situationszeichnen mit Berücksichtigung der Terraindarstellung durch Ab schattirung unter senkrechter und schräger Beleuchtung nebst hiſtoriſchen Notizen über die Entwicklung des Bergzeichnens und einem Anhange über Zeichen Utensilien und
Materialien .
Für Militärschulen und zum Selbſtſtudium.
Auf Veranlassung der Königlichen Oberfeuerwerkerschule bearbeitet. lithographischen Figurentafeln.
Mit 9
Berlin, Bath 1880 .
6) Reigner, Terrainlehre. Sohn. 1880. 9 Mk. 7) Streffleur, Ritter von,
4. Auflage. 3 Theile. Wien, Seidel und
Die Oberflächengestaltung und die Dar
-
-
17
stellungsweisen des Terrains " für Ingenieure, Militärs, Naturforscher, Geo graphen 2c.
In Verbindung mit der Lehre der topographischen Zeichnung
nach allen Maßstäben in Landkarten und Plänen .
Nach dessen hinterlassenen
Schriften, Karten und Plänen bearbeitet von August Neuber, f. f. General Major.
Mit 32 Tafeln.
Wien,
Seidel 1878.
6 Mk.
(Epochemachendes
und für die Terrainwissenschaften Grund legendes Werk!) 8) Zaffauk, Populäre Anleitung für die graphische
Darstellung des
Terrains in Plänen und Karten ; theoretisch-praktische Schule des Situations zeichnens.
Zum Selbstunterricht und für Schulen bearbeitet.
des neuen Zeichenschlüssels
3. auf Grund
berichtigte und vermehrte Auflage.
aus 9 Tafeln bestehenden Zeichenschlüssel.
Mit einem
Wien 1875. Gerold .
9) "I Bergzeichnung in Niveaulinien " . Jahrbücher für die deutsche Armee und Marine. 1879. Januar. 10) " Horizontale Bergstrichmanier " . 1879. April.
Neue Militärische Blätter.
11) Instruktion für die Topographen der topographischen Abthei= lung der k. preußischen Landes -Aufnahme.
2 Hefte nebst Atlas von 17 litho
graphischen Figurentafeln in 2 Ausgaben, große Ausgabe 12, kleine 4 Mk. 12) Zeichenerklärung für die Karte des deutschen Reiches im Maß ſtabe 1 100 000. Berlin, Schropp . 13) Chambeau , Ingenieur-Hauptmann, 24 Vorlageblätter zum Plan zeichnen. Berlin. Mittler. 14) Gutbier, Uebungsblätter für Planzeichnen. Merseburg. 2 Mk. 15) Liebenow , Signaturenmuſterblätter zum Planzeichnen nach den für die Aufnahme des t. preußischen Generalstabes geltenden Bestimmungen. Lith. Berlin, Schropp 1876 . 16) Meyer, Muſterblätter (nebſt Erläuterungen) für Zeichnen von Terrain und Situation
das militärische
auf Plänen, Meßtischaufnahmen und
bei Anfertigung von Croquis und in Berücksichtigung der Muſterblätter für die topographischen Arbeiten der k. preuß. Landesaufnahme. gearbeitete Auflage . Neiße 1876.
6. gänzlich um
17) Reißner, Hilfstafeln für das Plan- und Kartenlesen, für Re Wien Wien 1881. 1881 . 3 Mk.
kognoszirungen und für die Terrainaufnahme. 18) Schlehbach,
Uebungsblätter zum Plan-
12 Tafeln mit Anleitung.
und
Terrainzeichnen.
Zürich, Wurster 1875.
19) Schlüssel und Vorlageblätter für den Situationszeichenunter richt.
Mit Genehmigung des k. k. Reichskriegsministeriums zusammengestellt
und herausgegeben vom militär-geographischen Institut. 4 Hefte mit 30 Blättern. (9 Bl .
für Schlüssel zur Darstellung und Beschreibung militärischer Auf
nahmen, Bezeichnung von Kriegsbauten und Truppen ;
5 Bl . Vorlagen für
das Situationszeichnen ; 7 Bl . Vorlagen zu den Uebungen für die Darstellung der Terrain-Unebenheiten ; 9 Bl. Vorlagen für das Situationszeichnen der 2 Neue Milit. Blätter. 1886. Juli-August-Heft.
18
-
verschiedenen Terrain- Charakteristiken) ; zum Theil in Farbendruck, für die Maßstäbe 1:25 000 und 20 Mk.
75 000
und 1 Heft Erklärungen.
Wien 1882 .
(Ein vorzügliches Werk !)
20) Neuer
Situationsſchlüſſel.
24 Blätter (lithog. )
Beschreibung zum Gebrauch für alle Militärs. 21 ) Zaffaut,
Signaturen in
und
4. Aufl.
mit kurzer
Wien, Seidel 1880 .
ausländischer Kartenwerke, nebst
Angabe der in Karten und Plänen am häufigsten vorkommenden Worte in 10 Sprachen und Wortabkürzungen mit 3 Mt.
34 Tafeln.
Wien,
Seidel 1880 .
22) Zeichnungsschlüſſel zur Darstellung der Terraintheile und Terrain gegenstände in militärischen Aufnahmen . Heft 4.
Betrachtungen
über
den
Streffleur's Militärzeitung 1878,
Feldzug
von 1859
in Italien.
Aus den hinterlassenen Papieren des Generals Anton Better von Doggenfeld.
II.
Defensive Stellung Desterreichs . Die erste Periode dieses Krieges 1859, strategisch berücksichtigt, greift bis zu der Epoche zurück, in welcher Desterreich die Initiative seiner militä Desterreich rischen Bewegungen gegen das Königreich Piemont beginnt. ―――――――― welche nicht hatte gleich anfänglich sehr grobe strategische Fehler gemacht, ohne Einfluß auf den Fortgang und Ausgang des Krieges geblieben sind . Wir werden die ersten Phasen des Krieges mit jenem Akt zusammen nehmen, wo Desterreich sich entschloß den Krieg an Piemont zu erklären, oder ― wo es die Ueberzeugung hatte, daß derselbe nun unvermeidlich sei. Am 11. April 1859 sandte der österreichische Kaiser seinen Onkel den Erzherzog Albrecht mit der Miſſion an den damaligen Prinz- Regenten von Preußen : Desterreich habe den Entschluß gefaßt, Sardinien den Krieg zu er klären, und verlangte vom Prinz-Regenten, seinem deutschen Bundes-Alliirten, eine bewaffnete Mitwirkung. Desterreich mußte daher schon Anfangs April über den Feldzugsplan, den es auszuführen gedachte, sowie über die Stellung seiner zahlreichen Armee, mit welcher es die Kampagne eröffnen wollte, ganz im Reinen sein .
19
-
Nach Verlust von vierzehn Tagen sandte endlich Desterreich das „,,Ultimatum" an Piemont,
und erhielt am 26. April eine abschlägige Antwort.
Nach
einem abermaligen Verlust von zwei Tagen überschritt die österreichische Armee am 29. auf 4 Punkten : Pavia , Bereguardo , Vigevano und Buffalora Diese erste Bewegung war schon ein ſtrategiſcher Fehler.
den Ticino.
ihr
Sollte diese erste Bewegung die Tragweite haben, welche man von erwartete, so hätte sie eher von Piacenza aus unternommen werden
müssen, um sich hierdurch mehr den Objekten zu nähern, welche tief im Innern -Piemonts lagen. In jeder Zeit, besonders aber im Kriege, ist es von der entscheidensten Wichtigkeit den richtigen Augenblick zum Handeln zu ergreifen . Hätte der österreichische Heerführer Piacenza mit dem verschanzten Lager als Basis für die Operation angenommen, er würde den Zweck viel früher erreicht haben können,
als vom Tessin aus .
Aber dessen Vorwärtsmarſch
hatte gar nicht den Anschein, als ob er einen Angriff auf beſtimmte Punkte in Feindesland beabsichtige.
Es ist daher die Invasion von diesem Lande als
keine Offensiv-Operation zu betrachten, denn in der Art, wie sie wirklich aus geführt wurde, ist sie eine strategische Absurdität. Nachdem das westliche Ufer des Tessin sich in einem vertheidigungslosen Zustande befand, so war für die Oesterreicher die einzige rationelle Defensiv Stellung am Po. In einer festen Position daselbst und an den Zuflüſſen dieses Stromes,
konnte der österreichische General ſtrahlenförmig nach allen
Richtungen hin sich vertheidigen. Vortheile wie die am Po . ―――――
Keine andere Stellung gewährte ähnliche
Hatte aber die Bewegung mit der Armee über den Teſſin blos die Ab sicht, die Truppen auf feindlichem Territorium zu verpflegen, so erscheint sie auch als Unsinn , denn man
konnte diese eben so gut auf piemontesischem
Boden am Po durch Requisitionen erhalten wie in der Gegend am Teſſin . Vielleicht ließe sich bei diesem Vormarsch über die Grenze noch ein politischer Grund mit mehr Wahrscheinlichkeit annehmen .
Durch den Ticino-Uebergang
wollte Desterreich vielleicht nur eine offensive Demonstration machen ,
theils
um Frankreich, welches für den Feldzug noch nicht bereit war, zu imponiren, und Piemont, das noch allein war, von jenem zu isoliren ; aber hauptsächlich um auf die neutralen Mächte zu wirken, und hierdurch diese zu bestimmen, ihren Einfluß auf Sardinien auszuüben, damit es entwaffne.
Aber die neu
tralen Mächte hatten keine Lust nußlose Schritte zu thun, die wahrscheinlich einen allgemeinen Krieg zur Folge gehabt hätten. Es scheint demnach erwiesen, daß Oesterreich, ungeachtet der offensiven Bewegung, von Beginn an sich auf die Defenſive zu beschränken beabsichtigte und niemals einen offensiven Krieg zu führen im Sinne hatte. Dennoch glauben wir es der Mühe werth, ein wenig zu prüfen, welche Chancen im günſtigen Falle Desterreich gehabt hätte, wenn es wirklich im rechten Momente angriffsweise gegen Sardinien vorgegangen wäre. -- Vor 2*
――――
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allem andern hätte es sich zuerst um die Feststellung zweier Punkte gehandelt, nämlich um die Basis der Operationen , mit welcher die Operations Linien, die Objekte und ſtrategiſchen Punkte beſtimmt worden waren . Ferner den Moment festzuseßen, wann der entworfene Plan am zweck mäßigsten auszuführen gewesen wäre. Ob Oesterreich einen Angriffs- oder Vertheidigungskrieg in Italien zu führen hat, so
bleibt immer das Festungsviereck dessen Basis.
Für eine
Offensive gegen Piemont ist diese Basis nur eine mittelbare, weil die feind lichen Angriffsobjekte, wie : die Armee, die festen Pläße, Städte u. s. w . zu weit entfernt sind und weil das Terrain zwischen dieser Basis und der feind lichen Grenze zu sehr durchschnitten, und beschwerlich ist.
daher den Kriegsoperationen hinderlich
Desterreich hatte, im Falle es sich für den Offenſivkrieg
gegen Sardinien entschloß, die Wahl.
unter zwei
vortheilhaften Operations - Methoden
Den gehörigen und zeitgemäßen Moment benußend,
konnte der öster
reichische Obergeneral gleichzeitig mit zwei separirten Korps von beiden Po Ufern, d . h. von Piacenza und von dem Winkel, welchen der Tessin bei der Einmündung in den Po bildet, debouchiren, mit der Armee bis zur Festung Alessandria vorrücken, die bei diesem Plaze konzentrirte piemontesische Armee schlagen und dann ein hinlänglich starkes Korps nach Casale und gegen Turin entsenden, mit dem Gros aber gegen Genua aufbrechen, um die Konzentrirung der französischen Armee zu verhindern, indem es die einzeln vorrückenden Ab theilungen derselben en detail zurückwirft. Wir geben zu, daß dieser Angriffsplan ein wenig komplizirt ſcheint, weil er die Kraft theilt, bleibt aber mit einer Armee in der Stärke von beinahe 200 000 Mann vor der Vercinigung der Franzosen mit den Sardiniern doch leicht ausführbar.
Dieser Plan
gab den Oesterreichern die erwünschte Ge
legenheit, mit der sardinischen Armee noch vor der Ankunft der Franzosen zu ſammenzutreffen und dieselbe schlagen zu können. Nach einer andern Angriffsmethode beginnt die österreichische Armee ihren Vormarsch von Piacenza aus,
dem einzigen Operationsobjekte,
unter
ange
nommener Vorausſeßung, und erreicht am südlichen Ufer des Po die Festung Aleſſandria, berücksichtigt Turin, welche Stadt von keiner militärischen Wich tigkeit ist, gar nicht, sondern marschirt mit dem Gros gegen Genua, um den Franzosen den Weg nach Aleſſandria zu verlegen und dadurch die Konzen trirung derselben mit den Piemontesen zu vereiteln . Durch diese Operation bleibt die österreichische Armee kompakt beisammen und hat nur gegen die zwei Punkte Alessandria und
Genua Front zu machen.
Nachdem heut zu Tage
die Armee das erste Objekt ist, welches man berücksichtigt, und dann erst be festigte Pläge, so unterliegt es keinem Zweifel,
daß
auch der
österreichische
General en chef die piemontesische Armee unter den Wällen von Aleſſandria aufgesucht haben würde. Je nachdem der General den einen oder den andern.
-
diefer Pläne ausführt,
21
――
konnte er am rechten Ufer des Tanaro und des Po
bei der Festung Stellung nehmen und die von Genua und Turin anrückenden feindlichen Kolonnen mit Leichtigkeit zurückwerfen. Die Ausführung dieses Planes wäre in seinen Folgen von entscheidender Wirkung gewesen und hätte für Desterreich wahrscheinlich einen vortheilhafteren Ausgang gehabt . Einen ganzen Monat hatten die Oesterreicher zu ihrer Disposition, um einen oder den andern Operationsplan in Ausführung zu bringen,
verloren
aber leider diese kostbare Zeit durch nußlose Hin- und Hermärsche und einem Terrain, wo kein Feind war.
auf
Der französische Kaiser, welcher durch die plößliche Kriegserklärung der Desterreicher überrascht wurde, war nicht wenig beunruhigt über die agressive Haltung dieser Macht und durch die Invasion derselben.
Es gehörte
des piemontesischen Gebiets
ein hoher Grad von Energie
Entschlossenheit
in der Ausführung aller taktischen Bewegungen, um bereits am 12. Mai mit dem Gros der französischen Armee auf dem Kriegsschauplaß zu erscheinen. Schon am 14. nahm der Kaiser Napoleon in Person sein Hauptquartier in Aleſſandria, welche Festung als Operations -Baſis dienen mußte. Die Alliirten waren in dieser Zeit noch nicht ganz in der Verfassung, um die Offensive zu ergreifen, sie behielten daher vor der Hand eine defen sive Haltung, bis sie die Konzentrirung aller ihrer Truppen bewirkt hatten. Die Piemontesen beschränkten sich bis zu diesem Augenblicke ebenfalls auf die Defensive ; in dieser Absicht nahmen sie Stellung zwiſchen Alessandria und Caſale, um einen möglichen Angriff in Front zu begegnen. Am Flusse Dora Baltea wurden Verschanzungen aufgeworfen, um die Uebergänge zu decken und Turin gegen einen Handstreich zu sichern. Endlich am 18. Mai befanden sich die beiden Armeen unter den Mauern von
Alessandria
vereint und
organisirt.
Die Piemontesen formirten den
linken, die Franzosen den rechten Flügel. Die großen diplomatischen und militärischen Fehler, des Gegners begangen wurden,
welche auf
Seite
die Langſamkeit, Unentschloſſenheit, die Ver
nachlässigung des günstigen Augenblickes zum Angriff auf die iſolirte piemon tesische Armee gaben dem französischen Kaiser die Hoffnung auf einen günſtigen Ausgang des Feldzuges .
Nun
mußten
die gehörigen Maßregeln
werden, um den gefaßten Plan zur Ausführung zu bringen . Vor allem Andern handelte es sich darum, welchen Punkt
getroffen man
zum
Angriffe wählen müsse oder von welchem aus man mit dem geringsten Ver lust in die Lombardei am ersten eindringen könne. Man konnte dies nur auf dreierlei Art bewirken, nämlich :
die Dester
reicher in der Front angreifen und sich an irgend einer Stelle am Po oder am Ticino feſtſeßen, oder ihre Stellung in der rechten umgehen.
oder linken Flanke
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Der erste Plan war nicht ausführbar,
weil er zu
viel Blut
gekostet
hätte ; denn um ihn auszuführen, hätte man müssen die österreichische Armee gänzlich niederwerfen,
was um so schwieriger war,
uneinnehmbare Position wählen konnte.
da sie am Po eine faſt
Es blieb nur die Flankenumgehung
möglich, um leichteren Kaufes das vorgezeichnete Ziel zu erreichen. Der Kürze wegen wollen wir nicht
in der Darstellung des Feldzuges
allen jenen Märschen und Contre-Märschen des Generals Graf Gyulai folgen, welche er für gut fand, auszuführen, sondern beginnen bei der Epoche, welcher sich der österreichische Feldherr entschloß, seiner Armee zu machen.
in
eine östliche Bewegung mit
Am 19. Mai verlegte General Gyulai das Hauptquartier von Mortara nach Garlasco, um Pavia näher zu sein und hatte somit Vercelli und das rechte Ufer der Sesia geräumt.
Diese retrograde Bewegung in der Aufstellung
der Desterreicher wurde nothwendig, weil die Alliirten gegen das rechte Po Ufer vorrückten.
In der That marschirte das
I. französische Korps
von
Alessandria gegen Piacenza, wo die Divisionen desselben bei Ponte- Courone, Castel- Nuovo und Voghera am 20. Stellung nahmen.
Die am meisten
vorgeschobene Division war die des Generals Foren, deſſen Haupt-Quartier zu Voghera war. Die Brigade Beuret, welche auf der Straße zwischen Voghera nach Stra della postirt wurde und zwar bis gegen die Höhen von Montebello, formirte den rechten Flügel, ohne das Dorf selbst zu beseßen. bildete den linken Flügel.
Die Brigade Blanchard
Dieser General nahm Stellung am rechten Ufer
des Po bis gegen Oriola. Die 1. Division des I. Korps entwickelte am 20. Mai eine Frontaus dehnung von zwei Kilometern, gleichlaufend mit dem kleinen Flusse Staffora. Vom 18. zum 20. war das II., III . und IV. Korps auf dem Marsche von Alessandria nach Valenza und Tortona, um sich mit dem linken Flügel der piemontesischen Armee in Verbindung
zu sehen,
deren Haupt-Quartier
in
Occimiano, und der linke Flügel derselben sich, dem Laufe der Seſia folgend, bis Vercelli ausdehnte ; wodurch sie die Uebergänge des Po bis Casale und jene der Sesia bis Vercelli deckte. Die Front-Entwickelung der Alliirten betrug
20 Kilometer, eine sehr
fehlerhafte Position, wenn die Absicht zu Grunde gelegen wäre, offensiv vor zugehen, was aber bis zu dieſer Zeit keineswegs der Fall war.
Dennoch lag
in dieser Art Aufstellung schon die Idee des französischen Kaisers, die Um gehung des rechten Flügels der feindlichen Armee, zu Grunde, welche mit dem Sieg von Magenta beendet ward, und die Räumung der Lombardei von den Desterreichern zur Folge hatte. Vor allem Andern wollte sich der französische Kaiser den
Obern Ticino “
sichern, um die Lombardei zu nehmen. Im Falle eines Hauptangriffes der Oesterreicher auf die Position der
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Alliirten bildet Alessandria, Valenza und Casale
ein mehr
oder weniger
befestigtes Dreieck, welches als Stüßpunkt dienen müßte, um im Nothfalle dem Feind in die linke oder rechte Flanke zu fallen, wenn er von solch einem Punkte des Po oder der Seſia debouchiren würde. Am 20. Mai unternahm F. M. Lt. Graf Stadion, Kommandant des V. Armee-Korps einen offensiven Angriff gegen den linken Flügel der Alliirten. Hierzu wurden die beiden Reserve- Divisionen Urban und Baumgarten ver wendet. Die Reserve- Division Urban bestand aus den Brigaden Schaffgottsch und Braun; die Division Baumgarten aus den Brigaden Gaál, Bils und Prinz von Hessen ,
zählten zusammen 29 Bataillone Infanterie und 6 Es
kadrons Kavallerie, d . h. ungefähr 35 000 Mann Infanterie, 1200 Mann Kavallerie und 5 Batterien . Die Division Urban formirte den linken Flügel.
Von Broni aus folgte
ſie im Vormarsche der Hauptstraße von Piacenza nach Casteggio ; die Brigade Hessen bildete den äußersten rechten Flügel und debouchirte aus dem Thale das von Verua nach Branduzzo führt.
Die beiden Brigaden Gaál und Bils
rückten an dem vorhergehenden Tage Abends aus dem verschanzten Lager von Pavia und marschirten bis Vaccarizza, von wo sie am 20. zeitlich früh ihren Marsch gegen Westen fortseßten.
Die Brigade Gaál marſchirte gegen Robecco
rechts neben jener von Schaffgottsch, die sich auf Branduzzo bewegte. Brigade Bils in der Mitte der beiden
Die
vorhergenannten nahm die Marsch
Direktion gegen Caſatisma . Zweiundeinhalb Bataillone und der Artillerie Train bildeten die Reserve und erhielten den Befehl in Barbianello stehen. zu bleiben. Um Mittag debouchirten die österreichischen Kolonnen von den ihnen vor gezeichneten Stellungen, und marschirten auf immer mehr und mehr konver girenden Linien gegen die Position der Alliirten,
welche sie um Voghera
ſupponirten, gemeinſchaftlich vor. Der linke Flügel paſſirte Caſteggio und erreichte den kleinen Fluß Coppa ohne auf den Feind zu stoßen. Hier am Coppa war das erste Zuſammen treffen starker
piemontesischer Kavallerie - Pikets und
welche den rechten Flügel im Gefechte formirte.
der Brigade Braun,
Napoleon fand es für zweck
mäßig, das I. franzöſiſche Korps durch die piemontesische Kavallerie unter ſtüßen und vorzüglich den Vorpoſtendienſt thun zu laſſen, weil sie das Terrain besser kannte als die eigene Kavallerie.
Beim Erscheinen der
Oesterreicher
am Coppa zogen sich die Kavallerie- Vortrupps, nach Auswechslung einiger wirkungsloser Schüffe, auf Montebello zurück.
General Urban verfolgte sie
in der Richtung von Genestrello, auf der Straße von Voghera.
Aber bei
diesem Orte befand sich das Gros der piemontesischen Kavallerie und zwei Bataillone des 84. franzöſiſchen Regiments, die augenblicklich einen heftigen Widerstand gegen das Vordringen der Urban'schen Kolonnen leisteten. Die Brigade Schaffgottsch, welche sich rechts von der Brigade Braun
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befand, warf diese zwei französischen Bataillone gegen den Bach Fossagazzo zurück, welcher
östlich von Genestrello fließt.
unter General Sonaz deckte den Rückzug
Die piemontesische Kavallerie
mit
außerordentlicher Bravour.
Sechsmal stürzten sich diese braven Abtheilungen auf die feindlichen Karrees, konnten aber nicht in dieselben eindringen, sondern wurden jedesmal durch die vorrückenden Husaren mit großem Verlust geworfen . wiederholten Attacken sehr viele Mannschaft.
Sie verloren bei dieſen
General Urban rückte mit den beiden Brigaden Braun und Schaffgottsch gegen den Coppa vor,
welchen die zwei französischen Bataillone verlassen
und wovon sich das eine auf der Straße von Voghera, nördlicher, längs der Eisenbahn, zurückzog.
das
andere
mehr
Um 2 Uhr bekamen die beiden
Bataillone, welche einer so großen Uebermacht weichen mußten, Verstärkung . Beiläufig um 1 Uhr erhielt der General Forey in Voghera die Nach richt, daß die Desterreicher in Casteggio eingezogen seien und die piemontesische Kavallerie von Montebello vertrieben hätten. General Forey gab augenblicklich den Kommandanten seiner Brigaden den Befehl im Laufschritt auf der Eisenbahn gegen Casteggio vorzurücken und der Richtung von Montebello zu folgen.
Er selbst marschirte mit zwei Bataillonen
des 74. Regiments und einer Batterie in derselben Richtung ab .
Etwas vor
2 Uhr erreichte der General die beiden Bataillone des 74. Regiments und disponirt dieſe folgendermaßen :
auf den Punkt, wo aller Wahrscheinlichkeit
nach die österreichischen Kolonnen zum Angriff erscheinen dürften, stellte er ein Bataillon des 84. rechts, das andere links der Straße, hinter dieser eines des 74., das andere aber dieses Regiments im Norden des Cascino- Nuovo an der Eisenbahn auf. Zwei Geschüße nahmen Stellung neben der Hauptstraße am Fossagazzo Bache. Die österreichische Brigade Braun, unterſtüßt durch 8 Eskadrons Ka= vallerie, greift den linken Flügel der Franzosen an, und das Gefecht engagirt sich mit außerordentlicher Heftigkeit.
Ungeachtet der Uebermacht weicht das
französische Bataillon nicht einen Schritt zurück.
Während dieſes hartnäckigen
Kampfes erhält General Forey Verstärkung durch das 17. Jäger- Bataillon und die 3. Bataillone des 74. und 84. Linien-Regiments. Nun ergreift Forey die Offensive gegen den linken Flügel der Oesterreicher Zurücklassung eines Bataillons in Cascino- Nuovo .
bei Genestrello
General Urban,
mit
welcher
seinen linken Flügel in Gefahr ſieht, zieht seinen rechten Flügel heran.
Die
Oesterreicher werden durch die vereinten 6 französischen Bataillone, unterſtüßt mit 8 Eskadrons piemontesischer Kavallerie, nach Montebello zurückgedrängt. Das Gefecht erhielt nun folgende Wendung : die Brigade Gaál nahm in Montebello Stellung und verschanzt sich daſelbſt ; hinter dieſer ſteht die Brigade Bils als Soutien und weiter zurück die beiden Brigaden Schaffgottsch und Braun als Reserve.
Für den Angriff auf die befestigte Stellung der Deſter
――
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reicher in Montebello suchte Forey so zentriren, als es nur möglich war .
viel Truppen seiner Division zu kon
Nebst den bereits vorhandenen Truppen
rief er noch die Brigade Blanchard, bestehend aus dem 91. und 98. Regi mente, zum Angriff herbei, mit Ausnahme dreier Bataillone, von welchen zwei der Brigade Prinz Heffen zu Oriola gegenüber stehen blieben und das 3. nach Cascino-Nuovo kam. Diesen Truppen wurden zwei Batterien beigegeben, Wegen des durch welche die piemontesische Kavallerie zu decken hatte. schnittenen Terrains konnten die Batterien und die Kavallerie blos auf der Chaussee marschiren. General Foren ließ zum beabsichtigten Angriff 3 Bataillone der Brigade Blanchard auf dem äußersten linken Flügel neben der Straße Position nehmen, welche noch durch ein Bataillon des 93. Regiments Verstärkung erhielten. Die ganze Brigade Beuret entwickelte sich auf den Höhen, welche südlich der Straße liegen. Zwischen 4 und 5 Uhr ertheilte Foren der Brigade Beuret den Befehl, Montebello von der Südseite anzugreifen.
Es entspann sich ein sehr hart
näckiger Kampf um die Eroberung des Ortes,
indem die Infanterie in ein
zelnen Häusern sich mit dem Bajonnet und Gewehrkolben einander zu Leibe ging.
Der leßte Kampf fand auf dem östlich gelegenen Kirchhofe statt.
Die
Oesterreicher wichen auf allen Punkten langſam -zurück, bis um 6 Uhr General Graf Stadion den allgemeinen Rückzug anordnete. Wie man immer diese erste offensive Bewegung der Desterreicher in der Ausführung beurtheilen mag, ob als Rekognoszirung oder ernſtes Gefecht, so kommt man zu dem Schlusse, daß sie weder strategisch noch taktisch betrachtet von Nußen war. Alle jene militärischen Unternehmungen, welche man in Oesterreich forcirte Rekognoszirungen nennt, find grobe Fehler und wobei die Kommandanten, die sie anordnen, die größte Mitschuld tragen. Was hat eine forcirte Rekognoszirung zum Zwecke ? 1. Um die Stellung und Absichten des
Feindes auszukundschaften ;
2. die Nothwendigkeit,
aus
einer falschen oder gefährlichen Position herauszukommen ; 3. Gewißheit oder wenigstens Wahrscheinlichkeit, den Feind zu zwingen, seine Kräfte zu entwickeln . Wo einer dieser drei Gründe nicht vorhanden ist, bleibt die Anordnung der Rekognoszirung ein zweckloses Unternehmen . Konnte es denn für General Gyulai noch ein Geheimniß bleiben, was am 18., 19. und 20. Mai bei den Alliirten vorging und was ganz Europa bereits durch die Telegraphen wußte ? Der österreichische General zog ja bei der Annäherung der Alliirten alle seine Vorposten,
die längst der Sesia bis Vercelli
Hatte Graf Gyulai,
wie er fürchtete und
aufgestellt waren, zurück.
wie er in dem Bericht an den
Kaiser Franz Joseph angab, einen Angriff auf Piacenza zu beſorgen, so war es geboten, dieſem muthmaßlichen Angriff durch Anwendung aller Kräfte zu
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vorzukommen,
damit die Alliirten diesen Plaß nicht erreichen können .
War
aber das mit 35 000 Mann möglich ? Es war ein großer Fehler, diese wich tige Festung beinahe ganz von Truppen zu entblößen, Gefahr ausseßte,
diesen Plaß durch einen
wobei man sich der
offenen Angriff der Alliirten zu
kompromittiren. Hätten sich die Oesterreicher eine Stunde länger bei Geneſtrello gehalten, so würde das I. französische Armee-Korps und 10 Brigaden Pie montesen ihnen gegenübergestanden sein und die 35 000 Mann Stadions eine totale Niederlage erlitten haben, dann konnte nichts den Vormarsch der fran zösischen Kolonnen auf Piacenza aufhalten. Was den taktischen Entwurf sowie die Ausführung der Rekognoszirung anbelangt, so war Beides fehlerhaft. trug über 8 Kilometer.
Die Angriffsfront der Oesterreicher be
Die Stellung bildete gleichsam einen halben Kreis von
Caſteggio über Caſalinna, Branduzzo, dann weiter über Geneſtrello nach Cal cababbio, endlich von Fosfagazzo nach Oriola. Der linke Flügel unter Gene ral Stadion und der rechte unter Prinz Hessen operirten ganz unabhängig von einander. Es folgt daraus, daß in den Bewegungen des weder Einheit noch Zusammenwirken vorhanden war.
österreichischen Korps Die Lage der Oester
reicher würde sehr kritisch geworden sein, wenn der französische General ein paar Bataillone mehr zur Disposition gehabt hätte,
um diese in die freige
lassenen Zwischenräume der beiden Flügel im Centrum einzuschieben . Während der ganzen Aktion find die Oesterreicher niemals mit großen und konzentrirten Kräften
entscheidend eingeschritten.
Die Reserven blieben
den ganzen Tag unthätig rückwärts stehen . Es muß ferner noch bemerkt werden, Hessen eine sehr gefährliche war,
denn
daß die Aufstellung
des Prinz
er konnte mit seiner Brigade über
Oriola nicht hinausrücken, ohne sich der Gefahr auszuseßen, durch die Fran zosen von seiner Rückzugslinie abgeschnitten zu werden. Aus dieser einfachen Darstellung der Gefechte von Montebello folgt, daß die Zahl der Truppen, welche vom General Forey gegen die österreichischen in die Aktion gebracht, in keinem Mißverhältniß haben.
gegeneinander
geſtanden
Bei Foffagazzo und Genestrello 7 Bataillone Franzosen gegen 7 Ba
taillone Desterreicher (6000 gegen 8000) ; bei Montebello
11
Bataillone
Franzosen gegen 11 Bataillone Desterreicher. Nur in Calcababbio und Oriola war eine Disproportion, d . i. zwei Ba taillone Franzosen gegen eine ganze Brigade Oesterreicher .
Man muß aber
berücksichtigen, daß der französische General nur so viele Abtheilungen seiner Division in's Feuer führen konnte, fechte noch zugeführt wurden.
als
ihm während des Verlaufs der Ge
Im Ganzen kann man daher annehmen, daß
10 000 bis höchstens 12 000 Franzosen gegen 35 000 Mann Desterreicher in der feindlichen Affaire des 21. Mai kämpften. Vom General Graf Stadion hing es allein ab, die ganze Stärke seines Korps zu verwenden . -- Der
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österreichische Kommandant konnte einen Feind, welcher dreimal schwächer war wie er, ganz leicht vernichten, aber er that gerade das Gegentheil, da er in dem Maße als der Gegner die Zahl seiner Streiter vermehrte, in dem Maße er die seinigen verminderte, und je mehr die Franzosen offensiv vorschritten, desto schneller zogen sich die österreichischen Bataillone gegen ihre Reserven zurück. Um mit einer gewiſſen Methode in unserer Beschreibung dieses Feldzuges weiter zu gehen, müssen wir zuerst die verschiedenen Operationen der einzelnen kriegführenden Mächte aufzeichnen, um sie später im Zusammenhange agiren zu sehen.
Den Alliirten standen für die Lösung ihrer vorgezeichneten Aufgabe, d. i. die Eroberung Ober- Italiens, zwei mächtige Hebelsarme zur Disposition, näm lich die Militär-Macht und die Volkserhebung. Um den Italienern Gelegen heit zu verschaffen, sich selbst von dem fremden Joch zu befreien, hat man in Piemont gestattet, zwei " Frei-Korps " unter Rommando des General Garibaldi zu errichten. Das eine hieß das Korps „ der Alpenjäger“, das andere der ,,Appenninen". Als die Desterreicher Vercelli räumten, rückte Garibaldi mit seinen Alpen jägern gegen die obere Sesia vor und stand am 20. Mai bei Gattinara, am 23. war er in Borgamanero und überschritt am selben Tage bei der An näherung der Alliirten von Vercelli, den Tessin bei Sesto- Calende. Garibaldi proklamirte, nachdem er Varese beseßt, am 24. König Victor Emanuel zum König von der Lombardei. Der Gouverneur und General en chef der österreichischen Macht im lom bardisch-venetianischen Königreich F. Z. N. Graf Gyulai detachirte nach Vareſe 22 Bataillone Infanterie, 2 Eskadrons Husaren und bei 3000 Mann. -Angriffen
von
2 Batterie, zuſammen
Die Oesterreicher wurden von den Alpenjägern mit ihren
Varese gegen
Como zurückgeworfen,
in welchem Orte fie
Garibaldi abermals besiegte und zum Rückzug gegen Mailand zwang.
General
Graf Gyulai, welcher eine allgemeine Erhebung in der Lombardei besorgte, beauftragte den General Urban, welcher die sogenannte mobile Diviſion be fehligte, um die Ruhe in der Lombardei aufrecht zu erhalten, alle seine ent behrlichen Truppen in Monza zu vereinigen und dann gegen den Eindring ling Garibaldi vorzurücken. General Urban hatte bis zum 27. eine Macht von 10 000 Mann ver cint.
Seine Vortruppen schlugen sich am 29. östlich von Como mit einem
Theil der Garibaldianer ; leßtere wurden zersprengt, ein Theil flüchtete nach Como, wo sie Angst und Schrecken verbreiteten. Garibaldi fand es unter solchen Umständen gerathen, seinen Rückzug nahe der Tesfiner Grenze gegen den Hafenplay Laveno anzutreten.
Dieser Ort
war befestigt, hatte eine Garnison von 4 österreichischen Kompagnien, ein Theil des Flottillen-Korps und einen Dampfer. auch schon durch die Oesterreicher beseßt.
Arona und Sesto-Calende waren Garibaldi
griff zwar zweimal
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Laveno aber fruchtlos an. mit seinen Alpenjägern in
Am 31. beseßte Urban Varese. einer sehr mißlichen Lage.
Garibaldi war
Indessen wurde er
durch das Vorrücken des IV. französischen Korps nach Novara, das die öster reichischen Truppen am 1. Juni räumten, wieder frei, indem General Gyulai seine Armee am untern Po zu konzentriren beabsichtigte .
Die rückgängige
Bewegung der Desterreicher bestimmte auch Urban seine genommenen Stellungen wieder aufzugeben, um sich mit der Armee zu vereinigen. Wir müssen hier ein wenig in unserer Beschreibung inne halten, um den Einbruch Garibaldi's in die Lombardei sowohl in strategischer wie taktischer Beziehung zu untersuchen . Garibaldi mit dem Prestige seines Namens, konnte durch sein Erscheinen in der ganzen Lombardei eine allgemeine Volkserhebung hervorrufen und auf diese Weise die Oesterreicher zwischen die Insurrektion und die Alliirten Armeen von 200 000 Mann bringen . Es war daher für den General en chef der österreichischen Armee an gezeigt, durch starke Beseßung der Ostgrenze dem beabsichtigten Einbruch von Freischaaren kräftig entgegenzutreten und um einer Bewegung in der Provinz vorzubeugen, mußte Graf Gyulai durch mobile Kolonnen jeden Versuch im Keime zu ersticken suchen. Uebrigens unterlag es keinen Schwierigkeiten jede revolutionäre Bewegung in Valteline, von Stilvio, von Mailand und vom Po aus niederzuhalten. Die Kolonnen Urban's kamen zu spät, weil Garibaldi bereits eingebrochen war und durch sein Erscheinen und seine Proklamationen das Volk zum Aufstand gegen die Desterreicher haranguirte. Die bisher von den Oesterreichern ausgeführten ſtrategiſchen Bewegungen sowie die taktischen Manöver schienen bei den Heerführern der Alliirten die Ueberzeugung hervorgerufen zu haben,
daß der General Graf Gyulai sich
fortan nur defensiv verhalten werde und in Erwägung seiner innehabenden veränderten Poſition am untern Po zeigte er deutlich auf den Vortheil hin, welchen ein Angriff außerhalb des Rayons ihrer eigenen Stellung haben würde oder eine den Oesterreichern gelieferte Schlacht, außerhalb des Rayons der eigenen Stellung haben müßte. Vom 1. April bis zum 20. Mai konnten die Desterreicher mehrere Male die Offensive mit großen Vortheilen ergreifen. Sie thaten es nicht. Ihre defensive Stärke (Kraft) konnten sie nicht auf der Linie der Emilia bis an die schweizer Grenze, d . i . längs dem Po und Ticino, ausdehnen.
General
Gyulai schloß sich mit seiner Armee in den Winkel ein, welcher durch den Po und Ticino gebildet wird und welche Position die Strategie ihm um jeden Preis zu halten gebot.
Hätten die Desterreicher gegen jede Erwartung den
Fehler begangen, die innehabende Stellung über den Rayon auszudehnen, so würden die Alliirten nicht nur gegen einen weniger konzentrirten Feind, sondern auch auf einem vortheilhafteren Terrain sich haben schlagen können .
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Eine Armee, wenigstens 150 000 Mann stark, deren einzelne Korps nach Belieben in verhältnißmäßig wenigen Stunden auf einen
gegebenen Punkt
konzentrirt werden konnte ; eine Armee, deren Operationen von mehreren be festigten Flußufern, sowie durch die festen Pläße : Piacenza, Pavia, Casal Maggiore, San Martino in erster Linie, Mantua, Cremona, Pizzighettone 2c. in zweiter Linie, durch vier verschanzte Lager : Piacenza, Pavia, Caſal-Maggiore, San Martino, endlich durch drei tête de ponts: Piacenza, Vaccarizza, San Martino u . s. w . vollkommen gesichert sind, dieſe Armee mußte, wenn sie im rechten Moment die Offensive mit Energie ergreift, selbst einem zahlreichen Gegner Trop bieten können. Nehmen wir nun den Fall an, die Alliirten würden die Desterreicher in ihrer starken Stellung zwischen dem Po und Ticino in der Front angreifen, so müßten sie diese Stellung in einer Tiefe von 4 Kilometer durchbrechen und rechts und links aufrollen. Würden aber die Alliirten zurückgeworfen, so können sie ihren Rückzug gesichert auf die festen Pläße bewerkstelligen und von dort die ihnen nachrückende feindliche Armee in den Flanken und Rücken be drohen.
Wollte man aber die österreichische Armee östlich umgehen, so blieb
diese vollkommen intakt und konnte die umgehende Armee nicht nur in der Flanke und Rücken anfallen, sondern auch mit einer neuen Front entgegen treten. Um aber die Desterreicher ganz zu umfassen, Armee eine zu große Frontausdehnung geben,
müßte
man der
eigenen
wo dann der Feind sich in
seiner ohnehin starken Stellung noch mehr konzentrirt hätte.
Unter solchen
Verhältnissen blieb kein anderes Manöver übrig, als die Umgehung der feind lichen Armee in westlicher Richtung.
Gelingt diese Bewegung den Alliirten,
so schmeichelte man sich mit der Hoffnung, die Lombardei ohne Schwertstreich und ohne einen Schuß zu thun erobern zu können . wie seine Position beweist, nur
Der Gegner, welcher,
einen Angriff auf der Po-Linie erwartet,
würde eine solche Umgehung dann nicht leicht vorausſeßen und dieſes Manöver erst wahrnehmen, wenn es bereits vollzogen ist.
Sollte er aber dennoch früher
Kenntniß von der Bewegung erlangen, so sind die Alliirten immer in einer solchen Verfaſſung, dem Feinde einen heißen Empfang zu bereiten. Bei Ausführung dieses Planes mußte man natürlich auf eine gewiſſe Zahl Hindernisse gefaßt sein. Um den Feind über die Absicht der Alliirten zu täuschen, war es nothwendig, das Gros der französisch-italienischen Armee in einer Position zu konzentriren,
welche parallel mit der feindlichen wird .
Um die Umgehung der österreichischen Stellung zu bewirken, mußte die Armee der Alliirten die 150 Kilometer betragende Linie von Voghera nach Novara zurücklegen, um auf die Mailänder Straße zu gelangen veränderung auszuführen.
und so die Front
Ohne Zweifel sette man sich bei Ausführung dieses
großartigen Manövers der Gefahr aus, vom Gegner während der Bewegung in der Flanke,
dem Rücken
oder in der Front angegriffen zu werden ; der
30
zweite Fall war der
gefährlichste :
―
denn sobald die Alliirten die Festung
Alessandria als Operations -Basis aufopferten, ſtand es in der Macht des feind lichen Heerführers, sich zwischen diesen Plaß und dem Rücken der Alliirten aufzustellen. Der französische Kaiser war aber um seine Operations -Bafis und -Linie nicht besorgt, weil er vorausseßte, General Gyulai würde nicht wagen, sich vom Po und seiner Hauptbaſis, dem Festungsvierecke hinter dem Mincio, noch weiter zu entfernen. Würden die Desterreicher auf den rechten Flügel der Alliirten einen An griff unternommen haben,
so konnten
diese
ohne Gefahr die Schlacht an
nehmen, da sie in einer konzentrirten Position standen und ſeiner starken Stellung herausging.
der Feind
aus
Eher noch würde ein Angriff, bevor die
Umgebung vollzogen war, auf die Front der Alliirten zu deren Nachtheil aus fallen können,
welcher Fall aber auch nicht eintreten konnte, so
lange das
Manöver nicht begonnen hatte und die Desterreicher hiervon keine Ahnung hatten; ist hingegen die Bewegung der Armeen gegen Norden
im
Gange, so würden die feindlichen Gegenanstalten viel zu spät sein,
vollen um die
Umgehung zu verhindern. Um das Gelingen des Umgehungsmanövers zu sichern,
war es
unum
gänglich nothwendig, die nächsten Abtheilungen der Desterreicher auf gehörige Entfernung von der Stellung der Alliirten zu halten. Die franzöſiſch-sar dinische Armee müßte eine doppelte Rolle spielen, nämlich : eine scheinbare und eine thatsächliche.
Die erste Rolle war der sardinischen, die zweite der fran
zösischen zugedacht. Die Erstere hatte das Vorterrain gegen den Feind zu behaupten, während die Zweite die Bewegung der Umgehung ausführte. Die französische Armee bewirkte hinter dem Rücken der Piemontesen, vom Feinde unbemerkt, mittelst der Eisenbahn das Manöver und erschien urplöglich_nord östlich am Tessin in der Nähe des künftigen Schlachtfeldes, während General Gyulai, in seiner Unthätigkeit beharrend, noch immer in ſeiner früheren ſtarken Stellung blieb und den Feind zwischen Voghera und Alessandria vermuthete. Die Dispositionen des französischen Kaisers waren folgende : Die vier Korps und die Garde sollten sich den Desterreichern gegenüber konzentriren und eine Angriffsstellung nehmen.
Die sardinische Armee mit
einer französischen Armee - Division auf der Höhe vor Vercelli eine ausgedehnte Avantgarde-Position beziehen,
d . i . in der Weise,
daß sie die gleiche Aus
dehnung wie die der Desterreicher habe, um so die Bewegung der Franzosen nach Norden zu maskiren. Das I. Korps, welches gegenwärtig den rechten Flügel bildet, konzentrirt sich am rechten Po - Ufer und Serivia auf der Höhe von Voghera und Caſei , bedroht Piacenza . Das II. Korps formirt sich in Gefechtsstellung bei Caſtel-Nuovo und Sale am Po, den Desterreichern gegenüber.
Das IV. Korps stellt sich zwischen Baſſignano und Valenza auf,
mit gleicher Beobachtung wie das II . Korps . Das III . Korps nimmt Stellung im Rücken des rechten Flügels bei Ponte Curone. Endlich die kaiserliche Garde
――――
―
31
formirt sich hinter dem linken Flügel der Armee bei Alessandria.
Der König
Viktor Emanuel erhielt den Auftrag, seine Armee in Divisionen und Brigaden links vom französischen Korps vom Po bis Vercelli zu echelonniren, nämlich : die 5. Division (Cucchiari) bei Monte und bei Frascinetto ; die 1. (Castelborgo) bei Casale und Terra-Nuova ; die 2. (Fanti) bei Monti di Conti und Care ſano ; die 3. ( Durando) bei Pizzano und Prarola ; besezte Vercelli.
endlich die 4. (Cialdini)
Demnach war die französische Armee derart rangirt, daß fie
die gleiche Frontbreite mit jener des Feindes und eine Tiefe von zwei Korps inne hatte ; Tessin.
die sardinische hingegen formirte einen Kordon parallel mit dem
Außer diesen Dispositionen ward mit Ostenſation die Nachricht von
einen bevorstehenden Angriff auf die österreichische Stellung verbreitet,
was
den feindlichen Armeekommandanten bewog, seine Position noch mehr zu ver ſtärken, da er von keiner andern Seite einen Angriff zu befürchten ſchien. Die österreichische Armee,
welche,
wie wir
wissen,
fünf Korps zählte,
hatte am 25. Mai folgende Stellung inne: Das VII . Korps (Zobel), den rechten Flügel der Armee bildete, stand bei Candia,
das
Front gegen die
Piemontesen ; das III . Korps (Schwarzenberg) und das V. Korps (Stadion) zwiſchen Candia und San Nazzaro und Valenza ; das II. Korps (Lichtenſtein), als Reserve des rechten Flügels,
hielt das Ufer des Agogna-Flusses beſegt ; als Armee : Reserve bei Pavia ; das
das IX. Korps (Schaffgottsch) war
VIII. Korps (Benedek) ſtand in Piacenza und dem rechten Flügel der Fran zosen gegenüber.
Diese vom General Grafen Gyulai angeordnete Stellung
ſeiner Armee in dem Winkel zwischen dem Po und Tessin entspricht in jeder Beziehung allen ſtrategiſchen und taktischen Anforderungen. In der folgenden Woche,
nämlich nach dem Gefechte von Montebello,
fand zwischen den kriegführenden Mächten kein ernſtes Engagement statt.
Die
Desterreicher benußten die Ruhezeit zu gewaltigen Kontributions- Eintreibungen für die bessere Konzentrirung der Truppen und Befestigung
ihrer
ohnehin
starken Stellung. Die Alliirten trafen nach und nach ihre Vorbereitungen zu dem großen Umgehungs-Manöver, indem sie die Mittel kombinirten, wie die Mittel zu beschaffen und zu handeln sei, verbergen.
um dem Feinde die Bewegung zu
Eine ungeheure Quantität von Transportgelegenheiten wurde auf
den piemontesischen Eisenbahnen
in Alessandria,
Tortona und Voghera zu
sammengezogen, um Truppen, Munition, Lebensmittel und sonstige Kriegsbe dürfnisse nach Vercelli und Novara zu befördern. Für den 27. Mai be fahl der Kaiser den Abmarsch nach Norden . Die drei sardiniſchen Divisionen Fanti,
Durando und Castelborgo
kamen am 28. in Vercelli an.
Die Division Cucchiari blieb vor der Hand zur Deckung der Festung Caſale dort zurück. Die Division Cialdini hielt schon seit dem 21. Vercelli beseßt. Der Transport der sardinischen Divisionen folgte ohne Unterbrechung, denn es war von großer Wichtigkeit,
Vercelli so schnell als möglich mit hinläng
licher Macht zu beseßen und dadurch die Eisenbahn von Novara zu sichern.
32
Vercelli im Befit der Alliirten,
konnten sie jeden Angriff der Desterreicher
zurückweisen . Das III. französische Korps (Canrobert) verließ am 28. Ponte-Curona und wurde mittelst Eisenbahn nach Casale befördert, wo es stehen blieb, um rückwärts dem I. Korps
als Reserve Stellung zu nehmen .
konnte dieses Korps nach jeder Richtung bewegt und Piemontesen, die
bereits die
Von hier aus
zur Unterſtüßung der
Bewegung nach der Sesia begonnen hatten,
dienen, ohne daß die Oesterreicher es verhindern konnten.
Eine Verstärkung
erhielt noch das III. Korps durch das 3. Zuaven-Regiment vom V. Korps . Das IV. Korps (Niel) traf am 28. mittelst Eisenbahn in Pamaro und Lazza rone ein, d. i. zwischen Valenza und Occimiano. Dieses Korps ging über leßteren Ort hinaus,
um sich auf die rechte
Flanke des II . Korps und einer der Brigaden von der Division d'Autemare zu stüßen.
Mac Mahon seßte sich mit seinem Korps nach dem III. in Marsch,
weil dessen Aufbruch-Station entfernt war,
weniger weit vom Vereinigungspunkt Novara
als jene des I. und II. Korps
und auch deſſen Anschluß an
das III . in viel kürzerer Zeit bewerkstelligt werden konnte. Damit die Desterreicher den Abmarsch des IV. Korps von Valenza nicht wahrnehmen, detachirte General Mac Mahon eine Brigade dahin. ―――――― Am 27. rückte das II. Korps (Mac Mahon) von Caſtel-Nuovo ab und blieb bei Bassignana stehen.
Auch in Castel- Nuovo ließ der Korpskommandant
Brigade zeitweilig zurück.
Am 27. und 28.
eine
versammelte sich das I. Korps
um Voghera, entſendete nach verschiedenen Richtungen Rekognoszirungs-Kom mandos aus und ließ fleißig gegen den Feind patrouilliren . Am 28. rückte die Garde von Alessandria mittelst Eisenbahn kam Abends bei Decimiano an, wo sie Lager bezog.
ab und
Die sardinische Armee
hatte ihre Umgehungsbewegung am 28. bis Vercelli, die Franzosen bis Caſale vollführt.
Es war demnach an diesem Tage die Stellung der Alliirten hinter
dem Po,
zwischen Voghera und Casale,
als eine gegen Angriffe vollkommen
gesicherte zu betrachten. Aber von Caſale aufwärts nach Vercelli blieb eine Distanz von 50 Kilometer ganz offen. Der österreichische Feldherr, der vor sich eine kompakte Masse des Feindes sah, mußte auf einen augenschein lichen Angriff schließen.
General Gyulai, nur von dieſer leßten Idee befangen,
bemerkte weder den Abmarsch der Franzosen von Piacenza, theidigten Raum zwischen Caſale und Vercelli. Den 29. marschirte das III. Korps von Casale
noch den under
den sardinischen Divi
fionen gegen Vercelli bis auf halbem Wege nach. - Das IV. Korps ſtellte sich ebenfalls zwiſchen Caſale und Vercelli auf,
wodurch der gewesene leere
Raum vom 28. beseßt wurde.
erreichten
Die Garden
diesen Tag Caſale.
Das II. Korps nimmt Stellung bei Occimiano (Valenza), das I. bei Baſſignana und Sale.
Man sieht, daß die defensive Stellung der Alliirten, in welcher
sich die Korps gegenseitig appuyirten, am 29. von Vercelli bis Baſſignana
33 vollkommen gesicherter war, als am vorhergehenden Tage, nur ausgenommen am äußersten rechten Flügel bei Voghera, woher aber zum Glücke keine Ge fahr drohte. Um dem General Grafen Gyulai jeden Gedanken
an eine Umgehung
zu nehmen, ließ Kaiser Napoleon am 30. durch das IV. französische Korps und die piemontesische Armee eine Demonstration gegen Mortara vornehmen. Gleich nachdem General Niel die Nachricht erhielt, daß die vier piemontesischen Divisionen die Seſia paſſirt hatten, ließ er sein Korps (IV. ) in die bereit ſtehenden Waggons einsteigen, um nach Borgo-Vercelli zu fahren, welcher Ort 16 Kilometer von Novara entfernt ist. Das II. Korps rückt über Caſale vor, das I. folgt dem II., die Garde rückt von Trino nach Vercelli . Am 30. konnten die Desterreicher keinem Zweifel mehr sein,
über die Umgehung der Alliirten in
denn der Angriff, welchen die Piemontesen bei
Paleſtro ausführten, mußte ihnen als Fingerzeig dienen, daß ihnen ein all gemeiner Angriff auf ihre Stellung von Westen her drohe. Am 30. Mai VII. Korps,
okkupirte die österreichische Armee
Division Lilia vom
welche den äußersten rechten Flügel der Armee formirte, die
Ortschaften Casalino, Confienza, Vinzaglio und Palestro auf dem linken Ufer der Sesia.
Die Division bestand
aus den Brigaden Weigl und Dondorf.
Das Hauptquartier dieser Division war in Robbio und jenes des Korpskom mandanten in Mortara. Die 2. Division dieses Korps hatte das linke Ufer der Unter-Seſia beseßt. Die vier obenbenannten Orte liegen östlich der Sesia
in einem tiefen
Grunde, welcher die Form eines breiten Baches hat, der mit Gräben durch schnitten ist, um die Reisfelder zu bewässern,
welche zwischen der Sesia und
Agogna liegen.
Diese Terrainhindernisse vermehren sich, wenn man sich dieser
Gegend nähert,
und sind daher den Märschen der Truppen sehr hinderlich.
Die vier Dörfer liegen jedes auf kleinen Hügeln, die sich wie Inseln über die kleinen Waſſerkanäle erheben, welche sie von allen Seiten umgeben. — Der bedeutendste Ort,
Palestro, liegt an der Straße von Vercelli nach Robbio ;
die beiden Orte sind 7 Kilometer von Palestro und 2 Kilometer von der Sesia entfernt. - Palestro liegt auf einem erhöhten Plateau, dessen Ränder steil, beinahe unzugänglich gegen Norden und Westen sich erheben.
Die Straße,
welche von Norden kommt, ist in der Nähe des Ortes in einen tiefen Hohl weg von 300 Meter Länge eingeschnitten. Auf dieser Seite konnte nicht leicht ein ernster Angriff stattfinden, wohl aber auf jener von Süden, die mehr zugänglich war, um Paleſtro zu nehmen . Im Süden des Plateaus, worauf leßterer Ort liegt, fließt der Roggio- Gamara, ein Kanal von beträchtlicher Tiefe, der in die Sesia mündet und über welchem eine Brücke nach dem Dorfe führt. Casalino liegt 6 Kilometer nördlich von Palestro und 2 Kilometer öst lich von Borgo- Vercelli, ein wenig weiter nördlich Vinzaglio auf 2 Kilometer 3 Neue Milit. Blätter. 1886. Juli August-Heft.
_____
nord-westlich von Palestro,
34
―
auf 4 Kilometer von Vercelli ;
Confienza liegt
4 Kilometer nordöstlich von Palestro und ist 8 Kilometer von Vercelli entfernt. Diese vier Dörfer, welche durch gute Wege miteinander verbunden sind, die wieder mit den Straßen von Vercelli, Borgo- Vercelli und Robbio in Ver bindung stehen, bilden eine offensive strategische Quadrilative, in deſſen ſtumpfem Winkel der Ort Vinzaglio liegt. Von diesen vier von den Oesterreichern beseßten Ortschaften war für die Alliirten Palestro der wichtigste ; nicht nur weil dieser Ort in nächster Nähe der Alliirten lag, sondern auch wegen der offensiven und defensiven Vortheile. Dieserwegen rückten die piemontesischen drei Divisionen von Norden und Süden zuerst gegen Casalino, Vinzaglio und Confienza, während die vierte den An griff auf Palestro selbst ausführte. Am 30. Mai, sehr zeitlich früh, rückten die Divisionen gegen die Angriffs-Objekte vor.
General Cialdini auf Paleſtro,
Durando gegen Vinzaglio, Castelborgo auf Casalino und Fanti auf Confienza. Die Avantgarde der vierten Diviſion (Cialdini)
überraschte die Deſter
reicher, welche die Brücke über den Kanal Roggio-Gamara beſeßt hielten und warfen sie gegen die Höhe zurück. Gleich darauf ließ Cialdini seine Bataillone nachrücken und brachte die Oesterreicher zum Weichen, die sich gegen das an dere Ende des Dorfes zurückzogen.
Als sie einige Verstärkungen erhielten,
versuchten sie durch eine erneute Offensive, das verlorene Terrain wieder zu rückzuerobern, wurden aber, durch die enorme Uebermacht der Piemontesen bei nahe erdrückt und, eine bedeutende Anzahl von Gefangenen zurücklaſſend, ge nöthigt, sich in der Richtung von Robbio zurückzuziehen. Die 3. Division ( Durando), durch zwei Kavallerie- Regimenter verstärkt, marschirt über Terriona nach Vinzaglio .
Bei Parnasco, zwei Kilometer von
Vinzaglio, angekommen,
leßteren Drt, der nur von einer
greift Durando
halben Kompagnie Oesterreicher beseßt war, in der Front an, die natürlich einer solchen Uebermacht, selbst nach dem Anlangen zweier neuen Kompagnien, nicht wiederstehen konnten und sich mit bedeutenden Verlusten an Gefangenen und zweier Geſchüße auf Robbio zurückziehen mußten . Die 2. Division (Fanti) ging von Borgo- Vercelli Confienza vor. garde im
über Casalino gegen
Diese Truppe wurde durch die österreichische starke Avant
Vorrücken
aufgehalten und erreichte Casalino
erst Nachmittags .
Fanti, als er den Kanonendonner von der Richtung von Vinzaglio her ver nahm, theilte seine Division in zwei Theile, wovon der eine noch zeitig genug ankam, um im Gefecht mitzuwirken ; der andere Theil okkupirte Confienza, welches von den Desterreichern bereits früher geräumt ward . Die 1. Di vision (Castelborgo) kam erst mit einbrechender Nacht in Casalino an, welches vom Feinde nicht beseßt war. quartier nach Torrione.
Der König Viktor Emanuel verlegte sein Haupt
In der Nacht vom 30. zum 31. Mai standen die Piemontesen zwischen Caselino und Paleſtro, hinter dem Busco- Graben .
35
Gegen die vier genannten Dörfer waren
demnach nicht weniger als
72 piemontesische Bataillone verwendet worden.
Diese vier Dörfer hatte nur
die österreichische Brigade Weigel besezt gehabt. Kaiser Napoleon, welcher die Wichtigkeit des Besizes genannter vier Dörfer wegen ihrer Lage an der Umgehungsfront erkannte und einen An griff mit überlegener Macht von Seiten der Desterreicher befürchtete, befahl dem Marschall Canrobert, mit möglichster Beschleunigung sein Korps bis nach Prarolo am rechten Ufer
der Sesia vorzuschieben.
27. auf dem Beſtimmungsorte an,
Der Marschall kam am
wo er während der Aktion der Piemon
tesen gegen Palestro in Bereitschaft blieb, um im Nothfall ihnen Unterſtüßung zu senden, die, wie wir gesehen haben, nicht nöthig erschien,
da die Sarden
allein die Oesterreicher aus den Positionen delogirten. Vercelli liegt am Scheitel eines stumpfen Winkels, dessen Seiten durch gerade Linien gebildet werden, wovon die längere ( 22 Kilometer) Caſale mit Vercelli und die kürzere (21 Kilometer) Vercelli mit Novara verbindet.
Die
Seiten formiren eine gebrochene konvere Linie von 43 Kilometer, deren äußerste Punkte durch eine beinahe gerade Linie von 36 Kilometer verbunden werden, welche lettere in der Nähe von Robbio passirt, das an der äußersten westlichen Grenze der österreichischen Position liegt.
Diese
gebrochene Linie
umfaßt eine andere, welche dieselben Endpunkte hat wie erstere und in der Palestro gleichfalls den Scheitel des Winkels einnimmt, wie Vercelli auf der umfassenden Linie.
Diese gegebenen Größen bilden
zwei Dreiecke,
welche
die gemeinschaftliche Seite, nämlich die Linie, welche Casale mit Novara ver bindet, haben.
Man kann das kleinere Dreieck das österreichische, das größere
jedoch das der Alliirten heißen.
Das erstere hielt,
als
in einer offensiven
Position, die Alliirten in der beständigen Gefahr, während der Umgehungs Manöver in der Front oder am rechten Flügel vom Feinde angegriffen zu werden. Diese Gefahr schwand in so lange nicht, bis die französische Armee nicht einen Vorsprung in der Lombardei gewonnen hatte. Von Palestro, Robbio, selbst von Mortara konnten sich die Desterreicher mit großer Macht auf Vercelli werfen und so die französische Armee in zwei Theile schneiden . Auch konnte der feindliche General ein paar Korps auf Casale dirigiren, um den Franzosen den Rückzug abzuschneiden,
während
Gegner in der Front bei Novara angreift.
er mit den andern den
Entschließt sich General Graf
Gyulai zu einem dieser Angriffe, so könnte diese Kampagne für den öfter reichischen Staat einen ganz andern Erfolg gehabt haben und in eine höchst mißliche Lage versezt worden sein. hatte auch für diese Eventualität vorgesorgt,
die Alliirten
Aber der französische Kaiser
indem er dem Marschali Can
robert solche Befehle ertheilte, wodurch einer Offensive von Seiten der Dester reicher begegnet wurde.
Durch die Besetzung von Palestro durch die Piemon
tesen und die Behauptung dieses vorspringenden Punktes
des
österreichischen
Dreiecks waren auch die äußersten Punkte der Linie Casale und Novara ge= 3*
36
-
ſichert und konnte die Umgehung mit der franzöſiſchen Armee anſtandslos vor sich gehen. Im Falle der österreichische Feldherr einen Angriff zur Wiedereroberung der am Tage früher verlorenen Position unternehme, kommt für die Alliirten zweierlei in Betracht, nämlich : macht der Feind seine offensive Bewegung nur mit so viel Truppen, um Paleſtro wieder zu erobern, ſo iſt es für die fran zösisch-italienische Armee ein Beweis, General Gyulai habe noch keine Kennt niß von dem Umgehungs-Manöver, da hinlängliche Kräfte bei und um Paleſtro ſtehen, welche einen solchen Angriff zurückweiſen können. -―― Entwickeln aber die Desterreicher eine imposante Masse von Truppen, wie es auch die Absicht des Generals Baron Zobel war, um sich wieder zu Herren von der Stellung von Paleſtro 2c. 2c.
zu machen, so ist
anzunehmen,
daß der Feind Nach
richten über die Bewegung der Alliirten erhalten hat. *) In diesem Falle hatten die Piemontesen die Aufgabe, sich in ihrer genommenen Stellung zu behaupten, und der Marschall Canrobert mußte ſuchen, mit seinem Korps und dem ihm zugetheilten Zuaven-Regimente um jeden Preis bis Robbio, ja ſelbſt bis Mortara vorzudringen, um das sogenannte Feinde zu reinigen.
österreichische Dreieck vom
Im franzöſiſchen Hauptquartier supponirte man,
wenn auch der General Graf Gyulai
daß,
endlich von den fatalen Flankenbe
wegungen unterrichtet worden wäre, diese dem Feinde entgegengestellten Kräfte genügen würden, da die Oesterreicher nicht mehr Zeit hätten, bedeutende Ver ſtärkungen vom rechten Flügel herbeizuziehen. Für den Fall
eines Angriffs
von Seiten der Oesterreicher hatte der
Marschall Canrobert am 30. Mai folgenderweiſe ſeine Truppen disponirt . Das 3. Zuaven Regiment stand zwischen der Sesia und Sefietta, gegenüber Palestro, bereit, die piemonteſiſche Diviſion Cialdini zu unterſtüßen . Die drei Diviſionen des III. Korps (Canrobert) ſtellten sich am 31., die 2. Division ( Trochu) und die 3. (Renault) links neben dem Zuaven-Re giment,
an der Hauptstraße zwiſchen Torrione und Vinzaglio,
auf.
Die
1. Division (Bourbaki) kam erſt ſpäter an. Der westliche und südliche Theil der Poſition war auf dieſe Art gesichert ; Cialdini befestigte den 30. und 31. die östliche Seite seiner Stellung, denn er *) Am 1. Juni Morgens 3 Uhr lief beim Korpskommandanten General Zobel von den Vorposten die Meldung ein, daß beträchtliche Maſſen von Franzosen auf dem Marsche von Vercelli nach Novara seien. General Baron Zobel zeigte dem General en chef - der sein Hauptquartier in Mor tara genommen hatte - die Nachricht an und bat zugleich, ihm das II. und III. nebst ſeinem VII. Korps zu einem Angriff auf die Verbündeten bei Novara zur Disposition zu stellen. Am 2. Juni würden beiläufig 75 000 Mann Desterreicher bereit gewesen sein, um über die an Zahl schwächeren Franzosen herzufallen ; gleichzeitig konnte das V. und IX. Korps in Marsch gesezt werden, um einen Flanken-Angriff auf Canrobert und die Piemontesen auszuführen. - General Graf Gyulai aber war mit diesem Plane nicht ein verstanden und die Alliirten konnten daher ununterbrochen ihre Umgehung beenden.
________
37
―――――
zweifelte nicht an der Möglichkeit, daß die Oesterreicher Alles aufbieten würden, das verlorene Terrain wieder zu gewinnen, und hat hiernach auch seine zweck mäßigen Anstalten, sowohl in der Vertheilung der Truppen, als auch in der Verstärkung seiner Posten, genommen. Am 31. zwiſchen 9 und 10 Uhr Morgens griffen zwei starke öſterreichische Kolonnen plößlich und gleichzeitig Palestro an. Diese Angriffs-Kolonnen be ſtanden aus der Brigade Dondorf vom VII . Korps, der Brigade Szabó des II. Korps
und der Brigade Weigl vom VII. Korps .
Erstere bildete das
Centrum, die zweite den linken Flügel und lettere den rechten Flügel, welche zugleich die Aufgabe hatte, Confienza zu nehmen und dann ebenfalls auf Pa leſtro vorzurücken. als Reserve.
Eine vierte Brigade (Koudelka) vom II . Korps folgte
Die 1. Diviſion des VII . Korps (Prinz Heſſen) behielt ihre Stellung am linken des untern Sesia-Ufers, vis-à-vis der franzöſiſchen Diviſion d'Autemare . Unter einem Hagel von Kleingewehr- und Artilleriefeuer rückte die Bri gade Dondorf bis gegen die ersten Hütten von Paleſtro vor, mußte aber un geachtet der größten Tapferkeit nach einem zweiſtündigen Kampfe sich unter einem furchtbaren Kugelregen von den dominirenden Höhen nach Zurücklaſſung einer großen Zahl
von Todten und Blessirten zurückziehen .
Die Brigade
Szabó, die wegen des längeren Weges erst eine halbe Stunde später nach der Brigade Dondorf am Gefechte theilnehmen konnte, warf nach ihrem Eintreffen vor Paleſtro die piemontesischen Vortruppen sammt den Verstärkungen zurück und nahm nach einem mörderischen Kampfe ungeachtet der Uebermacht und dem heftigen Feuer zweier französischer Batterien dennoch Besit von der Stellung an der Mühle von St. Peter.
Ungeachtet des mörderischen Feuers
anderer zweier französischer Batterien rückten das 12. Infanterie-Regiment E.-H. Wilhelm an der Tête, das 7. Jäger- Bataillon und eine Batterie un erschrocken gegen die Brücke vor Palestro vor, oberten.
welche die Truppen auch er
General Cialdini, dessen Reserve augenblicklich nicht bei der Hand war, verlangte von General Chabron Unterſtüßung durch das 3. Zuaven-Regiment ; nebstdem sendet General Renault zwei 12pfünder-Batterien, welche ein hef tiges Geschüßfeuer in der Flanke der Desterreicher eröffneten, während das Zuaven-Regiment die Sefietta durchwatete und die Desterreicher Bataillon) unerwartet im Rücken angriff. Bataillon ein heftiges Blutbad an,
(7. Jäger
Die Zuaven richteten unter dem
werfen sich auf die Batterie,
tödten die
Bedienungsmannschaft und erbeuten fünf Geſchüße ; in diesem Augenblicke er scheinen auch die Bataillone des 7. Bersaglieri- und das 16. Linien-Regiment und nehmen noch die übrigen drei Kanonen dieser Batterie. Unterdeſſen rücken die Bataillone des österreichischen 12. Regiments mit ungemeiner Bravour gegen Palestro vor, wo sie plöglich von einer großen Uebermacht, von den Zuaven, dem 7. Bersaglieri
und dem 6. piemontesischen
38
Regiment, mit dem Bajonnet in Front und Flanke angegriffen werden. Die Desterreicher, obwohl in ihren Stellungen an der Brücke, bei der Mühle und an der Brida ihre Reserve stand; von beträchtlichen feindlichen Massen ange griffen und ergeben,
in die Enge getrieben,
wollten sich weder zurückziehen,
im Gegentheil griffen dieſe tapfern Truppen,
noch
unterſtüßt durch das
Feuer ihrer zwei Reserve- Geſchüße, die Têten der französischen und piemon tesischen Kolonnen an.
Der Kommandant der Zuaven, Oberſt Chabron, rückt
zum Angriff der Brücke vor,
welche nach einem starken Kampfe,
der vielen
Braven das Leben kostete, genommen wird und dadurch den Vertheidigern den Rückzug abschnitt.
Diese Leßteren, welche sich in dem Hohlwege beim Rück
zuge nicht vertheidigen konnten,
wurden zurückgedrängt und
fanden
in der
Brida größtentheils den Tod. Ein gleiches Schicksal traf noch andern kleinen Abtheilungen und die Tirailleurs . ―――――― Die Zuaven, welche den Oesterreichern im Rückzuge auf dem Fuße folgten, tödteten noch viele Leute und nahmen überdies zwei Kanonen. Als die retirirende geschwächte österreichische Kolonne in der Nähe der Reserve (Brigade Kudelka) ankam, hörte auch die Verfolgung durch die Zuaven auf, nur vom rechten Ufer der Bizza-Biraza folgten ihnen die unermüdlichen Zuaven bis in die Nähe von Robbio. Gleichzeitig mit der Attake in der Front unternahmen auch die Dester reicher den Angriff auf den linken Flügel der Piemontesen .
Zwei Bataillone
der Brigade Dondorf vertrieben die Vorposten und rückten bis auf das Plateau vor. Aber die heftigen Kartätschenschüsse einer halben Batterie und der Ba= jonnet-Angriff mehrerer sardiniſcher Bataillone zwangen die zwei feindlichen Ba taillone zum Rückzuge gegen Robbio. Um 3 Uhr Nachmittag war Palestro im unbestreitbaren Besiß der Alliirten . Auch der Angriff der Brigade Weigl auf Confienza war durch die Bri gade Mollard und zwei Batterien zurückgewiesen.
Es scheint, daß die öster
reichischen Bataillone, welche gegen den General Fanti gesendet wurden, keine ernstlichen Attaken beabsichtigten . Man kann nicht leicht die Verluste der Oesterreicher am 31. Mai bei Palestro und Confienza angeben, immerhin kann man mit den Todten, Er trunkenen, Verwundeten und Gefangenen 1200 Mann annehmen. --- Dic Zuaven hatten 285 Mann außer Gefecht und die Piemontesen geben ihren Verlust auf 314 Mann an. Man hat den erneuerten Beweis von der gänzlichen Unwissenheit über Am Umgehung der Alliirten im österreichischen Hauptquartier. große die 30. waren die Orte Palestro, Caſalino, Vinzaglio, Parnaseo, Torrione, Con Gewiß ist, daß der General Zobel die
fienza 2c. 2c. sehr schwach beseßt .
beiden Brigaden der Division Lilia, 12 000 Mann, auf wenigstens 12 Punkte am linken Ufer der Sesia, im Anschluß der 1. Division des VII. Rorps, zerstückelt hatte, aufgestellt war.
welche längst der Eisenbahn zwischen Novara und Vercelli
----
39
Diese zerstreute Aufstellung der Truppen auf so ein ausgedehntes Terrain war für das österreichische Heer schon mehrere Male sehr fatal und in jeder Beziehung, sowohl in strategischer wie in taktischer, fehlerhaft. General Graf Gyulai, welcher durchaus nicht an eine umgehende Be wegung der Alliirten glauben mochte, mußte doch wenigstens die Idee haben, daß ein Angriff auf seinen rechten Flügel nicht in das Reich der Unmöglichkeit gehörte und mußte für einen solchen Fall sehr ernste und umfassende Maß regeln treffen . Leider war am 30. Mai Palestro nur mit drei Kompagnien beſegt, das von 15 000 Piemontesen angegriffen wurde, welche während der Aktion mit zwei Grenadier-Kompagnien verstärkt wurden. Was aber noch mehr unglaublich erscheint,
ist,
daß den nächsten Tag, den 31.,
dieselben
Truppen von den Oesterreichern zur Rückeroberung der verlorenen Positionen beordert werden, um vier komplette piemontesische Armee-Divisionen zu delo und diese Aufgabe sollten nämlich nur drei Brigaden ausführen, wo noch dazu die Franzosen mit dem Korps Canrobert zur Unterſtüßung ganz in der Nähe bereit ſtanden. 15 000 Desterreicher gegen 42 000 Piemontesen!
giren,
Wir fragen aber, in welcher Absicht der österreichische General en chef die Wiedereroberung der Position von Paleſtro anordnete ? Es schien sogar, daß ihm an der Zurücknahme der vier verlorenen Orte nicht so viel gelegen sein mußte, da er den erneuerten Angriff mit so geringen Kräften unternehmen ließ. Würde aber auch der Angriff von Paleſtro mit Erfolg gekrönt gewesen sein, so wäre der Besiß nur von kurzer Dauer gewesen. Man war öster reichischerseits noch immer der Ansicht, daß ein Angriff der Alliirten auf die Front zu erwarten ſei, nur ſo iſt die versuchte Zurücknahme der vier oft ge nannten Dörfer erklärlich, aber zugleich ein Beweis, wonach man für den rechten Flügel nicht besorgt schien und so dieſen ganz bloß stellte. Somit hatten die Alliirten für ihre Manöver sowohl nach der Richtung von Vercelli nach Robbio und Mortara, wie nicht minder von Vercelli nach Novara, ein leichtes Spiel. Am
31. Mai wurde die Umgehungsbewegung hinter der sardinischen
Armee und dem französischen III . Armee-Korps fortgefeßt.
Die französische
Armee nahm zwischen Vercelli und Novara eine abzuwartende Poſition ein. Nahe zu Vercelli stand das I. Korps ; das IV. nach Orfengo vor.
das
II. rückte bis Borgo- Vercelli,
Aus dieser Aufstellung vom 31. Mai waren die Alliirten in einer Ver faſſung, um jeder offensiven Bewegung der Oesterreicher mit voller Kraft ent gegen zu treten, wenn sie die Umgehung stören wollten. Durch die Eroberung und Behauptung der Stellung um Paleſtro, war ein doppelter Zweck erreicht, nämlich: erstens konnten die verschiedenen Armee Korps nicht mehr einzeln angegriffen werden, zweitens war keine augenschein liche Gefahr für die Alliirten für ihre Bewegungen mehr vorhanden ; denn würde General Graf Gyulai die Alliirten auf der Höhe von Borgo - Vercelli im
40
Rücken angegriffen haben, so hätte er die Lombardei blosgestellt und die Er oberung dieser Provinz ohne Schlacht wahrscheinlich gemacht.
Selbst ein An
griff auf die Front von Seite der Oesterreicher dürfte ihnen wenig Erfolg in Aussicht gestellt haben ; denn alle französischen Heerestheile sowie die vier piemontesischen Diviſionen konnten sich früher in einer konzentrirten Stellung zum Empfang des Feindes befinden, dem Schlachtfelde erschienen wären .
bevor die österreichischen Colonnen auf
Die bisher von den Alliirten mit Erfolg ausgeführten ſtrategischen Be wegungen können nur dem Umstande zugeschrieben werden, daß der öster reichische Feldherr von denselben keine Ahnung hatte.
Hätte General Graf
Gyulai wegen der am Tage früher stattgefundenen Gefechte bei Paleſtro die Grundidee errathen, weswegen die Alliirten so hartnäckig ihre Stellung da selbst zu behaupten suchten, so konnte er den größten Theil seiner Streikräfte nach Novara dirigiren ,
während
wiederholt angreifen läßt.
er
mit dem Rest seiner Armee Paleſtro
Ohne Zweifel würden die Alliirten vom 30. auf
den 31., in der Front attakirt, in eine sehr mißliche Lage gekommen sein ; denn gelingt es den vier feindlichen Korps mit ihrer zahlreichen Artillerie, an diesem Tage (31. ) einen Sieg diese zweifellos
über die Alliirten zu erringen, so find
von ihrer Basis Alessandria -Casale - Turin und Kommuni
kationen abgeschnitten und gegen Norden in die Gebirge zurückgedrängt.
Um
ciner solchen Eventualität zu entgehen, ließ der französische Kaiser die Armeen möglichst vereint auf der Straße zwischen Caſale und Novara den ganzen 30. Mai stehen. Länge,
Diese Position bildete
einen Bogen von
24 Kilometer
dessen Sehne 15 Kilometer und dessen Pfeillinie Vercelli -Palestro
8 Kilometer lang war.
Der Flächeninhalt dieses Kreisbogens war mit einer
hinlänglichen Anzahl von Truppen beseßt, um dem Feinde kräftigen Wider stand leiſten zu können. Nachdem am 31. von den Oesterreichern kein Angriff auf die Alliirten stattfand, war der Franzosen-Kaiser für den nächsten Tag ohne Sorgen. (Fortseßung folgt.)
-
Die
Frage
der
des
--
41
Unveränderlichkeit
regionalen
der
Garniſonen und
Ersatzes Erſaßes in Frankreich.
Nächst der Frage der Dienstzeit nehmen augenblicklich die oben genannten Gegenstände das meiste Interesse der militärischen Kreise in Frankreich in Anspruch, und soll der neue Kriegsminister insbesondere die Einführung des regionalen Ersages beabsichtigen . Wie bekannt, wird dort die Dienstzeit bei der Fahne nicht in den Regimentern erfüllt, welche in dem heimathlichen Bezirk der Ausgehobenen liegen ; dagegen finden die Uebungen der Reservisten und der Territorial- Truppen in den Garnisonen der Aushebungsbezirke oder doch in den diesen zunächſtliegenden Orten statt.
Daß hierin ein gewiſſer
Widerspruch enthalten, ist klar. Der Grund, weshalb man sich scheute, den regionalen Ersag einzuführen, war im Wesentlichen politischer Natur. In Erinnerung der Pariser Kommune und einzelner lokaler revolutionärer Er hebungen glaubte man einer Wiederholung derartiger Vorgänge am leichtesten vorzubeugen, wenn die Ableistung der Dienstzeit bei der Fahne in von der Heimath entfernten Garnisonen stattfände, wo die Soldaten solchen verderb lichen Einflüssen besser
entzogen ſein
würden,
als in ihrem Heimathsort.
Ein zweiter Grund war die Furcht, es möchten in einem Kriege alsdann die Verluste einer Gegend besonders groß werden. Wie weit der erstgenannte Grund heutzutage noch maßgebend sein möchte,
läßt sich nicht sicher beur
theilen, doch möchte es besonders in Bezirken mit starker Arbeiterbevölkerung auch heute noch nicht ganz gefahrlos sein, alle Elemente in den dort befind lichen Garnisonen einzustellen.
Der zweite Grund dagegen dürfte bei einem
heutigen Kriege in großem Maßstab kaum mehr stichhaltig sein,
da sich hier
die Verluste allmählich ausgleichen werden . Nach Französischen Blättern soll nun der Kriegsminister die Einführung Der Spectateur des regionalen Ersages in Aussicht genommen haben. militaire sagt darüber : „Man weiß, daß die Deutschen diese Art des Ersages seit Langem ein geführt haben, und es ist dies der Hauptgrund für die Schnelligkeit ihrer Mobilifirung.
Ebenso würde es bei uns sein.
würde noch einen anderen Nußen haben, ſchäßen ist, relativ
einen ökonomischen Nugen.
Aber der
regionale Ersat
dessen Wichtigkeit nicht zu unter Jedes Jahr giebt der Staat eine
beträchtliche Summe an Reisekosten für
die Rekruten-Abtheilungen
aus, die sich von ihrem Wohnort zur Garnison begeben.
Der regionale
Ersag würde dieſe Quelle unnöthiger Ausgaben verschwinden lassen.
Man
hat oft die Furcht geäußert, daß dies System, einmal eingeführt,
die ſo
42
schwer erreichte französische Einigkeit in Frage stellen könnte. sie auf endgiltige Weise fest gegründet.
Uebrigens sind
Aber heute ist
heute,
Dank den
Eisenbahnen, die Verbindungen von einem Departement zum andern so zahl reich, daß braucht.
man die Entstehung provinzialer Regimenter nicht zu fürchten Außerdem besteht dieses System bereits für die Reservisten und
Territorialtruppen, d. h. für den bei Weitem zahlreichsten Theil der Armee. Wäre dies also ein Nachtheil, die Armee-Korps zu provinzialiſiren, so würde derselbe schon bestehen. dem noch dazu.
Die Unveränderlichkeit der Garnisonen kommt außer
Bisher hat man keinen Nachtheil davon bemerkt.
Warum
also nicht die Anwendung dieses Prinzipes auf die jungen Soldaten aus dehnen ?
Wir können keinen Grund davon entdecken ; umsomehr als die Vor
theile unbestritten und zahlreich find .
Jedenfalls muß der Versuch gemacht
werden, und es scheint uns, daß Jeder wünschen muß,
daß er so früh und
so vollständig als möglich gemacht wird.“ Nun hat aber der Miniſter durch die bekannte Verlegung der 9. und 11. Kavallerie - Brigade,
welche auch den
Grund zur Verabschiedung
des
Generals Schmig, des zweitältesten kommandirenden Generals, der sich hier über mißliebig geäußert hatte, gab, gezeigt, daß er das Prinzip der Unver änderlichkeit der Garnisonen nicht einzuführen geneigt ist. hat daher auch nicht überall Beifall gefunden,
Diese Maßregel
wenn man auch den Grund,
der dazu Anlaß gab, daß in der Armec keine Politik getrieben werden solle, billigte.
Allerdings will man weniger, daß überhaupt keine Politik getrieben
werden soll, als nur die der augenblich am Ruder befindlichen Partei,
und
wer sich hiergegen mißliebig macht, wird eben gemaßregelt. Dem Spectateur ist es nicht entgangen,
daß ein häufiger Wechsel der
Garnisonen nicht mit dem regionalen Ersag vereinbar ist, und er macht daher Vorschläge, wie dem abzuhelfen ſei. ,,Mit dem regionalen Ersat heißt es an einer anderen Stelle des Blattes hängt der Grundsaß der Unveränderlichkeit der Garnisonen noch enger zuſammen, als mit dem gegenwärtigen Syſtem.
Es läßt keine anderen
Ausnahmen zu, als bei unabhängigen Truppentheilen, nämlich bei Kavallerie Divisionen.
Der regionale Ersaß bindet die Elemente des Armee-Korps un
zertrennlich an die Gegend, welche sie liefert. "
Nun hat aber der Minister
bereits seine Absicht in der Kammer ausgesprochen, Truppentheile zu verlegen, Gebrauch zu machen.
von seinem Recht,
die
Wenn einestheils politische
Gründe ihn dazu bewegen mögen, so ist es auch andererseits die Absicht, einen gewiſſen Ausgleich der guten und schlechten Garniſonen herbeizuführen, und die Offiziere, welche lange in schlechten Garnisonen zugebracht haben, durch gute zu entschädigen. „Wird nun der regionale Ersaß, der so vortheilhaft für unsere militä — so fährt der Spectateur fort - geopfert werden,
rische Organisation ist,
um gegen die Offiziere,
welche unter den Unzuträglichkeiten der Unveränder
43
lichkeit der Garnison leiden,
eine gewisse Billigkeit zu üben ?
Oder werden
andererseits diese Offiziere unerbittlich einer höheren Forderung,
welche mit
der Annahme des regionalen Ersaßes zusammenhängt, geopfert werden ? Wenn man sich nur an die Worte des Ministers und an die ihm von seinen Offi: zieren zugesprochenen Absichten hält, so würde man nur zwischen dieser Alter native zu wählen haben. Glücklicherweise giebt die Praxis andere Lösungen. bedauern,
daß der Miniſter,
Es ist einfach zu
wenn er wirklich (was wir lebhaft wünſchen)
die Absicht hat, den Grundsaß des regionalen Ersages anzunehmen, bestätigen zu müssen geglaubt hat, nehmen entschlossen sei. wesen sei,
daß er noch weitere Garniſonveränderungen vorzu Aber nehmen wir an, daß es nur die Absicht ge=
damit gerechtfertigte Klagen abzustellen.
Meinung leichter,
Nichts ist nach unserer
als diese Absicht zur That werden zu lassen,
welche alle
wünschenswerthen Genugthuungen geben würde. Nichts ist sogar leichter, als diesem Worte " Garnisonveränderung" einen Sinn zu geben, der es mit dem Grundsag des regionalen Ersages und mit demjenigen der Unveränderlichkeit der Garnisonen in Einklang bringt .
Es genügt,
den Sinn dieses Wortes
zu beschränken und ihm denjenigen der persönlichen Veränderung des Wohn fizes beizulegen. Schon hat der General Boulanger diesen Weg betreten, Bestimmung getroffen hat,
indem er die
daß Verseßungen aus persönlichen Gründen nicht
mehr wie bisher abgeschnitten sein sollen.
Die Leichtigkeit,
welche so den
Offizieren gegeben ist, wird Veränderungen in Bezug auf gleichwerthige Gar nisonen ermöglichen.
Es bleibt somit nur übrig, eine Verseßung der Offiziere
aus schlechten in gute Garnisonen zu ermöglichen.
Diese Veränderungen können,
ohne diesen oder jenen Offizier persönlich zu verleßen,
durchgeführt werden.“
Es wird nunmehr vorgeschlagen, daß in denjenigen Graden, in welchen die Offiziere acht bis zehn Jahre zubringen, Normen stattfinden soll,
ein Austausch nach bestimmten
während für die übrigen Grade schon durch die be
treffenden Beförderungen Verseßungen
eintreten.
Diese persönlichen
Ver
ſeßungen würden weniger kostspielig sein, als die jezt angeordneten Ver segungen ganzer Regimenter; das ist wohl wahr, aber die Nachtheile, welche ein solches Verfahren für die persönlichen Beziehungen des Offizier - Korps haben würde,
brauchen wir nicht näher auseinanderzuseßen .
figere Verseßung ganzer Regimenter, tigen scheint,
Daß eine häu
wie sie der Kriegsminister zu beabsich
auch nicht große Vortheile mit sich bringt,
ist klar.
sehen, steht man somit in Frankreich auch in dieser Frage des Erſages vor einer Entscheidung von großer Wichtigkeit. Zeit weiter über den Verlauf derselben berichten .
Wie wir regionalen
Wir werden seiner
44
Neuerungen
in
der
―――
ruffischen
Schieß-Inftruktion .
• Das Jahr 1886 hat der russischen Armee durch Ministerial-Erlaß Ab änderungen zur Schieß-Instruktion gebracht, deren wesentlichste sind : 1. Erhöhung der Anforderungen hinsichtlich der Schnelligkeit des Schießens ; 2. Herabseßung des Normal-Viſirs von 300 auf 200 Schritt, für das Gewehr der Infanterie, Dragoner und Kaſaken ; 3. Aenderung des Unterrichtsganges für die Ausbildung im Entfernungs schäßen ; 4. Einführung des Schießens bei Nacht . Die erstere Neuerung ist lediglich die Ergänzung einer kurz zuvor ergan= genen Vorschrift, welche anordnete, die Schüſſe auf kurzen Entfernungen schnell und gewissermaßen überraschend abzugeben. Bei den Truppen hatte diese Uebung bisher nur mit dem Anschlage „stehend “ stattgefunden ; dagegen vollzog im Knieen und im Liegen stets mit einer Langſamkeit, welche durchaus nicht den Erfordernissen des Krieges, besonders auf kurzen Entfernungen, entspricht. Die ständigen Fortschritte der Truppen in der Schieß 3 Praxis ließen erkennen, daß man diese Fortschritte selbst verwerthen
sich das Feuern
konnte, um mehr zu fordern.
Und so hat man jezt in die Schieß -Uebungen
als Schnell neu aufgenommen das Feuer auf Kopfscheiben - 200 Schritt feuer, das Feuer auf Brustscheiben - 200 Schritt - als lebhaftes Einzel feuer.
Erstere Uebung wird bezeichnet mit „ vorzüglich“,
„sehr
gut“
oder
„gut“, je nachdem 40, 30 oder 20 Treffer erzielt sind ; leßtere Uebung mit denselben Prädikaten, je nachdem 45 , 35 oder 25 Treffer sich ergaben. Beim Salvenfeuer darf man nicht mehr als zwei Salven in 30 Sekunden abgeben,
damit ohne Ueberstürzung die Offiziere das Feuer leiten und die
Mannschaften zielen können. Endlich brauchen die Schüßen nicht mehr die ausgeworfenen Patronen hülsen aufzulesen .
Das verursachte großen Zeitverlust und entsprach keines
wegs den Bedingungen des kriegsmäßigen Schießens . Angewöhnung ganz dazu
angethan,
zögerndem Benehmen zu erziehen .
Vielmehr war diese
die Mannschaften vor dem Feinde zu
Jezt werden die Hülsen nach der Uebung
von besonders dazu bestimmten Leuten aufgelesen . Was zweitens die Herabseßung des Normal : Visirs auf 200 Schritt anbelangt, so war dieselbe begründet dadurch,
daß man mit dem bisherigen
Visir bei kleinen Entfernungen gezwungen war, unter das Ziel zu halten, - was im Kriege nicht leicht durchzuführen ist . Mit dem neuen Normal Visir von 200 Schritt zielt man folgendermaßen :
-
1. Auf ganz
oder
45
-
bis zur Hälfte ungedeckte Infanterie
hält man,
bis 350 Schritt, in die untere Hälfte des Zieles. 2. Auf liegende Infanterie (Kopfscheiben), bis zu 300 Schritt, hält man auf den unteren Rand des Zieles. 3. Auf die Kavallerie, bis zu 500 Schritt, hält man auf den Pferde kopf ; ohne die in solcher Weise nußbar gemachten Aufschläger zu rechnen, hat man den Vortheil, daß die Feuerwirkung in dem Maße zunimmt, Kavallerie näher herankommt .
ist,
als die
Drittens. Die Zahl der im Entfernungsschäßen auszubildenden Leute - abgesehen von den Offizieren ――― festgesezt auf 12 Unteroffiziere per
Kompagnie, 11 Unteroffiziere per Eskadron und 8 Unteroffiziere per Sotnie. Die Feldwebel,
Quartiermeister und Fouriere sind
wegen ihrer besonderen
Obliegenheiten von diesem Dienſte befreit. Die Ausbildung der Subaltern Offiziere ist den Bataillons = Kommandeuren, die der Unteroffiziere den Kom pagnie- Führern übertragen. Die Offiziere müſſen mit Hülfe von Inſtrumenten im Stande sein, die Entfernungen bis zu 3000 Metern zu schäßen . eine Endlich viertens : Die Unterweisung im Schießen bei Nacht, ― ganz neue Uebung, ist besonders durch die Verhältnisse des Festungskrieges veranlaßt.
Die bis jest gemachten Versuche haben gute Ergebnisse gehabt,
und insbesondere die Möglichkeit und Nüßlichkeit dieser Art des Schießens erwiesen. Vorläufig finden dieſe Uebungen nur mit dem Zielgewehr und nur zu dem Zwecke statt, die Mannschaften mit den Verhältnissen des Schießens bei Nacht vertraut zu machen. Das sind unzweifelhaft Schießzwesen, Fortschritte,
recht beträchtliche Fortschritte im russischen auf welche unsere deutsche Schieß- Inſtruktion
mit von Einfluß gewesen ist.
Möchten wir doch endlich auch zu der schon 8. oft und ſo dringend geforderten anderen Visirung gelangen !
Vom
erßten
kurbrandenburgiſchen
Generalfeldmarschall .
Ein militärisches Lebensbild aus der Zeit des großen Kurfürsten. Bon Carl Stichler. II.
Sparr war am 26. Juni 1657, sandten landesherrlichen Patent,
laut dem von Königsberg aus über
zum Generalfeldmarschall ernannt worden.
Kurfürst Friedrich Wilhelm hob in diesem Schriftſtück in eingehender Weise
-
46
――――
die Verdienste des Mannes hervor und betonte ausdrücklich : „ und damit vor allen Dingen keyne unordnung ferner einschleiche,
beſondern Unser General
Feldmarschall von allem behörige nachricht habe,
So soll Er in Kommando,
Kommissariat,
Proviant und Juſtizſachen, in ſumma wie sie nahmen haben mögen und die Krieges raisons erfordern, in keynerley wege vorbengegangen werden, sondern Ihme billigst die Erste Inſtanz unverrückt bleiben.“ Der Generalfeldmarschall Otto Christoph Freiherr von Sparr erhielt
jezt einen Monatsgehalt von 800 Thalern, für 40 Pferde ,,Hart- und Rauh Futter , sowie den Unterhalt der nöthigen Generalſtabs-Bediensteten zugesichert. Die Friedensverhandlungen sowie
der Vertrag zu Wehlau schienen die
Differenzen zwischen Polen und Brandenburg schon glücklich beigelegt zu haben, die brandenburgischen Regimenter befanden ſich auf dem Heimwege, als neuer Zwist entstand. Am 4. November 1657 sandte der Kurfürst von Bromberg aus an Sparr den Befehl : „ daß er alsofort nach empfahung dieses
mit der ganzen armee
ſeinen march recta auff anhero fortseßen vnd fernere Ordre
allhie
erwar
ten solle." Unter der Namensunterschrift des großen Kurfürsten zeigt sich ferner noch folgendes eigenhändige Postskriptum desselben : Die Pollen wollen mir leges alhir vorschreiben, als habt Ihr auff meine Handt der meinigen reputation, Wolfahrt, undt Ehre achttung zu geben, ondt mich nicht zu verlassen, thut auf sothanen fall wan Ihr keine andere ordre von mir oder den Generall Adjutantten müntlich empfangen werdet, als Ehrlichen Leutten gezimett, hiemit Gott befollen.
Friedrich Wilhelm. Die entschlossene Haltung Brandenburgs bewirkte, daß man auf polnischer Seite einlenkte und dem Friedensvertrag endlich definitive Folge leistete. Dem Vertrag von Wehlau - dat. 19. September 1657 - folgte der von Brom berg --- 6. November desselben Jahres ; die österreichischen Diplomaten hatten vermittelt, der Kurfürst erhielt die Souveränetät Preußens, verzichtete auf Ermeland und ging Krone ein.
ein
Truß-
und Schußbündniß“ mit der polnischen
Jezt mußte Brandenburg sich reiten,
welches Dänemark besiegt
auf den Kampf gegen Schweden vorbe
und von dessen König den demüthigenden
Friedensschluß von Roeskilde erzwungen hatte.
Zwar versuchte der Kurfürst
Friedrich Wilhelm, ein besseres Verhältniß zwischen Polen und Schweden durch entsprechende Vermittlung zu Stande zu bringen und ſandte zu dieſem Zweck
-
47
―
den Generalfeldmarschall von Sparr in Begleitung des gewandten kurbranden burgischen Staatsministers
Freiherrn Johann Dietrich von Hoverbeck nach
Warschau, konnte aber nichts Ersprießliches erreichen. König Friedrich III . von Dänemark ſtand mit dem deutschen Kaiſer ſo wohl,
als auch mit dem Kurfürsten von Brandenburg im Bündniß ; er rief
deren Hülfe gegen Schweden an und nun rückten Kaiserliche und Branden ein. Kurfürst Friedrich burger in Dänemark im September 1658 Wilhelm stand an der Spiße des Bundesheeres , unter ihm kommandirte der Generalfeldmarschall von Sparr,
der
die brandenburgische Feldartillerie für
diesen Feldzug neu organisirt hatte. Unter : ""Churfürstliche Feldartillerie, so 1658 nach Dännemarck genommen
worden, finden wir angegeben : 150 Centner Pulver,
150 Centner Lunten ,
100 Centner Musketen
Kugeln, 33 Stücke, 4 Haubißen, 1 Pfündiger Feuer- Mörsel, 1 halbe Char taunen-Affuite, 30 Munitions-Karren, 42 Rüstwagen, 12 Kugelwagen, 2 Feld schmiede, 1 Schiffwagen mit 2 Schiffen, 1 Roßmühle, 216 Knechte und einen Bestand von 624 Pferden. Bei Parchim musterte der große Kurfürst die Truppen, von Wittenberge datirte sein Kriegsmanifest, Schleswig und Holstein wurden von den Schweden befreit, die im Dezember ( 1658) sogar auf der Insel Alſen von den Branden burgern überwältigt und vertrieben wurden, und starken Besetzung der Insel.
trog der günstigen Positionen
Der Mangel einer Flotte auf Seiten des Bundesheeres erschwerte oder verhinderte auch gänzlich weitere und größere Unternehmungen ähnlicher Art, im Mai 1659 fiel die leßte Stellung der Schweden auf dänischem Festlande in die Hände der Verbündeten. Der Generalfeldmarschall von Sparr noch die Belagerung von Demmin
mußte während
dieses Feldzuges
an der Peene übernehmen .
Der dortige
schwedische Kommandant Heinrich Pick mußte den Plaß übergeben, pommern mußten die Schweden räumen und
Vor
ebenso mehrere bis dahin von
ihnen noch beseßt gewesene Festungen in Preußen. Der Friede von Oliva 3. Mai 1660 geschlossen - beendete den Krieg. Brandenburg erhielt
ungenügende Belohnung für ſeine hervorragenden Anstrengungen und Erfolge. Der Generalfeldmarschall von Sparr blieb auch in der nun folgenden Friedensperiode ein geschäßter Rathgeber ſeines Landesherrn .
Seine Leistungen
im Kriegsbauwesen" sowie in der Heeresverwaltung und Truppenleitung hatten dem Kurfürsten ein außerordentliches Vertrauen eingeflößt . Als die Befestigung der Städte Berlin und Cöln an der Spree, wozu der Kurfürst eigenhändig die ersten Entwürfe angefertigt hatte, begonnen werden sollte, be rieth sich Friedrich Wilhelm zunächst mit seinem als tüchtigen Ingenieur hin reichend bekannten Generalfeldmarschall. Die geschwächten Finanzen des Staates
verhinderten
aber nicht blos
-
48
einen schnellen Verlauf dieser neugeplanten
Befestigungsarbeiten ,
sondern
drängten auch zu einer bedeutenden Reduktion der gesammten anderen Staats ausgaben.
In der Armee fand eine
erhebliche Verminderung der Gehalte
statt, auch der Generalfeldmarschall mußte dies (anno 1660) erfahren.
Seine
Monatsbesoldung wurde auf 487 Thaler in Baarem und 120 Scheffel Korn jest fixirt. Seine beiden Regimenter Fußvolk,
von dem Oberstlieutenant Friedrich
Otto von der Gröben und von dem Grafen Anselm Casimir Ferdinand von Sparr, einem
Vetter des
Generalfeldmarschalls,
kommandirt,
wurden
im
Soldbetrage sowie im Mannschaftsbestande gleichfalls erheblich verringert ; die Zeitverhältnisse motivirten die eingetretene Aenderung zu Genüge und der Landesherr bemühte sich in jeder Weise, die Opferung dieser oder jener An sprüche, wo es irgend anging, in anderer Weise zu erseßen oder doch leichter erträglich zu machen. Mit den Berlinern stand der allgemein beliebte von Sparr auf bestem Fuße, namentlich die Parochie der Marienkirche,
in der er angesessen war,
zählte ihn zu den besten und freigebigsten Mitgliedern und Infassen. Als am 13. Januar anno 1661 ein Blißschlag den Thurm dieser Kirche in Brand sezte und man das Feuer nicht anders bewältigen konnte, eilte der General feldmarschall mit einigen Geſchüßen herbei und ließ das flammende Thurm
! I "
gebälk bei eigenhändiger Richtung der Kanonen herunterschießen. Der neuen Aufführung des Thurmes widmete der Held Unterſtüßungen, die schließlich ſeine finanziellen Mittel derartig überſtiegen, daß er selbst in Bedrängniß gerieth. Sein Haus, Spandauerſtraße 22, welches er seit 1654 besaß und das noch heute im Hofraume am Quergebäude ein gut erhaltenes Reliefbild niß des Gefeierten aufweist, wurde von manchem Unterſtüßungs- oder Rath bedürftigen aufgesucht, wenn der als liebenswürdiger Wohlthäter bekannte Heerführer in der kurfürstlichen Residenzstadt weilte und in dem Archive der Marienkirche findet sich manche Handwerkerrechnung für geleistete Arbeiten am Kirchen- oder Predigergebäude, welche der Generalfeldmarschall entweder gänzlich oder doch zum größten Theile in aller Stille aus seinem Beutel beglich. Als Kurfürst Friedrich Wilhelm im Sommer 1662 nach Preußen auf um den Troß der dortigen Stände und Städte- Vertreter durch persönliches Eingreifen zu beugen, übertrug er am 25. August desselben Jahres durch ein „ zu Cöln an der Spree " gegebenes Mandat dem von Sparr ,,das Kommando und die Direktion in Kriegessachen, sowohl in den Kurlanden, brechen mußte,
als auch im Herzogthum Pommern und im Fürstenthum Halberstadt. "
Die
beigegebene weitere Weiſung verlangte : ,,daß der Generalfeldmarschall Zeitungen und Nachrichten von interessanten Begebenheiten und Vorfällen einziehen und davon jedesmal genau berichten solle. " Beobachtung der actiones der Nach baren, sowie Pflege und Anknüpfung einiger weiterer Korrespondenz mit Stral fund, Stettin, Wismar und ähnlichen Orten, wurde in Ergänzung früherer
R
-
―
49
Weisungen noch besonders angerathen .
Weitgehende Vollmachten für event.
eintretende Ereignisse und Kriegsumstände hatte der Landesherr in Fernerem gegeben. Die weitgehenden Vorsichtsmaßregeln als überflüssig,
die Nachbarn hielten Ruhe,
erwiesen sich jedoch in der Folge und als der energische Kurfürst
im Monat Oktober ( 1662) in Königsberg mit entsprechender Heeresmacht er schien und die Führer der Widerstandspartei abführen ließ, eine Gefährdung des Friedens zu befürchten.
war kaum noch
Im darauffolgenden Jahre
( 1663 ) leisteten die preußischen Stände rückhaltslos die verlangte Erbhuldigung. Erfreute sich auch Brandenburg nun einiger Friedensjahre, so war seinem Generalfeldmarschall doch keine dauernde Rast in dieser Zeit beschieden . anno 1661
hatte Kurfürst Friedrich Wilhelm
Schon
dem deutschen Kaiser seine
Hülfsleistung gegen die türkische Uebermacht zugesagt, sowie den anderen Reichs ſtänden unter Hinweis auf die gemeinsame Gefahr
ein Gleiches
empfohlen.
Im Jahre 1663, als die Gefahr sich mehrte, trat der Kurfürst die ihm zustehenden
100 000 Thaler spanischer Hülfsgelder dem Kaiſer ab, ſandte
unter Führung des Herzogs August von Holstein-Plön ,, 1000 Mann Fußvolk, 600 Dragoner und 400 Reuter" zum
kaiserlichen Heere nach Ungarn und
überließ den Generalfeldmarschall von Sparr zum kaiserlichen Heeresdienst. Als die in Regensburg versammelt geweſenen deutschen Reichsstände den Oberbefehl über die Hülfsdienste leistenden Reichstruppen
dem Kurfürsten
Friedrich Wilhelm zugedacht hatten, hatte derselbe von Sparr eine Denkschrift verlangt, in welcher die voraussichtlich beste und vortheilhafteste Art der Krieg führung gegen türkische Truppen dargelegt werden solle. Die betreffende Denkschrift — im königlichen Staatsarchiv zu Berlin führt den Titel : " Memorial, wie der Krieg gegen den Erb- Feindt zu führen, circa 1660."
Nach der Einleitung folgt eine Ueberschrift :
,,Fragen Worüber
Sr.
Churfürstl.
Durchl.
zu Brandenburg x . 2c.,
Unser gnädigster Herr, deß Herrn Feld Marschalln Otto Chriſtoff Freyherrn von Sparrn gutachten begehren. " 13 Fragen und eben so viel Antworten bieten da viel interessante Auf schlüsse in Bezug auf die damaligen Strategie und Taktik
Prinzipen,
den
Schluß bildet die Frage wegen genügender Deckung „ churbrandenburgiſcher und chursächsischer Landesgrenzen . " Am
8. April befanden sich die brandenburgischen Hülfstruppen bei
Bonnig in Ungarn und hatten nun vielfach Gelegenheit, in kleineren Gefechten und Zusammenstößen mit
türkischen Streitkräften ihre Bravour zu zeigen.
Die Verhältnisse in dem von Graf Raimund von Montecuculi kaiserlichen Heere waren die denkbarst ungünstigsten. Reichskontingente und Rheinbundtruppen,
geführten
Kaiserliche Regimenter,
in lepteren natürlich sogar einige
französische Regimenter, standen den Türken gegenüber, als es zum entschei Reue Mil. Blätter. 1886. Juli-August-Heft. 4
50
denden Zusammenstoße bei St. Gotthard kam . Die Verpflegung der Hülfs truppen war elendiglich; schrieb doch der Reichsfeldmarschall an den Ober befehlshaber Montecuculi wörtlich : tragen,
Ich flehe Ew. Exzellenz an, Sorge zu
daß meine armen Leute nicht Hungers sterben,
wollen wir gern unser Leben lassen. "
gegen die Feinde
Und nichts bezeichnete mehr die Zer
fahrenheit dieses Heeres als der Umstand, daß der Generallieutenant Hohen lohe als Chef der Rheinbundtruppen, sowie der Graf Waldeck als Führer der Reichskontingente von Montecuculi die Parole nicht annehmen wollten . Dennoch siegte man am 1. August 1664 bei St. Gotthard an der Raab über das
türkische Heer in einem sieben
bis achtstündigen Kampfe.
gegnerischen Befehlshaber waren nicht weniger entzweit,
Die
was zur Erreichung
des Sieges jedenfalls in bedeutender Weise beitragen mochte. Die Brandenburger hatten sich wacker während dieser entscheidenden Schlacht gehalten ; Sparr hatte sich derartig hervorgethan, daß Kaiser Leopold in einem eigenhändigen Dankschreiben,
datirt
vom 7. Auguſt anno 1664,
seine Erkenntlichkeit ausdrückte, und den Helden zu ſeinem Feldmarschall er nannte.
Eine schöne Gedächtnißmünze
wurde zu Ehren Sparrs
geprägt,
deren Abbildung in Darstellung der beiden Seiten - Avérs mit dem Bruſt bilde des General-Feldmarschalls und Umschrift, Revérs mit deſſen Geschlechts wappen, Widmung und Jahreszahl MDCLXIV das anno 1793 bey Franzen und Große in Stendal gedruckte,
vom weiland königlich preußischen
Ordensrath und Geheim-Sekretair Anton Balthasar König verfaßte Büchlein : „ Historisch-merkwürdige Beyträge zur Krieges - Geschichte des großen Churfürſten Friedrich Wilhelms " am Eingang enthält. Georg Friedrich Küster, geboren zu Halle anno 1695, gestorben als Rektor des dortigen Friedrich = Werder'schen Gymnasiums im Jahre 1776, brachte später in seinem die Mark Brandenburg betreffenden historischen Werke erschienen in Berlin 1731-1743 - noch folgenden poetischen Erguß :
Sparre, Königsmarck und Quaſt, Ruhen zwar entseelt und schlaffen, Aber ihre Krieges-Waffen, Alle Welt durchglänzen faſt, Und man trägt noch weit von fernen, Ihren Ruhm bis an die Sternen. Als Sparr nach Berlin zurückkehrte,
wurde er mehr denn je gefeiert ;
in der dortigen Marienkirche hatte er gegenüber der Kanzel seinen Familien manches Betſtuhl - später vom städtischen Magistrat eingenommen ; Auge mochte damals bewundernd und ſympathisch den Blick auf den ergrauten Heerführer und hochangesehenen Vertrauensrath des großen Kurfürsten richten, wenn derselbe, als ein pünktlicher Besucher der Predigt, andächtig den Worten des Geistlichen lauſchte.
51
Das legte Unternehmen,
――
welches der greise Sparr führte,
richtete fich
gegen Magdeburg, das, neuerstarkend nach schwerem Ungemach, die „ Reichs freyheit" beanspruchte und danach trachtete, den vertragsgemäß bevorstehenden Uebergang in kurbrandenburgiſche Erbunterthänigkeit abzuwenden. Die am 9. Mai anno 1666 von Cleve aus erlassene Instruktion des Kurfürsten an seinen General - Feldmarschall verlangte die Erzwingung ,,vermöge Instrumenti Pacis " schuldigen Huldigung Magdeburg's.
der
Die gegen Magdeburg aufgebotenen Truppen des Kurfürsten betrugen ,6250 Mann Fußvolk, 2900 Mann Reiter und 1250 Dragoner" ohne das Offizierkorps.
Ein derartig energisches Vorgehen
feineswegs erwartet, was
hatten die Magdeburger
vordem den kurfürstlichen Geheimen Staatsräthen
Nikolaus Ernst von Platen und Friedrich von Jena nicht glückte, war jezt dem Erscheinen der Brandenburger unter Sparr zu verdanken. Der Be zwinger Lüttichs erzielte schnell das Erforderliche, ohne das er Gewalt hier anzuwenden brauchte. Am 28. Mai endeten burgischen
die
kurzgeführten Verhandlungen des
General - Bevollmächtigten mit den
branden
Vertretern Magdeburgs,
am
folgenden Tage zogen die Regimenter Brandenburgs als Besaßung in Magde burg ein und der am 20. August 1664 zum kurbrandenburgischen General der Infanterie beförderte Herzog August von Holstein- Plön - später branden burgischer Generalfeldzeugmeiſter -
wurde jegt vom Kurfürsten Friedrich
Wilhelm zum Gouverneur von Magdeburg ernannt . 18 . Juli anno 1666 erließ dann der Kurfürst von Cleve aus die Am 28. „ Ordre
an den Generalfeldmarschall Sparr
Magdeburg."
Die Anlegung
des
wegen Fortifizirung der Stadt
castel " (Citadelle) sowie
des bolwerck
oberhalb am Wasser " sollten nach einem unter der Leitung Friedrich Wilhelms in Cleve angefertigten Auffag ſtochen“ werden.
in form eynes lagers
nur anfänglich abge=
Das Castel muß derends, wo es im project oder abriß
ſtehet, angeleget werden, undt Könnet Ihr
am besten judiciren,
an welchen
Ort es eygentlich am bequemsten komme, Sonsten laßen wir es dabey noch mahlen bewenden,
daß die arbeit anfänglich an dem werck bey der Brücken
angefangen, undt wenn ſolche zu perfection gebracht,
das caſtel undt darauff
die übrigen Wercke fürgenommen werden, welches Ihr also zu beobachten, undt Wir seyn Euch mit gnaden wollgewogen 2c . 2c.," lautete der Schlußſay dieſer furfürstlichen Ordre. Magdeburg bildete das leßte größere Objekt, welchem der betagte General feldmarschall ſeine Kräfte widmete. Vom Kaiser in den Reichsgrafenſtand er hoben, widmete der greise Heerführer seine leßten Lebensjahre der Gründung und Förderung milder Stiftungen.
Als alter Junggeselle vereinſamt lebend.
überschäßte er jedoch dabei seine finanziellen Verhältnisse so bedeutend, daß er verarmt und mit Hinterlassung von 23 000 Thaler Schulden
am 9. Mai 4*
52
anno 1668 Abends 8 Uhr
auf seiner Besizung Prenden starb.
Kurfürst
Friedrich Wilhelm tilgte, troßdem er selbst mit nur mäßigen Einnahmen große Anforderungen bestreiten und gar oft Anleihen unter sehr ungünstigen Be dingungen erheben mußte, diese Schuldenlast bis auf 11 000 Thaler. Am 12. Mai des Jahres 1668 wurde in den Abendstunden in aller Stille in der Marienkirche zu Berlin die feierliche Beiseßung vollzogen .
Einige
hohe Würdenträger umſtanden den aus Kupfer getriebenen, mit Gold damas cirten und mit reichen Arabesken geschmückten Sarg des ersten kurbranden burgischen Generalfeldmarschalls,
als der
damalige Probst Müller von der
Marienkirche die Leichenrede hielt und das legte Gebet über dem Sarge sprach. Anfangs der sechsziger Jahre dieses Jahrhunderts erhielt die neben dem Altar in der Berliner Marienkirche befindliche v. Sparr'sche Gruft in den Abendstunden Besuch von Alterthumsfreunden,
die nicht bloße Neugierde,
ſondern pietätvolle Stimmung veranlaßte, nach dem Zustande der leßten Ruhe ſtätte des Helden zu forschen . Nach Oeffnung des Sarges zeigte sich in einem braunen,
mit blauen
Seidenschleifen
aufgepußten Sammt-Waffenrocke das zerfallene Skelett des einst so hoch Gefeierten. Die Beinknochen lagen in Reiterstiefeln, wie solche in der Zeit des dreißigjährigen Krieges von den Heerführern mit Vorliebe angelegt wurden. Zwei Vettern des Helden, der wilde Reichsgraf Ernst Georg von Sparr, weiland Erbherr zu Trampe, kaiserlicher Generallieutenant, meiſter 2c. 2c.,
Generalfeldzeug
damals bekannt durch schnurrige Abenteuer und gestorben zu
Berlin anno 1664, sowie der Vertheidiger Candia's, Reichsgraf Georg Friedrich von Sparr, gestorben anno 1676 zu Wien als kaiserlicher General, sind neben ihm beigefeßt. Der obenerwähnte Reichsgraf Ernst Georg von Sparr hatte eine ziemlich bewegte Laufbahn.
Als tüchtiger Genie- und Artillerie-Offizier von Wallenstein
ſehr geschäßt, war er bei der Belagerung Stralsunds thätig, nachdem er zu vor diverse militärdiplomatische Aufträge dort ausgerichtet. Mit dem kaiserlichen Generalfeldmarschall Dieffenbach zu Frankfurt a . D. weilend, wurde er von den Schweden bei der Einnahme der Stadt am 13. April 1631 dort gefangen genommen, ein ansehnliches Lösegeld sowie die schriftliche Verpflichtung,
gegen Gustav Adolph nicht mehr zu kämpfen, ver
schafften ihm wieder die Freiheit. Nach Gustav Adolph's Tod sofort wieder bei Wallenstein dienend, hatte der Reichsgraf das Malheur, bei Freystaffeln zwischen Burgethan und Wandeln “ in einem Gefecht gegenüber den Schweden zu unterliegen.
In einem Morast ein Versteck suchend,
wurde er durch die
Unvorsichtigkeit seines Narren den nachspürenden Schweden verrathen und ge rieth wieder in Kriegsgefangenschaft.
Gegen eine entsprechende Ranzion wieder
freigegeben und unter Wallenstein zum Generalfeldzeugmeister befördert, ver
53 wickelte er sich in dessen geheime Pläne als
reger Parteigänger.
Er hatte
den Auftrag erhalten, die Wallenstein'sche Artillerie ohne auffällige Bewegungen nach Eger zu führen, konnte aber diesem Befehl, wegen der scharfen Ueber wachung durch Gallas, nicht Folge leisten. Als sich am 12. Januar 1634 bei dem berühmt gewordenen „ Gastmahl zu Pilsen" 49 extra zu diesem Zwecke dorthin berufene Generale, Komman deure und Regimentschefs Wallenstein's mit
Hand und Mund bis zum leß
ten Blutstropfen “ dem Herzoge von Friedland verpflichteten und die „ Pilsener Schlüsse" unterzeichneten,
war Ernst Georg von Sparr dabei.
Sein Name
befindet sich in der Mitte der zweiten Reihe unter der Unterschrift Flow's und des unglücklichen Hans Ulrich von Schaffgotsch auf dem im Reichsgräflich Schaffgotschen Familienarchive zu Warmbrunn befindlichen Originale. Auf kaiserlichen Befehl als Theilnehmer an hochverrätherischen Umtrieben eingekerkert, verdankte er im darauffolgenden Jahre ( 1635 ) nur der Fürsprache Königs Wladislaws IV. von Polen seine Freilassung und Wiederaufnahme in die kaiserliche Generalität. Im Jahre 1641
rückte er mit dem Generalwachtmeister Gildehas vor
die Bergfestung Hohentwiel im Hegau und leitete während der zwei Monate andauernden Belagerung dieses
Plazes
vorzugsweise den
Artillerieangriff.
Der Festungskommandant Wiederhold, bekannt als lustiger Kauz, leistete jedoch derartig energischen Widerstand, geben werden mußte.
daß die Belagerung
als aussichtslos aufge
Sparr und Gildehas, die hier gemeinschaftlich zu operiren hatten, waren Todfeinde.
Als im Jahre 1643 Ernst Georg von Sparr und Gildehas sich
gleichzeitig in Wien befanden, Ersterer wegen Eintritt in
den päpstlichen
Heeresdienst gegen Venedig, Leßterer dagegen wegen Uebertritt in den vene tianischen Kriegsdienst verhandelte, beſtätigte sich dieses in vollem Maße.
Der
Reichsgraf von Sparr richtete einen äußerst verleßenden und groben Brief an den in Wien weilenden Vertreter Venedigs, Gildehas" übermäßig protegire.
weil dieser
seynen Todtfeyndt
Der venetianische Botschafter beschwerte sich beim Kaiser und die Folge davon bildete eine siebenwöchentliche
scharfe
Haft
E. G. von Sparr und eine äußerst harte Bestrafung zipiſten.
zu Wienerneustadt für des betreffenden Kon
Im polnischen Dienste dann mit dem Kommando über ein Heer von
18 000 Mann betraut, übernahm er noch im leßten Regierungsjahre seines Gönners ,
des Königs Wladislaws IV.
von Polen , diverse diplomatiſche
Missionen an die Königin Chriſtine von Schweden, ehe er zu dauerndem Ruhe aufenthalte in seine Heimath, in die Mark Brandenburg zurückkehrte und vier Jahre früher als sein Vetter, der kurbrandenburgische Generalfeldmarschall, zu Berlin (Monat Juni 1664) das Zeitliche segnete. Die Marienkirche der heutigen Reichshauptstadt bietet neben dem Altare
1
54
im Schiffe der Kirche große effektvolle Darstellungen, welche wirkungsreich an die erwähnten Helden erinnern. Das großartige Marmor- Denkmal über dem Eingang zur Sparr'schen Familiengruft im Schiff der Kirche, zeigt nach Einigen den Otto Chriſtoff,. nach Anderen den Ernst Georg von Sparr in voller Rüstung doch unbedeckten Hauptes an einem mit Todtenschädel und Kruzifir versehenen Betpulte knieend. Unter der herabhängenden Drapirung des Betpultes drängt sich ein Hündchen hervor, welches zu dem Andächtigen emporſchaut, während im Hintergrunde ein harrender Edelpage, den Ritterhelm bereithaltend, vielleicht den Aufbruch zur Schlacht andeutet.
Der Hund findet sich merkwürdigerweise mit einem
Kinde der Reichsgräflich v . Sparr'schen Familie in
einem Sarge in der
Gruft beigesett, und soll als steter Begleiter seines Herrn und als Erretter aus Lebensgefahr im Türkenkriege, ſ. Zt . besondere Beachtung und Pflege ge= nossen haben.
Das von Mars
und Minerva gehaltene Wappenschild im
Architrav, die an den Seiten sißenden, an Geſchüßläufe gefesselten Sarazenen und türkischen Trophäen, gestalten dieses Monument zu ragendsten in den Kirchen Berlins.
einem der hervor
Der seiner Zeit hochberühmte Artus
Quellinus von Antwerpen soll dasselbe im Jahre 1664, also noch bei Lebzeit des Generalfeldmarschalls und im Todesjahr des Reichsgrafen Ernst Georg von Sparr, geschaffen haben. Gegenüber diesem plastisch ausgeführten Werke befindet sich das lebens große, nach der Natur gemalte Bildniß Otto Christoffs von Sparr. Auf diesem wahrscheinlich von dem Niederländer Wilhelm von Honthorst ――― lebtc 1650 bis 1664 in Berlin, starb 1666 in seiner Heimath - gemalten Del bilde erblickt man den geschäßten Rathgeber und Heeresorganisator des großen Kurfürsten völlig geharnischt, den Kommandantenstab in der Rechten, die Linke dagegen, wie es bei derartigen Repräsentationsbildern damals allgemein üblich war, in die linke Seite gestemmt. Und wie hier, so wird auch im Kadettenhause zu Lichterfelde vor
dem
Bilde Sparr's in der Gemäldegallerie brandenburgisch-preußischer Generalfeld marschälle der sinnend Betrachtende mit gehobenen Empfindungen verweilen, wenn er sich erinnert, aus welchen geringen Anfängen und mit welchen be scheidenen Mitteln damals das sichere Fundament für spätere Erfolge gelegt wurde. Wenn in unserer Periode Brandenburg - Preußens Spezialgeschichte für jeden Deutschen einen erhöhten Werth gewonnen hat, wird auch auf engerem militärhiſtoriſchem Gebiete die obige Skizze vielleicht auf eine eingehendere Be achtung rechnen können.
Mannichfache Entwicklungsphasen unseres Wehrwesens
nahmen damals ihren Anfang, und ob die Formen und Arten im Laufe der Zeiten auch wechselten, der brandenburgische Kern bewährte sich in allen Stürmen und Gefahren auf's Beste zum Heile des Ganzen .
