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German Pages 82 [88] Year 1959
DEUTSCHE AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN INSTITUT FÜR ORIENTFORSCHUNG VERÖFFENTLICHUNG NR. 35
INGE-LORE KLUGE
MIYOSHI
KIYOYUKI
sein Leben und seine Zeit
AKADEMIE-VERLAG • BERLIN 1958
Erschienen Im Akademie-Verlag GmbH, Berlin W 8, MobrenetraBe 39 Lizenz-Nr. 202 • 100/446/58 Satz, Druck und Bindung: IV/2/14 VEB-Werkdruck Gräfenbainichen - 715 Bestell- und Verlagsnummer: 2013/35 Printed in Germany
Inhalt Einleitung
6 1. T e i l : Die Zeit des Miyoshi Kiyoyuki
I. Die kulturelle Entwicklung a) Die Erweiterung der Gesetzgebung . . . . b) Der Abschluß der offiziellen Geschichtsschreibung . c) Der vorherrschende Einfluß des Konfuzianismus . . . d) Die Neubelebung des religiösen Lebens im 9. J a h r h u n d e r t e) Die Anfänge der nationalen Literatur
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I I . Der Beginn des Verfalls der staatlichen und wirtschaftlichen Ordnimg a) Die Wandlung der gesellschaftlichen Struktur und der Aufstieg der Fujiwara-Familie b) Das Entstehen neuer Ämter c) Die zunehmende Unabhängigkeit der Provinzialregierung . d) Der Niedergang des Händen-Systems e) Die Entwicklung des steuerfreien Großgrundbesitzes I I I . Die Reformversuohe der Kwampyö- u n d Engi-Ära a) Die Reformbewegungen unter U d a Tennö . . b) Die Pläne Fujiwara Tokihiras . . . c) Die Zeit Daigo Tennös .
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2. T e i l : Miyoshi Kiyoyuki I. Lebenslauf
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I I . Die Denkschrift des Miyoshi Kiyoyuki aus dem 14. J a h r der Ära Engi
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3. T e i l : Übersetzung Die Denkschrift in 12 Artikeln des Staatsrates Kiyoyuki Ason Literaturverzeichnis Personen- u n d Sachregister . .
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Einleitung In der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts beginnen in Japan die starken Impulse der Reformbewegungen des 7. und 8. Jahrhunderts abzuklingen. Nach außen tritt dies dadurch in Erscheinung, daß die außenpolitische Wirksamkeit schwächer wird, bis sie am Ende des Jahrhunderts vollständig aufhört. Im Innern zeigen sich nach jener Zeit großer Schöpfungen auf staatlichem Gebiet die ersten Ermüdungserscheinungen. In dieser Atmosphäre erreicht die höfische Kultur in Japan ihre höchste Blüte und verleiht der Epoche unsterblichen Glanz. Als Höhepunkt dieser Entwicklung gilt die Engi-Ära, die Regierungszeit des Daigo Tennö. Ihn hat die japanische Überlieferung mit allen Eigenschaften eines idealen Herrschers ausgestattet, der weise, gerecht und von seinen Untertanen verehrt sein Land regiert. Das gleichzeitige Auftreten berühmter Gelehrter an seinem Hof hat die Wertschätzung seiner Regierungszeit noch erhöht. Dazu kommt, daß durch eine letzte umfangreiche Kodifizierung von Gesetzen, den Engi-shiki und Engi-kyaku, noch einmal der Versuch unternommen wurde, die staatliche Ordnung nach dem Muster des chinesischen Beamtenstaates zu festigen. So beherrscht dieser äußerliche Glanz die Darstellungen dieser Zeit in vielen japanischen und europäischen Geschichtswerken. Daneben wird von der historischen Forschung den Machtkämpfen und Intrigen der höfischen Parteien breiter Raum gewidmet. Das Ringen der Fujiwara um die Vormachtstellung im Staate, der Aufstieg und Sturz Sugawara Michizanes haben das Interesse in Anspruch genommen. Schon in diesen Darstellungen zeichnet sich ein anderes Gesicht dieser Epoche ab, das bei eingehender Betrachtung des staatlichen, wirtschaftlichen und sozialen Lebens an Klarheit gewinnt. Dabei zeigt sich, daß hinter der glanzvollen kulturellen Fassade Zeichen des Verfalls sichtbar werden, die auf eine Umwandlung und Auflösung des höfischen Beamtenstaates hinweisen. Im ersten Teil dieser Arbeit soll versucht werden, den Beginn dieser Übergangszeit zu schildern. Dabei ist das Hauptgewicht auf die Darstellung der Struktur des Staats- und Gesellschaftskörpers, der Wirksamkeit seiner Organe und der Ursachen und des Verlaufs der Umbildungen gelegt. Neue Ämter entstanden im 9. Jahrhundert außerhalb der eigentlichen Behördenorganisation, die die Befugnisse der nach chinesischem Vorbild geschaffenen acht Ministerien an sich zogen, bis diese in völlige Bedeutungslosigkeit versanken. Diese Entwicklung wurde vor allem dadurch notwendig, daß in Japan eine breite, gebildete Schicht fehlte, die in China der Träger der staatlichen Verwaltung war. Zwar hatte man nach chinesischem Vorbild eine Zentraluniversität mit einem vielfach gestuften Prüfungssystem geschaffen, aber nur selten gelangte ein Kandidat ohne den Rückhalt einer mächtigen Familie in eine verantwortliche Stellung. Das in Japan fest verwurzelte aristokratische Prinzip sicherte den mächtigen Familien die hohen Staatsämter als erbliche Sonderstellungen. Noch weniger als im Bereich der Hauptstadt war es in den Provinzen gelungen, dem chinesischen Vorbild nachzueifern und eine zentrale Verwaltung ins Leben zu rufen. Hier stand die neue Ordnung nur auf dem Papier, und der Landadel, der in Japan die fehlenden Kräfte für die Behörden in den Provinzen ersetzen mußte, nutzte diese Stellung aus, um seine Unabhängigkeit auszubauen und sich auf Kosten des Staates zu bereichern.
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Bei der Betrachtung der wirtschaftlichen Entwicklung wird auf das Anwachsen des steuerfreien Großgrundbesitzes näher eingegangen. Das mit der Verstaatlichung des Landbesitzes verbundene Steuersystem war eine der wichtigsten Einnahmequellen des Staates. Mit dem Zusammenbruch dieses Systems verlor die Zentralverwaltung die Möglichkeit, ihre Aufgaben zu erfüllen. Dadurch entstand ein Vakuum, das den Kräften des aufstrebenden Landadels Raum bot, die Macht an sich zu reißen. Die Schlüsselfigur und der Repräsentant dieses ausklagenden Zeitalters des Hofadels ist der gelehrte Beamte, wie er von Miyoshi Kiyoyuki1) verkörpert wird. Sein Lebensgang und sein Werk sind beispielhaft für die Angehörigen dieses Kreises, die noch auf allen Gebieten die führende Rolle spielten, aber in ihrer überfeinerten Lebensauffassung schon deutliche Anzeichen einer Dekadenz zeigten. Auch Miyoshi Kiyoyuki verdankte seinen Aufstieg in die hohen Staatsämter mehr seiner umfassenden Bildung als seinen Erfolgen in den Regierungsgeschäften. So sind seine Denkschriften und politischen Betrachtungen auch in erster Linie formvollendete literarische Kunstwerke, in denen er seine Kenntnisse wirkungsvoll zur Geltung bringt. Obwohl er viele Mißstände klar erkennt, sind seine Vorschläge zu deren Behebung mehr akademische Betrachtungen als Wege, um die Übel praktisch abzustellen. Die Kraft und Energie, um das Steuer herumzureißen und eine neue Entwicklung einzuleiten, waren ihm nicht gegeben. Darin blieb er ein Gefangener seiner Zeit. Kiyoyukis wichtigstes Werk, die Denkschrift aus dem Jahr 914, wird im dritten Teil der Arbeit als Übersetzung beigefügt. Die Übersetzung ist nach einem kommentierten japanischen Text, der im Nihon-seishin-bunkwa-taikei veröffentlicht ist, angefertigt. Der chinesische Text wurde zum Vergleich herangezogen. In der Abteilung der vorher genannten Sammlung, die den Titel „Staatskunst" trägt, steht die Denkschrift an erster Stelle, ein Beweis, wie hoch ihre Bedeutung von den Japanern geschätzt wird. Japanische und europäische Historiker, wie K U R O I T A und B R I N K L E Y , haben schon früher die Denkschrift als Beweis dafür herangezogen, daß in der Engi-Zeit der Höhepunkt der politischen Kraft des Hofadels bereits überschritten war. Als die Japaner nach dem Kriege darangingen, ein Geschichtsbild zu formen, das frei von der Glorifizierung der Überlieferung ist, ist der Quellenwert dieser Denkschrift verständlicherweise noch gestiegen. So geht der japanische Historiker T S U J I in seiner „Kulturgeschichte Japans" besonders ausführlich auf die einzelnen Artikel der Denkschrift ein. Das Material für den Abschnitt seines Werkes „Die Kehrseite der Kultur der HeianZeit" schöpft er fast ausschließlich aus Kiyoyukis Denkschrift. Diese Arbeit, die als Dissertation der Philosophischen Fakultät der Humboldt-Universität Berlin vorgelegen hat, verdankt ihre Entstehung einer Anregung meines Lehrers Herrn Professor Dr. R A M M I N G , dem ich dafür und für sein immer waches Interesse an ihrer Fortführung zu großem Dank verpflichtet bin. Herrn Professor Dr. Z A C H E B T danke ich für viele Anregungen und bereitwillige Hilfe bei der Durchsicht der Arbeit. In den Dank sei das Institut für Orientforschung der Deutschen Akademie der Wissenschaften eingeschlossen, das die Drucklegung ermöglichte. 1 ) In neuerer Zeit bevorzugt man diese Lesung des Namens. Daijimmei-jiten. Tokyo 1037—1941. Die ältere Lesung lautete Kiyotsura. Dainihon-jimmei-jisho. 3. Auflage. Tokyo 1890.
1. T E I L
D I E ZEIT D E S MIYOSHI KIYOYUKI
I. Die kulturelle Entwicklung Den Schlüssel zum Verständnis dieser Epoche findet man in der Tatsache, daß die Kultur das alles beherrschende Element dieser Zeit war. Ihre Eigentümlichkeit bestand darin, daß sie eine fremde Kultur war, die das ganze Wesen des Volkes so intensiv durchdrungen hatte. Es gibt kaum ein anderes Beispiel in der Geschichte, daß ein Volk sich die überlegene Kultur eines anderen freiwillig in so hohem Maße zu eigen gemacht hat. Da die Übernahme der Kultur jedoch eine staatliche Angelegenheit gewesen war, blühte sie nur in der Hauptstadt und deren Umgebung und in den buddhistischen Klöstern, deren Mönche ihre ersten Künder gewesen waren. Obwohl man die allgemeine Richtung der Politik der Nara-Zeit, die die Übernahme der bewunderten Festlandskultur zum Ziele hatte, beibehielt, zeigte sich in der HeianZeit, daß sich die Haltung gegenüber den Zielen dieser Übernahme gewandelt hatte. In der Nara-Zeit war der Staat der Führende bei der Übernahme der fremden Einrichtungen gewesen. Die Gesetze der Reformen des 7. und 8. Jahrhunderts, die Einführung des Münzwesens und der Beginn der offiziellen Geschichtsschreibung sind Zeugen dieser Entwicklung. Selbst der Buddhismus war ursprünglich ein Verbündeter des Staates im Kampf gegen die Clanherrschaft gewesen und erst später zu einer nach Macht strebenden Kirche und zu einem Fremdkörper im Staate geworden. So war der eigentliche Kulturträger dieser Zeit der Staat, und die Angehörigen der kaiserlichen Familie und der führenden Geschlechter hatten in erster Linie an das Wohl des Staates gedacht, als sie dem chinesischen Einfluß den Weg bahnten. Im 9. Jahrhundert jedoch sah man das Ideal des Staates nicht mehr in der Ausweitung seiner Macht, in der Stärkung der kaiserlichen Gewalt und in der Sorge um das Wohl des Volkes, sondern ein weit weniger politisches Staatsideal gewann Oberhand. Man ersehnte den Kulturstaat nach chinesischem Muster, dessen wichtigste Aufgabe die Förderung der Bildung des Einzelnen, der Literatur, Wissenschaft und Kunst sein sollte. Der Grund für diese Wandlung ist darin zu suchen, daß man einerseits den Verfall der staatlichen Macht des T'ang-Reiches seit dem Aufstand des An Lu-shan (755) vor Augen hatte, jedoch gleichzeitig sah, daß die Kultur zu einem bis dahin nicht erreichten Höhepunkt gelangt war. Damit war die Kultur Selbstzweck geworden und war in ein Stadium ihrer Entwicklung getreten, in dem die Anzeichen der Überreife erkennbar wurden. Wesentlich Neues konnte sie nicht mehr hervorbringen, sondern nur das weiterbauen und vollenden, was bereits im 8. Jahrhundert begonnen war. Das Streben, dem bisher Geschaffenen eine feste Form zu geben, trat in den Vordergrund. Das führte dazu, daß man die Form schließlich höher schätzte als den Gehalt. Daneben zeigten sich die ersten Ansätze, die fremde Kultur und Kunst dem japanischen Wesen anzugleichen, sie zu assimilieren und von ihr befruchtet, einen eigenen Stil zu finden. a) Die Erweiterung der Gesetzgebung Waren bisher von den vier Bestandteilen des chinesischen Rechtes, den ritsu (chin. lü, Strafgesetze), den ryö (chin. ling, Gebote, bürgerliches Recht, Verwaltungs- und Staatsrecht), den kyaku (chin. ko, Statuten, allgemeine Ergänzungsvorschriften) und den ahiki (chin. shi, Regulative, Ausführungsbestimmungen), nur die beiden ersteren, die ritsu und ryö, in umfang-
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reichen Sammlungen herausgegeben, so begann man jetzt, auch shiki und kyaku zusammenzustellen. Saga Tennö beauftragte zuerst Fujiwara Fuyutsugu mit ihrer Sammlung. Diese wurde im 11. Jahr der Ära Könin (820) veröffentlicht und nach dem Nengö Könin-kyaku und Könin-shiki genannt. Die kyaku umfaßten 10, die shiki 40 Bände. Unter Seiwa Tennö wurden im 11. Jahr der Ära Jögwan (869) eine Zusammenstellung von kyaku und im 13. Jahr derselben Ära (871) eine von shiki, die zusammen 32 Bände umfaßten, vollendet. Sie wurden nach dem Nengö, in dem sie erschienen waren, Jögwan-kyaku und Jögwan-shiki genannt. Daigo Tennö befahl Fujiwara Tokihira, zum drittenmal kyaku und shiki zu sammeln und herauszugeben. Im 7. Jahr der Ära Engi (907) wurden die kyaku vollendet, während die Sammlung der shiki erst im 4. Jahr der Ära Köhö (967) fertig wurde. Als Engi-kyaku und Engi-shiki sind beide überliefert. Sie sind mit 62 Bänden das umfangreichste Werk dieser Art. Da die Sammlungen nach Form und Gehalt eine Einheit bilden, nennt man sie auch mit einem gemeinsamen Namen Sandai-kyaku-shiki. Neben der Neuherausgabe befaßte man sich auch mit dem Studium der bereits veröffentlichten ritsu und ryö. Das Ryö no gige in 10 Bänden des Kiyohara Natsuno, das 833 vollendet wurde, und das R y ö no shüge des Koremune Naomoto, das 30 Bände umfaßte und 880 fertiggestellt wurde, sind Ergebnisse dieser Tätigkeit.
b) D e r A b s c h l u ß der o f f i z i e l l e n G e s c h i c h t s s c h r e i b u n g Auch die Zusammenstellung der überlieferten Geschichte des Landes nach chinesischem Muster wurde weitergeführt. Im 16. Jahr der Ära Enryaku (797) wurde Kwammu Tennö eine Sammlung überreicht, die den Namen Shoku-Nihongi erhielt und in 40 Bänden die Ereignisse von der Thronbesteigung des Mommu Tennö an bis zum 10. Jahr der Ära Enryaku zusammenfaßt. Das Nihon-köki, in 40 Bänden die Zeit vom 11. Jahr der Ära Enryaku bis zum 10. Jahr der Ära Tenchö umfassend, wurde im 7. Jahr der Shöwa-Ära (840) vollendet. Das Shoku-Nihon-köki in 20 Bänden, vom 10. Jahr der Ära Tenchö bis zum 3. Jahr der Ära Kashö reichend, wurde im 11. Jahr der Jögwan-Ära zusammengestellt (869). Die Montokujitsuroku, in 10 Bänden die Ereignisse vom 3. Jahr der Ära Kashö bis zum 2. Jahr der Ära Tenan schildernd, wurden im 3. Jahr der Ära Gangyo (879) vollendet. Den Abschluß bildeten die Sandai-jitsuroku, die in 50 Bänden die Zeit vom 2. Jahr der Tenan-Ära bis zum 3. Jahr der Ära Ninwa (Ninna), nämlich die Regierungszeit der drei Tennö Seiwa, Yözei und Kökö, beschreiben. Im 1. Jahr der Engi-Ära waren sie fertig. Im Vorwort der Sammlung werden Fujiwara Tokihira und Ökura Yoshiyuki als Verfasser genannt. Nach der Überlieferung soll auch Sugawara Michizane an dem Werk mitgearbeitet haben. Mit dem Nihon-shoki zusammen bildeten diese fünf Werke die Rikkokushi, die sechs Reichsannalen. Sie waren in chinesischer Sprache jeweils von einer Gruppe hervorragender Gelehrter abgefaßt. Das Vorbild für die Anordnung des Stoffes bildeten die Frühlings- und Herbst-Annalen des K'ung-tse, die Chronik des Staates Lu. Während noch das letzte dieser Werke im Entstehen war, verfaßte Sugawara Michizane in einem mehr als 200bändigen Werk, Ruijü-kokushi, eine nach Kategorien geordnete Überarbeitung des Stoffes der sechs Reichsannalen. Das Werk Michizanes lenkt den Blick auf die anfangs als Auszug oder Ergänzung zu den Reichsannalen verfaßten Werke von privater Seite, die im 9. Jahrhundert entstanden. In ihnen traten des Individualistische und Subjektive allmählich in den Vordergrund gegenüber dem Allgemeinen und Objektiven. Aus diesen Werken haben sich die Formen der Geschichtsschreibung der folgenden Zeit entwickelt, die nicht mehr eine Chronik des Staates sein sollten, sondern deren Ziel es war, den Glanz und die Macht einer Familie oder eines Klosters zu schildern. Mit den Sandai-jitsuroku hört die offizielle Geschichtsschreibung auf.
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Durch die Zusammenstellung der Reichsannalen erwachte auch das Interesse an den Stammbäumen der adligen Familien. Am Anfang des 9. Jahrhunderts ließ Saga Tennö von dem Prinzen Mata im Shinsen-shöjiroku die Stammbäume von 1182 Familien aufzeichnen. c) Der vorherrschende E i n f l u ß des K o n f u z i a n i s m u s Bereits Kwammu Tennö, in der konfuzianisch bestimmten Daigaku erzogen, hatte reiche Stiftungen zur Förderung chinesischer und konfuzianischer Studien gemacht. Dabei wurde auf die historische und politische Seite des Konfuzianismus mehr Wert gelegt als auf die ethische und philosophische. Eine große Bolle spielte die orthodoxe Auslegung der Texte. Die Kommentare zu den chinesischen Klassikern waren durch Gesetze festgelegt. Sie waren meist diejenigen, die man in der Han-Zeit in China benutzt hatte. Eine Besonderheit der chinesischen Studien in Japan war die Spezialisierung einzelner Familien auf bestimmte Werke. So war das Studium des Buches der Riten die Domäne der Familie Mifune, und die Yamaguchi waren maßgebend für die Interpretation der Frühlings- und Herbst-Annalen. Die großen Adelsgeschlechter gründeten im Rahmen der Daigaku eigene Institute für ihre Söhne und diejenigen ihrer Anhänger. Der Sohn Wake Kiyomaros, Hiroyo, errichtete 799 nach dem letzten Willen seines Vaters das Köbunin, Fujiwara Fuyutsugu 821 das Kwangakuin, die Gemahlin Saga Tennös, Danrin Kögö (Tachibana Kachiko), das Gakkwanin für die Söhne der Tachibana-Familie, Ariwara Yukihira das Shögakuin. Seit der Jögwan-Ära gewann durch das Wirken des Sugawara Kiyokimi und seines Sohnes Koreyoshi die Schule dieser Familie eine hervorragende Stellung. Sie entstand aus dem Bunshöin der Daigaku, von dem sie auf Bitten des Kiyokimi und des öe Otondo Name und Gebäude übernehmen konnte. Neben diesen Instituten der adligen Familien schuf Kükai mit Hilfe von Fujiwara Tadamori in dem Sögeishuchiin die erste Schule, zu der auch die unteren Klassen des Volkes Zugang hatten. Der Lehrplan umfaßte dieselben Fächer wie der der chinesischen Bildungsanstalten zur Zeit der T'ang-Dynastie: Klassiker, Recht, Mathematik. Daneben wurde die Kunst der Abfassung chinesischer Essays und Gedichte zu dem wichtigsten Bestandteil der Bildung. Gelehrte Diskussionen wurden Brauch. Die Kaiser selbst wollten Kenner der chinesischen Literatur sein und traten als Verfasser chinesischer Gedichte und Essays hervor. Die Professoren, die diesem Lehrfach vorstanden, Monjöhakase, genossen bald höheres Ansehen als die Professoren der Klassik, Myögyöhakase, und der Jurisprudenz, Myöhöhakase, und wurden 821 vom 7. zum 5. Rang befördert. Jeder strebte danach, ein Dichter zu sein. Es gab kein Fest am Hof ohne dichterische Betätigung. Besonders beliebt war ein Vergnügen, bekannt als „Bankett an einem sich dahinschlängelnden Wasser", bei dem die Gäste an einem Fluß oder künstlichen Rinnsal im Garten saßen, auf dem man einen Becher Wein schwimmen ließ. Jeder, an dem der Becher vorbeikam, mußte ihn ergreifen, einen Schluck trinken, ein selbstverfaßtes Gedicht vortragen und den Becher zum nächsten schwimmen lassen. Mehrere durch feierlichen kaiserlichen Erlaß veranlaßte Sammlungen chinesischer Gedichte, Chokusenshü, zeugen von ihrer Wertschätzung in jener Zeit. So wurden unter Saga Tennö die Gedichte der Enryaku- und Könin-Ära gesammelt und in zwei Werken herausgegeben: Ryöunshü, Über die Wolken erhabene Sammlung, und Bunkwashüreishü, Sammlung der vortrefflichsten Literaturblumen. Junna Tennö ließ die Keikokushü, Reichsregierungssammlung, zusammenstellen. Auf seinen Befehl wurde auch von Shigeno Sadanushi und anderen ein umfangreiches Werk in 100 Bänden, Hifuryaku, zum Studium der chinesischen Literatur, besonders historischen und politischen Inhalts, verfaßt. In der Prosa liebte man einen prunkvollen Stil, dem mechanisches Aneinanderreihen von 4 und 6 Silben eine gequälte Künstlichkeit gab, und der nach chinesischer Art
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mit Zitaten, Parallelismen und Antithesen überlastet war (Shiroku-henrei-Stil). Als vorbildlich für diese Kunst galten das Wen-hsüan, eine von einem chinesischen Prinzen um 530 zusammengestellte Sammlung chinesischer Literatur, und die Werke der Dichter Po Chü-i, in Japan als Haku Rakuten bekannt (772—846), und Han Yü (768—824). Auch Frauen haben bei der Abfassung chinesischer Poesie und Prosa bereits eine Rolle gespielt und damit den Grund gelegt, auf dem die Werke einer Murasaki Shikibu und einer Sei Shönagon wachsen konnten. Bei der Neigung der Japaner zu Aberglauben und okkulten Weissagungen mußten auch die Seiten der chinesischen Wissenschaft, die sich mit Astrologie und Exorzismus beschäftigten, große Anziehungskraft ausüben. Den größten Einfluß gewann das Studium des Onyödö, des Weges des Yin und Yang, der regressiven und aktiven Kraft, welche durch ihre Wirksamkeit auf die fünf Elemente alle Erscheinungen hervorrufen sollen. Bildete diese älteste Weltbetrachtung in China zuerst die Grundlage für Astronomie und Kalenderwissenschaft, so entartete sie bald zu einer Pseudowissenschaft. Die Japaner schöpften aus ihr eine neue Methode der Weissagung, als die Kraft dieser Gedanken in China bereits im Schwinden war. In der Heian-Periode wurde ein besonderes Büro für das Studium dieser Lehre geschaffen, dessen Aufgabe es war, astronomische Beobachtungen zu machen, besondere Ereignisse vorherzusagen, über die Einwirkung böser Geister zu berichten, die Mittel zur Beruhigung und Versöhnung von Dämonen und von rachedurstigen Geistern zu ersinnen, glückbringende Tage für Reisen und Feste festzusetzen und günstige Stellen zur Errichtung von Gebäuden zu finden. Bis 950 gab es keine Trennung zwischen Divination und Astronomie. Danach wurde das Amt geteilt, und das Büro für Onyödö befaßte sich nur noch mit Divination. Man strebte nach der höchsten Tugend des Konfuzianismus, der kindlichen Pietät. So nannte sich der regierende Kaiser dem abgedankten kaiserlichen Vater gegenüber Untertan (Shin), und Nimmyö Tennö unterwarf sich den Regeln, die für den Besuch eines Untertanen am Hofe vorgeschrieben waren, als er seine Mutter besuchte. Die Forderungen der kindlichen Pietät haben neben anderen Faktoren dazu beigetragen, daß die wirkliche Regierungsgewalt immer häufiger in die Hände des Exkaisers geriet. Daß sie für den Aufstieg der FujiwaraFamilie eine besondere Rolle gespielt haben, wird später gezeigt werden. Auch chinesische Musik wurde am Hofe gepflegt. Besonders unter der Regierung des Nimmyö Tennö, der selbst Melodien komponierte, blühten Musik- und Tanzweisen des T'angHofes. Die Pflege dieser Künste gehörte zur Ausbildung eines vollendeten Hofmannes in jener Zeit. d) Die Neubelebung des religiösen Lebens im 9. J a h r h u n d e r t Der Buddhismus hatte im Anfang des 9. Jahrhunderts durch das Wirken von Saichö und Kükai einen neuen Aufschwung genommen, ohne die politische Macht der Nara-Zeit wiedererlangt zu haben. Bei der Verlegung der Hauptstadt war ein Grund für diese Maßnahme der Wunsch gewesen, der Einmischung der buddhistischen Klöster in die Politik zu entgehen. Mit einschränkenden Bestimmungen über die Zahl der neueintretenden Priester, über die Errichtung von Tempeln und Schenkungen von Land versuchte Kwammu Tennö, die Macht des Buddhismus in Schranken zu halten. Den beiden neuen Sekten, der Tendai-Sekte des Saichö und der Shingon-Sekte des Kükai, gestattete er, in nächster Umgebung der neuen Hauptstadt ihre Mittelpunkte zu errichten. So schuf sich dieser Kaiser ein Gegengewicht gegen die mächtigen Sekten in der alten Hauptstadt. Die Lehre der Tendai-Sekte gründete sich auf die chinesische T'ien-t'ai-tsung, die ihre Blütezeit unter der Herrschaft der SuiDynastie hatte. Die Shingon-Sekte war aus der Mi-tsung entstanden, die in China keine große Rolle gespielt hat.
