Management-Informations-Systeme 9783110827545, 9783110035490


173 102 14MB

German Pages 214 [216] Year 1971

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
I.Teil Grundlagen und Abgrenzungen
1. Die Entwicklung der Datenverarbeitung
2. Kybernetik
3. Kommunikation und Information
4. Management-Informations-System
2. Teil Entwicklung und Einführung eines MIS
1. Projekt-Management
2. Systemanalyse
3. Planungs- und Entscheidungsmethoden
4. Systemkonzeption
5. Computer-Auswahl
3. Teil Ökonomische und Organisatorische Auswirkungen eines MIS
1. Wirtschaftlichkeitsaspekte
2. Die Informationsabteilung
Literaturverzeichnis

Management-Informations-Systeme
 9783110827545, 9783110035490

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

I nformations-Systeme Herausgegeben von S. Dworatschek

ManagementInformations-Systeme von

Sebastian Dworatschek

mit 92 Abbildungen

w DE

G Walter de Gruyter & Co. • Berlin • New York 1971

© Copyright 1971 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung - J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung - Georg Reimer Karl J.Triibner - Veit & Comp., Berlin 30. - Alle Rechte, einschl. der Rechte der Herstellung von Photokopien und Mikrofilmen, vom Verlag vorbehalten Satz: IBM-Composer, Fotosatz J. Prill, Bertin - Druck: J. Schönwald, Berlin Printed in Germany

ISBN 3 11 003549 9

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

9

1. Teil: Grundlagen und Abgrenzungen

11

1. Die Entwicklung der Datenverarbeitung 1.1. Industrielle Entwicklungsstufen 1.2. Material- und Informationsverarbeitung 1.3. Die Entwicklung der Computer-Anwendung

12 12 16 20

2. Kybernetik

26

2.1. 2.2. 2.3.

Begriffliche Abgrenzung Systemtheorie Organisationskybernetik

3. Kommunikation und Information 3.1. 3.2. 3.3. 3.4. 3.5.

Die Kommunikation Signal und Nachricht Nachricht und Information Information und Daten Kommunikations- und Informationssysteme

4. Management-Informations-System 4.1. 4.2.

Das Management Merkmale eines MIS 4.2.1 Allgemeine Anforderungen 4.2.2 Der Computer als Basis eines MIS 4.2.3 Quellennahe Datenerfassung 4.2.4 Horizontale Integration 4.2.5 Vertikale Integration 4.2.6 Entscheidungs-Automatisierung 4.2.6.1 Automatisierbare Entscheidungen 4.2.6.2 Management by Exception

2. Teil: Entwicklung und Einführung eines MIS 1. Projekt-Management 1.1. 1.2. 1.3.

Wesen MIS-Einsatz-Team Netzplan zur Einführung

26 29 33

38 38 39 46 52 56

61 61 69 69 71 72 74 80 85 85 90

93 94 94 96 99

6

Inhaltsverzeichnis

2. Systemanalyse 2.1. 2.2. 2.3. 2.4. 2.5. 2.6. 2.7.

105

Wesen der Systemanalyse Informationsanalyse Matrix-Darstellungen Ablaufdiagramme MIDAS-Technik Entscheidungstabellen Schaltalgebraische Darstellung

105 106 110 114 116 118 122

3. Planungs- und Entscheidungsmethoden 3.1.

3.2.

3.3.

124

Operations Research Methoden 3.1.1 Wesen des Operations Research 3.1.2 Modellexperimente 3.1.3 Methodenabgrenzung Die Anwendung der Simulation 3.2.1 Anleitung zur Arbeit mit Simulationsmodellen 3.2.2 Simulationssprachen 3.2.3 Einsatzmöglichkeiten der Simulation Planspiele 3.3.1 Wesen und Merkmale 3.3.2 Einsatzmöglichkeiten von Planspielen

124 124 126 128 132 132 134 136 137 138 140

4. Systemkonzeption 4.1. 4.2.

4.3.

Gesamtsystem und Subsysteme Der Bereich .Technik' 4.2.1 Modell-und Datenbank 4.2.2 Rückmeldesystem Der Entwurf einer Datenbank 4.3.1 Dateneinheiten 4.3.2 Ordnungsbegriffe 4.3.2.1 Ordnungsfunktionen und -kriterien 4.3.2.2 Codierungstheoretische Aussagen 4.3.2.3 Adresse und Index 4.3.3 Speicherungs- und Zugriffsformen 4.3.3.1 Adresstabellen 4.3.3.2 Adressketten 4.3.3.3 Adresstrukturen 4.3.3.4 Das Datenbankdiagramm

5. Computer-Auswahl 5.1. 5.2.

Vorgehensweise Beispiel für eine Computer-Auswahl

142

.'

142 147 148 154 156 157 159 159 161 163 164 164 165 167 167

169 169 172

Inhaltsverzeichnis 3. Teil: ö k o n o m i s c h e und organisatorische Auswirkungen eines MIS 1. Wirtschaftlichkeitsaspekte 1.1. 1.2. 1.3. 1.4. 1.5.

Die Wiitschaftlichkeitsanalyse Kostenfaktoien Leistungsfaktoren Bewertungs-und Berechnungsmethoden Entscheidungsbäume

2. Die Informationsabteilung 2.1. 2.2.

Organisatorische Eingliederung Berufe in der ADV

3. Auswirkungen auf die Führungsorganisation 3.1. 3.2.

Auswirkungen im Managementprozeß Auswirkungen auf die Organisationsstruktur

Literaturverzeichnis

7 177 178 178 180 184 186 188 191 191 194 198 198 202

208

Einleitung

„Das große Abenteuer der nächsten zwanzig Jahre wird ohne Zweifel die Entwicklung der Kybernetik, der Automation und der Informationstechnik sein" 1 . Diese drei Entwicklungsrichtungen lassen sich kaum in der Theorie und erst recht nicht in ihren praktischen Erscheinungsformen isolieren. In keiner anderen Aufgabenstellung jedoch treten sie in gleichem Maße verzahnt und mit ähnlicher Intensität auf, wie in dem Bereich, der gemeinhin mit dem Begriff ,Management-Informations-System' umschrieben wird. .Umschrieben' besagt in diesem Zusammenhang heute noch weniger .kennzeichnen und charakterisieren' als vielmehr .andeuten und erhoffen' — mangels praktischer Erfahrungen und theoretischer Auslotung des Problemkreises. „Wie eine Geldmünze, die man von Hand zu Hand gibt, ohne daß jemand ihre Prägung einmal genauer ansieht, kursiert das Wort Management-Informationssystem (MIS) in zahlreichen Unternehmungen und Seminaren von Mensch zu Mensch, meist ohne ein Nachdenken über seinen eigentlichen Inhalt" 2 . Diese Arbeit möchte einen Beitrag zur wissenschaftlichen Erfassung und Abgrenzung des Begriffs Management-Informations-System leisten. Sie soll ferner Wege zur Entwicklung und Einführung eines MIS sowie zu erwartende Auswirkungen ökonomischer und organisatorischer Art aufzeigen. Die Abgrenzung komplexer Systeme von der Art eines MIS kann vom Standpunkt der Datenverarbeitungstechnik aus allein nicht beurteilt werden, obwohl deren aktueller Entwicklungsstand als instrumentale Basis darzustellen ist. Eine umfassende Beurteilung des Themenkreises MIS setzt interdisziplinäre Analyseverfahren voraus, da außer technischen auch betriebswirtschaftliche, organisatorische, soziologische, pädagogische und sprachwissenschaftliche Aspekte mit zu erfassen sind. Als Denkmethodik eignet sich die Organisationskybernetik. Nach dem hier entwickelten Verständnis liegen ihr Methoden der Entscheidungs-, Regelkreis-, Kommunikations- und Systemtheorie zugrunde. Ähnliche vier Schwerpunkte finden sich in dem Begriff ,Management-Informations-System., soweit das Management durch seine wichtigen Funktionen Entscheidung und Kontrolle gekennzeichnet wird. Die Merkmale eines MIS lassen sich durch zunehmende Einengung über die Abgrenzung der Begriffe: System, Information, Informationssystem und Management erarbeiten. 1 2

Basile, J.: Der Neue Führungsstil, Wien 1967, S. 50

Nagel, K.: Schnelle Entscheidungshilfe für Führungskräfte, Sonderbeilage in VDI-Nachrichten Nr. 8, 1970, S. 3

10

Einleitung

Die Entwicklung und Einführung eines MIS wird mit Hilfe der organisatorischen Einrichtung eines Projekt-Managements geplant und überwacht. Aufbauend auf den Phasen der Systemanalyse und der Bereitstellung von Planungs- und Entscheidungsmethoden folgt die Systemkonzeption, der sich eine analytische Computer-Auswahl anschließt. Die Beurteilung der ökonomischen und organisatorischen Auswirkungen eines MIS bereitet heute noch erhebliche Schwierigkeiten. Da diese Auswirkungen voraussichtlich jedoch schwerwiegend sein werden, was heute etwa für den Ausbildungsbereich schon klar abzusehen ist, sollte ihnen besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Nicht die erschöpfende Darstellung von Lösungsverfahren für Einzelprobleme war Zielsetzung dieser Arbeit, sondern die Integration in ihren verschiedenen Erscheinungsformen, wie: Integration betrieblicher Funktionen und Daten, Kopplung betrieblicher Managementebenen, Mensch-Maschine-Kommunikation, interdisziplinäre Methoden und Systemdenken. Die Kumulation von Organisationsproblemen in einem MIS, für deren isolierte Lösung Verfahren verfügbar sind, bedeutet einen qualitativen Sprung im Schwierigkeitsgrad. Nicht alle Probleme konnten gelöst werden; es bedeutet jedoch schon einen Fortschritt, viele von ihnen im Rahmen einer ganzheitlichen Sicht formuliert zu haben.

I.Teil Grundlagen und Abgrenzungen

1. Die Entwicklung der Datenverarbeitung

Die moderne Datenverarbeitung sollte nicht als isolierte Erscheinung des letzten Jahrzehnts verstanden werden, sondern als eine der Phasen einer industriellen Entwicklung, die vor etwa zwei Jahrhunderten intensiv einsetzte.