:
---
Entwurf von
55
Grundſäßen einer
militäriſchen
Länderbeſchreibung.
Von einem Truppen Offizier. II. Die genaue Schilderung der Flußläufe eines Landes giebt einen Anhalts punkt zu einer orographischen Orientirung. Die beim Studium des Gefälles gewonnenen Coten wichtiger Punkte im und am Flusse, sowie in der Nähe desselben charakterisiren einen Landstrich als Tief , Hoch- Ebene, als Vergland, Mittel- oder Hoch- Gebirge. Eine in oben dargelegter Weise durchgeführte Betrachtung der Wasser linien giebt eine hinreichende Basis zur Feststellung der orographischen Kon figuration des Landes . Man wird das Relief eines Landes im Gesammtbilde vorerst vorführen, ehe
man zur Detailbeschreibung der
einzelnen Glieder schreitet.
Wie dies
gemeint ist, dürfte vielleicht folgendes Beispiel erklären : Orographische Uebersicht Deutschlands .
Reliefgestaltung.
Südliche Gebirgszüge : Die Alpen, Hochgebirge, der schweiz . Jura. Im Westen : Die Vogesen (NS), der Haardt (SN),
die Ardennen, sowie das
nieder
rheinische Schiefergebirge links des Rheins . Im Norden: Das niederrheinische Schiefergebirge rechts des Rheins ; der Harz, Erz-, Elbsandstein-, Riesen-Gebirge und Sudeten. Im Osten:
das
Das mährische Hügelland und die Ausläufer der Alpen. Im Innern dieser Grenzgebirge : An die Alpen schließt sich die schwäbisch- bayrische Hochebene der Donau steigt der Böhmerwald auf ;
an ; jenseits
ihm ist im Süden der bayerische
Wald, im Westen die oberpfälzische Platte vorgelagert ; jenseits der durch Waldnaab und Eger
bezeichneten Senke
erhebt sich
das
Fichtelgebirge ;
nordwestlich von diesem lehnt sich der Frankenwald an, welcher sodann zum Thüringerwald führt. Zwischen Thüringerwald und Harz ziehen nördlich hinauf zum Eichsfeld.
des
ersteren Ausläufer bis
Westlich des Thüringerwaldes
erreichen die
56
Hügel bedeutendere Höhen in der Rhön, Vogelsberg, Spessart und Taunus . Südlich desselben, jenseits
des Mains erhebt sich der Odenwald ; ihm folgt welches sodann im Schwarzwald bedeutendere
südlich das Neckarbergland, Höhen erreicht.
Zwischen Schwarzwald und Vogesen dehnt sich die oberrhein. Tiefebene aus. In diagonaler Richtung zieht vom Südostende des Schwarz waldes bis zum Westabfall des Fichtelgebirges der schwäbische und fränkische Jura. -Seinen Nordabhang bildet das gleichnamige Terraſſenland, welches
im Steigerwald seine höchsten Punkte erreicht . Der Südfuß des Jura tritt an die Donau ; ragt mit einem kleinen Theil in die oberbayerische Hochebene hinein und ist durch das Vilsthal von der ober pfälzischen Platte getrennt. Zwischen Böhmerwald, Erzgebirge, Riesengebirge, Sudeten und den mäh rischen Bergen liegt das böhmische Terrassen- und Bergland. Der Nordfuß des rheinischen Schiefergebirges , der Harz 2c. bezeichnet den Beginn der niederdeutschen Tiefebene. Nach einem solchen orographischen Ueberblick wird sich eine gewisse Ver theilung von Hoch- und Tief-Land, Gebirgen und Terrassenländern erkennen lassen. Peſchel kommt in seinen Problemen *) der vergleichenden Erdkunde auf das Gefeß, daß alle bedeutenden Gebirge an den Rändern der Kontinente auf steigen ; es lagern sich sodann diesen Gebirgen auf ihrem festländischen Abhang Hochebenen an, während ihr dem Meere zugekehrter Fuß in das Tiefland hinab reicht.
Damit hängt natürlich zusammen, daß alle diese Gebirge an ihrem
oceanischen Abhange viel steiler abſtürzen als nach dem Festland. An den Himalaya lehnt sich an das Plateau von Tibet, andrerseits fällt er in das bengalische Tiefland hinab ; ein gleiches Verhältniß beſteht bei den Anden zum brasilianischen Stufenland und zur Südsee ; das Felsengebirge zum Stufenland am Mississippi und zur Südsee ; die Alpen zur oberbayerischen Ebene und zur lombardischen Tiefebene** ) ; damit hängt zuſammen, daß die Neigung der Pässe dem Festlande zu viel sanfter ist als dem Meere zu. - Dies leztere Resultat ist für den Soldaten von Wichtigkeit ; es zeigt sich dieses von Peschel angegebene Gefeß nicht nur an den von ihm angeführten Beiſpielen. Das rheinische Schiefergebirge, Harz, Erzgebirge und Sudeten stehen nach Süden zu mit Berg- oder Terraſſen-Ländern in Verbindung ; nach Norden senkt sich deren Fuß zur norddeutſchen Tiefebene ***).
*) pag. 88. **) Kronprinz Rudolph von Desterreich bringt in der Einleitung zu dem Werke „ Defter reich-Ungarn 2c. " einen Idealschnitt quer durch die Alpen; und hier zeigen sich sehr deut lich die Abfälle. ***) Die oberrheinische Tiefebene ist im Binnenlande; nach Peschel ( Problem pag. 157) bildete sie ehedem einen Meeresarm, der über Bern, Genf und Lyon mit dem Mittelmeer in Verbindung ſtand.
57 Aehnliche Verhältnisse zeigen sich bei dem cantabrischen Gebirge ; bei den Kjölen, bei den Gebirgen in Wales 2c. 2c . Das Geseß, daß sich an die oceanischen Abfälle
Tiefländer
(bezw. das
Meer selbst), an die kontinentalen Plateaus anlagern, erklärt sich auch leicht, da auf der feſtländischen Seite alle Abreibungserzeugnisse auf trockenen also absolut höheren Boden abgesezt wurden. (Daher giebt es am Nordabhange der Alpen keine Seen, die unter den Meeresspiegel hinabreichen, während auf der lombardischen Flanke der Comersee (
1187 ) der Gardasee (
701 )
und der Iſerſee (— 443) Pariſer-Fuß unter den Meeresspiegel gesenkt ſind .)*) Derartige Betrachtungen vervollständigen
den
orographischen Ueberblick
und nun mag man darangehen das Relief in seinen einzelnen Gliedern zu betrachten. Die Richtung eines Gebirgszuges , seine Lage zu bedeutenden Flußlinien zum Verlauf einer Grenze, der Anschluß an nachbarliche Gebirge oder Berg länder bilden die ersten Angaben ; an sie schließt sich die Aufstellung der Ab grenzung.
Strenge genommen sollte selbe den geognoſtiſchen Verhältniſſen
angepaßt ſein, weil ja leztere Berg-Formen und Thalbildung bedeutend be einfluſſen ; nicht immer aber wird die Feststellung der geognoſtiſchen Grenze**) möglich sein ; und man wird deshalb wohl mit einem gewiſſen praktischen Vor theil Flüsse als Grenzlinien bezeichnen. Es wird beispielsweise der Neckar als Südgrenze des Odenwaldes an gegeben; der genannte Fluß durchbricht aber das Gebirge. ***) Das nunmehr nach Richtung und Grenze beſtimmte Gebirge wird jezt einer Betrachtung hinsichtlich der Höhenverhältnisse unterzogen. Gipfelhöhen und Kammhöhen charakterisieren ein Gebirge als Hoch-, Mittel Gebirge oder Bergland ; Gipfel- und Kammhöhen geben Aufschluß über die Vegetation, Kultur, Bewachsung, Bewohnbarkeit. Die Paßhöhen bezeichnen die tiefsten Stellen des Kammes†), wo Kom munikationen ein Gebirge überschreiten .
" Nicht die Gipfelhöhen entscheiden
die Rolle eines Gebirges, sondern die Paßhöhen.
Der Brennerpaß erniedrigt
die Alpen, deren Gipfel bis zu 3000 m und darüber aufsteigen, auf 1400 mtt) !" Die die Pässe überschreitenden Kommunikationen sind es, welche zu einer Be trachtung der Hänge herausfordern ; hier sind insbesondere die relativen Höhen. zu berücksichtigen, da dieſelben Aufschluß ertheilen über die Steigungsverhältnisse und einigen Anhalt bieten zur Beurtheilung der Schwierigkeit des Auf- und Ab-Stieges. Eine weitere Behandlung verlangen die Thäler ; sie dienen meist den *) Peschel a. a. D. **) Ohne geognoſt. Karten 2c. *** ) Wolfrum pag. 18 . +) Die Paßhöhen sind somit die geringsten Kammhöhen. tt) Peschel a. a. D. pag. 163.
58
Kommunikationen, in ihnen finden sich bedeutendere Ansiedelungen .
Ihrer
Richtung nach unterscheidet man bekanntlich die parallel zur Längsare des Gebirges ziehenden Längsthäler und die fast rechtwinklig zur Richtung streichenden Querthäler.
angegebenen
Beide Arten von Thäler haben verschiedenen
Charakter und erhalten in Folge der geognostischen Bildung
noch besondere
Eigenthümlichkeiten. Charakteristisch für die Querthäler iſt es, daß ſie als Lücken im Zuſammen hange der Schichten erscheinen, welche an den einander gegenüberliegenden Seiten korrespondiren . Ihre Wände werden daher von den Schichten im
" Querbruche gebildet.
Solche Thäler sind verhältnißmäßig enge und es können
sich daher angebaute und mit Vegetation bedeckte Strecken nur in den ſchmalen Thalgründen in geringer Ausdehnung finden ; militärisch betrachtet erſcheinen die Querthäler meist als Defileen, selbst für kleine Detachements. Beispiele von Querthälern : in den Alpen : das Iserethal, das Thal der Dora Baltea ; die via mala ; das Zillerthal ; im Böhmerwald : das Chambbachthal ; im Schwarz wald : das Höllenthal, das Kinzigthal ; im Harz : das Ilsethal 2c. 20. Die Längenthäler erscheinen als weite, nach beiden Seiten hin ansteigende Mulden, auf deren Sohle sich meist hinreichend Raum für Anbau und für menschliche Ansiedelungen findet ; sie zeichnen sich meist durch einen ziemlich geradlinigen Verlauf aus.
Es kommt wohl auch vor, daß Längenthäler plöß
I lich in Querthäler umseßen, z . B. das Rhonethal vom Ursprung bis Martigny ein Längenthal, nimmt bis zum Genfersee die Richtung eines Querthales an. Auch die Längenthäler verengen sich oft ; tretenden Hängen ganz eingeschlossen ;
die Thalsohle ist
das
meist
von den heran
vorhandene Flußbett bildet
zugleich die ganze Breite des Thales, hier fehlt natürlich jedes Manöverirterrain. Thalengen. Umgekehrt entstehen da, wo die Hänge zurücktreten, Thal weitungen. Sie bieten, falls sie nicht von Seeen erfüllt sind, terrain in verhältnißmäßig bedeutender Ausdehnung. Beispiele von Längenthälern : bis Innsbruck, das
obere
Manöverir
in den Alpen : das Innthal von Landeck
Salzachthal,
das Drauthal ; in dem rheinischen
Schiefergebirge : die Mosel von Trier bis Coblenz, das Siegthal ; zwischen den Kleinen Karpathen und dem Neutragebirge : das Waagthal 2c. Im Allgemeinen ist für die Thäler noch zu bemerken :
Thalstufen oder
Thalabstürze entstehen da, wo die Neigung plößlich zunimmt ; sind meist durch Wasserfälle bezeichnet (z. B. Gaſtein).
diese Stellen
Wo die beiden Hänge
durch eine flache Erdanschwellung oder einen hohen Felsenwall verbunden sind, da liegt meist oben die Thalsohle tiefer als unten.
Solche „ Thalricgel " ver
anlassen meist oberhalb einen See, indem sich das Wasser staut, bis es den Wall mächtig durch eine Spalte verläßt. Klamms in den bayerischen Alpen.)
(Die Salzachöfen bei Golling, die
Noch ist damit die Charakteristik der Thäler nicht erschöpft ; ihre Form ist vielfach von der geognostischen Beschaffenheit abhängig.
59
Die Kreide bildet gerundete Formen , die oft in ſteilen Hängen abſtürzen (Rügen). Quaderſandſtein und Dolomit zeichnen sich durch mauerartige Hänge aus; die Gipfel sind bei ersteren flach (sächs. Schweiz), bei letteren zackig (Dolomiten Südtirols). Die Grauwackengebilde formiren plumpe, breite Kuppen und Plateaus,
welche
von vielfach gewundenen Thälern mit ſteilen
Hängen durchschnitten sind (der Harz) . maſſige Gebirgsstöcke,
Der Granit zeigt
runde Formen,
häufig gekrönt von mehreren kuppenartigen Gipfeln ;
die Thalbildung zeigt bald mäßige bewaldete Hänge, bald steile nackte Felsen (der bayerische Wald). Die Jurathäler charakterisiren ſich durch ein steiles grabenähnliches Profil. *) Von besonderer Bedeutung sind die Thäler deshalb, weil ihnen die Kom munikationen folgen, **) weil sie stellenweise Raum bieten zur Entwickelung von Truppen, weil in den Thälern die meiſten Ansiedelungen sich finden. Den Kommunikationen und ihren Thälern gebührt im Gebirgslande eine besondere Aufmerksamkeit ; das Gebirge, der Schauplaß des Parteigängerkrieges, ist für größere Truppenkörper ein Hinderniß in linearer wie vertikaler Be ziehung. Die daſſelbe durchschneidenden Straßen bilden einzelne Defileen, welche nach ihrer Zahl, ihrer Richtung, den Steigungsverhältnissen, dem Vorkommen oder Fehlen von Manöverirterrain, Hinderniß verleihen. In kurzen Zügen
dem
Gebirge
den
wahren Werth
möge eine militärisch-geographische Schilderung
als
eines
Gebirges als erläuterndes Beispiel versucht werden . Der Böhmerwald mit dem bayerischen Wald. ***) Dieser Gebirgszug streicht von NW. gegen SO.
Er
Strecke Regensburg-Linz als Verstärkung der Donauiinie. bildet die Waſſerſcheide zwiſchen Donau- Elbgebiet. Böhmerwald getrennt durch die Senke,
erscheint auf der Seine Kammlinie
Vom Fichtelgebirge ist der
welche das Wondrebthal bezeichnet.
Gegen Westen und Südwesten senkt sich das Gebirge, in die oberpfälzische Platte übergehend, zum Thale der Raab und des Regen. Im Süden be zeichnet das Längsthal des Regen die Grenze des Böhmerwaldes .
Südlich
des Regen steigt der bayerische Wald, auf die gleichen Eigenschaften wie der Böhmerwald zeigend ; die Ostgrenze des bayerischen Waldes bezeichnet das Ilz thal.
Im Norden senkt sich der Böhmerwald zum böhmischen Bergland ; im
Osten zieht er sich gegen die Donau, welche sein südöstlichſter Ausläufer, der Greinerwald, bei Grein erreicht, während rechts die nördliche Abdachung der Mariazelleralpen an den Strom herantritt. Der Böhmerwald (ſammt dem ihm vorgelagerten bayerischen Wald) ein Mittelgebirge.
ist
Die Linie der höchsten Erhebungen fällt in die Strecke
* ) Guthe, Geographie pag. 35. Bayer. Generalstab : Südwestdeutſchland pag. 72 u. ff . ** ) ,,Hochstraßen" finden sich nur da, wo die Thäler zu eng oder zu feucht für die Anlage von Straßen ſind (Böhmerwald). ***) Gewählt im Anſchluß an das bei der Hydrographie vorgeführte Beiſpiel „ die Donau “.
60
Waldsanen-Linz*)
und liegen die höchsten Punkte südöstlich der durch den
Chambach bezeichneten Quersenke. Die Gipfelhöhe ist im Durchschnitt auf der genannten Linie 1350-1450 m. (Arber 1476 m; Offa**) 1332 m ; Falkenstein 1314 m ; Zwerged 1365 m ; Rachel 1462 m ;
Lusen 1372 m ;
Dreisesselberg 1332 m.) Die Kammhöhe ist durchschnittlich 1200 m. Die Paßhöhen bezeichnen folgende Coten : Waldmünchen 530 m ; mark 449 m ;
Deffernick 789 m;
Spißberg (Station) 833 m ;
Neu
Buchwald
1179 m ; Kuschwarda 815 m ; Klafferstraße 673 m. Der Fall der Hänge wechselt nach beiden Seiten ; manche Straßen senken ſich nur allmählich zum böhmischen Bergland, andere (beſonders Diſtriktsſtraßen) führen steil hinab.
Im Allgemeinen ist die Abdachung gegen Bayern eine
ſteile, gegen Böhmen eine sanftere ; besonders gilt dies vom mittleren, rauheſten Theil des Gebirges.
Der nördlich der Chambachsenke gelegene Zug senkt sich
mäßig gegen Naab und Regen ; sein Abfall bildet die oberpfälzische Platte, welche zwischen Schwandorf und Cham zahlreiche stehende Gewässer, Seeen und Teiche aufweist. Der bayerische Wald zeigt nicht die Höhen des Grenzgebirges .
kleine
Die
Gipfelhöhe beträgt im Durchschnitt 1000 m (Hirschenſtein 1116 m ; Haus ſtein 930 m).
Von den Paßhöhen
mögen die Rusel 851 m,
(Station) 616 m als Beispiele genügen .
Triefenried
Wie im Böhmerwalde sind auch
hier die steileren Abfälle gegen Süden gekehrt, ***) die mäßigeren gegen das Regenthal.
Zu diesem
geradlinig verläuft,
zicht parallel ein Quarzgang,
bald unter der Erde verschwindend,
Formen über die Hügelflächen hervorragend.
der Pfahl, der
faſt
bald in pittoresken
(Am höchsten erhebt er sich bei
Prackenbach nächst Unterviechteich und bei Weißenſtein nächſt Regen.) Von der Donau aus baut sich das Gebirge amphitheatralisch höher und höher auf,
bis es von dem Regen und der Ilz
vom Böhmerwald getrennt
wird, welcher deſſen interessanten und imposanten Hintergrund bildet.†) Von den Thälern können nur die bedeutenderen einer Betrachtung unter zogen werden :
Regen, Ilz, Chambach, Moldau.
kleine Wald- und Gebirgsgewässer, größeren Flusse ergeben.
Alle
übrigen Bäche sind
die nach kurzer Entwickelung sich einem
Als ein Grenzfluß wäre die Mühel zu bezeichnen .
Sowohl im Böhmerwalde wie im bayerischen Walde zeigen die Fluß thäler im Wechsel Engen und Weiten, haben im Profil mehr die Mulden als die Grabenform . Die Thalweiten erreichen selten eine ansehnliche Breite,
und es ist be
*) Bayer. Generalstab : Südwestdeutschland pag. 99 u. ff. ** ) auch Offer, Karten : Südwestdeutschland 1 : 250 000. Schedac, Karte von Mittel Europa 1 : 576 000. ***) Bayer. Generalstab : Südwestdeutschland pag . 108. †) Maffenbach : Deutschland 2c. pag. 143.
4
61
merkenswerth, daß sich die Weiten fast nur in den Längenthälern finden. Die Thalentwickelung beginnt meist in einem engen, sumpfigen, oft mit Seeen oder " Filzen" erfüllten Kessel und erst nach dem Zusammentritt mehrerer Wäſſer ſezen die Flüſſe zu einer bestimmten Richtung an ; dem aus schwarzen und weißen Regen
es gilt dies von
entspringenden Regenfluß ; von
der
aus Schwarzbach und Moldaubach entstehenden Moldau ; von der Ilz, welche aus den beiden Chebächen, sowie dem Reschwasser und dem Teufelsbache entsteht. Fast alle Querthäler sind eng und feucht ; Chambach und die Angel, welche
eine Ausnahme
machen
der
wenigstens stellenweise bedeutendere Thal
weitungen aufweisen. Von den Kommunikationen sind in erster Linie die drei Bahnlinien be merkenswerth : Schwandorf- Cham-Tauß-Pilsen-Prag, sie ist die kürzeste Ver bindung zwischen Regensburg und Prag und folgt dem Chambachthale inner halb des Gebirges. Plattling- Eisenstein- Klattau - Pilsen- Prag.
Diese Linic trägt auf der
Strecke Deggendorf-Klattau den Charakter einer Gebirgsbahn .
Sie zieht sich
durch das Kohlbachthal auf riesigen Dämmen zum Ulrichsberg (Tunnel), ſo dann steigend bis Triefenried durch den Hochbühltunnel über das Ohethal bei Regen auf einem 48 m hohen Viadukt von 76 m Länge ; sodann überschreitet ſie zwischen Regen und Eiſenſtein mehrmals
auf hohen Brücken
den Regen
und durchseßt den Spißberg in einem Tunnel. Als dritte Grenzbahnlinie ist die Linie Prag-Budweis-Linz
von Be
deutung. Die Straßen führen von der Donau zu den Knotenpunkten Pilsen und Strakoniß . 1. Von Regensburg aus die Straße nach Röß- (Einmündungspunkt einer von Amberg kommenden Straße) Waldmünchen-Klentsch- Pilsen.
Diese Straße
ist nur auf der Strecke Waldmünchen-Klentsch ein Defilee. 2. Von Straubing über Stallwang nach Cham (von Stallwang bis gegen Cham zieht sich die Straße vielfach durch Wälder), von Cham nach Furth Tauß Neugedein-< Klattau. Von Cham ab folgt die Straße der Chambachsenke ; von Eschelkam bis Neumark, beim Uebersteigen der Wasserscheide,
wird sie
zum Engniß. es 3. Von Deggendorf zieht sich eine ausgesprochene Defileestraße fehlt im Allgemeinen von Deggendorf bis Welharlig an Manöverirterrain über den 851 m hohen Ruselpaß durch die Märkte Regen, Zwiesel, Eisenstein an der Westseite des Ahornberges ( 950 m )
über Welharliß-Klattau-Pilsen.
4. Von Paſſau über Freyung-Kleinphilippsreut (Beginn des Defilees) Kuſchwarda - Moldau - Winterberg - Strakoniß. Seitenterrain freier. des Kubany .
Von Winterberg ab wird das
Der höchste Punkt der Straße liegt an der Westseite
62
Parallelstraßen zu dieser bilden die Straßenstücke :
Freyung - Buchberg
Fürstenhut ; Waldkirchen- Bischofsreut-Ober- Moldau . *) Die Entfernungen von der Donaulinie bezeichnen die Distanzen : Röß-Regensburg : 10 Meilen,
Nög- Straubing : 8½ Meilen, Eisenstein-Deggendorf 5½ Meilen, Kuschwarda-Passau 6 Meilen.
Die Küstenlandschaften. Das Meer sezt allen kriegerischen Unternehmungen ein Ziel ; es bedingt neue Streitmittel, die alle in dem Namen Flotte oder Marine vereinigt find. Von besonderer Wichtigkeit erscheinen daher die land und Meer : die Küsten.
Grenzlinien zwischen Fest
An ihnen erreicht die Wechselbeziehung zwischen Land und Wasser den Bei Meeren mit Fluth ist noch besonders hervorzuheben, daß
Höhepunkt.
es flache Küsten
oft
gänzlich unter Wasser seßt, an Steilküſten eine solche
Brandung zeigt, daß das Ein- und Auslaufen der Schiffe oft gefährdet iſt. Im Uebrigen wirken horizontale und vertikale Gliederung, die Mündungen der Ströme , die Meerestiefe 2c. so
bedeutend
auf die Zugänglichkeit der
Küsten, daß hierüber einige Bemerkungen nicht überflüssig scheinen. An flache Küsten wirft das Meer unablässig Sand und Gerölle und zwar so, daß der feinere Sand mit der zurückweichenden Welle zurückgeriſſen wird. So bildet dann das Gerölle den Kamm und die Kante des aufge worfenen Walles , während der feine Sand seinen Abhang und Fuß bildet und sich oft meilenweit**) als flacher „ Strand“ fortseßt. Der Strandwall lehnt sich besonders
an hervortretende Uferspißen
an und bildet vor den
Buchten schmale Landzungen, so daß aus den Buchten häufig Strandscen oder Lagunen werden. Manchmal stehen sie mit dem Meere in Verbindung, manchmal münden in sie Flüsse, welche diese Strandseen mit ihrem Sinkstoff erfüllen. Man findet diese Erscheinungen an Meeren mit Gezeiten, wie an solchen, wo dieselben fehlen . Die Haffe der Ostsee sind solche Lagunen und die Neh rungen, welche sie seewärts schließen, sind aus solchen Strandwällen entstan den.
Die Inseln Usedom und Wollin find Anschwemmungen,
die von der
Binnenseite her durch den Sinkstoff der Oder vergrößert wurden .
An der
Elbe- und Wesermündung seßt sich der Fuß der Uferwälle meilenweit in die See hinaus fort, bei der Fluth vom Wasser bedeckt, bei der Ebbe frei . mißt z . B. die Erstreckung des
Neuwerkerwattes
Bayer. Generalstab : Südwestdeutſchland pag. 120 . ** ) Klöden : Phys . Erdkunde, pag. 123 .
von
Dulmen bis
Es zum
63
Scharnhörnriff 16 Kilometer. * )
Auch der Zwischenraum zwischen dem deut
ſchen Festland und den vorgelagerten Inseln ( Norderney ) , Baltrum, Langeroog, Spickeroog, Wangeroog) ist zum größten Theil von solchen Watten erfüllt . Solche Sandbänke entstehen da, wo sich zwei Wasserströme begegnen und einander
in ihrer Kraft, den Sand
und Schlamm fortzuführen,
hemmen.
Deshalb veranlassen hervorragende Uferspigen ( Cuxhaven) und Meerengen (zwischen Rügen und dem Festlande) solche Sandbänke, welche sich bei mehr geradlinigem Verlauf der Küste nur in geringer Ausdehnung zeigen (Nordsee küste von Helder bis Haag ; dagegen die vor der Rhein- und Scheldemündung zahlreichen Inseln mit vorgelagerten Watten und Bänken) .
Eine solche Be
trachtung führt von selbst auf die Bedeutung vorgelagerter Inseln.
Die dem
Festlande vorgelagerten Inseln sind von jenem durch örtliche Senkung**) ab= gelöst worden.
Die Merkmale einer solchen Entstehung zeigt die Inselkette
von Terel bis Wangeroog sowie die britischen Inseln.
Sie sind alle durch
eine säkulare***) Senkung vom Festland abgetrennt worden.
Abgesehen (z . B.)
daß die britischen Inseln dieselbe Fauna und Flora besißen, wie sie unter gleichen klimatischen Verhältnissen das Festland aufweist, würde noch ein an deres Moment den Saß von einer Abtrennung erhärten : Irlands Westküste zeigt steile Formen, welche (außer im nördlicheren Schottland) ſonſt nicht wieder kehren ;
die Tiefen des Oceans
an der irischen Westküste sind bedeutende ;
während die Nordsee und der Kanal Tiefen von 20-40 Faden aufweisen, also relativ seicht sind . Bis jezt wurde hauptsächlich der Einfluß der See auf die Gestaltung der Flachküsten berührt ;
aber auch an den Steilküsten bringt das Meer
Wirkungen hervor, die nicht übersehen werden dürfen . Wellenschlag und Brandung nagen an den Steilküsten beständig und lösen eine große Menge festen Materials ab ; Fluthhöhe und Schichtung des Gesteines sind dabei von Einfluß .
Dadurch, daß das Meer stets am Fuße
der Steilküste leckt, unterwäscht es oft den Fels und die oberen Schichten (und Theile) stürzen herunter, dem Elemente neues Spielzeug bietend .
Man
denke nur an Rügens Kreidefelsen, an die Auswaschungen der Ränder Hel golands.†)
*) Auf der deutschen Reichskarte ( 1 : 100 000) kann dies genau verfolgt werden ; die Meerestiefen 2c. ſind den Admiralitätskarten entnommen. Blatt Otterndorf : 111 , Gur haven: 110, Eidermündung : 79. ** ) Peschel, Probleme der vergleichenden Erdkunde, pag. 25 und 26 . ***) Zahlreiche Gebiete säkularer Senkungen und Hebungen giebt Peschel (Probleme pag. 199-114 ) in intereſſanter Zuſammenſtellung. †) Die Karten des 16. und 17. Jahrhunderts zeichnen dieſe Inſel noch in größerem Umfange, als sie heute besißt. Da die Karten der damaligen Zeit schon ziemlich verläſſig waren (Peschel, Geschichte der Erdkunde I. pag. 409 u . ff. ) so darf man also die Gebiets verluste der Wirkung des Meeres zuſchreiben.
64
-
An den Steilküsten der höheren*) Breiten zeigen sich dann mannigfache Zerklüftungen : die als „ Fjorde “ vorgelagerten Inselreihen ; sie unterscheiden sich von den Felsinseln südlicherer Küstenstriche (z. B. Dalmatien) durch die senkrechten Einschnitte**), die das Meer oft weit landeinwärts macht. Die Steilküsten sind für den Seeverkehr von Wichtigkeit, indem sie, wenn sie nur frei von Klippen, reich an Buchten und Häfen sind (die Küsten Süd Englands, der Bretagne, der griechischen Halbinsel) . Die Häfen sind Einbiegungen der Küsten, innerhalb der die Schiffe auch bei den schwersten Stürmen ruhig liegen können.
Eine Bucht wird sonach
zum Hafen, wenn vorgelagerte Inseln, Landzungen 2c. dem Sturm den Ein tritt wehren.***) Wo solche natürliche Bollwerke gegen das Wetter fehlen, muß die Kunst durch den Bau von Molen 2c. die Bucht zum Hafen gestalten.
Stets ist
dabei genügend tiefes und breites Fahrwasser vorausgeseßt. Hiermit berührt die militärische Länderbeschreibung das Wichtigste : die Möglichkeit des Ein- und Auslaufens Landung.
von Flotten ;
die Möglichkeit
einer
Wie komplizirt und schwierig derartige Unternehmungen (abgesehen
vom rein taktischen Standpunkte) oft sind, zeigt die Nothwendigkeit der zur Friedenszeit gebräuchlichen Seezeichen .
Wie zahlreich Bojen, Baken, Leucht
thürme 2c. oft sein müſſen, möge durch das Beiſpiel der Elbmündung†) klar gelegt werden. Das Fahrwasser zieht sich von Hamburg bis Glückstadt am rechten (holstein. ) Ufer entlang. Bei Glückstadt erreicht die Elbe eine bedeutende Breite ; vom Hafenort Brunsbüttel zieht das Fahrwasser ganz an das linke (hannov .) Elbufer.
Das Fahrwasser ist durch schwarze, an Ketten verankerte
Tonnen bezeichnet.
Oberhalb des Allenbrucher Hafens, sowie unterhalb des
Grodener Hafens sind Baken.
Am Eingang vom Hafenorte Curhaven, nächst
dem Bollwerk Alte Liebe, steht ein Leuchtthurm und die „Zeitballbake “ .
An
der Spiße des Festlandes nördlich Döse ist die „Kugelbake“ und Bakenlicht. Von da weg dehnen sich in nordwestlicher Richtung der Steilsand, der Vogel fand und das Neuwerkerwatt aus. Vor diesen warnen drei Feuerschiffe (das erste 4 ' 2 Kilometer von Döſe, das zweite 8 Kilometer nach dem ersten, das dritte 1/2 Kilometer vom Scharhörn entfernt) .
Auf Scharhörn steht eine große Bake ; auf der Ham
burgischen Insel Neuwerk ein
alterthümlicher Leuchtthurm .
Außerhalb des
Scharhörnriffes ist die Lootsengalliot ſtationirt. *) Fjorde sind klimatische Erscheinungen. (Peschel, Probleme pag . 16.) **) Peschel, Probleme pag. 9 u . ff. ***) Kiel liefert das Beiſpiel eines vorzüglichen Hafens : hinreichend tiefes Fahrwaffer, ſelbſt für große, tiefgehende Schiffe, geſchüßt durch die etwas vorspringenden Punkte Fried richsort und Möltenort, welche den Hafeneingang beherrschen . +) Deutsche Reichskarte, Blätter 79, 109 und 110.
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Wie von Döse aus, so dehnen sich auch rechts zwischen Elbe- und Eider mündung Watten aus : das hohe Ufer, die Marneplate. Zwischen Marneplate und Mittelplate zicht Neufahrwasser,
bis bei der
rothen oder Ansegelungstonne die Elbfluthen in denen der Nordsee verschwinden. Wenn die Baken zur Zeit des Ausbruches eines Krieges vernichtet sind, Tonnen, Leuchtschiffe und Lootsengaliots eingezogen sind, die Feuer der Leucht thürme gelöscht sind,
dann mag wohl kaum eine feindliche Flotte einen
Landungsversuch oder ein Einlaufen in einen Hafen wagen dürfen. So wie dies eine Beispiel durchgeführt ist, ganzer Küstenstrich behandelt werden, beurtheilen zu können.
dürfte
vielleicht
auch ein
um die Möglichkeit einer Landung 2c.
Wo nicht Meere, Ströme, Gebirge die Grenzen bilden, eine bestimmte Linie die Scheide zweier Staaten.
da bezeichnet
Diese Linien, die politischen
Grenzen, verdienen vom militär-geographischen Standpunkt aus besondere Be achtung.
Der Verlauf einer Grenze ist zu schildern in Bezug auf die bei der
oro- oder hydrographischen Betrachtung erwähnten Gebirge und Flüſſe ; es iſt anzugeben, wie lange die politische Grenze einer natürlichen folgt, wo sie leg tere schneidet.
Wieder muß man da der wichtigen Päſſe, Straßen, Bahnen,
Brücken gedenken.
Es ist wohl auch zweckmäßig, zu bemerken, ob die Grenz
linie auch die Sprachengrenze zwischen zwei Volksstämmen bildet . Den Beschluß einer militär-geographischen Betrachtung machen die tech nischen Veränderungen eines Kriegsschauplages . Nachdem die Militärgeographie die Wechselbeziehungen zwischen den ein zelnen Objekten aufgesucht : bei der hydrographischen Betrachtung die an die Flüsse herantretenden Gebirge erwähnt ; bei der orographischen Behandlung die Flußthäler beschreibt, beide Male wichtige Punkte, Bahnen und Straßen er wähnt, so wird sich in diesem Kapitel viel wiederholen. Es kann jedoch nicht der Zweck
einer militärischen Länderbeschreibung
sein, die Bedeutung der Bahnen, Straßen und Festungen, der Kanäle 2c . im Allgemeinen zu besprechen, vielmehr muß sie den Werth einzelner dieser Linien oder Punkte in einem bestimmten Lande angeben. wendig sein, das bei
der
Dazu wird es nicht noth
orographischen und hydrographischen Behandlung
Gesagte zu wiederholen , ein kurzer Hinweis darauf wird genügen.
Eines aber
darf die Militärgeographie nicht unterlassen : das ganze System der Kommu nikationen einer kritischen Betrachtung zu unterziehen, besonderen Werthes wegen hervorzuheben und System zu prüfen .
einzelne Linien ihres
ihr Verhältniß zum
ganzen
Statt weiterer theoretischer Erörterungen mögen einige Beiſpiele als Er klärung dienen. Das französische Eisenbahnneß ist konzentrisch gruppirt ; der Mittelpunkt ist Paris.
Von hier aus führen radienförmig die Linien nach den Grenzen ;
diese Radialbahnen" stehen unter sich durch Transversallinien in Verbindung. 5 Neue Mil. Blätter. 1886. Juli-Auguſt-Heft.
66
Paris besißt zwei Gürtelbahnen ; sodann folgt der Gürtel Vernon- Crepy - Reims Montereau. Als vierter Ring erscheint : Orleans- Chartres- Evreur-Rouen Amiens - Reims ;
als fünfter Halbring : Nuits - Chatillon - Verdun-Mezières ; als
sechster : Besançon-Vesoul- Epinal- Luneville - Nancy- Montmedy -Mezières . Orleans ist der Knotenpunkt für die südlichen Radialbahnen .
Von diesen
zahlreichen Linien sind sieben durchgehende, eine davon zweigeleisig. 1. Hirson-Mezières- Diedenhofen .
2. Paris-Reims -Verdun-Meß.
3. Die
doppelgeleisige Linie Paris -Epernay - Toul-Nancy . 4. Paris- Troyes - Neufchateau Epinal.
5. (von Süden nach Norden) Dijon-Langres .
Auronne-Vesoul-Belfort.
6. (Süden-Norden)
7. Dole-Besançon- Montbeliard.
Entgegen einer solch konzentrischen Gruppirung zeigt das deutsche Eisen bahnnez mehr eine Anordnung
von vielen durchgehenden Linien,
die
durch
kurze Transversallinien verbunden sind.
Nur wenige mögen hervorgehoben
werden: Danzig-Stettin-Lübeck-Hamburg.
Königsberg-Berlin -Hannover-Wesel.
Salzburg München-Augsburg- Straßburg- Mez. ruhe-Diedenhofen. *)
Passau-Regensburg-Ulm-Karls
Als wichtige Transversallinie erscheint : Basel-Karlsruhe
Cöln ; Basel- Straßburg- Cöln ; ebenso Breslau- Thorn-Danzig 2c. Bei den Straßen kommt zur Angabe der Richtung noch die Beschaffen heit der Straße selbst, sowie die eventuelle Gangbarkeit des Nebenterrains, Lage zu Bahnen 2c. Für Kanäle gelten im Allgemeinen dieſelben Gesichtspunkte wie für ſchiff bare Flüsse ; besondere Beachtung verdienen sie wegen der vielen, störbaren Bauten : Schleusen 2c.
leicht zer
Von wirklich größerem Belang werden Kanäle,
sobald sie für Seeschiffe brauchbar sein sollen und also Abkürzungen der See fahrt bilden ; ein Hinweis auf das in jüngster Zeit ſo vielfach diskutirte Pro jekt des Kanals Holtenau
(bei Kiel) Glückstadt zur Verbindung der Ostsee
mit der Nordsee und Vermeidung der Fahrt um das Cap Skagen möge den Lesern genügen . Wie bei den Kommunikationen, so wird es auch bei den Festungen die Militärgeographie unterlassen,
ihre allgemeine Bedeutung als Zufluchtsſtätte,
als Offensivpoſition 2c. zu behandeln .
Sie wird vielmehr die Festungen**)
beurtheilen nach der Lage zur politiſchen Grenze, linien,
zu natürlichen Abschnitts
zu wichtigen Kommunikationen, zu Defileen,
zu
anderen ſtrategiſchen
oder militärisch wichtigen Punkten, zu großen Städten, zu Knotenpunkten von Bahnen und Straßen, schließlich nach der Lage, unter sich haben.
welche mehrere Festungen
Außerdem wird auch die Militärgeographie den besonderen
Zweck einer Festung zu bezeichnen haben.
Die Befestigungskunst muß von vorne herein die nachtheiligen geogra *) Angaben über das süddeutsche Eisenbahnnez finden sich im Bayer. Generalſtab : Südwestdeutschland ; das Werk stammt vom Jahr 1877. Stets evident gehalten iſt Hendſchels Telegraph. **) Meckel, Truppenführung pag. 30-33 . Leer a. a. D. pag. 169 u . pag. 171–173.
67
phischen Eigenthümlichkeiten des Kriegsschauplages beseitigen, wie die vortheil haften benußen. Jura.
Es sperrt z . B. Belfort die Senke zwischen Vogesen und
Es ist Ulm der Sperrpunkt der Schwarzwald- und Donauthalkom
munikationen. poſitionen.
Königsberg und Danzig sind zwei aufeinanderfolgende Flanken
Es bildet Magdeburg einen wichtigen Brückenkopf an der Elbe
und sperrt die von Westen her gegen Berlin führenden Straßen ; den gleichen Zweck hat Küstrin im Osten Berlins . Die franzöſiſche Befestigung und Landesvertheidigung*) hat in Belfort, Epinal, Toul und Verdun wichtige Stüßpunkte ; in zweiter Linie bildet Langres ein Defenfiofeld, und zum Schluffe soll das befestigte Paris noch wirken . Bedeutenden Werth haben Gruppen von Festungen, z. B. das italienische Festungsviereck, ferner die Gruppe : Lille, Douai, Arras, Cambrai, welche den Sammelplag und Zufluchtsort der französischen Nordarmee nach den Schlachten von Amiens und St. Quentien bildeten. Der Betrachtung über Festungen muß die der strategischen Punkte an geschlossen werden. Als solche sind große Städte, Flußübergänge, Knotenpunkte der Kommunikationen,
Defileen und deren Deboucheen
zu bezeichnen.
Zur
Beurtheilung der Unterkunft, Verpflegung und Hilfsmittel gehört reichhaltiges statistisches Material und fällt ſomit außer den Rahmen dieser Betrachtung. Nach einer in hier angegebener Weise vorgenommenen Gliederung
und
Behandlung des Stoffes wird man sich über den geographischen Einfluß eines Landes auf die kriegerischen Unternehmungen klar werden.
Damit man aber
das örtliche Element weder unter- noch überschäßt, dazu bietet die Kriegsge schichte die Mittel.
Massenbach hat in seiner Beschreibung Deutschlands jedem
geographischen Abschnitt einen kriegsgeschichtlichen Abriß beigefügt. Im Obigen wollte der Verfasser nichts Neues bringen,
er wollte viel
mehr eine Eintheilung des Stoffes versuchen, um den oder jenen Kameraden auf das vielfach vernachlässigte und Geographie hinzuweisen.
oft als unnöthig bezeichnete Gebiet der
Die Geographie erleichtert topographische Arbeiten,
deren sich ja häufig der Offizier unterziehen muß, im hohen Maße. Was man am Schreibtisch gelesen, das kann man dann bei Manövern und Reisen einer Kritik unterziehen, auch schärfen können.
und hierbei wird man den Militärblick 185.
*) Behandelt in einer nach militärischen Zeitschriften bearbeiteten Studie in Peter mann's Geogr. Mittheilungen 1881 pag. 143, mit Karten.
5*
68
Inspizirung
eines
ruffischen Kavallerie-Regiments .
Ende Oktober v. J. hielt der kommandirende General des IV. Ruſſiſchen Armee-Korps Inspizirung über das 10. Dragoner- Regiment ab, über deren Verlauf der " Invalide " berichtet. Am 28. Oktober Abends traf der Kommandirende unerwartet in Bielostok ein, der Garnison des Regimentsſtabes und einer einzigen Eskadron ; die an dern garnisoniren : eine in Narew ( 15 Werst von Bielostok) ; drei in der Um gegend von der Station Knuchin an der Eisenbahn von Brest nach Grajewo (27 bis 33 Werſt) und die ſechſte in Grajewo ( 77 Werſt) . kunft befahl der General
für
kadrons in der Umgegend von Bieloſtok und ließ, Entfernungen auszugleichen,
Bei ſeiner An
den nächsten Tag die Versammlung der Es
für jede Eskadron
um
die zurückzulegenden
eine
besondere Marschroute
aufstellen, die sie zwang, 75 bis 65 Werst zu machen .
Die Idee, nach welcher
die Operation ausgeführt werden sollte, nöthigte dieſe Eskadrons, vier Waſſer läufe zu rekognosziren (Narew, Souprasl, Slin und Bober) .
Die Abfaſſung
der Befehle erfolgte Abends von 8 bis 10 Uhr ; man expedirte dieselben um 10 Uhr theils durch den Telegraphen, theils durch Ordonnanzoffiziere.
Einer
der lezteren legte die Entfernung von Bielostok nach Ruda (27 Werst) quer feldein in der Dunkelheit in 22 Stunden zurück. Merkwürdiger Weise kamen die Telegramme zuleßt an ! In der That: die Depeschen, welche auf den Stationen in der Nacht eintrafen, wo der Beamte Niemand mehr zum Austragen nach den verschiedenen Kantonne ments zur Hand hatte, mußten bis Tagesanbruch liegen bleiben. Die Folge davon war, daß die Eskadrons, welche um Mitternacht bezw. 2 und 6 Uhr Morgens am 29. Oktober benachrichtigt wurden, erst um 6 bezw . um 8 Uhr aufbrechen konnten.
Jede Schwadron ließ etwa 25 Pferde zurück, einschließ
lich zweier in der Dressur befindlicher der leßten Remonte. kompletes Gepäck und zwei Rationen Hafer im Sack.
Die Pferde hatten
Die Schwadron von
Grajewo hatte außerdem zwei Heurationen, gleich 20 Pfund pro Pferd, mehr mitgenommen .
Die erste Eskadron kam in Bielostok um 4 Uhr Nachmittags,
die letzte um 9 Uhr Abends an ; das Tempo war geregelt auf 9 Werst in der Stunde ; aber man hatte viel Zeit verloren beim Passiren der Wasser läufe.
Zwei Eskadrons hatten sich einer Fähre und mehrerer Nachen bedient ;
eine andere, welche den Eisenbahnviadukt über die Narew benußte, mußte_zu Einem im Zwischengeleise sich durchziehen ; die Schwadron aus Grajewo end lich passirte ein Wasser durch eine Fuhrt unter solchen Schwierigkeiten, daß sie dabei zwei Stunden einbüßte . Die Schwadronen mußten bei ihrem Ein treffen in Bielostok vorbeimarschiren, dann begaben sie sich in die ihnen zu
-
69
gewiesenen Kantonnements, in welchen eine warme Mahlzeit für die Mann schaften vorbereitet war. Von den Offizieren mußten 15, bevor sie sich persönlich Pflege gönnen durften, Bericht (nebst Kroki) über die im Laufe des Tages
ausgeführte Rekognoszirung
einreichen.
30. Oktober, fand in wechselndem Terrain
Am
nächsten Morgen, den
und in fast durchweg lebhaften
Gangarten cin 2½stündiges Manöver statt.
Der kommandirende General
war mit dem Zustande der Pferde in dem Maße befriedigt, daß er unmittel bar nach Beendigung der Uebung die Schwadronen Garnisonen zurückschickte .
nach ihren ständigen
Nur die Eskadronschefs folgten dem General nach
dem Sige des Regimentsſtabes, Bielostok, woselbst die Besprechung der Uebung und die Kritik der am Abend vorher von den Offizieren eingereichten Arbeiten 130. stattfand.
Die Zulaſſungs-Prüfung für die franzöfifche Kriegsschule 1886 . Es wird nicht ohne Interesse für viele unserer Leser sein, die Aufgaben kennen zu lernen, welche behufs Aufnahme in die Kriegsschule (gleich unserer Kriegsakademie) von den Aspiranten in diesem Jahre schriftlich zu lösen waren . Erste Arbeit : 5 Stunden. Taktik. General-Idee : Ein von Rouen kommendes Armee-Korps hat die Auf gabe, eine starke feindliche, auf der Straße Paris-Rouen anrückende Kolonne aufzuhalten und zurückzuwerfen. Spezial - Idee für den 14. März . Das Armee- Korps hat Rouen am Morgen des 14. März verlassen und marschirt gegen Südosten auf der Straße Rouen-Paris . mittags
erreicht
die Avantgarde Fleury-sur- Andelle.
In
Um 11 Uhr Vor diesem Augenblick
erfährt der Korps- Kommandeur,
daß die Hauptkräfte des Feindes die Epte
erreicht haben und dort lagern,
während seine Kavallerie-Patrouillen sich in
Notre-Dame- de-l'Isle (an der Seine) und in Bernouville (östlich von Etre pagny) zeigen. Sogleich beschließt der kommandirende General, das Gros seiner Truppen auf dem rechten Ufer der Andelle Kantonnements beziehen. und durch seine Avantgarde das Ueberschreiten
des Flusses sicherstellen zu
lassen. Er weist dem Gros für die Kantonnements den Bezirk Radeport, Beaudoin, Bourg, Port d'Andelle an und befiehlt einem seiner Generalstabs offiziere, ihm den Entwurf eines Befehls vorzulegen über die Unterbringung der Avantgarde und die Aufstellung der Vorposten.
70
-―――――
Aufgabe: 1. Begründete Angabe einer Vorpostenſtellung,
welche
die vom Armee
Korps am 11. März beseßten Kantonnements deckt und dessen Uebergang auf das linke Ufer der Andelle sichert. 2. Nach Bestimmung dieser Stellung :
Abfassung
des Befehls
für
die
Avantgarde und die Vorposten (Infanterie und Kavallerie) für den 11. März und für die Nacht vom 11. zum 12. März. 3. Sorgfältige Einzeichnung der für die Kavallerie getroffenen Einzeich nungen auf der Karte 1 : 80 000, für die Avantgarde auf 1 : 40 000, während des 11. März und während der Nacht vom 11. zum 12. März .
Bemerkungen : a) Die Avantgarde
des Armee-Korps
besteht aus zwei Schwadronen
Kavallerie, einer Brigade Infanterie, zwei Batterien, einer Genie-Kompagnie und einer Sektion des Sanitäts- Detachements. b) Das Armee-Korps verfügt nur über die beiden der Avantgarde zu getheilten Schwadronen 2c.
Zweite Arbeit : 3 Stunden. Kurze Abhandlung über
eine Frage aus der Kriegsgeschichte in den
Grenzen des für die mündliche Prüfung vorgeschriebenen Programms . Kriegsgeschichte.
Feldzug 1870/71 .
Bericht über die Schlachten am
14., 16. und 18. August 1870. Ergebnisse dieser drei Tage. Dritte Arbeit : 2 Stunden. Mit Hilfe eines Wörterbuches muß ein Abschnitt französischer Proſa, meist einem militärischen Werke entnommen, in's Deutsche überseßt werden . Das diesmalige
Thema" lautete in der Ueberseßung, in welcher die
Fehler in Zahlen und Wortschreibung beibehalten sind :
„ Der General von
Göben, kommandirender General des VII. (!) Armee-Korps, war am 1. Auguſt in Wadern eingetroffen .
Er erhielt dort um 2 Uhr Nachmittags die Meldung
vom Gefecht bei Saarbrücken und von der Räumung dieser Stadt . *)
Um
die Fühlung mit dem Feinde sofort wiederzugewinnen, befahl er für den fol genden Tag eine Vorbewegung der vordersten Truppen auf Dudweiler, Saar brücken und Volklingen. Um diese Bewegung zu unterſtüßen, entschloß er sich, sein ganzes Armee-Korps mehr nach Süden zu schieben. Er wollte mit der 15. Division auf Lebach gehen, von wo aus er mit Leichtigkeit ſeine Kräfte nach jeder beliebigen Richtung hin lenfen konnte. Dieser Plan wurde dem Oberbefehlshaber der I. Armee unterbreitet und der General von Stein meg billigte die vom General von Göben vorgeschlagenen Anordnungen. " Vierte Arbeit :
4 Stunden.
Anfertigung
zwar aus der Karte 1 : 80 000 von Reims soll
eines Krokis ,
ein Stück um das
und Dorf
*) Also Göben : VII . Korps ; - erhält am 1. August schon die Nachricht über das Gefecht bei Saarbrücken, das doch erst am 2. Auguſt ſtattfand!
-
71
Saint- Gilles im Maßstabe von 1 : 20 000 frofirt werden .
Besonders muß
das Terrain scharf hervortreten ; es sind Horizontalen anzuwenden. Zeichnung : mit Bleistift, bunte sind erlaubt und zwar wird besonders bestimmt : für Gewässer, roth für Baulichkeiten, grün für Waldung. "
„ blau
Sollten die Sig
naturen bezw. Farben nicht ein für allemal vorgeschrieben sein ? Von Waffenlehre, Befestigungskunst, Mathematik u . A. enthält dies, dem „ Progrès militaire " entnommene Prüfungs - Programm, welches für 4 Tage 8. berechnet ist, feine Andeutung.
Der Serbisch-Bulgarische Krieg .
Von W. von Bechtold. Fortes fortuna adjuvat !" Einer der hervorragendsten Mitarbeiter an dem Berliner Kongreß von 1878 , Graf Julius Andrassy, der damalige österreichisch - ungarische Minister des
Aeußeren,
hat am 25.
garischen Parlaments,
Januar d.
bei Gelegenheit
J.
in
einer
Sigung
des
un
einer Interpellation über die bereits
unsterblich gewordene orientalische Frage, die bemerkenswerthe Aeußerung gc than, daß die Schaffung Ost-Rumeliens " die am wenigsten lebensfähige Schöpfung
jenes Kongresses gewesen sei.
zweier stammverwandter Völkerschaften,
Die Wünsche und Hoffnungen
der Bulgaren und der Rumelioten,
ihre Länder in ein Groß-Bulgarisches Reich vereinigt zu sehen, waren nicht in Erfüllung gegangen und somit ein fortwachsender Keim der Unzufrieden heit in fruchtbaren Boden gelegt worden . Von gar mancherlei Bedenken und Rücksichten geleitet,
hatten die um
den grünen Tisch versammelten Tiplomaten anstatt eines einzigen Bulgariens ein Fürstenthum unter diesen Namen ,
einen tributpflichtigen Vaſallenſtaat
der Türkei und eine türkische Provinz, Ost-Rumelien, unter einem von dem Sultan zu ernennenden christlichen Gouverneur gebildet. Das Fürstenthum Bulgarien,
mit
64 000
Kilometern und nahezu
2 Millionen Einwohnern, war dem Prinzen Alexander von Battenberg, dem Sohne des Prinzen Alexander von Hessen und bei Rhein * ) unter Prinz Alexander von Hessen : Siche : Neue Militärische Blätter, 14. Jahrgang, XVIII . Band, 2. Heft, Februar 1886.
-
72
―――――
dem Titel eines Fürsten von Bulgarien verliehen worden.
Vor seiner Be
rufung auf den neu-kreirten Fürstenthron hatte Prinz Battenberg als Premier Lieutenant im k. preuß. Garde du Korps - Regiment gedient. Auch hatte der Prinz im Jahre 1875 wenn wir nicht irren, im Stabe des General Rauch den Feldzug gegen die Türkei mitgemacht und für die hierbei be wiesene Tapferkeit den St. Georgs -Orden erhalten. Ost-Rumelien, mit 36 000
Kilometer und nahezu 820 000 Einwohnern
(darunter etwa 580 000 Bulgaren), erhielt zum Gouverneur Gavril Pascha, eine unbedeutende, bis dahin unbekannte Persönlichkeit, gegen deren Berufung auf diesen wichtigen Posten Oesterreich-Ungarn sich allein auf dem Berliner Kongreß, wenn auch vergebens, ausgesprochen hatte. Wenn auch Ost-Rumelien eine türkische Provinz genannt wurde, ſo verdiente es diese Bezeichnung eigent lich nur dem Namen nach. Die Türkei hatte von dem ihr zustehenden Recht an den in diesem Territorium liegenden Balkanpässen, sowie an der Küste des Schwarzen Meeres Befestigungen anzulegen und dieselben mit türkischen Garnisonen zu belegen keinerlei Gebrauch gemacht. Ebensowenig hatte man in Konstantinopel daran gedacht, die durch den Berliner Kongreß verliehene Befugniß der Ernennung der Offiziere in der Miliz und der Gensdarmerie dieser Provinz jemals auszuüben .
Schließlich muß hier noch an den § 16
des genannten Kongresses erinnert werden, welcher den Sultan ermächtigte, die etwa gestörte Ruhe in Ost-Rumelien durch türkische Truppen wieder her stellen zu lassen. Es wäre vollkommen unrichtig und den Thatsachen wenig entsprechend, wenn man behaupten wollte, der rumeliſche Aufſtand ſei gänzlich unerwartet gekommen.
Mit gewohnter Indolenz hatte dte türkische Regierung es unter
laſſen, den ihr durch den Kongreß gewordenen Verpflichtungen nachzukommen ; es konnte daher den Unzufriedenen im Lande nicht schwer werden, ihre Vor bereitungen zu einem Anschluß an Bulgarien und Schaffung eines Groß Bulgarischen Fürstenthums zu treffen.
Schon seit Jahren waren in Rumelien
groß bulgarische Komités thätig, allein die schwache Regierung eines Gavril Pascha konnte nichts davon entdecken. Die ersten Spuren ihrer Thätigkeit zeigten sich am 29. Mai 1885 in dem Ueberfall
auf das
Zeughaus
von
Küstendil, welchem am 15. Juni der Angriff auf das Arsenal von Thirpan folgte.
Es waren dies die Vorboten des Sturmes, welchen man fast überall,
nur nicht in Konstantinopel, voraussah. der Wiener
Am 20. Juni hatte der Korrespondent
Neuen Freien Presse" die folgenden Zeilen aus der türkischen
Hauptstadt an sein Blatt gerichtet : „ Die Lage wird immer schwieriger und bereitet der türkischen Regierung große Sorgen.
Augenscheinlich bereiten die
Komités von Sofia und Philippopel eine revolutionäre Erhebung für diesen Sommer vor und es fehlt nicht an Mitteln, dieselbe zum Ausbruch zu bringen." Obgleich man also am Goldenen Horn von dem Bestehen und den Umtrieben . einer groß-bulgarischen Partei vollkommen unterrichtet war, so geschah doch
73
___
nicht das Geringste, um den Bestrebungen jener Komité's
entgegenzutreten.
Fürwahr, ein Staat, welchem so wenig an seiner Eristenz und an der Inte grität seines Beſißes gelegen ist, hat damit eigentlich schon jede Existenzbe rechtigung und jede Rücksichtsnahme anderer befreundeter Staaten verwirkt. Im übrigen Europa hatte man diesen im Geheimen wirkenden Verbindungen nur wenig oder gar keine Aufmerksamkeit geſchenkt und so schreckte denn auch das kurze Telegramm
von Sofia vom 19. September in fast gewaltsamer
Weise das in tiefem Frieden schlummernde Europa aus seinen rosigen Träu men auf. Im Verlaufe weniger Stunden hatte sich eine der merkwürdigsten Re volutionen abgespielt, welche die neuere Geschichte kennt.
In der Nacht vom
18. auf den 19. September 1885 hatte sich das Volk in Philippopel erhoben und mit Hülfe der Armee den türkischen Gouverneur
Gavril Pascha seines
Amtes entsegt und verhaftet und die Vereinigung Ost-Rumeliens mit Bulgarien unter der Oberhoheit des Fürsten Alexander von Bulgarien proklamirt. Fürst Alexander konnte der nationalen Erhebung keinen Einhalt gebieten, er sah sich vielmehr vor die Alternative gestellt, auf sein Fürstenthum zu ver zichten und abzudanken oder aber sich an die Spiße der Bewegung zu stellen. Sein Entschluß war bald gefaßt.
Als er schon am 19. September Varna
verließ, um sich nach Philippopel zu begeben, sagte er zu seiner Umgebung : „Die Stunde der Vereinigung hat geschlagen ; ich begebe mich nach Philippopel, wohin mich mein Volk ruft.
Die Vereinigung ist uns theuerer, als das Leben. "
Mit diesen Worten bezeichnete sich Fürst Alexander als Bulgare,
der von
denselben Gefühlen und Gesinnungen beseelt ist, wie sein Volk ; von diesem zum Herrscher ausgerufen, kennt er nur ein Ziel : den Wünschen und Hoff nungen der Bulgaren gerecht zu werden und in der Gründung eines groß bulgarischen Reiches die nationalen Aspirationen seiner neuen Unterthanen zu verwirklichen.
alten sowie seiner
Indem er sich an die Spize dieser ein
müthigen Bestrebungen eines selbstbewußten Volksstammes stellte, hatte er auch die volle Verantwortung für den geschehenen Schritt übernommen ; gleich zeitig hatte er aber auch die nationale Erhebung ihres revolutionären Cha rakters entkleidet, die
Gräuelthaten verhindert, die sich sonst im Gefolge
einer jeden Revolution befinden und endlich den ersten Schritt zur Legalisirung des Aufstandes in den Augen Europa's gemacht.
Wohl schien es im Anfang
sonderbar, daß ein nach strengen Grundsägen erzogener deutscher Fürſtenſohn, daß ein an stramme Disziplin und unbedingte Subordination gewöhnter Offi zier sich an die Spiße einer Revolution stellen konnte, in dem vorliegenden Fall indeß hatte der Fürst keine andere Wahl . Es war ihm hier geboten nicht nur als Soldat, sondern auch als Politiker zu handeln. Dem geschicht lichen Verlauf der zwei nächsten Monate sollte es vorbehalten bleiben, der Welt zu beweisen, wie korrekt Fürſt Alexander von Bulgarien gehandelt habe, wie vollkommen er allen Anforderungen des Feldherrn und des Diplomaten
74
-
gewachsen sei und wie er sich für alle Zeiten ein ruhmvolles Blatt in der Kriegs
und Staatsgeschichte unseres Jahrhunderts erworben habe.
Wenn auch der Fürst in der Vereinigung von Bulgarien und Rumelien die Oberhoheit der Türkei ausdrücklich anerkannt hatte, und er selbst nicht aus der Rolle eines Vasallen herausgetreten war *), ſo ſtand doch zu be fürchten, daß man sich türkischerseits bestreben werde, den früheren Zuſtand in Rumelien wieder herzustellen . Sorge des Fürsten,
Aus diesem Grunde war es auch die erste
sobald er nur die Regierung angetreten hatte, alle ver
fügbaren Streitkräfte an die türkische Grenze zu dirigiren. Auch das Aktions komité in Philippopel hatte schon früher diesem Gedanken Rechnung getragen und bereits am 18. September die gerade zu den Manövern bei Philippopel konzentrirten Milizen per Eisenbahn an die Grenze expedirt. Die nächste türkische Garnison war Adrianopel (38 kilometer von der Grenze, 170 Kilometer von Philippopel entfernt) ― und von dort erwartete man denn auch das Anrücken der türkischen Kolonnen.
In dieser Erwartung sollten je
doch die Bulgaren, wenn auch nicht gerade in unangenehmer Weise, getäuscht werden, denn das einst so stolze Osmanenreich,
an Altersschwäche,
vielleicht
mehr noch an permanenten Finanzkalamitäten leidend, verhielt sich vollständig passiv, indem es die Regelung seiner Angelegenheiten dem Walten der Großmächte Europa's überließ.
Schalten
und
Der Fürst von Bulgarien hatte unterdessen am 21. September unter dem begeisterten Jubel der Menge seinen feierlichen Einzug in Philippopel gehalten und hiermit in formeller Weise Besiß von Ost-Rumelien ergriffen. Durch diesen Antritt der Regierung über das nunmehr vereinigte Bulgarien war eine vollendete Thatsache geschaffen worden und mit Thatsachen ist schwer zu rechnen, noch schwieriger ist es, gegen dieselben anzukämpfen . Aber schon am nächsten Tage zogen sich die ersten Gewitterwolken an dem politischen Horizont des neugeschaffenen Reiches zusammen und zwar von einer Seite, von welcher man sie am wenigsten erwartet hätte.
Es war das
Nachbarreich der Serben, in welchem bei der ersten Nachricht von der Erhe bung der Bulgaren der alte Haß von Neuem entbrannte und sich wie ein Flammenmeer über das ganze Land ergoß.
Man schien in Belgrad zu fürchten,
bei einer etwa bevorstehenden Theilung der Türkei zu kurz zu kommen und so wurde denn schon am 22. September ein Ukas erlassen, welcher die Mobil machung des aktiven Heeres anordnete und gleichzeitig die Skuptschina auf den 1. Oktober nach Nisch einberief.
Das
energische Auftreten des
einstigen
Vasallenstaates hatte auch die Türkei aus ihrer Lethargie aufgerüttelt, indem sie südlich der serbischen und bulgarischen Grenze,
östlich der Stadt Skoplje,
In dem am Tage des Einzuges in Sofia an den Sultan gerichteten Telegramm hatte sich der Fürst unterschrieben : Ew . Majestät ergebenſter Vasall, Alexander I , Fürſt von Bulgarien. "
75 zwischen dem Vardar und dem Struma = Thal, sowie südlich der rumeliſchen Grenze bei Adrianopel im Marica- Thal nicht unbeträchtliche Truppenkonzen trirungen vornehmen ließ. Die Serbische Armee. Nach der Reorganisation der serbischen Armee vom ist dieselbe in drei Aufgebote eingetheilt :
1. Januar 1883
1. die aktive Armee und deren
Reserve, das erste Aufgebot der Wehrpflichtigen, die zehn jüngsten Altersklassen umfaſſend ; 2. die Reservearmee oder das zweite Aufgebot, aus den Mann schaften bestehend,
welche ihre Zeit in der aktiven Armee gedient hatten,
dann in ihre Heimath
entlassen wurden und zum Dienst im Rücken der
Armee beſtimmt sind ; 3. der Landsturm oder das dritte Aufgebot, welches nur im
äußersten Nothfalle zur Vertheidigung des Vaterlandes
verwendet
werden soll. Jeder Serbe ist vom 20. bis 50. Lebensjahr zum Militärdienſt verpflichtet ; vom 20. bis 30. Lebensjahr im ersten, vom 30. bis 37. im zweiten und vom 37. bis 50. im dritten Aufgebot.
Für den Ersaß der Armee
an Mannschaften hat man das Territorial- System eingeführt und demgemäß das Königreich in fünf Diviſionskreise eingetheilt, Timok-, Schumadija-, Donau-, Drina- und Morawa-Kreis, mit 15 Regimentsbezirken und
60 Bataillons
distrikten. Der Regimentsbezirk stellt von jedem Aufgebot je 4 Bataillons, der Bataillonsdistrikt je ein Bataillon. Die übrigen Waffengattungen ergänzen sich durch entsprechende Vertheilung der erforderlichen Kontingente auf die Regimentsbezirke der betreffenden Divisionskreise.
Das stehende Herr besteht
im Frieden aus 5 Infanterie-Regimentern ( 15 Bataillone), 1 Garde- Eskadron, 5 Eskadronen berittener Truppen, 5 Regimentern Feldartillerie (20 Batterien à 6 Geschüße),
1 Gebirgs- Artillerie- Regiment (3 Batterien à 4 Geschüße),
1 Festungs -Halbbataillon zu
2
Kompagnien,
1
pyrotechnische
Feuerwerks
Kompagnie, 1 Pionier- Bataillon, (5 Kompagnien), 1 Pontonier-Halbbataillon (2 Kompagnien),
5 Train- Eskadronen und 5 Sanitäts-Kompagnien.
Diese
Abtheilungen des stehenden Heeres bilden nach dem Einrücken der Reſerviſten die taktischen Einheiten der Operations
Armee ,
nämlich :
Regimenter (60 Bataillone) und 15 Erſaß -Bataillone,
15 Infanterie
im Ganzen
75 Ba
taillone, 5 Kavallerie-Regimenter (20 Eskadronen) mit je 1 Ersay-Eskadron ; 40 Feldbatterien ( 240 Geſchüße), 6 Batterien Gebirgs - Artillerie (24 Geſchüße), diese bilden zusammen 6 Artillerie-Regimenter mit ebensovielen Ersag -Batterien (24 Geſchüßen) ; 1 Festungs -Bataillon, 1 Feuerwerks -Kompagnie, 5 Pionier Kompagnien, 5 halbe Brückentrains mit ebenso vielen Erſaßzügen, 5 Ingenieur Depots, 1 Brückenpark, 2 Telegraphen-Abtheilungen, 1 Mineur- und 1 Eiſen bahn -Kompagnie, 1 Trainregiment, 5 aktive Sanitäts -Kompagnien und eine in Reserve, 5 Feldpost-Abtheilungen, 1 Reserve- Feldpost, 1 Pferde-Ersaßdepot, Artillerie-Parks und Proviant-Kolonnen. Die Verpflegungsstärke der ganzen aktiven Armee (stehendes Heer und dessen Reſerven) würden betragen haben :
76
2904 Offiziere und Beamte, 104532 Unteroffiziere und Soldaten, 24 172 Pferde mit 298 Geschüßen.
Da jedoch nach dem
1kas des Königs Milan weder
die Reserven, noch das 2. und 3. Aufgebot mobiliſirt, ſondern vorläufig nur 2:4 5 Diviſionen aufgestellt wurden, so dürften die Serben den Krieg mit 60 Ba taillonen, 20 Eskadronen, 264 Geschüßen, 5 Pionier und 5 Sanitäts-Kom pagnien, im Ganzen mit etwa 55 000 Kombattanten den Krieg eröffnet haben . So schwach daher auch die serbische Armee an Zahl sein mochte, so werden wir doch weiter unten sehen, wie sehr sie die kleine Armee des Fürsten von Bulgarien in dieser Hinsicht übertraf.
Ein nicht geringer Theil der serbischen
Offiziere hatte seine militärische Ausbildung in der österreichiſchen Armee und in deren Unterrichtsanstalten erworben und befinden sich noch heute viele che malige österreichische Offiziere in der Armee des Königs Milan.
Die Ge=
schüße der serbischen Armee entsprechen im Allgemeinen nicht den Anforderungen der neuesten Kriegstechnik, dazu kam noch die Verschiedenartigkeit der Geſchüß systeme, welche oft in störender Weise auf den Gang des Gefechtes einwirkte. Erst kurz vor der Mobilmachung hatte man beschlossen das französische System de Bange einzuführen, ohne damit vor Beginn der Feindseligkeiten fertig geworden zu sein, daher waren für
den Kriegsgebrauch nur
einige aptirte
Geschüße in Bronce vorhanden, neben welchen noch Kanonen nach den Systemen Krupp, Armstrong und La Hitte (Vorderlader) in Verwendung kamen .
Die Bulgarische Armee. Die Organisation der bulgarischen und ostrumelischen Miliz beruht eben falls auf dem Prinzip der Territorial - Eintheilung.
Bulgarien ist in zwei
Militär- oder Diviſions - Bezirke mit je 12 Ersaz - Bezirken eingetheilt. Auf jeden Militär = Bezirk entfallen dieser Eintheilung entsprechend eine Division mit 12 Bataillonen à 700 Mann in 4 Infanterie- Regimentern, 1 Feldartillerie Regiment zu 6 Batterien à 4 Geſchüßen und 1 Kavallerie - Regiment zu 4 Außerhalb dieses Verbandes steht 1 Leibgarde : Eskadron des
Eskadronen.
Fürsten, 1 Genie-Bataillon und 1 Festungs-Artillerie-Kompagnie. Bei aus brechendem Kriege kann die Stärke der Bataillone auf 1000 Mann, die Zahl der Geſchüße von 4 auf 8 per Batterie gebracht werden .
Die Kriegs
stärke der Armee sollte sich demnach (mit Ausschluß des 2. Aufgebots und des Landſturms) auf 24 Bataillone, 9 Eskadronen, 96 Geſchüße und 4 Genie Kompagnien belaufen, in runder Zahl 30 000 Kombattanten. ist neben anderen Gewehrsystemen
der größeren
neueren Berdan - Gewehr ausgerüstet . theils russischer Provenienz,
Die Infanterie
Mehrzahl nach mit dem
Die Geschüße sind theils
türkischer,
je nachdem sie in dem leßten Kriege erbeutet
oder als Dotationen der neugebildeten bulgarischen Armee verliehen worden waren ; sie entstammten zumeist den Krupp'schen Etabliſſements . Gleich Bulgarien ist auch Ost-Rumelien in 12 Ersaß- Bezirke eingetheilt und zählt 1 Feld-Diviſion von 12 Bataillonen à 1000 Mann, 2 Eskadronen
77
und 4 Geſchüße, zuſammen etwa 13 000 Kombattanten. zungs - Bezirk befindet sich beim Bataillonsſtab
In jedem Ergän
eine Präsenz - Kompagnie,
welche durch die Mannschaften des 1. Aufgebots auf Bataillonsstärke gebracht werden kann .
Die Infanterie ist mit dem Krnka - Gewehr älteren Syſtems
bewaffnet, die Artillerie hat Krupp'sche Geschüße. In Folge der später hinzutretenden Landſturm- und Freiwilligen-Abthei lungen ist es ganz unmöglich, Streitkräfte anzugeben,
die genaue Zahl der
bulgarisch'- rumeliſchen
bei Ausbruch des Krieges dürfte dieselbe nicht mehr
denn 43 000 Kombattanten mit 100 Geschüßen betragen haben. Wie man wohl vorausseßen konnte,
war man in Rußland, namentlich
aber in der nächsten Umgebung des Czaren, über die Ereignisse in Philippopel im höchsten Grade aufgebracht.
Als erstes Zeichen der kaiserlichen Ungnade
erfolgte unmittelbar nach dem Bekanntwerden des erfolgten Umschwunges der Dinge in Rumelien aus Petersburg der Befehl, Diensten stehenden russischen Offiziere,
daß die
in bulgarischen
etwa 150 an der Zahl, sofort die
innegehabten Stellungen aufzugeben und nach Rußland zurückzukehren hätten. So schwer auch anfangs die kleine bulgarische Armee von dieser Maßregel betroffen erschien, so sollte es sich doch später zeigen, daß das mächtige Ruß land
dem schwachen Bulgarien damit
einen großen Dienſt erwiesen habe.
Das Fürstenthum wurde hierdurch von dem schweren Alp befreit, ihm laſtete und es in allen seinen freien Bewegungen hemmte.
der auf
Die Reihen
der bulgarischen Armee waren nunmehr für immer den russischen Offizieren verschlossen,
die doch immer eine eigenthümliche Stellung innerhalb derselben
eingenommen hatten.
Sie standen zwar unter dem Befehl des Fürſten von
Bulgarien, gleichzeitig aber auch unter demjenigen des Kaisers von Rußland, und wie schon das alte Sprüchwort besagt, kann Niemand zwei Herren dienen. Fürst Alexander hatte einmal, lange vor dem Ausbruch der Revolution vom 18. September die bemerkenswerthe Aeußerung fallen lassen : „ Meine armen bulgarischen Subaltern-Offiziere fühlen sich fremd in ihrer eigenen Armee !" Durch den Austritt der Russen war nunmehr des Fürsten Wunsch erfüllt, und aus dem trefflichen Material, welches ihm zur Verfügung stand, konnte er nach freier Wahl die Führer seiner Soldaten ernennen.
An jenem Tage,
an welchem die russischen Offiziere in ihre Heimath zurückberufen
wurden,
verlor Rußland den leßten Rest der Sympathie, welchen ihm das Volk der Bulgaren seit dem leßten Türkenkriege bewahrt hatte.
Aber als ob hiermit
der Unwille des Czaren sich noch nicht zur Genüge offenbart habe, wurde am 5. November in Petersburg ein Tagesbefehl erlassen, Alexander von Bulgarien als General
durch welchen Fürſt
Lieutenant à la suite der ruſſiſchen
Arinee gestrichen und gleichzeitig der Inhaberſchaft des 13. ruſſiſchen Schüßen Bataillons enthoben wurde. Man hatte in St. Petersburg das neugeschaffene Bulgarien mehr als eine ruſſiſche Provinz, denn als einen türkischen Vasallen ſtaat,
als
einen vorgeschobenen Posten,
als eine Etappe für die Armee des
78 Czaren betrachtet, falls ― -
in Ausführung des Testaments Peter's des Großen
ein neuer Krieg gegen das Osmanen
Reich die russischen Heeresmassen
wieder über den Balkan führen sollte. Allen diesen klugen Berechnungen und politischen Vorausseßungen hatte Fürst Alexander ein plößliches Ende bereitet und
hinc illae lacrimae !
Obwohl Fürst Alexander die ihm zugefügte
Kränkung bitter empfand und sich in seinem militärischen Stolz aufs schmerz lichste verlegt fühlte, namentlich aber auch in seinen Erinnerungen an Kaiser in (dessen erlauchte Gemahlin seine Tante gewesen) . Alexander II. ―― peinlichster Weise berührt wurde, so blieb doch der Fürst seiner hohen politischen Mission und der seinem Lande gegenüber eingegangenen Verpflichtungen eingedenk, indem er in keiner Weise den Gefühlen Ausdruck verlich, von welchen sein redliches Gemüth und sein feinfühlendes Soldatenherz erfüllt sein mußten, ſondern vermied in kluger Auffassung der Dinge, wie sie waren, Alles, wo durch er den einstigen Beschüßer seines Volkes noch mehr hätte reizen können . Wie sich wohl erwarten ließ, erregte diese Streichung des Fürsten aus der russischen Armee in allen militärischen Kreisen Europas das größte Aufsehen. Die Beurtheilung dieses Verfahrens war faſt allenthalben die gleiche, indem gerade hierdurch die Sympathien für den Fürsten nicht nur in der deutschen und österreichischen Armee, sondern anch in den meisten anderen europäischen Heeren nicht unwesentlich erhöht wurden. Um den Ausfall jener durch den Austritt der russischen Offiziere
er
ledigten 150 Offiziersſtellen zu decken, mußten viele Kompagnien der bulga riſchen Armee blutjungen Portepee- Fähnrichen unterſtellt werden, während die Bataillone und Regimenter den Hauptleuten übertragen wurden.
Die bul
garische Armee zählte am Tage der Abberufung der ruffiſchen Offiziere nur einen einzigen Stabsfourier Oberſtlieutenant Baron Corvin. Hauptleute hatten eine mehr denn sechsjährige
Die wenigſten
Dienstzeit hinter sich,
die
Premierlieutenants hatten höchstens 5, die Sekondelieuteants nicht länger denn 1 Jahr gedient und kein Offizier der ganzen bulgarischen Armee hatte das vierzigste Lebensjahr überschritten .
Es war daher auch sehr begreiflich, daß
die plößlich zu Regiments-Kommandanten ernannten Hauptleute nicht ohne einige Befangenheit den kommenden Ereignissen entgegensahen.
„ Unter den
Russen" hatten sie nur gelernt Kompagnien zu befehligen, jezt ſollten sie auf einmal Abtheilungen von 4000 Mann gegen einen Feind in's Feld führen, dessen Armee von kriegserfahrenen Generalen und Offizieren befehligt war. Es lagen dem Fürsten zahlreiche Bewerbungen um Offiziersstellen, namentlich aus Desterreich, vor, von Bewerbern, welche fast insgesammt der slavischen Sprache mächtig waren, allein von einem richtigen patriotischen Gefühl ge leitet, wollte der Fürst keine fremden Elemente in seine Armee aufnehmen . Der obengenannte Oberstlieutenant Baron Corvin und Kapitain Binderew (der ehemalige k. preuß. Premierlieutenant Binder) waren die einzigen Aus länder in der bulgarischen Armee.
-
79
Die serbische Armee hatte gegen Mitte Oktober ihre Mobilmachung voll endet und zu demselben Zeitpunkt
auch schon ihren strategischen Aufmarsch
an der bulgarischen Grenze zur Ausführung gebracht.
König Milan hatte
den Oberbefehl über die Armce übernommen und in Nisch, der uralten ser bischen Hauptstadt, sein Hauptquartier aufgeschlagen .
Die Armee wurde in
drei Korps getheilt und denselben die folgende Aufstellung
gegeben :
Das
Hauptkorps, aus den drei Divisionen Drina, Donau und Schumadija be-, ſtehend und etwa 33 000 Kombattanten zählend, auf der Straße, welche von Nisch über Pirot und die bulgarische Grenze nach Sofia führt ; die Morawa Division mit etwa 10 000 Kombattanten rechts, also südlich vom Hauptkorps, in den Thälern der Morawa und der Vlasina, oberhalb Lescovac,
mit den
Vortruppen an den Grenzübergängen auf dem Vlasina- Plateau ; die Timok Division links, alſo nördlich vom Hauptkorps, im Timok- Thal bei Zajecar, gegenüber Adlije. Ein Blick auf die Karte * ) wird beweisen, daß bei dieser Aufstellung der serbischen Armee die geographische Lage der einzelnen Militärbezirke als Basis angenommen worden war. Die drei Divisionen des Hauptkorps standen (wie bereits bemerkt) an der Nisch- Pirot- Sofia - Straße,
der natürlichsten
und wichtigsten Operationslinie gegen Bulgarien ; dieselbe Straße führte aber auch landeinwärts in die Ersaßbezirke der einzelnen Divisionen.
Die beiden
Flügeldivisionen waren inmitten ihrer Ersaßbezirke konzentrirt worden. Das Hauptkorps, sowie die rechte Flügeldiviſion, waren gleichweit etwa 80 Kilo meter von Sofia und etwa 50 Kilometer von einander entfernt . Diese vier Diviſionen waren zum gemeinschaftlichen Vorgehen gegen die bulgariſche Hauptstadt beſtimmt.
Die Timok-Division war durch eine Entfernung von
etwa 90 Kilometer von dem Hauptkorps getrennt, während die Strecke von Zajecar nach Sofia etwa 190 Kilometer betragen haben würde.
Das Ope
rationsterrain dieser Division war das weite Gebiet zwischen der Donau und dem Balkan,
vor Allem war es jedoch die Festung Widdin,
hätte bemächtigen sollen .
deren sie sich
Man hatte daher im serbischen Hauptquartier auf
die Mitwirkung der Timok- Division bei einem Vormarsch auf Sofia vollständig verzichtet, indem man es für ein Leichtes hielt mit vier Divisionen die bul garische Armee zu Paaren zu treiben . Diese Ansicht des serbischen Generalstabes war aber auch in der That nicht so ganz unbegründet als man vielleicht glauben könnte.
Die noch in
ihrer Organisation begriffene bulgariſch-rumeliſche Armee war vor Allem an Zahl bedeutend schwächer als die serbische, das Offizierkorps weniger zahlreich und im Allgemeinen weniger kriegsgeübt ; die Verschiedenartigkeit der Waffen und des Kalibers, der totale Mangel an Gebirgs-Artillerie, die schwach ver tretene Kavallerie (9 Eskadronen gegen 21 ! ), die geringe Anzahl technischer *) Zum Studium dieses Krieges möchten wir als die besten Karten jene bezeichnen , welche im Verlag des . . Militär- Geographischen Instituts in Wien erschienen sind.
80
Truppen und anderer Hülfsanstalten einer Armee im Felde werden wohl zur Genüge diese Inferorität der bulgarischen Armee gegenüber der serbischen be weisen.
Dazu kam noch, daß eine feindliche Armee, die türkische, im Süden
und Often, eine zweite, die serbische im Westen des Fürstenthumes eine dro hende Aufstellung genommen hatten.
Das neu gebildete und vereinigte Bul
garien befand sich demnach in einer äußerst schwierigen und gefahrdrohenden Lage, aus welcher es nur die Energie und Thatkraft des Fürsten und die begeisterte Vaterlandsliebe seiner tapferen Bulgaren befreien konnte. Die bulgarische Armee war ebenfalls in drei Gruppen eingetheilt worden. Bei Philippopel und längs der nach Adrianopel bis zur türkischen Grenze führenden Eisenbahn stand die ost-rumelische Miliz und eine gemischte Division bulgarischer Truppen, im Ganzen etwa 25 000 Kombattanten. Bei Sofia war eine zunächst aus Truppen der westlichen Bezirke zuſammengefügte Divi fion, in der beiläufigen Stärke von 15 000 Kombattanten, aufgestellt worden ; dieselbe hatte ihre Vortruppen über Dragoman und Trn bis zur serbischen Grenze vorgeschoben.
Die dritte Gruppe hatte in der Festung Widdin und
in deren nächsten Umgebung ihre Aufstellung gefunden und ihre Vortruppen gegen Zajecar vorgeschoben ; die ungefähre Stärke dieser Division belief sich auf circa 4000 Kombattanten.
Wie bereits erwähnt, war der ſtrategische Aufmarsch der serbischen Armee um die Mitte Oktober zu Ende geführt worden. erklärung Serbiens an Bulgarien
vergingen
Von da an bis zur Kriegs volle
vier Wochen, während
welcher Zeit die serbische Armee in ihren Biwaks bei Pirot sehr viel von der Ungunst der kalten regnerischen Witterung zu leiden hatte. Es kamen vielfache Krankheitserscheinungen vor und mehr denn ein braver Soldat wurde in die kühle Erde gebettet, bevor er noch eines Feindes ansichtig geworden war. Aber auch der Enthusiasmus, welchen anfangs das serbische Volk und die Armee des Königs Milan zur Schau getragen hatten, nahm sichtlich ab und einzelne Fälle der Insubordination wiesen sogar auf einen Beginn der Lockerung der Disziplin in den Reihen des Heeres hin. Hätte König Milan sofort nach vollendetem Aufmarsch seiner Armee den Krieg erklärt und die bulgarische Grenze überschritten, so würden seine Chancen sein.
ungleich günstiger
gewesen
Während dieser vierwöchentlichen Periode fand ein lebhafter Depeschen
krieg zwischen beiden Staaten statt, während die Zeitungen von Telegrammen. wimmelten,
welche von unerhörten Gräuelthaten, von Grenzüberschreitungen,
von Zollplacereien und ähnlichen Unterhaltungen zu berichten wußten, lauter Nachrichten, welche zwar immer am nächsten Tage schon in der kategoriſchſten Weise dementirt wurden, aber trotzdem bezeichnend genug waren, um die feindselige, zur höchsten Erbitterung gesteigerte Stimmung der beiden Völker erkennen zu laſſen. Konferenz,
welche,
In diese Zeit fällt auch die in Konstantinopel tagende wie wohl noch erinnerlich,
eine so eklatante diplomatiſche
81
Niederlage erleiden sollte.
Noch immer hatte man sich in den
politischen
Kreisen Europas der Hoffnung hingegeben, die zwischen den beiden ſlaviſchen Volksstämmen entstandenen Zwiftigkeiten in friedlichem Wege beilegen zu können, allein die Dinge waren schon zu weit gediehen, die serbische Regierung konnte nicht mehr zurück und König Milan wäre nahe daran geweſen,
die
Krone zu verlieren, wenn er nicht dem allgemeinen Drängen nachgegeben und den Krieg erklärt hätte.
Der
Mangel
einer Verfolgung
durch
die
Kavallerie.
Erläutert durch ein Beispiel aus den lezten Feldzügen.
Vielfach ist geklagt worden, daß in den lezten Feldzügen eine Verfolgung durch Kavallerie, sei es in taktischer oder strategischer Form, nie ausgeführt wurde. Ohne auf die Ursachen hier näher eingehen zu wollen, soll versucht werden. in Form einer Studie einen Fall aus den leßten Kampagnen herauszugreifen, um daran, auf Grund der vorhandenen Generalstabswerke,
die Betrachtung
zu knüpfen, die vielleicht in Etwas zur Begründung des vorstehenden Themas beiträgt. Ein österreichischer Kavallerie-Offizier, Freiherr v . Pach zu Bernegg, hat in einem Vortrage :
"1 Gedanken eines Truppen-Offiziers ", gehalten 1873 zu
Wien im Militär-Kasino (wiedergegeben und mit Bemerkungen versehen von Kähler Pascha unter der Chiffre 8 im Militär-Wochenblatt des Jahres 1877 Nr. 17) über Verfolgung Folgendes gesagt : „ Nun beginnt die Verfolgung, das ist die wahre Arbeit für die Reiterei. Die Kavallerie- Divisionen drängen unaufhaltſam, ſie laffen den flüchtenden Gegner nicht mehr zu Athem kommen, sie gewinnen seine Flanken, sie trachten früher als reichen und zu beseßen,
er Abschnitte zu er
wo ein erneuter Widerstand für ihn
noch möglich
würde, ſie vereiteln ihm auch seine leßte Hoffnung . Ist es dem Gegner während solcher Jagd nicht gelungen, sein moralisches
Element zu heben, die Ordnung wieder herzustellen, haben im Gegentheile seine Truppen, bei Tag und bei Nacht aufgeschreckt, so oft sie essen und schlafen wollen, angegriffen, endlich jeden Halt verloren, und hat daher der Gegner jede Hoffnung auf glücklicheren Widerstand aufgeben müssen, ist seine 6 Neue Milit. Blätter . 1886. Juli-Auguſt-Heft.
82 Kraft gebrochen
und somit das
--
kriegerische Ziel erreicht -- dann kann die
Reiterei mit vollster Befriedigung ihre Säbel versorgen und ohne Selbstüber schäßung, einen großen Theil des Gelingens ihr eigen nennend, Arbeit der Feder überlassen. " ,,Es ist eine allgemeine Klage,
die weitere
daß wir keine Verfolgung mehr in den
legten Kriegen gehabt. Warum aber ? Weil wir es nicht mehr verstanden haben, unsere Reiterei in einer unserer ganzen heutigen Kriegsführung entsprechenden Weise im Großen zu gebrauchen. Nur an den Spißen des Heeres, weit voraus bis an den Feind und am Feinde, da müßt, da ge deiht die Reiterei, pazen.
erstarkt von Tag zu Tage,
troß zeitweise großer Stra
Hinter dem Heere herziehend, angeblich aufgespart für die Augenblicke
großer Entscheidung, verkommt ſie, ist eine bloße Laſt und kann beim besten Willen in jenen Augenblicken nichts leisten, weil sie nie zur Stelle ist, zur Stelle sein kann. " Angeregt durch diese treffenden Worte ist bei Freund und Feind Um ſchau gehalten in der Geschichte der leßten Kriege, um Fälle herauszusuchen, in denen nach einer siegreichen Schlacht eine Verfolgung à la Belle- Alliance unterblieb,
obwohl im Allgemeinen die Verhältnisse dafür gesprochen hätten. Die Wahl ist in Betreff einer taktischen Verfolgung auf Langensalza ge
fallen und soll versucht werden, dies in der Folge näher zu begründen.
Nachdem Oskar Meding in seinem Werke : „ Memoiren zur Zeitgeschichte“ 2. Abtheilung „ Das Jahr 1866 ", erschienen 1881 , Seite 183, die Möglich keit des Durchbruchs der hannoverschen Armee vor und nach Langensalza mehrfach betont und erörtert, iſt dies die Veranlassung gewesen, die General stabswerke beider Armeen daraufhin näher zu prüfen .
Troß möglichster Be
rücksichtigung von Zeit- und Ortsverhältnissen ist es freilich nicht möglich ge wesen, den mancherlei divergirenden Ansichten und Strömungen im hannoverschen Hauptquartier, besonders nicht den sonstigen Schwierigkeiten Rechnung tragen zu können.
Nichtsdestoweniger verlohnt es doch wohl, die Frage aufzuwerfen :
„Konnte die hannoversche Kavallerie nach dem immerhin glänzenden Siege von Langensalza die Verfolgung bis Gotha ausdehnen und so der Armee den An schluß an die bei Suhl stehenden Bayern ermöglichen ?" Im Allgemeinen den Verlauf der Schlacht von Langensalza als bekannt vorausseßend und im Uebrigen auf das preußische Generalstabswerk vom Jahre 1866 , wie auf den offiziellen hannoverschen Bericht verweisend, wird zur kurzen Orientirung der Gesammtlage aus Meding's Werk Nachstehendes aufgeführt : „Wir hielten auf der von dem Generaladjutanten ausgewählten Höhe während der Dauer des Kampfes bis gegen 6 Uhr Abends in brennender Sonnenhiße und es war ein ebenso rührender als erhebender Anblick, der nie aus meiner Erinnerung verschwinden wird, den blinden König zu sehen, der,
83
von der ringsum tobenden Schlacht nur durch das Gehör die Eindrücke em pfangend, unbeweglich auf seinem Pferde hielt, unfähig einzugreifen, nur von dem einzigen Wunsche beseelt, seine Pflicht als Kriegsherr dadurch zu erfüllen, daß er seinen Truppen durch seinen Anblick Muth einflöße." „ Das Gefecht schien zunächst eine ungünſtige Wendung für die hannover ſchen Truppen zu nehmen ; dieſelben wurden aus Langensalza zurückgeworfen, die Preußen beseßten die Stadt und drangen bis über dieselbe hinaus vor. Das Gefecht verlief anfänglich den von dem General von Trentschildt gege benen Befehlen entsprechend : die Hannoveraner zogen sich fechtend zurück. “ ,,Endlich aber, gegen Mittag, trug die Erbitterung und der Kampfeseifer der jüngeren Offiziere und der Truppen den Sieg über die Anordnungen des Kommandos davon.
Ein Bataillon des hannoverschen Garde-Regiments
unter der Führung des Oberstlieutenants von Landsberg ergriff zuerst die Offensive,
ging
über die Unstrut
Preußen zurück.
und
warf die dort gegenüberſtehenden
Schnell wurde dieses Beiſpiel auf der ganzen Linie befolgt
überall griffen die einzelnen hannoverschen Abtheilungen mit unwidersteh licher Gewalt an. Die jungen Offiziere, nur noch von ihrem militärischen Ehrgefühl geleitet,
wollten dem Befehle zum Rückzuge nicht mehr gehorchen
eine Abtheilung riß die andere mit fort, und bald drang die ganze Armee siegreich vor. " „Die Kavallerie, welche zuerst in der Reserve gehalten war, drang von allen Seiten in die Ebene hinab." „Um 6 Uhr war der Sieg entschieden. “ „ Die preußischen Truppen zogen sich auf Gotha zurück,
bis fast vor
die Thore dieser Stadt von den hannoverschen Kavallerie Regimentern ver folgt wir sahen dies von unserm Standpunkt herab deutlich. “ Weiter sagt derselbe :
„Ich sprach dem Könige ebenso meine Ueber
zeugung aus, daß der einzige Weg zur Rettung und zur Offenhaltung späterer Entschließungen je nach dem Gange der Ereignisse darin liege, unverzüglich Der Weg dahin und ohne jeden Aufschub nach Gotha aufzubrechen. müsse nach der Zurückwerfung des Flies'schen Korps frei ſein (der preu ßische Generalstabsbericht läßt erst am andern Morgen, den 28. Juni, den General von Flies durch 7 Bataillone und 2 Batterien verstärkt sein) und wenn man über Gotha hinauskommen könne, so werde man dieselbe vor theilhafte Position erreichen,
welche durch die traurig verhängnißvollen Vor
gänge von Eisenach damals
verloren worden sei.
Jenseits Gotha (dessen
Magistrat durch Proklamationen an den Straßenecken die Bürger aufgefordert hatte, die hannoverschen Truppen gut zu empfangen) hin könnten keine nam haften preußischen Truppen gebracht werden und
unmittelbar hinter Gotha
(Meding trifft später in Wirklichkeit nördlich Suhl die bayerischen Truppen) mußten schon die Vorposten der bayerischen Armee stehen, mit welcher sich zu 6*
84
vereinigen jegt die dringendste Aufgabe ſei . “ derselben Ansicht. " In dem versammelten Kriegsrath, beiwohnen,
,,Graf Platen war vollständig
dem auch Meding und Graf Platen
entgegnet Oberst Cordemann , der Chef des Generalstabes der
Armee, nach den protokollariſchen Aufzeichnungen : „ daß wegen der verschossenen Munition, der mangelnden Verpflegung und der großen Ermüdung der Truppen, sowie wegen der Unmöglichkeit, diesen Mangel zu erseßen, die Armee nicht in der Lage sei, gegen Preußen iſolirt einen zweiten Kampf zu beſtehen . “ ,,Der König machte noch am Abend eine Fahrt im offenen Wagen durch die Stadt (Langensalza), um den leichtverwundeten Prinzen Ernst Solms zu besuchen.
Er befahl mir, ihn zu begleiten, und wir kamen, um die Vorstädte
herumfahrend, durch die Kantonnements
verschiedener Truppentheile, welche
alle mit Jubelrufen den Wagen des Königs umringten und bei welchen ich nicht die geringste Spur von Ermüdung bemerken konnte, vielmehr zeigten sie alle frischen Muth und freudige Zuversicht und verlangten in lauten Rufen, vorwärts geführt zu werden . Ich machte den König abermals auch hierauf besonders aufmerksam und glaubte,
ihn
nochmals
dringend bitten zu sollen,
den Vormarsch auf Gotha noch an diesem Abend troß aller erhobener Schwierig keiten und Bedenken zu befehlen, da ich überzeugt war, daß die Truppen im Bewußtsein des eben erfochtenen Sieges vor keiner Anstrengung zurückschrecken und das Aeußerste leisten würden.
Der König schwieg aber traurig."
„ Es wurde damals aus einer wohl zu ängstlichen Schonung der Truppen das legte Mittel versäumt, welches noch zur Rettung Hannovers hätte führen können.
Der König hat dies auch stets vollkommen
klar
erkannt
und mir
noch am Jahrestage von Langensalza brieflich in den wärmsten Worten ſeinen. Dank für den Eifer ausgesprochen, den ich ihm in jenem Kriegsrath am Abend nach der Schlacht durch meinen Rath zur Rettung der Armee bewiesen.
Leider
war dieser Rath erfolglos geblieben, wie es unter den obwaltenden Verhält nissen wohl natürlich war." ,,Viele Feldherren haben wohl unter schwereren Verhältnissen, damals vorlagen,
als sie
angestrengte Gewaltmärsche gemacht und durch dieselben
große Erfolge errungen und hochwichtige Entscheidungen herbeigeführt.
Die
Geschichte aller Kriege zeigt solche Beispiele und wenn Blücher nach der Schlacht von Ligny auf die Ermüdung seiner Truppen Rücksicht genommen hätte, so wäre der Ausgang bei Waterloo ein anderer gewesen und das Schicksal Europa's hätte vielleicht eine andere Wendung genommen. " „ Solche Entschlüsse kann aber nur ein Feldherr fassen, der mit eigenen Augen die Lage der Dinge zu überschauen vermag ,
und daß
der König sie
nicht zu fassen wagte, kann ihm nicht zum Vorwurf gereichen. “ Wenn Oskar Meding hier als Augenzeuge aus einer bevorzugten Stellung dies nach 15 Jahren der Deffentlichkeit übergiebt, so ist wohl nur anzunehmen, daß diese seine Mittheilungen authentisch sein müssen, andererseits darf wohl
85
nicht außer Acht gelassen werden, daß er als Nichtmilitär wohl kaum in der Lage war, die wahre Leistungsfähigkeit zu können,
der hannoverschen Armee beurtheilen
wie er auch keine Verantwortung zu tragen hatte,
den militärischen Mitgliedern des
versammelt
wie dies bei
gewesenen Kriegsraths
der
Fall war. Immerhin sind die oben erwähnten Aufzeichnungen interessant genug, um auf Grund derselben in Form einer Studie die Verhältnisse gerade für eine taktische Verfolgung der Kavallerie näher in's Auge zu fassen. Man vergegenwärtige sich nur die eigenthümliche Zuſammenſeßung des Landwehr, Besaßungs- und Erſaßtruppen bilden
Flies'schen Detachements.
fast die Hälfte des 8000 Mann starken Detachements gegenüber den 20000 Mann Hannoveranern ; zudem Vorderlader, glatte Geschüße, Haubißen nur mit Proß munition versehen, vorhanden ; vornehmlich aber verschwindend wenig Kavallerie (225 Mann Besaßungs- und Ersaßtruppen) gegenüber den 20 Eskadronen der altbewährten Hannoverschen Kavallerie-Regimenter. - Daß die Schlacht von Langensalza ein völliger Sieg der Hannoveraner gewesen, wer wollte das leugnen ? 2000 aufgelesene Gewehre, 2 erbeutete Geschüße, 1000 Gefangene, Die 900 Todte und Verwundete geben wohl den besten Beweis dafür . verschiedenen preußischen Abtheilungen verlaſſen vereinzelt und der Auflöſung nahe das Schlachtfeld ;
die Besaßung von Thamsbrück stößt sogar erst
am
anderen Morgen zum General ; - dies Alles charakterisirt wohl zur Genüge die augenblicklich prekäre Lage des Flies'schen Korps, von dem die Hannove raner wußten, nen hatte.
daß es bis dahin bei Gotha auf keine Unterstügung zu rech
Es muß hier von vornherein als ausgeschlossen erklärt sein,
daß es in
der Absicht liegen sollte, eine nachtheilige Kritik nach irgend einer Richtung hin fällen zu wollen. Wer würde der braven hannoverschen Armee, zumal nach ihrem tragischen Ende, einen Vorwurf machen wollen ? Hat sie nicht ſtets, vor wie nach, Schulter an Schulter mit uns gekämpft ? Man denke nur
an ihre Unterſtüßung im 7jährigen Kriege unter Herzog
von Braun
schweig, an ihre Leistungen in Spanien und bei Waterloo, an die zähe Aus dauer des X. Armeekorps
bei Mars - la-Tour
und Beaune-la-Rolande !
Soviel bekannt, ist es das erste, und so Gott will auch das lezte Mal, daß solch' Kampf, solch' wahrer Bruderkampf dieser gleichgearteten Volksstämme stattgefunden. Nein, das kann nicht in der Absicht dieser Zeilen liegen! ――― ――――― vielmehr sollen sie lediglich nur als Studie benut gleichzeitig dazu dienen, der Tapferkeit, Hingebung der hannoverschen Truppen ein ehrendes Denkmal zu sehen und dem Gedanken Ausdruck zu geben, daß die Mißgunst der Verhältnisse, zu kämpfen hatte,
unter denen die hannoversche Armee damals augenscheinlich als eine höhere Fügung anzusehen ist,
Hand der Vorsehung mit als Werkzeug zu dienen,
bestimmt, in der
die große
nationale
Einigung vollziehen zu helfen, alle schmerzlichen Gegenfäße zu versöhnen und
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die wehmüthigen und bitteren Erinnerungen der Vergangenheit in eine große und glückliche Zukunft hinüberzuführen ! “ Aber auch den in der Schlacht von Langensalza engagirt gewesenen preußischen Truppen kann ſelbſtredend kein Vorwurf gemacht sein . Wie eigenthümlich ihre Zuſammenſeßung, ihre Bewaffnung, ihre Ausrüstung, ist ja schon oben erwähnt ; es genügt vielleicht, nur noch die Worte aus dem Generalstabswerke hier anzuführen, die über den Gefechtszweck - die Fest haltung der hannoverschen Armee ―――――― gesagt sind : „ Dieser Gefechtszweck war vollständig erreicht und wohl schon zu viel dafür gethan."
Wenn auch
die Erklärung des hannoverschen Kriegsraths selbstredend keineswegs in Zweifel gezogen werden kann, die Infanterie keine Munition, keine Verpflegung hatte, die Ermüdung der Truppen sehr groß war, so sei es doch hier gestattet, der Frage etwas näher zu treten, in wie weit es der Kavallerie möglich geweſen wäre, die Verfolgung genügend auszubeuten und Gotha noch vor der Nacht zu erreichen, vorausgeseßt, daß ihr vom Höchstkommandirenden in dem Moment des Ergreifens der Offensive die richtige Direktion gegeben und sie demgemäß zweckentsprechend aufgestellt und verwendet worden. Wie aus den beiderseitigen offiziellen Berichten ersichtlich, befahl General v. Trentschild gegen 1 Uhr Mittags die allgemeine Offensive. - Drei han noversche Brigaden sammt der Reserve-Kavallerie paſſiren bei Merrleben das Unstrut- Defilee ; die verschiedenen Stüßpunkte der preußischen Aufstellung gehen einer nach dem andern verloren, so Kahlenbergsmühle, Gräsers Fabrik, das Lazareth, später auch der Judenhügel und Langensalza. Nur im Centrum der Aufstellung wird das Badewäldchen von den Preußen besezt behalten. Doch auch hier trifft endlich der Befehl zum Rückzuge ein, der noch beſchleunigt wird durch einige Kartätschlagen, hineinzuschleudern wissen.
die die Hannoveraner
auf das Wirksamſte
In ziemlicher Auflösung verlassen in Folge dessen
die Preußen das Badewäldchen, um
gleich darauf auf offenem Felde den
Königin-Huſaren in die Hände zu fallen ; theilweise niedergeriſſen und zerſprengt, lassen sie eine beträchtliche Anzahl Verwundeter und Maroder in den Händen der Feinde.
Endlich nothdürftig
in zwei Kolonnen gesammelt,
ziehen die
preußischen Abtheilungen in einer Entfernung von ungefähr 600 Schritt von einander, verfolgt vom feindlichen Geschüßfeuer,
über den Siechenhof südlich
um Langensalza herum ab, während die übrigen preußischen Abtheilungen be reits die Gothaer Chauffee erreicht haben und
auf Henningsleben zuſtreben.
Hier sehen sich die Abtheilungen von der hannoverschen Reserve-Kavallerie eingeholt und auch vor sich nehmen sie Kavallerie wahr.
In der Annahme,
daß diese lezteren preußische Abtheilungen seien, reitet der Kommandeur des östlichen Karree's, Oberstlieutenant des Barres, denselben entgegen und muß zu ſeiner Enttäuschung wahrnehmen, daß es hannoversche Kavallerie, und zwar das Cambridge-Dragoner- Regiment, iſt. Da die Thätigkeit dieses Regiments
an jenem Tage den Kavalleristen
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besonders erhebt und erwärmt und dieselbe zur Begründung der aufgeworfenen Frage mit beitragen soll, so sei es gestattet, dabei etwas länger zu verweilen. Die Leistungen dieser braven Cambridge- Dragoner können nur
als
ein
mustergültiges Beispiel hingestellt werden, indem sie den Beweis liefern, wie brave Kavallerie, gut geführt, noch jezt im Stande ist, der abziehenden In fanterie troß Hinterlader ein schwer wiegendes Hinderniß zu werden, freilich in der Vorausseßung, daß sie in reitende Artillerie unterstüßt ist.
genügender Stärke vorhanden und durch
Das Regiment Cambridge - Dragoner hat vor Beginn der Schlacht die Vorposten gegen Gotha hin, zieht sich darauf, nachdem es rechtzeitig den An marsch der Preußen gemeldet, an seine Brigade (de Vaur) bei Merrleben heran und wird später, bei Ergreifen der allgemeinen Offensive, unter Um gehung des sonst alleinig benußten Ueberganges bei Merrleben, über Negel städt in die rechte Flanke der Preußen geführt. - In weiser Voraussicht der Dinge, die da kommen könnten, wird bei Gelegenheit des Passirens der Unstrut bei Negelstädt noch rasch etwas geruht, die Pferde getränkt und fort geht es in die Flanke und den Rücken der preußischen Aufstellung .
Der
hannoversche Bericht sagt darüber : „Hier sah sich das Regiment der offenen Flanke und dem Rücken des Feindes gegenüber zu einer Zeit, als dieſer zwar in der Front schon stark zurückgedrängt war, sich aber in Langensalza sowie auf dem Judenhügel, sowie in der Stellung am Bade bis zum Erbs berge, noch fest behauptete.
Das Erscheinen des Regiments trug offenbar
dazu bei, den allgemeinen Rückzug des Feindes zu beschleunigen , rechter Flügel, ſich rasch zuſammenziehend,
die rückgängige Bewegung
dessen vom
Erbsberge über den Siechenhof in der Richtung des Klinggrabens begann, während auch vom linken Flügel Kolonnen auf der Chaussee von Langensalza nach Henningsleben abzogen. “ Eine Eskadron hatte hier südlich von Langensalza gegen 3½ Uhr Ge legenheit, die Batterie Blottniß plöglich im Rücken anzugreifen ; --- nur durch die besonnene Führung des Batterie- Chefs, der im Chargiren Kehrt schwenken läßt und die Eskadron mit Kartätſchen empfängt, wird die Fortnahme der Batterie vereitelt - das Pferd des Regiments-Kommandeurs der Cambridge Dragoner wird in der Batterie erbeutet. ― Anders ergeht es den zwei Ausfallgeschüßen,
die unter Bedeckung von
30 Infanteristen ebenfalls südlich von Langensalza den Rückzug ausführen. Die 4. Eskadron, geführt vom Rittmeister von Einem,
greift die Geſchüße
an und nimmt dieselben im Kartätschfeuer der gegen sie gewendeten Geſchüße trog der Abwehr der die Bedeckung bildenden Infanterie. Indessen sind die Verluste zu schwer ――― der Führer fällt, 28 Mann todt oder verwundet die geschlossene preußische Infanterie zu nahe und auch eine verdeckt gestandene preußische Eskadron (Besaßungs- Eskadron, Husaren Nr. 12) fällt nun gegen ſie aus, sodaß die schwache, halb aufgeriebene Eskadron sich nicht im Beſize
88 der Geschüße behaupten kann. darüber :
Der preußische Generalstabs-Bericht sagt
Hierbei waren die Zugpferde scheu geworden und stürzten im Durch
gehen in einen unmittelbar dahinter befindlichen Hohlweg, aus welchem man sie nicht mehr herauszubringen vermochte.
Vergeblich beseßten mehrere In
fanterie-Abtheilungen die beiden Geschüße.
Da keine Mittel für ihre Fort
bringung herbeigeschafft werden
mußten sie liegengelassen werden
konnten,
und wurden so von den Hannoveranern aufgefunden .
Auf Anordnung des
auf dem Gefechtsfelde eingetroffenen Herzogs von Sachsen- Coburg- Gotha ging zwar später die Eskadron Stendal mit mehreren Vorspann-Pferden nochmals vor, fand aber die Geschüße bereits fortgeschafft. " Nachdem das Cambridge-Dragoner- Regiment bis gegen 4 Uhr damit be= schäftigt war, verschiedener Gefangener sich zu versichern, deren Gewehre fort geworfen wurden, sie selbst aber in dem hohen Korn oft Gelegenheit fanden zu entkommen, trat der oben beschriebene Moment ein, daß die Reserve-Ka vallerie aus Merrleben debouchirte, um die beiden südlich Langensalza ſich hin ziehenden preußischen Kolonnen anzugreifen. Der preußische Generalstabsbericht, womit auch im Wesentlichen der offi zielle hannoversche Bericht übereinstimmt, sagt Seite 81 : „ Nunmehr brach auch die hannoversche Kavallerie hervor. Bereits früher hatten zwei Eskadrons Königin-Husaren die Unſtrut-Brücken überschritten, sich jedoch genöthigt ge= ſehen, in einer Kolonne zu Vieren, nördlich Kallenbergs - Mühle, in dem engen Defilee zwischen der Salza und der Chaussee, Deckung zu suchen ; die beiden anderen Eskadrons des Regiments, welche etwas später aus Meryleben dahin folgen wollten, stießen unerwartet auf die im Defilee haltende Kolonne und mußte aus Mangel an Plaß ein Theil derselben wieder zurückgehen ; einige Reiter derselben waren dabei in die Salza und Unstrut gedrängt worden . Ebenso prallte nun auch die vorbeorderte Reserve-Kavallerie auf das Huſaren Regiment und wurde das hierdurch hervorgebrachte und mit Verlust begleitete Stocken von ihrer reitenden Batterie Röttiger benußt, um auf dem Damme abzuproßen und
einige Kartätſchladungen gegen das Bad abzugeben.
Als
gleich darauf das Bade-Wäldchen, in Folge des erst jeßt daselbst eintreffenden Befehls zum Rückzuge, aufgegeben wurde und die im mehrstündigen Schüßen gefechte aufgelöste preußische Infanterie das frcie Terrain betrat, brach zu nächst das Huſaren-Regiment Königin hervor.
Mehrere Abtheilungen wurden,
bevor sie Knäuel zu formiren vermochten, niedergeritten, andere auseinander gesprengt, während die im Wäldchen noch Zurückgebliebenen der stürmenden feindlichen Infanterie in die Hände fielen .
Dennoch gelang es, die Soutiens
und den größten Theil der zurückkommenden Schüßen in zwei Kolonnen zu vereinigen, welche ihren Rückzug über den Siechenhof fortseßten und hierbei noch einzelne Abtheilungen an sich zogen." Ueber die Schicksale der reitenden Batterie Röttiger, deren Ausbleiben. bei der späteren Attake der Reserve-Kavallerie auf die lose zusammengefügten
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preußischen Abtheilungen so folgenschwer wurde, sagt der hannoversche Bericht, daß das Wiederaufproßen auf dem schmalen durch todte Pferde gesperrten Defilee große Schwierigkeiten gemacht habe, und daß dabei zwei Proßen den steilen Chausseedamm hinuntergestürzt seien, so daß nur zwei Geschüße unter Premier Lieutenant von Siechart der Brigade hätten nacheilen können. Doch auch diese sollten nicht eingreifen können !
Der Bericht sagt darüber weiter :
„ Die Geschüße des Premier Lieutenants v. Siechart waren unglücklicher weise in einem Moorgraben stecken geblieben und konnten, Bespannung sie nicht herauszuzichen vermochte,
nur
da die erschöpfte
mit Hülfe
abgesessener
Mannschaften der Bedeckungsschwadron wieder losgemacht werden.
Dasselbe
wiederholte sich sofort noch einmal nordwestlich des Siechenhofes bei einem der Gräben an der Erfurter Chauffee . Vergebens harrte daher die vorgegangene Kavallerie ihrer Artillerie,
als sie sich zwei geordneten Bataillons -Karrees
gegenüber sah, die etwa 600 Schritt südlich des Klinggrabens mit einem Ab ſtand von mindestens 700 Schritt unter einander durch die von rückwärts kommenden Cambridge Dragoner festgehalten wurden und von denen, wie sich nachher herausgestellt hat, das östlich stehende Karree mit dem Kommandeur der Dragoner zu kapituliren begonnen hatte." Im edlen Wettstreit, einem Angriffe der Dragoner zuvor zu kommen, ließ sich die hoch entflammte Kampfeslust nicht
länger zurückhalten .
Mit
großer Bravour stürzte sich die Garde du corps, die 2. und 3. Schwadron voran, die 1. rechts rückwärts folgend, auf das westliche Karrec, wobei die 3. Schwadron des Rittmeisters von Anderten dessen östliche Ecke, die vom Premier Lieutenant Grafen von Wedel
geführte (kombinirte)
2. Schwadron
die nördliche Flanke angriff."
――――――― „Zwei von dieser Flanke
auf nahe Distanz abgegebene Salven
bei
der ersten fand der seinem Zuge voraufreitende Sekonde-Lieutenant v . Marſchall (das hannoversche Reglement weist nur dem Schwadronschef den Plag vor der Schwadron an) sammt seinem Pferde auf der Stelle den Tod, bei der zweiten stürzte, von zwei Kugeln getroffen, der Schwadrons -Kommandant Graf Wedel hielten die tapferen Schwadronen im Andringen gegen die Ba jonette des Feindes nicht auf.
Allein das
ebenso tapfere Karree stand un
gebrochen und, während nun die 3. Eskadron links, die 2. und 1. rechts an demselben sich vorbeizogen,
fielen dem Feuer der Seitenflanke
neue Opfer.
16 Mann des Regiments, außer den genannten Offizieren, blieben todt oder verwundet ; von den in's Gefecht gebrachten nur 230 königlichen Pferden aber waren 28 todt und 14 verwundet . “ Ueber die Attake auf das östliche Karree sagt das preußische General stabswerk Seite 82 :
„Fast gleichzeitig
gerieth auch die zweite Kolonne am
mittleren Jllebener Wege mit der feindlichen Kavallerie in Berührung.
Unter
Kommando des Oberstlieutenant des Barres war die Kolonne aus dem größten Theil des 1. Bataillons
des Grenadier-Regiments Nr. 11, den Resten der
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10. und 11. Kompagnie des Landwehr-Bataillons Potsdam und versprengten Mannschaften verschiedener Truppentheile zusammengefeßt und hatte bereits bei ihrer Formation unweit des Badewäldchens den Angriff der Garde-Husaren abgewiesen ; der weitere Marsch war von feindlichem Geschüßfeuer begleitet worden.
Auf der Anhöhe am mittleren Jllebener Wege bemerkte man Ka
vallerie, welcher, da sie für befreundet gehalten wurde, der Oberstlieutenant des Barres entgegenritt. Es ergab sich jedoch sofort, daß dies die drei Es kadrons Cambridge-Dragoner waren, indem der Führer derselben dem Oberst lieutenant sich näherte und ihn zur Ergebung aufforderte. wurde abgewiesen,
Diese Aufforderung
fast gleichzeitig aber auch die Tête des schnell formirten
Karree's von dem von Norden her eintreffenden Garde-Kürassier- Regiment attakirt, welches mit zwei Eskadrons in erster Linie anritt, während die dritte als Reserve folgte und eine vierte als Bedeckung der reitenden Batterie noch weiter zurück war. Der Angriff wurde abgeschlagen, ebenso ein zweiter, den cine Eskadron Cambridge- Dragoner gegen die Karree's des Knäuels richtete und ein dritter, welchen die wieder geordneten beiden Kürassier- Schwadronen unternahmen .
Einzelne Reiter sowie herrenlose Pferde waren bei jedem dieser
Angriffe in das Knäuel hineingedrungen und hatten Mannschaften umgeworfen und verwundet ; mit unerschütterlicher Ruhe hatte sich die Masse immer wieder geschlossen. " Ueber die Verluste, die die Kavallerie-Regimenter bei dieſer Gelegenheit zu beklagen hatten, sagt der offizielle hannoversche Bericht von den Cambridge Dragonern: " Das Karree war durchbrochen ; aber der Rittmeister mit sämmt lichen Offizieren (todt und an den Wunden gestorben Rittmeister von Schnelken und Premier Lieutenant von Stolzenberg) und einem Drittheil der Mann schaften seiner Schwadron bedeckten todt oder verwundet die Stätte dieses glänzenden Angriffs. " richt weiter:
Ueber das Garde-Kürassier-Regiment sagt dieser Be
Der Standartenführer, Korporal Bode der
1. Schwadron,
stürzte mit ſeinem tödtlich getroffenen Pferde in das Karree, doch gelang es dem braven Unteroffizier,
durch den neben ihm
ins Karree gedrungenen
Kürassier Knocke unterstüßt, zu Fuß sich durchzuschlagen und dem Regimente die Standarte zu retten. Die beiden Chargen kosteten der 4. und 1. Schwadron an Verwundeten und Todten 4 Offiziere, 19 Unteroffiziere und Küraſſiere und 40 königliche Pferde ; die vier Offiziere gehörten sämmtlich der 4. Schwadron und stürzten bei der ersten Charge, unter ihnen der schwerver wundete Schwadrons-Chef Rittmeister Freiherr von Hammerstein und der ſofort todt gebliebene Regimentsbereiter Wolters , der, zur Führung kommandirt,
der Bagage
es als besondere Ehre sich ausgebeten hatte, am Gefechte mit
Theil zu nehmen. " Angesichts der starken hannoverschen Kavallerie, welche durch Hinzutritt der über Negelstädt eingetroffenen Garde-Husaren
auf 17 Eskadrons ange
wachsen war und zu der auch später bei Henningsleben noch die beiden reitenden
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Batterien gestoßen, hatten die zwei preußischen Abtheilungen ihren Rückzug fortgesezt und die Vereinigung mit dem Detachement des General von Flies bewerkstelligt, der inzwischen auf der Gothaer Chauffee abmarschirt war . Daß die beiderseitigen Truppen, jede in ihrer Art,
ihre Schuldigkeit
voll gethan, ist ja völlig bekannt und durch die eben geschilderten Vorgänge wohl genügend klar gelegt.
Nichts destoweniger sei es geſtattet, im Anschluß
an die am Eingang angeführten Worte über Verfolgung folgende Frage auf zuwerfen und dem Leser deren Beantwortung selbst zu überlassen : Was wäre das Resultat gewesen,
wenn die 17 hannoverschen Schwadronen und zwei
reitende Batterien, die sich bei beendigtem Gefecht auf dem Kampfplay süd lich Langensalza zusammengefunden,
wenn diese rechtzeitig,
ähnlich wie die
Cambridge-Dragoner, bereits gegen 3 Uhr in der Flanke und dem Rücken der preußischen Aufstellung erschienen wären ? hätten sie da nicht die abziehenden preußischen Abtheilungen auf das Nachhaltigste beeinflussen müssen, zumal diese noch in der Front mit der vorgehenden hannoverschen Infanterie engagirt war ? Wäre unter dieser Vorausseßung eine Verfolgung bis Gotha ausge schlossen gewesen,
der sich die Infanterie vielleicht in der Nacht hätte an
schließen können ?
wäre da nicht noch eine Vereinigung mit der baierischen
Armee vielleicht möglich geworden ? Welche Gründe dafür gesprochen, die Reserve-Kavallerie über Merrleben zu dirigiren, entzieht sich der Beurtheilung ; jedenfalls wurde es doch den Cambridge Dragonern möglich, obgleich sie eben erst über Merrleben zurückge gangen, den Uebergang bei Negelstädt zu gewinnen und dadurch rechtzeitig in der Flanke und dem Rücken der preußischen Aufstellung zu erscheinen . Die vorherige Aufstellung kann daran nicht Schuld gewesen sein, denn die Reserve Kavallerie stand während der Schlacht hart nördlich Merrleben, also ganz in der Nähe des Standorts der Cambridge- Dragoner. -Welches Fatum über der reitenden Batterie geherrscht, ist bereits angeführt ; es genügt vielleicht noch darauf hinzuweisen, welche Folgen der Feuereifer des Batteriechefs nach sich zog. Am Schluß erübrigt es noch abweichend von der Aufgabe einige
Streiflichter zu werfen auf die sonstige Thätigkeit der Kavallerie in dieser Schlacht. Was den Nachrichtendienst betrifft, so muß man zunächst erstaunen, daß die hannoversche Armee, obwohl rings umgeben von feindlichen Truppen und in Feindesland, es doch möglich machte, noch recht entscheidende und sichere Nachrichten über die Besetzung von Eisenach und Gotha zu erhalten. Bereits am 23. meldet der Lieutenant v. Ahlefeldt der Königin-Huſaren, daß Eisenach nicht von den Preußen beseßt und der Kommandant des daselbst befindlichen Gothaischen Depots sich neutral erklärt habe. An demselben Tage werden 7 Landwehr- Dragoner bei Henningsleben auf der Straße nach Gotha abgefangen,
die
aussagen,
daß Gotha nur unbedeutend besetzt sei ;
daß sie selbst erst in der vergangenen Nacht von Erfurt her eingetroffen .
92
Am 24.
glückt
-
es dem Major Rudorff,
vor Eisenach einen Grenadier
zum Gefangenen zu machen,
der angiebt, daß die Stadt zur Zeit von zwei am vergangenen Tage aus Berlin eingetroffenen Bataillonen des 4. Garde Regiments beseßt sei. Bei der preußischen Kavallerie trat der eigenthümliche Fall ein, daß
die Schwadron Wiedenbrück (Besaßungs - Eskadron Erfurt) verſchiedene Uniformen , selbst Drelljacken, trug, und dadurch bei den Hannoveranern die Vermuthung der Anwesenheit verschiedener Kavallerie-Regimenter bestärkte. In Betreff des
Debouchirens sei
Aufenthalt, welche Unordnung,
noch darauf hingewiesen,
welcher
welche Verluste dadurch entstanden, daß der
größte Theil der hannoverschen Armee, zumal die gesammte Reserve-Kavallerie inklusive reitender Artillerie, nur den einen Uebergang bei Merrleben benußte . Die als Divisions- Kavallerie auftretenden Königin-Husaren unter Major Cordemann benußten den Moment des Verlassens seitens der preußischen Infanterie sehr glücklich.
des Bade- Wäldchen's Das sind stets die
schwächsten Momente für die Infanterie, wenn sie nach verlustreichem Gefecht, eine Position aufgebend, genöthigt ist, über eine freie Ebene sich zurückzuziehen, - dann „ kräuſelt " sich dieselbe, wie Friedrich der Große sagt, dann muß der Moment von der Kavallerie rasch benutzt werden, und er wurde hier benußt, wie besonders hervorgehoben werden soll. Bei der Attake der hannoverschen Reserve-Kavallerie auf die beiden preußischen Kolonnen fällt es auf, - wie im hannoverschen Bericht zu finden daß die Eskadrons, die die Flanken, nicht die Ecken der Karree's attafiren, - bei dem westlichen Karree die Schwadron Graf Wedel der Garde du corps, bei dem östlichen die Schwadron Hammerstein der Garde-Küraſfiers wohl schwere Verluste zu erleiden hatten, aber doch im Karree drin sind, wenn auch nur auf Minuten, während die Eskadrons, die auf die Ecken los gehen, sich rechts und links an den Flanken vorbeizichen und nur noch durch das Feuer dieser zu haben .
