Mathematische Grundlagen für Umweltsystemwissenschaften: Einführung in die Differential- und Integralrechnung [1 ed.] 9783662673706, 9783662673713

Kombiniert die Theorie mit konkreten Anwendungsbeispielen, insbesondere zu Umweltsystemen. Viele Beispiele mit schrittw

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German Pages xiv, 264 [268] Year 2023

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Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Teil I Vorkenntnisse und Grundlagen
1 Basiswissen und Notation
1.1 Grundlagen
1.1.1 Wichtige Rechenregeln
1.1.2 Ungleichung und Betrag
1.1.3 Fakultät
1.1.4 Komplexe Zahlen
1.2 Notation
1.2.1 Summenzeichen
1.2.2 Produktzeichen
1.2.3 Mathematische Symbole und Abkürzungen
1.2.4 Griechische Buchstaben
2 Mengenlehre zu Funktionen
2.1 Was ist eine Funktion?
2.1.1 Beispiel
2.1.2 Geometrische Deutung von Funktionen
2.2 Mengenlehre
2.2.1 Mengenrelationen und Mengenoperationen
2.2.2 Funktionen in der Mengenschreibweise
2.2.3 Zahlenbereiche
2.2.4 Intervalle
Teil II Funktionen, Differential- und Integralrechnung
3 Funktionen
3.1 Einteilung von Funktionen
3.2 Grundlegende Funktionstypen und deren Eigenschaften
3.2.1 Ganzrationale Funktionen (Polynome)
3.2.2 Gebrochenrationale Funktionen
3.2.3 Potenzfunktionen
3.2.4 Exponentialfunktionen
3.2.5 Logarithmusfunktionen
3.2.6 Umkehrfunktionen
3.2.7 Trigonometrische Funktionen
3.2.8 Betragsfunktionen
3.3 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften
3.3.1 Stromkosten
3.3.2 Virenpopulation
3.3.3 Produktion und Nachhaltigkeit
3.3.4 Tageslänge
3.3.5 Meeresbodentiefe
4 Grenzwerte und Stetigkeit
4.1 Folgen und Reihen
4.1.1 Beispiele
4.1.2 Grenzwert von Folgen
4.1.3 Cauchy-Folge
4.1.4 Konvergenzgeschwindigkeiten
4.1.5 Grenzwert von Reihen
4.2 Grenzwert von Funktionen
4.2.1 Rechenregeln für Grenzwerte
4.3 Stetige und nichtstetige Funktionen
4.3.1 Wie hilft uns eine grobe Intuition zur Stetigkeit?
4.3.2 Definition von Unstetigkeitsstellen
4.3.3 Stetigkeitsbeweis mit dem Folgenkriterium
4.3.4 Epsilon-Delta-Kriterium der Stetigkeit
4.4 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften
4.4.1 Teichfilter
4.4.2 Zinseszinsrechnung
4.4.3 Emissionen nach Altersgruppen
4.4.4 Dünger und Ertrag
4.4.5 Marmarameer
5 Einführung in die Differentialrechnung
5.1 Differenzierbarkeit
5.2 Ableitungsregeln
5.2.1 Ableitungen 1. Ordnung
5.2.2 Ableitungen höherer Ordnung
5.3 Kurvendiskussion
5.3.1 Steigungsverhalten
5.3.2 Monotonieverhalten
5.3.3 Krümmungsverhalten
5.4 Regel von l'Hospital
5.4.1 Beispiele
5.4.2 Anwendbarkeit
5.5 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften
5.5.1 Weltbevölkerung
5.5.2 Benzinverbrauch über Bewegungsgesetze
5.5.3 Materialkostenminimierung
5.5.4 Seeverschmutzung
5.5.5 Windenergie
6 Einführung in die Integralrechnung
6.1 Bestimmtes Integral
6.1.1 Beispiele
6.2 Unbestimmtes Integral
6.2.1 Beispiele
6.2.2 Integrationsregeln
6.3 Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung
6.3.1 Beispiel
6.3.2 Eingeschlossene Flächeninhalte
6.4 Riemann-Integral
6.5 Integrationstechniken
6.5.1 Partielle Integration
6.5.2 Integration durch Substitution
6.6 Uneigentliches Integral
6.6.1 Beispiele
6.6.2 Integration über die Gauß'sche Glockenkurve
6.7 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften
6.7.1 Mittelwertberechnung mittels Integration
6.7.2 Gesamte Tageslänge
6.7.3 Räuber-Beute-Systeme
6.7.4 Baumwachstum
6.7.5 Biologische Auswirkungen von Giftstoffen
7 Mehrdimensionale Funktionen
7.1 Funktionen mehrerer Veränderlichen
7.1.1 Vektorschreibweise
7.1.2 Flächen im dreidimensionalen Raum
7.2 Stetigkeit im mehrdimensionalen Fall
7.2.1 Beispiele
7.2.2 Richtungsgrenzwerte und Richtungsstetigkeit
7.3 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften
7.3.1 Integrität von Korallenriffen
7.3.2 Günstige Standorte für Windräder
7.3.3 Zuchtwertschätzung
7.3.4 Umweltschäden und Rebound-Effekt
7.3.5 Abgasfahne von Luftschadstoffen
8 Partielles Differential
8.1 Partielle Ableitung 1. Ordnung
8.1.1 Gradient
8.1.2 Jacobi-Matrix
8.2 Partielle Ableitung 2. Ordnung
8.2.1 Beispiel
8.2.2 Satz von Schwarz
8.2.3 Hesse-Matrix
8.3 Kurvendiskussion
8.3.1 Extremstellen
8.4 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften
8.4.1 Photobioreaktor
8.4.2 Grundwasserleiter Salzwasserintrusion
8.4.3 Wärmeinseleffekt
8.4.4 Borkenkäfer
8.4.5 Landwirtschaftliche Nutzenfunktion
Teil III Ergänzungen und weiterführende Konzepte
9 Taylor-Näherung
9.1 Taylor-Näherung verschiedener Ordnung
9.1.1 Taylor-Näherung 1. Ordnung
9.1.2 Taylor-Näherung 2. Ordnung
9.1.3 Taylor-Polynom höherer Ordnung
9.2 Reihenentwicklung
9.2.1 Potenzreihendarstellung grundlegender Funktionen
9.3 Restglied des Taylor-Polynoms
9.3.1 Beispiel
9.4 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften
9.4.1 Näherungsverfahren im Alltag
9.4.2 Sättingungsdampfdruck
9.4.3 Meerwasserentsalzung
10 Koordinatensysteme
10.1 Kartesische Koordinaten
10.2 Polarkoordinaten
10.2.1 Beispiele
10.3 Zylinder- und Kugelkoordinaten
10.3.1 Beispiele
10.4 Differentiation in verschiedenen Koordinaten
10.4.1 Zeitliche Ableitung in Polarkoordinaten
10.4.2 Zeitliche Ableitung in Zylinderkoordinaten
10.4.3 Zeitliche Ableitung in Kugelkoordinaten
10.5 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften
10.5.1 Tornadoverfolgung mit Radar
10.5.2 Änderung des magnetischen Nordpols
10.5.3 Epizentrum eines Erdbebens
Lösungen
Literatur
Stichwortverzeichnis
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Mathematische Grundlagen für Umweltsystemwissenschaften: Einführung in die Differential- und Integralrechnung [1 ed.]
 9783662673706, 9783662673713

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  • Publisher PDF | Published: 02 December 2023
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Marie Lisa Kogler Raven Adam

Mathematische Grundlagen für Umweltsystemwissenschaften Einführung in die Differential- und Integralrechnung

Mathematische Grundlagen für Umweltsystemwissenschaften

Marie Lisa Kogler · Raven Adam

Mathematische Grundlagen für Umweltsystemwissenschaften Einführung in die Differential- und Integralrechnung

Marie Lisa Kogler   Institut für Umweltsystemwissenschaften Universität Graz Graz, Österreich

Raven Adam Institut für Umweltsystemwissenschaften Universität Graz Graz, Österreich

ISBN 978-3-662-67370-6 ISBN 978-3-662-67371-3  (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-662-67371-3 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://portal.dnb.de abrufbar. © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Planung/Lektorat: Iris Ruhmann Springer Spektrum ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany

Vorwort

Prozesse in Umweltsystemen werden durch Größen beschrieben, die miteinander gekoppelt sind und so das Systemverhalten prägen. Dieses Verhalten kann mittels Funktionen mathematisch beschrieben und verstanden werden. Dieses Lehrbuch widmet sich anschaulich der Differential- und Integralrechnung und ist insbesondere geeignet für das Studium der Umweltsystemwissenschaften und vergleichbare anwendungsorientierte Studiengänge. Da es sich um ein Grundlagenbuch handelt, werden die vorgestellten Konzepte informal und nicht in der klassischen Exaktheit der mathematischen Methodik präsentiert. Ebenfalls werden die verschiedenen mathematischen Gebiete nur angeschnitten, um ein erstes Eintauchen in die Materie zu ermöglichen. Trotz dieser lockeren Anwendung einiger Konzepte ist der Inhalt keineswegs trivial, aber letztlich einfach genug, auch wenn es manchmal ein gewisses Selbststudium erfordert, um diese Einfachheit zu erkennen. Ziel ist es, aufbauend auf Allgemeinbildung der Mathematik ein deutlich vertieftes Verständnis der Grundbegriffe und Theorien im Kontext der Differential- und Integralrechnung zu erlangen. Zahlreiche praktische Beispiele stellen eine Verbindung zu den Anwendungen der Theorie in der Umweltsystemwissenschaft her. Diese reichen von naturwissenschaftlichen Ansätzen wie Populationsprozessen, Umweltschäden und dem Wärmeinseleffekt bis hin zu wirtschaftlichen Aspekten wie der Kostenminimierung und Nutzenfunktionen. Da sich dieses Lehrbuch ausschließlich mit der Differential- und Integralrechnung befasst, ist zu beachten, dass die Praxisbeispiele nicht die typische systemwissenschaftliche Darstellung mittels Differentialgleichungen beinhalten. Das bedeutet, dass dieses Lehrbuch zwar eine konzentrierte Begegnung mit den Grundbausteinen für systemisches Verständnis bietet, für eine weiter- und tiefergehende Auseinandersetzung mit Systemmodellierung andere Literatur hinzugezogen werden muss. Das Buch ist aufgeteilt in drei Teile, wobei im ersten Teil Vorkenntnisse und Grundlagen auf Basis schulischer Vorbildung zum Nachschlagen gesammelt wurden, mit welchen Lesende zumindest rudimentär vertraut sein sollten. Zusätzlich werden Grundkonzepte der Mengenlehre, welche die Basis der Funktionentheorie darstellt, vorgestellt. In Teil 2 folgt die Einführung von Differential- und Integralrechnung, der den ausführlichsten Teil des Buches darstellt. Die Kapitel sind in Theorie, Praxisbeispiele und Übungsaufgaben strukturiert. Lösungen finden sich am Ende des Buches. In Teil 3 werden zwei weiterführende Konzepte V

VI

Vorwort

vorgestellt, die in Verbindung zur Differentialrechnung stehen. Auch hier gibt es Praxis- und Übungsbeispiele mit Lösungen. Beim Verfassen des Buches wurde Wert auf ausführliche Erklärungen und Bezug zu Anwendungsmöglichkeiten des jeweiligen mathematischen Konzepts gelegt. Das Buch soll Lesende mit unterschiedlich starkem mathematischem Wissen abholen und gleichermaßen an die Konzepte der universitären Mathematik heranführen. Das didaktische Konzept umfasst die folgenden Punkte: • Geeignetes Lesen der Mathematik: Oft fällt es in der Entwicklung mathematischer Grundlagen schwer, sich mit der üblichen mathematischen Ausdrucksweise zurechtzufinden. Dieses Lehrbuch bietet dafür Symbolerklärungstabellen, Notations- und Ausdruckshinweise, wie ein Begriff zu „lesen“ ist. • Der Weg zu abstraktem Denken: Auch wenn die Mathematik für ihre abstrakte Natur bekannt ist, muss man festhalten, dass sie für die menschliche Art zu denken gemacht wurde. Das bedeutet, es gibt einen Weg von anwendungsorientiertem zu abstraktem Denken. Dieses Lehrbuch versucht an vielen Stellen eine Brücke zu bilden, um den Weg für eine Vorstellung, was ein theoretisches Konzept eigentlich bedeutet, zu ebnen. Dies erfolgt mittels schrittweiser Erklärungen, bildlicher Unterstützung als auch mitunter intuitiven Argumenten, die sich dann in mathematische Konzepte transformieren lassen. • Didaktische Strukturelemente: Verschiedene Strukturelemente sollen helfen, die gelesenen Informationen und Inhalte besser einteilen zu können: - Zentrale Konzepte eines Themas sind hervorgehoben. - Schwierigere Aspekte, die in den Gesamtstoff eingebettet sind, sind als solche gekennzeichnet. - Um einen Bezug der Theorie zur Praxis zu motivieren, wird deren Nützlichkeit anhand kleiner Anekdoten dargestellt. • Entdecken von Fehlern und Übung: Entscheidend für die Entwicklung einer Fähigkeit ist Übung. Dabei hilft es jedoch weniger, wenn man wiederholt den gleichen Fehler macht, ohne ursächliche Unklarheiten zu beseitigen. Dieses Lehrbuch versucht an vielen Stellen Schlüsselproblem aufzuzeigen, welche durch Rückfragen von Studierenden aufgezeigt wurden. Mittels ausführlichen Rechenwegen und freien Übungsaufgaben, zur Überprüfung des eigenen Wissensstandes, sollen so alle Kernthemen des Buches vermittelt werden. Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um dem Mitautor und Kollegen Raven Adam für seine langjährige Zusammenarbeit zu danken. Ich möchte auch Anna Dugan für ihre Unterstützung und ihr Feedback danken. Ich hoffe, dass dieses Buch für einige Interessierte Freude an der Mathematik bringt und sich auch einige Fragen über Systemverhalten, die man sich vielleicht schon länger gestellt hat, klären lassen. Graz März 2023

Marie L. Kogler

Inhaltsverzeichnis

Teil I  Vorkenntnisse und Grundlagen 1

Basiswissen und Notation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1.1 Grundlagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1.1.1 Wichtige Rechenregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1.1.2 Ungleichung und Betrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 1.1.3 Fakultät. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 1.1.4 Komplexe Zahlen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 1.2 Notation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 1.2.1 Summenzeichen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 1.2.2 Produktzeichen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 1.2.3 Mathematische Symbole und Abkürzungen . . . . . . . . . 7 1.2.4 Griechische Buchstaben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

2

Mengenlehre zu Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2.1 Was ist eine Funktion?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2.1.1 Beispiel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 2.1.2 Geometrische Deutung von Funktionen. . . . . . . . . . . . . 14 2.2 Mengenlehre. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 2.2.1 Mengenrelationen und Mengenoperationen. . . . . . . . . . 16 2.2.2 Funktionen in der Mengenschreibweise . . . . . . . . . . . . 17 2.2.3 Zahlenbereiche. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 2.2.4 Intervalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

Teil II  Funktionen, Differential- und Integralrechnung 3 Funktionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 3.1 Einteilung von Funktionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 3.2 Grundlegende Funktionstypen und deren Eigenschaften. . . . . . . 26 3.2.1 Ganzrationale Funktionen (Polynome) . . . . . . . . . . . . . 26 3.2.2 Gebrochenrationale Funktionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 3.2.3 Potenzfunktionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 3.2.4 Exponentialfunktionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 3.2.5 Logarithmusfunktionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 3.2.6 Umkehrfunktionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 VII

Inhaltsverzeichnis

VIII

3.3

3.2.7 Trigonometrische Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 3.2.8 Betragsfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften. . . . . . . . 63 3.3.1 Stromkosten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 3.3.2 Virenpopulation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 3.3.3 Produktion und Nachhaltigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 3.3.4 Tageslänge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 3.3.5 Meeresbodentiefe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68

4

Grenzwerte und Stetigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 4.1 Folgen und Reihen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 4.1.1 Beispiele. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 4.1.2 Grenzwert von Folgen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 4.1.3 Cauchy-Folge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 4.1.4 Konvergenzgeschwindigkeiten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 4.1.5 Grenzwert von Reihen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 4.2 Grenzwert von Funktionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 4.2.1 Rechenregeln für Grenzwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 4.3 Stetige und nichtstetige Funktionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 4.3.1 Wie hilft uns eine grobe Intuition zur Stetigkeit? . . . . . 87 4.3.2 Definition von Unstetigkeitsstellen . . . . . . . . . . . . . . . . 88 4.3.3 Stetigkeitsbeweis mit dem Folgenkriterium. . . . . . . . . . 89 4.3.4 Epsilon-Delta-Kriterium der Stetigkeit. . . . . . . . . . . . . 91 4.4 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften. . . . . . . . 93 4.4.1 Teichfilter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 4.4.2 Zinseszinsrechnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 4.4.3 Emissionen nach Altersgruppen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 4.4.4 Dünger und Ertrag. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 4.4.5 Marmarameer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97

5

Einführung in die Differentialrechnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 5.1 Differenzierbarkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 5.2 Ableitungsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 5.2.1 Ableitungen 1. Ordnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 5.2.2 Ableitungen höherer Ordnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 5.3 Kurvendiskussion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 5.3.1 Steigungsverhalten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 5.3.2 Monotonieverhalten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 5.3.3 Krümmungsverhalten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 5.4 Regel von l’Hospital. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 5.4.1 Beispiele. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 5.4.2 Anwendbarkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 5.5 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften. . . . . . . . 123 5.5.1 Weltbevölkerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 5.5.2 Benzinverbrauch über Bewegungsgesetze. . . . . . . . . . . 125 5.5.3 Materialkostenminimierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128

Inhaltsverzeichnis

IX

5.5.4 Seeverschmutzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 5.5.5 Windenergie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 6

Einführung in die Integralrechnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 6.1 Bestimmtes Integral. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 6.1.1 Beispiele. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 6.2 Unbestimmtes Integral. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 6.2.1 Beispiele. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 6.2.2 Integrationsregeln. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 6.3 Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung. . . . . . . . . . . . 142 6.3.1 Beispiel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 6.3.2 Eingeschlossene Flächeninhalte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 6.4 Riemann-Integral. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 6.5 Integrationstechniken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 6.5.1 Partielle Integration. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 6.5.2 Integration durch Substitution. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 6.6 Uneigentliches Integral . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 6.6.1 Beispiele. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 6.6.2 Integration über die Gauß’sche Glockenkurve. . . . . . . . 154 6.7 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften. . . . . . . . 155 6.7.1 Mittelwertberechnung mittels Integration. . . . . . . . . . . 155 6.7.2 Gesamte Tageslänge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 6.7.3 Räuber-Beute-Systeme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 6.7.4 Baumwachstum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 6.7.5 Biologische Auswirkungen von Giftstoffen. . . . . . . . . . 161

7

Mehrdimensionale Funktionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 7.1 Funktionen mehrerer Veränderlichen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 7.1.1 Vektorschreibweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 7.1.2 Flächen im dreidimensionalen Raum. . . . . . . . . . . . . . . 171 7.2 Stetigkeit im mehrdimensionalen Fall. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 7.2.1 Beispiele. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 7.2.2 Richtungsgrenzwerte und Richtungsstetigkeit. . . . . . . . 177 7.3 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften. . . . . . . . 179 7.3.1 Integrität von Korallenriffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 7.3.2 Günstige Standorte für Windräder. . . . . . . . . . . . . . . . . 181 7.3.3 Zuchtwertschätzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 7.3.4 Umweltschäden und Rebound-Effekt . . . . . . . . . . . . . . 185 7.3.5 Abgasfahne von Luftschadstoffen. . . . . . . . . . . . . . . . . 186

8

Partielles Differential. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 8.1 Partielle Ableitung 1. Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 8.1.1 Gradient. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 8.1.2 Jacobi-Matrix. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 8.2 Partielle Ableitung 2. Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 8.2.1 Beispiel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199

Inhaltsverzeichnis

X

8.2.2 Satz von Schwarz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 8.2.3 Hesse-Matrix. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 8.3 Kurvendiskussion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 8.3.1 Extremstellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 8.4 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften. . . . . . . . 206 8.4.1 Photobioreaktor. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 8.4.2 Grundwasserleiter Salzwasserintrusion. . . . . . . . . . . . . 206 8.4.3 Wärmeinseleffekt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 8.4.4 Borkenkäfer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 8.4.5 Landwirtschaftliche Nutzenfunktion. . . . . . . . . . . . . . . 211 Teil III  Ergänzungen und weiterführende Konzepte 9 Taylor-Näherung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 9.1 Taylor-Näherung verschiedener Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 9.1.1 Taylor-Näherung 1. Ordnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 9.1.2 Taylor-Näherung 2. Ordnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 9.1.3 Taylor-Polynom höherer Ordnung. . . . . . . . . . . . . . . . . 221 9.2 Reihenentwicklung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 9.2.1 Potenzreihendarstellung grundlegender Funktionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 9.3 Restglied des Taylor-Polynoms. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 9.3.1 Beispiel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 9.4 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften. . . . . . . . 225 9.4.1 Näherungsverfahren im Alltag. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 9.4.2 Sättingungsdampfdruck. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 9.4.3 Meerwasserentsalzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 10 Koordinatensysteme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 10.1 Kartesische Koordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 10.2 Polarkoordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 10.2.1 Beispiele. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 10.3 Zylinder- und Kugelkoordinaten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 10.3.1 Beispiele. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 10.4 Differentiation in verschiedenen Koordinaten. . . . . . . . . . . . . . . 237 10.4.1 Zeitliche Ableitung in Polarkoordinaten . . . . . . . . . . . . 237 10.4.2 Zeitliche Ableitung in Zylinderkoordinaten. . . . . . . . . . 238 10.4.3 Zeitliche Ableitung in Kugelkoordinaten. . . . . . . . . . . . 238 10.5 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften. . . . . . . . 239 10.5.1 Tornadoverfolgung mit Radar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 10.5.2 Änderung des magnetischen Nordpols. . . . . . . . . . . . . . 240 10.5.3 Epizentrum eines Erdbebens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 Lösungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 Stichwortverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261

Abbildungsverzeichnis

Abb. 2.1 Abb. 2.2 Abb. 2.3 Abb. 2.4 Abb. 3.1 Abb. 3.2 Abb. 3.3 Abb. 3.4 Abb. 3.5 Abb. 3.6 Abb. 3.7

Abb. 3.8 Abb. 3.9

Abb. 3.10 Abb. 3.11

Abb. 3.12 Abb. 3.13

Graphische Darstellung von linearen Funktionen y = ax mit drei unterschiedlichen Proportionalitätsfaktoren a. . . . . . . . . . . . 15 Veranschaulichung von Teilmenge und Operationen für zwei Mengen A und B. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Relationen und Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Grundlegende Zahlenmengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Graphische Darstellung von y = x + 3 durch die Punkte P1 und P2. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Parabeln verschiedener Formen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Kubisches Polynom f (x). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Vielfachheit von Nullstellen bei Polynomen. . . . . . . . . . . . . . . . 32 Biquadratische Polynome f (x) und g(x) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Echt und unecht gebrochenrationale Funktionen. . . . . . . . . . . . 37 Asymptotisches Verhalten um Polstellen: Gebrochenrationale Funktionen 1/x und 1/x 2: Beide Funktionen haben eine Definitionslücke an x = 0, die unterschiedlichen Astverläufe ergeben sich über die Potenz von x . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Polstelle und hebbare Definitionslücke bei einer gebrochenrationalen Funktion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Gebrochenrationale Funktionen und lineare asymptotische Verläufe: (links) horizontale Asymptote entspricht der xAchse, (Mitte) horizontale Asymptote zur x-Achse versetzt, (rechts) schräg liegende Asymptote. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Potenzfunktionen x n , x −n , x 1/n und x −1/n. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 (links) Verschiedene Wachstumsarten im Vergleich (linear, quadratisch und exponentiell), (Mitte) natürliche Exponentialfunktionen, (rechts) verschiedene Basen bei Exponentialverläufen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 (Links) Verschiedene Wachstumsarten im Vergleich, (Mitte, rechts) logarithmische Funktionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 (links, Mitte) Zwei bijektiven Funktionen und ihre Umkehrfunktionen, (rechts) eine Funktion, die weder surjektiv noch injektiv ist und somit keine Umkehrfunktion besitzt. . . . . . . . . . 50

XI

XII

Abb. 3.14 Abb. 3.15 Abb. 3.16 Abb. 3.17 Abb. 3.18 Abb. 3.19 Abb. 3.20 Abb. 3.21 Abb. 3.22 Abb. 4.1 Abb. 4.2 Abb. 4.3 Abb. 4.4 Abb. 4.5 Abb. 4.6 Abb. 4.7 Abb. 4.8 Abb. 4.9 Abb. 4.10 Abb. 5.1 Abb. 5.2 Abb. 5.3 Abb. 5.4 Abb. 5.5 Abb. 5.6

Abbildungsverzeichnis

Mengendarstellung von injektiven, surjektiven und bijektiven Abbildungsvorschriften sowie einer Relation, die keine Abbildung darstellt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 (links) Funktion mit Umkehrfunktion, (rechts) Parabel ohne Umkehrfunktion im gesamten Definitionsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 Winkelfunktionen am Einheitskreis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 Trigonomentrische Funktionsgraphen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 Arkussinus und Arkuscosinus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Verschiedene Betragsfunktionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 Durchschnittskosten in Abhängigkeit der Produktionsmenge (blau) und verschiedene Preise (rot). . . . . . . 66 Änderung der Tageslänge aufgrund der Neigung der Rotationsachse und Bewegung um die Sonne für die nördliche Hemisphäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 Meeresboden: Beziehung zwischen Tiefe und Alter im Nordpazifik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 Konvergenz und Divergenz von Folgen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 Cauchy-Folge: Abstand ǫ der diskreten Folgeglieder an werden mit weiterem Verlauf der Folge beliebig klein . . . . . . . . 77 Verschiedene stetige und unstetige Funktionen. . . . . . . . . . . . . . 86 Folgenstetigkeit am Beispiel der Exponentialfunktion und der Vorzeichenfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Stetigkeit anhand des Epsilon-Delta-Kriteriums. . . . . . . . . . . . . 92 Teichfilterung: Filtereffizienz von Zeolith bei täglicher Phosphoraufnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 Emissionen nach Altersgruppen: diskrete Messung (orange) und Näherung mittels quadratischer Funktion (grau) . . . . . . . . . 95 Ernteertrag: Acht Feldversuche in drei verschiedenen Bodenbereichen in Mississippi zeigen die unterschiedlichen Effekte von Stickstoffdünger. (Quelle: Scharf et al. 2005) . . . . . 96 Allee-Effekt-Modellierung zum Buckelwalbestand: A = 0.1K (blau) und A = 0.2K (orange). . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 Zyklische Verschleimung des Marmarameers. . . . . . . . . . . . . . . 99 Herleitung des Differentials von der Sekantensteigung zur Tangentensteigung durch Grenzwertbildung. . . . . . . . . . . . . 104 Gängige Funktionen (blau) und ihre Ableitungen (orange) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 Lokale und globale Extremalstellen auf einem Definitionsintervall (−∞, 0] einer beliebigen Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . 114 Steigungs-, Monotonie- und Krümmungsverhalten gezeigt an einem Polynom 4. Grades und dessen drei Ableitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 Krümmungs- und Monotonieverhalten an vier Beispielen . . . . . 117 Krümmungsverhalten verschiedener Funktionen. . . . . . . . . . . . . 118

Abbildungsverzeichnis

Abb. 5.7 Abb. 5.8

Abb. 5.9 Abb. 5.10

Abb. 5.11 Abb. 6.1 Abb. 6.2 Abb. 6.3 Abb. 6.4 Abb. 6.5 Abb. 6.6 Abb. 6.7 Abb. 6.8 Abb. 7.1

Abb. 7.2 Abb. 7.3

XIII

Geometrische Darstellung des Mittelwertsatzes . . . . . . . . . . . . . 120 Weltbevölkerung im Modell des freien Wachstums mit einer Wachstumsrate k = 0.019, welche für die 1960er Jahre zutreffend war. Bevölkerungen von 3, 6 und 10 Mrd. sind markiert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 Prognose der Weltbevölkerung bis 2100 (links); Wachstumskurve (rechts). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 Der Flugzeugwiderstand setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen: parasitärer Widerstand (Energieverlust durch Luftreibung) und induzierter Widerstand (Druckunterschied zwischen der Ober- und Unterseite) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 Opimierungsproblem der Produktionskosten von Dosen mit Radius r und Oberfläche O(r). . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 Integral als Flächenbilanz zwischen der Funktion und der x-Achse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung. . . . . . . . . . . . 143 Reduktion komplizierter Flächeninhalte auf Integrale. . . . . . . . . 145 Riemann-Summen: (links) Untersumme, (Mitte) Obersumme, (rechts) Differenz aus Unter- und Obersumme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 (links) Gauß'sche Glockenkurve und (rechts) Gauß'sche Fehlerfunktion als spezielle Funktion über ein Integral definiert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 Tageslänge: Summe der Tageslängen über ein Jahr für die nördlichen Breitengrade. Die Punkte markieren die Städte aus Tab. 3.1. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 Anzahl an gefangenen Kanadaluchsen (orange) von 1821 bis 1934 (Elton und Nicholson 1942) und Annäherung durch eine periodische Funktion (blau). . . . . . . . . . 158 (Links) Jährlicher Zuwachs in Prozent der verschiedenen Baumeigenschaften, (rechts) Baumgrößen berechnet aus Wachstumsfunktion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 Dreidimensionale Darstellung der Sinusschwingung (links), spiralförmige Raumkurve (Mitte) und Feldlinien einer vektorwertigen Schwingungsfunktion (rechts). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 (Links) f (x, y) = x 2 Parabolzylinder, (Mitte) f (x, y) = x 2 + y2 elliptisches Paraboloid und (rechts) f (x, y) = x 2 − y2 hyperbolisches Paraboloid. . . . . . . . . . . . . . . . 172 Flächendarstellung mittels drei Achsen (links), Höhenlinien (Niveaulinien) (Mitte) und Kennlinien (rechts) der Funktion 2 2 f (x, y) = e−(x +y )/10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172

XIV

Abb. 7.4 Abb. 7.5 Abb. 7.6 Abb. 7.7 Abb. 7.8 Abb. 7.9

Abb. 8.1

Abb. 8.2 Abb. 8.3 Abb. 9.1 Abb. 9.2 Abb. 10.1 Abb. 10.2 Abb. 10.3

Abb. 10.4 Abb. 10.5 Abb. 10.6

Abbildungsverzeichnis

(Links) und (Mitte) Lineare Abbildungen f (x, y) = x + 2y und f (x, y) = 0; (rechts) eine nichtlineare Abbildung f (x, y) = x 3 + y3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 Grenzwerte für eindimensionalen und mehrdimensionalen4 Fall. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 4 2 (Links) f (x, y) = xx4 −y und (rechts) f (x, y) = x4x+yy 2 . . . . . . . . . . 177 +y4 Änderung der Windgeschwindigkeit mit steigender Höhe für eine Referenzgeschwindigkeit von 5 m/s in 10 m Höhe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 Höhenlinien einer fiktiven Landschaft in Kilometer. . . . . . . . . . 182 Isolinien konstanter Schadstoffkonzentrationen in Bodennähe. Die Punktquelle befindet sich am Punkt (0|0), die Höchstkonzentration von Schadstoffen ist entsprechend der Windrichtung in einem Abstand von 2 km zum Ursprungsort. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 Gradient eines Skalarfeldes eines Parabols: f (x, y) = −(x 2 + y2 ), (links) Funktionswerte dargestellt als z-Achse, (rechts) Skalarfeld in der xy-Ebene mit Niveaulinien und Vektorgradientenfeld. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 Mehrdimensionale periodische Funktion f (x, y) = sin(x) cos(y). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 Eine schematische Darstellung des Grundwasserleiters. h = 0 gibt den Meeresspiegel an der Küste an. . . . . . . . . . . . . . 207 Taylor-Näherung der Graphen ex und ln(1 + x) durch ein Polynom von Grad 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 Sinusfunktion und Taylor-Näherungen um x0 = 0: (links) Sinus, Näherung 2. und 4. Ordnung, (rechts) Näherung bis zur 8. Ordnung gezeigt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 Zusammenhang zwischen Polarkoordinaten und kartesischen Koordinaten (links), Einheitsvektoren der Polarkoordinaten (rechts). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 Funktionen in Polarkoordinaten: Einheitskreis und Spirale in r, ϕ-Richtungskoordinaten und Polarkoordinaten. . . . 233 Funktionen in Polarkoordinaten: Kardioide 2a(1 − sin(bϕ)) (blau) und 2a(1 − sin(bϕ)) (orange) mit verschiedenen Parametern von links nach rechts: a, b = 0.5, 1; a, b = 0.5, 2; a, b = 0.5, 3; a, b = 0.5, 8. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 Kugelkoordinaten rϕ, θ eines Punktes P und kartesisches Koordinatensystem mit den Achsen x, y, z . . . . . . . 235 Funktionen in Zylinderkoordinaten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 Funktionen in Kugelkoordinaten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237

Teil I

Vorkenntnisse und Grundlagen

Bevor es um die eigentliche Differential- und Integralrechnung geht, werden in Teil1 Vorkenntnisse und Grundlagen diverse nützliche mathematische Grundlagen aufgelistet. Dazu gehört eine Auffrischung des Basiswissens und Erklärung der hier verwendeten Notation. Dieser Buchteil dient als Nachschlagewerk und nicht als Lehrbuch des schulischen Basiswissens, da die Inhalte als Vorkenntnisse vorausgesetzt werden können und nicht weiter vertieft werden müssen. Am Ende der jeweiligen Kapitel gibt es Übungsaufgaben zur eigenen Überprüfung des notwendigen Verständnisses.

1

Basiswissen und Notation

1.1

Grundlagen

1.1.1

Wichtige Rechenregeln

1.1.1.1 Binomische Formeln Die binomischen Formeln dienen der Umformung von Produkten aus Binomen, also Polynomen aus zwei Gliedern. Diese erlauben bzw. erleichtern sowohl das Ausmultiplizieren von Klammerausdrücken als auch das Faktorisieren von Termen, je nach Richtung der Umformung: (a + b)2 = a 2 + 2ab + b2 ,

(1.1)

(a − b) = a − 2ab + b ,

(1.2)

2

2

2

(a + b)(a − b) = a − b . 2

2

(1.3)

1.1.1.2 Potenzregeln Die Grundrechenregeln für Potenzen sind a 0 = 1 und a 1 = a,

(1.4)

=a ·a , an a n−m = m , a a n·m = (a n )m , a n · bn = (a · b)n , √ m n m a =an.

(1.5)

a

n+m

n

m

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 M. L. Kogler und R. Adam, Mathematische Grundlagen für Umweltsystemwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-662-67371-3_1

(1.6) (1.7) (1.8) (1.9)

3

4

1

Basiswissen und Notation

1.1.1.3 Logarithmusregeln Die Definition des Logarithmus y = loga (x) ist die Umkehrfunktion der Exponentialfunktion y = a x . Die Rechenregeln von Logarithmen sind loga (n · m) = loga (n) + loga (m), loga (n/m) = loga (n) − loga (m), loga (n p ) = p loga (n), √ 1 loga ( p n) = loga (n). p

(1.10) (1.11) (1.12) (1.13)

Die Potenzregel und der Basiswechselsatz sind gegeben durch loga (n) = loga (blogb (n) ), = logb (n) loga (b) = logb (n)/ logb (a)

(Potenzregel) , (Basiswechsel).

(1.14) (1.15) (1.16)

Viele einfache Taschenrechner können nur den natürlichen Logarithmus berechnen und für andere Basen ist es notwendig, den Basiswechsel zu kennen. Als Beispiel berechnen wir x = log3 (7). Wir entlogarithmieren zuerst durch 3x = 3log3 (7) = 7. Dann verwenden wir den natürlichen Logarithmus und erhalten x ln(3) = ln(7), also x = ln(3) ln(3) .

1.1.2

Ungleichung und Betrag

Ungleichungen stellen Bedingungen an eine Variable x, wobei generell nicht nur eine Lösung, sondern eine Lösungsmenge für x existiert. Die entsprechenden Vergleichszeichen sind , ≥ (größer, größer gleich). Zusätzlich wird das Ungleichzeichen = verwendet. Dabei gelten folgende Regeln für die Umformungen von Ungleichungen: 1. Addition und Subtraktion erfolgt wie bei normalen Gleichungen. 2. Bei Multiplikation oder Division mit negativen Zahlen muss das Vergleichszeichen umgedreht werden. 3. Bei Betragsungleichungen und Bruchungleichungen muss eine Fallunterscheidung durchgeführt werden. 4. Es gilt: A < B ist äquivalent zu B > A sowie A ≤ B ist äquivalent zu B ≥ A.

1.1.2.1 Betrag und Dreiecksungleichung Der Betrag einer reellen Zahl x ist definiert durch  x ,x ≥0 |x| = −x , x < 0.

(1.17)

1.1 Grundlagen

5

Somit gibt der Betrag einer reellen Zahl deren Abstand vom Ursprung an. Es gelten die folgenden Eigenschaften: |x| = | − x|, |λx| = |λ||x|,

(1.18) (1.19)

|x λ | = |x|λ , x |x| | |= , y |y| |x + y| ≤ |x| + |y|(Dr eiecksungleichung)

(1.20) (1.21) (1.22)

für alle λ, x, y ∈ R.

1.1.3

Fakultät

Die Fakultät oder Faktorielle (Anm. österreichisch) ordnet einer natürlichen Zahl das Produkt aller natürlichen Zahlen (ohne Null) kleiner und gleich dieser Zahl zu. Sie wird durch ein dem Argument nachgestelltes Ausrufezeichen (!) abgekürzt. Für eine natürliche Zahl n erhält man n! = 1 · 2 · 3 . . . (n − 1) · n, 0! = 1.

n≥1

(1.23) (1.24)

Quotienten mit Fakultäten im Nenner und im Zähler können oft durch Kürzen vereinfacht werden. Dazu zwei Beispiele: 1·2·3·4 4! = = 4, 3! 1·2·3 1 · . . . · (k − 1) 1 (k − 1)! = = . (k + 1)! 1 · . . . · (k − 1) · k · (k + 1) k(k + 1)

1.1.4

(1.25) (1.26)

Komplexe Zahlen

Komplexe Zahlen wurden eingeführt, um Zahlen, deren Quadrat negativ ist, handhaben zu können. Als Beispiel dafür die Gleichung x 2 = −1. Dafür wird die abstrakte Konstruktion der imaginären Einheit i 2 = −1 verwendet. Für das Beispiel gilt x1,2 = ±i. Komplexe Zahlen haben die allgemeine Form z = x + i y,

(1.27)

wobei  = x für den Realteil und  = y für den Imaginärteil steht. Sowohl x als auch y selbst sind dabei reelle Zahlen. Im Fall von y = 0 erhält man die reellen

6

1

Basiswissen und Notation

Zahlen, im Falle von x = 0 die imaginären Zahlen. Die konjugiert komplexe Zahl ist z¯ = a − ib,

(1.28)

was geometrisch einer Spiegelung an der reellen Achse entspricht. Weiterhin gilt für den Betrag |z| einer komplexen Zahl |z| =



z z¯ ≡



x 2 + y2,

z1 z 1 z¯ 2 z 1 z¯ 2 = = , z2 z 2 z¯ 2 |z 2 |2 1 z¯ z¯ = ≡ 2 z z z¯ |z|

(1.29) (1.30) (1.31)

sowie für die imaginäre Zahl |i| = 1, 1 i −1 = = −i. i

1.2

Notation

1.2.1

Summenzeichen

(1.32) (1.33)

Um  Summen vereinfacht darstellen zu können, verwendet man das Summenzeichen , gegeben durch den griechischen Großbuchstaben Sigma. Um eine Summe von verschiedenen Elementen a1 , a2 , a3 , . . . , an zu notieren, schreibt man n 

ai = a1 + a2 + a3 + . . . + an .

(1.34)

i=1

Dabei ist i = 1, 2, 3, . . . , n der Index (Laufvariable, Laufindex) und n das letzte Element der Summe. Der Index ist über einen Startwert und einen Endwert (obere und untere Grenze) gegeben und läuft in ganzzahligen Schritten. Neben dem Symbol i werden für Indizes auch häufig j und k verwendet, die obere Grenze ist oft mit n oder N notiert. Falls die Summe unendlich ist, ist der Endwert mit ∞ gegeben. Als Beispiel für die Berechnung einer fünfteiligen Summe, in der ak = k 2 gesetzt wird, ergibt sich aus n=5  k=1

k 2 = 12 + 22 + 32 + 42 + 52 = 55.

(1.35)

1.2 Notation

7

Da bei der Wahl des Index lediglich darauf zu achten ist, dass die Kurzschreibweise nicht außerhalb der gewünschten Summation passiert, lassen sich äquivalente Schreibweisen finden. Zum Beispiel n 

ai =

i=1

n−1  j=0

a j+1 =

n+1 

ak−1 .

(1.36)

k=2

sind äquivalente Darstellungen einer Summe und können ineinander übergeführt werden.

1.2.2

Produktzeichen

Um  Produkte vereinfacht darstellen zu können, verwendet man das Produktzeichen , gegeben durch den griechischen Großbuchstaben Pi. Möchte man ein Produkt der Elemente a1 , a2 , a3 , . . . , an bilden, so schreibt man n 

ai = a1 · a2 · a3 · . . . · an .

(1.37)

i=1

Ähnlich wie schon bei der Summenschreibweise ist i = 1, 2, 3, . . . , n der Index und n das letzte Element der Produktreihe. Auch hier können Indexumformungen zu äquivalenten Produktdarstellungen vorgenommen werden. Als Beispiel für die Berechnung eines Produkts mit ak = k 2 und n = 5 ergibt sich n=5 

k 2 = 12 · 22 · 32 · 42 · 52 = 14, 400.

(1.38)

k=1

1.2.3

Mathematische Symbole und Abkürzungen

Für den mathematischen Schreibgebrauch ist es sinnvoll, sich die Bedeutung der üblichen Ausdrücke zu merken. Um das Verständnis zu diesem Lehrbuch zu erleichtern, werden hier ein paar der zentralen mathematischen Symbole, ihre Bedeutung und jeweils ein Beispiel dazu aufgelistet.

8

1

Basiswissen und Notation

1.2.3.1 Mengen (Konstruktion, Operationen, Relationen) Symbol Bedeutung {. . .} Menge | Bedingungsstrich ∪ ∩ \ × ⊂ ⊃ ∈ ∈ / ∀ ∃

Beispiel M = {a, b}: Menge aus den Elementen a, b {a|T (a)}: Menge der Elemente a, welche die Bedingung T (a) erfüllen Vereinigungsmenge A ∪ B: Vereinigung der Mengen A und B Schnittmenge A ∩ B: Durchschnitt der Mengen A und B Differenzmenge A \ B: Differenz der Mengen A und B Kartesisches Produkt A× B: kartesisches Produkt der Mengen A und B Teilmenge A ⊂ B: A ist eine (echte) Teilmenge von B Obermenge A ⊃ B: A ist eine (echte) Obermenge von B Element von a ∈ A: das Element a ist in der Menge A enthalten Nicht Element von a∈ / A: das Element a ist nicht in der Menge A enthalten Für alle ∀x: für alle (für jedes) Elemente x Es existiert ein ∃x: es existiert mindestens ein Element x

1.2.3.2 Gleichheitszeichen, Vergleichszeichen Symbol = ≡ ≈ ∼ :=

Bedeutung Ungleichung Identitätsgleichung Rundung Proportionalität Definition

Beispiel a = b: a ist ungleich b a ≡ b: a ist identisch mit b a ≈ b: a ist ungefähr gleich b a ∼ b: a ist proportional zu b a := b: a wird per Definition gleichgesetzt mit b

1.2.3.3 Intervalle Symbol []

Bedeutung Beispiel Abgeschlossenes Intervall [a, b]: abgeschlossenes Intervall zwischen a und b () Offenes Intervall (a, b): offenes Intervall zwischen a und b (] oder [) Halboffenes Intervall (a, b]: links halboffenes Intervall zwischen a und b

1.2 Notation

9

1.2.3.4 Folgen und Reihen Symbol Bedeutung  Summenzeichen  Produktzeichen ()n Folge →

Grenzwert



Unendlich

Beispiel n ni=1 : Summe von i = 1 bis n i=1 : Produkt von i = 1 bis n (an )n : Folge mit den Folgegliedern a1 , a2 , . . . , an an → a: die Folge (an ) konvergiert gegen den Grenzwert a n → ∞: n strebt nach unendlich

1.2.3.5 Funktionen Symbol Bedeutung → Zuordnungsvorschrift (Mengen) → f −1 ◦

1.2.4

Beispiel f : A → B: die Funktion f bildet von der Menge A in die Menge B ab Zuordnungsvorschrift (Elemente) f : x → y: die Funktion f bildet das Element x auf das Element y ab Umkehrfunktion f −1 : y → x: die Umkehrfunktion f −1 bildet das Element y auf das Element x ab Komposition f ◦ g: Verkettung der Funktionen f und g

Griechische Buchstaben

Symbol A, α B, β , γ

, δ E, , ε Z, ζ H, η , θ, ϑ I,ι K,κ #, λ M, μ

Name Alpha Beta Gamma Delta Epsilon Zeta Eta Theta Iota Kappa Lambda My

Symbol N, ν , ξ O, o , π, ϕ P, ρ,  , σ, ς T,τ ϒ, υ , φ, ϕ X, χ $, ψ &, ω

Name Ny Xi Omikron Pi Rho Sigma Tau Ypsilon Phi Chi Psi Omega

Übungsaufgaben Die folgenden Übungsaufgaben dienen zur eigenen Überprüfung des Verständnisses zu den Inhalten des Kapitels.

10

1

Basiswissen und Notation

1.1 Algebraische Lösung von Gleichungen Lösen Sie die Gleichung nach x auf: 1. 2. 3. 4.

5x − (4 + 2x − (10 − 6x)) = 15x − 6 −2x 2 − x(x − 4) = (x + 2)(x − 3) (x + 1)2 + (x + 2)2 + (x + 3)2 = 14 (−2x − 1)2 = 4(x − 2)

1.2 Kürzen Kürzen Sie die folgenden Ausdrücke: 1. 2. 3. 4. 5. 6.

(12x − 6)(x − 3)(x + 1) − (6x 2 − 6x)(2x − 2) (4x 3 + 10x)(x 4 − 8) − (x 4 + 5x 2 )4x 3 (2 + 3i)(5 − i) 2 x2 (4x−2)2 e(3x+2) √ e /e log5 ( x 2 ) log(5) 3 ln(16e x /4e x )

1.3 Faktorisieren Faktorisieren Sie die folgenden Ausdrücke: 1. 2. 3. 4.

3a + 3b + 12c + 6 5x 3 − 20x 64k 3 + 24k 2 − 6k (a − b)c − a + b

1.4 Kürzen von Potenzen Vereinfachen Sie die folgenden Ausdrücke: 1. (10 10·10a ) 2. x 2a+b /x −2a+2b 3. (2n + 2n )m 4. (x 2 + x 3 )2 /(x 6 ) 2a

5a 2

1.5 Exponentialfunktionen Lösen Sie die folgenden Gleichungen: 1. 2. 3. 4.

73x = 77x−2 1 45−6x = 8x−3 4x+1 x 2 =3 35−x = 6

1.6 Logarithmus Lösen Sie die folgenden Gleichungen. Beachten Sie dabei den Definitionsbereich.

1.2 Notation

1. 2. 3. 4.

11

2 log2 (x − 1) = log2 (3x + 1) log2 (3x − 1) + log2 (x + 5) = 6 1 )=9 logx ( 27 2 2 ln(x − 14) = ln(5) + ln(6x 2 − 49)

1.7 Bruchausdrücke Vereinfachen Sie die folgenden Brüche: 1.

5 18 13 16 + 25 − 400 4 7 24 − 6

2.

42 ·122 103 +8

3.

x+y 2y+2x x y x y y x

4. (18η4 − 3η3 + 12η2 − 30η)/(3η) Bringen Sie die folgenden Ausdrücke auf einen Bruch und vereinfachen Sie: 1. 2.

y 3 1 − y 2x−x 2 + x+y x 2 −y 2 2 6a 5a 8a +4a+48 ,a a−4 + a+4 − a 2 −16

= ±4

1.8 Wurzelausdrücke Vereinfachen Sie die folgenden Ausdrücke: 1. 2. 3. 4.

−1/2 (x−4) √ (x − 4) x−4 (x−2)−1/3 √ (x − 2), x 3 √ √ x−2 ( √4 3 )3 24 √ 48

 5. 6. 7.

3

√ 

16 √ 4

≥2

2 2

144 + 16x 2 − 96x, x ∈ R

1 √ √ 4 16 5 x y 3 , x, y > 0 1 −

81x −9/5 y

2

1.9 Fakultäten Vereinfachen Sie die folgenden Ausdrücke: 1. 2. 3. 4.

2! + 5! 2k! − 5k! n!/(n + 2)! (5n + 7)!/(5n + 3)!

2

Mengenlehre zu Funktionen

2.1

Was ist eine Funktion?

Das Konzept der Funktion nimmt in der modernen Mathematik eine zentrale Rolle ein. Dabei stellen Funktionen, oder auch Abbildungen genannt, eine Beziehung zwischen zwei Größen, auch als Variablen bezeichnet, her. Nehmen wir als Beispiel die Preisveränderung einer Ware. Dabei entspricht eine Variable dem Preis für eine Ware und eine zweite Variable steht für die Nachfrage. Man kann annehmen, dass sich die Nachfrage nach einer Ware je nach Preis verändert. Anders gesagt, die Nachfrage nach einer Ware ist (unter anderem) eine Funktion ihres Preises. Es ist auch möglich, die Situation umgekehrt zu betrachten und zu behaupten, der Preis sei eine Funktion der Nachfrage. Beide Sichtweisen sind zulässig und geben einen unterschiedlichen Blickwinkel auf den Sachverhalt, um anzudeuten, welche Variable man als die unabhängige und die abhängige Variable betrachten will. Funktion

Eine Funktion f zeigt den Zusammenhang zweier Größen x, y, indem die eine als abhängig von der anderen gedacht wird. Diese Abhängigkeit ist formal und wird durch die Schreibweise der Formel ausgedrückt. Die abhängige Größe wird meist mit y oder f (x) (gesprochen: „f von x“) bezeichnet, die unabhängige Größe ist meist x. Eine Funktionsgleichung wird geschrieben als y = f (x). Der Funktionsterm f (x) gibt jene Formel an, mit der man die abhängige Größe y aus x berechnen kann. Dabei gilt: Ein y muss eindeutig durch das x bestimmt sein. Alle möglichen Werte von f (x) graphisch dargestellt zeigen den Funktionsverlauf oder Funktionsgraph. 

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 M. L. Kogler und R. Adam, Mathematische Grundlagen für Umweltsystemwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-662-67371-3_2

13

14

2

Mengenlehre zu Funktionen

Die allgemeine Form für eine Funktion ist mit y = f (x) gegeben, dabei ist y als Funktionswert zu verstehen und x als Argument der Funktion. Dabei gibt es mehrere Sprechweisen, die mehr oder weniger gleichwertig diese Abhängigkeit beschreiben: • „y ist eine Funktion von x“ • „y gleich f von x“ • „x wird abgebildet auf f von x“ Nun wollen wir die Begriffe Variable und Konstante unterscheiden: Eine Größe, welche verschiedene Werte annimmt, heißt eine variable Größe oder auch kurz „Veränderliche“ oder Variable. Man bezeichnet solche Variablen in der Regel durch die letzten Buchstaben des Alphabets x, y, z, . . ., X , Y , Z , . . ., φ, χ , ψ, . . ., wobei gerade die griechischen Buchstaben in der Physik große Beliebtheit finden. Eine Größe, welche ihren Zahlwert beibehält, heißt eine unveränderliche oder konstante Größe oder kurz eine Konstante . Zur Bezeichnung von Konstanten benutzt man vornehmlich die Anfangsbuchstaben des Alphabets a, b, c, . . ., A, B, C, . . ., α, β, γ , . . . Mit der Verwendung einer Konstanten a kann die lineare Funktion allgemein geschrieben werden mit y =a·x

(2.1)

oder kurz y = ax, wobei a einen konstanten Proportionalitätsfaktor darstellt. Man sagt auch, x ist proportional zu y. Für a gilt, dass diese Konstante einen beliebigen Wert in den reellen Zahlen annehmen kann, das notiert man als a ∈ R (gesprochen: „a in R“). Dabei ist praktischerweise auf der linken Seite der Gleichung die abhängige Variable y gegeben. Ist eine Gleichung, durch welche man eine Funktion darstellen will, noch nicht nach y aufgelöst, so spricht man von einer unentwickelten oder impliziten Angabe der Funktion.

2.1.1

Beispiel

Um die unentwickelte Gleichung 4y − 8x + 3 = 3

(2.2)

als explizite oder entwickelte Funktion zu schreiben kann mittels Äquivalenzumformung eine lineare Funktionsgleichung der Form y = 2x gefunden werden.

2.1.2

Geometrische Deutung von Funktionen

Um eine graphische Visualisierung dieser Abhängigkeiten zu zeigen, kann man rechtwinkelige Koordinatensysteme verwenden, wie sie in der Geometrie gebräuchlich sind. Dabei stellen die Achsen die Koordinaten oder Werte von x, y dar. Für eine

2.1 Was ist eine Funktion?

15

Abb. 2.1 Graphische Darstellung von linearen Funktionen y = ax mit drei unterschiedlichen Proportionalitätsfaktoren a

Ebene von zwei Variablen wird die unabhängige Variable in der Regel über die horizontale Achse dargestellt (Abszisse), die abhängige Variable in der vertikalen Achse (Ordinate). In einem kartesischen Koordinatensystem werden jedem Punkt P der Ebene zwei Zahlen x und y als Koordinaten zugeordnet. Man schreibt P(x|y) oder P = (x, y). Eine Gleichung mit den Variablen x und y beschreibt dann eine Menge von Punkten in der Ebene, und zwar die Menge aller Punkte, deren x- und y-Koordinate die Gleichung erfüllen. Wenn wir nun die Funktion y = ax graphisch in einem Koordinatensystem darstellen wollen, muss a bekannt sein. In Abb. 2.1 wird dieses Verhältnis für verschiedene Werte des Proportionalitätsfaktors a dargestellt. Anwendungen

Funktionen sind in unserem Alltag viel häufiger präsent, als es uns meist auffällt. Nicht nur wirtschaftliche Aspekte wie der Öl- und Benzinpreis, Telefontarife, Zinsrechnung oder wie viele Eiskugeln man sich leisten kann, sind über Funktionen gegeben. Auch in der Medizin und Biologie finden Funktionen reichlich Anwendung, zum Beispiel für das Verständnis von Epidemien (Ausbreitung und Wachstum von Mikroorganismen), Aufnahme und Abbau von Medikamenten (exponentiell oder linear) oder die Beschreibung der Herzfrequenz über Funktionsgraphen. Auch der Abbau von Alkohol im menschlichen Körper ist ein exponentiell verlaufender Prozess, also über eine Funktion beschreibbar. Was natürliche und technische Prozesse betrifft, also Prozesse, die in starkem Zusammenhang mit Physik und Chemie stehen, gibt es reichlich Bedarf, deren Beschreibung anhand von Funktionen zu treffen: die Dynamik von (Umwelt-)Systemen wie dem Wetter und Klima (Temperatur, Druck, Diffusion etc.), Waldwachstum und viele andere umweltrelevante Prozesse. Ebenfalls können wir Funktionen verwenden, um die Lebensdauer von Stoffen (von Uran bis zum mobilen Endgerät) zu extrapolieren, die Funktionsweise von Solarzellen zu erklären und die Nährstoffänderung in Humusböden zu beschreiben. 

16

2.2

2

Mengenlehre zu Funktionen

Mengenlehre

Das darunterliegende Konzept für Funktionen y = f (x) kommt aus der Mengenlehre. Eine Menge kann man als eine Zusammenfassung von unterscheidbaren Objekten sehen. Dabei sind x und y als Elemente einer jeweiligen Menge zu verstehen. Eine Menge wird dabei im weitesten Sinne als Zusammenfassung von Objekten zu einer Gesamtheit verstanden. Dabei heißt jedes in einer Menge M enthaltene Objekt Element der Menge, was man durch a ∈ M (gelesen: „a enthalten in M“) ausdrückt. Ist ein Element nicht in M enthalten, notiert man dies als a ∈ / M. Mengen können durch Aufzählung ihrer Elemente beschrieben werden, zum Beispiel M = {1, 3, 5, 2, 4, 4, 4, 4, 4}.

(2.3)

Bei Mengen werden geschwungene Klammern verwendet. Dabei spielen weder die Reihenfolge noch Wiederholungen von Elementen eine Rolle. Für überschaubar kleine Mengen, wie das Beispiel oben, ist es praktisch, alle Elemente einzeln anzuschreiben. Für größere Mengen gelten oftmals gewisse Charakteristika, die für alle Elemente der Menge gelten, zum Beispiel alle Elemente sind kleiner als 10. Über die beschreibende Mengenschreibweise haben wir die Möglichkeit, die Zugehörigkeit von Elementen über solche Charakteristika in kurzer Schreibweise auszudrücken. Man schreibt {a | T (a)}

oder

{a : T (a)},

(2.4)

um die Elemente a, die die Bedingung T (a) erfüllen, als Menge zusammenzufassen. Als Beispiel: Der Ausdruck M = {x ∈ R : 0 < x < 10}

(2.5)

liest sich folgendermaßen: M ist gegeben als die Menge aller Elemente x aus der Grundgesamtheit der reellen Zahlen (ebenfalls eine Menge), welche die Eigenschaft besitzen, größer als 0 und kleiner als 10 zu sein. Kurz: Die Menge M ist gegeben aus den Elementen x in R, für die gilt, 0 ist kleiner x, ist kleiner 10. Es hat sich auch als praktisch erwiesen, eine Menge einzuführen, welche kein Element enthält. Diese sogenannte leere Menge wird mit dem Symbol ∅ oder {} bezeichnet.

2.2.1

Mengenrelationen und Mengenoperationen

Verschiedene Mengen können auch auf ihre jeweils enthaltenen Elemente miteinander verglichen werden. Dafür wollen wir mehrere Begriffe für zwei Mengen A und B einführen, die in Abb. 2.2 visualisiert sind:

2.2 Mengenlehre

17

Abb. 2.2 Veranschaulichung von Teilmenge und Operationen für zwei Mengen A und B

• A heißt Teilmenge von B, A ⊆ B, wenn jedes Element von A auch in B enthalten ist. Man nennt B auch Obermenge von A, A ⊇ B. Man findet auch häufig die Schreibweise A ⊂ B für echte Teilmengen, wobei dieser Unterschied eine Analogie zu den Zeichen ≤ und < darstellt, jedoch nicht immer einheitlich verwendet wird. Seien nun A und B Teilmengen einer Grundmenge X , dann gilt • Vereinigungsmenge: A ∪ B bezeichnet die Vereinigung von A und B • Schnittmenge: A ∩ B bezeichnet den Durchschnitt von A und B • Differenzmenge: A \ B bezeichnet die Differenz von A und B

2.2.2

Funktionen in der Mengenschreibweise

Funktionen werden gerade in Hinblick auf die Mengenlehre häufig auch Abbildungen genannt. Abbildungen sind eindeutige Zuordnungen zwischen zwei Mengen A und B. Für die Elemente beider Mengen bedeutet das, dass jedem Element x ∈ A durch die Abbildung f genau ein Element f (x) ∈ B zugeordnet wird, geschrieben als f : A → B : x → f (x).

(2.6)

Dabei ist A der Definitionsbereich, B der Zielbereich, x das Argument und f (x) der Funktionswert. Da die Abbildung eine Zuordnung eines x-Werts zu einem Funktionswert f (x) darstellt, entsteht ein Wertepaar, also eine Relation zwischen den Mengen A und B. Abbildungen sind also mathematische Relationen, nicht jede Relation ist eine Abbildung, siehe dafür Abb. 2.3. Damit eine Relation eine Abbildung ist, muss jedes

18

2

Mengenlehre zu Funktionen

Relaonen

Funkonen / Abbildungen

beliebig

eindeug abhäng. Variable

unabhäng. Variable

3

1 2 3

1 2 -2

1 4

Abb. 2.3 Relationen und Funktionen

Element in A in Relation mit genau einem Element in B sein. Daher sind Funktionen bestimmt durch das Wertepaar (x, f (x)), welches eine Relation der Form {(x, y) ∈ A × B | f (x) = y} ⊆ A × B

(2.7)

bildet, wobei die Verknüpfung von zwei Mengen A × B (gelesen: „A kreuz B“) das kartesische Produkt ist. Dieses stellt die Bildung von Wertepaaren dar, also {x} × {y} = {(x, y)}, wie wir das auch schon von der Schreibweise für einen Punkt im Koordinatensystem P(x, y) kennen.