1.1. Industrielle Entwicklungsstufen Eine Unterteilung der industriellen Entwicklung in die drei Phasen: 1. Mechanisierung Stufe I 2. Mechanisierung Stufe II 3. Automatisierung

(grundlegende Mechanisierung) (Maschinisierung)

erleichtert die Analyse dieser Entwicklung und ihrer Begleiterscheinungen. Als Ziel der Mechanisierung kann die Unterstützung und Ergänzung menschlicher Arbeitskraft durch maschinelle Hilfsmittel angesehen werden. Aus Rationalisierungsgründen wird dabei eine möglichst weitgehende Arbeitsteilung angestrebt. Inhaltliche Überschneidungen bestehen zu den Begriffen: Technisierung und Industrialisierung. Die erste Stufe der Mechanisierung kann bis etwa Ende des 18. Jahrhunderts angesetzt werden. Sie ist gekennzeichnet durch den evolutionären Übergang von der Grundbeziehung .Mensch-Arbeit' zum Typus,Mensch-Werkzeug-Arbeit'. Charakteristisch für diesen Arbeits-Grundtypus war und ist die physikalische Größe .Materie'. Die Materie konkretisiert sich in der Erscheinungsform .Stoff und Masse' und in der Wirkungsform .Mechanik'. Kennzeichnende Beispiele der evolutionären Phase industrieller Entwicklung bis Ende des 18. Jahrhunderts sind: Hebelgesetze und Flaschenzug mechanische Uhren klassische Mechanik

(Archimedes: 250 v. Chr.) (ab ca. 14. Jhd.) (Galilei/Newton: 17. Jhd.)

Die Stufe II der industriellen Entwicklung wurde vor allem durch die physikalische Grundgröße .Energie' beherrscht. Die Verbesserung der Dampfmaschine zur echten Einsatzreife durch J. Watt im Jahre 1786 markiert den Beginn der zweiten Industrialisierungsphase. Der neue Arbeits-Grundtyp .Mensch-MaschineArbeit' wurde ermöglicht durch Einsatz nichtmenschlicher Energiequellen. Die Dampfmaschine fand Ende des 19. Jahrhunderts eine sehr wirksame Ergänzung in der Dynamomaschine (Siemens, 1866) und dem Benzinmotor (Daimler, 1884). Immer mehr wurden Einzelmaschinen zu Maschinenaggregaten gekoppelt. So erreichte die Mechanisierungsstufe II ihren Höhepunkt in der Fließbandfertigung, die 1913 von Ford I eingeführt wurde. Dieses Fertigungsverfahren

1.1. Industrielle Entwicklungsstufen

13

zeigt zwei Aspekte, die den Übergang zu einer höheren, dritten Entwicklungsstufe der industriellen Produktionstechnik, der Automatisierung' motivieren: a) Die Fließbandproduktion erzwingt eine extreme Bindung des Menschen an den Arbeitsrhythmus der Maschine, b) sie fuhrt verstärkt das Steuerungs- und schon teilweise das Rückkopplungsprinzip ein. Damit verbunden aber sind rasch anwachsende Planungs- und Informationsverarbeitungsprozesse. Die dritte Phase industrieller Entwicklung, die Automatisierung, bedeutet nach Dolezalek das Bestreben, technische Anlagen zu schaffen, „die so arbeiten, daß der Mensch weder ständig noch in festgelegtem Rhythmus von ihnen in Anspruch genommen wird" 3 . Fertigungsautomaten und elektronische Datenverarbeitungsanlagen verwirklichen dieses Bestreben schon weitgehend. Die kennzeichnende Grundgröße der Automatisierung, in der Organisationslehre auch Automation genannt, ist die Information. Dieser schillernde Begriff, der heute eine wachsende Bedeutung gewinnt, bedarf einer Deutung (vgl. Teil 1, 3.). Fest steht jedoch: Information kann als eine neue dritte Grundgröße neben Materie und Energie angesehen werden. Der Begriff ,automation' wurde erstmals und unabhängig voneinander von J. Diebold und D.S. Härder, Vizepräsident der Ford-Company, gebraucht, um den automatischen Materialtransport zu kennzeichnen. Heute wird .automation' verallgemeinert als Synonym für ,automation control' verwendet, wobei primär an den Fertigungsbereich einer Unternehmung gedacht wird. Jedoch bemüht man sich heute ganz besonders auch um eine Automatisierung der Büro- und Verwaltungsarbeiten (office automation). In diesem Bereich setzte die Mechanisierung mit einer gewissen Phasenverschiebung zum Fertigungsbereich ein, nämlich etwa Ende 19. Jahrhundert mit der Entwicklung der Schreibmaschine und der sog. Hollerithtechnik. Die Automatisierung wird heute in beiden Bereichen durch verstärkten Einsatz elektronischer Datenverarbeitungsanlagen vorangetrieben. Gerade deshalb stellt sich heute die dringliche Aufgabe, den „grundlegenden Gesetzen der Materialhandhabung ebenso grundlegende Gesetzmäßigkeiten der Informationshandhabung zur Seite zu stellen" 4 . Es kann eine gewisse Übereinstimmung von Material-Verarbeitung und Informations-Verarbeitung bezüglich der angewandten Verfahren in den drei Phasen industrieller Entwicklung aufgezeigt werden (vgl. Abb. 1). Während der Mecha3 Dolezalek, C. M.: Automatisierung in der Fertigung I, II; Lehrstuhl für Industrielle Fertigung der Universität Stuttgart 1965/66 4 Pietzsch, J.: Die Information in der industrieller Unternehmung; Köln-Opladen 1964, S. 14

Definitionen

13WIUBJIÎH aipuiipseui ip-mp yEijjsjiaqiv jsqormosuaui Sunzireäig pun Sunzjnjsisjun

Abb. 1 Stufen industrieller Entwicklung (Fortsetzung nächste Seite) 20. Jhd.

ab Mitte

18. Jhd.

Informationelle Revolution

Mensch/ Automat/ Arbeit

Materie

Mensch/ Maschine(naggregat)/ Arbeit

Industrielle Revolution

ab Ende

Information

Energie

Materie

Energie

Materie (Masse, Mecha

Mensch/ Werkzeug/ Arbeit

Evolution

bis Ende 18 Jhd.

naturwissenschaftliche Grundgrößen

Arbeits-Grundtypen

Entwicklung

'aj N

Automatisierung

Mechanisierung Stufe II (Maschinisierung)

Mechanisierung Stufe I

Phasen industrieller Entwicklung

NC-Bearbeitungszentrale, Computer, Homöostat

Dampfmaschine, Elektrodynamische Maschinen

Flaschenzug, mechanische. Uhren

typische Systeme

14 1. Die Entwicklung der Datenverarbeitung

£

3u»)sXsuainqasew 3pu3)idqie äiSireqqmm

uaipsuapv

uoA

1.1. Industrielle Entwicklungsstufen

15

o S / 9 e >-•

Abb. 1 Stufen industrieller Entwicklung

16

1. Die Entwicklung der Datenverarbeitung

nisierungsstufe I werden in beiden Fällen manuell eingesetzte Werkzeuge benützt, speziell zur Informationsverarbeitung der Rechenschieber und die Schreibmaschine. In der Mechanisierungsstufe II wird die eigentliche Verarbeitung von Maschinen übernommen, zum Beispiel Fräsmaschinen und Drehmaschinen zur Material-Verarbeitung sowie analog Sortiermaschinen und Tabelliermaschinen zur Informationsverarbeitung. Zwischen die einzelnen Maschinengänge müssen jedoch manuelle Eingriffe zum Transport des Materials bzw. der Datenträger und zur Einleitung und Überwachung der Arbeitsgänge vorgenommen werden. Der Mensch ist Zubringer und Bediener der Maschine. Die Materialien bzw. die Datenträger müssen mehrere Maschinen in einer bestimmten logischen Folge durchlaufen, da die Maschinen nur für jeweils einen oder einige wenige Zwecke einsetzbar sind. Eine Material- bzw. Datenverarbeitung ohne menschliche Eingriffe in den Prozeßablauf ermöglicht erst die Phase der Automation. In ihr stehen universeller verwendbare Maschinen zur Verfügung — nämlich Automaten bzw. elektronische Datenverarbeitungsanlagen. Eine weitgehende Arbeitsteilung in der zweiten Mechanisierungsstufe aus Rationalisierungsgründen angestrebt — wird nun aus technologischen Gründen nicht mehr gefordert, sondern durch die umgekehrte Tendenz, die Integration, abgelöst.

1.2. Material- und Informationsverarbeitung Bei der Betrachtung der drei Phasen industrieller Entwicklung wurden die Prozesse Materialverarbeitung und Informationsverarbeitung vergleichend einander gegenübergestellt. Diese beiden Begriffe sollen extensiv gedeutet und hier in ihren einzelnen Funktionen dargestellt werden. Der Materialfluß in einem Betrieb zeigt (vgl. S. 18), daß zum Ablauf der Materialverarbeitung die Vorgänge Material-Annahme, -Lagerung, -Bearbeitung, -Übergabe und -Transport zu rechnen sind. Diese Vorgänge können manuell, mechanisiert oder automatisiert — je nach Entwicklungsstufe — ablaufen. Ähnliche Einzelfunktionen lassen sich auch im Prozeß der Informationsverarbeitung erkennen (vgl. Abb. 2). Synonym für diesen Prozeß wird häufig der Ausdruck .Datenverarbeitung' benützt. Dabei lassen sich die Vorgänge: DatenAufnahme, -Übertragung, -Abgabe, -Speicherung und -Bearbeitung unterscheiden. Die ersten drei dieser Vorgänge werden unter dem Oberbegriff Kommunikation' subsummiert, der in Teil 1 , 3 . 1 noch zu analysieren sein wird. Die Bearbeitung von Daten kann nach deren Form oder deren Inhalt erfolgen. Zur formalen Bearbeitung ist etwa ein Wechsel des Datenträgers mit gegebenenfalls damit verbundener Umcodierung zu zählen, solange der Dateninhalt erhalten bleibt. Eine inhaltliche Datenbearbeitung, nämlich arithmetische oder/und

1.2. Material- und Informationsverarbeitung

Transformationen in der Betriebslogistik

Transformationsart

Transformationen im betrieblichen Kommunikationsnetz Informationsverarbeitung

Materialverarbeitung Material-Annahme

17

räumlich

Inf.-Aufnahme (Lesen) Inf.-Übertragung (Transfer)

Material-Transport

Inf.-Abgabe (Schreiben)

Material-Abgabe

S-3 3 C 3 T

Material-Lagerung (einmalig abrufbare Elemente)

zeitlich

Inf.-Speicherung (beliebig oft abrufbare Elemente)

Material-Bearbeitung

sachlich

Inf.-Bearbeitung nach Form (formal)