Seitenflanken
Verluste erleiden,
ohne irgendwie genügt
Bei der Attake der Kavallerie gegenüber geschlossener Infanterie augen blicklich noch verweilend, sei
an den Verfaſſer des bekannten Buches : „ Die
Kavallerie nach dem Geiste der Jeßtzeit", Denison
crinnert,
der
aus dem
amerikanischen Successionskriege verschiedene Beispiele anführt, in denen intakte Infanterie durch abgesessene Schüßen attakirt sei;
er schlägt vor,
erst beschossen und dann mit Erfolg
dem Kavalleristen
Gewehr, vom Manne zu tragen,
außer einem weittragenden
einen Revolver zu geben.
Der Kavallerist
soll denselben nicht allein im Handgemenge, gegenüber der Infanterie anwenden, er will auch auf den lezten 80 Schritt vor dem Zusammenstoße 3 Schuß abgefeuert wissen; den Säbel
wünscht
er am Sattel.
Aus der Kriegs
geschichte führt er als Beispiel an, daß Guſtav Adolf bereits seinen Reitern anbefohlen habe, kurz vor dem Einbruch auf die Infanterie von ihren Sattel
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pistolen Gebrauch zu machen.
Bei dieser Gelegenheit sei
übrigens
daran
erinnert, daß auch während des 7 jährigen Krieges bereits seitens der Kavallerie vor deren Chok auf Infanterie von den Feuerwaffen Gebrauch gemacht ſei. Das hannoversche Estorff'sche Husaren-Regiment ließ während des genannten Krieges mehrere Male durch abgesessene Mannschaften intakte Infanterie be ſchießen, natürlich in Ermangelung etwas Besserem, attafiren .
und dann
mit Erfolg
Wenn auch in dem obigen Fall bei der preußischen Infanterie der tak tische Verband mit den anderen Waffen gelöst war und nach früheren Be rechnungen die Infanterie, zumal im Moment der Unordnung, des „Kräuſelns “ was doch jedenfalls zu Anfang des Rückzugs hier in diesem Fall stattge= funden - eine Beute der Kavallerie sein mußte, wenigstens dieser die Ent scheidung in die Hand gedrückt wurde
so sind jeßt in dem Zeitalter der
Hinterlader wohl noch andere Faktoren mit hinzuzuziehen, um, unter gewiſſen hafter Beobachtung der bekannten Instruktion des großen Königs, einen Er folg zu erzielen. In wie weit die eben angeführten Beispiele dazu beitragen können, ſei dahingestellt ; immerhin spricht die ältere und neuere Kriegsgeschichte dafür und durch Anwendung der Maßregel kann jedenfalls der Erfolg nicht beeinträch tigt werden. Am Schluß sei noch aus den „ Nachrichten und Betrachtungen über die Thaten der Kavallerie" angeführt,
daß keine Form der Stellung hinreichen.
kann, die Kavallerie abzuweisen, daß die Form nur etwas Todtes ist, das erst durch den beseelenden Geist Leben gewinnen kann. ――― „ Blitzschnelles Her vorbrechen und sturmartiges Nahen sind die Faktoren,
welche den überwäl
tigenden Zauber aufrecht erhalten müssen, den Roß und Reiter von jeher auf den Fußgänger ausgeübt haben und naturgemäß auch in Zukunft auszuüben im Stande sind." „ So lange die Schlachtfelder Unebenheiten, Bedeckungen zeigen, die Ueber raschungen zulaſſen, so lange Pulverdampf eine Wolke über das Schlachtfeld legt, so lange Schlachtenlärm und Gefahr
noch mittelmäßigen Geiſtern die
Entschlossenheit raubt, so lange unsere Gegner Menschen bleiben, denen eine geschlossen heranstürmende Reitermasse einen anderen Eindruck macht, als eine Scheibe,
so lange darf die Hoffnung ruhmvoller Thaten,
troß
aller er
höhten taktischen Brauchbarkeit der anderen Waffengattungen, bei der Kavallerie nie verschwinden !"
--
Steht
unſere Infanterie Ausbildung
94
--
in Bezug
auf ihre
auf der Höhe der
kriegsmäßige
Zeit?
II. Um die in dem Aufſaß des Juni-Heftes gestellten Anforderungen an eine friegsmäßige Ausbildung des Mannes erfüllen zu können,
müßte eine ent
schiedene Aenderung in dem Dienstbetrieb des Friedens eintreten, wenn wir nicht mit unserer Infanterie ins Hintertreffen gerathen wollen. „ Viele Wege führen nach Rom", und wenn der Verfasser hier in Fol gendem einen anderen Weg der Ausbildung ſkizzirt, ſo thut er dies keineswegs in der Erwartung,
daß nunmehr seine Vorschläge die einzig richtigen sind,
wohl aber in der Hoffnung, daß dieſelben zu einer Prüfung führen, aus der heraus sich etwas Gutes und Brauchbares schaffen läßt . Den Hauptaccent bei einem geänderten Dienstbetrieb legt der Verfaſſer auf das kriegsmäßige Tiraillement. Vom ersten Tage der Rekruteneinstellung an muß planmäßig im Tiraille ment vorwärtsgeschritten und dieser Zweig mit gleicher Wichtigkeit, wie das Exerziren, betrieben werden.
Wenn dies geschieht, so wird dem Rekruten in
drei Monaten das ganze Kompagnie- Tiraillement ſpielend angelernt werden . Man sage nicht,
daß durch zu vieles Tirailliren das gesammte Disziplinar
Exerziren leiden werde.
Das ist durchaus unrichtig. Wenn täglich eine Stunde
dem eigentlichen Exerziren genommen wird, so wird gerade eine solche zwiſchen die andern Uebungen hineingelegte Tiraillirſtunde mehr erfrischend und nußend als
auffallend
oder
gar schädigend
auf das stramme Ererziren einwirken .
Tritt bei diesem Tirailliren stets nach Kenntniß der Formen sofort ein häufiges Vertauschen der Pläge innerhalb des Gliedes, später des Zuges ein, so wird der Rekrut von vornherein vor dem maſchinenmäßigen Anlehnen an den be kannten Nebenmann bewahrt, seine Denkkraft und Aufmerksamkeit werden gestählt, lernt,
und es wird,
indem er dadurch in allen Formen sich sicher fühlen
ein Durcheinandermischen und unrangirtes Tirailliren ihm bald nichts
Ungewohntes sein.
Gerade,
weil im Kriege bei den meisten Gefechten ein
Durcheinander der Schüßenlinien eintritt, sei es innerhalb der Kompagnie oder des Bataillons, sei es mit anderen Truppenabtheilungen, so muß dies schon dem Rekruten als etwas Natürliches und Selbstverständliches anerzogen werden, und er durch plößlichen Wechsel der Führer auch an den Wechsel im Kommando geübt werden. beginnen,
Wenn diese Uebungen nicht schon beim Rekruten
werden sie nie in Fleisch und Blut übergehen.
darin wie ein kleines Kind, das zu denken beginnt.
Der Rekrut ist
Dasselbe empfängt alle
-
95
-
Eindrücke neu , ist für alle gleich empfänglich und lernt leicht und willig Alles . So auch der Rekrut.
Frisch tritt er in die Verhältnisse, wo All und Jedes
ihm fremd und neu ist ; jede Handreichung, jede Bewegung wird ihm vorge schrieben,
und Alles
ist
dabei
seines bisherigen Lebens .
gänzlich verschieden von den Gewohnheiten
Die ersten Eindrücke haften nun aber am besten.
Wird nach diesem Grundſage auch in Bezug auf das unrangirte Tirailliren Gut ist es, wenn gehandelt, so werden sich die guten Früchte bald zeigen. außer der für das Tirailliren angeseßten Zeit die Unteroffiziere bei Ralliir übungen ihrer Glieder an Stelle des ewigen Hin- und Herheßens nach allen Richtungen und mit allen Fühlungen ein kurzes Schwärmen eintreten laſſen, wodurch dem Offizier ohne Zeitaufwand gründlich vorgearbeitet werden kann. Ein Tiraillement im Terrain ist für den Rekruten nicht geradezu nothwendig, wenn es auch wünschenswerth ist, daß er in den 3-4 Monaten seiner Aus bildung nicht ausschließlich auf den Ererzirplay beschränkt bleibt, sondern in angemessenem Terrain bereits
mit den Postirübungen beginnt.
Jedenfalls
muß er soweit durchgebildet sein, daß keine Form, keine Bewegung ihm nach Einstellung in die Kompagnie etwas Neues oder Ungewohntes ist, sodaß der Kompagnie-Chef, welcher die Rekrutenperiode für die Stammmannſchaften eben falls dazu benugt hat, sie in Bezug auf Exerziren und Tirailliren in gutem Zuſtande zu
erhalten,
im
Stande
ist,
seine Kompagnie
in
14
Tagen
zu amalgamiren. Das Ererziren 2c. der Stammmannschaften während der Rekrutenperiode iſt allerdings ein wunder Punkt in einzelnen Garnisonen, namentlich Festungen, wo bedeutender Arbeitsdienst stattfindet. Aber bei wirklich ernſtem Wollen ist es doch möglich, die Mannschaften im Allgemeinen auf dem alten Stand punkt zu erhalten,
da sich immerhin noch Zeit genug finden wird,
wo der
Kompagnie Chef den größeren Theil der Leute zum Dienst heranziehen kann . Man sieht dies recht deutlich dort, wo auch Inspizirungen der alten Mann schaften während des Winters stattfinden. einem
höheren Kommandeur
Wird
ausgesprochen, so
eine solche Absicht
tauchen
plößlich von
von allen
Seiten Mannschaften zum Dienste auf, die man sonst wochenlang nicht zu Gesicht bekommen hätte.
Ein Beweis, daß es nicht nothwendig ist,
den
Winterdienst der alten Mannschaften über das Knie zu brechen in dem Troste, beim Kompagnie-Ererziren Alles nachholen zu können. Die Kompagnie muß in längstens 3 Wochen nach ihrer Zuſammenſtellung in Bezug auf das formale Ererziren und Tirailliren
in tadellosen Zustand
durch den Kompagnie Chef gebracht werden können, und dann muß unverzüg lich das Tiraillement im Terrain beginnen. Ein " Fertig werden“ ist bei der kurzen Dienstzeit des Mannes
auch
für den besten Kompagnie- Chef eine Unmöglichkeit ; aber das Mögliche zu er Wenn die Inspizi reichen muß für Jeden unablässiges Streben werden . rungen sich
bei der Kompagnie- Vorstellung auch auf das Tiraillement im
96
Terrain erstrecken, wenn gerade darauf und auf das unrangirte Gefecht im Terrain ein Hauptaugenmerk gelegt und namentlich recht verschieden gestaltetes Terrain vor dem Inspizirenden gewählt wird, um jeder Schematisirung und jeder Einseitigkeit vorzubeugen, wenn die Anforderungen möglichst hochgestellt werden, so wird sich bald der segensreiche Vortheil zeigen. Der Einwand,
die Strammheit und alt-preußische Disziplin könnte da
runter leiden, wenn schon in diesem Stadium der Ausbildung so Vielerlei ver langt würde, iſt hinfällig, denn nirgends kann beſſer und einträglicher der Beweis geführt werden, ob der Führer versteht, seinen Mannschaften die richtige Dis ziplin anzuerziehen,
als
gerade beim
Ererziren im Terrain.
Ererzirplaß geschlossene Massen in Ererzir fähigste. zeigen,
Auf dem
Disziplin halten, kann der Un
Erst beim Gefechts - Ererziren im Terrain kann es sich überhaupt ob der Kompagnie Chef zu seiner Aufgabe,
eine kriegstüchtige, unter
den schwierigsten Verhältnissen die Disziplin wahrende Truppe zu erziehen, befähigt ist. - Beim Tiraillement im Terrain, mit dem natürlich die Aus bildung in den verschiedenen Zweigen des Felddienstes Hand in Hand gehen muß, ist ein Ueberſtürzen, ein zu schnelles Weiterschreiten auf das Peinlichste zu vermeiden, und immer darauf Bedacht zu nehmen, mögen der Mannschaften ein sehr verschiedenartiges ist, ankommt,
daß das Fassungsver und es nicht darauf
einzelne Matadore zu gewinnen, sondern die ganze Kompagnie
auf einen gleichen Standpunkt zu bringen.
Die Intelligenz der Mann
schaften muß theilweis erst geweckt werden, eine Arbeit, die sehr mühevoll ist und viel Zeit erfordert. Das Tiraillement im Terrain fängt mit den Postirübungen an. die einfachsten müssen rottenweis beginnen. dabei darauf geschärft werden,
Auch
Der Blick der Mannschaften muß
ohne Zeitverlust und ohne langes Besinnen
die beste Deckung zu finden, die gleichzeitig den besten Gebrauch des Gewehres gestattet.
Wenn dies geschehen ist, beginnen die Postirübungen der Gruppen .
Hier tritt schon ein neues beschränkendes Moment für das Postiren hinzu, der Gedanke an den Befehlsbereich.
Es genügt nicht,
gutes Schußfeld und
gute Deckung allein zu suchen, sondern der Zuſammenhang der Gruppe muß in erster Linie gewahrt bleiben, der Befehlsbereich des Gruppenführers darf nicht verloren gehen. Wie viel Zeit erfordert dies aber! Nicht nur die Mann schaften müssen darin durch eine unendliche Reihe von Uebungen geschult, sondern auch der Gruppenführer dahin gebracht werden, seine Gruppe richtig zu dirigiren, sich den Einfluß auf dieselbe zu wahren und im Stande zu sein, mit richtigem Blick und verständiger Auffassung des Terrains und des Gefechtes seine Anordnungen und Befehle so schnell als möglich zu treffen. In erhöhtem Maße tritt diese nothwendige Schulung der Gruppe wie des Gruppenführers bei Postirübungen des ganzen Zuges in ihre Rechte.
Damit auch hier der
Befehlsbereich erhalten bleibt, und troßdem die Deckungen des Terrains nach Möglichkeit benußt werden können, und dies ohne Zeitverlust geschieht, müssen
―
97
in dem verschiedenartigst gestalteten Terrain fortlaufend Uebungen stattfinden. Wie viel Zeit gehört schon dazu, den Blick der Führer und Mannschaften derartig zu stählen, daß z. B. bei Beseßung von Waldliſièren, an die man von dem Innern des Waldes heraus gelangt, im feindlichen Feuer sofort er kannt wird, ob man direkt an die Lisière herangehen, ob man innerhalb der selben bleiben oder ob man über dieselbe hinausgehen muß.
Nur Sekunden
find zur Ueberlegung da, und werden diese nicht richtig benußt, so hilft nach Einnahme der Position ein nachheriges Verbessernwollen derselben nichts mehr, denn ein Herumziehen und Aendern einer im feindlichen Feuer eingenommenen Position ist meistens überhaupt nicht möglich. Dies ist nur ein Fall ; in ähnlicher Weise giebt es aber noch unzählige, die hier zu erwähnen, über den Zweck des Auffages hinausginge.
Eine höhere Stufe bilden die Bewegungen
im Terrain unter feindlichem Feuer. Auch hier ist der Weg von der einzelnen Rotte bis zur ganzen Kompagnie ein allmählig sich steigernder. Wie die einzelnen Rotten, Gruppen, Halbzüge und Züge unter bester Benutzung des Terrains avanziren müſſen, wie unter augenblicklicher Trennung sich Alles von Sprung zu Sprung wieder in den Befehlsbereich zuſammenfinden muß, kann nur durch unausgeseßte, wochenlange Uebung erreicht werden.
Es ist nicht
leicht, dem Manne klar zu machen, daß die Abstände des Ererzirplaßes, auf die so peinlich gehalten worden ist, nunmehr gar nicht mehr in Betracht kommen, daß beim Avanziren plößlich eine oder die andere Gruppe in Reihen gehen muß, weil zufällig vielleicht eine schmale Mulde zur nächsten Position führt, eine andere vielleicht erst 50 Schritt wird zurückgehen müssen, um eine günstige Terrainsenkung zum Vorgehen benußen zu können ; und noch schwie riger ist es, das Auge des Mannes und Gruppenführers hierauf zu schulen . Daß auf das Kommando : „ Auf, marſch, marsch“ nicht, wie auf dem Exerzir plag Alles wie vom Blig getroffen in die Höhe schnellen, sondern oft erſt rückwärts aus der Position herauskriechen, erst in der Deckung sich erheben und von dort aus avanziren muß, sind ja Alles selbstverständliche Sachen, die aber unausgesezt und häufiger geübt werden müssen, als es bisher der Fall ist.
Denn wo findet man wohl jezt in den Manövern die Gelegenheit,
eine in dieser Beziehung durchgearbeitete und durchgeschulte Kompagnie be obachten zu können ? Ein drei
bis viermaliges Ueben ist zwecklos .
Erst wenn es den Mann
ſchaften in Fleisch und Blut übergegangen ist, wenn bei jeder Gefechtsübung der einzelne Mann maſchinenmäßig nach den eben entwickelten Grundſäßen handelt, ist etwas Dauerndes erreicht. Man wird einwenden, daß im Ernst fall, im feindlichen Feuer der Mann aus seinem Selbſterhaltungstrieb heraus an seine Deckung denken wird . nur daran denken.
Zugegeben !
Aber er wird einzig und allein
Ob er den Befehlsbereich aufgiebt,
Anschluß an seine Gruppe bleibt,
wird
ob er in
ihm gleichgültig sein.
engem
Dazu gehört
eben unausgeseßte Uebung, so daß er dieſe Grundsäge ebenso wenig vergißt, Neue Mil. Blätter. 1886. Juli-August-Heft.
98
wie die Ausführung eines Gewehrgriffes, auf den Befehl seines Vorgeseßten macht.
den
er auch im feindlichen Feuer
Sollte aber der Selbſterhaltungs
trieb bei der großen Masse doch stärker sein, Uebungen, so muß
als
alle Instruktionen und
eben durch die Erziehung der Gruppen- und Zugführer
die Möglichkeit geschaffen werden,
den Mann auch unter den schwierigsten
Verhältnissen in der Hand zu behalten. Von wie bedeutendem Einfluß ein geschicktes Tirailliren auf den Ausfall eines Gefechtes selbst über ein sonst besseres Soldatenmaterial iſt,
zeigt uns
der Feldzug der Engländer im Sudan gegen die Schaaren des Mahdi in mehr als einem Falle.
Der englische Soldat
ist in seiner Ausbildung und
Disziplin, in seiner Strammheit und seinem Ehrgefühl doch gar nicht mit jenen zügellofen Schaaren zu vergleichen. Diese aber verstanden durch meister hafte Benußung des Terrains sich häufig genug bis auf die nächste Distanz heranzuschleichen, ohne den Engländern Gelegenheit zu geben, von ihren über legenen Schußwaffen einen genügend ergiebigen Gebrauch zu machen ; ja oft erst auf nächste Einbruchdiſtanz auf.
tauchten sie vor den überraschten Soldaten
Die Engländer hätten sicher manche Schlappe vermieden, wenn sich die
Araberhorden schon auf tausende von Metern gezeigt,
wenn sie rücksichtslos
ohne Benutzung des Terrains sich dem verderblichen Feuer der Hinterlader ausgesett hätten.
Die Uebertragung dieser Thatsachen auf das vom Verfaſſer
Betonte zeigt besser, als theoretische Beweismittel, die Nothwendigkeit einer ――― peinlich genauen Ausbildung in der Benußung des Terrains. In einem weiteren Stadium der Ausbildung unrangirt betrieben,
müſſen
diese Uebungen
die Gruppen- und Zugführer umgestellt werden, damit
der Mann sich an verschiedene Kommandos gewöhnt ; girten Formationen in unrangirte
während
endlich muß aus_ran=
eines Gefechtes
übergegangen,
muß in kriegsstarken Formationen Alles geübt und schließlich müssen aus den Mannschaften ſelbſt Gruppenführer, aus den Gruppenführern Zugführer und aus leßteren Kompagnieführer herangebildet werden, und unter Zugrundelegung der wirklichen Verhältnisse eines Gefechts plögliche Kommandowechsel eintreten und alle Bewegungen unter gleichzeitiger gefechtsmäßiger Deckung der Chargen ſtattfinden.
Von dem Moment ab,
müssen selbstverständlich immer
wo kriegsmäßige Formationen eintreten,
2 Kompagnien zusammengewürfelt werden,
und ist es Sache des Bataillons-, eventuell auch des Regiments-Kommandeurs, daß ein recht häufiger Wechsel der Kompagnien stattfindet. Es liegt nicht im Sinne dieses Auffages, die einzelnen Aufgaben, welche den Kompagnien in Bezug auf diesen Dienstzweig zufallen, in allen Punkten zu detailliren und ihren Gang genau durchzusprechen.
Die bisher gemachten
Bemerkungen werden aber genügen, um darzuthun, daß zur Erfüllung dieser Aufgabe im Sinne des Verfaſſers ein bedeutendes Mehr an Zeit nothwendig ist, als nach dem bis jezt geltenden Dienstbetrieb vorhanden ist. gestanden,
daß die Art desselben den Anforderungen an
Wird zu
eine friegsmäßige
99
Ausbildung nicht entspricht, so tritt die nothwendige Frage ein : " Wie gewinnt man die Zeit, um diese Uebungen treiben zu können ?" Daß
nur durchgreifende
werden, und nur
Aenderungen
von
wirklichem
Vortheil
ſein
durch eine bedeutende Umgestaltung des Dienstbetriebes
ausreichende Zeit gewonnen werden kann, ist wohl klar. — Nach Ansicht des Verfaſſers muß
der
erste Hebel beim Ererzir-Reglement eingesetzt werden .
Es ist in dieser Beziehung schon viel gesprochen und geschrieben worden, ohne daß es bisher von Erfolg begleitet war, aber - gutta caval lapidem und je mehr Stimmen sich erheben, um so eher darf man hoffen, daß ſchließ lich doch dieser Frage näher getreten wird, andere für die Armee ist.
die brennender als irgend eine
Eine Umgestaltung des Ererzir-Reglements
muß unter Zugrundelegung
der folgenden zwei Fragen ins Werk gesezt werden : 1) Welchen Standpunkt sollen und müssen wir in der Ausbildung der Infanterie erreichen, damit sie fähig wird, allen Anforderungen, die der Krieg an sie stellt, zu genügen ? 2) Welches sind diese Anforderungen,
und auf welchem Wege und mit
welchen Mitteln können wir dieselben erreichen ? Nur ein in diesem Sinne redigirtes Reglement wird im Stande sein, alle überflüssigen Uebungen zu vermeiden und dadurch die Zeit zu Nöthigem zu schaffen .
Das ganze dreigliedrige Exerziren muß in erster Linie verschwinden .
Sobald die Truppe den Ererzirplay verläßt, um ins Terrain zu gehen, wird die zweigliedrige Formation eingenommen.
Wozu,
in aller Welt,
üben wir
denn überhaupt in drei Gliedern ? Meint man, daß Disziplin und Stramm heit nur in der Paradeformation herrschen, nur in dieser ausgebildet werden fann ?
Sicherlich nicht !
bildung ? dungen 2c.
Also wozu dieſe total überflüssige dreigliedrige Aus
Können die Paradeaufstellung, der Parademarsch, die Griffe, Wen nicht ebenso gut in der Kompagnie-Kolonne gezeigt werden ?
Ge
hört es zu den Nothwendigkeiten, eine dreigliedrige Kompagnieschwenkung aus führen zu
können ?
Ja, wenn der Zweck des Soldaten
in einer
guten
Paradeausbildung sein Ziel hätte, so ließe sich vielleicht in Rücksicht auf ein schöneres Aussehen die dreigliedrige Form
empfehlen ;
unter den wirklichen
Verhältnissen wird aber eine kostbare Zeit und eine in keinem Verhältniß zum Zweck stehende Anstrengung und Mühe vergeudet . Auch eine Anzahl Griffe könnte, ohne daß die Exerzir-Disziplin darunter litte, ganz gut fortfallen.
Unbedingt
nöthig sind :
nur die Chargirung mit
allem Zubehör, diese aber bis zur Vollendung getrieben, und die Griffe : „ das Gewehr über
und „ Gewehr ab".
In Rücksicht darauf, daß die militärische
Subordination durch Honneurs einen sichtbaren Ausdruck erhalten soll, könnte manche Stimme sich für Beibehaltung der hierzu bestimmten Griffe erheben. Ist es denn aber nöthig, daß doppelte Griffe diesem Gefühl Ausdruck geben müssen ? 7*
100
Könnten nicht wenigstens die Griffe "! Präsentiren und Schultern" fort: fallen ?
Wird eine Paradeaufstellung, wenn sich das Auge erst daran gewöhnt hat, mit "/ Gewehr über", oder, wenn der Griff: " Gewehr auf" durchaus bleiben soll, mit dieſem nicht ganz daſſelbe erreichen ? Der Griff anfassen und übernehmen" könnte ruhig fortfallen, weil der Griff "" Gewehr auf" lediglich Parade- und Honneurgriff ist, alſo ſtets die Zeit vorhanden bleibt,
denselben von Gewehr bei Fuß zu machen, und um
gekehrt von " Gewehr auf“ zunächst „ Gewehr ab “ wehr über“ zu kommandiren . „ Schließen“ und „ Rückwärtsrichten“ Bewegungen, deren Einübung spruch nimmt.
aber
und demnächst „das Ge
sind ebenfalls
absolut überflüſſige
ein bedeutendes Maß von Zeit in An
Durch die entsprechenden Wendungen und
kurzen Marsch
läßt sich genau dasselbe und sicher nicht weniger gut erreichen . Es ist hier nicht am Plaße, detaillirter auf die Einzelheiten einzugehen, die aus einer Neubearbeitung des Reglements verschwinden
müssen, sondern
nur kurz, wie dies eben geschehen, die Gesichtspunkte zu betonen,
auf welche
hierbei nach Ansicht des Verfaſſers das Hauptgewicht gelegt werden
müßte.
Daß manches nicht direkt Nothwendige dennoch wird bleiben müssen, iſt ſelbſt verständlich,
wie z . B. die Richtungen,
geübten Ererzir-Disziplin sind. schwinden.
Aber
weil diese das beste Kriterium einer alles
völlig Ueberflüssige muß ver
Zur Erziehung der Ererzir-Disziplin ist es nicht nothwendig, endlich Vieles, sondern daß dasjenige,
daß un
was gelehrt wird, und wenn es noch
so wenig wäre, mit peinlichster Genauigkeit und größter Energie dem Manne angelernt wird.
Im Uebrigen ist
es schwerer,
in der Kompagnie-Kolonne
und der aufgelösten Gefechtsart ſtrengste Ordnung aufrecht in einer geschlossenen dreigliedrigen Masse,
und
verlangt
zu
erhalten,
als
ein höheres Maß
von Disziplin. Ist das Reglement in der angedeuteten Weise gereinigt,
also das ge
schlossene Exerziren dadurch ganz erheblich vereinfacht, so wird ein bedeutendes Maß von Zeit für die vom Verfasser vorgeschlagene Ausbildung im Terrain frei werden und wie oben bei Besprechung der Kompagnie-Ausbildung ange nommen wurde, werden 14 Tage bis 3 Wochen vollauf genügen,
die Kom
pagnie nach Einstellung der Rekruten in Bezug auf das geschlossene Ererziren fertig zu stellen.
Ganze Wochen werden dadurch dem Tiraillement im Terrain
gewonnen werden und diese Zeit würde durch Abkürzung der Bataillons Ererzirperiode und Hinzunahme derjenigen Zeit,
die unmittelbar vor dem
Regimentsererziren in den meisten Garnisonen zum geſchloſſenen Exerziren in Kompagnien und Bataillonen ausschließlich verwendet wird, noch erheblich ver größert werden.
So schäßenswerth dieser Zeitgewinn ist, so reicht er doch,
um etwas Vollendetes zu schaffen, nicht völlig aus, und möchte sich Verfasser
101
noch einen anderen Vorschlag erlauben, um Zeit für eine kriegsmäßige Aus bildung zu gewinnen. Unser militärisches Jahr erhält seinen Abschluß mit dem Manöver und beginnt mit der Einstellung der Rekruten, also mit Anfang November. Die Zwischenzeit, ein Zeitraum von circa 6 Wochen, ist für den Dienst im All gemeinen als eine verlorene anzusehen .
Der größere Theil der Mannschaften
iſt entlassen, der Rest theils beurlaubt, theils im Arbeitsdienst beschäftigt und der Prozentsag der Dienstthuenden nur ein sehr geringer. Nun ist aber keine Zeit zum gefechtsmäßigen Tiraillement im Terrain mehr geeignet, als diese. ― Wie oft treten den Uebungen im Sommer die bestellten Fluren hindernd entgegen, wie oft müssen Gefechte gerade in den instruktivsten Mo menten abgebrochen werden, weil Flurbeschädigungen vermieden werden müssen, wie oft ſinnentſtellende Formen in Anwendung kommen, um beſtelltes Land zu vermeiden, und wie falsche Ideen werden unwillkürlich dadurch in dem gemeinen
Manne erweckt.
Wenn beispielsweis auf nächſter Diſtanz,
wenige 100 Meter vom Feinde,
auf
plößlich lange Schüßenlinien vorsichtig in
Reihen, Mann hinter Mann, unter dem furchtbarsten Feuer in Ackerfurchen avanziren, so ist dies doch kein schönes Bild und nicht geeignet, beim Manne richtige Vorstellungen zu erwecken. Was hilft es, wenn auch jedesmal bei derartigen Vorkommnissen instruirt wird, daß man in Wirklichkeit ganz anders handeln würde.
Praktisches Zeigen ist der einzige Weg, um wirklich nuß
bringend auf den Soldaten einwirken zu können .
Noch schlimmer
als die
durch Nichtbetretbarkeit des Terrains hervorgerufene Unwahrscheinlichkeit wirkt die Unmöglichkeit, können.
jede Terrainkonfiguration zu den Uebungen benußen zu
Im Hochsommer bleibt in den meisten Garnisonen nur der Wald
zu Felddienstübungen und Tiraillements, in manchen Fällen dieser kaum, weil Schonungen, Unterholz 2c. häufig genug ein Betreten nicht gestatten . Nun werden aber die Schlachten und Gefechte doch nicht in erster Linic in Wäldern geschlagen.
Das von Feldkulturen bestandene Terrain mit seinen Uneben
heiten, seinen Schluchten und Mulden, seinen Bedeckungen 2c. ist ein Haupt tummelplag des Gefechtes ;
und gerade die von diesem Terrain
gebotenen
Deckungen zu benußen und richtig auszunußen ist schwierig und muß gelernt werden : Hier sich gruppen , zug und kompagnieweise von Abschnitt zu Ab ſchnitt schnell und möglichst gedeckt vorzutirailliren,
im Zusammenhang mit
einander zu bleiben, dabei doch selbstständig den besten Weg beim Vorgehen auszunußen, verlangt häufige und gründliche Uebung. Die modernen Ge fechte sind mehr oder weniger Ortschaftsgefechte. solche sinngemäß üben ?
Aber kann man im Sommer
Nicht allzu häufig wird diese Frage zu bejahen sein.
Das Terrain unmittelbar vor den Dörfern ist meist mit Feldkulturen bedeckt ; man findet daher selten gutes Schußfeld für den Vertheidiger und die nöthige Be wegungsfreiheit für den Angreifer. Welch unnatürliches Bild muß es aber in dem Manne erzeugen, wenn statt auf dem guten Terrain auf beiden
102
Seiten der Straßen auf diesen selbst Alles im wilden Haufen, und tiefen Kolonnen den Sturmanlauf
macht!
Um
in schmalen
es zu wiederholen :
Theoretische Instruktionen nußen nicht viel, praktisches Handeln allein bringt praktischen Nußen. In der Manöverzeit fallen allerdings diese Verhältnisse fort.
Aber glaubt
man wirklich, daß diese Zeit genügend geeignet ist, den Mann mit richtigen Vorstellungen zu erfüllen,
und namentlich die nöthige Uebung ihm in der
richtigen Benußung des Geländes geben zu können ? Wahrlich, nein !
Dazu
fehlt bei den Detachementsübungen gänzlich die Zeit ; von einem Ueben kann dabei keine Rede sein, Wiederholungen des Falschgemachten können nicht statt finden, ſelbſt zu einem nur nothdürftigen Besprechen des Geschehenen fehlt oft die Gelegenheit.
Außerdem ist das Manöver in erster Linie dazu da, Führer
auszubilden, für diese hat es hauptsächlich praktischen Nugen, nicht aber in dem Maße für den gemeinen Mann, dem die nöthige Vorbildung fehlt. In den nächsten Wochen nach Beendigung des Manövers ist das Terrain zur gründlichsten Ausnußung für jede Art von Uebungen In dieser Zeit könnte in den Kompagnien dasjenige,
noch vorhanden.
was oben besprochen
worden ist, mit vollster Muße geübt, das Tiraillement im Terrain bis zu einer gewissen Vollkommenheit gebracht werden.
Das vorangegangene Manöver
hat, wenn es auch von geringem direkten Nußen für den einzelnen Mann ge wesen ist, ihm doch eine gewisse Anschauung gegeben, wie unter heutigen Ver hältnissen ein Gefecht verläuft ; es hat ihm Gelegenheit geboten, mit Truppen theilen der anderen Waffen zusammen zu kämpfen,
kurz
gesagt,
es iſt ein
Rahmen geschaffen worden, innerhalb dessen er sich selbst bewegt und dabei gesehen hat, warum die Tiraillirübungen 2c. getrieben werden müssen.
Der
Boden ist dadurch bereitet, auf dem nunmehr durch Detailübungen dauernd Gutes geschaffen werden könnte.
In diese Zeit hinein müßten auch die prak
tischen Offiziersaufgaben fallen ; jetzt erst würden sie auch dem Manne Vor theil schaffen und nicht in die erste Ausbildungsperiode der Kompagnic schädigend hineingreifen, wie dies beim jezigen Dienstbetrieb im Sommer ge schieht, und in dieser Zeitperiode könnten auch fortlaufend kriegsmäßige For mationen in Anwendung kommen, da das nöthige Menschenmaterial vorhanden wäre. In neuerer Zeit wird zwar nach dem Manöver und während des ganzen Winters häufiger als früher Gefechtsererziren in kriegsstarken Kompagnien und Bataillonen geübt,
aber dasselbe hat mehr für die führenden
älteren
Offiziere, als für die Mannschaften Werth, weil eben die sachgemäße vorher _____ gehende Ausbildung fehlt. Die Zeit nach dem Manöver könnte auch besser für die Ausbildung der
Unteroffiziere benußt werden. Einzelne Kompagnie Chefs lassen zwar die Unteroffiziere nach dem Manöver in der kurzen Zeit bis zum Beginn des Winterdienstes Uebungen im Terrain machen, wo dieselben gezwungen sind,
103
selbstständig zu disponiren, aber das ist nicht erschöpfend genug und beſchränkt sich nur auf Unteroffiziersaufgaben, keineswegs werden sie aber zu Zugführern im Gefecht ausgebildet.
Dies ist schon aus dem einfachen Grunde unmöglich,
weil nach der Entlassung der Reserven zu wenig Mannschaften zum Dienst vorhanden sind,
und während Unteroffiziere im Kriege unter Umständen 50
bis 60 Mann führen sollen, erhalten sie hier 15 bis 20 zur Verfügung. Um nun dieſe ſo wichtige Zeitperiode für den Dienst zu gewinnen, müßte Während eine andere Eintheilung des militärischen Jahres Plag greifen . das Kalenderjahr mit dem ersten Januar beginnt, erstreckt sich nicht nur beim Militär, sondern in allen Branchen des öffentlichen Lebens und im Schul wesen das Geschäftsjahr von Oktober zu Oktober.
Ein innerer stichhaltiger
Grund läßt sich schwerlich dafür anführen, und ein besonderer Vortheil dieser Eintheilung dem Kalenderjahr gegenüber ist nicht vorhanden.
Thatsächlich ist
auch von den verschiedensten Berufsklassen schon der Vorschlag gemacht worden, diese veraltete Eintheilung aufzugeben und sich an das Kalenderjahr zu halten . Das Militär allein kann natürlich hierin keine Aenderung schaffen ; erster Linie müßte dafür Sorge getragen werden,
daß
in
diese bei der Schule
beginnt, dann würde das ganze Geschäftsleben nachfolgen . Von Seiten bedeutender Schulmänner ist nun schon des Defteren betont worden, daß eine Eintheilung der Semester von Januar bis Juli und von Juli bis Januar viel vortheilhafter für den Unterricht sein würde,
da bei
der jeßigen Eintheilung die beiden Semester von zu ungleicher Länge find . Das Wintersemester dauert, da es sich nach dem Fall von Ostern richtet, oft bis Ende April, das Sommersemester, in das hinein die Osterferien und die großen Sommerferien fallen, ist bedeutend kürzer und hat oft um mehr als zwei Monate geringere Lehrthätigkeit. Troßdem ist das Pensum in beiden
Semeſtern
das
Gleiche.
Es
ist
natürlich, daß, da derselbe Stoff erledigt werden muß, dies im Sommer nur auf Kosten der Gründlichkeit geschehen kann. In diesem kurzen Semester tritt außerdem noch die Hiße dem Pädagogen hindernd entgegen, denn der verständige Schulmann wird und muß dem Kinde in der warmen Jahres zeit die genügende Zeit zur körperlichen Erholung gönnen,
wenn die geistige -Ausbildung nicht auf Kosten der Gesundheit des Schülers stattfinden soll,
kurz, die jeßige Semestereintheilung erscheint als sehr mangelhaft und reform bedürftig.
Beginnt dagegen das Schuljahr im Januar, so sind die Semester
annähernd gleich lang, und auch die sommerlichen Verhältniſſe in beiden ver theilt.
Mit Freude müßte es auch von der Armee begrüßt werden,
wenn
mit der Aenderung in den Schulen auch für sie ein neues militärisches Jahr, übereinstimmend mit dem Kalenderjahr, Play griffe. In diesem Falle würde nach der Ansicht des Verfaſſers die Eintheilung der verschiedenen Dienstperioden sich folgendermaßen geſtalten :
Wonder
104
_____
1) Die Rekruteneinstellung findet in den ersten Tagen des Januar ſtatt, und die Rekrutenperiode dauert bis zur Mitte April, also 3½ Monate. 2) An sie schließt sich die Kompagnieererzirperiode an, welche, natürlich unter Berücksichtigung, daß das Reglement geändert und dem Tiraillement im Terrain mit den Felddienstübungen die vom Verfaſſer vorgeschlagene Be deutung beigelegt wird, die Zeit bis zur Mitte Juli,
also 3 volle Monate,
in Anspruch nimmt. Diese Zeit ist deshalb so groß gegriffen, weil neben der Ausbildung im geschlossenen Exerziren,
dem Tiraillement 2c.
gleichmäßig fortschreiten müssen.
auch Schieß- und Turndienſt
Außerdem ist gerade diejenige Zeit, wo der
Mann in der Kompagnie allein übt, größere Verbände zusammentreten, weniger auf.
die wichtigste für ihn, denn sobald
hört das Instruktive für ihn mehr oder
3) Die Bataillonsererzirperiode muß auf ein Minimum beschränkt werden . Geschlossene Bewegungen sind nur in geringem Maße vorzunehmen, und der Hauptwerth muß auf das Gefecht und die Erzielung eines gründlichen Ver ſtändnisses zwischen dem Kommandeur und den Kompagnie- Chefs gelegt werden . Hierzu muß ein Zeitraum von 14 Tagen genügen. - Bei einer dreimonat lichen gründlichen Vorbildung der Kompagnien sind einige Tage genügend, um die Formen und das geschlossene Exerziren auf dem Plaße zu üben, und die Vorstellung sollte nie dort, sondern im Terrain stattfinden. 4) Der August bis zum Beginn des Regimentsererzirens bleibt für das Prüfungsschießen,
Turnvorstellung 2c.
Dadurch , daß der Kompagnie eine
dreimonatliche Periode unverkürzt überlassen bleibt, wird es ohne Schwierig keit dem Kompagnie- Chef möglich werden, das Minus an Zeit,
was durch
den Beginn des militärischen Jahres im Januar für Schießen und Turnen gegen früher bleibt, reichlich wieder einzubringen. 5) Regiments , Brigade-Exerziren und das Manöver folgen sich wie bisher. 6) Nach Beendigung des Manövers beginnen dann die Uebungen im Terrain, die Offiziersaufgaben 2c. in der oben besprochenen Weise . 7) In der lezten Woche des November finden schließlich die Entlassungen der Reserven statt.
Da dies in der ganzen Armee an dem gleichen Tage
geschehen kann, fallen die bei dem bisherigen System unvermeidlichen Härten fort,
daß je nach der Beendigung
der Manöver die Entlassungstermine bei -―
den einzelnen Korps um 3 bis 4 Wochen differiren. Verfasser glaubt hiermit seine Arbeit schließen zu dürfen . geglückt ist,
den Nachweis zu führen,
Ob es ihm
daß die bisherige kriegsmäßige Aus
bildung der Infanterie nicht auf der Höhe der Zeit steht, muß er nunmehr der Kritik überlassen, ebenso wie die Beurtheilung der Brauchbarkeit der von ihm gemachten Vorschläge, um eine günſtige Aenderung herbeizuführen.
105
,,Avant la
bataille"
und
,, Pas
Es giebt Nothwendigkeiten im Leben der Völker.
encore". Eine Nothwendigkeit
war der Kampf Preußens mit Desterreich um die Führung in Deutschland; - eine Nothwendigkeit wird sein der Zusammenstoß Rußlands mit England in Indien ; der Zusammenbruch des türkischen Reiches in Europa und der Kampf um die Erbschaft ; eine Nothwendigkeit : die endgültige Abrechnung Frankreichs mit Deutschland in Betreff Lothringens und des Elsaß, der soge nannte Revanchekrieg ". Ich wiederhole, derselbe ist eine geschichtliche Nothwendigkeit ; er wird seit 15 Jahren von den Franzosen - nach ihrem ―――― guten (subjektiven) Rechte unter Aufbietung aller Kräfte vorbereitet und sein Ausbruch, mag er eintreten wann immer er will, wird auch Deutschland wohl gerüstet finden. Die Franzosen wollen Elsaßz-Lothringen wieder haben ; sie müssen also handeln, angreifen und das werden sie thun, sobald sie glauben, ihrer Ueberlegenheit,
mithin des Erfolges sicher zu sein. Dieser Glaube nun an ic ihre eigene Ueberlegenheit der ersehnte mächtige Bundesgenosse hat sich bisher noch nicht gefunden! hat in Frankreich bei weitem nicht solche Ver breitung und Vertiefung erlangt, wie es der rührigen Aktionspartei erwünſcht und wie es nothwendig ist, um die Nation in den Rachekrieg hineinzudrängen. Die Chauvinisten haben deshalb jüngst zu einem Mittel ihre Zuflucht ge nommen, den Muth und das Kraftgefühl der grande nation auf das Höchste zu ſteigern, zu einem Mittel, das bei den Eigenthümlichkeiten des franzöſiſchen Charakters sicherlich einen bedeutenden, wenngleich vielleicht nicht den ganzen geplanten Erfolg haben wird, das im Uebrigen aber als ein verwerfliches ge brandmarkt werden muß. In der " Korrespondenz aus Frankreich ", die das Juni - Heft unſerer Zeitschrift brachte, hatte der Herr Berichterstatter es zunächst abgelehnt, cinzugehen auf ein unlängst in Paris erschienenes, inzwischen von der mili tärischen und
politischen Presse
wohlbeachtetes
und vielbesprochenes Werk :
Die in der Literatur ohne Gleichen dastehende , unter Kulturvölkern zu Friedenszeiten bisher nicht üblich gewesene,
von offiziösen Eltern unter Bei
stand offizieller Geburtshelfer in die Welt gesezte Brand- und Schlachtschrift : ,,Avant la bataille " *) . Indeß wie die Sachen liegen : -
Journal,
es wäre eine Lücke
wenn unsere Leser durch dasselbe nicht,
das Buch Auskunft erhielten,
in unserm
wenigstens in Kürze, über
dessen Titel noch nach vielen Jahren genannt
*) Avant la bataille. Préfase de Paul Deroulède.
Paris 1886. Levy & Co.
106
werden, wenn die Geschichte Entstehung und Verlauf des deutsch-französischen Streites niederschreiben wird. Inhaltlich ist ,, Avant la bataille " zu scheiden in einen sachlichen, großentheils statistischen Theil aufheßenden.
und in einen räfonnirenden , folgernden
Aber auch die Zahlen und Daten sind, bei schicklicher und
unschicklicher Gelegenheit,
durchſeßt und
gespickt mit tendenziösen Urtheilen
und Ausfällen gegen die Deutschen. Unter zweifelloser Benußung amtlichen , stellenweise geradezu geheimen Materials ― und so lange der französische Kriegsminister nicht gegen den Autor einschreitet, haftet die moralische Mitschuld für die Heßschrift an seinen Rockschößen! also, gestüßt auf zuverlässiges und umfängliches Material entrollt der Verfaſſer ein detaillirtes Bild von der Organiſation, Rekrutirung, Stärke, Ausbildung, Bewaffnung 2c. der Armee, von den einzelnen Waffen gattungen, dem Sanitäts- und Trainwesen 2c., ――――― von der Mobilifirung, der Konzentrirung an der Grenze und dem Aufmarsche, von der Flotte . . das Alles liegt klar vor den Augen der Welt.
Enthüllt es dem sachver
ſtändigen und kühl zusehenden Beurtheiler, besonders den Angehörigen fremder Nationen,
viele Mängel des
französischen Heer- und Wehrwesens * ),
nun, für den Laien, den braven Bürger und wohlgeneigten,
gutgläubigen,
französischen Patrioten erbringt das Buch den unanfechtbaren, vollgültigen Beweis, schwarz auf weiß, welche formidable und offenbar der deutschen über legene Macht Frankreich zur Zeit auf die Beine zu bringen vermag .
Soweit
ließe sich gegen das Werk nichts einwenden, selbst wenn dasselbe unter der Flagge des Kriegsministeriums segelte ; denn es kann keiner Regierung das Recht bestritten werden, den Bürgern Aufschluß über die Wehrkraft des Staates zu geben,
ſoweit ihr eben dies nüßlich, angenehm und gefahrlos ſcheint.
Und wenn auf Grund solcher sachlichen Veröffentlichung der Franzose Muth zu einem neuen Gange gewinnt, nun, - so darf uns die Art und Weise seiner Aufmunterung zum Handeln nicht sonderlich in Harnisch bringen. Aber . . . und darin liegt das als verächtlich und verwerflich zu Brandmarkende des Buches !: der Autor hat einmal, sei es unwissentlich, sei es
was wahrscheinlicher ist, wiſſentlich, sachliche Fälschungen sich erlaubt,
Vertuschungen und Färbungen, welche ausnahmslos darauf hinauslaufen, die Größe und innere Vollendung der französischen Wehrmacht im Vergleiche zu der deutschen zu zeigen ; er hat sodann fast auf jeder Seite seiner Schrift und in mehreren besonderen Kapiteln direkt den Revanchekrieg gegen Deutsch land gepredigt mit einer Gemeinheit der Gesinnung,
mit einer Verachtung
der Wahrheit, mit einer Gehässigkeit sonder Maß und Ziel, mit einer raffi nirten Berechnung auf den Charakter und die Leidenschaften seiner Landsleute , daß man erklären muß : so lange die französische Nation und die französische *) Der Autor hat das natürlich nicht beabsichtigt, iſt ſich auch dieses Effektes seiner Arbeit schwerlich bewußt gewesen : er erkennt jedenfalls diese „ Mängel " nicht als solche !
-
107
-
Armee gegen die Tendenz und die sittlichen Auswüchse dieses Werkes, in welchem die Deutschen als die gemeinſten Lumpe à la Vandalen und Hunnen öffentlich hingestellt werden ! - nicht Protest erhebt, so lange kann sie auf die Bezeichnung einer civilisirten Nation, feinen Anspruch mehr erheben.
einer chevaleresken Armee fortan
Die seither dem französischen Offizierkorps
nie bestrittene Eigenschaft der „ Ritterlichkeit “ scheint stark in Verfall gerathen zu sein. Das Werk verseßt uns um Jahrtausende zurück. Im Homer leisten die Helden kaum Aehnliches in Beſchimpfung ihrer Gegner, wie am Ende des 19. Jahrhunderts die Franzosen !
Zum Zeugniß dessen ,
daß ich ein Recht
habe , das französische Offizierkorps moralisch mitverantwortlich zu machen, gebe ich die Kritik wieder, welche das bedeutende Militärjournal „ Le Progrès militaire" vom 14. April d. J. über ,, Avant la bataille" bringt andere Fachblätter zitiren, referiren , aber keins hat ein Wort des über die Gemeinheit der gegen Deutschland gerichteten
Ausfälle !
Tadels Also „ le
Progrès" sagt : „ Man könnte viele Gemeinpläge wieder vorbringen über „ die Geheimnisse der Vorsehung " und über die Epoche, welche vom Geschick dem Zukunftskriege zwischen Frankreich und Deutschland bestimmt ist. dieser Kampf
Jedenfalls,
die Revanche, um die eigentliche Bezeichnung zu gebrauchen
ſeit 15 Jahren hinausgeschoben aus gegenseitiger ( !) Furcht, welche bisher über alle Aufreizungen triumphirt hat, dieser Zuſammenstoß der beiden Völker, die stets bereit sind einander zu zerfleischen, ist nur eine Frage der Zeit. Man voraus wird sie an dem einen oder dem anderen Tage lösen müssen gesezt, daß die Verbrüderung der Völker" nicht aufhört ein leeres Wort zu ſein - und, das Jahrhundert ist noch nicht angebrochen, welches diese Utopie zur Verwirklichung gelangen sehen soll. Also, es ist Pflicht bereit zu sein, koste es was es wolle ; und, fürwahr, ―――― wir wissen es und Deutschland weiß es auch, was dieser heimliche, aber andauernde Kriegszustand uns auf beiden Seiten kostet.
Auf diesem Vulkan
einzuschlafen würde eine Lebensgefahr sein. Ohne unüberlegten Aufreizungen nachzugeben ist es also gut, auf diejenigen zu hören, welche uns wach erhalten. und unsere Hoffnung nähren.
Der Verfasser von ,, Avant la bataille " hat,
um diesen Zweck zu erreichen, ein sehr einfaches , angewendet ;
er breitet vor unsern
militärischen Organisation aus,
Augen
den
geradezu prosaisches Mittel ganzen Apparat
unserer
eine ganz gewaltige Maschine, vorausgefeßt,
daß es nicht an geschickten Mechanikern fehlt, um sie in Bewegung zu ſeßen und zu lenken.
Um das „ Bureaukratische“ abzuschwächen,
was den Zahlen
anklebt, hat er sich unter die Aegide unseres glühendsten Patrioten, des Prä sidenten der Liga, des modernen Tyrtäus gestellt ; wir meinen Paul Derou lède. Die Vorrede, geschrieben vom Dichter*) der „ ,Chants du soldat" , iſt eine wahre Hymne in Prosa !
*) Nämlich
Es sei uns gestattet, sie zu vervollständigen durch
Paul Deroulède.
108
nachfolgende Strophen von demselben Dichter, welche die wahrhaftige Moral des von uns angezeigten Buches wiedergeben und in ergreifender Weise die Lage der beiden civiliſirenden Völker ausmalen“ ... Und nun folgen drei nichtssagende Strophen, welche von der ängstlichen Spannung sprechen, mit der Europa auf die einander belauernden schwarzen (! ) ( 50. deutſchen) Ulanen und
blauen (franzöſiſchen) Chaffeurs“ blickt. Kein Wort der Mißbilligung - nur offene oder indirekte Zustimmung
zu der Schmähschrift ! Wer Wind fäet, wird Sturm ernten ! .... . . . . Wie gesagt, es ist Sache der Franzosen , wie viel oder wie wenig fie von ihrer Kriegsrüstung der Welt zeigen und im Einzelnen wollen.
offen
darlegen
Daß es eine Unklugheit war, das zum Theil wichtige und unbe
kannte Material durch ,,Avant la bataille" aller Welt zugänglich zu machen, erſcheint mir auf der Hand liegend ; und so ist es auch manchem Franzosen erschienen. Einer hat sich denn auch zu einer Erwiderung ermannt - ein alter Kavalleric-Offizier - aber diese Erwiderung trägt den vielsagenden Titel : " Pas encore" *). Im Grunde genommen ist der „ alte Kavallerist " ganz einverstanden mit ,,Avant la bataille" , insofern auch er den Krieg für
unvermeidlich , die
umfaſſendſte Zurüstung für denselben durchaus geboten hält und sich bei den meisten Kapiteln des ersteren Buches beruhigt - und hofft , daß dieselben der Nation Vertrauen geben ; da das Buch nun einmal geschrieben ist! Daß dies geschehen, daß vor aller Welt Frankreichs Wehrverhältnisse erörtert find, das allerdings erklärt er für eine große Unvorsichtigkeit, wenn nicht gar: Schlechtigkeit.
Und weil er noch eine stattliche Reihe von Mängeln an
der französischen Rüstung entdeckt Mängel, welche er eingehend bespricht und zu deren Behebung er Mittel und Wege angiebt deshalb erhebt er die warnende Stimme und gebietet :
noch nicht"
losschlagen , weil wir
„noch nicht“ fertig sind ! Also noch etwas Bedenkzeit gewährt uns der alte Kavallerist , um inzwischen das französische Rüstzeug zur Vollendung zu führen
und dann! ... Wir verstehen !
Es nahen sich die Julitage, die uns vor nunmehr 16 Jahren plößlich den Krieg mit Frankreich brachten . Stehen wir jest wiederum am ,,Vor abende der Schlacht" oder noch nicht ?" Diese Frage kann vielleicht Niemand zuverlässig beantworten.
Aber nahe gerückt ist und bleibt die
Frage seit Monaten. Und so lasse ich zum Schlusse das Wort dem ge diegenen und anerkannten Korrespondenten der ""Preußischen Jahr bücher **).
Mit dem Rücktritt des Ministeriums Ferry
30. März 1885
* ) Le Commandant Z. Pas encore ! Réponse à Avant la bataille sans aucune préface de Paul Deroulède. Paris 1886. Dreyfous , éditeur . ** ) Aprilheft 1886.
109
also seit einem Jahre haben diese Korrespondenzen als unausbleiblich erkannt, daß
nunmehr das französische Volk unwiderstehlich von dem Schwindel der
Revanche erfaßt werden würde. wickelung angezeigt. Männer schaffen
Schritt für Schritt haben wir diese Ent
Wenn es wahr ist , daß die politischen Lagen sich ihre worunter ein verständiger Mensch indeß nur verstehen
darf : daß in jeder widerspruchsvollen Lage irgend Jemand den Widerspruch zu heben versucht , aber ja nicht , daß jeder solcher Versuch gelingt - ſo iſt Frankreichs gegenwärtiger Kriegsminister Boulanger der Mann der gegen wärtigen Lage.
Er will sich zum Vollstrecker der Revanche machen , begreift
aber, daß Frankreich ohne staatliche Bundesgenossen, wie es ist, dieses Werk nicht vollbringen kann. Bundesgenossen.
Daher sucht dieser entschlossene Kopf antistaatliche
Er will den Revanchekrieg kurz und gut im Namen der
sozialen Revolution führen und bereitet die französische Armee auf dieſe Rolle vor, indem er sie mit Arbeitern fraterniſiren läßt, die ihre Aufseher bestialisch ermorden.
Wir haben vorher unsere Sympathie für einen kühnen
politischen Plan geäußert.
Jener Plan (sc. Gladstone's irischer) aber beruht
auf dem Vertrauen in die Kräfte des
Guten, der
Plan der militäriſchen
Sozialisten beruht auf dem Glauben an die Macht des Unsinns , wenn man die gedankenlose Verwegenheit eines eitlen
Spielers
Glauben nennen
Die Bundesgenossen , auf welche dieser Catilina rechnet, werden Abscheu vor ihrem Treiben die Kraft des
Gegners
solchen Bundesgenossen niedergeworfen werden soll . Versuch ab.
verzehnfachen,
will.
durch den der
mit
Warten wir den grotesken
Wir zittern vor dem muthwilligen Blutvergießen , das er her
vorrufen kann ;
aber wir halten es auch wohl für möglich, daß
seine Lächerlichkeit und erstickt wird.
Frechheit schon
er durch
auf dem Boden Frankreichs ſelbſt 6.
Manöver-Reformen des franzöfifchen Kriegsminifters . Man muß es dem General Boulanger lassen, daß er auf allen Gebieten militärischer Thätigkeit eifrig bestrebt ist, reformirend vorzugehen, natürlich auch noch zweifelhaft
wenn es
bleiben muß, wie weit er mit seinen Be
ziehungen zum Ziele gelangen wird.
So gehen unter anderem seine Absichten
augenblicklich auf eine Umgestaltung der Manöver hinaus.
Im Januar
heft dieser Blätter brachten wir einen Auffag über die leßten französischen
7
110
Herbstübungen, in
welchem die zahlreichen
Mängel und Unnatürlichkeiten
derselben hervorgehoben waren . Dies ist auch von den meisten französischen Fachzeitschriften stets betont worden . So sagt unter anderem der Spectateur militaire: " Was die Herbst übungen anbetrifft, so Theatervorstellung,
waren
dieselben
ein
großartiges
Schauſpiel,
eine
die im offenen Felde der Bevölkerung und den fremden
Offizieren gegeben wurde.
Damit es klappte,
mußten lange vor dem Tage
der Ausführung die verschiedenen Rollen mit mathematiſcher Genauigkeit ein geübt werden.
In den
Stäben bearbeitete man dieselben in der Regel
fünf oder sechs Monate vorher .
Einige Male war der Verlauf der Uebungen
ſogar Fragen der Unterbringung untergeordnet, die für dieſe oder jene Truppe vortheilhafter war,
die man begünstigen wollte.
heiten der Märsche und Bewegungen,
Immer waren die Einzel
die Namen der Oertlichkeiten, welche
man passiren mußte, in den Korps vierzehn Tage oder vier Wochen vor Beginn des Manövers bekannt. Alsdann ſtudirte man die Karte und bereitete in aller Ruhe seine Angriffs- oder Vertheidigungsmittel vor, nichts war unvorhergesehen, da der Sieg, zufallen mußte. vorstände,
dieser oder jener Partei
beriethen die Märsche mit den Lieferanten und bestimmten das
Gewicht der Lieferungen, mußten.
laut Befehl
Die Beamten der Intendantur benachrichtigten die Orts
die zu dieser oder jener Stunde geliefert werden
Kurz, Niemand lernte auf diese Weise sein Handwerk.
Viel An
strengungen und viel Geld wurden so vergeudet. Das waren die großen Manöver bis jezt. " Dasselbe Journal sagt dann über
die Absichten des Kriegsministers
Folgendes : Der General Boulanger will, daß es in Zukunft anders werde. Er hat Recht. Er hat soeben für die vorbereitenden Maßregeln der Herbſtmanöver 1886 eine Reihe von Neuerungen eingeführt, die ohne Zweifel nicht jedem genügen werden, die aber den großen Vortheil haben, den großen Manövern den Charakter
von Uebungen
des wirklichen Krieges zu geben,
den sie schon immer hätten haben müssen, als nüßlich sind.
und
ohne den sie mehr schädlich
Die hauptsächlichste Neuerung, welche General Boulanger
soeben vorgeschrieben hat, besteht darin, daß nachdem einmal die Konzentration sich vollzogen hat, der kommandirende General für die Uebungen der Brigaden gegen einander und der Minister selber für
die der Divisionen oder Korps
gegen einander dem Führer den Auftrag im verschlossenen Kouvert erst am Abend vor Beginn der Uebungen zugehen lassen, das einzige Mittel, das unseres Erachtens im Stande ist das Geheimniß zu bewahren. Das sieht nach Nichts aus, ist
aber fast eine Revolution .
Wie!
die
Generale werden nicht mehr, wenn sie des Morgens zu Pferde steigen, die Orte kennen, wo sie zu Mittag speisen, die Schlösser, wo sie eine angenehme Gastlichkeit empfangen dürfte.
Die Verwaltungsbeamten
werden gezwungen
sein, den Truppen zu folgen und am Ende des Kampfes vom rechten zum
111
linken Flügel zu eilen, um Lebensmittel und Fourage zu finden, man in Feindes Land wäre. Das hat man noch nie erlebt. Nun wohl, man wird ja sehen ; minister dafür. Dieser Entschluß hat Soldat, der
und wir danken dem jungen Kriegs
zweierlei für sich :
entschlossen ist,
als wenn
erstlich ist es ein ernsthafter
es mit der Ausbildung ernsthaft zu nehmen ;
dann ist er ein tiefer Beobachter,
der im Laufe seiner Karriere es gesehen
hat, wie es zugeht, wie die großen Manöver, welche dem Schaß solche Opfer auferlegen, fast vollständig von ihrem Ziel abgekommen sind, und der es sich vorgenommen hat, so traurigen Verirrungen ein Ziel zu sehen, sobald er die dafür nothwendige Autorität haben würde. Wir sind innerlich überzeugt, daß General Boulanger für die genauſte Ausführung seiner neuen Vorschriften sorgen wird . Dank seiner Einsicht und Festigkeit werden die Herbstmanöver aufhören, wie Boguslawski sagt, kostbare Schauspiele zu sein. Wir
fügen
diesen
Betrachtungen
General Boulanger für
nur noch den Wunsch hinzu, daß
die Zukunft ſtrenge Vorschriften
geben möge, daß
man nicht allein den Bewegungen, sondern auch den Darstellungen des Gefechtes 33 .
mehr Wahrscheinlichkeit verleihen möge, als wie es heute ist.“
Eine franzöſiſche Stimme über die neue Armee - Vorlage. Aus den Tagesblättern
ist unsern Lesern
der wesentliche Inhalt der
neuesten Armee-Vorlage des General Boulanger bekannt.
Nicht unintereſſant
dürfte es daher sein, zu vernehmen, wie sich die französische Fachpreſſe dazu ſtellt.
Im Allgemeinen wird das Projekt günstig beurtheilt und erfährt nur
einzelne Ausstellungen . darüber aus :
Der Spectateur militaire läßt sich folgendermaßen
Die Vorlage des Miniſters Avancement,
zerfällt
in vier Abſchnitte :
Stand der Unteroffiziere, Kolonial- Armec.
der Ort, im Einzelnen
die Bestimmungen zu untersuchen,
wägungen des Parlaments unterbreitet werden .
Rekrutirung,
Es ist hier nicht welche den Er
Wir gestatten uns nur auf
die glückliche Anordnung aufmerksam zu machen, wie sie es wenigstens mit Rücksicht auf den gegenwärtigen Stand der Dinge ist. Die beiden ersten Abschnitte betreffen wohl
das,
was sie
in jedem Militär- Geſet betreffen
-
müssen :
1.
den
Avancement.
112
allgemeinen Ersaß,
2.
-
den
Ersaß der Führer oder das
Was die Unteroffiziere betrifft, so war hierüber bisher noch
keine gefeßliche Vorschrift erlassen ; es war dies eine Lücke in unserer Geſeß gebung, die nun ausgefüllt oder nahe daran ist, es zu werden. Die Kolonial Armee ist
eine Folge unserer Ausdehnung nach außen .
Nichts bestimmte
bis jezt genau den Ersaß und Dienſt dieſer Spezialtruppen.
Die Wichtigkeit,
welche ihnen die wachsende Ausdehnung unseres Kolonialbesißes giebt, machte eine besondere geseßliche Festsetzung darüber unerläßlich. Bis zu dem Augenblick, in dem wir dies schreiben, kennt man nur die großen Linien dieses umfangreichen Projektes. Was die Rekrutirung der Armee anbetrifft , friedigt zu sein.
haben wir Grund, be:
Es ist dies ein Triumph der Ideen, die wir seit so viel
Jahren gepredigt haben, und vor Allem der Hauptidee : abgekürzte, persönliche und allgemeine Dienstpflicht.
Die Einjährig-Freiwilligen,
jährlichen Kontingents in zwei Theile sind beseitigt.
die Theilung des
Der Theil der von der
Einberufung Zurückzustellenden ist auf 10 Prozent erhöht, wovon 7 Prozent auf's Neue zurückgestellt werden können, und zwar während vier aufeinander folgender Jahre, um den jungen Leuten,
welche sich den
Laufbahnen zuwenden, die Vollendung ihrer Studien zu
wissenschaftlichen
ermöglichen.
Die
Vorlage stellt ferner den Grundsaß einer porbereitenden militärischen Aus bildung auf, die es gestatten wird die jungen Franzosen von siebzehn bis zwanzig Jahren in die Pflichten und Disziplin des Soldaten einzuführen, ferner eine Wehrſteuer, eine Idee, die schon bei verschiedenen Nachbarſtaaten zur Thatsache geworden ist.
Endlich faßt der Miniſter die Möglichkeit oder
vielleicht die Nothwendigkeit in's Auge, die jungen Leute nicht während der ganzen drei Jahre unter den Fahnen zu behalten.
In Bezug hierauf find
die vorbereitende militärische Ausbildung und das Budget derartig kombinirt, daß die militärischen Lasten des Volkes noch erleichtert werden können . regionale Ersag innerhalb des Armee-Korps
vervollständigt die
im
Der erſten
Abschnitt enthaltenen Maßregeln. Die eigentliche Organisation der Armee erfährt gleicherweise tiefgreifende Veränderungen, die, soweit wir es beurtheilen, nicht nur für den Dienſt, die Unterweisung und den inneren Halt der Truppen günſtig ſein werden, ſondern auch für das so schwer belastete Budget, indem die übergroße Zahl der Offiziere vermindert werden soll.
Die
Baſtardformation
der
Regimenter zu vier
Bataillonen verschwindet.
Es wird in Zukunft nur drei Bataillone für jedes
Regiment geben. Was die Formation der Fußjäger in Regimenter betrifft, so scheint sie vielleicht weniger glücklich.
Man erklärt sich die Beibehaltung
einer beson
deren Benennung nicht für solche Truppen, deren Organisation, Bewaffnung, Uebungen sich in nichts von der Organisation, Bewaffnung und den Uebungen der übrigen Infanterie unterscheiden.
Wir würden die Annahme der Bezeich
: •
-
113
nung „ leichte Infanterie“ für die vierzig neu aufzustellenden Regimenter richtiger gefunden haben. Auch würde es nothwendig gewesen sein, sie von der übrigen Masse anders als blos durch Titel und Uniform zu unterscheiden, z . B. durch besonderen Ersay,
andere Uebungen u . s. w., mit
einem Wort durch
ihr
Wesen und nicht blos durch die Form . Abschnitt II schafft die Grade des Sous - Lieutenant und des Kapitän en second ab . Es rechtfertigte in der That Nichts die Beibehaltung dieses Titels bei gewissen Waffen, während sie für die anderen nicht eristirten. Aber die große Neuerung, die für den Ersaß der Offiziere eingeführt ist, das ist die Verpflichtung für alle Bewerber um den Grad des Lieutenants en second, mindestens ein Jahr in der Truppe gedient zu haben, bevor fie sich zum Besuch der Militär- Schule melden. den Reihen der jungen Leute,
Wir werden also in Zukunft in
die zum Befehlen berufen sind,
solche haben, die nicht gehorchen gelernt haben.
nicht mehr
Das bedeutet noch nicht die
Gemeinsamkeit der Herkunft ; aber diese in der französischen Armce ganz neue Einrichtung ist ein großer Schritt auf dem Wege zu dieser Vereinigung, von der die Homogenität des Offizierkorps und seine Leistungen abhängen. Was wir vom III. Abschnitt (Stand der Unteroffiziere) wissen, friedigt uns weniger.
be
Es beruht nach unserer Ansicht weniger in dem Köder
einer mehr oder minder hohen Prämie, die unmittelbar nach Unterzeichnung des Aktes ausgezahlt wird,
durch welche man die Reihen
unserer Unter
offiziere mit guten Elementen zu füllen suchen muß, sondern in der Garantie, daß sie gegen Elend geſchüßt sind,
wenn sie das Regiment verlassen .
Eine
gleiche Behandlung, wie dies bei Offizieren der Fall ist, und ein Civil- oder Militär-Amt, das ihnen besser gesichert ist als bisher,
ist nothwendig.
einem Wort, dieſe nüßlichen Stüßen der Offiziere dürfen nicht,
die fünfzehn besten Jahre ihres Lebens dem Lande geopfert haben, mitten in den Kampf um's Dasein zurückgeworfen werden . wird man leicht gewissenhafte, ergebene,
Mit
nachdem sie wieder
Auf diese Weise
ihre Pflicht erfüllende Unteroffiziere
erhalten, die im Stande find, in Krieg und Frieden wirkliche Dienste zu leisten. Alles dies ist vielleicht als Samenkorn in den Vorschlägen des General Boulanger enthalten, aber es hängt Alles davon ab, wie man dies Samen korn entwickelt und nugbringend macht.
Wir haben es nicht nöthig zu sagen,
daß die Unteroffiziere bisher etwas mißtrauisch gegen Civilämtern am Ende ihrer Dienstzeit sind. fie mehr als die Auszahlung Wiederverpflichtung,
die Versprechung von
Dies interessirt und beunruhigt
einiger hundert Francs
im Augenblick
die doch gewöhnlich bald ausgegeben sind.
ihrer
Auf alle
Fälle würden die besten Vorschläge nur unvollkommen ihren Zweck erfüllen, wenn sie nicht von der Errichtung von Unteroffizierſchulen begleitet ſind . Der Erfolg der Kolonial-Armee scheint uns nicht vollständig durch die Bestimmungen des Abschnittes IV gesichert. Wie will man denn den Bestand dieser Truppen vollzählig erhalten, wenn Neue Wil. Blätter. 1886. Juli-Auguſt-Heft.
8
114
die Wiederverpflichtung mit Prämien,
-
der Eintritt mit Prämien für junge
Leute des hauptstädtischen Kontingents, und endlich die Kolonial-Kontingente, die nur für ein Jahr einberufen werden, nicht genügen ? Die Bemerkungen,
zu denen die Diskussion dieser Vorlage,
die von so
hervorragendem Interesse ist, Anlaß geben wird, werden zweifellos die dunklen Punkte aufklären und die Lücken ausfüllen.
Uns
bleibt
daß diese Diskussion sobald als möglich eintreten möge.
nur der Wunsch, Mögen unsere De
putirten und Senatoren wohl überlegen, daß Frankreich seit vierzehn Jahren wartet! Soweit der Spectateur.
Seit vierzehn Jahren hat kein französischer
Kriegsminister eine so alle Verhältnisse des Heeres umfassende Vorlage ein gebracht. Wird es dem General Boulanger gelingen, sie durchzuseßen ? Dann würde Frankreich allerdings einen bedeutenden Schritt in der Kriegsbereit schaft vorwärts gemacht haben ; wenngleich es nicht zu verkennen ist, daß so tief greifende Veränderungen in ihren Wirkungen erst allmählich erkannt werden können, und daß überhaupt zwischen dem, was auf dem Papier ſteht, bis zu dem, was wirklich geschieht, jest so gut wie früher, in Frankreich ein weiter Weg ist. Wir werden jedenfalls Gelegenheit haben, auf die Entwicklung dieser Frankreich und damit auch uns in so hohem Grade intereſfirenden Frage 33. wieder zurückzukommen .
La trouée des Ardennes . Wie bekannt, hat neben der des Ardennes in
trouée
de Belfort immer die trouée
der französischen Landesvertheidigung eine Rolle gespielt .
Zwischen den Festungen des Nordens und des Oſtens befindet sich eine Lücke, nämlich zwischen Lille und Verdun ; dies ist die in Rede stehende trouée, welche nunmehr als das Einbruchsthor der Deutschen angesehen wird. Ur: ſprünglich war zur Schließung desselben die Festung Mézières beſtimmt , die in einen großen Waffenplay umgewandelt werden sollte.
Die Befestigungen,
wie sie 1870 vorhanden gewesen, waren geschleift,
als
und
erstes
in der
Reihe der vorgeschobenen Forts wurde das von Ayvelles errichtet ; dann ließ man jedoch die beabsichtigte Umgestaltung zu einem Waffenplay fallen, so daß nunmehr das
Fort von Ayvelles nur noch als Sperrfort für die Linie
Mézières-Reims anzusehen ist.
Schon seit Langem sind mehrere französische
115
Militärzeitschriften
―
energisch für eine Befestigung von Mézières eingetreten,
unter ihnen der Spectateur militaire, der auch jest wieder unter obigem Titel diese Forderung stellt , um die ungeheure, zwischen Lille und Verdun befindliche Lücke zu schließen". Den Anlaß zu dieser erneuten Mahnung hat der in der leßten Zeit
beschlossene Bau einer
Mézières nach Laon gegeben, gegen Schärfste ausspricht .
neuen Eisenbahnlinie von
die sich das genannte Journal auf's
Diese Linie soll als strategische Bahn von besonderer
Wichtigkeit sein, aber nicht dieſe, ſondern ganz andere Interessen sind schließlich Der Fall, wie in für die Wahl der Trace ausschlaggebend gewesen. Frankreich solche Sachen von höchster Wichtigkeit entschieden werden,
ist zu
intereſſant, um ihn nicht kurz darzuſtellen . Es handelte sich darum, ob die neue Verbindung von Mézières nach Laon über Signy l'Abbaye oder über Liart- Aubigny geführt werden solle. Die erstge nannte Linie würde in die bereits bestehende , zur Compagnie de l'Est ge= hörige Linie Laon-Reims, die lettere in die Linie Laon - Vervins , welche sich in Händen von Rothschild und Léon Say befindet,
münden.
Da sich die
Eisenbahnkommission des Parlamentes nun für die über Liart zu führende Linie entschieden hat, so wird der kommerzielle Vortheil den Herren v. Roth schild und Léon Say zufallen, und die Compagnie de l'Est hat
doppelten
Verlust zu tragen, da viele Waaren, welche bis jezt auf der Linic Mézières Rethel-Reims - Paris befördert wurden,
nunmehr
von Mézières über Laon
Soissons nach Paris gehen werden. Soweit die kommerzielle Seite der Frage :
Wie steht es nun mit der
militärischen, und welche Gründe haben in dieser Beziehung den
Ausschlag
gegeben ?
Die Linie
Diese Frage untersucht
der Spectateur des Näheren.
müſſe als strategische bezeichnet werden , da fie die direkteſte Verbindung von Paris und Berlin über Köln und Koblenz vermitteln. Unter diesem Gesichts punkt ſei ſie auch der Kommiſſion vorgelegt worden . ausgeführt, daß bei der augenblicklichen
Lage der
Es wird
nun weiter
Dinge Frankreich nicht
darauf rechnen dürfe, bei einem Kriege gegen Deutschland die Offensive er greifen zu können, man werde daher den Preußen, indem sich das VI. Korps, das an der Grenze vertheilt ist, langſam zurückzieht, entweder die 6 Ardennen Linien überlassen müssen, oder dieselben in die Luft zu sprengen sich beeilen . Es würde somit in dieser neuen Linie wiederum nur eine Eisenbahn gebaut, die im Fall eines Krieges sofort zerstört werden müsse.
Es sei ein Irrthum,
anzunehmen, daß das Fort d'Ayvelles im Stande sei, längere Zeit sich der gegnerischen Artillerie gegenüber zu halten.
Dasselbe sei angelegt in der
Absicht, eines der vorgeschobenen Forts von Mézières bei deſſen Umgestaltung zu einem großen Waffenplaß zu bilden, es werde nun aber von verschiedenen Höhen, die ebenfalls ursprünglich für Forts bestimmt waren, dominirt, habe keine Aussicht,
erfolgreichen Widerstand zu leisten , und
Preußen eine erwünschte Gelegenheit zur Wiederholung des
werde
nur
den
Bombardements 8*
--
116
von Mézières und Charleville sowie der nahegelegenen stätten von Mohon geben.
großen Handwerks
Man befindet sich somit in einem großen Jrr
thum, wenn man die neue Linie Laon-Mézières deshalb zu den strategischen rechne. Wie wenig auch in der That strategische gewesen sind, läßt
eine Aeußerung
„ Le Petit Ardennais " erkennen,
des
Erwägungen ausschlaggebend
kleinen
französischen
Lokalblattes
das hierüber Folgendes schreibt :
„Wie
man aus unseren Depeschen bereits erschen hat, so hat die parlamentarische Eisenbahnkommission mit großer Majorität sich dafür " entschieden, die Linie Liart-Mézières über Aubigny zu führen ; die ist also gescheitert ;
Trace über Signy - l'Abbaye
es muß hervorgehoben werden, daß
die Meinung des
Ministers der öffentlichen Arbeiten von großem Gewicht für die Entscheidung der Kommission gewesen ist.
Was den Kriegsminister anbetrifft, der sich vor
vierzehn Tagen kategorisch für die kürzere Linie ausgesprochen hatte, so ver hielt er sich jest unentschieden. Wir möchten bei dieser Gelegenheit der Arbeiterbevölkerung von Signy bemerken, wie thöricht es war, unsern Rath schlägen bei den leßten Wahlen nicht zu folgen. hören.
Man
wollte uns
Man erwählte Herrn N., einen aufgeblasenen Reaktionär.
nicht
Was hat
Herr N. gethan, was hat er erreicht ? Nichts, nichts, nichts ! Er mußte dem Orte Signy eine Eisenbahn verschaffen. Hierfür mußte er eintreten. Statt dessen geht die Eisenbahn durch Aubigny ! Das ist das Werk des Herrn N.! Was kann die Empfehlung des reaktionären Herrn N. auch bei den republi kanischen Mitgliedern der Kommission nüßen.
Denn die Eisenbahnkommiſſion
beſteht zum größten Theil aus Republikanern !
Glaubt man, daß der repu
blikanische Herr Deb. nicht wirksamer die Sache von Signy vertreten hätte, als Herr N. ? Diesem Ausspruche
der
kleinen Zeitschrift fügt der
Spectateur mit
Recht hinzu : „ So werden im Jahre 1886 in Frankreich militärische Dinge behandelt,
das
nennen unsere Abgeordneten eine strategische Linie !
Wenn
die strategische Eisenbahn durch Aubigny geht anstatt durch Signy-l'Abbaye, so ist das ein Akt der Wahlrache.
Wenn der Bezirk von Signy Herrn Deb.,
Brauer in Jaudun, gewählt hätte, der radikal gesinnt ist, so würde die ſtra tegische Linie durch Signy-l'Abbaye gehen “. Es kann uns ja in gewisser Weise mit Befriedigung erfüllen,
wenn wir sehen ,
wichtigsten militärischen Entscheidungen von sind und beeinflußt werden.
wie
in Frankreich die
politischen Umtrieben
abhängig
Auch die Haltung des Ministers der öffentlichen Arbeiten erfährt vom Spectateur eine strenge Zurechtweisung.
Der Vorgänger des jeßigen
Mi
nisters, Raynald, war ein Freund Rothschild's und gehörte derselben Religion an wie dieser. selben Sinne. Haltung des
Er hatte die Sache angeregt, sein Nachfolger handelt_in_dem Was die vom petit Ardennais angeführte unentschiedene Kriegsministers
Boulanger
hierbei
betrifft,
so
glaubt
der
-
Spectateur,
117
-
daß derselbe sich wahrscheinlich eine Aussprache für die Ver
handlung im Parlament aufgehoben habe. Mit welchen Mitteln übrigens in dieser Angelegenheit seitens der in tereſfirten Parteien gearbeitet wird, das zeigt noch eine andere von dem legt genannten Journal angeführte Thatsache.
Sechs
Monate vor den lezten
Wahlen erschien in den Bezirken von Signy-l'Abbaye und den angrenzenden Orten d. h. denjenigen, welche bei der Trace über Signy -l'Abbaye in tracht kommen
würden,
Be
ein Heer von Ingenieuren und brachte durch Auf
stellung von Meßinstrumenten u . dergl. den Eindruck hervor,
als
ob dort
eine Eisenbahn gebaut werden solle. Der petit Ardennais gab seinen Lesern die Hoffnung auf die erwähnte Strecke . Der Tag der Wahl kam. Die Ingenieure waren verschwunden.
Das Projekt Raynald-Rothschild erſchien
wieder auf der Bildfläche und wurde in der Kommission durchgesezt. Statt aber eine solche Bahn zu bauen, die weder den Handelsintereſſen entspricht noch ſtrategiſch richtig angelegt ist, verlangt der Spectateur, daß die Befestigung von Mézières in Angriff genommen, Rocron und Givet angeordnet werde.
die Schleifung von
Leßtere würden nur zu einem un
nüßen Bombardement Veranlassung geben, und erst wenn bei Mézières ein verschanztes Lager geschaffen sei, solle man sich der Diskussion der Frage zu wenden, welches die beste Trace für die strategische Linie Laon-Mézières ſei. Sei hierzu kein Geld vorhanden, so hätte man nicht nach Tonkin und Madagaskar gehen sollen, sondern lieber erst Mézières befestigen . Wir glauben, daß unsere Leser außer einem Einblick in französische Ver hältnisse auch die Ueberzeugung gewonnen haben,
daß die Sucht,
Alles
zu
befestigen, noch immer nicht im Abnehmen begriffen ist, obwohl, wie wir in diesen Blättern mehrfach nachgewiesen, ſich ſchon zahlreiche
Stimmen
diese Tendenz ausgesprochen haben.
gegen 36.
Correspondenz .
Frankreich. Im Vordergrunde des militärischen und politiſchen Intereſſes ſtehen die neuen Armee-Organisationsgeseze, welche der Kriegsminister eingebracht hat.
Es muß ab
gewartet werden, ob und in welcher Weise etwa verändert die Entwürfe zur An nahme gelangen.
Darüber also später.
Für jezt nur die Bemerkung, daß mehrere
118
der Vorschläge, die sich ohne große Schwierigkeiten und Koſten durchführen laſſen, recht -xuddi verständige sind, daß aber die geplante, sehr kostspielige Vermehrung des stehenden Heeres manchen sachlichen Bedenken unterliegt.
Des Weiteren wurde, falls diese
der französischen Wehrmacht im Laufe der Zeit Hunderttausende von mehr oder weniger gut ausgebildeten Soldaten zuführende Maßregel in Kraft träte, das direkt und zumeist bedrohte Deutschland nicht umhin können, mit entsprechenden Gegen maßregeln zu dienen : eine Schraube ohne Ende. Vielleicht liegt da schon der Keim zu ernſten Auseinanderſeßungen :
„ Avant la bataille" spricht ja aus,
daß
Frankreich moralisch die Deutschen zwingen will, den Krieg zu beginnen ! Etwas abkühlend auf die Revanchegelüste der Franzosen wirken die stets anders artigen, mit einem gewissen Gruseln mitgetheilten Meldungen der Militärjournale über die heimtückischen
und hochgefährlichen Erfindungen
und
Rüstungen
der
Deutschen. L'Avenir, Le Progrès u. a . berichten, daß in Erfurt, Spandau und Danzig zusammen täglich ca. 2000 Repetirgewehre gefertigt werden, so daß die deutsche. Infanterie in kaum 1½ Jahren eine Million solcher besißen würde.
Und L'Avenir
militaire fügt kurz hinzu : „Wie steht es damit bei uns in Frankreich?“ Von den neuen Hohlgeschoffen der Artillerie obus torpilles - sind bei Gruson angeblich 50 000 Stück bestellt.
L'Avenir giebt eine Beschreibung der
Geschosse und der Sprengladung, welche lettere eine furchtbare Wirkung haben soll. Und so wird in einem Artikel: " Die Kanone und die Festung " , unter Bezug nahme auf diese neuen deutschen Geschosse gesagt, daß die französischen Genie-Offi ziere betroffen zu sein scheinen. " Allerdings, wenn's so ist mit der Spreng wirkung, wie die Franzosen fürchten, dann ade Festungsgürtel ; die Vertheidigung liegt dann darnieder.
Es
wird Sache der Ingenieure sein, neue Werkzeuge zu
erfinden, um ihre Mauern und Wälle gegen den zur Zeit überlegenen Artillerie Angriff wirksam zu schüßen.
L'Avenir militaire schließt :
bescheidenen Theile, denkend mit Clausewiß,
„ Wir
an unserm
daß das Heil der Reiche nicht in den
Festungen, sondern in den Feldarmeen beruht “, würden mit sanfter Philosophie die Niederlage der Herren Ingenieure ertragen. " Daß den großen Herbstmanövern in Elsaßz - Lothringen keine fremdländischen Offiziere beiwohnen werden, hat nach dem „ Progrès militaire" darin ſeinen Grund : „ Deutschland will nicht, daß die französische Uniform sich in den annektirten Pro vinzen zeigt !" Das Kriegsgericht zu Chalons hatte einen Soldaten zu einem Jahre Gefängnißz verurtheilt, weil er dem Adjutanten, der ihm befahl die Taschen umzukehren, den Gehorsam verweigert hatte. Der Pariser Revisionshof hat das Urtheil aufgehoben und den Soldaten, der kein Vergehen oder Verbrechen begangen, freigesprochen : „ Der Untergebene kann gefeßlicher Weise nicht genöthigt werden, gegen seine eigene Person zu handeln."
Auch eine Ansicht ;
gute Disziplin!
,,Der Kriegsminister hat die Parlamentsferien benut, um eine Rundreiſe bei
119
den verschiedenen Militärschulen zu unternehmen.
Wir sind weit entfernt, ihn dafür
zu tadeln, sagt L'Avenir, denn er hat seit drei Monaten so viel in den ver schiedensten Zweigen reformirt, daß er gewiß das Recht hat, Athem zu ſchöpfen . Großer König, höre auf zu siegen !"
Und nun folgt eine beißende Satire auf die
Rundreise, auf die Oberflächlichkeit der Revisionen, auf das komödiantenhafte Ge bahren des Kriegsministers : „ Er spielt seine Rolle bis zu Ende : er redet gewandt und ist sich sehr klar über den Eindruck, den eine geschickte Ansprache hervorrufen kann . Ein offizieller Beſuch ohne diese Beigabe würde sein wie ein Diner ohne Käse Brillat-Savarin, gleich einer hübschen Frau, der ein Auge fehlt!" Die politischen Zeitungen auch Deutschlands haben Auszüge aus den Rund reise-Reden Boulangers gebracht... Schwamm drüber ! Das große Militär-Kaſino zu Paris, welches General Boulanger befohlen und mit Statuten und Direktoren u. s. w. versehen hat, stößt auf finanzielle Schwierigkeiten und große Abneigung vieler Offiziere, die sich aus Gründen der Bequemlichkeit u. a. nicht in den einen Ort zusammenpressen lassen wollen . -zur Seemacht gehörenden Offiziere haben einfach abgelehnt. Daß das große, zum Besten der Armen von Paris gegebene Reiterfest
Die
am
ersten Vorstellungstage, wegen unglaublich thörichter Anordnungen des leitenden ―――――― Komités zu höchst unangenehmen Auftritten geführt hat es mußten Schwadronen die Volksmenge attakiren, (auch die der Eleven von St. Cyr ! ) , ist bekannt . L'Avenir hofft, daß solche Veranstaltungen, welche den Dienst auf's Aergste schä digen, das Reiterwesen nicht im Geringsten fördern und auch gar kein Bild von ..
der etwaigen Reitfertigkeit der Kavallerie geben, für die Zukunft unterbleiben
Bei der Ausschreibung der neuen französischen Anleihe , im Mai d. J. , find mehrere Milliarden gezeichnet.
Triumphirend ruft Le Progrès aus :
des Krieges fehlt uns also weniger als jemals. davon überzeugen können !"
„ Der Nerv
Unſere lieben Nachbarn haben sich
Bemerkenswerth sind einige Auslassungen des Progrès militaire über die Be kleidung und Ausrüstung der Infanterie ; das vorgeschlagene Mittel zur Erleich terung des Mannes ist jedenfalls ein radikales . Tornister ! schrieben wir neulich.
„Die Sache ist sehr einfach ! Kein
Wir sind in der That der Ueberzeugung , daß
unſere modernen Armeen in ihrer Zuſammenſeßung aus jungen, kaum erwachsenen Soldaten und aus Reservisten und Landwehrleuten, von denen 99 Hundertstel niemals etwas auf dem Rücken tragen, unfähig sind einen Feldzug zu bestehen mit 30 Kilo auf den Schultern.
Wenn man schnell marſchiren und frisch kämpfen,
wenn man alle die Handlungen der Indisziplin vermeiden will, von denen unsere lezten Feldzüge uns zu viele Beiſpiele gegeben haben, muß man die Tornister auf Befehl zurücklaſſen und nicht abwarten, daß die Mannschaften sie wegwerfen oder erschöpft auf ihnen liegen.
Ein Sack von wasserdichtem Stoff oder von Kalb
leder, um einige durchaus unentbehrliche Gegenstände und eine gewisse Anzahl Reserve-Patronenpackete aufzunehmen, genügt vollständig .
Die Ruffen haben einen
Weg der Vereinfachung betreten, auf welchem ihnen zu folgen
ernste Erwägungen
-
120
uns nöthigen. Wir sprechen nicht mehr von der Fußbekleidung , welche bereits gefunden ist : der neapolitanische Halbstiefel. Das Modell desselben müßte in allen Gemeinden verbreitet werden, damit jeder junge Soldat, jeder Reservist, jeder Mann der Territorial-Armee immer Schuhe bei sich haben könnte.
Sicherlich, dieser Gedanke einer zwar nicht neu
wenigstens
ein Paar der vorgeschriebenen
Mit diesem wird er marſchiren. “
ob
National- und Normal-Beschuhung"
ist ein hervorragend praktischer, seine Ausführung würde der
Feldarmee des betreffenden Volkes einen unberechenbaren Zuwachs an Kraft durch Steigerung der Marsch-Leistungen und Der
Ausdauer der Infanterie zuführen .
Bartzwang" erregt noch immer die Gemüther. Männiglich weiß, daß
es junge Leute giebt, deren Bart unvollständig wächst , schwach sprießt, zeigt in Folge alter Krankheiten
Lücken
und denen der Bart , anstatt einen Schmuck
zu verleihen, ein häßliches, schmußiges Aussehen giebt. selbst um die Erlaubniß, sich rasiren zu dürfen . müssen sie den Bart wachsen lassen.
Diese Leute bitten meiſt
Hilft nichts : nach Boulanger
Der dem Kriegsminister treu ergebene
Progrès sogar findet den Zwang ungerechtfertigt und verlangt eine „ Zusaßbe stimmung" zu der Bart-Verfügung, dahin gehend : „ Auf Vorschlag des Kapitäns ( !) müßte bei dem monatlichen Sanitäts- Appell der Arzt (!) feststellen, ob das gleich mäßige Wachsthum des Bartes einem jungen Soldaten gestattet denselben anstands halber zu tragen !" ―― Ein höchst merkwürdiger Instanzenzug in der Bartfrage :
――― was sagt der deutsche Kompagnie-Chef und der Stabsarzt dazu ? Uebrigens hat ein Regiments-Kommandeur der Kavallerie vom Kriegsminister 14 Tage Stubenarrest zudiktirt erhalten, weil er der Zusag angehängt hat, Bart trügen".
offiziellen Bart-Ordre den
er würde sich freuen , wenn seine Reiter nach wie vor den
Der General Boulanger hatte den Gendarmerie-Offizieren eine Ordonnanz be willigt; er zog diese Vergünstigung nach noch nicht 3 Tagen wieder zurück.
Dic
Art des Vorgehens ist noch intereſſanter, als der schnelle Wechsel des Beschlusses selbst. L'Avenir erzählt : „ Die bezügliche Maßregel erschien in Form einer kriegs ministeriellen Verfügung in der Nummer 21 des (offiziellen ) Journal militaire. Drei Tage darauf waren die Chefs der Truppen und Behörden ganz erstaunt, ein neues Exemplar dieser Nummer 21 des Journal militaire mit dem Befehle zu erhalten, diese der ersteren unterzuschieben . Eine Vergleichung derselben mit ihrer die jüngere Nummer -- einer chirurgischen Doppelgängerin zeigt, daß leßtere Operation unterzogen und amputirt war um den in Rede stehenden Erlaß, be treffend die Ordonnanz der Gendarmerie-Offiziere. "
L'Avenir erklärt es für die Größe eines antiken Helden, wenn Boulanger so unumwunden ſeine Irrthümer eingesteht und in weniger als drei Tagen ſein Werk, seine Schöpfung, die Frucht seines Innersten rundweg desavouirt. Und so urtheilt mit dem bekannten Blatte eine beträchtliche Zahl der franzöſiſchen Offiziere über den zeitigen Chef ihrer Armee :
„ Die Unbeständigkeit
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und geistige Beweglichkeit des Kriegsministers, seine phantastischen Maßnahmen bringen alle Dienstzweige der Armee in den Zustand völliger Auflösung .
Befehle
folgen auf Befehle ; Alles ist Konfuſion und Chaos ! " . . .
Und doch wäre Bou 8. langer Oberfeldherr, wenn Deroulèdes Revanchekrieg jest ausbräche ! . . .
Literatur .
Eine neue, bedeutend angelegte Unternehmung auf dem Gebiete der Kriegs geschichte haben wir zur Kenntniß unserer Leser zu bringen.
Die Belgische Hof
buchhandlung Muquardt zu Brüssel übersendet uns den ersten, 1886 er schienenen Band des in Lieferungen erscheinenden Werkes, über deſſen Zweck und Ausführung wir, bei der Bedeutung des Gegenstandes, hier einige Mittheilungen folgen lassen. Der Titel heißt : „ Bibliothèque Internationale d'Histoire Militaire." Es giebt ja in allen Ländern und Sprachen genug Darstellungen der Kriegsgeschichte.
Aber nur wenige leisten dem praktischen Bedürfnisse der die Kriegsgeschichte Studirenden Vorschuo, sind geeignet zum " wahren Taschenbuch des Offiziers" , wie General Paris sagt.
Denn die meisten Werke sind nothwendiger
Weise sehr umfangreich, nicht handlich und zu theuer : fie finden ihren Play be ſonders in den Bibliotheken der Stäbe 2c. , selten trifft man sie in der Privat bibliothek der Offiziere. griffen .
Manche sind selten geworden oder im Buchhandel ver
Zu diesen materiellen Bedenken treten andre.
Oft sind solche großen
Werke wenig lichtvoll, ſie ſind weitſchweifig, belastet mit allgemeinen und nicht zum ― Gegenstande gehörigen Erwägungen, schleppend durch müßige Details mit einem Worte: langweilig für die Lektüre und die Forschung erschwerend ; nicht selten steht die Sprache nicht auf der Höhe und mancher in seinem Berufe tüchtige und sattel feste Kriegsmann hat als Militärſchriftsteller ſtark verstoßen gegen die Grundregeln der Geschichtsschreibung : Ordnung , Methode, Klarheit, Einfachheit.
Gerade diese
vier Vorzüge, wird versprochen, sollen allen Bänden der „ bibliothèque inter nationale" eigen sein : Formvollendung, Klarheit, Kürze . Dazu unbedingte Achtung der Wahrheit und Streben nach peinlichster Genauigkeit. umfangreichen Werke sind
Die Mitarbeiter an diesem
aus ganz Europa" gewonnen ; aber
sämmtliche Bände
fließen aus einer und derselben Feder, der eines bereits wohlerprobten Militär Geschichtsschreibers. "
Wir bedauern, daß die Verleger - Merzbach und Falk
uns den Namen dieses Schriftstellers vorenthalten.
122
- Monographien im Ganzen 25der Bibliothek sollen also den kurzen, aber vollständigen und fachlichen Bericht des betreffenden Krieges enthalten, geſchöpft Die
aus den beachtenswerthen älteren Werken.
Dabei zwingt der internationale
Charakter des ganzen Unternehmens , welches sich an alle Armeen wendet, zur Und solche kann und muß doch herrschen, wenn man's recht erwägt denn in der weitesten und höchsten Bedeutung ist die Kriegsgeschichte, wie die Kriegskunst selbst, ein Gemeingut, man könnte fast sagen : ein neutrales Gebiet. Jedes Volk kann hier, Zug um Zug, Anlaß zum Stolze, Anlaß zur
strengsten Unparteilichkeit.
Hoffnung finden ; und sind die Niederlagen nicht, mindestens ebenso sehr wie die Erfolge, eine Quelle heilsamer Erwägungen und nüßlicher Lehren ? Die Verfaſſer- oder der Verfaſſer der „ bibliothèque internationale" ſtehen nicht im Dienste einer Schule und verfechten kein Dogma, sie schreiben erzählend, nicht beweisführend " ; sie lassen alle Leidenschafter, alle Parteinahme, alle vorgefaßten Meinungen bei Seite ; ste betrachten alle Ereignisse nur von der einen Seite : der technischen, und unter einem einzigen Gesichtspunkte : dem der militärischen Belehrungen, welche diese Ereignisse bringen können.
Und so sind sie äußerst vor
ſichtig in persönlicher Meinungsäußerung, während sie möglichst viel den Meiſtern und den Thatsachen selbst das Wort verstatten, - in der Ueberzeugung, daß es viel weniger darauf ankam, dem Leser ganz fertige Meinungen beizubringen,
als
ihn in den Stand zu sehen, selbst aus voller Kenntniß der Sache heraus sich ein Urtheil zu bilden. . . Von den 25 Bänden, welche in kurzen Zwischenräumen binnen drei Jahren. erscheinen sollen und die sehr elegant ausgestattet sind, enthält jeder ――――― durch Croquis im Texte illustrirt - die abgeſchloſſene Darstellung eines Feldzuges.
So soll, nach
dem Programm, der erste Band bringen : einen Abriß der Feldzüge Alexanders, Hannibals und Cäsars, sowie der Feldzüge Guſtav Adolfs in Deutschland (1630–32) . Und die lezten acht Bände werden enthalten die Darstellung der Feldzüge 1848 und 1849 in Italien und Ungarn ; 1853 bis 1855 im Orient ; 1859 in Italien ; 1848-1850 und 1864 in Schleswig-Holstein und Jütland ; 1861-1865 Seceſſions krieg in Nordamerika ; 1866 in Deutschland und Italien ; 1870/71 - zwei Theile - : Krieg Deutschlands gegen das Kaiserreich und gegen die Republik Frankreich ; endlich 1828-1829 und 1877-1878 ruſſiſch-türkische Kriege in Europa und Aſien. Erschienen und uns zugegangen ist zunächst Band IX : „ Précis de la campagne de 1805 en Allemagne et en Italie , avec 10 croquis dans le texte. 1886. " Der Gesammteindruck dieser Feldzugs- Darstellung ist ein günstiger. Wir be halten uns eine nähere Besprechung vor, bis nach Eingang weiterer Bände sich erkennen läßt, ob und in wie weit das Programm der Herausgeber in dem Werke 134 . selbst zum Ausdrucke kommt.
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123
Die " Darmstädter Allgemeine Militär - Zeitung " veröffentlicht Sonder Abdrücke über ,, militärische Streitfragen ", welche als Spezial Schriften der Kritik auch in unserem Journal unterliegen. Die gewählten Themata - drei Hefte haben wir in Händen allgemeinem Intereffe.
sind von
Heft I ergeht sich über:
Die Offiziere des Beurlaubtenstandes und die Bedeutung des Studiums der Militär Wissenschaften. Von E. W. Darmstadt und Leipzig . 1885. Eduard Zernin . Daß wir die Offiziere des Beurlaubtenstandes , die im Kriegsfalle von hervor ragender Bedeutung sind, für Führung der Truppen und Erzielung von taktischen Erfolgen, möglichst gut auf ihre Führer-Thätigkeit vorbereitet wissen wollen, darin stimmen wir Linien-Offiziere ausnehmslos überein .
Ueber die Mittel und Wege
dazu gehen die Meinungen einigermaßen auseinander.
Einzelne sind soweit ge
gangen, die Beförderung zum Reserve-Offizier von einem vorgängigen Examen in Taktik, Waffenlehre, Feldbefestigungswesen u . s. w. vor ständiger Kommiſſion, etwa am Size der Kriegsschulen, abhängig zu machen.
Die Brochüre erörtert lediglich,
daß und in wie weit die Lücken, welche in den militärischen Kenntniſſen der Offiziere des Beurlaubtenstandes naturgemäß bestehen, durch das Studium der Kriegsgeschichte ausgefüllt werden können. Wir halten die Schrift für eine solche, die von Reserve- und Landwehr Offizieren wohl beherzigt werden sollte : daß sie,
liegt denselben doch ausnahmslos daran , wenn der Krieg sie ruft, - ihren Plag möglichst gut ausfüllen ; ... ..
und das ist bei dem Fortschreiten der Ausbildung, Taktik, Technik 2c. heute in hohem Maße erschwert gegen frühere Zeiten. Wir erklären uns mit fast sämmtlichen Ausführungen des Herrn Verfaſſers einverstanden und haben nur einige Einwendungen zu machen . Das Kriegsspiel wird Offiziere" bezeichnet.
von Autoritäten als wichtigstes Bildungsmittel für
Das trifft jedenfalls nicht zu, wird auch vom Herrn Ver
faſſer weiterhin richtig gestellt durch den Sat : „Die Truppen - Uebungen sind für die Ausbildung des Offiziers obenan zu stellen." Wenn gesagt wird : „ Die sich entwickelnden Gefechte haben nach der General Idee für die eine Partei defensiven, für die andere offensiven Charakter, d . h. die eine hat die Aufgabe, dem Vordringen des Gegners
Schranken zu sehen, die
andre, ihn zurückzuschlagen. Wird schließlich der Vertheidiger zum Rückzuge ge zwungen 2c. " so ist einzuwenden : es können beide Parteien offensive Auf träge haben; es kann auch dem - ungeschickten oder zu schwachen - Angreifer paſſiren, daß er zum Rückzuge gezwungen wird ! Ein entschiedener und schwerwiegender Fehler findet sich in dem Sahe : „ Unter Trefffähigkeit ist nicht nur die Sicherheit zu verstehen, mit welcher eine Feuerwaffe bei guter Bedienung den beabsichtigten Zielpunkt (!)
der Laie sagt „ Centrum"
trifft" ... Es liegt auf der Hand, daß hier irrthümlich Zielpunkt, anstatt Treff punkt , gesagt ist, - ein gewaltiger Unterschied für unser Gewehr, mit dem wir den grundsäglichen Haltepunkt „ Zielauffißen “ nehmen ! . . .
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Die zweite Schrift bringt : Aphorismen über die kriegsmäßige Verwendung der Feld -Artillerie. aller Waffen. 1885 .
Für Offiziere
Eine klare, in Stichworten bezw. im Telegrammſtile abgefaßte Arbeit, die den • Gegenstand auf nur 16 Seiten erschöpft ! Leider sind sehr entbehrliche Fremd wörter in Menge eingestreut, - unserem Geschmack sagt das nicht zu. Bei " Schußarten " mußte füglich in Betreff der Granaten und Shrapnels deren allgemeine Abweichungen nach Breite und Tiefe erwähnt werden. für die Offiziere der
andern" Waffen .
Wenn unter „ Taktisches “ gesagt wird :
Bei
kleineren Detachements seine ganze Artillerie in der Regel beim Gros belaſſen; braucht man sofort Artillerie bei der Avantgarde, so nehme man sie ungetheilt dorthin"
so läßt sich über diese Vorschrift rechten.
bei der später aufgestellten Regel :
Ein Gleiches ist der Fall
„Bei Märschen in unmittelbarer Nähe des
Feindes stets (1) einen Theil seiner Artillerie unter Bedeckung an geeigneten Punkten in Bereitschaft stehen lassen. “ . . . Die Schlußbetrachtungen klingen in dem Saße aus : „Man soll seine Artillerie nicht exponiren , aber auch nicht allzu ängstlich salviren. Geschüße sind große Feuergewehre, weiter nichts .
Gehen sie auch einmal
mit Ehren verloren, so haben sie ihre Schuldigkeit vollständig gethan. “ Die dritte Schrift erörtert einen Gegenstand von allergrößester Tragweite : Die Kriegführung der Zukunft. Nach 1870/71 haben die großen Militärmächte ausnahmslos, ſoweit dies sich irgendwie mit ihren besonderen Verhältnissen vertrug, in Heeres-Ersaß, -Ausbildung u . s. f . die Einrichtungen des deutschen Heeres zum Muster genommen und ihr Heerwesen gründlich umgeformt.
Wir dürfen nicht mehr darauf bauen, zahlreicher,
schneller, besser bewaffnet und ausgebildet in den Krieg zu ziehen, als unsere zu künftigen Gegner. Kleinen,
Mehr als je wird die Führung der Truppen im Großen und
die Energie und Schneidigkeit der im Heere vertretenen gesammten
Nation über den Erfolg entscheiden.
Und da liegt für die hohen und niederen
Führer die moralische Nöthigung vor, sich mit der Frage zu beschäftigen, wie wohl der Krieg der Zukunft sich gestalten möge .
Es reicht das gründlichste Studium
der lezten großen Kriege zur Beantwortung dieser Frage nicht aus, denn mit voller Bestimmtheit darf man behaupten, daß
die seit zehn Jahren fast auf allen das
Heerwesen berührenden Gebieten stattgehabten Veränderungen und Fortschritte der Kriegführung hinfort eine andersartige Gestaltung geben müſſen, als dieſelbe noch 1870/71 hatte : Festungsgürtel, Feuergefecht der Kavallerie, Luftschifffahrt, Brief tauben , Panzerthürme, Feldmörser, Repetirgewehre, Elektrizität, Landsturm diese, in bunter Reihe niedergeschriebenen Wörter zeugen dafür,
daß viele neue
Faktoren in Betracht gezogen werden müssen, wenn wir uns ein Bild der Zukunfts Kriegführung ausmalen wollen.
Wir sind in den ersten Schlachten des französischen
Krieges durch so manche Erscheinungen, zumal durch das Feuer des weittragenden und schnellfeuernden Hinterladers, augenscheinlich überrascht worden, troßdem nur
125
vier Jahre seit unserer leßten praktischen Kriegsleistung verflossen waren.
Jezt
könnten nach den großen technischen und taktischen Fortschritten in allen Heeren die seitdem dahin gegangenen fünfzehn Jahre noch ganz andere Ueberraschungen uns bereiten, wenn wir nicht im Voraus die Rückwirkung dieser militärischen Ver besserungen aller Art gegen uns selbst in Erwägung ziehen und uns mit denselben vertraut machen. Der Verfasser will in dieser Richtung Anregung geben durch seine Arbeit, in welcher er einige Punkte bespricht, die sich als neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Heeresleitung im Großen, also der ſtrategiſchen Verhältnisse, auf demjenigen des Schlachtfeldes selbst darbieten.
und ſodann
Seit langer Zeit haben.
wir keine Schrift in Händen gehabt, die so, wie die vorliegende, große Gesichts punkte mit weitem und scharfem Blicke erfaßt, die so klar, bei aller Kürze, ent wickelt, welche Anforderungen der nächste Krieg an Führer und Truppen stellen wird und auf welche Weise man denselben genügen, für sie im Frieden schon sich wird zurüsten und zubereiten können .
Und wenn man, wie dies bei solchen Speku
lationen selbstverständlich ist, vielfach von der Meinung des Herrn Verfassers sich trennt, - ſtets wird man seinen Gründen Gewicht und Werth zugestehen müſſen. Wir wünschten wohl, daß über die Schrift in dem Offizierkorps der ganzen deutschen Armee recht viel und recht gründlich verhandelt und daß manche Nußanwendung für die Praxis aus derselben genommen würde, — für die Erziehung, für die Aus bildung von Führern und Mannschaften auf dem Exerzier- und dem Schießplaße, in der Kaserne und auf dem Manöverfelde !
es,
Sollen wir Einzelnes aus der Schrift herausgreifen ? Der Raum verbietet --und es ist schwierig . Wo soll man anfangen ? Es möge genügen, daß der
Schluß hier wiedergegeben wird : „ Wenn wir jeder in Zukunft drohenden Gefahr uns völlig gewachſen zeigen wollen, ſo ſind folgende Forderungen hinzustellen : 1. Emsige Schulung der Führer aller Grade, und zwar ihres Geistes und Beseitigung aller unſelbstständigen , schwächlichen , " nervösen“
ihres Charakters ; Naturen.
2. Erhaltung und Förderung der Disziplin in der Truppe ; leßterer ist ein unbedingtes Vertrauen in die Führung anzuerziehen. 3. Starke Stämme (glücklicher Weiſe ſteht in dieſer Hinſicht die deutſche Armee allen andern weit voran ; nur zu Gunsten der Feld-Artillerie wäre hier zu sprechen). 4. Häufige Uebungen in kriegsstarken Abtheilungen und in gemischten Ver bänden ; Zusammenziehen möglichst großer Maſſen. 5. Ueberhaupt strenges Hinstreben zu kriegsmäßiger Ausbildung aller Waffen, eine Forderung, die nach vierzehn Friedensjahren leider nicht unbegründet erscheint. " Sehr richtig!
Ziehen wir die Lehren aus der Schrift und bilden wir fortan 129. friegsmäßiger aus !
jeder an seiner Stelle
126
Erzählungen aus der Neuen Geſchichte in biographischer Form. Von Dr. Ludwig Stacke. Elfte verbesserte Aufl. Oldenburg. Gerhard Stalling. 1885 . Das sind in wahrem und edlen Sinne des Wortes populäre Erzählungen. und es ist begreiflich und erfreulich, daß solche gesunde Kost offenbar dem Geschmacke weiter Kreise zusagt : dafür spricht die Anzahl der Auflagen, welche die treffliche Schrift in immer schnellerer Folge erlebt hat.
Daß die neuesten geschichtlichen
Forschungen verwendet sind, ist selbstverständlich.
Das vorliegende Bändchen ent
hält eine Zuſammenstellung der wichtigsten Ereignisse aus der neueren Geschichte und zerfällt in sechs hiſtoriſche Gruppen, welche durch die Geſchichte der Entdeckungen, die Zeitalter der Reformation, Ludwigs XIV., Peters des Großen, Friedrichs des 129. Großen und durch die französische Revolution gebildet werden. Geschichte des 4. Oberschlesischen Infanterie-Regiments No. 63.
Im Auftrage des
Regiments verfaßt von Köppel, Hauptmann und Kompagnie-Chef. Mit fünf Karten und Plänen . Berlin 1885. E. S. Mittler u . Sohn. Geſchichte des 5. Westfälischen Infanterie - Regiments Nr. 53 während der erſten 25 Jahre seines Bestehens (4. Juli 1860 bis 4. Juli 1885 ) .
Nach
den Akten und Kriegstagebüchern des Regiments zusammengestellt von Richter, Hauptmann und Kompagnie - Chef im Regiment. Mit einem Porträt , fieben Skizzen und drei Karten. Berlin 1885.
E. S. Mittler u. Sohn. Dem Regiment Nr. 63 war es nicht vergönnt ,
in den großen , ent
scheidenden Feldschlachten der Jahre 1866 und 1870/71 mitzukämpfen und seinen vollen Antheil an dem reichen Ruhmeskranze der Armee zu erwerben : die im Uebrigen sehr gewandte Darstellung wird deshalb im Ganzen und Großen außerhalb des Regiments -Verbandes weniger gelesen und zu Rathe gezogen werden, wie das West
als solches mit Geschichten von Regimentern der Fall ist, welche fälische Nr. 53 - zahlreiche Ruhmesthaten vollbracht haben.
Was die Westfalen
in den Kriegen 64, 66 und 70/71 Hervorragendes geleistet, das ist in einer Weiſe vom Hauptmann Richter dargestellt, die das höchste Lob verdient : der Stil ist mustergültig und stellt das Buch in die vorderste Reihe unſerer vielen trefflichen Regimentsgeschichten.
Geschmückt ist der Band mit einer vorzüglichen Photographie
des kronprinzlichen Regiments- Chefs, Höchstwelchem auch das Werk dedizirt iſt. Die beiden Schriften beigegebenen Karten sind, wie stets bei Mittler u. Sohn, aus der bewährten Greve'schen Anstalt ; die Beilagen und Anlagen, wie stets : Rang , Verlust , Dekorirten-Listen, biographische Notizen über das Offizier-Korps 1.
des Regiments u. s. w.
Das Militärstrafgesetzbuch für
das
deutsche Reich nebst dem Einführungsgesetze.
Mit Kommentar herausgegeben von Clemens Koppmann, Kgl. baye rischer Oberstabsauditeur und Direktor des Kgl. Militär-Bezirksgerichts Würzburg. Zweite vermehrte und verbesserte Auflage . 1885. Verlag der Beck'schen Buchhandlung.
Nördlingen
127
―
Die vor einem Jahrzehnt erschienene erste Auflage hatte dem bedeutenden Werke mit einem Sprunge den ihm gebührenden ausgezeichneten Platz in der ein schlägigen Literatur gesichert ; es ist nachher keine irgendwie in Betracht kommende, das Militärstrafgesetzbuch behandelnde Schrift erschienen, welche nicht ausdrücklich sich auf Koppmann bezogen und seinen Kommentar berücksichtigt hätte.
Inzwischen
haben die vielen, im Laufe der lezten 10 Jahre veröffentlichten, trefflichen Werke der Interpretation der in Rede stehenden Materie mancherlei Förderung und Klärung gebracht - und so war auch für Koppmann die Nöthigung erwachsen, sein Werk durch Umarbeitung wieder auf die Höhe der Zeit zu bringen . Das ist nun in der jezt vorliegenden zweiten Auflage in vollſtem Maße geschehen - und wir können denjenigen Offizieren, welche als Gerichtsherren, als Untersuchungsführende gezwungen sind, sich einen rechtskundigen Beistand für ihre militärjuristische Thätigkeit zu ſuchen, oder denen, die auch ohne solche dienstliche Nöthigung sich über die vielen streitigen und schwierigen Punkte belehren wollen,
wir können ihnen allen nur
rathen, sich Koppmann's neue Auflage anzuschaffen, welche die zur Zeit vollständige Erläuterung zum Militärſtrafgeseze giebt, stets anführend die Auslegungen auch der andern bedeutenden Kommentatoren Solms, Keller, Weiffenbach, Rubo, Fleck, Hecker, Rüdorff, Oppenhoff, Schwarze, Herbst, Oberniedermayer u . A. m. — und, je nach dem diesen Auslegungen beitretend, sie erweiternd oder einschränkend, ſie bekämpfend. Koppmann hat mit anerkennenswerther Selbstverleugnung prinzipielle Aende rungen seiner ursprünglichen Arbeit vorgenommen und lettere dadurch wesentlich verbessert.
Er hat, wie er in der Vorrede bekennt, seitdem ganz besonders die
Ueberzeugung gewonnen, daß ein richtiges Verſtändniß des Reichs-Militär-Straf gesetzbuches nur durch eine gründliche Kenntniß
des früheren preußischen
Militär- Strafgesezbuches gewonnen werden könne und daß in dieser Beziehung die in der Einleitung seines Kommentars zur I. Auflage niedergelegte Bemerkung, es müsse das Reichs -Militärstrafgesetzbuch aus sich selbst erklärt werden, immerhin mit einer gewiſſen Einschränkung zu verſtehen ſei. Die Rechtsprechung der obersten Militärgerichtshöfe in Preußen und Bayern, sowie die Entscheidungen des Reichsgerichts in einschlägigen Materien haben schäzens werthes Material geliefert und beide, Literatur wie Praxis, boten dem Herrn Verfasser Veranlassung, manche Berichtigung seiner früheren Ansichten vorzunehmen, haben ihn aber anderseits auch nicht selten im unverrückten Festhalten an aufge stellten Rechtsmeinungen beſtärkt. Daß die später erschienene Strafgeseßnovelle vom 26. Februar 1876 berück sichtigt worden, ist selbstverständlich ; dankenswerth ferner in hohem Grade die ein gehendere Benutzung des in erster Auflage minder beachteten Reichs-Militärgeſehes vom 2. Mai 1874 nebst Heer- und Wehrordnung : deren Stellungnahme zu den einzelnen Fragen ist durch Eitate aus Literatur und Rechtsprechung möglichst ge kennzeichnet. Es hat das Koppmann'sche Werk nicht nur an sachlichem Werthe gewonnen, sondern auch ―― ein nicht geringer Vorzug eines juristischen Kommentars ! - an
―
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Reiz der Darstellung, an Lesbarkeit für Laien gewonnen : mag zum Belage deſſen die Behandlung des Paragraphen 19 dienen (der über "1 Arrest" im Allgemeinen handelt), welche jeden Offizier ansprechen wird. Eine geringe Ausstellung gegen die Schreibweise Koppmann's, die im Uebrigen prägnant, klar und fließend ist, soll nicht unterlassen werden ; es sollten in der Schriftsprache unbedingt vermieden werden Ausdrücke, wie es fömmt zu bemerken" ; "/wogegen sich ausdrücklich verwahrt wird" und ähnliche . Auf sachliche Meinungsverschiedenheiten einzugehen, ist hier weder Anlaß noch Raum. Im Ganzen also :
5.
der neue Koppmann " ist vortrefflich.
Der Offizier des Beurlaubtenstandes. Zusammenstellung von Bestimmungen zum Gebrauch für Offiziere der Reserve und der Landwehr, nebst einer An leitung zum Anfertigen von Dienſtbriefen.
Herausgegeben von Preuße,
Premier Lieutenant im 7. Pommerschen Infanterie- Regiment No. 54. Verlag W. Johne. Bromberg 1885. Eine nach Uebersichtlichkeit, Kürze und Gründlichkeit mustergiltige Arbeit, die jedem Offizier und Offizieraſpiranten einen trefflichen Anhalt für seine militärischen 6. Obliegenheiten u. s. w. bieten wird .
Die Anstellung im Subaltern- (Bureau-) und Unterbeamten-Dienste der Militär Verwaltung. Mit einem Anhange, enthaltend : die Dienstlaufbahn des Zeug und Feuerwerks-Personals . Berlin 1885. E. S. Mittler u . Sohn . Den vielen gegenwärtigen und zukünftigen Militär- Anwärtern wird diese Schrift, - ein besonderer Abdruck aus dem Soldaten-Freund
höchst willkommen sein als
Beratherin in der wichtigen Frage : welche Civilstellung Jedem dereinst die zusagendſte 6. und lohnendste sein werde.
Generalfeldmarschall Graf Moltke 1800-1885 .
Zum 26. Oktober 1885.
Wilhelm Müller, Professor in Tübingen. Volksausgabe . 1885. Verlag von Karl Krabbe. Preis : 1 Mark.
Von
Stuttgart
Das Buch, welches ein Bildniß des großen Feldherrn und Menschen bringt, zeigt die bekannten Vorzüge der zahlreichen und weitverbreiteten Schriften des Tü binger Professors ; es ist ein Volksbuch im wahren Wortsinne.
Mit Wärme, aber
ohne Prunk, erzählt Wilhelm Müller den Lebens- und Entwicklungsgang Moltke's, deſſen Denken, Reden, Handeln ; er entlehnt, wo irgend angängig, die Darstellung aus Moltke's eigenen Schriften, welche den überzeugenden und erfreulichen Beweis liefern, daß der große Feldherr zugleich ein großer Mensch, der strenge Soldat zu gleich ein Mann von vielseitiger Bildung ist. Da der Verfasser darauf bedacht sein mußte, überall, wo es möglich war, die Person Moltke's in den Vordergrund treten zu laſſen, hat er zweckgemäß von den zwei großen Kriegen, welche Moltke geleitet hat, nicht den Verlauf der Schlachten, wohl aber und ganz speziell die Feld
129
zugspläne und die von Moltke an die Oberkommandos der einzelnen Armeen ge richteten Befehle und Direktiven mitgetheilt, welche die Vorbereitungen zu den Schlachten und die Bedingungen der Siege waren. Es bildet diese Schrift das Seitenstück zu der im Februar 1885 von demselben Verfasser veranstalteten Jubi läumsausgabe der Biographie des Reichskanzlers Fürsten Bismarck.
In glänzender
Weise ist Wilhelm Müller's Absicht erfüllt : dem deutschen Volke und Heere zum vollen Verständnisse zu bringen, was es an den zwei großen Paladinen seines 129. Kaisers Wilhelm hat.
Alte Geschützinschriften von Hans Ziegler. liche Zeughaus zu Berlin. (G. Schenk).
Mit einem Anhang :
Berlin 1886.
Das König
R. v. Decker's Verlag
Eine vortreffliche Sammlung, herausgegriffen mit Glück und Geſchick aus dem reichern Gebiete volksthümlicher Spruchdichtung ! Wir glauben gern der Versicherung des Autors, daß er große Mühe gehabt hat, Material herbeizuschaffen, um etwas Erschöpfendes zu bieten . Und das Gebotene ist, wie wir laut und gern anerkennen, hochinteressant.
„Unstreitig ist für das Erkennen und völlige Eindringen in das
Wesen eines Volkscharakters neben dem Volksliede die Spruchdichtung von hoher Bedeutung und verdient wie jenes Beachtung und Studium. Das subjektive Empfinden tritt in den Hintergrund, die Phrase ist ausgeschlossen und in knapper, bündiger Form wird durchHervorhebung des Kernpunktes oft wie durch ein Schlag licht eine Situation oder ein ganzer Zeitraum beleuchtet . Dieser für die ganze Dichtungsart charakteristische Zug läßt sich auch an vorliegendem Zweige des statt lichen Baumes Blatt für Blatt verfolgen. Das Kindlich-Naive und Fromm-Poetiſche, das in wunderbarer Verquickung mit durchaus dunklen und rohen Zügen in dem Jahrhundert eines Martin Luther und Hans Sachs dem deutschen Volke eignete, tritt in den Gebräuchen, dem Leben und Treiben der „frummen “ Landsknechte offen zu Tage und offenbart sich besonders in dem Bestreben, das Harte und Rauhe des Kriegshandwerks durch poetische Vergleiche und Bilder zu mildern und zu ver klären. Was Wunder, daß sich die lebhafte Phantasie auch der fürchterlichen Mord instrumente, welche an Monstrosität kaum unsern modernen Riesengeschützen etwas nachgeben, bemächtigte, um ihnen durch symbolische Bezeichnungen, Verschen und humoristische Sprüche das Schreckende zu benehmen.
So schmetterte die „ Nachtigall" ihr Lied in das wilde Schlachtgetümmel, sang die " Singerin" dem todtwunden Landsknecht auf grüner Haide das Sterbelied, sandte "schön Els " ihrem erwählten Helden donnernden Gruß und Todeskuß . Was den "1 Anhang" anbelangt, in welchem Hans Ziegler die geschichtlich oder poetisch werthvollen Inschriften aller Waffen des Berliner Zeughauses bringt, so hat er damit nur versucht zu zeigen, daß die Ruhmeshalle der deutschen Residenz, besonders seit Einverleibung der Prinz Karl'schen prächtigen Waffensammlung, den weltberühmten Sammlungen in Paris, Wien und Dresden getrost als ebenbürtig an die Seite gestellt werden darf . Neue Milit. Blätter. 1886. Juli-August-Heft.
