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German Pages 254 [256] Year 2003
I. Baiderjahn Nachhaltiges Marketing-Management
Forum Marketing & Management PROBLEME · KONZEPTE · LÖSUNGEN
Herausgegeben von Karlheinz Wöhler, Lüneburg Claudia Fantapié Altobelli, Hamburg Cornelia Zanger, Chemnitz
Bd. 5:1. Baiderjahn, Nachhaltiges Marketing-Management
FORUM Marketing & Management ist konzipiert für Lehrende und Studierende an Hochschulen, insbesondere jedoch für die anwendungsorientierte Fortbildung in der Praxis. Die Bände wenden sich an alle, die • auf der Basis des jeweiligen Forschungs- und Diskussionsstandes ihr spezifisches Marketing-/Managementproblem analysiert haben wollen, • vor dem Hintergrund strategischer Setzungen bzw. Ziele mögliche Marketingmaßnahmen als ihre Problemlösungen kennenlernen wollen, • die Durchsetzung von Marketingkonzeptionen beispielhaft demonstriert sehen wollen
Nachhaltiges Marketing-Management Möglichkeiten einer umweit- und sozialverträglichen Unternehmenspolitik
von Ingo Baiderjahn
©
Lucius & Lucius · Stuttgart
Meiner Mutter t Aaron und Sabine
Anschrift des Autors: Prof. Dr. Ingo Baiderjahn Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre/Marketing Universität Potsdam August Bebelstr. 89 D-14482 Potsdam
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar
ISBN 3-8282-0188-1 © Lucius & Lucius Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart 2004 Gerokstr. 51, D-70184 Stuttgart www.luciusverlag.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigung, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung, Verarbeitung und Übermittlung in elektronischen Systemen.
Druck und Einband: Thomas Müntzer, Bad Langensalza Printed in Germany
ν
Vorwort
1986, also vor 17 Jahren, veröffentlichte ich meine Dissertationsschrift zum Thema „Umweltbewußtes Konsumentenverhalten". In den folgenden Jahren erschienen dann zahlreiche Monographien, Sammelbände und Fachaufsätze, die im weitesten Sinne Themen des betrieblichen Umweltschutzes, des Umweltmanagements und des umweltfreundlichen Konsumentenverhaltens behandelten. Diese Themenfelder sind inzwischen umfassend bearbeitet worden, kaum ein Aspekt blieb unberücksichtigt. Schon Ende der 80er Jahre wurde von der so genannten Brundtland Kommission der Begriff „Sustainable Development" geprägt. Insbesondere aber seit der Erklärung von Rio de Janeiro 1992 fand dieses gesellschafts- und wirtschaftspolitische Leitbild zunehmend Eingang in die politische Diskussion, wissenschaftliche Forschung und in die Wirtschaftspraxis. Neben der Umweltverträglichkeit werden nun verstärkt Fragen der Sozialverträglichkeit wirtschaftlichen Handelns politisch diskutiert, wissenschaftlich bearbeitet und praktisch umgesetzt. Darüber hinaus geht es auch um wirtschaftliche Aspekte der Sicherung der Versorgung von Menschen mit Gütern und der Schaffung und Sicherung von Wohlstand. Das gesellschaftspolitische Leitbild der Nachhaltigkeit liefert den einzelnen politischen, sozialen und wirtschaftlichen Akteuren eine Vision von einer zukunftsfähigen Wirtschaft. Insbesondere die privaten Unternehmen nehmen bei der Umsetzung dieses Leitbildes eine Schlüsselrolle ein. Das vorliegende Buch setzt hier an und möchte einen Überblick darüber liefern, welche Optionen Unternehmen haben, ökonomisch, ökologisch und sozial zu handeln. Vorausgesetzt wird, dass Unternehmen ein marktorientiertes Führungskonzept verfolgen. Bedanken möchte ich mich insbesondere bei meiner Sekretärin, Frau Ines Belitz, für die immer zuverlässige Unterstützung bei der Abfassung des Manuskriptes.
Berlin und Potsdam, im Sommer 2003
Univ.-Prof. Dr. Ingo Baiderjahn
VI
Inhaltsübersicht
Inhaltsübersicht Vorwort
ν
Abbildungsverzeichnis
vii
Α.
Grundlagen zum Nachhaltigkeitskonzept
1
I.
Begriff der Nachhaltigkeit
1
II.
Dimensionen der Nachhaltigkeit
9
III.
1.
Die ökologische Dimension der Nachhaltigkeit
2.
Die soziale Dimension der Nachhaltigkeit
13
9
3.
Die ökonomische Dimension der Nachhaltigkeit
21
4.
Initiativen, Konzepte und Standards der Nachhaltigkeit
23
Entwicklungen, Perspektiven und Ansatzpunkte einer nachhaltigen Marketing-ManagementKonzeption 34 1. Wirtschaftswissenschaftliche Perspektiven der Nachhaltigkeit 34 2. Ansätze nachhaltigen Marketing-Managements
B.
Nachhaltiges Marketing als ManagementKonzept I.
37
42
Elemente nachhaltigen Marketing-Managements ..42 1.
Das Management-Konzept
42
2.
Marketing-Management
47
II.
Nachhaltigkeit als unternehmerisches Leitbild
51
III.
Ziele nachhaltigen Marketing-Managements
59
IV.
1. Zielinhalte
59
2.
62
Zielbeziehungen
Unternehmerische Positionen zum Nachhaltigkeitsleitbild
65
Nachhaltigkeitsorientierte Analyse und strategische Planung im Marketing-Management 70 I.
Arten und Methoden der strategischen Nachhaltigkeitsanalyse 70
II.
Arten und Methoden der operativen Nachhaltigkeitsanalyse
Strategien des nachhaltigen MarketingManagements
88
101
I.
Strategieausrichtungen und Strategiebezüge ... 101
II.
Nachhaltige Risiko- und Krisenstrategien
108
1.
Nachhaltiges Risikomanagement
108
2.
Nachhaltiges Krisenmanagement
114
III.
Nachhaltige Dialogstrategien
Nachhaltiges Konsumentenverhalten
131
136
I.
Vom gesellschaftspolitischen Leitbild zum persönlichen Lebens- und Konsumstil 136
II.
Determinanten nachhaltiger Konsumstile
142
III.
Umweltbewusstsein von Konsumenten
145
IV.
Die Verhaltenslücke
152
V.
Beeinflussungsmöglichkeiten und Strategien
171
Instrumente nachhaltigen MarketingManagements
173
I.
Nachhaltige Produktpolitik
173
II.
Nachhaltige Preispolitik
186
III.
Nachhaltige Kommunikationspolitik
187
IV.
Nachhaltige Distributionspolitik
194
Nachhaltige Marketing-Managementorganisationen und -systeme I.
195
Nachhaltigkeits-Audit und Nachhaltigkeitsorganisation 195
Vili
Inhaltsübersicht
II.
Umweltmanagementsysteme
198
1.
Umweltmanagementsystem nach der EG-Öko-AuditVerordnung (EMAS) 198
2.
Umwelt-Managementsystem nach ISO 14001
207
III.
Sozialmanagementsysteme
213
IV.
Die Sustainability Balanced Scorecard
216
V.