(Umformen, Umcodieren)

arithmetische nach Inhalt Operationen (materiell) ~ | _ l o g i s c h e Operationen Abb. 2 Analogie von Material- und Informationsverarbeitung

logische Operationen, erzeugt neue Dateninhalte oder/und Änderungen bezüglich gewisser Ordnungskriterien der Daten. Informationen (Daten) werden demnach ähnlich dem Gut Material während des Betriebsprozesses räumlicher, zeitlicher und/oder sachlicher Transformationen unterworfen. Es ist deshalb durchaus berechtigt, auch von betrieblichen .Informationsgütern' zu sprechen. Das betriebliche Geschehen zielt damit darauf ab, durch Bereitstellung und geeignete Kombinationen von Materie und Energie zu einer Erstellung physikalischer Leistung zu gelangen, wobei die Steuerung und Kontrolle mit Hilfe von Informationen vorgenommen wird. Die Ebene der Materialverarbeitung kann in Analogie zum militärischen Bereich als Betriebslogistik bezeichnet werden (Abb. 3). Sie wird von einem betrieblichen Kommunikationsnetz mit Informationsflüssen überlagert. In diesem Netz bilden die verschiedenen Informationskreuzungs- und Informationssammelstellen Entscheidungsknoten. Als Informationsflüsse treten Bestell- und Bestandsmeldungen, Anweisungen zum Materialtransport und sonstige Daten-Transfers auf. Der Bestellinformationsfluß verläuft entgegengesetzt zur Richtung des Materialflusses. Bestandsmeldungen und Transportanweisungen koppeln die Ebene der Betriebslogistik mit dem überlagerten Kommunikationsnetz. 2 Dworatschek, MIS

1. Die Entwicklung der Datenverarbeitung

18

I nisLager

61) 3 B W

/

Montage

n —

s .o c

£

Kommunikationsnetz

Betriebslogistik

Abb. 3 Die beiden Subsysteme einer Unternehmung .Betriebslogistik' und .Kommunikationsnetz' mit Material-, Energie- und Informationsflüssen

1.2. Material- und Informationsverarbeitung

19

Die Verzahnung der beiden Ebenen wirft erhebliche Probleme der Regelung und Kommunikation auf. Immer mehr Unternehmen versuchen diese Schwierigkeiten durch Errichtung eines mehr oder weniger umfassenden betrieblichen Informationssystems auf der Basis einer elektronischen Datenverarbeitungsanlage zu meistern. Ein neuer Begriff wird in diesem Zusammenhang genannt: Informationstechnologie. Die Informationstechnologie wird sich in Zukunft als die Lehre von der Struktur und der Dynamik realer Informationssysteme und den Methoden der Systemanalyse und -konzeption herausbilden. Die Vorhaben, die mit diesem Begriff .Informationstechnologie' angesprochen werden, bringen tiefgreifende Änderungen in den Bereichen der Produktionstechnik, der Verwaltungsarbeiten und der Führungsmethoden mit sich. Immer häufiger wird deshalb von einer 2. Industriellen Revolution gesprochen5, die umschrieben wird mit den Begriffen Automation, Information und Kybernetik. Die 1. Industrielle Revolution, anzusetzen etwa mit dem Beginn der Mechanisierungsstufe II Ende 18. Jahrhundert, war gekennzeichnet durch krasse Veränderungen im Produktionsbereich und negative soziale Folgeerscheinungen. Gelten als Charakteristiken einer Revolution abrupte Veränderungen mit breitwirkenden Folgeerscheinungen im gesellschaftlichen Bereich, so kann heute mit Recht von einer 2. Industriellen Revolution oder besser von einer .Informationellen Revolution' gesprochen werden. Die Information wurde zum neuen Produktionsfaktor neben Arbeit und Kapital. Sowohl auf volkswirtschaftlicher Ebene als auch im betriebswirtschaftlichen Bereich gilt es, diesen neuen Produktionsfaktor .Information' in Form der Ausbildung und der Organisation zu bewältigen. Gesellschaftliche Folgeerscheinungen dieser Informationellen Revolution lassen sich zur Genüge konstatieren: der Anteil der Arbeiter geht zugunsten der Angestellten zurück, alte Berufe sterben aus, neue Berufsbilder werden geschaffen, Beseitigung von Arbeitsplätzen durch Automation, dringend erforderliche Mobilität der Arbeitskräfte, .long life learning' auch und gerade für das Management und schließlich wirtschaftliche Machtverlagerungen. Die Beherrschung der jeweils dominierenden Produktionsfaktoren bedeuten zu allen Zeiten die Beherrschung der Machtverhältnisse — dies galt während der Feudalzeit bezüglich der vorherrschenden Produktionsfaktoren Boden und Arbeit, gilt für den Kapitalismus mit dem Produktionsfaktor Kapital und wird in Zukunft verstärkt für den Produktionsfaktor .Information' zutreffen. In diesem Zusammenhang wird auch von der Technokratie als neuer Herrschaftsform gesprochen6. 5

vgl. etwa: Ackoff, R. L. : The Evolution of Management Systems, in: Canadian Operational Research Society, VoL 8, No. 1, March 1970. S. l f 6



Galbraith, J. K.: Die moderne Industriegesellschaft, München 1968 Koch, CL/Senghaas, D. (Hrsg.): Texte zur Technokratiediskussion, F f m . 1970

20

1. Die Entwicklung der Datenverarbeitung

1.3. Die Entwicklung der Computer-Anwendung Der Schwerpunkt bei der Errichtung eines MIS und somit auch dieser Arbeit liegt im organisatorischen Problemkreis und weniger in der Technologie des Computers, wenn auch eine Trennung dieser Bereiche nicht möglich ist, da der Computer die instrumentelle Basis bildet. Im folgenden soll deshalb nur kurz aufgezeigt werden, welche Möglichkeiten die Computer-Industrie auf der instrumentellen Ebene anbietet. Als Ausgangspunkt kann die Abb. 4 dienen, in der die im vorausgehenden Abschnitt angesprochenen drei Phasen der Entwicklung der Informationsverarbeitung verfeinert dargestellt sind. Eine manuelle Datenverarbeitung mit Unterstützung gewisser Rechenhilfsmittel wie Abacus und Rechenschieber betreibt der Mensch schon seit vielen Jahrhunderten, wobei insbesondere in den letzten hundert Jahren verfeinerte Geräte, wie Schreibmaschine und Buchungsmaschine eingeführt wurden. Die Mechanisierungsstufe II wurde ab 1890 mit der Entwicklung der konventionellen Lochkartentechnik erreicht. Die Stufe der automatisierten Datenverarbeitung wurde mit den ersten speicherprogrammierten Anlagen, den Relaisrechnern, eingeleitet. Die heute übliche elektronische Datenverarbeitung wird überwiegend von Datenverarbeitungsanlagen der 3. Generation beherrscht, ergänzt immer mehr durch Anlagen der Mittleren Datentechnik und elektronische Tischrechner sowie Analogund vor allem Hybridrechner. Da die Prozeßsteuerung verstärkt auch im Rahmen der betrieblichen Datenverarbeitung betrieben wird, gewannen in den letzten Jahren Analog- und Hybridrechner an Bedeutung. Auf die wirtschaftliche Bedeutung des Computereinsatzes soll mit einigen Zahlenangaben hingewiesen werden. Von 1959 bis heute nahm die Zahl der im Bundesgebiet (einschließlich Westberlin) im Einsatz befindlichen digitalen elektronischen Computer der 1., 2. und 3. Generation von 172 auf 6350 zu 7 . Für 1975 wird eine Schätzung von (mindestens) 12000 angegeben. Zum Vergleich sei der heutige Computer-Bestand in anderen Ländern angegeben:8 Westeuropa 23 900 Osteuropa 5 100

USA ges. Welt

70 000 111 000

In den USA werden laut einer Diebold-Statistik voraussichtlich 10 % der Investionen für Datenverarbeitungssysteme aufzubringen sein 9 . Im Bundesgebiet betrugen 1968 die jährlichen laufenden Aufwendungen für die Datenverarbeitung mit Einschluß der Nebenkosten 1,4 Mrd. DM. 7

in: die Computer Zeitung, 27. Mai 1970, S. 1

8

Diebold-Statistik, in: Computer-Praxis 1970, Heft 5, S. 96

9

Sanders, D. H.: Computers and Management, New York/London 1970, S. 67

21

1.3. Die Entwicklung der Computer-Anwendung

D

•O E c « o "O

.2 - c

•ti T3 g C

••*a Ee

£ « .3 »

•G O

AE S

3

:0 £

•SP •o

•C I U 3 'S ä? 2 C w 'm O j3 c3 3 V5 O I I oW

CO H u ä •c s .s

elektronische DV

i 3 CO automatisierte Datenverarbeitung (ADV)

Abb. 4 Entwicklung der Datenverarbeitung

V -«3-»

W

mechanisierte DV

22

1. Die Entwicklung der Datenverarbeitung

Die modernen Datenverarbeitungsanlagen der 3. Generation und insbesondere der 4. Generation, die zur Zeit auf den Markt kommen, zeigen Betriebsarten, die erst die technisch-organisatorischen Voraussetzungen für die Errichtung umfassender betrieblicher und außerbetrieblicher Informationssysteme bieten. Zu diesen Betriebsarten zählen 10 : Multiprogramming, on-line-Betrieb, Echtzeitverarbeitung (Real-Time-Processing), Datenferverarbeitung (Telecommunication), Time-Sharing-Verfahren (Teilnehmersysteme), Multiprocessing und Dialogverarbeitung. Sehr häufig treten zwei oder mehrere dieser Betriebsarten gekoppelt auf. So ist eine Echtzeitverarbeitung stets gleichzeitig ein on-line-Betrieb; wenngleich die Umkehrung dieser Aussage nicht stets erfüllt ist. So kann die Datenfernverarbeitung entweder im Echtzeitverfahren (z.B. bei Auskunftssystem) oder im Stapelbetrieb (z.B. bei manchen Teilnehmersystemen) erfolgen. Um die zum Teil sehr aufwendigen Betriebsarten von Datenverarbeitungsanlagen durchführen zu können, waren erhebliche Entwicklungsaufgaben im Bereich der hardware als auch der software zu lösen. Mit dem Begriff hardware bezeichnet man den materiellen Teil eines Computer-Systems, also die mechanischen und elektronischen Baugruppen der Zentraleinheit und ihrer Peripheriegeräte — kurz die .verdrahten' Teile des Systems. Die Peripherie besteht aus Ein-/Ausgabe-Geräten, Externspeichern und Datenübertragungseinrichtungen. Die hardware-Funktionen werden durch die software unterstützt und zum Teil erst wirksam. Die software umfaßt den immateriellen Teil eines Computer-Systems, wozu alle Programme und Unterprogramme (Routinen) zu rechnen sind, die vom ADVHersteller zur Verfügung gestellt werden. Meist unterscheidet man zwischen System- und Anwendungs-software. Die System-software, auch maschinenorientierte software genannt, besteht vor allem aus dem Programmpaket Betriebssystem', das u. a. Eingabe-/Ausgabe-Steuerprogramme (IOCS) und Assembler mit Makros enthält. Die Anwendungs-software bietet dem Anwender problemorientierte Programmiersprachen, Sortier- und Mischprogramme und ausgetestete Programme für die bei den meisten Betrieben auftretenden Standardprobleme an. Nicht zur software gezählt werden häufig die von Kunden individuell erstellten Programme, auch wenn sie unter mehreren Anwendungen ausgetauscht werden. Lag der Schwerpunkt des Entwicklungsaufwandes bei den Computern der 1. und 2. Generation noch im hardware-Bereich, so verlagerte er sich bei den Anlagen der 3. Generation immer mehr auf die software-Seite. Für 1970 werden in den USA die hardware-Kosten auf ,nur' mehr 5 Mrd. $ geschätzt, im Gegensatz zu den software-Kosten, die mit 7 Mrd. $ angesetzt werden. Das Verhältnis lautet demnach 11 : software : hardware = 60 % : 40 %. 10 vgl. dazu: Dworatschek, S.: Einführung in die Datenverarbeitung, 3. Aufl., Berlin 1970, S. 317-323 11

vgl. dazu in: Bürotechnik und Automation 10 (1969) 12, S. 747; Vieweg, R.: Datenverarbeitung und Management, Ffm.-Bln. 1968, S. 155