2.2.3

Zahlenbereiche

Zahlenbereiche beziehen sich auf die Vorstellung, gewisse Aspekte von unterschiedlichen Zahlen zusammenzufassen und unterhalb eines Begriffs zu vereinen. Zusammengefasst als Menge dienen sie dazu, gewisse Operationen und mathematische Regeln allgemeiner ausdrücken zu können. Dabei werden diese Mengen von Zahlen typischerweise durch Buchstaben mit Doppelstrich gekennzeichnet. Die Standardbezeichnungen für grundlegende Zahlenbereiche sind

2.2 Mengenlehre

19

Abb. 2.4 Grundlegende Zahlenmengen





3−2

3





1−

1+

-4.2

2.33 + 5

−4.249835

2

5

2 9

0.5



−1

99.99

0. 33

−10

−1234 1

7

42

ln(2)

• N für die natürlichen Zahlen, diese umfassen entweder die positiven ganzen Zahlen N = {1, 2, 3, . . .} oder je nach Definition die nichtnegativen ganzen Zahlen N0 = {0, 1, 2, 3, . . .}. • Z für die ganzen Zahlen, diese umfassen {. . . , −3, −2, −1, 0, 1, 2, 3, . . .}. • Q für die rationalen Zahlen, also ganze Zahlen, die als Verhältnis von zwei Zahlen dargestellt werden, der Buchstabe „Q“ steht für Quotient. • R für die reellen Zahlen, diese umfassen alle Zahlen, die wir uns vorstellen können, also sowohl rationale Zahlen als auch irrationale Zahlen. • C für die komplexen Zahlen. Irrationale Zahlen können nicht als Quotient zweier ganzer Zahlen betrachtet werden, die Menge an irrationalen Zahlen ist R\Q, also die reellen Zahlen ohne den rationalen Zahlen. Die Zahl π = 3.14159 . . . oder e = 2.71828 . . . gehört mitunter zu den bekanntesten irrationalen Zahlen. In der Mathematik sind noch wesentlich mehr Zahlenbereiche definiert. Die elementaren Zahlenmengen sind aufeinander aufbauend definiert. Das bedeutet, zum Beispiel, in der Zahlenmenge der ganzen Zahlen sind die natürlichen Zahlen komplett enthalten, somit ist N eine Untermenge oder Teilmenge von Z, dies schreibt man als N ⊂ Z. Abb. 2.4 zeigt, wie die elementaren Zahlenmengen aufeinander aufgebaut sind, in äußerster Schicht kann man sich noch die komplexen Zahlen vorstellen. Es gilt N ⊂ Z ⊂ Q ⊂ R ⊂ C.

2.2.4

(2.8)

Intervalle

Es seien a und b reelle Zahlen. Intervalle sind Mengen reeller Zahlen folgenden Typs: [a, b] = {x (a, b) = {x (a, b] = {x [a, b) = {x

∈R:a ∈R:a ∈R:a ∈R:a

≤x 1, ist die Parabel schmäler (gestreckt), für 0 < a < 1 ist die Parabel breiter (gestaucht). Für a = −1 ist die Normalparabel nach unten geöffnet, verschiedene negative Werte von a verändern die Breite der nach unten geöffneten Parabel gleichermaßen wie für positive Werte. Allgemeinere Parabelgleichungen sind in Abb. 3.2 (rechts) gezeigt.

30

3

Funktionen

Abb. 3.2 Parabeln verschiedener Formen

Um einen Parabelscheitelpunkt auf der y-Achse zu verschieben, muss eine weitere Konstante eingeführt werden und die Parabelgleichung erweitert sich auf f (x) = ax 2 + c. Für einen Verschub in der x-Achse wird ein linearer Term benötigt und die Parabelgleichung bekommt wieder ihre allgemeinste Form f (x) = ax 2 + bx + c. Man beachte, dass immer noch gilt f (x = 0) = c. Anwendungen

Die Flugbahn eines geworfenen Balls beschreibt eine Parabel, wenn man den Einfluss des Luftwiderstandes vernachlässigt. In einem Flugzeug, das sich entlang einer Wurfparabel bewegt, herrscht Schwerelosigkeit. Solche Parabelflüge werden zum Training von AstronautInnen verwendet. 

3.2.1.4 Allgemeine Polynomgleichungen Polynomgleichungen einer Variablen bestehen aus Termen, in denen die Variable x mit verschiedenen Exponenten x n vorkommt. Die Potenzen sind dabei ganzzahlig und nichtnegativ (n = 0, 1, 2, 3, ...), gehören also den natürlichen Zahlen an. Die allgemeine Polynomfunktion ist in der Normalform gegeben als f (x) = a0 + a1 x + a2 x 2 + a3 x 3 + · · · + an x n , welche auch über das Summenzeichen f (x) =

n



n ≥ 0,

(3.19)

, siehe Kap. 1, geschrieben werden kann

ai x i ,

n ≥ 0.

(3.20)

i=0

Letzteres stellt eine verkürzte Schreibweise derselben Polynomgleichung dar. Die Konstanten ai , welche auch Koeffizienten oder Vorfaktoren genannt werden, spielen eine wichtige Rolle für den Grad des Polynoms, auch bekannt als seine Ordnung. Der Grad des Polynoms ist durch den höchsten Exponenten der x i in Normalform gegeben, also die größte Zahl, für die ai = 0 gilt. Diese wollen wir

3.2 Grundlegende Funktionstypen und deren Eigenschaften

31

Abb. 3.3 Kubisches Polynom f (x)

als n bezeichnen und den zugehörigen Koeffizienten als an . Der Summand a0 kann als Koeffizient von x 0 angesehen werden. Eine Gerade ist ein Polynom von Grad 1 (lineares Polynom), eine Parabel ist ein Polynom von Grad 2 (quadratisches Polynom), Polynome von Grad 3 werden kubisch und von Grad 4 werden biquadratisch genannt.

3.2.1.5 Extremwerte Extremstellen stehen im Zusammenhang mit dem lokalen und globalen Verhalten der Funktion. Bei der Extremwertanalyse beschäftigen wir uns mit lokalen Extremwerten. Ein lokales Maximum (bzw. ein lokales Minimum) ist der Wert der Funktion an der Stelle x, in dessen Umgebung die Funktion keine größeren (bzw. kleineren) Werte annimmt. Bei der Parabelgleichung ist der Scheitelpunkt der Extremwert der Kurve. Ein Polynom mit Grad n kann bis zu n − 1 Extrema besitzen. Mit der graphischen Darstellung kann diese Eigenschaft leicht nachvollzogen werden, siehe dafür Abb. 3.3 eines Polynoms dritter Ordnung, welches zwei Extremwerte besitzt. Vergleichen Sie hierzu die Abb. 3.1 zu linearen Polynomen und 3.2 zu quadratischen Polynomen. Wir werden uns in Kap. 5 noch ausführlicher mit Extremwerten beschäftigen. 3.2.1.6 Nullstellen Als Nullstellen werden jene Werte von x bezeichnet, an denen der Funktionswert f (x) null ist, also die Gleichung f (x) = 0 erfüllt. Leitsätze für Nullstellen

1. Ein Polynom n-ten Grades hat stets n Nullstellen, diese können reell oder komplex sein und auch mehrfach auftreten. (Fundamentalsatz der Algebra) 2. Eine Polynomfunktion kann maximal so viele reelle Nullstellen haben wie der Grad des Polynoms. 3. Ein Polynom mit ungeradem Grad hat mindestens eine reelle Nullstelle. 4. Ein Polynom von geradem Grad kann keine bis n reelle Nullstellen besitzen.

32

3

Funktionen

Der Fundamentalsatz der Algebra besagt: Jedes komplexe Polynom hat mindestens eine komplexe Nullstelle.  Wegen des Fundamentalsatzes der Algebra gilt, dass reelle Polynome, die Teil der komplexen Polynome1 sind, ebenfalls immer mindestens eine Nullstelle aufweisen. Diese muss aber nicht reell sein, sondern kann komplex sein. Da man jede Nullstelle vom Gesamtpolynom durch Faktorisierung abspalten kann, kann die Aussage gedeutet werden zu: Jedes Polynom von Grad n besitzt genau n reelle oder komplexe Nullstellen. Wenn eine Nullstelle doppelt vorkommt, wie zum Beispiel für den Fall f (x) = (x − 2)2 , so zählt diese auch doppelt. Der dritte Leitsatz ergibt sich aus dem Sachverhalt, dass Polynome mit ungeradem Grad einen gegenläufigen Verlauf zeigen, wenn x sehr große oder sehr kleine Werte annimmt (siehe Abb. 3.3 und 3.4). Für ein Polynom mit geradem Grad können wir keine nähere Aussage über die Anzahl an reellen Nullstellen treffen, man kann sie aber auf ihre Beschränktheit überprüfen. Das bedeutet, man untersucht, welche yWerte niemals von der Funktion erreicht werden. Man unterscheidet dabei zwischen nach unten beschränkt, also wenn es eine untere Grenze an Funktionswerten gibt, und nach oben beschränkt, also wenn es eine obere Grenze der Funktionswerte gibt. Der erste Fall tritt ein, wenn der Koeffizient des führenden Glieds an positiv ist, der zweite Fall tritt ein, wenn dieser Koeffizient negativ ist.

3.2.1.7 Linearfaktorzerlegung und Vielfachheit Für das Bestimmen von Nullstellen eines Polynoms ist es oft sinnvoll, dieses zu faktorisieren. Bei der Faktorisierung werden Terme der Funktion auf einen gemeinsamen Faktor untersucht, umgangssprachlich ist dieser Prozess auch als „Ausklammern“ bekannt. Die binomischen Formeln sind typische Anwendungen dieser Umwandlung, zum Beispiel kann die dritte binomische Formel a 2 − b2 = (a + b)(a − b) die Nullstellensuche der Funktion f (x) = x 2 + 4 = (x + 2)(x − 2) erleichtern. Der rechte Teil stellt eine faktorisierte Funktionsgleichung in zwei Faktoren dar.

Abb. 3.4 Vielfachheit von Nullstellen bei Polynomen

1 Die

reellen Zahlen sind ja auch Teil der komplexen Zahlen.

3.2 Grundlegende Funktionstypen und deren Eigenschaften

33

Eine wichtige Anwendung der Faktorisierung ist die Linearfaktorzerlegung. Dabei versucht man, ein Polynom von seiner Normalform in die Linearfaktordarstellung umzuformen, diese wird allgemein beschrieben durch f (x) = an (x − x1 ) · (x − x2 ) · . . . · (x − xn ),

(3.21)

was wir bereits für Parabeln bei der Nullstellendarstellung kennengelernt haben. Dabei ist an der Koeffizient des höchsten Terms und x1 , x2 , . . . , xn sind die (reellen oder imaginären) Nullstellen des Polynoms, x (ohne Indizes) ist wie gewöhnlich die Variable. Häufig passiert es, dass die Faktorisierung nur bis zu k < n durchgeführt wird, die Gleichung ergibt sich dann zu f (x) = an (x − x1 ) · (x − x2 ) . . . (x − xk ) · Restglied.

(3.22)

Dies wird häufig dann gemacht, wenn man nur die reellen Nullstellen xk eines Polynoms bestimmen möchte. Das Restglied selbst ist wieder ein Polynom, aber von kleinerem Grad n − k und besitzt selbst keine reellen Nullstellen. Für die Bestimmung von reellen Nullstellen ist es mitunter schwierig, diese Nullstellen nacheinander „abzuspalten“ (zu bestimmen). Hierfür verwendet man häufig das Verfahren der Polynomdivision.

3.2.1.8 Polynomdivision Die Polynomdivision ist eine Methode, mit der man Nullstellen eines Polynoms berechnen kann. Dies kann dazu verwendet werden, das Polynom von seiner Normalform in die Linearfaktordarstellung umzuformen. Dabei muss eine Nullstelle x0 bereits bekannt sein, um das Polynom durch (x − x0 ) zu dividieren. Für das folgende Polynom ist die Nullstelle x0 = 1 bekannt und die Polynomdivision ergibt sich über



x 3 − x 2 − 4x + 4 : x − 1 = x 2 − 4 − x3 + x2 − 4x + 4 4x − 4 0 Der erste Term des Ergebnisses x 3 : x = x 2 ergibt sich aus der Division des ersten Polynomterms x 3 durch das x im Divisionsterm (x − x0 ). Nun muss zurückgerechnet werden. Man nimmt das eben berechnete Ergebnis x 2 und multipliziert dieses mit dem Divisionsterm und erhält x 2 · (x − 1) = x 3 − x 2 . Dieser Term steht nun als Subtraktion in der nächsten Zeile und man berechnet den Rest. Gibt es einen Restterm ungleich null, dann zieht man nur den dritten Term des Polynoms von oben in die dritte Zeile, gibt es keinen Restterm, zieht man sowohl den dritten als auch den vierten Term des Polynoms in die dritte Zeile. Dies kann gut verglichen werden anhand desselben Polynoms mit einer anderen Nullstelle:

34

3



Funktionen



x 3 − x 2 − 4x + 4 : x − 2 = x 2 + x − 2 − x 3 + 2x 2

x 2 − 4x − x 2 + 2x − 2x + 4 2x − 4 0 In beiden Fällen wird dann analog zu der vorherigen Sequenz weitergegangen. Sobald das letzte Glied erreicht wird und kein weiteres Glied heruntergezogen werden kann, ist die Polynomdivision beendet. Für den Fall, dass ein Restterm R ungleich null übrig bleibt, wie bei der Asymptotenberechnung, muss zu dem Ergebnis noch der R addiert werden. Restterm durch den Divisionsterm (x−x 0) Bei Polynomen können Nullstellen mehrfach vorkommen, siehe Abb. 3.4, daher unterscheidet man Nullstellen auch anhand ihrer Vielfachheit. Zum Beispiel besitzt die Funktion f (x) = (x + 1)2 = (x + 1)(x + 1) eine doppelte Nullstelle an x = −1. Die Nullstelle hat die Vielfachheit 2. Entsprechend gibt es auch Nullstellen mit höherer Vielfachheit. Die in Abb. 3.4 gezeigten Nullstellen haben von links nach rechts jeweils um eins aufsteigende Vielfachheit an x = 2.

3.2.1.9 Symmetrieverhalten Eine Funktion kann achsensymmetrisch oder punktsymmetrisch sein. Achsensymmetrie bedeutet, dass es eine spiegelbildliche Anordnung von Funktionswerten zu beiden Seiten der Achse gibt. Wenn eine Achsensymmetrie zur y-Achse vorliegt, dann gilt f (x) = f (−x)

(3.23)

Dieses Konzept und die Funktion nennt sich gerade, wie zum Beispiel f (x) = kann man auf vertikale Achsen erweitern, also zu Achsen, welche beliebig zur yAchse verschoben sind (Translation) und man bekommt für die Achsensymmetrie zu einer beliebigen vertikalen Geraden an x = a die Bedingung x 2.

f (a − x) = f (a + x), f (x) = f (2a − x)

(3.24) (3.25)

wie zum Beispiel für die Parabel f (x) = x 2 − 4x + 3 = (4 − x)2 − 4(4 − x) + 3 = f (2a − x) mit a = 2. Punktsymmetrie bedeutet, dass es einen Punkt S(a, b) gibt, zu dem die Funktion symmetrisch ist. Wenn dieser Punkt der Koordinatenursprung ist, dann gilt − f (x) = f (−x)

(3.26)

und die Funktion nennt sich ungerade, wie zum Beispiel f (x) = 2x 3 . Bezieht sich die Punktsymmetrie auf einen beliebigen Symmetriepunkt im Koordinatensystem,

3.2 Grundlegende Funktionstypen und deren Eigenschaften

35

dann gilt − f (a + x) + b = f (a − x) − b, f (x) = 2b − f (2a − x)

(3.27) (3.28)

wie zum Beispiel für die Funktion f (x) = 2x 5 +2 und den Symmetriepunkt S(0, 2), da gilt −(2x 5 + 2) + 2 = 2(−x)5 + 2 − 2. Um den Symmetriepunkt zu bestimmen, hilft meist, den Funktionsgraphen zu zeichnen, da er sich über dieses Verfahren nicht direkt bestimmen lässt. Ein guter Ansatz ist aber der Wendepunkt einer Funktion, was in Kap. 5 näher diskutiert wird.

3.2.1.10 Beispiele A) Für biquadratische Polynome sind bis zu vier Nullstellen und bis zu drei Extremstellen möglich. Abb. 3.5 zeigt zwei Polynome mit Grad 4, die sich in diesen Eigenschaften unterscheiden. Für f (x) = (4 − 5x 2 + x 4 )/2, = (x − 1)(x + 1)(x − 2)(x + 2)/2, = (x 2 − 1)(x 2 − 4)/2

(3.29) (3.30) (3.31)

ergeben sich um den Ursprung des Koordinatensystems symmetrisch liegende Nullstellen von N1,2 = (±1, 0) und N3,4 = (±2, 0). Außerdem gib es drei Extremwerte, bestehend aus zwei Minima E 1,2 = (±1.581, −1.125) und einem lokalen Maximum E 3 = (0, 2). Das Polynom ist nach unten beschränkt und die Funktionswerte sind stets y ≥ −1.125. Für das Polynom g(x) = 1 + x − x 3 − x 4 , = (1 − x )(x + x + 1) 2

Abb. 3.5 Biquadratische Polynome f (x) und g(x)

2

(3.32) (3.33)

36

3

Funktionen

ergeben sich zwei Nullstellen N1,2 = (±1, 0) und ein Maximum des Graphen bei E ≈ (0.5, 1.3). Es ist nach oben beschränkt und die Funktionswerte sind y ≤ 1.3.

3.2.2

Gebrochenrationale Funktionen

Polynome gehören zu der Gruppe der rationalen Funktionen. Dabei sind rationale Funktionen allgemein definiert als der Quotient zweier Polynome, bei denen ein Polynom, zum Beispiel g(x), durch ein anderes Polynom, zum Beispiel h(x), dividiert wird. Eine beliebige rationale Funktion ist gegeben in der Form f (x) =

g(x) . h(x)

(3.34)

Dabei können g(x) und h(x) auch mit den allgemeinen Polynomausdrücken ausgeschrieben werden. Mit den Koeffizienten ai für g(x) und bi für h(x) ergibt sich die obige Funktionsgleichung zu f (x) =

a0 + a1 x + a2 x 2 + a3 x 3 + · · · + an x n , b0 + b1 x + b2 x 2 + b3 x 3 + · · · + bm x m

n, m ≥ 0.

(3.35)

Das Polynom g(x) ist von Grad n und h(x) ist ein Polynom von Grad m. Wenn das Nennerpolynom h(x) von Grad 0 ist, also eine Konstantengleichung, dann sprechen wir von ganzrationalen Funktionen oder Polynomfunktionen, wie in Abschn. 3.2.1 bereits besprochen. Für den Fall, dass h(x) von Grad m > 0 ist, spricht man von gebrochenrationalen Funktionen. Bei diesem Funktionstyp können verschiedenste Funktionsverläufe auftreten, ein häufig auftretender Graph ist dabei die Hyperbel, welche aus zwei getrennten Ästen besteht. Die Grade der Polynome g(x), h(x) dienen noch einem weiteren Unterscheidungskriterium in echt und unecht gebrochenrationale Funktionen. Dabei gilt: Echt und unecht gebrochenrationale Funktionen

Wenn der Grad des Zählerpolynoms g(x) kleiner als der Grad des Nennerpolynoms h(x) ist (n < m), dann handelt es sich bei f (x) um eine echt gebrochenrationale Funktion. Wenn der Grad des Zählerpolynoms g(x) größer oder gleich dem Grad des Nennerpolynoms h(x) ist (n ≥ m), dann handelt es sich um eine unecht gebrochenrationale Funktion.  zu echt gebrochenSomit gehören Funktionen wie f (x) = x1 oder f (x) = 3x4x−x 4 rationalen Funktionen, siehe Abb. 3.6. Bei unecht gebrochenrationalen Funktionen lässt sich die Funktion durch Polynomdivision in einen Funktionsanteil mit ganzrationalem Anteil und echt gebrochenem Anteil zerlegen, zum Beispiel lässt sich 3 1 in f (x) = 4x f (x) = 4x5x−x 2 5 − 5x zerlegen. 2

3.2 Grundlegende Funktionstypen und deren Eigenschaften

37

Abb. 3.6 Echt und unecht gebrochenrationale Funktionen

Im Rahmen der Kurvendiskussion von Polynomen (Abschn. 3.2.1) haben wir bereits einige Eigenschaften, wie Nullstellen und Symmetrie, kennengelernt und über Beschränktheit grob die Idee für einen Zielbereich einer Funktion angesprochen. Für gebrochenrationale Funktionen müssen wir etwas genauer werden und benötigen noch weitere Merkmale, um das Funktionsverhalten zu verstehen. Eine Kurvendiskussion ist somit in vielen Fällen aufwendiger als bei ganzrationalen Funktionen. Ebenfalls wollen wir einen ersten Einblick zum globalen Verhalten von Funktionen bekommen, ein tieferer Diskurs zum Thema Grenzwertverhalten und Stetigkeiten wird in Kap. 4 folgen.

3.2.2.1 Definitionsbereich und Definitionslücken Der Definitionsbereich einer Funktion ist allgemein über die Definitionsmenge von x gegeben, also die Menge aller x ∈ R, für die die Funktionsgleichung f (x) erfüllt ist. Umgangssprachlich bedeutet das, welche Werte für x in die Funktion f (x) eingesetzt werden können. Zum Beispiel ist der Definitionsbereich einer linearen Funktion y = 2x ohne Einschränkungen der gesamte Bereich der reellen Zahlen. Für die Definitionsmenge D mit x ∈ D gilt daher D = R. Dies gilt für alle ganzrationalen Funktionen. Für gebrochenrationale Funktionen muss die Definitionsmenge D genauer betrachtet werden, denn es kann sein, dass diese Definitionslücken aufweist. Dabei ist es wichtig, wie sich die Funktion verhält, wenn man das Nennerpolynom auf null setzt, also h(x) = 0 betrachtet. Wir wissen, dass eine Division durch null nicht definiert ist2 . Das bedeutet für die Funktion, dass man diese Stelle vom Definitionsbereich herausnehmen muss. Eine gebrochenrationale Funktion hat genau dann eine Definitionslücke, wenn das Nennerpolynom eine Nullstelle hat.

= 5), muss bei der Probe diese Zahl wieder resultieren (zum Beispiel 2 · 5 = 10). Bei der Division durch null funktioniert jedoch die Probe nicht. Angenommen bei der Division durch Null würden wir Null als Lösung erwarten, also a/0 = 0 (es könnte auch eine beliebige andere Zahl unsere Testlösung sein, aber wir wollen das Problem an einem Fallbeispiel zeigen). Setzen wir dies an, so funktioniert die Probe nicht (zum Beispiel 10/0 = 0, aber: 0 · 0 = 0). Somit gibt es keine Definitionsgrundlage.

2 Zur kurzen Erinnerung: Wenn wir eine Zahl dividieren (zum Beispiel 10/2

38

3

Funktionen

3.2.2.2 Beispiel A) Die Funktion f (x) = x1 = x −1 ist eine gebrochenrationale Funktion. An x0 = 0 müssten wir durch null dividieren, was aber nicht definiert ist. Somit kann auch die Funktion an dieser Stelle nicht definiert werden und x0 muss aus dem Definitionsbereich herausgenommen werden. Somit gilt für f (x) der Definitionsbereich D = R \ {0} (gelesen: „R außer/ohne Null“). Hebbare Definitionslücken und Polstellen g(x) Für den Fall, dass für eine Funktion h(x) an einer Stelle x0 sowohl h(x0 ) = 0 als auch g(x0 ) = 0 gilt, handelt es sich bei der Definitionslücke um eine mögliche hebbare Definitionslücke. Andernfalls, wenn h(x0 ) = 0 und g(x0 ) = 0, handelt es sich bei der Definitionslücke um eine Polstelle. Dabei muss man für die Hebbarkeit genauer hinsehen, was nach Kürzung des Linearfaktors (x − x0 ) aus dem Zählerpolynom und dem Nennerpolynom passiert (nicht vollständige Linearfaktorzerlegung). Wir nennen das gekürzte Zählerpoly˜ nom g(x) ˜ und das gekürzte Nennerpolynom h(x).

• Wenn die Stelle x0 in der gekürzten Funktion keine Definitionslücke darstellt, ˜ 0 ) = 0, dann handelt es sich um eine hebbare Definitionslücke der da h(x Funktion. • Wenn an dieser Stelle die gekürzte Funktion immer noch eine Definitionslücke ˜ 0 ) = 0, dann ist dies weiterhin eine Definitionslücke und besitzt, also h(x es muss nochmals überprüft werden, ob es sich um eine mögliche hebbare Definitionslücke oder eine Polstelle handelt. Dies funktioniert ebenfalls wieder über Kürzung des Linearfaktors. Dies ist also ein iterativer Prozess, der mit der Vielfachheit einer Nullstelle des Nennerpolynoms zusammenhängt. Suchen wir uns einen beliebigen Wert aus der Umgebung dieser Definitionslücke, so wollen wir uns nun dieser Definitionslücke immer weiter annähern. Mathematisch drückt man die Untersuchung einer Definitionslücke mit dem Pfeil → aus, der dafür steht, dass ein Wert links vom Pfeil auf einen Wert rechts vom Pfeil läuft. Für eine Polstelle x0 kann man diesen wie folgt verwenden: Wenn h(x0 ) = 0 = g(x0 ), dann gilt | f (x)| → ∞ f¨ur x → x0 .

(3.36)

Die Funktion f (x) läuft nahe der Polstelle also gegen unendlich große Werte von y. Dies ist in Abb. 3.7 gezeigt, wobei die Polstelle für beide Beispiele bei x0 = 0 liegt. Wenn der Grad von g(x) ungerade ist, dann findet an der Polstelle ein Vorzeichenwechsel von der linken zur rechten Funktionsseite statt, zum Beispiel

3.2 Grundlegende Funktionstypen und deren Eigenschaften

39

Abb. 3.7 Asymptotisches Verhalten um Polstellen: Gebrochenrationale Funktionen 1/x und 1/x 2 : Beide Funktionen haben eine Definitionslücke an x = 0, die unterschiedlichen Astverläufe ergeben sich über die Potenz von x

für die Hyperbel f (x) = 1/x. Andernfalls, wenn der Grad von g(x) gerade ist, dann findet kein Vorzeichenwechsel statt, zum Beispiel für f (x) = 1/x 2 . Das Verhalten in der Nähe von Definitionslücken wird in Kap. 4 näher besprochen. 

3.2.2.3 Beispiele A) Gegeben sei die Hyperbelfunktion 3−x , 2x 2 − 6x −(x + 3) , = 2x(x − 3)

f (x) =

(3.37) (3.38)

deren Graph dargestellt ist in Abb. 3.8. Die Funktion besitzt sowohl eine Polstelle an x = 0 als auch eine hebbare Definitionslücke an x = 3. Abb. 3.8 Polstelle und hebbare Definitionslücke bei einer gebrochenrationalen Funktion

40

3

Funktionen

B) Betrachten wir die Funktion f (x) in Normalform und Linearfaktordarstellung 3x 2 − x , 4x 4 (x − 1/3)(x − 0) , = 4(x − 0)4

f (x) =

(3.39) (3.40)

so sehen wir, dass wir kürzen können und einen neuen Funktionsausdruck f˜(x) = (x−1/3) erhalten. Hier sehen wir, dass es sich immer noch um eine Division durch 4(x−0)3 Null handelt, also war die Definitionslücke nicht hebbar. Es handelt sich bei x = 0 um eine Polstelle der Funktion f (x).

3.2.2.4 Zielbereich und Asymptoten für |x| → ∞ Betrachten wir nun die Wertemenge oder Zielmenge Z der Funktion, also umgangssprachlich gesagt, die Werte, die y annehmen kann. Zur Erinnerung, es gilt y ∈ Z . Hier kann es zu verschiedenen Einschränkungen kommen, das haben wir auch schon bei Polynomen feststellen können. Polynome von ungeradem Grad, wie zum Beispiel lineare Funktionen, umfassen den gesamten Raum an reellen Zahlen, also Z = R. Die Definitionsmenge wird auf Englisch als Domain bezeichnet und die Zielmenge ist die Range der Funktion. Dabei wissen wir schon von der Diskussion zu ganzrationalen Funktionen, dass Polynome von geradem Grad Extremwerte besitzen, welche ausschlaggebend sind für die Zielmenge einer Funktion. Eine quadratische Funktion y = x 2 + 2 hat eine Zielmenge von D = [2, +∞). Bei gebrochenrationalen Funktionen ist es oft ein wenig komplizierter. Für das allgemeine Funktionsverhalten ist es von Bedeutung, wie sich eine Funktion für sehr große und sehr kleine Werte von x verhält (warum sich das |x| → ∞ nennt, lernen wir gleich). Dabei stellt eine Asymptote eine (gerade) Linie dar, an die sich der Graph einer Funktion im Unendlichen immer weiter annähert. Dies führt zu horizontalen und schrägen Asymptoten, aber auch kompliziertere asymptotische Verläufe sind möglich. Auch vertikale Asymptote sind möglich, wir finden diese bei Polstellen. So ist zum Beispiel die vertikale Asymptote der Funktion f (x) = x1 die y-Achse. Wir wollen uns in Bezug auf den Zielbereich nun näher mit horizontalen/schrägen Asymptoten beschäftigen. In Abb. 3.9 können die drei Fälle der linearen asymptotischen Verläufe für immer größer werdende oder kleiner werdende x-Werte betrachtet werden. Die Asymptote der Funktion links entspricht der x-Achse, verläuft also waagrecht. Ebenfalls waagrecht, aber zur x-Achse versetzt, ist die Asymptote des mittleren Graphen. Die Funktion in der rechten Abbildung zeigt eine schräge Asymptote, die Funktionswerte steigen also für steigende x-Werte und fallen für fallende x-Werte. Neben der graphischen Darstellung lässt sich viel über das asymptotische Verhalten der Funktion aus dem Funktionsterm ablesen. Dafür vergleicht man den Grad n des Zählerpolynoms mit dem Grad m des Nennerpolynoms:

3.2 Grundlegende Funktionstypen und deren Eigenschaften

41

Abb. 3.9 Gebrochenrationale Funktionen und lineare asymptotische Verläufe: (links) horizontale Asymptote entspricht der x-Achse, (Mitte) horizontale Asymptote zur x-Achse versetzt, (rechts) schräg liegende Asymptote

Asymptotisches Verhalten bei gebrochenrationalen Funktionen

1. Wenn n < m, dann fällt die horizontale Asymptote mit der x-Achse zusammen. 2. Wenn m = n, dann ist die horizontale Asymptote verschoben zur x-Achse. 3. Wenn n > m, dann liegt eine schiefe oder krummlinige3 Asymptote vor.  Dafür betrachten wir zwei Funktionen in Abb. 3.9, die beide keine Definitionslücke aufweisen, jedoch unterschiedliches asymptotisches Verhalten zeigen. Für die unecht x3 gebrochenrationale Funktion f 1 (x) = (1+x 2 ) sehen wir, dass für wachsendes x die Funktion ebenfalls immer größer in y wird. Anders gesagt, wenn x gegen unendlich geht, dann geht auch f 1 (x) gegen unendlich. Für die echt gebrochenrationale Funk3x tion f 2 (x) = (1+x 2 ) gilt, dass für größere Werte von x sich immer kleinere Werte von y ergeben, die Asymptote der Funktion ist also die x-Achse. Wir können nun über gebrochenrationale Funktionen f (x) = g(x)/h(x) folgende Eigenschaften zusammenfassen: • Um eine Nullstelle zu berechnen, muss das Zählerpolynom g(x) = 0 gesetzt werden. Dies hat keinen Einfluss auf die Zielmenge. • Um eine Definitionslücke zu finden, muss das Nennerpolynom h(x) = 0 gesetzt werden. Dies hat einen Einfluss auf die Definitionsmenge und wir müssen etwas genauer hinsehen, ob diese Stelle eine hebbare Definitionslücke oder eine Polstelle darstellt. • Hat f (x) keine Definitionslücke und eine horizontale Asymptote, so ist der Zielbereich eingeschränkt. • Hat f (x) eine schräg liegende Asymptote, so umfasst der Zielbereich alle reellen Zahlen. • Hat f (x) eine Definitionslücke, so umfasst der Zielbereich alle reellen Zahlen, wenn beide Funktionsäste in entgegengesetzte Richtung laufen.

3 Um

genau zu sein, eine schiefe Asymptote liegt genau dann vor, wenn der Zählergrad eins größer als der Nennergrad ist, also n = m + 1. Für n > m + 1 liegen krummlinige Asymptoten vor, zum Beispiel in Form eines parabelförmigen Verlaufs.

42

3

Funktionen

Ebenfalls muss bei Hyperbeln mit horizontaler Asymptote berücksichtigt werden, dass sobald eine zusätzliche hebbare Definitionslücke existiert, der entsprechende y-Wert auch nicht im Zielbereich der Funktion liegen kann.

3.2.2.5 Beispiel A) Betrachten wir wieder die Funktion f (x) =

3−x , 2x 2 − 6x

(3.41)

von der wir bereits die Polstelle x1 = 0 und hebbare Definitionslücke x2 = 3 kennen. Daraus schließen wir für den Definitionsbereich D = {x ∈ R : x = 0 und x = 3}. Nachdem es sich um eine Hyperbel handelt, steigen die Betragswerte | f (x)| der Funktion des linken und des rechten Astes, je näher wir der Polstelle (aus der jeweiligen Richtung) kommen. Wir erreichen die x-Achse jedoch nie und müssen daher y1 = 0 aus dem Zielbereich nehmen. Außerdem gilt, dass genau an der hebbaren Definitionslücke der korrelierende Wert y2 = −1/6 nicht erreicht wird. Somit folgt für den Zielbereich Z = {y ∈ R : y = 0 und y = −1/6}. Verhalten im Unendlichen

Wenn man das Verhalten einer Funktion im Unendlichen analysieren will, bedeutet das für die unabhängige Variable x, dass diese ins Unendliche geht, was mathematisch ausgedrückt wird mit |x| → ∞ (gelesen „Betrag von x gegen unendlich“). Hier wird der Betrag von x verwendet, da der Ausdruck sowohl für +∞ als auch −∞ gelten soll. Wir unterscheiden drei Fälle für das Funktionsverhalten. Es sei x → ∞, dann ⎧ ⎪ ⎨∞ , wenn n > m | f (x)| → 0 , wenn n < m ⎪ ⎩ an bn , wenn n = m.

(3.42)

Das bedeutet, die Funktion geht gegen unendlich, wenn das Zählerpolynom von größerem Grade ist. Wenn das Zählerpolynom von kleinerem Grade ist, geht die Funktion gegen null. Dies ist dadurch erklärbar, dass das Polynom von größerem Grade schneller wächst als das andere. Für den Spezialfall n = m werden die Terme mit der höchsten Potenz am bedeutsamsten für das Verhalten der Funktion. Schreibt man die Funktion, indem man sie mit (x −n /x −n ) = 1 multipliziert (erweitert), erhält man

3.2 Grundlegende Funktionstypen und deren Eigenschaften

an x n bn x n an x n = bn x n

f (x) =

=

+ · · · + a0 , + · · · + b0  −n  + · · · + a0 x , · + · · · + b0 x −n

an + an−1 x −1 + · · · + a0 x −n . bn + bn−1 x −1 + · · · + b0 x −n

43

(3.43) (3.44) (3.45)

Nun wissen wir, wenn x immer größer wird, wird ein Ausdruck x −k = x1k immer kleiner werden. Dieser Ausdruck läuft also asymptotisch gegen null. Mathematisch sagt man: Für k > 0 und |x| → ∞ gilt x −k → 0. Somit kann man die Funktion f (x) für x gegen unendlich annähern mit |x|→∞

f (x) −−−−→

an . bn

(3.46)

Das Verhalten von f (x) für große Werte von x kann also anhand der beiden Koeffizienten an und bn beschrieben werden. Dies ist nur ein erstes Eintauchen in die Idee zu Grenzverhalten. Wir werden dazu in Kap. 4 eine ausführliche Diskussion führen. 

3.2.2.6 Beispiele A) Nun wollen wir Definitionsbereich, Zielbereich, Asymptoten und Nullstellen der Funktion f (x) =

x2 + x − 6 3x 2 − 6x

(3.47)

analysieren. Der Definitionsbereich wird analysiert durch Bestimmung der Definitionslücken h(x) = 0 = 3x 2 − 6x, 0 = 3x(x − 2).

(3.48) (3.49)

Daraus ergeben sich zwei Definitionslücken an x1 = 0 und x2 = 2 und der Definitionsbereich von f (x) ergibt sich zu D = R \ {0; 2}. Dabei ist noch unbekannt, wie sich die Funktion um diese Stellen herum verhält. Um entscheiden zu können, ob es sich um Polstellen oder um hebbare Definitionslücken handelt, berechnen wir die Nullstellen von g(x) = x 2 + x − 6 = 0

(3.50)

44

3

Funktionen

und erhalten dadurch x g1 = −3 und x g2 = 2 = x2 . Somit handelt es sich bei Definitionslücke an x = 2 um eine hebbare Definitionslücke, für x1 = 0 ergibt sich eine Polstelle. Eine Nullstelle haben wir bestimmt an der Stelle x g1 = −3, diese hat aber keinen Einfluss auf D oder Z . Als Nächstes betrachten wir das asymptotische Verhalten. Da n = m, wissen wir, dass wir eine waagrechte, zur x-Achse verschobene Asymptote vorliegt. Daher vergleichen wir die Koeffizienten der Terme mit der höchsten Potenz, in diesem Fall n = m = 2 und können die Asymptote beschreiben mit A(x) =

1 an = . bn 3

(3.51)

Da wir noch den Zielbereich wissen wollen, setzen wir eine Linearfaktorzerlegung an: f (x) =

x2 + x − 6 (x − 2)(x + 3) = . 2 3x − 6x 3x(x − 2)

(3.52)

Wir können den Faktor (x − 2) kürzen und berechnen den Wert von f˜(x) = (x+3) 3x = 1 1 + an der Stelle x = 2. Daraus erhalten wir y = 5/6, welcher nicht im Zielbe3 x reich der Funktion f (x) liegen kann, da wir aus f˜(x) den Verlauf als Hyperbel klar sehen können. Somit wissen wir Z = R \ {1/3; 5/6} und es gibt eine horizontale Asymptote an y = 1/3 sowie eine vertikale Asymptote an x = 0. B) Die Funktion g 2x 3 + x 2 − x = (3.53) 6x 2 − 4 h soll auf Definitionsbereich, Zielbereich, Asymptoten und Nullstellen untersucht werden. Durch Nullsetzen des Zähler- und Nennerpolynoms ergibt sich die Linearfaktordarstellung f (x) =

x(x + 1)(x − 1/2) (3.54) √ √ (x − 2/3)(x + 2/3) und man kann sofort die Aussage treffen, dass es√sich bei den beiden Definitionslücken um Polstellen handelt. Es gilt D = R \ {± 2/3}. Wegen der Polynomgrade n = 3, m = 2 liegt eine unecht gebrochenrationale Funktion mit schiefer Asymptote vor und es gilt Z = R. Da die Koeffizienten a3 , b2 positiv sind, gilt für x → ∞, dass f (x) → +∞. f (x) =

Anwendungen

Eine wichtige Anwendung für gebrochenrationale Funktionen ist die Linsengleiax , die jeder Gegenstandsweite x eine Bildweite f (x) mit Brennchung f (x) = x−a weite a zuordnet. Allgemein haben gebrochenrationale Funktionen einige empirisch entwickelte Anwendungen. Zum Beispiel wird das Aufsprungprofil von

3.2 Grundlegende Funktionstypen und deren Eigenschaften

45

Skisprungschanzen näherungsweise durch eine Funktion f (x) = x 2a+b , D = R+ beschrieben. Ebenfalls wird diese Form der Funktion für den Neubau von Autobahnen oder anderen Strecken verwendet, wenn man das Steigungsprofil planen möchte und darauf zu achten ist, dass Steigungen von über 6% vermieden werden sollen. Ein anderes Beispiel ist der Sauerstoffgehalt von Gewässern, der nach einer Verunreinigung mit einem Verlauf der Form f (t) = t 2at+b + c modelliert werden kann. Dies wird unter anderem dafür verwendet, um damit korreliertes Fischsterben einschätzen zu können. 

3.2.3

Potenzfunktionen

Potenzfunktionen sind allgemeine Funktionen der Form f (x) = a · x r ,

a, r ∈ R,

(3.55)

wobei beachtet werden soll, dass der Exponent von x in den reellen Zahlen liegt. Die Diskussion der Potenzfunktionen ist kurz gefasst und bezieht sich nur auf grundlegende Formen, dabei setzen wir der Einfachheit halber a = 1. Entsprechende Graphen sind in Abb. 3.10 für r = 1, 2, 3, 4 gezeigt. Für einen Exponenten in den positiven ganzen Zahlen r = n ∈ N ergeben sich ganzrationale Funktionen der Form f 1 (x) = x n

(3.56)

mit Nullstelle (0, 0) und Definitionsmenge D = R. Die Zielmenge ist wieder abhängig vom Grad des Polynoms: Es gilt Z = [0, ∞), wenn der Exponent gerade ist (d. h. n ∈ 2N) oder Z = R wenn der Exponent ungerade ist (d. h. n ∈ 2N−1). Für negative Exponenten f 2 (x) = x −n

(3.57)

ergeben sich gebrochenrationale Funktionen. Für r = 1/n und r = −1/n ergeben sich Wurzelfunktionen √ f 3 (x) = n x (3.58) und f 4 (x) =



−n

x.

(3.59)

Dabei ist zu beachten, dass für die Wurzelfunktionen in Abb. 3.10 nur die reellen Lösungen angezeigt werden. Wurzelfunktionen mit ungeradem Grad n = 1, 3, 5, 7, ... können auch negative Werte annehmen4 .

1

(−2) · (−2) · (−2) = −8, liefert (−8) 3 = −2 eine reelle (negative) Lösung, aber auch zwei komplexe Lösungen mit 1 ± 1.73205i.

4 Da

46

3

Funktionen

Abb. 3.10 Potenzfunktionen x n , x −n , x 1/n und x −1/n

Anwendungen

Diverse Potenzfunktionen mit unterschiedlichen Exponenten findet man in der Wirtschaft, den Naturwissenschaften oder der Technik. Einfache Anwendungen für Proportionalitäten (r = 1) gibt es bei der Währungsumrechnung, Kostenrechnung oder der Dehnung eines Körpers (Hook’sches Gesetz). Viele physikalische Zusammenhänge sind über Potenzfunktionen mit höheren (oder reziproken) Abhängigkeiten gegeben: die benötigte Kraft bei gewisser Länge eines Hebels (Hebelgesetz, r = −1) oder die Strahlungsleistung (r = 4) eines sogenannten schwarzen Körpers, also einer idealisierten thermischen Strahlungsquelle wie zum Beispiel die Sonne. 

3.2.4

Exponentialfunktionen

Exponentialfunktionen zeichnen sich dadurch aus, dass die unabhängige Variable der Exponent (Hochzahl) des Potenzausdrucks ist und die Basis eine Konstante bildet.

3.2 Grundlegende Funktionstypen und deren Eigenschaften

47

Dies steht im Gegensatz zu den Potenzfunktionen, bei denen die Variable die Basis bildet. Allgemein werden Exponentialfunktionen gegeben durch f (x) = a x .

(3.60)

Dabei gilt, dass es sich für die Werte der Basis a ∈ (0, 1) um eine streng monoton fallende Exponentialfunktion handelt. Sie erfüllt also für zwei x-Werte x1 < x2 das Kriterium f (x1 ) > f (x2 ). Für eine Basis a ∈ (1, ∞) ist die Funktion streng monoton steigend, es folgt für x1 < x2 daher f (x1 ) < f (x2 ). Für beide Fälle ist die Definitionsmenge D = R und die Zielmenge reell positiv, also Z = R+ . Abb. 3.11 (links) zeigt linearen Verlauf, das Potenzgesetz und Exponentialgesetz im Vergleich. Im engeren Sinne beschreibt die Exponentialfunktion die natürliche Exponentialfunktion, bei der die Basis durch die Euler’sche Zahl e = 2.71828... gegeben ist. Die Exponentialfunktion der Form f (x) = C · eλx

(3.61)

mit den Konstanten C ∈ R+ , λ ∈ R hat einen y-Achsenabschnitt von C und die Steilheit der Kurve steigt mit λ. Die Euler’sche Zahl ist die einzige positive Zahl, für die gilt e x ≥ x + 1,

f¨ur alle x ∈ R.

(3.62)

In Abb. 3.11 (Mitte) sieht man, dass der Graph e x die Gerade x + 1 nur in einem Punkt berührt. Für andere Basen a = e, a > 1 schneidet der Graph a x die Gerade in zwei Punkten, dieser liegt also zum Teil darunter, siehe Abb. 3.11 (rechts). Da der Graph e x tangential zur Geraden ist, unterscheiden sich diese beiden Funktionen innerhalb eines schmalen Bereichs nur sehr wenig. Daher kann man die Funktion im Bereich um x = 0 annähern (ein anderer Ausdruck dafür ist approximieren) durch e x ≈ 1 + x,

f¨ur |x| 0 ergibt sich n! = 1 · 2 · 3 · 4 · 5 . . . · (n −1)·n und weiterhin gilt 0! = 1. Mit n = 0 erhalten wir den ersten Term 1, mit n = 1 den zweiten Term x, also die bereits bekannte Form der Approximierung e x ≈ 1+ x. Verfeinern wir dies nun durch höhere n ≥ 1 und setzen x = 1, können wir erkennen, dass für steigende n sich diese Reihe immer weiter der Euler’schen Zahl nähert: 1 1n n=0 2 n=0 3 n=0 4 n=0

n!

= 1 + 1 = 2,

1n 12 =1+1+ = 2.5, n! 2!

(3.67)

1n 12 13 =1+1+ + = 2.666 . . . , n! 2! 3!

(3.68)

1n 12 13 14 =1+1+ + + = 2.708333 . . . , n! 2! 3! 4!

(3.69)

..., 100 n 1 n=0

(3.66)

n!

(3.70) = 2.7818 . . . ,

(3.71)

5 Diese Argumentation für die Sonderstellung der Basis der Euler’schen Zahl liegt eher einer graphi-

schen als mathematischen Betrachtung zugrunde, es gibt jedoch einige weitere Argumentationen, welche sauberer ausfallen, aber an dieser Stelle nicht wesentlich sind.

3.2 Grundlegende Funktionstypen und deren Eigenschaften

49

auch wenn sich letztere Zahl in späteren Kommastellen immer noch von der Euler’schen Zahl unterscheidet. 

3.2.5

Logarithmusfunktionen

Eine Logarithmusfunktion ist allgemein gegeben über f (x) = loga (x)

(3.72)

mit positiv, reellen Zahlen für x ∈ R+ und der Basis a ∈ R+ \ 1, was bedeutet, dass a jeden positiven Wert a = 1 annehmen kann. Der Definitionsbereich ist also R+ und der Wertebereich ist ganz R. Für 0 < a < 1 ist die Funktion streng monoton fallend, für a > 1 streng monoton steigend. Der natürliche Logarithmus6 ist gegeben durch f (x) = ln(x),

(3.73)

wobei die Basis die Euler’sche Zahl bildet loge (x) = ln(x). Logarithmische Verläufe zu verschiedenen Basen sind in Abb. 3.12 gezeigt. Die Rechenregeln für Logarithmen sind in Kap. 1 vermerkt. Anwendungen

Der Logarithmus wird üblicherweise dort verwendet, wo der Wertebereich einer Variable viele Größenordnungen umfasst. Dies gilt auch für die logarithmische Skalierung. Viele uns bekannter Begriffe sind eigentlich logarithmisch definierte Größen. Dazu gehört der pH-Wert von sauren bis basischen Lösungen, die Richterskala bei Erdbeben oder die Lautstärkemessungen in Dezibel (Schalldruck). Auch viele unserer Sinnesempfindungen funktionieren logarithmisch. Das menschliche Auge kann zwischen Dämmerung und hellem Sonnenschein bis zu 10.5 Zehnerpotenzen an physikalischer Leuchtdichte überbrücken. In der Musiktheorie haben Intervalle einen exponentiellen Frequenzverlauf, unser Gehör

Abb. 3.12 (Links) Verschiedene Wachstumsarten im Vergleich, (Mitte, rechts) logarithmische Funktionen

6 Die

Abkürzung ln kommt von logarithmus naturalis.

50

3

Funktionen

empfindet diesen jedoch linear, d. h., die Größenverhältnisse werden als Logarithmen übertragen. Ein sehr bekanntes natürliches Phänomen ist die logarithmische Spirale. Diese finden wir bei Schneckenhäusern, Spiralgalaxien bis hin zu Tiefdruckwirbeln oder der Anordnung von Sonnenblumenkernen in der Blüte. 

3.2.6

Umkehrfunktionen

Umkehrfunktionen, auch Inverse Funktion, beschreiben Graphen, die eine Vertauschung der Definitionsmenge und der Zielmenge im Vergleich zur ursprünglichen Funktion vorweisen. Das bedeutet, dass eine Umkehrfunktion f −1 (x) jedem Element der Zielmenge von f (x) ein eindeutig bestimmtes Urbildelement zuweist. Dabei gilt f −1 ( f (x)) = x und f ( f −1 (x)) = x.

(3.74)

Das bedeutet, wenn man zuerst die Funktion f und dann die Funktion f −1 auf ein Argument x anwendet, erhält man wieder genau dieses Argument x. Eine inverse Funktion stellt eine Spiegelung eines Graphen durch die Mediane y = x dar. Zwei Beispiele für Umkehrfunktionen werden in Abb. 3.13 (links) und (Mitte) gezeigt. Eine Umkehrfunktion existiert nur, wenn jeder Wert der Zielmenge nur einem Wert der Definitionsmenge zugeordnet werden kann, während bei zum Beispiel x 2 , x 4 mit x ∈ D die y-Werte mehrfach getroffen werden und somit keine Umkehrfunktion für deren Gesamtheit der Definitionsmenge D = R existiert. Dieser Fall ist in Abb. 3.13 (rechts) gezeigt. Inversion

Eine Funktion ist genau dann invertierbar, wenn sie bijektiv ist. Um diese Eigenschaft zu verstehen, benötigen wir wieder die Mengenlehre, siehe Kap. 2. Wir erinnern uns, ein anderer Ausdruck für eine Funktion ist eine Abbildung, denn Funktionen beschreiben eine eindeutige Zuordnung zwischen zwei Mengen: Eine Funktion f ordnet jedem Element der Definitionsmenge genau ein Element y der Wertemenge zu. Für Funktionen von der Menge X in die Menge Y gilt f : X → Y . Nun kann diese Abbildung bezogen auf ihre Werte- und Zielmenge verschiedene Eigenschaften haben, siehe dafür die Pfeildiagramme in Abb. 3.14. Dabei steht

Abb. 3.13 (links, Mitte) Zwei bijektiven Funktionen und ihre Umkehrfunktionen, (rechts) eine Funktion, die weder surjektiv noch injektiv ist und somit keine Umkehrfunktion besitzt

3.2 Grundlegende Funktionstypen und deren Eigenschaften

51

Abb. 3.14 Mengendarstellung von injektiven, surjektiven und bijektiven Abbildungsvorschriften sowie einer Relation, die keine Abbildung darstellt

der Pfeil für die Zuordnung zu Wertepaaren (x, f (x)). Eine Funktion ist injektiv, wenn zwei Pfeilspitzen niemals denselben Funktionswert treffen. Eine Funktion ist surjektiv, wenn alle Elemente von Y von der Abbildung mindestens einmal getroffen werden. Eine Funktion ist bijektiv, wenn sie sowohl injektiv als auch surjektiv ist. Im Pfeildiagramm ist dann jedes Element von X mit genau einem Element von Y verbunden. 

Injektive, surjektive und bijektive Funktionen

Eine Funktion f (x) = y ist injektiv, wenn sie verschiedene Argumente auf verschiedene Funktionswerte abbildet, d. h. ∀x1 , x2 ∈ X : x1 = x2 ⇒ f (x1 ) = f (x2 ).

(3.75)

Das bedeutet, für alle x (∀x) aus der Menge X gilt, wenn zwei Werte x1 und x2 nicht übereinstimmen, dann dürfen auch die entsprechenden Funktionswerte f (x1 ) und f (x2 ) nicht übereinstimmen.

52

3

Funktionen

Eine Funktion f (x) = y ist surjektiv, wenn es zu jedem Element y ∈ Y ein Argument x ∈ X gibt, d. h. ∀y ∈ Y ∃x ∈ X : y = f (x).

(3.76)

Dies bedeutet: Für alle y in der Menge Y gibt es mindestens ein x (∃x) aus der Menge X , für welches gilt, dass y der Abbildung f (x) entspricht. Eine Funktion, die sowohl injektiv als auch surjektiv ist, heißt bijektiv, und es gilt ∀x ∈ X ∃!y ∈ Y : f (x) = y

(3.77)

gelesen als „Für alle x in X existiert ein eindeutiges y (∃!y) aus Y , für das die Abbildungsvorschrift f (x) = y gilt“.  Die Parabel f : R → R : x → x 2 ist nicht injektiv, da alle Werte bis auf 0 zweimal getroffen werden. Das kubische Polynom f : R → R : x → x 3 ist bijektiv. Die Sinusfunktion f : R → [−1, 1] : x → sin(x) ist nicht bijektiv. Für bijektive Funktionen gilt generell, dass die Werte- und Definitionsmengen gleich viele Elemente aufweisen und sie invertiert werden können. Wenn eine bijektive Funktion f : X → Y gegeben ist, dann ist ihre Umkehrfunktion gegeben als f −1 : Y → X . Allgemein gilt, dass jede streng monoton fallende oder streng monoton steigende Funktion invertierbar ist. Eine wichtige Anwendung von Umkehrfunktionen sind inverse Winkelfunktionen, welche als Arkusfunktionen bekannt sind. Da für die Umkehrung von Sinus und Cosinus darauf geachtet werden muss, dass es sich um bijektive Funktionen handelt, muss hier der Definitionsbereich eingeschränkt werden. Daher gilt für die Definitionsmenge des Sinus das Intervall [−π/2, π/2] und für den Cosinus das Intervall [0, π ]. Komposition von Funktionen

Die Gleichung f ( f −1 (x)) = x ist eine Komposition von Funktionen, was bedeutet, dass Funktionen hintereinander ausgeführt werden sollen. Dies schreibt man allgemeiner mit dem Verkettungszeichen oder Kreisoperator (◦) für eine Komposition von zwei Funktionen f (x) und g(x) als f (g(x)) = ( f ◦ g)(x),

(3.78)

gelesen als „f verknüpft mit g“. Bei der Hintereinanderausführung der Funktionen ist zu beachten, dass die Komposition von rechts nach links durchgeführt wird, also zuerst g, dann f angewandt wird. Eine andere Schreibweise ist f (g(x)). Als √ Beispiel für zwei Funktionen f (x) = 1 + x 2 und g(x) = x ergibt sich für die Komposition ( f ◦ g)(x) = 1 + g(x)2 = 1 + x. 

3.2 Grundlegende Funktionstypen und deren Eigenschaften

53

3.2.6.1 Beispiele A) Für das Bilden einer Umkehrfunktion muss zuerst nach der unabhängigen Variable aufgelöst werden und anschließend müssen die Variablen „vertauscht“ werden. Eine Funktion y = f (x) = 3x + 3 wird umgeformt auf tion erzeugt

y 3

(3.79)

− 1 = x, was durch Variablenvertauschung die Umkehrfunk-

x − 1. (3.80) 3 Wir betrachten Abb. 3.15 (links) und sehen, dass die beiden Geraden tatsächlich spiegelsymmetrisch bezüglich y = x verlaufen. y −1 = f −1 (x) =

B) Die Parabelfunktion f : R → R+ mit f (x) = x 2 , siehe Abb. 3.15 (rechts), hat für den Definitionsbereich D = R keine Umkehrfunktion. Das können wir allgemein zeigen, indem wir auf Injektivität überprüfen. Nehmen wir zwei beliebige Werte a, b ∈ R, so folgt f (a) = f (b),

(3.81)

a =b , ±a = ±b.

(3.82) (3.83)

2

2

Das bedeutet, für einen Wert a gibt es zwei Werte a = +b und a = −b. Daher ist das Kriterium, für alle unterschiedlichen x-Werte x1 = x2 ebenfalls unterschiedliche

Abb.3.15 (links) Funktion mit Umkehrfunktion, (rechts) Parabel ohne Umkehrfunktion im gesamten Definitionsbereich

54

3

Funktionen

Funktionswerte f (x1 ) = f (x2 ) zu bekommen, nicht erfüllt. Daher ist f (x) nicht injektiv. Schränken wir den Definitionsbereich ein und betrachten die Funktion g : R+ → + R mit g(x) = x 2 , so haben wir nun Injektivität gegeben. Allgemeiner gesagt, für Funktionen der Form h(x) = c + x 2 kann durch Einschränkung der Definitionsmenge auf D = [0, ∞) (oder D[−∞, 0]) und der Zielmenge auf Z = [c, ∞) eine bijektive und somit umkehrbare√Funktion erzeugt werden. Setzen wir c = 1, so ist die Umkehrfunktion h −1 (x) = x − 1 mit D−1 = Z und Z −1 = D. D) Für die Funktion f : R → R y = f (x) =

3x 2

x −3 − 4x − 5

(3.84)

soll überprüft werden, ob es eine Umkehrfunktion f −1 gibt, siehe Abb. 3.13 (rechts). Man schreibt um auf (3x 2 − 4x − 5)y = x − 3, 3y · x − (4y + 1) · x + (3 − 5y) = 0, 2

um die Lösungsformel für quadratische Gleichungen x1,2 = zu können. Mit dieser ergibt sich x1,2 =

4y + 1 ±



(3.85) (3.86)

√ −b± b2 −4ac 2a

(4y + 1)2 − 12y(−5y + 3) 6y

anwenden

(3.87)

und wir erhalten durch Variablenvertauschung zwei Ausdrücke y1,2 =

4x + 1 ±

√ 76x 2 − 28x + 1 . 6x

(3.88)

Damit erhalten wir zwar eine Spiegelung der Funktion, wir sehen aber, dass ohne Einschränkungen auf D diese Spiegelung keine Umkehrfunktion sein kann. Somit ist f : R → R auch nicht bijektiv. E) Logarithmieren ist die Umkehrung des Potenzierens. Eine Exponentialfunktion f (x) = a x mit a = 1 hat die Eigenschaft, dass jede positive Zahl genau einmal als Funktionswert angenommen wird, somit sind Exponentialfunktionen bijektiv und bilden auf die Menge R+ der positiven reellen Zahlen ab, also f : R → R+ .

3.2 Grundlegende Funktionstypen und deren Eigenschaften

55

Somit gilt für die Umkehrfunktion f −1 (x) : R+ → R : loga (x). Dieses Verhältnis ist insbesondere bei der natürlichen Exponentialfunktion bekannt und es gilt eln(x) = x.

(3.89)

Diese Eigenschaft müssen wir verwenden, wenn wir uns die Funktionseigenschaften von etwas komplizierteren Verläufen wie bei f (x) =

ln((2 − x)2 ) 2−x

(3.90)

ansehen wollen. Betrachten wir von dieser transzendenten Funktion erstmals nur den Nenner, um daraus den Definitionsbereich zu bestimmen. Wegen des Quadrates im Argument gilt, dass für g(x) = ln((2 − x)2 ) die Werte von (2 − x) nicht größer als 2 sein dürfen. Der Definitionsbereich von g(x) ist somit Dg = {x ∈ R : x = 2}. Falls wir uns dafür entscheiden, die Funktion umzuformen auf g(x) ˜ = 2 ln(2 − x), so ändert sich der Definitionsbereich auf Dg˜ = (−∞, 2), da x nur mehr positive Werte annehmen kann. Das hat Auswirkungen auf die Nullstellensuche der Funktion f (x). ˜ x) Für f (x) = g/(2− x) gibt es zwei Nullstellen x1 = 3, x2 = 1, für f˜(x) = g/(2− nur x1 = 3, da x2 nicht mehr im Definitionsbereich liegt. Beide Funktionsversionen sind an x = 2 nicht definiert. Anwendungen

Eine einfache Anwendung einer Funktion und ihrer Umkehrfunktion wäre bei der Währungsumrechnung. Der Wechselkurs Euro zu Dollar als Funktion lässt sich mit der Umkehrfunktion als Wechselkurs Dollar zu Euro darstellen. Generell findet die Inversion statt, sobald man zwischen zwei Variablen die Abhängigkeiten umkehren will. Sei dass, wenn man Nachfrage in Abhängigkeit von Preis umkehren will in Preis abhängig von Nachfrage oder physikalische Dimensionen ändern möchte. 

3.2.7

Trigonometrische Funktionen

Die elementaren trigonometrischen Funktionen Sinus und Cosinus (auch Kosinus) werden häufig für ihre Eigenschaft benutzt, bei einem rechtwinkeligen Dreieck einen Zusammenhang zwischen Seitenlängen und Winkeln zu bilden. In Abb. 3.16 sieht man, dass wir diesen Zusammenhang auch für das xy-Koordinatensystem nutzen können. Über Winkelfunktionen können wir die Beschreibung eines Punktes im Koordinatensystem von den bisher bekannten rechtwinkeligen Koordinaten x, y über einen Radius und einen Winkel ausdrücken. Für einen Punkt P(x0 , y0 ) ergibt sich x0 = r · cos(φ), y0 = r · sin(φ),

(3.91) (3.92)

56

3

Funktionen

Abb.3.16 Winkelfunktionen am Einheitskreis

wobei die Abb. 3.16 dieses Verhältnis auf dem Einheitskreis r = 1 zeigt7 . Aus dieser Betrachtung folgt der Ausdruck für den Tangens und Kotangens: sin(φ) , cos(φ) 1 cos(φ) = . cot(φ) = sin(φ) tan(φ) tan(φ) =

(3.93) (3.94)

Weitere wichtige trigonometrische Funktionen sind der Sekans sec(φ) und Kosekans csc(φ), deren Funktionswerte der Länge von Sekantenabschnitten entspricht. Beides sind Kehrwertfunktionen der Sinus- bzw. Cosinusfunktion: 1 , cos(φ) 1 csc(φ) = . sin(φ) sec(φ) =

(3.95) (3.96)

Wir wollen uns nun die Graphen dieser Winkelfunktionen ansehen. Daher verwenden wir für das Argument der Winkelfunktionen nun die unabhängige Variable x und für den Wert der Winkelfunktion die abhängige Variable y. In Abb. 3.17 sind die periodischen Graphen für Sinus, Cosinus, Tangens und Kotangens eingezeichnet. Als Maß eines Winkels wird meist das Bogenmaß und nicht das Gradmaß für die Winkelfunktionen verwendet. Das Bogenmaß entspricht der Länge eines Bogens auf dem Einheitskreis. Wegen der Beziehung u = 2πr zwischen Umfang u und Radius r eines Kreises gilt 2π Gradmaß. 360 rad (Radianten) und 45◦ = π4 rad. Bogenmaß =

Als Beispiel 90◦ =

π 2

(3.97)

Beschreibung eines Punktes über Radius und Winkel r , φ ist auch als Polarkoordinaten bekannt.