Das Nachhaltigkeits-Controlling
223
Literaturverzeichnis
228
Stichwortverzeichnis
238
Abbildungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Leistungserstellung aus ökologischer Perspektive
12
Abb. 2: Akteure und Aktionsfelder nachhaltigen Wirtschaftens
15
Abb. 3: Bedeutung von Anspruchsgruppen für Unternehmen
17
Abb. 4:
Nachhaltigkeit im Spannungsfeld zwischen Markt, Gesellschaft und Politik
22
Abb. 5: Freiwillige Vereinbarungen und Leitlinien zur Förderung einer nachhaltigen Unternehmenspolitik .24 Abb. 6: Die neun Prinzipien des Global Compact
.25
Abb. 7: GRI-Leitfaden für Nachhaltigkeitsberichte
.27
Abb. 8: Allgemeine Management-Konzeption (St. Galler Ansatz) .43 Abb. 9: Marketing als Managementprozess
.48
Abb. 10: Zielbereiche des Nachhaltigkeits-Marketing
.60
Abb. 11 : Konkurrierende und komplementäre Zielbeziehungen zwischen ökonomischen, ökologischen und sozialen Zie len Abb. 12: Unternehmerische Positionen zum Leitbild der Nachhaltigkeit 65 Abb. 13: Bereiche der Strategischen Nachhaltigkeitsanalyse
71
Abb. 14: Nachhaltigkeitsorientierte Wertkette
73
Abb. 15: Der Szenario-Trichter
75
Abb. 16: Nachhaltigkeitsorientierte Cross-Impact-Analyse
78
Abb. 17: Phasenmodell zur Entwicklung von Themen zur Nachhaltigkeit 81 Abb. 18: Nachhaltigkeitsportfolio für Produkte
86
Abb. 19: Zweidimensionales Nachhaltigkeits-Portfolio
87
Abb. 20: Arten von Umweltkennzahlen
89
Abb. 21: Grundmodell einer Stoff- und Energiebilanz
90
Abb. 22: Öko-Bilanzierung nach dem lÖW-Ansatz
96
Abb. 23: Allgemeine Produktlinienmatrix
100
Abb. 24: Typologie von Nachhaltigkeitsstrategien des Marketing . 106 Abb. 25: Komponenten des Risikos nicht sozial- und umweltverträglichen Handelns in Unternehmen
111
Abb. 26: Risikopolitische Alternativen
114
Abb. 27: Modell des Krisenkreislaufes
117
IX
X
Abbildungsverzeichnis
Abb. 28: Nachhaltiges Dialogmanagement
135
Abb. 29: Das Bedürfnis-Gelegenheits-Fähigkeits-Modell zum Konsumentenverhalten
138
Abb. 30: Bereiche nachhaltigen Konsums
140
Abb. 31: Determinanten nachhaltiger Konsumstile
143
Abb. 32: Stellenwert des Umweltschutzes in der Bevölkerung
146
Abb. 33: Umweltbewusstsein in Deutschland (West)
148
Abb. 34: Umweltbewusstsein in Deutschland (Ost)
148
Abb. 35: Umweltbewusstsein in Europa
149
Abb. 36: Scope of Environmental Concern
150
Abb. 37: Zustimmung zur Frage: „There is Little Individuals can do about the Environment" 154 Abb. 38: Disagree that Industry is Working Hard to Ensure Clean Environment in Germany and USA Abb. 39: Das Dilemma nachhaltigen Konsumentenverhaltens
155 158
Abb. 40: Umwelthandeln im Dilemma konfliktärer Anreize (Anreizdiiemma)
159
Abb. 41: Das Energiespardilemma
161
Abb. 42: Die „Low-cost-Hypothese
162
Abb. 43: Konsumstile Beeinflussungsmöglichkeiten zur Förderung nachhaltiger171 Abb. 44: Umweltorientierter Produktlebenszyklus
174
Abb. 45: Nachhaltige Produkte und Dienstleistungen im Spannungsfeld zwischen Wirtschafts-, Umwelt- und Sozialverträglichkeit
176
Abb. 46: Organisation des Nachhaltigkeitsmanagements in der BASF-Gruppe Abb. 47: Veränderungen von EMAS I zu EMAS II
195 199
Abb. 48: Neue EMAS-Logos 201 Abb. 49: Anzahl der EMAS registrierten Unternehmensstandorte.202 geordnet nach Häufigkeit Abb. 50: Nutzenbereiche der Teilnahme an EMAS
203
Abb. 51: Das EMAS-Gemeinschaftssystems
205
Abb. 52: Zertifizierte Unternehmen nach ISO 14001 geordnet nach Häufigkeit (Auswahl)
208
Abb. 53: Plan-Do-Check-Act-Kreislauf der ISO 14001-Norm
208
Abb. 54: Das ISO 14000 System
209
Abb. 55: Umweltmanagementsystem nach ISO 14001
211
Abbildungsverzeichnis
Abb. 56: EMAS-Verordnung und DIN ISO 14001 im Vergleich
212
Abb. 57: Beispiel für eine Integration von Umwelt- und Sozialaspekten in die vier Perspektiven der BSC 220 Abb. 58: Erweiterung der BSC um eine Nachhaltigkeitsperspektive
220
Abb. 59: Beispiel eines Ursache-Wirkungs-Zusammenhangs für den Strategietyp „Glaubwürdigkeit"
222
Abb. 60: Der Nachhaltigkeits-Controlling-Kreislauf
223
Abb. 61: Funktionen des Nachhaltigkeits-Controlling
224
Abb. 62: Nachhaltigkeits-Controlling
225
χι
Der Begriff der Nachhaltigkeit
A.
Grundlagen zum Nachhaltigkeitskonzept
I.
Der Begriff der Nachhaltigkeit
1
Dieses Buch setzt sich mit den Grundlagen nachhaltigen Marketing-Managements auseinander. Dazu wird zunächst auf der Makro-Ebene das gesellschaftspolitische Leitbild der Nachhaltigkeit vorgestellt und mit dem unternehmerischen Leitbild der Nachhaltigkeit verzahnt. Marketing wird hier durchgängig in der MikroEbene als eine Konzeption zur marktorientierten Führung eines Unternehmens aufgefasst. Nachhaltiges Marketing-Management übernimmt das gesellschaftspolitische Leitbild der Nachhaltigkeit als unternehmerisches Leitbild und zielt darauf, alle Aktivitäten gleichermaßen an den Anforderungen des Marktes, der Gesellschaft und der natürlichen Umwelt auszurichten.
Sustainable Development ist ein gesellschaftspolitisches Leitbild für eine nachhaltige Entwicklung und für das nachhaltige Wirtschaften, wonach sich einerseits die Lebenschancen zukünftiger Generationen nicht gegenüber den Möglichkeiten der derzeitigen Generation verschlechtem dürfen (intergenerative Gerechtigkeit) und wonach sich andererseits ein Wohlstandsausgleich zwischen armen und reichen Ländern einstellen soll (intragenerative Gerechtigkeit).