1.3. Die Entwicklung der Computer-Anwendung

23

Diese Tatsache und diesen Entwicklungstrend zu wissen und zu berücksichtigen ist für die Unternehmensführung wichtig, will sie nicht mit unrealistischen Erwartungen an die Auswahl eines Computersystems und die Entwicklung eines betrieblichen Informationssystems herangehen. So sind beispielsweise von den neuen hochintegrierten elektronischen Bauelementen der 4. Generation trotz rationeller Fertigungsverfahren kaum-allgemeine Preis- und Mietsenkungen zu erwarten. Von den hardware-Kosten entfallen nämlich nur etwa ein Drittel auf die Herstellungskosten, der Rest verteilt sich auf Forschungs-, Entwicklungsund Vertriebskosten der hardware. Von weiterer Bedeutung für den Anwender wird das Verhältnis hardware zu Software durch das neu eingeführte Vertriebssystem des ,unbundling', d. h. der getrennten Vertriebs- und Abrechnungsweise von hardware und Software. Ua Mit den Computern der 4. Generation wird sich ein neuer Begriff durchsetzen: firmware. Die Ableitung vom Französischen fermer (= verschließen) weist auf die Bedeutung des Wortes hin. In Zukunft wird nämlich eine Unterscheidung zwischen den herkömmlichen Lebendspeichern, die Lese- und Schreibfunktionen besitzen, und den sog. Festspeichern, deren festverdrahteter Inhalt nur gelesen werden kann (read-only-Speicher), notwendig werden. Diese Festspeicher dienen als flexible Zusatz-hardware zur Basis-hardware und enthalten Standard-Routinen oder gar Compiler - also Programme, die bisher als Teil des software-Pakets angeboten wurden. Firmware kann somit als spezielle hardware-mäßige Realisierung von bisheriger Standard-software mit Geschwindigkeitsgewinn bezeichnet werden. Der Problemkreis des Personalbedarfs und -potentials bei Anwendung der elektronischen Datenverarbeiung wird allgemein mit dem Begriff ,manware' gekennzeichnet und als personeller Teil dem materiellen (hardware) und immateriellen Teil (Software) gegenübergestellt. Wie schon betont wurde, gewinnt der Produktionsfaktor Organisation im Betrieb immer mehr an Gewicht. Dies gilt insbesondere auch bei der Einführung eines betrieblichen Informationssystems, bei der immer mehr Betriebsabteilungen, die nur mit ihren konventionellen Arbeitsabläufen vertraut sind, mit der computer-orientierten ADV-Abteilung zusammenarbeiten müssen. Die dabei erforderlichen Koordinationsarbeiten, die Beherrschung und Anwendung des Produktionsfaktors .Organisation' in diesem Spannungsfeld wird mit der Bezeichnung ,brainware' umschrieben 12 . Die behandelten Teile eines ADV-Systems sind in Abb. 5 zu einer Übersicht zusammengestellt. Das wirksame Zusammenarbeiten dieser Teile wird von umso größerer Bedeutung, je höher die angestrebte Anwendungsstufe der betrieblichen lla

vgl.: Sherwood, H.F.: Kosten und Folgen des Unbundling, adl-Verlag, Kiel 1970 Müller-Lutz, H. L.: Betriebsorganisation und EDV, in: der arbeitgeber, 22 (1970) 12, S. 521 12

1. Die Entwicklung der Datenverarbeitung

24

— brainware = organisatorischer (Umstellungskoordination konventioneller Arbeitsabläufe etc.) Teil — manware = personeller Teil ADVSystem

(Personalauswahl und -ausbildung etc.)

— Software = immaterieller Teil (Programmunterstützung etc.) (verdrahtete Standardroutinen — flrmware = materiell ergänzender Teil im read-only-Speicher) hardware = materieller Teil

(Zentraleinheit, Peripherie)

Abb. 5 Teile eines ADV-Systems

automatisierten Datenverarbeitung liegt. In der Literatur läßt sich eine gewisse Übereinstimmung bezüglich der Einteilung der ADV-Anwendung in drei Stufen finden13. Sie seien hier entsprechend ihrer Hauptfunktionen bezeichnet: a) Abrechnungssysteme (Massen-ADV) b) Dispositionssysteme (Integrierte ADV) c) Entscheidungssysteme (Management-Informations-Systeme) Alle drei Anwendungsstufen der Datenverarbeitung sind heute nebeneinander in Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung anzutreffen, wenn auch natürlich mit sehr unterschiedlicher Häufigkeit. Eine Vielzahl von Unternehmen besitzt zum Teil jahrelange Erfahrungen auf dem ADV-Niveau der Abrechnungssysteme. Weit weniger Unternehmen dagegen sind heute schon über die Experimentierphase zur Errichtung echter Dispositionssysteme hinausgekommen. Schließlich können nur vereinzelt ADV-Anwender von sich behaupten, ein echtes Entscheidungssystem zu praktizieren. Abrechnungssysteme sind fast durchweg entstanden, indem arbeitsteilige, sequentielle'Arbeitsabläufe, wie sie in der manuellen oder konventionellen Datenverarbeitung üblich waren, auf eine ADV-Anlage übernommen wurden. Diese Anlagen der ersten und zweiten Generation waren dafür in gewissem Sinne prädestiniert, da sie Lochkarten- oder/und Bandorientiert und somit an den Reihenfolgezugriff gebunden waren. Partielle Probleme, wie Lagerbestandsführung und Fakturierung wurden autark geplant und mit Einzelprogrammen und gesonderten Karteien bzw, Dateien durchgeführt. Rückkopplungen auf benachbarte Gebiete konnten nur in geringem Umfange Berücksichtigung finden. So entstanden Bearbeitungsinseln. Die Massendaten wurden mit programmierten Routinearbeitsgängen abgerechnet 13 Grochla, E. : Die Wirtschaftlichkeit automatisierter Datenverarbeitungssysteme, Wiesbaden 1970, S. 27 Vieweg, R.: a. a. O., S. 27 Blau, H. in: Bürotechnik und Automation 8 (1967) 6, S. 280

1.3. Die Entwicklung der Computer-Anwendung

25

und zu Berichten umgesetzt. Der Computer diente als .elektronischer Buchhalter'. Das Abrechnungssystem war von seiner Aufgabenstellung und seinen Massendaten her gesehen vergangenheitsorientiert. Eine stärkere Betonung der gegenwarts- und zukunftsorientierten Daten erfolgt in den sog. Dispositionssystemen. Zusätzlich zu den Abrechnungsaufgaben wird der Steuerungsaspekt berücksichtigt. Dispositionsaufgaben, wie Bestellpolitik und Terminierungsfragen, treten besonders im Bereich der Materialwirtschaft auf. Die Integrierte Datenverarbeitung versucht, durch Abstimmung von Einzeldaten und Simultanprogrammen einen ganzen Problemkreis, wie Verkaufsabrechnung, zu bearbeiten. Die Ausstattung der 3. Computer-Generation mit Direktzugriffspeichern (Platten- und Streifenspeicher) ermöglicht und unterstützt diese Tendenz. In der dritten Entwicklungsstufe betrieblicher ADV-Anwendung wird der Dispositions- und Steuerungsaspekt der vorausgehenden Stufe noch durch den Entscheidungs- und Regelungsaspekt (Planung und Kontrolle) erweitert. Mathematische Planungs- und Entscheidungsverfahren werden mit modernen Führungsmethoden gekoppelt. Verdichtungsprogramme erzeugen zukunftsorientierte Daten für die Gesamtunternehmung und alle Teilbereiche. Die technischen Computerausrüstungen ermöglichen den Einsatz moderner Betriebsarten, wie Real-Time und Datenfernverarbeitung. Konzeptionen, die über die ohnehin noch kaum praktizierte dritte Stufe hinausgehen, wie Totalsysteme oder adaptive Systeme, sind selbst in ihrer Grundkonzeption noch wenig ausformuliert. Schon beim Entwurf und der Einführung von Management-Informations-Systemen zeigt sich, daß in der Praxis äußerst komplexe Systeme entstehen, die erhebliche Regelungs- und Kommunikationsprobleme aufwerfen. Da derartige betriebliche Informationssysteme Auswirkungen auf die gesamte Organisation der Unternehmung besitzen, müssen außer der technischen und ökonomischen vor allem auch soziologische und ergonomische132 Aspekte in die Neu-Konzeption mit einbezogen werden. Die Analyse, trailsparente Darstellung, Konzeption und Beherrschung derartiger äußerst komplexer und prohabilistischer Systeme ist nach Stafford Beer1*, wenn überhaupt, dann nur mit kybernetischen Methoden möglich.

