Mamlukica: Studies on the History and Society of the Mamluk Period / Studien zu Geschichte und Gesellschaft der Mamlukenzeit 9783737001113, 9783847101116, 9783847001119


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Mamlukica: Studies on the History and Society of the Mamluk Period / Studien zu Geschichte und Gesellschaft der Mamlukenzeit
 9783737001113, 9783847101116, 9783847001119

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Mamluk Studies

Volume 4

Edited by Stephan Conermann

Editorial Board: Thomas Bauer (Münster, Germany), Albrecht Fuess (Marburg, Germany), Thomas Herzog (Bern, Switzerland), Konrad Hirschler (London, Great Britain), Anna Paulina Lewicka (Warsaw, Poland), Linda Northrup (Toronto, Canada), Jo van Steenbergen (Gent, Belgium)

Stephan Conermann

Mamlukica Studies on the History and Society during the Mamluk Era / Studien zu Geschichte und Gesellschaft der Mamlukenzeit

With 17 figures

V& R unipress Bonn University Press

Bibliographic information published by the Deutsche Nationalbibliothek The Deutsche Nationalbibliothek lists this publication in the Deutsche Nationalbibliografie; detailed bibliographic data are available on the Internet at http://dnb.d-nb.de. ISBN 978-3-8471-0111-6 ISBN 978-3-8470-0111-9 (E-Book) Publications of Bonn University Press are published by V& R unipress GmbH. Ó Copyright 2013 by V& R unipress GmbH, D-37079 Goettingen All rights reserved, including those of translation into foreign languages. No part of this work may be reproduced or utilized in any form or by any means, electronic or mechanical, including photocopying, microfilm and recording, or by any information storage and retrieval system, without permission in writing from the publisher. Printed in Germany. Printing and binding: CPI Buch Bücher.de GmbH, Birkach

Inhalt

Forschungsstand Es boomt! Die Mamlukenforschung (1992 – 2002) . . . . . . . . . . . . .

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Dokumente Awla¯d al-Na¯s as Founders of Pious Endowments: The Waqfı¯yah of Yahy‚ ibn Tu¯gha¯n al-Hasanı¯ of the Year 870/1465 . . . . . . . . . . . . . ˙ ˙ ˙ Anmerkungen zu einer mamlukischen waqf-Urkunde aus dem 9./15. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Historiographische Gattungen – Narratologische Fragestellungen Ibn Ag˘a¯s (st. 881/1476) „Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯“ – Biographie, ˙ ˙ ˘ Autobiographie, Tagebuch oder Chronik? . . . . . . . . . . . . . . . . . Ibn Tu¯lu¯n (d. 955/1548): Life and Works . . . . . . . . . . . . . . . . . . ˙

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Some Remarks on Ibn Tawq’s (d. 915/1509) Journal Al-Ta lı¯q, vol. 1 ˙ (885/1480 to 890/1485) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Tankiz ibn Abd Alla¯h al-Husa¯mı¯ al-Na¯sirı¯ (d. 740/1340) as Seen by His ˙ ˙ Contemporary al-Safadı¯ (d. 764/1363) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ˙

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Inhalt

Kulturwissenschaftliche Fragen Lebensspender, Stätte der Erinnerung, Gedächtnisort: Der Nil während der Mamlukenzeit (1250 – 1517) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

275

Volk, Ethnie oder Stamm? Die Kurden aus mamlukischer Sicht . . . . .

317

Liebe im mittelalterlichen Islam – „romantisch“, intellektuell oder heilig? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

359

Herrscherwechsel als höfische Machtprobe. Das Beispiel der Mamluken in Ägypten und Syrien (1250 – 1517) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

377

Normative Diskurse Muhammad zu Pferde im Kampf: Ein Beispiel für das Genre der ˙ Furu¯siyya an-nabawiyya während der Mamlukenzeit (1250 – 1517) . . .

413

Reinheitsvorstellungen im Islam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Forschungsstand

*

Es boomt! Die Mamlukenforschung (1992 – 2002)

Vor sieben Jahren (1995) zog Ulrich Haarmann eine kurze Bilanz der westlichen Mamlukenforschung:1 Erst spät habe man sich dieser Epoche, die letzten Endes – in ihrer neo-mamlukischen Ausprägung – bis in das 19. Jahrhundert hineinreiche, zugewandt. Zu stark sei das Konstrukt einer ,klassischen‘ Abbasidenzeit gewesen, als dass man sich ernsthaft mit der auf diese vermeintliche Blüte islamischer Kultur folgenden ,Stagnationszeit‘ hätte beschäftigen wollen. Tendenzverstärkend sei hinzugekommen, dass spätestens seit dem Beginn des 20. christlichen Säkulums auch im kollektiven Bewusstsein der Ägypter das eigene ,Mittelalter‘ überaus negativ besetzt war. Umso erfreulicher müsse daher die Tatsache bewertet werden, dass in Europa, Amerika und Israel seit den 1950er Jahren eine zunehmend größer werdende Zahl von Wissenschaftlern begonnen habe, sich historisch-kritisch mit den Mamluken und ihrer Kultur auseinanderzusetzen. Im weiteren Verlauf seines Artikels gibt Haarmann einen knappen Überblick über den Forschungsstand (Dokumente, narrative Quellen, Studien), den er mit zahlreichen Informationen zu einzelnen Forschern und Forschungseinrichtungen anreichert.2 Konnten somit bereits Mitte der 1990er Jahre bedeutende Fortschritte bezüglich der Erforschung der Mamlukenzeit festgestellt werden3, so ist der bis heute (2002) zu verzeichnende Ertrag der Mamlukologen überaus bemerkenswert. Die an der University of Chicago erstellte und kontinuierlich auf den

* Erstpublikation in: Conermann, S./Pistor-Hatam, A. (Hg.), Studien zur Geschichte und Kultur der Mamlu¯kenzeit. Zum Gedenken an Ulrich Haarmann (1942 – 1999). Schenefeld: EB-Verlag 2003 [= Asien und Afrika. Beiträge des ,Zentrums für Asiatische und Afrikanische Studien‘ (ZAAS) der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Bd. 7], S. 1 – 70. 1 Haarmann, U., Mamluk Studies: A Western Perspective, in: Arab Journal for the Humanities 51 (1995), S. 329 – 347. 2 Einen etwas uninspirierten Überblick gibt auch Irwin, R., „Under Western Eyes: A History of Mamluk Studies“, in: Mamluk Studies Review 4 (2000), S. 27 – 51. 3 Eine umfassende Bibliographie ist Meloy, J. L. (Hg.), Mamluk Studies: A Bibliography. Chicago 1995.

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Es boomt! Die Mamlukenforschung (1992 – 2002)

neuesten Stand gebrachte on-line-bibliography4 bietet derweil über 10.000 Einträge, wobei die Autoren zugeben, daß ihre Datensammlung trotz großer Anstrengungen keinen Anspruch auf Vollständikeit für sich reklamieren kann. Gleichermaßen hilfreich und wegweisend wie diese elektronische Bibliographie ist die Etablierung einer eigenen mamlukologischen Zeitschrift im Jahre 1996. Die ebenfalls in Chicago angesiedelte Mamluk Studies Review geht mittlerweile in ihr siebtes Erscheinungsjahr [neuester Band: 8 (2003)5]. Sie bietet der Zunft die Möglichkeit des geistigen Austausches und repräsentiert den derzeitigen hohen Stand der Mamlukenforschung. Die intensive Lektüre der bisher publizierten Jahrgänge dieses Fachorgans – und ganz besonders deren Rezensionsteile6 – bildet daher auch die Grundlage meines folgenden Forschungsüberblickes. Angesichts der ausufernden Publikationstätigkeit der Mamlukenforscher halte ich es für sinnvoll, vor allem den nicht zu den Spezialisten zählenden Orientalisten – aber auch allen anderen Interessierten – eine tour d’horizon über die während der letzten zehn Jahre (1992 – 2002) erschienenen Forschungsbeiträge zu geben. Es ist allerdings nicht meine Absicht, jede zu dem hier interessierenden Thema publizierte Arbeit zu resümieren. Vielmehr sollen die m. E. wichtigsten Ergebnisse in repräsentativen Forschungsbereichen vorgestellt und auf aktuelle Fragestellungen hingewiesen werden. Auf diese Weise ist es auch möglich, die in diesem Sammelband vereinigten – inhaltlich und von ihrem methodischen Zugang her recht disparaten – Beiträge deutscher Mamlukologen in einen Gesamtzusammenhang einzuordnen.

Arabischsprachige Forschung Ein auffälliges Problem der Mamlukenforschung – und damit pars pro toto überhaupt der globalen Orientalistik – ist die überaus bescheidene Qualität der arabischen Sekundärliteratur. An anderer Stelle habe ich auf diesen bedauerlichen Umstand bereits aufmerksam gemacht.7 Letztlich sind die Gründe hierfür in den schlechten einheimischen Bildungssystemen zu suchen, die den muslimischen Studierenden das Tor zu eigenständiger kritischer Wissenschaft nur selten öffnen. Die Bedingungen für Doktoranden, aber auch für arrivierte Wissenschaftler sind oftmals sehr eingeschränkt. Man hat keinen Zugang zu

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4 http://www.lib.uchicago.edu/e/su/mideast/MamBib.html 5 Im Jahr 2003 werden voraussichtlich zwei Bände der Zeitschrift erscheinen. 6 An vielen Stellen habe ich mir nach eigener Lektüre der jeweils besprochenen Bücher erlaubt, die Meinung der Rezensenten wiederzugeben. 7 Conermann, S., Besprechung von N. Mahmu¯d Mustafa¯ : „Al- Asr al-mamlu¯kı¯ – min tasfiyat al˙ Kairo ˙ ˙ at-ta¯nı¯ya,˙ 642 – 923/1258 – 1517“. wugˇu¯d as-salı¯bı¯ ila¯ l-bida¯yat al-hagˇma˙ al-u¯ru¯bı¯ya ¯¯ ˙ ˙ 1996, in: Mamlu¯k Studies Review 4 (2000), S. 257 – 260.

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Arabischsprachige Forschung

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westlicher Forschung und den dort vorherrschenden Interpretationsmodellen. Dadurch wird es zunehmend schwieriger, die internationalen – eben westlichen – wissenschaftlichen Standards zu erfüllen. So ist es dann auch nicht verwunderlich, dass die Rezensenten in der Mamluk Studies Review, in deren Besprechungsteil der Anteil der rezensierten arabischsprachigen Werke überdurchschnittlich hoch ist, bei folgenden (nach dem Jahr der Herausgabe geordneten) Arbeiten zum Teil erhebliche Mängel festgestellt haben: – Haya¯t Na¯sir al-Hagˇgˇ¯ı, Suwar mina l-hada¯ra al- arabı¯ya al-isla¯mı¯ya fı¯ Saltanat ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ al-Mama¯lı¯k. Kairo 1992. – Dayf Alla¯h b. Yahya¯ az-Zahra¯nı¯, Zayf an-nuqu¯d al-isla¯mı¯ya: min sadr al-isla¯m ˙ ˙ ˙ hatta¯ niha¯yat al- asr al-mamlu¯kı¯. Mekka 1993. ˙ ˙ – Hammu¯d b. Muhammad b. Alı¯ an-Nagˇ¯ıdı¯, an-Niza¯m an-naqadı¯ al-Mamlu¯kı¯, ˙ ˙ ˙ 648 – 922 H./1250 – 1517 M.: Dira¯sa ta’rı¯h¯ıya hada¯rı¯ya. Alexandria 1993. ˙ ˙ ˘ – Muhammad Hamza Isma¯ ¯ıl al-Hadda¯d, as-Sulta¯n al-Mansu¯r Qala¯wu¯n: Ta’rı¯h ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ ˘ ahwa¯l Misr fı¯ ahdihı¯, munsˇa’atuhu¯ al-mi ma¯rı¯ya. Kairo 1993. ˙ ˙ – Alı¯ as-Sayyid Alı¯: al-Haya¯t at-taqa¯fı¯ya fı¯’l-Madı¯na al-munawwara: asr as¯¯ ˙ ˙ Sala¯t¯ın al-Mamlu¯kı¯ 642 – 923 H. Kairo 1994. ˙ – Sa¯’ib Abd al-Hamı¯d, Ibn Taymı¯ya: Haya¯tuhu¯ wa- aqa¯’iduhu¯. Beirut 1994. ˙ ˙ ˙ ˙ azal fı¯’l- asr al-Mamlu ¯ kı¯ al-awwal. Damaskus 1994. – Magˇd al-Afandı¯, al-G ¯ fa¯q asˇ-sˇi r al-˙arabı¯ fı¯’l asr al-Mamlu¯kı¯. Tripoli 1995. – Ya¯sı¯n al-Ayyu¯bı¯, A ˙ – Haya¯t Na¯sir al-Hagˇgˇ¯ı, Anma¯t mina l-haya¯t as-siya¯sı¯ya wal-iqtisa¯dı¯ya wal˙ ˙ ˙ ˙ ˙ iltima¯ ¯ıya fı¯ Saltanat al-Mama¯lı¯k fı¯‘l-qarnayn at-ta¯min wat-ta¯si . Kuwait 1995. ¯ ¯ ˙ ˇ iha¯d al-isla¯mı¯ didda s-Salı¯bı¯yı¯n wal¯ ˇsu¯r, al-G – Fa¯yid Hamma¯d Muhammad A ˙ ˙ ˙ ˙˙ Mug˙u¯l fı¯’l asr al-Mamlu¯kı¯. Tripoli 1995. ˙ – N. Mahmu¯d Mustafa¯, al- As¸r al-Mamlu¯kı¯ – Min Tasfiyat al-wugˇu¯d as-salı¯bı¯ ila¯ ˙ ˙˙ ˙ ˙˙ bida¯yat al-hagˇma al-u¯ru¯bı¯ya at-ta¯nı¯ya, 642 – 923/1258 – 1517. Kairo 1996. ¯¯ – Abd Alla¯h b. Rasˇ¯ıd b. Muhammad al-Hawsˇa¯nı¯: Minha¯gˇ ˇsayh al-isla¯m Ibn ˙ ˙ ˘ Taymı¯ya fı¯ da wa ila¯ Alla¯h ta a¯la¯. 2 Bde. Riyad 1996. – Sala¯h ad-Dı¯n Muhammad Nawwa¯r, at-Tawa¯’if al-mug˙u¯lı¯ya fı¯ Misr wa-ta’˙ ˙ ˙ ˙˙ ˙ t¯ıra¯tuha¯ al- askarı¯ya was-siya¯sı¯ya wal-igˇtima¯ ¯ıya wal-lug˙awı¯ya wal- umra¯nı¯ya ¯ fı¯ asr dawlat al-Mama¯lı¯k al-Bahrı¯ya (658 – 783 H./1260 – 1382 M.). Alexandria ˙ ˙ 1996. – Husnı¯ Muhammad Nuwaysir, al- Ima¯ra al-isla¯mı¯ya fı¯ Misr : Asr al-Ayyu¯bı¯yı¯n ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ wal-Mama¯lı¯k. Kairo 1996. – Mahmu¯d as-Sayyid, Ta’rı¯h arab asˇ-Sˇa¯m fı¯’l- asr al-Mamlu¯kı¯. Alexandria 1997. ˙ ˙ ˘ – Bayyu¯mı¯ Isma¯ ¯ıl asˇ-Sˇirbı¯nı¯, Musa¯darat al-amla¯k fı¯’d-dawla al-isla¯mı¯ya ( asr ˙ ˙ al-Mama¯lı¯k) Kairo 1997. – õsim Muhammad Rizq, Ha¯nqa¯wa¯t as-su¯fı¯ya fı¯ Misr. Vol. 1: Fı¯ l- asrayn al˙ ˙˙ ˙ ˙ ˘ Ayyu¯bı¯ wal-Mamlu¯kı¯. Kairo 1997. – Subh¯ı Abd al-Mun im Muhammad, Taqı¯ ad-Dı¯n al-Fa¯sı¯: Ra¯’id al-mu’arrih¯ın ˙ ˙ ˙ ˘ al-Higˇa¯zı¯yı¯n (632 – 775H./1379 – 1429 M.). Kairo 1997. ˙ ˘

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Es boomt! Die Mamlukenforschung (1992 – 2002)

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– Haya¯t Na¯sir al-Hagˇgˇ¯ı, as-Sulta wal-mugˇtama fı¯ saltanat al-Mama¯lik: Fatrat ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ hukm as-sala¯t¯ın al-Mama¯lı¯k al-Bahrı¯ya min sanat 661 H./1262 M. ila¯ sanat ˙ ˙ ˙ 784 H./1382 M. Kuweit 1997. – Qa¯sim Abduh Qa¯sim, Asr Sala¯t¯ın al-Mama¯lı¯k: at-Ta’rı¯h as-siya¯sı¯ wal-igˇtima¯ ¯ı. ˙ ˙ ˘ Kairo 1998. ˇ a¯lu¯t. – Ders., as-Sulta¯n al-Muzaffar Sayf ad-Dı¯n Qutuz – batal ma rakat Ayn G ˙ ˙ ˙ ˙ Damaskus 1998. – Muhammad at-Tungˇ¯ı, Bila¯d asˇ-Sˇa¯m ibba¯na l-g˙azw al-mag˙u¯lı¯. Beirut 1998. ˙ – Sulayma¯n al-Madanı¯, Tı¯mu¯rlank fı¯ Dimasˇq. Damaskus 2000. ˘

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Natürlich gibt es auch sehr gute wissenschaftliche Bücher arabischer Kollegen, doch veranlasst mich diese frappierende Indizienlage, im Folgenden nur selten auf arabische Forschungsbeiträge zu verweisen. Erwähnung finden in erster Linie mikrogeschichtliche Ansätze und eine Reihe von Editionen. Aber auch hier muss man aufpassen: So basiert beispielsweise Mohammed Menasris Ausgabe von dem hanafitischen Oberkadi Nagˇm ad-Dı¯n at-Tarsu¯sı¯ (st. 758/1357) für al˙ ˙ ˙ Malik an-Na¯sir Hasan (reg. 748 – 752/1347 – 1351; 755 – 762/1354 – 1361) ausge˙ ˙ arbeiteten Fürstenspiegel Kita¯b Tuhfat at-turk8 allein auf zwei Pariser Hand˙ schriften und ignoriert völlig die von Ridwa¯n as-Sayyid auf der Grundlage von in ˙ Berlin, in der Umayyadenmoschee und in Medina befindlichen Manuskripten angefertigte Veröffentlichung desselben Textes (Beirut 1992). Oder man stellt beispielsweise fest, dass die vo Abu¯ Abd ar-Rahma¯n Sa ¯ıd Ma sˇasˇa publizierte ˙ Biographie Ibn Taymı¯yas (st. 728/1328) aus der Feder Ibn Hagˇar al- Asqala¯nı¯s ˙ (st. 852/1449)9 nichts weiter beinhaltet als einen wortwörtlich übernommenen Auszug aus Ibn Hagˇars bekannter Vitensammlung ad-Durar al-ka¯mina fı¯ a yan ˙ al-mi a at-ta¯mina (4 Bde. Hyderabad 1929 – 31). Als klarer Fall von Etiketten¯¯ schwindel erwies sich genauso eine neue Veröffentlichung von Ibn Tu¯lu¯ns ˙ (st. 955/1548) wichtiger Chronik Mufa¯kahat al-hilla¯n fı¯ hawa¯dit az-zama¯n.10 ¯ ˙ ˘ Der Herausgeber, Sala¯h ad-Dı¯n Halı¯l asˇ-Sˇayba¯nı¯ al-Mawsilı¯, hat einfach die ˙ ˙ ˙ ˘ vorbildliche zweibändige Edition des Tübinger Unikats [MS No. MA VI,7] von Muhammed Musttafa¯ (Kairo 1962 – 4) reproduziert. Allein der mehr als dürftige ˙ ˙˙ Anmerkungsapparat stammt aus der Feder des Editors.11 Merkwürdig ist ˘

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8 Nagˇm ad-Dı¯n at-Tarsu¯sı¯, Kita¯b Tuhfat at-turk. Oeuvre de combat hanafite — Damas au XIVe ˙ ˙ siÀcle. Hg. und ˙übers. von Mohammed Menasri. Damaskus 1997. ˇ ˇ ˇ 9 Ibn Hagar al- Asqala¯nı¯, Targamat Sayh al-Isla¯m Ibn Taymı¯ya. Hg. von Abu¯ Abd ar-Rahma¯n ˙ ˘ Sa ¯ıd˙Ma sˇasˇa. Beirut 1998. ˇ 10 Ibn Tu¯lu¯n, Mufa¯kahat al-hilla¯n fı¯ hawa¯dit az-Zama¯n. Hg. von Sala¯h ad-Dı¯n Halı¯l as-Sˇay¯ ˙ ˙ ˙ ˘ ˘ ba¯nı¯˙al-Mawsilı¯. Beirut 1998. ˙ ist Ahmad b. Munla¯/Ibn Tu¯lu¯n, Mut at al-adha¯n min at-tamattu bil-aqra¯n 11 Sehr viel besser ˙¯ h wal-aqra¯n. 2 Bde.˙ Hg. ebenfalls von¯ Sala¯h ad-Dı¯n Halı¯l asˇ-Sˇayba¯nı¯ bayna tara¯gˇim asˇ-sˇuyu ˙ˇ-Sˇayba¯nı¯˘kopiert Ahmad ˙ ¯l as al-Mawsilı¯. Beirut 1999.˘In ähnliches Weise wie Sala¯h ad-Dı¯n Halı ˙ ˙ ˙ ˘ Farı¯d al-Mazı¯dı¯ in seiner Edition von Ibn Hagˇar al- Asqala¯nı¯s Dayl Durar al-ka¯mina fı¯ ˙a yan ¯ ˙ ˘

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Historiographie

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schließlich auch die von Adna¯n Darwı¯sˇ und Muhammad al-Misrı¯ vorgelegte ˙ ˙ Ausgabe der von al-Maqrı¯zı¯ (st. 845/1442) als Begleitbuch zu seinen berühmten Hitat in der Tradition von as-Safadı¯s (st. 764/1363) A ya¯n al- asr wa-a wa¯n an˙ ˙ ˙ ˘ ˙ ˙12 nasr konzipierten Durar al- uqu¯d al-farı¯da fı¯ tara¯gˇ im al-a ya¯n al-mufı¯da.13 Die ˙ Herausgeber präsentieren uns einen auf der Basis eines Beiruter Manuskriptes erstellten Auszug mit 382 – von wahrscheinlich 666 – Biogrammen. Sie erwähnen jedoch mit keiner Silbe die bekannte Gothaer Handschrift, von der 1992 bereits 300 Viten publiziert worden waren.14 Diese Beispiele sind sicher nicht repräsentativ, denn es gibt unzählige hervorragende Texteditionen arabischer Wissenschaftler. Sie zeigen jedoch, dass man stets sehr sorgfältig prüfen muss, auf welcher Textgrundlage und mit welcher Sorgfalt die arabischen Kollegen Quellen edieren (Dies gilt selbstverständlich auch für von westlicher Hand vorgelegte Ausgaben!).15 ˘

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Historiographie

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Die wichtigsten Quellen zur Geschichte des Mamlukensultanates sind die zahlreichen in dieser Zeit entstandenen Chroniken. Insofern ist es erfreulich, dass uns Li Guo in einem 1997 erschienenen Artikel den Forschungsstand wiedergibt.16 Er weist darauf hin, dass mittlerweile eine ganze Reihe bedeutender Werke gedruckt erhältlich ist. So liegt nicht nur das von dem Historiker und Staatsangestellten Ibn Abd az-Za¯hir (st. 692/1293) verfasste früheste Hitat˙ ˙ ˘ ˙ ˙ Werk von Kairo vor,17 sondern auch Sˇa¯fi b. Alı¯ b. Abba¯s al- Asqala¯nı¯s (st. 732/ 1332) Biographie des Sultans al-Mansu¯r Qala¯wu¯n (reg. 678 – 689/1279 – 1290).18 ˙ ˘

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al-mi a at-ta¯mina (Beirut 1998) weitgehend den Text der sechs Jahre zuvor in Kairo von ¯¯ Adna¯n Darwı¯sˇ veröffentlichten Ausgabe derselben Schrift. Von der von Fuat Sezgin besorgten Facsimile-Ausgabe dieses Werkes (Frankfurt am Main 1990 ff.) ist mittlerweile der dritte Band erschienen, der unter anderem berühmte Personen aus der Anfangszeit des Mamlukensultanates behandelt. Ahmad b. Alı¯ al-Maqrı¯zı¯, Durar al- uqu¯d al-farı¯da fı¯ tara¯gˇim al-a ya¯n al-mufı¯da: Qit a ˙ ˙ minhu. Hg. von Adna¯n Darwı¯sˇ und Muhammad al-Misrı¯. Damaskus 1995. ˙ ˙ Muhammad Kama¯l ad-Dı¯n Izz ad-Dı¯n Alı¯ (Hg.), al-Maqrı¯zı¯ wa-kita¯buhu¯ Durar al- uqu¯d al˙ fı¯ tara¯gˇ im al-a ya¯n al-mufı¯da. Beirut 1992. farı¯da Über den neuesten Stand der arabistischen Editionstechnik informiert Carter, M. G., Arabic Literature, in: Greetham, D. C. (Hg.), Scholarly Editing: A Guide to Research. New York 1995, S. 546 – 574. Guo, L., Mamluk Historiographic Studies: The State of the Art, in: Mamluk Studies Review 1 (1997), S. 15 – 43. Es fehlt ein wenig der Ausblick. Ibn Abd az-Za¯hir, ar-Rawda al-bahı¯ya az-za¯hira fı¯ hitat al-mu izzı¯ya al-qa¯hira. Hg. von ˘˙ ˙ Ayma¯n Fu’a¯˙ d˙ Sayyid. Kairo˙ 1996. ˇ Lewicka, P. B., Sa¯fi Ibn Alı¯’s Biography of the Mamluk Sultan Qala¯wu¯n. Warschau 2000. Diese schöne Edition hat Lewicka auf der Grundlage des in der Bodleian Library aufbewahrten Autographen (MS Marsh # 424) erstellt. Zu dieser Quelle siehe auch dies., Arabic

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Es boomt! Die Mamlukenforschung (1992 – 2002)

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Sˇa¯fi b. Alı¯s al-Fadl al-ma’tu¯r min sı¯rat as-sulta¯n al-Malik al-Mansu¯r ist neben ¯ ˙ ˙ ˙ Ibn Abd az-Za¯hirs ar-Rawd az-za¯hir fı¯ sı¯rat al-Malik az-Za¯hir sicherlich die ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ ergiebigste Quelle zur Geschichte dieses Herrschers. Ihr Autor, Sˇa¯fi b. Alı¯, kannte die mamlukischen Kreise aus erster Hand: In den 670er/1270er Jahren arbeitete er erst für Baybars (reg. 658/1260 – 676/1277), dann für dessen Sohn und Nachfolger al-Malik as-Sa ¯ıd (reg. 676/1277 – 678/1279) als Kanzleibeamter, bevor er sich dann dem in zunehmendem Maße mächtiger werdenden Amı¯r Sayf ad-Dı¯n Qala¯wu¯n anschloss. Erst seine nach 680/1280 erfolgte Erblindung zwang ihn, aus dem aktiven Dienst auszuscheiden. Eine nützliche Ergänzung zu den beiden genannten Lebensbildern liefert Baybars al-Mansu¯rı¯ (st. 725/1325) in ˙ seinem Bericht über die ersten Jahrzehnte der Mamlu¯kenherrschaft.19 Den chronologischen Endpunkt seines K. Zubdat al-fikra fı¯ ta’rı¯h al-higˇ ra bildet das ˘ Jahr 709/1310, in welchem an-Na¯sir Muhammad b. Qala¯wu¯n zum dritten Mal ˙ ˙ Sultan wurde. Bemerkenswerterweise beginnt der Autor seine Chronik aber nicht mit dem Schlüsseljahr 648/1250, sondern setzt bereits eine Generation früher (650/1225) mit seiner Erzählung ein. Ebenfalls die Frühzeit des Mamluˇ awzı¯s kensultanates behandelt al-Yu¯nı¯nı¯s (st. 726/1326) Dayl zu Sibt b. al-G ¯ ˙ (st. 654/1256) berühmten Mir’a¯t az-zama¯n. Leider ist von al-Yu¯nı¯nı¯s vielversprechendem Geschichtswerk erst der Abschnitt mit den Jahren 697 – 701/1298 – 1302 veröffentlicht worden.20 Die Teile, die den Zeitraum von 691/1291 bis 696/ 1296 bzw. von 702/1303 bis 711/1311 behandeln, bleiben weiterhin allein handschriftlich zugänglich. Eine vollständige Edition der auf uns gekommenen ˇ azarı¯s (st. 739/1338) Ta’rı¯h hawa¯dit Fragmente besitzen wir hingegen von al-G ¯ ˘ ˙ az-zama¯n wa-anba¯’ihı¯ wa-wafaya¯t al-aka¯bir wal-a ya¯n min abna¯’ihı¯ – immerhin eine der wichtigsten Quellen für die Regierungen Qala¯wu¯ns, al-Asˇraf Halı¯ls ˘ (reg. 689 – 693/1290 – 1293), Kitbug˙a¯s (reg. 694 – 696/1294 – 1296), La¯gˇ¯ıns 21 (reg. 696 – 698/1296 – 1299) und al-Malik an-Na¯sirs. Für die Folgezeit gilt ˙ festzuhalten, dass wir nach der Veröffentlichung der Bände 24 (1993), 25 (1999), 27 (1999) und 29 (1997) von as-Safadı¯s biographischem Lexikon al-Wa¯fı¯ bil˙ ˙ Wafaya¯t nun das Erscheinen der restlichen Teilbände erwarten. Was hingegen ˘

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Sources for the Life and Reign of Sultan al-Mansu¯r Qala¯wu¯n, in: Rocznik Orientalisticzny ˙ Deciphering Sˇa¯fi b. Alı¯’s Biography of 1 – 2 (1994), S. 113 – 119; dies., True, Untrue, False? Qala¯wu¯n, in: Studia Arabistyczne i Islamisticzne 5 (1997), S. 87 – 96. Eine kommentierte Übersetzung zweier in den Text eingeflochtener fürstenspiegelartiger Mahnschreiben, die der Sultan Qala¯wu¯n an seinen Sohn al-Malik as-Sa¯lih richtete, bietet dies., What a King ˙ ˙ ˙ Sultan Should Care About. Two Memoranda of the Mamluk on Running the State’s Affairs, in: Studia Arabistyczne i Islamisticzne 1 (1993), S. 5 – 45. 19 Baybars al-Mansu¯rı¯, Zubdat al-fikra fı¯ ta’rı¯h al-higˇ ra / History of the Early Mamluk Period. ˙ ˘ Hg. von D. S. Richards. Beirut 1998. 20 Guo, L. (Hg.), Early Mamluk Syrian Historiography : Al-Yu¯nı¯nı¯’s Dhayl Mir’a¯t al-zama¯n. 2 Bde. Leiden 1998. ˇ azarı¯, Ta’rı¯h hawa¯dit az-zama¯n wa-anba¯’ihı¯ wa-wafaya¯t al-aka¯bir wal-a ya¯n min ab21 Al-G ¯ ˘ ˙ na¯’ihı¯. 3 Bde. Sidon/Beirut 1998. ˘

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diejenigen Partien aus ad-Dahabı¯s (st. 748/1348) Ta’rı¯h al-isla¯m anbelangt, die ¯ ¯ ˘ die Mamlukenzeit behandeln, so wird es wohl noch geraume Zeit dauern, bis sie uns vorliegen. Vorerst muss man sich mit den zahlreichen Zusammenfassungen begnügen, die der Autor von seinem eigenen Werk angefertigt hat.22 Überaus interessant ist je jedoch eine von David C. Reissman untersuchte unkatalogisierte Handschrift eines ad-Dayl titulierten Werkes von Ibn Qa¯d¯ı Sˇuhba (st. 851/ ¯ ¯ ˙ 1448).23 Das in der Chester Beatty Library in Dublin, Irland befindliche Manuskript [MS 5527] beinhaltet offenbar einen der letzten Bände dieser auch unter dem Titel Ta’rı¯h Ibn Qa¯d¯ı Sˇuhba bekannten, umfangreichen Geschichte der ˙ ˘ Mamlukenzeit von der zweiten Hälfte des 8./14. bis zur Mitte des 9./15. Jahrhunderts. Der Fokus der Chronik, die Ibn Qa¯d¯ı Sˇuhba zusammen mit seinem ˙ Lehrer Ibn Higˇgˇ¯ı (st. 816/1413) als Ergänzung zu den Werken von al-Birza¯lı¯ ˙ (st. 739/1338), ad-Dahabı¯ und Ibn Kat¯ır (st. 765/1373) niedergeschrieben hat, ¯ ¯ ¯ liegt auf den Ereignissen in asˇ-Sˇa¯m. Ein von Ibn Qa¯d¯ı Sˇuhba selbst angefertigter ˙ muhtasar dieses Werkes ist von Adna¯n Darwı¯sˇ veröffentlicht worden.24 Wichtig ˘ ˙ ist vor allem der jüngst vorgelegte abschließende vierte Band (1997), der die Jahre 801/1399 bis 808/1406 umfasst. In aller Ausführlichkeit schildert der Autor hierin den von Tı¯mu¯r im Jahre 803/1400 – 1 unternommenen Feldzug nach Syrien. Nicht nur für die Endphase des Sultanates, sondern ganz generell für die Geschichte, Architektur und Topographie des islamischen Kairo ist eine der informativsten Quellen natürlich al-Maqrı¯zı¯s al-Mawa¯ iz wal-i tiba¯r fı¯ dikr al¯ ˙ hitat wal-a¯ta¯r. Glücklicherweise besitzen wir jetzt eine schöne Ausgabe der ¯ ˘˙ ˙ Rohfassung des Werkes (musawwada), die sich in vielerlei Hinsicht von der endgültigen Version (mubayyada) unterscheidet.25 Des weiteren ist auch endlich ˙ al-Biqa¯’ı¯s (st. 885/1480) gewichtiges Werk Izha¯r al- asr li-asra¯r ahl al- asr26 er˙ ˙ schienen, so dass der interessierte Historiker nun eine zentrale Chronik der ˘

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ˇ idda 1992; (2) 22 (1) al-Ka¯ˇsif fı¯ ma rifat man lahu¯ riwa¯ya. Hg. von Muhammad Awwa¯ma et al. G ˙ Mu gˇam muhaddit¯ı ad-Dahabı¯. Hg. von Rawh¯ıya as-Suyu ¯ fı¯. Beirut 1993; (3) Taqrı¯b tara¯gˇim ¯ ¯ ¯ ˙ Ta’rı¯h Bag˙da¯˙ d ma a daylayhi wa-istifa¯da¯t ad-Dimya ¯ t¯ı. Hg. von Sa¯mı¯ Dalla¯l. Kairo 1992; (4) ¯ ˘ ˇ idda 1995; (5) Nuzhat al-fudala¯’: Tahd¯ıb siyar a la¯m an-nubala¯’. Hg.˙von Muhammad Mu¯sa¯. G ¯ ˙ Da¯t an-niqa¯b˙ fı¯’l-alqa¯b. Hg. von Muhammad al-Ma¯lih. Damaskus 1993. ¯ ˙ „Dhayl“, in: Mamluk Studies 23 Reissman, D. C., A Holograph MS ˙of Ibn Qa¯d¯ı Shuhbah’s ˙ Review 2 (1998), S. 19 – 49. 24 Der Herausgeber wählte für diese Zusammenfassung der eigentlichen Chronik leider den irreführenden Titel Ta’rı¯h Ibn Qa¯d¯ı Sˇuhbah (4 Bde. Damaskus 1977 – 1997). ˙ ˘ 25 Sayyid, A. F. (Hg.), Le manuscrit autographe d’al-Mawa¯ iz wal-i tiba¯r fı¯ dikr al-hitat wal-a¯ta¯r ¯ ¯ ˙ de Taqı¯ al-Dı¯n Ahmad b. Alı¯ b. Abd al-Qa¯dir al-Maqrı¯˙zı¯ (766 – 845 AH/1325˘ –˙ 1441 AD). ˙ London 1995. 26 Al-Biqa¯’ı¯, Izha¯r al- asr li-asra¯r ahl al- asr. 3 Bde. Hg. von Muhammad Salı¯m b. Sˇadı¯d al- Awfı¯. ˙ ˙ ˙ Kairo 1992/93. Aus der Spätzeit der Mamlukenherrschaft liegen nun auch zwei Werke Ibn Duqma¯qs (st. 809/1406) vor: (1) an-Nafha al-miskı¯ya fı¯ d-dawla at-turkı¯ya. Hg. von Umar ˙ (2) Nuzhat al-ana¯m fı¯ ta’rı¯h al-isla¯m (628 – 659/ Abd as-Sala¯m Tadmurı¯. Beirut 1999; und ˘ 1230 – 1261). Hg. von Samı¯r Tabba¯ra. Beirut 1999. ˙ ˘

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ˇ aqmaq Epoche von 855/1451 bis 870/1466, die die Regierungen der Sultane von G ˇ (reg. 842 – 857/1438 – 1453) bis Husqadam (reg. 865 – 872/1461 – 1467) umfasst, ˘ konsultieren kann. Musste sich die Rekonstruktion des Übergangs von mamlukischer zu osmanischer Herrschaft in Syrien bisher allein auf Ibn Tu¯lu¯ns ˙ Mufa¯kahat al-hilla¯n fı¯ hawa¯dit az-zama¯n stützen, so stehen uns nun mit Ibn al¯ ˙ ˘ Hims¯ıs (st. 934/1527 – 28) Hawa¯dit az-zama¯n wa-wafaya¯t asˇ-sˇuyu¯h wal-aqra¯n27 ¯ ˙ ˙ ˙ ˘ und al-Busrawı¯s (st. 905/1499 – 1500) Ta’rı¯h28 zwei ebenso wichtige Quellen zur ˙ ˘ Verfügung. Herausgegeben worden sind schließlich auch noch ein kleineres Werk von as-Saha¯wı¯ (st. 902/1497) (Wagˇ¯ız al-kala¯m fı¯d-dayl ala¯ Duwal al¯ ¯ ˘ isla¯m29), das in Fortsetzung von ad-Dahabı¯s Duwal al-isla¯m die Jahre von 745/ ¯ ¯ 1344 bis 898/1493 behandelt, und Ibn Zunbuls (st. nach 960/1552) lesenswerte Schilderung der Eroberung Syriens und Ägyptens durch die Osmanen im Jahre 923/1517.30 Ein wichtiges Thema bei der Beschäftigung mit den mamlukenzeitlichen Chroniken stellt die Rekonstruktion ihrer direkten oder indirekten Abhängigkeit von ihren Vorgängern dar. Ebenso wegweisend wie erhellend ist hier Ayman Fu’a¯d Sayyids genaue Analyse der oben erwähnten musawwada von al-Maqrı¯zı¯s Hitat.31 Überhaupt geht die Erforschung dieses Werkes munter voran, ohne auch ˘ ˙ ˙ nur annähernd abgeschlossen zu sein. So argumentiert beispielsweise Sabri Jarrar, dass al-Maqrı¯zı¯ ein durchaus einzigartig zu nennendes Verständnis für die Zusammenhänge von Geschichte und Architektur besessen hat.32 Der mamlukische Historiker benutzt die Beschreibung der Kairener Straßenzüge und der dort errichteten Bauten dazu, ein hierarchisch aufgebautes Modell des urbanen Raumes in der Mamlukenhauptstadt zu entwickeln. Aber auch als Chronist seiner Zeit ist al-Maqrı¯zı¯ von Interesse, war er doch ein Augenzeuge der Ereignisse während der Regierungszeit az-Za¯hir Barqu¯qs (reg. 784 – 791/1382 – ˙ ˙ 1389 und 792 – 801/1390 – 1399), die von den Zeitgenossen als Übergang von einem türkischen zu einem tscherkessischen Sultanat interpretiert worden ist. In ˘

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27 Ibn al-Hims¯ı, Hawa¯dit az-zama¯n wa-wafaya¯t asˇ-sˇuyu¯h wal-aqra¯n. Hg. von Umar Abd as¯ ˙ ˙ ˙¯ rı¯. Sayda ˘ Sala¯m at-Tadmu ¯ 1999. ˙ rawı¯. Hg. von Akram Hasan al- Ulabı¯. Damaskus 1998. 28 Al-Busrawı¯, Ta’rı¯h al-Bus ˙ al-isla¯m. Hg. von Basˇsˇa¯r Awwa¯d Ma ruf, ˙¯ m fı¯ d-dayl ala¯ Duwal 29 As-Sah˙ a¯wı¯, Wagˇ¯ı˘z al-kala ¯ ¯ ¯ Isa¯m ˘Fa¯ris al-Harasta¯nı¯ und Ahmad al-Hutaymı¯. 4 Bde. Beirut 1995. ˙ ¯h G ˙ a¯n Salı ˙ Zunbul, Ta’rı ˘¯m˙ Ha¯n ma a s-Sulta¯n al-G ˙ azwat as-Sult ˙ awrı¯. Hg. von Abd al30 Ibn ˘ ¯ mir. Kairo Mun im A 1997. Siehe˙zu Autor ˘und Werk auch˙ Lellouch, B., Ibn Zunbul, un ¦gyptien face — l’universalisme ottoman (seiziÀme siÀcle), in: Studia Islamica 79 (1994), S. 143 – 155. 31 Sayyid, A. F., Early Methods of Book Composition: al-Maqrı¯zı¯’s Draft of the Kita¯b al-Khitat, ˙ ¯˙n in: The Codicology of Islamic Manuscripts. Proceedings of the Second Conference of al-Furqa Islamic Heritage Foundation (4 – 5 December 1993). London 1995, S. 93 – 101. 32 Jarrar, S., Al-Maqrizi’s Reinvention of Egyptian Historiography through Architectural History, in: Behrens-Abouseif, D. (Hg.), The Cairo Heritage: Essays in Honor of Laila Ali Ibrahim. Kairo und New York 2000, S. 31 – 54. ˘

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seinem bis 830/1417 niedergeschriebenen Kita¯b as-sulu¯k li-ma rifat duwal almulu¯k bezieht al-Maqrı¯zı¯ deutlich Position gegen den von Barqu¯q verfolgten politischen Kurs. Als ägyptischer a¯lim, der einer Gelehrtenfamilie entstammte, bringt er unmissverständlich seine Verachtung zum Ausdruck, die er den Tscherkessen gegenüber empfindet. Dieser ethnischen Gruppe traut er am wenigsten zu, Recht und Ordnung innerhalb des Mamlukenreiches aufrechtzuerhalten.33 Erstaunlich ist allerdings, dass der hochgestellte al-Maqrı¯zı¯ sich – ganz im Gegensatz zu dem eher niedrigkastigen Mamlukensprößling Ibn Tag˙rı¯birdı¯ (gest. 815/1412) – so sehr für die Sozialgeschichte seines Landes interessiert. Gerade aus seinen Werken erhalten wir unschätzbare Kenntnisse etwa über die permanenten Währungsfluktuationen oder die Lebensmittelengpässe in Krisenzeiten. Und nur al-Maqrı¯zı¯ schildert detailliert und kenntnisreich, dass die Basarleute auf eine Verknappung der Nahrungsversorgung mit dem Schließen der Märkte oder der Organisation von als Warnung und Drohung zugleich gedachten Unruhen reagierten.34 ˘

STEFAN LEDER : „Post-klassisch und prä-modern: Beobachtungen zum Kulturwandel in der Mamlukenzeit“35 Mit der Verbreitung der Madrasa und des zugehörigen Stiftungswesens, mit Aufkommen und Ausbreitung neuer Strömungen in der Literatur, schließlich mit Zunehmen der Bedeutung religiöser Bruderschaften auch in den Gelehrtenkreisen, vollzog sich in der Ayyubiden- und Mamlukenzeit ein markanter Wandel. Dieser weist unterschiedliche Aspekte und zum Teil gegenläufige Tendenzen auf. Sie lassen sich als ein Anwachsen von Differenzierung und Pluralität fassen, das sich nicht nur in literarischen Äußerungsformen und Diskursen vollzieht, sondern auf erkennbaren gesellschaftlichen Entwicklungen fußt. Laienpartizipation in Literatur und Wissenschaft, volksnahe literarische Ausdrucksformen ebenso wie raffinierte, weiter entwickelte literarische Kommunikation, Wahrnehmung der 33 Levanoni, A., Al-Maqrı¯zı¯’s Account of the Transition from Turkish to Circassian Mamluk Sultanate: History in the Service of Faith, in: Kennedy, H. (Hg.), The Historiography of Islamic Egypt (c. 950 – 1800). Leiden et al. 2001, S. 93 – 106. 34 Perho, I., Al-Maqrı¯zı¯ and Taghrı¯ Birdı¯ as Historians of Contemporary Events, in: Kennedy, H. (Hg.), The Historiography of Islamic Egypt (c. 950 – 1800). Leiden 2001, S. 107 – 120. 35 Da die meisten Autoren ihre Fragestellung und ihre Ergebnisse im Verlaufe ihrer Beiträge zusammengefasst haben, lasse ich sie selbst zu Wort kommen. Diese Zitate, die in diesem Forschungsüberblick möglichst an thematisch passender Stelle eingefügt wurden, können natürlich keine Bewertung der jeweils geleisteten Arbeit ersetzen, die mir als Mitherausgeber auch nicht zukommt, sondern sollen nur zur Lektüre des gesamten Beitrages anregen.

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Rolle breiter Bevölkerungsschichten im Zusammenhang religiös bestimmter Gefolgschaften ebenso wie Elitenbildung gehören dazu. Stagnation und Niedergang werden nicht zu Unrecht mit dem Überhandnehmen der Kommentar- und Kompendienliteratur in Zusammenhang gebracht, die in den Medresen gepflegt wurde. Die Institutionalisierung der religiösen Wissenschaften mit ihren Begleiterscheinungen wird von Zeitgenossen auch als eine Entwicklung erlebt, die das Ideal aufrichtig und selbstlos betriebener Gelehrsamkeit bedroht. Inwieweit die zum Teil detaillierte Kritik einer Reformorientierung Ausdruck gibt, bleibt zu prüfen. Das 13. und 14. Jahrhundert aber als eine Zeit der Stagnation zu werten, in der sich späterer Niedergang bereits abzeichnet, ist eine Betrachtungsweise, die von einer in der Entwicklung von Wissenschaft und Literatur selbst angelegten Dekadenz ausgeht. Die in dem Artikel gestreiften Elemente ergeben ein Bild mit Gegensätzen. Auf der einen Seite findet sich eine allmählich zunehmende Sichtbarkeit breiter Bevölkerungsschichten als Rezipienten und Schöpfer von Literatur wie auch als Anhänger der auf populäre Akzeptanz spezialisierten religiösen Vorbilder. Auf der anderen Seite treten in Adab und Historiographie Kunstfertigkeit, persönliche Perspektiven und Ideen der Autoren hervor, welche in der individuellen Gestaltung des Umgangs mit Tradition und Norm auf einem hohen Niveau von Bildungsvoraussetzungen stehen. Zusammengenommen beobachten wir demnach einen Prozess der Differenzierung, der, wenn er selbst zum Gegenstand der Untersuchung zu machen wäre, mit der genaueren gesellschaftlichen Verortung der unterschiedlichen Milieus zu verbinden wäre. Auch ohne eine solche Beweisführung hier anzutreten, lässt sich zeigen, dass die Verbreitung der Madrasa zu einer Verstärkung beider Tendenzen beigetragen hat. Wie sich am Beispiel Damaskus erkennen lässt, hatte die Zunahme an Schulstiftungen im 12. und 13. Jahrhundert beträchtliche Folgen, denn es entfaltete sich eine breite städtische Schicht, die hinlänglich bis üppig alimentiert und institutionell ausgerüstet war. Den kritischen Kommentaren der Zeitgenossen lässt sich entnehmen, dass sich aus dem Geschehen in und um Stiftungsschulen eine Klientel heranbildete, die an der „hohen“ Kultur nur partiell partizipierte. Wie im Anschluss, weiterhin am Beispiel von Damaskus, gezeigt werden soll, begünstigte der Siegeszug der Institution Madrasa sowohl eine Elitenbildung, wie auch die Verbreiterung des Zugangs zum Bildungsgut.

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Auch die Frage nach dem Genre der unterschiedlichen historiographischen Schriften der Mamlukenära ist nicht ohne Bedeutung.36 Aus dem Anliegen der Hofchronisten, den Herrscher in biographischen Darstellungen zu verherrlichen und seine Taten zu preisen,37 entwickelte sich die besondere literarische Gattung der ,Widmungsschrift‘. Zur Sicherung der herrscherlichen Patronage offerierte der Verfasser dem Sultan eine kurze, eher panegyrisch gehaltene Chronik.38 Beispiele hierfür sind Baybars al-Mansu¯rı¯s at-Tuhfa al-mulu¯kı¯ya fı¯ d˙ ˙ dawla at-turkı¯ya, Sˇams ad-Dı¯n Ibra¯hı¯m b. Abd ar-Rahma¯n al-Qaysara¯nı¯s ˙ (st. 753/1352) an-Nu¯r al-la¯’ih wad-durr as-sa¯dih fı¯’stifa¯ mawla¯na¯ as-sulta¯n al˙ ˙ ˙˙ ˙ Malik as-Sa¯lih, al- Aynı¯s (st. 855/1451) as-Sayf al-muhannad fı¯ sı¯rat al-Malik al˙˙ ˙ Mu’ayyad und ar-Rawd az-za¯hir fı¯ sı¯rat al-Malik az-Za¯hir, Ibn asˇ-Sˇihnas ˙ ˙ ˙ ˙ (st. 921/1515 – 6) al-Badr az-za¯hir fı¯ nusrat al-Malik an-Na¯sir, aber auch Abu¯ ˙ ˙ Ha¯mid al-Qudsı¯s (d. 888/1483)39 Ta’rı¯h al-Malik al-Asˇraf Qa¯’itba¯y40. Eine andere ˙ ˘ Gattung stellen tagebuchartige Aufzeichnungen dar. Der Nachwelt vorsätzlich als Journal (yawmı¯ya¯t) hinterlassene Einzeltexte sind in der arabischen Literatur allerdings überaus selten. Aus der Mamlukenzeit ist mir nur Ahmad b. Tawqs ˙ ˙ (st. 915/1509 – 10) at-Ta lı¯q bekannt, dessen erster – und bisher als einziger publizierter – Band die Ereignisse der Jahre von 885/1480 bis 890/1485 umfaßt.41 Neben den ,Widmungsschriften‘ und yawmı¯ya¯t hat man sich auch mit traditionellen Genres wie der oben bereits erwähnten Hitat-Literatur befasst.42 Nasser ˘ ˙ ˙ O. Rabbat hält diese Art der topographischen Darstellung für eine Mischung aus ˘

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36 Dazu zählt auch die – letztlich ungeklärte – Frage, ob es eine ,ägyptische Schule‘ in der mamlukischen Historiographie gegeben hat. Fath¯ıya an-Nabara¯wı¯, Ilm at-ta’rı¯h : Dira¯sa¯ fı¯ ˘ mana¯higˇ al-baht. Alexandia 1993, S. 179 – 239. ˙ ¯ 37 Vgl. dazu Kruk,˙ R., History and Apocalypse: Ibn Nafı¯’s Justification of Mamluk Rule, in: Der Islam 72 (1995), S. 324 – 337. 38 Holt, P. M., Literary Offerings: A Genre of Courtly Literature, in: Philipp, T./Haarmann, U. (Hg.), The Mamluks in Egyptian Politics and Society. Cambridge 1998, S. 3 – 16. 39 Zu ihm siehe neuerdings Haarmann, U., Einleitung, in: Labib, S./Haarmann/, U., Abu¯ Ha¯mid ˙ al-Qudsı¯s Traktat über die Segnungen, die die Türken dem Lande Ägypten gebracht haben. Beirut 1997, S. 21 – 64; ders., The Writer as an Individual in Medieval Muslim Society, in: Deguilhem, R. (Hg.), Individual and Society in the Mediterranean Muslim World. Issues and Sources. Aix-en-Provence 1998, S. 77 – 87; ders., Eine neue Quelle zur Bautätigkeit Sultan Qa¯yitba¯ys im ersten Jahrfünft seiner Herrschaft, in: Damaszener Mitteilungen 11 (1999), S. 191 – 203; ders., al-Maqrı¯zı¯, the Master, and Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯, the Disciple – Whose ˙ Historical Writing Can Claim More Topicality and Modernity?, in: Kennedy, H. (Hg.), The Historiography of Islamic Egypt, c. 950 – 1800. Leiden 2001, S. 149 – 165. 40 Siehe hierzu nun Sievert, H., Das ägyptische Mamlukensultanat im 15. Jahrhundert nach dem Ta’rı¯h al-Malik al-Asˇraf Qa¯ytba¯y von Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯. Unveröffentlichte M.A.˙ ˘ Arbeit. Universit ät Kiel 2001. 41 Ahmad b. Tawq, at-Ta lı¯q. Hg. von J. al-Muhajer als „Journal d’Ahmad ibn Tawq – La vie ˙ ˙ — Damas — la fin de l’¦poque mamelouke“. Bd. 1. Damaskus ˙ ˙ quotodienne 2000. 42 Sayyid, A. F., L’evolution de la composition du genre de Khitat en Êgypte musulmane, in: ˙ ˙ – 1800). Leiden et al. 2001, Kennedy, H. (Hg.), The Historiography of Islamic Egypt (c. 950 S. 77 – 92. ˘

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den beliebten lobpreisenden Städtebeschreibungen (fada¯’il) einerseits und den ˙ Notabelnviten (tara¯gˇ im) andererseits. Seiner Meinung nach unterscheidet sich der bereits mehrfach genannte al-Maqrı¯zı¯ von den anderen Hitat-Verfassern ˘ ˙ ˙ einerseits durch seine ausgeprägte – stark von Ibn Haldu¯n beeinflusste – Ge˘ schichtstheorie und andererseits durch seinen ihm eigenen Drang, die Baudenkmäler Kairos zu katalogisieren, bevor sie möglicherweise durch Krieg oder einfach den Lauf der Zeit zerstört würden.43 STEPHAN CONERMANN : „Ibn Ag˘a¯s (st. 881/1476) Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯ – Biographie, ˙ ˙ ˘ Autobiographie, Tagebuch oder Chronik?“ Am 10. Sˇawwa¯l 875/1. April 1471 schickte Sultan Qa¯’itba¯y unter dem Oberbefehl des berühmt-berüchtigten Emirs Yasˇbak min Mahdı¯ az-Za¯hirı¯ ˙ ˙ ein Heer nach Syrien, um dort den Aufstand des Du¯ l-Qadariten Sˇa¯h Suwa¯r ¯ niederzuschlagen. In Yasˇbaks Armee fungierte ein gewisser Ibn Ag˘a¯ als Kriegskadi und Vorbeter. Dieser hatte als durchaus gelehrter und literarisch ambitionierter Mann Gefallen daran, die von ihm miterlebten Ereignisse in einem dem mamlukischen General gewidmeten Bericht („Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯“) festzuhalten. Ansporn zu dieser ver˙ ˙ ˘ dienstvollen Tat mag neben der Hoffnung auf weitere Patronage durch den mächtigen Armeeführer vor allem sein Bedürfnis gewesen sein, seine während des Feldzuges im Auftrage Yasˇbaks durchgeführte Gesandtschaft an den Tabrı¯zer Hof des Aq-Qoyunlu¯-Führers Uzun Hasan der Nachwelt zu ˙ hinterlassen. Entstanden ist auf diese Weise ein hochinteressanter und origineller Text. Im Laufe des Artikels wird daher das Werk – insbesondere der Missionsbericht – vorgestellt und dann der Frage nachgegangen, mit welchem historiographischen Genre wir es bei dem Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak ˘ az-Za¯hirı¯ eigentlich zu tun haben. ˙ ˙ Letztlich ist Ibn Ag˘a¯s Werk ein formal eigenständiger Text, in welchem sich autobiographische, biographische, chronikhafte und ,journaleske‘ Züge nachweisen lassen. Diese gilt insbesondere für die beiden Partien, die die Erzählung von Ibn Ag˘a¯s eigener Mission zu dem Aq-Qoyunlu¯Herrscher Uzun Hasan einrahmen. Der Gesandtschaftsbericht selbst ˙ benutzt zwar die gleichen narrativen Mittel, doch bildet er insgesamt eine geschlossene literarische Einheit. Inhaltlich wie formal entspricht er bemerkenswerterweise zwei etwa ein Jahrhundert früher entstandenen per43 Rabbat, N. O., Al-Maqrizi’s Khitat, an Egyptian Lieu de M¦moire, in: Behrens-Abouseif, D. (Hg.), The Cairo Heritage: Essays in Honor of Laila Ali Ibrahim. Kairo und New York 2000, S. 17 – 30.

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sischsprachigen Texten. Gemeint ist zum einen das Journal G˙iya¯s ad-Dı¯n ˙ Naqqa¯sˇs über eine von 822/1419 bis 825/1422 im Auftrag Sˇa¯h Ruhs ˘ durchgeführte Mission nach China und zum anderen die von dem Chronisten Abd ar-Razza¯q Samarqandı¯ (st. 887/1482) angefertigte Beschreibung einer offiziellen Reise in das südindische Vijayanagara. Ein genauer Vergleich der drei Missionsjournale wäre wünschenswert, könnten damit doch die Gattungsmerkmale dieses Genres noch näher bestimmt werden. Möchte man nun abschließend der in Ibn Ag˘a¯s Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az˙ ˘ Za¯hirı¯ repräsentierten Gattung einen Namen geben, so ist dies angesichts ˙ des Mischcharakters des Textes nicht ganz einfach. Vielleicht sollte man ihn daher einfach einen ,nach literarischen Konventionen gestalteten und um einen Gesandtschaftsbericht erweiterten Feldzugsbericht‘ nennen.

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Obgleich die narrativen Quellen zunehmend erschlossen werden, hat sich die Forschung ihren Autoren und deren Arbeitsweise bisher bedauerlicherweise nur am Rande zugewandt.44 Neben einigen populärwissenschaftlichen arabischsprachigen Monographien über einzelne Historiker45 besitzt am ehesten noch Ayman Fu’a¯d Sayyids Einleitung zu der von ihm besorgten Hitat-Ausgabe von ˘ ˙ ˙ al-Maqrı¯zı¯ den Charakter einer Monographie.46 Kurze Einzeluntersuchungen gibt es zu an-Nuwayrı¯ (st. 733/1333) und al-Biqa¯’ı¯. Letzterer verfasste – wie so viele seiner Kollegen – nicht nur historische Werke, sondern auch philosophische und religiöse Traktate sowie mathematische und naturwissenschaftliche Abhandlungen. Umso bedauerlicher ist es, dass sich Li Guo in seinem für den Sammelband über die Historiography of Islamic Egypt (c. 950 – 1800) verfassten Artikel zu al-Biqa¯’ı¯ allein auf die Chroniken des Gelehrten eingeht. Wiederkehrende Lieblingsthemen al-Biqa¯’ı¯s, der persönlich wohl ein Eigenbrötler und unangenehmer Zeitgenosse gewesen ist, waren, so Li Guo, neben der mamlukischen Hofpolitik die zahllosen Streitereien der ulama¯’. Seine Texte hat er stets mit Dokumenten, Anekdoten, Gerüchten, Träumen und vielen Koranzitaten angereichert, deren narrative Funktionen allerdings noch weiter erforscht werden müssen.47 Dies gilt sicherlich auch für an-Nuwayrı¯. In dem 27. Band

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44 Etwa Richards, D., A Mamluk Amir’s Mamluk History : Baybars al-Mansu¯r‘s Zubdat al-Fikra, ˙ Leiden et al. 2001, in: Kennedy, H. (Hg.), The Historiography of Islamic Egypt (c. 950 – 1800). S. 37 – 44. ¯ s¯ı, H., al-Maqrı¯zı¯, Taqı¯ ad-Dı¯n Ahmad b. Abd al-Qa¯dir al- Ubaydı¯ (766 – 845 H./1366 – 141 45 A ˙ ˙ Mu’arrih M.): ad-duwal al-isla¯mı¯ya˙ fı¯ Misr. Beirut 1992 und ders., Ibn Iya¯s: Mu’arrih al-fath ˙ ˙ ˘ ˘ al- utma¯nı¯ li-Misr. Beirut 1993. ¯ ˙ 46 Sayyid, Le manuscrit autographe [wie Anm. 25], S. *1-*106. 47 Guo, L., Al-Biqa¯’ı¯’s Chronicle: A Fifteenth Century Learned Man’s Reflection on his Time ˘

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seiner Enzyklopädie Niha¯yat al-arab fı¯ funu¯n al-adab findet sich ein etwa 120 Seiten langer Abschnitt über die Geschichte und Sitten der Mongolen. Reuven Amitai(-Preiss) hat sich dieses Kapitels angenommen und sich die Fragen gestellt, auf welche Weise der Verfasser uns seine zusammengesammelten Fakten präsentiert und welchen Wahrheitsgehalt wir diesen Daten beimessen können. Anhand eines Vergleiches von sechs Episoden kommt er zu dem Ergebnis, dass an-Nuwayrı¯ sehr geschickt frühere Quellen zu einer eigenständigen Narration umarbeitet und um eigene, sonst nicht erhältliche Informationen ergänzt.48

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OTFRIED WEINTRITT: „Ta’rı¯h Abd al-Qa¯dir: Autobiography as Historiography in an Early 17th ˘ Century Chronicle from Syria“

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This chronicle comprises the writer’s reminiscences of the years from 1603 to 1643 (1012 – 1053), written after 1643. He was a person with an established public position, and consequently considerable insight into the political events in Istanbul and the Syrian provinces, above all, in Damascus. As chief of the Qa¯diriyya order in Damascus, Abd al-Qa¯dir’s reputation was due to his position but still more to the baraka of his father – his famous predecessor – which gave him access to Ottoman governmental circles. Although the author was personally involved in many events recorded in this chronicle, it is not supposed to be the account of his life, but claims to be an historiographical work which follows the literary norms of the genre. Therefore, it is arranged according to the reigns of the Ottoman Sultans of the period of narration. Despite this display of features of what is known as a sultan-chronicle, it could also be regarded as the story of an individual. One could even argue that this self-narration has a degree of introspection which goes beyond that of ordinary memoirs. But, in fact, it claims to be historiography, a form from which personal experiences are usually excluded. In this way, the autobiographical features interfere with the historiographical outlook of the work. It is a kind of work I would like to term a ‘Personal His Historiography’, which is notably lacking in a certain kind of historiographical professionalism.

and World, in: Kennedy, H. (Hg.), The Historiography of Islamic Egypt (c. 950 – 1800). Leiden et al. 2001, S. 121 – 148. 48 Amitai, R., Al-Nuwayrı¯ as a Historian of the Mongols, in: Kennedy, H. (Hg.), The Historiography of Islamic Egypt (c. 950 – 1800). Leiden et al. 2001, S. 23 – 36.

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Neben Chroniken gehören selbstverständlich Dokumente zu den bedeutsamen Geschichtsquellen. Eine äußerst lesenswerte Einführung in die Höhen und Tiefen der alltäglichen Arbeit mit Urkunden bietet Donald P. Littles R¦sum¦e seiner eigenen Forschungstätigkeit. In der ersten der alljährlich gehaltenen Mamluk Studies Review Lecture gibt er amüsante, aber auch nachdenkliche Einblicke in die von ihm nunmehr seit beinahe 35 Jahren geleistete Aufarbeitung des Hara¯m asˇ-Sˇa¯rı¯f-Materials.49 Littles Editionen sind stets vorbildlich. So auch ˙ die vier von ihm jüngst publizierten Rechtsgeschäfte eines Kaufmanns aus Ba albak und seiner Frau. Vor allem die Besitzstandsübersicht und eine Verkaufsurkunde über die Veräußerung gewisser Teile des Eigentums gewähren uns bemerkenswerte Einblicke in die Vermögensverhältnisse des Ehepaars.50 Eine Fundgrube für Historiker sind die in Kairo in der Da¯r al-Wata¯’iq al¯ Qawmı¯ya und der Wiza¯rat al-Awqa¯f aufbewahrten Dokumente aus der Mam51 lukenzeit. Im Zentrum der fortschreitenden wirtschafts- und sozial-geschichtlichen Auswertung dieses Quellenkorpus stehen die zahlreichen erhaltenen Stiftungsurkunden.52 Man muss allerdings viele zusammenhängende Dokumente lesen, um brauchbare und aussagefähige Daten zur Rekonstruktion der städtischen Ökonomie zusammentragen zu können.53 Hat man aber diese Mühe erst einmal auf sich genommen und die beträchtlichen paläographischen und terminologischen Schwierigkeiten bewältigt, bekommt man nicht nur un-

49 Little, D. P., The Use of Documents for the Study of Mamluk History, in: Mamlu¯k Studies Review 1 (1997), S. 1 – 13. 50 Ders., Documents Related to the Estates of a Merchant and His Wife in Late Fourteenth Century Jerusalem, in: Mamluk Studies Review 2 (1998), S. 93 – 193. Von ähnlich guter Qualität sind die – auch inhaltlich verwandten – Dokumente, die Werner Diem der Fachwelt vorgelegt hat: „Vier arabische Rechtsurkunden aus dem Ägypten des 14. und 15. Jahrhunderts“, in: Der Islam 72 (1995), S. 193 – 257. 51 Eine Zusammenfassung des Forschungsstandes bietet Daniel Crecelius’ Einleitung zu einem Sonderband über das muslimische Stiftungswesen [Journal of the Economic and Social History of the Orient 38 (1995), S. 247 – 261]. 52 Petry, C. F., A Geniza for Mamluk Studies? Charitable Trust (Waqf) Documents as a Source for Economic and Social History, in: Mamlu¯k Studies Review 2 (1998), S. 51 – 60. 53 Denoix, S., Histoire et formes urbaines (¦l¦ments de m¦thode), in: D¦cobert, Ch. (Hg.), Itin¦raires d’Êgypte: M¦langes offerts au pÀre Maurice Martin s.j. Kairo 1992, S. 45 – 70, dies., Pour une exploitation d’ensemble d’un corpus: Les waqfs mamelouks du Caire, in: Deguilhem, R. (Hg.), Le waqf dans l’espace islamique: Outil de pouvoir socio-politique. Damaskus 1995, S. 29 – 44 und dies., Fondations pieuses, fondations ¦conomiques – le waqf, un mode d’intervention sur la ville mamelouke, in: Dies./Depaule, J.-Ch./Tuchscherer, M. (Hg.), Le Khan al-Khalili et ses environs: Un centre commercial et artisanal au Caire du XIIIe au Xxe siÀcle. Kairo 1999, S. 19 – 26.

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schätzbare Angaben zu den Besteuerungsgewohnheiten der Mamluken54, sondern erhält darüber hinaus Auskunft über die Finanzpolitik vieler Sultane. So hat auch Carl F. Petry für seine beiden zwar an unterschiedlichen Orten publizierten, aber dennoch eng zusammengehörigen Monographien über die Regierungszeiten der Sultane al-G˙awrı¯ (reg. 906 – 22/1501 – 1516) und Qa¯’itba¯y (reg. 872 – 901/1468 – 96) den Stiftungsurkunden viele anderenorts nicht auf uns gekommene Informationen entnommen.55 Anhand der in der BibliothÀque National (Paris) verwahrten waqfı¯ya Qa¯’itba¯ys, die sämtliche zwischen 889/ 1484 – 5 und 899/1493 – 4 vorgenommenen Transkationen des Sultans verzeichnet, lassen sich sowohl die von ihm ins Leben gerufenen Institutionen – beispielsweise die Anlagen in Medina – genauestens bestimmen56 als auch seine unzähligen Immobiliengeschäfte nachzeichnen.57 Gerade in der Hauptstadt erwarb der Herrscher eine Reihe von heute noch lokalisierbaren Häusern, Geschäften und anderen kommerziell nutzbaren Gebäuden, die er zur Finanzierung seiner religiösen und allgemeinnützlichen Stiftungen verwandte. Darüber hinaus strebten die Sultane aber auch an, den Nutznießern ihres jeweiligen Familienwaqfs ein erhöhtes Einkommen zu bescheren.58 In einem anregenden Aufsatz hat der bereits genannte Carl F. Petry allerdings zeigen können, daß die mit Hilfe von Stiftungsgeldern getätigten Investitionen Qansu¯h al-G˙awrı¯s ins˙ gesamt durchaus stabilitätsfördernden Charakter besaßen.59 Einen vielversprechenden Ansatz zur Aufklärung des Finanzdschungels an der Spitze des Mamlukenreiches hat Lucian Reinfandt geliefert.60 Er wertete 54 Michel, N., Les riza¯q ihba¯siyya: Terres agricoles en main maort dans l’Êgypte mamelouke et ottomane, in: Annales˙ islamologiques 30 (1996), S. 105 – 198. 55 Petry, C., Twilight of Majesty : The Reigns of the Mamluk Sultans al-Ashraf Qa¯ytba¯y and Qa¯nsu¯h al-Ghawrı¯ in Egypt. Seattle 1993 und ders., Protectors or Praetorians? The Last ˙ Mamluk Sultans and Egypt’s Waning as a Great Power. Albany 1994. 56 Behrens-Abouseif, D., Qa¯ytba¯y’s Foundation in Medina, the Madrasah, the Riba¯t and the ˙ Dashı¯shah, in: Mamlu¯k Studies Review 2 (1998), S. 61 – 71. 57 Dies., Qa¯ytba¯y’s Investments in the City of Cairo: Waqf and Power, in: Annales Islamologiques 32 (1998), S. 29 – 40. 58 Dies., Waqf as Remuneration and the Family Affairs of al-Nasir Muhammad and Baktimur al-Saqi, in: Dies. (Hg.), The Cairo Heritage: Essays in Honor of Laila Ali Ibrahim. Kairo und New York 2000, S. 55 – 68. 59 Petry, C. F., Waqf as an Instrument of Investment in the Mamluk Sultanate: Security vs. Profit?, in: Toru, M./Philips, J. E. (Hg.), Slave Elites in the Middle East and Africa. A Comparative Study. London und New York 2000, S. 99 – 115. Siehe auch Alhamzeh, Kh. A., Late Mamluk Patronage: Qansuh al-Ghuri’s Waqf and his Foundations in Cairo. Ph.D. diss. Ohio State University 1993. 60 Reinfandt, L., Religious Endowments and Succession to Rule: The Career of a Sultan’s Son in the Fifteenth Century, in: Mamluk Studies Review 6 (2002), S. 51 – 62. Ebenso spannend ist zum gleichen Thema ders., Was geschah in der Zeit zwischen Barsba¯y and Qa¯ytba¯y? Überlegungen zu einer Neubewertung des späten Mamlukensultanats, in: Wild, S./Schild, H. (Hg.), Akten des 27. Deutschen Orientalistentages (Bonn – 28. September bis 2. Oktober 1998): Norm und Abweichung. Würzburg 2001, S. 269 – 278.

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Stiftungsurkunden mehrerer Herrscher aus61, die uns bisweilen sehr viel tiefere Einblicke in die finanziellen Angelegenheiten und auch Machenschaften ihrer Gründer und deren Familien geben als Chroniken und biographische Sammlungen. Das von Reinfandt gewählte Beispiel ist der Fall des Sultanssohnes alMu’ayyad Ahmad, der 865/1461 seinem Vater al-Asˇraf ¯Ina¯l (reg. 857 – 865/1453 – ˙ 1461) auf dem Thron nachfolgte, nur um selbst vier Monate später von az-Za¯hir ˙ ˙ 3 u§qadam abgesetzt zu werden. Dabei erfüllte al-Mu’ayyad Ahmad bei seinem 4 ˙ Regierungsantritt eigentlich alle Bedingungen, die ihm suggerieren konnten, für einen längeren Zeitraum die Macht in Händen halten zu dürfen. Immerhin war der 30jährige Oberbefehlshaber der mamlukischen Armee (ata¯bak) und Führer der alljährlichen Pilgerkarawane. Zudem verfügte er über ein recht großes Vermögen, welches ihm erlaubte, nach dem Wechsel an der Spitze des Reiches die nunmehr führungslosen Mamluken seines Vaters an sich zu binden. Dennoch formierte sich innerhalb kürzester Zeit eine mächtige Opposition, die seine Absetzung vorantrieb, da er als walad an-na¯s grundsätzlich kein Anrecht auf die Herrschaft hätte. Al-Mu’ayyad Ahmads Gegnern gelang es rasch, ihn zunächst ˙ zu isolieren und dann ohne weiteres Aufsehen zu entmachten. Der Ex-Sultan lebte nach seiner erzwungenen Abdankung noch über 20 Jahre, bevor er schließlich im Jahre 893/1488 starb. Untersucht man nun vor diesem Hintergrund die erhaltenen Stiftungsurkunden al-Mu’ayyad Ahmads und al-Asˇraf ˙ ¯Ina¯ls, entsteht ein faszinierendes Bild: Kurz vor seinem Tode hatte ¯Ina¯l eine Familienstiftung errichten lassen. Begünstigte waren ¯Ina¯ls Frau Zaynab, seine Söhne Muhammad und Ahmad sowie seine Töchter Fa¯tima und Badrı¯ya, wobei ˙ ˙ ˙ er Zaynab die Aufsicht (nazar) und die Verwaltung (wila¯ya) des waqf übertrug. ˙ Neben dieser Familienstiftung war von ¯Ina¯l ferner – wie zur Mamlukenzeit durchaus üblich – ein als waqf musˇtarak getarnter waqf hayrı¯ ins Leben gerufen ˘ worden, der einen Gebäudekomplex einschließlich Medrese, Mausoleum, ha¯n˘ qa¯h und Moschee auf dem nordöstlichen Friedhofsareal in Kairo umfasste. Allerdings hatte sich ¯Ina¯l in diesem Fall vorbehalten, zu seinen Lebzeiten selbst als Aufseher zu fungieren. Nach seinem Tode fiel dieses Amt Ahmad zu. Als dieser ˙ nun den Thron bestieg, musste er trotz guter Voraussetzungen damit rechnen, dass seine Amtszeit nur kurz sein würde. Aus diesem Grund betrieb er vom ersten Tag an eine aktive Rentenvorsorge: Insbesondere durch den Tausch (is-

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61 Editionen mehr oder weniger vollständiger waqfı¯yas sind rar. Aus diesem Grund ist Lucian Reinfandts Dissertation (Stiftungsstrategien im späten Mamlukensultanat. Die Urkunden der Sultane al-Asˇraf ¯Ina¯l und al-Mu’ayyad Ahmad Ibn ¯Ina¯l. Unveröffentlichte Diss. Uni˙ können wir nicht nur den arabischen Text versität Kiel 2002) besonders hervorzuheben. Hier der beiden herrscherlichen Stiftungsurkunden nachlesen, sondern es wird uns zugleich eine Übersetzung dieser schwierigen Texte ins Deutsche präsentiert. Ein ähnliches Dokument bietet auch al-Qahta¯nı¯, R. S. R., Awqa¯f as-Sulta¯n al-Asˇraf Sˇa ba¯n ala¯ l-Haramayn. Riyad 1994, ˙ ˙˙ ˙ S. 167 – 259.

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tibda¯l) von Immobilien, durch Konfiszierungen und die Übernahme von – durch Seuchen oder Landflucht – aufgegebenem Grund und Boden war alMu’ayyad Ahmad in der Lage, sein Vermögen innerhalb von nur vier Monaten – ˙ seine Regierungszeit – zu vervielfachen. Nach seinem Rücktritt verlangte der neue Sultan Husˇqadam von ihm eine Million Dinare aus dem waqf-Vermögen. ˘ Diese Summe konnte nun von Ahmad und seiner Familie aufgebracht werden, ˙ ohne dass die beiden Stiftungen aufgelöst werden mussten. Als ¯Ina¯ls Witwe Zaynab 884/1479 verstarb, ging auch die Aufsicht über die ursprüngliche Familienstiftung auf ihren Sohn – den früheren Herrscher – über. Die Rechnung ging auf: Der waqf blieb bis weit in das 10./16. Jahrhundert hinein in den Händen von Ahmads Nachkommen und bildete jeweils den Grundstein der ˙ Familienfürsorge. Die Stiftungsurkunden geben uns des weiteren Auskunft über einzelne bisher von der Forschung vernachlässigte Gruppen der mamlukischen Gesellschaft. Außer über Frauen und Eunuchen62 berichten diese Quellen vor allem über die Mamlukensprößlinge, die ja aufgrund ihrer Geburt prinzipiell von der Teilhabe an der Macht ausgeschlossen waren. Zwar ist dieses Prinzip – insbesondere im Falle der Sultansnachfolge – nicht strikt befolgt worden, doch entstand im Laufe der Zeit eine Gesellschaftsschicht mit ganz eigenen Identitätsmustern. Die awla¯d an-na¯s integrierten sich jedoch nicht nur zusehends in die ägyptisch-arabische Gemeinschaft und partizipierten an den mannigfaltigen kulturellen Aktivitäten des mamlukischen Geisteslebens, indem sie sich – mit unterschiedlich großem Erfolg – als Rechts- und Religionsgelehrte, Dichter oder Chronisten engagierten, sondern waren auch an vielen ökonomischen Aktivitäten beteiligt.63

62 Garcin, J.-Cl./Taher, M. A., Un ensemble de waqfs du IXe/XVe siÀcle en Egypte: les actes de Jawhar al-La¯la¯, in: Itineraire d’Orient. Hommages — Claude Cahen, Res Orientales 6 (1993), S. 309 – 324; dies., Les waqfs d’une madrasa du Caire au XVe siÀcle: les propri¦t¦ urbaines de ˘ awhar al-La¯la¯, in: Deguilhem, R. (Hg.), Le waqf dans l’espace islamique – outil de pouvoir G socio-¦conomique. Damaskus 1995, S. 151 – 186 und dies., EnquÞte sur le financement d’un waqf ¦gyptien du XVe siÀcle: les comptes de Jawha¯r al-La¯la¯, in: Journal of the Economic and Social History of the Orient 38 (1995), S. 262 – 304. 63 Conermann, S./Saghbini, S., Awla¯d an-Na¯s as Founders of Pious Endowments: The Waqfı¯yah of Yahya¯ ibn Tu¯gha¯n al-Hasanı¯ of the Year 870/1465, in: Mamlu¯k Studies Review 6 (2002), ˙ zu den Mamlukens ˙ S. 21 –˙ 50. Siehe öhnen als Gruppe vor allem Haarmann, U., Väter und Söhne im Herrschaftssystem der Mamluken, in: Berliner Wissenschaftliche Gesellschaft e.V. – Jahrbuch (1995), S. 211 – 227 und ders., Joseph’s Law – The Careers and Activities of Mamluk Descendants before the Ottoman Conquest of Egypt, in: Philipp, T./Haarmann, U. (Hg.), The Mamluks in Egyptian Politics and Society. Cambridge 1998, S. 55 – 84.

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STEPHAN CONERMANN & LUCIAN REINFANDT: „Anmerkungen zu einer mamlukischen waqf-Urkunde aus dem 9./ 15. Jahrhundert“ In Ulrich Haarmanns Nachlass fand sich unter anderem die Fotokopie einer mamlukenzeitlichen Stiftungsurkunde des 9./15. Jahrhunderts. Zwar hatte er sie, wie sich bei näherer Betrachtung herausstellte, in einem wichtigen Aufsatz bereits verwendet. Zu einer kritischen Herausgabe dieser bemerkenswerten Quelle war es jedoch nicht mehr gekommen. Diese Aufgabe ist nun kürzlich an anderer Stelle in Form einer Edition und – da die Urkunde die Stiftung eines Mamlukensohns dokumentiert – einer längeren historischen Einleitung bezüglich des Phänomens der Mamlukenabkömmlinge (awla¯d an-na¯s) nachgeholt worden. Auf diesen ersten Schritt soll nun der zweite folgen. Denn zur Aufarbeitung des Urkundentextes und seiner historischen Kontextualisierung sollte immer auch eine Übersetzung und vor allem Kommentierung des Inhalts treten. Die Verfasser dieses Aufsatzes, beide Kieler Schüler von Ulrich Haarmann, sehen in dem vorliegenden Gedenkband daher einen angemessenen Anlass, nun auf die bereits erschienene Edition eine deutsche Übersetzung mitsamt diplomatischem Kommentar und historischer Einordung folgen zu lassen und das Unternehmen damit zu einem Abschluss zu bringen.

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Auch Jonathan Berkey stützt sich in seiner auf seine Dissertation aufbauende Darstellung der mamlukischen Bildungseinrichtungen in Kairo in erster Linie auf Material, das er aus dem Studium von Waqf-Urkunden gewonnen hat.64 Besonders interessant sind hier die von Berkey skizzierten Aufstiegsmöglichkeiten in den Medresen und Universitäten. Selbst dem Mann aus einfachen Verhältnissen, der kein Geld für die aufwendige Kleidung des rechten Gelehrten hatte, blieb die Teilnahme am mı¯ a¯d, den öffentlichen Vorlesungen an den einzelnen Hochschulen. Dort war dann auch der Wasserträger, Rosenwasserhändler oder der halbliterate Bedienstete einer gelehrten Familie willkommen. Manch ein solcher gesellschaftlicher Außenseiter hat in dieser fluiden und osmotischen Welt der Wissenschaft und der Bildung den Sprung zu akademischen Würden geschafft.

64 Berkey, J., The Transmission of Knowledge in Medieval Cairo: A Social History of Islamic Education. Princeton 1992.

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Numismatik Die nächste wichtige Quellengruppe sind Münzen. Der Forschungsstand ist unübersichtlich und das Thema überaus komplex. Aus diesem Grund beschränkt sich Warren C. Schultz in seinem für die Mamluk Studies Review verfassten Überblick65 auf die Rekonstruktion der mamlukischen Geldgeschichte. Sein Artikel baut auf den erhaltenen Münzen auf und versucht unter Berücksichtigung anderer Quellen nachzuzeichnen, welche Münzen mit welchem Wert zu welchem Zeitpunkt im Mamlukenreich zirkulierten. Das mamlukische Währungssystem beruhte grundsätzlich auf der Einteilung in Gold-, Silber- und Kupfermünzen, deren Verhältnis zueinander weder festgelegt noch stabil war. Der heutige Numismatiker steht vor großen terminologischen Schwierigkeiten, wobei insbesondere die Kupfermünzen nur schwer zu deuten sind.66 Im Jahre 759/1357 – 58 veranlasste Sultan an-Na¯sir Hasan die Herstellung ˙ ˙ neuer kupferner Geldstücke (al-fulu¯s al-gˇudud). Sie hatten ein anderes Aussehen als ihre Vorgänger, und ihr Gewicht bemaß sich nach dem nunmehr standardisierten mitqa¯l. Diese fulu¯s al-gˇudud wurden während der letzten Jahr¯ zehnte des 8./14. Jahrhunderts in so großer Menge in Umlauf gebracht, dass man sie bis weit in das nächste Säkulum hinein in Gebrauch findet.67 Den Umgang mit den mamlukischen Zahlungsmitteln erschweren auch die kurz aufeinanderfolgenden Ab- und Aufwertungen. Letztlich lässt sich aber zumindest in Bezug auf den Dinar eine Periodisierung plausibel begründen. In der wichtigsten Phase, die von Baybars bis zu Barqu¯qs zweiter Amtszeit (reg. 792 – 801/1390 – 1399) reichte, zeichnen sich die Goldstücke durch einen hohen Reinheitsgehalt aus. Ihr jeweiliges Gewicht variierte allerdings so stark, dass diese Münzen mit Sicherheit bei jedem Geschäftsgebrauch erneut gewogen werden mussten.68 Erst in jüngerer Zeit hat man den großen Wert von Stiftungsurkunden für geldwirtschaftliche Fragestellungen erkannt und langsam damit begonnen, diese fruchtbaren Quellen auszuwerten.69 Sehr willkommen ist aber auch die von Adel Allouche auf der Grundlage der Ausgabe aus dem Jahre 1940 angefertigte Neuübersetzung von al-Maqrı¯zı¯s berühmter ökonomischer Abhandlung Ig˙a¯tat ¯

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65 Schultz, W. C., Mamluk Monetary History : A Review Essay, in: Mamlu¯k Studies Review 3 (1999), S. 183 – 205. 66 Ders., Mamluk Egyptian Copper Coinage before 759/1357 – 58: A Preliminary Inquiry, in: Mamluk Studies Review 5 (2001), S. 25 – 43. 67 Ders., Mahm˜d ibn Al„ and the ,New Ful˜s‘: Late Fourteenth Century Egyptian Ful˜s Reconsidered, in: American Journal of Numismatics 10 (1998), S. 127 – 148. 68 Ders., Mamluk Money from Baybars to Barquq: A Study Based on the Literary and Numismatic Evidence. Ph.D. diss. The University of Chicago 1995. 69 Garcin/Taher, EnquÞte sur le financement [wie Anm. 62] und Hennequin, G., Waqf et monnaie dans l’Êgypte Mamluke, in: Journal of the Economic and Social History of the Orient 38 (1995), S. 305 – 312.

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al-umma bi-kasˇf al-g˙umma.70 Ganz generell ist die Zahl der bisher entdeckten und zugänglich gemachten Münzen aus der Mamlukenzeit begrenzt. Aus diesem Grund ist jede Ergänzung zu den Katalogen von Paul Balog71 und Helen W. Mitchell72 willkommen. Neu vorgestellt worden sind während des Dezenniums zwischen 1992 und 2002 Funde aus dem Museum für Islamische Kunst in Kairo und der Privatsammlung von Dr. Henry Awad.73 Eine zweite bedeutende Veröffentlichung ist in diesem Zusammenhang ein Aufsatz von Elisabeth Puin. Die Autorin stellt 121 Silbermünzen aus der Zeit Sultan Qala¯wu¯ns vor. Die zwischen 680 – 689/1281 – 1290 geschlagenen Dinare stammen aus einer etwa 700 Stücke umfassenden Sammlung mamlukischer Geldstücke, die Anfang der 1990er Jahre von Aleppo nach Europa gelangten.74

Politik

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Wie hilfreich Münzen bei der Analyse historischer Ereignisse und Prozesse sein können, hat eindrucksvoll Stefan Heidemann in seiner Arbeit über den Wechsel des Kalifates von Bagdad nach Kairo im Zuge der Ereignisse von 642/1258 gezeigt.75 Überhaupt verlief der Übergang von ayyubidischer zu mamlukischer Herrschaft nicht allerorten problemlos. Zwar besiegten die Mamluken 658/1260 ˇ a¯lu¯t76 die Mongolen, doch bedeutete dies nicht das Ende der monbei Ayn G golischen Bedrohung. Während der nächsten 60 Jahre fielen die zentralasiatischen Nomadenheere in regelmäßigen Abständen in Syrien ein.77 Die Region an der Grenze zu Anatolien, insbesondere das Zweistromland, wurde so zur um-

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70 Allouche, A., Mamluk Economics: A Study and Translation of al-Maqrı¯zı¯’s Igha¯thah. Salt Lake City 1994. 71 Balog, P., The Coinage of the Mamluk Sultans of Egypt. New York 1964 sowie ders., The Coinage of the Mamluk Sultans: Additions and Corrections, in: Museum Notes 16 (1970), S. 113 – 171. 72 Mitchell, H. W., Notes on Some Mamluk Dirhem, in: Museum Notes 16 (1970), S. 179 – 184 und nun auch dies., Beobachtungen an den Silbermünzen des Mamlukensultans Ayna¯l (857/ 1453 – 865/1461), mit Berichtigungen und Ergänzungen zu Balog: Münzzeichnungen und ihre Möglichkeiten, in: Jahrbuch für Numismatik und Geldgeschichte 47 (1997), S. 117 – 166. ˇ ara¯kisa. Kairo 73 An-Nabara¯wı¯, R. M., as-Sikka al-isla¯mı¯ya fı¯ Misr : asr dawlat al-mama¯lik al-G ˙ ˙ 1993. 74 Puin, E., Silver Coins of the Mamluk Sultan Qala¯wu¯n (678 – 689/1279 – 1290) from the Mints of Cairo, Damascus, Hama¯h, and al-Marqab, in: Mamlu¯k Studies Review 4 (2000), S. 75 – 129. 75 Heidemann, S., Das ˙Aleppiner Kalifat (AD 1261): Vom Ende des Kalifates in Bagdad über Aleppo zu den Restaurationen in Kairo. Leiden 1994. 76 Eine Auswertung der Schlacht vom 25. Ramada¯n 658/3. September 1260 auf der Grundlage ˇ˙a¯lu¯t‘ Revisited, in: Ta¯rı¯h 2 (1992), S. 119 – 150. neuer Quellen liefert Amitai-Preiss, R., ,Ayn G ˘ Boundary, Military 77 Ders., Northern Syria between the Mongols and Mamluks: Political Frontier, and Ethnic Affinities, in: Power, D./Standen, N. (Hg.), Frontiers in Questions. Eurasian Borderlands, 700 – 1700. London 1999, S. 128 – 152.

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kämpften Frontzone. Im Laufe der Zeit entwickelten die Mamluken gegenüber den in diesem Gebiet lebenden politischen und ethnischen Gruppen eine vor allem pragmatische Politik. Das Endziel musste jedoch stets die Inkorporation dieser Territorien in das eigene Reich sein, da nur auf diese Weise ein besserer Schutz Syriens gewährleistet werden konnte. Die Mongolen hingegen scheinen keine durchdachte Strategie hinsichtlich der Pufferregion zwischen den Imperien verfolgt zu haben. Ihnen reichte es offenbar, hin und wieder vor Ort Präsenz zu zeigen. Auf diese Weise konnten sie zwar keine großen militärischen Erfolge vorweisen, doch blieben zumindest die Grenzen weitgehend erhalten. Diese Demarkationslinie bedeutete somit eine klare politische Trennung in einen mamlukischen und einen mongolischen Einflussbereich. Die Zweiteilung orientierte sich nicht allein an geographischen Gegebenheiten, sondern in gleichem Maße an ideologischen und religiösen Unterschieden. Paradoxerweise gab es aber jenseits dieser historisch bedingten Antagonismen eine Reihe frappierender Ähnlichkeiten der Eliten in beiden Herrschaftsverbünden. Es wäre sicher lohnenswert, der Frage nachzugehen, ob sich diese Übereinstimmungen auf den gemeinsamen Ursprung und die damit verbundenen Werte und Vorstellungen zurückführen lassen. Trotz jener Wesensverwandtschaft in einigen zentralen Verhaltensmustern blieb die politische Rivalität zwischen Mongolen und Mamluken bis etwa 720/1320 bestehen, zumal die Spannungen in zunehmendem Maße mit religiösen Inhalten gefüllt wurden. Langfristig entwickelte sich eine scharfe Dichotomie beider Regionen. Ein Hauptproblem der Mamlukenforschung bleibt die Interpretation der mamlukischen Herrschaftskonzeption. Einen bedenkenswerten Ansatz hat vor einigen Jahren Amalia Levanoni vorgelegt78 : Eigentlich waren die Mamlukensöhne von der Teilnahme an der Herrschaft per definitionem ausgeschlossen, wobei natürlich jedem Prinzip die Idee zugrundeliegt, möglichst wenige, eigentlich eben keine Ausnahmen oder Abweichungen zuzulassen. Hier beginnen die Probleme, denn schon ein flüchtiger Blick auf die Liste der Herrscher zeigt, daß die dynastische Erbfolge während der ganzen Mamlukenzeit verbreitet war. Von 684/1250 bis 784/1382 waren sieben Sultane echte Mamluken, und siebzehn awla¯d an-na¯s. In der anschließenden Periode der – ethnisch gesehen – tscherkessischen Herrscher regierten 24 Sultane, davon acht awla¯d an-na¯s. Vieles deutet darauf hin, dass bis in das 9./15. Jahrhundert hinein in Nachfolgeregelung nomadisch-oligarchische und erblich-monarchische Traditionen miteinander konkurrierten. Ihre endgültige Form erlangten die Modalitäten der Inthronisierung eines neuen Herrschers nach dem Zwischenspiel des Kalifen al-Musta ¯ın und dem Regierungsantritt al-Mu’ayyad Sˇayhs im Jahre 815/1412. Nach dem ˘ 78 Levanoni, A., The Mamluk Conception of the Sultanate, in: International Journal of Middle East Studies 26 (1994), S. 373 – 392.

Politik

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Tode eines aus dem Kräftemessen zwischen den stärksten Emiren hervorgegangenen Sultans wurde dessen Sohn so lange in einer Art stiller Übereinkunft als nomineller Herrscher hingenommen, bis Klarheit über den eigentlichen Nachfolger hergestellt worden war. Mehr oder minder klaglos traten die oft noch reichlich jungen Prinzen wieder in das zweite Glied zurück. Natürlich waren auch sie nicht ohne Ehrgeiz; nicht jedem dieser sı¯dı¯s – wie die Söhne der Sultane und der Sultansmamlu¯ken genannt wurden – ist der Verzicht auf das prestigeträchtige, glanzvolle Sultansamt leicht gefallen. Und das einem Vater oftmals innewohnende Bedürfnis, dem eigenen Filius all das zu ermöglichen, was ihm selbst an Chancen und Pfründen offenstand, blieb natürlich auch jetzt wirksam. Zweimal traten, ein Novum der Mamlukengeschichte, Sultane noch zu Lebzeiten zugunsten ihrer Söhne zurück. Aber das Schema war festgelegt. Wenn die Zeit des Ermittelns des Stärksten vorüber war, trat der Sohn des Vorgängers geräuschlos zurück. Unter dem neuen starken Mann blieben die abgesetzten sı¯dı¯s nicht nur unbehelligt, sondern sie waren unter Umständen geschätzter Umgang für die neuen Herrscher und deren Nachwuchs. Innerhalb der mamlukischen Herrscherkaste bildete die kleinste Einheit die um einen bestimmten Herrn und Freilasser (usta¯d) gescharte Ersatzfamilie. Sie ¯ trug den Namen ihres usta¯d und erlosch erst mit dem Tode des letzten ihrer ¯ Mitglieder. Die Treue zum Herrn und die im Kampf um die Macht freilich nicht unbegrenzt belastbare Solidarität mit den um denselben Ziehvater gescharten ,Kommilitonen‘, der husˇda¯ˇsiyya, waren nach dem mamlukischen Ideal unver˘ brüchlich und lebenslang. Sie gaben dem entwurzelten einzelnen Mamluken Standort und sozialen Halt. Die Kehrseite dieses ausgeprägten Corpsgeistes war die innermamlukische Rivalität zwischen den diversen Familien, die resultierende innere Zerrissenheit der mamlukischen Herrscherkaste insgesamt und im besonderen die Zwangsläufigkeit des Abschiedes von der Macht beim Sturz oder Tod des jeweiligen Protektors.79 HENNING SIEVERT: „Der Kampf um die Macht im Mamlukenreich des 15. Jahrhunderts“ Das politische System des ägyptisch-syrischen Mamlukenreiches bestand während der gesamten tscherkessischen Periode (1382 – 1517) praktisch ohne erbliche Thronfolge und ohne einen schriftlich fixierten Wahlmodus. Die zeitgenössischen Quellen berichten von umsturzartigen Ereignissen nach dem Tod eines Herrschers und noch dazu von wirtschaftlichen 79 Sehr anschauliche Beispiele für den Faktionalismus während der Mamlukenzeit bieten dies., The Consolidation of Aybak’s Rule: An Example of Factionalism in the Mamluk State, in: Der Islam 71 (1994), S. 241 – 254.

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Schwierigkeiten, so dass der moderne Leser einen Eindruck höchster Instabilität erhält. War für eine Aristokratie von Militärsklaven das Recht des Stärkeren das wahre Gesetz? Auf den folgenden Seiten soll der Frage nachgegangen werden, wie sich die Machtkämpfe des 15. Jahrhunderts beschreiben und erklären lassen. Dazu wird das Konzept von Faktion auf der Basis von Verflechtung vorgeschlagen und seine Anwendung auf den mamlukischen Kontext erläutert. Zwei Fallbeispiele aus den Jahren 1421 und 1453 sollen die einzelnen Elemente mit der Taktik individueller Sultanatskandidaten verbinden. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sollte von Verallgemeinerungen Abstand genommen werden, doch lässt sich zumindest für die Tscherkessenzeit nachweisen, dass ein Teil der Mamluken eines Haushalts eine künstliche Verwandtschaftsbeziehung mit dem usta¯d ¯ einging, während das Gros der Mamluken eines mächtigen Emirs oder eines Sultans in einer Patronagebeziehung zum ihm stand. Der Kern einer Faktion im Kampf um die Macht bestand aus der überwiegend künstlichen „Familie“ eines Emirs, der zugleich Patron einer Klientel aus weniger eng gebundenen Mamluken und meist weiter außerhalb stehenden anderen Personen war. Ein solches Aktionsnetz in Form einer Faktion ging zur Konfliktaustragung eine Allianz mit anderen Faktionen (meist geführt von husˇda¯sˇu¯n des Patrons) ein. ˘ Tatars erfolgreiche Taktik wurde für Jahrzehnte zum Vorbild: Nach der ˙ ˙ Auflösung des durch die Person von Sultan al-Mu’ayyad Sˇayh ausbalan˘ cierten politischen Gleichgewichts der Kräfte setzte er sich gegen seine Konkurrenten durch, indem er Teile der Mamluken seines Vorgängers und Teile seiner husˇda¯sˇu¯n in seine Klientel und seine Faktion aufnahm. Ent˘ scheidend war die Allianz mit Tanbak Miyiq az-Za¯hirı¯, durch die er einen ˙ ˙ Teil der Mamluken Barqu¯qs von den übrigen im gegnerischen Lager löste. Solche vorübergehenden Bündnisse führten oft zum Erfolg, so dass sich regelmäßig nicht einzelne Faktionen, sondern zwei vorübergehend bestehende Allianzen gegenüberstanden. Das Erfolgsmodell der Allianzbildung verstärkte dabei die „Wähler-“ Funktion der Sultansmamluken, deren politisches Gewicht das der Emire und ihrer Faktionen relativierte, während die Führung eines Emirs den Sultansmamluken erst die Möglichkeit gab, dieses Gewicht einzusetzen. Nach Erlangung der Herrschaft musste der neue Sultan seinerseits die verschiedenen Emire mit ihren Klientelen in ein Gleichgewicht untereinander bringen. Er verlieh hohe Ämter an seine mächtigsten Klienten und Alliierten verschiedener Netzwerke, isolierte einige, um sich ihrer zu entledigen und baute sein eigenes Patronagenetzwerk aus. Sein Ziel war ein auf die eigene Person abgestimmtes politisches Kräftegleichgewicht,

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welches allerdings mit seinem Tod verschwand. Der Versuch von Utma¯n ¯ ˇ aqmaq, die Herrschaft zu übernehmen, war unter einer ganzen Reihe b. G von Sultanssöhnen – zwischen den letztlich ebenfalls gescheiterten von an-Na¯sir Faragˇ (1399 – 1405) und an-Na¯sir Muhammad b. Qa¯ytba¯y (1496 – ˙ ˙ ˙ 98) – einer der erfolgversprechendsten, hatte jedoch keinerlei Erfolgsaussichten. Nur einer der höchstrangigen Emire war in der Lage, das Sultanat anzutreten, und zwar unabhängig von der Person des Sohnes seines Vorgängers (ob er ein Kleinkind oder ein vielversprechender Erwachsener war). Denn nur eine solche Person konnte in Übereinstimmung mit dem mamlukischen „System“ eine Faktion an die Macht führen und ein neues politisches Gleichgewicht erreichen. Eng mit der mamlukischen Herrschaftskonzeption verbunden war die Herrschaftslegitimation der Herren vom Nil.80 In der Anfangsphase des Mamlukenreiches definierten sich die neuen Machthaber nach außen hin in erster Linie durch ihr Verhältnis zu den Mongolen. Die akute militärische Bedrohung durch die ¯Il-Ha¯ne war dabei nur die eine Seite der Medaille. Die andere Seite stellte das ˘ genealogische Prestige der Zentralasiaten dar. Dies galt aber nicht allein für die iranischen Nachbarn, sondern auch für die befreundeten Herrscher der Goldenen Horde. Als importierte Sklaven und kiptschakische Nobodies in einer Welt, in der Abstammung alles bedeutete, sahen sich die Mamluken konfrontiert ˇ inggis Ha¯ns mit den direkten Nachkommen der göttlich legitimierten Dynastie C ˘ und ihrer beeindruckenden militärischen Erfolgsgeschichte. Baybars, Qala¯wu¯n und ihre Berater entschieden sich angesichts dieses – zentralasiatisch gesehen – bedeutenden legitimatorischen Vorsprungs der Mongolen für eine Vorgehensweise, die zum einen aus aggressiven Militärschlägen und zum anderen aus der Betonung religiöser Grundsätze bestand. Letztere schlossen die Manipulation des abbasidischen Kalifats81 und die Übernahme der islamischen Herrscherinsignien82 ein. Darüber hinaus hoben die zur Mitarbeit verurteilten ägyptischen Religionsgelehrten diejenigen Aspekte des muslimischen Glaubens hervor, die militärische Aktionen gegen Ungläubige als heilsbringende Taten empfahlen. Desweiteren stellten sich die Mamluken – zumindest der Theorie nach – in den 80 Broadbridge, A. F., Mamluk Legitimacy and the Mongols: The Reign of Baybars and Qala¯wu¯n, in: Mamlu¯k Studies Review 5 (2001), S. 91 – 118. Siehe auch Kruk, R., History and Apocalypse: Ibn al-Naf„s’ Justification of Mamluk Rule, in: Der Islam 72 (1995), S. 324 – 337. 81 Madelung, W., A Treatise on the Imamate Dedicated to Sultan Baybars I, in: Fodor, A. (Hg.), Proceedings of the 14th Congress of the Union Eurp¦enne des Arabisants et Islamisants. Budapest, 29th August – 3rd september 1988. Tband 1. Budapest 1995, S. 91 – 102. 82 Vermeulen, U., Une note sur les insignes royaux des Mamelouks, in: Ders./D. De Smet (Hg.), Egypt and Syria in the Fatimid, Ayyubid and Mamluk Eras. Löwen 1995, S. 355 – 362.

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Dienst der ˇsarı¯ a, deren Überlegenheit über die mittelasiatische ya¯sa die ulama¯’ proklamierten. Als die ¯Il-Ha¯ne dann zum Islam konvertierten, konnten die ˘ mamlukischen Herrscher die Seniorität in Sachen des rechten Glaubens für sich reklamieren. THOMAS HERZOG : „Legitimität durch Erzählung. Ayyubidische und kalifale Legitimation mamlukischer Herrschaft in der populären Sı¯rat Baybars“ Eines der großen Probleme der Mamluken zu Beginn ihrer Herrschaft war ihre Legitimation. War das vor ihnen herrschende Haus der Ayyubiden durch seine Herkunft und durch die Einsetzung durch den Kalifen in Bagdad legitimiert, so konnten sich die mit Baibars endgültig an die Macht gekommenen Militärsklaven weder durch Abstammung, noch – in einer Übergangszeit nach der mongolischen Eroberung Bagdads – durch die religiöse Autorität des Kalifen legitimieren, ja sie waren nicht einmal auf von Muslimen kontrolliertem Gebiet geboren. Während die Herrschaft ehemaliger Militärsklaven-Generale gegen Ende von Baibars’ Amtszeit für sich allein stehen konnte, litt sie in den ersten Jahrzehnten ihrer Existenz unter einem erheblichen Legitimationsdefizit gegenüber den traditionellen Eliten ihrer Zeit. Betrachtet man in diesem Kontext die Darstellung des Sultans Baibars in der Sı¯rat Baibars, seiner Herkunft, seines Aufstiegs und der Art, wie er die Macht übernahm, so ordnen sich Details, die scheinbar nur der Glorifizierung des Helden eines Abenteuerromans dienen, zu einem sinnvollen Gesamtbild, das es erlaubt, die Sı¯rat Baibars in ihrer politischen Tragweite zu verstehen: sie legitimiert Baibars’ Herrschaft über eine spirituelle und „adoptive“ ayyubidische Aszendenz sowie über eine „adoptive“ kalifale Aszendenz und zeigt, dass sowohl die Ayyubiden als auch das Kalifat ihre historische Rolle verwirkt hatten und die alleinige Machtübernahme der Mamluken eine folgerichtige Konsequenz der Geschichte war. In beiden Fällen funktioniert die Sı¯rat Baibars als ein Text, der die mamlukische Herrschaft legitimiert und deren ideologische Vorgaben in ein volkstümliches Milieu übermittelt. Welche Bedeutung kam innerhalb des Mamlukenreiches den verschiedenen Ethnien zu? Untersucht wurde beispielsweise die Rolle der Kurden in der spätayyubidischen bzw. frühmamlukischen Gesellschaft.83 Anne-Marie Edd¦ greift 83 Edd¦, A.-M., Kurdes et Turc dans l’arm¦e ayyoubide de Syrie du Nord, in: Lev, Y. (Hg.), War and Society in the Eastern Mediterranean, 7th-15th Centuries. Leiden et al. 1995, S. 225 – 236.

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in ihrem 1995 erschienenen Aufsatz David Ayalons These von der maßgeblichen Bedeutung kurdischer Einheiten in dem spätayyubidischen Heer auf. Sie geht davon aus, dass der ethnische Antagonismus nicht nur zwischen Kurden und Türken, sondern auch zwischen Türken und anderen ethnischen Gruppen innerhalb der syrischen Truppen langlebige Bindungen geschaffen hat. Auf der Schwelle zur mamlukischen Herrschaft war der Anteil der türkischen Elemente in der syrischen Armee zwar unverhältnismäßig hoch, doch spielten die Kurden weiterhin eine wichtige Rolle. Man kann sogar davon ausgehen, dass sich ihr Einfluss nach 648/1250 – 51 im Zuge der gesellschaftlichen Umwälzungen noch vergrößerte. Der Machtverlust freigeborener, aber mit den Zangiden verbündeter türkischer Familien, die Bekehrung vieler syrischer Türken zum neuen Regime in Kairo und die fortgesetzte Loyalität kurdischer Familien wie der Qaymarı¯yu¯n zu den syrischen Ayyu¯biden schufen eine Situation, die es den Kurden noch für einige Zeit erlaubte, an der Macht zu partizipieren. Ein weiterer Punkt, an dem David Ayalons Prämissen und Forschungsergebnisse auf den Prüfstand gestellt wurden, ist die Frage nach dem Organisationsgrad der mamlukischen Armee unter Baybars.84 Im Anschluss an Untersuchungen von R. Stephen Humphreys hat Reuven Amitai-Preiss einige wichtige Charakteristika der neuen Militärmacht überzeugend herausgearbeitet: Die frühmamlukische Armee war – spätestens nach 658/1260 – größer und besser strukturiert als ihre ayyubidische Vorläuferin. Baybars sah sich angesichts der ¯ılha¯nidischen Bedrohung veranlasst, das Militär umzugestalten und die internen ˘ Abläufe zu verbessern. Amitai-Preiss argumentiert in erster Linie auf der Grundlage einer genauen Analyse der höheren Offiziersränge. Er bestätigt die schon häufiger geäußerte Annahme, dass die Offizierskaste – im Gegensatz zu dem mamlukischen Establishment – in der Frühphase des Mamlukenreiches größtenteils aus im Kaukasus erworbenen, in Ägypten ausgebildeten und später freigelassenen Sklaven bestand, wobei die meisten von ihnen zur Sa¯lih¯ı- bzw. ˙ ˙ Za¯hirı¯-Familie gehörten. Geschickt setzte Baybars seine eigenen mama¯lı¯k auf ˙ Schlüsselpositionen der mamlukischen Administration. Er besetzte im Laufe der Zeit nicht nur das Offizierskorps, sondern auch die Ebene der niedrigrangigen Emire mit ihm ergebenen Leuten. Bemerkenswerterweise verfügen wir bisher kaum über Langzeitanalysen einzelner Ämter innerhalb des mamlukischen Militär- und Verwaltungsapparates.85 Ferner fällt auf, dass erst vereinzelt versucht worden ist, unterhalb der 84 Amitai-Preiss, R., The Mamluk Officer Class During the Reign of Sultan Baybars, in: Lev, Y. (Hg.), War and Society in the Eastern Mediterranean, 7th-15th Centuries. Leiden et al. 1995, S. 267 – 300. 85 Einen erster Ansatz bietet Little, D. P., Notes on the Early nazar al-kha¯ss, in: Philipp, T./ ˙ Cambridge ˙˙ 1998, S. 235 – Haarmann, U. (Hg.), The Mamluks in Egyptian Politics and Society. 253.

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Sultansebene die Viten und Karrieren einzelner Mamluken darzustellen, obgleich wir sehr viel biographisches Material besitzen. Eine Ausnahme ist die von Richard T. Mortel angefertigte Lebensskizze des am 1. Du¯ l-Qa da 867/17. August ¯ ˇ idda G ˇ a¯nibak az1463 ermordeten dawa¯da¯r al-kabı¯r und Statthalters von G ˙ 86 Za¯hirı¯. Einzelne Sultane hingegen sind sehr gut untersucht. So gibt es zum ˙ 87 Beispiel Linda S. Northrups große Studie über al-Mansu¯r Qala¯wu¯n , in welcher ˙ sie klar herausstellt, wie sehr sich der Sultan ganz bewusst darum bemühte, nach außen hin seine Herrschaft als Fortsetzung der Regierung des Ayyubidenherrschers as-Sa¯lih (reg. 637 – 647/1240 – 1249) zu präsentieren. Oder Amalia Le˙ ˙ ˙ vanonis Abhandlung über die dritte Regierungszeit an-Na¯sir Muhammad b. ˙ ˙ Qala¯wu¯ns (709/1310 – 740/1341).88 Die Arbeit ist weiter gefasst als der Titel. Eigentlich handelt sie von der Funktion des Heeres während der Periode der Tscherkessensultane. Die Autorin möchte mit ihrer Schrift zeigen, auf welche Weise sich im Laufe des 8./14. Jahrhunderts im militärischen wie auch im moralischen Bereich eine Laxheit einschleichen konnte, die das System der Mamluken zersetzte und dadurch entscheidenden Anteil an dessen Fall hatte. An anderer Stelle verdeutlicht Levanoni, dass eine grundlegende Änderung in den wirtschaftlichen Verhältnissen der ,rank-and-file‘-Emire eine Proletarisierung nicht nur dieser Gruppe, sondern der militärischen Kultur insgesamt hervorgerufen hat.89 Ausgangspunkt dieser Umwälzung innerhalb des mamlukischen Systems war, ihrer Meinung nach, die Politik Sultan an-Na¯sir Muhammads, der ˙ ˙ während seiner dritten Regierungszeit die rasche Beförderung unterer Mamlukenchargen durchsetzte. Das erzwungene Ausscheiden altgedienter Emire führte zur Bildung von mächtigen Gruppen außerhalb des Regimes, die maßgeblich zur Entwicklung der anarchischen Zustände im 9./15. Jahrhundert beitrugen. Diese Niedergangsthese lässt natürlich viele Fragen offen, doch weicht Levanoni das von David Ayalon gezeichnete Bild einer Blütezeit unter anNa¯sir Muhammad b. Qala¯wu¯n auf. Ihre These geht letzten Endes dahin, das ˙ ˙ während der Regierungszeit dieses Sultans die reale Macht auf die Großemire und ihre miteinander konfligierenden Fraktionen übergegangen ist. Der Sultan war von nun an ein Nebendarsteller, dessen Politik sich weitgehend darauf beschränkte, die verschiedenen Gruppen hinter sich zu bringen. Aus diesem 86 Mortel, R. T., Grand dawa¯da¯r and Governor of Jedda: The Career of the Fifteenth Century ˇ a¯nibak al-Za¯hirı¯, in: Arabica 43 (1996), S. 437 – 456. Mamluk Magnate G 87 Northrup, L. N., From Slave to˙ Sultan: The Career of al-Mansu¯r Qala¯wu¯n and the Consoli˙ – 1290 A.D.). Stuttgart 1998. dation of Mamluk Rule in Egypt and Syria (678 – 689 A.H./1279 88 Levanoni, A., A Turning Point in Mamluk History : The Third Reign of al-Na¯sir Muhammad ˙ ˙ Ibn Qala¯wu¯n (1310 – 1341). Leiden 1995. 89 Dies., Rank-and-File Mamluks Versus Amirs: New Norms in the Mamluk Military Institution, in: Philipp, T./Haarmann, U. (Hg.), The Mamluks in Egyptian Politics and Society. Cambridge 1998, S. 17 – 31.

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Grunde, so das interessante Fazit Levanonis, müsse man in Zukunft von einer herrscherorientierten Geschichtsdarstellung Abstand nehmen. Stattdessen sollten sich die Mamlukologen lieber den Schichten und Personen unterhalb der Sultansebene zuwenden. Die Prämisse eines vermeintlichen Niedergangs der Mamluken wird häufig verbunden mit der Frage, warum die Militärmacht am Nil gegen die Osmanen verloren habe. Ein Grund ist die waffentechnische Überlegenheit der Türken. Dies ist sicherlich richtig, obwohl es auch Ansätze zu Reformen gegeben hat. Die massiven Schwierigkeiten, die der mamlukische Traditionalismus und die konservativen Grundtendenzen des Mamlukensystems mit sich brachten, überwogen am Ende des 9./15. Jahrhunderts offenbar die Vorteile. Zumindest scheint dies die Perspektive des Herrschers gewesen zu sein. Aus diesem Grund unternahm der vorletzte Sultan, Qa¯nsu¯h al-G˙awrı¯, vorsichtige Schritte zur Re˙ formierung der bis dahin üblichen Militärstrategie.90 Außer einigen Versuchen, potentielle Unruheherde im Ansatz zu ersticken, bestanden Qa¯nsu¯h al-G˙awrı¯s ˙ Innovationen aus Experimenten mit Schießpulver, der Aufstellung einer neuen militärischen Einheit – das berühmte fünfte Korps (at-tabaqa al-ha¯misa) – und ˙˙ ˘ dem Versuch, aus weitgehend geheimgehaltenen und zum großen Teil wohl illegalen Einnahmequellen ein Vermögen aufzubauen, über das nur er selbst die Verfügungsgewalt hatte. Natürlich kam die ganze Sache ans Tageslicht und wurde von den zeitgenössischen Chronisten – ebenso wie die beiden anderen Neuerungen – scharf kritisiert. Ein weiterer Grund war augenscheinlich die nicht vorhandene Marinepolitik der Mamluken.91 Diese Aussage hat ihre Berechtigung, wenn man an die Auseinandersetzung mit den Osmanen denkt, doch ist sie nur eingeschränkt gültig hinsichtlich des mamlukischen Kampfes gegen die Kreuzritter. Die Mamluken hielten die ritterlichen Künste (furu¯sı¯ya) für die höchste und eigentlich auch einzig mögliche Form der militärischen Betätigung. Daher hegten sie eine tiefe Abneigung gegen jegliche Art seepolitischer Aktivitäten. Bei ihrem Kampf gegen die Kreuzfahrer zogen sie es daher vor, keine Flotte zu bauen, sondern die wichtigsten Hafen- bzw. Küstenstädte vollkommen zu zerstören. Diese Vernichtungsstrategie zeitigte in der Tat Erfolge, denn die ,Franken‘ wurden dadurch an einer Rückkehr in das Heilige Land gehindert. Albrecht Fuess’ vor

90 Petry, C. F., „The Military Innovations of Sultan Qa¯nsu¯h al-Ghawrı¯: Reforms or Expedi˙ ents?“, in: al-Qantara 14 (1993), S. 441 – 467. 91 Fuess, A., Rotting˙Ships and Razed Harbors: The Naval Policy of the Mamluks, in: Mamluk Studies Review 5 (2001), S. 45 – 71. Ähnlich ist auch ders., Handel und Piraterie. Die syropalästinensische Küste in mamlukischer Zeit (1291 – 1517), in: Wild, S./Schild, H. (Hg.), Akten des 27. Deutschen Orientalistentages (Bonn – 28. September bis 2. Oktober 1998): Norm und Abweichung. Würzburg 2001, S. 279 – 290.

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diesem Hintergrund verfasste Dissertation92 ist die erste vollständige Geschichte der syrisch-palästinensischen Küstenregion nach der Vertreibung der Kreuzritter. Die Darstellung beruht auf der Auswertung der Lokalchroniken Sa¯lih b. ˙ ˙ Yahya¯s (st. nach 840/1436)93 und Ibn Siba¯ts (st. nach 926/1520)94. Darüber hinaus ˙ ˙ liefert Fuess aber auch eine Sozialgeschichte der Küste sowie eine Beschreibung der örtlichen Verwaltungsstrukturen und eine Skizze des Handels zwischen Europa und dem Mamlukenreich auf der Grundlage zahlreicher Dokumente aus dem Archivio di Stato in Venedig. ALBRECHT FUESS : „Dreikampf um die Macht zwischen Osmanen, Mamluken und Safawiden (1500 – 1517). Warum blieben die Mamluken auf der Strecke?“ Schon zeitgenössischen Europäern fiel auf, dass die Mamluken keinerlei militärische Ambitionen gegenüber ihren Nachbarn zeigten. Als einer der Hauptgründe für ihre Niederlage gegen die Osmanen gilt daher das Militärwesen. Ende des 15. Jahrhunderts beklagten selbst mamlukische Autoren wie Ibn IyÁs einen dramatischen Niveauverlust in dem einstigen Glanzstück des mamlukischen Heeres, der Reiterei. Die traditionellen Lanzenspiele seien vernachlässigt worden und das Hippodrom in Kairo verfallen. Doch Anfang des 16. Jahrhunderts war mit Lanzenkämpfen keine Schlacht mehr zu gewinnen. Was jetzt zählte, waren Feuerwaffen. Diese wurden aber von weiten Kreisen innerhalb der mamlukischen Militäraristokratie als unritterlich abgelehnt. Bemühungen, eine Truppe von Gewehrschützen aufzustellen, stießen auf erbitterte Widerstände. Der Versuch von Qa¯nsawh al-G˙awrı¯, eine Artillerieeinheit zu etablieren, kam zu ˙ spät für die Auseinandersetzung mit den Osmanen. Ohnehin verzichteten die Mamluken bewusst auf das Mitführen von Feldartillerie, als sie zum Kampf gegen die Osmanen nach Nordsyrien aufbrachen. Neben dem Umgang mit Feuerwaffen taten sich die Mamluken auch im Bereich des Seekampfes schwer. Zu keinem Zeitpunkt ihrer Herrschaft unternahmen sie eine machtvolle Flottenpolitik, die zum Ziel gehabt hätte, die europäische Vormacht im östlichen Mittelmeer zu brechen. Insgesamt trug die kurzsichtige mamlukische Seepolitik auch dazu bei, dass die Mamluken ökonomisch ins Hintertreffen gerieten, da sie den Seehandel anderen überließen. Ganz anders war da die Einstellung der Osmanen zur

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92 Ders., Verbranntes Ufer. Auswirkungen mamlukischer Seepolitik auf Beirut & die syro-palästinensische Küste (1250 – 1517). Leiden et al. 2001. 93 Sa¯lih b. Yahya¯, Ta’rı¯h Bayru¯t. Hg. von Louis Cheikho. Beirut 1898. ˙ ¯h Ibn˘ Siba¯t. Hg. von Umar Abd as-Sala¯m at-Tadmurı¯. 2 Bde. Tripolis 1993. ˙ ˙Siba¯t, Ta’rı 94 Ibn ¯ ˙ ˙ ˘

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Seefahrt. Sie hatten seit Mitte des 15. Jahrhunderts eine machtvolle Flotte aufgebaut, die im 16. Jahrhundert die Kontrolle im östlichen Mittelmeer übernehmen sollte. Ein weiteres Problem, mit dem sich die Mamluken im Militärbereich auseinandersetzen mussten, lag darin, neue Mamluken in das Reich zu holen. Die Neurekrutierung war beschwerlich, denn der Import verlief teilweise über feindliches Territorium. Der Neukauf von Mamluken belastete den Staatssäckel zusätzlich, ohne dass damit für das Mamlukenreich ein Mehrwert verbunden war. Insgesamt kam es im Mamlukenreich im 15. Jahrhundert zu einem Bevölkerungsrückgang. Mitverantwortlich waren dafür die vielen Seuchen, die das Land seit dem ersten Auftreten des verheerenden Schwarzen Todes Mitte des 14. Jahrhunderts immer wieder heimsuchten. Neben den tragischen menschlichen Schicksalen erlitt das Mamlukenreich auch jedes Mal einen erheblichen finanziellen Verlust. Dieser wog umso schwerer, als im 15. Jahrhundert die Einnahmen aus der ägyptischen Landwirtschaft von über neun auf zwei Millionen Dinar gesunken waren. Neue Kriegsanleihen wurden nötig, um die mamlukischen Streitkräfte zu finanzieren. Hinzu kam der Kollaps des Währungssystems. An die Stelle von Gold- und Silbermünzen traten nun immer öfter Kupfermünzen, die vom wirtschaftlichen Abstieg kündeten. Die mamlukische Obrigkeit war nicht imstande, das Ruder herumzureißen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um den Niedergang aufzuhalten. Vielmehr zerschlissen sie sich in innermamlukischen Fraktionskämpfen, die viel von der inneren Energie des Reichs in Anspruch nahmen. Nur mit der innermamlukischen Rivalität ist es zu erklären, wieso ein großer Teil der Mamluken in der Entscheidungsschlacht von Margˇ Da¯biq im Jahr 1516 mit dem Statthalter von Aleppo Hayrbak zu den Osmanen überlief. Es scheint eindeutig zu sein, ˘ dass sich Ende des 15. Jahrhunderts „die Reformfähigkeit des mamlukischen Systems offenkundig erschöpft hatte“, wie Haarmann es ausdrückt. Anscheinend waren die Mamluken einfach nicht gerüstet, um flexibel auf die Herausforderungen des Zeitalters der Entdeckungen reagieren zu können. Daher blieben sie auf der Strecke. Osmanen und Safawiden erwiesen sich im Gegensatz dazu als deutlich anpassungsfähiger.

Obgleich Syrien die wichtigste Provinz des Reiches war, fehlt eine neuere Zusammenfassung. Wir besitzen jedoch eine recht gelungene arabischsprachige Ergänzung zu der bisher vorliegenden Darstellung der niya¯bat asˇ-Sˇa¯m während

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der Mamlukenperiode.95 Fa¯dı¯ Ilya¯s Tawwa¯s Studie, die sich auf die AnnalesSchule beruft, aber bedauerlicherweise die englischsprachige Sekundärliteratur vollständig ausblendet, behandelt vor allem die ökologischen und demographischen Entwicklungen der Epoche, wobei die klimatischen Bedingungen, die Agrarpreise und die Auswirkungen der in regelmäßigen Abständen wiederkehrenden Seuchen in Syrien im Vordergrund stehen.

Lokalgeschichte

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Auch wenn, wie gesagt, für das mamlukenzeitliche Syrien keine wirklich befriedigende Monographie auf dem Markt ist, verfügen wir mittlerweile doch über andere regional- und lokalgeschichtlicher Abhandlungen. Ein wenig enigmatisch mutet Alexander Scheidts Studie über Karak an, das als eine der sieben Provinzen des Mamlukenreiches politisch keine unbedeutende Rolle spielte. Letztlich kommt diese Arbeit jedoch nicht einer eigenständigen Untersuchung gleich. Vielmehr liefert uns der Verfasser die kommentierte Übersetzung des 1965 von Muhammad Adnan al-Bah¯ıt als Magisterarbeit eingereichten ˙ ˘ und in überarbeiteter Form 1976 publizierten Buches Mamlakat al-Karak fı¯’lahd al-mamlu¯kı¯96. Ansprechender ist da schon Martina Müller-Wieners Monographie zu Alexandria97, obwohl auch hier kleinere Mängel festzustellen sind. Insbesondere gibt uns die Autorin keine plausible Interpretation für den auffälligen Niedergang der Handelsmetropole zu einem heruntergekommenen Hafen von nur regionaler Bedeutung. Vorbildlich gestaltet und von ihrem Ansatz her wegweisend ist hingegen eine mikrohistorische Analyse des Departements (niya¯ba) von Tripolis während der Mamlukenzeit aus der Feder Ibra¯hı¯m alQatta¯rs.98 Aber auch Muhammad Fu’a¯d asˇ-Sˇa¯ irs Survey des ägyptischen Dis˙ ˙˙ triktes asˇ-Sˇarqı¯ya in der Zeit von 564/1169 bis 923/1517 besitzt die Qualitäten eines nützlichen Übersichtswerkes.99 Recht bemerkenswert kommt Robert Schicks Artikel über das mamlukische Jerusalem daher100, denn der Verfasser ˘

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95 Tawwa¯, F. I., al-Mana¯h wal-as a¯r wal-amra¯d fı¯ bila¯d asˇ-Sˇa¯m fı¯ ahd al-Mama¯lı¯k (642 – 922 H./ ˙ ˘ 1998. 1250 – 1516 M.). Beirut 96 Scheidt, A., Das Königreich von Karak in der mamlukischen Zeit: Aus dem arabischen Geschichtswerk von Muhammad Adna¯n al-Bah¯ıt übersetzt und ausführlich erläutert. ˙ ˘ Frankfurt 1992. 97 Müller-Wiener, M., Eine Stadtgeschichte Alexandrias von 564/1169 bis in die Mitte des 9./15. Jahrhunderts: Verwaltung und innerstädtische Organisationsformen. Berlin 1992. 98 Al-Qatta¯r, I., Niya¯bat Tara¯bulus fı¯ ahd al-Mama¯lı¯k (688 – 922 H./1289 – 1516 M.). Beirut ˙ 1998. ˙˙ ˇ ˇ 99 Asˇ-Sa¯ ir, M. F., asˇ-Sarqı¯ya fı¯ asray Sala¯t¯ın al-Ayyu¯bı¯yı¯n wal-Mama¯lı¯k. Manu¯fı¯ya 1997. 100 Schick, R., Arabic Studies of ˙Mamluk˙Jerusalem: A Review Article, in: Mamlu¯k Studies Review 5 (2001), S. 159 – 168. ˘

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Außenpolitik

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berücksichtigt vor allem arabische Sekundärliteratur, die sonst nur schwer zugänglich ist. Seine Analyse baut darüber hinaus auf der genauen Lektüre der wichtigsten narrativen Quellen zur Geschichte der altehrwürdigen Stadt auf. Eine Erforschung der mittelalterlichen Städte al-Quds und al-Halı¯l kann ohne ˘ eine gründliche Kenntnis von Mugˇ¯ır ad-Dı¯ns 900 – 902/1495 – 96 niederge101 schriebener Chronik al-Uns al-gˇalı¯l bi-ta’rı¯h al-Quds wal-Halı¯l nicht gelingen. ˘ ˘ Hinzu muss noch die auf Städte gemünzte fada¯’il-Literatur kommen, in diesem ˙ Fall also Ibn Asa¯kirs (st. 571/1176) Ta’rı¯h madı¯nat Dimasˇq102 und Sˇiha¯b ad-Dı¯n ˘ b. Mahmu¯d b. Tamı¯m al-Maqdisı¯s (st. 765/1364) Mut¯ır al-g˙ara¯m ila¯ ziya¯rat al¯ ˙ 103 ˇ Quds wasˇ-Sa¯m . Weitere Informationen liefert uns schließlich der aus Kairo stammende Dichter Ibn Nuba¯ta (gest. 768/1366), dem in den 730er/1330er Jahren unter Amı¯n ad-Dı¯n Abd Alla¯h, dem Statthalter von Damaskus, die Oberaufsicht über die Grabeskirche und die christliche Wallfahrt übertragen worden war. Obgleich Ibn Nuba¯ta seinen Wohnsitz für gewöhnlich in der syrischen Hauptstadt hatte, unternahm er – vor allem um die Osterzeit – zahlreiche Kontrollreisen nach Jerusalem. Als dann im Jahre 733/1333 oder 735/1335 – 36 Amı¯n ad-Dı¯n Abd Alla¯h in die Heilige Stadt zog, um die erst kurz zuvor erbaute Madrasa al-Amı¯nı¯ya und den dazugehörigen Stiftungskomplex zu inspizieren, befand sich auch Ibn Nuba¯ta in seiner Begleitung. Über seine auf dieser Fahrt gemachten Beobachtungen verfasste der Kairener Poet einen noch lange nicht ausgewerteten Bericht.104 ˘

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Außenpolitik Ein wirkliches Desideratum bleibt eine Monographie über das byzantinischmamlukische Verhältnis vom 7./13. bis zum 9./15. Jahrhundert.105 Besser sieht es bei den Beziehungen zwischen Mamlukenreich und ¯Il-Ha¯nat aus. Reuven ˘ Amitai-Preiss hat zu den massiven anfänglichen Spannungen zwischen beiden Herrschaftsverbünden nicht nur ein grundlegendes Werk verfasst106, sondern sich auch Einzelthemen – etwa der Korrespondenz zwischen dem ¯Ilha¯n Abaqa ˘ ˘

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101 Mugˇ¯ır ad-Dı¯n, al-Uns al-gˇalı¯l bi-ta’rı¯h al-Quds wal-Halı¯l. Bd. 1 hg. von Adna¯n Yu¯nis Abd ˘ ˘ mu¯d Awda al-Ka al-Magˇ¯ıd Abu¯ Tabba¯na; Bd. 2 von Mah a¯bna. Amman 1999. ˙ von Umar b. G˙ara¯ma al- Umarawı¯. Beirut 1995. 102 Ibn Asa¯kir, Ta’rı¯h madı¯nat Dimasˇq. Hg. ˘ mu¯d b. Tamı¯m al-Maqdisı¯, Mut¯ır al-g˙ara¯m ila¯ ziya¯rat al-Quds wasˇ103 Sˇiha¯b ad-Dı¯n b. Mah ¯ ˙ al-Ha¯t¯ımı¯. Beirut 1994. Sˇa¯m. Hg. von Ahmad ˙ ˙ ˘ 104 Hamd Alla¯h Abd Alla¯h Yu¯suf (Hg.), Rihlat Haz¯ırat al-uns ila¯ hadrat al-Quds li-Ibn Nuba¯ta ˙ H./1332 M. Jerusalem 1994. ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ 733 105 Recht enttäuschend ist Mansouri, M. T., Recherches sur les relations entre Byzance et l’Êgypte (1259 – 1453) (d’aprÀs les sources arabes). Tunis 1992. 106 Amitai-Preiss, R., Mongols and Mamluks: The Mamluk-I¯lkha¯nid War, 1260 – 1281. Cambridge 1995. ˘

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(reg. 663 – 680/1265 – 1282) und Sultan Baybars – zugewandt.107 Von Interesse ist natürlich die gegenseitige Wahrnehmung der damaligen Kontrahenten um die Macht im Vorderen Orient. Der Religionsgelehrte Ibn Taymı¯ya wurde zum Beispiel nicht müde, die Mongolen mit theologischen Argumenten zu denunzieren. Von dieser generellen Verdammung blieb auch der weithin bekannte ¯Ilha¯nidische Wesir und Historiker Rasˇ¯ıd ad-Dı¯n Fadl Alla¯h (st. 718/1318) nicht ˙ ˘ ausgenommen, den Ibn Taymı¯ya während der Okkupation von Damaskus durch die Truppen G˙a¯za¯ns (reg. 694 – 703/1295 – 1304) 699/1299 – 1300 persönlich kennengelernt hatte.108 Dienten die iranischen Nachbarn somit lange Zeit als Feindbild, gab es zu der Goldenen Horde freundschaftliche Kontakte. Auch hier fehlt es an einer neueren Gesamtdarstellung. Peter M. Holt untersucht aber wenigstens die von al-Malik an-Na¯sir Muhammad gewollten und geförderten ˙ ˙ Heiratsallianzen zwischen mamlu¯kischen Emiren und Angehörigen der Militäraristokratie in den mongolischen Nachbarstaaten.109 Von Beginn an mussten sich die Mamluken mit den in Syrien verbliebenen Kreuzfahrern auseinandersetzen. Erstaunlicherweise sind die Beziehungen zwischen den Christen und Muslimen nach dem Tode Saladins (589/1193) bisher nicht aufgearbeitet worden.110 Das mamlukische Regime versuchte, jede sich ihm bietende Gelegenheit zu nutzen, die Kreuzritterreiche zu zerschlagen und die Fremden aus dem Land zu vertreiben. Obgleich die Triebkräfte dieser Politik zum Teil ideologisch-religiöser Natur waren, kann von einem blinden Fanatismus auf Seiten der Mamluken keineswegs die Rede sein. Vielmehr bestimmte der deutlich geäußerte Großmachtanspruch der Sultane vom Nil ebenso wie das übernommene ayyubidische Erbe ein solches Vorgehen. Den Diplomatie-geschichtlichen Einzelheiten, die sich aus diesem Anspruch ergaben, ist vor allem der bereits erwähnte Peter M. Holt nachgegangen. Als Beispiel sei sein Werk Early Mamluk Diplomacy (1260 – 1290): Treaties of Baybars and Qala¯wu¯n with Christian Rulers (Leiden 1995) genannt. Holt präsentiert in dieser Arbeit der Öffentlichkeit die ausführlich kommentierten Übersetzungen von elf zwischen Kreuzfahrerstaaten und Mamluken abgeschlossenen Verträgen, die in Chroniken und Handbüchern überliefert worden sind. Desweiteren liegt ein Artikel aus seiner Feder vor, in dem er sich mit den Konsequenzen aus al-Mansu¯r Qala¯wu¯ns ˙ 107 Ders., An Exchange of Letters in Arabic between Abaca ¯Ilkha¯n and Sultan Baybars, in: Central Asiatic Journal 38 (1994), S. 11 – 33. 108 Michot, J., Un important t¦moin de l’histoire et de la soci¦t¦ mamlu¯kes — l’¦poque des ¯Ilha¯ns ˘ D. et de la fin des Croisades: Ibn Taymiyya (ob. 728/1328), in: Vermeulen, U. / De Smet, (Hg.), Egypt and Syria in the Fatimid, Ayyubid and Mamluk Eras. Löwen 1995, S. 335 – 354. 109 Holt, P. M., An-Na¯sir Muhammad b. Qala¯wu¯n (684 – 741/1285 – 1341): His Ancestry, ˙ Kindred and Affinity,˙ in: Vermeulen, U./De Smet, D. (Hg.), Egypt and Syria in the Fatimid, Ayyubid and Mamluk Eras. Löwen 1995, S. 313 – 325. 110 Humphreys, R. S., Ayyubids, Mamluks, and the Latin East in the Thirteenth Century, in: Mamlu¯k Studies Review 2 (1998), S. 1 – 17.

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Außenpolitik

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Aufkündigung seines Vertrages mit dem Königreich von Jerusalem kurz vor seinem Tode 689/1290 beschäftigt.111 Die militärisch bedrängten Kreuzritter – und damit die lateineuropäischen Reiche – suchten ihr Heil in einem Bündnis mit den ¯Il-Ha¯nen. Anhand arabischer Quellen lässt sich sehr schön darstellen, ˘ wie diese mongolisch-fränkischen Annäherungen von den Mamluken rezipiert 112 wurden. Neben den politisch brisanten Kontakten zu den Staaten der Kreuzfahrer und Mongolen existierten selbstverständlich andere Verbindungen zu nicht-mamlukischen Regionen. Zum Beispiel analysiert Urbain Vermeulen einen Brief, den der Schattenkalif al-Mustakfı¯ (reg. 701 – 740/1302 – 1340) im Jahre 706/1307 in den Jemen schickte113, und Peter M. Holt setzt uns gelehrt über zwei Verträge in Kenntnis, die die Mamluken 689/1290 und 692/1293 mit dem Königreich von Aragon geschlossen haben114. Ergänzt wird der letztgenannte Artikel durch die – bedauerlicherweise ziemlich durchwachsene – Studie von Muhammad Mahmud ˙ ˙ an-Nasˇsˇa¯r über die Alaqa¯t mamlakatay Qasˇta¯la wa-Ara¯gˇu¯n bi-saltanat al-Ma˙ ma¯lı¯k, 1260 – 1341 M/658 – 741 H. (Kairo 1997). Ein weiteres bisher von der Forschung stiefmütterlich behandeltes Thema sind die Beziehungen zwischen ¯ q-Qoyunlu¯ einerseits und den Mamluken und den Du¯ den Mamluken und den A ¯ l-Qadariten andererseits. An dieser Situation hat auch Bernadette MartelThoumians Beschreibung der letzten Gefechte des einflussreichen Großemirs Yasˇbak min Mahdı¯ (st. 885/1480) mit den Turkmenen nichts geändert.115 Zwar bietet sie uns eine detaillierte und faktenreiche Darstellung des Kriegsverlaufes, doch lässt sie letztlich die entscheidende Frage nach dem Grund für die Unfähigkeit der Araber, der Bedrohung durch die Truppen der Du¯ l-Qadariten und ¯ q-Qoyunlu¯ in der Zeit von 872/1468 bis 885/1481 Herr zu¯ werden, unbeantA wortet. Bisweilen bot Kairo osmanischen Prinzen, die in ihrer Heimat in Ungnade gefallen waren oder eine Rebellion angezettelt hatten, Schutz.116 Die Gewährung 111 Holt, P. M., Qala¯wu¯n’s Treaty with the Latin Kingdom (682/1283): Negotiations and Abrogation, in: Vermeulen, U./De Smet, D. (Hg.), Egypt and Syria in the Fatimid, Ayyubid and Mamluk Eras. Löwen 1995, S. 325 – 334. 112 Amitai-Preiss, R., Mamluk Perceptions of the Mongol-Frankish Rapproachment, in: Mediterranean Historical Review 7 (1992), S. 49 – 65. 113 Vermeulen, U., Une lettre du calife al-Mustakfı¯ — Da¯wud b. Yu¯suf b. Rasu¯l (707 A.H.), in: Vermeulen, U./De Smet, D. (Hg.), Egypt and Syria in the Fatimid, Ayyubid and Mamluk Eras. Löwen 1995, S. 363 – 371. 114 Holt, P. M., The Mamluk Sultanate and Aragon: The Treaties of 689/1290 and 692/1293, in: Ta¯rı¯h 2 (1992), S. 105 – 118. ˘ 115 Martel-Thoumian, B., Les derniÀres batailles du Grand Êmir Yasˇbak min Mahdı¯, in: Lev, Y. (Hg.), War and Society in the Eastern Mediterranean, 7th-15th Centuries. Leiden et al. 1995, S. 301 – 342. 116 Hattox, R. S., Qa¯ytba¯y’s Diplomatic Dilemma Concerning the Flight of Cem Sultan (1481 – 82), in: Mamlu¯k Studies Review 6 (2002), S. 177 – 190.

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eines solchen Asyls belastete am Ende des 9./15. Jahrhunderts natürlich das ohnehin angespannte Verhältnis zwischen den beiden Großmächten. Beide Parteien führten in dieser Zeit mehrmals gegeneinander Krieg. Leider sind diese militärischen Konfrontationen bisher nicht in einen Gesamtkontext eingeordnet worden. Shai Har-Els Studie über die osmanisch-mamlukische Auseinandersetzung von 890/1485 bis 896/1491117 geht nicht über David Ayalons These von einem kontinuierlichen Zusammenbruch des mamlukischen Gesellschaftssystems hinaus. Zumindest hat der Autor die zahlreichen und aufgrund ihres Datenreichtums schwer zu überschauenden Chroniken ausgewertet und die oftmals verworrenen Handlungsabläufe rekonstruiert.118 Schon lange vor dem letzten und entscheidenden Krieg der Mamluken gegen die Osmanen hatte man Kontakt aufgenommen. Unsere Kenntnisse über die Anfänge dieser diplomatischen Annäherungen zwischen den Herrschern aus dem Hause Osman und den Mamlukensultanen sind jedoch spärlich. Rudolf Vesely´ verdanken wir die Puˇ elebı¯ (reg. 805 – blikation dreier Briefe, die al-Mu’ayyad Sˇayh und Mehemmed I C ˙ ˘ 119 824/1403 – 1421) miteinander ausgetauscht haben. Sie sind in einer Urkundensammlung auf uns gekommen, die Taqı¯ ad-Dı¯n Abı¯ Bakr b. Higˇgˇa (gest. 837/ ˙ 1434) aus den von ihm selbst entworfenen Schriftstücken unter dem Titel Qahwat al-insˇa¯’ zusammengestellt hat. Bleiben zu guter Letzt noch die Safaviden: Normalerweise wird davon aus˙ gegangen, dass sich die Mamluken zu Beginn des 16./10. Jahrhunderts keiner größeren Gefahr ausgesetzt sahen als der unmittelbaren Bedrohung durch die Osmanen. Diese Argumentation liegt zwar angesichts der Eroberung Ägyptens und Syriens im Jahre 922/1516 – 17 durch das türkische Heer nahe, doch scheint der osmanische Sieg die Sicht auf die vorausgegangenen Jahrzehnte verstellt zu haben. Die direkte militärische Konfrontation Sultan al-G˙awrı¯s mit den nordwestlichen Nachbarn hatte sich nämlich erst sehr spät ergeben, eigentlich erst im Zuge der Machtverschiebung im Vorderen Orient nach der historischen Nieˇ a¯ldira¯n im Jahre 920/1514. derlage Sˇa¯h Isma¯ ¯ıls (reg. 907 – 930/1501 – 1524) bei C Bemerkenswerterweise ging die wirkliche Gefahr für das Mamlukenreich in den Jahren vor dieser Schlacht nicht von den Osmanen, sondern von den sehr viel dominanter auftretenden schiitisch orientierten Proto-Safaviden aus.120 ˙ 117 Shai Har-El, Struggle for Domination in the Middle East: The Ottoman-Mamluk War, 1485 – 1491. Leiden et al. 1995. 118 Siehe dazu Clifford, W. W., Rezension zu: Shai Har-El, Struggle for Domination in the Middle East: The Ottoman-Mamluk War, 1485 – 1491. Leiden et al. 1995, in: Mamlu¯k Studies Review 5 (2001), S. 219 – 224. 119 Vesely´, R., Ein Kapitel aus den osmanisch-mamlukischen Beziehungen: Mehemmed C ¸ elebi ˙ für Andreas und al-Mu’ayyad Shaykh, in: Baldauf, I./Faroqhi, S. (Hg.), Armagˇan. Festschrift Tietze. Prag 1994, S. 241 – 259. 120 Clifford, W. W., Some Observations on the Course of Mamluk-Safavi Relations (1502 – 1516/ 908 – 922): I+II, in: Der Islam 70 (1993), S. 245 – 337.

Wirtschaft

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Wirtschaft

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Einen Schlüssel zum Verständnis der Mamlukenzeit stellt die Klärung der weiter oben bereits erwähnten Frage dar, ob der mamlukische Herrschaftsverbund während des 9./15. Jahrhunderts einen wirtschaftlichen Niedergang zu verkraften hatte. Wenn dies der Fall gewesen ist, wann setzte der Zusammenbruch der mamlukischen Wirtschaft ein? Und: Verlief er kontinuierlich oder kann man konjunkturelle Schwankungen ausmachen? Diese Probleme sind in der Forschung schon des Öfteren diskutiert worden, ohne dass man zu einem Konsens gelangt wäre. Sehr prägnant hat der Altmeister der Mamlukenzunft David Ayalon seinen Standpunkt formuliert:121 1. Die sichtbaren Anzeichen der ökonomischen Schwierigkeiten setzten viel früher als bisher angenommen ein. Nicht am Ende des 8./14., sondern bereits während der dritten Regierungszeit des Sultans an-Na¯sir Muhammad b. Qala¯wu¯n deutete sich die kommende Baisse ˙ ˙ an. 2. Man sollte in diesem Zusammenhang die Behauptung al-Maqrı¯zı¯s und einiger seiner Zeitgenossen nicht für bare Münze nehmen, dass das Jahr 806/ 1403 – 04 den Wendepunkt der Mamlukengeschichte bedeutete. Die Entwicklungen dieses einen Jahres sind sicherlich ein weiteres Indiz für den schrittweise vollzogenen Niedergang, aber keineswegs sind sie der Auslöser der Misere. 3. Bei der Analyse des ökonomischen Verfalls des Mamlukensultanates gilt es zu berücksichtigen, dass die Historiker der Spätphase des Reiches die Frühzeit der Mamlukenherrschaft zu idealisieren begannen, um sie den Verantwortlichen als Spiegel und Mahnung vor Augen zu halten. Darüber hinaus hat es trotz der fortschreitenden Zersetzung des mamlukischen Gesellschaftssystems offenbar auch Zeiten des konjunkturellen Aufschwungs gegeben. Allerdings wies die Konjunkturkurve auf lange Sicht gesehen kontinuierlich nach unten. 3. Die Rolle der Portugiesen, die am Ende des 9./15. Jahrhunderts im Persischen Golf auftauchten, ist eindeutig überschätzt worden. Sind diese Iberier zwar aus der Geschichte der europäischen Expansion kaum wegzudenken, so hatte jedoch ihre Präsenz im arabisch-persischen Raum vorerst keinen Einfluss auf die ägyptisch-syrische Wirtschaft. 4. Nicht nur die Ökonomie der Mamluken lag darnieder, sondern auch die Armee. Die mamlukischen Truppen verfügten im entscheidenden Augenblick – im Gegensatz zu den Osmanen – nicht über die ,modernen‘ Feuerwaffen. Als einen Grundpfeiler der mamlukischen Wirtschaft kann man das iqta¯ ˙ System bezeichnen. Umso erfreulicher also, dass Sato Tsugitaka eine erste umfassende Studie über dieses komplexe Verwaltungs- und Finanzinstrument

121 Ayalon, D., Some Remarks on the Economic Decline of the Mamluk Sultanate, in: Jerusalem Studies in Arabic and Islam 16 (1993), S. 108 – 124.

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vorgelegt hat.122 Sato bietet dem Leser einen Überblick über die Institution des iqta¯ im Irak, in Syrien und in Ägypten seit der Mitte des 4./10. Jahrhunderts. Die ˙ Hauptthese des Verfassers lautet: Obgleich in den unterschiedlichen Regionen, in denen das iqta¯ -System eingeführt worden war, das ,Lehenswesen‘ gemein˙ same Züge aufweist, lassen sich bei näherer Betrachtung eine Reihe lokaler Unterschiede herauskristallisieren. Gewissermaßen einen Sonderfall stellt die Mamlukenepoche dar. Da die Sultane im Laufe der Zeit die Position der eigenen Mamluken stärken wollten, wurden zwei umfassende Kataster (rawk)123 des gesamten Landes durchgeführt. Der erste, ar-rawk al-husa¯mı¯, geschah auf Befehl ˙ des Sultans Husa¯m ad-Dı¯n La¯gˇ¯ın im Jahre 698/1298, den zweiten ordnete Sultan ˙ an-Na¯sir Muhammad b. Qala¯wu¯n zwei Generationen später an. Auf lange Zeit ˙ ˙ gesehen hatte der rawk an-na¯sirı¯ viel weitreichendere Konsequenzen für die ˙ mamlukische Gesellschaft und Ökonomie als sein Vorgänger. Er schuf die Voraussetzung für die Vereinheitlichung des iqta¯ -Systems, indem er das Recht, ˙ Agrarabgaben (ha¯ra¯gˇ), Steuern (gˇawa¯lı¯) und Tribute (diya¯fa) einzutreiben, aus ˙ ˘ den Händen der staatlichen Autoritäten nahm und in die Verantwortlichkeit einzelner ,Lehensherren‘ (muqta ) stellte. Dies gab dem Herrscher die günstige ˙ Gelegenheit, auf die bei den Religionsgelehrten ohnehin umstrittenen Sonderabgaben (muku¯s) zu verzichten. Diese Maßnahmen erleichterten – zumindest kurzfristig – das gemeinhin schwere Los der Dorfbewohner in Ägypten und Syrien. Hinzu kam eine spürbare Verbesserung der administrativen Strukturen innerhalb des Mamlukenreiches.124 In seinem Buch untersucht Sato auf der Basis arabischer Quellen zum ersten Mal in aller Ausführlichkeit die Durchführung und die Auswirkungen des von an-Na¯sir Muhammad b. Qala¯wu¯n be˙ ˙ fohlenen Katasters. Viele Fragen sind nach der Lektüre geklärt. Weitere Untersuchungen könnten sich etwa auf die Rolle der koptischen Banker innerhalb des mamlukischen iqta¯ -Systems oder auf die Auswahlkriterien der einzelnen Ka˙ tasterbeamten beziehen. Die Grundlage der ägyptischen Wirtschaft lieferte das alljährlich wiederkehrende Hochwasser des Nils.125 Doch auch hier scheint es einen Wandel zum Schlechteren im 9./15. Jahrhundert gegeben zu haben. Die Chronisten verzeichnen in dieser Zeit nämlich bedenklich hohe Nilschwemmen. Die Ursache ˘

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122 Tsugitaka, S., State and Rural Society in Medieval Islam: Sultans, Muqta s, and Fallahun. Leiden 1997. Eine hervorragende Studie zu diesem Thema, die ihr Material größtenteils den Kairener Urkunden entnimmt, ist Ima¯d Badr ad-Dı¯n Abu¯ G˙a¯zı¯s Tatawwur al-hiya¯za az˙ ˙ ˇ ara¯kisa (Kairo 2000). zira¯ ¯ıya fı¯ Misr zaman al-Mama¯lı¯k al-G ˙ „Rawk“, in: EI2. Bd. VIII: Ned-Sam. Leiden 1995, Sp. 467b – 468a. 123 Halm, H., Art. 124 Tsugitaka, S., The Proposers and Supervisors of al-Rawk al-Na¯sirı¯ in Mamluk Egypt, in: ˙ Mamlu¯k Studies Review 2 (1998), S. 73 – 92. 125 Borsch, S. J., Nile Floods and the Irrigation System in Fifteenth-Century Egypt, in: Mamlu¯k Studies Review 4 (2000), S. 131 – 145. ˘

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für dieses Phänomen liegt offensichtlich in der fortschreitenden Vernachlässigungen der Auffangbecken. Ein permanent erhöhter Pegelstand zog schlechtere landwirtschaftliche Erträge nach sich. Dies musste dauerhaft auch den überregionalen Handel treffen. Dabei hat der hauptsächlich von Karı¯mı¯-Kaufleuten126 organisierte Warenaustausch zwischen dem Mamlukenreich und Indien bzw. Südostasien um 700/1300 seinen Höhepunkt erreicht. Vor allem Gewürze, aber auch andere Handelsgüter wurden über das Rote Meer im- und exportiert. Desweiteren profitierten die Mamluken als Schutzherren der Heiligen Stätten auf der Arabischen Halbinsel während der ganzen Zeit ihrer Herrschaft von der jährlich vollzogenen Wallfahrt nach Mekka.127 In diesem Zusammenhang ist ein bislang unbekannter Bericht über den Weg vom oberen Nil nach Ayda¯b an das ¯ Rote Meer und weiter in den Higˇa¯z interessant128, den der marokkanische Pilger ˙ al-Qa¯sim b. Yu¯suf at-Tugˇ¯ıbı¯ as-Sabtı¯ (st. 729/1329) im Jahre 695/1296 verfasst hat.129 Aber nicht nur Pfeffer, Seide oder kostbares Holz trafen in Syrien und Ägypten ein. Im 9./15. Jahrhundert ging man dazu über, aus Venedig hochwertige Glaswaren einzuführen, die noch eine Generation zuvor in eigenen Manufakturen hergestellt worden waren.130 Allerdings ist der Herkunftsort mancher dieser Arbeiten nur schwer zu bestimmen. So schreibt man die gemeinhin ,venezianisch-sarazenisch‘ genannten Stücke mittlerweile aus guten Gründen nahöstlichen Werkstätten zu.131

Sozialgeschichte Im Jahr 1997 stellte sich der Sozialhistoriker W. W. Clifford in Bezug auf den augenscheinlichen strukturellen Wandel der mamlukischen Gesellschaft vom 8./ ˘

126 Eine letztlich nicht vollkommen überzeugende Studie ist Muhammad Abd al-G˙anı¯ al˙ Asˇqar, Tugˇgˇa¯r at-tawa¯bil fı¯ Misr fı¯’l- asr al-mamlu¯kı¯. Kairo 1999. Siehe auch Wansbrough, J., ˙ Near ˙ Eastern Paradigm?, in: Hawting, G. R./Mojaddedi, J. The Medieval Karim: An Ancient A./Samely, A. (Hg.), Studies in Islamic and Middle Eastern Texts and Traditions in Memory of Norman Calder. Oxford 2000, S. 297 – 306. 127 Mortel, R. T., The Husaynid Amirate of Madı¯na during the Mamlu¯k Period, in: Studia ˙ 97 – 119 und ders., The Mercantile Madı¯na during the Late Mamluk Islamica 80 (1994), S. ¯ Period, in: Journal of the Royal Asiatic Society (1994), S. 15 – 35. 128 Haarmann, U./Zantana, B., Zwischen Suez und Aden- Pilger und Fernhändler im Roten Meer vom zehnten bis zum sechzehnten Jahrhundert, in: Conermann, S. (Hg.), Der Indische Ozean in historischer Perspektive. Hamburg 1998, S. 109 – 142. 129 At-Tugˇ¯ıbı¯, Mustafa¯d ar-rihla wal-ig˙tira¯b. Hg. von Abd al-Ha¯fiz al-Mansu¯r. Tunis 1975. ˙ East. ˙ ˙ Enamelled Glass from the Middle ˙ 130 Ward, R. (Hg.), Gilded and London 1998. 131 Dies./La Niece, S./Hook, D./White, R., ,Veneto-Saracenic‘ Metalwork: An Analysis of the Bowls and Inscense Burners in the British Museum, in: Hook, D. R./Gaimster, D. R. M. (Hg.), Trade and Discovery : The Scientific Study of Artefacts from Post-Medieval Europe and Beyond. London 1995, S. 235 – 258. ˘

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14. bis zum 10./16. Jahrhundert die Frage: „Ubi sumus?“.132 Nachdrücklich fordert er mittelfristig angelegte Studien, die die gängigen Theorien zu sozialen Interaktionen, kulturellen Phänomenen, wirtschaftlichen und sozialen Prozessen und zur Bedeutung des ideologischen Überbaus in ihre Betrachtung einbeziehen. Letztlich geht es um eine konstruktive Auseinandersetzung mit Ira M. Lapidus’ einflussreicher Abhandlung über Muslim Cities in the Later Middle Ages (Cambridge 1967). Grundsätzlich bietet Lapidus’ These, dass während der Mamlukenzeit informelle soziale Netzwerke sehr viel stärker gesellschaftsformend gewesen sind als die offiziellen kommunalen Institutionen, den besten Zugang zum Verständnis der mamlukischen Geschichte. Viel ist daher über die Herkunft, Organisation und Funktion der sozialen Eliten geschrieben worden. Wir wissen einigermaßen gut Bescheid, wenn die Rede auf Religionsgelehrte, Kanzleibeamte, Richter, Wesire, Marktvögte, Verwaltungsangestellte oder Ordnungsorgane als Gruppe kommt.133 Andererseits haben wir nur eine rudimentäre Vorstellung von der sozialen Funktion der häufig in den Quellen erwähnten städtischen Banden oder ganz allgemein von den Bauern, Nomaden, Kaufleuten oder der ruralen Elite.134 Selbst die Schicht der Emire als Einheit entzieht sich weitgehend unserer Kenntnis. Insofern sind die Mamlukologen in der Tat aufgefordert, sich intensiver mit der sozialen Dynamik der diversen Klientelverhältnisse auseinanderzusetzen, soweit sie direkten Einfluss auf die Gestaltung der Mamlukengesellschaft hatten. Lapidus’ Sichtweise ist vor einiger Zeit auch von seinem eigenen Schüler Michael Chamberlain hinterfragt und ergänzt worden.135 Chamberlain geht davon aus, dass die genannten Gruppierungen durchweg als autonome Einheiten handelten. Seiner Meinung nach folgten diese gesellschaftlichen Handlungsträger nicht – wie bisher angenommen – einem gemeinsamen verinnerlichten Wertekanon, sondern allein materialistischen bzw. utilitaristischen Zielvorgaben und Strategien. Auch die Mamluken agierten oftmals als eigenständige Identitätsgemeinschaft. Nasser O. Rabbat erinnert uns daran, dass nicht alle sich auf die Dominanz von Mamluken gründenden Systeme in der Geschichte der muslimischen Welt gleich gewesen sind.136 Obgleich die erhaltenen Quellen den Transforma-

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132 In: Mamlu¯k Studies Review 1 (1997), S. 45 – 62. 133 Martel-Thoumian, B., Les civils et l’administration dans l’¦tat militaire mamlu¯k (IXe/XVe si¦cle). Damaskus 1992. 134 Über die Nomaden informiert wenigstens Krawulsky, D., al-Badw fı¯ Misr wasˇ-Sˇa¯m fı¯’lqarnayn as-sa¯bi wat-ta¯min al-higˇrayn inda l- Umarı¯ fı¯ Masa¯lik al-absa¯r, ˙in: al-Igˇtiha¯d 4 ¯¯ ˙ (1992), S. 35 – 72. 135 Chamberlain, M., Knowledge and Social Practise in Medieval Damascus, 1190 – 1315. Cambridge 1992. 136 Rabbat, N. O., The Changing Concept of Mamlu¯k in the Mamluk Sultanate in Egypt and

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tionsprozess nicht gerade durchsichtig machen, unterschied sich das hauptsächlich von Baybars und Qala¯wu¯n initiierte und bis weit in das 6./14. Jahrhundert funktionable mamlukische Gesellschaftssystem in Ägypten und Syrien ganz erheblich von den gleichnamigen Institutionen unter den Abba¯siden oder Seldschuken. Die mamlukischen Mamluken waren eben nicht mehr lebenslange Sklaven, sondern eine Kaste freier Individuen mit gemeinsamen Erfahrungen, handlungsleitenden Identitätsmustern und sich zum Teil überschneidenden Loyalitäten.

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GERHARD HOFFMANN : „Die Einnahme von Amorium/ Ammu¯rı¯ya im Jahre 838 – ein Katalysator frühmamlukischer Tendenzen im abba¯sidischen Militär?“ ˘

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Die in dem Artikel vorgetragenen Bemerkungen zum Sieg des Abbasidenkalifen al-Mu tasim über die Byzantiner beim kleinasiatischen Amori˙ um/ Ammu¯rı¯ya im Jahre 838 mögen zur Diskussion darüber beitragen, inwieweit dieser Sieg bereits das Resultat frühmamlukisch-türkischer Veränderungen im abbasidischen Militär war oder nur ein Schritt auf diesem Wege. Zunächst ist bei aller berechtigten Skepsis gegenüber den Zahlenangaben in den Quellen zu militärischen Kräfteverhältnissen zu bezweifeln, ob in diesem Feldzug die Garde al-Mu tasims als Eliteeinheit ˙ oder sogar exklusiv die türkischen Militärsklaven eine herausragende Rolle spielten und spielen konnten. Des weiteren ist zu berücksichtigen, dass der – sicher wegen der Abwesenheit al-Mu tasims in den arabischen ˙ Quellen nur en passant durch Berichte byzantinischer Flüchtlinge vermerkte – wichtige Sieg über den byzantinischen Kaiser in der Ebene von Dazimon im wesentlichen dem Iraner al-Afsˇ¯ın zuzuschreiben war. Dieser stützte sich jedoch seit den Zeiten al-Ma’mu¯ns vor allem auf eigene Leute aus Transoxanien, Ferghana und Uschrusana, jene Truppe also, mit der er schließlich Ba¯bak niedergeworfen hatte. Außerdem ist die Rolle der beträchtlichen kalifalen Kriegs-und Belagerungstechnik, wie zum Beispiel großer und kleiner Katapulte, magˇanı¯q und arra¯da¯t, beweglicher Türme, dabba¯ba¯t, Naphta-Schleudern, naft al-harra¯q oder Brand-Katapulte, ma˙ ˙ gˇa¯niq al-harra¯q bei Amorium in Betracht zu ziehen. Für diese Technik waren ˙ höchstwahrscheinlich Spezialisten und nicht die Garde zuständig. Die Ereignisse während des abbasidischen Feldzuges gegen Amorium und insbesondere das Scheitern der chorasanisch-arabisch dominierten ˘

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Syria, in: Toru, M./Philips, J. E. (Hg.), Slave Elites in the Middle East and Africa. A Comparative Study. London und New York 2000, S. 81 – 98.

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Verschwörung gegen den Kalifen haben sicher beschleunigend für die Besetzung von hohen Militärfunktionen mit Nichtarabern und Nichtchorasanern gewirkt. Von weitreichenderem Effekt erwies sich jedoch die spätere Ausschaltung al-AfÊÍns. Insgesamt bleibt zu bezweifeln, dass all diese Veränderungen auf Kommandoebene von neuen, essentiellen Verstärkungen der Militärsklaven/Mamluken begleitet waren. Als gravierender für die militärische Basis erwies sich vielmehr die Fortsetzung des seit frühabbasidischen Zeiten eingeschlagenen Kurses auf die Dominanz eines professionellen Militärs aus verschieden-ethnischen Kriegern. Das Gros dieser professionellen Armee stellten nichtarabische Soldkrieger (murtaziqa) und Gefolgsleute (sˇa¯kirı¯ya) aus Freien, Freigelassenen und Militärsklaven-Mamluken, deren deutliche Unterscheidung nicht möglich ist. Es bleibt deshalb problematisch, die grundlegenden Strukturen späterer, entwickelter Mamluken-Systeme bereits in frühabbasidischer Zeit, und hier besonders im Kalifat von al-Mu tasim, zu suchen. ˙ Wie ist nun die mamlukische Herrschaftselite von den ausschließlich nicht zu dieser Gruppe gehörigen Chronisten gesehen und beschrieben worden?137 Und weiter : Reflektiert die Darstellung tatsächlich die Handlungsmotive, Gedanken und Glaubensvorstellungen der Mamluken oder sagt sie nicht eher etwas über die Autoren aus? Vieles spricht dafür, dass wir es mit einem konstruierten Mamlukenbild zu tun haben. Eine Dekonstruktion dieses Diskurses ist dringend geboten. Dies gilt natürlich gleichermaßen für die nach ähnlichen Prinzipien um Begriffe wie Rasse, Ethnie oder Geschlecht errichteten Gedankengebäude. Soviel steht fest: Die zeitgenössischen Geschichtswerke erzählen uns in erster Linie von den gemischten Gefühlen der arabischen Intelligenzia gegenüber den fremdstämmigen Machthabern. Um den Mamluken selbst näherzukommen, schlägt daher Donald S. Richards vor, die mamlukische Gesellschaft als ein System zu betrachten, das durch eine Gruppensolidarität zusammengehalten wurde, deren Grundlage die verschiedenen persönlichen Beziehungen untereinander bildeten. Diese Verhältnisse konnten auf einem Vertrag, einer Blutsverwandtschaft, einer Genossenschaft oder einem Kameradschaftsbund aufgebaut sein.138 Unabhängig von diesen Bindungen bildeten die materielle Existenz- und Versorgungsgrundlage jeder Mamlukenfamilie die ihr für ihre Dienste auf Zeit verliehenen ,Lehen‘. Die Einnahmen ergaben sich anteilig aus landwirtschaftlichen 137 Ders., Representing the Mamluks in Mamluk Historical Writing, in: Kennedy, H. (Hg.), The Historiography of Islamic Egypt (c. 950 – 1800). Leiden et al. 2001, S. 59 – 76. 138 Richards, D. R., Mamluk Amirs and their Families and Households, in: Philipp, T./Haarmann, U. (Hg.), The Mamluks in Egyptian Politics and Society. Cambridge 1998, S. 32 – 54.

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Abgaben, Zinsgewinnen oder Markterträgen. Ebenso wie die Sultane versuchten die Emire, allgemeinnützliches Gut in Privatbesitz und – wenn möglich – in Familienstiftungen umzuwandeln. Ging diese Strategie im 8./14. Jahrhundert meistens auf, so führten die im darauffolgenden Säkulum einsetzenden politischen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten zum Verfall, zur – eigentlich unmöglichen – Auflösung oder zur Konfiszierung dieser awqa¯f ahlı¯ya. Letzten Endes zersetzte sich im 9./15. Jahrhundert das kollektive Ethos der Mamluken, wohingegen die Bedeutung der Familienbande stetig zunahm. PETER THORAU : „Einige kritische Bemerkungen zum sogenannten ,mamlu¯k phenomenon‘“ Die Sultane Baybars und Qala¯wu¯n werden als die Begründer des eigentlichen Mamlukenreiches in seiner klassischen Ausformung, wie es zum Gegenstand eingehender Forschung – etwa von David Ayalon – wurde, angesehen. Die Herrschaft al-Malik an-Na¯sirs betrachtet man als die Zeit ˙ der endgültigen Konsolidierung – insgesamt also eine Blütezeit mamlukischer Herrschaft in all ihren Facetten, die bis ca. 1341 reichte. Was dann folgte, sei eine Zeit des kontinuierlichen Niedergangs gewesen, in der sich die klassischen Herrschaftsformen allmählich auflösten, bis das Reich schließlich von den Osmanen hinweggefegt wurde. Meines Erachtens ist das, was wir uns bei der Betrachtung der mamlukischen Geschichte angewöhnt haben, als Verfallserscheinung zu bezeichnen, nichts anderes als ein systemimmanentes Charakteristikum und Kontinuum der mamlukischen Herrschaft insgesamt. Nicht die Regel, sondern eine Ausnahme davon, stellen aufgrund günstiger Rahmenbedingungen – nämlich Krieg und äußere Bedrohung des Systems bei gleichzeitiger militärischer Befähigung der Herrscher – lediglich die Jahre von 1260 – 1293 dar. Wenn dem tatsächlich so sein sollte, wird man diese dreißig Jahre wohl kaum länger als die klassischen Jahre der mamlukischen Herrschaft bezeichnen können. Sie waren eher eine Abweichung vom Normalzustand, und letzterer dauerte rund zweihundert Jahre, also vier Fünftel der Zeit, in der mamlukische Sultane über Ägypten und Syrien herrschten. Ein ergiebiges Forschungsfeld bietet auch die Stadt während der Mamlukenzeit. Jean-Claude Garcin diskutiert, ob wir es hier mit einer stark von außenstehenden Faktoren beeinflussten Erscheinung oder mit einer indigen ägyptischen

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bzw. syrischen Schöpfung zu tun haben.139 Um eine Antwort zu finden, untersucht Garcin die Rolle der türkischen Außenseiter in der islamischen Geschichte und kommt zu dem Schluss, dass zumindest die Mamluken von der Bevölkerung und den Religionsgelehrten trotz ihrer Andersartigkeit als Muslime akzeptiert wurden. Man war aus diesem Grund bereit, ihre exzessive Bautätigkeit als Teil des eigenen Kulturerbes anzunehmen. Garcins These der auf diese Weise bewillkommneten Übernahme klassischer Formen und Motive durch die Mamluken gibt der mit der Vorstellung einer ,mamlukischen Renaissance‘ verbundenen Idee von der Schaffung eines eigenen Kunststiles neuen Auftrieb. Die Grundlage baulicher Erneuerungen in den Städten des Reiches lieferten die diversen Stiftungseinrichtungen.140 Mit Hilfe der dort erwirtschafteten Überschüsse konnte etwa die Altstadt (qasba) Kairos restauriert und erweitert wer˙ den, wobei die meisten Veränderungen durch den – häufig erzwungenen – Tausch von Grundstücken und Immobilien (istibda¯l) finanziert wurden. Leonor Fernandes gibt uns einige anschauliche Beispiele aus dem 9./15. Jahrhundert für die durch istibda¯l bewirkte Umgestaltung ganzer Stadtviertel und die damit einhergehende Etablierung neuer Stiftungsanlagen.141 Sie zeigt die juristischen Schwierigkeiten dieser Transaktionen und führt uns noch einmal vor Augen, dass gerade die letzten Sultane des Reiches angesichts wirtschaftlicher Nöte und akuten Geldmangels dieses Instrument zur Basis ihrer Finanzpolitik machten. Ohne ein erhebliches Maß an Willkür und Selbstherrlichkeit wäre die Durchsetzung solcher Maßnahmen nicht möglich gewesen. Wer konnte die mamlukischen Exekutivorgane, die letztlich nur Gott gegenüber verantwortlich waren, schon an der Durchsetzung der moralisch und juristisch zweifelhaften Pläne ihrer Herren hindern? Eine Untersuchung über Verbrechen und Strafen während der Endphase der Mamlukenzeit zeigt, dass die Chronisten den Mamluken zwar ein gewisses Maß an Selbstdisziplin zuschrieben, insgesamt gesehen jedoch die Zivilbevölkerung den Schandtaten der Mamlukenchargen hilflos ausgeliefert war.142 139 Garcin, J.-Cl., Outsiders in the City, in: Behrens-Abouseif, D. (Hg.), The Cairo Heritage: Essays in Honor of Laila Ali Ibrahim. Kairo und New York 2000, S. 7 – 16. 140 Denoix, S., A Mamluk Institution for Urbanization: The Waqf, in: Behrens-Abouseif, D. (Hg.), The Cairo Heritage: Essays in Honor of Laila Ali Ibrahim. Kairo und New York 2000, S. 191 – 202. 141 Fernandes, L., Istibdal: The Game of Exchange and its Impact on the Urbanization of Mamluk Cairo, in: Behrens-Abouseif, D. (Hg.), The Cairo Heritage: Essays in Honor of Laila Ali Ibrahim. Kairo und New York 2000, S. 203 – 222. 142 Petry, C. F., ,Quis Custodiet Custodes?‘ Revisited: The Prosecution of Crime in the Late Mamluk Sultanate, in: Mamlu¯k Studies Review 3 (1999), S. 13 – 30. Siehe ebenfalls Petry, C. F., Disruptive ,Others‘ as Depicted in the Chronicles of the Late Mamlu¯k Period, in: Kennedy, H. (Hg.), The Historiography of Islamic Egypt (c. 950 – 1800). Leiden et al. 2001, S. 167 – 194. Etwas enttäuschend ist Esp¦ronnier, M., La mort violente — l’¦poque mamlouke: Le crime et le ch–timent, in: Der Islam 74 (1997), S. 137 – 155.