9
I L
130 Wir hoffen, daß der Herr Verfaſſer uns noch öfter Gaben bescheeren möge, wie die vorliegende Schrift und das im Maiheft 1885 unserer Zeitschrift besprochene 127. Buch: "1 Soldaten- und Kriegslieder aus fünf Jahrhunderten. "
Die schweizerische Militär - Mission nach dem serbisch-bulgarischen Kriegsschauplake. Aus dem Berichte an den schweizerischen Bundesrath von H. Hunger bühler, Oberstlieutenant und Kommandant des eidgenössischen 27. In fanterie-Regiments . Mit einer Uebersichtskarte des Kriegsschauplages, fünf Plänen von Gefechtsfeldern, zwei Tafeln Befestigungsdetails und anderen Beilagen . Frauenfeld, Verlag von J. Huber 1886 . Preis : 5 Mark. Mit reger Spannung hat man in schweizerischen Militärkreisen dem Erscheinen des obengenannten, reichhaltig ausgestatteten und vielseitig anregenden Werkes ent gegengesehen.
Der Verfasser erhielt am 12. Dezember 1885
vom schweizerischen
Militärdepartement den Auftrag : ſich auf den ſerbiſch - bulgarischen Kriegsschauplat zu begeben, um durch eingehende Studien und Beobachtungen an Ort und Stelle die Heeresverhältnisse der beiden kriegführenden Staatswesen , den Verlauf des slavischen Bruderkrieges und die Rolle, welche flüchtige, provisorische und permanente Befestigungen in demselben eingenommen haben, sichere Erhebungen zu pflegen. Als Begleiter des Herrn Oberſtlieutenant Hungerbühler auf dieſer militärischen Forschungs reiſe fungirte sein Adjutant, der Oberlieutenant P. Keller. Nach erfolgter Rückkehr hatte der Autor natürlich die Verpflichtung, eine aus führliche Berichterstattung zu Händen der vorgesetzten und als Auftraggeber maß gebenden Behörde niederzulegen . schweizerischen Militärdepartements,
Mit Einwilligung, nicht aber im Auftrage des erfolgte nun die obenangeführte, dem offiziell
erstatteten Bericht nicht völlig gleichlautende, aber demselben entnommene Veröffent lichung dieser kriegsgeschichtlichen Abhandlung. sagt der Autor in der Vorrede des Buches :
Bez . des Zwecks dieser Publikation Es geschieht in der Absicht, die Ge
legenheit, welche dem Verfasser geboten worden ist, mit den militärischen Verhält nissen und den neuesten Kriegsbegebenheiten auf dem Balkan an Ort und Stelle bekannt zu werden, im Intereſſe einer möglichst unparteiiſchen und erschöpfenden Darstellung der Ereignisse zu verwerthen, welche die Aufmerksamkeit Europas in so hohem Maße erregt haben und deren Folgen es zur Stunde noch auf das lebhafteſte beschäftigen." Den Inhalt des 181 Seiten umfassenden Hauptabschnittes des Buches skizzirt folgendes Verzeichniß am besten und deutlichsten. Von Seite 3 bis 30 erstreckt sich der intereſſante Reisebericht, dann folgt das Kapitel: Land und Leute", dem dann die Abschnitte : Die politische Situation bei Ausbruch des Krieges", sowie
die militärische Situation bei Ausbruch des
Krieges" die weitere Ergänzung geben . Hierauf finden wir: I. Die Organisation des serbischen Heerwesens, II. Die Organisation des bulgarischen Heerwesens, II. Die Organiſation der oftrumeliſchen
wic
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131
Streitkräfte, IV. Die aktiven Armeen und die Reserve - Armeen der beiden krieg führenden Länder nach ihrer Kriegstüchtigkeit beurtheilt . - Geschichtliche Darstellung des serbisch- bulgarischen Krieges von 1885. Aufmarsch in Serbien,
I. Mobilmachung und strategischer
II. der Aufmarsch der bulgarischen Streitkräfte zum Schuh
der Westfront, Stärke der mobilen Armee, III . Die Vorgefechte im Grenzgebiet, IV. Die Entscheidungskämpfe bei Slivniza
a) Erster Gefechtstag, b) Zweiter Ge
fechtstag, c) Dritter Gefechtstag, V. Rückzug der Serben.
Rekonstituirung und
Vormarsch der Bulgaren, VI. Die Gefechtstage von Pirot, VII. Die gegenseitigen Vorpostenlinien nach Einstellung der Feindseligkeiten,
VIII . Die Operationen der
Timotdivision gegen Widdin, IX. Abschluß des Waffenstillstandes. Serbische Feldbefestigungen zum festigungen zum
Schuh von Sofia .
Schuß von Nisch.
Bulgarische
Feldbe
Das Verpflegungs- und Sanitätswesen der
beiden kriegführenden Armeen . Gründe der Mißerfolge der serbischen Kriegführung. Der Friedensschluß in Bukarest. Schlußfolgerungen . Nachtrag. Beilage A (zehn Druckseiten umfassend) enthält die wichtigsten Daten aus der Geschichte der Balkanvölker ; 168 v . Chr. beginnend und 1882 mit der Erwähnung : Serbien wird zum Königreich proklamirt" endigend, zeigt sich da übersichtlich und in gedrängter Kürze eine tabellarisch geordnete historische Darstellung. bietet uns
die bulgarischen (1:40 000) ,
Beilage B
Ordres de bataille der bulgarischen und der serbischen Armee." C giebt Stellungen bei Tron
E Pirot und
G Sofia (1 : 40 000),
und
Umgebung
Vratsche (1 : 40 000) , D Slivniza
( 1 : 40 000) , F
Plòca
(1:40 000 ),
H Serbische und bulgarische Befestigungs-Profile, J Bat
terien bei Sofia, K Serbisch-bulgarischer Kriegsschauplag (1 : 300 000) . Der Gesammteindruck dieſer militär - literariſchen Leiſtung ist ein vortrefflicher. Eine flotte, präzise Darstellung, kräftige und sichere Argumentation, sowie vor allen Dingen auch der Umstand, daß der Autor selbst den mehr nebensächlichen Faktoren und Bedingniſſen ein gründliches Studium zuwandte, geben dieser Arbeit einen mustergültigen Werth. Wenn den serbisch-bulgarischen Kämpfen des Jahres 1885 in Folge der poli tischen Tragweite und der pikanten Nebenumstände derselben namentlich
eine weit
gehende Beachtung zu Theil wurde, so trat in der schweizerischen Eidgenossenschaft noch eine Belebung der Antheilnahme insofern hinzu, als dieselbe, bekanntlich auf das Milizſyſtem ihre Landesvertheidigung stüßend, in den bulgarischen Waffen erfolgen eine beachtenswerthe Kraftäußerung verwandter Wehrverhältnisse erblickte. Zudem mochte das kriegerische Aktionsterrain besonders durch seine gebirgige, an den schweizerischen Jura (eidgenöſſiſche Weſtgrenze) stark erinnernde Beschaffenheit, zu naheliegenden praktischen und theoretischen Vergleichungen nebst entsprechenden Schlußfolgerungen direkte und dringende Veranlassung gegeben haben.
Fragen der
schweizerischen Landesbefeſtigung mögen da vielleicht einige Deckung gesucht und ganz oder zum Theil auch mit gefunden haben .
In dieser Richtung betrachtet, ge
winnt die Arbeit des Oberstlieutenants und Regimentskommandeurs H. Hunger bühler auch für weitere Militärkreise des Auslandes eine erhöhte Bedeutung . 9*
Die
132
technische Ausstattung des Werkes zeugt in bester Weise von der Leiſtungsfähig keit der betr. Verlagshandlung für Werke.
derartige Spezialbranchen und fachliterarische C. S.
Elementare Anleitung über Terrainlehre und Terraindarstellung sowie über das Mit circa 200 Figuren. Rekognosziren und Kroquiren. Von C. Imfeld , Oberstlicut. der Infanterie. Luzern, Buchdruckerei von J. 2. Bucher. 1886. Preis : 2 Fres. 25 ctms . Das vorstehend genannte Büchlein, das sich durch eine recht klare und ein gehende Behandlung der elementaren Lehrfäße auszeichnet, welche im Titel erwähnt werden, bezweckt in recht praktischer und darum auch leichtverständlichen Art An leitung zu geben für den Selbstunterricht in denjenigen Fächern, welche unbedingt zur Terrainlehre 2c. 2c. gehören.
Der Verfaſſer nennt in seinem kurzen Vorworte
das im Auftrage des schweizerischen Militärdepartements vom eidgenössischen Stabs bureau im Jahre 1879 veröffentlichte " Handbuch über die Terrainlehre, das Karten lesen und die Refognoszirungen",
mehr ein Nachschlagebuch von reichem Inhalt
für Offiziere aller Grade " , wogegen sein kleines,
152 Tertſeiten und 16 Erläu
terungstafeln aufweisendes Werk eine Einführung in die Terrainlehre für Anfänger und Laien sein soll. Nicht blos Militärs, sondern auch Civilpersonen wie Lehrer, Alpen-Klubisten und ähnlich Interessirte sollen davon profitiren .
Aus leßterem
Grunde wurde auch alles , was im engsten Sinne mit dem permanenten oder lo kalen
Befestigungswesen
moderner
Beschaffenheit
Künstlich Ding ist nicht unser Werk ! "
zusammenhängt ,
ausgelaſſen.
riefen schon bei Murten, angesichts der
furchtbaren burgundiſchen Uebermacht, die alten Schweizer, als ihnen zugemuthet wurde, die Flanken durch Feldbefestigungen zu sichern, und von dieser Gesinnung ist noch heute sehr viel zu spüren. Die Haupttitel des Inhaltes lauten : A. Einleitung und grundlegende Vorbegriffe ; B. Terrainlehre ;
1. Drographie,
2. Hydrographie, 3. Topo
graphie; C. Terraindarstellung ; 1. Terrainzeichnung, a) Planimetrie, b) Hypso metrie, 2. Terrainbeschreibung und im Anhange D. 1. das Kartenlesen sowie 2. das Orientiren. Die hohe militärpädagogische Bedeutung dieses Büchleins für ein Land, deſſen Bevölkerung im Allgemeinen wie im Besonderen den nationalen Wehrfragen ein fast stets reges Intereſſe zuwendet, darf keineswegs unterschäzt werden.
Der Herr
Verfasser hat da in leicht ersichtlicher Weise nicht blos mit vielem Fleiß und Aus dauer den Zweck eines allgemeinen Lehrbuches durch sorgfältige Auswahl erstrebt, sondern auch dafür gesorgt, daß die behandelten Gegenstände und Lehrsäge nicht durch eine dürre und dürftige Darstellung den Anfänger und Laien abstoßen.
Die
nationale Landesvertheidigung der schweizer. Eidgenossenschaft muß, namentlich so weit gebirgige oder gar alpine Terrainabschnitte in Betracht gelangen, vor allen Dingen danach streben, auch den unteren Führern der Truppen für eine event.
_______
133
leicht eintretende Verzettlung oder Zerstreuung eigener oder fremder Streitkräfte in Berggegenden, die bestmöglichste Ausbildung in der Terrainlehre u . s. w. beizu bringen. In dieser Beziehung erscheint das Büchlein des Oberstlieut. C. Imfeld C. S. in seinem Taschenbuchformat geradezu werthvoll.
Bibliographie .
Januar März 1886.) Almanach f. die k. k. Kriegsmarine 1886. Neue Folge : 6. Jahrg. [der ganzen Reihe 11. Jahrg. ] . 16. Pola. Wien, Gerold & Co. in Comm. geb. M. 4, —. Anger, Gilbert, illustrirte Geschichte der k. k. Armee in ihrer kulturhistorischen Be deutung von der Begründung an bis heute. (In 25-30 Lfgn . ) 1. Lfg . gr . 8 . M. — ,60. Wien, Anger. Anleitung zur guten Erhaltung der Artillerie- Depot-Bestände bei der Aufbewah rung u. beim Transport. Nachtrag V. Berlin, Mittler & Sohn. M. - ,30 . Armee , unsere, u. d . Sicherheit d . Reichs . Zur Aufklärg. üb . die Anfordergn. d . Krieges, die Ziele u . Mittel d. Friedensdienstes. H. v. M. gr. 8. Hannover, M. 1,80. Helwing's Verl. Armee- Taschen-Kalender, k. t . 1886.
10. Jahrg.
16. Teschen, Prochaska. kleine Ausg. geh.
geb. in helle Leinw. 1,60 M.; in dunkle Leinw. 2 M.;
M. - ,50. Bestimmungen üb. d . Organisation der Oberfeuerwerkerschule v. 17. Aug. 1878 . M.- ,07. Nachtrag Nr. 2. gr. 8. Berlin, Mittler & Sohn. über das Schießen m. dem Revolver f. die Fußtruppen. Mit 1 lith. Taf. 16. Ebd. 1885. M. - ,30. Biebl , Oberlieut. -Rechnungsführer Vinz ., Militär-Adminiſtration f . Kadetten-, Ein jährig-Freiwilligen-, Manipulations- u . Unteroffiziers- Schulen . 7. Aufl . gr. 8 . M. 1,60 . Graz 1885. Wien, Seidel & Sohn. Buddenbrock , Gen.-Maj. Frhr. v . , die Ausbildung der Eskadron im Felddienst. M. 1, — . gr. 8. Hannover, Helwing's Verl. Darstellung , furze, d. Geſchichte d. 2. Garde-Dragoner- Regiments 1860-1885 . Bearb. f. die Unteroffiziere u. Mannschaften. Mit 1 Portr. in Lichtdr. u. 2 M. 1 , - . Karten. 8. Berlin 1885, Mittler & Sohn.
―
134
Dienstvorschrift f . die Arbeiter- Abtheilungen vom 31. Aug. 1881.
Nachtrag I.
Abgeschlossen Ende Dezbr. 1884. 8. Berlin 1885, Mittler & Sohn. M. 1 , -- . Dragoni Edler v. Ravenhorst , Hauptm . Alf. , strategische Betrachtungen über den deutsch-französischen Krieg 1870/71 . 1. Thl .: Kampf der Deutschen gegen das französ. Kaiserreich u . die Kapitulation v. Meß.
Mit 1 Uebersichtskarte,
1 Oleate u. 1 Tab. gr. 8. Temesvár 1885. Wien, Seidel & Sohn in Comm. M. 6,-. Einquartierungslast u . Flurentschädigung . Manövergedanken von e. hohen M. - ,60. Offizier. gr. 8. Berlin, Mittler & Sohn. Einzelschriften , kriegsgeschichtliche. Hrsg. vom Großen Generalstabe, Abtheilg . M. 16,25. f. Kriegsgeschichte. 7. Hft. gr. 8. Berlin, Mittler & Sohn . 1–7: Inhalt : Der Antheil der kurfürstl. sächsischen Truppen an der Erſtürmung v. Prag 25./26. Novbr. 1741. [Mit 3 Skizzen.] Die Thätigkeit der deutschen Artillerie in der Schlacht bei Loigny - Poupry am 2. Dezbr. 1870.
[Mit
1 Uebersichtskarte u. 7 Tertskizzen. ] Eiswaldt, Rittmstr., Dienstunterricht f. den Trainsoldaten. 8. Aufl. 8. Berlin, Mittler & Sohn. M. -, 60. Endres , Prem.-Lieut. K., Abriß der bayerischen Heeresgeschichte von 907-1885 . M. - ,55. 8. München 1885, Oldenbourg. cart. Entwurf e . Ererzier-Reglements für die Infanterie, baſirt auf die Kompagnie-Ko lonne. 1. Thl. 1. Hft. [Die Kompagnie. ]
gr. 8.
Hannover, Helwing's Verl. M. 1,25.
Farner , Ulr., der Hülfsinſtruktor. Unentbehrlicher Leitfaden f. Offiziere u . Unter offiziere der ſchweiz . Armee. 2. Thl .: Kompagnieſchule. wald. cart.
16. Thalweil, Brenn à M. -,50.
Feill , Prem.-Lieut., das 3. Badische Infanterie-Regiment Nr. 11 im Feldzuge 1870/71 , nebst e. kurzen Vorgesch. der bad . Truppen von 1604-1850 u. v. der Errichtg. d . Regiments 1852-1870 . 2. Aufl. Mit Gefechtsplänen, 1 Ueber fichtskarte u. 2 Skizzen im Tert. gr . 8. Berlin 1885 , Mittler & Sohn. M. 6, Feiß, Oberst Waffenchef J., die schweizerische Infanterie. Ihre Entwickl . u. Fort bild . unter der Militärorganisation v. 1874. gr. 8. Berl.
Zürich, Drell, Füßli & Co. M. 2, - .'
Formanek, Hauptm. Jaromir, Geſchichte des k. k. Infanterie-Regiments Nr. 41 , derzeit Josef Freiherr Vecsey de Vecs et Böröllyö- Jságfa, k . k. Feldmarschall Lieutenant.
1. Bd . Das alte Regiment. Von der Errichtg. d . Regiments bis
zur Verleg . des Werbbezirkes nach Galizien . 1701–1806 . Ler. -8 . ( m. 1 Portr. ) M. 12, - . Czernowis, (Pardini) . François , Oberst 3. D. v. , Vorschläge zur Reform über das Militär-Pensions M. 1, - . Gesetz vom 27. Juni 1871. gr. 8. Görlig, Vierling. Garnisondienst - Instruktion. Vom 22. Novbr. 1883. Nachträge 8. Mittler & Sohn. M. 5, -. (Hauptwerk u. Nachträge : M. - ,45 .) Goos , Herm., die Stamm-Mütter d . engl. Vollblutpferdes .
Berlin,
59 Stamm-Tafeln ,
-
135
darstellend die direkte weibl . Abstammung, bis auf die Urstamm-Mütter, der bedeutendsten in England, Frankreich, Deutschland, Desterreich- Ungarn und Skandinavien gezogenen Renn- und Zuchtpferde d . engl. Vollblutes, nebst Vorwort, Siegerlisten u. alphabeth. Register. Fol. Hamburg 1885. (Leipzig, M. 40, - . Werner.) In Leinw. -Mappe. Gottschling , Hauptm., Geschichte d. 1. Hanseatischen Infanterie-Regiments Nr. 75 von seiner Gründg. im Jahre 1866 bis zum Ende des deutsch-französ. Krieges 1870/71 . Zuſammengestellt f. d. Regiment. Mit 6 Skizzen u . 1 Marschkarte. M. 4,50 . gr. 8. Berlin, Mittler & Sohn. Grasern Edler v. Strandwehr , Hauptm. Thdr . Ritter, die Festung der Zu kunft als Minen-Festung. Hierzu 1 Planskizze. gr. 8. Wien, Seidel & Sohn . M. 2,40. Harlfinger, Prem.-Lieut., vaterländ . Gedenkblatt aus der Geschichte des 4. bad . Infanterie-Regiments Prinz Wilhelm Nr. 112. Mit e . Festbericht u. e. Prolog von Victor v. Scheffel. Wohlf. Ausg . gr. 8. Mülhauſen i./E., Bufleb's Sort. M.- ,50. Haeußler , Osk. , König Albert v . Sachſen u. die ſächſiſche Armee. 2. Aufl. Ler-8 . M. 2, — . (m . Holzschn.-Portr.) Leipzig, Ruhl . Hohenlohe -Ingelfingen , General Gen.-Adjutant. Kraft Prinz zu, militärische Briefe. I. Ueber Kavallerie. 2. Aufl. gr. 8. Berlin, Mittler & Sohn . M. 3, -. Horsesky, Oberstlieut. Adf. v . , die Manöver des VIII . u . IX. Korps bei Pilsen 1885. Mit 1 Karte u . 11 Skizzen. gr . 8. Wien 1885, Seidel & Sohn in M. 2,40 . Comm. Jahrbuch, militär-ſtatiſtiſches, f. d. J. 1883 u. 1884. 4 Karten.) Wien 1885, Hof- u. Staatsdruckerei .
1. Thl . Imp. -4 . (m . M. 3,-.
Instruktion betr. den Revolver M/83, nebst zugehöriger Munition. 16. Ber M.-,27. lin 1885, Mittler & Sohn. cart. für die Truppen-Schulen d . k. k. Heeres.
Allgemeine Grundsätze u . 3. Thl.
Truppenschulen der Artillerie. 3. Aufl. gr . 8. druckerei.
Wien 1885, Hof- u. Staats M.-,80.
―――― für die Verwaltung u. Verrechnung der Armatur u. Kleingewehr-Munition. M. - ,80. 2. Aufl . 8. (m. Tab.) Ebd . für die Verwaltung u . Verrechnung d. Truppen-Train-Materials der f. f . Fuß truppen, Kavallerie u. techn . Truppen . 8. (m . 1 Tab . ) Ebd . 1885. M. - , 90.
Krieg , der serbisch-bulgarische, im Novbr . 1885. Hierbei 1 (eingedr.) Kartenſkizze M. - ,40. d. Kriegsschauplazes. gr. 4. Berlin, Mittler & Sohn. Offizier. preuß. c. v. nd Vortr. 4 . der serbisch-bulgarische, bis zum Waffenſtillsta 2,50. M. Bruns. Mit 2 Uebersichtskarten. gr. 8. Minden, Lampel , Hauptm. Lehr. F., der Infanterie-Felddienst. Mit Skizzen u . 2 Fig-Taf. M. 1,60. im Tert. 8. Berlin, Mittler & Sohn. Langermann u. Erlencamp , Frhr. v., u . Lichr, Hauptleute, Dienst-Instruk
136
tion f. die Mannschaften der Jäger- u. Schüßen-Bataillone. Mit 1 lith. Bei lage, 1 Croquir- u. 1 Ordenstaf. gr. 8. Berlin 1885 , Mittler & Sohn . M. — ,65 . Lankmayr , Hauptm. Ferd., Waffenlehre f. die k. k. Militär-Akademien u . die k. k. Artillerie-Kadetten-Schule. 2. Hft. 5. Aufl. Mit 4 Taf. gr. 8. Wien M. 2, 1885, Seidel & Sohn. Lehnert, Freg.- Cap . Jos. Ritter v., Beiträge zur Geschichte der k. k. Flagge. Vortrag. Mit 3 Taf. gr. 8. Wien, Gerold & Co. in Comm. M. 1,20. Loebell , Hauptm. A. v . , kurzer Abriß der preußischen Geſchichte u. Lebensbeſchreib . d. Kaisers Wilhelm, nach den Direktiven der königl . Inspektion f. die 4. Kom pagnie der Unteroffizier- Schule Biebrich zusammengestellt . 5. Aufl. 8. Berlin, Mittler & Sohn. M. - ,25. Marine, die kaiserl. deutsche. 2. Aufl. Fol . (m . 20 Holzschntaf. ) Leipzig, Weber. M. 1, -. Militär-Kalender , österreichischer, „ Mars “ f. 1886.
19. Jahrg .
Neue Folge.
5. Jahrg. 16. (m. 1 Cisenbahnkarte. ) Wien, Perles . geb. in Leinw. M. 3, - . in Ldr. M. 4,—. Militär- Strafprozeß - Ordnung , [amtl. Zuſammenſtellg. der über das Straf verfahren bei den Gerichten d . steh. Heeres u. der Kriegsmarine beſteh. Geseze u. Vorschriften] . Alphabetisches Wort- u. Sachregister. 8. Wien, Hof- u. Staats druckerei. M. 1, - . (clpt. m. Reg. M. 2,20.) Militär- Vorschriften. Taschen- Ausg . [Zusammengestellt f. den Feld-Gebrauch. ] M. - ,80. 4. Hft. 8. Wien, Hof- u . Staatsdruckerei. Mit Gott für König u. Vaterland ! Für Kaiser u . Reich !
Ein Mahnruf an den
deutschen Soldaten d . aktiven Heeres u . d . Beurlaubtenstandes zum 22. März M.- ,15. 1886. Von e. preuß. Stabsoffizier. 8. Berlin, Eiſenſchmidt. Moedebeck, Sec.-Lieut. H., die Luftschifffahrt unter beſond . Berücksicht. ihrer milit. Verwendung. Historisch, theoretisch u. praktisch erläutert. 4—6 . (Schluß-) Lfg . gr. 8. (1. u. 2. Thl . m. Fig. u . 4 Taf. ) Leipzig, Schloemp. à M. 2, Möller, chem. Lieut. Fr., biographische Notizen üb . die Offiziere, Militärärzte u . Beamten der ehemaligen Schleswig-Holsteinischen Armee u . Marine, hrsg. nach Aufzeichngn. d. verstorb. f. preuß . Major Lübeck [ ehem. Prem.-Lieut. im 3. Schlesw.-Holst. Jäger-Korps, Verfasser d. Werkes Schlesw.-Holst. Armee"] .
gr. 8. Kiel
"!Das Offizier-Korps der
1885, Universitäts-Buchh. in Comm. M. 2,
Neumann , Hauptm. Lehrer v. , Leitfaden f. den Unterricht in der Waffenlehre an den königl. Kriegsschulen.
Auf Befehl der General-Inspektion d . Militär-Er
ziehungs- u . Bildungs - Wesens ausgearb. Berlin, Mittler & Sohn.
4. Aufl.
Mit 265 Abbildgn . 4. M. 8,
Pelchrzim , Maj . z . D. Thd . v . , die wiſſenſchaftliche Ausbildung des Soldaten. M. 1, 25. Aufl. Schweidnih, Kaiser. Preuße, Prem.-Lieut., der Offizier des Beurlaubtenstandes. Zusammenstellung von
―
137
Bestimmgn. zum Gebrauch f. Effiziere der Reserve u . der Landwehr, nebſt c. Anleitg. zum Anfertigen v. Dienstbriefen.
gr. 8.
Bromberg 1885 , Johne. M.-,50.
Bulkowski , Maj., Dienst-Unterricht der Kanoniere der Fuß-Artillerie. nehmig. der königl. General-Inspektion der Artillerie hrsg . Abbildgn. 16. Berlin 1885, Eisenschmidt.
Mit Ge
2. Aufl. Mit 91 M.- ,60.
Quartier liste der Garnisonen u . Militärbehörden in Lothringen. Nr. 16. Novbr. 1885. Mit Angabe der Wohng . sämmtl . in Met garnisonir. Offiziere u . Militärbeamten. gr. 8. Meß, Lang. M. - ,50. Rangliste der königl . sächsischen Armee [XII . Armee.Korps d . deutschen Heeres] M. 2,75. v. 1886. 8. Dresden. (Leipzig, F. Fleischer.) cart. Rang
u. Quartier liste d. XIII . [ königl . württembergischen ] Armee-Korps 1886 .
Nebst Angabe der nicht im Armeekorps-Verband befindl. Offiziere, Militär-Be M. 1,80 . hörden c. 8. Stuttgart, Mezler's Verl. der kaiserlich deutschen Marine f. das J. 1886. [Abgeſchloſſen am 1. Novbr. 1885. ] Red.
Die kaiserl. Admiralität. gr. 8. Berlin 1885, Mittler & Sohn. M. 2.50 ; Einbd . M. , - 60.
Ren n-Kalender für Deutschland. Hrsg. v. General- Sekretariat d . Union-Klubs. M. 16, -. Jahrg. 1885. 8. Berlin, Kühl. Repertorium
der periodischen Eingaben f. die Militär-Territorial-Kommanden
u. deren Intendanzen . Anh. III. [b] zur Geschäftsordng. f. das k. k . Heer. M.- ,40. 2. Aufl. gr. 4. Wien, Hof- u. Staatsdruckerei. - XIX., der Militär-Journaliſtik. [ 1. Januar bis Ende Juni 1885. ] gr. 8. Wien, Seidel & Sohn. M. 1, Salzmann , Hauptm. , Geſchichte d . Oberschlesischen Feld-Artillerie-Regiments Nr. 21 u. seiner Stamm-Truppentheile. gr. 8. Berlin, Mittler & Sohn. M. 5, Schaper , Ludw., Militaria. Ein Buch v. deutschen Heere f. Alt u. Jung. [ 1. Das Heer im Frieden. 2. Das Heer im Kriege. ] 8. (m . 6 Kartenskizzen.) Braun schweig 1885, Sommermeyer. M. 3,50 ; geb. M. 4,50. Schematismus der k. k. Landwehr u. der f. f. Gendarmerie der im Reichsrathe vertretenen Königreiche u. Länder f. 1886. gr . 8 Wien, Hof- u. Staatsdruckerei . geb. M. 2,40. Schlachten - Atlas d . 19. Jahrh. Zeitraum : 1820 bis zur Gegenwart. Pläne d . wichtigsten Schlachten, Gefechte u. Belagergn. m. begleit. Terte, nebst Ueber sichts-Karten m. kompendiösen Darstellgn . d . Verlaufes d. Feldzüge in Europa, Aſien u. Amerika. (In ca. 30 Lfgn.) 1. Lfg . Fol . (4 Karten m. 16 Bl. Tert.) Jglau, Bäuerle. Subsfr.-Pr. M. 2,40. Schlagintweit , Hauptm . Lehrer, Uebersicht der in den bedeutenderen Armeen ſeit Annahme der Rückladung zur Einführung gelangten Gewehrverschlüſſe u . Re M. — , 40. petiersysteme. Fol . München, Th. Ackermann's Verl. Schmitt , Dr. Rich., Prinz Heinrich v . Preußen als Feldherr im 7jährig. Kriege. M. 3, -. I. Die Kriegsjahre 1756-59 . gr. 8. Greifswald 1885, Abel .
-
138
Schueler, Hauptm . Lehr., die Feldbefeſtig. in Beispielen f. Offiziere aller Waffen. Mit Holzschn. u. Taf. in Steindr. gr. 8. Berlin, Mittler & Sohn . M. 3, - . Silberer, Vikt., u. Otto Baron Dewitz, Handbuch f. Hindernißreiter. 8. Wien, M. 5,40. Verl. der Allgem . Sport-Zeitung . geb. Soldaten Kalender, österreichischer, f. 1886. 11. Jahrg. 16. Wien, Perles . M. 1,-. Stall Pflege.
Zur Erleichterg. der Information beim Wechsel der Bedieng. im
Stall. K. v. K. gr . 8. (m. Fig.) Hannover 1883. (Berlin, Liebel.) M. 3, — ; M. 3,-. Ausg. in 7 Taf. Standarten u. Flaggen , die, der kaiserl. deutschen Marine. gr. 8. ( 15 Chromo M. 3,50. lith. m. 1 Bl . Tert. ) Berlin, Mittler & Sohn. geb. Südgrenze , unsere. Ein Mahnwort an die schweizer. Eidgenossenschaft. 8. Zürich. M. 1,Schmidt. Superarbitrirungs - Vorschrift f. die Personen des k . k. Heeres gr. 4. Wien, M. 1, — . 1885, Hof- u. Staatsdruckerei. Taschenkalender f. schweizerische Wehrmänner . 1886. 10. Jahrg . 16. (m . Fig., 4 Chromolith., 1 Stahlst. u. 1 Karte. ) Frauenfeld, Huber. geb.
M. 1,60.
Tekturen u. Nachträge zur Wehr- u. Heerordnung. 8. Berlin, Mittler & Sohn. M. - ,10. Tenneder, weil. Maj . S. v . ,
die Geheimnisse der Pferdehändler, ihre Handels
vortheile u. Verſchönerungskünſte. 5. Aufl. 8. Weimar, B. F. Voigt. M. 2, — . Thierbach, Oberst z . D. M., die geschichtliche Entwickelung der Handfeuerwaffen . bearb. nach den in den deutschen Sammlgn. noch vorhandenen Originalen (1. Bd .) Lex. -8 . (m. 13 kolor. Steintaf. ) Dresden, Höckner Sep.-Cto. M. 15, — . Transfeldt , Maj ., Dienst-Unterricht f. den Infanteristen des deutschen Heeres . Nach den neuesten Bestimmgn. bearb. 13. Aufl . Mit 42 Holzschn., 1 Ordens M. — ,50. u. 1 Croquirtaf. gr. 8. Berlin, Mittler & Sohn. Tromp, Artill . -Offiz . a. D. T. H. A. , die gepanzerten Flotten.
Leitfaden für
Küsten-Artilleriſten. I. England. Mit e . Atlas (v. 17 3. Th. kolor. Steintaf. M. 6, in gr. 4.) gr. 8. Haag. (Berlin, Mittler & Sohn .) Uebersicht , tabellarische, der bei der Feststellung der Tauglichkeit der Militär pflichtigen geſeßlichen Bestimmgn . qu. gr. Fol . Leipzig, Ruhl. Uniformen , die, der deutschen Armee. der Uniformen.
M. — ,30 .
1. Abth.: Uebersichtliche Farbendarstellgn .
Mit ausführl. Liste der sämmtl. Truppentheile u . Landwehr
Bataillone, nebst Angaben der Standquartiere und genauen Erläuterungen der M. 1,50 ; Farbendarstellgn. 10. Aufl. 8. (23 Chromolith. ) Leipzig , Ruhl.
geb. M. 2, -. " österreichisch-ungarische Universal - Militär - Taschen - Kalender Austria " f. das Heer. 1886. [Militärisches Jahrbuch. ] 2. Jahrg. Hrsg . v . Offizieren und Militär-Beamten. Red . v. Maj . D. J. Schmid . 16. Wien, Seidel & Sohn. geb. M. 3,40. Von der Weichsel zum Dnjepr. Geograph. , kriegsgeschichtl . u. operative Studie v.
139
Sarmaticus. Mit 1 Uebersichtskarte u. 14 Skizzen. gr. 8. Hannover, Helwing's Verl. M. 7, -. Vorschrift f. die Instandhaltung der Waffen bei den Truppen. 8. (m. 1 Tab. M. 1,35. u. 4 Taf. ) Berlin 1885, Mittler & Sohn. cart. zur Verfaſſung der Qualifikationsliſten üb. Stabs- u . Oberoffiziere d . Soldaten ſtandes, dann Kadetten im k. k. Heere v. J. 1883. 1. u . 2. Nachtrag v. J. 1884 , resp. 1885. 8. Wien, Hof- u. Staatsdruckerei . à M. ,4. Vorschriften für die Untersuchung u . Abnahme der 3,7 cm-Revolver-Kanone der Schiffs-Artillerie u . ihrer Munition. gr. 8. Berlin, Mittler & Sohn. M. 2, - . Wahle, Feldw . Regiſtr. Egon, militär- geographiſch-ſtatiſtiſches Lexikon d . Deutschen Reichs . 17. Lfg. gr. 4. Berlin, Eiſenſchmidt . Subſkr.-Pr. à M. 1,50. à M. 1,50. - dasselbe. 2. Bd. 1. - 3 . Lfg . gr. 4. Ebd . Subskr.-Pr. Wedell , Hauptm. à 1. s. M. v ., Leitfaden f. den Unterricht in der Kapitulanten Schule. Auf dienstl. Veranlaſſg . bearb. Mit Skizzen, Signatur- u . Kroquis tafeln. 6. Aufl. 8. (m. 1 Tab . ) Berlin 1885, Eiſenſchmidt. cart. M. 1,25. - Offizier-Taschenbuch f . Manöver, Generalstabsreisen, Kriegsspiel, taktische Arbeiten. Mit Tab., Signaturtaf., 1 Zirkel m. Maßstäben u . Kalendarium. 4. Jahrg. 16. Ebd . geb. M. 2,50 ; ohne Zirkel M. 2, — . Weisbrodt, Prem.-Lieut., das Litthauische Ulanen- Regiment Nr. 12 von der For mation bis zur Gegenwart. Mittler & Sohn.
Mit Jllustr. u . 2 Marschkarten.
gr. 8. Berlin, M. 8,50 .
Wengen, Fr. v . der, Geschichte der Kriegsereignisse zwischen Preußen u. Hannover 1866. 3. Lfg . gr . 8. Gotha 1885, F. A. Perthes . (à) M. 2,40. Windstoffer, Hauptm. Ed., Sprachen-Nothhelfer f. den deutschen Soldaten. qu. M. - ,50. 8. München 1885 (Franz ' Verl.) . Wir deutsche Soldaten. Ein aufricht. Wort an seine Kameraden v. e. Dreijährigen . M. —,50. 13. Tausend. gr. 16. Berlin, v. Decker, cart. Zeitfragen , militärische, besprochen in der Allgemeinen Militär-Zeitung . Nr. I bis III. gr. 8. Darmstadt 1885, Zernin. M. 4, Inhalt : I. D. Offiziere d . Beurlaubtenstandes u. d . Bedeutung d . Studiums d. Militar-Wissenschaften. Von E. W. M. 1,50 . kriegsmäßige Verwendung der Feld-Artillerie. M.
80.
II. Aphorismen üb . die
Für Offiziere aller Waffen. M. 1,70. III. Die Kriegführung der Zukunft.
1 140
Kleine
Belgien.
―――
Mittheilungen.
Die revolutionäre Bewegung in Belgien ist, Dank des äußerst
energischen Auftretens des Generals van der Smissen für diesmal noch schnell genug unterdrückt.
Aber der Boden ist vieler Orten aufgewühlt und es gehört nur geringe
Sehergabe dazu, um größere, ſtärkere Stürme, die die Ordnung und Regierung von Grund aus erschüttern werden, vorauszusagen.
Wie überall gehen die Revo
lutionäre jezt daran, zunächst das Heer, welches ihren Bestrebungen Halt geboten hat, seiner Pflicht abſpenſtig zu machen und ſyſtematiſch ſuchen sie durch zahlreiche Emissäre die Soldaten für ihre Sache zu gewinnen . Gelingt dies, - und warum ſollte das nicht hier so gut der Fall sein, wie anderswo auch schon zu verſchiedent lichen Zeiten ?! - dann ist ihr Spiel gewonnen.
Selbstredend erkennen dies die
patriotischen, besonnenen, besigenden Klassen und Männer und mit vollem Fug und Recht stimmen sie für Abschaffung des Stellvertreter - Systems und schleu nige Einführung der persönlichen , allgemeinen Wehrpflicht unter strengster Fernhaltung solcher Elemente aus dem Heere, welche dasselbe zerseßen könnten! Leider scheint es, daß zunächſt Unverſtand, Gleichgültigkeit, Trägheit der Mehr zahl sich den beabsichtigten Neuerungen erfolgreich entgegenstellen wird . Wenigstens hat in der Kammer der entsprechende Antrag des Mitgliedes von Dultremont keine genügende Unterſtüßung
gefunden und
ist bis zum November d . I.
vertagt.
Vielleicht sind bis dahin schon wieder Ereignisse eingetreten, welche die Dring lichkeit und Nothwendigkeit einer Wehr-Reform auch dem blödesten Verstande leuchtend machen!
ein
Inzwischen hat das belgische Offizierkorps seine Pflicht wohl verstanden, eine Pflicht, wie wir sie in unseren Blättern zulezt noch in dem Artikel : „ Gift und Gegengift " gekennzeichnet haben. Das Blatt „ La Belgique militaire" sagt sehr schön und treffend: " Auf uns Offiziere ruht ein wahres Apoſtolat. Be schäftigen wir uns mehr als jemals mit den moralischen Interessen unserer Sol daten. Halten wir durch unsere Belehrungen und unsere eifrige Fürsorge für unsere braven Soldaten den schlechten Rathschlägen das Gegengewicht, die man ihnen einzuflößen sich rüstet.
1
Unsere Bevölkerung hat einen großen Fonds von
geſundem Verſtande und wir ſind überzeugt, daß es der Sprache der Vernunft ge lingen wird, den Samen der verrückten Lehren der Apostel des Sozialismus im Keime zu ersticken. " Hoffen wir das Beste von diesem Bestreben des belgischen Offizierkorps .
Und
hoffen wir für die belgische Regierung und Armec, daß ihnen in der Stunde der Gefahr ein so schneidiger, umſichtiger Führer nicht fehle, als welcher der General van der Smissen sich bewiesen hat !
-
141
In andrer Hinsicht schreitet das belgische Heer unter dem einsichtsvollen Kriegs minister, General Pontus , rüstig fort.
Neuerdings hat derselbe eine „ Schule
für Militär - Luftschifffahrt “ in Antwerpen eingerichtet.
Zunächst kleine
Anfänge ; die Sache wird wachsen nach den Erfahrungen der elektrischen und op tischen Telegraphie, sowie den Versuchen des Luft- Photographirens .
Für das
Hauptbollwerk Belgiens , den großen Waffenplaß Antwerpen, iſt die Einrichtung des " Luft- Dienstes " ein wesentlicher, wenn nicht unerläßlicher Faktor der Ver theidigung.
La Belgique militaire bezeichnet noch einen wünschenswerthen Schritt :
Die Anbringung elektrischer Vorrichtungen in den Forts von Antwerpen, mittelst Es liegen deren man das Terrain auf weite Entfernungen erleuchten könnte. bereits entsprechende Vorschläge des General-Inspekteurs des Genie-Wesens vor. In Lüttich ist, unter Leitung eines penſionirten Hauptmanns , ein Schüler Bataillon gebildet.
Wir verhalten uns grundsäßlich ablehnend gegen diese
Einrichtung, begreifen aber, daß das belgische Militär - Journal der Sache guten 8. Fortgang wünscht .
Italien.
Seit dem April d . J. werden in der Garnison Rom und unter
Leitung des Generalmajors merksamkeit verdienen .
Pellour Marsch- Versuche gemacht , welche Auf
Mit Anstellung der Versuche sind betraut ein Bataillon
des 79. Infanterie- und eins des 3. Bersaglieri-Regiments.
Bei jedem Bataillon
marschiren zwei Kompagnien mit dem Gepäcksack auf dem Rücken, zwei Kom pagnien ohne Sack
und sie wechseln in dieser Weise ab .
Die Belastung des
Sackes ist beträchtlich verringert ; er enthält keine Patronen und nur eine einzige Reserveportion an Lebensmitteln.
Bei jeder Uebung wird nach einem Marsche
von 60 Minuten für die Truppen mit Sack und von 70 Minuten für die ohne Sack, eine Rast von 10 Minuten gehalten.
Vor dem Einrücken in die Quartiere
macht man einen Halt von 1/2 Stunde, während welcher man die von den Mann ſchaften mitgenommenen Vorräthe an Fleisch und Brot verzehrt. ſind zunächſt zwei Versuchsreihen beendet.
Auf dieſe Weiſe
Bei der ersten hat man 24 Km . von
den Truppen mit Sack und 28 Km. von denen ohne
Sack zurücklegen lassen ;
bei der zweiten haben die belasteten Kompagnien nochmals 24, die andern 30 Km . zurückgelegt. Die Versuche werden in der Weise fortgesezt, daß, während die belasteten Kompagnien auf 24 Km. täglicher Belastung stehen bleiben, die unbelasteten all mählich bis zur Tagesleistung von 40 Km. gesteigert werden sollen . Bis jetzt haben die Soldaten sich entschieden für die größte Leistung ohne Belastung gegenüber der kürzesten mit Belastung ! Die Sache ist ganz natürlich und es steht außer Zweifel, daß man Infanterie ohne Gepäck in derselben Zeit und unter geringerer Ermüdung Strecken wird zurücklegen sehen ,
als
weit größere
wenn sie das vorschriftsmäßige Gewicht
tragen. Der Unterschied würde noch schärfer hervortreten, wenn man zu den Marſch
-
142
versuchen, an Stelle der Linientruppen, Reserve wendete.
oder Landwehr-Mannschaften ver
Die Marsch- und Gepäck- und Ausrüstungsfrage ist, wie man sieht,
aller
Orten bei der Infanterie Gegenstand ernſter Erwägungen und eingehender Versuche. 8 .
Portugal.
Die portugiesische Regierung hat mit der Fabrik Steyr, in Dester
reich, einen Kontrakt zur Lieferung von 40 000 Repetitionsgewehren nach dem System Kropatschek abgeſchloſſen.
Diese Waffen treten an Stelle von ebensoviel
Nicht-Repetirern, welche der genannten Firma aufgegeben waren und die man, nach angestellten Versuchen, wegen der ihnen anhaftenden Fehler verwerfen mußte.
„ Die
neue Waffe hat ein kleines Kaliber und scheint alle Bedingungen zu vereinigen, welche von der modernen Wissenschaft für eine gute Kriegswaffe verlangt werden ; ſie ist zur Ausrüstung der Infanterie bestimmt." So sagt das Blatt O Exercito Portuguez ; es erwähnt nicht, welches Kaliber das neue Gewehr hat ; muthen : 9 mm.
wir ver 8.
Rußland. Schnell und geräuschlos breitet sich die russische Macht in Asien immer weiter aus, zumal in der Richtung nach Indien zu ; es verlohnt sich, * dies systematische Vorgehen zu studiren. Die transkaspische Eisenbahn wird mit Emsigke it gefördert ; täglich legt man 5 bis 6 Kilometer Strecke und Merw wird heute schon erreicht sein. dann bis zum Amu - Darja.
Ein eigenartiger Bahnbau.
Man geht
Offiziere und Mann
schaften des Eisenbahn-Bataillons sind, wie in einer rollenden Kaserne, in 27 zwei stöckigen Waggons untergebracht, die auf den Schienen nach Maßgabe des Bahn baus folgen.
Die Offiziere haben einen besonderen Speise - Waggon mit Küche,
deren Einrichtung sehr geschmackvoll ist.
Diese Zug - Kaserne umfaßt Werkstätten,
ein Arsenal, ein Lazareth, verschiedene Bureaus, darunter das Telegraphenbureau, welches dauernde Beziehungen zur Hauptstadt unterhält.
Der General Annenkoff
zeigt durch diese ebenso geistvolle wie einfache Anordnung, daß die Eisenbahn das sicherste, ſchnellste und billigſte Mittel für die zivilisirten Völker geworden ist, in 8. unbekannten Gegenden vorzudringen.
Untersuchung verbackende
Mehl soll
von
Soldatenbrod.
bestimmungsmäßig
aus
Das zu
reinem
Soldatenbrod
zu
gesundem Roggen her
gestellt sein, welchem beim Vermahlen 15 Proz . Kleie entzogen sind ; es soll durch ein Sieb von seidener Müller (Cylinder ) Gaze mit 17-18 Maschen auf 1 qcm getrieben sein. Von 50 kg Mehl, einschließlich Salz, müſſen 23 Stück Brode zu 3 kg geliefert werden. In 50 kg Backgut dürfen bis 450 g Salz enthalten sein.
Das Brod muß einen kräftigen, angenehmen Geruch und Geschmack
und keine zu starke oder zu schwarze Rinde haben .
Es darf nicht knirschen , nicht
teigig oder klitschig, nicht abgebacken und nicht waſſerſtreifig sein, auch keine unauf gelösten Mehltheile enthalten. Das Brod soll älter als 24 Stunden und in der
143
Regel nicht älter als 4 Tage sein.
Es muß mit einer Teigeinlage bis 3394 g
zu einem Gewichte von 3 kg dergestalt ausgebacken sein, daß es am ersten, bezieh. dritten Tage nur einen Gewichtsverlust von 34 bezw. 56 g zeigt ,
der sich bei
älterem Brode auf 72 g steigern darf. Bei Kranz bezw . Eck- und Seitenbroden ist ein größerer Gewichtsverlust als bei Mittelbroden zulässig. - Die Schnittfläche muß gleichmäßig aussehen und bei gelindem Drucke mit dem Finger sich elastisch erweisen.
Auf derselben ſollen mit bloßem Auge deutlich erkennbare Kleieſtückchen
nicht zu ſehen sein. einer Lupe.
Man durchmuſtert die Schnittflächen ſorgfältig mit Hülfe
Hierbei finden sich nicht selten dunkle Theilchen, welche gesammelt und
in Wasser gelegt werden.
Dieselben müssen nach vollständigem Aufweichen unter
Glycerin mikroskopisch untersucht werden.
Sind sie nach dem Einlegen in Glycerin
noch nicht durchsichtig genug, so kann man sie mit einer Meſſerklinge zerdrücken. Sie bestehen meist aus Bruchstücken von Unkrautſamen, häufig aus der durch die Aus der Mitte des Vertiefungen in der Samenschale kenntlichen Kornrade. Brodes werden etwa 200 g Krume herausgeschnitten, in den Händen fein zerrieben, die so erhaltene durchmischte Probe wird schnell in ein mit Glasstöpsel versehenes Gefäß gethan.
Von dem so hergestellten Durchschnittsmuster werden etwa 2 g im
Platintiegel abgewogen, bei 110° getrocknet und schließlich verascht .
Man erhält
hierdurch Trockenſubſtanz und Aſche ; lettere kann noch mikroskopisch oder chemisch nach bekannten Methoden weiter geprüft werden.
Zur Bestimmung der Kleie nach
dem Verfahren von Wezel weicht man 100 g Brod mit Wasser ein, erhit die Mischung längere Zeit auf dem Waſſerbade und gießt die dickliche Maſſe durch ein Gazefieb mit 15-16 Maſchen auf 1 qem.
Anfangs muß man vorsichtig rühren,
um den dünnflüssigeren Theil des Brodbreies abfließen zu machen.
Was auf dem
Siebe zurückbleibt, wird gesammelt, in die Schale zurückgebracht und aufs Neue mit Wasser erhigt.
Nach dreimaligem
Aufbringen auf das Gazesieb wird die
Flüssigkeit so dünn geworden sein, daß man die Schale nunmehr mit Drahtney auf der Flamme erhißen kann.
Man seht das Auskochen mit erneuten
Mengen
destillirten Waſſers so lange fort, als die Flüssigkeit noch trübe durch das Sieb abläuft.
Gutes , aus vorschriftsmäßigem Mehle bereitetes Kommißbrod läßt hierbei
ſchließlich keinen oder nur einen geringen Rückstand auf dem Siebe; derselbe wird sorgfältig abgenommen, bei 1100 getrocknet und gewogen.
Um die Resultate in
direkt vergleichbarer Form mitzutheilen, wird Aſche und Kleienhülsen in Prozenten der Trockensubstanz angegeben.
Gutes
mustergiltiges Kommißbrod enthielt nie
weniger als 50 Proz . Trockensubstanz (also nie mehr als 50 Proz . Waſſer) ; der Aschengehalt betrug nicht mehr als 2, die abgeſchiedenen Kleienhülsen nicht mehr als 3 Proz. der Trockensubstanz . Die abgeschiedenen Kleienhülsen werden noch mit dem Mikroskop auf die Gegenwart von Maisschalen und dergl . geprüft. (Chem .-Ztg. d. Wagner's Jahresber.)
Ueber die Verwendung der Stenographie im Militärdienſt, schreibt die Schweizer Zeitsch. für Art. u . Genie :
Es ist unbestreitbar, daß das
144
heutige Meldungswesen nicht in aller Hinsicht den Anforderungen der neuzeitlichen Kriegskunst ertspricht.
Ein jeder praktiſche Offizier, ſelbſt derjenige, der noch nicht
im Feuer stand, wird zugeben, daß das heutige Meldungs- und Nachrichtenwesen da, wo der Telegraph nicht unmittelbar zur Verwendung kommt, an schweren Uebeln krankt. Es gehört eine unendliche Geduld und ein abnormer „ Drill " dazu , um Mannschaften und Unteroffiziere soweit zu bringen, daß sie nur annähernd Man braucht richtig selbst kürzere Meldungen mündlich überbringen können. nur an die sich bei jeder Felddienstübung, jedem Manöver 2c. wiederholenden tragikomischen Anekdoten zu erinnern, die häufig nur allzu wahr als drastische militärische Epiſoden in den Fliegenden “ wieder erſcheinen. Doch auch im direkten Adjutantendienste kamen seit allen Zeiten durch Miß verständnisse oder lückenhafte Meldungen die größten Fehler in der Schlachten führung vor. Bekannt ist die friedericianische Anekdote, die die Meldung eines Flügeladjutanten charakteriſirt, der den Befehl seines zahnlosen, alten Königs nur als mißtöniges Brummen und Schnarren verstand und derart weitergab. Napoleon I., der größte, französische Schlachtenmeister, war von dem Unnußen des mündlichen Nachrichtenwesens überzeugt und drang daher stets darauf, die Meldungen schwarz auf weiß zu erhalten ; er selbst diktirte wenn nur irgend möglich – auch innerhalb des ärgſten Schlachtengewühls -- seinen Adjutanten die bezüglichen Befehle. Heute ist man in mancher Hinsicht gleicher Ansicht wie er, man ist bestrebt, ― Die Hauptſchwierigkeit
das Nachrichtenwesen möglichst festen Bahnen anzupassen .
liegt nun aber darin, daß gewöhnlich von einem langsamen Diktat von vornherein abgesehen werden muß, da in den gewaltigen Schlachten der Neuzeit nur in ganz vereinzelten Momenten dem Führer die Möglichkeit gegeben werden wird , einen zentralen Punkt zu finden, von dem aus er in Ruhe und mit aller Sicherheit für das Gelingen seiner Sache Befehle zu geben vermag.
Ohne einen solchen, Alles
beherrschenden Ruhepunkt aber wird er nicht ohne große Mühe im
Stande sein,
Befehle diktiren zu können, und endlich fragt es sich, ob der wechselnde Gang der Schlacht ihm zu einer derartigen literarischen Anstrengung
genügende Zeit
laſſen wird .
Man hat in Foige dessen - freilich in den meisten Fällen von Seite der Laien aus - die Kurzschrift oder Stenographie empfohlen, und zwar aus dem Grunde, weil die verschiedenen Systemfanatiker glauben, die Stenographie sei zu allen Dingen gut, warum also nicht auch, um Schlachten zu führen und Siege zu gewinnen auf dem Felde der „ eisernen Würfel“ ? So ist es z . B. ein Hauptwunſch vieler Stenographen, einzig und allein die Kurzschrift als geschriebenes Wort gelten und uns und unsere Kinder nur noch in der Schrift von Gabelsberger, Stolze, Arends, Roller 2c. verkehren zu laſſen.
Die
guten Leute vergeſſen dabei nur, daß sie ja verschiedene Systeme für ihre Kunst haben und daß ferner der Krieg zwiſchen den Anhängern des einen und des andern Lehrers ein ungemein erbitterter ist, der nie einen Friedensschluß aufkommen läßt .
145 Immerhin ist es werth, einmal die Vorschläge der Stenographen hinsichtlich der Anwendung der Kurzschrift im militärischen Dienste zu prüfen ; der Leser wird alsdann durch Gegenüberstellung der Thatsachen sich eine klare Vorstellung ver wie ich jetzt schon verrathen schaffen können, um alsdann vielleicht in mein absprechendes Urtheil einzustimmen.
Man kennt in Deutschland seit zirka 1872 hauptsächlich vier Stenographie systeme, von denen das Stolze'sche wohl die meisten Anhänger hat, während die jenigen von Gabelsberger und Arends in zweiter resp. dritter Reihe rangiren und Roller nur sehr wenige Jünger besißt, die kaum über die Grenzen der Reichs hauptstadt verbreitet sein dürften. Sprechen wir nun von den Eigenthümlichkeiten der einzelnen " Systeme“ und beginnen wir mit Stolze.
Ein genauer Kenner ſchreibt bezüglich deſſelben :
„ Die
eigenthümlichen Vorzüge des Stolze'schen Stenographiesystems liegen zunächst in der Auswahl der Schriftzeichen, welche auf die wiſſenſchaftliche Phyſiologie der Sprachlaute gegründet ist, so daß ähnliche Laute durch ähnliche Zeichen, höher artikulirte Laute durch höhere Zeichen 2c. dargestellt werden. . . . Stolze stellt die Wortbilder je nach ihren Vokalen auf drei verschiedene Stufen. Mehrfilbige Wörter werden nach Stammjilben (die als bedeutendster Bestandtheil des Wortes angesehen werden), Vorsilben oder Endungen behandelt. " Die Gabelsbergische Kurzſchrift iſt zunächſt Buchſtabenſchrift ; ihr Alphabet iſt eine theilweise Nachbildung des Sprechmechanismus, da weiche Laute sanft gerundete und geschlängelte, harte dagegen scharfe, gradlinige Figuren bekommen . Arends bildet wie sein Vorgänger seine Schriftzeichen kurrentschriftlichen Buchstaben.
Vokale und
aus Theilzügen der
Konsonanten ſind ſtreng getrennt ;
erstere als weiche Laute erhalten ein Zeichen aus dem weichen Aufstrich, leztere aus dem starren Herabstrich.
Arends ' System ist das leichtest faßliche und am
ſchnellsten zu erlernende , auch zählt es ziemlich viel Anhänger , wie schon oben bemerkt. Seine beiden Vorgänger, besonders aber Stolze, trennen durch verschiedene Kürzungsmechanismen die Stenographie in Verkehrs- und Parlamentskurzſchrift ; erstere besigt eine fünf-, lettere eine achtfache Abkürzung der gewöhnlichen Kurrent schrift. Welches System ſoll nun die militärische Stenographie wählen ?
Es ist also
vor Allem nöthig, daß man zunächst über ein grundlegendes einig sein muß, da verschiedene Kurzschriftmanieren
leicht die heilloseste
Verwirrung , gepaart mit
größtmöglichen Mißverſtändniſſen und daraus hervorgehenden Unglücken, erzeugen würden. Von allen Systemen kämen meiner Meinung nach wohl nur zwei ernstlich in Frage, nämlich Stolze und Arends .
Ersteres, weil es die meiſten Anhänger beſißt,
legteres, da es am leichtesten zu erlernen wäre. Ein Unglück ist es nun aber, daß die Stenographen der verschiedenen Systeme 10 Neue Mil. Blätter. 1886. Juli Auguſt-Heft.
146
sich bekanntermaßen mit wahrhaft muhamedanischem Fanatismus bekriegen und sich in ihrem Kampfe z . B. des öftern mit recht anzüglichen Invektiven belegen. Vom soldatischen Standpunkte aus brauchte natürlich hierauf nicht Rückſicht genommen zu werden ; ein Machtwort schüfe gar bald das einzuführende System, das als inappellabel und offiziell zu betrachten wäre. Angenommen, diese Grundbedingungen seien erfüllt, wie soll es nun mit dem Unterricht gehalten werden ?
Vornehmlich wird die Stenographie vom Stabe und
der Adjutantur ausgeübt werden, in geringerm Maße wären hiezu Mannschaften und Unteroffiziere heranzuziehen.
Der grundlegende Stenographieunterricht müßte
also in den Lehrplan z . B. der Offizierbildungs- oder der unteren Zentralschulen verlegt werden.
Würde das aber nicht zur Ueberbürdung der Schüler führen ? Es
bedarf ja gerade bei der Kurzschrift einer gewaltigen Vorübung, die sich nur durch eine hinreichend große Anzahl von Lektionen erreichen läßt.
Mit dem eventuellen
Privatunterricht darf man sich aber nicht abfinden ; denn sobald ein Fach als obli gatorisches erklärt wird, bedarf es auch der sachgemäßen obligatorischen Unterrichts leistung, die feinenfalls Personen überlaſſen werden darf, deren Leistungen auf be treffendem Gebiete sich der Kontrole der Behörde entziehen. Man sieht also, daß schon hier ein großes Hinderniß vorliegt, über das die ,,militärische Stenographie" stolpert.
Doch der größere Stein folgt noch ! - Jeder
mann, auch der Laie, weiß , daß es zur Handhabung der Stenographie einer großen Gewandtheit bedarf, die leicht verloren geht, sobald die Uebung nicht stets die gleiche bleibt. Der Offizier hat aber - bei Gott -doch, und ganz besonders in heutiger Zeit, andere Dinge zu thun, als sich täglich mit langwierigen Ererzitien in der Kurzschrift zu befaſſen, um so mehr, da er z . B. als Milizoffizier außer Dienst gewöhnlich einen alle seine Kräfte in Anspruch nehmenden Beruf zu erfüllen hat. So wird er im Bedarfsfalle meistens nur unvollkommen im Stande sein, den An sprüchen zu genügen. Es käme die Stenographieinstruktion der Unteroffiziere ; denn von den Mann schaften sei von vornherein ganz abgesehen.
Ueber diese
Abrichtung"
wird sich
bald ein Lied fingen lassen ; der Lehrer und die vergeudete Zeit sind jedenfalls zu bedauern, und auch hier darf es füglich heißen :
„ Schuster bleib 2c. “
Doch ange=
nommen, alle bemeldeten Schwierigkeiten seien überwunden, es frägt sich nun nur nod, das " Was " und „ Wie". Beispielsweise läuft von irgend woher beim Kommando So und So eine steno graphische, recht ausführliche Meldung ein ; dieselbe muß für die Benüßung ent ziffert werden .
Es eristiren nun aber auch sehr schlechte stenographische Handschriften,
wie in der Kurrent schrift, die der Schreiber selbst nach einiger Zeit nicht mehr zu enträthseln vermag . Man stelle sich nun einmal die Sachlage vor. Eine wichtige Nachricht, die ausführlich gemeldet vorliegt und nun nicht eilig genug oder gar nicht entziffert werden kann!! Ist ein solcher Fall nicht denkbar ? Man ziehe nur
147
✰
in Betracht, unter welchen Umständen der betreffende Offizier vielleicht seine Mel dung abfaßte! Wozu da also Stenographie? Hat man es nicht eilig, nun, so genügt die Kurrentschrift völlig, da man Muße hat, seine Meldung zu schreiben ; drängt die Zeit aber, so müssen auf alle Fälle wenige, die Situation klar zeichnende Worte genügen, die auch ohne Stenographieverwendung ihre Schuldigkeit thun sollten und werden. In diesem wie in jenem Falle ist die Stenographie überflüssig. Man lasse also die Kurzschrift fallen und verlege sich möglichst auf präziſe mündliche Meldungen, die aus eigener Anschauung geschöpft werden , d . h. mit anderen Worten, man lege sein Hauptaugenmerk auf den richtig gehandhabten Mel dungsdienst. Wird dies einmal in jeder Hinsicht der Fall sein, dann wird man von " Militärstenographie" nicht viel mehr hören!
Nordenfelt's 6pfündige Schnellfeuerfanone. Engineer
hierüber folgende Daten:
Kaliber •
55,9 279
Gewicht des Rohres . "1
"
der Laffete (Schiffs- oder Bootslaffete) " Pulverladung .
#!
des Geschosses .
Sprengladung des Hartgußgeschoſſes . 11 "! Stahlgeschosses "I " Gußeiſengeschosses (Zündergranate) • Zahl der Füllkugeln (Blei) im Shrapnel an der Mündung . • Geschoß geschwindigkeit
auf 275 m von der Mündung. " "1 914 #1 " " " " 3656 " " "
Energie pro Quadratcentimeter Geschoßquer ſchnitt
224
mm kg
"
1,076 kg 2,722 " 21 g 119 "
99
"1
49 613
m
E =
nach
" Seewesen" giebt
551
"
429
"
203
" mt
an der Mündung
6,9
auf 275 m " 914 " " 3656 "1
5,6
"
3,4
"
0,77
"
·
Liste betr. der dem Chur- Brandenburgischen General -Feld marschall Freiherrn Otto Chriſtoph von Sparr zur Unternehmung gegen Magde burg *) -- Spezial-Befehl des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg, dat. Cleve, den 9. May, anno 1666
zur Verfügung gestellten brandenburgischen
Kriegsz-Völcker.
*) Als Ergänzung zu dem Aufſag dieses Heftes.
148 Cavallerie.
Anhalt
400
Stehen theils in Pommern, unter dem Rittmeiſter Schöning.
Meistentheils in Halberstadt unter dem
Obersten Schirstett. Des Obrist-Wachtmeisters Woitken Compagnie stehet in Bielefeld und gehet zu Minden über die Weser.
Dörfling
400
Kannenberg
400
Unter den Obrist-Lieutenant Osten, welcher ordre hat, über Minden nach der Alten-Marck zu gehen. Stehen in Minden, wobey der Obr.-Lieut. Köller und können daselbst über die Weser gehen.
Spaen
600
Stehen in der Grafschaft Marck, und gehen bey Osen oder Hameln über die Weser.
Quast
500
Zu Lippstadt, Hamm und Bockum, gehet bei Oſen über.
Pfuhl Eller
400
2900
Zu Minden und paſſiret daselbst die Weser. Stehet in der Graffschaft Ravenszberg und gehet zu Minden über die Weser. Mann.
750
Unterm Obriſt-Wachtmſtr. Truchſeß, stehen in Cleve
200 Summa
Infanterie.
Leibgarde zu Fueß
und Goch, gehen zu Osen über.
Golz
1000
Stehet zu Duyſzburg, außer 100 Mann so in Pommern stehen, an welche wegen des Marsches, ordre er
Holstein
900
gehen muß. In Xanten und Schermbeck.
Spaen
500
Werden zu Lippstadt sein, und sollen daselbst ge mustert werden.
Bodelschwing
300
Werden zu Hamm gemustert, und vom Obrist-Lieut. Syberg commendiret.
Syberg Schmitt
700
Ohngefehr, werden zu Soeft gemustert.
900
Stehen in Lippstadt, Hamm und Lünen.
Fargell Ruel
700
Ohngefehr, werden in Camen gemustert.
300
Ohngefehr, werden in Hamm gemustert.
Kannenberg
200
Aus den Mindenſchen Garnijonen, gehen zu Minden über die Weser. Mann.
Summa
6250
NB. Zu Sparenberg seind 32 Mann, welche auch commendiret werden können. " Dragoner. Obrister Caniz Obrist-Lieut. Block
670 130
In Lünen .
Obrist Lieut. Marwih
250
In Herfordt, und gehen von dannen über Minden
Obrist Bomstorff
200
Chngefehr, so in der Mard stehen und beordret werden können.
In Nuna und Hamm.
nach Halberstadt.
Summa
1250
Mann .
+
Summa Summarum
149
2900 Mann Cavallerie. 6250 Infanterie. " 1259 Dragoner. " 10 400 Mann ohne Officirer.
848
Die Besoldungs - Liste des Chur - Brandenburgischen General Staabs vom 1. Julius 1657.*) Tractament. Servies. Ihro Ercellenz Herr General Feldt-Zeugkmeister 600 Thlr. 70 Thlr. 36 " 300 Herr General Commissarius von Platen " 36 " 300 " General-Wachtmeister von der Golz 200 24 " General-Proviant-Meister Hillger " 150 18 "I " General-Adjutant Golz 12 " 100 " General- Adjutant Brandt . 12 " 100 General-Auditeur Lindener . "I 12 " 100 " General-Quartiermeister Bellicum 12 " 100 General Quartiermeister von Osten " 50 6 " General Proviantmeister-Leutnant . " 31/201 30 Staabß-Fourier " 66 " General Feldt-Zeugmeisters Canzley " 35 " " General Commissarius von Platen Canzley 25 " "! Feldt-Cassirer Tomaß Stricke . 25 3 "T Feldt-Prediger . " 2 " 15 " General Proviant-Meisters Secretariat Medicus de Cornu 21/211 20 " Feldt-Apothecker 3 "T 25 " 6 " 51 General Wagemeister (jedenfalls Wagenmeiſter !) . " 71211 60 3 Proviant- Schreiberß " 16 Commiß. Becker Hannß Rohde " "1 16 " " Deßen 4 Gesellen jeder 4 Thlr. 51 General -Gewaltiger mit seinen Leuten " "1 1/2" Profos 12 " 24 4 " Scharffrichter " 7 " 60 " Commiß . Winkler 2531 Thlr. 303 Thlr. S errn Generals über die Cavallerie Graff von Waldecks Staab. Tractament. Servies. 400 Thlr. 47 Thlr. Seiner Ercellenz Herr Graff zu Waldeck . 12 " 100 General Adjutant. " 7 " Auditeur . 60 "1 7 " 60 " Commissarius . 7 60 "1 Sr. Excellenz Herrn Generals Canzley. 6 Medicus 50 25 3 " Prediger 24 21 /2,1 2 Trompeter " 312,1 30 Wundarzt . " 31/2, 30 " Wagemeister 2 " 10 Baucker " 3121 30 Gewaltiger und seine Knechte "1 312,, 25 " Scharff-Richter 226
904 Thlr. 107½ Thlr. Han *) Auf den in meinem Besitz befindlichen Abdruck Exemplar von 1793, steht von der d des weilan königl . preuß . Orden d srathes Anton Balthasar König schriftlich (geb. 1753 ,
gina
l
entnom
p men, als die reußischen Armee -Archive noch unberührt und vollständig waren .
150
Herr General - Lieutenant Dörflings Staab. Tractament. Herr General-Lieutenant 400 Thlr. 100 Adjutant . " 25 " Prediger . 60 Secretarius " 20 " Wundarzt 24 2 Trompeter " 11 1 Baucker " 21 " Wagemeister 21 " Gewaltiger 682 Thlr.
Servies . 47 Thlr. 12 " 3 " 7 " 2 " 21/211 1 " 3 " 3 " 80%, Thlr.
Herr General - Major Görßken Staab. Tractament. 300 Thlr. Herr General-Major Görzke . 80 Adjutant " 20 Secretarius " 12 " 1 Trompeter 12 " 1 Paucker 424 Thlr.
Servies. 35 Thlr. 10 " 2 " 1 " - " 48 Thlr.
432
Beym General - Kriegs - Commissariat werden ausgezahlt : Tractament. Servies . Herr General-Krieges- Commissar von Wallenroth. 300 Thlr. 35 Thlr. 150 " " Kammerherr Pöllnig. " 10 " 80 Kupner . " " -15 " " Krieges-Secretarius Weyde 7 " 60 Kriegs- Commiffarius Winckler " 35 " " Peter Kalau Kriegß- Commissarius-Cantley 312,, 30 ?? Proviant-Meister Goldtbach • 20 " Proviant-Schreiber Stundling " -15 " " Commissariats-Buchhalter . 705 Thlr. 612 Thlr. Summa Summarum Tractament und Servies 5846½ Thlr. -nach der Summirung im Original 5818 Thlr. Französische Torpedoboote. - Die französische Marine zählte Ende Februar 1885 74 Torpedoboote verschiedener Art, die mit den fortlaufenden Zahlen von 1 bis 74 bezeichnet sind. Dampfbarkassen und Dampfschaluppen wurden bereits seit längerer Zeit mit Spierentorpedos versehen, um Annäherungshinderniſſe mittels derselben wegzuräumen . Der Bau von speziellen Booten für Torpedozwecke begann aber erst mit der Erfin dung von Whiteheads automobilen Torpedos.
Das mit Nr. 1 bezeichnete französische Torpedoboot war ein Fahrzeug von 100 t, mit vier Kesseln und Zwillingsschraubenmaschinen versehen ; es lief 12 Knoten. Dieses Fahrzeug besaß zwei Unterwaſſerlancierrohre, eines vorne und eines achter ; die Torpedos wurden mittels eines durch Dampf betriebenen Segers hinausgestoßen . Dieses System war sehr unvollkommen und fortwährenden Beschädigungen unter worfen, so daß man sich bewogen fand, das Fahrzeug bald aus der Liste der aktiven
151
Schiffe zu streichen.
Das gleiche Schicksal traf das Torpedoboot Nr. 3, welches
23 m lang war und nur ein Ueberwaſſerlancierrohr vorne führte.
Nr. 4 war dem
Nr. 3 ſehr ähnlich, gleich wie jenes in England gebaut, wenig stabil und von ge= ringer Geschwindigkeit.
Ueber Nr. 2 sind keine Nachrichten vorhanden, ſo daß man
zur Annahme berechtigt ist, es habe gar nicht eriſtirt. Fast um die gleiche Zeit ( 1876) wurden in Cherbourg die ersten von Thorny croft gelieferten Torpedoboote Nr. 5 und Nr. 6
erprobt.
Diese kaum 20 m
langen Fahrzeuge waren sehr schmal und nieder über Wasser, liefen an 16 Knoten und hatten Maschinen, die 200 e entwickelten ; sie waren für Spierentorpedos ein gerichtet, erwiesen sich jedoch zu klein, um die für das Schiffsmanöver, Torpedo manöver und die Maschine nothwendige Bemannung aufnehmen zu können. Die zunächst von Thornycroft gelieferten Nr. 8 bis Nr. 19 wurden daher etwas größer gehalten ; es waren dies die ersten Torpedoboote, welche man als see tüchtig bezeichnen kann.
Dieselben sind 27 m lang, wurden von Thornycroft
ohne irgend welche Torpedoeinrichtung eingeliefert, und erst in Frankreich mit Spierentorpedos ausgerüstet ; sie tauchen achter 1,80 m (den unter die Schraube reichenden Kiel inbegriffen).
Die Maschinen entwickeln beiläufig 320 ind. e, die
Boote laufen an der Meile 19, vollkommen kriegsmäßig ausgerüstet 17,5 Knoten. Den 27 m-Typ Thornycroft vor Augen, erbauten A. Normand , Claperède und die Société des Forges & Chantiers de la Méditerrannée die Torpedoboote von Nr. 20 bis zu Nr. 55 – mit Ausnahme der Boote Nr. 29 und Nr. 30, die in England gebaut wurden.
Alle diese Boote haben beiläufig die gleichen Dimen
fionen und das gleiche Deplacement, wie die Thornycroft-Boote.
Die Torpedoboote
Nr. 54 und Nr. 55, von Normand erbaut, sind 28 m lang und liefen bei der Erprobung nahezu 20 Knoten ; sie sind für das Lanciren von Whitehead- Torpedos eingerichtet.
Nr. 45 und Nr. 46, die bezüglich des Bootskörpers zu diesem Typ
gehören, sind mit Spierentorpedos versehen.
Dieie zwei Torpedoboote befinden sich
in China und haben dort an dem Seegefechte zu Futschau theilgenommen. Man war bemüht, die Torpedoboote nur so groß zu halten, um sie noch an Bord der großen Schiffe eingeschifft führen zu können .
Dieser Bedingung sollten
die von Thornycroft erbauten Nr. 29 und Nr. 30, ferner Nr. 56 bis Nr. 59 entsprechen.
Die genannten Boote sind 18,50 m lang und wiegen leer (ohne
Wasser und Kohle) bloß 7,5 t, also nicht mehr als eine große Dampfbarkaſſe. Vollkommen ausgerüstet beträgt ihr Deplacement 10-11 t und laufen ſie 16 Knoten. Die sogenannten Hochseetorpedoboote von Nr. 60 bis Nr. 74 Normand erbaut.
wurden von
Nr. 60 bis Nr. 64 sind 33 m lang und haben ein Deplacement
von 46 t ; sie sind mit zwei Ueberwasserlancirrohren versehen und laufen im Mittel 20,5 Knoten. eingeliefert.
Die zweite Serie von Nr. 65 bis zu Nr. 74 ist noch nicht ganz Diese Boote gehen etwas tiefer als die früher beschriebenen und ihr
Deplacement beträgt 50 t ; sie sind gleich jenen ausgerüstet. Den neuesten Typ von Torpedobooten repräsentiren die bei A. Normand
in Havre in Bau befindlichen drei Boote : Balny, Dérouléde und Lagrée benannt.
-
152
Dieselben sind 40 m lang, 3,30 m breit und besigen einen Tiefgang von 1,35 m ; es sind dies die größten franzöſiſchen Torpedoboote .
Mit denselben hofft man für
eine Fahrtdauer von 3 Stunden eine mittlere Geschwindigkeit von 22-23 Meilen zu erreichen ; desgleichen soll sich dieser Typ durch eine besonders große Manövrir fähigkeit - was Wenden und Zurückschlagen betrifft - auszeichnen. Die Torpedos führenden Fahrzeuge werden offiziell folgendermaßen klaſſifizirt : Vedett-Torpedoboote oder Torpedoboote für die lokale Vertheidigung (torpilleurs vedettes) ; Küstenvertheidigungs -Torpedoboote erster und zweiter Klaſſe (torpilleurs garde-côtes de 1re et de 2de classe), von denen die erste Klaſſe jene Fahrzeuge bilden, welche früher die Bezeichnung Hochseetorpedoboote (torpilleurs de haute mer) führten ; dann folgen die Torpedoavisos (avisos-torpilleurs) und die Torpedokreuzer (croiseurs-torpilleurs) . Außer dieser Bezeichnung, die sich an ihre Verwendungsart anlehnt,
werden
die Torpedoboote mit Rücksicht auf ihre Seefähigkeit in solche getheilt, die autonom agiren und sich an den Ort ihrer Bestimmung begeben können, und in solche, die von geringeren Dimensionen sind, von großen Fahrzeugen an Bord geführt und erst unmittelbar vor dem Eintritte in die Aktion ausgesezt werden ; endlich unter scheiden sich die Torpedoboote auch noch durch die Art ihrer Torpedoausrüstung in solche, die mit Spierentorpedos und in solche, welche mit automobilen Torpedos versehen sind. Die mit Spierentorpedos
ausgerüsteten Boote führen
eine 600-700 kg
schwere teleskopartige Spiere, welche, auf 7-8 m vor den Bug hinausragend, mit der Spize, an welcher der Torpedo sist, beiläufig 2,50 m tief versenkt werden kann.
Die Zündung erfolgt auf elektrischem Wege entweder durch automatiſches
Schließen des Stromes beim Anstoßen des Torpedos, oder durch Willenszündung vom Boote aus, auf dem sich auch die Batterie befindet. Die mit automobilen Torpedos ausgerüsteten Boote ſind mit zwei Ueberwaſſer lancirrohren versehen. Die älteren Serien von 27-28 m Länge führen nur zwei Torpedos in den Rohren ; der Typ Nr. 60 besigt zwar auch blos zwei Rohre, führt jedoch sechs Torpedos , und zwar zwei in den Rohren und vier im Vorrathe. Bis nun wurden die Torpedos durch Luftdruck lancirt ; auf den neuesten Torpedobooten ist jedoch die Einrichtung getroffen, um das Lanciren mittels Schieß Die Sprengpatrone des Torpedos enthält nahezu 20 kg pulver zu bewirken. Schießwolle. Die kleinen Torpedoboote, welche von den großen Schiffen auf Deck geführt werden, sind sehr nüßliche Fahrzeuge, die insbesondere bei schönem Wetter an der Küste oder in Flüssen beim Wegräumen von Navigationshindernissen unschäßbare Dienste leisten können ; es sind dies eigentlich bloß schnelllaufende Dampfbarkassen. Für selbstständige Expeditionen auf größere Entfernungen taugen sie nicht, da die Unterkunft an Bord vieles zu wünschen übrig läßt, da sie ferner bei bewegter See ihre Geschwindigkeit in bedeutendem Maße einbüßen und auch keine Lancirungen ihrer Torpedos vornehmen können . Ein weiteres Hinderniß für den Gebrauch dieser
153
Gattung von Torpedobooten bietet das Aussehen derselben bei einigermaßen be wegter See eine Arbeit, die, selbst wenn die möglichst vollkommenen mechaniſchen Vorrichtungen zur Verfügung stehen, eine schwierige bleibt und bei welcher das Boot und deffen Apparate leicht havarirt werden können. (Seewesen.
Auszug aus „ Le Yacht. ")
―――― Torpedobootsjäger (! ) von White.
Mr. J. White , East Cowes,
hat für die englische Marine ein größeres Torpedoboot gebaut, welches die „ Times “ einen sehr gelungenen Repräsentanten des Schiffstyp " Torpedobootsjäger" nennt, das sich jedoch von den gewöhnlichen Torpedobooten hauptsächlich nur durch größere Dimenſionen und eine größere Fahrtgeschwindigkeit unterscheidet. Am 20. November 1885 fanden zu Stokes Bay bei Portsmouth in Gegenwart einiger Delegierten der englischen Admiralität die ersten Versuche mit diesem Boote statt ; dieselben ergaben sehr befriedigende Resultate sowohl rücksichtlich der erzielten Fahrtgeschwindigkeit, als auch in Bezug auf die äußerst günstigen Manövriereigenschaften des Bootes. Die Hauptdimensionen des aus Stahl gebauten Schiffskörpers sind : Länge 45,72 m, Breite 5,33 m, Tiefgang 2,90 m. Das Deplacement beträgt 125 t eng. Die Konstruktionslinien gleichen jenen der großen englischen Torpedoboote. Das Boot besißt ein stark gewölbtes Deck und Rammbug ; das Achterschiff zeigt die eigen thümliche Bauart, welche durch die Anbringung des bekannten White'schen Doppel ruderſyſtemes ohne achterem Todtholz bedingt wird . In dem mittschiffs auf Deck befindlichen Kommandothurm ist das Gefechtssteuer (Dampfsteuer) installiert. Die innere Einrichtung iſt eine sehr praktiſche ; Unterkunftslokalitäten und Depots sind geräumig und die Kohlenbunker können 35 t Kohle faſſen. Die dreizylindrigen Compoundmaſchinen wurden von der Firma G. E. Belliß , Birmingham, geliefert. Der Hochdruckzylinder hat einen Durchmesser von 0,508 m, die Niederdruckzylinder einen solchen von 0,610 m. Der Kolbenhub beträgt 0,457 m. Große Sorgfalt wurde darauf verwendet, die Maschinenbestandtheile bei genügender Festigkeit so leicht als möglich herzustellen. Die zwei Luftpumpen werden von den Kreuzköpfen der Niederdruckkolbenstangen, die Speisepumpen direkt von der Kurbelwelle aus betrieben. Die Keffel, von denen zwei vorhanden sind, gehören dem Marine-Lokomotivtyp an; sie werden durch ein wasserdichtes Längsschott vollkommen von einander getrennt, so zwar, daß jeder Kessel unabhängig von dem anderen in Betrieb gesezt werden. kann.
Während der Versuchsfahrten konnte die Wartung
aller zwei Keſſel mit
forziertem Zuge ohne jede Schwierigkeit durchgeführt werden ; die gleichzeitige Spei ſung beider Kessel erlitt keinerlei Anstände, ebensowenig kam die Gefahr des Ueber kochens vor. Die Probefahrten fanden bei etwas schlechtem Wetter und ziemlich bewegter See statt.
Das Boot verhielt sich troßdem außerordentlich ruhig im Waffer : ſehr
154
bemerkenswerth war auch, daß der Schiffskörper, selbst wenn die Maschinen mit ganzer Kraft arbeiteten, keine Vibrationen erlitt. Das Gewicht der Zuladung an Bord betrug 25 t, davon 15 t Kohlenvorrath und 10 t Eisenballast, letterer als Ersatz für die an Bord fehlende Armierung von Schnellfeuerkanonen und Whitehead- Torpedos .
An der gemessenen Meile wurden
sechs Gänge gemacht ; hiebei erzielte man die nachfolgenden mittleren Resultate : Dampfdruck in den Kesseln 8,869 kg pro Quadratzentimeter ; Umdrehungszahl der Schraube pro Minute 319 ; ind . e 1387 ; Geschwindigkeit 20,79 Knoten. Die maximale Geschwindigkeit in der Richtung des Windes betrug 22,43 Knoten. Zur Zurücklegung der einzelnen Gänge an der Meile waren die folgenden Zeiträume erforderlich: mit dem Wind gegen den
2m 438 ; 2m 40,58 ; 2m 40,58 ; 3m 58 . 3m 98 ; 3m 78 ;
"
Aus diesen Zahlen erhellt, daß die eingehaltene Geschwindigkeit eine ſehr kon stante war. Nach Beendigung der Probefahrten wurde das Boot in Bezug auf seine Steuer fähigkeit geprüft. Die Resultate sind in der nachstehenden Tabelle zusammengestellt : Ganze Kraft
Halbe Kraft
Steuerbord
Backbord
Steuerbord
Backbord
30º
30º
30º
30°
Ganzer Kreis zurückgelegt in
Im 178
Im 125
1m 148
1m 15s
Zahl der Umdrehungen pro Kreis ..
238
270
237
246
Ruderwinkel.
Der Durchmesser des Kreises betrug ungefähr 1½ Bootslängen (70 m).
Die
Krengung beim Wenden war sehr unbedeutend ; es erklärt sich dies durch das Fehlen des achteren Todtholzes , welche Konstruktion Bootes veranlaßt.
eine größere Stetigkeit des
Schließlich wurde das Boot einer dreistündigen Dauerfahrt unterzogen, die (,,Seewesen" nach „Times. ")
ohne Anstand verlief.
Vorrath an Geschüßen in der englischen Marine.
Nach einer
Mittheilung Sir T. Brasseys besaß die englische Marine Ende Mai 1885 folgende Geschüße im Vorrath :
elf 43 Ton- Geschüße, vier 18 Ton- Geschüße, 24 Stück
12 Ton-Geſchüße und 435 Hinterlader kleineren Kalibers .
In Herſtellung sind
begriffen : drei 110 Ton-Geschüße, fünf 63 Ton-Geschüße, vier 43 Ton-Geschüße, 18 Stück 18 Ton- Geschütze, 13 kleineren Kalibers.
Stück 12 Ton-Geschüße und 151 Hinterlader
An Schnellfeuerkanonen und Mitrailleusen (Machine-guns) be
fist die Marine 1300, weitere 900 sind bestellt.
Die 63 Ton-Geschüße, welche
in Woolwich hergestellt werden, sind für Rodney bestimmt.
Das erste derselben
155
ist fast fertig ; das Geschüßrohr ist zwar um 17 Tons leichter als das Rohr der Vorderlader des Inflexible, wird aber bedeutend wirksamer sein.
Der Kaliber des
Geschosses wird 336 mm, das Gewicht desselben 567 kg betragen ; die Pulver ladung ist mit 263 kg, die Anfangsgeschwindigkeit mit 640 m berechnet.
Das
Geschoß des 80 Ton -Vorderladers 204 kg.
wiegt 771 kg, die Pulverladung aber nur Daſſelbe erreicht blos eine Anfangsgeschwindigkeit von 489 m . Wenn
das neue 63 Ton- Geschüß den Erwartungen entspricht, so wird sein Geschoß an der Mündung 74 cm, und selbst auf eine Entfernung von 915 m noch immer 68 cm Eisen durchschlagen. (,,Seewesen. ")
Apparat zum Koppeln der Pferde.
Bei Anlaß der Ausstellung
der Erfindungen in Kensington erhielt die Silbermedaille ein Apparat von Haupt mann Allat, welcher zum Koppeln der Pferde bestimmt ist und bei den Proben den Beifall vieler Kavallerieoffiziere gefunden hat .
Der Apparat ist einfach und zweck
mäßig. Schienbeinfesseln, welche auch zum einzeln Anbinden dienen können, werden über oder unter dem Fessel an beiden Füßen derselben Seite, rechts oder links be festigt. Diese können nach Wunsch beständig fest bleiben, da sie nicht fest ange zogen zu werden brauchen und sich nicht reiben können. Das Ende eines Seiles ist hinten am Sattel befestigt, am freihängenden Seile befindet sich etwa 30 Cen timeter über Boden ein Ring oder eine Schleife .
Das andere Ende wird zuerst
durch die hintere Fessel gezogen, dann durch die vordere, zulezt durch die Schleife und wird mit dem Ende, an dem sich eine Gleitschleife befindet über den Steig bügel befestigt.
Der Reiter kann auffißen, ohne das Pferd loszukoppeln ; in diesem
Falle nimmt er im Aufſißen den Gleitknoten in die Hand, aufgesessen zieht er den Gleitknoten über den Steigbügel und läßt das Seil fallen. Hierauf ergreift er das andere Ende des Seiles hinten am Sattel und zieht das Seil ein.
Das Seil kann
auch für Pfahlkoppeln gebraucht werden. Vorn am Sattel ist ein Aufbindriemchen, um die Zügel zu halten, wenn das Pferd weidet.
Bei den Versuchen arbeitete die
Einrichtung vorzüglich ; die Pferde gewöhnen sich sehr rasch daran und können stunden lang ohne Aufsicht weiden.
Für Reiter und Reisende ist die Sache ebenso zweck
mäßig als für den militärischen Gebrauch.
99 United Service Gazette. " -
Ericsson's submarine Kanone. Mit diesem Geschüße wird demnächst
eine Reihe von Versuchen und zwar zu Portsmouth von Seite des Torpedoschiffes „Vernon“ vorgenommen werden. von 41
Bei einer Länge von 9 m und einem Kaliber
cm beträgt das Gewicht der stählernen Kanone 40 t.
das Rohr ist ein Hinterlader
Der Verschlußz
ist von höchst einfacher und wirksamer Konstruktion,
das Zündloch darin arial gebohrt und durch eine Liderung gegen das Durchlaſſen von Pulvergasen geschüßt.
Das Geschoß von 7,6 m Länge, also um bloß 1,4 m
kürzer, als das Rohr selbst, ist derartig kalibriert, daß es frei durch die Bohrung. welche nicht gezogen ist, zu paſſiren vermag . deutenden Länge bloß eine Tonne..
Es ist hohl und wiegt tro
156
-
Der Vorschlag geht dahin, ein solches Geschütz im Buge eines Schiffes 3 m unter Waſſer zu inſtalliren, um in der Bugrichtung schießen zu können. Die Mündung des Rohres selbst ist gegen das Eindringen des Waſſers durch eine Kautschukklappe abgeschlossen, die beim ersten Schusse vom Projektile durchriſſen wird.
Eine Ladung von bloß 9 kg Pulver soll, wie erwartet wird, genügen, um
das Geschoß einen Weg von 300 m unter Wasser zurücklegen zu machen ; dabei gilt es aber immerhin als fraglich,
ob auch nur auf die Hälfte der Distanz dem .
Geschoffe eine für das wirksame Auftreffen genügende Energie verbleibt . finder selbst, welcher seine Kanone erprobte, bejaht diese Frage.
Der Er
Um stets die gleiche
Tiefe und seitliche Richtung zu bewahren, ist das Geschoß auf das Gewicht des Wassers gebracht, erhält durch Ballaſtirung die nöthige Stabilität und wird durch ein Steuerruder, welches im Augenblicke des Verlassens des Rohres in Thätigkeit ,,Seewesen." tritt, in seinem Kurse gehalten. ― Torpedoboots jagdschiff. „ Correo militar" bringt nachfolgende Daten über dieses Schiff, welches sich bei Thomson, Glasgow, in Bau befindet. Länge 61,4 m, Breite 7 m, Raumtiefe 3,96 m, Tiefgang 2,43 m, Deplacement 450 t .
Die dreifach expandierenden Maschinen werden 2700 ind. e entwickeln und
dem Boote eine Geschwindigkeit von 18,5-19,5 Meilen ertheilen .
Die Außen
beplattung wird auf die Ausdehnung des Maſchinenraumes 8,2 mm Stärke beſißen ; ein Kohlenschuß von 0,3 m Mächtigkeit wird die Deckung verstärken . wird von vier Kesseln des Lokomotivtyp erzeugt.
Der Dampf
Die Armirung wird bestehen aus einem 4" (10 cm) Hinterladgeſchüße, Buge für Rundfeuer installirt,
vier 3pfündigen
im
Schnellfeuerkanonen und zwei
1 "igen (2,5 cm) vierläufigen Nordenfelt-Mitrailleusen. Der Preis des aus Stahl hergestellten Bootes wird 50 000 Lstr. St. nicht übersteigen. Torpedo gegen Panzer. Versuche in Schweden ergaben, daß zur Zer störung von Panzern mittelst Torpedos, welche einige Centimeter unter der Meeres oberfläche erplodiren, die nachfolgenden Ladungen an Dynamit oder Schießwolle er forderlich seien, u. zw.: Panzerstärke 12 cm
15 cm
37,0 kg 54,0 kg
20 cm
96,0 kg
25 cm
149,7 kg
60 cm
862,0 kg (,,Rivista marittima ". )
IN
H WASH X33
Der Schich-Verſuch im April 1886
erprobte
in
Spezia
gegen
die
Gruson'sche Hartguß-Panzerplatte
am 22. Juni 1886.
Von Julius von Schüß, Ingenieur. Der Schieß- Versuch in Spezia, über welchen wir im Juniheft der ,, Neuen Militärischen Blätter" berichteten,
hat am 22. Juni d . J. eine Fortseßung
erfahren, welche zwar von dem ursprünglichen Verſuchsprogramm gänzlich un abhängig erscheint, dabei aber doch Resultate ergeben hat, die unsere im ge Wie wir nannten Auffage gezogenen Schlußfolgerungen vollauf bestätigen. ſ. 3t. berichteten, hatte die Gruſon'ſche Hartgußplatte den Bedingungen des damaligen Versuchs - Programms, laut welchem sie 3 Schüsse aus dem Arm strong'schen 43 cm Geschüß aushalten mußte,
durchaus genügt und Seitens
des Italienischen Kriegs-Ministeriums war, kurz nach dem Versuche, die Be stellung der in Frage stehenden Panzerthürme für je zwei 35 Kaliber lange 40 cm Kanonen bei dem Gruson'schen Etablissement erfolgt. Bei dem Schießversuch vom 22. Juni d . J., über welchen wir heute zu berichten haben, handelte es sich daher nicht um eine nochmalige Erprobung der Hartgußpanzerplatte, über deren Widerstandsfähigkeit bereits genügende Klarheit gewonnen war, die Platte diente vielmehr nur als Versuchsobjekt zu einer Prüfung für Geschosse anderer Kaliber und Fabrikation, bewies aber dabei einen solchen Grad von Widerstandsfähigkeit,
daß der neuere Versuch
auch für den Panzerkonstrukteur von höchstem Intereſſe iſt. Veranlassung zu dem neueren Schieß- Versuch hatte der Umstand gegeben, daß die 3 auf den Panzer verfeuerten Krupp'schen 43 cm Stahlgranaten beim Auftreffen zerschellt waren, während bei früheren Versuchen Krupp'sche 15 cm Granaten schmiedeeiserne Platten glatt durchschlagen hatten, ohne die geringste Deformation zu zeigen. Es waren daher Zweifel darüber entstanden, ob die Krupp'schen 43 cm Granaten von gleich guter Qualität gewesen seien, wie die Geschosse schwächerer Kaliber,
und auf Antrag der Versuchs-Kommiſſion
verfügte daher das Ita
lienische Kriegs-Miniſterium, daß der Versuch mit einer Anzahl Krupp’ſcher 15 cm Granaten fortgesezt werden sollte. Demnächst aber sei auf den oberen, noch intakten Theil der linken Plattenhälfte ein 43 cm Stahlvollgeschoß der 11 Neue Mil. Blätter 1886. September-Heft.
162
-
Werke von St. Chamond (Frankreich) zu verfeuern, zwischen der Wirkung dieses Geschosses
und
um
einen Vergleich
derjenigen der Krupp'schen zu
gewinnen. Ziel: Der im Juniheft 1886
beschriebene Einbau der Panzerplatte hatte
durch die früheren Versuche wesentlich gelitten, indem sowohl zwischen dem Panzer und den seitlichen Anschlußplatten, und dem Mauerwerk Fugen entstanden waren .
als auch zwischen den legteren Um nun die seitliche Stüßung
wieder einigermaßen herzustellen, waren die entstandenen Fugen durch Ein treiben von Stahlkeilen und Eingießen von Zink so weit wie möglich wieder ausgefüllt worden . Der Deutlichkeit wegen reproduziren wir an dieser Stelle die bereits im Juniheft gebrachte Skizze des Einbaues der Versuchsplatte.
Figur 1. Einbau der Versuchsplatte.
OM
163
-
Gewicht der Versuchsplatte : 87 950 kg. Geſchüße : 1. Armstrong'sche 28 Kaliber lange 15 cm Kanone in Albini Laffete ; 2. Armstrong'sche 27 Kaliber lange 100 tons Kanone (Typus Lepanto,
43 cm Kaliber) in Armstrong'scher hydrauliſcher
Minimalſcharten-Laffete. Beide Geschüße befanden sich auf einem am Ufer des Golfs veranker ten Ponton und feuerten aus einer Entfernung von 134 m. Geschosse : Krupp'sche 2,5 Kaliber lange, von
36 kg
Gewicht und
ein
gehärtete 15 cm Stahlgranaten
2,5 Kaliber
langes ,
gehärtetes 43 cm
St. Chamond'sches Stahlvollgeschoß von 1000 kg Gewicht. Ladung:
Auftreffgeschwindigkeit :
ſiehe bei den einzelnen Schüſſen.
Lebendige Kraft beim Auftreffen : Der leichteren Uebersicht halber schließt sich in dem nachstehenden Pro tokoll die Nummerirung der Schüsse, sowie die Buchstabenbezeichnung der Risse an die Schußliste und das Treffbild vom April 1886 an.
Vierter Schuß. Geschoß: Krupp'sche gehärtete 15 cm Stahlgranate L 2,5 von 36 kg Ge wicht, blind geladen. Ladung: 15 kg Progressives Fossano - Pulver (20-24 mm) . Geschwindigkeit des Geschosses beim Auftreffen : 500 m pro Sekunde. Lebendige Kraft des Geschosses beim Auftreffen : 459 mt. Treffstelle : 132 cm über der Vorpanzer-Oberkante, 86 om rechts von der Mittellinie. Auftreffwinkel : 44°. Wirkung : Das Geschoß zerschellte und bewirkte an der Treffstelle eine unbedeutende Abblätterung der Oberfläche des Panzers.
Fünfter Schuß. Geschoß : Krupp'sche gehärtete 15 cm Stahlgranate L 2,5 von 36 kg Ge wicht, blind geladen. Ladung : 18 kg Progressives Fossano - Pulver (20-24 mm) . Geschwindigkeit des Geschosses beim Auftreffen : 564 m pro Sekunde. Lebendige Kraft des Geschosses beim Auftreffen : 584 mt. Treffstelle : 23 cm über der Vorpanzer-Oberkante, 102 cm rechts von der Mittellinie. Auftreffwinkel : 50 ° 30 '.
་་
12 50
mm 00 42
.2 Figur
Oberkante Vorpanzer
3160 mm
latte .der ſenen Panzerp ld beſchoſ Treffbi
9
n
m
a
b
164
850
165
-
Wirkung: Das Geschoß zerschellte und bewirkte zwischen den vorhandenen Rissen b und c eine Abblätterung der Oberfläche 5-10 cm Tiefe.
des
Panzers von
Es zeigte sich, daß die Risse b und c flach unter der
Oberfläche des Panzers verlaufen waren,
indem die Bruchfläche der Ab
blätterung mit einer Rostschicht bedeckt war. Da beide 15 cm Granaten beim Auftreffen auf den Panzer zerschellt waren, so betrachtete die Kommiſſion den ersten Theil des Versuchs-Programms als erledigt und ging zum Feuer mit der Armstrong'schen 100 tons Ka none über.
Sechster Schuß. Geschoß: St. Chamond'sches von 1000 kg Gewicht . Ladung :
375 kg
gehärtetes 43 cm Stahlvollgeschoß L 2,5
einkanaliges braunes P. P. der Rheinisch-Westfälischen
Pulverfabriken. Geschwindigkeit des Geschosses an der Mündung : 539 m pro Sekunde. am Ziel: 535 m pro Sefunde. " " " Lebendige Kraft des Geschosses beim Auftreffen : 14 603 mt . Treffstelle: Gezielt wurde auf die obere, noch intakte Fläche des Panzers, 226 cm über der Vorpanzer-Oberkante, 50 cm links von der Mittellinie. (Siehe das Kreuz im Treffbilde. )
In Folge der durch die Bewegungen
des Meeres bewirkten Schwankungen des Pontons zu tief, und zwar genau
auf die
Stelle des
traf jedoch der Schuß Schusses
Nr.
II
vom
24. April 1886 , 70 cm über der Vorpanzer-Oberkante, 50 cm links von der Mittellinie. Auftreffwinkel :
Der Schuß
traf eine wesentlich
beschädigte Stelle der
Panzer-Oberfläche und daher annähernd eine vertikale Fläche. Der Auftreffwinkel betrug demgemäß wahrscheinlich 80—90º. Wirkung: Das Geschoß zerschellte und warf zwischen den vorhandenen Rissen e und g eine Anzahl Stücke von verschiedener Dicke (in Marimo 50 cm) aus der Panzerplatte heraus . Riß p war bis e verlängert, das bei der früheren Beschießung vor getretene Stück y nach rechts verschoben. Rückseite der Platte :
Auf der Rückseite der Platte zeigten sich als neu
hinzugekommen 2 Risse, welche vermuthlich mit den auf der Oberfläche der Platte sichtbaren Rissen m und n in Verbindung stehen und daher mit den gleichen Buchstaben bezeichnet sind ; ferner im linken Pfeiler ein kurzer Riß r. Zwischen den Rissen k und b zeigte sich eine keilförmige Ausblätterung von 70 cm Breite, 20 cm Höhe und 16 cm Tiefe. Die losgelösten Stücke waren senkrecht heruntergefallen, also nicht losgesprengt worden. - Zwischen dem Riß a und der rechten Plattenkante war ein kleines Dreieck von 20 cm Seitenlänge um 6 cm vorgetreten .
. 3 Figur
Nach . Photographie einer
Schuß . Die 6. dem nach Panzerplatte
1 156
167 Figur 4. Die Rückseite der Panzerplatte nach dem 6. Schuß.
links
rechts
k
Der untere Theil der Platte
war durch den Schuß nach Innen ge=
drängt worden und stand gegen den oberen längs dem Riß b um 3,5 cm, " f im Mittel um 6 cm, "I " r "" " "" " "" 4 cm vor. "/ Die Verschiebung des linken Pfeilers
war
längs dem vorhandenen
Riß k erfolgt, dessen unterer Theil mit den auf der Außenfläche sichtbaren Rissen i oder h in Verbindung zu stehen schien, doch war die Verschiebung auf der Außenfläche des Panzers nicht bemerkbar. Allgemeiner Befund des Zieles : Die linke Anschlußplatte, deren Außen fläche von den
abgleitenden Geschoßtrümmern nicht unbedeutend
verleßt
worden war, zeigte einen 1-2 cm klaffenden durchgehenden Riß, ebenso die obere Traverse, welche die Stelle der Deckplatte eines Panzerthurms vertrat. Nichtsdestoweniger schloß der obere Theil des Panzers
dicht
an die
Stüßplatte an und besaß noch genügende Widerstandsfähigkeit für weitere Treffer des gleichen Geschüßes .
Der Versuch mußte jedoch abgebrochen
werden, da keine weiteren 43 cm Geschosse zur Stelle waren. Zu bemerken ist,
daß die Geschoßtrümmer beim leßten Schuß die
Deckbalken des Sicherheitsvorbaues entzündeten und
daß
der
lettere in
Folge dessen fast vollständig niederbrannte. Schlußfolgerungen : Der erste Theil des Versuches hatte auf's Neue gezeigt, daß Stahlgeschosse kleiner Kaliber beim Auftreffen auf einen schrägen Panzer ebenso zerschellen, wie die im April 1886 43 cm Granaten.
gegen den letteren verfeuerten
168
Denjenigen,
welcher die Resultate der Schieß-Versuche gegen schräge
Panzer und speziell gegen Hartgußpanzer, diesen Blättern berichteten, raschen .
verfolgt hat,
über welche wir wiederholt in kann dies Resultat nicht über
Ein Geschoß kann nur dann unversehrt bleiben,
wenn es beim
Auftreffen auf einen Panzer von allen Seiten annähernd gleichmäßig be ansprucht wird. Trifft es dagegen mit dem ogivalen Theil auf einen schrägen Panzer, so schlägt es sofort auch mit dem Bodenſtück auf denselben auf und die Heftigkeit dieses Schlages ist allein schon hinreichend, den Ge schoßkörper zu zertrümmern.
Während
also
beim Eindringen in
eine
schmiedeeiserne Platte das Geschoß auf Druck beansprucht wird, kommt beim Auftreffen auf den Hartgußpanzer nur seine weit geringere Widerstands fähigkeit gegen Bruch unter der Wirkung eines heftigen Schlages in Frage. In dieser Rückwirkung auf das Geschoß erblicken wir aber wohl mit Recht einen Hauptvorzug des Hartgußpanzers, denn mag die dem Geschoß inne wohnende lebendige Kraft noch so groß sein, auf den Panzer kann es stets nur denjenigen Theil derselben übertragen, welcher seiner eigenen Festigkeit entspricht. daher selbst
Vom Standpunkt des Panzerkonstrukteurs einer
etwaigen Vergrößerung
welche die Zukunft vielleicht bringt,
der
aus glauben wir
Geſchoßgeschwindigkeiten,
mit Ruhe entgegensehen zu können ;
denn die Wirkung derselben auf den Hartgußpanzer wird sich nicht in dem Maße vergrößern, wie man dies vielfach erwartet. Der zweite Theil des Programms führte zu keinem greifbaren Re ſultate, da das Chamond- Geschoß die von Rissen am meisten zerklüftete Stelle des Panzers traf und ein Vergleich der Wirkung deſſelben mit der jenigen der Krupp'schen Geschosse daher ausgeschlossen iſt. Nichtsdestoweniger ist dieser Schuß von hohem Intereſſe, denn er zeigt, wie wenig man aus vorhandenen Rissen auf den Zeitpunkt der Breschirung eines Hartgußpanzers
schließen
durch eine kreisrunde,
nach unten und rechts scharf abgegrenzte Abblätte
rung des Panzers kennzeichnete,
darf.
Der Schuß,
dessen Treffstelle fich
traf eine vom Schuß II bereits verlegte
Stelle des Panzers und ſein Auftreffwinkel muß daher ungefähr 80-90º erreicht haben.
Dies geht auch aus dem Umstande hervor,
daß die Ge
schoßtrümmer nicht entsprechend der Neigung des Panzers nach oben, ſon dern direkt im rechten Winkel nach links abgelenkt wurden, woselbst sie den vorstehenden Theil der Anschlußplatte verleßten.
Troßdem widerstand der
Panzer auch diesem Schuß und hatte damit einem Angriffe von im Ganzen 59 743 mt, d. i. 680 mt pro Tonne Plattenmaterial, ausgehalten.
Die
Verschiebung des linken Pfeilers , welche sich auf der Rückseite des Panzers bemerkbar machte,
muß in Anbetracht der durch die frühere Beschießung
geschwächten Stüßung desselben als sehr geringfügig bezeichnet werden. Zweifellos würde der ganze obere Theil des Panzers
noch weiteren
Schüssen des gleichen Kalibers gewachsen sein und es darf daher wohl be
---
169
hauptet werden, daß die Versuchsplatte auch dem 100 tons Geschüß gegen über immer noch einen bedeutenden Ueberschuß an Widerstandsfähig teit besißt. Nach unseren Begriffen ist dieser Ueberschuß in Rücksicht auf die ökonomische Plazirung von Panzerungen und Geschüßen sogar zu groß ; doch ist dies eine Frage, welche nicht der Konstrukteur, sondern der Stra tege entscheidet. Wir können daher das gewonnene Resultat nur willkommen heißen, da es auf's Neue zeigt, daß der in der Panzerkonstruktion betretene Weg der richtige ist und auch der Artillerist jedenfalls ein Plus an Widerstands fähigkeit des Panzers einem Minus vorziehen wird.
Ueber
das Schießen der Artillerie gegen gefeffelte Ballons .
Mit einer Tafel I. Die Verwendung gefesselter Ballons ist im zukünftigen Festungskriege voraussichtlich eine ausgedehnte, da sie bei günstiger Witterung ausgezeichnete Observationsposten darbietet. Die Möglichkeit, den Ballon zu bedeutender Höhe aufsteigen zu lassen, gestattet auch in foupirtem Terrain eine freie Uebersicht auf weite Entfernung ; Truppenanſammlungen in größerem Maßstabe, Park anlagen, größere Transporte 2c. ſind Objekte, die auf bedeutende Entfernungen vom Ballon aus einzusehen sind.
Speziell für die Artillerie ist der gefesselte
Ballon unter Umständen ein sehr wirksames Mittel zur Erleichterung der so Seit der Ausbildung des Wurffeuers ist die Beobachtung ungemein erschwert, da die Wurfbatterien hinter Terrainwellen, Wäldern 2c. wichtigen Schüsse .
Schuß suchen, wo sie dem Auge ganz entzogen sind. Beim Beschießen derartig verdeckt liegender Batterien ist eine direkte Beobachtung des eigenen Schusses ausgeschlossen ; der Werth einer Beobachtung mittelst Lattenkombination ſehr fraglich, da die Raucherscheinungen der krepirten Geschosse entweder von der Stelle des ersten Aufschlages verweht sind, ehe sie dem Beobachter erscheinen, Hier hilft
oder überhaupt
gar
nicht sichtbar
als wirksames Hilfsmittel der gefesselte Ballon aus .
werden .
Wie Ver
suche, die im Laufe des vergangenen Winters auf dem Tegeler Schießplaße stattfanden, bewiesen haben, ist auch auf größeren Entfernungen und bei be deutenden Steighöhen die Beobachtung des Einzelschusses möglich,
vorausgeseßt,
vom Ballon
aus
daß die Luftströmungen nicht zu bedeutend sind und
die Beleuchtung das Sehen auf große Entfernungen begünſtigt.
-
170
Mit der ausgedehnteren Verwendung der gefesselten Ballons tritt an die Artillerie die Frage heran, wie sich das Schießen gegen diese neuen Zielob jekte geſtalten wird.
Einer Lösung dieser Frage ist von Seiten der Artillerie
Schießschule theoretisch und praktisch näher getreten worden. Ehe wir auf das Verfahren näher eingehen,
mögen einige Vorbemer
kungen, die zum Verständniß desselben dienen, hier Plaß finden . In den bei weitaus meisten Fällen wird das Beschießen von gefesselten Ballons auf großen Entfernungen ſtattzufinden haben .
Als Observationspoſten
dienende Ballons werden in allen Fällen hinter der Zone des ersten Artillerie kampfes aufzulaſſen ſein, da die machinellen Vorrichtungen zum Auflaſſen und Einholen des Ballons
unter allen Umständen
der Wirkung des feindlichen
Geschüßfeuers entzogen werden müſſen und da bei genügender Steighöhe auch auf weiter Entfernung klare Einsicht gestattet ist. wendung derartiger Ballons finden können.
nur
Außerdem wird die Ver
im ersten Stadium der Belagerung ſtatt
Ist der Artilleriekampf so weit vorgeschritten, daß die Batte
rien sich auf kurze Entfernung nahe gerückt sind, so ist wohl kaum noch auf eine Verwendung von gefesselten Ballons zu rechnen. also wohl durchschnittlich mit Entfernungen höhen von 200-500 m zu rechnen haben.
Die Artillerie wird
von 4000-6000 m bei Steig Das Maß der Steighöhen, wie
es hier angegeben ist, hat sich bei den Versuchen der Luftschiffer-Abtheilung als das günstigste für die eben angegebenen Entfernungen erwiesen. Das Auftreten dieser Zielobjekte auf großen Entfernungen bedingt die Verwendung von Geschüßen bahnen.
mit großen Schußweiten,
also
rasanten Flug
Die bedeutenden Schwankungen, denen der gefesselte Ballon in den
oberen, meist bewegten Luftschichten unterworfen ist,
machen die Anwendung
eines möglichst leichten und beweglichen Geſchüßes wünschenswerth. Am besten würden sich die Feldgeschüße eignen ;
nur
in den Fällen,
wo sie nicht aus
reichen, würden die schweren 12 cm Kanonen einen wirksamen Ersag bieten. Unter allen Umständen müſſen die gegen Ballons
auftretenden Geſchüße mit
hinreichenden Vorrichtungen zum direkten Einrichten versehen sein, möglichst schnelles Richtungnehmen und
da ein
ein fortwährendes Anschneiden des
Ballons bis zum Momente des Schuſſes erforderlich iſt. Fragen wir uns nach der erforderlichen Geschoßart, so erscheint der Ge brauch von Granaten von vorne herein ausgeschlossen, da es nicht möglich ist, eine Korrektur der Flugbahn auf Grund von Beobachtungen vorzunehmen . Der Aufschlagspunkt der Granaten im Terrain ist mit dem Ballon nicht in Verbindung zu bringen.
Es könnten höchstens „ Treffer" in den Ballon be
obachtet werden, die aber nur der Zufall herbeiführen kann, da bei fehlender Beobachtung ein Einschießen unausführbar ist. Als einziges
verwendbares Geschoß bleibt
das Shrapnel übrig.
Der
Sprengpunkt desselben in der Luft ist beobachtungsfähig und durch das später entwickelte Verfahren mit dem Stand des Ballons zu kombiniren .
-
171
Das Shrapnel soll vor dem Ballon krepiren und durch seine zahlreichen Sprengpartikeln und Kugeln den Ballon resp . die Beobachter gefährden. Nach diesen Vorbemerkungen möge es gestattet sein, auf das eigentliche Verfahren näher einzugehen. Es würde sich zunächst um das Feststellen der Entfernung des Ballons von der feuernden Batterie handeln . Dasselbe ist durch direktes Schäßen. höchst schwierig und sehr ungenau. zweier Hilfsmittel bedienen :
Bei direkter Schäßung
1. Man bringt das Zielobjekt
kann
man sich
mit
bekannten
Punkten im Terrain in Verbindung oder 2. man stellt nach der scheinbaren Größe des Zielobjektes dessen Entfernung annähernd fest. fahren ist wohl nur in dem sehr seltenen Falle möglich,
Das erstere Ver wo es gelingt, den
Befestigungspunkt des Taues zu erspähen ; aber auch dann ist es immer un genau,
da durch Luftströmungen der Ballon weit von seinem Befestigungs
punkt abgetrieben sein kann.
Das Tariren der Entfernung nach der ſchein
baren Größe des Ballons ist auch nur in den gewiß seltenen Fällen möglich, wo man seine wirkliche Größe kennt ; annähernd genaue Reſultate giebt auch diese Methode nicht. Da die Schäßung versagt, muß ein komplizirteres, aber auch genaueres Verfahren an die Stelle treten. Ein Feststellen der Entfernung ist zunächst immer möglich durch Seit wärtsanschneiden des Zieles von zwei mit genau orientirten Plänen versehenen Planstationen aus.
Da es jedoch fraglich erscheint,
ob derartige Pläne für
den angegebenen Zweck immer zur Verfügung stehen, so ist jedes andere Ver fahren,
welches bei einem einfacheren Apparat annähernd genaue Resultate
giebt, vorzuziehen. Ein derartiges Verfahren ermöglicht die Verwendung der Batterielatte.
Dieses Instrument ist eine einfache Holzlatte (s. Fig. 1 ), auf der vorne eine stählerne Nadel in senkrechter Lage befestigt ist ; hinten ist auf derselben ein eiserner Rahmen mit Pferdehaar oder feinem Draht befestigt. Vorne ruht die Latte auf einem Pivot ; das hintere Ende der Latte endet in eine Spiße. die auf einer Gradeintheilung spielt, welche sich auf der hinteren Kante eines horizontal gelagerten Brettes befindet. Grade entsprechend der Eintheilung,
Die Eintheilung ist in sechszehntel den Richtvorrichtungen am
welche bei
Geschüß getroffen ist. Der Gebrauch der Latte erklärt sich aus der Konstruktion derselben : Es wird Ziel, Nadel und Pferdehaar in eine Ebene gebracht und die vom Zeiger angegebene Zahl abgelesen.
Diese so konstruirten Latten gehören zur Batterie
Ausrüstung der Fuß- Artillerie, sind also in allen Fällen disponibel. Mit diesem Instrument ist von zwei Stationen aus eine Winkelmeſſung vorzunehmen. Dazu ist zunächst erforderlich, daß die beiden Stationen in be kannter Entfernung von
einander stehen.
möglichst groß zu bemessen.
Diese Entfernung ist als Basis
Je größer sie ist, um so stumpfer wird der ge=
172
messene Winkel und um so geringer der Einfluß etwaiger kleiner Meßfehler. Die Verbindungslinie beider Stationen muß senkrecht zur Schußvorrichtung ſtehen. Die Lattenstationen sind so zu orientiren, daß die Grundflächen auf einer Basis liegen und der Zeiger spielt.
der Latten auf denselben Nullpunkt ein
Um dieses zu ermöglichen, ist eine geringe Aptirung unserer bisherigen
Latten nothwendig.
Es wird vorne am Drehpunkt senkrecht zur Latte ein
horizontaler Querarm angebracht,
an dessen Enden zwei Nadeln senkrecht so
befestigt sind, daß sie mit der Nadel der Latte in einer Ebene liegen. Das Einrichten der Latten erfolgt in folgender Weise : Die Hauptſtation, als welche irgend eine der beiden zu beſtimmen ist, richtet ihre Latte nach einem in scheinbarer Nähe des Ballons liegenden Terraingegenstande ein und legt nun das Brett mit der Grad-Eintheilung so fest, daß genügend Spiel raum zum Messen bleibt . befindlichen Nadeln
Hierdurch wird durch Visiren über die drei vorne
ein deutlich sichtbarer, z. B. weißer Stab eingerichtet.
Nach diesem Stab hat nun die zweite Station durch Visiren über die drei vorderen Nadeln
ihre Latte einzurichten und die Grad -Eintheilung so zu
firiren, daß der Zeiger auf denselben Theilſtrich einſpielt, den die Hauptſtation ihr mitgetheilt hat. Das Anschneiden des Ballons erfolgt auf ein verabredetes Zeichen oder durch telephonische Uebermittelung möglichst gleichzeitig, da die unter Umständen nicht unerheblichen Schwankungen desselben bei nicht gleichzeitigem Anſchneiden Veranlassung zu Fehlern geben . Die Differenz der Winkel beider Stationen giebt die Größe des ge messenen Winkels an.
Hat z . B. die rechte Station + 24, die linke
gemessen, so ist der Winkel 40/16 " ; lauten z. B. die Messungen +14, so ist der Winkel 36/16º.
16
50 und
Mit Hilfe dieses Winkels und der in den
„ Allgemeinen Schußtafeln “ befindlichen Winkeltabelle läßt sich die Entfernung sofort entnehmen. Es sind zwei Fälle zu unterscheiden : 1. Der Ballon ſteht genau in der Mitte der Basis. Es ist dann CD Es ist aus der Winkel (f. Fig. 2.) < a = < ß und BD w w . tg B tabelle für den halben gemessenen Winkel
und eine Kathete,
die gleich der
halben Entfernung der Planstationen ist, die andere Kathete zu bestimmen . 2. Der Ballon ist seitwärts vertrieben. Aus Fig. 3 folgt : CD AC =
CB AC
tg 3 CD
tg 8, CB
AC * ; tg a tg i AC . tg a = CD ; AC . tg T = CB ; CD + CB - AC (tgatg 7). AC =
――――
173
―――――
Da bei kleinen Winkeln , um die es sich hier nur handeln kann, annähernd * tg (a + 7) zu sehen ist, so ist also BD BD = AC tg (B + B₁ )* tg (a + x)
tgatg
Es ist also hier der ganze an der Spiße gemessene Winkel und die ganze Entfernung der beiden Planstationen zu berücksichtigen . Es ist einleuchtend, daß das angegebene Verfahren kein absolut richtiges Resultat ergeben kann .
Abgesehen von der nicht ganz mathematischen Korrekt
heit desselben sind bei Schwankungen des Ballons stets Meßfehler zu erwar ten.
Die zur Lattenbeobachtung angestellten Unteroffiziere haben verschiedene
Gewandtheit im Anviſiren des Objektes ; dem einen gelingt es schneller, daſſelbe aufzufassen, wie
dem anderen ;
auch wird der Beginn der Messung wohl
schwerlich in denselben Zeitmoment fallen. Diese Meßfehler sind jedoch, ge= wandte Bedienung vorausgeseßt, nicht sehr bedeutend und genügt dieses Ver fahren wohl vollkommen, da die Entfernung ja nur annähernd festgestellt zu ſein braucht und das Weitere dem Einschießen überlassen werden kann . Es bleibt noch zu betrachten,
wie sich die Beobachtung,
der wichtigſte
Faktor für das Einschießen, gestalten wird. Eine direkte Beobachtung der Sprengpunkte in Bezug
auf ihre Lage
zum Ballon ist nur in den Fällen möglich, wo der Ballon als Hintergrund für den Sprengpunkt dient , oder wo Lepterer durch Ersteren verdeckt wird . In beiden Fällen ist der Schuß mit Sicherheit kennen.
als kurz
resp . weit zu cr
Diese Fälle sind aber naturgemäß äußerst selten ; liegt der Spreng
punkt über, unter oder seitlich vom Ballon, so ist es unmöglich, einen direkten Schluß auf seine Lage zum Zielobjekt zu machen. Das für andere Shrapnelschießen sehr zweckentsprechende Verfahren der seitlichen Beobachtung ist Unter der Annahme,
in diesem speziellen Falle auch nicht ausführbar.
daß die ersten Angriffsbatterien von der Fortlinie
3000-4000 m abliegen,
wird es mit Rücksicht
auf Gefährdung und der
wünschenswerthen Sicherheit der Verbindung mit der Batterie kaum ſtatthaft sein, den seitlichen Beobachter weiter wie 1000 m vorzuschieben .
Derselbe
würde also immer noch mehrere Tausend Meter vom Ballon entfernt stehen und könnten seine Beobachtungen unmöglich alle richtig werden. Am zweckmäßigsten kommt bei dieſer Aufgabe die Lattenkombination zur Anwendung. Das Grundprinzip derselben bildet eine Winkelmessung ;
das Verfahren
möge hier, da es wohl nicht allenthalben bekannt ist, furz erläutert werden. Die Regel der Lattenkombination lautet :
" Giebt die rechte Latte eine größere Abweichung als die linke, so ist der Schuß weit ; liegen die Verhältnisse umgekehrt, so ist der Schuß kurz.
Sind
die Messungen beider Latten gleich, so liegt der Schuß in der Nähe des be absichtigten Treffpunktes . “
-
174
―――――
Es sei in Fig. 4 a die Batterielatte, b das Ziel, e der Aufstellungs punkt der zweiten Latte. Durch diese drei Punkte läßt sich stets ein Kreis legen. Sind die Messungen beider Latten gleich, so muß das Geschoß auf der Peripherie des Kreiſes krepirt sein,
da die Winkel sich nur als Peripherie
winkel auf demselben Bogen als gleich ergeben können. Ergeben die beiden Latten ungleiche Messungen, so crübrigt nur die Be trachtung der Fälle, wo gleiche Vorzeichen vorhanden sind.
Treten entgegen
gesezte Vorzeichen auf, so ist jeder Zweifel über die Lage des Schufſes aus geschlossen.
Giebt z . B. die rechte Latte +, die linke Latte
Schuß in der Winkelfläche d be gelegen haben,
also
, so muß der
ein Weitschuß sein.
Zeigte dagegen die rechte Latte -, die linke +, so muß der Schuß in der Winkelfläche a b c gelegen haben, alſo ein Kurzschuß gewesen sein. Sind die Vorzeichen beider Meſſungen +, so Geschosses
nur in der Winkelfläche e bc liegen.
kann der Aufschlag des Ist der Winkel bei der
rechten Latte größer als derjenige der linken, so muß der Kreisbogen zwiſchen dem Ziel und dem Durchschnittspunkt des Kreises
mit der Visirlinie von c
nach dem krepirenden Geschoß größer sein, als derjenige zwischen b und dem Schnittpunkt des Kreises mit der Visirlinie von a nach dem krepirenden Ge schoß, da zum größeren Peripheriewinkel der größere Bogen gehört.