,3a

Die Wissenschaft .Ergonomie' befaßt sich mit den Auswirkungen technischer Systeme auf das physiologische und psychologische Verhalten des Menschen sowie mit der Anpassung derartiger Systeme an den Menschen. Mit der Entwicklung und dem Einsatz technischer Einrichtungen zur Mensch-Maschine-Kommunikation gewinnt die Ergonomie an Bedeutung. 14

Beer, St.: Kybernetik und Management, Ffm. 1959, S. 27-30, 35

2. Kybernetik

2.1. Begriffliche Abgrenzung Der Begriff Kybernetik (cybernetics) wird allgemein etymologisch auf Piaton, der unter ,kybernetike' die Steuerungskunde verstand, und auf Plutarch zurückgeführt, der mit ,kybernetes' den Lotsen eines Schiffes bezeichnet 1 . Ein heute sich abzeichnendes neues Anwendungsgebiet der Kybernetik nahm Ampère in seinem ,Essai sur la philosophie des science' (1834) vorweg — er nannte darin die Kunst des Regierens ,cybernétique'. Die Anwendbarkeit des regeltechnischen Prinzips der Rückkopplung (feedback) auf physiologische Erscheinungen beschrieb 1925 R. Wagner, auf die Bedeutung dieses Prinzips für die Erklärung wirtschaftlicher und soziologischer Vorgänge wies schon H. Schmidt (1940) hin. Methodische Grundlagen der Kybernetik schufen vor allem Cl. Shannon (Schaltalgebra, Informationstheorie) und Norbert Wiener (regelungs- und nachrichtentheoretische Arbeiten). Die zur Anwendung gelangten Methoden werden laufend durch neue ergänzt und die Anwendungsbereiche ständig erweitert, so daß eine operable Definition der Kybernetik, die sich allgemeiner Zustimmung erfreut, kaum denkbar ist. Man findet eine Vielzahl von Definitionen mit mehr oder weniger umfangreichem Erkenntnisbereich2 ; sie sollen hier aber nicht im einzelnen analysiert werden. Der Wesenskern der Kybernetik wird nämlich auch heute noch treffend durch den Untertitel zu N. Wieners grundlegendem Buch ,Cybernetics' (1948) 3 gekennzeichnet; demnach ist die Kybernetik .control and communication in the animai and the machine'. Der zentrale informationelle Aspekt der Kybernetik liegt auch allen anderen begrifflichen Abgrenzungsversuchen zugrunde, wobei neben Kommunikationsund Regelungstheorie besonders die Entscheidungs- und Systemtheorie als methodische Basis der Kybernetik hervorgehoben wird. Die Analyse dieser informationellen Gesetzmäßigkeit wird vorzugsweise mit logisch-mathematischen Beschreibungenund abstrakten oder reellen Funktionsmodellen vorgenommen, wozu die Kybernetik vor allem folgende wissenschaftlichen Methodensammlungen heranzieht: 4 j Regelkreistheorie 2. Kommunikationstheorie 3. Entscheidungstheorie 4. Systemtheorie 1

2

Steinbuch, K.: Automat und Mensch, 3. Aufl., Bln.-Hdlbg. 1965, S. 322

vgl. etwa: Master, S.: Wissenschaftstheoretische Grundlagen der Kybernetik, in: IBMNachrichten Nr. 188, (1968) S. 8f 3 deutsche Ausgabe: Wiener, N.: Kybernetik, Dssd. 1963

2.1. Begriffliche Abgrenzung

27

Die Regelkreistheorie ist das dominierende Teilgebiet der Kybernetik. „Regeln und Regelung sind Begriffe, die für die Kybernetik so zentral sind, daß von manchen diese Wissenschaft geradezu als .Wissenschaft von der Regelung' angesehen wird 5 . Den Ursprung und Kern der Regelkreistheorie bildet die Regelungstechnik. Sie befaßt sich seit Jahrzehnten erfolgreich mit der Erforschung, Entwicklung, Konstruktion und Anwendung mechanischer und elektrischer Regelkreise. In der Regelkreistheorie wird nun versucht, die hierbei erkannten formalen Gesetzmäßigkeiten auf biologische und soziale Gebilde anzuwenden. Kennzeichnende Begriffe eines Regelkreises sind vor allem: Regelstrecke, Stabilitätsverhalten, Regler, Rückkopplung und Störgröße.

Abb. 6 Elemente eines Regelkreises

Auf eine Versorgungsgröße, die materieller, energetischer oder informationeller Natur sein kann, wirken in einem Transport- bzw. Verarbeitungsprozeß, der Regelstrecke, eine oder mehrere Störgrößen. Das Ergebnis dieses Prozesses wird repräsentativ durch eine Regelgröße erfaßt, deren Istwert durch ein Meßglied 4 vgl. gewisse Übereinstimmung bei; Maser, S.: a. a. O., S. 9;Marko, H„ in: Rationalisierung 21 (1970) 3, S. 60 Klaus, G.: Wörterbuch der Kybernetik, Bln. 1968, S. 325 s

Flechner, H. J.: Grundbegriffe der Kybernetik, Stgt. 1969, 4. Aufl., S. 34

28

2. Kybernetik

gemessen wird. Eine Vergleichervorrichtung ermittelt die Regelabweichung als Differenz des Istwertes und des Sollwertes (Führungsgröße) x 0 . Über eine gegebenenfalls erforderliche Verstärkerstufe bedingt diese Abweichung die Positionierung eines Stellgliedes (Stellgröße y). Dadurch wird die Versorgungsgröße in der Weise beeinflußt, daß der Abweichung der ausgangsseitigen Regelgröße x von der Führungsgröße x 0 entgegengewirkt wird. Diese rückgekoppelte Wirkungslinie kennzeichnet man als Regelkreis. Die Rückkopplung (feedback), d. h. die Geschlossenheit des Regelkreises, gilt im deutschen Sprachraum als Kriterium, zur Unterscheidung der Regelung von der Steuerung. Das englische ,control' umfaßt beide Bedeutungen, was häufig zu Fehlübersetzungen führt. Im Vorgang der Steuerung findet sich keine Rückkopplung des Istzustandes (open-loop-control). Soll die Steuerung die Gleichheit von Istwert x und Sollwert xQ erreichen, so müssen der Steuervorrichtung außer der Führungsgröße x 0 auch die zukünftigen Störgrößenwerte bekannt sein. Steuerung erfordert demnach vollständige Informationen und ist nur bei determinierten Systemen anwendbar. Das Prinzip der Regelung dagegen kann probabilistische Einflußgrößen in ihrer Wirkung auf die Regelgröße kompensieren. Eine Gleichheit von x und xQ kann jedoch nur in einem gewissen Toleranzbereich sichergestellt werden, da der Regelmechanismus erst bei einer Abweichung A = x - x 0 anspricht. Die Art, in der die Regelungsvorrichtung den Istwert x an das vorgegebene Ziel x 0 heranführt und den Gleichgewichtszustand x = xQ trotz Störungseinflüssen weitgehend sicherstellt, bezeichnet man als Stabilitätsverhalten des Regelkreises. Die verschiedenen Niveaus des Stabilitätsverhalten des Regelkreises wie MonoStabilität, Ultra-Stabilität, Multi-Stabilität und Selbststrukturierung, werden im folgenden Abschnitt charakterisiert und zur Klassifizierung von Systemen herangezogen. Die Regelkreistheorie hat außer der Modell-Betrachtungsweise ein ausgefeiltes mathematisches Instrumentarium zur quantitativen Beschreibung des Regelkreisverhaltens, insbesondere des Stabilitätsverhaltens entwickelt. Hier sind beispielsweise die mathematischen Stabilitätskriterien von Hurwitz, Küpfmüller und Nyquist zu nennen. Zur Lösuhg betriebsorganisatorischer Aufgaben werden die Erkenntnisse der Regelkreistheorie jedoch heute noch nahezu ausschließlich zu beschreibenden Modellen und qualitativen Aussagen herangezogen. Betriebliche Einzelaufgaben werden mit ihren drei Phasen: Planung, Realisation, Kontrolle als Regelkreismodelle dargestellt. Der gesamte Betriebsprozeß kann dann als eine Hierarchie derartiger Regelkreise6 aufgefaßt werden, wobei die vielfaltigen informationellen Kopplungen ein komplexes Netz von Kommunikationsbeziehungen ergeben. Dieses Kommunikationsnetz basiert zwar auf materiellen und energetischen Strömungs- und Bestandsgrößen, bildet diese aber in informationellen Modellen ab und kann somit oft allein zum Gegenstand der Analyse gemacht werden. In-

2.2. Systemtheorie

29

formationen sind jedoch nicht Selbstzweck eines betrieblichen Informationssystems, vielmehr dienen sie der Entscheidungsverbesserung. Entscheidungen basieren auf Informationen und bewirken Aktionen innerhalb der betrieblichen Regelkreise. Die begründete Annahme, daß die Methoden und Modelle der Regelkreis-, Kommunikations-, Entscheidungs- und Systemtheorie geeignet sind, betriebliche informationelle Prozesse zu analysieren und zu gestalten, soll mit dieser Arbeit überprüft werden. Die Kybernetik besitzt tatsächlich neben dem formalen, interdisziplinär abstrahierenden Aspekt der Methoden- und Modellsammlung noch eine stark anwendungsorientierte Seite 7 . Außer den technisch-naturwissenschaftlichen Disziplinen kann die Biologie schon auf beachtliche Erfolge hinweisen, während in der Soziologie und insbesondere den Wirtschaftswissenschaften weniger Erfahrungen vorliegen. Diese Anwendungsbereiche werden häufig mit Ingenieur*, Bio- und Sozio-Kybernetik bezeichnet und der Methodensammlung, die als formale Kybernetik gekennzeichnet wird, gegenübergestellt. Der Kreis möglicher Anwendungsbereiche wird in dieser Arbeit auf die Wirtschaftswissenschaften, speziell die Betriebswirtschaft und Soziologie, eingeengt. Eine Beschränkung auf bestimmte Methoden dagegen wird vermieden, vielmehr sollten möglichst interdisziplinäre Modellansätze aufgezeigt werden. Diese Abgrenzung des Einsatzes kybernetischer Methoden wird zu dem Begriff der Organisationskybernetik — einem Untergebiet der Sozio-Kybernetik — führen.