7 Die

3.2 Grundlegende Funktionstypen und deren Eigenschaften

57

Abb. 3.17 Trigonomentrische Funktionsgraphen

Euler’sche Formel

Die Winkelfunktionen können auch über komplexe Exponentialfunktionen dargestellt werden, was weitreichende Konsequenzen für die Verbindung von Analysis und Geometrie hat. Dies wird über die Eulersche Formel beschrieben: ei x = cos(x) + i sin(x)

(3.98)

wobei die imaginäre Einheit i 2 = −1 und x ∈ R gegeben ist. Daraus erhält man die alternative Darstellung der Sinusfunktion und Cosinusfunktion: cos(x) = Re(ei x ) =

ei x + e−i x , 2

sin(x) = I m(ei x ) =

ei x − e−i x . 2i (3.99)

Für x = π ergibt sich dadurch die Euler’sche Identität. eiπ = −1

(3.100)

 Die Symmetrieeigenschaften der Winkelfunktionen sind cos(−x) = cos(x), sin(−x) = − sin(x).

(3.101) (3.102)

58

3

Funktionen

Die Periodizität f (x) = f (x + p) = f (x + 2 p) = f (x − p) = ... einer Funktion ist mit ihrer Periode p gegeben. Bei Winkelfunktionen finden wir periodische Verhalten für jede natürliche Zahl k = 0, 1, 2, 3, ... gegeben durch cos(x) = cos(x ± 2π k), sin(x) = sin(x ± 2π k).

(3.103) (3.104)

Es gilt weiterhin  π , cos(x) = sin −x + 2   π π = cos x − . sin(x) = cos −x + 2 2

(3.105) (3.106)

Für eine allgemeine Winkelfunktion y = a sin(bx + c) ist a die Streckung/ Stauchung der Amplitude und b ändert die Periodizität p = 2π/|b|. Dabei nennt sich der Kehrwert 1/ p die Frequenz der Funktion. Weiterhin gilt der folgende Zusammenhang, der auch trigonometrischer Pythagoras genannt wird: cos2 (x) + sin2 (x) = 1.

(3.107)

Es gibt eine Vielzahl solcher trigonomische Identitäten, wobei die folgenden Gleichungen eine nützliche Auswahl an Zusammenhängen darstellen, die häufig für Umformungen verwendet werden: 2 sin2 (x) = 1 − cos(2x), sin(2x) = 2 sin(x) cos(x),

(3.108) (3.109)

sec2 (x) − tan2 (x) = 1,

(3.110)

2 cos (x) = 1 + cos(2x),

(3.111)

2

cos(2x) = cos2 (x) − sin2 (x).

(3.112)

3.2.7.1 Inverse Winkelfunktionen Arkusfunktionen, auch zyklometrische Funktionen genannt, sind entsprechende Umkehrfunktionen der Winkelfunktionen, siehe Abb. 3.18. Das bedeutet, dass Arkusfunktionen zu einem gegebenen Winkelfunktionswert den zugehörigen Winkel liefern. Dabei gilt, dass trigonometrische Funktionen wegen ihrer Periodizität zunächst nicht invertierbar sind. Beschränkt man sich aber auf das Intervall [0, π ] für den Cosinus und [−π/2, +π/2] für den Sinus, also ein Monotonieintervall der Winkelfunktionen, kann diese eingeschränkte Funktion invertiert werden. Somit ist der Definitionsbereich x ∈ [−1, 1] und der Wertebereich für den Arkussinus y ∈ [−π/2, π/2] und für den Arkuscosinus [0, π ].

3.2 Grundlegende Funktionstypen und deren Eigenschaften

59

Abb. 3.18 Arkussinus und Arkuscosinus

Zwei gebräuchliche Schreibweisen werden analog geführt: • Arkussinus: arcsin(x) = sin−1 (x) • Arkuscosinus: arccos(x) = cos−1 (x) Für die Symmetrieeigenschaften gilt arcsin(−x) = − arcsin(x), arccos(−x) = π − arccos(x)

(3.113) (3.114)

π . 2

(3.115)

und es gilt arccos(x) + arcsin(x) =

3.2.7.2 Beispiel A) Wir möchten den Definitionsbereich, Zielbereich und die reellen Nullstellen von f (x) = 3 sin

π  3 x + 4 2

(3.116)

bestimmen. Der Definitionsbereich ist uneingeschränkt gegeben mit x ∈ R. Der Zielbereich wird mittels der Extremwerte des Sinus (±1) bestimmt und es folgt  3 · (+1) + 3 · (−1) +

3 2 3 2

= 29 = − 23 .

(3.117)

60

3

Funktionen

Somit gilt −3/2 ≤ y ≤ 9/2 und Z = [−3/2, 9/2]. Für die Bestimmung der Nullstellen machen wir von der Periodizität Gebrauch. Wir verwenden f (x) = f (x + kp) = f (x + 2π k/|b|), wobei b = π/4 ist. Die Nullstellen ergeben sich daher mittels folgender Rechnung: π  3 x + = 0, 4 2 π  1 x =− , sin 4 2   4 1 π x ± 2π k =− , sin 4 π 2     4 1 π x ± 2π k = arcsin − , 4 π 2 π π x ± 2π k = − , 4 6 2 x = − ± 8k 3 3 sin

(3.118) (3.119) (3.120) (3.121) (3.122) (3.123)

mit k = 0, 1, 2, ... Dabei haben wir aber nur die Nullstellen der vollen Periode gefunden, wir wissen aber, dass bei halber Periode der Sinus ebenfalls die x-Achse kreuzt, was wir nun berücksichtigen wollen. Wenn wir nun um eine halbe Periode nach vor verschieben, dann müssen wir, um dennoch die richtigen Stellen zu erwischen, mit −x im Argument arbeiten, da wir das Vorzeichen der Amplituden beachten müssen, welches bei halber Periode genau gegengleich ist. Daraus folgt für die restlichen Nullstellen:     4 1 π −x + 2π k +π =− , (3.124) sin 4 π 2     4 1 π −x ± 2π k + π = arcsin − , (3.125) 4 π 2 π π − x ± 2π k = − − π, (3.126) 4 6 14 ± 8k. (3.127) x= 3 Anwendungen

Der Ausdruck „Sinusschwingung“ bezeichnet eigentlich eine wichtige Sonderform der Schwingung, nämlich die harmonischen Schwingungen. Diese können über Kombinationen aus Sinus- und Cosinusfunktionen beschrieben werden. Schallwellen, Wasserwellen und elektromagnetische Wellen sind in der Physik als harmonische Schwingungen allgegenwärtig. In der Musiktheorie finden wir harmonische Schwingungen bei Saiteninstrumenten wie der Gitarre und dem Klavier. Dabei handelt es sich hier um stehende Wellen, da die Auslenkung an den Saitenenden wegen der Montage immer null ist. Somit stehen die Knotenpunkte

3.2 Grundlegende Funktionstypen und deren Eigenschaften

61

der Schwingung (Nullstellen) und können nicht wandern. Der Klang von Instrumenten ist eine Kombination aus der Grundschwingung und den Obertönen. Je mehr Schwingungsknoten neben den Knotenpunkten der Saitenenden ein Oberton entlang der Saite hat, umso höher ist dieser. Es gibt auch Klänge mit unharmonischen Obertönen, welche also nicht über Sinusfunktionen beschreibbar sind. Je mehr unharmonische Obertöne ein Schall enthält, desto mehr bekommt er Geräuschcharakter. 

3.2.8

Betragsfunktionen

Betragsfunktionen geben den Abstand einer Zahl zur Null an. Dabei können zwei äquivalente Schreibweisen getroffen werden, entweder über zwei Betragsstriche oder über das Formulieren von abschnittsweise termdefinierten Funktionen. Abschnittsweise Definitionen beziehen sich auf Abschnitte auf der x-Achse und werden über Vergleichszeichen (, ≥) sowie dem Ungleichzeichen (=) beschrieben, Näheres zu Ungleichungen siehe Kap. 1. Für die Betragsfunktion des absoluten Betrages einer reellen Zahl gilt  f (x) = |x| =

x , f¨ur x ≥ 0 −x , f¨ur x < 0.

(3.128)

An den Knickstellen, oder auch Scheitelpunkten, ist keine eindeutige Steigung definiert. Die allgemeine Form für Betragsfunktionen mit einem Scheitel, welche Translationen x0 und y0 erlaubt und unterschiedliche Steigungen s zeigen kann, ist gegeben durch f (x) = s|x − x0 | + y0 ,

(3.129)

siehe dazu Abb. 3.19. Rechenregeln und Betragseigenschaften sind in Kap. 1 vermerkt.

Abb. 3.19 Verschiedene Betragsfunktionen

62

3

Funktionen

3.2.8.1 Beispiele A) Die Betragsfunktion f (x) = (|x| − 1)2 + 1

(3.130)

soll in eine betragsfreie Darstellung umgeformt werden. Da nur der Term |x| relevant für eine Fallunterscheidung ist, können wir direkt umformen auf  f (x) =

(x − 1)2 + 1 , f¨ur x ≥ 0 2 (−x − 1) + 1/2 , f¨ur x < 0,

(3.131)

siehe Abb. 3.19. B) Gegeben sei eine Betragsfunktion f (x) = |x 2 − 4x − 5|,

(3.132)

welche nun in die betragsfreie Darstellung umgeformt werden soll. Dafür müssen wir die unterschiedlichen Intervalle des Funktionsverhaltens finden. Wir ersetzen zunächst den Betrag durch eine Fallunterscheidung und erhalten somit  f (x) =

x 2 − 4x − 5 , f¨ur x 2 − 4x − 5 ≥ 0 −(x 2 − 4x − 5) , f¨ur x 2 − 4x − 5 < 0.

(3.133)

Nun haben wir zwei quadratische Ungleichungen, welche nach x aufgelöst werden. Diese müssen wir nun näher betrachten, um den Funktionsausdruck für den jeweiligen Wertebereich von x zu finden. Wir suchen daher zuerst die Lösung der quadratischen Gleichung x 2 −4x −5 = 0 und erhalten für die Nullstellen der quadratischen Funktion die Werte x1 = −1 und x2 = 5. Nun können wir Lösungsintervalle aufstellen und erhalten drei Intervalle der Form L 1 = (−∞, −1), L 2 = (−1, 5) und L 3 = (5, ∞). In einem letzten Schritt muss nun überprüft werden, welcher Fall der Funktionsbeschreibung im jeweiligen Intervall zutrifft. Dafür setzen wir einen beliebigen Wert aus dem jeweiligen Intervall in die obigen Ungleichungen ein und finden  , f¨ur x ≤ −1 oder x ≥ 5 x 2 − 4x + 3 (3.134) f (x) = 2 −(x − 4x + 3) , f¨ur − 1 < x < 5. In Abb. 3.19 (rechts) ist der Graph dieser Funktion gezeigt, wobei die gestrichelte Linie andeuten soll, wie die Funktion ohne Betragsstriche (also ohne Fallunterscheidung) aussehen würde.

3.3 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

63

3.3

Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

3.3.1

Stromkosten

Der Betrieb von Stromnetzen bildet durch die Menge an Einflussfaktoren ein komplexes System. Der Strompreis wird auf der Börse ermittelt und ist mit Angebot und Nachfrage gekoppelt. Auch die eingesetzte Technologie beeinflusst die Preise, wobei nachhaltige Stromerzeugung (Wasser, Wind, Sonne) häufig günstiger ist als konventionelle Kraftwerke (Gas, Kohle, Öl), die zusätzlich durch ihre klimaschädlichen Emissionen Kosten für CO2 -Zertifikate erzeugen. Setzen wir den Strompreis als konstant an, verzichten also auf Betrachtung einer börsenabhängigen Preisgestaltung pro kWh (Kilowattstunde), so kann die Preisgestaltung linear nach Verbrauch ermittelt werden. Wir wollen dabei zwei Varianten der Kostenrechnung betrachten und vergleichen. Der erste Tarif besteht aus einer monatlichen Grundgebühr von e8 und Verbrauchskosten von e0.11 pro kWh, der zweite Tarif nur aus den Verbrauchskosten von 0.19 pro kWh. Möchten wir wissen, bei welchem monatlichen Stromverbrauch x die Kosten gleich sind, setzen wir die Gleichung 8 + 0.11x = 0.19x

(3.135)

an. Dies entspricht genau dem Fall, an dem die Differenz der beiden Tarife null beträgt (8 + 0.11x) − (0.19x) = 0. Wir lösen nach x auf und erhalten x = 100 kWh. Interessiert uns der Preisunterschied von e10, so müssen wir zwei Fälle untersuchen 8 + 0.11x + 10 = 0.19x, 8 + 0.11x = 0.19x + 10,

(3.136) (3.137)

da entweder Tarif 1 oder Tarif 2 günstiger sein könnte, also die Differenz der beiden Tarife e10 beträgt: |8 − 0.08x| = 10.

(3.138)

Lösen wir die Gleichungen nach x auf, so erhalten wir x1 = 225 und x2 = −25. Dabei ist nur x1 als Lösung sinnvoll, da x ≥ 0. Hier sind die monatlichen Kosten beim Tarif 2 höher als bei Tarif 1. Wollen wir allgemein wissen, wann die Kosten bei Tarif 1 höher sind, so schreiben wir die Differenz der Kosten als Ungleichung an (8 + 0.11x) − (0.19x) > 0

(3.139)

und möchten wieder nach x auflösen. Die Lösung ist x < 100, was bedeutet, dass der erste Stromtarif teurer ist als der zweite, solange der monatliche Stromverbrauch unter 100 kWh liegt. Umgekehrt gilt, dass für x > 100 der Tarif 2 teurer ist.

64

3.3.2

3

Funktionen

Virenpopulation

Eine wichtige Anwendung von Exponentialfunktionen sind Wachstums- und Zerfallsprozesse, bekannt als exponentielles Wachstum (auch unbegrenztes oder freies Wachstum). Während lineares Wachstum sich gleichmäßig entwickelt – in jeder Zeitspanne kommt gleichviel dazu –, verhält sich exponentielles Wachstum proportional zum derzeitigen Bestand. Der allgemeine exponentielle Wachstumsprozess einer Anzahl N zu einem Zeitpunkt t ist gegeben durch N (t) = N0 · a t ,

(3.140)

wobei N (t) die Anzahl zum Zeitpunkt t oder nach t Zeitschritten darstellt. N0 = N (0) stellt die Anzahl zum Zeitpunkt t = 0 dar, dieser Startwert ist auch als Anfangsbedingung bekannt. Die Konstante a nennt sich für a > 1 Wachstumsfaktor und für a < 1 Zerfallsfaktor. Wenn man einen Verlauf einer Virenpopulation von anfänglich 500 Viren beobachtet, die sich stündlich verdoppelt, ist das mathematische Modell der Populationsdynamik gegeben durch N (t) = 500 · 2t .

(3.141)

Halbiert sich hingegen die Virenpopulation stündlich, beschreibt man dies über N (t) = 500 · 0.5t .

(3.142)

Häufig wird für Wachstumsfunktionen eine beliebte alternative Schreibweise verwendet: N (t) = N0 · ekt .

(3.143)

Diese Gleichung beschreibt nun Wachstum mittels natürlicher Exponentialfunktion und ist gleichwertig zur Gl. 3.140. Mit der Verwendung von eln(x) = x wurde zwischen den beiden Darstellungen umgeformt und es gilt k = ln(a), wobei k ∈ R. Daraus sehen wir, wenn k < 0 ist, ist auch die Wachstumsrate negativ, somit nimmt die Populationsgröße ab und es liegt ein Zerfallsprozess vor. Diese Schreibweise ist besonders dann von Vorteil, wenn man den Zuwachs (Wachstumsgeschwindigkeit) ermitteln will, da diese Funktion einfacher zu differenzieren ist (siehe Kap. 5). Wenn wir wissen wollen, wie schnell ein Zerfall vonstatten geht, können wir die Halbwertszeit t H berechnen. Diese gibt an, nach welchem Zeitraum die Hälfte einer Menge, also N0 /2, verschwunden ist. Bislang kennen wir die Anfangsbedingung und die Anforderung der Halbwertszeit, demnach gilt N (t = 0) = N0 · ek·0 = N0 , 1 N (t = t H ) = N0 · ek·t H = N0 . 2

(3.144) (3.145)

3.3 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

65

Nun sehen wir, dass in unterer Gleichung die Anfangsmenge wegfällt, somit ist die Halbwertszeit nicht von dieser abhängig. Wir formen auf 1/2 = ekt H um und bekommen so die Halbwertszeit tH =

ln(0.5) . k

(3.146)

Handelt es sich um einen Wachstumsprozess, also k > 0, so ist häufig die Verdopplungszeit (in der Biologie auch Generationszeit genannt) interessant für eine Beschreibung. Analog zur Bestimmung der Halbwertszeit für Zerfallsprozesse können wir die Verdopplungszeit von Wachstumsprozessen angeben über tD =

ln(2) . k

(3.147)

Dies können wir auch allgemeiner ausdrücken und erhalten für die Vervielfältigungszeit tv die logarithmische Gleichung tv =

3.3.3

ln(v) . k

(3.148)

Produktion und Nachhaltigkeit

Produktionskosten sind die Gesamtkosten, die bei der Herstellung von Waren und Dienstleistungen anfallen. Im heutigen Wirtschaftssystem wird von vielen Unternehmen eine Gewinnmaximierung angestrebt, was bei gleichbleibendem Umsatz eine Kostenminimierung zur Folge hat. Somit sind Produktionskosten einem besonderen und ständigem Druck ausgeliefert. Wir wollen anhand eines Beispiels die gewöhnliche Produktionskostenrechnung aufzeigen und anschließend in Bezug auf nachhaltiges Wirtschaften diskutieren. Gebrochenrationale Funktionen werden zum Beispiel bei der Berechnung von durchschnittlichen Produktionskosten verwendet. Die Gesamtkosten K setzen sich dabei aus den Fixkosten (Miete, Internet/Strom, Löhne etc.), die unabhängig von der produzierten Menge sind, und den variablen Kosten (Rohstoffe, Transportkosten etc.), die von der produzierten Menge abhängen, zusammen. Nehmen wir an, dass eine Firma, die Markenschuhe produziert, pro produziertem Paar Schuhe e20 an variablen Kosten zu zahlen hat. Die Fixkosten der Firma belaufen sich auf e80000 pro Monat. Außerdem gehen wir davon aus, dass die Firma maximal 5000 Paar Schuhe pro Monat produzieren kann. Die monatlichen Gesamtkosten in Abhängigkeit der produzierten Menge x ergeben sich also zu K (x) = K f + K v (x) = 80000 + 20x.

(3.149)

Um die Durchschnittskosten K D (x) (auch Stückkosten genannt) zu berechnen, werden die Gesamtkosten durch die produzierte Menge dividiert K D (x) =

K f + K v (x) 80000 + 20x = . x x

(3.150)

66

3

Funktionen

Abb. 3.20 Durchschnittskosten in Abhängigkeit der Produktionsmenge (blau) und verschiedene Preise (rot)

Abb. 3.20 zeigt die Durchschnittskosten in Abhängigkeit der Gesamtmenge. Die Durchschnittskosten fallen, je größer die Produktionsmenge ist und nähern sich den variablen Stückkosten an, während die Fixkosten bei steigender Menge immer weniger ins Gewicht fallen. Doch wann erzielt die Firma Gewinne? Das ist genau dann der Fall, wenn der Preis, der für ein Paar Schuhe verlangt werden kann, über den Durchschnittskosten liegt. Beträgt der Preis pro Paar Schuhe zum Beispiel e40, so muss die Produktionsmenge hoch genug sein, um 80000 + 20x ≤ 40 x

(3.151)

zu gewährleisten. Das ist äquivalent zu x ≥ 4000. Die Firma muss also zumindest 4000 Paar Schuhe produzieren, um Gewinne zu erzielen. Liegt der Preis pro Paar Schuhe jedoch bei e30, müsste die Firma zumindest 8000 Paar Schuhe produzieren, um Gewinne zu erzielen. Da dies nicht möglich ist, macht die Firma in diesem Fall keinen Gewinn. Je mehr die Durchschnittskosten gesenkt werden können, umso weniger Stück müssen verkauft werden, um Gewinne zu erreichen. Dafür werden oftmals Strategien verwendet, die gegen die Prinzipien der Nachhaltigkeit und sozialen Fairness gehen. Dies zu verbessern, ist eine der modernen Herausforderungen heutiger Gesellschaften. Zum einen muss ein entsprechender politischer Rahmen gegeben sein, um Nachhaltigkeit zu fördern. Zum anderen müssen Verbraucher bereit sein, für nachhaltige Produktion mehr zu zahlen. Ziel des grünen Wirtschaftens ist, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt ein Kipppunkt erreicht wird, an dem die Nachfrage zu nachhaltigen Produkten so stark angestiegen ist, dass umweltfreundlicher Konsum und damit verbundene nachhaltige Produktion zur Normalität wird.

3.3 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

67

Nördlicher Polarkreis

Südlicher Polarkreis

Wintermonate

Sommermonate

Abb. 3.21 Änderung der Tageslänge aufgrund der Neigung der Rotationsachse und Bewegung um die Sonne für die nördliche Hemisphäre

3.3.4

Tageslänge

Da die Rotationsachse der Erde keinen rechten Winkel zur Ebene der Sonnenumlaufbahn bildet, sondern eine Neigung von 23,5◦ aufweist, verändert sich die Länge eines Tages (maximal mögliche Sonnenscheindauer) über das Jahr hinweg (Abb. 3.21). Die Tage der zur Sonne geneigten Hemisphäre sind länger als 12 Stunden, während sie auf der abgeneigten Hemisphäre kürzer sind. Aufgrund der Erdumlaufbahn wechselt die bevorzugte Hemisphäre innerhalb eines halben Jahres von Norden nach Süden und innerhalb eines weiteren halben Jahres wieder zurück nach Norden. Diese periodische Veränderung kann sehr gut durch eine Cosinusfunktion beschrieben werden L(d) = A cos(Bd + C) + D,

(3.152)

welche die Tageslänge L in Stunden eines Tages d für einen bestimmten Breitengrad beschreibt. Die notwendigen Parameter A, B, C, D lassen sich über einige einfache Überlegungen bestimmen: Beginnen wir mit der Periodizität. Wir wissen, dass die Erde ein Jahr oder ca. 365 Tage benötigt, um die Sonne einmal zu umrunden. Nach dieser Zeit ist also eine Periode vollendet und wir erhalten für B = 2π/365. Als Nächstes sehen wir uns die Amplitude A an. Die Amplitude beschreibt den maximalen Ausschlag der Schwingung bzw. die Hälfte des Abstandes (auf der yAchse) zwischen Maximal- und Minimalwert der Funktion, was in diesem Fall die längste Tageslänge L max und die kürzeste Tageslänge L min sind. Auf der Nordhalbkugel ist der längste Tag der 21. Juni und der kürzeste der 21. Dezember. Auf der Südhalbkugel ist es genau umgekehrt. Wissen wir die Tageslängen dieser Tage für einen Breitengrad, ist A = (L max − L min )/2. Nun ist es noch notwendig, D, den Wert, um den unsere Funktion schwingt, zu bestimmen. Dieser Wert ist auf der y-Achse gleich weit von L max und L min entfernt und kann deswegen mit D = (L max + L min )/2 berechnet werden. Wenn wir jetzt noch den 21. Juni als d = 0 festlegen, können wir C = 0 setzen, da dieser Parameter die Verschiebung des ersten Maximums entlang der x-Achse beschreibt. Führen wir diese Überlegungen nun zusammen, erhalten wir:

68

3

L(d) =

Funktionen

  L max − L min 2π L max + L min cos d + . 2 365 2

(3.153)

Für diese Näherung ist zusätzlich noch zu beachten, dass sie nur zwischen den Polarkreisen (66.5◦ Nord und Süd) anwendbar ist. Polartag und Polarnacht können damit nämlich nicht dargestellt werden. In Tab. 3.1 ist für verschiedene Städte unterschiedlicher Breitengrade die maximale und minimale Tageslänge zum Vergleich gegeben.

3.3.5

Meeresbodentiefe

Nicht alle Vorgänge und Zusammenhänge können immer über einen einzigen Funktionsausdruck beschrieben werden. Durch externe oder interne Einflüsse können abrupte Übergänge passieren, welche in einer entsprechenden mathematischen Darstellung als Verhaltensänderung zufriedenstellend angenähert werden müssen. In solchen Fällen kann der untersuchte Vorgang in Intervalle aufgeteilt und abschnittsweise über unterschiedliche Funktionen dargestellt werden. Die Abhängigkeit der Meeresbodentiefe H vom Alter t der ozeanischen Kruste ist ein Beispiel für solch einen Fall, siehe Hillier und Watts (2005). Je älter ozeanische Kruste wird, desto mehr kühlt sie ab und wird dichter. Dadurch sinkt sie immer weiter im Mantel ab und die Meerestiefe nimmt zu. Für ozeanische Kruste jünger als 78 Mio. Jahre kann die Tiefe über folgende Funktion bestimmt werden: √ H (t) = 3010 + 307 t.

(3.154)

Tab. 3.1 Längster Tag, kürzester Tag und Breitengrad für verschiedene Städte weltweit Anchorage (Alaska) Stockholm (Schweden) Moskau (Russland) Berlin (Deutschland) Wien (Österreich) Tokio (Japan Kairo (Ägypten) Dubai (Dubai) Nairobi (Kenia) Jakarta (Indonesien) Kapstadt (Südafrika) Sydney (Australien) Buenos Aires (Argentinien) Wellington (Neuseeland)

Breitengrad

L max

L min

61◦ 59◦ 55◦ 53◦ 48◦ 36◦ 30◦ 25◦ −1◦ −6◦ −33◦ −33◦ −34◦

19.35 h 18.37 h 17.33 h 16.50 h 16.04 h 14.34 14.05 h 13.42 h 12.02 h 11.45 h 9.53 h 9.53 h 9.49 h

5.45 h 6.04 h 7.00 h 7.39 h 8.20 h 9.44 h 10.2 h 10.33 h 12.11 h 12.28 h 14.25 h 14.24 h 14.28 h

−41◦

9.11 h

15.09 h

3.3 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

69

Abb. 3.22 Meeresboden: Beziehung zwischen Tiefe und Alter im Nordpazifik

Bei älteren Krusten zeigen Messungen jedoch eine starke Abflachung in der Zunahme der Meerestiefe. Die Gründe dafür sind noch nicht vollends verstanden und Gegenstand aktueller Forschung. Um diese Abflachung korrekt darzustellen, wird für Krusten älter als 78 Mio. Jahre folgender Zusammenhang genutzt: H (t) = 6120 − 3010e−0.026t .

(3.155)

Da es bei Messungen oftmals einfacher ist, die Tiefe anstelle des Alters zu bestimmen, ist es sinnvoll, von der Tiefenfunktion H auf die Altersfunktion t(H ) umzuformen. Zunächst muss die Tiefe am Übergangspunkt der beiden Funktionen, also bei 78 Mio. Jahre, bestimmt werden. Hier erhält man eine Tiefe von 5721 m. Bildet man nun die Umkehrfunktion für beide Teilgebiete, erhält man die zusammengesetzte Funktion (Abb. 3.22):  t(H ) =

, f¨ur H ≤ 5721 ((H − 3010)/307)2 (ln(6120 − H ) − ln(3010))/(−0.026) , f¨ur H > 5721.

(3.156)

Übungsaufgaben Die folgenden Übungsaufgaben dienen zur eigenen Überprüfung des Verständnisses zu den Inhalten des Kapitels. 3.1 Scheitelpunktform Bestimmen Sie die Scheitelpunktform der Funktionen: 1. f (x) = 2x 2 + 8x + 4 2. g(x) = x 2 + 2x − 4 3.2 Parabeln Formen Sie je nach Darstellung entweder auf die Normalform oder auf die Linearfaktordarstellung um: 1. f (x) = 2x 2 − 4.8x + 0.88 2. g(x) = (x − 2)(x + 3)

70

3

Funktionen

3. h(x) = −12x + 3x 2 4. i(x) = 120x 2 + 40x − 82 3.3 Polynome Finden Sie die Nullstellen der gegebenen Polynome. Bestimmen Sie die Symmetrie der Funktionen. 1. 2. 3. 4.

f (x) =  2x 3 + 12x 2 − 6x g(x) = 2n=0 −n 2 x n h(x) = (4x 3 + 5x)(x − 1) i(x) = 5(x − 1)(x − 2)(x − 3)(x − 4)(x 2 + 4)

3.4 Gebrochenrationale Funktionen I • Bestimmen Sie für die folgenden Funktionen f i den Definitions- und Wertebereich und reelle sowie komplexe Nullstellen: – f 1 (x) = – f 2 (x) = – f 3 (x) = – f 4 (x) =

6x 2 +6x (x−3)(x+1) x 2 +4x−2 x(2x−1) 3x 3 −2x 2 +x 2x 2 +1 2 x 2 −4

• Geben Sie die Funktionen f˜i an, welche durch Heben von Definitionslücken resultieren. 3.5 Gebrochen rationale Funktionen II Bestimmen Sie Grenzwerte x → ∞ der folgenden Funktionen: 1. f (x) = 2. 3. 4.

x+1 x 2 −4 3 2 +x g(x) = x x−x 2 +1 3 2 +11x+6 h(x) = x +6xx−1 2 +1 i(x) = −5x x 2 +2

3.6 Potenz- und Exponentialfunktionen Durch welche Quadranten verlaufen die folgenden Funktionen. Ermitteln Sie die Werte- und Zielbereiche. 1. 2. 3. 4.

5x 3 x 3/4 53x 2 25x

3.3 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

71

3.7 Natürliche Exponentialfunktion und Logarithmus • Skizzieren Sie graphisch die Funktion f (x) = e x sowie die Summendarstellungen der Exponentialfunktion jeweils von n = 0, 1, 2, 3, 4. Vergleichen Sie die Funktionseigenschaften in der Umgebung von x = 0. Was ist auffällig? • Reihen Sie die folgenden Funktionen nach dem größten Wachstum für x → ∞ an: log2 (4x), log2 (x), log12 (x), log1/5 (x), ln(x), e−x , 12x . 3.8 Umkehrfunktionen Bestimmen Sie die Umkehrfunktion der folgenden Funktionen sowie deren Definitionsbereiche: 1. 2. 3. 4. 5.

f (x) = e2x+3 − 21 g(x) = (x√− 2)3 + 1 h(x) = 2 3 x + 3 − 1 i(x) = 2(e x/3 − 4)3 − 1 3 j(x) = 5x

3.9 Trigonometrie Lösen Sie die folgenden Gleichungen unter Berücksichtigung der Periodizität: 1. 3 + 3 sin(5x) = 1 2. sin(x) = 1 − (cos(x))2 3. 1−cos(x) sin(x) = 4 sin(x) 4. tan2 (x) = 13 3.10 Nullstellen Finden Sie die Nullstellen der folgenden Funktionen: 1. 2. 3. 4.

e2x sin(2x) 3 cos(4t + π3 ) 12 sin(x 2 + 2π ) − 12 6 sin( x8 + 3) · cos( x8 + 3)

3.11 Euler’sche Formel Leiten Sie mithilfe der Euler’schen Formel die folgende Identität her: cos2 (ϕ) + sin2 (ϕ) = 1. 3.12 Betragsfunktionen Bestimmen Sie die Scheitelpunkte der folgenden Funktionen: 1. y(x) = 4|x − 5| + 6 2. y(x) = |x 2 + 4x − 4| + |3x| 3. y(x) = ||x 2 + 5x| − 2| + 3

72

3

Funktionen

3.13 Betragsfreie Darstellung Bringen Sie die folgenden Ausdrücke auf eine betragsfreie Darstellung, unter der Annahme, dass x ∈ R: 1. y(x) = e|4x| 2. y(x) = | sin(x)| + π

4

Grenzwerte und Stetigkeit

Um wichtige Begriffe aus der Mathematik wie Ableitung und Integration einzuführen, muss zuerst ein Verständnis für das Grenzwertverhalten entwickelt werden. Dieses ist gekoppelt mit der Frage, wie sich eine Funktion in einer Umgebung eines bestimmten Wertes des Definitionsbereichs verhält. Dies wollen wir zuerst anhand von Folgen besprechen, denn die Theorie der Grenzwerte unendlicher Folgen ist eine wichtige Grundlage der Analysis. Auf ihr beruht die Berechnung von Grenzwerten von Funktionen, die Definition der Ableitung (Differentialquotient als Grenzwert einer Folge von Differenzenquotienten) und das Riemannsche Integral. Den beiden letzteren Themen werden wir uns in den Folgekapiteln ausführlich widmen. Ebenfalls wollen wir uns in diesem Kapitel mit der Stetigkeit von Funktionen beschäftigen, welche bislang eher intuitiv mitgedacht wurde. Dabei kann man sich der Idee von Stetigkeit auch etwas formeller widmen. Wir beschränken uns in diesem Abschnitt wieder auf reelle Funktionen mit reellen Werten des Definitions- und Zielbereichs.

4.1

Folgen und Reihen

Damit wir ein Verständnis für Grenzwerte entwickeln können, wollen wir diese zuerst bei diskreten Werten betrachten und dafür zwei fundamentale Begriffe der Mathematik einführen, nämlich Folgen und Reihen. Eine Folge wie zum Beispiel (1, 2, 3, 4, . . .) sind geordnete Zahlen, aber auch (1, 0, 2, 0, 3, 0, . . .) oder (−4.25, 10, 2.2, −32.9) sind Folgen. Wichtig ist dabei, dass die einzelnen Elemente nummeriert sind, also deren Position durch einen Index gegeben ist.

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 M. L. Kogler und R. Adam, Mathematische Grundlagen für Umweltsystemwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-662-67371-3_4

73

74

4

Grenzwerte und Stetigkeit

Folge

Als Folge wird eine Auflistung von fortlaufenden Zahlen bezeichnet. Folgen können endlich oder unendlich sein. Die Elemente in der Folge haben eine fixe Position (erstes Element, zweites Element usw.). Diese Folgeglieder wollen wir allgemein an nennen, wobei n für den Index steht. Wir verwenden hier eine Folge (an )n∈N als eine unendliche Abfolge von Objekten (an )n∈N = (a1 , a2 , a3 , a4 , a5 , . . .).

(4.1)

Ist eine Folge endlich, so spricht man auch von einem Tupel, solange die Elemente aus Skalaren bestehen.  Dabei gilt zu beachten: Der Unterschied zwischen einer Menge {an }n∈N und einer Folge (an )n∈N ist, dass es bei einer Folge auf die Anordnung der Folgeglieder ankommt. Wir wollen uns hier primär mit Folgen beschäftigen, die man zusammenfassend ausdrücken kann, wie im Beispiel (1, 2, 3, 4, . . .) über (an )n∈N = n . Eine Folge ist alternierend, wenn abwechselnd positive und negative Werte vorkommen. Eine Folge ist konstant, wenn alle Glieder übereinstimmen. Arithmetische Folgen haben die Eigenschaft, dass die Differenz zweier benachbarter Folgenglieder konstant ist. Bei geometrischen Folgen ist das Verhältnis zweier aufeinanderfolgender Folgenglieder konstant. Unendliche Folgen können gegen einen Grenzwert konvergieren, darauf beruht die Berechnung von Grenzwerten von Funktionen als auch deren Ableitung und Integration. Das Konzept von Folgen wird generell in einigen Programmiersprachen verwendet. In Python stellen sogenannte „Listen“ die Idee von Folgen dar, wobei die Ansprache eines Elements mit einer gewissen Position über den „Listenindex“ erfolgt. Reihe

Eine Reihe ist eine Folge, deren Folgeglieder sich aus Summation von Elementen einer anderen Folge ergibt. Ist eine beliebige Folge (an ), so kann man aus ihren Gliedern eine Reihe sn bilden mit sn = a1 + a2 + · · · + an .

(4.2)

Die Folge (sn ) bestehend aus n Partialsummen (Teilsummen) heißt Reihe, deren einzelne Glieder gegeben sind durch s1 = a1 , s2 = a1 + a2 = s1 + a2 , s3 = a1 + a2 + a3 = s2 + a3 , ... sn = a1 + a2 + · · · + an = sn−1 + an .

(4.3) (4.4) (4.5) (4.6) (4.7)

4.1 Folgen und Reihen

75

Mithilfe des Summenzeichens können die einzelnen Glieder der Reihe auch abgekürzt werden als n  sn = ai . (4.8) i=1

Häufig beginnt der Index mit i = 0. Es können ein Teil oder alle Indizes am Summenzeichen weggelassen werden, wenn Missverständnisse ausgeschlossen sind. 

4.1.1

Beispiele

A) Einige bekannte Folgen sind (n)n∈N = (1, 2, 3, . . .) die Folge der positiven Zahlen (2n)n∈N = (2, 4, 6, . . .) die Folge der positiven geraden Zahlen (2n − 1)n∈N = (1, 3, 5, . . .) die Folge der positiven ungeraden Zahlen ( n1 )n∈N = (1, 21 , 13 , . . .) die Folge der Hauptbrüche, genannt harmonische Folge ((−1)n )n∈N = (−1, 1, −1, 1, . . .) die Folge der alternierenden Einsen (2n )n∈N = (2, 4, 8, 16, . . .) die Folge der Zweierpotenzen ist eine geometrische Folge • a1 = a2 = 1 und an = an−1 + an−2 für n ≥ 3 als Regel für die Fibonacci-Folge (ai )n∈N = (1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34, . . .), welche rekursiv definiert ist

• • • • • •

B) Einige bekannte Reihen: n n(n+1) ist die Gauß’sche Summenformel • j=1 j = 1 + 2 + 3 + . . . + n = 2 ∞ 1 1 1 1 = 1 + + + + . . . = ∞ ist die harmonische Reihe • n 2 3 4 n=1 ∞ 1 • n=1 α ist die allgemeine harmonische Reihe mit α ∈ N ∞ n(−1)n+1 = 1 − 21 + 13 − 41 ± . . . = ln(2) ist die alternierende harmonische • n=1 n Reihe  ∞ 1 1 1 • k=0 k! = 1 + 1 + 2! + 3! + . . . = e ist die Reihe der Definition der Euler’schen Zahl e = 2.71828...  ∞ k 2 3 • k=0 q = 1 + q + q + q + . . . ist die geometrische Reihe mit q ∈ R

4.1.2

Grenzwert von Folgen

Nehmen wir an, dass eine Folge unendlich viele Elemente hat, so ist es interessant, wie sich diese Elemente verhalten. Werden sie immer größer oder immer kleiner?

76

4

Grenzwerte und Stetigkeit

Oder zeigen sie ein ganz anderes Verhalten wie eine Oszillation? Um sich dieser Frage zu widmen, hat man den Begriff des Grenzwertverhaltens eingeführt, also, ob eine Folge gegen einen gewissen Wert strebt oder eben nicht. Grenzwert von Folgen

Der Grenzwert oder Limes von einer Folge ist derjenige Wert, dem die Folge beliebig nahekommt. Wenn eine Folge so einen Wert besitzt, dann entspricht das dem Grenzwert der Folge und die Folge ist konvergent (man sagt auch: die Folge konvergiert). Andernfalls, wenn kein so ein Grenzwert existiert und die Folge jede beliebige reelle Schranke irgendwann unterschreitet oder überschreitet, divergiert die Folge gegen −∞ oder +∞. Es gibt auch den Fall der unbestimmten Divergenz, wenn eine Folge keinen festen (endlichen oder unendlichen) Grenzwert besitzt. Um zu notieren, dass es sich um eine Limesberechnung handelt, verwendet man den Ausdruck lim (an )n∈N

n→∞

(4.9)

vorangestellt an den Folgenausdruck, welcher gelesen wird als „der Limes für n gegen ∞“.  Anders gesagt, der größte Anteil von Folgegliedern einer konvergierenden Folge liegt nahe an ihrem Grenzwert. Konvergiert eine Folge gegen den Wert Null, nennt man sie auch Nullfolge, siehe Abb. 4.1 (links, rechts). Man sieht, dass Konvergenz nicht streng monoton verlaufen muss, wie bei (1/n)n∈N , sondern auch über gedämpftes schwingendes Verhalten passieren kann. Die unbestimmte Divergenz ist bei der alternierenden Folge in Abb. 4.1 (Mitte) gezeigt.

4.1.3

Cauchy-Folge

Eine andere Sichtweise auf Konvergenz bietet die Definition von Cauchy-Folgen, auch Fundamentalfolgen genannt. Für Cauchy-Folgen gilt, dass der Abstand der diskreten Folgeglieder mit weiterem Verlauf der Folge beliebig klein wird. Dies kann man gut graphisch veranschaulichen, siehe dafür Abb. 4.2, in der der Abstand zwischen zwei Folgegliedern an der y-Achse mit  angegeben wird. Wir sehen, dass durch Anschmiegen der Kurve an den Grenzwert a der Folge (an )n∈N die Werte von

Abb. 4.1 Konvergenz und Divergenz von Folgen

4.1 Folgen und Reihen

77

Abb. 4.2 Cauchy-Folge: Abstand  der diskreten Folgeglieder an werden mit weiterem Verlauf der Folge beliebig klein

 immer weiter abnehmen. Diese Eigenschaft ist auch für gedämpfte Schwingungen, wie in Abb. 4.1 (rechts) gezeigt, zutreffend. Cauchy-Folge

Eine Folge (an )n∈N heißt Cauchy-Folge, wenn es zu jedem  > 0 eine natürliche Zahl n 0 ∈ N gibt, so dass |an − am | <  für alle n, m ≤ n 0 ist. 

4.1.4

Konvergenzgeschwindigkeiten

Bevor wir uns ausführlich in Abschn. 4.2 mit den Rechenregeln für Grenzwerte beschäftigen, wollen wir an dieser Stelle anhand ein paar anschaulicher Überlegungen die Grenzwerte einiger Folgen bestimmen. Dabei ist es praktisch, sich gewisse allgemeine Eigenschaften zur Konvergenz zu überlegen. Diese Annahmen zu Konvergenzgeschwindigkeiten können folgendermaßen zusammengefasst werden: Für 0 < α < β und a > 1 gilt im Grenzwert n → ∞: log(log(n)) 0 ein δ > 0 gibt, sodass | f (x) − f (x0 | <  für alle x ∈ D mit |x − x0 | < δ erfüllt ist. f ist also genau dann stetig x0 ∈ D stetig, wenn gilt ∀ > 0 ∃δ > 0 ∀x ∈ D : |x − x0 | < δ =⇒ | f (x) − f (x0 )| < .

(4.51)



Anwendungen

Viele Vorgänge in den Naturwissenschaften sind stetig, dazu gehören Temperaturschwankungen, Tag-Nacht-Zyklen von Pflanzen, Fortbewegung und Zellvorgänge in lebenden Körpern. Auch der Energieerhaltungssatz, also dass Energie nicht aus dem Nichts geschaffen werden kann (oder ins Nichts verschwindet), bedingt Stetigkeit. Andere Veränderungen können aber auch sprunghaft und plötzlich passieren. Zum Beispiel Börsenübergänge, Entladungen wie Blitze oder bei Kondensatoren, auch Explosionen und Erdrutsche. Doch sind alle plötzlichen Veränderungen wirklich unstetig? Generell nicht, denn es geht primär darum, dass wir diese begrenzt messen können und daher ist die Datenlage oder die Beschreibung, die wir dazu treffen, mit sprunghaftem Verhalten verbunden. Viele Funktionen, welche in den Naturwissenschaften studiert werden, sind stetig. Jedoch nimmt die Untersuchung von unstetigen Funktionen immer mehr zu. Ein wichtiger Trend dahinter ist die Digitalisierung, da Datensätze mitunter Diskontinuitäten zeigen können. Besonders anschaulich dazu sind Wetterphänomene, welche eigentlich kontinuierlich sind, aber wegen ihres oftmals chaotischen Verhaltens für uns teilweise nur als sprunghafte Phänomene greifbar bleiben. Gleiches gilt für kaskadische Prozesse (Stufenprozesse), zum Beispiel bekannt in Sozialforschung, wo plötzliche gesellschaftliche Phänomene wie Protestbewegungen oder Wahlverhalten ein großes Thema sind. 

4.4 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

93

4.4

Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

4.4.1

Teichfilter

Ein Gartenteich hat durch herabfallendes Laub einen zu hohen Phosphatanteil, was eine Veralgung des Teiches auslöst. Da die Veralgung die Lichtzufuhr für Pflanzen am Teichboden verringert, muss ein Teichfilter angebracht werden. Das Filtermedium für Phosphat ist Zeolith, das in regelmäßigen Abständen ausgetauscht bzw. gereinigt gehört. Eine tägliche Messung der Phosphatwerte gibt Rückschlüsse auf die Teichgesundheit. Die Differenz der Phosphatwertmessung zweier aufeinanderfolgenden Tage gibt Informationen, wie viel Phosphat pro Tag gefiltert werden konnte. Die täglichen Filtermenge kann über die Folge (an )n∈N =

0.12 · (n 0.25 + 3.02) n

(4.52)

angenähert werden, siehe Abb. 4.6. Der Grenzwert der Folge ist lim an = 0.

n→∞

(4.53)

Anhand der täglich gefilterten Menge an Phosphat sehen wir, dass die Filtereffizienz rückläufig ist, wenn der Filter nicht gereinigt wird. Vergleichen wir die Filtermenge von Tag 1 mit Tag 15, also a15 /a1 = 0.0399039/0.4824 = 0.0827, so sehen wir, dass die Filtereffizienz nach zwei Wochen auf etwa 8% gesunken ist. Gewünscht ist eine Filtereffizienz von über 10%. Daraus lässt sich schließen, dass der Teichfilter etwa alle zwei Wochen gereinigt werden sollte, um den Phosphatüberschuss auszugleichen, der durch die Zersetzung von Laub am Teichgrund kontinuierlich entsteht.

4.4.2

Zinseszinsrechnung

Das heutige Geldwesen beinhaltet das Zinseszinssystem, welches auf einem einfachen Prinzip basiert: Sind Zinsen auf ein Kapital fällig, so werden das ursprüngliche

Abb. 4.6 Teichfilterung: Filtereffizienz von Zeolith bei täglicher Phosphoraufnahme

94

4

Grenzwerte und Stetigkeit

Kapital sowie alle bislang angefallenen Zinsen – insofern sie nicht ausgegeben werden – verzinst. Dies führt dazu, dass Vermögen immer schneller wächst, nämlich exponentiell. Zinsen werden wie ein Risikomaß verwendet, das ein Kreditgeber hat. Auf der anderen Seite ist der Zinsschuldner belastet, der in Zinszahlungspflicht steht. Das Zinseszinssystem trägt somit zu einem ungebremsten Wachstum von Schulden bzw. Vermögen bei und wird mit einem Anstieg des Vermögensanteils an der Spitze der Population assoziiert. Wir wollen den Unterschied von Anlagenzuwachs im Zinseszinssystem anhand eines Vergleichs zeigen. Der Bestandszuwachs, also die jährliche Verzinsung, sei 3%. Wir verwenden für dieses exponentielle Wachstum eine Umformung der Gleichung 3.140 auf die Folge K n = K 0 · (1 + p)n ,

(4.54)

wobei die Umformung a = (1 + p) gilt und n für die Anzahl der Jahre steht und diskret ist. Der Grenzwert der Folge ist unendlich mit lim n→∞ K n = ∞. Stellen wir nun ein paar simple Überlegungen an. Das durchschnittliche Nettovermögen bei unter 24-Jährigen liegt bei K 0 = 10000 e, welches wir als Einlage 3 = 0.03. Bei einer fünfjähriverwenden wollen. Für unser Beispiel gilt p = 100 gen Verzinseszinsung erhalten wir K (5)  11600 e. Vergleichen wir das mit einer Anlegezeit von 50 Jahren, also K (50)  43800 e. Grob gesprochen konnte im Laufe einer Lebenszeit das Nettovermögen um etwa 340000 e erhöht werden. Vergleichen wir das mit dem Zuwachs bei einem Nettovermögen von K 0 = 100000 e, so übersteigt innerhalb von 5 Jahren allein der Zuwachs des Kapitals mit etwa 160000 e bereits das Nettovermögen, das durchschnittlich von jungen Menschen angelegt werden kann. Bei einer Anlegedauer von 50 Jahren kann mit knapp einer halben Million gerechnet werden, welche durch das Zinseszinssystem erzeugt wurde.

4.4.3

Emissionen nach Altersgruppen

Diskrete Messungen können als endliche Folge verstanden werden. Die Folgeglieder können verschiedene Eigenschaften haben, zum Beispiel den Messwert selbst repräsentieren oder aber auch den Mittelwert von Messungen in einer Kategorie. Eine Kategorie kann zum Beispiel eine Altersgruppe sein und die aggregierten Messwerte entsprechen dann dem Mittelwert aller Personen, die in die jeweilige Altersgruppe fallen. Dies wollen wir anhand eines Beispiels zu Emissionen nach Altersgruppen diskutieren, vgl. Zagheni (2011). In Abb. 4.7 sehen wir Veränderungen in den Kohlendioxidemissionen auf die Altersstruktur der Bevölkerung, gegeben durch die endliche Folge [1.7, 2, 2, 4, 7, 10, 12.5, 13.8, 14.5, 14.1, 13]. Die Daten zeigen, dass die Pro-Kopf-CO2 -Emissionen mit dem Alter zunehmen, bis hin zum Alter von 60 Jahren, und dann tendenziell abnehmen. Dabei sieht man, dass die Veränderungen der Altersverteilung in einer Bevölkerung in den kommenden Jahrzehnten wahrscheinlich einen spürbaren positiven Einfluss auf die CO2 -Emissionen haben werden, da die Bevölkerung zunehmend überaltert.

4.4 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

95

Abb. 4.7 Emissionen nach Altersgruppen: diskrete Messung (orange) und Näherung mittels quadratischer Funktion (grau)

Häufig wird versucht, einen mathematischen Zusammenhang zwischen diskreten Werten herzustellen. Dies ist natürlich nicht immer möglich, zum Beispiel wenn Werte keinen einfach erkennbaren Verlauf zeigen. Bei unserem Beispiel der Emissionen nach Altersgruppen ist jedoch ein simpler Zusammenhang gegeben, den wir über eine Parabel darstellen können. Eine passable Annäherung der Messwerte ist über das Modell (die Modellfunktion) f (x) = −0.00468552x 2 + 0.575303x − 3.17384

(4.55)

gegeben5 . Dieser Zusammenhang ist wesentlich eleganter und konsistent mit den Messdaten ab einem Alter von 10 Jahren bei einem ausgezeichneten Modell-Fit von R 2 ≈ 0.98.

4.4.4

Dünger und Ertrag

Stickstoffdünger wird beim Anbau von Mais dazu verwendet, um den Ernteertrag zu verbessern. Dabei heißt mehr Dünger nicht zwangsläufig mehr Ertrag, denn der Bedarf der Pflanzen ist ab einer gewissen Menge gedeckt. Dabei zeigt Abb. 4.8,

5 Die

Funktion wurde über die quadratische Regression ermittelt, ein statistisches Verfahren, das der Ermittlung einer Parabelgleichung dient, welche am besten zu einem Datensatz passt. Die Güte dieser Näherung (R-Quadrat) zeigt an, inwieweit die Variation von y durch x erklärt werden kann und kann Werte zwischen 0 und 1 annehmen. Je höher R 2 , umso besser erklärt das Modell die Streuung der Messdaten.

96

4

Grenzwerte und Stetigkeit

Abb. 4.8 Ernteertrag: Acht Feldversuche in drei verschiedenen Bodenbereichen in Mississippi zeigen die unterschiedlichen Effekte von Stickstoffdünger. (Quelle: Scharf et al. 2005)

wie stark sich der Bedarf an verschiedenen Standorten unterscheiden kann, vgl. Scharf et al. (2005). Es werden die Ergebnisse von acht Feldversuchen dargestellt, bei denen der Maisertrag in Abhängigkeit der Stickstoffmenge zu unterschiedlichen Optima (Grenzwerte der Plateau-Verläufe) führt. Die ökonomisch optimale Stickstoffrate (EONR) ist dabei nicht nur zwischen den verschiedenen Feldern, sondern auch innerhalb eines Felds sehr unterschiedlich. Der Median des EONR für die einzelnen Felder liegt zwischen 63 kg N/ha und 208 kg N/ha. Wir sehen aus den vorliegenden Daten, dass die Stickstoff-Düngung nicht einheitlich gehandhabt werden sollte, da die Bedarfsschwankungen zu groß sind. Sogar eine einheitliche Düngung je Feld, wobei sich die Menge pro Quadratmeter nach dem Median des EONR des jeweiligen Feldes richtet, führt innerhalb des jeweiligen Feldes wegen des großen Medians zu Düngungsproblemen. Um das genauer auszudrücken: Auf sieben der acht Felder würde eine einheitliche Düngung bei mehr als der Hälfte des Feldes zu einer Über- oder Unterdüngung von mindestens 34 kg N/ha führen. Ein besseres Verständnis der Variabilität von Stickstoffdüngerbedarf hat sowohl ökonomische als auch ökologische Vorteile. Unterdüngung ist aus einer wirtschaftlichen Perspektive nicht optimal, wohingegen Überdüngung eines der größten Umweltprobleme der Gegenwart darstellt. Da Stickstoffdünger hauptsächlich industriell hergestellt wird (Haber-Bosch-Verfahren), ist dessen Öko-Bilanz aufgrund des hohen Energieaufwands der Herstellung schlecht. Aber auch der Stickstoffkreislauf leidet unter Überdüngung, da Nitrate leicht in das Grund- und Meerwasser gelangen können. Derzeit schätzt man, dass nur 20–30 % der Düngemittel von den eigentlichen Nutzpflanzen aufgenommen werden. Im Grundwasser muss das Nitrat bei der Trinkwasseraufbereitung kostspielig entfernt werden. Über Flüsse gelangt Nitrat in die Meere, wo Algenteppiche entstehen. Die Algen werden wiederum von Bakterien abgebaut, wobei dieser Prozess wertvollen Sauerstoff verbraucht und somit dortige Ökosysteme belastet.

4.4 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

97

4.4.4.1 Allee-Effekt Wachstumsprozesse, die komplexere Zusammenhänge beinhalten, lassen sich nicht immer durch explizite Funktionen beschreiben. In solchen Fällen kann stattdessen die Wachstumsrate der Population bestimmt und die Population als rekursive Folge für jeden Zeitschritt beschrieben werden. Bei Populationen, die dem sogenannten Allee-Effekt unterliegen können, ist das beispielsweise der Fall. Der Allee-Effekt besagt, dass höhere Populationsdichten zu einem höheren Wachstum führen und niedrigere Dichten das Wachstum abschwächen oder in Extremfällen sogar negativ werden lassen. Ein Grund dafür wäre, dass bei geringen Populationsdichten die Wahrscheinlichkeit, einen Partner zu finden, so niedrig wird, dass sich die Population nicht mehr erhalten kann. Als rekursive Folge sieht die Entwicklung der Population aus wie folgt:    Nt Nt . (4.56) −1 1− Nt+1 = Nt + r Nt A K A beschreibt die kritische Populationsgröße, unter der sich die Population nicht mehr erholen kann, r die maximal mögliche Wachstumsrate und K die Kapazitätsgrenze des Habitats oder die maximal mögliche Populationsgröße. Allee-Effekte werden als mögliche Gründe für die langsame, teilweise stagnierende Erholung von vom Aussterben bedrohten Tierarten wie dem Buckelwal untersucht, vgl. Stevick et al. (2001), siehe Abb. 4.9. In 1955 endete der Buckelwalfang und es gab im Nordatlantik laut Schätzungen nur noch 1700 Buckelwale. Mit K = 15500 und r = 0.08 kann die theoretische Entwicklung des Buckelwalbestandes unter Berücksichtigung von A = 0.1 − 0.2K modelliert werden. Im Vergleich mit Messdaten aus der Realität zeigt sich, dass ein Wert, der zwischen diesem Wert liegt, relativ gut die aktuelle Erholung der Walbestände nachbilden kann. Allerdings ist natürlich zu beachten, dass zusätzliche Einflüsse hier ebenfalls eine Rolle spielen.

4.4.5

Marmarameer

Im Frühjahr 2021 fand im Marmarameer eine Schleimplage statt, die dazu führte, dass im dortigen Ökosystem ein Massensterben innerhalb kurzer Zeit stattgefunden hat, Karadurmu¸s und Sari (2022). Die schleimigen Massen sind dabei ein Ausscheidungsprodukt bestimmter Meeresalgen, die sich besonders stark vermehren konnten. Auslöser für diese Vermehrung sind Umweltparameter, wie höhere Temperaturen, Verschmutzung durch Abwasser und die geringe Fließgeschwindigkeit des Binnenmeeres. Die Verschleimung durchläuft dabei ein zyklisches Muster, das gekoppelt mit den Jahreszeiten verläuft. Der im Frühjahr entstandene Schleim sinkt im Herbst ab, sodass die Oberfläche wieder klar erscheint. Die darauffolgende Zersetzung des Schleimes findet in tieferen Schichten statt, wodurch Sauerstoff im Wasser verbraucht wird. Das fördert wiederum die Bildung von neuem Meeresschleim im folgenden Frühling.

98

4

Grenzwerte und Stetigkeit

Abb. 4.9 Allee-Effekt-Modellierung zum Buckelwalbestand: A = 0.1K (blau) und A = 0.2K (orange)

Das Systemverhalten des Marmarameers in Bezug auf dessen Verschleimung der Oberfläche kann über die Funktion s(t) = 1 + 2 sin(t)e−0.005t +

5t t +4

(4.57)

zur qualitativen Veranschaulichung modelliert werden, siehe Abb. 4.10. Die Oberflächenverschleimung ist dabei ein jährlich ansteigendes Problem, das das Ökosystem schließlich zum Kollaps gebracht hat (rote Zone). Da sich die Verschleimung saisonal wiederholt (Höhepunkt Mai), dient ein gedämpfter Sinusterm dazu, diese saisonalen Schwankungen abzubilden. Genauer gesagt: Die Dämpfung stellt die abnehmende Belastbarkeit des Systems dar, d. h., dass sich das Ökosystem bei stärkerem Schleim immer weniger erholen kann. Der gebrochenrationale Term gibt dabei den Trend (Steigerung). Die Funktion ist beschränkt und läuft auf einen Grenzwert lim s(t) = a

t→∞

(4.58)

mit a ∈ R, welcher im Bereich des kollabierten Ökosystems liegt. Aus systemtheoretischer Sicht ist eine dauerhafte Zerstörung des Ökosystems zu erwarten, solange sich die Umweltparameter nicht entsprechend ändern. Die gezeigte Funktion beschreibt nämlich nur die Verschleimung, solange sich die wesentlichen Einflüsse auf das System nicht ändern. Wird zum Beispiel die Verschmutzung durch Abwasser eingedämmt, so wäre auch ein anderer Funktionsverlauf zu erwarten.

4.4 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

99

Abb. 4.10 Zyklische Verschleimung des Marmarameers

Übungsaufgaben Die folgenden Übungsaufgaben dienen zur eigenen Überprüfung des Verständnisses zu den Inhalten des Kapitels. 4.1 Folgen 1 Bestimmen Sie die Grenzwerte der Folgen für n → ∞: 1. (an ) = 2. (bn ) = 3. (cn ) =

(n+3)n ln(n+3) 5n 2 (n 2 −n) (n−2)2 (n+5)2 ln(12n 3 ) ln(2n 7 ) 2 2 2−n en

4. (dn ) = 2 2 5. (en ) = 2√−n en 6. ( f n ) = 1 − x

4− 10

7n 7. (gn ) = n · 1+8n  8. (h n ) = n n+3 n−3 − 6

9. (i n ) = 10. ( jn ) =

4 2) n 5 −3 + n n(4−n 4 +1 n 3 +5 n ln(55 )5n n!n 7

100

4

Grenzwerte und Stetigkeit

4.2 Folgen 2 Zeigen Sie, dass die Folge (an ) =



n+1−



n

für n → ∞ gegen 0 konvergiert. 4.3 Reihen Überprüfen Sie folgende Reihen auf Konvergenz: 1. S1 = 2. S2 = 3. S3 = 4. S4 =

∞

5−n

n=0 3n ∞  n+3 n n=0

4+2n ∞  5n+6 n n=0

2+4n a 2n n=0 (2n+1)!

∞

4.4 Quotientenkriterium Verwenden Sie das Quotientenkriterium, um Aussagen ∞ (l!)2 über das Konvergenzverhalten der Reihe l=0 (2l)! zu treffen. Kürzen Sie dabei die Fakultäten korrekt. 4.5 Funktionen 1 Bestimmen Sie die Grenzwerte der Funktionen für x → ∞: x 2 −10 5−x 3 2 g(x) = x3x−7x+2 2 −9x h(x) = 1 1 x− x x 3 −1 2x−1 i(x) = 3x 3 +x x

1. f (x) = 2. 3. 4.

+

2x 2 −x+1 2x 2 −1

4.6 Funktionen 2 Bestimmen Sie die Grenzwerte der Funktionen an den Definitionslücken: 1. f (x) = 4 sgn(1 + x), x ∈ R \ {0} 6x 2 +6x 2. g(x) = (x−3)(x+1)   2 x −8 x+2 3. h(x) = 5x−1 − x · 5x+1 

x  7x+7x 2 4. k(x) = 4·(x−1)·(x+1) − 17 4.7 Stetigkeit 1 Überprüfen Sie, ob folgende Funktionen stetig (fortsetzbar) sind: 1−x 1. f (x) = x + |1−x| x 2 − 6, x < −1 2. g(x) −x(x − 4), x ≥ −1

4.4 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

101

4.8 Stetigkeit 2 Für welche Werte x1 ist folgende Funktion stetig? f (x) =

+ 2, x ≥ x1 2 3x − 7, x < x1 6 x

4.9 Stetigkeit 3 Für welche Werte von a und b ist die Funktion f (x) stetig, wenn ax + bx 2 x < −2 oder x > 1 . f (x) = |x| −2 ≤ x ≤ 1

5

Einführung in die Differentialrechnung

Die Differentialrechnung (auch Differenzialrechnung) gehört zu den großen Errungenschaften der modernen Mathematik. Der Sinn von Differenzieren oder Ableiten ist in der Regel nicht das „Lösen“ von Gleichungen, sondern das Verhalten von Funktionen besser charakterisieren zu können. Die Ableitung einer Funktion enthält Information über die Steigung dieser Funktion. Dabei wird die Ableitung einer Funktion überall dort verwendet, wo nicht nur die Größe der abhängigen Variable interessant ist, sondern auch ihre Änderung. Für Bevölkerungen interessiert uns nicht nur die Bevölkerungszahl, sondern auch das Bevölkerungswachstum. Für eine RennläuferIn interessiert uns nicht nur deren Position, sondern auch ihre Geschwindigkeit, also die Änderung dieser Position über die Zeit. Aber auch Ableitungen höherer Ordnung gestatten nähere Aussagen über den Verlauf einer Variable. Die 2. Ableitung enthält Information über die „Änderung der Steigung“, also, wie schnell die SprintläuferIn beschleunigt. Um Differenzieren oder Ableiten verstehen zu können, müssen einige Kenntnisse aus den vorangehenden Kapiteln gut verstanden sein. Dazu gehört grundlegende Funktionstypen voneinander unterscheiden zu können und sich mit Grenzwerten und Grenzwertverhalten auseinandergesetzt zu haben.