„Sustainable Development", übersetzt mit „Nachhaltige Entwicklung", wurde im 1987 vorgelegten Bericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung (so genannte Brundtiand Kommission) definiert als eine Entwicklung, „die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen". Erforderlich ist dazu „ein Prozess der Veränderung, in dem die Nutzung der Ressourcen, die Struktur der Investitionen, die Orientierung des technischen Fortschritts
Leitbild „Sustainable Development"
2
Grundlagen zum Nachhaltigkeitskonzept
und die institutionellen Strukturen konsistent gemacht werden mit den zukünftigen und gegenwärtigen Bedürfnissen" (World Commission on Environment and Development: Our Common Future, Oxford 1987). Angestrebt wird eine „zukunftsfähige", über Generationen hinweg aufrechterhaltbare umweit- und gesellschaftsverträgliche Entwicklung. Künftigen Generationen darf es nicht schlechter gehen als den Menschen jetzt auf der Welt (vgl. auch Vornholz/Majer, 1994; Umweltbundesamt 1997, S. 4f.).
RioKonferenz
Der Begriff „Sustainable Development" stand dann im Zentrum der Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung (United Nations Conference on Environment and Development UNCED) in Rio de Janeiro im Juni 1992. 178 Staaten auf der RioKonferenz bekannten sich zur gemeinsamen Verantwortung für den Erhalt der Lebensgrundlagen der Menschheit auf dieser Welt.
In einzelnen Dokumenten, •
Klimarahmenkonvention und Konvention zur biologischen Vielfalt,
•
„Walderklärung" und Rio-Deklaration,
•
Agenda 21 (Aktionsprogramm für das 21. Jahrhundert) und
•
Beschluss zur Einrichtung einer Kommission der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung (CSD),
wurde der Handlungsbedarf für die Förderung einer weltweiten nachhaltigen
Entwicklung festgeschrieben
(Umweltbundesamt
1997, S. 3). Die Commission on Sustainable Development (CSD) ist 1992 im Anschluss an die UNCED-Konferenz eingerichtet worden, um die Implementierung der Agenda 21 auf lokaler, nationaler, regionaler und internationaler Ebene zu verfolgen. In einem Fünf-Jahres-Bericht (Earth Summit+5) wurden dann im Juni 1997 die Fortschritte bei der Implementierung der Nachhaltigkeit dokumentiert und die Agenda 21 fortgeschrieben. Am 4. September
Der Begriff der Nachhaltigkeit
2002 fand das World Summit on Sustainable
3
Development
(WSSD) in Johannesburg (Südafrika) zur Neubestätigung der Agenda 21 statt. Getragen wurden die Debatten auf der Konferenz von der Erkenntnis, dass sich die Konsum- und Lebensstile der westlichen Industrieländer weder auf die derzeitige noch auf die zukünftige Weltbevölkerung übertragen lassen (Umweltbundesamt 1997, S. 4). So heißt es in der Agenda 21: "Während in einigen Teilen der Welt übermäßig konsumiert wird, werden die Grundbedürfnisse eines großen Teils der Menschheit nicht befriedigt. (...) Alle Länder sollen deshalb nachhaltige Konsummuster und Lebensweisen anstreben (...). Ein Wertewandel ist hierfür die notwendige Voraussetzung". Die Entwicklung zu nachhaltigen Konsummustern hat allerdings wenig mit Askese und Verzicht zu tun, sondern mehr mit veränderten Arten der Bedürfnisbefriedigung und neuen Formen von Lebensqualitäten.
Sustainable Development umfasst im Vergleich zur klassischen Umweltpolitik nicht nur die ökologische, sondern auch die ökonomische und soziale Entwicklung sowie die Beziehungen zwischen diesen Bereichen. Ökologische, soziale und ökonomische Herausforderungen wirtschaftlichen Handelns stellen die Dimensionen bzw. Säulen des Nachhaltigkeitsprinzips sowie die Grundlagen einer zukunftsfähigen Entwicklung dar.
ökonomische, ökologische und soziale Faktoren einer nachhaltigen Entwicklung können nicht isoliert voneinander betrachtet werden. Das hat zur Konsequenz, dass eine nachhaltige Entwicklung tiefgreifende Veränderungen in Wirtschaft („Effizienzrevolution") und Gesellschaft („Suffizienzrevolution") erfordert. Konflikte zwischen Umwelt-, Sozial- und Wirtschaftsverträglichkeit müssen er-
Dimensionen der Nachhaltigkeit
4
Grundlagen zum Nachhaltigkeitskonzept
kannt und möglichst entschärft werden (Umweltbundesamt 1997, S. 23). Der Begriff „nachhaltige Entwicklung" ist bis heute sehr vage geblieben (vgl. Reisch 1998, S. 4) und wird mit unterschiedlichen Inhalten gefüllt. Oft wird dieser Begriff als neuer, modernerer Begriff für eine umweltverträgliche Entwicklung verwendet und damit in seinem Inhalt und Anspruch deutlich verkürzt. Operationalisierungen fehlen gänzlich. Insofern soll hier Sustainable Development auch nicht als ein theoretisches Konstrukt, sondern vielmehr als ein gesellschaftspolitisches Leitbild verstanden werden. Das gesellschaftspolitische Leitbild „Nachhaltige Entwicklung" umfasst in der Übertragung auf ein unternehmerisches Leitbild die folgenden drei Leitprinzipien: Verantwortungsprinzip
(1) Das Verantwortungsprinzip stellt das normative bzw. ethischmoralische Element nachhaltigen Wirtschaftens in Unternehmen dar. Jeder Einzelne und jede gesellschaftliche Gruppe, jede Organisation und damit auch jedes Unternehmen ist für die Folgen eigenen Handelns verantwortlich. Alle Menschen in allen Ländern der Welt tragen nach diesem Leitprinzip die Verantwortung für den Erhalt und die Sicherung der sozialen und natürlichen Lebensgrundlagen der Menschen.
So stellt die Agenda 21 die Forderung nach intergenerativer (zukunftsfähiger) und intragenerativer (Abbau des Wohlstandsgefälles) Gerechtigkeit auf. Angestrebt wird verantwortungsbewusstes Handeln des Menschen in allen Bereichen und Funktionen. Eine Konkretisierung erfährt dieses Leitprinzip auf Unternehmensebene im Konzept Product Stewardship (vgl. Kap. F), dem Prinzip einer unternehmensübergreifenden Übernahme von Verantwortung für umweit- und sozialverträgliches Wirtschaften aller beteiligten Ak-
Der Begriff der Nachhaltigkeit
5
teure über den gesamten Produktlebenszyklus bzw. über alle Wertschöpfungsphasen hinweg „von der Wiege bis zur Bahre". (2) Das Kreislaufprinzip ist ein Schlüsselprinzip nachhaltigen Wirtschaftens. Es zielt auf die Schaffung und Aufrechterhaltung ge-
Kreislaufprinzip
schlossener Stoffströme in allen Wertschöpfungsphasen.
Das Kreislaufprinzip leitet sich aus der ûkosystemforschung ab, wonach eine dauerhafte Bewirtschaftung mit Rohstoffen nur dann möglich ist, wenn die Funktionen der natürlichen Umwelt für den Menschen (Versorgung mit Ressourcen und Aufnahme von Emissionen) dauerhaft nicht gefährdet werden und die Interdependenzen (Austauschbeziehungen) zwischen dem ökologischen System und dem ökonomischen System, das die Umwelt für Produktion und Konsum in Anspruch nimmt, bekannt sind und von den Akteuren im Sinne der Nachhaltigkeit gestaltet werden.