2.2. Systemtheorie Der Systembegriff nimmt im kybernetischen Modelldenken eine ähnlich zentrale Stellung ein wie der Begriff,Rückkopplung'. Wie dieser wurde auch er in einer DIN-Norm (DIN 19226) definiert. Die Deutung des Begriffs System erfolgt anhand von Mengenabgrenzungen. Eine Menge besteht aus einer definierten Anzahl von Elementen, wobei für jedes Element die Entscheidung über Zugehörigkeit zur Menge eindeutig möglich sein muß. Bestehen zwischen den Elementen irgendwelche Beziehung dargestalt, daß jedes Element der Menge mit jedem anderen Element durch eine oder mehrere Beziehungen direkt oder indirekt verbunden ist, so spricht man von einem System. Die Gesamtheit dieser Beziehungen, dieser Relationen, wird als Struktur bezeichnet. Ein System besteht demnach stets aus einer Menge von Elementen und einer damit aufgebauten Struktur. Diese abstrakte Kennzeichnung trifft für eine Vielzahl von Phänomenen zu. So wird das Wort,System' sowohl für reale Gebilde (z. B. Planetensystem) als auch für ideelle 6

vgl. dazu S. 66

7

Sieinbuch, K.: a. a. O., S. 325

2. Kybernetik

30

Sinnzusammenhänge mit realen Elementen (z.B. Pflanzensystem von Linné, chemisches Periodensystem) oder mit ideellen Elementen (z.B. Zahlensysteme) benützt. Eine Verfeinerung der abstrakten Kennzeichnung strebt die Allgemeine Systemtheorie (General Systems Theory) durch Klassifizieren an, wobei den Elementen und ihren Relationen bestimmte Attribute zugeordnet werden. Die formalen Aussagen dieser interdisziplinären Wissenschaft über Systemaufbau und •verhalten werden mit der praxeologischen Richtung der Speziellen Systemtheorie (Systems Science) in den verschiedenen Fachbereichen konkretisiert 8 . Für diese Richtung sind Begriffe kennzeichnend, wie: systems research, systems development, systems analysis, systems design, systems engineering und Systemtechnik. Diese Aufgabenbereiche und ihre Methoden interessieren in dieser Arbeit insoweit, als sie die Arbeiten zur Entwicklung und Errichtung eines betrieblichen Informationssystems erleichtern und eine bessere Transparenz ermöglichen. In den Kapiteln .Systemanalyse' und .Systemkonzeption' dieser Arbeit werden sie demnach zum Einsatz kommen. Die Allgemeine Systemtheorie kennt unterschiedliche Merkmale, die zur Klassifizierung von Systemen herangezogen werden können, wie: den Seinsbereich die Entstehung die System-Dynamik die Umweltbeziehungen die Komplexität die Determiniertheit

real — ideell natürlich — künstlich statisch — dynamisch (kinetisch) offen — geschlossen einfach — komplex - äußerst komplex determiniert — stochastisch

In Abb. 8 wird eine Systematik entwickelt, die auch einige dieser Merkmale mit einbezieht, sich stark an der Regelkreistheorie orientiert und zum Begriff der Organisation hinführt. Die erste Klassifizierungsstufe trennt statische Systeme wie Zahlen- oder Begriffssysteme, von dynamischen Systemen. Die abstrakten Objekte (Elemente) der statischen Systeme werden durch eine statisch-logische Struktur, eine Ordnung, verbunden. Dynamische Systeme dagegen besitzen aktive Elemente, die über materielle, energetische oder informationelle Strömungsgrößen (Relationen) gekoppelt sind. Aktive Elemente besitzen input- und outputVorrichtungen und stellen damit selbst wiederum ein eigenes System dar - ein Subsystem zum eigentlichen dynamischen System. Es entsteht eine Systemhierarchie. Wie Abb. 3 zeigt, ist das Betriebsgeschehen sicherlich der Prozeß eines dynamischen Systems. Dynamische Systeme können offen oder geschlossen sein. In einem geschlossenen System existieren nur systeminterne Relationen, d. h. nur Beziehungen zwischen 8

Fuchs, H.: Systemtheorie; in: HWdO, Stgt. 1969, S. 1619

9

Klaus, G.: a. a. O., S. 636

2.2. Systemtheorie

31

den Elementen desselben Systems. Offene Systeme dagegen besitzen ein oder mehrere Elemente, die Beziehungen zur Umgebung aufweisen 9 :

Umgebung

|

offenes System

j

geschlossenes System

j

Abb. 7 offenes und geschlossenes System

Elemente, die Umweltrelationen aufweisen, bezeichnet man als Randelemente. Die Untermenge aller Randelemente bildet die .Oberfläche' des Systems - in Abb. 7 sind dies die Elemente E 3 und E 6 . Die Randelemente sind von besonderer Bedeutung, da sie den materiellen oder energetischen, insbesondere aber den informationellen Kontakt zur Umgebung des Systems herstellen. Eine Unternehung besitzt u. a. die Randelemente Marktforschung und Beschaffung und ist damit ein dynamisches offenes System. Das Rückkopplungsprinzip (feedback) zeigt sich in der systemtheoretischen Betrachtungsweise als informationelle Beziehungsschleife (closed-loop). Eine derartige Schleifenbildung der Relationen von Elementen kann sowohl bei offenen als auch bei geschlossenen Systemen auftreten — in Abb. 7 ist es z.B. die Schleife Ej E2E s E 4 Ej. Offene Systeme können auch ohne Rückkopplungen, d.h., in Form einer Steuerung auftreten — z.B. der Warendurchlauf durch ein Handelsunternehmen. Eine Abweichung von Ist- und Soll-Größe, die infolge von Störeinflüssen auftritt, beeinflußt über die Rückkopplung das Stabilitätsverhalten eines Systems. Eine kompensierende Rückkopplung beseitigt die Abweichung und führt das System in seine stabile Lage zurück, eine kumulative Rückkopplung dagegen verstärkt die Abweichung. Die kompensierende Rückkopplung wird auch Selbstregulierung genannt. Systeme mit dieser Eigenschaft seien als kybernetische Systeme bezeichnet. Die Selbstregulierung befähigt die kybernetischen Systeme, eine Führungsgröße, z. B. eine bestimmt Qualitätstoleranz, trotz veränderlicher Umweltbedingungen erfolgreich anzustreben. Diese Ausrichtungen an einem von außen gesetzten Sollwert, einem Ziel, führt zur Kennzeichnung kybernetischer Systeme als dynamisch und zielorientiert. Kybernetische Systeme können für unterschiedliche Stabilitätsniveaus ausgelegt sein. Die Monostabilität wird durch eine Einfachregelung erreicht, die nur einen Störungstyp zu kompensieren in der Lage ist. Dabei kann die Führungsgröße zeit-

32

2. Kybernetik

o

ff

ff

0 c

c £

" 'S .¡s -M 4^ > Sc ac

c :2 a> w>

3

D, cd •o
•a »^ c :ed M 3 k 3 Js hH 'S 55 " Q> C U «> c S c £

ü 60 O. » S V _3 S S S c g-w c_ " e £ e » S 52 j

0 (L>

73

n

- EM I 1 :!3

n E B £ .ts » «i s

c 3 E E o

X

5 « c

E

3

60

ii

c 3

I

»'S

£B D

O cd 00 c 3 £> a>

fj.UO

•S3 ^ « «

c

tm i c o> 3

o O" ¿t *

s xr

S

fe o .8

g

S 'S •s5 o m 3 E 3

N

W) S 3 ö CL c o o o

•o ^ o

Abb. 8

2

3

S

00

V o. o ^

Klassifizierung von Systemen

O «> &0 [t. 05

J o L i "O S - Aü o "g S -S w

M

B O c JS o

.2 e c 2



«gb

a.

ap

o cu

B Ä b äO > :0 ^ m 6002

ff

I D E » •2 EA » >> e Li« § ü 73

1 1 «

u ^ E E u u t« E« >> to S —(U o •c fe

s

.O •o c^ U e

M

'e 3

i

^O M •ö •e

ai

56

3. Kommunikation und Information

3.5. Kommunikations- und Informationssysteme Der Dualismus der beiden Informationsarten .Daten' und Anweisungen' zeigt sich auf verschiedenen Ebenen der Aggregation dieser Informationen. In Abb. 20 wurde der Aggregationsgrad mit 0. bis 3. Ordnung der Information gekennzeichnet. Eine Anweisung 0. Ordnung ist das Befehlswort, auch kurz Befehl oder Instruktion genannt. Es ist eine alphanumerische Zeichenfolge und gleichzeitig eine eigene semantische Einheit. Seine Grobstruktur zeigt einen Operationsteil, der die auszuführende Operation kennzeichnet, und einen (meist weiter untergliederten) Adreßteil, der die Adresse der zu verarbeitenden Daten angibt. Diese Zweiteilung einer Anweisung mit den Angaben ,was ist zu tun' und ,wo finden sich dazu die Daten' ist außer bei der reinen Computer-Kommunikation auch bei allen betrieblichen Aufträgen anzutreffen. Eine Lösung für eine Teilaufgabe entsteht durch logisches Aneinanderreihen von Anweisungen 0. Ordnung, also von Befehlswörtern. Diese Folge sei als Anweisung 1. Ordnung bezeichnet; in der Computer-Terminologie spricht man von Unterprogrammen. Durch die logische Kopplung von verschiedenen Unterprogrammen zur Lösung einer Aufgabe entsteht ein Programm, eine Anweisung 2. Ordnung. Eine integrierte aufeinander abgestellte Programmbibliothek nennt man Modellbank oder auch Methodenbank. Der Ausdruck Modellbank ist dem Begriff Methodenbank vorzuziehen, da ein Programm als Modell und nicht als Methode anzusprechen ist. Die Beschreibung aller bekannter numerischer Methoden zur Lösung von Integrationsaufgaben wäre beispielsweise als Methodenbank, ihre operationalen input-output-Modelle als Modellbank anzusprechen. Eine Modellbank entspricht in der Hierarchie den Anweisungen der 3. Ordnung. Ähnlich der Anweisungshierarchie läßt sich auch eine Datenhierarchie aufbauen. Ein Datenfeld, auch Datenwort oder kurz Datum genannt, stellt eine Ordnungsoder/und Mengeninformation definierter fester oder variabler Zeichenzahl, d.h. Länge dar. Ein Datenfeld kann beispielsweise die ,Artikel-Nr.' (Ordnungsinformation) oder der ,Artikel-Bestand' (Mengeninformation) sein. Die Ebene der Datenfelder ist die niederste benannte und manipulierbare Ebene der Daten, die 0. Ordnung von Daten. Mehrere sachlich und logisch zusammengehörige Datenfelder werden in einem Datensatz zusammengefaßt. Datensätze sind somit Daten 1. Ordnung. Daten sind demnach superierungsfähig: mit: (Datenfeld) ::= gilt: (Daten) ::=

(Ordnungsinformation) I (Mengeninformation) (Datenfeld) I (Daten) (Datenfeld)

Die Mengen-bzw. Ordnungsinformationen eines Datensatzes bezeichnet Lutz31 als Werte bzw. Ordnungskriterien,Pietzsch 32 spricht von Datenkern bzw. Merkmalen.

3.S. Kommunikations- und Informationssysteme

Beispiel:

57

Lohn-Datensatz, bestehend aus 4 Datenfeldern

Personal-Nr.

Kostenstelle

Auftrags-Nr.