Krepirt
3. B. das Geschoß in f, so ist bei der Vorausseßung, daß Winkel b c f > baf der Bogen bi > b k.
Jit dies aber der Fall, so können sich die Sehnen
ci und ak nur außerhalb des Kreises schneiden, d . h. der Schuß muß, auf die Kreislinie bezogen, ein Weitschuß gewesen sein. Ist dagegen Winkel bcm < bam, so Sehnen schneiden sich innerhalb des Kreises : wesen sein.
ist Bogen b k ' < bi ', die
Der Schuß muß also kurz ge
Sind die Vorzeichen beider Messungen =
/ so kann das Geschoß nur
in der Winkelfläche dba liegen .
Ist der Winkel der rechten Latte alge braisch größer (also numerisch kleiner, z . B. 3 < — 1) als derjenige der linken Latte, so muß der bezügliche Kreisbogen der rechten Latte kleiner sein als der des Winkels der linken Latte. Ist z. B. (Fig. 5) bc q numerisch kleiner als ba q, so ist der Bogen btbs und die
Sehnen ct und as fönnen sich nur außerhalb des
Kreises schneiden, d. h. der Schuß muß ein Weitschuß gewesen sein. Ist der Winkel der rechten Latte algebraisch kleiner, alſo numerisch größer als der der linken Latte, z . B. (Fig. 6) Winkel bcu > bau, so ist Bogen bv bw und die Sehnen cv und a w schneiden sich innerhalb des Kreises: Der Schuß muß also ein Kurzschuß gewesen sein. Dieses vorhin begründete Verfahren der Lattenkombination dieser Aufgabe sehr zweckmäßig zur Anwendung.
Die
kommt bei
einfache Lattenkombi
nation würde aber hier nicht ausreichen, da der von den Latten angeschnittene
-
175
Punkt fortwährend seinen Stand ändert. Es ist nothwendig, in dem Moment, wo das Geschoß krepirt, den Ballon und den Sprengpunkt gleichzeitig anzu schneiden.
Hierzu sind
auf jeder Station je zwei Latten erforderlich,
denen die eine permanent den Ballon anschneidet, Sprengpunkt firirt .
Die erste möge mit
„ Schußlatte" bezeichnet werden. latten aufgestellt.
während die andere
von den
,,Ballonlatte" , die lettere mit
Die Schußlatten sind rechts von den Ballon
Der Lattenbeobachter an der Schußlatte ruft, sowie er den
Sprengpunkt angeschnitten hat,
„fertig" .
Dies dient als Avertiſſement für
den Lattenbeobachter der Ballonlatte, der den Bewegungen des Ballons folgte und in diesem Moment den Stand des Ballons firirt. Auf jeder Station wird der Winkel der Ballonlatte von dem der Schuß latte abgezogen ; das Reſultat beider Stationen wird auf der Hauptſtation tombinirt. Es hat z . B. gemeſſen : Ballonlatte
Schußlatte
linke Station
+ 18
+ 28
rechte Station
7
+10 ―――― 14 Das Resultat der linken Station ist
7. 10, das der rechten - 7, der
Schuß muß nach der Regel der Lattenkombination kurz geweſen ſein, da das rechte Lattenpaar weniger wie das linke Lattenpaar gemessen hat. Lauten die Messungen : Ballonlatte Schußlatte ―――― 3 5 linke Station 2
rechte Station
+4
+6 +
2,
so war der Schuß weit, da die rechte Station mehr wie die linke gemessen hat. Es ist zu beachten, daß bei Schüssen, die ganz in der Nähe des Zieles liegen, wegen der erwähnten unvermeidlichen Meßfehler die Lattenkombination manchmal falsche Schlüsse giebt .
Bei den kleinen Differenzen,
die in diesem
Falle fich ergeben, kann ein Fehler von 1/16 einen falschen Schluß verursachen . Ist z. B. gemessen : linke Station
Ballonlatte ― 1
Schußlatte +0
-- 1 1
rechte Station 1/2
so würde nach den Messungen der Schuß weit sein. Hätte sich nun beiſpiels י16 geirrt, so würde dort ― weise die Schußlatte der rechten Station um .
176
der Schuß - 1½ sein; der Schuß wäre also
in Wirklichkeit kurz.
Der
artige kleine Fehler werden jedoch durch die Streuungen und das Schießver fahren ausgeglichen . Das Schießverfahren wird insofern von dem gewöhnlichen abweichen, als der Art des Schießens entsprechend nur starke Korrekturen in Frage kommen . Die Winkelmessung zur Feststellung der Entfernung kann keine genauen Re sultate geben ; ebenso sind kleine Fehler bei der Lattenkombination nicht aus geschlossen.
Es wird sich empfehlen, das Maß der weiten Gabel auf 400 m
zu bemessen ; diese ist auf 200 m zu halbiren.
Von dieser sind durch Ver
theilung des Feuers nach Tiefe, Höhe und Breite die Ungenauigkeiten der Messungen und die Schwankungen des Vallons zu kompenſiren. Die Feuervertheilung nach der Länge würde etwa 200 m betragen ; daß Maß der Vertheilung nach der Seite richtet sich nach Richtung und Wind stärke ; nach der Höhe werden etwa 50 m hinreichend sein. Zu beachten bleibt die Lage des Sprengpunktes .
Dieselbe muß so sein,
daß bei jedem Kurzschuß der Sprengpunkt über der Viſirlinie nach dem Ballon erscheint, da nur in dem Falle die Sprengpartikeln den Ballon fassen können. Als Hilfsmittel zum Tariren der Sprenghöhen dient gemessene scheinbare Höhe des Ballons .
die mit dem Aufſaß
Sowie die Feuervertheilung eintritt, wir nur noch Salvenfeuer abgegeben. Zur Kontrolle der annähernden Lage der Salven sind die Lattenbeobachter dahin zu inſtruiren, einen bestimmten Sprengpunkt,
z. B. den am weiteſten
rechts liegenden, anzuschneiden. Nach dem entwickelten Verfahren wurde auf dem Schießplaß Kunners dorf von Seiten der Artillerie- Schießschule gegen zwei Ballons der Luftschiffer Abtheilung geschossen. Dieselben waren auf 5000 m aufgelassen ; ihre Steig= höhe wechselte von etwa 100-250 m. Der erste Ballon wurde mit 10 Shrapnels, der zweite mit 26 Shrapnels zum Sinken gebracht .
Gegen
den ersten Ballon wurde etwa 1/4 Stunde, gegen den lezten kaum ' 2 Stunde geschossen.
Die Ballons zeigten je 20-30 Löcher von zum Theil bedeuten
der Größe, so daß die Vermuthung nahe liegt, die Arbeit der Artillerie unterstüßt.
daß das ausströmende Gas
Die Verwendung gefesselter Ballons zu artilleriſtiſchen Zwecken, wie Be obachtung 2c.,
erscheint
nach diesen Erfahrungen sehr fraglich,
da 5000 m
wohl die Marimalgrenze für eine Beobachtung ohne große Fernrohre bildet und bei geringerer Entfernung das Schießen mit günſtigeren Verhältnissen zu rechnen hat.
Ob über
5000 m eine Beobachtung größerer Objekte,
Truppenkörper, Transporte, nöthigen Erfahrungen.
möglich ist,
wie
darüber fehlen dem Verfasser die 190.
177 . ―
Betrachtungen über
den
Feldzug
von 1859
in Italien.
Aus den hinterlaſſenen Papieren des Generals Anton Better von Poggenfeld. III.
Am 1. Juni beseßte das IV. Armee-Korps ohne Schwertstreich Bicocca, zwei und einhalb Kilometer von Novara. von
dem
IV.
zwischen Bicocca und
machten Front gegen Mortara, möglich hielt.
Das I. Korps stellte sich rechts
Olengo
auf.
Diese
beiden Korps
woher man noch immer einen Angriff für
Das II. Korps rückt über Novara hinaus ,
nimmt eine Stellung links
des IV. Korps und macht Front gegen Mailand, um jeder feindlichen Vor rückung von dem Ticino her die Stirne zu bieten. Die französische Garde Das III. Korps rückte bis Vercelli, als gemeinschaftliche Reserve, vor. und die 4 sardinischen Divisionen blieben in ihren früheren Stellungen und deckten die Umgehungsbewegung . Am 1. Juni standen von der alliirten Armee bei 60 000 Mann um Novara herum, und 100 000 Mann in der Gegend von Palestro.
Die Ar
mee der Alliirten war demnach auf einer Entfernung von 16 Kilometer in zwei Hälften getheilt. Am 2. Juni war Novara von der ganzen alliirten Armee, mit Aus nahme einer Division Piemontesen, welche die Verbindung Alessandrias mit Turin zu erhalten hatte, 150 000 Mann.
vertheidigt,
d . i. beiläufig
von einer Armee von
Am 1. Juni erhielten die ſardiniſchen Diviſionen und das
III. Armee-Korps den Befehl vom Kaiser zum Aufbruch von Palestro mit der Weisung, dem Heere zu folgen. Den 2. blieben die alliirten Armeen in ihrer am Tage vorher einge nommenen Stellung, um für einen allfälligen Angriff der Oesterreicher in ge höriger Verfassung zu sein . Nachdem aber der Feind gar keine Miene machte, die Alliirten in ihren Bewegungen gegen seine rechte Flanke zu stören, schloß der Kaiser die augenblickliche Ueberschreitung des Ticino, 13 Kilometer entfernt war.
be
welcher nur
Hiernach erhielt General Mac Mahon den Befehl, die 2. Armee-Diviſion (Espinasse) auf der Hauptstraße von Mailand, gegen Trecata- Magenta, vor rücken zu laſſen.
Ebenso mußte die 2. Division (Camou)
Galliate in der Direktion von Turbigo abmarſchiren. sendet eine starke Abtheilung,
der Garde
über
General Espinaſſe ent
um das Terrain vorwärts
gegen den Teſſin
aufzuhellen und rückt mit dem Reſt ſeiner Division langsam nach. Man fand 12 Neue Milit. Blätter. 1886. September-Heft.
178
aber Trecata vom Feinde vollkommen verlassen.
Der Divisionär läßt
mit
dem Gros seiner Division diesen Ort beſeßen und rekognoszirt nach allen Seiten gegen den Ticino bis St. Martino . Abends schickt der General Espinasse den Rapport
an seinen Korps -Kommandanten Mac Mahon, der
Feind habe nämlich an demselben Tag das rechte Ticino-Ufer gänzlich ge= räumt und die prächtige Steinbrücke über den Fluß durch starke Verschanzungen am rechten Ufer gedeckt gefunden. Diese Befestigungen hatten eine Aus dehnung von 4 Kilometer, ſchloſſen daher einen beträchtlichen Terrain-Abſchnitt, so wie auch den Bahnhof, in sich.
Innerhalb der Retranchements fand man
zwei Geschüße auf ihren Laffetten und eine Menge anderes Kriegsmaterial lag in denselben herum.
Der Feind habe einen Verſuch gemacht, die Brücke
zu sprengen, was aber nicht gelang,
da nur zwei Bögen sich etwas gesenkt
hätten und in sehr kurzer Zeit zum Gebrauch für alle Waffengattungen prak tikabel gemacht werden könne.
Es fragt sich, warum haben die Oesterreicher
diesen Uebergang am Ticino ohne alle Vertheidigung und mit einer so unbe greiflichen Eile aufgegeben ?
Es hatte den Anschein, als beschuldigte General
Gyulai den Korpskommandanten Clam, dieſen Poſten ohne erhaltenen Befehl geräumt und sich hinter den Naviglio Grande aufgestellt zu haben . Die Division Camou
(Garde-Voltigeurs) ,
(5 Batterien) und Brückenmaterial versehen, erreichte um 3 Uhr
den Ticino gegenüber
mit hinlänglicher Artillerie
nebst einer Eskadron Lanziers, von Turbigo,
worauf General Camou 200 Garde-Voltigeurs auf Kähnen auf das andere Ufer überſchiffen und diesen Ort beseßen läßt. Nachdem nirgends ein Feind sichtbar war, be fahl General Camou dem General Leboeuf des Genie = Korps, augenblick lich das Schlagen von zwei Brücken in Angriff zu nehmen. Die Breite des Flusses Ticino sammt den Inseln war damals wegen des hohen Waſſerſtandes an dieser Stelle 240 Meter breit und 2 Meter tief. Die beiden Brücken hatten . die Pontoniere um Mitternacht fertig gemacht und um 3 Uhr früh hatte sich die ganze 1. Brigade (Manèque) unter dem Schuße eines vom General Frossard am entgegengeseßten Ufer aufgeworfenen Brückenkopfes, der mit mehreren Geschüßen besetzt war , in Turbigo feſtgeſeßt. Dieſe Brigade be ſezte ohne Widerstand die Brücke über den Naviglio Grande an der Straße von Cassano nordöstlich von Turbigo, und schob ihre Vorposten an beiden Ufern des Naviglio südlich weiter vorwärts . Die
2.
Brigade
(Decaen)
blieb
vor
der
Hand
auf dem
rechten
Ufer des Flusses stehen, um gegen einen Angriff des Feindes in Verfaſſung zu sein. Alle Umstände erwogen, war die Alliirten-Armee am 2. Juni beziehungs weiſe noch immer in einer vortheilhaften Defensiv- Stellung. stand, nach Detachirung zweier Divisionen, Stellung, wie am vorhergehenden Tage.
Das IV. Korps
noch in derselben konzentrirten
Aber nicht dasselbe konnte man von
den Divisionen sagen, welche an den Ticino gesendet wurden, ebensowenig vom
179
III. Armee-Korps und den piemontesischen Divisionen ;
besonders wenn man
den Fall vorausseßen muß, daß endlich der österreichische Feldherr nicht mehr an der Umgehung seiner rechten Flanke durch die Alliirten zweifeln konnte. Was die beiden Armee-Divisionen Espinasse und Camou anbelangt, so waren sie in einer sehr mißlichen Stellung, wenn sie von den Oesterreichern mit Uebermacht angegriffen worden wären ; für gegenseitig kräftig zu unterſtüßen suchen . diesen beiden Divisionen
diesen Fall mußten sie sich
Uebrigens war das Poſtofaſſen mit
am andern Ufer des Flusses
keine Verwegenheit,
denn der Feind war nicht da und dann stand die französische Armee zu deren Soutien nicht ferne. Sobald der franzöſiſche Kaiser von dem Sachverhalt unterrichtet wurde, gab er die Ordre, daß die am Ticino detachirten Divisionen durch die Di visionen Millenet von der Garde und Motterouge vom II. Korps appuirt werden. Turbigo.
Millenet beseßt St. Martino,
Espinasse marschirt aufwärts gegen
Motterouge erreicht ebenfalls Nachmittags 32 Uhr Turbigo, wo
er sich mit General Camou in Verbindung seßt. Kommandant, General Mac Mahon,
Bald trifft auch der Korps
in Turbigo ein, unternimmt alsogleich
mit seinem Stabe unter Bedeckung einer Eskadron Kavallerie eine Rekognos zirung.
Mac Mahon reitet von Turbigo
nach dem 2 Kilometer entfernten
Robechetto, steigt auf den Kirchthurm des Ortes, und zu seiner nicht geringen Ueberraschung bemerkt er nun auf kaum starke Kolonne Desterreicher im Anmarsch.
einen Kilometer Entfernung eine
Wir finden, daß die Oesterreicher seit dem 20. Mai bis zum 3. Juni nirgends hatten.
einen
ernsten Angriff auf die Linie der Alliirten-Armee gemacht
Man kann doch den offensiven Rückschlag vom 30. Mai gegen Pa
lestro und Confienza nicht in einer solchen Absicht unternommen bezeichnen, weil man den Gegner dort nicht aufsucht, wo er nach der Voraussetzung der Oesterreicher nicht zu finden war oder nicht vorhanden sein sollte.
Was wir
über diese Affaire in Erfahrung bringen konnten, beschränkt sich auf folgende Thatsache. General Zobel, Kommandant des VIII. Korps, deſſen Hauptquartier in Mortara war, erhielt am 1. Juni vom Avantgarde-Kommando die Meldung, daß 50-60 000 Mann französischer Truppen sich auf der Hauptstraße von Vercelli
nach Novara bewegten.
General Zobel erstattete ohne Zeitverlust
über diese wichtige Angelegenheit seinen Bericht in das Armee-Hauptquartier nach Gerlasco und
erbat sich vom General en chef die Autorisation,
mit
dem III., II . und seinem eigenen, dem VII. Korps, den Feind bei Novara angreifen zu dürfen .
Eine Division vom General Zobel stand in dem 25 Kilo
meter entfernten Candia, das II . Korps war seit dem 20. Mai an der Agogna, links vom VII ., das III. war gegen Mortara näher herangezogen worden, so daß die Desterreicher am 2. Juni die Alliirten in einer Stärke von bei läufig 72 000 Mann angreifen konnten.
Das V. Korps hatte die Strecke 12*
―――
180
zwiſchen Candia und St. Nazzaro beſeßt, das IX ., welches Pavia beſezt hielt, war in der Lage, in verhältnißmäßig kurzer Zeit gegen das III . franzöſiſche Armee-Korps und die sardinischen Divisionen vorzurücken,
um diese zu ver
hindern, dem Gros der österreichischen Armee gegen Novara in die Flanke zu fallen. Auch das I. Korps (Stadion), welches am 1. Juni aus Böhmen bei Mailand ankam,
konnte zu dieser Operation herbeigezogen werden,
was die
Zahl der Kombattanten der Desterreicher auf 140 000 Mann erhöht haben würde. In der Konzentrirung dieser Streitmacht und dem Angriffe mit selben auf die Alliirten bei Novara
bestand
der
der Plan des General Zobel,
welchen er dem General en chef Grafen Gyulai schriftlich unterbreitete und die Ausführung desselben erbat.
General Gyulai, welcher von der Sachlage
an Ort und Stelle sich überzeugen wollte, begab sich nach Robbio, und nach dem er mit General Zobel Rücksprache gepflogen hatte, entschied man ſich für das Zurückgehen der Armee auf das linke Tessinufer, Gründe hervorhob :
indem
man folgende
Nur die Chauffeen seien für die Märsche größerer Truppen geeignet, und dennoch waren gute Straßen von Cozzo, Lomello, St. Nazzaro und Vaccarizza in der Richtung auf Mortara vorhanden ; aber auch von dort gegen Novara sind die Kommunikationen nicht ungangbar zu nennen. Ferner be hauptete man, der Feind stehe bei Palestro in der Flanke der vorrückenden Armee, wir aber sagen, die Agogna und die 26 000 Mann, welche bei Robbio ſtanden, mußten die bedrohte Flanke zu sichern wissen.
Dann warf man den
Angriffsplan auf Novara ein, die Franzosen ständen bereits näher an Mai Darauf antworten wir, umsomehr war es noth
land als die Desterreicher.
wendig, eine Entscheidung herbeizuführen, auszuführen gewesen wäre, als
was auf dem rechten Ufer leichter
auf dem linken,
da man doch nicht hoffen
konnte auf dem Umwege über Bereguardo den Alliirten den Weg nach Mai land zu verlegen. Der österreichische Oberkommandant entschied sich für den Rückzug auf das linke Ufer, der auch sofort eingeleitet wurde. Demzufolge erhielten in der Nacht vom 2. auf den 3. Juni das II., VII . und III . Korps, welche der Straße von Mailand nach Magenta zu nächst standen, den Befehl, bei Vigevano, das V. und VIII. Korps bei Be reguardo den Ticino zu repassiren und die Brücken zu zerstören. Das II. Korps , welches an der Tête marschirte, nahm am 3. Abends eine Stellung am Naviglio Grande bei Magenta, wo es mit andern Korps in Verbindung trat, wie wir später erwähnen werden . Diese obengenannten Korps, welche sich auf Magenta dirigirten, um sich ſymmetrisch daselbst zu konzentriren, formirten bei ihrer Ankunft daſelbſt eine Schlachtordnung in der Gestalt eines Kreuzes.
Das II. Korps an der Tête,
das VII. bildete den linken, das V. den rechten Flügel und das III. Korps das Centrum.
Das VIII . und IX . Korps folgten als
allgemeine Reserve.
181
Die Absicht des Generals Graf Gyulai war, so schnell wie möglich die Front der Franzosen bei Magenta zu gewinnen, wo er sicher erwartete, ſeine Kolonnen früher daselbst eintreffen zu sehen, als jene seiner Gegner, oder, wenn dieses nicht mehr möglich wäre, die Franzosen in der Flanke anzugreifen. Aber leider konnte die neue Ordre de bataille in Gestalt eines Kreuzes keineswegs zu dem gewünschten Resultate führen. Ein bisher noch nicht aufgeklärter Umstand oder eigentlich Hinderniß muß Ursache gewesen sein, daß die 6 Korps am 3. Juni nicht in der vorgeschrie benen Ordnung und nicht zur gehörigen Zeit auf dem Schlachtfelde erſchienen . Das VII.
und III. Korps hatten bereits Voghera in der Richtung von
Abbiategrasso paſſirt,
als sie plößlich vom General en chef den Befehl er
hielten, bis auf weiteren Befehl stehen zu bleiben. durch den Befehl vom Hauptquartier überrascht, marschiren.
Das V. und IX . Korps
Das VIII. Korps wurde nicht über Bereguardo zu
wurden durch ähnliche Anordnungen
in ihrem Vormarsch aufgehalten, so zwar, daß am 3. Juni Abends nur das II. Korps am Rendezvous- Plaß bei Magenta eingetroffen war . Es war also die österreichische Armee am 3.,
anstatt sich in einer ein
zigen Gruppe vereinigt zu sehen , in, einzelne 6 Korps vertheilt. Das I. Korps unter dem Kommando des Generals Clam-Gallas war am 1. Juni mit der Eisenbahn von Böhmen
in Mailand angekommen .
General Graf
Gyulai gab dem Korps-Kommandanten Clam-Gallas den Befehl, die vorwärts, rechts und links liegenden Uebergänge des Ticino zu überwachen. Der Passagen, welche über diesen Fluß gegen Mailand führen, drei.
Jene von Turbigo ,
8 Kilometer von Magenta ;
waren
die von Torna
vento nördlich von Turbigo, wegen ihrer Entfernung vom Kampfplaß weniger wichtig,
und endlich jene von St. Martino,
mit
einer festen steinernen.
Brücke, welche gerade über Magenta nach Mailand führt . Dort bei St. Martino war es , wo die Desterreicher den schanzten Brückenkopf konstruirt hatten,
großen ver
welchen wir bereits erwähnten.
General Graf Clam- Gallas, Kommandant des eben aus Böhmen angekomme nen Armee-Korps, fand sich
in dem Augenblicke,
als
die Franzosen
auf
St. Martino vorrückten, von den anderen Theilen der Armee zu sehr isolirt, glaubte daher nicht, mit seinem Korps allein einen Angriff der Alliirten da selbst widerstehen zu können, und dies umsomehr, nachdem er nun auch in Erfahrung brachte, daß ein Theil der französischen Armee bei Turbigo über den Fluß gesezt und so seine rechte Flanke bedrohe.
Clam-Gallas gab dem
nach die Vertheidigung des Brückenkopfes auf und zog sich, Brücke ungangbar zu machen suchte,
nachdem
er die
mit seinem Korps hinter den Naviglio
Grande zurück, wo er seine Truppen an den verschiedenen befestigten Ueber gängen Position nehmen ließ. jene von Robechetto.
Unter diesen okkupirten Stellungen war auch
182
Die österreichischen Truppen bestanden auf diesem Punkte aus der Di vision Stankovich (früher Cordon), a) Brigade Hodiß Inf. Regt. Nr. 48 E.-H. Ernſt "" 16 Wernhardt. " " b) Brigade Montenuovo bei Castano. Robechetto, ein großes Dorf, 2 Kilometer von Turbigo, war für die Alliirten von großer Wichtigkeit, wie nicht minder für die Oesterreicher. Robechetto ist auf einem großen Plateau erbaut, erhebt sich bis 25 Meter über den Ticino und liegt eben an der Passage der Franzosen, die von Turbigo debouchiren wollten, um auf kürzester Linie von da nach Magenta zu gelangen . Mac Mahon erkannte die Gefahr, welche den Bewegungen der Alliirten von Osten her drohte, wenn dieser Ort im Beſig des Feindes bliebe. Um den Feind aus Robechetto zu delogiren, hatte aber der Korps -Kom mandant im Augenblick nur von der Brigade Lefèvre (algieriſchen Tirailleurs genannt Turkos ) zu seiner Disposition, denn der Rest der Division Monte rouge und die Division Camou (Voltigeurs der Garde) waren noch am an dern Ufer des Ticino, und die Division Espinasse war noch gar nicht ange kommen.
Demungeachtet befahl Mac Mahon dem General Monterouge, sich
an die Spiße der Turkos zu stellen und den Feind ohne Verzug aus Ro bechetto zu vertreiben. Als Monterouge zum Angriff in drei Kolonnen gegen diesen Ort vorrückte, war es 3 Uhr. Zwei Kolonnen marschirten an der Tête in gleicher Höhe und mit Auf marsch-Distanz von einander.
Die dritte Kolonne diente als Reſerve.
Auf Schußentfernung vom Orte angekommen, wurden die sich nähernden Kolonnen mit einem heftigen Feuer empfangen . Die Turkos
erwidern das Feuer gar nicht , sondern legen sich platt
auf die Erde nieder,
erheben sich nach einigen Minuten wieder und stürzen
dann wie wüthende Tiger auf die Vertheidigung im Dorfe, einem kurzen Zeitraum aus demselben hinauswerfen.
welche sie nach
Nach und nach kommen von der Brigade Lefèvre das 45. und Pohlec das 65. und 70. Regiment an, welche Mac Mahon zur Unterſtüßung der al gierischen Tirailleurs nachsendet. Alle diese Truppen wurden gegen Osten dirigirt. Mac Mahon schmeichelte sich mit der Hoffnung, die Rückzugslinie der Desterreicher von Buscata und Euggione abzuschneiden.
Dies hätte wohl ge
schehen können, wenn sich der Feind eine halbe Stunde länger in Robechetto aufgehalten haben würde . Nach dem Verlust von Robechetto zogen sich die Desterreicher auf Cuggione und Buscata zurück. Durch die schnellen und
energischen Bewegungen der Alliirten, sowohl
auf der Straße von St. Martino, wie auch in der rechten Flanke des Feindes von Turbigo her, war die Straße von Mailand nicht mehr bedroht.
183
In strategischer Rücksicht war der Versuch, Robechetto vor den Alliirten zu beseßen,
eine richtige Auffassung,
und auch der Umstand war richtig, zu
dieser Aufgabe nicht mehr als eine Armee-Diviſion zu verwenden ; denn hätte General Graf Clam sein ganzes Korps
zu diesem Unternehmen verwendet,
so wäre er in die Gefahr gekommen, in diesem Falle in der Front von Mac Mahon, in Flanke und Rücken aber von den bei St. Martino übergegangenen franzöſiſchen Korps angegriffen und nicht nur geſchlagen, sondern auch von der österreichischen Armee abgeschnitten, vielleicht gezwungen worden, das Ge wehr zu strecken. Am 3. Juni Abends bot der Marsch, die Position und die Konzentrierung der Alliirten Armee einen ganz eigenthümlichen Anblick.
Zwei Brigaden von
verschiedenen Korps hatten in Robechetto Posto gefaßt, d . i. auf dem gegen Norden am meisten vorgeschobenen Punkte der Umgehung. Auf dem rechten Ufer des Ticino stand die Division Espinasse, welche von St. Martino dahin kam ; die Garde- Diviſion Mellinet bei St. Martino , um das II. Korps zu replaciren ; das IV. Korps bei Novara als allgemeine Reserve ; das III. auf dem Marsche von Palestro nach Novara, so auch die 4 ſardiniſchen Diviſionen, welche leßtere den Befehl hatten, nach Galliate zu marſchiren und dann dem II. Korps über Turbigo zu folgen . Verbindet man diese verschiedenen,
theils stehenden,
theils beweglichen
Heeresabtheilungen, so erhält man Echequier-Stellungen, die auf allen Punkten gebrochen, zerrissen, winkelig, überall verlegbar erscheinen.
Der österreichische
Feldherr hätte an diesem Tage ein leichtes Spiel gehabt, wenn er seine Ar mee vereint in der Hand zu erhalten gewußt hätte . Die Orts-Dispositionen der Alliirten Armee vom 2. und 3. Juni waren einer starken militärischen Kritik unterworfen, ja, man ging so weit, zu erklären,
daß der Kaiser die
Manöver der großen Taktik gar nicht verſtehe. Nachdem Napoleon in Novara angekommen war, glaubte er den General Graf Gyulai über seine Absicht nicht mehr in Zweifel zu lassen, feindliche Heerführer
nach den Gefechten von Palestro,
indem der
30. und 31. Mai,
über die Umgehung seiner rechten Flanke nicht zweifeln konnte, und da der französische Kaiser den 1. und 2. Juni vergebens auf einen Angriff von Seiten Generale Gyulai harrte, so war Napoleon der Meinung,
die Oesterreicher
haben sich oblique am Ticino zur Deckung Mailands aufgestellt eine Position hinter die Adda zurückgezogen. schien nicht denkbar. schluß,
oder sich in
Eine dritte Vertheidigungslinie
In Folge dieſer Kombination faßte der Kaiser den Ent
alsogleich einen Theil seiner Garde und das II. Korps an das linke
Ufer des Ticino zu disponiren, um in der rechten Flanke des Gegners eine Stellung vor dem Eintreffen deſſelben zu okkupiren.
(Fortsetzung folgt. )
-
184
Die Armee von Chalons und ihre Bewegungen gegen Meß. Durch eine Reihe von Heften des Journal des sciences militaires zieht sich ein Artikel obigen Titels, deſſen auszügliche Wiedergabe auch in deutschen militärischen Leserkreisen Beachtung verdient.
Der Inhalt und die Tendenz
des ganzen Artikels gehen aus der Einleitung hervor, weshalb wir diese hier wörtlich wiedergeben. Die Katastrophe von Sedan ist zweifellos das am meisten in das Auge springende Ereigniß des Krieges von 1870.
Eine große Anzahl von Schrift
stellern hat sich in den leßten 10 Jahren mit der Kampagne der wenigen Tage befaßt,
wo die französische Armee dahin strebte, Mez zu entseßen und, fern
von irgend welchem Erfolg, in einer Reihe von fehlerhaften Bewegungen nur ihren eigenen Untergang fand.
Ich weiß indessen nicht, ob man sich über die
wahren Ursachen dieser Niederlagen und die vielfachen Zwischenfälle,
die un
sere Armee dahin brachten, auch wohl richtig Rechenschaft abgelegt hat.
Mir
ſcheinen in den meisten französischen Werken die Thatsachen nicht immer in ihrem richtigen Lichte geschildert zu sein, vollständig entſtellt.
Diesen gegenüber
in manchen Fällen sind sie sogar
ist das Werk des deutschen General
ſtabes von der peinlichsten Genauigkeit, in ihm finden wir die beste Auskunft, sogar über die Operationen der Franzosen, periode.
wenigstens in der ersten Kriegs
Bei voller Anerkennung der Vorzüglichkeit dieses Werkes muß man
jedoch bedenken,
daß es speziell
vom deutschen Standpunkte aus geschrieben
ist, und daß man nicht immer die Ideen-Verbindung, wie sie die Führer der französischen Armee beherrschte, darin findet.
Hierin liegt ein noch nicht ge=
nügend aufgeklärter Punkt, nicht in Bezug auf die Thatsachen selbst, sondern in Bezug auf ihren Zusammenhang. Die auch in der militärischen Welt über die Operationen der Armee von Chalons allgemein herrschende Idee ist die, daß diese Armee Reims in der Absicht verlassen hat, auf Meß zu marſchiren.
Nach dem zweiten Marschtage
ſieht man sie aber mehrere Male an der Aisne und in den Argonnen hal tend, dann legt sie den Tag über höchstens 10 Kilometer zurück ganz auf der Stelle halten. reichen das Ziel war, marschiren.
oder bleibt
Es ist doch wohl klar, daß, wenn Meß zu er
die erste Bedingung die war, so rasch als möglich zu
So können
wir von vornherein behaupten,
daß ein größerer
Widerspruch zwischen Zweck und Ausführung kaum gedacht werden kann. In der That lehrt denn auch eine aufmerksame Beobachtung der Ereig= nisse, daß der Marschall Mac Mahon bei dem Verlassen von Reims keines wegs die Absicht hatte,
nach Meß zu marſchiren, sondern nur,
Bazaines, den er in Anmarsch auf Montmédy
vermuthete,
den Rückzug aufzunehmen.
185
Hiernach ist der Aufenthalt in den Argonnen durchaus logisch,
er
gestattete
der Armee von Chalons, ihren Zweck zu erfüllen, und hielt den Rückzug auf die Oise frei, vorausgeseßt, daß sie sich nicht zu lange aufhielt.
Wir werden
ferner sehen, daß später der Beschluß, auf Meß zu marschiren, wirklich gefaßt wurde, und indem wir den Moment dieses unglückseligen Entschlusses genau feſtſtellen,
wollen wir in gerechter Weise klar zu legen versuchen,
wem die
Verantwortung hierfür trifft. Schließlich wollen wir in Form einer ſtrategiſchen Studie die Frage cr ob die Idee, Meß durch eine derartige Bewegung zu degagiren, an
örtern,
und für sich so fehlerhaft war und unter welchen Umständen sie hätte ausge führt werden können . Betrachten wir zunächst die Verhältnisse bei Beginn der Operationen im Allgemeinen, um uns über die Situation der Armeen in dem Augenblicke Rechenschaft abzulegen, als die Armee von Chalons sich bildete und ihre Be wegungen antrat.“ So weit die Einleitung. Sie giebt uns ein klares Bild von der Auf gabe, die sich der Verfasser, der sich A. G. Ancien élève de l'École poly technique unterzeichnet, gestellt hat.
Sie beweist, daß wir es nicht mit einem .
tendenziösen Artikel in dem Sinne, wie die im Januarheft dieser Jahrbücher mitgetheilten Memoiren des Generals Lebrun, zu thun haben, sondern mit einer wohldurchdachten Studie, die uns, obwohl unser Generalstabs -Werk an manchen Stellen, soweit es irgend möglich war, den pſychologiſchen Zusammen hang in den Dispositionen des Marschalls Mac Mahon dennoch vieles Neue und Interessante bringt.
zu
erläutern sucht,
Als Uebersichtskarte für die
Operationen sei die Karte Nr. 14 des Generalstabs - Werkes empfohlen. Der Verfasser beginnt nun mit einer Schilderung der allgemeinen Lage nach den Schlachten bei Weißenburg, Wörth und Meß, die wir als bekannt hier übergehen, es sei nur erwähnt, daß der Verfaſſer den Fehler Bazaine's, am 17. August den Vormarsch nach Westen nicht fortzufeßen, für den Ur sprung aller späteren Unglücksfälle erklärt. Die Armee von Chalons im Lager und bei Reims. Die Zusammenseßung der Armee von Chalons , wie sie im Generalſtabs Werk in der Anlage 32 mitgetheilt wird, weicht von den Angaben des Ver faſſers nur in unbedeutenden Punkten ab, so daß wir auf deren Wiedergabe hier verzichten können. Mac Mahon, als Befehlshaber der Armee von Cha lons, stand unter dem Kommando Bazaine's gesammten französischen Streitkräfte.
als Höchſt-Kommandirender der
Er traf in der Nacht vom 16. zum
17. August in Chalons ein. Am 17. Vormittags fand der Kriegsrath statt, an dem außer dem Marschall Mac Mahon der Kaiſer Napoleon, der Prinz Napoleon, der General Trochu, der General Schmit, sowie dessen Generalstabs -Chef und Kommandant der Garde mobile ,
General Berthaud , Theil nahmen .
Der
186
Kaiser war keinen Augenblick darüber in Zweifel,
daß der Hauptzweck der
Armee von Chalons der sein müsse, sich mit der Armee von Meß zu ver binden.
Er selbst war am Tage zuvor von Mez
angekommen, hatte den
Weg überall vollständig frei gefunden und hatte noch keine Ahnung von der Schlacht am 16.
Er war somit berechtigt, anzunehmen, daß es Bazaine ein
Leichtes sein würde, auf demselben Wege heranzukommen, ja er vermuthete ihn bereits bei Verdun. Dennoch meinte er, man müsse ihm entgegen mar ſchiren, um seinen Rückzug zu erleichtern und zu sehen, was mit den vereinten Streitkräften geleistet werden könne.
Der General Trochu war entgegenge
ſeßter Meinung. Er zweifelte zwar nicht an der Möglichkeit einer Vereinigung der beiden Armeen, da ja dem Rückzuge Bazaine's nichts im Wege stände, allein er wollte diese Vereinigung unter den Mauern von Paris herstellen . Auch der Prinz Napoleon schloß sich dieser Ansicht an und das Resultat des Kriegsrathes war der Beschluß, nach Paris,
daß der General Trochu für seine Person
mit dem Titel eines Gouverneurs der Hauptstadt,
daß er dieses sowohl,
wie die Rückkehr des Kaiſers
eine Proklamation mittheilen sollte.
gehen
und
der Bevölkerung durch
Die Armee sollte indessen
ihre Konzen
trirung und Reorganisation im Lager von Chalons beenden und sich demnächst nach Paris zurückziehen, sei es vor oder nach ihrer Vereinigung mit Bazaine. Man hatte jedoch verschiedene Gründe, nicht sofort mit der Ausführung dieser Maßregel vorzugehen, erstens, weil verschiedene Theile der Armee von Chalons noch nicht im Lager eingetroffen waren, und ferner, weil man dem Entschlusse des Höchstkommandirenden doch nicht vorgreifen durfte.
Der General Trochu
reiſte an demselben Tage nach Paris ab, mit ihm der General Berthaud mit seinen Mobilgarden, deren Verwendung im freien Felde doch sehr zweifelhaft erschien.
Der Marschall Mac Mahon theilte das Resultat des Kriegsrathes
sowohl Bazaine wie dem Kriegsminister telegraphisch mit.
Leßterer erhielt
diese Depesche am Abend des 17., zu einer Zeit, wo er bereits von der am 16. an der Straße von Meß hatte.
nach Verdun stattgehabten Schlacht Kenntniß
Bazaine hatte ihm zwar mitgetheilt,
daß er die Stellung gehalten
habe, aber von einer Fortseßung des Rückmarsches nichts erwähnt .
Palikao
sowohl, wie die Kaiserin hatten nie daran gedacht, die Armee nach Paris zu rückzuziehen.
In Uebereinstimmung mit Leßterer telegraphirte er
daher an
den Kaiser und bat ihn, die Armee nicht nach Paris zurückzuführen, für seine Person nicht dorthin zu kommen.
auch
Als diese Depesche ankam, hatte
der Kaiser inzwischen durch den General Coffinières
die Nachricht von der
Schlacht bei Rezonville (Vionville-Mars la Tour) erhalten und sofort an Ba= zaine telegraphirt :
Sagen Sie mir die volle Wahrheit über Ihre Lage, da
mit ich meine Maßregeln darnach treffen kann. “
Der Marschall hatte vor
Empfang dieser Depesche seine Meldung bereits abgesandt, diese lautete dahin, daß er zwischen St. Privat und Rozérieulles Stellung genommen er am folgenden Tage nach Norden abmarſchiren würde.
und daß
Diese Depesche war
-
-
187
jedoch nach Paris und nicht direkt an den Kaiser gelangt.
Gleichzeitig hatte
er auch den Kommandanten Magnau an den Kaiser gesandt, um diesem Auf klärungen über seine Lage zu geben.
Magnau
traf am 18. Morgens (das
Generalstabswerk sagt Nachmittags) in Chalons ein, wurde sofort vom Kaiser und Mac Mahon empfangen und reiste am Nachmittage 2 Uhr wieder nach Mez ab. Es ergiebt sich hieraus,
daß der Kriegsminister am 17. Abends, der
Kaiser und Mac Mahon am 18. Morgens
über die Schlacht vom 16. und
die Absichten Bazaine's unterrichtet waren .
Der im Kriegsrath gefaßte Be
schluß war hiernach hinfällig geworden, die Verhältnisse hatten sich geändert. Der Kaiser war gänzlich unfähig, irgend welchen Entschluß zu fassen.
Nach
dem er nun noch vom Kriegsminister und der Kaiſerin eine Depesche erhalten hatte, daß er die Tuillerien nicht lebendig wieder betreten würde, beschloß er am 19. bei der Armee zu bleiben, befehl einzumiſchen.
ohne sich jedoch irgendwie in den Ober
Der Prinz Napoleon wurde mit einer politischen Miſſion
nach Florenz betraut und reiste eiligst dorthin ab. Am 18. Vormittags 10 Uhr sandte Bazaine
an den Marschall Mac
Mahon eine Depesche folgenden Inhalts : „ Soeben erhalte ich Ihre Depesche vom 16. August. senden wird.
Ich nehme an, daß der Minister Ihnen einen Befehl über
Ihre Operationen liegen außer meiner Wirkungssphäre und ich
laufe Gefahr, Ihnen falsche Direktiven zu geben. "
Kurz vorher hatte Mac
Mahon an Bazaine telegraphirt, daß er, falls der Kronprinz gegen ihn mar schire, zwischen Reims und Epernay Stellung nehmen werde, um sich je nach den Umständen mit Bazaine zu vereinigen
oder
auf Paris zu
Bazaine's Depesche vom 16. konnte hierin nichts ändern.
marſchiren.
Als nun am 19.
Mac Mahon von einer Schlacht bei Meß Nachricht erhielt, jedoch ohne irgend welche Details über deren Ausgang, beſchloß er, da am 20. die Armee von Chalons vollständig vereint sein mußte,
am 21. seinen Marsch nach Reims
anzutreten. Bevor der Verfasser zu den kriegerischen Operationen übergeht, entwirft er eine Schilderung von der aus dem I., V., VII. und XII . Armee-Korps kombinirten Armee. Diese Schilderung giebt ein recht trübes Bild von der Beschaffenheit dieser Armee. Es fehlte den Korps an jeglichem Zusammen: hange, keines derselben war gänzlich intakt .
Sie waren aus den verschiedensten
Regimentern und Depot-Bataillonen zusammengewürfelt, es waren die Truppen darunter,
die die Niederlagen von Weißenburg und Wörth mitgemacht und an der darauf folgenden regellosen Flucht Theil genommen hatten. Es wäre
unbedingt einige Zeit erforderlich gewesen, um die taktischen Verbände feſter ineinander zu fügen, kannt.
denn Führer und Truppe
waren sich gegenseitig unbe
Dazu kam noch, daß, als am 22. die Armee den Vormarsch gegen
Reims begann, die Divisionen noch isolirt waren,
einzelne hatten noch keine
Artillerie, erst während des Marsches mußten diese Formationen beendet
188
werden.
Es wäre unter diesen Umständen weit besser gewesen,
noch einige
Tage in Chalons zu bleiben, hierdurch konnte der Geist unter den Truppen wieder gehoben werden, und Mac Mahon gewann auch Zeit, sich über die ihm gänzlich unbekannte Stellung der deutschen Heere zu orientiren.
Hätte
er nur von seiner Kavallerie den rechten Gebrauch gemacht, so würde er leicht haben in Erfahrung bringen können, daß die deutschen Heere am 20. am Ornain bei Ligny, somit noch drei volle Tagemärsche von Chalons entfernt, angekommen waren, und daß sie sich am 22. fast noch in derselben Stellung befanden. Von der Schlacht bei Gravelotte erhielt Mac Mahon am Abend des 20. die erste Nachricht. Es war ein großer Fehler Mac Mahon's,
mit
der feindlichen Armee
keine Fühlung zu halten, oder, wenn sie verloren war, sie wieder aufzunehmen. Je weiter die Heere voneinander entfernt sind, desto leichter ist es . An ge nügender Kavallerie fehlte es nicht. Alles, was er vom Feinde mit Be stimmtheit wußte, war, daß eine Schlacht nicht unmittelbar bevorstand . Der überſtürzte Abmarsch war gänzlich unnöthig,
um so mehr, da Mac Mahon
mit diesem Abmarsch noch gar keinen bestimmten Entschluß gefaßt hatte,
er
wollte nur eine abwartende Stellung einnehmen und dann entweder auf Paris oder auf Meg marſchiren, oder eine Schlacht in einer günstigen Stellung an nehmen.
Der Kaiser hatte sich dieser Ansicht angeschlossen,
nicht
aber der
Kriegsminister und die in den Tuillerien herrschende Partei ; für dieſe hatten die Schlachten bei Meß nichts an den Bestimmungen der Armee von Chalons geändert.
War auch Bazaine nach Meß hineingedrängt und hatte er wenig
Aussicht, ohne Hülfe von außen herauszukommen, so sollte doch Mac Mahon mit ſeiner Armee in 4-5 Tagen bei Verdun eintreffen, für welche Operation der Kriegsminister den Plan bereits
vollständig ausgearbeitet hatte.
Dieser
Plan war gewiß vortrefflich, allein er hatte nur den einen Fehler, daß man die Armee des Kronprinzen gänzlich ignorirt hatte. Wir unterlassen es hier, den vom Verfasser nun geschilderten Vormarsch der deutschen Heere wiederzugeben,
da derselbe sich durchweg dem General
stabswerke anschließt und nichts Neues enthält. traten
nunmehr
Die vier französischen Korps
am 21. den Abmarsch nach Reims an.
entseßlich unordentlich.
Der Marsch war
Die Armee von 140 000 Mann trat zu derselben
Stunde an, in Folge dessen trat ein fortwährendes Stocken an allen Neben ſtraßen ein, stundenlang waren die Truppen auf derselben Stelle zu halten gezwungen, erst am späten Abend und völlig erschöpft und durchnäßt trafen die Truppen an ihrem Bestimmungsorte ein. Da Mac Mahon noch immer keine Nachrichten von Bazaine erhalten. hatte, so war er fest entschlossen, am 22. in seiner jeßigen Stellung zu bleiben und am 23. den Marsch nach Paris fortzuseßen.
Mit diesen Ideen traf
Mac Mahon am Abend des 21. in seinem Hauptquartier in Courcelles ein, wo er sich sofort zum Kaiser begab und hier den Minister Rouher traf.
189
Letterer rieth dringend ,
auf Meß zu marschiren,
allein Mac Mahon blieb
bei seiner Ansicht.
Der Kaiser enthielt sich jeder Aeußerung. Rouher ging in derselben Nacht nach Paris zurück und der Kaiser übergab dem Marschall Mac Mahon offiziell den Oberbefehl über die ganze Armee . Am 22. wurden die Dispositionen für den Marsch nach Paris entworfen, als am Nachmittage desselben Tages die Depesche Bazaine's über die Schlacht vom 18. einlief. Der Wortlaut der ganzen Depesche findet sich im Generalstabswerk auf Seite 954. Die Antwort Mac Mahon's lautete : Habe Ihre Depesche vom 19. in Reims erhalten. Ich marschire in der Richtung nach Montmédy, übermorgen werde ich an der Aisne eintreffen, von wo aus ich den Umständen gemäß handeln werde, um Ihnen zu Hülfe zu kommen. " Diese Depesche wurde in zwei Exemplaren über Verdun und Diedenhofen abgeschickt. Wenn man diese lezte Depesche Bazaine's mit seinen früheren vergleicht, so findet man immer wieder die ausgesprochene Absicht , nach Norden abzu marschiren, so bald es möglich ist.
Nichts aber veranlaßte zu der Annahme,
daß er die dazu erforderlichen Maßnahmen bereits getroffen, geschweige denn, daß er sich bereits auf dem Marsche befinde.
Und doch hatte diese fehler
hafte Auslegung allein den Marschall Mac Mahon zur Aufgabe seines bis herigen Planes sowohl,
veranlaßt.
Um
diese Handlungsweise
des Marschalls jegt
wie in den darauf folgenden Tagen richtig beurtheilen zu
können,
müssen folgende drei Grundsäge zugestanden werden . 1. Es war vollständig freier Wille des Marschalls, daß er von Reims aus die Armee gegen die Aisne und die Ardennen führte. 2. Beim Verlassen von Reims in nordöstlicher Richtung glaubte er Ba zaine bereits aus Met heraus, im Marsche auf Montmédy . 3. Mac Mahon hatte keineswegs die Absicht, auf Meß zu gehen, son dern nur die, dem Marschall Bazaine den Rückzug zu erleichtern. Nur von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, ist die Handlungsweise Bazaine's in den darauf folgenden Tagen verständlich. Die Armee von Chalons an der Aisne und in den Argonnen. Es folgt nun die Schilderung des weiteren Marsches der Armee ;
wir
werden diese, soweit sie dem Generalstabswerke gegenüber nichts Neues bietet, nur kurz andeuten.
Einzelne Details, sowie die kritischen Bemerkungen des
französischen Verfassers, seien jedoch erwähnt. Unter strömendem Regen verließ die Armee
am Morgen des 23. ihre
Stellungen bei Reims und kam unter vielfachen Strapazen in Folge aufge= weichter Wege am Abende an der Suippe an, der rechte Flügel (VII. Korps) bei Saint Martin l'Heureur,
das
I. Korps bei Betheneville,
das V.
Pont-Faverger, der linke Flügel (XII. Korps) bei Heutrégeville.
bei
Die Ka
vallerie-Division Marguerite rekognoszirte bis dicht vor Vouziers, die Division Bonnemains gegen Aubérive sur Suippe.
Am 24. stand die Armee in der
190
―
Linie Réthel Juniville- Contreuve, am 25. in der von Réthel-Attigny und am 26. in der von Fourteron - Semuy-Voucq . von einander beweist zur Genüge, rasch vorwärts zu kommen.
Die Entfernung dieser Etappen
daß es dem Marschall nicht daran lag,
Er hatte an beiden Tagen, dem 23. und 24.,
nicht die geringste Kunde von Bazaine erhalten.
Die deutschen Heere waren
in dieser Zeit über die Bewegungen ihrer Feinde besser Pariser Zeitungen veröffentlichten rücksichtslos
unterrichtet .
Die
die Verhandlungen im Corps
législatif vom 23., in denen offen ausgesprochen wurde, daß man Bazaine nicht im Stiche lassen würde.
Am 25. Abends war diese Nachricht von Lon
don aus bereits in den Händen der Deutschen.
Am 26. fand die Kavallerie
Division Marguerite auf der Straße von Grand Pré
nach Varennes sich
gänzlich unerwartet der deutschen Kavallerie gegenüber. Obgleich diese keine Infanterie hinter sich hatte, so hielt der General Bordas es doch für ge boten, Grand Pré und Varennes zu räumen und ſeinem Diviſions-Komman deur zu melden, daß er von überlegenen feindlichen Kräften bedroht sei.
Als
er jedoch bald darauf seinen Fehler einsah, nahm er Grand Pré wieder in Besiß, wobei er noch ein Detachement deutscher Kavallerie (vom 11. Huſaren Regiment) gefangen nahm.
Diese hatten von der ohne Widerstand geschehenen
Widerbeseßung seitens der Franzosen keine Ahnung gehabt und waren ſorglos in den Ort hineingeritten .
Am folgenden Tage mußte General Bordas sich
auf Befehl des Divisions-Kommandeurs wieder auf Vouziers zurückziehen, was in solcher Eile geſchah, daß die Gefangenen nicht einmal mitgenommen wurden . Diese kleine Episode ist ein Beweis dafür, wie wenig Unternehmungsgeist in den französischen Führern steckte, so daß ſie ſich auch unter den allergünſtigſten Verhältnissen schlagen ließen. An diesem Tage,
den 26.,
war somit an beiden Ufern der Aisne die
Fühlung mit den feindlichen Heeren hergestellt .
Am 27. fand das Reiterge
fecht bei Buzancy statt, dessen Ausgang jedoch nur unbedeutenden Werth hatte. Am Abende desselben Tages faßte Mac Mahon nun den Entschluß ,
auf
Mezières zurückzugehen.
Das I. Korps sollte auf Mazerny, das XII. auf Vendreſſe, das V. auf Paix, das VII. auf Chagny marschiren . Die
Ausführung dieses Marsches begann bereits mitten in der Nacht in der größten wurde der Gegenbefehl ge Unordnung, da - am 28. Nachmittags geben, gegen die Maas vorzurücken . Was war die Veranlassung zu dieser Ordre ? Es ist ganz zweifellos, daß in dieser Maßregel die erste wirkliche Ursache zu der ſpäteren Kataſtrophe lag. Die Einmischung des Kriegsministers, unterstüßt durch den gesammten Mi nisterrath, hatten Mac Mahon zur Aenderung seines Befehles
veranlaßt.
Die auch im Generalstabswerke (Theil I. Seite 1004) mitgetheilte Depesche enthielt die Aufforderung, Bazaine zu befreien, da andererseits eine Revolution in Paris zu befürchten sei.
Ferner theilte der Kriegsminister dem Marschall
noch mit, daß er nur feindliche Kavallerie gegen sich habe und daß er keine
191 ļ Gefahr laufe, wenn er nach Meß marschire.
Diese Mittheilungen hatten ge
nügt, den Marschall Mac Mahon zur Aufgabe seines Marsches gegen Mont médy zu veranlassen.
Innerhalb weniger Tage hatte der Marschall ſomit
viermal seine Entschlüsse gewechselt. marichiren, Westen,
am 23. an die Aisne,
Am
22.
will
er nach Paris
am 27. beginnt er den Rückmarſch nach
und am 28. marschirt er wieder gegen die Maas.
Mit dem Ein
gehen auf die Weisungen des Kriegsministers rannte der Marschall direkt in ſein Verderben, in der ganzen Depesche war außer der Furcht vor einer Re volution in Paris kein wahres Wort.
Es drängt sich hier die Frage auf,
in wie weit Mac Mahon und in wie weit der Kriegsminister für die Folgen dieser Depesche verantwortlich gemacht werden müſſen.
Hierzu sagt der Ver
fasser wörtlich : „ Wenn man zugiebt, daß der Kriegsminister der wirkliche Chef der Armee ist, daß er das Recht hatte, dem Marschall Befehle zu ertheilen, und daß dieser als Untergebener die Befehle auszuführen hatte, so muß die ganze Verantwortung auch auf den Minister fallen, der allein die Armee in mitten der Gefahr geführt hat.
In allen wohlorganisirten Armeen
ist der
Kriegsminister nur in Friedenszeiten Chef der Armee, in Kriegszeiten ändert fich seine Stellung, er ist dann nicht in der Lage, die Heere führen zu können, er hat sie dann nur zu versorgen.
So war es unter dem ersten Kaiserreich
und der preußische Kriegsminister hat es 1866 und 1870 ebenso gemacht . Niemals ist dem General von Roon der Gedanke gekommen, einen Feldzugs plan zu entwerfen oder die deutschen Heere führen zu wollen, nachdem der Krieg ausgebrochen war.
Er leitete die Mobilmachung, versorgte die Armee
mit Ersaßmannschaften, Pferden, Material und Lebensmitteln und überwachte die Vertheidigung der festen Pläge des Landes .
Jeder andere Gesichtspunkt
für die Thätigkeit eines Kriegsministers ist ein Fehler und wird stets Nach theile im Gefolge haben .
Zweimal haben wir im Jahre 1870
den Beweis
dafür gehabt, zu Anfang
durch das Einmischen des Generals Palikao, das
die Katastrophe von Sedan herbeiführte, und später das des Mr. Freycinet, das die Niederlage bei Orleans zur Folge hatte. Generaliſſimus da sein,
der zwei Untergebene hat :
Im Kriege muß
ein
einen Miniſter, der für
den Nachschub an Menschen und Material und für die Verpflegung sorgt, und einen General, der die Beförderung und Ausarbeitung der Operationen leitet. Mit anderen Worten hat Letterer die vom Generaliſſimus beſchloſſe nen Operationen auszuführen, und der Minister den Dienst im Rücken der Armee zu versehen.
Bei unserer Heeresorganisation kann der Kriegsminiſter
im Kriegsfall Generaliſſimus werden, dann muß er aber seine anderen Funk tionen aufgeben, haben die Operationen einmal begonnen, Lieferant.
dann ist er nur
Von diesem Gesichtspunkte aus ist der Marschall Mac Mahon für am 28. getroffene Maßnahmen
ebenso verantwortlich, wie der Kriegsminister.
Hielt der Marschall die Fortseßung der Bewegungen gegen Oſten für gefähr
-
192
A
lich, so mußte er die Ausführung verweigern, und hielt der Minister dann seine Operationsidee für besser, so mußte er selbst den Oberbefehl übernehmen, was er innerhalb 24 Stunden ausführen konnte. Man könnte vielleicht ein wenden, daß Mac Mahon sich vom Minister habe überreden lassen ;
war
dieses aber der Fall, so übernahm er damit einen noch weit größeren Theil der Verantwortung.
Da er selbst unmittelbar bei der Armee war, so mußte
er die Verhältnisse besser kennen wie der Minister.
Seit drei Tagen hatte
er Fühlung mit der zahlreichen deutschen Kavallerie, und daß
es war offenbar,
diese schon lange seine Intentionen durchschaute und sich demgemäß
ihnen entgegenstellen
würde.
Hiernach war
es zweifellos,
daß
wir beim
Weitermarsch gegen die Maas Gefahr liefen, von überlegenen Streitkräften in die Enge getrieben und nach einer Niederlage gedrängt zu werden.
über
die belgische Grenze
In richtiger Erkenntniß dieser Gefahr hatte der Mar
schall am Abend des 27. den Befehl zum Rückmarsch gegeben, Nacht und am Morgen des 28. begonnen wurde.
der
in der
Nichts durfte den Mar
schall veranlaſſen, dieſen Entſchluß aufzugeben, dadurch, daß er es aber that, übernahm er auch den Antheil an der Verantwortlichkeit für die Ereignisse der darauf folgenden Tage."
Der Verfasser erörtert neben dieser Frage auch die, inwiefern Bazaine für die Katastrophe von Chalons
mit verantwortlich gemacht werden kann. Hierzu wirft er die beiden Fragen auf: 1. Hat Bazaine durch seine Depeschen die Bewegung der Armee Chalons auf Montmédy veranlaßt ?
von
2. Hat er durch seine Unthätigkeit mit zum Untergang dieser Armee beigetragen? Nach der Schlacht vom 18. hatte Bazaine ſeinem Kollegen drei Depeschen gesandt, die eine am 19. , die zweite am 20., die dritte an einem unbeſtimm ten Tage, man weiß nur, daß sie am 27. von Diedenhofen aus Obersten Turnier befördert wurde. Mahon in Reims am 22.
Die erste dieser Depeschen
durch den
erhielt Mac
In Folge falscher Auslegung der Schlußworte :
„Je suivrai três probablement pour vous rejoindre la ligne des places du nord, si je puis hautefais l'entreprendre sans comprometre l'armée" wurde der Vormarsch an die Aisne angetreten.
Die zweite Depesche hat
Mac Mahon niemals erhalten und die dritte gelangte am 29. in seine Hände, also zu einer Zeit, wo der Vormarsch gegen die Mosel bereits seit zwei Tagen begonnen war.
Eine auffallende Erscheinung ist es , daß Bazaine bis zum
23. die Absicht hat, abzumarſchiren, sobald es nur möglich ist, nach diesem Tage beschloß,
daß er aber
auf die Armee von Chalons zu warten .
Wir
haben somit das eigenthümliche Schauſpiel, daß in der Zeit vom 23. - 27 . Auguſt die beiden Heerführer, der eine auf den anderen, warteten, der eine an der Aisne, der andere an der Mosel, standen.
während Beide beinahe unbeweglich ſtill
-
193
Was die zweite Frage, ob Bazaine abmarschiren konnte, betrifft, so ist der Verfaſſer der Ansicht, daß dieses niemals auf dem linken, wohl aber auf dem rechten Moselufer möglich war, denn hier hatte er nur ein Armee-Korps, unterſtüßt von einer Landwehr- Division, vor sich.
Von hier aus
aber über
Diedenhofen nach Montmédy zu gelangen, würde ihm wohl nicht geglückt ſein, denn hier hatte er zu erwarten, daß die auf dem linken Moſelufer stehenden Truppen Friedrich Karls, die dorthin den kürzeren Marsch hatten, Weg verlegen würden.
Ein Abmarsch über Château Salins
ihm den
nach Luneville
B hingegen hätte wohl eher Aussicht auf Erfolg haben
können.
Ein solcher
Abmarsch aber hätte der Armee von Chalons nichts nügen können, wenngleich die Armee von Mez dadurch gerettet
werden konnte.
Es kann somit dem
Marschall Bazaine nicht der Vorwurf gemacht werden, Unthätigkeit den Untergang der Armee von Chalons Dahingegen trifft ihn der Vorwurf,
daß
er
daß
er durch seine
mit herbeigeführt hat.
in seinen Depeschen keine be
stimmten Instruktionen gab, während er doch die Vereinigung beider Armeen stets als Ziel hinstellte.
Da in Folge der Anwesenheit der Armee von Cha
lons das Gros der deutschen Heere sich auf dem linken Moſelufer befand, ſo hatte eine Vereinigung der beiden Armeen an den Vogesen wohl Aussicht auf Erfolg.
So lange die Armee von Chalons existirte, unternahm Bazaine nichts
Ernstliches zu diesem Zweck, nach dem 1. September hatte sich die Situation für ihn geändert,
von dieser Zeit an fonnte er nur noch durch eine Hülfs
armee von außen von seiner Einschließung befreit werden.
Das Kriegsgericht
über Bazaine war zwar anderer Ansicht, allein das Urtheil war kein unpar teiisches, es entsprach dem Gefühl der Nation, hatte aber nichts mit einer vorurtheilsfreien Kritik zu thun.
Auf keinen Fall
darf man ihn für
den
Untergang der Armee von Chalons mit verantwortlich machen. Die erſte Ursache für diese Katastrophe ist der bereits erwähnte Beschluß Mac Mahon's am 28.,
auf Montmédy zu marschiren,
anstatt den Rückmarsch fortzuseßen,
der die Armee außer jede Gefahr brachte. Troßdem aber war am 29. und am 30., sogar noch nach der Schlacht von Beaumont, die Armee im Stande, sich aus der Affaire zu ziehen.
Der Entschluß vom 28.
war
nur der An
fang vom Ende, der Kriegsminister und Mac Mahon müssen sich in die Ver antwortung theilen, der erstere, weil er den Plan entwarf, der lettere, weil er ihn ausführte.
Neue Wilit. Blätter. 1886. Eeptember-Heft.
13
194
Zur Treffgenauigkeits -Tabelle
der
Schieß- Inſtruktion.
Mit einer Tafel II.
Die Abfassung unserer vortrefflichen Schieß-Instruktion zeigt die Eigen thümlichkeit, daß die wichtigſten Kapitel derselben,
diejenigen nämlich, welche
die ballistische Leiſtungsfähigkeit des Infanterie-Gewehres, die Grundsäge für die Verwendung desselben, die Theorie des Schießens behandeln, unter den „Beilagen" (G, H und I ) figuriren.
Ich möchte nun hier die Aufmerkſam
keit des geneigten Lesers auf eine sehr wichtige, in der Beilage G aufgeführte Treffgenauigkeit" (Prä kleine Tabelle lenken, welche die Angaben über die zision) unsers Infanterie- Gewehrs enthält. Die balliſtiſche Leiſtungsfähigkeit einer Feuerwaffe wird bekanntlich be stimmt durch Rasanz und Präzision ihrer Geschoßbahnen. Unter Rasanz versteht man die Eigenschaft einer Waffe, ihre Geschosse in mehr oder weniger gestreckter Bahn an das Ziel zu bringen ; die Rasanz findet ihren Ausdruck in der Größe des Einfallwinkels, resp. der Länge des d. h. des Raumes, (Mannshöhe) erhebt.
bestrichenen Raumes “,
innerhalb welchem sich die Flugbahn nicht über Zielhöhe Einfallwinkel und beſtrichene Räume ſind in der Schieß
Instruktion zwar nicht direkt angegeben,
lassen sich aber aus der Flughöhen
tabelle der Beilage G leicht annähernd errechnen, wenn man den absteigenden Ast der Flugbahn für die leßten 50 m der Entfernung als geradlinig an= nimmt.
3. B.: Es soll der Einfallwinkel ß auf 1200 m gefunden werden ; 5,49 0,549 = 0,1098 ; hieraus nach der Flughöhentabelle ist tg ẞ = 50 5 < ß = ca. 6. Somit bestrichener Raum gegen 1,7 m Zielhöhe 1,7X60 = 16 m. 6,25
Unter Präzision dagegen versteht man die Eigen
schaft einer Waffe, ihre unter ganz gleichen Verhältnissen hintereinander abge feuerten Geschosse in mehr oder weniger dichter Gruppirung an das Ziel zu bringen.
Die Präzision iſt alſo bedingt durch die einer Waffe innewohnenden,
natürlichen Streuung ; je geringer die Streuung, desto größer die Präziſion . Als Maß für die Präzision oder „ Treffgenauigkeit" einer Feuerwaffe --gebräuchlich: Präzisionswerthe
sind nun verschiedene Angaben
1. die mittleren Streuungsgrößen, d. s. die Dimenſionen derjenigen Ziel ſtreifen, welche 50 % aller Schüſſe nach Höhe, Breite oder Länge aufnehmen ; 2. die Zieldimensionen für 100 % Treffer; 3. die
Radien der besseren Hälfte
Streuungsradien.
der
Schüsse , die sog.
50 %igen
-
195
Die unter 1 angeführten Angaben sind
als Präzisionswerthe für die
Geschüße gebräuchlich, während für die Handfeuerwaffen gewöhnlich die beiden anderen Angaben gewählt werden. In unserer Schieß-Instruktion ist für die Treffgenauigkeit des Infanterie gewehrs die Angabe nach der zweiten Art gemacht ; es wird nämlich die Höhen ſtreuung und Breitenstreuung für alle Schüsse in cm angegeben. sich nun : Wie lassen sich aus diesen Angaben die beiden Präzisionswerthe ermitteln ?
Es fragt
anderen üblichen
Was den 50 % igen Streuungsradius anlangt, so ergiebt sich derselbe aus der Relation, daß der Halbmesser der ganzen Höhenstreuung von 300 m ab durchschnittlich = dem 1½fachen Halbmesser der besseren Hälfte der Schüsse ist.
Den Durchmesser der ganzen Höhenſtreuung mit h bezeichnet, iſt h 3 r, = 1½ r = 2 2
h •
alſo r = 3 In der 77er Schieß- Instruktion
waren die Maße für den 50 % igen
Streuungsradius neben den Halbmeſſern der ganzen Streuungen noch ange geben. Es beträgt : Auf den Entfernungen von m der 50prozentige Streuungs radius in em
50 100 150 200 250 300 350 400 450 500 550 600 800 1200 1600
11 14 17 21 26 30 36 41 48 55 95 256 624 j7 /2 ¢| ¢| ૩૦ |t Bei dem Gebrauche des 50 % igen Streuungsradius wird aber keine Rücksicht auf die Verschiedenheit der Höhen und Breitenstreuung genommen ; 3
7
es ist nämlich die erstere von 150 m an größer als die lettere, um so mehr, je größer die Entfernung.
und zwar
Es dürfte daher dieses Streuungs
maß nur für die längeren Entfernungen zur Anwendung kommen. Das Maß für die 50 % ige Höhen
und Breitenstreuung für das In
fanteriegewehr ergiebt ſich aus der Relation, daß die 100 % ige Streuung das 4fache der 50 % igen beträgt. Ist Höhenstreuung für 100 % = h, Breitenstreuung ,
"
-
b, h
so ist Höhenstreuung "
50% ―
4 b Breitenstreuung ,
"/ 4
Man erhält also die mittleren Streuungen, indem man die in der Treff genauigkeits-Tabelle angegebenen Maße mit 4 dividirt. Aus der Treffgenauigkeits-Tabelle ergiebt sich somit : | 50 | 100 150 200 250 300 350 400 450 500 550 600 800 1200 1600 Aufden Don inEntfernungen . Zielhöhe für 50 pCt. Treffer in em Zielbreite für 50 pCt. Treffer in em
2
4
6 8,5 11 14,5 17 21 24,5 29,5 34,5 39,5 70 190
493
2 | 4 | 6 | 8 | 10 | 12 | 14,5| 17 | 20,5 | 24 | 27,5 31,5| 53 | 115 | 194,5 13*
-
196
Diese für 50 % ige Treffer angegebenen Dimensionen beziehen sich auf die Lage des mittleren Treffpunktes in der Mitte des Zieles und es wird dabei vorausgeseßt, daß das Ziel in der anderen Dimension eine solche Aus dehnung hat, daß Fehlschüsse in dieser Richtung 3. B. auf 800 m werden 50 % Treffer
nicht
erreicht,
vorkommen können.
wenn
das Ziel 70 cm
hoch, der mittlere Treffpunkt in der Mitte des Zieles liegt und dieses so breit, daß seitliche Fehlschüsse nicht vorkommen ; Leßteres wird erreicht, wenn das Ziel eine Breite von mindeſtens 4 × 53 212 cm hat . Bei 70 cm Zielhöhe und 53 cm Zielbreite werden 25 % Treffer erzielt. Die Angaben der mittleren Streuungen sind nun ganz besonders zweck mäßig, weil durch sie ein geeigneter Maßstab für die Beurtheilung der Treffer gruppirung in einem Scheibenbilde gewonnen wird . Es kann auf Grund der mittleren Streuungen mit Zuhilfenahme der sog. „ Wahrscheinlichkeitsfaktoren " sehr leicht errechnet werden, wieviel Prozent Treffer gegen ein gegebenes Ziel auf irgend eine Entfernung zu erwarten sind, unter der Annahme, daß man vollkommen eingeschossen ist, d . h. daß die mittlere Flugbahn durch die Mitte des gegebenen Zieles geht.
Haben solche Berechnungen
auch hauptsächlich
mehr einen rein theoretischen Werth, so geben sie doch einen Anhaltspunkt, was überhaupt unter den ,,günſtigſten“ Verhältniſſen beim praktiſchen Schießen erwartet werden kann.
(Eine hervorragende Rolle aber spielen diese Treff
wahrscheinlichkeitsberechnungen beim Schießen aus den Geſchüßen.) Zwischen der Zielausdehnung für 50 % Treffer und der für irgend eine andere Prozentzahl Treffer besteht nämlich ein konstantes Verhältniß, welches in dem sog. Wahrscheinlichkeitsfaktor ausgedrückt ist.
Die Wahrscheinlichkeits
faktoren besagen also, um wie viel Mal die Dimenſion
einer Zielfläche für
eine bestimmte Trefferprozentzahl größer oder kleiner sein muß als die Ziel dimension für 50 %. - Diese lettere als Einheit angenommen . Die Wahrscheinlichkeitsfaktoren finden sich in jeder Schußtafel der Ar tillerie und faſt in jedem Lehrbuch der Waffenlehre angegeben ; ſie ſollen auch hier ihren Plaß finden.
0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7
für "" "" " " "" "
5 % 11 % 16 % 21 % 26 % 31 % 36 %
0,8 0,9 1,0 1,2 1,4 1,6 1,8
für " " "" " " "
41 % 46 % 50 % 58 % 65 % 72 % 78 %
2,0 2,4 2,8 3,2 3,6 4,0
für 82 % " 89 % "" 94 % " 970 "1 98 % "" 100 %
Einige Beispiele mögen die Verwerthung dieser Angaben für das Schießen mit dem einzelnen Gewehr erläutern . A) Berechnung der wahrscheinlichen Treffer gegen ein Ziel von beliebigen Abmessungen. Das hierbei einzuschlagende Verfahren ist folgendes :
ļ
197
Ist das Ziel nur durch eine Dimension begrenzt (nach Höhe, Breite oder Länge), so dividirt man die betreffende Abmessung des Zieles durch die entsprechende Abmeſſung für 50 %
und sucht den erhaltenen Quotienten in
der Tabelle der Wahrscheinlichkeitsfaktoren auf,
die neben diesem stehende
Prozentzahl ist dann die gesuchte. Ist das Ziel durch zwei Dimensionen begrenzt, also nach Höhe und Breite oder nach Breite und Länge, so muß man die Trefferprozente für jede der zwei Dimensionen für sich, wie vorstehend angegeben, ermitteln und die erhaltenen Prozente als Dezimalbrüche miteinander multipliziren ; das er rechnete Produkt in die Prozentzahl umgeseßt, ist dann die gesuchte. 1. Wie viel Prozente hat ein Schüße mit dem Infanteriegewehr M./71 in einem 1 m hohen Zielstreifen auf 600 m zu erwarten? 100 cm ; 50° ige Höhenstreuung auf 600 m == 39,5 cm ; Zielhöhe 100 also Wahrscheinlichkeitsfaktor :
39,5
= ca. 2,53 entspricht 91 % Treffer. *)
2. Es ist auf 800 m ein mannshohes Gruppenziel (Infanterie in Linie) zu beschießen ; wie viel Prozent Treffer kann ein Schüße unter den günſtigſten Verhältnissen erwarten? 3. 50 % ige Höhenstreuung 70 cm ; Zielhöhe 170 cm; also Faktor : 170 2,43 ; entspricht 90 % oder unter 10 Schuß 9 Treffer. 70 3. Wie viel Prozent Treffer sind von einem einzelnen Schüßen gegen eine in der Marschkolonne zu Dreien befindliche Kavallerieabtheilung auf 1000 m mit dem Infanteriegewehr M./71 zu erwarten ? 50 % ige Höhenstreuung auf 1000 m = 120 cm ; gegebene Zielhöhe 200 = 2 m; somit Faktor: = 1,66 entspricht 73 % Treffer. 120 4. Wie viel Prozent Treffer sind
auf 800 m
gegen
einen
einzelnen
aufrecht stehenden Mann unter den günstigsten Umständen zu erwarten ? Das Ziel als Rechteck von 1,7 m Höhe und 0,40 m Breite gedacht, 170 2,43 = 90 % Treffer, für die Breite : ergiebt sich für die Höhe : 70 40 0,75 = 38 % Treffer.
Wenn aber zwei Zielstreifen sich im Rechteck
53 freuzen, so findet man, wie früher angegeben, die Prozentzahl P des Rechtecks aus dem Produkt der Prozentzahlen p ' und p ' der beiden Streifen, 100 % mit 1,00 bezeichnet . Also : P p ' X p ".
*) Bei all' dieſen Beiſpielen wird das errechnete Resultat wegen Nichtberücksichtigung der Ausreißer, besonders auf den weiteren Entfernungen, etwas zu günstig sein.
198
in den Höhenstreifen 0,90, in den Breitenstreifen 0,38 der abgegebe
1,5 %
2%
1,5 %
kommen
Im gegebenen Fall
38 %
28 %
1,7 m
nen Schüsse zu liegen, somit in das Rechtec: 0,90 X 0,38 == 0,3420, also 34 % - gegen die
34 %
Figur bedeutend weniger. 5. Ein Schüße schießt mit
90 %
28 %
dem Infanteriegewehr M./71 auf ein Kopfziel ; wie viel Prozent Treffer sind im besten Falle zu erwarten?
0,4 m 2%
1,5 %
Das Ziel als
1,5 %
Trefferprozente nach der Höhe :
ein Quadrat
von 30 cm Seitenlänge aufgefaßt, erhält man 30 = 1,43 = 66 % 21 30
"
= 1,75
"" Breite :
"
76 %
17 Somit auf die Zielfläche : 0,66 × 0,76 = 0,5016 = den Kopf also etwas weniger als 50 %, da er rund ist. 6. Wie viel Prozent Treffer find mit M./71
50 %.
Gegen
im günstigsten Falle auf
1200 m zu erwarten a) gegen einen einzelnen Reiter, b) gegen ein Kolonnen ziel von 10 Rotten Breite und 20 m Tiefe ?
200
Ad a)
Trefferprozente in die Höhe :
1,05
52 %
190 80
"
"
"
= 0,7 = 36 %.
Breite : 115
Somit auf ein Rechteck von 2 m Höhe und 0,8 m Breite : 0,52 × 0,36 - 18 % ; in Wirklichkeit wären also gegen den Reiter wohl nicht über 10 % Treffer zu erwarten - oder anders ausgedrückt : Um auf den einzelnen 1200 m entfernten Reiter mit einer Salve einen Treffer zu er und dabei halten, müßten mindestens 10 Schüßen die Salve abgeben -
0,18
müßte die Are des durch die Salve gebildeten Streuungskegels Mitte des Zieles gehen!
durch die
Ad b) Hier handelt es sich um ein horizontales Ziel, also um Breiten und Längenstreuung ; leßtere ist nun allerdings in der Treffgenauigkeitstabelle nicht enthalten, läßt sich aber aus der Höhenstreuung mit Hülfe des Einfall winkels sofort finden. 50 % ige Höhenstreuung auf 1200 m -- 1,9 m Einfallwinkel
"
"
"
= 61/4 " (Eingangs berechnet) ;
ſomit gesucht 50 % ige Längenſtreuung 1 aus der Relation ;
199
1,9
tg 64 ° = 1
1,9
1,9 X 60 = 18 m. 6,25
1
tg 61/4
Die ganze in Betracht zu ziehende Tiefenausdehnung der gegebenen Ziel fläche ist Tiefe des Zieles + bestrichener Raum auf Zielhöhe, also = 1,7 1,7 X 60 = 20 + 36 m. 20 + 20 + 16 6,25 tg 614 Breiteausdehnung des Zieles : 10 X 0,4 = 4 m. Es sind demnach an Treffer zu erwarten :
4,0 der Breite nach :
= 3,47
98 %,
1,15
36 "
Tiefe
"
18
= 2 == 82 %; -
somit gegen das Bodenziel :
0,98 X 0,82
Beispiel zeigt deutlich die Gefährlichkeit
0,8036
80 % .
der Kolonnenformation,
Dieses auch bei
schmaler Front. B) Beispiele
über
Berechnung
der
erforderlichen Zielab
meſſung für eine gegebene Prozentzahl Treffer. 1. Wie hoch müßte auf 600 m ein Zielſtreifen ſein, damit ein Schüße 70 % Treffer erhält ? Wahrscheinlichkeitsfaktor für 70 % = 1,54, 50% ige Höhenſtreuung auf 600 m - 39,5 cm. Somit gesuchte Zielhöhe 39,5 X 1,54 = 60,83 cm. 2. Es ist für das Infanteriegewehr M/71 jenes Rechteck anzugeben, 70 % welches auf 800 m 50 % Treffer aufnimmt 2,5 %
2,5 %
10 %
50 %
107,8 cm
erhalten
10 %
10 %
das Rechteck entstanden
gedacht durch Schnitt zweier gleich prozentigen Zielstreifen. 50 ° , liegt nahe an 49 % und diese werden.
70 %
durch Kreuzung
zweier
70 % iger Streifen (0,70 x 0,70 0,49) . Wahrscheinlichkeitsfaktor
für 70 % ist 1,54 . Es beträgt nun die mittlere Höhenſtreuung auf 800 m 70 cm, die mittlere Breitenstreuung 81,62 cm 2,5 %
10 %
2,5 %
53 cm; es müssen also diese Zahlen mit 1,54 multiplizirt werden, um
die Streuungsstreifen für 70 % zu erhalten. = 107,80 cm, Somit 70 %iger Höhenstreifen. -* * 70 X 1,54 - 53 X 1,54 81,62 cm. Breitenstreifen "
200
Das gesuchte Rechteck für 50 % 81,62 cm breit sein.
Treffer müßte also 107,8 cm hoch,
3. Es sind aus der Treffgenauigkeitstabelle die Entfernungsgrenzen für das " Einzelfeuer " gegen die verschiedenen Zielgrößen zu bestimmen . Unter „ Einzelfeuer“ versteht man bekanntlich das Feuer auf jene Ent fernungen, innerhalb welcher von jedem einzelnen wohlgezielten Schuß ein Treffer erwartet werden kann ; das Gebiet des Einzelfeuers geht also so weit als Treffsicherheit für den einzelnen Schuß gegen einzelne aufrecht ſtehende oder liegende Gegner, oder kleinere Gruppen besteht.
Treffsicherheit ist aber
nur gegen solche Ziele vorhanden, deren Abmessungen nicht weniger betragen als die Streuungsgrößen für 100 % . Die verschiedenen Ziele können also nur
auf solche Entfernungen
mit
Einzelfeuer beschossen werden, für welche die 100 % igen Streuungsgrößen die gegebenen Zieldimensionen nicht übersteigen.
Also :
a) Gegen einzelne liegende Gegner (Zielhöhe 35 cm) bis höchstens 200 m, da 100 % ige Höhenſtreuung auf diese Entfernung 34 cm beträgt. b) Gegen einzelne Ziele von voller Mannsbreite (40 cm) bis 250 m, - 40 cm.
da Breitenstreuung auf dieser Entfernung
c) Gegen Gruppenziele von halber Mannshöhe (85 cm) 84 cm. da zugehörige ganze Höhenstreuung
bis 400 m,
d) Gegen Gruppenziele von ganzer Mannshöhe ( 170 cm ) bis 600 m, auf welcher Entfernung die ganze Höhenstreuung
158 cm ist.
beträgt die 100 % ige Höhenstreuung schon 184 cm.) die lezte Hauptübung der 1. Schießklasse verlangt
(Auf 650 m
Die Bedingung für
auf 600 m gegen die
Sektionsscheibe von 5 Schuß nur 3 Treffer. 4. Nach der Treffgenauigkeits- Tabelle und den Wahrscheinlichkeitsfaktoren ist die Streuung des Infanterie-Gewehres M./71
auf 400 m gegen eine
senkrechte Zielfläche darzuſtellen, mit Abgrenzung der Zielſtreifen von 10 zu 10 % . Es errechnen sich für . .10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 %
90 %
Die Höhenstreifen in cm
3,78 3,
7,98
11,97 16,38
21
26,25 32,34 39,90 51,24
Die Breitenstreifen in cm
3,06
6,46
9,69
17
21,25 26,18 32,30 41,84
13,26
Im Uebrigen vide die beigegebene Figur (Beilage Tafel II. ). Mit Vorstehendem dürfte wohl zur Genüge gezeigt sein, vortrefflichen Maßſtab
einen welch'
die „ Treffgenauigkeits- Tabelle“ zur Beurtheilung der
Präzisionsleistung des Infanterie- Gewehres für alle möglichen Fälle bietet wie anderseits die Beziehungen über die Gestalt der Geschoßbahn (Raſanz, Erhöhungs- und Einfallwinkel) aus der „ Flughöhentabelle“ sich folgern laſſen. Hierauf kurz hingewieſen zu haben, war der Zweck dieser Abhandlung.
―――
201
Die Motive zu dem Geſeßentwurfe, betreffend die neue Organiſation des franzöfifchen Heerwesens .
Am 25. Mai hat der franzöſiſche Kriegsminister, Divisionsgeneral Bou langer, der Deputirtenkammer den Gesezentwurf, betreffend die neue Organi ſation des Heerwesens, vorgelegt ; derselbe wurde zur sofortigen Vorberathung einer aus 33 Mitgliedern bestehenden Kommiſſion überwiesen.
Die dem Ent
wurfe vorgedruckten Motive enthalten vieles Intereſſante und Neue, das, ohne auf die Einzelheiten des neuen Gesezes einzugehen, in Nachstehendem angeführt werden möge. Einleitung.
Seit 1872 hat sich das Parlament mit besonderer und
ſtets gleich gebliebener Sorgfalt dem Studium aller das Heerwesen der Re publik betreffenden Fragen gewidmet. Fünfzig im Laufe der leßten vierzehn Jahre votirte Gesezentwürfe beweisen dies , welche nach und nach unsere militärischen Institutionen in
einer der
modernen Kriegführung und den
Wünschen des Landes entsprechenden Weise entwickelt haben.
Aber nacheinander
und theilweise unter dem Eindrucke besonderer Ereignisse bearbeitet,
konnte
eine genügende Uebereinstimmung in den wichtigsten Gefeßen nicht erzielt werden. Erst die Erfahrung hat Irrthümer und die sich der Durchführung der Geseze entgegenstellenden Schwierigkeiten erkennen lassen.
Die demo
kratischen Institutionen des Landes verlangten eine Revision der gesetzlichen Bestimmungen, zu einer Zeit erlassen,
in der man die zu lösende Aufgabe
noch nicht in so klarer Weise, wie jezt, in's Auge fassen konnte. Auch wird die Nothwendigkeit von Reformen auf allen Gebieten des Heerwesens durch die Zahl und Wichtigkeit der dem Parlament in der vergangenen Legislatur periode vorgelegten Projekte bewiesen.
Der Augenblick scheint jezt gekommen
zu sein, um unsere neue Militär-Organisation zu einem gedeihlichen Abſchluß zu bringen. Der Entwurf zerfällt in vier Abschnitte : der 1. Abschnitt handelt von den militärischen Pflichten, denen die Bürger zu unterwerfen sind, und von dem Rekrutirungsgeset ; "! 2. " von dem Rengagement der Unteroffiziere ; " 3. ,, 4.
" "
von der Organisation der Armee und den Kadres ; von dem Arangement.
Die die Bildung einer Kolonial-Armee betreffenden Bestimmungen ſind im 1. und 3. Abschnitt mit enthalten.
202 --
1. Abschnitt. Die Deputirtenkammer hat sich schon mit der Herabseßung der aktiven Dienstzeit von 5 auf 3 Jahre einverstanden erklärt. Außerdem ist in Ueber einstimmung mit den in der zweiten Lesung des Entwurfs des Rekrutirungs gesezes, der aber von der Regierung wieder zurückgezogen wurde, von der Kammer gefaßten Beschlüssen die Aufhebung der bisherigen Theilung des Kontingents in zwei Portionen, des Einjährig-Freiwilligen-Dienſtes und der im Artikel 20 des Rekrutirungsgeseßes vom Jahre 1872 angeführten Dienſt Befreiungen
in Aussicht genommen .
Ferner wird die Ueberweisung der
Marinetruppen an das Kriegsdepartement behufs Formation einer Kolonial Armee und die Einführung des neuen Gefeßes auf Algerien und die Kolonien beantragt. In den Motiven werden folgende neue Bestimmungen noch be sonders hervorgehoben : Nach Artikel 31 des Rekrutirungsgesezes sind die wegen Mindermaß oder geringen körperlichen Fehlern vom aktiven Dienſt Dispenſirten der Kate gorie der Mannschaften für militärische Hülfsdienste zu
überweisen.
Dies
foll ferner nicht mehr der Fall sein, da es nicht als nothwendig erachtet wird, auf diese Weise die Zahl der Dienstpflichtigen zu erhöhen .
Alle bisher ge=
ſeßlich zulässigen Dienstbefreiungen werden aufgehoben ; Dispensationen dürfen nur auf Grund eingehender Prüfungen der Privatverhältnisse der Ausgehobenen ſtattfinden, und soll die Zahl der Erſteren 15 % nicht übersteigen . Beantragt wird die Einseßung von sogenannten kommunalen Kommiſſionen, welche je aus fünf Familienvätern, von denen Söhne in der Armee aktiv dienen, zu beſtehen und die Dispenſationsgesuche zu prüfen haben. in den Motiven als
eine
Diese Kommiſſionen werden
wahrhaft demokratische" Institution bezeichnet.
Denjenigen jungen Leuten, welche sich den liberalen Karrièren widmen, dürfen Geſtellungsaufschübe bis zum 25. Lebensjahr bewilligt werden. Die Eleven einer Anzahl näher bezeichneten höheren Lehranstalten sollen während der Dauer ihrer Studien auf denselben als im Dienst befindlich betrachtet und militärisch ausgebildet werden ; nach abgelegtem Examen sind sie zu Sous Lieutenants der Reserve zu ernennen und haben als solche mehrere Dienst leistungen bis zu einer Gesammtdauer von 1 Jahre zu absolviren.
Doktoren
der Medizin dienen nur 1 Jahr in der Truppe als Hülfsärzte. Der Gefeßentwurf enthält ferner die Forderung einer Steuer von den jenigen, welchen Gestellungsaufschübe bewilligt oder die vom aktiven Dienſt dispensirt oder gänzlich befreit wurden .
Diese Militärtare,
als
eine Frage
der Billigkeit und der Moral bezeichnet, über deren Berechtigung kein Zweifel ſein könne, wird von gänzlich erwerbsunfähigen Individuen nicht erhoben. Der für jeden Einzelnen festzustellende Betrag der Militärtare richtet sich nach der Höhe der bezahlten Steuern, soll aber mindestens täglich 0,06 Frcs. auch für Diejenigen betragen, welche nicht in die Steuerrolle Die Tare wird von den Gemeinden erhoben,
eingetragen sind .
welche den sechsten Theil der
203
ſelben für sich behalten dürfen, dafür aber auch die Familien der zum Dienſt einberufenen Reservisten im Bedürfnißfalle zu unterstüßen haben. Man er wartet, daß die Tare für den Staat eine jährliche Einnahme von mindestens 6 380 000 Frcs. ergeben werde. Aus budgetairen Gründen war bis jezt von der im Rekrutirungsgeſeß aufgenommenen Bestimmung, daß die vom aktiven Dienst Dispensirten und Zurückgestellten zu militärischen Uebungen herangezogen werden sollten, sehen worden.
abge
Es wird nun beabsichtigt, an den Sonntagen in den Kantons
hauptorten die Mannschaften der genannten Kategorien zur Vornahme von Exerzitien einzuberufen, werden.
zu denen die Instruktoren von den Truppen gestellt
Die hierzu erforderlichen Gewehre werden in den Garnisonorten in
den Kasernen,
in den andern Ortschaften von der Gendarmerie aufbewahrt,
doch sollen dieselben in legterem Falle nicht
mit Bajonnet und Schloß ver
sehen sein; die Schloßtheile sind vielmehr zu jeder Uebung von den Inſtruk toren mitzubringen,
eine Anordnung, deren Durchführung wohl Schwierig
keiten in der Praxis bereiten dürfte.
Bei einer Ausgabe von 553 000 Frcs.
jährlich glaubt man 400 000 jungen Leuten eine militärische Ausbildung er theilen zu können, die bisher
nicht verwendbar und bei einer Mobilmachung
in den Depots nur hinderlich waren “. Die Kolonialtruppen sollen sich durch 3-5jährige Freiwillige, die 5jähri gen unter Gewährung einer Geldprämie, durch Reservisten der aktiven Armee bis zum Alter von 28 Jahren und Angehörige der Fremden-Regimenter re krutiren.
Außerdem ist die Einstellung
mit Prämien
von solchen Dienst
pflichtigen des Jahreskontingents gestattet, welche vor der Losung den Wunſch ausgesprochen haben, in der Kolonial- Armee zu dienen.
Leßterer gehören auch
auf die Dauer eines Jahres die in den Kolonien ausgehobenen Franzosen an. Nur bei Mangel von Mannschaften vorgenannter Kategorien dürfen Rekruten der Landarmee und nur solche,
welche
gezogen haben, in die Kolonialtruppen
bei der Losung die ersten Nummern eingestellt werden.
Auf die Einge
borenen in den Kolonien finden dieſe Beſtimmungen nicht Anwendung. Um bei Durchführung des neuen Rekrutirungsgeseßes
eine Steigerung
der Ausgaben für Heereszwecke zu vermeiden und das Jahreskontingent in voller Stärke einstellen zu können, soll der Kriegsminister berechtigt sein, bis zum
30. November jeden Jahres
die
Einberufung der Refruten zu den
Truppentheilen hinausschieben und sofort nach Beendigung der Herbstmanöver die Entlassung des ältesten Jahrgangs verfügen zu dürfen. nahme wird für nothwendig erachtet, Truppen eine Ruhepause
Die leßtere Maß
um auch den Instruktoren bei
zu schaffen und Zeit zu finden,
den
die Kasernen in
Stand seßen und die Vorbereitungen zur Einstellung der Rekruten treffen zu können.
Ferner soll vom 1. Oktober bis 31. März
von Mannschaften des 2. Jahrgangs beurlaubt werden.
eine größere Zahl
Die zu Beurlaubenden,
in jedem Truppentheil durch das Loos bestimmt, müſſen in Bezug auf Aus
204
bildung und Führung gewissen vom Kriegsminister festgesezten Anforderungen entsprechen. Lediglich in Rücksichten auf das Budget ist im Geseßentwurfe die Entlassung von Mannschaften nach 2jährigem aktiven Dienst in unbegrenz tem Urlaub in Aussicht genommen, doch sollen hierzu nur solche Leute berück sichtigt werden, welche sich bei der Einstellung im Besiße eines Zeugnisses über erlangte militärische Vorbildung befinden. Die Organiſation dieſer militäriſchen Vorbildung, an welcher junge Leute von 17 bis 20 Jahren Theil nehmen. dürfen, wird durch ein ministerielles Reglement festgesezt werden. Die Bildung von Gesellschaften zu diesem Zweck, über welche der Staat sich nur die Ober aufsicht vorbehält und verlangt, daß die Instruktoren den Unteroffizieren und oder Territorial-Armee entnommen werden , ist in
Korporalen der Reserve Aussicht genommen.
Während der 6jährigen Dienstzeit in der Reserve gelangen die Mann schaften nach dem Entwurfe zweimal zur Einberufung zum Dienst auf je 4 Wochen, während der Dienstverpflichtung in der Territorial-Armee nur ein mal auf 2 Wochen. Korporale und Soldaten dürfen nach den noch geltenden Bestimmungen nur bis zum 29. Lebensjahre im Dienste verbleiben ; das neue Geseß gestattet denselben eine 15jährige Dienstzeit, auf Pension erwerben.
nach deren Beendigung sie sich Anspruch
Die alten Soldaten, welche lange unter den Fahnen
bleiben“, so sprechen sich die Motive aus, „ bilden den Mittelpunkt, um den sich die jungen Soldaten gruppiren, sie sind die Träger des Korpsgeiſtes und der Traditionen ". 2. Abschnitt. Um eine genügende Anzahl von Unteroffizieren nach Ableistung ihrer ge seßlichen Dienstpflicht zum Verbleiben
in der aktiven Armee zu veranlassen,
was durch die bisherigen geseßlichen Bestimmungen Weise gelungen ist, sollen den Unteroffizieren werden :
nicht in der erwünschten
nachstehende Vortheile gewährt
Beim Eingehen eines Rengagements von 5jähriger Dauer erhält der be treffende eine sofort zahlbare Prämie von 1500 Frcs . , eine jährliche Grati eine monatliche Solderhöhung von 9 Fres . Die Hengagements dürfen bis zu einer Gesammtdienstzeit von 15 Jahren erneuert
fikation von 200 und
werden und geben Anspruch auf die jährlichen Gratifikationen und monatliche Solderhöhungen bis zu 21 Frcs . vom 10. Dienstjahre ab. Rengagirte Unter offiziere der Kolonial Armee sollen 2000 Fres. Prämie, jährliche Gratifika tionen von 250 und bis zu 24 Frcs. per Monat steigende Solderhöhungen erhalten. Außer den pekuniären Vortheilen, welche den rengagirten Unteroffizieren. geboten werden, sollen dieselben nach 15jähriger aktiver Dienstzeit nicht nur, wie bisher, Anspruch, sondern ein bereits im Rengagementsprotokoll ausge
___
205
sprochenes Recht auf Anstellung im Civildienst haben. Um eine größere An zahl gut dotirter Stellen für Unteroffiziere zur Verfügung zu haben, iſt im Entwurf die Bestimmung mit aufgenommen worden,
daß kein kommerzielles
oder industrielles Unternehmen vom Staate ein Monopol oder eine Subven tion erhalten soll, wenn nicht die Verpflichtung eingegangen wird,
eine ge
wiſſe Anzahl bezeichneter und geeigneter Stellen mit gedienten Unteroffizieren zu beseßen. 3. Abschnitt.
Derselbe behandelt in 6 Kapiteln 1. die Organisation der aktiven Armee, 2. " " "I Territorial - Armee, 3. " Kadres der aktiven Armee,
ad 1.
4.
"
"
5.
"
"
6.
"
•
"
Reserve,
"
Territorial-Armee.
Bestimmungen über die Offiziere.
Beabsichtigt wird die Errichtung eines 20. Armeekorps zur Be
ſeßung von Algerien und Tunis , ferner die Annahme des Systems der re gionalen Rekrutirung, leßtere aber mit der Einschränkung, daß die Rekruten nicht in Truppentheile desjenigen Subdiviſionsbezirks eingestellt werden dürfen, in dem sie ihren Wohnsiz hatten. ad 2.
In der Organisation der Territorial-Armee sollen nur Aende
rungen von unwesentlicher Bedeutung eintreten. ad 3. Bei der Revision der Geseze betreffend die Organisation der Armee und der Kadres ist als Grundsaß die thunlichſte Beschränkung der Aus gaben und die Aufhebung aller Formationen und Stellen, deren Beibehaltung nicht unbedingt erforderlich ist, aufzustellen gewesen. Die Infanterie soll eine durchgreifende Veränderung in ihrer bisherigen Organisation erfahren.
Beabsichtigt ist die Aufhebung der jezt bestehenden
30 Fußjägerbataillone, der vierten Bataillone und je einer Depôtkompagnie bei den 144 Linien-Infanterie-Regimentern .
Bezüglich der Jägerbataillone wird
in den Motiven des Näheren ausgeführt, daß ihre Beibehaltung bei gleicher Bewaffnung, Ausbildung und Verwendung wie die Linien-Infanterie nicht mehr nothwendig erscheine, außerdem die besondere Uniformirung und Ausrüſtung dieser Bataillone eine nicht gebotene Vielseitigkeit und Koſten in der Bekleidungs wirthschaft herbeiführe.
Für die aufgehobenen Truppentheile ist die Formirung
von 40 neuen Jäger-Regimentern, jedes zu drei Bataillone geplant .
Erſtere
sollen die Uniformirung der Linien- Infanterie erhalten. Nach Durchführung der Reorganiſation der Infanterie würden bestehen 206 Regimenter, 628 Bataillone, 2524 aktive, 206 Depot-Komp . 2607 " 649 332 " " anstatt wie bisher 154 Die gesammte Marine-Infanterie, desgleichen die Bataillone der tonfine
206
sischen, annamitischen Tirailleurs 2c. sollen, dem Kriegsminister unterstellt, die Infanterie der Kolonial-Armee bilden. Jäger-Regimenter verstärkt werden,
Leßtere ſoll
im Bedarfsfalle durch
welche mit Kavallerie und Artillerie zu
gemischten Brigaden vereinigt werden .
Durch Erhöhung der Etats dieser
Truppentheile wird den Anforderungen im Kolonialdienst entsprochen werden können, ohne die Armeekorps schwächen und Reserven einziehen zu müſſen . Bei der gesammten Infanterie ist die Aufhebung der Stellen der Kapi täns-Adjutants-Majors in Aussicht genommen. Das bisherige Stärkeverhältniß der Kavallerie zur Infanterie entspricht nicht den Anforderungen der Neuzeit,
die Kavallerie ist in der Minderzahl.
Im Gesezentwurf wird daher die Vermehrung derselben um 48 Eskadrons beantragt,
wodurch bei gleicher Stärke sämmtlicher Regimenter zu je 5 Es.
kadrons die Bildung von 11 neuen Regimentern ermöglicht wird.
Die Re
gimenter werden von Obersten bezw. Oberstlieutenants kommandirt, bei jedem derselben sind ferner nur 2 (ſtatt wie jezt 4) höhere Offiziere außer dem Kommandanten etatsmäßig, die Kapitäns 2. Klaſſe kommen in Wegfall.
Durch
die geplante Vermehrung der Kavallerie kann die Aufstellung einer 6. die Nummer 3 führenden Kavallerie-Division erfolgen, sichtigt war.
welche schon lange beab
Ferner sollen die Kompagnien der Remontereiter zur Auflösung
kommen und die Unteroffiziere und Reiter derselben zu dem Personal der Remonteetablissements übertreten . Jeder der 19 Feld-Artilleriebrigaden werden zwei bisher den Genie-Re gimentern angehörende Pionier
und je eine Pontonnier-Kompagnie von den
als solche aufzulösenden Pontonnier-Regimentern zugetheilt.
Die 16 Festungs
Artillerie-Bataillone treten zum Genie über und bilden mit leßterem 12 neu formirte Regimenter, jedes aus 8 Kompagnien Kanoniere und 4 Kompagnien Sappeurs-Mineure bestehend.
„ Durch diese Organiſation“, beſagen die Mo
tive, „wird die Artillerie ausſchließlich Feld-, das Genie Festungstruppe ; bei der Armirung, dem Angriff und der Vertheidigung fester Pläße stehen Festungs Artillerie und Genie in unmittelbarer fortgeseßter Verbindung mit einander, daher die Nothwendigkeit ihrer Vereinigung. Für das Armeekorps in Algerien ist die Neuformirung von vier Ba taillonen Artillerie zu je vier Batterien in Aussicht genommen. Die Artillerie-Arbeiter-Kompagnien,
mit denen
die Feuerwerker - Kom
pagnien zu vereinigen sind, sollen zur Verfügung der Militär-Ingenieure ge stellt werden. Die Eisenbahntruppen werden um vier Kompagnien verstärkt und in ein Regiment zu zwei Bataillonen formirt.
Geplant ist ferner die
Aufhebung der Kapitäns 2. Klasse und der états-majors particuliers der Artillerie und des Genies . Im Weiteren wird in den Motiven ausgeführt, wie die auf der Poly technischen Schule erworbenen wissenschaftlichen Kenntnisse für die Offiziere der Artillerie und des Genies hinsichtlich ihres Dienstes im Felde und zum Theil
-
207
-
auch bei den Operationen des Festungskriegs nicht erforderlich sind .
Besondere
technische Kenntnisse sind nur nothwendig bei Herstellung des Kriegsmaterials und dem Bau von Festungen.
Leßtere Aufgaben sollen fernerhin einem neu
zu formirenden Korps von Militär-Ingenieuren zufallen, dem auch die In genieure des Pulver- und Salperterwesens angehören werden. Der Train wird zu 24 Bataillonen formirt und treten zu denselben die Sektionen der Generalstabsschreiber, der Commis und Arbeiter der Militärver waltung und der Lazarethgehülfen über. Die weiteren neuen Bestimmungen des 3. Abschnitts betreffen die Ge neralstabsoffiziere, welche länger als 4 Jahre im Generalstabe bleiben dürfen, das Personal der Centralverwaltung und der Militär- Intendanz, in welchem Reduktionen vorgenommen werden sollen. Der Kriegsminister glaubt durch die vorerwähnten Veränderungen in der Organisation der Armee und der Kadres eine Ersparniß von 11 Millionen Franks erzielen zu können .
L'Avenir militaire weist aber in der Nummer
vom 6. Juni nach, daß die Durchführung der neuen Militärgeſeße 13 Millionen Franks Mehrkosten verursachen würde.
4. Abschnitt. Nach den Bestimmungen des Entwurfs soll jeder sich der Offizierslauf bahn widmende junge Mann vor Besuch der Schule zu St. Cyr ein Jahr in der Truppe gedient haben.
Dies erscheint nothwendig, weil gegenwärtig
die Eleven nach 2jährigem Aufenthalt in der genannten Anstalt sofort als Souslieutenants in die Armee treten, ohne mit den Bedürfnissen und dem Geiste der Mannschaften sowie mit dem militärischen Leben in der Truppe bekannt zu sein.
Die Aufnahme in die Schule zu St. Cyr soll fernerhin
Jedermann offen stehen und wird die daselbst erlangte militärische Ausbildung für die niederen Offiziersgrade ausreichen, nicht aber für die höheren Stellen, die nur nach Absolvirung eines Kursus auf einer Applikationsschule erlangt werden können.
Wichtig ist die Bestimmung, daß die Eleven von St. Cyr
nach einjährigem Aufenthalt daselbst zu Souslieutenants à titre provisoire ernannt werden dürfen ; ihre
definitive Ernennung erfolgt aber erst nach
6 monatlicher Dienstzeit bei der Truppe und nach Wahl durch das Offiziers Korps. Die Beförderung zum Kapitän ist
abhängig von dem Bestehen eines
Examens, dem sich die Lieutenants ohne Ausnahme zu unterwerfen haben. Das Avancement zum Stabsoffizier erfolgt nur à choix
und
nach Besuch
der Applikationsschule der Waffe und muß der betreffende mindestens 2 Jahr eine Kompagnie, Eskadron oder Batterie kommandirt haben.
Aehnliche Be
stimmungen gelten auch für die Obersten und Generale, erstere müſſen min destens 2 Jahre, leßtere 1 Jahr ein aktives Truppenkommando vor der Be förderung in die nächst höhere Charge geführt haben .
208 Die Motive schließen mit den Worten: „ Der der Entscheidung des Parlaments unterbreitete Geseßentwurf wird eine größere Zahl
wichtiger Veränderungen
auf den
verschiedenen Gebieten
des Heerwesens herbeiführen, doch liegt es nicht in der Absicht der Regierung, dieselben gleichzeitig eintreten zu lassen.
Der Mechanismus der Mobilmachung
erfordert, daß die Veränderungen erst nach gründlicher Vorbereitung und nach einem genau vorher festgeseßten Plane vorgenommen werden.
Nur der Kriegs
minister kann den Zeitpunkt bestimmen, zu welchem die einzelnen Theile des Gesezes in Gültigkeit treten können und sind aus diesem Grunde dem Ge sebentwurfe Uebergangsbestimmungen nicht beigefügt worden. Indem das Parlament die Vorschläge der Regierung annimmt, wird es neue Grundsäge
in der Militär- Geseßgebung aufstellen ,
dem Lande einen
neuen code militaire geben und die Beendigung der Reorganisation der Ar 188 . mee vorbereiten. “
Von der Armee des Königs Cetewayo . Auf meinen verschiedenen Reisen durch den Südosten Afrikas,
es war
an einem jener heißen Tage, an denen ein blauer wolkenloser Himmel bleiern schwer auf die Erde niederdrückt, alle Vegetation schien abgestorben, mich mein Weg nach dem Ithaba Umkulu im nördlichen Zululande.
führte Irrge
führt durch die vielen Fußpfade, die von einem Kraale zum anderen sich durch das hohe Gras durchschlängeln, verlor ich bald die Richtung, kam immer tiefer in die Berge, empfand mehr und mehr die niederdrückende Hiße des Tages, die mir, nach nicht gar zu langer Zeit, im Verein mit einem empfindlichen Gefühle in der Magengegend, das der gewöhnliche Sterbliche
Bärenhunger“
nennt, kein Wunder nach 19 stündigem Fasten, das Gefühl werden ließ, als könnte ich weiter nicht mehr kommen .
Und es ging
auch nicht mehr.
So
sattelte ich denn ab, ließ sich mein Rößlein an dem üppigen Graſe amüſiren, stellte meinen Sattel als Sonnenschirm auf und war selbst bald in dem hohen Tambuti (eine Grassorte), troß Hunger und Durst, eingeschlafen. Als ich wieder wach wurde, war mein Gaul verschwunden . Nun hieß es zu aller Mühsal und Mattigkeit auch noch Suchen.
Was half's .
Ich nahm Sattel
und Zaumzeug auf den Rücken und machte mich auf den Weg. Glücklicher weise fand ich den kleinen „ Hans " bald wieder ; aber auch eine andere Ent
―――
209
deckung machte ich bei dieser kurzen Suche.
In nicht gar weiter Ferne, in
einem Busche saftiger Mimoſadornbäumen schien Rauch aufzusteigen .
Dort
mußten menschliche Wohnungen sein ; mochten sie nun Weißen oder Schwarzen gehören, das war mir gleichgültig,
einen frischen Trunk Waſſer und einen
Löffel voll Maisbrei mußte es doch dort immerhin geben. die Hoffnung auf ſolcherlei Labſal ritt ich weiter.
Neu gestärkt durch
Wäre die Abſpannung von
Roß und Reiter nicht eine zu große gewesen, hätte der großartige Wechsel in der Scenerie,
von trostlosem Grasland in parkähnliches Gelände, in dem
Aloen, Farrengewächse und die gelbblühende Mimosa in anmuthiger Abwechs lung wucherten, einen anderen Eindruck auf den einsam dahin Reitenden ge macht ; so aber ritt er ſtumpfsinnig durch all' die Herrlichkeit, nur mit dem einen Gedanken erfüllt bald Linderung seiner Leiden und Stillung seines un menschlichen Hungers und Durstes zu erhalten. Horizonte verschwunden, als ich am
Die Sonne war
eben
am
schwarzen Umvolosi-Flusse“ ankam, dem
Flusse, der mich noch von dem am jenseitigen Ufer angebauten Kraale trennte. Dem brennenden Durste nachgebend, sprang ich vom Pferde in den Fluß, der hier ziemlich seicht und sandig ist ; doch drüben hatten sie mich troß der rasch eingetretenen Dämmerung schon bemerkt, eine Meute scheußlicher Hunde kam heulend und klaffend an das jenſeitige Ufer gesprungen und eine tiefe volle Stimme rief mir über den Fluß entgegen : Sakubona ! Ufunani na ? Uvela ngapi na ? U ya pi na ? Uya kuhlala nami kuze kube ninina ? lako u ngubani na ?
Igama
(Guten Tag ! Was willst Du ? Wo kommst Du her?
Wo willst Du hin ? Wie lange willst Du bei mir bleiben ? Wie heißest Du ?) Als
ich diese und andere,
beim ersten Begegnen eines Kaffern mit einem
Weißen üblichen Fragen wie es schien zur Zufriedenheit des Fragenden be antwortet hatte, rief er mir noch ein : „ Ngi linde lapa " (Warte hier) zu und verschwand .
Nicht lange dauerte es, ſo erschien auch schon der Kraalherr,
der mich freudig willkommen hieß, waren wir doch alte Bekannte, die der Zu fall früher schon einmal auf neutralem Gebiete auf der Jagd zusammengeführt hatte. Mein Wirth war kein geringerer als Mahanana, der mächtige Häupt ling, ein Bruder Cetewayos und erster Rathgeber des jungen Zulufürsten Dinizula. Wir traten ein in den Kraal, der wohl an vierzig Hütten zählen mochte, alle mit größter Sorgfalt aufgebaut und im Innern peinlich reinlich gehalten. Es war noch ein altes Stück Kriegskraal, ringsum noch theilweise befestigt . Zunächst krochen wir auf allen Vieren in des Kraalherrn Hütte, um die sich bald eine Menge neugieriger Weiber und Kinder sammelte und bald brodelte und braselte es auf der in der Mitte über einem Feuer hängenden Pfanne. Mit wahrem Heißhunger verzehrte ich das ungesalzene Stück Bockfleisch, das Fett als Fleisch, das Fleisch als Brod betrachtend. gut.
Es mundete aber recht
Und während die Zulus noch lange in trägem Gespräch um die glühende
Aſche ſaßen, war ich längst schon auf dem harten Flur in sanften Schlaf ge= fallen, aus dem ich erst wieder erwachte als durch die niedere Eingangsthür Neue Mil. Blätter 1886. September-Heft. 14
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der Hütte der helle Tag hereinleuchtete.
Es war mir interessant mit meinem
freundlichen Wirthe Streifzüge durch die Gegend zu machen, bei welcher Ge legenheit er mir von der früheren Herrlichkeit der Amazulunation unter Chaka, Umpanda und Cetewayo sprach ; am meisten aber intereſſirten mich ſeine Auf schlüsse und Mittheilungen über die Armee der Zulus, wie sie unter Cetewayo bestand, von der heutzutage nur noch schwache Ueberbleibsel in den nördlichen Distrikten des Zululandes zu finden sind .
Danach bezifferte sich die Armee
der Zulus auf 40 000 bis 50 000 Mann und beſtand aus der ganzen Nation, d. h. aus Jünglingen bis Greisen, fähig den Speer zu werfen. Aushebung zur Truppe war folgende :
Die Art der
In kurzen Zwiſchenräumen von etwa
zwei bis zu fünf Jahren wurden alle Jünglinge, welche während dieser Zeit ihr vierzehntes bis fünfzehntes Jahr erreicht haben, zu Regimentern zuſammen gestellt, welche wieder nach ungefähr einjähriger Probezeit (in welcher Zeit angenommen ward, daß sie dem Kindesalter entwachsen seien und die Pflichten des Kriegers verstehen könnten) auf einen militärischen Kraal verlegt wurden . In vielen Fällen hat man diese Jünglinge einem bereits bestehenden tärischen Kraal,
mili
welcher das Hauptquartier für ein Korps oder Regiment
bildet, zugetheilt, um diesen zu verſtärken, oder, besonders wenn das neu ge bildete Regiment sehr zahlreich gewesen, neuer militärischer Kraal gebaut .
ward für
die
neue
Truppe ein
Wenn Regimenter alt geworden sind, wurden
ihnen gewöhnlich die jungen Truppen zugetheilt, erstlich damit die leßteren an den Erfahrungen der älteren lernen konnten und stets ein kräftiger Stamm da war, wenn die alten Krieger langsam ausstarben, und dann damit der Name und die Ehre des alten Regimentes aufrecht erhalten blieb.
Daher
kam es, daß, wie z. B. der militäriſche Kraal zu Undi mehrere tausend Mann zählte.
So verstärkte sich die Zuluarmee mehr und mehr, bis sie unter Cetewayo
die Höhe von 12 Korps und 2 Regimentern, von denen jedes seinen befestigten Kraal besaß, erreichte. Der Art und Weise der Rekrutirung entsprechend, lag es in der Natur der Sache, daß die einzelnen Truppentheile aus allen Menschenaltern zuſammen gesezt waren ; so fanden sich in den Regimentern Mannschaften, die kaum dem Kindesalter entwachſen waren, andere waren verheirathet, trugen den Kopfring, andere unverheirathet und viele durch Alter gebeugt, oft kaum mehr fähig, die Strapazen der Märsche zu ertragen. Jedes der 14 Korps oder Regimenter hatte die gleiche innere Formation . Zunächst war jedes in zwei Abtheilungen, den rechten und linken Flügel, ge trennt, diese wieder in Unterabtheilungen von 10 bis zu 100 Mann je nach der Stärke des einzelnen Truppentheils, zu welchem sie gehörten. Gewöhn lich zählten solche Unterabtheilungen 50 Mann, beim Nkobamakosi-Regiment durchschnittlich 70.
Jedes Korps oder Regiment besaß seinen eigenen mili
tärischen Kraal und hatte die folgenden Führer : Der Induna yesibaya ' sikulu kommandirte das Ganze ; der induna yohlangoti, der zweite im Rang, kom
211
mandirte den linken Flügel ; ferner zwei Flügeloffiziere, der induna yesica melo yesibaya ' sikulu führte den rechten, der induna yesicamelo yohlan goti den linken Flügel. Außer den genannten Offizieren hatte jede Unter abtheilung oder Kompagnie wieder ihren Induna (Hauptmann), und von einem . bis zu drei jüngeren Offizieren.
Das Alter der Offiziere richtete sich stets
nach dem Alter der Mannschaften, die sie zu führen hatten. Jedes Regiment hatte seine besondere Abzeichen ; im Allgemeinen lag der Unterschied in den verschiedenfarbigen Schilden oder in verſchiedenen Thier fellen,
aus denen die Lendengürtel hergestellt wurden.
ſagt beiliegende Tabelle. ) und ledigen Männern.
(Genaueres hierüber
Der Hauptunterschied lag zwischen verheiratheten Niemand durfte im Zululande heirathen,
bevor der
König seine Einwilligung dazu gegeben hatte, und wenn er einem Regimente die Erlaubniß dazu gab, hatte jeder Heirathende sich eine Tonsur raſiren zu laſſen, auf welcher ein sog. Kopfring angebracht wurde.
Hierdurch wurden
fie Mitglieder der weiße Schilde tragenden Regimenter, während die nicht ver heiratheten Mannschaften, die sog. „ Schwarzen" (Mnyama) ihre Wolle natür lich tragen und mit schwarzen oder bunten Schilden bewaffnet sind. Im Ganzen bestanden im Zululande 33 Regimenter, von denen 18 aus verheiratheten und 15 aus unverheiratheten Mannschaften bestanden.
Sieben
der ersteren waren zusammengeseßt aus Kriegern von über 60 Jahren ;
da
diese 7 Regimenter gewissermaßen aber nur als Altersversorgungen angeſehen worden waren und man stets nur mit 26 Feldregimentern rechnete, so find auch diese 7 Regimenter in der beiliegenden Tabelle nicht mit angeführt. Es bezifferte sich somit die Stärke der Zuluarmee unter Cetewayo auf 40 400 Mann . Von diesen rechnete man 22 500 im Alter von 20 bis 30 Jahren, 10 000 zwischen 30 und 40 Jahren, 3400 zwiſchen 40 und 50 und 4500 zwischen 50 bis 60 Jahren,
Zahlen,
aus welchen sich wohl
auch die ungewöhnlich
rasche Sterblichkeit im Zululande ergiebt. Ausbildung, Ererzieren 2c. in unserem Sinne war bei den Zulus nicht bekannt ; einige nach einem bestimmten Reglement
ausgeführte Bewegungen,
wie das Formiren des Kreises im Regiment oder der Kompagnie, anderziehen der einzelnen Abtheilungen,
formationen ähnlich unserem Kolonne nach der Mitte, Namen
eines
Exerzierens .
Ausein
Abbrechen in Kompagnien, Marſch verdienten
kaum den
Dagegen hatten die Offiziere ihre
geregelten
Pflichten und Verantwortlichkeiten dem von ihnen eingenommenen Range ent sprechend und die Mannschaften folgten willig allen Anordnungen ihrer Vor gefeßten. Wie man wohl leicht geneigt sein kann,
anzunehmen,
daß
eine Horde
Wilder, wie eine Zuluarmee, wenig Bedürfnisse haben würde, so muß dieser Ansicht entschieden entgegengetreten werden, denn in Bezug auf Verpflegung als auch auf Transportmittel war stets bestens gesorgt .
Bei jedem Kriegs
zug folgte in gehöriger Entfernung den einzelnen Regimentern eine kleine Ab 14*
-―――
theilung,
212
eine Heerde Vieh treibend und für drei Tage Maisrationen mit
schleppend ; ferner folgte jedem Regimente eine Anzahl junger Bursche, die noch keinem Regimente angehören, mit Decken und Lagerbedürfniſſen. Kam nun eine solche Zuluarmee an einen von Regengüſſen angeschwolle nen Fluß,
dessen Breite 10 bis 15 Meter nicht überschritt, so warfen sich
Mannschaften in dichten Maſſen, sich einer an dem anderen haltend, in die Strömung, die Hinteren stets die Vorangehenden vorwärts stoßend und er reichten auf solche Weise mit nur ganz geringen Verlusten das jenſeitige Ufer. Drohten feindliche Ueberfälle oder traten Streitigkeiten zwischen dem Zulu volke und Nachbarvölkern ein, so wurden von dem Könige nach allen Richtungen Boten gesandt, die, wenn nöthig, Tag und Nacht reiſen mußten, um die Mann schaften aufzufordern, sich auf ihren betreffenden militärischen Kraalen zu versammeln, woselbst sie ihre Offiziere, bereits mit den weiteren Ordres ver sehen, trafen.
Sobald ein Regiment vollzählig auf seinem militärischen Kraale
versammelt war, was für gewöhnlich zwei bis drei Tage in Anspruch nahm, brach es nach des Königs Kraal auf.
Vor dem Abmarsche wird im Innern
des Regimentskraals ein großer Kreis vom ganzen Regimente formirt,
der
Umkumbi, aus diesem großen Kreise entwickeln sich die Kompagniekreise mit ihren Offizieren in der Mitte. Der Regimentskommandeur und der zweite, der linke Flügelkommandeur, verbleiben in der Mitte des Ganzen.
Der Ab
marsch geschah so, daß die zur linken Hand des Höchſtkommandirenden ſtehende Kompagnie zuerst aufbrach und die einzelnen Kompagnien von links nach rechts folgten, jeder Flügel für sich aufmarschirend . zelnen Kompagnien blieb der Kreis.
Die Marschformation der ein
Der ganzen Truppe folgten am Schluſſe
die oben erwähnten Matten-, Decken- und Nahrungsmittelträger.
Die Kom
pagnieoffiziere marſchirten ſtets an der Queue ihrer resp . Truppenabtheilung, der zweite Kommandeur hinter dem linken, der erste Kommandeur hinter dem rechten Flügel.
Nach Ankunft auf des Königs Kraal bezog jedes Regiment
für sich ein Lager,
da man niemals zwei Regimentern trauen durfte,
nicht
gegenseitig in Streit zu gerathen, würden sie auf gemeinschaftlichem Grund und
Boden kampiren.
Dann folgten eine Menge Feierlichkeiten :
Zunächſt
hatten sämmtliche Regimenter einen riesenhaften Kreis zu bilden (umkumbi 'nkulu) ; die Aufstellung erfolgte in einiger Entfernung von des Königs Kraal . In der Mitte des von den Mannschaften gebildeten Kreiſes traten die Offi ziere zu einem zweiten Kreise zuſammen, in deſſen Mitte der König, umgeben von den Regimentskommandeuren und Doktoren oder besser gesagt Zauberern, die mit ihren Zaubermitteln doktertes Stück Vieh,
versehen waren,
d . h . ein starker Ochse,
Aufstellung nahm .
Ein ver
mit dem von den Zauberern
verschiedene, dem Aberglauben der Zulus zusagende Ceremonien vorgenommen worden waren, wurde dann unter größter Feierlichkeit vor des Königs An gesicht geschlachtet, das Fleisch in kleine Stückchen geschnitten, diese mit aller hand Schmuß, sog. Medizin, bestreut und durch die Hauptzauberer (Umtakati)
213
den Mannschaften
in den Mund gegeben.
Niemand außer dem Zauberer
durfte derartig behandelte Speise mit der Hand berühren.
Nachdem ein Jeder
von solchem Fleisch gespeist (reichte ein Stück Vich dazu nicht hin, so wurden mehrere verzaubert und geschlachtet), wurden die Truppen für den Rest des Tages sich selbst überlassen.
Sehr früh
am nächsten Tage nahmen
dann
sämmtliche Krieger starke Brechmittel, bildeten den Kreis wie am Tage zuvor und wurden nach einigen kurzen Ceremonien für den Rest des Tages wieder entlaſſen.
Am dritten Tage formirten dann die Truppen, die Regimenter
jedes für sich, den umkumbi,
wurden von den Doktoren mit verzauberter
Medizin besprengt und empfingen darauf die Befehle
des Königs für den
bevorstehenden Kriegszug, nach deren Anhören die einzelnen Regimenter unter furchtbarem Geheul Weise,
ihren Abmarsch bewerkstelligten.
daß die Regimenter in Kompagnien unter
zieren sich formirten und das vom Könige übernimmt.
Für den ersten Tag
Dieser geschah in der ihren betreffenden Offi
erwählte Regiment die Führung
bleibt der Marsch in Kompagnien beibe
halten, wird aber in den folgenden im umsila (wörtlich : Pfad) fortgesett und gleicht unserem Avanciren in Linie, nur daß eben der Einzelne daher kommt, wie ihm beliebt, ohne Rücksicht auf Richtung, Fühlung oder Vorder mann. Je zwei Regimenter blieben dicht aufgeschlossen ; die Proviantkolonnen und Deckenträger marschirten an
der linken Flanke.
Die den zwei erſten
folgenden Regimenter marſchirten mehr in der Form unserer Angriffskolonne, es war indessen ein dicker Klumpen ohne eigentliche Form, Bienen ähnelnd .
einem Schwarm
Die Intervalle zwischen den einzelnen Regimentern waren
sehr verschiedene und richteten sich lediglich nach den Verhältnissen zwischen Sehweite und Entfernung von mehreren Kilometern. gute Verbindung
durch Schnellläufer
(isigijimi)
Doch wurde stets eine unterhalten.