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Obwohl die beiden neuen Sekten ihre Vorbilder ebenfalls aus China nach Japan gebracht hatten, unterschieden sie sich sehr von den alten Sekten in Nara. Die Lehren der NaraSekten wichen nur wenig von ihren chinesischen Vorbildern ab, dagegen zeigen Tendai- und Shingon-Sekte eine starke eigene Entwicklung. Im Unterschied zu den Nara-Sekten, die fast ausschließlich auf der Lehre des Hinayäna-Buddhismus fußten und eine für das Verständnis weiterer Kreise wenig geeignete Lehre hatten, stützten sich die neuen Sekten auf daB Mahäyäna des Nordbuddhismus, das mit seinem Pantheon von Buddhas und Bodhisattvas Raum für viele Vorstellungen bot. Durch die neuen Sekten gewann das religiöse Leben an Breite und Tiefe. Besonders aus der Tendai-Sekte erwuchsen die meisten Sekten des späteren Buddhismus in Japan. Die Shingon-Sekte legte den Grund zu dem Ryöbu-Buddhismus, der die heimischen Gottheiten als zweite Inkarnation der Buddhas ansah, daher Ryöbu = zweierlei Gestalt. Auch der Shintö-Kult profitierte von dem neuerwachten religiösen Leben und übernahm sogar einige Züge aus dem Buddhismus. Bisher waren Bilder in Shintö-Tempeln unbekannt. Im Engi-shiki wird aber berichtet, daß nach 900 mehrere 1000 Bilder an Shintö-Tempel verteilt wurden. Auch von buddhistischer Architektur übernahm der Schrein manche Züge. Daneben fehlte es aber nicht an Bemühungen, den Shintö-Kult rein zu erhalten. Es blieb den Bonzen verboten, den Schrein von Ise zu besuchen und an den Zeremonien des Dajöe1) teilzunehmen. Auch mußten sich die buddhistischen Tempel in der Zeit des Dajöe verschiedene Beschränkungen auferlegen. e) Die Anfänge der nationalen Literatur Am Anfang des 9. Jahrhunderts hatte die chinesische Literatur auf japanischem Boden ihren Höhepunkt erreicht. In der Jögwan- und Kwampyö-Ära begann die nationale Literatur, neue Knospen zu treiben. Voraussetzung auf sprachlichem Gebiet für diesen neuen Aufschwung war, daß der Gebrauch der aus chinesischen Zeichen entwickelten Silbenschrift das Niederschreiben in japanischer Sprache erleichterte. Das Auftreten der sechs Dichterfürsten, Rokkasen, mit Ariwara Narihira, dem Bischof Henjö und der Hofdame Ono Komachi an der Spitze, leitete eine neue Blütezeit besonders der japanischen Lyrik ein, in deren Mittelpunkt das Tanka, das 31silbige Kurzgedicht, stand. 905 begann Ki no Tsurayuki auf Befehl des Daigo Tennö, diese Tanka zu sammeln. Die 922 herausgegebene Sammlung Kokinwakashü, Sammlung japanischer Gedichte aus alter und neuer Zeit, leitete eine Folge von 20 Anthologien japanischer Gedichte ein, die im Laufe der Jahrhunderte veröffentlicht wurden. Neben der Poesie finden wir in dieser Zeit auch die Anfänge japanischer Prosa. Als erstes dieser Werke entstand um 900 das Taketori-monogatari. Neben den Monogatari bildeten die Tagebücher die wichtigste Form japanischer Prosa, deren erstes Werk das Tosa-nikki des Ki no Tsurayuki war. Die Heian-Kultur, so groß und edel sie war, hatte die breiten Massen des Volkes nicht erreicht. Zwar hatte es Versuche gegeben, die Bildung auch in das Volk zu tragen, wie die Errichtung des Sögeishuchiin des Mönches Kükai, aber von einer planmäßigen Gewinnung des Volkes für die Kultur war man weit entfernt. Eine Kluft zwischen den gebildeten Schichten und den ungebildeten brach auf, die das alte Japan nicht gekannt hatte. All das, was die Heian-Zeit gesohaffen hat, ist das Werk eines Hofadels, der sich immer mehr einer volksfremden und ästhetisierenden Lebensführung hingab. Wie die Etikette das äußere Leben am Hof bis in alle Einzelheiten regelte und schließlich erstarren ließ, so entfremdete die Vgl. S. 57, Anm. 6.
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Überschätzung von Bildung und Gelehrsamkeit in Verwaltung und Politik die Staatsgeschäfte ihren praktischen Erfordernissen. Der gelehrte Beamte verkörperte diese Entwicklung. Unter anderen Voraussetzungen war dieser Typ im China der Han-Zeit entstanden, als die Herrscher dieser Dynastie in ihnen eine zuverlässige Stütze für ihre Regierung suchten, die sie bei den nach Unabhängigkeit strebenden Eeudalfürsten nicht fanden. Zahlreich sind die berühmten Gelehrten am Hof von Kyoto in jener Zeit, die hohe Staatsbeamte waren. Sie glaubten, den ersehnten Kulturstaat verwirklichen zu können, indem sie Literatur und Ästhetik in die Staatsverwaltung trugen. Ihre Verordnungen mögen wertvolle literarische Kunstwerke gewesen sein, als Richtlinien für die Praxis waren sie weniger geeignet. Der lange äußere Friede trug jedoch wesentlich dazu bei, daß diese Kultur noch mehr als 200 Jahre blühen konnte, obgleich ihre staatlichen und wirtschaftlichen Grundlagen bereits zerbrochen waren.
I I . Der Beginn des Verfalls der staatlichen und wirtschaftlichen Grundlagen Die staatliche und wirtschaftliche Ordnung ruhte auf den Reformen des 7. und 8. Jahrhunderts, deren Ziel es gewesen war, aus dem losen Verband des Geschlechterstaates einen zentralisierten Beamtenstaat nach dem Vorbild des T'ang-Reiches zu schaffen. Dreifach ist die Ursache des Verfalls, der in der Mitte des 9. Jahrhunderts begann: politisch, sozial und wirtschaftlich. Die Hauptursache war vielleicht die soziale. Die Staatsordnung des T'ang-Reiches baute sich auf einer breiten gebildeten Schicht auf, zu der jeder Fähige Zutritt hatte, und aus der nach einem vielfach gestuften Prüfungssystem die Anwärter für die Beamtenstellen gewählt wurden. In Japan war die Bildung nur auf einen engen Kreis beschränkt, so daß die Basis fehlte, auf der ein Beamtenapparat, wie er den Schöpfern der großen Reformen vorgeschwebt hatte, errichtet werden konnte. Die Ämter wurden nach kurzer Zeit wieder erbliche Sonderstellungen einzelner Familien. Das japanische Familiensystem hatte das chinesische Verdienstsystem verdrängt. Politisch führte die zunehmende Auflösung des machtvollen T'ang-Reiches dazu, daß dessen staatliche Einrichtungen mehr und mehr in Mißkredit gerieten, und daß man sich schließlich bewußt von ihnen abwandte. Der Abbruch des offiziellen Verkehrs mit China um die Wende des 10. Jahrhunderts war der letzte Schritt auf diesem Wege. Der lebhafte kulturelle und wirtschaftliche Austausch von privater Seite dauerte fort. Auch hatte man im 9. Jahrhundert eine Anzahl neuer Ämter geschaffen, bei denen man das chinesische Vorbild so stark abwandelte, daß es einen ganz anderen Sinn bekam. Diese neuen Ämter führten bald zu einer erheblichen Machtverschiebung unter den einzelnen Organen, ohne daß die alten Behörden offiziell abgeschafft wurden. Der dritte Grund, wirtschaftlicher Natur, liegt darin, daß der Verfall des Landverteilungssystems, das Anwachsen des steuerfreien, privaten Großgrundbesitzes und die Zunahme der von den großen Grundbesitzern abhängigen Bevölkerung die Macht und den Einfluß der adligen Großen stärkten, während das Einkommen des Staates dadurch ständig herabgesetzt wurde, bis der gesamte Staatshaushalt in unheilbare Verwirrung geriet. a) Die Wandlung der gesellschaftlichen Struktur und der Aufstieg der Fujiwara-Familie Zum Beginn des hier betrachteten Zeitraumes zeigte die führende Schicht in der Hauptstadt ein Bild, das das Ergebnis eines 200jährigen Ringens der Fujiwara-Familie um die Vorherrschaft im Staate war. Den Mittelpunkt bildete das kaiserliche Haus. Ihm zunächst
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Überschätzung von Bildung und Gelehrsamkeit in Verwaltung und Politik die Staatsgeschäfte ihren praktischen Erfordernissen. Der gelehrte Beamte verkörperte diese Entwicklung. Unter anderen Voraussetzungen war dieser Typ im China der Han-Zeit entstanden, als die Herrscher dieser Dynastie in ihnen eine zuverlässige Stütze für ihre Regierung suchten, die sie bei den nach Unabhängigkeit strebenden Eeudalfürsten nicht fanden. Zahlreich sind die berühmten Gelehrten am Hof von Kyoto in jener Zeit, die hohe Staatsbeamte waren. Sie glaubten, den ersehnten Kulturstaat verwirklichen zu können, indem sie Literatur und Ästhetik in die Staatsverwaltung trugen. Ihre Verordnungen mögen wertvolle literarische Kunstwerke gewesen sein, als Richtlinien für die Praxis waren sie weniger geeignet. Der lange äußere Friede trug jedoch wesentlich dazu bei, daß diese Kultur noch mehr als 200 Jahre blühen konnte, obgleich ihre staatlichen und wirtschaftlichen Grundlagen bereits zerbrochen waren.
I I . Der Beginn des Verfalls der staatlichen und wirtschaftlichen Grundlagen Die staatliche und wirtschaftliche Ordnung ruhte auf den Reformen des 7. und 8. Jahrhunderts, deren Ziel es gewesen war, aus dem losen Verband des Geschlechterstaates einen zentralisierten Beamtenstaat nach dem Vorbild des T'ang-Reiches zu schaffen. Dreifach ist die Ursache des Verfalls, der in der Mitte des 9. Jahrhunderts begann: politisch, sozial und wirtschaftlich. Die Hauptursache war vielleicht die soziale. Die Staatsordnung des T'ang-Reiches baute sich auf einer breiten gebildeten Schicht auf, zu der jeder Fähige Zutritt hatte, und aus der nach einem vielfach gestuften Prüfungssystem die Anwärter für die Beamtenstellen gewählt wurden. In Japan war die Bildung nur auf einen engen Kreis beschränkt, so daß die Basis fehlte, auf der ein Beamtenapparat, wie er den Schöpfern der großen Reformen vorgeschwebt hatte, errichtet werden konnte. Die Ämter wurden nach kurzer Zeit wieder erbliche Sonderstellungen einzelner Familien. Das japanische Familiensystem hatte das chinesische Verdienstsystem verdrängt. Politisch führte die zunehmende Auflösung des machtvollen T'ang-Reiches dazu, daß dessen staatliche Einrichtungen mehr und mehr in Mißkredit gerieten, und daß man sich schließlich bewußt von ihnen abwandte. Der Abbruch des offiziellen Verkehrs mit China um die Wende des 10. Jahrhunderts war der letzte Schritt auf diesem Wege. Der lebhafte kulturelle und wirtschaftliche Austausch von privater Seite dauerte fort. Auch hatte man im 9. Jahrhundert eine Anzahl neuer Ämter geschaffen, bei denen man das chinesische Vorbild so stark abwandelte, daß es einen ganz anderen Sinn bekam. Diese neuen Ämter führten bald zu einer erheblichen Machtverschiebung unter den einzelnen Organen, ohne daß die alten Behörden offiziell abgeschafft wurden. Der dritte Grund, wirtschaftlicher Natur, liegt darin, daß der Verfall des Landverteilungssystems, das Anwachsen des steuerfreien, privaten Großgrundbesitzes und die Zunahme der von den großen Grundbesitzern abhängigen Bevölkerung die Macht und den Einfluß der adligen Großen stärkten, während das Einkommen des Staates dadurch ständig herabgesetzt wurde, bis der gesamte Staatshaushalt in unheilbare Verwirrung geriet. a) Die Wandlung der gesellschaftlichen Struktur und der Aufstieg der Fujiwara-Familie Zum Beginn des hier betrachteten Zeitraumes zeigte die führende Schicht in der Hauptstadt ein Bild, das das Ergebnis eines 200jährigen Ringens der Fujiwara-Familie um die Vorherrschaft im Staate war. Den Mittelpunkt bildete das kaiserliche Haus. Ihm zunächst
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standen die Fujiwara und die Minamoto, in enger Familienbeziehung untereinander und zu dem Herrscherhaus. Aus ihrer Mitte wurden die höchsten Beamten gewählt. Sie bildeten die Sekkwan no iegara. Der äußere Kreis bestand aus den Adelsfamilien, die entweder von den Fujiwara aus beherrschender Stellung gedrängt waren, wie die Tachibana und die ötomo, oder die von Anfang an weniger mächtig gewesen waren, wie die Abe, Miyoshi und Wake. Von der eigentlichen Führung des Staates ausgeschlossen, waren sie als Gelehrte, Künstler und Beamte die Hauptträger der Kultur. Auffallend Btark unter ihnen war das ausländische Element vertreten. Nach dem Shinsen-shöjiroku gehörte ein Drittel aller Adelsfamilien zu den Bambetsu, zu den Nachfahren naturalisierter Ausländer, hauptsächlich aus China oder Korea. Da das Volk keinen Teil an der Bildung hatte, war es auch ohne Einfluß auf die politische Entwicklung. Neben den Bauern und Handwerkern, die von der Möglichkeit, in die oberen Schichten aufzusteigen, nur in Ausnahmefällen Gebrauch machten, gab es auch Unfreie in öffentlichem und privatem Dienst, die in fünf Klassen eingeteilt waren. Aus ihnen hauptsächlich entstanden später die Heere der Kriegerkaste. Der Weg, den der Aufstieg der Fujiwara nahm, war von einem Grundzug begleitet, dem Bemühen um eine enge Familienbindung an das kaiserliche Haus. In zweiter Linie beruhte ihre Stärke, nachdem die Machtkämpfe der einzelnen Zweige ausgetragen waren, auf einem engen Zusammenhalt innerhalb der Familie. Groß ist die Ähnlichkeit der Politik der Fujiwara mit der der Soga, jener Familie, die in der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts alle Macht im Staate in ihre Hand gebracht hatte und für deren erfolgreiche Bekämpfung dem Ahnherrn, Nakatomi Kamatari, einst der Ehrenname Fujiwara verliehen worden war. Zunächst sah es nicht so aus, als ob das Werk Kamataris zu einer überragenden Machtstellung der Familie führen würde, denn die vier Söhne seines Erben Fubito starben innerhalb eines Jahres, und die Familie zerfiel in vier Zweige: das Hauptstadthaus — Kyöke, das Südhaus — Nanke, das Zeremonialhaus — Shikike und das Nordhaus — Hokke. Anfangs konnte keiner dieser vier Zweige eine dauernde Führung erringen. Das Hauptstadthaus hatte nur unter Maro (695—737) Bedeutung. Der südliche Zweig blühte unter Nakamaro, dem Sohn des vierten Sohnes von Fubito (706—764). Als Nakamaro mit seinen Söhnen hingerichtet wurde, hatten sein Bruder und seine Verwandten den gleichen Anteil zu seinem Sturz beigetragen wie der Mönch Dökyö. Das Zeremonialhaus, das diesen Namen trug, da sein Begründer Umakai, Zeremonialminister — Shikibukyö — gewesen war, wird von Yoshitsugu und Momogawa vertreten. Sie brachten Könin Tennö auf den Thron und machten den Prinzen Yamabe, den späteren Kwammu Tennö, zum Kaiser. Sie versuchten ihre Stellung dadurch zu festigen, daß sie ihre Töchter Kwammu Tennö zu Frauen gaben. So wurden Otomuro» die Tochter Yoshitsugus, die Mutter der Tennö Saga und Heizei und Tabiko die Mutter Junna Tennös. Jedoch war Kwammu Tennö kein Herrscher, der durch weibliche Einflüsse zu leiten war. Vorübergehend gewann Tanetsugu, ein Neffe Yoshitsugus und Momogawas, Macht am Hofe. Die Verlegung der Hauptstadt nach Nagaoka soll auf seinen Vorschlag zurückzuführen sein. Nach seinem Tode schien es, als ob seine Familie unter dem Nachfolger Kwammu Tennös, Heizei Tennö, zu einer gewissen Vormachtstellung gelangen sollte, alsKusuriko, eine Tochter Tanetsugus, den Tennö vollständig beherrschte. Es paßte der ehrgeizigen Konkubine gar nicht, daß Heizei Tennö abgedankt hatte, und es gelang ihr mit Unterstützung ihres Bruders Nakanari, den Tennö zu veranlassen, den Thron zurückzufordern. Das Komplott, Kusuriko no ran, wurde von Saga Tennö mit Hilfe des nördlichen Zweiges der Familie niedergeschlagen. Nakanari wurde hingerichtet, Kusuriko nahm Gift. Damit endete der vorherrschende Einfluß des Zeremonialhauses. Inzwischen war die Bedeutung des Nordhauses gewachsen. Nach arbeitsreichem und verdienstvollem Wirken in untergeordneten, aber verantwortungsvollen Stellen war
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Fuyutsugu 821 zum Kanzler zur Rechten aufgerückt. Sein Vater Uchimaro, der bei der Vernichtung Nakanaris eine entscheidende Rolle gespielt hatte, war bereits bis zu demselben Posten aufgestiegen. 825—826 war Fuyutsugu Kanzler zur Linken und damit der höchste Beamte im Staate. Die Familie hatte zwar im Augenblick noch nicht eine unbestrittene Machtstellung inne, sondern mußte sie mit den Tachibana teilen. Deren einflußreichster Vertreter, Ujigimi, spielte dadurch, daß seine Schwester eine Gemahlin des Saga Tennö und die Mutter des Nimmyö Tennö war, ebenfalls eine große Rolle am Hofe. Jedoch war der Grund gelegt, auf dem die Nachkommen die Stellung der Familie ausbauen konnten. Yoshifusa wird als der eigentliche Begründer der Fujiwara-Herrschaft angesehen1). Als sein Vater Fuyutsugu starb, war Yoshifusa 22 Jahre alt. Um seine Position bei Hofe zu festigen, heiratete er eine Tochter Saga Tennös. Er pflegte mit Sorgfalt die Beziehungen zu deren jüngeren Brüdern, auch nachdem diese mit Verleihung des Familiennamens Minamoto aus der kaiserlichen Familie ausgeschieden und zu Untertanen geworden waren. So schuf er sich eine einflußreiche Partei am Hofe, mit deren Unterstützung oder zum mindesten mit deren Billigung er seine ehrgeizigen Pläne verwirklichen konnte. Solange die beiden Exkaiser Saga und Junna lebten, hielt er sich klug im Hintergrund. Erst nach deren Tod, 842 und 840, begann er sein Intrigenspiel. Die Wahl des Prinzen Tsunesada, eines Sohnes Junna Tennös, zum Thronerben störte seine Pläne, da dieser Prinz keine verwandtschaftlichen Bindungen an das Fujiwara-Haus hatte. Er wollte daher den Sohn des regierenden Kaisers, Michiyasu, dessen Mutter, Nobuko, seine Schwester war, auf den Thron heben. Die Anhänger des Prinzen Tsunesada, unter ihnen Tachibana Hayanari und Tomo Kowamine, ein Offizier aus der Leibwache des Prinzen (Tögü no tatewaki), faßten den Entschluß, den Plänen Yoshifusas zuvorzukommen und den Prinzen mit Gewalt auf den Thron zu bringen. Damit lieferten sie Yoshifusa den willkommenen Grund, Bie bei der Exkaiserin des Verrates zu beschuldigen und sich mit ihrer Vernichtung beauftragen zu lassen. Auch Tsunesada war durch das Vorgehen seiner Anhänger kompromittiert, obwohl er wahrscheinlich von den Plänen nichts gewußt hat. Er wurde aus dem kronprinzlichen Palast vertrieben, und seine Anhänger schickte man in die Verbannung. In der japanischen Geschichte wird diese Episode Shöwa no hen genannt. Der Ernennung des Prinzen Michiyasu zum Kronprinzen stand nichts mehr im Wege. Yoshifusa wurde für diesen Dienst zum Dainagon befördert und erlangte 848 die Stellung des Kanzlers zur Rechten. Sein Neffe Michiyasu bestieg als Montoku Tennö den Thron. Yoshifusa gab ihm seine Tochter Akiko (auch Akirakekiko) zur Frau. Obwohl Montoku Tennö den Wunsch hatte, seinen ältesten Sohn, Koretaka, dessen Mutter aus der Familie der Ki stammte, zum Kronprinzen zu bestimmen, war er bereits zu machtlos, um dies gegen Yoshifusas Willen durchzusetzen. Dessen Plan war, seinem Enkel, dem erst 9 Monate alten Korehito, die Würde des Thronerben zuzuerkennen. Mit der Verwirklichung dieses Planes hatte er zugleich einen Schlag gegen die Stellung der Familie Ki geführt, die von nun an von der Regierung ausgeschaltet blieb. 857 wurde Yoshifusa das höchste Amt im damaligen Japan verliehen. Er wurde Großkanzler (Dajödaijin), ein Amt, das seit Dökyö nicht mehr besetzt worden war und mit dem außer Dökyö und Emi no Oshikatsu (Fujiwara Nakamaro) bisher nur Angehörige der kaiserlichen Familie betraut worden waren. Auf den Gipfel seiner Macht gelangte Yoshifusa, als Montoku Tennö 858 starb und Prinz Korehito, sein Enkel, als Seiwa Tennö neunjährig den Thron bestieg. Dieser Augenblick krönte das Lebenswerk Yoshifusas. Er nahm für seinen Enkel die Zügel der Regierung in die Hand und ließ sich nach neun Jahren auch offiziell zum Regenten (Sesshö) ernennen, erhielt eine Leibwache von 40 bis 50 Mann und ein Einkommen, das ihn mit dem KronV g l . MUBDOCH I , S. 2 3 6 .
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prinzen auf die gleiche Stufe stellte. Sowohl in japanischen wie auch in europäischen Werken wird hervorgehoben, daß die Thronbesteigung Seiwa Tennös und die Regentschaft Yoshifusas bis dahin in der japanischen Geschichte ohne Beispiel sind. Es war bisher weder vorgekommen, daß ein minderjähriger Prinz den Thron bestieg, noch daß ein Sesshö eingesetzt wurde, der nicht aus kaiserlichem Geschlecht war 1 ). Daß überhaupt ein Untertan mit diesem Amt betraut wurde, ist auf chinesische Vorbilder zurückzuführen2). Durch die geschickte Ausnutzung einer Intrige, die aus der Eifersucht des Kanzlers zur Linken Minamoto Makoto und des Dainagon Tomo Yoshio entstanden war, gelang Yoshifusa ein entscheidender Schlag gegen die ötomo-Familie. Der äußere Anlaß war der Brand des ötemmon, eines der großen Tore des kaiserlichen Palastes. Yoshifusa machte daraus ein Komplott der Ötomo, zu dessen Verwirklichung der Brand das Fanal gewesen sein sollte. Yoshio wurde nach Izumo und sein Sohn nach Oki verbannt. So war die letzte Familie, deren Rivalität gefährlich werden konnte, ausgeschaltet. Ohne Rast war Yoshifusa weiter bemüht, die Macht seines Hauses zu festigen. Kaum war Seiwa Tennö großjährig, machte Yoshifusa die Tochter seines Bruders, Takakiko, zur Konkubine und später zur Kaiserin. Da Yoshifusa keinen Sohn hatte, adoptierte er Mototsune, den Sohn seines älteren Bruders, Nagayoshi, und bestimmte ihn zu seinem Nachfolger. Als Yoshifusa im 14. Jahr der Ära Jögwan, 872, starb, wurde er zum wirklichen 1. Rang befördert und erhielt den posthumen Ehrennamen Chüninkö, Herzog der Treue und der Humanität. 876 dankte Seiwa Tennö ab. Zum zweitenmal bestieg ein Kind, der neunjährige Yözei Tennö, den Thron. Bei seiner Abdankung bestimmte Seiwa Tennö Mototsune, damals Kanzler zur Rechten, zum Regenten (Sesshö). Auch nachdem Yözei Tennö großjährig geworden war, blieb Mototsune Regent. Den Titel eines Kwampaku hat er erst unter Uda Tennö erhalten, obwohl er de facto schon jetzt dessen Funktionen ausübte. Vor einer entscheidenden Machtprobe stand Mototsune, als er sich entschließen mußte, den Kaiser abzusetzen, sollten nicht schwere Schäden für den Staat entstehen3). Dies ist das erste Mal in der japanischen Geschichte, daß ein Untertan einen Kaiser abgesetzt hat. Ob Yözei Tennö tatsächlich geisteskrank war, oder ob er nur den Plänen Mototsunes im Wege stand und von der Überlieferung nachträglich zu einem Geisteskranken gestempelt worden ist, ist von geringerer Bedeutung als die Tatsache, daß die Absetzung überhaupt geschehen konnte, ohne daß sich größerer Widerstand regte. Das beweist einerseits, wie groß die Autorität Mototsunes war, und andererseits, daß chinesisches Gedankengut über die staatsrechtliche Stellung des Kaisers eine gefährliche Macht gewonnen hatte. Sogar Chikafusa muß, obwohl es der Tendenz seines Werkes widerspricht, diese Tat gutheißen. Von dem japanischen Historiker KUBITA wird die Absetzung Yözei Tennös neben der Bestrafung Soga Irukas und der Erhebung Könin Tennös zu den drei großen Verdiensten der Fujiwara-Familie gezählt. Zum Nachfolger für den abgesetzten Kaiser wählte Mototsune den Prinzen Tokiyasu, der als Kökö Tennö den Thron bestieg. Zum Dank für die Erhebung bestätigte Kökö Tennö die Regentenwürde Mototsunes, so daß seine Macht während der dreijährigen Regierungszeit dieses Tennös unangetastet blieb. Kökö Tennö hatte viele Kinder, aber keines war von einer Fujiwara geboren. Daher wagte er nicht, einen Nachfolger zu bestimmen. Die Wahl Mototsunes fiel auf Kökö Tennös siebenten Sohn, den Prinzen Sadayoshi. Der Prinz hatte zwar bereits den Familiennamen Minamoto bekommen und war aus der kaiserlichen Familie ausgeschieden, aber für Mototsunes Willen bildete dies kein Hindernis. Ohne Widerstand zu finden, setzte er durch, daß der Prinz zum Thronfolger ernannt wurde und nach Kökö Tennös Vgl. KUBITA, S. 145. Vgl. S. 16. 3 ) Vgl. MUBDOCH, I, S. 241. a)
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Tod, 887, als Uda Tennö den Thron besteigen konnte. Die ersten Jahre der Regierung Uda Tennös unterschieden sich nicht von der Zeit Kökö Tennös. Aus Dankbarkeit für die Unterstützung Mototsunes bei seiner Thronbesteigung und in der Erkenntnis, daß dessen Macht unerschütterlich Bei, ernannte Uda Tennö Mototsune ebenfalls zum Regenten. In der Ernennungsurkunde wird zum erstenmal der Titel Kwampaku1) offiziell gebraucht. Bis zu seinem Tod blieb Mototsune der tatsächliche Regent Japans. So hatten die Fujiwara ihr zäh verfolgtes Ziel erreicht. Als Gwaiseki, angeheiratete Verwandte der kaiserlichen Familie, hatten sie die höchsten Staatsämter zu ihrer erblichen Domäne gemacht. Die übrigen Familien des Hofadels strebten diesem Vorbild nach, um ebenfalls als Beamte, Priester oder Gelehrte eine erbliche Berechtigung auf bestimmte Ämter und Würden zu erlangen. Damit entfernte man sich mehr und mehr von dem chinesischen Grundsatz, daß die Tüchtigkeit allein bei der Besetzung von Ämtern entscheiden sollte, und die Möglichkeit, daß Außenstehende Eingang in die die Geschicke des Landes bestimmenden Schichten finden konnten, wurde immer geringer. b) Das Entstehen neuer Ämter Wie bei der Besetzung der Staatsämter das chinesische Examenssystem gar nicht ausgeführt oder sehr bald durch das in Japan heimische Familienprinzip abgelöst worden war, so traten auch allmählich Verschiebungen innerhalb der Organisation des Behördenapparates selbst ein. Diese Organisation war durch die Vorschriften der Taihö-Gesetzgebung begründet, die im ersten Jahr der Ära Taihö, 701, nach dem Vorbild der chinesischen Beamtenhierarchie der Sui- und T'ang-Dynastie gestaltet war. Im Artikel 2 über das Geschäftsverwaltungspersonal2), Shokuinryö, sind die Einrichtung der Ämter und ihre Funktionen ausführlich geregelt. Aber dieses System, das der Großstaat der T'ang auf der Höhe seiner Macht ausgebildet hatte, bedeutete für das Inselreich Japan mit seiner dünnen kulturtragenden Schicht, seinem wenig entwickelten Verkehr zwischen der Hauptstadt und den Provinzen „carving a chicken with a butcher's cleaver".3) Die auf Grund der Taihö-Gesetze geschaffenen Organe wurden zwar beibehalten, aber die wirkliche Macht ging auf Ämter über, die nicht im Taihö-Kodex erwähnt waren, sondern erst im 9. Jahrhundert entstanden. Sie gruben den alten Einrichtungen nach und nach das Wasser ab und machten deren Träger zu Inhabern von Titeln ohne eigentlichen Einfluß. Das in Japan so bedeutungsvolle System des Yümei mujitsu, den Namen haben, aber nicht die wirkliche Macht, tritt hier deutlich in Erscheinung. Die wichtigsten dieser neuen Ämter, die unter dem Namen Ryögekwan, Ämter außerhalb der Gesetze, zusammengefaßt werden, waren: das Amt des Sesshö und Kwampaku, das Kurödo-dokoro und das Kebiishichö. Das Amt des Sesshö, der die Regierung führte, wenn der Tennö minderjährig war oder aus anderen Gründen nicht selbst regieren konnte, ist keine Neuschöpfung des 9. Jahrhunderts. Nach der Überlieferung hat die Kaiserin Jingö Kögö als erste dieses Amt innegehabt, als sie für ihren jungen Sohn, den späteren öjin Tennö, die Regierung führte. Später hat Shötoku Taishi für seine Mutter Suiko Tennö und Naka no öe Taishi für Saimei Tennö die Staatsgeschäfte geleitet. Neu war, daß dieses Amt aus den Händen der kaiserlichen Familie in die eines Untertanen glitt und damit einen neuen Sinn bekam. Da der Inhaber dieser Würde ») Vgl. S. 17. s ) Übersetzung von W E D E M E I E R . 8 ) Cbin. Sprichwort, Übersetzung von
SANSOM.