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Auf die Gesamtwirtschaft hatten neben Seuchen vor allem Umweltbedingungen einen entscheidenden Einfluss. Da sich Orientalisten diesem Thema bisher kaum einmal zugewandt haben143, sind William Tuckers Bemerkungen zu den Auswirkungen diverser Katastrophen auf das mamlukische Syrien umso willkommener.144 Im Vordergrund der Studie stehen das öffentliche Gesundheitswesen, die ökonomischen Strukturen und die demographische Aspekte in Zeiten fortwährender oder wenigstens in regelmäßigen Abständen wiederkehrender desaströser Naturereignisse. Samira Kortantamers Arbeit Bahr„ Meml˜klar’da Üst Yönetim Mensuplar ve Aralarndaki ˙Ilis¸kiler (’zmir 1993) ist deshalb erwähnenswert, weil sie eigentlich als die erste fundierte Mamlukenmonographie in türkischer Sprache bezeichnet werden kann. Auf der Grundlage von al-Mufaddal b. Abı¯ l-Fada¯ ils (st. nach 759/ ˙˙ ˙ 1358) an-Nahgˇ as-sadı¯d und al-Maqrı¯zı¯s as-Sulu¯k li-ma rifat al-mulu¯k, die allerdings allzu häufig unkommentiert zu Wort kommen, behandelt sie in erster Linie die Frage, welchen Einfluss die informellen Netzwerke und persönlichen Rivalitäten innerhalb der mamlukischen Elite auf die Herrschaftsausübung insgesamt hatten. Der von der Verfasserin zu Rate gezogenene Chronist alMufaddal gehörte der in ihrer Eigenschaft als Verwaltungsbeamte von den ˙˙ Mamluken durchaus geschätzten koptischen Minorität in Ägypten an. Doch wie war es in jener Zeit um Juden und Christen bestellt? Eine erstaunlich ideologiefreie und unvoreingenommene Darstellung jüdischen Lebens im Mamlukenreich ist Maha¯sin Muhammad al-Waqqa¯ds al-Yahu¯d fı¯ Misr al-Mamlu¯kı¯ya fı¯ ˙ˇ ˙ ˙ inı¯za (Kairo 1999). Waqqad gelingt es anhand zahlreicher daw wata¯’iq al-G ¯ ˙ arabischer Quellen überzeugend aufzuzeigen, dass die Juden die meiste Zeit mit ihren muslimischen Mitbürgern in friedlicher Koexistenz lebten und von den Machthabern nur in seltenen Fällen behelligt wurden. Auf vielerlei Art integrierten sich die Anhänger des mosaischen Glaubens sogar in das Sozial- und Administrationsgefüge der Muslime. Nicht ganz befriedigend geklärt ist in diesem Zusammenhang die augenscheinliche Islamisierung der mamlukischen Öffentlichkeit im Verlauf des 9./15. Jahrhunderts. Existierten beispielsweise in Palästina während der Zeit der Kreuzfahrer bedeutende christliche Gemeinden und Siedlungen, so zeigt uns Mugˇ¯ır ad-Dı¯n al- Ulaymı¯s al-Uns al-gˇalı¯l bi-ta’rı¯h ˘ al-Quds die Auflösung dieser Gruppe zu Beginn der Osmanenherrschaft infolge vermehrter Konvertierungen zum Islam.145 Einen nicht unbedeutenden Anteil am mamlukischen Sozialleben hatten ˘

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143 Eine Ausnahme ist Ambraseys, N. /Melville, C. P./Adams, R. D., The Seismicity of Egypt, Arabia, and the Red Sea: A Historical Review. Cambridge 1994. 144 Tucker, W., Environmental Hazards, Natural Disasters, Economic Loss, and Mortality in Mamluk Syria, in: Mamlu¯k Studies Review 3 (1999), S. 109 – 128. 145 Lutz, N., Aspects of Islamization of Space and Society in Mamluk Jerusalem and its Hinterland, in: Mamlu¯k Studies Review 6 (2002), S. 133 – 154.

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natürlich die Frauen: Sie wallfahrteten nicht nur nach Mekka146, sondern partizipierten vor allem am städtischen Leben147, obwohl sie strikte Kleidungsvorschriften einhalten mussten und die muslimischen Rechts- und Religionsgelehrten – zumindest auf dem Papier – alles taten, um sie am öffentlichen Auftreten zu hindern. Unsere Quellen zeigen allerdings, dass der Einfluss der ulama¯’ auf den mamlukischen Alltag seine deutlichen Grenzen hatte. Überall auf den Straßen, in den Bädern, auf den Märkten und ganz besonders auf den Friedhöfen bei den Heiligengräbern können wir Musliminnen beobachten, die dort ihren täglichen Verrichtungen nachgingen. Ebenso lesen wir, dass der weibliche Anteil bei den religiösen Feiern und Versammlungen sowie bei den Volksfesten recht hoch gewesen ist. Das von religiöser Seite gezeichnete Idealbild entsprach somit keineswegs der Realität. Wenig weiß man bisher über weibliche und männliche Erotik und Sexualität während der Mamlukenzeit. In einem lesenswerten Artikel untersucht Robert Irwin ein Pariser Manuskript des im 8./ 14. Jahrhundert zusammengestellten Kita¯b az-Zahr al-anı¯q fı¯ lubu¯s wat-ta’nı¯q. Fünfundzwanzig derbe Geschichten dienen der Darstellung weiblicher Untreue, Verführungskunst, Tücke und gemeiner Bosheit.148 Derartige anekdotische Sammlungen erotischen Inhalts sind keine Seltenheit, doch hat man sie bislang viel zu wenig ausgewertet. Dies ist umso bedauerlicher, da die einzelnen Erzählungen mit viel Lokalkolorit ausgemalt sind. Einkaufsverhalten, Haschischkonsum, Trinkgelage, Körperpflege, Kleiderordnung und -geschmack, Essgewohnheiten, Wohnkultur oder Einsichten in kaufmännische und bäuerliche Gesellschaftsstrukturen wären nur einige zu nennende Bereiche, über die in dem erwähnten Werk und ähnlich gearteten Texten berichtet wird. Darüber hinaus erfahren wir zwar wenig über gelebte Sexualität, aber eine Menge über männliche erotische Phantasien. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass es hier nicht immer nur um heterosexuelle Beziehungen geht, sondern oftmals um gleichgeschlechtliche Liebe (unter Männern).149 Die Themen Sexualität – Liebe – Erotik während der Mamlukenzeit bedürfen dringend der wissenschaftlichen Bearbeitung. Dies gilt auch für die Frage nach der Stellung und dem Leben der Eunuchen, obgleich mit Shaun Marmons grundlegender, periodenübergrei-

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146 Zu der mit Sˇagˇarat ad-Durr (reg. 648/1250) verbundenen mahmal-Legende siehe BehrensAbouseif, D., The Mahmal Legend and the Pilgrimage of the˙Ladies of the Mamluk Court, ˙ in: Mamlu¯k Studies Review 1 (1997), S. 87 – 96. 147 Chapoutot-Remadi, M., Femmes dans la ville mamlu¯ke, in: Journal of the Economic and Social History of the Orient 38 (1995), S. 145 – 164. 148 Irwin, R., Alı¯ al-Baghda¯dı¯ and the Joy of Mamluk Sex, in: Kennedy, H. (Hg.), The Historiography of Islamic Egypt (c. 950 – 1800). Leiden et al. 2001, S. 45 – 58. 149 Rowson, E. K., Two Homoerotic Narratives from Mamluk Literature: al-Safadi’s Law’at alsha¯kı¯ and Ibn Da¯niya¯l’s al-Mutayyam, in: Wright, J. W./Rowson, E. K. (Hg.), Homoeroticism in Classical Arabic Literature. New York 1997, S. 157 – 198.

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fender Arbeit Eunuchs and Sacred Boundaries in Islamic Society (Oxford/New York 1995) ein erster Ansatz in diese Richtung unternommen worden ist.

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Der bereits am Ende des vorigen Abschnitts angesprochenen Thematik mamlukischer Alltags- und Volkskultur hat in Anlehnung an Peter Burkes Popular Culture in Early Modern Europe (New York 1978) Boaz Shoshan ein eigenes Buch gewidmet.150 Leider ist sein Werk keine zusammenhängende Studie des alltäglichen Lebens während der Mamlukenzeit, sondern eine Sammlung verschiedener Aufsätze zur Volkskultur im weitesten Sinne. Zuerst geht es Shoshan um den Einfluss der Sufik auf das religiöse Leben im mamlukischen Kairo. Gerade die Geburts- bzw. Todestage sufischer Heiliger wurden nämlich vom Volk ausgiebig gefeiert. Da viele Festtagspraktiken nicht mit der ˇsarı¯ a in Einklang standen, geschah dies gegen den Willen zahlreicher namhafter ulama¯’. Eine strikte Trennung in sufische und orthodoxe Handlungsweisen und Lebenswelten scheint allerdings nicht angebracht zu sein, denn eine große Zahl der Sufis zählte selbst zu den Orthodoxen. Dann behandelt Shoshan die Rolle des Geschichtenerzählers und Volkspredigers Abu¯ l-Hasan al-Bakrı¯ (lebte im 7./13. ˙ Jh.). Er ergänzt damit die Ausführungen Jonathan B. Berkeys zu diesem Ge151 genstand. Obgleich den qussa¯s und wu a¯z eine wichtige Rolle bei der Ver˙ ˙˙ ˙ mittlung religiöser Botschaften an die breite Masse zufiel152, standen ihnen Religionsgelehrte wie as-Suyu¯t¯ı (st. 911/1505) oder Ibn al-Ha¯gˇgˇ (st. 737/1336) ˙ ˙ generell ablehnend gegenüber. Interessant sind schließlich auch Shoshans Bemerkungen zu den diversen Formen des öffentlichen Protestes, zur Kultur des kleinen Mannes in der Hauptstadt des Mamlukenreiches und zu den karnevalesken Zuständen in Kairo während des Neujahrsfestes. Dass wir es hier in der Tat mit einer ,närrischen Zeit‘ zu tun haben, während derer Übertretungen der ansonsten geltenden Anstandsregeln erlaubt waren, zeigt auch Huda Lutfis Beschreibung koptischer Feste unter Anteilnahme der ägyptischen Bevölkerung im 8./14. und 9./15. Jahrhundert.153 Der Verehrung als heilig angesehener Männer und Frauen kam im Alltagsleben der Menschen, wie gesagt, eine große Bedeutung zu. Ein Teil ihrer Heiligkeit fiel auf diejenigen, die in der Nähe ihrer ˘

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150 Shoshan, B., Popular Culture in Medieval Cairo. Cambridge 1993. 151 Berkey, J. B., Storytelling, Preaching and Power in Mamluk Cairo, in: Mamlu¯k Studies Review 4 (2000), S. 53 – 73. 152 Ders., Popular Preaching and Religious Authority in the Medieval Islamic Near East. Seattle 2001. 153 Lutfi, H., Coptic Festivals of the Nil: Aberrations of the Past?, in: Philipp, T./Haarmann, U. (Hg.), The Mamluks in Egyptian Politics and Society. Cambridge 1998, S. 254 – 282.

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Mausoleen lebten oder diese zumindest regelmäßig besuchten. Insofern ist es durchaus nützlich zu wissen, wie ein Heiliger im Laufe der Zeit konstruiert oder sogar ,erfunden‘ wurde.154 Unser Bild vervollkommnet Christopher S. Taylors Arbeit zu diesem Thema.155 Auf der Basis von vier Pilgerführern’, die dem interessierten mamlukischen Leser Informationsmaterial über die Heiligengräber auf dem unterhalb des Berges Muqattam im Osten Kairos gelegenen Friedhof al˙˙ Qara¯fa an die Hand gaben, versucht er, sich den historischen Realitäten gelebter und praktizierter Religiosität zu nähern.

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Neue Ansätze zum Verständnis des Wechselverhältnisses von akademischer Rivalität und Patronage liefern Anne F. Broadbridge156 und Michael Chamberlain. In seinem Werk Knowledge and Social Practice in Medieval Damascus, 1190 – 1350157 stellt Chamberlain anhand eines detaillierten Vergleiches der Lebensläufe dreier Chronisten die These auf, dass sich die Gelehrten zeit ihres Lebens im Zustand eines permanenten Konkurrenzkampfes befanden. Es musste ihnen vor allem darum gehen, die Nähe eines mächtigen Mitgliedes der mamlukischen Elite zu suchen und sich seiner Patronage zu versichern. Nur die Machtträger konnten ihnen zu einigermaßen gesicherten und mit einem anständigen Gehalt ausgestatteten Posten verhelfen. Der Weg zu Ruhm und Erfolg führte für die ulama¯’ somit ausschließlich über den Aufbau persönlicher Netzwerke und individueller Abhängigkeitsverhältnisse. In einer wegweisenden Studie untersucht Carl F. Petry die Förderung von Wissenschaftlern durch einflussreiche Sponsoren im 9./15. Jahrhundert.158 In den meisten Fällen erfreuten sich die Gelehrten relativer Unabhängigkeit. Doch sie nutzten diese Freiheit im Allgemeinen nicht dazu, sich innovativ mit religiösen Fragen auseinanderzusetzen. Vielmehr verbrachten die Professoren an den Medresen ihre Zeit damit, umfangreiche Kommentare zu den gängigen Standardwerken zu verfassen. Die Studenten dankten es ihnen, denn auf diese Weise gelangten sie in den Besitz hilfreicher Erläuterungen zu den Texten des Curriculums. Kreativität

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154 Hallenberg, H., Ibra¯hı¯m al-Dasu¯qı¯ (1255 – 96) – a Saint Invented. Ph.D. diss. University of Helsinki 1997. 155 Taylor, C. S., In the Vicinity of the Righteous: Ziya¯ra and the Veneration of Muslim Saints in Late Medieval Egypt. Leiden 1999. 156 Broadbridge, A. F., Academic Rivalry and the Patronage System in Fifteenth-Century Egypt: al- Aynı¯, al-Maqrı¯zı¯, and Ibn Hajar al- Asqala¯nı¯, in: Mamlu¯k Studies Review 3 (1999), S. 85 – ˙ 107. 157 Siehe Anm. 137. 158 Petry, C. F., Scholastic Stasis in Medieval Islam Reconsidered: Mamluk Patronage in Cairo, in: Poetics Today 14 (1993), S. 323 – 348.

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war nicht eine Sache des akademischen Lehrbetriebs, sondern der außeruniversitären Auseinandersetzung mit anderen ulama¯’ bzw. mit den Vertretern der mamlukischen Elite. Um die stets drohenden Zwangsmaßnahmen des Regimes zu umgehen, versuchten die Wissenschaftler, ihrerseits Bildungseinrichtungen mit Hilfe von Stiftungen zu finanzieren. Dieses Bestreben, die eigene Autonomie längerfristig aufrechtzuerhalten, trug einiges zur Dynamisierung der mamlukischen Gesellschaft während des 9./15. Jahrhunderts bei. Wie eine muslimische Lehranstalt idealiter aussehen sollte, hat uns Donald P. Little vor Augen geˇ awa¯hir al- uqu¯d wa-mu ¯ın al-quda¯t führt.159 Aus al-Asyu¯t¯ıs (geb. 813/1410 – 11) G ˙ ˇ ˙ wal-muwaqqiÁı¯n wasˇ-Suhu¯d und an-Nuwayrı¯s Niha¯yat al-arab fı¯ funu¯n al-adab rekonstruiert Little Aussehen, Ausstattung, Tagesablauf und Verwaltungsstruktur einer mamlukischen madrasa. Werk und Leben einzelner herausragender Gelehrter sind bisweilen gut erforscht. Das bis heute ungebrochen große Interesse an Ibn Taymı¯ya zeigen Wael B. Hallaqs Anmerkungen zu dessen Haltung gegenüber den griechischen Logikern160 ebenso wie zahlreiche neuere Arbeiten muslimischer Intellektueller.161 Darüber hinaus bemüht man sich intensiv um die Aufarbeitung der auf zahlreiche Bibliotheken verstreuten Manuskripte dieses bedeutenden muslimischen a¯lim.162 Auch über den Historiker Ibn Kat¯ır (st. 774/1373)163 und den mekka¯ nischen Großgelehrten Ahmad b. Abd Alla¯h at-Tabarı¯ (st. 1218/1295) liegen ˙ ˙ ˙ mittlerweile Einzelstudien vor.164 Marlis J. Saleh und Êric Geoffrey fassen wiederum in ihren biographischen Artikeln zu as-Suyu¯t¯ı den derzeitigen For˙ schungsstand zusammen.165 Zu dieser durchaus einmalig zu nennenden musli˘

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159 Little, D. P., Notes on Mamluk Madrasahs, in: Mamlu¯k Studies Review 6 (2002), S. 9 – 20. 160 Hallaq, W. B., Ibn Taymiyya against the Greek Logicians. Oxford 1993. 161 Sa¯’ib Abd al-Hamı¯d, Ibn Taymı¯ya: Haya¯tuhu¯ wa- aqa¯’iduhu¯. Beirut 1994 oder Abd Alla¯h b. ˙ ˇ¯ıd b. Muh˙ammad al-Hawsa¯nı¯: ˙Minhagˇ ˇsayh al-isla¯m Ibn Taymı¯ya fı¯ da wa ila¯ Alla¯h Ras ˘ ta a¯la¯. 2 Bde.˙Riyad 1996. ˙ ˙ ˇ 162 Muhammad b. Ibra¯hı¯m asˇ-Sayba¯nı¯: Magˇmu¯ at mu’allafa¯t Sˇayh al-Isla¯m Ibn Taymı¯ya: alMah˙ tu¯ta¯t – al-aslı¯ya wal-musawwara – al-mahfu¯za fı¯ Markaz ˘al-Mahtu¯ta¯t wat-Tura¯t wal˙ (Jordanien). ˙ ˙ ˇ˙ mu¯ at mu’allafa¯t Sˇ˘ayh ˙ ˙ al-Isla¯m Ibn¯ TayWat˘a¯˙’iq Kuweit ˙1993 und ders., Mag ¯ mı¯ya: al-Mahtu¯ta¯t al-mahfu¯za fı¯’l-Maktaba as-Sulayma¯nı¯ya bi-Ista¯nbu¯˘l. Kuweit 1993. ˙ ¯ n Ha¯n ˙an-Nadwı ˙ ˘ ˙ ma 163 Mas u¯d ar-Rah ¯, al-Ima¯m Ibn Kat¯ır : Sira¯tuhu¯ wa-mu’allafa¯tuhu¯ wa¯ manhagˇuhu¯ fı¯˙ kita¯bat˘ at-ta’rı¯h. Damaskus und Beirut 1999. ˘ 164 Bauden, F., Les tr¦sors de la post¦rit¦ ou les fastes des proches parents du ProphÀte (Kita¯b Daha¯’ir al- uqba¯ fı¯ mana¯qib dawı¯ al-qurba¯) de Muhaibb al-Dı¯n Ahmad ibn Abd Alla¯h ibn ¯ ˘ ¯ ˙ diss. Universit¦ ˙ de LiÀge 1996. Siehe Muh ammad al-Tabarı¯ al-Makkı¯ (ob. 694/1295). Ph.D. ˙ ders., Art.˙ „al-Tabarı¯, Ahmad b. Abd Alla¯h“, in: The Encyclopaedia of Islam. New auch ˙ Edition. Bd. 10. Fascicules 163 –˙ 164: Ta¯’ – Tahrı¯r. Leiden 1998, Sp. 16a – 17a. Zur Familie des ˙ d’une importante famille de la Mecque (fin Gelehrten siehe ders., Les Tabariyya. Histoire ˙ U./De Smet, D. (Hg.), Egypt and Syria in the Fatimid, XIIe-fin XVe s.), in: Vermeulen, Ayyubid and Mamluk Eras. Löwen 1995, S. 253 – 266. 165 Saleh, M. J., Al-Suyu¯t¯ı and his Works: Their Place in Islamic Scholarship from Mamluk ˙ Mamlu¯k Studies Review Mamluk Studies Review 5 (2001), S. 73 – 89 Times to the Present, in: ˘

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mischen Geistesgröße haben auch arabische Wissenschaftler gearbeitet. Neben einigen lesenswerten Überblicken166 entstand ein Tagungsband einer 1993 in Ägypten anlässlich seines 500. Todestages veranstalteten Konferenz167 und ein Sonderheft des Journals at-Tura¯t al- arabı¯ 13 (1993). Beide Werke sind unkri¯ tisch und größtenteils deskriptiv, ohne dass auf westliche Forschung an irgendeiner Stelle Bezug genommen wird. Außer Ibn Taymı¯ya und as-Suyu¯t¯ı hat ˙ die westlichen wie östlichen Forschungsgemüter vor allem Ibn Haldu¯n (st. 784/ ˘ 1382) beschäftigt. Die Auseinandersetzung mit dem Œuvre dieses Ausnahmeintellektuellen der Mamlukenzeit ist noch längst nicht abgeschlossen. ANJA PISTOR-HATAM : „Ursachenforschung und Sinngebung. Die mongolische Eroberung Bagdads in Ibn Haldu¯ns zyklischem Geschichtsmodell“ ˘ Am 4. Safar 656/10. Februar 1258 ergab sich der letzte abbasidische Kalif, ˙ und seine Hauptstadt Bagdad wurde von den Mongolen eingenommen. In den Chroniken muslimischer Autoren der nachfolgenden Generationen wird dieses Ereignis zumeist als ungeheure Katastrophe in der islamischen Geschichte beschrieben. Auch wenn die Mongolen mit dem Kalifen keinen politisch mächtigen Herrscher stürzten, so besiegten und töteten sie doch das Symbol für den Weiterbestand des islamischen Imperiums wie der Gemeinschaft der Gläubigen. Der psychologische Schock, den dieses Ereignis auslöste, muss allerdings in Zusammenhang mit dem Umstand gesehen werden, dass im 7./13. Jahrhundert zum ersten Mal in der Geschichte ein großer Teil der zuvor von Muslimen regierten Länder unter die Herrschaft einer nicht-muslimischen Macht geriet. So trug der Schrecken darüber, dass es den „heidnischen“ Mongolen gelingen konnte, bis nach Bagdad vorzudringen, die Stadt einzunehmen und den Kalifen zu töten, erheblich dazu bei, dass die Anzahl der Toten und das Ausmaß der Zerstörungen zumeist deutlich übertrieben wurden. Wie stark das Bewusstsein von der Katastrophe des mongolischen Einfalls in Bagdad sogar noch unter Muslimen unserer Tage ist, macht das

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und Geoffrey, E., Art. „al-Suyu¯t¯ı“, in: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Bd. 9: San˙ Sze. Leiden 1997, Sp. 913a – 916a. ˇ ¯ıb, Haya¯t G ˇ ala¯l ad-Dı¯n as-Suyu¯t¯ı ma a l- ilm mina l-mahd ila¯ l-lahd. 166 Etwa Sa dı¯ Abu¯ G ˙ ˙ ¯ l ad-Dı¯n as-Suyu¯t¯ı. Beirut 1995; Iya ˙¯ d ˇ ala Damaskus 1993; Muhammad al- Aru¯sı¯ al-Matwı¯, G ˙ ulu¯m al-isla¯mı¯ya. ˇ ala¯l ad-Dı¯n˙ as-Suyu¯t¯ı – ma lamat alHa¯lid at-Tabba¯ , Ima¯˙m al-Ha¯fiz G ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ ˘ Beirut 1996. ˇ 167 Al-Ima¯m Gala¯l ad-Dı¯n as-Suyu¯t¯ı. Al-Ihtifa¯’ bi-dikra¯ muru¯r hamsat quru¯n ala¯ wafa¯thihı¯. ¯ ˙ ¯ al-Munaz ˙ ˘ ma a G ˇ a¯mi at al-Azhar, al Buhu¯t an-nadwa allatı¯ aqadatha zama bit-ta a¯wun ¯ ˙ ˙ ˇ Qa¯hira, 11 – 13 Sawwa¯l 1413 H./3 – 5 Abrı¯l 1993 M. Rabat 1995. ˘

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Beispiel eines arabischen Autors deutlich, der den Einmarsch irakischer Truppen in Kuweit von 1990 mit der Eroberung Bagdads durch die Mongolen gleichsetzt. Die Einnahme und Zerstörung Bagdads durch mongolische Truppen unter Hülegü ist ein unbestreitbares Faktum. Es stellt sich jedoch die Frage, wie dieses Ereignis durch die islamische Geschichtsschreibung gedeutet und tradiert, wie es erzählt wurde. Welches waren nach Meinung von Chronisten die Ursachen für den Fall des abbasidischen Kalifats? Standen Geschichtsmodelle zur Verfügung, die die Wirklichkeit deuten und mit Sinn erfüllen konnten oder gab es gar ein „universales Gesetz“, dem sich dieses Ereignis unterordnen ließ? Welchen Sinn also konnten die arabischen Historiker der Einnahme Bagdads durch ihre historischen Erzählungen verleihen? Um diesen Fragen nachzugehen, wird im Verlaufe des Artikels ein kurzer Blick auf die klassische arabische Geschichtsschreibung geworfen. Anschließend werden zusammenfassend die Deutungsmuster arabischer Chronisten des 7./13. und 8./14. Jahrhunderts vorgestellt, die sich zum Fall Bagdads äußerten. Das Hauptaugenmerk wird dann jedoch auf Ibn Haldu¯n und seinem zyklischen ˘ Geschichtsmodell ruhen. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern und seinen Zeitgenossen entwickelte dieser Historiker ein eigenes „universales Gesetz“, in das sich sogar ein angeblich zuvor nie dagewesenes Ereignis wie das gewaltsame Ende des abbasidischen Kalifats einordnen und somit erklären ließ. ˘

In seiner umfangreichen Chronik K. al- Ibar kommentiert Ibn Haldu¯n unter ˘ anderem das mamlukische Rechtssystem.168 Seine bissigen Bemerkungen, die sich vor allem gegen die auf allen Ebenen gängige Korruption richteten, mögen dazu beigetragen haben, dass seine Amtszeiten als Kadi jeweils nur von kurzer Dauer waren. Vielleicht war die unversöhnliche Haltung Ibn Haldu¯ns auch der ˘ Grund für Ibn Hagˇar al- Asqala¯nı¯s bemerkenswert unfreundliches Biogramm ˙ des fremdstämmigen Gelehrten. Er zeichnet das Porträt eines undankbaren, mürrischen und geradezu unerzogenen Mannes, der sich weigerte, die ägyptischen Sitten und Gebräuche zu tolerieren oder gar anzunehmen. Sein politisches Scheitern sei, so Ibn Hagˇar, die logische Konsequenz seiner Verbohrtheit ge˙ wesen. Auffällig ist Ibn Haldu¯ns geringe schriftstellerische Produktivität im ˘ Alter. Diese erstaunliche Tatsache kann jedoch unter Umständen auf seine starke ˘

168 Kosei, M., What Ibn Khaldu¯n Saw: The Judiciary of Mamluk Egypt, in: Mamlu¯k Studies Review 6 (2002), S. 109 – 131.

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Affinität zur Sufik und seinen damit verbundenen Rückzug aus der Gesellschaft zurückgeführt werden. So interessant die Arbeiten zu bekannten Persönlichkeiten des 8./14. und 9./ 15. Jahrhundert auch sein mögen, wäre es nicht minder wichtig, den Viten der an den Rand der Gesellschaft gedrängten Gelehrten nachzugehen. In dieser Hinsicht sind die Aufsätze Ulrich Haarmanns zu dem von al-Maqrı¯zı¯ und as-Saha¯wı¯ ˘ öffentlich diffamierten und dadurch an einem beruflichen Weiterkommen dauerhaft gehinderten Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯ eine rühmenswerte Ausnahme.169 ˙ Haarmann zeichnet das Bild eines sensiblen Individuums in einer gewissen Außenseiterposition zur Gesellschaft. Der nur mäßig talentierte Gelehrte, der in vielen seiner Bücher hemmungslos von anderen Historikern abschrieb und zudem noch seine Leser mit einem schlechten Stil quälte, erfüllte von vornherein nicht die hohen Standards der damaligen Historikerzunft. Als er erkannte, dass ihn seine ägyptischen Kollegen schnitten und zu verspotten begannen, wandte er sich brüsk von ihnen ab und versuchte fortan, sich bei den türkischen Herren des Landes mit seinen Schriften anzubiedern. Beredtes Zeugnis dieser inneren Wandlung ist sein K. Duwal al-isla¯m asˇ-sˇarı¯fa al-bahı¯ya wa-dikr ma¯ zahar lı¯ min ¯ ˙ hikam Alla¯h al-hafı¯ya fı¯ gˇalb ta¯’ifat al-atra¯k ila¯ d-diya¯r al-misrı¯ya, in welchem er ˙ ˙ ˙ ˘ die Meriten und guten Eigenschaften der von ihm zuvor so verachteten Mamluken in den höchsten Tönen pries.170

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Die religiösen Diskussionen und Zustände während der Mamlukenepoche waren facettenreich und mannigfaltig. Beispielsweise diskutierte man in dieser Zeit in sˇa¯fi itischen Kreisen ausgiebig über Blasphemie.171 Ein Produkt dieser Debatte ist eine kleine, 755/1355 verfasste Abhandlung Taqı¯ ad-Dı¯n as-Subkı¯s (gest. 755/1355) zu diesem Thema. Doch auch das Phänomen der Fürsprache am

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169 Haarmann, U., Einleitung, in: Labib, S./Haarmann, U., Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯s Traktat über die Segnungen, die die Türken dem Lande Ägypten gebracht ˙haben. Beirut 1997, S. 21 – 64; ders., The Writer as an Individual in Medieval Muslim Society, in: Deguilhem, R. (Hg.), Individual and Society in the Mediterranean Muslim World. Issues and Sources. Aix-enProvence 1998, S. 77 – 87; ders., Eine neue Quelle zur Bautätigkeit Sultan Qa¯yitba¯ys im ersten Jahrfünft seiner Herrschaft, in: Damaszener Mitteilungen 11 (1999), S. 191 – 203 und ders., Al-Maqrı¯zı¯, the Master, and Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯, the Disciple – Whose Historical ˙ Writing Can Claim More Topicality and Modernity?, in: Kennedy, H. (Hg.), The Historiography of Islamic Egypt, c. 950 – 1800. Leiden 2001, S. 149 – 165. 170 Labib/Haarmann, Abu¯ H . a¯mid al-Qudsı¯s Traktat [wie in der vorangegangenen Anm.]. 171 Wiederhold, L., Blasphemy against the Prophet Muhammad and his Companions (sabb al˙ into Sha¯fi ¯ı Legal Literature and its rasu¯l, sabb al-saha¯ba): The Introduction of the Topic ˙ Practice under Mamluk Rule, in: Journal of Semitic Studies 42 (1997), Relevance for ˙Legal S. 39 – 70.

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Tage des Jüngsten Gerichtes, sei es von Seiten Muhammads oder von Seiten der ˙ zahlreichen muslimischen Heiligen, war Gegenstand gelehrter Auseinandersetzungen.172 Äußerst interessant erscheint mir die von Jonathan P. Berkey des Öfteren gestellte Frage, inwieweit die Mamluken sich selbst als Muslime verstanden.173 Viele Mitglieder der türkischen Elite fungierten nicht nur als Patrone und Mäzene, sondern partizipierten aktiv an dem damaligen religiösen Diskurs. Ein dringendes Desideratum der Mamlukologie bleibt eine Untersuchung über das Wechselverhältnis von orthodoxen und ,mamlukischen‘ religiösen Konzepten. In diesem Zusammenhang böte sich beispielsweise eine Analyse (oder kommentierte Übersetzung) der von Husayn b. Muhammad al-Husaynı¯ in sei˙ ˙ ˙ nem Werk Nafa¯’is al-magˇa¯lis as-sulta¯nı¯ya fı¯ haqa¯’iq asra¯r al-qur’a¯nı¯ya bzw. in – ˙ ˙ von einem unbekannten Gelehrten in einer al-Kawkab ad-durrı¯ fı¯ masa¯’il al˙ u¯rı¯ genannten Schrift – zusammengestellten Protokolle der gelegentlich geG führten Dispute zwischen dem Sultan al-G˙awrı¯ und anerkannten ulama¯’ an.174 Gibt es also auf diesem Gebiet noch Handlungsbedarf, so bietet uns Êric Geoffrey in einer breit angelegten Studie ein wunderbares Panorama der ägyptischen und syrischen Sufik während des gesamten 9./15. und zu Beginn des 10./16. Jahrhunderts.175 Darüber hinaus liegt aus seiner Feder noch eine kenntnisreiche Präsentation der von Ibn Ata¯’ Alla¯h (st. 709/1309), dem dritten ˙ Scheich der Sˇa¯dilı¯ya, verfassten Lata¯’if al-minam vor.176 Im Gegensatz zur Sufik ¯ ˙ sind unsere Kenntnisse über das Funktionieren der verschiedenen Rechtsschulen in der Mamlukenzeit erstaunlich gering. Sherman A. Jacksons Arbeit zu Leben und Werk des malikitischen Rechtsgelehrten Sˇiha¯b ad-Dı¯n al-Qara¯fı¯ (st. 684/1285) ist bisher die einzige Monographie zu diesem Thema.177 Dabei erweist sich das Spannungsgeflecht zwischen den einzelnen mada¯hib als ebenso ¯ ˘

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172 Marmon, Sh., The Quality of Mercy : Intercession in Mamluk Society, in: Studia Islamica 87 (1998), S. 125 – 139. 173 Berkey, J. B., The Mamluks as Muslims: The Military Elite and the Construction of Islam in Medieval Egypt, in: Philipp, T./Haarmann, U. (Hg.), The Mamluks in Egyptian Politics and Society. Cambridge 1998, S. 163 – 173. Siehe zu diesem Thema auch ders., Tradition, Innovation and the Social Construction of Knowledge in the Medieval Islamic Near East, in: Past & Present 146 (1995), S. 38 – 65 und ders., Mamluks and the World of Higher Education in Medieval Cairo, 1250 – 1517, in: Elboudrari, H. (Hg.), Modes de transmission de la culture religieuse en Islam. Kairo 1993, S. 93 – 116. 174 Die beiden genannten Werke hat Abd al-Wahha¯b Azza¯m bereits 1941 in Kairo in einem Band herausgegeben. 175 Geoffrey, Ê., Le soufisme en Êgypte et en Syrie sous les derniers Mamelouks et les premier Ottomans: Orientations spirituelles et enjeux culturels. Damaskus 1995. 176 Ders., Entre hagiographie et hagiologie: les Lata¯’if al-minam d’Ibn Ata¯’ Alla¯h (m. 709/ ˙ – 66. ˙ 1309), in: Annales Islamologiques 32 (1998), S. 49 177 Jackson, Sh. A., Islamic Law and the State: The Constitutional Jurisprudence of Shiha¯b alDı¯n al-Qara¯fı¯. Leiden 1996. ˘

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komplex und belastet wie das Verhältnis von Kadis und Muftis.178 Den Quellen können wir entnehmen, dass beide Gruppen – Richter und Rechtsgutachter – verbale Anstrengungen unternahmen, die von den Sultanen auf Geheiß ihrer Berater oder aus eigenem Antrieb unternommenen Reformen des Justizwesens zu beeinflussen.

LUTZ WIEDERHOLD : „Some Remarks on Ma¯likı¯ Judges in Mamlu¯k Egypt and Syria“

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One of the most conspiscuous characteristics of Islamic legal history is the existence of several schools of jurisprudence (arab. madhhab) within the limits of accepted legal doctrine. The contribution of the madhhabs to the development of Islamic legal theory and the formulation of positive law has been a topic of research since the beginning of western scholarship on Islamic law. As a result of previous studies, it is commonly accepted that, at a certain point of time, Sunnı¯ legal doctrine was reduced to four madhhabs – Ma¯likı¯, Hanafı¯, Sha¯fi ¯ı, and Hanbalı¯ – after several less influ˙ ˙ ential schools had ceased to exist. However, despite a considerable number of studies approaching the phenomenon of the madhhabs from various angles, our knowledge about the relationship between the madhhabs and the roles they played in the sphere of legal, social and political practice of particular Islamic societies is still scarce. Also with regard to the role of legal officials belonging to the Ma¯likı¯ school during the Mamluk reign in Egypt and Syria, lack of information has been observed in earlier studies. The article presents material from historiographical sources describing activities of judges belonging to the Ma¯likı¯ madhhab in Mamluk times followed by some conclusions regarding the position of Ma¯likı¯ legal officials in the historical context of the Mamluk Empire. The episodes are representative for a tendency that can be observed in historiographical sources of the Mamluk era: In these sources a significant number of legal problems presented to Ma¯likı¯ judges are related to religious offences like blasphemy against one of the Prophets and disregard of religious duties. It must be emphasized that not all cases of religious offences were presented to Ma¯likı¯ judges179. But Ma¯likı¯ judges are described as passing sentences

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178 Fernandes, L., Between Qadis and Muftis: To Whom Does the Mamluk Sultan Listen?, in: Mamlu¯k Studies Review 6 (2002), S. 95 – 108. 179 Wiederhold, L., Blasphemy against the Prophet Muhammad and his Companions (sabb al˙ into Sha¯fi ¯ı Legal Literature and its rasu¯l, sabb al-saha¯ba). The Introduction of the Topic ˙ Practice under Mamluk Rule, in: Journal of Semitic Studies 42 (1997), Relevance for ˙Legal pp. 39 – 70.

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against religious offenders that are severer than those issued by officials belonging to the other madhhabs. This is illustrated, in some cases, by a comparison of the views of Ma¯likı¯ judges with the opinions of judges of other madhhabs. Ma¯likı¯ judges are, therefore, approached by persons who want to make sure that a religious – or an alleged religious – offence is punished in the severest manner possible irrespective of the madhhab affiliation of these persons. This tendency may be interpreted as illustrating differences between the Ma¯likı¯ and the other legal doctrines in the persecution of religious offences and the impact of these differences on legal practice. However, today a general evaluation of the doctrines of the madhhabs seems still problematic and has, so far, led to inconclusive results. Joseph Schacht’s argument that the Ma¯likı¯ madhhab is ”not at all more conservative or traditional than the Hanafı¯” or Coulson’s distinction ˙ between the moralistic approach of the Ma¯likı¯s and the formalistic approach of the Hanafı¯s do not provide a coherent explanation of the his˙ torical phenomenon described above. The fact that a number of Ma¯likı¯ legal texts indicate a negative attitude towards the acceptability of repentence (tawba) in cases of, for example, blasphemy against the Prophet Muhammad and his companions does not permit the conclusion that the ˙ severity of Ma¯likı¯ doctrine was the only reason for asking Ma¯likı¯ officials to deal with religious offences. The phenomen as observed in historiographical sources may, likewise, point to a strategy of Ma¯likı¯ legal officials to secure a particular segment of jurisdiction for themselves in a legal and socio-political context dominated by officials adhering to other schools of law. Recht bemerkenswert ist die Erkenntnis, dass während der Tscherkessenperiode der Mamlukenzeit ,Zivilpersonen‘ in zunehmendem Maße juristische Aufgaben und Funktionen übernahmen.180 Zuerst durften die hugˇgˇa¯b in gewissen, die ˙ Angelegenheiten von Heer und Verwaltung betreffenden Fällen als Richter fungieren. Dann entschieden sie zusätzlich über Fälle der Kaufmannsschaft und über Rechtsangelegenheiten der Zivilbevölkerung. Eine ähnliche Entwicklung lässt sich auch bezüglich anderer Ämter – etwa im Falle des stellvertretenden dawa¯da¯r – konstatieren. Diese ,Privatisierung‘ des Rechtssystems ging soweit, dass schließlich sogar niedrigrangige Mamluken in einer Art maza¯lim-Ge˙

180 Irwin, R., The Privatization of ,Justice‘ under the Circassian Mamluks, in: Mamlu¯k Studies Review 6 (2002), S. 63 – 70.

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richtsbarkeit ad hoc über ihnen vorgetragene Fälle zu Gericht saßen und Urteile sprachen. Neben den Anhängern der vier sunnitischen Richtungen lebten im Mamlukenreich selbstverständlich auch Schiiten. Anhand des aufschlussreichen Lebenslaufs des 786/1384 unter der Anklage der Häresie (rafd) hingerichteten ˙ Sˇams ad-Dı¯n Muhammad b. Makkı¯ stellt uns Stefan H. Winter die nicht immer ˙ 181 erfreuliche Lage der syrischen Schia vor. Obgleich die in Syrien lebenden Isma¯ ¯ıliten wegen ihrer anti-ayyubidischen Haltung während des Kampfes gegen die Kreuzfahrer oftmals angefeindet wurden, erhielten sie im Austausch für Spionagetätigkeiten in Iran Steuererleichterungen.182 Wiederum eine andere Farbe des schiitischen Spektrums verkörperten die Hüter der Heiligen Stätten in Mekka. Bis weit in das 8./14. Jahrhundert hinein gehörten diese nämlich den quietistischen Zayditen an.183 Die mamlukische Oberhoheit über die gesamte Region hatte langfristige Auswirkungen auf das dortige Wirtschaftsleben und die etablierten politischen Strukturen.184

Kunst und Architektur Sehr nützlich ist der von dem in der mamlukischen Kunstgeschichte ausgewiesenen185 Jonathan M. Bloom verfasste Überblicksartikel zur neueren Forschung kunsthistorisch arbeitender Mamlukologen.186 Einen guten Ausgangspunkt für jeden, der sich mit der mamlukischen Architektur befassen will, bietet Micheal Meineckes zweibändige Gesamtschau der in den Provinzen Syriens (Jerusalem, Hebron, Damaskus, Hamah und Aleppo) sowie in Kairo während der Zeit von 684/1250 bis 784/1382 durchgeführten Bautätigkeiten.187 Meinecke unterscheidet in seinem Buch insgesamt sechs Perioden: Unter Baybars sei es zu einer Renaissance früherer – insbesondere fa¯timidischer – architektonischer ˙ ˘

181 Winter, S. H., Shams al-Dı¯n Muhammad ibn Makkı¯ ,al-Shahı¯d al-Awwal‘ (d. 1384) and the ˙ Review 3 (1999), S. 149 – 182. Shi ah of Syria, in: Mamlu¯k Studies 182 Melville, C., ,Sometimes by the Sword, Sometimes by the Dagger‘: The Role of the Isma ilis in Mamlu¯k-Mongol Relations, in: Daftary, F. (Hg.), Medieval Isma ili History and Thought. Cambridge 1996, S. 247 – 263. 183 Mortel, R., The Husaynid Amirate of Madı¯na during the Mamlu¯k Period, in: Studia Islamica 80 (1994), S. 97 – 123. 184 Morisot, C., Cons¦quences ¦conomiques de la tutelle mamelouke sur le Higˇa¯z, in: Annales ˙ Islamologiques 32 (1998), S. 159 – 176 und dies., õ propos d’un d¦cret de l’emir Badr al-Dı¯n Hasan — La Mekke, in: Annales Islamologiques 32 (1998), S. 145 – 156. ˙ 185 Blair, S. S.,/Bloom, J. M., The Art and Architecture of Islam, 1250 – 1800. New Haven 1994, Kapitel 6 – 8. 186 Bloom, J. M., Mamluk Art and Architectural History : A Review Article, in: Mamlu¯k Studies Review 3 (1999), S. 31 – 58. 187 Meinecke, M., Die Mamlukische Architektur in Ägypten und Syrien. 2 Bde. Glückstadt 1992. ˘

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Formen gekommen.188 In der von ihm in der mamlukischen Hauptstadt errichteten Moschee wurden zum Beispiel Elemente der öffentlichen Gebetshäuser al-Ha¯kims (reg. 386 – 411/996 – 1021) und Ibn Tu¯lu¯ns (reg. 254 – 270/868 – 884) ˙ ˙ aufgegriffen, und in Baybars Damaszener Medrese finden sich Nachbildungen von Mosaiken aus der benachbarten Umayyadenmoschee.189 Für die spätere Zeit hat man auch normannisch-sizilianische und venezianische Vorbilder ausmachen können.190 Und selbst die Zeitgenossen wussten, dass das monumentale Gewölbe in dem Mausoleum Sultan an-Na¯sir Hasans größer war als das sas˙ ˙ sanidische Ta¯q-i Kisra¯ in Ktesiphon.191 An jene Wiederbelebung älterer Baustile ˙ habe sich, so Meinecke weiter, die Ausprägung eines indigen ägyptisch bzw. syrisch zu bezeichnenden Stils angeschlossen. Den Höhepunkt mamlukischer Baukunst stelle allerdings die Regierungszeit al-Malik an-Na¯sir Muhammads ˙ ˙ dar. In den nachfolgenden Jahrzehnten – etwa von 741/1341 bis 784/1382 – könne dann eine Internationalisierung der mamlukischen Architektur ausgemacht werden. In anderen Ländern hätten Baumeister damit begonnen, ägyptisch-syrische Formelemente zu kopieren oder sich zumindest zum Vorbild zu nehmen. Da beide Reichsteile während des 9./15. Jahrhunderts unterschiedliche ästhetische Wege beschritten, widmet Meinecke ihnen im Folgenden jeweils ein eigenes Kapitel. Mit einem Ausblick auf das Fortleben der mamlukischen Architektur unter osmanischer Herrschaft schließt das Werk. Meineckes Darstellung gilt unter Fachleuten einhellig als beeindruckende Leistung, auch wenn man im Einzelfall mit der Gesamtdeutung der Baudenkmäler nicht einverstanden ist. David Ayalon etwa widerspricht der Annahme, das Sultanat al-Malik anNa¯sir Muhammads sei insgesamt eine Glanzzeit gewesen. Er stellt dem entgegen, ˙ ˙ dass die Vorliebe des Herrschers für pompöse und teure Bauwerke die mamlukische Wirtschaft so stark belastet habe, dass sie sich letzten Endes niemals wieder davon erholen konnte.192

188 Bestätigt wird dies durch Arbeiten wie Rabbat, N. O., Mosaics of the Qubbah al-Zahiriyya in Damascus: A Classical Syrian Medium Acquires a Mamluk Signature, in: Aram 9 – 10 (1997 – 98), S. 1 – 13; ders., Mamluk Throne Halls: Qubba or Iwan, in: Ars Orientalis 23 (1993), S. 201 – 218 oder Taragan, H., Politics and Aesthetics: Sultan Baybars and the Abu Hurayra/Rabbi Gamliel Building in Yavne, in: Ovadiah, A. (Hg.), Milestones in the Art and Culture of Egypt. Tel Aviv 2000, S. 117 – 143. 189 Flood, F. B., Umayyad Survivals and Mamluk Revivals: Qalawunid Architecture and the Great Mosque of Damascus, in: Muqarnas 14 (1997), S. 57 – 79. 190 Behrens-Abouseif, D., Sicily, the Missing Link in the Evolution of Cairene Architecture, in: Vermeulen, U./De Smet, D. (Hg.), Egypt and Syria in the Fatimid, Ayyubid and Mamluk Eras. Löwen 1995, S. 285 – 312 und Harding, C./Micklewright, N., Mamluks and Venetians, in: Canadian Art Review 24 (1997), S. 58 – 60. 191 O’Kane, B., Monumentality in Mamluk and Mongol Art and Architecture, in: Art History 19 (1996), S. 499 – 522. 192 Ayalon, D., The Expansion and Decline of Cairo under the Mamluks and its Background, in:

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Einen hervorhebenswerten Ansatz zur Interpretation der von den Architekten und Restauratoren der Mamlukenzeit geleisteten Arbeit liefert des weiteren Nasser O. Rabbat. In einem Aufsatz aus dem Jahre 2002, untersucht Rabbat die Wahrnehmung von Architektur in den mamlukischen narrativen Quellen.193 Seit dem Ende des 8./14. Jahrhunderts zeigten die Chronisten ein verstärktes Interesse an soziokulturellen Themen. Viele Autoren standen den tscherkessischen Herrschern am Nil skeptisch gegenüber und fingen daher an, sie mit den nunmehr idealisierten Bah. rı¯-Sultanen zu vergleichen. Eines ihrer Argumente ging dahin zu behaupten, ihre zeitgenössischen Herren seien nicht länger in der Lage, die großartigen architektonischen Leistungen ihrer engagierten und generösen Vorgänger zu bewahren, geschweige denn fortzusetzen. Um die Verdienste der eigenen Machthaber weiter zu schmälern, scheuten die mamlukischen Historiker des 9./15. Jahrhunderts nicht davor zurück, die in der Anfangsphase des Mamlukenreiches errichteten Gebäude mit zum Teil legendären und mythischen Großbauten aus der – auch vorislamischen – Vergangenheit gleichzusetzen.194 Interessant ist ferner, dass das mamlukische Raumkonzept weder von geometrischen Strukturen geleitet, noch perspektivisch ausgerichtet war.195 Vielmehr bestimmten urbane, soziale und politische Faktoren die Bauweise. Die oftmals im Laufe der Zeit gewachsenen städtischen Gebäudekomplexe stellten somit eine Mischung aus innenarchitektonischen Überlegungen und externen Raumvorgaben dar. Dabei beeinflussten sich säkulare und religiöse ästhetische Konzepte auf vielerlei Art gegenseitig.196 Ein Ziel mamlukologischer Kunsthistoriker bleibt die Rekonstruktion des historischen Kairo. Einen großen Schritt in diese Richtung hat jedoch Sylvie Denoix mit ihrer akribischen Aus-

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Curiel, R./Gyselen, R. (Hg.), Itineraires d’Orient: Hommages — Claude Cahen. Paris 1994, S. 13 – 20. Rabbat, N. O., Perception of Architecture in Mamluk Sources, in: Mamlu¯k Studies Review 6 (2002), S. 155 – 176. Dies führte unter anderem zur Aufwertung der Pharaonica. Zu dem hochinteressanten Thema der mamlukischen Rezeption altägyptischer Kunst und Kultur siehe Haarmann, U., Krokodile aus Holz und Krokodile aus Marmor : Altägyptisches in einem marokkanischen Pilgerbericht des vierzehnten Jahrhunderts, in: Weippert, M./Timm, S. (Hg.), Meilenstein: Festgabe für Herbert Donner. Wiesbaden 1995, S. 60 – 72 und ders., Medieval Muslim Perceptions of Pharaonic Egypt, in: Loprieno, A. (Hg.), Ancient Egyptian Literature: History and Forms. Leiden 1996, S. 605 – 627. Al-Harithy, H., The Concept of Space in Mamluk Architecture, in: Muqarnas 18 (2001), S. 73 – 93. Walker, B. J., The Ceramic Correlates of Decline in the Mamluk Sultanate: An Analysis of Late Medieval Sgraffito Wares. Ph.D. diss. University of Toronto 1998 und O’Kane, B., Domestic and Religious Architecture in Cairo: Mutual Influences, in: Behrens-Abouseif, D. (Hg.), The Cairo Heritage: Essays in Honor of Laila Ali Ibrahim. Kairo und New York 2000, S. 149 – 182. Siehe auch Gabr, A., The Traditional Process of the Production of Medieval Muslim Art and Architecture: With Special Reference to the Mamluk Period, in: Edinburgh Architectural Research 20 (1993), S. 133 – 159.

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wertung der von Ibn Duqma¯q und al-Maqrı¯zı¯ unabhängig voneinander verfassten Beschreibungen des mamlukischen Fust.a¯t getan.197 Die gesamte mamlukische Architektur hing unmittelbar mit dem Patronagewesen zusammen.198 Dabei setzten sich an-Na¯sir Muhammad b. Qala¯wu¯ns ˙ ˙ Bauprogramme von denjenigen seiner Vorgänger deutlich ab.199 Statt weiter in erster Linie Medresen errichten zu lassen, konzentrierten sich seine Baumeister auf seinen Befehl hin auf die Konstruktion von Freitagsmoscheen. Der Sultan wollte damit zum einen bewusst an die Leistungen Baybars anknüpfen und zum anderen die Herrschaftslegitimation der Qala¯wu¯niden durch die öffentliche Zurschaustellung mamlukischer Religiosität stärken. Ragen solche Sakralbauten wie Fixpunkte aus der urbanen Landschaft heraus, so wird diese vor allem durch die verschiedenen, weltlichen Zwecken dienenden Gebäudekomplexe gestaltet. In diese Strukturen konnten die jeweiligen Patrone massiv eingreifen, zumal ihre Investitionen vor allem darauf abzielten, das kommerzielle Leben der von ihnen ausgewählten Stadtviertel und Straßenzüge durch den gezielten Aufbau attraktiver Wohneinheiten und kaufmännischer Infrastrukturen zu verbessern.200 Auch der Sultan Qa¯’itba¯y interessierte sich sehr für die von ihm in Auftrag gegebenen Baudenkmäler201, ja man kann sogar sagen, dass ihm eine nicht unbedeutende Rolle bei der Ausformulierung eines als haram-Architektur zu be˙ zeichnenden Konzepts zukam. In der letzten Phase der Mamlukenherrschaft in Syrien und Ägypten umgaben die drei bedeutendsten Moscheen der muslimischen Welt, nämlich die masa¯gˇ id in Mekka, Medina und Jerusalem, Hospize und religiöse Einrichtungen, in denen Pilger bewirtet wurden und gegebenenfalls übernachten konnten. Waren diese Anlagen in der Mamlukenzeit fortwährend erweitert und restauriert worden, so entwickelte Qa¯’itba¯y ein architektonisches Programm zu ihrer großzügigen Erweiterung. Entscheidend für die herrscherlichen architektonischen Vorstellungen scheint Qa¯’itba¯ys Jerusalemreise im Jahre 880/1475 gewesen zu sein. Zumindest gab er im Anschluss an seinen Aufenthalt in der Heiligen Stadt den Befehl, seine dort von ihm errichtete 197 Denoix, S., D¦crire le Caire: Fusta¯t-Misr d’aprÀs Ibn Duqma¯q et Maqrı¯zı¯: L’histoire d’une ˙ ˙deux ˙ historiens ¦gyptiens des XIVe – XVe siÀcles. Kairo partie de la ville du Caire d’aprÀs 1995. 198 Fernandes, L., Mamluk Architecture and the Question of Patronage, in: Mamlu¯k Studies Review 1 (1997), S. 107 – 120. 199 Al-Harithy, H., The Patronage of al-Na¯sir Muhammad ibn Qala¯wu¯n, 1310 – 1341, in: ˙ Mamlu¯k Studies Review 4 (2000), S. 219 –˙ 244. Dieser Aufsatz ist aus ihrer Dissertation entstanden: Dies., Urban Form and Meaning in Bahri Mamluk Architecture. Ph.D. diss. Harvard University 1992. 200 Behrens-Abouseif, D., Al-Na¯sir Muhammad and al-Asˇraf Q‚ytba¯y – Patrons of Urbanism, in: Vermeulen, U./De Smet, D.˙ (Hg.),˙ Egypt and Syria in the Fatimid, Ayyubid and Mamluk Eras. Löwen 1995, S. 267 – 284. 201 Dies., Qa¯ytba¯y’s Madrasahs in the Holy Cities and the Evolution of Haram Architecture, in: ˙ Mamlu¯k Studies Review 3 (1999), S. 129 – 147.

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Medrese umzubauen und darüber hinaus in Medina eine Anlage zu schaffen, deren Vorbild der Masgˇid al-Aqsa¯ sein sollte. Erst wenig wissen wir bisher über ˙ Frauen als Patroninnen mamlukischer Architektur202, und auch über Stellung und Ansehen der Handwerker, Künstler und Architekten in der mamlukischen Gesellschaft sind wir noch unzureichend informiert.203 Eine Reihe von Aufsätzen, die in der Zeit von 1992 bis 2002 entstanden, befasst sich mit einzelnen Bauwerken bzw. -komplexen: (1) Schon des Öfteren haben Orientalisten darüber nachgedacht, aus welcher Zeit wohl das erhaltene Minarett der Ibn Tu¯lu¯n-Moschee in Kairo stammt. In einem neueren Ansatz wird ˙ die ältere Diskussion aufgegriffen und vorgeschlagen, die Basis des Gebetsturmes in die Ayyubidenzeit und die mabhara in die Frühphase der Mamluken˘ periode zu datieren.204 (2) Anhand einer genauen Betrachtung des auf der Kairoer Zitadelle befindlichen Ba¯b as-Sa¯ at kann man aufzeigen, wie stark der Einfluss der Umayyadenmoschee in Damaskus auf die Qala¯wu¯nidische Sakralarchitektur gewesen ist. Beide Tore dienten dem gleichen Zweck, nämlich einen direkten Zugang von der Freitagsmoschee zu dem herrscherlichen Palast zu gewährleisten.205 (3) Ein gewisses Rätsel stellte bisher die Zuordnung der von alMaqrı¯zı¯ beschriebenen Turbat as-Sitt dar. Howayda al-Harithy konnte diese Anlage nun als die bekannte Qubbat wa-I¯wa¯n al-Manu¯fı¯ ausmachen, die auf dem südlichen Teil des Qara¯fa-Friedhofes in Kairo erhalten ist.206 Al-Harithy zufolge haben wir es bei den heutigen Überresten mit einer qubba-za¯wiya-Anlage zu tun, die als eine der frühesten überkuppelten za¯wiya¯ der Mamlukenzeit gelten kann. (4) Rekonstruiert werden konnte auch das ursprüngliche Aussehen der um 730/1330 erbauten Moschee Ulma¯s al-Ha¯gˇibs.207 Neu sind ebenfalls (5) eine Studie ˙ zum hamma¯m im mamlukischen Kairo208 und (6) eine Geschichte des ¯Iwa¯n vom ˙

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202 Grundlegend ist al-Harithy, H., Female Patronage of Mamluk Architecture in Cairo, in: Harvard Middle Eastern and Islamic Review 1 (1994), S. 152 – 174. 203 Erste vielversprechende Einblicke gewähren immerhin Rabbat, N. O., Architects and Artists in Mamluk Society : The Perspective of the Sources, in: Journal of Architectural Education 52 (1998), S. 30 – 37 und Behrens-Abouseif, D., Muhandis, Sha¯d, Mu allim – Note on the Building Craft in the Mamluk Period, in: Der Islam 72 (1995), S. 293 – 309. 204 Swelim, N. T., The Minaret of Ibn Tulun Reconsidered, in: Behrens-Abouseif, D. (Hg.), The Cairo Heritage: Essays in Honor of Laila Ali Ibrahim. Kairo und New York 2000, S. 77 – 93. 205 Flood, F. B., Function and Illusion: A Note on the Bab al-SaÁat, in: Behrens-Abouseif, D. (Hg.), The Cairo Heritage: Essays in Honor of Laila Ali Ibrahim. Kairo und New York 2000, S. 93 – 102. 206 Al-Harithy, H., Turbat al-Sitt: An Identification, in: Behrens-Abouseif, D. (Hg.), The Cairo Heritage: Essays in Honor of Laila Ali Ibrahim. Kairo und New York 2000, S. 103 – 122. 207 Karim, C. F., The Mosque of Ulmas al-Hajib, in: Behrens-Abouseif, D. (Hg.), The Cairo Heritage: Essays in Honor of Laila Ali Ibrahim. Kairo und New York 2000, S. 123 – 148. 208 Badr, H. A./Crecelius, D., The waqfiyya of the two Hamma¯ms in Cairo known as al˙ ˙ Sukkariyya, in: Deguilhem, R. (Hg.), Le waqf dans l’espace islamique: Outil de pouvoir socio-politique. Damaskus 1995, S. 133 – 149. ˘

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¯Iwa¯n-i Kisra¯ des 6. Jahrhundert bis zu den ¯Iwa¯nen Sultan an-Na¯sir Hasans aus dem ˙ ˙ 8./14. Säkulum.209 (7) Um die Symbolhaftigkeit des von an-Na¯sir Hasan hinter˙ ˙ lassenen Mausoleums geht es in einem weiteren Artikel Howayda al-Harithys. Einerseits sei dieses Ensemble, so al-Harithy, ein Indikator für die zunehmende Machtposition der awla¯d an-na¯s, andererseits wollte der Herrscher offensichtlich der Bevölkerung nach den verheerenden Auswirkungen der Pestwellen, die zuvor über das Land gerollt waren, ein positives Zeichen setzen.210 (8) Aus Sicht des mamlukologischen Kunsthistorikers sind die über das Land verstreuten ha¯nqa¯hs ˘ ein ergiebiges Forschungsobjekt. Die ha¯nqa¯hs waren weniger die Außenposten ˘ einer konservativen Mystik, vielmehr fungierten diese Anlagen als Orte, an denen die Sufis mit der Bevölkerung zusammenkamen. Herrscher wie Qa¯ itba¯y ließen den sufischen Organisationen große Unterstützung zu teil werden. Ihre Motivation erklärt sich zum Teil aus ihrem Bestreben, sich durch derartige Handlungsweisen Lohn im kommenden Leben zu sichern. Daneben spielten allerdings auch ganz handfeste Gründe eine Rolle. Ein gutes Beispiel ist der ha¯nqa¯h, den Qa¯ itba¯y ˘ zum Gedenken an Sı¯dı¯ Ibra¯hı¯m (gest. 696/1299) in Dasu¯q stiftete.211 Er sollte die Erinnerung an den Heiligen wachhalten und sich – wenn möglich – im Laufe der Zeit zu einem regionalen religiösen Zentrum entwickeln. Auf diese Weise könnten vielleicht, so die Vorstellung des Machthabers, langfristig auch einige der eher urban orientierten Religionsgelehrten angezogen werden. Zu diesem Zweck, aber auch zur Präsentation seiner eigenen Macht, ließ Qa¯ytba¯y vor Ort zusätzlich eine große Freitagsmoschee (gˇa¯mi ) errichten. Sein Name würde somit nicht nur in dem Gebetshaus des Mausoleums (masgˇ id al-maqa¯m), sondern auch regelmäßig während der freitäglichen hutba genannt werden. (9) ˘ ˙ Da westlichen Forschern der Zugang zu den Heiligen Stätten im Higˇa¯z versagt ˙ ist, sind Informationen über die dort erhaltene mamlukische Architektur stets willkommen. Aus diesem Grund soll nicht verschwiegen werden, dass sich in einer 1997 veröffentlichten Monographie zum Thema der Ima¯rat al-madrasa fı¯ Misr wal-Higˇa¯z fı¯’l-qarn 9 H./15 M. eine Beschreibung der Ba¯sit¯ıya in Mekka und ˙ ˙ ˙ Medina aus dem ersten Viertel des 9./15. Jahrhunderts sowie einige Angaben zu der von Qa¯’itba¯y in Mekka erbauten Medrese finden.212 Auch in dieser Arbeit fehlt bedauerlicherweise die Auseinandersetzung mit westlicher Literatur und ˘

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209 Rabbat, N. O., al-I¯wa¯n: Ma na¯hu al-fara¯g˙¯ı wa-madlu¯luhu t-tadka¯rı¯, in: Bulletin d’Êtudes ¯ Orientales 49 (1997), S. 249 – 267. 210 Al-Harithy, H., The Complex of Sultan Hasan in Cairo: Reading between the Lines, in: ˙ Muqarnas 13 (1996), S. 68 – 79. Der Aufsatz basiert auf ihrer Arbeit Urban Form and Meaning in Bahri Mamluk Architecture. Ph.D. diss. Harvard University 1992. 211 Homerin, T. E., Saving Muslim Souls: The Kha¯nqa¯h and the Sufi Duty in Mamluk Lands, in: Mamlu¯k Studies Review 3 (1999), S. 59 – 83. 212 Al-Ha¯rit¯ı, A. M. F., Ima¯rat al-madrasa fı¯ Misr wal-Higˇa¯z fı¯’l-qarn 9 H./15 M.: Dira¯sa ¯ ˙ ¯ rana. ˙ ˙ muqa 2 Bde. Mekka 1997. ˘

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(kunstwissenschaftlichen) Methoden. (10) Eine ganz bemerkenswerte Neuinterpretation der Kairener Zitadelle hat schließlich Nasser O. Rabbat vorgenommen.213 Anhand der Baugeschichte des mamlukischen Herrschersitzes gelingt es Rabbat, die enge Verflechtung zwischen Baukunst und Legitimationsanspruch aufzuzeigen. Außer architektonischen Leistungen dürfen auch die mamlukische Kleinkunst und Textilherstellung nicht unerwähnt bleiben. Über Textilien, deren heute noch erhaltene Stücke sich oftmals in den Händen von Privatsammlern, bisweilen aber auch in öffentlichen Museen befinden214, hat vor allem eine Forschergruppe am Royal Ontario Museum gearbeitet.215 Dabei rückte in den letzten Jahrzehnten die Auswertung italienischer Malereien und Funde indischer Baumwolle in Ägypten in den Vordergrund.216 Man erhielt dadurch ein besseres Bild von dem überregionalen Ost- und Westhandel des Mamlukenreiches. In den 1980er Jahren entdeckten Wissenschaftler darüber hinaus in Italien drei zuvor nicht bekannte mamlukische Teppiche sowie Fragmente eines vierten Exemplars.217 Kein Wunder, denn Textilien waren die verbreiteten Im- und Exportgüter der höheren ägyptischen Mittelschicht. Die Textilindustrie bildete das Rückgrat der mamlukischen Außenwirtschaft; ihre Produkte fanden während des 7./13. und 8./14. Jahrhunderts regelmäßig den Weg nach Südostasien. Der hier angedeutete Fernhandel brach jedoch im 9./15. Jahrhundert aufgrund der durch die Pest verursachten Wirtschaftskrise und der damit verbundenen Rückkehr zum Staatsmonopolismus zusammen. Hinzu kam die Überschwemmung der Märkte in Ägypten und Syrien mit nunmehr in Europa angefertigten Billigprodukten. Was die mamlukischen Metallarbeiten anbelangt, so hat Rachel Ward sich der Mühe unterzogen, die in einer Werkstatt im Laufe von sechs Jahrzehnten hergestellten Arbeiten genauestens zu analysieren.218 In ihrem Aufsatz gelingt es ihr aufzuzeigen, wie der Gravurstil während dieser 60 Jahre eine typisch mamlukische Form annahm. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch James Allan, der sich – im Unterschied zu seiner Kollegin – die Produkte eines bestimmten 213 Rabbat, N. O., The Citadel of Cairo: A New Interpretation of Royal Mamluk Architecture. Leiden 1995. 214 Tissus d’Êgypte: Collection Bouvier. Exhibition catalogue. Le Mus¦e d’art et histoire de Gen¦ve et l’Institut du monde arabe — Paris. Paris 1994. 215 Walker, B. J., Rethinking Mamluk Textiles, in: Mamlu¯k Studies Review 4 (2000), S. 167 – 217. 216 Barnes, R., From India to Egypt: The Newberry Collection and the Indian Ocean Trade, in: Islamische Textilkunst des Mittelalters: Aktuelle Probleme. Riggisberg 1997, S. 79 – 92 und dies., Indian Block-Printed Textiles in Egypt: The Newberry Collection in the Ashmolean Museum. Oxford 1997. 217 Suriano, C. M., Mamluk Blazon Carpets, in: Hal 97 (1998), S. 73 – 81 und 107 – 108. 218 Ward, R., Tradition and Innovation: Candlesticks Madde in Mamluk Cairo, in: Islamic Art in the Ashmolean Museum. Oxford 1995, S. 147 – 158.

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Metallarbeiters, nämlich Muhammad b. az-Zayns, angeschaut hat.219 Mamluki˙ sche Kunstgegenstände aus Metall sind auch in Zentralasien aufgetaucht. Dies hängt in erster Linie damit zusammen, dass Tı¯mu¯r, nachdem er Damaskus eingenommen hatte, sämtliche Handwerker der Stadt nach Samarkand bringen ließ. Als Beute führte man zusätzlich noch in der syrischen Hauptstadt importiertes chinesisches Porzellan mit sich. Dies hatte zur Folge, dass von nun an ehemalige mamlukische Töpfermeister in Samarkander Werkstätten syrische Techniken anwandten, um zentralasiatische Nachbildungen chinesischen Porzellans herzustellen.220 Glaswaren aus der Zeit der Mamlukenherrschaft sind erst im Zuge einer 1994 in London durchgeführten internationalen Konferenz in das Bewusstsein der Mamlukologen gedrungen.221 Bei der Herstellung solcher Gegenstände222 fielen in der Regel eine Menge Abfallprodukte an. Eine Auswertung der Reste hat ebenso wie die Untersuchung archäologischer Funde ergeben, dass Kairo und Damaskus überregionale Zentren der Glas- und Keramikwarenanfertigung bildeten.223 Die schlechte Qualität der Inschriften auf den Objekten deutet dabei eher auf eine Verschiebung des Marktes hin als auf eine Änderung der Herstellungsweise.224 Ein wichtiges Buch ist auch Doris Behrens-Abouseifs Analyse der bedeutenden Sammlung von Metalllampen im Museum für Islamische Kunst in Kairo.225 Sie bietet dem Leser nicht nur eine exzellente Darstellung der einzelnen Objekte aus mamlukischer und post-mamlukischer Zeit, sondern entwickelt darüber hinaus eine neue Typologie der von ihr beschriebenen Beleuchtungsvorrichtungen. Schließlich war Stefano Carboni in der Lage, anhand einiger während der Ausgrabungen in dem mamlukischen Teil von Qusayr al-Qadı¯m gefundener Glasreifen, ähnliche im Metropolitan Museum ˙ (New York) aufbewahrte Stücke neu zu datieren.226

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219 Allan, J. W., Muhammad Ibn al-Zain: Craftsman in Cups, Thrones, and Window Grilles?, in: Levant 28 (1996), S. 199 – 208. 220 Mason, R. B., Medieval Egyptian Lustre-Painted and Associated Wares: Typology in a Multidisciplinary Study, in: Journal of the American Research Center in Egypt 34 (1997), S. 201 – 242. 221 Ward, R. (Hg.), Gilded an Enamelled Glass from the Middle East: Origins, Innovations. London 1998. 222 Yu¯suf, A. A., Egyptian Luster-Painted Pottery from the Ayyubid and Mamluk Periods, in: Behrens-Abouseif, D. (Hg.), The Cairo Heritage: Essays in Honor of Laila Ali Ibrahim. Kairo und New York 2000, S. 263 – 274. 223 Rogers, J. M., Further Thoughts on Mamluk Enameled Glass, in: Behrens-Abouseif, D. (Hg.), The Cairo Heritage: Essays in Honor of Laila Ali Ibrahim. Kairo und New York 2000, S. 275 – 290. 224 Walker, B., The Ceramics Correlates of Decline in the Mamluk Sultanate: An Analysis of Late Medieval Sgraffito Wares. Ph.D. diss. University of Toronto 1998. 225 Behrens-Abouseif, D., Mamluk and Post-Mamluk Metal Lamps. Kairo 1995. 226 Carboni, S., Glass Bracelets from the Mamluk Period in the Metroplitan Museum of Art, in: Journal of Glass Studies 36 (1994), S. 126 – 129.

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In den letzten Jahrzehnten der mamlukischen Oberhoheit über Ägypten und Syrien florierten trotz der desolaten wirtschaftlichen und politischen Situation die künstlerischen Handwerke. Waren die unter Qa¯’itba¯y gängigen neuen ästhetischen Vorstellungen noch abhängig von der Frömmigkeit des Herrschers, so setzte der künstlerisch ambitionierte Qa¯nsu¯h al-G˙awrı¯ seinen eigenen Ge˙ schmack weitgehend durch.227 Der damit verbundene Wandel der Formen, Funktion und Gestaltung handwerklicher und baumeisterlicher Tätigkeit spiegelte sich in den höfischen Festen und Ritualen sowie in der Kleinkunst und Architektur wider. Große säkulare Bauvorhaben und umfangreiche Ausbesserungsmaßnahmen wurden in deutlich größerem Umfang gefördert als die Sakralkunst. Nach außen hin war der Machthaber auf die Zurschaustellung herrscherlichen Prunkes bedacht. Es hat den Anschein, als ob der sich genalogisch benachteiligt fühlende Sultan al-G˙awrı¯ auf diese Weise gegenüber seinen Gegnern Sˇa¯h Isma¯ ¯ıl und Selı¯m I. (reg. 918 – 926/1512 – 1520) seinen Anspruch auf eine Vormachtstellung im Mittleren Osten unterstreichen wollte.

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Ein wichtiger Bestandteil des literarischen Schaffens während der Mamlukenzeit ist die sogenannte ,Volksliteratur‘.228 Ein bisher nur wenig beachtetes Beispiel ist die Romanze über den von den Gelehrten verschmähten Ahmad Da¯nif (st. wohl ˙ 891/1486), die spätestens seit dem 8./14. Jahrhundert auf den Basaren und öf229 fentlichen Plätzen zirkulierte und vorgetragen wurde. Im Laufe der Zeit schrieben die größtenteils den unteren Schichten angehörenden Zuhörer den in dem Werk vorkommenden Handlungsabläufen reale Handlungen und Figuren zu. Das Werk bietet mannigfaltige Interpretationsansätze. Einer davon ist die Auswertung der vom Autor skizzierten sozialen und gesellschaftlichen Verhältnisse der Protagonisten. Beispielsweise spielen die häufig als paramilitärische Jugendbanden, mafiaähnliche Gruppen oder einfach als mit großer krimineller Energie ausgestatteten Rowdis bezeichneten zu a¯r in dem Text eine große Rolle. Schaut man sich die Geschichte, von denen einige auch in die Sammlung der 1001-Nächte aufgenommen wurden230, einmal genauer an, so wird deutlich, dass diese Männer offenbar keine gewöhnlichen Verbrecher 227 Behrens-Abouseif, D., Sultan al-Ghawrı¯ and the Arts, in: Mamlu¯k Studies Review 6 (2002), S. 71 – 94. 228 Lyons, M. C., The Arabian Epic. Heroic and Oral Storytelling. 3 Bde. Cambridge 1995. 229 Shoshan, B., Comedy, Pornography, and Social Critique in the Romance of Ahmad Danif, ˙ in: Journal of Arabic Literature 27 (1996), S. 216 – 226. 230 Ein wunderbares Begleitbuch zu 1001-Nacht ist Irwin, R., The Arabian Nights: A Companion. London 1994.

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waren, sondern – ähnlich den Gefolgsleuten von Robin Hood – zu den Stützen der mamlukischen Gesellschaft zählten. Die von Ahmad Da¯nif angeführten ˙ zu a¯r scheinen über eine weit verzweigte Organisation mit Hauptsitz in Bagdad verfügt zu haben. Durch die Diffamierung der urbanen muslimischen Mittelschicht und die gleichzeitige Verherrlichung der zu a¯r können in der Romanze die bestehenden Verhältnisse kritisiert werden.231 Ein bisher von islamwissenschaftlich arbeitenden Literaturhistorikern völlig vernachlässigtes Gebiet stellt die umfangreiche, während der Mamlukenepoche in Syrien und Ägypten verfasste Dichtung dar.232 Allzu blind hat man das Diktum früherer Orientalisten akzeptiert, dass die Abbasidenzeit mit dem später nie wieder auch nur annähernd erreichten Gipfelpunkt arabischer Dichtung gleichzusetzen sei. Dabei hat selbst ein Chronist wie Ibn Hagˇar al- Asqala¯nı¯ einen ˙ beachtlichen Dı¯wa¯n hinterlassen.233 Und es gibt wahre Schätze zu heben: Trotz ¯ ’isˇa al-Ba¯’u¯nı¯ya ad-Dimasˇqı¯ya (Damaskus 1994) und Fa¯ris Ahmad al- Ala¯wı¯s A ˙ ¯ ’isˇa al-Ba¯’u¯nı¯ya: Sˇa¯ ira (Irbid 1997) bleibt das Werk A ¯ ’isˇa alHasan Raba¯bi as A ˙ Ba¯’u¯nı¯yas (st. 922/1516), die als eine der ganz wenigen Frauen in der Vormoderne einen substantiellen Beitrag zur muslimischen Poesie geleistet hat, so gut wie unerforscht. Und obgleich Mahmud Sa¯lim Muhammad eine Studie zu dem ˙ ˙ bedeutenden Dichter Ibn Nuba¯ta al-Misrı¯ (gest. 768/1366) vorgelegt hat234, ˙ können sich sicherlich noch Generationen von Mamlukologen – wie etwa im Falle Abu¯ Nuwa¯s’ (st. zwischen 198/813 und 200/815) geschehen – mit seinem Werk beschäftigen. ˘

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THOMAS BAUER : „Literarische Anthologien der Mamlukenzeit“ War tatsächlich, wie G. E. von Grunebaum formulierte, das 9. Jahrhundert das „Goldene Zeitalter der Anthologien“? Eine Blütezeit der Anthologie war es sicherlich, doch gibt es eine andere Epoche der arabischen Literaturgeschichte, in der weit mehr Anthologien entstanden, in der die An-

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231 Verwiesen sei in diesem Zusammenhang auch auf Kruk, R., Warrior Women in Arabic Popular Romance: Qann–sa bint Muz–him and Other Valiant Ladies (I+II), in: Journal of ˙ S. 213 – 230˙ bzw. 25 (1994), S. 16 – 33. Arabic Literature 24 (1993), ˙ azal-Epigrammen: Sˇiha¯b ad232 Eine Ausnahme ist die Publikation zweier Sammlungen mit G ˇ annat al-wilda¯n Dı¯n Ahmad al-Higˇa¯zı¯, al-Kunnas al-gˇawa¯rı¯ fı¯’l-hisa¯n mina l-gˇawa¯rı¯ und G ˙¯ n mina l-g ˙ ˙ ilma¯n. Hg. von Raha¯b Akka¯wı ˙ ¯. Beirut 1998. Den überaus bescheidenen fı¯’l-hisa ˙ ˙ Forschungsstand zum Thema ,mamlukische Dichtung‘ fasst zusammen Homerin, T. E., Reflection on Arabic Poetry in the Mamluk Age, in: Mamlu¯k Studies Review 1 (1997), S. 63 – 85 233 Ibn Hagˇar al- Asqala¯nı¯, Dı¯wa¯n. Hg. von Firdaws Nu¯r Alı¯ Husayn. Madı¯nat Nasr 1996. ˙ ˙ ˙ 234 Muhammad, M. S., Ibn Nuba¯ta: Sˇa¯ ir al- asr al-Mamlu¯kı¯. Damaskus 1999. ˙ ˙ ˘

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thologien weit vielgestaltiger waren, und in der die Bedeutung der Anthologie im literarischen Leben weit größer war. Bei dieser Epoche handelt es sich um die Mamlukenzeit (648 – 922/1250 – 1517), die als eine der interessantesten Perioden der arabischen Literaturgeschichte gelten muss, in der modernen Arabistik bislang aber nur sehr wenig Aufmerksamkeit gefunden hat. Seit dem 2. Jahrhundert d. H. manifestiert sich ein bedeutender Teil des literarischen Lebens der islamisch-arabischen Kultur in Gestalt von Anthologien. In der Forschung wurde Anthologien zumeist aber nur wegen der in ihnen enthaltenen Texte Aufmerksamkeit zuteil. Als eigenständiger Beitrag zur Literatur wurden sie kaum gewürdigt. Doch Anthologien sind mehr als nur Steinbrüche zur Gewinnung älterer Texte, können doch gerade Anthologien, mehr noch als die erhaltenen Dı¯wa¯ne, Aufschluss über die Struktur des literarischen Lebens zu einer bestimmten Zeit in einem bestimmten Raum geben. Dies gilt für keine andere Zeit mehr als für die Mamlukenzeit, wie alleine schon die schiere Zahl der erhaltenen Anthologien zeigt. Im Anhang zu diesem Artikel sind neunzig Anthologien von fünfzig verschiedenen Verfassern zusammengestellt. Diese Liste ist aber nur ein Querschnitt durch die Anthologienproduktion des Mamlukenreiches. Sie lässt sich ohne Schwierigkeiten erweitern, bei Einbeziehung der Werklisten in der biobibliographischen Literatur sowie von Brockelmann noch nicht benutzter Bibliothekskataloge sicherlich verdoppeln, wenn nicht gar verdreifachen. Doch nicht nur die Zahl der Anthologien ist an sich schon beeindruckend, auch die Rolle, die die Anthologie im literarischen und kulturellen Leben dieser Zeit spielt, übersteigt die Bedeutung des Partes, den sie in früheren Zeiten eingenommen hatte, bei weitem. Die Mamlukenzeit war, anders als dies früher oft dargestellt wurde, die Zeit einer literarischen Hochblüte. Dies sowohl hinsichtlich des Umfangs der literarischen Produktion als auch ihrer Qualität (die allerdings nicht Thema dieses Aufsatzes war). Grundlage dieser Blüte ist die breite Teilnahme am literarischen Leben, die durch ein expandierendes Bildungswesen ermöglicht wurde. Die etablierten ulama¯’, eine relativ homogene Gruppe von Leuten, die alle eine vergleichbare Ausbildung genossen hatten und mehr oder weniger dieselben Bücher kannten, betrachteten sprachliche Bildung als Grundlage der religiösen Wissenschaften, deren Verwalter sie waren, und gleichzeitig als wichtiges Distinktionsmerkmal. Sprachliche Bildung schloss literarische Bildung ein. Dichtung wurde zu einer wichtigen Form der Kommunikation innerhalb der Gruppe der ulama¯’, und die Pflege des insˇa¯’ ließen sich die ulama¯’ als Erbe der kutta¯b angelegen sein. Den udaba¯’ in der ulama¯’-Elite bot die Nachfrage nach ˘

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vorbildlichen adab-Materialien die Möglichkeit, in der Zusammenstellung von Anthologien ihre Kennerschaft und Professionalität unter Beweis zu stellen. Diese Adabisierung war aber nicht auf die Elite der ulama¯’ beschränkt, sondern setzte sich weit in die Reihen der Mamluken einerseits und in die der städtischen Mittelschichten andererseits hinein fort, wo man dankbar zu weniger anspruchsvollen Anthologien mit stärker unterhaltendem und erbaulichem Charakter griff. Die vielfältigen Gestaltungen und Inhalte der Anthologien der Mamlukenzeit, ihre unterschiedlichen Verfasserkreise und die verschiedenartigen Zwecke, die sie verfolgten, ließen sich im Verlauf des Artikels längst nicht ausschöpfen. Zahlreiche Einzeluntersuchungen werden nötig sein, um ein umfassenderes Bild zeichnen zu können. Weitere Einzeluntersuchungen (und Editionen) sind lohnend, da die Anthologien der Mamlukenzeit Zeugnis eines aufregenden, breiten literarischen Lebens sind, das es unverständlich erscheinen lässt, dass man jemals von einem Niedergang der Literatur in dieser Zeit sprechen konnte.

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Für die religiös inspirierte Dichtung der Mamlukenzeit steht das Werk Umar b. al-Fa¯rids (gest. 632/1235). In einem anregenden Buch erforscht Th. Emil Ho˙ merin die posthume Transformation des sufischen Poeten von einem unter der Bevölkerung hochangesehenen Mystiker über einen muslimischen Heiligen, zu dessen Grab man pilgerte, in einen von Gott besessenen Poeten.235 Hinsichtlich der während des 8./14. und 9./15. Jahrhunderts in Syrien und Ägypten entstandenen Gedichte sind noch viele die Prosodie und das Genre betreffende Fragen offen. Ein Exemplum sind die offensichtlich ursprünglich aus Andalusien stammenden muwasˇˇsaha¯t. Bis heute ist ungeklärt, ob diese Form des strophi˙ schen Poems von der abba¯sidischen Dichtung übernommen wurde oder einer indigen iberischen Tradition entspringt. Berühmte Vertreter dieser poetischen Form sind beispielsweise al-Mahha¯r (st. 711/1311) und as-Safadı¯ (st. 764/ ˙˙ ˙ ˙ 1363).236 Ein bemerkenswerter Poet war auch Ibra¯hı¯m al-Mi ma¯r (st. 749/1348 – 237 49). Die außergewöhnliche Blüte der Hochliteratur während der Ayyubidenund Mamlukenzeit bildet Hintergrund und Voraussetzung für den erstaunlichen ˘

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235 Homerin, T. E., From Arab Poet to Muslim Saint: Ibn al-Fa¯rid. His Verse, and his Shrine. ˙ – A Saint of Mamluk and Columbia 1994. Siehe dazu ebenfalls ders., Umar Ibn al-Fa¯rid ˙ Ottoman Egypt, in: Smith, G. M./Ernst, C. W. (Hg.), Manifestations of Sainthood in Islam. Istanbul 1993, S. 85 – 94. ¯ la¯ 236 Ata¯, A. M. (Hg.) Dı¯wa¯n al-muwasˇˇsaha¯t al-mamlu¯kı¯ya fı¯ Misr wasˇ-Sˇa¯m. Ad-Dawla al-U ˙ – 784 H./1250 – 1382 M). Kairo 1999. ˙ ˙ (648 237 Bauer, Th., Ibra¯hı¯m al-Mi ma¯r : Ein dichtender Handwerker aus Ägyptens Mamlukenzeit, in: Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft 152 (2002), S. 63 – 93. ˘

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Aufschwung der Volksliteratur – und des Schattentheaters238 – im Kairo des 8./ 14. Jahrhunderts. Fern des Gelehrtenbetriebes konnte dadurch ein Mann wie Ibra¯hı¯m al-Mi ma¯r als Volksdichter zu Ruhm und Ansehen kommen. Insgesamt gesehen gibt es auf dem Gebiet der mamlukischen Literatur, insbesondere im Bereich der Dichtung, noch mehr als genug zu tun. Ein weiteres Beispiel für diese überaus populären Volksdichter ist der in Kairo geborene Mamlukensohn Ibn Su¯du¯n (st. 868/1464). Seine in Versform gebrachten Humoresken und bunten Geschichten erfreuten sich vor allem bei den zurafa¯’ größter Beliebtheit. Aus ˙ diesem Grund ist es überaus erfreulich, dass man nun begonnen hat, sich mit seinem Werk und seiner Persönlichkeit auseinanderzusetzen.239 Einen Lichtblick im Dunkel der Forschung wird mit Sicherheit der Anfang 2003 erscheinende 7. Band der Mamlu¯k Studies Review darstellen, der dem literarischen Schaffen während der Mamlukenzeit gewidmet ist. RUDOLF VESELY´ : „Das Taqrı¯z in der arabischen Literatur“ ˙ In meinem kurzen Beitrag will ich an die genau vor 20 Jahren von Franz Rosenthal in Oriens unter dem Titel „Blurbs“ (Taqriz) from FourteenthCentury Egypt veröffentlichte erste und bisher einzige Studie über das sogenannte Taqrı¯z anknüpfen. Mit dem englisch-amerikanischen „blurb“, ˙ was eine auf dem Umschlag stehende empfehlende Notiz über ein Buch bedeutet, hat Rosenthal das Wort taqrı¯z trefflich wiedergegeben, denn ˙ damit wird die Hauptbedeutung dieses arabischen literarischen Fachausdruckes, welcher eine lobsingende Beurteilung eines literarischen Werkes bezeichnet, völlig erfasst. Für seine Studie benutzte Rosenthal eine

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238 Kahle, P. et al. (Hg.), Three Shadow Plays by Muhammad Ibn Da¯niya¯l. Cambridge 1992. Zu ˙ Ibn Da¯niya¯ls (st. 709/1310 – 11) Werken siehe Buturovic, A., Sociology of Popular Drama in Medieval Egypt: Ibn Da¯niya¯l and his Shadow Plays. Ph.D. diss. McGill University 1994; Corrao, F. M., Laughter, Festival and Rebirth: Ibn Da¯niya¯l’s Shadow Plays, an Example of Cultural Tolerance in the Early Mamluk Ages, in: The Arabist (Budapest) 18 (1996), S. 13 – 28; Sublet, J., Nom ¦crit, nom dit: Les personnages du th¦–tre d’ombres d’Ibn Da¯niya¯l, in: Arabica 44 (1997), S. 545 – 552 und Guo, L., Paradise Lost: Ibn Da¯niya¯l’s Response to Baybar’s Campaign against Vice in Cairo, in: Journal of the American Oriental Society 121 (2001), S. 219 – 235. 239 In seiner 2001 in Damaskus erschienenen Edition der gesammelten Werken von Ibn Su¯du¯n (Nuzhat an-nufu¯s wa-mudhik al- abu¯s) hat der Herausgeber Mahmu¯d Sa¯lim bedauerli˙ ˙ uns gekommenen Handschriften benutzt. cherweise nur drei der 38˙ auf Darüber hinaus hatte Mahmı¯d Sa¯lim offenbar auch keinen Zugang zu der wichtigen Studie Vrolijk, A., ˙ Bringing a Laugh to a Scrowling Face. A Study and Critical Edition of the „Nuzhat al-Nufu¯s wa-Mudhik al- Abu¯s“ by Alı¯ Ibn Su¯du¯n al-Basˇbug˙a¯wı¯ (Cairo 801/1407-Damascus 868/1464). ˙ Leiden ˙1998. Zu diesem Buch siehe auch die Rezension von Everett K. Rowson in Edebiy–t 12 (2001), S. 128 – 138. ˘

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Andere Themen

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Gruppe von elf Taqrı¯zen über die Nuzu¯l al-g˙ayt, also die Glossen Ibn ad˙ Dama¯mı¯nı¯s, eines berühmten und hochgeschätzten ägyptischen Dichters . des 9./15. Jahrhunderts, über as-Safadı¯s Kommentar zu at-Tug˙ra¯’ı¯s La¯˙ ˙ ˙ mı¯yat al- Agˇam, die sich als Beilage zum Text der Nuzu¯l in der MS Landberg 64a in der Bibliothek zu Yale befindet. Im Zusammenhang mit meiner Arbeit an der Edition der Qahwat al-insˇa¯’, einem Werk des Ibn Higˇgˇa, eines ˙ bekannten Dichters und Literaten der ersten Hälfte des 9./15. Jahrhunderts und munsˇi’s in der Hofkanzlei des Sultans al-Mu’ayyad Sˇayh, gelang ˘ es mir, ein ziemlich reiches Material verschiedenen Charakters zusammenzubringen, welches unsere Kenntnisse über dieses kulturelle Phänomen wesentlich erweitern kann. Trotz ihrer ziemlich formalisierten Gestalt und manieristischen und gekünstelten Ausdrucksweise, vermitteln sie auch bestimmte ästhetische Gesichtspunkte und Normen. Ebenso liefern sie gewisse Vorstellungen über Themen der literarischen Diskussionen und darüber, wie diese Diskussionen wohl verlaufen sein mögen.

Andere Themen Die Zahl der auf den vorangegangenen Seiten nicht ausdrücklich erwähnten, aber dennoch in dem Zeitraum von 1992 bis 2002 von dem einen oder anderen Mamlukologen behandelten Themen ist natürlich sehr groß. Aus diesem Grund sollen hier nur einige Aufsätze genannt werden, die mir persönlich bei der Vorbereitung zu diesem Artikel aufgefallen sind. Wie wurde beispielsweise das Mamlukenreich von außen gesehen? Erstaunlicherweise hat sich bisher mit dieser hochinteressanten Frage kaum jemand beschäftigt. Dabei gibt es zahlreiche europäische Reiseberichte aus der Zeit. Insofern sind Ulrich Haarmanns posthum veröffentlichte Überlegungen zu diesen Quellen240 genauso wegweisend wie sein Artikel über Faz˙l Alla¯h b. Ru¯zbiha¯n Hungˇ¯ıs (st. 925/1519) Wahr˘ nehmung der ägyptisch-mamlukischen Gesellschaft im 9./15. Jahrhundert.241 In diesem Zusammenhang mag man sich auch überlegen, auf welche Weise die mamlukischen Sultane von den eigenen Chronisten rezipiert worden sind. Jeder Historiker, der über die Frühzeit der mamlukischen Herrschaft schrieb, entwarf letzten Endes ein eigenes Baybarsbild, um auf der dadurch hergestellten 240 Haarmann, U., The Mamluk System of Rule in the Eyes of Western Travelers, in: Mamlu¯k Studies Review 5 (2001), S. 1 – 24. 241 Haarmann, U., Yeomanly Arrogance and Righteous Rule: Faz˙l Alla¯h b. Ru¯zbiha¯n Khunjı¯ and the Mamluks of Egypt, in: Eslami, K., (Hg.), Iran and Iranian Studies: Essays in Honor of Iraj Afshar. Princeton 1998, S. 109 – 124,

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Grundlage im weiteren Verlauf der Chronik politisch argumentieren zu können.242 Überhaupt modulierten die Geschichtsschreiber die von ihnen gesammelten Daten nach den eigenen Interessen. Anschaulich ist dargestellt worden, wie geschickt Ibn ad-Dawa¯da¯rı¯ (st. nach 736/1336) in seiner Universalchronik Kanz ad-durar wa-gˇa¯mi al-g˙urar bzw. in deren Kurzfassung Durar at-tı¯gˇa¯n wag˙urar tawa¯rı¯h al-azma¯n vor dem Hintergrund der Mongolenabwehr bei Ayn ˘ ˘ a¯lu¯t im Jahre G 658/1260 durch die Mamluken eine türkische Ursprungslegende transformiert hat.243 Ein anderer Bereich der Mamlukenforschung, der in diesem Überblick noch nicht berücksichtigt wurde, sind die Naturwissenschaften. Hingewiesen sei an dieser Stelle nur auf drei kürzere Arbeiten. Zum einen wird uns berichtet, dass Qala¯wu¯n versuchte, die medizinischen Künste wieder auf den Stand früherer Tage zu bringen,244 und zum anderen stellt uns Rudolf Vesely´ einige Mitglieder einer berühmten Arztfamilie aus dem 10./16. Jahrhundert vor.245 Ihre Mitglieder hatten lange Zeit das Amt des ägyptischen Obermedikus’ (ra’ı¯s al-atibba¯’ bid˙ diya¯r al-misrı¯ya) inne und dienten den letzten Mamlukensultanen sogar in der ˙ Regel als Leibärzte. Nach 923/1517 wurden sie in dieser Funktion sogar nach Istanbul an den Hof des Osmanenherrschers Selı¯m I. berufen. Diesem, wie auch Süleyma¯n-i Qa¯nu¯nı¯ (reg. 926 – 974/1520 – 1566) und dessen Sohn und Nachfolger Selı¯m II. (reg. 974 – 982/1566 – 1574) leisteten sie ausgezeichnete Dienste. Schließlich hat noch David A. King einen kleinen Aufsatz vorgelegt, in dem er die bisherigen Forschungen zur Einrichtung des muwaqqit zusammenfasst.246 Dass sich bisweilen auch Ärzte während der Mamlukenepoche als Religionsgelehrte verstanden, zeigt Ala¯’ ad-Dı¯n b. an-Nafı¯s’ (st. 687/1288) kleine Abhandlung mit dem Titel ar-Risa¯la al-ka¯mila fı¯ s-sı¯ra an-nabawı¯ya. Die Schrift ist – offensichtlich in Anlehnung an Ibn Tufayls (st. 581/1185 – 86) berühmtes Werk Hayy ˙ ˙ Ibn Yaqza¯n – als theologischer Roman konzipiert, doch kann man sie auch als ˙ literarisch gestaltete Legitimation der Herrschaft Sultan Baybars lesen. ˘

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242 Elbendary, A. A., The Sultan, the Tyrant, and the Hero: Changing Medieval Perceptions of al-Za¯hir Baybars, in: Mamlu¯k Studies Review 5 (2001), S. 141 – 157. ˙ ,Großer Vater Mond‘ und ,Schwarzer Löwenjunge‘ – eine mongolisch-kiptschakische 243 Ders., Ursprungssage in arabischer Überlieferung, in: Conermann, S./Kusber, J. (Hg.), Die Mongolen in Asien und Europa. Frankfurt 1997, S. 121 – 138. 244 Northrup, L. S., Qala¯wu¯n’s Patronage of the Medical Sciences in the Thirteenth-Century Egypt, in: Mamlu¯k Studies Review 5 (2001), S. 119 – 140. 245 Vesely´, R., Neues zur Familie al-Qu¯su¯nı¯. Ein Beitrag zur Genealogie einer ägyptischen ˙ änzungen“ von Rudolf Sellheim), in: Oriens 33 Ärzte- und Gelehrtenfamilie (mit „Erg (1992), S. 437 – 444. 246 King, D. A., Mamluk Astronomy and the Institution of the Muwaqqit, in: Philipp, T./ Haarmann, U. (Hg.), The Mamluks in Egyptian Politics and Society. Cambridge 1998, S. 153 – 162 und ders., On the Role of the muezzin and muwaqqit in Medieval Islamic Society, in: Raqeb, S. (Hg.), Tradition, Transmission, Transformation. Leiden 1996, S. 97 – 133.

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Schluss

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Auch mit den militärischen Künsten haben sich die Mamlukologen – allen voran Ulrich Haarmann – beschäftigt.247 Als äußerst aufschlussreich hat sich in diesem Zusammenhang eine illustrierte Handschrift aus dem 9./15. Jahrhundert erwiesen. Das in der Sammlung des an die russische Akademie der Wissenschaft angegliederten Instituts für Orientalische Studien in St. Petersburg aufbewahrte Manuskript [Inv. Nr. C. 686] trägt den Titel Kita¯b al-mahzu¯n fı¯ gˇa¯mi al-funu¯n ˘ und stammt von dem im 8./14. Jahrhundert schreibenden Ibn Abı¯ Hazza¯m.248 ˘ Gerade die Verbindung von Text und Bildmaterial liefert uns eine anschauliche Darstellung des Kriegshandwerkes in der Mamlukenzeit. Ein letztes mamlukologisches Forschungsfeld, welches hier nur angedeutet werden soll, stellt die Archäologie dar. Erfreulicherweise hat Donald Whitcombs vor nicht allzu langer Zeit einen Übersichtsartikel verfasst249, der allerdings angesichts der vielen Neuerscheinungen auf diesem Gebiet ein wenig deskriptiv und allgemein ausgefallen ist.

Schluss Betrachtet man die in den Jahren von 1992 bis 2002 geleistete Mamlukenforschung, so kann man nur zu dem Ergebnis kommen, daß es auf diesem islamwissenschaftlichen Forschungssektor in der Tat ganz gewaltig boomt. Alle erwähnten Werke, aber auch die Artikel des hier vorliegenden Bandes, liefern einzelne Puzzleteile für ein mögliches Gesamtbild der Mamlukenherrschaft in Ägypten und Syrien während des 8./14. und 9./15. Jahrhunderts. Doch wann wird es angesichts der vielen neuen Erkenntnisse eine einheitliche Geschichte des Mamlukenreiches geben? Neben Ulrich Haarmanns Artikel für die Encyclopaedia of Islam250 besitzen wir an von einer Hand verfaßten Darstellungen nur populärgeschichtliche Bücher wie Andr¦ Clots brauchbares L’Êgypte des mamelouks: L’empire des esclaves (1250 – 1517) (Paris 1996), Jörg-Dieter Brandes 247 Haarmann, U., Waffen und Gesellschaft im spätmittelalterlichen Ägypten, in: Medium Aevum Quotidiarum 27 (1992), S. 137 – 138; ders., Mit dem Pfeil, dem Bogen: Fremde und einheimische Stimmen zur Kriegskunst der Mamluken, in: Kommunikation zwischen Orient und Okzident: Alltag und Sachkultur. Internationaler Kongreß – 6. bis 9. Oktober 1992 in Krems an der Donau. Wien 1994, S. 223 – 249 und ders., The Late Triumph of the Persian Bow: Critical Voices on the Mamluk Monopoly on Weaponry, in: Philipp, T./ Haarmann, U. (Hg.), The Mamluks in Egyptian Politics and Society. Cambridge 1998, S. 174 – 187. 248 Alikberov, A. / Rezvan, E., Ibn Abı¯ Khazza¯n and his Kita¯b al-makhzu¯n: The Mamlu¯k Military Manual, in: Manuscripta Orientalia 1/1 (1995), S. 21 – 28. 249 Whitcomb, D., Mamluk Archaeological Studies: A Review, in: Mamlu¯k Studies Review 1 (1997), S. 97 – 106. 250 Haarmann, U., Art. „Misr, 5. The Mamlu¯k Period (1250 – 1517)“, in: The Encyclopaedia of ˙ Islam. Vol. 7: Mif-Naz. Leiden und New York 1993, Sp. 165a – 177a.

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schlechtes Die Mameluken: Aufstieg und Fall einer Sklavendespotie (Sigmaringen 1996) und Isa¯m Muhammad Sˇiba¯ru¯s’ – trotz einiger grober Schnitzer – recht ˙ ˙ nützliches as-Sala¯t¯ın fı¯’l-masˇriq al- arabı¯: Ma a¯lim dawrihim as-siya¯sı¯ wal-hadrı¯ ˙ ˙ ˙ (648 – 923 H./1250 – 1517 M.) (Beirut 1995). Eine sehr gute wissenschaftlich aufbereitete Präsentation der Mamlukenzeit bieten die einzelnen Beiträge in dem ersten Band („Islamic Egypt, 640 – 1517“) der von Carl F. Petry herausgegebenen Cambridge History of Egypt (Cambridge 1998).251 Doch obgleich die Beiträger allesamt ausgezeichnete und ausgewiesene Mamlukologen sind und die einzelnen Abschnitte den neuesten Forschungsstand wiedergeben, fehlt die für einen Verfasser typische durchgänge Fragestellung und Argumentationsweise und inhaltliche Homogenität. Aus diesem Grund kann man in Anspielung auf Robert Irwins Bemerkung von 1986, dass es nach 120 Jahren wieder Zeit für eine Geschichte des Mamlukensultanates sei,252 nur sagen: Angesichte des Forschungsbooms in der Mamlukologie ist ein Vierteljahrhundert nach dem Irwinschen Diktum die Zeit wieder mehr als reif für eine neue Synthese! ˘

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251 Die einzelnen Kapitel sind: Linda Northrup: „The Bahrı¯ Mamlu¯k Sultanate, 1250 – 1390“ ˙ (S. 242 – 289); Jean-Claude Garcin „The Regime of the Circassian Mamlu¯ks“ (S. 290 – 317); Warren C. Schultz: „The Monetary History of Egypt, 642 – 1517“ (S. 318 – 338); Irene A. Bierman: „Art and Architecture in the Medieval Period“ (S. 339 – 374); Jonathan P. Berkey „Culture and Society during the Late Middle Ages“ (S. 375 – 411); Carl F. Petry : „The Military Institution and Innovation in the Late Mamlu¯k Period“ (S. 462 – 489); Michael Winter : „The Ottoman Occupation“ (S. 490 – 516); Donald P. Little: „Historiography of the Ayyubid and Mamluk Epochs“ (S. 412 – 444); Terry G. Wilfong: „The Non-Muslim Communities“ (S. 175 – 197) und R. Stephen Humphreys: „Egypt in the World System of the Later Middle Ages“ (S. 445 – 461). 252 Irwin, R., The Middle East in the Middle Ages. Carbondale Ill. 1986, Introduction.

Dokumente

Awla¯d al-Na¯s as Founders of Pious Endowments: The * Waqfı¯yah of Yahyá ibn Tu¯gha¯n al-Hasanı¯ of the Year 870/1465 ˙ ˙ ˙ [zusammen mit Souad Saghbini]

We are indebted to Ulrich Haarmann for important insights into the fascinating world of the activities and careers of Mamluk descendants, who, according to their own Mamluk tradition, had access neither to the privledged status of the political and military elite nor to the economic resources of the country.1 Unfortunately, Ulrich Haarmann died all too early and therefore his plan to write a comprehensive monograph on the awla¯d al-na¯s was not realized. In the first part of the following article, we give a short outline of Ulrich Haarmann’s theses on this topic within a broader Mamluk context. The waqf deed which forms the basis for this article was discovered by him to contribute valuable insights into certain activities of the awla¯d al-na¯s. For this reason, we have presented a complete edition of it. The most striking feature of the Mamluk era in Egypt and Syria, a period which lasted some 250 years, is its unusual polarization of society. A predominantly Arab population was ruled by an elite of enfranchised military slaves, exclusively of Turko-Circassian stock, engaged in constant self-regeneration because of its self-imposed rules.2 Membership in the Mamluk class was open * Erstpublikation in: Mamlu¯k Studies Review 6 (2002), S. 21 – 50. 1 Ulrich Haarmann, “Sons of Mamluks as Fief-Holders in Late Medieval Egypt,” in Land Tenure and Social Transformation in the Middle East, ed. Tarif Khalidi (Beirut, 1984), 141 – 68; idem, “Arabic in Speech, Turkish in Lineage: Mamluks and their Sons in the Intellectual Life of Fourteenth-Century Egypt and Syria,” Journal of Semitic Studies 33 (1988): 81 – 114; idem, “Väter und Söhne im Herrschaftssystem der Mamluken,” Berliner Wissenschaftliche Gesellschaft e.V. – Jahrbuch (1995): 211 – 27; and idem, “Joseph’s Law—The Careers and Activities of Mamluk Descendants before the Ottoman Conquest of Egypt,” in The Mamluks in Egyptian Politics and Society, Cambridge Studies in Islamic Civilization, ed. Thomas Philipp and Ulrich Haarmann (Cambridge, 1998),174 – 87. 2 Still the best introduction is David Ayalon, “Aspects of the Mamluk Phenomenon,” Der Islam 53 (1976): 196 – 225 and 54 (1977): 1 – 32. But see also Ulrich Haarmann, “Der arabische Osten späten Mittelalter, 1250 – 1500” in Geschichte der arabischen Welt, ed. Ulrich Haarmann (Munich, 1994), 217 – 63, esp. 217 – 36; Linda S. Northrup, “The Bahrı¯ Mamlu¯k Sultanate, 1250 – 1390,” in The Cambridge History of Egypt, vol. 1, Islamic Egypt:˙ 640 – 1517, ed. Carl F.

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only to those who were free-born non-Muslims of Turko-Circassian stock outside the Islamic sphere of power, who were then enslaved, brought to Egypt, converted to Islam, trained in chivalry, and finally manumitted. Only those fulfilling these criteria could belong to the ruling class and share the resulting political, military, and economic privileges. A substitute family grouped around a specific master (usta¯dh) constituted the smallest unit within this ruling Mamluk caste.3 It bore the name of its usta¯dh and became extinct only upon the death of its last member. Mamluk ideals called for fierce and lifelong loyalty to the master, and staunch solidarity with the comrades grouped around the same foster-father. Loyalty and solidarity lent position and social stability to the individual Mamluk. The drawback of this pronounced esprit de corps was an internal rivalry between the various Mamluk “families,” a resulting general conflict within the ruling Mamluk caste, and especially the inevitable loss of power when the respective protector was overthrown or died.4 But despite the tensions inherent in the system, the model of the Mamluk “non-hereditary one generation nobility”5 actually seems to have promoted stability, perhaps in part due to its simplicity. At any rate, one can assume that the longevity of Mamluk rule over the autochthonous populations of Egypt and Syria may also – perhaps even primarily – be attributed to the Mamluk principle of constant self-renewal. On the other hand, a model of society which barred its own offspring from acceding to power did not prove to be viable in the long run. Every principle is, after all, based on the idea that no, or very few, exceptions from the rule are permissible. And it is exactly here that difficulties set in. A cursory glance at the list of rulers indicates that a dynastic line of succession existed during the entire era of Mamluk rule. Whereas only seven genuine Mamluks ruled in the years from 684/1250 until 784/1382, there were seventeen sons of Mamluk fathers. And even during the subsequent period, the Circassian era from an ethnic point of view, eight out of a total of twenty-four sultans were born in Egypt. One reason for this remarkable fact may have been that, as far as the line of succession was concerned, nomadic oligarchic traditions competed with hereditary monarchial ones well into the ninth/fifteenth century.6 Only with the accession of al-

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Petry (Cambridge, 1998), 242 – 89; and Jean-Claude Garcin, “The Regime of the Circassian Mamluks,” in ibid., 290 – 317. David Ayalon, “L’esclavage du Mamelouk,” Oriental Notes and Studies 1 (1951): 1 – 66, and idem, “The Mamluk Novice: On his Youthfulness and on his Original Religion,” Revue des ¦tudes islamiques 54 (1986): 1 – 8. On this, see D. S. Richards, “Mamluk Amirs and their Families and Households,” in Philipp and Haarmann, Mamluks in Egyptian Politics, 32 – 54, and Robert Irwin, “Factions in Medieval Egypt”, Journal of the Royal Asiatic Society (1986): 228 – 46. David Ayalon, “Names, Titles and ‘Nisbas’ of the Mamluks,” Israel Oriental Studies 5 (1975): 193. See also idem, “Mamluk Military Aristocracy : A Non-Hereditary Nobility,” Jerusalem Studies in Arabic and Islam 10 (1987): 205 – 10. P. M. Holt, “The Position and Power of the Mamlu¯k Sultan,” Bulletin of the School of Oriental

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Mu’ayyad Shaykh (r. 815 – 24/1412 – 21), after the interregnum of Caliph alMusta ¯ın (812/1415), did the policy of enthroning a new ruler acquire its ultimate form. Upon the death of a sultan who had previously emerged as the victor from wrangling between the strongest amirs, his son was accepted as the nominal leader by a tacit agreement until the question of the genuine successor had been settled. The princes, who often were still young, usually moved back to second rank without much resistance. Of course, these young princes were ambitious as well, and relinquishing the prestigious sultan’s office must have been difficult for some of these sı¯dı¯s – as the sons of sultans and sultan’s Mamluks were called.7 And the desire inherent in any father to pass on to his son the opportunities and sinecures he himself had enjoyed was, of course, a powerful motivation as well. In the ninth/fifteenth century two sultans abdicated during their own lifetime to stand aside for their sons’ benefit – an absolute novelty in Mamluk history. But there was a fixed pattern. When the time for finding the strongest amir had passed, the predecessor’s son resigned without further ado. Not only did the deposed sı¯dı¯s remain unmolested under the leadership of the new strong man, but they sometimes were also valued company for the new ruler and his offspring. The question of Mamluk adherence to principle thus illustrates the system’s perviousness in the upper echelons. It also brings into focus a group which has been rather neglected in the few contemporary attempts at classifying the entire population, namely the sons and grandsons of the Mamluks.8 Above all, the numerous progeny of the Mamluk serving class, as distinct from the prot¦g¦s of

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and African Studies 38 (1975): 237 – 49; idem, “Succession in the Early Mamluk Sultanate,” in XXIII. Deutscher Orientalistentag: vom 16. bis 20. September 1985 in Würzburg: ausgewählte Vorträge, Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft, supplement 7, ed. Einar von Schuler (Stuttgart, 1989): 144 – 48. On this important question, see also Amalia Levanoni, “The Mamluk Conception of the Sultanate,” International Journal of Middle Eastern Studies 26 (1994): 373 – 92, and now Henning Sievert, “Das ägyptische Mamlukensultanat im 15. Jahrhundert nach dem ‘Ta¯rı¯h al-Malik al-Asˇraf Qa¯ytba¯y’ von Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯,” M.A. ˙ thesis, University of Kiel, 2001. ˘ 7 The short reigns of the sı¯dı¯s during the Circassian era have been analyzed by Agata Rome, “Die kurze Regierungszeit der mamlukischen Sultanssöhne in der tscherkessischen Phase (784/ 1382 – 922/1517),” M.A. thesis (Lizentiatsarbeit), University of Basel, 1995. 8 For example, one could consult Ahmad ibn ‘Alı¯ al-Maqrı¯zı¯ (d. 845/1412), Igha¯that al-Ummah ˙ bi-Kashf al-ghummah (Beirut, 1980); Ta¯j al-Dı¯n ‘Abd al-Wahha¯b ibn ‘Alı¯ al-Subkı¯ (d. 771/ 1370), Mu ¯ıd al-Ni am wa-Mubı¯d al-Niqam, ed. David W. Myhrman (London, 1908); or Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯ (d. 888/1483), “Badhl al-Nasa¯’ih al-Sharqı¯yah fı¯ ma¯ al‚ al-Sulta¯n wa-Wula¯t al˙ r wa-Sa¯’ir al-Ra ¯ıyah,” Berlin Ahlwardt MS˙5618. We are presently preparing ˙ Umu Abu¯ Ha¯mid ¯ al-Qudsı¯’s text for publication. On its author, see Ulrich Haarmann, “The Writer as ˙an Individual in Medieval Muslim Society,” in Individual and Society in the Mediterranean Muslim World: Issues and Sources, ed. Randi Deguilhem (Aix-en-Provence, 1998), 77 – 87, and idem, “Al-Maqrı¯zı¯, the Master, and Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯, the Disciple – Whose Historical Writing ˙ Can Claim More Topicality and Modernity?,” in The Historiography of Islamic Egypt (c. 950 – 1800), The Medieval Mediterranean, vol. 31, ed. Hugh Kennedy (Leiden, 2001), 149 – 65. ˘

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the ruler and his Mamluks, are of sociohistorical importance in their own right. We know from the contemporary chronicles and additional prosopographic sources that these Mamluk offspring not only participated in numerous social functions, but also developed a distinct collective identity. For example, they were called by a collective name: awla¯d al-na¯s. This term not only signified the second generation of Mamluk sons but also the grand- and even the greatgrandsons. The name points to common roots as a specific feature. They were united in their being “sons of the nobles,” i. e., the Turko-Circassian elite. The awla¯d al-na¯s represented the opportunities and limits of development in Mamluk society. They were connected to the realm of the state, the army, and the economy dominated by the Mamluks through their fathers without really belonging to them. Characteristically, they usually had Arab names.9 Their place of birth made the awla¯d al-na¯s Egyptians without the local populace accepting these second generation (and thus second class) “Turks” as their own. Many Mamluk sons, who often had an Egyptian mother and spoke Arabic as well as Turkish, assumed the role of mediators between the two worlds. Yet, psychologically and socially their situation was not enviable. Their ambitions were strictly circumscribed from the outset. On the one hand, religious scholars and other segments of the population resented them as a visible manifestation of “Turkish” domination. On the other hand, they were refused access to the highest offices of the state by the Mamluks. But even in this the Mamluks were inconsistent, because the highest offices of state were held by the sons of amirs in the middle of the eighth/fourteenth century under Sultan Hasan (r. 748 – 52/ ˙ 1347 – 51).10 Even during the subsequent systematic “re-Mamlukization” of the army and state leadership there were still two awla¯d al-na¯s amongst the nine imprisoned amirs of highest rank when Sultan Barqu¯q (r. 784 – 91/1382 – 89) was overthrown in 791/1388 – 89.11 At this time their share in the middle and lower ranks rose to a quarter and more than a half respectively.12 Certain high offices, such as the commandant of Cairo or the administrator of the ruler’s tournament grounds, were apparently accessible to Mamluk progeny.13 Moreover, just like retired officers or their widows, they had access to the institution of pension fiefs (al-rizqah almabru¯rah),14 and frequently seem to have accumulated substantial real estate in rural areas, as we shall see.

9 Ayalon, “Names, Titles and ‘Nisbas’,” 229 – 31. For those awla¯d al-na¯s who had Turkish names, see Haarmann, “Arabic in Speech,” 103, n. 109. 10 Haarmann, “”Sons of Mamluks,” 145. 11 Haarmann, “Der arabische Osten,” 227. 12 Haarmann, “Sons of Mamluks,” 145, n. 5. 13 Ibid., 143. 14 On the rizqah al-mabru¯rah, see Nicolas Michel, “Les rizaq ihba¯siyya, terres agricoles en ˙

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Generally speaking, any of the awla¯d al-na¯s could enter a military career. This was because the Mamluk army not only included especially privileged sultan’s Mamluks who upheld the system and the less-esteemed amir’s Mamluks, who were dispersed over the whole empire, but also the so-called halqah15 as its third ˙ armed force. This honorary legion commanded by sultans’ sons consisted of cavalrymen of highly diverse origins including Mamluk offspring, free Kurdish and Mongol warriors, Bedouins, Turkmen tribal chiefs in Syria, and meritorious civilians.16 Until 854/1450 the halqah absorbed the Mamluks’ sons.17 Afterwards ˙ this force lost some of its military prowess because of the infiltration of nonmilitary elements and thus some of its social prestige, especially since its members could buy out of participation in military missions. The mediating role of the awla¯d al-na¯s became particularly clear in the religious and scientific life of the period.18 The military career of a Mamluk son was usually accompanied by religious activities. They were the cultural interlocutors between barracks and madrasahs, polo fields and sufi convents, between officers and scholars. The two groups were mutually dependent on each other and needed to collaborate for the welfare of the Islamic community, according to the belief of contemporary theologians. But not everyone pursued this double track. Many sons of Turkish mothers remained attached to the court and were content with the restricted military career open to them and the culture maintained in the citadel and in the private homes of the amirs. Still others pursued a purely academic career and were successful as calligraphers, traditionists, legal scholars, historians, or even poets. The case that Ulrich Haarmann discussed in his study on Mamluk descendants19 and that we would like to present here has less to do with this intellectual world and deals only indirectly with the internal affairs of military careers. It concerns the material affairs of the awla¯d al-na¯s and their position in the Mamluk economy. Documents that have recently come to light have given fresh impetus to research into the social and economic history of the Mamluk empire.20 Apart from the documents thus far known to us from the Monastery of St.

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mainmorte dans l’Êgypte mamelouke et ottomane,” Annales islamologiques 30 (1996): 105 – 98, esp. 119. See David Ayalon, “Studies on the Structure of the Mamluk Army II,” Bulletin of the School of Oriental and African Studies 15 (1953): 448 – 76, esp. 448 – 59. Haarmann, “Sons of Mamluks,” 142. Haarmann, “Joseph’s Law,” 62 – 70. Haarmann, “Arabic in Speech,” 106 – 114 and idem, “Joseph’s Law,” 77 – 83. Haarmann, “Joseph’s Law,” 74 – 76. See the summarizing articles by Donald P. Little, “The Significance of the Haram Documents ˙ for the Study of Medieval Islamic History,” Der Islam 57 (1980): 189 – 219; idem, “Documents as a Source for Mamluk History,” Mamlu¯k Studies Review 1 (1997): 1 – 14; also Carl F. Petry, “A Geniza for Mamluk Studies? Charitable Trust (Waqf) Documents as a Source for Economic and Social History, Mamluk Studies Review 2 (1998): 51 – 72.

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Catherine in the Sinai21 or the archives of the Temple Mount in Jerusalem,22 we are indebted to our Egyptian colleague Muhammad Muhammad Amı¯n for the ˙ ˙ collection, compilation, and cataloguing of the various documents from Islamic, especially Mamluk, times that were kept in Cairo in diverse places, relocated again and again, and relabeled (or lost) in the process.23 These comprise private documents, which were issued and witnessed or certified before a notary or a judge, as opposed to the public documents issued by the state chancellery. Hence they include not only business documents but also endowment deeds.24 Among the roughly 900 documents from Cairo surviving from Mamluk times are those dealing with 200 proceedings involving Mamluk sons and grandsons and even grand-daughters.25 They represent a surprisingly close-knit network of the different Mamluk groups of society. Franchisers and franchised cofound an endowment, civilians and military personnel do business together, and elsewhere Mamluks sell property to amirs’ daughters and vice versa.26 As an example Ulrich Haarmann chose a document from the second half of the ninth/fifteenth century that concerns the properties of a certain Yahy‚ ibn Tu¯gha¯n ˙ ˙ al-Hasan.27 Yahy‚ ibn Tu¯gha¯n was a Mamluk’s son, as his name suggests. This Yahy‚ ˙ ˙ ˙ ˙ is not mentioned in chronicles and biographical works, but his father appears to have been the sultan’s correspondence secretary (dawa¯da¯r) Tu¯gha¯n al-Hasanı¯ “al˙ ˙ Majnu¯n,” who enjoyed high social status, as indicated by the fact that he could buy 28 29 his own mamluks. Yahy‚ served as a soldier in the halqah and drew his pay from ˙ ˙ this position. Generally speaking, Mamluk officers, members of the halqah, and ˙ certain non-military state employees were paid by military benefices (iqta¯ ), i. e., by ˙

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21 See Kenneth W. Clark, Checklist of Manuscripts in St. Catherine’s Monastery (Baltimore, 1955); A. S. Atiya, The Arabic Manuscripts of Mount Sinai (Washington, 1952). 22 See Donald P. Little, A Catalogue of the Islamic Documents from al-Haram asˇ-Sˇarı¯f, Beiruter ˙ Texte und Studien, vol. 29 (Beirut, 1984). 23 Muhammad Muhammad Amı¯n, Fihrist Watha¯’iq al-Qa¯hirah hatt‚ Niha¯yat Asr Sala¯t¯ın al˙ ¯ lı¯k (239 – 922 ˙ AH/853 – 1516 AD) (Cairo, 1981). On this book, ˙ ˙ ˙ Mama see the important review by Ulrich Haarmann, Die Welt des Islam 27 (1987): 127 – 30. 24 On the differences between private and official documents, see Rudolf Vesely, “Die Hauptprobleme der Diplomatik arabischer Privaturkunden aus dem spätmittelalterlichen Ägypten,” Archiv Orientalni 40 (1972): 312 – 43. 25 On women as administrators of waqf properties, see Carl F. Petry, “Custodians of Property in Later Medieval Egypt,” in Woman in Middle Eastern History : Shifting Boundaries in Sex and Gender, ed. Nikki R. Keddie and Beth Baron (New Haven, 1991), 122 – 42. 26 Haarmann, “Joseph’s Law,” 73 – 74. 27 Haarmann, “Joseph’s Law,” 70 – 77 with minor errors. We find this waqf deed in Amı¯n’s catalogue as no. 428, Amı¯n, Fihrist, 133 – 34. Its registration number at the Ministry of Pious Foundations in Cairo is 571 jı¯m. 28 Haarmann, “Joseph’s Law,” 74, n. 6. 29 Waqf no. 428 (Amı¯n) = 571 jı¯m (Ministry of Pious Foundations), line 3.

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allocation of the tax revenue of a certain district.30 Such tax fiefs were measured out according to the services of the beneficiary. In keeping with the Mamluk principle of perpetually renewing the elite upholding the state through the recruitment of new mamluks from the steppe, they were non-hereditary in principle. But this principle frequently conflicted with the predictable desire of the individual amir to retain freely disposable property secure against seizure. Legal loopholes were developed to avoid this obligation to sell, which provided the notaries and the qadis of the time with a very lucrative practice.31 For example, it was tolerated that a Mamluk return his iqta¯ voluntarily to the fief office andthen purchase it as unentailed private ˙ property (milk) which then could be sold, bequeathed, or transferred into an endowment.32 The man in question, Yahy‚ ibn Tu¯gha¯n, also held rural property and as such was ˙ ˙ representative of the affluence to which a member of the second generation could attain due to the munificence of his father, even in the second half of the ninth/ fifteenth century. As mentioned above, the reputation of the halqah had already ˙ diminished by this time. This situation was also reflected in the distribution of fiefs to the Mamluk sons. While the share of the awla¯d al-na¯s in the total tax revenue of Egypt had been a substantial 13.67 % in the year 777/1376, it had decreased a generation later to 2.5 % and finally amounted to a negligible 0.15 % in 885/1480.33 This process of the gradual “de-fiefing” of Mamluk progeny, however, is certainly not the equivalent of pauperizing this group, but only means that many of the awla¯d al-na¯s had managed to transfer their iqta¯ estates into private ownership or en˙ dowments—ultimately by illegal means. Yahy‚’s “property” consisted of areas in the district of Barshans in the province of ˙ Manu¯fı¯yah, north of Cairo,34 and in Shinra¯q‚ in the province of Gharbı¯yah, still further to the north.35 During the fourteenth century, the first piece of land was a fiefdom of the sı¯dı¯ Amir Ha¯jj, the son of Sultan al-Ashraf Sha ba¯n (r. 764 – 78/1363 – ˙ 77), whereas the second was used by unnamed military forces until we rediscover it in the land registry as iqta¯ of the halqah in 802/1400.36 It is this “property,” the size of ˙ ˙ which is always expressed in terms of a proportion of the district’s collectively owned and administered cultivated land (hissah),37 that was deeded by Yahy‚ ˙ ˙ ˘

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30 On the development of the Mamluk iqta¯ see Sato Tsugitaka, Islamic History and Civilization, ˙ Studies and Texts, vol. 17 (Leiden, 1997). 31 Haarmann, “Joseph’s Law,” 71. 32 Ibid. 33 Haarmann, “Sons of Mamluks,” 161. 34 Waqf no. 428 (Amı¯n) = 571 jı¯m (Ministry of Pious Foundations), line 6. 35 Ibid., line 12. 36 Haarmann, “Joseph’s Law,” 74 – 75. 37 Waqf no. 428 (Amı¯n) = 571 jı¯m (Ministry of Pious Foundations), line 5.

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completely to his relatives and offspring, as we can see from his endowment deed (waqfı¯yah) from the year 870/1465.38 As an aside, let us mention that such waqfı¯yahs, which constitute the most detailed and important sources of Egypt’s and Syria’s socioeconomic history in the ninth/fifteenth century, have only very gradually been taken note of by historians.39 Few have been edited, still fewer translated and analyzed.40 The ultimate purpose of an endowment principally established “for eternity” and whose conditions could not be altered was to perform an act pleasing to God.41 There

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38 Ibid., line 65. 39 See the introductory articles by Ulrich Haarmann, “Mamluk Endowment Deeds as a Source for the History of Education in Late Medieval Egypt,” Al-Abha¯th 28 (1980): 31– 47, and Sylvie Denoix, “Pour une exploitation d’un ensemble d’un corpus:˙Les waqfs mamelouke du Caire,” in Le waqf dans l’espace islamique: Outil de pouvoir socio-politique, ed. Randi Deguilhem (Damascus, 1995), 29– 44. It suffices to mention some of the pioneering secondary works: Muhammad Muhammad Amı¯n, Al-Awqa¯f wa-al-Haya¯h al-Ijtima¯ ¯ıyah fı¯ Misr 648 – 923 H./1250 – ˙ ˙ ¯ sah Ta¯rı¯khı¯yah Watha¯’iqı¯yah (Cairo, ˙ 1517 A.D.: Dira 1980); Carl F. Petry,˙Protectors or Praetorians? The Last Mamlu¯k Sultans and Egypt’s Waning as a Great Power (Albany, 1994); Doris Behrens-Abouseif, Egypt’s Adjustment to Ottoman Rule: Institutions, Waqf and Architecture in Cairo, 16th and 17th Centuries, Islamic History and Civilization: Studies and Texts, vol. 7 (Leiden, 1994); Annette Kaiser, Islamische Stiftungen in Wirtschaft und Gesellschaft Syriens vom 16. bis 18. Jahrhundert, Islamwissenschaftliche Quellen und Texte aus deutschen Bibliotheken, vol. 8 (Berlin, 1999). 40 See Ulrich Haarmann’s lists: Haarmann, “Endowment Deeds,” 31– 32, and idem, review of Amı¯n, Fihrist, 130. One could add Muhammad Muhammad Amı¯n, “Wathı¯qat Waqf al-Sulta¯n ˙ Qa¯ytba¯y,” Al-Majallah al-Ta¯rı¯khı¯yah al-Mis rı¯yah 22 ˙(1975): 343 – 90; idem, “Watha¯’iq Waqf˙al˙ Sulta¯n al-Na¯sir Muhammad Ibn Qala¯wu¯n,” in Badr al-Dı¯n al-Hasan ibn Umar Ibn Habı¯b al˙ ˙ ammad Muhammad ˙ Amı¯n ˙ ¯, Tadhkirat ˙ Halabı al-Nabı ¯h fı¯ Ayya¯m al-Mansu¯r wa-Banı¯h, ed. Muh ˙ ˙ ˙ ˙ (Cairo, 1976– 86), 2: 330 – 448; idem, “Masa¯rif Awqa¯f al-Sulta¯n al-Malik al-Na¯sir Hasan Ibn ˙ – 449; idem, Wathı ˙ ¯qat Waqf al-Sult ˙ a¯n˙ al-Na¯sir Muhammad Ibn Qala¯wu¯n,” in ibid., 3:340 ˙ ˙ ˙ Muhammad Qala¯wu¯n (Cairo, 1982); Christl Hein, “Die Stiftungs- und Kaufurkunden des ¯ nu¯kı¯,” in Die Restaurierung der Madrasa des Amı¯rs Sa¯biq ad-Dı¯n al-A ¯ nu¯kı¯ Amı˙¯rs Mitqa¯l al-A und die Sanierung des Darb Qirmiz in Kairo (Mainz, 1980), 145 – 74; Felicitas Jaritz, “Auszüge aus der Stiftungsurkunde des Sultans Barqu¯q,” in Sa¯lih Lam ¯ı Mustaf‚, Madrasa, Ha¯nqa¯h und ˙ – 77; Ahmed ˙ 117 ˙ ˙ M. El-Masry,˘ Die Bauten Mausoleum des Barqu¯q in Kairo (Glückstadt, 1982), von Ha¯dim Sulaima¯n Pascha (1468– 1548) nach seinen Urkunden im Ministerium für Fromme ˘ Stiftungen in Kairo, Islamwissenschaftliche Quellen und Texte aus deutschen Bibliotheken, vol. 6 (Berlin, 1991); Jean-Claude Garcin & Mustafa Anouar Taher, “Les waqfs d’une madrasa ˇ awhar al-La¯la¯,” in Deguilhem, Le waqf du Caire au XVe siÀcle: Les propri¦t¦s urbaines de G dans l’espace islamique, 151 – 86. Miriam Hoexter provides an overview of recent secondary publications in “Waqf Studies in the Twentieth Century : The State of the Art,” Journal of Economic and Social History of the Orient 41 (1998): 474 – 95. 41 See J. N. D. Anderson, “The Religious Element in Waqf Endowments,” Journal of the Royal Central Asian Society 38 (1951): 292 – 99. On the legal status of waqf endowments see J. Kresm‚rik, “Das Wak. frecht vom Standpunkt des Sˇarı¯ atrechtes nach der hanefitischen Rechtsschule: Ein Beitrag zum Studium des islamischen Rechtes,” Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft 45 (1891): 511 – 76; G. Makdisi, The Rise of Colleges: Institutions of Learning in Islam and the West (Edinburgh, 1981), 35– 71; Rudolph Peters, “Wak. f,” The Encyclopaedia of Islam, 2nd ed., 11:59 – 63 and Heffening, “Wak. f,” The Encyclopaedia of Islam, 1st ed., 4:1096 – 1103. ˘

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was a distinction between a charitable endowment (waqf khayrı¯), which could provide for the building and maintenance of mosques, Quran schools, caravanserais, and drinking fountains, and a family endowment (waqf ahlı¯ or dhurrı¯), which was established for the benefit of one’s own children and grandchildren or other relatives. Family endowments were very popular because they could ensure an income for one’s own progeny under the pretense of an altruistic act, hold one’s property together, or evade the inheritance laws of the Quran. In view of these rather secular purposes of the family endowment, the institution was quite controversial among the religious scholars. It was nonetheless commonplace in everyday life.42 This was so because private property was totally unprotected against seizure by the state. Yet the immunity of endowments provided a certain safeguard against widespread confiscation. In addition, properties once deeded could be exchanged for less valuable real estate with high profits. This was often formally safeguarded by designating one’s own offspring “poor” and “needy” or by assigning a small part of the endowment income to a charity. One consequence of this practice was that the amount of land available for military fiefs was reduced to one-third its former size within a period of one hundred years. As already mentioned, we have access to Yahy‚ ibn Tu¯gha¯n’s complete waqf deed. ˙ ˙ With regard to form and content it fully complies with the usual legal stipulations for a family endowment. Following the invocation43 and after having presented the evidence of witnesses,44 the wa¯qif, who is classified as honorable,45 provides information about the size of the endowment. Above all, this includes a detailed description of the boundaries of the district of Yahy‚’s hissah,46 whose precisely˙ ˙ assessed yields47 were primarily intended to benefit his own relatives. According to the decree of a judge this was a regular waqf conforming to the shari‘ah, which could not be sold, transferred, given away, or exchanged.48 The first part of the document closes with a commonly used quotation from the Quran by stating that the endowment conditions could not be altered until the day that God inherits “the earth and whoever is upon it” because He is “the best of heirs.” (Quran 19:41 and 21:89).49 It is only then that the real conditions of the deed are stated. The revenue accruing from the properties donated by Yahy‚ ibn Tu¯gha¯n were to be paid out in decreasing ˙ ˙ proportions to his offspring, his sister, his half-sister, his mother, the surviving

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42 Taqı¯ al-Dı¯n Alı¯ ibn Abd al-Ka¯fı¯ al-Subkı¯ (d. 756/1355) is the author of a treatise about the abuse of family endowments. See his “Al-Qawl al-Mu¯ ib fı¯ al-Qada¯’ al-Mu¯jib,” Gotha MS 979. ˙ 43 Waqf no. 428 (Amı¯n) = 571 jı¯m (Ministry of Pious Foundations), line 1. 44 Ibid., line 4. 45 Ibid., lines 4 – 5. 46 Ibid., lines 10– 11 and 16– 17. 47 Ibid., lines 5 – 6 and 11– 12. 48 Ibid., lines 20– 21. 49 Ibid., lines 21– 22. ˘

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grandmother on his mother’s side, and finally his wives and his stepmother.50 Yahy‚ ˙ made especially elaborate provisions for his burial place. Quran readings were to be performed at that site every Friday, while recitals at his son’s home were deemed sufficient on weekdays.51 In accordance with common practice, revenues accruing from the endowed property were to be transferred in a descending line to the children and grandchildren of the donor and their offspring and to his near relatives. Should there be no surviving heirs, the revenues from the waqf passed to charitable institutions in the cities of Mecca and Medina, the holy places of Islam.52 Yahy‚ ibn ˙ Tu¯gha¯n reserved for himself the right to monitor the observance of the deed’s ˙ provisions during his lifetime.53 Upon his death this responsibility was to be passed on to Mamluk amirs whom hementioned by name as first, second, and third choices. The first amir was a certain Kumushbugh‚ ibn Abd Alla¯h al-Timra¯z.54 As fourth potential executor he appointed the chief eunuch of the sultan’s palace (zima¯m ala¯dur al-sharı¯fah),55 an expert in administration, who would have ensured that the provisions of the endowment were not infringed upon in favor of someone else’s offspring. In closing, the document details the usual obligatory reservations,56 a penalty clause,57 the judge’s decision, and the witnesses’ signatures.58 Transforming private property into a foundation was a commonplace custom at the level of Mamluk sons in the time of Yahy‚ ibn Tu¯gha¯n. Amirs and sultans, but ˙ ˙ above all their wives, daughters, sons, and grandsons systematically turned their property into endowments at the end of the ninth/fifteenth century.59 The office of foundation administrator was well paid, even though it was a matter of intense discussion as to whether it was permissible for the donor (or the donor’s offspring) and the administrator to be one and the same person. A genuine shadow economy developed around the institution of foundations, especially since the property of the deceased was no longer protected against official seizure.60 When the fiscal coffers

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Ibid., lines 24– 29. Ibid., lines 31– 34. Ibid., lines 35– 48. Ibid., lines 48– 49. Ibid., lines 51– 53. Ibid., line 55. Ibid., lines 56– 57. Ibid., lines 61– 62. On the diplomatics of Mamluk waqf deeds, see Vesely, “Hauptprobleme,” and Stephan Conermann, “Anmerkungen zu einer mamlu¯kenzeitlichen waqf-Urkunde aus dem 9./15. Jahrhundert,” in Studien zur Geschichte und Kultur der Mamlu¯kenzeit in Gedenken an Ulrich Haarmann (1942 – 1999), Asien und Afrika: Beiträge des Zentrums für Asiatische und Afrikanische Studien (ZAAS) der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, vol. 5, ed. Stephan Conermann and Anja Pistor-Hatam (forthcoming). 59 Haarmann, “Joseph’s Law,” 71 – 72. 60 Petry, Protectors, 166 – 72 and 196– 210. In this respect, Lucian Reinfandt’s nearly finished

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were empty in 896/1491, the otherwise pious Sultan Qa¯ytba¯y (r. 872 –901/1468 – 96) decreed that the country’s waqf institutions had to pay the equivalent of five months’ income to the state.61 Hundreds of documents on exchange transactions (istibda¯l)62 are preserved from the late Mamluk period concerning the exchange of otherwise non-negotiable waqf properties with other (probably) less valuable real estate with the blessing of documents clerks.63 Increasingly, the sultans transformed their rapidly growing income from confiscations and other forced measures into endowments. The same applied to royal real estate. These revenues could then be put to use for the maintenance of their own clientele without any public body interfering. Thus, a private business sector of considerable scale evolved.64 The other documents to which we have access – two collections of papers concerning exchanges and sales – give us information about the subsequent fate of the waqf of Yahy‚ ibn Tu¯gha¯n.65 Twenty years after the original grant of 870/1465 the son ˙ ˙ of the donor, Muhammad al-Siba¯’ı¯, and the primary executor, Kumushbugh‚ ibn ˙ Abd Alla¯h al-Timra¯zı¯, sold parts of these properties to two civilians. One share was then sold to a Mamluk daughter on behalf of and probably by order of her father in 890/1485. The other part was subsequently sold to a Mamluk son, Ibra¯hı¯m ibn Khushqadam, in 891/1486, and then transferred to a sultan’s guard, i. e., a Mamluk, three years later. He in his turn, together with his wife, once again transformed the endowed property into a foundation in 898/1493. Diverse acts of sale, endowment, and exchange thus complement each other and serve as a blueprint for the understanding of Mamluk land and capital policies, especially in the Circassian period. The transitory ownership of land illustrates the ready availability of real estate, even though some of it should actually have remained non-negotiable as waqf indefinitely. Contrary to strict shari‘ah regulations it was, as already mentioned, common to release endowed property from its waqf stricture. In view of the shortage of freely disposable land only this kept the Egyptian property market afloat in the ninth/ fifteenth century. Above all, we are shown a less stratified society in which not all real estate transactions ended up in the hands of the powerful Mamluk elite. Rather, one gains

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dissertation, “Stiftungsstrategien im späten Mamlukensultanat: Die Urkunden der Sultane alAsˇraf ¯Ina¯l und al-Mu’ayyad Ahmad Ibn ¯Ina¯l,” will give new impetus. ˙ Haarmann, “Der arabische Osten,” 251. On istibda¯l see Abd al-Lat¯ıf Ibra¯hı¯m Alı¯, “Min Watha¯’iq al- Arabı¯yah fı¯ al- Usu¯r al-Wust‚.: ˙ ˙ ¯ da¯b, Ja¯mi‘at al-Qa¯hirah 25 (1963): 1 – 38. Watha¯’iq Istibda¯l,” Majallat˙ Kullı¯yat al-A Haarmann, “Der arabische Osten,” 251. Petry, Protectors, chapter 7. One can find these documents in Amı¯n’s catalogue as no. 389 and no. 525. Amı¯n, Fihrist, 113 – 14 and 146– 47. The registration numbers of the Ministry of Pious Foundation in Cairo are 493 jı¯m and 665 jı¯m. We are preparing these documents for publication. Stephan Conermann and Souad Saghbini, “Mamlu¯kensöhne (awla¯d an-na¯s) als Stifter und Landbesitzer: Ein Fall aus dem 9./15. Jahrhundert,” in Conermann and Pistor-Hatam, eds., Studien zur Geschichte und Kultur der Mamlukenzeit.

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the impression that Mamluk descendants were important mediators, brokers, and quite frequently also fronts in such transactions. The awla¯d al-na¯s represented a mobile intermediary group between the ruling Mamluk caste and the local elite. Together with the eunuchs66 they form a group of extreme importance for the understanding of Egypto-Syrian society during Mamluk times. Their role as mediators calls into question the notion of a rigid social dichotomy. The Mamluk principle was compromised at several levels so that Mamluk sons not only had the opportunity to share power with Mamluks on an individual basis, but can even be perceived as a distinct group in their own right. In conclusion it is to be hoped that Mamluk progeny and their hybrid culture will continue to be of interest, especially since the extant material offers ample scope for further research.

Figure 1. The Waqfı¯yah of Yahy‚ ibn Tu¯gha¯n al-Hasanı¯ ˙ ˙ ˙

66 On the role of eunuchs, David Ayalon’s “The Eunuchs in the Mamluk Sultanate” remains authoritative. See Studies in Memory of Gaston Wiet, ed. M. Rosen-Ayalon (Jerusalem, 1977), 267 – 95.

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Figure 2. The Waqfı¯yah of Yahy‚ ibn Tu¯gha¯n al-Hasanı¯, continued ˙ ˙ ˙

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Figure 3. The Waqfı¯yah of Yahy‚ ibn Tu¯gha¯n al-Hasanı¯, continued ˙ ˙ ˙

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Figure 4. The Waqfı¯yah of Yahy‚ ibn Tu¯gha¯n al-Hasanı¯, continued ˙ ˙ ˙

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Figure 5. The Waqfı¯yah of Yahy‚ ibn Tu¯gha¯n al-Hasanı¯, continued ˙ ˙ ˙

Figure 6. The Waqfı¯yah of Yahy‚ ibn Tu¯gha¯n al-Hasanı¯, continued ˙ ˙ ˙

Anmerkungen zu einer mamlukischen waqf-Urkunde aus * dem 9./15. Jahrhundert [zusammen mit Lucian Reinfandt]

In Ulrich Haarmanns Nachlass fand sich unter anderem die Fotokopie einer mamlukenzeitlichen Stiftungsurkunde des 9./15. Jahrhunderts. Zwar hatte er sie, wie sich bei näherer Betrachtung herausstellte, in einem wichtigen Aufsatz bereits verwendet1. Zu einer kritischen Herausgabe dieser bemerkenswerten Quelle war es jedoch nicht mehr gekommen. Diese Aufgabe ist nun kürzlich an anderer Stelle in Form einer Edition und – da die Urkunde die Stiftung eines Mamlukensohns dokumentiert – einer längeren historischen Einleitung bezüglich des Phänomens der Mamlukenabkömmlinge (awla¯d an-na¯s) nachgeholt worden2. Auf diesen ersten Schritt soll hier nun der zweite folgen. Denn zur Aufarbeitung des Urkundentextes und seiner historischen Kontextualisierung sollte immer auch eine Übersetzung und vor allem Kommentierung des Inhalts treten, wie es die wegweisenden Arbeiten etwa von Claude Cahen/Yu¯suf Ra¯g˙ib/ Moustafa¯ Anouar Taher3, Donald Little4, Claude Garcin/Moustafa¯ Anouar ˙˙ ˙˙

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* Erstpublikation in: Conermann, S./Pistor-Hatam, A. (Hg.), Studien zur Geschichte und Kultur der Mamlu¯kenzeit. Zum Gedenken an Ulrich Haarmann (1942 – 1999). Schenefeld: EB-Verlag 2003 [= Asien und Afrika. Beiträge des ,Zentrums für Asiatische und Afrikanische Studien’ (ZAAS) der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Bd. 7], S. 179 – 238. 1 Siehe Haarmann, U., Joseph’s Law – The Careers and Activities of Mamluk Descendants before the Ottoman Conquest of Egypt, in: Philipp, T. / Haarmann, U. (Hg.), The Mamluks in Egyptian Politics and Society. Cambridge 1998, S. 174 – 187, hier S. 170 – 177. 2 Conermann, S. / Saghbini, S., Awla¯d al-na¯s as Grantors of Pious Foundations: The waqfı¯yah of Yahy‚ ibn Tu¯gha¯n al-Hasanı¯ of the Year 870/1465, in: Mamlu¯k Studies Review 6 (2002), S. 21 – ˙ ˙ 50.˙ 3 Cahen, C. / Ra¯g˙ib, Y./Taher, M. A., L’achat et le waqf d’un grand domaine ¦gyptien par le vizir Fatimide Tala¯’i b. Ruzzı¯k (Contribution — une publication des waqfs ¦gyptiennes m¦di¦vaux), ˙ Islamologiques 14 (1978), S. 59 – 127. in: Annales 4 Little, D. P., Six Fourteenth Century Purchase Deeds for Slaves from al-Haram asˇ-Sˇarı¯f, in: ˙ – 337; ders., Five Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft 131 (1981), S. 297 Petitions and Consequential Decrees from Late Fourteenth Century Jerusalem, in: Arab Journal for the Humanities/al-Magˇalla al- arabiyya lil- ulu¯m al-insa¯niyya 54 (1996), S. 349 – 394; ders., Documents Related to the Estates of a Merchant and his Wife in Late Fourteenth Century Jerusalem, in: Mamlu¯k Studies Review 2 (1998), 93 – 195. ˘

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Anmerkungen zu einer mamlukischen waqf-Urkunde

Taher5, Werner Diem6 oder Marco Salati7 vorgemacht haben. Die Verfasser dieses Aufsatzes, beide Kieler Schüler von Ulrich Haarmann, sehen in dem vorliegenden Gedenkband daher einen angemessenen Anlass, nun auf die bereits erschienene Edition eine deutsche Übersetzung mitsamt diplomatischem Kommentar folgen zu lassen und das Unternehmen damit zu einem Abschluss zu bringen.

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Mamlukische Privaturkunden: Forschungsstand

Die Erforschung des Urkundenwesens muslimischer Gesellschaften steht noch immer weit hinter der wissenschaftlichen Untersuchung und Aufarbeitung europäischer mittelalterlicher und frühneuzeitlicher schriftlicher Rechtszeugnisse zurück. Obgleich die westliche Orientalistik in den letzten 30 Jahren beispielsweise persischsprachigen Dokumenten große Aufmerksamkeit geschenkt hat, sind diese Quellen bei weitem noch nicht in ihrer Gesamtheit erfasst8 und daher

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5 Garcin, J.-Cl./Taher, M. A., Un ensemble des waqfs du IXe/Xve siÀcle en Êgypte, les actes de Jawhar al-La¯la¯, in: Itineraires d’Orient. Hommage — Claude Cahen. Paris 1993, S. 309 – 324; ˇ awhar aldies., Les waqfs d’une madrasa du Caire au XVe siÀcle: les propri¦t¦s urbaines de G La¯la¯, in: Deguilhem, R. (Hg.), Le waqf dans l’espace islamique – outil de pouvoir socio¦conomique. Damaskus 1995, S. 151 – 186; dies., EnquÞte sur le financement d’un waqf ¦gyptien du XVe siÀcle: les comptes de Jawha¯r al-La¯la¯, in: Journal of the Economic and Social History of the Orient 38 (1995), S. 262 – 304. 6 Diem, W., Vier arabische Rechtsurkunden aus dem Ägypten des 14. und 15. Jahrhunderts, in: Der Islam 72 (1995), S. 193 – 257. 7 Salato, M., Un documento di epocha Mamelucca sul waqf di Izz al Dı¯n Abu¯ l-Maka¯rim, Hamza b. Zuhra al-Husaynı¯ al-Isha¯qı¯ al-Halabı¯ (ca. 707/1307), in: Annali di Ca‘ Foscari: Rivista˙ della ˙ ˙ ˙ Facolt‚ di Lingue e Letteratura Stranie 33 (1994), S. 97 – 137. 8 Über die Archive mit persischsprachigem Material liegt bisher kein Überblickswerk vor. Ein Repertorium persischer Herrscherurkunden bis zum Jahre 1980 liefert Bert Fragner (Freiburg im Breisgau 1980). Als Beispiel sei jedoch Mogulindien angeführt: Neben Erlassen, Anordnungen, Kanzleischreiben oder Briefen sind ausführliche Berichte der in den Reichsprovinzen stationierten Berichterstatter erhalten geblieben. Veröffentlicht wurden bisher 183 der wähˇ aha¯ns (reg. 1037 – 1068/1628 – 1658) auf dem Dekkhan erstellten rend der Herrschaft Sˇa¯h G Rapporte [Husain Khan, Y. (Hg.), Selected Waqai of the Deccan (1660 – 1671,A.D.). Hyderabad 1953]. Das Central Record Office in Haidara¯ba¯d mag noch sehr viel mehr Material bergen ˙ [siehe Marshall, D. N., Mughals in India. A Bibliographial Survey. Supplement. New Delhi 1996, S. 70], doch scheinen die muslimischen Bestände dieser Sammlung in den letzten Jahren zerstört oder zumindest stark beschädigt worden zu sein. Wohl noch vorhanden sind hingegen die Berichte der Provinz Ajmı¯r aus den Jahren 1089 – 91/1678 – 1680 [siehe Marshall, D. N., Mughals in India: A Bibliographical Survey of Manuscripts. London 1967. Reprint London und New York 1985, Nr. 2094]. Neben den vaqa¯’i gab es auch noch halboffizielle Protokolle (ahbara¯t). Solche Mitschriften wurden im Auftrag hochrangiger Notabeln von ihren Reprä˘ sentanten (vakı¯l) am herrscherlichen Hof oder am Sitz der Provinzgouverneure im Anschluß an die regelmäßigen öffentlichen Audienzen angefertigt. Keine der vorhandenen Sammlungen ist jedoch bisher veröffentlicht worden [siehe Marshall, Mughals in India (wie in dieser ˘

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Mamlukische Privaturkunden: Forschungsstand

systematische und vergleichende Darstellungen bislang die Ausnahme. Auch die osmanischen Archive enthalten reichlich unpubliziertes Material9 ; ähnlich verhält es sich mit dem arabischsprachigen Raum10. Was die Epoche des Mamlukensultanats (648 – 823/1250 – 1517) anbelangt, so sind die meisten der in diesem Zeitraum abgefassten und auf uns gekommenen Herrscher- und Privaturkunden seit geraumer Zeit katalogisiert11. Zwar ist ein kleiner Teil dieser Urkunden bereits Quellengrundlage mehrerer sozial- und vor allem kunstgeschichtlicher Arbeiten gewesen. Dennoch ist dieses Material bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Obgleich in der islamischen Welt genauso wie in Europa die Urkunde ein nach bestimmten formalen Richtlinien abgefasstes und durch seine Beglaubigung rechtskräftig gemachtes Schriftstück darstellt, ist innerhalb der islamwissenschaftlichen Forschung bislang nur vereinzelt der Versuch unternommen worden, die von Mediävisten wie Harry Bresslau oder Richard Heuberger entwickelten Kategorien12 konsequent auf islamische Quellen anzuwenden.13 Funktion und Formen von Urkunden scheinen in der Vormoderne weitgehend identisch gewesen zu sein, zumal in Europa wie in der muslimischen Welt das

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Anm.), Nr. 283 (xi), 388, 1939 – 1941 bzw. Marshall, Supplement (wie in dieser Anm.), S. 65]. Von großer Bedeutung erscheinen insbesondere die Jaipur Records mit ihrem Bestand von über 10000 Einzeldokumenten [siehe Marshall, Mughals in India (wie in dieser Anm.), Nr. 283 (xiii) und Marshall, Supplement (wie in dieser Anm.), S. 72]. Siehe dazu Kreiser, K., Der osmanische Staat, 1300 – 1922. München 2001, S. 94 – 98 und 106 – 107. Einen Überblick über die Forschung zur osmanischen Diplomatik gibt Stojanow, V., Die Entstehung und Entwicklung der osmanischen Paläographie und Dipolmatik. Berlin 1983. Eine Bestandsaufnahme fehlt auch hier. Siehe aber Roncaglia, M. P., Essay bibliographique de diplomatique islamique (Arabe – Persane – Ottomane). Beirut 1979. Einen kursorischen Einblick in die osmanenzeitlichen arabischen Archive des 18. Jahrhunderts liefert Andr¦ Raymond in der Einleitung zu seiner Monographie Artisans et commerÅants au Caire au XVIIIe si¦cle. 2 Bde. Damaskus 1973 – 74. Siehe hierzu außerdem Roemer, H. R., Documents et archives de l’Êgypte islamique, in: M¦langes d’institut dominicain d’¦tudes orientales du Caire 5 (1958), S. 237 – 252 sowie Hammu¯da, M. A., al-Wata¯’iq al- utma¯niyya fı¯ Misr. Kairo ¯ ¯ ˙ ˙ 1984. Die osmanenzeitlichen Stiftungsurkunden in Kairoer Archiven sind katalogisiert in Crecelius, D., Fihrist waqfiyya¯t al- asr al- utma¯nı¯ al-mahfu¯za bi-Wiza¯rat al-Awqa¯f wa-Da¯r al¯ ˙ ˙ Wata¯’iq at-Ta’rı¯hiyya al-Qawmiyya˙ bil-Qa¯hira. Kairo 1992. ¯ Eine Übersicht ˘gibt Little, D., The Use of Documents for the Study of Mamluk History, in: Mamlu¯k Studies Review 1 (1997), S. 1 – 13. Siehe Bresslau, H., Handbuch der Urkundenlehre für Deutschland und Italien. 2 Bde. (1 und 2,1). 2. Aufl. Leipzig 1912 – 1915. Bd. 2,2 wurde aus dem Nachlaß hg. von H. W. Klewitz. Berlin/Leipzig 1931. Die grundlegenden Arbeiten sind hierzu bislang Grohmann, A., Allgemeine Einführung in die arabischen Papyri nebst Grundzügen der arabischen Diplomatik. Wien 1924; ders., Einführung und Chrestomathie zur arabischen Papyruskunde. Prag 1954; Busse, H., Untersuchungen zum islamischen Kanzleiwesen an Hand turkmenischer und safawidischer Urkunden. Kairo 1953 und ders., Persische Diplomatik im Überblick. Ergebnisse und Probleme, in: Der Islam 36 (1961), S. 202 – 245. Vgl. dazu auch Björkmann, W., Art. „Diplomatic. i. Classical Arabic“, in: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Bd. 2. London und Leiden 1965, S. 301 – 307.

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Anmerkungen zu einer mamlukischen waqf-Urkunde

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Rechtsgeschäft nicht unbedingt der Urkunde bedurfte. Vielmehr konnte es auch mündlich, vor Zeugen und in symbolischen Rechtshandlungen vollzogen werden. In aller Regel bestätigte die Urkunde erst im Nachhinein bereits vorher erfolgte Rechtshandlungen. Umgekehrt beweist die hohe Zahl der in beiden Kulturkreisen erhaltenen Urkunden aber doch die Bedeutung solcher Verschriftlichung. Folgt man der Einteilung Bresslaus und Heubergers, kann man bei muslimischen wie europäischen Urkunden formal trennen zwischen den in einer der höfischen Kanzleien produzierten Staats- und Herrscherurkunden einerseits und den von einem Richter oder Notar mit Hilfe von amtlich legitimierten Gerichtszeugen abgefaßten Privaturkunden andererseits14. Dabei soll der Begriff der ,Privaturkunde‘ nicht irreführen, handelte es sich doch auch bei diesen Dokumenten nicht um solche rein privater Natur, sondern um offizielle und von Amtspersonen ausgestellte Schriftstücke. Für die Mamlukenzeit sind die am herrscherlichen Hof angefertigten Briefe, Erlasse, Ernennungen, Verträge, aber auch Zollbestimmungen, Freibriefe und andersgeartete Rechtsvorgänge ansatzweise erforscht worden15. Hilfreich bei der Beschäftigung mit diesen Dokumenten aus der alltäglichen Herrschaftspraxis ist stets der Vergleich mit den uns vorliegenden zeitgenössischen Kanzleihandbüchern16. So schrieb an-Nuwayrı¯ (gest. 733/1333) in seinem enzyklopädischen Werk Niha¯yat al-arab fı¯ funu¯n al-adab ein umfangreiches Kapitel über die Verwaltungslehre17. In diesem Genre folgten dann der Ta rı¯f bil-mustalah asˇ-sˇarı¯f ˙˙ ˙ des Ibn Fadlalla¯h al- Umarı¯ (gest. 749/1349)18 und als dessen Ergänzung der ˙ ˇ aysˇ (gest. 786/1384)19, Tatqı¯f at-Ta rı¯f bil-mustalah asˇ-sˇarı¯f des Ibn Na¯zir al-G ¯ ˙ ˙˙ ˙ ˘

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14 Auch hier mag ein Vergleich von islamischen Urkunden etwa mit den von Oswald Redlich [Die Privaturkunden des Mittelalters. München und Berlin 1911] vorgestellten Dokumenten und ihren Formalien durchaus sinnvoll sein. Zur Kategorisierung von Urkunden in der mamlukischen Kanzleiliteratur siehe Björkmann, Diplomatic [wie Anm. 13], S. 302 – 304. 15 In diese Quellengattung führt ein: Ernst, H., Die mamlukischen Sultansurkunden des Sinaiklosters. Wiesbaden 1960. 16 Eine Übersicht gibt Vesely´, R., Die insˇa¯’-Literatur, in: Fischer, W. (Hg.), Grundriß der Arabischen Philologie. Band III: Supplement. Wiesbaden 1992, S. 188 – 208. 17 An-Nuwayrı¯, Niha¯yat al- arab fı¯ funu¯n al-adab. Bd. 1 ff. Kairo 1923 ff. Hier die Bände 7, 8 und 9. Zu Autor und Werk siehe Chapoutot-Remadi, M., Art. „Al-Nuwayrı¯“, in: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Bd. 8. Leiden 1995, S. 156 – 160. 18 Ibn Fadl Alla¯h al- Umarı¯, at-Ta rı¯f bil-mustalah asˇ-sˇarı¯f. Kairo 1894/5. Zu seiner Biographie ˙˙ Krac ˙ˇkovskij, Ju. I., Izbrannye Socˇinenija. Bd. IV: immer ˙noch aktuell die Darstellungen bei Arabskaja geograficˇeskaja literatura. Moskau und Leningrad 1957, S. 405 – 411 und Lech, K., Das mongolische Weltreich. Al- Umarı¯’s Darstellung der mongolischen Reiche in seinem Werk Masa¯lik al-absa¯r fı¯ mama¯lik al-amsa¯r. Wiesbaden 1968, S. 13 – 16. ˇ˙ aysˇ, Tatqı¯f at-Ta rı¯f ˙bil-mustalah asˇ-sˇarı¯f. Hg. von R. Vesely´. Kairo 1987. Zu 19 Ibn Na¯zir al-G ¯ ˙ ˙˙ der˙ Einleitung von Rudolf Vesely´ auch Richards, diesem Werk und seinem Autor siehe neben D. S., The Tathqı¯f of Ibn Na¯zir al-Jaish: The Identity of the Author and its Manuscripts, in: Cahiers d’onomasticon arabe˙ 4 (1985 – 87), S. 97 – 101. ˘

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Mamlukische Privaturkunden: Forschungsstand

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bevor al-Qalqasˇandı¯ (gest. 821/1418) mit seinem Subh al-a ˇsa¯ fı¯ kita¯bat al-insˇa¯’20 ˙ ˙ das sicherlich wichtigste und substantiellste Werk mamlukenzeitlicher Kanzleiliteratur vorlegte. Ein noch genauer zu analysierendes Problem bei der Gegenüberstellung von normativer Literatur und auf uns gekommener tatsächlicher Urkunden ist allerdings jenes, dass viele der in diesen Abhandlungen wiedergegebenen Dokumente keine Originale sind, sondern idealtypischen Charakter haben. Im Folgenden soll es nicht um Herrscherurkunden, sondern ausschließlich um Urkunden privatrechtlicher Natur gehen. Dazu zählen Heiratsverträge, Kauf- und Tauschgeschäfte, Übertragungen, testamentarische Verfügungen, Briefe, Bittgesuche oder auch fromme Stiftungen. Der Erschließung arabischer Dokumente dieser Art haben zum Beispiel Wilhelm Hoenerbach, Nabia Abbott, Adolf Grohmann und Monika Gronke ihre wegweisenden Studien gewidmet.21 Das erhaltene Material aus dem mamlukenzeitlichen Ägypten und Syrien erfuhr im vergangenen Vierteljahrhundert spezifischere Behandlung in Arbeiten etwa von Donald Little, Leonor Fernandes, Huda Lutfi, D. S. Richards und Werner Diem22. In erster Linie aber sind es ägyptische Fachkollegen wie Muhammad ˙ ˘

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20 Qalqasˇandı¯, Ahmad b. Alı¯ al-, Subh al-a ˇsa¯ fı¯ kita¯bat al-insˇa¯’. 14 Bde. Kairo 1913 – 1918. Eine ˙ ˙ ˙Björkmann, W., Beiträge zur Geschichte der Staatskanzlei ausführliche Inhaltsangabe bietet im islamischen Ägypten. Hamburg 1928, S. 87 – 177. Separat erstellte Indizes zu diesem Werk liegen ebenfalls vor: Baqlı¯, M. Q. al-, Faha¯ris Kita¯b Subh al-a ˇsa¯ fı¯ kita¯bat al-insˇa¯’ li-l˙ ˙ Vesely´, R., Zu den Quellen alQalqasˇandı¯. Kairo 1972. Qalqasˇandı¯s Vorlagen analysiert Qalqasˇandı¯’s Subh al-a ˇsa¯, in: Acta Universitatis Carolinae – Orientalia Pragensis 1969, ˙ ˙ zu Biographie und Werk liefern Kracˇkovskij, Arabskaja geograficˇeskaja S. 13 – 24. Angaben literatura [wie Anm. 18], S. 411 – 416 und Bosworth, C. E., Art. „al-K. alk. ashandı¯“, in: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Leiden 1978, S. 509 – 511. 21 Genannt seien hier nur Grohmann, A., Arabic Papyri in the Egyptian Library. Bd. 1: Protocols and Legal Texts. Kairo 1934 und Bd. 2: Legal Texts. Kairo 1936; Hoenerbach, W., Spanisch-islamische Urkunden aus der Zeit der Nasriden und Moriscos. Bonn 1965; Gronke, M., Arabische und persische Privaturkunden des˙ 12. und 13. Jahrhunderts aus Ardabil (Aserbeidschan). Berlin 1982. 22 Little, D. P., The Significance of the Haram Documents for the Study of Medieval Islamic History, in: Der Islam 57 (1980), S. 165˙ – 181; ders., Two Fourteenth-Century Court Records from Jerusalem Concerning the Disposition of Slaves by Minors, in: Arabica 29 (1982), S. 16 – 49; ders., A Catalogue of the Islamic Documents from al-Haram asˇ-Sˇarı¯f in Jerusalem. ˙ Beirut 1984; ders., The Haram Documents as Sources for the Arts and Architecture of the ˙ Mamluk Period, in: Muqarnas 2 (1984), S. 61 – 72; ders., Haram Documents Related to the ˙ Jews of Late Fourteenth Century Jerusalem, in: Journal of Semitic Studies 30 (1985), S. 227 – 254; ders., Communal Strife in Late Mamluk Jerusalem, in: Islamic Law and Society 6 (1999), S. 69 – 96; Fernandes, L. E., Three Sufi Foundations in a 15th Century Waqfiyya, in: Annales Islamologiques 17 (1981), S. 141 – 156; dies., The Foundation of Baybars al-Jashnakir : Its Waqf, History, and Architecture, in: Muqarnas 4 (1987), S. 21 – 42; dies., Mamluk Politics and Education: The Evidence from Two Fourteenth Century Waqfiyya, in: Annales Islamologique 23 (1987), S. 87 – 98; Lutfi, H., A Study of Six Fourteenth Century Iqra¯rs from alQuds Relating to Muslim Women, in: Journal of the Economic and Social History of the Orient 26 (1983), S. 246 – 294; dies., A Documentary Source for the Study of Material Life: A Spe˘

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Anmerkungen zu einer mamlukischen waqf-Urkunde

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Amı¯n, Zaynab Mahfu¯z, Ima¯d Abu¯ G˙a¯zı¯ oder Abdallat¯ıf Ibra¯hı¯m, denen wir die ˙ ˙ ˙ Kenntnis zahlreicher Privaturkunden und den Zugang zu ihnen verdanken. Ihre bislang wenig bekannten und genutzten Arbeiten sollen in der folgenden Aufstellung einmal gesammelt aufgelistet werden: Arbeiten arabischer Islamwissenschaftler zur mamlukischen Diplomatik

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Muhammad Muhammad Amı¯n: ˙ ˙ – Wat¯ıqat waqf as-sulta¯n Qa¯ytba¯y, in: al-Magˇalla at-ta’rı¯hiyya al-misriyya 22 ¯ ˙ ˙ ˘ (1975), S. 343 – 390 – Wata¯’iq waqf as-sulta¯n Qala¯wu¯n ala¯ l-bı¯ma¯rista¯n al-mansu¯rı¯, in: Ders. ¯ ˙ ˙ (Hg.), Hasan b. Habı¯b: Tadkirat an-nabı¯h fı¯ ayya¯m al-mansu¯r wa-banı¯h. 3 ¯ ˙ ˙ ˙ Bde. Kairo 1976 – 86, Bd. 1, S. 295 – 396 – Wata¯’iq waqf as-sulta¯n an-Na¯sir Muhammad b. Qalı¯wu¯n, in: Ders. (Hg.), ¯ ˙ ˙ ˙ Hasan b. Habı¯b: Tadkirat an-nabı¯h fı¯ ayya¯m al-mansu¯r wa-banı¯h. 3 Bde. ¯ ˙ ˙ ˙ Kairo 1976 – 86, Bd. 2, S. 330 – 448 – Masa¯rif awqa¯f as-sulta¯n al-Malik an-Na¯sir Hasan b. Muhammad b. ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ Qala¯wu¯n, in: Ders. (Hg.), Hasan b. Habı¯b: Tadkirat an-nabı¯h fı¯ ayya¯m al¯ ˙ ˙ mansu¯r wa-banı¯h. 3 Bde. Kairo 1976 – 86, Bd. 3, S. 340 – 449 ˙ – Asˇ-Sˇa¯hid al- adl’ fı¯ l-qada¯’ al-isla¯mı¯, in: Annales Islamologiques 18 (1982), ˙ S. 1 – 20 – Mansu¯r bi-manh iqta¯ min asr as-sulta¯n al-G˙awrı¯, in: Annales Islamolo˙ ˙ ˙ ˙ ˙ giques 19 (1983), S. 3 – 40 ˘

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cimen of the Haram Estate Inventories from al-Quds in 1393 A.D., in: Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft 135 (1985), S. 213 – 226; dies., al-Quds al-Mamlu¯kiyya: A History of Mamluk Jerusalem Based on the Haram Documents. Berlin 1985; Diem, W., Arabische Briefe auf Papyrus und Papier aus der˙Heidelberger Papyrus-Sammlung. Ein Textund ein Tafelband. Wiesbaden 1991; ders., Arabische Geschäftsbriefe des 10. bis 14. Jahrhunderts aus der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien. Ein Text- und ein Tafelband. Wiesbaden 1995; ders., Ägyptische Privatbriefe des 9. bis 15. Jahrhunderts aus der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien. Ein Text- und ein Tafelband. Wiesbaden 1996; ders., Arabische amtliche Briefe des 10. bis 16. Jahrhunderts aus der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien. Ein Text- und ein Tafelband. Wiesbaden 1996; ders., Arabische Briefe des 7. bis 13. Jahrhunderts aus den Staatlichen Museen Berlin. Ein Text- und ein Tafelband. Wiesbaden 1997; außerdem Richards, D. S., A Mamlu¯k Petition and a Report from the dı¯wa¯n al-jaysh, in: Bulletin of the School of Oriental and African Studies 40 (1977), S. 1 – 14, ders., Documents for Sinai Concerning Mainly Cairene Property, in: Journal of the Economic and Social History of the Orient 28 (1985), S. 225 – 293; ders., The Qasa¯ma in Mamlu¯k Society : Some Documents from the Haram Collection in Jerusalem, in: Annales Islamologiques 25 ˙ (1991), S. 245 – 284.

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Mamlukische Privaturkunden: Forschungsstand

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– Fihrist Wata¯’iq al-Qa¯hira hatta¯ niha¯yat asr sala¯t¯ın al-mama¯lik (239 – 922 ¯ ˙ ˙ ˙ AH/853 – 1516 AD). Kairo 1981

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Zaynab Muhammad Mahfu¯z : ˙ ˙ ˙ – Wata¯’iq al-bay fı¯ Misr hila¯l al- asr al-mamlu¯kı¯. Unveröff. Diss. Univ. Kairo ¯ ˙ ˘ ˙ 1977 – Ima¯d Badr ad-Dı¯n Mahmu¯d Abu¯ G˙a¯zı¯: ˙ – (Hg.), Wata¯’iq as-Sulta¯n al-Asˇraf Tu¯ma¯n Ba¯y. Dira¯sa wa-tahqı¯q wa-nasˇr li¯ ˙ ˙ ˙ ba d wata¯’iq al-waqf wal-bay wal-istibda¯l. Kairo 1978 ¯ – Dira¯sa diplu¯ma¯tiyya fı¯ wata¯’iq al-bay min amla¯k bayt al-ma¯l fı¯ asr al¯ ˙ mama¯lik cˇara¯kisa ma a tahqı¯q wa-nasˇr ba d al-wata¯’iq al-gˇadı¯da fı¯ arsˇ¯ıfa¯t al¯ ˙ Qa¯hira. 2 Bde. Kairo 1995 ˘

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Abdallat¯ıf Ibra¯hı¯m Alı¯: ˙ – Wata¯’iq al-amı¯r ahu¯r kabı¯r Qara¯qugˇa¯ al-Hasanı¯, in: Magˇallat kullı¯ya¯t al¯ ˇ ˙ ˘ a¯da¯b, Ga¯mi at al-Qa¯hira 18 (1956, publ. 1959), S. 188 – 251 – Al-Wata¯’iq fı¯ hidmat al-a¯ta¯r, in: Kita¯b al-mu’tamar at-ta¯nı¯ lil-a¯ta¯r fı¯ l-bila¯d ¯ ¯ ¯¯ ¯ ˘ al- arabiyya, Bag˙da¯d 18 – 28 November 1957. Kairo 1959, S. 205 – 287 – Wat¯ıqat bay : Dira¯sa wa-nasˇr wa-tahqı¯q, in: Magˇallat kullı¯ya¯t al-a¯da¯b, ¯ ˙ ˇ a¯mi G at al-Qa¯hira 19 (1957, publ. 1960), S. 135 – 214 – at-Tawt¯ıqa¯t asˇ-sˇar iyya wal-isˇha¯da¯t fı¯ zahr wat¯ıqat al-G˙awrı¯, in: Magˇallat ¯ ˇ a¯mi at al-Qa¯hira 19 ˙(1957, ¯publ. 1960), S. 293 – 420 kullı¯ya¯t al-a¯da¯b, G – Wat¯ıqat as-sulta¯n Qa¯yitba¯y. Dira¯sa wa-tahlı¯l al-madrasa bil-Quds wal¯ ˙ ˙ gˇa¯mi bi-G˙azza, in: Kita¯b al-mu’tamar at-ta¯lı¯t lil-a¯ta¯r fı¯ l-bila¯d al- arabiyya. ¯¯ ¯ ¯ Kairo 1961, S. 289 – 459 – Wat¯ıqat waqf Masru¯r b. Abdalla¯h asˇ-Sˇiblı¯, in: Magˇallat kullı¯ya¯t al-a¯da¯b, ˇ a¯¯mi at al-Qa¯hira 21 (1959, publ. 1964), S. 133 – 173 G ˇ a¯mi at al-Qa¯hira 25 (1963, – Wat¯ıqat istibda¯l, in: Magˇallat kullı¯ya¯t al-a¯da¯b, G ¯ publ. 1967), S. 1 – 38 – Min wata¯’iq Dayr Sa¯nt Katrı¯n. Tala¯t wata¯’iq fiqhiyya, in: Magˇallat kullı¯ya¯t ¯ ¯ ¯ ¯ˇ ˙ al-a¯da¯b, G a¯mi at al-Qa¯hira 25 (1963, publ. 1967), S. 95 – 133 – Nassa¯n gˇadı¯dan min wata¯’iq al-amı¯r Sag˙itmisˇ, in: Magˇallat kullı¯ya¯t al¯ ˙˙ ˇ ˙ a¯da¯b, G a¯mi at al-Qa¯hira 27 (1965, publ. 1969), S. 121 – 158 und 28 (1966, publ. 1971), S. 143 – 210 ˇ a¯mi at Umm Durma¯n al-Isla¯mı¯ 2 – Hams wata¯’iq sˇar iyya, in: Magˇallat G ¯ ˘ (1969), S. 149 – 251 ˘

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ˇ ama¯l ad-Dı¯n Abu¯ – Waqfiyya Ibn Tag˙rı¯ Birdı¯, in: al-Mu’arrih Ibn Tag˙rı¯ Birdı¯: G ˘ l-Maha¯sin Yu¯suf, 813 – 874 H. Kairo 1974, S. 181 – 222

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Den bis heute maßgeblichen Artikel zum Verständnis des mamlukischen Urkundenwesens hat indes Rudolf Vesely´ vorgelegt.23 Anhand von Originaldokumenten aus Kairoer Archiven und unter Bezugnahme auf die Vorarbeiten von Abdallat¯ıf Ibra¯hı¯m Alı¯s ist es ihm gelungen, das Entstehen einer Privaturkunde ˙ in allen Schritten nachzuzeichnen. Demzufolge hatten die beiden Parteien, die ein Rechtsgeschäft abschließen wollten, die Wahl, dies entweder von einem Richter oder einem Notar verschriftlichen zu lassen. Der Kadi war „in letzter Instanz für die Gesetzmäßigkeit der vollstreckten Verfügung verantwortlich, sowie für die Richtigkeit ihrer schriftlichen Aufzeichnung, für die Vollkommenheit aller Mittel, die der Urkunde ihre Rechtskraft verliehen“24. Eine überaus wichtige Aufgabe kam den bei jeder Verhandlung anwesenden Zeugen zu. Die Beweiskraft einer Urkunde bestand nämlich nicht in ihrer schriftlichen Fixierung, sondern in ihrer Bezeugung. Insofern war es im Interesse aller Beteiligten, diese Personengruppe einer sorgfältigen Prüfung (ta dı¯l) zu unterziehen und ihr die Unbescholtenheit vermittels eines eigenen Zeugnisses (isgˇa¯l al- ada¯la) zu attestieren. Man ging sogar dazu über, einige Männer als festangestellte Gerichtszeugen zu beschäftigen. Im Lauf der Zeit übertrug man ihnen darüber hinaus weitere Aufgaben, so die Abfassung von Dokumenten, deren Archivierung oder die Kontrolle der Vertragsbedingungen. Schließlich wurde ihnen auch eine notarielle Funktion zugebilligt25. Solche Notare, die ihre Tätigkeit in eigenen Kanzleien (hawa¯nı¯t at-ta dı¯l) ausübten, kamen ihrem Beruf nicht im Namen ˙ eines Kadis nach, sondern arbeiteten unabhängig und in ihrem eigenen Namen. Somit bekamen die kostengünstigeren notariell ausgestellten Urkunden ebenfalls rechtswirksamen Charakter, standen im Ansehen jedoch den richterlichen Urkunden nach, da man ihnen nicht die gleiche Beweiskraft zumaß. Von einem Notar wie auch natürlich einem Richter erwartete man eine Ausbildung als Rechtsgelehrter, die Beherrschung des spezifischen Urkundenstils (wira¯qa) sowie gründliche Kenntnisse der Lehre von den Rechtskniffen ˘

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23 Vesely´, R., Die Hauptprobleme der Diplomatik arabischer Privaturkunden aus dem spätmittelalterlichen Ägypten, in: Archiv Orient‚ln† 40 (1972), S. 312 – 343. Ergänzungen liefern die Aufsätze von Gronke, M., Zur Diplomatik von Kaufverträgen des 12. und 13. Jahrhunderts aus Ardabı¯l, in: Der Islam 59 (1982), S. 64 – 79; dies., La r¦daction des actes priv¦s dans le monde musulman m¦di¦val: th¦orie et pratique, in: Studia Islamica 59 (1984), S. 159 – 174. 24 Vesely´, Hauptprobleme [wie Anm. 23], S. 321. 25 Zum islamischen Notariat siehe auch Tyan, E., Le Notariat et le r¦gime de la preuve par ¦crit dans la pratique du droit musulman. 2. Aufl. Beirut 1959.