Weise wurde der Marsch fortgesezt nur mit dem Unterschiede,
In dieser daß die
am
zweiten Tage noch auf der linken Flanke ihrer bezw. Regimenter marſchiren den Proviantkolonnen und Bagageträger sich am dritten Tage hinter dem lezten Gliede der Armee formirten und daß das mitgenommene Vieh zwischen die beiden hintersten Regimenter eingeschoben wurde.
Kam die Truppe in
die Nähe des Feindes, so wurde die Formation in Kompagnien wieder aufge genommen, und sobald derselbe in nächster Nähe gemeldet ward, trat das ganze Heer wieder zum großen umkumbi zusammen, damit es dem Höchst= kommandirenden erleichtert wurde, seine Befehle direkt an die Mannschaften auszugeben und die Regimenter zu bestimmen, leiten hatten.
welche den Angriff einzu
Gewöhnlich wurden hierzu vier Regimenter bestimmt, die ſich
nun in Form eines Ochsenkopfes formirten.
(S. umstehende Figur. )
a Die Isifuba (Bruſt) warf ſich auf den Feind, b und c die Upondo (Hörner) hatten denselben in den Flanken zu fassen und d Umlomo (Maul) schob nach, sobald a mit dem Feinde handgemein geworden war.
--
214
--
a
d
Als Reserve verblieb eine ebenso starke Truppe als die angreifende, mit dem Rücken gegen den Feind fißend, in einiger Entfernung zurück, während der Höchstkommandirende mit seinem Stabe und den ältesten Regimentern sich etwas weiter zurückzog, möglichst nach einer Anhöhe, die freien Blick über das Gefechtsfeld darbot, um im entscheidenden Momente mit der Elite der Armee in das Gefecht einzugreifen. Alle Befehle wurden durch Schnellläufer über bracht. Dies waren die allgemeinen Grundlagen der Armee der Zulus unter Cetewayo, die auch heute noch bei diesem Volke bewahrt und geübt werden, nur mit dem Unterschiede, daß die militärischen Kraale eingegangen sind und die Krieger den engen Verband in Regimentern, wie früher, nicht mehr haben. Mehrere Tage hatte ich nun schon auf dem Kraale meines freundlichen Gastgebers Mahanana,
zusammen
mit seinem Bruder
Dabulamanzi, dem
Sieger von Jandhluana, zugebracht und es ward Zeit mich wieder auf den Weg zu machen, denn fern ab lag noch das Ziel meiner Reise, das Gebiet der Tati und Sabi-Distrikte.
215
Reiterliche Druckschriften aus dem Jahre 1885 .
I. Der Tod hat im Jahre 1885 der deutschen Reiterei schwere Verluste zugefügt .
Es wurde in der Vollkraft seines Lebens dahingerafft der General
Feldmarschall Prinz Friedrich Karl , der nicht nur als einer der allerbe deutendsten und glücklichsten Förderer der Reiterwaffe im deutschen Heere gewirkt hat, sondern allüberall in diesem seinem Verdienste bereitwilligſt an erkannt wird und in der „ Geschichte der Reiterei" seinen prinzlichen Namen denjenigen der berühmtesten Reiterführer angereiht hat. Es starb ferner im vergangenen Jahre der preußische General- Major Kähler, seit einigen Jahren in türkischen Diensten ein Mann, der von glühender Begeisterung für seine Waffe, die Reiterei erfüllt war und der selben die schäßbarsten Dienste geleistet hat.
Nicht war es ihm vergönnt, vor
dem Feinde Kavallerie zu führen ; sein Hauptverdienst liegt darin, daß er seine scharfe, unerschrockene Feder wirken ließ für die Verbreitung der An sichten, welche er im Einklange mit dem verewigten Prinzen Friedrich Karl und dem General von Schmidt ― als die fortan für Organisation, Ausbildung, Führung und Fechtweise der Reiterei maßgebenden erkannt hatte. Mit den drei, untereinander durch gleiche Liebe und Arbeit für ihre Waffe eng verbundenen und befreundeten Männern, - dem Prinzen Friedrich Karl, den Generalen von Schmidt und Kähler sind diejenigen Offiziere nunmehr der preußischen Kavallerie entrissen, welche zu deren Weiterentwicke lung, besonders auf Grund der Lehren aus den Jahren 66 und 70/71 , das meiste beigetragen haben. Gott Lob, daß dieſe drei schneidigen Reiteroffiziere denen die Erde leicht sein möge ! ―――― bei uns Schule gemacht haben und daß die deutsche Kavallerie zur Zeit eine Anzahl höherer Führer besißt, auf die sie mit größestem Vertrauen blickt und blicken darf! Und wenn wir im vergangenen Jahre an dieser Stelle* ) den Wunſch aussprachen: " Mögen sich auch im Jahre 1885 berufene Reiteroffiziere finden, die mit der Feder so für ihre Waffe wirken, wie die Verfasser der in Vor stehendem besprochenen Schriften," so ist auch dieser Wunsch in Erfüllung gegangen. Wir treten den reiterlichen Druckschriften des Jahres 1885 in derselben Weise näher, wie wir dies im vergangenen Jahre pro 1884 gethan -A voll eine auch wenn haben; und wir schicken die Bemerkung vorweg, daß ſtändige Klärung und Lösung wichtiger kavalleriſtiſcher Fragen durch die Lite *) Siehe Schluß des Artikels : „ Reiterliche Druckschriften aus dem Jahre 1884," im März und Aprilheft 1885 unserer Zeitschrift.
-
216
_______
ratur des Jahres 1885 nicht herbeigeführt, so doch mancher neue Gesichtspunkt aufgestellt, mancher Fortschritt erzielt worden ist. Erwähnt muß, der Vollständigkeit wegen, werden, daß in zweiter, un veränderter Auflage anno 85 erschienen sind die durch Vollard-Bockelberg zu sammengestellten *) „ Instruktionen des Generalmajors Karl v. Schmidt “, und daß, gleichfalls in zweiter, aber neubearbeiteter und durchweg verbesserter Auflage der
neue Mirus" sich präsentirt hat :
„v. Pelet - Narbonne,
Der Kavalleriedienst und die Wehrkräfte des Deutschen Reiches. Ein Lehrbuch für jüngere Offiziere sowie zur Benußung beim theoretischen Unterricht nebst einem Anhang : Der Melde- und Re kognoszirungsdienst des Kavallerie- Offiziers , Formelles über Dis positionen , Relationen, Croquis . des
2. Auflage, zugleich 7. Auflage
Hülfsbuch beim theoretischen Unterricht von v . Mirus “. Einer Besprechung oder gar Empfehlung dieſes vollſtändigen und voll
kommenen Handbuches des Dienstes für den Kavallerie- Offizier unsererseits nicht. Sehr lesenswerth sind :
„ Neue Reiterpredigten.
bedarf es
Vergleichende
Rückblicke auf einige Vorschriften der alten Reit- Instruktion und die Grundsäge einer wissenschaftlich begründeten Reitkunst. Königs berg i . Pr., Hartungsche Verlagsdruckerei 1885.
Der Herr Verfaſſer,
dem ein reiches Wiſſen und jedenfalls auch ein bedeutendes Können auf dem Gebiete des Reitens eigen ist, hält die alte preußische Reit-Instruktion in verschiedener Hinsicht für werth, mit den Grundſäßen und Regeln der Reit kunſt verglichen zu werden ; denn, indem sie so lange Zeit hindurch in der Armee Geltung hatte, war sie für Generationen von Reitern das durch die Praris der Kavallerie erläuterte Evangelium geworden, so daß man sagen kann : In Preußen denken ziemlich Alle, die sich mit der Reitkunst beschäftigen, im Stile der alten Instruktion. " Sie wurde unter Beihülfe von Fachleuten verfaßt und stand damals wohl auf der Höhe der Wiſſenſchaft. Veröffentlichung der Reit-Instruktion
erschienen die bis
Erst nach
jest werthvollsten
Studien über die Mechanik des Pferdekörpers und seiner Gangarten, Unter suchungen von wirklich wiſſenſchaftlichem Werthe, die es ermöglichten, ein wohl begründetes System des Reitens aufzustellen und die schon als praktisch be währten Lektionen zur Ausbildung von Reiter und Pferd richtig zu erklären, sowohl in Bezug auf ihren Werth als auch auf ihre Ausführung und die hierfür nothwendigen Hülfen. Aber, behauptet der Verfasser weiter, die damit erzielten großen Fortschritte in der Wissenschaft der Reitkunſt fanden keine Aufnahme in die militärische Reitweise, die Reit-Instruktion erfuhr keine Verbesserung in diesem Sinne.
Man verschloß sich gegen die wissenschaftlich
begründeten Lehren mit dem zwar triftig scheinenden aber falschen Einwande,
*) Von Kähler bevorwortet.
217
daß das militāriće Reten mit der Reithanh nichts zu thun habe ; daß der gleden u boch fei für die Hoffungsgabe des Soldaten u. f. r.
Verfafer be
ferit in der Form von Verträgen die Lehren der Rethink und die der Nett-Inimuftien und deft bei lepterer vielfache Mängel auf, welde als folde von den Sachverständigen theilweiſe anerkannt, theilweiſe nicht anerkannt werden. Jedenfalls Andet jeder Reiter in den Buche eine Fülle anregender Gedanken und Lehren — und das ist kein geringes Lob für derartige „Bredigten“. Uebrigens befleisigt ſich der Verfañer, der ſehr klar ſich ausdrüft, einer ſehr majoellen Polemik, die nur im „ Nachtrag“ einer heftigen Ausdruckswede Blas macht.
Der Veriañer geht ſehr ſcharf ins Zeug gegen unfern hervorragenden
Kavalleriſten, Reiterführer und Sportsman, Herrn von Rosenberg,
weil
derselbe in seiner vorzüglichen, 1884 erichienenen Schrift : „ Zusammenge würfelte Gedanken über unsern Dien " den „ Stallmeister" nicht ge bührend honorirt, ihm jogar manchen Seitenbieb verſegt hat.
Bei der Ab
itimmung werden unsere Kavalleristen, Alles in Allem, doch in überwiegender Zahl pro Rosenberg contra
Reiterprediger" stimmen.
Kavalleriſtiſche Versuche von Hann von Wenhern, Oberst und Kommandeur des 1. Schles. Dragoner -Regiments Nr. 4. Mit 19 Zeichnungen.
Berlin 1885.
Richard Wilhelmi.
Von demselben Verfasser erschien im Jahre 1876 in erster,
1881 in
zweiter Auflage das kleine Werk : „ Anſichten über Ausbildung einer Eskadron “ . Die „kavalleristischen Versuche“ bieten die günstigen Resultate, fasser während weiterer Jahre — in denen
die der Ver
er als Regiments Kommandeur
den betretenen Weg weiter verfolgte — erzielt hat.
Der Oberst von Wey :
hern spricht seine Ueberzeugung aus, daß den gesteigerten Anforderungen bei den größeren Uebungen nur durch eine rationelle Detail Ausbildung ent sprochen werden kann,
bei der der Hauptwerth auf die geistige Entwickelung
des Mannes gelegt wird .
Die einzelnen Uebungen werden erklärt, der Zweck
auseinandergesezt und Figuren geben die nöthige Erläuterung. wenige Blätter sind eine Menge, allerdings
Auf nur
ganz knapp gefaßter Gedanken
und Winke zuſammengedrängt, geordnet nach den Gesichtspunkten :
I. Bahn
reiterei. II. Inſtruktion .
IV. Feld.
dienst.
III . Ausbildung der Eskadron im Detail .
Mit Recht wird in der Instruktion, auch über den Felddienst, die
Anschauungstheorie jeßiges System
als die allein richtige bezeichnet ; mit Recht wird unser
der Vedetten und detachirten Posten unter allen Gesichts
punkten verworfen und den Kasakenposten das Wort geredet.
Es wäre wahr
lich an der Zeit, wenn das grüne Buch, dessen Vortrefflichkeit im Ganzen Niemand bestreitet, einige seiner im Laufe der Zeit nicht mehr als stichhaltig befundenen Partien einer Umarbeitung unterzöge : reformbedürftig ist
das
Kapitel über den Vorpostendienst. Hann von Weyhern giebt — es läßt sich nicht fürzer und nicht deutlicher ausdrücken - den Schaden des Vedetten Systems und zugleich die Abhülfe an.
218
Gleichfalls den Felddienst behandelnd, sehr klar und sachlich, die kurzen:
erscheinen
Betrachtungen über den Felddienst der Kavallerie von
v. Haugwis, Premierlieutenant im 3. Badischen Dragoner- Regi ment Prinz Carl Nr. 22.
Berlin 1885.
Verlag von D. Bath. "
Es werden nur einige besonders interessante Punkte aus dem weiten in Betracht kommenden Gebiete herausgegriffen ; nur einzelne wiederum von den durch Herrn von Haugwiß behandelten können hier Erwähnung finden. Mit Recht wird hervorgehoben, daß die vom grünen Buche ziemlich ein gehend festgestellten Gesichtspunkte für den Vorpostendienst im Felde meistens nicht zur Geltung gelangen, aufzubauende Vorposten.
weil
es sich selten um regelrechte, ſyſtematiſch
Positions
mehr um flüchtige Vorposten
und Belagerungskrieg -,
Bewegungskrieg
handelt.
bleibt Grundlage für die Instruktion und Ausbildung das
meist viel Immerhin
grüne Buch.
Hinaus ins Terrain, Ueben zweier Abtheilungen gegen einander,
Ueben des
Vorposten-Dienstes auch bei Nacht. „Es herrscht fast in jedem Jahre in den Monaten Juni oder Juli tage auch wochenlang eine Hiße, trächtigt,
die den Dienstbetrieb bei Tage wesentlich beein
weil Mann wie Pferd
davon schlaff werden.
In dieser Periode
wären gewiß einige Uebungen zweier Abtheilungen gegeneinander im Vorpoſten Dienst bei Nacht von großem Werth.
Denn während unser Pferd, das durch
die Strapazen eines feuchten oder kalten Biwaks häufig viel leiden muß, in einer milden Sommernacht keinen Schaden nimmt, lernen.
kann der Mann
viel
Denn durch diese Uebungen wird nicht blos der Biwaks- und for
melle Vorposten-Dienst schnell begriffen und gelernt, sondern auch die Wich tigkeit der einzelnen Glieder des Vorposten - Gürtels und verstanden."
deren Thätigkeit
Sehr richtig ! Nach dem grünen Buche fällt ja, selbst wenn Infanterie vorhanden ist, ein Theil des Dienstes auch bei Nacht der Kavallerie zu (bei unsern Manövern
wird
dazu
spannt !) und die weit vor
allerdings die Reiterci selten oder nie ange
oder seitwärts geschobene selbstständige Kavallerie
Division muß sich auch des Nachts viel lebungen à la Haugwig !
durch eigene Vorposten decken . . .
alſo
Derselbe spricht sich den Wegfall nicht vorge
schriebener, aber usueller, werthloser, formeller Meldungen aus : dies gilt be sonders für die Führer kleiner Abtheilungen und Patrouillen,
die nur dann
Meldungen abſtatten sollten, wenn der Leitende oder ein anderer Vorgesezter ſie zu sich ruft.
Was hat es auch für Werth, wenn alle Patrouillenführer
während der Uebungen jedem ihnen begegnenden Offizier ihren Auftrag an geben und z . B. melden : „ Gefreiter A. fommandirt mit drei Pferden als Rekognoszirungspatrouille nöthige
auf der Straße nach Z. "? Durch derartige un
Formalitäten wird die Aufmerksamkeit vom
Felddienst
abgelenkt!
Ebenso sind wir einverstanden mit dem Verlangen, der Mann soll seine münd lichen Meldungen in eine möglichst einfache Form kleiden,
d . h. sich zu der
- 219
selben einer kurzen Einleitung bedienen.
Man kann zwar den Mann
mit
vieler Mühe daran gewöhnen, seinen Meldungen eine recht erschöpfende Ein leitung vorangehen zu lassen, dies geschieht dann aber häufig auf Koſten des Inhalts .
Wenn er z . B. melden muß :
Von der linken Seitenpatrouille
des Gefreiten B. wird gemeldet, daß“, ſo iſt dies eine Einleitung, über die er vielleicht einen Theil der eigentlichen Meldung vergißt und
dann derart
aus der Sagkonstruktion und Fassung geräth, daß der Werth seiner Mission ein zweifelhafter iſt. Anlangend das „ Gefecht zu Fuß ", so wird es für vortheilhaft erklärt, wenn dafür ganz besondere Vorübungen im Terrain stattfinden. Das Ge fecht zu Fuß soll für die Kavallerie ein Nothbehelf sein und nur stattfinden, wenn das Gefecht zu Pferde nicht anwendbar ist.
Dementsprechend ist ihr
auch die Zeit nicht gegeben, die Mannschaft im Kampfe zu Fuß ſo ſyſtematiſch auszubilden, um allen Ansprüchen zu genügen. Der Versuch dazu würde unsere Leute nur ermüden. Es kommt Alles darauf an, in denselben ein reges Interesse für das Fußgefecht zu erwecken, diesen Dienstzweig Ucbung,
ausreichendes Verständniß
dann läßt sich auch ein für erzielen.
Bei einer einzigen
bei welcher unter Zugrundelegung einer einfachen, für Jedermann
verständlichen Gefechts-Idee zwei Abtheilungen zu Fuß gegen einander kämpfen, wird seitens sämmtlicher dabei Betheiligten oft mehr gelernt, als bei wochen langer Exekutirung des Tiraillirens auf dem Kasernen plage !
oder sonstigen Uebungs
Es wird zuweilen bei der reglementarischen Einübung des Gefechts zu Fuß nur auf die Geschwindigkeit der Feuerentwickelung Gewicht gelegt.
Die
abgesessenen, eilig formirten Abtheilungen werden dann in der Regel ein paar hundert Meter im Laufschritt in einen Terrain -Abſchnitt geführt, in welchem fie nach kurzer Belehrung über Richtung und Entfernung in athemloſer Haſt Schnellfeuer abgeben,
um dann sogleich wieder an die Pferde gerufen zu
werden. Es wäre gut, wenn bei jeder solchen Uebung ein Zielobjekt vor handen wäre oder derselben ein deutlich erkennbarer Zweck - Angriff oder Vertheidigung -zu Grunde läge.
Nur wenn der Werth des Fußgefechtes
schon bei den Uebungen deutlich zur Darstellung gelangt, kann die Mann schaft die Ueberzeugung gewinnen, daß während der Dauer desselben in diesen das Heil liegt. Hat der Kavallerist diese Ueberzeugung nicht, so denkt er, ſo lange er abgesessen ist, fortwährend an das schnelle Wiederaufsigen, seine Auf merksamkeit ist abgelenkt und
er schießt unruhig und schlecht .
Es wäre ge
wiß von Vortheil, wenn bei der Anwendung des Gefechts zu Fuß, nament lich wenn es in defensiver Absicht geführt werden soll, nachdem die Handpferde fort und in eine Deckung gebracht worden sind, den abgesessenen Abtheilungen durch die nöthige Belehrung über den Zweck des Gefechts , Richtung und Ent fernung die nöthige Ruhe gegeben wurde, deren sie bedürfen, um sicher zu zielen.
Daß es Ausnahmen geben kann,
bei denen Alles
darauf ankommt,
220
dem Feinde so schnell wie möglich einige Schüsse entgegen zu senden, um ihn vom raschen Vordringen abzuhalten, ist selbstverständlich.
In der Regel wird
man sich indessen die Zeit nehmen können, das Gefecht mit Ruhe einzuleiten, um es dann mit aller Energie durchzuführen. Wesentliche Erfolge, heißt es später, fann man sich durch die Anwendung des Gefechts zu Fuß nur von größeren Verbänden - Brigaden und Regi mentern versprechen, die mit Aufbietung aller verfügbaren Kräfte daſſelbe durchführen.
Doch können sich auch kleinere Abtheilungen , namentlich im .
Arrieregarden-Verhältniß, dadurch nüglich machen. Und den Nagel
auf den Kopf trifft die Bemerkung,
von Haugwiß am Schlusse dieses Kapitels macht :
welche Lieutenant
Unteroffizieren,
die nicht
direkten Befehl erhalten, wie z . B.:,,Suchen Sie die Brücke von N. durch Fußgefecht zu halten“ oder „ Sperren Sie die, das Gebirgsdefilee bildende, von A. nach I. führende Straße bei A.
durch abgesessene Schüßen", sollte
die selbstständige Anwendung des Fußgefechts womöglich ganz untersagt werden . Denn der Unteroffizier, der sich von ihm einen augenblicklichen Vortheil ver spricht, weiß nicht zu beurtheilen, in welche unheilvolle Lage er dadurch mit seiner Abtheilung gerathen kann,
wenn es dem Gegner gelingt,
auszuweichen und ihn von der Seite
oder
von rückwärts
dem Feuer
zu fassen.
Den
Unteroffizieren in der Ausübung des Fußgefechts Schranken zu sehen, ist auch im Interesse der kavalleristischen Ausbildung erforderlich.
Denn haben
dieselben in dieser Beziehung unbegrenzte Freiheit, so ist es gewiß,
daß ihr
ganzes Trachten darin besteht, dem Gegner im Abfißen zum Gefecht zu Fuß zuvorzukommen.
Dadurch wird der Mannschaft eine Kampfesweise zur Dar
stellung gebracht, die nicht dem Geiste der Waffe entspricht.
Felddienst-Auf
gaben, deren Schwerpunkt allein darin liegt, daß kleine, von Unteroffizieren geführte Abtheilungen das Gefecht zu Fuß zur Anwendung bringen, sind da her keine kavalleristischen Aufgaben ! Gleich treffend sind die Gedanken, denen Herr von Haugwiß über die Offizierpatrouillen" Ausdruck giebt.
Leider
ist man
noch nicht aller
Orten zur richtigen Ansicht über die Art und das Maß ihrer Anwendung ge langt und manches Manöver zeigt Eskadrons, die keine Lieutenants haben — ſie ſind auf Offizier-Patrouille, grundsäßlich !
Die Entsendung von Offizier
Patrouillen wird vornehmlich da angezeigt sein, wo es ſich in einer Stellung Vorposten , Bereitschafts- oder Vertheidigungs-Stellung - darum handelt, des Feindes Konzentration zu erfahren, seinen Anmarsch zu beobachten, seine Ab sichten zu erkennen, oder wenn man selbst im Begriffe ist vorzugehen, seine Stellung zu rekognosziren.
Befindet sich ein Detachement im Marsch gegen
einen anmarschirenden Gegner oder bereits im Gefecht, dann ist die Offizier patrouille nur dann von Werth, wenn der Führer eine seiner Flanken für ganz besonders bedroht hält und die Beobachtung der Avantgarden-Kavallerie resp . der von Unteroffizieren und Gefreiten geführten Gefechtspatrouillen auf
221
diese Weise ergänzen will.
Das Wesen der Offizierpatrouille besteht darin,
daß sie, weit ausholend, bis hinter den Flügel der feindlichen Stellung ge langt, um Stärke und Gliederung des Gegners zu konstatiren, daß ſie, keinen Umweg scheuend, die Flanke des marschirenden Feindes umgeht, um seitwärts derselben seine Maßnahmen zu erkennen. Um diesen Anforderungen zu ge nügen, muß der auf Patrouille kommandirte Offizier die nöthige Beurtheilungs gabe, Glück und gute Pferde, vor Allem aber unbegrenzte Zeit haben! Wenn ein Offizier Aufträge erhält, wie : „ Sehen Sie zu, wo der Feind ge blieben ist und schicken Sie mir spätestens in 2 Stunden eine genaue Meldung über seine Vorposten-Aufstellung" oder : „Ich wünsche bis Vormittags 8 Uhr zu erfahren, wo sich der Feind konzentrirt und welche Absichten er hat, “ ſo sind dies Wünsche und Befehle, die nur unter besonders günſtigen Umständen so präzise befolgt werden können, wie sie gegeben sind .
Man wird sich in
vielen Fällen damit begnügen müſſen, vor dem Gefecht von der Stärke des Feindes wenig, von seinen Absichten garnichts zu erfahren. -- Und wenn nun, wie im Allgemeinen anzunehmen, die feindliche Vorposten
resp. Avantgarden
Kavallerie auf ihrem Plage ist, dann wird sie dem rekognoszirenden Offizier sein Vorhaben gründlich schwer machen oder gänzlich vereiteln ; sie wird ihm mit stärkeren Abtheilungen entgegen reiten und ihn so lange verfolgen, bis er ihr völlig aus dem Auge entschwunden ist. Der auf diese Weise ange griffene Offizier wird natürlich auf Umwegen unermüdlich darauf bedacht sein, den ihm gewordenen Rekognoszirungs-Auftrag auszuführen, sich aber häufig damit begnügen müſſen, nach vielen Stunden nur sehr spärliche Meldungen heimzubringen. Folgerichtig sollte sich bei den Uebungen der Anerkennung einer richtigen und erschöpfenden Meldung ein Tadel für den Gegner anſchließen . Dann würden wir schon im Frieden erfahren, wie wenig immerhin trop der scharfsichtigsten Beobachtung von den Maßnahmen eines ebenbürtigen Gegners zu erfahren ist . Werden nun bei den Friedensübungen von den auf Patrouille entsendeten Offizieren unter allen Umständen eingehende Meldungen verlangt, dann finden diese Rekognoszirungs- Ritte mit einer Kühnheit statt, die im Kriege erfolglos und verderblich sein würde. Im Allgemeinen überträgt sich die Friedensgewohnheit auf das Verhalten im Kriege ; die zahlreichen, im Frieden abgesendeten Offizierpatrouillen aber würden vor dem Feinde bald unverhältnißmäßige Verluſte an Offizieren zur Folge haben und die Anwendung der Patrouillen schließlich unter das erforderliche Maß herabdrücken. Wenn der Lieutenant von Haugwiß schließlich sagt : „Es wäre ein Vor theil, wenn die Anordnung der nothwendig erscheinenden Offizierpatrouillen ſtets im schriftlichen Detachements-Befehl Plag fände," so müssen wir dieſe Ansicht bekämpfen ; das Wort „ stets " muß gestrichen werden !
Oft wird der
Führer ja die Patrouillen durch seinen schriftlichen Befehl gleich anordnen, aber
doch je nach Umständen ; ihn grundsäglich dazu anzuhalten, wäre falſch! -
222
Wir glauben, durch unsere Auszüge und Hinweise die Bedeutung der Haugwig'schen Schrift zur Genüge dargethan und zum Studium derselben an geregt zu haben ; überdies fehlt der Raum, um über das leßte Kapitel „ Feld dienst-Aufgaben
uns zu verbreiten, wie solches
bei der Trefflichkeit und
Wichtigkeit desselben erforderlich sein würde. Wir gehen in unserer Rund schau über die reiterlichen Druckschriften des Jahres 1885 sonach weiter und erwähnen
zwei
innerlich zusammengehörende
Brochüren ,
reglementarischen Fragen befaſſen : Das Ererzier = Reglement der Kavallerie. v . P.-N. *) und :
Mit 4 Zeichnungen. Berlin 1885.
welche sich mit
Eine Studie von
E. S. Mittler & Sohn.
Gedanken über eine Studie von v. P.-N., Das Ererzier - Re Separat - Abdruck aus der Militär - Zeitung und Landwehr - Offiziere. Berlin 1885. Verlag von
glement der Kavallerie. für Reserve R. Eisenschmidt.
Man wird den rechten , und zwar einen erheblichen Gewinn nur aus dem genauen Vergleich der beiden Schriften davontragen, **) von denen die legt genannte der ersteren Schritt für Schritt mit kritischen Bemerkungen folgt. Die Frage :
In wie weit entspricht das Ererzier - Reglement für die
Kavallerie vom 5. Juli 1876 den an dasselbe zu stellenden Anforderungen?" wird von P.-N., etwas gewunden, dahin beantwortet, daß es im Allge meinen den Anforderungen entspricht, aber wohl in manchen Punkten ver besserungsfähig sei ; die „ Gedanken " geben die Antwort unumwunden und drücken das
aus, was die Mehrzahl der Kavallerie-Offiziere aller Chargen
denkt: „ Das Exerzier-Reglement vom Juli 1876 bedeutete gegen das frühere einen enormen Fortschritt für unsere Waffe.
In den leßten neun Jahren
haben wir jedoch an der Hand dieses Reglements so viele weitere Erfahrungen ſammeln können, daß es jeßt wünschenswerth ist, durch ein neues, verbeſſertes Reglement einen neuen großen Fortschritt herbeizuführen."
v . P.-N.,
der
sich vielfach mit einer gewissen Reſerve ausspricht, wird nichts dagegen ein wenden, wenn (positiver, als er, aber eingehend auf seinen Gedanken ! ) der Separat Abdruck hinsichtlich der Betrachtungen über Kommandos, Signale und Zeichen die zwei Grundsäge aufstellt : 1 ) Ein Ererzier-Reglement der Kavallerie darf nur einfache Formationen fordern, deren Herstellung und Bewegung nach allen Seiten hinauf ein leichte, nicht mißzuverstehende Weise durch Signale allein muß geschehen können. 2) Da die Trompeten- Signale häufig nicht anwendbar sind,
z . B.
*) Offen gestanden, es gefällt uns diese Anonymität, welche keine Anonymität iſt, keineswegs ! Warum nennt sich Herr von Pelet-Narbonne nicht ? **) Und, wie hier vorgreifend bemerkt sei, wird man wohl thun, das später noch zu besprechende Heft hinzu zu nehmen : „Taktische Direktiven für die Formation und Führung der Kavallerie- Division. "
223
wenn die Aufmerksamkeit des Feindes nicht auf uns gelenkt werden soll oder auch in größeren Kavallerie- Verbänden, um Mißverſtändniſſe auszuschließen, so find Zeichen - Signale reglementarisch einzuführen , welche man jederzeit an Stelle der Trompeten - Signale seßen kann . Ganz ohne Zweifel hängt der Erfolg der Kavallerie, als Schlachten waffe zumal, in erster Linie ab von ihrem überraschenden Erscheinen, und klärlicher Weise kann bei dem jeßigen Trompeten- Signalgeschmetter von über raschendem Auftreten, besonders größerer Reitermaſſen, nur in seltenen Fällen die Rede sein. So enthält besonders zum Gebrauch, wenn eine Reitertruppe ihre Anwesenheit dem Feinde verbergen will, das fränzösische Reglement zwölf verschiedene Signale mit der Pfeife : Achtung, Marsch, Halt, die Gangarten, nach rechts, nach links, Sammeln, Zurückgehen, Feuern, Stopfen, welche recht praktisch erscheinen, da sie leicht auszuführen und leicht zu ver stehen sind. v. P.-N.
befürwortet die
Einführung des Aufmarsches
nach der
Front auch und zwar grundsäglich zu beiden Seiten der Tête ; der Se parat-Abdruck geht weiter und will nur diesen Aufmarsch, nach beiden Seiten zugleich, als den einzigen reglementarischen festgestellt wissen. v. P.-N. will durch abgekürztes oder vereinfachtes Kommando die Ent wickelung der Kolonne zur Linie nach der halben Flanke beschleunigen, was ja allerdings sehr wünschenswerth wäre ; die
Gedanken" verwerfen .
die Halb-Kolonne überhaupt, weil sie dieselben für zu komplizirt halten und ſtüßen sich dabei auf das Urtheil,
welches Oberst von Rosenberg in seinen
„zusammengewürfelten Gedanken“ ausspricht. v. P.-N. hält die Formation der Têtenstaffeln für eine solche, welche bei unsern Exerzierübungen beſonders gepflegt zu werden verdient ;
die „ Ge
danken " glauben, weil die Eskadrons - Kolonnen die schnellste Entwickelung nach der Front gestatten, für sie auch den
entschiedenen Vorzug vor
den
Têtenstaffeln in Anspruch nehmen und sie als die Haupt-Gefechtskolonne der Kavallerie erklären zu können ; die Gedanken" stimmen ferner in Durch führung des Prinzips,
nur wenige und einfache, daher durch Signale_und
Zeichen leicht lenkbare Formationen zu haben - dafür, daß die Formation in Têtenstaffeln und mit ihr zusammenhängend die in Eskadronsſtaffeln aus dem Reglement gestrichen würde. Im Abschnitte 6 der Studie behandelt v . P.-N. ein Thema, welches je mehr und mehr sich zu einer
brennenden " favalleristischen Frage entwickelt :
Die Taktik der drei Treffen. großen Leidwesen ab,
auf dieses
Die „ Gedanken" lehnen es zu unserm
Gebiet der Kritik über Formation
Führung der Kavallerie-Division der Studie zu folgen, ſind,
daß man noch nicht Erfahrungen genug
und
da sie der Meinung
auf diesem Felde gesammelt
hat, um schon auf Grund derselben an eine Aenderung des jeßt Bestehenden gehen zu können .
―――
224
-
Eine literarische Erörterung indessen kann, unseres Erachtens, die Sache doch nur klären helfen, - mag eine Aenderung in praxi auch noch mit Recht im weiten Felde sein ! Und da wir in unserm nächsten Artikel den abweichen den Ansichten einer hervorragenden Schrift gerade über diesen wichtigen Gegenstand Ausdruck leihen werden, so geben wir hier jezt den hoch beachtens werthen
Ausführungen der
Studie von P.-N.
auszüglich Raum : in den
„Reiterlichen Druckschriften aus dem Jahre 1884″ fanden wir keinen Anlaß und keine besondere Ausbeute für die Behandlung der Drei-Treffen-Taktik , welche lettere in unserm Rückblicke
auf die Reiter Druckschriften
von 1885
eine Hauptrolle spielt. v. P.-N. bemerkt : „ bezüglich der durch die Uebungen in der Taktik der drei Treffen bei uns gewonnenen Erfahrungen bezw. angebahnten Fortschritte hätte er sich refervirt zu halten", -man muß also zwischen den Zeilen lesen! „ Die Taktik der drei Treffen ist so allgemein*) für die
als die vortheilhafteſte
Verwendung größerer Abtheilungen Kavallerie anerkannt,
hieße, Eulen nach Athen tragen,
daß
es
wollte man sich hier noch darüber äußern .
Nicht so allgemein einig ist man sich aber darüber, wie stark die einzelnen Treffen zu machen sind.
Sind wie bei uns und in Frankreich - das fran
zösische Reglement ist hinsichtlich der Treffen- Taktik dem unserigen vollkommen nachgebildet ! -die Divisionen aus drei Brigaden zu je zwei Regimentern zuſammengeseßt, so macht man die Treffen gleich stark zu je einer Brigade, und zwar aus dem doppelten Gesichtspunkte, einmal, um in der Lage zu ſein, jedes der Treffen bei einem Treffenwechsel als erstes verwenden zu können, dann aber auch, um den Verband in den Brigaden nicht zerreißen zu müſſen. Denn darüber besteht wohl nirgends ein Zweifel, daß es wünschenswerth ist, das erste, das eigentlich schlagende Treffen so stark als möglich zu machen, welcher Gedanke ja auch darin Ausdruck findet, daß man lediglich dem
ersten Treffen Unterstüßungs - Eskadrons beigiebt.
Die emi
nente Wichtigkeit, die es hat, bei der Attake den Sieg des ersten Treffens über das feindliche erste Treffen herbeizuführen, ist klar, die hinteren Treffen dürfen nicht veranlaßt ſein, hierzu beizutragen, ihre Aufgabe iſt es vielmehr, die herbeieilenden hinteren feindlichen Treffen zurückzuschlagen und so den Erfolg des ersten Treffens zu sichern.
Wird
aber das
erste Treffen ge=
worfen, so bietet die Gliederung in drei Treffen zwar die Mittel,
um
das
Gefecht bei geschickter Führung wieder herzuſtellen, aber eine große Chance ist verloren. Von den Gründen, welche bestimmend gewesen sein mögen, die drei Treffen (abgesehen von den dem ersten Treffen beigegebenen Unterſtüßungs Eskadrons) gleich stark zu machen,
erscheint uns (sc. v. P.-N. ! ) derjenige,
daß man den Verband einer Brigade nicht zerreißen will, als der schwerwiegendſte,
*) Siehe jedoch unsern Artikel II. im nächsten Heste unseres Journals.
225
der andere Grund scheint uns
mehr
theoretischer Natur zu sein ; denn es
müßten schon besonders eigenartige Umstände sein,
welche einen so rapiden
Treffenwechsel und ein so schnelles Eintreten in die Aktion nach der Flanke hin erforderlich machten,
daß es nicht möglich sein sollte,
das
neue
erste
Treffen rechtzeitig entsprechend zu verstärken oder das bisherige erste Treffen dorthin zu dirigiren. Es spricht sonach Alles dafür, das erste Treffen so stark
als möglich zu machen .
Die Kavallerie-Divi
fionen in größerer Stärke (!) zu formiren und auf dieſe Weiſe eine Zutheilung von drei Regimentern an das erste Treffen zu ermöglichen, ist anscheinend nicht angängig. ―――――― Aus den vorerörterten Gründen und der nachfolgenden Erwägung möchte v. P.-N. daher vorschlagen , noch zwei weitere Eskadrons von dem dritten Treffen zu entnehmen,
dem ersten Treffen zuzutheilen und,
wie nachstehend erläutert, zu verwenden .*) Das zweite Treffen debordirt grundsäßlich auf demjenigen Flügel, cher als der am meisten gefährdete gilt.
Lepteres
ist
aber selten
ſtimmtheit vorauszusehen und einer, dem entgegengeseßten Flügel
wel
mit Be drohenden
Gefahr würde das zweite Treffen schon deshalb schwerlich rechtzeitig können entgegentreten, weil es dieselbe schwer erkennen würde, das dritte Treffen, ――― weil es zu entfernt ist. Hier liegt also jedenfalls die Achilles ferse der Gliederung und hier würden wir die beiden eventuell aus dem dritten Treffen
weiter zu entnehmenden Eskadrons
gern verwendet sehen.
Dieselben würden auf dem nicht durch das zweite Treffen geschüßten Flügel des ersten möglichst lange in Kolonne angehängt folgen
und hätten je nach
Umständen das erste Treffen zu verlängern oder die feindliche Flanke anzu greifen, besonders aber die eigene Flanke zu decken , am besten indem sie auf der Grundlage fortgehend den feindlichen Flankenangriff selbst in die Flanke fassen . - Diese Eskadrons würden nicht dem Führer des ersten Treffens
unterstellt sein, sondern unter ihrem Regimentskommandeur selbst
ſtändig handelnd auftreten . In Rußland und besonders in Desterreich wird der Formirung von De fensiv Flanken " besonderer Werth beigelegt.
Das österreichische Reglement
bestimmt, daß in der Regel beiden Flügeln Defensiv-Flanken folgen sollen . Diese Maßregel würde nun allerdings zur Folge haben, daß das dritte Treffen statt, wie bisher aus sechs, nur aus vier Eskadrons beſtehen würde, doch glauben wir gegenüber dem Umstande, daß zwei Eskadrons mehr ver wendet werden, um den Sieg des ersten Treffens zu sichern ,
hierauf
ein besonderes Gewicht nicht legen zu ſollen “. *) Rußland, deſſen Kavallerie- Diviſionen aus 3 Dragoner , 1 Kaſaken-Regiment und 2 Batterien bestehen, bildet ſein erſtes Treffen aus 2 Dragoner-Regimentern, die eine Es kadron zur Bedeckung der Artillerie abgeben, sein zweites Treffen - auf einem Flügel de bordirend - aus dem Kasaken- Regiment --- 6 Sotnien , sein drittes Treffen, welches hinter der Mitte des erſten folgt, aus 1 Dragoner-Regiment. Neue Wilit. Blätter . 1886. September-Heft.
15
226
Wer zwischen den Zeilen zu leſen versteht, wird mancherlei Meinungen und Vorschläge des Herrn v. P.-N. erkennen,
welche
eine
recht
bedeutende
Aenderung des jeßigen Ererzier-Reglements zur Folge haben würden in Be zug auf die Drei- Treffen-Taktik. Herr v. P.-N. wünscht ferner, daß das Reglement eine Formation fest sebe, in der die Kavallerie sich auf dem Schlachtfelde zu bewegen hätte, bevor dieselbe sich in Treffen auseinander zöge : also Einführung einer „ Marsch Ordnung auf dem Schlachtfelde " oder, wie das russische Reglement es nennt, „Reserve-Formation“ .
Als geeignetſte Formation erscheint die
allge
meine geſchloſſene Kolonnc“, in welcher die Regimenter hintereinander mit den Batterien an der Queue stehen bezw. sich bewegen. Das russische Reglement
beſtimmt ferner
ausdrücklich,
daß
aus
den
Marschkolonnen ein Detachement erst in die Reserve - Formation über gehen soll und dann erst zum Gefecht sich entwickeln darf.
Diese Be
ſtimmung erscheint ſehr zweckmäßig, denn wenn eine Truppe ihr erstes Treffen direkt aus der Marschkolonne entwickelt und in den Feind wirst, so wird es den hinteren Treffen unmöglich, rechtzeitig in das Gefecht einzugreifen. Was v . P.-N. über den Angriff auf Infanterie sagt, können wir füg lich übergehen, nicht dagegen seine im Schlußkapitel gegebenen Betrachtungen über die Frage der strategischen Kavallerie - Uebungen.
Diese Uebungen
find bisher in größerer Ausdehnung nur in Rußland zur Ausführung gelangt ; ihr Nußen muß ein außerordentlicher sein.
Von Cardinal von Widdern, dann
vom Prinzen Hohenlohe in seinen Briefen über die Kavallerie ist die Abhal tung derartiger Uebungen in sehr sachgemäßer Weise unter Beifügung prak tischer Vorschläge befürwortet worden.
v. P.-N. betont mit Recht, daß eine
derartige Uebung für alle Chargen
einer Kavallerie- Division,
von
deren
Kommandeur bis zum jüngsten Reiter außerordentlich lehrreich ſein_würde,*) während bei dem natürlich gleichfalls sehr nothwendigen Ererzieren der Di vision im Wesentlichen nur die höheren Offiziere bis etwa zum Eskadronchef herab belehrt werden.
Der Divisionsführer wird im Felde viele Tage seine
Division mit Fühlung am Feinde im strategischen Dienst zu führen haben und gewiß sehr wenige konzentrirt taktisch verwenden. - Der Aufklärungs dienst, welcher breite Fronten erfordert, macht einen sehr
gut organisirten
Melde- und Relaisdienst erforderlich, damit der Divisionsführer über die Vor gänge bei allen Detachements schnell und sicher unterrichtet werde.
Dennoch
soll der Diviſionsführer es verstehen, ſeine Division rechtzeitig und am ent scheidenden Punkte zu sammeln, um, wenn es zum Schlagen kommt, ſo ſtark *) Einzelne Eskadrons z . B. würden tagelang ſelbſtſtändig agiren, Gewaltmärsche zu rücklegen, Meldungen auf große Entfernungen Nachts in unbekanntem Terrain, das von feindlichen Patrouillen durchschwärmt wird, zu überbringen haben 2c. Wie viel Gelegenheit, sagt v. P.-N. — würde sich nicht allen Betheiligten bieten, Unternehmungsluſt, Geiſtes gegenwart zu zeigen, besondere Energie zu beweisen.
227
wie möglich zur Stelle zu sein.
Daß dies nicht ganz leicht ist, hat der Ver
lauf des russischen Manövers zweier Kavallerie Divisionen *) im September 1882 bei Bender gezeigt, wo aus verschiedenen Ursachen. unterbrochene Verbindungen, mangelhaft funktionirendes Nachrichtenwesen , zu weite De tachirungen 2c. - der Kampf am entscheidenden Punkte von nur wenigen -Eskadrons auf beiden Seiten ausgefochten wurde. Die Kunst, eine Division, welche aufklärend vorgegangen
ist ,
am
entscheidendenPunkte
in günſtigem
Terrain rechtzeitig in möglichster Stärke zu konzentriren, erscheint wohl_min= destens so wichtig als die Kunst, dieselbe geschickt taktisch zu führen, denn der geschickteste Taktiker muß unterliegen,
wenn er sich einer großen
Uebermacht gegenüber befindet“. Die Arbeit v. P.-N. ist eine solche, die nicht spurlos verläuft ; sie will die Diskussion anregen und hat sie schon angeregt.
Ihren leßten, in Vor
ſtehendem faſt wörtlich wiedergegebenen Ausführungen hängen die „ Gedanken über die Studie" eine Betrachtung an : was ist unserer Waffe noch nöthiger als ein verbeſſertes Ererzier-Reglement ?" Diese Betrachtung ergänzt die Dar legungen v. P.-N. über die strategischen Kavallerie-Ucbungen, --- ,,welche gleich sam der geistige Faktor sei, der uns dazu verhelfen könne, stets schneller ver ſammelt zu ſein als der Feind" (Vorbedingung des Erfolges ! ) . „ Wir möchten auf einen andern Vortheil hinweisen, den wir uns noch verschaffen müssen,
auf einen Vortheil recht körperlicher, materieller Natur, den die
„ Studie" nicht erwähnt ; das ist das möglichst leichte Gewicht , das wir Kavallerie schlägt den Feind unsern Pferden zu tragen geben sollen schon vor der Attake - dreiviertel durch ihr leichtes Gewicht, durch welches sie befähigt ist, schnelle und gute Meldungen zu bringen und sich schnell in Massen zu konzentriren, das legte Viertel des Sieges gewinnt sie dann durch die Attake selbst". Und so kommen wir auf die vielbesprochene Gewichtsfrage . Kürassieren und Ulanen kann das Gewicht der Reiter selbst
Bei den verringert
werden ; über die Gepäckerleichterung sei
auf Herrn von Rosenbergs „Zu
ſammengewürfelte Gedanken " hingewiesen .
,,Alle andern Waffen haben sich
mit der Zeit verbessert und müssen wir unsere Verbesserung auch darin ſuchen, daß wir unsere Pferde so gut als möglich zureiten, dieſelben so edel als thun lich zu bekommen suchen, und daß wir diesen Pferden so viel Futter und ſo wenig Gewicht wie möglich geben .
Bei den jeßigen Feuerwaffen müſſen wir
2000 m abbleiben ; um dann heranzukommen, müſſen wir diese 2000 m lang Galopp reiten können .
Bei der jeßigen Art, Krieg zu führen, ist es noth
wendig, daß unsere Pferde stets in guter Kondition erhalten werden, damit sie den großen Anforderungen im Vorpostendienſte gleich in den ersten Tagen und Wochen genügen können.
Unſere kleinen, leichten, edlen Pferde werden
*) Siehe Septemberheft 1883 unserer Blätter. 15*
-
228
diesen Ansprüchen genügen, aber nur unter der Bedingung, daß sie nicht über 200 Pfund tragen.
Belasten wir unsere Pferde mit mehr als 200 Pfund, so sind und bleiben wir eine unbrauchbare Kavallerie“. Eine immerhin dankenswerthe, wenn auch bei weitem nicht ausreichende Er፡ höhung der Ration hat der Reichstag nunmehr bewilligt ; die Gepäck erleichterung kompetirt zum Haupttheile von der Militär-Verwaltung ſelbſt. Hoffen wir in allen diesen und den Reglements-Fragen auf baldigen, fröh lichen Fortgang!
Der Serbisch-Bulgarische Krieg. Von W. von Bechtold.
II. Kriegserklärung und Beginn der Operationen. Am 13. November hatte König Milan sein Hauptquartier
von Nisch
nach Pirot verlegt und noch in derselben Nacht wurde die Kriegserklärung auf telegraphischem Wege an den Fürsten von Bulgarien befördert. * )
In
dem von Belgrad aus am 14. November erlassenen Manifest wird Bulgarien des Vertragbruchs, der ungerechtfertigſten Zollmaßregeln, der Vorschubleiſtung und Aufmunterung gerichtlich verfolgter (serbischer) Landesverräther, der Miß handlung serbischer Unterthanen und schließlich der Anhäufung undisziplinirter Maſſen von Freiwilligen an der Grenze beschuldigt,
durch welche Umstände
eine „ absichtliche Herausforderung" gebildet worden, für welche nunmehr der Zuſtand einer „ öffentlichen Feindschaft“ eingetreten sei.
In derselben Nacht
noch wurde der Befehl an die Truppen zum Ueberschreiten der Grenze be kannt gegeben.
Wie siegesgewiß die Serben waren, geht aus der Aeußerung
des Serbischen Gesandten in London hervor,
welcher kühn
behauptete, die
Serben würden innerhalb der nächsten acht Tage in Sofia einrücken und dort die ihnen konvenirenden Friedensbedingungen
diktiren.
König Milan ſelbſt
*) Die Kriegserklärung wurde eigentlich erſt am 14. März um 1 Uhr Morgens ab geschickt ; man hatte absichtlich so lange mit deren Absendung gezögert, weil der 13. auf einen Freitag fiel, einen Tag, welchen man im Serbischen Hauptquartier für einen doppelten Unglücstag hielt!
229
war von dieser glückverheißenden Zuversicht derart erfüllt, daß er laut davon sprach, seinen Geburtstag, den 22. November, in Sofia feiern zu wollen, allein l'homme propose Dieu dispose ! ―― es sollte eben Anders kommen ! Die Thätigkeit der Konferenz ―――― wenn man von einer solchen überhaupt noch sprechen konnte ―――――― hatte plöglich ein jähes Ende erreicht ; sie war über haupt vom grünen Tisch aus in eine Sackgasse gerathen,
aus welcher ihnen
cigentlich nur die Kriegserklärung des König Milan heraushelfen sollte. Fürst Alexander erhielt die serbische Kriegserklärung noch in der Nacht vom 13. zum 14. November.
Wie wenig man in Philippopel und in Sofia
auf einen Krieg gerechnet hatte
und dies dürfte wohl der einzige Fehler
sein, welchen man dem Fürsten von Bulgarien vorwerfen dürfte
, geht
schon aus dem Umstande hervor, daß der größte Theil der Bulgarisch- Rume lischen Armee noch immer an der türkischen Grenze dislozirt war, von wo dieselben nunmehr mit größter Beschleunigung an die Serbische Grenze diri girt wurde. In einem längeren Rundschreiben an die diplomatiſchen Agenten in Philippopel wurden
die
in dem Serbischen Manifest vorgebrachten Be
schuldigungen in entschiedenster Weise in Abrede gestellt. 14. November ein Manifest in Philippopel erlassen,
Ebenso wurde am
welches die ganze Ver
antwortung für den „ brudermörderischen Krieg zwischen zwei stammverwandten Völkern" auf die Serbische Regierung wirft.
Seiner Armee kündete Fürst
Alexander den Beginn des Krieges mit wenigen, aber dafür um ſo wirkungs volleren Worten an, indem er sagt : „ Der König von Serbien hat uns den Krieg erklärt und der Serbischen Armee den Befehl ertheilt, in unser Gebiet einzudringen. Brüder wollen,
anstatt uns zu helfen,
Unsere Serbischen
unser Vaterland zu Grunde richten.
Soldaten, zeigt eueren Muth, vertheidigt euere Mütter und
eueren Heerd
und verfolgt den Feind, der uns feige und verrätherisch angreift, bis zu ſeiner vollständigen Vernichtung. uns den Sieg verleihen !
Vorwärts, Brüder ! Alerander. "
Gott möge uns helfen
und
Vor seiner Abreise nach Sofia hatte der Fürst noch die Behörden von Philippopel empfangen und denselben in einer kurzen Ansprache gesagt,
daß
er bereit ſei, alle seine Kräfte, ja sein Leben für die Vereinigung Bulgarien's mit Rumelien zu opfern.
Noch am Bahnhofe
erschien
eine Deputation der
Mohamedanischen Bevölkerung der Stadt, welche dem Fürsten ihre freiwillige Betheiligung an dem bevorstehenden Kriege anbot. Zur beſſeren Orientirung dürften hier wohl einige Bemerkungen über die geographischen Verhältnisse am Plaße sein.
In Südosten Ungarns befindet
sich ein sich weithin erstreckender Höhenzug, welcher bei Orsowa, dem bekann ten Eisernen Thor, von den gewaltigen Fluthen des Donaustromes durchbrochen wird.
Diese Bodenerhebung findet
als ein mächtiger Bergrücken auf dem
rechten Ufer der Donau, auf Serbischem Gebiete, ihre Fortseßung, wo er den Raum zwischen der Mirowa und dem Timok ausfüllt .
Von dort biegt er
230
jedoch in
einer östlichen Verlängerung ab, bildet unter dem Namen
des
Chodza-Balkan die Grenze zwischen Bulgarien und Rumelien (zu Zeiten des Römischen Reiches die Grenze zwischen Moesia und Thracia) und findet end lich an den Gestaden des Schwarzen Meeres in dem Kap Emenich zwischen Varna und Burgas --- ſeinen Abschluß. Eingezwängt zwischen den Ausläufern dieses Gebirges, den Serbischen Gebieten von Pirot und Leskovac und einem Theil von Ost-Rumelien , liegt indessen noch ein Theil von Bulgarien, welcher besonders dadurch eine größere politische daß Sofia,
und strategische Wichtigkeit erhält,
die Hauptstadt des Fürstenthumes,
in dessen Mitte gelegen ist.
Nachdem die nationale Erhebung vom 18. September die Vereinigung von Bulgarien und Rumelien ausgesprochen hatte, so
müssen
Landestheile in politischer und militärischer Beziehung sehen werden.
auch diese beiden
als ein Ganzes ange
Nun theilt aber der Chodza-Balkan das Land in zwei voll
ſtändig von einander abgetrennte Operationsgebiete,
nördlich das
eigentliche
Bulgarien mit den an Serbien angrenzenden Bezirken von Widdin, Belograd zic und Berkovica, südlich die Bulgarische Provinz von Sofia und Ost-Rumelien. Auf dem nördlichen Gebiete war für den von Westen in das Land eindringen den Gegner die Festung Widdin, auf dem südlichen die Hauptstadt Sofia das nächstliegende Operationsobjekt.
Da es sich bei dem Angriff Serbiens haupt
sächlich um eine Vergrößerung des Gebietes handelte und die voraussichtlich zu
annektirenden Territorien
auf dem südlichen Kriegsschauplaß
zu suchen
waren wo sich überdies noch, wie bereits des Defteren bemerkt, die Haupt " so mußte auch dort die Ent ſtadt des Fürſten von Bulgarien befand scheidung der bevorstehenden Kriegsereignisse gefunden werden.
Diese Gedanken
waren auch im Serbischen Hauptquartier maßgebend, als man die Armee in drei Abtheilungen theilte. Der Plan des Serbischen Generalstabs
war leicht zu errathen.
Hauptkorps sollte langsam auf der Straße Pirot- Sofia vorrücken,
Das
um der
Morawa Division Zeit zu lassen, den linken Flügel der Bulgaren zu
um
gehen, ihre Stellung bei Slivnica zu bedrohen und ihre Armee von der ge nannten Straße nach Norden abzudrängen. Nachdem König Milan einmal die Kriegserklärung erlassen hatte, zögerte er auch nicht länger,
den Worten die That folgen zu lassen.
vember, bei Tagesanbruch, überschritt das Hauptkorps,
Am 14. No
mit der Schumadija
Division an der Spiße, unfern Zaribrod bei Daschkani und bei Kladenac die Bulgarische Grenze. Rechts von dem Hauptforps nahm die Morawa-Divi sion unter General Topalovic ihren Weg durch das Vlasina-Thal und über das denselben Namen führende Plateau nach Trn . Die Timok-Diviſion unter General Lesjanin rückte von Zajecar gegen Adlije vor, indem sie gleichzeitig Seitendetachements über Bregova und Belogradcic dirigirte. Da, wie wir oben gesehen haben, die Hauptmacht der dem Fürsten von Bulgarien zur Verfügung stehenden Streitkräfte noch immer an der rumeliſch
231
türkischen Grenze konzentrirt war, so konnte im
ersten Augenblick dem in
das Land einfallenden Gegner nur ein sehr geringer Widerstand entgegenge sezt werden.
Die schwachen Vortruppen, welche die Bulgaren über Dragoman
ſowie über Trn vorgeschoben hatten, zogen sich beim Herannahen der Serbischen Avantgarde langsam zuruck.
Nur bei Zaribrod (zu deutsch : Fürstenfurth) kam
es zu einem hartnäckigen Gefecht,
indem hier die aus zwei schwachen Ba
taillonen und einer Eskadron bestehende Bulgarische Vorhut sich so
tapfer
vertheidigte, daß die Serben sich nach und nach genöthigt sahen, 6 Bataillone, 2 Eskadronen und 2 Batterien in's Feuer zu führen . Nach mehrstündigem Kampf, zogen sich die Bulgaren nach dem etwa 8 Kilometer
von Zaribrod
entfernten Katotinci zurück, während die Serben an diesem Tage ( 14. Nov. ) in ihrer Stellung bei Zaribrod verblieben.
Die Morawa- Division hatte eben
falls an diesem Tage die ihr vorgezeichneten Positionen auf den
nach Trn
führenden Wegen erreicht, ohne hierbei auf einen erheblichen Widerstand ge stoßen zu sein. Die Timok- Division hatte ein nur unbedeutendes Gefecht mit den Bulgarischen Vortruppen zu bestehen, nach welchem es ihr möglich wurde, Kuka-Adlije zu beseßen. In Anbetracht der geringen Streitkräfte, welche von beiden Seiten am 14. November entwickelt worden, waren die Verluste nicht unbedeutend.
Der Serbische Oberstlieutenant Stofic gerteth in Gefangenschaft,
ein Major und - was wohl in einem Kriege selten vorkommt täts-Oberstlieutenant von derselben Armee
ein Sani
wurden schwer verwundet.
Zur
Verbindung der beiden Flügel-Diviſionen mit dem Hauptkorps hatte Leßteres ein Detachement links nach Ginci, der Paßhöhe der von Lom Palanka an der Donau, somit also auch von Widdin nach Sofia über den Balkan führenden Straße, vorgeschoben.
Ebenso war zur Verbindung mit der Morawa- Divi
ſion eine Abtheilung rechts im Sukova-Thal bis nach Odorovici, sowie ferner als Seitendeckung eine kleine Abtheilung
nach Planiniza disponirt worden.
Der Vormarsch der Serbischen Armee wurde am folgenden Tag ( 15. No vember) fortgesezt.
Das Hauptkorps stieß bei Katotinca auf die Bulgarische
Nachhut, welche die hier befindliche Thalsperre trefflich benüßt hatte, um den allzu kühn vordringenden Feind aufzuhalten . Das Gefecht war nur von kurzer Dauer, da die Bulgaren nur Zeit gewinnen wollten, um nachher bei dem Dragoman- Paß einen heftigeren Widerſtand zu leisten. Paß,*) 726 m über dem Meeresspiegel gelegen,
Der Dragoman
bildet den höchsten Punkt
*) Jm 17. und 18. Jahrhundert haben ebenfalls heftige Kämpfe in dieser Gegend stattgefunden. Der Markgraf von Baden hatte im Jahre 1689 Nisch besezt und von hier aus ein Streifforps unter General Piccolomini nach Sofia detachirt. Auf dem Rückzuge wurde dieses Korps im Dragoman-Paß von den Türken überſallen und total geſchlagen. Im Jahre 1737 war ein öſterreichiſch-ſerbiſches Freikorps bis nach Sofia vorgedrungen ; bei dieser Gelegenheit hielt es auch die bei Slivnica befindliche Badajowa- Schanze beſeßt, welche am 17. November 1885 so tapfer von den Truppen des Fürsten von Bulgarien vertheidigt wurde.
232
der von Pirot nach Sofia führenden Straße.
Von hier fällt das Terrain
fortwährend bis zur Bulgarischen Hauptstadt, daher auch dieſe Straße für ein nach Sofia sich zurückziehendes Korps sehr ungünstig sein würde, da die sonst nicht unvortheilhaften Positionen hinter den die Straße senkrecht durchschneidenden Gewässern immer von den Geschüßen des verfolgenden Feindes dominirt ſein würden.
Außerdem würde das leicht gangbare Terrain zu beiden Seiten der
Straße eine jede Defenſiv-Stellung in ihren Flanken gefährden .
In dem
Gefecht bei Dragoman ſtand die Serbische Armee unter dem persönlichen Be fehl des Königs Milan.
Der heiße Kampf wurde vorzüglich von der Artilleric
ausgefochten, wobei den Serben ihre große Ueberlegenheit an Geschüßen sehr zu Statten kam.
Zu Zeiten Napoleons I. rechnete man gewöhnlich auf je
1000 Mann ein Geſchüß, in diesem Krieg hatten jedoch die Serben für jedes Bataillon eine Batterie zu 6 Geschüßen, es kam daher auf je 150 Mann ein Geschüß . Troß dieſer ungünſtigen Verhältnisse behaupteten die Bulgaren ihre Position bis zum Abend und selbst dann wichen sie erst, nachdem sie sich in ihrer linken Flanke bedroht sahen ; vom Feinde unverfolgt zogen sie sich in die Aufnahmestellung von Slivnica zurück.
Von den Einzelheiten dieſes Kampfes
wollen wir hier nur erwähnen, daß ein Bulgarisches Bataillon wiederholt die Angriffe zweier Serbischer Regimenter zurückwies. -- An demselben Tag hatte die Morawa- Diviſion bei Trn ein heftiges Gefecht zu beſtehen, welches nahezu vier Stunden dauerte und mit der Beseßung dieses Dorfes durch die Serben und mit dem Rückzuge der an Zahl schwächeren Bulgaren endete.
An
demselben Tag hatte die Timok-Armee mit ihrem Centrum einen heftigen Kampf bei Adlije zu bestehen, wobei die Bulgaren zum Rückzug gezwungen wurden.
Der linke Flügel dieses Korps war von den die Timok überschreitenden
Bulgaren auf Serbischem Gebiet bei Negotin angegriffen, die Leßteren jedoch bald wieder zurückgedrängt worden.
Der rechte Flügel der Timok-Diviſion
gelangte an diesem Tage, ohne auf den Feind Kadibogas.
gestoßen zu sein,
bis
nach
Am Abend des 15. November befand sich das Hauptquartier der
Serbischen Armee bei Pirot.
Da an diesem Tag die ursprünglich zur Re
serve bestimmte Drina- Division dazu beordert wurde, die Verbindung zwischen der Donau-Division (Pirot- Sofia) und der Schumadija- Division (Pirot-Trn) zu unterhalten, so kann man behaupten, daß am 15. November die Serbische Armee über keine Reserve zu verfügen gehabt habe. Fürst Alerander war
am 15. November in Sofia eingetroffen ; der
enthusiastische Empfang, welcher ihm hierbei zu Theil wurde, nügender Beweis, daß weder die Bevölkerung,
noch weniger
war
ein ge
aber die Bul
garische Armee, durch die ungünstigen Berichte von der Front in ihrem Ver trauen
auf den
Fürsten und ihre gute Sache erschüttert worden sei .
Die
Verſtärkungen aus Ost-Rumelien waren auf dem Wege, doch konnten die erſten Staffeln derselben nicht vor dem 17., die leßten nicht vor dem 20. November in Sofia cintreffen.
――
233
Das Serbische Hauptquartier wurde am 16. von Pirot nach Zaribrod verlegt. Da man an demselben Tag zur Erkenntniß gelangt war, daß die Front der drei im Centrum operirenden Divisionen zu lang sei ―― 40 Kilo meter! so wurde die bis dahin auf der Straße Pirot- Ginci-Paß aufge stellte Kavallerie-Brigade auf die Hauptoperationslinie gegen Golemo - Malevo in die linke Flanke disponirt, obwohl es weitaus zweckmäßiger gewesen wäre, dieselbe vor der Front zu verwenden. Die drei Divisionen des Hauptkorps sezten ihren Vormarsch fort, der Dragoman-Paß wurde beseßt und die Donau Diviſion bis Tri-Usi vorgeschoben.
Am Nachmittag dieses dritten Operations
tages wurde bei Gaber unter dem Vorsiz des Königs Milan ein Kriegsrath abgehalten, welchem sämmtliche Unter-Kommandanten mit Ausnahme des Gene ral Topalovic,
welcher
mit der Morawa-Division auf dem Vormarsch nach
Breznik begriffen war, beiwohnten.
Man war Anfangs der Ansicht, am fol
genden Tage die Stellung der Bulgaren bei Slivnica anzugreifen, allein da die Truppen an den drei vorhergehenden Tagen
außer den Gefechten
unbedeutende Strapazen zu bestehen gehabt hatten, so
nicht
wurde schließlich der
Antrag des Obersten Benicky, Kommandant der Schumadija-Division,
ange
nommen, demzufolge der geplante Angriff erst am 18. stattfinden solle, wäh rend der 17.
als ein Rasttag zu gelten habe, ein Beschluß, der, wie die --- Die Morawa Division sezte
Folge zeigen wird, sich bitter rächen sollte. am 17. ihren Marsch fort,
ohne auf einen nennenswerthen Widerstand zu
stoßen ; dieselbe war am Abend in der Stellung vor Bresnik angelangt. Die Timok- Division beseßte an demselben Tage Adlije, doch erst, nachdem der äußerste heftige Widerstand der an Zahl schwächeren Bulgaren mit großen Der rechte Flügel
Opfern auf Seiten der Serben gebrochen worden war.
dieser Division wurde am 17. bei Belogradcik von den Bulgaren zum Rück zuge genöthigt. Die Bulgaren hatten indessen die ihnen vom Feind so großmüthig ge= währte Frist trefflich benüßt, um ihre Stellung bei Slivnica zu befeſtigen und ihre Verstärkungen an sich zu ziehen.
Die Stellung von Slivnica besißt alle
jene Mängel, welche, wie bereits erwähnt, allen anderen Rückzugs- oder Auf nahmestellungen
auf der Straße
nach Sofia anklebt.
Der einzige Vortheil
dieser Position besteht in dem kleinen, vor seiner Front fließenden Halkali-Bach, welcher aber auch nur als ein Hinderniß für Kavallerie und Artillerie ange ſehen werden kann .
Auf den Anhöhen hinter dem Halkali hatten die Bulgaren
stark verschanzte Linien errichtet,
welchen
die so berühmt
schanzungen bei Plewna als Muſter gedient hatten und
gewordenen Ver welche sich nahezu
vier Kilometer lang zu beiden Seiten der Straße erstreckten. filirten Schanzen gestatteten an vielen Stellen feuer,
ein drei
Die stark pro
bis 4faches Etagen
während größere und kleinere Redouten die Stüßpunkte der langen
Linie abgaben ;
in den tadellos hergestellten Geschüßständen waren deckende
Räumlichkeiten für die Bedienungsmannschaft hergestellt.
Die Bulgarischen
234
Genie-Offiziere hatten hier ein Werk geschaffen, welches ihnen zur höchsten Ehre gereichte und als ein Vorbild ihrer Kunst bezeichnet werden kann .
Der un
vermeidliche Nachtheil dieser Stellung lag in den gegenüberliegenden dominiren den Höhen und in dem leicht gangbaren Terrain
auf dem linken Flügel,
welches einem etwaigen Flankenangriff die leichteste Annäherung
gewährte.
So stark auch die später so berühmt gewordene Slivnica- Stellung sein mochte, so konnte man doch,
in Anbetracht
der überlegenen Artillerie des Gegners,
nicht ohne einige Besorgnisse für die Haltbarkeit derselben sein. Fürst Alerander traf am Abend des 16. November in Slivnica cin und fand daselbst das Gros seiner 15 000 Mann zählenden Armec in einer ebenso gut gewählten als gut befestigten Stellung.
Bei seiner Ankunft wurde die
bedeutungsvolle Meldung erstattet, daß wider alles Erwarten an diesem Tage kein Angriff stattgefunden habe.
Der bereits früher erwähnte Kapitän Bin
derow war Kommandant der Slivnica Position. Krieges,
Die launenhafte Göttin des
welche bis dahin all' ihre Huld und Gnade in verschwenderiſchſter
Weise über König Milan und seine Armee ergossen hatte, wendete sich von diesem Tage an von den Serben ab, um ihr erhöhtem Glanz
über
ruhmverheißendes Antlig
in
dem jugendlichen Fürſten von Bulgarien und seinen
todesmuthigen Streitern leuchten zu laſſen. Der 17. November. Die Unterschäßung des Gegners ist einer der größten Fehler, den der Oberbefehlshaber einer Armee begehen kann. Obwohl die neuere Kriegsge schichte unseres Jahrhunderts in dieser Beziehung besonders lehrreich ist, so sehen wir doch immer wieder den einen oder den anderen Heerführer in diesen Fehler verfallen.
In dem Serbisch-Bulgarischen Krieg war es die Ober-Leitung der
Armee des König Milan gegen welche dieser Vorwuf erhoben werden muß. Nicht genug damit, daß man von Anfang an die schwache, nur halbwegs or ganisirte Bulgarische Armee mit Geringschäßung behandelte, glaubte man nach den ersten leicht errungenen Vortheilen den Krieg schon entschieden zu haben. Die Befestigungen von Slivnica waren am 16. noch nicht vollendet ; außerdem waren für eine Linie von 8 Kilometer 10 000 Mann (mehr waren
am
Streitkraft.
16. Morgens noch nicht eingetroffen)
eine sehr ungenügende
Würden daher die Serben am 15., namentlich aber
am
16.,
anstatt auf wohlfeil errungenen Lorbeeren zu ruhen, die sich zurückziehenden Bulgaren l'épée dans le reins verfolgt haben, so
würde
es
für sie kein
Slivnica, überhaupt kein Hinderniß mehr auf der Straße nach Sofia gegeben haben.
Die Bulgaren hatten sich auch auf einen Angriff am 16. gefaßt ge=
macht und dem entsprechend ihre Vorbereitungen rührten sich nicht.
getroffen,
doch die Serben
Als aber auch am Morgen des 17. kein Angriff erfolgte,
ordnete Fürst Alexander um 10 Uhr Vormittags von seinem rechten Flügel aus einen Vorstoß gegen den linken Flügel der Serben an.
Der Vorstoß
235
wurde von drei Bataillonen unternommen, Nebel leicht gelang,
welchen es bei dem herrschenden
die Serbischen Vorposten zurückzudrängen.
Sie stießen
jedoch bald auf kompakte feindliche Massen, welche nun ihrerseits zum Angriff vorgingen und die Bulgaren zurückdrängten. gesandten Verstärkungen aufgenommen,
Sie wurden von den ihnen nach
mit welchen sie alsbald den Angriff
crneuerten . Der Kampf hatte sich mittlerweile auf der ganzen Linie ent wickelt. Die Serben rückten in beträchtlicher Stärke gegen das Centrum der Bulgaren vor, wobei sie namentlich ihre Artillerie in Aktion treten ließen, in deß die Infanterie in dichten Schwärmen vorging.
In dem sich nun ent
wickelnden Gefecht blieben die Bulgaren insofern im Vortheil, als die Ser bischen Geschosse vor den Verschanzungen in den Boden einschlugen und die Infanterie hinter diesen Linien vollständig gegen das Feuer gedeckt war. an Zahl schwächeren Geschüße der Bulgaren besaßen
offenbar
Tragweite, sowie nicht weniger eine größere Sicherheit .
Die Serben fochten
mit großer Tapferkeit und gingen mit rühmenswerther Entschlossenheit daher auch ihre Verluste nicht unbedeutend waren.
Die
cine größere
vor,
Nur scheinen sie mit der
Munition ungemein verschwenderiſch geweſen zu ſein und daher auch im weiteren Verlauf des Gefechts empfindlichen Mangel daran
gelitten zu haben.
Die
Serben sahen bald ein, daß es ihnen nicht möglich sein würde, die feindlichen Verschanzungen zu nehmen und hierdurch ihrer Infanterie den Weg zum Sturm zu bahnen, weshalb sie denn auch gegen 5 Uhr Abends das Gefecht abbrachen. Wie hartnäckig der Kampf an diesem Tag an einzelnen Stellen gewesen, geht aus dem Umstand hervor,
daß
cine Bulgarische Batterie durch volle fünf
Stunden dem feindlichen Feuer ausgesezt war, ohne daß sie deshalb auch nur für einen Augenblick ihr eignes Feuer eingestellt hätte.
Sie war auch ein
mal nahe daran, von den Serben genommen zu werden, allein Kapitän Iwanow, der Chef der Batterie, welcher wohl verdient, daß sein Name hier genannt werde, wies mit seinen braven Kanonieren alle Angriffe
energisch ab.
Die
Bulgaren fühlten sich nicht stark genug den sich in seine früheren Stellungen zurückziehenden Feind zu verfolgen, überdies konnten sie mit dem Resultat des Tages vollkommen zufrieden sein.
Wenn auch das
lieferte Gefecht zu wiederholten Malen das Bild
am
17. November gc
einer regelrechten Schlacht
lieferte, so beschränkte sich doch der eigentliche Angriff der Serben nur einzelne Vorstöße, während ein Avanciren der ganzen Linic gar sucht wurde.
auf
nicht ver
Die Timok- Division hatte an diesem Tage wiederum ein heftiges Gefecht bei Adlije (Kula) zu bestehen, welches zum Nachtheil der Bulgaren ausgefallen Dagegen hatte der rechte Flügel dieser Division bei Belgradcik vor den Bulgaren
zurückweichen und sich bis Salas zurückziehen müſſen .
linke Flügel hatte sich mit den Vorbereitungen Timok beschäftigt.
Der
zum Uebergang über den
Schließlich müssen wir noch der am Morgen des 17. bei
Golemo Malevo stehenden Kavallerie- Brigade gedenken,
welche erst durch die
―
236
in ihr Lager einschlagenden Projektile in empfindlichster Weise von der Nähe des Feindes überrascht wurde.
Die Serbischen Reiter warfen sich zwar den
kühn vordringenden Bulgaren entgegen,
ohne jedoch irgend einen Erfolg zu
erzielen. Sie zogen sich nach Dragoman zurück und zwar, wurde, wegen Mangel an Munition!!
wie angegeben
Während dieses heißen Tages hatte Fürst Alexander alle Bewegungen des Gefechtes selbst geleitet. am
größten war,
so
Er
war immer da zu sehen,
daß sein Beispiel die Offiziere
Armee förmlich elektrisirte.
wo die Gefahr
und Soldaten seiner
Wo er sich nur zeigte, wurde er mit begeisterten
Zurufen begrüßt und durch die zündenden Worte ihres Fürsten angefeuert, verrichteten die Bulgaren Wunder der Tapferkeit .
Wenn man bedenkt, daß
fast die ganze Bulgarische Armee an diesem Tage erst ihre eigentliche Feuer taufe erhalten, daß an diesem Tage ganz jungen Offizieren die Führung der Bataillone und theilweise sogar Portepee-Fähnrichen und Unteroffizieren die Führung der Kompagnieen
anvertraut
gewesen,
so
Leiſtungen dieſer jungen Armee nicht genug staunen, gegenüber,
kann
man
über die
besonders einem Feinde
deſſen treffliche Heeresorganisation auf jeden Posten die erforder=
liche Charge placiren
konnte.
Die Verluste der Serben bezifferten sich an
diesem Tage auf etwa 200 Todte und 800 Verwundete ; die Vulgaren mögen etwa 400 Mann verloren haben .
Selbst in den Berichten aus Belgrad, die
sich bis zu diesem Tage immer in so geringschäßender Weise über die Bul garischen Truppen geäußert hatten,
wurde nun unumwunden zugestanden,
daß sich dieselben unter dem persönlichen Oberbefehl des Fürsten Alexander vorzüglich geschlagen und daß sie jedes Vorrücken von Seiten der Serben unmöglich gemacht hätten.
In Folge der erlittenen Schlappe fühlte sich auch
König Milan auf Bulgarischem Boden nicht mehr heimisch und verlegte daher sein Hauptquartier von Zaribrod zurück nach Pirol.
Die unmittelbare Folge
des Gefechtes vom 17. November lag in der Degagirung Slivnica's, namentlich aber in der ernsten Beseitigung einer Gefahr für Sofia.
Der 18. November. Am folgenden Morgen mit Tagesanbruch nahmen Offensivoperationen
wieder auf.
Es
war zunächst der
die
Serben ihre
linke Flügel der
Bulgaren, gegen welchen die Drina- und die Schumadija-Diviſion vordrangen. Es befand sich hier das kleine Dorf Slavinja, Gehölz anlehnte,
also zwei Objekte,
welches sich an
ein kleines
welche schon von Natur aus zur Ver
theidigung trefflich geeignet sind, deren Widerstandsfähigkeit jedoch durch die daselbst angelegten Verschanzungen bedeutend erhöht worden war . Die An griffe der Serben blieben daher auch ohne irgend welchen Erfolg, obwohl sic mit der größten Tapferkeit und Entschlossenheit ausgeführt wurden. sowenig sollte es
ihnen gelingen,
Eben
mittelst umgehung in den Besiß dieser
wichtigen Poſition zu gelangen, indem gerade hier die Bulgaren im entſcheidenden
237
Moment eine sehr willkommene Verſtärkung dadurch erhielten, daß zwei im An marsch von Sofia begriffene Bataillone unmittelbar in die Aktion eingreifen konnten.
Ein Angriff der Serben
ohne große Mühe abgeschlagen.
auf das Centrum der Bulgaren wurde
Die
auf dem
rechten Flügel der Serben
ſtehende Donau-Division wurde dagegen von den Bulgaren attakirt und gleich zeitig im Rücken und in der Flanke bedroht. Sie erlitt ziemlich bedeutende Verluste, wozu noch ein sehr fühlbarer Mangel an Munition ―――――― Dank der Verschwendung des vorhergehenden Tages - sich einstellte, so daß diese Di vision gezwungen war, den Rückzug nach Dragoman anzutreten .
Die beiden
anderen Diviſionen waren somit ihrem Schicksal überlassen
überdieß in
ihrer linken Flanke gänzlich entblößt.
und
Mit Ausnahme einer nichtssagenden
Rekognoszirung gegen Golema-Malevo blieb die Kavallerie-Brigade der Serben an diesem Tage ganz unthätig ; sie zog sich wieder über Dragoman bis nach ―――――― wo ja
Katolinci zurück, um dann aufwärts des gleichnamigen Thales absolut auch nicht der Schatten eines Bulgaren sein konnte ! noszirungen fortzusehen.
ihre Refog
Der Tag war schon so ziemlich zur Neige gegangen,
als die Serben es noch einmal versuchten, gegen den rechten Flügel der Bul garen vorzugehen. Sie hatten hierzu die von Berkovica über den Ginci-Paß nach Sofia führende Straße benußt, indem sie glaubten, ihre Gegner würden diese Kommunikationslinie unbeachtet gelassen haben, „Generalstäbler" hatten die Möglichkeit
allein die Bulgarischen
einer Umgehung
von dieser Seite
längst vorgesehen und konnte daher der Angriff der Serben von dieser Seite leicht abgeschlagen werden .
Die Morawa- Division hatte es versucht, ihre Ver
einigung mit dem Hauptkorps zu bewerkstelligen, sie war indessen
auf den
Höhen des Visker-Gebirgszuges auf mehrere Bulgarische Bataillone gestoßen, welche, von Sofia kommend, die Serben unweit Pernik zurückdrängten.
Das
Centrum der Timok- Diviſion war an diesem Tage bis Gramada vorgerückt, ohne auf den Feind gestoßen zu sein.
In Bezug auf die Operationen des
18. November muß dem Serbischen Generalstab der Vorwurf gemacht werden, daß derselbe die Ereignisse des vorhergehenden Tages als zu unbedeutend an gesehen und nicht in Folge derselben eine rückwärts gelegene befestigte De fensivstellung bezogen habe. Die Serben dürfen daher noch von Glück sprechen, daß es die Bulgaren
an diesem Tage noch nicht wagen durften, den abge
schlagenen Feind zu verfolgen .
Der Mißerfolg des 18. November wird von
den Serben der numerischen Ueberlegenheit des Feindes,
in zweiter Linie
aber auch der großen Fahrlässigkeit in Handhabung des Vorpostendienſtes zu geschrieben, durch welche es den Bulgaren möglich wurde, die Donau-Diviſion in ihren Biwaks zu überrumpeln . Der 19. November. Im Verlaufe dieses sechsten Operationstages versuchten die Serben aber mals die verlorenen Positionen wiederzunehmen und eine endliche Entscheidung
238
herbeizuführen.
Dem Serbischen Plan zu Folge hatten die drei Divisionen
des Hauptkorps im Verein mit der Morawa- Division einen vereinten Angriff auf die Stellung der Bulgaren zu unternehmen.
Die wohldurchdachte Kom
bination sollte jedoch an dem heftigen Widerstand scheitern, welchen die legt genannte Division in ihrem Vormarsch fand.
Diese
Division hatte sich in
zwei Theile getheilt, von welchen die eine Hälfte bei Badica angegriffen und festgehalten wurde, während die andere Hälfte, anstatt von Pernik über Vladaja nach Sofia vorzurücken, sich nach Radomir (also nach Süden) gewendet hatte. Wenn auch der leztere Ort von den Serben genommen wurde, so hatten ſie doch hiermit einen vollen Tag verloren und die geplante Mitwirkung mit den drei anderen Divisionen unmöglich gemacht. - Das Hauptkorps begann seinen Angriff bei Tagesanbruch,
indem die Drina-Diviſion von Golemo- Malowo
aus gegen den auf den Anhöhen garischen Flügel vordrang.
von
Tri Uschi stehenden rechten Bul
Die Serben gewannen auch Anfangs an Terrain,
da man im Bulgarischen Hauptquartier hier nur einen Scheinangriff ver muthet hatte um
die Aufmerksamkeit
Man hatte sich jedoch bald von dem den
von dem linken Flügel
bedrohten Flügel durch Heranziehung
deren Mitwirkung
es
abzuwenden .
Ernst der Situation überzeugt und der
Reserven verstärkt ,
auch gelang, den Angriff
garen gingen nunmehr ihrerseits zur Offenſive
abzuschlagen.
über,
durch
Die Bul
indem gleichzeitig ihr
Centrum und ihr rechter Flügel gegen die von den Serben beſeßten Höhen vorrückten.
Um den Besiß dieser Anhöhen entspann sich ein mörderischer
Kampf, in welchem schließlich die unter den Augen ihres Fürsten mit wahrer Begeisterung kämpfenden Bulgaren Sieger blieben. Um die Mittagsstunde versuchten die Serben bei Golubovci (Bratuskoselo) eine Umgehung des linken Bulgarischen Flügels .
Die Serben kämpften mit der
rühmenswertheſten
Tapferkeit und nahmen mit ſtürmender Hand das Dorf Breloſchnica, welches die Bulgaren erst Tags zuvor genommen hatten.
In diesem Dorf entſpann
sich ein furchtbares Handgemenge, indem beide Theile mit der größten Wuth und Erbitterung kämpften.
Abermals mußten sich die Bulgaren nach dem
Dorfe Wojnischkowo zurückziehen, und vielleicht würde das Gefecht hier einen ungünſtigen Ausgang genommen haben, wenn nicht rechtzeitig ein Freiwilligen Bataillon auf dem Kampfplay erschienen wäre. Ihrem Bajonnet - Angriff konnten die Serben nicht widerstehen, das Dorf wurde wieder genommen, die anderen Truppen rückten vor und bald gingen auch hier die Bulgaren in die Offensive über. weiter fort,
Der linke Flügel sezte indessen die Vorwärtsbewegung nicht
auch das Centrum
rückte nur unbedeutend vor,
Flügel drängte die Serben bis auf 8 Kilometer zurück.
nur der rechte
Der heftigste Kampf
hatte hier bei dem 35. Kilometer der im Bau begriffenen Eisenbahnstrecke Sofia Zaribrod stattgefunden.
An dieser Stelle hatten die Serben schon Tags
zuvor die auf den Anhöhen liegenden Arbeiter-Baracken beseßt
und von hier
aus über Opii-Zwict eine Umgehung der Bulgarischen Stellung bei Elivnica
239
versucht.
Von dem genannten Opii-Zwict aus griffen sie am 19. die nord
westlich von diesem Ort poſtirten drei Bulgarischen Bataillone und befindliche Batterie an.
die dort
Troß des von der Ueberzahl des Feindes auf sie ge
richteten mörderischen Feuers hielten
die Bulgaren
bis Mittag in ihren
Stellungen aus, um welche Zeit ihnen ein Bataillon und zwei Batterien zur Hilfe kamen.
Die Bulgaren gingen nunmehr zur Offensive über und griffen
mit großem Ungeſtüm die Stellung der Serben an . Zweimal zurückgeschlagen, gelang es den Bulgaren erst in dem dritter Ansturm, sich in den genommenen Positionen zu behaupten und die Serben auf die Anhöhen zurückzuwerfen.
von Tri Uschi
Aber auch hier war ihres Bleibens nicht, da die Bulgarischen
Projektile auf den kahlen Felsen einen weiten Spielraum hatten und furcht bare Verwüstungen
in den dichten Reihen der Serben
anrichteten .
Man
hatte sich hier auf beiden Seiten mit größter Bravour geschlagen . einem Bulgarischen Bataillon
waren
fähig und man wird nicht fehlgehen, wenn in
man die beiderseitigen Verluſte
runder Summe mit 4000 Mann beziffert.
4 Feld- und 4 Gebirgsgeschüße.
Von
am Abend nur noch 20 Mann kampf
Kapitän
Die Bulgaren erbeuteten
Marinow,
Flügeladjutant
des
Fürsten Alexander, wurde an der Seite des Fürsten schwer verwundet ; starb nach beendigtem Feldzug an den Folgen der hier
er
erhaltenen Wunde.
Die Serben zogen sich auf die dem Bulgarischen Centrum gegenüberliegenden Höhen, links von Dragoman zurück, wodurch diese wichtige Straße in die Hände der Bulgaren fiel. -- Der Kommandant der Timok- Division erhielt am 19. die Nachricht von Belogradcik
von der retrogaden Bewegung seines
auf Salas, sowie die bei Weitem
von den Ereignissen bei Slivnica.
rechten Flügels
unheilvollere Botschaft
Er stellte daher den beabsichtigten Vor
marsch nach Lom -Palanka ein und beschloß, sich nach Norden zu wenden, um sich in den Besiß von Widdin zu ſeßen. König Milan hatte an diesem Tage in weiser Vorsicht sein Hauptquartier von Pirot landeinwärts Bela Palanka,
etwa
70 Kilometer vom
Dragoman - Paß
nach
verlegt.
Fürst
Alexander von Bulgarien biwakirte in der Centrumstellung seiner
Armee.
--
240
Literatur .
Friedrich der Große als Kronprinz. der Universität Berlin . Buchhandlung 1886.
Von Reinhold Koser, a . o . Profeſſor an Stuttgart,
Verlag der J. G. Cotta'schen
(Mk. 4, elegant gebunden Mk. 5) .
Wenn Kronprinz Friedrich in einer Randglosse zum Montesquieu'schen Römer buche äußert : es sei gewiß, daß alle Ereigniſſe ihre Gründe in dem Vorangegangenen hätten - so gilt dieser Ausspruch für die Geschichte der Nationen und nicht minder für die Schicksale einzelner Persönlichkeiten. Eine umfassende wiſſenſchaftliche Biographie Friedrichs des Großen erheischt zuvörderst : genaue Schilderung der Jugenderlebnisse dieses Monarchen ; denn Vieles in Friedrichs Königsthaten und in seinen schriftstellerischen Kundgebungen findet zufolge näherer Bekanntſchaft mit Friedrichs Kronprinzenzeit erst die richtige Deutung. Das Beiſpiel und die Strenge seines Vaters festigten Friedrich für den kate gorischen Imperativ der Pflichterfüllung.
Freiwillig aber arbeitete der wissens
durstige Königssohn in seinen Rheinsberger Mußestunden mit dem Eifer eines Benedictinermönchs . Ebenso wie Friedrich sich die Fürstendevise „ Le devoir c'est mon guide“ wählte, ebenso verharrte er bei dem Grundsay : Studiren heißt leben.*) Aus einer "1 Schule der Widerwärtigkeiten" und nach tausend Aergerniſſen" trat Friedrich (1736) in ein Tusculanum. d'étude. "
„Remusberg est une retraite, un lien
Hier, während seines ersten „ Lebensjahres “ , empfand er, daß auf innerer
Zufriedenheit das wahre Glück beruhe ; und deshalb nannte er Rheinsberg sein Sans-Souci. ** ) Sechsundvierzig Jahre lang ist König Friedrich seines Staates Heeres Seele gewesen.
und seine
Ueberaus intereſſant dünkt uns also der Rückblick auf
diejenige Zeit, in welcher die Größe dieses philosophischen Monarchen ihren Ur sprung nahm. Als Beitrag für die nahebevorstehende Sekularerinnerung an des großen Königs Heimgang entstand das Koſer'ſche Kronprinzenbuch.
Die kurze Vorrede wurde auf
*) Vgl. Oeuvres T. XXII , 4 ; T. XXVIII, 153 u. 154 ; T. XXIX, 94 ; T. XIX, 202 u. 358 ; T. IX, 171 u. f. - De Catt Tageb. S. 362, d . 7. Septbr. 1758. Lucchesini Tageb. v. 15. Juni 1783. Milit. Wochenbl. 1874 Nr. 8. N. Mil . Blätter 1875, Heft I, S. 1 bis 12. **) Kronprinzliche Briefe an den Prinzen v . Oranien (d . 2. Febr. 1740), an Feldm. v. Grumbkow (2. Okt. 1736 u. 24. März 1737) und an den Grafen • zu Schaumburg-Lippe, d. 29. Jan. 1739.
241
den 31. Mai datirt ; der Tag der Thronbesteigung Friedrichs II. Sämmtliche Noten sind hinten angefügt. Der Tert ist in 6 Kapitel gegliedert. ―― Eine dem Geschichtsstudium unentbehrliche, sowie auch zum Lesegenuß empfehlenswerthe, sehr gediegene Friedrichs-Monographie. Berlin , Mitte Juli 1886.
Gr. L.
Aus der schon oft von uns erwähnten, bei Charles Lavauzelle in Paris erſcheinenden „ Petite bibliothèque de l'armée française " heben wir heute 3 der elegant und geschmackvoll ausgestatteten handlichen Büchlein hervor : 1 ) L'armée ottomane contemporaine , par Ch. Le Brun Renaud. Die Arbeit, ein Seitenstück zu der bereits bearbeiteten deutſchen, russischen, italienischen, belgischen, englischen und schweizerischen Armee -, ist ent ſprechend allen diesen gefertigt. Nach einem geschichtlichen Abrisse und einer kurzen Darstellung der phyſiſchen, militäriſchen und politiſchen Geographie der Turkei folgt : Reorganisation der Armee, Oberbefehl, Kriegsministerium,
und dann, stets in
gedrängtester Kürze - das Wissenswertheſte über Heerwesen und Heer. Ueberall sind die wesentlichsten Reformvorschläge der deutschen Kommiſſion" die Namen Kähler, Golz 2c. sind auch aufgeführt, - an den entsprechenden Stellen erwähnt ; geſagt ist, daß der Reformplan noch in den erſten Anfängen der Ausführung ſteckt wegen der bedeutenden Koſten und Umwälzungen, die er im Gefolge hat. Dem türkischen Soldaten werden mit Recht hohe militärische Tugenden nach -gerühmt. Das Gesammturtheil über die ottomanische Armee lautet günstig, wie es uns scheinen will, zu günstig ! 2) La cavalerie de seconde ligne , en France et à l'étranger. Kein Reglement bestimmi genau die Arbeit, welche die Kavallerie der Territorial Armee während der 13 tägigen Mobiliſirungs-Periode zu leisten hat.
Wenn ich
aber an die schrecklichen Jahre 1870 und 1871 denke und die Fortschritte der Kriegs kunst in Betracht ziehe, scheint es mir dringend nöthig, daß der Reiter, der Unter offizier und selbst der Offizier genau unterrichtet werden über ihre Pflichten und Obliegenheiten während der Mobilmachung .
Dies ist
der Hauptzweck meines
Werkes, dessen Studium, hoffe ich, unserer Kavallerie zweiter Linie nüßen soll. " So die Vorrede. Der Verfasser entwirft einen genauen Plan für die einzelnen Tage, in Betreff der Einkleidung, Inſtruktion, praktiſchen Uebung 2c. Sodann werden eine Menge von Winken und Daten beigebracht, die der Territorial- Armee von Werth sein müſſen ; u . a. über Dreſſur und Belastung des franzöſiſchen Ka valleriepferdes, von der Reiterei zurückzulegende Entfernungen u . s. f. Bemerkenswerth ist der Stoßseufzer über die vielfach nachlässig und ungeschickt betriebenen Felddienst Uebungen der franzöſiſchen Kavallerie.
Den Schluß macht eine Studie über die
österreichisch-ungarische, deutsche, russische, italienische und spanische Reiterei. 3) Méthode d'enseignement pour l'instrution du soldat et de la compagnie , par J. Bailly.
Das ist ein für deutsche Infanterie-Offiziere
hoch interessantes Büchlein ! Es enthält etwa das, was bei uns : Neue Milit. Blätter. 1886. September-Heft. 16
Müller :
242
-
Campe : " Ausbildung der Kompagnie im Felddienst“ .
„Kompagniedienst“,
Der
Verfasser läßt uns durch seine hübsch abgefaßte klare Darstellung erkennen, wie rationell die Ausbildung des Individuums und der Kompagnie bei der franzöſiſchen Infanterie vor sich geht und wie dieselbe in ihren hauptsächlichsten Ausgangs- und Zielpunkten und Wegen übereinstimmt mit der deutschen Infanterie und deren Ausbildungs Handbuch für den Kompagnie-Chef" ein methode. Darum sei das Bailly'sche Gegenstand genauer Prüfung Seitens unserer Infanterie-Offiziere : wir lernen aus demselben die französische Hauptwaffe zu gutem Theile kennen ! Nach dem „In= ſtruktions - Programm" wird im ersten Theile abgehandelt : Kapitel I:
Stuben - Instruktion des Soldaten" und zwar 1) Die
Lehren über Stuben- und Spindenordnung, Eintheilung und Abzeichen der Vorge ſeßten, Honneurs, Kompetenzen, Pflichten 2c .
siehe Waldersee und Transfeldt ;
2) Unterricht der Analphabeten im Lesen und Schreiben ; 3) Vorübungen für das Schießen ; - Kapitel II : 1 ) Gymnaſtik ; 2) Exerzier- Ausbildung des Sol daten; 3) Vorbereitende Uebungen im Terrain ; 4) Garniſondienſt. Der nach Umfang und Bedeutung viel wichtigere zweite Theil behandelt im Kapitel I : „Die Ausbildung der Kompagnie ohne Rücksicht auf Terrain und lokale Verhältnisse ." Und zwar werden besprochen : Märsche und Bewegungen in geschlossener Ordnung ; - Vorpostendienst ; ―― Marschdienst und Marschsicherungs Ausbildung zum Gefecht. - Das Kapitel II über die Hälfte dienst ; des Buches umfassend
bespricht die Anwendung des im Kapitel I Erlernten
im Terrain , unter bestimmten kriegsmäßigen Annahmen , mit einem supponirten , markirten oder vollständigen Gegner. vor unseren Augen der ganze Krokis gelehrt
Hier entrollt sich
Gefechtsapparat : an 8 konkreten, mit zahlreichen
erläuterten Beispielen wird applikatorisch das Verhalten einer Kompagnie sowohl der angreifenden, wie der vertheidigenden
- : wir erfahren
General- und Spezialidee, Terrainbeschreibung, Erwägungen des Kompagnieführers und deſſen Befehle und Anordnungen im Wortlaute, die Ausführung der Befehle, den Verlauf des Gefechtes ; zum Schluſſe jedesmal zuſammenfassende, chronologisch geordnete Hervorhebung der wichtigsten Gesichtspunkte.
Je ein Beispiel behandelt
den Vorposten ; den Marschsicherungsdienst ; Kampf im übersichtlichen Terrain ; An griff und Vertheidigung eines Defilees ; eines Gehölzes ; einer Ortſchaft ; Kampf gegen Kavallerie ; gegen Artillerie. Die Stellung und Löſung der ganz einfach gehaltenen, kriegsmäßigen Gefechts aufgaben können wir ruhig annehmen.
Die Befehle aber des Kompagnie-Führers
sind meistens so langathmig und ordnen die geringfügigſten und ſelbſtverſtändlichſten Details an, daß man zu dem Schluſſe kommt : den Unterführern, Lieutenants und Unteroffizieren fehlt entweder jegliche Initiative und Selbstständigkeit oder jede Umſicht und Sachkenntniß : jedenfalls ein bedenklicher Mangel für den Ernstfall. 130 .
-
243
Sprachliche Unterrichts-Briefe für das Selbst-Studium nach der Methode Toussaint Langenscheidt. Italienisch. Bearbeitet von Prof. Buonaventura und Dr. phil. Alb. Schmidt. Bei E. 2. Morgenstern in Leipzig. Für unseren Leserkreis auseinanderzuseßen, daß und warum das Studium fremder, besonders lebender Sprachen geistfördernd und der Karriere unter Umständen nüßlich ist ; daß die Touſſaint-Langenscheidt'sche Methode das beste und billigſte Mittel ist zur Erlernung der fremden Sprachen - das hieße der Liebe Mühe vergeuden. Auch dürfte es keinem unserer Leser unbekannt sein, daß die italienische Sprache fich an Wohllaut und Eleganz mit jeder anderen messen kann, daß bei ihrer Er lernung in nicht zu unterschäßender Weise die uns Allen (wenn auch in verschie denem Umfange) zur Verfügung stehenden Kenntnisse des Lateinischen uns zu Statten kommen. Den Kameraden aber, die das Italienische erlernen wollen oder auch schon Fortschritte in dieser Sprache gemacht haben, sei der Rath ertheilt, die in vierter Auflage nunmehr erschienenen Schmidt-Buonaventura'ſchen Unterrichts briefe, welche ein hervorragendes Lehimittel bilden, gründlich durchzuarbeiten solche Arbeit ist ein Genuß an sich. - Der uns zugesandte erste Kursus, 20 Briefe umfaſſend, fördert den Lernenden bis zu dem Punkte, wo ihm ein eingehenderes Studium des eigentlichen Kernes der Sprache zur Möglichkeit wird ; er beschäftigt fich hauptsächlich mit den gewöhnlichen Regeln der Grammatik, es bleibt Auf gabe des zweiten Kursus, insbesondere die Literatur der italienischen Sprache in seinen Bereich zu ziehen. Die ersten zwanzig, in elegantem Karton vorliegenden Briefe kosten 10 Mark ; ein verschwindend geringer Preis im Vergleich zu dem für Unterrichtsstunden zu zahlenden Honorar, - ganz abgesehen davon, daß die Mehrzahl unserer Garnisonen 6. kaum einen tüchtigen Lehrer des Italienischen aufweisen wird .
3wei Jahre im Sattel und am Feinde.
Erinnerungen aus dem Unabhängig
keitskriege der Konföderirten, von Heros von Borcke, ehemals Stabs Chef des General J. E. B. Stuart. Zweite, mit einem Nachtrage „Zwanzig Jahre später“ vermehrte Auflage. Zwei Bände mit zwei Porträts und einer Karte. Berlin 1886. E. S. Mittler & Sohn . Diese " Memoirs" , 1866 in England erschienen, vom Major Kähler überset vor nunmehr 10 Jahren, haben sich im Fluge ihr Publikum erobert und in der That, es schwebt um diese einfachen Schilderungen aus einer bewegten Reiter zeit ein eigenthümlicher Reiz : der südstaatliche Stabschef hat Etwas erlebt und ver ſteht es, das zu erzählen. Und obenein intereſſirt uns das Fernabliegende, der fremde Erdtheil, die abenteuerliche Beimischung an den Kriegszügen ; es ist eine Schrift für alte und junge Soldaten, aber auch für alte und junge Civilisten : naturgemäß betrachtet der Kavallerist sie als eine eigens für ihn erzählte. Da war denn eine zweite Auflage nöthig und dieser ist angefügt die Schilderung eines Besuches, den 20 Jahre nach dem großen Kriege der Herr Verfaſſer ſeinen Waffen gefährten drüben abgestattet hat. Er hat es erfahren und bethätigt es uns, „ wie 16*
-
244
―
die Bewohner der sonnigen Südstaaten der amerikanischen Union nicht zu kämpfen allein verstanden, sondern wie sie auch Waffenbrüderschaft und Freundschaft hoch und in Ehren zu halten wiſſen mit einer Treue ohne Gleichen. “ . . .
Und dann
fühlen wir uns gedrungen und erfüllen damit an dieser Stelle eine Pflicht der Anerkennung und der Dankbarkeit gegen den Soldaten,
den Kameraden, den
Militärſchriftsteller, deſſen wir seit 15 Jahren oft in unserer Zeitſchrift Erwähnung gethan haben
, wir fühlen uns gedrungen zur Wiedergabe des Nachrufes, den
Heros von Borde im Vorwort zur zweiten Auflage seiner " Erinnerungen" seinem Uebersezer widmet : . . .
,, es erreicht mich die ebenso überraschende wie betrübende
Kunde von dem Hinſcheiden des Generals Kaehler im fernen Orient, wo er gegen Schwierigkeiten, die er nicht zu bewältigen vermochte, die reichen Erfahrungen seines Lebens, sein Wissen und seine Begeisterung für die Kavallerie einseßte. Kaehler war ein Mann von viel Geist, von viel Gemüth und von einer jo glühenden Passion für die von ihm gewählte Waffe, wie sie selten im Leben mir vorgekommen ist.
Ein braves, schneidiges Reiterherz hat mit dem ſeinen zu schlagen aufgehört
und jeder, der ihn genau kannte, wird mit mir es beklagen, daß ein zu früher Tod seiner so thatkräftigen Laufbahn ein jähes Ende sezte . Dazu sagen wir Ja und Amen!
Friede seiner Asche !" 131 .
Der K. K. österreichiſche Feldmarschall Fürſt Windisch-Gräk.
Eine Lebens - Skizze.
Aus den Papieren eines Zeitgenossen der Sturm-Jahre 1848 und 1849.
Berlin 1886.
Verlag von Richard Wilhelmi.
Der Feldmarschall Fürſt Windisch-Gräß gehört nicht nur der österreichiſchen, er gehört der europäischen Geschichte an - und so kann es nicht befremden, daß diese Lebens- Skizze in einem Berliner Verlage erscheint.
Der " Zeitgenosse ", der
einen höchſt ſchäßenswerthen Beitrag zur Geschichte der Sturmjahre 1848 und 1849 geliefert hat, meint sehr richtig, daß eine eigentliche Biographie des Feldmarschalls sich erst mit dem Eintritt einer späteren Epoche schreiben und veröffentlichen laſſe, ― welche die ganze, die volle und rücksichtslose Wahrheit auszusprechen gestattet und in welcher das überall zerstreute Material vollständig zusammengetragen und scharf gesichtet sein wird.
Es unterliegt aber keinem Zweifel, daß die Lebens
Skizze, die den Stempel der Wahrheit in ihren Zügen trägt, zu wesentlichem Theile jezt schon der zukünftigen " Biographie" vorarbeitet, daß sie das Andenken an den nun seit nahe einem Viertel-Jahrhundert dahingeschiedenen Feldmarschall bei seinen Freunden und Verehrern neu belebt, und zur Aufklärung und Berichtigung der von der Partei-Leidenschaft seiner Gegner verbreiteten irrthümlichen Anschauungen das Ihrige endlich beiträgt !
Mancher Makel und Flecken, mit dem nach allgemeiner
oder meistverbreiteter Ansicht der Marschall behaftet war, erbleicht oder verschwindet unter der Behandlung des
Zeitgenossen “ und ſtrahlend treten viele Tugenden des
Soldaten, des Patrioten, des Menschen hervor.
Bedeutend aber muß der Mann
gewesen sein, dem am Tage nach seinem Hinscheiden, am 22. März 1862, der, einer andern politischen Richtung angehörende Präsident des österreichischen Herren
245
hauses, Fürst Karl Auersperg, einen warmen und ehrenden, mit Begeisterung auf genommenen Nachruf widmete : „ Es giebt Persönlichkeiten, welche von der Vorsehung bestimmt sind, in der Wagschale der staatlichen Geschicke ganz besonders schwer zu wiegen ; das Gewicht ihrer Thatkraft wird für die Abwehr von Gefahren, für das Gedeihen des Vaterlandes mit immer gleich günstigem Erfolge eingeseßt. Fürst Windisch-Gräß war eine solche Persönlichkeit ...
Des Hauses Habsburg legitimer
Thron steht als ruhmvolles Denkmal seines thatenreichen Lebens .
Das Kaiserthum
Desterreich schuldet dem verklärten Fürsten seine Wiedergeburt und die Wohlthat sozialer Ordnung . . . ." Gewiß wird diese Lebens- Skizze auch die Gegner des Feldmarschalls zu Ver öffentlichungen reizen und wir können hoffen, daß aus dem zu erwartenden Streite manche allgemein-wichtige Aufschlüsse für die Revolutionsjahre sich ergeben werden. 128. Der Feldzug von 1800 in Deutschland.
Mit besonderer Bezugnahme auf den
Antheil der bayerischen Truppen bearbeitet von Heilmann, General lieutenant z . D.
Berlin
Dieser Separat-Abdruck aus den
1886.
Verlag von Richard Wilhelmi .
Jahrbüchern für die Armee und Marine"
bringt eingehende Mittheilungen über den Feldzug 1800, insbesondere über die Thätigkeit der vermittelst engliſchen Geldes aufgestellten bayerischen Truppen, der Subsidien-Division unter Generallieutenant von Zweibrücken, der Kontingents -Bri gade unter Generalmajor von Bartels, der Detachements am Lech, des Landesver theidigungs-Korps unter Herzog Wilhelm in Bayern. Die Beilagen enthalten das Marschtableau der Subsidien-Division aus dem Desterreichischen in die Oberpfalz (30. Dezember 1800 bis 15. Januar 1801) und die Dislokation der bayerischen Als Ergebniß des Feldzuges für Bayern Armee im Februar und März 1801. zählt, unter andern, der bayerische Staatsminister Graf Montpelas in seinen Memoiren (Manuskript) auf : „Der gute Ruf des bayerischen Kriegsheeres, der in den lezten Regierungsjahren Karl Theodors so sehr gelitten hatte, fand sich voll 128. kommen wiederhergestellt . "
Der Kompagnie Dienst.
Ein Handbuch für den Kompagnie- Chef im inneren
und äußeren Dienst der Kompagnie. Bearbeitet von Müller, Major und Bataillons -Kommandeur im 6. Badischen Infanterie-Regiment Nr. 114. Vierte verbesserte Auflage. Mit Holzschnitten im Terte . Berlin 1886. E. S. Mittler & Sohn. Wir haben diefem, bei seinem Eintritt in die Deffentlichkeit mannichfach ange fochtenen Buche von Anbeginn an unsere Zuneigung geschenkt und derselben wieder holt Ausdruck gegeben.*) Und so sprechen wir unsere Freude über die verbeſſerte vierte Auflage des Handbuches aus, das vielen Kameraden ――― wir wissen es ! ein zuverlässiger und willkommener Rathgeber gewesen ist, wenn sie zumal aus der *) Oktoberheft 1875 und Januarheft 1878 unſerer Zeitſchrift.
246 geschonten Luft der höheren Adjutantur und angrenzender, etwas unfehlbar ange hauchter Regionen in die rauhe Temperatur des Frontdienstes, der Montirungs kammern u . s . w. versezt wurden.
Zur Empfehlung des Müller'schen Buches
brauchen wir unſererseits alſo nichts Besonderes hervorzuheben ; wir bringen einige thatsächliche Irrthümer dagegen zur Sprache, die uns bei flüchtiger Durchsicht aufgestoßen sind, indem wir selbstredend auf Feststellung und Geltendmachung ab weichender Anschauungen hier verzichten. Daß der „ Einstellungstermin der Rekruten meist Anfang Dezember" ſei, iſt ein Irrthum . Wenn S. 37 gesagt wird:
Schnellfeuer, gleich dem Schüßenfeuer, nur daß
eine größere Anzahl von Patronen bestimmt wird" - und wenn es weiter S. 44 heißt: " Standvifir, 5 Patronen Schnellfeuer“, so liegt hier eine Verkennung des Wesens des Schnellfeuers vor und ein direkter Verstoß gegen Absicht und Lehre der Schieß-Instruktion von 1884, welche für die Leitung des Schüßenfeuers die Bestimmung der Anzahl der pro Kopf zu verschießenden Patronen (soweit das Mittel noch wirksam genug iſt zur Herbeiführung von Feuerpausen) befiehlt, eine gleiche Bestimmung aber in Betreff des Schnellfeuers wohlweislich unterläßt.*) Für das Karree lehrt Major Müller, daß das Kavallerie - Visir, kleine ---- im entschiedenen Widerspruche zur neuen Schieß Klappe , zu nehmen sei “, Instruktion, die unter " Anwendung der Visire" auf Beilage H 3, jedem Visir innerhalb seines Wirkungsbereiches die Anwendung gegen jedes Ziel zuweiſt und als einzige Ausnahme gestattet (!), gegen anreitende Kavallerie die kleine Klappe während ſelbſtverſtändlich die auch im Bereiche des Standvisirs beizubehalten, Verwendung des leßteren in dieſem Bereiche entschieden günſtiger ſein würde.*) ,,Bei sprungweiſem Vorgehen dürfte es rathſam erscheinen, die Viſire vor dem Sprung von der betreffenden Abtheilung gleich mit Rücksicht auf die zurückzulegende Entfernung stellen zu lassen, damit die Leute, in der neuen Position angekommen, ſofort feuern können. “
(S. 116).
Diese allgemeine Lehre, die für seltene, einzelne
Fälle zutreffen mag, entbehrt jeglicher Unterstützung durch die Schieß-Instruktion und muß energiſch bekämpft werden. Selbst wenn sich durch genaue Schäßung der zurückzulegenden Strecke vermittelst der Subtraktion das Visir für die neue Position feststellen ließe, wer sagt denn, daß, in der neuen Position angelangt, man noch denselben Feind in derselben Stellung und Haltung sich gegenüber hat, wie vor dem Sprunge, - und nicht etwa einen neuen Feind, ――― daß man in der neuen Position nicht bald erkennt, wie man bisher die Entfernung aus irgend welchen Gründen falsch geschäßt und demgemäß bisher ein falsches Visir ange wendet hat u. s. f. Genug der Ausstellungen, die der Brauchbarkeit des Buches im Ganzen keinen 130. Eintrag thun.
*) Siehe darüber unsere im Jahre 1885 in dieser Zeitschrift veröffentlichten Auffäße : "1 Was hat uns die neue Schieß - Instruktion gebracht ? “
-
Eine Beschreibung des Feldzuges
247
→→
von 1884.
Frankreich und
Tonkin,
Schilderungen von Land und Leuten, von J. G. Scott. W. Rudow. Ilfeld am Harz 1886 . einer Karte.
nebst
Deutsch von
Verlag von Chr. Fulda.
Mit
Tonkin ist ein Name, der in neuester Zeit außerhalb wie innerhalb Frankreichs viel genannt worden ist und werden wird : den Franzosen klingt der Name recht häßlich, denn er erinnert sie an bedeutende Opfer an Menschenleben und Geld, die gebracht sind und noch zu bringen sind, - an zweifelhaften politischen Erfolg und Kriegsruhm... Die sehr fließende Uebersetzung - oder richtiger: Umarbeitung, welche Herr Rudow der englischen Originalerzählung des Feldzuges von 1884 und der Besehung Hinterindiens hat angedeihen lassen, giebt ein anziehendes Bild des eigenartigen Volkes und der Schwierigkeiten, die sich dem europäischen Heere auch in Bewältigung von Land und Klima entgegenstellen . vollständig .
Die Karte ist sehr gut und 129.
Taktische Untersuchungen über neue Formen der Befestigungskunst.
Von K. von
Sauer, Kgl. bayer. Generalmajor, Kommandant der Festung Germers heim a. Rh.
Berlin 1885.
Verlag von Richard Wilhelmi.
Im Septemberheft 1885 unseres Journals ist desselben Herrn
Verfaſſers
unlängst erschienenes Werk „ Ueber Angriff und Vertheidigung fester Pläße “ einer durchaus anerkennenden Beurtheilung unterzogen.
Zu unserer Freude hat der
General von Sauer, im Anſchluſſe an seine taktiſchen Leiſtungen in jenem Werke, bald nach diesem eine Arbeit veröffentlicht, die in positiver Weise seine Ansichten über die Zukunftsbefestigung" darbietet. Die Schrift ein Separatabdruck aus den " Jahrbüchern für die deutsche Armee und Marine" --- wir nicht verfehlen, Aufsehen zu erregen, da sie allerdings den gegenwärtigen Formen der Befestigungs kunst scharf zu Leibe geht und ganz anders geartete Vorschläge auf den Plan bringt. oder
Die fesselnde Darlegung und Begründung ist keineswegs eine ausschließlich auch nur vorwiegend technische, auf die „ vierte Waffe" Scherff's berechnete,
ſondern durchaus auf taktischen , allen Offizieren eo ipso verſtändlichen Grund ſägen aufgebaut und auf taktische Endziele hinauslaufend.
Der Vorschlag des
Herrn Verfassers geht im Wesentlichen dahin, statt des Gürtels von Forts den Festungskern zu umgeben mit einem Gürtel von Panzerthürmen ,
zwei,
auch wohl drei, vielleicht schachbrettförmig geordnete Reihen von Panzerthürmen. hinter einander anzulegen. Geringere Verwundbarkeit gegen das Geſchüßfeuer des Angreifers, beſſere Aus nuzung des Terrains in ausreichender Entfernung vom Festungskern, geringere Be sagungsstärke, größere Billigkeit u . a. Vortheile mehr führt der Herr Verfaſſer für seinen Vorschlag an, der einer gründlichen Erörterung werth ist und derselben ge 127. wißlich theilhaftig werden wird.
--
Kleine
248
―――
Mittheilungen.
Desterreich. Ueber die rehabilitirte Blouse schreibt die „ Militär Zeitung “ : „ Als vor einigen Monaten die Dragoner und Ulanen mit Pelzen be glückt und der Blouse beraubt wurden, ebenso wie die Generale und Generalſtäbler, galt in der Armee die Abschaffung der Blouse im Allgemeinen als beschlossene Thatsache. Das Schönheitsprinzip sollte über das Bequemlichkeitsprinzip siegen , und dieser Sieg - so meinte man schon sollte ein sehr vollſtändiger ſein und der Armeeblouse ein für allemal den Garaus machen.
So schlimm ist es indeß
nicht ausgefallen – im Gegentheile, die Blouſe iſt, wenn auch in etwas veränderter Form, wieder in ihre Rechte eingesetzt worden, selbst der General und Generalſtäbler darf unter gewiſſen Umständen dem Bequemlichkeitsprinzipe huldigen, und der Dra goner wie Ulanen-Offizier hat nach wie vor seine Verwendung für die halbgeächtete und doch so lieb gewordene Blouſe ! Der Kaiser hat nämlich - laut "I Normalv .-Bl. " bewilligt, daß die Blouſe in verbesserter Form, von der Generalität, von den General- und Flügeladjutanten, von den in der Militärkanzlei angeſtellten Stabs und Oberoffizieren, dann von den Stabs- und Oberoffizieren des Generalſtabskorps, bei nachstehend angeführten Gelegenheiten auch weiterhin getragen werden kann, und zwar
im Bureaudienste, bei Generalstabs-, Rekognoszirungs- und_tak
tiſchen Uebungsreiſen, bei der Militär-Aufnahme und bei geodätiſchen Arbeiten im Freien, endlich während eines Urlaubes auf dem Lande.
Bei denselben Anläſſen,
sowie im kleinen Dienste innerhalb der Kaserne und auf den Reitschulen ist ferner das Tragen der Blouse den Offizieren der Dragoner- und Ulanenregimenter eben falls gestattet.
Der neue Schnitt hat auch für die Blouse der Offiziere der übrigen
Truppen und Branchen, sowie für die Militär-Beamten in Anwendung zu kommen. Die neue Blouse wird aus Schafwollstoff erzeugt, hat wie bisher einen Stehkragen mit Paroli, der in seiner Form aufrecht erhalten wird, je eine Tasche auf jeder Brust
und Schoßseite und kann entweder mit Blousenstoff oder Pelz gefüttert
werden.
Die Blouse ist in die Taille geschnitten und hat keinen Zug."
- Die Luftschifffahrt im Dienste der Kriegskunst. Unter dieſem Titel veröffentlichte die " Straßburger Post" am 1. April als Aprilscherz aus der Feder eines launigen militärischen Mitarbeiters eine Beschreibung der neuen deutschen Luftflotte,
als deren bewegende Kraft ein von Moltke erfundenes,
Fluidum bezeichnet wurde.
mysteriöses
Heute lesen wir nun in dem genannten Blatte : „ Alle,
welche über die muntere Erzählung des militärischen Spaßvogels sich gefreut haben,
249
---
wird es deshalb wohl interessiren, heute zu vernehmen, daß diese Enthüllungen, welche man in Deutschland für einen Aprilscherz halten zu sollen glaubte, doch wohl einen tieferen Hintergrund haben müſſen und vielleicht sogar auf Wahrheit beruhen. Wenigstens sollte man dies glauben, wenn man die in St. Etienne erscheinende Zeitung „ Mémorial de la Loire " liest.
Dieses große, im Allgemeinen ganz gut
geleitete französische Provinzialblatt hat sich durch die wissenschaftliche Tunke, mit welcher der „ poisson d'Avril" servirt wurde, verleiten laſſen, den Scherz für Ernst zu nehmen und überrascht seine Leser mit einem gewaltigen Artikel : „ La flotte aérienne allemande. "
Er beginnt mit den Worten : „ Le correspondant militaire
de la „ Strassburger Post" dont nous avons parlé encore hier, raconte aujourd'hui que le secret de la flotte aérienne a été gardé en Allemagne aussi longtemps que cela paraissait nécessaire. "
Dann folgt die wortgetreue Uebersehung unseres
Artikels (auch die Hauptleute von Eul und Spiegel, der Oberstlieutenant von Wind heim und der Lieutenant Fun werden in gesperrter Schrift angeführt ! ) und der Schluß lautet : Il paraît qu'à l'occasion des manœuvres d'automne la flotte aérienne allemande planera au-dessus de Metz et ses environs. Les autorités de l'Alsace-Lorraine seraient invitées à un grand voyage aérien auquel se rattacherait un grand déjeûner pris entre la 27e et la 29e zone d'altitude . Nous aurions ainsi l'occasion de contempler ce spectacle. Wir glauben unsern französischen Kollegen die Nachricht nicht vorenthalten zu sollen, daß durch einen Spezialbefehl Moltke's die Abhaltung der Uebungen der Luftflotte bis zum 1. April 1887 verschoben worden ist. An diesem Tage aber werden die Uebungen bei Meß wirklich stattfinden . der berühmte „ Général Stab" betraut.
Mit der Leitung derselben ist
Ein kleiner Lufttorpedo wird dabei zur
Verfügung der Redaktion des „ Mémorial de la Loire" stehen, und die Hauptleute von Eul und Spiegel werden sich ein besonderes Vergnügen daraus machen, den militärischen Fachgelehrten des franzöſiſchen Blattes jede wünschenswerthe Aufklärung zu geben, trozdem die Haltung desselben gegenüber der deutschen Luftflotte nicht so freundlich ist, wie wir es wohl von unseren Nachbarn erwartet hatten. 99 Mémorial" schließt nämlich seinen Artikel mit den Ausrufen : „Quelles idées humanitaires" und " Malheur à la flotte aérienne allemande ! " Nun, liebes 99 Mémorial", so weit ist es noch nicht !
Das einzige Vergehen gegen die „idées humanitaires " ,
welches sich die Deutschen im vorliegenden Falle haben zu Schulden kommen laſſen, besteht darin, daß dasjenige Exemplar der " Straßburger Post", welches unsere Kollegen in St. Etienne zu lesen pflegen, nicht mit der besonderen Bezeichnung Wenn wir der Fassungskraft unserer sie den Aprilfisch auch ohne besondere daß hatten, zugetraut französischen Kollegen „ poisson d'Avril “
versehen worden ist.
Kennzeichnung an seinen Schuppen erkennen würden, so bitten wir für dieſe über triebene Anschauung von ihren militärischen und naturwiſſenſchaftlichen Kenntniſſen nachträglich höflichst um Entschuldigung . Sollten wir wieder einmal in die Lage
250
kommen, etwas Aehnliches zu verüben, so werden wir, um auch schwächeren Geistern eine Handhabe zum Verſtändniß zu bieten, nicht versäumen, den Artikel mit dem ausdrücklichen Zuſaße zu versehen : „ Dies soll ein Aprilscherz ſein!“ (,,Blätter für Kriegsverwaltung. ")
--Die Feld- Telegraphenparks Rußlands sind bestimmt für die Er richtung und Unterhaltung der Telegraphenlinien zwiſchen den Armeetheilen unter einander und zwischen diesen und dem Hauptquartier. Jeder Telegraphenpark ist für die Erbauung von 65 Werst (69-323 km) Linien beſtimmt und theilt sich in zwei Abtheilungen, jede mit zwei Stationen. Die Telegraphenparks gehören im Frieden in den Stand der Sappeur-Brigaden, im Kriege werden sie dem Stabs - Chef jenes Truppenkörpers untergeordnet, bei welchem sie eingetheilt sind . Der Stand an Mannschaft, Pferden , Fuhrwerken 2c. ist durch Tabellen fixirt. Material, Fuhrwerke werden im Frieden komplet vorräthig gehalten. Die Kommandanten der Telegraphenparks werden aus den Stabsoffizieren der Ingenieure allerhöchst bestimmt.
Die übrigen Offiziere bestimmt der General-In
spektor der Ingenieur-Truppen aus den Ingenieur-Offizieren . Um einen Vorrath an im Telegraphendienſt ausgebildeten Offizieren zu ge= winnen, werden (durch nicht länger als vier Wochen) den Telegraphenparks junge Offiziere zur Ausbildung
zugetheilt,
die dann
wieder zu den Sappeur- oder
Pontonnier-Bataillonen einzurücken haben. Die Mannschaft für die Telegraphenparks wird im Frieden von den Kom mandanten der Sappeur-Brigaden ausgewählt ; jene Leute, welche zu Telegraphiſten und Aufsehern (Mechanikern) herangebildet werden sollen, sind aus der Mannſchaft der Sappeur-Bataillone auszuwählen, u. zw . vorzugsweise jene derselben, welche des Lesens und Schreibens kundig sind oder vor dem Eintritte in die Armee auf kaiserlichen Telegraphen-Stationen oder solchen der Eisenbahnen gedient haben. Auch bei Auswahl der übrigen Mannschaft hat dies als Grundsah zu gelten. die Beim Uebergange auf den Kriegsfuß kompletirt sich die Mannschaft -Telegraphisten und Aufseher ausgenommen aus Leuten der Erfahreserve, welche in den Parks gedient haben ; reicht dies nicht aus, so werden über Anordnung des Hauptstabes Infanteristen der Ersazkörper herangezogen. Der Abgang von Telegraphisten und Aufsehern (Mechanikern) wird im Kriege vom Feldstabe der Armee, der Abgang an der übrigen Mannschaft wie bei allen übrigen Truppenkörpern gedeckt. Beim Uebertritte der Mannschaft in die Reserve ist der im Telegraphenweſen erlangte Grad der Ausbildung in den Listen vorzumerken . Der Park-Kommandant hat die Rechte eines detachirten Bataillons-Komman= danten.