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an Stelle des Tennö die ,,Regierungsangelegenheiten in der Hand" hielt, war ihm eine Machtbefugnis gegeben, die nach der Überlieferung nur der kaiserlichen Familie zukam. Das Vorbild für diese Umwandlung kam aus China und stützte sich auf die Tatsache, daß der HanKaiser Wu seinen Minister Ho Kuang1) zum Regenten für den minderjährigen Thronerben einsetzte. Trat ein Sesshö von seinem Amt zurück, wenn der Tennö großjährig geworden war, so nannte man dies fukuheki. Der Ausdruck wurde ebenfalls in China zum erstenmal gebraucht, als der Herzog von Chou die Regierung an den Kaiser Ch'eng zurückgab. Der Kwampaku hielt ebenfalls alle Regierungsgewalt in den Händen. Der Unterschied zum Sesshö-Amt lag darin, daß der Sesshö an Stelle des Kaisers regierte, während der Kwampaku den Kaiser bei der Regierung unterstützen, die Beamten leiten und die Staatsangelegenheiten regeln sollte. So fertigte der Sesshö bei Amtsernennungen die kaiserlichen Erlasse selbst mit dem kaiserlichen Siegel aus, während der Kwampaku alle Erlasse, Weisungen, Amtsernennungen usw. vorbereitete und der Kaiser selbst ihnen durch sein Siegel Gültigkeit geben mußte. Der Beginn des Kwampaku-Amtes wird in das 8. Jahr der Ära Gangyo, 884, gelegt, als Kökö Tennö Mototsune die höchste Macht im Staate übertrug. Das Amt ist ebenfalls chinesischen Ursprungs. Die Bezeichnung Kwampaku stammt aus den HanAnnalen, aus der Chronik des Kaisers Hsüan, in der es heißt: „In allen Dingen soll zuerst dem Kuang (Ho Kuang) berichtet werden, dann erst soll es dem Kaiser mitgeteilt werden." In Japan wird der Ausdruck zum erstenmal in dem Erlaß des Uda Tennö aus dem 3. Jahr der Ära Ninwa, 887, erwähnt, mit dem der Dajödaijin Mototsune die Weisung erhält, alle Angelegenheiten des Staates, die wichtigen und die weniger wichtigen, die Herrschaft über alle Beamten insgesamt zu verwalten und dann wie früher dem Tennö Bericht zu erstatten 2 ). Für diese höchsten Staatsämter findet man in japanischen Werken verschiedene andere Bezeichn u n g e n wie: Ichi no hito, Ichi no tokoro, Setsuroku,
Shippei,
Hakuriku.
Die beiden e r s t e n
Ausdrücke bezeichnen einen Beamten, der durch kaiserlichen Erlaß den ersten Ehrenplatz bei Hofe erhalten hat 3 ). Ichi no tokoro wird im Makura no söshi und im Zoku-kojidan erwähnt. Setsuroku bedeutet, die Regierung eines Landes beherrschen. Im Nihongi, im Bericht über die Kaiserin Suiko, wird dieser Ausdruck für das Sesshö-Amt des Shötoku Taishi gebraucht. Im Masu-kagami findet man auch die Aussprache Söroku. Shippei bedeutet, die Regierung ergreifen. Hakuriku geht darauf zurück, daß der chinesische Prototyp für die Kwampaku- und Sesshö-Würde in Japan, Ho Kuang, Fürst von Po-lu, japanisch: Hakuriku, war. Diese beiden Ämter legten den Grund zu einem Dualismus in der höchsten Gewalt in Japan, der die Regierungsform bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts kennzeichnete. Wenn in späterer Zeit die Kwampaku und Sesshö ziemlich willkürlich einen Tennö auf den Thron hoben oder absetzten, so bedeutete dies, daß das chinesische Vorbild auch auf die Stellung des Kaisers Einfluß gewonnen hatte. Daß die Kraft dieser Ideen bereits im 9. Jahrhundert groß war, bewies die widerspruchslose Hinnahme der Absetzung Yözei Tennös. Aber an der Grundidee des Tennötums haben die fremden Gedanken niemals rütteln können. Der Herrschaftsanspruch des Tennö-Hauses beruhte auf der Abstammung von der göttlichen Ahnherrin Amaterasu-ö-mi-kami. Selbst die mächtigsten Regenten haben diesen Anspruch niemals angetastet. Hierin liegt der Hauptunterschied zu dem chinesischen Vorbild. Nach den Lehren des Meng-tse wurde das Mandat des Himmels zur Ausübung der Herrschaft im Reich der Mitte stets dem Tugendhaftesten übergeben, ohne Rücksicht auf dessen Herkunft. In der Nachfolge der drei Idealkaiser Yao, Shun und Yü hat diese Vorstellung Gestalt gewonnen. 1 ) Die Biographie des Ho Kuang nach den Han-Annalen in: Arvid tid. 1930; vgl. Giles Nr. 653. 2 ) Dieser Erlaß ist im Seijiyöryaku erhalten. 3 ) Nach einer Erklärung im ShokugenshC.
Kluge« i,Miyoshi K i y o y u k i "
JONCHELL, H O
Kuang och Hans
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Als später die chinesischen Kaiser sich bemühten, Dynastien zu gründen und ihrer Familie den Thron zu erhalten, stieß dies Streben auf den Anspruch des sich für auserwählt haltenden Untertanen auf das himmlische Mandat und wurde in der Geschichte Chinas die Quelle zu häufigen Revolutionen. In Japan dagegen ist der Tennö als das Haupt des Staates auf Grund seiner göttlichen Abstammung stets mit Ehrerbietung behandelt worden, selbst als er Jahrhunderte lang keine wirkliche Regierungsgewalt ausübte. Das Kebiishi-Amt gehört ebenfalls nicht zu den Ämtern, die durch die Reformen des 8. Jahrhunderts geschaffen worden waren. In den Quellen weichen die Angaben über den Zeitpunkt seiner Errichtung voneinander ab 1 ). Nach einer Notiz in den Montoku-jitsuroku, in der Biographie des Okiyo Fuminushi, und im Seijiyöryaku wurde dieses Amt in der Zeit des Saga Tennö als vorübergehende Institution errichtet, um die Übertretungen der Gesetze zu überprüfen. Anfangs wurden die Inhaber dieses Polizeiamtes unter den Beamten der kaiserlichen Palastwachen ausgewählt, und diese übten es neben dem Wachamt aus. In der Zeit des Seiwa Tennö trennte man es von diesem Amt und unterstellte es der Stadtverwaltung (Ichi no tsukasa). Erst in der Regierungszeit Uda Tennös machte man es zu einem ständigen und selbständigen Amt und teilte es in eine linke und eine rechte Abteilung, Sakebiishichö und Ukebiishichö. Im Laufe der Zeit wuchs der Einfluß dieses Amtes, bis es die gesamte Justizverwaltung, die Strafverfolgung und auch den Strafvollzug, an sich brachte. Die Ämter, in deren Händen diese Aufgaben bisher gelegen hatten, die Garde (Efu), das Zensoramt (Danjödai), das Justizministerium (Gyöbushö) und die Stadtverwaltung (Ichi no tsukasa) verloren an Bedeutung. Anfangs war durch die Errichtung dieses Amtes die Zentralgewalt gestärkt worden, da die Kontrolle über die Justizverwaltung erleichtert wurde. In der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts jedoch entzog sich das Amt immer mehr der Aufsicht der Regierung, und aus der Stütze wurde ein Element der Schwäche und Unsicherheit. Übergriffe der Beamten des Kebiishichö waren häufig, wie das Ökagami und die historischen Berichte des Konjaku-monogatari bestätigen. Bei den Verhören der Angeklagten war die Folter nicht unbekannt, und bei der Bestrafung ging es recht grausam zu. An der Spitze des Kebiishichö stand der Bettö2), Sonderführer, für den auch der Ausdruck Dairi gebraucht wird, eine Abkürzung der chinesischen Bezeichnung Ta-li-ch'ing für den höchsten Polizeibeamten. Mit dem Anwachsen der Macht der Kebiishi wurde der Bettö einer der einflußreichsten Männer am Hofe von Kyoto. Er stand im Rang über den Sangi. Häufig war er gleichzeitig Kommandeur der mittleren und äußeren Palastwache. Meistens wurde das Amt einem Chünagon, seltener einem Dainagon anvertraut. Es gibt auch Beispiele, daß es, wenn kein geeigneter Chünagon zu finden war, mit einem Sangi besetzt wurde. Durch kaiserlichen Erlaß wurde das Bettö-Amt verliehen. Unter den Zeremonien bei der Ablösung des alten durch den neuen Beamten spielte die Übergabe eines roten Kästchens, Karabitsu, eine besondere Rolle. Da der Bettö stets in seinem Amt anwesend sein mußte, verlegte der ernannte Beamte das Amt häufig in sein eigenes Haus. Die Erlasse des Bettö nannte man Bettösen oder auch Chösen. Sie standen an Bedeutung den kaiserlichen Erlassen nicht nach, und ein Verstoß gegen sie wurde ebenso bestraft wie ein Verstoß gegen eine kaiserliche Verordnung. Unter dem Bettö standen vier Vizebeamte, je zwei linke und rechte, Sasuke und Usuke. Dieses Amt war mit wenigen Ausnahmen mit der rechten und linken Vizekommandantur der mittleren Palastwache gekoppelt. Die vier Beamten waren die Stellvertreter des Bettö. Nadh den Vorschriften des Engi-shiki waren ihnen als Gefolgsleute Kwachö beigegeben. l
) V g l . NACHOD I I , S. 7 2 2 , A n m . 1 u n d
2.
') Man findet für dieses Amt auch die Bezeichnung Kami,
BEAUJARD
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Darunter folgten die Taii, die höheren Polizeioffiziere, und die Shöi, die niederen Polizeioffiziere. Beide Gruppen waren in eine linke und eine rechte Abteilung geteilt. Es gab zwei Taii der rechten und zwei Taii der linken Abteilung. Die Zahl der Shöi war nicht offiziell festgesetzt. Da die Polizeioffiziere den dritten Rang im Amt einnahmen, nannte man sie auch Högwan. Die Ämter der Polizeioffiziere lagen fast ausschließlich in den Händen der Sakanoue und der Nakahara, so daß diese Familien sich im Laufe der Generationen zu Justizspezialisten ausbildeten. Nach dem Spruch der Taii wurden die Verbrecher bestraft. Die Hauptaufgabe der Shöi war es, die Verbrecher zu ergreifen. Gewöhnlich gehörten diese Beamten dem 6. Rang an. Wurden sie für besondere Verdienste zum 5. Rang befördert, nannte man sie Taifuhögwan oder Taifui. Jedoch war solche Beförderung im Rang ohne Beförderung im Amt selten. Die Stelle eines Polizeioffiziers war besonders begehrt, weil sein Inhaber die Hoffnung haben konnte, zum Kurödo des 5. Ranges ernannt zu werden und damit die Erlaubnis zu erhalten, den kaiserlichen Palast zu betreten und bei Hofe empfangen zu werden. Die so beförderten Polizeioffiziere nannte man Kurödo no i oder Ue no högwan1). Wie den Suke waren auch den I je zwei Kwachö als Gefolge zugeteilt. Manchmal findet man auch für die Suke und I den gemeinsamen Namen Teil, der aus China übernommen wurde. Unter den Polizeioffizieren standen die Sekretäre, Shi, die auch zwei Grade umfaßten, die höheren, Taishi, und die niederen, Shöshi. Jeder Grad zerfiel wieder in eine linke und eine rechte Abteilung. Diese Sekretäre wurden mit den verschiedensten Aufgaben der Strafverfolgung und des Strafvollzuges betraut und sollten daher Kenntnisse der Gesetze haben. Da auch die Offiziere der Palastwache mit den Gesetzen wohlvertraut sein mußten, lagen diese beiden Ämter oft in einer Hand. Sie wurden Döshi genannt und mit Graduierten der Rechtswissenschaft besetzt. An nicht rechtskundige Personen wurde dieser Titel ehrenhalber verliehen. Den Shi war eine unbestimmte Zahl von Amtsanwärtern, Fushö, unter-, stellt, die ebenfalls in eine linke und eine rechte Abteilung unterteilt waren. Zum Kebiishichö gehörten auch die Kado no osa der linken und rechten Abteilung, deren ursprüngliche Aufgabe es war, die Gefängnisse zu verwalten. Später wurden sie auch zur Verfolgung und Ergreifung von Verbrechern eingesetzt. Wie es im Eigwa-monogatari beschrieben wird, trugen sie ein rotes, gewöhnliches Jagdkleid, ein weißes Unterkleid und weiße Leinenhosen, in der Hand einen Stock. Der Anju no osa beaufsichtigte die Verwaltung der Dokumente. Nach dem Engi-shiki gab es nur einen Anju. Später wurde die Zahl erhöht und daher die Bezeichnung Osa für den leitenden Beamten unter ihnen eingeführt. Unter der Aufsicht des Kebiishichö standen auch die bereits als Gefolgsleute erwähnten Kwachö. Sie wurden aus den Soldaten der mittleren Palastwache gewählt. Nach dem Seijiyöryaku geht der Name darauf zurück, daß nach der militärischen Organisation des Taihöryö 10 Soldaten ein Kwa bildeten, an dessen Spitze ein Kwa nokami stand, aus deren Reihen diese Beamten gewählt wurden. Der Ausdruck Kwachö wird auch als Sammelname für die Kado noosa, die Anju und eigentlichen Kwachö gebraucht. So heißt es im Engi-shiki: unter den neun Kwachö waren zwei Kado no osa und ein Anju. Die untersten Beamten des Kebiishichö waren die Diener, Shimobe. Ihre Aufgabe war, die Diebe und Räuber zu verhaften, die Gefangenen zu foltern und die Verbrecher vorzuführen. Sie wurden auch Hashiri-shimobe, Läufer, oder Hörnen, Freigelassene, genannt. Die erste Bezeichnung wird für sie gebraucht worden sein, weil sie bei der Verfolgung und Verhaftung der Verbrecher oft laufen mußten. Den Namen Hömen erhielten sie, da man häufig wegen geringer Delikte Bestrafte zu diesem Amt verwandte. Diese Beamten wurden wenig geachtet. Ihr Benehmen scheint auch nicht dazu beigetragen zu haben, ihre dunkle Vergangenheit ') Ue = Joden: Beamte, denen das Betreten des Palastes erlaubt war. 2»
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vergessen zu machen. Das Eigwa-monogatari schildert sie als verdächtig, ayashii, grausam, osoroshige naru, als über alle Beschreibung teuflisch, omowanu oni no yö ni. Anfangs gab es nur in der Hauptstadt ein Kebiishi-Amt, bis 857 x) wurden in jeder Provinz Kebiishi-Beamte stationiert. Man nannte diese Ämter Kebii-tokoro oder Kebiishi no tokoro. Da im Montoku-jitsuroku bereits ein Kebiishi von Yamato erwähnt wird, ist anzunehmen, daß diese Einrichtung schon vor der Regierungszeit Montoku Tennös in einzelnen Provinzen bestanden hat. In Provinzen, die durch Räuber und Diebe besonders gefährdet waren, gab es in jedem Köri, Bezirk, Kebiishi, wie sie z. B. im 3. Jahr der Ära Jögwan, 861, in Musashi eingerichtet wurden. Die Kebiishi der Provinzen unterstanden den einzelnen Gouverneuren und hatten das Recht, Soldaten und Pferde zu halten. Sie übten wie die Kebiishi in der Hauptstadt die Funktionen der Justiz und Polizei aus. Ihre Unterbeamten hießen Shoshö, Anwärter, oder Mokudai, Stellverteter. Die Dienstzeit betrug wie bei dem hauptstädtischen Amt sechs Jahre. Das kaiserliche Kabinett, Kurödo-dokoro, wurde nach der Überlieferung unter der Regierung Saga Tennös eingerichtet. Saga Tennö wollte seine Pläne und Absichten vor der Mehrzahl der Hofbeamten geheimhalten, da diese bei dem Kusuriko no ran zu der feindlichen Partei gehört hatten2). Es ist jedoch anzunehmen, daß zeitweise schon früher ein kaiserliches Kabinett aus besonders vertrauten Ratgebern des Tennö bestanden hat. Die Quellen über die anfänglichen Befugnisse dieses Amtes sind nicht zuverlässig. Das kommentierte Shokugenshö zitiert eine Stelle aus den Ruijü-kokushi, nach der am 10. Tag des 3. Monats des 1. Jahres der Könin-Ära das Kurödo-dokoro zuerst errichtet wurde und seine Beamten zum Palast zugelassen wurden. Sein Amtsbereich umfaßte die Aufsicht über die geheimen Schriftstücke und alle Gerichtsverfahren. Da in den heute erhaltenen Ruijü-kokushi die Stelle nicht mehr vorhanden ist, läßt sich die Richtigkeit dieser Überlieferung nicht sicher beweisen, obwohl ihr Inhalt im Zoku-kojidan bestätigt wird. Später gehörte das Weiterleiten und die Veröffentlichung der kaiserlichen Erlasse zu den Hauptaufgaben des kaiserlichen Kabinetts. Die Errichtung dieses Amtes, zu dem nur dem Kaiser besonders vertraute Persönlichkeiten gewählt wurden, führte ebenfalls dazu, daß verschiedene ehemals wichtige Ämter an Bedeutung verloren. So blieben schließlich nur noch die Erlasse, die die Etikette betrafen, dem Nakatsukasa und dem Dajökwan überlassen, die bis dahin alle kaiserlichen Erlasse zu bearbeiten hatten3). Der Shönagon und die Jijü, unterer Rat und Kammerherren, wurden ausgeschaltet. Der Name für das kaiserliche Kabinett, eigentlich Speicheramt, wird davon abgeleitet, daß das Kurödo-dokoro ursprünglich — vor der Zeit Saga Tennös — die Aufsicht über das kaiserliche Schatzhaus hatte. Das von Saga Tennö neu errichtete Amt übernahm mit dem Dienstgebäude auch den Namen des alten, außerdem mit der Aufsicht über die kaiserlichen Bücher, die Kleider, Möbel und das Geschirr auch dessen Befugnisse. Schließlich dehnte sich der Amtsbereich des Kurödo-dokoro über sämtliche Belange des Kaisers und des kaiserlichen Palastes aus. An der Spitze des Kurödo-dokoro stand ebenfalls ein Beltö, ein Sonderführer, der zur Unterscheidung Denjö no bettö, am Hofe zugelassener Bettö, genannt wurde. Der erste Inhaber dieser Würde war Fujiwara Tokihira, der als Dainagon von Uda Tennö im 9. Jahr der Ära Kwampyö, 897, zu diesem Amt berufen wurde. Die Aufgabe dieses Bettö war es, die Ausfertigung und Bekanntgabe der kaiserlichen Erlasse zu überwachen. In der Folgezeit hatte der Kanzler zur Linken dieses Amt inne oder, wenn dieser Kwampaku war, der Kanzler zur Rechten. ») V g l . M U R D O C H I , S . 2 3 2 . a
) V g l . KURITA S. 1 3 9 u n d REISCHAUER S. 2 3 2 .
') Ausführliches über die Abfassung kaiserlicher Erlasse:
MOTOORI
Norinaga Zenshü Bd. V, S. 202.
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Die übrigen wichtigen und weniger wichtigen Amtsgeschäfte wurden von den zwei Tö, den ersten Kabinettsräten, geleitet. Fujiwara Fuyutsugu und Kose Notari waren die ersten, die von Saga Tennö zu diesem Amt ernannt wurden. Vor der Einsetzung des Bettö lag die Verkündigung der kaiserlichen Erlasse in ihren Händen, ebenso wie die Leitung des Kurödodokoro. Später wurden die Tö aus der Reihe der Inhaber des 4. Ranges unter den Palastbeamten gewählt, und zwar wählte man gewöhnlich einen hohen Zivilbeamten aus dem Benkwan im Range eines Chüben und einen Offizier im Range eines Chüshö aus der inneren Palastwache. Sie wurden Toben und Töchüshö genannt. Auch nach der Einsetzung des Bettö blieb der Posten des Tö von großer Bedeutung. In der Sitzordnung bei den Audienzen hatte der Tö einen Ehrenplatz inne, und selbst Palastbeamte, die in einem höheren Rang als der Tö standen, mußten ihm in der Rangordnung den Vortritt lassen. Das Amt galt als Sprungbrett für eine gute Karriere. Wurde die Stelle eines Sangi frei, so waren die Tö bevorrechtigte Anwärter darauf. Als besondere Wertschätzung kann auch betrachtet werden, daß in einigen Fällen der scheidende Tö seinen Nachfolger selbst empfehlen konnte, wie im Ökagami berichtet wird. Den drei Kabinettsräten des 5. Ranges, Goi-kurödo, unterstanden die verschiedenen Angelegenheiten des Palastes. Aus den Inhabern des 5. Ranges wurden sie gewählt. Gute Begabung und die Herkunft aus einer vornehmen Familie waren die Voraussetzungen für die Ernennung. Meistens waren sie vorher Vizebeamte, Fu, eines der acht Ministerien, Vizezensor, Kageyujikwan, oder Stabsoffiziere der Garde, Emonsa, gewesen. Später, nach erfolgreicher Führung des Amtes eines Kabinettsrates stand ihnen die Verwaltungskarriere offen. Besonders ehrenvoll war es, wenn einer als Kabinettsrat des 5. Ranges gleichzeitig Stabsoffizier der Palastwache war, oder wenn ihm als drittes Amt eine Stellung im Benkwan verliehen wurde. Die Inhaber dieser drei Ämter nannte man Sanjikendai. Legte ein Kabinettsrat des 5. Ranges, wenn er zum Ben ernannt wurde, seinen Posten im kaiserlichen Kabinett nieder, so nannte man ihn Sähen, einfacher Ben. In der Rangordnung folgten die Kabinettsräte des 6. Ranges, Rokui-kurüdo, die durch vier, manchmal durch fünf Beamte vertreten waren. Zu ihrem Aufgabenbereich gehörten die verschiedensten Dienste bei Hofe, z. B. die Aufwartung bei der kaiserlichen Tafel usw. Da täglich einer von ihnen im Palast Dienst tat, wurden sie auch Higerö genannt 1 ). Das Verfahren bei ihrer Ernennung schildert eine Episode im Imakagami. Auf kaiserlichen Befehl ließ der erste Kabinettsrat den Anwärter einen Aufsatz schreiben. Fand diese Abhandlung die Anerkennung des ersten Kabinettsrates, so wurde der Kandidat von ihm zum Kabinettsrat des 6. Ranges ernannt und vom Kaiser bestätigt. Unter den Kabinettsräten des 6. Ranges selbst gab es noch eine Rangordnung, die nach dem Dienstalter festgesetzt war. Die oberste Stufe bildeten die Gokurö, die Obersten, ihnen folgten die Saji, Gehilfen, die Uji-kurödo, die nominellen Kabinettsräte, und die Shin-kurödo, die neuen Kabinettsräte. Im allgemeinen wurden die Shin-kurödo bei einer bestimmten Zeremonie, Bumpai, ernannt, aber es gibt auch Beispiele dafür, daß sie außer der Reihe zu besonderen Anlässen und Dienstleistungen zum Amt berufen wurden. Die Beamten des Kurödo-dokoro genossen zahlreiche Sonderrechte. Auch wenn sie nur den 6. Rang innehatten, durften sie den kaiserlichen Palast betreten und dem Kaiser persönlich dienen. Den ersten Kabinettsräten und den Kabinettsräten des 5. und 6. Ranges war es gestattet, die eigentlich dem Kaiser vorbehaltenen Farben Scharlach- und purpurrot zu tragen. Die Gokurö unter den Kabinettsräten des 6. Ranges nannte man auch Kikujin no öivataire, da sie ein blaues (kikujin), gefüttertes Überkleid (wataire) trugen, in einer Färbung, wie sie sonst nur die Kleider des Kaisers zeigten. l
) Naoh dem Shokugenshö.
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Wenn die Kurödo des 6. Ranges sechs Jahre lang ihren Posten ausgefüllt hatten, konnten sie zum 5. Rang befördert werden. Da aber die Zahl der Kabinettsräte des 5. Ranges auf drei begrenzt war, mußten sie mit Verleihung dieses Titels aus dem Amte scheiden, wenn keine Stelle frei war. Es war anscheinend nicht selten, daß sich die so ausgeschiedenen nach dem Glanz des Hoflebens zurücksehnten und wieder unter Verzicht auf ihre Beförderung als Kabinettsräte des 6. Ranges in das Amt eintraten. Man nannte diese Genshö, zum Hof Zurückgekehrte, oder Gyakutai, Zurückgekehrte. Nicht ohne Ironie ist die Bezeichnung Gekitai. Wie der Wasservogel, geki, sich vor dem kälteren Wind in den Höhen auf das Wasser zurückzieht, tai, so geben sie den höheren Rang auf, um wieder in ihrer gewohnten Sphäre von vorn anzufangen. Wenn ein Tennö den Thron bestieg, sollten auch die Kurödo neu ernannt werden, aber häufig wurden die alten Beamten übernommen1). Zu dem kaiserlichen Kabinett gehörten auch die Hi-kurödo, Nichtkabinettsräte, deren Zahl nach dem Shokugenshö unbestimmt, nach dem Kimmitsushö vier oder fünf war. Sie waren die Läufer innerhalb des Palastes und wurden aus den guten Familien des 6. Ranges gewählt. Aus ihrer Mitte ernannte man bevorzugt die Shin-kurödo. Ebenfalls als Sprungbrett für die Laufbahn im Kurödo-dokoro galt das Amt eines Zöshiki, das mit acht Leuten besetzt war. Diese hatten allerlei Dienste, zöshiki, im Palast zu versehen. Für das Tokoro no shü-Amt wurden 20 Inhaber des 6. Ranges ausgewählt, denen die Reinigung und Ausstattung des Palastes am Ende jeden Monats und andere Verrichtungen anvertraut waren. Eine besondere Abteilung bildeten die drei Suinö. Ihre Aufgabe war es, die Ein- und Ausgänge des kaiserlichen Schatzhauses, Osame-dono, zu beaufsichtigen. Anfangs gab es sechs Kotoneri, Hofpagen2). In der Zeit des Takakura Tennö, 1161—1181, wurde ihre Zahl erhöht und umfaßte später zwölf3). Sie hatten mit den Suinö zusammen die Ausgabe und das Einsammeln der Geräte aus dem kaiserlichen Schatzhaus zu überwachen. Außerdem war es ihr Amt, wenn ein Kurödo ernannt wurde, die Ernennung zu überbringen, wenn es innerhalb des Palastes ein Vergehen gab, den Delinquenten zu ergreifen und den Kebiishi zuzuführen. Für den persönlichen Dienst beim Kaiser waren die Takiguchi bestimmt. Anfangs waren dafür 10 und später 20 Soldaten vorgesehen. Shirakawa Tennö setzte die Zahl auf 30 fest, später wurde sie wieder auf 20 herabgesetzt. Sie bildeten eine besondere Leibwache im Palast, die ihren Namen nach einem Wasserfall, taki, im Nordosten des Seiryöden hatte, an dem Bie einquartiert waren. Die Ernennung zum Takiguchi erfolgte nach einer Prüfung in den militärischen Künsten. Die Takiguchi begleiteten den Kaiser bei seinen Bootsfahrten, dienten als Boten, bepflanzten die kaiserlichen Gärten. Sie übernahmen auch die Tag- und Nachtwachen innerhalb der kaiserlichen Gemächer. Auch bei ihnen gab es verschiedene Dienstgrade, deren drei oberste Stufen man mit einem gemeinsamen Namen Jörö, die Oberen, und deren vierte Stufe man Jigyö, Diensttuende, nannte. Schließlich gehörten zum Kurödo-dokoro die Takakai, deren Aufgabe es war, die kaiserlichen Jagdfalken, taka, zu züchten, kai. Bei den verschiedenen anderen Ämtern gab es ebenfalls eine Kabinettsabteilung. So befanden sich bei der Verwaltung, der die Angelegenheiten des In-Hofes unterstanden, vier Kabinettsräte des 5. und 6. Ranges. Beim Shinnö-ke shi, Verwaltung der prinzlichen Hausl
) Wie im Imakagami und Go-shQiwakashü erwähnt wird. ') Auch Denjö-warawa genannt. Dieses Amt wurde den Knaben der Gosekke, der fünf FujiwaraFamilien, vor ihrer Großjährigkeit, Gempuku, anvertraut. B E A U J A B D S. 166. ') Nach einer Angabe im Heihanki, das für das Tagebuch des Taira Nobuyori gehalten wird.