5.1

Differenzierbarkeit

Um die Ableitung einer Funktion zu motivieren, wollen wir über ihre geometrische Eigenschaft zu einem mathematischen Ausdruck für das Differential gelangen. In Abb. 5.1 wird ein Funktionsgraph gezeigt, an dem zwei Punkte an den Positionen x0

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 M. L. Kogler und R. Adam, Mathematische Grundlagen für Umweltsystemwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-662-67371-3_5

103

104

5

Einführung in die Differentialrechnung

Abb. 5.1 Herleitung des Differentials von der Sekantensteigung zur Tangentensteigung durch Grenzwertbildung

und x0 + x (gelesen „Delta x“ 1 ) markiert sind, mit den entsprechenden Funktionswerten f (x0 ) und f (x0 + x). Die Steigung zwischen diesen beiden Punkten ergibt eine Sekante durch die Funktion, schneidet die Funktion also genau an diesen beiden Stellen. Ausgangspunkt für die Definition der Ableitung ist nun die Näherung dieser Sekante an die Tangente der Funktion an der Stelle x0 . Gesucht ist also zuerst die Steigung der Funktion f an einem Punkt (x0 , f (x0 )). Wenn das Intervall die Breite x hat, dann ist die Sekante an f gegeben durch f (x0 + x) − f (x0 ) , x0 + x − x0 f (x0 + x) − f (x0 ) = , x y = x

Sekantensteigung =

(5.1) (5.2) (5.3)

die gewöhnliche Berechnung einer Steigung einer Geraden durch das Steigungsdreieck. Dabei stellen die Intervalle x, y die Breiten der Katheten dar, deren Länge ergibt sich aus der Differenz der Intervallenden voneinander. Da die Sekantensteigung der Quotient zweier Differenzen ist, leitet sich daraus der Name Differenzenquotient ab. Dieser beschreibt die mittlere Änderungsrate von f im Intervall [x0 , x0 + x]. Nun interessieren wir uns für die Tangentensteigung, also genau den Grenzfall, für den das Intervall [x0 , x0 + x] unendlich klein wird. Dafür stellt man sich vor, dass die beiden Intervallenden immer weiter aneinanderrücken, der Punkt x0 bleibt dabei konstant. Dieser Grenzfall ist die momentane Änderungsrate von f in x0 , also

1 Die Bezeichnung x

oder δx (gelesen „delta x“) wird häufig in der Mathematik verwendet, wenn man von kleinen Abweichungen spricht.

5.1 Differenzierbarkeit

105

f (x) − f (x0 ) , x − x0 y = lim . x→0 x

T angentensteigung = lim

x→x0

(5.4) (5.5)

Dabei gehen sowohl x als auch y gegen null, was eine Folge der Stetigkeit von f ist. Der Quotient bleibt aber (meist) endlich. Auf diesem Grenzübergang basiert die Definition von Differenzierbarkeit einer Funktion, die wir über ein Intervall [x0 , x] ausdrücken wollen2 . Differenzierbarkeit

Eine Funktion f (x), welche auf einem offenen Intervall I ⊂ R definiert ist, ist differenzierbar an der Stelle x0 , für x0 ∈ I , falls der Grenzwert lim

x→x0

f (x) − f (x0 ) x − x0

(5.6)

existiert. Der Wert dieses Grenzwertes heißt Wert der Ableitung von f an der Stelle x0 und wird meist notiert als f  (x0 )

oder

d f (x0 ) . dx

(5.7)

Eine Funktion f heißt differenzierbar auf dem Intervall I , wenn f in allen Stellen x ∈ I differenzierbar ist.  Nehmen wir dafür die Beispielfunktion f (x) = x 3 und suchen ihre Ableitungsfunktion f  (x0 ) an der Stelle x0 . Nach Gl. 5.6 bekommen wir x 3 − x03 , x→x0 x − x 0 (x 2 + x x0 + x02 )(x − x0 ) = lim , x→x0 x − x0 = lim x 2 + x x0 + x02 ,

f  (x0 ) = lim

= =

x→x0 x02 + x02 3x02 ,

+ x02 ,

(5.8) (5.9) (5.10) (5.11) (5.12)

wobei durch Faktorisierung der Zähler umgeschrieben wurde, um die Berechnung des Grenzwerts zu vereinfachen. Außerdem ist die obige Differenzierbarkeit für jede

0 , x 0 + x] und [x 0 , x] sind äquivalent und unterscheiden sich nur in ihrer f (x)− f (x 0 ) ausdrücken. Schreibweise. Auch die mittlere Änderungsrate kann man über y x = x−x 0

2 Die beiden Intervalle [x

106

5

Einführung in die Differentialrechnung

Stelle des Definitionsbereichs gültig, also es existiert eine eindeutige Tangente für jeden Punkt des Graphen. Daher heißt die Funktion differenzierbar und es gilt f  (x) = 3x 2 .

(5.13)

Für den Differentialquotient oder die Ableitung der Funktion gibt es unterschiedliche Notationen mit leichten Unterschieden in der Leseweise • f  (x0 ) – gelesen als „f Strich von x null“ • d fd(xx 0 ) – gelesen als „d f nach d x von x null“ • ddx f (x0 ) – gelesen als „d nach d x von f von x null“ • d df (x) x |x=x0 – gelesen „d f von x nach d x an der Stelle x gleich x null“ Aber auch kürzere Abwandlungen sind durchaus beliebt, wie zum Beispiel ddyx . Häufig wird auch, um explizit zu kennzeichnen, dass es sich um eine Ableitung nach der Zeit t handelt, die Notation y˙ (gelesen: „y Punkt“) für die erste zeitliche Ableitung verwendet und y  (gelesen: „y Strich“) für die räumliche Ableitung nach x 3 . Zusammenhang Stetigkeit und Differenzierbarkeit

Da wir uns hauptsächlich mit Funktionstypen beschäftigt haben, die stetig waren, könnte man annehmen, dass stetige Funktionen generell auch differenzierbar sind. Dies ist aber nicht immer der Fall. Stetigkeit ist kein genügendes Kriterium an einer Funktion, dass diese differenzierbar ist. Die Differenzierbarkeit einer Funktion an einer Stelle x = x0 ist eine „anspruchsvollere“ Eigenschaft als Stetigkeit an dieser Stelle. Es gilt: Ist eine Funktion f an einer Stelle x = x0 des Definitionsbereichs differenzierbar, so ist f an dieser Stelle auch stetig.  Wir wollen nun anhand eines Beispiels zeigen, dass aus Stetigkeit nicht Differenzierbarkeit folgen muss. Dafür verwenden wir die Betragsfunktion, welche für zwei Teilabschnitte definiert ist. Dabei besitzt die Funktion am Koordinatenursprung eine „Knickstelle“. Offensichtlich ist die Steigung für x < 0 gleich −1 und für x ≥ 0 gleich 1. Die Funktion ist stetig, da für die einseitigen Grenzwerte die Bedingung f (x0− ) = f (x0+ ) = f (x0 ) an x0 = 0 erfüllt ist. Überprüfung der Differenzierbarkeit kann (analog zur einseitigen Limesbildung bei Stetigkeit) über einseitige Ableitungen vorgenommen werden:

Notationen gehen geschichtlich auf einige große Theoretiker zurück. So ist f  bekannt als die Lagrange-Notation, y˙ als die Newton-Notation und dd xf als die Leibniz-Notation. Die davor nicht erwähnte Schreibweise D f ist als Euler-Notation bekannt.

3 Diese

5.1 Differenzierbarkeit

107

|x| − 0 −x = lim = −1, x −0 x→0− x |x| − 0 x lim = lim = 1. + + x→0 x − 0 x→0 x lim

x→0−

(5.14) (5.15)

Somit stimmt die linksseitige Ableitung mit der rechtsseitigen Ableitung nicht überein. Die Betragsfunktion ist an der Stelle x0 = 0 nicht differenzierbar, obwohl sie stetig ist. Ansonsten funktioniert das Differenzieren nach dem gewöhnlichen Schema und folgt den im Folgenden besprochenen Ableitungsregeln. Dabei gilt, dass die Funktionsgleichung zuerst in den abschnittsweisen Teilfunktionen ohne Betragszeichen dargestellt werden muss, und dann abschnittsweise differenziert werden kann. Die Ableitung der Betragsfunktion ist die spezielle Vorzeichenfunktion  sgn(x) =

+1, x > 0 −1, x < 0,

(5.16)

welche an der Stelle x0 = 0 nicht definiert ist, daher gilt für ihren Definitionsbereich R \ {0}.

5.2

Ableitungsregeln

Um nicht für jede Ableitung das langwierige Verfahren über die Grenzwertberechnung von Sekante zu Tangente zu unternehmen, gibt es einige Regeln, die es erlauben, Funktionen schnell und ohne große Anstrengung zu differenzieren. Mit ihrer Hilfe können die meisten Ableitungsfunktionen gefunden werden. Im Folgenden sind einige gängige Regeln zur Berechnung der Ableitung bestimmter Funktionen angeführt (Abb 5.2). Da viele Funktionen aus Kombinationen solcher Ausdrücke bestehen, gibt es weitere allgemeine Regeln, um Produkte und Kompositionen von Funktionen ableiten zu können. Sind f und g differenzierbare Funktionen und a ∈ R eine reelle Konstante, dann gelten die folgenden Ableitungsregeln: Diese wollen wir nun ausführlicher besprechen, wobei zu beachten ist, dass Ableitungsregeln meist in Kombination verwendet werden. Ableitungsregeln

Faktorregel (a f ) = a f  Die Faktorregel bezieht sich auf die Multiplikation mit einer Konstanten. In Worten: Die Ableitung eines Vielfachen ist das Vielfache der Ableitung. Als Beispiele: (4x 2 ) = 4(x 2 ) = 8x, (−2x 3 ) = −6x 2 , (2 sin(x)) = 2 cos(x). Summenregel und Differenzregel ( f ± g) = f  ± g 

108

5

Einführung in die Differentialrechnung

Abb. 5.2 Gängige Funktionen (blau) und ihre Ableitungen (orange)

Es gilt: Die Ableitung einer Summe (Differenz) ist die Summe (Differenz) der einzelnen Ableitungen. Als Beispiele: (x 2 − 3x + 4) = 2x − 3, (x + sin(x)) = 1 + cos(x). Produktregel ( f g) = f  g + f g  Die Struktur dieser Regel bedingt, dass in einem Summanden nur f differenziert wird, im anderen nur g. Als Beispiele: ((2x+3)(x 2 +4)) = 2(x 2 +4)+(2x+3)2x, (x sin(x)) = sin(x) + x cos(x). Quotientenregel

 f  g

=

g f  − f g g2

Das Resultat aus der Quotientenregel ist nur im Definitionsbereich der differenzierten Funktion gültig, also für g(x0 ) = 0. Somit sind Quotientenfunktionen 2 +2x)2 2 +2x differenzierbar. Als Beispiel: ( 3x2x+1 ) = (6x+2)(2x+1)−(3x . (2x+1)2 Reziprokenregel

 1  g

=

−g  g2

Als Spezialfall der Quotientenregel ergibt sich diese Regel für die Ableitung des Kehrwertes einer Funktion. Als Beispiel: ( x1 ) = − x12 . Kettenregel ( f ◦ g) = ( f  ◦ g) · g  Das Verkettungszeichen f ◦ g zeigt eine Hintereinanderausführung von Funktionen an, siehe Kompositionen in Kapitel 3.2.6. Für die Kettenregel gilt: Die Ableitung der äußeren Funktion wird multipliziert mit der Ableitung der inneren Funktion. Dies ist wichtig für zum Beispiel Winkelfunktionen. Als Beispiel:

5.2 Ableitungsregeln

109

(sin(2x 2 )) = 4x cos(2x 2 ), wobei g = 2x 2 und g  = 4x ist. Inversenregel ( f −1 ) = f  ◦1f −1 Die Inversenregel gilt für bijektive Funktionen, die eine Umkehrfunktion besitzen. Sie besagt, dass die Ableitung der Umkehrfunktion gleich Komposition der Ableitung der Funktion mit der Umkehrfunktion ist, also ( f −1 ) (y) = oder in der Leibniz’schen Schreibweise

1 f  ( f −1 (y)) dy dx

=

1 dx dy

(5.17)

. Als Beispiel: Für y = f (x) =

e x ergeben sich die Ableitung y  = f  (x) = e x und Umkehrfunktion f −1 (x) = ln(x). Um nun die Ableitung der Umkehrfunktion zu bestimmen, verwendet man die Inversenregel wie folgt: ( f −1 ) (x) =

1 eln(x)

=

1 . x

(5.18)



5.2.1

Ableitungen 1. Ordnung

5.2.1.1 Beispiele A) Zur Illustration der obigen Regeln wollen wir die Ableitung der Funktion f (x) =

x 3 sin(x) 1 + x2

(5.19)

berechnen. Die Funktion ist differenzierbar, da nach der Produktregel der Zähler eine differenzierbare Funktion ist und der Nenner ein Polynom, also ebenfalls differenzierbar. Die Quotientenregel garantiert nun die Differenzierbarkeit von f . Wir wenden zuerst die Quotientenregel an und erhalten f  (x) =

[x 3 sin(x)] (1 + x 2 ) − x 3 sin(x)[1 + x 2 ] . (1 + x 2 )2

(5.20)

Nun können wir mit der Produktregel und Verwendung der obigen Tab. 5.1 und 5.2 der Sinusfunktion die restlichen beiden Ableitungen vollziehen d(x 3 sin(x)) = (3x 2 sin(x) + x 3 cos(x)), dx d(1 + x 2 ) = 2x dx

(5.21) (5.22)

110

5

Einführung in die Differentialrechnung

Tab. 5.1 Grundlegende Ableitungen f (x)

f  (x)



αx α−1 αeαx

eαx

1 x

ln(x) sin(x) cos(x) tan x

cos(x) − sin(x) 1 (cos(x))2 1 − (sin(x)) 2

cot x

Tab. 5.2 Ableitungsregeln Name

Regel

Faktorregel Summen-/Differenzenregel Produktregel

(a f ) = a f  ( f ± g) = f  ± g  ( f g) = f  g + f g   f    = g f g−2 f g g  1   −g g = g2

Quotientenregel Reziprokenregel

( f ◦ g) = ( f  ◦ g) · g  ( f −1 ) = f  ◦1f −1

Kettenregel Inversenregel

und kommen durch Einsetzen und Umformen auf das Ergebnis für die 1. Ableitung (3x 2 sin(x) + x 3 cos(x))(1 + x 2 ) − 2x(x 3 sin(x)) , (1 + x 2 )2 (3x 2 + x 4 ) sin(x) + (x 3 + x 5 ) cos(x) = . (1 + x 2 )2

f  (x) =

(5.23) (5.24)

B) Die Kettenregel ist für viele Kompositionen an Funktionen anwendbar. Zum Beispiel lässt sich Ableitung von f (x) = g(h(x)) = (x 3 + x 2 )2 angenehm durch die Kettenregel lösen, indem man annimmt, dass h(x) = x 3 + x 2 und g(x) = h(x)2 . Dadurch folgt f  (x) = (3x 2 + 2x) · 2(x 3 + x 2 ),

(5.25)

= 2x (3x + 5x + 2).

(5.26)

3

2

Auch Winkelfunktionen sind als Kompositionen zweier Funktionen zu betrachten. Für die Ableitung von f (x) = g(h(x)) = sin(3x 2 ) und h(x) = 3x 2 , g(x) = sin(h(x)) ergibt sich f  (x) = 6x · cos(3x 2 ), bitte hier nicht die Ableitung der Winkelfunktion vergessen.

5.2 Ableitungsregeln

111

C) 2

Eine Exponentialfunktion der Form f (x) = e3x+2x hat die Ableitung f  (x) = (3 + 4x)e3x+2x . 2

Die Ableitung von Logarithmusfunktionen (ln(x) = Die Ableitung von f (x) = ln(2x) ist f  (x) =

1 x

(5.27) basiert auf der Inversenregel.

1 1 ·2= 2x x

(5.28)

und die Ableitung von f (x) = ln(x 2 + x) ist f  (x) =

2x + 1 . x2 + x

(5.29)

D) Auch für nicht ganzzahlige Exponenten gilt (x α ) = αx α−1 . Daraus folgt 1

(x 3 ) =

1

, 2 3x 3 √ 1 2 (4 x) = (4x 2 ) = √ x

(5.30) (5.31)

für die Definitionsmenge R+ der positiven reellen Zahlen.

5.2.2

Ableitungen höherer Ordnung

Die Idee der Ableitung dient dazu, eine Funktion näher zu charakterisieren. Dabei gilt, dass die Ableitung einer Funktion wieder eine Funktion ist, denn sie ordnet jedem x des Definitionsbereichs der Ableitung wieder einen Wert f  (x) im Zielbereich der Ableitung zu. Daher kann man den Prozess des Ableitens wiederholen. Die Ableitungsfunktion f  nennt sich daher auch die 1. Ableitung, die Ableitung der Ableitungsfunktion f  heißt 2. Ableitung usw. bis zur n-ten Ableitung, welche als 2 f (n) notiert wird. Eine ebenfalls beliebte Notation für die 2. Ableitung ist dd x 2f . n

Entsprechendes gilt dann auch für Ableitungen höherer Ordnung dd x nf . Für Produktfunktionen gelten für die 1., 2. und 3. Ableitung die folgenden Regeln: ( f g) = f  g + g  f , ( f g) = f  g + 2 f  g  + f g  , ( f g) = f  g + 3 f  g  + 3 f  g  + f g  .

(5.32) (5.33) (5.34)

112

5

Einführung in die Differentialrechnung

5.2.2.1 Beispiele A) Ganzrationale Funktionen sind beliebig oft differenzierbar. Die Funktion f (x) = x 2 kann unendlich oft differenziert werden und es gilt f (x) = x 2 , f  (x) = 2x, f  (x) = 2, f (n≥3) (x) = 0.

(5.35) (5.36) (5.37) (5.38)

Ebenfalls ist die Exponentialfunktion unendlich oft differenzierbar und es gilt: f (x) = e x , f

(n)

(x) = e . x

(5.39) (5.40)

B) Als Beispiel für das doppelte Ableiten einer trigonometrischen Funktion betrachten wir f (x) = sin(2x) + cos2 (x 2 ).

(5.41)

Die 1. Ableitung ergibt sich unter anderem durch Anwendung der Produkt- und Kettenregel f  (x) = 2(cos(2x) − 2x sin(x 2 ) cos(x 2 )).

(5.42)

Für die 2. Ableitung erhalten wir f  (x) = −4(sin(2x) + sin(x 2 ) cos(x 2 ) + 2x 2 cos2 (x 2 ) − 2x 2 sin2 (x 2 )). (5.43) Anwendungen

Ableitungsfunktionen helfen bei der Untersuchung von Bewegungsabläufen in der Physik. Die 1. bzw. 2. Ableitung des Weges nach der Zeit sind als die Geschwindigkeit und Beschleunigung definiert. Die 3. zeitliche Ableitung des Weges ist der Ruck (im Englischen jerk oder jolt) und ist bei Aufzügen oder Achterbahnen wichtig. Dabei sollen Übergänge von Beschleunigungen (also Beschleunigungsänderungen) möglichst so gestaltet werden, dass wenig Belastung auf den Fahrgast ausgeübt wird. Die Ruckänderung (im Englischen snap oder jounce) entspricht dann der vierten zeitlichen Positionsableitung. Die Wirtschaftsmathematik (Kosten- und Preistheorie) beschäftigt sich mit der Analyse von Kosten, Erlös und Gewinnen. Dabei dienen Modellfunktionen dazu, um Kostenverläufe darstellen zu können. Mithilfe der Differentialrechnung können Kostenminima oder auch Gewinnmaxima berechnet werden. In der Medizin kann man sich auf

5.3 Kurvendiskussion

113

Erkältungswellen besser vorbereiten, wenn man empirisch ermittelte Funktionen des Krankheitsverlaufs auf ihre Änderungen untersucht, um so einen möglichen Höhepunkt der Ausbreitung zu prognostizieren. 

5.3

Kurvendiskussion

Differenzieren ist also eine Technik, um Aussagen über das Verhalten einer Funktion zu treffen und ist Teil der sogenannten Kurvendiskussion, also die Bestimmung von Funktionseigenschaften. Zusammengefasst und ohne bestimmte Reihenfolge sind folgende charakteristische Eigenschaften von Kurven für deren Beschreibung wichtig: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14.

Graphische Darstellung im Koordinatensystem Definitionsbereich Wertebereich y-Achsenabschnitt Nullstellen Extremwerte Wendepunkte und Wendetangenten Polstellen Asymptoten Verhalten im Unendlichen Symmetrieverhalten Steigungsverhalten Krümmungsverhalten Monotonieverhalten

Wir haben uns mit y-Achsenabschnitt, Nullstellen und Symmetrieverhalten in Abschn. 3.2.1 beschäftigt, Extremwerte hatten wir dabei am Rande angesprochen. Der Definitions- und Wertebereich wurde in Abschn. 3.2.2 und folgenden näher diskutiert. Mit Polstellen, Asymptoten, Verhalten im Unendlichen haben wir uns in Kap. 4 befasst. Im Zuge der Differentialrechnung bietet es sich an, diese Diskussion zu erweitern sowie sich näher mit Steigungsverhalten, Extremalstellen und Wendepunkten sowie Krümmung und Monotonie auseinanderzusetzen. Dies wollen wir im Folgenden tun.

5.3.1

Steigungsverhalten

Das Steigungsverhalten einer Funktion ist eng verknüpft mit ihren Extremwerten. Dabei sind Extrema ein Oberbegriff für lokale und globale Maxima und Minima, siehe Abb. 5.3. Ein lokales Maximum ist der Wert eine Funktion f (x) an einer Stelle x0 , in deren Umgebung die Funktion keine größeren Werte annimmt. Für ein lokales

114 Abb. 5.3 Lokale und globale Extremalstellen auf einem Definitionsintervall (−∞, 0] einer beliebigen Funktion

5

Einführung in die Differentialrechnung

Globales Maximum

Lokale Maxima

Lokale Minima Globales Minimum

Minimum gilt, dass die Umgebungswerte keine kleineren Werte annehmen. Sei D der Definitionsbereich der Funktion. Ein globales Maximum (auch absolutes Maximum) liegt vor, wenn f (x0 ) ≥ f (x) für alle x ∈ D gilt. Analog liegt ein globales Minimum (auch absolutes Minimum) vor, wenn f (x0 ) ≤ f (x) für alle x ∈ D gilt. Im Weiteren wollen wir in Zusammenhang mit Eigenschaften von Ableitungsfunktionen von lokalen Extremwerten sprechen, soweit nicht anders benannt. Da die Ableitung geometrisch der Tangentensteigung entspricht, ist die Tangente an einem lokalen Extremwert horizontal. Es existiert also keine Steigung. Das bedeutet für die 1. Ableitung, dass diese Null an der Stelle ist, an der die Funktion einen Extremwert hat, siehe dazu Abb. 5.4. Zusätzlich können bei Funktionen Sattelpunkte vorkommen. Diese stehen in Zusammenhang mit der Untersuchung der 2. Ableitung an einer bestimmten Stelle. Daher gilt, dass die Extrema einer Funktion durch die Nullstellen der 1. Ableitung gefunden werden können. Die Extrema der 1. Ableitung können über die Nullstellen

Abb. 5.4 Steigungs-, Monotonie- und Krümmungsverhalten gezeigt an einem Polynom 4. Grades und dessen drei Ableitungen

5.3 Kurvendiskussion

115

der 2. Ableitung gefunden werden usw. Man muss zusätzlich höhere Ableitungen betrachten, um den Fall des Sattelpunkts ausschließen zu können. Steigungsverhalten und Extremwerte

Für eine Funktion, die zweimal differenzierbar auf einem Intervall (a, b) ist, gilt für das Steigungsverhalten: • Eine Stelle x0 liegt in einem Bereich, in dem eine Funktion steigt, wenn gilt f  (x0 ) > 0. • Eine Stelle x0 liegt in einem Bereich, in dem eine Funktion sinkt, wenn gilt f  (x0 ) < 0. • Eine Stelle x0 ist ein Extremwert, wenn gilt f  (x0 ) = 0 und f  (x0 ) = 0. Für Extremwerte lässt sich sagen: • Eine Funktion hat ein Maximum, wenn gilt f  (x0 ) = 0 und f  (x0 ) < 0. • Eine Funktion hat ein Minimum, wenn gilt f  (x0 ) = 0 und f  (x0 ) > 0. • Eine Funktion hat einen Sattelpunkt, wenn gleichzeitig f  (x0 ) = 0 und f  (x0 ) = 0 gilt. 

5.3.2

Monotonieverhalten

Das Monotonieverhalten einer Funktion gibt uns darüber Auskunft, in welchen Bereichen ein Graph fällt oder steigt. Es stellt eine ähnliche Analyse wie die Bestimmung von Hoch- oder Tiefpunkten dar. Monotonie

Es gilt für ein Intervall (a, b): • Eine Funktion f ist in einem Bereich monoton fallend, wenn gilt f  (x) < 0. • Eine Funktion f ist in einem Bereich monoton steigend, wenn gilt f  (x) > 0.  Um über Monotonie zu argumentieren, ob eine Funktion in einem gewissen Bereich steigt oder fällt, genügt es, die 1. Ableitung zu betrachten, über ihre Nullstellen in Intervalle einzuteilen und dann die Vorzeichen der jeweiligen Intervalle zu betrachten. Dabei müssen Definitionslücken (Polstellen und hebbare Definitionslücken) bei Intervallsgrenzen ordentlich berücksichtigt werden.

116

5

Tab. 5.3 Monotonietabelle des Polynoms f (x) = x − f  (x) f (x)

Einführung in die Differentialrechnung x2 2



x3 3

+

x4 4

(−∞, −1)

(−1, +1)

(+1, ∞)

− m. fallend

+ m. wachsend

+ m. wachsend

Für die Monotonieanalyse kann eine Monotonietabelle hilfreich sein. Betrachten wir dafür ein Polynom f (x), siehe Abb. 5.6, und seine 1. Ableitung: x3 x4 x2 − + , 2 3 4 f  (x) = 1 − x − x 2 + x 3 . f (x) = x −

(5.44) (5.45)

Dabei finden wir Nullstellen für die Ableitung bei x N 1,N 2 = −1, 1 und wissen, dass wir die Monotonieanalyse in drei Intervalle aufteilen müssen: (−∞, −1), (−1, +1) und (+1, ∞). Für jeden Bereich suchen wir einen beliebigen Punkt innerhalb des Bereichs und analysieren, ob die Ableitungsfunktion einen positiven oder negativen Wert zurückgibt. Wir können die Werte x = −2, 0, 2 wählen und in f  (x) einsetzen, betrachten das Vorzeichen und erhalten dadurch die Monotonietabelle in Tab. 5.3. Die Funktion ist demnach monoton fallend im Intervall (−∞, −1) und monoton wachsend im Intervall (−1, ∞). Es ist auch möglich, über die 2. Ableitung auf das Monotonieverhalten einer Funktion zu schließen, wie bereits weiter oben diskutiert. Dafür muss man zunächst bestimmen, ob es sich bei den Extremwerten um Minima oder Maxima handelt, um daraus Rückschlüsse über das Monotonieverhalten ziehen zu können. Beide Varianten haben ihre jeweiligen Vor- und Nachteile. Teilweise kann es passieren, dass die 2. Ableitung recht kompliziert wird oder man im schlechtesten Fall gar keine Aussagen treffen kann.

5.3.3

Krümmungsverhalten

Unter Krümmung einer Funktion versteht man die Steigung ihrer 1. Ableitung, also die „Steigung der Steigung“. Sie wird mithilfe der 2. Ableitung analysiert. Dabei heißt eine Funktion f linksgekrümmt (konvex), wenn die Steigung der Tangente zunimmt und rechtsgekrümmt (konkav), wenn die Steigung der Tangente abnimmt4 , siehe Abb. 5.5. Wenn sich das Krümmungsverhalten einer Funktion ändert, befindet sich dort ein Wendepunkt. Falls die Wendetangente (Tangente am Wendepunkt) waagrecht ist, handelt es sich wieder um den Spezialfall des Sattelpunktes. Um den Unterschied zwischen Wendepunkt und Sattelpunkt zu überprüfen, benötigen wir auch die 3. Ableitung der Funktion.

4 Man

kann sich das wie ein Auto auf der Funktion vorstellen, das in x-Richtung fährt. Wenn man nach links lenken muss, ist die Kurve konvex, wenn man nach rechts lenken muss, ist sie konkav.

5.3 Kurvendiskussion

monoton wachsend, konvex

117

monoton wachsend, konkav

monoton fallend, konvex

monoton fallend, konkav

Abb. 5.5 Krümmungs- und Monotonieverhalten an vier Beispielen

Krümmung

Es gilt für ein Intervall (a, b): • Ein Funktionsabschnitt heißt linksgekrümmt (konvex), wenn gilt f  (x) > 0. • Ein Funktionsabschnitt heißt rechtsgekrümmt (konkav), wenn gilt f  (x) < 0. Für den Wendepunkt als Punkt des Krümmungswechsels x0 gilt: • Für f  (x0 ) = 0 und f  (x0 > 0) liegt ein Wendepunkt vor und die Steigung hat hier ein Minimum. • Für f  (x0 ) = 0 und f  (x0 < 0) liegt ein Wendepunkt vor und die Steigung hat hier ein Maximum. Für einen potenziellen Sattelpunkt gilt: • f  (x0 ) = ... = f (n−1) (x0 ) = 0 • f (n) (x0 ) = 0 und es wird für gerade und ungerade n unterschieden – Für n gerade und f (n) (x0 ) > 0: Minimum – Für n gerade und f (n) (x0 ) < 0: Maximum – Für n ungerade: Sattelpunkt  Die Kombination aus den Bedingungen f  (x0 ) = 0 und f (n) (x0 ) = 0 kann man gut am Vergleich der Funktionen f 1 = x 4 und f 2 = x 5 einsehen, siehe dazu Abb. 5.6. Für f 1 (0) handelt es sich um ein Minimum, für f 2 um einen Sattelpunkt. Die Funktion f 1 (x) ist durchgehend konvex, die Funktion f 2 (x) wechselt von konkav auf konvex am Sattelpunkt. Nehmen wir wieder die Funktion f (x) = x − x 2 /2 − x 3 /3 + x 4 /4 zur Veranschaulichung, siehe 5.6. Hier haben wir an x = −1 ein Minimum, an x = −1/3 einen Wendepunkt, an x = −1.568 und x = 0 jeweils eine Nullstelle und an x = 1 einen Sattelpunkt gegeben.

118

5

Einführung in die Differentialrechnung

Abb. 5.6 Krümmungsverhalten verschiedener Funktionen

5.3.3.1 Beispiel A) Wir möchten eine Kurvendiskussion von Nullstellen, Extrema, Wendepunkten, Monotonie und Krümmung für die Funktion f (x) =

1 − x2 x2 + 2

(5.46)

machen, siehe Abb. 5.6. Dafür berechnen wir mittels der Quotientenregel die drei Ableitungen: −6x , + 2)2 6(3x 2 − 2) f  (x) = , (x 2 + 2)3 −72(x 3 − 2x) f  (x) = . (x 2 + 2)4 f  (x) =

(x 2

(5.47) (5.48) (5.49)

Als Erstes wollen wir die Nullstellen ansehen, dabei müssen wir wie gewohnt abklären, ob es Definitionslücken gibt. In diesem Fall gilt D = R und die Nullstellen (1 − x 2 ) = 0 sind bei N1 = (−1, 0), N2 = (+1, 0). Für die Extremwerte suchen wir f  (x) = 0 und finden f  (0) = 0 und f  (0) < 0, wenn wir die entsprechende Stelle einsetzen und den Wert der 2. Ableitung berechnen. Setzen wir nun nochmals ein, nämlich in die Funktion selbst, ergibt sich das lokale Maximum an E = (0, 1/2). √ Für die Wendepunkte suchen wir f  (x) = 0 und finden x1,2 = ± √2/3. Diese beiden Stellen f  ( 2/3) > 0 √ setzen wir nun in die 3. Ableitung ein und finden √  und √ f (− 2/3) < 0. Somit gibt es zwei Wendepunkte W1 = (− 2/3, 1/8) und W2 ( 2/3, 1/8). Nun wissen wir ebenfalls, dass keine Sattelpunkte auftreten. Die Monotonie kann über die Nullstelle der 1. Ableitung in zwei Intervalle aufgeteilt werden. Es gilt f  (x < 0) > 0 und f  (x > 0) < 0. Daher ist die Funktion f (x) im Intervall (−∞, 0] monoton steigend und im Intervall [0, ∞) monoton fallend. Die Krümmung kann über die √ Nullstelle der 2. Ableitung in drei Intervalle auf (x < − 2/3) > 0 und f  (−√2/3 < x < √2/3) < 0 geteilt werden. Es gilt f √ √ f  (x > 2/3) > 0. Somit ist die Funktion f (x) in den Intervallen (−∞, − 2/3)

5.4 Regel von l’Hospital

119

√ √ √ und ( 2/3, ∞) linksgekrümmt (konvex) und im Intervall (− 2/3, 2/3) rechtsgekrümmt (konkav).

5.4

Regel von l’Hospital

Mit dem Wissen um die Differenzierung können wir uns der Grenzwertberechnung von Funktionen, welche in Kap. 4 behandelt wurde, aus einer neuen Perspektive widmen. Dabei wollen wir den Fokus auf diverse Quotientenfunktionen legen, also f (x) gegeben sind. Funktionen, die aus einem Bruch bestehen und in der Form g(x) Dabei kann es sich nicht nur um gebrochenrationale Funktionen handeln, sondern die Zähler- und Nennerfunktion können beliebige Terme beinhalten, zum Beispiel Exponentialfunktionen, Logarithmen oder Winkelfunktionen. Wir erinnern uns, dass gewisse Probleme mit ganz spezifischen Grenzwerten wie 0 ∞ oder 0 ∞ auftreten können, da diese eigentlich nicht definiert sind und man solche Fälle näher betrachten muss. Hier hilft uns nun die Regel von l’Hospital. Diese f (x) , welche besagt, dass unter bestimmten Voraussetzungen Grenzwerte vom Typ g(x) auf unbestimmte Formen 00 oder ∞ ∞ führen, durch separates Differenzieren von Zähler und Nenner berechnet werden können. Dies wollen wir nun etwas mathematischer ausdrücken. Regel von (de) l’Hospital

Seien f und g reelle Funktionen, die auf einem offenen Intervall (a, b) stetig differenzierbar sind. Gilt für x0 ∈ [a, b], dass lim x→x0 f (x) = lim x→x0 g(x) = 0 oder lim x→x0 f (x) = lim x→x0 g(x) = ∞, so ist der Grenzwert des Quotienten lim x→x0 f (x)/g(x) ein unbestimmter Ausdruck des Typs 0/0 oder ∞/∞. Die Regel von l’Hospital besagt, dass falls der Grenzwert des Quotienten des Zählers und des Nenners existiert, dieser zugleich der Grenzwert des Quotienten selbst ist. Für diesen Fall gilt also lim

x→x0

f (x) f  (x) = lim  , x→x0 g (x) g(x)

(5.50)

wobei im Fall von x0 = 0 nur der rechtsseitige und im Fall von x0 = b nur der linksseitige Grenzwert betrachtet wird.  Die Regel von l’Hospital ist also ein Hilfsmittel für die Berechnung von Grenzwerten bei Brüchen zweier Funktionen und ermöglicht oft die Bestimmung von Grenzwerten, über die zunächst keine Aussage möglich ist. Dabei gilt zu beachten, dass die f (x) Umkehrung dieser Regel nicht zwingend ist, also wenn der Grenzwert lim g(x) f  (x)  g x→x0 (x)

existiert, nicht unbedingt auch lim

x→x0

existieren muss.

120

5

Abb. 5.7 Geometrische Darstellung des Mittelwertsatzes



0

=

Einführung in die Differentialrechnung

− ( ) − ( )

( )

Mittelwertsatz

Der Mittelwertsatz der Differentialrechnung bildet die Ausgangsbasis für einige fundamentale Eigenschaften der Ableitung, so zum Beispiel für die Regel von l’Hospital oder auch einige Eigenschaften aus der Kurvendiskussion wie Monotonieverhalten. Für den Mittelwertsatz gibt es eine einfache geometrische Deutung, welche in Abb. 5.7 gezeigt ist. Diese Abbildung soll folgende Aussage verdeutlichen: Der Mittelwertsatz besagt, dass die Steigung der Sekante zwischen zwei verschiedenen Punkten einer differenzierbaren Funktion irgendwo zwischen diesen beiden Punkten als Ableitung angenommen wird, also genau die Tangentensteigung an diesem Punkt ist. Das bedeutet, dass für ein offenes Intervall (a, b), auf dem die Funktion differenzierbar ist, es mindestens eine Stelle x0 ∈ (a, b) gibt, sodass f (b) − f (a) (5.51) b−a gilt. So verknüpft der Mittelwertsatz die Sekantensteigung mit der Ableitung einer Funktion.  f  (x0 ) =

5.4.1

Beispiele

A) Das Standardbeispiel, um die Regel von l’Hospital zu zeigen, ist die Verifizierung des Grenzwertes von sin(x) lim , (5.52) x→0 x wobei dieser Ausdruck uns eigentlich einen unbestimmten Grenzwert Durch Anwendung von l’Hospital findet man lim

x→0

sin(x) cos(x) = lim = 1. x→0 x 1

0 0

liefert.

(5.53)

5.4 Regel von l’Hospital

121

Dies funktioniert ebenfalls für andere Beispiele wie lim

x→0

cos(x) − 1 − sin(x) = lim = 0. x→0 x 1

(5.54)

B) Es gibt auch den Fall, dass bei einmaliger Anwendung der Regel von l’Hospital noch immer ein unbestimmter Grenzwert resultiert, wie bei lim

x→∞

x2 2x = lim x . x x→∞ e e

(5.55)

Für diesen Fall ist die Regel von l’Hospital aber weiterhin erfüllt, und man kann durch eine 2. Ableitung auf das Ergebnis für den Grenzwert kommen lim

x→∞

5.4.2

x2 2x 2 = lim x = lim x = 0. x x→∞ e x→∞ e e

(5.56)

Anwendbarkeit

Die Regel von l’Hospital ist auch für andere unbestimmte Grenzwerte der Form 0·∞, ∞−∞, 00 , ∞0 , 1∞ hilfreich, solange man diese Ausdrücke auf die Grundform des Typs 00 , ∞ ∞ zurückführen kann. Das bedeutet, auch wenn ein Ausdruck der Form 0 · ∞ nicht in den Gültigkeitsbereich der Regel von l’Hospital fällt, lässt sich durch einfache Umformung des Grenzwertes ein Ausdruck erzeugen, für den diese Regel anwendbar ist. Anwendbarkeit bei l’Hospital

Für einen unbestimmten Grenzwert der Form 0 · ±∞ verwendet man die elementare Umformung f (x) · g(x) =

f (x) 1 g(x)

.

(5.57)

Für einen unbestimmten Grenzwert der Form ∞ − ∞ verwendet man die elementare Umformung f (x) − g(x) = Für einen unbestimmten Grenzwert der elementare Umformung

1 g(x)



1 f (x)

.

1 f (x)·g(x) Form 00 , ∞0 , 1∞

f (x)g(x) = e g(x) ln( f (x)) ,

(5.58) verwendet man die (5.59)

um damit auf eine Form zu kommen, die weitere Umformungsschritte o. Ä. zulässt. 

122

5

Einführung in die Differentialrechnung

5.4.2.1 Beispiele A) Für den Grenzwert lim x ln(x)

(5.60)

x→0+

erhalten wir 0 · (−∞) und müssen daher die Kehrwertbildung vornehmen. Dadurch bekommen wir ln(x) (5.61) lim 1 x→0+

x

mit den Grenzwerten lim ln(x) = −∞ und lim x→0+

x→0+

1 x

= ∞. Nun ist die Regel von

l’Hospital anwendbar und wir finden lim

x→0+

ln(x) 1 x

= lim

x→0+

1 x −1 x2

= lim −x = 0. x→0+

Achtung: Hätten wir die Umformung x ln(x) =

x 1 ln(x)

(5.62)

vorgenommen, also einen

anderen Kehrwert gebildet, dann hätten wir nur einen komplizierteren Ausdruck gefunden, auf den die Regel von l’Hospital jedoch nicht anwendbar ist. Daher muss man die Art der Umformung sorgfältig wählen. B) Betrachten wir den Grenzwert lim

x→0+

1 1 − , sin(x) x

(5.63)

wird schnell klar, dass es sich um einen Grenzwert des Typs ∞ − ∞ handelt. Nun können wir den Hauptnenner bilden und formen um auf lim

x→0+

x − sin(x) x sin(x)

(5.64)

und erhalten einen Grenzwert von 00 . Nun ist l’Hospital anwendbar, muss jedoch doppelt angewendet werden, und wir erhalten lim

x→0+

x − sin(x) 1 − cos(x) = lim (5.65) x sin(x) x→0+ sin(x) + x cos(x) sin(x) 0 = lim = = 0. (5.66) + 1+1−0 x→0 cos(x) + cos(x) − x sin(x)

5.5 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

123

C) Für den Grenzwert lim x x

x→0+

(5.67)

ergibt sich ein unbestimmter Grenzwert vom Typ 00 . Wir formen um und erhalten lim e x ln(x)

x→0+

(5.68)

und ziehen nun den Limes in die Exponentialfunktion (man erinnere sich an das Kriterium zur Folgenstetigkeit) lim x ln(x),

x→0+

(5.69)

genauso entsteht ein Grenzwert vom Typ 0 · (−∞). Im obigen Beispiel A) haben wir diesen schon gelöst und daher ergibt sich lim x x = lim e x ln(x) = elim x→0+ x ln(x) = e0 = 1.

x→0+

x→0+

(5.70)

Dies ist der Hauptgrund, warum häufig 00 = 1 gesetzt wird.

5.5

Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

5.5.1

Weltbevölkerung

Im Jahr 1960 lebten etwa 3 Mrd. Menschen auf der Erde, zu diesem Zeitpunkt lag die jährliche Zuwachsrate etwa bei 1.9 %. Auf Basis dieser Wachstumsrate können wir eine exponentielle Wachstumsfunktion für Erdbevölkerung aufstellen mit N (t) = N0 e0.019· t ,

(5.71)

welche in Abb. 5.8 links auf einer normalen linearen Skala und rechts auf einer logarithmischen Skala der y-Achse gezeigt wird. Wir interessieren uns nun dafür, wie gut dieses Modell mit dem tatsächlichen Weltbevölkerungswachstum übereinstimmt. Vergleichen wir dafür zum Beispiel, wann die Erdbevölkerung die 10 Milliardengrenze überschreitet. Laut Modell erhalten wir 10 = 3 · e0.019· t10

(5.72)

und erhalten durch Umformung t10 =

ln 10 3 63.4. 0.019

(5.73)

124

5

Einführung in die Differentialrechnung

Abb. 5.8 Weltbevölkerung im Modell des freien Wachstums mit einer Wachstumsrate k = 0.019, welche für die 1960er Jahre zutreffend war. Bevölkerungen von 3, 6 und 10 Mrd. sind markiert

Das bedeutet, dass im Jahre 2023 die Weltbevölkerung über 10 Mrd. beträgt, wenn wir von exponentiellem Wachstum ausgehen. Obige Schätzung der Weltbevölkerung ist in mehrerer Hinsicht ungenau, denn mit diesem Modell wird bereits im Jahre 2023 die 10 Milliardengrenze erreicht. Laut dem Weltbevölkerungsbericht leben in diesem Jahr allerdings erst 8 Mrd. Menschen. Das bedeutet, auch wenn wir von korrekten Daten aus dem Jahr 1960 ausgehen, findet das Wachstum langsamer statt als ein rein exponentieller Verlauf. Betrachten wir die Prognose von 2010 bis 2100 (siehe die Datenpunkte Division (2022) in Abb. 5.9 links). Hier sehen wir, dass die Wachstumskurve einen Kipppunkt erreicht, sodass die maximale Weltbevölkerung mit etwas mehr als 10.4 Mrd. zwischen 2080 und 2090 erreicht sein wird. Um das entsprechend mit einem verbesserten Modell zu repräsentieren, erweitern wir die Exponentialfunktion um einen quadratischen Term und erhalten mit Anpassung der Variablen an die vorliegenden Daten die Funktion W (t) = 6.28e−0.00007x

2 +0.012x

.

(5.74)

Dieses Modell ist in Abb. 5.9 (links) gezeigt5 . Nun können wir den Wachstumsverlauf mittels Differenzial betrachten. Bei einer allgemein entsprechenden Funktion mit Parametern a, b und c erhalten wir für die Ableitung f (x) = a · e−b·x

2 +c·x

,



f (x) = a · (c − 2b · x) · e

(5.75) −b·x 2 +c·x

.

(5.76)

Für die Ableitung von W (t) erhalten wir somit W  (t) = −0.0008792(−85.7143 + x)e−0.00007x

5 Es

2 +0.012

,

(5.77)

sei dabei angemerkt, dass es sich um eine Schätzung der Parameter handelt, da hier kein einfaches Regressionsmodell durchgeführt werden kann und somit der Fehler zum Datensatz nicht minimiert wurde

5.5 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

125

Abb. 5.9 Prognose der Weltbevölkerung bis 2100 (links); Wachstumskurve (rechts)

dargestellt in Abb. 5.9 (rechts), wobei das negative Wachstum zum Ende des Zeitraums hin deutlich zu erkennen ist.

5.5.2

Benzinverbrauch über Bewegungsgesetze

Die Gesetze für gleichförmige Bewegung, zum Beispiel auf Förderbändern oder Rolltreppen, beschreiben eine Bewegung ohne Beschleunigung und sind gegeben über s(t) = v0 t + s0 , v(t) = s˙ (t) = const, a(t) = s¨ (t) = 0

(5.78) (5.79) (5.80)

für die zurückgelegte Strecke s(t), die Geschwindigkeit v(t) und Beschleunigung a(t). Wir sehen, dass der Zusammenhang über Differentiation (oder umgekehrt über Integration) gegeben ist. Die Gesetze für gleichmäßig beschleunigte Bewegung, zum Beispiel ein anfahrender oder bremsender Zug oder ein fallender Apfel, beziehen sich auf Bewegung mit konstanter Beschleunigung und sind analog gegeben über a 2 t + v0 t + s0 , 2 v(t) = s˙ (t) = at + v0 , a(t) = s¨ (t) = a = const. s(t) =

(5.81) (5.82) (5.83)

Die beiden Konstanten sind die Anfangsgeschwindigkeit v0 und die Anfangsposition s0 . Gibt es auf einer Strecke unterschiedliche Beschleunigungen, kann sie in Teilstrecken aufgeteilt werden. Wir möchten mit diesem Zusammenhang überschlagsmäßig den Energieverbrauch einer Autoreise Wien – München berechnen, um somit auf den eigenen ökologischen Fußabdruck für so eine Reise schließen zu können. Die Fahrtdauer beträgt 4 h, die zurückgelegte Strecke ist 400 km lang. Wir gehen vereinfacht davon aus,

126

5

Einführung in die Differentialrechnung

dass wir eine konstante mittlere Fahrgeschwindigkeit haben, daraus folgt a = 0. Die Anfangsposition ist s0 = 0, da noch keine Kilometer zurückgelegt wurden. Die zurückgelegte Geschwindigkeit v erhalten wir aus den Bewegungsgesetzen für gleichförmige Bewegung v , 4h → v = 100 km/h = 27.7 m/s. s = 400 km =

(5.84) (5.85)

Der Fußabdruck unserer Reise kann darüber bestimmt werden, wie viel Energie für die Reise benötigt wird und wie viel Energie pro Liter Benzin freigegeben wird. Unser Auto hat eine Masse von 1400 kg und somit erhalten wir für die kinetische Energie E kin =

mv 2 = 5.3 · 105 Ws. 2

(5.86)

Ein Liter Benzin kann 8.5 kWh (entspricht 3.06 · 107 Ws) freisetzten. Jedoch können Verbrennungsmotoren nur einen Bruchteil dieser Energie auch in tatsächliche Bewegungsenergie umwandeln (Verluste durch Wärme). Im Falle unseres Autos wären das 25 %, also E Benzin = 0.25 · 3.06 · 107 = 7.65 · 106 Ws/L.

(5.87)

Das Verhältnis E kin /E Benzin liefert uns allerdings mit 0.07 L Benzin für die Reise einen unrealistisch niedrigen Wert. Der Grund dafür ist, dass wir bislang nur Leistungsverluste des Motors berücksichtigt haben, aber nicht, dass zusätzliche Energie aufgewendet werden muss, um den Luftwiderstand und den Rollwiderstand zu überwinden. Die Komponente des Rollwiderstandes lässt sich über den Rollwiderstandskoeffizienten c R , die zurückgelegte Strecke s und die Kraft, mit der das Auto gegen den Boden drückt FN = mg (Masse × Gravitation), bestimmen: E R = c R s · FN = c R s · mg

(5.88)

= 0.01 · 400000 · 1400 · 9.81 = 5.49 · 10 Ws. 7

(5.89)

Die Komponente des Luftwiderstandes wird über die Dichte der Luft ρ, die Stirnfläche des Autos A, den Widerstandsbeiwert6 cW , das Quadrat der Geschwindigkeit v und die zurückgelegt Distanz s ausgedrückt: EW =

ρ AcW v 2 s 1.3 · 2.2 · 0.3 · 27.72 · 400000 = = 1.31 · 108 Ws. 2 2

6 Dimensionslose

Körpers.

(5.90)

Kennzahl zur Charakterisierung des Strömungswiderstandes eines umströmten

Abb. 5.10 Der Flugzeugwiderstand setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen: parasitärer Widerstand (Energieverlust durch Luftreibung) und induzierter Widerstand (Druckunterschied zwischen der Ober- und Unterseite)

127

Flugzeugwiderstand

5.5 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

Induzierter Widerstand

Fluggeschwindigkeit

Wir setzen erneut die Berechnung für den Benzinverbrauch an, wobei wir diesmal den Rollwiderstand und Luftwiderstand berücksichtigen, und erhalten E kin + E R + E W = 24.37 L. E Benzin

(5.91)

Dieser Wert liefert eine gute Näherung des empirisch ermittelten durchschnittlichen Verbrauchs. Als letzten Schritt wollen wir nun die dabei entstehenden CO2 Äquivalente berechnen, um auf den Fußabdruck schließen zu können. Da pro Liter Benzin 2.37 kg CO2 eq freigesetzt werden, müssen wir nur mit diesem Faktor multiplizieren. Daher erhalten wir einen Fußabdruck für die Autostrecke Wien – München von 57.76 kg CO2 eq bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von etwa 100 km/h. Wenn wir die gleiche Strecke mit 120 km/h fahren würden, kämen wir sogar auf 76.12 kg. Grund für diesen Sprung ist die quadratische Abhängigkeit der Geschwindigkeit im Luftwiderstand. Mittels dieser Rechnung könnte man annehmen, dass sich auch der ökologische Fußabdruck einer Flugreise ähnlich bestimmen lassen könnte. Jedoch ist hier die Berechnung nochmals komplizierter. Zum einen setzt sich für so hohe Geschwindigkeiten der Luftwiderstand aus zwei Komponenten zusammen (Abb. 5.10). Der parasitäre Widerstand verhält sich hier ähnlich wie der reguläre Luftwiderstand eines Autos, während der sogenannte „induzierte Widerstand“durch die Erzeugung des Auftriebes entsteht und dadurch schon bei geringen Geschwindigkeiten merkbar wird. Weiterhin kommt hinzu, dass die Start- und Landevorgänge einen wesentlichen Teil des Kerosinverbrauchs ausmachen und eine simple Überschlagsrechnung mit Bewegungsgesetzen, wie oben gezeigt, einen zu großen Fehler produziert. Daher berechnet man normalerweise den Fußabdruck zu einer Flugreise mittels dem durchschnittlich gemessenen Verbrauch (empirische Daten, die unter anderem auch die durchschnittliche Auslastung und Flugzeuggröße berücksichtigen) berechnet. Für eine Flugreise Wien – München bei einer Luftlinie von 355 km ergibt sich eine geschätze CO2 eq Menge von 0.128 t.

128

5.5.3

5

Einführung in die Differentialrechnung

Materialkostenminimierung

Ein wichtiges Ziel in der Produktion ist es, die Kosten möglichst niedrig zu halten. Es ist daher naheliegend, dass Produzenten von Nahrungsmitteln oder Getränken versuchen, ihre Produkte in Dosen mit minimaler Oberfläche zu verpacken, um Materialkosten zu sparen. Wir werden im Folgenden den Radius r und die Höhe h dieser „optimalen“Dose berechnen. Die Oberfläche eines Zylinders ist gegeben durch die Fläche des Mantels, der Grundfläche und der Deckfläche: O(r , h) = 2πr 2 + 2πr h.

(5.92)

Außerdem müssen wir berücksichtigen, dass die Dose Platz für eine bestimmte Menge des Produktes haben soll, sie braucht also ein Volumen V . Somit ergibt sich die Nebenbedingung V = πr 2 h.

(5.93)

Um das Optimierungsproblem zu lösen, formen wir die Nebenbedingung nach h um und setzen sie in unsere Zielfunktion ein: O(r ) = 2πr 2 + 2

V . r

(5.94)

Dieses Optimierungsproblem können wir nun durch Ableiten und Nullsetzen der Zielfunktion lösen:  2V 3 V  O (r ) = 4πr − 2 = 0 ⇔ r = . (5.95) r 2π Um zu überprüfen, ob es sich tatsächlich um ein Minimum handelt, berechnen wir die 2. Ableitung: O  (r ) = 4π +

2V > 0 ∀r > 0. r3

(5.96)

Wir haben also tatsächlich die Oberfläche bei gegebenem Volumen minimiert. Durch Rückeinsetzen in die Nebenbedingung erhalten wir auch die optimale Höhe von  h=

3

4V = 2r . π

(5.97)

Bei der optimalen Dose ist die Höhe also gleich dem Durchmesser. Betrachten wir zufällige Dosen in einem Supermarktregal, sehen wir jedoch, dass die Formate durchaus unterschiedlich sind. Während manche Gemüsekonserven sehr nahe an die optimalen Maße herankommen, sind vor allem Getränkedosen um ein

5.5 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

129

Abb. 5.11 Opimierungsproblem der Produktionskosten von Dosen mit Radius r und Oberfläche O(r )

Vielfaches höher. Bei Fischkonserven sehen wir oft kurze und breite Dosen. Warum haben diese Dosen nicht die optimalen Maße? Das liegt natürlich daran, dass die Minimierung der Materialkosten nur ein Aspekt in der Produktionsplanung ist. Würde man rein nach der Oberfläche gehen, wäre es optimal, Dosen nicht zylinder-, sondern kugelförmig zu produzieren. Dies würde jedoch zu anderen Problemen (Stauraum, Transport, Produktion) führen. Bei Getränkedosen ist es wichtig, dass sie gut in der Hand liegen, was durch ihre Höhe begünstigt wird. Auch psychologische und ästhetische Faktoren spielen beim Produktdesign natürlich eine Rolle. Abschließend sei noch angemerkt, dass moderate Abweichungen von den optimalen Maßen nicht zu großen Änderungen der Oberfläche führen müssen. Abb. 5.11 zeigt die Oberfläche in Abhängigkeit des Radius. Hier sieht man, dass die Kurve um das Minimum herum relativ flach verläuft, die Materialkosten steigen bei moderaten Abweichungen von den optimalen Maßen also nicht sehr stark an.

5.5.4

Seeverschmutzung

Die Verschmutzung von Gewässern ist ein modernes ökologisches Problem, das lokal zu einer Vielzahl an Problemen führt. Ist ein Gewässer verschmutzt, so ist häufig eine Reinigung notwendig, um das Ökosystem wieder instand zu setzen. Der Reinigungsvorgang durch Filtermaßnahmen soll durch zwei Funktionen modelliert werden. Die Verunreinigung f (t) und der Filtervorgang durch g(t) eines Sees sind gegeben in der Form f (t) = 20(1 − e−0.2t ),

(5.98)

g(t) = 0.6(t − t0 ),

(5.99)

wobei t0 den Zeitpunkt beschreibt, ab dem der Filter im Einsatz ist. Der Filter wird von einem Sensor gesteuert, der beim Überschreiten eines bestimmten Grenzwertes aktiviert wird.

130

5

Einführung in die Differentialrechnung

Wir wollen uns nun ansehen, zu welchem Zeitpunkt bzw. ab welchem Grenzwert der Filter spätestens aktiviert werden muss, um zu verhindern, dass die Schadstoffmenge 15.395 ppm überschreitet. Dafür ist es sinnvoll, den Vorgang in zwei Bereiche aufzuteilen:  f (t) , f¨ur t ≤ t0 (5.100) N (t) = f (t) − g(t) , f¨ur t > t0 . Zuerst bestimmen wir die 1. Ableitung für t > t0 , um den Zeitpunkt der maximalen Verunreinigung berechnen zu können: d( f (t) − g(t)) = 4e−0.2t − 0.4. dt

(5.101)

Da t0 ein fixer Wert ist, verschwindet dieser beim Ableiten und wir sehen, dass der Zeitpunkt des Maximums unabhängig davon ist, wann der Filter aktiviert wird. Das heißt, egal wann der Filter eingeschaltet wird, der Zeitpunkt der maximalen Verschmutzung wird immer gleich bleiben. Nur die maximale Schadstoffmenge zu diesem Zeitpunkt wird dadurch beeinflusst. Je früher der Filter aktiviert wird, desto geringer ist die maximale Schadstoffmenge. Durch Nullsetzen der ersten Ableitung erhalten wir tmax =

ln(0.4) − ln(4) = 11.513 h. −0.2

(5.102)

Setzen wir diesen Wert nun in den zweiten Bereich von N (t) und legen zudem noch fest, dass N (tmax ) = 15.395 sein muss, um die vorgegebene Schadstoffmenge nicht zu überschreiten, können wir nun t0 berechnen: t0 =

N (tmax ) − 20(1 − e0.2tmax ) + 0.4tmax =5h 0.4

(5.103)

Daher muss der Filter spätestens nach 5 h bzw. sobald die Schadstoffmenge 12.642 ppm überschritten wurde, aktiviert werden. Durch Bestimmung der Nullpunkte von N (t) finden wir außerdem heraus, dass der Filter für 50 h arbeiten müsste, um die Schadstoffe komplett zu entfernen.

5.5.5

Windenergie

Windenergie gehört zu den wichtigsten erneuerbaren Energiequellen. Eine Windkraftanlage generiert Strom, da die durch den Wind bewegten Rotorblätter dem Wind kinetische Energie entziehen und diese in elektrische Energie umwandeln. Dadurch erscheint es naheliegend, dass sich mehr elektrische Energie gewinnen lässt, je mehr kinetische Energie man dem Wind entziehen kann. Allerdings wird dadurch die Geschwindigkeit des Windes verringert und bei besonders starker Abbremsung der Windgeschwindigkeit staut sich ein Teil des Windes an den Rändern der Rotorblätter.

5.5 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

131

Da sich die Rotorblätter nun durch diese gestaute Luft kämpfen müssen, geht die neu gewonnene Energie verloren und es entsteht ein Effizienzlimit für Windkraftanlagen. Wir wollen dieses Limit, bekannt als Betz’sches Gesetz, nun bestimmen. Da dem Wind kinetische Energie nur durch eine Verringerung seiner Geschwindigkeit entzogen wird, können wir davon ausgehen, dass das Massenerhaltungsgesetz gilt. Das heißt, der Massenfluss m˙ vor, an und nach den Rotorblättern bleibt konstant, m˙ = ρ A1 v1 = ρ Sv = ρ A1 v2 .

(5.104)

A1 und A2 sind die Querschnittsflächen des Windflusses vor und nach den Rotorblättern, während v1 und v2 die jeweiligen Geschwindigkeiten sind. S und v sind die aufgespannte Fläche der Rotorblätter und die dort herrschende Windgeschwindigkeit. Aufgrund der Massenerhaltung gilt außerdem v=

v1 + v2 . 2

(5.105)

Die Leistung P, die von den Rotorblätter generiert wird, ist gegeben mit P=

m(v ˙ 12 − v22 ) . 2

(5.106)

Setzen wir nun die Ausdrücke für m˙ und v in P ein und formen um, erhalten wir ρ S(v1 + v2 )(v12 − v22 ) , 4 v2 v2 v2 1 = ρ Sv13 (1 − ( )3 − ( )2 + ( )). 4 v1 v1 v1

P=

(5.107) (5.108)

Diesen Ausdruck können wir in zwei Teile aufteilen. Der erste Teil beschreibt die gesamte Leistung, die der Wind generieren kann: Pwind =

1 ρ Sv13 . 2

(5.109)

Der zweite Teil beschreibt den Prozentsatz der Windleistung, den die Windkraftanlage abspeisen kann, genannt Leistungszahl: =

1 v2 v2 v2 (1 − ( )3 − ( )2 + ( )). 2 v1 v1 v1

(5.110)

Wollen wir nun die maximal mögliche Leistung eines Windkraftwerkes bestimmen, müssen wir die Leistungszahl maximieren, d. h. die 1. Ableitung nach x = v2 /v1 (Substitution) bilden und null setzen: d 1 = (−3x 2 − 2x + 1) = 0. dx 2

(5.111)

132

5

Einführung in die Differentialrechnung

Da x = −1 negativ und somit keine sinnvolle Lösung ist, liegt das Maximum bei x = 1/3. Setzt man dieses Verhältnis nun in die Leistungszahl ein, erhält man einen Wert von  = 0.593. Eine Windkraftanlage kann also nach theoretischen Überlegungen maximal 59% der Windleistung zur Energiegewinnung nutzen. Entzieht man dem Wind so viel kinetische Energie, dass die Windgeschwindigkeit um mehr als 2/3 reduziert wird, geht ein steigender Anteil der gewonnen Energie verloren, um die gestaute Luft an den Rotorblättern zu durchdringen. Moderne Windkraftanlagen erreichen aufgrund von technischen Limitationen Leistungszahlen von bis zu 0.5 und nähern sich daher immer weiter dem Betz’schen Limit an.