Er leitet auch die Ausbildung der Mannschaft auf den Stationen des
kaiserlichen Telegraphen, falls Leute dorthin delegirt sind, und hat zu diesem Zwecke diese Stationen zweimal im Jahre zu inspiziren.
251 Der Park-Kommandant hat, um über alle Fortschritte und neuen Einführungen des Telegraphenwesens sich unterrichten zu können, freien Zutritt zur Station des kaiserlichen Telegraphen, die sich im Garnisonorte des Parks befindet . Zur Ausbildung werden Offiziere und Mannschaft der Verwaltung des faiser lichen Telegraphen zugetheilt ; die Stationen müſſen jedoch mit dem Standorte des Parks mittels Eisenbahn verbunden sein und dürfen nicht zu entfernt liegen. Während dieser Zutheilung sind die Leute bezüglich ihrer Ausbildung den Stations vorständen untergeordnet. Die Offiziere überwachen diesbezüglich die ihnen zuge wiesene Mannschaft. Der Adjutant des Parkes, zugleich Kaſſen-Offizier, überwacht die Ausbildung der Streitbaren, führt die Verwaltung und Verrechnung.
Die Streitbaren (Telegraphisten und Aufseher gehören nicht zu diesen) werden. im Telegraphenweſen nur im allgemeinen ausgebildet ; sie werden verwendet bei Instandhaltung des Materials und als Kadre für die Ausbildung der im Kriegs falle zuwachsenden Streitbaren. Zur Zeit der großen Uebungen der Sappeur-Brigaden werden die Telegraphen parks im Verbande mit anderen Truppen geschult und erprobt. Zu diesem Zwecke wird ein Drittel der gesammten Parkausrüstung zur Benüßung hinausgegeben . Die gesammte Ausrüstung wird jährlich nicht nur vom Kommandanten der betreffenden Sappeur-Brigade, ſondern auch vom Vorstande der galvanischen Ab theilung der Haupt-Ingenieur-Verwaltung, u. zw. auf Anordnung der letteren inspizirt. Für die Instandhaltung der gesammten Ausrüstung iſt ein jährliches Pauschale ausgeworfen.
Im Kriege erfolgt der Ersaß für die Ausrüstung aus Vorräthen,
welche beim Armee-Ingenieur-Chef gehalten werden .
( Art. u. Genie-Wesen. ")
Die pneumatische Dynamitkanone. - Die Resultate, welche man mit derselben bei Versuchen erreichte, die am 15. Oktober 1885 im Fort Lafayette vorgenommen wurden, waren sehr befriedigende, denn man war im Stande, mit dieser Kanone Geschoffe, welche eine bedeutende Füllung von Sprenggelatine ent hielten, auf eine Distanz von nahezu zwei Meilen zu werfen, ohne daß bei Abgabe des Schusses die Entzündung der Sprengladung stattgefunden hätte.
Die Kanone
besteht aus einem 18,3 m langen eisernen Rohre von 20,3 cm Kaliber, das von einer leichten, aber festen Rahmenlaffete geſtüßt und getragen wird. Das Rohr, welches eine Wandstärke von 38,07 mm besigßt, ist mit einem 1,58 mm dicken Messingzylinder überzogen. Die Laffete kann ſich mittels zweier, am rückwärtigen Ende befindlichen, auf einer Kreisschiene laufenden Räder um ein Mittelpivot be wegen.
Die Bewegung des Rohres in der Höhenrichtung wird durch einen Kolben
bewerkstelligt, dessen Zylinder die zum Betriebe erforderliche komprimirte Luft aus den unter der Laffete befindlichen Reservoirs erhält. Der Angriffspunkt des Kolbens befindet sich hinter den Schildzapfen der Kanone, welch leßtere Hintergewicht hat. Gehoben wird das Rohr durch Einlaſſen der komprimirten Luft in den Zylinder, beziehungsweise durch das Steigen des Kolbens, während durch das Deffnen eines
252
_____
Ventiles, welches die Luft im Zylinder langsam ausströmen läßt, das Senken des Rohres infolge seines Hintergewichtes erfolgt .
Auch die Seitenrichtung wird dem
Geſchüße auf pneumatiſchem Wege gegeben. Die zum Treiben des Geschosses nothwendige Luft gelangt durch ein Leitungs rohr zu einem der ausgehöhlten Schildzapfen und von da in eine Kammer, welche sich hinter der Geschoßkammer befindet.
Der Schildzapfen, durch den die Leitung
ſtattfindet, ist mit einem Ventil persehen, welches mittels eines Hebels von Hand aus geöffnet wird und sich automatisch wieder schließt, sobald das Geschoß die Rohrmündung erreicht hat. Die Luftreservoirs, acht an der Zahl, von denen jedes bei einer Länge von 6 m einen äußeren Durchmesser von 30 cm hat und aus 12,7 mm starkem Eisen hergestellt ist, enthalten eine genügende Menge Luft von 70 at Spannung, um damit sechs Schuß abgeben zu können.
Da die komprimirte Luft übrigens mittels
der Kompressionspumpe kontinuirlich nachgefüllt wird, findet keine Unterbrechung im Schießen statt.
Sämmtliche Bewegungen, welche zur Handhabung der Kanone
nothwendig sind, werden von einer hinter derselben befindlichen Plattform aus bewerkstelligt. Das Geschoß, ein Pfeilgeschoß von 12½ Kaliber Länge, beſteht aus zwei Theilen.
Den vorderen Theil bildet ein 1,02 m langer, hohler, metallener Zylinder,
welcher mit einem konisch geformten Kopfe von 0,31 m Länge versehen ist.
Der
rückwärtige Theil, ein 1,30 m langer Holzzylinder, dient lediglich zur Führung des Geschosses während seines Fluges . Die Aushöhlung des vorderen Zylinders ist mit 45,4 kg Sprenggelatine gefüllt ; in der Mitte dieser Masse ist eine kleine Quantität Dynamit und in dieſem wieder ein Kern von Knallquecksilber enthalten.
Um die
Explosion durch Konkuſſion ſicher bewirken zu können, ist im Geschoßkopfe eine gegen das Knallpräparat gekehrte Zündnadel eingeſeßt .
Im Falle das Geschoß sein
Ziel verfehlen sollte, ist die Einrichtung getroffen , daß die Exploſion troßdem auf elektrischem Wege herbeigeführt wird.
Zu diesem Zwecke sind im Geschoßboden
zwei mit einem elektrischen Zünder in Verbindung stehende Trockenelemente installirt ; ſobald das Geschoß, anstatt das Ziel zu treffen, durch das Wasser geht, wird in der Trockenbatterie ein Strom erzeugt, welcher die Explosion der Sprengmasse herbeiführt. Bei dem ersten Versuche am 15. Oktober versagte jedoch der elektrische Zünder und das Geschoß versank, ohne zur Explosion gebracht worden zu sein.
Es mußte
deshalb die elektrische Zündvorrichtung umgestaltet werden ; außerdem wurden auch am Geschoßschwanzstücke
einige
Aenderungen vorgenommen, indem man deſſen
Widerstandsfläche gegen die Luft vergrößerte und dadurch den Flug des Geschosses regelmäßiger zu gestalten versuchte. Am 28. November fand ein zweiter Versuch statt, bei welchem drei blinde und drei mit Sprenggelatine gefüllte Geschosse gegen das mehr als zwei Meilen ent fernte Ziel abgefeuert wurden.
Die erste scharf adjustirte Granate schlug vor dem
Ziele auf der Wasserfläche auf ; es fand jedoch abermals keine Explosion statt, und
253
zwar wegen der zu großen Steifheit eines Bleilappens im elektriſchen Zünder. Das nächste Projektil mit 22,7 kg Sprenggelatine traf den Wasserspiegel nach 22s Flugzeit knapp vor dem Ziele und explodirte nach dem Aufbrausen des Waſſers zu schließen am Meeresboden, der dort an 25 m tief ist. Das lezté Wurfgeschoß mit voller (45,4 kg) Sprengladung wurde unter geringer Elevation lancirt und warf beim Aufschlagen eine mächtige, fast 60 m hohe Wassersäule auf, welche in glitzernden Regenschauern herabfiel. Ergänzend zu diesem Berichte sei noch bemerkt, daß nach „Army and Navy Journal" die vom Artillerie-Departement vorgenommenen einschlägigen Schießver suche zu dem Beſchluſſe geführt haben, künftighin statt der bisher angewendeten Sprenggelatine eine solche zu erproben, welche durch Zusatz von Kampfer weniger empfindlich gegen Stoß und gleichförmiger in der Wirkung gemacht wird. (,,Seewesen“ nach „ Scientific American “ und „ Army and Navy Journal . ")
―
Beschießung der ersten in Rußland hergestellten Compound
Panzerplatte.
Im September 1885 wurde auf dem Schießplaße zu Ochta die
erste in den Marine-Hüttenwerken zu Kolpino aus russischem Materiale hergestellte Compoundplatte beſchoſſen, u . zw. mit vollkommen befriedigendem Reſultate. Die 600 Bud (9828 kg) schwere 23cm Platte war an eine 28 cm dicke Eichenholzlage befestigt.
Der Schuß wurde auf eine Entfernung von 107 m aus
einem 22.8cm Krupp'ſchen Geſchüße mit einer Ladung von 24.57 kg schwarzen Pulvers von 1.75 Dichte abgegeben.
Das 126 kg schwere Hartgußgeschoß der
Werchne-Udinsker Hütte traf mit einer Energie von 1080 mt auf, drang bloß durch die Stahllage und erzeugte nur einige oberflächliche Sprünge, von denen zwei bis an den Rand reichten.
Die Eindringungstiefe des Geschosses war nach dem Schuſſe
nicht sofort zu konstatiren, da die Geschoßspite stecken blieb und die Platte noch weiter beschossen werden soll.
( „ Mittheilungen aus dem Gebiete des Seeweſens . “)
― Ersaß des Kautschuks (Haug und Hoffmann).
Johann Jacob
Haug und Caspar Hoffmann stellen in neuester Zeit eine eigenthümliche Maſſe dar, welche mit Vortheil an Stelle von Kautschuk oder Guttapercha verwendet werden kann und vor dieſen Stoffen namentlich den Vortheil größerer Billigkeit voraus hat. Häute von Hasen, Kaninchen und anderen kleineren Thieren oder Abfälle dieſer Häute werden in Waffer gereinigt, in Kalkwasser oder auf sonst eine geeignete Weise enthaart und mit 5% Rohglycerin nebst möglichst wenig Waſſer in einem papiniſchen Topfe (Autoclaven) bis zur vollſtändigen Auflösung gekocht.
Es entsteht
eine dickflüssige zähe Masse, welche entweder auf Neßen in einem luftigen Raume getrocknet oder sofort weiter verarbeitet wird. Drei Gewichtstheile dieser Maſſe werden mit drei Gewichtstheilen Rohglycerin in einem Wasser- oder Dampfbade geschmolzen und dann ein Viertel Gewichtstheil einer konzentrirten Lösung von Chromkali oder doppeltchromſaurem Kali oder ſonſt einem lichtempfindlich machenden Salze zugefeßt .
Die flüſſige Maſſe wird in Formen
――
254
gegossen und unter Druck erstarren gelaſſen.
―
Nach dem Erstarren nimmt man die
Gegenstände aus den Formen und trocknet dieselben in einem dunklen, luftigen Raume. Die Verdunstung der überschüssigen Waſſertheile erfolgt im dunkeln Raume viel raſcher, wie in einem lichten, weil in legterem die äußere Oberfläche der Gegenstände unter dem Einflusse des Lichtes zu rasch unlöslich und hierdurch die Verdunstung der Wassertheile im Innern sehr behindert wird. Diese Masse ähnelt ganz außerordentlich dem vulkanisirten Kautschuk und hat vor demselben den Vortheil voraus, daß sie die Hiße viel besser verträgt, als dieser. Will man eine dem Hartgummi ähnliche Masse herstellen, so seht man der Maſſe etwas weniger Glycerin, aber etwas mehr Chromkali zu und trocknet dieselbe zwischen erwärmten und polirten Metallplatten unter Druck.
Eine intensive Glas
härte wird erzielt, wenn man die Gegenstände nach dem Trocknen in einer Chrom alaunlöſung badet und dann wieder trocknet ; der so hergestellte Hartgummi-Erſaß läßt sich sägen, schleifen und poliren. Soll derselbe Säuren widerstehen, so sezt man der Maſſe 30 %
in Alkohol
gelösten Gummilack zu. Durch Zusaß von Farben kann man, ähnlich wie bei dem Celluloïd, Imi
tationen von Korallen, Malachit u. dgl. erzielen. Soll die Maffe für Gegenstände verwendet werden, welche bei großer Elaſti zität hohen Druck auszuhalten haben, wie Eisenbahnpuffer, Radbandagen u. dgl., ſo nimmt man nur einen Theil Rohglycerin und mengt drei Viertel Gewichtstheile Korkschrot unter die Masse. Zur Herstellung einer Masse zum Imprägniren bezw. Ueberziehen von Stoffen, um dieſelben waſſerdicht zu machen, ſezt man der Maſſe etwa ein Viertel Gewichts theil Ochsengalle zu und versezt mit so viel weichem Wasser, daß sie die Konsistenz von dickflüssigem Del erhält ; von Chromkali nimmt man hier etwa ein Viertel Ge wichtstheil. Die so erhaltene dickflüssige Masse wird in einen doppelwandigen, durch Dampf geheizten Behälter gefüllt, in welchem eine drehbare Walze angebracht iſt ; unter diese Walze wird der zu imprägnirende Stoff geführt.
Ein auf solche Weise be
handelter Stoff ist nicht nur wasserdicht, sondern wird auch in der Hiße nicht flebrig.
(,,Desterreichisch-ungarisches Patentblatt. “)
I.
Fig. 1.
k f
Al th e l
~ w
Fig. 3. w
a
B.
b
Y
B St.II.
PH C E R E 2
Tafel II.
68cm
30
10
20
0
10
20
30cm 40cm
30cm
•
20cm
K
10cm
cm 84
10% % 20 30 % % 40 % 50 % 60 % 70 80 %
90 %
% 100
Ocm
10im
20cm
30cm
40cm
20% 30% 40% 50% 60%
70% 80% 90%
100 %
Vertikales Streuungsbild des Infant. Gen.
U auf 400m,
construirt nach der Treffgenauigkeitstabelle und den Wahrscheinlichkeitsfaktoren im Massstab
1:10.
Autogr v. C.L.Keller, geogr. lith. Anst u Steindr Bertins.
う
E R E H T
BIR
EG
R 2E
Erwiderung auf eine französische Beantwortung des Aufſages : Die Schießverſuche in Bukarest . (April-Mai-Heft der ,,Neuen Militärischen Blätter" .) Von Julius von Schüß, Ingenieur. Unser Bericht über die Schießversuche in Bukarest, welchen wir im April Mai-Heft der ,,Neuen Militärischen Blätter" veröffentlichten und welcher später als Separatabdruck im Buchhandel bei von Glasenapp erschien, hat in der deutschen Presse und insbesondere bei der Fachpresse eine freundliche Aufnahme gefunden.
Derselbe enthielt keine selbstständige Entwickelung technischen oder
gar militärischen Wissens, sondern war nur ein einfacher Bericht mit wenigen Schlußfolgerungen, deſſen einziger Vorzug nur in der Sachlichkeit und Ob jektivität bestehen konnte, nach welcher wir troß der Provokationen der fran zösischen Presse beim Verfassen desselben gestrebt haben.
Es mußte uns da
her zur beſonderen Genugthuung gereichen , daß dieſes Streben nach Wahrheit, welches wir als die erste Pflicht
eines Berichterstatters betrachten,
der uns zu Gesicht gekommenen Kritiken Besprechung,
welche die
in jeder
und vor Allem in der eingehenden
Jahrbücher für die deutsche Armee und Marine“
unserem Berichte widmeten, unbedingte Anerkennung gefunden hat. Wenngleich wir nun eine solche Anerkennung Seitens eines franzöſiſchen Kritikers von vornherein nicht erwartet haben, so hat uns doch die Broschüre : Quelques mots de réponse à la brochure intitulée Expériences de tir fran çaises et allemandes. Les Expériences de Bucharest etc. , par le Comman dant Mougin, Ancien Chef du service des cuirassements", welche neuerdings der Konstrukteur des französischen Panzerthurms, Herr Genie- Major Mougin veröffentlicht hat, einigermaßen überrascht.
Wir hatten auf eine sachlich ge
haltene Auseinanderſeßung, die wir uns die Ehre gaben, Herrn Major Mougin selbst zu übersenden, eine ebenso fachliche Antwort erwartet, und als solche können wir die Réponse im Allgemeinen nicht bezeichnen. Herr Major Mougin erklärt in seiner Einleitung (Seite 4), daß er zum ersten Male für das Publikum schreibe. Um so eigenthümlicher berührt es, daß er sich troßdem die bei einer gewissen Klasse sehr routinirter Schrift ſteller beliebte Methode zu eigen macht, nach welcher man, um recht pikant zu schreiben, den Autor statt seiner Schriften bekämpft und ihn mit persön 17 Neue Mil. Blätter 1886. Dktober-Heft.
258
lichen Anreden u. s. w. beehrt,
die dann nicht selten in persönliche An
griffe ausarten. Wir werden dem Verfasser der Réponse auf diesem Wege nicht folgen, sondern, soweit er uns nicht direkt zum Gegentheil zwingt, einzig und allein die Sache im Auge behalten. Aber auch in anderer Beziehung hat Herr Mougin es uns schwer ge= macht, seiner „ Antwort“ gerecht zu werden. Herr Mougin erklärt im Vor aus (Seite 4), daß er es leider versäumt habe, sich gleich uns, ſelbſt während der Versuche Notizen zu machen. Auch wir bedauern diese Unterlassungsfünde des Herrn Mougin, denn nur sie macht es erklärlich, daß er Vorkommniſſe, die sich bei dem Schießen aus den Thürmen und bei demjenigen auf die Thürme ereigneten, im buntesten Wirrwarr durcheinander wirft, ja, daß er sogar wieder holt Dinge behauptet , die sich überhaupt nicht ereignet haben. Jedoch nicht nur auf dem Bukareſter Schießplay, ſondern auch bei der Lektüre unseres Aufsaßes hätte sich Herr Mougin Notizen machen sollen, denn alsdann hätte es ihm nicht wiederholt passiren können, daß er uns den Vor wurf macht, Dinge verschwiegen zu haben, die sich auf derselben von ihm citirten Seite flar und deutlich gesagt finden. Unsere Arbeit des Klarstellens der Thatsachen ist hiernach eine sehr müh same, doch mögen unsere Leser nicht fürchten, daß wir sie
ermüden ;
wir
werden sehr summarisch verfahren und nur in den dringendsten Fällen ins Detail gehen. Die Broschüre des Herrn Mougin erörtert die unsrige Seite für Seite und zerfällt daher dem Wesen nach, in 3 allerdings nicht streng gesonderte Theile :
1) die Konstruktion der Panzerthürme, 2) das Schießen aus den Thürmen, 3) die Beschießung der Thürme. Wir werden diese Eintheilung beibehalten, uns jedoch bemühen, den Stoff ſtrenger zu ordnen und zerstreute Bemerkungen an richtiger Stelle mitzube handeln.
I. Die Konstruktion der beiden Panzerthürme. A.
Die Drehvor richtung.
Der deutsche Panzerthurm.
Wir waren von vornherein darauf gefaßt, daß ein französischer Kritiker an unserer Beschreibung des französischen Panzerthurms Ausstellungen machen würde, da wir uns während des Manövrirens nicht in diesem Thurm be fanden ; daß der Verfasser der Réponse jedoch unsere Beschreibung des deut schen Thurms und seiner Manöver korrigiren zu können glaubt, das hat uns denn doch einigermaßen überrascht.
259
Gleich auf Seite 5 beginnt die französische Réponse mit einem felt samen Vorwurfe . Auf Seite 5 unseres Aufsaßes hatten wir angegeben, daß die Drehung des Thurmes vermittelst einer Handwinde für 4-6 Mann geschehe.
Die französische Kritik sezt dem sehr naiv entgegen :
Man ist
,,immer gezwungen gewesen, 8 Mann anzustellen, welche ihre ganze Körper ,,kraft verwenden mußten und buchstäblich ausgepumpt waren, nachdem sie "„ einige Drehungen ausgeführt hatten. Diese Behauptung erscheint seltsam, wenn man bedenkt , daß während des Manövrirens außer der rumänischen Besaßung und einzelnen Kommissions mitgliedern nur die Gruſon'ſchen Vertreter in dem deutschen Thurme waren . Ver faffer giebt zu, daß er gern 8 Mann an die Kurbeln gestellt haben würde, um die Geschwindigkeit des französischen Thurmes zu erreichen, doch war dies unmög lich, da die beiden Kurbeln für je 8 Hände zu kurz waren. Die Gesammt länge derselben betrug nämlich nur 400 mm, die brauchbare Grifflänge 370 mm und dieselben reichten daher nur kaum für 3 Händepaare, geschweige denn für vier aus. Ferner sollen jene 8 Mann nach einigen Umdrehungen buchstäblich aus gepumpt gewesen sein. Wenngleich der Verfasser der Réponse an den Versuchstagen nicht im Thurme war, so könnte er doch wissen, daß während der 25 resp. 20 Um drehungen, welche der Thurm an den beiden Haupt -Versuchstagen mit kurzen Unterbrechungen gemacht hat, keine Ablösung der Mannschaften vorgekommen ist. Wir können an dieser Stelle eine andere Bemerkung,
welche wir auf Die Umdrehungs geschwindigkeit.
Seite 13 der Broschüre finden, gleich mit behandeln. Wir haben auf Seite 25 unseres Auffages ― Seite 24 des französischen Textes gesagt, daß es leicht gewesen wäre, den Mechanismus des Gruson'schen Thurmes so zu disponiren, daß er eine Umdrehungsgeschwindigkeit von 1 oder 2 Minuten erreicht hätte, wie man ja die Cummersdorfer Panzerlaffete in 36 Sekunden gedreht habe.
Die Kritik berechnet nun die Anzahl der Leute, welche wir in
diesem Falle nöthig gehabt haben würden, aber nicht für 1 oder 2 Minuten, wie wir behauptet hatten, sondern für 36 Sekunden, wobei sie auf die unge heuerliche Zahl von 40 Mann kommt. Wir haben gar nicht behauptet, den Bukarester Thurm in 36 Sekunden drehen zu wollen,
sondern in 1 oder 2 Minuten, dann aber stellt sich die
Rechnung nach der von Herrn Mougin angestellten Formel 3 Min. 9, 6 Mann X 2 Min. wobei zu bemerken ist, daß die Zahl 40 überhaupt nicht richtig ist , da die Kritik für die in Bukarest vorhandene Drehvorrichtung 8 Mann anstatt 6 ſupponirt. Die Visir-Vorrichtung bildet den Hauptangriffspunkt für die französische Die Bisirvorrich. tung . Wie sich unsere Leser erinnern werden, dreht sich der Schumann 17*
Réponse.
260
sche Thurm auf einem Mittelpivot, wobei 4 an der Peripherie elaſtiſch ge= lagerte Rollen auf einer kreisrunden Schiene laufen , um die Bewegung zu reguliren. Unter der Panzerdecke waren Blechkassetten angebracht, welche mit Ge= wichten ausgefüllt waren und zur Ausbalancirung des Thurmes dienten . Diese Kontregewichte waren in Bukarest so regulirt worden, daß der Thurm, in Folge des Gewichts der Geschüße, mit mäßigem Uebergewichte auf dem Pivot und den beiden vorderen Rollen ruhte, während die hinteren gänzlich entlastet waren . Ein Abgangsfehler in der Seitenrichtung konnte, da die Rollen symmetrisch zu den Geſchüßen auf der Peripherie vertheilt waren, durch diese Neigung nach vorn natürlich nicht hervorgerufen werden und die Skalen für die Höhenrichtung waren danach eingerichtet worden. An derUnterhaut der Panzerdecke waren in der Geschüßrichtung 2 Zeiger angebracht, mit Hülfe deren man bei konstantem Ziel die Seitenrichtung beſtimmen konnte. Die französische Kritik behauptet nun Seite 5, daß diese Richtvorrichtung durchaus unzuverläſſig ſei, da ſich in Folge der Oscillationen von 12-15 cm, denen der Thurm beim Schuß unterworfen sei, seine vertikale Achse, um welche er sich drehe, permanent verändere und bei jedem Schusse eine andere werde. Diese Behauptung beruht auf einem Irrthum. Der Thurm ruht auf 3 Punkten, d. i. dem Pivot und den beiden vor deren Rollen und seine Lage ist also eine genau firirte.
Nach dem Schuß
legt er sich, in Folge des Rückstoßes, auf die beiden hinteren Rollen, um je doch alsbald, in Folge des Uebergewichts der Kanonen, seine frühere Lage wieder einzunehmen . Weshalb sollte also die Vifirvorrichtung unzuverlässig sein ?
Nimmt die
Réponse vielleicht an, daß die Bufferfedern auf die Dauer unzuverläſſig ſind und ihre Spannkraft verlieren ? In diesem Falle würde dieselbe vergessen, daß nur die beiden hinteren Rollen beim Schuß einen gewissen Stoß auszuhalten haben, daß diese aber wiederum zur Thurmstellung nichts beitragen, da sie durch das
Thurmgewicht nicht belastet sind. Ob sie daher beim Rückstoß etwas mehr oder weniger zusammengedrückt werden, ist ganz gleichgültig, da
fie sogar ganz fehlen könnten .
Die Federn der vorderen Rollen aber werden
ebenfalls so gut wie gar nicht in Anspruch genommen, da der Thurm erfahrungs mäßig nur langsam in seine frühere Stellung zurückkehrt, so daß sich ein Ein drücken derselben bei dieser Gelegenheit kaum bemerkbar macht.
Außerdem
aber würde man jede Veränderung der Federn leicht kontroliren und korri giren können. Im Uebrigen sind wir überrascht, bei dem Konstrukteur des französischen Thurmes, ein solches Mißtrauen gegen Federn zu finden, da er doch selbst Bellevillefedern anwendet, um seine Geschüßrohre in die Feuerstellung zurückzu bringen.
Ist etwa die Beanspruchung dieser Federn eine geringere?
Im
261
Gegentheil, jeder Fachmann wird uns zugeben, daß sie eine größere ist als diejenige der Schumannschen Buffer und daß eine allmälige Schwächung resp. der Bruch derselben das Funktioniren des Apparats vielmehr gefährdet, als beim Schumannthurm, wo die hinteren Bufferfedern schließlich entbehrlich sein würden. Nichtsdestoweniger existirten Fehler in der Viſirvorrichtung des Schumann thurmes, aber sie waren von ganz anderer Art, als Herr Mougin vermuthet. Sie beſtanden darin, daß in Folge der nicht genügend durchgeführten Theilung des Gradbogens, die Abstände zwischen den
einzelnen Theilſtrichen zu groß
waren, und daß ferner die Zeiger nicht fein und nicht elaſtiſch genug ausge führt waren, so daß Verbiegungen derselben, wenn auch nur minimale, beim Oscilliren des Thurmes vorkommen konnten .
Der leßtere, Anfangs wenig be
achtete Fehler ist allerdings von der Kommission bemerkt worden und in dem in der Revista Armatei erschienenen Berichte des Majors Crainicianu, Mit glied der rumänischen Versuchs-Kommission , Seite 131 monirt. Die Richtigkeit dieses Monitums muß zugegeben werden. Bei der großen Vertrautheit, die der Verfasser der Réponse von An fang seiner Broschüre an mit dem verräth, was im deutschen Thurm während des Manövrirens vor sich ging, obgleich er nicht dabei war und sich nie No tizen machte,
darf es uns nicht wundern ,
daß das Thurmkommando
auf
Seite 8 und 9 zum Gegenstand eines besonderen Angriffs gemacht wird. ,,Die 14 Mann saßen einander buchstäblich auf dem Rücken ; auf das „Kommando „ an die Kurbeln“ wußten die Leute nicht, ob für die Höhen ,,oder Seitenrichtung, kurz es gab eine unaufhörliche Konfusion. " Wir glauben, der ruinänische Offizier, welcher den Gruson'schen Thurm kommandirte, würde Herrn Mougin für dieses Kompliment wenig dankbar ſein, denn die Thurmleitung war musterhaft und allerdings eine Muster leistung. Hören wir, was Major Crainicianu hierüber sagt . Derselbe tadelt allerdings ―――― Seite 130 der Revista Armatei - die Einrichtung, daß die Leute sich mit den Kurbeln bewegen müßten , fährt dann aber fort : Im Uebrigen geschieht das Manövriren in guten Verhältnissen ,
das
Kommando ist leicht und der Chef des Thurms hat den wichtigsten Dienst, „ denjenigen der Geschüße, direkt unter Augen . Der innere Raum des ,,Thurmes ist groß genug und das ist ein bedeutender Vortheil für das ,,Manövriren 2c." Die Réponse fährt weiter fort :
Herr Gruson hat dies auch eingesehen,
„denn in seinem neuen Projekt, welches er der rumänischen Regierung „eingereicht hat, verlegt er die Drehungswinde in den zweiten Raum. “
Der Verfasser der Réponse giebt sich den Anschein, über die Sekreta der rumänischen Regierung sehr gut orientirt zu sein ; nichtsdestoweniger möchten
262
wir ihm rathen, sich mit seinen Gewährsleuten vorzusehen , denn nach den übrigen Proben, die uns sein Schriftstück liefert, wird er gewöhnlich falsch berichtet. Thurmraum.
Alsdann heißt es weiter Seite 9 : „einen Augenblick
Was das betrifft, daß auch nur
100 Mann in einem kreisförmigen Raume von 6 m
" Durchmesser gestanden haben sollen, der von Blechen, Winden, Kurbeln ――― - ". ,,und Kanonen angefüllt war, so Das Abbrechen des Sazes soll wohl andeuten,
daß der Verfaſſer der
Réponse hier seinen Gedanken Halt geboten hat. Andernfalls hätte er wohl darauf kommen können, daß der freie Raum des Thurmes eine Grund fläche von ca. 24 qm
repräsentirt .
Hält Herr Mougin es thatsächlich für
unmöglich, daß ein Mensch sich für die Dauer eines Augenblicks, wie er sagt, auf einem Raum von 0,6 m Länge und 0,4 m Breite aufhält ?
Zu seiner
Beruhigung fügen wir hinzu, daß ein Theil der jungen Leute auf dem Blech podium und den Trittblechen gestanden hat. Es folgt dann auf Seite 9 und 10 eine Abhandlung über die mangel hafte Bearbeitung der
einzelnen Theile des
exakte Arbeit an dem französischen Thurme.
deutschen
Thurmes
ebensowenig durch Rost außer Dienst geseßt, wie unbearbeitete. der französische Thurm
nicht mehr blanke
und
die
Bearbeitete Zahnräder würden
Flächen
Ferner hätte
als der deutsche, ab
gesehen von den hydraulischen Kolben, die durch das Glyzerin blank erhalten Reparatur wäh würden 2c.; endlich sei es unwahr, daß in dem französischen Thurme perma rend des Verſuchs. nent gepußt wurde, während die Eisentheile des deutschen, abgesehen von den Geschüßen, während der Versuche ungereinigt geblieben seien. Wir sind schon daran gewöhnt , die Réponse sich
zu
beliebigen Be
hauptungen versteigen zu sehen und werden es von Seite zu Seite mehr ; doch leistet dieselbe an dieser Stelle bereits etwas ganz Erkleckliches , indem sie fortfährt: " Die Wahrheit ist, daß die 6 Arbeiter des Herrn Gruson Tag und „ Nacht arbeiteten, ,,allein
reinigen,
um ihren Thurm zu unterhalten, und daß sie nicht sondern
,,Triebräder (pignons),
auch
neu
herstellen
Zahnräder und
Hebel,
mußten
ihre
Kurbeln,
welche durch die
ersten
,,Kanonenschüsse bereits geknickt und gebrochen waren. " Der Verfasser der Réponse ist hier von seinem Gewährsmann in etwas gröblicher Weise dupirt worden, denn es ist direkt unwahr , daß jemals an Kurbeln, Triebrädern und Hebeln gearbeitet worden sei.
Die Hebel an der
Peripherie (Handspaken) wurden, wie wir auf Seite 5 unserer Broschüre mit theilten, gleich nach dem ersten Versuche als überflüssig außer Betrieb gesezt und daher nie reparirt ; ein größeres Zahnrad brach am 28. Dezember und wurde, nach dem auf Befehl der Kommiſſion ein Erſaßſtück beschafft, innerhalb einer halben Stunde ausgewechselt.
Kurbeln und Triebräder sind nie gebrochen.
Die Arbeit von Tag und Nacht reduzirt sich daher auf eine halbe Stunde. Wir werden übrigens bei späterer Gelegenheit hierauf zurückkommen .
--
263
Den Todesstoß für die Gesammtkonstruktion des Schumann - Thurmes Gesammtkonstruks tion des Thurmes spart sich die Réponse bis zum Schluß des Werkes Seite 34-36 auf, um ihn alsdann in einer höchst originellen Weise zu verüben, die nach so manchem . Abgeschmackten ordentlich erfrischend auf den Leser wirkt. Die Réponse führt nämlich zum Beweise, daß der Schumannthurm eine schlechte Maschine ſei, einige Stellen aus Reuleaur's Kinematik ins Feld. Wir wollen unsere Leser, die ja doch nur zum geringsten Theile Tech
niker sein werden, nicht durch eine vollständige Wiedergabe dieser Stellen er müden, sondern den Sinn derselben nur kurz andeuten. Reuleaux führt an der Hand der Geschichte der Maschinen aus, „ daß die Güte einer Maschine nicht durch ihr Bestehen aus wenigen Theilen, sondern durch die sich steigernde Bestimmtheit der erzielten Bewegungen bei Verminderung der Anforde rungen an die Intelligenz der Kraftquelle bestimmt werde und zwar selbst auf Kosten einer beträchtlichen Vermehrung Maschine".
der
einzelnen Theile der
Es erscheint wenig politisch, daß die Réponse Reuleaux's Kinematik und gerade diese Stelle anführt.
Reuleaux versteht nämlich hier unter Kraftquelle
keineswegs nur den Fuß, der ein Triebrad in Bewegung seßt, oder gar die Dampf maschine, welche einen Riemen treibt , sondern die Gesammtthätigkeit des Individuums, welches eine Maschine bedient, und weist nach, wie durch Ein führung komplizirterer, aber vollkommenerer Maschinen allmälig die Anforde rungen an die Intelligenz dieses Individuums geringer wurden, da die Ma schine ihm den schwierigsten Theil seiner Arbeit abnahm . jeden Techniker oder Laien :
Nun fragen wir
„Welcher der beiden Thürme in Buka
rest stellte an die Intelligenz seiner Bedienung höhere Anforde rungen, der französische mit seinen Ventilen, Rohren, Stopfbüchsen und elek trischen Apparaten, oder der deutsche mit seinen einfachen Mechanismen ? Ja, wenn diese elektrischen und hydraulischen Apparate immer in Ordnung wären und keinerlei Aufmerksamkeit erforderten ! (Seite 28) darüber,
daß
Die Réponse selbst belehrt uns
während des ersten Theils der Versuche die elek
trischen Apparate mangelhaft funktionirt und die französischen Scheibenbilder in Folge dessen verdorben hätten, und daß der Fehler erst im legten Augen blick entdeckt und reparirt worden wäre.
Die Intelligenz des franzöſiſchen
Thurmkonstrukteurs ist doch gewiß keine geringe und jedenfalls eine größere als die gewöhnlicher Kanoniere.
Nichtsdestoweniger waren die Anforderungen,
welche die franzöſiſche Maſchine an die Intelligenz ihrer Bedienung stellte, ſo gar für die Intelligenz ihres Erfinders zu hoch, und die Maschine funktionirte daher mangelhaft. Freilich in Bezug auf die Zahl der einzelnen Theile der Maschine hat Herr Mougin nach Reuleaur's Weisung verfahren, aber den Geist von Reuleaux's Worten hat er nicht erfaßt, denn die Vermehrung der Maschinentheile so eben nur zu dem Zwecke stattfinden, die Maschine vollkommener ar
264
beiten zu lassen und die Anforderungen an die Intelligenz der Bedienung zu vermindern. Erfüllt sie, wie der französische Thurm, diese beiden Zwecke nicht , so ist sie vom Uebel. Im Uebrigen würde Herr Geheime- Rath Reuleaux, wenn er die Mouginsche Broschüre läse, wahrscheinlich ausrufen : „ Gott schüße mich vor meinen Freunden jenseits des Rheins und dem Mißbrauche , treiben".
den sie mit meinen Theorien
Sicherlich hat Herr Reuleaux an Maschinen, die mit Kanonen beschoffen werden, nie gedacht, und der Fehler des französischen Thurms liegt eben da rin, daß sein Erfinder ihn ausschließlich als Maschine konstruirte, und ihm eine unendliche Zahl von verschiedenen ſubtilen Theilen gab,
von
denen nur einer verlegt zu werden braucht, um die Maschine außer Funktion zu seßen.
Man machte, wie uns von glaubwürdiger Seite mitgetheilt wurde,
in Bukarest einmal den Versuch,
die Flüssigkeit aus dem hydraulischen Cy
linder abzulassen (der Pivot des Thurmes drehte sich in einem mit Gly cerin gefüllten Cylinder), da es ja im Kriegsfalle leicht möglich sei, daß ein mal ein hydraulisches Rohr zerspränge, und siehe da, es war unmöglich, den Thurm zu bewegen, da die Reibung zu groß war. sollten wir meinen.
B.
Dies Beispiel ſagt genug,
Der französische Panzerthurm.
An unserer Beschreibung des franzöſiſchen Panzerthurms hat die Réponse bedeutend weniger auszusehen, als an derjenigen des deutſchen, und dasjenige, was sie daran ausseßt, ist von geringer Wichtigkeit . wir über den französischen Thurm den deutschen .
Es scheint somit, daß
besser orientirt gewesen sind ,
als über
Wir könnten daher diesen Abschnitt übergehen, ziehen es aber
der Vollständigkeit wegen vor, ihn ebenfalls kurz zu behandeln. Die Réponse beginnt auf Seite 6 damit, unsere Behauptung, das Heben des ganzen Thurmes mittelſt des hydraulischen Pivots sei nöthig, wenn sich Granatsplitter zwischen Thurmkuppel und Vorpanzer gezwängt hätten, zu be ſtreiten.
Ein Blick auf die Zeichnung genüge um zu zeigen, daß dieſe Splitter
von selbst in die Regenrinne fallen müßten. Herr Major Mougin, der vor Schluß der Versuche abreiste, hätte sich in dieser Hinsicht bei seinem Kollegen, Herrn de Montgolfier erkundigen ſollen. Er würde dann erfahren haben, daß nach dem Schießen am 15. Januar ein Granatsplitter so sest zwischen Kuppel und Vorpanzer eingekeilt war, daß es sich als unmöglich erwies, denselben mittelst Hammerschlägen von außen zu entfernen. Dagegen gelang die Beseitigung von außen her nach Hebung des ganzen Thurms mittelst des hydraulischen Pivots. Baffetirung der Geschüße.
Des Weiteren nimmt die Réponse Anstoß daran, daß wir die fran zösische Laffete als eine Kombination der Gruſon'ſchen und Armſtrong'ſchen be zeichnet haben.
Herr Mougin bemerkt, daß er das Projekt der Laffete im
-
265
Jahre 1876 eingereicht und daß dieselbe im Jahre 1880 im Fort Giromagny mit Erfolg versucht und endlich durch den Ingenieur Darmancier umkonstruirt worden sei. Wir bedauern von diesen Details keine Kenntniß gehabt zu haben, die übrigens unsere Aeußerung um so weniger widerlegen als Herr Mougin bereits im Jahre 1875 im Bruson'schen Etablissement Panzer- und Laffeten zeichnungen besichtigte, die ihm dann in liberalſter Weise behufs Mitnahme zur Verfügung gestellt wurden. Etwas unhöflich wird die Réponse auf Seite 6 bei Kritik unserer An deutungen über das Richtverfahren der französischen Geschüße, welches sie als einen Gallimathias bezeichnet . die §§ 42-51 des
Gleichzeitig fragt sie uns , warum wir nicht
règlement provisoire etc. " abgedruckt hätten.
Ja,
dazu haben wir in der That keinen Raum gehabt, sondern die Beschreibung auf 12 Zeilen und auf das rein technische Verfahren beschränkt, die Be nugung der planchette aber nur angedeutet.
Leßtere iſt in Artilleriekreisen
bekannter als Herr Mougin glaubt, und wenn er unsere Beschreibung nicht verstanden hat, so ist das nicht unsere Schuld ; wir glauben, er ist der ein zige unserer Leser, dem dies widerfahren ist. Großen Anstoß nimmt die Réponse auf Seite 7 und 8 an unserer aus Bedienungsmann schaft. der Mougin'schen Broschüre wiedergegebenen Bemerkung , daß die Beſaßung des französischen Thurms aus 29 Mann bestände und fragt uns, glaubten, daß unsere Thurmbedienung ohne Ablösung arbeiten könne.
ob wir Hätte
Herr Mougin Seite 11 des deutschen und 10 des französischen Textes unserer Broschüre zu Ende gelesen oder sich beim Lesen Notizen gemacht, so würde ihm der folgende Saß nicht entgangen sein :
„ Soweit uns bekannt, war die Zahl
„ der Bedienungsmannschaften bei dem
französischen Thurm
in Cotroceni
ganz wesentlich reduzirt worden und beziehen sich die Angaben der vor genannten Broschüre wohl nur auf die Kriegsstärke. “ Bezüglich der Thurmkonstruktion greift Herr Mougin auf Seite 9 unsere Thurmlonſtruk tion. Bemerkung an, daß nur 3 oder 4 Personen in der Kuppel Plag hätten, und fragt, wie es denn möglich sei, daß die ganze Kommiſſion und alle Gäſte während der Versuche darin Plaß gefunden hätten. Es ist dies jenes ,
uns aus einem rumänischen
Sensationsblatt ,
der
Indépendance Roumaine und aus ähnlichen französischen Zeitungen her be reits bekannte, absichtliche Mißverſtändniß , denn wir haben nicht von dem mittleren Gewölberaum, in welchem sich die Herren aufhielten, sondern von dem obersten Kuppelraum gesprochen. Am Schlusse dieses Abschnittes kommt die Réponse nach vorheriger, aus führlicher Schilderung des erakten Manövrirens des französischen Thurms auf Seite 10 - zu dem Resultat, daß der deutsche Thurm eine schlecht erdachte und kloßig
ausgeführte Maschine, der französische
durchdachter und sorgsam konstruirter Apparat sei.
aber ein gut Wir sehen, der
französische Thurmkonstrukteur denkt nicht gerade bescheiden von seiner Leiſtung
266
und wir würden ihm ein gewisses deutsches Sprüchwort vom Eigenlobe zu rufen, wenn wir nicht eine bessere Zurückweiſung für ihn hätten, nämlich die wiederholt, angeführte Revista Armatei.
Major Crainicianu tadelt daselbst
auf Seite 126 zunächſt, daß die den französischen Thurm bewegende Winde zu klein und daß die Kurbeln zu kurz waren, ebenso sei das Triebrad, welches in den Zahnkranz eingreife , zu klein gewesen. ſei gut organisirt ,
Das Manövriren des Thurmes
aber die Mannschaften zum Laden der Geschüße haben
„einen schwierigen Dienst, denn nach dem Laden müſſen ſie auf die Treppe ,,des Thurmes hinuntersteigen und sich beeilen , um das Feuer nicht zu „verzögern, welches vorher nicht erfolgen kann , weil die Leute sonst dem " Rückstoß der Geschüße ausgeseßt sein würden. ,,Das Kommando des Thurmchefs ist ebenfalls schwierig, denn die Mann „schaften sind auf 3 Etagen vertheilt.
Mit dem untersten Raum,
von
„dem aus nur die Drehung, das Pumpen, das Reichen der Munition und ,,die Bewegung des Ventiles besorgt werden, steht der Kommandant durch ein ,,Sprachrohr in Verbindung, welches, abgesehen von dem Lärme des Ventila ,,tors, in Folge des Kommandirens der anderen Etage oft überhört wird. “ Auf Seite 128
bezeichnet die Revista die Unmöglichkeit des direkten
Visirens als einen groben Fehler, auf Seite 129 tadelt sie die Belästigung der Mannschaften durch den sich stark verbreitenden Rauch,
„ während der
,,Ventilator soviel Lärm mache, daß er das Kommando des gesammten „Thurmdienstes hindere" .*) Wie wir sehen, war nicht Jedermann und insbesondere nicht alle Offiziere *) Nachdem vorliegender Aufsaß in Druck gegeben war, erschien Seitens der Königlich Niederländischen Kommiſſion, welche seiner Zeit von ihrer Regierung nach Bukarest gesandt war um den Schießversuchen beizuwohnen, zuſammengeseßt aus den Herren Oberſtlieutenant des Genie Voorduin, Artillerie-Kapitän Scherer und Genie-Kapitän Snyders, ein Bericht über diese Versuche, betitelt : Verslag omtrent eene zending naar Bucharest tot het bijwonen van de beproeving van pantser koepels. Dieser Bericht wägt auf Seite 100-111 die Vortheile und Nachtheile beider Panzerkuppeln scharf gegeneinander ab. Beiden Systemen durchaus objektiv gegenüberſtehend, tadelt er an dem Schumannthurm, was an demselben zu tadeln war, iſt aber andererseits auch sehr weit davon entfernt, gleich Herrn Mougin an dem Chamondthurm nur Lobenswerthes zu finden. Auf Seite 102 verurtheilt dieser Bericht das Grundprinzip des franzöſiſchen Thurmes, welcher nur für die indirekte Richtmethode konſtruirt ſei . Gegen Ziele, welche jeweilig ver legt werden könnten, sei er sehr schwer zu gebrauchen, gegen sich bewegende Ziele aber ganz unbrauchbar ; für eine so einseitige Verwendbarkeit aber sei ein Panzerthurm ein zu koſt bares Werkzeug. Auf Seite 108 spricht der Bericht sein Bedenken aus, ob die Kuppel nach zerstörter Hydraulik überhaupt noch drehbar sei. Auf Seite 109 werden Bedenken gegen das permanente Drehen des Thurmes erhoben, da die Thurmgeschüße zweimal bei jeder Umdrehung mit ihrem Profil der feindlichen Batterie zugekehrt wurden, was für den fran zösischen Thurm besonders gefährlich sei, da deſſen Geſchüße 0,75 m aus den Scharten her vorragten die deutſchen dagegen nur 0,35 m. Auf derselben Seite erklärt sich der Bericht mit der elektrischen Abfeuerungsmethode wenig einverstanden. Die durch dieselbe erzielte Zeitersparniß sei unbedeutend ; ein günſtiger
267
der rumänischen Kommission so erbaut von der französischen Thurmkonstruktion, wie ihr Erbauer selbst, und bei der Selbstzufriedenheit und Freude, welche er über dieses Wert seines Geistes äußert, erscheint es fast unglaublich, daß er seit Jahren, wie er sagt , Panzerthürme konstruirt.
Aber freilich, auch zur
Bescheidenheit gehört eine gewisse Veranlagung und Mancher lernt sie nie.
II. Das Schießen aus den Thürmen . Bevor die Réponse unsere Ausführungen bezüglich des Schießens aus den beiden Panzerthürmen angreift, sieht sie sich veranlaßt, einigen Zweifel in die Richtigkeit der von uns gegebenen Treffreſultate auszudrücken.
Sie fügt
jedoch hinzu, daß unsere Wahrheitsliebe nicht bezweifelt werden sollte, ſondern die Differenzen erklärten sich einfach durch unsere mangelhafte Kenntniß der französischen Sprache, welche bei den Versuchen die Umgangssprache bildete. Dieſe Entschuldigung ist nicht gerade schmeichelhaft für uns, da wir uns bewußt sind, auch auf französisch bis 100 zählen gelernt zu haben und um mehr han delte es sich hier nicht, nichtsdestoweniger aber geben wir gern zu, daß die französische Sprache denjenigen Theil unserer Kenntnisse bildet, auf welchen stolz zu sein, wir am wenigsten Ursache haben.
Aber gerade deshalb haben
wir uns nicht begnügt, die Zahlen einfach am Telephon aufzuschreiben, sondern haben sie stets mit verschiedenen rumänischen und anderen Offizieren kollationirt, so daß wir für deren Richtigkeit einstehen können .
Ferner hat der Verfasser
der Réponse übersehen, daß unsere Zahlen nur in sehr wenigen Fällen von den von der rumänischen Kommiſſion veröffentlichten abweichen und daß wir die Abweichungen, wie auf Seite 23 des deutschen (und 22 des franzöſiſchen) Terts hervorgehoben, stets durch * gekennzeichnet haben.
Herr Mougin erklärt
nun auf Seite 10, daß er zufällig die Reſultate des französischen Schießens vom 22. Dezember am Telephon aufgeschrieben habe und korrigirt auf Seite 11 unsere Zahlen bezüglich der 3., 7., 16., 22. und 23. Salve.
Gerade bezüg
lich dieser Treffreſultate stimmt unser Bericht jedoch vollständig mit demjenigen der rumänischen Kommission überein und da Herr Mougin keine einzige, der von
uns bei anderen
Salven
für nöthig
befundenen
Abänderungen des
offiziellen Berichtes monirt, so ist dies ein neuer Beweis für die Richtigkeit unserer Angaben. Wir hatten ferner auf Seite 23 des deutschen ( Seite 22 des franzöſiſchen) Tertes erwähnt, daß nach der 21. Salve der franzöſiſchen Geſchüße am 22 . Dezember der Zielpunkt derselben wegen Zerstörung des rechten Theils der Einfluß auf die Treffsicherheit ſei nicht konstatirt ; die Versehung der Kontakte beim Ein schießen sei zeitraubend. -- Seite 110 wird der mangelhafte Zugang zu dem Raum zwiſchen Kuppel und Vorpanzer getadelt, endlich sei die Munitionszuführung umständlicher als in dem deutschen Thurm.
____
268
Scheibe um 4 m nach links verlegt worden sei.
Da sich jedoch in dem ru
mänischen Berichte hierüber keine Andeutung fand, und sich das Scheibenbild durch Verlegung der bezüglichen Treffpunkte nicht verbesserte, so hatten wit dasselbe, dem rumänischen Berichte entsprechend gezeichnet.
Die Réponse bc
hauptet nun auf Seite 12, daß sich ganz im Gegentheil durch Verlegung dieser 5 Salven das Scheibenbild ganz wesentlich verbessert haben würde. Wir wiederholen daher nachstehend die Schießliste der lezten 5 Salven in beiden Versionen und lassen unsere Leser urtheilen.
Abweichung von der Mittellinie
Nr.
der
ohne Verlegung
links
21
0,5
rechts
Links
191199
Salve
mit Verlegung
3,5 5,0
1,0
4,0 5,5
22
1,5 8,0 8,0 2,5 3,0 3,0 2,5
4,0 4,0
23 1,5 1,0 1,0 1,5
24 25
rechts
Die Breitenstreuung der französischen Geſchüße würde demgemäß nicht, wie wir angaben, 9,5, sondern 13,5 m betragen haben. Ferner begreift die Réponse auf Seite 12 nicht, wie wir die Treff punkte der 20. Salve bestimmt haben, da der Offizier am Scheibenstande sie nicht bestimmen konnte.
Sollte Herr Mougin unsere bei diesen Schüſſen ge
machte Bemerkung, daß bei denselben der erste Aufschlag hinter der Scheibe gemessen sei, nicht gelesen haben und sollte ihm die bezügliche telephonische Mittheilung entgangen sein? Wir haben unseren Lesern diese Details nicht ersparen können, da wir die Zuverlässigkeit
unserer
Berichterstattung unter
allen Umständen außer
Zweifel gesezt wiſſen müſſen . Der eigentliche Angriff der Réponse richtet sich naturgemäß gegen die Schlußfolgerungen, welche wir aus den beiderseitigen Treffreſultaten gezogen haben. Wir hatten auf Seite 82 des deutschen ( Seite 81 des französischen) Textes unserer Broschüre die Frage aufgeworfen : „ Hat sich beim Salvenfeuer eine störende Wirkung eines Geschüßes auf die Treffsicherheit des anderen herausgestellt ?" und alsdann auf Seite 83 (resp . 82) erklärt : " Vergleichen ,,wir die Scheibenbilder der beiderseitigen Geſchüße, ſo finden wir nur ſo geringe Differenzen, daß wir diese Frage entweder für beide Thürme be jahen, oder für beide verneinen müssen. "
Später hatten wir alsdann hin
zugefügt, daß wir dazu neigten, die Frage für beide Thürme zu bejahen.
269
Wir gründeten diese Ansicht auf die in Bukarest gemachte Beobachtung, daß ungewöhnliche große horizontale Abstände der beiden Schüsse einer Salve hauptsächlich dann vorkamen, nehmbarer Zeitraum lag.
wenn zwischen den beiden Schüssen ein wahr
Speziell hatten wir am 22. Dezember bei dem
französischen Thurm die Wahrnehmung gemacht, daß die Schüsse der Salven Anfangs mit geringem Intervall, später aber durchaus à tempo kamen und daß sich in gleichem Maße die horizontalen Abstände der beiden Treffer verminderten . Wir sind jedoch weit entfernt,
uns auf die Richtigkeit der auf Grund
jener Beobachtung gemachten Schlüsse zu steifen, im
Archiv für die Artillerie
heeres" erschienener, offenbar von
als auch ein
artilleristischer Seite herrührender Aufsat
unsere Schlußfolgerung nicht bestätigt . in der Lage, die Schlußfolgerung, acceptiren zu können.
umsoweniger,
und Ingenieur-Offiziere des deutschen Reichs
Andererseits aber sind wir auch nicht
welche die Réponse auf Seite 16 zieht,
Dort heißt es nämlich :
,,Man kann im Gegentheil behaupten, daß es absolut bewiesen ist, daß der ,,Rückstoß des einen Geschüßes die Treffsicherheit des anderen in der deutschen ,,Kuppel beeinflußte, und dies ist ohne Zweifel einer der Gründe, warum dieſe „Kuppel immer nur mäßige Treffreſultate gezeigt hat. In der französischen ,,Kuppel soll ganz im Gegentheil jedes Geschüß einzeln feuern, wenn es in der ,,beabsichtigten Richtung angekommen ist, ohne daß sein Schießen durch das — „ Nachbargeschüß beeinflußt wird." Als Beweis führt die Réponse als dann die beiden Scheibenbilder vom 21. und 22. Dezember an. Wir wollen ihr hierin folgen und die Resultate dieser beiden Versuchs tage ebenfalls mit einander vergleichen .
Zieht man die arithmetischen Mittel
aus den horizontalen Abständen der beiden Schüsse sämmtlicher Salven, so ergiebt sich für das Scheibenbild der deutschen Geschüße ein mittlerer horizon taler Abstand der Salventreffer von 1,1 m, für die französischen von 0,91 m. Gesezt nun den Fall, die Salven wurden so exakt abgefeuert , daß sie ohne Einfluß
auf diese Abstände waren, so ist weiter in Rechnung zu ziehen,
daß die französischen Geschüße, Herrn Mougin's Aussage nach, genau auf denselben Punkt zielten, während die Schußlinien der deutschen sich erst in einer Entfernung von 3000 m kreuzten.
Dies ergiebt für die 2500 m ent=
fernte Scheibe einen natürlichen Minimal-Abstand der Zielpunkte von 0,16 m, welche Zahl wir
demgemäß von 1,1 m abziehen müssen.
Wir erhalten als
dann einen mittleren Horizontal-Abstand der Salvenschüsse von 0,94 m für die deutschen Geschüße gegenüber 0,91 m für die französischen.
Berechnen
wir die mittleren Vertikalabstände der Salventreffer, so erhalten wir 1,3 m für die deutschen, 1,2 m für die französischen Thurmgeschüße. Die entsprechenden Zahlen für beide Thürme sind sich somit so über raschend ähnlich, daß unsere Behauptung, wir müßten die obige Frage ent weder für beide Thürme bejahen oder für beide verneinen, durchaus gerecht fertigt erscheint.
Dagegen steifen wir uns feines
i bas „ Ja “,
270
-
sondern würden , wenn wir von maßgebender Seite belehrt wer den, noch viel lieber ein . الNein " acceptiren. Herr Mougin stellt das Schießen der französischen
Geschüße an den
3 ersten Versuchstagen freilich hoch über dasjenige der deutschen, doch befindet er sich dabei nicht in Uebereinstimmung mit einem seiner eigenen Kameraden, welcher neuerdings in Nr. 649 der im Generalstab des Kriegsministeriums redigirten Revue militaire de l'étranger einen Aufſaß über die Versuche von Bukarest veröffentlicht, der sich durch eine wohlthuende, echt militärische Objek tivität auszeichnet und nur die Sache, nicht aber die Parteien kennt.
Dieser
Aufsat vergleicht Seite 727 die 3 ersten Versuchsschießen der beiden Thürme und zieht dann folgenden Schluß : ,,Si l'on fait la moyenne des écarts moyens en direction
et en
portée pour chacune des coupoles, on trouve 1 m 89 et 16 m 95 pour le tir des canons de Bange et 1 m 49 et 19 m 80
pour
celui
des
canons Krupp ; la justesse a donc été un peu meilleure en portée et un peu moins bonne en direction dans le premier que dans le second ; au total on peut considérer ces deux tirs comme équivalents ." Herr Mougin , welcher stets von Neuem unsere Bemerkung , daß wir nicht Artillerist seien und unsere eingestandene Unkenntniß auf diesem Gebiete betont, muß uns schon geſtatten, daß wir uns lieber von dieſem ſeinem Ka meraden, als von ihm belehren laſſen, denn wir haben oft bei seinen Aus führungen das Gefühl, als verstände er von der Artillerie nicht viel mehr als wir selbst ; es soll dies kein Vorwurf sein, denn er ist zwar ein Genie aber kein Artillerieoffizier. Wir haben noch einzelne, weniger wichtige Punkte bezüglich des Schießens vom 21. und 22. Dezember nachzutragen. Auf Seite 12 wirft uns die Réponse vor, daß wir die Pause zwiſchen 2 Salven der französischen Geschüße hätten.
auf Grund falscher Zahlen berechnet
Wir müssen erwidern, daß wir die Berechnung auf Grund der von
der rumänischen Kommission veröffentlichten Zahlen angestellt haben und sie für richtig halten.*) Gern geben wir dagegen die Richtigkeit der auf Seite 13 und 14 ge= machten Bemerkung zu , daß die größere Belästigung durch den Rauch im französischen Thurme sich auch durch das schnellere Schießen und durch das Fehlen der Regenrinne im deutschen Thurme erklären läßt. Wenn die Réponse dann allerdings weiter behauptet, daß die aus dün nem Blech bestehende Regenrinne des Gruson'schen Thurmes bei den erſten Schüssen buchstäblich in Stücke zerrissen sei, so ist dies nicht richtig, denn * ) Wir glauben das um so sicherer behaupten zu können, als auch der bereits citirte holländische Bericht unsere Angaben Seite 46 durchaus bestätigt. Derselbe bemerkt ferner auf Seite 120 sehr richtig, daß im Kriegsfall der deutsche Thurm beim Schnellfeuer jeden falls auf das Drehen verzichten und dann wahrscheinlich den französischen an Schnelligkeit des Schießens übertreffen würde.
K
271
-―
die Vertreter der Fabrik hatten sie vor Beginn des
Schießens
(bereits
am 17. Dezember) aus dem Thurm entfernen laſſen, mit Ausnahme eines einzigen Segmentes von ca. 3 m Länge. Leßteres, welches loſe auf den Trägern lag, sollte der Versuchskommiſſion die beabsichtigte Konstruktion andeuten und wurde später beim Schießen ebenfalls entfernt. Die Réponse Kommission
trog
erwähnt dann endlich (Seite 14), daß die rumänische aller
Mahnungen
die
Anbringung
einer
kupfernen
Regenrinne im Gruson'schen Thurme nicht hätte durchseßen können ; dies erklärt sich sehr einfach. Die Regenrinne war sehr bald fertig gestellt, aber man hat den Arbeitern keine Zeit gelassen, sie anzubringen und konnte dies auch wohl nicht, da die Verſuche den größten Theil des Tages in Anspruch nahmen. Etwas bedenklicher ist dagegen die folgende Ausführung.
Wir haben
auf Seite 25 des deutschen ( Seite 24 des franzöfifchen) Tertes gesagt, daß an der Laffetirung der Geschüße beider Thürme keine Beschädigungen ein traten, doch sei zu bemerken, daß bei dem deutschen Thurm einige kleine Schrau ben, welche die Cassettenbleche
gegen Verschiebungen schüßen sollten, abfielen.
Die Réponse bemerkte zu dem Anfang des Saßes : " Dies ist wahr, da der deutsche Thurm keine Laffeten hatte, aber man kann nicht das gleiche von der Kuppel selbst sagen, welche zahlreiche Bolzenmuttern , Deckenhaken und Umdrehungshebel verloren hatte, welche,
mit einem Worte in der
Auflösung begriffen war und bald außer Dienst gesezt worden wäre, wenn sie das Feuer noch einige Tage fortgesezt hätte ".*) Herr Mougin hat alle Ursache, es tief zu beklagen, daß er sich nicht täg lich Notizen machte, dann hätten ihm solche, der Wahrheit direkt widersprechende Angaben nicht unterlaufen können, denn wir wollen und können nicht an nehmen, daß er absichtlich derartige,
theils auf Verwechselungen, theils
Phantasie beruhende Sachen behauptet. haben wir selbst erwähnt .
auf
Die abgefallenen Schraubenmuttern
Ein Deckenhaken und einer der außer Dienst gesezten
Umdrehungshebel (Handspaken) brachen erst später bei der Beschießung des Thur mes am 27./28 . Dezember 1885. ( Vergleiche Seite 33 und 35 des deutschen und 32 und 35 des franzöſiſchen Tertes . ) Wie will nun der Verfasser der Réponse gar das Wort „zahlreich“ motiviren oder die Behauptung, daß der Thurm in der Auflösung begriffen gewesen sei ?
Der Gruson'sche Thurm hat während und
nach der späteren Beſchießung sehr deutlich gezeigt, daß er noch sehr weit von ſeiner Auflösung entfernt ist, wir aber hätten von einem Schriftsteller, der bei uns den kleinſten vermeintlichen Irrthum rügt, ein wenig mehr Vorsicht in seinen eigenen Behauptungen erwartet. Wir übergehen die Ausführungen auf Seite 15 der Réponse bezüglich des Schießens gegen schnell auftauchende Ziele vom 24. Dezember 1885 und *) Der bereits citirte holländische Bericht monirt auf Seite 113 sehr richtig daß aus den französischen Thurmgeſchüßen, im Gegensatz zu den deutschen, kein einziger Schuß mit 9 kg Ladung und gewöhnlichen Granaten gethan ſei ; der Bericht verweiſt dabei auf Seite 106 wo bezüglich der Haltbarkeit der Bellevillefedern schwere Bedenken ausgesprochen werden.
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272
―
geben Herrn Mougin ohne Weiteres zu, daß es sehr leicht sein würde, in die Decke des französischen Panzerthurms ein Mannloch zu bohren ; was nüßt ihm jedoch diese Möglichkeit, da er doch keinen Gebrauch davon macht. Schießversuch vom Beachtungswerther sind die Bemerkungen, welche die Réponse auf Seite 17. u. 1886. 20. Januar 25-29 über das legte Schießen aus den Thürmen (nach vollendeter Be schießung) vom 17. und 20. Januar macht.
Dieselbe macht uns zunächst den
Vorwurf, daß wir es unterlassen hätten, ein Scheibenbild des Schießens aus den französischen Thurmgeſchüßen zu bringen. Der Vorwurf scheint uns nicht gerechtfertigt.
Wir haben von sämmt
lichen Schießversuchen mit den Thurmgeschüßen nur die vertikalen Scheiben bilder gebracht ; die französischen Thurmgeſchüße erzielten nun am 23. nach den Angaben der Tabelle allerdings 3 Treffer in der Scheibe, die wir hätten zeichnen können ; in Wirklichkeit aber war die Scheibe ganz intakt. zeichnen eines vertikalen Scheibenbildes verbot sich also
Das Auf
von selbst und ab
weichend von allen übrigen Rapporten von diesem Versuch ein horizontales Scheibenbild zu bringen, sahen wir uns um so weniger veranlaßt, als wir in der That in die Zuverlässigkeit der Angaben einigen Zweifel ſeßen .
Die
1 Réponse begreift allerdings nicht, weshalb wir diese Angaben für weniger zu verläſſig halten, als die übrigen von demselben Offizier gemachten .
Sie ver
gißt jedoch dabei, daß es keine schwere Aufgabe ist, von einer mit Quadrat linien versehenen vertikalen Scheibe den Treffpunkt abzulesen, ohne den Sicher heitsstand zu verlassen, während es, zumal bei bedeckter nebeliger Luft faſt un möglich ist, Aufschläge auf die horizontale Ebene in gleicher Weise mit Sicher heit zu bestimmen. Herr Mougin erzählt alsdann,
daß die Kommission am anderen Tage
das Ziel besichtigt habe und auf's Höchste überrascht
gewesen sei
von der
Gruppirung der Schüsse und fragt, warum wir uns nicht ebenfalls die Mühe genommen hätten, das Ziel zu besichtigen .
Diese Frage und
der in ihr
liegende Vorwurf ist berechtigt ; wir hatten die Besichtigung in der That be absichtigt und nur aus dem Grunde davon Abstand genommen, weil uns von glaubwürdiger Seite versichert worden war, daß sich aus dem von alten und neuen Schüssen zerwühlten Terrain nicht viel ersehen laſſe. Im Uebrigen hätte sich die Réponse zufrieden geben können, da wir ja auf Seite 74 das Gesammtresultat folgendermaßen zusammengefaßt haben : ,,Auf alle Fälle aber ſind die Reſultate des franzöſiſchen Schießens, von den erſten Salven abgesehen, gute geweſen ", und dieſes Urtheil wiederholen wir auch heute. Auf Seite 28 sieht sich alsdann die Réponse veranlaßt, die Ursache des bei Weitem besseren Schießens am leßten Versuchstage gegenüber den früheren aufzuklären .
In der Konstruktion der elektrischen Apparate und der verstell
baren Kontakte (Courseurs) sei ein Fehler gewesen, Moment bemerkt worden sei.
welcher
erst im leßten
Er, Herr Mougin, hätte darauf der Kommiſſion
Mittheilung davon gemacht und der Präses hätte ihm
freundlichst erlaubt,
―――
273
--
die Apparate in dem Arsenal von Bukarest, soweit wie möglich, ändern zu lassen. Beim leßten Schießen nun hätten die verstellbaren Kontakte die nöthige Stabilität gehabt und hierdurch erklärten sich die besseren Treffreſultate. Wir haben dieſe Aufklärung bereits auf Seite 263 besprochen. Es ist in hohem Grade interessant, daß die elektrischen Apparate derartig konstruirt waren, daß ein solcher Fehler einem alten Panzerchef, der allen einschlägigen Schießversuchen beigewohnt hat, unterlaufen konnte und von ihm erst im leßten Augenblicke bemerkt wurde. Sodann aber war es uns überraschend, daß die rumänische Kommission Herrn Mougin eine solche Reparatur gestattet hat, und daß sich die elektrischen Apparate während der Beschießung des fran zösischen Thurms nicht in demselben befanden . Weit davon entfernt,
der Kommission verübeln zu wollen, daß sie die
Erlaubniß zur Reparatur ertheilte, bedauert Verfasser nur, keine Kenntniß davon gehabt zu haben, daß sich die Thürme bei dem leßten Schießen nicht in dem Zuſtande zu befinden brauchten, wie sie aus der Beschießung hervor gegangen waren.
Andernfalls
würde er ſeinerseits
die Kommiſſion um Er
laubniß gebeten haben, die zum indirekten Feuern dienenden Zeiger, welche, wie auf Seite 260 auseinandergeseßt, nicht elastisch genug waren, auswechſeln oder wenigstens
wieder festschrauben zu dürfen.
Zweifellos würde alsdann
das Scheibenbild der deutschen Thurmgeschüße vom 17. Januar ebenfalls ein entsprechend besseres geworden sein.
Wir haben zum Schluß noch einer Belehrung zu gedenken, mit welcher Inbirektes zielen . uns die Réponse auf Seite 36-38 beglückt. Herr Mougin hält es nämlich für nothwendig, uns darüber aufzuklären, der Pläße heutzutage ausschließlich (ſoll wohl
daß die Vertheidigung heißen
größtentheils")
auf der Anwendung des indirekten Feuers beruht
und druckt zum Beweise seiner Behauptung die bezüglichen Stellen aus dem Réglement ministeriél français 2c. ab . Wenngleich Herr Mougin nicht Artillerie-Offizier ist, so hätte er doch eine solche Belehrung über durchaus bekannte, in der Militärliteratur zur Genüge erörterte Dinge für
überflüssig halten können .
Wir könnten ihm
zur Erweiterung seines Anschauungskreises über diesen Gegenstand die Lektüre der Schriften des Generals von Sauer empfehlen, wollen uns jedoch auf die Frage beschränken, welchen Zweck wohl Herr Mougin der ganzen Visir-Ein richtung des Schumannthurmes supponirt hat, wenn er glaubt, daß uns die Bedeutung des indirekten Visirens unbekannt sei ?
Die Réponse giebt groß
müthig zu, daß beim direkten Zielen über Visir und Korn der Schumann thurm eine ebenso große Treffsicherheit erzielen könne, wie sie das Geſchüß besige, aber niemals sei mit diesem Systeme etwas anderes als das direkte Richten zu leisten, welches sich zum indirekten verhielte, wie ein glattes Geschüß zu einem gezogenen. Neue Milit. Blätter . 1886. Dktober-Heft.
18
-
274
Die Behauptung ist dreist und es ist nur schade, daß die Reſultate der Bukarester Schießversuche sie, trog der zugegebenen mangelhaften Ausführung der Zeiger, nicht bestätigen , da , abgesehen von dem legten Versuchsschießen am 17. und 20. Januar, die Treffreſultate der deutschen Thuringeſchüße beim indirekten Feuer ebenso gut waren,
wie diejenigen
der französischen ,
und
Herr Mougin sich mit den leßteren (Seite 15) durchaus zufrieden erklärt. Wir haben jedoch einen beſſeren Beweis zur Widerlegung der Behauptung der Réponse zur Hand. Das System der Schumann'schen Panzerlaffete wurde bekanntlich in Bukarest nicht zum ersten Male probirt, ſondern es hatte bereits im Jahre 1882 eine Probe auf dem Schießplay in Cummersdorf be standen, welche sich, wie wir ausdrücklich hervorheben müssen, namentlich auch auf das indirekte Schießen erstreckte.
Dieser Versuch fand
nach vorherge
gangener Beſchießung des Panzers statt, und zwar wurde so schnell wie mög lich gefeuert und per Schuß nicht ganz eine Minute gebraucht. Die Gruson'sche Fabrik hat sich nun in Folge der neueren Ereignisse veranlaßt gesehen, das Königl. Preuß. Kriegs-Miniſterium um Auskunft über die damaligen Treffreſultate zu bitten und erhielt hierauf folgende Antwort : Berlin , den 15. März 1886 . Der Fabrik theilt das unterzeichnete Departement auf das gefällige Schreiben vom 10. März cr. ergebenſt mit,
wie die im Jahre 1882
auf dem Cummersdorfer Schießplaße mit der Schumann'schen Panzer laffete für ein Geschüß ausgeführten Versuche haben
erkennen laſſen,
daß die damals erprobte Einlagerung eines 15 cm Ringrohres die Treff fähigkeit dieses Geſchüßes jedenfalls nicht ungünstig beeinflußt hat. bei jenen Versuchen
erschossenen
Treffbilder bedauert das Departement in Rücksicht darauf,
Ziffernmäßige Angaben und die
daß es sich
um die Leistungsfähigkeit einer eingeführten Geſchüßkonſtruktion handelt, nicht mittheilen zu können .
Kriegs- Ministerium . Allgemeines Kriegs - Departement. (gez .) Müller.
(gez .) von Haenisch.
III. Die Beſchießung der Thürme. Der Gegenstand dieses Kapitels bildet den dunkelsten Punkt der Réponse und man fragt sich vergeblich, wie es möglich ist, daß ein ernst denkender Offizier,
welcher, wenn auch nicht den ganzen, so doch immerhin einem Theile
der Versuche persönlich beiwohnte, die unwahren Mittheilungen franzöſiſcher Zeitungen einfach übernimmt und dadurch zu den ſeinigen macht.*) *) Welche Entrüstung das Gebahren der französischen Preſſe unter den Offizieren hervor rief, die dem Schießverſuch als Zeugen beiwohnten, geht u . A. aus einem Auffaß hervor ,
――
275
-
Die Réponse beginnt Seite 17 mit der Kritik der Beschießung zweier Compoundplatten des Grusonthurmes vom 27. u. 28. Dezember 1885 und glaubt unsere Angabe, daß bei derselben eine große Befestigungsschraube ge brochen sei, dahin ergänzen zu müſſen, daß sich eine zweite herausgeschraubt habe. Leider hat sich Herr Mougin nur an den französischen und nicht an den ihm von uns übersandten deutschen Tert gehalten, er würde sonst auf Seite 57 des letteren gelesen haben, daß diese 2. Befestigungsschraube sich am 5. Ja nuar gelegentlich der Beschießung der Schartenplatte aus der letteren löſte und also eine Verwechselung vorliegt
In der französichen Ueberseßung ist
die Bemerkung unerklärlicher Weise fortgelassen. Die Réponse fährt dann fort :
" Schließlich zerbrachen ein „ Rad des
„Vorgeleges, dessen Trieb , die Drehungskurbeln der Kuppel, mehrere „ Drehungshebel" und krönt dieſe unqualifizirbaren Uebertreibungen durch die Bemerkung, der Bruch des Rades sei der einzige Unfall, welchen zu erwähnen. wir für gut befunden hätten. Hätte Herr Mougin die Seiten 33-35 des deutschen (32—35 des franzöſiſchen) Tertes unserer Broschüre aufmerkſam gelesen, so würde er gefunden haben, daß beim 34. Schuß der Bruch einer der außer Funktion gefeßten Drehungshebel (und das war in der That der einzige, welcher brach) notirt ist, und daß es weiter heißt : „Ferner waren im Innern ein zur Geſchüß ,,auswechselung dienender Deckenhaken, sowie einige Muttern für Schrauben ,,von 23 mm Durchmesser von der Blechträgerkonstruktion heruntergefallen ; " dann erst wird in den folgenden Säßen das zerbrochene Rad erwähnt.
Hier
mit aber ist in der That die ganze Beschädigung, welche durch die Beſchießzung im Thurm-Innern hervorgerufen wurde, charakterisirt, denn die Behauptung der Réponse, daß außer dem größeren Rad noch ein kleines Triebrad der Drehvorrichtung und
endlich gar die Drehungskurbeln gebrochen seien,
beruht auf unwahren , vermuthlich aus den französischen Tages blättern abgeschriebenen Mittheilungen .
Während der gesammten
Bukarester Schießversuche ist niemals eine Drehungskurbel
oder ein Trieb
welchen der Königl. Niederländische Artillerie-Kapitän Herr Scherer im 5. Jahrgang des Militaire Gids veröffentlichte. Derselbe erschien im März d . I kurz vor unserem Bericht, konnte aber leider für denselben nicht mehr mitbenugt werden. Es heißt daselbst Seite 134 : „ Mag auch in allen den widersprechenden Berichten der konkurrirenden Parteien vielleicht keine von beiden von Uebertreibungen freizusprechen sein, so kommen doch besonders in vielen französischen Zeitungen zahlreiche falsche Berichte vor, beispielsweise hinsichtlich der Be hauptung der Breschirung und vollständigen Verwüstung der Kuppel Schumann und es wird auf Grund dieser falschen Berichte der Sieg gepriesen, welchen bei den Bukareſter Versuchen die französische Industrie über die deutsche errungen haben soll, während dieser Sieg durch nichts erwiesen ist. Es befinden sich selbst darunter Berichte, welche dermaßen der Wahrheit geradezu zuwiderlaufen, daß ſie in denjenigen, die den Ver suchen beigewohnt und die Reſultate aufmerksam beobachtet haben, ein Gefühl des Wider willens hervorrufen müſſen.“ 18*
276
*
rad der Drehvorrichtung des Gruson- Thurms zerbrochen und jede entgegen gesezte Behauptung, von wem sie auch stammen möge, ist eine Unwahrheit. *)
Das zerbrochene Es kommt jedoch noch besser. Wir hatten auf Seite 35 unseres Be Rad des Gruson richtes den Bruch des größeren Rades besprochen und ausgeführt, weshalb Thurmes. uns derselbe unbegreiflich sei. Wir fuhren alsdann fort: „ Der Vorfall muß daher als unaufgeklärt betrachtet werden, doch wurden von da ab beide Thürme während der Nacht durch Posten bewacht." Diese Bemerkung versezt den Verfaſſer der Réponse in eine Aufregung, welche ihn seine gute Erziehung vergessen und in Schmähungen ausbrechen läßt, wie man sie, wenn sie auch nicht gerade mit direkter Beziehung ausge sprochen sind, nur von der untersten Klasse der Literaten, niemals aber von einem Offizier und Gentleman erwarten sollte.
C'est le procédé du filou
qui, arrêté la main dans le sac, se met à crier au voleur ! " ruft Herr Mougin (Seite 18 ) aus und scheint somit in der That geglaubt zu haben, wir hätten ihn oder seine Landsleute beschuldigen wollen, das unglückliche Rad bei Nacht zerschlagen zu haben. Fürwahr, die richtige Antwort hierauf würde die Citation des fran zösischen Sprüchworts ſein : „ Qui s'excuse s'accuse, " doch ist die Sache zu ernst, um Scherz damit zu treiben. Allerdings sind wir der festen Ueberzeugung , daß das Rad zerschlagen worden ist, aber nicht von den französischen Konkurrenten, sondern von irgend einem der zahlreichen Vagabunden, welche den Schießplaß von Cotroceni unsicher machten.
Ferner ist Verfaſſer mehr als einmal in der Lage geweſen,
Neugierige der zweifelhaftesten Sorte, welche den Thurm in großer Menge besuchten, hinausweisen zu müssen.
Wären nun Herrn Mougin diese Ver
hältnisse des Schießplages in Cotroceni Irrthum allenfalls
begreifen
unbekannt, so würden
wir seinen
und an die Aufrichtigkeit seiner Entrüstung
glauben können, so aber können wir den fatalen Eindruck, daß es sich hier um einen Theaterkoup handelt, nicht überwinden. Glaubt denn Herr Mougin, daß wir in Bukarest überhaupt noch mit ihm oder seinen Landsleuten gesprochen haben würden, wenn wir sie einer solchen That für fähig gehalten hätten ? Es kommt noch eins hinzu.
Wir haben uns, wie schon erwähnt, die
Ehre gegeben, Herrn Mougin unseren Bericht persönlich zu übersenden und erhielten von ihm ein verbindliches Dankschreiben.
Wenn er sich nun durch
eine solche Bemerkung beschwert fühlte, weshalb stellte er uns nicht persönlich zur Rede ? Er würde sofort die oben gegebene Aufklärung mit der Befugniß der Veröffentlichung erhalten haben.
*) Wir verweisen auf die Seiten 61 und 84 des holländischen Berichtes, welche unsere Angaben durchaus beſtätigen.
277
Von der Vertheidigung geht die Réponse fofort zum Angriff über und Angebliche Rüge Seitens giebt nun ihrerseits (Seite 18) eine Erklärung , weshalb seiner Zeit die Schild des Präses der Kommission. wachen vor die Panzerthürme gestellt ſeien. Es sei der Kommission hinterbracht worden, daß die Arbeiter des Herrn Gruson jede Nacht dazu
verwandt hätten, um die bei Tage entstandenen
Schäden auszubessern. Der Präses der Kommission hätte deshalb öffentlich ,,den Vertreter des Werkes interpellirt und ihm sein Mißvergnügen ausge ,,drückt, indem er ihm das Unpassende dieses Verfahrens vorgeworfen und formal verboten hätte, fünftig irgend welche anderen Reparaturen vorzu ,,nehmen,
als die, welche durch ihn, den Präses,
„ würden.
Sodann hätte der Präses, um die Ausführung seiner Befehle
vorgeschrieben werden.
sicher zu stellen, am selben Abend eine Wache aufziehen lassen. " In der That, die Scene ist dramatisch und sie besißt nur einen Fehler, daß sie nämlich von Anfang bis zu Ende Es ist ja möglich,
auf Erfindung beruht.
daß eine verleumderische Denunziation
der Gruſon'ſchen
Arbeiter vorgelegen hat und Herr Mougin in dieser Hinsicht autentische Nach richten besißt, es iſt auch möglich, daß die Kommiſſion die Schildwachen vor die beiden Thürme gestellt hat, um
ähnlichen Anklagen für die Zukunft vorzu
beugen, und daß das Zusammentreffen dieser Anordnung mit dem Bruch des Gruson'schen Rades
ein zufälliges war.
Verfasser kann dies,
nicht wissen; dagegen aber ist die Behauptung,
wie
gesagt,
daß der Präses
einen der Vertreter des Gruson'schen Etablissements
öffentlich
über die Denunziation zur Rede gestellt oder demselben gar eine Rüge ertheilt hätte 2c., eine direkte Unwahrheit. Es ist dies Seitens des Präses oder eines anderen Kommissionsmitgliedes auch nicht privatim
geschehen,
was Verfaſſer hiermit zugleich im Namen
des kommerziellen Vertreters des Gruson'schen Etablissements, Herrn Premier lieutenant a. D. Schmidt, ausdrücklich erklärt. Es ist in der That sehr begreiflich, daß die Kommission es nicht für angezeigt gefunden hat, einen der Vertreter des Gruson'schen Werkes über haupt über die lich,
Sache zu interpelliren ,
in dem Bukarester Thurm
zu repariren,
auch nur
denn
es
ist vollständig
unmög
eine der gebrochenen Schrauben
ohne die Panzerhaube abzuheben, und die Reparatur des.
gebrochenen Rades war offiziell befohlen. Wir würden daher eine ähnliche Interpellation einfach mit der Bitte beantwortet haben, uns außer dem Rade und den außer Dienst gefeßten Umdrehungshebeln irgend einen zer brochenen Theil zu nennen,
dessen Reparatur die Kommission für möglich
hielte ; leßtere aber besaß zuviel technisches Verständniß,
um sich dies nicht
selbst zu sagen.
des
Uebrigens ist Herr Mougin an der Erfindung unschuldig, denn in Nr. 561 Progrès militaire" vom 20. März d. J. findet sich dieselbe Geschichte
fast mit denselben Worten erzählt.
Nichtsdestoweniger hätte er sich vor Wieder
THE
278
gabe einer solchen unwahrscheinlichen Mittheilung an maßgebender Stelle er kundigen sollen, denn er könnte uns nicht einmal
einen Vorwurf machen,
wenn wir seinen obigen Ausruf nunmehr gegen ihn selbst anwenden würden, da er in demselben Augenblicke, wo er sich gegen vermeintliche Anklagen ver theidigen zu müſſen glaubt,
über den Gegner falsche Thatsachen verbreitet.
Wir mögen indessen seine Sprache nicht nachahmen. Wirkung der
Auf Seite 19 und 20 nergleicht alsdann die Réponse die Wirkungen Schüffe Schießens gegen die beiden Thürme . Die Compoundplatten des Gruson auf die des Panzerplatten. thurms sollen in ihrer ganzen Dicke zerrissen gewesen sein. Herr Mougin hätte hierüber seinen Kollegen, Herrn von Montgolfier befragen sollen, welcher die Tiefe jedes einzelnen Risses nachgemessen hat und sich auch später, nach der Abreise des Herrn Mougin die Stahlschicht stellenweise
als
durch die
2. Beſchießung entfernt wurde, davon überzeugte, daß sich die Riſſe mit einer einzigen in unserm Bericht erwähnten Ausnahme thatsächlich nicht bis in die schmiedeeiserne Schicht erstreckten . *) „Was bedeutet es ", fragt die Réponse weiter, „für den unglücklichen „Kanonier, der einen Metallsplitter in den Kopf bekommt, ob dieser Splitter ,,von einem feindlichen Geschoß oder von der Kuppel kommt, von welcher „ er sich geschüßt glaubt.“ Herr Mougin hätte sich, wie es Verfasser gethan hat, sehr leicht davon über zeugen können, daß die Schrauben des Gruson'schen Thurmes in Bukarest ohne jede lebendige Kraft abfielen und, abgesehen von den beiden großen Kopf schrauben, keinerlei Verlegung bewirken konnten. Er weiß ferner sehr wohl, daß die kleineren Schrauben nur in Rücksicht auf die spätere Demontirung des Thurmes an geordnet waren und bei definitiver Ausführung durch Niete erſeßt werden würden. **) Am Auffälligſten aber ist die nun folgende Stelle der Réponse : ,,Von diesem Tage an kann man behaupten, war das Urtheil der „ rumänischen Kommission abgeschlossen und nicht eines ihrer Mitglieder hat ,,die Stimme erhoben, um sie (die deutsche Kuppel) in den Berathungen zu ,,vertheidigen, welche nach den Versuchen stattfanden." Wir wissen bereits aus den früheren Kapiteln, daß der Verfasser der Réponse einen Gewährsmann besaß, welcher ihn über alles, was in dem Gruſonthurm vorfiel, orientirte, wenngleich er ihn gewöhnlich mit falschen Nachrichten be diente ; hier aber giebt sich Herr Mougin den Anschein, als sei dieser Gewährsmann ein Mitglied der rumänischen Versuchskommiſſion gewesen, denn nur ein solches kann die Verhandlungen der Kommiſſion kennen. *) Dieſe Thatsache wird auch von dem holländischen Bericht auf Seite 83 konstatirt. ** ) Wenn Herr Mougin in der Réponse auf Seite 19 behauptet, kein Mensch könne sich rühmen, ein Bruchstück von der Größe eines Nadelknopfes in das Innere des fran zösischen Thurmes geschleudert gesehen zu haben, so ist diese Behauptung zum mindeſten etwas seltsam , da Herr Mougin sich doch wohl noch erinnern wird, daß am 27. Dezember 1885 während der Beschießung des franzöſiſchen Thurmes in seiner und Herrn Gruſon's Gegenwart eine Mutter auf den Boden der mittleren Etage des Thurmes fiel und zwar in unmittelbarer Nähe des leztern Herrn.
279
Wir überlassen es der rumänischen Kommission, eine solche Infinuation gebührend zurückzuweisen und bemerken unsererseits
nur,
daß Herr Mougin
wahrscheinlich auch in diesem Falle dupirt worden ist. In dem
mehrfach zitirten
Auffage
des
Majors
Crainicianu find
wenigstens eine große Anzahl von Vorzügen des deutschen Thurmes gegen über dem französischen unumwunden anerkannt und es läßt sich doch wohl annehmen, daß dieser Offizier seine Ansicht nicht nur in der Presse, sondern auch in den Kommiſſionsſigungen gesagt haben wird . Seite 20 bespricht die Réponse unsere Behauptung, daß Schraubenbrüche beim Schießen gegen Walzeisenkonstruktionen unvermeidlich seien. Herr Mougin entgegnet darauf :
„Ich, der ich mir schmeichle, Versuche gegen Schmiedeeisen
„ studirt zu haben, habe sogar 4 Jahre meines Lebens ſolchen Schießversuchen ,,beigewohnt und müßte noch lernen, daß Schraubenbrüche unvermeidlich sind . “ Dieser stolzen Bemerkung gegenüber möchten wir denn doch fragen, weßhalb Herr Mougin alsdann seinen Bukarester Thurm nicht besser gegen Schrauben brüche gesichert hat, denn wäre der genannte Herr nicht bereits am 15. Januar 1886 nach Frankreich zurückgekehrt gewesen, so hätte er
an diesem Tage lernen
können, was ihn 4 Jahre nicht gelehrt, indem nämlich ein einziger Schuß (der 6. dieses Tages) 8 Befestigungsschrauben der Decke des fran zösischen Thurms
absprengte.
Dem gegenüber finden wir es etwas
stark, wenn Herr Mougin schließlich behauptet, wir hätten an dem fran zösischen Thurm in Bukarest lernen
können , daß man eine gut
konstruirte Panzerung in's Unendliche ( indéfiniment ) beschießen könne, ohne den Bruch einer einzigen Schraube zu erhalten . finden dies um so merkwürdiger, als er auf Seite 43 gern zugiebt,
Wir
daß die
Konstruktion dieses selbigen Panzers fehlerhaft war und daß die Verbindung des zylindrischen und horizontalen Theils nicht denselben Grad von Widerstands fähigkeit besige wie der mittlere Theil der vertikalen Platten. " Die
Réponse behauptet dann weiter auf Seite 20,
der Meridian
Nr. 2 des franzöſiſchen Thurms, welcher am 14. und 15. Januar 1886 den Zielpunkt bildete, sei
in der That die am meisten beschädigte,
8 Schüssen getroffene Stelle desselben gewesen.
weil von
Sie vergißt dabei, daß dieſe
8 Schüsse sämmtlich Streifschüsse waren, deren Marimaleindringung 13 cm betrug ,
während am Meridian
Nr. 0 ,
welcher eigentlich hätte beschossen
werden müssen, durch die Treffer Nr. 23 und 24 vom 27. Dezember 1885 ein Stück von 26 cm Dicke und 64 cm Breite ausgesprengt war.*)
*) Auch der holländische Bericht monirt Seite 123 die Verlegung des Zielpunktes bei der lezten Beschießung des franzöſiſchen Thurmes vom Meridian Nr. O auf den Meridian Nr. 2, welcher lettere Theil weniger beschädigt gewesen sei ; trotzdem sei der französische Thurm nach der Beschießung als breschirt zu betrachten gewesen, während man bei dem deutschen nicht hätte voraussehen können, wie viel weitere Treffer zur Erzielung der Bresche nöthig gewesen sein würden.
1
·
280
Beschießung der Auf Seite 21 bespricht die Réponse das Schießen gegen die Scharten Schartenplatten. der beiden Thürme und macht uns zunächst einen Vorwurf daraus , daß wir den nachträglichen Versuch vom 22. Januar 1886
gegen die Scharte des
Grusonthurms nicht zugleich mit demjenigen vom 5. Januar behandelt, son dern es vorgezogen hätten, ihn am Ende des Werkes
zu verheimlichen und
in's Dunkle zu stellen. " Sollte es dem Verfasser der Réponse in der That unbekannt ſein, daß die offiziellen Schießversuche zu Bukarest am 20. Januar mit dem Präzisions schießen der franzöſiſchen Geſchüße beendigt wurden und daß jene nachträg lichen,
ausschließlich gegen den deutschen Thurm
angestellten Versuche vom
22. Januar nur besondere Versuche der Kommission waren, vollem Rechte ganz hätten fortlassen dürfen ?
welche wir
mit
Wir haben dies nicht gethan,
weil diese Versuche von hohem Interesse sind, haben sie aber separat behan delt,
um dem Irrthum
Parallel-Versuche bildeten.
vorzubeugen,
daß
auch sie noch einen Theil der
Nichtsdestoweniger sind wir bereit, der Réponse
in einen Vergleich der beiden Schießversuche zu folgen. Am
5. Januar traf der erste Schuß 20 cm neben der Scharte des
Thurmes, durchbrach die Schartenwand und zerschmetterte das Holzrohr. Major Crainicianu sagt hierüber sehr treffend auf Seite 174 der Re vista Armatei : „Demnach wären die schrägen Treffer die gefährlichsten für die Schieß scharten, denn wenn sich ein wirkliches, dem Bruch widerstehendes Geschüß ,,in der Schießscharte befände, so könnte das Metall auf dem Umfang der „Kanone gleichsam eingelöthet und in Folge dessen das Geschüß so einge „rammt werden, daß es unbrauchbar würde.
Es scheint somit festgestellt,
„daß sich das Walzeisen, namentlich das weichere, zu guten Schießscharten ,,mit vertikalen Wänden nicht eignet 2c." Am 5. Januar traf ein Geschoß (im Ganzen gerechnet der 11. Treffer) das linke Rohrsimulacre des Grusonthurmes , zerschmetterte dasselbe und brach die oberen Wände der in der Scharte befindlichen Zapfenlager ab. Diese oberen Wände der Lager sind jedoch durchaus entbehrlich, da es genügt, wenn das Rohr unten aufliegt. Verfasser stellte daher der Kommiſſion das Anerbieten, die Krupp'schen Rohre sofort wieder in die Scharten ein bringen zu lassen und nach der Scheibe zu schießen .
Man nahm jedoch davon
Abstand, indem man ihm die Möglichkeit dieser Manipulation ohne Weiteres zugab. Herr Mougin freilich bestreitet diese Möglichkeit , würde dies aber wahrscheinlich nicht gethan haben, wenn er sich die Konstruktion der Scharten lager des Grusonthurmes genauer angesehen hätte. Ganz anders lautet denn auch das Urtheil des Majors Crainicianu, welcher auf Seite 176 der Revista Armatei ſagt :
281
-
"1 Aus dieser doppelten Probe ergiebt sich,
daß Form und Widerstands
fähigkeit der Scharte gut sind. "*) Im Uebrigen können wir an dieser Stelle bemerken, daß Major Schu mann in seinen
neuen Konstruktionen,
um allen Controversen
vorzubeugen,
die Schartenlager ganz vermieden hat, und zwar durch eine höchst einfache Vorrichtung, welche den Stüßpunkt der Rohre unter die Oberkante des Vor panzers verlegt, den ideellen Drehpunkt aber in der Scharte beläßt. Auf Seite 23-25 behandelt die Réponse alsdann die Beschießung der Beschießung ber beiden Vorpanzer . über den Sieg,
Wir sind weit davon entfernt, Herrn Mougin die Freude beiden Borpanzer.
welchen der französische Vorpanzer in Folge seiner größeren
Dicke, seines besseren Profils und der veränderten Angriffsbedingungen davon trug, zu verdenken und bedauern nur, daß er sich mit diesem Triumph nicht begnügte, sondern sich abermals zu Schlüſſen fortreißen ließ, die er nicht ver antworten kann . Auf Seite 24 der Réponse heißt es unter Anderem :
„ Die Erklärungen,
,,welche Herr von Schüß jezt hinterher stammelt, statt ganz einfach zuzu „gestehen,
daß
der Gruson'sche Hartguß mittelmäßig ist und jedenfalls
„dem von St. Chamond unterlegen**), können einer ernſten Prüfung nicht „ Stand halten. Die Erklärung, welche er in der verschiedenen Höhe der ,,beiden
Thürme über den bewachsenen Boden findet, ist niemals
von
,,irgend Jemand ernst genommen worden, auch selbst von ihm nicht." — Hinsichtlich der leßteren Bemerkung ist das Urtheil des Majors Crainicianu über die Beschießung der beiden Vorpanzer interessant.
Derselbe ſagt zu
*) Der holländische Bericht erkennt ebenfalls auf Seite 130 die Ueberlegenheit der Schartenkonstruktion des deutschen Thurmes unbedingt an und fügt noch hinzu, daß, wenn in der franzöſiſchen Scharte ein eiſernes Rohr anstatt eines hölzernen gelegen hätte, mög licher Weise sehr belangreiche Beschädigungen der Laffete eingetreten wären. **) In einer Anmerkung fügt die Réponse noch hinzu : „Dieses Geständniß ist übrigens freiwillig von den offiziellen Vertretern eines fremden Staates gemacht worden, welcher umſomehr in der Frage interessirt war, als er früher Herrn Gruson bedeutende Aufträge auf Hartgußthürme ertheilt hatte." Der einzige Staat, welcher Herrn Gruſon Aufträge auf Hartgußthürme ertheilt hatte, und welcher durch mehr als einen Offizier in Bukarest vertreten war, war, außer Deutsch land, der Niederländische. Herr Kapitän Scherer aber ist sehr weit davon entfernt, das obige Urtheil bezüglich der Qualität des Gruson'schen Hartgusses in der bereits citirten Militaire Gids abzugeben, erkennt vielmehr ausdrücklich die Verschiedenheit der Profile, so wie den Umstand an, daß der Gruſon'sche Vorpanzer nahe an der Unterkante getroffen wurde. Sehr ausführlich wird ferner die Verschiedenheit der Bedingungen, unter welchen beide Panzer beschossen wurden, auf Seite 136 und 137 des offiziellen Berichtes der hollän dischenKommission besprochen. Derselbe bestätigt nicht nur Alles von uns in dieſer Hinsicht Gesagte, sondern bemerkt noch sehr treffend, daß die 3 auf den franzöſiſchen Vorpanzer ver feuerten Krupp'ſchen Granaten geladen waren, und daß geladene Granaten erfahrungsmäßig gegen einen Hartgußpanzer geringere Wirkung haben als ungeladene.
--
282
―
nächst auf Seite 175 der Revista Armatei über den französischen Vor panzer: „Der feste Ring hat also guten Widerstand geleistet, was seinem guten „Profil und Metall zuzuschreiben ist.
Ohne aber diese Eigenschaften zu
,,bemängeln, ist doch zu bemerken, daß die Wirkung eine größere ge „wesen wäre, wenn einerseits der Fallwinkel nicht so klein und „andererseits
der Ring von Beton mehr blos gelegt und tiefer unten
„getroffen wäre.“ Derselbe Offizier bemerkt dann auf Seite 177 den deutschen Vorpanzer :
zu dem Versuch gegen
„Es wurde konstatirt, daß das Metall des Ringes von guter Qualität ,,ist und daß dessen Spaltung dem Umstande zuzuschreiben ist, daß er ganz „nahe an seiner Basis getroffen wurde, welche von Beton entblößt war.“ ,,Abgesehen hiervon wurde unter einem Depressionswinkel von 1 ° 22 ' ge= schossen. " Major Crainicianu ist jedoch keineswegs der einzige, welcher genau die selben Thatsachen konstatirt und
für Ernst nimmt", wie wir, sondern auch
in der bereits citirten Nr. 649 der Revue militaire de l'Étranger heißt es, nach Besprechung derselben Verhältnisse, auf Seite 732 : Die Umstände sind also besonders ungünstig für die Widerstands ,,fähigkeit der deutschen Platte gewesen". Die gleiche Anerkennung findet sich auch in einem Aufſag des Kapitain Mariani in der Italienischen Revista d'artiglieria e genio. Wir glauben, Herr Major Mougin würde seiner Sache nicht geschadet haben, wenn er diese Umstände ebenfalls unumwunden anerkannt hätte. Charakteristisch ist endlich die Schlußbemerkung der Réponse auf Seite 25 . Herr von Schüß, welcher seinen Vorpanzer wahrscheinlich noch nicht für „genügend maltraitirt hielt, erklärt mit einer Harmlosigkeit, für die mir der „richtige Ausdruck fehlt, daß es demselben noch viel schlechter ergangen wäre, ,,wenn man denselben ausschließlich mit Krupp'schen Geschossen angegriffen ,,hätte." Wir nannten diese Bemerkung charakteristisch und zwar aus dem Grunde, weil es Herrn Mougin einfach unfaßbar erscheint, daß ein Vertreter eines Werkes die Schwäche und Fehlerhaftigkeit einer Konstruktion desselben unum wunden zugiebt. Wir wollen daher unsere Ansicht an dieser Stelle noch deut licher dahin präziſiren, daß wir allerdings der Meinung sind, daß ein Hartguß panzer von dem Profil des Bukarester, welcher an einer Stelle von 22 cm Dicke von guten Stahlgeschossen in einer solchen Weise
dicht an
der
Kante angegriffen wird, durch 5-6 Schuß breschirt werden muß . Jene Harmlosigkeit barg indessen einen kleinen Stachel , Mougin
nicht gefühlt hat,
troßdem derselbe auf
welchen Herr
Seite 64 des
(Seite 62 des franzöſiſchen) Tertes genügend angedeutet ist.
deutschen
283
Die geringe Wirkung der auf den französischen Vorpanzer verfeuerten Geschosse erklärt sich nämlich sehr
einfach dadurch, daß diese zum weitaus
größeren Theil aus St. Chamond'schen 15 cm Geschossen bestanden , deren geringere Qualität gegenüber den Krupp'schen sich im April d. J. bei den Versuchen gegen Creusotplatten in Spezia auf's Neue genügend kennzeichnete. Während nämlich die Krupp'schen ganz blieben und nur eine Stauchung von wenigen Millimetern zeigten, zerbrachen die St. Chamond'schen theils, theils wurden sie gänzlich deformirt.
(Verkürzung von 100 mm in der
Längsachse, Vergrößerung des Durchmessers von 150 auf 214 mm.)*) in der That die von der italienischen Versuchs-Kommission
Wer
aufgenommenen
Zeichnungen der 15 cm St. Chamond - Granaten nach dem Schuß gesehen hat,
der kann sich über die geringe Wirkung solcher Granaten gegen den
französischen Vorpanzer nicht wundern .
Wir wollen keineswegs
behaupten,
daß der lettere durch 9 Krupp'sche Granaten breschirt worden wäre ,
aber
größer würden die Beschädigungen auf alle Fälle gewesen sein. Was nun endlich die Bemerkung der Réponse betrifft, der Gruſon sche Hartguß sei mittelmäßig und jedenfalls dem Chamond'schen unterlegen, so überlaſſen wir das Urtheil darüber unseren Lesern. Wir erinnern dieſelben nur an den Schießversuch, welchen die Werke von St. Chamond im April 1884 gegen eine von ihnen selbst fabrizirte Hartgußplatte anstellten. In den Schlußfolgerungen des Berichts der genannten Werke heißt es u . A .: „Dieses Schießen zeigte, daß eine sehr kleine Zahl von St. Chamond „schen Hartstahlgeschossen genügt, um einen Hartgußpanzer zu zerstören, und „daß die normal treffenden Schüsse nicht die einzigen zu fürchtenden sind. " Ein schräger Schuß, welcher einen Winkel von 25º mit der Normalen bildet, „ruft Risse hervor, welche die folgenden Schüsse
vergrößern bis sie die
„Zertheilung der Platte in mehrere Stücke herbeiführen.“ **) Mit diesem vernichtenden Urtheil, welches die Werke von St. Chamond seiner Zeit selbst über ihren eigenen Hartguß aussprechen, bitten wir unsere Leser, den Erfolg,
welchen
der Gruson'sche Hartgußpanzer im April und
Juni d. J. in Spezia, gegenüber einem mit Krupp'schen und St. Chamond schen Stahlgranaten feuernden 43 cm Geschüß erzielte, zu vergleichen und unterwerfen uns dann mit Ruhe ihrem Urtheil . Nach Besprechung der Versuche gegen die beiden Vorpanzer erörtert die Beschießung der mit 21 em Réponse auf Seite 25 die Beschießung mit 21 cm Mörsern und be- Thürme Mörsern. dauert schmerzlich", daß man nicht den gezogenen de Bange-Mörser mit
zum Versuch herangezogen hätte , welcher, der Berechnung nach, den Thurm unter 100 Schüssen 6mal getroffen haben würde.
Herr Mougin fährt als
*) Vergleiche den holländischen Bericht Seite 151 . **) Der holländische Bericht betont ebenfalls Seite 137 daß die damals in St. Cha mond beschossene Hartgußplatte von ungenügender Härte und überhaupt von sehr geringer Qualität war.
1
284
dann fort :
-
„Ich bedauere dies um so lebhafter, als der beinahe vertikale
,,Stoß einer Granate von 91 kg auf die deutsche Kuppel zweifellos, und zwar in erhöhtem Maße, die Brüche von Bolzen, Schrauben, Haken, „ Nieten und anderen Kartätschhagel wiederholt haben würde." Welche Vorstellung macht sich wohl Herr Mougin von dem Stoß einer ungeladenen gußeiſernen Mörsergranate ?
Die Endgeschwindigkeit
derselben
beträgt auf 2500 m Entfernung etwa 175 m per Sekunde, also die leben dige Kraft 142 mt,*) d . i. 171 mt weniger als die der Krupp'ſchen 15 cm Granaten.
Allerdings trafen die letteren schräg, während die ersteren an
nähernd normal getroffen haben würden, doch bestanden dafür die Mörser granaten aus gewöhnlichem Gußeisen, welches sofort beim Aufschlag zerschellt, und die 15 cm Granaten aus beſtem Stahl, welcher dem Zerschellen immer hin einen sehr energischen Widerstand entgegenseßt.
Wir theilen daher die
Vorausseßungen der Réponse nicht und zwar um so weniger, als über die Wirkung der 21 cm Mörsergranaten in Deutschland durchaus genügende Er fahrungen vorliegen.
Gebührt Thürmen Die Réponse geht dann zu dem lezten Präzisionsschießen mit den ju 1 ober 2 Ge Thurmgeschüßen über, welches wir bereits am Schlusse des 2. Kapitels be schüßen der Vor jug? handelt haben. Wir haben daher nur noch die Ausführungen auf Seite 38 und 43 mit wenigen Worten zu berühren. Die Réponse erörtert daselbst die Frage :
Gebührt Thürmen zu einem
oder zwei Geschüßen der Vorzug ? und sagt unter Anderem wörtlich Folgendes : „ Diese Frage, darf man sagen, ist eine derjenigen, welche für definitiv „ entschieden gelten.
In allen zivilisirten Ländern sind die Thürme
der
„Panzerschiffe für 2 Geſchüße konſtruirt ; das Gleiche gilt für die Thürme „der Forts von Antwerpen,
Langlütjensand,
der holländischen Küsten 20.
und dasselbe ist endlich von den 25 Thürmen, mit denen unsere neuen „französischen Forts versehen sind, sowie von denjenigen, welche für unſere ,,Küstenvertheidigung projektirt sind, zu sagen.“ Wir werden Herrn Mougin in die eigentliche Streitfrage, ob Thürmen zu einem oder zwei Geschüßen der Vorzug gebührt, nicht folgen, sondern ver weisen ihn einfach auf den Auffaß des Majors Schumann im Juniheft 1886 der Internationalen Revue. Wir citirten vielmehr die obige Stelle nur deshalb, weil es uns in hohem Grade auffällt, daß Herr Mougin anzunehmen scheint, daß die Frage für Schiffsthürme,
Landbefeſtigungs- und Küſtenbe
festigungs-Thürme die gleiche sei. Es scheint überflüssig, auf das Irrige dieser Ansicht hinzuweisen.
Auf
* ) Der holländische Bericht berechnet die lebendige Kraft der Mörsergranaten, wahr scheinlich auf Grund genauerer Daten, auf 154 mt ; eine Panzerdecke von 10-12 cm Dicke genüge für solche Granaten, auch könnten die Referenten die von anderer Seite geäußerte Ansicht, daß ein Treffer vielleicht Beschädigungen der inneren Konstruktion des Schumann thurmes hervorgerufen haben würde, nicht theilen.
285
einem Schiffe gilt es, den Raum bis auf's Aeußerste auszunußen, und beim Schiffspanzer sowohl wie beim Küſtenpanzer ſind Mündungstreffer mehr als unwahrscheinlich.
Beim Landbefestigungspanzer
aber liegen gänzlich andere
Verhältnisse vor.
Dieſelben werden vielleicht manchen Artilleriſten nicht be
beſtimmen, Thürmen zu einem Geschüß den Vorzug zu geben, aber sicherlich wird er zu dieſem Reſultate auf Grund ganz anderer Erwägungen kommen, als sie bei Schiffs- und Küstenpanzern am Plage find . Die Réponse freilich bezweifelt auf Seite 38 die Richtigkeit uns gemachten Angabe,
der von
daß sich das Preisverhältniß zweier Panzerlaffeten
der genannten Arten wie 3 : 2 stelle, da wir offenbar die Unterbauten 2c . nicht in Rechnung gezogen hätten . Das ist richtig, wenn man die Unterbauten nach altem Styl herstellt. Verwendet man aber die neueren Schumann'schen Konstruktionen,
wo der
Unterbau aus Blechen hergestellt und zugleich als Munitionsmagazin ver wandt wird, so stellt sich das Verhältniß ganz anders.
Für ein Geschüß kann
man genügende Munition in dem Thurme selbst unterbringen, für zwei Ge schüße aber ist noch ein besonderes Munitionsmagazin für denselben erforder lich, und die Kosten dieser und anderer Bauten erklären die Preisdifferenz. Die Réponse kommt dann endlich auf Seite 43 und 44 auf die äußere Das neue franjö sische Thurm projekt.
Form der Panzer zu sprechen und überrascht uns bei dieser Gelegenheit durch Mittheilung einer Zeichnung des neuen Thurm-Projekts, welches die Werke von St. Chamond der rumänischen Regierung eingereicht haben.
Wir können
uns nicht versagen,
den Beweis
dasselbe umſtehend zu reproduziren, da es
liefert, daß die Franzosen aus dem Bukarester Versuch etwas ge = lernt und feinen Anstand genommen haben , die so sehr geschmähte Form der deutschen Kuppel incl. Schartenbusen für sich zu ac ceptiren. Wozu nun die langen Auseinanderseßungen über die Vortrefflichkeit der französischen Scharte und der cylindrischen Form, wenn nach vollendetem Ver suche beide mit den bekämpften Konstruktionen des Gegners vertauſcht werden? Herr Mougin freilich erklärt, der äußeren Form des Panzers von jeher nur wenig Werth beigelegt zu haben, die Werke von St. Chamond aber haben nicht immer so gedacht.
Noch im August 1884 veranstalteten dieselben einen
Schießversuch gegen eine schräge, gewölbte Panzerplatte (Vergl. Aprilheft 1885 der Neuen Militärischen Blätter), breſchirten dieſelbe und zogen alsdann den Schluß, daß derartige Platten zu leicht Risse und Durchbeulungen erhielten und daher nicht anwendbar seien.
Wahrscheinlich war die cylindrische Bukarester
Kuppel das Produkt dieser Schlußfolgerungen. Nun, auch die Gruson'sche Fabrik hat aus dem Bukarester Schießversuche gelernt, denn es muß an dieser Stelle betont werden, daß der Bukarester Thurm die erste Ausführung des Schumann'schen Systems war,
Thurmproject neue Das Werke der Chamond St. .von
286 -
287
-
welche in dieser Fabrik, die bisher nur Hartgußthürme fabrizirt hatte, stattfand. Sie hat aus dem Bukarester Schießversuch vor Allem gelernt, daß es ein Fehler ist, bei einem Versuchsthurme in Rücksicht auf die spätere Demon tirung Schrauben anstatt Niete anzuwenden, da nicht Jedermann geneigt ist, eine solche provisorische und weniger haltbare Befestigungsweise bei seinen Schlüffen in Rechnung zu ziehen. Aber auch in Bezug
auf die Einrichtung des Thurmes,
die Drehvor
richtung, das Gewicht der einzelnen Panzerplatten, sowie die Verbindung des Panzers und der Blechkonstruktion, hat der Bukarester Schießversuch zu durch greifenden Veränderungen Veranlaſſung gegeben und die Rumänische Regierung befindet sich daher zur Zeit auch Seitens der Gruson'schen Fabrik im Besig von Projekten, beseitigen.
welche die zu Tage getretenen Fehler des Versuchsthurmes
Wir übergehen die Schlußfolgerungen auf Seite 45 der Réponse, da fie nur eine Wiederholung der bereits zur Genüge abgehandelten Einwürfe ſind. Wenn dann allerdings die Réponse mit den Worten schließt, daß dieſe Schlußfolgerungen zweifellos miſſion ſeien,
auch diejenigen der Rumänischen Versuchskom
da lettere einstimmig den Schumann'schen Thurm zurückge
wieſen und mit einer Majorität von 6 gegen 3 Stimmen den franzöſiſchen Thurm, selbst ohne Verbesserungen , angenommen habe, ſo läßt sich eine solche Behauptung nicht mit Stillschweigen übergehen. Der französische Thurm sollte, so wie er war ,
von der Rumänischen
Kommiſſion mit einer Majorität von 6 gegen 3 Stimmen acceptirt worden sein, mit
allen den Fehlern,
welche Major Crainicianu in der Revista Amatei
konstatirt ? Troß der schneidenden Schlußfolgerung, welche dieſer Offizier, der doch auch Kommiſſionsmitglied iſt, auf Seite 175 der Revista aus dem Schießen gegen den französischen Thurm zieht, indem er einfach ſagt : „ Diese Probe ist die völlige Verdammung der cylindrischen Form für Panzer thürme?" Weshalb verändert denn Herr Mougin nachträglich die von der Kommiſſion acceptirte cylindrische Form und erseßt dieselbe man höre und staune - durch diejenige des von der Kommission " einstimmig ver worfenen " deutschen Thurms ?
In der That, der Schlußsaß der Réponse
ist beinahe eine Beleidigung der Kommission, leßteren überlassen, da
wir
welche zurückzuweisen
über den Inhalt
wir der
ihrer Verhandlungen nicht
orientirt sind und uns auch nicht, wie Herr Mougin, den Anschein geben wollen, es zu sein. Was dagegen den ersten Theil der Mougin'schen Behauptung betrifft, daß die Kommission den Schumannthurm so , wie er in Bukarest ausgeführt war, einstimmig verworfen hat, so halten wir dies für sehr möglich. Wir haben in unserem,
von der Réponse angegriffenen Rapporte nie geleugnet,
daß dieser Thurm Fehler hatte ,
und sind sogar , in Uebereinstimmung mit
―――
288
--
seinem Erfinder, soweit gegangen, das Syſtem Schumann als unvortheilhaft für zwei bewährten
Geschüße zu
erklären und den vielfach angewendeten und stets
Gruſonthurm für diesen Zweck zu
empfehlen.
hat sich inzwischen nicht geändert, wenngleich wir uns
Unsere
losen Uebertreibungen dieser Fehler und ihrer Bedeutung, Réponse beliebt, energisch verwahren müssen . war der Thurm an den vier ersten,
Ansicht
gegen die maß wie sie
Wie wir oben
die
bewiesen,
maßgebenden Versuchstagen dem fran
zösischen an Treffsicherheit gleich und zeigte sich demselben später an Wider ſtandsfähigkeit überlegen.
Wir sind daher in der Lage, bei
einem Ver
gleich mit dem französischen unbedingt für den deutschen Thurm_ein treten zu können,
doch ist damit nicht gesagt,
daß er unseren eigenen An
forderungen in jeder Hinsicht genügte. Wir sind demgemäß weit davon entfernt, es der Kommiſſion zu verübeln, wenn sie diesen Thurm, so wie er war, nicht acceptirte, denn wir selbst würden als abnehmender Offizier zum mindeſten eine ganze Reihe von Verbesserungen verlangt haben . Noch klarer zu Tage liegen jedoch die prinzipiellen und sonstigen Fehler des französischen Thurmes und dies ist der Grund, weshalb wir die Richtigkeit des zweiten Theils der Mougin'schen Behauptung bezweifeln. Der Gruson'sche Thurm hatte Fehler, der St. Chamond'sche . aber war ein Fehler, und zwar gerade deshalb , weil er als Maschine und nicht als Kriegswerkzeug konstruirt war. Und diese Fehler beseitigt auch das neue französische Projekt
nicht ,
sondern behält sie im Gegentheil , troß der von der Gruſon'schen Kuppel übernommenen grundsäßlich bei .
günstigeren
Außenform
des
Panzers
Wir haben in der vorstehenden Erwiderung nur einen einzigen sachlichen Angriff unberücksichtigt gelaſſen, nämlich die Ausführungen, welche die Réponse auf Seite 30 an unseren Vergleich des in Bukarest erprobten Artillerie materials knüpft .
Wohl könnten wir auch hierzu Manches sagen,
Antworten sehr nahe liegen,
da die
verzichten indessen darauf, da das Krupp'sche
Etablissement berufenere Kräfte besigt, um derartige Angriffe zurückzuweiſen, wenn es eine Zurückweisung für geboten erachtet . Aus diesem Grunde be schränken wir uns darauf, auf Seite 142-152 Berichtes zu verweisen, unserer Ansicht nicht
des offiziellen holländischen
welcher nicht nur den Beweis liefert, daß wir mit
allein stehen, sondern noch viel weiter gehende Be
denken gegen das französische Artillerie-Material äußert und dieselben unter Anerkennung der guten Eigenschaften ausführlich begründet. Wir stehen daher nunmehr am Schluſſe unserer Erwiderung.
Wir haben
uns bemüht, in derselben auch den maßlosen Angriffen und Uebertreibungen
289
―
der Réponse gegenüber ruhig zu bleiben und nur die Sache für sich reden, die Person des Gegners aber aus dem Spiel zu lassen. Ist uns leßteres nicht immer gelungen, so bitten wir unsere Leser um Nachsicht ; nicht wir haben diesen Mißklang in die Debatte hineingetragen, und es verbietet sich von selbst, alle persönlichen Angriffe einfach zu ignoriren, da dieselben häufig mit sachlichen Einwänden eng verbunden sind.
Betrachtungen
über
den
Feldzug
von 1859
in Italien.
Aus den hinterlassenen Papieren des Generals Anton Better von Poggenfeld. IV.
Als die Vorausseßungen des Kaiſers eine eklatante Bestätigung durch die Thatsache erhalten hatten, daß nämlich der Feind am linken Ufer des Ticino, an den beiden Punkten St. Martino und Turbigo, nicht mehr zu sehen war, bestand ſeine Taktik darin, daß er so schnell als möglich so viel Truppen, als er konnte, an das linke Ufer des Flusses disponirte, wie sie ihm zunächſt ſtanden oder nach und nach ankamen, ohne auf die Ordre de bataille Rücksicht zu nehmen. Auf diese Art zerfallen die ungeräumten Behauptungen über den unge ordneten taktischen Aufmarsch der alliirten Armee, nach der Passirung des Ticino, in sich selbst zusammen . Der einzige Gedanke des Kaisers für den 2. und 3. Juni war, so viel Streitkräfte als nur immer thunlich auf das linke Ufer zu werfen. ― Nach diesen Dispositionen war vorauszuseßen, daß uan am 4. den nächsten Punkt auf der Straße nach Mailand, d. i . Magenta, erreicht haben werde ; es konnten nämlich alle Korps, ausgenommen das III . und die sardinischen Divisionen, für den kritischen Moment daselbst vereinigt In Folge dessen erhielt auch das III . Korps den Befehl, direkt auf sein. St. Martino oder Ponte-Nuovo di Buffalora
und von dort zur Ponte
Das Vecchio an den Naviglio Grande gegenüber Magenta zu marſchiren . II. Korps erhielt den Befehl, sich auf den kürzesten Weg die Richtung von Cuggione, Inveruno, Mesero und Mascallo zu manöveriren . Nach Ertheilung dieser Dispositionen
erwog der Kaiser
nochmals die
möglichen Chancen der offensiven Bewegungen, die für den 4. Juni feſtgeſetzt werden sollen. 19 Neue Milit. Blätter. 1886. Oktober-Heft.
290
Würde der Feind, ohne den Franzosen den Weg nach Mailand zu ver legen, sich auf die Linie der Adda zurückziehen, so kämen die Alliirten wahr scheinlich in den Besiß der Lombardei,
ohne einen Tropfen Blut zu opfern .
Sollten aber die Oesterreicher, wie vorauszusehen war, die Linie von Ma genta nach Mailand vertheidigen, so werden nach den getroffenen Dispositionen die Alltirten auf jeden Punkt und zu jeder Zeit nicht nur
in hinlänglicher
Stärke, sondern in besserer taktischer Stellung sich dem Feinde gegenüber be finden. ――― So folgert der französische Kaiser. Er hatte aber, um ſeine Dis pofitionen durchzuführen, die höchste Zeit : denn die Divisionen, welche bereits den Ticino paſſirt hatten, konnten jeden Augenblick angegriffen und nach Süden zurückgeworfen werden.
In Gegenwart solcher Gefahr, in welcher das Um:
gehungsmanöver durch längere Verzögerung gebracht werden konnte, mußte die Strategie der Taktik weichen.
Der beschränkte Schauplaß, auf welchem sich
die entscheidende Bewegung für die Völker und
das Kaiser
und Königreich
entscheiden sollte,
hat eine große ſtrategiſche Wichtigkeit,
schreiben wollen.
Indem man successive durch gerade Linien- die Punkte :
Porto di Turbigo , wo die Franzosen zwei Brücken worfen hatten,
welche wir kurz be
über den Fluß ge
mit dem Brückenkopf von St. Martino oder eigentlich mit
der Ponte-Nuovo di Buffalora auf der Straße von Magenta, dann mit Ro becco am Naviglio Grande im Südosten,
diesen Ort mit Magenta öſt
lich auf der Straße von Mailand, dann Magenta mit Castano im Norden, endlich mit Turbigo verbindet, erhält man ein großes irreguläres Pentagon, auf dessen innern Raum die beiden Armeen die Schlacht vom 4. Juni aus gekämpft hatten. Aber die Franzosen benöthigten keinen so ausgedehnten Play, denn die Bataille dehnte sich nicht nach allen Seiten unseres beschrie benen Pentagons aus. vier Punkte Turbigo
Wir bezeichnen daher das Schlachtfeld innerhalb der (mit Robechetto),
Robecco,
Corbetto und
Castano.
Diese Punkte formiren im Enſemble eine mehr geometrische Figur, eine viel einfachere und synoptischere Begrenzung der Bewegungen und Positionen der resp. Armeen.
Indem man die
oben bezeichneten Punkte miteinander ver
bindet, erhält man ein nahezu rechtwinkliges Parallelogramm, wovon die gegen überliegenden Seiten beinahe gleich lang sind. trägt 1092 Quadrat-Kilometer.
Der
innere Flächenraum be
Die Linie, welche Turbigo mit Robecco verbindet,
war für beide Ar
meen ohne Zweifel sowohl in defensiver, wie in offensiver Beziehung die wichtigste des Parallelogramms. Die westliche Seite coincedirt mit dem Na viglio Grande, welche näher am Ticino,
bei Turbigo, liegt,
entfernt sich in
ihrer Verlängerung von demselben derart, daß die Distanz der beiden Wäſſer schon bei Buffalora 1000 Meter beträgt und bei Robecco diese Distanz sich auf 2000 Meter erweitert hat. Dieser prächtige Kanal, von zwei Stein dämmen eingeschlossen und mit steilen Böschungen erbaut, fällt genau bis zur Hauptstraße gegen die östlichen Höhen nach Süden ab.