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halte, gab es bei der Kabinettsabteilung drei Bettö, zu denen hohe Offiziere, Shöshö oder Chüshö, ernannt wurden. Darunter standen Shokuji und Kurödo als Unterbeamte. So war der alte Beamtenapparat von neuen Organen überlagert, in deren Amtsbefugnis sich die wirkliche Regierungsgewalt konzentrierte. Sie boten den machtvollen Familien die Möglichkeit, die gesamte Leitung des Staates in ihre Hände zu bringen. c) Die z u n e h m e n d e U n a b h ä n g i g k e i t d e r P r o v i n z i a l r e g i e r u n g Mit der Verlagerung der Macht bei der Zentralregierung fand auch eine ähnliche Bewegung bei den Lokalbehörden statt. Auch hier bestand bald ein großer Unterschied zwischen dem Inhaber des Amtstitels und dem, der die Geschäfte wirklich führte. Die Würde eines Provinzialgouverneurs, Kami, war mit bestimmten Einkünften verbunden, die für den Hofadligen sehr willkommen waren. Diese Bezüge waren nach einem System gestaffelt, das man Kugaitö no rieki nannte, und betrugen je nach Größe der Provinz den vierten bis sechsten Teil ihrer Einkünfte. Aber das Leben in der Provinz war den eleganten Höflingen nicht angenehm. So suchte man einen Weg, die Einkünfte zu genießen, ohne das Leben in der Hauptstadt aufgeben zu müssen. Anfangs war es nur besonderen Günstlingen gestattet, die ihnen anvertraute Prozinz von der Hauptstadt aus durch schriftliche Anordnungen zu verwalten. Später wurde es allgemein, daß man die Gouvemeursposten durch stellvertretende Unterbeamte, Mokudai, verwalten ließ und selbst mit dem Titel geschmückt in der Hauptstadt blieb. Dann wurde die Verleihung dieses Amtes nur ein Mittel, um den Höflingen eine jährliche Unterstützung zukommen zu lassen, ohne daß sie jemals „ihre" Provinz betraten, geschweige denn eine Begierungshandlung vornahmen. Hierfür gab es die Bezeichnung yönin, aus der Ferne beauftragt. Eine neue Entwicklung trat ein, als besonders Bevorzugten das Recht verliehen wurde, ihrerseits einen oder mehrere Gouverneure in jedem J a h r zu ernennen. Diese Ernennung hatte nur den Wert eines klangvollen Titels, denn der neue Gouverneur ging weder in die Provinz, noch genoß er die mit dem Amt verbundenen Einkünfte, die dem Ernenner blieben. Schließlich wurden diese Titel so wenig geachtet, daß man niemand mehr fand, dem man sie verleihen konnte. So ernannte man gar nicht vorhandene Personen, für die man phantasievolle Namen erdachte. Die Stellvertreter in den Provinzen, in deren Händen die Verwaltung nun lag, gingen ihrerseits daran, sich ein möglichst großes Vermögen zu erwerben und Macht und Einfluß zustärken. Es ist nicht schwer, sich vorzustellen, daß durch diese Entwicklung die Verbindung mit der Regierung in der Hauptstadt gelockert wurde und die Unabhängigkeit der Provinzialregierung mehr und mehr wuchs. d) D e r N i e d e r g a n g d e s H a n d e n - S y s t e m s Bei den Reformen des 8. Jahrhunderts war durch die Einführung der Landverteilung für die gesamte Wirtschaft eine neue Grundlage geschaffen worden. Durch Abschnitt 9 des Taihö-Kodex von 701, Denryö — Gebote, die die Felder betreffen — wurden Größe der einzelnen Landlose, Art der Felder und Zeitfolge der Land Verteilung geregelt 1 ). Mit diesem Gesetz Bollte das Privateigentum an Grund und Boden aufgehoben und eine regelmäßige Überprüfung des verteilten Landes durchgeführt werden. Auf der Grundlage dieses Landverteilungssystems beruhte die gesamte Steuererhebung 2 ), die wesentlichste staatliche l
) V g l . NACHO» I I , S. 761. >) V g l . NACHOD I I , S. 771.
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Einnahmequelle. Aber schon im 8. Jahrhundert hatte die Land Verteilung nicht regelmäßig stattgefunden 1 ). Auch die verschiedenen Erlasse aus dem 9. Jahrhundert, in denen einmal ein zwölfjähriger Abstand zwischen den einzelnen Verteilungen, 834, ein andermal wieder der sechsjährige Zwischenraum empfohlen wird, 853, konnten die immer weiter einreißende Unregelmäßigkeit nicht mehr aufhalten. So verlor die Regierung mehr und mehr die Kontrolle über das verteilte Land. Um die Wende des 10. Jahrhunderts war praktisch aus dem staatseigenen Land Privatbesitz geworden. Da sich aber an der auf dem Lande lastenden Steuer nichts änderte, war diese Entwicklung nicht die Hauptursache des wirtschaftlichen Verfalls. e) Die E n t w i c k l u n g d e s s t e u e r f r e i e n G r o ß g r u n d b e s i t z e s Viel gefährlicher mußte sich die Entstehung der Shöen, des steuerfreien Landbesitzes, auswirken. Der Name ist aus denshö, Gartenland, und söen, Maulbeerbaumpflanzung, entstanden, die nach dem Taihö-Gesetz nicht zu dem verteilten Land gehörten und von Generation zu Generation vererbt werden konnten. Wann die Bezeichnung Shöen das erstemal für den steuerfreien Landbesitz gebraucht worden ist, ist unklar2). Ursprünglich waren nur die buddhistischen Tempel und die Schreine des Shintö-Kultes Besitzer steuerfreien Landes gewesen. Dieses war ihnen vom Staat oder von privater Seite geschenkt worden. Im Laufe der Zeit war es zu großen Besitzungen angewachsen. Daneben gab es steuerfreies Land, das durch kaiserlichen Erlaß als Belohnung für besondere Verdienste an Prinzen oder hohe Beamte für einen bestimmten Zeitraum verliehen wurde. Das Land war ihnen damit nicht als Eigentum, sondern mit allen Einnahmen zur Nutzung überlassen. Auch unterstand es nicht der Gerichtsbarkeit der Provinzgouverneure. Die Zeit, für die dieses Recht verliehen wurde, war verschieden. Sie schwankte anfangs zwischen einer und drei Generationen. In der Zeit von Tenchi Tennö bis Shömu Tennö, 661—748, wurde nur dem Fujiwara Kamatari ein ewiges Eigentum von 100 chö (ca. 99 ha) zugesprochen. Im 9. Jahrhundert wuchs die Zahl der für besondere Dienste verliehenen Ländereien beträchtlich. Da sie eine Grundlage des Vermögens der hohen Beamten bildeten, das ihnen das Leben in der Hauptstadt mit seinem Luxus erst erlaubte, nahm das Bestreben, diese Ländereien auszudehnen und zu dauerndem Besitz der Familie zu machen, zu. So wurden unter Junna Tennö die drei Provinzen Közuke, Hitachi und Kazusa, deren Steuern bis dahin einen wichtigen Teil der Staatseinnahmen ausmachten, drei kaiserlichen Prinzen als Besitz übergeben. Eine zweite Quelle für das Anwachsen der Shöen war die Regelung der Besitzverhältnisse bei der Erschließung von Ödland. Mit der Zunahme der Bevölkerung mußte das Urbarmachen des Ödlandes die Aufmerksamkeit der Regierung auf sich lenken. Im 6. Jahr der Ära Yörö, 722, setzte das Dajökwan die Verleihung des 6. Verdienstranges, Kunrokutö, und den Erlaß von Abgaben auf Lebenszeit für die Erzielung von größeren Erträgen bei der Kultivierung von Neuland aus. Im folgenden Jahr gab das Dajökwan bekannt 3 ), daß derjenige, der urbargemachtes Land mit neuen Bewässerungsanlagen versieht, das Land auf drei Generationen als Familienbesitz behalten, derjenige, der alte Bewässerungsanlagen wieder in Betrieb nimmt, das Land auf Lebenszeit als Eigentum haben kann. Damit war das erstemal ein gewisses Besitzrecht anerkannt. Im 15. Jahr der Ära Tempyö wurde das erschlossene Land zu Privateigentum erklärt, von dem jeder seinem Rang entsprechend ein bestimmtes !) V g l . NACHOD I I , S . 7 6 6 , A n m . 7.
') Nach HAGTTENAUEB erst im ) Sansei-isshin no hö.
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9.
oder
10.,
wenn nicht im
11.
Jahrhundert übernommen.
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Maß haben durfte. Es ist klar, daß dadurch bei der Kultivierung des Neulandes die Kreise, die über Kapital und Arbeitskräfte verfügten, den größeren Vorteil hatten. So wuchsen diese steuerfreien Privatbesitzungen in der Hand der großen Familien zu umfangreichen Gütern, anstatt daß sie einen Zuwachs des besteuerbaren Bauernlandes brachten. Außer den Hofadligen begannen auch die Provinzialbeamten, große Ländereien an sich zu bringen. Gestützt auf die Erblichkeit ihrer Ämter, schufen sie sich durch diese Reichtümer ein zuverlässiges Mittel, ihre Unabhängigkeit von der Hauptstadt zu stärken. Brachte der Reichtum der Hofadligen zwar nicht dem Staatshaushalt direkt, so doch dem Wirtschaftsleben der Hauptstadt Vorteile, so waren die Güter der Provinzialen ohne Nutzen für die Regierung. Gelegentliche Versuche, dieser Entwicklung entgegenzutreten, waren ohne dauerhafte Wirkung1). „Von jetzt an", schreibt der japanische Historiker KUKITA, „bebauten sie um die Wette urbargemachtes Land. Die mächtigen und einflußreichen Familien, die buddhistischen Tempel und shintoistischen Schreine nahmen Wälder und brachliegendes Land, Dickicht und Sumpf in Besitz und machten sie zu Shöen."2) Eine andere Quelle für die Zunahme der Shöen war, daß im Anfang des 9. Jahrhunderts ein regelrechtes Bauernlegen begann. Der Druck der Steuern war allmählich so stark geworden, daß viele Bauern es vorzogen, ihr Land einem großen Besitzer oder Tempel zu übergeben, die es zu ihrem steuerfreien Besitz schlugen, um es dann für verhältnismäßig geringe Pacht und Dienste für den neuen Herrn weiter zu bebauen. Dadurch nahm die Zahl der Steuerzahler ständig ab, und die Steuern mußten steigen, sollte die Staatskasse nicht leer werden. Versuche, die Flucht vor den Steuern einzuschränken, brachten keine anhaltende Besserung. Aber nicht nur den Steuern wollten die Bauern entgehen, sondern die zunehmende Unsicherheit vor Räubern zwang sie auch, den Schutz, den die Regierung versagte, bei einem Mächtigen zu suchen. Daneben fand man auch Wege, aus den anderen Arten der Felder Shöen zu machen. In den Bestimmungen des Taihö-Gesetzes über das Amtsland, Shokuden, und Rangland, Iden, gab es einen Abschnitt, der besagte, daß die Beamten, die mit Ehren aus ihrem Dienst scheiden, die Hälfte des Amts- und Ranglandes behalten dürfen. Aus dieser Bestimmung leitete man im Laufe der Zeit die Forderung ab, diese Felder als Eigentum der Familie zu erhalten. Da die unregelmäßige Verteilung des bebauten Landes in den Provinzen mit der Entfernung von der Hauptstadt zunahm, geschah es häufig, daß die Landadligen selbst das Staatsland, Köden, an sich rissen und zu Shöen machten. Da die Besitzer der Shöen aus dem hauptstädtischen Adel das bequeme Leben in der Metropole dem weniger angenehmen auf dem Lande vorzogen, setzten sie für ihre Ländereien Verwalter ein. Diese benutzten ihre Stellung vielfach, um selbst auf Kosten der Grundherren zu Ansehen und Wohlstand zu gelangen, so daß den Besitzern in der Hauptstadt die Grundlage ihres Einflusses und ihres Reichtums verlorenging. Die provinzialen Adligen dagegen gründeten auf ihrem steuerfreien Landbesitz eine Macht, die sie in zunehmendem Maße von der Regierung unabhängig machte3). Allmählich gingen die Inhaber der Shöen dazu über, steuerfreies Land weiterzugeben. Durch diese Maßnahme wuchs der Kreis derjenigen, die von den Steuern befreit waren, weiter. Die Besitzer der Shöen wurden Ryöshü, Gebietsherren, genannt, hatten sie einen höheren als den 3. Rang, hießen sie Ryöka. Diejenigen, die ihr Land nicht selbst verwalteten, wie die Prinzen, Hofadligen, Tempel und Schreine, wurden Honkä, eigentliche Besitzer, genannt. Unter K w a m m u Tennö, Erlaß vom 19. 12. 784 (REISCHAUKB S. 216), Erlaß vom 28. 1. 785 (REISCHAUER S. 217). a ) V g l . KDBITA S. 169.
®) Über die wirtschaftliche Organisation der Shöen: REISOHA.UK», 8. 38.
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So wuchsen die Shöen aus zwei Wurzeln: erstens aus durch kaiserliche Gunst gewährtem Land und zweitens aus urbargemachtem Neuland. Die erstere bildete in der Hauptsache eine Apanage für die Hofadligen, während die zweite die Basis für das Emporkommen der Provinzadligen wurde. Auch das Wachstum selbst wurde durch eine doppelte Triebfeder gefördert, durch das Streben der Hofadligen, ihren Reichtum zu vermehren, und durch das Streben des Landadels, die Grundlage seiner Macht zu verbreitern. Beides wirkte zusammen, um die wichtigste Einnahmequelle des Staates, die aus dem besteuerten Lande floß, mehr und mehr zum Versiegen zu bringen. Damit wurde der ganze Wirtschaftsbau von innen her ausgehöhlt, bis er zusammenstürzte.
III. Die Reformversuche der Kwampyo- und Engi-Ära Um die Wende des ersten Jahrtausends erschien noch keiner der Schäden so groß, daß er nicht durch Reformen behoben werden konnte. Die drei vordringlichsten Aufgaben waren die Stärkung der Zentralgewalt, die Neuregelung des Steuerwesens und die Überbrückung der Kluft zwischen dem Luxus der Gebildeten in der Hauptstadt und der Armut der Ungebildeten in den Provinzen. In den folgenden zwanzig Jahren ist auf allen Gebieten der Versuch gemacht worden, eine Besserung zu schaffen. Daß Versuche unternommen wurden, hat dazu beigetragen, den Glanz dieser Zeit in der japanischen Überlieferung zu erhöhen. Daß keiner von ihnen zu seinem Ziel führte, hat die Historiker heute allgemein dazu geführt, die Zeit der Kwampyö- und Engi-Ära als einen Abschnitt in der japanischen Geschichte zu betrachten, in der die Zeichen des Verfalls der bestehenden Ordnung schon deutlich wurden. a) Die Reformbewegungen unter Uda Tennö Als Uda Tennö nach Mototsunes Tod keinen neuen Regenten, Kwampaku, ernannte, schien es, als ob eine neue Zeit beginnen könne. Alles hing davon ab, daß man einen Staatsmann fände, der Kraft und Mut hätte, der Entwicklung eine entscheidende Wendung zu geben. Die Voraussetzungen waren günstig. Die Beherrschung der Politik durch die Fujiwara wurde dadurch unterbrochen, daß sich für die Stellung Mototsunes zunächst kein Nachfolger fand. Sein Sohn Tokihira stand erst am Anfang seiner Laufbahn. Der Kanzler zur Rechten war zwar ein Fujiwara, aber er besaß weder Willen noch Fähigkeit, die Leitung des Staates zu übernehmen1). So war Uda Tennö in der Wahl seiner höchsten Mitarbeiter unabhängiger, als es die Kaiser lange Zeit hindurch gewesen waren. Seine Wahl fiel auf Sugawara Michizane, den er bald nach Mototsunes Tod zum Kurödo no tö machte und dem er in wachsendem Maß Vertrauen schenkte. Die Beurteilung Michizanes in der Geschichtsschreibung ist nicht einheitlich. Sicher gebührt ihm nicht die Gloriole, die die offizielle japanische Geschichtsschreibung früherer Zeit um ihn, der als Gott der chinesischen Schreibkunst im nationalen Bewußtsein lebendig ist, gewoben hat. Aber auch das Verdammungsurteil MTJBDOCHS2) wird ihm nicht gerecht. Michizane stammte aus dem Teil des hauptstädtischen Adels, der die chinesische Bildung und Kultur zu jenem Höhepunkt in Japan gebracht hatte. Möglichst umfassende Kenntnisse der chinesischen Klassiker, Fertigkeit in der Komposition chinesischer Gedichte und Essays, Luxus und Wohlleben waren die Ziele des Lebens dieser Menschen gewesen. Aus dieser Welt konnte kein leitender Staatsmann kommen, der ein offenes Auge für die Übel der Zeit hatte ») Vgl. MTJBDOCH I , S. 245. «) Vgl. MTJBDOCH I , S. 2 4 2 — 2 4 8 ,
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So wuchsen die Shöen aus zwei Wurzeln: erstens aus durch kaiserliche Gunst gewährtem Land und zweitens aus urbargemachtem Neuland. Die erstere bildete in der Hauptsache eine Apanage für die Hofadligen, während die zweite die Basis für das Emporkommen der Provinzadligen wurde. Auch das Wachstum selbst wurde durch eine doppelte Triebfeder gefördert, durch das Streben der Hofadligen, ihren Reichtum zu vermehren, und durch das Streben des Landadels, die Grundlage seiner Macht zu verbreitern. Beides wirkte zusammen, um die wichtigste Einnahmequelle des Staates, die aus dem besteuerten Lande floß, mehr und mehr zum Versiegen zu bringen. Damit wurde der ganze Wirtschaftsbau von innen her ausgehöhlt, bis er zusammenstürzte.
III. Die Reformversuche der Kwampyo- und Engi-Ära Um die Wende des ersten Jahrtausends erschien noch keiner der Schäden so groß, daß er nicht durch Reformen behoben werden konnte. Die drei vordringlichsten Aufgaben waren die Stärkung der Zentralgewalt, die Neuregelung des Steuerwesens und die Überbrückung der Kluft zwischen dem Luxus der Gebildeten in der Hauptstadt und der Armut der Ungebildeten in den Provinzen. In den folgenden zwanzig Jahren ist auf allen Gebieten der Versuch gemacht worden, eine Besserung zu schaffen. Daß Versuche unternommen wurden, hat dazu beigetragen, den Glanz dieser Zeit in der japanischen Überlieferung zu erhöhen. Daß keiner von ihnen zu seinem Ziel führte, hat die Historiker heute allgemein dazu geführt, die Zeit der Kwampyö- und Engi-Ära als einen Abschnitt in der japanischen Geschichte zu betrachten, in der die Zeichen des Verfalls der bestehenden Ordnung schon deutlich wurden. a) Die Reformbewegungen unter Uda Tennö Als Uda Tennö nach Mototsunes Tod keinen neuen Regenten, Kwampaku, ernannte, schien es, als ob eine neue Zeit beginnen könne. Alles hing davon ab, daß man einen Staatsmann fände, der Kraft und Mut hätte, der Entwicklung eine entscheidende Wendung zu geben. Die Voraussetzungen waren günstig. Die Beherrschung der Politik durch die Fujiwara wurde dadurch unterbrochen, daß sich für die Stellung Mototsunes zunächst kein Nachfolger fand. Sein Sohn Tokihira stand erst am Anfang seiner Laufbahn. Der Kanzler zur Rechten war zwar ein Fujiwara, aber er besaß weder Willen noch Fähigkeit, die Leitung des Staates zu übernehmen1). So war Uda Tennö in der Wahl seiner höchsten Mitarbeiter unabhängiger, als es die Kaiser lange Zeit hindurch gewesen waren. Seine Wahl fiel auf Sugawara Michizane, den er bald nach Mototsunes Tod zum Kurödo no tö machte und dem er in wachsendem Maß Vertrauen schenkte. Die Beurteilung Michizanes in der Geschichtsschreibung ist nicht einheitlich. Sicher gebührt ihm nicht die Gloriole, die die offizielle japanische Geschichtsschreibung früherer Zeit um ihn, der als Gott der chinesischen Schreibkunst im nationalen Bewußtsein lebendig ist, gewoben hat. Aber auch das Verdammungsurteil MTJBDOCHS2) wird ihm nicht gerecht. Michizane stammte aus dem Teil des hauptstädtischen Adels, der die chinesische Bildung und Kultur zu jenem Höhepunkt in Japan gebracht hatte. Möglichst umfassende Kenntnisse der chinesischen Klassiker, Fertigkeit in der Komposition chinesischer Gedichte und Essays, Luxus und Wohlleben waren die Ziele des Lebens dieser Menschen gewesen. Aus dieser Welt konnte kein leitender Staatsmann kommen, der ein offenes Auge für die Übel der Zeit hatte ») Vgl. MTJBDOCH I , S. 245. «) Vgl. MTJBDOCH I , S. 2 4 2 — 2 4 8 ,
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und einen kühlen Verstand, um die Erkenntnisse in die Wirklichkeit umzusetzen. Auch Uda Tennö gehörte nicht zu den Herrschern, die ihr Jahrhundert auf die Schultern nehmen und den Geschicken des Landes ihren Stempel aufdrücken können. So blieben alle Maßnahmen der Politik in einem Dilettantismus hängen, der für die Notwendigkeiten des Augenblicks zwar einige Mißstände zu beseitigen suchte, der aber an ihren Ursachen vorbeiging. Mit der Abkehr von der Fujiwara-Regentschaft und der Erhebung Sugawara Michizanes sollte der erste Schritt zur Rückkehr zum chinesischen Verdienstsystem getan werden. Auch wenn man eine Beurteilung der Qualitäten Michizanes außer Betracht läßt, war dies nur eine halbe Maßnahme, denn gleichzeitig mit Sugawara Michizane stieg sogar mit einigem Vorrang der junge Fujiwara Tokihira auf der Stufenleiter der Beamtenhierarchie empor. Sein Hauptaugenmerk richtete Uda Tennö auf das darniederliegende Landverteilungs- und Steuerwesen. Ein Verbot, 894, daß freie Bauern ihr Land den großen Grundbesitzern übergeben, sollte das Anwachsen der Shöen und die Abnahme des besteuerbaren Landes einschränken. Seine Ansicht und Ratschläge für die Regierung hat Uda Tennö in den Kwampyögoikai, den Ratschlägen der Kwampyö-Ära, seinem Nachfolger übermittelt, als er nach zehnjähriger Regierung abdankte und Mönch wurde. In diesem politischen Testament ermahnt er seinen Sohn, Gerechtigkeit und Unparteilichkeit zu den Maximen seiner Herrschaft zu machen. Dann empfiehlt er ihm, Fujiwara Tokihira als den Nachkommen eines hochverdienten Geschlechts und Sugawara Michizane als einen bewährten Ratgeber zu seinen Mitarbeitern zu erwählen. b) Die P l ä n e F u j i w a r a T o k i h i r a s Bald nach seiner Thronbesteigung ernannte Daigo Tennö Fujiwara Tokihira zum Kanzler zur Linken und Sugawara Michizane zum Kanzler zur Rechten und bekundete so den Willen, die Politik seines Vaters fortzuführen. Die Stelle des Großkanzlers, Dajödaijin, blieb weiter unbesetzt. Hierin sehen viele Historiker einen Beweis für die Absicht Daigo Tennös, selbst die Regierung zu führen. Jedoch hinderte im ersten Teil seiner Regierungszeit der Gegensatz zwischen den beiden leitenden Staatsbeamten die Einheitlichkeit und die Wirksamkeit der Maßnahmen, so daß aus dieser Zeit außer einem Befehl, die Ausgaben des kaiserlichen Haushaltes um ein Viertel einzuschränken, keine Reformversuche überliefert sind. Die Feindschaft zwischen den beiden Kanzlern lag einmal in den Charakteren begründet. Tokihira wird als energisch, ehrgeizig und hart geschildert, Michizane war pedantisch, maß voll und weich. Tokihira war wollüstig, Michizane moralisch. Den zweiten Grund bildete der Unterschied in der sozialen Stellung. Tokihira stammte aus dem Geschlecht, das bereits seit Generationen die höchsten Staatsämter innegehabt hatte, Michizanes Großvater war der erste Kugyö 1 ) aus dem Sugawara-Geschlecht. Es gab nur ein Vorbild in der japanischen Geschichte, daß ein Gelehrter zu den höchsten Staatsämtern aufgestiegen war, Kibi no Mabi war 766—770 Kanzler zur Rechten gewesen. Michizanes Aufstieg wurde nicht nur von den Fujiwara und Minamoto mit Eifersucht betrachtet, sondern auch von den anderen Gelehrten mit Neid verfolgt. Die hervorragendsten Vertreter der Partei Tokihiras waren Minamoto Hikaru und des Kaisers Onkel, Fujiwara Sadakuni, die berühmten Gelehrten Fujiwara Sugane und Miyoshi Kiyoyuki. Wie weit sachliche Gründe, das heißt die Erkenntnis von Michizanes Unzulänglichkeit, eine Rolle gespielt haben, läßt sich nicht mit Sicherheit entscheiden. Sie treten aber hinter der persönlichen Rivalität zurück. Da die Dokumente über die Ereignisse, die zu Michizanes Sturz führten, bei seiner Rehabilitierung verbrannt worden sind, ist l
) Kugyö waren die Inhaber des dritten oder eines höheren Banges. Vgl. Denkschrift S. 40, Arno. 1.,
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Inoe-Lorp Kluge
es auch schwer festzustellen, ob die Beschuldigungen gegen Michizane zu Recht bestanden. Aus einem Bericht des Fusöryakki glauben einige moderne japanische Historiker1) entnehmen zu können, daß die Anklage nicht grundlos war. Die Mehrzahl der japanischen Gelehrten stützen sich aber auf das Dainihonshi, in dem diese Behauptung als eine Verleumdung seiner Feinde bezeichnet wird. Nach Michizanes Sturz, 901, bestimmte Tokihira die Richtung der Politik. Seine Macht war nicht so unumstritten wie die seines Vaters, denn der Kaiser behielt einen entscheidenden Anteil an der Regierung in seiner Hand. In der Zeit, in der Tokihira der leitende Staatsmann war, versuchte er energisch, die von ihm erkannten Fehler zu bekämpfen. Die sieben Artikel, die er im zweiten Jahr der Ära Engi, 902, verfaßte, geben Zeugnis davon, daß er in der Schwächung der Zentralgewalt, in den Mißständen im Steuerwesen und im Anwachsen des Großgrundbesitzes die Ursachen des Niederganges sah. Der Inhalt dieser Artikel besagte folgendes2): 1. Die Provinzialbeamten suchen selbständige Gewalt zu erlangen, indem sie nach Ablauf ihres Termins unter den verschiedensten Vorwänden Wiederverleihung ersuchen und auf diese Weise oft fünf-, sechsmal das Amt innehaben. Dies wird verboten. 2. Es wird verboten, die Warensteuer in minderwertiger Ware zu bezahlen. 3. Staatliche Landverteilung, die seit 60 Jahren geruht hat, ist neu durchzuführen, zu unterdrücken sind Mißstände der Art, daß einerseits Männer, die staatliche Frondienste leisten, kein Kopfanteilland haben, andererseits andere das Land von verstorbenen Angehörigen nicht zurückgeben und daß in einem Hausstand nur ein männlicher Insasse angegeben wird und alle anderen der Wahrheit zuwider als Frauen und Kinder bezeichnet werden, um staatlichen Arbeiten zu entgehen. 4. Es wird untersagt, als Landtaxe Ähren zu bezahlen. 5. Es wird erneut verboten, daß die Tempel und Großen von Berg, Fluß, Busch und Bruch Besitz ergreifen. 6. Ebenso wird ihnen untersagt, falls sie außerhalb von Kyoto wohnen, Häuser des Volkes als Speicher einzurichten, weil das der Steuerentziehung des gemeinen Mannes Vorschub leistet. 7. Ebenso wird ihnen strengstens untersagt, Land und Häuser des gemeinen Mannes zu kaufen, freigewordenes oder wildes Land zu besetzen oder zu besitzen. Auch Urbarmachung von kaiserlichem Land hat aufzuhören. Auch gegen den üppigen Luxus in der Hauptstadt versuchte Tokihira einzuschreiten. Die Gesetze gegen den Luxus schienen in Vergessenheit geraten zu sein. So beschloß er, ein Exempel zu statuieren. Nach Absprache mit dem Tennö erschien er eines Tages bei Hofe in einem Kleid, das wider alle Vorschriften war. Der Kaiser tadelte ihn, und er zog sich scheinbar erschrocken zurück, ging zu Fuß nach Hause und lebte einen Monat lang ganz zurückgezogen. Sein Beispiel soll eine gute Wirkung gehabt haben, wenigstens für kurze Zeit3). Man kann sich vorstellen, wie groß die Widerstände waren, die sich gegen Tokihiras Pläne erhoben. Nicht nur der Hofadel, der seine Vorrechte bedroht sah, sondern auch die aufsteigenden Landadelsgeschlechter, die aus den ungeordneten Zuständen in den Provinzen und aus der zunehmenden Verweichlichung in der Hauptstadt ihren größten Nutzen zogen, wollten von den neuen Plänen nichts wissen. Tokihira war bereit, den Kampf aufzunehmen, Nishida und Kume Kunitake. ') Übersetzung von Bohner II, T. 60. 3 ) Vgl. Dainihon-jimmei-jisho, Biographie des Fujiwara Tokihira.