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Mamlukische Privaturkunden: Forschungsstand

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(hiyal) und den rechtlichen Formularien (sˇuru¯t). Dabei ist von Wael Hallaq – ˙ ˙ entgegen der älteren Forschungsmeinung – dargelegt worden, dass die in den ˇsuru¯t-Werken präsentierten rechtlichen Verfügungen durchaus praxisorien˙ tierten Charakter haben und gängige Rechtshandhabungen widerspiegeln26. Insofern ist es bedauerlich, dass in den meisten Studien zum Urkundenwesen der Mamlukenzeit überlieferte Schriften zum Formularwesen wie etwa die Werke von Nagˇm ad-Dı¯n at-Tarsu¯sı¯ (gest. 758/1358)27, Muhammad b. Abdalla¯h ˇ arawa¯˙nı¯˙asˇ-Sˇa¯fi ¯ı (lebte um 788/1386)28˙ und Sˇams ad-Dı¯n alb. Abdalmun im al-G Asyu¯t¯ı (geb. 813/1410 – 11)29 bisher kaum Berücksichtigung gefunden haben. ˙ Dies gilt auch für Abhandlungen, die sich speziell mit den rechtlichen Bedingungen befassen, die bei der Einrichtung einer Stiftung und dem Aufsetzen einer Stiftungsurkunde zu beachten sind. Für die uns hier interessierende Zeit, das ausgehende 9./15. Jahrhundert, liegt etwa mit dem I sa¯f fı¯ ahka¯m al-awqa¯f des in ˙ Damaskus ausgebildeten hanafitischen Rechtsgelehrten Ibra¯hı¯m b. Mu¯sa¯ at˙ ˙ Tara¯bulusı¯ (gest. 922/1516) ein solches Handbuch vor30. ˙ Die weiter unten behandelte Urkunde dokumentiert die Stiftung (waqf) eines gewissen Yahya¯ b. Sayf ad-Dı¯n Tu¯g˙a¯n b. Abdalla¯h al-Hasanı¯ vom 28. Sˇawwa¯l 870/ ˙ ˙ ˙ 13. Juni 1466 nebst einiger später dazugekommener Verfügungen. Die allgemeinen muslimischen Rechtsbestimmungen, die es bei der Einrichtung einer Stiftung einzuhalten galt und die im Detail von den verschiedenen Rechtsschulen unterschiedlich definiert wurden, sind an anderer Stelle ausführlich dargestellt worden31. Bemerkenswert ist allerdings, dass es sich hier um eine Familien˘

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26 Vgl. Hallaq, W. B., Model shuru¯t Works and the Dialectic of Doctrine and Practice, in: Islamic ˙ – 134. Aus der Praxis heraus kann dies bestätigen: Little, D. Law and Society 2 (1995), S. 109 P., Notes on Mamluk Madrasahs, in: Mamlu¯k Studies Review 6 (2002), 9 – 20. 27 Siehe zu ihm GAL II, 79 und S II, S. 87. Sein K. al-I la¯m fı¯ mustalah asˇ-sˇuhu¯d wa-l-hukka¯m hat ˙˙ ˙ bearbeitet und in Auszügen übersetzt: Guellil, G. L., Damaszener Akten des ˙8./14. Jahrhunderts nach at-Tarsu¯sı¯s Kita¯b al-i la¯m. Eine Studie zum arabischen Justizwesen. Berlin ˙˙ 1985. ˇ arawa¯nı¯ asˇ-Sˇa¯fi ¯ı, K. al-Kawkab al-musˇriq fı¯ma¯ yahtagˇu ilayhı¯ al28 Muhammad b. Alı¯ al-G ˙ tiq. Ms. Berlin or. quart. 2011. Siehe GAL S II, S. 271. ˙ muwat ¯¯ ˇ ˇ 29 Asyu¯t¯ı, Sams ad-Dı¯n al-, Gawa¯hir al- uqu¯d wa-mu ¯ın al-quda¯t wa-l-muwaqqi ¯ın wa-sˇ-sˇuhu¯d. ˙ M. al-Fiqqı¯. 2 Bde. Kairo 1955. ˙ Hg. von 30 At-Tara¯bulusı¯ (gest. 922/1516), al-Is a¯f fı¯ ahka¯m al-awqa¯f. Kairo 1902. Zu diesem Autor und ˙ ˙ Werken siehe GAL II, 82 und S II, S. ˙ 94 – 95. seinen 31 Eine ausgewogene Zusammenfassung gibt jetzt Peters, R., Art. „Wak. f. I. In Classical Islamic Law“, in: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Bd. XI. Leiden 2000, S. 59 – 63. Dass es in Ägypten auch Christen erlaubt war, Stiftungen zu errichten, zeigt Amin, M. M., Un acte de fondation de waqf par une chretienne (Xe siÀcle h., XVIe s. chr.), in: Journal of the Economic and Social History of the Orient 18 (1975), S. 43 – 52. Den neuesten Überblick über die Entwicklung des ägyptischen Stiftungswesens während der Mamlukenzeit liefert BehrensAbouseif, D., Art. „Wak. f. II. In the Arab Lands. In Egypt“, in: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Bd. XI. Leiden 2000, S. 63 – 69 (mit ausführlicher Bibliographie). Siehe aber auch die grundlegende Studie von Amı¯n, Muhammad M., al-Awqa¯f wa-l-haya¯t al-igˇti˙¯ sa ta’rı¯hiyya wata¯’iqiyya. Kairo ˙ 1980. ma¯ iyya fı¯ Misr 648 – 923 H./1250 – 1517 A.D. Dira ¯ ˙ ˘ ˘

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Anmerkungen zu einer mamlukischen waqf-Urkunde

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stiftung (waqf ahlı¯ bzw. waqf durrı¯) handelt. In einem noch immer aktuellen ¯ Aufsatz hat J. Krcsm‚rik die auch für unseren Fall maßgebliche hanafitische ˙ Position bezüglich der Errichtung eines waqf ahlı¯ dargelegt: Es handelte sich um eine Stiftung, deren Endzweck zwar ein Gott wohlgefälliges Werk (qurba) sein musste, deren Erträge zuerst jedoch dem Stifter selbst zur Verfügung standen. Nach dessen Tod ging das Nutzrecht auf die Einnahmen unmittelbar auf seine Kinder und deren Nachkommen über32. Eine solche Familienstiftung war auch im islamischen Recht (sˇarı¯ a) nicht unumstritten. So zitiert etwa Krcsm‚rik eine Meinung des osmanenzeitlichen, unter dem Namen Molla¯ Hosrau überregional bekannten und anerkannten ˘ Rechtsgelehrten Muhammad b. Fara¯murz (gest. 885/1480)33, die dieser in sei˙ ˙ urar al-ahka¯m nem hanafitischen Rechtshandbuch Durar al-hukka¯m fı¯ ˇsarh G ˙ ˙ ˙ ˙ unter Bezugnahme auf frühere Aussagen des Hila¯l ar-Ra’y b. Yahya¯ (gest. 245/ ˙ 859) in dessen Werk Ahka¯m al-waqf34 formuliert hatte: Gemäß dieser war die ˙ Etablierung eines waqf durrı¯ unstatthaft und nicht mit dem Recht vereinbar. Der ¯ Grund lag darin, dass die erwirtschafteten Überschüsse derartiger Stiftungen aufgrund der absehbaren Existenz anspruchsberechtigter familiärer Nachkommen auf lange Zeit nicht den eigentlichen frommen Zwecken zugutekommen könnten und somit nicht gottgefällig wären. Diesem Verdikt steht allerdings die Auffassung des Abu¯ Yu¯suf (gest. 192/808)35, immerhin eines der Mitbegründer der hanafitischen Rechtsschule, gegenüber, nach der Familienstiftun˙ gen rechtmäßig sind, weil ihre letzte Bestimmung, die Erträge nach dem Tod aller unmittelbar Bedachten den Armen oder den Heiligen Stätten des Islam zukommen zu lassen, durchaus einen frommen Charakter habe. Letztlich sollte diese Auffassung auch die Mehrheitsmeinung unter den hanafitischen Juristen ˙ ˘

32 Vgl. Krcsm‚rik, J., Das Wak. frecht vom Standpunkt des Sˇar„ atrechtes nach der hanefitischen ˙ Deutschen Schule. Ein Beitrag zum Studium des islamischen Rechtes, in: Zeitschrift der Morgenländischen Gesellschaft 45 (1891), S. 511 – 576, hier S. 554 – 558. Recht gut erforscht ist der ma¯likitische Standpunkt: Layish, A., The Maliki Family Waqf According to Wills and Waqfiyyat, in: Bulletin of the School of Oriental and African Studies 46 (1983), S. 1 – 32; Powers, D. S., The Maliki Family Endowment: Legal Norms and Social Practices, in: International Journal of Middle East Studies 25 (1993), S. 379 – 406 und Layish, A., The Family Waqf and the Shar ¯ı Law of Succession in Modern Times, in: Islamic Law and Society 4 (1997), S. 352 – 388. ˙ urar al-ahka¯m. Kairo 33 Muhammad b. Fara¯murz (= ,Molla¯ Husrau‘), Durar al-hukka¯m fı¯ ˇsarh G ˙ Zu ihm siehe Babinger, F., Art. ˙ ¯ “, in: Encyclopaedia ˙ ˘ „Khosrew, Molla 1874. of˙ Islam. New Edition. Bd. 5. Leiden 1986, S. 32; außerdem GAL II, S. 226 – 227 und Supplement II, S. 316 – 317. 34 Hila¯l ar-Ra’y b. Yahya¯, Ahka¯m al-waqf. Hyderabad 1936. Siehe zu Halı¯l ar-Ra’y GAL I, S. 173 ˙ und Supplement I,˙ S. 292. 35 Kurze Informationen über Abu¯ Yu¯suf finden sich bei Schacht, J., Art. „Abu¯ Yu¯suf“, in: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Bd. 1. London und Leiden 1960, S. 164 – 165. Zu seiner Position bezüglich der Familienstiftung siehe gesondert d’Emilia, A., Il waqf ahli secondo la dottrina di Abu Yusuf. Mailand 1938. ˘

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Mamlukische Privaturkunden: Forschungsstand

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bleiben, zumal die awqa¯f ahliyya im Normalfall auch vorsahen, einen Teil des erwirtschafteten Einkommens bereits zu Lebzeiten des Stifters einem ausdrücklich genannten frommen Zweck zur Verfügung zu stellen. Um aber solche rechtlichen Diskussionen, wie sie in der hanafitischen ˙ Rechtsschule herrschten, von vornherein auszuschließen, führten ˇsa¯fı¯ itische Juristen wiederum eine Reihe sogenannter Rechtskniffe (hiyal) ein. Nach diesen ˙ konnte man die vorgesehenen Stiftungsgüter an eine dritte Person verschenken oder zu einem geringen Preis verkaufen. Dieser wäre es dann erlaubt, eine Stiftung zugunsten des ursprünglichen Eigentümers zu errichten. Eine andere Möglichkeit bestand darin, die entsprechenden Besitztümer zugunsten der Kinder des eigenen Vaters zu stiften und dabei eine genaue Beschreibung der eigenen Person zu geben.36 Die Entstehung der naturgemäß beliebten und verbreiteten muslimischen Familienstiftung liegt immer noch weitgehend im Dunkeln.37 Eine ältere Lehrmeinung sah den waqf ahlı¯ als eine Weiterentwicklung der durch die byzantinische Kirche aus der Antike übernommenen Form der piae causae.38 Jene Institution sicherte die Versorgung von Armen, Waisen oder anderen Hilfsbedürftigen von privater Seite im Rahmen eines testamentarisch festgesetzten Zwecks. Durch die Übergabe von Ländereien an Klöster und wohltätige Stiftungen ging erheblicher Grundbesitz an die Tote Hand (testamenti factio passiva), wobei der gesamte Überschuss in der Regel der Familie des Stifters zufiel. Wenn auch solche strukturellen Gemeinsamkeiten zwischen antiker piae causae und muslimischem waqf ahlı¯ nicht abzustreiten sind39, hat man dennoch grundlegende Bedenken an der These einer ungebrochenen Kontinuität bzw. einer bloßen Imitation vorislamischer Einrichtungen in islamischer Zeit geäußert und demgegenüber den in anderer Hinsicht durchaus eigenständigen Charakter muslimischen Stiftungswesens hervorgehoben40. Ebenso reizvoll für die Frage nach wechselseitigen Kultureinflüssen vorder36 Vgl. Heffening, W., Art. „Wak. f“, in: Enzyklopädie des Islam. Bd. 4. Leiden und Leipzig 1934, S. 1187 – 1194, hier 1187. 37 Zur gezielten Nutzung dieser Institution auch von herrscherlicher Seite siehe am Beispiel des Mamlukensultans al-Asˇraf ¯Ina¯l (reg. 857 – 865/1453 – 61) Reinfandt, L., Was geschah in der Zeit zwischen Barsba¯y und Qa¯ytba¯y? Überlegungen zu einer Neubewertung des späten Mamlukensultanats, in: Schild, H./Wild, S. (Hg.), Akten des 27. Deutschen Orientalistentages (Bonn – 28. September bis 2. Oktober 1998) – Norm und Abweichung. Würzburg 2001, S. 269 – 278. 38 Vgl. Becker, C. H., Zur Entstehung der Waqfinstitution, in: Der Islam 2 (1911), S. 404 – 405 und Schacht, J., Droit byzantin et droit musulman, in: Fondazione A. Volta, atti dei convegni 12 (1957), S. 213 – 215. 39 Vgl. D’Emilia, A., Per una comparazione fra le piae causae nel diritto canonico, il charitable trust nel diritto inglese e il waqf khairi nel diritto musulmano, in: Scritti di diritto islamico. Raccolti a cura Francesco Castro. Rom 1976, S. 237 – 277. 40 Vgl. Cahen, Cl., R¦flexions sur le waqf ancien, in: Studia Islamica 14 (1961), S. 37 – 56.

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Anmerkungen zu einer mamlukischen waqf-Urkunde

asiatischer und europäischer Gesellschaften ist auch die Vorstellung, dass die islamische Familienstiftung zu Beginn des 16. Jahrhunderts ihren Weg über Spanien nach Europa und Deutschland gefunden und sich dort in Form sogenannter Fideikommisse etabliert haben könnte. Ein Fideikommißstifter konnte nämlich durch privatrechtliches Stiftungsgeschäft – insbesondere durch testamentarische Bestimmung oder auf dem Weg einer Erklärung unter Lebenden – die Unveräußerlichkeit eines Fideikommißguts bestimmen sowie seinen Verbleib in der Familie zur Aufrechterhaltung des splendor familiae, solange ebendiese Familie nicht ausstarb.41 War Grundbesitz Gegenstand des Fideikommisses, bedurfte das Stiftungsgeschäft regelmäßig der Schriftform. Die Sukzessionsordnung zu bestimmen, lag in der Hand des Fideikommißstifters. Der Stiftungsnachfolger war Eigentümer des Stiftungsguts, wobei sein Besitz kein freies und veräußerliches, sondern ein stiftungsmäßig beschränktes und unveräußerliches Stiftungseigentum darstellte. Der Fideikommiß konnte nach gemeinem Recht ohne staatliche Mitwirkung errichtet werden, doch holte man meist eine obrigkeitliche Bestätigung ein. Noch im Jahr 1918 waren 7,3 % der gesamten Fläche Preußens und 13,9 % aller dortigen Waldflächen fideikommissarisch gebunden. Die Weimarer Reichsverfassung bestimmte schließlich in Art. 155 zur besseren Verteilung des Grundbesitzes die Auflösung der Fideikommisse.42 Solche augenfälligen strukturellen Ähnlichkeiten mit der muslimischen Rechtsinstitution des waqf durrı¯ machten einen detaillierten Vergleich ¯ beider Rechtsinstitutionen sicherlich lohnenswert.

2.

Die Sammelurkunde Wiza¯rat al-Awqa¯f 571 gˇ

Im Kairoer Ministerium für Religiöse Stiftungen (Wiza¯rat al-Awqa¯f) wird unter dem Eintrag 571 gˇ eine Urkundenrolle (daragˇa) aufbewahrt43. Sie besteht aus Pergament, das seit dem 5./11. Jahrhundert den Papyrus als Schreibstoff abgelöst hatte, bevor sich dann im 11./16. Jahrhundert das Papier durchzusetzen begann44. Da das Original der Urkunde von den Bearbeitern nicht eingesehen werden konnte, beschränkt sich die folgende Beschreibung auf solche Merkmale,

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41 Siehe dazu Bayer, B., Sukzession und Freiheit. Historische Voraussetzungen der rechtstheoretischen und rechtsphilosophischen Auseinandersetzungen um das Institut der Familienfideikommisse im 18. und 19. Jahrhundert. Berlin 1999. 42 Vgl. Erler, A., Art. „Familienfideikommiß“, in: Handwörterbuch zur Deutschen Rechtsgeschichte. 1. Band: Aachen-Haussuchung. Berlin 1971, Sp. 1071 – 1073, hier Sp. 1072. 43 Vgl. Amı¯n, M. M., Fihrist Wata¯’iq al-Qa¯hira hatta¯ niha¯yat asr sala¯t¯ın al-mama¯lik (239 – 922 ¯ AH/853 – 1516 AD)/Catalogue des documents˙ d’archives du ˙Caire ˙de 239/853 — 1516. Kairo 1981, S. 133 – 134 (Nr. 428). 44 Vgl. dazu Grohmann, Einführung und Chrestomathie [wie Anm. 13], S. 71 – 72.

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Die Sammelurkunde

die aus der Fotokopie ersichtlich sind. Danach besteht die Urkundenrolle aus querformatigen Einzelblättern, die jeweils an ihren längeren Seiten aneinandergefügt, wahrscheinlich aneinandergenäht sind. Der letztere Umstand wird jedoch aus der Fotokopie nicht erkenntlich, wie auch die Ränder der Einzelblätter nicht erkennbar sind. Wenn die Fotokopie das Original im Größenverhältnis von 1:1 wiedergibt, betragen die Abmessungen der Rolle 196 cm in der Länge und 31,5 cm in der Breite. Der Erhaltungszustand der Urkunde ist gut, die Ränder sind kaum beschädigt. Dies ist ein Zeichen für die seltene Benutzung der Urkunde, und letz letzteres wiederum ein möglicher Hinweis auf ein relativ kontinuierliches Fortbestehen der in ihr dokumentierten Stiftung. In der Mitte und im letzten Drittel der Rolle befinden sich lediglich zwei größere Löcher über den gesamten Schriftspiegel hinweg, wodurch jeweils eine Schriftzeile verloren ist. Die Urkunde ist von innen nach außen gerollt, d. h. der Schluss der Urkunde befindet sich im innersten Teil der Rolle, der Anfang außen. Die Vorderseite der Urkunde (recto) bildet den Innenteil der Rolle. Der Schriftduktus ist dı¯wa¯nı¯45. Über Zustand und Art der Tinte kann keine Aussage getroffen werden46. Der Schriftspiegel von recto umfasst vertikal 70 Zeilen und nimmt zwei Drittel der Seitenbreite der Urkundenblätter ein. Auf einem freien rechten Rand von einem Drittel der Seitenbreite sind spätere Vermerke und Ergänzungen des eigentlichen Textes hinzugefügt47. Allgemein bei Urkunden finden sich auf diesem freien rechten Rand häufig aber auch weitere, mit dem zuerst schriftlich fixierten Rechtsgeschäft in einem direkten Zusammenhang stehende eigene Rechtsakte. Bei Notariatsurkunden geschah dies nicht selten aus Kostengründen. So können folgende formale und inhaltliche Kriterien aufgestellt werden, welche eine allgemeine Unterscheidung in Notariatsurkunden und Gerichtsurkunden ermöglichen:

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45 Dazu Ibra¯hı¯m, A., Tawt¯ıqa¯t asˇ-sˇar iyya wal-isˇha¯da¯t fı¯ zahr wat¯ıqat al-G˙awrı¯, in: Magˇallat ¯ ˙ S. 293¯ – 420, hier 298 mit Verweis ˇ a¯mi at kullı¯ya¯t al-a¯da¯b, G al-Qa¯hira 19 (1957, publ. 1960), auf Qalqasˇandı¯, Subh [wie Anm. 20], Bd. 3, S. 58 und 100. ˙ ˙ Grohmann, Einführung und Chrestomathie [wie Anm. 13], S. 87 – 88. 46 Zur Tinte allgemein 47 Siehe zu solchen späteren Hinzufügungen auch Vesely´, Hauptprobleme [wie Anm. 23], S. 336. ˘

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Anmerkungen zu einer mamlukischen waqf-Urkunde

Form und Inhalt von Notarsurkunden kurz gehalten stilistisch nicht immer einwandfrei Schriftduktus uneinheitlich häufig ohne Rand Identifikation der Parteien deren Willenserklärung Gegenstand der Verfügung der neue Rechtszustand Zeugenunterschriften Unterschrift des Notars

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Form und Inhalt von Gerichtsurkunden lang stilistisch einwandfrei Kanzleiduktus Urheber der Urkunde Willenserklärung über die beabsichtigte Disposition Gegenstand der Verfügung (mit urkundlichen Belegen und Zeugenaussagen über diesen) neu entstandener Rechtszustand Urteil (hukm) des Richters ˙

Die Gerichtsurkunden ihrerseits konnten auf zweierlei Arten abgefasst werden48 : – Einteilig in Form einer offiziellen Mitschrift des Rechtsgeschäftes (mahdar) ˙˙ mit richterlichem Urteilsspruch (hukm). Zeugen bestätigen die Vollstreckung ˙ der Verfügung und die Entscheidung des Richters auf einmal. Diese Form nannte man auch sigˇill. – Zweiteilig in Form eines mahdar ohne hukm. Der Rechtsspruch des Richters ˙˙ ˙ ist in einer gesonderten Urkunde (isgˇa¯l hukmı¯) beigefügt. Beide Teile werden ˙ separat bezeugt.

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Zum Abschluss des Rechtsgeschäftes fügte der Richter eigenhändig drei Elemente in den Text ein: 1. Er setzte sein persönliches Signum ( ala¯ma)49 – normalerweise eine abgewandelte hamdala – über die erste Zeile des isgˇa¯l oder unter die einleitende ˙ basmala. 2. Er schrieb Datum und Wochentag unter die Urkunde. 3. Schließlich ergänzte er noch die das Eschatokoll der Urkunde bildende hasbala. ˙ ˘

Erst durch diese drei Elemente – ala¯ma, Datum und hasbala – erhielt die Ur˙ kunde Rechtskraft50. Es musste allerdings noch die schriftliche Aufforderung des Vorsitzenden Richters, das Dokument in das Gerichtsregister eintragen zu lassen (tasgˇ¯ıl), senkrecht rechts neben die ersten beiden Zeilen der Urkunde gesetzt werden. Solche mit richterlichen Urteilssprüchen (hukm) versehenen Urkunden ˙ wurden zur Zeit des Mamlukensultanats vermutlich in einer zentralen Regis˘

48 Vgl. hierzu auch Guellil, Damaszener Akten [wie Anm. 27], S. 56, 260, 378, 388 – 89 und alˇ awa¯hir al- uqu¯d [wie Anm. 29], S. 411 und 456. Asyu¯t¯ı, G 49 Siehe˙Vesely´, R., Die richterlichen Beglaubigungsmittel. I. Ala¯ma. Ein Beitrag zur Diplomatik arabischer Gerichtsurkunden, in: Acta Universitatis Carolinae – Philologica 4 (1971), S. 7 – 23. 50 Vesely´, Hauptprobleme [wie Am. 23], S. 334 – 335. ˘

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Die Sammelurkunde

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tratur (kita¯b as-sigˇ illa¯t oder dı¯wa¯n al-hukm) verwahrt, wenngleich hierzu keine ˙ genauen Kenntnisse vorliegen, da die ältesten erhaltenen Sammlungen von sigˇ illa¯t nicht bis in die vorosmanische Zeit Ägyptens zurückreichen. Von dieser zentral verwahrten und jederzeit einsehbaren Urkunde wurden schließlich zwei ebenfalls rechtskräftige Abschriften für die beiden Vertragsparteien ausgestellt und zuletzt den beteiligten Amtsträgern ihre Honorare ausgehändigt. Die Urkundenrolle Wiza¯rat al-Awqa¯f 571 gˇ, auf der sich die im folgenden übersetzte und kommentierte Stiftungsurkunde sowie die sie ergänzenden Dokumente finden, gliedert sich in mehrere Teile: – Stiftung (waqf) Datum: 28. Sˇawwa¯l 870/13. Juni 1466 Stifter : Yahya¯ b. Tu¯g˙a¯n b. Abdalla¯h al-Hasanı¯ ˙ ˙ ˙ – Nachträgliche Änderung an den Stipulationen der Stiftung (ta dı¯l ˇsuru¯t al˙ waqf) Datum: 25. Du¯ l-Qa da 870/9. Juli 1466 ¯ – Tauschgeschäft (istibda¯l) Datum: 22. Ragˇab 890/4. August 1485 Anbieter (al-mubdil): Kumusˇbug˙a¯ b. Abdalla¯h at-Timra¯zı¯ (an-na¯zir ala¯ al˙ waqf) und Muhammad b. Yahya¯ (Sohn des Stifters) ˙ ˙ Tauschpartner (al-mustabdil): Hasan b. Abdarrazza¯q b. Umar ˙ – Tauschgeschäft (istibda¯l) Datum: 2. Du¯ l-Qa da 890/10. November 1485 ¯ Anbieter (al-mubdil): Muhammad b. Yahya¯ (Sohn des Stifters) ˙ ˙ Tauschpartner (al-mustabdil): Alı¯ b. Muhammad b. Sa¯lim min Alı¯ b. Mu˙ hammad ˙ – Verkauf (bay ) Datum: 6. Du¯ l-Higˇgˇa 890/14. Dezember 1485 ¯ ˙ Verkäufer (al-ba¯’i ): Alı¯ b. Muhammad ˙ Käufer (al-musˇtarı¯): Fa¯tima, genannt Sutayta bt. Kasba¯y b. Abdalla¯h, Ehefrau ˙ des Tag˙rı¯birmisˇ b. Abdalla¯h al-Kasba¯y – Verkauf (bay ) Datum: 1. Sˇawwa¯l 891/30. September 1486 Verkäufer (al-ba¯’i ): Hasan b. Abdarrazza¯q b. Umar ˙ Käufer (al-musˇtarı¯): Ibra¯hı¯m b. Husˇqadam b. Abdalla¯h al-Muhammadı¯ ˙ ˘ – Verkauf (bay ) Datum: 9. Safar 893/24. Januar 1488 ˙ Verkäufer (al-ba¯’i ): Ibra¯hı¯m b. Husˇqadam b. Abdalla¯h al-Muhammadı¯ ˙ ˘ Käufer (al-musˇtarı¯): Timra¯z b. Abdalla¯h al-Ha¯ssakı¯ al-Muhammadı¯ ˙ ˘ ˙˙ ˘

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Die Stiftung des Yahya¯ b. as-Sayfı¯ Tu¯g˙a¯n b. Abdalla¯h ˙ ˙ al-Hasanı¯ vom 28. Sˇawwa¯l 870/13. Juni 1466 ˙ ˘

3.

Anmerkungen zu einer mamlukischen waqf-Urkunde

(1) Im Namen des barmherzigen und gnädigen Gottes! Gott segne unseren Herrn Muhammad, seine Familie und Gefährten und schenke (ihnen) Heil! ˙ Die erste Zeile des Urkundenformulars war dem Protokoll oder Eingangsteil (iftita¯h)51 ˙ der Urkunde vorbehalten. Dieses besteht aus basmala und tasliya und hat ihr abend˙ 52 ländisches Pendant in der Invocatio. Nach prophetischer Überlieferung war die Einleitung von Schriftstücken jeglicher Art mit einer basmala empfohlen und ihr Unterlassen zu missbilligen. Jedes Schriftstück sowie auch jede mündliche Mitteilung von Bedeutung war mit der basmala einzuleiten. Manche Rechtsgelehrten waren sogar der Meinung, dass ein ohne basmala eingeleitetes Schriftstück überhaupt keine Gültigkeit besaß.Weiterhin musste eine basmala für sich allein stehen, das Schriftstück an sich durfte also erst in einer neuen Zeile beginnen. Lediglich eine hamdala und tasliya ˙ ˙ – beide zum Segen und guten Ausgang der Urkunde – durften noch in derselben Zeile 53 auf die basmala folgen.

(2) Dies ist die schriftliche Niederlegung (maktu¯b) eines rechtswirksamen (sah¯ıh) und der Scharia entsprechenden waqf, (also) einer (juristisch) ˙ ˙ ˙ eindeutigen und regelrechten Stiftung (hubs). ˙ Dem Protokoll in Zeile 1 folgt nun auf den Zeilen 2 – 65 der eigentliche Urkundentext (matn).54 Er beginnt mit einer Dispositio55 in Form der Eröffnungsformel ha¯gˇa¯ maktu¯b 51 Vgl. Björkmann, Diplomatic [wie Anm. 13], S. 301 – 302 und Hein, H. A., Beiträge zur ayyubidischen Diplomatik. Freiburg 1969, S. 29. ˇ awa¯hir [wie Anm. 29], Bd. 1, S. 25 und an-Nuwayrı¯, Niha¯yat [wie Anm. 17], 52 Vgl. al-Asyu¯t¯ı, G ˙ Bd. 9, S. 7. Siehe auch Hoffmann, B., Waqf im mongolischen Iran: Rasˇ¯ıduddı¯ns Sorge um Nachruhm und Seelenheil. Stuttgart 2000, S. 33; Grohmann, Einführung und Chrestomathie [wie Anm. 13], S. 113 – 114; Gronke, Privaturkunden [wie Anm. 21], S. 18; dies., Diplomatik [wie Anm. 23], S. 68; Hein, Beiträge [wie Anm. 51], S. 37, Anm. 1. 53 Zum Gebrauch der basmala zu Beginn einer jeden Urkunde siehe Qalqasˇandı¯, Subh [wie ˙¯ hı¯m, Anm. 20], Bd. 3, S. 136 – 137, Bd. 6, S. 219 – 224, 227 – 229 und Bd. 14, S. 349 und˙ Ibra Tawt¯ıqa¯t [wie Anm. 45], S. 361 – 362. Siehe auch Hein, Beiträge [wie Anm. 51], S. 37 – 39; ¯ Khan, G., Arabic Legal and Administrative Documents in the Cambridge Genizah Collections. Cambridge 1993, S. 10 – 11 (mit weiteren Verweisen auf die ˇsuru¯t-Literatur); Carra de Vaux, B. [L. Gardet], Art. „Basmala“, in: The Encyclopaedia of Islam. ˙New Edition. Bd. 1. London und Leiden 1960, S. 1084 – 1085. Zum Gebrauch der anschließenden tasliya siehe Qalqasˇandı¯, ˙ ¯ıqa¯t [wie Anm. 45], Subh [wie Anm. 20], Bd. 6, S. 227 und Bd. 14, S. 349; Ibra¯hı¯m, Tawt ¯ ˙S. 361 ˙ – 362; außerdem Rippin, A., Art. „Tasliya“, in: The Encyclopaedia of Islam. New ˙ Edition. Bd. 10. Leiden 1999, S. 358 – 359. 54 Vgl. Gronke, Diplomatik [wie Anm. 23] S. 68 – 69 und Hein, Beiträge [wie Anm. 51], S. 51. 55 Vgl. Ernst, Sultansurkunden [wie Anm. 15], S. XXVII; Gronke, Diplomatik [wie Anm. 23], S. 69; Hein, Beiträge [wie Anm. 51], S. 56 – 59; Hoffmann, Waqf [wie Anm. 52], S. 34.

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Die Stiftung des Yahya¯ b. as-Sayfı¯ Tu¯g˙a¯n ˙ ˙

waqf. Sie ist der „Ausdruck der Willenserklärung des Ausstellers“56, und durch sie wird gleich zu Beginn der Urkunde die Art des Rechtsgeschäfts (waqf) festgelegt.57 Viele Schreiber bevorzugten ausdrücklich eine solche Formel gegenüber der ebenso häufig anzutreffenden und bündigeren Formel ha¯gˇa¯ ma¯ waqqafa ,dies ist (eine schriftliche Niederlegung) über das, was (der Stifter) stiftete‘, da letztere den Umstand der Niederschrift des Rechtsaktes nicht deutlich ausdrückt.58 Der mamlukenzeitliche Terminus für ,Urkunde‘ war dabei maktu¯b oder kita¯b. Er ist das Gegenstück zum osmanenzeitlichen Begriff hugˇgˇa. Im heutigen Arabisch werden Ur˙ kunden oder Dokumente als wat¯ıqa bezeichnet.59 Die Verschriftlichung des Stif¯ tungsaktes wird als ‘rechtswirksam’ (sah¯ıh), d. h. also als in Übereinstimmung mit den ˙ ˙ ˙ üblichen Regularien abgefasst, anerkannt.60

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Zur Mamlukenzeit existierten prinzipiell vier verschiedene Rechtsformen des Grundbesitzes.61 Zum einen gab es die der Aufsicht des Wesirs unterstehenden ,Krongüter‘ (ha¯ss), zum anderen den Privatbesitz (milk). Hinzu kamen die an die ˘ ˙˙ Soldaten vergebenen Pfründe (iqta¯ ). Die letzte Kategorie bildete dann das Stiftungs˙ land, das man entweder als waqf (Pl.: awqa¯f) oder als habs (Pl.: ahba¯s) bezeichnete und ˙ ˙ das der Kontrolle eines eigenen Ministeriums (dı¯wa¯n al-ahba¯s) unterstand. Der zeit˙ genössische Historiker al-Maqrı¯zı¯ (gest. 845/1442) unterteilt die waqf-Ländereien noch einmal in drei Gruppen: 1. Der von einem Oberaufseher (na¯zir al-awqa¯f) zentral ˙ verwaltete und in die Jurisdiktion des sˇa¯fı¯ itischen Oberkadis fallende waqf hukmı¯. Er ˙ setzte sich größtenteils aus Mietshäusern zusammen, deren Einkünfte den beiden Heiligen Stätten, den Armen und den in christliche Gefangenschaft Geratenen zu Gute kamen. 2. Familienstiftungen (awqa¯f ahliyya) und 3. ahba¯s, die al-Maqrı¯zı¯ folgen˙ dermaßen beschreibt: „Ländereien in der Hand von Leuten, die davon leben, entweder, weil sie sich um die Angelegenheiten eines masgˇid oder einer Freitagsmoschee kümmern oder auch ohne dass es die Gegenleistung für eine bestimmte Tätigkeit darstellt.“62 ˘

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Ihr Inhalt ist folgender : Seine Exzellenz (al-magˇlis al- a¯lı¯) Sˇaraf ad-Dı¯n Yahya¯, ˙ (Sohn) des ehrenwerten (3) verstorbenen Sayf ad-Dı¯n Tu¯g˙a¯n b. Abdalla¯h al˙ ˘

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56 Bresslau, zitiert nach Hein, Beiträge [wie Anm. 51], S. 56, Anm. 1. 57 Vgl. Mahfu¯z, Z., Wata¯’iq al-bay fı¯ Misr hila¯l al- asr al-mamlu¯kı¯. Unveröff. Diss. Univ. Kairo ˙ ˙19; Siehe¯ auch Grohmann,˙ Einf ˘ ührung˙ und Chrestomathie [wie Anm. 13], S. 115; 1977, S. 18– Gronke, Privaturkunden [wie Anm. 21], S. 19– 20 und Khan, Documents [wie Anm. 53], S. 11. 58 Vgl. Wakin, J., The Function of Documents in Islamic Law: The Chapters on Sale from Taha¯wı¯‘s Kita¯b al-shuru¯t al-kabı¯r. Albany 1972, S. 74, Anm. I 2.3 – 2.13. ˙ istibda¯l, in: Magˇallat kullı¯ya¯t al-a¯da¯b, G ˇ a¯mi at al-Qa¯hira 25 (1963, 59 ˙Vgl. Ibra¯hı¯m, A., Wat¯ıqat ¯ publ. 1967), S. 1 – 38, hier S. 22 – 23, Anm. 13. 60 Vgl. Schacht, J., An Introduction to Islamic Law. Oxford 1964, S. 121. 61 Vgl zu folgendem Halm, H., Ägypten nach den mamlukischen Lehensregistern. Bd. 1: Oberägypten und das Fayyu¯m. Wiesbaden 1979; Bd. 2: Das Delta. Wiesbaden 1982, hier Bd. 1, S. 42– 55. 62 Maqrı¯zı¯, Taqı¯ ad-Dı¯n al- (st. 845/1442), al-Mawa¯ iz wal-i tiba¯r fı¯ dikr al-hitat wal-a¯ta¯r. 5 Bde. ¯ ¯ ˙ ˘ ˙ ˙ [wie Anm. Hg. von G. Wiet. Kairo 1911 – 24, Bd. 2, S. 54 – 55. Zitiert nach Halm, Ägypten 61], Bd. 1, S. 43. ˘

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Anmerkungen zu einer mamlukischen waqf-Urkunde

Hasanı¯ und Angehöriger der ruhmreichen Hilfstruppen (halqa) – Gott, der ˙ ˙ Erhabene möge sie zahlreich machen! – sowie (als Person) bekannt,

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Auf die Dispositio folgt nun der eigentliche Inhalt der Urkunde mit einer Darstellung des Rechtsgeschäfts, wie es sich vor Gericht tatsächlich ereignet hat. Es beginnt mit einer Identifikation des Antragstellers, hier des Stifters. Dazu wird hier sein Beiname (laqab) Sˇaraf ad-Dı¯n und sein Eigenname (ism) Yahya¯ sowie auch seine Abstammung ˙ (nasab) vom Vater Sayf ad-Dı¯n Tu¯g˙a¯n b. Abdalla¯h aufgeführt. Um dennoch möglichen ˙ Namensverwechslungen vorzubeugen, wird auch noch eine Art Berufsbezeichnung geliefert, nämlich seine Zugehörigkeit zur militärischen Hilfstruppe der halqa. Da er in ˙ Kairo genügend bekannt war, wurden vom Schreiber diese Angaben zu seiner Identiˇ fikation als hinreichend angesehen. Der Ehrentitel maglis a¯lı¯ wurde höhergestellten Persönlichkeiten verliehen. Er bezeichnete ursprünglich eine Person, die Sitzungen oder Audienzen leitete und vor die man sich mit einem Antrag oder einer Bitte wandte. ˘

ließ sich (4) von seinen Zeugen ein schariatgemäßes Zeugnis darüber ausstellen – (wobei er)63 geistig gesund und körperlich unversehrt war, aus freiem Antrieb handelte sowie imstande war, eigene Entscheidungen zu treffen –, Die Geschäftsfähigkeit des Antragstellers musste gewährleistet sein, wofür mehrere Eigenschaften unabdinglich waren: Lebendigkeit; körperliche Reife, was für Jungen bei 12, für Mädchen bei 9 Jahren angesetzt wurde; geistige Uneingeschränktheit; Zugehörigkeit zum freien Status, also nicht etwa zu den Sklaven. Hingegen musste er nicht Muslim sein, auch die Stiftungen von Anhängern der sogenannten Buchreligionen (ahl al-kita¯b) besaßen uneingeschränkte Gültigkeit.64 Nur wenn alle diese Voraussetzungen gegeben waren, konnte ein Stifter die Überführung seines privaten Vermögens (milk) in Stiftungsbesitz verfügen.65

dass er (5) seinen gesamten Anteil (an unteilbarem Kollektiveigentum) (hissa) ˙ ˙˙ wakfierte, stiftete, einem frommen Endzweck widmete, für unantastbar erklärte und auf ewig festlegte. Hier handelt es sich um die ausdrückliche und unmissverständliche Willenserklärung (qawl) des Stifters, eine Stiftung einzurichten. Dazu bediente man sich der sogenannten alfa¯z al-waqf, mehrere parallele Begriffe, die synonym gebraucht wurden: ˙ waqqafa, habbasa, sabbala, harrama, abbada.66 (Der zweite Teil dieser Willenserklä˙ ˙ rung findet sich weiter unten auf dieser Urkunde in Z. 20.)

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63 Die Einleitung zum Nebensatz (wa-huwa) fehlt im Original. 64 Vgl. Peters, Wak. f [wie Anm. 31], S. 60 und Krcsm‚rik, Wak. frecht [wie Anm. 32], S. 521 – 523. 65 Zur Prüfung der Geschäftsfähigkeit als Grundbedingung des Verfügungsrechts für den Stifter siehe Krcsm‚rik, Wak. frecht [wie Anm. 32], S. 526 – 528. Zur Prüfung in den Urkunden siehe Ibra¯hı¯m, A., Wat¯ıqat waqf Masru¯r b. Abdalla¯h asˇ-Sˇiblı¯, in: Magˇallat kullı¯ya¯t alˇ a¯mi at al-Qa¯hira 21¯ (1959, publ. 1964), S. 133 – 173, hier S. 160 – 161, Anm. 7 und a¯da¯b, G ˇ a¯mi at Umm Durma¯n al-Isla¯mı¯ 2 (1969), S. 149 – ders., Hams wata¯’iq sˇar iyya, in: Magˇallat G ˘ S. 169¯– 170. Siehe auch Gronke, Privaturkunden [wie Anm. 21], S. 47. 251, hier 66 Vgl. Amı¯n, Fihrist [wie Anm. 43], S. 426, Anm. 1. Siehe auch Abdalqa¯dir b. Umar ad˘

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Die Stiftung des Yahya¯ b. as-Sayfı¯ Tu¯g˙a¯n ˙ ˙

Es folgt nun auf den Zeilen 5 – 20 eine genaue Definition des Vertragsgegenstandes, nämlich die Anteile an den Ländereien zweier ägyptischer Dörfer.

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Mit dem Begriff hissa ist derjenige Anteil an allen Grundstücken der im folgenden ˙ ˙˙ genannten Ortschaft Barsˇans gemeint, auf den Yahya¯ b. Tu¯g˙a¯n durch ihren vorherigen ˙ ˙ Erwerb alleinigen Besitzanspruch hatte. Er hatte nun also einen Besitzanspruch auf einen Anteil an diesen Ländereien, dessen Größe im nächsten Abschnitt dieser Urkunde festgelegt werden wird (s. u.). Genaugenommen besaß er aber nicht das Land selbst, denn dort waren Pächter beschäftigt, während er sich in der Hauptstadt aufhielt; vielmehr hatte er das Recht, den ihm zustehenden Anteil (hissa) am festgesetzten ˙ ˙˙ jährlichen Steuerwert ( ibra) des Landes einzuziehen. Somit war er streng genommen nicht der Eigentümer des Grundstücks, sondern der Besitzer einer Option auf die Einziehung der steuerlichen Abgaben, die sonst dem Fiskus zustünden.67

Dessen Summe beläuft sich auf 1 qı¯ra¯t+1/8 qı¯ra¯t+1/2 qı¯ra¯t+1/14 qı¯ra¯t+1/2 qı¯ra¯t ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ von den ursprünglich (6) 24 qı¯ra¯t. ˙ Ein vollständiges Grundstück bestand aus einem Anteil (hissa) zu 24 qı¯ra¯t. Die Einheit ˙ ˙˙ ˙ qı¯ra¯t bezeichnet hier also nicht die spätere Maßeinheit68, sondern lediglich 1/24 von ˙ einer hissa. Sie wurde allem Anschein nach synonym gebraucht zu den Termini sahm ˙ ˙˙ oder auch hissa, wie es weiter unten in dieser Urkunde, Z. 12, der Fall sein wird69. ˙ ˙˙ Problematisch bleibt der Umstand, dass eine bloße qı¯ra¯t-Angabe keinerlei Rück˙ schlüsse auf den tatsächlichen Flächenumfang zulässt. Noch unübersichtlicher wird es bei städtischem Besitz, denn selbst Lagerräume, Mietshäuser, sogar Wege, Schuppen und Hütten besaßen eine Grundeinheit von 24/24 qı¯ra¯t. Wenn man also wollte, konnte ˙ man 2/24 eines Seitenganges in die Stiftung einfließen lassen. Aus den drei heute erhaltenen mamlukenzeitlichen Katasterverzeichnissen geht jedoch hervor, dass der damalige jährliche Steuerwert für die gesamte Ortschaft Barsˇans (s. u.) 6720 Heeresdinar (dı¯na¯r gˇaysˇ¯ı) betrug70. Wenn Yahya¯s Anteil also 2+11/56 am gesamten Dorf ˙ betrug, so bekam er jährlich die Summe von 615 Heeresdinar zugesprochen. Der

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Dimasˇqı¯ asˇ-Sˇayba¯nı¯ (gest. 1135/1722), Nayl al-ma’a¯rib bi-sˇarh Dalı¯l at-ta¯lib, Bd. 2, Kairo ˙ ˙˙ 1906 – 07, S. 2 und Krcsm‚rik, Wak. frecht [wie Anm. 32], S. 534. Zum Begriff hissa siehe Ibra¯hı¯m, A., Wat¯ıqat bay : Dira¯sa wa-nasˇr wa-tahqı¯q, in: Magˇallat ˙ ¯˙b, ˙ G ˇ a¯mi at al-Qa¯hira 19 ¯(1957, publ. 1960), S. 135 – 214,˙ hier S. 172 (mit kullı¯ya¯t al-a¯da weiterer Literatur); Vesely´, R., Trois certificats d¦livr¦s pour les fondations pieuses en Êgypte au XVIe, in: Orients 21 – 22 (1968 – 69), S. 248 – 299, hier S. 271 – 272, Anm. 4,1 – 4,3 und Petry, C. F., Fractionalized Estates in a centilized Regime: The Holdings of al-Ashraf Qa¯ytba¯y and Qa¯nsu¯h al-Ghawrı¯ According to their waqf Deeds, in: Journal of the Economic and Social History of˙ the Orient 41 (1998;), S. 95 – 117, hier S. 99 und 107. Siehe auch Lewis, B., Studies in the Ottoman Archives, Bulletin of the School of Oriental and African Studies 16 (1954), S. 469 – 501, hier S. 483; Kaiser, A., Islamische Stiftungen in Wirtschaft und Gesellschaft Syriens vom 16. bis 18. Jahrhundert. Berlin 1999, S. VIf. und Reilly, J. A., Status Groups and Propertyholding in the Damascus Hinterland, 1828 – 1880, in: International Journal of Middle East Studies 21 (1989), S. 517 – 539, hier S. 532, Anm. 8. Vgl. Hinz, W., Islamische Masse und Gewichte. Leiden und Köln 1970, S. 66. Zum Begriff qı¯ra¯t siehe Ibra¯hı¯m, Wat¯ıqat bay [wie Anm. 72], S. 172 und Petry, Fra¯ ctionalized Estates˙ [wie Anm. 72], S. 99 und 107. Siehe Halm, Ägypten [wie Anm. 61], Bd. 2, S. 361 (Karte Nr. 23). ˘

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Anmerkungen zu einer mamlukischen waqf-Urkunde

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Steuerwert ( ibra) eines Dorfes richtete sich nach Größe der Fläche und Bodenqualität des Kulturlands. Er wurde in einer fiktiven Rechnungseinheit, dem dı¯na¯r gˇaysˇ¯ı, angegeben. Solch ein dı¯na¯r gˇaysˇ¯ı entsprach etwa 1/4 Golddinar und einem ardabb (= 198 Liter) Weizen und Gerste. Sein Wert schwankte allerdings je nach dem Getreidepreis und wurde zudem für bestimmte Truppenteile unterschiedlich bewertet71.

Dieser Anteil verteilt sich auf alle unbepflanzten (brachliegenden?) (sala¯’ih) ˘ Liegenschaften der Ortschaft Barsˇans in der Provinz al-Manu¯fiyya. Auf die oben vollzogene Nennung des Umfangs des gestifteten Grundstücks folgt nun seine genaue geographische Festlegung und Abgrenzung, um spätere Verwechslungen und Anfechtungen auszuschließen (Begrenzungsformel). Auf die Identifikation der geographischen Lage (hier) muss dann die Beschreibung der Begrenzungen in alle vier Richtungen (s. u.) sowie die Benennung des dem Grundstück zugehörigen materiellen Inventars und der abstrakten Anrechte wie etwa Wassernutzungsrechte (huqu¯q wa˙ mara¯fiq; s. u.) folgen. In der ˇsuru¯t-Literatur wird es auch so ausgedrückt, dass die ˙ 72 Reihenfolge immer vom Allgemeinen zum Besonderen gehen soll. Die Ortschaft Barsˇans (Barsˇans, Bı¯rsˇams) ist in der unterägyptischen Nildeltaprovinz al-Manu¯fiyya ˙ gelegen.73 ˘

Der Begriff sala¯’ih, der in anderen Urkunden in Konstruktionen wie qit atu ardin ˙ ˙ ˘ sa¯lihatin, busta¯nun sa¯lihun oder ara¯din sa¯lihatun vorkommt, bezeichnet unbe˘ ˘ ˘ 74 ˙ pflanztes oder brachliegendes Land. Gestiftet werden konnten in erster Linie Immobilien. Darüber hinaus erlaubte die Hanafitische Schule aber auch die Stiftung ˙ beweglicher Güter wie: (1) Sklaven, Tiere und landwirtschaftliches Gerät, wenn diese in einem untrennbaren Zusammenhang mit den gestifteten Ländereien standen; (2) anderes für den Betrieb der Stiftungseinrichtungen benötigtes Material wie Äxte, Beile, Waffen, aber auch Koranausgaben oder Küchengerät.75

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Insgesamt umschließen die oben genannte Ortschaft (7) nach Hinweis der schariatgemäßen, schriftlich zu Papier gebrachten (und vorliegenden) Niederlegung, deren Vorderseite datiert ist vom Donnerstag, den 13. Rabı¯ II (8) 861 [= 10. März 1457], vier Begrenzungen.

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71 Vgl. Rabie, H., The Financial System of Egypt. Oxford 1972, S. 48 – 49. 72 Wakin, The Function of Documents [wie Anm. 58], S. 51 – 52 und S. 79, Anm. I 2.22 – 2.55. 73 Halm, Ägypten [wie Anm. 61], Bd. 2, S. 361 (Karte Nr. 23); Ramzı¯, M., al-Qa¯mu¯s al-gˇug˙ra¯fı¯ fı¯ al-bila¯d al-misriyya min ahd qudama¯’ al-misriyyı¯n ila¯ sanat 1945. Bd. 2. Kairo 1953 – 54, ˙ ˙ S. 215. 74 Siehe Rafeq, A., City and Countryside in a Traditional Setting. The Case of Damascus in the First Quarter of the 18th Century, in: Philipp, T. (Hg.), The Syrian Land in the 18th and 19th Century. Stuttgart 1982, S. 295 – 333, hier S. 307 und Kaiser, Islamische Stiftungen [wie Anm. 72], Anhang Seite 22, No. 62c; XXIV 73a/c et al. Die fa¯timidischen Verwaltungs˙ handbücher al-Mahzu¯mı¯s (lebte im 6./12. Jahrhundert) und Ibn Mamma ¯tı¯s (gest. 606/1209) ˘ geben Listen mit den verschiedenen Kategorien von Böden. Vgl. Halm, Ägypten [wie Anm. 61], Bd. 1, S. 38 – 40. 75 Vgl. Peters, Wak. f [wie Anm. 31], S. 60.

119

Die Stiftung des Yahya¯ b. as-Sayfı¯ Tu¯g˙a¯n ˙ ˙

Das gestiftete Grundstück wird räumlich genau festgelegt durch die Nennung der unmittelbar angrenzenden und nicht mehr dazugehörigen Grundstücke. Dies ist eine Tradition, die schon in vor-islamische Zeit zurückreicht76. Dabei gingen in islamischer Zeit die Rechtsmeinungen auseinander, ob zur Festlegung eines Grundstücks die Begrenzungen in zwei (Abu¯ Yu¯suf77), drei oder nicht weniger als vier (Zufar78) Himmelsrichtungen ausreichend waren. In mamlukischer Zeit jedoch wurden durchweg alle vier Begrenzungen angegeben, um spätere Unklarheiten bestmöglich zu vermeiden79. ˘

Die hier mit Datum vom 13. Rabı¯ II 861/10. März 1457 genannte Urkunde ist die Verkaufsurkunde (wat¯ıqat bay ), mit welcher der Stifter den Anteil zuvor käuflich ¯ erworben hatte. Bereits in ihr waren zum Zweck der unmissverständlichen Identifikation des verkauften Grundstücks seine vier Begrenzungen ausführlich abgehandelt worden. Die Urkunde ist im Kairoer Ministerium für Religiöse Stiftungen (Wiza¯rat alawqa¯f) unter dem Eintrag 493 gˇ aufbewahrt.80 Sie enthält neben dem oben genannten Kauf weitere Kauf- und Verkaufsgeschäfte durch Yahya¯ b. Tu¯g˙a¯n aus den Jahren 863/ ˙ ˙ 1458 – 59 und 865/1461; außerdem eine weitere Stiftung seinerseits vom 28. Sˇawwa¯l 867/ 16. Juli 1463, in deren Besitz er einen Teil der oben erworbenen Grundstücke von Barsˇans übertrug. Er hatte in der hier vorliegenden Stiftung also auch nur einen Teil seiner ihm gehörigen Anteile an Barsˇans gestiftet! Die Kaufurkunde enthält schließlich noch neun weitere Rechtsgeschäfte, darunter Verkäufe, Stiftungen, Tauschgeschäfte (istibda¯l) und Übertragungen (intiqa¯l), bis das Vermögen im Safar 911/Juli 1505 schließlich in den ˙ Besitz einer der zahlreichen Stiftungen des Sultans Qa¯nsu¯h al-G˙awrı¯ (reg. 906 – 922/ ˙ 81 1501 – 1516) überging . ˘

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Der Inhalt (dieses Dokuments) ist beglaubigt und aus diesem Anlass nach der Akzeptierung seiner schariatgemäßen Verfügungen von Seiten des Hohen Gerichts (magˇlis al-hukm al- azı¯z) (in Person) des Sˇayh und erhabenen Richters ˙ ˘ Fadl ad-Dı¯n al-Qurmı¯ (9) al-Hanafı¯, des Stellvertreters des Vorsitzenden Rich˙ ˙ ters (halı¯fat al-hukm al- azı¯z) von Ägypten – Möge Gott seine Urteile bekräfti˙ ˘ gen! – mit einem Urteilsspruch versehen. So bezeugt es sein Entscheid (isgˇa¯l), ˘

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76 Vgl. Wakin, The Function of Documents [wie Anm. 58], S. 80, Anm. I 2.24 – 2.28. 77 Ibid., S. 16. 78 Zufar b. al-Hudayl, ein berühmter Schüler des Abu¯ Hanı¯fa. Er starb 158/774 – 5 in Basra mit ¯ ˙ ˙ 48 Jahren. Vgl. Wakin, The Function of Documents [wie Anm. 58], S. 81, Anm. I 2.32. 79 Siehe dazu Amı¯n, M. M., Wat¯ıqat waqf as-sulta¯n Qa¯ytba¯y, in: al-Magˇalla at-ta’rı¯hiyya al¯ ˙ ¯ hı¯m, Hams wata¯’iq [wie Anm. 70], ˘ S. 172; misriyya 22 (1975), S. 343 – 390, hier S. 374; Ibra ¯ ˙ ˘ ders., Wat¯ıqat waqf Masru¯r [wie Anm. 70], S. 163 – 164, Anm. 16 und ders., Wat¯ıqat istibda¯l ¯ ¯ [wie Anm. 59], S. 32, Anm. 74. 80 Vgl. Amı¯n, Fihrist [wie Anm. 43] S. 113 – 115, Nr. 389. Zum Rechtsgeschäft des Verkaufs und dem hierfür einschlägigen Urkundenformular siehe die Arbeiten von Wakin, The Function of Documents [wie Anm. 58] und Abu¯ G˙a¯zı¯, I., Dira¯sa diplu¯ma¯tiyya fı¯ wata¯ iq al-bay min ¯ amla¯k bayt al-ma¯l fı¯ asr al-mama¯lik cˇara¯kisa ma a tahqı¯q wa-nasˇr ba d al-wata¯’iq al-gˇadı¯da ¯ ˙ ˙ fı¯ arsˇ¯ıfa¯t al-Qa¯hira. 2 Bde. Kairo 1995. 81 Zu der kontroversen Beurteilung der Stiftungstätigkeit dieses Sultans durch Zeitgenossen siehe Behrens-Abouseif, D., Egypt’s Adjustment to Ottoman Rule: Institution, Waqf & Architecture in Cairo (16th amd 17th Centuries). Leiden 1994. ˘

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Anmerkungen zu einer mamlukischen waqf-Urkunde

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welcher auf der Rückseite des genannten Dokuments geschrieben und mit seiner eigenen Handschrift datiert ist (10) vom 18. Rabı¯ II 861 [= 15. März 1457]. […]

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Die Verkaufsurkunde, durch die der Stifter seinen Anteil an den Grundstücken der Ortschaft Barsˇans erworben hatte, enthielt auf ihrer Rückseite (Verso) einen Gerichtsentscheid (isgˇa¯l hukmı¯), die der hanafitische Richter Fadl ad-Dı¯n Mahmu¯d b. ˙ ˙ ˙ ˙ Umar b. Mansu¯r al-Qurmı¯ (st. 865/1460)82 fünf Tage nach dem Kaufgeschäft hatte ˙ ausstellen lassen und durch die der Kauf erst seine Rechtskraft erlangte (tanfı¯d). Diese ¯ Gerichtsentscheidsurkunde bestand aus zwei Teilen: Auf eine formelle Beglaubigung 83 (tubu¯t) des Inhalts der Verkaufsurkunde, die ihm der Schreiber ausgefertigt und dann ¯ vorlegte hatte und den er daraufhin am realen rechtlichen Sachverhalt geprüft hatte, folgte sein richterlicher Urteilsspruch (hukm)84. ˙ Der hier beteiligte hanafitische Richter ist nicht der Großkadi selbst (qa¯d¯ı al-quda¯t ˙ ˙ ˙ oder an-na¯zir fı¯‘l-ahka¯m asˇ-sˇar iyya), der damals Sa d ad-Dı¯n ad-Dayrı¯ al-Maqdisı¯ ˙ ˙ war.85 Vielmehr handelte es sich um einen von jenem ausgewählten Stellvertreter (na¯’ib al-quda¯t oder halı¯fat al-hukm).86 ˙ ˙ ˘ ˘

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Die südliche Grenze (des gestifteten Anteils) erstreckt sich bis zu den Liegenschaften der Ortschaft al-Fir awniyya und die nördliche (11) bis zu den Liegenschaften der Ortschaft Bahna¯y al-3anam. Die östliche Grenze erstreckt sich bis zu den Liegenschaften der Ortschaft Tant und die westliche bis zu den Lie˙ genschaften der Ortschaft Qalata¯. Die Reihenfolge der Begrenzungen war nach in der ˇsuru¯t-Literatur herrschenden ˙ Mehrheitsmeinung festgelegt auf Süd-Nord-Ost-West.87 Dies ist eine Tradition, die bis 88 in pharaonische Zeit reicht. Dabei erhielt die südliche Begrenzung (hadd qiblı¯) ihre ˙ Bezeichnung durch die Gebetsrichtung (qibla) nach Mekka, die nördliche Begrenzung (hadd bahrı¯) in ägyptischen Urkunden ihre Bezeichnung durch die Lage des Meeres ˙ ˙ (bahr) im Norden. Es versteht sich von selbst, dass nach heutigem geographischen ˙ Verständnis eigentlich qiblı¯ ,west-südwest‘, bahrı¯ ,west-nordwest‘, ˇsarqı¯ ,nord-nord˙ west‘ und g˙arbı¯ ,süd-südwest‘ bedeuten müsste.89 Dennoch soll hier, in Anlehnung an ˘

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82 Vgl. Saha¯wı¯, Sˇams ad-Dı¯n Muhammad as-, ad-Daw’ al-la¯mi fı¯ a ya¯n al-qarn at-ta¯si . Ed. ˙ – 1433 (Nr. 570); Ibn Tag˙rı¯birdı¯, Abu alHusa¯m ˘ad-Dı¯n al-Qudsı¯. Bd. 10.˙ Kairo 1936, S.˙142 ¯ ˙ a¯sin Yusuf, an-Nugˇu¯m az-za¯hira fı¯ mulu¯k Misr wa-l-Qa¯hira. Bd. 16. Kairo 1968, S. 314. Mah ¯ ˙ Anm. 48. 83 Vgl.˙ Ibra¯hı¯m, Tawt¯ıqa¯t [wie Anm. 45], S. 380 – 381, ¯ 84 Ibid., S. 391 – 392, Anm. 55. 85 Salibi, K. S., Listes chronologiques des grands cadis de l’Egypte sous les Mamelouks, in: Revue des Êtudes Islamiques 25 (1957), S. 81 – 125, hier S. 105. 86 Vgl. Qalqasˇandı¯, Subh [wie Anm. 20], Bd. 14, S. 346 und Ibra¯hı¯m, Tawt¯ıqa¯t [wie Anm. 45], ¯ ˙ Popper, ˙ S. 371. Siehe auch W., Egypt and Syria under the Circassian Sultans, 1382 – 1468 AD. 2 Bde. Berkeley et al. 1955 – 57, S. 100 und Schimmel, A., Kalif und Kadi im spätmittelalterlichen Ägypten, in: Die Welt des Islam 24 (1942), S. 1 – 128, hier S. 38 – 39. 87 Vgl. Wakin, The Function of Documents [wie Anm. 58], S. 80, Anm. I 2.24 – 2.28. 88 Vgl. Grohmann, Arabic Papyri [wie Anm. 21], Bd. 1, S. 143 – 144. 89 Vgl. Van Berchem, M., Mat¦riaux pour un Corpus inscriptionum Arabicarum. Bd. 1: Êgypte. Paris 1894 – 1903, S. 7 und Darrag, A., L’acte de waqf de Barsbay. Kairo 1963, S. 36.

Die Stiftung des Yahya¯ b. as-Sayfı¯ Tu¯g˙a¯n ˙ ˙

121

das Richtungsgefühl zeitgenössischer Leser der Urkunde, in der Übersetzung an den vier Grundhimmelsrichtungen festgehalten werden. Bei der textlichen Festlegung der Begrenzung wurde besonders Wert gelegt auf die Formulierung yantahı¯l-hadd ila¯ kada¯ ,die Grenze erstreckt sich bis zu so und so‘ ¯ ˙ anstatt al-hadd kada¯ ,die Grenze bildet so und so‘. Dadurch versprach man sich mehr ¯ ˙ Unmißverständlichkeit. Denn der Begriff für „Grenze“, den man aus dem Lateinischen entlehnt hatte und der noch aus vorislamisch-römischer Tradition stammte, bezeichnete ursprünglich die Begrenzungen des gestifteten Grundstücks selbst, nicht aber die nun als Begrenzung dienenden benachbarten Grundstücke. Um dem Missverständnis vorzubeugen, dass die angrenzenden Grundstücke mit all ihrer Fläche zum gestifteten Grundstück versehentlich hinzugezählt wurden, legte man durch die Formulierung intaha¯ fest, dass das gestiftete Grundstück lediglich bis zum Beginn der angrenzenden Grundstücke reichte.90 ˘

Die Dörfer al-Fir awniyya, Bahna¯y al-G˙anam,Tant und Qalata¯ befinden sich alle in der ˙ Provinz al-Manu¯fiyya in unmittelbarer Nähe zur Ortschaft Barsˇans.91

Ebenso stiftete er seinen gesamten Anteil (an unteilbarem Kollektiveigentum), dessen Summe sich auf (12) zwei ganze (hissata¯n ka¯milata¯n) der ursprünglich ˙ ˙˙ zehn Anteile (hissa) beläuft. Dies(er Anteil) verteilt sich auf alle Liegenschaften ˙ˇ ˙˙ der Ortschaft Sinra¯qa¯ in der Provinz al-G˙arbiyya. Der Umfang dieses Anteils entspricht (mit anderen Worten) einem Fünftel der genannten Ortschaft. (13) Die gesamte genannte Ortschaft ist von vier Begrenzungen umschlossen nach Hinweis der schariatgemäßen und schriftlich zu Papier gebrachten (und ebenfalls vorliegenden) Niederlegung, deren Original datiert ist vom 15. Muharram ˙ (14) 868 [= 29. September 1463]. Yahya¯ b. Tu¯g˙a¯n stiftete noch ein zweites Grundstück. Hier ist nun zur Bezeichnung ˙ ˙ seines persönlichen Anteils an der Gesamtfläche des Dorfes nicht der Begriff qı¯ra¯t, ˙ sondern der Begriff hissa verwendet worden. Beide Begriffe scheint man deckungs˙ ˙˙ gleich benutzt zu haben (vgl. oben, Z. 5 sowie den Kommentar dazu). Auch für das Dorf Sˇinra¯qa¯92 in der unterägyptischen Deltaprovinz al-G˙arbiyya93 ist der in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts gültige jährliche Steuerwert von 2500 Heeresdinar bekannt. Besaß Yahya¯ b. Tu¯g˙a¯n also einen Anteil von 1/5, so standen ihm 500 Heeresdinar ˙ ˙ jährlich zu. Um späteren Fälschungen am Schriftbild der Urkunde vorzubeugen, wurde Yahya¯s Anteil zuerst mit 2 von 10 (= 2/10) beschrieben sowie danach noch einmal mit ˙ der dieselbe Summe bezeichnenden Bruchzahl 1/5.

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90 Vgl. Ibra¯hı¯m, Wat¯ıqat istibda¯l [wie Anm. 59], S. 32, Anm. 74 und Wakin, The Function of ¯ Documents [wie Anm. 58], S. 80 – 81, Anm. I 2.29 – 2.41 und I 2.38. 91 Zu al-Fir awniyya siehe Ramzı¯, Qa¯mu¯s [wie Anm. 78], Bd. 2, S. 158 und Halm, Ägypten [wie Anm. 61], S. 363; zu Bahna¯y al-G˙anam (BahnÝyat al-G˙anam) ebda, S. 358; zu Tant ebda, ˙ S. 376 – 377; zu Qalata¯ ebda, S. 388 ( alle Ortschaften auf Karte Nr. 23). 92 Vgl. Halm, Ägypten [wie Anm. 61], Bd. 2, S. 577 (Karte Nr. 35). 93 Siehe zu ihr Ramzı¯, Qa¯mu¯s [wie Anm. 78], Bd. 2, S. 8.

122

Anmerkungen zu einer mamlukischen waqf-Urkunde

Die Formulierungen bleiben ansonsten hier wie auch im folgenden dieselben wie beim ersten Grundstück. Dieses zweite Grundstück hatte Yahya¯ b. Tu¯g˙a¯n sechs Jahre nach ˙ ˙ dem ersten erworben, nämlich im Muharram 868/September 1463. Das wird in der ˙ vorliegenden Stiftungsurkunde belegt durch einen ausdrücklichen Verweis auf die originale Verkaufsurkunde. Diese ist heute verloren.

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Der Inhalt (dieses Dokuments) ist beglaubigt und aus diesem Anlass nach der Akzeptierung seiner schariatgemäßen Verfügungen von Seiten des Hohen Gerichts (in Person) des erhabenen Richters Mu ¯ın ad-Dı¯n Abu¯ al-Hayr Mu˘ hammad (15) at-Tara¯bulusı¯ al-Hanafı¯, des Stellvertreters des Vorsitzenden ˙ ˙ ˙ ˙ Richters von Ägypten – Möge Gott seine Urteile bekräftigen und ihm Gutes tun! – mit einem Urteilsspruch versehen. So bezeugt es sein Entscheid, welcher auf die Rückseite des genannten Dokuments geschrieben und mit seiner eigenen Handschrift datiert ist (16) vom 26. Muharram (868) [= 10. Oktober 1463]. ˙ ˘

Nun war es ein anderer hanafitischer Richter, Mu ¯ın ad-Dı¯n at-Tara¯bulusı¯94, ein Stell˙ ˙ ˙ vertreter des hanafitischen Großkadis Muhibb ad-Dı¯n b. asˇ-Sˇihna95, der 11 Tage nach ˙ ˙ ˙ dem Erwerb der Anteile von Sˇinra¯qa¯ durch ein richterliches Urteil diesem Kaufgeschäft Rechtskraft verlieh. Das Verfahren vor Gericht war dabei nach demselben Muster verlaufen wie beim Kauf des ersten gestifteten Grundstücks.

Die südliche (Grenze des gestifteten Anteils) erstreckt sich bis zu den Liegenˇ ummayza und al-Muhlis, die nördliche (Grenze) schaften der Ortschaften al-G ˘ (17) bis zu den Liegenschaften (der Ortschaft) Billaya. Die östliche (Grenze) erstreckt sich bis zu den Liegenschaften der Ortschaft Minyat al-Bizz, die ˇ umwestliche bis zu den Liegenschaften der Ortschaften al-Bandara und al-G mayza. ˇ ummayza, al-Muhlis,Billaya, Minyat al-Bizz und al-Bandara sind alleDie Dörfer al-G ˘ samt in der Provinz G˙arbiyya und um die Ortschaft Sˇinra¯qa¯ herum gelegen.96

Von diesen (Grundstücken), ihren Begrenzungen, den damit verbundenen Rechtsansprüchen sowie dem, was bekanntermaßen damit zusammenhängt (18) und ihnen zugeschrieben wird, hat der oben genannte Stifter schariatgemäße Kenntnis, die alle gängige Unwissenheit ausräumt97.

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94 Mu ¯ın ad-Dı¯n Muhammad b. Abdarrah¯ım at-Tara¯bulusı¯ (st. 873/1468). Siehe seine Biogra˙ 8, ˙S. ˙52 (Nr. 60). phie bei Saha¯wı¯, D˙ aw’ [wie Anm. 87] Bd. ˙ 95 Salibi, Listes˘ chronologiques [wie Anm. 90], S. 106. ˇ ummayza (vormals Absˇ¯ısˇ) Halm, Ägypten [wie Anm. 61], Bd. 2, S. 470; zu al96 Siehe zu al-G Bandara ebda, S. 477; zu Billaya ebda., S. 481 – 482 (alle Dörfer auf der Karte Nr. 34). Zu alMuhlis (Minyat al-Muhlis) siehe ebda, S. 544; zu Minyat al-Bizz ebda., S. 535 (beide auf der ˘ Nr. 35). ˘ ˙ Karte 97 Siehe dazu Ibra¯hı¯m, at-Tawt¯ıqa¯t [wie Anm. 45], S. 382; ders., Wat¯ıqat bay [wie Anm. 72], ¯ ¯ S. 177 – 178. ˘

123

Die Stiftung des Yahya¯ b. as-Sayfı¯ Tu¯g˙a¯n ˙ ˙

Mit den Rechtsansprüchen (uqu¯q) sind die zu den beiden Grundstücken gehörenden abstrakten Anrechte wie etwa Wassernutzungsrechte gemeint. Die Passage „was damit zusammenhängt und ihnen zugeschrieben wird“ hingegen bezeichnet das materielle Inventar der Grundstücke (mara¯fiq; Feldgeräte, Bewässerungsanlagen etc.), wie es zum Zeitpunkt des Kaufs zu ihrer Ausstattung gehörte.98

Alles dies befand sich (bis zum Zeitpunkt dieser Stiftung) im Besitz des oben erwähnten Stifters als sein Privateigentum (milk) und unterlag seiner freien Verfügung. Nur solche Gegenstände, die zum Zeitpunkt der Stiftung vollständiges Privateigentum (milk) des Stifters waren, unterliegen dessen Verfügungsgewalt (tasarruf) und dürfen ˙ in den Besitz einer Stiftung überführt werden.99

(19) Dies bezeugen für ihn die beiden Urkunden, von denen oben Kenntnis gegeben worden ist100, sowie eine dritte Urkunde, die ebenfalls schariatgemäß beglaubigt und mit einem richterlichen Urteilsspruch versehen ist.101 Jede einzelne dieser drei (20) oben im Zusammenhang mit dieser Stiftung genannten Dokumente ist schariatgemäß mit einem Vermerk (hasm) versehen worden, ˘ ˙ welcher mit ihrer Datierung und ihren Zeugen(vermerken) übereinstimmt. Das nachprüfbare Vorhandensein zweier schariatgemäßer Kaufurkunden klärt die vormaligen Eigentumsverhältnisse der gestifteten Ländereien und macht den Rechtsakt legal. Beim hasm handelt es sich um einen Vermerk auf dem rechten Rand der Kaufurkunde, ˘ ˙ ausgestellt zum selben Datum und signiert von den gleichen Zeugen wie diese. Er zeigte zusätzlich das Verfügungsrecht (tasarruf) des Besitzers über einen Gegenstand an102. ˙

Dies ist ein rechtsgültiger und schariatgemäßer waqf, (also) eine (juristisch) eindeutige und regelrechte Stiftung.

˘

Dies ist der zweite Teil der bereits weiter oben erfolgten Willenserklärung (qawl) des Stifters (s. o. Zeile 5 und den dazugehörigen Kommentar). Es handelt sich im Arabischen um ein inneres Objekt waqqafa wa-habbasa…waqfan sah¯ıhan ˇsar iyyan ‘er ˙ ˙ ˙ ˙ stiftete…eine regelrechte Stiftung’. Diese grammatische Konstruktion umklammert den Text sinngemäß auf den Zeilen 5 – 20 und macht ihn zu einem einzigen langen Satz.

˘

98 Vgl. Wakin, The Function of Documents [wie Anm. 58], S. 51 – 52 und S. 81 – 83, Anm. I 2.42 – 2.55, 2.45 – 2.47 und 2.52 – 2.55. Siehe auch Gronke, Diplomatik [wie Anm. 23], S. 70. 99 Amı¯n, Wat¯ıqat waqf as-sulta¯n Qa¯ytba¯y [wie Anm. 84], S. 374, Anm. 40; Ibra¯hı¯m, Wat¯ıqat ¯ ¯ bay [wie Anm. 72], S. 177˙ – 178; ders., Tawt¯ıqa¯t [wie Anm. 45], S. 386. – Zum Eigen¯ tumsrecht eines Stifters siehe Krcsm‚rik, Wak. frecht [wie Anm. 32], S. 523 – 526. Zum Verfügungsrecht siehe ebda., S. 526 – 528. 100 Gemeint sind die beiden in Z. 7 und Z. 13 genannten Verkaufsurkunden. 101 Diese dritte Urkunde ist offensichtlich nicht auf uns gekommen. 102 Siehe dazu Amı¯n, Wat¯ıqat waqf as-Sulta¯n Qa¯ytba¯y [wie Anm. 84], S. 374, Anm. 41 – 42 und ¯ ders., Fihrist [wie Anm. 43], S. 338. ˙

124

Anmerkungen zu einer mamlukischen waqf-Urkunde

Hiermit ist die Verfügung sowie auch die Definition des verfügten Stiftungsguts (almawqu¯f) abgeschlossen.

Sie darf weder ganz noch teilweise veräußert, (21) übereignet, verschenkt oder übertragen werden, nach Maßgabe ihrer schariatgemäßen Verfügungen. Diese Stiftung habe Bestand bis zu dem Tage, an dem Gott – Seine Erhabenheit möge groß sein! – „die Erde erbt und alle, die darauf sind!“103, (22) „Er ist doch der beste Erbe!“104 Der Stifter muss anlässlich einer Stiftung ihren ewigen Bestand erklären, soll sie rechtliche Gültigkeit erlangen.105

Der oben genannte Stifter – Möge Gott, der Erhabene seinen Lohn erhöhen! – errichtete diese Stiftung auf Lebensdauer für sich selbst, damit er sie für sich nutze (23) mit allem, was sich aus ihr an Gewinnen ergibt, solange er lebt und ohne Teilhaber daran oder an einem Teil davon. Nun beginnt ein nächster wichtiger Abschnitt der Urkunde: die Stipulationen oder Bedingungen (sˇuru¯t) der Stiftung, deren genaue Formulierung sich der Stifter vorbe˙ hält und im Folgenden ausführlich darlegt (Zeilen 22 – 58). Sie sind für den Historiker der wichtigste Teil einer Stiftungsurkunde, werden aus ihnen doch Motive und Intentionen des Stifters, über den rein karitativen Aspekt hinaus, erkennbar. So beginnen die Stipulationen hier mit der Frage, wem die durchaus beträchtlichen jährlichen Einkünfte aus den Ernten der gestifteten Ländereien zu gute kommen sollen: zunächst einmal dem Stifter selbst.

˘

Es gab, wie in der Einleitung bereits angesprochen, unter den vier Rechtsschulen divergierende Meinungen zur Rechtmäßigkeit einer Stiftung, deren Stifter sich selbst auf Lebenszeit das Nutznießungsrecht vorbehalten hatte. Während die Mehrheit der Rechtsgelehrten dies als unstatthaft ablehnte, galt innerhalb der hanafitischen ˙ Rechtsschule die herrschende Lehre, dass ein solcher waqf erlaubt sei. Dabei stützte man sich auf ein auf Grund der Autorität des Ibn Umar überliefertes hadı¯t, in dem ˙ ¯ Umar äußerte, dass ein Stifter von den Stiftungserträgen seinen Lebensunterhalt bestreiten könne. Letzten Endes setzte sich im hanafitischen madhab darüber hinaus das ¯ ˙ Diktum des Abu¯ Yu¯suf durch, wonach Bedürftige als letzte Nutznießer genannt sein 106 können, aber nicht genannt werden müssen.

˘

˘

103 104 105 106

Koran, Sure 19, Vers 40. Koran, Sure 21, Vers. 89. Vgl. Krcsm‚rik, Wak. frecht [wie Anm. 32], S. 535. Vgl. Peters, Wak. f [wie Anm. 31], S. 59 und 61.

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˘

˘

Nach seinem Tod (24) sollen die Einkünfte der Stiftung in zwei Teile geteilt werden: Die erste Hälfte der Erträge komme seinen drei leiblichen Kindern zu, nämlich Muhammad as-Siba¯ ¯ı, seiner Schwester Fadl al- Azı¯z al-Murdi a (25) und ˙ ˙ ˙ deren Halbschwester Zahra¯ al-Murdi a, sowie denjenigen Kindern, die Gott der ˙ Erhabene ihm noch schenken wird. Die zweite Hälfte der oben genannten Er-

125

Die Stiftung des Yahya¯ b. as-Sayfı¯ Tu¯g˙a¯n ˙ ˙

˘

träge gehe an diejenigen, die jetzt genannt werden: Der halbe Anteil – also (26) ein Viertel der (insgesamt) genannten Einkünfte – gehe an die Mutter des oben erwähnten Stifters, die züchtige Dame Fa¯tima bt. Tag˙rı¯birdı¯; an deren Mutter, die ˇ igˇak (C ˇ icˇek) bt. Abdalla¯h […]˙(27) […] die Prinzessin Kuzal (Güzel); züchtige G sowie an die züchtige Sˇ¯ırı¯n bt. Abdalla¯h, die (erste) Frau des genannten Stifters und Mutter (der beiden gemeinsamen Kinder) zu gleichen Teilen. Ein Viertel der zweiten Hälfte, also ein Achtel der oben genannten Gesamterträge (28) kommt der zweiten Frau des Stifters zu, (nämlich) der züchtigen Halı¯ma bt. al-Ha¯gˇgˇ ˙ ˙ Muhammad, welcher bekannt war als Bat¯ın. Der Rest, also ein Achtel der er˙ ˙ wähnten Stiftungserträge, (29) geht an asˇ-Sˇahı¯ra, die Mutter der oben erwähnten Zahra¯. All dies (wird berechnet) in neuen fulu¯s oder was dem an (entsprechendem) Geld gleichkommt in Höhe von 2000 Dirham. Die Hälfte davon sind 1000 (Dirham). ˘

Nun wendet sich der Stifter der Frage zu, wer Nutznießer der Stiftungseinkünfte nach seinem eigenen Tod sein soll: seinen Kindern und anderen Verwandten, die namentlich genau genannt werden, um möglichen Verwechslungen zuvorzukommen. Die genaue Verteilung sieht folgendermaßen aus:

100 % Die erste Hälfte verteilt sich zu gleichen Teilen auf

˘

Die zweite Hälfte wird wie folgt verteilt: 25 % des Gesamtbetrages gehen an 1. Yahya¯s Mutter Fa¯tima bt. Tag˙rı¯birdı¯ (5 %) ˙ ˙ 2. Yaa¯ya¯s Großmutter Cˇicˇek bt. Abdalla¯h (5 %) 3. Güzel (5 %) 4. Yahya¯s erste Frau Sˇ¯ırı¯n bt. Abdalla¯h (5 %) ˙ 5. […] (5 %) ˘

˘

12,5 % des Gesamtbetrages gehen an: – Yahya¯s zweite Frau Halı¯ma bt. al-Ha¯gˇgˇ Muhammad ˙ ˙ ˙ ˙ – 12,5 % des Gesamtbetrages gehen an: – asˇ-Sˇahı¯ra, die Mutter von Zahra¯ al-Murdi a ˙

Zahra¯ al-Murdi a ˙ ¯ra) (Tochter von Sˇahı 16,66 % ˘

Fadl al-Murdi a ˙ (Tochter von Sˇ˙ ¯ırı¯n) 16,66 % ˘

˘

Muhammad as-Siba¯ ¯ı ˙ (Sohn von Sˇ¯ırı¯n) 16,66 %

126

Anmerkungen zu einer mamlukischen waqf-Urkunde

Im Jahr 759/1357 – 58 ließ der Sultan an-Na¯sir Hasan (reg. 748 – 752/1347 – 1351 und ˙ ˙ 755 – 762/1354 – 1361), wohl auf Initiative des Amı¯rs Sargitmisˇ, eine neue Kupfermünze ˙ prägen. Dieses von Zeitgenossen fals gˇadı¯d, Pl. fulu¯s gˇudud genannte Zahlungsmittel unterschied sich nicht nur äußerlich, sondern auch nach seinem Standardmaß von allen Vorgängermünzen, da es nämlich nach dem mitqa¯l bemessen worden war.107 War ¯ diese neue Währung auch bis weit ins 9./15. Jahrhundert in Gebrauch108, so ist aus heutiger Sicht eine Rekonstruktion des absoluten Werts dieser Geldeinheit problematisch aufgrund häufiger Unregelmäßigkeiten der erhaltenen Prägungen sowie wegen wiederholter Wertschwankungen im Verlauf der Zeit.109 Bezahlt wurde letzten Endes aber in dara¯him, wobei der häufig verwendete Begriff dirham mina l-fulu¯s wohl am besten zu übersetzen ist mit „Kupfermünzen im Werte eines Silber-Dirhams“.

Davon sind zugeteilt […] (30) […] …; weiterhin für das Mausoleum, (31) welches bekannt ist als das Grabmal des verstorbenen Yalbug˙a¯ al-Yahya¯wı¯110, 200 ˙ Scheffel. Die Hälfte davon sind 100 Scheffel. Des weiteren sind zugeteilt als Gehalt (gˇa¯makiyya)111 für einen Koranleser, der jeden Tag zwei Abschnitte aus dem erhabenen Koran (32) im Hause der Nachkommen des oben genannten Stifters lese, außer am Freitag, wenn nämlich seine Rezitation im Grabmal des erwähnten Stifters stattzufinden hat, für jeden Mondmonat 100 Dirham – die Hälfte davon sind 50 Dirham – in neuen fulu¯s (33) oder was dem an (entsprechendem) Geld gleichkommt. Als Gehalt für den Pfleger des Grabmals, in dem der erwähnte Stifter begraben werden soll, sind für jeden Mondmonat 60 Dirham – die Hälfte davon sind 30 – (34) in neuen fulu¯s oder was dem an (entsprechendem) Geld gleichkommt, zugeteilt. Den Rest der oben genannten Erträge stiftete er für Weizenbrot, Almosen und anderes mehr, worüber der Aufseher (na¯zir) über die hier beschriebene Stiftung verfügen (35) und seine Mühe walten ˙ lassen soll.

˘

107 Siehe Qalqasˇandı¯, Subh [wie Anm. 20], Bd. 3, S. 239 und Maqrı¯zı¯, Taqı¯ ad-Dı¯n al-, Ig˙a¯tat al˙ Beirut 1980, S. 71 – 72. Zur Gewichtseinheit des mitqa¯l und ¯seiner umma bi-kasˇf al-g˙˙umma. ¯ Bedeutung als fiskalischer Größe siehe Hinz, Masse und Gewichte [wie Anm. 73], S. 1 – 8. 108 Vgl. Schultz, W. C., Mahm˜d ibn Al„ and the ,New Ful˜s‘, in: The American Journal of Numismatics (2nd ser.) 10 (1998), S. 127 – 148. Zu der Entwicklung vor 759/1357 – 58 siehe ders., Mamluk Egyptian Copper Coinage before 759/1357 – 1358: A Preliminary Inquiry, in: Mamlu¯k Studies Review 5 (2001), S. 25 – 43. 109 Siehe dazu Popper, Egypt and Syria [wie Anm. 91], Bd. 2, S. 67 – 73; Meloy, J. L., Copper Money in Late Mamluk Cairo: Chaos or Control?, in: Journal of the Economic and Social History of the Orient 44 (2001), S. 293 – 321. Den Stand der Forschung referiert Schultz, W. C., Mamluk Monetary History : A Review Essay, in: Mamlu¯k Studies Review 3 (1999), S. 183 – 205. 110 Yalbug˙a¯ al-Yahya¯wı¯ (st. 748/1347), Gouverneur von Damaskus. Sein Kairoer Mausoleum ist bei Meinecke,˙ M., Die Mamlukische Architektur in Ägypten und Syrien (648/1250 bis 923/ 1517). 2 Bde. Glückstadt 1982 nicht aufgeführt. 111 Vgl. Haarmann, U., Quellenstudien zur frühen Mamlukenzeit. Freiburg 1969, S. 216, Anm. 1.

127

Die Stiftung des Yahya¯ b. as-Sayfı¯ Tu¯g˙a¯n ˙ ˙

Nachdem bislang nur die materielle Absicherung der Stifterfamilie durch einen waqf ahlı¯ geregelt worden war, wird nun auch eine im engeren Sinn karitative Leistung verfügt – wohl um der Stiftung überhaupt eine Legitimation zu verschaffen. Lassen sich die familiären Versorgungsleistungen eher als ein waqf ahlı¯ bezeichnen, so handelt es sich bei den karitativen Leistungen zweifellos um einen waqf hayrı¯. Eine Kombination ˘ beider Formen zu einem einzigen waqf musˇtarak, wie hier geschehen, war durchaus rechtmäßig. Es ist jedoch unverkennbar, dass die karitativen Leistungen wesentlich geringer ausfallen als die familiären. Daher kann man mutmaßen, dass die eigentliche Intention des Stifters die eigene Versorgung war, die er lediglich hinter einer karitativen Fassade verbarg.112

˘

Ein Koranleser (qa¯ri’ al-qur’a¯n) hatte die Technik der kunstvollen Rezitation (tagˇwı¯d) zu beherrschen. Hierfür existierte in einigen der Hochschulen sogar ein eigenes Unterrichtsfach.113 Eine für den historischen Hintergrund der Stiftung äußerst aufschlussreiche Passage findet sich in den Zeilen 34 – 35: Der Aufseher (na¯zir) über die Stiftung114 ist ˙ berechtigt, sämtliche aus dem Stiftungskapital (mawqu¯f) erwirtschafteten Überschüsse für sich zu behalten und nach eigenem Gutdünken zu verwenden. Der Vorschlag, dieses für Weizenbrot oder (andere) Armenspenden aufzuwenden, bleibt lediglich eine Empfehlung und ist für ihn nicht bindend. Da bei umsichtiger Bewirtschaftung der gestifteten landwirtschaftlichen Flächen ein höherer Ernteertrag erzielt werden konnte als im steuerlichen Richtwert ( ibra) im Voraus veranschlagt, warteten hier für einen geschickten Stifter/Stiftungsaufseher bedeutende Gewinnmöglichkeiten. Ein solcher Überschuss oder Diskont konnte sogleich ausgegeben werden, etwa zum Kauf politischer oder administrativer Ämter. Er konnte aber auch in zusätzliches Stiftungskapital investiert werden, wodurch sich der Diskont im Folgejahr erhöhte.115

˘

Verstirbt einer der oben erwähnten Bedachten, so falle sein Stiftungsanteil den Kindern (awla¯d) des oben genannten Stifters zu zuzüglich dessen, was er ihnen bereits zugeteilt hat. (36) Verstirbt eines der oben genannten Kinder, so falle sein Anteil den Übrigbleibenden zu, nach ihnen ihren Kindern, dann den Kindern ihrer Kinder, dann den Enkeln ihrer Kinder, (37) dann der weiblichen und männlichen Nachkommenschaft ( uqub) (…). Besteht die Nachkommenschaft

˘

112 Zu ähnlichen Beobachtungen siehe Amı¯n, Awqa¯f [wie Anm. 31], S. 72 – 78. 113 Ibra¯hı¯m, A., Nassa¯n gˇadı¯dan min wata¯’iq al-amı¯r Sag˙itmisˇ, in: Magˇallat kullı¯ya¯t al-a¯da¯b, ¯ ˙ ˙ 27 (1965, publ. 1969), ˇ a¯mi at al-Qa¯hira G S. 121 – 158˙ und 28 (1966, publ. 1971), S. 143 – 210, hier S. 168, Anm. 64. 114 Zum Amt des Stiftungsaufsehers siehe Amı¯n, Fihrist [wie Anm. 43], S. 428, Anm. 3; Siehe auch Ibra¯hı¯m, Nassa¯n gˇadı¯da¯n [wie Anm. 119], S. 156 – 157, Anm. 46; ders., Wat¯ıqat waqf ¯ Masru¯r [wie Anm.˙˙70], S. 164, Anm. 19 und ders., Wata¯’iq al-amı¯r ahu¯r kabı¯r Qara¯qugˇa¯ al¯ ˘ 1959), S. 188 – 251, ˇ a¯mi at al-Qa¯hira Hasanı¯, in: Magˇallat kullı¯ya¯t al-a¯da¯b, G 18 (1956, publ. ˙ S. 248, Anm. 89. hier 115 Zur wirtschaftlichen Eigendynamik religiöser Stiftungen siehe Petry, C. F., Protectors or Praetorians? The Last Mamluk Sultans and Egypt’s Waning as a Great Power, New York 1994 und ders., Waqf as an Instrument of Investment in the Mamluk Sultante: Security vs. Profit?, in: Toru, M./Philips, E. (Hg.), Slave Elites in the Middle East and Africa. A Comparative Study. London und New York 2000, S. 99 – 115. ˘

˘

128

Anmerkungen zu einer mamlukischen waqf-Urkunde

nur aus einer Person, so übernehme diese (den Anteil). Sind es zwei, so sollen sie ihn unter sich aufteilen, und so weiter. Verstirbt indessen einer (38) von ihnen und lässt ein Kind oder Kindeskind oder einen noch entfernteren Nachkommen (in direkter Linie) zurück, so falle jenem dessen Anteil zu. Findet sich kein Kind, Kindeskind oder entfernterer Nachkomme (in direkter Linie), so falle sein Anteil an denjenigen, der ihm (im Stammbaum) gleichkommt an Rang und (39) Familiengrad. Versterben sie jedoch allesamt mit ihren Familien und hat der Tod den letzten von ihnen genommen, so dass von ihnen keiner übrigbleibt; oder aber verstirbt der oben genannte Stifter ohne Kinder, Kindeskinder oder (40) noch entferntere Nachkommen (in direkter Linie): Dann falle der Anteil zu gleichen Teilen den Kindern der oben erwähnten Bedachten zu, danach deren Kindern, Kindeskindern und der weiteren Nachkommenschaft, genauso wie es (41) bezüglich der Kinder des oben genannten Stifters beschrieben worden ist. Nun wendet der Stifter sich wieder der Versorgung seiner Familie zu und legt die übrigen Anspruchsberechtigten fest: Nach dem Tod der unmittelbar namentlich genannten Verwandten (s. o. Zeilen 24 – 29) sind es die weiteren Nachkommen.

˘

˘

Der Terminus awla¯d (Sg. walad) bezeichnet – zumindest in der ma¯likitischen Rechtslehre – die Söhne und Töchter eines Stifters sowie von seinen Söhnen wiederum die Kinder, unter Ausschluss der Frauen. Mit dem Begriff uqub (Sg. aqı¯b) sind die Nachkommen einer Person gemeint, mit denen diese nicht durch eine weibliche Linie verbunden war. In solchen Stiftungsurkunden, die nach hanafitischem Recht abgefasst ˙ waren, lautete der entsprechende Passus awla¯d az-zuhu¯r du¯n awla¯d al-butu¯n.116 ˙ ˙ ˙ Das hanafitische Waqfrecht, das auch für die vorliegende Stiftung Geltung hatte, sah ˙ folgende Erbfolgeregelung vor: Wenn der Stifter in der Stiftungsurkunde lediglich verfügte, dass das Stiftungseinkommen seinen Kindern zu Gute kommen sollte, so kam die Versorgungskette mit deren Tod zu einem Ende. Die Enkel des Stifters waren somit keine Bedachten mehr, die Einkünfte der Stiftung kamen nun vielmehr den Armen und Bedürftigen zugute. Diese auf den ursprünglichen karitativen Gedanken von Stiftungen zurückgehende Regel konnte nur umgangen werden, wenn der Stifter nicht versäumte, in seiner Urkunde neben den Kindern auch die Kindeskinder bzw. Enkel zu nennen. Sollte hingegen die gesamte Nachkommenschaft bis zu ihrem Aussterben miteinbezogen werden, was in der Praxis auf unbegrenzte familiäre Nutznießung hinauslief, musste der Stifter in der Urkunde ausdrücklich drei Generationen nennen („Kinder, Kindeskinder und deren Nachkommen“). Dabei standen, wenn vom Stifter nicht anders bestimmt, den männlichen und weiblichen Nachkommen gleiche Anteile zu.117

Haben nun die genannten Bedachten keine Kinder, Kindeskinder oder entferntere Nachkommen (in direkter Linie), so soll das ihnen Zugeteilte stattdessen den männlichen Freigelassenen (42) des oben genannten Stifters in gleichen Teilen ˘

116 Siehe zu a¯qib, nasl und durrı¯ya Yakan, Z., Ahka¯m al-waqf. Beirut o. J., S. 266 – 267. ¯ 117 Krcsm‚rik, Wak. frecht [wie Anm. 32], S. 555.˙

Die Stiftung des Yahya¯ b. as-Sayfı¯ Tu¯g˙a¯n ˙ ˙

129

zugutekommen, und zwar zuzüglich dessen, was ihnen weiter oben zugeteilt worden ist; danach ihren Kindern, Kindeskindern oder entfernteren Nachkommen (in direkter Linie). Versterben sie jedoch zusammen mit ihren Familien (43) und hat der Tod den letzten von ihnen genommen, so dass keiner von ihnen übrigbleibt, so falle ihr Anteil der züchtigen Hadı¯gˇa bt. Ibra¯hı¯m zu, einer Be˘ wohnerin der Ortschaft Sˇinra¯qa¯ in (der Provinz) al-G˙arbiyya. (Jene Ortschaft Sˇinra¯qa¯) ist bekannt durch das Grabmal der Mutter des Oben (44) genannten Stifters. Weiterhin falle er den Freigelassenen der Mutter des genannten Stifters sowie den Freigelassenen seiner oben genannten Großmutter zu; weiterhin den Freigelassenen seiner oben genannten beiden Ehefrauen zu gleichen Teilen, ganz gleich, ob diese männlich oder weiblich sind; (45) weiterhin deren Kindern, Kindeskindern und schließlich allen übrigen Nachkommen (in direkter Linie). Alle Eventualitäten werden bedacht. So auch der eher unwahrscheinliche Fall, dass die gesamte weitere Nachkommenschaft ausstirbt: Dann sollen die Leistungen stattdessen an die ehemaligen Sklaven des Stifters und deren Nachkommen ausgezahlt werden. So blieb das Vermögen in jedem Fall im Besitz der weiteren Familie.

Versterben sie jedoch zusammen mit ihren Familien und hat der Tod den letzten von ihnen genommen, so dass auf der Erde von ihnen allen niemand bleibt, (46) so komme diese Stiftung den beiden Heiligen Stätten in Mekka und Medina – Das vorzüglichste Gebet und der beste Friede über ihren Einwohner (Muhammad)! – ˙ in gleichen Teilen zugute. Ist es unmöglich, ihre Erträge einer der beiden Stätten zuzuteilen, so sollen sie (47) der jeweils anderen Stätte zufallen. Ist es unmöglich, ihre Erträge irgendeiner der (beiden) Seiten zuzuteilen, sie den Armen und Bedürftigen zugutekommen, wo immer es solche gibt. So soll es geschehen! Es habe Bestand im Vorhandenen wie im Nichtvorhandenen, im Unmöglichen wie im Möglichen, bis (48) zu dem Tage, an dem Gott – Seine Erhabenheit möge groß sein! – „die Erde erbt und alle, die auf ihr sind!“118 „Er ist doch der beste Erbe!“119 Im noch weniger wahrscheinlichen Fall, dass auch die Nachkommen der ehemaligen Sklaven aussterben, ist wiederum eine karitative Leistung vorgesehen: Dann sollen die Stiftungseinkünfte den heiligen Stätten von Mekka und Medina und den sich dort aufhaltenden Bedürftigen zugutekommen. Hiermit schließt sich der Kreis: Die letztendliche, wenn auch eher unwahrscheinliche Bestimmung der Stiftung ist eine rein karitative. Für eine Anerkennung von Familienstiftungen vor Gericht war dieser Umstand wesentlich, denn bereits zeitgenössische Stimmen erkannten in solchen nur scheinbar karitativen Einrichtungen eine besonders schamlose Art der Bereicherung.120

118 Koran 19:40. Vgl. Z. 21 – 22. 119 Koran 21:89. Vgl. Z. 21 – 22. 120 So etwa Taqı¯ ad-Dı¯n al-Maqrı¯zı¯ oder Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯ (st. 888/1483); beide zitiert in ˙ Anm. 89. Haarmann, Joseph’s Law [wie Anm. 1], S. 72,

130

Anmerkungen zu einer mamlukischen waqf-Urkunde

˘

Der oben genannte Stifter behält sich vor, dass die Aufsicht (nazar) über diese ˙ seine Stiftung und ihre Verwaltung (wila¯ya) bei ihm bleibt (49) auf Lebenszeit. Das schließt ein, dass er sie selbst beaufsichtigt oder aber jemanden damit betrauen kann. […] Er behält sich (weiterhin) vor, die erwähnte Stiftung und ihre Nutzungserträge zu vermachen, wem er möchte. Verstirbt er (50) ohne [direkte Nachkommen, dann sollen sie seiner Exzellenz …] al-Malikı¯ az-Za¯hirı¯ ˙ ˙ und seiner Exzellenz (51) Sayf ad-Dı¯n Kumusˇbug˙a¯ b. Abdalla¯h at-Timra¯zı¯ alMalikı¯ az-Za¯hirı¯ in gleichen Teilen zugutekommen. Verstirbt einer von beiden, ˙ ˙ dann soll der andere (sein Amt) übernehmen. Nach diesen beiden sollen die ˇ ulba¯nı¯ (52) und ˇ a¯nibak b. Abdalla¯h al-G Ämter seiner Exzellenz Sayf ad-Dı¯n G seiner Exzellenz Sayf ad-Dı¯n Burdbak b. Abdalla¯h Sˇams ad-Dı¯n as-Sila¯hda¯r az˙ ˙ Za¯hirı¯ wie oben beschrieben zu gleichen Teilen zufallen. Nach deren Tod sollen ˙ ˇ akam b. Abdalla¯h al-Ibra¯hı¯mı¯, dem Türhüter sie seiner Exzellenz Sayf ad-Dı¯n G (al-bawwa¯b), (53) und seiner Exzellenz Sayf ad-Dı¯n Sˇa¯dbak b. Abdalla¯h alˇ ama¯lı¯ az-Za¯hirı¯, dem herrscherlichen Stallmeister (amı¯¯r ahu¯r)121, gemäß der G ˙ ˙ ˘ oben beschriebenen Bestimmung zufallen. Der oben genannte Stifter setzt für diejenigen der oben genannten Aufseher nach seinem Tod fest, (54) dass sie die (Aufsicht über die) erwähnte Stiftung übertragen, vermachen und anvertrauen können, wem sie wollen. Sterben sie aber ohne Vermächtnis (was¯ıya), Übergabe ˙ (isna¯d) oder Bevollmächtigung (tafwı¯d) oder aber ist ihnen dies zu ihren Leb˙ zeiten aufgrund schariatgemäßer Bestimmungen unmöglich, (55) so soll die Aufsicht über die oben genannte Stiftung dem jeweiligen obersten Eunuchen des Sultanspalastes (zima¯m al-a¯dur asˇ-sˇarı¯fa)122 in Ägypten zufallen. So soll es geschehen, im Vorhandenen wie im Nichtvorhandenen, bis zu dem Tage, an dem Gott – Seine Anrufung möge groß sein! – (56) „die Erde erbt und alle, die auf ihr sind!“123 „Er ist doch der beste Erbe!“124 ˘

˘

˘

˘

Nachdem der Stifter zuerst a) die Bedachten oder Nutznießer (mustahiqqu¯n) der ˙ Stiftung benannt hat (s. o., Zeilen 22 – 47), folgt nun eine zweite Kategorie von Stipulationen, die eine Vergabe der wichtigen Posten von Stiftungsaufsicht und Stiftungsverwaltung vorsehen (Zeilen 48 – 55). Am Ende der Kette steht der jeweilige oberste Eunuch des Sultanspalastes. Diese Maßnahme schloss die Gewähr ein, dass jener das Stiftungsvermögen nicht sträflicherweise direkten eigenen Nachkommen zukommen lassen konnte125.

121 122 123 124 125

Siehe zu diesem Amt Popper, Egypt and Syria [wie Anm. 91], S. 92. Siehe zu diesem Amt Popper, Egypt and Syria [wie Anm. 91], S. 93. Koran 19:40. Vgl. Z. 21 – 22 und Z. 48. Koran 21:89. Vgl. Z. 21 – 22 und Z. 48. Zu der durchaus mächtigen Gruppe der Eunuchen im Mamlukenreich siehe Ayalon, D., The Eunuchs in the Mamluk Sultanate, in: Rosen-Ayalon, M. (Hg.), Studies in Memory of Gaston Wiet. Jerusalem 1977, S. 267 – 295 und Marmon, Sh., Eunuchs and Sacred Boundaries in Islamic Society. New York und Oxford 1995. Zu den Stiftungen eines der einflussreichsten

Die Stiftung des Yahya¯ b. as-Sayfı¯ Tu¯g˙a¯n ˙ ˙

131

Zu der Frage, ob es statthaft war, wenn ein Stifter sich selbst als Aufseher und Verwalter seiner eigenen Stiftung einsetzte, gab es zwischen den vier Rechtsschulen und auch innerhalb dieser unterschiedliche Meinungen.126 In der Praxis aber – so ist es durch die Urkunden selbst belegt – gab es kaum einen Fall, in dem ein Stifter nicht selbst auch gleichzeitig der Stiftungsaufseher blieb oder zumindest eine Person seines engen Vertrauens dazu berief. Hintergrund war die Machtfülle, die mit dem Aufsichtsposten verbunden war, denn dieser konnte die Verwendung der – wie es scheint – erheblichen undeklarierten Stiftungsüberschüsse selbständig bestimmen. Diese Machtfülle des Stiftungsaufsehers in Verbindung mit einer mangelnden institutionellen Trennung vom Stifter selbst gab so auch Anlass zu erbitterter Kritik bereits unter zeitgenössischen Beobachtern.

Der oben genannte Stifter behält sich ebenfalls vor, dass er bezüglich dieser Stiftung beschließen kann, den Anteil (eines jeden Bedachten) zu erhöhen oder herabzusetzen, (57) das gestiftete Vermögen zurückzunehmen und durch anderes zu ersetzen sowie die Zahl der Bedachten nach Belieben auszuweiten oder einzuschränken. Den Anteil eines Bedachten kann er zeit seines Lebens mehrmals erhöhen oder herabsetzen, außerdem bestimmten Bedachten Nutznießungsrechte zuweisen oder absprechen. Schließlich folgen als dritte Kategorie von Stipulationen die Bestimmungen über die Erhöhung und Verminderung der Stiftungserträge (sˇart. ziya¯da wa-tanqı¯s. ).127

(58) Wenn Gott ihn zu sich nimmt, soll alles so bleiben wie zu diesem Zeitpunkt (festgelegt). Niemand darf nach ihm etwas (an der Stiftung) abändern. Sie soll so bleiben bis zu dem Tage, an dem Gott „die Erde erbt und alle, die auf ihr sind!“128 „Er ist doch der beste Erbe!“129 (59) So ist diese Stiftung vollständig, rechtsgültig und auf Dauer beständig. Ihr Gerichtsurteil ist rechtskräftig und bestätigt. Sie ist (damit ordnungsgemäß) zu einer muslimischen Stiftung geworden und durch die Macht Gottes unverletzlich. Es folgen sogenannte Garantieklauseln zur Absicherung des neuen Rechtszustands, d. h. der Überführung des vormaligen Privateigentums (milk) in Stiftungsbesitz (waqf) vorbehaltlich der genannten Stipulationen (sˇuru¯t).130 ˙

127

128 129 130

˘

126

Eunuchen jener Zeit, Jawhar al-La¯la¯ (gest. 842/1438), siehe die genannten Arbeiten von Garcin und Taher [wie in Anm. 5]. Siehe dazu at-Tara¯bulusı¯, al-Is a¯f [wie Anm. 30], S. 53 – 66; Ibra¯hı¯m, Wat¯ıqat waqf Masru¯r ¯ ˙ ˙ S. 166 und 168 und Qalqasˇandı¯, Subh [wie Anm. 20], Bd. [wie Anm. 70], 5, S. 475. ˙ ¯˙s gebundenen zehn Vorbehalten: Hila¯l Siehe zu den an einen Gebrauch von ziya¯da wa-tanqı ar-Ra’y b. Yahya¯, Ahka¯m al-waqf [wie Anm. 34], S.˙ 69 – 70; Yakan, Ahka¯m al-waqf [wie Anm. 121], S.˙ 208 – ˙217; Krcsm‚rik, Wak. frecht [wie Anm. 32], S. 569. ˙Zum Gebrauch im heutigen Waqfrecht siehe Bartels, H., Das Waqfrecht und seine Entwicklung in der libanesischen Republik. Berlin 1967, S. 33. Koran 19:40. Vgl. Z. 21 – 22, 48, 56. Koran 21:89. Vgl. Z. 21 – 22, 48, 56. Vgl. Gronke, Privaturkunden [wie Anm. 21], S. 44 – 47; dies., Diplomatik [wie Anm. 23], S. 72.

132

Anmerkungen zu einer mamlukischen waqf-Urkunde

Bezüglich ihrer Unantastbarkeit gilt, (60) dass es niemandem erlaubt ist, der an Gott und den Jüngsten Tag glaubt und weiß, dass er vor seinen Hohen Herrn treten wird, sei er nun Befehlsgeber oder Befehlsempfänger, sie zurückzunehmen (und durch eine andere zu ersetzen), für sie einen Geldwertersatz zu leisten oder danach zu trachten, (61) sie aufzulösen. Wer solches tut, dessen Tun bestraft Gott und den zieht er zur Rechenschaft am Tag des Rückrufs (aller Gläubigen), dem Tag, an dem Gott als Richter vor die Diener tritt. „Am Tag des Gerichts, da jeder vor dem Richter vorgebracht finden wird, (62) was er im Erdenleben an Gutem getan hat oder an Bösem! Er möchte dann gern, dass der Tag des Gerichts noch in weiter Ferne vor ihm läge. Gott warnt euch vor sich selber. Gott hat aber auch Mitleid mit den Menschen.“131 Wer aber zu ihrer (63) Bestätigung und Bekräftigung in den Händen ihrer Berechtigten beigetragen hat, dem mache Gott seine Ruhestätte kühl und gebe ihm seine Rechtfertigung ein132 ! Er mache ihn erfolgreich, sicher und getrost, ohne Furcht und Sorge! (64) „Wenn dann jemand es abändert, nachdem er es gehört hat, trifft die Schuld daran ausschließlich diejenigen, die es abändern. Gott hört und weiß alles.“133 Hier handelt es sich um eine Sanctio, die zur Anerkennung des neuen Rechtszustands aufruft und bei Zuwiderhandlung mit Strafe droht. So erfolgte gewissermaßen die „Androhung einer Strafe für die Verletzung dieser Willenserklärung, in vielen Urkunden verbunden mit einer Verheißung von Belohnungen“134.

Der oben genannte Stifter hat von dieser seiner Stiftung die Hand seines Eigentumrechts (yad milkihı¯) zurückgezogen (65) und (anstelle dessen) die Hand seiner Verwaltung und Aufsicht (yad wila¯yatihı¯ wa-nazarihı¯) aufgelegt. ˙ Die neuen Eigentumsverhältnisse der Stiftungsgüter, ihr Übergehen vom Rechtszustand des Privatvermögens (milk) in den eines Stiftungsvermögens (waqf) wird durch eine eigene Formel noch einmal abschließend betont.

Er benannte Zeugen für sich selbst zur Bestätigung dieser Sache und für die Bevollmächtigung zu seiner Beglaubigung, wobei für die Einholung des diesbezüglichen Gerichtsurteils und für die Frage nach der Bezeugung ein jeder Muslim schariatgemäßer Bevollmächtigter (66) sei. Nun folgt als letzter Teil der Urkunde auf den Zeilen 65 – 70c das Eschatokoll oder Schlussprotokoll (ha¯tima).135 Es beginnt mit dem Aufruf des Stifters an mindestens ˘ 131 132 133 134 135

Koran 3:30. D.h. dem Toten eingeben, was er den beiden Totenengeln zu sagen hat. Koran 2:181. Vgl. Hein, Beiträge [wie Anm. 51], S. 63 – 67; Hoffmann, Waqf [wie Anm. 52], S. 34. Siehe zum Eschatokoll Gronke, Privaturkunden [wie Anm. 21], S. 54 – 60; dies., Diplomatik [wie Anm. 23], S. 73 – 76; Hein, Beiträge [wie Anm. 51], S. 73; Hoffmann, Waqf [wie Anm. 52], S. 34; Busse, H., Art. „Diplomatic. iii. – Persia“, The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Bd. 2. Leiden und London 1965, S. 310.

133

Die Stiftung des Yahya¯ b. as-Sayfı¯ Tu¯g˙a¯n ˙ ˙

zwei Zeugen, die Rechtmäßigkeit und Erforderlichkeit der Stiftung mündlich vor dem anwesenden Richter zu bezeugen und am Ende der Urkunde mit der eigenen Unterschrift zu bürgen (Zeilen 67a – 70a und 67c – 70c).

(Abgefasst) am 28. Sˇawwa¯l 870 [13. Juni 1466]. Das genaue Datum des Rechtsgeschäfts und der gleichzeitig mit ihm stattfindenden Urkundenabfassung war unverzichtbarer Bestandteil im Eschatokoll einer jeden Urkunde. In den meisten Fällen wurde zum Datum auch noch der genaue Wochentag ausdrücklich erwähnt. Nach Qalqasˇandı¯ bekam ein Urkundentext (matn) erst mit der Nennung des genauen Datums seiner Niederschrift Gültigkeit als Rechtsdokument, da man die in ihm enthaltenen Angaben nun historisch überprüfen konnte.136

(Korrekturvermerk) Die Streichung oder Löschung eines Passus innerhalb der Urkunde, seine nachträgliche Korrektur oder Hinzufügung konnte durch einen Korrekturvermerk kenntlich gemacht werden. Dieser erfolgte immer im Schlussprotokoll, unmittelbar vor der hasbala ˙ (s. u.).137 „Wir lassen uns an Gott genügen. Welch trefflicher Sachwalter!“ Diese sogenannte hasbala bildet die religiöse Schlussformel der Stiftungsurkunde, ˙ vergleichbar mit der Apprecatio der europäischen Urkundenlehre.138 Sie ist vom Schreiber geringfügig vom vorhergehenden Text abgehoben, jedoch im Schriftbild gleich und auf derselben Zeile geschrieben. Auf die hasbala folgten nun die Passagen ˙ der Zeugenaussagen (sˇaha¯da).

˘

˘

(67a) Es bezeugte für den oben genannten Stifter (68a) für alles ihm oben Zugeschriebene zum oben festgesetzten (69a) Datum und unterzeichnete: (70a) Abdalha¯dı¯ b. Alı¯ as-Su¯fı¯. Gott vergebe ihm! – (67c) Es bezeugte für den oben ˙ ˙ genannten Stifter (68c) für alles ihm oben Zugeschriebene zum oben festgesetzten (69c) Datum und unterzeichnete: (70c) Alı¯ b. Ahmad al-Fayyu¯mı¯(?). ˙ ˘

Hier handelt es sich um die Zeugenvermerke (sˇaha¯da), die nebeneinander in zwei vertikalen Spalten geschrieben waren. Durch sie legten in Gegenwart des vorsitzenden

˘

136 Vgl. Qalqasˇandı¯, Subh [wie Anm. 20], Bd. 6, S. 235, 252, 261 – 262; Ibra¯hı¯m, Tawt¯ıqa¯t [wie ¯ ˙ Anm. 50; Amı¯n, Fihrist [wie Anm. 43], S. 343, Anm. 6. Siehe Anm. 45], S. 382 ˙– 383, auch Gronke, Privaturkunden [wie Anm. 21], S. 54 – 55; dies., Diplomatik [wie Anm. 23], S. 73; Hein, Beiträge [wie Anm. 51], S. 76 – 77. 137 Ibra¯hı¯m, Wat¯ıqat al-amı¯r a¯hu¯r kabı¯r Qara¯qugˇa¯ al-Hasanı¯ [wie Anm. 119], S. 196, Anm. 2 ¯ ˙ Anm. 70], S. 169, Anm. 36. und S. 251, Anm. 94; ders.,˘Wat¯ıqat waqf Masru¯r [wie ¯ ˇ 138 Koran 3:373. Siehe zur hasbala al-Asyu¯t¯ı, Gawa¯hir [wie Anm. 29], Bd. 1, S. 25; Qalqasˇandı¯, ˙ 6, S. 269 – 270;Ibra ˙ Subh [wie Anm. 20], Bd. ¯ hı¯m, Tawt¯ıqa¯t [wie Anm. 45], S. 398 – 399; ˙ders., ˙ Wat¯ıqat bay [wie Anm. 72], S. 192 und Vesely´¯, Hauptprobleme [wie Anm. 23], ¯ S. 331 – 332. Siehe auch Ernst, Sultansurkunden [wie Anm. 15], S. XXXVI; Grohmann, Einführung und Chrestomathie [wie Anm. 13], S. 117 und Gronke, Diplomatik [wie Anm. 21], S. 76.

134

Anmerkungen zu einer mamlukischen waqf-Urkunde

˘

˘

Richters wenigstens zwei139 Zeugen ihr Zeugnis darüber ab, dass sie die korrekte Abfassung der Urkunde, d. h. die wahrheitsgemäße und hinreichende Übertragung des realen Sachverhalts in eine textliche Fassung, mitangesehen und verfolgt hatten (ihba¯r). Da nach islamischer Rechtstheorie dem Schriftdokument nicht die gleiche ˘ Beweiskraft wie ein mündliches Zeugnis zukam, sicherte man Urkunden durch solche in Schriftform gefasste „mündliche“ Zeugenpassagen ab.140 Der erste der unterzeichnenden Zeugen, Abdalha¯dı¯ b. Alı¯ as-Su¯fı¯ (Z. 67a – 70a) war dabei auch der Schreiber ˙ ˙ der Stiftungsurkunde.141

(68b) Beide bezeugten dies vor mir, (69b) und (…) der Stifter(?). Gott der Erhabene stärke sie alle! ˘

Hier handelt es sich um einen breiter geschriebenen eigenhändigen Eintrag (i la¯m) des vorsitzenden Richters Ala¯’ ad-Dı¯n as-Sammu¯nı¯ al-Kawmı¯.142 Mit ihm bestätigte dieser seinerseits die Korrektheit der beiden Zeugenaussagen und hatte nun die notwendige Grundlage für sein eigenes Gerichtsurteil, mit dem er der Stiftung Rechtskraft verlieh (Verso auf dieser Urkunde).143 ˘

(71) Lob sei Gott für alle Dinge!144 Eine hamdala kündigt einen neuen Abschnitt der Stiftungsurkunde an: die Klärung ˙ der Besitzverhältnisse (s. u., Zeilen 72 – 78).

(72) Es bezeugt, wer seine Handschrift an den Schluss (dieses Abschnitts) setzt oder für den mit seiner Einwilligung eine Unterschrift geleistet wurde, seine Kenntnis der Exzellenz Sˇaraf ad-Dı¯n Yahya¯, des oben genannten Stifters, und ˙ (darüber hinaus) seine schariatgemäße Kenntnis der oben zugunsten der Stiftung gestifteten Anteile. (73) Des Weiteren bezeugen sie, dass seine Exzellenz Sˇaraf ad-Dı¯n Yahya¯, der oben genannte Stifter, keinerlei Besitz- und Eigen˙ tumsrechte mehr an sämtlichen gestifteten Anteilen hat, bis diese oben beschriebene Stiftung (74) eingerichtet ist. ˘

Dieser Abschnitt (Zeilen 71 – 76c) dient der Klärung der Besitzverhältnisse (sˇaha¯dat alma rifa wal-gˇaraya¯n). Er bildet wie auch der auf ihn folgende Widerrufsverzicht (s. u.) einen Anhang zur Stiftungsurkunde und wird direkt unterhalb von ihr oder, wie in ˘

139 Vgl. Amı¯n, M. M., ‘Asˇ-Sˇa¯hid al- adl‘ fı¯l-qada¯’ al-isla¯mı¯, in: Annales Islamologiques 18 ˙ ührung und Chrestomathie [wie Anm. 13], (1982), S. 1 – 20. Siehe auch Grohmann, Einf S. 119 und Gronke, Diplomatik [wie Anm. 23], S. 74. 140 Vgl. Gronke, Diplomatik [wie Anm. 23], S. 73 – 75 und Khan, Documents [wie Anm. 53], S. 29. 141 Vgl. hierzu Vesely´, Hauptprobleme [wie Anm. 23], S. 330. 142 Ala¯’ ad-Dı¯n Abu¯ al-Hasan Alı¯ b. Baha¯’ ad-Dı¯n Abu¯ al- Abba¯s Ahmad as-Sammu¯nı¯ al˙ aus seinem Gerichtsentscheid vom 16. Du˙ al-Qa da 870/30. Juni Kawmı¯. So entnehmbar ¯ ¯ 1466 auf der Rückseite dieser Urkunde. Eine Biographie dieses Richters findet sich bei Saha¯wı¯, Daw’ [wie Anm. 87], Bd. 5, S. 176 (Nr. 607). ˙ ˘ ´, Hauptprobleme 143 Vesely [wie Anm. 23], S. 333 – 334. 144 Siehe Qalqasˇandı¯, Subh [wie Anm. 20], Bd. 6, S. 224 – 226 und Bd. 14, S. 342 – 349. ˙ ˙ ˘

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135

Die Stiftung des Yahya¯ b. as-Sayfı¯ Tu¯g˙a¯n ˙ ˙

diesem Fall, senkrecht auf den rechten Rand geschrieben. In ihm bezeugen zwei Zeugen mit ihrer Signatur die Gültigkeit der rechtlichen Voraussetzungen sowie – und das gibt dieser Passage ihren Namen – die in der Stiftungsurkunde ausdrückliche Änderung der Eigentumsverhältnisse, nämlich vom Privatbesitz des Stifters in den Besitz der Stiftung (Zeilen 64 – 65). Dies war eine wesentliche Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Stiftung und beugte möglichen späteren Anfechtungen von Seiten des Stifters vor.145 Das islamische Recht ist sich uneinig, ab welchem Zeitpunkt genau das Besitzrecht des Stifters erlischt und das zu stiftende Gut (al-mawqu¯f) in den Besitz der Stiftung geht. Nach Abu¯ Hanı¯fa blieb das Stiftungsgut auch nach der Willenserklärung des ˙ Stifters, eine Stiftung einzurichten (s. o., Zeilen 5 und 20), so lange noch in seinem Besitz, bis der Richter sein Urteil (hukm) über die Stiftung sprach, was in der Regel ˙ einige Tage bis Wochen später geschah. ˘

Seine Schüler Muhammad asˇ-Sˇayba¯nı¯ (gest. 187/803 oder 189/805) und Abu¯ Yu¯suf ˙ Ya qu¯b146 hingegen lehrten eine strengere Auslegung, nach der das Stiftungsgut bereits mit der Willenserklärung des Stifters in den Besitz der Stiftung überging.147 Da im 9./15. Jahrhundert beide Rechtsmeinungen Geltung hatten, war eine eingerichtete Stiftung in den ersten Tagen bis zum Gerichtsurteil stets in Gefahr, widerrufen zu werden. Um dem vorzubeugen, wurden stets die beiden Abschnitte über die Klärung der Besitzverhältnisse und den Widerrufsverzicht sofort nach Ausstellung der Stiftungsurkunde an diese angefügt. Es handelte sich also um typische Vorsichtsmaßnahmen.

Seine Zeugen sind darüber belehrt. (Die unten unterzeichnenden Zeugen) bezeugen dies auf Anfrage. „Wir lassen uns an Gott genügen. Welch trefflicher Sachwalter!“ Es folgt wieder die hasbala (wie oben, Zeile 66). ˙

˘

(75a) Es bezeugt seinen Inhalt: (76a) Ahmad b. Ibra¯hı¯m b. Abdarrahma¯n. ˙ ˙ (77a) Dies schrieb für ihn mit seiner Einwilligung und in seiner Anwesenheit: (78a) […] (75c) Es bezeugt seinen Inhalt: (76c) … (75b) Beide haben dies vor mir bezeugt. Gott der Erhabene bewahre sie beide! ˘

Auch hier findet sich wieder ein eigenhändiger Eintrag (i la¯m) des vorsitzenden Richters Ala¯’ ad-Dı¯n as-Sammu¯nı¯ al-Kawmı¯148, mit dem er die Korrektheit des Abschnitts über die Besitzverhältnisse bestätigte. ˘

(79) Lob sei Gott für seine Wohltaten! (80) Seine Exzellenz der oben genannte Stifter Sˇaraf ad-Dı¯n Yahya¯ rief für sich Zeugen auf, die ein schariatgemäßes ˙ Zeugnis darüber ablegten, dass er keinerlei Anspruch auf Rücknahme oder 145 Vgl. Vesely´, Hauptprobleme [wie Anm. 23], S. 339. 146 Siehe zu Muhammad asˇ-Sˇayba¯nı¯ Chaumon, E., Art. „al-Shayba¯nı¯“, in: The Encyclopaedia of ˙ Islam. New Edition. Bd. 9. Leiden 1997, S. 392 – 394 und zu Abu¯ Yu¯suf weiter oben Anm. 35. 147 Vgl. Krcsm‚rik, Wak. frecht [wie Anm. 32], S. 532. 148 Siehe oben, Anm. 147.

136

Anmerkungen zu einer mamlukischen waqf-Urkunde

Anfechtung des Inhalts der oben beschriebenen (81) Urkunde habe, noch gegen die Zeugen oder das von ihnen Bezeugte oder auch nur einen Teil davon.

˘

Auf die Klärung der Besitzverhältnisse (s. o., Zeilen 72 – 78) folgt zur Absicherung des neuen Rechtszustandes des gestifteten Guts (al-mawqu¯f) ein zweiter eigener Abschnitt (Zeilen 79 – 84b), der ebenfalls senkrecht auf den rechten Rand geschrieben ist: Es handelt sich um den Widerrufsverzicht (sˇaha¯dat al-i da¯r). Nachdem der Stifter durch ¯ die oben bezeugte Überführung der Grundstücke aus seinem Besitz in Stiftungsbesitz die rechtliche Grundlage für eine nachträgliche Rücknahme verloren hat, verpflichtet er sich in einem zweiten Schritt aus freien Stücken, so etwas weiterhin zu unterlassen.149

˘

„Wir lassen uns an Gott genügen. Welch trefflicher Sachwalter!“ Sein Segen und sein Heil sei über unserem Herrn Muhammad, seiner Familie und seinen Ge˙ fährten! Amen! (82a) Dies bezeugte vor ihm: (83a) Abd … …, (84a) der dafür vor mir Zeugnis abgelegt hat. Gott der Erhabene stärke ihn! (82b) Dies bezeugte vor ihm: (83b) Muhammad b. Muhammad as-Su¯fı¯, (84b) der dafür vor mir Zeugnis ˙ ˙ ˙ ˙ abgelegt hat. Gott der Erhabene stärke ihn!

Änderung an den Stipulationen der Stiftung (1) Lob sei Gott allein! Nachdem Seine Exzellenz Sˇaraf ad-Dı¯n Yahya¯, der oben ˙ genannte Stifter, sich vorbehalten hat, im Rahmen dieser Stiftung den Anteil eines Bedachten nach Belieben zu erhöhen oder herabzusetzen, die dafür gestifteten Sachen nach Belieben zurückzunehmen und durch andere zu ersetzen oder die Anzahl der Bedachten nach Belieben auszuweiten oder einzuschränken, (2) tut er es, solange er am Leben ist. Er erweitert, wann immer er es für notwendig erachtet, die Anzahl der Bedachten oder schränkt sie ein. Er gewährt manchen der Bedachten bestimmte Nutznießungsrechte oder verweigert sie ihnen. Wenn Gott der Erhabene ihn zu sich nimmt, bleibt alles genau so, wie es oben dargelegt und beschrieben wurde.

˘

Als eine vollkommen eigenständige Urkunde hingegen erscheint die nachträglich ausgefertigte „Änderung an den Stipulationen der Stiftung“. Sie bekommt daher zur Kenntlichmachung einen eigenen Zeilenzähler und eine Überschrift. Diese Urkunde ist ebenfalls senkrecht auf den rechten Rand von Recto geschrieben. Dort wurde sie exakt drei Wochen nach Ausfertigung der Stiftungsurkunde hinzugefügt und bezieht sich direkt auf die Stiftung: Sie verfügt eine Änderung an den Stipulationen (ta dı¯l ˇsuru¯t al˙ waqf), die darin bestand, eine der Personen aus dem Kreis der Bedachten (mustahiqqu¯n) auszuschließen. ˙ 149 Vesely´, Hauptprobleme [wie Anm. 23], S. 339.

137

Änderung an den Stipulationen der Stiftung

˘

Es haben für ihn Zeugen das schariatgemäße Zeugnis ausgestellt, dass er die Mutter (zweier) seiner Kinder, (3) die Freigelassene und rechtsfähige Frau Sˇ¯ırı¯n bt. Abdalla¯h, von anatolischer Herkunft, von den Erträgen der oben beschriebenen Stiftung ausnimmt. Der oben genannte Anteil an den Stiftungserträgen, der ihr zur Verfügung stehen sollte, fällt an die oben genannten Kinder des Stifters, und zwar zuzüglich zu dem, worauf sie bereits Anspruch haben. Des weiteren (bezeugen sie), dass die oben genannte Sˇ¯ırı¯n (4) keinerlei Anrecht mehr an den genannten Stiftungserträgen hat und keinerlei Anspruch mehr darauf erheben kann, auch nicht auf einen Teil davon. Die neue Verteilung der Stiftungserträge sieht nun wie folgt aus: 100 % Die erste Hälfte verteilt sich zu gleichen Teilen auf Zahra¯ al-Murdi a ˙ ¯ra) (Tochter von Sˇahı 18,33 % ˘

Fadl al-Murdi a ˙ (Tochter von Sˇ˙ ¯ırı¯n) 18,33 % ˘

˘

Muhammad as-Siba¯ ¯ı ˙ (Sohn von Sˇ¯ırı¯n) 18,33 %

˘

Die zweite Hälfte wird wie folgt verteilt: 25 % des Gesamtbetrages gehen an a. Yahya¯s Mutter Fa¯tima bt. Tag˙rı¯birdı¯ (6,25 %) ˙ ˙ b. Yahya¯s Großmutter Cˇicˇek bt. Abdalla¯h (6,25 %) ˙ c. Güzel (6,25 %) d. […] (6,25 %)

˘

12,5 % des Gesamtbetrages gehen an: Yahya¯s zweite Frau Halı¯ma bt. al-Ha¯gˇgˇ Muhammad ˙ ˙ ˙ ˙ 12,5 % des Gesamtbetrages gehen an: asˇ-Sˇahı¯ra, die Mutter von Zahra¯ al-Murdi a ˙ ˘

(…) (Ausgestellt am) 25. Du¯ l-Qa da 870 (9. Juli 1466). Hasbala. Tasliya. ¯ ˙ ˙ (5a) Dies bezeugte vor ihm: (6a) Abdalha¯dı¯ b. Alı¯ as-Su¯fı¯. (5b) Dies bezeugte ˙ ˙ vor ihm: (6b) Muhammad b. Muhammad as-Su¯fı¯. ˙ ˙ ˙ ˙ ˘

˘

Hier handelt es sich um Zeugen, die bereits den Inhalt der Stiftungsurkunde bzw. den Widerrufsverzicht bezeugt hatten. (S.o. Z. 70a und Z. 83b) Am Schluss soll noch kurz angesprochen werden, dass Rechtshandlungen wie die Errichtung einer Stiftung, aber auch Kaufakte, Schenkungen, Übertragungen etc. stets in der Form eines Scheinprozesses durchgeführt wurden, in dessen Verlauf die Parteien vor dem Richter in der Rolle eines Klägers (der Erwerber) und eines Angeklagten (der Veräußerer) auftreten. Rudolf Vesely´ hat dieses Verfahren anschaulich beschrieben:

138

Anmerkungen zu einer mamlukischen waqf-Urkunde

„Die Parteien legen ihre Beweise vor und verlangen vom Richter, diese anzuerkennen. Dieser untersucht die Beweismittel, überprüft sie selbst oder mit Hilfe seiner Experten. Er lässt auch die einzelnen Bedingungen der Verfügung nicht unbeachtet und untersucht ihre Rechtmäßigkeit. Zuletzt erkennt er die Rechte beider Parteien, nimmt die Beweismittel – mündliche Zeugenerklärungen und schriftliche Dokumente – an und erklärt sie legal und fest und der Willenserklärung entsprechend. In diesem Moment wendet sich der Kläger zum Richter mit der Bitte um Entscheidung. Der Richter erfüllt diese Bitte und erklärt die Verfügung für legal, allgemein verbindlich und anerkannt.“150

4.

Ausblick: Weitere Rechtsgeschäfte in Verbindung mit der Stiftung

˘

Die Stiftungsurkunde des Yahya¯ b. Tu¯ga¯n auf der Rolle Wiza¯rat al-Awqa¯f 571 gˇ ist ˙ ˙ kein Einzeldokument, sondern steht vielmehr in einem Zusammenhang mit anderen, an dieser Stelle nicht weiter behandelten Urkunden. So erlauben uns nicht nur die weiter oben bereits genannten und aufgelisteten übrigen Urkunden unserer Rolle151 Einsichten in weitere vermögenswirksame Transaktionen dieses Mamlukensohns – sein Name erscheint auch auf anderen Rollen desselben Archivs.152 Dabei fällt auf, dass Yahya¯ b. Tu¯g˙a¯n und später sein Sohn Muhammad al˙ ˙ ˙ Siba¯’ı¯ bzw. der Stiftungsverwalter Kumusˇbug˙a¯ b. Abdalla¯h at-Timra¯zı¯ in einem besonders engen Kontakt zu einem Personenkreis stand, der sich aus einem gewissen Ibra¯hı¯m b. Husˇqadam b. Abdalla¯h al-Muhammadı¯, weiterhin einem ˙ ˘ Timra¯z b. Abdalla¯h al-Ha¯ssakı¯ al-Muhammadı¯ sowie einem Husˇkildı¯ b. ¯Ina¯l al˙ ˘ ˙˙ ˘ Yasˇbakı¯ samt seiner Ehefrau Zuhra¯ bt. Yahya¯ b. Alı¯ zusammensetzte. Die mit ˙ diesen Personen eingegangenen Transaktionen sollen daher, soweit urkundlich nachweisbar, im Folgenden aufgezeigt werden: ˘

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˘

150 Vesely´, Hauptprobleme [wie Anm. 23], S. 328. Siehe aber auch Sauvan, Y., Une liste de fondations pieuses (waqfiyya) au temps de S¦lim Ii, in: Bulletin des ¦tudes orientales 28 (1975), S. 231 – 257, hier S. 244 – 245 und 256 – 257; Vesely´, Trois certificates [wie Anm. 72], S. 269 – 270; Schwarz, K./Kurio, H., Die Stiftungen des osmanischen Großwesirs Kogˇa Sina¯n Pascha (gest. 1596) in Uzungˇaova/Bulgarien. Berlin 1983, S. 15 – 17 und Winkelhane, G./ Schwarz, K., Der osmanische Statthalter Iskender Pascha (gest. 1571) und seine Stiftungen in Ägypten und am Bosperus. Bamberg 1985, S. 108 – 109. 151 Vgl. oben, S. 14 – 15. 152 Es handelt sich um die ebenfalls im Archiv des Kairoer Ministeriums für Religiöse Stiftungen unter den Einträgen 493 gˇ und 665 gˇ aufbewahrten Sammelurkunden. Siehe zu ihnen Amı¯n, Fihrist [wie Anm. 43], S. 113 – 115 und 186 – 187 (Nr. 389 und 525).

139

Ausblick: Weitere Rechtsgeschäfte in Verbindung mit der Stiftung

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Wiza¯rat al-Awqa¯f 450 gˇ154 Wiza¯rat al-Awqa¯f 493 gˇ153 Stiftung (waqf) 1. Verkauf (bay ) Datum: 13. Rabı¯ II 861/10. März 1457 Datum: 1. Rabı¯ I 879/16. Juli 1474 Verkäufer : Sˇa¯hı¯n b. Abdalla¯h at-Ta¯gˇ¯ı Stifter : Husˇkildı¯ b. Abdalla¯h ¯Ina¯l alKäufer : Yahya¯ b. Tu¯g˙a¯n b. Abdalla¯h alYasˇbakı¯ ˘ ˙ ˙ Hasanı¯ Änderung der Waqfbedingungen ˙ 2. Verkauf (bay ) (ta dı¯l ˇsuru¯t al-waqf) ˙ˇ uma¯da¯ I 879/20. SeptemDatum: 22. Muharram 863/29. SepDatum: 8. G ˙ ˇ uma¯da¯ II 894/26. Mai tember 1458 ber 1474 – 25. G Verkäufer : Yahya¯ b. Tu¯g˙a¯n b. Abdalla¯h 1489 – 24. Sˇa ba¯n 896/2. Mai 1491 – … ˙ Al-Hasanı¯ ˙ 901/1495 – 6 – 21. Muharram 902/ ˙ : Bal(a)ba¯n b. Abdalla¯h al˙ Rabı¯ II 907/ Käufer 29. September 1496 – 21. 3. November 1501 Utma¯nı¯ Tauschgeschäft (istibda¯l) 3. ¯Verkauf (bay ) ˇ uma¯da¯ II 908/20. DeDatum: 10. Rabı¯ I 863/15. Januar 1459 Datum: 19. G Verkäufer : Bal(a)ba¯n b. Abdalla¯h alzember 1502 Anbieter : Zuhra¯ bt. Muhammad (anUtma¯nı¯ na¯zira wa-l-mustahiqqa˙ fı¯ al-waqf) Kä¯ufer : Yahya¯ b. Tu¯g˙a¯n b. Abdalla¯h al˙ ˙ ˙ ˙¯ Bakr b. AbTauschpartner : Abu Hasanı¯ 4.˙ Verkauf (bay ) dalqa¯dir b. Muhammad, bekannt als ˙ Ahu¯ Sˇiha¯b Datum: 7. Du¯ l-Higˇgˇa 865/13. Septem˙ ˘ ber 1461 ¯ Verkäufer : Yahya¯ b. Tu¯g˙a¯n b. Abdalla¯h ˙ ˙ al-Hasanı¯ Wiza¯rat al-Awqa¯f 665 gˇ155 ˙ :G ˇ a¯nı¯ Bik b. Abdalla¯h min Käufer 1. Tauschgeschäft (istibda¯l) Datum: 12. Ragˇab 891/14. Juli 1486 Mahmu¯d Sˇa¯h und Mug˙ulba¯y b. AbdAnbieter : Kumusˇbug˙a¯ b. Abdalla¯h atalla¯˙h ¯Ina¯l Stiftung (waqf) Timra¯zı¯ und Muhammad b. Yahya¯ b. ˙ Datum: 28. Sˇawwa¯l 867/16. August as-Sayfı¯ Tu¯g˙a¯n ˙ ˙ 1463 Tauschpartner : Hasan b. Abdarrazza¯q ˙ Stifter : Yahya¯ b. Tu¯g˙a¯n b. Abdalla¯h alb. Umar ˙ ˙ Hasanı¯ 1. Verkauf (bay ) ˙ Teil des zuvor Erworbenen) (ein Datum: 1. Sˇa ba¯n 891/2. August 1486 1. Tauschgeschäft (istibda¯l) Verkäufer : Hasan b. Abdarrazza¯q b. ˙ Datum: 12. Ragˇab 891/14. Juli 1486 Umar Anbieter : an-Na¯sirı¯ Muhammad (anKäufer : Ibra¯hı¯m b. Husˇqadam b. ˙ ˙ ˘ na¯zir ala¯ al-waqf) Abdalla¯h al-Muhammadı ¯ ˙ ˙ Tauschpartner : Hasan b. Abdarrazza¯q 2. Verkauf (bay ) ˙ b. Umar Datum: 30. Du¯ l-Higˇgˇa 891/27. De˙ zember 1486¯ 5. Verkauf (bay ) Verkäufer : Ibra¯hı¯m b. Husˇqadam b. Datum: 1. Sˇa ba¯n 891/2. August 1486 ˘¯ Verkäufer : Hasan b. Abdarrazza¯q Abdalla¯h al-Muhammadı ˙ Abdalla¯h al-Ha¯ssakı¯ Käufer : Ibra¯˙hı¯m b. Husˇqadam b. Käufer : Timra¯z b. ˘ ˘ ˙˙ al-Muhammadı¯ Abdalla¯h al-Muhammadı ¯ ˙ ˙ ˘

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153 Amı¯n, Fihrist [wie Anm. 43], S. 113 – 115 (Nr. 389). 154 Ibid., S. 157 – 158 (Nr. 472). 155 Ibid., S. 186 – 187 (Nr. 525).

140

Anmerkungen zu einer mamlukischen waqf-Urkunde

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3. Verkauf (bay ) 6. Verkauf (bay ) ˇ uma¯da¯ I 898/4. März 1493 Datum: 30. Du¯ l-Higˇgˇa 891/27. DeDatum: 20. G ˙ zember 1486¯ Verkäufer : Timra¯z b. Abdalla¯h alVerkäufer : Ibra¯hı¯m b. Husˇqadam b. Ha¯ssakı¯ al-Muhammadı¯ ˙ ¯ b. ¯Ina¯l al-Yasˇbakı¯ und ˙ ˙ : Husˇkildı ˘¯ K˘ äufer Abdalla¯h al-Muhammadı ˙ ˘ Käufer : Timra¯z b. Abdalla¯h al-Ha¯ssakı¯ seine Frau Zuhra¯ bt. Yahya¯ b. Alı¯ ˙ ˘ ˙˙ al-Muhammadı¯ Stiftung (waqf) ˙ ˇ uma¯da¯ II 898/3. April 7. Verkauf (bay ) Datum: 15. G ˇ uma¯da¯ I 898/4. März 1493 1493 Datum: 20. G Stifter : Husˇkildı¯ b. ¯Ina¯l al-Yasˇbakı¯ und Verkäufer : Timra¯z b. Abdalla¯h al˘ Zuhra¯ bt. Yahya¯ b. Alı¯ seine Frau Ha¯ssakı¯ al-Muhammadı¯ ˙ ˙ ¯ b. ¯Ina¯l al-Yasˇbakı¯ und ˙ ˙ : Husˇkildı K˘ äufer 158 ˘ seine Frau Zuhra¯ bt. Yahya¯ b. Alı¯ Wiza¯rat al-Awqa¯f 229 gˇ ˙ Verkauf (bay ) Stiftung (waqf) ˇ uma¯da¯ II 898/3. April Datum: 15. G Datum: 1. Sˇa ba¯n 891/2. August 1486 1493 Verkäufer : Hasan Abdarrazza¯q b. ˙ Stifter Husˇkildı¯ b. ¯Ina¯l al-Yasˇbakı¯ und Umar ˘ Zuhra¯ bt. Yahya¯ b. Alı¯ seine Frau Käufer : Ibra¯hı¯m b. Husˇqadam b. ˙ ˘ Abdalla¯h al-Muhammadı ¯ ˙ 1. Übertragung (intiqa ¯ l) Wiza¯rat al-Awqa¯f 642 gˇ156 Datum: 9. Safar 894/12. Januar 1489 Stiftung (waqf) ˙ : Ibra¯hı¯m b. Husˇqadam ˇ uma¯da¯ I 864/13. März Datum: 19. G Übertragender 1460 b. Abdalla¯h al-Muhammadı¯˘ Stifter : Sˇams ad-Dı¯n Muhammad b. Empfänger : Timra¯z˙ b. Abdalla¯h al˙ Yahya¯ b. Alı¯ al-Hanafı¯, bekannt Ha¯ssakı¯ al-Muhammadı¯ als Ibn ˙ ˘ Ü˙ ˙bertragung˙ (intiqa¯l) 2. Yah˙ ya¯ ˙ ˇ uma¯da¯ I 898/4. März 1493 Verkauf (bay ) Datum: 20. G Datum: 12. Du¯ l-Qa da 878/31. März Übertragender : Timra¯z b. Abdalla¯h al¯ 1474 Ha¯ssakı¯ al-Muhammadı¯ ˙ˇkildı¯ b. ¯Ina¯l al-Yasˇbakı¯ ˘ ˙ ˙ änger : Hus Verkäufer : Die Erben Sˇamsˇ ad-Dı¯n Empf ˘ Muhammad b. Yahya¯s und seine Frau Zuhra¯ bt. Yahya¯ b. Alı¯ ˙ : Husˇkildı¯ b. ˙ Abdalla¯h ¯Ina¯l al˙ Stiftung (waqf) Käufer ˇ uma¯da¯ II 898/3. April Datum:15. G Yasˇbakı¯ ˘ 1493 Stifter : Husˇkildı¯ b. ¯Ina¯l al-Yasˇbakı¯ und Wiza¯rat al-Awqa¯f 571 gˇ157 ˘ Zuhra¯ bt. Yahya¯ b. Alı¯ seine Frau Stiftungsurkunde (waqfiyya) und da˙ zugehörige Dokumente 159 ˇ Datum: 28. Sawwa¯l 870/13. Juni 1466 Wiza¯rat al-Awqa¯f 574 gˇ Stifter : Yahya¯ b. Tu¯g˙a¯n b. Abdalla¯h alVerkauf (bay ) ˙ Hasanı¯ ˙ Datum: 1. Sˇa ba¯n 891/2. August 1486 Verkäufer : Hasan Abdarrazza¯q b. Ä˙ nderung der Waqfbedingungen ˙ Umar (ta dı¯l ˇsuru¯t al-waqf) Datum: 25.˙ Du¯ l-Qa da 870/9. Juli 1466 Käufer : Ibra¯hı¯m b. Husˇqadam b. ¯ äft (istibda¯l) ˘ 1. Tauschgesch Abdalla¯h al-Muhammadı ¯ ˙ Datum: 22. Ragˇab 890/4. August 1485 1. Übertragung (intiqa ¯ l) Anbieter (al-mubdil): Kumusˇbug˙a¯ b. Datum: 30. Du¯ l-Higˇgˇa 891/27. De˙ zember 1486¯ Abdalla¯h at-Timra¯zı¯ (an-na¯zir ala¯ al˙ ˘

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156 Ibid., S. 121 (Nr. 400). 157 Ibid., S. 133 – 134 (Nr. 428).

141

Ausblick: Weitere Rechtsgeschäfte in Verbindung mit der Stiftung

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Übertragender : Ibra¯hı¯m b. Husˇqadam Tauschpartner (al-mustabdil): Hasan ˙ b. Abdalla¯h al-Muhammadı¯˘ b. Abdarrazza¯q b. Umar ˙ 2. Tauschgeschäft (istibda¯l) Käufer : Timra¯z b. Abdalla ¯h al-Ha¯ssakı¯ ˘ ˙˙ Datum: 2. Du¯ l-Qa da 890/10. Novemal-Muhammadı¯ ˙ 2. Übertragung ber 1485 ¯ (intiqa¯l) ˇ uma¯da¯ 898/4. März 1493 Anbieter (al-mubdil): Muhammad b. Datum: 20. G Yahya¯ (Sohn des Stifters) ˙ Übertragender : Timra¯z b. Abdalla¯h al˙ Tauschpartner (al-mustabdil): Alı¯ b. Ha¯ssakı¯ al-Muhammadı¯ ˙ˇkildı¯ b. ¯Ina¯l al-Yasˇbakı¯ ˘ ˙ ˙ änger : Hus Empf Muhammad b. Sa¯lim min Alı¯ b. Mu˙ ˘ Zuhra¯ bt. Yahya¯ b. Alı¯ hammad und seine Frau ˙ Verkauf (bay ) ˙ 1. Stiftung (waqf) ˇ uma¯da¯ II 898/3. April Datum:15. G Datum: 6. Du¯ l-Higˇgˇa 890/14. Dezem˙ 1493 ber 1485 ¯ Stifter : Husˇkildı¯ b. ¯Ina¯l al-Yasˇbakı¯ und Verkäufer : Alı¯ b. Muhammad ˙ Sutayta bt. ˘ Zuhra¯ bt. Yahya¯ b. Alı¯ seine Frau Käufer : Fa¯tima, genannt ˙ Kasba¯y b. ˙Abdalla¯h, Ehefrau des 161 Wiza¯rat al-Awqa¯f 572 gˇ Tag˙rı¯birmisˇ b. Abdalla¯h al-Kasba¯y 1. Verkauf (bay ) 2. Verkauf (bay ) Datum: 1. Sˇawwa¯l 891/30. September Datum: 30. Du¯ l-Higˇgˇa¯ 891/27. De˙ 1486 zember 1486¯ Verkäufer : Hasan b. Abdarrazza¯q b. Verkäufer : Ibra¯hı¯m b. Husˇqadam b. ˙ ˘¯ Umar Abdalla¯h al-Muhammadı ˙ Käufer : Ibra¯hı¯m b. Husˇqadam b. Käufer : Timra¯z b. Abdalla¯h al-Ha¯ssakı¯ ˘ ˘ ˙˙ al-Muhammadı¯ Abdalla¯h al-Muhammadı ¯ ˙ ˙ 2. Verkauf (bay ) 3. Verkauf (bay ) ˇ uma¯da¯ I 898/4. März 1493 Datum: 9. Safar 893/24. Januar 1488 Datum: 20. G Verkäufer : ˙Ibra¯hı¯m b. Husˇqadam b. Verkäufer : Timra¯z b. Abdalla¯h al˘¯ Ha¯ssakı¯ al-Muhammadı¯ Abdalla¯h al-Muhammadı ˙ ¯ b. ¯Ina¯l al-Yasˇbakı¯ und ˙ ˙ ˙ : Husˇkildı K˘ äufer Käufer : Timra¯z b. Abdalla¯h al-Ha¯ssakı¯ ˘ ˙˙ ˘ Zuhra¯ bt. Yahya¯ b. Alı¯ al-Mug˙ammadı¯ seine Frau ˙ Stiftung (waqf) ˇ uma¯da¯ II 898/3. April Datum:15. G Wiza¯rat al-Awqa¯f 70 gˇ160 1493 Stiftung (waqf) Stifter : Husˇkildı¯ b. ¯Ina¯l al-Yasˇbakı¯ und Datum: 25. Ramada¯n 876/7. März 1472 ˘ Zuhra¯ bt. Yahya¯ b. Alı¯ seine Frau Stifter : Husˇkildı¯ b.˙ Abdalla¯h ¯Ina¯l al˙ Yasˇbakı¯ ˘ Änderung der Waqfbedingungen Wiza¯rat al-Awqa¯f 573 gˇ162 (ta dı¯l ˇsuru¯t al-waqf) 1. Verkauf (bay ) ˇ uma¯da¯ I 898/25. Februar Datum: 12.˙ Du¯ l-Qa da 906/30. Mai Datum: 8. G ¯ 1493 1501 Verkäufer : (1) Abu¯ l-Maha¯sin Yu¯suf b. ˙ b. Abdalla¯h Ahmad; (2) Yu¯suf b. Fa¯ris ˙ igˇa¯zı¯; (3) al-G ˇ u¯na¯y bt. Abdalla¯h; al-H (4) ˙Uzda¯n bt. Abdalla¯h Käufer : Timra¯z b. Abdalla¯h al-Ha¯ssakı¯ ˘ ˙˙ al-Muhammadı¯ ˙ ˘

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158 159 160 161

Ibid., S. 187 (Nr. 526). Ibid., S. 187 – 188 (Nr. 527). Ibid., S. 155 (Nr. 465). Ibid., S. 188 (Nr. 529).

142

Anmerkungen zu einer mamlukischen waqf-Urkunde

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Stiftung (waqf) Datum: 1. Rabı¯ I 879/16. Juli 1474

2. Verkauf (bay ) ˇ uma¯da¯ I 898/4. März 1493 Datum: 20. G Verkäufer : Timra¯z b. Abdalla¯h alHa¯ssakı¯ al-Muhammadı¯Käufer : Husˇ˙ ˇbakı¯ und seine˘Frau ˘ ˙¯˙ b. ¯Ina¯l al-Yas kildı Zuhra¯ bt. Yahya¯ b. Alı¯ ˙ Stiftung (waqf) ˇ uma¯da¯ II 898/3. April Datum:15. G 1493 Stifter : Husˇkildı¯ b. ¯Ina¯l al-Yasˇbakı¯ und ˘ Zuhra¯ bt. Yahya¯ b. Alı¯ seine Frau ˙ 164 Wiza¯rat al-Awqa¯f 439 gˇ Verkauf (bay ) ˇ uma¯da¯ I 898/4. März 1493 Datum: 20. G Verkäufer : Timra¯z b. Abdalla¯h alHa¯ssakı¯ al-Muhammadı¯ ˙ ¯ b. ¯Ina¯l al-Yasˇbakı¯ und ˙ ˙ : Husˇkildı K˘ äufer ˘ seine Frau Zuhra¯ bt. Yahya¯ b. Alı¯ [ihr ˙ min Mahmu¯d ˇ a¯nı¯ Bik wakı¯l: Ahmad b. G ˙ ˙ ˇSa¯h Stiftung (waqf) ˇ uma¯da¯ II 898/3. April Datum:15. G 1493 Stifter : Husˇkildı¯ b. ¯Ina¯l al-Yasˇbakı¯ und ˘ Zuhra¯ bt. Yahya¯ b. Alı¯ seine Frau ˙ Tauschgeschäft (istibda¯l) ˇ uma¯da¯ II 908/20. DezemDatum:19. G ber 1502 Anbieter : Zuhra¯ bt. Yahya¯ b. Alı¯ (anna¯zira ala¯ al-waqf) ˙ ˙ Tauschpartner : Abu¯ Bakr b. Abdalqa¯dir b. Muhammad, bekannt als ˙ Ahu¯ Sˇiha¯b ˘ Wiza¯rat al-Awqa¯f 559 gˇ165 Stiftung (waqf) ˇ uma¯da¯ II 898/3. April Datum:15. G 1493 Stifter : Husˇkildı¯ b. ¯Ina¯l al-Yasˇbakı¯ und ˘ Zuhra¯ bt. Yahya¯ b. Alı¯ seine Frau ˙ Änderung der Waqfbedingungen (ta dı¯l ˇsuru¯t al-waqf) Datum: 25.˙ Rabı¯ II 901/2. Januar 1496 – 7. Sˇawwa¯l 901/19. Juni 1496 ˘

˘

Wiza¯rat al-Awqa¯f 419 gˇ163 1. Verkauf (bay ) Datum: 11. Sˇa ba¯n 878/1. Februar 1474 Verkäufer : Sˇams ad-Dı¯n Muhammad b. ˙ als Ibn Yahya¯ b. Alı¯ al-Hanafı¯, bekannt ˙ ˙ Yahya¯ Kä˙ufer : Husˇkildı¯ b. Abdalla¯h ¯Ina¯l alYasˇbakı¯ ˘

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Stifter : Husˇkildı¯ b. Abdalla¯h ¯Ina¯l alYasˇbakı¯ ˘ Änderung der Waqfbedingungen (ta dı¯l ˇsuru¯t al-waqf) Datum: 29.˙ Du¯ l-Higˇgˇa 901/8. August ¯ ˙ 1496 Tauschgeschäft (istibda¯l) ˇ uma¯da¯ II 908/20. DeDatum: 19. G zember 1502 Anbieter : Zuhra¯ bt. Yahya¯ b. Alı¯ (anna¯zira wa-l-mustahiqqa˙ fı¯ al-waqf) ˙ ˙¯ Bakr b. AbTauschpartner : Abu dalqa¯dir b. Muhammad, bekannt als ˙ Ahu¯ Sˇiha¯b ˘

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162 163 164 165

Ibid., S. 202 (Nr. 557). Ibid., S. 156 – 157 (Nr. 471). Ibid., S. 204 – 205 (Nr. 560). Ibid., S. 205 (Nr. 561).

143

Ausblick: Weitere Rechtsgeschäfte in Verbindung mit der Stiftung

˘

Tauschgeschäft (istibda¯l) ˇ uma¯da¯ II 908/20. DeDatum: 19. G zember 1502 Anbieter : Zuhra¯ bt. Yahya¯ b. Alı¯ (an˙ na¯zira ala¯ l-waqf) ˙ Tauschpartner : Abu¯ Bakr b. Abdalqa¯dir b. Muhammad, bekannt als ˙ Ahu¯ Sˇiha¯b ˘ Wiza¯rat al-Awqa¯f 322 gˇ166 1. Verkauf (bay ) Datum: 19. Safar 902/27. Oktober 1496 ˙ Verkäufer : Uzbak b. Abdalla¯h Käufer : Yasˇbak b. Abdalla¯h 2. Verkauf (bay ) ˇ uma¯da¯ II 904/21. Januar Datum: 8. G 1499 Verkäufer : Yasˇbak b. Abdalla¯h Käufer : Timra¯z b. Abdalla¯h al-Ha¯ssakı¯ ˘ ˙˙ al-Muhammadı¯ ˙ Verkauf (bay ) Datum: 30. Muharram 917/29. April ˙ 1511 Verkäufer : Die Erben Timra¯z b. Abdalla¯h al-Ha¯ssakı¯ al-Muu¯ammadı¯s ˙ Bik asˇ-Sˇarı¯fı¯ ˘ a¯˙’ir Käufer : H ˘ ˘

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Eine nähere Untersuchung des Geflechts von Tausch-, Kauf- und Stiftungsaktivitäten dieser fünf Personen wäre von großem Interesse, kann jedoch im Rahmen dieser Studie nicht geleistet werden. Dennoch sollen zumindest die Stiftungsgründungen von Husˇkildı¯ b. ¯Ina¯l al-Yasˇbakı¯ und seiner Ehefrau Zuhra¯ bt. ˘ Yahya¯ b. Alı¯ anhand der aufgeführten, möglicherweise jedoch nicht vollstän˙ digen Dokumente abschließend skizziert werden Eine erste Waqfurkunde ist erhalten vom 18. Ragˇab 864/9. Mai 1460, eine zweite vom 25. Ramada¯n 876/7. März 1472, wobei die Eheleute die Stiftungs˙ bedingungen jeweils im Jahre 906/1500 – 1 noch einmal modifizierten. Die Grundlage ihrer dritten Stiftung vom 1. Rabı¯ I 879/16. Juli 1474 bildete der Ankauf von Ländereien aus dem Besitz des als Ibn Yahya¯ bekannten Sˇams ad-Dı¯n ˙ Muhammad b. Yahya¯ b. Alı¯ al-Hanafı¯, geschehen am 11. Sˇa ba¯n 878/1. Februar ˙ ˙ ˙ 1474. Auch hierfür sind nachträgliche Änderungen der Stiftungsbedingungen ˇ uma¯da¯ I 879/20. September 1474, 25. G ˇ uma¯da¯ II (ta dı¯l ˇsuru¯t al-waqf) vom 8. G ˙ 894/26. Mai 1489, 24. Sˇa ba¯n 896/2. Mai 1491, 29. Du¯ l-Higˇgˇa 901/8. August 1496, ¯ ˙ 21. Muharram 902/29. September 1496 und 21. Rabı¯ II 907/3. November 1501 ˙ dokumentiert. Die Vorgeschichte der vierten Stiftung, die Husˇkildı¯ b. ¯Ina¯l al-Yasˇbakı¯ und ˘ ˘

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166 Ibid., S. 214 – 215 (Nr. 579).

144

Anmerkungen zu einer mamlukischen waqf-Urkunde

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ˇ uma¯da¯ II 898/3. April 1493 ins seine Ehefrau Zuhra¯ bt. Yahya¯ b. Alı¯ am 15. G ˙ Leben riefen, ist recht komplex und bezieht vor allem auch die anderen genannten Akteure ein. Eine schematische Darstellung könnte folgendermaßen aussehen:

˘ ˘

1. Verkauf (bay ) Datum: 13. Rabı¯ II 861/10. März 1457 Verkäufer : Sˇa¯hı¯n b. Abdalla¯h at-Ta¯gˇ¯ı Käufer : Yahya¯ b. Tu¯g˙a¯n ˙ 2. Verkauf (bay ) ˙ Datum: 22. Muharram 863/29. November ˙ 1458 Verkäufer : Yahya¯ b. Tu¯g˙a¯n ˙ ¯ n b. ˙Abdalla¯h Käufer : Bal(a)ba 3. Verkauf (bay ) Datum: 10. Rabı¯ I 863/15. Januar 1459 Verkäufer : Bal(a)ba¯n b. Abdalla¯h Käufer : Yahya¯ b. Tu¯g˙a¯n ˙ 4. Verkauf (bay ) ˙ Datum: 7. Du¯ l-Higˇgˇa 865/13. September 1461 Verkäufer : ¯Yahya˙¯ Ibn Tu¯g˙a¯n ˙ b. Abdalla ˙ ˇ a¯nı¯ Bik ¯ h min Mahmu¯d Käufer : G ˇSa¯h und Mug˙ulba¯y b. Abdalla¯h ¯Ina¯l ˙ Stiftung (waqf) Datum: 28. Sˇawwa¯l 867/16. Juli 1463 Stifter : Yahya¯ b. Tu¯g˙a¯n ˙ ˙ ˘

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Stiftung (waqf) Datum: 28. Sˇawwa¯l 870/13. Juni 1466 Stifter : Yahya¯ b. Tu¯g˙a¯n ˙ [Änderung˙ der Waqfbedingungen Datum: 25. Du¯ l-Qa da 870/9. Juli 1466] ¯ äft (istibda¯l) 1. Tauschgesch Datum: 22. Ragˇab 890/4. August 1485 Anbieter : Kumusˇbug˙a¯ b. Abdalla¯h atTimra¯zı¯ und Muhammad b. Yahya¯ ˙ ¯q Tauschpartner H˙asan b. Abdarrazza 2. Tauschgeschä˙ft (istibda¯l) Datum: 2. Du¯ l-Qa da 890/10. November ¯ 1485 Anbieter : Muhammad b. Yahya¯ ˙ Tauschpartner˙ : Alı¯ b. Muhammad b. ˙ Sa¯lim 1. Verkauf (bay ) Datum: 6. Du¯ l-Higˇgˇa 890/14. Dezember ¯ ˙ 1485 Verkäufer : Alı¯ b. Muhammad ˙ Sutayta bt. asKäufer : Fa¯tima, genannt Sayfı¯ Kasba¯˙ y ˘

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Ausblick: Weitere Rechtsgeschäfte in Verbindung mit der Stiftung

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1. Tauschgeschäft (istibda¯l) Datum: 12. Ragˇab 891/14. Juli 1486 Anbieter : Muhammad b. Yahya¯ ˙ Tauschpartner˙ : Hasan b. Abdarrazza ¯q 5. Verkauf (bay ) ˙ Datum: 1. Sˇa ba¯n 891/2. August 1486 Verkäufer : Hasan b. Abdarrazza¯q Käufer : Ibra¯˙hı¯m b. Husˇqadam ˘ 6. Verkauf (bay ) Datum: 30. Du¯ l-Higˇgˇa 891/27. Dezember 1486 ¯ ¯ hı¯˙ m b. Husˇqadam Verkäufer : Ibra ˘ ¯h Käufer : Timra¯z b. Abdalla ˘

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2. Verkauf (bay ) Datum: 1. Sˇawwa¯l 891/30. September 1486 Verkäufer : u¯asan b. Abdarrazza¯q Käufer : Ibra¯hı¯m b. Husˇqadam ˘ 3. Verkauf (bay ) Datum: 9. Safar 893/24. Januar 1488 Verkäufer : ˙Ibra¯hı¯m b. Husˇqadam ˘ ¯h Käufer : Timra¯z b. Abdalla ˘

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Übertragung (intiqa¯l) Datum: 9. Safar 894/12. Januar 1489 ˙ : Ibra¯hı¯m b. Husˇqadam Übertragender ˘ ¯h Empfänger : Timra¯z b. Abdalla 7. Verkauf (bay ) ˇ uma¯da¯ I 898/4. März 1493 Datum: 20. G Verkäufer : Timra¯z b. Abdalla¯h Käufer : Husˇkildı¯ b. ¯Ina¯l al-Yasˇbakı¯ und seine ˘ ¯ bt. Yahya¯ b. Alı¯ Frau Zuhra ˙ (waqf) ! (Vierte) Stiftung ˇ uma¯da¯ II 898/3. April 1493 Datum: 15. G Stifter : Husˇkildı¯ b. ¯Ina¯l al-Yasˇbakı¯ und seine ˘ ¯ bt. Yahya¯ b. Alı¯ Frau Zuhra ˙ [Änderung der Waqfbedingungen Datum: 25. Rabı¯ II 901/2. Januar 1496 – 7. Sˇawwa¯l 901/19. Juni 1496] ˘

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Eine letzte, fünfte von Husˇkildı¯ b. ¯Ina¯l al-Yasˇbakı¯ und seiner Frau Zuhra¯ bt. ˘ Yahya¯ b. Alı¯ gegründete, urkundlich dokumentierte Stiftung ist schließlich auf ˙ den 1. Rabı¯ I 909/24. August 1503 datiert. In die Stiftungsmasse flossen zum einen Güter ein, die aus einer anderen derartigen Institution hervorgegangen ˇ uma¯da¯ I 864/ waren: Der weiter oben bereits erwähnte Ibn Yahya¯ hatte am 19. G ˙ 13. März 1460 eigenen Grund und Boden gestiftet. Seine Erben jedoch boten 14 Jahre später Teile dieses waqf zum Verkauf an, die daraufhin von Huskildı¯ und ˘ seiner Ehefrau am 12. Du¯ l-Qa da 878/31. März 1474 für deren eigene Stiftung ¯ erworben wurden. Zum anderen mögen auch Teile eigener früherer Stiftungen herangezogen worden sein. Denn es ist zumindest auffällig, dass jene Zuhra¯ bt. Yahya¯ in ihrer Eigenschaft als Verwalterin im Jahre 908/1502 – 3 Besitztümer aus ˙ ihrer ersten und dritten Stiftung dem als Ahu¯ Sˇiha¯b bekannten Abu¯ Bakr b. ˘ Abdalqa¯dir b. Muhammad zum Tausch anbot. Eine genaue inhaltliche Aus˙ ˘

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wertung der zahlreichen Dokumente wird Licht in die noch recht dunklen inneren Zusammenhänge der verschiedenen Stiftungen des Ehepaars bringen.

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Anmerkungen zu einer mamlukischen waqf-Urkunde

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Historiographische Gattungen – Narratologische Fragestellungen

Ibn Ag˘a¯s (st. 881/1476) „Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯“ – ˙ ˙ * ** ˘ Biographie, Autobiographie, Tagebuch oder Chronik?

Am 10. Sˇawwa¯l 875/1. April 1471 schickte Sultan Qa¯’itba¯y unter dem Oberbefehl des berühmt-berüchtigten Emirs Yasˇbak min Mahd: az-Za¯hirı¯ ein Heer nach ˙ ˙ Syrien, um dort den Aufstand des Du¯ l-Qadariten Sˇa¯h Suwa¯r niederzuschlagen. ¯ In Yasˇbaks Armee fungierte ein gewisser Ibn Ag˘a¯ als Kriegskadi und Vorbeter. Dieser hatte als durchaus gelehrter und literarisch ambitionierter Mann Gefallen daran, die von ihm miterlebten Ereignisse in einem dem mamlukischen General gewidmeten Bericht („Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯“) festzuhalten. Ansporn ˙ ˙ ˘ zu dieser verdienstvollen Tat mag neben der Hoffnung auf weitere Patronage durch den mächtigen Armeeführer vor allem sein Bedürfnis gewesen sein, seine während des Feldzuges im Auftrage Yasˇbaks durchgeführte Gesandtschaft an ¯ q-Qoyunlu¯-Führers Uzun Hasan der Nachwelt zu hinden Tabrı¯zer Hof des A ˙ terlassen. Entstanden ist auf diese Weise ein hochinteressanter und origineller Text. Im Laufe meines Artikels möchte ich daher das Werk – insbesondere den Missionsbericht – vorstellen und dann der Frage nachgehen, mit welchem historiographischen Genre wir es bei dem Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯ ei˙ ˙ ˘ gentlich zu tun haben.

1.