Übungsaufgaben Die folgenden Übungsaufgaben dienen zur eigenen Überprüfung des Verständnisses zu den Inhalten des Kapitels. 5.1 Allgemeine Ableitungsregeln Bestimmen Sie die 1. Ableitung der folgenden Funktionen, für eine allgemeine Funktion u(x): 1. 2. 3. 4. 5. 6.

f 1 (x) = ln(u(x)) f 2 (x) = − log10 (u(x)) f 3 (x) = eu(x) f 4 (x) = 10u(x) f 5 (x) = sin(u(x)) f 6 (x) = cos(u(x))

Verwenden Sie dann die bestimmten Funktionen u(x) = x und u(x) = ln(x) und bilden Sie die Ableitungsfunktionen. 5.2 1. Ableitung Bestimmen Sie die 1. Ableitung der folgenden Funktionen: −x

e f (x) = ln( 1+e −x ) x g(x) = ln(e √+ e−x ) h(x) = x 2 e− x i(x) = esin(x)+cos(x) 2 (2x+5) j(x) = 3x 3x+1  6. k(x) = 1 + sin(x 3 )

1. 2. 3. 4. 5.

5.3 Graphische Analyse der Ableitungen Bestimmen Sie ersten beiden Ableitungen der folgenden Funktionen. Stellen Sie für jedes i = 1, ..., 6 die Funktionen yi (x), yi (x) und yi (x) gemeinsam graphisch dar: 1. y1 (x) = x 2 + 21 x + 1 2. y2 (x) =

x 2 −2x+6 x 2 −2x+4

5.5 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

3. 4. 5. 6.

133

y3 (x) = sin2 (x) y4 (x) = xe2x y5 (x) = ln(x 2 ) − x y6 (x) = (x cos(x 2 ))2

5.4 2. Ableitung Bestimmen Sie die 2. Ableitung der folgenden Funktionen: 1. f (x) = x 2 + x + 6x 2 +6x

1 2

2. g(x) = (x+1)(x−3) 3. h(x) = |x| 2 −8x+3 4. i(x) = xx2 −8x+12 5. 6. 7. 8.

1

j(x) = (x 2 − 1) 3 k(x) = x ln(x) − x −x l(x) = e sin(3x) 3x m(x) = cos(x 2 + ln(x))

5.5 Differenzierbarkeit Stellen Sie die folgenden Funktionen graphisch dar und erklären Sie, welche an der Stelle x0 differenzierbar sind. Begründen Sie Ihre Erklärung, indem Sie Existenz der Grenzwerte lim x→x0 D = lim x→x0 (yi (x) − yi (x0 ))/(x − x0 ) überprüfen. 1. y1 (x) = |x|, y1 (0) = 0 3 2. y2 (x) = x x+2x+4 2 −4x

3. y3 (x) = 5x x+6 , y3 (0) = 0 √ 4. y4 (x) = 3 2x 5. y5 (x) = x sin(1/x) 2

5.6 Extrema Bestimmen Sie die im Bildbereich Z gegebenen lokalen Extrema der folgenden Funktionen aus dem gegebenen Definitionsbereich D: 1. 2. 3. 4.

f (x) = 2x/(4 + x 2 ), D = [−4, 4] D = [−1, 1] g(x) = 1 + x − x 2 − x 4 , D = [−2, 2] h(x) = sin(x 2 ), D = [−2, 2] i(x) = sin2 (x),

5.7 Kurvendiskussion 1 Gegeben ist die Funktion f (x) =

1 . 1−x 2

Bestimmen Sie

1. Definitionsbereich und asymptotisches Verhalten für x → ±∞, 2. Polstellen und die Mengen, wo f positive bzw. negative Werte annimmt, 3. Monotonieverhalten und Extrema.

134

5

Einführung in die Differentialrechnung

5.8 Kurvendiskussion 2 Gegeben ist die Funktion f (x) = men Sie 1. 2. 3. 4.

(2x 2 −2) ln((x−1)2 ) . Bestim1+x

den Definitionsbereich und falls vorhanden die Asymptoten, den Grenzwert im Unendlichen, die Nullstellen, die 1. Ableitung.

5.9 Kurvendiskussion 3 Gegeben ist die Funktion f (x) = 3 sin( π4 x) + 23 . 1. 2. 3. 4. 5. 6.

den Definitionsbereich und Wertebereich, die Periodizität, den Grenzwert im Unendlichen, die Nullstellen, die 1. Ableitung sowie ihre Nullstellen, die 2. Ableitung sowie ihre Nullstellen.

√ 5.10 Kurvendiskussion Gegeben ist die Funktion f (x) = ln( x + 2)/(x + 2). Bestimmen Sie die folgenden Funktionseigenschaften: 1. die 1. Ableitung f  (x) (auf gleichen Nenner bringen), 2. die 2. Ableitung f  (x) (auf gleichen Nenner bringen), 3. das Grenzwertverhalten x → ∞ von f (x) (kein l’Hospital notwendig). 5.11 l’Hospital 1 Bestimmen Sie die Grenzwerte der folgenden Funktionen: 1. 2. 3. 4.

f (x) = e 2x−1 für x → 0 g(x) = tan(x) für x → 0 x x−π h(x) = sin(x) für x → π √ i(x) = x cos(x) für x → 0 4x

5.12 l’Hospital 2 Bestimmen Sie die Grenzwerte sin(2x) x lim xe−2x x→∞

1. lim

x→0

2.

3. lim x ln(1/x) x→0+

5.13 l’Hospital 3 Bestimmen Sie die Grenzwerte der folgenden Funktionen durch geschicktes Substituieren: 1. f (x) =

sin

3 x 3  x 3

für x → 0

5.5 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

135

2. g(x) = ln(x) ln(ln(x)) für x → 1 5.14 l’Hospital 4 Berechnen Sie den Grenzwert lim (xe1/x − x). Formen Sie dafür x→∞ zuerst auf einen Quotienten um, sodass im Nenner der Ausdruck 1/x steht. Wenden Sie dann l’Hospital an. 5.15 Theorie 1 Sei f : R → R, f (x) = x 5 . Welche Aussagen sind korrekt? 1. Da weder f  (0) > 0 noch f  (0) < 0, kann f keine Extremstelle in x = 0 besitzen. 2. f ist auf (−∞, 0) konkav und auf [0, ∞) konvex und besitzt daher an der Stelle x = 0 einen Wendepunkt. 3. f ist monoton wachsend. 5.16 Theorie 2 Sei f : R → R, f (x) = x 6 . Bestimmen Sie die richtige Antwort. 1. Da f  (x) = 0, hat f an der Stelle x = 0 eine globale Maximalstelle. 2. Da f  (x) = 0, ist x = 0 ein Wendepunkt von f . 3. f ist auf (−∞, 0) monoton fallend und auf [0, ∞) monoton steigend und besitzt folglich an der Stelle x = 0 ein globales Minimum. 5.17 Theorie 3 Es sei f (x) = 4|x + 5| − |x − 5| gegeben. Welche der folgenden Antwortmöglichkeiten sind richtig? 1. Da die Funktion f nicht auf ihrem ganzen Definitionsbereich differenzierbar ist, können keine Aussagen über die Extremstellen von f gemacht werden. 2. f besitzt eine globale Minimalstelle in x = −5 und eine lokale Maximalstelle in x = 5. 3. f hat in x = −5 ein globales Minimum und f besitzt weder eine lokale noch eine globale Maximalstelle. 5.18 Theorie 4 Gegeben ist f (x) = sin(4x + Antwortmöglichkeiten sind richtig? 1. W = { √1 − 1, 1 + √1 }. 2 2 2. Die Periodizität ist π2 . 3. Die Nullstellen sind über − π6 + nπ und

π 2

π 3)

+



(2) 2 .

Welche der folgenden

+ nπ bestimmt.

6

Einführung in die Integralrechnung

Für das Integral gibt es mehrere Vorstellungen, die eng miteinander verbunden sind: • Das Integral als orientierter Flächeninhalt zwischen dem Graphen einer Funktion und der x-Achse, sodass Flächeninhalte oberhalb der Achse positiv und Flächeninhalte unterhalb der Achse negativ gezählt werden. • Das Integral als Gesamtänderung einer Funktion F(x) innerhalb eines Intervalls [a, b], wobei die Ableitung dieser Funktion F  (x) = f (x) ist. Diese Vorstellungen werden im Folgenden dafür verwendet, um zwei anschauliche Definitionen des Integrals zu motivieren. Anschließend werden wir mit dem Riemann-Integral eine formalere Definition des Integrals kennenlernen. Es gilt zu beachten, dass die Integralrechnung zwischen bestimmten und unbestimmten Integralen unterscheidet. Dabei ordnet das bestimmte Integral einer Funktion dieser einen konkreten Wert (Zahl) zu. Im zweidimensionalen Koordinatensystem entspricht diese Zahl dem Flächeninhalt (oder der Flächenbilanz). Das unbestimmte Integral ordnet einer Funktion eine Menge an sogenannten Stammfunktionen zu. Deren Ableitung ist dann wieder die Funktion selbst. Der Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung gibt Auskunft darüber, wie bestimmte Integrale aus Stammfunktionen berechnet werden können. Integration ist in vielen Fällen schwieriger als Differentiation, da auch für viele elementare Funktionen kein „alle Fälle abdeckender“ Algorithmus existiert. Daher muss häufig auf verschiedene Hilfsmittel und Techniken zurückgegriffen werden, um integrieren zu können. Wir werden uns mit der partiellen Integration und Integration durch Substitution befassen. An dieser Stelle sei erwähnt, dass es für schwierige Fälle sogenannte Integraltafeln gibt. Diese dienen als Nachschlagewerk und umfassen Integrale von zahlreichen Funktionen, für die es nicht immer ein Standardverfahren

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 M. L. Kogler und R. Adam, Mathematische Grundlagen für Umweltsystemwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-662-67371-3_6

137

138

6

Einführung in die Integralrechnung

für ihre Bestimmung gibt, welche diesem Buch hinzugezogen werden können (Naske 2013; Bronstein et al. 2012). Um diesem Kapitel folgen zu können, müssen Konzepte wie Reihen und Differentialrechnung zur Genüge verstanden worden sein.

6.1

Bestimmtes Integral

Das bestimmte Integral ist für kompakte Intervalle der Form [a, b] definiert, kompakt bedeutet beschränkt und abgeschlossen. Offene und unbeschränkte Intervalle sind hier nicht zugelassen. Wir wollen uns zuerst dem Flächeninhaltsproblem widmen. Wir bezeichnen den Inhalt der Fläche unter dem Graphen einer Funktion f zwischen den Stellen a und b als bestimmtes Integral. Besitzt die Funktion innerhalb dieses Intervalls [a, b] nicht nur positive Funktionswerte, so tragen Bereiche, in denen die Funktion positiv ist, positiv zum Flächeninhalt bei. Bereiche, in denen die Funktion negativ ist, tragen negativ zum Flächeninhalt bei. Daher spricht man auch von dem orientierten Flächeninhalt oder auch von Flächenbilanz. Dies ist in Abb. 6.1 veranschaulicht. Dabei steht das Integral für die Differenz der grünen und der roten Fläche. Diese Definition ist insofern unterschiedlich zu Flächeninhalten der Geometrie, da dortige Flächeninhalte ausschließlich summiert werden. Integral als Fläche zwischen dem Graphen und der x-Achse

Die orientierte Fläche zwischen dem Graphen von f und der x-Achse im Intervall [a, b] ist gegeben als das Integral 

b

f (x)d x,

(6.1)

a

gelesen als „Integral von a bis b über f von x, dx“. Dabei wird f (x) als Integrand bezeichnet, [a, b] nennt man das Integrationsintervall mit der unteren Integrationsgrenze a und der oberen Integrationsgrenze b. Die Integrationsvariable ist x. 

Abb. 6.1 Integral als Flächenbilanz zwischen der Funktion und der x-Achse

6.2 Unbestimmtes Integral

139

Das bestimmte Integral als „orientierter Flächeninhalt“ hat zwei weitere Konsequenzen, die zu beachten sind. 1. Sind die Flächen oberhalb und unterhalb der x-Achse innerhalb des Intervalls [a, b] gleich groß, so ist das gegebene Integral gleich 0. 2. Für die Integrationsgrenzen gilt a < b, wobei bislang die untere Integrationsgrenze die kleinere Zahl war. Vertauscht man die Integrationsgrenzen, so gilt, dass sich das Vorzeichen des Integrals ändert. Man erhält die Rechenregel 

a

 f (x)d x = −

b

b

f (x)d x.

(6.2)

a

Ist also die untere Integrationsgrenze die größere Zahl, so tragen Flächenstücke oberhalb der x-Achse mit negativen Vorzeichen und Flächenstücke unterhalb der x-Achse mit positivem Vorzeichen bei.

6.1.1

Beispiele

A) Für eine lineare Funktion f (x) = x auf einem Intervall [−2, 3] ergibt sich die Fläche unter dem Integral aus zwei Dreiecken, wobei für negative Funktionswerte das Dreieck die Größe 2 × 2/2 = 2 und für positive Funktionswerte das Dreieck die Größe 3 × 3/2 = 4.5 besitzt. Somit ist das bestimmte Integral 

3

−2

xd x = 4.5 − 2 = 2.5.

(6.3)

Dieses Beispiel zeigt, dass wir uns für eine simple konstante oder lineare Funktion überlegen können, wie groß die Fläche unterhalb der Kurve, genauer zwischen der x-Achse und dem Graphen, ist. Bevor wir uns an schwierigere Kurven heranwagen können, benötigen wir noch das Wissen über den Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung, welcher in Abschn. 6.3 gezeigt wird, bevor wir uns an schwierigere (krummlinig verlaufende) Funktionen heranwagen können.

6.2

Unbestimmtes Integral

Als zweites Konzept für das Integral können wir dieses als den Umkehrprozess des Differenzierens betrachten. Das Integrieren ist der Vorgang, eine Stammfunktion zu einer gegebenen Funktion zu finden. Dabei ist die Umkehrung der Differenziation nicht eindeutig, denn verschiedene Funktionen können die ein und dieselbe Ableitung (zum Beispiel haben sowohl F1 (x) = x 2 als auch F2 (x) = x 2 +1 beide die Ableitung

140

6

Einführung in die Integralrechnung

f 1 (x) = 2x = f 2 (x)). Das führt dazu, dass jede Funktion, die mindestens eine Stammfunktion besitzt, unendlich viele Stammfunktionen hat. Integral zur Bestimmung einer Stammfunktion

Ist f eine gegebene reelle Funktion und F eine Funktion, deren Ableitung f ist, also F  (x) = f (x)

(6.4)

für alle x im Definitionsbereich von f , so ist F eine Stammfunktion von f . Existiert eine Stammfunktion von f , so ist jede Stammfunktion von f von der Form F(x) + C,

(6.5)

wobei C die Integrationskonstante ist. Wir bezeichnen die Stammfunktion als unbestimmtes Integral und verwenden dafür die Schreibweise  f (x)d x, (6.6) gelesen als „Integral von f von x dx“.  Eigenschaften von Ableitungen übertragen sich auf entsprechende Eigenschaften von Stammfunktionen: Sind beispielsweise F, G Stammfunktionen von f , g, dann ist α F + βG eine Stammfunktion von α f + βg, denn es gilt d (α F + βG)(x) = α F  + βG  dx = α f (x) + βg(x).

(6.7) (6.8)

Jede Tabelle von Ableitungen kann somit auch als Tabelle von Stammfunktionen gelesen werden.

6.2.1

Beispiele

A) Das unbestimmte Integral der Funktion f (x) = x 3 + x 2 + x + 1 ist  1 1 1 (x 3 + x 2 + x + 1) = x 4 + x 3 + x 2 + x + C. 4 3 2

(6.9)

Dabei wurde für jeden Term die Umkehrung des Differentials vorgenommen. Wir erinnern uns, das Differential von x α ist αx α−1 . Somit gilt für die Umkehrung, dass 1 x α+1 ist. das Integral α+1

6.2 Unbestimmtes Integral

141

B) Gesucht sei eine Stammfunktion von f (x) = e−3x + x 2 − 1, welche an der Stelle x = 0 den Wert F(0) = 0 annimmt. Mithilfe der Tab. 5.1 finden wir F(x) = −

x3 e−3x + − x + C. 3 3

(6.10)

Nun müssen wir die Integrationskonstante C mithilfe der Bedingung F(0) = 0 bestimmen, also 1 0 = − + C, 3 1 C= 3

(6.11) (6.12) −3x

und erhalten somit die gesuchte Stammfunktion F(x) = − e 3 +

6.2.2

x3 3

− x + 13 .

Integrationsregeln

Für die Bestimmung einer Stammfunktion F(x) einer gegebenen Funktion f (x) sind folgende Regeln zu beachten. Dabei sei C die Integrationskonstante und a ∈ R. Einfache Integrationsregeln

Potenzregel

 xndx =

Faktorregel

x n+1 +C n+1



(6.13)

 a · f (x)d x = a ·

f (x)d x

Summen- und Differenzregel    ( f (x) ± g(x))d x = f (x)d x ± g(x)d x

(6.14)

(6.15) 

Weitere Integrationsregeln wie Partielle Integration und Integration durch Substitution werden zu einem späteren Zeitpunkt in Abschn. 6.5 diskutiert. Eine Liste an Grundintegralen wird in Tab. 6.1 dargestellt. Die Richtigkeit dieser Formeln kann man durch Differentiation der Stammfunktion überprüfen. Weitere Beispiele von bekannten Stammfunktionen, die in der Differential- und Integralrechnung benötigt werden, findet man in mathematischen Formelsammlungen, wie (Bronstein et al. 2012).

142

6

Einführung in die Integralrechnung

Tab. 6.1 Verschiedene Grundintegrale und ihre Einschränkungen  f (x)d x F(x)  n 1 = n+1 x n+1 + C x dx  1 dx = ln(|x|) + C  x = − cos(x) + C sin(x)d x  = sin(x) + C cos(x)d x  tan(x)d x = − ln(| cos(x)|) + C  1 = tan(x) + C 2 (x) d x  cos eax d x = a1 eax + C  ln(x)d x = x(ln(x) − 1) + C  √ 1 d x = arcsin(x) + C 2 √  1−x 1 √ dx = ln(|x + x 2 − 1) + C 2 −1 x √  √ 1 dx = ln(|x + x 2 + 1) + C 2  x1 +1 = arctan(x) 2 dx  1+x 1 d x = 21 ln( (1+x) (1−x) ) + C 1−x 2

n = 1 x = 0

a = 0 x >0 |x| < 1 |x| > 1

|x| = 1

6.2.2.1 Beispiele A) Gemeinsame Anwendung von Potenzregel und Faktorregel kommt häufig bei Polynomen zum Einsatz, wie bei   3 3x 3 d x = 3 x 3 d x = x 4 + C, (6.16) 4 wobei die Konstante C an sich beliebig ist und daher nicht extra mit dem Vorfaktor multipliziert wird. B) Die Potenzregel kommt auch bei anderen Potenzfunktionen zum Einsatz, wie bei 

6.3

1 dx = x2



x −2 d x =

x −1 1 + C = − + C. −1 x

(6.17)

Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung

Nun ist es wichtig, zwischen bestimmtem und unbestimmtem Integral sauber zu unterscheiden. Das bestimmte Integral über ein beliebiges kompaktes Intervall gibt die orientierte Fläche zwischen der x-Achse und dem Graphen von f zurück. Das

6.3 Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung

143

Abb. 6.2 Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung

unbestimmte Integral ist eine Menge an Funktionen, nämlich die Menge aller Stammfunktionen von f . Der Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung gibt nun einen Zusammenhang dieser beiden Begrifflichkeiten, nämlich eine Verbindung zwischen den Konzepten des Flächenproblems und der Stammfunktion. Dabei betrachten wir das Intervall [a, b], auf dem integriert werden soll, noch genauer. Wir wählen dabei die untere Grenze a als fixiert, während die Obergrenze x variabel sein und im Intervall [a, b] liegen soll. Wir suchen also das bestimmte Integral über f in den Grenzen von a bis x und setzen voraus, dass f stetig ist, siehe Abb. 6.2. Somit bekommen wir eine Flächenfunktion in Abhängigkeit von x, die wir A(x) nennen wollen. Für den Fall x = b ergibt sich die Fläche zwischen a und b, d. h., das bestimmte Integral ist gleich der Flächenfunktion A(x = b). Wir untersuchen nun, wie sich die Flächenfunktion A unter kleinen Änderungen von x verhält. Ändern wir x auf x + x, so ändert sich der Funktionswert entsprechend von A(x) auf A(x + x). Die Differenz A(x + x) − A(x) ist genau der Flächeninhalt in diesem kleinen Intervall [x, x + x] der Breite x. Nun möchten wir den Flächeninhalt dieses kleinen Streifens abschätzen. Da wir angenommen haben, dass f (x) stetig ist, wissen wir, dass die Funktionswerte innerhalb des Intervalls keine Sprünge haben. Somit gilt: Je kleiner das Intervall, umso ähnlicher werden sich die Funktionswerte innerhalb des Intervalls. Deswegen können wir für kleine x den Flächeninhalt des Streifens durch ein Rechteck nähern und gelangen somit auf die Abschätzung A(x + x) − A(x) ≈ x f (x),

(6.18)

da die horizontale Seitenlänge die Breite x hat und die vertikale Seitenlänge genau den Wert der Funktion f (x) an der Stelle x besitzt. Wir dividieren nun durch x und betrachten den Grenzwert dieser Gleichung und erhalten lim

x→0

A(x + x) − A(x) = f (x). x

(6.19)

Das bedeutet, dass die Ableitung der Flächenfunktion durch die Funktion f gegeben ist. Anders ausgedrückt, ist zu einer gegebenen Funktion f die Flächenfunktion A auch eine Stammfunktion von f .

144

6

Einführung in die Integralrechnung

Damit unterscheiden sich A und F höchstens durch eine Konstante, also A(x) = F(x) + C. Wir wissen für die linke Intervallsgrenze, dass A(a) = 0 gelten muss. Setzen wir dies in die Gleichung ein, erhalten wir C = −F(a). Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung

Ist die Ableitung einer Funktion überall bekannt, so kann man über das Integral die Gesamtänderung einer Funktion bestimmen. Sei f : [a, b] → R eine stetige Funktion. Für jede Stammfunktion F : [a, b] → R gilt: 

b

f (x)d x = F(b) − F(a).

(6.20)

a

Die Konsequenz dieses Satzes ist, dass wir lediglich irgendeine Stammfunktion von f kennen müssen, um aus deren Differenz an den Stellen a und b das Flächenproblem lösen zu können. Man schreibt dies auch als b  F(x) = F(b) − F(a). a

(6.21)

Dass man nur ein einzige Stammfunktion kennen muss, sieht man an der Aufhebung der Konstante (F(b) + C) − (F(a) + C) = F(b) − F(a). 

6.3.1

Beispiel

A) Wir wollen die Fläche unterhalb einer Parabel berechnen. Integral  Das unbestimmte f (x)d x = x 3 + C. Wenn der Funktion f (x) = 3x 2 ist gegeben als F(x) = wir nun die Fläche im Bereich 0 bis 1 wissen wollen, wählen wir eine beliebige Stammfunktion, indem wir C = 0 setzen. Daraus folgt für das bestimmte Integral 

1 0

1  3x 2 d x = x 3  = 13 − 03 = 1. 0

(6.22)

B) Wir wollen die Sinusfunktion f (x) = sin(x) auf einem Intervall [0, π ] integrieren. Da F(x) = − cos(x) eine Stammfunktion von f ist, folgt für das bestimmte Integral  π (sin(x))d x = F(π ) − F(0), (6.23) 0

= −cos(π ) − (− cos(0)), = −(−1) + 1 = 2.

(6.24) (6.25)

6.3 Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung

145

Abb. 6.3 Reduktion komplizierter Flächeninhalte auf Integrale

C) Der Mittelwert M von einer Funktion f auf einem gegebenen Intervall [a, b] berechnet sich mittels Integral der Funktion, welches durch die Intervallsbreite dividiert wird, also  b 1 f (x)d x. (6.26) M= b−a a

6.3.2

Eingeschlossene Flächeninhalte

Die Verwendung von bestimmten Integralen ermöglicht es, komplizierte Flächeninhalte, also Flächen innerhalb krummlinig begrenzte Bereiche, durch die Differenz der Flächeninhalte der oberhalb und unterhalb begrenzenden Funktionen zu berechnen, siehe Abb. 6.3. Wenn der Flächeninhalt zwischen den beiden Kurven eingeschlossen ist, so müssen wir die Schnittpunkte s1 , s2 der beiden Funktionen kennen. Zum anderen müssen wir darauf achten, dass geometrische Flächen positiv definiert sind. Für den Flächeninhalt begrenzt durch zwei krummlinige Kurven f (x) und g(x) gilt  A=| =|

s2

s  1s2



s2

f (x)d x −

g(x)d x|,

(6.27)

s1

f (x) − g(x)d x|.

(6.28)

s1

6.3.2.1 Beispiel A) Wir wollen den Flächeninhalt einer Parabel unterhalb von y = 1.5 berechnen. Die gegebene Parabel lautet f (x) = 2x 2 .

(6.29)

146

6

Einführung in die Integralrechnung

Zuerst benötigen wir die Schnittpunkte der Parabel auf der entsprechenden Höhe und erhalten diese durch 1.5 = 2x 2 , x1,2  ±0.87.

(6.30) (6.31)

Die Schnittpunkte stellen unsere Intervallgrenzen [−0.87, 0.87] dar. Wir setzen das Flächenintegral als Differenz der Fläche unter der Geraden y = 1.5 und der Parabel an und erhalten  x2  x2 A= 1.5d x − 2x 2 d x, (6.32) x1

x1

+0.87  = 1.5x − 2/3x 3  ,

(6.33)

 2.61 − 0.878 = 1.723.

(6.34)

−0.87

6.4

Riemann-Integral

Riemann-Summe und Riemann-Integral

Das Riemann-Integral stellt ein Konzept dar, mit dem man die anschauliche Vorstellung des Integrals als Flächeninhalt zwischen der x-Achse und der Funktion präzisieren kann. Dabei bietet dieser Methode eine Möglichkeit für eine Definitionsgrundlage, wann es Sinn ergibt, von einem orientierten Flächeninhalt unter dem Graphen der Funktion zu sprechen. Wir betrachten dafür eine beliebige Funktion, siehe Abb. 6.4. Riemanns Idee bestand darin, die Fläche unter einer krummlinigen Funktion von unten und von oben durch Treppenfunktionen anzunähern (zu approximieren). Eine Treppenfunktion ist eine Funktion mit endlich vielen Sprungstellen (ihre Stufen), die zwischen diesen Sprungstellen konstant ist. Das Integral einer Treppenfunktion ist demnach die Summe über die (orientierten) Rechtecksflächen.  Betrachten wir f (x) auf einem Intervall [a, b], können wir über das Integral einer Treppenfunktion t(x) mit dem Kriterium t(x) ≤ f (x) auf dem gesamten Intervall

Abb. 6.4 Riemann-Summen: (links) Untersumme, (Mitte) Obersumme, (rechts) Differenz aus Unter- und Obersumme

6.5 Integrationstechniken

147

eine Untersumme s bilden. Ebenso können wir eine Obersumme S bilden, also das Integral einer Treppenfunktion mit dem Kriterium t(x) ≥ f (x). Lassen sich nun die obere und untere Rechtecksflächen beliebig nähern, so entspricht diese Schranke der gesuchten Fläche. Für eine Treppenfunktion t : [a, b] → R wird das Intervall [a, b] in Teilintervalle unterteilt. Diese Zerlegung Z = {a = x0 , x1 , ..., xn = b} bestimmt die Anzahl n an Stufen der Treppenfunktion mit Stufe. Für die Treppenfunktion gilt, dass t auf jedem der offenen Teilintervalle (xi , xi+1 ) mit i = 1, 2, ..., n konstant ist, d. h. t(x) = τi

f¨ur alle x mit xi < x < xi+1 .

(6.35)

Riemann-Integral

Eine Funktion f heißt auf einem Intervall [a, b] Riemann-integrierbar, falls das Ober- und das Unterintegral der Funktion über zwei Treppenfunktionen im Grenzwert immer feiner werdender Intervalle übereinstimmen s = S = I . Der gemeinsame Wert wird bestimmtes Riemann-Integral von f über [a, b] genannt. Das Riemann-Integral wird notiert als 

b

f (x)d x.

(6.36)

a

 Somit können wir das Integral als eine Folge von Riemann-Summen beliebig genau approximieren. Eine Anwendung für Riemann-Summen liegt in der numerischen Berechnung von Integralen, wobei die Genauigkeit mit n steigt. Eine wichtige Folgerung aus dem Riemann-Integral ist, dass das Integrationsintervall unterteilt werden kann in Teilintegrale. Rechenregel für Intervalle

Sind f : [a, b] → R integrierbar, dann gilt 

b

 f (x)d x =

a

a

c



b

f (x)d x +

f (x)d x

(6.37)

c

für alle c ∈ (a, b). 

6.5

Integrationstechniken

6.5.1

Partielle Integration

Die partielle Integration ist dann tragend, wenn über ein Produkt zweier Funktionen f (x) und g(x) integriert werden soll. Sie ist das Pendant der Produktregel der Ableitung für die Integration, weswegen sie auch Produktintegration genannt wird. Dabei

148

6

Einführung in die Integralrechnung

wird ein Faktor integriert und ein anderer Faktor abgeleitet. Ziel ist es, einen möglichst einfachen Ausdruck für das zu berechnende Integral zu finden, daher ist die Wahl, welcher Term nun integriert/differenziert werden soll, von großer Bedeutung. Bevor man ansetzt, müssen Vorüberlegungen getroffen werden, welche Variante das Problem entsprechend vereinfacht. Partielle Integration

Seien f , g : [a, b] → R stetig differenzierbar. Dann gelten: 





f (x)g  (x)d x

f (x)g(x)d x = f (x)g(x) − und



b

a

b   f  (x)g(x)d x = f (x)g(x) − a

b

f (x)g  (x)d x.

(6.38)

(6.39)

a



6.5.1.1 Beispiele A)  Für die Integration von xe x d x müssen wir diese in Faktoren x und e x zerlegen. Nun betrachten wir dafür die Ableitungen beider Faktoren: (x) = 1 und (e x ) = e x . Es zeigt sich, dass wir mit der Ableitung von g(x) = x eine Vereinfachung erzielen, somit setzen wir f  (x) = e x . Durch partielle Integration bekommen wir folgende Stammfunktion   x x (6.40) xe d x = xe − e x d x, = (x − 1)e x + C

(6.41)

Anhand dieses Beispiel sieht man, wie wichtig eine geeignete Wahl von f  (x) und g(x) für die partielle Integration ist, da sich das Problem für den umgekehrten Fall verkompliziert und nicht ohne Weiteres lösen lässt. B) Wir wollen das Integral von h(x) = x cos(x) finden und teilen die Funktion in zwei Faktoren x und cos(x) ein. Hier sehen wir wieder, dass g  (x) = 1 nach einer guten Vereinfachung aussieht. Daher benötigen wir von f  (x) = cos(x) die Stammfunk-

6.5 Integrationstechniken

149

tion f (x) = sin(x). Wir setzen die partielle Integration an und erhalten 

 h(x)d x =

x cos(x)d x,  = x sin(x) − sin(x)d x,

(6.42)

= x sin(x) + cos(x) + C.

(6.44)

(6.43)

C) Nun wollen wir das Integral von x 2 sin(x) betrachten. Wir wissen bereits, dass sich Potenzausdrücke bei der partiellen Integration eignen, um Vereinfachungen zu erzielen und setzen daher an g(x) = x 2 , f  (x) = sin(x). Für die partielle Integration bekommen wir   (6.45) x 2 sin(x)d x = −x 2 cos(x) + 2 x cos(x)d x. Hier sehen wir, dass sich der Integrand zwar bereits vereinfachen hat lassen, wir müssen aber für diesen Term noch ein zweites Mal partiell integrieren, siehe dazu Beispiel (B) von davor. Mit dieser doppelten partiellen Integration bekommen wir die Stammfunktion  (6.46) x 2 sin(x)d x = (2 − x 2 ) cos(x) + 2x sin(x) + C.

6.5.2

Integration durch Substitution

Die Integration durch Substitution (Bedeutung: Ersetzen) ist dann notwendig, wenn es sich um verschachtelte Komponenten mit x-Abhängigkeit handelt. Anders gesagt: Wenn man beim Ableiten der Funktion die Kettenregel anwenden würde, muss für die Integration dieser Funktion eine Substitution durchgeführt werden. Substitution bedeutet, dass wir die Variable x durch eine neue Variablengleichung ϕ(u) (gelesen „phi“) mit einer neuen Variablen u ersetzen. Daher ist der erste Schritt das Finden einer geeigneten Substitution ϕ(x) = u und Umformung auf x = ϕ(u). Durch Bilden von

dx du

=

dϕ du

(6.47)

erhalten wir eine Substitution für d x = ϕ  (u)du,

(6.48)

welche ebenfalls eingesetzt werden muss. Zusätzlich müssen die Integrationsgrenzen (falls gegeben) entsprechend verändert werden.

150

6

Einführung in die Integralrechnung

Tab. 6.2 Häufige Substitutionen für verschiedene Integraltypen Integraltyp  f (ax + b)d x  f (x) · f  (x)d x  ( f (x))n · f  (x)d x, (n = −1)  f (g(x)) · g  (x)d x  f  (x) f (x) d x

Substitution u u u u

Ergebnis  1 f (u) du a 1 2 +C ( f (x)) 2 1 ( f (x))n+1 + C n+1 f (u) du

= ax + b = f (x) = f (x) = g(x)

u = f (x)

ln( f (x)) + C

Integration durch Substitution

Sei f : [a, b] → R stetig auf diesem Intervall differenzierbar. Dann gelten:   f (x)d x = f (ϕ(u)) · ϕ  (u)du (6.49) und

 a

b

 f (x)d x =

ϕ(b) ϕ(a)

f (ϕ(u)) · ϕ  (u)du.

(6.50) 

Einige nützliche Integralsubstitutionen sind in Tab. 6.2 gezeigt.

6.5.2.1 Beispiele A) Wir beginnen mit einem simplen Beispiel und wollen  F(x) = e2x d x

(6.51)

bestimmen. Dabei ist der Exponent 2x = u zu substituieren1 . Wir lösen nun die Gleichung nach x auf und erhalten x = ϕ(u) = 1 , 2 1 d x = du. 2

ϕ  (u) =

1 Es

u , 2

(6.52) (6.53) (6.54)

sei angemerkt, dass nur bei e x die Stammfunktion der Exponentialfunktion die Exponentialfunktion selbst ist und keine Substitution notwendig ist.

6.5 Integrationstechniken

151

Im folgenden Schritt setzen wir die Substitution in das Integral ein und erhalten  F(u) =

1 eu · du, 2

1 u e + C. 2

=

(6.55) (6.56)

Durch Rücksubstitution erhalten wir das Ergebnis F(x) =

1 2x e + C. 2

(6.57)

B) Ein anderes klassisches Beispiel ist die Integration von 

ln(x) dx x

F(x) =

(6.58)

über die Substitution u = ln(x), x = eu , d x = eu du

(6.59) (6.60) (6.61)

und wir erhalten 

u u e du, eu

F(u) = =

u2 + C. 2

(6.62) (6.63)

Es folgt für Rücksubstitution die Stammfunktion F(x) =

1 2 ln (x) + C. 2

(6.64)

Nun wollen wir für das obere Beispiel uns die Transformation der Integrationsgrenzen ansehen. Für das Integral  F(x) = 3

4

ln(x) dx x

(6.65)

haben wir zwei Möglichkeiten, die Grenzen einzusetzen. Entweder wir verzichten auf die Rücksubsitution und formen stattdessen die Grenzen über die Subsitutionsregel

152

6

Einführung in die Integralrechnung

um. Dann erhalten wir für u = ln(x) die substituierten Grenzen u 1 = ln(3) und u 2 = ln(4)  u2 u u F(u) = e du, (6.66) u e u1 u 2 u 2 (6.67) =  2 u1 und daher F=

ln2 (4) ln2 (3) u 2 ln(4) = − ≈ 0.357...  2 ln(3) 2 2

(6.68)

Oder wir setzen wieder die Rücksubsitution an und lösen somit mit den ursprünglichen Grenzen 4 ln2 (4) ln2 (3) 1  F(x) = ln2 (x) = − ≈ 0.357... (6.69) 3 2 2 2

6.6

Uneigentliches Integral

Bislang haben wir uns mit bestimmten Integralen beschäftigt, die sich auf abgeschlossene Intervalle [a, b] beziehen. Wir wollen uns in diesem Kapitel nun mit (halb-)offenen Intervallen, zum Beispiel [a, ∞), (−∞, b] oder (−∞, ∞), beschäftigen. Uneigentliche Integrale sind bestimmte Integrale (d. h. mit Integrationsgrenzen), bei denen es an den Grenzen möglich ist, dass kritische Werte entstehen können. Das passiert genau dann, wenn entweder ±∞ als Integrationsgrenze gesetzt wird oder wenn die Funktion für mindestens eine der Grenzen nicht definiert ist. Wir beschäftigen uns hier nur mit ersterem Fall. Uneigentliche Integrale können als Erweiterung des Riemann-Integrals betrachtet werden. Integral auf halboffenem Intervall

Sei f 1 : [a, ∞) → R eine Funktion mit rechtsseitig offenem Intervall und f 2 : (−∞, b] → R eine Funktion mit linksseitig offenem Intervall. Um nun das Integral über den gesamten Definitionsbereich ausführen zu können, ersetzt man die kritische Grenze mit einer Variablen und bildet dann den Grenzwert dieser Variable gegen die kritische Stelle. Das bedeutet  b  ∞ f 1 (x)d x := lim f 1 (x)d x (6.70) und analog dazu



a

b→∞ a

b



−∞

f 2 (x)d x := lim

a→−∞ a

b

f 2 (x)d x.

(6.71) 

6.6 Uneigentliches Integral

153

Somit kann man das Integral ganz normal berechnen und betrachtet am Ende lediglich den Grenzwert. Ist dieser endlich, so konvergiert das uneigentliche Integral. Für zwei kritische Stellen müssen dementsprechend zwei Grenzwertbetrachtungen ausgeführt werden. Sei f : (−∞, ∞) → R eine beidseitig offene Funktion, dann gilt 



−∞

 f (x)d x := lim

lim

a→−∞ b→∞ a

b

f (x)d x.

(6.72)

Im Allgemeinen muss ein uneigentliches Integral keine Lösung besitzen. Eine Lösung existiert nur, wenn die Stammfunktion gegen den betrachteten Wert einen endlichen Grenzwert besitzt. Ansonsten gibt es keine Lösung oder man sagt, die Fläche besitzt keinen endlichen Flächeninhalt, aber nicht „Die Fläche besitzt unendlichen Flächeninhalt“.

6.6.1

Beispiele

A) Gegeben sei die Funktion f (x) = e−x

(6.73)

und gesucht ist die Fläche, welche die Funktion mit den beiden Koordinatenachsen aufspannt. Dafür stellen wir das uneigentliche Integral auf 



e−x d x = lim

 0



b

b→∞ 0

0

und erhalten



e−x d x

(6.74)

b  e−x d x = lim −e−x  , b→∞

(6.75)

0

= lim −e−b + 1 = 1. b→∞

(6.76)

B) Wir wollen das Integral





−∞

x cos(x)d x

(6.77)

lösen und wissen bereits, dass dafür die partielle Integration notwendig ist. Wir finden  ∞ ∞  x cos(x)d x = x sin(x) + cos(x) (6.78) −∞

−∞

und wissen ebenfalls, dass für Schwingungen kein Grenzwert existiert. Somit konvergiert das Integral nicht und es gibt keine Lösung dieses Integrals.

154

6.6.2

6

Einführung in die Integralrechnung

Integration über die Gauß’sche Glockenkurve

Die Gauß’sche Glockenkurve und die Fehlerfunktion

Ein wichtiges uneigentliches Integral ist durch die Gauß’sche Glockenkurve defi2 niert, also Funktionen der Form e−ax , a > 0. Diese können nicht auf gewöhnliche Weise gelöst werden. Das uneigentliche Integral der Gauß’schen Glockenkurve  ∞  ∞ 1 2 f (x)d x = √ e−0.5x d x (6.79) 2π −∞ −∞ existiert zwar, da es einen endlichen Flächeninhalt gibt (wenn die Glockenkurve normiert ist, dann ist diese Fläche immer 1), allerdings ist ihre Stammfunktion nicht durch elementare Funktionen darstellbar. Integrale über Normalverteilungen sind als eine spezielle Funktion definiert, nämlich die Fehlerfunktion (Errorfunction) oder auch Gauß’sche Fehlerfunktion, allgemein durch  2 2 e−x d x (6.80) er f (x) = √ π gegeben, siehe dazu Abb. 6.5. Wollen wir obiges √ Integral lösen, so setzen wir die Substitution u = √x an und erhalten d x = 2du, ebenfalls erweitern wir den 2

Term mit einer Multiplikation 1 = 

u2

u1

2 2

auf

e−u √ 2du = √ 2π 2



u2

u1



=

u2

u1

1 = 2



e−u √ du, π

(6.81)

e−u 2 √ · du, π 2

(6.82)

2e−u √ du. π

(6.83)

2

2

u2

u1

2

Der Term innerhalb des Integrals entspricht nun genau der Gauß’schen Fehlerfunktion und wir setzen  ∞ −u 2 2e (6.84) er f (u) = √ du, π −∞ wobei wir ebenfalls überlegen können, dass sich die uneigentlichen Grenzen trotz Variablentranformation nicht verändert haben. Der Limes der Fehlerfunktion ist bekannt mit lim er f (u) = −1 und wir setzen u→−∞





−∞

2 ∞ e−u √ 1  2du = er f (u) , √ −∞ 2 2π 1 = (1 − (−1)) = 1 2

(6.85) (6.86)

6.7 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

155

Abb. 6.5 (links) Gauß’sche Glockenkurve und (rechts) Gauß’sche Fehlerfunktion als spezielle Funktion über ein Integral definiert

und sehen somit, dass es sich wirklich um eine normierte Gauß-Funktion mit Flächeninhalt 1 handelt. 

6.6.2.1 Beispiele A) Das Integral über die folgende nicht normierte Glockenkurve ist 

∞ −∞

e−x

2 /2

dx =



2π.

(6.87)

π . a

(6.88)

Für eine allgemeine Konstante a ∈ R gilt 



−∞

e

−ax 2

 dx =

6.7

Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

6.7.1

Mittelwertberechnung mittels Integration

An dieser Stelle wollen wir zwei Praxisbeispiele aus den vorderen Kapiteln noch mal heranziehen. In Abschn. 4.4.3 haben wir uns mit den Emissionen nach Altersgruppen beschäftigt und eine Modellnäherung für die Datenpunkte ermittelt. Nun wollen wir mittels Integration die mittleren Emissionen berechnen und setzen dafür die folgende Rechnung an: 1 80 − 10



80

−0.00468552x 2 + 0.575303x − 3.17384d x  11.31.

(6.89)

10

Daraus sehen wir, dass die durchschnittlichen Emissionen (ab dem Alter von 10 Jahren) bei etwa 11.31 t CO2 pro Jahr liegen. Daraus können wir schließen, dass

156

6

Einführung in die Integralrechnung

im Schnitt Personen < 35 Jahren einen kleineren und Personen > 35 Jahren einen größeren Fußabdruck haben. In Abschn. 5.5.2 haben wir unsere Reisegeschwindigkeit durch den Zusammenhang v = st berechnet. Wir möchten die verwendete mittlere Reisegeschwindigkeit von v = 100 km/h mittels Überlegungen zu Teilstrecken motivieren. Dafür betrachten wir die Teilgeschwindigkeiten vi und die Fahrtdauern ti auf verschiedenen Bereichen der Strecke und setzen eine Mittelwertberechnung mittels Integral über die einzelnen Bereiche an:  t1  ti  1 (6.90) v0 + ... + vi dt. ti − t0 t0 ti−1 Für die einzelnen Intervalle unserer Strecke zwischen Wien und München gilt nun, dass unser Auto zu Beginn und am Ende der Fahrt, vor und nach dem Befahren der Autobahn, für jeweils eine halbe Stunde mit 55 km/h fährt und für insgesamt drei Stunden auf der Autobahn fährt. Für die meiste Zeit halten wir dort eine Geschwindigkeit von 118 km/h, allerdings stoßen wir nach einer Stunde Autobahnfahrt auf eine Baustelle, wo wir für 20 min auf 80 kmh abbremsen müssen. Setzen wir diese Informationen in die obere Gleichung ein, erhalten wir: 1 4

 0

0.5

 55 +

1.5

 118 +

0.5

1.8

 80 +

1.5

3.5

 118 +

1.8

4

55 dt = 99.4 km/h.

3.5

(6.91)

6.7.2

Gesamte Tageslänge

Wir betrachten die Näherung der Tageslänge aus Abschn. 3.3, um die Summen der Tageslängen über ein gesamtes Jahr zu bestimmen. Dafür müssen wir diese Funktion nun von D = 0 bis D = 365 integrieren: 



365

L(D) =

A cos 0

 2π D + B d D. 365

(6.92)

Dieses Integral können wir mittels Substitution lösen: 2π D, 365 2π du = , dD 365  365 365 A cos(u) + B du, L(u) = 2π 0 u 2 365  L ges (u) = (A sin(u) + Bu) . u1 2π u=

(6.93) (6.94) (6.95) (6.96)

6.7 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

157

Abb. 6.6 Tageslänge: Summe der Tageslängen über ein Jahr für die nördlichen Breitengrade. Die Punkte markieren die Städte aus Tab. 3.1

Die Rücksubstitution liefert uns 365 365 2π  A sin( D) + B D  , 0 2π 365 365 = A sin(2π ) + 365B. 2π

L ges (D) =

(6.97) (6.98)

Nutzen wir nun zum Beispiel Werte aus Tab. 3.1, erhält man für Wien dadurch eine gesamte Tageslänge von 4453 h bzw. 185.5 Tagen. Vergleicht man dies mit Kairo (4435 h bzw. 184.8 Tage, Abb. 6.6), sieht man, dass die Summe der Tagesstunden kürzer wird, je näher man dem Äquator kommt.

6.7.3

Räuber-Beute-Systeme

Viele Populationen weisen im Laufe der Zeit Phasen des Wachstums und des Rückgangs auf. Insbesondere Tierpopulationen unterliegen oft zyklischen Veränderungen des Wachstums. Diese können durch saisonale Schwankungen oder andere Umweltveränderungen verursacht werden. Ein besonders bekanntes Beispiel ist dabei das des Kanadaluchses im 19. und frühen 20. Jahrhundert (bevor der Einfluss der Menschen zu groß wurde). Eine gängige Hypothese lautet, dass die Luchspopulation mit der Verfügbarkeit von Schneeschuhhasen (dem Hauptbeutetier des Kanadaluchses) fluktuierte. Schätzwerte für die Größe der Luchspopulation erhält man dabei aus Daten zu den gefangenen Luchsen, von denen man annimmt, dass sie sich proportional zur gesamten Luchspopulation verhalten (Elton und Nicholson 1942). Um die Fluktuationen der Luchspopulation mathematisch zu beschreiben, setzen wir eine periodische Funktion der allgemeinen Form ln(N ) = a + b sin(2π c(t − d))

(6.99)

an. N ist dabei die Größe der Luchspopulation, der Parameter a bestimmt die Verschiebung auf der y-Achse. Der Parameter b bestimmt die Amplitude und die Periode

158

6

Einführung in die Integralrechnung

Abb. 6.7 Anzahl an gefangenen Kanadaluchsen (orange) von 1821 bis 1934 (Elton und Nicholson 1942) und Annäherung durch eine periodische Funktion (blau) 2π ist durch 2πc = 1c gegeben. Der Parameter d ist für die Verschiebung auf der x-Achse zuständig. Für unsere Annäherung setzen wir a = 6.68, was dem Durchschnitt der logarithmierten Werte entspricht. Für den Parameter b richten wir uns nach den mittleren Abständen zwischen der Maximal- und Minimalwerte und verwenden daher b = 2. 1 . Um die Basierend auf (Bulmer 1974) wählen wir für die Periode 9.63, also c = 9.63 richtige Phasenverschiebung zu erhalten, setzen wir außerdem d = 5. Daraus ergibt sich die Funktionsgleichung für die logarithmischen Werte der Luchspopulation mit   2π ln(N ) = 6.68 + 2 sin (t − 5) . (6.100) 9.63

In Abb. 6.7 werden die Datenpunkte (orange) und unsere Modellannäherung (grau) gezeigt. Wir sehen, dass unsere relativ einfache Funktion die Daten zwar nicht perfekt beschreibt, aber eine gute Annäherung liefert. Nun wollen wir noch einen Vergleich zwischen Daten und Modell anstellen. Die Frage ist, ob über den gesamten Zeitverlauf der Modellierung zu Populationsdynamiken passabel auf die Gesamtfelle zurückgeschlossen werden. Wenn wir für die empirischen Datenpunkte, die in regelmäßigen Abständen (ein Eintrag pro Jahr) gegeben sind, die Summe bilden, dann erhalten wir eine Gesamtanzahl von 175334 Luchsfellen. Dieser Wert ist allerdings nicht der, den wir mit dem Modell vergleichen können, da dieses ja die logarithmierten Populationswerte beschreibt. Wir können also entweder den Logarithmus eines Datenpunktes verwenden und diese summieren2 oder das Modell entlogarithmieren. Für zweiteren Ansatz erhalten wir     1934 2π exp 6.68 + 2 sin (t − 5) dt  205654. (6.101) 9.63 1821

2 Über diesen Rechenweg erhält man aus den Daten den empirischen Wert 762 und aus dem Modell

754 bei Integration über 114 Jahre.

6.7 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

159

Daran können wir ablesen, dass eine leichte Überschätzung der Luchspopulation durch unsere Modellnäherung gegeben ist, was ebenfalls bereits grob aus Abb. 6.7 herauszulesen ist3 . Dadurch, dass wir unsere Parameter nur geschätzt und nicht optimiert haben, ist das allerdings zu erwarten. Genauere Übereinstimmung würde man mit entsprechend feiner gewählten Modellparametern erreichen können.

6.7.4

Baumwachstum

Die Biomasse von Bäumen ist ein wichtiger Speicher für Kohlenstoff und beeinflusst nicht nur die biologische Vielfalt, sondern auch biogeochemische Kreisläufe und das Klima. Die Biomasse selbst ist jedoch nur mit einem recht hohen Aufwand zu messen. Um sogenannte Biomassefunktionen zu kalibrieren, also auf den jeweiligen Standort und die Baumart abzuschätzen, müssen in der Regel Probefällungen durchgeführt werden. Um das Fällen von Bäumen möglichst zu umgehen, können auch Dauerbeobachtungsstudien angelegt werden (Bowman et al. 2013). Dabei können Wachstumstrends von verschiedenen Teilen eines Baumes herangezogen und miteinander verglichen werden. Typische Maßstäbe für die Baumgröße sind die Baumhöhe, der Stammdurchmesser, die Basaltfläche und die Biomasse. Die Biomasse wird häufig über Astkompartimente geschätzt, ist also eine Funktion in Abhängigkeit von AstansatzDurchmesser und Astansatz-Höhe. In Abb. 6.8 sind auf der linken Bildseite typische Wachstumskurven über die Lebensspanne eines Baumes angegeben, welche mittels der Funktion W (t) = d · t a e−bt + c

(6.102)

modelliert werden. Die Parameter a, b, c, d ∈ R für die verschiedenen Kurven sind in Tab. 6.3 gegeben. Die erste Ableitung der Funktion ist gegeben mit dW (t) = d · t a−1 e−bt (a − bt) , dt

t > 0.

(6.103)

Um nun das Jahr des maximalen Wachstums Wmax zu ermitteln, setzen wir d W /dt = 0, siehe Tab. 6.3 für auf Jahre gerundete Werte. Wir sehen daraus, dass die Wachstumspeaks der Baumhöhe und des Stammdurchmessers zeitlich gesehen vor den Peaks der Basaltfläche und Biomasse liegen. Interessant ist aber nicht nur das Wachstumsextremum, sondern der Verlauf der Größe über die gesamte Lebensspanne. Dafür ist die Betrachtung des Integrals sinnvoll, jedoch ist die vorliegende Funktion nicht mit den uns bekannten Integrationstechniken lösbar. Ähnlich wie bei der Integration über die Gauß’sche Glockenkurve

3 Durch

die nichtlineare Transformation durch die Exponentialfunktion ändert sich die Differenz zwischen Modellwerten und empirischen Daten, weswegen der Fehler bei dem entlogarithmierten Vergleich sehr viel deutlicher ausfällt.

160

6

Einführung in die Integralrechnung

Abb. 6.8 (Links) Jährlicher Zuwachs in Prozent der verschiedenen Baumeigenschaften, (rechts) Baumgrößen berechnet aus Wachstumsfunktion Tab. 6.3 Parameter a, b, c, d der Gl. 6.102 für die Graphen aus Abb. 6.8, sowie der Extremwert der jeweiligen Wachstumsfunktion Baumhöhe Stammdurchmesser Basaltfläche Biomasse

a

b

c

d

Wmax

0.25 1.2 0.44 0.43

0.025 0.04 0.0088 0.007

0.2 0.2 0 0

0.87 0.055 0.22 0.2

10 Jahre 30 Jahre 50 Jahre 60 Jahre

ist das Integral über eine nichtelementare Funktion definiert. Das Integral für die Modellfunktion der verschiedenen Baumgrößen ist gegeben durch  W (t)dt = ct −

d · t a (bt)−a (a + 1, bt) + const, b

(6.104)

wobei (λ, x) die sogenannte unvollständige Gamma-Funktion ist, welche definiert wird als  ∞ t λ−1 e−x d x, x0 > 0. (6.105) (λ, x) = x0

Die Graphen der Integralkurven sind in Abb. 6.8 auf der rechten Bildseite gezeigt. Wir sehen also, dass junge Bäume sehr schnell an Höhe und Durchmesser zunehmen, diese Wachstumsraten für ältere Bäume aber abnehmen. Oft wird vermutet, dass ältere Bäume bereits ausgewachsen sind und damit weniger Kohlenstoff einlagern als junge Bäume. Stattdessen erhöhen sich für den alten Baumbestand die Basaltfläche und Biomasse noch beträchtlich. Da die gespeicherte Biomasse über die gesamte Baumlebensspanne zunimmt, wächst damit auch die Kohlenstoff-Speicherkapazität einzelner Bäume. Auch wenn dem Altbaumbestand durch das zunehmende Massenwachstum eine wichtige klimaregulierende Funktion zukommt, nimmt die Produktivität älterer Wälder aus anderen Gründen ab. Dies liegt vor allem daran, dass aufgrund veränderter Umweltbedingungen mehr Bäume absterben und damit die Dichte der Wälder derzeit rapide abnimmt.

6.7 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

6.7.5

161

Biologische Auswirkungen von Giftstoffen

Die Haber’sche Regel ist eine einfache, mathematische Näherung, die besagt, dass die biologische Auswirkung k eines Giftstoffes direkt proportional zu dessen Konzentration C in ppm und der Dauer der Exposition t in Minuten ist: k = Ct.

(6.106)

Für zeitliche Veränderungen in der Konzentration kann dieser Zusammenhang mittels Integration über die Zeit erweitert werden:  k = C(t) dt. (6.107) Die Haber’sche Regel wird aufgrund ihrer Einfachheit häufig zur Bestimmung der toxischen Belastung in Folge eines Gaslecks genutzt. Sehen wir uns hierfür beispielsweise eine Papierfabrik an. Zur Papierbleichung wird Chlorgas genutzt. Gaslecks sind zwar aufgrund moderner Sicherheitsstandards selten, können aber erhebliche Gesundheitsschäden verursachen bzw. tödlich enden. Um die zeitliche Entwicklung der Chlorgas-Konzentration darzustellen, benutzen wir die Formel C(t) =

q (1 − e−nt ), nV

(6.108)

wobei V das Volumen des Innenraumes ist und q die Menge an Gas in ppm beschreibt, die pro Minute in den Raum austritt. n gibt an, wie oft das gesamte Luftvolumen des Raumes pro Minute durch frische Luft ersetzt wird. Für unsere ausgedachte Papierfabrik gehen wir von einer Produktionshalle mit V = 100 m3 aus, in der 20-mal in der Stunde die Raumluft vollständig erneuert wird, daher ist n = 1/3. Aufgrund eines Unfalls treten nun 300 ppm Chlorgas pro Minute aus und die Mitarbeiter sind dem Gas im Schnitt 15 min lang ausgesetzt, bevor sie erfolgreich evakuiert werden. Wir setzen dafür die Haber’sche Regel an und erhalten  k= 0

15

15 300  (1 − e−t/3 )dt = 9(3e−t/3 + t) = 108.18. 0 100/3

(6.109)

108 ppm Chlorgas über 15 min führen zu gesundheitlichen Schäden wie Pneumonitis, sollten jedoch nicht lebensgefährdend sein. Die Wahrscheinlichkeit einer tödlichen Exposition von Chlorgas ist geben über Y = −9.55 + ln(k 2 ).

(6.110)

Der Ausdruck im Logarithmus ist eine Erweiterung der Haber’schen Regel, welche die Metabolisierung von Chlorgas berücksichtigt und somit für die Mortalitätsbestimmung genauere Ergebnisse liefert. Wir bestimmen daraus Y = −9.55 + ln(108.182 ) = −0.17

(6.111)

162

6

Einführung in die Integralrechnung

Wenn wir diesen Wert nun in einer Probittabelle, die einem spezifischen Probitwert4 einen Mortalitätswert unabhängig der Ursache zuweist, nachschlagen, sehen wir auch tatsächlich, dass hier noch keinerlei Mortatlitätsgefahr besteht und die Sicherheitsvorkehrungen der Fabrik ausreichend sind.

Übungsaufgaben Die folgenden Übungsaufgaben dienen zur eigenen Überprüfung des Verständnisses zu den Inhalten des Kapitels. 6.1 Einfache unbestimmte Integrale Bestimmen Sie folgende Integrale:  √ 1. F(x) = (x 2 + 1) x d x  (6x 2 +6x) dx 2. G(x) =  3(x+1) 3. H (x) = x − cos(x) d x 4. I (x) = 15x −5 d x  5. J (x) = 2x − 4√1 x d x  6. K (x) = 6x 4 − 4x 3 + 13 d x 6.2 Einfache bestimmte Integrale Bestimmen Sie folgende Integrale: 1. 2. 3. 4. 5. 6.

6

e−3x/4 − e4x/3 d x −6 4 αx 2 + βx + γ d x 1β 2 x + 5x d x  a−π/2 −α a b sin(x) d x + b−π/2 cos(x) d x 2 x 5 dx 12 2 f (x) d x

6.3 Eingeschlossene Flächen 1 1. Berechnen Sie das bestimmte Integral 0 f (x) − g(x) d x mit den Funktionen f (x) = x 3 −x 4 und g(x) = x 6 −x 3 , um auf deren eingeschlossenen Flächeninhalt zu schließen. Setzen Sie ebenfalls eine graphische Analyse an. 5 −x 4 ) 2. Berechnen Sie den eingeschlossenen Flächeninhalt der Funktion f (x) = 3(x(x−1) und g(x) = 6 cos(x). Suchen Sie zuerst die Schnittpunkte. 3. Die Punkte P1 = (1| − 15), P2 = (4|12) und P3 = (5|9) werden durch ein Polynom 2. Grades miteinander verbunden. Berechnen Sie die Fläche zwischen dem Polynom und der x-Achse.

4 Probit steht für „PRObability unIT“, also einem Wert, dem eine gewisse Wahrscheinlichkeit zuge-

ordnet wird, dass das untersuchte Ereignis eintritt.

6.7 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

163

4. Berechnen Sie die eingeschlossenen Flächeninhalte

der natürlichen Exponentialfunktion und ihrer Summendarstellung e x = n=0 ∞ verschiedener Genauigkeiten n = 0, 1, 2, 3, 4. √ 6.4 Mittelwert Es ist die Funktion f (x) = 3 2x +6 gegeben. Der Mittelwert dieser Funktion auf dem Intervall [1; a] ist ≈ 15, 19. Bestimmen Sie die obere Grenze des Intervalls. 6.5 Partielle Integrale Bestimmen Sie folgende partielle Integrale, teilweise unter mehrfacher Anwendung der partiellen Integration: 1. 2. 3. 4. 5. 6.