Miyoshi Kiyoyuki
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der die von ihm erkannten Schäden beseitigt hätte. Diese sieben Artikel sollten erst der Anfang sein. Aber seine Zeit war zu kurz, um eine nachhaltige Wirkung zu erzielen. Er starb im 9. Jahr der Ära Engi, 909, erst 38 Jahre alt. Mit seinem Tod wurde es auch um sein Reformprogramm still. c) Die Zeit Daigo Tennös Nachdem Tokihira gestorben war, hat Daigo Tennö zehn Jahre lang keinen Kanzler zur Linken ernannt, sondern die Regierungsgeschäfte persönlich geführt. Zahlreich sind die Erzählungen, die von dem weisen und gütigen Regiment des Tennö bekannt sind. Im Gedächtnis des Volkes lebt er als der müde, gütig lächelnde Kaiser fort, der in einer Winternacht in ärmlichster Kleidung unter das Volk ging, um selbst zu erfahren, wie es den Unbemittelten bei solcher Kälte gehe. Die Zeit seiner Regierung bedeutet einen Höhepunkt der Herrlichkeit des Tennötums. Vor der Geschichte hält dieses Urteil jedoch nicht stand. Auch Daigo Tennö blieb ein Gefangener seiner Zeit und Umgebung. Uber Pläne und Ansätze kam er nicht hinaus. Die Freude an der Idee überwog das Interesse an der Ausführung. Dem Anwachsen der Shöen versuchte er durch einen Erlaß, 902, Einhalt zu gebieten, in dem die Kultivierung neuer Felder verboten wurde und den Rangträgern über dem 5. Rang bis hinauf zu den kaiserlichen Prinzen befohlen wurde, Erwerbungen von Reisland der Bauern und von unbebautem Land einzustellen. Der Erfolg des Erlasses war gering. Das besteuerbare Land nahm weiter ab. Die Freude an Plänen tritt auch bei der Aufforderung an alle hohen Beamten und Würdenträger, ihre aufrichtige Meinung über Politik und Regierung zum Ausdruck zu bringen, 914, in Erscheinung. Es ist anzunehmen, daß bei dieser Gelegenheit viele kluge Gedanken geäußert wurden, trotzdem nur eine Antwort in der Denkschrift Miyoshi Kiyoyukis erhalten ist. Daß im Anschluß daran Maßnahmen zu Reformen getroffen worden sind, ist nicht überliefert. In den letzten Jahren seiner Regierung zog sich Daigo Tennö mehr und mehr von den Geschäften zurück. Zahlreiche Mißgeschicke hatten ihn müde gemacht: 915 hatte eine Pockenepidemie das Land heimgesucht, zweimal war der zum Thronfolger bestimmte Prinz gestorben, 923 Yasuakira Shinnö und 925 Yasuakiras Sohn. Die Fujiwara konnten sich wieder in den Vordergrund spielen. 927 wurde Fujiwara Tadahira, ein Bruder Tokihiras, Kanzler zur Linken und Fujiwara Sadakata Kanzler zur Rechten.
2. T E I L
MIYOSHI KIYOYUKI I. Lebenslauf Die Quellen, auf die sich die Biographie des Miyoshi Kiyoyuki im Dainihonshi stützt, bestehen hauptsächlich aus einigen Notizen des Kugyöbunin1) und aus den im Honchöbunsui gesammelten politischen Schriften des Kiyoyuki. Kiyoyuki kam aus dem niederen Hofadel, dessen Schicksal mit dem glanzvollen Aufstieg der Fujiwara-Familie eng verbunden war und dessen Angehörige als Beamte, Priester, Gelehrte und Künstler dem Leben in der Hauptstadt das Gepräge gaben. Sein Schriftstellername war Yö. In einigen Quellen wird dieser auch als Sanyo angegeben. Sanyo ist daraus entstanden, daß man früher allgemein das erste Zeichen des Familiennamens in sino-japanischer Lesung dem Schriftstellernamen vorangestellt hat. Im Ködanshö2) ist der persönliche Name als Kyöichi überliefert. Hierbei handelt es sich um eine phonetische Umschreibung der Laute mit chinesischen Zeichen. Im Jinnö-shötöki wird er als Zenshökö, Staatsminister Herzog Zen3), erwähnt. Zen ist die sino-japanische Lesung des zweiten Teiles seines Familiennamens yoshi. Die Miyoshi-Familie stammte von koreanischen Einwanderern ab, die einst als Lehrmeister der chinesischen Kultur nach Japan gekommen waren und Generationen hindurch die Träger der chinesischen Bildung und Wissenschaft waren. Einzelheiten über die Vorfahren Kiyoyukis ließen sich aus dem hier vorliegenden Material nicht feststellen. Er war der dritte Sohn des Awaji no Kami, Ujiyoshi. Da dessen Name im Kugyöbunin erwähnt wird, ist er Inhaber des 3. oder eines höheren Ranges gewesen. Seine Mutter bleibt in der Biographie unerwähnt. Kiyoyuki wurde im 14. Jahr der Ära Shöwa, 847, geboren. Der begabte junge Adlige erhielt Unterricht bei Kose Fumio, der als einer der hervorragendsten Gelehrten im damaligen Kyoto galt und der in der Jögwan-Ära, 859—876, Leiter der Staatsschule, Daigaku no kami, war. Schon auf der Daigaku zeichnete sich Kiyoyuki durch eifriges Studium und gute Kenntnisse aus, so daß sein Lehrer ihn öffentlich lobte und von ihm sagte, daß er seine Mitschüler an Gelehrsamkeit überrage. Als der um zwei Jahre jüngere Sugawara Michizane von dieser Auszeichnung hörte, erwachte seine Eifersucht, und er verspottete den Rivalen, wie im Ködanshö berichtet wird, denn der eitle Michizane wollte den Ruhm, der erfolgreichste Schüler der Zeit zu sein, mit niemandem teilen. Selbst wenn dieser Bericht nur eine Anekdote sein sollte, kennzeichnet er das von Anfang an gespannte Verhältnis der beiden. Von dem Verlauf der Studienzeit wird zunächst nichts berichtet. Das Studium auf der Daigaku der damaligen Zeit war streng geregelt. Unter der Aufsicht des Leiters mußten die Schüler nach chinesischem Vorbild eine Kette von Prüfungen bestehen. Das erste Examen bestand in einer Leseprobe, bei der mindestens drei von fünf Zeilen aus dem Shi-chi oder den Han-Annalen gekonnt werden mußten. Der Schüler erhielt dann den Titel Gimonjösei. *) Kugyöbunin, Zusammenstellung, in der der Tag der Ernennung der Daijin, Sekkwan, Bokusai und der Bangträger des 3. oder eines höheren aufgezeichnet ist. Alter, Bang, Ämter, manchmal ein kurzer Lebensbericht sind hinzugefügt. Ursprünglich die Zeit von der Beichsgründung bis 967 umfassend, wurde sie allmählich bis zur Keichö-Ära (1596—1614) fortgeführt, ein Index bis zum 1. Jahr Meiji wurde hinzugefügt. _ ») Aufzeichnung der Gespräche des Oe Masafusa, im Gunshoruijü überliefert. ») Übersetzung B O H N S B II, T. 60.
Miyoshi Kiyoyuki
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Danach mußte er nach einem von dem Shikibutaifu oder von dem Shöfu gestellten Thema ein chinesisches Gedicht verfassen. Fand dieses vor den beiden Beamten des Shikibushö und vor dem Monjöhakase Gnade, wurde der Student zum Monjösei ernannt. Das nächste Examen bestand darin, wiederum chinesische Gedichte zu verfassen. War auch diese Prüfung bestanden, wurde der Monjösei zum Monjötokugyösei, zum Graduierten der Literatur. In der Jögwan-Ära erlangte Kiyoyuki diesen akademischen Titel. Danach wurde dem Studenten durch kaiserlichen Erlaß aufgegeben, eine Arbeit, Höryaku no saku, einzureichen. Erst dann konnte er mit Ämtern betraut und in der Rangordnung befördert werden. Für Kiyoyuki begann die Ämterlaufbahn damit, daß er zum Gonsakwan, stellvertretenden Unterbeamten, von Echizen ernannt wurde. Wahrscheinlich handelte es sich bei dieser Ernennung nur um einen Titel, ohne daß eine wirkliche Tätigkeit damit verbunden war. Das 5. Jahr der Gangyo-Ära, 881, brachte ihm in seiner akademischen Laufbahn eine Niederlage. Er fiel durch das Taisaku-Examen, ein aus dem China der Han-Zeit übernommenes Prüfungsverfahren, bei dem sich der Kandidat in einem Streitgespräch mit einem hervorragenden Gelehrten behaupten mußte. Zwei Jahre später, bei einem erneuten Versuch wurde ihm das Prädikat „bestanden" zuerkannt. Er blieb nun zunächst in der Verwaltung der Daigaku und wurde Shöin, unterer Verwaltungsbeamter, mit dem nachfolgenden 7. Rang 1. Klasse. Daß er wegen Gelehrsamkeit und Gewandtheit in der chinesischen Schrift einen guten Ruf genoß, wird dadurch bestätigt, daß er in der Ninwa-Ära, 885—889, zum Shönaiki, Untersekretär des Innern, im Nakatsukasa mit dem wirklichen 7. Rang 1. Klasse und nach kurzer Zeit bis zum nachfolgenden 5. Rang 2. Klasse aufstieg. Bald darauf wurde er zum Obersekretär des Innern, Dainaiki, befördert. Die Naiki bildeten ein Sonderamt des Nakatsukasa, Naikisho. Ihre Bedeutung war zwar durch die Errichtung des Kurödo-dokoro sehr zurückgegangen, da ihnen nur noch die Abfassung der kaiserlichen Erlasse über die Etikette anvertraut war. Trotzdem galt das Amt als eine Anerkennung überdurchschnittlicher Kenntnisse in chinesischer Sprache und Kalligraphie. Im 5. Jahr der Kwampyö-Ära, 893, wurde Kiyoyuki Suke, Vizegouverneur, von Bitchü, dem heutigen Okayama-ken. Im Gegensatz zu der Mehrzahl der anderen Hofbeamten, die, wenn sie ein Amt in der Provinz erhielten, aus ihrer Abneigung gegen das primitivere Leben dort kein Hehl machten und nicht selten das Amt durch einen Unterbeamten verwalten ließen und selbst in der Hauptstadt blieben, hat Kiyoyuki sich mit Eifer an die Arbeit gemacht. Aus seiner Erfahrung während dieser Zeit gewann er eine Vorstellung von den Mißständen in Verwaltung und Wirtschaft der Provinzen, die zum Ruin des Staates führen mußten. Er hat diese Erkenntnisse später in seiner Denkschrift aufgezeigt und auch Mittel zur Besserung der Zustände vorgeschlagen. Während seiner Amtstätigkeit rückte er zum nachfolgenden 5. Rang 1. Klasse auf. Sieben Jahre lang verwaltete er das Amt in Bitchü. Im 3. Jahr der Ära Shötai, 900, wurde er zum Taifu, Obervizeminister, im Justizministerium und gleichzeitig zum Monjöhakase, Professor der Literatur, ernannt1). Einzelheiten über Kiyoyukis Tätigkeit als zweiter Minister des Justizministeriums werden im Dainihonshi nicht erwähnt. Nur seine gründliche Kenntnis des Rechts wird hervorgehoben. Der Titel Monjöhakase war der höchste, den die damalige gelehrte Welt zu vergeben hatte. Damit war es Kiyoyuki gelungen, einen Platz unter den ersten Gelehrten seiner Zeit zu finden. Am 13. Tag des 6. Monats des 3. Jahres Shötai erhielt er den ehrenvollen Auftrag, in Gegenwart des Tennö eine Vorlesung über das Shi-chi des Sze-ma Ch'ien zu halten. Es mag ein stolzer Augenblick im Leben des Gelehrten gewesen sein, als er vor der glanzvollen Hofgesellschaft Im Kugyöbunin erwähnt.
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INGE-LOBE K L U G E
über dieses Werk chinesischer Geschichtsschreibung, das auch in Japan als vorbildlich betrachtet wurde, berichten durfte. Eingehend hat sich Kiyoyuki auch mit chinesischem Denken und mit chinesischer Philosophie beschäftigt. Besonders beeindruckt war er von den Gedanken des I-ching. Auf die Lehre des Hsien-wei des Yin-Yang-Systems stützte er seine Betrachtung über die Revolution, die er im 3. Jahr der Shötai-Ära einreichte. Nach dieser Lehre waren das 58. Jahr und das 1. Jahr des Sechziger-Zyklus Jahre der Revolution und der Umwälzung. Da das kommende Jahr, 4. Jahr Shötai, auf das 58. Jahr des Zyklus fällt, so sagte er in seiner Abhandlung, muß eine gewaltsame Umwälzung kommen, falls man nicht durch eine Änderung des Nengö dieser zuvorkommt1). Es scheint so, daß man seinen Vorstellungen zunächst keine Beachtung schenkte. Vielleicht ist dies auf den zu der Zeit noch ungebrochenen Einfluß Michizanes zurückzuführen. In dieser Zeit sah der Hof von Kyoto in Sugawara Michizane, Miyoshi Kiyoyuki und K i no Haseo ein strahlendes Dreigestirn, das nach Art und Herkunft zu gemeinsamem Wirken bestimmt schien. Aber gegenseitige Anerkennung war nicht die starke Seite dieser großen Gelehrten. Kleinliche Eifersucht und Rivalität schufen Gegensätze, die in Intrigen und Anfeindungen ihren Ausdruck fanden. Mit K i no Haseo, dem Schüler und Anhänger Michizanes, hatte Kiyoyuki einst ein Streitgespräch, bei dem er zu ihm gesagt haben soll: „Bisher hat es keinen unfähigen Hakase gegeben. Du machst jetzt den Anfang." K i no Haseo setzte sich gegen diesen beleidigenden Angriff nicht zur Wehr, und Kiyoyuki nahm dies als eine Bestätigung von dessen Unfähigkeit. Auch dieser Bericht gehört wohl in das Reich der Anekdote, aber er wirft doch ein Licht auf die Stellung der Gelehrten zueinander. Wenn in einer anderen Abhandlung von Kiyoyuki gesagt wird: „Sein Pinsel spritzte Feuer" 2 ), so ist wohl der Schluß erlaubt, daß der Kampf heftig und Kiyoyukis Gewandtheit in der Diskussion groß waren. Sugawara Michizane, der damals auf der Höhe seiner Macht stand und vom Kaiser zum Kommandanten der rechten inneren Palastwache, Ukonoefu no taishö, ernannt werden sollte, hatte diese Beförderung abgelehnt, weil er wohl fühlte, daß eine weitere Stärkung seiner Macht seine zahlreichen Feinde zu Gegenmaßnahmen herausfordern würde. Kiyoyuki lobte ihn in einem Schreiben für diesen Entschluß. Die Haltung, die er später Michizane gegenüber einnahm, zeigt jedoch, daß dieses Lob alles andere als ein aufrichtiger Rat gewesen ist. Er stand schon lange auf der Seite der Gegner Michizanes. Als die Intrige der Fujiwara, die um ihre Vormachtstellung bangten, des hohen Adels, der sich durch die Bevorzugung des Gelehrten aus weniger vornehmem Geschlecht zurückgesetzt fühlte, und der Gelehrten, die auf die glanzvolle Laufbahn ihres Kollegen eifersüchtig waren, bereits gesponnen war, richtete Kiyoyuki zunächst eine mündliche Aufforderung an Michizane, sich zurückzuziehen. Als dieser auf den Rat nicht einging, wiederholte er seine Warnung schriftlich3). Als Begründung für seine Forderung führte er die Vorhersage auf Grund der Yin-Yang-Lehre an, daß das kommende 58. Jahr des Zyklus ein Jahr der Umwälzung sei, und daß dem drohenden Unheil nur durch vorbeugende Maßnahmen entgangen werden könne. Darum müsse Michizane einsehen, daß er am Ende seiner Laufbahn angekommen sei, deren Glanz nur mit dem des Aufstiegs von Kibi no Mabi zu vergleichen sei. Er solle nun durch einen freiwilligen Rücktritt seinem Lebenswerk einen ruhmvollen Abschluß geben. Michizane wollte dieser Aufforderung keine Beachtung schenken. Wie alle eitlen Menschen hat er wohl die 1 ) Diese Abhandlung ist unter dem Namen „Kakumei-kammon" bekannt und im Kaigenki erhalten. 2 ) Vgl. Nihon-seishin-bunkwa-taikei, Einleitung S. 23. 3 ) Diese Warnung ist im Honchöbunsui überliefert. Über dieses Werk vgl. S. 39.
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Festigkeit seiner Stellung überschätzt. Dazu kam noch, daß er das Leben am Kaiserhof nicht missen wollte. So mußte er den bitteren Weg zu Ende gehen. Als nach seiner Verbannung der Kanzler zur Linken Fujiwara Tokihira von allen Beamten diejenigen, die aus der Sugawara-Schule hervorgegangen waren, entlassen wollte, warnte ihn Kiyoyuki vor dieser Maßnahme, durch die die Hälfte aller Beamten aus dem Dienst scheiden müßten. Damit ist wohl bewiesen, daß Kiyoyuki bei seiner Stellungnahme gegenMichizanenicht nur persönlicher Feindschaft und Eifersucht gefolgt ist, sondern daß der Gedanke an das Wohl des Staates im Vordergrund gestanden hat. Aus der Erkenntnis, daß Michizane den Aufgaben des leitenden Staatsmannes nicht gewachsen war, zog er die Konsequenz und arbeitete an Michizanes Sturz. Danach konnte er vorschlagen, die Erfahrungen und die Arbeitskraft der tüchtigen und gutwilligen Beamten, selbst wenn sie aus der Schule der Sugawara kamen, nicht auszuschalten. Er war aber vorsichtig genug, den Anhängern Michizanes jede Möglichkeit einer wirksamen Gegenwehr zu nehmen. So riet er, die Parteigänger Michizanes aus den militärischen Stellen zu entfernen und deren nächsten Familienangehörigen ihre Ämter zu nehmen oder sie in die Verbannung zu schicken. Tokihira folgte seinem Vorschlag1). Im 4. Jahr der Shötai-Ära wiederholte er seine Eingabe aus dem vergangenen Jahr und forderte eindringlich die Erneuerung des Nengö, um die Vorhersage einer Umwälzung zu erfüllen. Diesmal verhallten seine Worte nicht ungehört. Am 15. Tag des 7. Monats desselben Jahres wurde die neue Ära, Engi, begonnen. In der Folgezeit wurde er zum Daigaku no kami und zum Shöfu im Shikibushö, dem Zeremonialministerium, ernannt. Durch diese beiden Ämter übte er einen großen Einfluß aus. Da das Büro für die Hochschule, Daigakuryö, als ein Sonderamt dem Shikibushö unterstellt war und die fähigen Schüler für die Beamtenstellen vorzuschlagen hatte, lag die Auswahl der Anwärter für die Beamtenstellen in Kiyoyukis Hand. Auf der anderen Seite hatte das Shikibushö als die damalige Personalbehörde über Anstellung und Ernennung zu entscheiden. So konnte Kiyoyuki fast nach eigenem Ermessen die Besetzung der freien Beamtenstellen vornehmen. Auch nach außen wurde dieser Einfluß dokumentiert, indem er zum nachfolgenden 4. Rang 2. Klasse befördert wurde. Bald darauf war er Taifu, Obervizeminister, des Zeremonialministeriums. Mit Fujiwara Tokihira blieb er in enger Verbindung. Als dieser mit der Zusammenstellung der Shiki und Kyaku, die von 868—907 erlassen worden waren, betraut wurde, nahm auch Kiyoyuki an dieser Arbeit teil. Das Vorwort der Ruijü-sandai-kyaku nennt ihn als Mitarbeiter neben anderen Trägern berühmter Namen. Wie groß der Anteil der einzelnen an der Arbeit war, wird nicht erwähnt, aber es ist anzunehmen, daß Kiyoyuki wesentlich zum Gelingen beigetragen hat. Durch seine Arbeit im Justizministerium mußte er umfassende Sachkenntnisse besitzen. Nach Tokihiras Tod stand Kiyoyuki in der ersten Reihe der Ratgeber um Daigo Tennö. In seiner Antwort auf die kaiserliche Aufforderung, eine Denkschrift einzureichen, die eigene Meinung über die politische und wirtschaftliche Lage, über die Fehler der Regierung und über Vorschläge zur Besserung und Abhilfe darzubieten, hat Kiyoyuki seine politischen Erkenntnisse niedergelegt. Im 17. Jahr der Ära Engi, 917, wurde Kiyoyuki zum Staatsrat, Sangi, ernannt und gleichzeitig zum Minister des kaiserlichen Hausministeriums, Kunaikyö. Es war ihm aber nur noch eine kurze Zeit der Wirksamkeit beschieden. Im folgenden Jahr erhielt er noch den Titel eines provisorischen Gouverneurs, Gonkami, von Harima2). Er starb im 12. Monat des 18. Jahres der Ära Engi, 918, 72 Jahre alt. 1 2
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) Diese Eingabe ist im Honchöbunsui erhalten, und im Seijiyöryaku erwähnt. ) Im Kugyöbunin aufgezeichnet.
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INGE-LORE KLUGE
Von seinen zahlreichen Kindern sind weder die Namen noch Einzelheiten über deren Lebensschicksale bekannt. Sein achter Sohn soll klug und ein frühreifes Kind gewesen sein. Bereits mit sieben Jahren schor er sich das Haupt und wurde Mönch1). Als solcher nannte er sich Tokihito. Mit Kiyoyuki war der letzte der drei großen Gelehrten der Engi-Ära, nachdem Ki no Haseo im 12. Jahr dieser Periode gestorben war, aus dem Leben geschieden. Außer den im Honchöbunsui gesammelten Denkschriften und einigen im Fusöshü überlieferten chinesischen Gedichten sind seine literarischen Werke nicht erhalten, die in einer Sammlung Zenkeshü, die Sammlung aus dem Hause Zen, zusammengefaßt waren. Im Ninnaji-shoseki-mokuroku wird diese Sammlung erwähnt. Sie soll nicht nur chinesische Essays und Gedichte enthalten haben, sondern auch zahlreiche japanische Verse, da Kiyoyuki als ein hervorragender Tanka-Dichter galt. So zeugt sein Werk davon, daß er den beiden großen Strömungen der Literatur seiner Zeit gerecht wurde. Die Grundlage seiner Bildung und Weltanschauung bildete die konfuzianische Gelehrsamkeit, wie sie die japanische Staatsschule der damaligen Zeit beherrschte. Unterstützt von einem guten Gedächtnis, hatte er seine Kenntnis von chinesischer Geschichte, Literatur und chinesischem Recht auf eine seltene Höhe gebracht. Zahlreiche Anspielungen in seinen Denkschriften beweisen auch, daß er die japanischen Geschichtswerke ebenso gründlich studiert hatte wie chinesische Geschichte und chinesische Klassiker. Auch im Rechnen wurden seine überdurchschnittlichen Fähigkeiten gerühmt. Er legte den Grund dazu, daß die Pflege der Arithmetik Generationen hindurch in den Händen der Miyoshi lag. Seine enge Beziehung zu der mystischen Ideenwelt der Yin-Yang-Lehre wird in seinen Gedanken über die Revolution deutlich. Trotzdem war er von dem Aberglauben der damaligen Zeit weit entfernt. Im Konjaku-monogatari wird eine Episode aus Kiyoyukis Leben erzählt, die beweist, daß er abergläubische Geisterfurcht nicht kannte. In Kyoto gab es ein Haus, von dem es hieß, es werde von bösen Geistern heimgesucht. Kein Mensch wagte, darin zu wohnen. Kiyoyuki kaufte es und zog hinein, obwohl ihn seine Familie davon abzuhalten versuchte. Daß er, ohne Schaden zu nehmen, in dem Haus wohnen, konnte, mag sein Ansehen noch erhöht haben, da man nun glaubte, selbst die Geister hätten vor ihm Respekt. Dem neuerwachten Buddhismus stand er fremd gegenüber, da er als Staatsmann in den verderbten Sitten der meisten Priester und Mönche eine Gefahr für den Staat sah. Auch der Shintö-Kult der damaligen Zeit bot für ihn wenig Anziehendes. Dennoch klingen in seinen Denkschriften buddhistische und shintoistische Gedanken an. Politisch war er weitsichtig genug, die Mißstände seiner Zeit zu erkennen und Vorschläge zu deren Besserung zur Diskussion zu stellen. Aber auch er hat seine Erkenntnisse nicht in die Tat umgesetzt. Sein Leben und seine Wirksamkeit zeigen einen Mann, der zwar auf der Höhe seiner Zeit stand, aber nicht, über sie hinauswachsend, sie beherrschen konnte. II. Die Denkschrift des Miyoshi Kiyoyuki aus dem 14. Jahr der Ära Engi Die Denkschrift des Miyoshi Kiyoyuki wird als „Ikenfüji"2), versiegelte Darlegung der eigenen Meinung, bezeichnet. Im Shingishiki wird über solche Ikenfüji gesagt: „Zuerst ergeht ein kaiserlicher Erlaß, dann werden die Berichte dargeboten. Die Beamten mit einem höheren als dem 3. Rang und die des 4. und 5. Ranges, die obersten Beamten der Behörden, 1 ) Im Fusöryakki und Gentei-yakusho erwähnt. Das Fusöryakki, vom Priester Koen um 1150 verfaßt, ist im Kokushi-taikei Bd. VI enthalten. 2 ) Lesung nach dem Daihyakkajiten. Vgl. auch REISCHAUER. Für & V findet man auch die Lesung höji.