Der Widmungsträger: Yasˇbak min Mahdı¯ az-Za¯hirı¯ ˙ ˙

Einer der „Lieblingsgelehrten“ Ulrich Haarmanns war der aus Schiraz stammende Faz˙l Alla¯h b. Ru¯zbiha¯n Hungˇ¯ı Isfaha¯nı¯ (860 – 925/1456 – 1519)1. Fasziniert ˙ ˘ * Erstpublikation in: Conermann, S./Pistor-Hatam, A. (Hg.), Studien zur Geschichte und Kultur der Mamlu¯kenzeit. Zum Gedenken an Ulrich Haarmann (1942 – 1999). Schenefeld: EB-Verlag 2003 [= Asien und Afrika. Beiträge des ,Zentrums für Asiatische und Afrikanische Studien‘ (ZAAS) der Christian Albrechts-Universität zu Kiel. Bd. 7], S. 123 – 178. ** Für hilfreiche Anregungen, ohne die der Text letzten Endes ohne Fragestellung geblieben wäre, danke ich Anja Pistor-Hatam. 1 Zur Hungˇ¯ı-Forschung cf. Haarmann, U., Yeomanly Arrogance and Righteous Rule: Faz˙l Alla¯h ˘

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Ibn Ag˘a¯s (st. 881/1476) „Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯“ ˙ ˙ ˘

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von dessen vielschichtiger Persönlichkeit widmete er seinem Werk und Wirken insgesamt drei fundierte und anregende Aufsätze.2 In seinem letzten, 1998 in einer Festschrift für den Iranisten Iraj Afshar erschienenen Artikel, vergleicht Ulrich Haarmann drei wichtige Werke Hungˇ¯ıs miteinander, um zu zeigen, auf ˘ welch geschickte Weise dieser in seinen an unterschiedlichen Orten für verschiedene Herrscher geschriebenen Texten seine positive Einstellung dem Mamlukenreich gegenüber zum Ausdruck bringt.3 Hungˇ¯ı kannte das Land am ˘ Nil von zwei längeren Aufenthalten (877 – 9/1473 – 4 und 886/1481) her aus eigener Anschauung. Darüber hinaus hatte er in Medina bei dem weithin bekannten ägyptischen Historiker und a¯lim as-Saha¯wı¯ (gest. 902/1497) die ˘ Hadı¯twissenschaften studiert.4 Für Hungˇ¯ı war es nicht immer leicht, in seinen ˙ ¯ ˘ Schriften seiner Ägyptophilie freien Lauf zu lassen und gleichzeitig seinem Arbeitgeber gegenüber loyal zu erscheinen. In seinem Aufsatz gibt Ulrich Haarmann für diesen Gewissenskonflikt ein beredtes Beispiel: Nachdem Hungˇ¯ı ¯ q Qoyunlu¯-Fü˘hrers ab 892/1487 als Schreiber in die Dienste des turkmenischen A Ya qu¯b (reg. 883 – 896/1478 – 1490) getreten war, verfasste er für diesen die – allerdings erst 907/1501 halbwegs vollendete – Chronik Ta¯rı¯h-i a¯lam-a¯ra¯-yi ˘ amı¯n. Darin berichtet er von einem Vorfall, der sich im Ramada¯n 885/November ˙ 1480, also nur ein paar Monate vor seinem zweiten Ägyptenbesuch, ereignete5 : Yasˇbak min Mahdı¯ az-Za¯hirı¯ (gest. 885/1480), der mamlukische Oberbefehls˙ ˙ haber, fiel im Anschluss an die Niederschlagung eines Beduinenaufstandes in ¯ q-Qoyunlu¯ ein. Sein Angriff Syrien auf eigene Verantwortung in Gebiete der A endete mit einer Katastrophe. Während der Belagerung ar-Ruha¯s wurden die Ägypter von den Truppen Ya qu¯bs überrascht und fast vollständig aufgerieben. Yasˇbak geriet in Gefangenschaft; wenig später ließ man ihn verurteilen und ˘

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b. Ru¯zbiha¯n Khunjı¯ and the Mamluks of Egypt, in: Eslami, K., (Hg.), Iran and Iranian Studies: Essays in Honor of Iraj Afshar. Princeton 1998, S. 109 – 124, hier S. 109 – 112. (1) „Staat und Religion in Transoxanien im frühen 16. Jahrhundert“, in: Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft 124 (1974), S. 332 – 369; (2) Art. “Khundjı¯”, in: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Vol. 5: Khe-Mahi. Leiden 1986, Sp. 53b – 55b; und (3) Yeomanly Arrogance [wie Anm. 1]. Es handelt sich hierbei um (1) Hida¯yat at-tasdı¯q ila¯ hika¯yat al-harı¯q. Hg. von Muhammad ˙ 1969, ˙ ˙ Minorsky. Teheran Da¯nisˇpazˇu¯h, in: Minovi, M./Afshar, I. (Hg.), ˙Ya¯d-na¯me-yi ¯ıra¯nı¯-yi S. 77 – 113. Hungˇ¯ı beschreibt hier den Brand in Medina im Ramada¯n 886/Oktober 1481; (2) ˙ ¯ h b. Ru¯zbiha¯n Khunjı¯den Ta¯rı¯h-i ˘a¯lam-a¯ra¯-yi amı¯nı¯ (= Minorsky, V./Woods, J., Fadlulla Isfaha¯nı¯:˘Ta¯rı¯h-i a¯lam-a¯ra¯-yi Amı¯nı¯. Persian text edited by John˙ E. Woods with the abridged ˙ ˘ English translation by Vladimir Minorsky. Persia in A.D. 1478 – 1490. Revised and augmented by John E. Woods. London 1992); (3) den 920/1514 in Buha¯ra¯ für den Uzbekenherrscher Ubaydalla¯h Ha¯n (reg. 940 – 946/1533 – 1540) angefertigten F˘ürstenspiegel Kita¯b-i sulu¯k al˘ Muhammad Niza¯muddı¯n. Hyderabad 1966. mulu¯k. Hg. von ˙ ˙ as-Saha¯wı¯ schrieb über al-Hungˇ¯ı eine bemerkenswert Der sonst so notorisch kritische freundliche Biographie. Vgl. as-Saha¯wı¯, ˘ad-Daw al-la¯mi fı¯ a ya¯˘n al-qarn at-ta¯si . Hg. von ˘ Bd. 6,˙ S.˙ 171 (# 570). Husa¯m al-Qudsı¯. 12 Bde. Kairo 1934, ˙ Hungˇ¯ı, Ta¯rı¯h-i a¯lam-a¯ra¯-yi amı¯nı¯ [wie Anm. 3], S. 187 – 199. ˘ ˘ ˘

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Der Widmungsträger

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hinrichten.6 Trotz dieser eindeutigen Aggression von Seiten der Ägypter gegen Hungˇ¯ıs Oberherren verstand dieser es – wie Ulrich Haarmann zeigen kann – ˘ dennoch, seine Sympathien für die Bewohner der nördlichen Nilregionen in seiner Darstellung der Ereignisse deutlich zu artikulieren. Diesem Mann also, Yasˇbak min Mahdı¯ az-Za¯hirı¯, widmete der als Kriegskadi ˙ ˙ und Heeresima¯m in den 870er/470er Jahren unter ihm wirkende Ibn Ag˘a¯ sein Werk. Bevor ich im Folgenden auf den Verfasser und sein Buch eingehe, muss zum besseren Verständnis des Gesamtkontextes, in welchem Ibn Ag˘a¯s Ta’rı¯h al˘ Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯ entstanden ist, der Widmungsträger kurz vorgestellt ˙ ˙ 7 8 werden: Das genaue Geburtsdatum Yasˇbak min Mahdı¯ az-Za¯hirı¯s , der in An˙ ˇ aqmaq ˙(reg. lehnung an seinen Käufer, den Sultan az-Za¯hir G 842 – 857/1438 – ˙ ˙ ˇ aqmaq as-Sag˙¯ır‘ bekannt war, kennen wir nicht. 1453), auch unter dem Namen ,G ˙ ˙ Der Chronist Ibn Iya¯s (st. 930/1524) berichtet jedoch, dass er mit 56 Jahren verstorben sei, so dass man seine Geburt etwa auf das Jahr 829/1425 – 26 zurückrechnen kann. Nach einer anständigen Ausbildung hatte er eine Reihe von Posten innerhalb der mamlukischen Militärhierarchie inne: Zuerst war er Assistent des herrscherlichen Korrespondenzsekretärs (dawa¯da¯r sag˙¯ır), Aufseher ˙ (na¯zir) über die Sufikonvente Sa ¯ıd as-su ada¯’ und Baybarsı¯ya sowie über die ˙ Sa¯lih¯ıya-Medrese, dann ordentlicher Sultanssekretär (dawa¯da¯r alı¯ya) und seit ˙ ˙ 871/1466 Inspekteur der Provinz as-Sa ¯ıd (ka¯ˇsif as-Sa ¯ıd). Schließlich ernannte man ihn zum Aufseher über Oberägypten (na¯’ib al-wagˇh al-qiblı¯) und verlieh ihm den Rang eines amı¯r asˇara. Yasˇbaks Aufstieg in die höchsten Positionen, die das Mamlukenreich zu vergeben hatte, vollzog sich nach der Inthronisierung Qa¯’itba¯ys (reg. 872 – 901/ 1468 – 1496) im Ragˇab 872/Januar 1468. Noch im selben Jahr erhob ihn der neue Sultan nämlich zum Reichsoberaufseher (ka¯ˇsif al-kusˇˇsa¯f) und vertraute ihm gleichzeitig das Wesirat an. Im darauffolgenden Jahr übernahm Yasˇbak zusätzlich die Aufgaben eines Ausgabenverwalters des herrscherlichen Palastes (usta¯da¯r alı¯ya). Yasˇbak behielt diese Posten fünf Jahre lang. Dann bat er Qa¯’itba¯y – aus nicht genannten Gründen – um seine Entlassung aus den Ämtern des wazı¯r ˘

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6 Yasˇbak fiel im Ramada¯n 885/Januar 1481. Ibn Iya¯s, Bada¯’i az-zuhu¯r fı¯ waqa¯’i ad-duhu¯r. 6 Bde. und Indices. Hg. von˙ Muhammad Mustafa¯. 2. Aufl. 5 Teile in 6 Bänden. Beirut und Wiesbaden ˙ ˙ wurde er in einer in der Nähe der za¯wiya von Kuh1982 – 1984, hier Bd. 3, S.˙ 173. Begraben nabu¯sˇ. Vgl. Flemming, B., Sˇerı¯f, G˙avrı¯ und die ,Perser‘, in: Der Islam 45 (1969), S. 81 – 93, hier S. 87, Anm. 62. 7 Ayalon, D., Names, Titles and ,nisbas‘ of the Mamlu¯ks, in: Israel Oriental Studies 5 (1975), S. 189 – 232, hier S. 223 – 229. 8 Siehe zu folgendem neben Saha¯wı¯, Daw [wie Anm. 4], Bd. 10, S. 272 – 274 (# 1077) und ˙ [wie Anm. 6], S. 87 – 89 vor allem Martel-Thoumian, ˙ avrı¯ und die˘,Perser‘ Flemming, Sˇerı¯f, G B., Les derniÀres batailles du Grand Êmir Yasˇbak min Mahdı¯, in: Lev, Y. (Hg.), War and Society in the Eastern Mediterranean. 7th-15th Centuries. Leiden et al. 1997, S. 301 – 342, hier S. 310 – 315. ˘

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Ibn Ag˘a¯s (st. 881/1476) „Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯“ ˙ ˙ ˘

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und usta¯da¯r. Dies bedeutete jedoch weder einen Gunstentzug von Seiten des Sultans noch den endgültigen Rückzug aus der Politik. Yasˇbak blieb bei Hofe einer der einflußreichsten Männer, der das große Privileg genoss, bei offiziellen Anlässen links vom Herrscher sitzen zu dürfen. Darüber hinaus beauftragte ihn der Sultan nach zwei militärischen Misserfolgen im Jahre 875/1471 mit der Niederschlagung der Du¯ l-Qadaritischen Rebellen. Der Feldzug endete, wie ¯ weiter unten noch zu beschreiben sein wird, mit einem großen Erfolg der von Yasˇbak geführten mamlukischen Truppen. Dieser Triumph mag auch der Anlass gewesen sein, dass sich der gefeierte Feldherr ab 883/1478 wieder stärker politisch zu engagieren begann. In diesem Jahr wurde er erneut zum usta¯da¯r ernannt. Darüber hinaus übernahm er als amı¯r sila¯h die Oberaufsicht über die wichtigen Armeemanufakturen. Seinem ˙ ˙ weiteren Aufstieg scheinen nun keine Grenzen mehr gesetzt gewesen zu sein: Nach nur kurzer Zeit vereinigte er – ein bis dahin nicht gekannter Fall – folgende Ämter in seiner Person: dawa¯da¯r, Oberbefehlshaber (ata¯bak), wazı¯r, usta¯da¯r alı¯ya, ka¯ˇsif al-kusˇˇsa¯f und Reichverweser (mudabbir ad-dawla). Seine Stellung in Kairo war damit so herausgehoben und unangefochten, dass ihn der Sultan während einer mehrmonatigen Syrien- und Palästinareise ohne zu zögern als seinen Stellvertreter in der Hauptstadt zurückließ. Beliebt war der Mann allerdings nicht bei allen Leuten. Seine autoritären Züge und seine Brutalität stießen viele Zeitgenossen ab. Auch rief seine Machtakkumulation und sein offen zur Schau gestelltes Luxusleben zahlreiche Neider auf den Plan. Nur mit knapper Not entrann er mehreren Attentaten, die auf ihn verübt wurden. Letztlich blieb Yasˇbak aber zeit seines Lebens eine berühmte Person des öffentlichen Lebens. Auch sein eigenmächtiges Vorgehen gegen die ¯ q-Qoyunlu¯, das auch Hungˇ¯ı, wie wir sahen, als illegal und anrüchig erschien, da A ˘ es gegen die jenem von dem Sultan mitgegebenen Vollmachten verstieß, schadete seinem Ansehen offenbar nur geringfügig. Zumindest berichtet uns Ibn Iya¯s, dass der Tod des mamlukischen Oberbefehlshabers in Ägypten von der Bevölkerung wie auch von der Militärelite aufrichtig betrauert wurde. Als mächtiger und reicher Emir ließ es sich Yasˇbak nicht nehmen, im Laufe seines Lebens auch als Patron urbaner Bautätigkeit zu glänzen. So haben wir Kenntnis von Kuppelbauten in Matarı¯ya und in al-Husayna im Norden Kairos, ˙ ˙ die der mamlukische Würdenträger mit Hilfe wohltätiger Stiftungen hatte errichten lassen.9 Des Weiteren sind eine Reihe von kleineren Anlagen – etwa ein Totenwaschhaus bei der Medrese des an-Na¯sir Hasan, ein Brunnen und ein Ha¯n ˙ ˙ ˘ bei al-G˙ura¯bı¯ oder eine Medrese in Kairo beim Ha¯n al-Ha¯lı¯lı¯ – überliefert, die im ˘ ˘ 9 Vgl. Meinecke, M., Die mamlukische Architektur in Ägypten und Syrien (648/1250 – 923/1517). 2 Bde. Glückstadt 1992, hier Bd. 2, S. 410 – 411 bzw. 419.

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Der Widmungsträger

Auftrage Yasˇbaks entstanden.10 Darüber hinaus ließ er in der Hauptstadt einige Straßenzüge sanieren11, und er sorgte für die Verschönerung eines Minarettes an der Grabmoschee des Ima¯m al-Layt (st. 175/791)12. ¯ Aber Yasˇbak fungierte nicht nur als Bauherr, sondern war auch ein Mäzen der Literatur, der selbst literarische Ambitionen hegte. So schrieb er beispielsweise auf Arabisch eine Sˇagˇarat an-nasab asˇ-sˇarı¯f an-nabawı¯ titulierte Prophetengenealogie.13 Auch hat er eigenhändig türkische Gedichte verfasst. Leider ist sein Dı¯wa¯n nicht auf uns gekommen, doch finden sich drei kurze Auszüge seiner Poeme in Sultan Qa¯nsu¯h al-G˙awrı¯s (reg. 906 – 922/1501 – 1516) bekannter kip˙ tschakischer Gedichtsammlung.14 Wie groß der Ruhm Yasˇbak min Mahdı¯s auch noch nach seinem Tode gewesen ist, zeigt die folgende von al-G˙awrı¯ verfasste und von dem anonymen Kompilator in dessen Dı¯wa¯n aufgenommene Totenklage:15 In the hand of the wheel of heaven, a sigh, a lament, and a thousand yearnings; Neither a prince nor a sultan is ever considered important by it. It threw to the ground the crowns of so many emperors. You have heard that it cast the throne of Solomon to the wind. Where is that Yasˇbek, that great dava¯da¯r of Egypt? He was a memorable champion of this time, this era. May the face of whomever turns his face away from you always be spoiled. May the servant (= man) who sheds your blood on the ground, dry up forever. Where are the servants who would fold their hands in front of you?

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10 Ibid., S. 397, 423. 11 Ibid., S. 413. 12 Ibid., S. 417. Zu al-Layt b. Sa d, dem berühmten Rechtsgelehrten aus der Generation der ¯ ta¯bi u¯n, siehe Khoury, R. G., al-Layth ibn Sa d (94/713 – 175/791), grand ma„tre et m¦cÀne de l’Êgypte, vu — travers quelques documents islamiques anciens, in: Journal of Near Eastern Studies 40 (1981), S. 189 – 202. 13 Brockelmann, C., Geschichte der arabischen Litteratur. 2. Aufl., den beiden Supplementbänden angepaßt. 2 Bde. 3 Supplementbände. Leiden 1937 – 49, Bd. 2, S. 87 (im folgenden zitiert als GAL). ˙ ˜r„”: A 14 MS Berlin or. oct. 3744, fols. 43a, 45a und 70a. Siehe YalÅı¯n, M., “D„v–n- Q–ns˜h al-G ˙ ˜r„˙ (1501 – 1616). Critical Edition of Turkish Poetry Commissioned by Sult–n Q–ns˜h al-G ˙ bzw.˙S. 274 – 275; 276 und 295 Ph.D. diss. Harvard University 1993, S. 342 (Transkription) (Faksimile). Zu dem faszinierenden Thema der kiptschakisch-mamlukischen Literatur siehe ˙ avrı¯ und die ,Perser‘ [wie Anm. 6] vor allem die Übersichtsartikel neben Flemming, Sˇerı¯f, G Eckmann, J., Die Kiptschakische Literatur, in: Deny, J. (Hg.), Philologiae Turcicae Fundamenta. Wiesbaden 1959, Bd. 1, S. 296 – 303; Bodrogligeti, A., Notes on the Turkish Literature at the Mamluke Court, in: Acta Orientalia Hungarica 14 (1962), S. 273 – 282; Eckmann, J., Die Mamluk-Kiptschakische Literatur, in: Central Asiatic Journal 8 (1963), S. 304 – 319 und Flemming, B., Literary Activities in Mamluk Halls and Barracks, in: Rosen-Ayalon, M. (Hg.), Studies in Memory of Gaston Wiet. Jerusalem 1977, S. 249 – 260. ˙ ˜r„” [wie 15 MS Berlin or. oct. 3744, fols. 69a – 70a. Zitiert nach YalÅı¯n “D„v–n- Q–ns˜h al-G ˙ und S. 295 – Anm. 14], 217 – 218 (engl. Übers.). Vgl. dazu ibid, S. 124 – 125 (Transkription) 296 (Faksimile). Das Gedicht ist leider unvollständig. ˘

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Ibn Ag˘a¯s (st. 881/1476) „Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯“ ˙ ˙ ˘

You were the money of the sultan in the land of Egypt. Since your presence has gone, alas! The splendor of the world has gone. The trace of this rite and rules of conduct are destroyed, and did not remain. No one remained in the world who has not received your donation (and) gift, When the gates of generosity were opened. To whom can we complain that this is the state of the world? No one has seen, or will see, the fidelity of the wheel of the sphere. Oh 3¢rš, do not take seriously the state of the world, Because its work is to laugh in peoples faces.

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Schließlich war Yasˇbak ein leidenschaftlicher Sammler kostbarer Bücher.16 Er ließ sich zum Beispiel für seine Privatbibliothek as-Safadı¯s (st. 764/1363) um˙ ˙ fangreiches biographisches Lexikon al-Wa¯fı¯ bil-wafaya¯t kopieren. Sein Interesse für Literatur machte ihn zu einem beliebten Adressaten für Schriftsteller und Gelehrte, die sich von ihm finanzielle Zuwendung und Schutz erhofften. Ibn Ag˘a¯ war daher nicht der einzige, der dem mamlukischen Machtträger ein Werk gewidmet hat. Wir haben Kenntnis von einem für Yasˇbak geschriebenen ˙ arı¯bna¯ma, und ferner wissen ¯ sˇiq Pasˇas (st. 733/1333) G Prunkexemplar von A wir, dass ihm sowohl as-Saha¯wı¯ sein K. at-Tibr al-masbu¯k fı¯ dayl as-Sulu¯k wie ¯ ˘ auch Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯ (st. 888/1483) seine Chronik Duwal al-isla¯m asˇ-sˇarı¯fa ˙ 17 al-bahı¯ya zugedacht haben .

2.

Der historische Hintergrund

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Seit der Mitte des 9./15. Jahrhunderts stritten sich die syrisch-mamlukischen ¯ q-Qoyunlu¯-Herrscher18 um die OberhoMachthaber und die turkmenischen A ¯ lheit in den Gebieten nördlich von Aleppo [Aynta¯b, Mar asˇ, Adana, Taurus, A ˙ bista¯n (Elbistan), Daranda, Sı¯s, Malatya]. Kontrolliert wurde diese Region von ˙ den mit den Mamluken verbündeten Du¯ l-Qadariten19. ¯

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˙ avrı¯ und die ,Perser‘ [wie Anm. 6], S. 89 und 93. 16 Siehe dazu Flemming, Sˇerı¯f, G 17 Zu Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯s Widmung siehe Haarmann, U., „Einleitung“, in: Labib, S./Haar˙ Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯s Traktat über die Segnungen, die die Türken dem Lande mann, U., ˙ haben. Beirut 1997, S. 21 – 64, hier S. 34. Ägypten gebracht 18 Die beste Einführung in ihre Geschichte bietet noch immer Woods, J. E., The Aqqoyunlu. Clan, Confederation, Empire. Minneapolis & Chicago 1978. Siehe aber auch YnanÅ, M. H., Art. „Ak-Koyunlular, in: I˙sl–m Ansiklopedisi. Bd. 1: ffb-Atatürk. I˙stanbul 1941, Sp. 251b – ¯ q Qoyunlu¯“, in: Encyclopaedia Iranica. Bd. 2: An270b und Quiring-Zoche, R., Art. „A ¯ ta¯r al-Wozara¯’. London et al. 1987, Sp. 163b – 168a. a¯maka-A ¯ 19 Zu dieser Dynastie siehe außer Mordtmann, J. H./[M¦nage, V. L.], Art. „Dhu l-K. adr“, in: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Vol. 2: C-G. Leiden und London 1965, Sp. 239a – 240b nun ausführlich YnanÅ, R., Dulkadir Beyligˇi. Ankara 1989 und Venzke, M. L., The Case of a Dulgadir-Mamluk Iqta¯ : A Re-Assessment of the Dulgadir Principality and its Position With ˙ ˘

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Der historische Hintergrund

ˇ aNach seinem Sieg im Jahre 872/1467 über den Qara¯ Qoyunlu¯-Herrscher G 20 ¯ ˇ ha¯nsa¯h (reg. 843 – 872/1439 – 1467) unternahm der Führer der Aq Qoyunlu¯, Uzun Hasan (gest. 882/1478)21, große Anstrengungen, seinen Einflussbereich ˙ nach Ost und West auszudehnen. Gelang ihm dies in östlicher Richtung gegen die Tı¯mu¯riden22 und die georgischen Fürsten, so musste er sich im Westen trotz seiner Bündnisse mit den Qara¯ma¯niden23 und mit Venedig24 vor den Osmanen25 aus Anatolien zurückziehen. Übrig blieb der Weg ins mamlukische Syrien.26 Doch bevor es zur direkten Konfrontation mit dem ägyptischen Sultan kommen sollte, war es Uzun Hasan vergönnt, aus sicherer Entfernung das Resultat der ˙ Auseinandersetzung zwischen den Du¯ l-Qadariten und Mamluken27 abzuwarten. ¯

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in the Ottoman-Mamluk Rivalry, in: Journal of the Economic and Social History of the Orient 43 (2000), S. 399 – 474. Informationen zu den Qara¯ Qoyunlu¯ geben Sümer, F., Art. „Kara-Koyunlar“, in: I˙sl–m Ansiklopedisi. Bd. 6: K. a¯’a¯n-Kvatta. I˙stanbul 1955, Sp. 292a – 305a und ders., Kara Koyunlular (Bas¸langıÅtan Cihan-S¸ah’a˙˙kadar). Bd 1 (allein erschienen). Ankara 1967. Speziell zu ˇ aha¯nsˇa¯h cf. YnanÅ, M. H., Art. „Cihan-S¸ah“, in: I˙sl–m Ansiklopedisi. Bd. 3: Cabala-Dvin. G I˙stanbul 1945, Sp. 173a – 189b. Angaben zu Uzun Hasan finden sich bei Bosworth, C. E./[Minorsky, V.], Art. „Uzun Hasan”, ˙ of Islam. New Edition. Vol. 10: T-U. Leiden 2000, Sp. 963b – 967b ˙ und in: The Encyclopaedia Woods, The Aqqoyunlu [wie Anm. 18], S. 99 – 143. Siehe dazu Savory, R. M., The Struggle for Supremacy in Persia after the Death of Timur, in: Der Islam 40 (1964), S. 35 – 65. Zu den Qara¯ma¯niden cf. Sümer, F., Art. „K. ara¯ma¯n-Oghulları“, in: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Vol. 4: Iran-Kha. Leiden 1978, Sp. 619a – 625b und Har-El, S., Struggle for Domination in the Middle East. The Ottoman-Mamluk War 1485 – 91. Leiden et al. 1995, S. 69 – 85. Gewisse Rückschlüsse auf die vorosmanische Zeit läßt auch ein in der zweiten Hälfte des 9./16. Jahrhunderts erstelltes türkisches Verwaltungsdokument („Qa¯nu¯nna¯me-i vila¯yet-i Qaraman“) zu. Eine ausführliche Analyse bietet Beldiceanu, N./Beldiceanu-Steinherr, I., Recherches sur la province de Qaraman au XVIe si¦cle, in: Journal of the Economic and Social History of the Orient 11 (1968), S. 1 – 129. Aufschlussreich sind hier vor allem Minorsky, V., La Perse au XVe siÀcle entre la Turquie et Venise. Paris 1933 sowie Turan, S¸, Fatih Mehmed-Uzun Hasan Mücadelesi ve Venedik, in: Tarih Aras¸tırmaları Dergisis 3 (1965), S. 63 – 138. Zum europäischen Hintergrund cf. Palombini, B. von, Bündniswerben abendländischer Mächte um Persien 1453 – 1600. Wiesbaden 1968. Immer noch wegweisend ist natürlich Babinger, F., Mehmed der Eroberer und seine Zeit. München 1953. Zu ausführlicheren Schilderung der folgenden Ereignisse cf. Petry, C. F., Twilight of Majesty. The Reigns of the Mamlu¯k Sultans al-Ashraf Qa¯ytba¯y and Qa¯nsu¯h al-Ghawrı¯ in Egypt. Seattle 1993, S. 57 – 72; Dahma¯n, M. A., al- Ira¯k bayna l-mama¯lı¯k˙ wal- utma¯niyı¯n al-atra¯k. Da¯ maskus 1976, S. 17 – 61; Har-El, Struggle for Domination [wie Anm. 23], S. 86 – 95 und Weil, G., Geschichte der Chalifen. Bd. 5: Das Chalifat unter den Kirkassischen Mamlukensultanen von Egypten. 792 – 923 d. H. = 1390 – 1517 n. Chr. Neudruck der Ausgabe 1846 – 1862. Osnabrück 1967, S. 309 – 336. Auf die historischen Entwicklungen innerhalb des Mamlukenreiches in der zweiten Hälfte des 9./15. Jahrhunderts gehen ausführlich ein Petry, Twilight of Majesty [wie Anm. 26] und ders., Protectors or Praetorians? The Last Mamlu¯k Sultans and Egypt’s Waning as a Great Power. Albany 1994.

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Ibn Ag˘a¯s (st. 881/1476) „Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯“ ˙ ˙ ˘

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Dieser Konflikt gestaltete sich wie ein militärisches Bühnenstück in drei Akten und einem Vorspiel. Vorspiel: Im Rabı¯ I 870/Oktober 1465 wurde – offensichtlich mit Wissen oder gar auf Geheiß des Mamlukensultans Husˇqadam (865 – 872/1461 – 1467)28 – der ˘ herrschende Emir der Du¯ l-Qadariten, Malik Asla¯n b. Sulayma¯n b. Muhammad ¯ ˙ ˙ b. Halı¯l b. Du¯ l-Qadar (reg. seit 858/1454)29, in Elbistan erdolcht. Zu seinem ¯ ˘ Nachfolger ernannte man Sˇa¯h Buda¯q (reg. 870 – 871/1465 – 1467 und 877 – 884/ 1472 – 1479). Dieser stellte sich trotz der Ermordung seines Vaters auf die Seite der Mamluken gegen die Ambitionen des osmanischen Sultans Mehmed II. ˙ (reg. 848 – 850/1444 – 1446 und 855 – 886/1451 – 1481). Dessen Verbündete waren nämlich die beiden Brüder Sˇa¯h Buda¯qs, d. h. Sˇa¯h Suwa¯r (gest. 877/1472)30 und Ala¯’ ad-Dawla Bozkurt (reg. 884 – 921/14791515) in Mar asˇ. In gemeinsamen militärischen Aktionen gelang es ihnen, Sˇa¯h Buda¯q im ˇ Guma¯da¯ II 871/Januar 1467 aus seinen angestammten Gebieten zu vertreiben. Sˇa¯h Suwa¯r zog daraufhin mit seinem Heer im Rabı¯ I 871/September 1467 gegen Aleppo. Just zu diesem Zeitpunkt verstarb plötzlich der Sultan Husˇqadam, noch ˘ bevor er eine Armee gegen die Eindringlinge hatte aufstellen können. So war es an dem neuen Herrscher Qa¯’itba¯y, dieses Problem im Norden des Reiches zu lösen. Es brauchte allerdings drei Feldzüge, bis Sˇa¯h Suwa¯r endgültig geschlagen und die frühere Ordnung wiederhergestellt war. Der erste Feldzug Qa¯’itba¯ys (Sˇa ba¯n 872/März 1468 bis Du¯ l-Qa da 872/1468) ¯ war ein völliger Fehlschlag und mündete in ein Desaster ; Sˇa¯h Suwa¯r konnte sich in Aynta¯b festsetzen. Dem mamlukischen Herrscher blieb nichts anderes übrig, ˙ als ein zweites Expeditionskorp unter Führung des Emirs Azdamur Tawı¯l ˙ (gest. 885/1480) aufzustellen und nach Aleppo zu entsenden. Nach anfänglichen Erfolgen erlitten die mamlukischen Truppen jedoch wiederum eine Niederlage gegen die Soldaten Sˇa¯h Suwa¯rs. Die eingeleiteten Verhandlungen scheiterten, so dass man sich im Ramada¯n 874/März 1470 nach Kairo zurückziehen musste. Sˇa¯h ˙ Suwa¯r gelang es, die Festung von Aya¯s zu stürmen und damit Aleppo unmittelbar ¯q zu bedrohen. Gleichzeitig kursierten in Ägypten Gerüchte, dass nun auch der A Qoyunlu¯-Herrscher Uzun Hasan einen Angriff auf die Stadt plante. Er hatte ˙ nämlich den Sohn des ermordeten Malik Asla¯n, Emir Asla¯n, bei sich aufge˙ ˙ nommen und ihn zum Befehlshaber seines Heeres ernannt. Es blieb Qa¯’itba¯y nichts anderes übrig, als zum dritten Mal innerhalb kurzer Zeit eine Armee zusammenzustellen. ˘

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28 Siehe zu ihm Holt, P. M., Art. „Khushk. adam“, in: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Vol. 5: Khe-Mahi. Leiden 1986, Sp. 73a-b. 29 Zu ihm siehe Saha¯wı¯, Daw [wie Anm. 4], Bd. 2, S. 312 – 313 (# 991). ˙ ˘ 30 In as-Saha¯wı¯s biographischem Lexikon findet sich auch ein Eintrag über Sˇa¯h Suwa¯r : Saha¯wı¯, ˘ Anm. 4], Bd. 3, S. 274 – 275 (# 1046). Siehe auch Ibn Iya¯s, Bada¯’i [wie Anm. 6], ˘ Bd. Daw [wie ˙ S. 72 – 78. III, ˘

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Der historische Hintergrund

Abb. 1: Die islamischen Kernländer um die Mitte des 9./15. Jahrhunderts. (Nach: Martel-Thoumian, Les derniÀres batailles [wie Anm. 8], S. 342)

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Ibn Ag˘a¯s (st. 881/1476) „Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯“ ˙ ˙ ˘

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Mit dem Auszug der neu ausgehobenen Truppen aus Kairo im Sˇawwa¯l 875/ April 1471 unter der Führung Yasˇbak min Mahdı¯s setzt der Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak ˘ az-Za¯hirı¯ des Kriegskadis Ibn Ag˘a¯ ein.31 ˙ ˙

3.

Der Autor

Sˇams ad-Dı¯n Muhammad b. Mahmu¯d b. Halı¯l al-Halabı¯, genannt Ibn Ag˘a¯, kam ˙ ˙ ˙ ˘ 820/1417 in Aleppo zur Welt,32 wo er auch heranwuchs. Er genoss eine gute Ausbildung. So hatte er nicht allein den Koran memoriert und sich mit arabischer Grammatik beschäftigt, sondern auch die Werke des hanafitischen Ge˙ ˘

31 Ibn Agˇa¯, Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯. Hg. von Abd al-Qa¯dir Ahmad Tulayma¯t. Kairo ˙ ¯r Yasˇbak min ˙ ˙ Dahma¯n unter dem Titel Rihlat˙ al-Amı 1974 und von˘ Muhammad Ahmad ˙ Anm. 26], S. 65 – 160. Mahdı¯ ad-Dawa¯da¯˙r in seinem˙ Buch al- Ira¯k bayna l-mama¯lı¯k [wie 32 Vgl. dazu und zum Folgenden as-Saha¯wı¯, ad-Daw [wie Anm. 4], Bd. 6, S. 43 (# 146). ˙ ˙ ˘ ˘

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Der Autor

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lehrten al-Qudu¯rı¯ (gest. 972/1037)33 studiert. Zu seinen Lehrern zählten Leute wie Badr ad-Dı¯n Muhammad b. Abı¯ Bakr b. Sala¯ma al-Hanafı¯ (gest. 837/ ˙ ˙ 1433 – 4)34, Burha¯n ad-Dı¯n Abu¯ Isha¯q b. Muhammad al-Halabı¯ (gest. 841/ ˙ ˙ ˙ 1437 – 8)35 und Ibn Hagˇar al- Asqala¯nı¯ (gest. 852/1372)36. Neben dem Arabischen beherrschte Ibn Ag˘a¯ auch das Türkische. So verfasste er in dieser Sprache einige Gedichte und fertigte aus al-Wa¯qidı¯s berühmter Chronik (gest. 207/822)37 Futu¯h ˙ asˇ-Sˇa¯m eine türkische Version in 12000 Versen an, die zumindest in Teilen erhalten ist.38 Mehrmals stattete er der Hauptstadt Kairo einen Besuch ab, zumal dort sein Onkel Sˇiha¯b ad-Dı¯n Ahmad b. Abı¯ Bakr b. Sa¯lih al-Mar asˇ¯ı (gest. 872/ ˙ ˙ ˙ 1467 – 8)39 wohnte. Über Ibn Ag˘a¯s Karriere ist nichts bekannt. Wir wissen allein, dass er zum einen während des erwähnten Feldzuges nach Syrien in den Jahren von 875/1471 bis 877/1472 qa¯d¯ı askar und ima¯m von Yasˇbak gewesen ist und ˙ zum anderen nach seiner Mission nach Tabrı¯z mit zwei weiteren diplomatischen Aufgaben betraut wurde: 877/1472 führte er Gespräche mit dem osmanischen Sultan und 880/1475 schickte ihn Qa¯’itba¯y noch einmal an den Hof Uzun Hasans. ˙ Erwähnenswert ist sicher auch seine Bekanntschaft mit dem von al-Maqrı¯zı¯ (st. 845/1442), as-Saha¯wı¯ und Ibn Iya¯s so diffamierten Gelehrten Abu¯ Ha¯mid al˙ ˘ Qudsı¯.40 Zumindest nennt dieser ihn in seinem Duwal al-isla¯m asˇ-sˇarı¯fa albahı¯ya als einen seiner wichtigsten Gewährsmänner.41 Ibn Ag˘a¯ starb schließlich im Jahre 881/1476 in Aleppo. ˘

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33 Siehe zu ihm Ben Cheneb, M., Art. „al-K. udu¯rı¯, Abu ‘l-Husayn/al-Hasan Ahmad“, in: The ˙ Sp. 345a-b. ˙ Encyclopaedia of Islam. New Edition. Vol. 5: Khe-Mahi. ˙Leiden 1986, 34 Zu diesem Gelehrten siehe Ibn al- Ima¯d (st. 1089/1679), Sˇadara¯t ad-dahab fı¯ ahba¯r man ¯ ¯ ¯ ˘ dahab. 8 in 4 Bänden. Kairo 1930 – 31, hier Bd. 7, S. 223. ¯ 35 Siehe ibid., S. 270. 36 Ibn Hagˇars Werk und Wirken würdigen neben Rosenthal, F., Art. „Ibn Hadjar al- Ask. ala¯nı¯“, ˙ Encyclopaedia of Islam. New Edition. Vol. 3: H-Iram. Leiden und ˙ London 1971, Sp. in: The 776a – 778b vor allem Izz ad-Dı¯n, M. K., at-Ta’rı¯h wal-manhagˇ at-ta’rı¯h¯ı li-Ibn Hagˇar al˙ Study of Asqala¯nı¯. Beirut 1964 und Kawash, S. K., Ibn Hajar˘al- Asqala¯nı¯ (A.D. 1372˘ – 1449): A ˙ the Background, Education, and Career of an a¯lim in Egypt. Ph.D. diss. Princeton University 1969. Siehe aber auch as-Saha¯wı¯, ad-Daw [wie Anm. 4], Bd. 2, S. 36 – 40 (# 104) und vor ˘ ˇ awa¯˙hir˙ wad-durar fı¯ targˇamat Sˇayh al-Isla¯m Ibn Hagˇar. Hg. allem dessen Biographie K. al-G ˙ ˘ ägt die akademische von Ibra¯hı¯m Ba¯gˇis Abd al-Magˇ¯ıd. 3 Bde. Beirut 1999. Wie ausgepr Konkurrenzsituation zur Zeit Ibn Hagˇars war, zeigt Broadbridge, A. F., Academic Rivalry and ˙ the Patronage System in Fifteenth-Century Egypt: al- Aynı¯, al-Maqrı¯zı¯, and Ibn Hajar al˙ Asqala¯nı¯, in: Mamlu¯k Studies Review 3 (1999), S. 85 – 107. 37 Siehe zu ihm nun Leder, S., Art. „al-Wa¯k. idı¯“, in: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Vol. 11. Fascicules 179 – 180: Van-Walı¯. Leiden 2000, Sp.101b – 103b. 38 Vgl. Flemming, Literary Activities [wie Anm. 14], S. 257. 39 Zu seinem Leben gibt as-Saha¯wı¯, ad-Daw [wie Anm. 4], Bd. 1, S. 254 Auskunft. ˙ ˙4], Bd. 7, S. 234 – 237 (# 575). ˘ Anm. 40 Siehe as-Saha¯wı¯, ad-Daw [wie ˙ ˙ Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯s Traktat [wie Anm. 17], S. 115 – 116 (arabischer ˘ 41 Vgl. Labib/Haarmann, Text). Zu Literatur über Abu¯˙ Ha¯mid al-Qudsı¯ siehe Anm. 54. ˙ ˘

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Ibn Ag˘a¯s (st. 881/1476) „Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯“ ˙ ˙ ˘

Der Text

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Ibn Ag˘a¯s Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯ ist ein historiographisches Werk, in ˙ ˙ ˘ welchem der Autor über diejenigen von ihm selbst erlebten Begebenheiten berichtet, die sich während der von Qa¯’itba¯y unter Führung Yasˇbaks veranlassten militärischen Strafexpedition in die nördlichen Grenzgebiete des Reiches abspielten: Bereits zwei Monate nach dem Abmarsch aus der mamlukischen Hauptstadt hatte man die Festung von Aynta¯b eingenommen und Sˇa¯h Suwa¯r ˙ weit zurückgedrängt. Dieser nahm daraufhin diplomatische Gespräche mit den Mamluken auf. Von Seiten der Ägypter führte die Verhandlungen Ibn Ag˘a¯ höchstpersönlich. Im Namen Yasˇbaks forderte er die Übergabe der Festungen Daranda und Sı¯s. Sˇa¯h Suwa¯r lehnte dies rundweg ab, so dass die Kampfhandlungen wieder aufgenommen wurden. Mit Beginn der neuen Konfrontation zwischen Mamluken und Du¯ l-Qadariten schickte Yasˇbak seinen Unterhändler ¯ zu Uzun Hasan als offiziellen Gesandten nach Tabrı¯z, um dort Näheres über die ˙ Pläne des Turkmenenführers in Erfahrung zu bringen. Nach Ibn Ag˘a¯s Rückkehr in das Heerlager der Mamluken spitzten sich, wie er uns weiter erzählt, die Ereignisse rasch zu: Man konnte die Festung von Aynta¯b einnehmen und damit ˙ die militärische Position Sˇa¯h Suwa¯rs nachhaltig verschlechtern. Viele seiner Emire liefen daraufhin zu den Mamluken über. So überreichte Emir Mu¯sa¯ b. Karagˇ im Rabı¯ II 876/September 1471 dem ägyptischen Oberbefehlshaber die Schlüssel von Elbistan und Mar asˇ. Kurze Zeit später ergaben sich Salma¯n, Hadda¯d und Yahya¯ Ka¯wir, die Brüder des Du¯ l-Qadariten-Führers. Zum ent¯ ˙ ˙ scheidenden Waffengang zwischen den beiden Heeren kam es schließlich im ˇ uma¯da¯ II 876/November 1471 bei dem Fluss G ˇ ayhu¯n. Sˇa¯h Suwa¯r musste sich G den Truppen Yasˇbaks geschlagen geben. Es folgte die Eroberung von Adana und die Kapitulation von Sı¯s. Im Du¯ l-Qa da 876/April 1472 bat Sˇa¯h Suwa¯r den ¯ Mamlukenkommandeur um einen Waffenstillstand. Die Verhandlungen scheiterten jedoch, so dass die Ägypter im Du¯ l-Higˇgˇa 876/Mai 1472 Hirma¯n be¯ ˙ ˘ setzten und das dort befindliche Vermögen Sˇa¯h Suwa¯rs beschlagnahmten. Die Mamluken belagerten schließlich dessen letzte Hochburg Zamantu¯. Am 23. Du¯ l¯ ˙ Higˇgˇa 877/1. Juni 1472 wandte sich Sˇa¯h Suwa¯r mit der Bitte um Gnade an Yasˇbak. ˙ Dieser lehnte dieses Gesuch jedoch ab, woraufhin Sˇa¯h Suwa¯r kampflos aufgab. Der Emir Barqu¯q, seines Zeichens Stellvertreter Sultan Qa¯’itba¯ys in Syrien, ließ ihn in Ketten legen und nach Kairo bringen. Zum neuen Machthaber der Du¯ l¯ Qadariten wurde nun zum zweiten Mal Sˇa¯h Buda¯q ernannt. Auch Yasˇbak begab sich zusammen mit seinen siegreichen Recken zurück in die Hauptstadt. Nachdem Sˇa¯h Suwa¯r und seine vier Brüder (Salma¯n, Hadda¯d, Yahya¯ Ka¯wir und ˙ ˙ Ardawa¯na) dort Sultan Qa¯’itba¯y vorgeführt worden waren, verurteilte man sie zum Tode und hängte sie am az-Zuwayla- bzw. am an-Nasr-Tor an Haken auf. ˙ ˘

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Der Text

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Ibn Ag˘a¯ : Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯ (Gliederung) ˙ ˙ ˘ Der Sultan stattet Yasˇbak mit allen Vollmachten aus (S. 53 – 57) Yasˇbak in Palästina (S. 57 – 64) Yasˇbak in Damaskus (S. 64 – 66) Auf dem Weg nach Aleppo (S. 66 – 70) Einzug in Aleppo (S. 70 – 74) Abreise aus Aleppo (S. 74 – 78) Belagerung der Festung von Aynta¯b und ihre Eroberung (S. 78 – 83) ˙ Erster Zusammenstoß mit den Truppen Sˇa¯h Suwa¯rs (S. 83 – 86) ˇ Verhandlungen mit Sa¯h Suwa¯r (S. 86 – 95)

– Gesandtschaft des Autors nach Tabrı¯z (S. 95 – 123)

– Dem Autor wird berichtet, was sich in seiner Abwesenheit ereignet hat (S. 123 – 132) – Eintreffen des Autors im Lager Yasˇbaks (S. 132 – 133) – Lobpreisung Yasˇbaks (S. 133 – 136) – Eroberung der Festung von Hirma¯n (S. 136 – 141) ˘ – Belagerung der Burg von Zamantu¯ (S. 141 – 145) ˙ – Sˇa¯h Suwa¯rs Kapitulation (S. 145 – 147) – Bestallung Sˇa¯h Buda¯qs als Herrscher der Du¯ l-Qadariten (S. 148) ¯ – Abreise nach Danda (S. 148 – 150) – Rückkehr nach Aleppo (S. 150 – 151) – Neue Anweisungen aus Kairo (S. 151 – 152) – Abzug aus Aleppo (S. 152 – 153) – Yasˇbak in Damakus (S. 153 – 155) – Rückkehr nach Kairo (S. 155 – 156) – Triumphaler Einzug in Kairo (S. 156 – 158) – Sˇa¯h Suwa¯r vor Qa¯’itba¯y (S. 158 – 159) – Hinrichtung von Sˇa¯h Suwa¯r und seiner Familie (S. 159 – 160)

Der größere Teil des Werkes handelt somit von den Kampfhandlungen zwischen den mamlukischen Truppen und den Soldaten Sˇa¯h Suwa¯rs.42 Es sei an dieser Stelle erwähnt, dass unser Augenzeugenbericht für die Rekonstruktion dieser 42 Ibn Agˇa¯, Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯ [wie Anm. 31], S. 53 – 95 und 123 – 158 = Rihlat al˙ ¯˙da¯r [wie Anm. 31], S. 65 – 106 und 129 – 160. ˙ Amı¯r Yasˇbak ˘min Mahdı¯ ad-Dawa

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Ibn Ag˘a¯s (st. 881/1476) „Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯“ ˙ ˙ ˘

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Ereignisse und ihre historische Kontextualisierung die Hauptquelle darstellt. Bei einer ausführlichen Behandlung dieses Themas wären allerdings noch eine Reihe von Paralleltexten heranzuziehen. Unter anderem böten sich hierfür an: – Abd al-Ba¯sit b. Halı¯ls (gest. 920/1514)43 Dayl nayl al-amal fı¯ dayl ad-duwal ¯ ¯ ˙˙ ˘ und ar-Rawd al-ba¯sim fı¯ hawa¯dit al- umr wat-tara¯gˇ im44 ¯ ˙ 46 45 ˙ – Ibn Iya¯s’ Bada¯’i az-zuhu¯r fı¯ waqa¯’i ad-duhu¯r – as-Sayrafı¯s (819/1416 – 900/1495)47 Inba¯’ al-hasr fı¯ abna¯’ al- asr48 ˙ ˙ ˙ ˙ – Ibn Tag˙rı¯birdı¯s (gest. 874/1470)49 Hawa¯dit ad-duhu¯r fı¯ mada l-ayya¯m wasˇ¯ ˙ ˙ ˇsuhu¯r50 und an-Nugˇu¯m az-za¯hira fı¯ mulu¯k Misr wal-Qa¯hira51 ˙ – Abu¯ Bakr Tihra¯nı¯-Isfaha¯nı¯s (gest. wohl nach 886/1481 – 2)52 Kita¯b-i Diya¯rba˙ ˙ 53 krı¯ya – Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯s54 Ta’rı¯h al-Malik al-Asˇraf Qa¯’itba¯y55 ˙ ˘ ˘ ˘

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43 Siehe zu ihm Ashtor, E., Etude sur quelques chroniques mamloukes, in: Israel Oriental Studies 1 (1979), S. 272 – 297, hier 287 – 297. 44 Eine Liste der Handschriften gibt GAL [wie Anm. 13], Bd. 2, S. 66 und Supplementband 2, S. 52 – 53. ¯ s¯ı, H., Ibn Iya¯s – 45 Eine ausführliche Vita des ägyptischen Historikers Ibn Iya¯s liefert A ˙ ¯˙m, A, I. (Hg.), mu’arrih al-fath al- utma¯nı¯ li-Misr. Beirut 1993. Siehe aber auch Abd al-Karı ¯ ˙ 1977 sowie Brinner, W. M., Art. „Ibn Iya¯s“, in: The Ibn Iya¯s˘ – dira¯˙sa¯t wa-buhu¯t. Kairo ˙ ¯ Edition. Vol. 3: H-Iram. Leiden und London 1971, Sp. 812a – Encyclopaedia of Islam. New 813b. 46 Siehe Anm. 6. 47 Zu Leben und Werk ist man bisher allein auf die Angaben in Saha¯wı¯, Daw [wie Anm. 4], ˙ ˘ Bd. 5, S. 217 – 219 (# 738) angewiesen. 48 As-Sayrafı¯, Inba¯’ al-hasr fı¯ abna¯’ al- asr. Hg. von Hasan Habasˇ¯ı. Kairo 1970. ˙ neben ˙ Popper, W., Art. „Abu ‘l-Maha¯sin ˙ ˙beste Einführung zu ˙ Ibn Tag˙rı¯birdı˙¯s Schaffen ist 49 Die ˙ b. Tag˙rı¯birdı¯“, in: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Vol. 1: A-B. Leiden und London 1960, Sp. 138a-b noch immer der 1974 in Kairo erschienene Tagungsband al-Mu’arrih Ibn ˘ Alˇ ama¯l ad-Dı¯n Abu¯ l-Maha¯sin Yu¯suf: 813 – 874. Siehe aber ebenfalls Perho, I., Tag˙ rı¯ Birdı¯, G ˙ Maqrı¯zı¯ and Ibn Taghrı¯ Birdı¯ as Historians of Contemporary Events, in: Kennedy, H. (Hg.), The Historiography of Islamic Egypt, c. 950 – 1800. Leiden 2001, S. 107 – 120. 50 Ibn Tag˙rı¯birdı¯, Hawa¯dit ad-duhu¯r fı¯ mada l-ayya¯m wasˇ-sˇuhu¯r. Bd. 7. Hg. von W. Popper. ¯ ˙ Angeles ˙ Berkeley and Los 1930 – 31. 51 Ibn Tag˙rı¯birdı¯, an-Nugˇu¯m az-za¯hira fı¯ mulu¯k Misr wal-Qa¯hira. 16 Bde. Hg. von W. Popper. ˙ Kairo 1936 – 1970. 52 Die wenigen Informationen, die wir über sein Leben haben, sind zusammengestellt in Storey, C. A., Persian Literature. A Bio-Bibliographical Survey. Translated into Russian and Revised, with Additions and Corrections by Yu. E. Bregel‘. Vol. 2: Special Histories of Persia, Kurdistan, Central Asia, Afghanistan, Turkey, Caucasia, Arab States, Europe and America, China and Japan. Moskau 1972, S. 846 – 847. 53 Abu¯ Bakr Tihra¯nı¯-Isfaha¯nı¯, Kita¯b-i Diya¯rbakrı¯ya. Hg. von N. Lugal und F. Sümer. 2 Bde. ˙ – 64. ˙ Ankara 1962 54 Neben Faz˙l Alla¯h b. Ru¯zbiha¯n Hungˇ¯ı Isfaha¯nı¯ war Abu¯ Ha¯mid Muhibb ad-Dı¯n al-Qudsı¯ der ˙ ˘ Haarmanns. zweite „Lieblingsgelehrte“ Ulrich In einer˙ Reihe von˙ Studien hat er sich mit dessem Œuvre und dessen Biographie auseinandergesetzt: (1) „Was ist schwerer zu ertragen: tyrannische Herrschaft oder die Überheblichkeit der Berufskollegen? Ein Gelehrtenschicksal im spätmittelalterlichen Kairo“, in: Wieckenberg, E. P. (Hg.). Der Aquädukt 1763 – ˘

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Der Gesandtschaftsbericht

Ein genauer Vergleich dieser Quellen, der im Rahmen dieses Aufsatzes nicht geleistet werden kann, könnte nicht nur dazu dienen, die Ereignisabfolge zu rekonstruieren, sondern vor allem die wichtige Frage zu beantworten, warum die zahlenmäßig und von ihrer Ausrüstung her überlegenen Mamluken es zwischen 872/1468 und 885/1481 nicht schafften, der Bedrohung durch die Du¯ l¯ ¯ q-Qoyunlu¯ militärisch Herr zu werden. Qadariten und A Sind diejenigen Partien in Ibn Ag˘a¯s Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯, die sich ˙ ˙ ˘ mit dem Kriegszug selbst und den diesbezüglichen taktischen Manövern des mamlukischen Oberbefehlshabers befassen, in klaren, kurzen Sätzen abgefasst, die auf bündige Informationswiedergabe abzielen, so wechselt der Stil, als es um die Beschreibung seiner in den historiographischen Erzählstrom eingeflochtenen Mission nach Tabrı¯z geht. Um diesen – auch in der Gesamtkonzeption des Werkes zentralen – Abschnitt, der immerhin 18 der insgesamt 69 Folioseiten einnimmt, sind die Berichte über die militärischen Ereignisse wie eine Einleitung bzw. ein Ausblick gruppiert. Steht in jenen beiden Teilen Yasˇbak im Mittelpunkt des Geschehens, so ist während der Gesandtschaft natürlich unser Autor die wichtigste Person. Der unpersönliche Erzählduktus wechselt über in eine subjektive Darstellungsweise.

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Der Gesandtschaftsbericht

Da der Bericht Ibn Ag˘a¯s über seine Mission zu Uzun Hasan zum einen den Reiz ˙ des Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯ im Vergleich zu den ansonsten üblichen ˙ ˙ ˘ Chroniken ausmacht und zum anderen auch inhaltlich Interessantes zu bieten ˘

1988. München 1988, S. 207 – 216; (2) „Rather the Injustice of the Turks than the Righteousness of the Arabs – Changing Ulama¯’ Attitudes towards Mamluk Rule in the Late Eighteenth Century“, in: Studia Islamica 68 (1988), S. 61 – 77; (3) „Einleitung“ [wie Anm. 17]; (4) „The Writer as an Individual in Medieval Muslim Society“, in: Deguilhem, R. (Hg.), Individual and Society in the Mediterranean Muslim World. Issues and Sources. Aixen-Provence 1998, S. 77 – 87; (4) „Eine neue Quelle zur Bautätigkeit Sultan Qa¯yitba¯ys im ersten Jahrfünft seiner Herrschaft“, in: Damaszener Mitteilungen 11 (1999), S. 191 – 203 und (5) „Al-Maqrı¯zı¯, the Master, and Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯, the Disciple – Whose Historical Writing Can Claim More Topicality and ˙Modernity?”, in: Kennedy, H. (Hg.), The Historiography of Islamic Egypt, c. 950 – 1800. Leiden 2001, S. 149 – 165. Siehe aber auch Cook, M., Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯ (d. 888/1483), in: Journal of Semitic Studies 28 (1983), S. 85 – 97 und ˙ H., Das ägyptische Mamlukensultanat im 15. Jahrhundert nach dem Ta’rı¯h al-Malik Sievert, ˘ ät Kiel al-Asˇraf Qa¯ytba¯y von Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯. Unveröffentlichte M.A.-Arbeit. Universit ˙ 2001. 55 In seinem Werk liefert uns Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯ wertvolle Informationen vor allem über die ˙ ¯ys gegen Sˇa¯h Suwa¯r und Uzun Hasan [MS. British MuFinanzierung der Feldzüge Qa¯’itba seum Or. 3028, fols. 6b – 13a]. Siehe hierzu Haarmann, Eine neue˙ Quelle [wie Anm. 40], S. 196 – 197 und Sievert, Das ägyptische Mamlukensultanat [wie Anm. 54], S. 37 – 40 und 47 – 49.

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Ibn Ag˘a¯s (st. 881/1476) „Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯“ ˙ ˙ ˘

hat, habe ich mich dazu entschlossen, den vollständigen Text in Übersetzung wiederzugeben:56 ˘

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„Er [d.h. Yasˇbak, S.C.] ernannte mich (zum Gesandten) und schickte mich zu Hasan ˙ Beg, dem Herrscher über die beiden Ira¯q [d.h. Ira¯q al- Arab und Ira¯q al- Agˇam, S.C.] und über das, was daran angrenzt. Er gab mir ein ihn ehrendes Geschenk mit (auf den Weg). Ich küßte ihm [d.h. Yasˇbak, S.C.] die Hand und verabschiedete mich. Anvertraut hatte er mir eine mündliche Botschaft, in der er dem Emir Hasan Beg in allen die ˙ islamische Herrschaft betreffenden Angelegenheiten seine Unterstützung zusicherte. Er [d.h. Yasˇbak, S.C.] begab sich unter dem Schutz der Ungefährlichkeit und des Glückes nach Westen, und mit ihm (zogen) die Herzen (der Muslime). Ich selbst wandte mich nach Osten gen Tabrı¯z, genauso begleitet von der Ungefährlichkeit und dem Glück, wenn Gott, der Allmächtige (es so) will. ˘

In dieser Nacht gelangte ich bis zu dem Dorf Awrı¯l, das sich zwischen Aynta¯b und al˙ Bı¯ra befindet. Bei mir waren (zum einen) der Scheich Ala¯’ ad-Dı¯n al-Hisnı¯, der sich – ˙ ˙ ebenfalls mit einem jenen würdigenden Präsent – (als Botschafter) zum Sultan Muhammad b. Utma¯n [d.h. Mehmed II., S.C.] begeben sollte, und (zum anderen) as˙ ˙ ˇ¯a¯n (, der sich auf Sayyid Amı¯r G diplomatischer Mission) zu dessen Sohn Sultan Abu¯ Yazı¯d [d.h. Ba¯yezı¯d II. (reg. 886 – 918/1481 – 1512), S.C.] (befand). ˘

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Wir verließen Awrı¯l und kamen morgens in al-Bı¯ra an. Der Scheich Ala¯’ ad-Dı¯n besaß zwei Pferde. Eines der beiden, nämlich eine Stute, die in den Ländern des Islam nicht ihresgleichen hatte, verendete am Tag unseres Auszuges aus Aynta¯b an einer bei ihnen ˙ zu dieser Zeit grassierenden Tierkolik. Man kommandierte aus dem Dorf Awrı¯l den ˇ Sohn seines Bruders Saraf ad-Dı¯n ab, um über diesen Vorfall dem Emir (Yasˇbak) Bericht zu erstatten. ˘

Am Montag (, den 19. August 1471) kehrte er zu uns zurück und erzählte, dass der Emir – Möge ihm Gott zum Sieg verhelfen! – sich am Sonnabend zu Pferde auf den Weg gemacht habe und sich nun (mit seinen Leuten) in der Nähe von Burgˇ ar-Rassa¯s ˙˙ ˙ befinde. Dort hielt sich auch die Vorhut des unglückseligen (Sˇa¯h) Suwa¯r auf. Als sie sie sahen, kamen sie zu dem Schluß, dass der ,Inhaber des gesegneten Aufenthaltsortes‘ [d.h. Yasˇbak, S.C.] sich dorthin begeben habe, um die Zelte (Sˇa¯h) Suwa¯rs, die zwischen dem Na¯sirı¯-See und Famm al-Asad aufgeschlagen worden waren, zu plündern. Die ˙ Vorhut eilte zu ihm [d.h. zu Sˇa¯h Suwa¯r, S.C.] und meldete, dass Yasˇbak in der Nähe von ar-Ra¯wanda¯n Halt gemacht habe und sich nun darauf vorbereite, den Überfall durchzuführen. Sie berichteten, dass die siegreiche Armee sich daranmache, seine Zelte und Leute anzugreifen. Unverzüglich saß er auf und begab sich, nachdem er seine

56 Fols. 28a bis 45b des Manuskriptes. Als Grundlage beider Editionen diente eine Kopie, die Ahmad Zakı¯ am 9. Oktober 1909 nach dem im Topkapı Sarayı befindlichen Original ˙ 268] angefertigt hat. Zu anderen Handschriften siehe Ibn Agˇa¯, Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az[Nr. ˙ ˘ Za¯hirı¯ [wie Anm. 31], S. 44 – 50. In der Druckfassung umfaßt der Gesandtschaftsbericht Ibn ˙Agˇa¯, Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯ [wie Anm. 31], S. 95 – 123 bzw. Rihlat al-Amı¯r Yasˇbak ˙ ˙ ˘¯ ad-Dawa¯da¯r [wie˙ Anm. min Mahdı 31], S. 106 – 129.

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Der Gesandtschaftsbericht

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Vorbereitungen getroffen hatte, zu seinem Lager, wobei er den Weg in Richtung Mar asˇ einschlug und die Gefahr auf sich nahm, dass das überlegene Heer ihn einholte. Vergewissere Dich, was dies für ein wundersamer Zufall war! Zweifelsohne geschah dies alles auf Geheiß Gottes, des Höchsten und war ein Beweis seines [d.h. Yasˇbaks, S.C.] Glückes. Gott unterstützt ihn mit seinen Engeln. Der Emir Hamza b. ¯Ina¯l ließ die gefangengenommenen Soldaten (Sˇa¯h Suwa¯rs) zu˙ sammenbringen und vor den ,Inhaber des gesegneten Aufenthaltsortes‘ führen. Jener verurteilte sie, und man warf sie in den Kerker.

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Im Anschluss an dieses Ereignis begab ich mich nach dem Mittag, nachdem ich mich von meinen beiden Freunden verabschiedet hatte, wieder auf den Weg. Sie reisten weiter nach Anatolien (ar-Ru¯m). Am Abend dieses Tages machte ich Halt in einem Ort namens Ba¯gˇiq. Am Dienstag (, den 20. August) verließ ich ihn und gelangte um die Mittagszeit nach ar-Ruha¯. Am Donnerstag (, den 22. August) kehrte ich ar-Ruha¯ den ˇ ulla¯b und von dort nach […]57 und über den G ˇ abal alRücken und kam nach Ra’s Ayn G ¯ mid. Hier hielt ich mich den Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag Aswad nach A ¯ mid ab, nachdem ich das Gebet in und Freitag (26.–30. August) auf. Ich reiste von A ihrer Moschee verrichtet hatte, welche berühmt ist für die hohen Ausgaben (, die erst) zur Vorbereitung (ihres Baues) und (dann zu ihrer) Errichtung (selbst benötigt wurden). Von ihrer Architektur her erinnert sie an die Umayyadenmoschee (in Damaskus), allerdings ist ein großer Teil ihrer Fassade zerstört. Ebenso (heruntergekommen sind) die Gebäude, die hier von den Artuqiden58 erbaut wurden. Sie zeugen (aber dennoch) von (der Größe) ihrer Herrschaft und von ihrer (bemerkenswerten) Bautätigkeit, als sie ¯ mid innehatten. Wenn jemand diese Überreste und Denkmäler (der die Macht über A Vergangenheit) sieht, ist er (sofort) überzeugt von der Bedeutung ihrer [d.h. der Artuqiden, S.C.] Herrschaft und von dem hohen Rang, den sie (unter den islamischen Dynastien) einnahmen. Man ist an das Dichterwort erinnert: „Die Stürme ziehen in Richtung ihres Landes, als ob sie sich dort zu einem Stelldichein verabredet hätten.“ Ich rastete bei einer Quelle in der Nähe des Dorfes al-Ha¯gˇgˇ Sulayma¯n. Am Sonnabend ˙ (, den 31. August) verrichtete ich dort das Morgengebet, reiste dann ab und erreichte 59 (alsbald) die Stadt H¯ın . Hier gibt es zahlreiche Bäume, Weinstöcke und Quellen, ˙

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57 Im Manuskript ist an dieser Stelle eine Lücke. 58 Eine türkische Dynastie, die vom Ende des 5./11. bis zum Anfang des 9./15. Jahrhundert in und um Diya¯r Bakr herrschten. Siehe neben Cahen, Cl., Art. „Artuk. ids“, in: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Vol. 1: A-B. Leiden und London 1960, Sp. 662b – 667b Ilisch, L., Geschichte der Artuqidenherrschaft von Mardin zwischen Mamluken und Mongolen 1260 – 1410 A.D. Unveröff. Diss. Universität Münster 1984 und Väth, G., Die Geschichte der artˇ azı¯ra l-Fura¯tı¯ya (496 – 812/1002 – 1409). Berlin uqidischen Fürstentümer in Syrien und G 1987. 59 Diese Ortschaft erwähnt auch Ya¯qu¯t ar-Ru¯mı¯ (gest. 626/1229): Ya¯qu¯t, Mu gˇam al-bulda¯n. Hg. von F. Wüstenfeld. 4 Bde. Leipzig 1866 – 1873. Reprint Frankfurt am Main 1994, hier Bd. 3, S. 202 – 203 bzw. 382 – 383. Zu Ya¯qu¯t siehe nun Gilliot, Cl., Art. „Ya¯k. u¯t al-Ru¯mı¯“, in: The

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welche aus dem Fuß der Festung herausfließen. Die Stadt (ist) mit einer Mauer (befestigt), die heutzutage (jedoch) zerstört ist. Die Mehrheit ihrer Einwohner sind Christen. Ich habe (in ihrem Umfeld) einige große Moscheen und Minarette gesehen, von denen (aber) einige eingestürzt waren. Die in der Stadt befindlichen Moscheen sind verfallen, (ihre Spuren) sogar ausgelöscht. Ebenso liegen ihre Häuser in Trümmern – der Großteil bietet einen jammernswerten Anblick. Der Ort verfügt über ein angenehmes Klima, das Wasser dort ist wohltuend schmackhaft und kühl. Obgleich er sich in einem katastrophalen Zustand befindet, hat mir seine Schönheit und sein anziehendes Umfeld gefallen. Ich wollte ihn noch in derselben Nacht verlassen, doch wollte es der Zufall, dass ich dort bis Sonntagmittag (1. September) blieb. Ich begann damit, seine Leute nach (der Herkunft von) seinem Namen zu befragen. Einer von ihnen sagte mir, dass er „H¯ın“ heiße, ein anderer „ Ayn“. Dies ist schon wahrschein˙ licher. Einer meinte (sogar) „Hı¯n“. Zweifelsohne ist dies eine falsche Form von „H¯ın“ ˙ oder „ Ayn“. Die Turkmenen sprechen (die Buchstaben) al- ayn, al-ha¯’ und ha¯’ (für ˙ gewöhnlich) falsch aus. Gott weiß am besten, was wahr ist! ˘

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Bis zum Untergang (der Sonne) marschierten wir inmitten hoher Berge, auf denen verschiedene Baumarten wuchsen, durch das Flussbett. In diesem Flussbett, wo sich einige Häuser von Kurden befanden, machten wir auch Rast. Um Mitternacht zogen wir weiter, wobei wir uns bis zum Montag (, den 2. September) beinahe die ganze Zeit zwischen Bergen und Flusstälern bewegten. Schließlich hielten wir bei der Festung ˇ a¯ba¯gˇu¯r60. Dies ist eine kleine Burg am Beginn eines langen Tales. Dort finden sich G verstreut kurdische Dörfer, und von allen Seiten strömen Flüsse (in das Tal). Es ist (insgesamt gesehen) eine bevölkerungsarme Region.

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Am Dienstag (, den 3. September) brachen wir von dort auf und setzten über den Euphrat, der an dieser Stelle viermal schmäler ist als in al-Bı¯ra. Der größte Teil des Flusses (, dem wir gefolgt sind,) vereinigt sich hier, nachdem er von dort [d.h. aus dem Gebirge, S.C.] gekommen ist, mit dem Euphrat. Diese Nacht verbrachten wir zwischen Bäumen und Felsen an einem menschenleeren und leblosen Ort. Anschließend setzten wir unseren Weg von dort aus fort und erreichten am Mittwochabend (4. September) eine weitläufige Gegend, wo (nur) Kurden wie Wilde hausten, die den Menschen nur dem Äußeren nach ähneln. Wir fragten sie nach dem Namen des Ortes, und sie antworteten, dass jener Platz Malasˇ Kurd61 heiße. Anschließend stiegen wir auf einen hohen Berg, auf dem sich die Behausungen der Kurden befanden. Dort trafen wir (auch) mit dem Scheich Muhammad al-Kurdı¯ zusammen, der (uns) erzählte, dass er ein ˙ Nachkomme unseres Herren al- Abba¯s62 – Möge Gott Wohlgefallen an ihm haben! – sei.

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Encyclopaedia of Islam. New Edition. Vol. 11. Fascicules 183 – 184: Ya¯bisa-Yıldız Sara¯yı. Leiden 2001, Sp. 264b – 266b. 60 Vgl. Ya¯qu¯t, Mu gˇam al-bulda¯n [wie Anm. 59], Bd. 3, S. 49. 61 Eventuell ist dies der Ort, den Ya¯qu¯t in seinem geographischen Lexikon unter dem Namen ,Walasˇgˇird‘ verzeichnet. Siehe Ya¯qu¯t, Mu gˇam al-bulda¯n [wie Anm. 59], Bd. 3, S. 49. 62 Gemeint ist Abd Alla¯h b. al- Abba¯s (gest. 68/686 – 688). Cf. zu ihm Veccia Vaglieri, L., Art. „ Abd Alla¯h b. al- Abba¯s“, in: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Vol. 1: A-B. Leiden und London 1960, Sp. 40a – 41b. ˘

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Der Gesandtschaftsbericht

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Am Donnerstag (, den 5. September) ging es weiter. Wir nächtigten in einem Tal, in dem sich ein Fluss befand, aber niemand lebte. In dieser Nacht blieben unsere Pferde ohne Futter. Auch wir harrten ohne unsere Vorräte aus und ertrugen die unbeschreibliche Müdigkeit und Erschöpfung. Es gab viele eiskalte Flüsse und sogar Schnee auf den (umliegenden) Gipfeln. Was die Kälte anging, so hatten wir in den 40er Jahren in Aleppo solche Fröste nicht erlebt. Und unsere (jetzige) Reise fand ja im August (und September) statt! Die Mehrheit unserer Leute war durch die Eiseskälte ganz entkräftet. Von der freitäglichen Mittagszeit an bis zur Mitte der sonnabendlichen Nacht war ich krank, doch dann ging es mir (wieder) besser. Gott sei (es) gepriesen! Danach begaben wir uns in der Morgendämmerung wieder auf den Weg und pausierten an einem Ort, an dem man weißes Salz abbaute und an dem nicht ein einziges Lebewesen hauste. Unsere Pferde blieben (auch hier) ohne Futter, doch durch die Vorherbestimmung Gottes und durch seine Barmherzigkeit gab es (an diesem Ort) viel Gras und Weideland. Wenn dies nicht so gewesen wäre, wären wir (wohl) umgekommen. Die Tiere wären dageblieben und wir hätten nicht mehr die Kraft gehabt weiterzugehen, zumal die Steppe unendlich schien. Am Ende der Nacht brachen wir von diesem Platz auf. In jener Nacht erlitt ich erneut einen Schwächeanfall. Am Sonntagmorgen (8. September) gelangten wir zur Brücke von Malazgird. Wir fanden sie zerstört vor. Man sagte uns, daß dies eben jenes Wasser sei, welches in einem großen Strom zusammenfließe und (nun) Euphrat genannt werde. Seine Quelle befinde sich bei Arsam ar-Ru¯m. An dieser Stelle setzten wir zum vierten Mal (,) seit(dem wir ihn das erste Mal bei) al-Bı¯ra (passiert hatten,) über den Fluss. An jenem Tag wurde ich noch schwächer und war davon überzeugt, dass mein Ende unabwendbar sei. Testamentarisch regelte ich meine Angelegenheiten. Den Anbruch des Tages verbrachten wir rastend an jenem Ort, bevor wir uns im ersten Drittel des Tages wieder auf den Weg begaben. Morgens gelangten wir zur Klause von Ba¯ba Tasˇku¯n, in welcher man die Leute beherbergte, die die Felder der dortigen Umgebung ˙ bestellten. Auch gab man den an ihr vorbeikommenden Reisenden und Mittellosen zu essen, indem man sie je nach ihren Möglichkeiten bewirtete. An diesem Ort, der Weideflächen und Wasser im Überfluß bot, machten wir bis Montagmittag (9. September) Rast. Anschließend kehrten wir dem Ort den Rücken und hielten (erst wieder) in der Nähe des Berges Subha¯n. Dies ist ein hoher Berg, dessen Schneefelder auch ˙ während des Sommers nicht schmelzen. Hier verlor ich weiter an Kraft. Dienstag (, den 10. September) brachte ich dort zu. Zu mir kam der Scheich Qurt. Er ˙ erzählte, dass er auf dem Berg Subha¯n wohne und daß dort (nur) Arme und Scheiche ˙ lebten. Diese brächten ihnen hierher [d.h. in die Klause, S.C.] Weihgaben. Desweiteren berichtete er über jene allerlei wundersame Dinge. Man kann diesen Berg von Ferne und von allen Seiten aus sehen. In dieser Region habe ich viele Berge gesehen, doch bin ich nie auf einen höheren gestoßen. Ich erhielt seinen [d.h. des Scheiches, S.C.] Segen und wurde seines Gebetes für würdig befunden. Am Mittwochmorgen (11. September) zogen wir weiter und kamen zu der Stadt Argˇ¯ıˇs. Wir legten eine Rast ein bei der za¯wiya des verstorbenen Sultans Qara¯ Yu¯suf b. Mu-

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Ibn Ag˘a¯s (st. 881/1476) „Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯“ ˙ ˙ ˘

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hammad Beg63, dem (ehemaligen) Herrscher über Tabrı¯z, Bagdad und die beiden Ira¯q. ˙ Hier befand sich sein Grabmal, das er selbst aufs vollkommenste hatte errichten lassen. Meine Kräfte schwanden dahin, und ich blieb (an diesem Ort) fünf Tage lang. Am Sonntag (, den 15. September) ritten wir weiter. Um aufzusitzen brauchte ich ein Gestell, denn ich hatte keine Kraft mehr, es [d.h. das Pferd, S.C.] (auf normale Art) zu besteigen. Dann erreichten wir das Dorf Ba¯ba¯ Haydar. Montagmorgen (16. September) ˙ verließ ich diesen Ort und pausierte in der Nähe des Sees Band Ma¯hı¯. Anschließend entledigte ich mich des Gestells, indem ich es als Brennholz verwandte. Ich war zufrieden damit, dass ich mich (nun ohne seine Hilfe) auf dem Pferd halten konnte. Wir bewegten uns zwischen hohen Bergen und tiefen Schluchten vorwärts und kamen schließlich in die Nähe von […]64. Dann ging es von dort entlang des (Flusses) Wadı¯ asSawa¯d. An diesem Ort hielten wir uns die Nacht über auf, bevor wir uns an ihrem Ende nach Margˇ Sukma¯n aufmachten. Auch hier verweilten wir während der Nacht. Bei Anbruch des Morgens gingen wir weiter und gelangten nach Hu¯¯ı. Diese Stadt ist reich ˘ an Bäumen, und Wasser ist dort überall zu finden. In ihr gibt es Gebäude, die Zeugnis ablegen von ihrer Größe (und Bedeutung) in der Vergangenheit. Am Freitag (, den 20. September) kehrten wir der Stadt wieder den Rücken und stiegen in nicht allzu großer Entfernung zum See Ta¯su¯ ab. Wir nächtigten dort und blieben den (ganzen) Sonnabend über. Erst am Montag (, den 22. September) brachen wir erneut auf und machten (am Ende des Tages erst) in der Nähe von Sawra¯n-Qu¯lı¯ Halt. Am Montag (, den 23. September) zogen wir weiter, bis wir (endlich) die Stadt Tabršz erreichten. Dies ist ein sehr großer Ort mit einem reichhaltigen Baumbestand und Wasservorkommen. Hier befinden sich imposante Gebäude, derengleichen sich nirgendwo (auf der Welt) finden. Zu nennen sind vor allem das Grabmal Mahmu¯d G˙a¯za¯n Ha¯ns65, eines ˙ ˘ Nachfahren Hülegüs66, welcher [d.h. G˙a¯za¯n Ha¯n, S.C.] den Geschichtskennern kein ˘ Unbekannter ist. Nie habe ich ein Bauwerk gesehen, dass seinem Tabrı¯zer Mausoleum und der benachbarten Moschee an architektonischer Meisterschaft und Schönheit gleichkommt. Es zeugt von der Bedeutung des Machthabers und dem Reichtum (, der während) seiner Regierungszeit (herrschte). Die Freitagsmoschee und diejenigen ˇ aha¯n Sˇa¯h b. Qara¯ Yu¯sufs67 errichtet Komplexe, die in der Stadt von der Ehefrau G wurden, stellen den Gipfel der Vollkommenheit und Ästhetik dar. Begreifen kann man dies nur, wenn man es mit eigenen Augen gesehen hat. 63 Hierbei handelt es sich um den Qara¯-Qoyunlu¯-Herrscher Qara¯ Yu¯suf (gest. 823/1420). Cf. zu ihm Sümer, Art. „Kara-Koyunlar [wie Anm. 20], Sp. 296a – 301a. 64 An dieser Stelle weist die Handschrift eine Leerstelle auf. 65 G˙a¯za¯n Ha¯n war der siebte Herrscher der ¯Il-Ha¯niden. Er regierte von 694/1295 bis 703/1304. Siehe zu˘ ihm nun Amitai-Preiss, R., Art. „G˙˘a¯za¯n Khan“, in: Encyclopaedia Iranica. Bd. 10. Fascicle 4: Ga¯vba¯zı¯-Geography IV. New York 2000, Sp. 381a – 383b. 66 Hülegü (gest. 663/1265), den ,Begründer‘ des ,Reiches‘ der ¯Il-Ha¯niden, ordnet in die mu˘ Political History of the ¯Ilslimisch-persische Politikgeschichte ein Boyle, J. A., Dynastic and Kha¯ns, in: The Cambridge History of Iran. Vol. 5: The Saljuq and Mongol History. Cambridge 1968, S. 303 – 421, hier S. 340 – 355. ˇ a¯n Bı¯gum. 67 Gemeint ist G

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Der Gesandtschaftsbericht

Nachdem wir den oben erwähnten Ort in der Nähe von Sawra¯n-Qu¯lı¯ verlassen hatten, empfing uns der mihma¯nda¯r68 Emir Rustam69 mit (seinen) Leuten. Sie führten ihre Ehrenzeichen vor und teilten (uns) mit, dass der Pa¯disˇa¯h von unserem Eintreffen Kenntnis erhalten und sie (daher) zu uns geschickt habe, um uns ein Tuch mit Speisen (sima¯t) zukommen zu lassen. Wir dankten ihm für die Freundlichkeit. Anschließend ˙ begaben wir uns zu dem Mausoleum und ließen uns dort nieder. Während dieser Nacht bekam ich (hohes) Fieber, so dass ich mich in Decken hüllen musste. Die Gefährten aßen das Gebrachte, bevor wir weiterzogen. Schließlich betraten wir die Stadt Tabrı¯z. Man sandte uns Emire und Soldaten (, die uns begleiteten), bis wir unser Nachtlager erreicht hatten. Als wir am Dienstagmorgen (24. September) aufstanden, war der Emir Hasan Baha¯dur70 bereits in Tabrı¯z eingetroffen und hielt sich in dem für den Herrscher ˙ vorgesehenen Gästehaus auf. Einige Arme hatten ihm zwei Tabletten mit Honig und Brot überreicht. Er ließ dies alles durch seine Boten zu uns bringen und uns zugleich mitteilen, dass er (eigentlich) beabsichtig hatte, eine Zeit lang in seiner Sommerresidenz zuzubringen, doch (nach Tabrı¯z) gekommen sei, als er von unserer Anwesenheit erfuhr. Wir dankten ihm für seine Liebenswürdigkeit.

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Hiernach führte man uns zu einem geräumigeren und besseren Quartier. Dies gehörte zu den Gebäuden der verstorbenen (Frau des Sultans) Ha¯tu¯n. Zusammen mit uns ˘ wohnte dort der Großkadi Ala¯’ ad-Dı¯n. Nach dem Mittag kam einer aus der Dienerschaft (des Herrschers) zu uns, verschloss das Tor (zu unserer Behausung) und verschwand. Eingeschlossen blieben wir zurück, darauf hoffend, dass er zum Sonnenuntergang zurückkäme. Er tauchte jedoch nicht auf. Wir warteten bis zum Abendgebet, doch niemand erschien. Diese Nacht brachten wir sehr unruhig zu, insbesondere, da wir keine Toilette fanden. Als der Morgen kam, wandten wir uns mit der Bitte um Hilfe an den Kadi. Wir berichteten ihm, dass man uns in jener Nacht eingesperrt habe. Ich verfasste einen Brief an ihn, in dem ich nach der Eulogie schrieb, dass ich den Staub unter seinen Füßen küsse. Ich berichtete ihm, dass man uns ohne jeden Grund eingekerkert habe. Es gebe weder einen Verantwortlichen, bei dem man sich beschweren, noch eine Anklage, mit der man sich auseinandersetzen oder abfinden könne. Darüber hinaus sei es uns sogar untersagt, (für unsere Notdurft) ein stilles Örtchen aufzusuchen. (Wenn er wisse), was der Grund für diese (über)große Vorsicht und Unruhestiftung sei, möchte er sich doch an seinen Oberherren (mit der Bitte) wenden (yaltagˇ i’u), diese misslich Lage und dieses große Unglück zu beseitigen und die Tür für ein (freies) Kommen und Gehen zu öffnen. Ich schwor bei Gott sowie Stein und Bein, dass ich nach unserer Befreiung – so Gott will – bis zum Jüngsten Tag nicht hierher zurückkehren würde. Möge Gott – Gepriesen sei er, der Allmächtige! – den Großkadi mit dem belohnen (yusbihu), was ihm Freude bereite. ˙ ˙

68 Dem mamlukischen Verständnis nach bezeichnete dieser Titel diejenige Person bei Hofe, die auswärtige Delegationen und Gesandte empfing. Vgl. Björkmann, W., Beiträge zur Geschichte der Staatskanzlei im islamischen Ägypten. Hamburg 1928, S. 82. 69 Zu ihm gibt es nur wenige biographische Informationen. Erwähnt wird er etwa bei Tihra¯nı¯˙ Isfaha¯nı¯, Kita¯b-i Diya¯rbakrı¯ya [wie Anm. 53], S. 464 und 481. ˙ 70 Hasan Baha¯dur ist kein Geringerer als Uzun Hasan. ˙ ˙

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Ibn Ag˘a¯s (st. 881/1476) „Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯“ ˙ ˙ ˘

Als der Brief ihn erreicht hatte, las er ihn durch. Er lächelte (innerlich) und gab den Befehl, das Tor zu öffnen. Den Literaten (ahl al-adab) wird der Spott in meiner Verwendung der Worte „sich (mit der Bitte) wenden an“ (al-iltigˇa¯’) und „belohnen“ (attasbı¯h) nicht verborgen geblieben sein. ˙ ˙ Nachdem der Mittwochmorgen (25. September) herangekommen war, rief mich der Sultan (Uzun) Hasan zum (offiziellen) Empfang zu sich. Ich ließ mich (für mein ˙ Nichterscheinen) wegen des Fiebers, welches mich plagte, entschuldigen. Er schickte Leute zu mir, die sich nach meinem Gesundheitszustand erkundigten und mir (seine) Grüße überbrachten. Des Weiteren sandte er mir ein wenig Honig, Früchte und andere gesunde Sachen.

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Am Donnerstag (, den 26. September) bestellte mich der mihma¯nda¯r zu sich und sagte: „Der Pa¯disˇa¯h befiehlt Dir, Dich zur Mittagszeit zu ihm in sein Privatgemach zu begeben!“ Ich verrichtete (noch) das Mittagsgebet und ging in seiner [d.h des mihma¯nda¯r, S.C.] Begleitung zu ihm. Wir kamen zu seinem [d.h des Pa¯disˇa¯hs, S.C.] Hof, wo man uns in einen Raum brachte, in welchem wir bis zur nächsten Stunde saßen (und warteten). Dann rief man uns, und ich ging zu ihm. In seiner Gesellschaft befanden sich eine Reihe Gelehrter und Kaufleute, die aus unterschiedlichen Ländern zu ihm gekommen waren. Als ich mich ihm näherte, erhob er sich von seinem Platz und bat mich, mich neben ihn zu setzen. Als erstes fragte er mich nach unserem Herren, dem Sultan al-Malik al-Asˇraf Qa¯’itba¯y – Möge Gott seine Herrschaft ewiglich währen lassen! – Dann (erkundigte er sich) nach dem ,Inhaber des gesegneten Aufenthaltsortes‘, also nach dem Emir Yabak, (seines Zeichens) ad-da¯wa¯da¯r71, niza¯m al-mulk und Oberkommandierender der isla˙ mischen Truppen (ba¯s al- asa¯kir al-isla¯mı¯ya) – Möge Gotte seine Helfer zahlreich machen! – Ich antwortete, dass sie sich alle beide guter Gesundheit erfreuten und den Pa¯disa¯h grüßen ließen. Er bedankte sich, wünschte ihnen alles Gute und sprach: „Bei Gott, ich liebe sie beide und weiß bloß, dass mein Reich und ihr Reich eins sind! Dies sind meine Truppen. Sie sind (zum Kampf) bereit. Wen auch immer du von ihnen auswählst, so nimm ihn! Einige Male habe ich bereits den Sultan darum gebeten, doch er gab mir keine Antwort, und ich kenne (daher) seine Absichten nicht.“ Ich erwiderte: „Eure Hoheit, Herr über uns und Pa¯disˇa¯h! Die Sache ist folgende: Wir benötigen dies(e deine Kämpfer) nicht. (Sˇa¯h) Suwa¯r ist allzu schwächlich und unbedeutend, als dass sich gegen ihn das Heer unseres Herrn, des Sultans – Möge Gott seine Herrschaft ewiglich währen lassen! – und die Armee des Pa¯disˇa¯hs vereinigen müssten. Er ist einer der Turkmenen aus dem Herrschaftsbereich von Aleppo. Der Grund für die dortigen Ereignisse ist (nunmehr) klar und bedarf keiner weiteren Erklärung. Es gibt keine Notwendigkeit, die Ratsversammlung des Pa¯disˇa¯hs mit einer (ausführlichen) Darlegung (der Ereignisse) zu belasten. Unser Herr, der Pa¯disˇa¯h kennt die wahre Sachlage: Der Schutzherr (ka¯fil) des Einflussbereiches von Aleppo ist seit alters her und bis in unsere Zeit hinein selbständig gegen die Du¯ l-Qadariten vorgegangen. Er hat sie ¯ (stets) zerrieben und aus dem Land gejagt. Nun aber ist, Eure herrscherliche Hoheit, 71 Zu dem Aufgaben des dawa¯da¯r siehe Ayalon, D., Studies on the Structure of the Mamluk Army III, 16 (1954), in: Bulletin of the School of Oriental and African Studies 16 (1954), S. 57 – 90, hier S. 62 – 63 und 68 – 69.

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Der Gesandtschaftsbericht

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Aynta¯b im Verlaufe von sieben Tagen eingenommen worden. Einige seiner [d.h. Sˇa¯h ˙ Suwa¯rs, S.C.] Streitkräfte trafen auf eine kleine Zahl Mamluken und erlitten eine Niederlage. Ihr Kommandeur wurde erschlagen, seine Feldzeichen erobert, und von ihren Gelehrten kamen ebenfalls etwa 40 ums Leben. Wenn sie sich nicht in den Bergen versteckt hätten, wäre kein einziger von ihnen gerettet worden. Alle Angelegenheiten des islamischen Heeres befinden sich in allerbestem Zustand. Dies ist (ausschließlich) der weisen Führung des Emirs und erhabenen niza¯m al-mulk (Yasˇbak) zu verdanken. ˙ Möge sich das Kriegsglück der islamischen Truppen vermehren und die Feinde zerschlagen und aus ihrem Gebiet vertrieben werden!“ Daraufhin fragte er [d.h. Uzun Hasan, S.C.] mich über den (genauen) Zustand des ˙ islamischen Kontingents und in welcher Lage es sich befände. Ich berichtete ihm von seiner gewaltigen Zahl, Stärke und Geschlossenheit sowie von seinem (unbedingten) Gehorsam gegenüber dem niza¯m al-mulk – Möge Gott seine Anhänger zahlreich ˙ machen! – Jeder Statthalter und Emir versuche, sich seiner Gunst zu versichern. Weiter erzählte ich ihm, wie zuvorkommend er [d.h. Uzun Hasan, S.C.] sie [d.h. die Emire und ˙ Gouverneure, S.C.] behandele, und davon, dass die Zahl der Belagerungsgeräte, Arsenale, Produktionsstätten (für Waffen) und ähnlicher Dinge (enorm) gestiegen sei. Mir schien, als ob sich angesichts dessen, was er über die siegreiche Armee (der Mamluken) hörte, auf seinem Gesicht Ärger zeigte. Er wandte sich an den Kadi Hasan ˙ und sagte: „Lies seinen [d.h. Qa¯ytba¯ys. S.C.] Brief vor!“ Dieser trug ihn vor, und er [d.h. 1 Uzun Hasan, S.C.] verstand seinen Inhalt, nachdem der Kadi 4asan einen Teil des Textes ˙ übersetzt hatte. Daraufhin sagte er zu dem bei der Versammlung anwesenden Rechtsgelehrten: „Lies uns (nun) etwas aus den prophetischen Hadı¯ten!“ Mir erläuterte ˙ ¯ er, dass es seine Gewohnheit sei, jede Freitagnacht die gelehrten Männer aus Tabršz bei sich zusammenkommen und vor ihm etwas aus (dem Sah¯ıh von) al-Buha¯rı¯ vortragen ˙ ˙ ˙ ˘ zu lassen. Dies geschehe aus Frömmigkeit und zum (allgemeinen) Nutzen.

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Der Vorleser begann, aus dem Höhlen-Hadı¯t (hadı¯t al-g˙a¯r) vorzutragen. Er handelt von ˙ ¯ ˙ ¯ den drei Söhnen Isra¯’ı¯ls, die vor dem Regen in einer Höhle Zuflucht suchen. Dieser 72 Hadı¯t ist sehr bekannt. Von den Überlieferern erwähnte er [d.h. der Leser, S.C.] Na¯fi 73 ˙ ¯ auf der Grundlage von Ibn Umar74. Daraufhin fragte ich die Versammelten: „Wer ist denn dieser Na¯fi , der auf der Grundlage von Ibn Umar überliefert?“ Ich wollte bloß ein Gespräch beginnen und sagen, dass dieser Hadı¯t bekannter sei als ,Qifa¯ nabki…‘75. ˙ ¯ ˘

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ˇ a¯mi as-Sah¯ıh. 9 Bde in 3. Ausgabe Kairo 1926 – 27, hier Bd. 2, S. 157. Zu 72 Vgl. al-Buha¯rı¯, K. al-G ˙ ˙ etwa ˙ ˙ Robson, J., Art. „al-Bukha¯rı¯, Muhammad b. Isma¯ ¯ıl“, in: ˘ al-Buha¯rı¯ (gest. 256/870) siehe ˙ ˘ The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Vol. I: A-B. Leiden und London 1969, Sp. 1296b – 1297a. 73 Zu diesem wichtigen Überlieferer siehe Juynboll, G. H. A., Art. „Na¯fi “, in: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Vol. III: Mif-Naz. Leiden und New York 1993, Sp. 876a – 877b. 74 Es handelt sich um Abd Alla¯h b. Umar b. al-Ha¯tta¯b, also um den Sohn des ersten Kalifen und ˘ ˙˙ Muslime der ersten Generation. Näheres einen der in den Hadı¯t-Werken häufig zitierten ¯ ˙ L., bietet Veccia Vaglieri, Art. „ Abd Alla¯h b. Umar b. al-Khatta¯b“, in: The Encyclopaedia of ˙˙ 53b – 54b. Islam. New Edition. Vol. 1: A-B. Leiden und London 1960, Sp. 75 Dies sind die berühmten Anfangsworte der mu allaqa von Imru’ al-Qays (gest. um 550). Vgl. Imru’ l-Qays, Dı¯wa¯n. Hg. von M. A. Ibra¯hı¯m. 2. Aufl. Kairo 1964, S. 8. Friedrich Rückert übersetzt: „Laßt hier zum Angedenken mich weinen meiner Buhl / Am sand’gen Abhang ˘

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Doch, bei Gott, nicht ein einziger der Anwesenden kannte ihn. Ein Kluger von ihnen meinte (schließlich): „Dies steht für den Namen eines Tradenten.“ Der Leser beendete den Hadı¯t, während einer der Scheiche ihn für den Pa¯disˇa¯h über˙ ¯ setzte. Allerdings hielt er nicht die Reihenfolge (der Ereignisse) ein. Hiernach übertrug er von der Deutung des Kadis, dass sich als die Bewohner der Höhle (asha¯b al-kahf), ˙˙ von denen im Koran die Rede ist76, eben jene drei erwiesen hätten. Ich entgegnete ihm [d.h. dem Scheich, S.C.], dass diese Worte den Sinn verdrehten. Er fragte mich: „Inwiefern liegt hier eine Verdrehung vor?“ Ich antwortete: „Weil Gott – Gepriesen sei er, der Erhabene! – die Wahrheit über die Höhlenbewohner im Koran herabgesandt und ihre Lage ausführlich erläutert hat. Der Prophet – Gott segne ihn und schenke ihm Heil! – (hingegen) erzählt von den Bewohnern der Höhle in recht unbestimmter Form. Er erläutert, dass sie aus dem Stamme Isra¯’ı¯l stammen und nennt ihre Zahl. Gott – Gepriesen sei er, der Erhabene! – berichtet von der Meinungsverschiedenheit unter den Menschen diesbezüglich. Aus diesem Grunde beauftragte er ihn [d.h. den Propheten, S.C.] damit, ihnen die genaue Zahl zu überbringen. Der Prophet – Gott segne ihn und schenke ihm Heil! – nannte ihnen ihre numerische Stärke und (erwähnte) ihre guten Taten. Er erwähnte jedoch nicht, dass sich bei ihnen auch noch ein Hund befand. Auch verschwieg er, dass sie, nachdem sie erwacht waren, uneins waren hinsichtlich des Zeitraumes ihres Aufenthaltes in der Höhle. Schließlich sprach er auch nicht darüber, dass sie einen von ihnen losschickten, um Vorräte zu kaufen. Kurz gesagt: Zwischen den beiden Berichten gibt es keinen Zusammenhang!“ Er begann zu schreien und führte zu seiner Verteidigung den Umstand an, dass die Auslegung des Kadis durchaus Sinn mache. Ich fragte ihn: „Bin ich etwa von dem abgewichen, was Du übersetzt hast? Antworte!“ Hierauf schwieg er [d.h. der Scheich, S.C.]. Man brachte das Essen, und sie aßen. Ich selbst (allerdings) war noch immer nicht ganz genesen. Für die Anwesenden wurde das Tischtuch ausgebreitet. Vor dem Pa¯disˇa¯h stand ein Tischchen, auf welchem fünf oder sechs Tablette lagen. Er rief mich an den speziell für ihn gedeckten Tisch. Er bemerkte, dass ich von allen Speisen nur ein wenig Brot und kein Fleisch zu mir nahm. Er befragte mich dazu, und ich antwortete ihm: „Man hat mir verschrieben, mich 18 Tage lang dieser (Art der) Nahrung zu enthalten.“ Er gab Order, eine Art Weintraubenkonfitüre herbeizuholen. Man brachte sie in einem Malachitgefäß. Mir gab er ein Zeichen zu essen. Um seinetwillen kostete ich ein wenig zwischen Haumal und Aldachul / Zwischen Mikrat und Tudech: noch unverwischt ist dort / Die Wohnspur, ob darüber schon fegte Süd und Nord.“ Rückert, F., Amrilkais, der Dichter und König. Sein Leben dargestellt in seinen Liedern. Stuttgart und Tübingen 1843, S. 21. Eine kurze Einführung zu Leben und Werk dieses vorislamischen Dichters ist Boustany, S., Art. „Imru’ al-K. ays b. Hudjr“, in: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Vol. III: H-Iram. London und Leiden˙ 1971, Sp. 1177a – 1178b. 76 Es wird hier angespielt auf die weit verbreitete Legende von den Siebenschläfern. Vgl. Koran, Sure 18, Verse 9 – 26. Cf. hierzu neben Wensinck, A. J., Art. „Asha¯b al-Kahf“, in: Enzyklo˙˙ paedie des Isla¯m. Geographisches, ethnographisches und biographisches Wörterbuch der Muhammedanischen Völker. Bd. 1: A-B. Leiden und Leipzig 1913, Sp. 497a – 498a und Paret, R., Art. „Asha¯b al-Kahf“, in: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Vol. I: A-B. London ˙ und Leiden˙ 1960, Sp. 691a-b vor allem Kandler, H., Die Bedeutung der Siebenschläfer (asha¯b ˙ al-kahf) im Islam: Untersuchungen zu Legende und Kultus in Schrifttum, Religion ˙und Volksglauben unter besonderer Berücksichtigung der Siebenschläfer-Wallfahrt. Bochum 1994.

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davon. Anschließend erhob ich mich, wie es bei uns Brauch ist. Er war darüber verwundert, dass ich vom Tisch aufgestanden war, und fragte: „Warum wartest Du nicht, bis man das Tischtuch wieder weggebracht hat?“ Ich entschuldigte mich bei ihm (mit den Worten), dass (die Macht der) Gewohnheit und Sitte und nicht mein Wille mich gezwungen hätte, dies zu tun. So sei es gewesen. Der Kadi Hasan rief aus: „Bei Gott, der ˙ Brauch in Eurem Land ist überaus barbarisch!“ Ich entgegnete: „Warum das?“ Er gab zur Antwort: „Weil einer isst und ein anderer steht und darauf wartet, dessen Platz einnehmen zu können. Wie kann derjenige, der isst, zufrieden sein, wenn jemand neben ihm steht bzw. wie kann derjenige zufrieden sein, der steht, wenn jemand neben ihm isst?“ Ich gab zur Antwort: „Es wird der prophetische Brauch (as-sunna annabawı¯ya) überliefert, dass der Prophet – Gott segne ihn und schenke ihm Heil! – vor sich einen Tisch stellen ließ und die Leute daran aßen, bis sie satt waren. Dann standen sie auf und andere setzten sich usw. Dies wiederholte sich viele Male. Es gehörte zum Brauch der Araber, und so befahl er [d.h. der Prophet, S.C.] – Gott segne ihn und schenke ihm Heil! – es. Sie akzeptierten diese Sitte, und er schrieb sie ihnen vor. Er – Gott segne ihn und schenke ihm Heil! – führte dies ein wegen des Mangels an Lebensmitteln und der großen Zahl von Menschen. Sie aßen in Gruppen, eine nach der anderen. Alle nahmen (auf diese Weise wenigstens) eine kleine Portion Essen zu sich. Rechne dies zu den Wundern des Propheten – Gott segne ihn und schenke ihm Heil! – ˇ a¯bir77 – Möge Gott Wohlgefallen an ihm Hiervon handelt (auch) die Erzählung von G 78 haben! – während der Grabenschlacht , und (die Erzählung) von Abu¯ Hurayra79 – Möge Gott Wohlgefallen an ihm haben! –, als ihn der Hunger zu übermannen drohte. Der Prophet – Gott segne ihn und schenke ihm Heil! – rief die Leute von Suffa (ahl as˙ ˙ Suffa)80 zusammen und sättigte sie mit einem einzigen Gefäß. Die Zahl der Leute von ˙ Suffa ist allgemein bekannt.“ ˙ Nachdem das Tischtuch weggebracht worden war, entließ man uns. Die Versammelten ¯ midı¯, einer der gingen auseinander. Einige blieben noch, unter ihnen Hwa¯gˇa Alı¯ al-A ˘ Vertrauten des Pa¯disˇa¯hs. Er erklärte mir, dass er dem Kadi Hasan Vorwürfe gemacht ˙ habe. „Unter uns“, so sagte er, „gibt es niemanden, der ihn (derartig) herausgefordert und ihm (so) geantwortet hätte. Auch mir wäre es schwergefallen.“ Er wurde nicht weitschweifig, sondern sagte (nur), dass die gelehrten Nichtaraber sich (ausschließlich) mit spekulativer (Philosophie) (al-ma qu¯l) befaßten, wohingegen es unter den Arabern nicht ungewöhnlich sei, sich mit nichts anderem außer der Hadı¯twissenschaft, ˙ ¯ der Koranauslegung und der Jurisprudenz zu beschäftigen. Es schiene ihm, dass (auch) der Gesandte diesbezüglich über mehr (Kenntnisse als die Perser) verfüge. ˘

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ˇ a¯bir b. Abd Alla¯h al-Ansa¯rı¯ (gest. 78/697) gibt Auskunft 77 Über den Prophetengenossen G ˙ Kister, M. J., Art. „Dja¯bir b. Abd Alla¯h“, in: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Supplement. Fascicules 3 – 4: Basba¯s-Djawhar. Leiden 1981, Sp. 230a – 232b. 78 Zu den Ereignissen der Grabenschlacht, die – glaubt man der Überlieferung – im Jahre 8/627 stattfand, siehe beispielsweise Watt, W. M., Muhammad at Medina. Oxford 1956, S. 35 – 39. 79 Informationen zu dem Prophetengenossen Abu¯ Hurayra (gest. ca. 58/678) erhält man bei Robson, J., Art. „Abu¯ Hurayra“, in: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Vol. I: A-B. Leiden und London 1960, Sp. 129a-b. 80 Cf. zur Legende Watt, W. M., Art. „Ahl al-Suffa“, in: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Vol. I: A-B. Leiden und London 1960,˙ Sp. 266a – 267a. ˘

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Am Sonntag (, den 29. September) ließ er [d.h. Uzun Hasan, S.C.] mich in sein Pri˙ vatgemach kommen, in dem er seine Mahlzeit einnahm. Ich enthielt mich – wie schon zuvor – jeglicher Nahrung. Nachdem das Essen abgeräumt worden war, sagte er zu mir : „Während unseres Treffen (erwähntest Du), dass der dawa¯da¯r (Yasˇbak) Dir eine mündliche Botschaft mit auf den Weg gab. Wohlauf, erzähle uns (ihren Inhalt)!“ Ich antwortete: „Erstens fordert er (, dass man) den Emir Asla¯n b. Malik Asla¯n b. Du¯lg˙a¯dir ¯ ˙ ˙ (zu ihm schicke).“ Er sprach: „Ich habe dies bereits verfügt. Wenn es ihm beliebt, kommt er persönlich. Ansonsten schickt er seinen Boten mit Dir. Gibt es noch etwas?“ Ich antwortete: „Zweitens, dass sich die Banu¯ Rabı¯ a in der Nähe von Ruha¯ festgesetzt ˙ haben und nun jederzeit drohen, in das Gebiet von Aleppo einzufallen und alles zu rauben, was in ihre Hände fällt.“ ˘

Es hielt sich (zu dieser Zeit) Mu¯sa¯, der Führer der Banu¯ Rabı¯ a, dort [d.h. am Hofe Uzun Hasans, S.C.] auf. Er [d.h. Uzun Hasan, S.C.] zitierte ihn zu sich und begann, ihm ˙ ˙ heftige Vorwürfe zu machen. Unter anderem sagte er ihm die (folgenden) Worte: „Bei Gott und bei dem Grab meines Großvaters! Sobald ich erfahre, dass es (in der Tat) so steht, ziehe ich Dir das Fell über die Ohren und lasse sämtliche Mitglieder der Rabı¯ aSippe vertreiben! Wie oft habe ich Euch geraten, loyale Untertanen und insbesondere loyale Untertanen Syriens zu sein!“ Er [d.h. Mu¯sa¯, S.C.] fing mit Entschuldigungen an und schwor, dass diese Sache nicht die Schuld seines Stammes sei, sondern dass es sich um irgendwelche anderen Araber handele, die sich ihren Namen angeeignet hätten. Aber er [d.h. der Pa¯disˇa¯h, S.C.] entgegnete: „Ich weiß nicht, ich weiß nicht.“ Dann wandte er sich an mich: „Wenn sich wegen ihnen oder wegen anderer, die von mir abhängen, etwas ereignet, dann ergreife (die notwendigen) Maßnahmen und berichte mir dann davon.“ ˘

Hinterher erfuhr ich von einem Vertrauensmann, dass er (noch einmal) den erwähnten Mu¯sa¯ zu sich einbestellt hatte. Er drohte ihm und schwor, dass er, falls sich diese Gerüchte über sie nicht legten, keinen von ihnen (unbehelligt) lassen werde.

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Weiter fragte er mich: „Was sonst noch?“ Ich berichtete, dass es eine Gruppe gebe, die behauptete, dass der Pa¯disˇa¯h ihnen die Siedlungen von Bila¯ Saru¯gˇ gegeben habe, die (eigentlich) zu(m Distrikt von) al-Bı¯ra gehören. Diese Dörfer seien (jedoch) Lehen (iqta¯ ) der Bahrı¯-Mamluken (al-bahrı¯ya) von al-Bı¯ra. Er rief aus: „Bei Gott, das habe ich ˙ ˙ ˙ nicht gewusst!“ Er trug seinem Sekretär auf, dem Statthalter von ar-Ruha¯ folgendes Dokument mit der herrscherlichen Anweisung bezüglich des Grenzgebietes von Syrien zukommen zu lassen: Wahrlich, es sei niemandem erlaubt und niemand habe das Recht, sich an den Dörfern zu vergreifen, die sich in den Randzonen von Syrien befinden. Er [d.h. Uzun Hasan, S.C.] informierte Mu¯sa¯ darüber. Des weiteren (gab er ˙ Order,) den Kurden ausfindig zu machen, der begierig nach den Orten geschielt hatte, die an den Ufern des Euphrats lagen und zur Qal at al-Muslimı¯n gehörten. Dieser solle hart bestraft werden. Ich selbst hatte ihm auch hierüber Bericht erstattet. ˘

Nachdem der Freitag (, der 3. Oktober) herangekommen war, rief mich der Pa¯disˇa¯h erneut zu sich. Ich begab mich zu seinem Palast und erblickte ihn inmitten einer

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Der Gesandtschaftsbericht

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großen Schar Tabrı¯zer Gelehrter. Bei ihm war auch der Sohn as-Sayyid asˇ-Sˇarı¯fs81, also des (bekannten) Kommentators des Kasˇˇsa¯f82 aus Tabrı¯z. Darüber hinaus (war auch) eine Gruppe von ulama¯’ aus Bagdad und Samarqand (anwesend). Der Herrscher erhob sich und bat mich, mich zu ihm zu setzen. Nachdem alle versammelt waren, gab er – wie es in jeder Freitagnacht seine Gewohnheit war – den Befehl, (aus) al-Buha¯rı¯(s Werk) ˘ vorzulesen. Der Vorleser begann mit dem siebten Hadı¯t – Möge Gott den Hadı¯t vor ˙ ¯ ˙ ¯ Übel bewahren! – Als er die Lesung des Hadı¯t beendet hatte, übertrug er ihn für den ˙ ¯ Pa¯disˇa¯h ins Türkische und begann damit, ihn auszulegen. Ich fragte ihn: „Kennt Ihr neben diesem siebten Hadı¯t auch den achten?“ Die Antwort des Lesers fiel folgen˙ ¯ dermaßen aus: „Das Werk von al-Buha¯rı¯ ist ein bedeutendes Buch. Außer dem Buch ˘ Gottes gibt es kein wahrheitsgemäßeres Buch. Es werden in ihm nur sieben (Hadı¯te) ˙ ¯ erwähnt.“ Ich sprach: „Es geht nicht um die in (dem des Buch von) al-Buha¯rı¯ darge˘ botene Wahrheit. Diese bestreitet niemand, mit Ausnahme einer Gruppe von maghrebinischen Gelehrten, die behaupten, dass das Buch von Muslim83 vertrauenswürdiger und besser als jenes sei. Sie geben ihm den Vorrang vor al-Buha¯rı¯.“ Er rief aus: ˘ „Gott möge mich schützen!“ Ich setzte (meine Rede) fort: „Den (Hadı¯t), über den ich ˙ ¯ 84 ˇ geredet habe, führt an-Nawawı¯ in seinem Sarh al-Muslim an. Erwähnt haben ihn ˙ (aber) auch der Kadi Iya¯d85 und andere. Und wenn es bei diesen einen achten und ˙ (auch) einen neunten (Hadı¯t) gibt, darf man deswegen nicht al-Buha¯rı¯ schelten!“ ˙ ¯ ˘ Daraufhin deklamierte ich den bekannten Vers: ˘

Sie zog gen Osten, und ich wandte mich nach Westen – Oh, wie groß ist doch der Unterschied zwischen Ost und West! Einer der Anwesenden ergriff das Wort: „Wenn wir annehmen, dass auf diesen siebten Hadı¯t noch ein achter folgt, so ist die Zahl der Hadı¯te (offenbar) unendlich?!“ Ich rief: ˙ ¯ ˙ ¯ „Bei Gott! Gibt es darüber denn zwei Meinungen?“ Jeder von ihnen fing an, seine Ansicht dazu kund zu geben und die Stimme zu erheben. Ich hingegen schwieg. Sie ˘

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ˇ urgˇa¯nı¯ 81 Es handelt sich hier um einen Sprössling des persischen a¯lim Alı¯ b. Muhammad al-G ˙ (gest. 838/1413). Cf. Tritton, A. S., Art. „al-Djurdja¯nı¯“, in: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Vol. II: C-G. Leiden und London 1965, Sp. 602b – 603a. 82 Gemeint ist der berühmte Korankommentar al-Kasˇˇsa¯f an haqa¯’iq at-tanzı¯l wa- uyu¯n alaqa¯wı¯l fı¯ wugˇu¯h at-ta’wı¯l des mu tazilitischen Gelehrten Abu¯˙l-Qa¯sim Mahmu¯d b. Umar az˙ Zamahsˇarı¯ (gest. 538/1144). Eine gute einführende Darstellung in sein Leben und Werk ist ˘ Uwayda, K. M. M., az-Zamahˇsarı¯ – al-mufassir al-ba¯lig˙. Beirut 1994. 83 Einige der maghrebinischen ˘ulama¯’ hielten zu dieser Zeit den Sah¯ıh des Muslim b. al-Hagˇgˇa¯gˇ ˙ und ˙ ˙ a¯rı¯. Muslims Vita (gest. 261/875) für wertvoller als das gleichnamige Werk von˙ al-Buh Œuvre stellt knapp, aber gut dar Juynboll, G. H. A., Art. „Muslim b.˘ al-Hadjdja¯dj“, in: The ˙ York 1993, Sp. Encyclopaedia of Islam. New Edition. Vol. VII: Mif-Naz. Leiden und New 691a – 692b. 84 Der in der Nähe von Damaskus geborene ˇsa¯fi itische Rechtsgelehrte an-Nawawı¯ (gest. 676/ 1277) verfaßte unter anderem diesen Kommentar zu Muslims Hadı¯t-Sammlung. Cf. Heffe¯ ning, W., Art. „al-Nawawı¯“, in: The Encyclopaedia of Islam. New˙ Edition. Vol. VII: Mif-Naz. Leiden und New York 1993, Sp. 1041a – 1042a. 85 Der aus Ceuta stammende Iya¯d b. Mu¯sa¯ (gest. 544/1149) war einer der einflußreichsten ˙ Großer Beliebheit erfreute sich vor allem sein Werk asˇma¯likitischen fuqaha¯’ seiner Zeit. Sˇifa¯’ bi-ta rı¯f huqu¯q al-Mustafa¯. Siehe Talbi, M., Art. „ Iya¯d b. Mu¯sa¯“, in: The Encyclopaedia of Islam. New˙ Edition. Vol.˙˙IV: Iran-Kha. Leiden 1978, Sp.˙ 289b – 290b. ˘ ˘

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Ibn Ag˘a¯s (st. 881/1476) „Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯“ ˙ ˙ ˘

sagten: „Wenn Du noch etwas außer diesen sieben kennst, erzähle es uns!“ Ich jedoch gab keine Antwort. Schließlich sprach der Pa¯disa¯h: „Wenn Du etwas weißt, sage es Ihnen!“ Ich erläuterte: „Oh Pa¯disˇa¯h, Du, unser Herrscher! Dieser Ort ist ein Ort der Prüfung. Wenn sie [d.h. die Gelehrten, S.C.] einer Lehrveranstaltung beiwohnen (wollen), so werde ich sie unterweisen und die Zahl (der Hadı¯te) bis 14 bringen – ganz ˙ ¯ wie es mich mein Lehrer, der ha¯fı¯z al-masˇriq wal-mag˙rib und Scheich Sˇiha¯b ad-Dı¯n b. ˙ ˙ 86 Hagˇar – Möge Gott ihn mit seiner Gnade verhüllen! – beigebracht hat.“ Er [d.h. der ˙ Pa¯disˇa¯h, S.C.] sagte: „Ich (wünsche dies) nicht.“ Ich erklärte: „Wenn unser Herr, der Pa¯disˇa¯h es befiehlt, so wird es für ihn niedergeschrieben, so Gott will.“ ˘

Hierauf ordnete der Herrscher an, etwas aus einem anderen Kapitel (des Buches) ˇ abal87 – Möge Gott Wohlgevorzulesen. Der (nun folgende) Hadı¯t (über) Mu a¯d b. G ¯ ˙ ¯ fallen an ihm haben! – löste (ebenfalls) eine heftige Diskussion aus. Dies ist der Ausspruch des Propheten – Gott segne ihn und schenke ihm Heil! – (ihm gegenüber): „Bist Du ein Störenfried, oh Mu a¯d ?“88 Der Pa¯disˇa¯h fragte: „Was war der Grund hierfür?“ ¯ Niemand von ihnen antwortet ihm etwas, denn es war zuvor ein Ausspruch von Anas b. 89 Ma¯lik gelesen worden, der da lautete: „Hinter niemandem habe ich vollkommener und leichter das Gebet verrichtet als hinter dem Propheten – Gott segne ihn und schenke ihm Heil!“ Ich bemerkte, dass der Pa¯disˇah sich mir, als er sich von ihrer Unfähigkeit zu antworten, überzeugt hatte, zuwandte. Ich sagte: „Oh Pa¯disˇa¯h, Du, ˇ abal gehörte zu den Genossen (des Propheten) und war unser Herrscher! Mu a¯d b. G ¯ unter den ansa¯r der (einzige) Rezitator, der den Koran auswendig wusste. Er verrichtete ˙ das Abendgebet hinter dem Rücken des Gottesgesandten – Gott segne ihn und schenke ihm Heil!“ Der Herrscher wollte wissen: „Was bedeutet ansa¯r?“ Ich erklärte ihm: „Das ˙ waren die Leute (ta¯’ifa), die in Medina wohnten. In der vorislamischen Zeit unter˙ nahmen sie für gewöhnlich einmal im Jahr die Wallfahrt (nach Mekka). In dem Jahr vor der Hidschra waren sie gekommen und hatten den Propheten – Gott segne ihn und schenke ihm Heil! – gehört. Er bat sie, ihm zu helfen, und sie gaben ihm hierauf einen Eid. Eigentlich waren es zwei Eide, die man (dann) den ,ersten und den zweiten Schwur von Aqaba‘ genannt hat90. Sie schworen dem Propheten, Gott segne ihn und schenke ihm Heil! -, dass sie, wenn er zu ihnen käme, das untersagen würden, was sie von ihm hinsichtlich ihrer Frauen und ihren weltlichen Dingen untersagt bekämen. Als der Prophet – Gott segne ihn und schenke ihm Heil! – dann zu ihnen übersiedelte, ließen sie ihm ihre Unterstützung zukommen und kämpften gegen seine Feinde. Daher ˘

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86 Zu Ibn Hagˇar al- Asqala¯nı¯ siehe weiter oben Anm. 36. ˇ abal b. Amr b. Aws al-Ansa¯rı¯ (gest. 639) war ein Genosse des Propheten, der – laut 87 Mu a¯d b.˙G ¯ Überlieferung – an den Schlachten˙ von Badr (2/624) und Uhud (7/625) teilnahm. Cf. zu ˇ abal zum Beispiel den Eintrag in al-Bala¯durı¯, Ansa¯˙b al-asˇra¯f. Bd. 1. Hg. von M. Mu a¯d b. G ¯ ¯ ˙ Watt, Muhammad at Medina Hamı¯d Alla¯h. Kairo 1959, S. 247. Zu Badr und Uhud siehe etwa ˙ ˙ [wie Anm. 65], S. 10 – 29. 88 Buha¯rı¯, as-Sah¯ıh. Hg. von M. L. Krehl. 4 Bde. Leiden 1862 – 1908, Bd. 4, S. 137. ˙ ˙ ˙ ˙ zu Anas b. Ma¯lik (gest. wohl um 91 – 93/709 – 711) bietet Wensinck, A./ ˘ Angaben 89 Kurze Robson, J., Art. „Anas b. Ma¯lik“, in: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Vol. I: A-B. Leiden und London 1960, Sp. 482a. 90 Zu den Ereignissen von Aqaba siehe zum Beispiel Watt, W. M., Muhammad at Mecca. Oxford 1953, S. 144 – 147 und ders., Muhammad at Medina [wie Anm. 78], S. 174 – 180. ˘

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wurden sie ,Helfer‘ (ansa¯r) genannt.“ Die Versammlung hielt es nicht aus, denn es war ˙ eine lange Geschichte. (Ich fuhr fort): „Sie [d.h. die ansa¯r, S.C.] gehörten zu den beiden ˙ Stämmen Aws und Hazragˇ. Mu a¯d war (ebenfalls) einer von ihnen. Nachdem er das ¯ ˘ Gebet hinter dem Propheten – Gott segne ihn und schenke ihm Heil! – beendet hatte, begab er sich zu seinen Angehörigen. Bei ihnen verrichtete er das Abendgebet und zog (dabei) die Lesung in die Länge. Die Leute beschwerten sich darüber bei dem Propheten – Gott segne ihn und schenke ihm Heil! – Dieser verbot ihm die Ausdehnung (des Gebetes) mit den Worten: ,Bist Du ein Störenfried?‘ Einige der Gelehrten meinten, dass er über Mu a¯d – Gott habe Wohlgefallen an ihm! – gezürnt habe, und es gibt sogar ¯ Prophetengenossen, die behaupten, dass man den Propheten – Gott segne ihn und schenke ihm Heil! – nie so wütend gesehen habe wie in jenem Moment, als ihm die Ausdehnung des Gebetes zu Ohren gekommen war. Einige sagen, dass ein Mann von den Banu¯ Salma, der Salı¯m genannt wurde, sich zu dem Gesandten Gottes – Gott segne ihn und schenke ihm Heil! – begeben und gesagt habe: ,Wir waren mit unserer Arbeit ˇ abal kam zu uns und rief uns zum beschäftigt, bis der Abend heranbrach. Mu a¯d b. G ¯ Gebet. Wir begaben uns zu ihm, doch er zog das Gebet in die Länge.‘ Der Prophet – Gott segne ihn und schenke ihm Heil! – sagte ihm: ,Das soll nicht sein! Niemand soll ein Störenfried sein! Entweder sollst Du mit mir beten oder das Gebet mit Deinen Leuten durchführen!‘ Asˇ-Sˇa¯fi ¯ı91 – Gott möge Wohlgefallen an ihm haben! – hat in (seinem Kommentar zu) dem ersten Hadı¯t als zulässig nachgewiesen, dass die Verrichtung des ˙ ¯ Gebetes hinter dem Rücken des Ausführenden länger als (eigentlich) festgesetzt dauert. Die Vertreter der Hanafı¯ya sagen, dass die Absicht eine innere Angelegenheit sei. ˙ Kennen kann man sie, wenn sie derjenige, der sie hegt, äußert. Vielleicht fiele seine [d.h. Mu a¯ds, S.C.] Absicht mit der (Absicht) des Propheten – Gott segne ihn und ¯ schenke ihm Heil! – hinsichtlich des Gebetes zusammen. Vielleicht sei dies (somit sogar) ein supererogatives Gebet. Aber auch wenn darüber nichts verkündet worden ist, darf man die von Mu a¯d als Imam der Menschen, die das Gebet verrichten, ¯ durchgeführte Handlung nicht als gottgefällig ansehen. Denn das Gebet ist wie ein Baumstamm und die gottgefällige Handlung wie ein Zweiglein! Direkt zu Mu a¯d – Möge ¯ Gott an ihm Wohlgefallen haben! – wird (von Seiten der Hanafiten) nichts (Näheres) ˙ gesagt. Die Sˇa¯fi iten (hingegen) antworten darauf. Sie vertreten die Ansicht, dass Mu a¯d ˇ abal nicht in dem Verdacht stehe, dem Ansehen der Durchführung eigener Gebete¯ b. G hinter dem Rücken des Propheten – Gott segne ihn und schenke ihm Heil! – geschadet zu haben. Die Vertreter der Hanafı¯ya – Möge Gott an ihnen Wohlgefallen haben! – ˙ meinen, dass die Ehre, eigene Gebete hinter dem Rücken des Gottesgesandten zu verrichten, dessen beide Zustände(?) nicht stört. Wenn er jedoch das Gebet länger als festgesetzt durchführt, dann verdirbt er das Gebet derjenigen, die hinter seinem Rücken stehen. In diesem Fall erweist sich das als verboten, was offen zutage tritt. Jede der beiden Seiten hat ihre Argumente, doch kommt die Entscheidung (allein) der Versammlung unseres Herren, des Pa¯disˇa¯hs zu.“ ˘

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Dem Herrscher gefiel dies(e Erklärung) sehr. Er ließ das Tischtuch herbeibringen und (die Speisen) anrichten. Schließlich begann er zu essen. Die Tabrı¯zer stellten (nun ˘

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91 Eine bündige Einführung in das Schaffen asˇ-Sˇa¯fi ¯ıs stellt dar Chaumont, E., Art. „al-Sha¯fi ¯ı“, in: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Bd. IX: San-Sze. Leiden 1997, Sp. 181a – 185a.

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Ibn Ag˘a¯s (st. 881/1476) „Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯“ ˙ ˙ ˘

noch) weitere Fragen über andere Wissenschaften, aber niemandem von ihnen bot sich die günstige Gelegenheit, so wie zuvor zu sprechen. All dies geschah durch die Gunst Gottes und mit seiner Hilfe.

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Zu den erstaunlichsten Begebenheiten zählte die Zusammenkunft mit dem Kadi Hasan, der als Kriegskadi (für Uzun Hasan) tätig war. In jenem Land entsprechen die ˙ ˙ damit vebundenen Dienstaufgaben etwa denjenigen des ka¯tib as-sirr92 in dem ägyptischen Reich. Damals hatte ich ihn wegen irgendeiner Sache aufgesucht, und wir wetteiferten (bei dieser Gelegenheit in unseren Kenntnissen) über die Theologie (kala¯m). Zwischen mir und seinem verstorbenen Vater, dem Scheich Sˇaraf ad-Dı¯n Ya qu¯b, existierten enge Bande, da wir zusammen dem Studium d(ies)er gottgefälligen Wissenschaft nachgegangen waren. Er hatte bei unserem – mittlerweile verstorbenen – Scheich Sˇiha¯b ad-Dı¯n Ahmad al-Mar a¯ˇs¯ı93 – Möge Gott ihn mit seiner Gnade bedecken! ˙ – gelesen. Ich hörte seine Lesung über die Gottlosen (az-zahra¯wiyu¯n) und andere. Einige Zeit habe ich zusammen mit ihm verbracht und ihn einmal nach Ägypten begleitet. Was für ein hervorragender Mann er war. Möge Gott sich seiner erbarmen! ˘

Kadi Hasan fragte mich nach den Lebensumständen des ,Inhabers des gesegneten ˙ Aufenthaltsortes‘ Yasˇbak, des da¯wa¯da¯r und Oberbefehlshabers der siegreichen Armee – Möge Gott seine Anhänger zahlreich machen und ihn mit seinen edlen Engeln unterstützen! Ich erwähnte seine Würde, Geistesschärfe und (vor allem) seine Weitsicht, die alle Fragen mit der Umsicht eines leidenschaftslosen Gelehrten gründlich durchdenke. Auch (berichtete ich ihm), wie er sich mit kühlem Kopf und zielstrebig im Kampf verhalte. Was seine Freigebigkeit angehe, so sei sie weithin bekannt. Er schenke ausgiebig, aber halte dies (dem Beschenkten) niemals vor. Er erinnere niemanden an Geschenke und spreche nicht von ihnen. Seitdem ich ihn begleite, hätte ich niemals gehört, dass er sagte: „Ich habe dem dies-und-das geschenkt“ oder „Ich habe diesem diese oder jene Gunst erwiesen.“ Seine Großzügigkeit ließe sich nicht in Worte fassen. Sein Informationsstand hinsichtlich der (aktuellen) Ereignisse und die Klugheit, wie er Argumente in einem Gespräch mit einem Kontrahenten anbringe, seien in höchstem Maße (bemerkenswert). Seine Tapferkeit und seine Meisterschaft, auf einem Pferd verkehrt herum zu reiten, würden von Freund und Feind bezeugt. Mit seinen Detailkenntnissen könne sich nur jemand messen, der als Kenner der Wissenschaften gelte. Kadi Hasan war hierüber erstaunt. Unterdessen schien es mir, dass ich aufgrund meiner ˙ Liebe zu Yasˇbak ihn (doch) ein wenig zu viel gelobt hatte. Ich sagte ihm (daher): „Ich werde Dir dieses und jenes zeigen, dass (zumindest) einen Teil dessen, was ich erzählt habe, bestätigt. Wisse, dass ich seinen Ruhm eher herabgesetzt denn vergrößert habe!“ Zu dieser Zeit erinnerte ich mich daran, dass er [d.h. Yasˇbak, S.C.] – Möge Gott (die Zahl) seine(r) Tage vermehren! – dem abtrünnigen Sˇa¯h Suwa¯r eine Antwort auf einen Brief hatte zukommen lassen, der ihm vom Emir Ha¯bı¯l b. ­oqtemur überbracht 92 Zu den Aufgaben eines ka¯tib as-sirr siehe außer Popper, W., Egypt and Syria under the Circassian Sultans, 1382 – 1468 A.D. Systematic Notes to Ibn Taghr„ Bird„’s Chronicles of Egypt. Berkeley und Los Angeles 1955, S. 107 insbesondere Martel-Thoumian, B., Les civils et l’administration dans l’¦tat militaire mamlu¯k (IXe/XVe siÀcle). Damaskus 1991, S. 41 – 44. 93 Siehe weiter oben Anm. 39.

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worden war. Den erwähnten (Emir) hatte man gefangengenommen. Er befand sich bei Yasˇbak. Doch dieser ließ ihn frei und gab ihm die Antwort auf den Brief mündlich mit auf den Weg (zu Sˇa¯h Suwa¯r). Der Entwurf befand sich bei mir bzw. ich bewahrte ihn bei mir auf. Sofort bat ich darum, ihn Kadi Hasan zu bringen und ihn mit seinem Inhalt ˙ vertraut zu machen. Während der Lektüre der einzelnen Abschnitte (des Schreibens) geriet der Kadi in zunehmendem Maße ins Staunen. Er rief aus: „Bei Gott, Du hast bei seiner Beschreibung nicht übertrieben! Wie kann man nur so wunderbar formulieren wie er! Er übertrifft Deine Charakterisierung noch (bei weitem)!“ Nachdem er sich zu dem Pa¯disˇa¯h begeben hatte, gab dieser in seiner Ratsversammlung seinen Inhalt vollständig wieder. Der Herrscher rief den mihma¯nda¯r Rustam zu sich und sagte: „Begib Dich zu dem Kadi, der momentan als Gesandter aus Syrien hier weilt. Er möge mit dem Brief, den der Emir und dawa¯da¯r Sˇa¯h Suwa¯r geschickt hat, kommen, um ihn uns vorzulesen und uns mit ihm vertraut zu machen.“ Der Genannte [d.h. Rustam, S.C.] kam zu mir, und ich ging mit ihm mit. Als ich zu dem Pa¯disˇa¯h gelangte, erhob er sich von seinem Platz und empfing mich mit großen Ehren. Ich nahm an dem gewohnten Ort Platz. Der Herrscher fragte: „Hast Du ihn bei Dir?“ Ich antwortete: „Ja. Ist es denn möglich, sich einem Befehl des Padisˇa¯hs zu widersetzen?“ Er sagte: „Lies ihn vor und erkläre ihn so, dass wir seinen Inhalt verstehen!“ Ich fing an, Wort für Wort zu lesen. Jedes Mal, wenn ich einen Abschnitt beendet und ihn für ihn übersetzt hatte, sprach er über die Worte, die ihm besonders gefielen: „Großartig, wie Du das Bordell in Trümmer gelegt hast!“ und neigte seinen Kopf hin und her. Als ich zu Ende gelesen hatte, rief er aus: „Bei Gott! Ich glaube nicht, dass sich in meinem Herrschaftsbereich jemand finden lässt, der ihm gleichkommt!“ In diesem Brief waren Koranzitate, Hadı¯te und arabische wie türkische Verse, die den ˙ ¯ Inhalt jedes einzelnen Kapitels untermalten. Der Pa¯disˇa¯h meinte (schließlich) zu Kadi Hasan: „Fertige für mich eine Kopie dieses Schreibens an, denn in ihm finden sich ˙ kluge Wendungen und Ratschläge für alle Verständigen!“ Der Kadi nahm den Brief aus meiner Hand, schrieb ihn ab und gab mir den Entwurf zurück. ˘

Am Mittwoch, den 17. Rabı¯ II (3. Oktober) erschien der mihma¯nda¯r bei mir. Er brachte mir einige Geschenke: ein aus Pelzen gefertigtes Ehrengewand, Drapierstoffe, ein auf ein Palmenblatt eingeritztes Bildnis, 1000 turkmenische Zelte (banga¯h), Pferde, Maulesel, 20 Stück wertvollen, farbigen Stoffes und anderes mehr. Der Pa¯disˇa¯h verfaßte ein Schreiben, in dem er (mir) den Auftrag gab, mich mit dem Emir Asla¯n b. Malik ˙ Asla¯n b. Dulg˙a¯dir zu treffen und mit ihm auszumachen, dass er sich bis zum Ende des ¯ ˙ Winters bzw. zum Beginn des Frühlings (bei Yabak) einfinden solle, um sich (auf diese Weise) zu beruhigen. Dem Emir ließ er den Brief, in welchem er ihm zu gehen befahl, über mich zukommen. Der ,Inhaber des gesegneten Aufenthaltsortes‘ und Oberbefehlshaber der islamischen Truppen – Möge Gott seine Abhänger stark machen! – hatte (den Pa¯disˇa¯h) in seinem Brief darum gebeten, eine Gruppe Kurden, die sich vor ihm zurückgezogen hatten, in das islamische Reich [d.h. nach Ägypten, S.C.] zu schicken, aber der Pa¯disˇa¯h entsprach diesem (Wunsch) nicht.

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Ich verbrachte in Tabrı¯z noch den Donnerstag und Freitag (4. und 5. Oktober), bevor wir dann am Sonnabend, den 20. Rabı¯ II (6. Oktober) die Stadt Tabrı¯z verließen. Zum ersten Mal machten wir in dem Dorf Sarwa¯n Qulı¯ Station. Hier kam es zu einem erstaunlichen Zusammentreffen: Seit der Ankunft (in Tabrı¯z) fühlte ich mich (fürchterlich) schwach, worüber ich bereits berichtet habe. Im Verlauf unseres 20-tägigen Aufenthaltes in Tabrı¯z verließ mich das Fieber nicht, und als wir abreisten, war ich davon überzeugt, sterben zu müssen. Gott jedoch bewahrte mich in seiner unermesslichen Barmherzigkeit davor. Als ich den Boden von Tabrı¯z verlassen hatte, schenkte er mir Gesundheit, und die Mattheit verschwand. Glücklich verbrachte ich diese Nacht an dem erwähnten Ort. Am Morgen stand ich auf, und mein Gesundheitszustand war noch besser geworden. Gott sei es gedankt! Am Montag (, den 7. Oktober) lagerten wir bei dem Dorf Ta¯su¯. Dann begaben wir uns von dort in die Stadt Hu¯¯ı. Diese Nacht verbrachten wir in der Wüste, die nächste in dem ˘ Örtchen Band-i Ma¯hı¯, was auf Arabisch soviel wie „Fischrausch“ bedeutet. Von dort ging es weiter nach Argˇ¯ıˇs, wo wir zwei Tage blieben. Hier wurde ich (wieder) krank, doch Gott schenkte mir (eine rasche) Genesung. Von hier aus begaben wir uns nach Nasa¯rı¯. In jener Nacht fiel bis zum Morgen unbeschreiblich viel Schnee. Unsere Leute ˙ litten so sehr unter dem Wind und der Kälte, dass man es nicht in Worte fassen kann. Ich selbst nächtigte allein im Pferdestall. Schnee und Wind wechselten einander unaufhörlich ab. Schließlich luden wir unser Gepäck wieder auf und erduldeten die größten Qualen. Von diesem Ort brachen wir (somit) in allerjämmerlichstem Zustand auf. Unser Weg führte uns an der Stadt Huda¯ al-Hu¯r vorbei. Dies ist eine mit einer ˙ Mauer und einer uneinnehmbaren Festung versehene Siedlung. Es gibt hier viele Flüsse und Gärten. Der Ort liegt am Ufer eines Sees, dessen Wellen seine Mauer umspülen. Wir hielten dort nicht an, sondern machten, nachdem wir die Stadt hinter uns gelassen hatten, in einem Dorf Rast. Dort trafen wir auf Scheich Yu¯suf, der uns bei sich aufnahm. Bei ihm verbrachten wir die Nacht. Der Schneefall hielt an, und der Wind blies weiterhin unaufhörlich. ˘

Von dort aus setzten wir unsere Reise am letzten Dienstag des Monats Rabı¯ II (23. Oktober) fort und gelangten in den Ort Ahla¯t. Ich sah, dass dies eine Stadt mit ˘ ˙ einer mächtigen Festung war, in welcher sich die Truppen des Machthabers von Bitlis verschanzt hatten. Zwischen ihnen und den Soldaten des Pa¯disˇa¯hs hatte es ein Gefecht gegeben. Einer der Feldherren des Pa¯disˇa¯hs war der (bereits erwähnte) Emir Asla¯n b. ˙ Malik Asla¯n b. Du¯lg˙a¯dir. Ich trug den Brief des Pa¯disˇa¯hs bei mir (mit dem Befehl), mir ¯ ˙ einen seiner vertrauenswürdigen Männer mitzugeben, damit dieser die Worte des niza¯m al-mulk höre. Und ferner (mit der Order), sich selbst zu Beginn des Frühlings auf ˙ den Weg zu machen, um das, was ihm Genugtuung verschaffen könnte, mit eigenen Ohren zu vernehmen. Nachdem er [d.h. der Emir Asla¯n, S.C.] von meiner Anwesenheit erfahren hatte, sandte ˙ er einen Mann zu mir, der mich aufsuchte und mir eine Herberge (als Quartier) zuwies. Er brachte mich in dem besten Raum unter und ließ mir Speise und Trank bringen. Hiernach suchte er [d.h. der Emir Asla¯n, S.C.] mich persönlich auf, und ich händigte ˙ ihm den Brief aus. Er las ihn durch und freute sich über mein Erscheinen. Er sagte: „Du bist (wie) mein Vater. Wenn Du etwas für nicht nützlich hältst, so werde ich Deine

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Ratschläge nicht in Frage stellen!“ Ich antwortete: „Gedankt sei es, dass wir die Gelegenheit dazu haben, denn der niza¯m al-mulk – Gott möge ihn unterstützen! – sorgt ˙ sich sehr um Euch.“ Er gab mir seinen dawa¯da¯r, Hidr ad-Du¯lg˙a¯dirı¯ (als Gesandten) mit. Am Mittwoch, den ˘ ˙ ¯ ¯ ˇ uma ersten Tag des Monats G ¯ da¯ I (14. Oktober) verließen wir Ahla¯t. Der Schnee fiel ˘ ˙ unablässig weiter, aber wir hörten nicht auf (fortwärts zu marschieren) bis zur Zeit nach dem Abendgebet. Wir sahen nichts außer den Bergen. Wegen des Schneetreibens konnten wir noch nicht einmal den Boden und die Spuren des Weges erkennen. In einem Wald machten wir Rast, da wegen der großen Kälte und des Schnees eine Gruppe von unseren Leuten zurückgeblieben war. Der letzte der Zurückgefallenen erreichte uns erst nach Mitternacht. Durch Gottes Gnade fanden wir zufällig eine große Menge Holz. Wir entfachten in der Nähe von ihnen [d.h. den Leuten, S.C.] ein Feuer (und wärmten uns), bis wir (wieder einigermaßen) zu uns gekommen waren und die Nachsicht (Gottes) erlangt hatten. Anschließend zogen wir auf dem zwischen Bergen, Tälern und Schnee(wüsten) verlaufenden Weg weiter, bis wir Mu¯ˇs erreichten. Das Wetter blieb wie es war. Dann verließen wir Mu¯sˇ (wieder) und übernachteten am Ufer des Euphrats in der Steppe. Von hier ging es weiter zum Wa¯dı¯ Malasˇ Kurd. Wir durchquerten es und gelangten in Steppengebiet. Auch hier fanden wir viel Holz. Wie gewöhnlich machten wir ein Feuer. ˇ abak-G ˇ u¯r kamen, wo Nach dem Morgengebet brachen wir (erneut) auf, bis wir nach G uns (endlich) der Schnee verließ. Insgesamt hatte unser Weg durch den Schnee in dieser Richtung sechs Tage gedauert. Dann reisten wir in die Stadt H¯ın, und von dort aus gelangten wir in eines der Dörfer ¯ mid. Am˙ Mittwoch hielten wir während des Tages Einzug in die (des Distriktes) von A ¯ mid, wo wir bis Donnerstagmittag blieben. Dann kehrten wir ihr den Rücken Stadt A ˇ uma¯da¯ I (27. Oktober) die Stadt ar-Ruha¯. Hier und erreichten am Sonntag, den 12. G verweilten wir bis zum Dienstagmorgen. Nachdem wir aus ar-Ruha¯ abgereist waren, kamen wir in den Ort al-Bı¯ra. Uns begrüßte ihr Statthalter, der Emir Ardbasˇ, und wies uns ein Quartier in der Festung an. Er – Möge Gott ihn an unserer Stelle mit guten Dingen belohnen! – erwies uns große Ehre. Schließlich reisten wir aus ihr ab und begaben uns in Richtung der von Gott beschützten Stadt Aleppo. Am Sonnabendmorgen, den 19. (3. November) gelangten wir dorthin (wörtl: in das von Gott beschützte Aleppo). Am Donnerstag verließen wir sie wieder, und zu Beginn des Monats ˇ uma¯da¯ II (15. November 1471) stießen wir zu dem siegreichen Heer an einem Ort, der G Aklı¯sa bil-Qarad hieß und im Distrikt von Haqra¯qa lag. Bevor wir dort eintrafen, hatten ˙ ˙ wir noch das Schlachtfeld gesehen, auf dem sich das Gefecht zwischen dem ,Inhaber des gesegneten Aufenthaltsortes‘, also dem Emir Yasˇbak, (seines Zeichens) ad-da¯wa¯da¯r und Oberkommandierender der islamischen Truppen – Möge Gott seine Gefährten stärken! – und dem (aus der Gemeinde der Gläubigen) ausgestoßenen Sˇa¯h Suwa¯r abgespielt hatte.“

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Ibn Ag˘a¯s (st. 881/1476) „Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯“ ˙ ˙ ˘

Ibn Ag˘a¯s Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯: Biographie, ˙ ˘ Memoiren oder ˙Chronik? Autobiographie,

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Passt der uns hier vorliegende Text mit seinen drei Teilen (Beginn des Feldzuges – Gesandtschaftsbericht – Erfolgreicher Abschluss der Kriegshandlungen) zu den gängigen historiographischen Gattungen? Bei der Beantwortung dieser Frage gilt es zu bedenken, dass die uns vertrauten Genres der Geschichtsschreibung in der mamlukischen Chronistik nur idealtypischen Charakter haben. Oftmals sind die Grenzen fließend, sowohl was den Inhalt anbelangt wie auch bezüglich der Darstellungsweise. Schon die ,Biographie‘ macht uns Schwierigkeiten. Den Gelehrten lag seit der Frühzeit daran, ihren Zeitgenossen die Meriten bedeutender Männer als beispielhafte Vorbilder vor Augen zu führen.94 Darüber hinaus waren sich die Muslime stets darüber einig, dass Geschichte und damit auch die Erneuerung der Religion in erster Linie von Individuen gestaltet würde. Die Machtträger ihrerseits – Herrscher wie Religionsgelehrte – wollten sich mit Hilfe biographischer Werke der Legitimität ihres Handelns versichern. Das Genre befriedigte somit sowohl die Verfasser wie auch die anvisierte Zielgruppe von Lesern. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass neben reinen Herrscherbiographien wie Izz ad-Dı¯n b. Sˇadda¯ds (st. 684/1285) und Ibn Abd az-Za¯hirs (st. 692/1292) Baybars-Viten95 oder Sˇa¯fi b. Alı¯s (st. 732/ ˙ ˙ 1332) al-Fadl al-ma’tu¯r min sı¯rat as-sulta¯n al-Malik al-Mansu¯r96 und neben ¯ ˙ ˙ ˙ ˘ ˘

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94 Siehe Rosenthal, F., A History of Muslim Historiography. 2., überarbeitete Aufl. Leiden 1968, 100 – 106; Gibb, H. A. R., Islamic Biographical Literature, in: Lewis, B./Holt, P. M. (Hg.), Historians of the Middle East. London 1962, S. 54 – 58 und Malti Douglas, F., Controversy and its Effects in the Biographical Tradition of al-Khat¯ıb al-Baghda¯dı¯, in: Studia Islamica 46 (1977), S. 115 – 131. Siehe zu diesem Genre auch die˙ Bibliographie Auchterlonie, P., Arabic Biographical Dictionaries: A Summary Guide and Bibliography. Durham 1987. 95 Izz ad-Dı¯n b. Sˇadda¯d, Rawd az-Za¯hir fı¯ sı¯rat al-Malik az-Za¯hir. Hg. von Ahmad Hutayt unter ˙ ˙ ¯n Muhammad ˙ b. Alı˙¯ b.˙ Ibra ˙ ¯ hı¯m dem Titel „Die Geschichte ˙des˙ Sultans Baibars von Izz˙ad-dı ˙ ˇ b. Sadda¯d (st. 684/1285)“. Wiesbaden 1983; Ibn Abd az-Za¯hir, Rawd az-Za¯hir fı¯ sı¯rat al˙ ˙1976. Siehe ˙ zu ˙ ˙den beiden BioMalik az-Za¯hir Hg. von Abd al- Azı¯z al-Huwaytir. Riyad ˙ ˙ ˙ ˘ graphien Holt, P. M., Three Biographies of al-Za¯hir Baybars, in: Morgan, D. O. (Hg.), Me˙ dieval Historical Writing in the Christian and Islamic Worlds. London 1982, S. 19 – 29. ˇ 96 Eine Textausgabe ist Lewicka, P. B., Sa¯fi Ibn Alı¯’s Biography of the Mamluk Sultan Qala¯wu¯n. Warschau 2000. Siehe zu Sˇa¯fi b. Alı¯ und seiner Qala¯wu¯n-Vita Holt, P. M., Some Observations on Sha¯fi b. Alı¯’s Biography of Baybars, in: Journal of Semitic Studies 29 (1984), S. 123 – 130; ders., A Chancery Clerk in Medieval Egypt, in: English Historical Review 101 (1986), S. 671 – 179; ders., The Presentation of Qala¯wu¯n by Sha¯fi b. Alı¯, in: Bosworth, C. E. et al. (Hg.), The Islamic World from Classical to Modern Times. Essays in Honor of Bernard Lewis. Princeton 1989, S. 141 – 150 sowie Lewicka, P. B., Arabic Sources for the Life and Reign of Sultan alMansu¯r Qala¯wu¯n, in: Rocznik Orientalisticzny 1 – 2 (1994), S. 113 – 119 und dies., True, ˙ False? Deciphering Sˇa¯fi b. Alı¯’s Biography of Qala¯wu¯n, in: Studia Arabistyczne i Untrue, Islamisticzne 5 (1997), S. 87 – 96. ˘

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Biographie, Autobiographie, Memoiren oder Chronik?

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Lebensbeschreibungen von herausragenden Gelehrten97 Vitensammlungen zu einer der wichtigsten historiographischen Darstellungsformen der Muslime geworden sind.98 Die Anfertigung solcher Who-is-Who-Kompendien mit Tausenden von – meist kürzeren – Biogrammen hatte gerade während der Mamlukenzeit Hochkonjunktur.99 Auch wenn diese Biographien stilistisch durchaus unterschiedlich gestaltet wurden, gibt es doch eine grundlegende Gemeinsamkeit: Die Viten umfassten das gesamte Leben der beschriebenen Personen, wobei die Autoren stets deren besonderen Qualitäten oder Verdienste hervorhoben. Insofern stellt Ibn Ag˘a¯s Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯ keine Lebensbeschrei˙ ˙ ˘ bung im klassischen Sinn dar. Zwar wird auf das Leben des Mamlukengenerals eingegangen, doch nur im Rahmen des von diesem durchgeführten und von dem Verfasser miterlebten Feldzuges. Seine Vergangenheit bleibt ebenso ausgeklammert wie sein weiteres Schicksal. Aus dem Anliegen der Hofchronisten, den Herrscher in biographischen Darstellungen zu verherrlichen und seine Taten zu preisen, entwickelte sich außer den eben skizzierten traditionellen Formen der Biographie die besondere Gattung der „Widmungsschrift“. Zur Sicherung der herrscherlichen Protektion offerierte der Verfasser dem Sultan eine kürzere, panegyrisch gehaltene Chronik.100 Namhafte Beispiele hierfür sind etwa: – Baybars al-Mansu¯rı¯s (st. 725/1325) at-Tuhfa al-mulu¯kı¯ya fı¯ d-dawla at-turkı¯ya ˙ ˙ – Sˇams ad-Dı¯n Ibra¯hı¯m b. Abd ar-Rahma¯n al-Qaysara¯nı¯s (st. 753/1352) an-Nu¯r ˙ al-la¯’ih wad-durr as-sa¯dih fı¯’stifa¯ mawla¯na¯ as-sulta¯n al-Malik as-Sa¯lih ˙ ˙˙ ˙ ˙ ˙˙ ˙ ˘

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ˇ awa¯hir [wie Anm. 36], Abd al-Qa¯dir asˇ97 Typische Beispiele hierfür sind as-Saha¯wı¯s K. al-G ˇ ala¯l ad-Dı¯n [hg. von Abd al-Ila¯h Sˇa¯dilı¯s (st. nach 945/1538) Bahgˇat al- ˘a¯bidı¯n bi-targˇamat G ¯ Nabha¯n. Damaskus 1998] und Sˇams ad-Dı¯n ad-Da¯wu¯dı¯s (st. 945/1539) Targˇamat as-Suyu¯t¯ı ˙ [MS Berlin (Tübingen) Nr. 10134]. 98 Siehe dazu Khalidi, T., Islamic Biographical Dictionaries: A Preliminary Assessment, in: The Muslim World 63 (1973), S. 53 – 65; Abiad, M., Origine et d¦veloppement des dictionnaires biographique arabes, in: Bulletin d’¦tudes orientales 31 (1979), S. 7 – 15 und alQa¯d¯ı, W., Biographical Dictionaries: Inner Structure and Cultural Significance, in: Atiyeh, ˙ (Hg.), The Book in the Islamic World. The Written Word and Communication in the G. N. Middle East. New York 1995, S. 93 – 122. 99 Obgleich es eine sehr große Zahl von mamlukischen bio-bibliographischen Werken gibt, liegen bisher keine Untersuchungen zu diesem wichtigen Genre vor. Eine Ausnahme ist Martel-Thoumian, B., Le dictionnaire biographique: un outil historique. Etude r¦alis¦e — partir de l’ouvrage de Saha¯wı¯: ad-Daw’ al-la¯mi fı¯ a ya¯n al-qarn at-ta¯si , in: Cahiers d’on˘ omastique arabe (1988 – 1992), S.˙ 9˙– 38. 100 Zu den im folgenden genannten Widmungsschriften siehe Weintritt, O., Formen spätmittelalterlicher islamischer Geschichtsdarstellung. Untersuchungen zu an-Nuwairı¯ al-Iskandarı¯s Kita¯b al-Ilma¯m und verwandten zeitgenössischen Texten. Beirut 1992; Holt, P. M., Literary Offerings: A Genre of Courtly Literature, in: Philipp, T./Haarmann, U. (Hg.), The Mamluks in Egyptian Politics and Society. Cambridge 1998, S. 3 – 16; Sievert, Das ägyptische Mamlukensultanat [wie Anm. 54] und Vesely´, R., Ibn Na¯hid’s As-Sı¯ra asˇ-Sˇaykhı¯ya (Eine Lebensgeschichte des Sultans al-Mu’ayyad Sˇaykh). Ein Beitrag˙ zur Sı¯ra-Literatur, in: Arch†v Orient‚ln† 67 (1999), S. 149 – 220. ˘

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Ibn Ag˘a¯s (st. 881/1476) „Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯“ ˙ ˙ ˘

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– an-Nuwayrı¯ al-Iskandarı¯yas (st. nach 776/1374) K. al-Ilma¯m – Ibn Na¯hids (st. 841/1438) as-Sı¯ra asˇ-Sˇayh¯ıya ˙ ˘ – al- Aynı¯s (st. 855/1451) as-Sayf al-muhannad fı¯ sı¯rat al-Malik al-Mu’ayyad und ar-Rawd az-za¯hir fı¯ sı¯rat al-Malik az-Za¯hir ˙ ˙ ˙ – Ibn asˇ-Sˇihnas (st. 921/1515 – 6) al-Badr az-za¯hir fı¯ nusrat al-Malik an-Na¯sir ˙ ˙ ˙ – Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯s Ta’rı¯h al-Malik al-Asˇraf Qa¯’itba¯y. ˙ ˘ Um die formalen Charakteristika solcher Widmungsschriften aufzuzeigen, sei an dieser Stelle einmal eine knappe Inhaltsangabe des letztgenannten Werkes gegeben:

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Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯: Ta’rı¯h al-Malik al-Asˇraf Qa¯’itba¯y (Gliederung)101 ˙ ˘ 1. Teil (Qa¯’itba¯y) – Koran und Hadı¯tzitate (fol. 1a – 3b) ¯ ˙ – Lob des Herrschers (fol. 3b – 5a) – Allgemeine Klage über die Lage in Ägypten bei Qa¯’itba¯ys Regierungsantritt (fol. 5a – 5b) – Die sieben Feldzüge Qa¯’itba¯ys (fol. 5b – 14a) – Preisung der Gerechtigkeit des Sultans, vor allem gegenüber den ulama¯’ (fol. 14a-b) – Überblick über die herrscherlichen Finanzen (fol. 14b – 16a) 2. Teil (Ägyptische Herrscher von Saladin bis Qa¯’itba¯y) – Einleitung (fol. 16a – 17a) – von Saladin bis Baybars (fol. 17a – 20b) – von Baybars bis Barqu¯q (fol. 20b – 32a) – Barqu¯q (fol. 32a – 35b) – Faragˇ (fol. 35b – 41b) – von Faragˇ bis al-Mu’ayyad Sˇayh (fol. 41b – 44a) ˘ – von al-Mu’ayyad Sˇayh bis Barsba¯y, einschließlich der Biographie Tatars ˙ ˙ ˘ (fol. 44a – 57b) – Barsba¯y (fol. 57b – 77b) ˇ aqmaq (fol. 77b – 89b) –G – ¯Ina¯l (fol. 89b – 91a) – 3. Feldzug gegen Rhodos (fol. 91a-b) – Husˇqadam (fol. 91b – 92b) ˘ – Zypernfeldzug (fol. 92b – 93b) – az-Za¯hir Yalba¯y (fol. 93b – 94a) ˙ ˙ 101 Nach Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯, Ta’rı¯h al-Malik al-Asˇraf Qa¯’itba¯y. MS British Museum Or. 3028. ˙ ˘

Biographie, Autobiographie, Memoiren oder Chronik?

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– Tamurbug˙a¯ (fol. 94a-b) – Qa¯’itba¯y (fol. 94b – 96a)

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All diesen Werken eigen ist eine bewusst verkürzte Wiedergabe historischer Ereignisse zugunsten einer strengen formalen Gestaltung. Viele der literarisch ambitionierten Widmungsschriften sind zahlensymbolisch konstruiert und haben eine enkomiastische Grundtendenz. Hier gibt es somit ebenfalls nur eine entfernte Verwandtschaft mit unserem Text. Natürlich streicht Ibn Ag˘a¯ die Meriten Yasˇbaks als Gelehrter, Mäzen und Kriegsherr heraus, doch ist die Schrift weit davon entfernt, eine Panegyrik auf den Oberbefehlshaber zu sein. Des Weiteren sind zahlensymbolische Anklänge nicht zu erkennen, und auch der eingeschobene Gesandtschaftsbericht passt nicht zu einer Widmungsschrift. Darüber hinaus war es während der Mamlukenzeit nur üblich, einem Herrscher – und nicht etwa einem Wesir oder dawa¯da¯r – ein solches Werk zuzueignen. Wie steht es nun mit dem Genre ,Autobiographie‘? Immerhin erzählt Ibn Ag˘a¯ durchweg aus seiner eigenen Perspektive von Ereignissen, die er als Augenzeuge miterlebt hat. Das klassisch-arabische Schrifttum verfügt über eine ganze Reihe von spirituellen, politischen und akademischen Werken mit autobiographischem Material102, doch sind die Lebensdarstellungen der Mamlukenzeit bisher noch nicht wirklich Gegenstand der Forschung gewesen.103 Dabei kommen beiläufige, d. h. nicht in Form einer selbstständigen Abhandlung geäußerte Autobiographien häufig vor: In seinem biographischen Lexikon ar-Raud al- a¯tir ˙ ˙ fügt Ibn Ayya¯s (st. 1000/1592) im Anschluss an die Viten seines Großvaters oder seines Vetters Informationen über seinen persönlichen Werdegang ein.104 Ein ˇ azarı¯ (st. 833/1429)105, der dem Leser seines G ˙ a¯yat weiteres Beispiel ist Ibn al-G an-niha¯ya fı¯ tabaqa¯t al-qurra¯’ ebenfalls eine kurze Darstellung der eigenen ˙

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102 Einen guten Überblick liefern neben Al-Ghamdi, S. M., Autobiography in Classical Arabic Literature: An Ignored Literary Genre. Ph.D. diss. University of Indiana 1989 vor allem die interessanten Beiträge in der Sonderausgabe der Zeitschrift Edebiy–t zum Thema “Arabic Autobiography” [7/2 (1997)] und Reynolds, D. F. (Hg.), Interpreting the Self. Autobiography in the Arabic Literary Tradition. Berkeley et al. 2001. In der Frühzeit dienten häufig antike Autoren als Vorbilder. So hat Josef van Ess darauf hingewiesen, dass auch hinter dem sehr frühen autobiographischen Abschnitt in al-Muha¯sibı¯s (gest. 243/857) K. al-Nasa¯’ih ein ˙ ˙a¯sibı¯. spätantiker Topos zu vermuten ist. Vgl. van Ess, J.,˙Die Gedankenwelt des Ha¯rit al-Muh ˙ ¯ ˙ Bonn 1961, S. 4. 103 Siehe hierzu auch Conermann, S., Ibn Tu¯lu¯n (d. 953/1546) – Life and Works, in: Mamlu¯k Studies Review 8 (2003) (im Druck). ˙ 104 Vgl. Günes‚ , A. H., Das Kita¯b ar-raud al- a¯tir des Ibn Aiyu¯b. Damaszener Biographien des 10./ ˙ Edition. ˙ 16. Jahrhunderts. Beschreibung und Berlin 1981, S. 2 – 5. 105 Zu ihm Ben Cheneb, M., Art. ”Ibn al-Djazarı¯“, in: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Vol. 3: H-Iram. Leiden und London 1971, Sp. 753a-b.

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Ibn Ag˘a¯s (st. 881/1476) „Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯“ ˙ ˙ ˘

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Sozialisation gibt106. Oder aber man machte es wie as-Saha¯wı¯, der eine in der ˘ dritten Person gehaltene Biographie seiner eigenen Person kommentarlos in seinem Werk ad-Daw al-la¯mi fı¯ a ya¯n al-qarn at-ta¯si unterbrachte.107 ˙ ˙ Aber wir kennen auch monographische Autobiographien aus der Mamlukenzeit. Damit sind nicht die knappen Äußerungen Ibn Tag˙rı¯ Birdı¯s (gest. 812/ 1415) gemeint, die dieser einem seiner Schüler diktierte108, sondern die Monographien Ibn Tu¯lu¯ns (st. 953/1546)109, as-Suyu¯t¯ıs (st. 911/1505)110 oder Ibn ˙ ˙ Ha¯ldu¯ns (gest. 7808/1406)111. Alle drei Werke geben uns zwar wenige Informa˘ tionen über das Privatleben ihrer Verfasser, doch liefern sie uns einen ausführlichen Bericht ihrer intellektuellen Entwicklung und ihres politischen Werdeganges. Ein gutes Exempel ist etwa Ibn Ha¯ldu¯ns K. at-Ta rı¯f: ˘ ˘

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Ibn Haldu¯n: K. at-Ta rı¯f (Gliederung) ˘ Name (S. 3 – 6) Andalusische Vorfahren (S. 6 – 10) Vorfahren aus Ifrı¯qiya (S. 10 – 17) Erziehung, Lehrer (S. 17 – 56) Ernennung zum Kanzleichef in Tunis und Reise in den Maghreb (S. 57 – 67) – Ernennung zum Sekretär des Sultans Abu¯ Ina¯n (S. 67 – 68) – Gunstentzug von Seiten des Sultans (S. 69 – 70) – – – – –

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ˇ azarı¯, G ˙ a¯yat an-niha¯ya fı¯ tabaqa¯t al-qurra¯’. Hg. von Gotthelf Bergsträsser. 3 Bde. 106 Ibn al-G Kairo 1933 – 35, hier Bd. 2, S. 247 –˙ 251. 107 As-Saha¯wı¯, Daw’ [wie Anm. 4], Bd. 8, S. 1 – 32. Repräsentativ für die Gattung der ,beiläu˙ ˘ figen Autobiographie‘ ist auch die kurze Selbstdarstellung, die man in Ibn Hagˇar al- Asqala¯nı¯s (st. 852/1449) Raf al-isr fı¯ quda¯t Misr [2 Bde. Kairo 1957, hier Bd. ˙1, S. 85 – 88] ˙ ˙ ˙ findet. 108 Angehängt an den zweiten Band seines al-Manhal as-sa¯fı¯ wa-l-mustawfı¯ ba’da l-wa¯fı¯ des ˙˙ Wiener Manuskriptes Or. 1173, fol. 430v – 432r. 109 Ibn Tu¯lu¯n, al-Fulk al-masˇhu¯n fı¯ ahwa¯l Muhammad Ibn Tu¯lu¯n. Damaskus 1929. Siehe zu ihm ˙ ˙ ˙ Anm. ˙ 103]. ˙ Conermann, Ibn Tu¯lu¯n [wie 110 As-Suyu¯t¯ı, at-Tah˙addut bi-ni’mat Alla¯h. Hg. von Elizabeth M. Sartain. Cambridge 1975. ˙ Wirken ˙ des ¯berühmten Gelehrten würdigt Sartain, E. M., Jala¯l al-dı¯n al-Suyu¯t¯ı. Werk und ˙ Vol. 1: Biography and Background. Cambridge 1975. Einen Forschungsüberblick gibt Saleh, M. J., Al-Suyu¯t¯ı and his Works: Their Place in Islamic Scholarship from Mamluk Times to ˙ Mamlu¯k Studies Review 5 (2001), S. 73 – 89. Speziell zu seiner Lebensbethe Present, in: schreibung cf. Brustad, K., Imposing Order: Reading the Conventions of Representation in al-Suyu¯t¯ı’s Autobiography, in: Edebiy–t: Special Issue – Arabic Autobiography 7/2 (1997), S. 327 – ˙344. 111 Ibn Haldu¯n, at-Ta rı¯f bi-Ibn Haldu¯n wa-rihlatuhu¯¸g˙arban wa-sˇarqan‘. Kairo 1979. Die Li˙ umfangreich. Als allgemeine Einführungen ˘ zu Ibn Ha¯ldu¯n ist mittlerweile ˘ teratur sehr ˘ können Fischel, W. J., Ibn Khaldu¯n in Egypt. His Public Functions and his Historical Research (1382 – 1406). A Study in Islamic Historiography. Berkeley und LosAngeles 1967 sowie al-Azmeh, A., Ibn Khaldu¯n. London 1982 dienen. ˘

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Biographie, Autobiographie, Memoiren oder Chronik?

Sekretär des Sultans Abu¯ Sa¯lims (S. 70 – 83) Reise nach Andalusien (S. 84 – 99) Reise nach Bigˇa¯ya und Ernennung zum Kämmerer (S. 99 – 107) Unterstützung Abu¯ Hammu¯s, des Machthabers in Tilimsa¯n (S. 107 – 144) – Unterstützung des Sultans Abd al- Azı¯z, des Machthabers im Maghreb, gegen die Abdalwa¯diden (S. 144 – 166) – [Einschub] Würdigung des Wesirs Ibn al-Hat¯ıb (S. 167 – 231) ˘ ˙ – Rückkehr in den Maghreb (S. 232 – 242) – Zweite Andalusien- und Maghrebreise; Aufenhalt bei den Awla¯d Arı¯f (S. 243 – 246) – Rückkehr an den Hof von Sultan Abu¯ l- Abba¯s in Tunis (S. 246 – 263) – Reise in den Osten; Kadiamt in Kairo (S. 263 – 270) – Pilgerfahrt nach Mekka (S. 270 – 303) – Lehrtätigkeiten und Arbeit in einigen Ha¯nqa¯hs (S. 304 – 342) ˘ – Aufsicht über den Ha¯nqa¯h von Baybars (S. 342 – 344) ˘ – Aufstand an-Na¯sirı¯s (S. 345 – 370) ˙ – Vermittlung im Austausch von Präsenten zwischen den Herrschern im Maghreb und Malik az-Za¯hir (S. 370 – 383) ˙ ˙ – Zweite Amtszeit als Kadi in Ägypten (S. 383 – 387) – Feldzug des Sultans nach Syrien zur Verteidigung des Reiches gegen die Tataren (S. 388 – 405) – Gespräch mit Tı¯mu¯r (S. 406 – 420) – Rückkehr nach Ägypten (S. 421 – 428) – Dritte, vierte und fünfte Ernennung zum Kadi in Ägypten (S. 429 – 430)

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Die beiden hier kurz vorgestellten Grundformen der arabischen Autobiographie verdeutlichen, dass sich auch dieses Genre nur indirekt in Ibn Ag˘a¯s Ta’rı¯h al˘ Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯ ausmachen lässt. Ibn Ag˘a¯s Bericht enthält zwar durchaus ˙ ˙ autobiographische Angaben, doch entspricht er mit seinen sporadisch eingefügten und in keiner Weise systematisierten Hinweisen zum eigenen Werdegang nicht der durch literarische Konventionen stark geprägten Gattung. Aber auch inhaltlich sind die Unterschiede groß. Sein Werk gibt uns weder eine Darstellung des eigenen Lebens, die eine nachträgliche Rechtfertigung der Taten- oder Gedankenwelt vor sich und der Mitwelt beinhaltet und den eigenen Lebenslauf in übergreifende Zusammenhänge einordnet, noch enthält es eine Beschreibung seines intellektuellen Werdegangs und seiner politischen Karriere. Vielversprechender für den Versuch einer Genrebestimmung von Ibn Ag˘a¯s

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Ibn Ag˘a¯s (st. 881/1476) „Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯“ ˙ ˙ ˘

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Text scheint mir die Gattung des Journals (yawmı¯ya¯t) zu sein. Darunter soll im Gegensatz zum eher bekenntnishaften Tagebuch112 die mehr nüchterne Art der Aufzeichnung tatsächlicher Geschehnisse der Außenwelt in unpersönlicher Kürze und geschäftsmäßiger Sachlichkeit verstanden werden. Der Nachwelt vorsätzlich als Journale hinterlassene Einzeltexte sind in der arabischen Literatur sehr selten. Aus der Mamlukenzeit ist mir eigentlich nur Ahmad b. Tawqs ˙ ˙ (st. 915/1509 – 10) at-Ta lı¯q bekannt113, dessen erster – und bisher als einziger publizierter – Band die Ereignisse der Jahre von 885/1480 bis 890/1485 umfaßt. Es ist allerdings noch nicht hinreichend untersucht worden, ob der Autor sein Material später zu einer Chronik umarbeiten wollte114 oder mit seinem Buch tatsächlich ein ganz neues Genre kreiert hat.115 Ebenso wie die yawmı¯ya¯t Ahmad b. Tawqs besteht nämlich auch Ibn Tu¯lu¯ns ˙ ˙ ˙ Mufa¯kahat al-hilla¯n fı¯ hawa¯dit az-zama¯n116 im Wesentlichen aus den zu Papier ¯ ˙ ˘ gebrachten persönlichen Beobachtungen des Verfassers. Man kann dies wohl auch von Ibn Iya¯s’ Bada¯’i az-zuhu¯r fı¯ waqa¯’i ad-duhu¯r sagen, doch ist in seinem Fall bereits eine Verarbeitung der Notizen zu einer zusammenhängenden chronikhaften Erzählung erkennbar117. Bei Ibn Tu¯lu¯ns Text haben wir es hin˙ gegen in der Tat mit einer losen Sammlung von Tages- bzw. Wochenaufzeichnungen zu tun. Recht häufig kommt es sogar vor, dass ein in Damaskus kursierendes Gerücht sorgsam unter einem bestimmten Datum notiert wird, nur um zu einem späteren Zeitpunkt von dem Autor widerrufen zu werden, da sich seine Unwahrheit herausgestellt habe. Wir wissen aber auch bei Ibn Tu¯lu¯n nicht, ˙ ob er die Absicht hegte, seinen Text in größerem Umfang zu bearbeiten. Darauf hindeuten könnte, dass er sich bisweilen auf andere – zumeist ältere, aber auch ˘

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112 Siehe hierzu auch Makdisi, G., The Diary in Islamic Historiography, in: Olson, R. (Hg.), Islamic and Middle Eastern Societies. A Festschrift in Honor of Professor Wadie Jwaideh. Brattleboro, Vt. 1987, S. 3 – 28. 113 Ahmad b. Tawq, at-Ta lı¯q. Hg. von J. al-Muhajer unter dem Titel „Journal d’Ahmad ibn Tawq ˙ ˙ vie quotodienne ˙ – La — Damas — la fin de l’¦poque mamelouke”. Bd. 1. Damaskus 2000. ˙Zum Autor siehe Ahmad b. Munla¯ (st. 1003/1594)/Ibn Tu¯lu¯n, Mut at al-adha¯n mina t-tamattu ¯˙ ˙ tara¯gˇ im asˇ-sˇuyu¯h wal-aqra¯n. Hg.˙ von G ˇ ala¯h ad-Dı¯n bil-aqra¯n bayna Halı¯l asˇ-Sˇayba¯nı¯ al˘ S. 186 – 187; Nagˇm ad-Dı¯n˙ al-G˙azzı¯˘(st. 1061/1651), alMawsilı¯. 2 Bde. Beirut 1999, Bd. 1, ˇ ibra¯’ı¯l Sulayma¯n G ˇ abbu¯r. 3 Bde. Beirut Kawa¯˙kib as-sa¯’ira fı¯ a ya¯n al-mi’a al- a¯ˇsira. Hg. von G 1945 – 58, hier Bd. 1, S. 126; Ibn al- Ima¯d, Sˇadara¯t ad-dahab [wie Anm. 34], Bd. 8, S. 68. ¯ ¯ ¯ 114 Zur ,Entstehung‘ einer Chronik siehe Haarmann, U., Quellenstudien zur frühen Mamlukenzeit. 2. Aufl. Freiburg 1970, S. 121 – 129. 115 Zu diesem Thema planen Tilman Seidensticker und ich für 2003/2004 einen längeren Artikel, der in der Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft erscheinen soll. 116 Ibn Tu¯lu¯n, Mufa¯kahat al-hilla¯n fı¯ hawa¯dit az-zama¯n. Hg. von Mu12ammed Mustafa¯. 2 Bde. ¯ ˙ ˙˙ ˘ Kairo˙ 1962 – 64. 117 Ein genauer Vergleich der Handschriften, die mindestens drei unterschiedliche Fassungen des Textes überliefern, steht noch aus. Siehe GAL, S II, S. 405.

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Biographie, Autobiographie, Memoiren oder Chronik?