Lohnstunden

Ordnungs-

Ordnungs-

Ordnungs-

Mengen-Information

(Haupt-

Neben-

Neben-Ordnungskriterium)

Werden Datensätze gleichen Aufbaues zusammengefaßt und nach dem Hauptordnungskriterium geordnet (hier: Personal-Nr.), so entsteht eine Datei (file), die als Daten 2. Ordnung zu kennzeichnen wäre. Derartige Dateien sind z. B.: Personaldatei, Kundendatei, Vertreterdatei. Werden Dateien entsprechend den input- bzw. output-Bedürfnissen einzelner Programme errichtet, so entsteht eine additive Datenbasis. Diese Situation ist kennzeichnend für den ComputerEinsatz auf der Stufe der Abrechnungssysteme, gilt aber weitgehend auch bei bandorientierten Dispositionssystemen. Die ablauf- und auswertungsorientierte Aufteilung des gesamten Datenvolumens in weitgehend isolierte Einzeldateien führt dazu, daß z. B. einzelne Stammdaten in mehrere Dateien aufgenommen werden, was Redundanz und unnötigen Speicherbedarf bedeutet. Die modernen Direktzugriffsspeicher (Magnetplatten- und Magnetstreifenspeicher) erlauben es, diese Nachteile zu vermeiden und eine integrierte Datenbasis zu schaffen — eine Datenbank. „Unter einer Datenbank versteht man datentechnisch die Zusammenfassung von verschiedenen Datenbeständen (Dateien) eines abgeschlossenen Organisationsbereiches, und zwar so, daß man ohne systembedingte Behinderung zu jedem gespeicherten Datenelement (Satz, Segment) direkt zugreifen kann und daß man solche Elemente beliebig über Hauptordnungskriterien hinweg, die die Speicherungsform der Bestände festlegen, aus unterschiedlichen Dateien in Verarbeitungsprozessen kombinieren kann" 33 . Von einer Datenbank wird also erwartet: a) daß die Datenbasis nicht additiv, sondern integriert und damit weitgehend ohne Redundanz ist, b) daß sie die Daten eines geschlossenen Oiganisationsbereiches enthält, sei es eine Wirtschaftseinheit (Unternehmung, Verwaltung)^ ein militärischer Bereich (Flugabwehr) oder ein sonstiger abgegrenzter Dokumentarsektor, c) daß ein Direktzugriff auf die Daten möglich ist und damit geeignete Speicher verfügbar sein müssen, 31

Lutz, Th.: Adressketten und Datenbanktechnik, in: Bürotechnik + Automation 9 (1968) 4, S. 178 32

Pietzsch, J.: a.a.O., S. 21

33

Lutz, Th: a.a.O., S. 178

58

3. Kommunikation und Information

d) daß eine Abfrage sich nicht allein am Hauptordnungskriterium, sondern auch querverbindend an Nebenordnungskriterien orientieren kann und damit nicht nur die Grundform der abgespeicherten Daten, sondern vor allem Datenkombinationen bereitgestellt werden können, e) daß derartige Abfragen keine systembedingte Behinderung erfahren, obwohl in der Praxis u. a. des großen Datenvolumens wegen eine Datenbank stets aus mehreren Dateien bestehen wird, f) daß die Programme der Modellbank den Aufbau, die Verwaltung, die Handhabung und Auswertung der Datenbank sicherstellen. Drei Programmarten sind in diesem Zusammenhang zu nennen: 1. Dateiverwaltungsprogramme (data base processors, file management systems, file handlers) zum Aufbau und zur Pflege der Dateien, 2. Zugriffssysteme (Anfrageprogramme, Anfragesprachen, query languages), die jedem legitimierten Benutzer der Datenbank einfach erlernbare und zu handhabende Abfragemodi anbieten, 3. sonstige Anwendungsprogramme zu Abrechnungs-, Auswertungs-, Dispositions- und Planungszwecken. Art und Umfang der Anwendungsprogramme hängt von der Organisationseinheit ab, für die Datenbank und Modellbank errichtet werden (vgl. Kapitel,Systemkonzeption'). Die aufgezeigte Dualität der beiden Informationsarten: Daten und Anweisungen tritt in vielfältiger Form in realen Kommunikationssystemen auf. Ein derartiges Kommunikationsnetz besteht aus einer Vielzahl miteinander verflochtener Kommunikationsketten, deren Aufbau in Abb. 15 angegeben wurde. Die Kommunikationssysteme seien hier entsprechend ihrer Entwicklungsstufe unterteilt in: a) personelle Kommunikationssysteme b) Datenverarbeitungssysteme c) Informationssysteme Diese Einteilung nimmt noch nicht bezug auf einen speziellen Organisationsbereich, etwa die Unternehmung. Personelle Kommunikationssysteme setzen manuelle und teilmechanisierte Verfahren ein. Es treten nur Informationsarten bis einschließlich 2. Ordnung auf — Dateien liegen als Karteien vor, Programme in Form von Arbeitsanweisungen. Datenverarbeitungssysteme verwenden ebenfalls Daten und Anweisungen bis zur 2. Ordnung, allerdings in Verbindung mit einer ADV-Anlage. Im betrieblichen Bereich werden dabei noch zwei Phasen unterschieden, die Abrechnungs- und die Dispositionssysteme. Von einem Informationssystem sollte erst gesprochen werden, wenn Informationen 3. Ordnung eingesetzt werden, d. h. wenn eine Datenbank und eine Modellbank der be-

3.5. Kommunikations- und Informationssysteme

59

schriebenen Art verfügbar sind34. „Das wichtigste Problem von Informationssystemen ist, daß Modell- und Datenbank strukturell und operationell harmonisch aufeinander abgestimmt sind". 35 Die grundsätzliche Struktur eines Informationssystems mit den Subsystemen Datenbank, Modellbank und personelles Kommunikationssystem sowie dem Umsystem .Umwelt' zeigt Abb. 21. Inform ations-Sy stem Auswahlparameter

Datenerfassung

DatenBank

- Daten -

ModellNeue Modelle Bank

Computer ErgebnisDaten

Anweisungen

personelles Kommunikations-System Umwelt Abb. 21

Informationssystem als Kopplung der Subsysteme: Datenbank, Modellbank, Computer und personelles Kommunikationssystem

Auch wenn ein Informationssystem im wesentlichen darauf ausgerichtet ist, Informationen und den Kommunikationsprozeß zu verbessern, so liegt ihm doch das Primärziel der Entscheidungsoptimierung zugrunde. Denn bessere Informationen ermöglichen bessere Entscheidungen, die wiederum Voraussetzungen für höhere betriebliche Leistungen sind. Zweifach beeinflußt ein Informationssystem die Entscheidungen der Benutzer: durch seine Dokumentationsfunktion und seine Steuerungsfunktion. Die Dokumentationsfunktion dient durch Bereitstellung adäquaten Datenmaterials aus der Datenbank der Entscheidungsvorbereitung. Die Steuerungsfunktion kennzeichnet die Möglichkeit, mit Hilfe von Planungs- und Entscheidungsmodellen der Modellbank Dispositionen zu optimieren und zum Teil zu automatisieren. Welche der beiden Funktionen in einem Informationssystem dominiert, ist abhängig von dem konkreten Organisationsbereich. vgl. dazu auch: Ackhoff, R.L.: a.a.O., S. 4 Will, J.; a.a.O., S. 668

60

3. Kommunikation und Information

Vorwiegend dokumentierende Informationssysteme, oder kurz: Dokumentationssysteme, sind beispielsweise: Juristische Informationssysteme Informations- und Dokumentationszentrum von Presse und Rundfunk Straßendatenbank Informationssystem des Patentamtes Informationssystem der Kriminalämter Werkstoffdatenbank sozialwissenschaftliche Datenbank an US-Hochschulen Folgende Informationssysteme besitzen beide Funktionen etwa gleichgewichtig: Diagnostik-Informationssysteme36 Informationssysteme für Hochschulen37 Reservierungssysteme für Luftfahrtgesellschaften — wie das System SABRE der American Airlines Uberwiegend Steuerungsfunktionen besitzen: das militärische Abwehrsystem NORAD (North American Defence Command) das System ADA (Automatic Data Acquisition) von Lockheed. Von besonderer Bedeutung für den Einsatz von Daten- und Modellbanken ist der Organisationsbereich »Unternehmung' — man spricht in diesem Fall von betrieblichen Informationssystemen (MIS).

36

Dworatschek, S.: a.a.O., S. 352ff vgl. etwa: Mundhenke, E. (et. al.): Aufbau eines Informationssystems für Hochschulen, in: ZfD 8 (1970) 3, S. 172-177 37

4. Management-Informations-System

Ein Management-Informations-System zu konzipieren, erfordert die Ausrichtung eines Informationssystems der beschriebenen allgemeinen Art an den speziellen Belangen des Managements. Eine Klärung des Begriffs Management wird damit zur Voraussetzung für die anschließende Abgrenzung der Merkmale eines MIS.

4.1. Das Management Der Gebrauch der Bezeichnung .Manager' weist auf eine Wandlung in der Vorstellung vom Unternehmer hin. Die Führungsaspekte dominieren in den letzten Jahren über die Funktionen des Kapitalgebers und des Risikoträgers. Eine mit historischen Reminiszenzen beladene Übersetzung, etwa mit .Unternehmensleiter' wird deshalb meist vermieden. Jedoch selbst die Verwendung des Begriffs .Management' sichert nicht einheitliche Interpretation: "It may be surprising that there is no common agreement about what a manager is or how he is to act" 1 . Drei Bedeutungen können in der Anwendung des Begriffs .Management' festgestellt werden: a) ein bestimmter Personenkreis (institutionelle Deutung) b) die von diesem Personenkreis ausgeübten Tätigkeiten (funktionelle Deutung) c) ein wissenschaftliches Fachgebiet, synonym zu Business Administration (disziplinäre Deutung) zua) Eine enge Abgrenzung des Personenkreises bezieht nur die obersten Führungskräfte einer Unternehmung mit ein. Eine weite, heute schon gängigere Deutung bezeichnet Führungskräfte aller Ebenen - auch nichtbetrieblicher Organisationen (Militär, Religion, Gewerkschaften) - als Manager. In dieser Arbeit interessieren primär betriebliche Führungskräfte, wobei eine weitverbreitete Einteilung in drei Management-Ebenen2 und eine Ausführungsebene zugrundegelegt werden soll: Top Management Middle Management Lower Management (auch Operating Management) und: Ausführungsebene 1

Vardaman, G. TJ Halterman, C. C.: Managerial Control through Communication, N. Y./London 1968, S. 10 2 Packard, V.: Die Pyramiden-Kletterer, Dssd. 1963, S. 34; Li, D. H.: Accounting, Computers, Management Information Systems, N. Y./London 1968, S. 214; Sanders, D.H.: Computers in Business, N.Y./ London 1968, S. 328

62

4. Management-Informationssystem

sonstige Kennzeichnung

/Top- 1 /—V

/

•S

// /

/

\

/ Lower1 / Management 1

/ Ausführungsebene 1

Beispiele

SpitzenManagement

President Geschäftspolitik Vice-President bestimmen Division-Man. (strategische Planung) (Staff)

Verwaltungs(Bereichs-) Management

Geschäftspolitik ausfuhren Section Man. (dispositive Depart Man. Planung und Kontrolle)