Die Kreislaufwirtschaft (Circular Economy) ist darauf gerichtet, industrielle Stoffkreisläufe zu schließen. Durch einen fortwährenden Wiedereinsatz von Rohstoffen, die aus Produktions- und Konsumabfällen (z.B. Altprodukte) zurückgewonnen und einer erneuten Verwendung zugeführt werden, wird einer Verminderung natürlicher Ressourcenbestände entgegen gewirkt. Im Gegensatz zur Kreislaufwirtschaft steht die so genannte „Durchflusswirtschaft", die von der Unerschöpflichkeit der Rohstoffe und einer unbegrenzten Selbstreinigungskraft der Natur ausgeht. Während in der Durchflusswirtschaft verbrauchte Produkte als Abfälle auf der Deponie landen, werden diese bei der Kreislaufwirtschaft durch Phasen des Recycling und der Redistribution dem produzierenden Gewerbe in Form so genannter Sekundärrohstoffe
zur erneuten
Verwendung wieder zugeführt. Das Recycling ist somit das Bindeglied zum Schließen von Stoffkreisläufen. Der Gesetzgeber hat mit dem 1996 in Kraft getretenen Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) den Versuch unternommen, den Einstieg in die
Wissenschaftlicher Exkurs
6
Grundlagen zum Nachhaltigkeitskonzept
Kreislaufwirtschaft festzuschreiben und zu fördern. Dieses Gesetz fordert geschlossene Stoffkreisläufe und gibt der Abfallvermeidung Vorrang vor der Abfallverwertung und Beseitigung. Darüber hinaus geht das Gesetz vom Grundprinzip der umfassenden Produktverantwortung von Herstellern (Product Stewardship, vgl. Kap. F) aus. Hersteller haben die Möglichkeit, über einen produktionsintegrierten Umweltschutz, die Herstellung recyclingfreundlicher Produkte sowie durch Abfallmanagement und den Aufbau von betrieblichen Redistributionssystemen Stoffkreisläufe zu schließen. Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz - KrW-/AbfG (Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen) vom 27. September 1994 Beispiel
(BGBl I 1994, S. 2705; zuletzt geändert am 21.08.2002, BGBl I, S. 3322) trat mit dem ergänzenden untergesetzlichen Regelwerk am 7. Oktober 1996 in Kraft. Dieses Gesetz überträgt allen, die Güter produzieren, vermarkten und konsumieren, die Verantwortung zur Vermeidung, Verwertung und umweltverträglichen Beseitigung der dabei anfallenden Abfälle. Abfälle sind nach dem 1996 in Kraft getretenen KrW-/AbfG sowohl „Abfälle zur Beseitigung" als auch .Abfälle zur Venwertung". Damit wird die Verwertung von Reststoffen und Wirtschaftsgütern rechtlich geregelt. Ergänzt wird das KrW/AbfG durch ein untergesetzliches Regelwerk, zu dem u.a. eine Verordnung zur Einführung eines europäischen Abfallkatalogs sowie die Verordnung über Abfallwirtschaftskonzepte und Abfallbilanzen gehören. Erzeuger von Abfällen müssen ab einer bestimmten Größenordnung Abfallwirtschaftskonzepte und Abfallbilanzen erstellen. Das Abfallwirtschaftskonzept ist ein Instrument zur innerbetrieblichen Planung und Kontrolle von Abfallströmen. Es enthält Angaben über Art, Menge und Verbleib der im Betrieb anfallenden Abfälle sowie über Maßnahmen zur Vermeidung, Verwertung und Beseitigung des anfallenden Abfalls. Die Abfallbilanz stellt die Ergebnisse der Maßnahmen des Abfallwirtschaftskonzepts dar. Darüber hinaus legt dieses Gesetz das Prinzip einer
Der Begriff der Nachhaltigkeit
7
umfassenden Produktverantwortung (Product Stewardship) der Hersteller zugrunde. Dadurch sollen u.a. die mehrfache Verwendbarkeit, die Langlebigkeit von Produkten, der Einsatz von Sekundärrohstoffen sowie die Kennzeichnungs- und Produktrücknahmepflicht, insgesamt also der Einstieg in die Kreislaufwirtschaft, gefördert werden.
(3) Das Kooperations- und Partnerschaftsprinzip erfordert zum einen auf der politischen Ebene eine weltweite Zusammenarbeit aller Länder zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung und zum anderen auf unternehmerischer Ebene eine Zusammenarbeit aller an Wertschöpfungs- und Stoffkreisläufen beteiligten, betroffenen oder interessierten Akteure (z.B. Unternehmen, Institutionen, Anspruchsgruppen).
Solche Kooperations- und Partnerschaftsformen dienen hauptsächlich der Festlegung, Durchsetzung und Überwachung von sozialen und ökologischen Mindeststandards über alle Phasen der Wertschöpfungskette bzw. eines Produktlebenszyklus hinweg, also von der Rohstoffgewinnung bis zur Entsorgung und zum Wiedereinsatz
(„von-der-Wiege-bis-zur-Bahre"-Prinzip). Nachhaltig-
keitsorientierte Kooperationen können folgende Ausrichtungen haben (Schneidewind et al. 1997, S. 42): •
vertikal entlang der Wertschöpfungskette (z.B. Kontrolle von Wertschöpfungsketten),
•
horizontal innerhalb einer Branche (z.B. Durchsetzen gemeinsamer Umwelt- und Sozialstandards),
•
politikorientierte
Kooperationen
(z.B. in Form von
Selbstverpflichtungsabkommen), •
Kooperationen mit NGOs (Nichtregierungsorganisationen) (z.B. Kooperation mit Umweltschutzorganisationen zur Erhöhung von Glaubwürdigkeit und Reputation),
•
laterale Kooperationen bzw. Mischformen.
Kooperationsund Partnerschaftsprinzip
8
Grundlagen zum Nachhaltigkeitskonzept
Nachhaltigkeitsorientierte Kooperationen der Volkswagen AG mit Partnern (Auswahl): •
World Business Council for Sustainable
Development
(WBCSD), •
UNEP Mobility Forum, CSR Europe,
•
econsense - Forum für Nachhaltigkeit, Naturschutzbund Deutschland (NABU),
•
Öko-Institut Freiburg.
Das United Nations Environment Programme (UNEP) Mobility Forum, dem alle führenden Automobilhersteller und einige andere Gruppen (Stakeholder) angehören, formulierte in seinem „Report
Beispiel
on Sustainable Development for Auto Industry" vom 19. August 2002: „These complex tasks illustrate that the challenge of sustainable development requires new forms for partnerships. (...) From the standpoint of the automotive industry, one of the most promising solutions consist of intensive cooperation with governments, institutions and private companies in form or public-private or private-private partnerships".
Dimensionen der Nachhaltigkeit
II.
Dimensionen der Nachhaltigkeit
1.
Die ökologische Dimension der Nachhaltigkeit
9
Nachhaltiges Marketing-Management unterscheidet zwischen ökologischen, ökonomischen und sozialen Problem- bzw. Handlungsfeldern. Hierbei handelt es sich um verschiedene Zielbereiche nachhaltigen Wirtschaftens.