 F(x) =  sin(x) cos(x) d x G(x) =  x 2 e x d x H (x) = (−3x + 2) cos( x4 ) d x  I (x) =  x1 ln(x) d x J (x) =  |x| d x K (x) = ln3 (x) d x

6.6 Substitution Bestimmen Sie folgende Integrale durch Substitution: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

 F(x) = sin(x) cos(x) d x  G(x) = x1 ln(x) d x  H (x) = (x + 6)7 d x I (x) = sin(x)ecos(x) d x  ex J (x) = 1−e x dx  K (x) =  x cos(x 2 ) d x L(x) = (5 sin4 (x) + 2 sin(x) + 5) cos(x) d x

6.7 Substitution und partielles Integral Bestimmen Sie die folgenden Integrale durch aufeinanderfolgende Anwendung von Substitution und (mehrfacher) partieller Integration:  √ 1. F(x) = sin( x) d x  x 2 +2 2. G(x) = e sin(x 2 + 2)x d x 6.8 Umformungen und Integrationstechniken Bestimmen Sie folgende Integrale anhand der Hinweise:  1. F1 (x) = 1 − cos2 (x 3 ) d x mittels trigonometrischen Pythagoras und Substitution u = 5x 2 , 1 2. F2 (x) = 2+2x+x 2 d x mittels quadratischer Ergänzung und anschließender Substitution u = x + 1,

164

3. F3 (x) =

6



x2 2+2x+x 2

Einführung in die Integralrechnung

d x mittels Erweiterung x 2 = (x 2 + 2x) − 2(x + 1) und

anschließender Substitution u = x + 1 und Anwendung der Kettenregel,  x+2 4. F4 (x) = x 2 +4x+5 mittels Umformung des Zählers auf 2x + 4 und Anwendung der logarithmischen Integrationsregel,  1 d x mittels quadratischer Erweiterung und Substitution u = 5. F5 (x) = 3x 2 +2x+1 √ (3x + 1)/ 2 unter Verwendung der Tabelle für Grundintegrale. 6.9 Trigonometrische Identitäten Bestimmen Sie folgende Integrale:  1. F(z) = sin2 (z) − cos 2 (z) dz,  1 dt, 2. G(t) = 2 cos2 (t)−cos(t x)+t 2  2 sin( ξ2 )(1−cos(ξ )) 3. H (ξ ) = dξ , ξ 3 ξ 2 )−sin ( 2 )  sin( √dr , 4. I (r ) = 2 2 r

r −1

wobei die trigonometrischen Identitäten der Gl. 3.107 und 3.108 verwendet werden sollen. 6.10 Uneigentliche Integrale I Lösen Sie die folgenden uneigentlichen Integrale: ∞ 1. F(x) = 0 2−x d x  ∞ dx 2. G(x) = 0 1+x 2 6.11 Uneigentliche Integrale II Welche der folgenden uneigentlichen Integrale sind divergent? ∞ 1. F(x) = 0 (1 − e−x ) d x ∞ 2. G(x) = −∞ √ d x 2  ∞ 1−x 3. H (x) = 0 e−x sin(x) d x ∞ 4. I (x) = 1 ln(x) d x 6.12 Integrationsgrenzen Für welche untere Integrationsgrenze a gilt  a





1 x +1 1 dx = ? 2 x − 1 (x + 1) 2

6.13 Theorie I Welche der folgenden Aussagen sind korrekt? ∞ 1. Das uneigentliche Integral −in f t y x12 d x = 0, da sich die symmetrischen Flächen unter dem linken und rechten Funktionsast aufheben, obwohl das Integral wegen der Polstelle eigentlich divergiert.

6.7 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

165

∞ x 2. Das Integral über −in f t y x 2d−1 d x existiert nicht, da nicht alle Teilintegrale endlich sind. b ∞ 3. Für ein Integral a f (x)d x = limb→∞ a f (x)d x existiert der Grenzwert für den Fall, dass f (x) stetig ist. 4. Flächeninhalte von Funktionen mit einer unendlichen Anzahl an Unstetigkeitsstellen können mittels Riemann-Integral über Teilintervalle gelöst werden. 6.14 Theorie II Welche der folgenden Aussagen sind korrekt? 1. Die unbestimmte Integration ist eine eindeutige Umkehrung der Differentiation. 2. Die Funktionen x 2 /2 + 5 und (2 + x 2 )/2 und x 2 /2 sind Stammfunktionen von f (x) = x. 3. Die Funktion x 3 ist eine Stammfunktion von 3x 2 und 3x 2 + 3. 4. Der natürliche Logarithmus ist eine Stammfunktion von sich selbst. 5. Die natürliche Exponentialfunktion ist eine Stammfunktion von sich selbst. 6.15 Theorie III Sei f (x) eine Funktion und das unbestimmte Integral gegeben  durch f (x)d x. Die Existenz einer Stammfunktion von f (x) ist gegeben, 1. 2. 3. 4.

wenn f (x) stückweise stetig ist, wenn f (x) stetig ist, immer gegeben, wenn f (x) differenzierbar ist, wenn gilt F(x) + C, wobei für die Integrationskonstante gilt CR \ {0}.

6.16 Theorie IV Welche der folgenden Aussagen können über den Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung verstanden werden? 1. 2. 3. 4.

F(x)|b = F(b) − F(a) b a f (x)d x = f  (b) − f  (a) ab  a f (x)d x = f (b) − f (a) F  (x) = f (x)

7

Mehrdimensionale Funktionen

Bislang haben wir uns mit Funktionen beschäftigt, bei denen das Verhalten der abhängigen Variable nur von einer unabhängigen Variable bestimmt wird. Nun wollen wir diese Diskussion auf Gleichungen mit mehreren Variablen erweitern und uns somit mit reellwertigen und vektorwertigen Funktionen beschäftigen. Der Funktionsbegriff wird nun allgemeiner verwendet, denn dieser erlaubt die Zuordnung von Punkten und Vektoren im Rn zu Punkten und Vektoren im Rm . Allgemein spricht man von höherdimensionalen Funktionen. Grundlegend dafür sind wieder die dazugehörigen Konzepte der Mengenlehre. Ebenfalls wollen wir für dreidimensionale Räume die graphische Darstellungen solcher Funktionen kennenlernen und uns mit Grenzwerten und Stetigkeit beschäftigen. Die Ableitung von mehrdimensionalen Funktionen wird im Kap. 8 diskutiert.

7.1

Funktionen mehrerer Veränderlichen

Für bisherige Funktionen waren sowohl die Definitionsmenge als auch die Zielmenge Teilmengen der reellen Zahlen R, wir haben uns also mit Funktionen der Form f : R → R beschäftigt. Daraus konnten wir mithilfe der Funktionsvorschrift Wertepaare (x, f (x)) erzeugen. Es besteht aber eigentlich kein Grund, dass die Funktionsvorschrift nur in Abhängigkeit von einer Variable x existiert. Ebenso gut kann die Abhängigkeit durch zwei oder mehrere Variablen gegeben sein. Für zwei unabhängige Variablen bestehen die Elemente der Definitionsmenge aus Zahlenpaaren des R2 . Für drei unabhängige Variablen aus Zahlentripel des R3 und allgemein für n unabhängige Variablen aus n-Tupeln des Rn . Allgemein sprechen wir dabei von reellwertigen Funktionen Rn → R.

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 M. L. Kogler und R. Adam, Mathematische Grundlagen für Umweltsystemwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-662-67371-3_7

167

168

7

Mehrdimensionale Funktionen

Reellwertige Funktionen

Jedes Element der Menge Rn wird durch einen Punkt mit n Koordinaten x1 , ..., xn beschrieben. Eine reellwertige Funktion f ordnet jedem Punkt (x1 , ..., xn ) einer Teilmenge D des Rn genau einen reellen Wert y ∈ R zu und man schreibt f : D ⊆ Rn → R : (x1 , ..., xn ) → f (x1 , ..., xn ).

(7.1)

Bei räumlichem Bezug wird häufig die Schreibweise z = f (x, y) verwendet. Die Anzahl an unabhängigen Unbekannten wird auch als Dimension der Funktion dim(V ) = n bezeichnet.  Als Beispiel kann man sich die Temperatur T = T (x, y, z) als eine Funktion der drei Raumkoordinaten Länge, Breite und Höhe vorstellen. Das heißt, es gibt insgesamt vier Werte, drei Positionswerte und einen Temperaturwert.

7.1.1

Vektorschreibweise

Häufig wird ein Punkt mit n Koordinaten auch über einen Ortvektor ⎞ x1 ⎜ ⎟ x = ⎝ ... ⎠ ⎛

(7.2)

xn gegeben, wobei xi mit i = 1, ..., n gilt. Vektoren können dazu verwendet werden, um Punkte in einem Raum anzugeben. Ein Ortsvektor a = OA stellt ausgehend vom Ursprung O einen gewissen Raumpunkt A dar. Vektoren haben somit eine Länge und eine Richtung. Ein Raumpunkt muss in der Definitionsmenge der Funktion liegen, also für die Raumtemperatur T : R3 → R liegt jeder Ortsvektor im R3 . Die Menge aller möglichen Raumpunkte, zu denen ein Vektor führen kann, heißt Vektorraum. Die Dimension eines Vektorraums V mit x ∈ V ist die Anzahl der Freiheitsgrade einer Bewegung in diesem Raum, wir verwenden dafür einfach dim(V ) = n. Für Vektoren sind an dieser Stelle drei Eigenschaften von Bedeutung: • Vektoraddition: Addiert man zwei Vektoren, erhält man einen dritten Vektor ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ y1 x1 + y1 x1 ⎜ x2 ⎟ ⎜ y2 ⎟ ⎜ x2 + y2 ⎟ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ x+y=⎜ . ⎟+⎜ . ⎟=⎜ ⎟. .. ⎠ ⎝ .. ⎠ ⎝ .. ⎠ ⎝ . ⎛

xn

yn

xn + yn

(7.3)

7.1 Funktionen mehrerer Veränderlichen

169

Tab.7.1 Kurvenfunktion (links), reellwertige Funktion (Mitte) und vektorwertige Funktion (rechts) im Vergleich Kurven

Flächen

Vektor-Felder

f :R→R

f : R2 → R

f : R2 → R2

• Multiplikation mit einem Skalar: Ohne die Richtung eines Vektors zu verändern, lässt sich die Länge eines Vektors über eine skalare Multiplikation ändern ⎞ ax1 ⎜ ax2 ⎟ ⎟ ⎜ a · x = ⎜ . ⎟. ⎝ .. ⎠ ⎛

(7.4)

axn • Betrag: Die Länge eines Vektors ist über seinen Betrag gegeben, dieser berechnet sich über  ||x|| = x12 + x22 + · · · + xn2 . (7.5) Neben der Erweiterung von Kurven f : R → R (Punkt auf Punkt) auf reellwertige Funktionen f : Rn → R (Vektor auf Punkt) gibt es auch (reelle) vektorwertige Funktionen f : Rn → Rm (Vektor auf Vektor) , siehe Tab. 7.1. Dies sind Funktionen, die einen n-dimensionalen Vektor auf einen m-dimensionalen Vektor abbilden. Zusammengefasst, als etwas grobe Übersicht, können wir folgende Typen an einund mehrdimensionalen Funktionen unterscheiden: • R → R : x → f (x): der bisher behandelte Fall reeller Kurven • Rn → R : x → f (x): reellwertige Funktionen in mehreren Variablen (zum Beispiel Flächen, Skalarfelder) • R → Rm : x → f(x): ebene Kurven (m = 2) und Raumkurven (m ≥ 3, zum Beispiel Spiralen) (gehören zu vektorwertigen Funktionen) • Rn → Rm : x → f(x): allgemeine vektorwertige Funktionen in mehreren Variablen (linear oder nichtlinear) (zum Beispiel Vektorfelder)

170

7

Mehrdimensionale Funktionen

Abb. 7.1 Dreidimensionale Darstellung der Sinusschwingung (links), spiralförmige Raumkurve (Mitte) und Feldlinien einer vektorwertigen Schwingungsfunktion (rechts)

Vektorwertige Funktionen

Jedes Element der Menge Rn wird durch einen Punkt mit n Koordinaten x1 , ..., xn beschrieben. Eine Funktion f : D → Z nennt sich vektorwertige Funktion, wenn ihre Zielmenge Z Teilmenge eines m-dimensionalen (mit m ≥ 2) Vektorraums ist. Dabei ist die Struktur von D nicht relevant (D = Rn mit n = 1, 2, 3, ...), sondern nur die der Zielmenge. Eine (reelle) vektorwertige Funktion ordnet jedem x ∈ D ein eindeutiges y ∈ Rm zu und man schreibt f : D ⊆ Rn → Rm : (x1 , ..., xn ) → f (x1 , ..., xn ).

(7.6)

Die Dimension einer vektorwertigen Funktion ist durch dim(D)·dim(Z ) = n ·m gegeben. 

7.1.1.1 Beispiele A) Analog zur Sinusfunktion in Abhängigkeit von einer Variable f (x) = sin(x) kann man eine Sinusfunktion in Abhängigkeit von zwei Variablen definieren f (x, y) = sin(x · y),

(7.7)

deren Verlauf ist in Abb. 7.1 (links) gezeigt. B) Eine Spirale (Raumkurve) ist über die Funktion f : R → R2 mit

sin(x) f (x) = cos(x) gegeben, siehe Abb. 7.1 (Mitte).

(7.8)

7.1 Funktionen mehrerer Veränderlichen

171

C) Eine vektorwertige Funktion f : R2 → R2 ergibt sich zum Beispiel über f 1 (x, y) = sin(x y), f 2 (x, y) = cos(x y),

(7.9) (7.10)

wie in Abb. 7.1 (rechts) als Vektorfeld gezeigt. D) Eine vektorwertige Funktion in mehreren Variablen f : R3 → R4 ist gegeben durch ⎞ ⎛ 2x1 3x2 − x3 ⎜ −x1 + 2.5x2 ⎟ ⎟ f (x1 , x2 , x3 ) = ⎜ (7.11) ⎠ ⎝ 4x3 4x1 x2 x3 und kann wegen der hohen Dimension nicht mehr simpel graphisch dargestellt werden.

7.1.2

Flächen im dreidimensionalen Raum

Bleiben wir vorerst bei der Diskussion von reellwertigen Funktionen in mehreren Variablen f : Rn → R : x → f (x). Eine beliebige Funktion z = f (x, y) ist eine Fläche im dreidimensionalen Raum, also eine Fläche, die Höhen und Tiefen hat, wie ein gewelltes Blatt Papier. Die Dimension der Funktion von im Raum liegenden Flächen f = f (x, y) ist zwei, auch wenn die Gesamtheit der Koordinaten (x, y, f (x, y)) über den dreidimensionalen Raum gezeigt werden kann. Flächen sind also zweidimensionale Teilmengen des dreidimensionalen Raumes. Wir kennen schon über die Diskussion von eindimensionalen Funktionen den Unterschied zwischen impliziter und expliziter Form. Auch für mehrdimensionale Funktionsgleichungen gilt, dass bei Auflösung nach einer Variable diese in der expliziten Form angegeben werden können. Viele Flächen lassen sich als Gleichungen nur in der impliziten Form darstellen, wie zum Beispiel die Kugelfläche x 2 +y 2 +z 2 = r 2 , wobei r = const. Implizite Formen sind meist kompliziertere Flächen im R3 , denn für die explizite Form gilt wieder die Eindeutigkeit von Funktionsgleichungen, welche jedem (x, y) höchstens ein z zuordnen können.

7.1.2.1 Graphische Darstellungen Wir wollen uns mit der Darstellung von reellwertigen Funktionen mit zwei unabhängigen Variablen x, y beschäftigen. Abb. 7.2 zeigt die Graphen dreier reellwertiger Funktionen in zwei Variablen. Die Koordinatenachsen sind hier nicht um den Koordinatenursprung aufgezeichnet, man beachte daher die Einträge der Achsen etwas

172

7

Mehrdimensionale Funktionen

Abb. 7.2 (Links) f (x, y) = x 2 Parabolzylinder, (Mitte) f (x, y) = x 2 + y 2 elliptisches Paraboloid und (rechts) f (x, y) = x 2 − y 2 hyperbolisches Paraboloid

Abb. 7.3 Flächendarstellung mittels drei Achsen (links), Höhenlinien (Niveaulinien) (Mitte) und 2 2 Kennlinien (rechts) der Funktion f (x, y) = e−(x +y )/10

genauer. Auf der linken Graphik ist die Funktion f (x, y) = x 2 gezeigt, welche auch Parabolzylinder genannt wird. Die mittlere Graphik zeigt ein elliptisches Paraboloid der Form f (x, y) = x 2 + y 2 und rechts ist ein hyperbolisches Paraboloid f (x, y) = x 2 −y 2 abgebildet. Nicht gekrümmte (ebene) Flächen werden über lineare Abbildungen dargestellt, siehe dafür Abb. 7.4 (links) und (Mitte). Eine alternative Methode zur Visualisierung mehrdimensionaler Kurven ist die Darstellung mittels Höhenlinien und Kennlinien. Für Höhenlinien, auch Niveaulinien, werden verschiedene Funktionswerte z = const ausgewählt und ein Horizontalschnitt angelegt. Somit können topographische Landkarten angelegt werden, siehe dafür Abb. 7.3 (Mitte). Mathematisch findet man Höhenlinien, indem man z als Konstante ansetzt und die Gleichung nach y auflöst1 . z = f (x, y) = const −→ y = f (x) mit z = const.

(7.12)

Für Kennlinien werden vertikale Schnitte angelegt, man wählt also für ein festes y = const (oder auch vertauscht für festes x = const) den entsprechenden Funktionsverlauf in der xz-Ebene (oder yz-Ebene). Kennlinien sind entsprechend einfach zu ermitteln für explizite Formen von Flächen, da nur konstante Werte von entweder x oder y ausgewählt werden müssen.

1 Da

nicht jede Funktion sich analytisch nach y auflösen lässt, werden für komplizierte Funktionen häufig numerische Verfahren verwendet, um Höhenlinien anzunähern.

7.1 Funktionen mehrerer Veränderlichen

173

Abb. 7.4 (Links) und (Mitte) Lineare Abbildungen f (x, y) = x + 2y und f (x, y) = 0; (rechts) eine nichtlineare Abbildung f (x, y) = x 3 + y 3

7.1.2.2 Beispiele A) Die Nullstelle des elliptischen Paraboloids f (x, y) = x 2 + y 2 = 0 ergibt sich analog wie für die gewöhnliche Parabel und wir finden f (0, 0) = 0. Das Paraboloid gehört zu den Rotationsflächen. Diese entstehen, wenn eine Kurve um eine Achse rotiert wird. Dabei wird die Parabel f (x) = x 2 um die z-Achse gedreht, somit ist das Paraboloid rotationssymmetrisch um die z-Achse. B) Lineare Abbildungen stellen ebene (nicht gekrümmte) Flächen dar, wie in Abb. 7.4 gezeigt für die Funktion z = x + 2y. Horizontale Fläche können über einen konstanten Wert dargestellt werden. Zum Beispiel ist die xy-Ebene durch die Funktion z = f (x, y) = 0 gegeben. Vertikal verschoben dazu sind beispielsweise die Flächen z = 3 und z = −2. C) Die Bestimmung der Höhenlinien für die Funktion z = f (x, y) = e−(x

2 +y 2 )

(7.13)

erfolgt mit z = const über ln(z) = −(x 2 + y 2 ),

(7.14)

y = −x − ln(z)

(7.15)

2

2

und daraus y = ± −(x 2 + ln(z)).

(7.16)

174

7

a

Mehrdimensionale Funktionen

b

Abb. 7.5 Grenzwerte für eindimensionalen und mehrdimensionalen Fall

Verschiedene Höhenlinien erhält man für die Wahl verschiedener Werte von z. Anwendungen

Elliptische Paraboloide kommen beispielsweise als Oberflächen von Satellitenschüsseln vor. Die beliebten Kartoffelchips, welche sich in länglichen Behältern stapeln lassen, haben die Form eines hyperbolischen Paraboloids, um ihre Stabilität zu erhöhen. Ein Paraboloid über eine rotierende Parabel (Rotationsparaboloid) entsteht bei durch Rotation entstehende Fläche in runden Behältern, also wenn man Flüssigkeiten um eine senkrechte Achse dreht. Grund dafür ist, dass sich Schwerkraft und Fliehkraft überlagern. Um es genauer zu sagen, die Flüssigkeitsoberfläche nimmt die Form einer rotierenden Parabel an. Eine der bekanntesten physikalischen Gleichungen, welche von mehreren Variablen abhängig ist, ist die Zustandsgleichung von Gasen. Hier beschreibt man den Druck p als eine Funktion der Temperatur T und des Volumens V ist p = p(T , V ). Typischerweise kommen Funktionen mit vielen Abhängigkeiten in der Wirtschaft vor, wie die Gewinnberechnung von Unternehmen. Hier ist der Gewinn eine Funktion der Umsätze u aller n Produkte und verschiedenen Kostenstellen k, die Abhängigkeiten ergeben sich also zu G = G(u 1 , u 2 , ..., u m , k1 , ..., km ). Systeme sind generell abhängig von mehreren Variablen und deren Verhalten kann somit über mehrdimensionale Funktionen modelliert werden. 

7.2

Stetigkeit im mehrdimensionalen Fall

Nun möchten wir das Konzept der Grenzwerte und Stetigkeit auf den mehrdimensionalen Fall erweitern, was aber deutlich mehr Schwierigkeiten bereitet. Wir erinnern uns zuerst an Stetigkeit von Funktionen einer Variable: Nehmen wir eine beliebige Funktion wie in Abb. 7.5 (links) und betrachten wir die einseitigen Grenzwerte an den Punkten x = a und x = b. Dabei sehen wir, dass für Punkt a der linksseitige Grenzwert gegen einen anderen Wert strebt als der rechtsseitige Grenzwert, f (a − ) = f (a + ). Wie bereits bekannt, ist eine Funktion f stetig in x0 , wenn der linksseitige Grenzwert gleich dem rechtsseitigen Grenzwert ist und lim x→x0 f (x) = f (x0 ) gilt. In obigem Beispiel ist das für die Stelle b, nicht aber für die Stelle a der Fall.

7.2 Stetigkeit im mehrdimensionalen Fall

175

Während man sich einem Punkt auf dem Graphen einer eindimensionalen Funktion nur von links oder rechts annähern kann, kann der Grenzwert im mehrdimensionalen Fall aus unendlich vielen Richtungen betrachtet werden, siehe dafür Abb. 7.5 (rechts). Nähern wir uns einem beliebigen Punkt auf diesem Paraboloid, so können wir dies von unten, oben, links, rechts, aber auch aus jeder beliebigen Richtung dazwischen machen. Ebenfalls müssen diese Näherungen nicht zwangsweise auf geraden Bahnen erfolgen. Ebenso könnten parabelförmige oder anders krummlinige Verläufe in Betracht gezogen werden. Wir wollen über dieser Grundlage die Konvergenz für reellwertige Funktionen in zwei Variablen definieren: Konvergenz für reellwertige Funktionen in zwei Variablen

Sei eine Funktion f : D ⊆ R2 → R und sei a = (a1 , a2 ) ∈ D, so existiert ein Grenzwert lim

(x,y)→a

f (x, y) = L,

(7.17)

falls bei beliebiger Annäherung von x an a1 und gleichzeitiger beliebiger Annäherung von y an a2 die Funktionswerte f (x, y) immer näher an den Wert L heranrücken.  Da man bei dieser Definition unendlich viele Näherungskurven untersuchen muss (also ob sich alle möglichen Kurven dem gleichen Wert nähern und dieser dem Funktionswert entspricht), handelt es sich bei dieser Definition des Grenzwertes um ein theoretisches Kriterium der Stetigkeit. In der Praxis ist es fast unmöglich, mit diesem Kriterium Stetigkeit zu beweisen. Es ist aber gut zu verwenden, um zu zeigen, dass eine Funktion nicht stetig ist. Dafür muss man nur eine einzige Näherungsbahn finden, deren Grenzwert sich vom Funktionswert unterscheidet.

7.2.1

Beispiele

A) Für die Funktion f (x, y) = x 2 + y 2 gilt für die Definitionsmenge D = R2 und die Zielmenge Z = [0, ∞). Für diese Funktionen gibt es 1) keine Unendlichkeiten (Pole) in den reellen Zahlen, 2) keine Sprünge und 3) ist es keine unendlich schnelle Schwingung. Analog zum Fall einer Parabelfunktion einer einzigen Variable ist diese Funktion stetig. B) Anhand der Erfahrung mit Funktionen einer einzigen Variablen kann man sehen, dass die beiden Funktionen f und g mit

176

7

Mehrdimensionale Funktionen

1 ), x 2 + y2 1 g(x, y) = 2 . x + y2 f (x, y) = sin(

(7.18) (7.19)

auf ihrem Definitionsbereich (D = R2 \ {(0, 0)}) stetig sind. Beide Funktionen kön1 lim sin( x 2 +y nen jedoch nicht stetig auf ganz R2 fortgesetzt werden, da 2 ) und (x,y)→(0,0)

lim

(x,y)→(0,0)

1

x 2 +y 2

nicht existieren.

C) Gegeben sei die Funktion f (x, y) =

x 4 − y4 , x 4 + y4

f (0, 0) = 0,

(7.20)

die in Abb. 7.6 (links) gezeigt wird. Die Funktion ist für alle (x, y) ∈ R2 definiert. Um zu untersuchen, wie sich die Funktion in der Umgebung der Stelle (0, 0) verhält, wollen wir den Grenzwert untersuchen. Dafür wollen wir visuell vorgehen und den Funktionsverlauf entlang der x-Achse f (x, 0) mit dem Funktionsverlauf entlang der y-Achse f (0, y) vergleichen: x4 = 1, x→0 x→0 x 4 −y 4 lim f (0, y) = lim 4 = −1. y→0 y→0 y lim f (x, 0) = lim

(7.21) (7.22)

Wir sehen, dass die Funktion gegen 1 konvergiert, wenn wir uns der Stelle (0, 0) entlang der x-Achse nähern. Nähern wir uns der Stelle jedoch entlang der y-Achse, konvergiert die Funktion gegen den Wert −1. Das zeigt, dass es für den Grenzwert nicht egal ist, über welche Bahn wir uns der Stelle (0, 0) nähern. Somit ist die Funktion im Punkt (0,0) nicht stetig. D) Betrachten wir die Funktion f (x, y) =

x2 y , + y2

x4

f (0, 0) = 0,

(7.23)

deren Verlauf in Abb. 7.4 (rechts) gezeigt wird. Ziehen wir die Grenzwerte lim x→0 f (x, 0) und lim y→0 f (0, y), so sehen wir, dass die Funktion aus diesen Richtungen gegen null geht. Wir könnten sogar eine beliebige Richtung auswählen: Solange wir uns der Stelle (0, 0) geradlinig annähern, ist der Grenzwert null. Da wir

7.2 Stetigkeit im mehrdimensionalen Fall

Abb. 7.6 (Links) f (x, y) =

x 4 −y 4 x 4 +y 4

und (rechts) f (x, y) =

177

x2 y x 4 +y 2

aber auch krummlinige Bahnen betrachten müssen, um eine Aussage über die Stetigkeit der Funktion treffen zu können, wollen wir uns den parabelförmigen Verlauf y = x 2 am oberen Rand der Fläche ansehen. Dies entspricht dem Kamm der Erhöhung in Abb. 7.4 (rechts). Wenn wir diesen Kamm entlang in Richtung (0, 0) gehen, so sehen wir, dass der Funktionswert überall 0.5 ist und somit auch der Grenzwert 0.5 ist. Somit haben wir bereits eine Ausnahme gefunden, die uns zeigt, dass die Funktion an der Stelle (0, 0) nicht stetig sein kann. Analog kann man dies für das parabelförmige Tal der Funktionsfläche zeigen. Das bedeutet, dass die Funktion für (x, y) → (0, 0) nicht konvergiert und somit an der Stelle (0, 0) nicht stetig ist.

7.2.2

Richtungsgrenzwerte und Richtungsstetigkeit

Aus der Diskussion um Konvergenz für reellwertige Funktionen in zwei Variablen kann man folgende Aspekte zusammenfassen: Wenn man gleichzeitig alle Raumrichtungen in Betracht zieht, so müsste man ebenfalls alle möglichen Kurven in Betracht ziehen, die entsprechende Grenzwerte bilden. Nur wenn alle diese übereinstimmen, kann man von einem echten Grenzwert sprechen. Klar ist, dass diese Vorgehensweise praktisch nicht durchführbar ist, daher muss das Problem vereinfacht werden. Daher wurde für mehrdimensionale Probleme die sogenannte Richtungsabhängigkeit eingeführt. Dabei wollen wir uns nur entlang einer Geraden annähern, also über eine fixe Richtung einem Punkt nähern. Dafür benötigen wir einen Richtungsvektor a und eine Stelle x0 , der sich für einen Grenzwert angenähert werden soll. Ganz generell wollen wir Richtungen durch die Einheitsvektoren angeben, die wir schon für unsere Koordinatenachsen verwendet haben. Im R2 sind das {e1 , e2 } und im R3 sind das {e1 , e2 , e3 }, analoge Einheitsvektoren sind für höherdimensionale Probleme definiert. Eine beliebige Richtung, beschrieben durch den Richtungsvektor a, in R2 ist dann durch den Vektor

a1 , (7.24) a= a2

178

7







Mehrdimensionale Funktionen



0 a1 + , 0 a2



1 0 + a2 = a1 0 1

=

(7.25) (7.26)

gegeben. Graphisch bedeutet das, dass die Distanz a1 in der x-Koordinate und a2 in der y-Koordinate zurückgelegt wurde, um an den Punkt a zu gelangen. Wir wählen eine beliebige Gerade g : y = x0 +ha. Nun wollen wir für eine Funktion vorerst nur deren Werte betrachten, die auf dieser Geraden g liegen. Dadurch haben wir unser Problem vereinfacht, sodass die Funktion nur noch in der Variablen h vorliegt. Damit die Länge des Vektors a keinen Einfluss hat, sollen nur normierte a der Länge 1 verwendet werden. Vektoren ||a|| Richtungsgrenzwert

Sei f : Rn → Rm gegeben. Das Verhalten der Funktion soll entlang einer Geraden g : y = x0 + ha mit normiertem Vektor ||a|| = 1 und h ∈ R durch einen Punkt x0 untersucht werden. • Falls existent, heißt L = lim f (x0 + ha) der Grenzwert von f an x0 in h→0

Richtung a. • Falls lim f (x0 + ha) = f (x0 ) gilt, ist die Funktion f stetig in x0 in Richtung h→0 a. Der Richtungsgrenzwert in Komponentenschreibweise mit x0 = (x1 , x2 , ..., xn ) und a = (a1 , a2 , ..., an ) ist dann durch lim f (x1 + ha1 , x2 + ha2 , ..., +xn + han )

h→0

(7.27)

gegeben. 

7.2.2.1 Beispiele A) Betrachten wir wieder das Beispiel f (x, y) =

x2 y , x 4 + y2

f (0, 0) = 0

(7.28)

7.3 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

179

von zuvor und setzen nun eine beliebige lineare Annäherung2 mit a = (a1 , a2 ) an die Stelle x0 = (x1 , x2 ) = (0, 0) an f (x0 + ha) = f (x1 + ha1 , x2 + ha2 ), = =

h 3 a12 a2 , h 4 a14 + h 2 a22 ha12 a2 . h 2 a14 + a22

(7.29) (7.30) (7.31)

Nun wollen wir wissen, wie sich der Grenzwert verhält: ⎧ lim a02 = 0, a1 = 0 ⎪ ⎪ ⎪ h→0 2 ⎨ ha 2 a2 lim h 20a 4 = 0, a2 = 0 lim 2 41 2 = h→0 1 ⎪ h→0 h a + a 2 ⎪ 1 2 ⎪ ⎩ lim ha41 a2 2 = 0, a1 = 0, a2 = 0. 2 h a +a h→0

1

(7.32)

2

Somit ist f in jede Richtung a stetig. Um nun analytisch zu zeigen, dass der krummlinige Verlauf über den Kamm der Funktion zu einem anderen Grenzwert führt, betrachten wir die Folge (xn , yn ) mit xn = n1 , yn = n12 . Wir setzen ein und erhalten f (xn , yn ) =

1 1 n2 n2 1 n4

+

1 n4

=

1 n4 2 n4

=

1 . 2

(7.33)

Somit gilt f (xn , yn ) →

1 f¨ur n → ∞ 2

(7.34)

und f ist in x0 = (0, 0) nicht stetig.

7.3

Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

7.3.1

Integrität von Korallenriffen

Ein Korallenriff wie das Maui Nui, Hawaii, ist ein komplexes Ökosystem, dessen Stabilität durch mehrere Faktoren beeinflusst wird. Der sogenannte Zustand des Riffs

2 Auch

wenn wir bereits wissen, dass krummlinige Annäherungen über den Kamm und das Tal gezeigt haben, dass es sich bei (0, 0) um eine Unstetigkeitsstelle handelt.

180

7

Mehrdimensionale Funktionen

(State of the Reef, Weijerman et al. (2018)) ist definiert durch die gewichtete Summe von fünf Indikatoren,  ωi · Ri (7.35) ZR = i

= ωK RK + ωK R RK R + ωF R F + ωF R R F R + ω A R A ,

(7.36)

wobei ωi die Gewichtungsfaktoren und Ri die standardisierten Werte für Riffstruktur darstellen: 1) Korallenbewuchs K , 2) Korallenreichtum K R, 3) Gesamtfischbiomasse F, 4) Fischreichtum F R und 5) Makroalgenbewuchs A. Um den Zustand eines Riffs zu bewerten, werden empirische Messdaten und darauf basierende Modelle der fünf Faktoren verwendet. Empirische Daten werden meist mit Satelliten oder In-situ-Messungen erhoben, Modelldaten sind als Abschätzungen und Annahmen zu verstehen, um aus Stichprobenmessungen Verteilungen zu extrapolieren. Die Auswertung erfolgt für jeden Faktor pro Pixel der Input-Daten, zum Beispiel wird Bewuchs als der prozentualen Bedeckung pro Pixel in den verschiedenen Schichten definiert. Reichtum ist eine Funktion der Diversität, basiert demnach auf der Anzahl verschiedener Spezien pro Pixel. Biomasse ist eine Funktion der Anzahl an Individuen. Aus umweltsystemischer Perspektive ist nun interessant, inwiefern die verschiedenen Indikatoren sensibel auf Einwirkungen auf das Ökosystem reagieren. Dabei spielen sowohl lokale Faktoren, wie Fischerei und Tsunamis, als auch globale klimabedingte Stressfaktoren, wie Erwärmung und Versauerung des Meerwassers, eine Rolle3 . Auch wenn die verschiedenen Indikatoren additiv für den Zustand des Riffs verwendet werden, sind diese komplex miteinander verbunden. Solche Wechselwirkungen und nichtlinearen Kopplungen sind eine typische Eigenschaft von komplexen Systemen. Nachhaltige lokale Fischereibewirtschaftung hat einen direkten Effekt auf die Gesamtfischbiomasse. Meeresschutzgebiete erzeugen eine Umkehrung der historischen Raubfischbiomasse, was wiederum einen Einfluss auf die Biomasse der Pflanzenfresser hat. Die Beeinflussung von globalen Stressfaktoren ist vielschichtig. Zum einen kommt es wegen klimabedingter Temperaturerhöhung zu einem verstärken Algenbewuchs. Dadurch steht mehr Nahrung für Pflanzenfresser zur Verfügung, was wiederum die Biomasse von Pflanzenfressern als auch von Raubtieren beeinflusst. Typischerweise schwanken diese Populationen in Zyklen (Räuber-Beute-Systeme), auf die Steigerung des Fischbestandes folgt wiederum ein Anstieg der lokalen Fischerei. Somit unterliegt die Populationsdynamik einer komplexen Interaktion von Futter, Räuber, Beute und Jäger (Fischer). Auch wenn ein System wie ein Korallenriff natürlichen Schwankungen unterliegt, können große Schwankungen die Integrität des Systems stören. Je besser der Zustand des Riffs ist, umso höher ist auch seine Resilienz, mit solchen Schwankungen umgehen zu können. Je schlechter der Zustand, umso leichter kann das System

3 Die

hier qualitativ geführte Diskussion zu Einflüssen auf Korallenriffe basiert auf den Daten und Modellergebnissen aus Weijerman et al. (2018).

7.3 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

181

Abb. 7.7 Änderung der Windgeschwindigkeit mit steigender Höhe für eine Referenzgeschwindigkeit von 5 m/s in 10 m Höhe

kippen, was zu einem Zusammenbruch der Biomasse und Diversität führt. Dabei ist die Verdrängung von Korallen durch die Versauerung der Meere der Hauptfaktor für die Abnahme der Integrität eines Riffs, wodurch dieses sich viel langsamer und schlechter von Stress, wie Tsunamis oder Befischung, erholen kann. Dies kann sogar bis zum totalen Zusammenbruch eines Umweltsystems führen, dem Kipppunkt des Systems, sodass die natürlichen Prozesse zu instabil werden und das Ökosystem verschwindet. Die optimistischen Erwärmungszenarien des Klimas sind dabei gute Kandidaten für die Erhaltung der weltweiten Korallenriffe.

7.3.2

Günstige Standorte für Windräder

Um Windenergie möglichst zuverlässig und effizient zu produzieren, ist es notwendig, Windräder an Orten mit hohen und weitgehend konstanten Windgeschwindigkeiten v zu positionieren. Aus diesen Gründen werden Windräder häufig auf Hügeln oder Plateaus gebaut, da die Windgeschwindigkeit in der unteren Atmosphäre mit der Höhe ansteigt (Abb. 7.7) und zusätzlich geringere Variabilität aufweist. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Dichte der Luft ρ mit steigender Höhe abnimmt. Durch diesen Effekt treffen insgesamt weniger Luftpartikel auf das Windrad auf, somit wird mit steigender Höhe bei gleicher Windgeschwindigkeit weniger Energie umgesetzt. Die Frage, welcher dieser Effekte überwiegt, kann mithilfe der Formel für die Windleistung P pro Stunde, gegeben über P=

ρ Av 3 , 2

(7.37)

beantwortet werden. A steht dabei für die Fläche der Rotorblätter. Wir sehen, dass die kubische Abhängigkeit zur Windgeschwindigkeit einen weit stärkeren Einfluss hat als die Dichte. Da dies positiv für die Energiegewinnung ist, werden hohe Standorte präferiert. Diese Überlegungen seien nun an einer modellierten Landschaft, deren Höhenlagen durch die Funktion f (x, y) = x sin(x) + y cos(3y) + sin(x y)

(7.38)

182

7

Mehrdimensionale Funktionen

Abb. 7.8 Höhenlinien einer fiktiven Landschaft in Kilometer

beschrieben ist, diskutiert, siehe Abb. 7.8. Um zu zeigen, welche Orte sich am besten für den Bau eines Windrades eignen würden, betrachten wir die Höhenlinien, die wir für konstante Werte der Funktion in der x y-Ebene erhalten. Dadurch können wir sehen, wo sich die bestgeeigneten Stellen befinden, die als potentielle Bauorte dienen können. Die beiden Hügelketten am oberen und unteren Ende der Karte sind, was Form und Größe betrifft, besonders geeignet. In der Realität würden diese Orte noch auf Zugänglichkeit und Topographie untersucht werden, um die Kosten der Errichtung abzuschätzen, da für ein einziges Windrad mehrere hundert Tonnen Metall und Beton notwendig sind. Gehen wir nun davon aus, dass eine Untersuchung der unteren Hügelkette ergeben hat, dass auf einer Höhe von 1.5 km (Standort 1) mit einer durchschnittlichen Windgeschwindigkeit von 10.6 m/s 15.2 km2 für den Bau von Windrädern zur Verfügung stehen würden, während es bei 1.8 km (Standort 2) mit einer durchschnittlichen Windgeschwindigkeit von 10.9 m/s nur 12.6 km2 wären. Allerdings kann aus Kostengründen nur eine der beiden Flächen bebaut werden. Daher berechnen wir nun, wie viel Energie dort jeweils produziert werden könnte. Zunächst bestimmen wir die maximale Anzahl an Windrädern, die pro Quadratkilometer gebaut werden können. Hierfür ist zu beachten, dass Windräder zueinander das Siebenfache ihres Rotordurchmessers (d = 100 m) in Windrichtung und das Vierfache in Seitenwindrichtung als Abstand zueinander haben sollten. Daraus folgt die Fläche, die ein einzelnes Windrad einnimmt: 400 m · 700 m = 280000 m2 = 0.28 km2 .

(7.39)

Daraus folgt, dass pro km2 3.5 Windräder aufgestellt werden können. Das heißt, bei einer Fläche von 15 km2 sind 50 Windräder möglich und bei 9 km2 insgesamt 45 Windräder. Nun können wir mittels Gl. 7.37 die potentiellen Windleistungen eines

7.3 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

183

Windrades mit einem Wirkungsgrad von c p = 0.5 der beiden Standorte bestimmen. Für Standort 1 ergibt sich 1.07 kg/m3 · 7854 m2 · 10.63 m3 /s3 , 2 = 2.5 · 106 W = 2.5 · 103 kW

c p · P1 = 0.5 ·

(7.40) (7.41)

und für Standort 2 1.03 kg/m3 · 7854 m2 · 10.93 m3 /s3 , 2 = 2.6 · 106 W = 2.6 · 103 kW.

c p · P2 = 0.5 ·

(7.42) (7.43)

Bei einer konstanten Windgeschwindigkeit über das gesamte Jahr würde Standort 1 insgesamt 1.10 TW (Terawatt, also ein Billion Watt) und Standort 2 1.04 TW Energie produzieren. Bei einem Einspeistarif von 8.15 c/kWh würde Standort 1 89.65 Mio. e erwirtschaften, während Standort 2 84.76 Mio. e erwirtschaften würde. Allerdings ist hier zu beachten, dass selbst Windparks mit einer sehr guten Lage über ein Jahr nur 50 bis 60 % der möglichen Energie erzeugen können, da Wartungsarbeiten und variable Windgeschwindigkeiten den Betrieb beeinträchtigen. Dazu kommen auch Stromgestehungskosten4 von ca. 4.5 c/kWh für Standort 1 und von ca. 4 c/kWh für Standort 2. Standort 1 würde also pro Jahr zwischen 20.07 Mio. e und 24.09 Mio. e Gewinn machen und Standort 2 zwischen 21.58 Mio. e und 25.89 Mio. e Gewinn. Wir sehen also, dass Standort 2 aufgrund der höheren Windgeschwindigkeit rentabler ist, da weniger Windräder für eine ähnliche Energieproduktion notwendig sind und daher die Stromgestehungskosten niedriger sind.

7.3.3

Zuchtwertschätzung

Tierzucht bestimmter Rassetierarten bedarf intensive Kenntnis über die Heritabilität, also das Maß für die Erblichkeit von Eigenschaften. Gewisse gewünschte Eigenschaften sollen durch kontrollierte Fortpflanzung verstärkt und unerwünschte Eigenschaften durch Zuchtauslese zum Verschwinden gebracht werden. In der Geschichte der Zucht wurden Tiere zuerst nach ihren äußeren Erscheinungsmerkmalen ausgewählt, also ihrem Phänotyp. Dies führte zu einer Differenzierung in die sehr verschiedenen (Nutz-)Tierrassen. Zum Beispiel wurde das vom Mufflon abstammende Hausschaf vor rund 10.000 Jahren domestiziert und reicht vom Merinoschaf, welches ursprünglich wohl aus Nordafrika stammt, über das Walliser Schwarznasenschaf bis zum Tiroler Bergschaf.

4 Kosten, welche für die Energieumwandlung von einer anderen Energieform in elektrischen Strom

notwendig sind, bestehend aus anfänglichen und laufenden Kosten.

184

7

Mehrdimensionale Funktionen

Für die Züchtung in Typus- und Erscheinungsmerkmale funktionierte die Auswahl nach dem Phänotyp relativ gut, für sogenannte Leistungsmerkmale (Wollleistung, Milchleistung, Gesundheit etc.) war diese Strategie weniger erfolgreich. Daher wurde für moderne Züchtung die Zuchtwertschätzung (ZWS) eingeführt, welche es ermöglicht, Rückschlüsse auf das genetische Potenzial zu ziehen. Da über den Genotyp keine direkte Auskunft verfügbar ist, wird der Zuchtwert stattdessen anhand des Phänotyps eines Individuums und seiner Familie abgeschätzt. Die Zuchtwertschätzung beruht auf diversen statistischen Verfahren, die mitunter recht anspruchsvoll sein können, Vogel (2019). Wir wollen hier einen vereinfachten Ansatz der Erblichkeitsmodellierung über die Eigenleistung diskutieren. Der Zusammenhang zwischen Genotyp und Phänotyp eines Individuums ist gegeben über die Eigenleistung des Tieres oder der Nachkommen des Tieres. Der Wert eines phänotypischen Merkmals y ist dabei gegeben mit y = μ + a + ,

(7.44)

dabei entspricht μ dem Populationsmittel, a dem gesuchten Zuchtwert (basierend auf genetisch-additiver Varianz) und Umweltfaktoren (umweltbedingte Einflüsse) werden mit  berücksichtigt. Eigenleistungen eines Tieres bestehen aus verschiedenen Aspekten wie Milchleistung, Wollleistung, Gesundheit oder Ähnliches. Somit müssen wir den Modellansatz auf ein mehrdimensionales Problem erweitern und erhalten y = μ + a + , yi = μi + ai + i .

(7.45) (7.46)

Gesucht ist nun ai , also der Zuchtwert je Merkmal i. Dieser muss mittels statistischem Verfahren5 erhoben werden. Der geschätzte Zuchtwert a˜ i ist gegeben über a˜ i = bai ,yi (yi − μi ).

(7.47)

Die Heritabilität bai ,yi = h 2 = var (a)/var (y) (Skalar) entspricht einem Zusammenhang zwischen Genotyp und Phänotyp, der über dessen Varianzen gegeben ist6 . Die Gleichung ist wie folgt zu verstehen: Die Eigenleistung y des Tieres muss systematisch auf Umwelteinflüsse μ relativiert werden (daher als Differenz), da diese von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich sind. So können Unterschiede aufgrund von verschiedenen Haltungsbedingungen, Standorten, Futter usw. korrigiert werden. Außerdem spielt die Erblichkeit h eine bedeutende Rolle für phänotypische Eigenschaften, bei deren Ausbildung sowohl Gene als auch Umwelteinflüsse einfließen.

5 Dabei

wird häufig die lineare Regression verwendet, um einen Zusammenhang der additiv genetischen Werte und den phänotypischen Beobachtungen zu erhalten. 6 Genauer gesagt, entspricht b u,yi dem Regressionskoeffizient des Genotyps auf den Phänotyp, gegeben durch die Varianzen var (a)/var (y) des jeweiligen Merkmals i.

7.3 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

185

Dies wird durch eine Gewichtung (Multiplikation) für den geschätzten Zuchtwert berücksichtigt. Als anschauliches Beispiel wollen wir von Merinoschaf Manfred eine Zuchtwertschätzung über seine Gesundheit G und Wollleistung W machen. Der Populationsdurchschnitt ist μG = 0.82, μW = 0.64, die phänotypischen Messungen sind yG = 0.89, yW = 0.53. Für Gesundheit wird eine Heritabilität von bG = 0.35 und für Wollleistung eine Heritabilität von bW = 0.25 standardmäßig angenommen. Daraus ergibt sich das zweidimensionale Problem a˜ G = bG (yG − μG ) = 0.0245, a˜ W = bW (yW − μW ) = −0.0275.

(7.48) (7.49)

Der totale Zuchtwert Z wird als gewichtete Summe der geschätzten Zuchtwerte der einzelnen Merkmale angenommen, wobei die Wollleistung leicht stärker gewichtet wird Z = 0.4a˜ G + 0.6a˜ W = −0.0067.

(7.50)

Ein negativer totaler Zuchtwert bedeutet, dass Merinoschaf Manfred unter dem Populationsmittel liegt. Da bei Züchtung generell eine Verbesserung der Merkmale der Nachkommen im Vergleich zu den Elterntieren angestrebt wird, ist Merinoschaf Manfred keine geeignete Wahl für die künstliche Selektion dieser Schafpopulation.

7.3.4

Umweltschäden und Rebound-Effekt

Auch wenn jede Spezies des Planeten das System Erde mehr oder weniger prägt, ist in den letzten Jahrhunderten der Einfluss des Menschen überproportional gestiegen. Diese Dominanz hat schwerwiegende Auswirkungen auf die biophysikalische Umwelt. Die globale Erderwärmung, Zerstörung von Ökosystemen, Versauerung der Meere und Verlust der Artenvielfalt gehören zu den vom Menschen direkt oder indirekt verursachten Schäden. Die Zusammenhänge zwischen menschlichen Aktivitäten und Umweltauswirkungen sind sehr komplex und nicht leicht mittels Modellen zu erfassen. In der Regel gilt: Je einfacher ein Modell ist, desto anschaulicher sind seine Aussagen, allerdings auf Kosten der Genauigkeit und der Details der daraus gewonnenen Erkenntnisse. Im Folgenden wollen wir ein bekanntes, aber dennoch kritisch zu hinterfragendes Gedankenexperiment zu Faktoren für Umweltzerstörung, basierend auf Bevölkerung, Wirtschaftswachstum und Ressourcenknappheit qualitativ diskutieren. Das IPAT-Modell (Ehrlich & Holdren, 1971), welches in den 1970er Jahren bekannt wurde und seitdem viele umweltaktivistische Strömungen prägt, wird beschrieben mit der Gleichung I = P · A · T.

(7.51)

Dieser Ausdruck steht für Impact = Population × Affluence × Technology, zu Deutsch: Auswirkungen = Bevölkerung × Wohlstand × Technologie. In Einheiten wäre das zum Beispiel

186

7

Mehrdimensionale Funktionen

• Emissionen = Anzahl an Personen × Konsum pro Person × Emissionen pro Person oder auch • Wasser = Anzahl an Personen × Konsum pro Person × Wasser pro Person. Die Frage des Modells ist, wie reduziert man I , also die Umweltauswirkungen, durch Manipulation der drei bestimmenden Faktoren P, A, T . Jeder dieser Faktoren ist einer Reihe an direkten und indirekten Einflüssen unterworfen. Modelle erzeugen durch ihre unterliegenden Annahmen gewisse Vorstellungen. Im Falle des IPAT-Modells, dass es drei Stellschrauben für die Minimierung von Umweltauswirkungen gibt. Erstens, durch Kontrolle des Faktors Population, was moralisch sehr fragwürdige Implikationen erzeugt. Zweitens, durch Reduktion von Wohlstand, was politisch nicht einfach umsetzbar ist. Und drittens, durch Technologie, also die nachhaltigere Gestaltung von Produkten, zum Beispiel Circular Economy. Doch ist technologischer Fortschritt beschränkt und aufgrund thermodynamischer Gesetze ist es unmöglich, einen Prozess 100 % energieeffizient zu gestalten. Das IPAT-Modell ist gerade wegen seiner Einfachheit weit über die Wissenschaft hinaus bekannt geworden. Die dahinterliegende Idee ist allerdings kritisch zu betrachten, da komplexe Systeme, wie das Wechselspiel Mensch-Umwelt, aus vielen gekoppelten Variablen bestehen. In diesem Modell wird davon ausgegangen, dass P, A und T voneinander unabhängig sind. Für eine etwas korrektere Darstellung sollten gegenseitige Abhängigkeiten berücksichtigt werden. Als Beispiel: Eine Verdopplung der technologischen Effizienz (Halbierung des T -Faktors) führt nicht zwingend zu einer Halbierung der Umweltschäden I aufgrund des Rebound-Effekts. Dieser beschreibt, dass Effizienzsteigerungen oft mit Konsumsteigerungen verbunden sind, da mehr Effizienz die Kosten für Verbraucher verringern. Ein bekanntes Beispiel dazu ist der Ersatz der klassischen Glühbirne mit LED-Lampen. Durch den Rebound-Effekt lag die tatsächlich erreichte Einsparung weit unter der theoretisch zu erwartenden, da die Nutzung (Installation, Helligkeit und Dauer) rasant zunahm. Daraus zeigt sich, dass die Senkung von einer der drei Faktoren einen Anstieg der beiden anderen Faktoren ermöglicht, vgl. Alcott (2010). Daher wäre eine genauere Darstellung weit komplizierter und mittels einer generischen Funktion I = f (P, A, T ) gegeben, da diese Wechselwirkungen auf der rechten Seite berücksichtigt. Trotz aller Kritik ist die Grenzwertaussage des Models in sich schlüssig: Eine unendliche Anzahl von Menschen, die eine unendliche Anzahl von Ressourcen verbrauchen, kann die Erde nicht verkraften.

7.3.5

Abgasfahne von Luftschadstoffen

Um die Ausbreitung und Konzentration von Schadstoffen darzustellen, greift man häufig auf die Verwendung von Isolinien7 zurück. Die Darstellung von konstanter

7 Isolinien beschreiben Linien konstanter Werte und sind die allgemeine Form der in Kap. 7 bespro-

chenen Höhenlinien.

7.3 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

187

Schadstoffkonzentration ist beispielsweise besonders hilfreich, um Evakuierungsmaßnahmen zu planen oder die Gesundheitsbelastung in der Umgebung von Schadstoffquellen zu bestimmen. Wir wollen die Ausbreitung eines Schadstoffes einer Punktquelle (zum Beispiel einem Fabrikschlot) mithilfe des Gauß-Wolken-Modelles, vgl. dazu Stull (2017), berechnen. Hier wird die Konzentration der Partikel in Bezug auf eine konstante Windgeschwindigkeit in eine bestimmte Richtung als Normalverteilung angesetzt. Das bedeutet, dass Verteilung des Schadstoffes sich entsprechend stark in diese Richtung verläuft, die Partikel sich allerdings auch rundherum verteilen, also die typische Abgasfahne bei Schornsteinen bildet. Je nachdem, wie hoch die Schadstoffe sich ausbreiten und welche Windgeschwindigkeit vorherrscht, ändert sich auch die Bodenkonzentration der Schadstoffe. Diese Konzentrationsverteilung C lautet für die Modell-Gleichung wie folgt:     z 2Q y2 Q exp − 2 exp − 2 . C= π uσ y (x)σz (x) 2σ y (x) 2σz (x)

(7.52)

Das Modell besteht also im Prinzip aus einer zweidimensionalen Gauß-Verteilung in y- und z-Koordinaten, die von dem Wind in Richtung x und der Windgeschwindigkeit u abhängen, den wir hier allerdings als Parameter fixieren wollen. Die effektive Quellhöhe z Q beschreibt, wie hoch die Partikel an der Punktquelle aufsteigen. Die Rate der Schadstofffreisetzung ist mit Q gegeben. Über das Modell sind außerdem die Standardabweichungen σ y und σz der Ausbreitung gegeben: σ y2 (x) = 2a

 x  x  , − 1 + exp − 60u 60u

(7.53)

 x  x  . (7.54) − 1 + exp − 60u 60u Um die Modelldarstellung entsprechend simpel zu halten, sind a und b statistische Faktoren, die verschiedene Dispersionseigenschaften der Schadstoffausbreitung zusammenfassen. Mithilfe dieser Formeln können wir uns die Ausbreitung von Kohlenmonoxid, welches während des Betriebes einer geplanten Fabrik freigesetzt werden würde, ansehen. Die Parameter sind Q = 300 g/s,z Q = 100 m, u = 20 m/s sowie a = 6177.96 und b = 3745.44. Dadurch erhalten wir die Isolinien mit konstanter Schadstoffkonzentration, welche in Abb. 7.9 darstellt werden. Dabei ist zu beachten, dass der Schornstein der Fabrik im Ursprung gesetzt ist und die Absenkung der Partikel erst mit einer gewissen Distanz in Abhängigkeit der Windstärke und Quellhöhe erfolgt, da Kohlenmonoxid vom Wind transportiert wird. Daher ist der Bereich der maximalen Schadstoffkonzentration am Boden ca. 2 km von der Fabrik entfernt und die unmittelbare Umgebung der Fabrik weniger stark belastet. Anhand dieses Modells lässt sich nun bestimmen, welche Gebiete wie stark durch den Betrieb der Fabrik belastet werden würden und ob eine Baugenehmigung durch den Gesetzgeber möglich wäre. σz2 (x) = 2b

188

7

Mehrdimensionale Funktionen

Abb. 7.9 Isolinien konstanter Schadstoffkonzentrationen in Bodennähe. Die Punktquelle befindet sich am Punkt (0|0), die Höchstkonzentration von Schadstoffen ist entsprechend der Windrichtung in einem Abstand von 2 km zum Ursprungsort

Übungsaufgaben Die folgenden Übungsaufgaben dienen zur eigenen Überprüfung des Verständnisses zu den Inhalten des Kapitels. 7.1 Höhenlinien 1 Bestimmen Sie die Höhenlinien der Funktion f (x, y) = 6x 2 + 5y 2 + 1. Wie verhalten sich diese für verschiedene Werte von c? 7.2 Höhenlinien 2 Bestimmen Sie die Höhenlinien der Funktion f (x, y) = 6x 2 − 5y 2 + 1. Wie verhalten sich diese für verschiedene Werte von c? 7.3 Mehrdimensionaler Grenzwert 1 Bestimmen Sie den Grenzwert der Funktion 2 y f (x, y) = xx 2 −2x an der Stelle (2|1). −4y 2 7.4 Iterierter Limes Berechnen Sie die iterierten Limiten lim x→0 lim y→0 und lim y→0 lim x→0 von den Funktionen: • f (x, y) = • g(x, y) =

x−4y 7x+6y 2x 3x+y 2

7.5 Mehrdimensionaler Grenzwert 2 Berechnen Sie den Grenzwert der folgenden Funktion an der Stelle (0|0), indem Sie einmal x = y 2 und einmal x = y untersuchen: f (x, y) =

x 2 − y4 . x y2

7.3 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

189

7.6 Mehrdimensionaler Grenzwert 3 Berechnen Sie den Grenzwert der folgenden Funktion an der Stelle (1|1): f (x, y) =

x 2 y2 − 1 . xy − 1

Hinweis: entweder durch Substitution für L’Hospital oder binomische Formel 7.7 Mehrdimensionaler Grenzwert 4 Berechnen Sie den Grenzwert der folgenden Funktion an der Stelle (0|0), indem Sie einmal y = mx und einmal y = x 2 untersuchen: f (x, y) =

x2 y . + y2

x4

8

Partielles Differential

Bislang haben wir uns mit der Differentiation von Funktionen im R beschäftigt. Dies wollen wir nun auf die Differentiation von Funktionen im Rn erweitern. Für dieses Kapitel muss der Richtungsgrenzwert und die Vektorschreibweise zur Genüge verstanden worden sein.

8.1

Partielle Ableitung 1. Ordnung

Eine Funktion f (x1 , x2 , ..., xn ) hängt von mehreren Variablen xi = x1 , x2 , ..., xn ab. Die einzelnen Variablen können auch über den Index i notiert werden, also xi . Nachdem jede dieser Variablen xi eine unabhängige Variable darstellt, kann für eine Differentiation jede dieser Variablen einzeln betrachtet werden. Dies passiert bei der partiellen Differentiation, deren Idee darin besteht, alle bis auf eine der Variablen als konstant aufzufassen und die resultierende Funktion der einen Variable wie üblich zu differenzieren. Für i = 1, ..., n erhalten wir somit n partielle Ableitungen der Funktion. Die partielle Ableitung ist zu verstehen als eine Ableitung in exakt die Richtung der Achse der jeweiligen Variable. Die Achsenrichtung selbst ist gegeben durch die Einheitsvektoren ei . Für zwei  Variablen x,y sind  die Einheitsvektoren, wie im 1 0 und e2 = . letzten Kapitel erwähnt, e1 = 0 1 Partielle Ableitung

Eine Funktion f : Rn → R in mehreren Veränderlichen xi mit i = 1, 2, ..., n heißt partiell differenzierbar im Punkt P = ( p1 , p2 , ..., pn ) in Richtung xi , falls

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 M. L. Kogler und R. Adam, Mathematische Grundlagen für Umweltsystemwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-662-67371-3_8

191

192

8

Partielles Differential

die partielle Ableitung f (P + hek ) − f (P) ∂f (P) = lim , h→0 ∂ xk h f ( p1 , ..., pk−1 , pk + h, pk+1 , ..., pn ) − f (P) = lim h→0 h

(8.1) (8.2)

existiert. Dabei werden alle Variablen bis auf xi als konstant betrachtet und die erhaltene Funktion nach der Veränderlichen xi abgeleitet. Die Funktion f heißt partiell differenzierbar, wenn in jedem Punkt alle partiellen Ableitungen existieren.  Stellen wir uns eine simple Funktion f (x, y) = x 2 + y 2 vor, so gibt es zwei partielle Ableitungen, nämlich ∂∂ xf = 2x und ∂∂ yf = 2y. Dabei ist zu beachten, dass bei der partiellen Differentiation stets das Zeichen ∂ verwendetwird, die geläufigste Lesart dafür ist „partielles d “. So wie das Integralzeichen eine spezielle Form des „langen s “ darstellt, ist das ∂ eine spezielle kursive Schreibweise des „ds“. Zur weiteren Klarstellung der Notation: Die partielle Ableitung 1. Ordnung nach zwei Variablen x1 , x2 wird notiert als ∂ f (x1 , x2 ) ∂ f (x1 , x2 ) und . ∂ x1 ∂ x2

(8.3)

Neben der Notation über ∂ kann die partielle Ableitung auch über das Tiefgestellte der Variable, nach welcher abgeleitet wurde, beschrieben werden. Obige Fälle schreiben sich dann als f x1 und f x2 .

(8.4)

Die partielle Differenzierbarkeit ist ein schwacher Begriff der Differenzierbarkeit für eine Funktion. Denn aus partieller Differenzierbarkeit folgt nicht, dass die Funktion stetig ist, sondern nur, dass Stetigkeit in Richtung der Koordinatenachsen x j gegeben ist. Somit ist eine partiell differenzierbare Funktion nur dann auch stetig partiell differenzierbar, wenn alle partiellen Ableitungen stetige Funktionen sind. A) Um die partielle Ableitung der Funktion f (x1 , x2 , x3 ) = 2x1 x22 + x3 e x1 − x2 x3−3

(8.5)

nach x1 zu erhalten, nehmen wir für das Differential über x1 an, dass die anderen Variablen x2 , x3 als Konstanten betrachtet werden können. Dadurch erhalten wir ∂f = f x1 = 2x22 + x3 e x1 . ∂ x1

(8.6)

8.1 Partielle Ableitung 1. Ordnung

193

Für die partielle Ableitung nach x2 erhalten wir auf analoge Weise ∂f = f x2 = 4x1 x2 − x3−3 ∂ x2

(8.7)

und für die partielle Ableitung nach x3 finden wir ∂f = f x3 = e x1 + 3x2 x3−4 . ∂ x3

(8.8)

B) Wir leiten die folgende Funktion  √ x e +y f (x, y) = sin 2

(8.9)

partiell ab. Für die Ableitung nach x müssen die Kettenregel und die Potenzregel beachtet werden √ x  √ x  e +y e +y ∂f ∂ · cos , (8.10) = ∂x ∂x 2 2  √ x ex e +y = √ x . (8.11) cos 2 4 e +y Für die Ableitung nach y ebenfalls und es folgt √ x  √ x  e +y e +y · cos , 2 2  √ x 1 e +y = √ x . cos 2 4 e +y

∂f ∂ = ∂y ∂x

(8.12) (8.13)

Anwendungen

Partielle Ableitungen sind gerade dann interessant, wenn man sich Abhängigkeiten eines Verhältnisses bei Änderung von genau einer Variable ansieht. Ein Berg wäre zum Beispiel als dreidimensionale Funktion gegeben, das Volumen des Berges kann näherungsweise durch einen Kegel gegeben werden, also V (r , h) = r 2 hπ/3, welche eine Funktion des Radius und der Höhe ist. Möchte man nun die Änderung des Kegelvolumens in Abhängigkeit zum Radius haben, so wird die Höhe konstant angenommen und die partielle Ableitung nach r gebildet. Umgekehrt kann man das Problem, wie sich das Volumen des Kegels in Abhängigkeit zu Höhenvariationen ändert, wenn der Radius konstant bleibt, über die partielle Ableitung über h lösen. 