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zeitgenössische – Chronisten stützt und aus deren Werken am Ende eines Jahres gelegentlich längere Passagen einfügt.118 Alle drei Schriften haben letztlich eine ,journaleske‘ Grundtendenz. Damit nähern sie sich der Darstellungsweise Ibn Ag˘a¯s an. Zumindest in dem ersten und dritten Teil seines Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯ greift dieser auf die Form des ˙ ˙ ˘ Journals zurück, indem er in Tageseintragungen über die von ihm als wichtig erachteten Ereignisse des Feldzuges berichtet. Im Gegensatz zu den genannten Autoren verzichtet er jedoch auf alles schmückende Beiwerk und konzentriert sich allein auf die Schilderung der von ihm miterlebten oder ihm direkt zugetragenen Tatsachen. Eine interessante Variante des Journals, die dem Stil und der Konzeption nach ebenfalls Ibn Ag˘a¯s Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯ nahekommt, ist Badr ad-Dı¯n ˙ ˙ ˇ ¯ı a¯˘ns (st. 902/1496)119 Abu¯ l-Baqa¯’ Ibn al-G etwa gleichzeitig verfasstes Reisejournal al-Qawl al-mustazraf fı¯ safar mawla¯na¯ al-Malik al-Asˇraf120. Der Autor, ˙ der in seiner Eigenschaft als Stellvertreter des herrscherlichen Vertrauensse121 kretärs (ka¯tib as-sirr) Zayn ad-Dı¯n b. Muzhir (st. 893/1488)122 an der von Sultan Qa¯’itba¯y im Jahre 882/1477 nach Syrien unternommenen viermonatigen Inspektionsreise teilnahm, schildert in diesem Buch minutiös deren Verlauf. Offenbar befürchtete der Herrscher zu dieser Zeit den Einfall der Osmanen und wollte sich daher über die Befestigungsanlagen vor Ort informieren. Ohne viel Pomp, sondern eher heimlich und zur Überraschung der Leute in Kairo war ˇ uma¯da¯ I (= 15. April 1477) aufgebrochen, Qa¯’itba¯y am letzten Tag des Monats G ˇ wobei er Yasbak min Mahdı¯ als seinen Stellvertreter in der Hauptstadt zurückgelassen hatte.123

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ˇ ¯ı a¯n: al-Qawl al-mustazraf fı¯ safar mawla¯na¯ al-Malik al-Asˇraf Ibn al-G ˙ (Wegbeschreibung) ˇ uma¯da¯ II: Safad (S. 4, Z. 15) – 15. G ˙ ˇ uma¯da¯ II: Wa ¯ dı¯ at-Taym (S. 5, Z. 9) – 16. G

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118 Vgl. Hartmann, R., Das Tübinger Fragment der Chronik des Ibn Tu¯lu¯n, in: Schriften der ˙ Königsberger Gelehrten Gesellschaft 3. Jahr – Geisteswissenschaftliche Klasse – Heft 2 (Berlin 1926), S. 87 – 170, hier S. 95 – 98. ˇ ¯ı’a¯n siehe neben as-Saha¯wı¯, Daw’ [wie Anm. 4], Bd. 11, 119 Zu Badr ad-Dı¯n Abu¯ l-Baqa¯’ Ibn G ˙ [wie Anm. 92], S. 298 – ˘ S. 8 – 10 (# 21) auch Martel-Thoumian, Les civils et l’administration 299. ˇ ¯ı’a¯n, al-Qawl al-mustazraf fı¯ safar mawla¯na¯ al-Malik al-Asˇraf. Hg. von R. V. Lan120 Ibn al-G ˙ ˇ ¯ı’a¯ns siehe auch GAL II, S. 38 bzw. S II, S. 26. zone. Turin 1878. Zu anderen Werken Ibn al-G ˇ ¯ı’a¯n geht ausführlich ein MartelAuf die vermögende und hochangesehende Banu¯ l-G Thoumian, Les civils et l’administration [wie Anm. 92], S. 295 – 319. 121 Vgl. Ibn Iya¯s, Bada¯’i [wie Anm. 6], Bd. 3, S. 209. 122 Zu ihm cf. Martel-Thoumian, Les civils et l’administration [wie Anm. 92], S. 270 – 272. 123 Ibn Iya¯s, Bada¯’i [wie Anm. 6], Bd. 3, S. 134 – 135. ˘

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ˇ uma¯da¯ II: Karak (S. 6, Z. 12) 18. G ˇ uma¯da¯ II: Ba albak (S. 6, Z. 16) 19.–21. G ˇ 22.–24. Guma¯da¯ II: Tara¯bulu¯s (S. 8, Z. 2) ˇ uma¯da¯ II: al-La¯˙diqı¯ya (S. 9, Z. 11) 27. G ˇ uma¯da¯ II: Qurasˇ¯ıya (S. 10, Z. 14) 28. G ˇ uma¯da¯ II: ad-Darku¯sˇ (S. 11, Z. 9) 29. G 1.–5. Ragˇa¯b: Anta¯kı¯ya (S. 12, Z. 4) ˙ 7. Ragˇa¯b: Ma¯rgˇ Da¯big˙ (S. 15, Z. 14) 8. Ragˇa¯b: Ayn Ta¯b (S. 15, Z. 18) 9. Ragˇa¯b al-Bı¯ra (S. 16, Z. 8) 10. Ragˇa¯b: Qal at al-Muslimı¯n (S. 16, Z. 13) 13. Ragˇa¯b: bis zum mayda¯n von Aleppo (S. 18, Z. 12) 15.–28. Ragˇa¯b: Aleppo (S. 18, Z. 16) 29. Ragˇa¯b: Sarmı¯n (S. 23, Z. 7) 2.–8. Sˇa ba¯n: bis in die Nähe von Hama¯ (S. 24, Z. 13) ˙ 9.–11. Sˇa ba¯n: Hims (S. 25, Z. 13) ˙ ˙ 12.–14. Sˇa ba¯n: Qa¯ra (S. 26, Z. 6) 15. Sˇa ba¯n: Qat¯ıfa (S. 26, Z. 12) ˙ 16. Sˇa ba¯n-10. Ramada¯n: Dimasˇq (S. 26, Z. 16) ˙ 11. Ramada¯n: Sa assa (S. 34, Z. 9) ˙ 12. Ramada¯n: Qunaytara (S. 35, Z. 2) ˙ ˙ 14. Ramada¯n: an-Na¯sira (S. 36, Z. 12) ˙ ˙ 15. Ramada¯n: al-La¯gˇu¯n (S. 37, Z. 5) ˙ 19. Ramada¯n: ar-Ramla (S. 38, Z. 10) ˙ 21.–23. Ramada¯n: G˙azza (S. 38, Z. 16) ˙ 25. Ramada¯n: al- Arı¯sˇ (S. 40, Z. 8) ˙ 27. Ramada¯n: Qatiya¯ (S. 40, Z. 15) ˙ ˙ 29. Ramada¯n-1. Sˇawwa¯l: as-Sa¯lih¯ıya (S. 41, Z. 10) ˙ ˙ ˙ ˙ 2. Sˇawwa¯l: Bulbays (S. 42, Z. 3) ˘

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Ibn Ag˘a¯s (st. 881/1476) „Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯“ ˙ ˙ ˘

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Am 3. Sˇawwa¯l 882 traf Qa¯’itba¯y schließlich mit seiner kleinen Entourage bei dem von Yasˇbak in Matarı¯ya errichteten Kuppelbau ein.124 Dort verbrachte der Sultan ˙ die Nacht, bevor er am nächsten Tag unter großer Anteilnahme der Bevölkerung wieder seinen gewohnten Platz in der Zitadelle von Kairo einnahm.125 In seinem al-Qawl al-mustazraf fı¯ safar mawla¯na¯ al-Malik al-Asˇraf berichtet ˇ ¯ı a¯n, der an der˙ gesamten Inspektionsreise teilnahm, in einer uns Ibn al-G ˘

ˇ ¯ı a¯n, al-Qawl al-mustazraf [wie Anm. 121], S. 42, Z. 8 ff. 124 Vgl. Ibn al-G 125 Ibid. Vgl auch Ibn Iya¯s, Bada¯’i [wie˙ Anm. 6], Bd. 3, S. 138 – 139. ˘

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Biographie, Autobiographie, Memoiren oder Chronik?

schlichten, gänzlich unprätentiösen Sprache von den Vorkommnissen, die sich an den jeweiligen Stationen der herrscherlichen Dienstreise ereigneten. Ein anschauliches Beispiel für seinen Erzählstil liefert etwa die folgende Beschreibung einiger Ereignisse in Aleppo:126 „Am Freitagmorgen, den 23. erschien Sˇa¯h Buda¯q b. Du l-G˙a¯dir127 in Begleitung seiner ¯ Söhne und einer Gruppe seiner Emire im ehrenwerten (herrscherlichen) Lager auf dem Hauptplatz (mayda¯n) von Aleppo, wobei er sich so demütig und unterwürfig wie nur möglich verhielt. Am Samstag, den 24. begab sich Seine Majestät, der Sultan in die Stadt und ordnete die Abschaffung des Seifenhandelmonopols von Aleppo ebenso an wie die Beseitigung der den auf dem Aleppinischen Seifenmarkt tätigen Seifenhändlern auferlegten Abgaben. Am Donnerstag, den 22. waren einige Depeschen angekommen, die Seine Exzellenz, der Ata¯beg Sayf ad-Dı¯n Azbak min Tutuh128 aus dem (von Gott) ˙ ˙ ˘ wohlbehüteten Kairo geschickt hatte. Am gesegneten Samstag, den 24. des Monats brachte ihm Sˇa¯h Buda¯q b. Du l-G˙a¯dir (als ¯ Geschenk) Pferde, Kamele, Maultiere, Schafe, Silberwaren, weiße Sklaven, wilde Tiere, Jagdfalken und andere Dinge. Zu ihnen [d.h. den Geschenken, S.C.] gehörten auch seine beiden Söhne. Er bat darum, dass man ihnen Arbeit als Küchenjungs in den ehrenwerten (herrscherlichen) Stallanlagen gebe. ˘

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Er [d.h. der Herrscher, S.C.] erhob den Qa¯d¯ı Izz ad-Dı¯n b. al- Adı¯m zum hanafitischen ˙ ˙ Richter über das (von Gott) wohlbehütete Aleppo an Stelle des Qa¯d¯ı Lisa¯n ad-Dı¯n b. al˙ Qa¯d¯ı At¯ır ad-Dı¯n b. Qa¯d¯ı al-Quda¯t Muhibb ad-Dı¯n b. Sˇihna al-Hanafı¯, der vor seiner ˙ ˙ ˙ ¯ ˙ ˙ Zeit gestorben war. An dem Abend zum Sonntag, den 25. des Monats kam der genannte Sˇa¯h Buda¯q zu Seiner ehrenwerten Majestät, wobei er in seiner Gegenwart at-ta¯rı¯(?) essen durfte. Er ˙˙ [d.h. der Sultan, S.C.] kleidete ihn (bei dieser Gelegenheit) in eine mit Wolfspelz verˇ stärkte Wollweste. Am Sonntag fanden sich Sa¯h Buda¯q, Ibn Ramada¯n und eine Gruppe ˙ turkmenischer Emire bei dem Sultan ein, um ihm ihre Dienste anzubieten. In seiner Anwesenheit nahmen sie an einem Festessen teil. Dann, als sie gespeist und getrunken hatten, verlieh er [d.h. der Sultan, S.C.] Sˇa¯h Buda¯q zwei Satingewänder (atlasayn) und ˙ hieß ihn auf eine große Fuchsstute mit Sattel und goldbestickter Überwurfdecke aufˇ sitzen. Seinen [d.h. Sa¯h Buda¯qs, S.C.] Söhnen gab er jeweils einen mit einem Zobelkragen versehenen Mantel. ˘

Am Montag, den 26. fand in seiner Anwesenheit nach dem Hofzeremoniell (ba da lhidmati ˇs-sˇarı¯fati) und der öffentlichen Rechtssprechung auf dem Hauptplatz ein ˘ großes Festsessen statt, an welchem die Statthalter von Aleppo und Safad, der junge ˙ Mı¯rza¯ Muhammad b. Hasan Bek, Sˇa¯h Buda¯q b. Du l-G˙a¯dir mit seinen beiden Söhnen, ¯ ˙ ˙ Da¯wu¯d b. Ramada¯n mit seinen beiden Söhnen, der kleine Sohn von Suwa¯r b. Du l-G˙a¯dir ¯ ˙ und die turkmenischen Emire teilnahmen. Nach der Mahlzeit verlieh der Sultan Sˇa¯h ˘

ˇ ¯ı a¯n, al-Qawl al-mustazraf [wie Anm. 121], S. 19, Z. 15 bis S. 23, Z. 7. 126 Ibn al-G ˙ 127 Zu Sˇa¯h Buda¯q siehe weiter oben S. 133. Kurze Angaben finden sich auch bei YınanÅ, Dulkadir Beyligˇi [wie Anm. 19], S. 62 – 63. 128 Siehe zu ihm as-Saha¯wı¯, Daw’ [wie Anm. 4], Bd. 2, S. 270 – 272 (# 844). ˙ ˘

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Ibn Ag˘a¯s (st. 881/1476) „Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯“ ˙ ˙ ˘

Buda¯q einen aus Marderfell gefertigten Mantel und gab ihm darüber hinaus ein Pferd mit Sattel und Zaumzeug. Seinen [d.h. Sˇa¯h Buda¯qs, S.C.] Söhnen überreichte er Westen, die (ebenfalls) mit Marderfell gefüttert waren. Die turkmenischen Emire erhielten je nach ihrem Rang auch solche Westen. Darüber hinaus führte der Sultan eine Aussöhnung (sulh) zwischen dem Emir Qa¯nsu¯h, also dem Statthalter von Aleppo129, und ˙ˇ ˙ dem Emir G a¯nim b. Ta¯nı¯bek130, also dem Statthalter der Aleppiner Zitadelle, herbei und verlieh ihnen beiden jeweils einen mit einem Zobelkragen versehenen Mantel.

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ˇ ama¯l adIn seinem ehrenwerten (herrscherlichen) Lager empfing er auch den Qa¯d¯ı G ˙ Dı¯n Yu¯suf at-Ta¯difı¯, (seines Zeichens) hanbalitischer Qa¯d¯ı al-Quda¯t von Aleppo131, und ˙ ˙ ˙ bestätigte seine Ernennung zum Aleppinischen Vertrauenssekretär (bi-kita¯bat as-sirr) und zum Oberbefehlshaber über die dortigen siegreichen Truppen an Stelle von Ibn alMa arrı¯132. Die Ländereien al-Ma arrı¯s wurden konfisziert und Seiner Exzellenz Kama¯l ad-Dı¯n133, dem Befehlshaber über die siegreichen Truppen ganz Ägyptens, alle Ansprüche übertragen, um die Ausgaben decken zu können, die noch ausstanden. Am Dienstag, den 27. des Monats begab sich der Sultan auf einen Ausritt in das hinter der Stadt gelegene Gebiet. Dann kehrte er zurück und befahl die Abreise der Arbeitspferde mitsamt der allgemeinen Ausrüstung. Die beiden Pferde Seiner Exzellenz, des Ata¯beks Sayf ad-Dı¯n Azbak min Tutuh zogen am darauffolgenden Morgen, also am ˙ ˙ ˘ Mittwoch, den 28. des Monats Ragˇab, weiter, wobei sie das Antwortschreiben auf den Brief, den sie gebracht hatten, ebenso mit zurücknahmen wie die herrscherlichen Dekrete.

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Bei Tagesanbruch lud man auf, und die Karawane setzte ihren Weg fort. Unser hochherrscherlicher Sultan – möge Gott, der Erhabene ihn siegen lassen! – kam gegen Mittag in Begleitung der Statthalter von Aleppo und Safad und der Emire seiner En˙ tourage von der siegreichen Zitadelle herab. Im Verlauf des Tages zogen sie vorbei an 134 dem Grabmal des Sayyids Sa d al-Ansa¯rı¯ – Möge Gott, der Erhabene ihm zur Seite stehen und an ihm Wohlgefallen haben! – und erreichten bei Anbruch der Nacht den

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129 Qa¯nsu¯h al-Yahya¯wı¯ starb 902/1496. Siehe zu ihm as-Saha¯wı¯, Daw’ [wie Anm. 4], Bd. 6, ˙ ˙ Mamlouks et les premiers S. 199 (# 687) und Laoust, H., Les gouverneurs de Damas ˘sous les Ottomans (658 – 1156/1260 – 1744). Damaskus 1952, S. 33 – 38. ˇ a¯nim b. Ta¯nı¯bek cf. as-Saha¯wı¯, Daw’ [wie Anm. 4], Bd. 3, 130 Zu dem 897/1491 verstorbenen G ˙ ˘ S. 65 (# 260). ˇ ama¯l ad-Dı¯n Yu¯suf at-Ta¯difı¯ (st. 900/1494) informieren as-Saha¯wı¯, Daw’ [wie 131 Über G ˙ ¯h a ya¯n ˘ fı¯ ta’rı Anm. 4], Bd. 10, S. 320 (# 1206); Ibn al-Hanbalı¯ (st. 971/1563), Durr al-habab ˙ Yahya¯ Abba¯ra. 2 Bde. Damaskus ˙ ˘ hier Halab. Hg. vom Muhammad al-Fa¯hu¯rı¯ und 1972 – 73, ˙Bd. 2, S. 564ff . (# 620) ˙ und at-Tabba ˘ ¯ h, M. R., I˙ la¯m an-nubala¯’ bi-ta’rı¯h Halab asˇ-sˇahba¯’. 7 ˘ ˙ Bde. Aleppo 1923, hier Bd. 5,˙ S.˙ 348 ˘ 132 Siehe zu ihm Ibn al-Hanbalı¯, Durr [wie Anm. 131], Bd. 2, S. 449 (# 563) und Tabba¯h, I la¯m, ˙ ˘ [wie Anm. 131], Bd. ˙5, S. 287. ˇ 133 Gemeint ist Kama¯l ad-Dı¯n Muhammad b. Ka¯tib Gakam, der von 871/1466 bis 890/1485 das ˙ Vgl. as-Saha¯wı¯, Daw’ [wie Anm. 4], Bd. 10, S. 94 – 95 (# Amt des na¯zir al-gˇaysˇ innehatte. ˙ ˙ ˘ 306). ˘

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134 Das Grabmal gehörte möglicherweise zu dem in den 560er Jahren – also zwischen 1165 und 1174 – verstorbenen Sa ¯ıd b. Abd Alla¯h b. Ayyu¯b al-Ansa¯rı¯. Siehe Meinecke, Die mamlu˙ kische Architektur [wie Anm. 9], Bd. 2, S. 208.

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Biographie, Autobiographie, Memoiren oder Chronik?

Ha¯n Tu¯ma¯n135. Dort gab der Statthalter von Aleppo dem Herrscher zu Ehren ein ˙ ˘ Festmahl, an dem (außer ihm noch) der Statthalter der Aleppiner Zitadelle, die Emire Aleppos und das gesamte herrscherliche Gefolge teilnahmen. Bis zum Morgen blieben sie in dem erwähnten Ha¯n, der sich mitten in der Wüste befindet. In Wirklichkeit ist ˘ Aleppo eine große Stadt, seine Zitadelle hat gewaltige Ausmaße, und seine Einwohner sind gescheite Menschen, deren hervorstechenden Qualitäten allzu bekannt sind, als dass ich sie (hier noch einmal) beschreiben müsste.

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Am gesegneten Donnerstag, den 29. des Monats erhielten der Statthalter von Aleppo, d. h. der Emir Qa¯nsu¯h al-Yahya¯wı¯, der Statthalter der Aleppiner Zitadelle, d. h. der Emir ˇ a¯nim b. Ta¯nibek, der dawa¯˙da¯r des Sultans in Aleppo, d. h. Utma¯n b. (U)g˙ulbek136, und G ¯ der Aleppiner ha¯gˇ ib, d. h. Abu¯ Bakr b. Sa¯lih al-Kurdı¯, und noch einige andere Ehren˙ ˙ ˙ gewänder. Er [d.h. der Sultan, S.C.] wollte, dass sie nach Aleppo zurückkehrten, doch mehrere der syrischen Emire und einige Emire von Tripolis und G˙azza sowie noch ein paar (Emire) mehr (erhielten die Erlaubnis,) in seinem Gefolge zu verbleiben. Nachdem man den Rest des Tages zu Pferd zurückgelegt hatte, kam der hochherrscherliche Troß kurz vor dem Nachmittagsgebet in Sarmı¯n an. An diesem Ort verbrachte der Sultan die Nacht, und hier verrichtete er auch sein Morgengebet.“

Wir sehen deutlich die stilistischen und formalen Ähnlichkeiten mit Ibn Ag˘a¯s ˇ ¯ı’a¯ns Journal ist jedoch – im Gegensatz Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯. Ibn al-G ˙ ˙ ˘ zu Ibn Ag˘a¯s Schilderung – literarisch nicht gerade sehr anspruchsvoll. Es scheint vielmehr so, dass der Autor seine Notizen – aus welchen Gründen auch immer – nicht noch einmal überarbeitet hat, bevor er sie – vielleicht – dem Sultan bei passender Gelegenheit überreichte. Letztlich ist Ibn Ag˘a¯s Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯ ein formal eigenstän˙ ˙ ˘ diger Text, in welchem sich autobiographische, biographische, chronikhafte und ,journaleske‘ Züge nachweisen lassen. Diese gilt insbesondere für die beiden Partien, die die Erzählung von Ibn Ag˘a¯s eigener Mission zu dem Aq-Qoyunlu¯Herrscher Uzun Hasan einrahmen. Der Gesandtschaftsbericht selbst benutzt ˙ zwar die gleichen narrativen Mittel, doch bildet er insgesamt eine geschlossene literarische Einheit. Inhaltlich wie formal entspricht er bemerkenswerterweise zwei etwa ein Jahrhundert früher entstandenen persischsprachigen Texten. Gemeint ist zum einen das Journal G˙iya¯s ad-Dı¯n Naqqa¯sˇs über eine von 822/1419 ˙ bis 825/1422 im Auftrag Sˇa¯h Ruhs durchgeführte Mission nach China137 und zum ˘

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135 Zu dieser bis zum Muharram 883/4. April 1478 restaurierten und vergrößerten Anlage siehe ˙ Meinecke, Die mamlukische Architektur [wie Anm. 9], Bd. 2, S. 414. 136 Zur Aleppiner Familie (U)g˙ulbek im 9./15. Jahrhundert liegt nun vor Saghbini, S., Aleppo im 9./15. Jahrhundert nach der Urkundensammlung (gˇa¯mi al-mustanada¯t) der aleppinischmamlukischen Sippe Ug˙ulbak. Unveröff. Diss. Universität Kiel 2002. Zu Utma¯n b. Ug˙ulbek ¯ (st. 885/1480) cf. as-Saha¯wı¯, Daw’ [wie Anm. 4], Bd. 5, S. 125 (# 442); Ibn al-Hanbalı¯, Durr ˙ ˙ 5, S. 306 – ˘ [wie Anm. 131], Bd. 2, S. 884 ff. (# 292) und Tabba¯h, I la¯m, [wie Anm. 131], Bd. ˙ ˘ 307. ˘

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137 Das Original ist zwar nicht erhalten, doch finden wir diese Aufzeichnungen in der von

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Ibn Ag˘a¯s (st. 881/1476) „Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯“ ˙ ˙ ˘

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anderen die von dem Chronisten Abd ar-Razza¯q Samarqandı¯ (st. 887/1482) angefertigte Beschreibung einer offiziellen Reise in das südindische Vijayanagara138. Ein genauer Vergleich der drei Missionsjournale wäre wünschenswert, könnten damit doch die Gattungsmerkmale dieses Genres noch näher bestimmt werden. Möchte man nun abschließend der in Ibn Ag˘a¯s Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az˙ ˘ Za¯hirı¯ repräsentierten Gattung einen Namen geben, so ist dies angesichts des ˙ Mischcharakters des Textes nicht ganz einfach. Vielleicht sollte man ihn daher einfach einen ,nach literarischen Konventionen gestalteten und um einen Gesandtschaftsbericht erweiterten Feldzugsbericht‘ nennen.

7.

Historischer Ausblick

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¯ q Qoyunlu¯-Herrscher Uzun Hasan bis zu diesem Zeitpunkt die Hatte sich der A ˙ Auseinandersetzung zwischen den Mamluken und den Du¯ l-Qadariten mehr ¯ oder minder unbeteiligt angeschaut, so griff er nun aktiv in das Geschehen 139 ˇ uma¯da¯ I 877/Oktober 1472 ließ er unter dem Oberbefehl seines ein : Bis zum G Sohnes Ug˙urlu¯ Muhammad (gest. 882/1477) ein Heer ausrüsten. Daraufhin ˙ stellte auch Qa¯’itba¯y eine Armee zusammen, die sich unter Yasˇbaks Führung alsbald von Kairo aus nach Aleppo auf den Weg machte. Schon nach kurzer Zeit gelang es den Mamluken, die turkmenischen Truppen aus Syrien zu vertreiben. Als die Gefahr gebannt schien, beorderte man das Expeditionskorps zurück an den Nil. Während der Kampfhandlungen mit den Mamluken suchte Uzun Hasan die ˙ Unterstützung Venedigs. Gleichzeitig unternahm er einen Vorstoß gegen Qa¯q ra¯ma¯n. Beides bot nun den Osmanen Gelegenheit, ihrerseits gegen die A Qoyunlu¯ vorzugehen: Im Rabı¯ I 878/August 1473 musste Uzun Hasan bei Basˇ˙ kent seinem Gegenspieler Mehmed unter großen Verlusten das Feld überlas˙

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Ha¯fiz-i Abru¯ (gest. 1430) angefertigten Chronik Zubdat at-tava¯rı¯h-i Ba¯ysung˙u¯rı¯ zitiert: ˙ a¯fiz˙ -i A ˘ ˇ ava¯dı¯. 2 Bde. Teheran ¯ bru¯, Zubdat at-tava¯rı¯h. Hg. von K. G H 1993, S. 817 – 864 ˙ ˙ (durchgehend paginiert). Siehe˘ dazu Conermann, S., Politik, Diplomatie und Handel entlang der Seidenstraße im 15. Jahrhundert, in: U. Hübner/J. Kamlah/L. Reinfandt (Hg.), Die Seidenstraße. Handel und Kulturaustausch in einem eurasiatischen Wegenetz. Hamburg 2001, S. 186 – 236, insbesondere S. 214 – 236. 138 Abd ar-Razza¯q Samarqandı¯, Matla -i sa dayn va magˇma -i bahrayn. Teil 1 hg. von A. Nava¯’ı¯. Teheran 1974. Teil 2 hg. von M.˙ Sˇafı¯ . Lahore 1941 – 49, hier˙ Teil 2, S. 764 – 771, 775 – 791, 796 – 830 und 842 – 851. Siehe dazu Conermann, S., Unterwegs im Auftrag des Sˇa¯hs: Abd arRazza¯q as-Samarqandı¯s (gest. 887/1482) ,Indische Mission‘, in: Ders./J. Kusber (Hg.), Studia Eurasiatica. Hermann Kulke zum 65. Geburtstag von seinen Kieler Kollegen und Schülern. Hamburg 2003 (im Druck). 139 Zum Folgenden cf. Woods, The Aqqoyunlu [wie Anm. 18], S. 128 – 160. ˘

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Historischer Ausblick

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sen.140 Obgleich der osmanische Sultan diesen Sieg nicht weiter ausnutzte, war dem Image des Turkmenenführers als muslimischem Herrscher großer Schaden zugefügt worden. Ein weiterer Konflikt mit den Mamluken bahnte sich im Rabı¯ II 880/August 1475 an, als Muhammad Ug˙urlu¯, der sich mit seinem Vater entzweit hatte, den ˙ Gouverneur der Provinz Aleppo um Hilfe bat. Dieser schickte zwar Truppen, doch erlitten sie eine Niederlage gegen Uzun Hasans Soldaten. Offenbar zur ˙ Klärung der Lage sandte Qa¯’itba¯y daraufhin Ibn Ag˘a¯ zum zweiten Mal nach Tabrı¯z.141 Nach seiner Rückkehr berichtete dieser dem ägyptischen Herrscher, ¯ q Qoyunlu¯-Führers nicht mehr fürchten müsse, da in daß man die Macht des A dessen Gebieten die Pest ausgebrochen sei und unzählige seiner Soldaten dahingerafft habe. Bis zum Tode Uzun Hasans im Jahre 882/1478 kam es in der Tat ˙ zu keinen nennenswerten Auseinandersetzungen mehr zwischen beiden Mächten. Nach der Ausschaltung Muhammad Ug˙urlu¯s durch seinen Bruder ˙ Halı¯l (gest. 882/1478) schien auch die Nachfolgefrage geklärt zu sein. Der neue ˘ turkmenische Machthaber fiel jedoch schon nach wenigen Wochen einem von Ya qu¯b (gest. 896/1490), einem weiteren Sohn Uzun Hasans, angezettelten ˙ Komplott zum Opfer. Damit schließt sich der Berichtskreis dieses Artikels: Als es 884/1479 in der Gegend von Hama¯ zu einem Beduinenaufstand unter Führung eines gewissen ˙ Emir Sayf gekommen war, in dessen Verlauf der mamlukische Gouverneur der Provinz getötet wurde, schickte Qa¯’itba¯y seinen Feldherren Yasˇbak noch einmal in die Krisenregion, um dort die Ordnung wiederherzustellen. Dass diese Militärexpedition fatal ausging und mit dem Tod des mamlukischen Kommandeurs Yasˇbak min Mahdı¯ endete, hat uns der persische Chronist Faz˙l Alla¯h b. Ru¯zbiha¯n Hungˇ¯ı Isfaha¯nı¯ anfänglich bereits berichtet. Diese – durchaus unnötige – Nie˙ ˘ ¯ q Qoyunlu¯ und den derlage hatte auf die weiteren Beziehungen zwischen den A Mamluken allerdings keine Auswirkungen. Zum einen brauchte Ya qu¯b die Unterstützung seiner syrisch-ägyptischen Nachbarn, um sich in Ruhe der Zerschlagung der internen Oppositionskräfte widmen zu können. Zum anderen benötigten auch die Mamluken nach den vielen kräftezehrenden Feldzügen in die Provinzen Syriens eine Zeit der Ruhe an ihrer Nordostgrenze. So folgte dem Ereignis allein eine formale Entschuldigung seitens der Mamluken für den eigenmächtigen Übergriff Yasˇbaks und ein zeremonieller Austausch der Kriegsgefangenen. Beiden Herrschaftverbünden hat diese Pause in der Folgezeit wenig ge˘

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140 Hochinteressant ist in diesem Zusammenhang die Beschreibung der Schlacht in dem offiziellen Siegesschreiben Mehmeds II: Arat, R., Fatih Sultan Mehmed’in yarlıgˇı, in: Türkiyat ˙ – 322. Mecmuası 6 (1936 – 39), S. 285 141 Vgl. Ibn Iya¯s, Bada¯’i [wie Anm. 6], Bd. 3, S. 110 – 111.

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Ibn Ag˘a¯s (st. 881/1476) „Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az-Za¯hirı¯“ ˙ ˙ ˘

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nützt.142 Nach einem ersten Krieg zwischen Osmanen und Mamluken (890 – 896/ 1485 – 91)143 konnten die Zeitzeugen 907 – 8/1501 – 2 die Eroberung des Iran durch die Truppen Sˇa¯h Isma¯ ¯ıls (reg. 907 – 930/1501 – 1524) mitansehen.144 Auf die Einnahme von Ira¯q-i Agˇam, Fa¯rs und Kirma¯n im Sommer 903/1508, folgte 913 – 4/1507 – 8 die Unterwerfung Diya¯r Bakrs und Mesopotamiens. Der letzte ¯ q-Qoyunlu¯, Mura¯d, wurde von den Safaviden 929/1514 in seiner Herrscher der A ˙ Hochburg Ruha¯ umgebracht.145 Um die Kontrolle über das ehemalige Herr¯ q Qoyunlu¯ rangen fortan die beiden neuen islamischen schaftsgebiet der A Großmächte im Vorderen Orient. Einen gewissen Abschluss der Umgestaltung der Machtverhältnisse in den muslimischen Kernländern zu Beginn des 10./16. ˇ a¯ldira¯n (920/1514)146 und die Jahrhunderts stellten schließlich die Schlacht bei C Eroberung Kairos durch die Osmanen im Jahre 923/1517 dar.147 ˘

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Literaturverzeichnis A.

Quellen ˘

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With this article I wish to take up the suggestion offered by the editor in number 5 of MSR (2001) that it would be desirable to publish occasional biographical articles on one of the numerous “polymaths” of the Mamluk period in the journal. While Marlis J. Saleh contributed a portrait of al-Suyu¯t¯ı (d. 911/1505) in ˙ the abovementioned issue,1 my essay will deal with the life and works of the Damascene scholar Ibn Tu¯lu¯n. In doing so, I do not primarily intend to present a ˙ consistent and well-rounded biography, but rather a brief sketch of some possible areas of research. A short overview of the most important stages in the author’s life will form the beginning. This account will be somewhat more detailed than the entry in the Encyclopaedia of Islam2 by William M. Brinner. We are very fortunate because Ibn Tu¯lu¯n himself provided some basic information ˙ about his life in his autobiography Al-Fulk al-Mashhu¯n fı¯ Ahwa¯l Muhammad ibn ˙ ˙ ˙ Tu¯lu¯n.3 The following information is therefore mainly based on a rereading of ˙ the text; most of the facts were already published in Henri Laoust’s biography of our Mamluk alim.4 Shams al-Dı¯n Muhammad ibn Alı¯ ibn Ahmad Ibn Tu¯lu¯n al-Sa¯lih¯ı al-Di˙ ˙ ˙ ˙ ˙ mashqı¯ al-Hanafı¯ lived from 880/1475 to 953/1546. He was a scholar and a very ˙ prolific writer whom his contemporaries acclaimed as a traditionist, legal scholar, and teacher – less as a historian. Ibn Tu¯lu¯n naturally was aware of the ˙ fact that he was a subject of the Mamluk rulers, particularly since he could trace his paternal roots back to a Mamluk called Khuma¯rwayh ibn Tu¯lu¯n.5 However, ˙ Muhammad first and foremost felt a loyalty to his hometown Damascus and its ˙ * Erstpublikation in: Mamlu¯k Studies Review 8/1 (2004), S. 115 – 140. 1 Marlis J. Saleh, “Al-Suyu¯t¯ı and His Works: Their Place in Islamic Scholarship from Mamluk ˙ ¯ k Studies Review 5 (2001): 73 – 89. Times to the Present,” Mamlu 2 William M. Brinner, “Ibn Tu¯lu¯n,” The Encyclopaedia of Islam, 2nd ed., 3:957 – 58. ˙ u¯n fı¯ Ahwa¯l Muhammad ibn Tu¯lu¯n (Damascus, 1929) 3 Ibn Tu¯lu¯n, Al-Fulk al-Mashh ˙ ˙ et les premiers Ottomans (658 – ˙ de Damas ˙ ˙ les Mamlouks 4 Henri Laoust, Les gouverneurs sous 1156/1260 – 1744) (Damascus, 1952), IX – XXI. 5 Ibn Tu¯lu¯n, Fulk, 6. ˙

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changing rulers. It was there that he was born in the suburb of al-Sa¯lih¯ıyah in the ˙ ˙ Hikr al-Hajja¯j neighborhood in 880/1475.6 His birthplace thus was located south ˙ of the al- Umarı¯yah Madrasah at Mount Qa¯siyu¯n.7 He emphasized in his autobiography that he was born into a family with good connections to the scholarly world of Syria,8 although this only applied to his paternal relatives, as we will see later on. According to his own information his mother Azzda¯n came from Anatolia (ru¯mı¯yah).9 Ibn Tu¯lu¯n’s statement that she spoke lisa¯n al-arwa¯m10 ˙ leaves open whether she was a Turkish or a Greek woman from Anatolia. Usage in those days allows for both interpretations. The boy was half-orphaned at a very early age, because Azzda¯n fell victim to one of the numerous plague epidemics.11 In the following years Muhammad grew up in the bosom of his father’s family.12 ˙ His father together with his brother Jama¯l al-Dı¯n Yu¯suf (d. 937/1530 – 31), who was muftı¯ and qadi at the da¯r al- adl in Damascus at that time,13 took care of educating young Muhammad. But his paternal grandfather Shams al-Dı¯n ibn ˙ Tu¯lu¯n (d. 887/1482 – 83) apparently also played a significant part in Mu˙ hammad’s intellectual training, as did Khwa¯jah Burha¯n al-Dı¯n ibn Qindı¯l, the ˙ half-brother of his paternal grandfather, whose life as a merchant ended in Mecca in the year 887/1482 – 83.14 Burha¯n al-Dı¯n became well known mainly because of a major foundation that he had established in Damascus.15 His family’s ambitions meant that Ibn Tu¯lu¯n attended elementary school (maktab) ˙ at the al-Ha¯jibı¯yah Madrasah16 to learn reading and writing.17 He studied the ˙ Quran at the maktab of the al-Kawa¯fı¯ Mosque at the same time – or after school.18 The author proudly tells us in his autobiography that he recited from the Quran in public for the first time when he was seven years old, i. e., in 887/1482 – 83, at a meeting held during the night of the 20th of Ramada¯n.19 ˙ ˘

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6 Ibid. 7 Ibn Tu¯lu¯n describes this suburb in his Al-Qala¯’id al-Jawharı¯yah fı¯ Ta¯rı¯kh al-Sa¯lih¯ıyah, ed. ˙ ˙ Muh˙ammad Ahmad Duhma¯n. (Damascus, 1949 – 56). ˙ ˙ 8 Ibn Tu¯lu¯n, Fulk, 6. 9 Ibid.˙ 10 Ibid. 11 Ibid. 12 Ibid, 6 – 7. 13 Ahmad ibn Munla¯, Mut at al-Adhha¯n min al-Tamattu bi-al-Iqra¯n bayna Tara¯jim al˙ ¯ khwa-al-Aqra¯n [= extracts of Ibn Tulun’s Al-Tamattu bi-al-Iqra¯n bayna Tara¯jim alShuyu ¯¯ ˝ ˙ ¯l al-Shayba¯nı¯ al-Mawsilı¯ (Beirut, 1999), 843 – Shuyu¯kh wa-al-Aqra¯n], ed. Sala¯h al-Dı¯n Khalı ˙ ˙ ˙ 44 (# 974). 14 Ibn Tu¯lu¯n, Fulk, 7. 15 Ibid,˙ 28. 16 Abd al-Qa¯dir al-Nu aymı¯, Al-Da¯ris fı¯ Ta¯rı¯kh al-Mada¯ris, ed. Ja far al-Hasanı¯ (Cairo, 1988), ˙ 1:501 – 2. 17 Ibn Tu¯lu¯n, Fulk, 7. 18 Ibid.˙ 19 Ibid. ˘

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Ibn Tu¯lu¯n was fortunate, by the way, to have grown up in times of peace.20 Law ˙ and order generally prevailed in Syria during Qaytba¯y’s regency from 872/1468 to 901/1496. Abu¯ al-Baqa¯’ ibn Yahy‚ Ibn al-Ji a¯n (d. 902/1496 – 97) presents quite ˙ authentic testimony on the conditions that characterized this epoch.21 In his capacity as the deputy of Zayn al-Dı¯n Ibn Muzhir (d. 893/1487 – 88),22 who was confidential secretary (ka¯tib al-sirr) in those days, he kept a most interesting journal of the sultan’s official visit to Syria and Palestine in 882/1477,23 describing the living conditions of the people in the countryside and the cities in great detail.24 Ibn Tu¯lu¯n’s intellectual powers were also stimulated in the following years: in ˙ 891/1486 – 87, at age 11, he was awarded a scholarship endowed by the waqf of the al-Ma¯ridanı¯yah Madrasah25 to study jurisprudence (fiqh).26 He subsequently pursued his studies at the educational institutions of the al-Manjak Mosque27 and the Masjid al-Jadı¯d28 after that.29 While our protagonist’s uncle Jama¯l al-Dı¯n apparently was his most important teacher at the beginning, other respected scholars in the city, such as Na¯sir al-Dı¯n ibn Zurayq (d. 891/1486),30 Sira¯j al-Dı¯n ˙ al-Sayrafı¯ (d. 917/1511 – 12),31 Abu¯ al-Fath al-Mizzı¯ (d. 906/1500 – 1),32 and al˙ ˙ 33 Suyu¯t¯ı, took over later on. It was an honor to have been instructed by such an ˙ eminent personality as al-Suyu¯t¯ı, which is why the historian Najm al-Dı¯n al˙

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20 The historical background is given in Carl F. Petry, Twilight of Majesty: The Reigns of the Mamlu¯k Sultans al-Ashraf Qa¯ytba¯y and Qansu¯h al-Ghawrı¯ in Egypt (Seattle, 1993), and idem, ˙ Sultans and Egypt’s Waning as a Great Power Protectors or Praetorians? The Last Mamluk (Albany, 1994). 21 Carl Brockelmann, Geschichte der Arabischen Litteratur (Leiden, 1949), 2:38 and S2:26. Muhammad ibn Abd al-Rahma¯n al-Sakha¯wı¯, Al-Daw’ al-La¯mi li-Ahl al-Qarn al-Ta¯si , ed. ˙ 1934 – 36), 11:10 (#˙ 21). ˙¯m al-Dı¯n al-Qudsı¯ (Cairo, Husa ˙ 22 Al-Sakha¯wı¯, Daw’, 11:88 – 89 (# 233). ˙ 23 For this journey, see Ibn Tu¯lu¯n, I la¯m al-War‚ bi-Man Wulliya Na¯’iban min al-Atra¯k bi˙ ed. Muhammad Ahmad Duhma¯n (Damascus, 1964), 72 – 82 = Dimashq al-Sha¯m al-Kubr‚, ˙ – 38. ˙ Laoust, Les gouverneurs de Damas, 33 24 Ibn al-Ji a¯n, Al-Qawl al-Mustazraf fı¯ Safar Mawla¯na¯ al-Malik al-Ashraf, ed. R. V. Lanzone ˙ R. L. Devonshire, “Relation d’un voyage du sultan Qaitbay (Turin, 1878). French translation: en Palestine et en Syrie,” Bulletin d’Institut FranÅais d’Arch¦ologie Orientale du Caire 20 (1922): 1 – 42. 25 Al-Nu aymı¯, Da¯ris, 1:592 – 94. 26 Ibn Tu¯lu¯n, Fulk, 24. ˙ aymı¯, Da¯ris, 2:444 – 45. 27 Al-Nu 28 Ibid, 361 – 62. 29 Ibn Tu¯lu¯n, Fulk, 24. ˙ ibn Munla¯, Mut at al-Adhha¯n, 48 – 49 (# 5). 30 Ahmad ˙ 557 – 58 (# 617). 31 Ibid, 32 Ibid, 770 – 71 (# 881). 33 Elizabeth M. Sartain, Jala¯l al-Dı¯n al-Suyu¯t¯ı, vol. 1, Biography and Background (Cambridge, ˙ 1975). ˘

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Ghazzı¯ (d. 1061/1651)34 specifically mentions in his short biography that Ibn Tu¯lu¯n was awarded a teaching licence (ija¯zah) by the master.35 ˙ The syllabus covered the usual subjects of those days: Hanafi law, hadith studies, exegesis of the Quran, grammar, theology, but also medicine and astronomy. In his autobiography Ibn Tu¯lu¯n provides us with a long list of all the ˙ ulama with whom he studied; he also recorded every single book that he worked through in the course of his studies.36 He was particularly interested in history. Two individuals had a formative influence in this context: Yu¯suf ibn Abd al-Ha¯dı¯ (d. 909/1503), a Hanbali known by the name of Ibn al-Mibrad, who wrote several works on the history of Damascus,37 and Abd al-Qa¯dir Nu aymı¯ (d. 927/1521), a Shafi i, who left a comprehensive topography of Damascus to posterity.38 We have only a smattering of information about Ibn Tu¯lu¯n’s life after the ˙ completion of his studies. But his autobiography lets us know that he held various teaching positions and religious administrative jobs: in 902/1496 – 97 he was posted at the al-Kha¯tu¯nı¯yah39 and in 909/1503 – 4 at the al-Jawharı¯yah.40 He earned some additional money by reciting from the Quran in a number of madrasahs: at the al- Ilmı¯yah and al- Izzı¯yah in 901/1495 – 96,41 at the al-Dula¯mı¯yah in 902/1496 – 97,42 at the al- Umarı¯yah in 909/1503 – 4,43 and at the Umayyad Mosque in 912/1506 – 07.44 Moreover, he served as the imam of various Sufi congregations in Damascus: at the al-Husa¯mı¯yah in 901/1495 – 9645 and at ˙ the al-Yu¯nusı¯yah46 and al-Suyu¯fı¯yah in 908/1502 – 3.47 He became administrator 48 of a small za¯wiyah in al-Rabwah in 909/1503 – 4.49 After Ibn Tu¯lu¯n had made his ˙ ˘

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34 Najm al-Dı¯n al-Ghazzı¯, Lutf al-Samar wa-Qatf al-Thamar min Tara¯jim A ya¯n al-Tabaqah al˙ – 211 (in¯ l‚ min al-Qarn al-Ha¯dı¯ ˙Ashar, ed. Mahmu¯˙ d al-Shaykh (Damascus, 1981), 1:11 U ˙ ˙ troduction). ¯ shirah, ed. Jibra¯’ı¯l Su35 Najm al-Dı¯n al-Ghazzı¯, Al-Kawa¯kib al-Sa¯’irah fı¯ A ya¯n al-Mi’ah al- A layma¯n Jabbu¯r (Beirut, 1945), 2:52. 36 Ibn Tu¯lu¯n, Fulk, 7 – 18. 37 GAL˙2:107 – 08, S2:130 – 31; Stefan Leder, “Yu¯suf b. Abd al-Ha¯dı¯,” in EI2, 9:354; Ahmad ibn ˙ Munla¯, Mut at al-Adhha¯n, 838 – 840 (# 968). 38 See note 16. GAL 2:133, S2:165. 39 Nu aymı¯, Da¯ris, 1:507 – 18. 40 Ibid, 498 – 501; Ibn Tu¯lu¯n, Fulk, 23. 41 Ibn Tu¯lu¯n, Fulk, 23;˙Nu aymı¯, Da¯ris, 1: 550 – 55, 558 – 60. 42 Ibn T˙ u¯lu¯n, Fulk, 23. 43 Ibid,˙ 22 – 23; Nu aymı¯, Da¯ris, 2:100 – 12; Ibn Tu¯lu¯n, Qala¯’id, 165 – 83. ˙ 44 Ibn Tu¯lu¯n, Fulk, 22; Nu aymı¯, Da¯ris, 2:371 – 416. ˙ ¯, Da¯ris, 2:143 – 44. 45 Nu aymı 46 Ibid, 189 – 90. 47 Ibid, 202; Ibn Tu¯lu¯n, Fulk, 23. 48 The part of Ibn˙ Tu¯lu¯n’s Dhakha¯’ir al-Qasr fı¯ Tara¯jim Nubala¯’ al- Asr which deals with al˙ Dimashq wa-MunRabwahhas been˙edited separately by Ah˙mad Taymu¯r as Wasf Rabwat tazaha¯tuha¯wa-Mı¯da¯n al-Qabaq [in Revue˙ de l’Acad¦mie Arabe˙ de Damas 2 (1922): 147 – 52]. 49 Ibn Tu¯lu¯n, Fulk, 25. ˙ ˘

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pilgrimage in 920/151450 he worked as an assistant professor at the al-Muqaddamı¯yah51 and at the Umayyad Mosque52 on the eve of the Ottoman’s Syrian conquest. The occupation of his hometown by the Ottoman Sultan Selı¯m (r. 918 – 26/ 1512 – 1520) in 922/151653 does not seem to have represented a break for our author. In his writings he only mentioned this event in passing and did not attach much importance to it.54 Nor does the transition in power seem to have been detrimental to his career: in 924/1518 he was appointed imam and reader of the Quran at the Grand Mosque55 that had been built in al-Sa¯lih¯ıyah by the new ˙ ˙ sultan next to the mausoleum of Ibn Arabı¯ (d. 638/1240).56 In the same year, Ibn Tu¯lu¯n also served as reader of the Quran at the turbah of Sha¯hı¯n al-Shuja¯ ¯ı (d. ˙ 813/1411 – 12)57 at the foot of Gabriel’s Cave (kahf Jibrı¯l).58 Ibn Tu¯lu¯n’s career ˙ reached a kind of pinnacle in 926/1520: this was the year that he taught at the alAdhra¯wı¯yah Madrasah,59 held the office of a supervisor at the al-Yu¯nusı¯yah Kha¯nqa¯h,60 and worked as a librarian in the library that Ala¯’ al-Dı¯n al-Bukha¯rı¯ (d. 841/1437 – 38),61 a Hanafi, built in the sepulcher of Sharaf al-Dı¯n ibn Urwah (d. 620/1223) that is known by the name of “Mashhad Urwah.”62 Ibn Tu¯lu¯n’s favorable attitude towards the new rulers became quite apparent ˙ upon the revolt of the governor of Damascus, Ja¯nbirdı¯ al-Ghaza¯lı¯ (d. 927/1521),63 shortly after Sultan Selı¯m’s death on the 8th of Shawwa¯l 926/21st of September ˘

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Ibn Tu¯lu¯n, I la¯m, 208 = Laoust, Les gouverneurs de Damas, 139. ˙ ¯, Da¯ris, 1:594 – 99. Nu aymı Ibn Tu¯lu¯n, Fulk, 24. ˙ ulun, Mufa¯kahat al-Khilla¯n fı¯ Hawa¯dith al-Zama¯n, ed. Muhammed Mustaf‚ (Cairo, Ibn T ¯ ¯ ˙ of this source was first recognized ˙ ˙ ˙ Viennese 1962˙– 64), 2:32 – 36. The historical value by the scholar Herbert Jansky. See Herbert Jansky, “Die Chronik des Ibn Tu¯lu¯n als Geschichtsquelle ˙ 18 (1929): 24 – 33. When über den Feldzug Sultan Selim’s I. gegen die Mamluken,” Der Islam Jansky wrote his study “Die Eroberung Syriens durch Sultan Seljm I.” [in Mitteilungen zur Osmanischen Geschichte 2 (1923 – 26): 173 – 241] he did not know of Ibn Tu¯lu¯n’s chronicle. ˙ historian with Ibn Tu¯lu¯n’s Mufa¯kahat al-Khilla¯n fı¯ Hawa¯dith al-Zama¯n provides a good much˙ interesting information. See, for˙ example, Bernadette Martel-Thoumian, “Voleurs et assassins — Damas et au Caire (fin IXe/ XVe–d¦but Xe/ XVIe siÀcle),” Annales islamologiques 35 (2001): 193 – 240. Ibn Tu¯lu¯n, I la¯m, 211, 212 = Laoust, Les gouverneurs de Damas, 143, 144. Ibn T˙ u¯lu¯n, Fulk, 23. Ibid.,˙ and Ibn Tu¯lu¯n, I la¯m, 226 – 27 = Laoust, Les gouverneurs de Damas, 149 – 50. ˙ 3:294; Nu aymı¯, Da¯ris, 1:313 – 15. Al-Sakha¯wı¯, Daw’, ˙ Ibn Tu¯lu¯n, Fulk, 23. ˙ ¯, Da¯ris, 1:373 – 82. Nu aymı Ibid, 2:189 – 90. Al-Sakha¯wı¯, Daw’, 9:291 – 94. ˙ 1:82 – 89; Ibn Tulun, Fulk, 23 – 24. Nu aymı¯, Da¯ris, ¯¯ ˙ Ibn Tu¯lu¯n, I la¯m, 228 – 37 = Laoust, Les gouverneurs de Damas, 151 – 59. ˙ ˘

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1520 and the accession to the throne of Sultan Sulayma¯n (r. 926 – 74/1520 – 66):64 the author of the Fulk al-Mashhu¯n harshly condemned the actions of the gov˙ ernor, regarding the event as a desertion (fitnah) that was potentially dangerous to Syrian society.65 We know very little about the next ten years of Ibn Tu¯lu¯n’s life. Sources dating ˙ from 931/1524 – 25 show that he taught Hanafi law at the al- Umarı¯yah Madrasah, which I already mentioned above – at first he was an assistant and then from 935/ 1528 – 29 on a full professor.66 In 946/1539 – 40, when Muhammad Beg al-Is˙ tanbu¯lı¯, the Grand Qadi of Damascus appointed by the Sublime Porte, suggested ˙ that Ibn Tu¯lu¯n succeed the deceased Shafi i Jala¯l al-Dı¯n Muhammad and take on ˙ ˙ the office of preacher at the Umayyad Mosque67 he declined because of his age. Nor did Ibn Tu¯lu¯n accept the offer made upon the death of Qutb al-Dı¯n Mu˙ ˙ hammad to become his successor as Hanafi muftı¯ of Damascus.68 To the end of ˙ his days Ibn Tu¯lu¯n held various teaching positions at different educational in˙ stitutions in Damascus,69 particularly at the al-Za¯hirı¯yah Madrasah.70 In the end, ˙ the committed bachelor died at an age of over 70 years on the 10th of Juma¯d‚ II 71 953/9th of August 1546. ˘

Ibn Tu¯lu¯n’s works – past editions and future tasks ˙ Ibn Tu¯lu¯n provides us with a list of his works in his autobiography. He mentions ˙ a remarkable total of 750 titles,72 even though probably less than 100 have been preserved. Carl Brockelmann discovered some 75 works in the relevant catalogues,73 but he also found some evidence that yet another 100 manuscripts of our author’s texts are to be found in the private library of Ahmad Taymu¯r in ˙ Cairo.74 Unfortunately, I was not in a position to verify this information. If it is true, and I am working on the assumption that it is, because some of the published texts evidently were taken from this source, then the collection should

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64 Muhammad A. Bakhı¯t, The Ottoman Province of Damascus in the Sixteenth Century (Beirut, ˙ 19 – 34. 1982), 65 Ibn Tu¯lu¯n, I la¯m, 231 – 37 = Laoust, Les gouverneurs de Damas, 154 – 59. 66 Ibn T˙ u¯lu¯n, Fulk, 24. 67 Ibid,˙ 25. 68 Ibid. 69 Ibid. 70 Nu aymı¯, Da¯ris, 1:543 – 48. ¯ tir,” Berlin MS 9886, fol. 237a, has 71 Al-Ghazzı¯, Kawa¯kib, 2:53; Ibn Ayyu¯b, “Kita¯b al-Rawd al- A ˙ ˙ 955/1548. 72 Ibn Tu¯lu¯n, Fulk, 26 – 48. 73 GAL˙2:481 – 83 and S2:494 – 95. 74 Ibid, 494. Some catalogues are listed in Fuat Sezgin, Geschichte des arabischen Schrifttums (Leiden, 1967 – 2000), 6:325. ˘

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prove to be a goldmine with regard to future research on Ibn Tu¯lu¯n’s intellectual ˙ horizon. In his works Ibn Tu¯lu¯n deals with almost every known subject area, but ˙ his papers vary greatly in length: some of his articles are just a few pages long, whereas others take the form of voluminous monographs. The following works by our Damascene alim are presently available in print:75 1. Al-Arba ¯ın fı¯ Fadl al-Rahmah wa-al-Ra¯himı¯n, ed. Muhammad Khayr ˙ ˙ ˙ ˙ Ramada¯n Yu¯suf (Beirut, 1995). ˙ ¯ mir, (Cairo, 1964). 2. Bast¸ Sa¯mi al-Musa¯mir fı¯ Akhba¯r Majnu¯n Banı¯ A 3. Darb al-Hu¯tah al‚ Ja¯mi al-Ghu¯tah, ed. Muhammad As ad Talas, in Majallat ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ al-Majma al- Ilmı¯ 21 (1946): 149 – 61; 236 – 47; 338 – 51. 4. Fass al-Khawa¯tim fı¯ma¯ Qı¯la fı¯ al-Wala¯’im, ed. Niza¯r Aba¯zah (Damascus, ˙ ˙˙ 1983). 5. Al-Fulk al-Mashhu¯n (Damascus, 1929). ˙ 6. Ha¯ra¯t Dimashq al-Qadı¯mah, ed. Habı¯b Zayya¯t, in Al-Mashriq 35 (1937): 33 – ˙ ˙ 35. 7. Inba¯’ al-Umara¯’ bi-Abna¯’ al-Wuzara¯’, ed. Muhanna¯ Hamad al-Muhanna¯ ˙ (Beirut, 1998). 8. I la¯m al-Sa¯’ilı¯n an Kutub Sayyid al-Mursalı¯n (Damascus, 1929). 9. I la¯m al-War‚ bi-man Wulliya Na¯’iban min al-Atra¯k bi-Dimashq al-Sha¯m alKubr‚, ed. Muhammad Ahmad Duhma¯n (Damascus, 1964). ˙ ˙ 10. Al-Lam a¯t al-Barqı¯yah fı¯ al-Nukat al-Ta¯rı¯khı¯yah, (1) (Damascus, 1929); (2) ed. Muhammad Khayr Ramada¯n Yu¯suf (Beirut, 1994). ˙ ˙ 11. Al-Manhal al-Ra¯wı¯ fı¯ al-Tibb al-Nabawı¯, ed. Z. Uthma¯n al-Ja ¯ıd (Beirut, ˙ 1996). 12. Mufa¯kahat al-Khilla¯n fı¯ Hawa¯dith al-Zama¯n, ed. Muhammad Mustaf‚ ˙ ˙ ˙˙ (Cairo, 1962 – 64). 13. Al-Mu izzah fı¯ma¯ Qa¯la fı¯ al-Mizzah, (1) (Damascus, 1929); (2) ed. Muhammad Umar Hamma¯dah (Damascus, 1983). ˙ ˙ 14. Naqd al-Ta¯lib li-Zaghal al-Mana¯sib, ed. Muhammad Ahmad Duhma¯n ˙ ˙ ˙ ˙ (Beirut, 1992). 15. Al-Qala¯’id al-Jawharı¯yah fı¯ Ta¯rı¯kh al-Sa¯lih¯ıyah, ed. Muhammad Ahmad ˙ ˙ ˙ ˙ Duhma¯n (Damascus, 1949 – 56). 16. Qayd al-Sharı¯d min Akhba¯r Yazı¯d, ed. Muhammad Azad (Cairo, 1986). ˙ 17. Quda¯t Dimashq: al-Thaghr al-Bassa¯m fı¯ Dhikr Man Wulliya Qada¯’ al-Sha¯m, ˙ ˙ ed. Sala¯h al-Dı¯n al-Munajjid (Damascus, 1956).76 ˙ ˙ 18. Qurra¯t al- Uyu¯n fı¯ Akhba¯r Ba¯b Jı¯ru¯n, ed. Sala¯h al-Dı¯n al-Munajjid (Dam˙ ˙ ascus, 1964). ˘

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75 This list makes no claim to be exhaustive. 76 Conrad, Die Quda¯t Dimasˇq und der Madhab al-Auza¯ ¯ı: Materialien zur syrischen Rechts˙ 1994), 11 – 17, 55 – 61. geschichte (Beirut,

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19. Al-Shadhara¯t al-Dhahabı¯yah fı¯ Tara¯jim al-A’immah Ithna¯ Ashar inda al˝ Ima¯mı¯yah, ed. Sala¯h al-Dı¯n al-Munajjid under the title Al-A’immah al-Ithna¯ ˙ ˙ Ashar (Beirut, 1958). 20. Al-Shadhrah fı¯ al-Aha¯dı¯th al-Mushtahirah, ed. Kama¯l Zaghlu¯l (Beirut, ˙ 1993). 21. Al-Sham ah al-Mud¯ı’ah fı¯ Akhba¯r al-Qal ah al-Dimashqı¯yah (Damascus, ˙ 1929). 22. Tabyı¯d al-Tirs fı¯ al-Samar al-Laya¯lı¯yah li- Irs (Damascus, 1929/30). ˙ ˙ 23. Al-Tahrı¯r al-Murassakh fı¯ Ahwa¯l al-Barzakh, ed. Abu¯ Abd al-Rahma¯n al˙ ˙ ˙ Misrı¯ (Tanta, 1991). ˙ 24. Al-Tamattu bi-al-Iqra¯n bayna Tara¯jim al-Shuyu¯kh wa-al-Aqra¯n. Extracts are: Ahmad ibn Munla¯, Mut at al-Adhha¯n min at-Tamattu bi-al-Iqra¯n ˙ bayna Tara¯jim al-Shuyu¯kh wa-al-Aqra¯n, ed. Sala¯h al-Dı¯n Khalı¯l al-Shayba¯nı¯ ˙ ˙ al- Mawsilı¯ (Beirut, 1999). ˙ 25. Tuhfat al-Ta¯libı¯n fı¯ I ra¯b Qawlihi Ta a¯l‚ Inna Rahmata Alla¯h Qarı¯bun min ˙ ˙ ˙ al-Muhsinı¯n,’ ed. Ja¯bir al-Sayyid Muba¯rak (Cairo, 1989). ˙ ˘

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An in-depth analysis of writings alone would already give us many new insights into the world view of their author. But finding and studying new texts composed by the scholar would inevitably have to be the first step before actually writing a more detailed account of Ibn Tu¯lu¯n’s life. We are very fortunate, after all, that ˙ many manuscripts are autographs and that obtaining them on microfilm or as a copy does not pose a serious problem, at least as far as all of the holdings in German libraries are concerned:

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Manuscripts in Germany77 1. “Dhakha¯’ir al-Qasr fı¯ Tara¯jim Nubala¯’ al- Asr” (Gotha 1779) ˙ ˙ 2. “Gha¯yat al-Baya¯n fı¯ Tarjamat al-Shaykh Arsla¯n” (Berlin 10106) 3. [An essay on the various meanings of some important words] (Berlin 5105) 4. “Al-Wa¯dihah fı¯ Wasf al-Qarı¯nah al-Sa¯lihah” (Berlin 5595, 2) ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ 5. “Al-Nafhah al-Zanbaqı¯yah fı¯ al-As’ilah al-Dimashqı¯yah” (Berlin 297) ˙ 6. “Al-Natq al-Munabbi’ an Tarjamat al-Shaykh al-Muhyawı¯ Ibn al- Arabı¯” ˙ ˙ (Berlin 10098) 7. “Al-Ta¯ri’ al‚ Zallat al-Qa¯ri’” (Berlin 571) ˙ 8. [A qas¯ıdah on different kinds of martyrdom] (Berlin 7936, 3) ˙ 9. “Ramz al-Sa¯lik li- Ilm al-Mada¯rik” (Berlin 134) ˘

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77 Berlin = Wilhelm Ahlwardt, Verzeichniß der arabischen Handschriften der Königlichen Bibliothek zu Berlin (Berlin, 1887 – 99); Gotha = Wilhelm Pertsch, Die arabischen Handschriften der Herzoglichen Bibliothek zu Gotha (Gotha, 1878 – 92); Leipzig = Karl Vollers, Katalog der islamischen, christlich-orientalischen, jüdischen und samaritanischen Hds. Der Universitätsbibliothek zu Leipzig (Leipzig, 1906).

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10. “Ta lı¯q Wajı¯z fı¯ Tadwı¯n Ilm al-Kumu¯n wa-al-Buru¯z” (Berlin 5104) 11. “Al-Ibtiha¯j fı¯ Ahka¯m al-Ikhtila¯j” (Leipzig 843) ˙ Perusal of Ibn Tu¯lu¯n’s manuscripts kept at Leiden University Library or else˙ where in the Netherlands should be just as easy.78

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Manuscripts in the Netherlands 1. “Al-Arba u¯nah Hadı¯than al-Tu¯lu¯niyah” (Or. 2519) ˙ ˙ 2. “Al-As’ilah al-Mu tabarah wa-al-Ajwibah al-Mukhtabarah” (Or. 2520) 3. “Fath al-Qadı¯r fı¯ al-Tanı¯th wa-al-Tadhkı¯r” (Or. 2507) ˙ 4. “Al-Ilma¯m bi-Sharh Haqı¯qat al-Istifha¯m” (Or. 2514) ˙ ˙ 5. “Itha¯f al-Nubaha¯’ bi-Nahw al-Fuqaha¯’” (Or. 2505) ˙ ˙ 6. “Majlis al-Mukha¯tabah bayna al-Zajja¯j wa-Tha lab” (Or. 2517) ˙ 7. “Al-Masa¯’il al-Mulaqqaba¯t fı¯ Ilm al-Nahw” (Or. 2503) ˙ ¯ milayn 8. “Minhat al-Afa¯dil li-al-Shuru¯¸t Allatı¯ bi-ha¯ Yatahaqqaqu Tana¯zu’ al- A ˙ ˙ aw al- Awa¯mil” (Or. 2515) 9. “Qa¯ idat al- Iqya¯n fı¯ Ajwibat Mas’alat ’Laysa fı¯ al-Imka¯n Abda mimma¯ Ka¯n’” (Or. 2510) 10. “Tabyı¯n al-Muna¯saba¯t bayna al-Asma¯’ wa-al-Musammaya¯t” (Or. 2508) 11. “Al-Talwı¯ha¯t fı¯ al-Wuju¯d al-Dhihnı¯ wa-al-Kha¯rijı¯” (Or. 2513) ˙ 12. “Ta¯rı¯kh Ahwa¯l Ifranj Bayru¯t” (Or. 2506) ˙ 13. “Tashnı¯f al-Sa¯mi’ fı¯ Ilm Hisa¯b al-Asa¯bi ” (Or. 2511) ˙ ˙ 14. “Tuhfat al-Habı¯b bi-Akhba¯r al-Kathı¯b” (Or 2512) ˙ ˙ 15. “Al-Ha¯wı¯ al‚ Turaf min al-Tanzı¯l li-Zuraf min al-Ta’wı¯l (Landb.-Br. 146)79 ˙ ˙ ˙ 16. “Lata¯’if al-Minnah fı¯ Muntazaha¯t al-Jannah” (Brill-H. 2 1011)80 ˙ ˘

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Accessing the manuscript sections of non-European libraries may prove to be somewhat more challenging. There seems to be a major collection of Ibn Tu¯lu¯n’s ˙ writings in Alexandria: Manuscripts in Alexandria81 1. “Laqs al-Hanak fı¯ma¯ Qı¯la fı¯ al-Samak” (Alex. Fun. 183, 6) ˙

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78 P. Voorhoeve, Handlist of Arabic Manuscripts in the Library of the University of Leiden and Other Collections in the Netherlands (Leiden, 1957). 79 These data in GAL refer to C. Landberg, Catalogue de manuscrits arabes provenant d’une bibliothÀque priv¦e — El-Medina et appartenant — la maison E. J. Brill (Leiden, 1883). I am not sure about the whereabouts of this manuscript. 80 Brill – H.2 = M. Th. Houtsma, Catalogue d’une collection de mss. Arabes et turcs appartenant — la maison E. J. Brill. — Leide, 2nd., extended edition (Leiden, 1889). I do not know where this manuscript is kept now. 81 Alex = A. Abu¯ Alı¯, ed., Fihrist Makhtu¯ta¯t al-Maktabah al-Baladı¯yah fı¯ al-Iskandarı¯yah (Alexandria, 1926 – 29). GAL 2:482 – 83.˙ ˙

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“Al-Mulh‚ fı¯ma¯ Warada fı¯ al-Subhah” (Alex. Fun. 183, 11) ˙ ˙ “Al- Uqu¯d al-Durrı¯yah fı¯ al-Umara¯’ al-Misrı¯yah” (Alex. Fun. 183, 14) ˙ “Al-Nahlah fı¯ma¯ Warada fı¯ al-Nakhlah” (Alex. Fun. 183, 2) ˙ “Al-Ta rı¯f fı¯ Fann al-Tahrı¯f” (Alex. Fun. 183, 13) ˙ “Araj al-Nasama¯t fı¯ A ma¯r al-Makhlu¯qa¯t” (Alex. Fun. 183, 10) “Ibtisa¯m al-Thughu¯r fı¯ma¯ Qı¯la fı¯ Naf al-Zuhu¯r” (Alex. Fun. 183, 8) “Ija¯zah” (Alex. Fun. 183, 1) “ Unwa¯n al-Rasa¯’il fı¯ Ma rifat al-Awa¯’il” (Alex. Fun. 183, 3) “Tuhfat al-Aba¯b fı¯ Mantiq al-Tayr wa-al-Dawa¯b” (Alex. Fun. 183, 9) ˙ ˙ ˙ “Irtiya¯h al-Kha¯tir fı¯ Ma rifat al-Awa¯khir” (Alex. Fun. 183, 4) ˙ ˙ “Nafaha¯t al-Zahr fı¯ Dhawq Ahl al- Asr” (Alex Fun. 183, 12) ˙ ˙ “Risa¯lat fı¯ al-Fakhkh wa-al- Usfu¯r” (Alex. Fun. 183, 7) ˙ “Risa¯lat fı¯ al-Fı¯l” (Alex. Fun. 183, 5) ˘

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The remainder of the manuscripts represent individual copies that can be found at various libraries in Europe, America, Egypt, and Syria:

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Other Manuscripts82 1. “ Arf al-Zahara¯t fı¯ Tafsı¯r al-Kalima¯t al-Tayyiba¯t” (Garr. 702) ˙ 2. “Al-Fihrist al-Awsat¸ min al-Marwı¯ya¯t” (Taymu¯rı¯yah, Ta¯rı¯kh No. 754)83 ˙ 3. “Al-Ghuraf al- Alı¯yah fı¯ Tara¯jim Muta’akhkhirı¯ al-Hanafı¯yah” (Br. Mus. 645; ˙ S¸ehid Ali Pas¸a 1924; and Taymu¯rı¯yah, Ta¯rı¯kh No. 631) 84 4. “Kama¯l al-Muru¯wah fı¯ Jama¯l al-Futu¯wah” 5. “Al-Kina¯s li-Fawa¯’id al-Na¯s” (Esc.2 545) 6. “Al-Lu’lu’ al-Manzu¯m fı¯ al-Wuqu¯f al‚ Ma¯ Ishtaghaltu bi-hi min al- Ulu¯m” ˙ (Br. Mus. 430, 6) 7. “Ta lı¯qa¯t fı¯ al-Tara¯jim” (Zah. 186) 8. “Tuhfat al-Kira¯m bi-Tarjamat Sayyidı¯ Abı¯ Bakr ibn Qiwa¯m (b. 548)” (Cairo2 ˙ V, 415) ˘

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82 Esc.2 = H. Derenbourg, Les manuscrits arabes de L’Escurial, vol. 1 (Paris, 1884); vol. 2/1, Morale et politique (Paris, 1903); Br. Mus. = W. Cureton und C. Rieu, Catalogus codicum manuscriptorum orientalium qui in Museo Britannico asservantur : Pars secunda, codices arabicos amplectens (London, 1846 – 71); Cairo2 = Fihrist al-Kutub al- Arabı¯yah al-Mawju¯dah bi-Da¯r al-Kutub al-Misrı¯yah, vols. 2 – 6 (Cairo, 1926 – 34); Garr. = Ph. K. Hitti et al., ˙ Descriptive Catalogue of the Garrett Collection of Arabic Mss. In the Princeton University Library (Princeton, 1938); S¸ehid Ali Pas¸a = this collection is now kept in the Süleymaniye Kütüphanesi – it has a card index; Taymu¯rı¯yah = Fihris al-Khiza¯nah al-Taymu¯rı¯yah (Cairo, 1948 – 50); Zah. = Fihrist Makhtu¯ta¯t Da¯rb al-Kutub al-Za¯hirı¯yah: al-Ta¯rı¯kh wa-Mulhaqa¯tuh, ˙ ˙ ˙ 1947). ˙ wa-Da ahu¯ Yu¯suf al- Ish (Damascus, 83 GAL S2:495 (# 42) has “Fihris al-Marwı¯ya¯t al-Akbar, al-Awsat al-Saghı¯r.” ˙ ˙ Kairiner Handschriften 84 Ibid. (# 31). Joseph Schacht mentions this manuscript in his˙“Einige über furusija und futuwa,” Islam 19 (1931): 51. ˘

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Some proposals

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Some proposals towards a Biography of Ibn Tu¯lu¯n ˙ The above-mentioned biographical data on Ibn Tu¯lu¯n can be regarded as the ˙ building blocks that might lay the factual groundwork for additional, more comprehensive studies. A study of our author’s life within the contemporary context, for example, seems to be a worthwhile initial research project. Viewing Ibn Tu¯lu¯n’s life in such a context would lend a potential biography depth of focus ˙ and significance. However, writing a historical biography is not an easy feat these days.85 The protagonist of such a biography must be conceived of as a subject enmeshed in a complex web at the center of the entire field of cultural studies.86 Is there any subject better suited to provide comprehensive information about all of its surroundings and the different aspects that a cultural scientist might select from the pool of historical knowledge than such a personality? In his lifetime, Ibn Tu¯lu¯n was active in every arena, be it economic, ˙ social, political, religious, or cultural. It is the biographer’s responsibility to illustrate these complex links in a vivid and coherent manner. In doing so, the quest for absolute knowledge of the respective individual will necessarily always be an elusive, utopian one. It is particularly in this area of research, and more so than in others, that one needs to respect the gaps and omissions in the reference sources. On no account should one attempt to uncritically restore the elements concealed by silence; reconstructing missing links is always a risky undertaking. When working on the subject it is also important to bear in mind that a biography is no closer to real events than any other topic that the researcher might be dealing with. Often one gets the mistaken impression that there is a contrast between a concrete biography and abstract political history. A biography frequently creates so-called reality effects, which is why one needs to take due care in this context. A historian must always bow to his sources, they dictate the scope and the limitations of his study. That is what distinguishes him from a novelist, although the latter might also try very hard to obtain information about the subject matter he wants to describe. It may appear trivial to point out, but 85 La biographie, modes et m¦thodes, ed. Robert Kopp (Paris, 2001); Biographie und Geschichtswissenschaft, ed. Grete Klingenstein (Vienna, 1979); ProblÀmes et m¦thodes de la biographie: Actes du Colloque (Mai 1985) (Paris, 1985); Jacques LeGoff, “Comment ¦crire une biographie historique aujourd’hui?,” Le d¦bat 54 (1989): 48 – 53; idem, “Whys and Ways of Writing a Biography : The Case of Saint Louis,” Exemplaria 1 (1989): 207 – 25; Ernst Engelberg and Hans Schleier, “Zu Geschichte und Theorie der historischen Biographie: Theorieverständnis-biographische Totalität-Darstellungstypen-und Formen,” Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 38 (1990): 195 – 217; Jean-Claude Passeron, “Le sc¦nario et le corpus: Biographies, flux, trajectoires,” in Le raisonnement sociologique (Paris, 1991), 185 – 206. 86 Jacques LeGoff and Pierre Toubert, “Une histoire totale du Moyen Age – est-elle possible?,” in Actes du 100e congrÀs national savantes (Paris 1975) (Paris, 1977), 31 – 44.

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Ibn Tu¯lu¯n (d. 955/1548): Life and Works ˙

writing a biographical account must invariably be preceded by a highly critical assessment of the sources. Personalities who were not at the forefront of attention fortunately were not idealized to the same extent as saints or exceptional rulers. Jean-Claude Passeron warns of the “risk of exaggerated interpretation and complete coherence that is inherent in every biographical approach.”87 A portrayal of a person’s life must always point out that it represents an “illusion biographique” (Pierre Bourdieu).88 After all, a biography cannot be a reconstruction of an authentic life, but only an approximation at best. A biography always runs the risk of combining a well-ordered chronology with a consistent, stable personality, coherent actions, and logical decisions. But according to Giovanni Levi a biography, on the other hand, also represents “le lieu id¦al pour v¦rifier le caractÀre interstitiel – et n¦anmoins important – de la libert¦ dont disposent les agents, comme pour observer la faÅon dont fonctionnent concrÀtement des systÀmes normatifs qui ne sont jamais exempts de contradictions.”89 The oft-proclaimed contrast between individual and society is nothing but an ostensible problem in this context. The individual only exists within a network of multiple social relationships and it is precisely this variety that permits him to unfold his life-story. Sound knowledge of the respective society is a prerequisite for observing how a specific individual establishes himself in this society and how he organizes his life. This is the backdrop against which one might ask, for example, how a scholar like Ibn Tu¯lu¯n experienced the transition of power in Syria in 922/1516 and how ˙ he dealt with it. At first glance there seems to be every indication that the event might have represented a turn of an era (Zeitenwende),90 but the people concerned apparently faced it with seeming equanimity, particularly in Syria. It is therefore essential to consider the author’s point of view:91 whereas Ibn Iya¯s (d. 87 Passeron, Le sc¦nario, 187. 88 Pierre Bourdieu, “L’illusion biographique,” in Actes de la recherche en sciences sociales 62 – 63 (1985): 69 – 72. 89 Giovanni Levi, “Les usages de la biographie,” Annales, ¦conomies, soci¦t¦s, civilisations (1989): 1325 – 36, esp. 1333 – 34. 90 On Zeitenwenden see now Zeitenwenden: Historische Brüche in asiatischen und afrikanischen Gesellschaften, ed. Sven Sellmer and Horst Brinkhaus (Hamburg, 2002). Within this context, it is interesting to see how Muslim historians have interpreted the fall of Baghdad 656/1258. See Anja Pistor-Hatam, “Ursachenforschung und Sinngebung: Die mongolische Eroberung Bagdads in Ibn Haldu¯ns zyklischem Geschichtsmodell,” in Die Mamluken: ˘ Kultur : Zum Gedenken an Ulrich Haarmann (1942 – 1999), Studien zu ihrer Geschichte und ed. Stephan Conermann and Anja Pistor-Hatam (Hamburg, 2003), 313 – 34. 91 Still the best introduction is Peter Holt, “Ottoman Egypt (1517 – 1798): An Account of Arabic Historical Sources,” in Political and Social Change in Modern Egypt, ed. idem (London, 1968), 3 – 12. For documentary sources see S. J. Shaw, “Cairo’s Archives and the History of Ottoman Egypt,” in Report on Current Research (Middle East Institute, Washington) (1956): 59 – 72, and A.-K. Rafeq, “Les registres des tribunaux de Damas comme source pour l’histoire

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930/1523)92 and Ibn Zunbul (d. after 960/1552)93 wrote from an Egyptian perspective, the authors of the large number of Selı¯mna¯mahs regarded matters from the victorious Ottoman point of view.94 This, of course, also holds true for the Ottoman historians Muhyı¯ al-Dı¯n Mehmed (d. 957/1550)95 and Lutfı¯ Pa¯sha¯ (d. ˙ ˙ ˙ 970/1562 – 63).96 Abd al-Samad al-Diya¯rbakrı¯ (d. after 945/1538 – 39)97 is an ˙ interesting contemporary witness from Egypt. In his capacity as the Ottoman qadi he had arrived together with Selı¯m and continued working for the country’s Ottoman administration. As yet there are no in-depth studies of his Tarjamat alNuzhah al-Saniyah fı¯ Fikr al-Khulafa¯’ wa-al-Mulu¯k al-Misrı¯yah98 nor of his ˙ Nawa¯dir al-Tawa¯rı¯kh.99 A comparative study of Ibn Tu¯lu¯n’s Mufa¯kahat al-Khilla¯n fı¯ Hawa¯dith al˙ ˙ Zama¯n and I la¯m al-War‚ bi-man Wulliya Na¯’iban min al-Atra¯k bi-Dimashq alSha¯m al-Kubr‚ with al-Ishbı¯lı¯’s (d. after 923/1517) Al-Durr al-Musa¯n fı¯ Sı¯rat al˙ Muzaffar Salı¯m Kha¯n100 seems to be a worthwhile undertaking to learn more ˙ about the attitude of Syrian scholars towards the new rulers. After having spent his youth in North Africa, Alı¯ ibn Muhammad al-Lahmı¯ al-Ishbı¯lı¯ al-Maghribı¯ ˙ al-Dimashqı¯101 moved to Damascus. He was a member of the Maliki community, which was extremely small in the Syrian capital at the beginning of the ninth/ sixteenth century.102 Apparently, he did not rise very far in the Maliki hierarchy, but rather had to make do with a number of humble and thus low-paid positions. When it became clear that Mamluk rule was drawing to a close in Syria, al-Ishbı¯lı¯ ˘

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de la Syrie,” Bulletin d’¦tudes orientales 26 (1973): 219 – 26. Cf. also Doris Behrens-Abouseif, Egypt’s Adjustment to Ottoman Rule: Institutions, Waqf and Architecture in Cairo (16th and 17th Centuries) (Leiden, 1994), 1 – 19. Ibn Iya¯s, Bada¯’i al-Zuhu¯r fı¯ Waqa¯’i al-Duhu¯r, ed. Paul Kahle and Mohammed Mostafa (Wiesbaden, 1961 – 75). Ibn Zunbul, Ta¯rı¯kh Ghazwat al-Sulta¯n Salı¯m Kha¯n ma a al-Sulta¯n al-Ghawrı¯, ed. Abd al˙ ˙ ¯ mir (Cairo, 1997). See Benjamin Mun im A Lellouch, “Ibn Zunbul, un ¦gyptien face — l’universalisme ottoman (seiziÀme siÀcle),” Studia Islamica 79 (1994): 143 – 55. On this genre, see Shehabeddin Tekindag, “Selimn–maler,” Tarih Enstitüsü Dergisi 1 (1970): 197 – 231, and Ahmet Ug˘ur, The Reign of Sultan Selim I in the Light of the Selimn–me Literature (Berlin, 1985). ¯ l-i Othma¯n is still available only in MS. See Franz Muhyı¯ al-Dı¯n Mehmed’s Ta¯rı¯kh-i A ˙ ˙ Babinger, Die Geschichtsschreiber der Osmanen und ihre Werke [= GOW] (Leipzig, 1927), 72 – 74, and Theodor Menzel, “Muhyı¯ l-Dı¯n Mehmed,” EI2, 7:478 – 79. ˙ ¯rı¯ (Istanbul, 1922 – 23). ¯ l-i Othma¯˙n, ed. Alı¯ Emı Lutfı¯ Pa¯sha¯, Teva¯rı¯kh-i A ˙ 58 – 59. GOW, Abd al-Samad al-Diyu¯rbakrı¯, “Tarjamat al-Nuzhah al-Saniyah fı¯ Dhikr al-Khulafa¯’ wa-al˙ Mulu¯k al-Mis rı¯yah,” British Library MS Add. 7846. ˙ al-Diya¯rbakrı¯, “Nawa¯dir al-Tawa¯rı¯kh,” Millet Library Istanbul MS 596. Abd al-Samad Al-Ishbı¯˙lı¯, Al-Durr al-Musa¯n fı¯ Sı¯rat al-Muzaffar Salı¯m Kha¯n, ed. Hans Ernst (Cairo, 1962). ˙ ˙ Arabic Panegyric of the Ottoman Dynasty,” See Michael Winter, “A Seventeenth Century Asian and African Studies 13 (1979): 130 – 56. Al-Ishbı¯lı¯, Durr, 19. One finds a survey of this madhhab in al-Nu aymı¯, Da¯ris, 2:3 – 28.

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obviously wished to accommodate himself to the changing times by writing a panegyric chronicle of the new ruler. He probably wanted to ingratiate himself with the new establishment and – as a result – climb the social ladder. Al-Ishbı¯lı¯ therefore had to write such a chronicle as fast as possible in order to give it to the new ruler while he still was in the country. Our author’s behavior was in absolute agreement with a concept of Islamic law according to which any new conqueror was preferable to an old, weak, and corrupt regime if he maintained law and order and thus ensured the performance of religious duties.103 One also believed that every century brought forth an exceptional personality (mujaddid al- asr) ˙ who would renew the faith that had been corrupted over time, restoring Islam to 104 its pure and original form. Of course, scholars hardly ever agreed as to who actually was the respective re-newer. Al-Suyu¯t¯ı, for example, considered himself ˙ to be the mujaddid of the tenth century of the Muslim calendar,105 whereas the Persian scholar Fadl Alla¯h ibn Ru¯zbiha¯n Khunjı¯ (d. 927/1521) initially thought ˙ that the Uzbek ruler Shı¯ba¯nı¯ Kha¯n (d. 916/1510) represented the restorer of an ideal Islamic society.106 Khunjı¯ was a little fickle-minded, however, because he dropped the Uzbek ruler after Shı¯ba¯nı¯ had been defeated by Sha¯h Isma¯ ¯ıl (d. 930/ 1524) at Chaldira¯n in August 920/1514 and, without further ado, declared the Ottoman sultan Selı¯m the true mujaddid al- asr in two poems.107 His opinion was ˙ shared by Lutfı¯ Pa¯sha¯, the Ottoman historian mentioned above, who described ˙ Selı¯m as the religious reformer of the tenth century in his chronicle Teva¯rı¯kh-i ¯ l-i Othma¯n.108 Al-Ishbı¯lı¯ readily agreed with this pronouncement.109 In his view A ˘

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103 See Ulrich Haarmann, “‘Lieber hundert Jahre Zwangsherrschaft als ein Tag Leiden im Bürgerkrieg’: Ein gemeinsamer Topos im islamischen und frühneuzeitlichen europäischen Staatsdenken,” in Gottes ist der Orient, Gottes ist der Okzident: Festschrift für Abdoldjavad Falaturi zum 65. Geburtstag, ed. Udo Tworuschka (Cologne, 1991): 262 – 69. 104 For the mujaddid conception, see Ella Landau-Tasseron, “The ‘Cyclical Reform’: A Study of the Mujaddid Tradition,” Studia Islamica 70 (1989): 79 – 113. The idea of a mujaddid al- asr ˙ is based on the following hadith: “God will send to this community at the turn of every century someone who will restore religion.” Abu¯ Da¯wu¯d al-Sijista¯nı¯ (d. 889/1484), Kita¯b alSunan, ed. Muhammad Abd al-Ha¯mid (Cairo, 1951), 4:156. ˙ mat Alla¯h, ed. Elizabeth M. Sartain (Cambridge, 1975), 105 Al-Suyu¯t¯ı, Kita¯˙b al-Tahadduth bi-Ni ˙ 215, 227.˙ See Ignaz Goldziher, “Zur Charakteristik Jel–l du-d„n us-Suy˜t„’s und seiner literarischen Tätigkeit,” in Gesammelte Schriften, ed. Joseph Desomogyi (Hildesheim, 1967), 52 – 73. 106 Fadl Alla¯h ibn Ru¯zbiha¯n Khunjı¯, Mihma¯n’na¯mah-i Bukha¯ra¯, ed. Manu¯chihr Sutu¯da (Teh˙ 1962), 1, and Ursula Ott, Transoxanien und Turkestan zu Beginn des 16. Jahrhunderts: ran, Das Mihma¯n-nama-yi Buha¯ra¯ des Fadlallah b. Ru¯zbiha¯n Hung˘¯ı (Freiburg, 1974), 52. ˙¯du¯n, Munsha a¯t al-Sala ˘ ¯ t¯ın (Istanbul, 1857), 1:416 ff, 107 For the first poem, see Ah˘med Beg Ferı ˙ ˙ 1956 – 59), 4:78 ff. Erika and Edgar G. Browne, A Literary History of Persia (Cambridge, Glassen has verified Khunjı¯’s authorship: idem, “Krisenbewußtsein und Heilserwartung in der islamischen Welt zu Beginn der Neuzeit,” in Festschrift für Hans Robert Roemer zum 65. Geburtstag, ed. Ulrich Haarmann and Peter Bachmann (Beirut and Wiesbaden, 1979), 166 – 79, n. 34. ¯ l-i Othma¯n, 11. 108 Lutfı¯ Pa¯sha¯, Teva¯rı¯kh-i A ˙ ˘

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the Ottoman ruler had not been motivated by power politics when he conquered Egypt and Syria, but rather had followed divine inspiration.110 He felt that Selı¯m possessed a “blessed soul,”111 and as the “keeper of the faith”112 was not merely the successor of the “righteous caliph”113 but the caliph himself,114 as he was also the “imam,”115 the “shadow the Almighty casts on his earth”116 and the “sovereign of the faithful.”117 But despite these divine directions al-Ishbı¯lı¯ is hard put to justify the Ottoman invasion of the Sunni empire of the Mamluks. Finding reasons for the campaigns against the Shi I Safavids was easy : after all, they were “godless people and strayers from the flock of believers,”118 “Kharijite hordes,”119 “innovators,”120 and “the devil’s party”121 in general. According to al-Ishbı¯lı¯, the Sha¯h and his followers had expelled themselves from the Islamic community by their activities. Being heretics, they had to be destroyed in the Holy War according to religious laws and regulations. Selı¯m’s campaign against Sha¯h Isma¯ ¯ıl was, therefore, perfectly justified by the Sunnah and the Quran. But one could hardly criticize the Mamluks in the same manner, which is why al-Ishbı¯lı¯ accused them of suppression122 and tyranny123 as a result of depraved religious conditions in the country.124 In order to substantiate his arguments, the author resorted to dreams and number-symbolic interpretations of specific historical events in his Al-Durr al-Musa¯n to demonstrate divine omens of Selı¯m’s destiny. From the fact ˙ that the battle of al-Rayda¯nı¯yah had been fought on the 29th of Dhu¯ al-Hijjah 922 ˙ [= 23 January 1517], the last day of the Islamic lunar year, he inferred the following: “This portends the end of their rule. Because the month had passed and thus the year [9]22.”125 These allusions are taken up in his dreams: in his first dream two moons rise and meet above Damascus. One tumbles down and the other one shines on the Umayyad Mosque.126 The Angels Gabriel, Michael, and ˘

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Al-Ishbı¯lı¯, Durr, 1, lines 1 – 3. Ibid., 6, line 30. Ibid., 2, line 7. Ibid., 2, line 13. Ibid., 3, line 21. Ibid., 3, line 9. Ibid., 6, line 11. Ibid., 6, lines 11 – 12 Ibid., 6, line 3. Ibid., 4, lines 13 – 14. Ibid., 5, line 9. Ibid., 4, line 20. Ibid., 5, lines 18 – 19. Ibid., 7, line 12. Ibid., 15, line 15. Ibid., 7, line 13. Ibid., 12, lines 13 – 14. Ibid., 10, lines 7 – 8.

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the four righteous caliphs appear in the following dream. One of them says: “These [Mamluks] will disappear with the help of Salı¯m ibn Uthma¯n.”127 Finally the Prophet Muhammad appears, explaining that: “Sulta¯n Ibn Uthma¯n is the ˙ ˙ ruler of Egypt and Cairo.”128 Al-Ishbı¯lı¯’s currying favor with the Ottomans appears to have been the normal behavioral pattern of many Syrian scholars in those days. A new ruler did not mean a new era to them, but simply a shift in the power structure of the whole Sunni community (ummah). One did not owe the Mamluks any particular loyalty, because they represented a foreign elite too. This may also explain why Ibn Tu¯lu¯n took little interest in the events in ˙ Damascus. A brief discussion of the methods Ibn Tu¯lu¯n used as a historian may ˙ be useful in this context: Richard Hartmann showed129 that his Mufa¯kahat alKhilla¯n fı¯ Hawa¯dith al-Zama¯n mainly consists of diary entries, unlike Ibn Iya¯s’ ˙ chronicle Bada¯’i al-Zuhu¯r fı¯ Waqa¯’i al-Duhu¯r, written at the same time and composed of various diary-like records that were regrouped later on. There is no evidence in Ibn Tu¯lu¯n’s work that he edited or revised the diary-like material any ˙ further. In several instances he recorded a rumor spread in Damascus on one day and only added that it was false on another day, when this was found to be the case. He possibly intended to make major revisions. In fact he not only refers to other chroniclers in his text from time to time, but at the end of the year he sometimes also adds an entire appendix taken from other contemporary historians.130 But the first part of the chronicle must be based on other works, because the text begins in 844/1440 – 41 and Ibn Tu¯lu¯n was only born in 880/ ˙ 1475 – 76. So we need to find out which models the historian used, a matter that has not been completely resolved until now. And when does the real diary actually begin? In reference to this problem Hartmann points to a break in continuity in the entry for the 5th of Safar 921/21st of March 1515. ˙ Ibn Tu¯lu¯n’s Mufa¯kahat al-Khilla¯n fı¯ Hawa¯dith al-Zama¯n is an extremely ˙ ˙ important source for the year 922/1516 and the following years because the author, clearly impressed by the unfolding events, kept his diary partly also offering detailed descriptions of the Ottoman camp. His firm neutrality also with respect to the decisive battle is evidenced by the fact that he uses the epithets “hypocrite and Pharisee” to characterize the people who prayed for the victory of the ruling Mamluk sultan together with the qadis before the Battle of Marj ˘

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127 Ibid., 11, lines 10 – 12. 128 Ibid., 17, lines 1 – 2. See also A. N. Asrar, “The Myth about the Transfer of the Caliphate to the Ottomans,” Journal of the Regional Cultural Institute 5 (1972): 111 – 20. 129 See Richard Hartmann, Das Tübinger Fragment der Chronik des Ibn Tu¯lu¯n, Schriften der Königsberger Gelehrten Gesellschaft, Geisteswissenschaftliche Klasse,˙year 3, vol. 2 (Berlin 1926), 87 – 170, esp. 87 – 104. 130 Ibid, 96.

Autobiographical writing as a literary genre of the mamluk period

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Da¯biq (15th of Rajab 922/24th of August 1516).131 One cannot help but suspect that Ibn Tu¯lu¯n, driven by opportunistic motives, also revised his observations ˙ later on to reflect a more pro-Ottoman stance. Al-Ishbı¯lı¯ and Ibn Tu¯lu¯n are not ˙ the only ones to demonstrate eloquently that such turnabout loyalties were quite common in ulama circles; the Shafi i qadi Walı¯ al-Dı¯n al-Farfu¯r (d. 937/1530 – 31)132 is another example. After Selı¯m’s victory he gradually moved over to the Hanafi camp. He thus managed to become chief judge – after the Ottomans had reorganized the tiers of the civil service, replacing the formerly four qadis of the four law schools with one qadi and four deputies for the madha¯hib. Eventually he had to flee because he was afraid of Governor Ja¯nbirdı¯, whom he distrusted – and rightly so. For a while, Ibn Tu¯lu¯n – who of course already had been a Hanafi ˙ beforehand – had also aspired to a lucrative sinecure at the mosque at Ibn alArabı¯’s tomb, which had been newly constructed by Selı¯m. Seeing how disparagingly Ja¯nbirdı¯’s attitude is described in the chronicle one might be a bit suspicious: he is blamed for several murders in a rather thinly veiled manner.133 On the other hand, the very case of Ibn al-Farfu¯r seems to prove that Ibn Tu¯lu¯n’s ˙ depiction is probably not far removed from the truth. If any editing was done at all at a later stage, one would have to assume that it merely consisted of emphasizing a specific tenor of the text. These are just a couple of ideas regarding the point of view from which one might approach a biography of Ibn Tu¯lu¯n. Placing this scholar in the historical ˙ context of his times in such a way that his biography will render an overall picture of the era is a task that needs to be completed in the future.

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Autobiographical writing as a literary genre of the mamluk period A more detailed study of Ibn Tu¯lu¯n’s Al-Fulk al-Mashhu¯n fı¯ Ahwa¯l Muhammad ˙ ˙ ˙ ˙ Ibn Tu¯lu¯n may also prove to be a worthwhile undertaking. As we know, auto˙ biographical writing already existed in very early times and in every literary culture. When Wilhelm Dilthey’s article entitled Das Erleben und die Selbstbiographie134 was published at the beginning of the twentieth century, it triggered academic research into the manifold literary representations of a person’s own life.135 Right from the beginning it was very difficult to give a content-based Ibid, 101. Ahmad ibn Munla¯, Mut at al-Adhha¯n, 607 – 9 (# 686), and Ibn Tu¯lu¯n, Mufa¯kahat, passim. ˙ ˙ Hartmann, Das Tübinger Fragment, 101. Wilhelm Dilthey, “Das Erleben und die Selbstbiographie,” in Die Autobiographie: Zu Form und Geschichte einer literarischen Gattung, ed. Georg Niggl (Darmstadt, 1989), 21 – 32. 135 Extensive bibliographies are given in Jürgen Lehmann, Bekennen, Erzählen, Berichten, Studien zu Theorie und Geschichte der Autobiographie (Tübingen, 1988), 251 – 81, and ˘

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and formal definition of the genre since the borders between autobiography and memoirs, philosophical self-reflections, autobiographical novels, stories written in the first person, or fictitious autobiographies are rather fluid. Jürgen Lehmann nevertheless managed to present a concise working definition in his postdoctoral thesis Bekennen-Erzählen-Berichten: Studien zu Theorie und Geschichte der Autobiographie submitted to Göttingen University : Autobiography is a type of text in which an author expresses internal and external events experienced in the past as well as activities carried out by himself in a writing situation, summarizing all of this and articulating himself in such a narrative style that he actively puts himself into a specific relation to the environment.136

If one studies this type of autobiographical narrative more closely, however, one encounters some problems inherent in this genre. The fact that historical events have actually taken place and that the author consistently refers to reality merely represent external features of demarcation vis-—-vis imaginary stories. The crucial difference between a fictional account and an autobiography is its intention. The author presents the reciprocal influence of the own self and the extrapersonal environment as if it were a consistent and logical development. Subjective experience is thus judged ex eventu and placed in a higher time continuum. Autobiographical writers frequently attempt to present the complex, accidental web woven between the self and the external world as if it were the result of a deliberately controlled process. It will always be difficult for someone interpreting autobiographical accounts to deal with this problem. The fact that the author is both the subject and object of his writing poses another problem. He endeavors to order his previous life beyond all determining of historical and social factors. In view of his auctorial intention he cannot avoid stylizing his own past and inventing some elements either consciously or unconsciously. The mere – or possibly the particular – choice and emphasis of facts and experiences by the autobiographical narrator already is of crucial significance in this process of stylization. He arranges the selected facts in a meaningful manner in order to render a condensed account, presenting the reader with a life that is an integrated whole. A whole set of spiritual, political, and academic works containing autobiographical material also exist in classical Arabic literature.137 So nowadays one

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Niggl, Die Autobiographie, 539 – 68. Short research reports can be found in James Olney, “Autobiography and the Cultural Moment: A Thematic, Historical, and Bibliographical Introduction,” in Autobiography : Essays Theoretical and Critical, ed. idem (Princeton, 1980), 3 – 27, and Georg Niggl, “Einleitung,” in idem, Die Autobiographie, 1 – 17. 136 Lehmann, Bekennen, Erzählen, Berichten, 36. 137 See Franz Rosenthal, “Die arabische Autobiographie,” Studia Arabica 1 (1937): 1 – 40; Carl Brockelmann (Brukilman), “Ma¯ Sanf Ulama¯’ al- Arab fı¯ Ahwa¯l Anfusihim,” in Al-Muntaq‚ ˙ ed. Sala¯h al-Dı¯n al-Munajjid ˙ 1, Dira¯sa¯t Mukhtalifah, min Dira¯sa¯t al-Mustashriqı¯n, pt. ˙ ˙

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can no longer make the same sweeping statement as Georg Misch, author of the monumental Geschichte der Autobiographie, did when he said that autobiographies were only “testimony to the development of self-awareness of man in the Occident.”138 Until now, research has not focused on biographical accounts from the Mamluk period. The genre was not really established in the academic tradition of those days. This may be due to the fact that a Mamluk scholar occasionally must have shied away from publishing details about his own life in a vain manner. Abu¯ al-Maha¯sin Ibn Taghrı¯birdı¯’s (d. 812/1415) opinion is characteristic of this at˙ titude: although he did dictate his life story to his student Ahmad ibn Husayn al˙ ˙ Turkuma¯nı¯ al-Hanafı¯, known as al-Marj,139 he mentioned expressly that this ˙ actually ran counter to the conventions of his profession. According to Ibn Taghrı¯birdı¯ it was by no means customary for scholars to write their own biographies. It was customary, however, to proceed like the learned Damascene Ibn Ayyu¯b (d. 1000/1592)140 did in his biographical reference work Al-Rawd al˙ ¯ tir.141 He very skillfully supplemented various suitable passages of his work A – ˙ e.g., the end of the biographical sketches of his grandfather Shiha¯b al-Dı¯n Ahmad ibn Ayyu¯b and of his cousin Muh¯ıb al-Dı¯n Muhammad ibn Ayyu¯b – with ˙ ˙ ˙ information about his personal development.142 Al-Sakha¯wı¯ found an equally elegant solution to the problem. He simply wrote his own biography, including it without any additional comments in his monumental biographical dictionary.143 Ibn Tu¯lu¯n’s autobiography is a different matter. The historian al-Nu aymı¯ ˙ urged him to write the story of his life as an independent account. This was done when our author already was quite advanced in years. At least, he observed that his strength was failing and complained that he was left with only a few friends ˘

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(Cairo, 1955); Gustav E. von Grunebaum, Der Islam im Mittelalter (Zurich and Stuttgart, 1963), 329 – 75; Sartain,Biography, 137 – 41; S. M. Al-Ghamdi, “Autobiography in Classical Arabic Literature: An Ignored Literary Genre,” Ph.D. diss., University of Indiana, 1989; Stephen F. Dale, “Steppe Humanism: The Autobiographical Writings of Zahir al-Din Muhammad Babur, 1483 – 1530,” International Journal of Middle East Studies 22 (1990): 37 – 58; and Shawqı¯ Muhammad Mu a¯milı¯, Al-Sı¯rah al-Dha¯tı¯yah fı¯ al-Tura¯th (Cairo, 1989). ˙ Georg Misch, Geschichte der Autobiographie, (Frankfurt am Main, 1949 – 69), 1:1:5. This text is an appendix to the second volume of the Viennese manuscript (Or. 1173) of his “Al-Manhal al-Sa¯fı¯ wa-al-Mustawf‚ ba d al-Wa¯fı¯” [= Gustav Flügel, Die arabischen, persi˙ schen und türkischen Handschriften der Kaiserlich-Königlichen Hofbibliothek zu Wien, vol. 2 (Vienna, 1865), 338 – 39], fol. 430v–432r. Ibn al- Ima¯d speaks in his Shadhara¯t alDhahab fı¯ Akhba¯r Man Dhahab (Cairo, 1931 – 32) of an autobiography written by the Mamluk “polymath” al-Safadı¯ (d. 764/1363). Cf. Ibn al- Ima¯d, Shadhara¯t, 6:201. The text ˙ has not yet been discoverd. Ibn Taghrı¯birdı¯, “Manhal,” fol. 430v. See n. 75. See Ahmet Halil Günes¸, Das Kita¯b ar-raud al- a¯tir des Ibn Aiyu¯b: Damaszener Biographien ˙ Edition ˙ des 10./16. Jahrhunderts, Beschreibung und (Berlin, 1981), 2 – 5. Al-Sakha¯wı¯, Daw’, 8:1 – 32. ˙

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Ibn Tu¯lu¯n (d. 955/1548): Life and Works ˙

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but many foes.144 Separate autobiographical accounts from the Mamluk period were also prepared by al-Suyu¯t¯ı145 and Ibn Khaldu¯n (d. 808/1406).146 Dating the ˙ biographies is not easy because the circumstances surrounding the manuscripts of both works are a little complicated: Elizabeth M. Sartain proceeds on the assumption that al-Suyu¯t¯ı began writing down his autobiography Al-Tahadduth ˙ ˙ bi-Ni mat Alla¯h in 889/1484 after the dispute about his announced ability to 147 exercise ijtiha¯d. Of course, he may have used some notes that he had taken previously. At any rate, he discontinued working on the project sometime in the 890s, never to resume it. Neither does Ibn Khaldu¯n seem to have written Al-Ta rı¯f bi-Ibn Khaldu¯n wa-Rihlatihi Gharban wa-Sharqan, the highly selective story of ˙ his life that was probably the product of his stay in Egypt, in one go after 784/ 1382, but rather with long breaks in between.148 Comparing the content of the works of al-Suyu¯t¯ı, Ibn Khaldu¯n, al-Sakha¯wı¯, and Ibn Tu¯lu¯n already points to ˙ ˙ some differences and commonalities of the genre: ˘

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Al-Suyu¯t¯ı ˙ (Al-Tahadduth bi-Ni mat Alla¯h) ˙ opening quotations (pp. 1 – 3) earlier autobiographies (3 – 4 father’s genealogy (5) Huma¯m al-Dı¯n al-Khu¯dayrı¯ (5 – 6) ˙ view of Sufism (6 – 7) other ancestors (7 – 11) the name of al-Suyu¯t¯ı (12) ˙ on Asyu¯t (12 – 19) ˙ disagreement with his father (20 – 31) birth (31) name (31 – 38) literature studies (31 – 42) hadith studies, teachers (43 – 78) visit to the Hija¯z (79 – 82) ˙ journey to Alexandria and Damietta (83 – 84) students on his journeys (84 – 87) return and teaching (88) students (88 – 89), beginning of his work as muftı¯ (89 – 90)

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Ibn Tu¯lu¯n, Fulk, 5. ˙ t¯ı, Tahadduth. Al-Suyu ¯ ˙ ¯ n,˙ Al-Ta rı¯f bi-Ibn Khaldu¯n wa-Rihlatihi Gharban wa-Sharqan (Cairo, 1979). Ibn Khaldu ˙ Sartain, Biography, 142 – 46. Walter J. Fischel, Ibn Khaldu¯n in Egypt, His Public Functions and His Historical Research (1382 – 1406): A Study in Islamic Historiography (Berkeley and Los Angeles, 1967), 159 – 65. ˘

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Autobiographical writing as a literary genre of the mamluk period

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hadith professor at al-Shaykhu¯nı¯yah (90 – 91) inaugural lecture (92 – 104) works (105 – 36) eulogies on his books (137 – 54) dissemination of his works outside Egypt (155 – 59) (discussion of other scholars (160 – 202) problems of ijtiha¯d (203 – 14) theory of the mujaddid (215 – 27) legal decisions (228 – 34)

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Ibn Khaldu¯n (Al-Ta rı¯f bi-Ibn Khaldu¯n wa-Rih. latihi Gharban wa-Sharqan) name (pp. 3 – 6) Andalusian ancestors (6 – 10) ancestors from Ifrı¯qiyah (10 – 17) education, teachers (17 – 56) appointment as chief of chancellery in Tunis and travel to the Maghrib (57 – 67) appointment as secretary to Sultan Abu¯ Ina¯n (67 – 68) withdrawal of the sultan’s favor (69 – 70) appointment as secretary to Sultan Abu¯ Salı¯m (70 – 83) journey to al-Andalus (84 – 99) journey to Bija¯yah and appointment as treasurer (99 – 107) support of Abu¯ Hammu¯, ruler in Tilimsa¯n (107 – 44) support of Sultan Abd al- Azı¯z, ruler in the Maghrib, in opposing the Abdalwadids (144 – 66) [insertion] eulogy of the vizier Ibn al-Khat¯ıb (167 – 231) ˙ return to the Maghrib (232 – 42) second journey to Andalusia and Tilimsa¯n; stay with the Awla¯d Arı¯f (243 – 46) return to Sultan Abu¯ al- Abba¯s’ court in Tunis (246 – 63) eastward journey ; qadi in Cairo (263 – 70) pilgrimage to Mecca (270 – 303) teaching positions and work at several kha¯nqa¯hs (304 – 42) supervision of Baybars’ kha¯nqa¯h (342 – 44) revolt by al-Na¯sirı¯ (345 – 70) ˙

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Ibn Tu¯lu¯n ˙ (Al-Fulk al-Mashhu¯n fı¯ Ahwa¯l Muhammad Ibn Tu¯lu¯n ˙ ˙ ˙ ˙ introduction, earlier autobiographies (pp. 5 – 6) birth, parents, first years (6 – 7) education, books, teachers (7 – 14) sciences and scholars (14 – 18) teaching licences (18 – 20) his reservations about marriage (20 – 22) appointments (22 – 26) his works (26 – 49) laudatory verses on him (49 – 51) two books of Shams al-Dı¯n Ulwa¯n (51 – 52) praise of his poetry (52 – 53) a poem in praise of work and in distrust of a seemingly fixed salary (53 – 54)

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Al-Sakha¯wı¯ (Al-Daw’ al-La¯mi li-Ahl al-Qarn al-Ta¯si ) ˙ name, genealogy (p. 2) first maktab (2) first teachers (2 – 3) learning the Quran by heart (3) hadith studies, his teacher Ibn Hajar (3 – 5) ˙ further education, books (5 – 7) death of Ibn Hajar, studies at Mecca (7) ˙ journey to al-Sha¯m (8 – 9) debates and discussions (9 – 13) hajj, visit to the Hija¯z (14) ˙ back in Cairo (14 – 15) his works (15 – 20) praise of his knowledge (21 – 28) laudatory verses on him (28 – 32) mediation in the exchange of gifts between the rulers in the Maghrib and alMalik al-Za¯hir (370 – 83) ˙ 2nd term of office as qadi in Egypt (383 – 87) sultan’s campaign into Syria to defend the empire against the Tartars (388 – 405) talk with Tı¯mu¯r (406 – 20) return to Egypt (421 – 28) appointed qadi in Egypt for the third, fourth, and fifth times (429 – 30)

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Autobiographical writing as a literary genre of the mamluk period

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Just like the other authors, Ibn Tu¯lu¯n was fully aware of the genre’s traditions. He ˙ mentions famous autobiographies known to him on the first few pages of Al-Fulk al-Mashhu¯n fı¯ Ahwa¯l Muhammad ibn Tu¯lu¯n.149 Although these four works tell us ˙ ˙ ˙ ˙ very little about the author’s personal life, they do represent excellent source material for studying the author’s intellectual development and traditional Islamic education in those days. In addition, the documents contain an almost exemplary portrayal of the background and the careers of legal scholars in the Mamluk period and – in Ibn Tu¯lu¯n’s case – also the early years of Ottoman rule in ˙ Egypt and Syria. Jürgen Lehmann emphasized that these accounts obviously must be regarded as constructs that were composed in retrospect by individuals looking back on their own lives. This is why a comparison of such a personal interpretation of the narrator’s life with statements made by contemporaries would prove helpful. Obviously, one should give more credence to opinions expressed by independent minds than to those uttered by students. In al-Suyu¯t¯ı’s case, for example, his ˙ students simply copied their teacher’s autobiography, made some stylistic 150 modifications, and added magnificent eulogies. The spiteful and slanderous comments that al-Sakha¯wı¯ made about al-Suyu¯t¯ı are much more instructive in ˙ this context.151 The same applies to Ibn Tu¯lu¯n. In addition to two brief biographical sketches ˙ by Najm al-Dı¯n al-Ghazzı¯ and Ibn al- Ima¯d,152 a remarkable portrayal by Ibn Ayyu¯b has been preserved as well.153 His estimation of Ibn Tu¯lu¯n’s personality is ˙ ambivalent: he calls him the Sı¯bawayhı¯ (d. approx. 180/776) of his times, praising him with the most favorable epithets on the one hand, and voices some rather harsh criticism of his works and scientific methods on the other. He reproaches Ibn Tu¯lu¯n for making linguistic mistakes, for using dubious tradi˙ tions, even for untrue reporting. He also criticizes the fact that Ibn Tu¯lu¯n mixed ˙ verse and prose, and that he included both relevant and irrelevant information, making his works extremely tedious for the reader. This rather harsh critique

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149 Ibn Tu¯lu¯n, Fulk, 6. ˙ Biography, 150 – 51. Abd al-Qa¯dir al-Sha¯dhilı¯’s (d. after 945/1538) Bahjat al- A ¯ bidı¯n 150 Sartain, bi-Tarjamat Jala¯l al-Dı¯n [ed. Abd al-Ila¯h Nabha¯n (Damascus, 1998)] and Shams al-Dı¯n alDa¯wu¯dı¯’s (945/1539) “Tarjamat al-Suyu¯t¯ı” [Berlin (Tübingen) MS 10134] do not add an˙ ything new. On al-Sha¯dhilı¯, see Sartain, Biography, 146 – 47; GAL 2:391 S2:932, and S3:1261; and Ibn al- Ima¯d, Shadhara¯t, 8:53. On al-Da¯wu¯dı¯ cf. Sartain, Biography, 148 – 149; GAL 2:289, S2:401; al-Ghazzı¯, Kawa¯kib, 2:71; and Ibn al- Ima¯d, Shadhara¯t, 8:264. 151 Al-Sakha¯wı¯, Daw’, 4:65 – 70. On the clashes between these scholars, see Sartain, Biography, ˙ 72 – 76, and William Popper, “Sakha¯wı¯’s Criticism of Ibn Taghrı¯birdı¯,” in Studi orientalistici in onore di Giorgio Levi della Vida (Rome, 1965), 2:371 – 89. 152 Al-Ghazzı¯, Kawa¯kib, 2:52 – 54; Ibn al- Ima¯d, Shadhara¯t, 8:298 – 99. ¯ tir,” Berlin MS 9886, fols. 235v–237r. 153 Ibn Ayyu¯b, “Al-Rawd al- A ˙ ˙ ˘

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Ibn Tu¯lu¯n (d. 955/1548): Life and Works ˙

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basically can be traced back to Abu¯ al-Fath al-Ma¯likı¯ (d. 975/1567),154 a learned ˙ Damascene who originally came from Tunis. In his biography of Ibn Tu¯lu¯n, Ibn ˙ Ayyu¯b gives a lengthy account of the dogged disputes between the two. Abu¯ alFath al-Ma¯likı¯ belonged to a different circle of scholars than Ibn Tu¯lu¯n and ˙ ˙ overwhelmed his opponent with criticism and reproaches. Ibn Ayyu¯b actually must have had a favorable opinion of Ibn Tu¯lu¯n, also thinking highly of him as a ˙ historian, because he refers not only to al-Sakha¯wı¯, Qut¸b al-Dı¯n al-Hindı¯ (d. 990/ 1582),155 al-Nu aymı¯, and Ibn al-Mibrad as role models in his introduction to Al¯ tir, but also to Ibn Tu¯lu¯n.156 So it is hardly surprising that Ibn Tu¯lu¯n’s Rawd al- A ˙ ˙ ˙ ˙ Mufa¯kahat al-Khilla¯n fı¯ Hawa¯dith al-Zama¯n and Tamattu bi-al-Iqra¯n bayna ˙ Tara¯jim al-Shuyu¯kh wa-al-Aqra¯n represent two of the more prominent sources cited by Ibn Ayyu¯b.157 This goes to show that a rather slim volume such as Ibn Tu¯lu¯n’s Fulk al˙ Mashhu¯n does indeed merit due consideration. One would have to undertake a ˙ detailed comparison of all known autobiographical accounts by Muslim scholars up to the days of Ibn Tu¯lu¯n to really accord his own autobiographical writings ˙ their proper rank and to define the genre of Arabic autobiography even further. Once that is done, it will also be possible to compile the requisite inventory of topoi, stereotypes, commonalities, and differences of these works. From the vast number of available options I have selected only two avenues of research that one might explore for a better understanding of the life and works of Ibn Tu¯lu¯n. Of course, one will have to complete various individual studies to ˙ piece together an overall picture. But it may also make sense to tackle the project of a monograph before the task of analyzing the material takes on Sisyphean dimensions. If one did so, one would have to portray the typical features without neglecting the individual ones. Writing a biography will thus always resemble the squaring of the circle. The re-narration of a life will obviously always have to be a construct. ˘

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154 On Abu¯ al-Fath al-Ma¯likı¯, see ibid., fols. 237a–239a [= Günes¸, Das Kita¯b ar-raud al- a¯tir, ˙ ˙ 72 – 82 (Arabic˙text)], and Ibn al- Ima¯d, Shadhara¯t, 8: 360 – 81. 155 The Indian-Meccan scholar al-Nahrawa¯lı¯ is meant. On him, see J. R. Blackburn, “al-Nahrawa¯lı¯,” EI2, 7:911 – 12. ¯ tir, fol. 1v [= Günes¸, Das Kita¯b ar-raud al- a¯tir, 1 – 2 (Arabic text)]. 156 Ibn Ayyu¯b, “Al-Rawd al- A ˙ ˙al- a¯tir, 28 – 30. ˙ ˙ 157 Günes¸, Das Kita¯b ar-raud ˙ ˙ ˘

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Some Remarks on Ibn Tawq’s (d. 915/1509) Journal Al-Ta lı¯q, *1 ˙ vol. 1 (885/1480 to 890/1485) [zusammen mit Tilmann Seidensticker]

I ˘

On our table lies the first volume of a four-volume journal or diary (Al-Ta lı¯q) that Ibn Tawq, a native of Jaru¯d (near Damascus, today Jayru¯d), wrote some five ˙ hundred years ago. With its customary thoroughness and high quality, the Institut FranÅais d’Êtudes Arabes de Damas (IFEAD) has published the first 555 pages of a work in which one finds the everyday notes of a little-known Damascene court clerk covering the years from 885/1480 up to 908/1502. The edition is based on the autograph manuscript held by the Maktabat al-Za¯hirı¯yah (Asad ˙ National Library Ms. 4533). The story of how this text was published is just as remarkable as the manuscript itself: The Shi ite qadi of Baalbek, al-Shaykh Ja far al-Muha¯jir, who is known as the author of several historical works on the Shi ites in Bila¯d al-Sha¯m,2 came to IFEAD with the manuscript in 1996. He had worked intensively on the text from 1977 to 1982. When he decided to leave Beirut with his family and settle in Baalbek because of the Lebanese civil war, his attention was directed to the Ta lı¯q by Thurayya¯ Kurd Alı¯, who was in charge of the manuscripts of the Za¯hirı¯ya library at that time. During the war, he spent several ˙ hours every day at his desk deciphering the difficult script. In this way, little by little, a bundle of papers with the transcription of the whole text emerged, around 1,800 pages all together. Sarab Atassi, the secr¦taire scientifique at IFEAD, took care of the manuscript and promised to publish it in the following years. Ja far al-Muha¯jir had done excellent work, considering that Ibn Tawq ˙ frequently uses the vernacular to express himself and it is well known that there ˘ ˘

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* Erstpublikation in: Mamlu¯k Studies Review 11/2 (2007), S. 121 – 136. 1 Edited by Ja far al-Muha¯jir (Damascus: Institut FranÅais d’Êtudes Arabes de Damas, 2000). Pp. 555. This is an extended review of the first volume. The second and third volumes have now also been published. We would like to express our thanks for useful hints and help to Fr¦d¦ric Bauden, Lutz Berger, Tarif Khalidi, Hilary Kilpatrick, Bernadette Martel-Thoumian, Florian Schwarz, and Dana Sajdi. ¯ milı¯yah il‚ ¯Ira¯n fı¯ al- Asr al-Safawı¯ (Beirut, 1989), Sittat 2 See, for example, his Al-Hijrah al- A ¯ mil tahta al-Ihtila¯˙ l al-S˙ alı¯bı¯ (Beirut, 2001). Fuqaha¯’ Abta¯l (Beirut, 1994), and Jabal A ˙ ˙ ˙ ˙ ˘

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Some Remarks

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are only a few preliminary studies in this field.3 Furthermore the author’s handwriting is extremely difficult to read, particularly since the diacritics are almost completely missing (as is shown by the facsimile printed at the end of volume 1). In the printed version, the original text is left almost unchanged. To make it more understandable, minor modifications were made in some places which are always marked and in many cases commented upon. The journal itself is quite unusual. It contains much information about all strata of society, i. e., about the different circles of ulama, the professors of the madrasahs, the shopkeepers, rural society, and the local population. Ibn Tawq ˙ primarily focuses on the groups at the fringe of urban society who usually are not the main subjects of Arabic historical literature. He writes about the business of the simple man, everyday economic life, public festivals, protests against the encroachments of the authorities, and about organized gangs who made the streets insecure. Ibn Tawq describes things in his Ta lı¯q which he has witnessed ˙ or about which he has been informed firsthand. He himself was from a rural family and earned his living as a minor court clerk (sha¯hid-ka¯tib). He had a special relationship with the Shafi i qadi and shaykh al-isla¯m Qa¯d¯ı Ajlu¯n (Taqı¯ ˙ al-Dı¯n Abu¯ Bakr ibn Abd Alla¯h, d. 928/1521), and whenever he was off duty, Ibn Tawq joined the sessions of this scholar. In the shade of the Qa¯d¯ı Ajlu¯n, he wrote ˙ ˙ his own work that was actually intended as a sort of local chronicle but also was meant to contain some of the author’s personal experiences (ba d ma¯ yata allaqu ˙ bi-ka¯tibihi, as is expressly stated in the second sentence of the chapter devoted to the year 888). ˘

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One could end the review of the first volume of Ibn Tawq’s Ta lı¯q with that. But ˙ perhaps it makes sense to put the text in a broader context by suggesting at least one path for further research. We would like to draw attention to a group of texts which can to varying degrees be called “diaries” or “journals” as well. What they have in common is that they convey information about events which happened during the authors’ lifetime in chronological order, i. e., proceeding from day to day, from month to month, and from year to year. This is, of course, something 3 Cf. the bibliography in Joshua Blau’s excellent Handbook of Early Middle Arabic (Jerusalem, 2002). Information on the spoken Arabic of the Mamluk period can be found in Clifford Edmund Bosworth, The Medieval Islamic Underworld: The Banu¯ Sa¯sa¯n in Arabic Society and Literature (Leiden, 1976); Paul Kahle, “Eine Zunftsprache der ägyptischen Schattenspieler,” Islamica 2 (1926): 313 – 22; and Karl Vilhelm Zetterst¦en, Beiträge zur Geschichte der Mamlukensultane in den Jahren 690 – 741 der Higra nach arabischen Handschriften (Leiden, 1919), 1 – 33.

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III

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they have in common with many works belonging to the annalistic branch of Arabic historical writing. But they differ in that they do not focus only on political events and the lives and deaths of prominent personalities but also provide details and commentary on mundane topics of everyday occurrences and on personal matters, or both. Even so, a clear demarcation of what can be called a diary and what should rather be considered a political journal remains a matter of opinion. Furthermore, one can ask whether or not certain parts of voluminous works such as Bada¯’i al-Zuhu¯r by Ibn Iya¯s (d. ca. 930/1524)4 should be included in the group of diaries in this sense as well. Ibn Iya¯s also describes many events of his own era in a diary-like style, where festivities, scandals, petty crimes, and the gossip of the day figure prominently. And one last point: even though our scope goes beyond the Mamluk area and time, dynastic changes cannot divide a literary genre that develops and flourishes over the centuries. The year 1985 may be considered as signaling a new interest in the history of everyday life, at least in Germany, manifesting itself in universities as well as in exhibitions. In that year, but probably completely independent of that fashionable novelty, Annemarie Schimmel’s book Alltagsnotizen eines ägyptischen Bürgers (An Egyptian citizen’s notes on everyday life) was published,5 being an extract from volumes 4 and 5 of Ibn Iya¯s’ above-mentioned work Bada¯’i alZuhu¯r. And even decades before Schimmel’s work appeared, everyday life in the medieval Islamic world was considered an interesting topic, a prominent example being Adam Mez’ Die Renaissance des Islams, which was published in 1922.6 Since then, many publications have in passing made some contribution to the history of everyday life in medieval Islam,7 but an attempt to give an encyclopaedic survey has, to our knowledge, not so far been made. ˘

III Some works will probably be familiar already. The first chronicle which, without too much discussion, can be included within the genre of Arabic diaries is alMusabbih¯ı’s (d. 420/1029) Akhba¯r Misr wa-Fada¯’iluha¯, of which only the last of ˙ ˙ ˙ its forty volumes has been preserved.8 This volume treats parts of the years 414 ˘

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4 Ibn Iya¯s, Bada¯’i al-Zuhu¯r fı¯ Waqa¯’i al-Duhur, ed. Muhammad Mustaf‚ (Beirut and Wiesba˙ ˙˙ den, 1960 – 84). 5 Annemarie Schimmel, Alltagsnotizen eines ägyptischen Bürgers (Stuttgart, 1985). 6 Adam Mez, Die Renaissance des Islams (Heidelberg, 1922). 7 Cf. Patterns of Everyday Life, ed. David Waines (Ashgate, 2002). 8 Ed. Ayman Fu’a¯d Sayyid and Thierry Bianquis, Tome quarantiÀme de la Chronique de l’Êgypte de Musabbih¯ı (Cairo, 1987). This edition is based on the unique manuscript preserved in the ˙

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Some Remarks

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and 415 Hijrah which correspond to the years 1023 to 1024 A.D., that is, some years after al-Ha¯kim’s reign (r. 386 – 411/996 – 1021). Some of the first volumes ˙ seem to have dealt with periods long before the author’s own lifetime. The preserved last part, which quotes from official documents, is an important source for political history and court intrigues, but also is a gold mine for facts about everyday life. We hear about a dog who enters a mosque and is killed as a consequence, a boy drowning in the Nile, a hippopotamus which found its way to Cairo, three “yellow” Indians curing eye diseases, a bear causing panic, a convert to Islam who had only pretended to undergo circumcision (which becomes obvious only after his death), about people recovering the corpses of persons drowned in the Nile and demanding money from the relatives, and much more. As with many of the diarists, al-Musabbih¯ı had a peculiar thematic pre˙ occupation: he was especially interested in crimes in his native quarter al-Fusta¯t, ˙ ˙ and it seems that he had access to the log of the local police station. His reports are useful for gaining a picture of the practice of law enforcement, which is much less well known than the rules of fiqh manuals, handbooks for judges, and fatwa collections.9 He writes about his own activities in several instances, for example when he had participated in audiences at the caliph’s court or in one of the caliph’s public appearances. Once he tells us that he was unable to attend a festivity due to severe pains. Among the many obituaries, there are several persons mentioned from his own circle of friends or acquaintances without any political significance. A slave girl with whom al-Musabbih¯ı has a child suddenly ˙ dies, and he expresses his deep grief in moving words which sound much more authentic than most of the many elegies we know from Arabic poetry.10 Then we have the autograph diary of Ibn al-Banna¯’, an eleventh-century Hanbali doctor of Baghdad. His text deals with the period from 1 Shawwa¯l 461/3 August 1068 until 14 Dhu¯ al-Qa dah 461/4 September 1069, but originally his notes seem to have been continued for nine more years.11 Like al-Musabbih¯ı, he ˙ is said to have been a prolific author, but his diary, unlike his Egyptian col˘

Escorial. 80 pages of poetry are not included in the printed text but have been published separately : Al-Juz’ al-Arba ¯ın min Akhba¯r Misr, ed. Husayn Nassa¯r (Cairo, 1984). Al-Mu˙ exceptions, ˙ ˙ are all devoted to adab. sabbih¯ı is said to have written 28 books, which,˙ with two ˙ See Thierry Bianquis, “Al-Musabbih¯ı,” The Encyclopaedia of Islam, 2nd ed., 7:650 – 52. 9 Al-Musabbih¯ı was the main source˙ for Yaacov Lev, “The Suppression of Crime, the Supervision of˙ Markets, and Urban Society in the Egyptian Capital during the Tenth and Eleventh Centuries,”Mediterranean Historical Review 3 (1988): 71 – 95. For some more aspects of criminal justice drawn from al-Musabbih¯ı, see Tilman Seidensticker, On Crucifi˙ cation in Medieval Islam (forthcoming). 10 Al-Musabbih¯ı, Akhba¯r, 16, lines 9 – 10 (wa-na¯lanı¯ alayha¯ min al-wajdi ma¯ la¯ ajidu lahu ka¯shifan illa¯˙ Alla¯h). 11 George Makdisi, “Autograph Diary of an Eleventh-Century Historian of Baghdad,” Bulletin of the School of Oriental and African Studies 18 (1956): 9 – 31 (= part 1), 239 – 60 (= part 2); 19 (1957): 13 – 48 (= part 3), 281 – 303 (= part 4), 426 – 43 (= part 5). ˘

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III

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league’s work, seems not to have been meant for the eyes of the public. Its main topics are the social, political, and religious affairs in Baghdad in which Ibn alBanna¯’ took part. He records his own activities in this sphere, for example, his delivery of the Friday khutbah in the palace mosque or cathedral mosque, or a ˙ funeral oration, or his visit to an ill colleague. All in all, he includes himself and his own activities in his book much more than al-Musabbih¯ı, but everyday life is ˙ seldom mentioned, with the exception of some miraculous incidents and the information that he had his blood drawn together with a number of others from his family on 17 Rajab 461/11 May 1069.12 Instead of al-Musabbih¯ı’s passion for ˙ crime, Ibn al-Banna¯’ devotes special attention to dreams, both his own and those which were reported to him by others. This happened many times because he was considered an expert in the interpretation of dreams. During the 13 months which are covered by the fragment, 26 dreams are reported, the length of which are between a few lines and a whole page. Some are just recorded, others briefly commented upon, and still others are subject to extensive interpretation. The author’s own dreams give, voluntarily or involuntarily, some insight into his ambitions and longings. Besides the dreams, there are about half a dozen remarks of a personal character. To give just one example: “A woman with a baby girl came to my door. The family and a maid-servant of ours saw her. They said, ‘She has two heads.’ But I could not bear to look at her (ma¯ ta¯ba qalbı¯ anzur ˙ ˙ ilayha¯). We gave her mother something, and she went away.”13 Like his forerunners al-Musabbih¯ı and Ibn al-Banna¯’, Ibn Tawq has a par˙ ˙ ticular interest: he is obsessed with weather. With the help of his Ta lı¯q, we are able to write a nearly uninterrupted history of the meteorologic phenomena in Damascus for more than two decades. This fact can best be explained by his rural background, because he shares this predilection with two authors of another ¯ mil in the diary who were farmers: the father and son al-Rukaynı¯ from the Jabal A eighteenth / nineteenth centuries (see below). He tells us about the direction of the wind, changes in the weather, differences in the appearance of clouds, about cold, heat, frost, and snow. Typical of the almost affectionate manner in which the topic is treated is what he says about 18 Muharram 888: wa-fı¯ laylatihi inda ˙ al-tasbı¯hi hasala bakha¯khu matarin wa-istamarra il‚ a¯khirihi lam tura al˙ ˙ ˙ ˙ shamsu wa-al-mataru amma¯lun bi-suku¯nin wa-hasala bi-hi khayrun kathı¯run ˙ ˙ ˙ wa-lilla¯hi al-hamd (“in the night, at the time we said subha¯na Alla¯h, a drizzle ˙ ˙ began and continued until the end of that day ; the sun was not seen all day long, and the rain did its work quite calmly, and caused much benefit, praised be the Lord!”).14 In comparison to his two forerunners, Ibn Tawq devotes even more ˙ ˘

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12 Ibid., part 4, 290 § 143 (Arabic text) = 302 (English translation). 13 Ibid., Part 2, 246 § 34 (Arabic text) = 258 (English translation). 14 Ibn Tawq, Al-Ta lı¯q, 1:232, ll. 9 – 10. ˙

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Some Remarks

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attention to everyday life than al-Musabbih¯ı; the Ta lı¯q allows a reconstruction of ˙ all aspects of life in Damascus in the last decades of the Mamluk period. To give just a few examples from a random selection of about 60 pages (AlTa lı¯q 23 – 63 and 224 – 41): his master Qa¯d¯ı Ajlu¯n has a severe marital row (ghayz ˙ ˙ kabı¯r jiddan) with his Egyptian wife (25, lines 11 – 12); a farmer’s wife and a stranger are struck dead by a dilapidated wall somewhere in the gardens and the wife is not buried properly due to the dubious circumstances of her death (29, ll. 9 – 12); in a garden, two men are caught together with a strange woman; their wine is poured out, and one of the men manages to flee, while the other one is punished with 40 lashes, and the woman is imprisoned (58, ll. 2 – 6); the caretaker of the al-Saqı¯fah mosque does illicit things (al-makru¯h) in the mosque with the slave girl of a shaykh’s wife, and after they are caught, he flees by throwing himself in the river, while the girl is struck with a sword and wounded (61, ll. 15 – 18); a tavern is closed (29, l. 2); wine is poured out (36, ll. 14 – 15; 233, l. 13; 236, l. 19 – 237, l. 2); two Muslims drink wine, and someone informs Qa¯d¯ı Ajlu¯n (239, ll. ˙ 6 – 9); some poor people force their way into a Christian’s house where some Muslims are drinking wine together with beardless boys (240, ll. 11 – 13); the collapse of a ceiling of a building kills six persons, two survive (36, ll. 5 – 7); forty poor farmers attack three shops owned by Christians (48, ll. 4 – 10). Ibn Tawq devotes even more space to his personal life than Ibn al-Banna¯’. On a ˙ Monday, his wife and children visit the Turkish bath, and the sums of money given to the staff are enumerated in detail: lil-da¯yah hibat ashrafı¯, lil-hamma¯˙ mı¯yah 20, al-na¯tu¯rah wa-ummuha¯ 12, al-waqqa¯d 2 (35, ll. 2 – 3). On the occasion ˙ of the pilgrims’ return, the author buys two sheep and has them cooked (45, ll. 7 – 8). When Ibn Jum ah’s wife gives birth to a dead girl, he sends her three chickens (233, ll. 17 – 18). He mentions that he caught a cold accompanied by a shivering fit and fever (29, ll. 7 – 8), and he tells us that a room called al-murabba is covered (with mattresses) and that the family sleeps in this room on the next night (35, ll. 16 – 17). Avisit to the flowering gardens of Zamlaka¯ and Daqqa¯nı¯yah with five friends is reported (36, ll. 8 – 9); several days later Ibn Tawq notes that ˙ the flowers and blossoms are extremely beautiful (fı¯ gha¯yat al-husn, 39, l. 14), ˙ and even the picking of some flowers is considered worth mentioning (qataftu ˙ min satra¯ ba d ward, 235, l. 2). The author’s wife has, on 15 Rabı¯ I 888/23 April ˙ ˙ 1483, her brother sell a brooch made of gold to buy a copy of the Quran with the money (237, ll. 8 – 9). Value judgements are not very frequent, but they exist: a book written by Shiha¯b al-Dı¯n al-I za¯zı¯ is generously assessed as “not bad, for him” (wa-hiya kita¯bah bi-al-nisbah ilayhi la¯ ba’sah biha¯, 32, ll. 13 – 14), and the transfer of the muqaddam Dimashq to Tartu¯s is warmly welcomed (wa-ha¯dhihı¯ ˙ ˙ nafyah walilla¯h al-hamd, 43, ll. 3 – 4). ˙ ˘

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After this comparison between Ibn Tawq and his two predecessors, we would like to ˙ conclude our contribution with a list of later works that have some affinity with the “diary” genre. In some cases we can only adduce the authors, titles, and dates, while in other instances we give some additional information. There is a certain overlap with the authors treated by Dana Sajdi in her doctoral dissertation on contemporary chronicles written by commoners in the eighteenth-century Levant.15 Our list does not, of course, claim to be exhaustive. We did not include authors who died after the year 1800 A.D., with the exception of the Rukaynı¯s’ chronicle, because al-Rukaynı¯ senior wrote his part prior to 1778.16 1. About one generation after Ibn Tawq, Muhammad Ibn Tu¯lu¯n (d. 953/1546) ˙ ˙ ˙ wrote his Mufa¯kahat al-Khilla¯n fı¯ Hawa¯dith al-Zama¯n, which treats Damascus up to ˙ 951/1544; for the years before the author’s adulthood, Ibn Tawq and other historians ˙ such as al-Busrawı¯ (see below) are used as sources.17 “The importance of Ibn Tu¯lu¯n’s ˙ ˙ history—which is a contemporary chronicle written as dhayl to the contemporary chronicle of Ibn Tu¯lu¯n’s teacher, Abd al-Qa¯dir al-Nu aymı¯ (d. 1521)—may be seen in ˙ the fact that it was among the most widely circulated history books in Damascus during the two centuries after his death. Ibn Tu¯lu¯n, an a¯lim par excellence, was ˙ acutely conscious of being a member of a scholarly community [but:] In other words, Ibn Tu¯lu¯n’s chronicle is less about the ulama¯’ and more about the suffering of ˙ ‘the people.’18 2. In 1099/1687, Yahy‚ Ibn al-Husayn ibn al-Qa¯sim, author of the Bahjat al˙ ˙ Zaman fı¯ Hawa¯dith al-Yaman, died.19 This work, devoted to the history of the ˙ Yemen, and above all of San a¯’, is also mainly restricted to the five decades which the ˙ ˘

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15 Dana Sajdi, “Peripheral Visions: The World and Worldviews of Commoner Chroniclers in the 18th Century Ottoman Levant” (Ph.D. diss., Columbia University, 2002). 16 Ibid., 126 – 28. 17 Ed. Muhammad Mustaf‚ (Cairo, 1962– 64) and Ahmad Aybash (Damascus, 2002, under the ˙ ¯ dith Dimashq ˙ ˙ ˙ al-Yawmı¯yah Ghada¯t al-Ghazw title Hawa al- Uthma¯nı¯ lil-Sha¯m 926 – 951: Sa˙ ¯ l‚ min Kita¯b Mufa¯kahat al-Khilla¯n ilkh.). The Cairo faha¯t˙Mafqu¯dah Tunsharu lil-Marrah al-U ˙ edition contains the preserved parts of the first volume, covering roughly the years from 884/ 1479 to 926/1519, based on the unique manuscript (autograph) of the Tübingen University Library. The Damascus edition is a reconstruction of the second volume with the help of quotations in later works. 18 Sajdi, “Peripheral Visions,” 479 – 80. 19 Ed. Abd Alla¯h ibn Muhammad al-Habashı¯ as Yawmı¯ya¯t San a¯’ (Abu Dhabi, 1996). This text is ˙ ˙ from the library of the ˙ Friday mosque in San a¯’. It is not a based on the author’s musawwadah ˙ complete edition but a selection of parts considered important for social history. The manuscript has three volumes with altogether 1,459 pages of 20 to 22 lines. This means that the edition is shortened to a third of the size of the manuscript. On Yahy‚ ibn al-Husayn ibn al˙ Qa¯sim, see Abd Alla¯h ibn Muhammad al-Habashı¯’s introduction, containing a ˙long list of his ˙ ˙ works (5 – 16, 122 titles). ˘

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Some Remarks

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author himself witnessed. The author turns out to be especially fond of repeating second-hand horror stories and fairy tales. 3. Isma¯ ¯ıl ibn Ta¯j al-Dı¯n al-Maha¯sinı¯ (d. 1102/1691), preacher of the Umayyad ˙ mosque in Damascus, wrote his account of the time between Safar 1077/Au˙ gust–September 1666 and Juma¯d‚ I 1100/February–March 1689 on the empty space in a volume of Arabic poetry. These notes, spread throughout all 325 pages, were extracted from that scrapbook (kunna¯sh) by Sala¯h al-Dı¯n al-Munajjid.20 There are ˙ ˙ many remarks on everyday matters and the author’s personal life.21 4. Muhammad al-Makkı¯, author of a Ta¯rı¯kh Hims,22 died in 1135/1722 and also ˙ ˙ ˙ concentrates on the three decades before his own death, mainly in the region of Hims and its environs. “All of the above factors lead us to conclude that al-Makkı¯ must have had an intimate professional involvement with the mahkamah of Hims, similar ˙ ˙ ˙ in function to that of a court clerk; what exactly that function was, however, we are unable to identify. The fact of al-Makkı¯’s occupation is reflected in the writing and content of his chronicle. Just like a court sijill, his chronicle records deeds and transactions in summary form, with a minimum of narrative, external context, and authorial interjection. Al-Makkı¯ is remarkably eclectic about who or what he reports: his news ranges from the comings and goings of the town notables, to the death of a garbage collector, to the marriage of a barber, to a water-bearer’s murder of his mother-in-law, to the death of the neighbor of the author’s daughter. Muhammad al-Makkı¯ was a court clerk with more than a touch of opportunism.”23 Al˙ Makkı¯ does not talk too much about himself, but everyday life is one of his favorite topics. His style shows a peculiar fondness for nominal expressions instead of verbs, a sort of “officialese” (nuzu¯l al-bard, isla¯m dhimmı¯, majı¯’ fula¯n, wuqu¯ fula¯n fı¯ al¯ s¯ı). A ˙ 5. Another author from the Bila¯d al-Sha¯m is Muhammad ibn Kanna¯n (d. 1153/ ˙ 1740) who, in his Al-Hawa¯dith al-Yawmı¯yah min Ta¯rı¯kh Asharah Alf wa-Mi’ah, ˙ covers the time from 1111 to 1153 (1699 to 1740), all of which he witnessed himself.24 The autograph is preserved in two manuscripts in the Staatsbibliothek zu Berlin (nos. 9479 and 9480 Ahlwardt). On him and his work, Dana Sajdi writes: “Perhaps unexpectedly of a bookish man, Ibn Kanna¯n was also a socially active fellow. He ˘

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20 “Safaha¯t fı¯ Ta¯rı¯kh Dimashq fı¯ al-Qarn al-Ha¯diyah Asharah al-Hijrı¯ Mustakhrajah min Kunna¯sh ˙ ˙ ¯ ¯ı˙l al-Maha¯sinı¯,” Majallat Ma had al-Makht Isma u¯ta¯t al- Arabı¯yah 6 (1960): 77– 160. ˙ ˙ 21 Sajdi, “Peripheral Visions,” 28, n. 82, states that˙ al-Mah a¯sinı¯ is dealt with by Naila Takieddine ˙ and Seventeenth Centuries” (Ph.D. Kaidbey, “Historiography in Bilad al-Sham: the Sixteenth diss., American University of Beirut, 1995), 387 – 96. 22 Ed. Umar Najı¯b al- Umar (Damascus, 1987). Al-Makkı¯ is one of the seven chroniclers dealt with in Sajdi, “Peripheral Visions”; on his biography, cf. the section “Muhammad Ibn Kanna¯n: Struggling for Tenure in the Damascene Academy,” 91– 113. 23 Sajdi, “Peripheral Visions,” 85– 86, 91. 24 Ed. Akram Hasan al- Ulabı¯ under the title Yawmı¯ya¯t Sha¯mı¯yah (Damascus, 1994). The author is another one˙ of the seven chroniclers dealt with in Sajdi, “Peripheral Visions.” ˘

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spent much [of] his time paying social visits and going to engagement parties, weddings, and circumcision celebrations. His favorite pastime, however, was picnicking. Ibn Kanna¯n loved the gardens and parks of Damascus, and it was there that he spent most of his springs and summers, particularly toward the end of his life. Ibn Kanna¯n’s enchantment with nature is not only illustrated by his interest in botany (reflected in a very large section of Al-Mawa¯kib al-Isla¯mı¯yah) but also in the fact that he marked time according to the seasonal fruits and flowers: ‘in the days of the apple,’ ‘in the days of the attack of the roses (fı¯ huju¯m al-ward),’ ‘in the days of the apricot,’ and ‘in the days of grapes and figs.’ Often, these picnics functioned as scholarly salons. It was in the fresh air, surrounded by flowers, and sitting by the water, that Ibn Kanna¯n and his fellow teachers exchanged knowledge and discussed topics outside their teaching curricula.”25 6. Thirty years later, another Syrian author, Ahmad al-Budayrı¯ al-Halla¯q (d. 1175/ ˙ ˙ 1762), wrote his Hawa¯dith Dimashq al-Yawmı¯yah, treating the years 1154 –75/ ˙ 1741 – 62, again as an eyewitness. Al-Budayrı¯’s “Daily Events of Damascus” is surely one of the most fascinating documents of eighteenth-century Bila¯d al-Sha¯m. This collection of current events, observations, and comments, arranged in the form of annals written by an obscure Damascene barber, provides a much-needed corrective and supplement to the indispensable but often dry and monotonous biographical and historical works of the time. Al-Budayrı¯’s precious text, which is remarkably close to the vernacular, has a complex history. It is even possible that the folios of the original manuscript had been used as wrapping paper in the su¯q. But somehow the importance of the work had ever been forgotten. The man who used al-Budayrı¯’s diary as a historical source was in any case Muhammad Sa ¯ıd al-Qa¯simı¯ (d. 1317/ ˙ 1900), who is justly famous for his work on the crafts and guilds of Damascus.26 He changed the wording of the original text by rewriting it. Al-Budayrı¯ had written his diary in a language which al-Qa¯simı¯ found too close to the colloquial and therefore repulsive, so he changed the wording wherever he deemed necessary, and in an unspecified number of places omitted passages which he found long-winded or otherwise superfluous. The revised form of the diary in the redaction of al-Qa¯simı¯ is preserved in the family library of the Qa¯simı¯s in Damascus under the title Tanqı¯h al˙ Shaykh Muhammad Sa ¯ıd al-Qa¯simı¯ li-Hawa¯dith Dimashq al-Yawmı¯yah. The book ˙ ˙ 27 was edited in 1959 by Ahmad Izz al-Dı¯n in Cairo. The barber’s original work is ˙ preserved in a unique manuscript in the Chester Beatty Library in Dublin (no. 3551/ 2, autograph?). Dana Sajdi is currently editing this manuscript. The original version ˘

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25 Sajdi, “Peripheral Visions,” 99. 26 Qa¯mu¯s al-Sina¯ a¯t al-Sha¯mı¯yah, ed. Za¯fir al-Qa¯simı¯ (Paris, 1960). ˙ Jamı¯l Sulta¯n published ˙a second edition together with a short study on the author 27 Muhammad ˙ ˙ and his work (Damascus, 1997).

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Some Remarks

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omits the nisbah al-Budayrı¯ for which reason Sajdi refers to him as Ibn Budayr.28 Ibn Budayr’s diary faithfully reflects the shop-talk of his time. He has a lot to say on this subject, especially, for example, on prostitutes. In a barber’s talk with his customers, conversation would naturally also turn to gossip and scandals involving “honor,” mistreatment or unacceptable behavior of women, and the like. The author writes about the everyday problems of people of his class and social standing, elucidating many details. He was not in anyone’s service and was therefore in a position to praise and criticise freely whatever he felt merited praise or criticism. 7. Haydar Rida¯ al-Rukaynı¯ and his unnamed son left a diary which was first ˙ ˙ published in an incomplete edition of the subsequently lost unique manuscript in the Shi ite journal Al- Irfa¯n in 1938 – 39.29 “The chronicle begun by the Shı¯¯ı farmer Haydar Rida¯ al-Rukaynı¯ (henceforth al-Rukaynı¯ Sr.) and completed by his unnamed ˙ ˙ ¯ mil in the years 1163/ son (henceforth al-Rukaynı¯ Jr.) records events in rural Jabal A 1749 to 1247/1832. While neither father nor son informs us exactly where they live in southern Lebanon, the events of the chronicle take place overwhelmingly in that region, and end with al-Rukaynı¯ Jr.’s migration to Damascus. This is the first con¯ mil, and the only chronicle in temporary chronicle in the Shı¯¯ı tradition of Jabal A Arabic-Islamic history known to have been written by farmers. These novel spheres are reflected in the content of the Rukaynı¯s’ chronicle: for example, the agri¯ milı¯ culturalists’ overriding concern with the weather, on the one hand; and the A Shı¯¯ı’s iteration of a strong sense of regional and communal identity on the other.”30 ˘

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28 On Ibn Budayr, another one of the chroniclers treated by Sajdi, cf. “Peripheral Visions,” 66– 80, and idem, “A Room of His Own: the ‘History’ of the Barber of Damascus,” MIT Electronic Journal of Middle East Studies 3 (2003): 19– 35. See also George Haddad, “The Interests of an Eighteenth Century Chronicler of Damascus,” Der Islam 38 (1963): 258 – 73, and Antonino Pellitteri, “Imagine Donna in Hawadith Dimashq al-Yawmiyya (1741– 1762) di Ahmad alBudayri al-Hallaq,” in Verse and the Fair Sex: Studies in Arabic Poetry and in the Representations of Women in Arabic Literature, ed; Frederick de Jong (Utrecht, 1993), 153 – 70. ¯ mil fı¯ Qarn, 1163– 1274 29 More recent editions based in part on the Irfa¯n printing, entitled Jabal A H/1749 – 1832 M, have been published by Ahmad Hutayt (Beirut, 1997) and Hasan Muhammad ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ Sa¯lih (Beirut, 1998). ˙ ˙ “Peripheral Visions,” 40– 41, 505. The Rukaynı¯s’ book is again one of the chronicles dealt 30 Sajdi, with by Sajdi, ibid., where the authors and their diary are introduced on pp. 125 – 39.

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V As stated above, our knowledge of the history of everyday life in medieval Muslim times is still in its beginnings, and this is even more evident if we widen the somewhat vague notion of “everyday life” to include mentality, “Lebensgefühl,” perceptions and emotions of the individual. It is true that some promising beginnings have been made, e. g., the study of Thomas Bauer on love (especially homosexual and homoerotic, and concentrating mainly—but not exclusively—on early Abbasid times)31 and three articles by Bernadette Martel-Thoumian on crime, suicide, illicit pleasure, and punishment in Mamluk times.32 For all these questions our diaries are one important source, but of course ample information can be found in other types of documentary evidence. Within the last few years historians with a focus on Europe have been occupied with similar sources and invented the technical term “ego documents.”33 Originally, this phrase was coined by the Dutch historians Jacques Presser and Rudolph Dekker in the 1950s. Their main field was the analysis of memoirs, travel stories, letters, and diaries. All of them had one thing in common: an author who reports in the first person “about his own behavior and feeling and about topics and events that concern him personally.” This approach was then picked up and developed further at a workshop organized by Winfried Schulze in 1992.34 The participants came to a comprehensive definition: All texts which can be typified as ego documents should have one thing in common: you should find in them rudimentary or explicit statements made by an individual about his perception of social phenomena like family, community, country, group or tribe or about his reflection on his relations with these societal systems and their changes. These statements should justify individual behavior,

31 Liebe und Liebesdichtung in der arabischen Welt des 9. und 10. Jahrhunderts (Wiesbaden, 1998). 32 “Voleurs et assassins — Damas et au Caire (fin IXe/XVe–d¦but Xe/XVIe siÀcle),” Annales islamologiques 35 (2001): 193– 240; “La mort volontaire: le traitement de suicide et du suicid¦ dans les chroniques mamloukes tardives,” Annales islamologiques 38 (2004): 405 – 35; and “Plaisirs illicites et ch–timents dans les sources mamloukes (fin IXe/XVe–d¦but Xe/XVe siÀcle),” Annales islamologiques 39 (2005): 275 – 323. 33 Andreas Rutz, “Ego-Dokumente oder Ich-Konstruktion? Selbstzeugnisse als Quellen zur Erforschung des frühneuzeitlichen Menschen,” zeitenblicke 1, 2 (2002) (7 March 2006). On the problem of the perception of the subject, see Stefan Elit, “‘Ich’ war einmal: Literaturwissenschaftliche Problemhorizonte bei Subjektivität in Texten,” ibid. (7 March 2005). After being declared dead some time ago, the author has now been resurrected: Rückkehr des Autors: Zur Erneuerung eines umstrittenen Begriffs, ed. Fotis Jannidis, Gerhard Lauer, Matias Martinez, and Simone Winko (Tübingen, 1999). 34 Winfried Schulze, “Ego-Dokumente: Annäherung an den Menschen in der Geschichte? Vorüberlegungen für die Tagung ‘EGO-DOKUMENTE,’” in Ego-Dokumente: Annäherung an den Menschen in der Geschichte, ed. Winfried Schulze (Berlin, 1996), 11– 30.

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Some Remarks

reveal fears, manifest values and norms, and reflect a personal conception of and an outlook upon life.35 This definition significantly broadens the scope of our sources. Now we have to take into consideration not only the above-mentioned autobiographical or semiautobiographical works but all texts in which information about an individual are given indirectly, i. e., non-intentionally and non-purposefully : wills, tax records, criminal case files, merchant and invoice books, interrogation protocols, photographs, or other documents of a non-literary character. For the first corpus, the so-called autobiographical genre, the term “Selbstzeugnisse” has been established.36 In a pathbreaking essay, Benigna von Krusenstjern comes to the conclusion that, on the one hand, “Selbstzeugnisse” include a “Selbstthematisierung durch ein explizites Selbst” and, on the other hand, they are “selbst verfasst, in der Regel auch selbst geschrieben (zumindest diktiert) sowie aus eigenem Antrieb, also ‘von sich aus,’ ‘von selbst’ entstanden.”37 Furthermore, she distinguishes four categories of “Selbstzeugnisse”:38 (1) “egocentric” reports in which the reference to the speaker is central and forms the greater part of the work; (2) texts, in which the speaker speaks about himself but also about his interests, emotions, and concerns. In the third category, material things (“die Anteile von Welt”) are the main theme of the narration. The world of the speaker has to stay in the background. The fourth variant hardly refers to the “Selbstzeugnisse” since there is no explicit individual speaking. Instead of a speaker we hear an implicit narrator, for example in the form of a chronicler. Today, ego documents, “Selbstzeugnisse,” and their categorization are well known among historians. They are a fertile field of research so that within the last fifteen years numerous monographs, collective volumes, and articles have been published.39 This phenomenon is closely connected with the historicalanthropological turn within the humanities which itself has been 35 Ibid., 28. 36 Benigna von Krusenstjern, “Was sind Selbstzeugnisse? Begriffskritische und quellenkundliche Überlegungen anhand von Beispielen aus dem 17. Jahrhundert,” Historische Anthropologie 2 (1994): 462 – 71. 37 Ibid., 463. 38 Ibid., 470. 39 Up to now, research on ego documents seems to have been a European field of study. By far the greater part of the literature is in German. Cf., for example, Benigna von Krusenstjern, Selbstzeugnisse der Zeit des Dreißigjährigen Krieges: Beschreibendes Verzeichnis (Berlin, 1997); Harald Tersch, Österreichische Selbstzeugnisse des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit (1400 – 1650) (Vienna, 1998); Das dargestellte Ich: Studien zu Selbstzeugnissen des späteren Mittelalters und der frühen Neuzeit, ed. Klaus Arnold, Sabine Schmolinsky, and Urs Martin Zahnd (Bochum, 1999); Das Strafgericht Gottes: Kriegserfahrungen und Religion im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nationen im Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges, ed. Matthias Asche (Münster, 2001); Von der dargestellten Person zum erinnerten Ich: Europäische Selbstzeugnisse als historische Quellen (1500– 1850), ed. Kaspar von Greyerz, Hans Medick, and Patrice Veit (Cologne, 2001).

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initiated by a concentration on micro-historical and “alltagsgeschichtliche” approaches.40 What we can see is a reconsideration of the (historical) individual and the epistemological circumstances of his socialization.41 The central questions can be: What did a premodern person think of faith, religion, sexuality, power, society? How did he experience war, violence, childhood, aging? What was his relationship to his own body? What can we say about his feelings and emotions?42 If Mamlukologists are going to work with categories like ego documents and “Selbstzeugnisse,” we obviously have to find new material. A number of different kinds of sources can be added to our diaries. By way of example, some works from the Mamluk era can be listed, such as memoirs: Ibn Iya¯s’ Bada¯’i al-Zuhu¯r; reports of ¯ ja¯’s (d. 881/1476) Ta¯rı¯kh al-Amı¯r Yashbak al-Za¯hirı¯;43 diplomatic missions: Ibn A ˙ autobiographies: Ibn Khaldu¯n’s (d. 808/1406) Kita¯b al-Ta rı¯f bi-Ibn Khaldu¯n waRihlatuhu Gharban wa-Sharqan,44 Ibn Tu¯lu¯n’s Al-Fulk al-Mashhu¯n fı¯ Ahwa¯l Mu˙ ˙ ˙ ˙ hammad Ibn Tu¯lu¯n,45 al-Suyu¯t¯ı’s (d. 911/1505) Al-Tahadduth bi-Ni mat Alla¯h;46 ˙ ˙ ˙ ˙ private letters;47 travel literature;48bid ah works;49waqfı¯ya¯t;50 and last but not least, 51 chronicles. ˘

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40 See Dirk van Laak, “Alltagsgeschichte,” in Neue Themen und Methoden der Geschichtswissenschaft, ed. Michael Maurer (Stuttgart, 2003), 14– 78; Hans Medick, “Quo vadis Historische Anthropologie? Geschichtsforschung zwischen Historischer Kulturwissenschaft und Mikro-Historie,” Historische Anthropologie 9 (2001): 78– 92; Alf Lüdtke, “Alltagsgeschichte, Mikro-Historie, historische Anthropologie,” in Geschichte: Ein Grundkurs, ed. Hans-Jürgen Goertz (Reinbek, 1998), 557 – 78; Alltagsgeschichte: Zur Rekonstruktion historischer Erfahrungen und Lebensweisen, ed. Hans-Jürgen Goertz (Frankfurt and New York, 1989); Sozialgeschichte, Alltagsgeschichte, Mikrohistorie, ed. Winfried Schulze (Göttingen, 1994). 41 Cf. Michael Maurer, “Historische Anthropologie,” in Neue Themen und Methoden der Geschichtswissenschaft, ed. Maurer, 294 – 387; Gert Dressel, Historische Anthropologie: Eine Einführung (Vienna, 1996); Richard van Dülmen, Historische Anthropologie: Entwicklung, Probleme, Aufgaben (Cologne, 2000). 42 On these topics, see also the articles in Islamwissenschaft als Kulturwissenschaft: Mentalitätsgeschichte: Ansätze und Möglichkeiten, ed. Stephan Conermann and Syrinx von Hees (Schenefeld, 2007). 43 On this text, see Stephan Conermann, “Ibn Agˇa¯s (st. 881/1476) ‘Ta’rı¯h al-Amı¯r Yasˇbak az˙ ˘ Zahirı¯’-Biographie, Autobiographie, Tagebuch oder Chronik?” in Die Mamluken: Studien zu ˙ ihrer Geschichte und Kultur: Zum Gedenken an Ulrich Haarmann (1942– 1999), ed. Stephan Conermann and Anja Pistor-Hatam (Schenefeld, 2003), 123 – 79. 44 Cairo, 1979. On Mamluk autobiographies, see Stephan Conermann, “Ibn Tu¯lu¯n (d. 955/1548): ˙ Life and Works,” Mamlu¯k Studies Review 8, no. 1 (2004): 115 – 40. 45 Damascus, 1929. 46 Ed. Elizabeth M. Sartain (Cambridge, 1975). 47 See, for example, al-Safadı¯’s (d. 764/1363) “Alha¯n al-Sawa¯ji min al-Na¯dı¯ wa-al-Ra¯ji ,” Berlin MS ˙ texts is Stephan Conermann, “Arabische Pri˙ to the analysis of such 8631. An introduction vatbriefe des 13./19. Jahrhunderts: Ego-Dokumente, Selbstzeugnisse und historisch-anthropologische Quelle,” in Ulrich Haarmann, Briefe aus der Wüste: Privatpapiere der in Gadamis ansässigen Yusˇa -Familie aus dem 19. Jahrhundert, aus dem Nachlass herausgegeben und eingeleitet von Stephan Conermann (Schenefeld, 2006), 1 – 40. 48 One could name al-Qa¯sim ibn Yu¯suf al-Tujı¯bı¯’s (d. 730/1329) Mustafa¯d al-Rihlah wa-al-Igh˙ ˘

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Some Remarks

It is no easy task for Mamlukologists to identify the world view, experiences, and emotions of individuals, because our sources are much scantier than their European counterparts. Nevertheless, we are convinced that we are in a good position for further studies in this field. To track down the independent and creative element of men and women during the Mamluk era seems to be a promising task. It would help to understand power as a form of social practice, and the constructed experience of the self, as well as the outlines of a self-image, can be one way to approach that notion. If the layers of the different discourses can be removed, it would be possible to reveal Mamluk individuals. In the last analysis, we would like to find new ways to describe the process of individualization in terms other than the common European ones.

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tira¯b, ed. Abd al-Ha¯fiz al-Mansu¯r (Tunis, 1981), and Abu¯ Hasan Alı¯ al-Qalsa¯dı¯ al-Andalusı¯’s (d. ˙ Both of them˙ spent a long time in ˙ Abu¯ al-Ajfa¯n (Tunis, 1985). 891/1486) Rihlah,˙ed. ˙Muhammad ˙ On Arabic travel literature, see now Ralf Elger, “Der Raum als ˙ pilgrimage. Egypt on their Zeichen göttlicher Macht und des Wirkens der Zeit im Libanon-Reisebericht al-Mana¯zil almaha¯siniyya fı¯ r-rihla at-Tara¯bulusiyya des Yahya¯ al-Maha¯sinı¯ (st. 1053/1643),” in Erzählter ˙ ˙ in Literaturen ˙ der ˙islamischen Welt, ed.˙ Roxane Haag-Higuchi Raum and Christian Szyska (Wiesbaden, 2001), 69 – 80; idem, “Adab and Historical Memory : The Andalusian Poet/Politician Ibn al-Khat¯ıb as Presented in Ahmad al-Maqqarı¯ (986/1577 – 1041/1632), Nafh at-t¯ıb,” ˙ ˙ 42 (2002): 289 – 306; ˙ ˙˙ Die Welt des Islams idem, “Selbstdarstellungen aus Bil–d ash-Sh–m: Überlegungen zur Innovation in der arabischen autobiographischen Literatur im 16. und 17. Jahrhundert,” in Eigene und fremde Frühe Neuzeit: Genese und Geltung eines Epochenbegriffs, ed. Renate Dürr, Gisela Engel, and Johannes Süßmann (Munich, 2003), 123 – 37; idem, “Individualität und Kulturkritik in arabisch-muslimischen Ego-Dokumenten, 15.–18. Jahrhundert,” Periplus (2003): 30– 50; and idem, “Narrheiten und Heldentaten: Die merkwürdigen Reisen des Mustaf– al-Lat„f„ (1602– 1711),” in Erkundung und Beschreibung der Welt: Zur ˙ ˙ und Länderberichte, ˙ Poetik der Reiseed. Xenja von Ertzdorff and Gerhard Giesemann (Amsterdam and New York, 2003), 267 – 87. 49 Typical works of this genre are al-Turkuma¯nı¯’s (fl. at the end of the eighth/fourteenth and at the beginning of the ninth/fifteenth century) Kita¯b al-Luma fı¯ al-Hawa¯dith wa-al-Bida , ed. Subhi ˙ Kita¯b al-Iqtida¯’ al-Sira a¯t alLabib (Cairo and Wiesbaden, 1986), Ibn Taymı¯yah’s (d. 728/1328) ˙ and˙Ibn Mustaqı¯m Mukha¯lafat Asha¯b al-Jah¯ım, ed. Muhammad al-Ha¯mid al-Fiqı¯ (Cairo,˙ 1950), ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ al-Ha¯jj’s (d. 737/1336) Al-Madkhal (Cairo, 1929). 50 For˙ an overview of this material, see Stephan Conermann and Lucian Reinfandt, “Anmerkungen zu einer mamlukischen waqf-Urkunde aus dem 9/15. Jahrhundert,” in Die Mamluken, ed. Conermann and Pistor-Hatam, 179– 238, esp. 179 – 90. 51 Konrad Hirschler, in his Medieval Arabic Historiography: Authors as Actors (London, 2006), presents a fresh and original theoretical approach to Ayyubid/Mamluk historiography. ˘

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Tankiz ibn Abd Alla¯h al-Husa¯mı¯ al-Na¯sirı¯ (d. 740/1340) * ˙ as Seen by His Contemporary al-Safadı˙¯ (d. 764/1363) ˙

Introduction Many take Hayden White’s “theory of narrativity” to be the beginning of a “change of paradigm,” in the sense of Thomas Kuhn, that indicated the bankruptcy of mechanistic and organic models of truth and explanation. Historians could no longer believe in explanatory systems and monolithic visions of history.1 From now on, they would prefer the formist or contextualist form of argument, which is more modest and fragmentary. It is thanks to “narrativity” that historians were reminded of their cognitive limits, which had been neglected by positivism and other historiographical trends, and it is thanks to White, and to his Metahistory in particular, that they were reminded of the importance of their medium, language, and of their dependence on the linguistic universe. With the appearance of White’s much-disputed book, the exclusively interlinguistic debate on the so called “linguistic turn” gained ground among historians. The literary theory which has been developed by Ferdinand de Saussure, Roland Barthes, and Mary Louise Pratt points out that history possesses neither an inherent unity nor an inherent coherence. Every understanding of history is a construct formed by linguistic means. The fact that a human being does not have a homogeneous personality without inherently profound contradictions leads to the inescapable conclusion that every text, as a product of the human imagination, must be read and interpreted in manifold ways: behind its reading and interpretation there is an unequivocal or unambiguous intention. In * Erstpublikation in: Mamlu¯k Studies Review 12/2 (2008), S. 1 – 24. 1 For references and bibliographic details, see Stephan Conermann, “Einige allgemeine Überlegungen zum vormodernen ‘Historischen Denken’ der Araber,” Orientalistische Literaturzeitung 93, no. 2 (1998): 141 – 158; idem, Historiographie als Sinnstiftung: Indo-persische Geschichtsschreibung während der Mogulzeit (932 – 1118/1526 – 1707) (Wiesbaden, 2002), 1 – 33; and idem, Die muslimische Sicht (13.–18. Jahrhundert), vol. 2 of Geschichtsdenken der Kulturen: Eine kommentierte Dokumentation, ed. Jörn Rüsen and Sebastian Manhart (Frankfurt, 2002), 15 – 25.

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addition to this, Michel Foucault and Jacques Derrida have referred to the political implications of language and to the hierarchy of power that is expressed by it. The contradictions of human life force the reader to deconstruct every text to lay open its ideological elements. Reality is not transported or mediated but constructed by language and discourse. Language may no longer be seen simply as an “innocent” medium, relatively or potentially transparent, for the representation or expression of a reality outside of itself. The “linguistic turn” has drawn the attention of historians to the important fact that the line between fact and fiction is no Iron Curtain. The single text is a web woven of “threads of discourses,” which penetrate into it from the outside and which the scholar must unravel. Whoever composes a historical narrative approaches elements of the past as objects of historiography through the medium of the language which he employs.2 The way in which a writer, chronicler, or historiographer makes use of the linguistic categories and of the “literary canons” underlying every representation of history is decisive for the manner in which the past is told and construed in his text. Although there might be a strong will to find the truth and to put things – epistemologically speaking – into the right light, historiography cannot, as most of the older “Quellenkunde” suggest, free the sources from their inherent subjectivity, so that we can, somehow, examine the object as though through the objective medium of a clear magnifying glass. On the contrary, subjectivity stands for the fact that historiography, as a created and organized product of the imagination, is the work of a fallible individual and therefore necessarily reflects the attitude of the chronicler toward his object. The individual intention is embedded in mind sets or mentalities that depend as much on the personal situation of the author as on the overall political, local, material, or social conditions. One of the basic attitudes is surely the conviction that it is important to call attention to one single event or the whole past. In many cases, a writer has it in mind to show his contemporaries and all future generations the evil of past deeds as a caution and the goodness of others as exemplary actions that should be followed by everyone. This pattern is based on the second mind set which is typical for medieval historiography : history is the history of the human being that has been created by God. It is finite and embedded in God’s will, which is recognized in revelation and which represents the normative values by which all human behavior is judged. In analyzing what medieval Muslim historiography has produced, one might point out that its most important principle is didacticism, according to which

2 For a good introduction, see Elizabeth A. Clark, History, Theory, Text: Historians and the Linguistic Turn (Cambridge, MA, 2004).

Introduction

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accuracy as to “fact” was much less important than validity as to life vision.3 “Facts” often served as the raw material of problem solving, or at least of problem raising. Accordingly, historians did not argue from the particular to the general patterns. Since Muslim historiographers pursued the goal of showing the ideal nature of the Islamic community in all its manifestations, in the chronicles the gap between the ideal and the real is especially apparent. The explosive potential of historical writing lay in its ability to depict this gap, to reveal that whatever could be learned about elusive “historical reality” could contradict the ideals of the very pattern into which it was being pressed. Thus, on the one hand there is created in a chronicle a canonical picture of the world and a conventional portrayal of historical figures, while on the other hand, a chronicle is necessarily a compendium of original facts which are to a certain degree capable of destroying the ideal. Historiography played an important role in the politics of a traditional society dependent, as was medieval society, upon the past for legitimacy. It is only by appreciating how deeply this attitude of piety towards the past ran in medieval Muslim society that we can begin to understand the use made of history. It is not a question of the mindless repetition of tradition, of an inability to innovate or create, but of a compelling necessity to find in the past the means to explain and legitimize every deviation from tradition. In such a society, every deliberate modification of an existing type of activity must be based on a study of individual precedents. Every plan for the future is dependent on the pattern found in the past. What is important here is to recognize the fruitfulness of the medieval approach to the past. Medieval Muslim chroniclers often see the past as a school of moral instruction, a storehouse of examples of good and evil conduct which illuminate principles of behavior and teach men how to live. By their very adherence to the theory of the exemplary nature of history, Muslim chroniclers expressed the belief that history had a moral and political utility beyond mere description of past deeds. One result of this approach to history was a willingness to reduce the complexity of human experience into stereotypes according to “literary canons” which could be utilized easily to make a moral point. To explain these “literary canons,” it is useful to consider the method of literary criticism applied by the historian Dimitrii˘ Likhachev to medieval Russian chronicles. Likhachev argues that the analysis of various stylistic phenomena in medieval literature should be based on distinctions between “literary clich¦” (literaturnoe klisˇe) and “literary canon” (literaturnyj kanon) – a dis3 An overview of studies on Mamluk historiography is given by Li Guo, “Mamluk Historiographic Studies: The State of the Art,” Mamlu¯k Studies Review 1 (1997): 15 – 44. An excellent study on Ibn Wardı¯’s (d. 749/1349) chronicle is Konrad Hirschler, Medieval Arabic Historiography : Authors as Actors (London, 2006). See also Sami G. Massoud, The Chronicles and Annalistic Sources of the Early Mamluk Circassian Period (Leiden, 2007).

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tinction for which he provides the following picturesque elucidation: “The same suit may be worn day after day. This will only make it soiled by wear but will not transform it into a formal outfit. A formal outfit, on the other hand, is worn only on those occasions when etiquette requires it. The shiny, threadbare suit represents literary clich¦ while the splendid formal attire which always has the same shape and appearance and is worn on the appropriate occasions represents literary canon. The author is the master of ceremonies who creates a gala procession. And we witness a festival, not the week-days of routine.”4 While the medieval Muslim historian may have lacked a specifically modern sense of causation, he nevertheless operated from a set of assumptions about the relationship between past events and present reality which, for him, functioned much as modern theories of causality do for us. In order to understand this, it is necessary to return to the use of exempla and reinterpret their possible function in medieval historiography. By means of interpretation within “literary canon,” the significance of the past is reaffirmed for the present: the past becomes a prophecy of the future and is predeterminant in the sense that its very existence determines the shape and interpretation of what comes later. With the aid of such “literary canons,” the chroniclers could use past figures and events as explanations and modes of legitimizing present political life. In the year 1969, at a time when the term “linguistic turn” became popular with the anthology The Linguistic Turn: Essays in Philosophical Method which the philosopher Richard Rorty edited in 1967, Ulrich Haarmann wrote in his Ph.D. thesis about a process of Literarisierung taking place in Arabic historiography during the last centuries of the Middle Ages.5 Without knowing the philosophical debates on language as constructing reality, Haarmann shows in his study that Mamluk chronicles are in general works of fiction as much as of history. In my opinion, Mamlukologists should pursue this train of thought. By analyzing the biography which the scholar and historian al-Safadı¯ (d. 764/1363) ˙ wrote about the amir Tankiz ibn Abd Alla¯h al-Husa¯mı¯ (d. 740/1340), I would like ˙ to draw our attention again to this remarkable approach.

4 Dmitrij Sergeevich Likhachev, Poe˙tika drevnerusskoi˘ literatury, 2nd ed. (Leningrad, 1971), 139. 5 Ulrich Haarmann, Quellenstudien zur frühen Mamlukenzeit (Freiburg, 1969). On the discussion about Haarmann’s hypothesis that there was a trend deviating from the classic medieval Islamic standard in Mamluk historical writing, see Guo, “Mamluk Historiographic Studies,” 33 – 43.

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“Facts” about Tankiz

“Facts” about Tankiz ˘

Tankiz ibn Abd Alla¯h al-Husa¯mı¯ al-Na¯sirı¯ Amı¯r Sayf al-Dı¯n (d. 740/1340) was ˙ ˙ governor of the province of Damascus (712 – 40/1312 – 40) during the third reign of the Mamluk sultan al-Na¯sir Muhammad ibn Qala¯wu¯n (709 – 41/1310 – 41).6 ˙ ˙ Tankiz, whose name is an Arabic transcription of Old Turkish teniz, “sea, ocean,” was bought, as a young man, by a certain al-Khwa¯jah Ala¯’ al-Dı¯n alSı¯wa¯sı¯. He was brought to Egypt, where he was eventually purchased by the future sultan Husa¯m al-Dı¯n La¯jı¯n. After La¯jı¯n’s violent death in 698/1299 Tankiz ˙ became one of the bodyguards (kha¯ssakı¯yah) of Sultan al-Na¯sir. In al-Na¯sir’s ˙˙ ˙ ˙ service he distinguished himself in several battles with Mongol forces. Before the sultan went into exile to al-Karak 708/1308 – 9, he raised him to the rank of amı¯r asharah. From al-Karak, Tankiz was sent to Syria on some dangerous missions, and, because of the skill with which he fulfilled these tasks, al-Na¯sir appointed ˙ him na¯’ib al-saltanah of Damascus when he himself took over the Mamluk ˙ sultanate for the third time. In Rabı¯ II 712/August 1312 Tankiz arrived at his new headquarters. Although some chroniclers claim that Tankiz suffered from hallucinations, that he had a mean and weak character, and that his punishments were sometimes unnecessarily cruel,7 he was respected by the population because of his strong sense of justice. During his governorship, Tankiz maintained a strong personal relationship with the sultan so that he became extremely powerful: in 712/1312 al-Na¯sir gave orders to all governors of Syria not to contact him directly ˙ anymore but to send every message via Tankiz. With this appointment to the niya¯bah of al- Sha¯m in 714/1314, Tankiz finally controlled all nuwwa¯b of the Syrian provinces. Almost every other year he travelled to Egypt to meet with alNa¯sir, who normally received him with great honor and bestowed precious gifts ˙ on him. In 730/1331, al-Na¯sir raised Tankiz’ son Alı¯ to the amirate and even ˙ welcomed the promotion of Tankiz’ two other sons, Muhammad and Ahmad, as ˙ ˙ being useful for his own aims.8 When in 737/1336 Tankiz came to the royal court for the wedding of al-Na¯sir’s son to the daughter of Amı¯r Tuquzdamur, the sultan ˙ ˙ ˘

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6 This is an extended version of my article on Tankiz in the Encyclopaedia of Islam, 2nd ed., 10:185 – 86. For good biographies of Tankiz, see Ellen Kenney, “Power and Patronage in Mamluk Syria: The Architecture and Urban Works of Tankiz al-Nasiri (1312 – 1340)” (Ph.D. diss., New York University, 2004), 19 – 32 and 396 – 403; and Haya¯t Na¯sir al-Hajjı¯, Al-Amı¯r Tankiz al-Husa¯mı¯ – Na¯ ib al-Sha¯m fı¯ Fitrat 712 – 741/1312 – 1340˙ (Kuwait˙ City, ˙1980). 7 Khalı¯l ibn ˙Aybak al-Safadı¯, Kita¯b al-Wa¯fı¯ bi-al-Wafaya¯t, vol. 10, ed. Ali Amara and Jacqueline ˙ Sublet (Wiesbaden, 1980), 424; Umar ibn al-Muzaffar ibn al-Wardı¯, Tatimmat al-Mukhtasar fı¯ ˙ Akhba¯r al-Bashar, ed. Ahmad Rif at al-Badra¯wı¯ ˙(Beirut, 1970), 2:466 ff. ˙ Levanoni, A Turning Point in Mamluk History : The Third Reign of 8 For references see Amalia al-Nasir Muhammad Ibn Qalawun (1310 – 1341) (Leiden, 1995), 48, n. 95. ˘

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greeted him like a ruler of his own rank.9 The climax of this kingly favor was reached with the honors that were granted to Tankiz during a visit on the occasion of his daughter’s confinement, as she was married to al-Na¯sir. In the ˙ course of his meeting, the sultan also arranged the marriage between two of his 10 daughters and the sons of his highly esteemed governor. During his governorship Tankiz also distinguished himself as an able commander-in-chief. At the end of the year 715/1315, the sultan sent several regiments from Egypt to Syria to join the Syrian troops and attack Malatya, a town that was allied with the Mongols. He entrusted Tankiz with the supreme command, and Tankiz succeeded not only in taking the town but also in accomplishing some effective raids on the neighboring areas of Lesser Armenia.11 The rapid expansion of the Mamluk capital under Sultan al-Na¯sir was fol˙ lowed by repercussions throughout the whole kingdom. The provincial governors displayed a remarkable building activity.12 This is especially true of Tankiz, whose reconstructions and foundations changed the landscape of Damascus. Besides nine public bath houses and a large expansion of the communications network, he was responsible for the building of an impressive mosque that was named after him, for the extensive restoration of the Great Mosque, and for the rebuilding of the Da¯r al-Dhahab, which became his residence. In addition one should also mention the mausoleum of Sitt Sitı¯tah, a double construction consisting of a mausoleum and a riba¯t for women that was built for his wife Sitı¯tah ˙ bint Amı¯r Ku¯kba¯y al- Mansu¯rı¯ posthumously in Dhu¯ al-Hijjah 730/Septem˙ ˙ ber–October 1330.13 Over the course of time the wealth and authority of Tankiz steadily increased, so that the amirs at the court of Sultan al-Na¯sir began to fear ˙ his immense power. Tankiz even thought himself powerful enough to undermine the sultan’s authority. For example, he sent back one of the envoys of Aratna¯, the ruler of al-Ru¯m, when he arrived in Damascus with a message for the sultan. The insulted Aratna¯ complained to al-Na¯sir and demanded that he rebuke Tankiz for ˙ his improper behavior. Although the sultan kept the affair to himself, his ire rose

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9 See Mu¯s‚ ibn Muhammad al-Yu¯sufı¯, Nuzhat al-Na¯zir fı¯ Sı¯rat al-Na¯sir, ed. Ahmad Hutayt ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ (Beirut 1986), 363 ˙– 64. 10 See Shams al-Dı¯n al-Shuja¯ ¯ı, Ta¯rı¯kh al-Malik al-Na¯sir Muhammad ibn Qala¯wu¯n al-Sa¯lih¯ı wa˙ ˙ – 85), 42 ff. (Arabic text), ˙ ˙ 63 ff. Awla¯dihı¯, ed. and trans. Barbara Schäfer (Wiesbaden, 1977 (German trans.). 11 See Abu¯ al-Fida¯’ Isma¯ ¯ıl ibn Alı¯, Al-Mukhtasar fı¯ Ta¯rı¯kh al-Bashar (Cairo, 190 – 8), 4:74 – 76; P. M. Holt, The Memoirs of a Syrian Prince ˙(Wiesbaden, 1983), 67 ff. 12 Cf. Kenney, “Power and Patronage,” and idem, “A Mamluk Monument “Restored”: The Da¯r al- Qur’a¯n wa-al-Hadı¯th of Tankiz al-Na¯sirı¯ in Damascus,” Mamlu¯k Studies Review 11, no. 1 ˙ (2007): 85 – 118. ˙ 13 See Isma¯ ¯ıl ibn Umar Ibn Kathı¯r, Al-Bida¯yah wa-al-Niha¯yah fı¯ al-Ta¯rı¯kh (Cairo, 1932 – 39), 14:151; Abd al-Qa¯dir ibn Muhammad al-Nu aymı¯, Al-Da¯ris fı¯ Ta¯rı¯kh al-Mada¯ris, ed. Ja far al˙ 2:274 – 75. Hasanı¯ (Damascus, 1948 – 51), ˙ ˘

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The Story

when he sometime later learned that Tankiz had put one of the sultan’s mamluks in prison and refused the ruler’s request to release him.14 In addition to this, Tankiz once again incurred the anger of the sultan when in 739/1340 he not only held back the taxes levied from Damascene Christians who had been accused of arson in the provincial capital but also punished them with inappropriate cruelty. As a result, the relations between the sultan, who was suspicious by nature, and his na¯’ib al-saltanah in Syria worsened even more, if one can trust al˙ Maqrı¯zı¯, who reports on Tankiz’ intention to overthrow al-Na¯sir.15 ˙ When the sultan informed Tankiz of his decision to send some of his amirs, including Sayf al-Dı¯n Bashta¯k, together with 350 of his mamluks to Damascus in order to accompany his two sons to their promised wives, Tankiz tried with sundry excuses to prevent them from coming. It seems that he now for his part mistrusted the sultan and had a strong suspicion that the real aim of this visit was his incarceration. His suspicions proved to be right, as al-Na¯sir did eventually ˙ give the order for his arrest. On 23 Dhu¯ al-Hijjah 740/21 June 1340, Tankiz was ˙ put into prison by Amı¯r Sayf al-Dı¯n Tashtamur, the governor of Safad. He was ˙ ˙ brought to Cairo in chains and later to Alexandria, where he was imprisoned and finally, on Dhu¯ al-Hijjah 740/May–June 1340 or Muharram 741/June–July 1340, ˙ ˙ executed. His fortune and properties were confiscated and distributed among various highranking amirs. Two years after the death of Sultan al-Na¯sir (he died ˙ in 741/1341), Tankiz was buried in his mausoleum in Damascus.