Die ökologische Dimension umfasst den Umweltschutz durch unternehmerisches Handeln. Diese Dimension wird in Unternehmen durch die Ziele nach Minimierung •
des Stoffdurchsatzes bzw. des Ressourceneinsatzes,
•
der Umweltbelastung durch Emission von Schadstoffen sowie
•
von Gefahrenpotenzialen durch betriebliches Handeln
erfasst. Nachhaltiges Marketing-Management erfordert eine systematische Verminderung ökologischer Belastungen und Risiken in allen Unternehmensbereichen und über alle Stufen des Produktlebenszyklus hinweg. Als zentrales Ziel nachhaltigen Wirtschaftens wird die Erhaltung der natürlichen Ressourcen angesehen. Dieses Ziel kann unter der Berücksichtigung der Regenerationsfunktion ökologischer Systeme nur dann erreicht werden, wenn die Abbaurate bei erneuerbaren Ressourcen ihre Regenerationsrate nicht übersteigt und das Ausmaß an Schad- und Abfallstoffen die Assimilationskapazität der Natur nicht überschreitet. Die zentralen Umsetzungsprobleme dieses Handlungsfeldes liegen in erheblichen Informationsdefiziten über ökologische Zusammenhänge und vertretbaren Grenzen der Umweltwirkungen von Konsum- und Produktionsprozessen sowie in primär auf Eigennutz ausgerichtete Präferenzen der Entscheidungsträger.
Ökologische Dimension
10
Grundlagen zum Nachhaltigkeitskonzept
Die ökologische Umwelt übernimmt folgende Funktionen: a) Versorgungsfunktion: Bereitstellung aller natürlichen Ressourcen wie Wasser, Boden, Luft und Energiereserven zur Befriedigung der Elementarbedürfnisse der Menschen. b) Trägerfunktion: Aufnahme von produzierten Erzeugnissen sowie Schad- und Abfallstoffen (Emissionen). c) Regelungsfunktionen\ Erhaltung des ökologischen Gleichgewichts. Umweltschäden haben eine lokale (z.B. lokal begrenzte Schadstoffemissionen eines produzierenden Betriebes), regionale (z.B. Wassermangel) und globale Dimension (z.B. globale Erwärmung). In erster Linie ist es der Mensch selbst, der für die Umweltschäden verantwortlich ist. Entropie
Insbesondere die industriellen Produktions- und Konsumtionsprozesse sind an der aktuellen und weiter zunehmenden Umweltverschmutzung schuld. Die in diesen Prozessen stattfindenden Umwandlungsvorgänge zwischen Energie und Materie und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Umwelt werden häufig mit dem Entropiebegriff beschrieben. Der durch Produktion und Konsum erzeugte Entropiefluss überführt Potenziale niedriger Entropie in hohe Entropiepotenziale, die nur noch mit abnehmendem Nutzen vom Menschen genutzt werden können (z.B. Bauteile aus recyceltem Material). Wertvolle Ressourcen werden bei Produktion und Konsum so lange umgewandelt und vermischt, bis sie als wertlose Abfälle deponiert werden (Stephan 1995, S. 149).
Die Entropie ist ein Maß für die Umkehrbarkeit von Prozessen. Betrachtet werden Umwandlungsprozesse von Energie und Materie. Wissenschaftl icher Exkurs
Sind Prozesse irreversibel (nicht umkehrbar), so nimmt die Entropie in geschlossenen Systemen stetig zu, während sie für reversible (umkehrbare) Abläufe konstant bleibt. Damit ist die Entropie
Dimensionen der Nachhaltigkeit
11
ein Maß für die Umkehrbarkeit von Prozessen (Reversibilität). Auf Produktions- und Konsumprozesse übertragen besagt das Entropiegesetz, dass aus wertvollen Ressourcen (Zustand geringer Entropie) durch ständige Umwandlungsprozesse (z.B. Downcycling) irreversibel nutzloser Abfall wird (Zustand hoher Entropie). Nach dem Entropiegesetz verbrauchen alle wirtschaftlichen Aktivitäten unwiederbringlich freie Energie, so dass die gebundene Energie, und damit die Entropie, zwangsläufig zunehmen wird (Dykhoff 1995, S. 220).
Ursachen zunehmender Umweltverschmutzung sind u.a. das exponentielle Wachstum der Weltbevölkerung (von 4 Mrd. Menschen im Jahr 1975 auf 6,4 Mrd. im Jahr 2000), Verstädterung (entste-
Ursachen zunehmender Umweltverschmutzung
hen von Mega-Metropolen), zunehmender Ressourcenverbrauch durch Wirtschaftswachstum (Globalisierung), spezifische Produktionsprozesse sowie vorherrschende Lebens- und Konsumstile in den wohlhabenden westlichen Nationen der Welt (vgl. auch Meffert/Kirchgeorg 1998, S. 10).
Es ist mehrfach versucht worden, die gesamtwirtschaftlichen Schäden der Umweltverschmutzung zu quantifizieren. Wicke (1986, S. 123) schätzte für das Jahr 1985 die Umweltschäden in der Bundesrepublik Deutschland auf einen Betrag von 103 Mrd. DM. Das Heidelberger Umwelt- und Prognoseinstitut hat für das Jahr 1989 eine Schadensbilanz von 475,5 Mrd. DM aufgemacht. Hier wurden die Kosten für Unfälle, Gesundheit, Einschränkung der ökologischen Vielfalt sowie die in die Zukunft verlagerten Schäden mit hinzugerechnet. Diesem Schadensumfang standen 1995 nur Umweltschutzinvestitionen von 44 Mrd. DM gegenüber.
Wissenschaftlicher Exkurs
12
Grundlagen zum Nachhaltigkeitskonzept
Ökologische Effizienz
Nachhaltiges Marketing zielt auf eine möglichst hohe ökologische Effizienz. Die ökologische Effizienz erfasst den Ressourcenverbrauch, Emissionen und Risikopotenziale bezogen auf eine Produktions- bzw. Leistungseinheit (vgl. Abb. 1). Es kann als Maß für die Umweltbelastung pro Leistungseinheit operationalisiert werden (z.B. MI PS-Konzept). Der Gesamterfolg eines Unternehmens im Umweltschutz wird als Eco-Performance bezeichnet.
Input
Transformation
Output
Unternehmung
Ressourcen
L
Abfälle Risiken Produkte
Abb. 1 : Leistungserstellung aus ökologischer Perspektive (Quelle: in Anlehnung an Dyllick 1992a, S. 400)
future e.V. entwickelte einen Nachhaltigkeits-Check, der sechs ökologische Nachhaltigkeitskriterien enthält (Braun 2000, S. 18f ): Beispiel
Schonender Umgang mit Ressourcen (Input: 11 Unterkriterien), Reduzierung der Umweltbelastung durch Stoffeinträge (Output: 11 Unterkriterien), Verantwortungsbewusster Umgang mit Ökosystemen (6 Unterkriterien), Minimierung der Risiken für Mensch und Umwelt (4 Unterkriterien), Umweltverträgliche Produkte und Verfahren (8 Unterkriterien), Globale ökologische Verantwortung (5 Unterkriterien).
Dimensionen der Nachhaltigkeit
2.
13
Die soziale Dimension der Nachhaltigkeit
Die soziale Dimension der Nachhaltigkeit ist ein Maß für die Sozialverträglichkeit unternehmerischen Handeln, und erfasst die Ge-
Soziale Dimension
staltung der Beziehungen zu Anspruchsgruppen (Anspruchsgruppenmanagement).