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Von seinen zahlreichen Kindern sind weder die Namen noch Einzelheiten über deren Lebensschicksale bekannt. Sein achter Sohn soll klug und ein frühreifes Kind gewesen sein. Bereits mit sieben Jahren schor er sich das Haupt und wurde Mönch1). Als solcher nannte er sich Tokihito. Mit Kiyoyuki war der letzte der drei großen Gelehrten der Engi-Ära, nachdem Ki no Haseo im 12. Jahr dieser Periode gestorben war, aus dem Leben geschieden. Außer den im Honchöbunsui gesammelten Denkschriften und einigen im Fusöshü überlieferten chinesischen Gedichten sind seine literarischen Werke nicht erhalten, die in einer Sammlung Zenkeshü, die Sammlung aus dem Hause Zen, zusammengefaßt waren. Im Ninnaji-shoseki-mokuroku wird diese Sammlung erwähnt. Sie soll nicht nur chinesische Essays und Gedichte enthalten haben, sondern auch zahlreiche japanische Verse, da Kiyoyuki als ein hervorragender Tanka-Dichter galt. So zeugt sein Werk davon, daß er den beiden großen Strömungen der Literatur seiner Zeit gerecht wurde. Die Grundlage seiner Bildung und Weltanschauung bildete die konfuzianische Gelehrsamkeit, wie sie die japanische Staatsschule der damaligen Zeit beherrschte. Unterstützt von einem guten Gedächtnis, hatte er seine Kenntnis von chinesischer Geschichte, Literatur und chinesischem Recht auf eine seltene Höhe gebracht. Zahlreiche Anspielungen in seinen Denkschriften beweisen auch, daß er die japanischen Geschichtswerke ebenso gründlich studiert hatte wie chinesische Geschichte und chinesische Klassiker. Auch im Rechnen wurden seine überdurchschnittlichen Fähigkeiten gerühmt. Er legte den Grund dazu, daß die Pflege der Arithmetik Generationen hindurch in den Händen der Miyoshi lag. Seine enge Beziehung zu der mystischen Ideenwelt der Yin-Yang-Lehre wird in seinen Gedanken über die Revolution deutlich. Trotzdem war er von dem Aberglauben der damaligen Zeit weit entfernt. Im Konjaku-monogatari wird eine Episode aus Kiyoyukis Leben erzählt, die beweist, daß er abergläubische Geisterfurcht nicht kannte. In Kyoto gab es ein Haus, von dem es hieß, es werde von bösen Geistern heimgesucht. Kein Mensch wagte, darin zu wohnen. Kiyoyuki kaufte es und zog hinein, obwohl ihn seine Familie davon abzuhalten versuchte. Daß er, ohne Schaden zu nehmen, in dem Haus wohnen, konnte, mag sein Ansehen noch erhöht haben, da man nun glaubte, selbst die Geister hätten vor ihm Respekt. Dem neuerwachten Buddhismus stand er fremd gegenüber, da er als Staatsmann in den verderbten Sitten der meisten Priester und Mönche eine Gefahr für den Staat sah. Auch der Shintö-Kult der damaligen Zeit bot für ihn wenig Anziehendes. Dennoch klingen in seinen Denkschriften buddhistische und shintoistische Gedanken an. Politisch war er weitsichtig genug, die Mißstände seiner Zeit zu erkennen und Vorschläge zu deren Besserung zur Diskussion zu stellen. Aber auch er hat seine Erkenntnisse nicht in die Tat umgesetzt. Sein Leben und seine Wirksamkeit zeigen einen Mann, der zwar auf der Höhe seiner Zeit stand, aber nicht, über sie hinauswachsend, sie beherrschen konnte. II. Die Denkschrift des Miyoshi Kiyoyuki aus dem 14. Jahr der Ära Engi Die Denkschrift des Miyoshi Kiyoyuki wird als „Ikenfüji"2), versiegelte Darlegung der eigenen Meinung, bezeichnet. Im Shingishiki wird über solche Ikenfüji gesagt: „Zuerst ergeht ein kaiserlicher Erlaß, dann werden die Berichte dargeboten. Die Beamten mit einem höheren als dem 3. Rang und die des 4. und 5. Ranges, die obersten Beamten der Behörden, 1 ) Im Fusöryakki und Gentei-yakusho erwähnt. Das Fusöryakki, vom Priester Koen um 1150 verfaßt, ist im Kokushi-taikei Bd. VI enthalten. 2 ) Lesung nach dem Daihyakkajiten. Vgl. auch REISCHAUER. Für & V findet man auch die Lesung höji.
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die Hakase aller Fakultäten, die »Reifen Talente' und die .Kenner der Klassiker* reichen diese ein." Das Vorbild für solche Denkschriften kommt aus China. Berühmt sind die Aufforderungen des Han-Kaisers Wu an die Gelehrten seines Reiches, ihre Meinung über eine gute Regierung zu sagen, und die Antworten des Tung Chung-shu. Der Befehl des Daigo Tennö vom 15. Tag des 2. Monats des 14. Jahres der Ära Engi, 914, Ikenfüji vorzulegen, ist der erste dieser Art in der japanischen Geschichte. Als Vorläufer kann man den kaiserlichen Erlaß aus dem 4. Jahr der Ära Jögwan, 862, ansehen, in dem alle Sangi und höheren Beamten aufgefordert werden, ihre Meinung über die Regierung zu sagen. Auch eine Aufforderung aus dem 2. Jahr der Ära Ninwa, 886, daß alle, die das Amt eines Sangi oder ein höheres innehaben, an der Verwaltung teilnehmen sollen und daß die Sekretäre des Äußeren des Dajökwan Berichte über die täglichen Geschäfte anfertigen und sie am 1. und 16. Tag eines jeden Monats dem Kurödo-dokoro einreichen sollen, kann man als Vorgänger bezeichnen. Nach der ersten Aufforderung von Daigo Tennö haben die Kaiser wiederholt die Einreichung von Ikenfüji befohlen. Am 28. Tag des 1. Monats des 5. Jahres der Tenkei-Ära, 944, erging solch eine Aufforderung. Von den Antworten ist keine überliefert. Im 8. Jahr der Ära Tenryaku, 954, reichte der Gelehrte, Sugawara Fumitoki, auf einen Befehl, der an ihn und andere ergangen war, eine Denkschrift in drei Artikeln ein. Im 1. Jahr der ÄraTenei, 1100, fertigten der Kanzler zur Linken, Minamoto Toshifusa, und der Gonchünagon, öe Masafusa, Ikenfüji an. Von den Denkschriften, die auf Aufforderungen aus dem 3. Jahr der Ära Tenen, 975, aus dem 1. Jahr der Ära Eikyü, 1114, aus dem 1. Jahr der Ära Höen, 1135, aus dem 1. Jahr der Ära Eiman, 1165, aus dem 3. Jahr der Ära Bunji, 1187, und aus dem 5. Jahr der Ära Bunei, 1268, verfaßt wurden, ist keine erhalten geblieben. Die Denkschrift in 12 Artikeln des Miyoshi Kiyoyuki hat dreifachen Wert: als Geschichtsquelle, als politische Betrachtung und als sprachliches Kunstwerk. Als Geschichtsquelle bildet sie eine wertvolle Fundgrube für die Kenntnisse der Zustände der Engi-Zeit. Mag Kiyoyuki auch manches übertrieben gezeichnet haben, um seinen Vorschlägen größeren Nachdruck zu geben, so hat doch die Auswertung seiner Denkschrift ein ganz neues Licht auf diese Zeit geworfen. In den offiziellen Geschichtswerken aus dieser Zeit findet man wenig über die Zustände im Reich. Sie sind nach klassischem chinesischem Vorbild in Chronikform abgefaßt und bieten keinen Raum für solche Schilderungen. Da bis an die Schwelle der Neuzeit eine Geschichtsforschung in europäischem Sinne nicht gepflegt wurde, galt das Urteil Chikafusas, der im Jinnö-shötöki schreibt: „Die Tenka in großem Frieden, das Volk in Ruhe und Sicherheit — das war einerseits in unserm Lande mit dem einstigen Geschehen unter Nintoku gleichzustellen, in fremdem Gebiete andererseits dem weisen Weg Yaos und Shuns zu vergleichen."1) Daß die Ruhe und Sicherheit bereits sehr gestört waren, hat Rai Sanyo auf Grund der Denkschrift Kiyoyukis im Nihon-gwaishi gezeigt, in dem er Kiyoyuki als Zeugen für die damals schon überhandnehmende Desorganisation des Verteidigungssystems anführt. Die modernen japanischen Historiker führen Kiyoyukis Denkschrift als Beweis an, daß die Engi-Ära bei allem äußeren Glanz keine Blütezeit war, sondern eine Periode, in der sich das Reich bereits auf dem Wege des Verfalls befand. So schreibt KTTBOITA: „Der wahre Charakter (dieser Zeit) ist, daß man im Begriff war, in die Verfallsperiode des Zeitalters des Hofadels einzutreten. Die Regierungszeit des Daigo Tennö bildete in der Tat den Scheitelpunkt. Diese Tatsache geht klar aus der Denkschrift des Miyoshi Kiyoyuki hervor."2) 2)
s»
Übersetzung nach BOHNER. Nihonshi-kenkyü, S. 188.
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Unter den europäischen Verfassern von Geschichtswerken über Japan hat B R I N K L E Y am ausführlichsten die Denkschrift gewürdigt1). Auf sie stützt er sich im wesentlichen, wenn er zu dem Urteil kommt, daß dem Daigo Tennö die Bezeichnung der weise Herrscher der Engi-Zeit nicht gebührt, da er trotz brauchbarer Ratschläge keine Maßnahmen zur Abstellung der Übel traf. Die Denkschrift ist nicht nur eine Quelle, die über die gesellschaftlichen und sozialen Zustände der Zeit Auskunft gibt, sondern sie ist auch ein Zeugnis davon, wie sich diese Zustände in den Augen eines Zeitgenossen widerspiegelten. Da der Verfasser zu den einflußreichsten Männern am Hofe gehörte und nach der Eingabe seiner Abhandlung Ehrungen und Beförderungen erfuhr, kann man annehmen, daß in der Denkschrift die damals herrschenden Ansichten zum Ausdruck gekommen sind. An den Anfang seiner Betrachtung stellt Kiyoyuki einen Überblick über den Verlauf der japanischen Geschichte. Die göttliche Abstammung des Herrscherhauses, die natürliche Gunst der Lage des Landes und die Fruchtbarkeit des Bodens sind die Wurzeln, aus denen die erste Blüte des Landes kam. Das Übergreifen des japanischen Einflusses auf das Festland ist der Beweis für diesen ersten Höhepunkt der japanischen Macht. Nach Kiyoyukis Meinung bestand in jener Zeit eine Oberherrschaft über Korea. Nach dem heutigen Stand der historischen Forschung ist eine solche weder durch koreanische noch durch chinesische Quellen bestätigt, obwohl aus ihnen übereinstimmend ein bedeutender Einfluß Japans im 4., 5. und 6. Jahrhundert hervorgeht2). Der Rückgang in der Folgezeit zeigt sich für Kiyoyuki in dem Verfall der Sitten und dem Schärferwerden der Gesetze, im Ansteigen der Steuern, im Anwachsen des Verwaltungsapparates bei schwindender Volkskraft. Die wesentlichsten Krankheitssymptome sieht er in der Erschöpfung der Finanzkraft des Staates und im Rückgang der Bevölkerungszahl. 805 hatte bereits Fujiwara Otsugu darauf hingewiesen, daß die üppigen Neubauten in Kyoto und die Kriege gegen die Ezo die Finanzkraft des Volkes erschöpfen. Die daraufhin eingeleiteten Maßnahmen waren ohne dauernde Wirkung. In den folgenden zwölf Artikeln nimmt Kiyoyuki zu einzelnen Auswüchsen Stellung, die nach seiner Meinung besonders einer Reform bedürfen. Da das Wichtigste für das Gedeihen eines Volkes eine ausreichende Ernährungsgrundlage ist, muß es die vornehmste Aufgabe der Regierung sein, die Ernteerträge zu steigern. Die Ursachen für die schlechten Ernteergebnisse in der letzten Zeit sieht Kiyoyuki in dem Zorn der Götter über die wenig priesterliche Haltung derer, die die Zeremonien bei den Erntefesten, dem Toshigoi- und TsukinamiFest, leiten. Wahrscheinlich wollte er mit dieser Darstellung eher das Augenmerk des Kaisers auf die Verderbtheit der Priester und die Veräußerlichung der religiösen Feiern lenken, als daß er den Segen einer guten Ernte wirklich allein als Folge einer Bittzeremonie erwartet hätte. Eine Quelle der zunehmenden Verarmung des Volkes ist für ihn der anwachsende Luxus. Gegen den Luxus hatte man schon vorher vergeblich einzuschreiten versucht. 806 begrenzte man die Ausgaben bei den Seelenmessen. Aus dem Jahre 840 ist eine Verordnung überliefert, nach der die extravagante Kleidung der Frauen verboten wurde. Zwei Erlasse von 866 und 884 untersagten die üppigen Trinkgelage zur Feier der Rangerhöhung, Shöbiköchin. Auch Tokihira war ja gegen die unvorschriftsmäßige Üppigkeit in der Kleidung vorgegangen. So ist auch dies der einzige Punkt, bei dem die Vorschläge Kiyoyukis zu praktischen Maßnahmen geführt haben. Noch in demselben Jahr wurde ein Gesetz erlassen, durch das die Vorschriften für das Tragen farbiger Kleider wesentlich strenger gestaltet wurden. Dieses Verbot sollte sich besonders gegen das Tragen einer feuerroten Farbe richten, die in der Jögwan-Ära in Mode gekommen war. Das Einfärben der Kleider in die damals bevorzugte tiefrote Tönung J) 2)
A History of the Japanese People S. 245—248. Vgl. ASTON, Early Japanese History.
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war schon mehrmals verboten worden, da es sehr kostspielig war. Dieses Verbot wurde aber immer wieder umgangen. Im 17. Jahr der Ära Engi (917) betonte Kiyoyuki noch einmal in einer Eingabe an den Kaiser die Wichtigkeit der Einhaltung dieses Verbots und forderte, daß die Hofadligen ein Beispiel geben und die Vorschriften besonders streng einhalten müßten. Der Erfolg seiner Vorstellungen war gering. Im folgenden Jahr wurde das Verbot nicht mehr erneuert. Man erließ nur eine Verordnung, durch die die Menge der zum Färben verwendeten Diesteln, der Saflor, pro Seidenstück auf ein japanisches Pfund (ca. 600 g) begrenzt wurde. Bisher hatte man bis zu 20 Pfund pro Seidenstück verbraucht. Daß der Luxus trotzdem auf die Dauer nicht abnahm, wird durch den ersten Artikel der Denkschrift des Sugawara Fumitoki aus dem 8. Jahr der Ära Tenryaku, 954, bestätigt, der ebenfalls lautete: Bitte, den Luxus zu verbieten. Andere Sparmaßnahmen vermochte Kiyoyuki nicht-durchzusetzen. Sein Vorschlag, die Zahl der Gosechi-Tänzerinnen einzuschränken, blieb unbeachtet, wahrscheinlich weil der hohe Adel diese Möglichkeit einer Versorgung seiner Töchter nicht aufgeben wollte. Mehrere Abschnitte seiner Denkschrift widmet Kiyoyuki den Zuständen in der Staatsverwaltung. Die Grundlage für die Ausbildung eines Staatsbeamten ist für ihn der erfolgreiche Besuch der kaiserlichen Staatsschule, der Daigaku, in Kyoto. Durch eine Besserung der materiellen Lage der Studenten glaubt er, die Durchführung des Verdienstsystems anzubahnen und die Ämter, die praktisch zu politischen Sonderstellungen der Angehörigen der großen Familien geworden waren, mit den Fähigsten zu besetzen. Hier berührte er eine der wichtigsten Ursachen für den Verfall des Beamtenstaates, ohne ihr ganzes Gewicht zu ermessen. Nicht die Besserung der materiellen Voraussetzungen konnte Abhilfe bringen, sondern nur die Umgestaltung der sozialen Verhältnisse hätte die Vorherrschaft der einzelnen Familien gebrochen und dem chinesischen Ideal zum Siege verholfen. Wie tief das aristokratische Prinzip im japanischen Denken wurzelte, zeigt die Tatsache, daß selbst ein in konfuzianischem Denken großgewordener Staatsmann diesem grundlegenden Unterschied zu der Gesellschaftsordnung Chinas keine Beachtung schenkte. Auf eine zweite Erscheinung, die im damaligen Japan auch eine Ursache für den Niedergang des Beamtenstaates war, weist er zwar wiederholt hin, ohne sie in genügender Schärfe herauszustellen. Sie ist unter dem Namen „jökö" in die historische Literatur eingegangen und bedeutet, daß es in zunehmendem Maße üblich wurde, dem Hof ein Geschenk zu machen, einen Tempel oder einen Schrein zu errichten und dafür ohne Rücksicht auf die Vorbildung zu irgendeinem Amt ernannt zu werden. Es sollen sogar in der damaligen Zeit zahlreiche Provinzgouverneure auf diese Weise in ihr Amt gekommen sein. Daß diese Beamten nur selten ihr Amt wirklich ausübten und weitgehend von dem Vorrecht des „yönin" Gebrauch machten, ist selbstverständlich. In den folgenden Abschnitten geht er dann auf einzelne Auswüchse in der Verwaltung ein. Als Jurist mußten ihm die Zustände in der Strafverfolgung besonders am Herzen liegen. Durch Verstärkung der Zahl der Richter, Hanji, und bessere Auswahl der Kandidaten, sollte cfie Rechtsunsicherheit beseitigt werden. Vielleicht war der Einfluß des Kebiishi-Amtes zu dieser Zeit noch nicht so übermächtig wie später, oder Kiyoyuki hat nicht erkannt, daß die Strafjustiz inzwischen in den Händen dieses Amtes konzentriert war, aus denen sie auch eine Neubelebung der Stellen, die ursprünglich mit diesen Aufgaben betraut waren, nicht mehr lösen konnte. Die ungleichmäßige Verteilung der Halbjahresprämien, Kiroku, und die unzweckmäßigen Verfahren bei Disziplinarvergehen der Gouverneure erscheinen ihm als zwei Übel, durch die die Arbeitsleistung der Beamten entscheidend herabgesetzt wird. Das erstere führt dazu, daß es in einer Gemeinschaft, die eigentlich eine Einheit bilden sollte, Bevorrechtigte und weniger Bevorrechtigte gibt und daß das Gefühl, in gleicher Weise Diener des Kaisers zu sein, schwindet. Durch letzteres ist Denunziation aus Gründen, die nicht immer das Wohl
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des Ganzen im Auge haben, Tür und Tor geöffnet, und selbst gute Beamte geraten in Gefahr, das Opfer ihrer persönlichen Feinde zu werden. Solche Anklagen waren durch die Vorschriften des Taihö-Gesetzes erleichtert. In ihnen kam chinesisches Ideengut zum Ausdruck, das jedem ein offenes Ohr des Herrschers zusicherte. Die Beschwerdepauken des Kaisers Yao gaben von diesen Gedanken Zeugnis. Kiyoyuki glaubt, daß nur einzelne Fälle ein schnelles Zugreifen notwendig machen, um größeren Schaden zu verhüten. Im übrigen würde jeder Beamte bestrebt sein, etwa vorgefallene Unregelmäßigkeiten bis zum Schluß seiner Amtszeit auszugleichen. Hier zeigt sich die konfuzianische Überzeugung, daß der Mensch im Grunde gut ist und von selbst nach dem Guten strebt. Auch in dem Anschwellen des Beamtenkörpers, besonders in den unteren Stellen, liegt für Kiyoyuki eine schwere Gefahr, da die in öffentlichen Stellen Tätigen von Steuern und anderen Diensten befreit waren. Besonders die Eintragung von Beamten ohne besondere Funktion, Kansekinin, öffnete der Willkür der Stellen, denen diese Eintragungen anvertraut waren, weite Möglichkeiten, so daß die Gouverneure der Regierung die Übersicht über die Besteuerbaren und die von den Steuern Befreiten verloren. Durch eine allgemeine Beschränkung der Zahl dieser „Beamten ehrenhalber" hofft Kiyoyuki, diese „Krankheit aller Gouverneure" zu heilen. Daß er mit dieser Forderung nicht durchdrang, lag wohl daran, daß die Zentralverwaltung nicht mehr die Kraft hatte, Maßnahmen durchzusetzen, die gegen das Interesse des Landadels waren, denn dieser war natürlich der Nutznießer solcher Ämterverteilung. Auch das Kebiishi-Amt in den Provinzen, durch dessen Errichtung man eine Zunahme der Macht der Zentralverwaltung erhofft hatte, bietet Kiyoyuki ein reformbedürftiges Bild. Er schlägt vor, diese Stellen nur mit ausgebildeten Juristen zu besetzen, übersieht aber, daß Rechtskundige in der notwendigen Zahl gar nicht gestellt werden konnten. Hier tritt die mangelhafte Breite und Tiefe der Bildung in jener Zeit deutlich in Erscheinung. Für die Bedienung der für die Landesverteidigung wichtigen Wurfmaschinen, Do, fehlte es ebenfalls an ausgebildetem Personal. Dies mag dem hauptstädtischen Hofbeamten besonders gefährlich erschienen sein, da die Meldungen von Plünderungen der Küste durch Seeräuber immer häufiger wurden. Bereits 894 war die Zahl der Instrukteure für diese Waffe erhöht worden, aber in der Zwischenzeit hatte man anscheinend der Ausbildung wenig Beachtung geschenkt und diese Stellen eher als Ehrenposten für wohlhabende Leute betrachtet, die für eine bestimmte Summe dieses Amt kaufen konnten. Noch war keine akute Gefahr entstanden, aber man fühlte sich auch wenig gerüstet, eine* solche zu bestehen, um so mehr als nicht nur die technischen Voraussetzungen fehlten, sondern auch die Organisation der Soldaten selbst in der Auflösung war. Diejenigen, denen der Schutz des Kaisers und der Hauptstadt anvertraut war, lebten in alle Provinzen verstreut und drangsalierten die Bevölkerung. Die Regierung in Kyoto hatte bereits alle Kontrolle über sie verloren. Der von Kiyoyuki vorgeschlagene Weg, ihrem Unwesen ein Ende zu bereiten, war mit den damaligen Machtmitteln gar nicht mehr gangbar. Auch um gegen räuberische Priester und Mönche vorzugehen, fehlten die Kräfte. Es blieb der Regierung schließlich nichts anderes übrig, als Hilfe bei denjenigen zu suchen, die am Ende das ganze System stürzten, bei dem waffenkundigen Landadel. Seine aufsteigende Macht hat Kiyoyuki nicht gesehen und nicht erkannt, welche Kraft dem Staate erwachsen würde, wenn er diesen neuen Stand für seinen Dienst gewinnen könnte. Das Anwachsen der Shöen 1 ) streift Kiyoyuki nur zweimal. Mit dem Erlaß des Daigo Tennö von 902 2 ) glaubt er, dieses Übel beseitigt, wie er am Anfang des Artikels 11 zum Ausdruck !) Vgl. S. 24. ") Vgl. S. 29.
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bringt. Die Wiederbelebung des Handen-Systems erscheint ihm ebenfalls als ein gutes Mittel, die Verteilung des Grund und Bodens neu zu regeln und damit die Steuereinkünfte zu steigern. Seine Reformvorschläge auf diesem Gebiet sind sehr zurückhaltend, da er ja selbst seinen Vorteil aus den bestehenden Zuständen zog. Im letzten Artikel fordert er die Wiedererrichtung des Hafens von Uozumi, die der Sicherheit der Schiffahrt auf der Inlandsee dienen sollte. Dieser Artikel beweist, wie wichtig die Inlandsee als Verkehrsweg war. Bereits im Jahre 901 hatte Kiyoyuki die Wiederherstellung des Hafens von Uozumi gefordert. Es ist nach den hier zugänglichen Quellen nicht festzustellen, ob Kiyoyukis Vorschlag ausgeführt wurde. Dies ist aber kaum anzunehmen, da die Geldnot und die zunehmende Unsicherheit in den Provinzen der Regierung für solche Unternehmungen keine Möglichkeit gaben. Von der Vorherrschaft der Fujiwara schweigt Kiyoyuki ganz. Das mag daran liegen, daß nach Tokihiras Tod, 909, kein Kanzler zur Linken ernannt wurde und dadurch zur Zeit der Abfassung der Denkschrift die Machtstellung der Fujiwara nicht bo deutlich hervortrat. Auch ist der Gedanke, daß die großen Familien dem Kaiser bei der Regierung helfen, dem japanischen Denken nicht fremd, wie auch die Tatsache, daß Kiyoyuki zur Partei Tokihiras bei dessen Kampf gegen Sugawara Michizane gehört hatte, beweist. Wie in China zählen auch in Japan die Denkschriften zu den literarischen Werken. Daher sind sie neben chinesischen Gedichten, Prosatexten und Erlassen des Dajökwan im Honchöbunsui des Fujiwara Akihira gesammelt und in der 9. der 37 Abteilungen zusammengefaßt. Das Original der Denkschrift Kiyoyukis ist in chinesischer Sprache geschrieben. Aus mehr als 5000 chinesischer Zeichen bestehend, ist es eins der umfangreichsten chinesischen Prosawerke in Japan. Von den Japanern wird es als ein Vorbild für den chinesischen Prosastil angesehen. Neben häufigen Einflechtungen chinesischer Zitate und Anspielungen auf die chinesische Geschichte findet man zahlreiche Beispiele der für den chinesischen Satzbau charakteristischen Parallelismen und Antithesen. Bei großen Teilen des Textes läßt sich auch ein regelmäßiger Wechsel von Abschnitten aus vier und sechs Zeichen feststellen, der für den Rhythmus der chinesischen Prosa dieser Zeit charakteristisch ist. Der Stil der Denkschrift erscheint sehr knapp, beinahe trocken. Durch die Sparsamkeit mit Worten wird oft die Grenze gestreift, an der es schwierig wird, den Sinn noch zu verstehen. Dazu entsteht der Eindruck einer großen Gleichförmigkeit, der hauptsächlich durch die äußere Form hervorgerufen wird. Jeder Abschnitt beginnt mit einer Art Überschrift. Diese Überschriften sind als einführende Sätze zu betrachten und gehören zu dem eigentlichen Text. Sie schließen mit dem Wort koto was im Deutschen etwa dem Ausdruck: in Sachen entspricht. Der nächste Satz wird mit dem Zeichen migi ft eingeleitet und bedeutet: zu dem Vorhergehenden1). Sowohl die einführenden Sätze als auch diese Überleitungen sind aus China als Vorschrift für die Abfassung amtlicher Schreiben übernommen. Der nachfolgende Satz wiederholt sich ebenfalls mit einer Ausnahme (Artikel 10). Auch innerhalb des Textes tritt diese Wendung häufig als bescheidene Einführung der eigenen Meinung auf, wodurch der Eindruck der Gleichförmigkeit noch verstärkt wird. Die einzelnen Artikel sind nicht durchgehend numeriert, sondern mit ichi — bezeichnet. Dokumente dieser Art nennt man Hitotsu-gaki2). *) Sohabsohmidt, Unshu shosoku. *) A s t o n , A grammar of the Japanese written language. London, Yokohama 1004.