194

8.1.1

8

Partielles Differential

Gradient

Für eine Funktion f = f (x1 , ..., xn ) können die partiellen Ableitungen 1. Ordnung zu einem Vektor zusammengefasst werden. Dieser Vektor nennt sich Gradient der Funktion und wird notiert als ⎛∂f ⎞ ∂x

⎜ ∂ f1 ⎟ ⎜ ∂ x2 ⎟ ⎜ . ⎟ ⎟ grad( f (xi )) = ∇ f (xi ) = ⎜ ⎜ .. ⎟ ⎜∂f ⎟ ⎝ ⎠

(8.14)

∂ xn

.

Das Zeichen ∇ steht dabei für den Nabla-Operator. Der Gradient ist ein Vektor und wird daher auch Gradientenvektor genannt. Der Gradient besitzt eine wichtige geometrische Bedeutung: ∇ f (x0 , y0 ) gibt an einer Stelle (x0 , y0 ) die Richtung des stärksten Anstieges an, umgekehrt fallen die Funktionswerte am schnellsten in der Richtung −∇ f (x0 , y0 ). Für jeden Punkt der Funktion existiert ein Gradient. Wir wollen die Visualisierung eines Gradientenfeldes anhand einer heißen Herdplatte diskutieren. Die Temperatur ist eine skalare Größe, die Funktion für die Temperaturwerte auf der gesamten Platte stellt ein Skalarfeld dar, denn ein Skalarfeld gibt an jedem Punkt (Ort) auch ein Skalar zurück (dies stellt man häufig mittels Farbverlauf dar). Was bedeutet das für Temperaturverläufe? Der Gradient einer skalaren Funktion stellt in jedem Punkt einen Vektor dar und zeigt in die Richtung des stärksten Anstiegs. Wenn eine Herdplatte eingeschaltet ist, dann zeigt der Temperaturgradient für Punkte am Rand der Platte also in Richtung der Platte. Somit ist der Gradient eines Skalarfeldes ein Vektorfeld. Die Temperatur wird als Funktion mit einem umgedrehten Paraboloid angenähert, siehe dazu Abb. 8.1. Wir können die Funktionswerte (Skalare) entweder als weitere Achse nehmen (z-Achse) oder in der x, y-Ebene nur die Färbung betrachten, einige Niveaulinien sind in Schwarz eingezeichnet. Dabei ist im rechten Bild zusätzlich das Vektorfeld des Gradienten eingezeichnet. Der Gradientenvektor an einem Punkt steht senkrecht zu einer Niveaulinie f (x, y) = f (x0 , y0 ) und zeigt Richtung der maximalen Steigung an der Stelle (x0 , y0 ).

8.1.1.1 Beispiel A) Berechnen wir alle partiellen Ableitungen der Funktion f (x) = −(x 2 + y 2 ) + 10,

(8.15)

8.1 Partielle Ableitung 1. Ordnung

195

Abb.8.1 Gradient eines Skalarfeldes eines Parabols: f (x, y) = −(x 2 +y 2 ), (links) Funktionswerte dargestellt als z-Achse, (rechts) Skalarfeld in der x y-Ebene mit Niveaulinien und Vektorgradientenfeld

erhalten wir den Gradientenvektor 

fx fy





 −2x = . −2y

(8.16)

Nun soll der Gradient für die Stelle P = (2, 1) berechnet werden, dafür setzen wir diesen Punkt in die Funktion und den Gradientenvektor ein und wir erhalten 

f (2, 1) = −(22 + 12 ) + 10 = 5,    −4 f x (2, 1) = . −2 f y (2, 1)

(8.17) (8.18)

Der Gradientenvektor zeigt nun vom Koordinatenursprung in Richtung der Koordinaten (−4, −2). Um den Gradienten korrekt einzuzeichnen, muss dieser resultierende Vektor parallel zu sich selbst in den Punkt P(2, 1) verschoben werden. Anwendungen

Allgemein bezeichnet ein Gradient den Verlauf der Änderung, was einem Gefälle oder einem Anstieg entspricht. Ein Konzentrationsgefälle ist durch den chemischen Gradienten eines Stoffes gegeben, aber auch in der Kunst sind Gradienten als Farbverlauf oder Helligkeitsverlauf bekannt. Auch bei Umweltsystemen spricht man häufig von Gradienten, wie zum Beispiel bei der Änderung eines Umweltfaktors in einem Ökosystem. Physikalisch spricht man oft von dem Temperaturgradienten, dieser ist eine gerichtete physikalische Größe, die an jedem Punkt eines Temperaturfelds beschreibt, in welcher Richtung die Temperatur am stärksten steigt und wie stark sie steigt. Temperaturgradienten treiben die Wärmeleitung an, was wiederum Strömungen produziert. Es handelt sich also um

196

8

Partielles Differential

ein tief verankertes Konzept in den Naturwissenschaften. Ebenfalls wird dieser Begriff durchaus anderweitig verwendet, wie zum Beispiel der soziale Gradient die lineare Beziehung zwischen sozialem Status und Mortalität beschreibt.  Anwendung: Richtungsableitung

Die partielle Differentiation gehört zu der sogenannten Richtungsableitung. Dabei ist eine Richtungsableitung einer von mehreren Variablen abhängigen Funktion die momentane Änderungsrate dieser Funktion in einer durch einen Vektor vorgegebenen Richtung. Falls in Richtung der Einheitsvektoren der Standardbasis ei abgeleitet wird, dann sind die Richtungsableitungen die partiellen

Ableitungen.  Allgemein kann auch durch einen beliebigen Vektor a = ai = a1 , ..., an die Richtung vorgegeben werden. Die Richtungsableitung einer Funktion f : Rn → R am Punkt P = ( p1 , ..., pn ) in Richtung a mit ||a|| = 1 ist definiert durch den Limes f (P + ha) − f (P) ∂f (P) = lim , (8.19) h→0 ∂a h falls dieser Grenzwert existiert. Dies kann man mithilfe der partiellen Ableitung berechnen und es folgt ∂a f (P) = grad( f )(P) · a.

(8.20)

Es sei darauf hingewiesen, dass der Vektor auf die Länge 1 normiert werden muss, a . also ||a||

8.1.1.2 Beispiele A) Es soll die Richtungsableitung der Funktion f (x, y) = e x in Richtung a=

2y

+ e−x y

2

(8.21)

  1.5 2

(8.22)

an der Stelle P = (0.5, 1) berechnet werden. Dafür suchen wir den Gradienten 

2x ye x y − y 2 e−x y grad( f ) = 2 2 x 2 e x y − 2x ye−x y 2

2

 (8.23)

8.1 Partielle Ableitung 1. Ordnung

197

und normieren den Richtungsvektor a 1 =√ ||a|| 1.52 + 22



   1.5 0.6 = . 2 0.8

(8.24)

Der Wert des Gradienten an P ist  grad( f (0.5, 1)) ≈

 0.677 −0.286

(8.25)

und bildet das Skalarprodukt zweier Vektoren für die Richtungsableitung     ∂f 0.677 0.6 (0.5, 1) ≈ · = 0.677 · 0.6 + (−0.286) · 0.8, −0.286 0.8 ∂a ≈ 0.17.

(8.26) (8.27)

Der Wert der Richtungsableitung (Skalar) gibt nun die momentane Änderungsrate, also den Anstieg/Abfall der Funktion, in der gegebenen Richtung an einem bestimmten Punkt an.

8.1.2

Jacobi-Matrix

Gegeben sei eine Funktion f : Rn → Rm . Die Jacobi-Matrix einer Funktion f ist die Matrix aller Ableitungen einer Funktion nach ihren Variablen x1 , ..., xn und ist allgemein gegeben über ⎞ ⎛∂ f ∂ f 1 1 ∂ x1 ∂ x2 ... ⎟ ⎜ ∂ f2 ∂ f2 ... ⎟ . (8.28) J f := ⎜ ⎠ ⎝ ∂ x1 ∂ x2 .. .. . . . . .

8.1.2.1 Beispiele A) Wir wollen nun die partiellen Ableitungen von ⎛

⎞ 4x y − x z 3 + y z f(x, y, z) = ⎝ sin3 (x yz) ⎠ 2 x + ey z

(8.29)

berechnen. Aus drei Gleichungen mit drei Variablen ergeben sich neun partielle Ableitungen:

198

8 ∂ f1 ∂x ∂ f1 ∂y ∂ f1 ∂z

= 4y − z 3 = 4x + zy z−1 = −3x z 2 + y z ln(y)

∂ f2 ∂x ∂ f2 ∂y ∂ f2 ∂z

= 3yz sin2 (x yz) cos(x yz) = 3x z sin2 (x yz) cos(x yz) = 3x y sin2 (x yz) cos(x yz)

∂ f3 ∂x ∂ f3 ∂y ∂ f3 ∂z

Partielles Differential =1 2 = 2yze y z = y2e y

2z

Daraus ergibt sich eine 3 × 3-Matrix, deren Elemente die Jacobi-Matrix bilden. Bei der obigen Darstellung wurden wegen Platzproblemen die Ableitungen für das jeweilige f i als Spalte gewählt, dies entspricht nicht der Definition der Jacobi-Matrix (dort als Zeilen).

8.2

Partielle Ableitung 2. Ordnung

Beschränken wir uns wieder auf reellwertige Funktionen f (x) : Rn → R. Analog zu höheren Ableitungen bei einer Variablen ist es auch möglich, eine partielle Ableitung höherer Ordnung zu erzeugen. Für das zweifache Ableiten einer Funktion spricht man von der partiellen Ableitung 2. Ordnung , entsprechend könnte man auch die 3. und 4. Ordnung (usw.) berechnen für den Fall. Voraussetzung ist dabei natürlich immer, dass die Funktion hinreichend oft differenzierbar ist. Die Notation ist ebenfalls analog zum normalen Differential gegeben. Möchte man eine stetige Funktion f (x1 , x2 ) : R2 → R mit zwei unabhängigen Variablen x1 , x2 differenzieren, so erhalten wir für die partielle Ableitung 1. Ordnung zwei Gleichungen ∂f (x1 , x2 ) = f x1 , ∂ x1 ∂f (x1 , x2 ) = f x2 ∂ x2

(8.30) (8.31)

und für partielle Ableitungen 2. Ordnung vier Gleichungen ∂2 f (x1 , x2 ) = f x1 x1 , ∂ x12 ∂2 f (x1 , x2 ) = f x1 x2 , ∂ x1 ∂ x2 ∂2 f (x1 , x2 ) = f x2 x1 , ∂ x2 ∂ x1 ∂2 f (x1 , x2 ) = f x2 x2 . ∂ x22

(8.32) (8.33) (8.34) (8.35)

Partielle Ableitungen jeglicher Ordnung sind wieder als Funktionen der unabhängigen Variablen zu verstehen. Bei partiellen Ableitungen höherer Ordnung kann sowohl mehrmals nach der gleichen Variable abgeleitet werden oder nacheinander nach verschiedenen Variablen. Für letzteren Fall spricht man von gemischten Ableitungen.

8.2 Partielle Ableitung 2. Ordnung

199

Natürlich gibt es auch partielle Ableitungen höherer Ordnung, wie zum Beispiel alle Variationen der 3. partiellen Ableitung von nur zwei Variablen: fx x x fx x y f x yx f yx x

8.2.1

f yyy f yyx f yx y f x yy

Beispiel

A) Gegeben sei die Funktion f (x, y) =

sin(x y) . ex y

(8.36)

Die 1. partielle Ableitung ergibt f x = ye−x y (cos(x y) − sin(x y)), f y = xe

−x y

(cos(x y) − sin(x y)).

(8.37) (8.38)

Die 2. partielle Ableitung ergibt f x x = −2y 2 e−x y cos(x y), fx y = e

−x y

f yx = e

−x y

((1 − 2x y) cos(x y) − sin(x y)),

(8.40)

((1 − 2x y) cos(x y) − sin(x y)),

(8.41)

2 −x y

(8.42)

f yy = −2x e

8.2.2

(8.39)

cos(x y).

Satz von Schwarz

Nun stellt sich die Frage, ob die Reihenfolge beim gemischten Ableiten eine Rolle spielt, also ob es einen Unterschied zwischen f x y und f yx gibt. Dabei hilft uns der Satz von Schwarz , der besagt, dass die Reihenfolge der Differentiation bis zur n-ten Ordnung unerheblich ist, sofern die Funktion n-mal stetig partiell differenzierbar ist. Satz von Schwarz

Sind die partiellen Ableitungen n-ter Ordnung (n ≥ 2) einer Funktion stetig, so ist die Reihenfolge der Differentiationen vertauschbar. 

200

8

Partielles Differential

Ist eine Funktion dreimal stetig partiell differenzierbar, dann gilt am Beispiel einer Funktion f (x, y) und ihrer partiellen Ableitungen 2. oder 3. Ordnung f x y = f yx , f x x y = f x yx = f yx x , f yyx = f yx y = f x yy .

(8.43) (8.44) (8.45)

8.2.2.1 Beispiele A) Wir wollen den Satz von Schwarz am Beispiel f (x, y) = x 2 − 4x 2 y 2 + 3y 3

(8.46)

betrachten. Die partiellen Ableitungen 1. Ordnung sind f x = 2x − 8x y 2 ,

(8.47)

f y = −8x y + 9y , 2

2

(8.48)

die ebenfalls beide stetig sind. Die partiellen Ableitungen 2. Ordnung sind f x x = 2 − 8y 2 , f x y = −16x y, f yx = −16x y,

(8.49) (8.50) (8.51)

f yy = −8x 2 + 18y

(8.52)

und man sieht, dass für dieses Beispiel f x y = f yx gegeben ist. B) Um zu zeigen, dass der Satz von Schwarz ohne Stetigkeit der 2. Ableitungen tatsächlich nicht gilt, betrachten wir die (stetige) Funktion f (x, y) =

x y(x 2 − y 2 ) x 2 + y2

(8.53)

für (x, y) = (0, 0) und f (0, 0) = 0. Wir wollen das Verhalten der Ableitungen an der Stelle (x, y) = (0, 0) untersuchen. Die partielle Ableitung 1. Ordnung nach x erhält man unter Anwendung der Quotientenregel und erhält durch Kürzen fx =

x 4 y + 4x 2 y 3 − y 5 . (x 2 + y 2 )2

(8.54)

8.2 Partielle Ableitung 2. Ordnung

201

Bei der partiellen Ableitung 1. Ordnung nach y kann analog vorgegangen werden und man erhält fy =

x 5 − 4x 3 y 2 − x y 4 . (x 2 + y 2 )2

Wegen Differentialquotienten f x (0, 0) = lim

h→0

f (h,0) h

(8.55) f (0,h) h

= 0 und f y (0, 0) = lim

h→0

= 0 ist die Funktion auch an der Stelle (0, 0) (einmal) partiell differenzierbar. Die Berechnung beider gemischter 2. Ableitungen wäre nun mühsam, weswegen wir zuerst wissen wollen, ob es notwendig ist, beide Mischableitungen getrennt zu bestimmen. Dies kann über den Satz von Schwarz gezeigt werden, ohne die Funktionen f x y und f yx kennen zu müssen. Dafür betrachten wir den Differentialquotienten der 1. partiellen Ableitungen an der kritischen Stelle (x, y) = (0, 0) nach der zwei5 ten Variable. Wegen f x (x = 0, y = h) = −h = −h können wir den Grenzwert für h4 f x einfach berechnen: f x (0, h) − f x (0, 0) , h 1 −h 5 = lim , h→0 h h 4 = −1.

f x y (0, 0) = lim

h→0

Nun betrachten wir den umgekehrten Fall für f y mit f y (x = h, y = 0) = und es folgt f y (h, 0) − f y (0, 0) , h 1 h5 = lim , h→0 h h 4 = +1.

f yx (0, 0) = lim

h→0

(8.56) (8.57) (8.58) h5 h4

=h

(8.59) (8.60) (8.61)

Daraus ergibt sich, dass die partielle Ableitung 2. Ordnung im Punkt (0, 0) nicht stetig ist. Somit gilt an dieser Stelle f x y (0, 0) = f yx (0, 0). Diese Stelle ist jedoch ein Ausnahmefall. Da in beiden Gleichungen sonst keine weiteren kritischen Stellen auftauchen, kann man ohne Weiteres annehmen, dass für alle anderen Werte der Satz von Schwarz gültig ist. Daher gilt für f (x, y), x, y ∈ R \ 0 für die 2. partielle Ableitung f x y = f yx =

x 6 + 9x 4 y 2 − 9x 2 y 4 − y 6 . (x 2 + y 2 )3

(8.62)

202

8.2.3

8

Partielles Differential

Hesse-Matrix

In der Hesse-Matrix einer Funktion f = f (x) werden die partiellen Ableitungen der 2. Ordnung zusammengefasst. Die Reihenfolge der Elemente ergibt sich danach, nach welcher Variable zuerst abgeleitet wurde. Für eine Funktion mit zwei Variablen f (x, y) hat die Hesse-Matrix allgemein die Form  H f (x, y) =

 fx x fx y . f yx f yy

(8.63)

Bei einer Funktion mit drei Variablen ist die allgemeine Form gegeben mit ⎞ fx x fx y fx z H f (x, y, z) = ⎝ f yx f yy f yz ⎠ . f zx f zy f zz ⎛

(8.64)

Wenn die Reihenfolge der Ableitung keine Rolle spielt, also der Satz von Schwarz erfüllt ist, so ist die Hesse-Matrix symmetrisch.

8.2.3.1 Beispiele A) Gegeben sei die Funktion f (x, y, z) = x 2 z − y 2 x 2 z 2 + 2yz,

(8.65)

deren Hesse-Matrix H f (x, y) gesucht ist. Mit der Verwendung des Satzes von Schwarz berechnen wir alle benötigten partiellen Ableitungen 2. Ordnung: f x x = −2y 2 z 2 + 2z,

(8.66)

f yy = −2x 2 z 2 ,

(8.67)

f zz = −2x y ,

(8.68)

2 2

f x y = −4x yz , 2

(8.69)

f x z = 2x − 4x y z,

(8.70)

f yz = 2 − 4x yz.

(8.71)

2

2

Dadurch ergibt sich eine symmetrische Hesse-Matrix mit ⎛ ⎞ −2y 2 z 2 + 2z −4x yz 2 2x − 4x y 2 z, H f (x, y) = ⎝ −4x yz 2 −2x 2 z 2 2 − 4x 2 yz, ⎠ . 2 2x − 4x y z 2 − 4x 2 yz −2x 2 y 2

(8.72)

8.3 Kurvendiskussion

8.3

Kurvendiskussion

8.3.1

Extremstellen

203

Ähnlich zum Vorgehen für Funktionen in einer Veränderlichen lassen sich mittels Differentialrechnung auch Funktionen mehrerer Veränderlichen f : D ⊂ Rn → R hinsichtlich ihres Extremwertverhaltens untersuchen. Für eine lokale Minimalstelle x0 ∈ Rn muss gelten, dass der Funktionswert an dieser Stelle kleiner ist als die Funktionswerte in einer Umgebung von x0 , also f (x0 ) ≤ f (x) für x nahe genug an x0 . Für eine lokale Maximalstelle muss gelten, dass der Funktionswert an dieser Stelle größer ist als die Funktionswerte in einer Umgebung von x0 , also f (x0 ) ≥ f (x) für x nahe genug an x0 . Stellen, welche potenziell ein Minimum oder ein Maximum darstellen, heißen in diesem Zusammenhang kritische Stellen, falls grad( f ) = 0.

(8.73)

Das bedeutet, dass alle partiellen Ableitungen 1. Ordnung null sind, solange die kritische Stelle nicht am Rand des Definitionsbereichs liegt. Für zweiteren Fall ist die Analyse einer kritischen Stelle separat vorzunehmen und wird an dieser Stelle nicht weiter diskutiert. Extremstellen

Um zu bestimmen, ob eine kritische Stelle, welche nicht am Rand des Definitionsbereichs liegt, eine Extremstelle ist, eignet sich folgendes Kriterium: Sei f : D → R, D ∈ R2 „randlos“ (der Rand von D gehört nicht zu D) und die Funktion f besitze stetige partielle Ableitungen 1. und 2. Ordnung. Sei außerdem eine kritische Stelle P( p1 , p2 ) gegeben mit ∂1 f (P) = ∂2 f (P) = 0. Dann gelten für die partiellen Ableitungen 2. Ordnung folgende Eigenschaften: Die kritische Stelle P entspricht einem Minimum, falls • ∂11 f (P) > 0 2 f (P) > 0 • ∂11 f (P) · ∂22 f (P) − ∂12 Die kritische Stelle P entspricht einem Maximum, falls • ∂11 f (P) < 0 2 f (P) > 0 • ∂11 f (P) · ∂22 f (P) − ∂12 2 f (P) < 0, so ist P keine Extremstelle der Funktion Gilt ∂11 f (P) · ∂22 f (P) − ∂12 f . Untersuchungen am Rand des Definitionsbereichs müssen gesondert erfolgen. 

204

8

Partielles Differential

Die obigen Kriterien für Minimal- und Maximalstellen folgen direkt aus den Eigenschaften der Hesse-Matrix, nämlich der sogenannten Definitheit 1 der Hesse-Matrix. Ist die Hesse-Matrix positiv definit, so handelt es sich um ein Minimum, ist sie negativ definit, so handelt es sich um ein Maximum, was beides über die obigen Ungleichungen ausgedrückt wurde. Sofern ∂12 f (P) und ∂21 f (P) 0 sind, vereinfacht sich die Hesse-Matrix wie folgt:   0 ∂11 f (P) . (8.74) H f (P) = 0 ∂22 f (P) Dadurch kann die Definitheit direkt über die Vorzeichen der Hauptdiagonale bestimmt werden. Sind beide Vorzeichen positiv und ungleich 0, ist die Hesse-Matrix positiv definit, sind beide negativ und ungleich 0, ist sie negativ definit. Und wenn sich die Vorzeichen unterscheiden und ungleich 0 sind, ist die Hesse-Matrix indefinit und es handelt sich um einen Sattelpunkt.

8.3.1.1 Beispiele A) Gegeben sei das Paraboloid f (x, y) = 8 − x 2 − y 2 . Für die Bestimmung von kritischen Stellen P setzen wir den Gradienten Null     −2x 0 grad( f (x, y)) = = (8.75) −2y 0 und erhalten eine kritische Stelle P(0, 0). Für die 2. Ableitungen gilt ∂x x f (x, y) = −2 ∂ yy f (x, y) = −2 ∂x y f (x, y) = 0, somit hat f an der Stelle P(0, 0) ein lokales Maximum. B) Sei f : [0, 2π ] × [0, 2π ] → R, f (x, y) = sin(x) cos(y), siehe Abb. 8.2, folgt für die partiellen Ableitungen ∂x f (x, y) = cos(x) cos(y) ∂ y f (x, y) = − sin(x) sin(y)

1 Die

Definitheit einer Matrix lässt sich über verschiedene Verfahren bestimmen. Im obigen Fall wurden die sogenannten Hauptminoren einer 2 × 2-Matrix berechnet. Die genauen Hintergründe sind an dieser Stelle nicht weiter relevant.

8.3 Kurvendiskussion

205

Abb. 8.2 Mehrdimensionale periodische Funktion f (x, y) = sin(x) cos(y)

und ∂x x f (x, y) = − sin(x) cos(y) ∂ yy f (x, y) = − sin(x) cos(y) ∂x y f (x, y) = − cos(x) sin(y). Für die Nullstellen des Gradienten wissen wir allgemein über die Sinusfunktion sin(ξ ) = 0 mit ξ = 0, π, 2π und für die Cosinusfunktion cos(ξ ) = 0 mit ξ = π/2, 3π/2 für das von uns betrachtete Intervall. Da wir den Rand nicht betrachten, wissen wir folgende Zusammenhänge der Variablen wegen grad( f ) = 0: • Falls x = π dann y = π/2, 3π/2 • Falls y = π dann x = π/2, 3π/2 oder vice versa argumentiert. Das bedeutet, wir finden vier kritische Punkte P1 (π, π/2), P2 (π, 3π/2) und P3 (π/2, π ), P4 (3π/2, π ). Wir können die Wertepaare in die Ableitungen 2. Ordnung einsetzen und finden • ∂x x ∂x y • ∂x x ∂x y • ∂x x ∂x y

f (P1 ) = ∂ yy f (P1 ) = 1 f (P1 ) = 0 f (P2 ) = ∂ yy f (P2 ) = −1 f (P2 ) = 0 f (P3,4 ) = ∂ yy f (P3,4 ) = 0 f (P3,4 ) = ±1

Daraus schließen wir, dass es sich bei P1 um ein Minimum und bei P2 um ein Maximum handelt. Bei P3,4 handelt es sich um einen Sattelpunkt.

206

8

Partielles Differential

8.4

Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

8.4.1

Photobioreaktor

In einem Photobioreaktor werden Mikroorganismen (zum Beispiel Algen) kultiviert, die Licht zur Energiegewinnung nutzen. Diese können beispielsweise als Nahrungsquelle oder zur Bio-Dieselproduktion verwendet werden. Die durchschnittliche Lichtintensität innerhalb des Bioreaktors I ist gegeben durch: 1 1 , I (Iin , C Alg ) = Iin (1 − e−ac C Alg b ) b C Alg ac

(8.76)

wobei Iin für die Intensität des einfallenden Lichtes, b für den Strahlengang innerhalb des Bioreaktors, ac für den Absorptionskoeffizienten und C Alg für die Algenkonzentration steht. Die partiellen Ableitungen 1. Ordnung dieser mehrdimensionalen Funktion lauten dann:  1 ∂ I ∂ Iin 1  1 − e−ac C Alg b = b C Alg ac und ∂ I ∂C Alg Iin =



e−ac C Alg b 1 − e−ac C Alg b − C Alg ac C Alg 2 b

(8.77)

 .

(8.78)

Dadurch lässt sich leicht erkennen, dass eine Erhöhung von Iin eine lineare Steigerung von I erzeugt, während C Alg eine Verringerung bewirkt, die für steigende Werte von C Alg immer schwächer wird und sich null annähert. Unter anderem können diese Abhängigkeiten genutzt werden, um den Vitamingehalt der Algen zu kontrollieren. Zum Beispiel steigt der Vitamin-C-Gehalt in Algen mit der durchschnittlichen Lichtintensität, während der Vitamin-E-Gehalt sinkt. Je nach Anforderung kann es daher notwendig sein, die Algendichte zu limitieren.

8.4.2

Grundwasserleiter Salzwasserintrusion

Als Grundwasserleiter versteht man eine Gesteinsformation mit hinreichender Permeabilität und Porosität, um Grundwasser zu halten. Zirka 35% des von Menschen genutzten Süßwassers wird aus ihnen gewonnen und sie sind vor allem in Küstenregion von überlebenswichtiger Bedeutung. Der stetig steigende Bedarf an Süßwasser und die damit verbundene stärkere Ausschöpfung der Grundwasserleiter führt jedoch zu einem Absinken des Grundwasserspiegels. Fällt dieses zu stark aus, können einige der Folgen den Grundwasserleiter sogar unbrauchbar für weitere Süßwassergewinnung machen. Im folgenden Beispiel wollen wir uns mit der mathematischen Grundlage der sogenannten Salzwasserintrusion beschäftigen.

8.4 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

207

Abb. 8.3 Eine schematische Darstellung des Grundwasserleiters. h = 0 gibt den Meeresspiegel an der Küste an

Brunnen h(x,y)

x

β

h=0

z

y d

Auf der höheren Dichte von Salzwasser schwimmt in küstennahen Grundwasserleitern das Süßwasser ähnlich wie ein Eisberg über dem Salzwasser. Für durchschnittliche Dichte bedeutet das, dass für jeden Meter Süßwasser oberhalb des Meeresspiegels weitere 40 m Süßwasser unterhalb des Meeresspiegels existieren. Wird nun ein Brunnen genutzt, um einen Teil des Grundwassers abzuschöpfen, kann die dadurch entstehende Veränderung des Grundwasserspiegels oberhalb des Meeresspiegels h(x, y) mit folgender Gleichung (Fleurant und Bodin-Fleurant 2018) bestimmt werden   (y + d)2 + x 2 q , (8.79) ln h(x, y) = β y − 4π T (y − d)2 + x 2 wobei d den Abstand des Brunnens zum Ufer, q die Abschöpfrate des Brunnens, T die Durchlässigkeit des Grundwasserleiters, β dessen Steigung, y den Abstand zum Ufer und x die Entfernung entlang des Ufers beschreiben. Die Lage des Brunnens ist schematisch in Abb. 8.3 dargestellt. Eine Voraussetzung dafür nur Grundwasser abzuschöpfen, ist gegeben als ∂h  > 0,  ∂ y x=0 y=0

(8.80)

was bedeutet, dass die Änderung des Grundwasserspiegels an der Küste in Richtung des Brunnens positiv bleiben muss. Anhand dieser Voraussetzung lässt sich die maximale Abschöpfrate des Brunnens bestimmen. Wir berechnen zunächst die 1. partielle Ableitung nach y: ∂h q (y − d)2 + x 2 ∂  (y + d)2 + x 2  =β− ∂y 4π T (y + d)2 + x 2 ∂ y (y − d)2 + x 2 =β−

q (y − d)2 + x 2 2(y + d)((y − d)2 + x 2 ) − 2(y − d)((y + d)2 + x 2 ) 4π T (y + d)2 + x 2 ((y − d)2 + x 2 )2

1 4d(x 2 − y 2 + d 2 ) q =β− 4π T (y + d)2 + x 2 (y − d)2 + x 2 =β−

dq (x 2 − y 2 + d 2 ) . π T ((y + d)2 + x 2 )((y − d)2 + x 2 )

(8.81)

208

8

Partielles Differential

Ausgewertet an x = 0 und y = 0 erhalten wir: ∂h  q x=0 = β − ∂ y y=0 πTd

(8.82)

und da wir laut Gl. 8.80 eine Einschränkung haben, β−

q >0 πTd

(8.83)

gelten muss. Wir formen auf einen Grenzwert für die Abschöpfrate des Brunnens um q ≤ βπ T d.

(8.84)

Steigt die Abschöpfrate über diesen Grenzwert, wird Salzwasser in den Brunnen gesaugt und verunreinigt das Grundwasser. Diese Situation wird durch den Klimawandel zusätzlich verstärkt, da auf der einen Seite Dürreperioden zu einem Sinken von Grundwasserspiegeln führen (zum Beispiel Mekongdelta in Vietnam) und auf der anderen Seite das Schmelzen der Eisschilde den Meerespiegel erhöht. Durch beide Effekte kann die maximale Abschöpfrate stark gesenkt werden bzw. bei nicht ausreichender Adaption zu Salzwasserintrusion führen.

8.4.3

Wärmeinseleffekt

Aufgrund verschiedener Einflüsse, wie zum Beispiel Baudichte, Grünflächenanteil oder Luftverschmutzung, herrschen in Städten höhere Lufttemperaturen als in deren ländlicher Umgebung. Dieser Unterschied wird als Wärmeinseleffekt oder Urban Heat Island Effect (U H I ) (Zhang et al. 2019) bezeichnet und lässt sich als Näherung 1. Ordnung über relativ leicht messbare meteorologische und städtische Eigenschaften abschätzen  3 4 S · T . (8.85) U H Imax = K · U Hier beschreibt S die mittlere tägliche Kurzwellenstrahlung, die am Boden ankommt, T den täglichen Temperaturbereich (Tmax − Tmin ), U die durchschnittliche Windgeschwindigkeit und K einen Wert zwischen 0 und 2, die verschiedene städtische Eigenschaften zu einer einzigen Zahl zusammenfasst. In den meisten Anwendungsfällen genügt es, den Anteil an Grünflächen und die Horizontüberhöhung (der Anteil des Himmels, der vom Boden aus durch Gebäude bedeckt wird) in diesen Wert einfließen zu lassen. Ist K = 0, bedeutet dies, dass keine urbane Umgebung vorliegt, während K = 2 bedeutet, dass keinerlei Grünflächen existieren und der Horizont komplett von Hochhäusern verdeckt ist.

8.4 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

209

Den Einfluss der einzelnen Faktoren auf die Stärke des Wärmeinseleffekts können wir mithilfe der 1. partiellen Ableitungen bestimmen. Außerdem fügen wir alle Terme, die wir konstant halten, in einer Platzhaltervariable zusammen: ∂U H Imax = ∂K

 4

S · T 3 = A, U

∂U H Imax 3 K· = √ 4 ∂T 4 T ∂U H Imax 1 K· = √ 4 3 ∂S 4 S



4

S 3 B, = √ 4 U 4 T

(8.87)

T 3 1 C, = √ 4 3 U 4 S

(8.88)

4



(8.86)

 1 ∂U H Imax 1 4 K · T 3 · S = − √ D. =− √ 4 4 5 ∂U 4 U 4 U5

(8.89)

A, B, C und D sind unsere Platzhaltervariablen, die es uns leichter machen, den Einfluss der einzelnen Terme auf U H I zu bestimmen. Für Gl. 8.86 sehen wir ein konstantes Verhältnis, da der variable Term K nicht mehr enthalten ist. Zusätzliche Grünflächen oder niedrigere Häuser führen also zu einer proportionalen Veränderung, welche unmittelbar Effekt zeigen. Begrünungsinitiativen wie begrünte Dächer oder Parkplätze zählen daher zu den häufigsten Maßnahmen, die von Städten ergriffen werden. Der Einfluss des täglichen Temperaturbereiches in Gl. 8.87 ist hingegen etwas komplizierter. Durch den Bruch der vierten Wurzel aus T wirken sich Änderungen bei sehr kleinen Werten von T exponentiell auf den U H I aus, bei Werten größer als 1 zeigt sich jedoch relativ schnell ein annähernd lineares Verhältnis, das durch den Vorfaktor 3/4 leicht abgeschwächt wird. Wird zum Beispiel T durch geeignete Maßnahmen von 10 ◦ C auf 9 ◦ C reduziert, wirkt es in Bezug auf UHI nur wie eine merkbare Reduktion von 0.45 ◦ C und eine Änderung von 5 ◦ C auf 4 ◦ C wie eine merkbare Änderung von 0.53 ◦ C. Die Abhängigkeit zu Änderungen in der bodennahen Kurzwellenstrahlung aus Gl. 8.88 verhält sich sehr ähnlich. Hier ist jedoch zu beachten, dass S unter dem Wurzelausdruck noch in der dritten Potenz vorkommt. Daher dauert es zwar länger, bis das annähernd lineare Verhalten der Funktion erreicht wird, allerdings ist dieser Wert auch deutlich niedriger und der Einfluss von Änderungen in S ist im Vergleich noch stärker abgeschwächt. Daher können Maßnahmen in diesen Bereich im ersten Moment weniger attraktiv wirken, da deutliche Verbesserungen erst ab Erreichen eines gewissen Schwellenwertes zu bemerken sind. Allerdings zählen beispielsweise Dächer mit einer höheren Albedo (wodurch S verringert wird) zu den kostengünstigsten Maßnahmen, wodurch die geringere Effektivität durch finanzielle Aspekte ausgeglichen werden kann.

210

8

Partielles Differential

Mit den Auswirkungen der durchschnittlichen Windgeschwindigkeit K in Gl. (8.89) verhält es sich ähnlich, allerdings ist hier das negative Vorzeichen zu beachten. Während die anderen Terme verringert werden müssen, um den Wärmeinseleffekt zu reduzieren, führt hier eine höhere Windgeschwindigkeit zu einer Reduktion des U H I . Durch die starken Änderungen bei kleinen Werten kann schon eine konstant leichte Brise zu einer spürbaren Erleichterung führen. Moderne Stadtentwicklungskonzepte, die eine erhöhte Luftzirkulation ermöglichen, können sich daher als effektive Methoden erweisen.

8.4.4

Borkenkäfer

Borkenkäfer sind eine artenreiche Gruppe von braun bis schwarz gefärbten Käfern, die es immer schon in den heimischen Wäldern gegeben hat. Jene Arten, die durch den pandemischen Befall von Fichten zu einer Berühmtheit geworden sind, werden Buchdrucker und Kupferstecher genannt. Durch den Klimawandel profitiert dieser Käfer gleich mehrfach, denn die Erwärmung erhöht die Anzahl an möglichen Vermehrungszyklen pro Jahr und die Dürren schwächen die Bäume insofern, da diese weniger schützende Harze ausscheiden können. In günstigen Jahren kommt es zu einer Vertausendfachung einer Population. Die Geschichte der Waldnutzung ist ein weiterer Umstand, der die Entwicklung der Borkenkäfer fördert. In Zeiten von Holzknappheit und Kriegen sowie zur Maximierung des wirtschaftlichen Gewinns wurden großflächig Fichtenmonokulturen angelegt. Liegt nun ein Befall einer einzelnen Schädlingsart wie dem Borkenkäfer vor, so können gesamte Wälder binnen weniger Jahre vernichtet werden. Wir wollen die Abhängigkeiten zu klimatische Bedingungen K und Baumdiversität D in einem vereinfachten Modell veranschaulichen. Dabei erstellen wir eine Funktion für den Bedrohungsgrad B eines Waldes in der Form B(K , D) = K D + D,

(8.90)

also bestehend aus einem Mischterm der Abhängigkeiten sowie einem additiven Term bezüglich des lokalen Einflusses der Baumdiversität. Eine hohe Diversität ist mit D 0 gegeben, Monokulturen liegen bei D 1. Werte K > 0 beziehen sich auf die globale Erwärmung sowie Zunahme an Dürreperioden, K < 0 entspricht dem entgegengesetzten Fall. Um Änderungen in der Bedrohungsfunktion zu betrachten, wollen wir zuerst die beiden Einflüsse getrennt betrachten, gegeben durch die partiellen Ableitungen B K = D, B D = K + 1.

(8.91) (8.92)

Bei konstanten klimatischen Bedingungen spielt also die Vielfalt eine Rolle und wie sie sich verändert. Umgekehrt spielen bei konstanter Vielfalt die klimatischen Bedingungen eine Rolle. Wenn wir nun den heutigen Fall von Monokulturen als

8.4 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

211

auch der globalen Erwärmung miteinbeziehen, so benötigen wir eine Mischung aus beiden Einflüssen, müssen also die Richtungsableitung betrachten. Wir sehen anhand der Rechnung ∂a f (x) = grad( f ) · a    √  √ √ D 1/√2 = D/ 2 + (K + 1)/ 2 = · K +1 1/ 2

(8.93) (8.94)

√ und einem Richtungsvektor a = (1, 1)T / 2, dass die Bedrohungsfunktion wesentlich schneller steigt als im Vergleich zu den partiellen Ableitungen, wo der Richtungsvektor entsprechend der Einheitsvektoren gegeben ist und somit jeweils einer der additiven Terme wegfallen würde.

8.4.5

Landwirtschaftliche Nutzenfunktion

Die Cobb-Douglas-Produktionsfunktion ist ein mathematisches Modell, das häufig zur Analyse von Produktionsprozessen in der Wirtschaft, einschließlich im landwirtschaftlichen Sektor, verwendet wird. Die Funktion drückt die Beziehung zwischen den Eingaben von Arbeit und Kapital und der Ausgabe oder Produktion aus und ist in allgemeiner Form gegeben als f (r1 , r2 , ..., rn ) = a0 · r1a1 · r2a2 · . . . · rnan

(8.95)

mit a0 > 0; rk > 0, wobei rk für den Input der verschiedenen beeinflussenden Faktoren k steht. Wir möchten hier ein Beispiel diskutieren, wie die Cobb-Douglas-Produktions funktion auf die Landwirtschaft angewendet werden kann. Angenommen, ein Landwirt möchte bestimmen, wie viel Ausgabe mit einer bestimmten Menge an Arbeit und Kapital produziert werden kann. Dafür betrachten wir die landwirtschaftliche Produktionsfunktion Y (K , L) = a · K b · L b−1 ,

K , L > 0,

(8.96)

wobei • Y ist die Anzahl an produzierten Einheiten in Abhängigkeiten vom investierten Kapital K und Arbeit L, • L ist die Menge an Arbeit, die in Stunden investiert wird, • K ist die Menge an Kapital, wie zum Beispiel Maschinen, Werkzeuge oder Land, • a ist ein konstanter Faktor, der das Technologieniveau, natürliche Ressourcen und andere Faktoren, die die Ausgabe beeinflussen, repräsentiert, • b ist ein Parameter, der den Anteil der Ausgabe darstellt, der auf Arbeit zurückzuführen ist, und b − 1 ist der Anteil der Ausgabe, der auf Kapital zurückzuführen ist.

212

8

Partielles Differential

Der Landwirt möchte Weizen anbauen und verfügt dafür über 10,000 e zur Investition in Maschinen und Werkzeuge. Geplant ist die Einstellung von 4 Arbeitern zu jeweils 8 h pro Tag, in Summe also 32 h pro Tag. Um die Gesamtproduktion von Weizen zu berechnen, können die Werte von L und K in die Produktionsfunktion eingesetzt werden. Unter der Annahme, dass a = 35.24 (ein für Weizen spezifischer Faktor, der sich auf das Produktionsvolumen in Litern bezieht) und b = 0.6, (was bedeutet, dass Arbeit 60 % der Ausgaben und Kapital 40 % der Ausgaben ausmachen) erhalten wir Y = 35.24 · 320.6 · 100000.4 ≈ 11274.

(8.97)

Das Ergebnis besagt, dass der Landwirt mit den gegebenen Eingaben von Arbeit und Kapital voraussichtlich etwa 11274 L Weizen bzw. umgerechnet 8823 kg Weizen produzieren kann. Das Grenzprodukt der Arbeit G P A ist die Änderung der Ausgabe, die durch eine zusätzliche Einheit an Arbeit erzeugt wird, wenn alle anderen Eingaben konstant gehalten werden. In der Cobb-Douglas-Produktionsfunktion wird das Grenzprodukt der Arbeit über die partielle Ableitung nach der Arbeit ermittelt GPA =

Y ∂Y = a(b − 1) · K b · L b−2 = b · . ∂L L

(8.98)

Für das Beispiel der Weizenproduktion folgt G P A = 0.6 · 11274/32 ≈ 211. Das bedeutet, dass eine zusätzliche Arbeitsstunde eine Erhöhung der Ausgabe um etwa 211 L Weizen bewirkt, wenn alle anderen Eingaben konstant gehalten werden. Analog lässt sich das Grenzprodukt des Kapitals G P K über die partielle Ableitung nach dem Kapital ermitteln GPK = a ·

Y . K

(8.99)

Für obiges Beispiel ergibt sich G P K = 0.4 · 11274/10000 ≈ 0.45. Das bedeutet, dass eine zusätzliche Einheit an Kapital in Höhe von 1 e eine Erhöhung der Ausgabe um etwa 0.45 L Weizen bewirkt, wenn alle anderen Eingaben konstant gehalten werden.

Übungsaufgaben Die folgenden Übungsaufgaben dienen zur eigenen Überprüfung des Verständnisses zu den Inhalten des Kapitels. 8.1 Bestimmen Sie die partiellen Ableitungen folgender Funktionen: 1. f 1 (x, y, z) = 2x + 4y − 6z 2. f 2 (x, y) = x + y 2 + 2x y

8.4 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

213

3. f 3 (x, y, z) = x 2 z − 4yz 3 − 3y 4 3 4. f 4 (x, y) = x a + by c + x ab y b , a, b ∈ N+ 8.2 Bestimmen Sie die partiellen Ableitungen folgender Funktionen: 1. 2. 3. 4.

f (x, y) = (x 2 − 1)(y + 2) g(x, y) = e x+y+1 h(x, y) = x y ln(x y) i(x, y) = x cos(x) sin(y)

8.3 Bestimmen Sie die partiellen Ableitungen folgender Funktionen: 2x−3y x y3 4x 2 f 2 (x, y) = (y−1)(y+1) 2 4x+x 3 −2x z+zy 4 f 3 (x, y, z) = x yz 2 f 4 (x, y, z) = (5x −2y)(6x+2z) 12x

1. f 1 (x, y) = 2. 3. 4.

8.4 Bestimmen Sie die partiellen Ableitungen folgender Funktionen: √ 1. f 1 (x, y, z) = x x 2 z, y > 0  2. f 2 (x, y, z) =√ln(x 2 3 y 5 z 2 ) √ 3 xy + ln( 3 x y) 3. f 3 (x, y) = e 4. f 4 (x, y, z) = exp(x 3 y/(2z −1/2 )) 8.5 Überprüfen Sie, ob der Satz von Schwarz für folgende Funktionen gilt: 1. f (x, y) = sin(x 2 + y 3 ) 2. g(x, y) = ln(3x − 2y) 3. h(x, y) = e x y 2 8.6 Bestimmen Sie die partiellen Ableitungen folgender Funktionen. Achten Sie dabei darauf, dass die 1. partielle Ableitung entsprechend gekürzt werden, falls möglich. Der Satz von Schwarz sei gültig. 2 y) sin(z) 1. f 1 (x, y, z) = cos(x  4 5 3 2. f 2 (x, y, z) = ln( y z )/x 2

8.7 Bestimmen Sie die Gradienten und Definitionsbereiche der folgenden Funktionen: 1. f (x, y) =

x−y x+y

214

8

Partielles Differential

 2. g(x, y, z) = x y − z 2 + y 2 ln(z) − e x y Welche Aussagen sind dann korrekt? 1. ∇ f (1, 1) = (1| − 2) und ∇g(2, 1, 0) = (5.13| − 3.8|7.41) 2. f (x, y): D = {(x, y) ∈ R \ {0}|x = −y, g(x, y, z)}: D = {(x, y, z) ∈ R|y ≥ z 2 ∧ z > 0} 3. ∇ f (1/2, 1/2) = (1| − 1) und ∇g(1, 2, 1) = (−13.78| − 6.89|3) 8.8 Berechnen Sie die Richtungsableitung an Punkt P in Richtung a. 1. f (x, y, z) = x yz + 3x 3 , P(3, 2, 1), a = (−2, 3, 1)T 2. g(x, y) = sin(x 2 y), P(π, −π ), a = (−π, π )T 8.9 Gegeben ist die Funktion f (x, y) = x y 2 − x.Welche der folgenden Aussagen sind korrekt? 1. Die Funktion besitzt zwei Sattelpunkte S1 = (0| − 1) und S2 = (0|1) 2. ∇ f (3, 2) = (5|10) 3. Der Satz von Schwarz gilt für f 8.10 Zeigen Sie, dass für 

 2π y = y(t, x) = A sin (ct − x) λ für die partielle Ableitung

∂2 y (t, x) ∂t 2

(8.100)

= c2 ∂∂ x y2 (t, x) gilt. 2

8.11 Bestimmen Sie die Extremstellen der Funktion f (x, y) = 3 − x 2 + x y − 3y 2 + 7x + 2y.

(8.101)

Teil III

Ergänzungen und weiterführende Konzepte

Im Anschluss an den Hauptteil des Buches zu Differential- und Integrationstheorie folgen noch zwei wichtige Ergänzungen, die damit in Zusammenhang stehen. Die Taylor Näherung wird dabei für Funktionen in Abhängigkeit einer Variable vorgestellt, sowie die Reihenentwicklung einiger grundlegender Funktionen gezeigt. Im letzten Kapitel wird die Darstellung von Funktionen über unterschiedliche Koordinatensysteme gezeigt. Darauf basierend wird die Differentiation von Polar-, Zylinder- und Kugelkoordinaten gezeigt. Jedes Kapitel enthält Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften in Bezug auf die entsprechenden theoretischen Inhalte.

9

Taylor-Näherung

Funktionen stellen exakte Lösungen eines Problems mit Abhängigkeiten dar. Viele Probleme lassen sich aber auch hinreichend genau durch Näherungen beschreiben. Das bedeutet, dass man das Problem versucht zu vereinfachen. Dabei wird zwar nicht mehr die exakte Lösung untersucht, aber die genäherte Lösung weicht nur wenig von dieser ab. Zum Beispiel sei ein Funktionsverlauf bekannt über eine komplizierte Gleichung, man braucht diese Funktion aber nur für einen kleinen Bereich. Für diesen Fall genügt es, eine simplere Funktion zu wählen, die ähnliches Verhalten in diesem Bereich aufweist. Die simplere Funktion ist einfacher zu handhaben und vereinfacht das Problem. Allerdings bedeutet das auch, dass man einen gewissen Fehler dieser Annäherung zur eigentlichen Funktion in Kauf nehmen muss. In diesem Kapitel wollen wir uns mit dem wohl bekanntesten Näherungsverfahren für die Funktionstheorie beschäftigen: die Taylor-Näherung. Dabei brauchen wir nichts anderes als die Kenntnis der Ableitungen der eigentlichen Funktion. Je mehr Ableitungen man für die Taylor-Näherung verwendet, umso genauer wird diese. Das bedeutet: Der Fehler dieser Näherung steht in Verbindung mit der Ordnung n der Ableitung. Jede Ableitung wird in einem eigenen Term der angenäherten Funktion verwendet, dabei entsteht ein Polynom, das sogenannte Taylor-Polynom. Ebenfalls muss man den Fehler bedenken, daher ist die Taylor-Formel zusammengesetzt aus dem Taylor-Polynom und einem Restglied. Wir beginnen mit der Definitionsgrundlage und wollen uns dann schrittweise ansehen, wie sich diese Taylor-Formel zusammensetzt. Auf die Herleitung der Taylor-Formel wird im Folgenden verzichtet. Taylor’sche Formel

Ist eine Funktion f (x) n-fach differenzierbar, kann sie durch ein Polynom n-ter Ordnung approximiert werden. Die Näherung passiert um einen Entwicklungspunkt x0 .

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 M. L. Kogler und R. Adam, Mathematische Grundlagen für Umweltsystemwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-662-67371-3_9

217

218

9 Taylor-Näherung

Es sei f : I = (a, b) → R und ein Punkt x0 ∈ (a, b) gegeben. Dann heißt Tn (x) :=

n  f (k) (x0 ) (x − x0 )k k!

(9.1)

k=0

das Taylor-Polynom n-ten Grades zum Entwicklungspunkt x0 . Die Taylor’sche Formel lautet f (x) = Tn (x) + Rn (x; x0 ),

(9.2)

wobei das Restglied Rn (x; x0 ) den Fehler der Annäherung durch das TaylorPolynom darstellt.  Es entsteht also eine Näherung der exakten Funktion, die umso einfacher ist, je weniger Glieder genommen werden, aber umso besser (genauer), je mehr genommen werden. Dabei steht • f (k) für die k-te Ableitung von f • k! für die k-Faktorielle k! = 1 · 2 · 3 · ... · k mit 0! = 1 Man sagt: Die Funktion f wird an der Stelle x0 in eine Taylor-Reihe bis zur Ordnung n entwickelt. Die Approximation ist umso genauer, je höher die Ordnung n ist. Tn (x) stellt also ein Näherungspolynom an der Stelle x0 dar. Dieses muss außer an der Stelle x = x0 nicht exakt mit der Funktion f (x) übereinstimmen, weshalb das Restglied Rn (x; x0 ) addiert werden muss. Das Restglied verschwindet nur für den Fall, dass f (x) ein Polynom vom Grad m ≤ n ist. Dieser Sachverhalt wird auch Satz von Taylor genannt. Eine alternative Schreibweise ist häufig mit x = (x − x0 ) gegeben, dabei bezeichnet x die Änderung von x in Bezug auf den Entwicklungspunkt.

9.1

Taylor-Näherung verschiedener Ordnung

9.1.1

Taylor-Näherung 1. Ordnung

Beendet man die Taylor-Näherung nach den ersten beiden Termen (n=1), ergibt sich ein Polynom 1. Ordnung f (x) ≈ T1 (x) = f (x0 ) + f  (x0 )(x − x0 ).

(9.3)

Man sagt dazu auch Linearisierung oder in erster Näherung, da wir dadurch die Tangente der Funktion an der Stelle x0 bekommen. Wie wir bereits wissen, liegen die Werte der Tangente und der Funktion selbst in einer Umgebung von x0 relativ nahe beieinander. Das Restglied ist gegeben durch den Fehler, den wir bekommen, wenn wir die Funktion durch ihre Tangente in x0 annähern.

9.1 Taylor-Näherung verschiedener Ordnung

219

Abb. 9.1 Taylor-Näherung der Graphen e x und ln(1 + x) durch ein Polynom von Grad 1

9.1.1.1 Beispiele A) Das Taylor-Polynom 1. Ordnung der natürlichen Exponentialfunktion f (x) = e x an der Entwicklungsstelle x0 = 0 ist gegeben durch f (x) ≈ f (0) + f  (0)x

(9.4)

mit f (0) = 1 und f  (0) = 1. Daraus folgt für die Exponentialfunktion ex ≈ 1 + x

(9.5)

für x-Werte in Umgebung von x = 0. Je weiter man sich von x0 entfernt, umso größer wird auch die Abweichung zwischen f (x) und T1 (x). Somit steigt der Fehler der Näherung in Abhängigkeit der x-Variable, siehe dafür Abb. 9.1 (links). (Rechts) ist auch die Linearisierung der Funktion f (x) = ln(1 + x) mit T1 (x) = x an x = 0 gezeigt. B) Wir wollen die Taylor-Näherung von f (x) = sin(x) an der Stelle x0 = 0 zur Ordnung n = 1 berechnen, siehe Abb. 9.2 (links). Es gilt sin(x) ≈ T1 (x) = 0 +

1 x = x, 1!

wobei wir den Fehler der Näherung nicht weiter behandeln. Daher wird häufig in physikalischen Beispielen die Abschätzung sin(x) ≈ x als bekannt vorausgesetzt. Gleiches gilt für cos(x) ≈ 1.

220

9 Taylor-Näherung

Abb. 9.2 Sinusfunktion und Taylor-Näherungen um x0 = 0: (links) Sinus, Näherung 2. und 4. Ordnung, (rechts) Näherung bis zur 8. Ordnung gezeigt

9.1.2

Taylor-Näherung 2. Ordnung

Um den Fehler zu verkleinern, können wir Taylor-Polynome von höherem Grad ansetzen. Für n = 2 bekommen wir ein Polynom 2. Ordnung (quadratische Funktion) der Form f (x) ≈ T2 (x) = f (x0 ) + f  (x0 )(x − x0 ) +

f  (x0 ) (x − x0 )2 . 2!

(9.6)

9.1.2.1 Beispiele A) Berechnen wir das Taylor-Polynom 2. Ordnung von f (x) = e x an der Entwicklungsstelle x0 = 0, so erhalten wir x2 . 2

(9.7)

f (x) = e−x sin(x)

(9.8)

ex ≈ 1 + x + B) Wir können auch die gedämpfte Schwingung

über eine Taylor-Entwicklung annähern. Dafür wählen wir wieder x0 = 0 und erhalten für die Entwicklung 2. Ordnung e−x sin(x) ≈ x − x 2 .

(9.9)

9.1 Taylor-Näherung verschiedener Ordnung

9.1.3

221

Taylor-Polynom höherer Ordnung

Da die Taylor-Polynome 1. Ordnung und 2. Ordnung sehr einfachen Termen entsprechen, sind diese Polynomdarstellungen beliebte Hilfsmittel, um komplizierte Funktionsverläufe simpel anzunähern. Manchmal benötigt man jedoch etwas genauere Näherungen und muss auf höhere Ableitungen zurückgreifen, um die TaylorNäherung sinnvoll verwenden zu können. Allgemein ausgeschrieben ist das TaylorPolynom von Ordnung n gegeben durch Tn (x) =

n  f (k) (x0 ) (x − x0 )k k!

(9.10)

k=0

= f (x0 ) + f  (x0 )(x − x0 ) + + ... +

f (n) (x0 ) (x − x0 )n . n!

f  (x0 ) f  (x0 ) (x − x0 )2 + (x − x0 )3 + 2 6

(9.11) Für den Spezialfall, dass der Entwicklungspunkt x0 = 0 ist, wird die Näherung nter Ordnung auch als MacLaurin-Polynom bezeichnet. Daraus folgt die vereinfachte Darstellung über f (x) ≈ f (0) +

f  (0) f (n) (0) n f  (0) 2 x+ x + ... + x . 1! 2 n!

(9.12)

9.1.3.1 Beispiel A) Betrachten wir wieder die Funktion f (x) = sin(x). Für eine Taylor-Entwicklung höherer Ordnung brauchen wir entsprechend höhere Ableitungen der Sinusfunktion, die in folgender Tabelle bis zur Ableitung zur Ordnung n = 4 dargestellt sind: f (x) = sin(x) f  (x) = cos(x) f  (x) = − sin(x) f  (x) = − cos(x) f (4) (x) = sin(x)

f (0) = 0 f  (0) = 1 f  (0) = 0 f  (0) = −1 f (4) (0) = 0

Somit gilt 1 −1 3 0 0 x + x2 + x + x 4, 1! 2! 3! 4! 1 = x − x 3. 6

T4 (x) = 0 +

(9.13) (9.14)

222

9 Taylor-Näherung

Auch hier wurde der Approximationsfehler nicht berücksichtigt und es gilt f (x) ≈ T4 (x) im Intervall [−π/2, π/2]. B) Wir wollen nun das Taylor-Polynom für f (x) = ln(x) an der Stelle x0 = 1 betrachten und setzen drei Ableitungen an f (x) = ln(x) f  (x) = 1/x f  (x) = −1/x 2 f  (x) = 2/x 3

f (1) = 0 f  (1) = 1 f  (1) = −1 f  (1) = 2

Daraus erhalten wir das Taylor-Polynom 1 1 T3 (x) = (x − 1) − (x − 1)2 + (x − 1)3 . 2 3

(9.15)

C) Nehmen wir wieder die gedämpfte Schwingung f (x) = e−x sin(x)

(9.16)

und setzen eine Entwicklung bis zur 6. Ordnung an, so erhalten wir T6 (x) = x − x 2 +

x3 x5 x6 − + . 3 30 90

(9.17)

Wir sehen also, dass die Terme höherer Potenzen immer kleinere Auswirkungen haben, da sie durch immer höhere Werte dividiert werden. Es ist ganz typisch für Taylor-Entwicklungen, dass die Näherung also immer feiner wird. Um den Fehler dieser Näherung auszudrücken, schreibt man häufig auch O(x n+1 ) an, was bedeutet, dass die genaue Wirkung des Terms der um eins höheren Potenz nicht bekannt ist. Für unser Beispiel bedeutet das f (x) = x − x 2 +

9.2

x3 x5 x6 − + + O(x 7 ). 3 30 90

(9.18)

Reihenentwicklung

Eine wichtige Eigenschaft der Taylor-Entwicklung ist, dass sie es ermöglicht, manche Funktionen über eine unendliche Summe an Potenzen darzustellen, wenn man den

9.2 Reihenentwicklung

223

Grenzwert n → ∞ betrachtet. Die daraus resultierende Reihe mit unendlich vielen Termen wird Taylor-Reihe genannt. Da Taylor-Reihen in jedem Term x k enthalten, gehören sie zu den sogenannten Potenzreihen. Funktionen, die man durch eine Potenzreihe darstellen kann, nennen sich auch analytische Funktionen und müssen glatt sein1 . Der Grenzwert als Übergang des Taylor-Polynoms zur Taylor-Reihe ist gegeben durch ∞  f (k) (x0 ) (x − x0 )k . k!

T (x) =

(9.19)

k=0

9.2.1

Potenzreihendarstellung grundlegender Funktionen

Auf Basis dieses Prinzips kann man nun diverse Funktionen als Potenzreihe darstellen. Besonders bekannt sind dabei die Potenzreihendarstellungen folgender grundlegender Funktionen: Reihendarstellung der Exponentialfunktion: ex = =

∞  xk , k! k=0 x0

0!

+

(9.20)

x1 x2 x3 + + + ... 1! 2! 3!

(9.21)

Reihendarstellung der Logarithmusfunktion: ln(1 + x) = =

∞  k=1 x1

1!

(−1)k+1 −

xk , k

(9.22)

x2 x3 x4 + − ± ... 2! 3! 4!

(9.23)

Reihendarstellung der Sinusfunktion: sin(x) = =

1 Eine

∞  (−1)k x 2k+1 k=0 x1

1!

(2k + 1)! −

,

x3 x5 + ∓ ... 3! 5!

(9.24) (9.25)

Funktion ist glatt, wenn sie unendlich oft differenzierbar und stetig ist. Es gibt keine Ecken oder undifferenzierbaren Stellen des Graphen.

224

9 Taylor-Näherung

Reihendarstellung der Cosinusfunktion: cos(x) = =

9.3

∞  (−1)k x 2k k=0 x0

0!

(2k)! −

,

x2 x4 + ∓ ... 2! 4!

(9.26) (9.27)

Restglied des Taylor-Polynoms

Wie in Gl. 9.2 bereits gezeigt, setzt sich eine Funktion laut der Taylor-Formel zusammen aus dem Taylor-Polynom Tn (x) und dem Restglied Rn (x) additiv zusammen. Wenn wir uns nur das Taylor-Polynom bis zur Ordnung n ansehen, dann schneidet man die höheren Terme der gesamten Taylor-Reihe sozusagen ab. Daher müssen wir den dadurch entstehenden Fehler durch das Restglied abschätzen. Eine klassische Variante dafür ist, das Lagrange-Restglied zu bestimmen, es gibt aber auch andere Abschätzungsverfahren. Das Lagrange-Restglied berechnet sich über Rn (x) =

f (n+1) (ξ ) (x − x0 )n+1 , (n + 1)!