Unternehmen können sowohl positiv als auch negativ auf soziale Gemeinschaften einwirken. Im positiven Sinne umfasst dieser Bereich der Nachhaltigkeit unternehmerische Maßnahmen zur Förderung und Durchsetzung sozialer Standards betrieblicher Arbeitsbedingungen sowohl im eigenen Unternehmen als auch in Partnerunternehmen (z.B. Lieferanten). Konkretisiert wird diese Dimension durch Maßnahmen zur Einhaltung von Gesetzen zum Arbeitsschutz und zur Schaffung von humanen Arbeitsbedingungen sowie durch eine Ächtung von Kinder- und Zwangsarbeit. Des Weiteren gehören auch soziale Projekte von Unternehmen zur Verbesserung sozialer Gemeinschaften (z.B. Schaffung sozialer Infrastruktureinrichtungen wie Krankenhäuser und Schulen) dazu. Der von future e.V. entwickelte Nachhaltigkeits-Check enthält fünf soziale Nachhaltigkeitskriterien (Braun 2000, S. 20): Sicherung
von
Arbeits-
und Ausbildungsplätzen/Arbeit-
nehmerinteressen (12 Unterkriterien), Förderung von Arbeitssicherheit und Gesundheit (6 Unterkriterien), Gleichberechtigung von Mann und Frau (3 Unterkriterien), Soziale Rücksichtnahme (5 Unterkriterien), Globale Verantwortung (4 Unterkriterien).
Neben den unmittelbaren positiven Effekten sozialverträglichen Wirtschaftens in Unternehmen auf soziale Gemeinschaften erreichen Unternehmen dann gesellschaftliche Anerkennung und Unterstützung (Reputation), wenn sie gesellschaftliche Ansprüche re-
^ f r ^ Beispiel
14
Grundlagen zum Nachhaltigkeitskonzept
levanter Gruppen und Institutionen (so genannte Sfa/cefto/cteA) nach Sozialverträglichkeit ernst nehmen und im Unternehmen umsetzen. Da sich nachhaltiges Marketing-Management Unternehmens- und marktübergreifend vollzieht, müssen die auf die Sozialverträglichkeit gerichteten Aktivitäten der Unternehmung zielorientiert gestaltet werden. Soziale Effektivität
Soziale Leistungen eines Unternehmens lassen sich kaum nach einem Effizienzkriterium beurteilen, da standardisierbare Bezugsgrößen, wenn überhaupt, nur in Einzelfällen zur Verfügung stehen. In diesem Bereich kommt es darauf an, soziale Zielvorstellungen mit bestimmten Maßnahmen und vorhandenem Budget möglichst optimal zu erreichen (soziale Effektivität).
Unternehmen sind Teil eines sozialen Systems (Corporate Citizenship), sie besitzen eine eigene Kultur (Corporate Culture) und Identität (Corporate Identity), sie wirken in soziale Beziehungen hinein und sind ebenso wie das Individuum den geltenden Gesetzen sowie den herrschenden Normen und Werten des jeweiligen Landes unterworfen. Unternehmen sind als soziale Institutionen fest eingebunden in ein System von interdependenten marktlichen und sozialen Akteuren. Neben den Gütermärkten (marktliche Umwelt) hat die soziale und ökologische Umwelt für Unternehmen an Bedeutung deutlich zugenommen. So sehen sich Unternehmen als Mitverursacher von Umweltschäden einer ökologisch immer sensibler reagierenden Öffentlichkeit gegenüber. Zu dieser Entwicklung tragen einerseits von Unternehmen verursachte Umweltverschmutzungen und -Schäden (z.B. Verschmutzung der Meere und Strände durch Tankerunfälle) und Verletzungen sozialer Standards (z.B. gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen) sowie infolge dessen, eine sensibilisierte, kritische Öffentlichkeit und staatliche Gesetzgebung bei (vgl. Abb. 2). Insofern beinhaltet die soziale Dimension der Nachhaltigkeit auch die Gestaltung der Be-
Dimensionen der Nachhaltigkeit
15
Ziehungen zu Anspruchsgruppen des Unternehmens (Management von Anspnjchsgmppen).
Anspruchsgruppen ^θΙίβΙιοΜβή sind solche Gruppen bzw. Institutionen, ohne deren Unterstützung eine Unternehmung langfristig nicht existieren könnte. Es sind einzelne Personen, Gruppen oder Institutionen, die Interesse an dem Unternehmen haben, direkt oder indirekt von den Aktivitäten des Unternehmens betroffen sind und von deren Unterstützung der Geschäftserfolg, im extremsten Fall sogar die Existenz des Unternehmens abhängig sein kann. Anspruchsgruppen formulieren Ansprüche und Forderungen hinsichtlich des Verhaltens von betroffenen Unternehmen und erwarten, dass diese beachtet und erfüllt werden. Bei Nichterfüllung müssen die Unternehmen mit Aktivitäten von Seiten der Anspruchsgruppen rechnen, die verheerende Konsequenzen zur Folge haben können.
Politik und Behörden
Wissenschaft
Medien
ökologisch und sozial sensibilisierte Öffentlichkeit
Anspruchsgruppen aus Umwelt- und Gesellschaft
Unternehmen - Gesellschafter - Mitarbeiter
Märkte - Kunden • Geschäftspartner
Abb. 2: Akteure und Aktionsfelder nachhaltigen Wirtschaftens (Quelle: in Anlehnung an Kuhn 1993, S. 81.)
Anspruchsgruppen
16
Grundlagen zum Nachhaltigkeitskonzept
Es können interne (z.B. Mitarbeiter), marktliche (z.B. Konsumenten), gesellschaftliche (z.B. Umweltgruppen) und staatliche (z.B. Behörden) Anspruchsgruppen unterschieden werden (vgl. Abb. 2). In den letzen Jahren haben insbesondere die so genannten Nichtregierungsorganisationen (NGOs) an Bedeutung gewonnen. Hierzu gehören auch Umweltverbände wie Greenpeace, WWF, Friends of Earth, BUND und NABU. Nichtregierungsorganisationen übernehmen in der globalen Nachhaltigkeitsdiskussion folgende Aufgaben (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit 2002, S. 42): •
Thematisierung umweltrelevanter Fragestellungen (,.agenda setting'),
•
Beeinflussung des öffentlichen
Meinungsbildungsprozesses
{„opinion leading"), •
Einwirkung auf die Formulierung politischer Strategien (,,policy formulation"),
•
Forcierung der Implementierung eingegangener staatlicher Verpflichtungen (,,policy implementation"),
•
Beobachtung und Bewertung staatlicher Maßnahmen („policy monitoring").
Die Bedeutung von Anspruchsgruppen für Unternehmen leitet sich aus den der jeweiligen Gruppe zur Verfügung stehenden Sanktionsmitteln (Machtpotenzial) ab. Anspruchsgruppen und Unternehmen stehen in einem sehr dynamischen, wechselseitigen Verhältnis zueinander. Werden vom Unternehmen Ansprüche und Erwartungen nicht erfüllt, so stehen den Anspruchsgruppen zur Durchsetzung ihrer Forderungen folgende Maßnahmen zur Verfügung (Sanktionspotenzial und -mittel): •
Mobilisierung des öffentlichen Drucks (z.B. spektakuläre Aktionen mit hohem Aufmerksamkeitswert für die Öffentlichkeit),
•
Mobilisierung politischen Drucks (z.B. Lobbyismus),
•
Mobilisierung der Marktkräfte (z.B. Konsumboykotts),
Dimensionen der Nachhaltigkeit
•
Aktivierung der Gesellschafter einer Unternehmung sowie
•
direkte Verhandlungen mit den Unternehmen (z.B. Kooperationen) (Meffert/Kirchgeorg 1998, S. 94).