The Story The philologist, literary critic, litterateur, biographer, and all-around humanist Sala¯h al-Dı¯n Khalı¯l ibn Aybak al-Safadı¯ (696 – 764/1297 – 1363),16 who served ˙ ˙ ˙ Tankiz as a chancery secretary in the dı¯wa¯n al-insha¯’ from 731/1331 onward, writes of him in his Kita¯b al-Wa¯fı¯ bi-al-Wafaya¯t:17 ˘

14 See Mufaddal ibn Abı¯ al-Fada¯’il, Al-Nahj al-Sadı¯d wa-al-Durr al-Farı¯d fı¯ma¯ ba da Ta¯rı¯kh Ibn ˙ and trans. Samira ˙ al- Amı¯d,˙ ed. Kortantamer (Freiburg, 1973), 92 – 93 (Arabic text), 239 – 41 (German trans.). 15 See Ahmad ibn Alı¯ al-Maqrı¯zı¯, Kita¯b al-Sulu¯k li-Ma rifat Duwal al-Mulu¯k, ed. Mustaf‚ ˙ and Sa ¯ıd Abd al-Fatta¯h A ˙˙ ¯ shu¯r (Cairo, 1930 – 73), 2:509. Ziya¯dah ˙ 16 On him, see F. Rosenthal, “al-Safadı¯,” EI2, 8:759 – 60; Josef Van Ess, “Safadı¯-Splitter,” Der ˙ ¯ as Biographer of Islam 53 (1976): 242 – 66 and 54˙ (1977): 77 – 108; Donald P. Little, “Al-Safadı ˙ his Contemporaries,” in Essays on Islamic Civilization Presented to Niyazi Berkes, ed. idem (Leiden, 1976), 190 – 210, esp. 206 – 10. 17 Al-Safadı¯, Wa¯fı¯, 10:420 – 43. The text has been translated into German by Susanna Fischer in her˙M.A. thesis, “Ägypten und Syrien in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts: Vier ausgewählte Sultans- und Emirsviten aus dem biographischen Wörterbuch as-Safadı¯s (Übersetzung und Kommentar)” (University of Freiburg in Breisgau, 1991), 35 – ˙47.˙ ˘

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Tankiz, the great and formidable amir Sayf al-Dı¯n Abu¯ Sa ¯ıd, the viceroy of Syria. He was brought to Egypt as a boy and grew up there. He had a light olive complexion, was lean of physique, and had beautiful, slightly grey hair and a slow growth of beard. He was of handsome build. It was al-Khwa¯jah Ala¯’ al-Dı¯n al-Sı¯wa¯sı¯ who brought him and from whom the amir Husa¯m al-Dı¯n La¯jı¯n bought him. When La¯jı¯n was murdered ˙ during his reign, he became one of the sultan [al-Malik al-Na¯sir]’s bodyguards. He ˙ fought with him in the battle of Wa¯dı¯ al-Khazinda¯r and at Shaqhab. The judge Shiha¯b ˙ al-Dı¯n ibn al-Qaysara¯nı¯ told me [the following], saying: “One day he told me he and the amir Sayf al-Dı¯n Tayna¯l belonged to the mamluks of Malik al-Ashraf.” He frequently ˙ ¯ tha¯r listened to Bukha¯rı¯’s Sah¯ıh [read] by Ibn al-Shihnah,18 to al-Taha¯wı¯’s19 work Al-A ˙20 ˙¯ ˙ ˙ ˙ and Muslim’s Sah¯ıh ; he listened to [readings by] Is‚ al-Mut im and Abu¯ Bakr ibn Abd ˙ ˙ ˙ ˙ al-Da¯yim,21 studying the science of hadith. Al-Maqrı¯zı¯ [i.e., Shaykh Muhyı¯ al-Dı¯n Abd ˙ al-Qa¯dir ibn Muhammad ibn Ibra¯hı¯m ibn Tamı¯m al-Maqrı¯zı¯ al-Hanbalı¯,22 the grand˙ ˙ father of Abu¯ Alı¯ ibn Abd al-Qa¯dir’s father] read to him Bukha¯rı¯’s Thula¯thı¯ya¯t in the city of the Prophet [Medina]. Sultan al-Malik al-Na¯sir made him the amir of ten ˙ mamluks before going to al-Karak. He had left his iqta¯ in the care of the amir Sa¯rim al˙ ˙ Dı¯n Sa¯ru¯ga¯ al-Muzaffarı¯.23 He [i.e., the sultan] was an aga to him [i.e., Tankiz], as the ˙ ˙ Turks would say. When he [i.e., the sultan] went to al-Karak, he was in the sultan’s service. Once he sent him as a messenger to al-Afram in Damascus, who suspected him of carrying letters to the amirs of Syria with him. He [i.e., al- Afram] became very afraid of him. He was searched and threatened with punishment. When he returned to the sultan, he gave himnews about this, and the sultan said to him: “When I assume power again, you will be governor of Damascus.” When he came back from al-Karak, he installed the amir Sayf al-Dı¯n Arghu¯n al-Dawa¯da¯r as viceroy of Egypt after capturing alJu¯kanda¯r al-Kabı¯r and he said to Tankiz and Su¯dı¯: “Be with Arghu¯n every day and learn from him to perform the duties of a governor and [also learn] the rules.” They did so assiduously for a year. When they had gained experience, he sent Sayf al-Dı¯n Su¯dı¯ as governor to Aleppo and Sayf al-Dı¯n Tankiz as governor to Damascus. He, al-Ha¯jj Sayf ˙ al-Dı¯n Ariqta¯y,24 and the amir Husa¯m al-Dı¯n Turunta¯y al-Bashmaqda¯r25 came [to ˙ ˙ ˙ Damascus] using the messenger route. They arrived there in the month of Rabı¯ II 712/ [August 1312]. He was a good governor. He led the troops to Malatya and conquered it. His reputation was great; the amirs and governors in Damascus treated him with reverence and the subjects felt safe under his rule. For fear of him, because of his scrupulousness and his severe punishments, neither an amir nor a man of high degree could oppress anybody, whether it was a dhimmı¯ or another. He constantly rose in rank ˘

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18 Shiha¯b al-Dı¯n Abu¯ al- Abba¯s Ahmad ibn Ni mah, called Ibn al-Shihnah, d. 730/1313. Gaston ˙ Safi (Cairo, 1932), 46. ˙ Wiet, Les biographies du Manhal 19 On him, see Norman Calder, “al-Taha¯wı¯,” EI2, 10:101 – 2. ˙ al-Ka¯minah fı¯ A ya¯n al-Mi’ah al-Tha¯minah, ed. Mu20 Cf. Ibn Hajar al- Asqala¯nı¯, Al-Durar ˙ hammadSayyid Ja¯d al-Haqq (Hyderabad, 1966), 2:56. ˙ ˙ 21 Ibid. 22 Died 732/1332. Cf. Wiet, Les biographies, 210. 23 Died 743/1343. Cf. ibid., 171. 24 He successively held the offices of governor of Safad, Tripoli, and Aleppo, viceroy of Egypt, governor of Aleppo, and Damascus; he died in ˙750/1349 aged 80. Cf. ibid., 54. 25 Died 748/1347. Cf. ibid., 176. ˘

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which doubled his iqta¯ , his presents, and his income in horses, fabric, birds, and birds ˙ ¯ lı¯ alof prey, so that he was given the title of A azz Alla¯h Ansa¯r al-Maqarr al-Karı¯m al- A ˙ ¯ bidı¯. He was called Amı¯rı¯, and among his courtesy titles was al-Ata¯bikı¯ al-Za¯hidı¯ al- A ¯ lamı¯n. And it was not known Mu izz al-Isla¯m waal-Muslimı¯n, Sayyid al-Umara¯’ fı¯ al- A to us that letters of a sultan can also be written by a governor or by someone who is not governor but has a different function or position. The sultan hardly took any steps without sending for and consulting with him. ˘

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Rarely was he denied a request he addressed to the sultan. Whatever he decided concerning the appointment of an amir, a governor, an official or a judge, the bestowal of an iqta¯ , and so forth, the sovereign’s approving signature would be given forthwith. ˙ Neither I nor any other man has ever heard of him giving someone an iqta¯ , the position ˙ of an amir, or any other office, whether important or unimportant, and accepting a bribe for it. He was incorruptible and virtuous. ˘

Sharaf al-Dı¯n al-Nashw told me: “What he was given as a present by the sultan in the year 733/[1332 – 33] added up to 1,050,000 dirhams in addition to the horses and saddles which he was [also] given, the money in cash, the yield of the crops, and the small livestock which he owned in Syria. Then I saw documents in his hand which showed his expenses. These were 23 registers of what he needed during his sovereignty. They included two falcon-drums made of pure gold that weighed 1,000 matha¯qı¯l, as well as the dusty long-sleeved gown which he was wearing.” At length al-Nashw told me: “It [i.e., the gown] was valued for the sultan at 2,000 or 1,500 Egyptian dinars.” After that he betook himself [to the sultan] four times, I think, and every time the presents he received were doubled. His power and his reputation increased until the Egyptian amirs who were the [sultan’s] bodyguards dreaded him. The amir Sayf al-Dı¯n Qurmushı¯ (see footnote 10) al-Ha¯jib told me that the sultan had said to him: “O ˙ Qurmushı¯, for 30 years I have been trying to make people understand what I want to do for the amir, and [yet] they haven’t understood what I mean with that. The code of sovereignty keeps me from saying myself that I will not do anything for anyone unless it is on his request or intercession,” and he wished him [i.e., Tankiz] a long life. This reached his ears, and he said: “For the sultan’s life I will die.” When the amir Sayf al-Dı¯n Qurmushı¯ communicated this to the sultan he said to him: “Tell him, if he lives longer than me, then he will be of use for my children, wives, and relatives; if he dies before I do, what should I do with his children? They can’t become anything higher than amirs, which they already are now, during his lifetime.” This is about how he spoke. He introduced something we haven’t heard of anyone before, for he had a secretary who didn’t have any other business than to calculate the wealth which he [i.e., Tankiz] gained and that which he actually possessed. When the year came to an end, he compiled documents about the zaka¯t he [i.e., Tankiz] had to pay. He ordered that [the money] should be taken and given to those who were rightfully entitled to it. His capital and his private property increased. He built the mosque in Hikr al-Summa¯q ˙ in Damascus which was named after him. Next to it he built a tomb and a bath. He built a tomb for his wife next to al-Khawa¯s¯ın and a madrasah next to his house, the Da¯r al˙

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Dhahab. In Jerusalem he built a caravansary ; he renewed Jerusalem, supplied [the city with] water and diverted it to the Haram district right towards the doors of the Aqs‚ ˙ ˙ Mosque. He built two bathhouses there and an extraordinarily beautiful covered bazaar. In Safad he built the hospital which was named after him and renewed the canals ˙ in Damascus because their water had changed. He renovated mosques and madrasahs, broadened the paths there [i.e., in Damascus] and took care of issues [regarding the city]. He owned edifices, buildings, and properties all over Syria.

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He was not devious and did not hide anything. He would not let anything pass and would not allow any injustice. Neither did he flatter the amirs nor did he pay any special attention to them. In his time people’s properties and employment were safe. Each year he went hunting near the Euphrates with his troops. On some of his travels he crossed the Euphrates and stayed on the other side for five days, hunting. The people fled from him into the cities of Tabriz and Sulta¯nı¯yah, as well as to the cities of Ma¯rdı¯n und Sı¯s. His ˙ only aims were justice and its promotion, and to foster the application of the shari ah. However, he suffered from a hallucination [clouding of the mind], which made him imagine things that were not real, but of which he was absolutely certain. Awestruck, nobody was able to open his eyes and tell him the truth about what he was doing, [even though] it was the cause of several people’s deaths. When he was angry he could neither approve nor forgive. When he turned to violence he was immoderately cruel.26 Even if the offence was inconsiderable and of little account, he magnified and exalted it and inflated it more and more, exceeding all limits. I saw the following things in His Excellency : mostly, when he was seized by a fury against someone, this person would become so weak and miserable that he died. The judge Sharaf al-Dı¯n Abu¯ Bakr ibn al-Shiha¯b Mahmu¯d said: “By God, I was constantly ˙ worrying and afraid; I always expected something like this,” until [eventually] he was arrested and died.

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When he was infuriated with someone he would not forgive him. Qiwa¯m al-Dı¯n Ahmad ˙ ibn Abı¯ al-Fawa¯ris al-Baghda¯dı¯ told me [the following]: “Once I said to him: ‘By God, O master, I have seen greater personalities and wealthier people than you.’ When he heard these words, he got into a fury and said to me angrily : ‘Whom have you seen that was greater and wealthier than me?’ At this I said to him: ‘Kharbanda¯,27 Ju¯ba¯n,28 und Abu¯ Sa ¯ıd.’29When he heard that, his fury abated. Then I said to him: ‘But [their] subjects did not love them as [yours love you], and they did not wish them any good, as your subjects wish for you. Their subjects did not live in this safety and justice.’ At this he said to me: ‘What joy could a sovereign have, whose subjects are not safe and sound?’” About his love for justice [I can report the following]: One day one of his closest confidants, whose name I have forgotten, had a meal with him. He [i.e., Tankiz] looked

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26 An allusion to Quran 26:130. 27 The person meant is Khuda¯banda¯, Qa¯za¯n’s brother. 28 Great Mongolian amir under Ulja¯ytu¯ and Abu¯ Sa ¯ıd. He was Abu¯ Sa ¯ıd’s deputy and son-inlaw. Cf. Samira Kortantamer, Ägypten und Syrien zwischen 1317 und 1341 in der Chronik des Mufaddal b. Abı¯ l-Fada¯’il (Freiburg, 1973), 61. 29 Ninth˙ ˙sovereign of ˙the Ilkhanate (704 – 36/1305 – 35), ruled 716 – 36/1316 – 35. Cf. Paul Jackson, “Abu¯ Sa ¯ıd,” Encyclopaedia Iranica, 1: 374 – 77. ˘

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The Story

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at his bandaged finger and asked for the reason, but the man did not want to name it. However, he did not leave him any peace until he finally said: “O master, a bowyer tried to make an arch three times [without succeeding]. He made me angry and I hit him with my fist.” When he heard what the man was saying, he turned away from his food and said: “Raise him.” Then he hurled him to the ground and gave him the cane 400 times, as it is said. He stripped him of his iqta¯ and was angry with him for years, until ˙ someone put in a good word for him. Then he showed himself favorable to him again. Years after Tankiz’s death, his secretary Na¯sir al-Dı¯n Muhammad ibn Ku¯ndak told me: ˙ ˙ “By God, during the time I was in his service I have never seen him inattentive. I always saw him as if he stood in front of God, the Sublime. At nighttime he only prayed with am fresh ritual washing,” so he said. The Shaykh Hasan ibn Damurta¯sh30 was vexed with him [i.e., Tankiz] and dreaded him. ˙ It is said that he defamed him in front of the sultan and said to him: “He wanted to come to me and conspire against you.” After this the sultan acted unapproachably [towards Tankiz]. This happened [just] when the amir Sayf al-Dı¯n Bashta¯k, Sayf al-Dı¯n Yalbugha¯ al-Yahyawı¯,31 as well as twenty amirs from the [sovereign’s] bodyguard were planning ˙ on coming to Damascus with two of the daughters of the sultan of Egypt, to marry them off to the two sons of the amir Sayf al-Dı¯n Tankiz. Thereupon [Tankiz] sent the following [message to the sultan]: “O master, what is the use of those noble amirs coming to Damascus? The coast lands are barren this year, [and] high expenses for the army are necessary. I will come to [your] palace together with my sons and the wedding will take place there.” At this, [the sultan] sent the amir Sayf al-Dı¯n Ta¯ja¯r al-Dawa¯da¯r32 to him, who told him: ˙ “The sultan is sending you his regards and says he is not asking you to come to Egypt anymore; also he is not sending you a noble amir any more, so you do not need to worry.” Thereupon he said: “I will go to him with you and my sons.” The other said to him: “If you arrived in Bilbays he would send you back. I want to spare you this sorrow. In eight days I will presents.” With these words he convinced him. Had he gone to see the sultan it would have been better for him, but God decides what will be executed.33 In those times the inhabitants of Damascus had spread the rumor that he had decided to go to the country of the Mongols. This gossip came to the ears of Ta¯ja¯r al-Dawa¯da¯r. ˙ Tankiz had treated him in an indecorous manner in those times, whereupon he angrily turned away from him. It seemed as if he had falsified a remark [of Tankiz], but God knows best. The sultan was very cross. He sent 5,000 or 10,000 horsemen, and Bashta¯k was their commander. He made the entire Egyptian army swear [allegiance] because he was scared. He sent [an order] by way of a messenger to the amir Sayf al-Dı¯n Tashtamur, ˙ the governor of Safad, commanding him to go to Damascus to arrest Tankiz. He wrote ˙ [orders] to the chamberlain, the amir Sayf al-Dı¯n Qutlu¯bugha¯ al-Fakhrı¯ and the amirs ˙ 30 Cf. Kortantamer, Ägypten und Syrien, 194. 31 He successively became governor of Hama¯h, Aleppo, and Damascus and died in 748/1347. ˙ Wiet, Les biographies, 403. 32 A Mamluk amir, died 742/1341. Wiet, Les biographies, 174. 33 An allusion to Quran 8:4.

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[and commanded them] to arrest him, and he said: “If you can keep him from going [to the Mongols], then that is all I want. The troops will come to you from Egypt.”

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The amir Sayf al-Dı¯n Tashtamur reached al-Mizzah by noon and sent for the amir Sayf ˙ al-Dı¯n al-Fakhrı¯. His secretary had already arrived in the early morning of that day and had met the amirs. They had made an arrangement. The amir Sayf al-Dı¯n al-Lamash alHa¯jib went to al-Qa¯bu¯n and made the way [there] impassable. He threw pieces of wood ˙ on [the way], tethered camels [there], and [unloaded] bales of straw. He said to the people: “The enemy of the sultan will be passing you soon; stop him.” The amirs rode off and gathered at the Ba¯b al-Nasr. ˙ All this happened while he [i.e., Tankiz] was awaiting the arrival of Ta¯ja¯r al-Dawa¯da¯r, ˙ without having any notice of what was being planned against him. This day he had gone to the palace which he had built on [his] fief with his wives. The amir Sayf al-Dı¯n Qurmushı¯ went to him and told him about the arrival of the amir Tashtamur. He was ˙ astonished and perplexed about that and said to him: “What am I supposed to do now?” [The other] said: “We are going into the Da¯r al-Sa a¯dah.” Thereupon he went and entered the Da¯r al-Sa a¯dah, and the gates of the city were closed. He wanted to put on [his battle] dress and fight. Then he was told that the people were plundering and that Damascus was at war ; upon this he preferred allaying the riot without drawing weapons. He was advised to leave. Thereupon he sent for the amir Sayf al- Dı¯n Tash˙ tamur and had him told: “Why have you come [here]? Come in to see me.” [The amir] said: “I have come as a messenger from your master ; if you come outside to see me I will tell you what he told me to do. Even if you go to where the sun rises, I will follow you. I will not return unless one of us dies. [But] I will not enter the city.” ˘

Thereupon he went outside to them and realized that this was his end. So he surrendered. His sword was taken from him, and he was tied up behind the mosque al-Qadam; in the afternoon on 23 Dhu¯ al-Hijjah 740/[21 June 1340] he was sent to the sultan, ˙ together with the amir Rukn al-Dı¯n Baybars, the armor-bearer. The inhabitants of Damascus pitied him. How long they pitied him! Hail to the one who can sweep away [all] wealth [at once], the one whose reign does not end, whose power is everlasting and who is not befallen by misfortunes. I saw him myself in the year 739/[1338 – 39], when the sultan went to Bi’r al-Bayda¯’ with ˙ his amirs and children to meet him. When he was close to him, he approached him by foot, kissed his head, embraced him, and honored him in an exaggerated way, after one amir after the other had already come to him, greeted him, and kissed his hand and his knee. The amir Sayf al-Dı¯n Qawsu¯n came to the inn in al-Sa¯lih¯ıyah to welcome him. As ˙ ˙ ˙ for the presents with which he [i.e., the sultan] overwhelmed him daily in the year [739], until he went away for a period of almost fifty days, they were beyond all limits. I saw him when he was hunting in Upper Egypt that year. The sultan came to him. In front of him came the amirs Malaktamur al-Hija¯zı¯,34 Yalbugha¯ al-Yahyawı¯, Altunbugha¯ ˙ ˙ ¯ qsunqur, and another, whom˙I have now forgotten. On the hand of each al-Ma¯rida¯nı¯,35 A 34 A Mamluk amir, died 748/1347. Wiet, Les biographies, 380. 35 A Mamluk amir and governor of the province of Hama¯h and Aleppo; died 744/1343. Ibid., 77. ˙

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of them sat a bird of prey. He [i.e., the sultan] said to him: “O officer, I am your hunting amir ; those are your falcon-bearers and these are your birds.” Then [Tankiz] wanted to dismount to kiss the earth, but [the sultan] kept him from it. Then I saw him myself the day he was arrested and chained. The blacksmith [who put him in irons] made him stand up and sit down again four times while the people stood in front of him. This was a clear warning to me. His income was confiscated, and Tugha¯y36 and Jangha¯y,37 his two mamluks, were held in the ˙ citadel. After a short while the amirs Sayf al-Dı¯n Bashta¯k, Ta¯ja¯r al-Dawa¯da¯r, al-Ha¯jj ˙ ˙ Ariqta¯y, and seven more amirs arrived. They stayed at the palace al-Ablaq. At their ˙ arrival they made the amir swear [allegiance] and began to exhibit his income in public. They brought out his treasures and accumulated belongings. Bashta¯k went to Egypt; with him he had 336,000 Egyptian dinars from [Tankiz’] property, as well as 1,500,000 dirhams, jewels made of precious rubies, wonderful pieces, rare pearls, brocade fabrics, caps made of brocade, golden belts, silver containers inlaid with gold, and satin and other fabrics whose quantity added up to 800 himl. He had left Barsbugha¯38 in his place, who then went [after him] to Egypt carrying ˙ 40,000 dinars as well as 1,100,000 dirhams, after having extorted these from the people and the remaining property of Tankiz, and having taken his mamluks, [female] slaves, and valuable horses. As for himself [i.e., Tankiz], he was sent to Alexandria. There he was held prisoner for a period of less than a month. Then God the Sublime decided on his case. It is said that the commandant Ibra¯hı¯m ibn Sa¯bir39went to him, and that this was the last thing ever to ˙ become known about him. He died and the inhabitants of Alexandria prayed for him. His grave is now visited and prayed at. May God the Sublime take pity on him. [In the meter al-ka¯mil]: “Like lightning, flaring up in the land, he vanished as if he had never shone.”

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Then the decree of the sultan was published [with the command] to list his property. This was done justly by experienced people and persons who knew how to estimate the value properly. Together with this [list] official statements came into the state chancellery to be sent to the sultan. From these I copied the following: [Here follows a list of his properties in Syria and their values] All this [which has just been listed] is in addition to the properties and charitable institutions he owned in Safad, Ajlu¯n, Jer˙ usalem, Na¯bulus, al-Ramlah, Jalju¯lyah, and Egypt. He built a beautiful hospital in Safad, ˙ and this was also where he had some of his charitable foundations. In Jerusalem he built a hospice, two bath houses, and covered bazaars. He owned a very beautiful caravansary in Jalju¯lyah, which I think is a charitable institution [foundation]. In al-Ramlah and in the Ka¯fu¯rı¯yah gardens in Cairo he owned a magnificent house, a bath, and 36 Died 741/1341. Ibid., 177. 37 Died 741/1341. Ibid., 124. 38 A close confidant of Sultan al-Malik al-Na¯sir. He died 742/1342. Kortantamer, Ägypten und ˙ Syrien, 160. 39 As a janda¯r, he was responsible for torture and executions. After Sultan al-Malik al-Na¯sir’s ˙ death, he himself was tortured until he died in 742/1341. Ibid., 236.

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several stores. At the beginning of Rajab 744/[middle of November 1343] his coffin was transferred from Alexandria to Damascus. He was laid to rest in his mausoleum next to his mosque, of which it is known that he had it built. May God take pity on him.

Facts or Fiction? A typical feature of Mamluk historiography is the various narrative strategies the different chroniclers use in their biographical or annalistic texts to produce emotional effects on their readers.40 They utilize, for example, tropes (metaphor, metonymy, synecdoche, and irony) or anecdotes, dialogues, and/or quotations from poems and from the Quran. In his description of Tankiz’ life and career we find several of these literary elements:

Anecdotes Al-Safadı¯ enriches his story with numerous little anecdotes (nukat), i. e., short ˙ tales narrating an interesting or amusing biographical incident. By giving variety and color to the text, they satisfy the taste of the audience. Ulrich Haarmann writes in his study on Mamluk historians that such anecdotes serve as a connection between history and literature. In general they should on the one hand, illustrate complex, dry, or very factual accounts to increase the readers’ awareness of the historian’s main issues. On the other hand, they can serve the author’s interest in entertaining his readership as well. If this is the case, the anecdotes exclusively focus on those facts which are suited to telling a good story. At this point, it is no longer the question for the chronicler whether these textual fragments are important for the overall scheme of his work or not.41 Within al-Safadı¯’s Wa¯fı¯ these short, entertaining, and amusing anecdotes ˙ have the function of emphasizing certain features and characteristics of historic figures. They illuminate special events in their curricula vitae. The annalistic framework of their narratives is punctuated by the inclusion of anecdotes, digressions which serve as commentary on the events of the present. Haarmann quotes Ibn al-Dawa¯da¯rı¯ (d. 713/1313), who recommends in his universal history Kanz al-Durar the use of stories as a rhetorical stylistic device: For this digression we have several good reasons. The first is the following: books whose story follows just one mode of narration are bound to be boring. 40 Cf. Haarmann, Quellenstudien, 167. For some of the following arguments, see also Fischer, “Vier ausgewählte Sultans- und Emirsviten,” 66 – 76. 41 Haarmann, Quellenstudien, 167.

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Anecdotes

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Therefore, we tried to present our speech in an interesting and varied way by using odd and remarkable anecdotes.42 Two short anecdotes which al-Safadı¯ ˙ incorporates in his biography of Tankiz constitute a good example of this narrative strategy : When he was infuriated with someone he would not forgive him. Qiwa¯m alDı¯n Ahmad ibn Abı¯ al-Fawa¯ris al-Baghda¯dı¯ told me [the following]: “Once I said ˙ to him: ‘By God, O master, I have seen greater personalities and wealthier people than you.’ When he heard these words, he got into a fury and said to me angrily : ‘Whom have you seen that was greater and wealthier than me?’ On this I said to him: ‘Kharbanda¯, Ju¯ba¯n, and Abu¯ Sa ¯ıd.’ When he heard that his fury abated. Then I said to him: ‘But [their] subjects did not love them as [yours love you], and they did not wish them any good, as your subjects wish for you. Their subjects did not live in this safety and justice.’ On this he said to me: ‘What joy could a sovereign have, whose subjects are not safe and sound?’ About his love for justice [I can report the following]: One day one of his closest confidants, whose name I have forgotten, had a meal with him. He [i.e., Tankiz] looked at his bandaged finger and asked for the reason, but the man did not want to name it. However, he did not leave him any peace until he finally said: “O master, a bowyer tried to make an arch three times [without succeeding]. He made me angry and I hit him with my fist.” When he heard what the man was saying, he turned away from his food and said: “Raise him.” Then he hurled him to the ground and gave him the cane 400 times, as it is said. He stripped him of his iqta¯ ˙ and was angry with him for years, until someone put in a good word for him. Then he showed himself favorable to him again. These insertions correspond to the aim and objective of anecdotes. On the one hand they give us information about al-Safadı¯’s idea of Tankiz’ character. On the other hand they provide us ˙ with an interesting and entertaining biography of the governor.43 In general, one should be very careful when it comes to reconstructing reality from this material. We never know whether the picture the author draws in his text is real or just the result of his imagination. One has to find really independent sources which tell the same story to be sure that the event described actually happened.

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42 Quoted from Ulrich Haarmann, “Auflösung und Bewahrung der klassischen Formen arabischer Geschichtsschreibung in der Zeit der Mamluken,” Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft 121 (1971): 55 – 56. 43 Sometimes al-Safadı¯ includes in his Wa¯fı¯ biographies in which we find only anecdotes and no ˙ concrete information about the person at all. Cf. Donald P. Little, An Introduction to Mamlu¯k Historiography : An Analysis of Arabic Annalistic and Biographical Sources for the Reign of alMalik an-Na¯sir Muhammad ibn Qala¯ u¯n (Wiesbaden, 1970), 104 – 5. ˙ ˙

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Dialogues

44 Cf. Haarmann, “Auflösung,” 57.

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When reported or imitated in the narrative, dialogues constitute a form of literature used for purposes of rhetorical entertainment and instruction. In his biographies al-Safadı¯ often puts words into the mouths of people. Everything in ˙ these scenes, from their setting to the dramatis personae, can be an invention of 44 the chronicler. Normally, he just wants to bring out a very complex and complicated relationship between two or three persons: His power and his reputation increased until the Egyptian amirs who were the [sultan’s] bodyguards dreaded him. The amir Sayf al-Dı¯n Qurmushı¯ al-Ha¯jib ˙ told me that the sultan had said to him: “O Qurmushı¯, for 30 years I have been trying to make people understand what I want to do for the amir, and [yet] they haven’t understood what I mean with that. The code of sovereignty keeps me from saying myself that I will not do anything for anyone unless it is on his request or intercession,” and he wished him [i.e., Tankiz] a long life. This reached his ears, and he said: “For the sultan’s life I will die.” When the amir Sayf al-Dı¯n Qurmushı¯ communicated this to the sultan he said to him: “Tell him, if he lives longer than me, then he will be of use for my children, wives, and relatives; if he dies before I do, what should I do with his children? They can’t during his lifetime.” This is about how he spoke. All this happened while he [i.e., Tankiz] was awaiting the arrival of Ta¯ja¯r al˙ Dawa¯da¯r, without having any notice of what was being planned against him. This day he had gone to the palace which he had built on [his] fief with his wives. The amir Sayf al-Dı¯n Qurmushı¯ went to him and told him about the arrival of the amir Tashtamur. He was astonished and perplexed about that and said to him: ˙ “What am I supposed to do now?” [The other] said: “We are going into the Da¯r al-Sa a¯dah.” Thereupon he went and entered the Da¯r al-Sa a¯dah, and the gates of the city were closed. He wanted to put on [his battle] dress and fight. Then he was told that the people were plundering and that Damascus was at war ; upon this he preferred allaying the riot without drawing weapons. He was advised to leave. Thereupon he sent for the amir Sayf al- Dı¯n Tashtamur and had him told: “Why ˙ have you come [here]? Come in to see me.” [The amir] said: “I have come as a messenger from your master ; if you come outside to see me I will tell you what he told me to do. Even if you go to where the sun rises, I will follow you. I will not return unless one of us dies. [But] I will not enter the city.” Dialogue expresses the convolutions of human thought so spontaneously that it almost defies analysis. We should not trust it.

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Quranic Allusions

Poems ˘

Al-Safadı¯ had a predilection for poetry. In his Wa¯fı¯, he heaps very long and ˙ redundant saj poems upon the reader. They don’t refer to any event in the life of the main character but are only of rhetorical value. That is also true for the verses at the end of Tankiz’ biography.45 As a rule, the poems were not written by him. This does not mean that al-Safadı¯ wasn’t a good poet. Quite the contrary, he ˙ belongs to the small group of outstanding, creative, and innovative poets of the Mamluk era.46

Quranic Allusions

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References to the Holy Book are a very important rhetorical element in historiographical texts. In Tankiz’ biography al-Safadı¯ writes: His only aims were ˙ justice and its exercise, and to foster the application of the shari ah. However, he suffered from a hallucination [clouding of the mind], which made him imagine things that were not real, but of which he was absolutely certain. Awestruck, nobody was able to open his eyes and tell him the truth about what he was doing, [even though] it was the cause of several people’s deaths. When he was angry he could neither approve nor forgive. When he turned to violence he was immoderately cruel. Even if the offence was inconsiderable and of little account, he magnified and exalted it and inflated it more and more, exceeding all limits. At this, [the sultan] sent the amir Sayf al-Dı¯n Ta¯ja¯r al-Dawa¯da¯r to him, who told ˙ him: “The sultan is sending you his regards and says he is not asking you to come to Egypt anymore; also he is not sending you a noble amir any more, so you do not need to worry.” Thereupon he said: “I will go to him with you and my sons.” The other said to him: “If you arrived in Bilbays he would send you back. I want to spare you this sorrow. In eight days I will be with you again with a new certificate of appointment and new presents.” With these words he convinced him. Had he gone to see the sultan it would have been better for him, but God decides what will be executed. The italicized passages are allusions to Quran 26:130 (“And if you attack, you strike ruthlessly?”) and to Quran 8:42 (“And had you planned for this meeting, you would have disagreed on its timing, but God was to enforce a command that 45 Cf. al-Safadı¯, Wa¯fı¯, 432 – 35. ˙ afadı¯ as a remarkable poet, see Thomas Bauer, “Literarische Anthologien der 46 On al-S ˙ Mamlu¯kenzeit, ” in Die Mamlu¯ken: Studien zu ihrer Geschichte und Kultur : Zum Gedenken an Ulrich Haarmann (1942 – 1999), ed. Stephan Conermann and Anja Pistor-Hatam (Schenefeld, 2003), 71 – 122. See also Bauer’s “Mamluk Literature: Misunderstandings and New Approaches,” Mamlu¯k Studies Review 9, no. 2 (2005): 105 – 32.

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was already done. So that He would destroy those to be destroyed with proof, and to let those who will live be alive with proof”). For us, it is very difficult, not to say nearly impossible, to supply proof of the truth of al-Safadı¯’s statements. To sum ˙ up, a typical feature of Mamluk biographies is the fact that the personality of the person whom the author describes in his text seems not to be that important. The person as such is only of secondary importance. The biographer does not show any interest in describing the inner development or socialization of character. The traits of the heroes are very often presented in the form of short anecdotes. We get, for example, very meagre information about Tankiz. He is characterized by al-Safadı¯ as being cruel but just, violent-tempered, and unforgiving. At the ˙ same time, the author of the Wa¯fı¯ says that he acted open-mindedly, honestly, and cleverly. We learn nothing concrete about his childhood, his upbringing, his family, or his feeling. The biographies offer the reader nothing more than a list of certain characteristics. But these features are put so vaguely that they could fit every second historical personality. Al-Safadı¯ is no exception among the Mamluk historians. Comparing his bi˙ ographies to vitae written by other scholars, one must say that their inner structures always follow the same pattern: the biographer wants to emphasize the religious, political, or cultural contribution of the chosen person to the Muslim community.47 Al-Safadı¯ deems Tankiz appropriate and worthy to be ˙ included in his Wa¯fı¯ because he was not only an important amir but also a confidant of the sultan, a very successful military leader, and a respected and generous patron of architecture in Egypt and Syria. Al-Safadı¯ was a man with literary ambitions. He knew all the literary strat˙ egies and rhetorical tricks. He was very interested in Abbasid poetry and had an excellent knowledge of the sources. As a Mamluk official he had a tendency to describe his peers. Al-Safadı¯’s method of working meets the expectations of the ˙ readership and complies with its demand for “stark literarisierten Werken der Popularitätsmethode.”48 Historical writing is as fictional as other forms of literary expression, being as Hayden White puts it, “a verbal structure in the form of a narrative prose discourse.”49

47 Cf. Little, Introduction, 112. 48 Cf. Haarmann, “Auflösung,” 59. 49 Hayden White, Metahistory (Baltimore, 1973), ix, quoted in Hirschler, Medieval Arabic Historiography, 4.

Research Perspectives?

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Research Perspectives? The discussion of the relationship between “narrativity” and historiography, poetry and narration, language and textuality, fact and fiction has demonstrated that even after the imposition of the scientific method on all realms of knowledge which set in with the closing of the eighteenth century, there are more similarities than differences among historiography, poetry, and rhetoric. Recent studies across the field have shown the soundness of this hypothesis. Unfortunately, the overwhelming majority of modern theoreticians are only interested in European and Anglo-American historiography after 1800 and do not take into consideration other cultures or “premodern” historiographical works. This is, in my opinion, a culpable omission, because I think it a very interesting field of research for a historian not only to sort out basic facts and information about social phenomena from the chronicles but also to analyze how these works are composed. What does the author intend with his chronicle? What kind of narrative techniques does he use, and to what end? Which topoi, stereotypes, clich¦s, myths, archetypes, and/or legends can we isolate? Is it possible to gain some insight into the “literary canon” and the “literary clich¦,” i. e., the two categories discussed by Likhachev? Can we distinguish prevailing cultural semiotic associations? What do we know about the historical consciousness that is expressed in the chronicles? Does the author try to make “sense” of the past? And if he does, what form does this “sense” take? What about linguistic and semantic connotations in the text? Another field of research could be the representation and narratological translation of “historical thinking” in historiographical texts. Here are the main characteristics of “historical thinking”: (1) Both happy and unhappy or fortunate and unfortunate events have to be explained. This is the more necessary if these events do not come up to the expectations one has in mind while doing something. Above all it is the realized or unrealized intention that leads to the desire to explain these events. This is true for individuals, groups, or communities, if they want to create an identity. (2) Experiences are always experiences in time. The “historical thinking” has to interpret and explain these experiences in time. (3) Although historiography must invariably be used for interpreting experiences in time, it is not the only form of “historical thinking.” It is a fact that historiography normally tries to be nearer to the truth than other texts and tries to operate with chosen elements of “historical thinking,” but in the end one shouldn’t consider this approach or this sort of texts totally different from other approaches or texts. This is all the more the case if we proceed on the assumption that every text is part of the mental process we call “historical thinking.” (4) “Historical thinking” produces sense or meaning out of time. Time in this context again means events which have taken place in time and

Tankiz ibn Abd Alla¯h al-Husa¯mı¯ al-Na¯sirı¯ (d. 740/1340) ˙ ˙ ˘

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which have to be explained, whereas sense or meaning stands for understanding all the connotations and epistemological facets the word “time” includes. If someone wants to understand what meaning the present time has for him, he has to refer to the experiences of the past. In addition to that, he can, for example, deduce the further course of development or future processes from comparable cases, which also occurred in the past. His expectations or hopes for the future exercise a strong influence on his acting in the present. They lay the foundation for his social, political, or individual behavior. In the final analysis “historical thinking” and historiography have only the task to make it possible for an individual, a group, or a community to master his or its life or – to say it in other words – to give an orientation in time. The essence of “historical thinking” and historiography is not necessarily its scientific claim. (5) Aside from this orientation in time, “historical thinking” achieves a reflection of the subject or the historical self on its own premises. One can say that action as well as writing as a consequence of thinking always leads to the idea a historical subject has of its own, if this subject understands itself as a planning and acting unity. Therefore, if an action upon which one has been reflecting does not achieve the intended results, not only the understanding of the world but also the self-image, the conception of oneself is affected. The result is personal and extra-personal selfdoubt, especially if we keep in mind that during a period of upheaval and change “historical thinking” gives meaning to our life (Sinnstiftung) and continuity to the individual or collective identity. In this manner the understanding of oneself is preserved or newly formulated and has repercussions on future actions, insofar as the historical agents want to be seen and judged by other subjects in the context of its self-image. (6) “Historical thinking” and historiography do not give and cannot give eternal verities or supertemporal answers. This statement seems the more true if we consider the fact that “historical thinking” has to give meaning to the world again and again. On the other hand, it is impossible to think of this task, i. e., giving meaning to the world, without the claim of being true. (7) Here we have the problem of what to consider true. In the field of “historical thinking” historiography or – generally speaking – occupation with the past in every scientific form is synonymous with the institutionalized public dealing with its own collective memory (Erinnerungsarbeit), what in the end is a problem of norms. If we ask for the intentions and motives for acting in the past, we have in the first place to reflect upon the current values of this past. Norms, i. e., value judgements on things, attitudes, ways of acting, tastes, etc., are part of the process which leads to the description of the past as history. We are obliged to decipher these norms, because the human past gives us no key to decode its events as a history which has any meaning for the present. The past as such makes no history. What transforms the past into a history is our interest in it, our desire to let the past explain who we

Research Perspectives?

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are. (8) Today, historical science and historiography are bound to the necessity of being universally valid. This is of course a selfimage that this so-called science can hardly ever fulfill. History as the result of historiography is basically in its fundamental structure, i. e., as a narration, not different from other narrations which are related without the claim of being scientific. This narrativity illustrates that history is a construct. It is not possible to give meaning to the world out of the knowledge of past events if we do not see the inner epistemological coherence of a text which becomes evident by its narrative pattern. (9) Considering the fact that we cannot separate historiography from other texts, we have to presume that we can find in historical texts the same narrative strategies as in other texts. Thus, we find for example the following three elements: (a) the claim of having been an eyewitness to the events (empirical validity); (b) the hint that the story is important for the reader, i. e., that it leads to a better understanding of the present (normative validity, because the choices the narrator makes are influenced by his norms, because he wants the reader to share his values); (c) the narration unites experiences and norms and wants to give meaning to the world (narrative validity). (10) To understand the present in the context of the past is not possible with isolated facts (empirical validity) or with values even if one agrees with these values (normative validity). For this reason, the narrative validity is the specifically historical criterion of what is true. Through the applications of norms and values (what is interesting?), it turns the past into history and then draws out of that history conclusions for the present time by giving instructions for acting. This finally is essential for planning the future. If we want to understand our chronicles better it might be a good idea to follow both of these tracks. At the least, there are some interesting and new questions. I am sure that the answers will broaden our horizon.

Kulturwissenschaftliche Fragen

Lebensspender, Stätte der Erinnerung, Gedächtnisort: * Der Nil während der Mamlukenzeit (1250 – 1517)

„Denn wenn der Nil ansteigt, steht das ganze Land unter Wasser und wird zu einem (einzigen) See. Ausgenommen sind (allein) die Siedlungen. Diese sind entweder auf natürlichen Hügeln gelegen oder auf künstlichen Dämmen. Sie umfassen Städte von beträchtlichem Ausmaß und Dörfer, die, wenn man sie von weit entfernt betrachtet, Inseln ähneln. Das Wasser bleibt während des Sommers mehr als 40 Tage lang und versickert dann genauso allmählich wie es (vorher) gestiegen war. In 60 Tagen ist die Ebene wieder vollständig bloßgelegt und beginnt auszutrocknen. Je eher die Austrocknung sich vollzogen hat, desto rascher (setzt) das Pflügen und Säen (ein).“ (Strabon, Geo¯graphik‚ 17, 1, 4)

Als sich der französische König Ludwig der Heilige (lebte 1226 – 1270) 1248 auf seinen ersten Kreuzzug begab, folgte er der Tradition Balduins I. (reg. 1118), Amalrichs I. (reg. 1163 – 1169) und Johanns von Brienne (reg. 1218 – 1221), Ägypten und Damiette als die militärische und politische Ausgangsbasis für Palästina anzusehen, und landete mit seiner Flotte zuerst an der nordafrikanischen Küste. Jean de Joinville, seines Zeichens Seneschall der Champagne sowie Gefährte und Biograph Ludwig des Heiligen, berichtet: „Nun müssen wir zuerst von dem Strom sprechen, der durch Ägypten fließt und aus dem irdischen Paradies kommt. […] Dieser Strom ist von allen anderen Flüssen verschieden. Je mehr andere Flüsse zu Tal fließen, um so mehr Nebenflüsse und kleine Bäche münden in sie. In den Nil dagegen mündet kein einziger. Er strömt in einem einzigen Lauf nach Ägypten, und da verzweigt er sich in sieben Äste, die sich durch Ägypten ausbreiten. Und bald nach dem Tag des heiligen Remigius treten diese sieben * Erstpublikation in: Richter, A./Hübner, U. (Hg.), Wasser : Historische und zeitgenössische Perspektiven in asiatischen und afrikanischen Gesellschaften – Lebensmittel, Kulturgut, politische Waffe. Schenefeld: EB-Verlag 2003 [= Asien und Afrika. Beiträge des ,Zentrums für Asiatische und Afrikanische Studien‘ (ZAAS) der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Bd. 9], S. 15 – 60.

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Der Nil während der Mamlukenzeit (1250 – 1517)

Flüsse über ihre Ufer und überschwemmen das flache Land. Und sobald sie wieder sinken, kommt der Landmann und bestellt sein Feld mit einem Flug ohne Räder. Und dann sät er in die Erde Weizen, Gerste, Kümmel und Reis, und das geht so gut auf, daß man es besser nicht machen könnte. [Man] weiß nicht, woher [dieses Hochwasser] kommt, wenn nicht aus dem Willen Gottes. Doch wenn [es] nicht wäre, so wüchse nichts in diesem Land, denn die große Hitze der Sonne würde alles brennen, umso mehr, als es niemals regnet in dem Land. Das Wasser ist immer trübe; daher schöpfen die Bewohner des Landes, die es trinken wollen, gegen Abend und zerdrücken darin vier Bohnen und Mandeln; und am anderen Morgen ist es so gut zu trinken, dass darin nichts fehlt.“1

Das Unternehmen Ludwigs IX. endete mit einem glatten Fiasko, nämlich der Gefangennahme des Königs, doch ist dies in dem uns hier interessierenden Zusammenhang nur von sekundärer Bedeutung. Bemerkenswert ist vielmehr die von christlichen Reisenden – wie auch von den Einheimischen selbst – immer wieder in den Vordergrund ihrer Beobachtungen gerückte unbedingte Abhängigkeit aller wirtschaftlichen Aktivitäten Ägyptens von den Wassern des Nils.2 Letzten Endes hat die mit diesem Strom verbundene Fruchtbarkeit des Landes die Entwicklung einflussreicher Zentren islamischer Kulturformen in Ägypten begünstigt, wenn nicht gar hervorgebracht. Im Folgenden ist daher zunächst die lebensspendende Rolle dieses Flusses während der Mamlukenzeit Gegenstand der Darstellung. Dann steht in einem zweiten Teil die konkrete identitätsstiftende Verinnerlichung der Lebenswichtigkeit des Nils im Mittelpunkt der Betrachtung. Dies geschah in erster Linie durch alljährliche, von der Obrigkeit und der Bevölkerung gleichermaßen begangene Festivitäten. In ritualisierten Handlungsabläufen versicherte man sich feierlich der Bedeutung des Stromes, dessen regelmäßig wiederkehrendes Hochwasser weite Uferregionen mit fruchtbarem Schlamm versorgte. Meine Ausführungen schließen dann mit einigen Überlegungen zur subtilen Vereinnahmung der erinnerungsörtlichen Funktion des Flusses durch die dominante Kultur der Mamluken. Muslimische Gelehrte erklärten in ihren Werken die aus vorislamischer Zeit stammenden koptischen Nilfeste für unstatthaft und versuchten bewusst, ihre durchaus wichtige Rolle im Alltagsleben der Bewohner des Landes zu marginalisieren. Es mag angezweifelt werden, dass diese Verdrängungsstrategie im Alltagsleben der Menschen Erfolg hatte. Auf jeden Fall, so kann festgestellt 1 Jean de Joinville, Histoire/Das Leben, S. 116 – 117. Zum Leben des französischen Königs siehe LeGoff 2000 (mit weiteren Literaturangaben). Ebenda findet sich auch ein Kapitel über Joinvilles Biographie (S. 417 – 439). 2 Fra Suriano, Treatise, S. 193 – 195; Pero Tafur, Travels, S. 68 – 70; Simone Sigoli, Pilgrimage, S. 165; Lionardo di Niccolo Frescobaldi, Pilgrimage, S. 43 – 44; Giorgio Gucci, Pilgrimage, S. 96 – 97 oder Bernhard von Breydenbach, Die Reise, S. 38. Mit der Frage, wie die europäischen Reisenden das mamlukische Herrschaftssystem wahrgenommen haben, beschäftigt sich ausführlich Haarmann 2001b. Siehe aber auch Kästner 1991.

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Der Nil als Lebensspender

werden, waren zu jener Zeit im kollektiven Gedächtnis der Ägypter zahlreiche Mythen und Legenden über den Nil virulent. Darüber hinaus erhöhte man den Strom in Gedichten, Traktaten und Büchern zum Lobe des Landes vom bloßen Wasserlauf zum lieu de m¦moire.3

1.

Der Nil als Lebensspender „Wenn der Nil anschwillt, betritt er aber nicht nur das Delta, sondern auch einen Teil des libyschen und des arabischen Landes, an manchen Stellen bis zu einer Strecke von zwei Tagesreisen auf jedem der beiden Ufer, jedoch auch bald mehr, bald weniger als dies. Über die Natur des Flusses habe ich weder bei den Priestern noch von jemand anderem etwas erfahren können. Gern hätte ich von ihnen gewusst, warum der Nil von der Sommersonnenwende an hundert Tage lang so wasserreich herabströmt und warum er, wenn er diese Zahl erreicht hat, wieder abnimmt und zurückgeht, so dass er den ganzen Winter hindurch bis zur nächsten Sommersonnenwende klein ist. Hierüber konnte ich von keinem der Aigyptier etwas erfahren, als ich bei ihnen forschte, was für eine Kraft der Nil habe, dass mit ihm das Umgekehrte wie mit den anderen Flüssen geschehe.“ (Herodotos, Historie¯s apodeixis, II, 19)

Die Fruchtbarkeit und Prosperität Ägyptens hing seit Menschengedenken von der jährlichen Nilschwemme ab. Dieses Phänomen, das für eine natürliche und regelmäßige Bewässerung der Uferregionen sorgte, schien fast ein schicksalhafter Ausgleich für die beinahe vollständige Regenarmut des Landes zu sein. Der Kontrast zwischen Dürre und Fruchtbarkeit fiel natürlich besonders scharf aus, wenn man sich aus der Wüste kommend dem Fluss näherte. So schreibt etwa der aus Ulm stammende Dominikanermönch Felix Fabri (st. 1502), als er Anfang Oktober 1483 auf der Rückreise seiner Pilgerfahrt in das Heilige Land zum ersten Mal den Nil erblickte: „[…] und, nachdem wir die Dünen überwunden hatten, kamen wir wieder in flaches, ödes Gelände, das wir rasch durchzogen, sein Ende erhoffend. Aber auf einmal, als wir so auf der Hochebene zogen, sahen wir weit unten vor uns in eine Landschaft von ganz anderer Natur, Beschaffenheit und Gestalt, an der die unfruchtbare, menschenleere Ödnis endete. Denn nun erblickten wir das bewohnte ägyptische Land, den Ursprung so vieler Völkerschaften, mit Gewässern, Städten und Dörfern. Der Anblick versetzte uns gleichermaßen in Freude wie in Staunen. In Freude, weil wir das Ende der schrecklichen Wüste und die Wohnorte von Menschen, die Fülle von Wasser und vieles 3 Zwei recht informative arabischsprachige Werke über den Nil während der Mamlukenzeit sind Salı¯m 1965 und Qa¯sim 1978. Abb. 1: Ägypten und der Nil [aus: Halm 2003, S. 14].

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Der Nil während der Mamlukenzeit (1250 – 1517)

andere sahen, was zu entbehren uns so beschwerlich gewesen war auf unserer Wüstenreise, in Staunen aber, weil wir eine ganz ungewöhnliche Landschaft erblickten, eine Wasserfläche so groß, als wäre da ein Meer, und aus ihr ragten ganze Wälder hochgewachsener Bäume und Palmen auf, aber auch Türme und andere Bauten erhoben sich über den Gewässern, ja, Städte und Dörfer standen in ihnen. Es war nämlich die Zeit der Nilüberschwemmung, wo der Nil über seine Ufer tritt und ganz Ägypten bedeckt und bewässert […].“4

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Letztlich speisten den ägyptischen Nil vier verschiedene Flüsse: Der (1) Blaue Nil (al-bahr al-azraq) und der (2) Atbara, die beide aus dem abessinischen ˙ ˙ Hochland kamen, der von den Äquatorialseen herbeiströmende (3) Weiße Nil (al-bahr al-abyad) und der von Südwesten hinzustoßende (4) Gazellenfluss ˙ ˙ (bahr al-g˙azal).5 ˙ Da sich ab September der tropische Regen über der Region des Victoria- und Albert-Sees ergoss, bildete sich im Weißen Nil zu Beginn des Jahres eine gewaltige Flutwelle, die im Verlaufe des Monats März in Hartu¯m und Ende Mai in ˘ ˙ Dongola ankam. Bei Aswa¯n konnte man das Steigen des Pegels bereits Mitte Mai beobachten, was dann Boten dem Sultan in Kairo unverzüglich mitteilten. In dieser Zeit setzte auf dem abbessinischen Hochland der viermonatige Monsunregen ein, der den Blauen Nil und den Atbara auf äußerste anschwellen ließ. ˙ Diese Hauptflutwelle traf Ende Juli in Aswa¯n ein und vermengte sich ab August mit den Wassermassen des bahr al-g˙azal. Der Nil erreichte daher seinen ˙ Höchststand regelmäßig im ersten Septemberdrittel. Anschließend senkte oder hob sich der Pegel für etwa 12 Tage nur geringfügig. Schließlich nahmen die gemeldeten und von den Chronisten sorgsam notierten Marken wieder ab. Bisweilen ergab es sich, dass im Verlauf des Oktobers eine schwächere zweite Flutwelle bis nach Kairo vordrang und für eine kurzzeitige Erhöhung des Wasserstandes sorgte. Die durchaus willkommene Eintönigkeit der Nilschwelle zog eine ähnliche Regelhaftigkeit der Bewässerungsmethoden, der Aussaat- und Erntezeiten sowie der sich daraus ergebenden Abgabenpraktiken nach sich. Nur wenn der Höchststand erreicht war und somit ein ,normales‘ Finanzjahr vor einem lag, konnte man sicher sein, dass die Bodensteuer ordnungsgemäß an die jeweiligen Pfründner gezahlt wurde. Die Steuer war eine ganz unabhängig von der Nilschwelle für eine Reihe von Jahren festgesetzte, von den Bauern zu leistende Abgabe. Von Zeit zu Zeit wurde allerdings das gesamte Land neu vermessen und die voraussichtlichen Steuererträge nach den durchschnittlichen Ernteerfolgen der Vorjahre bestimmt. In jedem Jahr setzten die iqta¯ -Verwalter (muba¯ˇsiru¯n) ˙ ˘

˘

4 Felix Fabri, Galeere und Karawane, S. 207. 5 Die Gelehrten der Mamlukenzeit kannten die natürlichen Ursachen der Nilschwelle recht gut. Siehe zum Beispiel Ibn ad-Dawa¯da¯rı¯ (st. 732/1331), Kanz ad-durar, Bd. 1, S. 191 und Maqrı¯zı¯, Hitat (Wiet), Bd. 1, S. 242, 256 und 268. ˘ ˙ ˙

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Der Nil als Lebensspender

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nach Abzug des Wassers individuelle Kontrakte (qaba¯la¯t) mit den Bauern auf, in denen diese sich verpflichteten, eine bestimmte Fläche des nunmehr nutzbaren Landes zu bewirtschaften, wobei ein Bauer offensichtlich mehrere solcher Verträge eingehen konnte.6 Gemessen hat man den Wasserstand des Stromes seit Urzeiten über das Jahr mit Hilfe von Nilometern (miqya¯s an-Nı¯l).7 Für die Bevölkerung des Mamlukenreiches und seiner Hauptstadt war letzten Endes die von dem Kalifen alMutawakkil (im Amt 232/842 – 247/861) auf der Insel Rawda bei Fusta¯t bis 247/ ˙ ˙ ˙ 861 erbaute Anlage maßgeblich.8 Eine anschauliche Beschreibung gibt uns der hanafitische Gelehrte Ibn Duqma¯q (st. 809/1406) in seiner Urbangeographie K. ˙ al-Intisa¯r li-wa¯sitat iqd al-amsa¯r : ˙ ˙ ˙ „Wir sehen dort (auf der Insel Roda) das Haus des Nilmessers; es liegt am Ende dieser Insel nach Süden. Es ist ein großer Turm; um ihn herum sind zwei Mauern gebaut, welche die Strömung des Wassers von ihm abhalten. Im Innern des Turms sind Säulen, auf denen das Gebäude ruht, ringsherum sind Fenster. In seiner Vorderseite nach Osten ist ein großes Fenster. Neben dem Gebäude befindet sich ein großes, tiefes Bassin, zu dem eine Tür führt. Man steigt auf einer Wendeltreppe zu ihm herab bis unten hin. In der Mitte steht die Säule des Nilmessers. Sie besteht aus einzelnen Marmorstücken; ein jedes Stück ist eine Elle lang und auf ihm sind die Zolle angegeben. Es sind 19 Stück und das Postament, das eine Elle hoch ist. In der Mitte der Säule ist ein eiserner Stab, der die Marmorstücke zusammenhält. Auf dem Postament liegt ein geglätteter Holzblock, der ausgehöhlt und mit Blei gefüllt ist und die Säule im Gleichgewicht erhält. Das Wasser des Nils gelangt zu diesem Bassin durch drei Wasserläufe, von denen einer über dem andern ist. Die Länge eines jeden ist ungefähr 70 Ellen. Es ist so kunstvoll eingerichtet, dass das Wasser, welches sich im Bassin in der Nähe der Wasserläufe befindet, in Bewegung ist, und das, welches von ihnen entfernt ist, ruhig bleibt.“9

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Die Skala des Pegels auf der Säule folgte zwei unterschiedlichen Maßen: Hatten die unteren zwölf Ellen die altägyptische Einheit (1 dira¯ = 53,9 cm = 28 Finger) ¯ bewahrt, so entsprachen die oberen Ellen dem gängigen arabischen System (1 ira¯ = 46,2 cm = 24 Finger).10 Vom Höchststand des Nils (wafa¯’ an-Nı¯l) redete man in Kairo, wenn das Wasser 16 ira¯ erreicht hatte. Dann konnte der Fiskus die Erntesteuer (hara¯gˇ) in vollem Umfang erheben. Da aber auch bei diesem Pegel ˘ höher gelegenes Weideland nicht überflutet wurde, bestand durchaus die Möglichkeit, dass sich auch dann noch Engpässe beim Futter für die Tiere bil˘

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6 Siehe die ausführliche Darstellung der Kontraktvereinbarungen bei Nuwayrı¯, Niha¯yat alarab, Bd. 8, S. 246 – 254. 7 Zu den verschiedenen Nilometern in Kairo und ihrer Baugeschichte siehe ausführlich Popper 1951, S. 5 – 15. 8 Eine Beschreibung und eine Abbildung des miqya¯s an-Nı¯l auf der Nilinsel von Kairo finden sich bei Creswell 1958, S. 292 – 296. 9 Ibn Duqma¯q, al-Intisa¯r, S. 114. Zitiert nach Reitemeyer 1903, S. 48 – 49. ˙ al-a sˇa¯, Bd. 3, S. 295. 10 Vgl. Qalqasˇandı¯, Subh ˙ ˙

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Der Nil während der Mamlukenzeit (1250 – 1517)

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deten. Erst bei üppigen 17 Ellen war die Gefahr gebannt. Freud und Leid lagen jedoch dicht beieinander : Kam nämlich die Flut in der Hauptstadt bei einem Stand von 18 ira¯ an, drohte eine Überschwemmung der Dörfer und ein Level von weniger als 12 ira¯ zog beinahe unweigerlich eine Hungersnot nach sich oder trieb zumindest den von den Ernteerträgen abhängigen Brotpreis in exorbitante Höhen.11 Aus diesem Grund hatten die Bewohner Kairos der 13. und 14. Elle die Namen der beiden Grabesengel Munkar und Nakı¯r gegeben. Der Weltreisende Ibn Battu¯ta (st. nach 770/1368 – 69) fasst den Sachstand folgendermaßen zu˙˙ ˙ sammen: ˘

„Der Nil Ägyptens übertrifft alle (anderen) Flüsse der Erde in der Süße seines Geschmackes, der Breite seiner Kanäle und Größe seines Nutzens. Städte und Dörfer reihen sich ohne Unterbrechung an seinen Ufern. Es gibt zu ihnen in der bewohnten Welt kein Äquivalent. Auch ist kein Fluss bekannt, an dem (in so großer Zahl) angebaut wird, was am Nil angebaut wird. Noch gibt es auf dem Erdenrund einen Strom, der ,Meer‘ genannt wird. (Aber) Gott, der Erhabene, hat gesagt: ,Und wenn du für ihn fürchtest(, dass er umgebracht werden könnte), dann setz ihn im Meer (fi l-yamm) aus!‘ (Koran, Sure 28, Vers 6). So hat er ihn (also) als yamm bezeichnet, was (eben) ,Meer‘ bedeutet. […] Der Beginn der Nilschwelle ist im pazı¯ra¯n, also im Juli. Wenn (d)er (Wasserstand) 16 Ellen erreicht, ist die herrscherliche Steuer voll zu zahlen. Steigt er um eine weitere Elle, so gibt es in diesem Jahr einen Überschuss, und es herrscht vollständiger Wohlstand. Erreicht er jedoch 18 Ellen, so kommt es zu Schäden auf den kultivierten Böden, und Seuchen folgen nach. Wenn er die 16 um eine Elle unterschreitet, verringert sich die herrscherliche Abgabe, und falls er ihn um zwei Ellen unterschreitet, so beten die Menschen um Regen, und es herrscht großes Elend. […] In einiger Entfernung von Kairo teilt sich der Nil in drei Flussarme. Jeder dieser Wasserläufe kann – sommers wie winters – nur mit einem Boot überquert werden. Die Bewohner jeder Ortschaft besitzen Kanäle, die vom Nil abzweigen. Wenn er [d.h. der Fluss, S. C.] sie mit Hochwasser führt, füllt er sie mit Wasser, und sie wiederum überschwemmen das (umliegende) Land.“12

Das Irrigationssystem folgte immer demselben Muster : Wenn die Flut einsetzte, schloss man sämtliche Zu- und Abflüsse des Hauptstromes sowie die wichtigsten Arme und Kanäle im Delta. Hatte der Fluss dann seinen Höchststand erreicht, durchstach man die errichteten Dämme wieder und ließ die enormen Wassermengen sich frei und ungehindert über das Land ergießen, so dass große Gebiete eine Zeit lang vollständig überschwemmt blieben. So erzählt der osmanische ˇ elebı¯ (st. nach 1095/1684) im 11./17. Jh. in seinem Weltenbummler Evliya¯’ C (heute) berühmten Reisebericht:

11 Zum Verhältnis von Nilschwemme und Weizenpreisen siehe vor allem die Tabellen in Popper 1957, S. 95 ff. 12 Ibn Battu¯ta, Rihla, S. 36 – 37. Abb. 2: Der Nilometer [aus: Creswell 1958, S. 293]. ˙ ˙˙ ˙

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Der Nil als Lebensspender

„Ganz Ägypten ist geodätisch aufgenommen, und zwar so, dass zwischen zwei Dörfern jeweils ein Zwischenraum von einer sogenannten Mela¯qa bleibt. Wenn der Nil das Land überschwemmt, dann kann man von einem Dorf zum anderen nur über die fünf- bis zehnmal mannshoch aufgeschütteten Erddämme gelangen. Diese Dämme benutzen die Leute zur Zeit der Überschwemmung mit ihren Pferden, Kamelen und Eseln als Wege.“13

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Die Quellen liefern uns anschauliche Beschreibungen von der Mühsal, die es die Einwohner vieler Dörfer kostete, wenn sie in dieser Zeit zu anderen Siedlungen gelangen wollten.14 Etwaige Fährnisse nahmen die Bauern jedoch gerne in Kauf, denn mit dem Wasser kam der so dringend gebrauchte Schlamm auf ihre Felder. In einem kurzen Werk über die Geographie Ägyptens schreibt der Universalgelehrte Abd al-Lat¯ıf al-Bag˙da¯dı¯ (st. 629/1231 – 2): ˙ „Der Boden (in Ägypten) ist sandig und eignet sich nicht für den Ackerbau; jedoch bringt der Nil einen schwarzen, zähen Schlamm mit, der viele fettige Bestandteile hat und al-ibrı¯z genannt wird. Dieser kommt aus dem Su¯da¯n, wo das Wasser des Nils bei seinem Steigen sich mit ihm vermischt hat. Der Schlamm setzt sich ab, das Wasser tritt zurück, und man ackert und sät, und jedes Jahr wird neuer Schlamm angeschwemmt. Deshalb wird auch der ganze Boden bestellt, und man lässt keinen Teil desselben ruhen wie in Syrien und Irak; aber man muss wechseln mit der Art der Bestellung.“15

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Konnte die Bestellung der Äcker ohne Komplikationen über einen längeren Zeitraum erfolgen, gelang der Anbau eines großen Spektrums landwirtschaftlicher Produkte. In seiner für Kanzleibeamte verfassten Enzyklopädie Subh al˙ ˙ a ˇsa¯ fı¯ sina¯ at al-insˇa¯’ gibt uns al-Qalqasˇandı¯ (gest. 823/1418) folgende Über˙ sicht:

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„Was die Feldfrüchte betrifft, so werden dort unter anderen verschiedene Arten von Körnern, die zur Nahrung dienen, gebaut, wie Weizen, Gerste, Durrah, Reis, Saubohnen, Kichererbsen, Linsen, Hirse, Schwertbohnen, Felderbsen, Sesam, Safflor, Mohn, Ricinus, Rüben, Leinsamen, Klee (Trifolium Alexandrium) und andere. Zuckerrohr gibt es dort in großer Menge, ebenso Melonen und Gurken in ihren verschiedenen Farben, Corchorus olitorius, Colocasia, Kürbisse, Eierpflanzen, Spargel und verschiedene Kohlarten, sowie Knoblauch, Zwiebel, Porree, Rettich und andere. Die Aussaat der Körner am Nil geschieht, sobald er das Land verlassen hat, von der Mitte des koptischen Monats Ba¯beh (Oktober) bis zur Mitte des Tu¯behs (Januar), je nach den für das Säen erforderlichen Umständen. Oftmals findet auch die Bestellung statt, nachdem das Land durch Rinnen und Schöpfräder bewässert ist; dies geschieht am meisten in as-Sa ¯ıd (Oberägypten), besonders in den Jahren, wo Wassermangel ˙ ˙ herrscht. Im Fayyu¯m wird auch zu anderer Zeit als nach der Nilüberschwemmung das

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ˇ elebı¯/Prokosch, Seya¯hatna¯me, S. 297. 13 Evliya¯’ C ˙ Murugˇ, Bd.1, S. 162 – 163 oder Ibn Abd al-Hakam (st. 257/ 14 Siehe etwa Mas u¯dı¯ (st. 345/956), ¯ ˙ 871), Futu¯h Misr, S. 205. ˙ ˙ 15 Abd al-Lat¯ıf al-Bag˙da¯dı¯, al-Ifa¯da, S. 22 (arab. Text) bzw. S. 23 (engl. Übers.). ˙ ˘

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Der Nil während der Mamlukenzeit (1250 – 1517)

Land bestellt, an dem Flusse von el-Manha¯ (ein Nilkanal). […] An Obst gibt es dort Datteln, Weintrauben, Feigen, Granatäpfel, Pfirsiche, Pflaumen, Kirschen, Aprikosen, Äpfel, Birnen, Quitten, Mandeln, die Frucht des Rhamnus Lotus, Maulbeeren, Bananen, Oliven nur wenig und niemals wird Öl daraus bereitet, sondern sie werden nur mir Salz gegessen; ferner an bitteren Früchten Zitronen, Cedratzitronen, Orangen, Limonen in ihren verschiedenen Arten.“16

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Die meisten mamlukenzeitlichen Chronisten notierten in ihren Annalen alle besonderen Vorkommnisse, die im Zusammenhang mit dem Nil standen. Außergewöhnlich schleichende Pegelerhöhungen wurden ebenso akribisch vermerkt wie eine Verzögerung des Dammdurchstiches oder exzeptionell hohe Wasserstände. Überschritt das Oberflächenniveau des Flusses allerdings 24 ira¯ – wie etwa im Jahre 760/1360 –, setzten die Aufzeichnungen aus, da man keine Möglichkeit hatte, noch höhere Marken zu erfassen. Allerdings stiegen im Laufe des 9./15. Jh.s ganz allgemein die Pegelstände in Kairo. So spricht beispielsweise der Historiker al-Maqrı¯zı¯ (st. 845/1442) von einem als normal empfundenen ˇ elebı¯ erzählt uns bezüglich der NilMesswert von 20 ira¯ ,17 und auch Evliya¯’ C schwelle: ˘

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„Damaskus würde vom Fluss Mı¯ze zerstört werden, Bagdad vom S¸attu-l- Areb, aber ˙˙ wenn der Nil auf sechzehn Ellen ansteigt, dann gehört die ganze Ernte dem Padischah, und die Pächter, Vorsteher und Ka¯¸sif gehen leer aus; steigt er auf achtzehn Ellen, dann bekommen auch Pächter und Vorsteher ihren Teil ab; steigt er auf zwanzig Ellen, dann bleibt in ganz Ägypten kein Fleckchen Land mehr unbewässert, denn dann hat das Wasser des Nils auch das letzte Fleckchen erreicht. Alles, was darüber ist, bringt Schaden, vor dem uns Gott bewahren und nochmals bewahren möge!“18

Gründe für dieses Phänomen scheinen die schleichende Sedimentierung, der Zusammenbruch des Bewässerungssystems als Folge des nach den Pestwellen in der Mitte des 8./14. Jh.s allerorten spürbar einsetzenden wirtschaftlichen Niedergangs und die daraus resultierenden Übergriffe der Beduinen auf Siedlungen am Nil gewesen zu sein.19 Über die Trübung des Nilwassers hatte uns weiter oben bereits Jean de Joinville berichtet. Der aus Ägypten stammende Arzt Ibn Ridwa¯n (d. 453/1061) ˙ vertrat bezüglich dieser charakteristischen Eigenschaft des Strominhaltes die Meinung, dass das Wasser Ägypten zwar in reinem Zustand erreiche, dann jedoch durch die Vermischung mit dem unsauberen Boden verunreinigt würde.20 Dennoch, so Ibn Ridwa¯n weiter, sei das Nass von recht guter Qualität ˙ ˘

16 Qalqasˇandı¯, Subh al-a ˇsa¯, Bd. 3, S. 311 – 312. Zitiert nach Reitemeyer 1903, S. 25 – 26. 17 Vgl. Maqrı¯zı¯,˙ Hit˙at (Bu¯la¯q), Bd. 1, S. 60. Ebenso Qalqasˇandı¯, Subh, Bd. 3, S. 15 und Ibn Iya¯s, ˙ ˙ ˘ ˙ ˙S. 88 – 89. Nuzhat al-umam, ˇ 18 Evliya¯’ Celebı¯/Prokosch, Seya¯hatna¯me, S. 264. ˙ 19 Siehe dazu Borsch 2000. 20 Vgl. Maqrı¯zı¯, Hitat (Wiet), Bd. 5, S. 275 ff. ˘ ˙ ˙

Der Nil als Lebensspender

283

und habe einen nicht unbeträchtlichen medizinischen Nutzen. Zumindest tranken es die Ägypter ohne Bedenken, wie uns Felix Fabri in seinem Pilgerbericht erzählt: „Langsam fuhren wir diesen ganzen Tag über dahin, man ließ uns nicht aussteigen, so aßen wir, was wir in Kairo gekauft hatten, und tranken vom Wasser des heiligen Flusses, das aber trüb und lauwarm war. Der Wein in den Schläuchen war uns ausgegangen, daher hielten wir uns eben mit den Sarazenen an das Wasser. Wir tranken es aber ohne Furcht vor einer Infektion aus dem Fluss, weil wir ja wussten, dass er aus dem gesündesten Paradies hervor floss.“21

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Der Nil diente jedoch der einheimischen Bevölkerung nicht nur als Trinkwasserreservoir, sondern war auch überaus fischhaltig. Viele Historiker berichten von den Künsten der Fischer, die ihre Netze vor allem auf den im Delta entstandenen Seen, aber auch auf den Hauptarmen des Flusses auswarfen. An seichten Stellen und auf überflutetem Terrain bewegte man sich mit Hilfe von Rudern und Stangen vorwärts. Schließlich wurden aber auch Handelsgüter auf dem Nil bewegt. Im Süden bildeten jedoch für den Flussverkehr die Stromschnellen zwischen Ägypten und Nubien ein unüberwindbares Hindernis. Die Schiffsladungen mussten zum Weitertransport ausgeladen und am Ufer bis hinter die Wasserfälle getragen werden. Über das Aussehen der Nilschiffe während der Mamlukenzeit sind wir recht gut unterrichtet. Der türkische Seefahrer und Kartograph Pı¯rı¯ Re’ı¯s (st. 961/ 1553 – 4)22– Neffe des berühmten Kema¯l Re’ı¯s (st. 916/1510 oder 917/1511) und nach 954/1547 Kommandeur der in Suez stationierten Osmanischen Flotte – fügte in seine 928/1521 verfasste und fünf Jahre später von ihm selbst überarbeitete Nautik („Kita¯b-i Bahriyye“) eine Reihe von detaillierten Karten ein. ˙ Unter anderem findet sich ein Kairo-Plan23, dessen Prototyp mit großer Sicherheit aus der Hand des Verfassers stammt.24 In die Mitte seiner Zeichnung hat Pı¯rı¯ Re ¯ıs die Abbildungen von vier verschiedenen Nilschiffen plaziert. Freundlicherweise hat uns Pı¯rı¯ Re’ı¯s zu jedem Schiffstyp eine kurze Erklärung gegeben. So heißt es bei dem ersten Boot: gˇerim bu ˇsekildir („So sieht ein gˇerimBoot aus.“). Die nächsten beiden Wasserfahrzeuge bezeichnet er als qayya¯sa (bu 21 Felix Fabri, Galeere und Karawane, S. 239 – 240. 22 Auf das Leben und Werk von Pı¯rı¯ Re’ı¯s geht ein: Kahle 1927, Afetian 1975, Soucek 1992 und 1995. 23 Siehe dazu Soucek 1990. Hingewiesen werden soll in diesem Zusammenhang auf den frühesten europäischen Stadtplan der ägyptischen Hauptstadt: Im Jahre 1546 fertigte ein gewisser Domenico della Greche während seiner Pilgerreise in das Heilige Land eine Reihe von Zeichnungen an, die er später in Venedig drucken ließ. Darunter befindet sich auch ein überaus genauer und aufschlussreicher Aufriss Kairos. Siehe dazu Meinecke-Berg 1976. 24 Pı¯rı¯ Re’ı¯s, Kita¯b-i Bahriyye, S. 715. Ein sehr schöner Farbdruck dieser Karte findet sich in ˙ ¯ me, Bd. 10, im Anschluss an S. XXXVIII. ˇ elebı¯, Seya¯hatna Evliya¯’ C ˙

284

Der Nil während der Mamlukenzeit (1250 – 1517)

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gˇ ins gemiye qayya¯sa derler = „Diese Schiffsart wird qayya¯sa genannt.“) bzw. aqaba ( aqaba bu ¸sekildir = „So sieht ein aqaba-Boot aus.“). Bei dem letzten Gefährt liest man schließlich: berber gemisi, Sa ¯ıd ilinhden gelir ; adına ˇsa¯htu¯r ˙ ˙ derler, also „Ein Berberschiff – es kommt aus Sa ¯ıd, und sie nennen es ˇsa¯htu¯r.“ ˙ Die türkischen Bezeichnungen decken sich mit den gängigen arabischen Termini: gˇerim meint gˇarm, d. h. ein großes Nilboot, das von den hochseegängigen Schiffen die Waren übernahm und flussaufwärts weitertransportierte.25 Bei der qayya¯sa nun handelt es sich um ein kleines, leichtes Boot, das man auf dem Fluss häufig antreffen konnte.26 Unter einer aqaba verstand man eine Art Schmuckschiff, das in erster Linie zu festlichen Anlässen zu sehen war.27 Der Bootstypus ˇsa¯htu¯r schließlich diente offenbar meist als Fähre, die die Bevölke˙ rung über den Nil von Kairo nach Gizeh brachte.28 Das Beiwort ,Berber‘ bezieht sich in diesem Fall nicht auf die nordafrikanischen Berberstämme, sondern ist ein osmanischer Begriff für Oberägypten und den Sudan. Im Gegensatz zu vielen anderen ägyptischen Städten war Alexandria nicht gut an den Nilverkehr angebunden.29 Man hat aus diesem Grund des Öfteren einen Kanal ausgehoben, der vom Nil bis in die Stadt führte. Die naturräumlichen Schwierigkeiten erwiesen sich jedoch als zu groß. Spätestens ab der Mitte des 8./ 14. Jh.s konnte kein Schiff mehr diesen Weg benutzen. Reisende waren gezwungen, erst auf dem Nil bis nach Rosette zu fahren und von dort aus den Landweg zu nehmen. Händler und Kaufleute transportierten hingegen ihre Güter lieber über das offene Meer nach Alexandria. Diese Route barg jedoch vor allem auf Grund der vielen Sandbänke große Gefahren. Darüber hinaus musste man die Waren von den flachgängigen Schiffen auf hochseetüchtige Boote umladen, was Geld und vor allem viel Zeit kostete. Handelte es sich um europäische Güter, die von Alexandria aus weiterbefördert werden sollten, so stand zur Entladung nur der nicht in ausreichendem Maße gegen Angriffe von außen geschützten Osthafen zur Verfügung. Aus diesem Grund blieb Fu¯wa mit seinen großen Lagerräumen lange Zeit der wichtigste ägyptische Umschlagshafen. Aber auch im Süden gab es verkehrstechnische Probleme: Die Katarakte oberhalb von Assuan bildeten für die Schifffahrt Hindernisse, die nur unter großen Schwierigkeiten überwunden werden konnten. Überhaupt war lange Zeit hier der Ausbreitung des Islam nach Süden hin eine Grenze gesetzt. Letzten Endes fasste die Religion der nördlichen Nachbarn erst im 13./19. Jh. im Su¯da¯n richtig Fuß. Dieses Phänomen ist vor allem deshalb bemerkenswert, wenn man ˘

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25 26 27 28 29

Vgl. Kindermann 1934, S. 16 – 17. Vgl. Kindermann 1934, S. 86 – 87. Vgl. Kindermann 1934, S. 66 – 67. Vgl. Kindermann 1934, S. 47 – 48. Vgl. Kahle 1922, insbesondere S. 69 – 81.

Der Nil als Stätte der Erinnerung

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bedenkt, eine wie große Rolle der Nil vorher bei der Christianisierung Nubiens gespielt hatte.30 Der Nil war, insgesamt gesehen, die zentrale Lebensader Ägyptens. Er allein sorgte für eine ausgedehnte Agrarkultur in einem ansonsten wenig fruchtbaren Land. Seit Menschen Gedenken hatte man sich damit beschäftigt, den Segen des stets wiederkehrenden Hochwassers bestmöglich zu nutzen. Die Mamluken erfanden daher auch keine wesentlich neuen Anbautechniken und ersannen auch keine von ihren Vorgängern abweichenden Arten der Wasserstandsmessung oder Bewässerung. Vielmehr setzten sie die etablierten Traditionen fort. Diese Kontinuität lässt sich allerdings nicht nur in den praktischen Dingen des bäuerlichen und städtischen Alltags beobachten, sondern kommt auch in der Festkultur und im kollektiven Gedächtnis der Menschen zum Vorschein.

2.

Der Nil als Stätte der Erinnerung „Denn es ist, ist immer, möge des Volkes Redeweise auch lauten: Es war. So spricht der Mythus, der nur das Kleid des Geheimnisses ist; aber des Geheimnisses Feierkleid ist das Fest, das wiederkehrende, das die Zeitfälle überspannt und das Gewesene und Zukünftige seiend macht für die Sinne des Volkes. Was Wunder, dass im Feste immer das Menschliche aufgärte und unter Zustimmung der Sitte unzüchtig ausartete, da darin Tod und Leben einander erkennen?“ (Thomas Mann, Joseph und seine Brüder. Vorspiel. Höllenfahrt)

Die alljährliche Nilschwemme bildete, wie gesagt, während der Mamlukenzeit die Existenzgrundlage Ägyptens. Insofern mag es auch nicht erstaunen, dass die Bevölkerung dem Fluss nicht nur in Form von Mythen, Legenden und Gedichten huldigte, sondern ihm alljährlich sowohl durch – von der Obrigkeit organisierte – prächtige Festivitäten als auch durch allseits beliebte Volksfeste seine Referenz erwies und sich seiner Funktion als Lebensspender stets aufs Neue vergegenwärtigte. Nichts kann besser die kollektive Erinnerung lebendig halten und den Symbolgehalt eines Ortes vor Augen führen und festigen als gemeinsame feierlich begangene zeremonielle Handlungen anlässlich eines mit der Stätte verbundenen Ereignisses.

30 Siehe dazu etwa Kraus 1930 und Cuoq 1986.

286 2.1.

Der Nil während der Mamlukenzeit (1250 – 1517)

Das Fest des Pegelhöchststandes (wafa¯’ an-Nı¯l)

Jedes Jahr rief man sich die allgemeine Abhängigkeit von dem gesegneten Strom vor allem vermittels des großen Festes anlässlich des Pegelhöchststandes ins Gedächtnis. Der bereits weiter oben erwähnte Ibn Duqma¯q gibt uns eine sehr anschauliche und darum hier ungekürzt wiedergegebene Beschreibung der festlichen Stimmung und der während dieser Feierlichkeiten durchgeführten Zeremonien: „Bei 16 Ellen hat der Nil vollkommen die erforderliche Höhe erreicht. Sobald dies der Fall ist, wird über dem großen Fenster, welches sich Misr (Fusta¯t) gegenüber befindet, ˙ ˙ ˙ ein gelber Schleier aufgehängt. Dies ist das Zeichen, dass der Nil seine volle Höhe erreicht hat. Der Statthalter von Fusta¯t hängt diesen Schleier auf. Diese Nacht ist in Misr ˙ ˙ ˙ etwas Großartiges. Die Bewohner von Misr und Roda brennen Lichter und Lampen an. ˙ Alle Schiffe sind in dieser Nacht vermietet und werden von einer großen Menschenmenge befahren. Die Hura¯ka¯h genannten Schiffe der Emire sind geschmückt, und Trommeln für Naphtha (letzteres wohl für die Beleuchtung oder für Feuerwerke) werden in sie hineingetragen, und verschiedenartige Verzierungen werden an ihnen angebracht. Der Stellvertreter des großen Sultans ist in dem Gebäude des Nilmessers zugegen, ebenso der Vorsteher der Schatzkammer des Sultans, und in seiner Begleitung sind die, welche die Stelle eines Garderobenbewahrers einnehmen. Sie haben Ehrengewänder bei sich für die, denen dieselben gewöhnlich zukommen. Mehrere Vorleser sind zugegen, die den Koran in dieser Nacht bei dem Bassin lesen. Auch sind Sänger anwesend, welche vor denen, die sich im Hause des Nilmessers aufhalten, vom Abend bis zum Tagesanbruch singen. Am Morgen des Tages, der dieser Nacht vorausgeht, hat man Braten, Süßigkeiten und Früchte bereitet und in Reihen aufgestellt. Der Sultan ist zugegen, oder einer der vornehmsten Emire, der ihn vertritt; die ägyptischen Kalifen waren selbst anwesend. Er setzt sich vor jenen Reihen von Speisen hin und gibt die Erlaubnis, worauf das Volk sich ihrer bemächtigt, ohne dass es daran gehindert wird. Wenn dieses geschehen ist, stellt sich der Sultan oder der Emir, der ihn vertritt, an das Bassin und hält in der Hand eine Schale voll Safran, der mit Wasser flüssig gemacht worden ist. Er reicht dieselbe dem Ibn Abı¯ ar-Radda¯d,31der sie aus seinen Händen empfängt und sich darauf mit seinen Kleidern in das Bassin stürzt. Er hält dabei die Schale in der Hand und salbt die Säule mit dem Safran. Dann geht der Sultan oder sein Stellvertreter und setzt sich unter den Schleier und verteilt die Ehrengewänder unter die, für welche sie bestimmt sind, den Statthalter von Fusta¯t, die Kapitäne der Schiffe ˙ ˙ des Sultans und die Kapitäne der Schiffe der Emire und die anderen, denen dies gewöhnlich zukommt. Darauf fährt er in seiner Hura¯ka¯h nach dem Damm. Wenn er dort ankommt, findet er den Stellvertreter des Sultans (dies ist der Titel eines hohen Beamten) oder den Oberkammerherrn und viele der vornehmsten Emire, die auf der Brücke des Dammes stehen. Die Trommeln des Sultans werden auf Pferde geladen, und 31 Nachdem der Kalif al-Mutawakkil den Nilmesser erbaut hatte, ernannte er Abu¯ ar-Radda¯d zum Aufseher über die Anlage. Das Amt blieb – zumindest bis in die Zeit al-Maqrı¯zı¯s – in der Familie von Abu¯ ar-Radda¯d. Vgl. Maqrı¯zı¯, Hitat (Bu¯la¯q), Bd. 1, S. 57 ff. ˘ ˙ ˙

Der Nil als Stätte der Erinnerung

287

alle stellen sich auf der Brücke des Dammes auf. Wenn der, welcher der Feierlichkeit der Salbung des Nilmessers vorgestanden hat, am Damm angelangt ist, beginnt man denselben zu durchstechen, und er ist bald durchbrochen. Es ist ein Tag großer Freude für die Bewohner von Misr und Fusta¯t ; die Basare sind zum Zeichen der Freude ˙ ˙ ˙ geschlossen, und auch unter den anderen Bewohnern Ägyptens herrscht Frohsinn.“32

Neben dem offiziell zur Schau gestellten Prunk der Herrschaftselite gab es auch ein Volksfest. Hasan b. Muhammad, der später zum Christentum konvertierte ˙ ˙ und den Namen Leo Africanus annahm, nahm im Jahre 923/1517 an einem solchen Ereignis teil. Er berichtet: „Nach jenen Tagen, in denen der Nil steigt, wird in Kairo ein großes Fest gefeiert mit Geschrei und Musik von so vielen Arten von Instrumenten, dass die ganze Stadt in Aufruhr geraten zu sein scheint. Jede Familie nimmt ein Fahrzeug, das sie mit feinen Stoffen und schönen Teppichen schmückt. Sie nehmen einen großen Vorrat von verschiedenen Sorten von Fleisch und Süßigkeiten mit sich, sowie schöne Wachsfackeln. Die ganze Bevölkerung befindet sich in Kähnen und ein jeder erfreut sich in einer seinem Stande entsprechenden Weise. Der Sultan selbst kommt hinzu mit den vornehmsten Herren und Offizieren und begibt sich nach dem Kanal, welcher der Hauptkanal genannt wird, der durch einen Damm abgesperrt ist. Der Sultan nimmt eine Axt in die Hand und beginnt die Mauer zu durchbrechen; das gleiche tun auch die ersten Würdenträger. Wenn jener Teil der Mauer (in Wirklichkeit ist es wohl ein Erddamm), der das Wasser zurückhielt, durchbrochen ist, strömt der Nil mit großer Gewalt herein, ergießt sich durch diesen Kanal und tritt in alle Kanäle der Vorstädte und auch der Stadt selbst ein, so dass an diesem Tage Kairo Venedig gleicht, und man zu allen Wohnungen und Ortschaften in Ägypten mit einem Kahne gelangen kann. Dieses Fest dauert sieben Tage und sieben Nächte, so dass das, was ein Kaufmann oder Handwerker in einem ganzen Jahr eingenommen hat, in dieser Woche für Mahlzeiten, Süßigkeiten, Fackeln, Wohlgerüche und Musik ausgegeben wird. Dies ist noch ein Überrest der Feste der alten Ägypter.“33

Letztlich hatte das Fest des Pegelhöchststandes offiziellen Charakter.34 Die mamlukische Herrschaftselite nahm ebenso wie schon vorher die Repräsentanten der Fa¯timiden und Ayyubiden sowohl an der Salbung des Nilmessers ˙ (tahlı¯q al-miqya¯s) wie auch an den Feierlichkeiten anlässlich des Pegelhöchst˘ 35 standes teil. Dieser Tradition entzogen sich nach 923/1517 auch die osmaniˇ elebı¯ gibt uns eine äußerst lebhafte Beschreischen Statthalter nicht. Evliya¯’ C bung der mit dem Nildurchstich verbundenen Ereignisse: „Viele Tausend Theologen, Mystiker, Scheiche, Prophetennachkommen und andere Männer von Rang erheben ihre Hände zum frommen Gebet und zum Lob Gottes und 32 33 34 35

Ibn Duqma¯q, al-Intisa¯r, S. 114. Zitiert nach Reitemeyer 1903, S. 49 – 50. ˙ S. 451. Zitiert nach Reitemeyer 1903, S. 51. Leo Africanus, Viaggio, Vgl. Shoshan 1993, S. 72 – 73. Vgl. beispielsweise Maqrı¯zı¯, Hitat (Bu¯la¯q), Bd. 1, S. 387 – 88 und 490 – 496. ˘ ˙ ˙

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reiben die Hände ans Gesicht. Am 1 Tevt (Thot) […] besteigt der Subas¸ı sein Boot auf dem vor der Mündung des Kanals aufgeschütteten Erdhaufen, und sogleich machen sich viele tausend primitive Beduinen daran, diesen Erdhaufen fortzuschaffen, und dann – o Wunder Gottes! – bahnt sich der wie ein Meer aufgestaute Nil seinen Weg und stürzt donnernd in den Kanal, während die Scheiche Fa¯tiha und Fa¯tiha beten, um die ˙ ˙ Hilfe Gottes herabzuflehen, und auf allen Ak. abe-Schiffen werden eine Geschütz- und Flintensalve abgefeuert, dass man meinen könnte, der Jüngste Tag bricht an. Das Schiff des Subas¸ı wird fortgerissen und schießt nach Kairo hinein wie ein Pfeil von der gespannten Sehne. Jetzt werden die zweihundert Schafe und die fünfzig Kamele geopfert, die der Muhtesib schon vorher am Ufer des Nils bereitgestellt hat, und die ˙ Beduinen stürzen sich unter lautem Geschrei auf das Fleisch. Dann werfen der Muh˙ tesib und der Vekı¯l-Harc (Majordomus) des Paschas die oben erwähnten zweitausend ˘ Zuckerhüte, die zweitausend Büchsen pama¯-Zucker, die vielen tausend Batma¯n Obst, ˙ die achtzig Kamelladungen Brot und die fünfzig K. anta¯r Zwieback samt und sonders in ˙ den Nil. Da aber stürzen sich viele tausendprimitive Beduinen hinter diesen Lebensmitteln in den Strom, dass es aussieht wie beim Jüngsten Gericht. Der Nil wirft sie durcheinander und trägt sie fort, aber von den vom Muhtesib in den Nil geworfenen ˙ Sachen geht nichts verloren, alles wird wieder herausgefischt und ans Ufer gebracht, und dabei kommt gottlob kein einziger dieser Beduinen, die ja auch Menschen sind, zu Schaden. Ich Geringer nannte das Ganze damals einen Markt der armen Teufel, und es sah ja wirklich aus, als ob diese armen Teufel durch einen Trompetenstoß des Todesengels I˙sra¯fı¯l aus den Gräbern geholt worden wären. Dieser Brauch, am Tage des NilDurchstichs so viele Gottesgaben in den Nil zu werfen, entspricht in etwa dem heidnischen Brauch, an diesem Tag ein reichgeschmücktes, wunderschönes Mädchen in den Strom zu werfen. […] So also geht es bei dem sogenannten Nil-Durchstich zu, der auf der ganzen Welt nicht seinesgleichen hat. Es ist ein allseits beliebtes Spectaculum und wahrhaft sehenswert – in allen Geschichtsbüchern wird davon berichtet. Der Pascha schaut sich dieses sonderbare Schauspiel an und verleiht dann sechs Personen Ehrenkleider : dem Ag˙a, der den Kanal gesäubert hat, dem Aufseher über die Wasserräder, dem Subas¸ı, dem Muhtesib und seinem eigenen Vekı¯l-Harc. Dann lässt er die Anker lichten und fährt ˙ ˘ wieder mit klingendem Spiel und nach beiden Seiten grüßend den Nil hinauf bis zum Schloss des Nilmessers. Hier steigt der Pascha mit allen Kriegern, Notabeln und Kommandeuren aus, verrichtet das Mittagsgebet und dankt Gott tausendmal und abertausendmal für den Nil-Durchstich. Danach gibt der Pascha für die Notabeln von Kairo ein muhammedanisches Gastmahl, bei dessen Schilderung die Sprache versagt. Bei dieser Gelegenheit lädt der Janitscharenag˙a den Pascha für den nächsten Morgen zu einem Gastmahl beim K. ademü-n-Nebı¯ (Trittsiegel des Propheten) ein, und der Pascha antwortet: ,Aber diese Einladung ist doch gar nicht nötig!‘ Nach dem Mahl nehmen die Mitglieder des Dı¯va¯n, die Theologen, Prophetennachkommen und Notabeln vom Pascha Urlaub, und jeder fährt wieder nach Hause, wo er sich bei Musik vergnügt und ergötzt, aber alles verläuft in geordneten Bahnen. In jener Nacht ergötzt sich der Pascha im Lusthaus des Nilmessers. Dann ist zu Wasser und zu Land: auf den zweitausend Schiffen auf dem Nil und in den Häusern in Alt-Kairo alles mit Lampions, Laternen und Fackeln geschmückt, deren Zahl nur Gott allein kennt, so dass die finstere Nacht taghell

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erleuchtet wird; und der Vekı¯l-Harc des Paschas hat das Lustschloss des Nilmessers mit ˘ so vielen Lampen ausgestattet, dass das ganze Gebäude wie ein Leuchtturm im Garten des Paradieses aussieht. Allenthalben werden große und kleine Trommeln gerührt, Oboen geblasen und Pauken geschlagen, und diese typisch ägyptische Lustbarkeit dauert bis in die frühen Morgenstunden. Stündlich werden zu Wasser und zu Land viele hunderttausend Flinten und Kanonen abgefeuert, dass Himmel und Erde davon widerhallen. In allen Häusern von Alt-Kairo aber, auf allen Ak. abe-, Cerim- und anderen Schiffen und in den großen und kleinen Zelten zu beiden Seite des Stromes treten Sänger und Musikanten auf, dass es aussieht wie eine Zusammenkunft bei Hüseyn-i ˙ Bayk. ara¯, und wohin man blickt, ist eitel Freude und fröhliche Unterhaltung. Alle Welt gibt sich dem Frohsinn hin, und auf den Booten finden allenthalben die Verliebten zueinander.“36

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Der Tag des Nildurchstiches endete mit einem ungemein prächtigem Feuerwerk,37 wobei das offizielle Programm alles in allem sieben Tage und sieben Nächte andauerte.38 Dieses mit dem lebensspendenden Strom unmittelbar verbundene und festlich begangene Wir-Gefühl wurde aber auch jedes Mal rituell erneuert, wenn der Nil einmal im Steigen stockte: Die Kadis der Stadt mussten sich dann nämlich unverzüglich versammeln, um durch ihre Gebete Gott zum Ansteigen des Flusses anzuflehen. So schreibt Ibn Iya¯s (st. 930/1524) in seinem Nasˇq alazha¯r fı¯ agˇa¯’ib al-aqta¯r über das Jahr 775/1373: ˙

„Die Nilschwelle verzögerte sich bis Nawru¯z, wobei der Pegel zwei Finger unter dem (notwendigen) Höchststand zurückblieb. Dann fiel er wieder, und die Leute sorgten sich sehr. Daraufhin befahl der Sultan den Leuten die Verrichtung der (üblichen) Regengebete. Eine große Zahl Religionsgelehrter und frommer Männer betete (also) zu Gott, dem Erhabenen. Noch an demselben Tag stieg das Wasser um fünf Finger. Erneut kamen die Leute zur Durchführung des Regengebetes (aus ihren Häusern). Danach gab es einen so starken Regen, dass die Böden feucht wurden. Die Menschen konnten nun einige Samen aussäen.“39

Meistens fand dieses Gebet naturgemäß am Nilmesser selbst statt, aber in früherer Zeit wurde am Mausoleum des Sultan Barqu¯q (reg. 792 – 797/1390 – 1399) eine Kanzel errichtet, von der aus ein Oberkadi in Anwesenheit des Kalifen, der Koranrezitatoren und einer unübersehbaren Menschenmenge eine Predigt hielt. Ibn Iya¯s berichtet hingegen in seinem eben erwähnten Buch in einem Eintrag für das Jahr 823/1420, dass der Sultan, wenn es hart auf hart kam, persönlich zum Gebet in die Wüste zog:

36 37 38 39

ˇ elebı¯/Prokosch, Seya¯hatna¯me, S. 283 – 285. Evliya¯’ C ˙ ¯ hatna¯me, S. 285 – 287. ˇ elebı¯/Prokosch, Seya Vgl. Evliya¯’ C ˇ elebı¯/Prokosch, Seya¯h˙ atna¯me, S. 287 – 293. Vgl. Evliya¯’ C Ibn Iya¯s, Nasˇq al-azha¯r, fol. 295a. ˙

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Der Nil während der Mamlukenzeit (1250 – 1517)

„Im Jahre 823 (1420) verzögerte sich die Nilschwemme, und der Weizenpreis stieg. Auch in den nächsten Tagen blieb das Wasser aus. Daraufhin ordnete der Sultan in Kairo ein dreitägiges Fasten an. Trotzdem stieg der Pegel nicht um einen Finger. Daraufhin kamen der Sultan und der Kalif sowie die Gelehrten, Kadis und frommen Männer zusammen mit dem Volk heraus (aus ihren Häusern), um (gemeinsam) das Regengebet zu verrichten. Der Sultan40 zog sich ein weißes Wollgewand an. Auf seinem Haupt befand sich ein (ebenfalls) weißes Tuch, das um einen runden Turban gewickelt war und dessen einer Zipfel ihm über die Schulter hing. Nachdem er [d.h. der Sultan, S. ˘ ala¯l ad-Dı¯n C.] sich (so bekleidet) in die Wüste begeben hatte, hielt dort der Oberkadi G 41 al-Bulqı¯nı¯ eine Predigt, in der er Gott auf übliche Weise um Regen bat. Der Sultan warf sich ohne Teppich zum Gebet in den Sand, vergoss einige Tränen und bat Gott, den Erhabenen, demütig um die Erfüllung seines Wunsches. Der Sultan kehrte nach Kairo zurück, und am übernächsten Tag stieg der Nil um 12 Finger. Er schwoll weiter an, bis der (notwendige) Höchststand erreicht war. Der Nil war (aber dennoch in diesem Jahr mit seinem Wasser sehr) sparsam: Das Wasser erreichte nur die Hälfte der Böden. Es kam eine Dürre, und Seuchen brachen aus.“42

Wenn jedoch der Wasserstand im Anschluss an die gemeinsamen Gebete in ausreichendem Maße anstieg, wie es oft bezeugt ist, bewirtete der Sultan alle Anwesenden auf das großartigste.43

2.2

Nawru¯z

Das Fest des Pegelhöchststandes fiel in etwa mit dem überall in Ägypten gefeierten Neujahresfest (nawru¯z) zusammen.44 Man setzte den Beginn eines neuen Jahres nämlich nicht wie anderswo an den Frühlingsanfang, sondern datierte dieses Ereignis auf den ersten Tag des koptischen Monats Tho¯t, was dem 29. August entsprach.45 In aller Öffentlichkeit trank man Wein und Bier, und die Leute machten sich fein und tauschten Geschenke aus. Aber vor allem war es eine Zeit der Narretei: Überall bespritzte man sich und andere mit Wasser. Das gemeine Volk lauerte Reisenden auf, um sie mit Dreckwasser oder Wein zu besudeln. Es kam auch vor, dass man sich auf den Straßen gegenseitig Fußtritte versetzte oder mit Lederriemen aufeinander einschlug. Selbst Emire und andere Notabeln entgingen dem derben Schabernack nicht. Nur durch die Zahlung ˘

40 In diesem Fall al-Mu ayyad Sˇayh (reg. 815 – 824/1412 – 1421). ˘ ala¯l ad-Dı¯n al-Bulqı¯nı¯ 41 Zu dem ˇsa¯fi itischen Oberkadi ˘(von 804/1401 bis zu seinem Tode) G (st. 624/1421) siehe Saha¯wı¯, Daw , Bd. 4, S. 106 – 114 und Ibn al- Ima¯d, Sˇadara¯t, Bd. 7, S. 166. ¯ ˘ fols.˙299a–b. 42 Ibn Iya¯s, Nasˇq al-azha¯r, 43 Vgl. etwa Ibn Tag˙rı¯birdı¯ (st. 874/1470), Nugˇu¯m, Bd. 7, S. 206 und Ibn Iya¯s, Bada¯’i , Bd. 4, S. 133, 188 und 231. 44 Vgl. zum folgenden Abschnitt Shoshan 1993, S. 40 – 52. 45 Vgl. Lietzmann/Aland 1956, S. 81. Eine Vergleichstabelle des koptischen Kalenders mit dem christlichen des julianischen Gemeinjahres findet sich bei Müller-Wodarg 1954, S. 184. ˘

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einer gewissen Summe konnten sie sich von den Belästigungen freikaufen. In vielen Häusern fanden Wasserspiele statt, an denen Frauen wie Männer teilnahmen. Ziel war es natürlich, den anderen so nass zu machen, dass die Körperumrisse deutlich zu sehen waren. Höhepunkt der Albernheiten war die Prozession des von der Kairener Bevölkerung gewählten ,Nawru¯z-Emires‘. Nackt oder in rot bzw. gelb gekleidet musste er auf einem kleinen hässlichen Eselchen durch die Gassen reiten. Sein Gesicht beschmierte man mit Kalk oder Mehl. Außerdem wurde ihm ein Wollbart verpasst und eine Narrenkappe aus Palmenblättern (tartu¯r) auf den Kopf gesetzt. Als ,Oberhaupt‘ des Mobs hielt er ˙ ˙ eine Art Steuerliste in der Hand, mit der er die Häuser der Reichen und der Würdenträger aufsuchte. Diesen überreichte er einen Schuldbrief, den es zu begleichen galt. Jeder, der sich zu zahlen weigerte, beschimpfte und verfluchte die Menge. Meistens wurden die armen Opfer so lange belästigt und drangsaliert, bis sie zu guter Letzt das Geld doch herausrückten. Die Ursprünge des Festes sind nur schwer zu eruieren. Möglicherweise fungierten die römischen Saturnalien oder altiranische sowie altägyptische Feierlichkeiten als Vorbilder. Ihnen allen wohnte ein gesellschaftskritisches Element inne. So erinnern etwa die Saturnalien an das Goldene Zeitalter (Saturnia regna), das herrschte, als der Bauern- und Erntegott Saturnus, also der Vater des Jupiter, als König fungierte. Der Unterschied zwischen Herren und Sklaven war aufgehoben, Sklaven genossen ihre Freiheit, speisten mit ihren Herren oder wurden von ihnen bedient. Feste wie die Saturnalien und Nawru¯z besaßen immer auch einen karnevalesken Charakterzug. Es war eine Zeit, in der die bestehende gesellschaftliche Ordnung durchbrochen werden durfte. In seinem grundlegenden Werk Popular Culture in Early Modern Europe meint Peter Burke sogar : „Every festival was a miniature Carnival because it was an excuse for disorder and because it drew from the same repertoire of traditional forms, which included processions, races, mock battles, mock weddings, and mock executions.“46

Letzten Endes diente auch das Nawru¯z-Fest als geduldeter Ausgleich für die ansonsten hart arbeitende und in sozialen Zwängen lebende Bevölkerung. Die vermittels der gemeinsam begangenen ,Gleichheitsriten‘ (Bachtin) herbeigeführte symbolische Umkehrung der bestehenden Verhältnisse und Normen führte dazu, dass gesellschaftliche Spannungen, auf die man während des Festes hinwies, für einige Tage abgebaut werden konnten. Es war zum Erhalt des Sozialgefüges wünschenswert, dass die inneren Akkus der Beteiligten, die im Anschluss an die Feiern leer sein sollten, sich nach einer gewissen Zeit des 46 Burke 1978, S. 199. Zum Karneval im mittelalterlichen Europa siehe auch LeRoy Ladurie 1979, Heers 1971 und 1983 sowie Bachtin 1990.

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erneuten Spannungsaufbaus dann erst wieder beim nächsten Fest entluden. Vielen konservativen mamlukenzeitlichen Gelehrten war die Teilnahme von Muslimen an den ursprünglich nicht-muslimischen Nawru¯z-Feierlichkeiten ein Dorn im Auge. Thematisiert finden wir diese als unstatthafte Neuerungen (bida ) angeprangerten Verhaltensweisen in der sogenannten ,Anti-bida -Literatur‘.47 In seinem Werk K. al-Luma fı¯ l-hawa¯dit wal-bida gibt uns der hanafitische Ge¯ ˙ ˙ lehrte at-Turkuma¯nı¯ (lebte im 8./14. bzw. 9./15. Jh.) bezüglich der Partizipation von Muslimen an unislamischen christlichen Festen folgendes interessantes Argument an die Hand:48 Ein guter Muslim dürfe sein Vermögen nicht unnütz ausgeben oder verschleudern. Seine Teilnahme an christlichen Festen sei nicht nur eine bedrohliche Nachahmung der anderen, die sich den Weg zum Paradies selbst verbauten, sondern mehr noch eine üble Tat der Verschwendung. Der Muslim feiere dennoch koptische Feste wie Nawru¯z oder Jesu Geburt. Er gebe daher viel Geld aus, um für seine Familie überflüssige Dinge wie Wassermelonen, Zuckerrohr, Süßspeisen, Kerzen, Stroh und Weihrauch zu kaufen. Außerdem beschäftige er sich aus gegebenen Anlass mit der Färbung von Eiern und höre vulgäre Musik. Hinzu käme die unter Muslimen weit verbreitete Sitte, koptische Mönche zu besuchen, um von ihren Hostien zu essen und von ihnen einen Segen zu empfangen. Manche Muslime machten den Kirchen und Klöstern sogar Weihgeschenke. All diese Taten, so at-Turkuma¯nı¯, öffneten den bida Tür und Tor und seien aus diesem Grund insgesamt verdammenswert. Wie auch schon Ibn Taymı¯ya (st. 728/1328) vor ihm49 kämpfte at-Turkuma¯nı¯ gegen die Übernahme christlich-koptischer Bräuche durch die muslimischen Ägypter. Neben der Philippika gegen Nawru¯z finden wir in at-Turkuma¯nı¯s K. al-Luma einschlägige Bemerkungen zu dem zur Zeit der Nil-Schwemme als Zeichen des Dankes gefeierten Märtyrerfestes50 sowie zu dem von Jung und Alt gemeinsam feierlich begangenen Karsamstag.51 Unter Muslimen sei es, so der Autor, schändlicherweise weit verbreitet, am Karsamstag wie die Kopten Dill als Symbol des Segens und der Verbundenheit mit Gott zu kaufen sowie sich die Augen mit schwarzer Schminke zu bemalen. Darüber hinaus gingen muslimische Frauen an diesem Tag öffentlich baden, wobei sie sich mit einem bestimmten Grünzeug massieren ließen. Mit ihren scharfen Verurteilungen des Nawru¯z-Festes standen Ibn Taymı¯ya und at-Turkuma¯nı¯ nicht allein da. Auch der ma¯likitische Rechtsgelehrte Ibn al-Ha¯gˇgˇ (st. 737/1336) schreibt in seinem al˙ Madhal titulierten Anti-bida -Werk, dass zahlreiche muslimische Männer und ˘ ˘

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47 Zu diesem Genre siehe Fierro 1992 und Rispler 1992. 48 Vgl. Turkuma¯nı¯, K. al-Luma , Bd. 1, S, 293 – 302. 49 Insbesondere in seinem K. al-Iqtida¯’ as-siraa¯t al-mustaqı¯m muha¯lafat asha¯b al-gˇah¯ım [= ˙ ¯˙ya, ˙ al-Iqtid ˙ ˙˙ ˙ Ibn Taymı¯ya, al-Iqtida¯’ bzw. Ibn Taymı a¯’ (Menon)]. ˘ ˙ 50 Vgl. Turkuma¯nı¯, K. al-Luma , Bd. 1, S, 311 – 316. ˙ 51 Vgl. Turkuma¯nı¯, K. al-Luma , Bd. 1, S, 303 – 310. ˘ ˘

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Frauen verwerflicher Weise an christlichen Festivitäten mitwirkten. Dort begingen sie, so Ibn al-Ha¯gˇgˇ, alle möglichen unstatthaften Handlungen, an deren ˙ Vollzug sie die Obrigkeit bedauerlicherweise in keiner Weise hinderte.52 Aus der Sicht des konservativen a¯lim dürften überhaupt nur drei Feste offiziell in einem islamischen Land gefeiert werden: das Opferfest, das Fest des Fastenbrechens und der a¯ˇsu¯ra-Tag.53 Alle anderen – auch die etwa aus Anlass der prophetischen Himmelfahrt (mi ra¯gˇ) oder zu Muhammads Geburtstag54 – seien vollkommen ˙ unzulässige Neuerungen und damit Abirrungen von der Praxis des wahren Glaubens. Gänzlich unerträglich war Ibn al-Ha¯gˇgˇ die laxe Haltung der musli˙ mischen Autoritäten hinsichtlich der von ihm in seinem Buch immer wieder eingeforderten Geschlechtertrennung während jeder offiziellen Feier.55 Besonders anstößig fand er die Anwesenheit von Frauen in den Moscheen: ˘

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„Frauen sollten sich (in der Moschee doch eigentlich) an einem von den Männern getrennten Ort aufhalten. Das Gegenteil ist (jedoch) heutzutage der Fall: Sie vermischen sich mit den Männern, und an Festtagen findet man die Gebetshäuser voller Weibsbilder.“56

Spiegeln die Werke Ibn Taymı¯yas, at-Turkuma¯nı¯s und Ibn al-Ha¯gˇgˇs haupt˙ sächlich den Diskurs orthodoxer Rechtsgelehrter wider, so erhielten sie doch von politischer Seite Unterstützung: Vor allem infolge des massiven Vorgehens al-Malik an-Na¯sir Muhammads (reg. 693 – 694/1293 – 1294, 698 – 708/1299 – ˙ ˙ 1309 und 709 – 741/1310 – 1341) gegen die Christen kam es unter den Kopten im ersten Viertel des 8./14. Jh.s zu einer großen Bekehrungswelle hin zum Islam.57 Bereits 782/1380 waren unter Androhung drastischer Strafen die Wasserspiele zu Nawru¯z untersagt worden.58 787/1385 verbot Sultan Barqu¯q (reg. 784 – 791/ 1382 – 1389 und 792 – 801/1390 – 1399) sämtliche Feierlichkeiten anlässlich des Neujahrstages. Polizeitruppen patrouillierten auf den Straßen, um jeden zu verhaften, der sich dem Befehl widersetzte.59 Letzten Endes hatten solche Maßnahmen zwar vorübergehend Erfolg, doch ganz ausrotten ließen sich die beliebten Volksbräuche nicht. Vor allem in den Provinzen und kleineren Städten feierten die Menschen Nawru¯z weiterhin mit großer Begeisterung.

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52 Vgl. Ibn al-Ha¯gˇgˇ, al-Madhal (1929), Bd. 1, S. 298 – 309 und Bd. 2, S. 302 – 308. ˙ a¯gˇgˇ, al-Madh ˘ al (1929), Bd. 1, S. 235 – 240. Zu diesen Festen während der 53 Vgl. Ibn al-H ˙ ˘ Mamlukenzeit siehe auch Langner 1983, S. 29 – 33 und 48 – 50. 54 Vgl. Ibn al-Ha¯gˇgˇ, al-Madhal (1929), Bd. 1, S. 241 – 273. Siehe hierzu ebenfalls Langner 1983, ˙ 41 – 42. ˘ S. 33 – 38 und 55 Zu der interessanten Frage nach der Partizipation von Musliminnen an öffentlichen Feiern siehe neben den allgemeinen Angaben in Abd ar-Ra¯ziq 1973 vor allem Lutfi 1991 und Chapoutot-Remadi 1995. 56 Ibn al-Ha¯gˇgˇ, al-Madhal (1929), Bd. 1, S. 287 bzw. 289. ˙ 1976 und 1990. ˘ 57 Vgl. Little 58 Vgl. Maqrı¯zı¯, Sulu¯k, Bd. 3, S. 394. 59 Vgl. Maqrı¯zı¯, Hitat (Bu¯la¯q), Bd. 1, S. 269. ˘ ˙ ˙

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3.

Der Nil während der Mamlukenzeit (1250 – 1517)

Der Nil als Gedächtnisort „Nun hat es der Herrgott so eingerichtet, dass die Flüsse auf der ganzen Welt im Monat Juli ihren tiefsten Wasserstand erreichen; nur der segenbringende Nil erreicht in diesem Monat, den die Kopten Tevt nennen, dessen Beginn auf den … August fällt und mit dem das koptische Jahr beginnt, seinen höchsten Wasserstand. Um diese Zeit feiern die Kopten ihr widerliches Fest. Da binden sie sich Gürtel um, ziehen ihre schäbigen, verdreckten, weil nie gereinigten, Röcke an, die sie schon längst hätten ins Feuer werfen sollen, und feiern nun, anstatt im Höllenfeuer zu brutzeln, ein Freudenfest.“ (Evliya¯’ C ¸ elebı¯, Seya¯hatna¯me, Bd. X, ˙ Kap. 44)

Nachdem ich bisher versucht habe, auf eher deskriptive Art die Wichtigkeit des Nils für das kulturelle Leben Ägyptens während der Mamlukenzeit und die konkreten Formen der muslimischen Vergegenwärtigung dieser Funktion zu zeigen, wende ich mich nun auf einer – sagen wir – abstrakteren Ebene dem Nil als Gedächtnisort zu. Die Beschäftigung mit Erinnerungsorten hat gerade Konjunktur, haben doch Pierre Nora, Etienne FranÅois und Hagen Schulze in den letzten Jahren umfangreiche Sammelbände vorgelegt,60 die sich mit heutigen Orten der gemeinsamen historischen Erinnerung in Frankreich und Deutschland befassen. Das Gemeinsame all dieser Gedächtnisorte liegt, ihrer Meinung nach, in ihrer Funktion, das ,kollektive Gedächtnis‘ vor seinem eigenen Verfall, vor seiner Metamorphose zur bloßen ,Geschichte‘ zu bewahren. Sie ließen sich verstehen als die Instrumente einer ars memoriae, einer ,kulturellen Mnemotechnik‘, durch die das ,kollektive Gedächtnis‘ in der Zeit seiner Gefahr stabilisiert und sein Überleben artifiziell gesichert werden soll. Der hier von den Autoren benutzte Begriff des ,kollektiven Gedächtnisses‘ (m¦moire collective) basiert auf den Überlegungen, die Maurice Halbwachs in seiner 1925 veröffentlichten Studie Les cadres sociaux de la m¦moire angestellt hat: Die Individuen, so Halbwachs, erinnern ihre eigene Geschichte, aber nicht unter selbstgewählten Umständen. Denn Erfahrungen lassen sich erst dann historisch verarbeiten und in Erinnerungsbestand aufnehmen, wenn sie in die jeder Gesellschaft eigenen sozial produzierten Wahrnehmungsrahmen (cadres sociaux) von Raum und Zeit eingeordnet werden können. Erst dann werden sie für uns als Ereignisse lokalisierbar und nach außen kommunizierbar. Jan Assmann hat Halbwachs’ These deshalb als ,sozial-konstruktivistisch‘ bezeichnet:61 Ereignisse überführen sich nicht von selbst in Erinnerungen, sie werden dazu gemacht durch sozial vorgeformte Sinnbedürfnisse und Wahrnehmungsweisen. 60 Siehe Nora 1984 – 1992 und Etienne/Schulze 2001 ff. 61 Vgl. Assmann 1997, S. 47.

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Der Nil als Gedächtnisort

Das ,kollektive Gedächtnis‘ sei daher auch geneigt, die Vergangenheit „zu retuschieren, Schnitte hineinzulegen, sie zu vervollständigen, so dass wir in der Überzeugung, unsere Erinnerungen seien genau, ihnen ein Ansehen zumessen, das sie in Wirklichkeit nicht hatten.“62 Interessant ist nun zu beobachten, dass innerhalb eines Herrschaftsverbandes das ,kollektive Gedächtnis‘ der Massen bisweilen durchaus im Widerspruch stand zu den von offizieller Seite gewünschten normativen Vorgaben. Wie ein solcher ,Diskurskonflikt‘ zurzeit der Mamluken aussehen konnte, sei an einem Beispiel verdeutlicht, das in direktem Zusammenhang mit dem Nil steht.

3.1

Gewünschte Norm versus gelebte Wirklichkeit

62 Halbwachs 1985, S. 200. 63 Siehe zum Folgenden somit Lutfi 1998.

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Konkret geht es um die Art und Weise, in der mamlukische Gelehrte in ihren Werken bei der Beschreibung der ägyptischen Nilfeste das ,kulturelle Gedächtnis‘ der Bevölkerung zu manipulieren suchten, um eine nichtmuslimische – in diesem Fall koptische – ,kollektive Erinnerung‘ an die dominante muslimische Kultur anzupassen. Zur Veranschaulichung dieser Vorgehensweise hat die Mamlukologin Huda Lutfi in einem wegweisenden Artikel, auf dem die folgenden Aussagen im wesentlichen beruhen,63 zwei Chroniken des weiter oben bereits erwähnten Religionsgelehrten al-Maqrı¯zı¯ ausgewählt. Al-Maqrı¯zı¯ war – wie es sich für einen typischen traditionellen Gelehrten seiner Zeit ziemte – auf vielen Wissensgebieten schriftstellerisch tätig; bekannt geworden ist er aber vor allem durch seine historischen Werke über die verschiedenen Regionen Ägyptens und die Geschichte der Ayyubiden und Mamluken. Gerade in diesen beiden aus offizieller Sicht verfassten historiographischen Arbeiten kommt al-Maqrı¯zı¯ immer wieder auf die jährlich veranstalteten Nilfeste zu sprechen. Das grundlegende Problem bestand für ihn – wie für alle anderen Religionsgelehrten seiner Zeit – darin, dass diese Festivitäten schon seit vormuslimischen Tagen zu den wichtigsten sinnstiftenden Ereignissen der christlichen Kopten in Ägypten zählten. Da diese Feste – wie wir gleich sehen werden – in direktem Zusammenhang mit dem alljährlichen Nilzyklus standen, war man von offizieller muslimischer Seite aus bestrebt, ihre koptische Komponente herunterzuspielen und ihnen entweder einen islamischen Charakter zu verleihen oder sie als einen für die Gegenwart irrelevanten Teil einer untergegangenen Epoche hinzustellen. So beginnt al-Maqrı¯zı¯ zur Verdeutlichung seiner Position seinen Bericht auch ¯ s (gest. 42/663), der erste mit einer aussagekräftigen Geschichte: Als Amr b. al- A ˙ muslimische Statthalter in Ägypten, den als heidnisch angesehenen Brauch

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verbot, dem Nil eine Jungfrau zu opfern, hob sich der Pegel des Stromes in den darauffolgenden drei Monaten um keinen Millimeter. Beunruhigt über die dadurch hervorgerufene Panik unter der Bevölkerung schrieb er dem Kalifen Umar (13 – 23/634 – 644) und bat ihn um Rat. Der fromme Kalif habe, so wird uns berichtet, umgehend geantwortet, dass „der Islam alles, was ihm vorausgegangen sei, zerstöre.“ Anstatt des Jungfrauenopfers solle der Statthalter ein Stück Papier in den Strom fallen lassen, auf dem geschrieben steht, „Gott allein kann das Wasser des Nils steigen lassen.“ So geschah es: Einen Tag vor dem koptischen ¯Id as-Salı¯b [17. Tu¯t = 15. September],64 als die Bevölkerung sich ˙ ˙ angesichts der drohenden Hungersnot bereits auf die Flucht begeben wollte, warf Amr ein solches Schriftstück in den Fluss. Am nächsten Tag hatte der Nil einen Stand von 16 dira¯ erreicht. Die Einwohner waren gerettet, das Land konnte ˙ bestellt werden.65 Die Moral dieser Erzählung ist eindeutig: Wer der ,wahren‘ Religion folgt, dem steht Gott zur Seite. Darüber hinaus will der Autor aber auch deutlich machen, dass der Islam von Beginn an über die falschen Bräuche der christlichen Kopten triumphiert habe. Es geht al-Maqrı¯zı¯ um die rechtmäßige Verdrängung der koptischen Kultur bei gleichzeitiger Ausformulierung des Hegemonialanspruches der neuen muslimischen Weltsicht. Letzten Endes lässt der mamlukische Chronist in seinen beiden Werken die Geschichte Ägyptens Revue passieren, um den grandiosen Sieg der arabisch-muslimischen Kultur über die vorislamisch-christliche zu dokumentieren. Sehr schön kann man dies an alMaqrı¯zı¯s weiteren Beschreibungen der koptischen Nilfeste sehen: . Am 11. Tu¯ba (8. Januar) feierte man ¯Id al-G˙ita¯s. Kurz nach der Winterson˙ nenwende fiel das Fest auf den Tag, an dem das Nilwasser am reinsten war. Der christliche Hintergrund war allerdings die Taufe Jesu und seine Vereinigung mit dem Heiligen Geist. Die koptische, aber eben auch die muslimische Bevölkerung vollzog an diesem Tag rituelle Reinigungen im Nil. Es gab Feuerwerk, und allerorten herrschte eine ausgelassene, heitere Stimmung. Al-Maqrı¯zı¯ beschreibt ¯Id al-G˙ita¯s bemerkenswerterweise als ein Fest der Vergangenheit, obgleich uns ˙ von anderer Seite berichtet wird, dass die G˙ita¯s-Feierlichkeiten während der ˙ Mamlukenzeit durchaus noch durchgeführt wurden. Als Vertreter islamischer Ideale brandmarkt er die öffentliche Ausübung solcher unislamischen Riten und tadelt streng die Teilnahme der Muslime an den allgemeinen Lustbarkeiten. Für ihn sind dies Zeichen moralischer Irrungen, die es mit Stumpf und Stiel auszumerzen gilt. Ganz bewusst marginalisiert der Autor in seinem Text, den man als Teil des offiziellen Diskurses der Mamlukenzeit verstehen muss, die koptische Kultur, ˘

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64 Zu den christlichen Festen, die man in Ägypten feierte, siehe Meinardus 1977, S. 70 – 157. ˇ elebı¯/Prokosch, Seya¯hatna¯me, S. 265 – 266. 65 Dieser Bericht findet sich auch bei Evliya¯’ C ˙

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indem er ihre öffentlichen Zeremonien aus dem ,kollektiven Bewusstsein‘ der Ägypter einfach zu streichen versucht. Als wichtigstes koptisches Fest galt ¯Id asˇ-Sˇahı¯d, welches man am 8. Basˇans [= 4. Mai] beging, also an dem Tag der ersten Wasserstandserhöhung des Nils in Assuan. Vordergründig war es jedoch eine auf einen Opferritus ausgerichtete karnevaleske Frühjahrsfeier. Um die Schicksalsmächte günstig zu stimmen, versenkte man nämlich unter großer Anteilnahme der gesamten Bevölkerung den Finger eines Märtyrers in den Fluten des Stromes. Wiederum berichtet uns al-Maqrı¯zı¯, dass man solche unislamischen Praktiken zum Glück während der ganzen Mamlukenzeit untersagt habe. Doch auch hier stimmt die Chronik nicht mit der Realität überein. Aus ökonomischen Zwängen heraus – man stand kurz vor dem Bankrott – entschloss sich die mamlukische Führung im Jahre 755/1355 dazu, das immense Vermögen und die weitläufigen Ländereien der koptischen Kirche zu konfiszieren. Verbunden war damit auch ein Verbot des Märtyrerfestes. Recht schnell lebte das Fest jedoch wieder auf und wurde sogar unter Teilnahme mamlukischer Prominenz abgehalten. Natürlich musste auch hier die ausgelassene Stimmung und die allgemeine Zugänglichkeit von Alkohol und Glücksspiel die Religionsgelehrten brüskieren. Al-Maqrı¯zı¯ entwirft daher ein Szenar des allgemeinen Sittenverfalls. Seine Erzählung dient dazu, die Herrschaftselite unter Druck zu setzen, ihrer Pflicht nachzukommen, die Moral der muslimischen Gemeinschaft gegen die Gefahren des sozialen Chaos aufrecht zu erhalten. Als dem traditionellen Diskurs zuzurechnender Chronist vermittelt er dem Leser den Eindruck, dass die durch das Fest verursachten tumultartigen Zustände der Grund für seine Abschaffung gewesen sei. Letztlich geht es ihm aber darum, dieses Verbot als eine wichtige Wegmarke des Untergangs der koptischen Kultur darzustellen und den Abweichlern in den eigenen Reihen das doch bitte von ihnen zu befolgende, offiziell sanktionierte ,kollektive Gedächtnis‘ vorzuhalten. Und auch das dritte koptische Nilfest, das schon beschriebene Neujahrsfest (Nawru¯z) [1. Tu¯t = 29. August], ist ein Beispiel für al-Maqrı¯zı¯s Projekt, vor dem Hintergrund der Ausformulierung des islamischen Ideals den Verfall der koptischen Kultur aufzuzeigen und vom Wege abgekommenen Muslimen den rechten Pfad der Tugend darzulegen. Im Gegensatz zu dem zur Mamlukenzeit bereits durch und durch islamisierten Fest des Pegelhöchststandes (wafa¯’ anNı¯l) sah man in Nawru¯z, das mit dem Zeitpunkt zusammenfiel, an dem der Wasserstand des Nils langsam wieder zu fallen begann, ein in erster Linie koptisches Ereignis. In seiner Chronik schreibt al-Maqrı¯zı¯, dass die muslimische Ordnungsmacht das Neujahrsfest im Jahre 780/1378 abschaffte und jedem mit harter Strafe drohte, der weiterhin an diesem Tag den Jahreswechsel zelebrierte. Schaut man sich jedoch andere Quellen näher an, so stellt man fest, dass sich auch in diesem Fall der Bericht al-Maqrı¯zı¯s nicht mit den Befunden deckt. Das

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Festival, bei dem ebenfalls Jahrmarktsatmosphäre herrschte und allerlei Narreteien zu beobachten waren, war offenbar allein aus der Hauptstadt verbannt worden. Anderenorts feierten Muslime wie Kopten dieses Ereignis auch in den folgenden Jahren ungestört weiter. Noch einmal können wir sehen, dass populäre Festtagsaktivitäten den normativen Vorgaben muslimischer Gelehrter widersprachen. In diesem Fall mokierte sich al-Maqrı¯zı¯, ähnlich wie Ibn al-Ha¯gˇgˇ, ˙ vor allem über die ungezügelte Vermischung der Geschlechter während des Festes. In der Aufhebung der strikten Trennung von Männern und Frauen während der karnevalsartigen Zustände am Nawru¯ztag sah er als Vertreter der traditionellen religiösen Vorstellungen einen nicht zu tolerierenden Verstoß gegen die öffentliche muslimische Ordnung. Man möchte meinen, dass innerhalb des offiziellen hegemonialen islamischen Diskurses während der Mamlukenzeit Frauen und Kopten den gleichen Ausschluss- oder Marginalisierungsmechanismen unterliegen. In Texten wie den Chroniken al-Maqrı¯zı¯s, so Huda Lutfi resümierend, wird für eine Gesellschaft plädiert, in der Muslime über Kopten und Männer über Frauen dominieren sollen. Insgesamt gesehen haben wir es also, wenn wir den Nil als Erinnerungsort betrachten, mit drei miteinander konfligierenden ,kollektiven Gedächtnissen‘ zu tun. Al-Maqrı¯zı¯ vertritt pars pro toto das normative ,kollektive Gedächtnis‘ der Gruppe der Religionsgelehrten, die die christlichen Nilfeste am liebsten sämtlich abschaffen wollen. Seine Chroniken zeigen sehr deutlich, wie in der offiziellen Historiographie die koptische Kultur als eine überkommene und letztlich unterlegene, da nicht islamische Gesellschaftsform dargestellt wird. Auf der anderen Seite bilden die rituellen Nilfeiern für die Kopten selbst einen unverzichtbaren identitätsstiftenden Bestandteil ihrer eigenen Kultur. Interessant scheint mir aber auch das ,kollektive Gedächtnis‘ der muslimischen Bevölkerung während der Mamlukenzeit in Bezug auf den Nil zu sein. Für sie war eben nicht allein das von der Obrigkeit als rechtmäßig eingestufte und ganz offiziell feierlich begangene Fest des Wasserhöchststandes ein jährlich wiederholter sinnträchtiger Ritus, sondern für sie gehörten offensichtlich auch die karnevalesken Umstände der koptischen Feste zu dem gemeinsamen Erinnerungshaushalt.

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Der Nil als Gedächtnisort

3.2

Mythen und Legenden „Die Quellen des Nils aber hat noch keiner von den Aigyptiern, Libyern oder Griechen, mit denen ich ins Gespräch gekommen bin, zu kennen vorgegeben, außer in der Stadt Sas in Aigypten der Schreiber des heiligen Schatzes der Athena. Der aber scheint mir mit seiner Behauptung, er kenne sie genau, zu scherzen. Er erzählte nämlich folgendes. Zwischen Syene in der Thebas und Elephantine lägen zwei Berge, deren Gipfel in scharfe Spitzen ausliefen; der Name des einen Berges sei Knophi, der des anderen Mophi. Die Quellen des Nils nun seien tief verborgen und strömten aus der Mitte zwischen beiden Bergen, und die eine Hälfte des Wassers fließe nach Norden und nach Aigypten, die andere Hälfte nach Süden und Aithiopien. Zur Untersuchung aber der Tiefe der Quellen, so erzählte er, sei Psammetichos, der König von Aigypten, geschritten. Er habe nämlich ein Tau von vielen tausend Klaftern Länge flechten lassen und es dorthin hinuntergelassen, sei aber nicht auf den Grund gekommen. So bewies denn der Schreiber, wenn er etwas Wahres erzählte, meiner Meinung nach, dass es dort starke Strudel und Gegenströmungen gibt; denn weil das Wasser sich an dem emporstehenden Felsen bricht, konnte das hinuntergelassene Bleilot nicht auf den Grund kommen.“ (Herodotos, Historie¯s apodeixis, II, 28)

Ebenso wie mit dem Euphrat verband man mit dem Nil die Vorstellung eines von Gott gesegneten Flusses, dessen Wirken also ein Zeichen der göttlichen Erwähltheit Ägyptens und seiner Bewohner war. So ging während der Mamlukenzeit auch die Ansicht um, die jährliche Nilschwemme käme zustande, da auf göttliches Geheiß alle großen Weltenflüsse Teile ihrer Wassermengen zu Beginn jeden Frühjahres dem Nil zukommen ließen. Damit verbunden war die Idee, dass sich gleichzeitig mit der Nilschwemme die Pegel der anderen großen Ströme auf der Erde senken. Dieses Konzept einer gegenseitigen Beeinflussung der wichtigsten Wasserläufe der bekannten Welt hing eng mit einer der beiden weit verbreiteten Vermutungen über den Ursprungsort des Nils zusammen. Die erste Vorstellung kommt einem Ursprungsmythos gleich, der mit jüdischen und christlichen Traditionen korreliert. Er stellt – wie auch schon Joinville zu berichten wusste – einen Zusammenhang zwischen dem Ausgangspunkt des Nils und dem Paradies her, wobei auch die islamisch-mamlukische Kosmographie diesen Ort im fernsten Osten auszumachen glaubte. Aus diesem Grunde fließe der Nil, so die muslimischen Gelehrten, auch nicht in das Mittelmeer, sondern kreuze es nur auf seinem Weg zum Ort des ewigen Wohllebens. Zur Untermauerung dieser These wird in den Quellen gerne die – wohl ursprünglich jüdische – Legende des

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Mannes erzählt, der sich auf die Suche nach den Quellen des Nils machte und diese erst erreichte, nachdem er ein Meer überquert hatte und anschließend ins Paradies gelangt war.66 Wir sehen, wie hier mit Hilfe eines Mythos, der ja keine Weltbeschreibung sein will, sondern allein ein Konzept von Verhältnissen des Menschen zu seinen Erfahrungen und der Welt darstellt, der Nil direkt mit religiösen Vorstellungen assoziiert wurde und auf diese Weise zur muslimischägyptischen Identitätsstiftung diente. Das Paradies war aber nach Meinung einiger islamischer Kosmographen nun nicht nur der Ursprung des Nils, sondern aller bedeutenden Flüsse der Welt, insbesondere des Indus.67 Bei diesem Strom hatte man nämlich ebenfalls ein Steigen und Fallen des Wasserspiegels beobachten können. Somit lag der Schluss nahe, dieses alljährliche Phänomen auf die Verbindung der beiden Flüsse über das Paradies zurückzuführen.68 Auch Ibn Battu¯ta weiß über die Ähnlichkeiten ˙˙ ˙ zwischen Nil und Indus zu berichten: In einer der authentischen Überlieferungen wird berichtet, dass der Gottesgesandte Gott segne ihn und schenke ihm Heil! – in der Nacht der Himmelsreise den Lotusbaum der (für Menschen) äußersten Grenze erreichte. Und siehe da, an seinen Wurzeln waren vier Flüsse, zwei davon außen und zwei innen. Er [d.h. der Prophet, C.] fragte Gabriel – Friede sei mit ihm! –, welche Ströme dies seien. Und er antwortete: Die beiden inneren Flüsse gehen durch das Paradies, und was die beiden äußeren angeht, so sind die der Nil und der Euphrat. In den Überlieferungen heißt es ebenfalls, dass Nil, Euphrat, Oxus und Jaxartes Paradiesflüsse sind. Der Lauf des Nils geht von Süd nach Nord, im Gegensatz zu allen (anderen großen) Flüssen. Es gehört zu den wundersamen Dingen des Nils, dass er in (der Zeit) extremer Hitze anschwillt, wenn (das Wasser der) Flüsse normalerweise weniger wird und sie austrocknen. Ebenso nimmt (d)er (Wasserpegel) ab, wenn die (Wasserstände anderer) Flüsse steigen und sie über die Ufer treten. Der Indus gleicht ihm in dieser Hinsicht. Er wird später noch erwähnt werden. […] Der Nil ist einer der fünf großen Flüsse auf der Welt. Dies sind (nämlich) Nil, Euphrat, Tigris, Oxus und Jaxartes. Fünf andere Ströme rivalisieren mit ihnen: der Sind-Fluss, der ,Punjab‘ genannt wird, der Strom Hindu¯sta¯ns, den man Ganges nennt – zu ihm pilgern die Hindus; und wenn sie ihre Toten verbrennen, werfen sie deren Asche in ihn; sie sagen, dass er aus dem Paradies kommt –, die Jumna, die ebenfalls in Indien liegt, die durch die Kiptschakensteppe fließende Wolga, an deren Ufer sich die Stadt as-Sara¯ befindet und der ,Gelbe Fluss‘ in China, an dessen Ufern Peking liegt. Von dort geht er erst nach Hangzhou und dann nach az-Zaytu¯n. Über all diese Orte werden wir an entsprechender Stelle noch berichten, so Gott will.“69

Die zweite, sich letzten Endes auf Klaudios Ptolemaios (st. 168) zurückführende und vor allem von dem arabischen Geographen al-Hwa¯rizmı¯ (ca. 184 – ca. 232/ ˘ ˘

Vgl. zum Beispiel Mas u¯dı¯, Muru¯gˇ , Bd. 1, S. 268 – 269. Vgl. etwa Mas u¯dı¯, Tanbı¯h, S. 55. Vgl. Maqrı¯zı¯, Hitat (Wiet), Bd. 1, S. 219. ˙ ˙ S. 36. ˘ la, Ibn Battu¯ta, Rih ˙ ˙˙ ˙ ˘

66 67 68 69

Der Nil als Gedächtnisort

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800 – 847) in Umlauf gebrachte Version über die Herkunft des Nils lautet dahingehend, dass der Fluss weit südlich Nubiens – jenseits des Äquators – den sogenannten ,Mondbergen‘ (gˇabal al-qamar) entspringe,70 eines nach Zentralafrika hineinragenden Ausläufers des Gebirges Qa¯f, das nach der Vorstellung der arabischen Geographen am Rand des Weltozeans die Erdscheibe wie ein Ring umschließt und zu dem der marokkanische Atlas wie die Alpen und der Kaukasus gehören.71 Hierzu muss gesagt werden, dass dem Mond auf der Arabischen Halbinsel, aber auch in Mesopotamien seit jeher eine religiöse Verehrung zukam.72 Auch die Muslime zur Mamlukenzeit glaubten, dass jener, obgleich natürlich unter Gottes Allmacht stehend, seine eigenen Wirkungskräfte habe und landwirtschaftliche Praktiken und meteorologische Vorhersagen mit seinem Lauf zusammenhingen. Insofern ist es kein Wunder, dass man den Urquell des lebensspendenden Nils in einem Gebirge vermutete, das den Namen des ewigen Weggenossen der Erde trug. Dort, so glaubte man, befinde sich der Ursprung von zehn großen Flüssen, von denen jeweils fünf von Süden her in zwei sich auf dem gleichen Längengrad befindliche Seen mündeten. Von dort zweigten wiederum einige Ströme gen Norden ab, die schließlich in einem dritten – bisweilen mit dem Tschadsee identifizierten – Binnengewässer zusammenträfen. Dieser stelle letztlich den sekundären Ausgangspunkt des Nils dar.73 Während die Geographen sich mit diesen nüchternen Angaben begnügten, schmückte der Volksmund die vagen Kenntnisse mit wunderhaften Legenden aus. So gibt auch Joinville, der viel richtige Dinge über den Nil zu berichten weiß, einige der in der einheimischen Bevölkerung kursierenden mirabilia des Flusses wieder : „Da, wo der Strom eintritt nach Ägypten, werfen die Leute, deren Gewohnheit dies ist, am Abend ihre Netze in den Strom, und am nächsten Morgen finden sie in ihren Netzen alle Gewürze und Esswaren, die man hierzulande einführt: Ingwer, Rhabarber, Aloe und Zimt. Und man sagt, dass diese Dinge aus dem irdischen Paradies kommen; da fällt der Wind die Bäume, wie er in unserem Land das trockene Holz fällt, das verkaufen uns die Kaufleute hierzulande. Das Wasser des Stroms ist so beschaffen, dass es, wenn wir es in weißen irdenen Gefäßen, wie man sie in Ägypten herstellt, an unseren Zeltleinen aufhängt, in der Sonnenglut so kühl wie Quellwasser wurde. Sie sagten im Land, der Sultan von Babylon habe oft erforschen wollen, wo der Nil herkommt, und habe Leute ausgeschickt, die nahmen ein Brot mit, das man Zwieback nennt, weil es zweimal gebacken wird, und davon lebten sie, bis sie wieder zurückkamen zum Sultan. Und sie hätten berichtet, dass sie den Nil immer aufwärts erforscht hätten, und da seien sie 70 71 72 73

So noch zu finden bei Suyu¯t¯ı, Husn, Bd. 2, S. 349 – 350. Vgl. Schreck-[Miquel] 1978.˙ ˙ Siehe dazu Rodinson 1962. Vgl. Maqrı¯zı¯, Hitat (Wiet), Bd. 1, S. 219. ˘ ˙ ˙

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Der Nil während der Mamlukenzeit (1250 – 1517)

zuletzt zu einem großen, zerklüfteten Felsgipfel gelangt, den niemand erklimmen konnte, und aus dem sei der Nil herabgestürzt, und es sei ihnen so vorgekommen, als ob hoch oben auf dem Gipfel ein mächtiger Urwald wüchse, und sie sagten, sie hätten Wunder erblickt von seltsamen wilden Tieren der mannigfaltigsten Art, Löwen, Schlangen, Elefanten, die seien gekommen und hätten sie über den Strom herüber, wie sie stromaufwärts gingen, immer angestarrt.“74

In Joinvilles Text finden wir – wie auch bei den mamlukischen Autoren – eine Reihe mythischer Vorstellungen. Der Glaube an Paradiesströme und deren zentrale Bedeutung für das weltweite Flusssystem folgte einer weit verbreiteten biblischen und koranischen Geographie. Als Zeichen ihrer Heiligkeit sah man die zahlreichen ihnen zugeschriebenen mirabilia an. Viele muslimische Gelehrte nahmen diese Wundergläubigkeit jedoch nicht mehr unhinterfragt hin. Bei ihnen hatte sich längst ein rationaler Zweifel an dem im Mythos verankerten Wissen eingestellt. Ihnen ging es in erster Linie um die Darstellung und Wiedergabe nachprüfbarer Daten und gesicherter Fakten, um die kritisch-wissenschaftliche Erforschung der Natur. Im Falle des Nils vermischten sich allerdings in vielen Abhandlungen muslimischer Autoren Mythos und Empirie. Die Grenze zwischen Natur und Mythos, zwischen Ägypten und dem Paradies wird bei ihnen undeutlich. In solchen Vorstellungen entrückt man die Herkunft des Flusses ins Mythisch-Allgemeine. Letzten Endes entzieht man sich auf diese Weise einer banalen und damit ihrer sinnstiftenden Funktion ledigen bloßen geographischen Erklärung des lebensspendenden Flusses.

3.3

Poesie und fada¯’il-Literatur ˙

˘

Neben Mythen und Legenden dient auch die Poesie als Trägerin erinnerungswürdiger Geschehnisse oder sinnstiftender Kollektiverlebnisse. Von den Historikern der Mamlukenzeit werden immer wieder Gedichte über die Einmaligkeit, den Wundercharakter und die Schönheit des Flusses zitiert, um damit die zentrale Bedeutung des Nils für Ägypten zu unterstreichen. Al-Maqrı¯zı¯ führt beispielsweise in seiner as-Sulu¯k li-ma rifat al-mulu¯k betitelten Chronik der Ayyubiden- und Mamlukenherrschaft Auszüge aus den Werken damals bekannter arabischer Dichter an, die sich auf den Nil beziehen.75 Es seien an dieser Stelle drei kurze Beispiele angeführt. In einem Poem von Tamı¯m b. al-Mu izz (gest. 375/985) heißt es etwa: ˘

74 Jean de Joinville, Histoire/Das Leben, S. 117. 75 Vgl. Maqrı¯zı¯, Sulu¯k, Bd. 4, S. 270 ff. Weitere Gedichte zitiert Salı¯m 1965, S. 91 – 153.

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Der Nil als Gedächtnisort

„Der Tag, den wir mit dem Nil verbringen, ist (nur) kurz. Alle Freudentage gehen (allzu) rasch zu ende. Unter unseren Füßen laufen die Barkassen wie galoppierende Pferde dahin. Sie heben sich empor während das Wellenheer sich senkt. Die Wellen (des Flusses) gleichen den Falten eines (wohlgenährten) Bauches, und seine Strudel ähneln den Nüstern (eines Hengstes).“

Der zweite Auszug ist dem Werk des zur Fatimidenzeit schreibenden Ibn Qala¯qis (gest. 567/1172) entnommen und lautet: „Schau wie die Sonne hinter dem Nil untergeht, und sieh wie sie das Rot der Dämmerung zurücklässt. Verschwunden ist sie nun, doch (sieht man noch) das Blitzen einzelner Strahlen auf dem Fluss, als ob sie beim Eintauchen in die Fluten Funken schlügen, bald schon kommt der Neumond dem Wasser zu Hilfe gleich einem Boote, gemacht aus (glänzendem) Silber.“

Das letzte Beispiel stammt von einem gewissen Abu¯ l-Hasan Muhammad b. al˙ ˙ Wazı¯r : „Ich sehe, dass die großen Dinge stets aus den kleinen hervorgehen, wie auch der Neumond sich bildet aus der wachsenden Sichel. Sei also nicht erstaunt, wenn selbst der am unscheinbarsten wirkende Wasserkanal in Ägypten als ein Quell (unermesslichen) Reichtums angesehen wird. Denn ein Anstieg um einen Finger am Tag bringt eine Erhöhung des Wohlstandes um eine Elle mit sich.“

˘

Außer in Form von Gedichten verewigten mamlukische Autoren den Nil in Werken, die zum Lob des Landes Ägypten verfasst wurden. Diese Schriften gehören zur sogenannten fada¯’il-Literatur, also einer Gattung, deren haupt˙ sächliches Ziel die Beschreibung und Auflistung löblicher und hervorragender Eigenschaften, Verdienste, Tugenden oder Ruhmestaten von Sachen, Individuen, Gruppen, Orten oder Regionen war. Einen beliebten Zweig dieses Genres, das sich letzten Endes auf die Preisung der vorislamischen Araber und ihrer Stämme und Sitten im Koran zurückführt,76 stellen die Bücher über die fada¯’il von Städten und Provinzen dar. ˙ Stellvertretend für viele seien an dieser Stelle nur al-Maqdisı¯s (st. 492/1099) K. Fada¯’il al-Bayt al-Maqdis wasˇ-Sˇa¯m,77 al-Qa¯ri al-Harawı¯s (st. 1014/1615) K. Fa˙

76 Vgl. Sellheim 1965 und Gruber 1975. Später findet sich viel fada¯’il-Material in den Hadı¯t¯ ˙ oder ˙ die fada¯’il as-saha¯ba Sammlungen. Typische Subgenres der fada¯’il-Literatur sind etwa ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ die fada¯’il al-Qur’a¯n-Werke. Siehe dazu Afsarruddin 1998 und 2002. 77 Siehe ˙GAL S I, S. 876. Speziell zu den beliebten fada¯’il al-Quds-Werken siehe Sivan 1971, Hassou 1976, Elad 1991, Livne-Kafri 1991 und Elad˙1995.

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da¯’il Makka78 oder Ibn ad-Dayba s (st. 944/1537) K. Fada¯’il al-Yaman wa-ahlihı¯79 ˙ ˙ genannt. Es liegt auf der Hand, dass während der Mamlukenzeit die Gelehrten diese Gattung in erster Linie dazu nutzten, die Zugehörigkeit Ägyptens zu den heiˇ ala¯l ad-Dı¯n as-Suyu¯t¯ı ligen Stätten des Islams zu beweisen. So beschreibt etwa G ˙ (st. 911/1505)80 in seinem Husn al-muha¯dara fı¯ ta’rı¯h Misr wal-Qa¯hira81 aus˙ ˙ ˘ 82 ˙ ˙ führlich die Denkmäler des Landes. Besondere Aufmerksamkeit schenkt er dabei den Pharaonica,83 insbesondere natürlich den Pyramiden84 und den Grabanlagen in Gizeh.85 Natürlich fehlt auch die Beschreibung Alexandrias und seiner antiken Überreste86 ebenso wenig wie eine ausführliche Charakterisierung des Nils.87 Damit man sich eine Vorstellung von Inhalt und Aufbau solcher Bücher über die fada¯’il Misr machen kann, möchte ich im Folgenden zwei Schriften kurz ˙ ˙ vorstellen. Das erste Werk – al-Fada¯’il al-ba¯hira fı¯ maha¯sin Misr wal-Qa¯hira ˙ ˙ ˙ genannt und 871/1466 – 67 verfasst – stammt aus der Feder des von Ulrich Haarmann so trefflich analysierten Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯ (st. 888/1438).88 Ähn˙ lich wie as-Suyu¯t¯ı in seinem Husn al-muha¯dara will auch Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯ ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ Ägypten und Kairo zum Mittelpunkt der zivilisierten Welt machen.89 Das Land am Nil sei letztlich die legitime Heimstatt des Kalifates und die Fluchtburg des wahren Islam.90 Unter den 29 Charakteristika Kairos, die der Verfasser seinen Lesern im Verlauf seiner Abhandlung präsentiert, finden sich Dinge wie die unvergleichliche Größe der Metropole,91 ihre architektonischen Schönheiten,92 die Ausnahmestellung der Azhar unter den berühmten Hochschulmoscheen der islamischen Welt,93 die besonders aufwendig gestalteten Bäder der Stadt94 oder die große Zahl heiliger Gräber auf dem städtischen Friedhof.95 78 Siehe GAL S II, S. 539. 79 Siehe GAL S II, S. 549. 80 Den Forschungsstand zu as-Suyu¯t¯ı fasst zusammen Saleh 2001. Siehe aber auch Geoffroy ˙ 1997. 81 Speziell zu diesem Werk siehe Garcin 1967. 82 Vgl. Suyu¯t¯ı, Husn, Bd. 1, S. 11 – 17. ˙ usn, Bd. 1, S. 65 – 69. 83 Vgl. Suyu¯t˙¯ı, H ˙ usn, Bd. 1, S. 70 – 79. ˙ 84 Vgl. Suyu¯t¯ı, H ˙ usn, Bd. 1, S. 80 – 83. 85 Vgl. Suyu¯t˙¯ı, H ˙ usn, Bd. 1, S. 84 – 93. ˙ 86 Vgl. Suyu¯t¯ı, H ˙ usn, Bd. 2, S. 340 – 390. 87 Vgl. Suyu¯t˙¯ı, H ˙ 88 Siehe zuletzt ˙Haarmann 1997, 1998, 1999 und 2001. 89 Vgl. Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯, Fada¯’il, S. 185. Siehe zum Folgenden auch Haarmann 1980, ins˙ besondere˙S. 57 – 60. 90 Vgl. Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯, Fada¯’il, S. 82. ˙ a¯mid al-Qudsı¯, Fad˙ a¯’il, S. 4ff, 188. 91 Vgl. Abu¯ H ˙ a¯mid al-Qudsı¯, Fad˙ a¯’il, S. 6ff, 188. 92 Vgl. Abu¯ H ˙ a¯mid al-Qudsı¯, Fad˙ a¯’il, S. 13 – 15, 188. 93 Vgl. Abu¯ H ˙ a¯mid al-Qudsı¯, Fad˙ a¯’il, S. 16 – 19, 188. 94 Vgl. Abu¯ H ˙ ˙

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Der Nil als Gedächtnisort

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Auf die Nennung der primären Vorzüge von Misr folgt die Auflistung der 20 in ˙ Ägypten beheimateten Weltwunder ( agˇa¯’ib).96 Unter dem Begriff agˇa¯’ib hat man sich dabei nicht nur – wie bisher in der westlichen Literatur häufig geschehen – „Wunder“ im Sinne von außernatürlichen Phänomenen oder phantastischen Vorkommnissen vorzustellen. Vielmehr sind damit in erster Linie alle – durchaus real existierenden – Dinge gemeint, die bei dem Rezipienten ein allgemeines Staunen über das Wunder der göttlichen Schöpfung hervorrufen. Wenn in vielen Abhandlungen unglaubwürdige und ganz reale agˇa¯’ib nebeneinander stehen, so sind sich die Autoren doch des Unterschiedes sehr wohl bewusst.97 Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯ verzichtet fast völlig auf die Wiedergabe em˙ pirisch nicht nachzuvollziehender Angaben. Bei ihm stehen neben Meisterwerken der Architektur vor allem agˇa¯’ib der Natur wie etwa die Viper98 oder die Meerenge von Suez.99 Aber in einem Buch über die fada¯’il Misr dürfen natürlich auch andere be˙ ˙ deutsame und wichtige Fakten und relevante historische Berichte nicht fehlen. So gibt uns der Verfasser außer einer Liste mit den koptischen (Sonnen-) Monaten100 und einer Beschreibung des Nilometers101 auch eine Erzählung von der ¯ s102 und einen längeren Exkurs über die Eroberung des Landes durch Amr al- A ˙ Historie Ägyptens während der vorislamischen Zeit der gˇa¯hilı¯ya.103 Letztlich sei das Land, wie Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯ weiter zu berichten weiß, von Gott bevorzugt ˙ behandelt worden: Als dieser nämlich Adam die Welt zeigte, habe Ägypten auf jenen einen so nachhaltigen Eindruck gemacht, dass er um Gottes ewigen Segen für Land und Leute zu beten begonnen hätte.104 Dies erkläre dann auch die enorme Fruchtbarkeit der von den Nilwassern überfluteten Äcker,105 auf denen ganzjährig angebaut werden könne.106 Ägypten sei, so unser Autor, als „Kornkammer der Welt“107 die „Mutter aller Länder“108, derer alle Menschen bedürf˘

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95 Vgl. Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯, Fada¯’il, S. 3ff, 7 – 12, 188, 191. 96 Vgl. Abu¯ H˙ a¯mid al-Qudsı¯, Fad˙a¯’il, S. 148 ff. Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯ folgt einem Topos von al˙ ˙ ˇ a¯hiz (st.˙ 255/869), der behauptet, G dass sich zwei Drittel aller Mirabilia auf Erden in ˙ ˙ befänden. Vgl. Abu Ha¯mid al-Qudsı¯, Fada¯’il, S. 7. Ägypten ¯ ˙ auch Hees 2002.˙ 97 Vgl. Hees (im Druck). Siehe aber 98 Vgl. Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯, Fada¯’il, S. 153. ˙ a¯mid al-Qudsı¯, Fad˙ a¯’il, S. 154. 99 Vgl. Abu¯ H ˙ a¯mid al-Qudsı¯, Fad˙ a¯’il, S. 138 – 143. 100 Vgl. Abu¯ H ˙ a¯mid al-Qudsı¯, Fad˙ a¯’il, S. 178 f. 101 Vgl. Abu¯ H ˙ a¯mid al-Qudsı¯, Fad˙ a¯’il, S. 93 ff. 102 Vgl. Abu¯ H ˙ a¯mid al-Qudsı¯, Fad˙ a¯’il, S. 14 ff. 103 Vgl. Abu¯ H ˙ a¯mid al-Qudsı¯, Fad˙ a¯’il, S. 31. 104 Vgl. Abu¯ H ˙ a¯mid al-Qudsı¯, Fad˙ a¯’il, S. 2. 105 Vgl. Abu¯ H ˙ a¯mid al-Qudsı¯, Fad˙ a¯’il, S. 136. 106 Vgl. Abu¯ H ˙ a¯mid al-Qudsı¯, Fad˙ a¯’il, S. 128. 107 Vgl. Abu¯ H ˙ 108 Vgl. Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯, Fad˙ a¯’il, S. 80. ˙ ˙

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ten.109 Doch die Überlegenheit des Landes gegenüber anderen (islamischen) Regionen zeige sich nicht nur in der Agrarproduktion, sondern auch auf dem Bildungssektor. Misr sei die Heimstätte der Wissenschaft und der Weisheit110 ˙ und vor allem auch das „Land der Märtyrer“.111 Wie eng die mamlukische fada¯’il- bzw. agˇa¯’ib-Literatur mit geographischen Werken wie etwa Ya¯qu¯t ar˙ Ru¯mı¯s (st. 626/1229)112 Mu gˇam al-bulda¯n, Abd al-Lat¯ıf al-Bag˙da¯dı¯s bereits ˙ genannten K. al-Ifa¯da, Abu¯ l-Fida¯’s (st. 732/1331)113 Taqwı¯m al-bulda¯n oder eben al-Maqrı¯zı¯s al-Mawa¯ iz zusammenhängt, zeigt sich am Beispiel von Ibn ˙ Iya¯s’ bereits erwähnten Traktat Nasˇq al-azha¯r fı¯ agˇa¯’ib al-aqta¯r.114 Zwar handelt ˙ es sich um eine Beschreibung der Weltwunder (eben: fı¯ agˇa¯’ib al-aqta¯r), doch ˙ soll, wie der Autor schreibt, im Mittelpunkt das Land Ägypten und der Nil stehen: ˘

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„Nachdem ich die Geschichtswerke der (uns) vorangegangenen Völker gelesen und die überaus große Zahl an Wundern zur Kenntnis genommen hatte, die in ihnen vorkam, entschloss ich mich, ein unterhaltsames Buch (kita¯ban lat¯ıfan) zu verfassen, in wel˙ chem die bedeutsamsten Dinge, die mir zu Ohren gekommen sind, und die erstaunlichsten Sachen, die ich gesehen habe, Erwähnung fänden. Als Ziel habe ich mir vorgenommen, mich gemäß dem Sprichwort ,Die kürzesten Sätze sind die besten‘ so knapp wie möglich zu fassen, auf dass das Werk nicht einen allzu großen Umfang bekomme. Ich berichte darin also von den Wundern des Landes Ägypten und seiner Provinzen sowie über die gekonnt gestalteten geheimnisvollen Schriftzeichen, die die Weisen in den altägyptischen Tempeln hinterlassen haben, und über anderes mehr. Ich gebe darin einen Abriss über die Lebensläufe seiner alten Herrscher und eine Beschreibung der von ihnen in vollendeter Weise in Ägypten und anderen Ländern errichteten Gebäude. Des weiteren berichte ich über den Nil, die Pyramiden und über landesspezifische Mirabilia in den Provinzen Ägyptens. Schließlich komme ich auch auf seine [d.h. des Landes, S. C.] regionale Gliederung (hitatiha¯), seine Klimazonen, ˘˙ ˙ 109 110 111 112 113

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Vgl. Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯, Fada¯’il, S. 111. ˙ a¯mid al-Qudsı¯, Fad˙ a¯’il, S. 84. Vgl. Abu¯ H ˙ a¯mid al-Qudsı¯, Fad˙ a¯’il, S. 135. Vgl. Abu¯ H ˙ und seinem Werk ˙ Gilliot 2001. Siehe zu ihm Verschiedene ältere Aufsätze zu Abu¯ l-Fida¯’ und seiner Geographie findet man in Sezgin/ Benfeghoul 1992. ˇ elebı¯ [Ha¯gˇgˇ¯ı Halı¯fa] (st. 1067/1657) schreibt in seinem bibliographischen Kasˇf az114 Ka¯tib C ˙ ¯ l-kutub ˘ wa-l-funu¯n über dieses Werk: „,Der Blumenduft. Über die Wunder zunu¯n an asa¯mı der bewohnten Welt‘, verfasst von Muhammad Iya¯s al-Hanafı¯ [gest. im Jahre (…)]. Er hat es ˙ aus den Geschichtsbüchern der (verschiedenen) Vö˙lker zusammengestellt und erzählt darin von den bedeutsamsten Dingen, die er in Ägypten vernommen, und von den erstaunlichsten Sachen, die er (dort) gesehen hat, und über das, was die Weisen (in diesem Land) vollbracht haben. Darüber hinaus gibt er (uns) einen Abriss über die Lebensläufe der alten Herrscher und Informationen über den Nil und die Pyramiden. Er beginnt (allerdings) mit einem kurzen Exkurs über die Grundlagen der Astronomie und Kosmologie.“ ˇ elebı¯, Kasˇf az-zunu¯n, Bd. 6, S. 344 – 345 (# 13793). Zu Ka¯tib C ˇ elebı¯ und seinem Ka¯tib C Œuvre siehe neben Gökyay 1957 auch Hagen 1996.

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seine Landstriche und auf anderes mehr an wunder samen Merkwürdigkeiten und erstaunlichen Tatsachen zu sprechen. Beginnen möchte ich aber mit einem kurzen Exkurs über die Grundlagen der Astronomie und Kosmologie.“115

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Wenn wir uns nun das fertige Werk anschauen, so stehen – wie versprochen – am Anfang in der Tat einige kurze astronomische und kosmographische Erläuterungen.116 Dann folgt jedoch keineswegs die bloße Nennung der fada¯’il Ägyp˙ tens, sondern eine weit ausholende, umfassende Erdbeschreibung.117 Nur in diesem Rahmen gibt uns Ibn Iya¯s dann an passendem Ort ausführliche Informationen über das eigentliche Zielland seiner Abhandlung: Nach der Klärung des Landesnamens,118 einer kurzen Auflistung der Vorzüge der Region119 und einigen Worten über die Bewohner von Misr,120 die altägyptischen agˇa¯’ib121 und ˙ die Landesgeschichte122 beschäftigt sich der Autor mit dem muslimischen Verwaltungssystem123 und den agrarwirtschaftlichen Gegebenheiten124 vor Ort. Es schließt sich eine Skizze einzelner ägyptischer Städte und Provinzen (etwa: Kairo125, Gizeh126, Halwa¯n127, Fayyu¯m128 oder as-Sa ¯ıd129) an. ˙ ˙ Im weiteren Verlauf des Nasˇq al-azha¯r fı¯ agˇa¯’ib al-aqta¯r erhält der Leser eine ˙ Übersicht über zahlreiche weitere muslimische und nichtmuslimische Länder, Städte130, Meere131, Inseln132 und Flüsse133. Erst nachdem dies alles abgehandelt ist, kommt der Autor auf den Nil zu sprechen. Sein Bericht setzt mit einigen allgemeinen lobpreisenden Betrachtungen ein134, an die sich Ausführungen zur Geschichte und Funktionsweise des Nilometers anfügen135. Dann unterbricht der Verfasser seine Narration, um uns auf den nächsten Seiten eine trockene ˘

˘

115 Ibn Iya¯s, Nasˇq al-azha¯r, fols. 2b – 3a. 116 Vgl. Ibn Iya¯s, Nasˇq al-azha¯r, fols. 3a – 8b. 117 Er beginnt im Westen mit einer Beschreibung des Maghreb. Vgl. Ibn Iya¯s, Nasˇq al-azha¯r, fols. 8b – 29a. 118 Vgl. Ibn Iya¯s, Nasˇq al-azha¯r, fols. 29b – 31a. 119 Vgl. Ibn Iya¯s, Nasˇq al-azha¯r, fols. 31a – 33a. 120 Vgl. Ibn Iya¯s, Nasˇq al-azha¯r, fols. 33a – 35b. 121 Vgl. Ibn Iya¯s, Nasˇq al-azha¯r, fols. 35b – 38b. 122 Vgl. Ibn Iya¯s, Nasˇq al-azha¯r, fols. 38b – 43b. 123 Vgl. Ibn Iya¯s, Nasˇq al-azha¯r, fols. 43b – 55b und 61a – 62b. 124 Vgl. Ibn Iya¯s, Nasˇq al-azha¯r, fols. 55b – 61a. 125 Vgl. Ibn Iya¯s, Nasˇq al-azha¯r, fols. 64a – 65a. 126 Vgl. Ibn Iya¯s, Nasˇq al-azha¯r, fols. 66a – 68b. 127 Vgl. Ibn Iya¯s, Nasˇq al-azha¯r, fols. 68b – 69a. 128 Vgl. Ibn Iya¯s, Nasˇq al-azha¯r, fols. 69a – 70b. 129 Vgl. Ibn Iya¯s, Nasˇq al-azha¯r, fols. 75a – 91b. 130 Bis Ibn Iya¯s, Nasˇq al-azha¯r, fol. 237b. 131 Vgl. Ibn Iya¯s, Nasˇq al-azha¯r, fols. 237b – 241a. 132 Vgl. Ibn Iya¯s, Nasˇq al-azha¯r, fols. 241a – 254b. 133 Vgl. Ibn Iya¯s, Nasˇq al-azha¯r, fols. 254b – 276a. 134 Vgl. Ibn Iya¯s, Nasˇq al-azha¯r, fols. 276a – 282b. 135 Vgl. Ibn Iya¯s, Nasˇq al-azha¯r, fols. 282b – 289a.

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Der Nil während der Mamlukenzeit (1250 – 1517)

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Liste mit bemerkenswerten Wasserständen des Nils von dem Jahre 23/743 an bis in seine Zeit hinein (bis 922/1517) zu präsentieren.136 Ibn Iya¯s nimmt dann seine Erzählung mit der Beschreibung anderer bedeutender Ströme137, einiger wichtiger Berge138 und einem Verweis auf die koptischen Feste139 wieder auf. Der Text schließt mit exakten Angaben zu den altägyptischen, arabischen, christlichen, persischen und griechischen Zeitrechnungen.140 Man sieht somit, dass Werke über die fada¯’il Misr immer längere Abschnitte ˙ ˙ über den Nil und seine Bedeutung für Ägypten beinhalteten. Wird in diesen Büchern die Idee der Herausgehobenheit des ganzen Landes mit seinen Besonderheiten im kollektiven Gedächtnis verankert, so gibt es auch Schriften dieses Genres, die sich ausschließlich mit den Vorzügen des Flusses befassen.141 So skizziert Muhammad Sˇams ad-Dı¯n ad-Dimasˇqı¯ al-Hanafı¯142 in seinem kurzen ˙ ˙ K. Nuzhat al-ha¯tir wa-bahgˇat an-na¯zir fı¯ ziya¯dat an-Nı¯l wa-nuqsa¯nihı¯ wa˙ ˙ ˘ ˙ muntaha¯ ziya¯datihı¯ wa-awa¯nihı¯ die geschichtlichen Ereignisse bis 922/1516 – 17, bevor er auf die fada¯’il an-Nı¯l zu sprechen kommt und schließlich mit we˙ nigen Sätzen auf die Nilschwelle eingeht. Ähnlich knapp fasst sich auch asSuyu¯t¯ı, der in seiner Muqaddima fı¯ Nı¯l Misr wa-maha¯siniha¯ wa-fadliha¯ auf neun ˙ ˙ ˙ ˙ ˇ ala¯l adBlättern die Qualitäten des Stromes preist. Ausführlicher ist da schon G 143 Dı¯n al-Mahallı¯s (st. 864/ 1459) al-Qawl al-mufı¯d fı¯ n-Nı¯l as-sa ¯ıd. In diesem ˙ Traktat hat der ägyptische Autor, der sowohl als Kaufmann wie auch als Hochschullehrer tätig war und als Mitautor (neben as-Suyu¯t¯ı) des weit verˇ ala¯layn eine gewisse Berühmtheit erlangte, ˙eine ganze Reihe breiteten Tafsı¯r al-G von Koranversen, Hadı¯ten und Auszügen aus Mas u¯dı¯s Muru¯gˇ und anderen ˙ ¯ relevanten Werken zusammengetragen, in denen die Rede vom Nil und seinen Charakteristika ist. Eine ausführliche Liste der Nilhöhen von den ersten Jahren nach der Higˇra bis 874/1470 bietet al-Higˇa¯zı¯s (st. 875/1471)144 Nayl ar-ra¯’id fı¯ n-Nı¯l az-za¯’id. An den ˙ Anfang seines Buches hat der Verfasser, der bei Ibn Hagˇar al- Asqala¯nı¯ (st. 852/ ˙ 1449) studierte, eine Liste der verschiedenen Nilometer, die seit der Zeit der ˘

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Vgl. Ibn Iya¯s, Nasˇq al-azha¯r, fols. 289a – 312b. Vgl. Ibn Iya¯s, Nasˇq al-azha¯r, fols. 325a – 326a. Vgl. Ibn Iya¯s, Nasˇq al-azha¯r, fols. 337a – 355b. Vgl. Ibn Iya¯s, Nasˇq al-azha¯r, fols. 363a–372b. Vgl. Ibn Iya¯s, Nasˇq al-azha¯r, fols. 372b–391a. Nicht nur dem Nil allein, sondern auch den Pyramiden widmet der ˇsa¯fi itische Gelehrte alAqfahsı¯ b. al- Ima¯d (st. 808/1405) seine Risa¯la fı¯ n-Nı¯l wa-ahra¯miha¯, wohingegen sich as˙ Suyu¯t¯ıs Kawkab ar-Rawda ausschließlich mit der Insel ar-Rawd a befaßt. Zu al-Aqfahsı¯ ˙ ˙ ˙ ¯ t¯ı, Husn, Bd. 1, S. 249, siehe neben GAL II, 93 – 94 bzw. S II, S. 110 und S N II, 111 auch Suyu SaÈa¯wı¯, Daw , Bd. 2, S. 47 – 49 und Ibn al- Ima¯d, Sˇadara¯t, Bd. 7, S. 73. ˙ ˙ ¯ 142 Zum mö˙glichen Autor siehe Wasserstein 1992. 143 Zum Autor siehe neben GAL II, 114 bzw. S II, S. 140 auch Pellat 1986. 144 Zum Autor siehe neben GAL II, 18 bzw. S II, S. 11 – 12 auch Suyu¯t¯ı, Husn, Bd. 1, S. 330 und ˙ ˙ Ibn al- Ima¯d, Sˇadara¯t, Bd. 7, S. 319. ¯ ˘

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Schluss

alten Ägypter in Gebrauch waren, gestellt. Desweiteren kann man in dem Werk eine Zusammenstellung derjenigen Jahre finden, in denen die zur Fruchtbarkeit des Landes erforderliche Pegelhöhe nicht erreicht wurde.