Der künstliche Fluß,
-
291
in einer Breite von 20 Metern, war mit sieben befestigten und unterminirten Brücken versehen und überhaupt in guten Vertheidigungsstand geseßt. Brücken waren bei Padregnano,
Buffalora ,
Bernata,
Ponte
Nuovo di Magenta (Eisenbahnbrücke in der Erbauung), Ponte Vecchio di Magenta, endlich Robecco. Turbigo, 4 Kilometer vom Ticino, und Robechetto, Turbigo, bilden für die Vertheidigung eine Stellung,
2 Kilometer
von
die von der erhöhten
Lage das ganze Terrain am Naviglio Grande bis Castelletto
und Cuggione
beherrschte und unmittelbar auch Porto di Turbigo, sowie die ganze Linie bis zu dieſem Dorfe, d . i . der ganze schmale Landſtrich am Ticino, folglich der jenige Theil, welcher am meisten den Versuchen eines feindlichen Fluß-Ueber ganges ausgesezt war. Es waren daher Turbigo und Robechetto, ungeachtet der Entfernung von Magenta, für die Erhaltung der Straße
nach Mailand von großer Wich
tigkeit. Das große Dorf Buffalora liegt 2 Kilometer von Bernata. gruppe auf dem
rechten Ufer des Naviglio
Die Häuſer
bildet einen Brückenkopf.
bietet die Situation eine gute Flankenvertheidigung.
Es
Der eingehende Winkel,
welcher durch die Böschung des Naviglioufers der Gebäude formirt ist, wird durch die Meierei Monterotondo flankirt. Buffalora iſt à cheval des Naviglio und einer Straßenbiegung gebaut, welche lettere von St. Martino zur Ponte- Nuovo di Buffalora
und dann
südöstlich nach Magenta führt. Von Buffalora gehen sechs Straßenverbin dungen ab ; sie gehen nach Cuggione, Mesero, Marcello, auf beiden Seiten des Naviglio Grande und St. Martino. Dieser Ort giebt wegen seiner Lage
eine
bedeutende Vertheidigungs
ſtellung, und dominirt das ganze Quadrat, welches wir weiter oben beschrieben haben. Le Ponte - Nuovo di Magenta , welche 400 Meter von Buffalora südlicher liegt , wird durch vier massive Gebäude in den Winkeln flankirt ; und diese Gebäude bilden auf den entgegengeseßten Ufern ſtarke Brückenköpfe , welche sehr vortheilhaft vertheidigt werden können , da sie ein Ponte Vecchio di Magenta, mörderisches Kreuzfeuer ermöglichen. 1½ Kilometer von der Eisenbahn entfernt, hat dieselbe defensive Eigenschaft, wie die eben genannte Brücke. — Robecco, 5 Kilometer von der Ponte Vecchio gelegen, ist auf beiden Ufern des Naviglio erbaut. eignet sich vortrefflich zur Vertheidigung, nach Mailand zu weit
Auch dieser Ort
da er aber von der Hauptstraße
abseits liegt, hat
er weniger Wichtigkeit für die
Franzosen. Eine Invasion zu verhindern, hatten die Desterreicher alles aufgeboten, um diese durch so bedeutende Gewässer, wie der Ticino und Naviglio Grande, ohnehin starke Linie noch durch Befestigungen eine noch größere Vertheidigungs fähigkeit zu geben.
19*
___
292
Der Ticino hat eine mittlere Breite von 240 Metern von Turbigo bis Bernata, von da bis Robecco 480 Meter.
Auf dieser ganzen Strecke
giebt es nur eine Brücke bei St. Martino, welche den Uebergang für eine Armee mit allen Waffengattungen ermöglicht.
Um die Passage dem Feinde
zu verwehren, genügte mit hinlänglichen Streitkräften den nördlich gelegenen Theil auf dieser Linie zu vertheidigen,
um die Konstruktion von Brücken zu
verhindern, und die einzige steinerne Brücke über den Ticino stark zu be festigen und zu beseßen --- und im Nothfalle sie zu sprengen - und die Ver theidigung auf das linke Ufer allein zu beschränken, was bei der bedeutenden Breite gewiß sehr leicht gewesen wäre. Vom strategischen Standpunkt aus betrachtet, bildeten der Ticino und Naviglio Grande zwei beträchtliche Circumvallations -Linien, westlich des Vier ecks auf die Weise , daß , wenn die Oesterreicher von der am Ticino zurück gedrängt wären, konnten sie sich hinter die zweite durch Natur und Kunſt starke Linie dem Naviglio Grande retiriren. Eine Armee, welche innerhalb dieser zwei Vertheidigungslinien
plazirt
ist, hätte bei zäher Vertheidigung sich mit vielem Vortheil auch gegen eine doppelt so starke Armee als die franzöſiſche war, lange halten können. Das unmittelbare Objekt mußte sich daher um den Besiß von Magenta
bewegen, denn wer Herr von dieser kleinen Stadt ist,
würde unter gegen: wärtiger Stellung der beiden Armeen auch Herr von der Lombardei ſein. Die Armee der Alliirten konnte Mailand nur auf der Hauptstraße erreichen,
und die Desterreicher
mußten den in das bezeichnete Viereck ein
dringenden Feind aus demſelben wieder hinauswerfen, um ihm die Einnahme von Mailand zu verwehren. Vergleicht man die Linien und Punkte, die wir oben angeführt haben, so ist keine und keiner, ob sie innerhalb oder außerhalb des Parallellogramms liegen, so wichtig, als die von St. Martino über Magenta nach Mailand, und hierbei spielt die Konfiguration des Terrains eine sehr bedeutende Rolle. Von der Brücke von St. Martino führt die Chaussee und der Eisenbahn Damm, die bald parallel nebeneinander laufen, bald sich wieder kreuzen, über Magenta nach Mailand. ―――― Die Brücke bei St. Martino ist 120 Meter lang,
und die Entfernung von dieser nach Magenta beträgt 21½ Kilometer.
Von der Brücke weg zwischen dem Ticino und dem Naviglio Grande ſenkt sich das Terrain.
Dieser Landstrich ist bei Bernata sehr schmal ,
sich aber bei Robecco bedeutend ;
erweitert
er bildet einen mit Gestrüpp und Ge
büschen untermischten nassen Wiesengrund , der nur im Sommer austrocknet. Der südlich von der Hauptstraße gelegene ist am Naviglio Grande von bei 30 Meter hohen Hügeln eingeschlossen. verlieren sich glacisartig gegen den Fluß.
Die Böschungen des Naviglio Bei Ponte Magenta beträgt die
Breite des Bodens zwischen dem Kanal und dem Flusse 100 Meter, Ponte Vecchio 250 Meter und bei Robecco 940 Meter.
Das
bei
östlich von
―――
293
----
Naviglio gelegene Terrain besteht aus Wiesen, Reisfeldern, Weingärten und Rückt man vom Flusse Ticino aus gegen üppigen Baumanpflanzungen. Magenta vor, so erhebt sich das Terrain amphitheatralisch in Terraſſen , wo und das Ganze gleichsam eine starke Festung mit
eine die andere überhöht
verschanztem Lager bildet, das dem Vertheidiger bei gehöriger Benüßung alle Vortheile einer kräftigen Defensive darbietet und die Möglichkeit nicht ausschloß, ſelbſt einem doppelt so starken Feinde, als die Alliirten waren, die Eroberung dieser Position unmöglich zu machen.
Das verschanzte Lager stellt der Theil
vor, welcher innerhalb des Flusses und des Kanals liegt. östliche Seite unseres Quadrates
Die nördliche und
giebt eine erhöhte Stellung,
welche das
ganze Vorterrain beherrscht, und durch die Natur und Kunst so stark gemacht ward, um bei tapferer Vertheidigung
als uneinnehmbar
gelten zu
können .
Aber wie wir wissen, hat die Position der Desterreicher schon am 3. Juni durch den Angriff der französischen Armee drei Punkte eingebüßt,
d . i . die
äußere von St. Martino, und die innere Turbigo und Robecco.
Demnach
waren die Desterreicher
nach Verlust dieser Punkte genöthigt,
und nach Westen Front zu machen, und Naviglio Grande zusammenzuziehen, zu widerstehen.
nach Norden
daher ihre Kräfte hinter dem
um dem doppelten Angriff der Alliirten
Die Schlacht von Magenta. Die österreichische Armee, unter dem Oberbefehl des Feldzeugmeiſters Graf Gyulai, bestand am 4. Juni aus sieben Armee - Korps , nämlich : Inf. u. Art. Kavallerie dem V. Korps , Kommandant F.-M. Lt. Graf 22 090 M.
450 M.
"
VII. Korps , Kommandant F.-M.-Lt. Baron . Zobel. 20 Bat., 4 Est., 6 Batt.
Stadion.
17 000
"
450
"
"
VIII. Korps , Kommandant F.-M.-Lt. Bene . dek. 29 Bat., 4 Esk., 10 Batt.
24 000
"
450
"
19 485
"
900
"
16 780
"
450
"
20 000 ".
450
"
I. Korps , Kommandant F.-M.-Lt. Graf Clam = Gallas . 29 Bat. , 4 Esf. 8 Batt. .
17 750
450
"
•
300
" 2113
"
"
III. Korps , Edm .
25 Bat., 4 Esk., 9 Batt.
Kommandant F.-M.-Lt. Schwarzenberg . 25
Fürst Bat.,
8 Est., 9 Batt.
"
"
II. Korps , Kommandant F.-M.-Lt. Fürst Eduard Lichtenstein. 19 Bat., 4 Est., 5 Batt. IX. Korps , Kommandant General der Kaval lerie Graf Schaffgottsche. 4 Est. , 8 Batt. ·
"
21 Bat.,
der Reserve-Kavallerie 17 Eskadrons, 2 Batterien "
Armeegeschüß-Reserve 10 Batterien
1500
"
"1
294
Daher formirte die österreichische Armee am Schlachttage von Magenta 168 Bataillone, 49 Eskadrons, 67 Batterien, d. i . 113 105 Mann In fanterie, 5263 Mann Kavallerie mit 456 Kanonen .
(Die Franzosen geben
die Stärke der Infanterie auf 186 000 Mann an.) Die 7 österreichischen Armee-Korps hatten am 4. Juni Morgens folgende Positionen inne. Das VII. Korps
Das I. und II . Korps stand innerhalb des Parallelogramms . nahm
zwei getheilte Stellungen ein .
Die eine Division
unter Prinz Alex . von Hessen beseßte Corbetta , den östlichen Winkel unseres Vierecks, 7 Kilometer von Ponte-Nuovo di Magenta entfernt.
Die Division
Lilia stand bei Castel Mendosio im Süden von Abbiatograſſo , 10 Kilo meter von Magenta.
Die Brigaden Hartung und
Pokorny
dieses Korps
rückten am linken Kanal-Ufer, die Brigaden Wezlar und Dienstel am linken Ticino-Ufer vor.
Diese zwei Leßteren hatten den Befehl,
gegen die Brücke
von St. Martino vorzurücken und an beiden Ufern den Feind anzugreifen. Das V. Korps war auf dem Marsch von Abbiatografſo her, 15 Kilometer von Magenta, mit der Richtung nach dieser Stadt. Das IX . Korps, das noch weiter vom Schlachtfelde entfernt war, Aus diesem folgt,
kam von Piacenza und Pavia.
daß der General Gyulai am 4. Juni früh 8 Uhr
nur das I. und II. Korps zur Disposition hatte, den vierten Theil seiner ganzen Stärke. allenfalls die Division Hessen,
Man
d. i . 45 000 Mann oder kann zu dieser Zahl
noch
12 000 Mann, die bei Corbetta stand, aber
noch 8 kilometer von Magenta entfernt war, hinzufügen, also im Ganzen General Clam-Gallas, 57 000 bis 60 000 Mann, also 1/3 der Armee. welcher in Abwesenheit des Generals en chef hier das Oberkommando führte, hatte, um dem zweifachen Angriffe der Alliirten von Norden und Westen zu widerstehen, folgende Dispositionen getroffen.
Verbindet man Buffalora mit
Ponte Vecchio di Magenta, diesen lezteren mit der Stadt Magenta, Magenta mit Marcallo und dieses wieder mit Buffalora durch gerade Linien, so erhält man ein Viereck, in welchem die österreichische Hauptſtärke zur Vertheidigung Stellung vor dem Beginn der Schlacht genommen hatte. Die Linie zwischen Buffalora und Bernata beseßte das I. Korps
als
rechter Flügel, und zwischen Ponte di Magenta und Robecco nahm II. Korps als linker Flügel Stellung.
das
Wir machen über die Vertheidigungslinie folgende Betrachtungen : 1. Im Nordosten hat die Linie einen spißen,
ausspringenden Winkel ;
2. die nörd
liche Linie und die westliche waren während der Schlacht (erst später kamen Verstärkungen) jede auf ihre eigene Kraft angewiesen und konnten sich nicht gegenseitig unterſtüßen ;
3. jede der beiden Linien
konnte
durch den gleich
zeitigen Angriff von Norden und Westen her durchbrochen, gegeneinander zu rückgeworfen und in ein vernichtendes Kreuzfeuer gebracht werden. Nach wohlerwogenen Reflexionen
bestimmte der französische Kaiser den
Angriff auf die Stellung der Desterreicher bei Magenta für den 4. Juni
295
früh.
Hierzu veranlaßten ihn zwei Gründe,
die Ausführung nicht
zu ver
ſchieben,
und die ihn hoffen ließen, nach gewonnener Schlacht bei Magenta auch Herr der Lombardei zu sei. Nach eingelaufenen Mittheilungen der Generäle Mac Mahon, Millinet und Camou, welche die Gegend zwischen dem
Tessin und Naviglio Grande
erforschten
und
nach den Rekognoszirungen,
welche der Kaiser selbst anordnete, wurde konstatirt, daß der Feind noch keine beträchtlichen Streitkräfte hinter dem großen Kanal am 3. Juni vereinigt hatte. Die feindliche Armee, deren Korps zerstreut und
übermäßig weit von
Magenta entfernt ſind, und der General en chef, der erst kürzlich die Umgehung durch die Alliirten erfahren hat, kann mit seiner Armee, die sich nur mühsam in dem vom Regen aufgeweichten Terrain vorwärts bewegt,
unmöglich
am
4. Juni Morgens auf der Straße zwischen Magenta und Mailand, oder nur mit ganz ermüdeten Truppen daselbst eintreffen .
Im schlechtesten Fall kommt
die Hauptmacht der Alliirten zugleich mit jener der Oesterreicher auf dem Schlachtfelde an. Die Vortheile, welche die Oesterreicher in einer von Natur und Kunst starken Stellung hinter dem Naviglio Grande vertheidigen, werden dadurch aufgewogen, daß die Alliirten die Begünstigung zweier Angriffspunkte haben und die Oesterreicher in der Front und in der rechten Flanke zugleich angreifen können.
„ Schmieden wir daher das Eiſen, so lange es noch warm
ist, denn wir sind heute in keiner nachtheiligeren Lage als der Feind, hin gegen dürfte unsere Situation morgen weniger vortheilhaft sein. " Napoleon vor der Schlacht von Magenta und
So sprach
ordnete den augenblicklichen
Vormarsch zum Angriff auf die feindliche Stellung an. Aus dem Gesagten erhellt, daß die ſtrategiſchen Prinzipien den taktischen weichen mußten und daß die Befehle vom 2. Juni an die verschiedenen Korps in Bezug ihrer Vorwärtsbewegung
mit diesen Ideen größtentheils
überein
ſtimmten. - Das II. Korps, vermehrt durch die Division Camou und die 4 sardinischen Divisionen, debouchirte
am 4. Juni zwischen 9 und 10 Uhr
Morgens aus Turbigo und Robechetto, um in zwei Kolonnen über Cuggione auf Bernata und Buffalora und über Caſtano, und von Buscato, Inveruno, Mesero und Mascallo nach Magenta zu marschiren.
Die 1. Division, Milli
net (Zuaven und Gardegrenadiere), brach zwischen 8 und 9 Uhr von Ponte St. Martino gegen Ponte Vecchio di Magenta auf. und diesem das IV. Korps .
Dieſem folgte das III .
Das I. Korps blieb noch zur Observation am
rechten Ufer zurück und folgte später
als Arrière-Garde der Armee nach.
Es hatte den Auftrag, unabläſſig gegen Mortara und Vigevano rekognosziren zu lassen und den Feind zu beobachten. wenn die Marschordnung der Korps
Aus dieser Anordnung folgt,
daß,
in der Art hätte ausgeführt werden
können, am 4. Juni 18 Divisionen Infanterie vor Magenta gestanden wären, d. i. 14 franzöſiſche und 4 sardinische Divisionen, im Ganzen 180 000 Mann Infanterie. Wir müssen aber hier in unserer Erzählung einen Augenblick innehalten,
296
um die Verspätung mehrerer Korps zu rechtfertigen, sowie auch die Ursachen zu detailliren, warum der Kaiser sich genöthigt sah, ohne das Eintreffen der Korps abzuwarten, mit so schwachen Kräften zum Angriff der feindlichen Linie zu schreiten. Jeder in der Kriegswiſſenſchaft unterrichtete und unparteiisch beurtheilende Offizier wird uns beistimmen, daß das strategische Poligon (welches wir öster reichisches Dreieck nannten), wovon Palestro den Scheitel einnimmt, nicht in den Händen des Feindes bleiben konnte,
weil es,
von dem Gegner beſeßt,
für die Umgehungsbewegung gefährlich werden mußte.
Es war zu erwarten,
daß der österreichische Feldherr augenblicklich die Gelegenheit ergreifen werde, dem Gegner mit allen disponiblen Kräften entgegenrücken und durch einen eklatanten Sieg die Scharte vom 31. ausweßen werde.
In Folge dieser
Vorausseßung mußte der französische Kaiser auf jede Eventualität vorbereitet ſein. Er ließ das Gros der Armee, ohne die begonnenen Umgehungsbewe gungen gänzlich zu unterbrechen, zwischen Vercelli und Novara vom 31. Mai bis 2. Juni, in Erwartung eines feindlichen Angriffs, Stellung nehmen. — Ohne Zweifel waren die Gefechte bei Palestro und Confienza in der Absicht unternommen werden, um den Seitenmarsch der Alliirten zu decken und den Desterreichern glauben zu machen,
es sei
auf ihre rechte Flanke abgesehen .
Wie konnte aber angenommen werden, daß die Gefechte vom 30. - 31 . Mai, wo doch die Alliirten in der Stärke von 80 000 Mann erschienen, bei dem General en chef Grafen Gyulai
nicht den Verdacht erwecken würden,
daß
der französische Kaiser die Idee der Umgehung der österreichischen Stellung im Schilde führe? - Nachdem aber der Feind in den Tagen nach den letzten Gefechten sich ganz passiv verhielt, was auf jeden Fall ganz unbegreiflich er scheinen mußte, so wurde die weitere Disposition gegeben.
Hätte der Kaiser
Napoleon vorher nur ahnen können, die Oesterreicher würden nach den lezten Treffen unthätig verbleiben, so wäre keine Verzögerung in den Umgehungs bewegungen eingetreten und die Alliirten würden wahrscheinlich Mailand und selbst die ganze Lombardei kommen haben. Das III. Korps
ohne Schwertstreich in ihre Botmäßigkeit be
und die 4 sardinischen Divisionen
erreichten
am 3.
Navara, konnten aber den Marsch nicht fortseßen, da die Straße vom IV . Korps eingenommen war ; erst mit Tagesanbruch konnte das III. Korps weiter marschiren. Marschall Canrobert konnte von seinem Korps nur die Brigade Picard vorschicken, welche schon am 4. früh bei Trecata stand. Divisionen,
Die 4 sardiniſchen
welche die Bestimmung erhalten hatten, das II. Korps zu ver
stärken, wurden ebenfalls wegen des vor ihnen marſchirenden IV. Korps auf gehalten.
Nur das IV. Korps allein,
das als Unterſtüßung der 1. Garde
Division folgte, war am 3. Abends und in der Nacht darauf auf dem Marsch von Novara in Trecata angekommen.
Somit
hatte der französische Kaiser
297
die Ueberzeugung,
daß von jenen Truppen,
welchen er den Befehl zur Be
schleunigung des Marsches gegeben hatte, keine vor Mittag bei St. Martino eintreffen werden und viel weniger jene Divisionen,
welche die Bestimmung
hatten, nach Turbigo zu gehen . Um 7 Uhr früh stand es daher Napoleon
noch frei,
den Angriff auf
eine spätere Stunde zu befehlen oder auf den folgenden Tag zu verschieben. Aber in Anbetracht der oben angeführten Beweggründe und in der wohlbe gründeten Ueberzeugung, die Zuaven und Grenadier- Diviſionen, die der Kaiser in Person kommandirte, würden während des begonnenen Kampfes im Laufe des Tages hinlängliche Verstärkungen bekommen, hielt er die erlaſſenen An griffsdispositionen aufrecht auf die Gefahr hin, nur mit zwei Korps, welche überdies über 18 kilometer von einander entfernt waren, obwohl ihm auch die Stärke der Desterreicher ganz unbekannt war, dennoch den Angriff zu unter nehmen. Dieser Entschluß des Kaisers
wurde von vielen Seiten
als eine ver
wegene Handlung bezeichnet, welche die Armee der Alliirten der größten Ka lamität ausseßen und höchstens nur durch den zweifelhaften Erfolg gerecht fertigt werden konnte. Es erscheint demnach durchaus nothwendig, die ge wagte Handlungsweise Napoleons vom einer scharfen Prüfung zu unterziehen.
Standpunkte der
rationellen Taktik
(Fortsetzung folgt.)
Montenegro und das Teftament Peters des Großen. Militärhistorische Studien und Skizzen von Carl Stichler. Das Land der
schwarzen Berge “ mit seinen tapferen, fast stets kriegsbe
reiten Bewohnern, nimmt auf der seit Jahrhunderten von Rassenhaß, Stammes fehden, Nationalitätsreibungen und daraus reſultirenden Streitigkeiten über reichlich heimgesuchten Balkanhalbinsel keineswegs den legten Rang ein. In der Vorzeit ein bewährtes Bollwerk gegen das Vordringen des Halb mondes an der Felsenküste des Adriatischen Meeres bildend, zählt es in unserem Jahrhundert und namentlich gegenwärtig, zu den unbestrittenſten Domänen des Panslavismus. In Aktivität gerathende Machterweiterungsprojekte des Leßteren, welche den unteren Donauländern, den mittleren oder westlichen Balkangegenden, sowie den europäischen Küstenstrecken am Aegäischen Meere vorzugsweise gelten,
-
298
stüßen sich nicht selten in Bezug auf eine wirksame Einleitung ihrer Durch führung in erster Linie auf Montenegro und deſſen kriegerischen Unternehmungs geist.
Das
heilige Rußland" hat dort in der Regel das größte Entgegen
kommen und die weitgehendste Bereitwilligkeit gefunden, wenn es seine Hebel ansezte, um diese oder jene feindliche Macht in den Balkangebieten zwischen dem Adriatischen Meere und der Morawa oder auch der Drina, aus dem Sattel zu heben. Der Pechvogel Seume, der „ Spaziergänger nach Syracus“, berichtet uns von seinen kuriosen Wahrnehmungen auf der im Jahre 1801 zum Theil durch die illyrischen Gegenden führenden Fußtour, daß die Krieger Suworows, die dort zuvor hindurchmarschirt,
da,
im Süden Oesterreichs,
beim Vernehmen
ihnen verständlicher südslavischer Idiome ihr besonderes Erstaunen ausgedrückt hätten .
„Wie weit das
heilige Rußland " reiche !" sollen
diese
aus dem
Innern des Czaarenreiches stammenden Soldaten häufig und hocherfreut aus gerufen haben, wenn ihnen in den illyrisch-ſüdſlaviſchen Bezirken Oesterreichs die dortigen Idiome und Sitten mehr anheimelten, als zuvor die ähnlichen Erscheinungen beim Durchmarsch durch polnische und mährische Gegenden.
Wer,
die Verhältnisse im Innern der Balkanhalbinsel aus eigener Anschauung kennend, vielleicht einem dortigen Fürstenhofe nahegestanden, und in dieser oder jener Residenz Gelegenheit hatte, die Entwicklungsphasen des leßten ruſſiſch-türkischen Krieges an Ort und Stelle zu studiren, wer die Hauptagitatoren der mili tärischen und diplomatiſchen Exzellenz Ignatiew, namentlich den in dieser Be ziehung äußerst bemerkenswerthen und hervorragenden „ehemaligen“ Staats sekretär von Montenegro - von Geburt ein Czeche und eine stattliche, in Petersburg wie in Moskau gern gesehene Erscheinung - bei der „ Arbeit“ eingehender beobachtete, würde sich etwas weniger über den ruſſiſch- panslaviſtiſchen Einflußzauber in diesen Adria-Gebieten wundern, als vordem die naiven Unter gebenen Suworows. Wenn seiner Zeit die englischen Blaubücher berichteten, daß Rußland im Verlauf des Monats Juli 1880 allein über Rustschuk, Silistria und Warna über 50 Geschüße, 20 000 Gewehre, 7000 Revolver und mehr
als
1000
Munitionskisten in Bulgarien hineinsandte, so würden tabellenmäßige Auf zählungen ähnlicher Unterstüßungen, welche das
protegirende Rußland den
Montenegrinern im Laufe der Zeit leiſtete, nicht übel die Beziehungen Beider illustriren . Periodisch geordnet würden derartige Nachweise im militär-hiſtoriſchen sowie im allgemein geschichtlichen Interesse keine geringe Bedeutung besigen. Tas Volk der Czernagora (slav. Benennung Montenegros), ſein Fürſt und seine Popen, verehren in dem russischen Czaar ihren erhabensten und mächtigsten Schußherrn, dessen Wille als Gebot und deſſen Gunſt als höchſtes nationales Glück gilt.
Das Volk ist aber hier ziemlich gleichbedeutend mit dem Begriff :
Heer, denn, wo jeder rüstige Mann Krieger und zum Waffendienst jederzeit bereit und verpflichtet ist, wo eine eigentliche stehende Armee nicht existirt,
-
299
dagegen Alles aufgeboten wird, den kriegerischen Sinn der Bevölkerung fort und fort zu erhalten, anzufachen und zu beleben, decken sich die Begriffe : Volk und Heer, so ziemlich. Nicht erst den russischen Machterfolgen und Anregungen dieses Jahrhunderts oder dem Ausbreiten der im europäischen Osten modern und volksthümlich ge wordenen panſlaviſtiſchen Weltherrschaftsgelüſte, sondern schon bedeutend früheren Perioden und naturgemäßeren Regungen entstammt diese tiefgehend nationale Neigung des streitbaren und faſt ſtets äußerst kriegsluſtigen Bergvolkes zu Rußland. Früher mit der
mächtigen Handelsrepublik Venedig vielfach befreundet
und häufig eng alliirt geweſen, durch einflußreiche Familienverbindungen und gemeinsame Interessen mit denselben zuweilen bedeutende Vortheile gemeinſam erreichend, wandte sich Montenegro nach dem Erlöschen der militärischen Macht größe der reichen und verweichlichten Lagunenrepublik mehr und mehr Ruß land zu, nachdem es noch wahrgenommen, wie Venedig unrechtmäßiger Weise es als Vasallenterritorium betrachtet und behandelt hatte. Venedig, das Montenegro's Beihülfe in den auf seinen dalmatiniſchen Küstenterritorien gegen die Türken gelieferten Kämpfen ehemals so vielfach in Anspruch genommen, welches ferner dieses Gebirgsland faktiſch nie besessen, verging sich im Frieden von Paſſarowig anno 1718 sogar so weit, daß es dasselbe förmlich an die hohe Pforte abtrat. Selbstverständlich fand diese Ab tretung nur auf dem Pergamente des Friedenstraktates statt, die Söhne der schwarzen Berge wußten die Terrainvortheile ihrer Heimathsgegenden derartig auszunuzen, daß ihre Unabhängigkeit, troß der verrätherischen und unmotivirten Handlungsweise Venedigs erhalten und gesichert blieb. Wenn nicht blos in der russisch-nationalen Tradition, sondern auch in der gegenwärtigen Praxis weiterer Machtentfaltung und
Ausdehnung
des
großen Czaarenreiches gen Süden, das vielfach citirte und kommentirte poli tische Testament Peters des Großen seine weitgehendste Beachtung findet, ist es jedenfalls der Erwähnung werth, daß der Scharfblick und die Umsicht dieſes unternehmenden und kühnen ruſſiſchen Staatsorganiſators auch die Bedeutung Montenegro's für Rußland erkannte.
Militärische Erwägungen waren es wohl
einzig und allein, die da in erster Linie bestimmend und bedingend einwirkten. Sobald Rußland , am schwarzen Meere vordringend , den Besit Kon ſtantinopels als Endziel gewaltiger Anstrengungen wählte, mußte ihm auch daran gelegen sein, auf der Balkanhalbinsel Alliirte oder doch wenigstens ein dienstwilliges Entgegenkommen
zu
entdecken.
Montenegro stand
in dieser
Beziehung zu jeder Zeit allen Anderen voran, und daraus ergab sich stets dessen militärische Bedeutung für Rußland .
Wenn der montenegrinische Fürst
in St. Petersburg bei Hofe , in den dortigen Armeekreisen , sowie in den Ministerien daselbst eine Aufnahme findet , wie sie außer jedem Verhältniß zu seinem kleinen Lande und dessen gewöhnlichen Kulturbeziehungen steht, so
_____
300
mag dies einerseits der außerordentlichen Kriegstüchtigkeit seiner Untergebenen, andererseits wohl aber der eigenthümlichen Situation seines Landes zuzuschreiben sein. Beides vereinigt, verleiht dieſem ſonſt unbedeutenden Staatswesen einen bevorzugten Rang, wenn es in der russischen Hauptstadt neben anderen Balkanstaaten, um Gunst werbend, sich meldet . Je mehr im
Laufe der lezten Jahrzehnte die Macht des
türkischen
Reiches auf europäischem Boden zerrüttet und geſchmälert, hie und da wohl auch gänzlich geworfen und beseitigt wurde, wuchsen auch die Erweiterungs gelüste und
Ansprüche
der
ehemaligen
Vasallenstaaten und
Tributgebiete.
Montenegro's Wünsche und Begehren in dieſer Hinſicht gipfelten zumeiſt in dem Verlangen
nach einem eigenen Hafen
an der Küste des
adriatischen
Meeres, nach einer direkten Verbindung mit demselben über eigenes Gebiet und somit nach einem unmittelbaren Anschluß an den maritimen Weltver kehr.
Leßterer bedeutet für Montenegro aber nicht mehr und nicht weniger,
als engere Fühlung mit Rußland, ſobald Zufuhr, Unterſtüßung und Verſtär kung in Frage gelangt. Die englischen Blaubücher dürften dann wohl kaum wieder so eingehende Notirungen betr. russischer Waffen- und Munitions-Zufuhren enthalten , wenn Montenegro auf eigenem Boden russische Schiffsladungen landen und in Em pfang nehmen kann.
Der Küstenplay Antivari wird da
kriegsgeschichtliche
Bedeutung erhalten. Peter der Große, der Gründer der russischen Kriegsflotte und zugleich der erste Czaar, der dem entlegenen Gebirgsstaate sein eingehendes Interesse zuwandte, konnte einen wesentlichen Punkt seines militärpolitischen Zukunfts programms erfüllt ſehen, wenn in einem montenegrinischen, mit Cettinje direkte Verbindung befißenden Hafen russische Schiffe sich ihres Inhalts entledigen, sowie eine besondere Aufnahme finden konnten. der Fall sein. Von Daniel Petrowitsch
Njegosch ―
In naher Zukunft wird dies
dem
Retter
montenegrinischer
Nationalität und Ahnherrn der noch jezt im Lande regierenden Familie angefangen bis auf unsere Zeit, hat zwar mitunter das Zünglein der Waage in Betreff der Haltung nach Außen am Regierungsſiße in Cetinje geſchwankt, im Großen und Ganzen dominirte aber doch der ruſſiſche Einfluß, der nicht blos in der gemeinsamen Abneigung gegen den Halbmond, sowie in der nationalen Sprachverwandtschaft , sondern auch auf religiösem Gebiete (bekanntlich bei slavischen Volksstämmen von schwerwiegender Bedeutung) wirksame Anknüpfungs punkte suchte und fand . Im Uebrigen bewährte sich auch hier, wo Franzosen und Oesterreicher, sowie auch zu Zeiten die Türken vergeblich ein Vordringen versucht hatten, die bekannte Allmacht des Rubels , die neben den kirchlichen Weihgeschenken und reichen Waffenſpenden ihren beabsichtigten Zweck faſt nie verfehlte. Land,
ehemals
einen
Theil des großen serbischen
Dieses
Slavenreiches bildend,
-
301
-―――
welches mit dem Tode des Königs Lazar ―― feld) anno 1389
auf dem Kossowopolje (Amsel
in Trümmer sank, wird im Jahre 1889 das 500 jäh
rige Jubiläum ſeiner Selbſtſtändigkeit feiern können. Der serbische Kronprätendent, Prinz Karageorgewitsch, ist der Schwieger sohn des Fürsten Nikolaus von Montenegro, und eine tiefgehende Staats krisis im heutigen Königreich Serbien kann leicht zu Umgestaltungen im Innern der Balkanhalbinsel führen, welche im gegebenen günstigen Falle die Wiedererstehung alter Staatsgebilde größeren Umfanges direkt veranlassen fönnten. Die Geschichte Montenegro's ist troß der abgeschiedenen Lage und trog der geringen Einwohnerzahl des Ländchens , eine recht bewegte und zumeist auch interessante. Georg Balscha, der Schwiegersohn des 1389 gefallenen Serbenkönigs Lazar, schwang sich zum freien Beherrscher seiner montenegri nischen Stammesgenossen auf und vertheidigte in unerschrockener und aus dauernder Weise das Land gegen die Schaaren des Halbmonds . Sein Sohn Statimir, sowie sein Enkel Stephan bekämpften mit gleichem Erfolge die Türken bis anno 1450, wo Fürst Stephan an der Seite des albanesischen Stammeshelden Skanderbeg den Ungläubigen, die Sultan Murad führte, eine empfindliche Niederlage zufügte. Nach dem im Jahre 1466 erfolgten Tode des siegreichen und unbeug samen Skanderbeg -- eigentlich Georg Kastriota genannt unterwarf sich Albanien der türkischen Oberherrschaft.
Fürst Iwan, der Urenkel Georg
Balscha's, in deſſen Geschlecht nun die Beibenennung Tschernoje (Schwarze) erblich geworden, zog sich jezt mit ſeinen Montenegrinern aus den Ebenen und offenen Thalgegenden zurück und gründete im Jahre 1485 das Kloster Cetinje als Residenzſtätte für das geistliche und später auch weltliche Ober haupt des Landes. Venedig, das ehemals Skanderbeg und seine Albanesen zu Entscheidungs kämpfen gegen die Türken angetrieben, suchte und fand nun eine ähnliche, ſowie äußerst andauernde Bereitwilligkeit bei den Montenegrinern . Mochte der Pascha von Skutari sie als Unterthanen seines Oberherrn betrachten und Tributforderungen stellen , mochte Venedig, häufig genug seine Beistandsver ſprechungen ignorirend, den verlangten Schuß versagen, das tapfere Volk der schwarzen Berge hielt mit seinen Fürsten die Angriffe der Türken aus und vertheidigte seine Bergwildniß mit bestem Erfolge. Anno 1516 dankte Fürſt Georg, der Lezte des Stammes der Tschernowitsche, ab. Seine Ehe mit der aus
dem
venetianischen Patriziergeschlecht Mocenigo stammenden Gemahlin
war kinderlos geblieben , und seine Gattin drängte zur Uebersiedlung der Lagunenstadt.
nach
Mit Zustimmung der Vorstände und des Volkes übertrug der sich ver abschiedende Fürst Georg dem Metropoliten, dem Erzbischofe Germanos, auch die weltliche Regierung des Landes .
Ein Anführer , Wladika genannt, ſtand
302
dem Staatsoberhaupte zur Seite, und diese Epoche prieſterlicher Oberherrschaft zeichnete sich durch besondere Willfährigkeit gegenüber Venedig aus . Als nach dem Jahre 1657 die Türken,
durch Verrätherei begünstigt,
das Land schon gänzlich unterworfen glaubten,
erſtand in dem Erzbischof
Danielo Petrowitsch von Njegosch dem montenegrinischen Volke ein neuer Retter.
Erbitterte Kämpfe gegen die Ungläubigen sowie auch innere Zer
würfnisse und Fehden mußten überwunden werden.
Begab sich doch ein Theil
der Montenegriner insofern direkt unter venetianischen Schuß, als er 1688 in das Küstengebiet am Busen von Cattaro, heute bekanntlich österreichisches Territorium, dauernd übersiedelte. Danielo Petrowitsch, wurde im Beginn des XVIII . Jahrhunderts zum Erzbischof und Staatsoberhaupt erwählt und gab Montenegro zuerst die heutige, zu Rußland neigende Richtung. Mohammeds Lehre und türkische Gebräuche und Unfitten, hatten in Montenegro gewonnen.
damals
in bedenklicher Weise Boden
Gewaltsam und energisch griff der Leßtgenannte ein,
nationale Wesen seines Volkes zeitig zu bewahren.
vor dem
um das
drohenden Untergange noch recht
Anno 1710 ſtellte sich auf seine Anregung das arg be
drohte Land unter den Schuß des ruſſiſchen Kaiſers .
Peter der Große er
kannte sofort den hohen Werth und die Bedeutung dieses Vorganges ; freudigſt übernahm er das Protektorat über das stammverwandte, fern von den Grenzen seines Reiches gelegene Gebirgsland. Als im Jahre 1714 der Krieg der Türken gegen Venedig begann und Morea in die Gewalt des Halbmondes gelangte, drang der Großzvezier Du man Köprili mit bedeutender Uebermacht in die zugänglichen und fruchtbarſten Theile Montenegro's ein .
Verheerungen und Verwüstungen entseßlichſter Art
bezeichneten die Richtungen, in denen die Türken das Land durchstreift und heimgesucht hatten ; Peter der Große zeigte sich außerordentlich freigebig, als der Wiederaufbau der Kirchen und der Wohnstätten begann.
Als nach der
verrätherischen Handlungsweise Venedigs im Frieden von Passarowiß ( 1718 ) die hohe Pforte direkte Ansprüche auf den Befig Montenegro's erhob, wurde das Verhältniß dieses Kleinſtaates zu Rußland nur noch mehr gefestigt und gefördert. Die Nachfolger Peters
des Großen auf dem russischen Throne, die
Kaiſerinnen sowohl wie die Kaiser, ſeßten die reichen Unterſtüßungen in jeder Weise fort ; Rußland mußte unter diesen Umständen dem tapferen, viel- und schwergeprüften Bergvolke als der uneigennüßigste Wohlthäter sowie als der beſte und mächtigſte Freund erscheinen. Daß die Schwärmerei für Rußland auch zu Mißverhältnissen ernster Art führen konnte, bewies das Auftreten des Abenteuerers Schipan Mali ( Stefan der Kleine) im Jahre
1767 in
Montenegro zu Genüge. Derselbe behauptete, er sei der entthronte und nur angeblich ermordete Czaar Peter III . von Rußland ;
damit gelangte er in Montenegro zu ſo
303
-
großem Einfluß, daß der regierende Metropolit und dessen Regierungsbei ſtände während
vierjähriger Dauer gegen diesen Pseudo-Peter III .
ausrichten konnten .
nichts
Schließlich wurde der gewiſſenlose, beutelustige und ehr
geizige Abenteuerer gelegentlich einer Empörung ermordet und die Familie Petrowitsch von Njegosch, die noch jest regiert, gelangte wieder zur Herrschaft. Der Plan Katharina's II. von Rußland und ihres Günſtlings Potemkin (1782) : „die Türken aus Europa zu verdrängen sowie das byzantinische Kaiserreich in Gestalt einer Sekundogenitur der ruſfiſchen Kaiſerfamilie unter dem damaligen Großfürſten Konſtantin wieder hervorzurufen,“ führte zunächſt zur Einverleibung der Krim in Rußland, in Weiterem aber auch zum zweiten Türkenkriege der Kaiserin Katharina. Oesterreich und Rußland führten nun einen faſt fünfjährigen Krieg gegen die Türkei, in dem Laudon und der Prinz von Coburg die österreichiſchen, Suworow und Potemkin dagegen die russischen Heerestheile führten.
Während
dieser Zeit, namentlich von 1787 bis 1791, leistete das montenegrinische Volk Ungewöhnliches in seinen Kriegszügen gegen die Türken . Als Dank dafür erlebten die Bewohner der schwarzen Berge das unerwartete Geschick, daß sie in dem zwischen Oesterreich und der Türkei
im Jahre
1791
zu
Schistowa, sowie in dem zwischen Rußland und der Türkei im Jahre 1792 zu Jaffy abgeschlossenen Frieden, der türkischen Rache preisgegeben wurden. Peter Petrowitsch I., der tapfere, von 1777 bis 1830 herrschende Re gent Montenegro's, erwarb sich unvergänglichen Ruhm in dieser ernſten Epoche. Wenn noch in der Gegenwart sowie in kommenden Jahrhunderten in der Czernagora bei festlichen Gelegenheiten und feierlichen Veranlassungen natio nale Lobgefänge zu
Ehren des
erwähnten Helden, Civilisationsbeförderers
und Retters des Vaterlandes ertönen, wenn zu den monotonen Klängen der Gußla die nationalen Weiſen angeſtimmt werden,
welche von den Thaten
Peter Petrowitsch's I. berichten, verbreitet sich auch stets wieder auf's Neue jene Begeisterung unter den rauhen Söhnen der schwarzen Berge, welche in der Vorzeit so häufig zum entscheidenden Siege verhalf. Den Montenegrinern
eine Neigung für
eine stramm gegliederte Re
gierung moderner Art, für eine höhere Kultur und bessere Bildung, für eine Veredlung der Gebräuche und Sitten, sowie für eine Steigerung der religiösen Auffaſſung beizubringen, war zwar dem Nationalhelden nicht möglich.
Sein
kriegerisches, mehr naturgemäßen Antrieben sich hingebendes und nicht leicht zu lenkendes Volk, verehrte ihn dennoch so außerordentlich, daß es ihm den Beinamen
des Heiligen" beilegte.
Sein größter Erfolg fand auf dem Schlachtfelde statt,
als im Jahre
1796 der Pascha von Skutari einen Vernichtungskrieg gegen das kleine, der türkischen Rachgier schonungslos preisgegebene Land eröffnete. Untergang erschien unvermeidlich,
als
Montenegro's
plößlich das Blättlein sich wendete.
Der Pascha von Skutari fiel mit 30 000 Kriegern in dem mörderischen Kampfe
-
304
-
gegen die Söhne der Czernagora, sein reiches Lager
mit großen Schäßen,
zahlreichen Waffen, Munitionsvorräthen und der gesammten Bagage, fiel in die Hände der Montenegriner, die hier Wunder der Tapferkeit verrichtet und reichen Lohn dafür geerntet hatten. Die stattgefundene Preisgabe von Seiten Rußlands, wurde Angesichts eines derartigen, ungeahnt großen Erfolges
wieder vergessen ; bald darauf
war Montenegro wieder der allergetreueſte Schildknappe des mächtigen Czaaren reiches. In den Kämpfen gegen die von Marmont und Lauriston befehligten Franzosen in Dalmatien 1805-1806, kämpften die Montenegriner an der Spiße oder auch an der Seite russischer Truppen mit Ausdauer und Bra vour.
Ragusa namentlich mußte damals unter den Angriffen der Ruſſen
und ihrer lokalkundigen Verbündeten schwer leiden.
Mehr als 350 raguſaner
Seefahrzeuge wurden von den Angreifern zerstört, denkbarst größten Schaden zuzufügen .
um
den Franzosen den
Der französische Versuch, in das Innere Montenegro's einzudringen, um das streitbare Bergvolk zu unterwerfen, wurde zwar im Jahre 1806 gewagt, endete aber bald mit einem beschleunigten Rückzuge. holte sich,
Dieser Vorgang wieder
als Desterreich dann etwas später zur Sicherung seiner dalmati
nischen Küstengebiete gleichfalls das unruhige Völklein unter seine Botmäßig feit bringen wollte. Die barbarischen Greuel, welche noch im vierten und fünften Jahrzehnt unseres Jahrhunderts in Bosnien gegen die dortigen Chriſten verübt wurden Ritter Moriß von von Seiten türkischer Aga's und deren Untergebenen Levitschnig erwähnt in seinem Buche :
Der Montenegriner oder Leiden der - · veranlaßten
Chriſten in der Türkei“ entseßliche, historisch verbürgte Details
die Bewohner der schwarzen Berge wiederholt zu Rachezügen gegen türkische Gemeinwesen in den Niederungen der nahen Grenzgebiete.
Im Jahre 1830
hatte Fürst Peter Petrowitsch II. die Regierung angetreten, in seiner Perſon die Befugnisse des Wladika's sowohl wie auch die des Metropoliten vereinigt, und somit die Führung der militärischen und geistlichen Angelegenheiten des Landes in gemeinsamer Oberleitung übernommen. Von edler, hochherziger Gesinnung geleitet, bewies dieser in St. Peters burg vorzüglich ausgebildete Fürst eine unbegrenzte Verehrung für Kaiſer Nikolaus und dessen Reich. Der Glanz und die Machtfülle des ruſſiſchen Hofes, die durch Garderegimenter wirkungsvoll repräsentirte Elite des ruſſiſchen Heeres, sowie die fesselnde und imponirende Erscheinung des Czaaren, waren und blieben dem Fürsten Peter Petrowitsch II . unvergeßlich. Als in der ersten Zeit seiner Regierung kriegerische Unterthanen zur Abwechselung und in unwiderstehlicher Bethätigung
ihres unbändigen Unter
nehmungsdranges österreichische Gebietstheile schwer heimgesucht hatten und dabei mit den dortigen Militärbehörden in arge Konflikte gerathen waren,
305
―――
vermittelte russischer Einfluß in beschwichtigender Weise eine friedliche Lösung der entbrennenden Streitfragen. Kein Wunder war's zu nennen, wenn der russische Einfluß wieder mäch tiger denn je zuvor Verbreitung in Montenegro gewann und
von Neuem
Fürst und Volk in seinen Bann einzwängte. (Schluß folgt.)
Der Serbisch-Bulgarische Krieg .
Von B. von Bechtold. III. Der 20. und 21. November. Die Bulgarischen Abtheilungen, welchen die Vertheidigung der Visker Pässe (südlich der Pirot- Sofia- Straße) anvertraut gewesen, waren unterdeſſen derart verstärkt worden, daß sie am 20. mit neun Bataillonen die Offensive ergreifen konnten.
Es wurde daher auch an diesem Tage das von den Serben am 17. eroberte Bresnik wieder genommen und die dort gestandenen Ab theilungen der Morawa-Division zum Rückzuge nach Trn genöthigt. Auch die bis Pernik und Radomir vorgedrungenen Detachements hatten sich nach Trn zurückgezogen, während ein dritter Theil dieser Division bei Golubovci auf geschlossene Abtheilungen des Bulgarischen linken Flügels stieß, welche die Serben nach kurzem, vergeblichen Widerstand auf den rechten Flügel ihres Hauptkorps warfen. Es war somit einigermaßen und etwas verspätet die angestrebte Vereinigung der Morawa-Division mit dem Hauptkorps bewerk stelligt worden.
Im Uebrigen verhielten sich die beiden Armeen an diesem Tage ziemlich passiv ; die Todten wurden zur legten Ruhe gebettet, die Ver wundeten zurückgeschafft, die Munition ergänzt, namentlich aber Seitens der Bulgaren die noch disponiblen Streitkräfte herangezogen und die klaffenden Lücken in den Reihen der Tapferen ergänzt. Am 21. November ließ die Türkische Regierung dem Fürsten von Bul garien einen Waffenſtillstand vorschlagen, auf welchen der Fürst, als Solcher und als Soldat, natürlich nicht eingehen konnte. Möge es uns gestattet sein, an dieser Stelle den markantesten Theil aus dem Antwortschreiben des Fürsten an den Großvezier wiederzugeben : 20 Neue Milit, Blätter. 1886. Oktober-Heft.
-
306
Nachdem Serbien, entgegen dem internationalen und Völker rechte und ohne Strafe seitens des suzeränen Hofes den Boden des Fürsten thums verlegt hat, erkläre ich es als meine heilige Pflicht gegen die auf dem Schlachtfelde Gefallenen, sowie als Pflicht meiner militärischen Ehre, vor der vollständigen Räumung Bulgariens seitens der serbischen Truppen weder einen Waffenstillstand vorzuschlagen, noch anzunehmen, und erst dann einem Friedensschluſſe zuzustimmen, wenn ich mich auf feindlichem Boden befinden werde . . .. .“ Alexander. Die stolze, siegesbewußte Sprache bedarf keines weiteren Kommentars . Um Widdin in seine Gewalt zu bekommen, hatte General Leschjanin einen konzentrischen Vormarsch der Timok- Division (mit Ausnahme ihres rechten Flügels) gegen die Festung angeordnet.
Demzufolge gelangte bereits am 20 .
der linke Flügel in die ihm angewiesene Stellung von Neganovec- Smerdan, während die Hauptkolonne von Osmanlije bis nachdem sie Arcer- Palanka
besegt und
nach Nazir-Mahala gelangte,
ein Detachement
Widdin bis nach Cuban- Cupria vorgeschoben hatte. die Timok-Division
nordwärts
gegen
Vom 21. November hatte
die interessante Thatsache zu berichten, daß wegen des
eingetretenen Nebels keinerlei Bewegungen an diesem Tage ausgeführt wurden ! Der 22. November. Die schon seit drei Tagen das ganze Gebirge durchstreifende Bulgarische Kavallerie konnte am Morgen des 22. den allgemeinen Rückzug des Feindes bestätigen.
Gleichzeitig meldeten sie aber auch, daß ein etwa 10 000 Mann
starkes Korps (die Drina-Diviſion) unterhalb des Ortes Dragoman Stellung genommen und die rechts und links der Straße gelegenen Höhen besezt habe. Fürst Alexander beschloß daher sofort zum Angriff überzugehen,
um sich in
den Besiß dieser, die Straße nach Zaribrod beherrschenden Höhen zu seßen. Es entspann sich alsbald ein ziemlich lebhaftes Artilleriegefecht,
in welchem
die vier schweren Geschüße der Serben sehr gute Dienste leisteten und den Bulgaren empfindliche Verluste beibrachten.
Nachdem das Feuer einige Zeit
gedauert hatte, gingen die Bulgaren zum Angriff vor, allein bei dem heftiger Widerstand , welchen sie fanden , konnten sie nur langsam und allmählig an Terrain gewinnen.
Gegen 4 Uhr Nachmittags war es endlich gelungen, die
Serbische Artillerie zum
Schweigen zu bringen,
schweren Geschüße demontirt worden war.
nachdem
Linien der Bulgarischen Armee die begeisternden Klänge Nationalhymne und unter stürzten sich die Bulgaren.
eines
der vier
Gleichzeitig ertönten auch in den der Bulgariſchen
persönlicher Führung des ritterlichen Fürsten das Regiment Plewna voran unter lautem
Hurrah, mit gefälltem Bajonett und ohne einen Schuß zu thun, auf die von dem Feinde so tapfer vertheidigten Höhen. Diesem leßten energischen Angriff fonnten die Serben nicht mehr widerstehen ; ihr anfangs geordneter Rückzug artete bald in eine wilde Flucht aus,
wobei
eine Unzahl
weggeworfener
307
-
Waffen in die Hände der sie verfolgenden Bulgaren fielen.
Fürst Alexander
hatte mit seinen braven Truppen einen glänzenden Sieg erfochten, deſſen werthvoller Preis in der Besißergreifung des Dragoman - Passes lag. Die Hauptkolonne der Timok- Division bewirkte an diesem Tage ihre Vereinigung mit ihrem linken Flügel ; das Hauptquartier des General Lesch janin befand sich an diesem Tage in Belarada. Seitdem der rechte Flügel dieser Division am 18. November von Belgradzik nach Kadibogas zurück gedrängt worden war, hatte er auch diesen Ort nicht mehr verlassen.
Er
verblieb auch daselbst in vollständigſter Unthätigkeit bis zur Einstellung der Feindseligkeiten, weshalb wir auch denselben nicht weiter erwähnen werden.
Der 23. November. Die Serben hatten sich bis auf 6 Kilometer jenseits Zaribrod zurückge zogen und dort auf den das Nischava Thal begleitenden Höhen, sowie in der Thalsohle selbst eine sehr vortheilhafte Stellung bezogen. Im Centrum be fanden sich vier Batterien, welche durch verschanzte Linien mit den Dörfern Coincol und Silincha in Verbindung standen .
Eine auf dem rechten Flügel
gelegene Höhe, Preglaglischte, beherrschte die Straße von Zaribrod ; die da erreichten mit ihren Projektilen dieses Dorf. Die
selbst postirten Geschüße
Bulgaren waren um 2 Uhr Nachmittags von den Höhen des Dragoman im Thal angelangt und hatten sofort den Angriff auf die Stellung der Serben Um 3½ Uhr befahl Fürst Alexander dem Regiment Varna die leztgenannte Höhe zu nehmen. Während ein Bataillon den Feind in der begonnen.
Front durch ein lebhaft unterhaltenes Feuer beschäftigte, griffen drei Bataillone die Stellung der Serben in der Flanke und im Rücken an. Auf der halben Höhe angelangt, wurde das Signal zum Einstellen des Feuers gegeben, es wurde Sturm geblasen und unter lautem Hurrah gingen die Bulgaren auf die Stellung ihrer Feinde los . Durch den Angriff in ihrer Flanke über rascht und außer Fassung gebracht zogen sich die Serben zurück und gelangten noch im Laufe der Nacht nach Ueberschreitung der Grenze auf ihr eignes Ge biet.
Fürst Alexander bezog an diesem Tage in Zaribrod dasselbe Quartier,
welches am Tage zuvor sein königlicher Gegner bewohnt hatte. Die Timok Division
bewerkstelligte
an diesem Tage die Einschließung
Widdin's, ohne daß es hierbei zu einem Zusammenstoß mit den Bulgaren gekommen wäre. Der 24. November. Das Hauptkorps der Serben hatte an diesem Tage das Bulgarische Ge biet vollständig geräumt, indem auch die bei Trn gestandenen Abtheilungen durch die unwegsamen Gegenden des Vlasina- Plateau's über die Grenze ge drängt worden waren.
Das Gros zog sich auf der großen Straße längs der
Nischawa und durch das Sukova Thal auf Pirot zurück.
Außer kleinen 20*
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308
Arrière-Garde- Gefechten war es an diesem Tage zu feinem nennenswerthen Renkontre gekommen. Die Timok-Division hatte in der Nacht vom 23. auf den 24. die Be schießung der Festung Widdin begonnen . In ihrem Eigendünkel mögen fie uns das harte Wort verzeihen! ― hatten die Serben geglaubt sich dieſes wichtigen Waffenplages durch einen Handstreich bemächtigen zu
können, fie
hatten es daher auch gänzlich unterlassen der zu der Einnahme Widdin's be ſtimmten Diviſion ein anderes als das gewöhnliche Feldgeſchüßmaterial beizu geben, obgleich eine Frist von acht Wochen - vom 23. Sept. bis 24. Nov. - und die nahe Grenze diese Ausrüstung sehr leicht gemacht haben würden. In den Serbischen Batterien waren nachfolgende Geſchüße vertheilt :
Zwölf
6 pfündige Hinterlader (Krupp), drei gezogene 12-Pfünder, zwei 15 cm Hinter lader (Krupp), ein 15 cm Serbischer Bronce-Hinterlader und sechs 12 pfündige gezogene Haubißen — mit dieſen 25 Geſchüßen wollten die Serben eine Festung nehmen, welche, wenn auch vielleicht alt und verfallen, doch immerhin hinter ihren Wällen 30 schwere Geſchüße und eine Beſaßung von etwa 5000 Mann zählte, eine Besaßung, welche unter einem tüchtigen und energischen Komman danten wohl im Stande gewesen wäre einen an Zahl stärkeren Feind als die Timok-Division für einige Zeit vor ihren Mauern festzuhalten. Enceinte der Festung betrug etwa 9 kilometer, wobei aber
Die äußere
nicht vergessen
werden darf, daß Widdin von der Donauſeite vollständig offen war und daß die Serben keinerlei Maßregeln getroffen hatten weil sie nicht konnten und nicht durften
um die Zufuhr von dieser Seite abzuschneiden .
Wie unter
solchen Umständen ein General nur daran denken konnte, eine Belagerung in Scene zu seßen, ist geradezu räthselhaft, hoffentlich wird die zu erwartende Relation des Serbischen Generalstabs uns hierüber eine „ belehrende Auskunft“ ertheilen.
Es hatten am 24. November auf der ganzen Cernirungslinie kleinere
Gefechte stattgefunden, so bei Kerimbeg, Smerdan, Tatardzik und an anderen Orten, welche indessen größtentheils unentschieden blieben und keinen weiteren Einfluß ausübten. An demselben Tage wurden die Trancheen eröffnet und mit dem Bau der sechs Belagerungsbatterien begonnen. Der 25. November. Im
weiteren Verlauf ihres Rückzuges
passirten die Serben an diesem
Tage die Stadt Pirot und bezogen rückwärts (d . h. westlich) dieſes wichtigen Punktes eine starke Stellung,
welche sich mit ihrem rechten Flügel an den
Pasjace-Bach, mit ihrem linken an den steilen Thalrand der Nischawa an lehnte.
Die Frontlänge der ganzen Linie betrug demnach zwischen vier und
fünf Kilometer ; sie beherrschte den Zugang zu sämmtlichen in Pirot einmün denden Straßen und die Stadt selbst lag noch in dem Feuerbereich der auf den Höhen postirten Batterien und
nur die am weitesten zurückgelegenen
Geschüßstellungen waren etwa 6 Kilometer von Pirot entfernt.
Sofort nach
309 dem Einrücken in diese Stellung fingen die Serben an, dieselben zu befeſtigen, während sie gleichzeitig durch die eingetroffenen Reserven des zweiten Auf gebotes die furchtbaren Lücken in ihren Reihen auszufüllen trachteten . An diesem Tage war es ebenfalls zu keinem größeren Gefecht gekommen, doch hatte sich bei dem Kommandanten des Bulgarischen Haupt-Korps, Oberst Nickolajew, ein Serbischer Parlamentär, Oberst Topalovic, eingefunden, welcher im Namen und im Auftrage des Königs Milan von Serbien mit Bezugnahme auf ein von den Großmächten in diesem Sinne ergriffene
und
seitens Serbiens acceptirte Initiative" die Einstellung der Feindseligkeiten vorschlug. Oberst Nickolajew erklärte jedoch ohne Ordres zu sein und daher genöthigt, den gemachten Vorschlag abzulehnen . General Leschjanin schien es nicht erwarten zu können, in den Besit Widdin's zu gelangen, denn schon an diesem Tage ließ er in den ersten Vor mittagsstunden einen Sturmverſuch auf das alte Türkische Bollwerk unter nehmen.
Obwohl der Angriff ohne große Anstrengung seitens der Verthei
diger, doch mit fühlbaren Verlusten seitens
der Stürmenden abgeschlagen
wurde, so wurde doch in den Nachmittagsstunden
der
Angriff
erneuert,
welcher indessen abermals an der Tapferkeit der Bulgaren scheitern sollte. Der 26. November. Die strategische Bedeutung der Stadt Pirot ist dadurch begründet, daß von hier aus drei Straßen nach Leskovac,
in das Innere des Landes führen, südwestlich
westlich über Ak-Palanka nach Niſch, nördlich über den St.
Nikolaus - Paß nach Widdin und Lom-Palanka. fällt auch ganz Neu- Serbien,
Mit dem Falle von Pirot
d . h. das dem Königreich durch den Berliner
Vertrag einverleibte Gebiet, in die Hände des Siegers .
Etwa 4 Kilometer
westlich von Zaribrod paſſirt die Serbisch-Bulgarische Grenze quer durch das Nischawa Thal, welches sich hier plößlich zu einer etwa 5 Kilometer breiten und bei 12 Kilometer langen Ebene ausdehnt.
Im Norden wird diese Ebene
durch die sanft abfallenden Hänge des Besara- Plateaus und des Belowberges ――――― zwischen welchen die Nischawa ihren Lauf fortsett - abgeschlossen. Am Fuße der genannten Anhöhen liegt Pirot mit einem alten, auf Felsen erbauten Kastell, welches jedoch für die Geschüße unserer Tage von keiner Bedeutung ist. Am Morgen des 26. stand die Bulgarische Armee mit ihrem Haupt Korps in der beiläufigen Stärke von 35 000 Mann bei Zaribrod . Eine Kolonne von 10 000 Mann hatte die feindlichen Abtheilungen bei Trn zum Rückzuge gezwungen und stand nunmehr in der Gegend von Odorovci, un weit der Grenze.
Eine dritte Abtheilung ,
welche in ihrer Mehrheit
aus
Freiwilligenabtheilungen zuſammengesezt war, ſtand nördlich von Zaribrod im Gebirge, ebenfalls nahe der Grenze, an der Straße, welche vom Ginci-Paß nach Pirot führt. Seit dem ersten Ausbruch der Feindseligkeiten hatte immer das denkbar
310
schlechteste Wetter,
dichter Nebel,
Sturmwind und Schneegestöber,
die Ope
rationen der beiden sich bekämpfenden Armeen nicht wenig beeinträchtigt.
So
hatten namentlich die Bulgaren an dem siegreichen Tage von Slivnica nicht wenig von einem scharfen Nordwestwind zu leiden, welcher, über die kahlen Felsen des Dragoman dahinjagend, ihnen den Schnee in dichten Flocken in's Gesicht peitschte, während die Serben die Ueberrumpelung der Donau-Diviſion einzig und allein dem Nebel (wer denkt hierbei nicht an den berühmt gewordenen Nebel von Chlum ?) zuschrieben.
Doch schon bei Gewinnung des Dragoman-Paſſes, als
die strahlende Siegesgöttin die Begleiterin des Fürsten Alexander geworden, da warf auch Helios, der leuchtende Sonnengott, einen flüchtigen Blick durch den ihn verhüllenden Wolkenschleier, als wolle auch er ein Augenzeuge sein der Siege der tapfer kämpfenden Bulgaren. Aber als erst der 26. November anbrach, da leuchtete aus wolkenlosem Himmel die Sonne in all' ihrer Pracht, ein günſtiges Omen für den tapferen Fürsten, der an der Spiße seiner braven Bulgaren die Grenze überschritt, um Genugthuung zu verlangen für die Be leidigung,
welche
ihm
und seinem Volke von dem Bruderstamm
zugefügt
worden war, und um den militärischen Erfolgen auch die politische Wirkſam keit zu verleihen ! Die Serben seßten den überall kühn vordringenden Bulgaren
nur ge
ringen Widerstand entgegen, woraus man mit Leichtigkeit schließen konnte, daß das Gros der Armee schon ziemlich weit entfernt sein müsse . In der That hatten auch die Serben im Laufe der Nacht die Positionen bei Goindol und Grugiol geräumt und die hölzerne Brücke bei Niſchawa abgebrannt . Während die auf den Höhen vorrückenden Flügelabtheilungen der Bulgariſchen Armee in leichten Gefechten die Serben vor sich her trieben, rückte das Centrum unter dem Obersten Nickolajew auf der Zaribroder Straße vor. Fürst Alexander befand sich bei dieser mittleren Kolonne und es war gegen 1 Uhr, als er bei Goidol unter dem tausendfachen Hurrah ! seiner Bulgaren das Serbische Gebiet betrat. Der Verfasser hatte im Monat Februar Gelegenheit, mit ziemlich bejahrten Bulgaren,
einem schon
einem schlichten Manne aus dem Volke (leider
nur durch Vermittelung eines Delmetsch !) zu sprechen, welcher als Freiwilliger die ganze Kampagne gegen die Serben mitgemacht hatte. Das sonst so apathische Gesicht des alten Burschen strahlte in stolzer Begeisterung,
als er
von diesem Uebertritt auf Serbisches Gebiet an jenem schönen Wintertag er zählte, und als er nun gar auf den Fürsten Alexander zu sprechen kam, da schien er seinen Enthusiasmus kaum noch zügeln zu können. ist gewiß der sprechendste Beweis
Diese „ vox populi "
von der innigen Anhänglichkeit des Bul
garischen Volkes an seinen Fürsten,
einer wahren und aufrichtigen Anhäng
lichkeit, welche nicht so leicht durch die Intriguen seiner offenen und geheimen Feinde wird
erschüttert werden
können.
Was den Fürsten selbst betrifft,
311
so muß man als Soldat denken und fühlen, um zu bemessen, was in jenem weltgeschichtlichen Moment in seinem Innern vorgegangen sein mag. Die bisherigen
außerordentlichen Leistungen der jungen Bulgarischen
Armee gestatteten wohl dem Fürsten, mit einem gewissen Grad von Vertrauen. den kommenden Ereignissen entgegenzusehen, troßdem verhehlte er es sich nicht, daß es noch einen erbitterten Kampf erfordern würde, bevor an eine Ein stellung der Feindseligkeiten gedacht werden könnte. Denn wenn auch die Serben auf ihrem Rückzuge zahlreiche Spuren einer ausgesprochenen Kampfes unluſt hinterlaſſen hatten und die Aussagen der zahlreichen Gefangenen etwas mehr wie Niedergeschlagenheit verriethen, so standen sie jezt auf ihrem eigenen Grund und Boden und konnte man daher wohl erwarten,
daß sie mit dem
Muthe der Verzweiflung das Land ihrer Väter vertheidigen würden . Die Bulgarische Armee rückte von Zaribrod aus in den früher genannten. drei Abtheilungen zwar getrennt, aber doch konzentrisch gegen Pirot vor. Beim Verlassen des Nischawa - Defilees stießen die sich entwickelnden Kolonnen des Centrums unfern Sukovska Most auf das
1. Serbische Reiter - Regiment,
welches bereit ſchien, eine Attacke auf die Bulgarische Infanterie auszuführen, allein einige Schüsse aus den Bulgarischen Batterieen genügten, um sie zum schleunigen Rückzuge zu bewegen .
Die Serbischen Infanterie- Abtheilungen
wichen ebenfalls nach kurzem Gefecht zurück und wurden schließlich von ihrer Kavallerie aufgenommen. Als hierauf die sechs Eskadrons der Bulgarischen Reiterei zur Attacke vorrückten, zogen sich die Serben bis hinter Pirot zurück, obgleich sie der Zahl nach in der Uebermacht waren und die weite Ebene vor Pirot ein so günſtiges Terrain für kavalleristische Unternehmungen gewesen wäre. Mittlerweile hatten sich die im Centrum vorrückenden Kolonnen voll ständig entwickelt und rückten nun in geschlossenen Bataillonsmassen vor, doch war es schon 32 Uhr (Abends) geworden, als die Serbische Artillerie das eigentliche Feuergefecht eröffnete. Die in die Bulgarischen Infanteriemaſſen einschlagenden Granaten riefen eine momentane Unordnung und eine Stockung des Vormarsches hervor, welche indeſſen bald wieder behoben wurde, nur die Armee-Trains, welche sich zu weit vorgewagt hatten, wurden aus dem Bereich Um vier Uhr waren auf Serbischer der feindlichen Geschüße zurückgezogen. Seite nicht weniger denn 13 Batterien in Thätigkeit, welchen die Bulgaren anfangs nur 5 entgegenseßen konnten.
Die geringe Wirkung des Serbischen
Geschüßfeuers scheint namentlich darauf zurückzuführen zu sein, daß sie auf zu das Feuer eröffneten und dann meist 3000 Meter! große Distanzen zu hohe Elevetionen nahmen.
Einen anderen Fehler beging bei dieser Ge
legenheit die Serbische Artillerie dadurch, daß sie sich zu lange und zu viel mit den meist gedeckt stehenden Bulgarischen Batterieen herumschoß, anstatt ein vernichtendes Feuer auf die im Thale fast ungedeckt vorgehende Infanterie zu richten, wodurch der Leßteren das Vorgehen so wesentlich erleichtert wurde . Langsam, aber stetig vorrückend, war es beinahe 8 Uhr geworden, als die
312
Bulgaren vor Pirot anlangten .
―
Rasch entschlossen stürzten sich die
ersten
dort anlangenden Kompagnieen auf die von den Serben (Donau- Division) dicht besette Umfassung der Stadt und gelang es ihnen auch, dieselbe im ersten Anlauf zu nehmen und in Pirot selbst einzudringen . Als jedoch die Serben in verstärkter Zahl zum Gegenstoß vorrückten, sahen sich die Bulgaren genöthigt, den errungenen Vortheil wieder aufzugeben, doch gelang es ihnen, ſich in den ersten Häusern und in der östlich gelegenen Enceinte des Städtchens festzuseßen. Der Besiß von Pirot würde ohnedies insolange ohne Werth ge wesen sein, als nicht der Angreifer sich in den Besiß der den Ort zu beiden Straßen
dominirenden Höhen bemächtigt hatte. Insbesondere hielten die Serben auf ihrem rechten Flügel südlich Pirot eine Höhe beseßt, welche alles weitere Vorgehen der Bulgaren illusorisch gemacht haben würde. Es wurde daher noch in später Abendstunde die linke Flügelkolonne der Vulgaren zum Angriff auf jenen Hügel befchligt,
welcher es auch bald gelungen war, die Serben aus dieser wichtigen Position zu vertreiben . Im Bulgarischen Haupt quartier hatte man die Nachricht erhalten, daß die Serben die Straßen Pirot's unterminirt hätten, aus welchem Grunde man am Abend des 26. jedes weitere Vordringen in die Stadt aufgab.
Wenn sich auch später dieses Gerücht nicht bewahrheitete, so bewies doch das in später Nacht erfolgte Auffliegen eines Serbischen Pulvermagazins, daß eine größere Vorsicht vollkommen gerecht fertigt war. Die Serbische Kavallerie hatte sich bereits um 5 Uhr durch Pirot in nordwestlicher Richtung
zurückgezogen und nur einzelne
Abtheilungen des
1. Reiter-Regiments hatten zu Fuß kämpfend an den blutigen Gefechten in den Straßen der Stadt theilgenommen. Die Kavallerie hatte offenbar den rechten Moment des Eingreifens in das Gefecht verfehlt, denn wenn sie bei dem Angriff der Bulgaren auf Pirot plöglich in der Flanke der Stürmenden erschienen wäre, so würde - trog der späten Stunde das Resultat kaum zweifelhaft gewesen sein. Das Hauptquartier des König Milan befand sich an diesem Abend in Blato, nur etwa 9 Kilometer südlich von Pirot,
also beinahe in der Front
linie seiner Truppen, welchen man für diesen Tag das Zeugniß der größten Tapferkeit gewiß
nicht absprechen
kann .
Fürst Alexander befand sich zur
selben Zeit in dem Dorfe Rehana. Der 27. November. Das Gefecht vom 26. November hatte bulgarischerseits eigentlich mehr den Charakter einer größeren Rekognoszirung, um Klarheit über die Absichten des Feindes, dessen effektive Stärke und Stellung zu erlangen .
Man fand,
daß die Serben auf den seit und rückwärts gelegenen Höhen eine sehr zahl reiche Artillerie in trefflich gewählter Stellung besaßen und daß Pirot selbst mit starken Infanterie-Abtheilungen und einer sehr zahlreichen Artillerie be
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segt war, daß also der Feind einen sehr hartnäckigen Widerstand zu leisten bereit war. Die Bulgaren trafen demzufolge noch in der Nacht ihre Vor bereitungen für den bevorstehenden heißen Kampf.
Gegen Mitternacht hatten
die Bulgaren die vor dem linken Flügel der Serbischen Hauptstellung ge legenen Höhen angegriffen und sich nach kurzem Kampfe
daselbſt feſtgeſeßt.
Um 1 Uhr Morgens gelangte der rechte Flügel der Bulgaren in den Besig der nördlich von Pirot befindlichen Anhöhen, welche vor dem linken Flügel der Serbischen Frontlinie gelegen waren. Etwa 3 Kilometer südwestlich von Pirot liegt auf einer die ganze Umgegend beherrschenden Höhe das kleine Dorf Bari Echiſtok (auch Baricifluk genannt), welches die Serben stark beſeßt und mit flüchtigen Befestigungen
versehen hatten.
Der Besiß dieses wichtigen
Punktes war für das weitere Vordringen des linken Bulgarischen Flügels von unumgänglicher Nothwendigkeit, weshalb er denn auch das erste Angriffs objekt dieses blutigen Tages bildete.
Die Serben behaupteten sich indeſſen
mit der größten Tapferkeit und zweimal gelang es ihnen den furchtbaren An ſturm ihrer Gegner abzuschlagen .
Erst nachdem eine Bulgarische Kolonne von
acht Bataillonen nach einem äußerst anstrengenden und gefahrvollen Marsch durch das gebirgige Terrain das Dorf umfaßt und einen Druck auf die Rück zugslinie ausgeübt hatte, behaupten.
gelang es den Bulgaren die eroberte Position zu
Fast gleichzeitig mit dieſen erbitterten Kämpfen hatten die Bulgaren den Angriff auf die Stadt Pirot erneuert.
Aber auch hier vertheidigten sich die
Serben mit der größten Hartnäckigkeit, weshalb aber auch der Bravour und zähen Beharrlichkeit der Bulgaren ein um so größeres Lob gespendet werden muß, denn auch hier konnten sie sich erst nach dem dritten Angriff zu Herren der Stadt machen und die Serben zur Räumung derselben zwingen. So wichtig indessen die Eroberung Pirot's war, so lag doch die eigent liche Entscheidung des Tages auf dem linken Flügel der Bulgaren. Die dort zum ersten Mal zu gemeinsamer Aktion vereinigten Bulgaren und Rumelioten hatten nach der Besizergreifung
von Bari Echistok die sich langſam zurück
ziehenden Serben immer weiter verfolgt und hierbei nicht unwesentliche Ver luste erlitten.
Plöglich sahen sie sich in ihrem siegreichen Vordringen durch
die noch völlig intakte Reserve des
rechten Serbischen Flügels aufgehalten,
welche mit drei geſchloſſenen Bataillonen einen kräftigen Vorstoß gegen die schon ziemlich ermatteten Bulgaren ausführte. Wenn es sich nur um die Ab weisung dieses Gegenstoßes gehandelt hätte , so
würden wohl die nun schon
sieggewohnten Truppen des Fürsten Alexander im Stande gewesen sein , das gewonnene Terrain zu behaupten, als aber mit einem Mal und gänzlich un erwartet von links rückwärts, von der Leskovac Straße her, eine Serbische Batterie ihr Feuer in die linke Flanke der Bulgaren richtete, da nahm ihre Lage einen sehr ernsten und in hohem Grade kritischen Charakter an. Fürst Alexander
hatte sofort die große Gefahr erkannt,
welche nicht nur ſeinem
-
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linken Flügel, sondern seiner ganzen Armee
aus dieser plößlichen Wendung
der Dinge erwachsen mußte, und war alsbald an Ort und Stelle erschienen. Mit richtigem Blick erkannte der Fürst, daß nur ein rasches und entschlossenes Handeln einen ungünstigen Ausgang des Gefechtes verhindern könne. er die Kavallerie, die einzige Reserve,
Indem
über welche er noch verfügen konnte,
gegen jene Batterie auf der Leskovac Straße entsandte, befahl er ein allge meines Vorrücken der ganzen Linie.
Und wie bei Dragomon , so stellte sich
auch hier der Fürst,
der Tapferste der Tapferen", an die Spiße seiner stür
menden Bataillone.
Durch sein Beispiel zu neuer Kampfeswuth entflammt,
stürzten sich die Bulgaren und Rumelioten von Neuem auf den Feind, und dieses Mal konnten die Truppen des Königs Milan dem gewaltigen Anprall, dem so furchtbar gewordenen Bajonett der Bulgaren nicht widerstehen, ſie sahen sich gezwungen, ihre Stellung aufzugeben und unter dem Schuß der weiter rückwärts postirten Batterien sich in der Richtung nach Ak-Palanka und Knjazevac zurückzuziehen .
Bei der eingetretenen Dunkelheit war an eine
weitere Verfolgung nicht zu denken. Die siegreichen Bulgaren und Rume lioten biwafirten auf den eroberten Höhen, während Fürst Alexander in Pirot ſelbſt ſein Hauptquartier aufschlug. Die Timok- Diviſion an den Tagen vom 26. bis 29. November. Das eigentliche Bombardement der Festung Widdin wurde am 26. No vember von der Timok- Division - mit 13 schweren Geschüßen ! - eröffnet. Wohl wurden hierdurch viele Gebäude im Innern der Stadt in Brand ge ſteckt, allein der Muth der Belagerten konnte hierdurch in keiner Weise ge brochen werden.
Nach Abrechnung derjenigen Detachements der Timok- Divi
ſion, welche in Arcer-Palanka, Adlij und Kadibogas ſtanden, verfügte General Leschjanin über nicht mehr denn etwa 9000 Mann, welche Streitmacht kaum hinreichend war, um die Festung von der Landseite einzuschließen.
Die Be
saßung Widdins zählte beiläufig 7000 Mann, unter welchen sich 9 Bataillone regulärer Truppen befanden ; es würde daher für den tapferen Kommandanten, Kapitän Usunoff, nicht schwer gewesen sein, auch einer an Zahl stärkeren und an Artillerie besser dotierten Belagerungsarmee, als es die Timok- Diviſion war, einen kräftigen Widerstand zu leisten.
Am 27. , am 28. und in der
Nacht vom 28. auf den 29. November machten
die Bulgaren wiederholte
Ausfälle aus der Festung, welche indeſſen zu keinem nennenswerthen Reſultat führten. In Bezug auf die erlittenen Verluste erwähnen wir noch, daß die Ser ben in runder Zahl 6900 Mann an Todten und Verwundeten und bei 1500 Mann an Gefangenen verloren.
Der Verlust der Bulgaren bezifferte
sich auf etwa 2400 Mann an Todten und Verwundeten und auf ungefähr 600 Gefangene.
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Schluß. Mit dem Falle der Stadt Pirot war der Serbisch-Bulgarische Krieg zu ſeinem Abschluß gebracht worden. Fürst Alexander von Bulgarien hatte ge= treulich sein gegebenes Wort eingelöst. Mit Hülfe ſeiner braven Armee hatte er den verwegenen Eindringling in sein Land über dessen Grenzen zurückge wiesen und auf des Feindes Grund und Boden war er bereit, über die ihm vorgeschlagenen Bedingungen eines Waffenstillstandes zu unterhandeln. Am Morgen des 28. November war Graf Khevenhüller, der k . t. öster reichische Gesandte am
Königlich Serbischen Hofe,
im
Bulgarischen Haupt
quartier angelangt, um im Auftrage seiner Regierung und im Einverſtändniß mit den übrigen Großmächten Europas dem Fürsten Alexander die Einstellung der Feindseligkeiten zu proponiren .
Da der Waffenehre
geleistet und der legte taktische Erfolg
von
den Bulgaren
vollständig Genüge errungen worden
war, so zögerte der Fürst nicht, in die Verhandlungen einzugehen.
Es wurde
zunächst die Einstellung der Feindseligkeiten acceptirt, welcher am 21. Dezember der Abschluß eines Waffenſtillſtandes
bis
zum
1. März 1886 folgte.
Am
3. März 1886 wurde der definitive Friede zwischen Serbien und Bulgarien abgeschlossen und die diesbezüglichen Ratifikationen am 17. deſſelben Monats in der rumänischen Hauptstadt ausgetauscht. Die Sympathien aber, welche sich der Deutsche Fürstensohn, der Sprosse cines erlauchten Geschlechtes, in den Reihen der Deutschen, wie nicht weniger in jenen der Desterreichischen Armee erworben, werden auch fernerhin seine Begleiter sein; möge er in ihnen einen Ersaß finden für das, was er durch Neid und Mißgunſt in einem anderen Heer verloren hat !
Ein neuer Torpedo. Ein nordamerikanischer Secoffizier,
Lieutenant Hull,
hat einen neuen,
selbstthätigen Fischtorpedo erfunden, welcher, von Mr. Gardner von der Eagle Iron Work Compagnie noch in einigen Punkten vervollkommnet, nach der Meinung amerikanischer Sachverständiger der "! Torpedo der Zukunft" werden dürfte. Besagter Torpedo, Abtheilungen,
welcher 12 (engl.) Fuß lang ist, besteht aus drei
von denen die äußerste eine Ladung von 70 Pfund Schieß
pulver aufzunehmen bestimmt ist.
Die Zündung
erfolgt
durch knallſaures
316
Quecksilberoryd und zwar derart, daß ein Kolben mit zwei gekreuzten Stahl schneiden in Thätigkeit tritt, wenn der Torpedo ein Schiff unter einem kleinen Winkel trifft.
Der Kolben bricht alsdann die Schraube ab, welche den Zünd
apparat hält, und dieser bringt,
indem er auf das empfindliche knallſaure
Quecksilberoryd schlägt, so die Ladung zur Entzündung. Zwei selbstthätige Flossen, welche sich an dem Bug befinden, dienen zum Steuern. Der Dampfkessel besteht aus einer Reihe von Cylindern, welche Gas und Dampf mit einem 1000 Pfund - Druck enthalten ; er befindet sich in dem mittelsten,
aus einem glatten Cylinder von 15 /s (engl .) Zoll Durch
messer gebildeten Theil.
Die
Flossen werden
durch kleine Maschinen in
Thätigkeit gesezt, deren Ventile selbstständig durch die von dem Dampfkeſſel ausgehende Kraft kontrolirt werden. Der große Druck der leßteren ( 1000 Pfund auf den Quadratzoll) iſt das endliche Ergebniß unzähliger, mit vielen Fehlschlägen verbundener Versuche. Der hintere Theil des Torpedos enthält den Fortbewegungsapparat, welcher aus einer patentirten Gardner dreicylindrigen Maschine besteht, die zwei Schrauben durch ein Triebwerk in Bewegung seßt ; die leßteren, zwei flügelig gestaltet, bewegen sich in entgegengeseßter Richtung. Die drei Theile des Torpedos sind,
um eine wasserdichte Verbindung
herzustellen, zusammengeschroben. Vermittelst der selbstthätig kontrolirten Floſſen in dem Bug und dem in dem Schwanztheil befindlichen untertauchenden Steuerruder hält der Torpedo eine gewisse Wassertiefe .
Zwei Schwanzenden
bezwecken, den Torpedo in aufrechter und richtiger Lage zu erhalten und schließen die Schrauben ein, um zu verhindern, daß diese durch heranfließende Objekte verunreinigt werden. Auf dem oberen Theil des
Torpedo sind drei kleine Armlöcher mit
Platten bedeckt, von denen das eine zu dem Apparat, welcher das Feuer der Maschine kontrolirt, das andere zu dem untertauchenden Steuerruder Zutritt gestattet.
Die Maschine befindet sich in einer Stahlumhüllung,
drei Bolzen derart im Torpedo festgehalten wird,
welche durch
daß sie bei etwa nöthig
werdender Besichtigung oder Reparatur schnell herausgenommen werden kann . An der Maschine befindet sich ein Regulator,
der ihr einen gleichmäßigen
Grad von Geschwindigkeit zuertheilt, gradigen Druck arbeitet.
sie unter
Das Gewicht des Torpedos verdrängt
800
Pfund
während
dem verschieden
beträgt geladen 815 (engl. ) Pfund und
Wasser, so daß das
geringe Ladungsgewicht von
15 Pfund denselben, wo er in Wirksamkeit treten soll, unter die Wasserober fläche bringt. Die Vorzüge dieses neuen Torpedos sollen namentlich in der Sicherheit bestchen,
mit welcher sich derselbe in gerader Richtung fortbewegt .
wellenförmige Bewegung des gewöhnlichen Torpedos untertauchen läßt, ohne das Zielobjekt zu treffen.
Da die
vielfach die Maschine
Die Treffsicherheit, welche
317
mit großer Wirkung verbunden ist, ist hier also eine beffere.
Ein anderer
Vortheil liegt in der wesentlichen Erhöhung der Schußweite, da diese bei dem gewöhnlichen Torpedo 700 Yards , bei dem neuen aber 2400 Yards (ca. 1½ engl. Meile) beträgt. Ein auf dem Erie- See an Bord des „Haze“ gemachter Versuch fiel zu nächst noch nicht in jeder Beziehung glücklich aus, soll aber die oben ge nannten Vorzüge troßdem bestätigt haben und nach einigen Aenderungen Das Reſultat bleibt jedenfalls ab und Reparaturen wiederholt werden. le J. zuwarten.
Reiterliche Druckschriften aus dem Jahre 1885. II. Das im Jahre 1885 in dritter Auflage erschienene, wie anerkannte Werk Boguslawski's :
ebenso bekannte
„Die Entwickelung der Taktik
seit dem Kriege 1870/71 " giebt am Schlusse des 2. Bandes zunächst eine vorzüglich klare, gedrängte und schnell orientirende Uebersicht der „thatsäch lichen Entwickelung"
und
des
gegenwärtigen Standes sämmtlicher
großen Reitereien, hinsichtlich der wesentlichsten organiſatoriſchen, rischen 2c. Fragen.
reglementa
Wohnt dem zu den ersten Militärschriftstellern gehörenden
Verfasser ohne Zweifel die allgemeine, die kriegsgeschichtliche und taktische Zu ſtändigkeit bei, gewichtige Urtheile auch über eine Waffe zu fällen, welche nicht die seinige ist, - so hat gerade diese seine, den infanteriſtiſchen Standpunkt häufig und nach Gebühr betonende Ansicht einen besonderen Werth und Reiz : denn die Kavallerie kann große und nachhaltige Erfolge nur im Verbande mit anderen Waffen und gegen die aus
mehreren Waffen gemischten
Körper erringen ; und gerade die reiterliche Frage steht, als ungelöst, noch immer im Vordergrunde der Erörterungen : ob und wie auch in der modernen Schlacht Kavallerie als fechtende Waffe noch in größerem Umfange, und mit Aussicht auf Erfolg, Bei Besprechung
auch gegen (intakte) Infanterie aufzutreten vermöge. des
österreichischen Kavallerie- Reglements
Oberst von Boguslawski die Bemerkung :
macht
uns scheint, daß der Grundsaß,
das erste Treffen als Stoßtreffen stark zu machen, ganz im Geiſte geſunder und einfacher Reitertaktik handeln heißt. "
Dieser Ausspruch schon
implicite einen Angriff auf die preußischen, gleich starken Treffen.
enthält In Be
318
tracht gezogen wird die deutsche, österreichische, französische, russische, englische und italienische Kavallerie. Sodann giebt Boguslawski „ Betrachtungen über die Taktik der Reiterei" und zwar über Zusammenseßung , Aufklärungs- und Sicherheits - Dienst der Kavallerie - Divisionen", denn in dem Ver halten dieses Körpers gipfelt die Thätigkeit der Reiterwaffe. Er spricht sich, um einige Punkte hervorzuheben, für direkte Unterstellung der Kavallerie-Diviſionen unter die Armee-Kommandos aus ; er ist für Formirung der Division aus sechs Regimentern in drei Brigaden mehr mit Rückſicht auf den Aufklärungsdienst,
als auf die Gefechtsthätigkeit !
„Beim
Vorgehen der Kavallerie-Diviſionen wird es nämlich nicht zu vermeiden ſein, zahlreiche Entsendungen eintreten zu lassen.
In der besonderen Erwägung,
daß uns im nächsten Kriege ebenfalls Reitermassen gegenübertreten werden, scheint es jezt gerade um so mehr geboten,
einen starken Kern der Di vision in der Hand zu behalten, um ihn gegen die feindliche Reiterei mög
lichst bald ins Gefecht zu führen.
Da wir nun diese Thätigkeit,
klärungsdienst und den Kampf gegen Reiterei ,
den Auf
als den bei Weitem
wichtigsten und fruchtbringendsten Theil der Aufgabe einer Kavallerie - Divi sion erachten, so erscheint uns die Formation in drei Brigaden zwar nicht abſolut geboten, aber ſpeziell für den Aufklärungsdienst sehr vortheilhaft. “ Boguslawski will jeder Brigade eine Batterie, der Division grundsäß lich ein Jägerbataillon zugetheilt wiſſen,
— zwei Forderungen,
über deren
Nüglichkeit und Berechtigung ja die Meinungen sehr getheilt sind . "pro" und auch das
contra"
Leßteres gilt auch für den
Das
ist bei Boguslawski treffend erörtert!
Vormarsch" der vor der Front der Armee be
findlichen Kavallerie- Division. Wenn wir nunmehr
die Gefechtsthätigkeit der Division“ nach
Boguslawski besprechen, bitten wir die in unserm ersten Artikel citirten An sichten aus der „ Studie" von v. P.-N. und aus den " Gedanken" über dieſe Studie zum Vergleiche heranzuziehen. Der Infanterie-Oberst also sagt :
„ Das Gefecht der Division wird sich
in den meisten Fällen nur gegen Kavallerie richten.
Hier liegt der Kern
ihrer Thätigkeit . . . Die Gliederung der Division zum Gefecht soll grundsäß lich nach den Feſtſeßungen der deutſchen und franzöſiſchen Reglements in drei Treffen von je einer Brigade erfolgen.
Man behauptet, mit dieſer Formation
zu den Grundsäßen Friedrichs des Großen zurückgekehrt zu sein, aber es ist
troßdem die Instruktion von 1744 allerdings ein drittes Treffen, ――― nachzuweisen , daß dies nicht in dem Maße der Fall
Husaren, festsette
ist, als es den Anschein hat. (!) Der Unterschied liegt hauptsächlich darin, daß das erste Treffen der Kavalleriemaſſen Friedrichs eine verhältniß mäßig bedeutendere Ausdehnung besaß, als jeßt ; daß ferner auf ihm dem ersten Treffen
der Nachdruck des Angriffs lag, während dieser
-
319
jezt, Alles in Allem genommen, mehr dem Eingreifen des zweiten Treffens zugewiesen wird.
Friedrichs erstes Treffen hatte die Bestimmung und die hierzu erforderliche Stärke, um den Feind mit aller Heftigkeit niederzureiten ... . . . Das zweite Fridericianiſche Treffen war zur Ausfüllung der Lücken, zum Nach hauen und vorkommenden Falls zur Unterſtüßung des ersten bestimmt.
Die
entscheidende Wichtigkeit, die dem Auftreten des jeßigen zweiten Treffens durch Herausziehen desselben und durch Flankirung des mit dem ersten zu ſammengestoßenen Feindes
beigelegt ist,
Friedrichs nicht herauslesen. (!)
kann man
aus den Inſtruktionen
Aber selbst, wenn man es könnte, so wäre
damit noch nicht festgestellt, daß diese Fechtweise heute eine durchaus brauch bare fei." (!) Auf Grund der hier nicht wiederzugebenden Erwägungen hält Boguslawski dafür,
daß es nicht den Anforderungen des Kampfes entspricht, die Aufgabe
des zweiten Treffens hauptsächlich in dem Anseßen von Flankirungen zur Unterſtüßung des ersten Treffens zu suchen, sondern ihm die unmittelbare Unterstützung des ersten Treffens und das Abwehren von feindlichen Flanken angriffen als erste Aufgabe zuzuweisen. Die Unterſtüßungs - Eskadrons könnten unter diesen Umständen eingehen. (!) Dieselben schwächen so wie so das zweite Treffen nicht unerheblich . . . (!) “
„ Gegen die stets gebotene
Gliederung in drei gleich starken Treffen lassen sich manche Bedenken erheben. Bis jest wurde bei allen Truppengattungen den höheren Führern in der For mation solcher großen Truppenkörper volle Freiheit gelassen, was nicht aus schloß, Grundsäße im Reglement aufzustellen, deren Befolgung und richtige Anwendung auf den gegebenen Fall anempfohlen wurde. haben diesen Weg
Einige Armeen nun
eingeschlagen,
andere die Stellung in drei gleich starken
Treffen als Feste hingestellt . . .
Die obligatorische Einführung von drei
gleich starken Treffen scheint uns daher auch besser in den mehr formellen Heeresmechanismus des 18. Jahrhunderts zu passen, als in die jeßige große Taktik! ." Rückblick also : die Dreitreffentattif als Grundsaß, nicht als absolut bindende Form ; Uebung der Division auch in zwei Treffen ; Modi fizirung der Aufgabe des zweiten in der Dreitreffenſtellung ! Von besonderem Intereſſe und hervorragendem Werthe ist, wie oben er wähnt , begreiflicher Weise das, was Boguslawski über den Kampf, den An griff der Reiterei gegen Infanterie sagt.
Viele unserer Leser werden sich der
literarischen Fehde entsinnen, welche dieses Themas halber vor einigen Jahren in den Spalten des Militär-Wochenblattes zwischen Boguslawski und Kähler (-damals noch nicht Pascha !) - ausgefochten wurde. Leßterer, der mit Begeisterung seiner stolzen Waffe anhing und deſſen ganzes Denken und Stre ben auf die Hebung der Kavallerie gerichtet war, ist einer der Hauptverfechter der ―― besonders auf die Thätigkeit der preußischen Kavallerie bei Vionville gestüßten Ansicht, daß zu den beiden anerkannten, großen Obliegenheiten der Reiterei : Aufklärungsdienst im Großen und Kleinen, Kampf gegen Reiterei
320
auch noch die alte Wirksamkeit der Reiterei gegen Infanterie wiederherzustellen sei ;
und da mußte er in Zwist mit Boguslawski
gerathen, welcher bezüglich des legten Punktes bemerkt : Hiermit ist nun die berechtigte Bewegung zu Gunsten der Reiterei über ihr Ziel hinausgeschossen , und könnte dies bei Ueberseßung dieser Theorien in die Praxis nur zum Unheil gereichen." Nach Anführung aller Umstände, welche die verminderte Wirksamkeit der Reiterei gegen Infanterie begründen, heißt es weiter : Im neuen deutschen wie auch in andern Reglements findet man nun sowohl den Angriff gegen nicht erschütterte Infanterie als eine der Thätigkeiten der Reiterei hingestellt, als auch dem Maſſenangriff (Abſchnitt VII des deutschen Reglements) gegen dieselbe eine große Rolle zugewiesen.
Daß man in einem Reglement für Kavallerie von dem Angriffe gegen Infanterie ohne große Umschweife ſpricht, vor Allem ihn als ausführbar betrachtet dagegen haben wir nichts einzu wenden ; denn es hieße der Kavallerie das Selbstvertrauen rauben, wollte man ihn als unmöglich bezeichnen . Die Aussichten auf Gelingen sind aber in den allermeiſten Fällen so außerordentlich gering, daß ein solcher Angriff jedem Reiteroffizier als ein großer Ausnahmefall zu bezeichnen wäre, welcher nur durch ganz besondere Umstände gerechtfertigt werden kann. Die taktischen Grundsäge ruhen auf einer Wahrscheinlichkeitsrechnung aller den jezigen Kampf bedingenden Faktoren und können daher nicht einfach und trocken die Ausnahmen wie die Regel behandeln. Was nun die großen Truppenkörper anbelangt, so müssen die über ihre Führung und Formation aufgestellten Bestimmungen auf einer ungemein sorgfältigen Abmeſſung und Erwägung der Bedingnisse der jeßigen Gefechtsführung beruhen . Das berech tigte Selbstgefühl der Waffe , sich zur Geltung zu bringen, kann nur insoweit in demselben Ausdruck finden, als dies in den allgemeinen taktischen Verhält niſſen begründet liegt. Das Element des Wagens , der Kühnheit, des Er fassens des Moments, der Beurtheilung einer Lage ist Sache der Führung, nicht der reglementarischen Bestimmungen. Ein Massenangriff der Reiterei aber zu einem entscheidenden Schlage ist ein Akt der Führung, den zu reglementiren gefährlich erscheint ! . . Wenn man uns die Hebung des Vertrauens auf die eigene Kraft fortwährend entgegenhält , so antworten wir : die eigene Kraft wird nicht durch das Aufstellen von Grundsäßen ge hoben, welche im Ernstfalle nicht Stich halten können.
Im Gegentheil wird das Zutrauen in die eigene Kraft plöglich sinken, wenn Offiziere und Truppe sehen, daß man entweder zu einem andern Verfahren im Felde genöthigt wird, oder daß man, bei Verluste erleidet. . . .
jenen Grundsägen verharrend , die ungeheuersten
Der Reitergeist zeigt sich,
wenn der Führer einer Truppe dieselbe möglichst verdeckt und in paſſender Formation den kämpfenden Massen zu nähern weiß ; er zeigt sich, wenn er mit kalter Ruhe und Geduld, den Gang des Gefechtes übersehend , warten kann und sich nicht von jeder
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kleinen Schwankung verführen läßt, seine Truppe einzuseßen ; wenn er keineswegs fanterie.
endlich im aber in
er zeigt sich,
richtigen Augenblick blißschnell zu handeln versteht einem freien offenen Anreiten gegen unerschütterte In
Seine Truppe soll man erst einſegen
in dem Augenblick,
wo der
Angriff gegen erschütterte fliehende Massen Infanterie wirklich Erfolg ver spricht ; auch dies ist noch kein bloßes Einheimſen der Ernte, denn sogar eine weichende Infanterie besigt heute noch immer so viel Feuerkraft , Feld mit den Körpern der Reitersleute zu beſäen, moralisch gebrochen ist. terei zu zeigen. . .
um das
wenn sie nicht gänzlich
Kraft und Muth ist auch hierbei noch von der Rei
Es ist klar, daß die gegnerischen Ansichten (Kähler u. a.)
nicht ganz ohne Begründung
in einer denkenden Armee
auftreten konnten .
Man behauptet, daß es an der Einheitlichkeit und Leitung der Reiterei und deshalb hauptsächlich auch an starken Reserven zur Vollendung der durch den ersten Stoß hervorgebrachten Erschütterung gefehlt habe. lassen sich nun freilich hiergegen nicht führen ,
Haarscharfe Beweise
aber, von mittleren Voraus
ſeßungen ausgehend ,
kann man Wahrscheinlichkeitsgründe mit ziemlicher Be
ſtimmtheit entwickeln.
Die Kriegserfahrung und neue Kriegsgeschichte sprechen
gegen diese Ansicht von der Möglichkeit des Angriffs gegen nicht erschütterte Infanterie.
Es ist
überhaupt kein
einziges Beispiel positiver Erfolge
größerer Maſſen gegen eine gut ausgebildete Infanterie aus den leßten Krie gen vorhanden. *) Wohl aber sind die Mißerfolge der französischen Reiterei zu verzeichnen..." Wir können nicht umhin, der Ansicht Boguslawski's beizupflichten.
Es
sei denn, daß in einem kaum zu erwartenden Einzelfalle zugleich die Mög lichkeit vorliegt, mit der Kavallerie gedeckt und überraschend heranzukommen, zugleich die Dringlichkeit zu attakiren : sonst halten wir Maſſenangriffe der Reiterei auf intacte, gute Infanterie für fehlerhaft.
Sehen wir doch,
wie es das Problem der Infanterie- Taktik ist : wie soll der Angriff der In fanterie gegen eine Infanterie- Stellung geführt werden ?
Und da sollte man
wähnen, daß Kavallerie so ohne Frage bis zum Einbruch auf intakte Infan terie gelangen könnte? Der Reiter, die Truppe muß dahin erzogen und unterrichtet werden, daß sie sich für unwiderstehlich hält, gegen jeden Feind, gegen den sie einge segt wird. Aber die Führer müssen sich klar sein über die Leiſtungsfähigkeit ihrer Waffe, die ja doch thatsächlich eine durch die Verhältnisse beschränkte, durch Kühnheit und Willenskraft nicht zu erweiternde ist !
Und so er
kennen wir Boguslawski's Ansicht als die richtige an : das Eingreifen in das wogende Gefecht der Infanterie muß den kleineren Einheiten vorbe halten bleiben,
welche sich eher verdeckt halten,
welche sich schnell und über
*) ,,Poupry können wir nicht hinzuzählen, denn die hier angegriffene Infanterie war nicht gut ausgebildet. Vionville war ein negativer Erfolg ..." so Boguslawski ! 21 Neue Milit. Blätter. 1886. Oktober-Heft.
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raschend entwickeln und erscheinen, von der Feuerwirkung weniger leiden und mit Bligesschnelligkeit anreiten können.
Die Zutheilung von Reiterei zu den
Infanterie-Divisionen darf daher um keinen Preis vermindert werden.
Er
wägt man die jeßigen Bodenverhältnisse der meiſten Schlachtfelder, ſo muß man diesen Grundsägen umſomehr beistimmen.
Wo findet man denn oft ein
Schlachtfeld, wie das von Vionville ? Die Erfolge der kleinen Einheiten sind nicht zu unterschäßen. Die Infanterie zum augenblicklichen Stußen bringen, ſie nöthigen, zu Maſſenformationen im feindlichen Feuer überzugehen, sich auf eine Batterie werfen, vorgedrungene,
die augenblicklich besonders gefährlich ist,
eine zu keck
feindliche Schüßenlinie in der Flanke überreiten,
das sind
einzelne Streiche, die nicht entscheiden, aber welche helfen ! Den vom deutschen Reglement genau festgestellten Staffelangriff der Reiterei auf Infanterie läßt Boguslawski gelten, falls die anzugreifende In fanteriefront eine kleine ist, z . B. wenn die Infanterie Karree oder Maſſen formirt.
Das österreichische Reglement empfiehlt den Angriff größerer Maſſen
erſt in Schwärmen, dann in geſchloſſenen Abtheilungen zu führen ; das fran zösische kennt keinen eigentlichen Staffelangriff. Boguslawski hat schon in seinen „ taktischen Folgerungen “ vorgeschlagen, einen falschen Angriff dem eigentlichen auf Infanterie vorangehen zu laſſen, ähnlich wie derselbe auch wirklich jezt in dem Verhalten beim Angriff auf Artillerie
vorgezeichnet worden ist .
Das Prinzip ist ähnlich dem Staffel
angriff, nur würde der falsche Angriff im Schwarm auszuführen sein und überhaupt nicht die Absicht haben,
die feindlichen Haufen oder Linien zu
sprengen, sondern nur heranzupreschen, die Aufmerksamkeit womöglich in eine andere Richtung zu lenken und dann dem folgenden geschlossenen Angriff Plaß zu machen.
Zu ersterer Rolle würde sich der Schwarmangriff deshalb
besser als der geschlossene eignen, weniger leiden würde.
weil er vom feindlichen Feuer doch etwas
Im Allgemeinen würden wir uns für einen Schwarm
angriff einiger Abtheilungen und sodann womöglich von anderer Richtung für einen Angriff in breiter Front aussprechen. Von den zusammenfassenden Säßen Boguslawski's, soweit sie im Vor stehenden nicht schon berührt worden, seien noch erwähnt :
Bewaffnung der
gesammten Reiterei mit Karabinern unter Abschaffung des Küraffes ... Den
* Führern sei auch für die Uebungen der Reiter-Diviſionen die Annahme einer andern Form als die dreier gleich starker Treffen gestattet. Dagegen sind diese Uebungen, welche sowohl Führer als Truppen im hohen Grade taktisch ausbilden und das Ganze manövrirfähig machen, wie bisher des Defteren zu wiederholen.
Hierbei kann es nur empfohlen werden, die Uebungen nicht
nur gegen einen markirten Feind auszuführen, sondern in den leßten Uebungs tagen zwei Reiter- Divisionen, etwa 6-7 Meilen von einander ent fernt , gegen einander anmarſchiren zu lassen ! Nachdem wir dem Werke des Infanterie -Obersten in dem gebührenden,
323
bedeutenden Umfange das Wort über Reiterwesen verstattet, kommen wir zu einer kavalleristischen Schrift ersten Ranges, der wir es sei dies vor weg bemerkt in dem verhältnißmäßig eingeengten Raume einer Besprechung nicht gerecht zu werden vermögen, deren Lektüre wir aber als jedem denken den und für die Entwickelung seiner Waffe bestrebten Reiteroffizier, gleichviel welchen Grades, unerläßlich bezeichnen müssen.
Nochmals : man ziehe zum
Vergleiche unsern ersten Artikel bei, insbesondere das,
was derselbe über die
,,Studie" von v . P.-N. und die „ Gedanken" zur Studie sagt. In den Monaten September bis Dezember 1882 und im Februar 1883 hat unser Journal eine Arbeit veröffentlicht : " Die deutsche und franzö sische Reiterei um Meg vom 16. August Abends bis zum 18. Abends 1870 " . Der Herr Verfasser derselben ließ 1883 eine Schrift folgen: " Ueber die Bewaffnung , Ausbildung , Organisation und Verwendung der Reiterei ", in demselben Jahre noch die dritte Schrift : " Die Kavallerie Division als Schlachtenkörper " ; endlich 1885 , also unserer besonderen Betrachtung unterliegend : „ Taktische Direktiven für die Formation und Führung der Kavallerie Division ". Luckhardt in Berlin.)
(Der Verlag aller Schriften
ist von Friedrich
Der ungenannte Verfasser sprengt mit voller, klirrender Rüstung auf den Kampfplay ; er handhabt die Feder mit Eleganz und doch mit Wucht, bald Hieb, bald Stich, ➖➖➖ die meisten sißen“. Es läßt sich in der Schreib art,
in der Betrachtungsweise,
in der Aufstellung
und Durchführung von
Meinungen, in der Bekämpfung gegnerischer Anschauungen kaum ein größerer Gegensaß denken, als er zwischen dem Werke Boguslawski's und den „ tak tischen Direktiven" besteht : dort die methodische, streng-gemessene, nach mög lichster Objektivität ſtrebende Darſtellung ; - hier eine Streitschrift par ex cellence,
ausgeprägter Subjektivismus,
Regeln und Fesseln
nicht
geiſtſchwächende,
achtende Diktion.
der „taktischen Direktiven " von sich : über die Reiterei so auch in dieser
der herkömmlichen
Mit Recht sagt der Verfaſſer „Ich habe in meinen Schriften selbstverständlich von dem bereits
vorhandenen Baustoff Gebrauch gemacht ; ich habe mich
auf Vorgänger ge
ſtüßt, aber - dennoch beanspruche ich für die Art,
ich zu Werke ge=
wie
gangen, volle Originalität. Meine Arbeiten sind die Frucht selbstständigen "1 Denkens. Ich habe einen Faden (Gedanken) weitergesponnen · Andere Wissenschaften sind mehr oder minder unfrei ; die Kriegswissenschaft.
am unfreiſten iſt
Ich werde mehr verschweigen, als sagen : denn Per
ſonen sind auf dem Gebiete des Krieges die Träger der Ideen, der Hand lungen und Thaten ; Personen sind die Schöpfer der Heere, die Organiſatoren der Massen ; Personen
entwerfen
die Bestimmungen und wachen über ihre
Ausführung ; Personen machen jedes Kriegsmittel nußbar auf dem Gebiete der Strategie und Taktik und allem, was zum Unterhalt der Kriegsmaschine ge 21*
324 hört ; Personen aber sind -
empfindlich! Wo die Bescheidenheit ziert, werde
ich mich ihrer befleißigen ; sonst überall Göthe : . . . !
Ich würde undankbar
und unhöflich gegen meine Gönner ſein, wenn ich zu erwähnen unterließ, daß ich durch sie viel gelernt habe ; von meinen Feinden kann ich das nicht be haupten. " Hat der Herr Verfasser früher nachgewiesen, daß die Reiterei auch unter Umständen in der Schlacht in
großen,
taktischen Körpern zur Verwendung
kommen könne, so versucht er nun, den Mitteln und Wegen nachzugehen, wie diese Kavallerie-Körper zu dieser Bestimmung emporzuheben sein würden. Wie das Reglement von 76 zu Stande gekommen,
daß
es vieler
Verbesserungen bedürftig, wird zunächst erwähnt ; dann kommt in Abschnitt I. der Nachweis dafür : die Aufstellung der Kavallerie-Divisionen im Frieden ist von dem Standpunkt der „ Fertigkeit und Kriegsbereitschaft" dieser Körper d. h. in Bezug
auf deren unmittelbare Verwendbarkeit nach dem Mobil
machungsbefehl eine Nothwendigkeit, und zwar nicht nur ihre organisatorische Formation, sondern
auch ihre örtliche (ſtrategiſche) Dislocation .
Wie weit
man darin gehen darf, hängt aber nicht allein von der Kriegsbereitschaft ab; sondern dabei sprechen mancherlei taktische und organisatorische Gesichts punkte mit. Verfasser meint, daß beinahe 2 , der deutschen Garde- und Linien Reiterei für die Kavallerie-Divisionen und 1/3 als Divisions Kavallerie in An sag zu bringen seien. Die Kürassiere sollen
abgeschafft,
eine Einheitskavallerie in Bezug auf
die Verwendung überhaupt erstrebt werden, wobei die Frage der Uniform und Benennung völlig nebensächlich ist. Die Kavallerie- Divisionen selbst verbleiben. organisirt in ihren Standquartieren und nur mit ihren Regimentern tritt ein regelmäßiger Wechsel ein, so daß ein Regiment, welches in dem einen Jahr in der Kavalleric- Division war, im folgenden den Dienst der Divisions Kavallerie versieht.
Dadurch würde der Kavallerist vor Einseitigkeit geſchüßt.
Sport und Taktik gehen recht gut zusammen, nur muß man dem leider noch sehr vorherrschenden Unterschäßen des Studiums entgegenarbeiten.
So
lange wir uns damit begnügen, gut zu reiten, sind wir nichts als Reiter, während der Reiter Taktiker sein soll. Dafür muß man studiren. Im Abschnitt II wird erörtert : Was soll in der Kavallerie- Division ge übt werden, wie soll geübt werden, welcher Raum und wie viel Zeit muß den Uebungen zugewiesen werden ? ――――― Die peinlichste Ausbildung innerhalb der einzelnen Regimenter und ihre Tüchtigkeit in den Evolutionen garantirt keineswegs die Sicherheit und Korrektheit derselben Bewegungen in größeren Verbänden.
Schon allein mit Rücksicht auf die Gangarten, die Bestimmung
der Treffen und die Aufgabe der Befehlshaber ist
es nothwendig, sobald
größere Verbände als ein Regiment zuſammentreten, zu unterscheiden : zwiſchen einer Vorschule (Evolutionirperiode) und einer Hauptschule (Manövrir pericde) und diese Unterscheidung müßte auch im Reglement an der richtigen
325
Stelle und mit der nöthigen Betonung zum Ausdruck kommen . . . Aus dem reichhaltigen Abschnitt III :
„ von den Formen und den Führern in beiden
Perioden " heben wir die zutreffende, aber äußerst scharfe Kritik hervor, die an den Führern der Kavallerie- Diviſionen von 1870 geübt wird, sodann aber Beurtheilung des Generals von Schmidt , welche nicht verfchlen kann, Auf ſehen zu erregen - in wie weit dieſelbe zutreffend, mag dahin gestellt bleiben . . . „ Bei dem großen (d. h . älteren) Schmidt will ich einen Augenblick verweilen, weil, nach meiner innersten Ueberzeugung, seine Figur sich zu einer Betrach tung über die Erziehung der Reiterführer besser eignet, als irgend eine andere. Ich lege der geringen Reitfertigkeit des Generals gar keine Bedeutung bei. Die dieserhalb ruinirten Pferde sind längst verschmerzt ; aber bei einem mit so vielen Gaben beschenkten Manne kann kein ernster Offizier ohne eine ge wisse Wehmuth darüber wegkommen,
daß in ihm Charakter und Geist,
Wille und (taktischer) Verstand so ungleich entwickelt waren und so ungleich nebeneinanderſtanden.
Als Schmidt noch klein war, wurde er von der Maſſe
bespöttelt, als die Verhältnisse ihn groß gemacht hatten, wurde er von der selben vergöttert.
Damals war man nicht gerecht, jezt ist man es ebensowenig.
Ich sagte, die Verhältnisse hätten den General von Schmidt emporgehoben, und das ist richtig .
Ein groß, edel und wahr angelegter Charakter im Sattel
bedurfte in der damaligen Zeit nichts mehr, um hoch zu stehen.
Unverſieg
bare Thatkraft und Ausdauer, grenzenlose Selbstaufopferung und Selbstlosig keit, unbedingte und freudige Hingabe an den Dienst seines königlichen Herrn, tapfer, unternehmend, kühn, ſtürmiſch, welche Fülle herrlicher Eigenſchaften in einem Manne! Was er leistete, forderte er von Allen . Groß angelegt und zu Großem bestimmt, war dieser Mann eine Göttergabe für unsere Reiterei. Diese Figur wird ſtets und immer an der Wiege der Wiedergeburt der deutſchen Reiterei stehen, und sie kam zur richtigen Stunde, um am richtigen Punkt zu wirken.
Sie gab der Reiterei als Waffe wieder Zuversicht und Glauben
an ihr Schwert; sie wirkte auf alles, was mit der Entwickelung des Charakters zusammenhängt, sie befruchtete die Psyche, aber gerade der General v . Schmidt hat an sich selbst erfahren, daß sich Hänschens verpaßte Lehrjahre vom Hans nicht mehr nachholen lassen .
Alles Große, was der General ge
leistet, liegt mehr auf dem Gebiete des Willens , als auf dem der Taktik. Ich erinnere an den abendlichen Angriff bei Vionville, an den unter den da maligen Verhältnissen durch die Sologne,
und bei der
damaligen Bewaffnung schwierigen Zug
an die Verfolgung nach Le Mans und Anderes ;
hätte
seine taktische (und militärische) Bildung mit seiner Charakter- Entwickelung gleichen Schritt gehalten, der General würde — bei seinen scharfen Verſtandes ――― anlagen in sich selbst die stürmischen Forderungen seines Naturells durch die Vernunft bekämpft und weit segensreicher gewirkt haben.
Seine Friedens
thätigkeit trug den Stempel wilden Stürmens und Drängens, fortwährender Unruhe.
Ein Gedanke jagte den andern, bevor die Konsequenzen des ersten
326
übersehen waren.
Für ihn gab es nur Forderungen , aber seinem Stürmen
und Drängen fehlte ein großer Erfolg, weil ihn seine lückenhaften und mangel haften militärischen Kenntniſſe bisweilen im Stiche ließen, im Sattel wie im Berathungsausschuß ! Ihm ging das ab, was Göthe das Collegium logicum nannte. Der General war nicht nur heftig, sondern dann und wann un nahbar.
Eine Diskussion mit ihm führen war beinahe eine Unmöglichkeit.
Was er sagte, war von vornherein Axiom und bei seinen immerhin bemer kenswerthen Erfolgen im Felde hatte seine Stimme Gewicht.
Man hat ge
ſagt, daß wir zum Reglement von 1876 gekommen, ſei das Verdienſt Schmidt's, des Hechts
im Karpfenteiche ; man könnte mit mehr Berechtigung sagen, daß
es das Verdienst der anderen Kommiſſionsmitglieder sei, welche durch ihre Nach giebigkeit lieber etwas, als gar nichts erreichen wollten. Hätten nämlich alle Kommissionsmitglieder nur Ariome mitgebracht, dann wäre es mit den Be rathungen von ſelbſt aus geweſen, man wäre auseinandergegangen, wie man ge kommen, ohne Resultat !
Schmidt hatte das Studium der Taktik nicht ſyſte=
matisch betrieben und wir hätten
heute die Folgen der Gliederung der Ka
vallerie- Divisionen in der Regel nach 3 gleich starken Treffen nicht zu tragen, *) wenn die Eintheilung in 3 Brigaden nicht beim General von Schmidt Ariom gewesen wäre ; wir hätten die unglücklichen *) Unterſtüßungs - Eskadrons nicht, wenn er das zweite Treffen Friedrichs des Großen richtig verstanden hätte. Genug, um darzulegen, wie wichtig es iſt, möglichſt frühzeitig auf die taktische Durchbildung der Geister hinzuwirken, und wie falsch es ist, zu wähnen oder zu lehren, daß man mit Wille und Sporen auskomme.
General von Schmidt
hat mit seinen instinktiv stürmischer Forderungen viel genugt, mit seinem un geordneten Wesen bei mangelnder, viel geschadet.
wirklich militärischer Bildung aber auch
Es ist fraglich, ob die Dinge, die durch den Glauben an seine
Person mit in den Kauf genommen werden mußten, sich bewähren ; jedenfalls gehört viel Ansehen und Macht dazu, das zu beseitigen, worin der General von Schmidt entschieden irrte. " Wir müssen uns nunmehr ganz kurz fassen und können den Inhalt der ,,taktischen Direktiven" nur der Charakteristik Schmidt's ganzen Werkes bieten.
noch flüchtig andeuten,
meinend, die Wiedergabe
werde genügende Anregung zum Studium des
Der Reiterführer muß vor Allem und unter allen Umständen ein Tak tifer sein. ―― Gepäckerleichterung iſt dringend nothwendig ; warum nicht mit einem Federstrich jedes Pferd um 40 Pfund erleichtern ? Abschnitt IV spricht von den
Uebungspläßen und dem Attakenziel."
Erstere sind nach räumlicher Ausdehnung und unzulänglich, das Attakenziel liegt im Argen.
terrestrischer Verfaſſung meist Abschnitt V :
zwei oder drei
*) Die entschieden gegensägliche Meinung des Verfassers über diese beiden wichtigen Fragen erhellt bereits aus den obigen Bemerkungen.
327
Brigaden“, verwirft
die Eintheilung in 3 Brigaden à 2 Regimenter und
fordert, aus den maßgebenden taktischen Rücksichten 2 Brigaden à 3 Regimenter!
Abschnitt VI :
von den Treffen " verwirft die drei gleich
ſtarken Treffen, verlangt starkes Kampftreffen,
Verlegung der Kraft nur
nach vorn, Sicherung der Flanken durch das zweite Treffen , äußerste Ve hemenz des Stoßes - Fridericianische Grundsäße! Namhafte Kavalleristen sind z . B. Friedrichs.
entschiedene Anhänger der Zwei-Treffen- Gliederung im Sinne allerdings nicht mit " Ausschluß“. der Drei
Sie wollen diese
Treffen-Gliederung ; aber sie erkennen die taktiſche Gleichberechtigung beider an und das wird man entschieden unterschreiben müſſen. Keine Unter stüßungs -Eskadrons.
Der Schwerpunkt
der Tiefengliederung gesucht, Breite liegt !
der Reitertaktik wird jezt mehr in
während er eher in der Ordnung nach der
Abschnitt VII : „die Treffentaktik den einzelnen Waffen gegenüber" .
Das
Wort ,, Treffentaktik“ seßt einen Kampf Kavallerie gegen Kavallerie voraus . Infanterie und Artillerie werden von der Reiterei unter andern Formen an gefallen werden müssen, als Kavallerie. Aus der Treffentaktik verbanne man die Karriere, denn Karriere heißt Auflösung! Abschnitt VIII handelt ,,von den Aufgaben und den Pläßen des Divisions Kommandeurs, sowie der Treffen-Befehlshaber"
und zieht besonders zwei in
diesen Hinsichten lehrreiche Beispiele in Betracht : Cuſtozza und Vionville ; Ab schnitt IX von der „ reitenden Artillerie der Kavallerie- Division." Kähler (Paſcha) hat besonders den Wunsch vertreten, der Division 3 reitende Batterien à 6 Geſchüße grundsäßlich zuzutheilen ; der Verfaſſer plädirt für 2 Brigaden à 3 Regimenter und 1 Batterie für jede Brigade, also 2 Batterien für die Division. Die Erwägungen dieses Abschnittes halten wir für hochbedeutende. Im Schluß= abschnitte X geistreiche zusammenfassende Aeußerungen über Taktik, Reiter geist u. a., im Abschnitt XI das „ Bekenntniß“ der einen Inkonsequenz in den Schriften des Verfassers.
„ Aussprüche und Lehren früherer Schriftsteller
erſchienen mir — als ich anfing zu schreiben — wie Ariome und man iſt ja ge wöhnt, an solche überall zu glauben, oder sie hinzunehmen, auch wenn sie garnicht bestehen. Ich nahm in meiner ersten Broschüre die Organiſation der Kavallerie Division zu 3 Brigaden und 3 Batterien von vorne herein bona fide als Der Glaube zerrann. ... . . .
Ariom ; ich glaubte an die Richtigkeit desselben.
Ich habe meine Sache ehrlich und ernst genommen und weil ich durch Selbst denken zu der Ueberzeugung gekommen bin, daß ich an ein falsches Axiom geglaubt, wiederhole ich hier : „ Die Kavallerie - Diviſion zu 2 Brigaden und 2 Batterien ist die beste Formation, wenn man sie auf die Höhe ihrer Aufgaben bringen will. " über die Reiterei.
Das ist der Widerspruch in meinen Schriften
Ich hätte das übergehen können, aber ich bin Bismarck
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sans phrase; ich schäme mich nicht, täglich zu lernen und zu bekennen, wo ich mich im Glauben an Autoritäten geirrt habe." Sicherlich werden wir im Jahre 1887 zu berichten haben über Schriften, welche durch des schneidigen Herrn Verfassers taktische Direktiven " her vorgerufen worden sind, seien es zustimmende, ſeien es widerlegende.
Ans
England.
IV. Die plöglich eingetretenen Verhältnisse in Bulgarien , welche der gesammten politischen Situation Europas einen beſonderen Stempel aufgedrückt und die brennende Frage von Neuem in den Vordergrund gestellt haben, ob es troß aller unserer Be mühungen noch lange möglich sein wird, den Frieden zu erhalten, haben auch die Augen von ganz Europa wieder mit doppeltem Intereſſe auf die beiden Haupt rivalen im Osten unseres Erdtheils gelenkt auf Rußland und England. Zweifellos ist, daß ersteres eine sehr schlaue und langsam, aber mit Heran ziehung aller nur möglichen Mittel energisch vorgehende Politik befolgt, leteres, unausgesezt schwankend, bald muthvoll Andere zum Kriege aufruft und ſich ſelbſt vorsichtig zurückhält,
bald wieder einen energischen Anlauf zu wirklich kraftvoller
Vertheidigung seiner Interessen dem mächtigen Ezarenreich gegenüber zu nehmen scheint.
Wie die Verhältnisse sich nach der einen oder der andern Richtung hin
noch entwickeln werden, läßt sich zur Zeit, da wir dieses schreiben*), nicht voraus sehen,
möglich, daß sich, wenn diese Zeilen in die Hände unserer Leser gelangen,
die Verhältnisse nach der einen oder der anderen Seite hin definitiv geklärt haben ----das eine aber ist schon jetzt jedem Unparteiischen klar : einer solchen aggreſſiven Politik gegenüber, wie der des Rivalen auf der Balkanhalbinsel und in Asien, hat ſich im Ganzen die Politik des vereinigten Königreichs hinsichtlich einer energiſchen Wahrnehmung seiner Interessen bisher recht schwach und seiner Ohnmacht bewußt gezeigt. Und dies ist kein Wunder : eine kräftige Politik kann nur in dem Bewußt sein militärischer Stärke wurzeln, nur die lettere kann die Basis für kraftvolle und zielbewußte, daher auch meist erfolgreiche Operationen der Diplomatie geben .
Eine
solche militärische Stärke aber und die Bereitschaft für den Krieg fehlt England , ſie fehlt ihm nach dem offenen
*) Mitte September 1886.
uns scheint : 3 u offenen
eigenen Eingeständnißz