Am Institut für Marketing der Freien Universität Berlin wurden in mehreren Untersuchungen Top-Manager nach der Bedeutung einzelner Anspruchsgruppen befragt. Interne (Eigentümer, Aktionäre) und marktliche Anspruchsgruppen (Kunden, Konkurrenten und Handel) haben danach eine überdurchschnittlich hohe Bedeutung für unternehmerisches Handeln, gesellschaftliche Anspruchsgruppen dagegen nur eine geringere Bedeutung (z.B. Bürgerinitiativen) (Jeschke 1993, S. 75; vgl. Abb. 3). Allerdings wird die Bedeutung der Medien zunehmend höher eingeschätzt. Der größte Einfluss auf das Unternehmensgeschehen wird mit Abstand den Nachfragern bzw. Kunden zuerkannt.
Anspruchsgruppen
Relativer Bedeutungsgrad 20
40
60
80
Nachfrager Eigentümer Wettbewerber Handel Lieferanten Mitarbeiter Bundesregierung Gewerkschaften Medien Bürgerinitiativen Banken Verbraucherorg.
Abb. 3: Bedeutung von Anspruchsgruppen für Unternehmen (Quelle: Jeschke 1993, S. 75)
100
17
18
Grundlagen zum Nachhaltigkeitskonzept
Betroffenheit
Betroffenheit durch Anspruchsgruppen ist ein Ausdruck dafür, inwieweit ein Unternehmen durch Forderungen einzelner Anspruchsgruppen, nachhaltig zu wirtschaften, einem Sanktionspotenzial ausgesetzt ist. Hinsichtlich der Herkunft der Akteure kann zwischen einer marktbezogenen und einer gesellschaftspolitischen Betroffenheit unterschieden werden. Die marktbezogene Betroffenheit entsteht durch Nachhaltigkeitsforderungen
von
Kunden
(Nachhaltigkeits-Pull-
Effekt). Auf die Durchsetzung bzw. Förderung nachhaltigen Wirtschaftens ausgerichtete Aktivitäten des Staates (z.B. Gesetze) und sonstiger öffentlicher Akteure (z.B. Medien, Umweltschutzgruppen) bringen Unternehmen in eine gesellschaftspolitische Betroffenheit (Nachhaltigkeits-Push-Effekf) (vgl. Abb. 4).
Empirische Studien zeigen, dass die Betroffenheit der Unternehmen insgesamt durch Umweltschutzgesetze (z.B. Kreislaufwirtschaftsgesetz) am größten ist. Bei Großunternehmen, insbesondere bei internationalen Konzernen, überwiegt dagegen der öffentliche Druck, nachhaltig zu wirtschaften. Umweltgesetze/-recht:
Der
Umweltschutz
wurde
1994
ins
Grundgesetz aufgenommen (Artikel 20a). Auch die Landesverfassungen enthalten überwiegend Aussagen zum Umweltschutz. Der Wissenschaftlicher Exkurs
allgemeine Wunsch nach mehr Umweltschutz hat auf Seiten des Gesetzgebers zu einer kaum noch übersehbaren Flut von Gesetzen und Regelungen geführt. Es existieren in der Bundesrepublik ca. 2000 umweltrelevante Regelungen, ohne dass es ein einheitliches Umweltschutzgesetzbuch gibt. Der Schwerpunkt der Umweltschutzgesetzgebung liegt beim Bund durch seine Rahmengesetzgebungskompetenz
und seine konkurrierende
Gesetzge-
bungskompetenz. Ländergesetzte können Bundesgesetze ausfüllen (z.B. Abfallgesetz) oder ergänzen (z.B. Wasserhaushalts-
Dimensionen der Nachhaltigkeit
gesetz). Der Gesetzgebungsvollzug obliegt überwiegend den Bundesländern. Der Bund besitzt allerdings mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU), dem Umweltbundesamt (UBA) und dem Rat der Sachverständigen für Umweltfragen eine eigene Behördenstruktur. Umweltgesetze (z.B. Bundesimmissionsschutzgesetz) bilden die Grundlage des materiellen Umweltrechts. Die dort enthaltenen Leitlinien und Vorgaben sind oftmals ausfüllungsbedürftig und müssen weiter konkretisiert werden. Dazu dienen Rechtsverordnungen (z.B. Großfeuerungsanlagenverordnung), Verwaltungsvorschriften (z.B. TA Luft) sowie technische Anleitungen und Normen (z.B. VDI-Richtlinie Nr. 2264 zur Gasreinigungstechnik).
Infolge der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro 1992 ist eine zunehmende Internationalisierung des Umweltschutzes festzustellen. Auf europäischer Ebene wurde der Umweltschutz im Vertrag von Maastricht 1992 verankert. Die Grundlage für die Europäische Umweltpolitik bilden die Artikel 100a,b und 130r-t EGV. Das Europäische Umweltrecht bedient sich in der Regel der Rechtsform der Richtlinie (z.B. zur Umweltverträglichkeitsprüfung). Eine Richtlinie wendet sich an alle Mitgliedstaaten mit der zwingenden Aufforderung, in der Richtlinie genannte Ziele und Anforderungen innerhalb einer vorgegebenen Frist umzusetzen. Form und Mittel der Umsetzung obliegen dem nationalen Gesetzgeber. Teilweise wird Europäisches Umweltrecht in Form von Verordnungen umgesetzt (z.B. EMAS: EG-Öko-AuditVO). Der Inhalt von Verordnungen ist für alle Mitgliedstaaten verbindlich. Nationale Gesetze sind für die Umsetzung nicht erforderlich. Grundprinzipien des Umweltrechts sind das Vorsorgeprinzip (vorausschauender Schutz der Umwelt), das Verursachungsprinzip (die Umwelt darf nicht folgenlos geschädigt werden) und das Kooperationsprinzip (richtet sich auf eine breite Beteiligung von Ak-
19
20
Grundlagen zum Nachhaltigkeitskonzept
teuren aus Wirtschaft und Gesellschaft). Rechtsnormen des Umweltschutzes können dem Verwaltungsrecht (z.B. Kreislaufwirtschaftsgesetz), dem Zivilrecht (Umwelthaftungsgesetz), dem Strafund Ordnungswidrigkeitengesetz (z.B. Verpackungsverordnung) und spezifischen Umweltmanagementvorschriften (EG-Öko-AuditVO) zugeordnet werden. Zur frühzeitigen Identifikation von Forderungen und zur Abschätzung des Bedrohungspotenzials gesellschaftlicher Anspruchsgruppen sollte eine Anspruchsgruppenanalyse durchgeführt werden. Solche Analysen sind für die Sicherung der sozialen Legitimität und wirtschaftlichen Existenz von Unternehmen unabdingbar und
erfordern
eine
professionelle
nachhaltigkeitsorientierte
strategische Frühaufklärung. Eine Anspruchsgruppenanalyse hat immer danach zu fragen, welches die Anspruchsgruppen des Unternehmens sind und welche Forderungen und Erwartungen diese Gruppen an das Unternehmen haben. Unternehmen können mit folgenden Strategien auf Nachhaltigkeitsanforderungen von Anspruchsgruppen reagieren (vgl. Hellriegel/Slocum 1986; zitiert in Staehle 1999, S. 430f.) : •
Kooptation: Aufnahme von neuen Organisationsmitgliedern aus Umweltbereichen und Öffentlichkeit, die für das Unternehmen besonders wichtig bzw. bedrohlich sind, durch Beteiligung an der Verantwortung (Aufsichtsgremium) oder an der Machtausübung (Führungsposition).