1

I \ 2« t E / 1 1 / Middle- 1 3 /

Schwerpunkte

1 | Vorstand . Geschäftsführer ' Hauptabteilungs| leiter | (Zentralstab) 1 ' Betriebsleiter | Ressortchef Abteilungsleiter | Gruppenleiter

1 Personal Betrieb sanweisen chief clerk 'werkstattmeister (operationelles) (Durchführungs- supervisor 'Partieführer Management planung und (general) foreman | Vorarbeiter Steuerung) 1 ausführendes Personal

Ausführung

manpower

1 [Angestellte

Produktionsprozeß

Abb. 22 Management-Ebenen

Eine operable Abgrenzung des nach oben und unten kritischen Bereichs Middle Management konnte noch nicht gefunden werden. Aufgabenschwerpunkte können j e d o c h den drei Management-Ebenen zugeordnet werden (vgl. Abb. 2 2 ) . Es seien zwei Beispiele angegeben: Baumüller3 zählt bei einer Studie über die Kommunikationsbeziehungen in einem Industriekonzern mit ca. 1 3 0 0 0 Beschäftigten die Bereichsleiter (gleichzeitig Vorstandsebene) sowie die Haupt-, Zentral- und Stabsabteilungsleiter zur .oberen Führungsorganisation' — insgesamt 2 4 Personen. Bei einem Unternehmen der Petrochemie mit ca. 8 0 0 0 Beschäftigten arbeitet das Top Management — 7 Vorstandsbereiche mit durchschnittlich 4 Unterbereichen — in einem sog. operating committee zusammen. 3 Baumüller, KL: Kommunikation in der Führungsorganisation, Schriftenreihe der Forschungsstelle für Betriebswirtschaft und Sozialpraxis, München 1968, S. 14 f 4 Sanders, D. H.: a.a.O., S. 239; vgl. auch: Myers, Ch. (Hrsg.): The Impact of Computers on Management, Cambridge/Mass./London 1967, S. 167

4.1. Das Management

63

zu b) Die Funktion des Managers wird häufig kurz umschrieben als "the process of achieving organizational objectives through the efforts of other people" 4 . Die Tätigkeit des Managers ist kein Einzelakt, sondern ein Prozeß, der sich an (ggf. selbst) gesetzten Zielen orientiert und koordinierende und kooperierende Handlungen umschließt. Drei sich wiederholende Phasen kennzeichnen diesen Managementprozeß: 1. Planung 2. Realisation 3. Kontrolle Die betriebliche Planung bedeutet die gedankliche Vorwegnahme des zukünftigen ökonomischen Handelns. Der zukünftige Verlauf der Aktionen wird heute schon geistig .simuliert', um die Unsicherheit zu verringern und Orientierungsdaten zu setzen. Planen heißt: heute schon das optimale Verhalten für die Zukunft zu suchen. Die Manager-Funktion der Planung setzt sich aus einer Vielzahl von Einzelfunktionen zusammen 5 , von denen die wichtigsten hier angeführt seien: a) b) c) d) e) f) g) h)

Prognosen beschaffen und prüfen Unternehmensziele entwickeln, formulieren und bekanntgeben Strategien entwickeln interne und externe Möglichkeiten analysieren mittel- und kurzfristige Unterziele erarbeiten ein Aktionsprogramm (Planhierarchie) erstellen Budgets ableiten Planrevisionen vornehmen

Die Erarbeitung neuer Unternehmensziele setzt die Kenntnis der derzeitigen Lage und der zukünftigen Entwicklung, also Prognosen voraus. Sind die Ziele festgesetzt, so muß ein Handlungsrahmen, eine Strategie über das grundsätzliche ,Wie und Wann' der Ziele entwickelt werden. Die inneren und äußeren Möglichkeiten eines Betriebes bedeuten Restriktionen und Chancen bei der Umsetzung der Strategie in Handlungen. Sie werden analysiert und zwingen zum Aufspalten der meist langfristigen obersten Unternehmensziele, die nach Leistungsart sowie zeitlichen und finanziellen Vorstellungen zu konkretisieren sind. Auf der Basis dieser Unterziele wird ein Aktionsprogramm, eine Planhierarchie entwickelt. Dieses Programm umfaßt Gesamt- und Einzelpläne in ihren gegenseitigen Abhängigkeiten und zugehörigen Prioritäten zur Festlegung von Rangfolgen. Die Pläne fixieren die anzuwendenden Arbeitsmethoden und vor allem die Leistungs-, Finanz- und Informationsflüsse nach Zeit und Umfang. Den Kern des Plans 5 vgl. etwa: Mackenzie, R.A.: The management process in 3-D, in: Harvard Business Review 47 (1969) 6, S. 8 0 - 8 7 ; Sanders, D.H.: a.a.O. S. 240: Hesse, P.J.: Das Funktionsbild des Managers, in: Plus 3 (1969) 7, S. 15 f

64

4. Management-Informationssystem

bildet das Budget, das zur Ermittlung des Kapital- und Geldbedarfs dient. Die Planerstellung erfolgt aufgrund unternehmerischer Erfahrungen, qualitativer Modelle ader heute immer mehr mit Hilfe mathematischer Methoden. Die Errichtung des betrieblichen Zielsystems wird gelegentlich von der Maßnahmenplanung isoliert und den drei Phasen: Planung, Realisation und Kontrolle gleichberechtigt vorangestellt. Da eine Isolierung jedoch in der Praxis kaum sinnvoll und durchführbar ist, wird die in der Literatur vorherrschende Meinung hier beibehalten. Sie lautet: „Aufgabe der betrieblichen Planung ist die Festlegung der betrieblichen Ziele sowie die geistige Antizipation von Aktivitäten, die zur Erreichung dieser Ziele notwendig sind"6. Die Unsicherheit der Informationen, die der Planung zugrundeliegen, zwingen zur mehr oder weniger starken Einengung des Planungshorizontes. Sukzessives Neuplanen und auch Planrevisionen werden erforderlich — bedingt durch die Abweichungen der vorausgesetzten Plandaten von den tatsächlich auftretenden Istdaten. Die Ermittlung dieser Abweichung von Plandaten und realisierten Werten wird als Kontrolle bezeichnet. Der amerikanische Ausdruck 'control' geht über den reinen Soll-/Ist-Vergleich hinaus. Er umschließt die vorgeschalteten Teilaufgaben: Standards setzen, Vorschriften für Messung und Bericht der Istwerte sowie die nachgeschaltete Funktion geeignete Planrevision' und sogar disziplinäre Maßnahmen (Belohnung etc.). Eine weite Deutung des Begriffs .Kontrolle' erscheint sinnvoll, was in gewissem Sinne auch durch die zunehmende erfolgreiche Einrichtung von sog. ControllerPositionen auch in europäischen Unternehmen bestätigt wird. Zwischen Planung und Kontrolle liegt die Phase der Realisation (execution). .Realisation' als Funktion des Managers bedeutet nun natürlich nicht dessen physischen Eingriff in den materiell-energetischen Produktionsprozeß, vielmehr die informationelle, dispositive Steuerung der Handlungen auf der meist nächstniedrigeren Organisationsebene. Diese Steuerungsfunktion bildet den Kern des ,dispositiven Faktors' und enthält neben der rationalen Schicht auch irrationale Elemente. Die Phase .Realisation' umfaßt nämlich die Teilfunktionen .Organisieren' und .Führen'. Planen und Organisieren sind eng miteinander verbunden. „Ohne Planung fehlt aller organisatorischen Tätigkeit der sinnvolle Bezug, und ohne organisatorische Realisierungsmöglichkeiten bleibt das Geplante Konzeption" 7 . 6

Grochla, E.: Organisation der Planung, HWdO, S. 1306

7

Gutenberg, E.: a.a.O., S. 147 Arndt, H. J./Fassbender, S./Hellwig, H.: Weiterbildung wirtschaftlicher Führungskräfte

8

an der Universität Dssd./Wien, 1968, S. 24; Rowe, A. J.: Management Decision Making and the Computer, in: Management International, S. 13, (1962) 2\Hellfors, S.: ManagementDatenverarbeitung-OR, München/Wien 1967, S. 15

4.1. Das Management

65

Die Manager-Funktion des Organisierens umfaßt Aufgaben wie: a) Organisationsstruktur errichten (Organisationsplan) b) Stellenbeschreibungen (Bereich, Verantwortung, Autorität, Qualifikationsanforderungen) vornehmen und bekanntgeben c) informationelle und disziplinare Beziehungen fixieren d) Abweichung der formalen und der informalen Beziehungen analysieren e) Aggregierte Teilaufgaben geeigneten Stellen zuordnen f) Arbeitsabläufe standardisieren Die Aufgabe ,Organisieren' wird von den verschiedenen Autoren einheitlich neben Planung und Kontrolle genannt. Die zweite Aufgabe der Manager-Funktion .Realisation', nämlich das .Führen', wird dagegen entweder überhaupt nicht erwähnt oder häufiger mit Teilaufgaben des Führens wie Koordination, gleichgesetzt8. In dem hier benützten Sinne umfaßt .Führen' nicht auch die Funktionen Planung und Kontrolle, wie es etwa im Sinne eines Führungsstils verstanden wird. Der Manager jeglicher Ebene bedarf der Unterstützung von Mitarbeitern zur Durchführung der organisatorischen Maßnahmen, die für die Erfüllung der Pläne erforderlich sind. Geeignetes Personal muß ausgewählt, eingewiesen und zur möglichst optimalen Planerfüllung stimuliert werden. Teilaufgaben des Führens sind u. a. 9 : a) b) c) d) e) f) g) h)

geeignete Personalauswahl Einweisen in Aufgabenbereich Ausbildung (insbesondere Aufstiegsvorbereitung) Delegieren (von Aufgaben und Kompetenzen, nicht jedoch von Kontrolle) Motivieren Koordinieren Konflikte lösen Innovationen stimulieren

Durch Organisieren wird die Systemgestaltung, durch Führen die Systembeherrschung angestrebt - beide im Hinblick auf die Erfüllung der Ziele bzw. Pläne. Die drei Phasen: Planung, Kontrolle und Realisation mit den beiden Teilfunktionen Organisieren und Führen bilden den Grundzyklus der Manager-Funktion. Derartig gebildete Regelkreise koppeln durch informationelle Beziehungen die drei Managementebenen, die ausführende Ebene und den eigentlichen Produktionsprozeß (vgl. Abb. 23). 9 vgl. etwa: Mackenzie, R.A.: a.a.O., Vardaman, G.T./Halterman, C.C.: Managerial Control through Communication: N.Y./London 1968, S. 10

5 Dworatschek, MIS

66

4. Management-Informationssystem

TopManagement

Middle Management

Lower Management

Ausf.

Prod. Prozeß

,0




e

c o t* G O o S o a> O N

5 •e CD ? ?