4.

Schluss

Der Nil war für das mamlukische Ägypten Lebensspender, Ort der Erinnerung und Erinnerungsort zugleich. Das eine hing mit dem anderen unmittelbar zusammen, gab es doch ohne den Fluss und seine alljährliche Schwemme keine Landwirtschaft und somit auch keine Grundlage für die Entwicklung einer sesshaften Kultur. Die direkte Abhängigkeit von den Fluten des Nils hatte sich tief in das Bewusstsein der Menschen eingeprägt. Aus diesem Grund brachte man auch die meisten Feste auf die eine oder andere Weise mit ihm und seinem Zyklus in einen Zusammenhang und erneuerte auf diese Art alljährlich die emotionale Nähe zu seinen Wassern. Immer wieder zeigt sich, dass Fest wie Gebet den im Alltag ausgeblendeten Hintergrund des Daseins beleuchten und auf diese Weise primäre Organisationsformen des kulturellen Gedächtnisses sind. Wenn wir somit gerade diese Feiern als Ausdruck eines ,kollektiven Gedächtnisses‘ ansehen, so müssen wir uns vor Augen halten, dass während der Mamlukenzeit die Erinnerungskulturen dreier Gruppen miteinander konkurrierten. Neben den Kopten gab es die breite muslimische Bevölkerung, die keine Probleme damit hatte, an dem ,kollektiven Gedächtnis‘ der Christen zu partizipieren. Dies lief allerdings dem traditionellen Diskurs der Religionsgelehrten zuwider, die ihren Einfluss geltend zu machen suchten, indem sie vor allem in ihren fada¯’il-Werken Ägypten zur Heimstätte des wahren Islam erhoben und in ˙ ihren normativen Texten systematisch vorislamische Volksbräuche als Irrungen der Vergangenheit darstellten, von denen die muslimische Gemeinde gesäubert werden müsse. Ein Zugeständnis an die Massen war allein bei vollständig islamisierten Feierlichkeiten wie dem Fest anlässlich des Durchstiches des Kairoer Kanals nach der Erreichung des Pegelhöchststandes zu erkennen. Nur im Rahmen solcher von der Obrigkeit kontrollierten und von den Religionsgelehrten als der islamischen Erinnerungskultur zugehörig anerkannten Festivitäten durften sich die gemeinen Muslime auch einmal öffentlich verlustieren.

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Volk, Ethnie oder Stamm? Die Kurden aus mamlukischer Sicht*

Bisweilen ist es schon erstaunlich, wie man zu einem Thema kommt. Als es im Vorfeld der Ringvorlesung, die ja die Basis dieses Bandes bildet, darum ging, Referenten zu finden, hielt ich es für meine Pflicht als Mitveranstalter, mich an dieser Vortragsreihe mit einem eigenen Beitrag zu beteiligen. Da wir bereits eine ausreichende Anzahl von Vorträgen zu modernen kurdologischen Themen beisammen hatten, dachte ich, dass es eine gute Idee wäre, in meinen Ausführungen ein wenig in die kurdisch-islamische Vergangenheit zu blicken. Leider, und dies stellte sich natürlich erst im Nachhinein heraus, wissen wir über die Kurden während der ersten Jahrhunderte islamischer Dominanz im Mittleren Osten und Anatolien beklagenswert wenig.1 Zwar lässt sich aus muslimischen historiographischen und geographischen Werken ein gewisses Faktengerüst zimmern,2 doch wenn man darüber hinausgehen möchte, stößt man schnell an Grenzen. Wir besitzen bis zum ausgehenden 10./16. Jahrhundert keinerlei kurdische Eigenzeugnisse Eigenzeugnisse und können somit auch nur äußerst begrenzte Aussagen über die Selbstwahrnehmung dieser Gruppe machen. Die einzige zusammenhängende Quelle zur Geschichte der Kurdenstämme in den ersten Jahrhunderten islamischer Herrschaft stellt Sˇaraf ad-Dı¯n Ha¯n Bidlı¯sı¯s ˘ (st. ca. 1012/1603 – 04)3 spätes Sˇaraf-na¯ma dar. Bidlı¯sı¯ wuchs im Safawidenreich heran und genoss zusammen mit Sˇa¯h Tahma¯sbs (reg. 930 – 984/1524 – 76) ˙ Sprösslingen in Qazvı¯n eine anspruchsvolle höfisch-urbane Erziehung. Nach dem Tode des Herrschers wechselte Bidlı¯sı¯, der inzwischen zum Oberemir aller * Erstpublikation in: Conermann, S./Haig, G. (Hg.), Die Kurden. Studien zu ihrer Sprache, Geschichte und Kultur. Schenefeld: EB-Verlag 2004 [= Asien und Afrika. Beiträge des ,Zentrums für Asiatische und Afrikanische Studien‘ (ZAAS) der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Bd. 8], S. 27 – 68. 1 Siehe zu den Quellen Minorsky 1986, insbesondere Sp. 449b – 457a sowie 463b – 464a. 2 Siehe etwa McDowall 1996, S. 21 – 31 oder Strohmeier/YalÅın-Heckmann 2000, S. 49 – 59. 3 In seinem Sˇaraf-na¯ma gibt uns Bidlı¯sı¯ selbst einen kurzen Abriss seines Lebens bis 1005/1596 [Bidlı¯sı¯, Sˇaraf-na¯ma, Bd. 1. S. 437 – 459]. Siehe ansonsten Glassen 1990, aber auch Bacqu¦Grammont/Adle 1986.

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kurdischen Stämme in Iran ernannt worden war, die Seiten und tat fortan für den Osmanensultan Mura¯d III. (reg. 982 – 1003/1574 – 1595) Dienst. Als Dank verlieh dieser ihm zum einen den Titel ha¯n und überantwortete ihm zum anderen das ˘ Gebiet um die Stadt Bidlı¯s als erbliche Pfründe (iqta¯ ). ˙ Die orientalistische Nachwelt kennt Bidlı¯sı¯ allerdings weniger als Stammesführer und Politiker, sondern als Verfasser der oben genannten historischen Darstellung. Das Werk teilt sich in zwei eigenständige Bände: der erste Band handelt von den verschiedenen kurdischen Dynastien, wohingegen das zweite Buch in chronologischer Reihenfolge die wichtigsten Ereignisse während der Regierungszeiten der muslimischen Herrscher in Iran und Turan aufreiht. In diesen zweiten Teil hat der Autor auch seine eigenen persönlichen Erfahrungen als Emir eingebettet. Bei genauer Lektüre seines Textes fällt auf, dass Bidlı¯sı¯ innerlich hin- und hergerissen ist zwischen seiner Sympathie für die straff und zentral organisierten Osmanen auf der einen Seite und den ihm gesellschaftlich und verwandtschaftlich nahestehenden, aber oftmals uneinen und politisch wechselhaften Kurdenstämmen auf der anderen Seite. Die Identitätsmuster seines ererbten Kurdentums reiben sich im Verlauf der Erzählung in auffälliger Weise mit denjenigen seiner anerzogenen urbanen Hofkultur. Wenn es uns somit nicht vergönnt ist, die Frage befriedigend zu beantworten, wie es um die Identität eines Kurden in der Zeit bis zum 11./17. Jahrhunderts bestellt war, so will ich im folgenden wenigstens zu skizzieren versuchen, wie andere Gruppen die Kurden wahrnahmen.4 Dabei sei vorausgeschickt: Stößt man in der modernen Literatur auf Begriffe wie Volk, Stamm, Nation oder Ethnie, ist es in den meisten Fällen geboten, diesen Termini vorsichtig gegenüberzustehen, denn sie alle werden heute mit Vorstellungen assoziiert, die der uns hier interessierenden Epoche fremd waren. Dies hängt natürlich vor allem mit unserer eigenen Geschichte zusammen: Überall in Europa wichen im ausgehenden 18. Jahrhundert die bis dahin vorherrschenden Formen von Nationalgefühl und Patriotismus einer ,modernen‘ Idee der übergeordneten Staatsnation im Sinne eines in rechtlicher und politischer Hinsicht von jeder höheren Autorität unabhängigen und von jeder inneren ständischen Gliederung freien, souveränen menschlichen Verbandes. Nicht Stand und nicht Konfession, nicht Religion und nicht Stamm (und auch nicht die Bindung an eine Dynastie), aber auch nicht Klasse und nicht politische Ideologie bestimmen nunmehr die Zugehörigkeit zu einem überpersonalen Zusammenhang, sondern eben die Nation.5 Diese sollte einer als territorial begrenzt, rechtlich souveränen und als 4 Viele Anregungen verdanke ich dem Vergleich lateinischer und arabischer Termini zum Umfeld ,Volk, Ethnie, Nation etc.‘ in Haarmann 1996. 5 Diesen Paradigmenwechsel beschreibt anschaulich am Beispiel der ,deutschen Nation‘ Blitz 2000. In die Geschichte der Nationalismen des 19. und 20. Jahrhunderts führt ein Langewiesche 2000.

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,kameradschaftlicher Verbund von Gleichen‘ vorgestellten politischen Gemeinschaft entsprechen. Letzten Endes sind moderne Nationen somit, wenn man so will, eine spezifische Art von Pathos, welches sich in einer durch Sprache-, Konfessions-, Sitten- oder Schicksalsgemeinschaft verbundenen Menschengruppe mit dem Gedanken einer ihr eigenen, schon bestehenden oder von ihr ersehnten politischen Machtorganisation verbindet.6 Um zu einem besseren Verständnis der als ,Kurden‘ bezeichneten Gruppierung in der ,Vormoderne‘ zu kommen, sollte man diese seit dem 19. Jahrhundert mit dem Begriff ,Nation‘, ,Volk‘, ,Stamm‘ etc. verknüpften Vorstellungen beiseite lassen.7 Und genau dies möchte ich bei meinem Vorhaben, mich den Kurden auf einem perzeptionsgeschichtlichen Umweg zu nähern, versuchen. Als Beispiel habe ich die Wahrnehmng der Kurden durch die intellektuelle Elite während der Mamlukenherrschaft in Ägypten und Syrien (648/1250 – 923/1517) ausgewählt, nicht nur, weil ich mich zur Zeit gerade mit dieser Epoche beschäftige, sondern auch, weil ihre Vorgänger, die Ayyubiden (564/1169 – 648/1250 in Ägypten; bis 658/1260 in Syrien), kurdische Wurzeln haben und ihr Sultan Saladin (Sala¯h ad-Dı¯n, st. 589/ ˙ ˙ 1193) bei kurdischen Nationalisten als in erster Linie kurdischer Heros galt (und gilt).8 Letztlich geht es darum, vor dem Hintergrund von drei mamlukischen Gesellschaftsmodellen zum einen einige Begriffe näher zu bestimmen, in denen die Mamluken eigene und fremde Identitäten ausdrückten, und zum anderen zu schauen, wo man, wenn über-haupt, innerhalb dieser indigenen Systemvorstellungen die Kurden verortete.

Modell 1: Die mamlukische Gesellschaft als Gruppengemeinschaft Wir haben das Glück, dass uns einige muslimische Gelehrte der Mamlukenzeit Abhandlungen hinterlassen haben, in denen sie ihren Lesern eine in der damaligen Zeit offenbar gängige Kategorisierung der Bevölkerung Syriens und Ägyptens präsentieren. So zieht der Lehrer, Historiker und Verwaltungsbeamte al-Maqrı¯zı¯ (gest. 845/1442)9 in einer kleinen Schrift, die – wie es im Titel heißt – „der muslimischen Gemeinde helfen soll, indem sie die Gründe ihrer Missstände untersucht“ (Ig˙a¯tat al-umma bi-kasˇf al-g˙umma) eine klare Scheidelinie zwi¯ schen der herrschenden türkischen Elite (ahl ad-dawla) einerseits und der 6 Zum Konstrukt ,Nation‘ siehe grundlegend Anderson 1993. 7 Zu der langen und komplexen Geschichte der Begriffe „Volk“ und „Nation“ siehe den von verschiedenen Autoren bearbeiteten Eintrag „Volk, Nation, Nationalismus, Masse“ in GG 7 (1992), S. 141 – 431. Ebenfalls sehr lehrreich ist in diesem Zusammenhang Geary 2002. 8 Vgl. Strohmeier/YalÅın-Heckmann 2000, S. 56 – 57 und 87. Zur abendländischen Mythisierung der historischen Figur siehe Jubb 2000. 9 Zu al-Maqrı¯zı¯ siehe Rosenthal 1991.

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einheimisch-ägyptischen Untertanenschaft andererseits. Letztere unterteile sich – so Maqrı¯zı¯ – in sechs Gruppen, nämlich in die reichen Kaufleute, in die Einzelhändler und Ladenbesitzer, in die Bauern, in die Pfründenempfänger (alfuqara¯’) – also etwa Gelehrte und Angehörige der Ersatztruppe (agˇna¯d al-halqa) –, ˙ in die Handwerker und in die bezahlten Arbeiter. Zu dieser letzten Untergruppe 10 zählt al-Maqrı¯zı¯ dann auch die Masse der Bedürftigen und Armen. Dass diese Art der funktionalen Klassifizierung der Gesellschaft während der Mamlukenzeit intellektuelles Allgemeingut gewesen ist, bestätigen vier ähnlich strukturierte, voneinander zum Teil direkt abhängige Modelle anderer Autoren: (1) Ein erster – beinahe fürstenspiegelartig zu nennender – Traktat stammt aus der Feder des ˇsa¯fi itischen Gelehrten Ibn Raf a (st. 710/1310)11, der in Kairo als muhtasib und stellvertretender Richter tätig war. Ibn Raf a galt als wichtiger ˙ a¯lim, der nicht nur ein Buch über die für seinen Beruf nötigen Kenntnisse aller marktgängigen Maße und Gewichte („al-I¯da¯h wat-tibya¯n fı¯ ma rifat al-mikya¯l ˙ ˙ wal-mı¯za¯n“), sondern auch Kommentare zu asˇ-Sˇira¯zı¯s (st. 476/1083)12 K. at13 Tanbı¯h fı¯’l-fiqh („Sˇarh at-Tanbı¯h li-sˇ-Sˇira¯zı¯“) und al-G˙azza¯lı¯s (st. 505/1111)14 K. ˙ al-Wası¯t al-muh¯ıt bi-a¯ta¯r al-Bas¯ıt15 („Sˇa¯rh al-Wası¯t al-G˙azza¯lı¯“) verfasste. Für ¯ ˙ ˙ ˙˙ ˙˙ ˙ uns ist allerdings eine kleinere Schrift zur „Darbringung ˇsarı¯ at-gerechter Ratschläge für diejenigen, die die Macht innehaben, für die anderen maßgeblichen Persönlichkeiten sowie für die übrige Bevölkerung“ (Badl an-nasa¯’ih asˇ-sˇar ¯ıya ¯ ˙ ˙ fı¯-ma¯ ala¯ s-sulta¯n wa-wula¯t al-umu¯r wa-sa¯’ir ar-ra ¯ıya) von größerem Interesse ˙ als die beiden juristischen Bücher. Im ersten Kapitel (ba¯b) der fünfteiligen Gothaer Handschrift stellt der Autor den Sultan und seine Beamten vor.16 Insgesamt beschreibt der Verfasser über 20 Würdenträger – von den Inhabern der hohen Hofämter (Vizekönig, Hausmeier, Wesir, Schatzmeister) bis hin zu den einfachen Soldaten und Palastbediensteten. Hier erfahren wir auch von den Aufgaben der Kämmerer, in deren Verantwortungsbereich unter anderem die umstrittene innermamlukische, an mongolischen Normen orientierte Jurisdiktion fiel. Das zweite ba¯b des Badl an-nasa¯’ih ¯ ˙ ˙ handelt von den Richtern und Gelehrten, denen in erster Linie Erstellung, Deutung und Umsetzung der ˇsar ¯ıya und Interpretation der ˇsaha¯da oblag.17 Der ˘

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10 Siehe al-Maqrı¯zı¯, Ig˙a¯tat al-umma, S. 70. ¯ 11 Seine Vita findet sich bei Ta¯gˇ ad-Dı¯n as-Subkı¯, at-Tabaqa¯t, Bd. 9, S. 24 – 27, Ibn Hagˇar al˙ ˙ ˙ und Ibn al- Ima¯d (st. 1089/1679), Asqala¯nı¯ (st. 852/1449), ad-Durr, Bd. 1, S. 284 – 287 Sˇadara¯t ad-dahab, Bd. 6, S. 22 – 23. Siehe auch GAL II 134 (= S. 165 – 166). ¯ ¯ ¯ 12 Zu diesem bedeutenden ˇsa¯fi itischen Gelehrten siehe Chaumont 1997. 13 Hg. Kairo 1929. 14 In Leben und Werk al-G˙azza¯lı¯s führen recht gut ein: Watt 1953 und 1963, Laoust 1970 und/ oder Abul Qasem 1978. 15 Hg. in 7 Bänden von Ahmad Mahmu¯d Ibra¯hı¯m. Da¯r as-Sala¯m 1997. ˙ a¯’ih, fols. ˙ 6b – 32a. 16 Vgl. Ibn Raf a, Badl an-nas ¯ ˙ ˙ 17 Vgl. Ibn Raf a, Badl an-nasa¯’ih, fols. 32a – 42b. ¯ ˙ ˙ ˘

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dritte Abschnitt ist dann den für die Aufrechterhaltung der allgemeinen Sitte und Ordnung (hisba) zuständigen Beamten gewidmet,18 zu denen eben auch der ˙ Marktaufseher zählt. Vor allem geht es hier um die Fähigkeiten und Kenntnisse, die ein Kanzleibeamter für seinen Beruf braucht. Im vierten Teil seines Textes traktiert Ibn Raf a dann die Handwerker, Gewerbe-treibenden und Kaufleute.19 Insgesamt nennt er mehr als 50 verschiedene Berufe, etwa den Türhüter, den Leichenwäscher oder den Bettler. Im fünften und letzten Unterpunkt seiner Ahandlung verknüpft der Autor das dritte und vierte Kapitel, indem er ausführlich beschreibt, an welche hisba-Regeln sich die Inhaber der verschiedenen ˙ Berufe zu halten haben.20 (2) Ein ähnliches Modell bietet uns der in Damaskus an der Umayyadenmoschee als Prediger tätige Ta¯gˇ ad-Dı¯n as-Subkı¯ (gest. 770/1370)21 in seinem Buch, welches „dazu dienen möge, die (verlorengegangenen) Wohltaten zurückzubringen und die (gegenwärtigen) Heimsuchungen zu vernichten“ (K. Mu ¯ıd an-ni am wa-mubı¯d an-niqam). Letztlich ist as-Subkı¯s Abhandlung ein religiöses Buch. Es geht ihm nämlich darum, jeden Gläubigen darauf hinzuweisen, dass man seine Dankbarkeit gegenüber Gott auch in Taten ausdrücken kann. Da Gottes Gunst alles umfasse, was der Muslim im Diesseits besitze und darstelle, kämen sämtliche Amtsinhaber in islamischen Ländern nicht umhin, vermittels einer rechten Berufsauffassung und -ausübung Positiva für den Tag der Abrechnung anzusammeln. Anhand von 114 Berufsgruppen, die vom Kalifen bis zum Bettler reichen, stellt as-Subkı¯ seinen Lesern Aufgaben und idealtypische Verhaltensmuster der jeweiligen Amtsträger vor. Dabei präsentiert er uns eine funktionale Dreiteilung der Gesellschaft: Fällt dem Sultan und seinen Beamten (# 3 – 35)22 die Herrschaftsausübung zu, so obliegen die religiösen Dinge zum einen den Richtern und Gelehrten (# 36 – 66)23 und zum anderen den frommen Männern und Sufis (# 67 – 71)24. Unter diesen beiden Gruppen steht dann das Volk, welches sich aus Handwerkern, Gewerbetreibenden, Kaufleuten, Bettlern etc. (# 72 – 114)25 zusammensetzt. (3) Ein weiteres Werk, das anfänglich ebenfalls religiöse Pflichtenlehre mit handfesten Berufen verbindet, dann jedoch weit vom eigentlichen Thema abkommt, liegt mit Ahmad Tu¯g˙a¯n al-Muhammad al-Asˇrafı¯ al-Hanafı¯s (st. um 880/ ˙ ˙ ˙ ˙ Vgl. Ibn Raf a, Badl an-nasa¯’ih, fols. 42b – 57b. ¯ ˙ , fols. 57b – 82b. Vgl. Ibn Raf a, Badl an-nas˙ a¯’ih ¯ ˙ ˙ , fols. 82b – 108b. Vgl. Ibn Raf a, Badl an-nasa¯’ih ¯ ˙ ¯s˙und zu seinem K. Mu ¯ıd an-ni am siehe noch immer Myhrman Zur Vita Ta¯gˇ ad-Dı¯n as-Subkı 1908. Zu dieser Ausgabe siehe die Corrigenda von Zetterst¦en 1913. Eine deutsche Teilübersetzung bietet Rescher 1980. Vgl. Ta¯gˇ ad-Dı¯n Subkı¯, Mu ¯ıd an-ni am, S. 21 – 76. Vgl. Ta¯gˇ ad-Dı¯n Subkı¯, Mu ¯ıd an-ni am, S. 76 – 170 Vgl. Ta¯gˇ ad-Dı¯n Subkı¯, Mu ¯ıd an-ni am, S. 171 – 180. Vgl. Ta¯gˇ ad-Dı¯n Subkı¯, Mu ¯ıd an-ni am, S. 180 – 213. ˘ ˘ ˘

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Karte 1: Der Vordere Orient im frühen 8./14. Jahrhundert [aus: Haarmann 1994, S. 242]

1475)26 al-Burha¯n fı¯ fadl as-sulta¯n vor. Das auf Befehl des Sultans Husˇqadam ˙ ˙ ˘ (reg. 865 – 872/1461 – 1467) im Jahre 872/1467 verfasste Werk gliedert sich in eine Einleitung, zehn Kapitel und ein kurzes Schlusswort: 26 Siehe zu ihm und seinem Werk bisher nur GAL II 135 (= S. 167 – 168).

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Einleitung (einschließlich einer langen Qas¯ıde zum Lob des Werkes und seines Ver˙ fassers)27 Kapitel 1: „Die Vortrefflichkeit des Herrschers und das, was darüber im Koran und in der Überlieferung vorkommt“ (fı¯ fadli s-sulta¯ni wa-ma¯ warada fı¯hi mina l-kita¯bi wa˙ ˙ s-sunnati).28 Kapitel 2: Das Gottvertrauen, das Urteil (am Tag des Jüngsten Gerichts), die Vorherbestimmung und die Suche nach dem (rechten) Wissen“ (fı¯’t-tawakkuli wa-lqada¯’i wa-l-qadri wa-t-talabi).29 ˙ ˙˙ Kapitel 3: „Das (geschickte) Verbergen der herrscherlichen Geheimnisse und das Verleumdungs- und Diffamierungsverbot“ (fı¯ katmi asra¯ri l-mulu¯ki wa-n-nahyi ani l-g˙¯ıbati wa-n-namı¯mati).30 Kapitel 4: Das Verbot von Verleumdungen und Diffamierungen bzw. das, was davon erlaubt und was davon verboten ist“ (fı¯‘n-nahyi ani l-g˙¯ıbati wa-n-namı¯mati wa-ma¯ yuba¯hu minha¯ wa-ma¯ yahramu).31 ˙ ˙ Kapitel 5: „Was die zu Lebzeiten ausgeübten Tätigkeiten der Almosengabe, des individuellen Gebets, der Koranrezitation, des Fastens und ähnlicher Verrichtungen mit den Toten verbindet“ (fı¯ma¯ yasilu an-i a ma¯li l-ahya¯’i ila¯ l-amwa¯t-i mina s-sadaqati ˙ ˙˙ ˙ wa-d-du a¯’i wa-qira¯’ati l-qur’a¯ni wa-s-sala¯ti wa-s-sawmi wa-nahwa da¯lika min af a¯li ¯ ˙˙ ˙˙ ˙ 32 l-qurbi). Kapitel 6: „Die Geister – wo sich ihr Aufenthaltsort nach dem Tode befindet, ob sie erschaffen sind oder nicht und ob sie mit oder ohne Körper (in der Hölle) gequält werden“ (fı¯ l-arwa¯hi – ayna mustaqarruha¯ ba da l-mawti wa-hal-i hiya mahlu¯qatun ˙ ˘ am-i la¯ wa-hal-i tuaddibu ma a l-gˇasadi am-i la¯).33 ¯¯ Kapitel 7: „Ein kurzer Abschnitt über das, was auf die Fülle göttlicher Barmherzigkeit und seiner Gnade hinweist“ (fı¯ nubdati mimma¯ yadullu ala¯ si ati rahmati lla¯hi wa¯ ˙ fadlihı¯).34 ˙ Kapitel 8: „Erzählungen von (besonders) frommen und gläubigen, aber auch von anderen Frauen, (in denen es um) ihre Erlebnisse, Charaktereigenschaften und ihr moralisches Verhalten (geht)“ (fı¯ hika¯ya¯ti n-nisa¯’i s-sa¯liha¯ti l-mu’mina¯ti minhunna ˙ ˙˙ ˙ wa-g˙ayrihunna wa-ahba¯rihunna wa-sifa¯tihinna wa-agˇla¯qihunna).35 ˙ ˘ Kapitel 9: „Einige Fragen und deren Antworten“ (fı¯ dikri masa¯’ili wa-agˇwibatiha¯).36 ¯ Kapitel 10: Einige Überlieferungen, die den Prophet – Gott segne ihn und schenke ihm Heil! – betreffen“ (fı¯ dikri aha¯dı¯tin-i wa¯ridatin-i ani n-nabı¯yi – salla¯ lla¯hu¯ alayhi ¯ ˙ ˙ ¯ wa-salama).37 Schluss (kurz)38 ˘

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Vgl. Ahmad Tu¯g˙a¯n, al-Burha¯n, fols. 1a – 9b. Vgl. Ah˙ mad T˙ u¯g˙a¯n, al-Burha¯n, fols. 9b – 23b. Vgl. Ah˙ mad T˙ u¯g˙a¯n, al-Burha¯n, fols. 23b – 30b. Vgl. Ah˙ mad T˙ u¯g˙a¯n, al-Burha¯n, fols. 30b – 33b. Vgl. Ah˙ mad T˙ u¯g˙a¯n, al-Burha¯n, fols. 33b – 43b. Vgl. Ah˙ mad T˙ u¯g˙a¯n, al-Burha¯n, fols. 43b – 58a. Vgl. Ah˙ mad T˙ u¯g˙a¯n, al-Burha¯n, fols. 58a – 91a. Vgl. Ah˙ mad T˙ u¯g˙a¯n, al-Burha¯n, fols. 91a – 108b. Vgl. Ah˙ mad T˙ u¯g˙a¯n, al-Burha¯n, fols. 108b – 120b. Vgl. Ah˙ mad T˙ u¯g˙a¯n, al-Burha¯n, fols. 120b – 126b. Vgl. Ah˙ mad T˙ u¯g˙a¯n, al-Burha¯n, fol. 126b – 127b. ˙ ˙

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Volk, Ethnie oder Stamm? Die Kurden aus mamlukischer Sicht

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Die Abhandlung von Ahmad Tu¯g˙a¯n, von dessen Schriften noch ein 875/1470 ˙ ˙ geschriebener Kommentar zu al-Ma¯wardı¯s (st. 450/1058)39 K. al-Ahka¯m as-sul˙ ta¯nı¯ya40 („Manhagˇ as-sulu¯k fı¯ sı¯rat al-mulu¯k“)41 sowie eine Übersicht über die ˙ Geschichte der Mamluken bis in die Zeit Qa¯’itba¯ys (reg. 872 – 901/1468 – 1496) („al-Muqaddima as-sulta¯nı¯ya fı¯ s-siya¯sa asˇ-sˇar ¯ıya“)42 auf uns gekommen sind, ˙ hat, wie gesagt, insgesamt gesehen einen fromm-erbaulichen Tenor. Auch dieser Autor, der in seinem Modell weder Ibn Raf a noch as-Subkı¯ folgt, möchte dem Leser unter anderem verdeutlichen, dass sich alle, die ein Amt innehaben oder einen Beruf ausüben, an die Vorschriften der Scharia zu halten haben. Letztlich gelte nämlich für jeden Gläubigen, dass sämtliche guten Werke, die dieser im Arbeitsleben vollbringt, einen nicht unbedeutenden Einfluss auf dereinstige Seligkeit haben. (4) Einen letzten Text, in dem die mamlukische Gesellschaft in Berufsgruppen eingeteilt wird, hat schließlich der zu seiner Zeit von der Gelehrtenzunft als zweitklassig diffamierte Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯ (gest. 888/1483)43 verfasst.44 Dass ˙ diese Vorwürfe seiner Kollegen nicht ganz unbegründet waren, zeigt die bedenkenlose wörtliche Einverleibung weiter Teile des oben vorgestellten Buches von Ibn Raf a in sein eigenes Werk.45 Abu¯ Ha¯mid gab seiner Abhandlung darüber ˙ hinaus den gleichen Titel (Badl an-nasa¯’ih asˇ-sˇar ¯ıya fı¯-ma¯ ala¯ s-sulta¯n wa-wula¯t ¯ ˙ ˙ ˙ al-umu¯r wa-sa¯’ir ar-ra ¯ıya) und übernahm unverändert die Gliederung der 46 früher verfassten Schrift. An der einen oder anderen Stelle scheint auch Ta¯gˇ adDı¯n as-Subkı¯s K. Mu ¯ıd an-ni am als Vorlage gedient zu haben. Nur in wenigen Passagen gibt Abu¯ Ha¯mid seinen Lesern Informationen aus eigener Hand. ˙ Damit man zumindest einmal einen Eindruck von Inhalt und Aufbau eines solchen – ebenfalls berufsstandorientieren – religiös-politischen Traktates erhält, sei an dieser Stelle das erste Kapitel von Abu¯ Ha¯mids Badl an-nasa¯’ih, in ¯ ˙ ˙ ˙ dem es um den Sultan und seine Beamten geht, etwas ausführlicher vorgestellt: ˘

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Vgl. Ahmad Tu¯g˙a¯n, al-Burha¯n, fols. 127b. ˙ ¯wardı ˙ ¯ siehe neben Brockelmann 1991 auch Laoust 1968. Zu al-Ma Hg. Kairo 1960. Siehe speziell zu diesem Werk auch Little 1974. Siehe neben GAL II 135 (= S. 167 – 168) auch GAL I 386 (= S. 483). Siehe GAL II 135 (= S. 167 – 168)]. Leben und Werk behandelt Haarmann 1997. Eine Vorstellung des Werkes liefern Haarmann 1988, S. 64 – 69 und 1997, S. 53 – 55. Man kann davon ausgehen, dass sich Abu¯ Ha¯mid und Ibn Raf a auch persönlich kannten. ˙ Vater als Muftı¯ neben Ibn Raf a gearbeitet hat. Zumindest berichtet uns Abu¯ Ha¯mid, dass sein ˙ Siehe Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯, Badl an-nasa¯’ih, fol. 19b. ¯ ˙ Sultan und seine ˙ (fols. ˙ 46 Kapitel 1: Der Beamten 4a – 17b); Kapitel 2: Richter und Gelehrte (fols. 17b – 23a); Kapitel 3: Die für die Aufrechterhaltung der allgemeinen Sitte und Ordnung zuständigen Beamten (fols. 23b – 31a); Kapitel 4: Handwerker, Gewerbetreibende und Kaufleute (fols. 31b – 45a); Kapitel 5: Die hisba-Regeln, die die einen Beruf ausübenden Personen beachten müssen (fols. 45a – 56b).˙ 38 39 40 41 42 43 44 45

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Die mamlukische Gesellschaft als Gruppengemeinschaft

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Die wichtigste Aufgabe des Sultans sei es, so beginnt der Verfasser, die Bevölkerung (ra ¯ıya) vor jeglichem Unrecht (zulm) zu schützen. Gleichzeitig solle er der Religion des ˙ Islam zum Sieg verhelfen. Dazu habe er einen tadellosen Lebenswandel zu führen, was impliziere, daß er sich nicht dem Alkohol, der Völlerei oder der Verschwendungssucht hingebe.47 Insofern errichte er, so die Aufforderung Abu¯ Ha¯mids, allgemeinnützige ˙ Stiftungen und baue ansonsten maß- und nicht prunkvoll. Der Herscher solle bei dieser Gelegenheit auch die Steinmetze und andere im Baugewerbe Tätige nicht übervorteilen.48 Generell gehöre es zu seinen Aufgaben, aktiv für die ra ¯ıya sorgen. Dies erfordere seine ganze Kraft, so daß er auf nächtliche Exerzitien und übermäßiges Fasten am Tage gänzlich verzichten möge.49 Da die Einkünfte des Staates der Allgemeinheit, besonders dem Militär und den ulama¯’, gehören, müsse der Sultan dafür sorgen, daß sie auch bekommen, was ihnen rechtlich zustehe.50 Schließlich noch: Obgleich der Herrscher sich nicht an Juden und Christen wenden dürfe, um bei ihnen Rat zu suchen,51 mißachte er diesen Grundsatz – sehr zum Mißfallen unseres Autors – allzu häufig.52 ˘

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Insgesamt gesehen gäbe es innerhalb der herrschenden Elite, so Abu¯ Ha¯mid weiter, ˙ zwei Gruppen von ulu¯ l-amr, also von Personen, die ,die Bedürfnisse der Leute regeln’, nämlich die Sultane und die Emire. Ihnen allen käme die Aufgabe zu, die Muslime vor unstatthaften Neuerungen (bida ) zu schützen.53 Im Zweifelsfalle müsse man sich allerdings an denjenigen halten, dessen Wissen und Religiosität wohlgefällig sei.54 Habe man Klagen, so könnten diese bei dem usta¯da¯r eingereicht werden,55 wobei es an dem ka¯tib as-sirr sei, die Petitionen in gerechter Auslese weiterzuleiten.56 Ebenso wie der usta¯da¯r solle auch der Wesir dem Sultan gut raten und Unrecht von der Bevölkerung fernhalten.57 An dieser Stelle prangert Abu¯ Ha¯mid die vielen unrechtmäßigen Abgaben ˙ und Steuern (muku¯s) ein, die der Bevölkerung im Laufe der Zeit auferlegt worden 58 seien. Auch der offen zur Schau gestellte Luxus in den Dı¯wa¯nen – z. B. goldene Tintenfässer – mißfallen dem Verfasser des Ba¯dl an-nasa¯’ih sehr.59 Ferner dürfe der ¯ ˙ Heeresinspektor (na¯zir al-gˇaysˇ) kein Geld für die Freistellung eines einfachen Soldaten ˙ 60 (gˇundı¯) von einem Feldzug nehmen. Des weiteren fordert Abu¯ Ha¯mid dazu auf, keine ˙ Bauern als Teil der iqta¯ -Ländereien rechtlich zu binden. Man bedürfe doch gerade der ˙ Bauern, die Herr (amı¯r) ihrer selbst bleiben müßten. Ihnen selbst solle die Entscheidung überlassen sein, ob und wann sie die Aussaat vornehmen. Es sei eben ein besonders schlimmes Übel in Ägypten, daß die Emire die Bauern drangsalieren und ˘

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Siehe Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯, Badl an-nasa¯’ih, fol. 9b – 10a. ¯ ˙ a¯mid al-Qudsı¯, Bad ˙ , fol. 11a. Siehe Abu¯ H l an-nas˙ a¯’ih ¯ ˙ ˙ ˙ Siehe Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯, Badl an-nasa¯’ih, fol. 11b. ¯ ˙ a¯mid al-Qudsı¯, Bad ˙ , fol. 7a und 10a. Siehe Abu¯ H l an-nas˙ a¯’ih ¯ ˙ ˙ ˙ Siehe Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯, Badl an-nasa¯’ih, fol. 9a. ¯ ˙ a¯mid al-Qudsı¯, Bad ˙ , fol. 9b. Siehe Abu¯ H l an-nas˙ a¯’ih ¯ ˙ ˙ ˙ Siehe Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯, Badl an-nasa¯’ih, fol. 12b. ¯ ˙ a¯mid al-Qudsı¯, Bad ˙ , fol. 11b. Siehe Abu¯ H l an-nas˙ a¯’ih ¯ ˙ ˙ ˙ Siehe Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯, Badl an-nasa¯’ih, fol. 13a. ¯ ˙ a¯mid al-Qudsı¯, Bad ˙ , fol. 13b. Siehe Abu¯ H l an-nas˙ a¯’ih ¯ ˙ a¯mid al-Qudsı¯, Bad ˙ , fol. 13a. Siehe Abu¯ H l an-nas˙ a¯’ih ¯ ˙ ˙ ˙ Siehe ebenda. Siehe Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯, Badl an-nasa¯’ih, fol. 13b. ¯ ˙ a¯mid al-Qudsı¯, Bad ˙ , fol. 14a. Siehe Abu¯ H l an-nas˙ a¯’ih ¯ ˙ ˙ ˙

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Volk, Ethnie oder Stamm? Die Kurden aus mamlukischer Sicht

ausbeuten. Dies sei, mahnt Abu¯ Ha¯mid, überaus töricht, denn von ihnen lebe man ˙ schließlich.61 ˘

Die Dı¯wa¯nbeamten, also die nächste Gruppe im Umfeld des Herrschers, rechtfertigten, Abu¯ Ha¯mid zufolge, ihr Tun mit dem Argument, dies und das sei Diwansrecht (sˇar ad˙ dı¯wa¯n). Diesen Grundsatz könne man so jedoch nicht akzeptieren, denn letzten Endes gebe es nur das göttliche Recht (sˇar Alla¯h).62 Viele Staatsbediensteten nutzten darüber hinaus den Post- und Kurierdienst unrechtmäßigerweise für den Kauf schöner Mamluken und den Import reizender Konkubinen.63 Eine Frage, die unseren Autor in diesem Zusammenhang umtreibt, lautet: Dürfen Eunuchen ihre Herrinnen sehen? Die Antwort gibt er uns selbst: Eigentlich nicht, insbesondere, wie er schreibt, in dieser seltsamen Zeit, in der es den Frauen an Verstand und Religion mangelt. Warum sollte ihnen der Anblick mannhafter Mamluken gestattet werden, die mit ihrer Schönheit ihre Herrinnen betören?64 Dabei ist sich Abu¯ Ha¯mid der moralischen Gefahren des ˙ mamlukischen Kasernenlebens wohl bewußt: Dem für die bartlosen Sultansmamluken in den Unterkünften verantwortliche muqaddam al-mama¯lı¯k sei es nämlich aus offensichtlichen Gründen strengstens verboten, die jungen Männer in einem Bett schlafen zu lassen. Vielmehr soll er sie gründlich in den koranischen Wissenschaften und in der ˇsar ¯ıya unterrichten.65 Überhaupt reiche die ˇsar ¯ıya für die Klärung aller offenen Fragen in allen denkbaren Lebenslagen aus. Wer glaube, er könne die Dinge mit seinem Verstand und die Leitung des Landes nach Gutdünken steuern und dabei Gottes Gesetze mißachten, irre sich, so unser Autor, gewaltig.66 Wenn einer komme und sage: ,Woher soll ich das wissen, bin ich doch nur ein einfacher Türke ( a¯mmı¯ turkı¯), der weder Koran noch Sunna kennt’, dann müsse man ihm entgegnen: ,Das nützt nichts, du hast doch Augen, Zunge und Lippen zum Erkennen. Und wenn du es nichts begreifst, dann frage doch die Gelehrten (ahl ad-dikr). Und wenn du diese nicht verstehst, was ¯ ¯ willst du dann überhaupt auf diesem Posten?’67 ˘

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Schließlich geht Abu¯ Ha¯mid noch gesondert auf die Gruppe der Emire ein. Ihnen ˙ komme es zu, sich ordentlich um ihre Mamluken, die einfachen Soldaten (agˇna¯d) und ihre anderen Gefolgsleute zu kümmern. Dazu gehöre auch, daß sie diesen die a¯da¯b asˇˇsar ¯ıya beibringen, zu denen auch Koranexegese, Hadı¯twissenschaft, Rezitationskunst ˙ ¯ und Pflichtenlehre zu rechnen seien. Natürlich kämen militärische Qualifikationen wie Pfeilschießen, Speerspiele, Polo oder Tunierreiten hinzu, aber nur unter Ausschluß jeglich Form des Glücksspiels. Zu den weit verbreiteten Missetaten vieler Emire zählten, so Abu¯ Ha¯mid abschließend, daß sie die Religionsgelehrten nicht achten und ihnen ˙ nicht geben, was ihnen zustehe.68

61 62 63 64 65 66 67 68

Siehe ebenda. Siehe ebenda. Siehe Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯, Badl an-nasa¯’ih, fol. 14b. ¯ ˙ a¯mid al-Qudsı¯, Bad ˙ , fol. 15a. Siehe Abu¯ H l an-nas˙ a¯’ih ¯ ˙ ˙ ˙ Siehe ebenda. Siehe Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯, Badl an-nasa¯’ih, fol. 15a-b. ¯ ˙ a¯mid al-Qudsı¯, Bad ˙ , fol. 15b. Siehe Abu¯ H l an-nas˙ a¯’ih ¯ ˙ ˙ ˙ Siehe Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯, Badl an-nasa¯’ih, fol. 16a. ¯ ˙ ˙ ˙

Die mamlukische Gesellschaft als Gruppengemeinschaft

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Alle vier Autoren bieten uns letzten Endes in ihren Schriften eine grundsätzliche Gliederung der mamlukischen Gesellschaft in Militäraristokratie, Gelehrtenschicht und Volk. Es ist natürlich sehr verlockend, diese funktionale Dreiteilung mit dem Drei-Stände-Schema des Abendlandes zu vergleichen.69 Man darf dabei aber nicht vergessen, daß sich die Ideologie der funktionalen Dreiteilung im abendländischen Mittelalter nur begrenzt hat durchsetzten können. Stets gab es konkurrierende Deutungsmuster : zunächst meist binäre Modelle (Einteilung in Kleriker und Laien, Mächtige und Untertanen etc.), dann ternäre (Einteilung nach Graden der sexuellen Reinheit in unberührte, enthaltsame und verheiratete Männer oder Frauen) und schließlich vielfach gegliederte Modelle (Einteilung in unterschiedliche gesellschaftliche „Stände“, ein im 13. Jahrhundert sehr beliebtes Spiel mit berufsständischen Kategorien, bei dem der König und Bischof an zweiter Stelle nach dem Kaiser und dem Papst rangierten). Wie Georges Dum¦zil gezeigt hat,70 kommt hinzu, dass der Bibel, die den großen Bezugsrahmen der christlichen Lehre bildet, das Denken in Begriffen der funktionalen Dreiteilung vollständig fremd ist. Die Kleriker des Mittelalters haben in langwierigen Bemühungen versucht, dieses Denken in die Bibel einzuführen, was im 12. Jahrhundert beispielsweise dazu geführt hat, die drei Söhne Noahs, Sem, Japhet und Ham, mit den drei Funktionen oder vielmehr den drei gesellschaftlichen Gruppen zu identifizieren, die stellvertretend für die drei Funktionen stehen: den Klerikern, den Kriegern und den Knechten, wobei die beiden letzteren den ersten Gehorsam schulden. Am Ende des 13. Jahrhunderts bestimmte allerdings das Schema der funktionalen Dreiteilung mehr oder weniger explizit, mehr oder weniger klar, immer noch den Blick, den die Kleriker auf die Gesellschaft ihrer Zeit richteten. Welche Bedeutung hat nun das hier in unterschiedlicher Nuancierung präsentierte mamlukische Gesellschaftsmodell für die Frage nach der Perzeption der Kurden im Mamlukenreich? Es geht darum, sich zu vergegenwärtigen, dass auch ein argumentum e silentio durchaus Gewicht haben kann. Die Kurden werden nämlich in diesen Schemata nicht erwähnt, weil sie keinen Platz darin haben. Die Mamluken entwickelten Gesellschaftsmodelle, in denen ethnische Unterscheidungen gänzlich fehlen. Das Fehlen einer klaren rassischen Differenzierung der Bevölkerungsgruppen lässt sich jedoch nicht nur für die erwähnten Abhandlungen konstatieren, sondern gilt letzten Endes für das gesamte historiographische Schrifttum. Der Begriff ]hmor oder Rasse (gˇ ins) kommt allein im Zusammenhang mit rivalisierenden Gruppen innerhalb der mamlukischen Militärkaste vor. Dabei ist sogar auch in diesem Kontext oftmals unklar, ob der 69 Ausführliche Auskunft über das abendländische Drei-Stände-Schema bietet die ,klassische‘ Studie Duby 1985. Siehe aber auch das Einzelbeispiel bei Oexle 1978. 70 Vgl. Dum¦zil 1995.

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Volk, Ethnie oder Stamm? Die Kurden aus mamlukischer Sicht

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benutzte Ausdruck sich auf ethnische oder geographische Differenzen bezieht. ˇ ins und asl („Herkunft“) werden nicht streng voneinander getrennt, so dass asl G ˙ ˙ häufig auch ein Synonym von watan71 („Heimat; Lebensmittelpunkt“) ist. Die ˙ mamlukischen Autoren bezeichnen mit dem Ausdruck asl aber meistens das ˙ 72 ethnische Umfeld einer Person. So schreibt beispielsweise al-Maqrı¯zı¯ in seinem Werk Sulu¯k li-ma rifat al-mulu¯k, einer Gesamtdarstellung der Ayyubiden- und Mamlukenzeit, über den Entschluss des Zangidischen Herrschers Nu¯r ad-Dı¯n Mahmu¯d b. Zankı¯ (st. 569/1174)73, seinen kurdischstämmigen General Sˇ¯ırku¯h ˙ (st. 564/1169)74 mit türkischen Truppen nach Ägypten zu schicken: „Dann sandte er [d.h. Nu¯r ad-Dı¯n, S.C.] ihn [d.h. Sˇ¯ırku¯h, S.C.] […] als Oberbefehlshaber über ein Heer der G˙uzz nach Ägypten. Dieser Sˇ¯ırku¯h und sein Bruder Nagˇm adDı¯n kamen aus Dwı¯n, einem Ort in Aserbaidschan. Sie beide waren (darüber hinaus) Kurden (wa-asluhu¯ma¯ mina l-Akra¯d).“75 ˙

Und der Historiker Abu¯ Sˇa¯ma (st. 665/1268)76 führt in seiner Chronik über den Wechsel von Ayyubiden- zur Mamlukenherrschaft an, dass der wichtigste Grund für die Wahl Saladins zum Nachfolger Sˇ¯ırku¯hs gewesen sei,

„dass jener [d.h. Saladin] ein Kurde ist (inna aslahu¯ mina l-Akra¯d) und die Macht nicht ˙ von ihm auf die Türken übergehen darf.“77

Modell 2: Geographische Völkertableaus Als der aus Florenz stammende Dominikanermönch Ricoldo da Montecroce (1243 – 1320)78 von Mosul aus kommend anatolisches Gebiet erreichte, wohin er sich begeben hatte, um die dort in großer Zahl lebenden Nestorianer, Jakobiten und Maroniten auf den Weg des wahren Glaubens zurückzubringen,79 geriet er auch in Kontakt mit einer Reihe kurdischer Stämme. In dem nach seiner Rückkehr verfaßten Liber peregrinationis gibt er uns einen anschaulichen Bericht seiner Eindrücke:

71 72 73 74 75 76 77 78

Siehe hierzu auch Haarmann 2001. Vgl. Haarmann 1996, S. 166. Siehe zu ihm neben Eliss¦eff 1995 auch die monumentale Studie Eliss¦eff 1967. Zu Sˇ¯ırku¯h siehe Richards 1997. Al-Maqrı¯zı¯, Sulu¯k, Bd. 1/1, S. 40. Zu Abu¯ Sˇa¯ma siehe Ahmad 1960. Abu¯ Sˇa¯ma, K. ar-Rawdatayn, Bd. 1, S. 60 – 61. ˙ Zu Ricoldo da Montecroce und seinen Schriften siehe neben Galletti 2001, S. 26 – 30 ausführlich Mandonnet 1893, Dondaine 1967 und M¦rigoux 1973. 79 Vgl. Nikitine 1922. Aber auch der Islam war heterodox. Siehe hierzu Driver 1922 und Bois 1961.

Geographische Völkertableaus

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„De Gente Curtorum Inde progredientes ad meridiem venimus ad monstruosam et rabiosam gentem Curtorum qui excedunt in malitia et feritate omnes barbaras nationes quas inuenimus. Habitant autem in montibus et preruptis locis sicut capere ilustres. Vnde et Tartari qui subiugauerunt omnes alias nationes orientales illos non potuerunt subicere. Dicuntur autem Curti non quia sint brevis stature – sunt enim ualde magni in corpore – sed Curti in lingua persica sonat lupi.80 Incedunt autem quasi nudi et discrinati cum longis capillis et longa barba et in capite ferunt quasdam cristas rubeas in signum superbie et dominii, et nisi Curtus faciat aliquod magnum malum et aliqua magna proditione uel depradatione uel de magna occisione non habet inter eos honorem nec audet portare aliquid in capite nec inuenit uxorem. Postquam uero fecerit aliquid notabile malum dant ei uxorem magnam et potentem secundum malum quod fecit: si paruum, paruam, si magnum, magnam. Isti sunt Sarraceni et recipiunt alcoranum, et multum odiunt Christianos, magis autem Francos, maxime religiosos, in quorum occisione maxime crassantur. Horum rabiem conuertit Deus nobis in mansuetudinem et multam humanitatem prestiterunt nobis querentes socios nostros per desertum errantes et extraherunt eos de niuibus et fecerunt nobis magnos ignes et presentauerunt nobis mel siluestre et mana celi quod ibi < in deserto > eorum copiose descendit. Isti primo fuerunt Caldei et secundo fuerunt Christiani, et postea tertio facti sunt Sarraceni propter largam legem. In eis Maxime uigent tria peccata, scilicet homicidium, latrocinium et proditio, nam nullo modo potest homo confidere de promissione et iuramento eorum. Habent insuper predicti Curti multas alias bestialitates quas longum esset enarrare. Nam quando aliquis eorum suffocatur in flumine puniunt ipsum flumen mittentes aquam in utribus et percutientes fortiter super utres, et ipsum fluuium diuidentes in multas diuisiones, et diuertentes eum et prolongantes ei uiam ut faciant eum amplius laborare in cursu.“81

Ricoldo da Montecroce, dessen didaktische Polemik Contra legem Sarracenorum82 ebenso auf uns gekommen ist wie sein Missionarshandbuch Ad nationes orientales83, benutzt in seinem kurzen Bericht, wie man sieht, in Zusammenhang mit den Kurden die gängigen Termini gens und natio für ,Volk‘ in einem weitgehend unpolitischen Sinn. Er setzt damit eine aus der Antike stammende Traditionslinie fort. Bereits die Griechen verstanden unter ]hmor gemeinhin eine Gruppe von Menschen, die sich durch Abstammung, Sprache, Sitten oder Eigenart oder auch nur durch das eine oder andere dieser Kriterien, nicht zuletzt durch eine gemeinsamen Namen, mehr oder weniger zusammengehörig fühlten, unabhängig, ob sie auch politisch verbunden und gegen die Umwelt abgegrenzt waren. Ein ]hmor blieb bei ihnen auch, wer seine politische Einheit längst ver80 Ricoldo verwechselt hier offenbar Türkisch-Osmanisch mit Persisch. Zum (umstrittenen) Ursprung des Wortes siehe Driver 1923. 81 Ricoldo da Montecroce, Liber peregrinationis, S. 118 und 120. 82 Hg. von J.-M. M¦rigoux, in: Memorie Domenicane 17 (1986), S. 60 – 144. 83 BibliothÀque natonale de Florence, manuscrit, Conv. Soppr. C 81173, fols. 219r – 244r.

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loren hatte. Darüber hinaus betrachteten Griechen wie Römer große Völkerfamilien wie die Inder, Germanen oder Kelter als jeweils ein ,Volk‘ (]hmor, gens, natio), das seinerseits wieder in viele ]hmg, gentes oder nationes zerfallen konnte, waren diese nun politische Verbände oder nicht.84 Interessanterweise übernahmen die Muslime diese antiken Begriffe mit ihren Konnotationen seit dem ausgehenden 3./9. Jahrhundert. Gerade die muslimischen Geographen haben für die Erstellung ihrer Schriften ausgiebig die arabischen Übersetzungen etwa von Ptolemaios’ (lebte ca. 100 – 170) Ceocqavijg uvgcgsir („Geographische Anleitung“) oder der Geographie Marinos’ von Tyros (c. A.D. 70 – 130) benutzt und in ihren Werken für die antiken Termini meistens den arabischen Ausdruck umma verwendet.85 Dadurch wurde umma mehrdeutig, denn normalerweise assoziierten die Zeitgenossen das Wort umma in erster Linie mit dem überethnischen Glaubensvolk der Muslime.86 In einer wegweisenden Studie hat Ulrich Haarmann den mittelalterlichen umma-Begriff ausführlich analysiert und insgesamt drei Bedeutungsebenen herausarbeiten können:87 (1) Umma meinte im Sinne von die umma die muslimische Gesamt-gemeinde. Diese Bedeutung ging allen anderen Konnotationen voraus und bildete die Grundlage der muslimischen Weltauffassung. In der ,Vormoderne‘ verstand sich der Mensch – diesseits und jenseits des Mittelmeeres, im lateinischen Westen wie im islamischen Osten – zunächst ganz selbstverständlich und unreflektiert als Glied des von Gott gestifteten Glaubensvolkes, der universitas populi Christiani bzw. der gˇama¯ at al-mu’minı¯n. (2) Beinahe antithetisch dazu konnte mit dem Begriff umma (Pl. umam) auf andere, nun aber nicht durch ihren Glauben, sondern durch ihr Polytheisten- und Barbarentum bestimmte und dadurch zugleich ausgegrenzte Personengruppen verwiesen werden. (3) Umma benannte schließlich, wie wir sahen, in einem nichtreligiösen Sinne eine Ethnie bzw. ein Volk. Zahlreiche Autoren verwendeten umma in diesem Sinne während des ganzen Mittelalters, wobei vorislamische, islamische

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84 Vgl. Gschnitzer 1992, S. 164 – 165. 85 Vgl. Ahmad 1965, insbesondere Sp. 37b – 38a. Speziell zum geographischen Werk von Ptolemaios siehe Polaschek 1965. Ein typisches Beispiel ist der Geograph al-Mas u¯di (gest. 345/ 956), der in seinem Werk at-Tanbı¯h wal-isˇra¯f schreibt, daß ein Volk (umma) durch seine natürlichen Veranlagungen und Eigenarten sowie durch die gemeinsame Sprache gekennzeichnet sei. Vgl. al-Mas u¯dı¯, Tanbı¯h, S. 77. Zitiert nach Haarmann 1996, S. 182, Anm. 110. In seinen „Goldwäschen“ (K. al-Muru¯gˇ ad-dahab) benutzt er im Zusammenhang mit den ¯ ¯ Kurden, denen er einige Abschnitte widmet, den Begriff g˘ins synonym zu umma als ,Volk‘ in einem nicht-religiösem Sinn. Vgl. al-Mas u¯dı¯, Muru¯gˇ, Bd. 2, # 1110 – 1115 (= S. 249 – 250). Zu al-Mas u¯dı¯ siehe einführend (mit vielen Literaturhinweisen) Pellat 1991. 86 Zum hier nicht berücksichtigten osmanischen millet-Begriff siehe Ursinus 1989 und 1993. 87 Vgl. Haarmann 1996, S. 175 – 179. ˘

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und nichtislamische Völkerschaften gleichermaßen als umam bezeichnet wurden.

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Einen Schlüsseltext zum Verständnis des letztgenannten umma-Konzeptes liefert uns Abu¯ Hayya¯n at-Tawh¯ıdı¯ (st. 414/1023)88 in einem bemerkenswerten ˙ ˙ Abschnitt seines K. al-Imta¯ wal-mu a¯nasa. Abu¯ Hayya¯n, der aus einer mittel˙ ständischen Familie kam, hatte sich als professioneller Sekretär und Schreiber am Hofe der Bu¯yiden in Bagdad hochgedient und sich im Laufe der Zeit ein enzyklopädisches Wissen angeeignet. Da ihm eine religionswissenschaftliche Ausbildung weitgehend fehlte, diffamierte man ihn als Vielschreiber und Dilettanten. Für uns ist sein Werk ungeachtet dieser Kritiken eine unvergleichlich ergiebige Quelle, wenn es um die Darstellung der intellektuellen Atmosphäre jener höfischen Zirkel geht, zu denen at-Tawh¯ıdı¯ Zugang hatte. Als bekennender ˙ Kritikaster, Spötter, Zyniker und Pessimist liefert er uns detailreiche Informationen über den damaligen Klatsch und Tratsch in der Hauptstadt des Abba¯sidenreiches. Darüber hinaus muss man ihn aber auch zu den profundesten, kenntnisreichsten und gelehrtesten Schreibern seiner Zeit zählen. Da ihn der Sufismus ebenso anzog wie der Neoplatonismus und Neoaristotelianismus, den Abu¯ Sulayma¯n as-Sigˇista¯nı¯ (st. 375/985)89 und seine Anhänger propagierten90, haben ihn Georges C. Anawati und Louis Gardet – sicher zu Recht – als ,philosophischen Mystiker‘ bezeichnet.91 Unter seinen zahlreichen Schriften seien an dieser Stelle vor allem drei Arbeiten hervorgehoben: Nachdem er zwischen 350/961 und 365/975 eine AdabAnthologie („al-Basa¯’ir wad-daha¯’ir“)92 verfaßt hatte, schuf er – wahrscheinlich ¯ ¯ ˘ ˙ in Rayy, wohin er sich zeitweise hatte begeben müssen – zusammen mit Miskawayh (st. 421/1030)93 ein unterhaltsames und zugleich tiefsinniges Werk: In den Hawa¯mil wasˇ-sˇawa¯mil94 gehen die beiden Intellektuellen in einer Art philosophischen Frage- und Antwortspiel auf alle in ihren Augen brennenden Fragen der Zeit ein. Ähnlich originell ist auch Abu¯ Hayya¯n at-Tawh¯ıdı¯s Kita¯b al-Imta¯ wal˙ ˙ mu’a¯nasa. Dem Zeitgeist in der unter bu¯yidischer Kontrolle stehenden Hauptstadt des Kalifenreiches folgend schloss sich Abu¯ Hayya¯n einem der zahlreichen, ˙ regelmäßig tagenden Bagdader Gelehrtenzirkel an. Der Patron des von ihm ˘

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88 Siehe zu ihm neben Keilani 1950 und vor allem Berg¦ 1979. Das intellektuelle Umfeld analysiert ausführlich Kraemer 1993. 89 Siehe zu ihm noch immer Qazvı¯nı¯ 1933. 90 Siehe Kraemer 1986 sowie 1993, S. 139 – 165. 91 Anwati/Gardet 1986, S.46. 92 Hg. von I. Keilani. 4 Bde. Damaskus 1964. 93 Siehe zu ihm Arkoun 1970 und Kraemer 1993, S. 222 – 233. 94 Hg. von A. Amı¯n und A. Saqr. Kairo 1951. Speziell zu diesem Werk siehe Arkoun 1961. ˙

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Volk, Ethnie oder Stamm? Die Kurden aus mamlukischer Sicht

Karte 2: Ostanatolien und Iran um die Mitte des 9./15. Jahrhunderts [aus: Leiser/Köprülü 1993, S. IX]

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frequentierten Kreises war kein Geringerer als Abu¯ Abdalla¯h b. Sa da¯n (st. 374/ 984)95, der Wesir des Bu¯yidenemirs Samsa¯m ad-Dawla (st. 388/998)96.97 In sei˙ ˙ 95 Siehe zu ihm neben Busse 1969, S. 64 – 65 und 509 – 510 und Bosworth 1982 vor allem Kraemer 1993, S. 191 – 206. 96 Kurze Informationen zu Samsa¯m ad-Dawla gibt Bosworth 1995. ˙ ˙

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Geographische Völkertableaus

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nem Buch schildert uns der Verfasser den Verlauf von 37 solcher abendlicher Gesprächsrunden. In der – zeitlich nicht näher bestimmten – sechsten Nacht [siehe Anhang] erörtert man ausführlich, ob es ein Volk (umma) gäbe, das den anderen Völkern generell überlegen sei. Abu¯ Hayya¯n, der diese Frage von Abu¯ ˙ Abdalla¯h b. Sa da¯n vorgelegt bekommt, beruft sich bei seiner Antwort auf die Ausführungen des berühmten persischstämmigen Universalgelehrten und Übersetzers Ibn Muqaffa (st. um 139/756)98. Dieser habe nämlich, so Abu¯ Hayya¯n, in einer ähnlichen Situation sehr überzeugend und in gebotener Länge ˙ dargelegt, dass die Araber Völker wie die Inder, Griechen, Chinesen, Türken und sogar die Perser an geistiger Potenz bei weitem überträfen. Er selbst bedauere natürlich sehr, dies zugeben zu müssen, doch hätten die Araber als einzige ihr vorzügliches Wissen aus sich heraus entwickelt, d. h. ohne dass sie auf bereits von anderen Völkern erarbeitetes Gedankengut hätten zurückgreifen können. Der Terminus umma wird von Abu¯ Hayya¯n, wie man sieht, in Anlehnung an die ˙ antike Tradition eindeutig in einem gänzlich unpolitischen Sinn als größere Volksgemeinschaft verwendet. Dieser Befund bezieht sich natürlich erst einmal nur auf einen repräsentativen Text des 4./10. Jahrhunderts. Wie aber sah es in der Mamlukenzeit aus? Wollte sich ein gebildeter Mamluk oder Ägypter zu Beginn des 9./15. Jahrhunderts über fremde Länder und Völker (etwa: über die Kurden) informieren, so beschaffte er sich am besten eine Abschrift der wichtigsten und umfangreichsten Realenzyklopädie der damaligen Zeit, d. h. eine Kopie von al-Qalqasˇandı¯s (gest. 823/1418)99 Subh al-a ˇsa¯ fı¯ sina¯ at al-insˇa¯’ („Die Morgenröte des Nacht˙ ˙ ˙ blinden. Über die Kunst der Kanzleitätigkeit“). Al-Qalqasˇandı¯ hatte sein siebenbändiges Handbuch für die in der mamlukischen Kanzlei beschäftigten Sekretäre geschrieben. Hier sollten sie sich über die theoretischen und praktischen Kenntnisse informieren können, die sie bei ihrer täglichen Arbeit benötigten. Auch al-Qalqasˇandı¯ benutzt in den insgesamt 21 Belegstellen seines Subh ˙ ˙ al-a ˇsa¯ das Wort umma meist in einem weltlichen Sinne.100 Neben der ummat alYu¯na¯n, dem Volk der Griechen,101 und den umam as-su¯da¯n, den „Völkern der Schwarzen“,102 stehen etwa Ungarn und Serben103 bzw. slawische und türkische Völkerschaften104. Einige Male kombiniert al-Qalqasˇandı¯ die für Ethnie ver˘

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97 Siehe zu Abu¯ Abdalla¯h b. Sa da¯ns Intellektuellenzirkel Kraemer 1993, 191 – 206. 98 Zu Ibn al-Muqaffa siehe Gabrieli 1971 und Latham 1998 (mit weiterführender Literatur). 99 Informationen zu al-Qalqasˇandı¯ finden sich bei Krakovskij 1957, S. 411 – 416 und Bosworth 1978. 100 Vgl. zum Folgenden Haarmann 1996, S. 181 – 182. 101 Al-Qalqasˇandı¯, Subh, Bd. 1, S. 371 und Bd. 6, S. 83. ˙ , Bd. 5, S. 99, 291 und 294. 102 Al-Qalqasˇandı¯, ˙Subh ˙ , Bd. 4, S. 468. 103 Al-Qalqasˇandı¯, ˙Subh ˙ , Bd. 4, S. 429. 104 Al-Qalqasˇandı¯, ˙Subh ˙ ˙ ˘

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Volk, Ethnie oder Stamm? Die Kurden aus mamlukischer Sicht

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fügbaren Begriffe. So ist bei den eben genannten Balkanvölkern von agˇna¯s muhtalifa min umam al-kufr, also von „verschiedenen Rassen der Völker der ˘ Ungläubigen“,105 und bei den Ethnien Tu¯ra¯ns von den tawa¯’if al-umam al˙ muhtalifa sukka¯n asˇ-sˇima¯l, d. h. von „Gruppen verschiedener Völker, die den ˘ 106 Norden bewohnen“ , die Rede. In der uns hier interessierenden Epoche, also während des 8./14. und 9./15. Jahrhunderts, war der unpolitische umma-Begriff somit geistiges Allgemeingut. Bemerkenswerterweise scheint sich aber, zumindest im Mamlukenreich, das Wort ta¯’ifa, das ja schon al-Qalqasˇandı¯ in der Wendung tawa¯’if al-umam al˙ ˙ muhtalifa benutzte, als Synonym zu umma in diesem nichtreligiösen Ver˘ ständnis von Ethnie bzw. Volk etabliert zu haben. Ein anschauliches Beispiel dafür ist ein Traktat aus der Feder des weiter oben bereits vorgestellten Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯. Er trägt den beredten Titel „Ein Buch über die edlen und ˙ prächtigen islamischen Reiche und darüber hinaus eine Abhandlung über die – wie mir (allmählich) bewußt geworden ist – verborgenen Segnungen Gottes durch die Sendung des türkischen Volkes nach Ägypten” (Duwal al-isla¯m asˇˇsarı¯fa al-bahı¯ya wa-dikr ma¯ zahara lı¯ min hikam Alla¯h al-hafı¯ya fı¯ gˇalb ta¯’ifat al¯ ˙ ˙ ˙ ˘ atra¯k (!) ila¯ d-diya¯r al-misrı¯ya)107. ˙ Andere Autoren zogen hingegen die traditionelle Terminologie vor: Eine umma konnte aus vielen tawa¯’if (oder aqwa¯m) bestehen, die jedoch nicht un˙ bedingt eine politische Einheit bilden mussten. So finden wir es zumindest in Ibn Fadl Alla¯h al- Umarı¯s (gest. 749/1349)108 „Rundblick über die Königreiche ˙ der verschiedenen Gegenden (der Welt)“ (Masa¯lik al-absa¯r fı¯ mama¯lik al˙ amsa¯r) nachweisen. Al- Umarı¯, der dem Sultan an-Na¯sir Muhammad b. Qala¯wu¯n ˙ ˙ ˙ (reg. 684 – 741/1285 – 1341) in der Verwaltung von Kairo und Damaskus diente, richtete sich mit seinem historischen, geographischen und literarischen Nachschlagewerk ganz allgemein an die gebildete Leserschaft seiner Zeit. Sein Werk ist in zwei Teile (qism) gegliedert, wobei al- Umarı¯ den zweiten Abschnitt, der hauptsächlich aus Biographien besteht, weitaus umfangreicher gestaltet hat als den ersten. Dieser erste, politisch-geographische Teil ist seinerseits in zwei große Abschnitte (naw ) eingeteilt: an-naw al-awwal, der die Überschrift al-masa¯lik trägt, enthält die allgemeine Geographie und was nach der üblichen Einteilung der mittelalterlichen Geographen dazugehört; an-naw at-ta¯nı¯, den der Autor al¯¯ mama¯lik nennt, umfasst die Beschreibung der einzelnen Länder, die in 14 Kapiteln (abwa¯b) behandelt werden. Im Rahmen des vierten Kapitels dieser Län˘

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105 Al-Qalqasˇandı¯, Subh, Bd. 4, S. 468. ˙ , Bd. 4, S. 429. 106 Al-Qalqasˇandı¯, ˙Subh ˙ ˙ 107 Eine Edition dieses Textes besorgten Subh¯ı Labı¯b und Ulrich Haarmann [siehe unter : Abu¯ ˙ ¯fa˙ al-bahı¯ya]. Ha¯mid al-Qudsı¯, Duwal al-isla¯m asˇ-sˇarı ˙ 108 Zu al- Umarı¯ siehe Kracˇkovskij 1957, S. 405 – 411 und Lech 1968, S. 13 – 16.

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Geographische Völkertableaus

derbeschreibung geht unser Autor in Form eines Exkurses auch auf die Kurden ein: ˘

„Die Kurden“ – so schreibt er – „sind ein eigenes Volk (gˇ insun ha¯ssun min-i naw in ˘ ˙˙ a¯mmin, am Rand) welches in der Nähe des Iraks und der (Region) Diya¯r al- Arab […] lebt. Mehrere ihrer Stämme (tawa¯’if) sind nach Syrien und in den Jemen gezogen, und ˙ wiederum andere verteilen sich auf verschiedene weitere Regionen. Ihr hauptsächliches Weidegebiet sind jedoch die Territorien in der Nachbarschaft des Iraks und der Diya¯r al- Arab.“109 ˘

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Es folgt nun eine detaillierte Auflistung aller dem Autor bekannten kurdischen Stämme, die er wechselweise als ta¯’ifa oder qawm bezeichnet: ˙

„Wir beginnen (unsere Beschreibung) in den Bergen von Hamada¯n, Sˇahrzu¯r und Arbil ¯ ˘ azı¯ra, der und beenden sie am Tigris, (und zwar) an dem Teil der G zwischen Kawa¯r und Mosul liegt. Wir lassen alles weg, was sich jenseits des Tigris bis zum Euphrat befindet, da es nur von geringer Wichtigkeit ist und ich alles, was wirklich Bedeutung hat, bereits ˘ azı¯ra und die Dörfer von berichtet habe. Es bleiben somit nur noch die Kurden der G Ma¯rdı¯n. Sie sind für ihre Nachbarn, die zu den Feinden Ma¯rdı¯ns zählen, eine leichte Beute, denn ihre Siedlungen sind nicht befestigt und ihre Orte (daher) für einen Aufstand (denkbar) ungeeignet.

In den Bergen von Hamada¯n und Sˇahrzu¯r findet man einen mächtigen und kriegeri¯ schen kurdischen Stamm (ta¯’ifa) namens Kura¯nı¯, welcher hauptsächlich aus Soldaten ˙ und Bauern besteht. […] Nach ihnen kommen die Kala¯lı¯ (al-Kala¯lı¯ya), ein großer und tapferer Stamm (qawm), der unter dem Namen ,die Schar von Sayf ad-Dı¯n Äabu¯r’ bekannt ist. […] In der Nachbarschaft der Kala¯lı¯ lebt in den Bergen von Hamda¯n ein ¯ (weiterer) Stamm (qawm), den man al-Rankalı¯ya nennt. Seine Mitglieder – etwa 2000 110 Mann – sind (ebenfalls) tapfer und listenreich.“

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Einige dieser Stämme – so al- Umarı¯ – wechselten nach dem Einfall der Mongolen in die muslimischen Kernländer in der Mitte des 6./13. Jahrhunderts ihre Loyalität mit der Jahreszeit: „Nicht weit davon gibt es eine Gegend, die ,Zwischen den beiden Bergen‘ (bayn algˇabalayn) heißt und in der Region von Arbil liegt. Der (dort lebende) Stamm (qawm) dient (abwechselnd den) beiden Großreichen. Während des Winters suchen sie die Gunst der Mongolen (at-Tatar), und im Frühjahr unterstützen sie die Einfälle der syrischen Truppen.“111

Andere Gruppen hingegen brachte dieses Ereignis dazu, ihre angestammten Weideplätze zu verlassen und in das mamlukische Syrien zu flüchten:

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109 Ibn Fadl Alla¯h al- Umarı¯, Masa¯lik al-absa¯r, Bd. 4, S. 124, Z. 14 – 16. 110 Ibn Fad˙ l Alla¯h al- Umarı¯, Masa¯lik al-abs˙ a¯r, Bd. 4, S. 125, Z. 5 – 18. 111 Ibn Fad˙ l Alla¯h al- Umarı¯, Masa¯lik al-abs˙ a¯r, Bd. 4, S. 127, Z. 5 – 14. ˙ ˙

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Volk, Ethnie oder Stamm? Die Kurden aus mamlukischer Sicht

„Die Region Sˇahrzu¯r wurde vor seiner Entvölkerung (durch die Mongolen) von kurdischen Stämmen (tawa¯’if al-Akra¯d) bewohnt. Zwei Stämme unterschieden sich von ˙ den anderen durch die große Zahl ihrer Mitglieder und durch ihren Reichtum. Der eine hieß al-Ku¯s(ı¯y)a und der andere al-Ba¯bı¯rı¯ya(?), wobei sich beide aus tapferen und wagemutigen Männern zusammensetzten. Infolge der Katastrophe der Einnahme Bagdads (durch die Mongolen) verließen sie (zusammen) mit einer großen aus Sawa¯d stammenden Bevölkerungsgruppe ihr Land. Sie nahmen ihre Frauen und Kinder mit sich und begaben sich nach Ägypten und Syrien.“112

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Die Namen und Wohnorte der einzelnen von al- Umarı¯ aufgeführten Kurdenstämme sollen uns hier nicht weiter interessieren. Wir sollten indes festhalten, dass unser Autor die Kurden insgesamt in seiner Enzyklopädie als Volk bezeichnet, das sich aus verschiedenen miteinander befreundeten, verfeindeten oder sich politisch indifferent gegenüberstehenden Stämmen (tawa¯’if bzw. ˙ aqwa¯m) zusammensetzt. Ein entsprechender Sprachgebrauch kann man auch in dem von Ibn Na¯zir al˙ ˇ aysˇ (st. 786/1384)113 etwas später verfassten Verwaltungshandbuch K. Tatqı G ¯f at¯ ta rı¯f bi’l-mustalah asˇ-sˇarı¯f konstatierten. In einem eigenen Textabschnitt listet ˙˙ ˙ der Autor – in enger Anlehnung an al- Umarı¯114 und al-Qalqasˇandı¯115 – 25 kurdische Fürsten namentlich auf, mit denen die mamlukische Kanzlei in Verbinˇ aysˇ, der zuerst im dı¯wa¯n al-insˇa¯’ in Kairo dung stand.116 Auch Ibn Na¯zir al-G ˙ Karriere gemacht hatte, bevor er den Posten des Oberaufsehers über die Finanzen des Heeres (na¯zir al-gˇaysˇ) von seinem Vater übernahm, verwendet die ˙ Termini ta¯’ifa und aqwa¯m im Zusammenhang mit den kurdischen Stämmen ˙ synonym. Für die Kurden wie für die anderen umam gilt somit: Ein Volk (= umma) meint für die mamlukischen Autoren eine Gruppe von Menschen, die durch Abstammung, Sprache, Sitten, Eigenart oder auch nur durch das eine oder andere dieser Kriterien, nicht zuletzt durch einen gemeinsamen Namen, als mehr oder weniger zusammengehörig erwiesen werden, unabhängig davon, ob sie auch politisch verbunden und gegen die Umwelt abgegrenzt sind. In vielen Fällen sind es natürlich dieselben Menschengruppen, die je nach dem Zusammenhang bald als politische Verbände, als Stammesstaaten, bald als ethnische, durch bestimmte unpolitische Merkmale gekennzeichnete Einheiten gesehen werden. ˘

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Ibn Fadl Alla¯h al- Umarı¯, Masa¯lik al-absa¯r, Bd. 4, S. 125, Z. 18 bis S. 126, Z. 12. ˙ ˙ ´ 1987. Zum Autor und zu seinem Werk siehe Vesely Vgl. Ibn Fadl Alla¯h al- Umarı¯, at-Ta rı¯f, S. 37 – 39 und 111 – 113. ˙ ˇandı¯, Subh, Bd. 7, S. 283 – 288. Vgl. al-Qalqas ˙ ˇ, ˙K. Tatqı¯f at-ta rı¯f, S. 74 – 81. ˇ ays Vgl. Ibn Na¯zir al-G ¯ ˙ ˘

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Beduinentum vs. Sesshaftigkeit

Modell 3: Beduinentum vs. Sesshaftigkeit

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Das letzte mamlukische Gesellschaftsmodell liefert uns der berühmte, aus Tunis stammende Historiker Ibn Ha¯ldu¯n (gest. 784/1382)117. In der langen „Einlei˘ tung“ (Muqaddima) zu seinem als historia universalis angelegtem „Buch der (warnenden) Beispiele und Aufzeichnung der (historischen) Berichte und deren Prinzipien in Bezug auf die großen Epochen der Araber, der Nicht-Araber und der Berber sowie derjenigen ihrer Zeitgenossen, die große Macht innehatten“ (K. al- Ibar wa-dı¯wa¯n al-mubtada’ wal-habar fı¯ ayya¯m al- arab wal- agˇam wa’l˘ barbar wa-man asarahum min dawı¯ s-sulta¯n al-akbar) legt uns Ibn Haldu¯n eine ¯ ˙ ˙ ˘ Summa der methodologischen und kulturwissenschaftlichen Kenntnisse seiner Zeit vor. Seine von ihm selbst als ,neue Wissenschaft‘ ( ilm mustanbat an-nagˇ’a) ˙ bezeichnete Historik sollte es einem Geschichtsschreiber ermöglichen, ein regelrechtes wissenschaftliches Werk zu verfassen.118 In dem Vorwort zu seiner „Einleitung“ definiert Ibn Ha¯ldu¯n ,Geschichte‘ als die Wissenschaft von der ˘ kritischen Erkundung der gesamten menschlichen Vergangenheit, einschließlich ihrer sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Phänomene.119 Im Folgenden führt der Autor in sechs langen Kapiteln aus, wie er diese Geschichtswissenschaft im Einzelnen verstanden wissen will. Kapitel 1 ist eine allgemeine Abhandlung über die menschliche Gesellschaft insgesamt, wobei Ibn Ha¯ldu¯ns ˘ ethnologisches Essay hauptsächlich den Einfluss von Umweltbedingungen auf 120 die Entwicklung des Menschen untersucht. Im Verlauf des zweiten Kapitels beschreibt der Autor die nomadischen Gesellschaften, die in seiner Klassifizierung der menschlichen Zivilisationsleistung als primitive Gruppen ( umra¯n badawı¯) den untersten Platz zugewiesen bekommen.121 Dabei wird aber betont, dass das Nomadentum (bada¯wa) zwar zivilisatorisch gesehen auf einem sehr niedrigen Stand stehe, aber noch ein natürliches Verhältnis zu den Tugenden Einfachheit, Aufrichtigkeit und gesundes Stammesbewusstsein habe. Der nächste Abschnitt widmet sich den verschiedenen Regierungsformen, dem Entstehen von Reichen und dem Aufbau administrativer Institutionen.122 Kapitel 4 geht dann ausführlich auf die urbanen Gesellschaften ( umra¯n hadarı¯) ˙ ein, die als am weitesten entwickelte Zivilisationsform in seiner Skala den ˘

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117 Die Forschung zu Ibn Ha¯ldu¯n und seinem Werk ist uferlos. Einen Überblick bis zum Beginn ˘ der 1980er Jahre gibt Al-Azmeh 1981. Einen guten Einstieg in die problematische Rezeptionsgeschichte bietet Al-Azmeh 1982. Siehe aber auch Lawrence 1984. Biographisches findet sich etwa bei Mahdi 1964 und in Franz Rosenthals Einleitung zu seiner Übersetzung der Muqaddima [= Rosenthal 1958]. 118 Vgl. Ibn Ha¯ldu¯n, K. al- Ibar, Bd. 1, S. 62. ˘ a¯ldu¯n, K. al- Ibar, Bd. 1, S. 1 – 68. 119 Vgl. Ibn H ˘ a¯ldu¯n, K. al- Ibar, Bd. 1, S. 68 – 220. 120 Vgl. Ibn H ˘ a¯ldu¯n, K. al- Ibar, Bd. 1, S. 220 – 277. 121 Vgl. Ibn H ˘ a¯ldu¯n, K. al- Ibar, Bd. 1, S. 278 bis Bd. 2, S. 201. 122 Vgl. Ibn H ˘

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Volk, Ethnie oder Stamm? Die Kurden aus mamlukischer Sicht

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obersten Rang einnehmen.123 Doch auch hier macht Ibn Ha¯ldu¯n eine Ein˘ schränkung: Der Höhepunkt der sesshaften Gemeinschaften bestehe in der Reichsbildung, doch seien diese Gesellschaften durch den Verlust der ursprünglichen Tugenden der Nomadenbevölkerung, durch zunehmendes Luxusbedürfnis und die immer mehr um sich greifende Korruption schließlich dem Verfall anheimgegeben, bis das dekadente Volk am Ende von einem anderen Volk abgelöst werde. In dem fünften und sechsten Kapitel kommt die Sprache schließlich auf allgemeine ökonomische Prozesse und die bleibenden kulturellen Errungenschaften dieser städtischen Gemeinschaften.124 Es ist an dieser Stelle natürlich völlig unmöglich, auch nur annähernd die verschiedenen Aspekte dieses facettenreichen Werkes vorzustellen. Für unser Thema reicht jedoch auch eine knappe Skizze der Grundthesen Ibn Ha¯ldu¯ns aus: ˘ Sobald eine Gruppe von Menschen mit Hilfe der ihnen von Gott verliehenen Ratio beschließt, gemeinsame Sache zu machen und aus diesem Grunde eine – wie rudimentär auch immer geartete – Form von sozialer Organisation entsteht, ist dies der Beginn von Zivilisation ( umra¯n). Steigt die Zahl der zusammenarbeitenden Leute, entsteht eine größere, bessere Zivilisation. Dieser von der Zunahme an Humanressourcen abhängige Zivilisationsfortschritt kulminiert schließlich in der besten Gesellschaftsform sesshafter Kultur, die der Mensch erreichen kann. Die Tendenz wird rückläufig, wenn die Zahl der miteinander Kooperierenden sinkt. Der Wille, gemeinsame Sache zu machen hängt ausschließlich von dem esprit de corps oder ,Gemeinsinn‘ ( asabı¯ya) des jeweiligen ˙ Verbundes ab. Die natürlichsten Bande bestehen in der Familie bzw. dem Clan, doch kann ein Zusammengehörigkeitsgefühl aus verschiedenen Gründen auch unter Leuten entstehen, die nicht miteinander blutsverwandt sind. Die Stärke der asabı¯ya bestimmt, warum die eine Gruppe den anderen überlegen ist. In˙ nerhalb des personalen Verbundes kann es dem Führer, der eine genügend große asabı¯ya kontrolliert, gelingen, eine Dynastie bzw. ein Reich (dawla) zu ˙ gründen und dadurch herrscherliche Autorität (mulk) auszuüben. Ein solches Reich wird ausschließlich zusammengehalten durch die herrschenden Individuen und die sie unterstützende Gruppe. Verschwindet die Dynastie, verschwindet das Reich mit ihr. Eine Dynastie benötigt zum Überleben und zur Befriedigung ihrer steigenden Ansprüche auf ein luxuriöses Leben die städtische, sesshafte Kultur (hada¯ra) mit ihren großen urbanen Zentren. Das gierige ˙ Streben der Herrschaftselite, allein die Kontrolle über alle Machtressourcen und Einnahmequellen zu erlangen, führt jedoch unweigerlich zu internen Spannungen. Es entsteht eine Entfremdung zwischen der das Reich kontrollierenden Kaste und den sie bis dahin unterstützenden Gefolgsleuten. Die Führungsschicht ˘

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123 Vgl. Ibn Ha¯ldu¯n, K. al- Ibar, Bd. 2, S. 201 – 271. 124 Vgl. Ibn H˘ a¯ldu¯n, K. al- Ibar, Bd. 2, S. 272 362 [Kapitel 5] bzw. Bd. 2, S. 362 bis Bd. 3, S. 433. ˘

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Beduinentum vs. Sesshaftigkeit

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ist gezwungen, sich gegen viel Geld militärische Hilfe von außen zu holen. Die Konsequenz daraus sind Abgabenerhöhungen, illegale Steuern und inflationäre Münzprägung. In dem damit einhergehenden Verlust der asabı¯ya und den ˙ unvermeidbaren Finanzschwierigkeiten liegt der Keim für den Untergang der Dynastie. Es kommt zum Niedergang und schließlich zum Zusammenbruch. Eine neue Dynastie kann die Macht an sich reißen. Diese neuen Herren fangen allerdings nicht bei Null an, sondern übernehmen viele der zivilisatorischen Errungenschaften ihrer Vorgänger. Auf diese Weise ist trotz dieser Zyklen von Aufstieg, Blüte und Niedergang großer Reiche langfristig gesehen ein steter Anstieg der menschlichen Zivilisationsleistung festzustellen.125 Im Rahmen seines zweiten Kapitels über die nomadischen Gesellschaften kommt Ibn Ha¯ldu¯n auch auf die Kurden zu sprechen. Nachdem er festgestellt ˘ hat, dass Nomadentum und Sesshaftigkeit die beiden natürlichen Grundformen menschlicher Lebensweise sind, stellt er seinen Lesern die verschiedenen Arten des Beduinentums vor. Die reinste und am wenigsten verfälschte Gruppe seien – so Ibn Ha¯ldu¯n – die auf Kamelen umherziehenden und sich von der Kamelzucht ˘ ernährenden Wüstennomaden: „Da die Weideplätze in den Bergen mit ihren kümmerlichen Büschen und Sträuchern meist nicht genug Nahrung für die Kamele liefern, sind sie [d.h. die Nomaden, S.C.] gezwungen, sich tief in die Wüste hineinzubegeben. Dort müssen sie sich von den Wüstengewächsen und Salzwasser ernähren. […] Oft werden sie aber auch von dem Militär aus den Bergen vertrieben. Sie nehmen dann Zuflucht in der Wüste, denn sie wollen sich auf keinen Fall den Soldaten aussetzen und abwarten, dass diese sie für ihre Überfälle bestrafen. Infolge dieser Lebensumstände sind die Kamelnomaden die abgehärtetsten und wildesten menschlichen Wesen auf Erden. Im Vergleich zu den Sesshaften befinden sie sich auf dem Level wilder, unzähmbarer Raubtiere. Zu solchen Nomaden gehören die Araber. Im Westen zählen die Berber und Zana¯ta und im Osten die Kurden, Turkmenen und Türken dazu.“126

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Nur das – so Ibn Ha¯ldu¯n weiter – meist über eine gemeinsame Abstammung ˘ bewusst gemachte Gruppengefühl der Clans ( asabı¯ya) mache die Kamelno˙ maden in der Wüste überlebensfähig. Eine große Bedeutung komme diesen stets präsenten Blutsbanden dann in Gefahrensituation zu. Zum besseren Schutz gruppierten sich die verschiedenen Clans in solchen Fällen zu Stämmen. Hier stehe und falle die Gruppensolidarität mit dem Charisma des Obersten Heerführers. Verblasse die herrscherliche Auserwähltheit etwa infolge militärischer Misserfolge oder besäßen nach seinem Tode seine Nachfolger keine ausreichende charismatische Ausstrahlung mehr, gäbe es keinen Grund, weiter in dem

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125 Zu Ibn Ha¯ldu¯ns zyklischem Geschichtsmodell siehe neben Talbi 1967 nun auch Pistor˘ Hatam 2003. 126 Ibn Ha¯ldu¯n, K. al- Ibar, Bd. 1, S. 223. ˘

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Volk, Ethnie oder Stamm? Die Kurden aus mamlukischer Sicht

Verbund zu bleiben. Nicht selten schafften es jedoch große Nomadenvölker unter Leitung eines charismatischen Führers, über weite Gebiete Kontrolle zu erlangen: „Ein solches Volk (umma) ist besser in der Lage, andere Gruppen zu unterdrücken und auf diese Weise Macht und Herrschaft zu erlangen. Die Mitglieder eines solchen Volkes haben allein die Kraft, andere Völker zu bekämpfen. […] Die Araber, Zana¯ta und ähnliche Gruppen zählen ebenso zu solchen Völkern wie die Kurden, Turkmenen und die verschleierten Sinha¯gˇa. Diese abgehärteten und wilden Völker haben darüber ˙ hinaus keine wirkliche Heimat, die sie als fruchtbare Weideplätze (ständig) nutzen und zu denen sie immer wieder zurückkehren. Alle Gegenden und Regionen sind für sie gleich. Aus diesem Grund beschränken sie sich nicht auf die Kontrolle ihrer eigenen und der diesen benachbarten Länder. Sie machen nicht an den Grenzen ihrer Territorien halt, sondern fallen über weit entfernt liegende Völker her und erobern deren Gebiete.“127

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Gelänge nach dem Tode des Anführers eine reibungslose Veralltäglichung des Charismas, könnten somit – der Theorie Ibn Ha¯ldu¯ns zufolge – ,Reiche‘ ent˘ stehen, in denen dann die nomadischen Eliten und die sesshaften Gruppen gezwungen seien, zusammenzuarbeiten und miteinander auszukommen. Diese lebensnotwendige Interaktion bedeute auf Dauer für die Nomaden einen Übergang zur Sesshaftigkeit und eine Assimilation an die Kultur der Bewohner der von ihnen eroberten Räume. Diese übernähmen – so Ibn Ha¯ldu¯n – ˘ schließlich die Herrschaft und trieben die zivilisatorischen Leistungen der Menschheit voran. Dass dieses durchaus faszinierende Welterklärungsmodell eines aus dem Maghreb stammenden und im Mamlukenreich lebenden Gelehrten allerdings überwiegend idealtypischen Charakter hat, zeigt sich auch am Beispiel der darin erwähnten Kurden. Denn eigentlich hätte es doch auch ihnen als ein durch seine harte nomadisierende Lebensweise dazu prädestiniertem Volk zugestanden, irgendwann einmal ein großes Reich zu gründen. Den Kurden, deren meisten Stämme im übrigen – wie uns al- Umarı¯ berichtet – halb sesshaft und halb pastoral waren,128 war es hingegen nur gelungen, an der Grenze zu Syrien einige kleine kurdische Fürstentümer zu errichten. Darüber hinaus besaßen viele ihrer Stämme sehr wohl individuelle Weideflächen, die sie gegen Angriffe von außen schützten. Den Vorwurf, dass sein soziologischer Entwurf mit den Realitäten unvereinbar sei, musste sich Ibn Ha¯ldu¯n bereits von seinen Zeitgenossen ge˘ fallen lassen. Diese verwiesen nämlich – sicher zu recht – darauf, dass es ihm in

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127 Ibn Ha¯ldu¯n, K. al- Ibar, Bd. 1, S. 263. 128 Siehe˘ die Beschreibung der einzelnen Kurdenstämme bei Ibn Fadl Alla¯h al- Umarı¯, Masa¯lik ˙ al-absa¯r, Bd. 4, S. 124 – 135. ˙ ˘

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Zusammenfassung

dem übrigen Teil seiner Weltgeschichte nicht gelungen sei, seine Theorie anhand historischer Beispiele zu belegen.129

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Schlüssige Aussagen über die vormoderne kollektive Identität der Kurden treffen zu wollen, hat sich als schwieriges Unterfangen erwiesen. Da ich auf den vorausgegangenen Seiten einerseits keine bloße Aneinanderreihung von Daten, Stammesnamen und lokalen Herrschern aus der kurdischen Geschichte zusammentragen wollte, uns aber andererseits auch keine indigenen Quellen aus der Zeit vor dem ausgehenden 10./16. Jahrhundert vorliegen, habe ich anhand dreier mamlukischer Gesellschaftsmodelle zumindest zu zeigen versucht, wie man die Kurden von außen gesehen hat. Obgleich das Jahr 648/1250 im Bewusstsein der Zeitgenossen als der Moment der Ablösung der kurdischen (dawlat al-akra¯d) von der türkischen Dynastie (dawlat al-atra¯k) haften geblieben ist, kommen die Kurden in den funktionalen Gesellschaftsschemata der mamlukenzeitlichen Autoren al-Maqrı¯zı¯, Ibn Raf a, Ta¯gˇ ad-Dı¯n Subkı¯, Ahmad Tu¯g˙a¯n und Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯ nicht vor. Dafür gibt ˙ ˙ ˙ es zwei Gründe. Zum einen spielten ethnische Unterscheidungen gesamtgesellschaftlich keine große Rolle. Selbst die innermamlukischen Trennlinien orientierten sich an den mamlukischen Haushalten der Großemire und nicht an der Zugehörigkeit zu dem einen oder anderen Volk. Darüber hinaus verstand sich ein Bewohner Ägyptens oder Syriens in erster Linie als Teil der muslimischen Gesamtgemeinde (umma) und Mitglied einer der von den fünf genannten Männern beschriebenen Gruppe der Herrschenden, Gelehrten oder Untertanen. Zum anderen hatte auch während der Ayyubidenzeit die kurdische Identität der Machthaber eher privaten und nicht öffentlich-politischen Charakter. Saladin (Sala¯h ad-Dı¯n) selbst ist in der Stadt Takrı¯t geboren, in die sich sein aus dem ˙ ˙ armenischen Dvı¯n stammende Großvater Sˇa¯d¯ı mit seinen beiden Söhnen Ayyu¯b ¯ und Sˇ¯ırku¯h auf der Suche nach einem neuen Patron begeben hatte.130 Sala¯h ad˙ ˙ Dı¯ns vielbeschworenen kurdisch-nomadischen Wurzeln liefen somit auf die Erinnerungen seines Großvaters hinaus. Er selbst war in einem urbanen Umfeld groß geworden. Dennoch fühlte er sich natürlich seinen kurdischen Landsleuten verbunden bzw. andersherum: Als Saladin mächtiger wurde, boten ihm viele ˘

129 Insgesamt beurteilen mamlu¯kische Gelehrte wie etwa Ibn Hagˇar al- Asqala¯nı¯ oder as˙ Ha¯ldun recht positiv. Vgl. Saha¯wı¯ (st. 902/1449) den in ihren Augen fremdstämmigen Ibn ¯ ˘ a¯wı¯, ad-Daw al-la¯mi , Ibn˘ Hagˇar al- Asqala¯nı¯, Inba¯’ al-g˙umr, Bd. 5, S. 327 – 332 bzw. as-Sah ˙ ˙ ˘ Bd. 4,˙ S. 145 – 149. Siehe dazu auch Sturm 1983. 130 Vgl. Bidlı¯sı¯, Sˇaraf-na¯ma, Bd. 1. S. 55 – 82. Die Herkunft und frühe Karriere Saladins beschreibt Minorsky 1953, S. 107 – 157.

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Kurden mit Verweis auf seine kurdischen Ursprünge ihre Dienste an. Dieser nahm sie zwar bereitwillig auf und verschaffte ihnen Posten in der Zivil- und Militärverwaltung, doch achtete er gleichzeitig darauf, dass die Truppen der Ayyubiden hauptsächlich aus Türken bestanden.131 Wie wenig sich Salah ad-Dı¯n ˙ ˙ aber über sein ,Kurdentum‘ identifizierte, mag man ermessen, wenn man sich in Erinnerung ruft, dass er nach der Eroberung des zentralkurdischen Sˇahrzu¯r die Verwaltung dieser Region einem seiner türkischen Militärsklaven überantwortete. Mochte für die Identität der ayyubidischen Kurden im Privatpersönlichen ethnische kulturelle Traditionen eine Rolle spielen, so war man im öffentlichen Bereich Muslim und loyaler Diener der gerade herrschenden Dynastie. Bereits am Ende der Ayyubidenzeit hatten sich die Kurden weitgehend mit den Türken vermischt, so dass während der Mamlukenherrschaft nur noch wenige von ihnen zu Ruhm und Ehre gelangten. Beendete ein gebildeter Ägypter im 9./15. Jahrhundert nach der Lektüre von al-Maqrı¯zı¯s, Ibn Raf as, Ta¯gˇ ad-Dı¯n Subkı¯s, Ahmad Tu¯g˙a¯ns und Abu¯ Ha¯mid al˙ ˙ Qudsı¯s Traktaten seine Nabelschau und ließ seinen Blick virtuell über die Grenzen des Reiches hinaus schweifen, so erkannte er die verschiedenen Völker der Erde. Eines unter vielen stellten die Kurden dar. Sowohl al-Umarı¯ wie auch al-Qalqasˇandı¯, d. h. zwei der renommiertesten Geographen und Enzyklopädisten der Mamlukenzeit, benutzten in ihren Bevölkerungstableaus für ,Volk‘ den Terminus umma und für ,Stamm‘ den Ausdruck ta¯’ifa bzw. qawm. Man hat ˙ sehen können, dass der Begriff umma in ihren Werken weder einen religiösen noch einen ausschließlich politischen, sondern eher einen ethnologischen Sinn hat. Beide Autoren waren der Überzeugung, dass eine solche umma zusammengehalten werde durch eine gemeinsame Überlieferung, gemeinsame Symbole, einen gemeinsamen Feind und die Gemeinschaft unter einem charismatischen Herrscher. Auch die Kurden hielt man aus diesem Grunde für eine Sprach-, Traditions- und Kampf-gemeinschaft, deren Identität auf Blutsbanden, miteinander geteilten kulturellen Traditionen und dem Islam basierte. In den mamlukischen Kanzleien wusste man recht genau über die Namen der kurdischen Stämme, die Anzahl ihrer Mitglieder, die Lage ihrer heimatlichen Gefilde und ihre politischen Aktivitäten Bescheid. Orientierten sich die beiden ersten Gesellschaftsschemata an recherchier-tem Material, so verortet der berühmte Gelehrte Ibn Ha¯ldu¯n die Kurden in einer ˘ abstrakt gehaltenen Systemtheorie. Seiner Meinung nach bilden diese zusammen mit anderen Nomaden den Nukleus jeglicher menschlichen Zivilisation. 131 Siehe dazu Edd¦ 1997. Früher ist man davon ausgegangen, dass sich die ayyubidischen Truppen hauptsächlich aus Kurden zusammensetzten [vgl. Gibb 1962]. David Ayalon konnte dann allerdings nachweisen, dass der Großteil der Soldaten – zumindest in Ägypten – Türken waren [vgl. Ayalon 1977 und 1981, S. 46 – 49].

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Aus hartgesottenen, aber moralisch lauteren Stämmen wie den Kurden entstünden im Laufe der Zeit Nomadenverbünde, die wiederum die Grundlage für die Reiche der Seßhaften schüfen. Diese seien zwar auf Dauer nicht überlebensfähig, doch brächten erst sie die eigentlichen zivlisatorischen und kulturellen Leistungen der Menschheit hervor. Am Ende dieses Aufsatzes können wir daher zwar die Frage, wie die Kurden etwa des 8./14. und 9./15. Jahrhunderts sich selbst sahen, immer noch nicht beantworten, doch wissen wir wenigstens ein bisschen mehr, was andere, in diesem Fall die Gelehrten der Mamlukenzeit, über sie dachten. Dabei hatten sich innerhalb des Mamlukenreiches im Laufe der Zeit die ethnischen Grenzen der Bevölkerung verwischt. Die frühere ,völkische‘ und religiöse Einteilung der ägyptischen Masse in Fremdstämmigen (= Araber) und Einheimischen (= Kopten) war im 9./15. Jahrhundert verschwunden.132 Die meisten Kopten waren konvertiert, und die Araber hatten sich mit den Ägyptern vermischt. Der Begriff arab diente daher nur noch der Bezeichnung von Beduinen und aqba¯t der ˙ Benennung der tatsächlich nichtmuslimischen Kopten. Doch auch die Kategorie ,Türke – turk‘, Pl. atra¯k, die die Herrschaftselite bezeichnete, verlor ihre klare ethnische Konnotation und wurde entweder zu einem rein politischen Begriff, der die Militäraristokratie insgesamt benannte oder zu einer schwammigen Bezeichnung aller muslimischen Bewohner Asiens. So meint Ibn Haldu¯n an ˘ einer Stelle seiner Muqaddima, dass es in Ägypten eigentlich nur die Herr133 schaftselite und die ,Untertanen‘ (ra ¯ıya) gäbe. Und der hochangesehene Historiker Ibn Tag˙rı¯birdı¯ (gest. 874/1470)134 schreibt in seiner Chronik anNugˇu¯m az-za¯hira fı¯ mulu¯k Misr wal-Qa¯hira lakonisch: „ein großer Teil der ˙ Bevölkerung (einerseits) und der Türken (andererseits) wurden umgebracht“.135 Auf die Kurden ließ sich der Terminus atra¯k allerdings nicht münzen, denn man war sich wohl bewusst, dass diese iranischen Ursprungs und mit den Persern verwandt waren. Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal war jedoch ihre nicht-türkische Sprache. Dies setzte sie deutlich von den anderen Gruppen innerhalb des Mamlukenreiches ab und war Ausschlusskriterium für eine Karriere in den höheren Mamlukenrängen. ˘

Siehe hierzu Petry 1991. Ibn Ha¯ldu¯n, K. al- Ibar, Bd. 1, S. 297. ˘ Tag˙rı¯birdı¯ siehe Popper 1960. Zu Ibn Ibn Tag˙rı¯birdı¯, an-Nugˇu¯m az-za¯hira, Bd. 5, S. 528. ˘

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Anhang ˘

Ein Auszug aus Abu¯ Hayya¯n at-Tawh¯ıdı¯s (st. 414/1023) Werk Kita¯b al-Imta¯ wal˙ ˙ mu’a¯nasa:136 „Die sechste Nacht. ˘

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Dann kam ich [d.h. Abu¯ Hayya¯n, S.C.] an einem anderen Abend zu ihm [d.h. zu Ibn ¯ rid, S.C.]. Er ˙eröffnete die Sitzung mit der Frage: ,Glaubst du, dass die Sa da¯n al- A ˙ Araber den Persern oder die Perser den Arabern überlegen sind?‘ Ich antwortete (ihm): ,Für die Gelehrten gibt es vier Nationen (umam): Die Byzantiner (ar-Ru¯m), die Araber, die Perser und die Inder. Drei von ihnen bezeichnet man als ,fremd‘ ( agˇam), und es lässt sich schwerlich sagen, dass allein die Araber den anderen Dreien überlegen sind, zumal, wenn man an all das denkt, was ihnen gemein ist, bzw. an all die Unterschiede, die zwischen ihnen existieren.‘ Er sagte: ,Ich möchte damit [d.h. mit dem Ausdruck ˘

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136 Abu¯ Hayya¯n at-Tawh¯ıdı¯, K. al-Imta¯ , Bd. 1, S. 70, Z. 11 bis S. 79, Z. 3. Eine Teilübersetzung ˙ BergÀ 1972 dar. Über Entstehung und Schicksal von Abu Hayya¯ns dieses˙ Abschnittes stellt ¯ ˙ Kita¯b al-Imta¯ wal-mu’a¯nasa unterrichtet uns Berg¦ 1973. ˘

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Anhang

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agˇam, S.C.] nur die Perser gemeint wissen.‘ Ich meinte (daraufhin): ,Bevor ich über diese Sache persönlich ein Urteil abgebe, möchte ich einen Ausspruch von Ibn Muqaffa wiedergeben, der ja, tief verwurzelt (as¯ıl) bei den Persern und seit Generationen den ˙ Nichtarabern zugehörig, unter den Leuten mit besonderen (wissenschaftlichen und künstlerischen) Qualitäten einen hervorragenden Platz einnimmt. Er ist (ja auch) der Verfasser der Yatı¯ma137, der (darin von sich als Schriftsteller) behauptet: [S. 71] ,Ich ließ die Verfasser ähnlicher Abhandlungen (rasa¯’il) nach diesem Buch in einer seichten ¯ rid, S.C.] forderte mich (daraufhin) Pfütze aus Worten zurück.‘ Er [d.h. Ibn Sa da¯n al- A ˙ auf: ,Her damit [d.h. mit der Erzählung über Ibn Muqaffa , S.C.] mit dem Segen Gottes und seiner Hilfe!‘

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Ich begann: ,Sˇabı¯b b. Sˇayba138 berichtet (folgende Anekdote): ,Wir standen auf dem Mirbad-Platz139, wobei es sich hierbei um den Treffpunkt der Vornehmen und um den gesellschaftlichen Mittelpunkt für die Männer handelt. Dort hatte sich die (geistige) Elite der Garnisonsstadt [d.h. Basra, S.C.] eingefunden, als Ibn Muqaffa erschien. Es ˙ befand sich nicht einer unter uns, der ihm nicht freundlich entgegengetreten bzw. mit (vielen) Fragen auf ihn zugegangen wäre. Sein Erscheinen erfreute uns sehr. Er sagte: ,Was hält euch an diesem Ort auf dem Rücken eurer Reittiere fest? Bei Gott, wenn der Kalif nach den Leuten der Erde schickte, wobei er jemanden wie euresgleichen sucht, dann träfe er niemand anderen als euch an. Habt ihr nicht Lust(,) in das Haus des Ibn Bartan (zu kommen,) in (den dort) in ausreichendem Maße vorhandenen Schatten und ¯ in den Schutz vor der Sonne, in die Gastlichkeit des (kühlen) Nordwindes, (kurzum:) auf eine Erholungspause für eure Reittiere und eure Diener?‘ Wir streckten uns (bei seinen Worten) auf der Erde aus, denn sie ist der beste und ebenste Teppich. Jeder von uns hörte dem anderen andächtig zu. Sie [d.h. die Erde, S.C.] ist die komfortabelste Sitzgelegenheit; sie ist der Platz, der am meisten Anregung für ein Gespräch bietet.

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Wir eilten (sodann) dorthin und stiegen im Haus des Ibn Bartan von unseren Reit¯ tieren, wobei wir den (kühlen) Nordwind einatmeten. Da kam (schließlich) Ibn Muqaffa auf uns zu und fragte: ,Welches Volk ist am vernunftbegabtesten?‘ Wir dachten, er wolle (hören:) ,Die Perser!‘ Daher antworteten wir (ihm): ,Die Perser sind das vernunftbegabteste Volk‘, wobei wir uns bei ihm lieb Kind machen wollten und uns bei ihm einzuschmeicheln gedachten. Er erwiderte: ,Nein, dies(e besondere Position unter den Völkern) kommt ihnen nicht zu und ist nicht bei ihnen (zu finden). Sie sind ein Volk, dem gelehrt wurde, so dass sie lernten. Man hat ihnen etwas vorgemacht, und sie

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137 Gemeint ist hier sein verlorengegangenes Werk Yatı¯ma ar-rasa¯’il. Wir kennen den Titel dieses Traktates, das in der arabischen Literatur oft genannt wird, aus Ibn an-Nadı¯ms (st. 380/990) K. al-Fihrist [Ibn an-Nadı¯m, Fihrist, S. 118, Z. 29]. Vgl. Gabrieli 1931 – 32, S. 219 und Latham 1990, S. 76. Zu Ibn an-Nadı¯m und seinem Fihrist siehe neben Fück 1971 nun auch den von mehreren Autoren verfassten Artikel ,Fehrest‘ in der Encyclopaedia Iranica [= Art. ,Fehrest‘ 1999]. 138 Sˇabı¯b b. Sˇayba (st. wohl einige Zeit nach 162/778 – 9), der sich als Gelehrter am Hofe der Abba¯sidenkalifen al-Mansu¯r (reg. 136 – 158/754 – 775) und al-Mahdı¯ (reg. 158 – 169/775 – ˙ 785) aufhielt, fungiert in vielen adab-Sammlungen als Erzähler sinnträchtiger Anekdoten. Siehe zu ihm Leder 1997. 139 Zu dieser in dem als Verwaltungsstadt (gˇund) während der Eroberungszeit gegründeten Basra liegenden Örtlichkeit siehe Pellat 1993. ˙

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ahmten es nach und imitierten es. Andere haben mit einer Sache angefangen, und sie machten es nach. Bei ihnen gibt es keine Deduktion und keinerlei Herleitung.‘ Wir sagten daraufhin: ,Die Romäer?!‘ Er entgegnete: ,Dies(e besondere Position) kommt (auch) ihnen nicht zu. Dafür haben sie untersetzte Körper, und sie sind Meister der Baukunst und Architektur, (aber) sie kennen und können nur diese beiden Sachen.‘ ,Die Chinesen?!‘, worauf er antwortete: ,Sie sind Meister der Kunsttischlerei und anderer handwerklichen Fähigkeiten, aber sie können nicht denken und haben keinerlei Grips.‘ ,Die Türken?!‘ – ,Das sind wilde Tiere für den Kampf!‘ – ,Die Inder?!‘ – ,Sie sind (nur) Meister von Phantastereien, Gaukeleien sowie Taschenspielertricks und –kniffen.‘ – ,Die Neger?!‘ – ,Sie sind (nichts als) vagabundierendes Vieh.‘ Wir gaben die Sache (resigniert) an ihn zurück. Er sagte: ,Die Araber!‘ [S. 72] Da schauten wir einander (erstaunt) an und flüsterten uns kaum hörbare Worte zu. Das hat ihn sehr an uns geärgert, und seine Gesichtsfarbe änderte sich (vor Zorn). Er rief aus: ,Als glaubtet ihr, dass ich mich euch anbiedern wollte. Bei Gott, ich wünschte, dass diese Sache [d.h. die besondere Position der Araber unter den Völkern, S.C.] euch nicht zukäme und nicht unter euch angesiedelt wäre! Aber es ist mir zuwider (, die Unwahrheit zu sagen). Wenn schon das Privileg, dem besten Volk anzugehören, mir nicht zugedacht ist, dann möchte ich wenigstens nicht, dass die korrekte Antwort mir entgleitet. Aber ich lasse euch nicht in Ruhe, bis ich euch erklärt habe, warum ich dies gesagt habe, damit ich mich von dem Verdacht der Einschmeichelung befreie. Die Araber hatten kein Vorbild, an dem sie sich hätten orientieren können. Kein Buch (stand ihnen) bis dahin (zur Verfügung), welches sie angeleitet hätte. Sie sind (darüber hinaus) Bewohner eines öden Landstriches und menschenleerer Regionen. Jeder einzelne von ihnen ist in seiner Einsamkeit auf sich gestellt. Er bedurfte (für alles) seines eigenen Gedankens und war auf seinen (eigenen) Verstand und die (davon abgeleitete) Spekulation angewiesen. Sie [d.h. die Araber, S.C.] erkannten, dass ihr Lebensunterhalt von den Pflanzen der Erde kommt, und sie gaben den Dingen eine Bezeichnung und ordneten sie ihrer Gattung zu. Sie erkannten (ferner) den Nutzen all dessen bezüglich des feuchten und trockenen (Zustandes). Dann beobachteten sie die Zeit und ihren Rhythmus und unterteilten sie in eine fruchtbare und in eine unfruchtbare Periode. Des weiteren lernten sie (durch Beobachtung), dass ihr Trinken vom Himmel kommt, und deswegen legten sie dazu Konstellationen (von Gestirnen) fest. Sie erkannten den Wechsel der Zeiten und legten für das Jahr Mondphasen fest. Sie machten die Sterne des Himmels zu ihrem Führer (bis hin) zu den Rändern der Erde und deren Gegenden. Sie befuhren damit [d.h. mit diesen stellaren Kenntnissen, S.C.] die Länder. Auch entwickelten sie für sich eine (höhere moralische) Instanz, die sie vom Verwerflichen abhielt und sie zum Guten hinstreben ließ. [… ?] Mit allem, was sie sagten, trieben sie (die Erkenntnis vor)an. Sie besaßen nur die Sprache, die sie (vor)antrieb, Gutes zu tun, den Nächsten zu schützen, großzügig zu sein und sich lobenswerte Eigenschaften anzueignen. Jeder von ihnen erreichte das (allein) durch seine Vernunft. Er erschloss es (rein) auf Grund seines Denkvermögens. Sie lernten nicht und bildeten sich nicht aus, sondern es handelte sich um eine anerzogene Bildung und um wissenden Verstand. Deshalb sage ich euch: [S. 73] Sie sind das vernünftigste unter den Völkern wegen ihres gesunden Instinkts, des Ebenmaßes ihrer

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Anhang

Beschaffenheit und der Richtigkeit ihres Denkvermögens und der Verstandeskraft. Ende des Zitats. ˘

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¯ rid, S.C.] sagte: ,Wie schön ist das, was Ibn al-Muqaffa gesagt Er [d.h. Ibn Sa da¯n al- A ˙ hat! Wie schön ist, was du erzählt und was du (vor-)gebracht hast! Trag jetzt (noch) vor, was du (sonst noch) bei dir hast an Einschlägigem aus erster und zweiter Hand!‘ Ich [d.h. Abu¯ Hayya¯n, S.C.] entgegnete (ihm): „Wenn das, was dieser in seiner Bildung ˙ vorzügliche und in seinem Verstand alle anderen überragende Mann sagte, genügt, dann ist es überflüssig und entbehrlich, dem etwas hinzuzufügen, und es hat keinen Sinn, dem etwas folgen zu lassen, was (inhaltlich) gleich ist.‘ Er meinte (jedoch): ,Die Grenze des Beschreibens beim Loben und beim Tadeln ist verschieden in ihren Merkmalen, je nach dem, was für richtig oder falsch gehalten wird. Dieses Problem – ich meine die Bevorzugung einer Nation vor einer anderen – zählt zu den Hauptthemen, über die sich die Leute streiten und an denen sie sich reiben. Seitdem man sich darüber geäußert hat, ist man nicht zu einem stabilen Frieden und einer sicheren Übereinkunft gelangt!‘ Ich sagte (daraufhin): ,Natürlich ist dies nicht zustande gekommen. Denn es ist nicht in der natürlichen Veranlagung, der Gewohnheit und der Sozialisation eines Persers, dass er den höheren Rang eines Arabers eingesteht. Ebenso wenig ist es nicht in der natürlichen Veranlagung eines Arabers – und auch nicht in seiner Gewohnheit -, dass er den höheren Rang eines Persers zugibt. Genau dasselbe gilt für einen Inder, Romäer, Türken oder einen Bewohner Daylams. Die Annahme von Vorzug und Ehre beruht auf zwei Dingen: Eine davon ist, wodurch sich ein Volk gegenüber einem anderen auszeichnet zur Zeit des Entstehens der Fähigkeit, das Gute und das Schlechte zu wählen. Und wenn diese Sache darauf gegründet ist, so hat jede umma Vorzüge und Nachteile, jedes Volk gute und schlechte Dinge und jede Gruppe von Menschen in ihrem gewerblichen Schaffen und ihrer Machtausübung Vollkommenheit und Beschränkung. Dies bewirkt zwangsläufig, dass gleichsam gute und nützliche sowie schlechte und unnütze Dinge über die gesamte Schöpfung ausgegossen sind, verbreitet unter allen von ihnen. [S. 74] Und so besitzen die Perser die Kunst der Staatsführung, feine Sitten sowie eine ausgeprägte Etiquette und Zeremoniell; die Romäer haben Wissen und Weisheit; zu den Indern gehören Phantasie, gedankliche Tiefe, Taschenspielerei, Geduld und Hartnäckigkeit; die Türken haben Tapferkeit und Ausdauer ; die Äthioper Geduld, Arbeitskraft und Lebensfreude; die Araber (schließlich verfügen über) Courage, Gastfreiheit, Treue, Tapferkeit, Freigebigkeit, Mut, rhetorisches Geschick und sprachliche Eleganz. Die erwähnten Vorzüge bei den bekannten Ethnien sind nicht bei jedem einzelnen ihrer Individuen vorhanden, sondern sind unter ihnen allen verbreitet. Sie alle haben (also immer auch) jemanden, der all diese Vorzüge nicht besitzt und gebrandmarkt ist von ihren Gegensätzen. Das bedeutet, die Perser haben jemanden, der nichts von Politik versteht, schlechte Manieren hat und Eingang gefunden hat beim Gesindel und bei Barbaren. Und so gibt es auch bei den Arabern jemanden, der feige, dumm, leichtfertig, geizig ist und stottert; entsprechend gilt dieses auch für die Inder, Romäer und die anderen. Wenn man die Leute mit guten und vortrefflichen Eigenschaften der Romäer

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Volk, Ethnie oder Stamm? Die Kurden aus mamlukischer Sicht

mit den Leuten mit guten und schlechten Eigenschaften der Perser vergleicht, so treffen sie sich auf einem Weg, und es gibt keinen Unterschied außer im Grad und Ausmaß der Vortrefflichkeit und Vorzüglichkeit. Dies ist nicht spezifisch für eine Nation, sondern gilt für alle. Ebenso, wenn man die Leute mit schlechten und üblen Eigenschaften einer Ethnie mit den Leuten mit schlechten und üblen Eigenschaften einer anderen Ethnie vergleicht, so treffen sie sich auf einem Weg, und es gibt zwischen ihnen nur Unterschiede hinsichtlich des Ausmaßes und des Umfanges (ihrer negativen Eigenschaften). Das ist etwas, dem man sich nicht (weiter) zuwenden braucht und was nicht tadelnswert ist. Durch diese Erkenntnis wird klar, dass die Ethnien sich die guten Eigenschaften untereinander teilen, je nach (göttlichen) Vorgaben und je nach dem (ihnen) zuteilgewordenen Gedankengut. Insofern gibt es nichts, worüber sich die Menschen untereinander streiten (könnten), außer sie tun dies auf Grund ihrer regional geprägten Charaktere oder derjenigen Eigenschaften, die im Prozess der (jeweiligen) Volksbildung entstanden sind. Oder sie geraten aneinander durch ihre übermächtige Leidenschaft, die sich aus der natürlichen Aggressivität speist, bzw. durch den heftigen Kampf, der aus den Kräften, mit denen man um den Lebenspartner kämpft, genährt wird.

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Hier nun eine andere Sache: Dieses Thema hat eine so zentrale Bedeutung, dass man unmöglich darauf verzichten kann, es zu erwähnen. Es geht dabei um Folgendes: [S. 75] Jedes Volk hat seine Blütezeit auf Kosten der anderen (Völker). Dieses wird absolut deutlich, wenn du deine Augen auf den Staat der Griechen und Alexander richtest, als dieser herrschte, die Regierungsgeschäfte führte, König war, an der Spitze stand, spaltete und zusammenführte, skizzierte, plante und befahl, antrieb und kämpfet, auslöschte und aufschrieb, Akteur war und berichtete. Genauso, wenn du dich der Geschichte von Kisra¯ Anu¯sˇirva¯n140 zuwendest, findest du diese Dinge in dieser Form, wenn auch in einem anderen Kontext [wörtl.: in einer anderen Scheide als der Scheide des ersten] und in einem anderen Gewand (? mi rad) als das erste. Darum sagte Abu¯ ˙ Muslim141, der Herr der Wende (dawla), als man ihn fragte: ,Welche Menschen (be) fandest du als die mutigsten?‘ – ,Jedes Volk zu Beginn seiner Runde ist mutig.‘. Wie recht hat er gesprochen. Demgemäß ist jedes Volk (umma) zu Beginn seiner Blüte das beste, tapferste, mutigste, ruhmreichste, großzügigste, freigebigste, beredste, sprachgewandtste, klügste und aufrichtigste. Diese Einschätzung wandert von einer für alle Völker gültigen Sache zu einer für ein (einziges) Volk (als solches) zutreffenden (Sache), weiter zu etwas, das für eine Gruppe (ta¯’ifa) als solches gilt, weiter zu einer für einen Stamm (qawm) maßgeblichen Ei˙ genschaft, weiter zu etwas, das in einer Familie gewohnt ist, weiter zu etwas, das für eine Person(engruppe?) spezifisch ist, schließlich zu einem einzelnen Menschen. Diese 140 Gemeint ist hier der sassanidische Herrscher Kisra¯ (= Husraw/Husro¯) I. Anu¯sˇ¯ırva¯n (reg. 531 – ˘ 579). Siehe zu ihm die entsprechenden Seiten in ˘den Standardwerken Yarshater 1983, Schippmann 1990 und/oder Wiesehöfer 1994. Zur arabischen Rezeption siehe auch Morony 1986. 141 Abu¯ Muslim (st. 137/755) war einer der wichtigsten politischen Persönlichkeiten während des Sturzes der Umayyadenherrschaft in den Jahren von 130/748 bis 132/750. Siehe neben Yu¯sofı¯ vor allem die entsprechenden Passagen in Sharon 193.

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Anhang

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Verschiebung von einer Nation zur nächsten weist hin auf das Ausgießen der Großmut Gottes des Allmächtigen über alle seine Kreaturen und Geschöpfe gemäß deren Resonanz auf seine Gabe (? qabu¯lihı¯) und ihrer Empfänglichkeit – über die Zeit hinweg – für den Empfang seiner Gnade. Und wer auf diesen Hügel mit ungetrübtem Blick steigt (bi- ayn la¯ qadan fı¯hi) sieht die Wahrheit mit eigenen Augen und ohne Zweifel und ¯ berichtet davon [S. 76] ohne Lüge.

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Und wenn dein Blick wahre Auskunft gibt über die Prinzipien der Zustände und die Anfänge der Dinge, wird dir dies alles klar wie der Tag, wenn er am höchsten steht, und erleuchtet sich dir wie der Mond, wenn er aufgeht. Und es bleibt dann kein Zweifel in der Erfassung des Wahren und Erlangen des Richtigen zurück, außer all dem, was durch Leidenschaft verdunkelt wird, durch Parteilichkeit hässlich ist, was Aufsässigkeit hervorruft und zu Streit führt. Hier verfehlt es den Sinn und führt das Gewollte ins Abseits. Wenn du die Richtigkeit dieser Regel und dieser Meinung erfassen willst, dann nimm zur Kenntnis, was ich überliefere: Isha¯q b. Ibra¯hı¯m al-Mawsilı¯142 sagte: ,Es ging ˙ ˙ al- Abba¯s b. Mirda¯s as-Sulaymı¯143 aus Mekka weg [d.h. hin zum Propheten, S.C.] und sprach: ,Ihr Banu¯ Sulaym [d.h. sein eigener Stamm, S.C.]: Ich habe im Traum etwas gesehen, und es wird etwas Gutes sein. Ich sah die Banu¯ Abd al-Muttalib144 als seien sie ˙˙ hochgewachsen wie die Lanzen der Rudayna, ihre Gesichter waren wie der Vollmond in der finsteren Nacht (dugˇgˇuna), ihre Turbane flatterten wie Banner über ihren Köpfen, ihre Rede war wie üppiger Regen auf ausgedörrtem Land (mahl). Wenn Gott Frucht ˙ will, pflanzt er dafür den Keim, jene aber [d.h. die = Banu¯ Abd al-Muttalib, S.C.] sind ˙˙ der Keim Gottes (g˙ars Alla¯h). Also wartet auf seine Frucht, wartet auf seinen Regen, sucht seinen Schatten, freut euch auf Gottes Gnade über euch darin.‘‘ ˘

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Al- Abba¯s hat mit dieser Rede an das Tor des Verborgenen [d.h. das Gott vorbehaltene Wissen, S.C.] geklopft, und das Verhüllte erahnt und das Versteckte erfühlt. Sein Sinn hat das Verborgene erfasst. Von seinem begnadeten Sinn (bi-lutfi ha¯gˇ isihı¯) wurde er ˙ hingeführt zu der nach Gottes Plan vorgesehenen Sache (al-amr al-muzma ) und zu dem zu erwartenden Geschehen. Dies ist etwas, das sich unter den Arabern ausgebreitet hat, und zwar aus folgenden Gründen: Wegen der Länge ihrer Isoliertheit (? wahda), ˙ der Klarheit ihres Denkens, der Qualität ihrer Konstitution, der Ausgewogenheit ihrer Gestalt, der Solidität ihres Charakters, der Weite ihres Einflussgebietes, der Entflammtheit ihrer Natur und der (sprachwissenschaftlichen) Breite ihres Idioms.145 Diese beruht auf der Konstruktion von Nomina, Verba und Partikeln, auf der Fülle im Bereich der Etymologien, auf ihren [S. 77] großartigen Quellen auf dem Feld der von ihnen verwendeten Metaphern, auf ihrer wundersamen knappen Ausdrucksweise, der Qualität ihrer Metonymien im Vergleich mit ihren Ausdrücken(?), auf den Künsten ˘

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142 Isha¯q b. Ibra¯hı¯m al-Mawsilı¯ (st. 235/850) war einer der bekanntesten Musiker seiner Zeit. ˙ Fück (1978) und Rowson ˙ Siehe 1998. 143 Al- Abba¯s b. Mirda¯s as-Sulaymı¯, ein Zeitgenosse des Propheten, erlangte als Dichter und Kämpfer eine gewisse Berühmtheit. Siehe Grunebaum 1960. 144 D.h. also den Clan Ha¯sˇim, dem auch Muhammad angehörte. Abd al-Muttalib war sein ˙˙ Großvater väterlicherseits. Siehe Watt 1960.˙ 145 Eine sehr gute Einführung in die Strukturen der (frühen) arabischen Sprache liefert das Werk Versteegh 1993. ˘

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Volk, Ethnie oder Stamm? Die Kurden aus mamlukischer Sicht

ihrer Breite im Schutz ihrer Absichten(?) und (nicht zuletzt) auf ihrer wunderbare Nähe in den kurzen Vokalen ihrer Worte. ˘

Dies alles und ein Vielfaches davon ist ihnen gegeben und reichlich anvertraut, es ist selbstverständlich (ma ru¯f) bei ihnen und typisch für sie (mansu¯b ilayhim ?), zusammen mit Mut, Unerschrockenheit, Hilfsbereitschaft, Gastlichkeit, Intelligenz, Beredsamkeit, Begeisterungsfähigkeit, Stolz, Widerstandskraft (Gedächtniskraft?), Treue, Großzügigkeit und Großherzigkeit, den tiefen Wunsch nach Anerkennung sowie der starken Abneigung gegen Tadel und Spott. Und noch vieles mehr, wodurch sie sich in der Zeit ihrer Unwissenheit vor dem Islam ausgezeichnet haben, Dinge, die man nicht zurückweisen, leugnen und abweisen oder mit denen man sich aufspielen kann. Wir haben viele Sprachen gehört – wenn wir sie auch nicht alle ganz verstehen (wa-in lam nastaw ibha¯) – von allen Völkern, wie die Sprache unserer Mitmenschen (as˙ ha¯bina¯), der Perser, der Romäer, der Inder, der Türken, der Choresmier, der Slaven, der ˙ Spanier und der Neger ; bei nicht einer (nicht einmal einem Teil?) dieser Sprachen ist die Klarheit des Arabischen, d. h. die Abstände zwischen seinen Worten, der Raum, den wir zwischen seinen Buchstaben finden, die Distanz zwischen den Artikulationsstellen, die Ausgewogenheit, die wir in ihren Sinnsprüchen goutieren, die Gerechtigkeit, die in ihren Konstruktionen unleugbar ist. ˘

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Willst du die Richtigkeit dieser These und die Wahrheit dieses Urteils kennen, schau auf die Breite der Sprachen zwischen, einerseits, denjenigen, die am ausgeprägtesten Vieldeutigkeit und Ineinanderverwobensein, Synomie und Verquickung, Schwierigkeit und Verstrickung kennen, und, andererseits, dem, was am leichtesten in den Buchstaben, am zartesten [S. 78] in der Aussprache, am leichtesten im Nomen, am gefälligsten im Metrum, am augenfälligsten (ad-daru iya¯nan), am süßesten von der ˙ ˙ Artikulationsstelle her, am klarsten von der Art, am höchsten vom Standort (? madragˇ), am ausgewogendsten (a dal adlan), mit klarstem Vorzug und solidester Verbindung ausgestattet ist, bis du von einer Sprache zur nächsten (herab)steigst, bis du schließlich zum Arabischen gelangst, da wirst du urteilen, dass der Anfang, auf den wir verwiesen haben, dass er aus schwierigen und dunklen Konstruktionen besteht, sich allmählich weiterentwickelt bis hin zur arab ya in ihrer (großen) Klarheit und Subtilität. ˘

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Das ist etwas, was jeder von gesundem Menschenverstand findet, jeder, der frei ist von Beeinträchtigungen, frei von Leidenschaft und Parteilichkeit, wer Fairness in Auseinandersetzungen liebt, wer sich der Wahrheit im Urteilen verschrieben hat, wer nicht dem blinden Nachahmen verpflichtet und wer nicht gedemütigt ist durch (falsche?) Loyalität (ilf ?) und wen die Gewohnheit nicht erniedrigt hat. Ich wundere mich sehr über diejenigen, die sich auf weite Qualifikationen und umfassendes Wissen berufen, auf gesunden Verstand und breite Bildung, wenn sie das, was ich beschrieben habe, zurückweisen sollten und ablehnen, was ich erwähnt habe. Und ich wundere mich auch ˇ ayha¯nı¯146, der in seinem Buch die Araber verunglimpft, [S. 79] ihre noch mehr über al-G 146 An dieser Stelle spielt Abu¯ Hayya¯n at-Tawh¯ıdı¯ auf das Werk K. al-Masa¯lik wal-mama¯lik an, ˙ drei miteinander ˙ das wahrscheinlich einer der verwandten Sa¯ma¯nidenwesire, die den ˇ Beinamen ,al-Gayha¯nı¯‘ trugen, im Verlaufe des 4./10. Jahrhunderts verfasst hat. Unter

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Ehre zur Disposition stellt und ihre Würde herabzerrt und sagt: ,Sie fressen Springmäuse und Eidechsen und Ratten und Schlangen und schmähen einander unflätig […] und belegen sich mit Schimpfworten und behandeln sich auf unanständige Art und Weise.‘“

Umständen – so die These von Ch. Pellat – ist es auch eine generationenübergreifende Gemeinschaftsproduktion gewesen. Zu den drei Personen und der schwierigen Zuschreibung des K. al-Masa¯lik siehe Pellat 1982.

Liebe im mittelalterlichen Islam – „romantisch“, intellektuell * oder heilig?

Einleitung Die Vorstellung, dass Menschen im Mittelalter die gleichen Meinungen und Gefühle wie wir hatten, ist verlockend. Wenn man aber die mannigfaltigen Quellen liest, die zwischen 600 n. Chr. und 1600 n. Chr. geschrieben wurden, scheint solch eine Arbeitshypothese nicht haltbar.1 Mann und Frau lebten nicht in einer mentalen Welt wie der unsrigen. Wir sollten bedenken, dass selbst die grundlegendsten emotionalen Zustände manchmal sehr verschieden waren. In den letzten zweieinhalb Jahrhunderten wurde beispielsweise sehr oft behauptet, das Zugehörigkeitsgefühl zu Europa gründe sich nicht zuletzt auf die Vorstellung einer „vornehmen“ und „romantischen“ Liebe, die man als einzigartig und typisch für die Beziehung zwischen den Geschlechtern auf diesem Kontinent und für die Art von Zivilisationen ansah, die sich in Europa in der Moderne entwickelt hätten.2 Im Folgenden möchte ich diese verkündete Einmaligkeit zum Test neben die Vorstellung religiöser Liebe und die Wirkung der Religion auf profane Liebe in muslimischen Gesellschaften während des Mittelalters stellen. Dabei sollen im Rahmen dieses Aufsatzes nur ganz grobe Linien skizziert und auf ein paar wegweisende Ansätze hingewiesen werden. Die islamwissenschaftliche Literatur zu diesem Thema ist nämlich, gelinde gesagt, spärlich.3 * Erstpublikation in: Conermann, S./von Hees, S. (Hg.), Islamwissenschaft als Kulturwissenschaft. I. Historische Anthropologie – Ansätze und Möglichkeiten. Schenefeld: EB-Verlag 2007 [Bonner Islamstudien, Bd. 4], S. 27 – 56. 1 Ein fundierter Abriß über die antiken und europäischen Vorstellungen von Sexualität und Liebe findet sich in Dinzelbacher 1993, S. 54 – 153 und Kortüm 1996, S. 269 – 298. An dieser Stelle sei Syrinx von Hees für die Durchsicht und hilfreiche Kommentierung des Beitrages ganz herzlich gedankt. 2 Siehe dazu etwa Dronke 1965 – 66, Jankowiak 1995 und Passerini 1999. 3 Zu den Quellen siehe Rosenthal 1979. Gute Ansätze liefern neben Ritter 1955, S. 347 – 574 (bzw. in der engl. Übersetzung Ritter/O’Kane/Radtke 2003, S. 360 – 592) auch al-Munagˇgˇid 1958, Mussalam 1983 und Menocal 1987. Zur Homosexualtiät liegt mittlerweile eine Reihe von Studien vor: Dunne 1990, Wright/Rowson 1997; Schmidtke 1999, El-Rouayheb 2005. Auf die

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Liebe im mittelalterlichen Islam – „romantisch“, intellektuell oder heilig?

Was ist Liebe im Allgemeinen?

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Den bisher interessantesten Zugang zum Thema „Liebe in vormodernen islamischen Gesellschaften“ bietet bezeichnenderweise ein kurzer Aufsatz von dem algerisch-französischen Islamwissenschaftler und Intellektuellen Mohammed Arkoun (geb. 1928)4 in der Encyclopaedia of Islam.5 Der Eintrag behandelt den Begriff isˇq, also das häufigste Wort für Liebe, das in mittelalterlichen arabischen Texten auftaucht. Mohammed Arkouns Erklärung und Argumentation lautet folgendermaßen: Obwohl der Terminus außerkoranisch ist, hat dieses Wort in der arabischen Literatur im weiteren Sinne eine beachtliche Bedeutung erlangt. Wenn wir diesen Begriff in seinem Kontext analysieren, erhalten wir einige Informationen über die Bedingungen, in denen sich die arabisch-islamischen Vorstellungen entwickelt haben. Wie es der Mystiker ad-Daylamı¯ in seiner Abhandlung über die Liebe („K. al- Atf al-alif al-ma’lu¯f ala¯ l-la¯m al-ma tu¯f“) zu ˙ ˙ Beginn des 11. Jahrhunderts sagte: Jeder hat seine Ansicht über die Liebe und über isˇq, welches ihre dynamischste Form ist. Wüstenaraber, Literaten, große Intellektuelle, Geistliche, Weise oder Sufis haben alle Erklärungen zu den Gründen, den Anzeichen, dem Grad und den Absichten von Liebe gegeben. Einer der ersten Versuche, isˇq zu definieren, ist, so Arkoun weiter, die Risa¯la fi lˇ a¯hiz (gest. 255/868 – 9). isˇq des berühmten arabischen Prosaschriftstellers al-G ˙ ˙ Die Frage beschäftigte die Männer im höfischen Umfeld offensichtlich so sehr, dass über dieses Thema eine Diskussion im Beisein von Ha¯ru¯n ar-Rasˇ¯ıds (reg. 170/786 – 193/809) Wesir Yahya¯ b. Ha¯lid al-Barmakı¯ (im Amt von 170/786 ˙ ˘ bis 187/803) geführt wurde, an welcher 13 Vertreter verschiedener religiöser Richtungen teilnahmen – so berichtet zumindest der Gelehrte und Historiker alMas u¯dı¯ (gest. 345/956), der in seiner Enzyklopädie Muru¯gˇ ad-dahab deren ¯ ¯ Definitionen zusammen mit zusätzlichen Zitaten von Galen, Hippokrates und anderen aufführt. In seiner allgemeinen Bedeutung, so zitiert Arkoun ad-Daylamı¯, bezeichnet isˇq das unwiderstehliche Verlangen, in den Besitz eines geliebten Objekts oder Geschöpfes zu kommen. Es verrät deshalb in demjenigen, der es erfährt, einen Mangel bzw. ein Bedürfnis, das unter allen Umständen befriedigt werden muss, um Vollkommenheit zu erlangen. Das ist der Grund für die Zulassung hierarchischer Stufen, an deren Ende die Vollkommenheit steht, die von Seele und Körper angestrebt wird. Die zahlreichen Motivationen des Liebesempfindens lassen sich jedoch letzten Endes alle auf ein gemeinsames Idealbild, eine über˘

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Volksliteratur gehen ein Bellamy 1979 und Bürgel 1979, auf die Liebesdichtung BlachÀre 1939 – 41, Bauer 1998, Rowson 2004 und El-Rouayheb 2005a. Zur islamischen Sexualethik siehe Bousquet 1953. 4 Zu Mohammed Arkoun liegt nun die sehr schöne Studie Günther 2004 vor. 5 Arkoun 1978.

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Was ist Liebe im Allgemeinen?

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einstimmende Bedeutung reduzieren, die alle Wesen mehr oder weniger beharrlich und eindeutig umtreibt: Es ist das Streben nach der Schönheit, die Gott auf der Welt entstehen ließ, als Er Adam nach Seinem Ebenbild schuf. Deshalb sind Augen und Ohren die edlen Organe, da sie die Stützen des Schönen wahrnehmen: ein Gesicht, eine Haartracht, eine himmlische Landschaft, melodische Klänge, etc. Wenn man hinzufügt, was die Griechen gelehrt haben, dass Schönheit, Gutes und Wahrheit auf eine untrennbare Einheit zurückgehen, nimmt man die gesamte Komplexität der Konvergenzen, Interferenzen und Kontaminationen, die im Zusammenhang mit isˇq aufkommen, wahr. Al-Arkoun fährt fort: Bei den klassischen Autoren, von al-Daylamı¯ bis hin zu dem andalusischen Gelehrten Lisa¯n ad-Dı¯n b. al-Hat¯ıb (gest. 776/1375), kann ˘ ˙ man die drei Hauptlinien der Entwicklung erkennen. In aufsteigender Reihenfolge sind das die „romantische“, die intellektuelle und die heilige Liebe.6

1.

„Romantische“ Liebe

Zuneigung wird zwischen Menschen zu leidenschaftlicher Liebe, deren gründlichste und realistischste Analyse die berühmte Tawq al-Hama¯ma des andalu˙ ˙ sischen Dichters, Philosophen und Geistlichen Ibn Hazm (gest. 456/1064) ist. Sie ˙ führt zu psycho-physiologischen Zuständen, die mit Hilfe von Klischees beschrieben werden, welche besonders in der Dichtung verbreitet waren. Gereinigt von allem körperlichem Verlangen, wird diese Leidenschaft in eine Bewunderungshaltung sublimiert, die ein mentales Ungleichgewicht hervorruft. Es ist ein Zustand spiritueller Knechtschaft gegenüber einer idealisierten weiblichen Figur, über der sich die anmutigen Gefühle einer überströmenden Seele her6 Eine ebenfalls sehr überzeugende siebenteilige Skala schlägt Hellmut Ritter vor: „I. Die rein sinnliche liebe mit dem ziel der körperlichen entladung, entspannung und des sinnlichen genusses. Die partner können dabei a) verschiedenen, b) gleichen geschlechtes sein. II. Die liebe in ihrer biologischen Funktion als mittel zur erhaltung der gattung d.i. a) erzeugung, b) erhaltung der nachkommenschaft. III. Die liebe mit der soziologischen funktion der stiftung fester gemeinschaften zwischen angehörigen der beiden geschlechter. Dazu gehört, in verbindung mit II, a) die ehe, b) das gesetzliche konkubinat. IV. Die liebe, meist, aber nicht durchgehend, sublimiert, als bindemittel in gemeinschaften von angehörigen des gleichen geschlechtes. Solche gemeinschaften sind a) kriegerische, ritterliche, pädagogische und religiöse bünde, b) individuelle freundschaften innerhalb oder ausserhalb dieser bünde, c) das verhältnis zwischen herrn und sklaven, wenn es über die reine ausnutzung der arbeitskraft des sklaven hinausgeht. V. Die liebe zum schönen, jugendlichen menschen, gleichviel ob anderen (a), oder gleichen (b) geschlechts, als ein die seele überwältigender, einengender, quälender und zugleich beglückender freier affekt, der um seiner selbst willen gewertet und genossen, bzw. als seelisches schicksal ertragen wird. VI. Die „anbetende“ liebe zum schönen menschen als erscheinungsort der absoluten schönheit (Gottes). VII. Die rein mystische liebe zu einem nicht mehr sinnlich in erscheinung tretenden objekt, der gottheit.“ Ritter 1955, S. 347 – 348.

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Liebe im mittelalterlichen Islam – „romantisch“, intellektuell oder heilig?

auskristallisieren. Die literarische Formalisierung dieser Gefühle in irakischen Kreisen im 2./8. und 3./9. Jahrhundert ging so weit, dass es schwer fällt, die unterschiedlichen Rollen zu bestimmen, die soziale Konventionen, ein ethisches System der Unterdrückung und der grundlegende Impuls zum Schönen hin bei ihrer Entwicklung gespielt haben.

2.

Intellektuelle Liebe

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Mit den fala¯sifa, d. h. den muslimischen Nachfolgern des Neo-Platonismus, wurde, Arkoun zufolge, isˇq intellektualisiert. Es wurde zum spontanen, deutlichen und methodischen Streben nach der höchsten Form des Glücksgefühls, welches für den Intellekt, der von durch die Sinne übertragenen Wissensillusionen befreit ist, die Bedeutung des absolut Guten übernimmt. Je mehr der weise Mensch auf seiner leidenschaftlichen Suche nach dem einzig Wahren vorankommt, desto mehr verspürt er in sich die unbeschreibliche Freude und das reine Vergnügen, die durch das Betrachten der Vollkommenheit und Schönheit des notwendigen Wesens verursacht werden. Deshalb ist die Risa¯la fi l- isˇq („Die Epistel über die Liebe“) von Ibn Sı¯na¯ (gest. 428/1037) oder Avicenna – wie er im Westen bekannt ist – vor allem eine metaphysische Erklärung für die Neigung jedes Wesens zu seinem Guten und eine physische Erklärung für die Bewegung der Sterne: sie imitieren in ihrer Art und Weise, die materiell ist, die unaufhörliche Bewegung des reinen Akts. Die Sphären ahmen damit also das unaufhörliche Verlangen der ihnen jeweils entsprechenden himmlischen Seelen nach. Die rationale Seele des Menschen neigt zu ihrem Guten mit bewusstem Begreifen und Liebe für den aktiven Intellekt und dadurch für das notwendige Wesen, welches das reine Gute ist.

˘ 3.

Heilige Liebe

3.1.

Legalistische Liebe

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Eine legalistische Vorstellung von Liebe erscheint in den Arbeiten von hervorragenden muslimischen Gelehrten wie al-G˙aza¯lı¯ (gest. 505/1111) oder Ibn Taymiyya (gest. 728/1328) besonders deutlich. Darüber hinaus entwickelte man aber auch – wie beispielsweise die Mystiker as-Suhrawardı¯ (gest. 632/1234) oder Ibn Arabı¯ (gest. 638/1240) – eine Begeisterung für eine reine Idee von der Liebe. Trotz der unterschiedlichen Meinungen über seinen Inhalt, ist isˇq eines der Merkmale der mittelalterlichen Selbsterkenntnis, besessen von der Suche nach ˘

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Was ist Liebe im Allgemeinen?

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der Ewigkeit, dem Übersinnlichen und Heiligen. Damit endet der bemerkenswerte Artikel von Muhammad Arkoun in der Encyclopaedia of Islam. Im Folgenden soll ein Beispiel der legalistischen – und dies bedeutet in der muslimischen Welt immer der religiösen – Konzeption von Liebe gegeben werden. Sogar im hanbalitischen Islam war nämlich die Liebe ein Thema von ˙ großer Bedeutung. Aussagen darüber verteilen sich in Schriften hanbalitischer ˙ Gelehrter vom 6./12. bis zum 9./15. Jahrhundert.7 Vorgestellt wird die Systeˇ awzı¯ (gest. 597/1200) matisierung auf dem Gebiet der Liebestheorie, die Ibn al-G in seinem Buch Damm al-hawa¯ („Die Verurteilung der Begierde bzw. der lei¯ ˇ awzı¯, Berater, Traditionalist, Hisdenschaftlichen Liebe“) vornimmt. Ibn al-G toriker und Prediger, war einer der bekanntesten Hanbaliten Bagdads, wo er 510/ 1125 geboren wurde und nach einem Leben voll ausgezeichneter intellektueller, religiöser und politischer Aktivitäten 597/1200 starb.8 Er gehörte einer wohlhabenden Familie an und erhielt eine umfangreiche Ausbildung. Während der Regierung des Kalifen al-Muqtafı¯ (reg. 530/1136 – 555/1160) begann Ibn alˇ awzı¯ seine Karriere als Prediger, indem er jeden Freitag eine wa z-Predigt im G ˙ Haus seines Wesirs Ibn Hubayra hielt. Al-Muqtafı¯s Nachfolger, der Kalif alMustangˇid (reg. 555/1160 – 566/1170), während dessen Regierung sich die drei Interventionen des zankidischen Sultans Nu¯r ad-Dı¯n Mahmu¯d (gest. 541/1146) ˙ ˇ awzı¯, gegen die Fatimiden von Ägypten ereigneten, bevollmächtigte Ibn al-G seine Predigten in der Palastmoschee zu halten – Predigten, in denen der berühmte Prediger energisch die Sunna verteidigte und nicht nur all diejenigen kritisierte, die er für Schismatiker hielt, sondern auch die fuqaha¯’, die blind an ihre eigenen madhabs gebunden waren. Während der Regierung von al-Mustad¯ı’ ¯ ˙ (reg. 566 – 574/1171 – 1179), der unter anderem viel zur Entwicklung des Hanˇ awzı¯ sowohl durch seine Aktivitäten an˙ der balismus beitrug, wurde Ibn al-G Universität als auch durch seine fulminanten Predigten zu einer der einflussreichsten Personen Bagdads. Anfang 567/1171 – 72, als Sala¯h ad-Dı¯n al-Ayyu¯bı¯ ˙ ˙ (gest. 589/1193) die Abba¯siden-Hutba in Kairo wieder einrichtete, feierte Ibn al˙ ˘ ˇ awzı¯ dieses Ereignis mit einem Werk, das er dem Kalifen unterbreitete: das G Kita¯b an-Nasr ala¯ Misr. Am 10. Muharram 568/1. September 1172 – dem al˙ ¯ sˇu¯ra’-Tag –˙ hielt er˙ eine Ermahnungspredigt A vor einer sehr großen Menschenmenge; im selben Jahr beauftragte ihn der Kalif, während seiner Anwesenheit eine Reihe von Predigten am Badr-Tor zu halten. 571/1175 übertrug ihm ˇ awzı¯ ermutigte seine der Kalif praktisch inquisitorische Vollmachten: Ibn al-G Zuhörer, all diejenigen bei ihm zu denunzieren, die durch Worte oder Verhalten den Ruf der Prophetengefährten schädigten – eine Maßnahme, die direkt auf das ˘

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7 Siehe Bell 1979. 8 Die Darstellung der Vita folgt weitgehend Laoust 1978. Siehe auch ausführlich Leder 1984, S. 15 – 42.

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Liebe im mittelalterlichen Islam – „romantisch“, intellektuell oder heilig?

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in Bagdad florierende Schiitentum abzielte. Das Jahr 574/1178 – 9 markierte den ˇ awzı¯s Karriere in Bagdad. Er leitete fünf Medresen und hatte Zenit in Ibn al-G schon mehr als einhundertfünfzig Werke verfasst; er pflegte exzellente Beziehungen zu al-Mustadi’, dem Wesir und den Führern der ulama¯’. Unter seinem ˙ Einfluss genoss der Hanbalismus ein großartiges Prestige in Bagdad. Auch unter ˙ dem Kalifen an-Na¯sir (reg. 575 – 622/1179 – 1225), der die Politik des Kalifats in ˙ eine neue Richtung lenkte, in dessen Diensten und Gefolge sich aber weiterhin ˇ awzı¯, obwohl er nun alt und viele Hanbaliten befanden, verschwand Ibn al-G ˙ weniger aktiv war, nicht von der politischen Bühne. Er genoss insbesondere die Unterstützung des hanbalitischen Wesirs Abu¯ l-Muzaffar b. Yu¯nus (gest. 593/ ˙ ˙ 1197). Mit der Entlassung und Inhaftierung des Wesirs Ibn Yu¯nus und der Berufung des Schiiten Ibn al-Qassa¯b zum Wesir im Jahre 590/1194 begann auch ˙˙ ˇ awzı¯, der, man weiß nicht Ibn al-G genau wann, eine Widerlegung zu an-Na¯sirs ˙ Politik verfasst hatte, in Ungnade zu fallen. Im selben Jahr, 590/1194, wurde Ibn ˇ awzı¯ – wie es heißt, ohne einen triftigen Grund – inhaftiert und unter Beal-G wachung eines Schiiten unter lebenslangen Hausarrest gestellt. Er blieb fünf Jahre im Exil, bis er 595/1198 – 9 durch die Intervention der Mutter des Kalifen, einer sehr frommen Frau, deren Sympathie von einem der Söhne des Gelehrten gewonnen wurde, frei gelassen wurde. Doch kurz nach seiner triumphalen ˇ awzı¯ im Jahr 597/1200. Rückkehr nach Bagdad starb Ibn al-G ˇ awzı¯ war einer der produktivsten Schriftsteller der arabischen LiteIbn al-G ratur. Alle bedeutenden islamischen Disziplinen sind in seinem Œuvre dargestellt.9 In seinem Damm al-hawa¯ präsentiert er dem Leser eine Einführung in die ¯ ˇ awzı¯ die legalistische Liebestheorie:10 (1.1) Zu Beginn seines Werkes gibt Ibn al-G allgemeine Antithese von ‘aql und hawa¯, d. h. von Vernunft und Liebe/Leidenˇ awzı¯ unterschaft. Das erste Kapitel beschreibt die Vorteile von aql. Ibn al-G breitet uns ein strenges ethisches System. Er betrachtet Vernunft als Gegensatz zu Leidenschaft, indem er die enge Verwandtschaft zwischen aql und religiöser ˇ awzı¯ diesen ulu¯m Wissenschaft ( ulu¯m) betont. Selbstverständlich misst Ibn al-G große Bedeutung bei, denn für die Vernunft sind sie mehr als nur ein Anwendungsgebiet. Die moralischen und praktischen Vorzüge der religiösen Gelehrsamkeit zeigen deutlich die Überlegenheit des Prinzips der „Vernunft“ im Gegensatz zu „Liebe/Leidenschaft“. Ilm verbindet Vernunft mit dem höchsten Objekt des Wissens, d.h dem Gesetz Gottes. Alle religiösen Wissenschaften dienen nur dem Streben nach Verständnis von Gottes Regeln. Daher ist religiöse Gelehrsamkeit die Erfüllung des aql und der menschlichen Bestimmung. Nur ilm schützt effizient vor der verführerischen Art der Grundinstinkte der Leidenschaft. (1.2) Hawa¯ wird generell als schändlich angesehen. Es lädt Menschen ˘

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9 Eine Übersicht gibt GAL I, 656 – 666 bzw. GAL S I, 914 – 920. 10 zum Folgenden Bell 1979, S. 11 – 45 und 148 – 181 sowie Leder 1984, S. 157 – 282.

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dazu ein, vergänglichen Vergnügen zu folgen, ohne über das Resultat dieser Tat nachzudenken. Der beste Schutz dagegen ist die Vernunft, die die Menschen von anderen Lebewesen unterscheidet. Der vernünftige Mensch sollte hawa¯ widerstehen, indem er über die Folgen seiner Tat nachdenkt. (1.3) Da die Seele als der Sitz der Leidenschaften gilt, wird die Bemühung, ihnen zu widerstehen, als ˇ awzı¯ ist „Streben gegen die Seele“ (gˇ iha¯d an-nafs) bezeichnet. (1.4) Nach Ibn al-G der einzige Weg, der Seele und der Leidenschaft zu widerstehen, geduldige Standhaftigkeit. Es gibt zwei Aspekte der Geduld: Geduld im Ertragen des Unerwünschten und Geduld in der Entbehrung dessen, was man liebt. (1.5) Das Herz, Schauplatz des Konflikts zwischen Vernunft und Leidenschaft, wird als ursprünglich frei von allem Bösen angesehen, aber die fünf Sinne liefern mit den nützlichen auch schädliche Informationen. Folglich muss man die Wege versperren, durch die das Herz Gefühle empfängt, die es von der Verehrung des Schöpfers, also dem Zweck, zu dem es erschaffen wurde, ablenken könnten. ˇ awzı¯ eröffnet seine Abhandlung der verschiedenen Sünden der (2.1.1) Ibn al-G Leidenschaft mit dem Thema des Liebesblickes oder nazar. Das Sehvermögen, ˙ so erklärt er uns, sei einer der Wege, auf denen Informationen zum Herzen gelangen, was zur Folge hat, dass dort hawa¯ entstehen kann. Innerhalb der ˇ awzı¯ ein spezielles Kapitel der AngeleDiskussion zu nazar widmet Ibn al-G ˙ genheit des Anstarrens bartloser Jugendlicher und des häufigen Aufenthalts in deren Gesellschaft. Religiöse Männer und Gelehrte, bemerkt er, die sich dank des seltenen Kontakts mit Angehörigen des anderen Geschlechts konsequent davon abhalten können, auf Frauen zu blicken, was ihnen auch rechtlich verboten ist, müssen sich ebenso davor hüten, die jungen Männer in ihrer Gesellschaft zu betrachten. (2.1.2) Eng verbunden mit der Frage des nazar ist das Verbot, sich ˙ mit einer anderen Frau als der eigenen zurückzuziehen. Laut mehreren Hadı¯ten ˙ ¯ ist Satan der dritte Anwesende, wenn ein Mann und eine Frau allein zusammen ˇ awzı¯ Frauen nicht als Respektspersonen, sondern sind. Allgemein sieht Ibn al-G als Ursprung der Verführung an. (2.1.3.) Der folgende Teil von Damm al-hawa¯ ist ¯ der Einstellung der Tradition gegenüber Sünden im Allgemeinen gewidmet. Unter den interessanteren Motiven, die auftauchen, sind die Eifersucht Gottes, wenn ein Muslim sündigt, die Auswirkung von Sünden und guten Taten auf die Schönheit des Gesichts und die Bedeutung des Gewissens. Die grundlegende Ursache, Sünden zu unterlassen, ist die Selbstliebe. Es ist dieses Prinzip, das seinen wiederholten Ermahnungen zugrunde liegt, die Konsequenzen von Handlungen zu bedenken, bevor diese vollzogen werden. Der Koran und die Sunna schreiben Sanktionen vor, die Selbstliebe sorgt für den Rest. So ist der ˇ awzı¯ vorgefunden, sowohl lehanbalitische Ansatz von Moral, wie bei Ibn al-G ˙ galistisch als auch egozentrisch. (2.1.4.) Die drei Sünden, die für besondere Kritik herausgenommen wurden, sind außerehelicher Geschlechtsverkehr, Ehebruch und Sodomie. (2.1.5. und 2.1.6.) Im Anschluss an den Teil über au-

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ßerehelichen Geschlechtsverkehr und Sodomie folgen zwei Kapitel von Damm ¯ al-hawa¯, die den Leser vor den Strafen für die Sünden der Leidenschaft warnen ˇ awzı¯ preist die Keuschheit, wobei er und ihn zur Reue aufrufen. (2.2.1) Ibn al-G seinen Standpunkt lediglich durch die Wiedergabe von Traditionen und Anekdoten zu diesem Thema zu vertreten versucht. (2.2.2.) Entsprechend seiner ˇ awzı¯ die Ehe und auch zulässige Vorstellung von Mäßigung unterstützt Ibn al-G sexuelle Beziehungen zu Sklavinnen. Die Ehe wird denjenigen empfohlen, die es sich leisten können. Für diejenigen, die es sich nicht leisten können, wird Fasten vorgeschlagen. Die Ehe erscheint als der beste Schutz vor dem Versucher, da ja Frauen Satans effektivste Waffen gegen Männer sind – abgesehen von den Verheirateten. Dem Jugendlichen wird geraten, den körperlichen Beziehungen nicht übermäßig zu frönen, sodass sein „Wesen“ bis ins hohe Alter überlebt. Des Weiteren sollte er erkennen, dass die wahre Freude an der Liebe durch die Nähe zum Geliebten, Umarmungen und Küsse entsteht, die alle die Liebe stärken. Sie kommt nicht durch das Zusammenleben zustande, welches sogar die Liebe ˇ awzı¯ verringert und die Freude zerstört. (3.1) In diesem Kapitel entfaltet Ibn al-G eine Liste der Stufen der Liebe. Solche Listen, die normalerweise sieben bis zehn Aspekte beinhalten, sind in mittelalterlichen islamischen Texten nicht ungewöhnlich. Es ist bemerkenswert, dass diese Tradition noch existiert. In diesen Listen, besonders beim Vergleich nicht-mystischer und aus der Sufik stammender Aufstellungen, kann man beachtliche Unterschiede in Reihenfolge und Terminologie feststellen; aber es ist wichtig zu erkennen, dass die strengeren Aufzählungen aus den nicht-mystischen Texten auch von Sufis gebraucht werˇ awzı¯s Liste werfen. ‘Isˇq ist den konnten. Man sollte einen Blick auf Ibn al-G sozusagen die „akute Neigung der Seele zu einer Form, die sich ihrer Natur anpasst. Wenn die Seele intensiv an diese Form denkt, stellt sie sich die Möglichkeit vor, diese zu bekommen, und fängt an zu hoffen, dass es geschieht. Aus diesem intensiven Gedanken ist die Krankheit (der Liebe) entstanden.“ (3.3. bis 3.5.) Ist die Art der Liebe, die als isˇq bekannt ist, lobenswert oder verwerflich? ˇ awzı¯s sollten mahabba-Liebe und Zuneigung, verbunden Aus der Sicht Ibn al-G ˙ mit einem Hang zum Schönen und Richtigen, nicht getadelt werden, da sie bei der Menschheit natürlich sind. Jedoch isˇq, welches die Grenzen bloßer Neigung und (normaler) Liebe überschreitet und die Vernunft beherrscht, führt bei seinen Opfern zu unklugen Handlungen. (3.6.) Ein Mann sollte sich merken, dass genau die Schritte, die er in Richtung seiner Geliebten macht, ihm vorgehalten werden. Zusätzlich ist er dafür verantwortlich, was er seiner Geliebten sagt. In Hinblick auf die Gefahren intimer Unterhaltungen sollten diese gemieden werden. Zwei weitere Vorschläge sind dafür bestimmt, einem Muslim die Würze aus dem Leben zu nehmen. Wenn Freude genossen wird, sollte der Liebende über die Bitterkeit des Todes nachdenken. Auch wenn er der Versuchung ˘

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der Leidenschaft ausgesetzt ist, sollte er bedenken wie beschämt er in der Gegenwart Gottes sein wird, falls er diese erlangt. Wenn ein Mann diesem Ratschlag folgt und sich von seiner Geliebten fern hält und ihn aber trotzdem Sorgen überkommen, liegt die Lösung für sein Problem im legitimen Verkehr, was bekanntlich isˇq beendet. Dies kann entweder durch eine Heirat oder durch den Kauf einer Sklavin erreicht werden. Wenn die Geliebte als legitim gilt, aber aus irgendeinem Grund unerreichbar erscheint, liegt die Antwort in der Zuflucht zu Gott in Bittstellung, weil Gott dem Liebenden sein Objekt der Begierde verleihen kann. Im Fall unerlaubter Leidenschaft dagegen, wenn etwa das Objekt eine verheiratete Frau oder ein junger Mann ist, ist die einzig empfohlene Heilung die Selbstbeherrschung, basierend auf standhafter Entschlossenheit und dem Gebet zu Gott. Die Hauptfunktion des Glaubens für die hanbalitische Schule ist es, ˙ Menschen zur Unterscheidung zwischen schädlicher und nützlicher Liebe zu befähigen. Die Arten der Liebe, die als die nützlichsten angesehen werden, sind die Liebe zu Gott und die Bindungen, die sie mit sich bringt, zum Beispiel die Liebe zum Propheten und zum Koran, während die schädlichsten Arten diejenigen sind, die sich auf verbotene Objekte richten, wie die skandalöse Leidenschaft für kleine Jungen.

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ˇ awzı¯s († 597/1200) Damm al-hawa¯ Ibn al-G 1. Die moralische Natur¯ des Menschen 1.1. Vernunft ( aql) 1.2. Leidenschaft (hawa¯) 1.3. Streben gegen die Seele (gˇ iha¯d an-nafs) 1.4. Geduld (sabr) 1.5. Das Herz˙ (qalb) 2. Laster und Tugenden 2.1. Die Zeichen der Leidenschaft 2.1.1. Blicke und Anschauen (nazar) 2.1.2. Alleinsein mit Frauen; die ˙Versuchung durch die Frauen 2.1.3. Sünden im Allgemeinen und ihre Folgen 2.1.4. Außerehelicher Geschlechtsverkehr und Ehebruch (zina¯) 2.1.5. Homosexualität (liwa¯ta) ˙ und Aufruf zur Reue 2.1.6. Warnung vor Bestrafung 2.2. Tugenden 2.2.1. Keuschheit oder Enthaltsamkeit ( afa¯f) 2.2.2. Ehe und erlaubter Geschlechtsverkehr 3. Leidenschaftliche Liebe ( isˇq) 3.1. Das Wesen der Liebe 3.2. Die Ursachen der Liebe 3.3. Missbilligung der leidenschaftlichen Liebe 3.4. Der Lohn des Liebenden, der seine Leidenschaft verbirgt und keusch bleibt 3.5. Die üblen Folgen leidenschaftlicher Liebe 3.6. remedia amoris und diverse Ratschläge

Kapitel 1 Kapitel 2 Kapitel 3 Kapitel 4 Kapitel 5 – 11 Kapitel 11 – 20 Kapitel 21 – 22 Kapitel 23 – 24 Kapitel 25 Kapitel 26 – 28 Kapitel 29 – 30

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Kapitel 31 – 32 Kapitel 33 – 34 Kapitel 35 Kapitel 36 Kapitel 37 Kapitel 38 Kapitel 39 – 48 Kapitel 49 – 50

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ˇ awzı¯) Stufen der Liebe (Ibn al-G 1. ihtisa¯n: Gefallen-Finden, Bewunderung der Schönheit ˙ 2. ira¯dat al-qurb: Wunsch nach Nähe zum/zur Geliebten 3. mawadda: Zuneigung 4. mahabba: Liebe, Nächstenliebe ˙ 5. hulla: tiefe Freundschaft, einzigartige Liebe ˘ 6. hawa¯ : Leidenschaft, Verlangen; lässt den Liebenden den Wünschen des/der Geliebten verfallen, indem es ihn der Fähigkeit zur Selbstkontrolle beraubt 7. isˇq: exzessive oder leidenschaftliche Liebe 8. tatayyum: Versklavung, Hörigkeit; der/die Geliebte wird zum Besitzer des Liebenden, in dessen Herz kein anderer mehr Eingang findet 9. wala: geistige Verwirrung, Verlust des Urteilsvermögens Die vorangehende Beschreibung von Damm al-hawa¯ hat, so hoffe ich, den Tenor ˇ¯ awzı¯s Hauptargumenten im Hinblick auf und etwas von dem Ton von Ibn al-G Liebe und Sexualethik enthüllt. Obwohl hier nicht alle hanbalitischen Autoren ˙ aus den letzten 600 Jahren untersucht werden, kann man die Hypothese aufˇ awzı¯ vertretenen Ideen kaum bedeutende Veränstellen, dass die von Ibn al-G derungen erfahren haben.

3.2.

Mystische Liebe

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Die legalistische Konzeption der Liebe stellt die eine Seite der religiösen (oder : heiligen) Liebestheorie dar. Auf der anderen Seite stehen die mystischen Ideen über dieses elementare menschliche Gefühl.11 Mit den Sufis wird die amouröse Leidenschaft der Liebe zu einem Teil des Glaubenslebens. Es ist eine natürliche Weiterentwicklung der gemessenen Zuneigung, die im Koran erwähnt wird. isˇq beschreibt das „grundsätzliche Verlangen“ nach Gott und die Gottesliebe als essentielles Attribut, das das Herz eines Mystikers erfüllt. Mystische Liebe ist nicht mehr nur ein Ausdruck der Dankbarkeit für Gottes Segnungen; sie gibt sich nicht länger mit strenger Askese und peinlicher Einhaltung der Rituale zufrieden. Sie wird zur absoluten Notwendigkeit, die weder Freude noch Erleichterung mit sich bringt, aber mit dem Einsetzen der Reziprozität der Perspektiven zwischen dem Liebenden und dem Geliebten eine Intensivierung erfährt. In der Geschichte des tasawwuf nimmt, so lesen wir bei Louis Massignon und ˙ Louis Gardet, al-Halla¯gˇ (gest. 309/922) eine hervorgehobene Stellung ein, wenn ˙ 11 Zu diesem Absatz vgl. Arkoun 1978, Sp. 119b. Zur „sufischen“ Liebe siehe auch Schimmel 1979 und vor allem das Kapitel 27 in Ritter 1955.

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es um das Prinzip wahdat asˇ-sˇuhu¯d geht.12 Es wurde verschiedentlich vorge˙ schlagen, diesen Ausdruck als „unity of vision“, „unity of look“ oder, noch besser, als „unity of presence“ wiederzugeben. Jedoch bezeichnet ˇsuhu¯d eigentlich den Akt des „Anwesend-Seins“ oder „Zeuge-Seins“ bei etwas; daher erscheint es ratsam, die Bedeutung „unity of witness“ beizubehalten. Die wahdat ˙ al-sˇuhu¯d ist nicht nur ein „Sehen“ oder ein „Blick“, sondern eine tatsächliche Anwesenheit, die ganz Zeuge ist: es ist Gott, der sich selbst im Herzen seines Anhängers bezeugt. Diese Einheit mit Gott führt zu einer Vereinigung, die keine Vereinigung der Materie ist, sondern durch den Akt des Vertrauens und der Liebe funktioniert, die in der Leere des eigenen Selbst den Liebenden Gast (=Gott) willkommen heißt, „die Essenz, deren Essenz die Liebe ist“, wie es alHalla¯gˇ formulierte. ˙ Der Unterschied zwischen mystischer und „romantischer“ Liebe liegt, so formuliert es Hellmut Ritter in einem wegweisenden Aufsatz über arabische und persische Schriften über die profane und die mystische Liebe, darin begründet, dass der Gegenstand der mystischen Liebe „ein transzendentes, absolutes Objekt“ ist.13 Durch die Konzentration auf etwas so Reines und Hehres erhält die Liebe selbst eine wesentlich größere Bedeutung. Sie erhebt nun den Anspruch des Vorrangs und sogar der autokratischen Herrschaft über alle anderen Regungen des Gemüts. Die erotischen Aspekte des Liebens werden intensiviert, verfeinert und aufs Äußerste kultiviert. Die Liebe wird regelrecht zur Psychologie, und der Suchende muss mit virtuoser Hand die anspruchsvollsten, kompliziertesten Weisen spielen, will er auch die letztmöglichen versteckten Winkel seines Innenlebens erforschen. Wenn diese im Religiösen erweiterte Liebe sich nun auf ein menschliches Individuum richtet, so entsteht jene stark hybride Form der mystischen Liebe, die ihren höchsten künstlerischen Ausdruck in der persischen mystisierenden Liebeslyrik findet. Wir sehen also, fährt Ritter fort, dass die mystische Liebe in zwei Bahnen verläuft: Auf der einen Seite steht die ausschließliche Konzentration auf Gott, auf der anderen wird das physisch und emotional Schöne in den Bereich der Liebe mit eingeschlossen. Für die Einbeziehung eines geliebten Individuums in die mystische Liebe gibt es zwei verschiedene Deutungsvarianten: a) Der pädagogische Ansatz: Der Demut und der Gehorsam gegenüber dem Geliebten sind eine gute Vorübung für die Gehorsamkeit vor Gott und die Liebe zu Ihm. b) Die ontologische Sichtweise: Andere zogen den Schluss, Gott sei in einem schönen Geschöpf ständig anwesend, ganz so, als spiegle Er sich im Objekt der Liebe. Einige Mystiker sehen entsprechend in der Betrachtung lieblicher Gesichter eine kontemplative Meditation über Gottes Allmacht. 12 Vgl. dazu und zum Folgenden Massignon/Gardet 1971, Sp. 102a-b. 13 Vgl. zu den nächsten drei Absätzen Ritter 1933, S. 89 – 91.

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In mystischen Traktaten über die Liebe wird, wie Ritter weiter ausführt, das Verhältnis zwischen der Liebe und den Regeln der Konvente oder die eher platonische Doktrin von der Prä-Existenz der Liebe behandelt. Wenn die Verfasser solcher Traktate auf die verschiedenen Stadien der Liebe zu sprechen kommen, neigen sie für gewöhnlich dazu, das narzisstische Motiv der vollständigen Identifikation mit dem Objekt der Liebe hervorzuheben. Der Liebende muss völlig von der bzw. von dem Geliebten ausgefüllt werden. Ein weiteres wichtiges Thema sind die Auswirkungen der Liebe auf den Liebenden (Inspiration, Reinigung, Erlösung von den irdischen Fesseln etc.) und der mystische Ehrenkodex für die Liebe (absoluter Gehorsam, Selbstaufgabe oder Unterordnung unter den Willen des/der Geliebten). Auch in der mystischen Liebesdichtung tauchen all diese Themen wieder auf. Der berühmte Sufi Ibn al- Arabı¯ (gest. 638/1240) vergleicht den Liebenden mit einem „Reisenden“ (sa¯lik).14 Die vier Bedingungen, die er erfüllen muss, sind: (a) Stille; (b) Rückzug von den Menschen; (c) Hunger und (d) Wachsamkeit. Wenn er diese in ernster Absicht befolgt, wird in seinem Herzen eine Liebe erweckt werden, die zu einer Leidenschaft heranwächst, welche von selbstsüchtigem Verlangen weit entfernt ist. Insbesondere ist es diese Leidenschaft, die die Menschen zu Gott bringt. Auf der Reise durchläuft der sa¯lik eine Reihe von „Zuständen“ – einige davon, die anhaltend sind, werden als „Ruheplätze“ bezeichnet –, in deren jedem sich sein mystisches Wissen erweitert. Sobald das Herz gründlich gereinigt ist, wird der Schleier der „anderen“ Dinge, die Gott verbergen, beiseite gezogen; alle Dinge, vergangene, gegenwärtige und zukünftige, werden bekannt; Gott gewährt die Manifestation Seiner selbst; und schließlich wird die Einheit mit Ihm – dem Geliebten – erreicht.

4.

Zur Liebespraxis und Sexualethik in vormodernen islamischen Gesellschaften

Nachdem wir nun einiges über die gelehrten Konzeptionen von Liebe erfahren haben, stellt sich die Frage nach der Verbindung zwischen diesen „romantischen“, intellektuellen, legalistischen und mystischen Liebestheorien und dem täglichen Leben der Muslime in vormoderner Zeit. Über die Gefühle ganz gewöhnlicher Menschen im Mittelalter lässt sich nur sehr schwer etwas sagen, da 99 Prozent der Quellen vor einem religiösen Hintergrund verfasst wurden.15 Es ˘

14 Vgl. Ates¸ 1971, Sp. 710b. Speziell zu Ibn al- Arabı¯s Vorstellungen siehe Austin 1984 und Addas 2002. 15 Einen Versuch, anhand des Kairener Geniza-Materials die Sexualmoral der einfachen Leute zu analysieren, stellt Goitein 1979 dar.