•
Kooperation: Zusammenarbeit und Eingehen von Partnerschaften mit Anspruchsgruppen.
•
Verhandeln (Bargaining): Aushandlungsprozesse unter Einsatz des jeweils zur Verfügung stehenden Sanktionspotenzials.
•
Lobbyismus: Einflussnahme auf politische Prozesse im eigenen Interesse (z.B. Gesetzesinitiativen).
Dimensionen der Nachhaltigkeit
•
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Koalition: Zusammenschluss mit anderen Gruppen zur gemeinsamen Durchsetzung der Interessen.
•
Repräsentation: Eingehen von Mitgliedschaften in anderen Organisationen zur Vertretung der Interessen des Unternehmens (z.B. Verbände).
•
Öffentlichkeitsarbeit
(Public Relations): Zielorientierte Selbst-
darstellung des Unternehmens in der Öffentlichkeit.
3.
Die ökonomische Dimension der Nachhaltigkeit
Die ökonomische Dimension umfasst einerseits die Umsetzung
Ökonomische Dimension
gesellschaftlicher und ökologischer Anforderungen in unternehmerisches Handeln zur Erzielung von Wettbewerbsvorteilen auf den Märkten und andererseits die Möglichkeiten von Unternehmen, einen Beitrag zur Schaffung von Arbeitsplätzen, angemessenem Wohlstand und menschenwürdigen Lebensverhältnissen für alle Menschen dieser Welt zu leisten. Betriebliche Ziel- bzw. Effizienzkriterien (ökonomische Effizienz) sind die Beachtung der Wirtschaftlichkeit sowie eine sozial-ökologische Profilierung des Unternehmens durch Nutzung sozialökologisch bedingter Erfolgspotenziale.
Die ökonomische Effizienz drückt sich im Sinne der Nachhaltigkeit
Ökonomische Effizienz
in der Fähigkeit einer Unternehmung aus, Wertschöpfungspotenziale durch sozial-ökologisches Handeln auszuschöpfen und in Wettbewerbsvorteile umzusetzen.
Der von future e.V. entwickelte Nachhaltigkeits-Check enthält vier ökonomische Nachhaltigkeitskriterien (Braun 2000, S. 18f.): langfristige Unternehmenssicherung (6 Unterkriterien), Wertschöpfung und gerechte Verteilung (6 Unterkriterien),
Beispiel
22
Grundlagen zum Nachhaltigkeitskonzept
Bedürfnisorientierung (4 Unterkriterien), regionale/globale Verantwortung (4 Unterkriterien) (Braun 2000, S. 21).
Gravierende Umweltprobleme (z.B. Verknappung wichtiger Rohstoffe, globale Erderwärmung), Lebensmittelskandale (z.B. BSE und MKS) sowie ein international hohes Umwelt- und Gesundheitsbewusstsein in der Öffentlichkeit bieten sowohl Marktchancen betroffener Unternehmen als auch Risiken. So entstehen einerseits für innovative Unternehmen Wettbewerbsvorteile und neue Märkte für nachhaltige Güter und Leistungen (Nachhaltigkeits-Pull: der Markt als Treiberfaktor der Nachhaltigkeit) und andererseits üben Politik und gesellschaftliche Anspruchsgruppen (z.B. Umweltschutzgesetze, Verbraucherschutz) sowie die Öffentlichkeit (z.B. Medien) dann Druck aus, wenn der Markt versagt, und erzwingen nachhaltige Aktivitäten im Unternehmen (NachhaltigkeitsPush: rechtliche und soziale Normen als Treiberfaktoren der Nachhaltigkeit) (vgl. Abb. 4). Umweltprobleme
Politik
Straf- Haftung/ Höhere Kosten- Kooperati- WettNeue recht Kauftechn. wirkonen/ bewerbs- Märkte same Re utatlon boykotts s t a n " P vordards Auflagen und teile Image
beeinflussen den Handlungsspielraum der Unternehmen
Abb. 4: Nachhaltigkeit im Spannungsfeld zwischen Markt, Gesellschaft und Politik (Quelle: in Anlehnung an Wagner 1997, S. 16; eigene Ergänzungen)
Dimensionen der Nachhaltigkeit
23
4. Initiativen, Konzepte und Standards der Nachhaltigkeit Die Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt" des 13. Deutschen Bundestages (1998) formuliert als ökonomische Zielsetzung „Bedingungen zu schaffen und zu erhalten, die ein möglichst gutes Versorgungsniveau hervorbringen können". Als weitere, untergeordnete gesamtwirtschaftliche Ziele werden die Sicherung der Wettbewerbs- und Marktfunktion, Erreichen eines hohen Beschäftigungsstandes, Preisniveaustabilität, außenwirtschaftliches Gleichgewicht und ein stetiges und angemessenes Wirtschaftswachstum genannt (Braun 2000, S. 5). Zu den von der Enquete-Kommission vorgeschlagenen sozialen Zielsetzungen gehören u.a. individuelle Freiheit, soziale Sicherheit, Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse, Sicherstellung der Gesundheit, sowie Bildungs- und Ausbildungschancen (Braun 2000, S. 6). ökologische Zielsetzungen fordern u.a., dass die Abbaurate erneuerbarer Ressourcen deren Regenerationsrate nicht überschreiten darf, Stoffeinträge in die Umwelt sich an der Belastbarkeit der Umweltmedien orientieren soll und dass Gefahren und vertretbare Risiken für die menschliche Gesundheit durch anthropogene Einwirkungen zu vermeiden sind (Braun 2000, S. 6). Zur Förderung einer nachhaltigen Unternehmensführung existiert mittlerweile neben den rechtlich bindenden politischen Vorgaben der jeweiligen Nationalstaaten (z.B. nationale Umweltgesetze, Mitbestimmungsgesetze) eine Anzahl von freiwilligen internationalen Vereinbarungen, die als Ziele, Richtlinien oder Standards C.Codes of Conduct") konkretisieren, was nachhaltiges Verhalten im Unternehmen bedeutet (vgl. Dresewski 2002). Solche Vereinbarungen gibt es auf zwischenstaatlicher und auf nichtstaatlicher Ebene (vgl. Abb. 5).
Global Compact: Hierbei handelt es sich um eine weltweite Initiative für mehr sozial und ökologisch verantwortungsbewusstes Ma-
Global Compact
24
Grundlagen zum Nachhaltigkeitskonzept
nagement (corporate responsibility),
die 1999 beim Weltwirt-
schaftsforum in Davos vom Generalsekretär der Vereinten Nationen, Kofi Annan, initiiert wurde. Ziel dieses freiwilligen Netzwerkes ist es, verantwortungsbewusstes Verhalten von Unternehmen weltweit zu fördern und Kooperationen mit Anspruchsgruppen (key 8ίβΙ