3. T E I L
ÜBERSETZUNG
Die Denkschrift in 12 Artikeln des Staatsrates Kiyoyuki Ason Euer Majestät Untertan erlaubt sich zu sagen: Wenn ich in Ehrfurcht den kaiserlichen Erlaß vom vergangenen 15. Tag des 2. Monats (14. 3. 914) lese, so ist darin allen höchsten Hofbeamten1) und Würdenträgern2), den Spitzen des Adels in den Provinzen3) und den Gouverneuren4) befohlen worden, ihre aufrichtige Meinung vorzubringen, sich um gute Vorschläge zu bemühen, die Mißstände vieler Generationen zu bessern und dem Elend des Volkes abzuhelfen. Wenn auch der Kaiser Yao5) Beschwerdepauken aufstellte und Hsin Chia6) die Eingabe von Denkschriften der Beamten7) einrichtete, so kann die Vollkommenheit ihres tugendvollen Regierens8) diesen Schritt Euer Majestät nicht übertreffen. Ich wage meine Meinung zu sagen, indem ich mein Haupt vor Euer Majestät neige und ein todwürdiges Verbrechen auf mich nehme. Wenn ich in Ehrfurcht über die alten Berichte nachdenke, so hat unser Herrscherhaus die göttliche, erlauchte Linie fortgepflanzt und ein Reich mit starken natürlichen Grenzen gegründet. Da das Land fruchtbar ist, wurden die Leute überall reich. Daher befriedeten wir im Osten die Shukushin9), im Norden unterwarfen wir !) -St 9H Bezeichnung für Hofbeamte über dem 3. Rang. Zu ihnen gehörten die Kanzler, Daijin, die Räte, Nagon, die Mitglieder des Staatsrates, Sangi, und alle anderen Inhaber des 3. oder eines höheren Ranges. Ein Sangi gehörte auch dazu, wenn er nur den 4. Rang innehatte. Vgl. Shutei-kanshoku-yökai, S. 254. s ) j t i k . Gemeinsame Bezeichnung für die Inhaber des 4. und 5. Ranges. 3 ) ~}f fÖ I n der Lehnsordnung der Chou nannte man die Führer der Lehnsfürsten größerer Gebiete Fang-po. Hier allgemein für den hohen Adel in der Provinz gebraucht. 4 ) 44 ^ Chinesische Bezeichnung für Provinzgouverneure, jap. Kokushi. Die 9 Gouverneure des Ta Y ü hießen Mu. Tsai bedeutet allgemein hoher Staatsbeamter. 5 ) RÖ JÄ Kaiser Yao. Nach der Überlieferung Inhaber der Länder T'ao in Shantung und T'ang in Shansi, daher in J a p a n oft als Tötö bezeichnet. E r ließ an den Straßenkreuzungen Banner errichten, auf denen die Untertanen Eingaben mit Vorschlägen für Reformen befestigen konnten, auf den Brücken Holztafeln anbringen für Tadel und Kritik und vor seinem Palast Pauken aufstellen, die jeder schlagen sollte, der eine'Beschwerde über ungerechte Behandlung durch kaiserliche Beamte hervorbringen wollte. *) Bf Bezeichnung aus dem Tso-ch'uan (jap. Saden) für Hsin Chia. E r war Minister des Chou Hsin, des letzten Kaisers der Shang- oder Yin-Dynastie. Nachdem er den Kaiser 75mal vergeblich erm a h n t hatte, verließ er den kaiserlichen Dienst und zog nach Chou. E r wurde Großsekretär des Wen Wang. ') *BT SS Naoh einer Überlieferung des Tso-ch'uan befahl Hsin Chia, als er Großsekretär in Chou war, allen Beamten, Denkschriften über die Verfehlungen des Kaisers einzureichen. Daraufhin fertigten alle Beamten Mahnschreiben an. Später nannte man die Vorstellungen von Beamten kuan-chen. 8 ) tft Öt Die aus der Berufung durch den Himmel hergeleitete, darum ideale Fähigkeit zur Ausübung der Herrschaft. ( B O H N E R I I , S. 189, Anm. 29a.) tft Grundbedeutung: Verwirklichung des inneren Wesensgesetzes in der Erscheinung. ') 15 Ä Chin. Su-shen. Tungusischer Volksstamm, dessen Hauptsitz in der heutigen Mandschurei lag. I n der Sui- und T'ang-Zeit Makkatsu genannt, später Juchin. Wahrscheinlich durch Plünderungszüge über Sado an die NW-Küste J a p a n s gelangt. Nach dem Nihongi geschah die erste Berührung durch zwei Kriegszüge des Abe no Hirafu gegen die Ainu nach Michinoku 658 u n d 659. I m J a h r e 660 Wird von Kämpfen des Abe no Hirafu gegen die Shukushin berichtet, bei denen der Stamm eine entscheidende Niederlage erlitt. I m J a h r e 677 werden sieben Shukushin erwähnt, die mit Gesandten von Shiragi nach J a p a n kamen. 696 sollen den Shukushin Geschenke überbracht worden sein. Miyoshi kann
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Köma1), im Westen machten wir Leute von Shiragi2) zu Gefangenen, und im Süden machten wir Wu-hui3) Untertan. Die drei Han-Staaten4) schickten Gesandtschaften an unseren Hof, und Kudara5) unterwarf sich im geheimen. Die Gesandten des großen T'ang-Reiches brachten Schätze hierher6), Mönche aus Indien7) ließen sich dank dieser Zustände bei uns nieder. Was mag der Grund ihres Kommens gewesen sein? Die Sitten und Gebräuche des Landes waren rechtschaffen und edel, die Art nur den Teil der Shukushin meinen, die in dem ehemaligen Bezirk Michinoku wohnten, im Nordosten von Kyoto. Nach der Niederlage durch Abe no Hirafu kehrten sie entweder in ihre Heimat zurück oder wurden tatsächlich dem japanischen Reich Untertan. Vgl. N A C H O D I I , S . 4 7 9 — 4 8 1 . ') iS M K ö m a oder Körai, koreanisch Kokuryö, chin. Kao-li. Aus dem Staate Benkan entstanden. I m Norden Koreas und Süden der Mandschurei gelegen. Selbständiges Königreich von 37 v. Chr. bis 668 n. Chr. Die Beziehungen zu diesem Land waren anfangs nicht friedlich. I m 5. und 6. J a h r h u n d e r t herrschten kriegerische Ereignisse vor. 562 meldet das Nihongi einen japanischen Sieg über Köma, danach friedliche Beziehungen. Die Aufforderung von 601 an Köma und Kudara, Mimana zu helfen, beweist großen japanischen Einfluß. Auf diese Zeit bezieht sich Kiyoyukis Behauptung. I n der Folgezeit kämpfte Köma mit Kudara zusammen gegen die Vorherrschaft von Shiragi. Siehe auch Japanhandbuch S. 326. s ) Sf iHl Shiragi oder Shinra, koreanisch Silla. Aus dem Staate Shinkan hervorgegangen. Selbständiges Königreich 57 v. Chr. bis 935 n. Chr. Die Beziehungen boten meist ein feindseliges Bild. Koreanische Quellen melden im 5. Jahrhundert zahlreiche kriegerische Einfälle von Japanern, bei denen Gefangene fortgeführt wurden. I m Nihongi werden 316—414 keine Ereignisse aus Korea erwähnt. I m 7. Jahrhundert werden ziemlich regelmäßig Gesandtschaften ausgetauscht. Auch nachdem Shiragi die Oberherrschaft in Korea erlangt hatte, 668, blieben die Beziehungen freundschaftlich. Nachdem Junnin Tennös Plan bekannt wurde, Shiragi zu erobern, 759, wurden die Beziehungen kühler. Vgl. N A C H O D Bd. I und A S T O N , Early Japanese History. s ) J a p . Gokai. Der Name wurde in der Ch'in-Zeit für die Bewohner von Hui-chi gegeben, das Chekiang, den Süden von Kiangsu und den Norden von Fukien umfaßte und in der Han-Zeit in die beiden Bezirke W u und Hui-chi geteilt wurde. Wu ist das Gebiet eines Lehnsstaates der Chou-Zeit. Über dessen Beziehungen zu J a p a n F R A N K E I I I , S. 91. In späterer Zeit auch allgemein für Süd-China gebraucht, da W u 280 aufhört zu bestehen. Die Annalen melden gelegentliche Tributgesandtschaften, eine japanische Herrschaft in diesem Gebiet ist nicht bestätigt. 4 ) H $$ Alter Name f ü r Korea nach den drei Staaten Benkan, Bakan und Shinkan, die vor der Eroberung durch den Han-Kaiser Wu bestanden. Später Bezeichnung für Köma, Shiragi und Kudara. Höhepunkt des japanischen Einflusses in Korea im 5. Jahrhundert. Vgl. Japanhandbuch S. 501. 5 ) W iSf K u d a r a oder Hyakusai, koreanisch Peksche. Aus dem Staate Bakan hervorgegangen. Selbständiges Königreich von 18 v. Chr. bis 660 n. Chr. Beziehungen zu J a p a n als freundschaftliche Bundesgenossenschaft bezeichnet, aber keine tatsächliche Oberherrschaft bewiesen. Nihongi berichtet fast jährlich v o n Gesandtschaften aus Kudara. Kulturelle Beziehungen von besonderer Bedeutung. Häufige Bitten um Unterstützung gegen Angriffe Kömas und Shiragis. Kötuko Tennö bezeichnete K u d a r a in einer Botschaft als „Inneres Miyake", was den tatsächlichen Machtverhältnissen wenig entsprach. Kiyoyuki schließt aus den engen kulturellen Beziehungen auf eine politische Abhängigkeit, die aus anderen Quellen nicht bestätigt wird. ' Die ersten Beziehungen zu dem großen Festlandsstaat sind sagenhaft. Angeblich sollen zur Zeit Ch'in Shi H u a n g Ti's konfuzianische Werke nach J a p a n gebracht worden sein. I n chinesischen Annalen werden 240 und 247 n. Chr. chinesische Gesandtschaften nach Wa gemeldet. Beziehungen gestalten sich erst im 4. Jahrhundert n. Chr. enger. I n der Sui- und T'ang-Zeit werden mehrere Gesandtschaften erwähnt. Mißstimmungen über Etikettefragen erschwerten und unterbrachen den Verkehr zeitweilig. Nach 672 keine Gesandtschaften aus China gemeldet, ohne daß ein Grund aus den Quellen ersichtlich wäre. Einzelheiten über Art der mitgeführten Geschenke werden nur unvollkommen berichtet. 7 ) Nach buddhistischer Überlieferung soll bereits S'ubhakarasimba, 637—735, J a p a n besucht haben. I n den offiziellen Annalen verlautet nichts davon. 736 wird zuerst amtlich die Ankunft eines indischen Priesters, Bodai, gemeldet, der in J a p a n blieb und zu der Würde eines Söjö, Bisohofs, aufstieg. E r soll die Feierlichkeiten bei der Einweihung des Daibutsu in Nara 752 geleitet haben. E r starb 760. Vgl. B O H N E R I I , T. 45, Anm. 13. 799 soll wieder ein Inder angekommen sein, von dem berichtet wird, daß er den Baumwollsamen nach J a p a n brachte. Vgl. N A C H O D I I , S. 1090—1091.
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des Volkes treu und aufrichtig. Man hielt das Maß der Besteuerung niedrig, man vermied die Härten der Frondienste1). Die Oberen sorgten mit Humanität für die Untertanen, die Untertanen ehrten mit aufrichtiger Ergebenheit die Oberen. Die Regierung des ganzen Landes glich dem Bewahren einer guten Ordnung in einem menschlichen Körper. Daher nennen die Annalen des Fan Yeh2) dieses Land das Land der edlen Menschen3), und der Kaiser des großen Tang-Reiches erhöhte die Würde des Kaisers von Wa4). Danach verfielen die Sitten allmählich, die Gesetze wurden schärfer, die Steuern und Abgaben stiegen von Jahr zu Jahr, die Frondienste verdoppelten sich von Generation zu Generation. Die Zahl der Familien nahm von Monat zu Monat ab, die Felder verwilderten von Tag zu Tag. Inzwischen kam in der Zeit des Kimmei Tennö8) die Lehre Buddhas zuerst an unseren Hof. Von der Zeit der Suiko Tennö6) an war diese Lehre sehr verbreitet. Angefangen von den Fürsten und Hofadligen bis herab zu allem Volk in den einzelnen Provinzen zählten diejenigen nicht zu vollwertigen Menschen, die nicht einen Tempel oder eine Pagode errichteten. Daher vergeudeten sie ihr Vermögen und bauten Tempel und Pagoden, wetteiferten darin, Reisland fortzugeben und es zu Tempelland zu machen7). Oft kaufte man friedliebende, das Gesetz beobachtende Bürger und machte sie zu Tempeldienern. Von dieser Zeit an bis zur Tempyö -Ära wurde dem Buddhismus in immer höherem Maße Achtung gezollt. Dadurch vernachlässigte man die Reisfelder noch mehr und baute zahlreiche große Tempel8). Die Erhabenheit jener Tempel, die Größe der Buddhastatuen, die Schönheit der handwerklichen Arbeit, die würdevolle Feierlichkeit waren wie das Werk von Geistern und glichen dem, was nicht durch Menschenkraft geschaffen wird. Auch befahl man jeder Provinz der sieben Großlandschaften9), einen Provinzhaupttempel zu errichten10). Für die Baukosten be!) Die Überlieferungen aus der Ujizeit sind imbestimmt. Nach Florenz hing die erste Besteuerung mit Kriegsdienst und Opferbräuchen zusammen. Artikel 16 des Erlasses des Shötoku Taishi l a u t e t : E s soll nur im Winter das Volk zu Diensten herangezogen werden, damit die übrige Zeit dem für dtus Gesamtwohl so unentbehrlichen Feldbau gewidmet bleibe. a ) ?£ 8? Lebte im 5. J a h r h u n d e r t n. Chr., gest. 445. Verfaßt die Annalen der späteren H a n , während er Gouverneur von Hsüan-cheng in Anhui war. Später wurde er Erzieher des Kronprinzen. E r wurde wegen Teilnahme a n dem Komplott des K ' u n g Hsi-hsien hingerichtet. 3 ) H-fI n den späteren Han-Annalen heißt es in dem Bericht über die Ostbarbaren: I m Osten ist das Land, wo der Edle nicht stirbt. Auch im Shanhai-ching findet sich der Ausdruck für J a p a n : Land der Edlen. M -J- der Edle im konfuzianischen Sinne. Vgl. Bohneb. I I , T. 7, Anm. 16. 4 ) ® Nach F r a n k e zum erstenmal in den früheren Han-Annalen gebraucht. H e r k u n f t der Bezeichnung nicht erkennbar. Vermutlich ein einheimisches Wort, das die Chinesen phonetisch mit einem Zeichen wiedergaben, das einen verächtlichen Sinn hatte. Neben Geschenken verlieh der chinesische Kaiser fremden Fürsten, die Gesandtschaften a n seinen Hof schickten, einen chinesischen Titel. ') Äfc W Regierte von 540—571. ') i l TiT Tochter des Kimmei Tennö, regierte von 593—628. ') Manche Tempel besaßen bis zu 5000 chö Land. Der Höryüji h a t t e 300 chödai in der Provinz Harima und 2 326 chö in anderen Provinzen. a ) Zu ihnen rechnete man eigentlich die sieben Tempel: Tödaiji, Saidaiji, Köfukuji, Gwanköji, Yakushiji, Höryüji. Hier allgemein „großer Tempel". *) ä£ Zusammenfassung von Provinzen, im 8. J a h r h u n d e r t nach chinesischem Vorbild eingeführt. Die sieben Dö w a r e n : Tökaidö, 15 Provinzen, Tösandö, 13 Provinzen, Hokurokudö, 7 Provinzen, Sanindö, 8 Provinzen, Sanyödö, 8 Provinzen, Nankaidö, 6 Provinzen, Saikaidö, 12 Provinzen. 10 ) Bl iä" — # Diese Maßnahme soll durch eine Pockenepidemie veranlaßt worden sein. 740 Befehl an alle Provinzen, 10 Abteilungen des Lotos-SQtra, Hokkekyö, abzuschreiben und eine siebenstöckige Pagode zu erbauen. 741 wurde für alle Provinzen angeordnet, einen Provinzhaupttempel, Kokubunji, mit einem Männerkloster, Konkömyö-shitennö-gokoku no tera, und einem Nonnenkloster, Hokkemetsuzai no tera, zu erbauen. Das Männerkloster sollte 20 Mönche, die Steuern von 50 Familien u n d 10 chö Beistand, das Nonnenkloster 10 Nonnen und 10 chö Beistand erhalten. Später wurden diese Beträge noch erhöht. Vgl. Nachod I I , S. 836, Anm. 7 und S. 838.
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nutzte man die ordentlichen Steuern der einzelnen Provinzen. Hierin lagen fünf von zehn Teilen der Ausgaben des ganzen Reiches. Danach, zur Zeit des Kwammu Tennö1) verlegte man die Hauptstadt nach Nagaoka 2 ). Kaum war der Bau vollendet, erbaute man noch einmal eine Hauptstadt, Kyoto, errichtete wieder das Daigokuden3) und schuf erneut das Burakuin4). Und der kaiserliche Palast und die Türme, die Amtsgebäude aller Beamten, die Wohnungen der kaiserlichen Prinzen und der Fürsten, die Paläste der Kaiserin und der kaiserlichen Konkubinen, sie alle brachten den Glanz der profanen Baukunst zur höchsten Entfaltung 5 ). Für sie alle teilte man die Nutzung von Steuern und Frondiensten6) zu. Dafür wurden zwei Drittel der Ausgaben des ganzen Landes verwandt. Dann bestieg Nimmyö Tennö den Thron. Er liebte den Luxus über alle Maßen. Um Schnitzereien, Einlegearbeiten, Brokatnähereien und bunte Seidenkordeln herzustellen, vernachlässigte man die Feldbestellung und hinderte die Arbeit der Frauen. Das, was man am Morgen unterdrückte, wurde am Abend wieder eingeführt. Tag für Tag traf man Veränderungen und Monat für Monat Neuerungen7). Der Schmuck der Köbönaishin8), die Ausstattung bei den Banketten und musikalischen Unterhaltungen übertrafen alles, was es jemals an Schönheit und Glanz gegeben hat. Die Staatskasse 9 ) wurde jedoch dadurch leer, die Steuern und Abgaben stiegen deshalb häufig. Hierin lag die Hälfte der Ausgaben des Landes. In der Jögwan-Ära brannten das Ötemmon10) und das Daigokuden l
) S Ä Regierte 782—805. ) S P3 Westlich Fushimi, im Bezirk Otokuni, Provinz Yamashiro gelegen. Über die Gründe, die zur Verlegung der Hauptstadt führten, schweigen die Annalen. Die meisten Historiker stimmen darin überein, daß Kwammu Tennö erstens die Absicht hatte, sich der Macht der buddhistischen Klöster zu entziehen, zweitens, daß die Entwicklung des Beamtenstaates eine zentralere Lage der Hauptstadt erforderte. Reischatjer und Sansom führen noch an, daß die mit den Fujiwara verbündeten H a t a reiche Besitzungen in Nagaoka hatten, durch deren Abtretung sie eine Rangerhöhung erwarten konnten. Kuboita glaubt, darin einen Schachzug der Fujiwara gegen die Sugawara zu erkennen, da die Sugawara reichen Besitz in der Gegend von Nara hatten und so in der neuen Hauptstadt ohne besonderen Einfluß sein würden. Nachod und R e i s c h a u e r sehen in der guten Verkehrsverbindung zu Wasser mit dem Hafen Naniwa einen wesentlichen Grund für die Umsiedlung des Hofs. Auch die schlechte Wasserversorgung in Nara mag den Plan gefördert haben. Für die Verlegung der Hauptstadt nach Uda, Bezirk Kadono, Provinz Yamato mag wesentlich gewesen sein, daß das sumpfige Gelände in Nagaoka, Oguzu no ike, zu viele Hindernisse für den Bau bot. Mitgesprochen hat auch der Gedanke, daß das Gebiet durch die Ermordung Tanetsugus unrein geworden war. Das Dorf Uda erhielt dann den Namen Heiankyö oder Kyoto. s
*) ^C S J8 Kaiserliche Audienzhalle. Haupthalle des Verwaltungspalastes, Chödöin, in dem die großen Staatszeremonien in Gegenwart des Tennö abgehalten wurden. Es war eine offene Halle von 170 Fuß Länge und 60 Fuß Breite. 62 Pfeiler trugen das Dach. Vor dem Gebäude befand sich eine Steinplattform mit einer roten Balustrade. Der Bau war rot, das Dach blau. Näheres bei Saksom : Japan, a short cultural history. 4 ) ® l!l R Banketthalle, Festhalle für Veranstaltungen im kaiserlichen Palast. ') Der Baustil war aus China übernommen und wurde mit Azuma-Stil bezeichnet. ®) Nach dem Nihon-köki: aus dem 16. J a h r der Enryaku-Ära, 797, wird berichtet, das 20040 Arbeiter aus den Provinzen Tötomi, Suruga, Shinano und Izumo zu Dienstleistungen für den Bau der Hauptstadt Kyoto herangezogen wurden. Für den Bau von Nagaoka waren sogar 314000 Fronarbeiter notwendig. Für die Errichtung der Gebäude hatte man 680000 tsuka Reis gesammelt. ') Für die Ulistetigkeit der Regierung brauchte man auch den Ausdruck chöreibokai, 18 S » der aus den späteren Han-Annalen stammt. Auf der Arbeit der Frauen beruhte hauptsächlich die Gewerbesteuer. 8 ) fft £9 ft tt 51 Wohnungen der Prinzessinnen und Konkubinen, RH = JS Schlafgemach. ' ) J f f S Aus dem Chinesischen: Speicher der Regierung. 10 ) ffi^Pl Eins der elf Tore des kaiserlichen Palastes vor dem Daigokuden. „Dem Himmel gegenüber", da es nach S. ging.
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vollständig ab1). Durch die Vollkommenheit der persönlichen Qualitäten des Dajödaijin, Shösenkö2), und die Kraft seiner Autorität kam das ganze Volk sofort wie die Kinder herbei, und die Bewohner des ganzen Landes versammelten sich wie die Rehkälber um die Mutter, stellten die Gebäude wieder her und vollendeten sie in einem Jahr3). Aber wieder hatte man die Hälfte der Aufwendungen des Reiches vertan. Und dabei kommt man heutzutage bestimmt nicht nur mit einem Zehntel des damaligen Verbrauchs aus. Ich wurde im vergangenen 5. Jahr der Kwampyö-Ära mit dem Amt des Suke4) von Bitchü betraut. Im Shimotsumichi-Bezirk5) jener Provinz gibt es ein Dorf Nima6). In der alten Landesbeschreibung7) jenes Bezirkes las ich damals: Im 6. Jahr der Regierung der Kökyoku Tennö8) griff der General des großen T'angReiches Su Ting-fang9) an der Spitze des Heeres von Shiragi Kudara an. Kudara schickte Gesandte und bat um Hilfe. Die Kaiserin begab sich nach Tsukushi10) und wollte sofort Hilfstruppen schicken. Damals wurde Tenchi Tennö11) Kronprinz und übernahm die Regierung. Er begleitete die Kaiserin auf der Reise. Unterwegs machte man in Shimotsumichi Rast. In einem Dorf erschien die Zahl der Einwohner besonders groß. DieKaiserin gab denBefehl, probeweise Soldaten aus diesem Dorf einzuberufen12). Und sie bekam 20000 vorzügliche Soldaten. Die Kaiserin freute sich sehr und gab dem Dorf den Namen Nimanzato, das Dorf der 20000. Später nannte man es wieder Nima. ') Am 10. Tag des 4. Monats des 18. Jahres Jögwan, 7. 5. 876, brannte in der Nacht das Daigokuden ab. Der Brand des Otemmon geschah im 3. Monat des 7. Jahres Jögwan, 866. Über die politische Bedeutung des Brandes s. 8. 15. 2 ) Bä Ü£ & Posthumer Name des Fujiwara Mototsune. 3 ) I m 1. J a h r der Gangyö-Ära, 877, wurde mit dem Wiederaufbau des Daigokuden begonnen, meldet die Chronik. I m 10. J a h r der Jögwan-Ära begann der Wiederaufbau des Otemmon. 4 ) je Der zweite Beamte in der Provinzialverwaltung. Seine Amtspflicht glich im allgemeinen der des Gouverneurs. I n den Provinzen Kazusa, Hitachi und Közuke hatte der Suke besondere Pflichten, da die Gouverneure dieser Provinzen kaiserliche Prinzen waren. Die Suke dieser Provinzen wurden daher auch Kami = Gouverneur genannt. 5 ) T iä An der Grenze nach Bingo im heutigen Okayama-ken. ") S ® Wortspiel für — M • ') JSi ± SB 713 befahl die Kaiserin Gemmei, Beschreibungen der geographischen Verhältnisse, der Bevölkerung, der Wirtschaft, der Sitten und Gebräuche aller Provinzen abzufassen. Man nannte diese Fudoki. Vier von ihnen sind in Bruchstücken erhalten und zwar die von Hitachi, Harima, Izumo und Bingo. 8 ) M ® Regierte 642—645, bestieg noch einmal als Saimei Tennö ffi 9U 655—661 den Thron. Während der zweiten Regierungszeit fanden die Vorbereitungen für einen Feldzug zur Unterstützung von Koma und Kudara statt. Kudara h a t t e gebeten, den koreanischen Prinzen, der sich als Geisel in J a p a n befand, nach Hause zurückkehren zu lassen, damit er den Thron in Kudara besteigen könnte. Shiragi h a t t e mit Unterstützung des chinesischen Kaisers Kao Tsung Kudara erobert und den König gefangen genommen, 660. 661 startete eine Expedition von 170 Schiffen unter Führung des Azumi no Hirafu nach K u d a r a und setzte den Prinzen als König ein. •) I i & Stammte aus Hopei. E r hatte als Heerführer große Erfolge. I n einem siegreichen Feldzug kämpfte er gegen das Reich der Holu. E r führte das chinesische Expeditionskorps zur Unterstützung Shiragis u n d besiegte die japanische Flotte 661. E r starb 667 hochgeehrt im Alter von 75 Jahren. Seine Biographie befindet sich in den T'ang-Annalen. 10 ) fk Alter Name für die Provinzen Chikuzen und Chikugo (NW Kyüshü, im heutigen Fukuokaken). Auch als Bezeichnung für die Insel Kyüshü im ganzen gebraucht. u ) JZ. U Regierte von 662—667. Als Kronprinz trug er den Namen Naka no Oe und war einer der Hauptakteure bei der Durchführung der Reformen der Taikwa-Ära. la ) Hier zeigen sich die ersten Anzeichen einer allgemeinen Wehrpflicht. Erwähnt wird der Grundsatz einer Dienstpflicht erst in einem Erlaß aus dem J a h r e 689, nach dem jeder vierte Mann einer Familie Heeresdienst zu leisten hatte. I m Taihö-Kodex wird die Quote auf jeden dritten Mann erhöht.