(9.28)

woran man gleich sieht, dass die Funktion (n + 1)-fach ableitbar sein muss, also einmal mehr ableitbar, als für die Taylor-Polynome verwendet wurde. Als zweiter wichtiger Punkt ist zu vermerken, dass in die (n + 1)-te Ableitung nun an der Stelle ξ betrachtet wird und nicht an der Stelle x0 , um welche entwickelt wurde. Dabei ist ξ eine unbekannte Zahl, die zwischen x und x0 liegen muss. Außerdem gilt ξ ist abhängig von x, ξ(x). Für eine Fehlerabschätzung sucht man das Maximum des Betrags des Lagrange-Restglieds, also max |Rn |.

9.3.1

(9.29)

Beispiel

Die Taylor-Entwicklung der Exponentialfunktion soll um den Entwicklungspunkt x0 = 0 berechnet werden. Wie bekannt, ist f (x) = e x , f  (x) = e x und e0 = 1. Mit dem Satz von Taylor gilt ex = 1 + x +

x2 xn + ··· + + Rn (x; 0) 2 n!

(9.30)

mit dem Lagrange-Restglied Rn (x; 0) =

eξ x n+1 (n + 1)!

(9.31)

9.4 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

225

für ξ = θ x mit 0 < θ < 1. Daraus kann eine Fehlerabschätzung durchgeführt werden: |Rn (x; 0)| =

e xi e x n+1 ≤ . (n + 1)! (n + 1)!

(9.32)

Für n = 10 bekommt man |R10 (x; 0)| ≤ 6.81 · 10−8 .

9.4

Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

9.4.1

Näherungsverfahren im Alltag

Im Zeitalter der Digitalisierung stützen wir uns bei vielen Aufgaben auf computerbasierte Methoden. Dabei stellt sich die Frage, wie lassen sich Lösungen von Elementarfunktionen wie Sinus, Cosinus, Exponentialfunktion oder Logarithmus berechnen. Nehmen wir als Beispiel einen Taschenrechner. Alles, was dieser kann, ist addieren, subtrahieren, multiplizieren und dividieren. Wie kann es also sein, dass man diesen für komplizierte Rechenaufgaben verwenden kann? Die Antwort darauf ist, dass dafür Näherungsverfahren verwendet werden. Das bedeutet, dass Funktionen und Zahlen nur bis zu einer gewissen Genauigkeit dargestellt werden, wenn das gegebene mathematische Objekt selbst nur schwer handhabbar ist. Daher wird, wenn man in den Taschenrechner sin(x) eingibt, eigentlich die Näherung über die Folge N 

(−1)n

n=0

x 2n+1 (2n + 1)!

(9.33)

berechnet, wobei N so gewählt ist, dass ein die Abweichung kleiner als ein gewünschter Wert  ist: ∞  x 2n+1 (−1)n < . (9.34) (2n + 1)! n=N +1

Dabei muss das jeweils verwendete Näherungsverfahren nicht unbedingt auf Taylor basieren. Häufig werden numerische Näherungsverfahren verwendet, die möglichst wenig Rechenaufwand benötigen, zum Beispiel der CORDIC-Algorithmus für trigonometrische Funktionen oder das Horner-Schema für Polynome, vgl. Jorke et al. (1989). Die Frage nach der numerischen Genauigkeit variiert dabei von Gerät zu Gerät und bei günstigen Taschenrechnern ist keine höhere Genauigkeit als bis zur vierten Nachkommastelle zu erwarten.

9.4.2

Sättingungsdampfdruck

Der Sättigungsdampfdruck beschreibt den Druck, den Wasserdampf in der Luft ausübt, wenn diese bei einer bestimmten Temperatur mit Wasserdampf gesättigt ist. Das bedeutet, dass ohne Einwirkungen von außen Wasser weder verdampft noch konden-

226

9 Taylor-Näherung

siert. Er ist eine wichtige Größe, um eine Vielzahl an Vorgängen in der Klimatologie zu beschreiben. Dazu gehören Niederschlagsereignisse, die Feuchtigkeitsabgabe von Pflanzen oder die Entstehung von Hurrikans. Er kann durch den folgenden Ausdruck als Funktion der Temperatur beschrieben werden  es (T ) = 6.11 exp

17.3T 237.3 + T

 .

(9.35)

Möchte man diese Funktion über die Temperatur integrieren, wenn man zum Beispiel die gesamte Feuchtigkeitsabgabe einer Pflanze über einen gewissen Temperaturbereich bestimmen will, stößt man auf ein Problem: Es handelt sich um eine nichtelementare Funktion und kann deswegen nur über Näherungsverfahren, wie zum Beispiel die Taylor-Näherung, integriert werden. Wir bilden dafür die erste Ableitung: 17.3T 17.3 des (T ) 17.3T ) = 6.11e 237.3+T ( − dT 237.3 + T (237.3 + T )2

(9.36)

und die zweite Ableitung: 17.3T d 2 es (T ) = 6.11e 237.3+T dT 2



17.3 17.3T − 237.3 + T (237.3 + T )2

2 −2

 17.3T 17.3 +2 . (237.3 + T )2 (237.3 + T )3

(9.37) Entwickelt man um eine Temperatur von 20 ◦ C erhält man das Taylor-Polynom 2. Grades: 0.05 p2 (T ) = 19.87 + 1.09(T − 20) + (9.38) (T − 20)2 , 2 über welches sich das Integral für einen begrenzten Bereich um 20 ◦ C einfach bestimmen lässt. Diese Art der Umformung wird häufig in der Modellierung genutzt, um Vorgänge oder zeitliche Entwicklungen analytisch darzustellen, die solche nichtelementaren Funktionen beinhalten.

9.4.3

Meerwasserentsalzung

Durch Klimawandel, Bevölkerungswachstum und Umweltverschmutzung wird die zukünftige Wasserversorgung durch Grundwasser für viele Länder immer unsicherer. Meerwasserentsalzungstechnologien bieten eine Möglichkeit, drohenden Wasserknappheiten entgegenzuwirken. Frischwasser kann beispielsweise durch Verdampfung durch thermische oder solare Energie oder durch Osmoseverfahren gewonnen werden. Ein Nachteil, den sich alle diese Technologien teilen, ist, dass sie relativ energieintensiv sind. Daher ist es für eine nachhaltige Entwicklung notwendig, sie so energiesparend wie möglich zu machen. Allerdings gibt es aufgrund der Chemie und Physik von Salzwasser eine Mindestenergie, die notwendig ist, um es zu entsalzen. Und diese ist unabhängig von der genutzten Technik. Im Folgenden wollen wir diese Minimalenergie herleiten.

9.4 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

227

Wir starten mit der allgemeinen Form des spezifischen Energieverbrauchs pro Volumsmenge an gewonnenem Frischwasser: S ECmin =

Rw G p + (1 − Rw )G b − G f . Rw Vw

(9.39)

Rw beschreibt den Wasserrückgewinn bzw. das Verhältnis von gewonnenem Frischwasser zu genutztem Meerwasser, G ist die freie Gibbs-Energie 2 der Mischung, wobei die Indizes p, b, f für das gewonnene Frischwasser, die Sole (das verbleibende Salzwasser) und das genutzte Meerwasser stehen. Vw ist das molare Volumen von Wasser. Die freie Gibbs Energie einer idealen, generischen Mischung lautet: G = RT (x1 ln(x1 ) + x2 ln(x2 )),

(9.40)

R die Gaskonstante, T die Temperatur und x der Stoffmengenanteil der jeweiligen Substanz. Für Salzwasser setzt man die x-Werte zu x1 = xs für Salz und x2 = xw = 1 − xs für Wasser. Anschließend kann man den zweiten Teil der freien Energie mit einer Taylor-Approximation um 0 vereinfachen, wenn man davon ausgeht, dass xs 0. Gl. 10.8 inkludiert entsprechende Fallunterscheidungen aller Quadranten. Auch für Polarkoordinaten können Basisvektoren definiert werden, die orthonormal zueinander sind, gegeben mit



cos(ϕ) − sin(ϕ) , eϕ = . (10.9) er = sin(ϕ) cos(ϕ) Die Herleitung dieser Vektoren ist geometrisch relativ einfach über den Satz des Pythagoras zu zeigen, siehe dafür Abb. 10.1 rechts. Dabei hat der Basisvektor er den Winkel ϕ zur x-Achse. Der Basisvektor eϕ hat den Winkel ϕ zur y-Achse. Die beiden Basisvektoren stehen orthogonal aufeinander. Der Einheitsvektor er ist also genau so definiert, dass er immer in Richtung des Ortsvektors r zeigt, hingegen ist der Einheitsvektor eϕ senkrecht dazu in Richtung größer werdender Winkel ϕ. Somit bleiben die Einheitsvektoren bei einer Bewegung auf einer Bahn nicht konstant, sondern verändern sich in Abhängigkeit zu ϕ. Man beachte: Da Einheitsvektoren normiert sind, muss ihre Länge immer Eins sein.

10.2.1 Beispiele A) Wir möchten mehrere Punkte aus dem kartesischen Koordinatensystem in Polarkoordinaten darstellen. Dazu nehmen wir jeweils einen Punkt (x, y) aus jedem Quadranten mit

1 Neben dem Intervall (−π, π ] wird auch häufig das Intervall [0, 2π ), entspricht [0, 360◦ ), gewählt.

Mit dieser Definition lässt sich ein leicht anderer Ausdruck von ϕ(x, y) finden, was an dieser Stelle nur angemerkt sei, falls andere Literatur hinzugezogen wird.

10.2 Polarkoordinaten

233

A(1, 1), B(−1, 1), C(−1, −1), D(1, −1). Die Radien sollten für alle Punkte identisch sein, da die Punkte alle gleich weit vom Ursprung entfernt sind. Wir berechnen den Radius aller Punkte mit √ (10.10) r A = r B = rC = r D = 12 + 12 = 2. Die Winkelvariable ergibt sich über die folgende Rechnung 1 π ϕ A = + arccos( √ ) = = 0.78...[rad] = 45◦ , 4 2 −1 3π ϕ B = + arccos( √ ) = = 2.36...[rad] = 135◦ , 4 2 −1 3π ϕC = − arccos( √ ) = − = −2.36...[rad] = 360◦ − 135◦ = 225◦ , 4 2 1 π ϕ D = − arccos( √ ) = − = −0.78...[rad] = 360◦ − 45◦ = 315◦ . 4 2

(10.11) (10.12) (10.13) (10.14)

Somit können wir alle diese Punkte auch in Polarkoordinaten beschreiben. B) Auch Funktionen können in Polarkoordinaten ausgedrückt werden, siehe dafür Abb. 10.2. Setzen wir den Radius konstant r = 1 und als Funktion des Winkels, so erhalten wir die Funktion r = f (ϕ) = 1,

(10.15)

bei der der Radius in Abhängigkeit zum Winkel ausgedrückt wird. Schauen wir uns diese Abhängigkeit direkt in den r , ϕ-Richtungskoordinaten an (die ϕ-Achse ist die Abszisse und r -Achse die Ordinate), so sehen wir nur eine einfache Konstante. Betrachten wir die Variablen in der Polarkoordinatendarstellung, so bekommen wir den Einheitskreis um den Ursprung.

Abb.10.2 Funktionen in Polarkoordinaten: Einheitskreis und Spirale in r , ϕ-Richtungskoordinaten und Polarkoordinaten

234

10

Koordinatensysteme

Abb. 10.3 Funktionen in Polarkoordinaten: Kardioide 2a(1 − sin(bϕ)) (blau) und 2a(1 − sin(bϕ)) (orange) mit verschiedenen Parametern von links nach rechts: a, b = 0.5, 1; a, b = 0.5, 2; a, b = 0.5, 3; a, b = 0.5, 8

Wählen wir nun die Funktion r = f (ϕ) =

ϕ , 4

(10.16)

so entspricht das im r , ϕ-Achsensystem einer Geraden mit positiver Steigung. Verwenden wir nun aber die Polardarstellung in der Ebene, so erhalten wir einen spiralförmigen Verlauf. Es gibt also einen Zusammenhang zwischen der Monotonie der (r , ϕ)-abhängigen Funktion und dem Kurvenverlauf in Polarkoordinaten. Die monoton steigende Gerade gibt eine Spirale mit monoton steigendem Radius. Für nichtmonoton steigende Kurven ergeben sich dann verschlungene Kurvenverläufe, wie das nächste Beispiel zeigt. C) Betrachten wir nun Kardioide oder auch Herzkurven. Diese werden mittels Sinus und Cosinus der Winkelvariable erzeugt r1 = f 1 (ϕ) = 2a(1 − sin(bϕ))

(10.17)

r2 = f 2 (ϕ) = 2a(1 − cos(bϕ))

(10.18)

und mit den beiden Parametern a, b ∈ R. Einige Variationen von b sind in Abb. 10.3 gezeigt. Die Anzahl an Blütenblättern wird dabei durch b bestimmt, da dieser Parameter die Periode entsprechend verkleinert (staucht) und die Funktion so stärker verschlungen wird. Versuchen wir diese Funktionen in kartesischen Koordinaten darzustellen, sehen wir, dass es für einen x-Wert mehrere y-Wert geben kann. Das bedeutet, dass dieser Graph in x, y nur als (komplizierte) Relation darstellbar ist, obwohl in Polarkoordinaten eine sehr einfache Funktionsvorschrift vorliegt.

10.3 Zylinder- und Kugelkoordinaten

10.3

235

Zylinder- und Kugelkoordinaten

Nun wollen wir zwei neue Koordinatensysteme für den R3 kennenlernen. Die Zylinderkoordinaten, auch zylindrische Koordinaten, entsprechen im Wesentlichen den Polarkoordinaten, sind aber für den Raum definiert. Die dritte Koordinate beschreibt die Höhe eines Punktes über einer Ebene im Polarkoordinatensystem, entspricht also der z-Achse. Die Umrechnung von Zylinder- auf kartesische Koordinaten ist daher gegeben mit x = r cos(ϕ), y = r sin(ϕ) z=z

(10.19) (10.20) (10.21)

für r ≥ 0, ϕ ∈ [−π, π ) oder [0, 2π ) und z ∈ R. Die Basisvektoren der Zylinderkoordinaten sind ⎛ ⎛ ⎛ ⎞ ⎞ ⎞ cos(ϕ) − sin(ϕ) 0 (10.22) er = ⎝ sin(ϕ) ⎠ , eϕ = ⎝ cos(ϕ) ⎠ , ez = ⎝ 0 ⎠ . 0 0 1 Die Kugelkoordinaten, auch sphärischen Koordinaten, stellen die Verallgemeinerung der Polarkoordinaten für den dreidimensionalen Raum dar. Dabei wird ein Punkt, anstatt der x, y, z-Richtungsachsen, über einen Radius r und zwei Winkel ϕ, θ beschrieben. Die erste Koordinate ist dabei wieder der Abstand zum Nullpunkt, also der Radius mit  (10.23) r = x 2 + y2 + z2, die anderen beiden Koordinaten sind der Winkel ϕ in der x, y-Ebene und der Raumwinkel θ , siehe Abb. 10.4. Die Umrechnung von Kugel- auf kartesische Koordinaten ist gegeben mit x = r sin(θ ) cos(ϕ), y = r sin(θ ) sin(ϕ), z = r cos(θ )

(10.24) (10.25) (10.26) z

Abb.10.4 Kugelkoordinaten r ϕ, θ eines Punktes P und kartesisches Koordinatensystem mit den Achsen x, y, z

P

θ

r

ϕ

x

y

236

10

Koordinatensysteme

für r ≥ 0, ϕ ∈ [0, 2π ) und θ ∈ [0, π ]. Der Winkel ϕ verläuft dabei wieder von positiver x-Achse zu positiver y-Achse, der Winkel θ verläuft dabei von positiver z-Achse in Richtung Ebene. Auch für die sphärischen Koordinaten können Basisvektoren ausgedrückt werden ⎛

⎛ ⎛ ⎞ ⎞ ⎞ sin(θ ) cos(ϕ) cos(θ ) cos(ϕ) − sin(ϕ) er = ⎝ sin(θ ) sin(ϕ) ⎠ , eθ = ⎝ cos(θ ) sin(ϕ) ⎠ , eϕ = ⎝ cos(ϕ) ⎠ . (10.27) cos(θ ) − sin(θ ) 0

10.3.1 Beispiele A) Flächenfunktionen in Zylinderkoordinaten besitzen auch diese typische zylindrische Eigenschaft in Bezug auf die z-Achse, sind also eher rohrförmig. Drei Beispiele sind dazu in Abb. 10.5 gezeigt mit den Funktionsgleichungen (von links nach rechts): r1 = f 1 (ϕ, z) = 1, r2 = f 2 (ϕ, z) = z, r3 = f 2 (ϕ, z) = 1 − cos(8ϕ).

(10.28) (10.29) (10.30)

B) Funktionen in Kugelkoordinaten geben typischerweise sphärische Flächenfunktionen, ein paar einfache Beispiele sind dazu in Abb. 10.6 gezeigt, mit den Funktionsgleichungen (von links nach rechts): r1 = f 1 (ϕ, θ ) = 1, r2 = f 2 (ϕ, θ ) = ϕ − θ , r3 = f 3 (ϕ, θ ) = cos(2ϕ).

Abb. 10.5 Funktionen in Zylinderkoordinaten

(10.31) (10.32) (10.33)

10.4 Differentiation in verschiedenen Koordinaten

237

Abb. 10.6 Funktionen in Kugelkoordinaten

10.4

Differentiation in verschiedenen Koordinaten

10.4.1 Zeitliche Ableitung in Polarkoordinaten Wir haben bereits die Basisvektoren in Polarkoordinaten kennengelernt mit er = cos(ϕ)e x + sin(ϕ)e y und eϕ = − sin(ϕ)e x + cos(ϕ)e y . In Abb. 10.1 rechts können wir uns die Bewegung eines Punktes P(x, y) anhand einer Bahnkurve vorstellen. Bewegungen in Polarkoordinaten bestehen also aus einer radialen und (dazu senkrechten) transversalen Komponente. Ändern wir den Winkel, so ändern sich auch die Einheitsvektoren. Möchten wir diese Änderung nach der Zeit t nun verfolgen, so benötigen wir die Ableitungen der Einheitsvektoren2 . Setzen wir das Differential nach der Zeit für er an, so finden wir unter Anwendung der Kettenregel 

d cos(ϕ) der dt e˙ r = (10.34) = d sin(ϕ) dt dt

−ϕ˙ sin(ϕ) (10.35) = = ϕe ˙ ϕ. ϕ˙ cos(ϕ) Analog können wir das Differential für eϕ ansetzen. Zusammengefasst finden wir für die Ableitung beider Einheitsvektoren in Polarkoordinaten e˙ r = ϕ(− ˙ sin(ϕ)e x + cos(ϕ)e y ) = ϕe ˙ ϕ, e˙ ϕ = ϕ(− ˙ cos(ϕ)e x − sin(ϕ)e y ) = −ϕe ˙ r.

(10.36) (10.37)

Betrachten wir nun den Ortsvektor r = (r cos(ϕ), r sin(ϕ)) = r er und seinen Geschwindigkeitsvektor r˙ , so müssen wir wieder die Kettenregel anwenden und erhalten dr er ˙ ϕ, (10.38) = r˙ er + r ϕe r˙ = dt

2 Ableitungen

nach der Zeit werden mit einem Punkt markiert

du dt (t)

= u(t). ˙

238

10

Koordinatensysteme

wobei sich der Term r ϕ˙ auch Winkelgeschwindigkeit nennt. Für den Beschleunigungsvektor, also die 2. Ableitung nach der Zeit, finden wir analog die folgende Darstellung r¨ = (¨r − r ϕ˙ 2 )er + (r ϕ¨ + 2˙r ϕ)e ˙ ϕ,

(10.39)

wobei sich der Term −r ϕ˙ 2 Zentrifugalbeschleunigung nennt. Für Bewegungen auf einer Kreisbahn mit fixem Radius r = r0 gilt r˙ = 0. Der Ortsvektor, Geschwindigkeitsvektor und Beschleunigungsvektor vereinfachen sich dann zu r = r0 er , r˙ = r0 ϕe ˙ ϕ,

(10.40) (10.41)

¨ ϕ. r¨ = −r0 ϕ˙ 2 er + r0 ϕe

(10.42)

10.4.2 Zeitliche Ableitung in Zylinderkoordinaten Analog zur Herleitung der Ableitung in Polarkoordinaten lässt sich ein Ortsvektor r = r(r , ϕ, z) und seine Ableitungen r˙ und r¨ in Zylinderkoordinaten darstellen als r = r er + zez , r˙ = r˙ er + r ϕe ˙ ϕ + z˙ ez ,

(10.43) (10.44)

˙ ϕ + z¨ ez . r¨ = (¨r − r ϕ˙ 2 )er + (r ϕ¨ + 2˙r ϕ)e

(10.45)

10.4.3 Zeitliche Ableitung in Kugelkoordinaten Auch für Kugelkoordinaten lassen sich zeitliche Ableitungen des Ortsvektors finden. Ohne Herleitung seien die Ableitungen der Einheitsvektoren er , eθ , eϕ der Kugelkoordinaten gegeben mittels ˙ θ + ϕ˙ sin(θ )eϕ , er = θe ˙ r + ϕ˙ cos(θ )eϕ , eθ = −θe eϕ = −ϕ(sin(θ ˙ )er + cos(θ )eθ ).

(10.46) (10.47) (10.48)

Damit folgt für den Geschwindigkeitsvektor einer Bahnbewegung in Kugelkoordinaten ˙ θ + r ϕe ˙ ϕ. r˙ = r˙ er + r θe

(10.49)

Der Vollständigkeit halber wird auch der relativ komplizierte Ausdruck für die Beschleunigung in Kugelkoordinaten angegeben, welcher sich ebenfalls aus den

10.5 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

239

obigen Beziehungen berechnen lässt: r¨ = (¨r − r θ˙ 2 − r ϕ˙ 2 sin2 (θ ))er , + (r θ¨ + 2˙r θ˙ + r ϕ˙ 2 sin(θ ) cos(θ ))eθ , + (r ϕ¨ sin(θ ) + 2˙r ϕ˙ sin(θ ) + 2r ϕ˙ θ˙ )eϕ .

(10.50) (10.51) (10.52)

Anwendungen

Für viele Anwendungen muss man die Beschreibung auf die Symmetrie des Problems anpassen. Beispielweise sind Bewegungen auf Kreisbahnen schwierig in kartesischen Koordinaten darzustellen. Häufig werden in der Geodesie für Distanz- und Richtungsmessungen Polarkoordinaten verwendet. Kugelsymmetrische Probleme sind zum Beispiel die Bewegung in einem Zentralkraftfeld wie dem Gravitationsfeld oder dem elektrischen Feld einer Punktladung. 

10.5

Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

10.5.1 Tornadoverfolgung mit Radar Polarkoordinaten werden in der Realität häufig zur Darstellung von Radardaten genutzt. Ein Radar sendet radial Radiowellen aus, daher gibt das gemessene Echo den direkten Abstand und den Winkel des beobachteten Objekts zur Messstation an. Radare werden heutzutage in vielerlei Bereichen eingesetzt, beispielsweise in der Meteorologie, um Niederschlags- und Winddaten zu erheben. Außerdem können so auch Tornados verfolgt werden, um unter anderem Frühwarnsysteme zu unterstützen, Schadenserhebung zu betreiben oder die Datenlage für Simulationen zu erweitern. Als Beispiel betrachten wir nun einen Tornado, dessen Bewegung sich über die folgenden Gleichungen in Polar-Koordinaten darstellen lässt: r (t) =

(t) ) 20(1 − θ40 , 4 − cos(θ (t))

θ (t) = ωt.

(10.53) (10.54)

Entsprechend Abschn. 10.4.1 können wir dadurch die Radial- und Winkelgeschwindigkeitskomponenten bestimmen, um den Geschwindigkeitsvektor zu berechnen. Die Radialgeschwindigkeit erhalten wir durch die zeitliche Ableitung von r (t): r˙ (t) = −

20ω sin(ωt)(1 − ωt ω 40 ) − 2 (4 − cos(ωt)) 2(4 − cos(ωt))

(10.55)

und die Winkelgeschwindigkeit über die zeitliche Ableitung von θ (t): ˙ = ω. θ(t)

(10.56)

240

10

Koordinatensysteme

Fügen wir diese beiden Komponenten nun zusammen, können wir den gesamten Geschwindigkeitsvektor des Tornados an jedem Punkt seiner Bewegung ausdrücken:

 (t) 20ω sin(ωt)(1 − ωt 20(1 − θ40 ) ω 40 ) r˙ = − − + e ωeϕ . r 2 (4 − cos(ωt)) 2(4 − cos(ωt)) 4 − cos(θ (t)) (10.57) Während die Bewegungsgeschwindigkeit eines Tornados, im Vergleich zu den Windgeschwindigkeiten, die im Tornado vorherrschen, weniger Einfluss auf seine Zerstörungskraft hat, deuten Messungen und Simulationen darauf hin, dass höhere Bewegungsgeschwindigkeiten einen stärkeren Drift nach Norden verursachen.

10.5.2 Änderung des magnetischen Nordpols Aufgrund von zeitlichen Schwankungen innerhalb des Magnetfeldes der Erde, die durch die Konvektionsbewegungen des flüssigen Eisens innerhalb des Erdkerns verursacht werden, sind auch die magnetischen Pole nicht konstant und ändern über die Zeit ihre Position. Wir wollen uns nun die Bewegung des magnetischen Nordpols zwischen 2010 und 2020 ansehen. Da man die Erde näherungsweise als Kugel beschreiben kann, werden Positionen auf der Erde des Öfteren in Kugelkoordinaten mit r = 6378 km angegeben. Diese Darstellung erschwert es allerdings etwas, absolute Abstände zwischen zwei Punkten zu berechnen. Daher nutzen wir hier die bekannten Formeln (10.24)–(10.26), um kartesische Koordinaten zu erhalten. Bevor wir als Nächstes die Abstände zwischen den magnetischen Polpositionen der einzelnen Jahre bestimmen, treffen wir noch eine vereinfachende Annahme: Innerhalb eines Jahres wird die Bewegung des Pols klein genug sein, dass wir die Erdkrümmung ignorieren können und der euklidische Abstand d = (x1 − x2 )2 + (y1 − y2 )2 + (z 1 − z 2 )2 ein ausreichend akkurates Ergebnis liefert. Damit erhalten wir dann Tab. 10.1. Hier sehen wir eine relativ starke absolute Änderung pro Jahr und einen deutlichen Drift in Richtung Westen, da ϕ kleiner wird. Sie wirkt besonders groß, wenn man noch zusätzlich beachtet, dass die maximale Änderung vor 1996 23 km ausmachte. Um eine nahende Umpolung des Magnetfeldes muss man sich für die nächsten 1500 Jahre aber trotzdem keine Sorgen machen.

10.5.3 Epizentrum eines Erdbebens Ungefähr 62 % aller Menschen leben in Gebieten mit ernstzunehmender Erdbebengefährdung. Zuverlässige Vorhersagen und Frühwarnsysteme sind daher unerlässlich, um die damit verbundenen Risiken zu vermindern. Für solche Systeme ist es notwendig, akkurate Daten über den Ursprung und das Verhalten von Erdbeben zu benutzen.

10.5 Praxisbeispiele aus den Umweltsystemwissenschaften

241

Tab. 10.1 Winkelkoordinaten und gewanderte Entfernung magnetischer Nordpol Jahr

(θ|ϕ)

d

2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020

(4.98◦ |227.17◦ )

– 57.71 km 55.69 km 53.38 km 50.94 km 50.46 km 55.27 km 53.02 km 50.73 km 48.42 km 46.16 km

(4.63◦ |222.60◦ ) (4.32◦ |217.52◦ ) (4.07◦ |211.98◦ ) (3.86◦ |206.06◦ ) (3.69◦ |199.66◦ ) (3.53◦ |192.21◦ ) (3.44◦ |184.52◦ ) (3.40◦ |176.90◦ ) (3.43◦ |169.62◦ ) (3.51◦ |162.87◦ )

Eine der am häufigsten genutzten Methoden, um das Epizentrum eines Erdbebens (der Punkt an der Erdoberfläche, der direkt über dem Hypozentrum oder eigentlichem Ursprung des Erdbebens im Erdinneren liegt) ist die sogenannte Triangulation über drei oder mehr Messstationen. Bei einem Erdbeben entstehen zwei unterschiedliche Arten von Wellen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten in der Erde, die sogenannten P- und S-Wellen. Die P-Wellen sind ca. doppelt so schnell und breiten sich entlang der Ausbreitungsrichtung durch Kompression aus, während S-Wellen horizontal und vertikal schwingen. Durch die unterschiedlichen Ankunftszeiten bei einer Messstation kann die Entfernung der Station zum Epizentrum bestimmt werden. Sind die Entfernungen für mindestens drei Stationen bekannt, kann das Epizentrum durch den Schnittpunkt von drei Kreisen bestimmt werden, deren Mittelpunkte die Messstationen sind und deren Radius durch den Abstand zum Epizentrum gegeben ist (Tab. 10.2). Da sich Erdbebenwellen kreisförmig ausbreiten, betrachten wir nun drei Messstationen, die in einem Polarkoordinatensystem liegen und deren Abstände zum Epizentrum eines Erdbebens bekannt sind: Weil sich das Epizentrum nicht im Koordinatenursprung befindet, transformieren wir unsere Koordinaten zunächst in kartesische Koordinaten, da in ihnen die Darstellung eines verschobenen Kreises mit Mittelpunkt (x M |y M ) einfacher ist: r 2 = (x − x M )2 + (y − y M )2 . Tab. 10.2 Polarkoordinaten und Abstände der Messstationen Messstation

(r |φ)

d

A B C

(5 km|53.13◦ ) (4.47 km|26.57◦ ) (4.96 km|80.84◦ )

2 km 3 km 4 km

(10.58)

242

10

Koordinatensysteme

Für unsere Messstationen erhalten wir dann: A:

4 = (x − 3)2 + (y − 4)2 ,

(10.59)

B:

9 = (x − 4)2 + (y − 2)2 ,

(10.60)

4 2 16 = (x − ( √ − 1))2 + (y − (4 + √ ))2 . (10.61) 5 5 Da sich alle drei Kreise einen Schnittpunkt teilen müssen, können wir unser Gleichungssystem reduzieren, indem wir (10.60)–(10.59) und (10.61)–(10.60) berechnen: C:

B−A: C−B:

5 = −2x + 7 + 4y − 12,

(10.62)

7 = 6.42x − 15.38 − 5.79y + 19.95.

(10.63)

Lösen wir dieses Gleichungssystem √ √nun, erhalten wir die kartesischen Koordinaten des Epizentrums (3 + 4/ 5|4 + 2/ 5) und können diese dann in Polarkoordinaten zurückrechnen: (6.85 km|45.62◦ ).

Übungsaufgaben Die folgenden Übungsaufgaben dienen zur eigenen Überprüfung des Verständnisses zu den Inhalten des Kapitels. 10.1 Zylinderkoordinaten Transformieren Sie die Zylinderkoordinaten (4| 2π 3 | − 2) in kartesische Koordinaten. 10.2 Kugelkoordinaten Transformieren Sie die Kugelkoordinaten (8| π3 | π6 ) in kartesische Koordinaten. 10.3 Polare Funktion Transformieren Sie die polare Funktion r = Funktion aus kartesischen Koordinaten.

3 1−2 cos(θ )

in eine

10.4 Kartesische Funktion Transformieren Sie die kartesische Funktion (x − 1)2 + y 2 = 1 in eine Funktion aus Polarkoordinaten.

Lösungen

Übungsaufgaben von Kap. 1 1.1 1. x = 23 2. x1 = − 43 , x2 = 2 3. x1 = −4, x2 = 0 4. x = ± 3i2 1.2 1. −6(x 2 + 6x − 3)) 2. −2x(5x 4 + 16x 2 + 40) 3. 13(1 + i) 4. e−2x(3x−14) 5. ln(x) 6. x + x 3 + 2 ln(2), x > 0 1.3 1. 3(a + b + 4c + 2) 2. 5x(x 2 − 4) 3. 2k(4k(8k + 3) − 3) 4. (c − 1)(a − b) 1.4 1. 1013a 2. x 4a−b 3. (2n+1 )m 4. x −2 (x + 1)2 = x −2 + 2x −1 + 1

© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 M. L. Kogler and R. Adam, Mathematische Grundlagen für Umweltsystemwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-662-67371-3

243

244

Lösungen

1.5 1. x = 21 2. x = 19 3. x = − 4. x = 1.6 1. x 2. x 3. x 4. x

ln(2) ln( 16 3 ) ln( 81 ) 2 ln(3)

= 5, x > 0 = 3, x > 13 = 3−1/3 , x >√0 = ±7, |x| > 14

1.7 1. −1 2. 16 7 3. x2y 4. 6η3 − η2 + 4η − 10 1. x y+x−y+3 x 2 −y 2 2. 3 1.8 1. 1 2. (x − 2)1/3 3. 2−3/2 4. 64 5. 82/3 6. 4|x  − 3| 7. 23 8 x 7 y 1.9 1. 122 2. −3k! 1 3. (n+1)(n+2) 4. 5(n + 1)(5n + 4)(5n + 6)(5n + 7) Übungsaufgaben von Kap. 2 2.1 1. y 2. y 3. y 4. y

= x2 = −x = 4(x−1) x2 = −1024x 5

Lösungen

245

2.2 1. Ja. 2. Nein, für a = 8 gilt a + a = 16. 3. Ja. 2.3 1. Aufzählende Darstellung: a. A = {0, 1} b. B = {−3, −2, −1, 0, 1, 2, 3} c. C = {5, 10, 15, 20, 25, ...} 2. Beschreibende Darstellung: a. D = {k ∈ Z| − 2 ≤ k < 8} oder D = {k ∈ Z| − 3 < k ≤ 7} b. E = {l ∈ Z| − 4 < l ≤ 3} oder E = {l ∈ Z| |l| ≤ 3} c. F = {m ∈ Z| m = 3b mit b ∈ Z} 2.4 1. A ∪ B = {−3, −2, −1, 0, 1, 2, 3}, A ∩ B = {0, 1} 2. D ∪ E = {−3, −2, −1, 0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7}, D ∩ E = {−2, −1, 0, 1, 2, 3} 3. D \ E = {4, 5, 6, 7}, C \ F = { p ∈ N| p = 5a mit a ∈ Z und p mod 3 = 0} 1. 2. 3. 4.

X \ Z = {1, 9} Y \ (X ∪ Z ) = {} Y ∪ Z = {x ∈ N : 1 ≤ x ≤ 9} Y ∩ Z = {x ∈ N : 1 < x < 9}

Übungsaufgaben von Kap. 3 3.1 1. f (x) = 2(x + 2)2 − 4 2. g(x) = (x + 1)2 − 5 3.2 1. f (x) = 2(x − 2.2)(x − 0.2) 2. g(x) = x 2 + x − 6 3. h(x) = 3x(x − 4) 4. i(x) = 120(x − 0, 6766)(x + 1, 01) 3.3 √ 1. 0, −3 ± 2 3 2. −1/4, 0

246

Lösungen

√ 3. 0, 1, ±i 5/2 4. 1, 2, 3, 4, ±2i 3.4 • 1. {x 2. {x 3. {x 4. {x • f˜1 =

∈ R : x = 1 und x = 3}, {y ∈ R : y = 3/2 und√y = 6}, f 1 (0) = 0 ∈ R : x = 0 und x = 1/2}, {y ∈ R}, f√ 2 (−2 ± 6) = 0 ∈ R}, {y ∈ R}, f 3 (0) = 0, f 3 (1/3 ± i 2/3) = 0 ∈ R : x = ±2}, {y ∈ R : y ≤ −1/2 oder y > 0}

6x x−3

3.5 1. lim x→±∞ 2. lim x→±∞ 3. lim x→±∞ 4. lim x→±∞

=0 = ±∞ =∞ = −5

3.6 1. I und III Quadranten, x, y ∈ R 2. I Quadrant, x, y ∈ R : x, y ≥ 0 3. I und II Quadranten, x, y ∈ R, y > 0 4. I und II Quadranten, x, y ∈ R, y ≥ 1 3.7 1. Je höher die Potenz in der Summendarstellung, umso näher verläuft der Graph in einer Umgebung von x = 0 an der Exponentialfunktion e x . 2. Für x → ∞ gilt: log1/5 (x) >> e−x >> log12 (x) >> ln(x) >> log2 (x) >> log2 (4x) >> 12x . 3.8 1. f −1 (x) = 21 (ln (x + 21 ) − 3), D = x ∈ R : x > − 21 2. g −1 (x) = −(x − 1)1/3 + 2 D=R 3. h −1 (x) = 18 (x + 1)3 − 3 D=R   3 x+1 −1 4. i (x) = 3 ln 2 + 4 D = x ∈ R : x > −129   5. j −1 (x) = 3 log5 (x) = 3 ln(x) ln(5) D = x ∈ R : x ≥ 1 3.9 1. x 2. x 3. x 4. x 3.10

2π = −0.15 + 2π 5 k, 0.77 + 5 k, k ∈ Z π = π k, 2 + 2π k, k ∈ Z = 2.42 + 2π k, 3.86 + 2π k, k ∈ Z = ± π6 + kπ, k ∈ Z

Lösungen

1. x = 2. x =

247

π 2 k, k ∈ Z 7π π 24− 4 k, k ∈ ± π2 + 2π k,

Z

k∈Z 3. x = 4. x = 4π k − 24, k ∈ Z 3.11 Mithilfe der Euler’schen Formel erhalten wir cos2 (ϕ) =

(eiϕ + e−iϕ )2 e2iϕ + e−2iϕ + 2 = 4 4

und sin2 (ϕ) =

(eiϕ − e−iϕ )2 e2iϕ + e−2iϕ − 2 =− . 4i 4i

Durch Einsetzen ergibt sich cos2 (ϕ) + sin2 (ϕ) =

e2iϕ + e−2iϕ + 2 − e2iϕ − e−2iϕ + 2 = 1. 4

3.12 √ √ 2 ∓ 6) 1. (5, 6), (−2 ± 8, 6 √ 2. x1 = 0, 2 x3 = −2 ± 8 3. Maxima: (−5, 5), √ (0, 5) √ Minima: (−2.5 ± 8.25, 3), (−2.5 ± 4.25, 3) 3.13 √ 2 1. y =  e4 x , x ∈ R 2. y = sin2 (x) + π, x ∈ R Übungsaufgaben von Kap. 4 4.1 1. lim (an ) = ∞ n→∞

2. lim (bn ) = 5 n→∞

3. lim (cn ) = n→∞

3 7

4. lim (dn ) = ∞ n→∞

5. lim (en ) = 0 n→∞

6. lim ( f n ) = ∞ n→∞

7. lim (gn ) = n→∞

1 2

248

Lösungen

8. lim (h n ) = 1 n→∞

9. lim (i n ) = 4 n→∞

10. lim ( jn ) = 0 n→∞

4.2 Um dies zu zeigen, multiplizieren wir die Folge mit an =



n+1−



√ √ n+1+ n √ √ n+1+ n

und erhalten:

√ √ √ √ n+1+ n 1 n = ( n + 1 − n) · √ √ =√ √ . n+1+ n n+1+ n

Da der Zähler konstant ist und der Nenner gegen unendlich konvergiert, muss die Folge somit gegen 0 konvergieren. 4.3 1. Konvergiert 2. Konvergiert 3. Konvergiert nicht 4. Konvergiert 4.4     Da wir das Quotientenkriterium verwenden wollen, betrachten wir  an+1 an . Es gilt    an+1     a = n

(l+1)!2 (2 l+2)! l!2 (2 l)!

=

(l + 1)!2 · (2 l)! (l + 1)2 l2 + 2 l + 1 = = . (2 l + 2)! · l!2 (2 l + 1)(2 l + 2) 4 l2 + 3 l + 2

    Damit gilt lim  an+1 an  = n→∞

4.5 1. lim f (x) = 0 x→∞

2. lim g(x) = 1/3 x→∞

3. lim h(x) = 0 x→∞

4. lim i(x) = 5/3 x→∞

4.6 1. lim

x→−1+

lim

x→−1−

f (x) = 4 f (x) = −4

2. lim g(x) = x→1

3 2

lim g(x) = ∞

x→3+

lim g(x) = −∞

x→3−

1 4

< 1 und die Reihe konvergiert.

Lösungen

3.

249

lim h(x) = −∞

x→1/5+

lim h(x) = ∞

x→1/5−

lim

h(x) = ∞

lim

h(x) = −∞

x→−1/5+ x→−1/5−

4. lim k(x) = ∞ x→1+

lim k(x) = −∞

x→1−

lim k(x) = − 49 8

x→−1

4.7 1. lim f (x) = 0 x→1+

lim f (x) = 2

x→1−

2.

Die Funktion ist nicht stetig fortsetzbar. lim g(x) = −5 x→−1+

lim

x→−1−

f (x) = −5

Die Funktion ist stetig. 4.8 x1 = −1 oder x1 = 2 4.9 a=

1 3

und b =

2 3

Übungsaufgaben von Kap. 5 5.1 (x) , 1. f 1 (x) = uu(x) f 1 (x) = x1 , 1 . f 1 (x) = x ln(x)

(x) , 2. f 2 (x) = − u(x)u ln(10) 1 f 2 (x) = − x ln(10) , f 2 (x) = − x ln(x)1ln(10) . 3. f 3 (x) = eu(x) ·u (x), f 3 (x) = e x , f 3 (x) = 1. 4. f 4 (x) = 10u(x) · ln(10) · u (x), f 4 (x) = 10x · ln(10), f 4 (x) = 10ln(x) ln(10) x .

250

Lösungen

5. f 5 (x) = cos(u(x)) · u (x), f 5 (x) = cos(x), . f 5 (x) = cos(ln(x)) x 6. f 6 (x) = − sin(u(x)) · u (x), f 6 (x) = − sin(x), f 6 (x) = − sin(ln(x)) . x 5.2 ex 1. f (x) = − 1+e x

e2x −1 e2x√ +1 √ h (x) = e− x x(2 − 2(x) ) i (x) = esin(x)+cos(x) (cos (x) − sin (x))

2. g (x) = 3. 4. 5. j (x) = 6. k (x) =

3x(12x 2 +21x+10) (3x+1)2 3x 2 cos(x 3 ) √ 2 sin(x 3 )+1

5.3 1. y1 = 2x + 21 , y1 = 2 2. y2 = − (x 24(x−1) , y2 = −2x+4)2 3. 4. 5. 6.

12x(x−2) (x 2 −2x+4)3 y3 = 2 sin(x) cos(x) , y3 = 2(cos2 (x) − sin2 (x)) y4 = e2x (2x + 1) , y4 = 4e2x (x + 1) y5 = 2x − 1 , y5 = − x22 y6 = 2x cos(x 2 )(cos(x 2 ) − 2x 2 sin(x 2 )) , y6 8x 4 sin2 (x 2 ) + (2 − 8x 4 ) cos2 (x 2 )

= −20x 2 sin(x 2 ) cos(x 2 ) +

5.4 1. f (x) = 2 36(x 3 +3x 2 +3x+1) 36 2. g (x) = (x−3) 3 oder (x 2 −2x−3)3 3. h (x) = 0 2 −24x+52) 4. i (x) = − 18(3x (x 2 −8x+12)3 5. j (x) = − 6.

k (x)

=

1 x

2x 2 +6

5

9(x 2 −1) 3 −x

−x−1) sin(3x) 7. = − 2e ((3x+3x ) cos(3x)+(4x ) 3x 3 1 1 2 8. m (x) = −(2 − x 2 ) sin(ln(x) + x ) − (2x + x cos(ln(x) + x 2 )

l (x)

2

2

5.5 1. lim x→0− D = −1, lim x→0+ D = +1, nicht differenzierbar an x0 = 0 2. Am gesamten Definitionsbereich differenzierbar 3. lim x→0− D = −∞ = 0, lim x→0+ D = +∞ = 0, nicht differenzierbar an x0 = 0

Lösungen

251

4. Am gesamten Definitionsbereich differenzierbar 5. Am gesamten Definitionsbereich differenzierbar 5.6 1. MAX: x = 2, MIN: x = −2 2. MIN: x = 0 √ √ 3. MAX: x = − (π/2), π/2, MIN: x = 0 4. MAX: x = −π/2, π/2, MIN: x = 0 5.7 1. {x ∈ R : x = −1 und x = 1}, x → ∞ : f (x) → 0 2. f (x) > 0 : {x ∈ R : −1 < x < 1}, f (x)y0 : {x ∈ R : x < −1 und x > 1} 3. Monoton steigend: 0 < x < 1, x > 1, monoton fallend: x < −1, −1 < x < 0 5.8 1. {x ∈ R : x = −1 und x = 1} 2. lim|x|→∞ f (x) = ∞ 3. Nullstellen: (0, 0), (2, 0) 4. f (x) = 2(ln((x − 1)2 ) + 2) 5.9 1. D = R, Z = {y ∈ R : − 23 ≤ y ≤ 29 } 2. Periode p = 8 3. Kein Grenzwert im Unendlichen 4. Nullstellen: 23 (12n − 1), n ∈ Z und 23 (12n + 7), n ∈ Z 5. f (x) = 43 π cos( π4x ), Nullstellen: 4n − 2, n ∈ Z 3 2 π sin( π4x ), 6. f (x) = − 16 Nullstellen: 4n, n ∈ Z 5.10 1. f (x) = − ln(x+2)−1 2(x+2)2

2. f (x) = −3+ln(2+x) 2(2+x)3 3. x → ∞ : f (x) → 0

5.11 1. lim f (x) = 2 x→0

2. lim g(x) = 1 x→0

3. lim h(x) = −1 x→π

4. lim i(x) = 1 x→0

252

Lösungen

5.12 1. lim

sin(2x) =2 x lim xe−2x = 0 x→∞ x→0

2.

3. lim x ln(1/x) = 0 x→0+

5.13 1. u = x 3 , lim f (x) = 3 x→0

2. u = ln(x), lim g(x) = 0 x→0

5.14 lim (xe1/x − x) = lim (xe1/x − x) 1/x 1/x = lim x→∞ l’Hospital

−−−−−→

x→∞ −e1/x (1/x 2 ) lim = 1/x 2 x→∞

x→∞

1

5.15 2. & 3. 5.16 3. 5.17 3. 5.18 1. & 2. Übungsaufgaben von Kap. 6 6.1 7/2 3/2 1. F(x) = 2x7 + 2x3 + C 2. G(x) = 3x 2 + C 4 3. H (x) = x4 − sin(x) + C 15 4. I (x) = − 4x 4 +C 5. J (x) = x 2 − 6. K (x) =

6x 5 5





x 2

+C

x4

+ 13x + C

6.2 1. −2116 2. 42α+15β+6γ 2 3. 1/6(2α 3 − 15α 2 + β 2 (2β + 15)) 4. 2(cos(b) − cos(a)) 5. 5x / ln(5)|21 = 20/ ln(5) 6. 0

e1/x −1 1/x

Lösungen

253

6.3 1. A ≈ 0.16 2. A ≈ −8.9 mit x ≈ ±1 3. A = 32 4. Es werden keine Flächeninhalte zwischen der Exponentialfunktion und ihrer Näherungsfunktionen über die Summendarstellung eingeschlossen. 6.4 a=9 6.5 2 1. F(x) = sin 2(x) + c 2. G(x) = (x 2 − 2x + 2)e x + c 3. H (x) = (2 − 3x) sin(x) − 3 cos(x) + c 2 4. I (x) = ln 2(x) + c 5. J (x) = x|x|/2 + C 6. K (x) = x(ln3 (x) − 3 ln2 (x) + 6 ln(x) − 6) + C 6.6 1. u = sin(x), F(x) = 2. u = 3. 4. 5. 6. 7.

u u u u u

sin2 (x) +c 2 ln2 (x) ln(x), G(x) = 2 + C 8 x + 6, H (x) = (x+6) +c 8 cos(x), I (x) = −ecos(x) + c

= = = 1 − e x , J (x) = − ln(1 − e x ) + c 2) = x 2 , K (x) = sin(x +c 2 = sin(x), L(x) = sin5 (x) + sin2 (x) + 5 sin(x) + c

6.7 √ √ √ 1. F(x) = −2 x cos( x) + 2 sin( x) + c 2. G(x) =

ex

2 +2

4

(sin(x 2 + 2) − cos(x 2 + 2)) + c

6.8 1. − cos(5x 2 )/5 + C 2. arctan(x + 1) + C 3. x − ln(x 2 + 2x + 2) + C + 5|)√+ C 4. 1/2 ln(|x 2 + 4x √ 5. arctan((3x + 1) 2)/ 2 + C 6.9 1. F(z) = − cos(z) sin(z) + C + C (Verwendung von Identität VI) 2. G(t) = arctan(t) + C (Verwendung von Identität V und grundlegenden Stammfunktionen)

254

Lösungen

3. H (ξ ) = tan( ξ2 ) − 4ξ + C (Verwendung von Identitäten I, II und IV sowie Tabelle für grundlegende Stammfunktionen) √ 4. I (r ) = r 2 − 1/x + C (Verwendung von u = sec(r ) und Identität IV) 6.10 1. 1.44 2. π/2 6.11 1. Divergent (Grenzwert limb→∞ e−x + x|b0 ) 2. Divergent (Grenzwert limb→∞ lima→∞ arcsin(x)|ab ) 3. Konvergent (Grenzwert limb→∞ − 21 e−x (sin(x) + cos(x)) + x|b0 = 0.5 ) 4. Divergent (Grenzwert limb→∞ (ln(x) − 1)|b0 ) 6.12 a=

5 3

6.13 1.) & 2.) 6.14 2.) & 5.) 6.15 2.) & 3.) 6.16 1.) & 3.) Übungsaufgaben von Kap. 7 7.1 1. Für c − 1 < 0 existieren keine Höhenlinien. 2. Für c − 1 = 0 bilden sie den Punkt (0|0). 3. Für c − 1 > 0 bilden sie Ellipsen. 7.2 1. Für c − 1 < 0 bilden sie Hyperbeln. 2. Für c − 1 = 0 bilden sie Geraden. 3. Für c − 1 > 0 bilden sie Hyperbeln. 7.3 lim(x,y)→(2,1) f (x, y) =

1 2

Lösungen

255

7.4 1. lim x→0 lim y→0 f (x, y) = 17 lim y→0 lim x→0 f (x, y) = − 23 2. lim x→0 lim y→0 g(x, y) = 23 lim y→0 lim x→0 g(x, y) = 0 7.5 lim(y 2 ,y)→(0,0) f (x, y) = 0, lim(y,y)→(0,0) f (x, y) = ∞ 7.6 lim(x,y)→(1,1) f (x, y) = 2 7.7 lim(x,mx)→(0,0) f (x, y) = 0, lim(x,x 2 )→(0,0) f (x, y) =

1 2

Übungsaufgaben von Kap. 8 8.1 1. ∂x 2. ∂x 3. ∂x 4. ∂x

f1 f2 f3 f4

= 2, ∂ y f 1 = 4, ∂z f 1 = −6 = 1 + 2x, ∂ y f 2 = 2(x + y) = 2x z, ∂ y f 3 = −4z 3 − 12y 3 , ∂z f 3 = x 2 − 12yz 2 3 3 = ax a−1 + abx ab−1 y b , ∂ y f 4 = bcy c−1 + b3 x ab y b −1

8.2 1. f x = 2x(y + 2) fy = x2 − 1 2. gx = e x+y+1 g y = e x+y+1 3. h x = y ln(x y) + y h y = x ln(x y) + x 4. i x = cos(x) sin(y) − x sin(x) sin(y) i y = x cos(x) cos(y) 8.3 1. ∂x f 1 = 2. ∂x f 2 = 3. ∂x f 3 = 4. ∂x f 4 =

3 , ∂ y f 1 = 6(y−x) x 2 y2 x y4 4x 2 (3y−1) 8x , ∂ y f 2 = (y−1) 2 (y+1)3 (y−1)(y+1)2 2 2x 3 −zy 4 −4x−x 3 +2x z+3zy 4 , ∂y f3 = , ∂z f 3 = −4−x x 2 yz x y2 z yz 2 30x 3 +5x 2 z+2yz 5x 2 −2y , ∂ y f 4 = −3x−z 3x , ∂z f 4 = 6x 6x 2

256

Lösungen

8.4 1. ∂x f 1 =



y 2 z, ∂

y f1

= x z, ∂z f 1 =

x 2



y2 z

5 2 2. ∂x f 2 = 2x , ∂ y f 2 = 3y , ∂z f 2 = 3z   √ √ 3 3 1 3. ∂x f 3 = 13 3 xy2 e x y + 3x , ∂ y f 3 = 13 3 yx2 e x y +

4. ∂x f 4 =



3x 2 y z x 3 y √z/2 e , ∂y f4 2

=

x

3√

2

z x 3 y √z/2 e ,∂

1 3y z f4

=

3y 3 √ x√ e x y z/2 4 z

8.5 1. f x y = f yx = −6x y 2 sin(x 2 + y 3 ) 6 2. gx y = g yx = (3x−2y) 2 3. h x y = h yx = 2ye x 8.6 1. ∂x2x f 1 = −2y sin(z)(sin(x 2 y) + 2x 2 y cos(x 2 y), 2 f = −x 4 cos(x 2 y) sin(z), ∂ yy 1 2 f = − cos(x 2 y) sin(z), ∂zz 1 ∂x2y f 1 = −2x sin(z)(sin(x 2 y) + x 2 y cos(x 2 y)), 2 f = −x 2 sin(x 2 y) cos(z), ∂ yz 1 ∂x2z f 1 = −2x y sin(x 2 y) cos(z) 2 f = − 5 , ∂2 f = − 3 , ∂2 f = ∂2 f = ∂2 f = 0 2. ∂x2x f 2 = x22 , ∂ yy 2 zz 2 xy 2 yz 2 xz 2 4y 2 4z 2 8.7 2. & 3. 8.8 1. grad( f )(P) · a/|a| ≈ −17.66 2. grad(g)(P) · a/|a| ≈ 19.204 8.9 1. & 3. 8.10 2 ∂ y ∂t 2

2

= −A 4π c2 sin( 2π c (ct − x)), λ2

∂2 y ∂x2

2

= −A 4π sin( 2π c (ct − x)) λ2

8.11 E max = (4, 1) (Die erste Ableitung ergibt ein Gleichungssystem in zwei Unbekannten zur Bestimmung der Koordinaten.)

Lösungen

257

Übungsaufgaben von Kap. 9 9.1 Ansatz y = (x03 − x − x0 ) + (3x0 − 1)(x − x0 ) 1. 2. 3. 4. 5.

y y y y y

= 2(x + 1) 2 = √ 3 3 = −x 2 =− √ 3 3 = 2(x + 1)

9.2 f 4 (x) = ln(2) − 23 x − 58 x 2 − 38 x 3 − 9.3 f ( 21 +

1 10 )

17 4 64 x

+ O(x 5 )

= 0.95

9.4 0.74 9.5 f (x) = 1 + x + O(x 3 ) 9.6 f (x) =

√1 2

+

x−1 √ 4 2

+

2 3(x−1) √ 32 2



Übungsaufgaben von Kap. 10 10.1 √ (−2|2 3| − 2) 10.2 √ √ (−2|2 3|4 3) 10.3 (x + 2)2 −

y2 3

10.4 r = 2 cos(θ )

=1

3 5(x−1) √ 128 2

+ O((x − 1)2 )

Literatur

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259

260

Literatur

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Stichwortverzeichnis

A Abbildung. siehe Funktion Ableitung. siehe Differential Abszisse, 15 Arkuscosinus, 58 Arkussinus, 58 Asymptote, 40 Asymptotisches Verhalten, 40

höherer Ordnung, 111 -regeln, 107 Differenzenquotient, 104 Differenzierbarkeit, 103 Divergenz von Folgen, 76 von Funktionen, 82 von Reihen, 79

B Basisvektor kartesischer, 230 Kugel, 236 polarer, 232 Zylinder, 235 Betrag, 4, 169 Betragsfunktion, 61 Bijektiv, 50 Binomische Formel, 3 Bogenmaß, 56

E Einheitsvektor, 177 Epsilon-Delta-Kriterium, 91 Euler’sche Formel, 57 Euler’sche Zahl, 47 Exponentialfunktion, 46 natürliche , 47 Summendarstellung, 48 Extremwert lokaler und globaler, 113 mehrdimensionale Funktion, 203

C Cauchy-Folge, 76 Cosinus, 55

F Faktorisierung, 32 Fakultät, 5 Fehlerfunktion, 154 Fibonacci-Folge, 75 Flächenfunktion, 171 Flächeninhalt mittels Integral, 138, 145 Flächenintegral, 146 Folge, 74 arithmetische, 74 geometrische, 74 Folgenkriterium, 89

D Definitionsbereich, 37 Definitionslücke, 37 hebbar, 38 Polstelle, 38 Differential, 103 1. Ordnung, 109 2. Ordnung, 111

© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature 2023 M. L. Kogler and R. Adam, Mathematische Grundlagen für Umweltsystemwissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-662-67371-3

261

262 Folgenstetigkeit, 89 Fundamentalsatz der Algebra, 32 Funktion, 13 Betrags-, 61 dreidimensionale, 171 Exponential-, 46 ganzrationale, 26 gebrochenrationale, 36 geometrische Deutung, 14 Logarithmus-, 49 mehrdimensionale, 167 Potenz-, 45 rationale, 36 rationale und irrationale, 25 reelle und komplexe, 25 reellwertige, 168 transzendente, 26 trigonometrische, 55 Umkehr-, 50 vektorwertige, 169 Wurzel-, 45 G Gauß’sche Glockenkurve, 154 Gebrochenrationale Funktion, 36, 41 Gradient, 194 Gradmaß, 56 Grenzwert, 42, 73, 76, 82, 174 einseitiger, 88 l’Hospital, 121 Rechenregeln, 82 unbestimmter, 121 H Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung, 142 Höhenlinie, 172 Hyperbel, 36 I Infinitesimal, 86 Injektiv, 51 Integral, 137 bestimmtes, 138 partielle Integration, 147 -regeln, 141 Stammfunktion, 140 Substitution, 149 unbestimmtes, 139 uneigentliches, 152 Integrand, 138 Integration durch Substitution, 149 Integrationsgrenze, 138

Stichwortverzeichnis Integrationskonstante, 140 Integrationstechnik, 147 Intervall, 19 Inverse. siehe Umkehrfunktion K Kennlinie, 172 Komplexe Zahl, 5 Komposition, 52 Konstante, 14 Konvergenz, 175 -geschwindigkeit, 77 von Folgen, 76 von Funktionen, 82 von Reihen, 79 Koordinate, 229 kartesische, 230 Kugel-, 235 Polar-, 230 Zylinder-, 235 Koordinatenableitung Kugel, 238 polare, 237 Zylinder, 238 Koordinatentransformation, 229 kartesisch auf polar, 232 Kugel auf kartesisch, 235 polar auf kartesisch, 231 Zylinder auf kartesisch, 235 Kosekans, 56 Kotangens, 56 Kritische Stelle, 203 Krümmungsverhalten, 116 Kurvendiskussion, 113 mehrdimensionale Funktion, 203 L Laufvariable, 6 Limes. siehe Grenzwert Linearfaktorzerlegung, 33 Liste bekannter Folgen, 75 Liste bekannter Reihen, 75 Liste Grundintegrale, 142 Liste grundlegender Ableitungen, 108 Liste häufiger Substitutionen, 150 Logarithmusfunktion, 49 natürliche, 49 M MacLaurin-Polynom, 221 Mathematisches Symbol, 7 Folgen und Reihen, 9 Funktionen, 9

Stichwortverzeichnis Gleichheits- und Vergleichszeichen, 8 griechische Buchstaben, 9 Intervalle, 8 Mengenlehre, 7 Matrix Definitheit, 204 Hesse, 202 Jacobi, 197 Menge, 16 Differenzmenge, 17 Mengenlehre, 16 Obermenge, 17 Relation und Funktion, 17 Schnittmenge, 17 Teilmenge, 17 Vereinigungsmenge, 17 Mittelwert mittels Integral, 145 Mittelwertsatz der Differentialrechnung, 120 Monotonietabelle, 116 Monotonieverhalten, 115 N Nullfolge, 76 Nullstelle, 31 O Ordinate, 15 Orthogonalität, 229 P Parabel, 28 Paraboloid, 172 Parabolzylinder, 172 Partielle Ableitung, 192 1. Ordnung, 192 2. Ordnung, 198 Partielle Integration, 147 Periodizität, 58 Polynom, 30 2. Ordnung, 28 Beschränktheit, 32 -division, 33 Extremwert, 31 Nullstelle, 31 Vielfachheit, 34 Potenzfunktion, 45 Potenzreihe, 48, 223 Potenzreihendarstellung grundlegender Funktionen, 223 Produktzeichen, 7 Q Quadratische Ergänzung, 28

263 Quotientenkriterium, 79 R Regel von l’Hospital, 119 Reihe, 48, 74, 75, 223 Reihenentwicklung, 222 Restglied, 224 Lagrange, 224 Richtungsableitung, 196 Richtungsgrenzwert, 177 Richtungsstetigkeit, 177 Riemann-Integral, 146 Riemann-Summe, 146 S Sattelpunkt, 114, 116 Satz von Schwarz, 199 Scheitelpunkt, 28, 61 Sekans, 56 Sinus, 55 Skalarfeld, 194 Skalarprodukt, 230 Spirale, 170 Stammfunktion, 140 Steigungsverhalten, 113 Stetigkeit, 86, 88, 106, 174 mehrdimensionaler Funktionen, 174 Summenzeichen, 6 Surjektiv, 51 Symmetrie, 34, 57 T Tangens, 56 Taylor-Näherung, 217 1. Ordnung, 218 2. Ordnung, 220 höherer Ordnung, 221 Taylor-Polynom, 217 Taylor-Reihe, 223 Treppenfunktion, 146 Trigonomische Identität, 58 U Umkehrfunktion, 50 Ungleichung, 4 V Variable, 13 Vektorfeld, 171, 194 Vektorschreibweise, 168 W Wendepunkt, 116

264 Wurzelkriterium, 79

Stichwortverzeichnis Z Zahlenbereich, 18 Zielbereich, 40