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Darauf verschied die Kaiserin in dem Reisepalast1) von Tsukushi, und man schickte das Heer niemals ab2). Daher hätten sich die 20000 Soldaten weiter vermehren müssen. Aber in der Tempyöjingo-Ära, als der Kanzler zur Rechten Kibi3) Ason4) Kanzler wurde und dabei gleichzeitig das Amt des Bezirkshauptmanns5) seines Heimatgaues verwaltete und versuchsweise die Zahl der Familien dieses Dorfes schätzen ließ, gab es wenig mehr als 1900 Steuerpflichtige. Als im Anfang der Jögwan-Ära der verstorbene Minister für Bevölkerungswesen Fujiwara Yasunori6) Ason Suke dieser Provinz wurde, fand er in einem alten Bericht den Satz: „In diesem Dorf sind 20000 Soldaten." Nachdem er das Hauptbuch7) geprüft und die Steuerpflichtigen durchgezählt hatte, waren es kaum über 70 Menschen. Als ich mit dem Amt betraut wurde und wieder die Zahl der Haushaltungen dieses Dorfes prüfte, waren es 2 Greise, 4 Männer im besten Alter und 3 Männer im Alter von 16—20 Jahren8). Im ver1
) tf 'M Angü, auch Karimiya genannt. Bei einer Heise des Kaisers wurde an jedem B a s t p u n k t ein provisorischer Palast errichtet. Dieser wurde auch Anzaisho genannt. 2 ) Nach der Niederlage der japanischen Expeditionsflotte gegen Su Ting-fang wurden alle Unternehmungen nach Korea eingestellt. 666 kehrte Naka no Oe von Kyüshtt nach Yamato zurück. 3 ) S f l & f l s. S. 54 Artikel 4 Anm. 2. 4 ) 18 EL Nach der Neuordnung von 684 der zweite Kabane-Rang. Vgl. PAPINOT S. 46, Japanhandbuch S. 267. 5 ) ^C £3 Der oberste Beamte eines Distrikts. Mit diesem Posten sollten nur besonders befähigte Beamte betraut werden. Vor einer Ernennung fand eine P r ü f u n g im Shikibushö statt. Vgl. Shuteikanshoku-yökai S. 158. 6 ) ® M ® I'J 825—895. Seine Biographie wird dem Miyoshi Kiyoyuki zugeschrieben. E r war ein Sohn des Stabsoffiziers der rechten mittleren Palastwache, Sadao, und ein Enkel des Fujiwara Tsuginawa. E r stieg über verschiedene Ämter in den Ministerien zu Beginn der Jögwan-Ära zum stellvertretenden Suke von Bitchü auf, wurde später mit dem nachfolgenden 5. Bang 1. Klasse ausgezeichnet und stellvertretender Gouverneur von Bizen. D a n n kehrte er wieder zur H a u p t s t a d t zurück, wurde Stabsoffizier der äußeren Palast wache und Kommandeur der Polizei, Vizeminister des Mimbushö und schließlich mittlerer Dezernent im linken Ben-Amt. Von Mototsune wurde er im 1. J a h r der GangyöÄra, 877, mit der Niederschlagung des Aufstandes der Ainu in Dewa betraut. Diese Aufgabe erledigte er hauptsächlich durch Verhandlungen. I m 3. J a h r der Gangyö-Ära wurde er Gouverneur von Dewa und anschließend von mehreren anderen Provinzen. Später wurde er zum Dazaidaini ernannt. E r schützte seine schlechte Gesundheit vor, um nicht nach Kyüshü gehen zu müssen. I n der KwampyöÄra wurde er Minister des Bevölkerungswesens u n d Mitglied des Staatsrates. I m 4. J a h r der TaishöÄra, 1915, wurde er posthum zum nachfolgenden 3. Bang erhoben. 7 ) :#C 16 Daichö, Hausstandsregister, nach denen die Steuern und Dienste verteilt wurden. Die erste Begistrierung soll bereits unter Sujin Tennö stattgefunden haben, um die damals erhobene Personalsteuer, mitsugi, festzustellen. Für Männer bestand sie aus einem Teil der Jagdbeute, yuhazu, und für Frauen in einem Teil des Arbeitsertrages, tomasue. Nach dem Taihö-Gesetz sollten die Begister die Grundlage für die Landverteilung bilden und alle sechs J a h r e einmal vor der Verteilung vom 1. Tag des 11. Monats bis zum 30. Tag des 5. Monats revidiert werden. Es gab besondere Begister für die Dörfer, ri, die Bezirke, gun, und die Provinzen, koku. Für diese Haushaltsregister kommt auch der Name keichö I t t ! vor. 8 ) Nach dem Taihö-Gesetz wurde die Bevölkerung in sechs Klassen eingeteilt: bis zu 3 J a h r e n zählte man die kö Sc von 3—16 J a h r e n die shö /J» von 1 6 — 2 0 J a h r e n die chü von 2 0 — 6 0 Jahren die seichö JE T von 6 0 — 6 5 Jahren die rö über 65 J a h r e die ki Für die Verteilung der gemischten Steuer und der Frondienste war eine Dreiteilung der männlichen Bevölkerung vorgesehen: die chü von 16—20 Jahren •(« die seichö von 20 bis 60 Jahren iE T die jichö von 60—65 J a h r e n TNach dem Ryö 8 Artikel 6—7 des Taihö-Gesetzes galten f ü r die Verteilung 1 seichö = 2 jichö = 4 chü.
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gangenen 11. Jahr der Engi-Ära lief die Amtszeit des Suke dieser Provinz Fujiwara Kimitoshi ab, und er kehrte in die Hauptstadt zurück. Als ich, Kiyoyuki, ihn fragte: „Wie viele Familien leben jetzt im Dorf Nima ?" antwortete Kimitoshi: „Es ist nicht mehr ein einziger Mensch da." Wenn ich in Ehrerbietung die Zahl der Jahre berechne, so sind es vom 6. Jahr der Regierung der Kaiserin Kökyoku, dem Jahr des Affen1), bis zum 11. Jahr der Ära Engi, dem Jahr des Schafes2), kaum 250 Jahre. So groß ist bereits die Schnelligkeit des Verfalls. Wenn man von diesem einen Dorf auf das ganze Land schließt, so läßt sich leicht verstehen, daß das Aussterben des ganzen Reiches bevorsteht. Der gegenwärtig regierenden kaiserlichen Majestät ist ein selten glückliches Schicksal gegeben3), sie erkennt den ewigen Aufstieg und Niedergang, sie richtet ihr Mitgefühl auf das ganze Volk, sie gibt ihre Liebe4) in alle vier Richtungen des Landes, sie kleidet sich vor Tagesgrauen und nimmt erst in der Dämmerung des Abends eine Mahlzeit zu sich, sie führt das, was sie sich des Nachts überlegt hat, am Morgen aus. Sie verschafft den kaiserlichen Erlassen5) im ganzen Lande Gültigkeit und erforscht überall die Gedanken der Mäher und Holzfäller. In alter Zeit machte der Kaiser Shun6) den Ort, an dem er sich aufhielt, in drei Jahren zur Hauptstadt. Unter der Verwaltung des K'ung-tse kam das Land in einem Jahr von selbst zur Ordnung'). Daher erwartet man das Aufblühen des Volkes nicht erst in der folgenden Generation8), sondern für die Wiederherstellung des Landes soll man eine Dekade rechnen. Ich bin außer mir vor Freude. Das, was ich mir erlaubt habe, an unsinnigen Worten zu sagen, ist gerade so, als wenn man durch eine Röhre9) den Leoparden sieht und nur einen Fleck seines Felles erblickt oder vom Boden eines Brunnens dem Himmel entgegenschaut und nicht mehr als ein paar Shaku übersieht. Das, was ich in Ehrfurcht aufgezeichnet habe, folgt. Ich erwarte in Demut die kaiserliche Entscheidung.
Artikel I Wie Überschwemmungen und Regenmangel abgewendet und eine gute Ernte erwirkt werden können. Wenn ich untertänigst darüber nachdenke, so ist für den Staat das Volk das Wichtigste und für ein Volk die Nahrung das Bedeutsamste10). Wenn kein Volk da ist, könnte sich der Staat auf irgend etwas stützen? Wenn keine Nahrung da ist, könnte das Volk auf irgend 1
) 9i Kanoe saru. 57. Jahr des Sechzigerzyklus von 604 begonnen. *) & Kanoto hitsuji. 8. Jahr des Sechzigerzyklus von 904 begonnen. 3 ) f ¿.ffl M Anspielung auf eine Stelle im Hsin-lun des Huan T'an, die lautet : solch heiliger Mann wird alle tausend Jahre einmal geboren. 4 ) 9fc Nach dem K'ang-hsi: Offenbarung der Menschengüte. *) tt tt Ausdruck aus dem Li-chi : I E ' Ü J I A I K A X T T T Ä L F Ö von C O U V R E U R übersetzt : Quand la parole prononcée par le souverain est de la grosseur d'un cordon, elle devient grosse comme un câble. f # A 22 Közuke ± J f 24, 44 K u a n Chung (Kuan I-wu) 46 Kuang W u % 59 Kubunden f j H 52 Kudara ^ $$ 41, 44 Kugaitö no rieki & M f â Q) 23 Kugyô & m 27, 40, 47 Kugyöbunin ^ j g f Q 30, 31, 33 Kükai 9, 10, 11, Kunaikyö "k ft 19 33 K ' u n g Hsi-hsien fLgftifc 42 K u n g Sui ¡ ( i 62 K'ung-tse. JL -J- 8, 46, 50, 51, 56 Kunrokutö ^ $ 24 Kurödo H A 58
Köbönaishin & {§ ft jg 43 Köbunin ä t j g 9 Ködanshö J r gfc &> 30 Köden & H 25, 49, 53 Köfukuji m m # 42, 51 K o k e n Tennö ^ gg 3Ç § ¡ 54, 57 Kokinwakashü ^ W 8K M 11 K ö k ö Tennö 8, 15, 16, 17
Personen- und Sachregister Kurödo-dokoro A f r 16, 20, 21, 22, 31, 35, 60 Kurödo no i jü A ö ) 19 Kusuriko no ran * -J- © 81 13, 20 K u z e ÍK flt 54, 55 Kwachö 'X Ä 18, 19 Kwachö I R T 63 K w a m m u Tennö fi ^ ^ 8, 9, 10, 13, 25, 43, 57, 62 K w a m p a k u g| Q 15, 16, 17, 20, 26 K w a m p u f ff 59, 67 Kwampyö-goikai % ÍS Sg fjft 27 Kwangakuden © $ B 54, 56 Kwangakuin $ 9 K w a no k a m i j/lj jjg 19 Kwanshin, ehin. kuan-chen f f jf£ 40 K w a n t e i f Ii; 65 K y a k u , chin, ko & 7. 8, 33, 51, 62 K y ö m 59 K y o i c h i ® i g 30 K y ö k e jgSfc 13 K y o t o £ HS 12, 18, 28, 30, 32, 34, 36, 37, 38, 41, 43, 66, 68 Li-chi |B 9, 46, 54 L u $ 8, 46 L u n - y ü f k f g 46, 48, 51 Makkatsu i® 40 Makura no söshi ^t^^p 17 Mamuda ^S- pg 54 Masu-kagami Jff gg 17 Mata Shinnö ß, g fäEE 9 Matsuura fö Jf 66 Meng-tse 17, 49, 53, 60, 70 Meryö H & 47, 55 Michinoku ^ H 40, 41 Michiyasu Shinnö s i $¿ 3E 14 Mifune i® 9 Mikasa i®3£ 64 Mimana ?flj 41 Mimasaka fp 69 Mimbushö R SK £ 45, 52, 63, 64 Minamoto H i k a r u jg 27 — Makoto jg fé 15 — Toshifusa i g ® ^ 35 Mitsugi SB 45 Mi-tsung 10 Miyoshi K i y o y u k i =i g (g ff 6, 7, 27, 29—41, 45, 62, 70 - Tokihito t» A 34, 52 — Ujiyoshi h | Ä b 30 Mo S 50 Mokudai g ft 20, 23 Mommu Tennö % ffc 35 Jt 8 Monjöhakase 3SC ^ U rfc 9, 31, 56 Monjöaei 3t # ÉL 31 Monjötokugyösei ^ t f ^ 31 Monogatari 4J3 jaj 11
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Monseki ft f f 68 Montoku-jitsuroku % » Ä ifc 8, 18, 20 Montoku Tennö % fg ^ ¿ 14, 20, 55 Muko-suimon 'S JK ffi 69 Murasaki Shikibu 10 Muro ^ 69 M u r o u ® £ 69 Musashi jfg 20 Mutsu 64, 66 M y ö b u 1fr t§ 58, 63 Myögyöhakase ¡fg f f ± 9, 53, 56 Myöhöhakase tt i ? ± 9, 53, 56 Nagaoka fi5J 13, 43 Nagato g p ] 69 Nagon Jft g 40, 63 Naikisho ft IE 0r 3 1 N a i m y ö b u ft # üf 63 Nakahara tf> Jff. 19, 58 N a k a no Öe Taishi ¡p ± OL ± & 16, 44, 45 N a k a t o m i K a m a t a r i tfi g[ fsR jg. 13, 51 Nakatsukasa tj» 20, 31, 62 Naniwa 43 Nankaidö ^ 42, 66, 69 Nanke jg äjj 13 Nan-p'i f f t 62 Nara 7, 10, 11, 41, 43 Nembuntokudo t f - f r f ä &Í 67 Nenkwan 66 Nenkyü & 66 Nihon-gwaishi B fr Jfe 35 Nihon-köki H * » H E 8, 43 Nihon-shoki B # # JE 8, 17, 40, 41, 47, 52, 57 N i m a & £ 44, 46 N i m m y ö Tennö f i M M 10, 14, 43 Ninnaji-shoseki-mokuroku fc ffl # # f t 0 H 34 Ninöe ir. S. * 48 Ninö-gokoku-hannya 48 N i n t o k u Tennö gf¡ 35 35 Noto t É g 66 N y ö g o icí®
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Öe Masafusa j t B J3 30, 35 — Otondo ± i t i t A 9 Oguzu no ike 43 Oiryö 54 O j i n Tennö K M ^ H 16 Okagami X & 18, 21 O k i |S Igt 15, 66 Okiyo F u m i n u s h i | | f f 18 Ökurashö 60 Ökura Y o s h i y u k i ± Üg # ff 8 O m i SE Öl 65 Ommeimon W PJ 66 Onhakase fS db 56 Onin 54 Ono K o m a c h i >J» g: >J» UJ 11 Onyödö, chin, yin-yang-tao (g jg 10, 32, 34 Osame-dono Wi9k 22
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Inge-Lore Kluge
Ötemmon SS P9 15, 43, 44, 56 Otokuni Z, |ll| 43 Ötomo Tabito ± # K A 54 — Tsuguhito 54 — Yakamoohi ± # ^ 54, 55 Otori 69 Owada I I H 69 Pan K u S E S M — Piao 9E M 64 Po Chü-i & S Mi 10 B a i Sanyo H |1] 35 Ransui jg [ft 56 Ri a 4 5 Rikkokushi ^ H j ^ 8 Rikwan, chin, li-kuan S f [ 68, 66 Rinjitokudo (S BJ ® £ 67 Risshi # gip 48 Ritau, chin, lü # 7, 8 R ô ^ 45 Rokkasen j¡¡¡C (ill 11 Rokuefu ^ ft Jfr 66, 68 Rokui-kurödo tt ® A 2 1 , 2 2 Rokujó no kikò A 1« © ÍE * » 61 Ruijü-kokushi J S & H j f e 8, 20 Ruiju-sandai-kyaku j® % = ft fö 33 Ruisetsu |S St 61 R y ö , chin, ling - $ - 7 , 8 Ryöbu-Buddhismus ffj SR 11, 69 Ryögekwan ft f f 16 R y ö k a £g 3t 25 Ryönisenkoku ft — T 1 5 61 R y ö no gige 8, 47, 48, 58, 69 R y ö no shage $ fö 8 Ryöshü 25 Ryöunshü fût M M 9 Ryüshü 40 Sadaijin £ ± g. 63 Sadayoshi Shinnö S î ï M I 15 Sado fëjfc 40, 66 S a g a Tennö tí» tè Ê 8> 9> I 3 » I 4 . 1 8 > 20, 21, Saichô g g 10 Saidaiji 0 42 Saigû & g 63 Saigwan, chin, ch'i-huan ^ 50 Saiin 47 Saikai 5£ 67 Saikaidô H % s t 42, 69 Saimei Tennö ^f M ^ â 16, 44 Saishôe ë B? # 51 Saiwai m 69 Saji =£ * 21 Sakanoue J& J : 19, 58 San % 53 Sandai-jitsuroku H fÇ Uj 8 Sandai-kyaku-shiki = f t fè Ä 8 Sangi # & 18, 21, 33, 35, 40, 55 Sangü H g 63
Sanhakase S ff ± 56 Sanindo il) $ 5S 42, 66 Sanjikendai = $C f t 21 Sankan = $ $ 4 1 San-liao = « £ 6 0 Sansei-isshin no hô H ift — M Q)tii24 Sanshi 3 A 64 Sanshin s f 63 Sanuki flt # 66 Sanyôdô [Ij » -g 42, 69 Sanzon H | 49 Sasuke fift 18 Sechinichi f g 68 Sei $ 61, 58 Seijiyöryaku H »S- 17, 18, 19, 33, 57 Seiryöden fò fö JR 22, 48 Sei Shönagon £ fö g 10 Seiwa Tennö j fffl35 A 8, 14, 15, 18 Sekkwan no iegara I I H Q £ 13, 30 Senyömon S[ S& f^ 66 Sesshö % & 14, 15—17 Setsuroku (Söroku) S t A 1 7 Settsu ü g t 69 Settsu-meisho-tokai M H f 69 Shami 48 Shamon iJ> f^ 67 Shan-hai-ching [Ii ig gl 42 Shibugawa ffljll 64 Shi Chou ft ft 64 Shi-chi JÈ. IB 30, 31, 54, 69, 68 Shi-ching g 49, 50, 54, 56, 57, 60, 65 Shichishichinichi no köen -fa -fa 0 ¿ W S 51 Shido i t Ä 68 Shigeno Sadanushi ì & l f A ± 9 Shiki, chin, shi £ 7, 8, 33, 51, 66, 64 Shikibukyö 13 Shikibushö ÄSR £ 31, 33, 45, 53, 63, 64, 65 Shikibushöfu ÎS 31, 33 Shikibutaifu Ä Sß ^ M 31, 33, 70 Shikike ^ sg 13 Shikin, chin. Tee-chin ft- 56 Shimobe f gß 19 Shimotsumichi f 44, 54 Shin g 10 Shinano fè jft 4 3 Shingishiki Hj $ ^ 34 Shingon J | f 10, 11 Shinjöe (Niiname-matsuri) Hf -fr Shinkan Jg Üt 41 Shin-kurödo f f A 21, 22 Shinnö-keshi ü £ ^ 0) 22 Shinsen-shöjiroku f f tt & üfe 9. 13 Shintö ¡ft-f 11, 24, 34, 47 Shippei 17 Shiragi m IK 40, 41, 44, 66 Shirakawa Tennö ö M X ä 22 Shiroku-henrei gg {ff H 10 Shiro no futakoginu â (At 60
Personen- und Sachregister Shishinden gggJR 48 Shishö jfe. £ 48, 64 Sho # 53 Shö /J» 45 Shöbiköchin 36 Shöen ffi H 24—27, 29, 38 Shögakuin $¡¡ $ ^ 9 Shohakase H ff j ; 56 Sböi Jgf 19 Shöin 31 Shöjo BtjfE 53 Shokuden % H 25 Shokugenshö fáfá &> 17, 20-22 Shokuinryö ft 16, 47, 54, 58 Shokuji S S * 23 Shoku-Nihongi j® H # J® 8, 58 Shoku-Nihon-köki Jf 0 * $ *E 8, 56 Shömu Tennö Ii gfc J i & 24, 69 Shönagon fö ® 20 Shönaiki '}> tt 31 Shosei f É 64 Shösenkö BSStö 44 Shöshi 'h £, 'h ¡E 19 Shoshö # /h 20 Shöshö 'jj Sf 23 Shösoku 4? JB 58Shötoku Taishi J S S j k f 16, 17, 42 Shötoku Tennö ffi g 54 Shöwa no hen j | i ( | ) | 14 Shu-ching * @ 53, 54, 59, 68 Shükö fö ff 57 Shukushin, chin. Su-shen M tÄ 40 Shun # 17, 35, 46, 58, 69 So, chin, tsu IS 52 Söben 21 Söen 24 Soga Iruka £g ® A. Jft 15 Sögeishuchiin S füg 9, II Söjö m¡E 41, 48 sökö m m 48,52 Sökyoku flf Mt 56 Sözu » 8 8 48 Sugawara Fumitoki f ® % 35, 37 — Kiyokimi 1 9 - Koreyoshi >ff & & # 9 — Michizane f JKsi JK 5> 8> 26-28, 30, 32, 33, 39 Sui fö 10, 16, 40, 41 Suien ü i ä 5 1 Suiko Tennö ift-jir^Ä 16, 17, 42 Suinö (Suitö) ffi íft 22, 60 Sujin Tennö g m ^ M 45 Suke -fr 31, 44, 45, 46 Sung 48, 54 Suruga JgJBf 43 Su Ting-fang 44, 45 Swrö D fö 69 Sze-ma Ch'ien s] £ j g 31, 65
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Tachibana Hayanari J9 jg 14 — Kachiko 9 Tachibana Kinkado ¡Hl Jfjg 67 — Namiki fé $ 62 — Ujigimi & 14 Taifu Taifuhogwan jz H IT 1 9 Taifui ± * gf 19 Taihoritsuryo ± g 16, 19, 23-25, 38, 44, 45, 47, 52, 53, 59, 62—64 Taii 19 Taiken ^ jf 58 Taira Nobuyori ^p fé 22 Taisaku §t §g 31 Taishi 19 Tajima IB I 66 Takahashi Yoshinari ¡|¡ Jg & jft 59 Takakai H Ü| 22 Takakura Tenno ¡ I t ^ l 22 Taketori-monogatari fr SS 11 Takiguchi ül d 22 Ta-li-ch'ing ± 3 . ® 18 Tamba fí- jgL 66, 66 T'ang m 7, 9, 10, 12, 16, 40-42, 44, 48, 52, 54, 58 Tango fl- $ 55, 56, 66 Tanka 11, 34 Tao, jap. do 54 Tatewakicho ® JJ BJ 68 Teii 19 Temmu Tenno 3c jK; JÉ 57 Tenchi Tenno 35 @ 35 24, 44, 53 Tendai £ 10, 11 Tenka jg-p 35 Tenryü 63 Tenyakuryo 55 T'ien-t'ai-tsung 35 é 10 Tó ES 21, 26 Toben Jg 21 Tochüshó SB«J»íf 21 Todaiji jfc ± ^ 42, 70 Tógü 63 Togü no tatewaki * "M © W 7J 14 Tdkaidd ® } £ i i 42, 56 Tokatsu f | 50 Tokibe m U 58 Tokiyasu Shinno & I 15 Tokoro no shü g/f ffc 22 Tokusei S í f e 40 Tomasue Jfe 45 Tomo Kowamine # íS 14 — Yoshio f * # 16, 66, 56 Toneri t A 68 Tosa 66 Tosando * m & 42 Tosa-nikki ± fe H IB H Toshigoi iür tf. 36, 47 Toto |®JS 40
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ERICH
HAENISCH
Zur japanischen Phototypieausgabe des fünfsprachigen Wörterspiegels (Veröffentlichungen
des Instituts für Orientforschung der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Heft 16) 1953. 18 Seiten -
1 Tafel - 4» - 6,50 DM
Der Verfasser hat als erster nachdrücklich auf die Wichtigkeit des fünfsprachigen Wörterspiegels für die ostasiatische Sprachwissenschaft hingewiesen. Dieser Wörterspiegel ist, nach Stoffen geordnet, in zwei Handschriften erhalten. In Japan ist eine kleine, kaum lesbare Phototypieausgabe hergestellt worden. Um so wertvoller ist der hier bearbeitete Text einer kleinen Abteilung mit genauer Übersetzung. Der Verfasser zeigt in dieser Probe die große Bedeutung des Werkes und regt damit zugleich zur weiteren Erforschung dieser wichtigen Quelle an.
MARTIN
RAMMING
Das Röninproblem in der Tokugawazeit (1603—1868) (Sitzungsberichte der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Klasse für Sprachen, Literatur und Kunst, Jahrgang 1955, Heft 4) 1956. 32 Seiten - 8° - 2,30 DM Die überaus schweren Kämpfe, von denen der Prozeß der politischen Einigung Japans zu Anfang des 17. Jahrhunderts begleitet war, führten u. a. zu einer rapiden Zunahme der Zahl der sog. Rönin, herren- und damit auch stellenlos gewordener Samurai. Die gleiche Wirkung hatte auch die von Ieyasu, dem Begründer der Shögundynastie der Tokugawa, und seinen ersten Nachfolgern vorgenommene Neuverteilung der Lehen der Feudalfürsten, die mit Konfiskationen allergrößten Stils, Strafversetzungen mit teilweiser Enteignung usw. verbunden war. Die Gesamtzahl der allein in den ersten fünfzig Jahren des neuen Regimes zu Rönin gewordenen beziffert sich auf nicht weniger als 400000 Familien von Angehörigen der herrschenden Kriegerkaste, und das Problem der deklassierten Samurai stellte daher während der ganzen Tokugawaperiode eine Quelle ständiger Beunruhigung und zeitweise sogar eine sehr reale Gefahr für die Shögunatsregierung dar. I n der vorliegenden kleinen Abhandlung wird dieser bisher wenig beachtete Fragenkomplex genauer untersucht und auf die Bedeutung dieseB Phänomens für die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte des neueren Japan wie auch für die Erforschung der Hintergründe der Innen- und Außenpolitik der Tokugawa hingewiesen.
HERBERTZACHERT
Semmyo. Die kaiserlichen Erlasse des Shoku-Nihongi (Veröffentlichungen
des Instituts für Orientforschung der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Heft 4) 1950. 198 Seiten - 4° - 3 5 , - DM
„Das achte Jahrhundert unserer Zeitrechnung sah in Japan die Kompilation von drei Geschichtswerken und einer Anthologie, auf denen im wesentlichen unsere Kenntnis der Geschichte und Kultur Japans bis kurz vor der Gründung der Hauptstadt Iiydto (794) beruht, unter ihnen das Shoku-Nihongi fortgesetzte japanische Annalen'. Während die anderen Werke ganz oder teilweise der europäischen Japanologie durch Ubersetzungen erschlossen sind, hat das ShokuNihongi noch keine Bearbeiter gefunden. Die Gelehrten des 9. und späterer Jahrhunderte bedienten sich in ihren Werken der chinesischen Sprache, im Shoku-Nihongi finden sich die sogenannten Semmyo, Edikte, die in rein japanischer Sprache abgefaßt sind und somit einzigartige Bedeutung für den Philologen haben. Handelt es sich doch um nichts anderes als das einzige Prosawerk jener Zeit überhaupt. Sie sind überdies die einzigen Beispiele frühjapanischer Rhetorik, die uns überliefert sind. Über das Philologische hinaus kommt diesen Texten eine große historische und kulturhistorische Bedeutung zu, da sie für das 8. Jahrhundert (Nara-Zeit) eine Fülle von geschichtlichem und kulturgeschichtlichem Material enthalten." (Asien-Bibliographie, Frankenau/Hessen)
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Mitteilungen des Instituts für Orientforschung Herausgegeben im Auftrage des Kuratoriums des Instituts von Prof. Dr. Fritz Hintze Jahrlich ein Band in drei Heften — je Heft 160 Seiten 17,S x25 cm-
je Heft 18,- DM
Die Zeitschrift dient der Förderung der orientalistischen Studien auf dem gesamten Gebiet des Alten und Neuen Orients, einschließlich Ostasiens, Indiens und Afrikas. Die „Mitteilungen" stehen nicht allein den Mitarbeitern des Instituts für Orientforschung der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin für die Veröffentlichung ihrer Arbeiten zur Verfügung, sondern sie bieten darüber hinaus auch allen Gelehrten dieser Fachgebiete Gelegenheit zur Publizierung ihrer Forschungsergebnisse. In der Zeitschrift kommen nur Originalarbeiten zum Abdruck. Buchbesprechungen werden nicht aufgenommen. Dafür steht die „Orientalistische Literaturzeitung" zur Verfügung.
Orientalistische Literaturzeitung Monatsschrift
für die Wissenschaft
vom ganzen Orient
zu den angrenzenden
und seinen
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Kulturkreisen
Im Auftrage der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin unter Mitwirkung von Prof. D. Dr. O. Eißfeld (für Altes Testament und verwandte Gebiete), Prof. Dr. H. Kees (für Ägyptologie), Prof. Dr. H. Otten (für Keilschriftforschung), Prof. Dr. E. Waldschmidt (für Südasien) und Prof. Dr. Fr. Weller (für Zentral- und Ostasien)
herausgegeben von Prof. D. Dr. Richard Hartmann Monatlich ein Heft - 24 Seiten - DIN A4
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In Arbeitsgemeinschaft mit dem J. 0. Hinrichs Verlag, Leipzig Die OLZ, die von 1898 bis 1944 regelmäßig herausgegeben wurde, hat seit Beginn des Jahres 1953 ihr Erscheinen wieder aufgenommen. Sie berichtet streng wissenschaftlich über alle Neuerscheinungen des In- und Auslandes auf dem Gesamtgebiet der Orientalistik und bringt Aufsätze, die die Forschung selbständig weiterführen oder sie in umfassender Auseinandersetzung mit besonders bedeutsamen Neuerscheinungen fördern. Vor allem vermittelt sie eine Übersicht über die orientalistische Literatur der ganzen Welt, unterstützt von einer Zeitschriftenschau über die in deutschen und ausländischen Zeitschriften erscheinenden Abhandlungen.
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