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ist jedoch sehr wohl möglich, einige generelle Aussagen über die Sexualethik jener Zeit zu machen. Wie wir bereits gesehen haben, lehnt das Damm al-hawa¯ ˇ awzı¯s Verurteilung ist nicht¯ gegen die Senicht jede Leidenschaft ab. Ibn al-G xualität im Allgemeinen gerichtet. Die Lust und ihre Befriedigung innerhalb der gesetzlichen Vorschriften – d. h. in Form der Ehe oder des Konkubinats – wird ohne Vorbehalte als natürliches Verlangen anerkannt.16 Wenn er von der reˇ awzı¯, um dem übergroßen Verlangen media amoris spricht, empfiehlt Ibn al-G nach einer unerreichbaren Person Abhilfe zu schaffen, die sexuellen Bedürfnisse auf legale Weise zu stillen.17 Die Liebe in ihrer mehr oder weniger „romantischen“ Form, als die Liebe zwischen Ehegatten und in platonischer Form auch zwischen Freunden oder Geschwistern ist nicht Gegenstand der Diskussion in ˇ awzı¯s Damm al-hawa¯. Das ist keine Überraschung, denn in der hier Ibn al-G ¯ behandelten Zeitspanne war für die Menschen die „romantische“ Liebe nie wirklich die raison d’Þtre. Ehen wurden eher aus wirtschaftlichen, politischen oder pragmatischen Gründen geschlossen denn aus einer emotionalen Bindung heraus. Die Väter wählten die Ehegatten aus und schlossen für ihre Töchter die Verträge, und das islamische Recht erachtete die Frauen als den Männern untergeordnet.18 Liebe war daher nicht die treibende Kraft, jedoch spielte die Sexualität eine wichtige Rolle. Zwar spricht sich der Koran für die Keuschheit aus, jedoch lediglich außerhalb der Bande der Ehe oder des Konkubinats;19 er verurteilt die Prostitution und – vor allem – außerehelichen Geschlechtsverkehr, aber die von den Juristen für den gesetzlichen Nachweis eines Ehebruchs aufgestellten Bedingungen sind so beschaffen, dass dieser in der Mehrheit der Fälle ungestraft bleibt. In der Auffassung des Korans dient die Ehe einem zweifachen Ziel: dem Mann, der weitgehend bevorzugt wird, da er die Vorrechte der Polygamie und der Scheidung genießt (während der Frau in bestimmten Fällen sogar das Recht, ihre Einwilligung zu geben, abgesprochen wird), die gesetzeskonforme Befriedigung seiner sexuellen Bedürfnisse zu ermöglichen, und gleichzeitig den Fortbestand der Art zu sichern.20 Der Koran ist realistisch in seiner Behandlung der sexuellen Freuden, die er autorisiert und zu deren Genuss er ermutigt – unter der einzigen Bedingung, dass die Gläubigen sich hierzu an eines der beiden ihnen zur Verfügung stehenden Mittel halten, nämlich die Ehe und das Konkubinat. Der vielzitierte Vers „Eure Frauen sind ein Feld für euch. Kommt auf euer Feld, wie es euch verlangt“ (Sure 2, Vers 31) kann mit einigen der Suren, wie etwa der von Joseph, oder mit Versen wie denen verglichen werden, welche die Annehmlichkeiten des Paradieses und vor allem die Huris 16 17 18 19 20

Vgl. Bell 1979, S. 32 – 34 und Leder 1984, S. 217 – 219. Vgl. Bell 1979, S. 38 – 42. Zur klassischen Haltung der Juristen in Bezug auf die Ehe siehe Schacht 1995. Siehe dazu Motzki 2001. Vgl. Kohn 1934 und Motzki 2003. Zur koranischen Sexualethik siehe Motzki 1986.

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beschreiben.21 Der Prophet selbst wird als Beispiel leidenschaftlicher Sinnlichkeit beschrieben, und es ist eine Anzahl von Hadithen überliefert, die sich deutlich für die Befriedigung der sexuellen Instinkte aussprechen. Geschlechtsverkehr (ba¯h) ist (ebenso wie geringfügigere sexuelle Handlungen) untersagt, sofern die Partner nicht miteinander verheiratet oder durch Besitzzugehörigkeit (Herr und Sklaven-Konkubine) miteinander verbunden sind; ist dies nicht der Fall, so gilt – zumindest theoretisch – das Strafgesetz, das für außerehelichen Geschlechtsverkehr für gewöhnlich die Todesstrafe verlangt.22 Andererseits zählt der auf legale Weise vollzogene Beischlaf einem gefeierten Hadith zufolge in den Augen Gottes als „Almosen“. Verheirateten Paaren sind nach dem fiqh die meisten Praktiken gestattet. Prinzipiell ist ba¯h jederzeit erlaubt, außer unter bestimmten Umständen ritueller Natur (tagsüber während des Monats Ramadan oder wenn man sich während des hagˇgˇ im ihra¯m befindet). ˙ ˙ Laut dem fiqh ist der Anblick des nackten Partners nicht verboten, andererseits war das Verhalten des Propheten in Bezug auf den ba¯h der Überlieferung zufolge von äußerster Sittsamkeit geprägt, sowohl in dieser wie auch in anderen Hinsichten. Die verschiedenen Schulen geben keine einheitliche Antwort auf die Frage, ob die Ehefrau den Vollzug der ehelichen Pflichten einfordern kann: In der Ma¯likı¯-Schule hat die vernachlässigte Frau das Recht, die Scheidung zu verlangen. Der Ehemann dagegen kann jederzeit von seiner Frau verlangen, ihm zu Diensten zu sein, da der ba¯h den Kern der Ehe ausmacht. Überlieferungen aus der Frühzeit des Islams bieten reichlich Details über die hohe Bedeutung, die damals dem Liebesleben beigemessen wurde. Eine wahre Fundgrube an Informationen für den Historiker sind generell Dichtung und Volksliteratur, die eine Fülle von präzisen Einzelheiten über das Verhältnis zwischen den Geschlechtern und über die Vorlieben vornehmer Frauen enthalten, die oft ein Leben in größter Freiheit führten und sich in einer Umgebung, in der die blühenden Künste der Dichtung und der Musik zur Freizügigkeit einluden, ganz ihrem Vergnügen widmeten.23

Schlusswort In seinem bereits mehrfach zitierten Buch über die „Love Theory in Later Hanbalite Islam“ führt Joseph N. Bell das Motiv des „Eros vs. Nomos“ wieder ein, das zuerst vor etwa siebzig Jahren von Andres Nygren in seinem Werk Eros und 21 Die folgenden Ausführungen gehen vollständig auf Bousquet 1960 zurück. 22 Siehe hierzu auch Peters 2002 und Abu-Zahra 2001. 23 Eine gute Einführung in das schwierige „Genre“ der sogenannten Volksliteratur (während der Mamlukenzeit) bietet Berkey 2005.

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Schlusswort

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Agape (2 Bände, Gütersloh 1930 – 37) im Zusammenhang mit der christlichen Liebestheorie herausgestellt worden war.24 Diesem Gegensatzpaar fügt Bell als dritten Begriff das Thelema hinzu. Das Konzept des Eros, das seine Wurzeln in der Antike bei Plato hat und auf das Glück des Individuums abzielt, neigt im Allgemeinen zum Asketismus und zu antinomistischen Konsequenzen. Der Nomos dagegen trifft sich mit der semitischen, gesetzesorientierten Religion und hat eine kommunalistische Ausrichtung. Thelema schließlich legt die Betonung auf Gottes Willen und Seine Allmacht. Anhand dieser drei Begriffe stellt Bell erfolgreich die Unterschiede zwischen den Hanbaliten und ihren Gegnern ˙ dar, den asˇ aritischen mutakallimu¯n und den anti-monistischen Su¯fı¯s. Ersteren ˙ ˇ awzı¯ und seine Kollegen und Anhänger entgegen, Gottes hielten Ibn al-G Liebe sei nicht gleichzusetzen mit Seinem Willen, und die gegenseitige Liebe zwischen Gott und dem Menschen könne existieren und existiere auch tatsächlich. Gegen letztere führten die Hanbaliten an, die letzte Stufe der Liebe des Menschen zu ˙ Gott sei der vollständige Gehorsam, nicht die Auflösung in Ihm. Der Widerstand gegen den antinomistischen Su¯fismus schloss jedoch nicht eine Sympathie für ˙ dessen traditionelle pietistische Elemente aus. Bells Buch ist zwar primär dem Thema der heiligen Liebe gewidmet, aber da heilige und profane Liebe in den Werken der hanbalitischen Theoretiker untrennbar miteinander verwoben sind, ˙ behandelt der Autor mit Recht beide Arten, so wie sie in den Texten vorkommen. Die enge Beziehung zwischen den verschiedenen Ebenen der Liebe wird am Beispiel des nazar überzeugend dargestellt: Die Frage, ob es erlaubt sei, seine(n) ˙ Geliebte(n) anzusehen oder zu betrachten, führt zu einer Erörterung der sufistischen Rechtfertigung des nazar als Hilfsmittel, um die göttliche Schönheit ˙ wahrzunehmen, was wiederum in eine Diskussion der „beatific vision“ mündet, die der festen Meinung der Hanbaliten zufolge erst in der nächsten Welt auf˙ treten wird (gegen die extremeren Mystiker) und die das Ergebnis der vollendeten Liebe des Menschen zu Gott sein wird (gegen die Asˇ ariten). Ist nun Europa gekennzeichnet durch eine einzigartige Form der Liebe in vormoderner Zeit? Mein eigener Eindruck ist, dass die Vorstellungen muslimischer Gelehrter über das normative Verhältnis der Geschlechter sich nicht in fundamentaler Weise von den religiösen Liebestheorien Europas unterscheiden. Die „Romantische“ Form der Liebe wird – neben anderen Erscheinungen – in beiden Kulturen thematisiert. Schlussendlich ist dieser Beitrag nur eine Art Zwischenbericht. Er stellt das erste Ergebnis einer Beschäftigung mit dem Thema dar. Eine weitere Forschungsarbeit könnte nun aus den folgenden Schritten bestehen: Den allgemeinen Bemerkungen über die muslimische Liebestheorie müssen historische Fallstudien gegenübergestellt werden, welche sich meiner Meinung nach in ˘

24 Siehe zu folgenden Ausführungen Bell 1979, S. 200 – 210.

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Liebe im mittelalterlichen Islam – „romantisch“, intellektuell oder heilig?

erster Linie auf die „romantische“ Liebe konzentrieren sollten, da diese für das Zugehörigkeitsgefühl zu Europa prägend war. Ein Beispiel könnte der andalusische, d. h. „europäische“ Islam in der Zeit vom 8. bis zum 15. Jahrhundert sein.25 Vor dem Hintergrund dieses Materials sollte man dann präziser auf die Frage eingehen, ob wir tatsächlich aufgrund der hegemonistischen Bestrebungen Europas eine Veränderung der Konzeptionen der „romantischen“ Liebe (und Sexualität) in der muslimischen Welt des 19. und 20. Jahrhunderts ausmachen können. Darüber hinaus sollte ein historisch-anthropologischer Ansatz vor allem die individuelle Vorstellung von Liebe thematisieren und sich schließlich ganz intensiv mit dem Alltag der Liebesangelegenheiten beschäftigen. Das Quellenmaterial ist sicherlich sperrig, aber unmöglich scheint es mir nicht, fundierte und substantielle historisch-anthropologische Studien darüber anzufertigen.

Literaturverzeichnis

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25 Siehe zu diesem Thema etwa P¦r¦s 1937 und Abu-Rub 1990.

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Liebe im mittelalterlichen Islam – „romantisch“, intellektuell oder heilig?

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Herrscherwechsel als höfische Machtprobe. Das Beispiel der * ** Mamluken in Ägypten und Syrien (1250 – 1517) [zusammen mit Ulrich Haarmann (†)]

Die Mamlukologen können von den Europahistorikern viel lernen. Zwar gibt es mittlerweile eine sehr umfangreiche Literatur zu den turkstämmigen Mamluken, die vom 13. bis zum 15. Jahrhundert in Ägypten über die arabischen Bewohner des Landes herrschten,1 doch scheinen sich die islamwissenschaftlichen Forscher in ihren Arbeiten allzu sehr auf mamlukenspezifische Einzelpunkte zu konzentrieren, ohne jemals auch nur einen der vielen außerfachlichen methodischen Ansätze zu berücksichtigen. Diese sind allerdings in vielen Fällen sehr innovativ. Unter anderem haben sich die Kollegen, die sich mit dem Alten Kontinent beschäftigen, in den letzten 15 Jahren überaus geistreiche Gedanken über das Phänomen des „Hofes“ gemacht. Mittlerweile liegen die ersten Handbücher zu diesem Thema vor,2 und die Residenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen publiziert dazu in ihren „Mitteilungen“ regelmäßig und fortlaufend eine einschlägige Bibliographie.3 Der theoretische Zugriff auf die höfische Ordnung und die daran beteiligte Gesellschaft ist zunehmend verfeinert worden; das vorläufig letzte Ergebnis dieser Bemühungen stellt sicherlich der von Reinhardt Butz, Jan Hirschbiegel und Dietmar Willoweit herausgegebene Sammelband Hof und Theorie dar.4 Nach* Dieser Artikel baut auf Skizzen aus dem Nachlaß von Ulrich Haarmann (st. 1999) auf, die dieser für eine geplante Monographie über die Mamlukensöhne (awla¯d an-na¯s) angefertigt hatte. Zu seinen Lebzeiten hat U.H. zahlreiche Artikel über diese Gruppe vorgelegt: Siehe Haarmann 1984, 1988, 1990, 1995 und 1998. ** Erstpublikation in: Butz, R./Hirschbiegel, J. (Hg.), Hof und Macht. Dresdener Gespräche II zur Theorie des Hofes. Berlin: LIT 2007, S. 209 – 240. Der Wiederabdruck geschieht mit freundlicher Genehmigung des LIT-Verlages. 1 Die ständig aktualisierte on-line-Bibliographie www.lib.uchicago.edu/e/su/mideast/MamBib.html hat mehr als 10000 Einträge. Zum Forschungsstand siehe auch Meloy 1995 und Conermann 2003. 2 Etwa Müller 1995 oder Paravicini 1999. 3 Mitteilungen der Residenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1 (1991)ff. 4 Butz/Hirschbiegel/Willoweit 2004.

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Herrscherwechsel als höfische Machtprobe

dem damit die Grundlage für eine weiterführende Beschäftigung mit der institutionellen Funktion der höfischen Gesellschaft gelegt worden ist, steht im Zentrum des hier vorgelegten Aufsatzes nun beispielhaft das Verhältnis von Hof und Macht. Wer sich mit der gut 250 Jahre andauernden Mamlukenzeit in Ägypten und Syrien (1250 – 1517) zu beschäftigen beginnt, kann recht schnell zumindest ein Charakteristikum dieser Zeit benennen: die ganz ungewöhnliche Polarisierung der Gesellschaft. Eine vornehmlich arabische Bevölkerung wurde beherrscht von einer durchweg turkstämmigen Elite freigelassener Militärsklaven, die sich durch ein sich selbst auferlegtes Gebot ständig zu regenerieren versuchte. Mamluk werden konnte nur ein außerhalb des islamischen Herrschaftsbereiches als Nichtmuslim frei geborener, dann versklavter, als Sklave nach Ägypten verbrachter, zum Islam konvertierter, in die Freiheit entlassener und schließlich ritterlich ausgebildeter Türke werden. Nur wer diese Bedingungen erfüllte, war Mitglied der herrschenden Schicht mit allen dazugehörigen politischen, militärischen und wirtschaftlichen Vorrechten. Innerhalb der mamlukischen Herrscherkaste bildete die kleinste Einheit die um einen bestimmten Herrn und Freilasser gescharte Ersatzfamilie. Sie trug den Namen ihres Herrn und erlosch erst mit dem Tode des letzten ihrer Mitglieder. Die Treue zum Herrn und die im Kampf um die Macht freilich nicht unbegrenzt belastbare Solidarität mit den um denselben Ziehvater gescharten Kameraden waren nach dem mamlukischen Ideal unverbrüchlich und lebenslang. Sie gaben dem entwurzelten einzelnen Mamluken Standort und sozialen Halt. Die Kehrseite dieses ausgeprägten Corpsgeistes war die innermamlukische Rivalität zwischen den diversen Familien, die resultierende innere Zerissenheit der mamlukischen Herrscherkaste insgesamt und im besonderen die Zwangsläufigkeit des Abschiedes von der Macht beim Sturz oder Tod des jeweiligen Protektors. Doch trotz dieser vorprogrammierten systemimmanenten Spannungen scheint das Modell der mamlukischen one-generation-military-aristocracy5 nicht zuletzt wegen seiner Simplizität durchaus stabilitätsfördernd gewirkt zu haben. Zumindest darf angenommen werden, dass die Langlebigkeit der Herrschaft der Mamluken über die autochthone Untertanenschaft Ägyptens und Syriens auch oder sogar in erster Linie auf das mamlukische Prinzip der steten Selbsterneuerung zurückzuführen ist. Andererseits erwies sich dieser Gesellschaftsentwurf, der grundsätzlich die eigenen Nachkommen von der Macht ausschloss, auf Dauer als nicht hundertprozentig praktikabel. Jedem Prinzip liegt ja die Idee zugrunde, möglichst wenige, eigentlich eben keine Ausnahmen oder Abweichungen zuzulassen. Und genau hier beginnen bereits die Probleme, denn schon ein flüchtiger Blick auf die Liste der Herrscher zeigt, dass eine dynastische Erbfolge während der 5 Siehe zu diesem Begriff Ayalon 1979.

Machtwechsel am Kairener Mamlukenhof

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ganzen Mamlukenzeit existierte. In der Zeit von 1250 bis 1382 herrschten nur sieben echte Mamluken im Gegensatz zu 17 Mamlukensöhnen. Und auch in der anschließenden Periode der – ethnisch gesehen – tscherkessichen Herrscher sind von den insgesamt 24 Sultanen acht in Ägypten geboren. Was sind die Gründe für diese erstaunliche Tatsache? Welche Mechanismen, welche Konfliktstrategien können wir bei einem Herrscherwechsel erkennen? Welche Rolle spielt der Hof ? Im Rahmen des Aufsatzes wird skizziert, wie die mamlukische Lösung des Krisenfalles eines jeden Herrschaftssystems, nämlich das Machtvakuum, das nach dem Ableben des Machthabers entsteht, bei Hofe gelöst wurde. Dazu gebe ich zuerst einen historischen Überblick über den Sultanswechsel im mamlukischen Herrschaftsverband, auf den dann zwei Einzelbeispiele folgen, die zeigen, wie innerhalb eines höfischen Systems ohne schriftliche Regeln und Satzungen informelle Normen bei dem Kampf um die Macht entwickelt wurden.

1.

Machtwechsel am Kairener Mamlukenhof

1.1.

Die „kiptschakische“ Periode (1250 – 1382)

Die dynastische Erbfolge des Sultanssohnes und das mamlukische Prinzip, wonach sich ein Sultan (im Sinne des germanischen Heerkönigs, wie Peter Holt betont hat6) in der Auseinandersetzung gegen seine grundsätzlich gleichberechtigten mamlukischen Mitbewerber durchzusetzen hat, sei es einvernehmlich im Wahlprozess oder aber durch Usurpation, schließen einander aus. Die erste Phase mamlukischer Geschichte von 1250 bis 1294 war noch ganz und gar von der monarchisch-dynastischen Tradition der Ayyubiden (und deren Vorgänger) geprägt. David Ayalon hat sicher Recht, wenn er betont, dass die Mamluken bei ihrer Machtergreifung 1250 auch nicht im Traum daran dachten, je eine nichterbliche Herrschaftsordnung zu errichten.7 In dieser frühen Phase standen die verunsicherten Mamlukengeneräle, die ungeplant an die Macht in Ägypten gekommen waren und von äußeren Gegnern, vor allem den syrischen Ayyubiden in dem „turbulenten Jahrzehnt“8 von 1250 bis 1260 heftig bedrängt wurden, noch ganz im Banne ihrer Vorgänger. Zu wichtig war deren Tradition für das eigene Herrschaftsverständnis. Al-Malik as-Sa¯lih Ayyu¯b verdankte man ˙ ˙ ˙ die eigene Gruppenexistenz. Noch Jahrzehnte später pries man ihn ehrerbietig als Ziehvater aller Mamluken, als den „Vater der Türken hierzulande (abu¯ t-turk 6 Siehe Holt 1975. 7 Vgl. Ayalon 1981, S. 56. 8 Siehe Irwin 1986, S. 26 – 36.

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Herrscherwechsel als höfische Machtprobe

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bi-ha¯dihı¯ d-diya¯r)“9. Die Symbole des Königtums, von der goldenen Sattelde¯ cke10 und dem gelben Banner Saladins11 bis hin zu den Sultanstitulaturen waren den Mamluken als Legitimations- und Verteidigungsmittel gegen ihre anfangs zahlreichen und mächtigen auswärtigen Widersacher und Kritiker, den Abbasidenkalifen von Bagdad eingeschlossen, wichtig. Um die eigene Rolle der getreuen Sachwalter des ayyubidischen Erbes zu unterstreichen, setzte man nach der Ermordung Tu¯ra¯nsˇa¯hs für knapp drei Monate – zum Entsetzen der Zeitgenossen – sogar eine Frau, nämlich die Witwe und – darauf kam es an – Mutter eines (freilich schon vor dem Vater verstorbenen) Sohnes as-Sa¯lih Ayyu¯bs auf ˙ ˙ ˙ den Thron, die legendäre Umm Halı¯l Sˇagˇar(at) ad-Durr. Und der erste Mamlu˘ kensultan und zweite Ehemann dieser Herrscherin, al-Mu izz Aybak, hielt es noch für opportun, für immerhin zwei Jahre, von 1250 bis 1252, nominell hinter einen aus dem Jemen importierten Ayyubidenprinzen im Kindesalter zurückzutreten. Die Sultane des Mamlukenreiches (1250 – 1517) a. „Kiptschakische“ Periode (1250 – 1382) ˘

al-Mu izz Aybak (reg. 1250; 1. Reg.) Sˇagˇar ad-Durr (reg. 1250 – 54) al-Mu izz Aybak (reg. 1254 – 57; 2. Reg.) al-Mansu¯r Alı¯ b. Aybak (reg. 1257 – 59) ˙ al-Muzaffar Qutuz (reg. 1259 – 60) ˙ ˙ az-Za¯hir Baybars (reg. 1260 – 77) ˙ ˙ ¯ dil Sala¯misˇ b. Baybars (reg. 1277 – 79) al- A al-Mansu¯r Qala¯wu¯n (reg. 1279 – 90) ˙ al-Asˇraf Halı¯l b. Qala¯wu¯n (reg. 1290 – 93) ˘ an-Na¯sir Muhammad b. Qala¯wu¯n (reg. 1293 – 94; 1. Reg.) ˙ ¯ ˙ al- Adil Kitbug˙a¯ (reg. 1294 – 96) al-Mansu¯r La¯gˇ¯ın (reg. 1296 – 99) ˙ an-Na¯sir Muhammad b. Qala¯wu¯n (reg. 1299 – 1309; 2. Reg.) ˙ ˙ ˇ a¯sˇnikı¯r (reg. 1309) al-Muzaffar Baybars al-G ˙ an-Na¯sir Muhammad b. Qala¯wu¯n (reg. 1309 – 41; 3. Reg.) ˙ ˙ al-Mansu¯r Abu¯ Bakr b. an-Na¯sir Muhammad (reg. 1341) ˙ ˙ ˙ al-Asˇraf Kugˇuk b. an-Na¯sir Muhammad (reg. 1341 – 42) ˙ ˙ an-Na¯sir Ahmad b. an-Na¯sir Muhammad (reg. 1342) ˙ ˙ ˙ ˙ as-Sa¯lih Isma¯ ¯ıl b. an-Na¯sir Muhammad (reg. 1342 – 45) ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ ˘

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9 Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯, Duwal, S. 26:9. ˙ 1975. 10 Vgl. Holt 11 Vgl. Ayalon 1981, S. 56

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Machtwechsel am Kairener Mamlukenhof

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al-Ka¯mil asˇ-Sˇa ba¯n b. an-Na¯sir Muhammad (reg. 1345 – 46) ˙ ˙ al-Muzaffar Hagˇgˇ¯ı b. an-Na¯sir Muhammad (reg. 1346 – 47) ˙ ˙ ˙ ˙ an-Na¯sir Hasan b. an-Na¯sir Muhammad (reg. 1347 – 51) ˙ ˙ ˙ ˙ as-Sa¯lih Sa¯lih b. an-Na¯sir Muhammad (reg. 1351 – 54) ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ an-Na¯sir Hasan b. an-Na¯sir Muhammad (reg. 1354 – 61) ˙ ˙ ˙ ˙ al-Mansu¯r Muhammad b. Hagˇgˇ¯ı (reg. 1361 – 63) ˙ ˇ ˙ ˙ al-Asˇraf Sa ba¯n (reg. 1363 – 77) al-Mansu¯r Alı¯ b. Sˇa ba¯n (reg. 1377 – 81) ˙ as-Sa¯lih Hagˇgˇ¯ı b. Sˇa ba¯n (reg. 1381 – 82; 1. Reg.) ˙ ˙ ˙ ˙ ˘

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Nach dem Untergang Bagdads 1258, dem sensationellen Sieg über die bis dahin für unbezwingbar gehaltenen Mongolen 126012 und der Einsetzung eines Schattenkalifen von mamlukischen Gnaden in Kairo13 wuchs dann allerdings das mamlukische herrscherliche Selbstbewusstsein kontinuierlich an. Von dem Sonderfall der ayyubidischen Herrscher von Hama¯h abgesehen gerieten die ˙ ¯ dil Ayyubiden jetzt in Vergessenheit, auch wenn einige ab dem Sultanat al- A Kitbug˙a¯s (reg. 1294 – 1296) in die mamlukische Militärhierarchie eingegliedert und mit einem Kommando ausgestattet wurden. Das dynastische Gedankengut aber lebte weiter, wenn es sich auch jetzt nur noch auf die Mamluken selbst und deren eigene Nachkommenschaft bezog. Zweifellos war die Bereitschaft vorhanden, den Sohn eines erfolgreichen Sultans wie az-Za¯hir Baybars oder al-Mansu¯r Qala¯wu¯n auf dem Thron zu belassen. Die ˙ ˙ ˙ Mamluken des alten Herrschers sahen in einem solchen Prinzen einen Garanten ihrer eigenen, nunmehr akut gefährdeten Interessen. Diese Loyalität aber war widerruflich. Es war keine Gefolgschaft im westeuropäischen Sinne. Vielmehr kehrte sie sich in das Gegenteil, sobald die eigene Machtposition bedroht wurde. In dem Augenblick, als as-Sa ¯ıd Berke Qa¯n, der Sohn Baybars’ I., und vierzehn Jahre später al-Asˇraf Halı¯l b. Qala¯wu¯n jeweils ha¯ssakı¯ya-Gardisten aus ihrem ˘ ˘ ˙˙ eigenen „Stall“ an die Stelle der väterlichen Mamluken zu setzen begannen, war es mit der Duldung vorbei. As-Sa ¯ıd Berke Qa¯n hatte dabei noch Glück; er wurde 1279 exiliert. Al-Asˇraf Halı¯l erging es schlechter ; Mamluken seines Vaters, ˘ Baydara¯, der „Herrscher für eine Nacht“14, und La¯gˇ¯ın, der spätere Sultan al-Malik al-Mansu¯r, ermordeten ihn.15 Nach frühmamlukischer Auffassung hatte der ˙ ˘

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12 13 14 15

Neuere Literatur dazu: Smith 1984; Thorau 1985; Amitai-Preiss 1995, S. 39 – 45. Siehe dazu Holt 1984 und Heidemann 1994. Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯, Duwal, S. 47:4. Die T˙ötung al-Asˇraf Ha¯lı¯ls durch al-Malik al-Qa¯hir Baydara¯, vor allem aber die Ermordung ˘ al-Muzaffar Qutuz’ durch az-Za¯hir Baybars (I.) sind die bekanntesten Belege für diese von ˙ Chronisten ˙ der Zeit als ˙ ˙ „türkisches Gesetz“ (asat at-Turk) apostrophierte Norm. Vgl. einigen Haarmann 1990.

382

Herrscherwechsel als höfische Machtprobe

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Königsmörder den ersten Zugriff auf die Nachfolge. Hier wiederholte sich das Szenario, das den Übergang von den Ayyubiden zu den Türken 1250 gekennzeichnet hatte. Auch damals war es zu einem solchen Konflikt zwischen den Getreuen des verstorbenen Herrschers (as-Sa¯lih Ayyu¯b) und den von dem ˙ ˙ ˙ jungen Prinzen (al-Mu azzam Tu¯ra¯nsˇa¯h) mitgebrachten bzw. großgezogenen ˙16˙ Gefolgsleuten gekommen. Mit der nominellen Einsetzung von Baybars’ I. eben siebenjährigem zweitem ¯ dil Sala¯misˇ als Ersatz für as-Sa ¯ıd Berke Ha¯n im Jahre 1279 und seiner Sohn al- A ˘ Absetzung dreieinhalb Monate später durch al-Mansu¯r Qala¯wu¯n setzt das Ver˙ fahren ein, das uns nun durch die ganze Geschichte des Mamlukensultanates begleiten wird. Die Oligarchen brauchten Zeit, um zu ermitteln, wem in ihrer Runde der Sultanstitel zufallen sollte. Für diese Zwischenzeit war ein Abkömmling des hochgeachteten verstorbenen Herrschers die ideale, neutrale Besetzung auf dem Thron. Manchmal bedurfte es keiner solchen Wartefrist, wie bei der schmählichen Absetzung Sultan Kitbug˙a¯s im Jahre 1296. Die Machtverhältnisse waren geklärt. Dann fand der Wechsel zum nächsten strongman ohne Interimsherrscher in Windeln oder kurzen Hosen statt. Das Primat des mamlukischen vor dem dynastischen Nachfolgeprinzip lässt sich vergleichend an den drei Inthronisationen al-Malik an-Na¯sir Muhammads, ˙ ˙ des Sohnes Qala¯wu¯ns und Halbbruders al-Asˇraf Halı¯ls, illustrieren. Zweimal, ˘ 17 nach der Ermordung des so energischen (und darum auch so gefährlichen) alAsˇraf Halı¯l im Jahre 1293, und dann wieder nach der Ermordung al-Mansu¯r ˙ ˘ La¯gˇ¯ıns im Januar 1299, wurde der acht- bzw. vierzehnjährige al-Malik an-Na¯sir ˙ als Schachfigur im Machtspiel der Emire auf den Thron gesetzt. Sein Sultanat endete nach wenigen Monaten; der starke Mann, al-Malik an-Na¯sirs Vizekönig ˙ Kitbug˙a¯ bestieg damals nach nur kurzer Wartezeit den Thron. Al-Malik anNa¯sirs zweites Sultanat währte zwar sehr viel länger, immerhin von 1299 bis ˙ 1309, war aber nicht minder demütigend. Die in diesem Jahr miteinander riˇ asˇnkı¯r und Sala¯r hatten sich in valisierenden beiden Großemire Baybars al-G ihrem Machtkampf blockiert und ließen deshalb den mittlerweile erwachsenen an-Na¯sir auf dem Thron. Sobald sich die beiden Rivalen dann doch geeinigt ˙ hatten, wie die Funktionen in der Führung von Staat und Heer zwischen ihnen aufgeteilt werden sollten (das Sultanat fiel dem nun gar nicht mehr begeisterten al-Muzaffar Baybars’ II. zu), hatte der junge an-Na¯sir seine Schuldigkeit getan. ˙ ˙ Er zog sich zornig und gedemütigt nach Karak im Ostjordanland zurück, wohin ˘

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16 Eine ausführliche Schilderung der Ereignisse, die zur Ermordung Tu¯ra¯nsˇa¯hs und der Etablierung der Herrschaft der „führerlos“ gewordenen Sa¯lihiyya führten, aber auch zur Er˙ ˙ Auskunft mordung des letzten ägyptischen Ayyubiden selbst gibt al-Makı¯n b. al- Amı¯d, alMagˇmu¯ al-muba¯rak, S. 160 ff. 17 Irwin 1986, S. 76 – 82, hält ihn für einen der tüchtigsten Mamlukenherrscher der ersten, kiptschakischen Phase. ˘

383

Machtwechsel am Kairener Mamlukenhof

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man schon seinerzeit as-Sa ¯ıd Berke Qa¯n exiliert hatte. Bei diesem Mal wurde in einem der wenigen Male in der Geschichte des Sultanates das mamlukische, nichtdynastische Erbfolgeprinzip ausdrücklich formuliert, vielleicht (in nur scheinbarer Paradoxie) weil die neuen Herren genau spürten, dass der gerade abgesetzte al-Malik an-Na¯sir – gerade nicht (bzw. nicht in erster Linie) wegen ˙ seines Geblüts, sondern wegen seines Kampfgeistes – schon bald ein sehr ernsthafter Konkurrent werden möchte. Von den Kanzeln Kairos wurde auf Weisung des abbasidischen Schattenkalifen im Namen Baybars’ II. verkündet, dass „Königtum kinderlos“ sei (al-mulk aqı¯m)18, also nicht von einer Generation zur nächsten weitergereicht werden dürfe und deshalb, dies war die Botschaft, die Absetzung des gefährlichen jungen Qala¯wu¯niden rechtens und geboten gewesen sei. Die Befürchtungen Baybars’ II., die die Ambitionen al-Malik anNa¯sirs betrafen, bewahrheiteten sich rasch. Dieser kehrte bereits nach Jahres˙ frist 1310 mit einer Armee von Getreuen, vor allem vielen ihm persönlich ergebenen Mamluken, den einzigen wirklichen Garanten eigener Unabhängigkeit, aus Karak nach Ägypten zurück, und holte sich im Handstreich die Macht zurück. Stolz betonte er Jahre später selbstsicher, er sei nicht dank seiner Abstammung von Sultan Qala¯wu¯n, sondern „durch mein Schwert“ Herrscher geworden.19 Eine ähnlich klare Zurückweisung des dynastischen Prinzips bzw. – implizit – ein ebenso eindeutiges Bekenntnis zur Legitimität der Herrschaft des Stärksten gemäß den spezifisch mamlukischen Spielregeln begegnet uns in der Schlussˇ a¯nibak, der mamlukische Gesandte am phase mamlukischer Geschichte. Als G Hof der Osmanen am Ende des 15. Jahrhundert provozierend in Istanbul gefragt wird, wieso denn seinesgleichen, also Söhne von Ungläubigen, nicht aber ein richtiger Sultan, d. h. der Sohn eines Sultans, eines Sohnes eines Sultans usw. – gemeint war natürlich der Osmanenherrscher – über die Heiligen Stätten des Higˇa¯z gebiete, antwortete er in einer rhetorischen Gegenfrage, wer denn (ge˙ meint ist: was für bedeutende Männer) eigentlich die Väter Abrahams und Muhammads gewesen seien.20 So ließ sich das mamlukische Prinzip auch ˙ theologisch mit einem den Muslimen alles andere als unvertrauten, antidynastischen Argument rechtfertigen. Gott bestimmt zum Herrscher, wen er will, und sei er noch so gering (eben ein ausländischer Sklave anonymer Herkunft wie die Mamluken), und macht diesen zum Werkzeug seines Planens. Die Verantwortung für die mamlukische Praxis des – wenn nötig gewaltsamen – Sultanswechsels wird menschlicher Zuständigkeit entzogen und als Vollzug eines göttlichen Entscheids moralischer Bewertung entzogen. ˘

18 Vgl. Holt 1975 und Levanoni 1994, S. 378. 19 Vgl. ebda, S. 380 und Anm 58 (S. 390). 20 Nafa¯’is, S. 133 – 134.

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Kehren wir aber vorerst zurück in das vierzehnte Jahrhundert. Ausgerechnet mit dem dritten – ungewöhnlich langen und erfolgreichen – Herrschaft al-Malik an-Na¯sir Muhammads, des Sohnes Qala¯wu¯ns und Bruders des Eroberers von ˙ ˙ Akka¯, verstärkte sich das antidynastische Prinzip in der mamlukischen Thronfolge noch weiter.21 1317 ernannte der (wie sich erwies, nur vermeintlich) todkranke an-Na¯sir einen seiner engsten mamlukischen Mitstreiter, Tug˙a¯y al˙ ˙ Husa¯m, zu seinem Nachfolger, ließ diesen allerdings nach seiner unerwarteten ˙ Genesung umbringen, da dessen herausgehobener Status nun, ganz in mamlukischer Logik, die eigene herrscherliche Unangefochtenheit bedrohte. Bezeichnend sind Geschehnisse des Jahres 1331. Vor dem Aufbruch zur Pilgerfahrt in den Higˇa¯z nominierte an-Na¯sir seinen Lieblingssohn (bzw. den Sohn seiner ˙ ˙ ¯ nu¯k als Thronnachfolger, Lieblingsfrau) A zog dann aber plötzlich und scheinbar ¯ nu¯k in den Rang eines unmotiviert seine Entscheidung zurück und relegierte A einfachen Emirs. Hier vollzog sich nichts anderes als der natürliche und zugleich unauflösbare Konflikt zwischen den beiden konkurrierenden Nachfolgeprinzipien. Das Resultat war nach kurzem Schwanken eindeutig. Der Sultan entschied sich bewusst gegen das „eigene Fleisch und Blut“ und für das mamlukische Verfahren, also für die potentielle Nachfolge des Stärksten. Noch auf dem Totenbett versuchte al-Malik an-Na¯sir Muhammad, wenn auch vergeblich, die aus ˙ ˙ seiner Sicht inopportune Thronfolge eines seiner zahlreichen Söhne zu verhindern. Nicht einmal erben sollten sie dürfen. Diese Verfügung war ganz im Sinne des mamlukischen Selbstverständnisses, das der auswärtige Gutachter Macchiavelli, wie oben zitiert, in seinem Kommentar zu den politischen Verhältnissen in Ägypten auf den Punkt gebracht hat: „Nicht die Söhne des alten Herrschers sind Erben und bleiben die Herren; vielmehr wird der Sultan zu dieser Würde von denen erhoben, die die Macht dazu haben.“ Der Leser mag sich auch an Arnold von Harffs Bemerkung aus dem Jahre 1496 erinnern, wonach den Kindern eines verstorbenen Mamluken nichts hinterlassen wird, und seien sie zehn an Zahl (an-Na¯sir Muhammad hatte übrigens fünfzehn Söhne). ˙ ˙ Höchstens aus Gnade dürften sie ein wenig vom Reichtum des Vaters behalten. Die innenpolitische Realität im Mamlukenreich von 1341 bis 1412 widerspricht nur scheinbar dem Triumph des oligarchischen Nachfolgeprinzips. Zwar haben wir in ununterbrochener Folge bis zur ersten Thronbesteigung az-Za¯hir ˙ ˙ Barqu¯qs im Jahre 1382 ausschließlich Söhne, Enkel und Urenkel an-Na¯sirs, ˙ insgesamt zwölf (acht Söhne, zwei Enkel und zwei Urenkel), als Herrscher. Aber deren Sultanat existierte, erst recht wenn sie minderjährig waren, nur auf dem Papier. Sie handelten, vom Augenblick des Todes an-Na¯sirs an, als Marionetten ˙ der mächtigen Großemire, „der eigentlichen Herrscher des Landes“22, und 21 Vgl. Levanoni 1994, S. 380. 22 Ebda, S. 381 mit Verweis auf Ibn Tag˙rı¯birdı¯, an-Nugˇu¯m, Bd. 9, S. 175.

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verliehen diesen nicht nur Legitimität, sondern auch machtpolitische Spielräume ein wenig abseits des Rampenlichts des königlichen Zeremoniells. Sobald sich die Machtkonstellationen unter den hohen Generälen änderten,23 wechselte mit dem Protektor üblicherweise auch der jugendliche Herrscher. Diese Funktionalität wird mit der Sultanskür 1389 nach der Absetzung von Sultan Barqu¯q drastisch verdeutlicht. Die triumphierenden mamlukischen Duumvirn Yalbug˙a¯ und Mintasˇ konnten sich nicht auf einen der zahlreichen verfügbaren Qala¯wu¯niden einigen und warfen das Los.24 Jemanden anderes als einen Qala¯wu¯niden in Erwägung zu ziehen, kam ihnen gar nicht in den Sinn; zu sehr war deren Brauchbarkeit als Legitimitätsspender mittlerweile verinnerlicht. Als Sultane ohne eigene Macht, die darum auch keine politische Praxis erwerben konnten, verkörperten diese Qala¯wu¯niden die engen Grenzen dynastischer Herrschaftsvorstellungen in dieser Zeit. Machtlosigkeit bedeutete übrigens, dies sei hier eingefügt, für die Prinzen aus dem Hause Qala¯wu¯n dabei keineswegs Armut; als sı¯dı¯s geboten sie vielmehr, wie wir aus den Katasterlisten ˇ i’a¯ns für das Jahr 1376 (damals herrschte al-Asˇraf Sˇa’ba¯n) wissen, über Ibn G beträchtliche Einkünfte aus iqta¯ -Land, vor allem in der Umgebung Kairos und ˙ in der südägyptischen Provinz Qu¯s.25 Auch gestand man ihnen einen gewissen ˙ äußeren monarchischen Glanz zu. Bezeichnenderweise genossen auch ihre Mütter als wichtige Funktionsträgerinnen in diesem System, genannt sei an erster Stelle al-Asˇraf Sˇaba¯ns Mutter Baraka¯t, die Stifterin einer Madrasa für hanafitisches und schafiitisches Recht,26 öffentliche Achtung. Einige wurden in eigenen Grabbauten beigesetzt, ein Usus, der im fünfzehnten Jahrhundert, als die letzten Spuren der monarchischen Tradition beseitigt wurden (s. u.), abrupt abbrachen. Natürlich behagte die geringschätzige Behandlung der Prinzen aus dem hehren Stammbaum Qala¯wu¯ns durch die Generäle nicht allen Zeitgenossen, für die noch immer Herrschertum und Geblüt zusammengehörten, vor allem in der Zeit unmittelbar nach dem Ableben an-Na¯sirs. In der Vita des Großemirs Ta˙ sˇtamur lässt der Historiker as-Safadı¯ (st. 1363) beim Tode des Sultans Stimmen ˙ ˙ (aus der Bevölkerung) zu Wort kommen, in denen bitterlich beklagt wird, wie rüde und ruppig man mit der Nachkommenschaft des verstorbenen allseits verehrten Machthabers al-Malik an-Na¯sir umspringe.27 Wehe, einer dieser Ma˙ rionettenherrscher bekam Spaß an der Macht und versuchte sich von seinen Paten zu emanzipieren bzw. gegen deren Interessen zu handeln. Al-Mansu¯r Abu¯ ˙ 23 Zum Thema der sich wandelnden Allianzen zwischen den wichtigsten Emiren vgl. Levanoni 1995, S. 116. 24 Levanoni 1994, S. 381, mit Verweis auf Ibn al-Fura¯t, Ta¯rı¯h, Bd. 9, S. 94. ˘ 25 Siehe Haarmann 1984, S. 152 – 162. 26 Vgl. Berkey 1992, S. 163. 27 Vgl. as-Safadı¯, Wa¯fı¯, Teil 16, S. 437 – 442. ˙ ˙

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Bakr, der Sohn und unmittelbare Nachfolger al-Malik an-Na¯sirs, der – wie er˙ wähnt – gegen den erklärten Willen des Vaters auf den Thron gelangte, wurde nach nur zwei Monaten abgesetzt, als er Machtgelüste und vor allem Führungsqualitäten zeigte und damit die Regeln in dem Spiel verletzte, in das er eingesetzt worden war. Auch Abu¯ Bakrs Halbbruder an-Na¯sir Hasan und sein ˙ ˙ Neffe al-Asˇraf Sˇa’ba¯n mussten für ihre Entschlossenheit teuer bezahlen, sich nicht mit der nominellen Herrschaft zu begnügen; beide starben unter besonders abscheulichen Umständen, Sultan Hasan sogar von der Hand eines eigenen ˙ Mamluken, der um seine Privilegien fürchtete. Beide letztgenannten Herrscher hatten, worauf Amalia Levanoni hingewiesen hat,28 während ihrer relativ langen Sultanate eigene Mamlukenhaushalte begründen können, die sich dann aber im fälligen Showdown mit den mächtigen Großemiren und deren Mamluken doch als zu schwach erwiesen und sich nicht behaupten konnten.

1.2.

Die „tscherkessische“ Periode (1382 – 1517)

Die Zeitgenossen – und in deren Gefolge die Historiker älterer und neuerer Zeit – teilen die Geschichte des Mamlukensultanates einvernehmlich und klar in zwei Phase auf, die dawlat at-Turk , die Herrschaft kiptschakisch-türkischer Mamluken bis zum Herrschaftsantritt Barqu¯qs im Jahre 1382, und die dawlat alˇ ara¯kisa, das Regime tscherkessicher (einschließlich abchasischer und grieG chischer) Sultane bis zum Tode Tu¯ma¯nba¯ys im Jahre 1517. ˙ Für diese strikte Dichotomie in der Wahrnehmung der Zeitzeugen gab es vielfältige Gründe. Die vielleicht wichtigste war die Zäsur, die Timurs Angriff auf das Sultanat bedeutete; das Wirtschaftsleben nicht nur des unmittelbar betroffenen Syriens, sondern auch Ägyptens wurde tief erschüttert und sollte sich während der ganzen Tscherkessenzeit nicht mehr erholen. Zwar erfolgte die Invasion Syriens erst unter Barqu¯qs Sohn Faragˇ, aber die Vorbereitungen des Angriffs fanden, von der Bevölkerung nicht unbemerkt, schon während des Sultanates des Vaters statt. Die Zeit nach der fitna lankı¯ya29 bzw. fitna tı¯mu¯rı¯ya30, oder auch ka¯’inat Tı¯mu¯r Lank31, wie diese Katastrophe euphemistisch-verharmlosend in den Chroniken und Prosopographien der auch immer wieder genannt wurde, war nicht mehr die alte. Diesmal hatten die Mamluken nicht wie im 13. Jahrhundert dank eigener Tüchtigkeit und Unverzagtheit triumphiert, sondern waren im Gegenteil nur mit Glück einer noch schmächlicheren NieVgl. Levanoni 1994, S. 381. Vgl. z. B. as-Saha¯wı¯, ad-Daw , Bd. 1, S. 203:14; Bd. 2, S. 280:9. ˙ ˙ 158:2. Vgl. z. B. ebda,˘Bd. 2, S. Vgl. z. B. ebda, Bd. 2, S. 239:14 – 15; Bd. 3, S. 254:12. ˘

28 29 30 31

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derlage entronnen. Ihr Nimbus als Schutzherren Ägyptens und Syriens war nachhaltig beschädigt worden. Die Sultane des Mamlukenreiches (1250 – 1517) b. „Tscherkessische“ Periode (1382 – 1517)

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az.–Za¯hir Barqu¯q (reg. 1382 – 89; 1. Reg.) ˙ ˙ as-Sa¯lih Hagˇgˇ¯ı b. Sˇa ba¯n (reg. 1389 – 90; 2. Reg.) ˙ ˙ ˙ ˙ az.–Za¯hir Barqu¯q (reg. 1390-.99; 2. Reg.) ˙ ˙ an-Na¯sir Faragˇ b. Barqu¯q (reg. 1399 – 1405; 1. Reg.) ˙ al-Mansu¯r Abd al- Azı¯z b. Barqu¯q (reg. 1405) ˙ an-Na¯sir Faragˇ b. Barqu¯q (reg. 1405 – 12; 1. Reg.) ˙ [Abu¯ l-Fadl al-Musta ¯ın b. al-Mutawakkil al- Abba¯s (reg. 1412) – Kalif ] ˙ al-Mu’ayyad Sˇayh (reg. 1412 – 21) ˘ az-Za¯hir Tatar (reg. 1421) ˙ ˙ ˙ ˙ as-Sa¯lih Muhammad b. Tatar (reg. 1421 – 22) ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ al-Asˇraf Barsba¯y (reg. 1422 – 38) al- Azı¯z Yu¯suf b. Barsba¯y (reg. 1438) ˇ aqmaq (reg. 1438 – 53) az-Za¯hir G ˙ ˙ ˇ aqmaq (reg. 1453) al-Manu¯r Utma¯n b. G ¯ ¯ al-Asˇraf Ina¯l (reg. 1453 – 61) al-Mu’ayyad Ahmad b. ¯Ina¯l (reg. 1461) ˙ az-Za¯hir Husˇqadam (reg. 1461 – 67) ˙ ˙ ˘ az-Za¯hir Yalba¯y (reg. 1467) ˙ ˙ az-Za¯hir Tamurbug˙a¯ (reg. 1467 – 68)) ˙ ˙ al-Asˇraf Qa¯yitba¯y (reg. 1468 – 96) an-Na¯sir Muhammad b. Qa¯yitba¯y (reg. 1496 – 98) ˙ ˙ az-Za¯hir Qa¯nsu¯h (reg. 1498 – 1500) ˙ ˙ ˇ a¯nbula¯t (reg. 1500 – 01) al-Asˇraf G ˙ ¯ dil Tu¯ma¯nba ¯ y (reg. 1501) al- A ˙ ˙ ˇ al-Asraf Qa¯nsu¯h al-Gawrı¯ (reg. 1501 – 16) al-Asˇraf Tu¯ma¯nba¯y (reg. 1516 – 17) ˙ ˘

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Veränderungen brachten aber auch schon der endgültige Herrschaftsantritt Barqu¯qs und die neue ethnische Zusammensetzung der mamlukischen Elite. Sultan Barqu¯q (und seine Nachfolger) waren bewusste Tscherkessen mit einer dazugehörigen starken antikiptschakischen gˇ insı¯ya, zu deren maßgeblichen Konstituenten übrigens nicht die Sprache zählte. Lingua franca der Mamluken war und blieb das Türkische, das auch die Tscherkessen verstanden; freilich schob sich mit der Verlagerung der Rekrutierungsgründe von der Kiptscha-

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kensteppe und den umliegenden Gebieten in das Umland des Kaukasus das (ost-)anatolische (Südwest)Türkisch bzw. Altosmanische zulasten des (westbzw. zentraltürkischen) Kiptschakischen in den Vordergrund. Ansonsten aber wurde das Tscherkessentum der neuen Herrscher zelebriert und inszeniert. Der Chronist und Funktionär al-Badr al-‘Aynı¯ (st. 1451) fügt den beiden Huldigungsschriften, die er den Sultanen al-Mu’ayyad Sˇayh und az-Za¯hir Tatar bei ˙ ˙ ˙ ˙ ˘ deren Herrschaftsantritt im Jahre 1412 bzw. 1422 widmete, interessante Exkurse über die edle Herkunft, die tribale Zusammensetzung und die Mission des tscherkessischen Volkes bei.32 Nachbarschaftliche Bande zu den legendären vorislamischen, arabischen G˙assa¯niden werden postuliert. Noch der vorletzte Tscherkessensultan auf dem Thron von Kairo, Qa¯nsawh al-G˙awrı¯, rühmte sich ˙ seiner Herkunft einmal von Isaak, das andere Mal von den G˙assa¯niden.33 Das ethnische Element in den besonders blutigen und, wie sich erwies, zuletzt erfolgreichen Auseinandersetzungen des Tscherkessen Barqu¯q mit den bis dahin dominierenden Türken kann auch den Untertanen nicht verborgen geblieben sein. Ein zweiter wichtiger Wandel, der mit dem „Dynastiewechsel“ nach 1382 zumindest indirekt assoziiert worden sein dürfte, war in dem höheren Lebensalter der nach Ägypten (und Syrien) importierten Mamluken begründet. Die Neubürger an der Spitze des Landes waren jetzt nicht mehr so lern- und anpassungsfähig wir ihre „Vorfahren“ in kiptschakischer Zeit, die als junge Burschen im Alter von sechs bis zehn Jahren in die Kasernen auf der Kairoer Zitadelle gelangt waren. Sie hielten stärker an ihrer eigenen Welt und Vergangenheit fest, taten sich verständlicherweise schwerer mit der Sprache ihrer neuen Umwelt und versuchten (nicht zuletzt durch den Nachzug ihrer Familienangehörigen aus dem Norden) diese Bindungen lebendig zu halten. Damals entstand bezeichnenderweise eine türkischsprachige mamlukische Kultur in den Palästen der hohen Mamlukenemire und auf der Zitadelle. Ein dritter, wesentlicher Faktor, der mit den erstgenannten beiden eng verbunden ist, war der steigende Wert und die dadurch geförderte Unbotmäßigkeit der Mamluken im 15. Jahrhundert. Die letztere Entwicklung berührte die Untertanen der Mamlukensultane direkt und musste als Wende zum Schlechteren registriert werden. Die aus der Fremde herbeigeschafften Mamluken (agˇla¯b) waren aus verschiedenen geopolitischen Gründen (Veränderungen im Machtgefüge der mongolischen Nachfolgestaaten, besonders des Reichs der Goldenen Horde; Erschwerung der Vekehrswege durch die Meerengen) nicht mehr in solcher Fülle auf dem Markt wie dies im 13. und frühen 14. Jahrhundert der Fall gewesen war. Sinkendes Angebot an kampffähigen jungen (oder auch gar mehr 32 Vgl. Weintritt 1992. 33 Nafa¯’is, S. 85:11; 108:11 – 15. Siehe auch Haarmann 1996.

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so jungen) Männern bedeutete aber steigende Preise auch für diese besondere Ware. Man ließ sich die Mamluken des 15. Jahrhunderts etwas kosten. Zugleich musste man sie wegen ihres höheren Alters eher gewähren lassen. Sie ließen sich nicht mehr wie zu Zeiten des Baybars oder Qala¯wu¯n ohne weiters herumkommandieren. Dazu waren sie viel zu preziös. Abu¯ Ha¯mid lässt in der Schluss˙ episode seiner Türkenepistel den alten Kadetten- und Prinzenlehrer (al-faqı¯h almu’addib, faqı¯h al-asya¯d) aus den Tagen Sultan Hasans vor Sultan Barsbay ˙ darüber wehklagen, dass – anders als früher – heutzutage jeder Mamluk, der aus dem Land der Tscherkessen eintreffe, in Aleppo vom Statthalter höchstpersönlich wie ein Herr empfangen, mit Ehrengaben wie einem goldenen Sattel, einer Schabracke und einer ka¯milı¯ya begrüßt, und dann ohne Umwege in die Leibgarde des betreffenden usta¯d aufgenommen werde, anstatt erst einmal in ¯ rigorose Zucht genommen zu werden und die mamlukischen Künste von der Pike auf zu lernen.34 Zwar waren die strukturellen Voraussetzungen für eine Integration der Mamluken in die ägyptische Gesellschaft in der Tscherkessenzeit manchmal besser als zuvor, vor allem weil das Verbot für die jungen Mamluken, sich in die Stadt zu begeben und dort Wohnsitz zu nehmen, aufgehoben wurde.35 Dagegen stand aber deren kleiner gewordene Bereitschaft und Fähigkeit, sich an ihre neue Umwelt anzupassen und sich deren Regeln zu eigen zu machen. Die mamlukische Herrscherschicht wurde fremder, despotischer und mamlukischer zugleich. Auch diese Erfahrung beförderte das Empfinden, mit den Tscherkessen habe eine Wende in der eignen Lebenswelt stattgefunden. Schließlich sind als wichtiger Faktor für diesen Umbruch im Zeitgefühl der Menschen noch die besonderen Umstände zu nennen, unter denen Barqu¯q endgültig an die Macht kam, und, damit verknüpft, bestimmte politische Neuerungen, die viel mit unserem augenblicklichen Thema, dem Konflikt zwischen dynastischen und usurpatorischen Herrschaftsvorstellzungen zu tun haben. Auch hier passt der Nenner Mamlukisierung oder Re-Mamlukisierung. Barqu¯q war der erste echte und richtige Mamluk auf dem Thron seit dem unglücklichen Intermezzo Baybars’ II. gleich zu Beginn des 14. Jahrhunderts. Barqu¯q setzte sich ausdrücklich gegen die in ihrer institutionellen Funktion als Reservoir nomineller Sultane längst etablierte Dynastie Qala¯wu¯ns durch, auf die Barqu¯qs nichttscherkessische Widersacher, wie erwähnt, denn auch sofort wieder zurückgriffen, als jener nach kurzer erster Herrschaft abdanken und fliehen musste. Der Qala¯wu¯nide as-Sa¯lih Ha¯gˇgˇ¯ı, Barqu¯qs Vorgänger, kehrte nach ˙ ˙ ˙ ˙ Barqu¯qs Demission als Marionette Yalbug˙a¯s und Minta¯ˇss mir neuem, vielsagenden Königsnamen, nämlich al-Malik al-Mansu¯r, auf den Thron zurück. Als ˙ Barqu¯q mit viel Glück – der Henker war schon auf dem Weg zu ihm in der 34 Vgl. Abu¯ Ha¯mid al-Qudsı¯, Duwal, S. 130: 6 – 11. 35 Vgl. ebda,˙S. 128 – 31.

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Festung Karak – die anfangs übermächtige Allianz seiner mamlukischen Gegner sprengen und einen nach dem anderen beseitigen konnte, um schließlich ab 1390 unangefochten zu regieren, zog er einen Schlussstrich. Der noch immer junge Ha¯gˇgˇ¯ı wurde wieder – und diesmal endgültig – abgesetzt. Ihm und seinen ˙ Brüdern und Vettern, aber auch den Zeitgenossen, muss rasch klar geworden sein, dass das Marionettentheater mit diesen Qala¯wu¯niden, deren alleinige Aufgabe es war, die Ambitionen der mächtigen Fädenzieher vom Schlage eines Minta¯sˇ oder Barqu¯q zu legitimieren, nunmehr ein für alle Mal zu Ende war. ˙ Ha¯gˇgˇ¯ı brauchte dann auch nicht, wie manch einer seiner unglücklichen Groß˙ onkel in dem turbulenten Jahrzehnt nach dem Tode an-Na¯sir Muhammads, ˙ ˙ durch Verbannung oder Hinrichtung unschädlich gemacht zu werden. Von ihm und seiner Sippe würde keine Gefahr mehr ausgehen. Er blieb bis zu seinem Tode im Jahre 1412 in ehrenvoller Haft auf der Kairoer Zitadelle wohnen, und teilte damit das Los der abbasidischen Kalifen mit ihrer institutionalisierten Schattenexistenz. Eine zweite Innovation, die uns hier zu interessieren hat, fiel in die spätere Herrschaftszeit Barqu¯qs. Auch er war nicht gegen die Versuchungen der Erblichkeit gefeit. Seinen ältesten Sohn, Na¯sir ad-Dı¯n Muhammad, hatte er für die ˙ ˙ eigene Nachfolge ins Auge gefasst. Als dieser aber noch vor dem Vater 1395 starb, passierte etwas Unerwartetes. Das Lehen Muhammads wurde nicht an den ˙ Heeresdiwan zurückgegeben und somit auch nicht für eine Neuvergabe zu den alten Bedingungen – vornehmlich im Kreise der Sippe des Sultans – verfügbar gemacht. Vielmehr wurde es einem neugegründeten Fonds, dem ad-dı¯wa¯n almufrad zugeschlagen,36 aus dem von nun an den Sultansmamluken, also den Stützen des mamlukischen Systems, Zuschüsse bezahlt werden konnten. Die bis dahin beträchtliche materielle Basis der Sultansangehörigen, also auch potentieller Aspiranten auf den Thron, wurde durch diese Neuerung empfindlich beschnitten. Von jetzt an verschwanden die sı¯dı¯s aus den mamlukischen Lehenslisten.37 Damit aber wurde es für einen Sultanssohn noch schwieriger – man erinnere sich der Versuche Hasans und Sˇa ba¯ns -, sich rechtzeitig einen eigenen ˙ Mamlukenhaushalt aufzubauen, und auf dieser Grundlage mit Aussicht auf Erfolg aus dem gnädig konzedierten Sultansamt auf Zeit vielleicht doch eine echte und dauerhafte Herrschaft zu machen. Durch die Stärkung der Ressourcen für die Sultansmamluken zu Lasten der Königsfamilie wurde ein wichtiger Schritt hin zur Militarisierung der Herrschaftsordnung getan. Barqu¯q ist diese Prioritätenverlagerung vielleicht gar nicht leicht gefallen. Aber nach seiner Erfahrung im Machtkampf mit Minta¯ˇs ˙ 36 Literatur bei Halm 1979, S. 44 und 54, Anm. 5 sowie bei Haarmann 1984, S. 157 – 8 und S. 167 – 8, Anm. 89 und 90. 37 Vgl. ebda, S. 156 – 58.

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und Yalbug˙a¯, der ihn mehr als einmal an des Rand des Verderbens geführt hatte, wusste er, dass er ohne eigene mamlukische Getreue immer wieder um sein eigenes Überleben würde bangen müssen. Also musste das Familieninteresse zurückstehen. Viele neue Mamluken wurden rekrutiert. Der neugeschaffene Diwan sollte einen Teil der enormen zusätzlichen Kosten für diese, wie Avram Udovitch dargelegt hat, bei nüchterner Betrachtung volkswirtschaftlich völlig nutzlosen Militärsklaven abdecken.38 Barqu¯qs gewaltiger Mamlukenhaushalt, die Za¯hirı¯ya, wurde zur Wiege aller späteren Herrscher. Wie Peter Holt gezeigt ˙ hat, stammten alle tscherkessischen Sultane im Sinne einer mamlukischen Elternschaft als „Söhne“, bzw. „Söhne von Söhnen“ (namentlich über das Zwischenglied al-Asˇraf Qa¯yitba¯y) von Barqu¯q ab. Der Konflikt, der uns nun schon seit geraumer Zeit begleitet, blieb dabei auch ihm nicht erspart. Zwar erwirkte Barqu¯q noch die Zustimmung (bay a) der Großemire zur Inthronisation seines jungen und ungestümen Sohnes Faragˇ. Der aber musste eine doppelte Hypothek tragen, an der er letztlich gescheitert ist. Außen- und wirtschaftspolitisch war das Reich als Folge von Timurs Einfall nach Syrien während seines ersten Sultanates (1399 – 1405) so schwach wie schon lange nicht mehr. Mit unorthodoxen Maßnahmen – z. B. der Beförderung des im Wiederaufbau des Landes bewährten dawa¯rda¯r Ibra¯hı¯m b. G˙ura¯b, eines Zivilisten, zum General im höchsten Rang – versuchte er des Chaos Herr zu werden, schuf sich aber auch allerorten Gegner. Der Vater des bekannten Historikers Ibn Tag˙rı¯birdı¯ war eine seiner wichtigsten Stützen als Statthalter und Schwiegervater. Schließlich unterlag Faragˇ am Ende seines zweiten Sultanates (1405 – 1412) – zwischendurch hatte kurz einer seiner Brüder regiert – einer Allianz aufständischer syrischer Großemire. Faragˇ wurde gefasst und kapitulierte. Trotzdem wurde er in einem Schauprozess in Gegenwart des Schattenkalifen in Damaskus zum Tode verurteilt und grausam umgebracht. Al-Maqrı¯zı¯, einer der Zeitgenossen dieser Geschehnisse, titulierte ihn als den „tragischsten König Ägyptens“ und hatte dabei bestimmt maßgeblich die letzten Stunden dieses Herrschers vor Augen, der vom persönlichen Einsatz und dem Mut zu unkonventionellen Lösungen her zu den großen Sultanen der Mamlukenzeit gerechnet werden darf. Wie Sultan Hasan vor ihm, hatte Faragˇ es nicht vermocht, dem – ˙ freilich problematischen – Nimbus der Abstammung von einem allgemeinen geachteten großen Herrscher das Kriegsglück des Stärkeren hinzuzufügen, ein Kunststück, das in der ganzen mamlukischen Geschichte nur al-Malik an-Na¯sir ˙ Muhammad b. Qala¯wu¯n dauerhaft gelang. ˙ Man mag das Jahr 1412 als Wasserscheide in der Geschichte der mamlukischen Institution betrachten. Es begann mit einem Possenspiel. Die Sieger über Faragˇ brauchten, wie üblich, Zeit, sich auf den neuen ersten Mann aus den 38 Vgl. Lopez/Miskimin/Udovitch 1970.

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eigenen Reihen zu einigen. Nur dass diesmal die Lösung, den Sohn des Vorgängers zu installieren, nicht zur Diskussion stand. Also hob man den Vertreter einer ebenso impotenten Institution, nämlich den Kalifen al-Musta ¯ın als Sultan auf den Schild. Dessen doppeltes Glück währte nicht lange. Al-Mu’ayyad Sˇayh ˘ setzte sich als primus inter pares durch. Al-Musta ¯ın wurde nicht nur als Sultan, sondern auch als Kalif abgesetzt. Er wurde in der Kairener Zitadelle inhaftiert und schließlich mit den unmündigen Söhnen des armen Faragˇ in das berüchtigte Staatsgefängnis von Alexandria geschafft, aus dem nur wenige wieder lebend herauskamen. Die Modalitäten der Sultansnachfolge erlangten jetzt ihre endgültige Form. Sie spiegeln die Stärkung des mamlukischen Elements, eine Folge gewiss auch des höheren Lebensalters, in dem Militär„sklaven“ in die Herrschaftspyramide eingeschleust wurden. Nach dem Tode des aus dem Kräftemessen zwischen dem stärksten Emiren hervorgegangenen Sultans wurde dessen Sohn solange in einer Art stillen Übereinkunft als nomineller Herrscher hingenommen, bis Klarheit über den eigentlichen Nachfolger hergestellt worden war. Mehr oder minder klaglos traten die oft noch reichlich jungen Prinzen wieder in das zweite Glied zurück. Natürlich waren auch sie nicht ohne Ehrgeiz, nicht jedem dieses sı¯dı¯s ist, wie wir wissen, der Verzicht auf das prestigewürdige glanzvolle Sultanat leicht gefallen. Und das jedem Vater innewohnende Bedürfnis, dem eigenen Filius all das zu ermöglichen, was ihm selbst an Chancen und Pfründen offenstand, blieb natürlich auch jetzt wirksam. Zweimal traten, ein Novum der Mamlukengeschichte, Sultane noch zu Lebzeiten zugunsten ihrer Söhne zurück. Aber das Schema war jetzt festgelegt. Wenn die Zeit des Ermittelns des Stärksten vorüber war, trat der Sohn des Vorgängers geräuschlos zurück. Es interessierte Chronisten höchstens, wie lange es ein sı¯dı¯ unter solchen Bedingungen schaffte, im Amt zu bleiben. Für Maqrı¯zı¯ oder seinen Epigonen Abu¯ Ha¯mid war an al- Azı¯z ˙ Yu¯suf, dem Sohn Barsba¯ys, der kabbalistische Zufall am denkwürdigsten, dass die Zahl seiner Regierungstage und das Chronogramm seines Herrschernamens Azı¯z (nämlich 94, Ayn = 70, Za¯y = 7, Ya¯’ = 10, Za¯y = 7) zusammenfielen.39 Unter dem jeweils neuen starken Mann blieben die abgesetzten sı¯dı¯s nicht nur unbehelligt, sondern sie waren unter Umständen geschätzter Umgang für die neuen Herrscher und deren Nachwuchs. Sie waren ungefährlich geworden. Sultan as-Sa¯lih Muhammad b. Tatar zum Beispiel, der nach dem plötzlichen Tod ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ seines Vaters gemäß dessen Verfügung im Alter von neun Jahren für ein paar Monate – bis zur Absetzung durch al-Asˇraf Barsba¯y – auf dem Thron saß, ritt zusammen mit dem etwa gleichaltrigen Sohn Barsba¯ys aus, konnte sich völlig frei auf der Zitadelle bewegen (war also nicht etwa in den Harem verbannt) und wurde schließlich, als er ein bisschen älter war, in einer offenkundig guten Partie ˘

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39 Vgl. al-Maqrı¯zı¯, as-Sulu¯k, Bd. 4, S. 1085, Zeile 8 – 9.

393

Machtwechsel am Kairener Mamlukenhof

˘

mit der Tochter des Atabeks Yasˇbak as-Sa¯qı¯ al-A ragˇ verheiratet.40 War Tatars ˙ ˙ Sohn reichlich unbedarft (sein Biograph as-Saha¯wı¯ spricht ungeschönt von ˘ seiner Naivität und Unbekümmertheit) und deshalb von vorneherein ungefährlich für den Nachfolger, so wurde aber auch der in den ritterlichen Künsten und den Religionswissenschaften gleichermaßen gebildete und versierte Exˇ aqmaq von seinem Nachfolger im Sultanat, alSultan al-Mansu¯r Utma¯n b. G ¯ ˙ ¯ ˇ Asraf Ina¯l, in Frieden gelassen; dieser ließ es sich nicht nehmen, an den Beschneidungsfeierlichkeiten für die Söhne Utma¯ns in Damiette persönlich teil¯ zunehmen.41 Amalia Levanoni verweist – völlig zu Recht – auf die mitunter demütigenden Bedingungen, unter denen man im 15. Jahrhundert in das Sultanat gelangte, und fragte sich, wie dieses Amt im Fadenkreuz zwischen den Ambitionen der missgünstigen anderen Großen und den zunehmenden Dreistigkeiten der einfachen Mamluken, der neuen, wahren Herren des Landes, überhaupt noch seine Magie bewahren konnte. In der Tat hatten es Herrscher wie az-Za¯hir Yalba¯y oder ˙ ˙ az-Za¯hir Timurbug˙a¯ (je schwächer die eigene Position war, umso attraktiver war ˙ ˙ anscheinend der Herrschername „der Siegreiche“) trotz ihres unangefochtenen echten Mamlukentums nicht leichter als die eben vorgestellten sı¯dı¯s ihrer Zeit, den Thron zu verteidigen. Mit den Gestaltungsmöglichkeiten der goldenen mamlukischen Frühzeit war es endgültig vorbei; es fehlten die finanziellen Ressourcen und die politischen Grundlagen. Ein Sultan war stets das potentielle Opfer in den Machtkämpfen zwischen den immer aufsässiger und unabhängiger agierenden Sultansmamluken mitsamt ihrer Sprecher. Manch ein General musste sich, wie weiland Baybars II., aus diesen Gründen regelrecht zur Kandidatur gedrängt werden. Aber die Aura der Macht und des Königtums blieb offenkundig ein Magnet. Hatte der Herrscher die ersten Hürden genommen, stieg man zum Schiedsrichter zwischen den Faktionen auf, nahm also die Rolle ein, die auch jetzt noch, vielleicht sogar dringender als je zuvor, dem Sultan zugestanden wurde. Entsprechend waren die Regierungszeiten der Herrscher in dieser Zeit extrem kurz, oder aber vergleichsweise lang. Anders als in der Frühzeit finden wir jetzt auch ˇ aqmaq und ¯Ina¯l (reg. 1438 – 1461) als Sultane; ihnen mochte ältere Herren – G man die Routine und Gelassenheit zutrauen, in dem Chaos mamlukischer Eifersüchteleien und Begehrlichkeiten zu schlichten. Qa¯yitba¯y (reg. 1468 – 1496), Qansawh al-G˙awrı¯ (reg. 1501 – 1516) und last but not least Tu¯ma¯n Ba¯y ˙ ˙ (reg. 1516 – 1517) beeindruckten ihre Zeitgenossen als tatkräftige und engagierte Monarchen, die sich nicht zu schade waren, wie zu Zeiten des Überlebenskampfes gegen die Mongolen an der Spitze ihrer Heere ins Feld zu ziehen. ˘

˘

˘

40 Vgl. as-Saha¯wı¯, ad-Daw , Bd. 7, S. 274, # 702. ˙ ˙127 – 8, # 456. 41 Vgl. ebda,˘Bd. 5, S.

394

Herrscherwechsel als höfische Machtprobe

Königtum hieß Heerkönigtum. Als der Sohn Qa¯yitba¯ys, al-Malik an-Na¯sir Mu˙ hammad b. Qa¯yitba¯y (reg. 1496 – 1499), wie seinerseits sein Namensvetter al˙ Malik an-Na¯sir Muhammad b. Qala¯wu¯n Anstalten machte, aus eigener Kraft und ˙ ˙ mit der Hilfe ihm allein ergebener Gefolgsleute das ihm – wie besprochen – nur provisorisch zugestandene Sultanat wirklich für sich zu erobern und dabei ganz neue, „unmamlukische“ Wege ging (etwa: Einrichtung der sogenannten 5. Kaserne), provozierte er einen Sturm der Entrüstung. Sein Versuch, souverän zu regieren, wurde westlichen Besuchern von mamlukischen Insidern als schnöder Verrat an der rechten politischen Ordnung präsentiert.

2.

Zwei Fallstudien

2003 legte Henning Sievert eine Monographie vor, in der er unter anderem anhand zweier Beispiele den Herrscherwechsel im Mamlukenreich als höfische Machtprobe thematisierte.42 Um die komplexen Interaktionen nach dem Hinscheiden eines Sultans besser in den Griff bekommen zu können, führte er zum einen in Anlehnung an Robert Irwin den Begriff der „Faktion“ ein und erläutert zum anderen die von ihm ebenfalls verwendete Verflechtungsanalyse (network analysis). Beide Theorieansätze halfen ihm dann auch tatsächlich, die Situationen nach dem Ableben des Sultans Mu’ayyad Sˇayh 1421 und nach dem ˘ ˇ aqmaqs 1453 zu erklären. Rücktritt az-Za¯hir G ˙ ˙ 2.1.

Die Situation nach dem Tod al-Mu’ayyad Sˇayhs 1421: Der Regent Tatar ˙ ˙ ˘

˘

Der herrschende Sultan al-Mu’ayyad Sˇayh ernannte anstelle seines ältesten ˘ Sohnes Ibra¯hı¯m, der 1420 starb, seinen zweijährigen Sohn al-Muzaffar Ahmad ˙ ˙ 43 zu seinem Nachfolger. Regent sollte der Oberkommandierende der herrscherlichen Streitkräfte (ata¯bak) Altunbug˙a¯ al-Qurmusˇ¯ı werden, den er 1421 mit seiner Tochter verheiratete. Dieser befand sich allerdings zu diesem Zeitpunkt in Syrien. Al-Mu’ayyad ließ daher bis zur Rückkehr des auserkorenen Regenten die Emire, Würdenträger und den Kalifen sowohl auf Ahmad wie auch auf eine ˙ Regenten-Troika [den Waffenemir (amı¯r sila¯h) Qugˇqa¯r al-Qurdumı¯, den ehe˙ maligen Statthalter von Damaskus Tanbak Miyiq al- Ala¯’ı¯ und den Ratsemir (amı¯r magˇlis) Tatar] einen Gefolgsschaftseid ablegen. Zur Zeit des Todes von ˙ ˙

˘

42 Vgl. Sievert 2003a und b. 43 Vgl. zu den Ereignissen al-Maqrı¯zı¯, as-Sulu¯k, Bd. 4, Teil 1, S. 549, Teil 2, S. 563 – 81; Ibn Targ˙¯ıbirdı¯, an-Nugˇu¯m, Bd. 17, S. 121 – 142, Ibn Hagˇar, Inba¯’, Bd. 7, S. 406 – 24, as-Saha¯wı¯, ad˙ Geschehnisse folgt Rome 1995, S.˘ 51 – 55. ˙ Daw , Bd. 1, S. 313 – 14. Die Zusammenfassung der ˙

Zwei Fallstudien

395

Sultan al-Mu’ayyd Sˇayh fürchetete sich das Volk vor einem Bürgerkrieg. Die ˘ Reiserouten in den Süden waren abgeschnitten, der Handel auf den Märkten lief schlecht, und überall hörte man nichts als Klagen. Als sich die Nachricht vom Tod des Sultans verbreitete, war das Volk zunächst aufgewühlt, doch die Lage beruhigte sich schnell. Die Haltung der Sultansmamluken war uneindeutig: eine Gruppe unterstützte Tatar, eine andere – vor allem die Emire und Mamluken ˙ ˙ mongolischer Herkunft einschließlich der Emirsmamluken, die in al-Mu’ayyad Sˇayhs Besitz übergegangen waren – stand zu Qugˇqa¯r, und eine weitere – die ˘ Mamluken des ehemaligen Sultans az-Za¯hir Barqu¯q – unterstellte sich Tanbak ˙ ˙ Miyiq. In der Folgezeit konnte sich Tatar gegen seine Mitregenten durchsetzen. ˙ ˙ Er machte sich sogleich daran, seine Macht zu festigen. Auf sein Betreiben hin wurde Qugˇqa¯r al-Qurdumı¯ festgenommen und Tanbak Miyiq zum ata¯bak ernannt. Auf der Zitadelle und unter dem Volk herrschte Angst. Einige Emire entzogen sich einer möglichen Verhaftung durch eine Flucht nach Syrien, wo sie beschlossen, gegen Tatar zu kämpfen. Während einer Staatszeremonie bot man ˙ ˙ Tanbak Miyiq den Vorsitz in allen Staatsangelegenheiten an, in Zusammenarbeit mit Tatar. Doch Tanbak lehnte ab. Die Reichsführung übernahm folglich Tatar, ˙ ˙ ˙ ˙ der nun auch offiziell als Erzieher (la¯la¯) des Sultans und als dessen Regent (niza¯m al-mulk) fungierte. Tanbak wurde anstelle Tatars zum Ratsemir ernannt. ˙ ˙ ˙ ˙ Nachdem Tatar einige Emire verhaftet hatte, verkündete er die Abschaffung der ˙ ˙ Deichbausteuer und versprach die Verteilung von 100 Dinaren an die Mamluken sowie die Rückerstattung des Geldes an die nichtmamlukische Truppe (agˇna¯d al-halqa), welches Sultan al-Mu’ayyad Sˇayh zu militärischen Zwecken von ihnen ˙ ˘ eingezogen hatte, um eine Expedition im Jahre 1419 zu finanzieren. Tatar konnte ˙ ˙ sich diese finanzielle Großzügigkeit erlauben, da Sultan al-Mu’ayyad Sˇayh die ˘ Staatskassen nicht leer hinterlassen hatte. Die Verordnungen des Sultans wurden von diesem persönlich unterschrieben, indem Tatar dessen Hand in die seine ˙ ˙ nahm und über das Papier führte. Im Januar ging das Gerücht um, die Leute in Syrien würden Emir Tatar ihren ˙ ˙ Gehorsam verweigern. Darauf versammelte Tatar die Kadis, Emire, Staatsan˙ ˙ gestellten und viele Sultansmamluken. Er unterrichtete sie darüber, dass die Vizekönige von Syrien, Emir Altunbug˙a¯ l-Qurmusˇ¯ı und andere Emire dort mit ˙ den Ereignissen in Kairo seit dem Tod von Sultan al-Mu’ayyad Sˇayh unzufrieden ˘ waren. Denn nach dem Willen des verstorbenen Sultans hätte Emir Altunbug˙a¯ l˙ Qurmusˇ¯ı die Regentschaft übernehmen sollen. Doch zur Zeit des Todes des Sultans befand sich der Emir auf einer Expedition in Syrien. Während dieser Versammlung sagte Tatar, das Land brauche jemanden, der es regiere und mit ˙ ˙ dem die Leute zufrieden wären. Die Versammelten antworten einstimmig, sie wären mit Emir Tatar als Regenten zufrieden. Der anwesende Kalif bestätigte ˙ ˙ noch einmal, dass die Staatsführung Emir Tatar anvertraut worden war. Ihm ˙ ˙ obliege die Macht, einzusetzen, zu entlassen, zu beschenken, wen er wolle und

396

Herrscherwechsel als höfische Machtprobe

wegzunehmen, wem er wolle. Das einzig fehlende in dieser Generalvollmacht war der Titel des Sultans, seine Erwähnung in der Predigt und die Prägung seines Namens auf den Münzen. Diese Privilegien blieben weiterhin Sultan al-Muzaffar ˙ Ahmad vorbehalten. Ein hanafitischer Rechtsgelehrter fand jedoch einen Be˙ ˙ richt seiner Schule, der besagte, dass wenn der Sultan noch zu jung war und die Mächtigen des Landes übereinstimmend einem Vertreter die Autorität zur Führung des Staates übertragen würden, bis der Sultan alt genug wäre, diese selber zu übernehmen, den Befehlen des Vertreters Folge geleistet werden müsse. Tanbak wurde auf dieser Zusammenkunft zum neuen ata¯bak ernannt. Während der nichtsahnende ehemalige ata¯bak Altunbug˙a¯ l-Qurmusˇ¯ı noch in ˙ Syrien weilte, erfuhr er vom Tod des Sultans. Er bereitete seine Rückkehr nach Ägypten vor, um die Staatsführung zu übernehmen, hörte dann aber, dass Tatar ˙ ˙ die Reichsgeschäfte bereits usurpiert hatte. Altunbug˙a¯ l-Qurmusˇ¯ı erhielt ein ˙ Schreiben, wonach er die Wahl hätte, entweder auf seine vorherige Position ˇ aqmaq zu bleiben. zurückzukehren oder in Syrien als Vizekönig an Stelle von G In diesem und vorhergehendem Monat wurde bei Androhung harter Strafen ein Reiseverbot nach Syrien verkündet. Damit sollten alle Nachrichten von den Gegnern ferngehalten werden. Am 22. April kam die Botschaft in Kairo an, dass syrische Truppen Damaskus verlassen hätten. Darauf brach Tatar in Begleitung ˙ ˙ von Sultan al-Muzaffar Ahmad, dem Kalifen und den Emiren in Richtung Syrien ˙ ˙ auf. Als Tatar G˙azza erreichte, traten ein paar Emire aus Syrien auf seine Seite ˙ ˙ über und schlossen sich ihm an. Währenddessen gab es in Damaskus Meiˇ aqmaq, und Altnungsverschiedenheiten zwischen dem dortigen Vizekönig, G ˙ ˇ unbug˙a¯ l-Qurmusˇ¯ı. Nach diesem Streit plante Gaqmaq, Altunbug˙a¯ l-Qurmusˇ¯ı ˙ ˇ aqmaq verhaften zu lassen, worauf sich dieser auf die Seite Tatars schlug und G ˙ ˙ ˇ den Krieg erklärte. Gaqmaq wurde besiegt und floh nach Sarha¯d. Altunbug˙a¯ l˙ ˘ ˙ Qurmusˇ¯ı empfing Tatar in Damaskus. Tatar freute sich sehr über seinen Sieg. Er ˙ ˙ ˙ ˙ marschierte in Damaskus ein und verhaftete zunächst einmal viele Emire, u. a. Altunbug˙a¯ l-Qurmusˇ¯ı. Kurze Zeit später wurde dieser hingerichtet. Danach ˙ wandte sich Tatar in Begleitung des Sultans und der Armee nach Aleppo. ˙ ˙ Nachdem Tatar ohne Schwierigkeiten in die Stadt einmarschiert war und Per˙ ˙ sonalveränderungen vorgenommen hatte (so wurde etwa der Emir Tag˙rı¯birdı¯ neuer Vizekönig von Aleppo), wandte er sich im Juni wieder nach Damaskus. ˇ aqmaq zu verNoch von Aleppo aus sandte er eine Truppe nach Sarha¯d, um G ˙ ˘ ˇ haften. Die Mission verlief erfolgreich. Gaqmaq wurde nach Damaskus gebracht und dort hingerichtet. Viele weitere Emire ließ man ins Gefängnis werfen. In jenem Monat kam eine Delegation zu Sultan al-Muzaffar Ahmad und Tatar von ˙ ˙ ˙ ˙ Sˇa¯h Ruh mit der Mitteilung, dass ihr Herrscher Tabriz erobert hätte. Weiter ˘ kamen Gesandtschaften von Qara¯ Yuluk und andere, welche dem Sultan zu seiner Thronbesteigung beglückwünschten. Im August heiratete Emir Tatar in ˙ ˙ Damaskus die Mutter von Sultan al-Muzaffar Ahmad. Danach wurde be˙ ˙

397

Zwei Fallstudien

schlossen, den Herscher abzusetzen. Dies geschah am 29. August nach einer Regierungszeit von sieben Monaten und zwanzig Tagen. Tatar wurde neuer ˙ ˙ Sultan. Nach seiner Thronbesteigung ließ sich Tatar von der Mutter Sultan al˙ ˙ Muzaffar Ahmads wieder scheiden und sandte ihn ins Gefängnis nach Alexan˙ ˙ drien. Der ehemalige Sultan starb dort Mitte März 1429 zusammen mit seinem Bruder Ibra¯hı¯m an der Pest. Die Umgruppierungen der verschiedenen Faktionen in den Monaten nach dem Tode von al-Mu’ayyad Sˇayh hat Henning Sievert ˘ sehr anschaulich dargestellt (siehe Seite 398 – 401).44

2.2.

ˇ aqmaqs 1453: Der Atabak ¯Ina¯l Die Situation nach dem Tod az-Za¯hir G ˙ ˙

˘

Konnte sich in dem ersten Beispiel der vorgesehene Regent nicht durchsetzen, so ˇ aqmaq sollte dies in dem zweiten Exemplum anders sein.45 Der Sultan az-Za¯hir G ˙ ˙ hatte anfänglich keinen Regenten für seinen Sohn Utma¯n, der 1453 längst er¯ ˇ aqmaq tat alles, um die Nachfolge wachsen war, bestimmt. G seines Sohnes, den er bereits in jungen Jahren zum muqaddam-Emir und ata¯bak gemacht hatte, den Mamluken als akzeptabel zu präsentieren. Um ihn jedoch nicht mit dem Makel ˇ aqmaq 1453 ab und ernannte den des ererbten Sultanates zu belasten, dankte G 70-jährigen Veteranen ¯Ina¯l zum ata¯bak. Utma¯n sollte versuchen, so der Plan, ¯ mithilfe der Mamluken seines Vaters an der Macht zu bleiben. Es kam jedoch – beinahe zwangsläufig – zum Konflikt mit ¯Ina¯l. Das Licht der Welt hatte Utma¯n, ¯ der sich als Sultan al-Mansu¯r Abu¯ s-Sa a¯dat nannte, im September 1435 erblickt. ˙ Er war sowohl in der Reitkunst wie auch in den islamischen Fächern unterrichtet worden und hatte unter anderem bei Ibn Hagˇar studiert. Nach Ibn Tag˙rı¯birdı¯s ˙ Angaben war er bei seiner Thronbesteigung ungefähr zwanzig Jahre alt. Es gab ˇ aqmaq hatte die Probleme bei der Auszahlung des Soldes, denn Sultan G Staatskasse leer hinterlassen. Der neue Sultan wandte sich hilfesuchend an die Emire. Sie versprachen, etwas Geld aus eigener Tasche beizusteuern. Darüber hinaus wurde der Majordomus (ustda¯da¯r) Zayn ad-Dı¯n aus dem Amt entlassen und zur Zahlung von 500000 Dinaren verpflichtet. Am 12. Februar starb Utma¯ns ¯ ˇ aqmaq. Es gab die üblichen Neubesetzungen Vater, der ehemalige Sultan G der diversen Ämter. Auf Anraten der Mamluken seines Vaters, der Za¯hirı¯ya, fielen ˙ diese Wechsel zugunsten der Za¯hirı¯ya- und der Asˇrafı¯ya-Mamluken aus. Die ˙ Mu’ayyadı¯ya-Mamluken waren dabei die Verlierer. Dies verursachte große Unzufriedenheit bei gewissen Emiren. Auch gab es Unruhen bei den ehemaligen ˘

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44 Die Schaubilder (einschließlich der Abbildungstexte) stammen aus Sievert 2003a, Abb. 2.1 – 2.4., S. 178 – 181. 45 Vgl. zu den Ereignissen Ibn Targ˙¯ıbirdı¯, an-Nugˇu¯m, Bd. 19, S. 158, Bd. 22, S. 1 – 26 und asSaha¯wı¯, ad-Daw , Bd. 5, S. 127 – 29 und Bd. 10, S. 303 – 304. Die Zusammenfassung der Ge˙ ˙ folgt ˘ schehnisse Rome 1995, S. 62 – 65.

398

Herrscherwechsel als höfische Machtprobe

Die Skizze zur Lage bei Sultan Sˇayhs ähnelt einem soziometrischen ”Star”, der charakteristisch für ein Patronagenetz ist. In der Tat˘ steht Sˇayh am Ende seiner Herrschaft als Patron in der Mitte eines Netzes, dessen übrige Mitglieder eine˘ausgewogene Mischung verschiedener Herkünfte bilden. Sˇayhs eigene Mamluken (oben links) der Mu’ayyadiyya haben bereits eine gewisse ˘ politische Bedeutung erlangt, aber ihre Entfernung vom Zentrum Sˇayh deutet an, daß ihre ˘ persönliche Macht gering ist. Ihre Bedeutung geht v. a. auf die husˇda¯ˇsiyya-Beziehungen zu den ˘ einfachen Mu’ayyadı¯-Mamluken zurück. Die Verflechtung untereinander wird wahrscheinlich erst dann aktiviert, wenn andere Gruppen sich gegen die Mu’ayyadiyya stellen. Eine Anzahl von Klienten Sˇayhs (links und unten) ist soweit bekannt nicht durch husˇda¯ˇsiyya˘ ˘ Beziehungen untereinander verbunden, da die einzelnen Emire aus unterschiedlichen Haushalten stammen und nur die Patronagebeziehung zu Sˇayh gemeinsam haben. Die mächtigsten Emire wurden in Sˇayh Nähe eingezeichnet. Sie sind teils˘ einfache Klienten wie die eben ge˘¯ ˇsu¯n Sˇayhs, also Mamluken Barqu¯qs (rechts). Dementsprechend können nannten und teils husˇda ˘ ˘ ˇ ˇ sie husda¯siyya-Beziehungen zueinander aktivieren. Altunbug˙a¯ nimmt darüber hinaus durch die ˙ auf. Tanbak Miyiq und G ˘ mit der Tochter Sˇayhs eine Vaterschaftsbeziehung ˇ a¯nı¯bak as-Su¯fı¯ Heirat ˙ ˘ ˇ stehen in keiner direkten Klientelbeziehung zu Sayh, weil der eine gerade aus dem Amt entlassen ˘ wurde und der andere soeben nach Kerkerhaft wieder den Emisrang erhalten hat.

Zwei Fallstudien

399

Nach dem Tod Sˇayhs teilt sich nicht nur die Mu’ayyadiyya (links), deren mongloische Mitglieder zu Klienten Qug˘qa¯˘rs werden, sondern es kündigt sich auch eine Spaltung der Za¯hiriyya Barqu¯q ˙ (rechts) an. Tanbak Miyiq geht eine Allianz mit husˇda¯ˇs Tatar ein, steht aber als zentrale Figur der ˙ ˙ ˘ Za¯hiriyya noch zwischen ihm und Altunbug˙a¯, der als designierter Regent eine Faktion aus den ˙ ˙ ar nimmt die meisten prominenten Mu’ayyadı¯s in seine Emiren seines Heeres bilden muß. Tat ˙ ˇ Klientel auf, und die Mamluken Sayh˙s können weiterhin unter sich husˇda¯ˇsiyya-Beziehungen ˘ pflegen; aus Gründen der Übersichtlichkeit ist die Mu’ayyadiyya mit ˘grauer Unterlegung dar˘ gestellt. Qugqa¯rs Klientel umfaßt nur zwei namentlich bekannte Personen, und als Emirsmamluk besitzt er (wie Ibn Tag˙rı¯birdı¯ berichtete) keine aktivierbaren Beziehungen der hier dargestellten Kategorie.

400

Herrscherwechsel als höfische Machtprobe

Trotz der weiterhin aktivierbaren husˇda¯ˇsiyya-Beziehungen der Za¯hiriyya zeichnet sich nun die ˘ ˇ aqmaq al-Arg˙u¯nsˇa¯wı¯ Konfrontation der Allianz Tatar-Tanbak und der Gegenallianz Alt˙unbug˙a¯-G ˙ ˙ ab. Die unvollständig eingezeichnete husˇda¯ˇsiyya der Mamluken ˙Sˇayhs (links) deutet an, daß sie ˘ Allianz mit Tanbak bleibt ˘ nicht verzichtbar waren. Die als Klientel für Tatar zu diesem Zeitpunkt ˙ ˙ ˇ A, ¯IN). Altunbug˙a¯s durch bestehen, und Klienten Altunbug˙a¯s wechseln zu neuen Patron Tatar (G ˙ keine hier erkennbaren ˙ ˇ aqmaq al-Arg˙u¯nsˇa¯wı¯˙ hat die Umstände erzwungene˙ Allianz mit G Klientelvorteile, weil dieser ähnlich wie Qug˘qa¯r keine mächtigen husˇda¯ˇsiyya einbringt. ˘

Sultansmamluken, welche die Verteilung des Solds verlangten. Immer mehr Mu’ayyadı¯ya-Mamluken verloren ihre Ämter zugunsten von Anhängern des Sultans. Darauf begannen sie, eine Revolte vorzubereiten. Doch im Alleingang waren sie zu schwach und deshalb gezwungen, sich mit den Asˇrafı¯ya-Mamluken zusammenzuschließen, um auf den Umsturz hin zu arbeiten. Die Mitglieder der ˇ aqmaq. Im Asˇrafı¯ya hegten noch alten Zorn gegen den verstorbenen Sultan G Folgenden beschlossen die beiden Gruppen, zusammen Anfang März einen

401

Zwei Fallstudien

Als Tatar den Thron besteigt, hat er sich der unzuverlässigen Mu’ayyadiyya bereits entledigt und ˙ allein im Zentrum. Auf den ersten Blick erscheint der Einfluß der grau unterlegten steht˙ nun Za¯hirı¯s überwältigend, aber in der Darstellung wurden die aus dem Irak zurückgekehrten Emire ˙ nicht gekennzeichnet, die als ”Verräter” ganz auf die Patronage Tatars angewiesen waren. ˙ Ähnliches gilt mit Abstrichen für Emire, die Tatar aus dem Kerker˙ freilie ß (BD). Zusätzlich ˙ ˙ bewirken die erhöhte Zentralität Tatars und der Mangel an Alternativen, daß Tanbak Miyiq nicht ˙ ˙ eingezeichnet ist, der sich zudem fern des Zentrums aufhält meh als Alliierter, sondern als Klient und nur wenige Einwirkungsmöglichkeiten besitzt. Das Bild nähert sich wieder dem ”Star” eines Patrons, dessen Klienten untereinander möglichst wenig verflochten sind und der für den Sultan die erstrebenswerte Konstellation darstellt.

˘

Umsturz herbeizuführen. Diese Vereinbarungen liefen im Geheimen. Der neue Sultan und sein Gefolge waren ahnungslos. Auch suchte der Sultan keinen Rat bei erfahrenen Staatsmännern und wiegte sich in falscher Sicherheit. Mitte März fand ein Streit zwischen Sultan al-Mansu¯r Abu¯ s-Sa a¯dat und dem ata¯bak ¯Ina¯l, ˙

402

Herrscherwechsel als höfische Machtprobe

˘

einem Asˇrafı¯ya-Mamluken, statt. Die Gegner des Sultans versammelten sich und kündigten ihm die Gefolgschaft. Sie unterstellten sich dem Befehl ¯Ina¯ls und riefen den Kalifen herbei, der heimlich Ressentiments gegen den jungen Sultan hegte. Auch er war für die Absetzung des Sultans. Allmählich erfuhr der Sultan vom Widerstand in den Asˇrafı¯ya- und Mu’ayydı¯ya-Kreisen, doch er und seine Mamluken waren nicht beunruhigt. ¯Ina¯l sandte Boten zum Sultan mit der Forderung, einige führende Persönlichkeiten zu ihm. Dies wurde verweigert. Daraufhin begann der Kampf zwischen beiden Parteien. Obwohl die Faktion des Sultans anfänglich sehr zahlreich war, fehlte ihnen der Enthusiasmus. Bei der anderen Partei war der Kalif, der bereits öffentlich von der Absetzung des Sultans gesprochen hatte und so die Aufständischen innerlich stärkte. Einer nach dem anderen verließen die Anhänger des Sultans dessen Gruppe und liefen zum Gegner über. Am 16. März versammelten sich der Kalif und die vier Kadis. Die offizielle Absetzung von Sultan al-Mansu¯r Abu¯ s-Sa a¯dat und die Ernennung ˙ ¯Ina¯ls zum Nachfolger wurden beschlossen. Unverzüglich nahm er zahlreiche Neubesetzungen zugunsten der Mitglieder seiner Allianz vor. Er bevorzugte dabei Emire seiner eigenen Generation, also Mamluken der Ex-Sultane Faragˇ und Barqu¯q. Die Regierungszeit von Sultan al-Mansu¯r Abu¯ s-Sa a¯dat betrug ˙ einen Monat und dreizehn Tage. Doch der Kampf zwischen den Parteien ging weiter, wobei die Anhänger des ehemaligen Sultans immer schwächer wurden. Als die Gegner auf der Zitadelle Feuer legten, brach Panik unter den Sultansmamluken aus. Sie zerstreuten sich, als ob es sie nie gegeben hätte. Der Kampf dauerte insgesamt sieben Tage. Nach Ibn Tag˙rı¯birdı¯ war ihre Flucht unnötig, und der Kampf noch nicht verloren. Doch er meint, sie hätten keinen geeigneten Führer gehabt, um sie zum Sieg zu führen. Dies waren die kürzeste Regierungszeit und der längste Machtkampf in der mamlukischen Geschichte. Sultan al-Mansu¯r Abu¯ s-Sa a¯dat Sultan al-Mansu¯r Abu¯ s-Sa a¯dat wurde nach Alexandria ˙ ˙ ins Gefängnis geschickt. Dort wandte er sich dem Studium der islamischen Fächer, der Poesie, Musik und der arabischen Sprache zu. Dabei wuchs seine Bildung und Weisheit. Er durfte dann mit seiner Familie nach Damietta umsiedeln, wo er am 14. Januar 1487 starb. Er hinterließ etwa 10 Kinder. Trotz der Bemühungen seines Vaters hatte Utma¯n, so kann man aus der Rückschau sagen, ¯ zu keinem Zeitpunkt wirklich Aussicht auf die Etablierung seiner Herrschaft. Seine Anhängerschaft rekrutierte sich praktisch ausschließlich aus den ehemaligen Sultansmamluken, was für eine Machtübernahme offensichtlich aber nicht ausreichte. In den Monaten nach seinem Sieg stabilisierte ¯Ina¯l seine Herrschaft durch zahlreiche Emirsernennungen, die Zahlung der üblichen Inthronisierungsprämie (nafaqa) an die Sultansmamluken sowie die Freilassung ˇ aqmaqs und seines Sohnes und die Gefangennahme, gefangener Gegner Sultan G ˇ aqmaq-Anhänger. Und auch hier liefert uns Verbannung und Versetzung vieler G Henning Sievert zwei erhellende Schaubilder, auf denen die Umstrukturierung ˘

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Fazit

403

der verschiedenen Parteien in der Zeit nach dem Machtwechsel im Jahre 1453 klar hervorgeht (siehe Seite 403 – 405).46

ˇ aqmaqs ”Star” hatte bei seinem Tod eine ähnliche Struktur wie der Sˇayhs. Die bedeuSultan G ˘ einige husˇtendsten Ämter sind mit Klienten verschiedener Herkunft besetzt, von denen nur ˘ (I¯, da¯ˇsiyya-Beziehungen untereinander haben. Allerdings gilt dies für 5 der 7 höchsten Emire QH, HM, TM, DM). ˙ ˘

Fazit Das politische, administrative, militärische, geistige und ökonomische Zentrum des Mamlukenreiches lag in Kairo, genauer gesagt in der Kairoer Zitadelle. Dort residierte der Sultan mit dem Hofstaat, dort hatten die mächtigsten Emire ihre Quartiere und dort waren die Sultansmamluken in zwölf Kasernen von der Größe kleiner Stadtviertel untergebracht. Letztere nahmen innerhalb des mamlukischen Gesellschaftsgefüges eine herausgehobene Position ein. Aus 46 Die Schaubilder (einschließlich der Abbildungstexte) stammen aus Sievert 2003a, Abb. 3.1.–3.3., S. 182 – 184.

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Herrscherwechsel als höfische Machtprobe

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ˇ aqmaqs Tod bleibt eine Anzahl seiner Klienten vorerst ohne politische Beziehung zu Nach G Utma¯n oder einer anderen des Zentrums. Utma¯ns Klientel besteht im wesentlichen aus ¯ ¯ ˇ aqmaq), die Mamluken seines Vaters (Za¯hiriyya G gleichzeitig unter dem Einfluß seines Alli˙ ˙ ierten Tamurbuga¯ az-Za¯hirı¯ stehen. Utma¯ns andere Klienten stehen überwiegend isoliert und ¯ mit geringem Einflu˙ß ˙da (fern des Zentrums) oder pflegen zugleich die husˇda¯ˇsiyya mit Ata¯bak ¯Ina¯l. ¯Ina¯l nimmt außerdem Einfluß auf die Mu’ayyadiyya-Emire um husˇ˘qadam (HM). ˘ ˘ ˘

ihren Reihen wurde zum größten Teil der „Hofadel“ rekrutiert. Ein begabter Sultansmamluk konnte zu höchsten Ehren aufsteigen, wenn der Sultan ihn für geeignet hielt und nach der Freilassung zur weiteren Ausbildung in das kleine Korps seiner offiziellen ,Vertrauensleute‘ (ha¯ssakı¯ya) aufnahm. Die von dem ˘ ˙˙ regierenden Sultan gekauften bzw. eingeführten Mamluken, die die wichtigste Stütze seiner Macht waren und deren Spitze die ha¯ssakı¯s bildeten, standen den ˘ ˙˙ verschiedenen von den Vorgängern des Sultans erworbenen Kontingenten als Gegner gegenüber ; daneben übernahm der Sultan gelegentlich Mamluken von Emiren in seine Dienste. Zwischen dem Tod eines Sultans und dem Herrschaftsantritt eines Nachfolgers drohte nun jedes Mal der Eintritt einer chaotischen Situation. Da es com-

Fazit

405

Nach seiner Inthronisierung rückt ¯Ina¯l ins Zentrum und beginnt zwischen seinen zahlreichen, aber nicht sehr mächtigen husˇda¯ˇsu¯n der Na¯siriyya und anderen Verflechtungen herzustellen. ˙ ˘ Schon zu Beginn seiner Herrschaft gibt er seinem Sohn Ahmad einen Platz im Zentrum. ˙

mon sense war, dass das Reich nicht einen Tag ohne Sultan bleiben durfte, wollte man den Zusammenbruch des Machtgefüges verhindern, vollzog man den formalen Machtwechsel möglichst rasch nach oder noch vor der Bestattung des alten Sultans. Da sich allerdings erst herausstellen musste, welcher Emir die Macht hatte, sich gegen die anderen durchzusetzen, setzte man im 14. Jahrhundert sofort einen beliebigen Prinzen aus Nachkommenschaft al-Mansu¯r ˙ Qala¯wu¯ns (reg. 1279 – 1290) ein. Nach 1412 änderte man das System, indem man den Sohn des jeweils verstorbenen Sultans so lange in einer Art stiller Übereinkunft als nominellen Herrscher hinnahm, bis Klarheit über den eigentlichen Nachfolger hergestellt worden war. Die oftmals minderjährigen Söhne der Sultane zogen sich ohne Murren zurück und überließen das Amt dem Stärksten unter den miteinander konkurrierenden Emiren.

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Herrscherwechsel als höfische Machtprobe

Der eigentliche Kampf um die Nachfolge wurde zwischen mehreren Konfliktparteien ausgetragen, an deren Spitze gewöhnlich ein erfahrener Emir des höchsten Ranges stand.47 Die ,natürliche‘ Anhängerschaft jedes Emirs beschränkte sich auf seinen eigenen Haushalt und eine Anzahl ziviler und mamlukischer Klienten. Um sich gegenüber anderen durchsetzen zu können, musste ein Thronprätendent Verbündete unter seinen eigenen Mamluken und möglichst viele Sultansmamluken für sich gewinnen. Da Macht im Sinne der Verfügung über Ressourcen eben nur in ganz geringem Umfang vererbt werden konnte, hatten mit jedem Herrscherwechsel die bislang dominierenden Haushalte und Klientel sehr viel zu verlieren und alle übrigen sehr viel zu gewinnen. Es kam zu einem Kampf der größten Parteien, wobei die Konfliktregulierung nicht durch verfahrenrechtliche Regeln oder verfassungsartige Normen erreicht wurde. Diese mamlukischen Parteien kann man durchaus mit Max Weber definieren als „auf (formal) freier Werbung beruhende Vergesellschaftungen mit dem Zweck, ihren Leitern innerhalb des Verbandes Macht und ihren aktiven Teilnehmern dadurch (ideelle und materielle) Chancen … zuzuwenden“48. Eine solche Partei mobilisiert und stabilisiert ihre Anhängerschaft nicht durch ein emotionales und symbolisches Gruppenbewusstsein, sondern aufgrund gemeinsamer und sich ergänzender Interessen. Im Fokus ihrer Ambitionen ist allein die Ressourcenverteilung, so dass eine taktische Allianzenbildung für kurze Zeit immer möglich war. Sie agierten allein auf politischer Ebene und waren keine geschlossenen Gruppen, die über eigene Zeichensysteme verfügten. Wenn ein Mamlukenemir dann schließlich auf den Thron kam, hatte die Sicherung seiner Macht für ihn oberste Priorität. Zu diesem Zweck vergab er die wichtigsten Ämter und die größten Pfründen des Reiches an diejenigen, die ihm zur Macht verholfen hatten und sie zugleich gefährden konnten. Die vorigen Amtsinhaber wurden entlassen, soweit sie einen Konkurrenten unterstützt hatten, die meisten in entlegene Provinzen versetzt und die führenden Köpfe verbannt oder eingekerkert. Oft war ein neuer Sultan längere Zeit damit beschäftigt, die bis dahin mächtigsten Gruppen des Reiches zu unterwerfen, nämlich die Emire und Mamluken seines Vorgängers. Der neue Sultan war politisch von dem ihn unterstützenden Segment der Emirsoligarchie abhängig, ein primus inter pares. Um dieser Abhängigkeit im eigenen Interesse und im Interesse seines eigenen Haushaltes entgegenzuwirken, genügte die Ernennung einiger Emirsmamluken nicht, sondern der Sultan erwarb möglichst schnell eine große Zahl von jungen Mamluken und ließ sie zu seinem Sultansmamlukenregiment ausbilden. Jeder Sultan bevorzugte die eigenen Mamluken auf Kosten der 47 Im Folgenden werden die wichtigen Ergebnisse von Sievert 2003 noch einmal zusammengefasst wiedergegeben. 48 Weber 1976, S. 167. Zitiert nach Sievert 2003, S. 97.

Fazit

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Mamluken seines Vorgängers, der dasselbe getan hatte, und schickte die vorherige Generation aus der Zitadelle fort. Die ihrer Aufstiegschancen Beraubten hatten danach vorläufig keine Gelegenheit zur Rückkehr an die Macht, waren jedoch zum Kampf gegen die jüngere Generation und die Klientel des gegnerischen Sultans bereit und verbündeten sich regelmäßig mit den Gegnern der bisherigen Regierung, so dass eine Art Kreislauf entstand. Auf der anderen Seite hatten die Mamluken und Klienten des verstorbenen Sultans die Möglichkeit, sich entweder einem neuen Prätendenten anzuschließen, von dem sie aber keine bevorzugte Behandlung zu erwarten hatten, oder den Sohn des alten Sultans in der Hoffnung zu unterstützen, dass er das alte Regime fortsetzen würde. Offenbar entschieden sich die meisten für den Sultanssohn und unterlagen mit ihm immer der Allianz des mächtigsten Emirs. Wenn der Sohn des Sultans noch unmündig war, bestand eine andere Option, die eine Form des regulierten Übergangs zum neuen Sultan ermöglichte: Der mächtigste Emir verbündete sich vorübergehend mit dem alten Regime, indem er die Regentschaft für den Sultanssohn übernahm. Auf diese Weise folgte eine ehemaliger Verbündeter des alten Sultans diesem auf dem Thron und konnte je nach Konstellation von Anfang an mehrere Gruppen in ein Gleichgeweicht gegeneinander bringen, da ihm zusätzliche Teile des alten Personals zur Verfügung standen, obwohl er dessen Großteil genauso entmachten musste wie ein neuer Sultan. Hatte sich der neue Machthaber erst einmal etabliert, bestand für ihn die Schwierigkeit darin, die eigenen Mamluken allmählich durch möglichst von ihm abhängige Klienten zu ersetzen, ohne zu viele mächtige Emire gegen sich aufzubringen. Jeder Sultan musste bis dahin mehrere individuelle Anführer und deren Anhängerschaften – Teile seiner politischen Verbündeten, die Masse der Sultansmamluken, die großen Emire, die Mamluken seiner Vorgänger – in einem Gleichgewicht gegeneinander halten bzw. versuchen, die schwächeren Gruppierungen allmählich zurückzudrängen. Man sieht, wie komplex im Mamlukenreich das System zur Erlangung und Sicherung der höchsten Macht war. Notwendigerweise musste man einer Partei angehören, um politisch wirken zu können. Die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Mamlukenhaushalt oder zu den Mamluken eines Sultans war allerdings keine hinreichende Bedingung zur Erlangung von Macht. Dazu waren Verbundenheit mit einer Partei und persönliche Fähigkeiten (Charisma, politisches und militärisches Geschick) erforderlich. Durch meritokratische und oligarchische Mechanismen wurde sichergestellt, dass Anspruch auf Herrschaft nur anmelden konnte, wer in der Lage war, ihn auch durchzusetzen. Das mamlukische Machtgefüge mag zwar theoretisch extrem klingen, doch stellte es über viele Generationen ein stabiles Herrschaftssystem dar. Dem eigentlichen Hof scheint in diesen (essentiellen) Sonderfällen keine Rolle zugefallen sein, sondern er löste sich gerad zu auf, um anschließend neu formiert zu werden. Vor

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Herrscherwechsel als höfische Machtprobe

allem Henning Sievert hat zeigen können, wie die Mamluken auf eine für Europamediävisten bisweilen unerklärlich anmutende informelle Weise in der Lage waren, ein für jede Herrschaft zentrales Krisenmoment, nämlich den Herrscherwechsel, zu bewältigen, ohne dass die dabei durchaus auftretenden Reibungsverluste innerhalb des Machtzentrums das erträgliche Maß überschritten.

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Quellen

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Normative Diskurse

Muhammad zu Pferde im Kampf: Ein Beispiel für das Genre der ˙Furu¯siyya an-nabawiyya während der Mamlukenzeit * (1250 – 1517)

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Europäischen Reisenden, die in das Mamlukenreich kamen, fiel sehr schnell auf, dass den einheimischen Muslimen in der Regel die Benutzung eines Pferdes bei Strafe verboten war.1 Nur die eigentlichen Mamluken, also die kiptschakischen oder tscherkessischen Mitglieder der Herrschaftselite, durften sich hoch zu Ross fortbewegen.2 Der aus Cûrdoba stammende Pero Tafur (1410 – 1487)3 weiß gar zu berichten, dass Mauren das Besteigen und Führen eines Pferdes bei Todesstrafe untersagt sei und alle Meriten eines ordentlichen Ritters allein den Mamluken zukämen.4 Und auch der Kölner Reisende Arnold von Harff (1471 – 1505)5 erzählt in seinem Fahrtenbuch, dass unter den Mamluken das Pferd als das wichtigste Zeichen eines hohen gesellschaftlichen Ranges gelte.6 Sowohl die Emire und die einfachen Mamluken wie auch die Sultane gaben in vielen Fällen sehr viel Geld für die Zucht und die Anschaffung guter Reittiere aus. Berühmt sind, Ulrich Haarmann erwähnt es in einem seiner Aufsätze, die Geldmittel, die der Herrscher al-Malik an-Na¯sir (reg. 1293 – 1341) im frühen 14. Jahrhundert in ˙ seine Gestüte investierte.7 Neben dem alleinigen Recht auf die Benutzung von Pferden behielt man sich allerdings auch vor, Waffen, d. h. also Schwert, Bogen und Lanze, zu tragen. Die Kavallerie war seit Beginn der mamlukischen Herrschaft über Ägypten ˇ a¯lu¯t im Jahre und Syrien das Herzstück der Armee. Seit der Schlacht von Ayn G 8 1260 galten die Mamluken als Garant einer erfolgreichen Mongolenabwehr. Von * Erstpublikation in: Bert G. Fragner/Ralph Kauz/Roderich Ptak/Angela Schottenhammer (Hg.), Pferde in Asien: Geschichte, Handel und Kultur – Horses in Asia: History, Trade and Culture. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2009, S. 51 – 61. 1 Zu europäischen Reiseberichten als Quelle für das Mamlukenreich siehe Haarmann 2001. 2 Vgl. zum Folgenden Haarmann 1994. 3 Zu Pero Tafur siehe Meregalli 1987. 4 Tafur, Tavels, S. 74. Zitiert nach Haarmann 1994, S. 226. 5 Ein Lebensabriss findet sich bei Delabar 1989. 6 Vgl. Harff, Pilgerfahrt, S. 122. Zitiert nach Haarmann 1994, S. 226. 7 Vgl. ebda. 8 Vgl. zu diesem Ereignis Smith 1984, Thorau 1985, Amitai 1992 und Halperin 2000.

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diesem Nimbus zehrten die turkstämmigen Machthaber im Grunde bis zum Ende ihrer Herrschaft. Die gelungene Verteidigung gegen die bis dahin als unbesiegbar geltenden mongolischen Heere diente als Legitimationsbasis der Fremdherrschaft in Ägypten. Erstaunlicherweise sind die Mamluken bis zu der Zeit der Kämpfe gegen die Osmanen zu Beginn des 16. Jahrhunderts nie wieder wirklich gefordert gewesen. Das militärische Überlegenheitsgefühl gegen von außen anstürmende Gegner war eine Illusion, die man hegte und pflegte und durch ritualisierte militärische Übungen und ein anspruchsvolles Training am Leben erhielt.9 Im Laufe der Zeit entwickelte sich auch ein breites Schrifttum über die militärischen Künste. Man fasste diese Literatur unter dem Begriff furu¯siyya-Werke zusammen, wobei furu¯siyya „all die von einem fa¯ris, einem Kavalleristen, verlangten und sorgfältig einzuübenden technischen und militärischen Fertigkeiten“10 meint. Darunter verstanden die Zeitgenossen allerdings nicht nur den Umgang mit Lanze, Kampfbogen und Hieb- und Stichwaffen, sondern auch hippologische Kenntnis. Hinzu kamen auch solche wichtigen Dinge wie der Lanzensport, der Kampf mit dem stumpfen, gerundeten Kurzschwert, Pferdepolo, Ringen und Bogenschießen.11 Die mamlukischen Autoren der Abhandlungen zum Thema furu¯siyya konnten auf eine lange Tradition arabischer Texte zur Kampf- und Turnierpraxis zurückgreifen, die ihrerseits auf byzantinischen, klassischen und sassanidischen Vorlagen beruhten.12 Die ersten eigenständigen Arbeiten entstanden wohl im 9. Jahrhundert am Bagdader Abbasidenhof.13 Während der Mamlukenzeit formten sich zwei Subgenres der Gattung. Auf der einen Seite gab es ideologiefreie Traktate wie beispielsweise Muhammad b. ¯Isa¯ b. Isma¯ ¯ıl al-Hanafı¯ al˙ ˙ Aqsara¯’ı¯s (st. 1348) Niha¯yat as-su’l wal-umniyya fı¯ ilm al-furu¯siyya.14 Auf der ˙ anderen Seite finden wir aber auch Militär- und furu¯siyya-Schriften, in denen „die Gegebenheiten der Zeit zumindest vordergründig zurücktreten und vorrangig die normsetzende ideale Vergangenheit aus der Zeit des Propheten und seiner Gefährten beschworen wird.“15 Diese Vorgehensweise der Gelehrten, Inhalte durch den Rückgriff auf den Koran und die Sunna islamisch zu legitimieren, war allerdings keine auf die Militärstudien bezogene Ausnahme, son-

Vgl. Fuess 2003, S. 245 – 246. Haarmann 1994, S. 233. Vgl. ebda. Einen Überblick gibt jetzt al-Sarraf 2004. Vgl. ebda., S. 148 – 152. Hg. von Abul Lais Syed Muhammad Lutful-Huq im Rahmen einer Londoner Dissertation (= Aqsara¯’ı¯, Niha¯yat). ˙ 15 Haarmann 1984, S. 236.

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dern begegnet uns in vielen muslimischen Textsorten. Ein gutes Exemplum stellen etwa die islamischen Schriften zur Medizin dar.16 Bis zum 11. Jahrhundert hatte sich im Rahmen der allgemeinen Rezeption griechischen Denkens17 innerhalb des von Muslimen kontrollierten Raumes eine griechisch-islamische Medizin herausgebildet.18 Gleichzeitig entwickelten jedoch die Religionsgelehrten ganz bewusst eine alternative Heilkunde, die sich auf die Offenbarung und die in den Hadı¯t-Werken gesammelten Überlieferun˙ ¯ gen von den Handlungen und Aussagen des Propheten stützte. Diese Subgattung trug den bezeichnenden Namen „Prophetenmedizin“ (at-tibb an-nabawı¯). Die ˙˙ Autoren versuchten darzulegen, dass die meisten medizinischen Prinzipien und Lehren bereits im Koran und in der Sunna enthalten seien, ohne dass die von Muhammad selbst geäußerten Ansichten und durchgeführten Praktiken zu ˙ diesem Thema den gängigen griechischen Theorien widersprächen. Auch waren die Gelehrten nicht rückwärtsgewandt, sondern wünschten auf der von ihnen gelegten Basis einen Fortschritt in der Heilkunst. Als Quellen für die Sunna standen ihnen die großen Hadı¯t-Sammlungen des 9. Jahrhunderts zur Verfü˙ ¯ gung, in denen sich eine ganze Reihe von Überlieferungen zu medizinischen Belangen findet. Normalerweise gibt es in diesen Büchern sogar eigene Kapitel mit medizinrelevanten Traditionen. So hat al-Buha¯rı¯s (st. 870) as-Sah¯ıh einen ˙˙ ˙ ˙ ˘ Abschnitt „Über die Kranken“ (K. al-marda¯), und in Ibn Ma¯gˇas (st. 887) Sunan ˙ werden alle heilkundlichen Hadı¯te in einem Abschnitt „Über die Medizin“ (K. ˙ ¯ at-tibb) zusammengefasst. ˙˙ Derartige Überlieferungsstränge, die sich ausschließlich mit einem einzigen Themenkomplex befassen, stachelten schon sehr früh den Ehrgeiz einiger ulama¯’ an, Spezialsammlungen zu erstellen. Aus diesem Grund verwundert es auch nicht sehr, dass eine Reihe von Büchern auf uns gekommen ist, in denen wir ausschließlich Hadı¯te medizinischen Inhaltes antreffen. Diese Werke stehen ˙ ¯ sogar am Anfang der Prophetenmedizin. Die ältesten Bücher, die den Titel at˙ Tibb an-nabawı¯ tragen, stammen aus dem 10. und 11. Jahrhundert. Das um˙ fangreichste dieser Kompendien, in dem insgesamt 838 Überlieferungen zitiert werden, schrieb der aus Ragˇab stammende Abu¯ Nu aym al-Isfaha¯nı¯ (st. 1038).19 ˙ Dieser literarische Trend beschränkte sich nicht nur auf das sunnitische Gelehrtentum. Vielmehr fertigten auch schiitische ulama¯’ Samlungen mit den medizinrelevanten Reden und Taten der Imame an. Zu der Prophetenmedizin gesellte sich nun die „Imamorientierte Heilkunst“ (Tibb al-a’imma). ˙ Die frühen Kompendien – sunnitisch wie schiitisch – stellten reine Auflis˘

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Zum folgenden Exkurs über die Prophetenmedizin vgl. Perho 1995 und 2003. Einen Einstieg in das Thema bietet Gutas 1998. Einen ersten Überblick findet man bei Savage-Smith 1996. Siehe zu ihm und zu den Handschriften seines Werkes neben Pedersen 1960 und Recep 1969 auch GAL I, S. 445 – 446 bzw. S I, S. 616 – 617.

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tungen der Überlieferungen dar. Erst im Laufe der Zeit kamen Analysen und weiterführende Erklärungen des Materials hinzu. Im 13. Jahrhundert kommentierte der praktizierende Arzt Abd al-Lat¯ıf al-Bag˙da¯dı¯ (st. 629/1231)20 in ˙ dem von einem seiner Schüler zusammengestellten Werk „Vierzig medzinkundliche Traditionen“ (al-Arba ¯ın at-tibbiyya)21 erstmals ausführlich einige ˙˙ Aussprüche des Propheten. Er wies nach, dass die Muhammads medizinischen Ratschläge und Anweisungen auch für die griechisch-islamische Medizin akzeptabel waren. In der Folgezeit entfernte man sich von der Kommentierung einzelner Hadı¯te ˙ ¯ und präsentierte die Prophetenmedizin in Form von systematischen Abhandlungen. Diesen Schritt zur wirklichen Tibb an-nabawı¯ vollzogen im 14. Jahr˙ hundert vor allem die beiden Gelehrten Muhammad ad-Dahabı¯ (st. 1348)22 und ¯ ¯ ˙ ˇ awziyya (st. 1350)23. Ibn Qayyim al-G Da uns der letztere weiter unten im Zusammenhang mit der Furu¯siyya-Literatur noch interessieren wird, sei an dieser Stelle kurz sein Lebenslauf nachˇ awziyya wird 1292 in Damaskus als Sohn des gezeichnet: Ibn Qayyim al-G ˇ awziyya, die dem hanbalitischen Vorstehers (qayyim) in der Madrasa al-G ˙ Oberkadi als Gerichtshof dient, geboren. Er erhält eine ausgezeichnete Erziehung und Ausbildung, nach 1312 unter anderem bei dem berühmten Gelehrten ˇ awziyya zu Ibn Taymiyya (st. 1328). Später entwickelt sich Ibn Qayyim al-G einem dezidierten Gegner der Ideen von Ibn Arabı¯ (st. 1240). Gleichzeitig mit seinem Lehrer verhaftet man ihn im Jahre 1326 und wirft ihn in das Gefängnis der Damaszener Zitadelle. Erst als Ibn Taymiyya zwei Jahre später stirbt, kommt ˇ awziyya frei. 1331 – 2 unternimmt der die Wallfahrt nach Ibn Qayyim al-G Mekka, und 1336 hält er seine erste Predigt in der Moschee, die Nagˇm ad-Dı¯n b. Hallika¯n in den Gärten von G˙u¯ta hatte erbauen lassen. Von 1342 an bis zu seinem ˙ ˘ Tode unterrichtet er Koranexegese, Hadı¯twissenschaften und Jurizprudenz in ˙ ¯ der Madrasa as-Sadriyya. Unter den Zeitgenossen gilt er als herausragender ˙ ˙ hanbalitischer Theologe. ˙ In ihren Werken zur Prophetenmedizin versuchen Muhammad ad-Dahabı¯ ¯ ¯ ˙ ˇ awziyya nicht nur Überlieferungen zu und Ibn Qayyim al-G einzelnen Krankheiten und deren Therapie vorzustellen und zu analysieren. Vielmehr stellen sie die Hadı¯te in einen größeren medizinischen Zusammenhang, indem sie sie im ˙ ¯ ˇ awziyya Rahmen der gängigen Medizintheorien besprechen. Ibn Qayyim al-G stellt etwa in seiner Studie erst einmal die wichtigsten und gängigsten methodischen Zugänge zur medizinischen Wissenschaft vor. Detailliert geht er dann ˘

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20 Zu seiner Person siehe neben Stern 1960 auch GAL I, S. 632 – 633 bzw. S I, S. 880. 21 Zu den Handschriften siehe Perho 1985, S. 56, Anm. 194. 22 Auf Muhammad ad-Dahabı¯ geht ein: Ben Cheneb/Somogyi 1965. Zu seinem at-Tibb an¯ ¯ ˙ ˙˙ nabawı¯-Text siehe Perho 1985, S. 13 – 14 und 34 – 36. 23 Zur Vita und zum Œuvre siehe Laoust 1971.

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allerdings nur auf die Krankheiten ein, über die der Prophet im Laufe seines Lebens gesprochen hat. Einen wichtigen Punkt seiner Abhandlung stellen die göttlichen Medikamente (adwiya nabawiyya) dar : sala¯t, sabr, sawm, gˇ iha¯d, der ˙ ˙ ˙ Koran selbst sowie religiöse Beschwörungen (ruqan). Diese Heilmittel konnten, seiner Meinung nach, dazu dienen, physische Erkrankungen zu lindern, wobei ihre Wirkungskraft auf ihrer spirituellen Kraft beruhte. Muhammad ad-Dahabı¯ ¯ ¯ ˇ awziyya ermöglichten es letzten Endes,˙ eine medizinische und Ibn Qayyim al-G Praxis zu erschaffen, die ausschließlich islamisch war, d. h. auf dem Koran und der Sunna basierte. Beide wollten jedoch keinesfalls die griechisch-islamische Medizin zurückweisen, sondern diese um eine islamische Dimension erweitern. Selbst der überaus renommierte Gelehrte und Vielschreiber as-Suyu¯t¯ı ˙ (st. 1505)24 verfasste mit dem al-Manhagˇ as-sawı¯ wal-manhal ar-rawı¯ fı¯ t-tibb ˙ ˙ an-nabawı¯25 ein Werk zur Prophetenmedizin. Allerdings ist dieser Text nur eine unkommentierte Sammlung von Hadı¯ten und keine systematische Abhandlung. ˙ ¯ Die Prophetenmedizin blieb in den nächsten Jahrhunderten ein Genre, das auch von Religionsgelehrten gerne aufgegriffen wurde, wobei die medizinische Standardliteratur aufs Ganze gesehen bis zum 18. Jahrhundert eindeutig aus in erster Linie griechisch-islamischen Werken bestand. Eine ähnliche Entwicklung wie in der Prophetenmedizin gibt es, wie gesagt, auch in der furu¯siyya-Literatur. Auf der einen Seite haben wir Texte von Militärexperten, die in systematischer Weise und aus der Praxis heraus das Thema behandeln. Auf der anderen Seite stehen die Gelehrten, die ihre Argumente auf der prophetischen Überlieferung und der Offenbarung aufbauen. In Anlehnung an die Bezeichnung at-tibb an-nabawı¯ wird diese Literaturgattung al-furu¯siyya ˙˙ an-nabawiyya bzw. al-furu¯siyya al-muhammadiyya genannt. ˙ Während der Mamlu¯kenzeit entstand für die einheimischen ulama¯’ ein großes Problem: zum einen waren ihnen die Mamluken zutiefst zuwider, zum anderen wussten sie aber sehr gut, dass nur die Türken die Macht hatten, im Lande für Ordnung und Sicherheit zu sorgen und nach außen hin den sunnitischen Islam gegen seine Feinde zu verteidigen. In einem seiner Aufsätze hat Ulrich Haarmann sehr schön untersucht, wie die ägyptisch-syrischen Gelehrten mit diesem Dilemma in ihren furu¯siyya-Werken umgegangen sind. Als Basis für seine Analyse benutzte er drei Texte, die von Autoren aus dem juristisch-religiösen Lager stammen und daher „nicht das Kriegswesen der eigenen Zeit, sondern die für diesen Wettkampf, Krieg und Sport verbindliche Sunna (…) bevorzugt abgehandelt“26 haben: 1. as-Saha¯wı¯s (st. 1497) al-Qawl at-ta¯mm fı¯ ˘

24 Als Einführung zu as-Suyu¯t¯ı eignet sich Geoffrey 1997. ˙ 25 Hg. von Hasan Maqbu¯lı¯. Beirut 1986 (=as-Suyu¯t¯ı, al-Manhagˇ). ˙ ˙ 26 Haarmann 1994, S. 237.

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˙ ars al-ansˇa¯b fı¯’r-ramy binfadl ar-ramy bis-siha¯m27; 2. as-Suyu¯t¯ıs (st. 1505): G ˙ ˙ 28 ˇ ˇ ˇ ˇ nussa¯b sowie 3. das K. al-Furu¯siyya (as-sar iyya an-nabawiyya) aus der Feder ˇ awziyya29. In diesem Werk des oben bereits näher vorgestellten Ibn Qayyim al-G „über die (schariatgemäßen, vom Propheten praktizierten) ritterlichen Künste“ geht es grundsätzlich um die religiöse Fundierung der furu¯siyya, also etwa um die Diskussion, welche öffentlichen Belustigungen als nützlich bzw. als schädlich angesehen werden können,30 welche Fragen unter den Rechtsschulen strittig sind31 oder ob es des expliziten „Für-Erlaubt-Erklärens“ kämpferischer Aktivitäten bedarf.32 Darüber hinaus kommen jedoch auch – immer unter Bezugnahme auf die Praxis des Propheten – gegenwartsbezogene Themen wie die Position des Schützen,33 die verschiedenen Arten der furu¯siyya,34 die eisernen Grundsätze des Bogenschießens,35 der Unterschied zwischen Mut und Kraft36 oder die Stufen der Tapferkeit37 zur Sprache. Im Folgenden soll zu Veranschaulichung des Genres der furu¯siyya an-naˇ awziyyas Werk in Übersetzung wiebawiyya ein Auszug aus Ibn Qayyim al-G dergegeben werden, in dem es darum geht, ob das islamische Recht gewisse Formen von Schießwettbewerben, verschiedene Arten von Bögen oder den Wettlauf zwischen Kamelen und Pferden zulässt: Wenn ein Mann zu einem anderen sagt: ,Wirf diesen Pfeil! Und wenn du mit ihm triffst, bekommst du einen Dirham‘, oder [wenn er sagt:] ,Antworte auf diese Frage! Und wenn du richtig antwortest, bekommst du so und so viel‘, oder [wenn er sagt:] ,Lerne dieses Buch auswendig, dann bekommst du so und so viel‘, so ist dies zulässig, da es eine Belohnung darstellt, die nichts mit einem Vertrag eines [illegitimen] Wettstreites zu tun hat. Beide geben Geld aus für ein Tun, welches ein zulässiges Ziel hat, weil der Wettstreit bloß zwischen zweien stattfindet, wobei die oben genannte Belohnung für deren Besitzer ist. Wenn er jedoch sagt: ,Wenn du triffst, bekommst du einen Dirham, und wenn du nicht triffst, dann zahlst du einen Dirham‘, dann ist das nicht zulässig, denn das ist ein Glücksspiel. Und genauso ist es nicht erlaubt, wenn er sagt: ,Wenn du [dieses Buch] auswendig gelernt hast, so bekommst du hundert [Dirham]. Und wenn du es nicht vermagst, so schuldest du mir hundert‘. Und wenn er sagt: ,Schieße zehn Pfeile‘, oder : ,Beantworte mir diese zehn Fragen! Und wenn deine Treffer mehr sind als

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27 Zu diesem Text siehe GAL II, S. 44, Nr. 16. 28 Zu as-Suyu¯t¯ıs Abhandlunge siehe GAL II, S. 198, Nr. 233. ˙ al- Atta¯r al-Husaynı¯. Kairo 1942. 2. Aufl. Beirut o. J. unter dem Titel „al29 Hg. von Izzat ˙ (= Ibn Qayyim al-G ˙˙ ˇ awziyya, al-Furu¯siyya). Furu¯siyya al-muhamadiyya“ ˙ ˇ 30 Vgl. Ibn Qayyim al-Gawziyya, al-Furu¯siyya, S. 23 – 26. 31 Vgl. ebda., S. 54 – 55. 32 Vgl. ebda., S. 37 – 38. 33 Vgl. ebda., S. 110 – 111. 34 Vgl. ebda., S. 107 – 109. 35 Vgl. ebda., S. 118 – 120. 36 Vgl. ebda., S. 124 – 128. 37 Vgl. ebda., S. 129 – 130.

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deine Fehler, so bekommst du einen Dirham‘, so ist das legitim, denn er gibt den Lohn für die [zuvor] festgelegte Treffer[quote]. Und dies ist der größere Teil von zehn [nämlich sechs oder mehr], wobei das keine unbekannte [Größe] ist. Genauso wäre es richtig, wenn er gesagt hätte: ,Wenn du mehr Treffer hast [als Fehler], so bekommst du für jeden Treffer einen Dirham.“ Und wenn er gesagt hätte: ,Du bekommst für jeden Treffer einen Dirham“, so ist das rechtmäßig, auch wenn er nicht zur Bedingung macht, dass [die Zahl] der Treffer größer oder gleich sein müsse. Und wenn er gesagt hätte: ,Wenn du sie [alle] triffst, so bekommst du für jeden Treffer einen Dirham‘, so ist das in Ordnung. Ebenso, wenn er gesagt hätte, ,Aber wenn du nur neun triffst, hast du überhaupt keinen Anspruch [auf das Geld].‘ Wenn aber der Pfeilschütze zu einem Fremden sagte: ,Wenn ich diesen Pfeil nicht treffe, bekommst du [diesen] Dirham‘, oder : ,Wenn ich diese Frage nicht beantworten kann, bekommst du einen Dirham“, so ist das nicht legitim, denn der Lohn soll die Gegenleistung für eine Arbeit sein, und der Fremde hat [damit] keine Arbeit [verrichtet]. Wenn er aber sagen würde: ,Wenn ich verfehle, so verspreche ich dir einen Dirham‘, oder : ,Dann gebe ich das, was in meiner Hand ist als Almosen, oder : ,Dann faste ich einen Monat‘, oder : ,Dann lasse ich einen Sklaven frei‘[, dann wäre dies einwandfrei]. Dies ist [nämlich] ein Versprechen mit Schwur, und man nennt es ein Versprechen der Rechthaberei und des Zornes, wenn es gar nicht seine Absicht lag, das Versprechen einzulösen. Man ist uneinig bezüglich dessen, was ihm obliegt im Falle des Meineides. Es gibt [dazu] drei verschiedene Meinungen. Diese sind nach asˇ-Sˇa¯fi ¯ı:

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Erstens: Die Notwendigkeit der Einhaltung des Versprechens, sei es was auch immer es sei. Das ist die Meinung der Rechtsschule von Ma¯lik und von Abu¯ Hanı¯fa nach den ˙ Bekannteren der beiden Aussagen.Zweitens: Man erwägt eine Entsühnung, die durch nichts anderes vergolten werden kann. Das ist eine Aussage der Rechtsschulen von Ahmad [b. Hanbal]. Drittens: man stellt ihn vor sie Wahl einzulösen [, was er ver˙ ˙ sprochen hat], oder den Meineid zu sühnen. Das ist die gängige Meinung der Rechtsschule von Ahmad [b. Hanbal] und asˇ-Sˇa¯fi ¯ı. ˙ ˙ Wenn wir die Sühne für nötig halten und er dann noch sein Gelübde erfüllt, ist dann die Sühne hinfällig? Darüber gibt es bei den Schafiiten zwei Auffassungen. Abu¯ Ma a¯lı¯ und andere erklären alle die für falsch, die dafür plädieren, dass es hinfällig ist. Aber es ist kein Irrtum, vielmehr ist es eindeutig richtig, denn die Wiedergutmachung ist nur nötig bei Meineid. Aber wenn er sein Gelöbnis erfüllt hat, so hat er den Meineid gebrochen und es bleibt kein Grund für die Notwendigkeit der Sühne. Wenn gesagt wird: dieser Vertrag ist verbindlich, ist das die Sühne. Sagen wir ja. Der Sinn des Ganzen ist, dass es sich um einen Eid handelt und dessen Verbindlichkeit im Falle des Meineides ist die Sühne, wobei er keinen Meineid begeht, wenn er den Eid [nachträglich] doch erfüllt. Und dies macht deutlich: wenn er das schwört im Namen Gottes des Erhabenen und Allmächtigen und es einhält, dann ist die Buße nicht nötig, und wenn er sagt: ,Bei Gott, wenn du das und das tust, dann zahle ich Almosen‘ und es daraufhin auch tut, dann ist die Buße nicht nötig. ˘

Ein [neues] Kapitel: Wenn die zwei eine Art von Bögen festlegen, so ist sie festgelegt, und eine Abweichung ist nur erlaubt bei gegenseitiger Übereinstimmung. Und wenn die beiden einen ganz bestimmten Bogen festlegen, so ist er nicht festgelegt, und der

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Austausch durch einen anderen der[selben] Art ist erlaubt. Der Unterschied zwischen beiden [Fällen] ist, dass der einer der beiden [möglicherweise] geschickter im Schießen mit einer der beiden Arten [von Bögen] als mit der anderen ist, denn die andere Art nimmt nicht die Stelle der bestimmten Art ein, es sei denn, man bestimmt den Bogen einer anderen einheitlichen Art. Der Bogen der bestimmten Art kann nämlich auch zerbrechen und muss ersetzt werden, denn das Geschick unterscheidet sich nicht nach der Verschiedenheit der Bögen im Gegensatz zur Art.

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Ein [neues] Kapitel: Wenn beide miteinander wetteifern, wobei der eine mit einem arabischen Bogen schießt und der andere mit einem persischen oder der eine mit einem Bogen aus Olivenholz und der andere mit einer Armbrust [qaws al-gˇarah], ˘ wobei beide Fußbögen sind, so ist das zulässig bei al-Qa¯d¯ı [Ahmad b. Hanbal] und bei ˙ ˙ ˙ ˇ asˇ-Sa¯fi ¯ı, wie vorangegangen [erwähnt]. Wenn einer der Bögen ein Handbogen und der andere ein Fußbogen ist, so ist das nicht zulässig. Der Unterschied zwischen beiden ist, dass wir es im ersten Fall mit zwei Arten derselben Gattung zu tun haben. Der Wettstreit ist zulässig trotz ihrer Unterschiedlichkeit im Sinne der Unterschiede [innerhalb] der Gattungen Pferd und Kamel. Und im zweiten Fall sind es zwei verschiedene Gattungen, wobei der Wettkampf zwischen ihnen nicht zulässig ist, so wie der Wettstreit zwischen Pferd und Kamel nicht zulässig ist. Ein [neues] Kapitel: Wenn die Abmachung des Wettstreites angewendet wird, wobei sie eine gewisse Gewohnheit haben in der Art des Bogens, so ist das legitim und der Wettstreit kann in seiner Absolutheit losgehen. Wenn ihre Gewohnheiten unterschiedlich sind und es darin eine Dominanz in einer Form gibt, so wird nach der dominanten Form verfahren. Wenn sie ausgewogen sind, muss die Art festgelegt werden, damit ein Konflikt zwischen ihnen vermieden wird. Wenn beide davon reden, dass ,wir mit dem nusˇˇsa¯b schießen‘, so weist das auf den persischen Bogen hin, welcher der Kampfbogen des heutigen Heeres ist, weil er [nusˇˇsa¯b] der Name speziell für seine Pfeile ist. Wenn beide sagen: ,Wir schießen mit dem nabl‘, [so] weist [das] auf den arabischen Bogen, weil seine Pfeile mit ,nabl‘ bezeichnet werden. Dies [alles gilt], sofern keine Bedingung und kein allgemeingültiger oder mehrheitlicher Usus vorliegt. Ein [neues] Kapitel: Der Imam Ahmad [b. Hanbal] hat sich schon bezüglich der ˙ ˙ Rechtmäßigkeit des Wettbewerbs mit den persischen Bögen geäußert und hat das Schießen mit ihnen erlaubt. Abu¯ Bakr von unseren [hanbalitischen] Genossen miss˙ billigte [es] und argumentierte, dass der Prophet bei einem Mann einen persischen Bogen sah und gesagt hat: ,Wirf ihn weg, denn er ist verdammt; vielmehr obliegt es euch, die arabischen Bögen und den Wurfspieß mit einem Rohrschaft zu benutzen, denn damit stützt Gott den Glauben und damit verleiht Gott euch Macht auf Erden‘. Das entschieden Richtige besteht darin, dass er das Schießen mit ihnen [d.h. mit dem persischen Bogen, S.C.] nicht rigoros verabscheute und auch nicht den Wettkampf auf ihrer Grundlage. Der Konsens der umma ist dahingehend geschlossen worden, dass das Schießen mit ihnen [d.h. mit den persischen Bögen, S.C.] und ihr Tragen erlaubt sei, denn er [d.h. der persische Bogen, S.C.] ist es schließlich, mit dem der gˇ iha¯d in unserer Zeit geführt und der Feind vernichtet wird. Durch ihn [d.h. den persischen Bogen, S.C.] gewinnt der Islam an Macht, durch ihn wird den Polytheisten Furcht eingejagt und die Absicht [des Hadı¯t] ist die Unterstützung der Religion und der Sieg über deren Feinde. ˙ ¯

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Es geht nicht um die Individualität und Gattung des Bogens. Gott der Erhabene sprach: ,Und rüstet für sie, soviel ihr an Kriegsmacht [aufzubringen] vermögt‘ [Sure 8, Vers 60], Das Schießen mit diesen Bögen zählt zu diesen bereitgestellten Kräften, sagte doch der Prophet, Gott segne ihn: ,Schießt und reitet – und wenn ihr schießt, ist mir das lieber als wenn ihr reitet.‘ Er hat nicht eine Art einer anderen Art Bogen vorgezogen, und die Worte waren nicht zeitlich begrenzt, sondern gelten für seine [d.h. die Zeit des Propheten] und die ganze Gemeinschaft bis zum Tage des Jüngsten Gerichtes. Er hat jeder Glaubensgemeinschaft Weisung gegeben, mit den Waffen zu kämpfen, die sie gewohnt waren. Die vorangegangenen Worte [des Propheten], die sich auf das Schießen beziehen und den Feind die Pfeile empfangen lassen, gelten als allgemeingültig für jegliche Art [des Bogens]. Es liegt darin keine Notwendigkeit zur Spezifizierung. Doch was das Verbot dessen [d.h. des persischen Bogens, S.C.] anbelangt, wenn es [d.h. das Hadı¯t, S.C.] richtig [über˙ ¯ liefert] ist, so bezieht es sich auf eine ganz bestimmte Zeit, und zwar auf die, als die Araber das Heer des Islams waren und ihre Bögen arabische waren und ihre Worte in arabischer Sprache waren und ihre Instrumente und ihre Reitkunst arabisch waren. Das Schießen mit anderen Bögen und das Sprechen in anderen Sprachen waren damals ein gemeinsames Merkmal der ungläubigen Perser und der anderen Nicht-Arabern. Doch was diese [unsere] Zeit anbelangt, so sind die Bögen des islamischen Heeres persische oder türkische und ihre [d.h. der Soldaten, S.C.] Sprache, Geräte und Furu¯siyya sind arabisch. Wenn ihnen dies missbilligt würde und wenn es ihnen verboten wäre, ginge es der Welt und der Religion schlecht. Dann wäre der Marktplatz des gˇ iha¯d leergefegt und die Ungläubigen würden die Muslime überwältigen, was das Unsinnigste des Unsinnigen wäre. Wenn die Überlieferung richtig ist, hat der Prophet, Gott segne ihn, ihn [d.h. den persischen Bogen, S.C.] verflucht und befohlen, ihn wegzuwerfen. Damals war er [d.h. der persische Bogen, S.C.] Kennzeichen der Ungläubigen und Götzendiener. Er verbot dem Mann, ihn zu tragen, weil es damals noch kein arabisches Volk gab. Und deswegen sagte er : ,Euch obliegen die Rohrlanzen, denn sie wurden damals nicht benutzt, vielmehr wurde das gegen sie verwendet, was sie an Waffenstärke fürchteten.‘ Daraus ergibt sich: wenn wir eine Festung belagern würden, wäre die Armbrust dafür vorteilhafter als der Bogen, weil das Schießen mit der Armbrust angemessener ist als das Schießen mit dem Handbogen. Es wäre sogar Pflicht. Wenn das Schießen mit Wurfmaschinen zu ihrer Eroberung erforderlich ist, so hat es Priorität vor dem Bogenschützen allein; der Ungläubige ist ein Feind, und es ist beabsichtigt, ihn zu töten, wo auch immer möglich, wie man die Schlange und den bissigen Hund töten muss. Allen muslimischen Gruppen gebührt das Recht, mit dem Bogen und den Geräten und der Kampftechnik, die sie gewohnt sind, zu kämpfen. Würden die islamischen Heere heute vor den Augen des Propheten mit diesem persischen Bogen kämpfen und würden Gott und sein Gesandter durch ihn den Sieg verleihen, dann würde er ihn loben und preisen und es ihnen nicht verbieten. Mit Gott ist gutes Gelingen.

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Kapitel: Über Wissenswertes beim Wettlauf von Pferden und Kamelen: Relevant für den Start des Wettlaufes ist die Position der Füße, nicht die des Kopfes oder der Schultern. Es muss die Parallelität der Füße der beiden Reittiere gegeben sein. Doch was das Ende des Rennens anbelangt, so sind sich die Rechtsgelehrten uneinig [darüber]. Die Schafiiten [vertreten] drei Lehrsätze: Im ersten ist der Hals ausschlaggebend, im zweiten die Position der Füße und im dritten kommt es bei den Pferden auf den Hals und bei den Kamelen auf den Huf an. Das ist die Auffassung der Hura¯sa¯ner ˘ unter den Schafiiten. Die Iraker sagen: Wenn ein Unterschied zwischen den Hälsen [beim Übertreten der Ziellinie] besteht, dann ist das nicht zu berücksichtigen, und wenn sie auf gleicher Ebene sind, dann ist das Gegenstand dieser drei Lehrsätze. ˘

Abu¯ Ma a¯lı¯ sagt: Wenn die Pferde ungleich sind in der Länge ihrer Nacken beim Laufen, obliegt die Berücksichtigung des Langen und des Kurzen, und wenn eines der beiden Pferde seinen Hals streckt und das andere seinen Hals hochhebt, so treten die drei Lehrsätze in Kraft. Wenn die beiden der Länge ihrer Hälse nach gleich sind, gilt die Voraussetzung der Gleichheit der Hälse [als Kriterium]. Die Schwäche dieser Argumentation ist offensichtlich, und es muss die fehlende Einsicht in die Texte asˇ-Sˇa¯fi ¯ıs diesbezüglich in Rechnung gestellt werden. ˘

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Bei den Genossen von Ahmad [b. Hanbal] gibt es drei Verfahrensweisen. Eine davon ist, ˙ ˙ dass die Platzierung durch die Schulter die entscheidende ist. Das ist die Verfahrensweise von Abu¯ l-Burka¯t b. Taymiyya und anderen. Die zweite Verfahrensweise ist, dass der Wettkampf mit Kamelen durch die Schulter entschieden wird. Bei Pferden, deren Hälse gleich sind [d.h. in dem Moment, wenn sie ins Ziel kommen, S.C.], entscheidet der Kopf. Wenn sie ungleich sind, entscheidet die Schulter. Dies ist die Methode von Sˇayh Abu¯ Muhammad und anderen. Die dritte sagt, dass der Wettkampf insgesamt in ˙ ˘ allen Fällen durch die Füße entschieden wird. Dies ist [die] bevorzugte [Verfahrensweise] unseres Sˇayhs Abu¯ l- Abba¯s b. Taymiyya. Sie ist diejenige, die Abu¯ Abdilla¯h b. ˘ Hamda¯n in seinem Werk ar-Ri a¯ya wählte. Sie ist eindeutig rechtsgültig mit Berück˙ sichtigung des Rennbeginns [d.h. der Regeln, die beim Start des Rennens gelten, S.C.] und unter Berücksichtigung [der Tatsache, dass] das Rennen eines Menschen mit den Füßen bewältigt wird. ˘

Weil eines der Pferde körperlich länger sein kann als das andere, bedeutet dies, was den Wettkampf betrifft, wobei nur Schultern und Kopf berücksichtigt werden und gültig sind, dass gemäß ihrer Schultern entschieden wird. Wie kann man jemanden als zu spät gekommen beurteilen, dessen Hände zuerst ankamen und die dem Rest [des Körpers] vorangingen, wenn ihnen die Schulter oder der Kopf des anderen vorangegangen sind? Hieße das nicht, den Besiegten zum Sieger und den Sieger zum Besiegten zu machen?

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Es ist bekannt, dass eines der Kamele oder Pferde, wenn eines seiner Hufe voranging, mittels genau des Werkzeuges des Wettkampfes Sieger gegenüber dem anderen ist, wobei kein Platz ist für den Kopf oder die Schulter. Vielleicht sind die Worte des at¯ Thawrı¯, dass der Wettkampf aufgrund all dessen erlaubt sei, immer noch vorbildlicher ¯ als die Berücksichtigung des Kopfes und der Schulter. Dies ist der Vorschlag, den Alı¯, Gott möge ihm Ehre erweisen, als erlaubt erklärte im Gegensatz zu Kopf und Schulter. Aber davon war schon die Rede. Es gibt dazu keine Überlieferung vom Propheten selbst

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oder von seinen Gefährten. Es ist offensichtlich, dass ihre Gewohnheiten die Relevanz des Wettkampfes auf Grundlage der Füße war wie beim Wettkampf der Menschen. Ansonsten ist der Name Wettkampf unverständlich. Daher wird keine eindeutige Überlieferung benötigt aufgrund der Zweifellosigkeit und Kontinuität der Gewohnheit diesbezüglich.

Über die Arten der Waffen und welche von ihnen [den Arten] bevorzugt werden. Über die Arten der Bögen. Es gibt im Prinzip nur zwei Arten. Es gibt den Handbogen und den Fußbogen, wobei vom Handbogen drei Unterarten existieren: der arabische, der persische und der türkische. Der arabische wiederum kennt zwei Unterformen: von diesen ist eine aus dem Higˇa¯z, hergestellt aus Bogenholz [Maulbeerholz?] oder Bergbaumholz [Ahorn˙ art?]. Sie bestehen entweder aus einem Stück Holz oder aus zwei Stücken, die man ˇsarihiyya nennt, wobei man diejenigen Bögen, die aus nur einem Stück gefertigt sind, ˙ für Leute aus dem Higˇa¯z als die besseren gelten. Ein Dichter von ihnen [d.h . von den ˙ Leuten des Higˇa¯z, S.C.] sprach: ˙ ,Schieß mit ihm, denn es handelt sich um einen ganzen Zweig Wobei er drei Ellen und einen Finger lang sei.‘ Dies sind die Bögen der Beduinen unter ihnen. Was die sesshaften Leute [im Higˇa¯z] ˙ anbelangt, so umwickeln sie ihre Außenseite [der Bögen] [mit Sehnen] und verkleiden ihre Innenseite mit Ziegenhörnern. Man sieht diese Bögen kaum außerhalb der Region des Higˇa¯z. Es wird sich ihrer nicht bedient an einem anderen Ort, und sie haben weder ˙ einen gekrümmtes Bogenteil [Ohr] noch einen Griff. Die zweite Art von ihnen ist die wa¯sitiyya. Sie ist ein Erzeugnis aus vier Materialien: dem Holz, der Sehne, dem Horn ˙ und dem Leim. Sie hat weder einen gekrümmten Teil noch einen Griff; sie heißt wa¯sitiyya, weil sie sich in der Mitte befindet zwischen dem Bogen des Higˇa¯z und dem ˙ ˙ persischen [Bogen] und nicht wegen [der Stadt] Wa¯sit, denn sie war schon vorhanden, ˙ bevor Wa¯sit erbaut wurde. Die Araber nannten sie munfasila wegen ihrer getrennten ˙ ˙ Bestandteile in Bezug auf ihre Zusammensetzung. Sie war der löblichste ihrer [d.h. der Araber, S.C.] Bögen. Unter diesen zwei Sorten gibt es noch viele Unterarten, die die zehn überschreiten.“38

Ich denke, man hat anhand dieses Textausschnittes sehr gut sehen können, wie in einer für das islamische Schrifttum nicht untypischen Art und Weise eine Textkohärenz durch den fortwährenden Bezug auf die Tradition erzeugt wird. Dieser Technik bedienten sich muslimische Autoren vor allem in religiös-normativen Werken, wobei hierzu auch viele Abhandlungen zählen, die man auf den ersten Blick eher den pragmatischen Wissenschaften zuordnen würde. So geht es auch in dem hier übersetzen Abschnitt aus einem furu¯siyya-Werk vor allem um die Frage, ob bestimmte militärische oder zumindest mit der Kampfeskunst 38 Ebda., S. 99 – 103. Diesen Text habe ich im WS 1997/98 auf Anraten Ulrich Haarmanns zusammen mit Studenten im Rahmen eines Lektürekurses gelesen. Ihnen allen möchte ich natürlich für Ihre rege Teilnahme an dieser Stelle danken.

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verbundene Praktiken dem islamischen Recht nach überhaupt erlaubt sind. Wie etwa bei der Prophetenmedizin legitimieren die muslimischen Gelehrten die Inhalte ihrer Militär-Schriften durch den Rückgriff auf den Koran und die Sunna. Es geht letzten Endes darum, zu prüfen, ob sich die Soldaten, in unserem Fall die Mamluken, auch den göttlichen Geboten konform verhalten.

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Reinheitsvorstellungen im Islam

*

Dieser Beitrag möchte in erster Linie in die von Religionsgelehrten aus dem Koran und den Überlieferungen unter Zuhilfenahme einer komplexen wissenschaftlichen Methodik entwickelten Vorstellungen von Reinheit als eine – im muslimischen Sinne – Befolgung göttlicher Ge- und Verbote einführen.1 Die Argumentation basiert größtenteils auf Ergebnissen, die von Islamwissenschaftlern im Laufe der letzten Jahre vorgelegt worden sind. Auf die allgemeineren Erläuterungen schließt sich ein Teil mit den konkreten Bestimmungen der ma¯likitischen Rechtsschule an. Um zu zeigen, wie ein typischer gelehrter Rechtstext das Thema der „Reinheit“ behandelt, folgen dann Auszüge aus einem bis in die heutige Zeit an islamischen Unterrichtsstätten (wie etwa in der Azhar) beliebten und benutzten ma¯likitischen Lehrbuch aus dem 14. Jahrhundert.

1.

Reinheit, Reinigung und Sünde

Mit dem Begriff der Reinheit werden im islamischen Kontext, wie Joseph E. Lowry in der Encyclopaedia of the Qur’a¯n unter dem Eintrag „Ritual Purity“ schreibt (Lowry 2004), in der Regel drei Vorstellungen verbunden. Zum einen bedeutet es den Zustand gesteigerter symbolischer oder tatsächlicher Reinheit und Sauberkeit, der sich auf Personen, Aktivitäten oder Objekte im Zusammenhang mit ritueller Verehrung und Anbetung bzw. mit dem rituellen Gebet bezieht. Im koranischen Umfeld ist damit die spezielle rituelle Reinigung vor dem Gebet gemeint, für die direkte und detaillierte Vorschriften genannt werden. Darüber hinaus existieren im Koran jedoch auch allgemeinere Vorstellungen von Reinheit und Unreinheit, die nicht unbedingt auf die religiösen Rituale, sondern auf Individuen, Handlungen und Gegenstände (wie etwa * Erstpublikation in: P. Burschel/Ch. Marx (Hg.), Reinheit. Wien et al.: Böhlau 2010, S. 73 – 93. 1 An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei Sarah Dusend und Tilman Kulke bedanken, die mir bei der Vorbereitung dieses Textes sehr geholfen haben.

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Reinheitsvorstellungen im Islam

Nahrungsmittel) Bezug nehmen.2 Schließlich dient Reinheit noch als ethisches Konzept, indem man damit Markierungen von „gut“ und „wünschenswert“ vornehmen kann. Letzten Endes stellen die Kategorien rein und unrein auch im Islam „eine klassifikatorisch-kommunikative Leitdifferenz“ (Stausberg 2004, Sp. 239a) dar, die Grenzen nach innen wie nach außen regelt. Bemerkenswerterweise ist der erste Teil eines jeden normativen islamischen Rechtswerkes der rituellen Reinheit (taha¯ra) gewidmet.3 Die rituelle Reinheit ˙ zählt bei vielen Gelehrten neben der Wallfahrt, der Almosenabgabe, dem Gebet und dem Fasten zu den fünf Grundpflichten eines Muslims und ersetzt hier das Glaubensbekenntnis, das eigentlich in den Bereich der Theologie und nicht zur Jurisprudenz gehört. Allerdings kommt dem Dogma nicht die zentrale Rolle wie im Christentum zu. Man hat den Islam daher mit einer gewissen Berechtigung als Orthopraxie (im Gegensatz zur Orthodoxie) bezeichnet. Die rituelle Ausführung der Grundpflichten, zu denen im Prinzip eben auch das Erlangen der Reinheit gehört, steht im Vordergrund eines frommen Lebens. Das was wir oftmals als privat empfinden, ist für Muslime rituell und deshalb von großer religiöser Bedeutung. Zum besseren Verständnis der gesamten Problematik soll bereits an dieser Stelle einmal kurz vorgestellt werden, was man unter ritueller Reinheit (taha¯ra) in der Regel versteht (nach Reinhart 1990 – 1). Es gibt sieben ˙ zentrale Elemente im taha¯ra-System, wobei taha¯ra selbst eines der Elemente ˙ ˙ darstellt: Drei Begriffe benennen Verunreinigungen: nagˇas (oder rigˇs), hadat, ¯ ˙ 4 gˇunu¯b; zwei Termini bezeichnen die spezielle Riten zur Reinigung: die kleine Waschung (wudu¯’)5 und die große Waschung (g˙usl)6 ; dann folgt ta¯hir, also der ˙ ˙ Zustand der Reinheit, herbeigeführt durch die beiden Waschungen; schließlich zählt zu den Elementen noch der Umstand, dass den Verunreinigungen durch Wasser und feinem Sand (tayammum7) beizukommen ist. Mit anderen Worten: Das gesamte islamische religiöse Leben ist stark von Riten geprägt. Auch die Reinigung zur Erlangung des Reinheitszustandes kann nur in diesem Kontext gesehen und verstanden werden. Die Religionsgelehrten haben drei rituelle Grundsituationen8 für eine Beseitigung einer Verunreinigung festgelegt: (1) Bevor ein rituelles Gebet stattfindet und der Gläubige zuvor die Toilette aufgesucht hat (oder Taten in dieser Kategorie vollzog, die eine kleine 2 Zum Thema „Reinheit und Unreinheit“ im Koran siehe neben Bousquet 1950, Reinhart 1990 – 1 und Lowry 2004 auch Abdel Kader 1968, Algar 1992 (iranischer Kontext), Katz 2001 und Reinhart 2001. 3 Zu taha¯ra siehe Reinhert 2000. 4 Zu ˙hadat und gˇunub siehe Bousquet 1971 bzw. Juynboll 1965. ˙ u¯¯’ siehe Poonawala 1985, Burton 1988 und Chaumont 2002. 5 Zu wud 6 Zu g˙usl˙ siehe Bousquet 1965. 7 Zu tayammum siehe Wensinck/Reinhart 2000. 8 Grundlegend zum Ritual siehe nun Dücker 2007.

Reinheit, Reinigung und Sünde

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Verunreinigung hervorrufen), muss er sich der kleinen Ablution unterziehen (Gesichtswaschung, Hände bis zu den Ellbogen, den Kopf abreiben und die Füße bis zu den Knöcheln). (2) Im Falle einer großen Verunreinigung hat der Gläubige die Ganzkörperreinigung zu verrichten. (3) Mangelt es an Wasser, können sowohl wudu¯’ als auch g˙usl mittels feinem Sand durchgeführt werden. Hierbei sind ˙ zwei rituelle Prinzipien impliziert: Die Reinigung wird aus einem bestimmten Grund erforderlich, wobei der Vorgang selbst kein Akt des Rituals darstellt. Fand vor dem Gebet und seit der letzten Reinigung keine Verunreinigung statt, muss die Reinigung nicht wiederholt werden. Taha¯ra bedeutet somit etwas, was nicht ˙ verschmutzt ist und somit auch keiner Reinigung bedarf. Es ist das Ergebnis der Reinigung. In der Logik der taha¯ra haben feiner Sand und Wasser ähnliche ˙ Charakteristika. Bei der Reinigung geht es eben nicht um Sauberkeit im hygienischen Sinne, sondern um rituelle Reinheit. Dem System nach kann eine Person oder Sache faktisch unrein sein, d. h. im hygienischen Sinne, jedoch ta¯hir, d. h. ˙ rein im Sinne der rituellen Gültigkeit. Dasselbe gilt umgekehrt. Die Details dieser Regeln und Ausführungen entstammen den Methoden der islamischen Rechtsfindung. Das entstandene System definiert Reinheit und bestimmt die Voraussetzungen für Reinheit sowie das, was nicht rein sein kann.

1.1.

Sünde und Reinigung

Die meisten Begriffe für Sünde und Schuld sind im Koran eher vage und generell gehalten und erscheinen auch bei vorislamischen Dichtern: danb (Sünde, Ver¯ brechen), zulm (Schaden, Unrecht), itm (Ungerechtigkeit, Schuld), fasa¯d (Kor¯ ˙ 9˙ ruption). Sünde kann von Gott vergeben werden durch: Reue, Glaube, gute Taten. Hierunter fällt auch Buße (kafa¯ra) wie Almosen. Sünde hängt im Islam direkt mit der Vorstellung einer rituellen Reinheit zusammen. Darunter wird in der Regel die Reinheit des Herzens von allen bösen Absichten verstanden. Entscheidend ist hierbei das Befolgen der moralischen und ethischen islamischen Vorschriften. Das Herz soll rein von zerstörenden Neigungen und niederen Wünschen sein, damit es ganz der Anbetung Gottes gewidmet sein kann. Der Mensch muss sich stets vor Augen führen, dass er am Tage des Jüngsten Gerichts ausschließlich nach seinen guten bzw. schlechten Taten und Absichten bestraft oder belohnt wird. Eine Reinigung des Geistes wird dadurch erreicht, dass sich das Herz Gott widmet; erklimmt der Menschen immer höher die Leiter der Spiritualität, verbessert sich seine Beziehung zu Gott. Der Versuch, das Herz von materiellen Dingen zu säubern, erfolgt in der Regel in der Schritten: 1. Unerschütterter Glaube an Gott; 2. Befolgung der islamischen Prinzipien wie 9 Zum koranischen Sündenbegriff siehe Zaman 2006.

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Reinheitsvorstellungen im Islam

Gebet, Fasten etc., 3. Erlangung weiterer Religiosität dadurch, dass man Gutes tut und dem Bösen entsagt. Nach diesen drei Schritten gelangt der Gläubige in einen besonderen Zustand ritueller Reinheit, der als ihsa¯n bezeichnet wird. ˙ Wie sieht nun das Verhältnis von Sünde und ritueller Reinheit aus? Der Mensch wird dem gängigen muslimischen Verständnis nach nicht als Sünder geboren, sondern mit voller geistiger Reife, aber auch mit der Anlage zur Verfehlung. Allerdings gibt es – wir hatten es oben angedeutet – verschiedene Möglichkeiten, seine Sünden zu „bereinigen“, wobei das leitendes Prinzip im Prozess der Reinigung die Reue, das Verdammen der Sünde und die Wohltätigkeit gegenüber Notleidenden darstellt: (1) die kleine Ablution mit Wasser zur Reinigung der Seele von kleinen Unreinheiten und zur Vorbereitung auf das Gebet, (2) die umfassende Reinigung bei einer großen rituellen Unreinheit, (3) die Reinigung von moralischen Sünden durch verstärkte moralische Disziplin und Läuterung. Opfer(gaben) fallen nicht unter die Mittel der Reinigung. Opfer werden nicht an Gott gerichtet, sondern sollen in erster Linie den Armen zu gute kommen. Das Opfern an sich stellt keine heilige Praxis dar. Anders als in der vorislamischen Zeit oder in anderen Religionen birgt physische und spirituelle Reinheit im Islam direkt das Wohlbefinden des Individuums. Die Auffassung, dass Sünde ursprünglich und angeboren ist, trifft nicht auf die islamische Lehre zu, der Mensch ist weder gut noch schlecht, sondern seine einzigartige Natur kann dämonisch und engelhaft sein, je nachdem welchen Weg er einschlägt.

1.2.

Die Koranstellen 4:43 und 5:6 – Deutungen und Kontroversen

Bezüglich der für das muslimische Verständnis von „ritueller Reinheit“ unmittelbar verbundenen Waschung vor dem Gebet finden sich im Koran folgende zentrale Passagen: „Ihr Gläubigen! Kommt nicht betrunken zum Gebet, ohne vorher (wieder zu euch gekommen zu sein und) zu wissen, was ihr sagt! Und (kommt auch) nicht unrein (zum Gebet) – es sei denn, ihr (kommt nicht eigentlich zum Gebet, sondern) geht (nur zufällig an dem Gebetsplatz) vorüber –, ohne euch vorher zu waschen! Und wenn ihr krank seid (und deshalb nicht die regelrechte Waschung vornehmen könnt) oder (wenn ihr euch) auf einer Reise (befindet) oder (wenn) einer von euch vom Abort kommt oder (wenn) ihr mit Frauen in Berührung gekommen seid und kein Wasser findet (um die Waschung vorzunehmen), dann sucht einen sauberen hochgelegenen Platz auf und streicht euch über das Gesicht und die Hände! Gott ist bereit, Nachsicht zu üben und zu vergeben.“ (4:4310)

10 Paret 2004, S. 65.

Reinheit, Reinigung und Sünde

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„Ihr Gläubigen! Wenn ihr euch zum Gebet aufstellt, dann wascht euch (vorher) das Gesicht und die Hände bis zu den Ellbogen und streicht euch über den Kopf und (wascht euch) die Füße bis zu den Knöcheln! Und wenn ihr unrein seid, dann nehmt eine (entsprechende) Reinigung vor! Und wenn ihr krank seid (und deshalb nicht die regelmäßige Waschung vornehmen könnt) oder (wenn ihr euch) auf einer Reise (befindet) oder (wenn) einer von euch vom Abort kommt oder (wenn) ihr mit Frauen in Berührung gekommen seid und kein Wasser findet (um die Waschung vorzunehmen), dann sucht einen sauberen hochgelegenen Platz auf und streicht euch (mit etwas Erde) davon über das Gesicht und die Hände! Gott will euch nichts auferlegen, was (euch) bedrückt. Vielmehr will er euch rein machen und seine Gnade an euch vollenden. Vielleicht würdet ihr dankbar sein.“ (5:611)

Eine sehr gute Erklärung und Ausdeutung dieser Koranzitate liefert der oben schon genannte Joseph E. Lowry (Lowry 2004): Beschreibung und Anforderungen in den beiden genannten Stellen überschneiden sich teils wörtlich und sind entscheidend für die Auslegung und Bestimmung der rituellen Reinheit im islamischen Recht. Sure 5:6 jedoch gibt detailliertere und weiterführende Vorschriften (welche Körperteile zu reinigen sind). Eine Anweisung, wie sich im Falle einer „großen Unreinheit“ zu waschen ist, wird nicht wörtlich gesagt. Weiterhin wird in beiden Passagen eine Ausnahme von diesen Bestimmungen für bestimmte Situationen genannt, falls kein Wasser vorhanden ist. In diesen Fällen ist symbolisches Abwischen/Abreiben des Gesichts und der Hände und folglich des Kopfes und der Füße zulässig. Sure 4:43 ordnet an, dass im Zustand des Rausches nicht gebetet werden soll. (Die dadurch ermöglichte Interpretation, dass Rausch außer während des Gebets erlaubt sein könnte, wird von Rechtsgelehrten an anderen Stellen als abrogiert erachtet). Geht jemand lediglich an einer Moschee vorbei, ist keine rituelle Waschung erforderlich, was sich auf Reisende beziehen soll. Hier gilt das symbolische Abwischen (mit Staub, Sand), tayammum. Dieser Regelkomplex wird unterschiedlich interpretiert und in ritueller Praxis ausgeführt. Insbesondere hinsichtlich des ersten Satzes der Sure 5:6 besteht ein Unterschied zwischen sunnitischer und schiitischer Auslegung. Die schiitische Interpretation folgt einer gewissen Lesart des Arabischen, wonach das Waschen von Gesicht und Händen bis zu den Ellbogen parallel steht zum Abwischen des Kopfes und der Füße bis zu den Knöcheln. Durch die Veränderung eines Vokals wird in der sunnitischen Interpretation das Wort „Füße“ zum dritten Objekt des Verbs „waschen“, so dass hier lediglich der Kopf abgewischt wird. Wichtig zu bemerken ist in diesem Disput über die Bestimmungen zur Waschung, dass eine ungültige Ablution zu einem ungültigen Gebet führt. Beide Suren führen, wie Lowry weiter ausführt, zu einigen exegetischen De11 Paret 2004, S. 79.

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Reinheitsvorstellungen im Islam

batten: (1) Dem Satzteil „wenn ihr euch zum Gebet aufstellt“ (5:6) zufolge scheint eine rituelle Waschung für jede Durchführung eines Gebets erforderlich zu sein, was nicht der traditionellen Interpretation entspricht. Demnach genügt die kleine Ablution vor dem ersten Gebet des Tages, solange es zu keiner großen Verunreinigung (körperliche Ausscheidungen, sexuelle Aktivität, hadat) vor ¯ ˙ dem nächsten Gebet kommt. (2) Der zitierte Satzteil wurde teils auch als „wenn ihr euch nach dem Aufwachen zum Gebet aufstellt“ gelesen, was die rituelle Waschung nach dem Schlafen erfordern und Schlaf zu etwas machen würde, was rituelle Reinheit beeinträchtigt. (3) Bei der Passage „Wenn ihr mit Frauen in Berührung gekommen seid“ gibt es eine Debatte über die Interpretation des Verbs berühren (la¯masa). Handelt es sich um einfaches Berühren oder bezieht es sich auf Geschlechtsverkehr? Ist das einfache Berühren einer Frau (Beeinträchtigung der Ablution, ohne größere Verunreinigung) gemeint, würde das wörtliche Lesen des Verses dazu führen, dass tayammum erlaubt ist, wenn kein Wasser vorhanden ist. Eine größere rituelle Unreinheit könnte demnach nicht durch das symbolische Waschen behoben werden. Bezieht es sich auf den sexuellen Kontakt zu einer Frau, würde es die Möglichkeit mit sich bringen, dass die große rituelle Unreinheit durch den Ersatz behoben werden kann.

1.3.

Große und kleine rituelle Unreinheit

Der Koran führt, anders als etwa der Pentateuch (Lev 15:19), kein Konzept per se zu Verunreinigung an. Im Koran gibt es auch keine Erwähnung, dass Unreinheit sich von Mensch zu Mensch übertragen kann. Es gibt lediglich einen Hinweis auf Unreinheit im Zusammenhang mit Berührung von Frauen (5:6; 4:43). Hiermit kann eine eheliche Beziehung gemeint sein, oder der Hautkontakt beider Personen. (Zayditen und einige Ima¯miten, d. h. bestimmte schiitische Gruppierungen, vertreten die Meinung, dass das Berühren von Ungläubigen eine rituelle Waschung erfordert.) Auch die beiden Verse 4:43 und 5:6 geben außer einem Begriff, nämlich gˇunu¯b, keine Anhaltspunkte, was genau unter einer „großen rituellen Unreinheit“ zu verstehen ist.12 Die Wurzel gˇ-n-b hat die Konnotation von „sich unterscheiden von“, „fremd/unbekannt sein“. Die Dinge im Koran sind eben komplex und häufig nicht eindeutig. Reale Unreinheit – im Unterschied zu ritueller Unreinheit – wird, wie man bei Lowry lesen kann, als nagˇas (unsauber, dreckig), rigˇs (schmutzig, obszön) oder rigˇz (Abscheu, verruchte Tat) bezeichnet. Rigˇs muss vermieden werden. Auch das Versäumnis, den gesunden Menschenverstand zu nutzen, scheint man mit rigˇs zu verbinden (10:100). Rigˇs ist etwas, was Ekel hervorruft, etwas Widerliches (9:125). Die koranische Be12 Zu den beiden folgenden Abschnitten vgl. Lowry 2004.

Reinheit, Reinigung und Sünde

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deutung von realer Unreinheit erscheint bisweilen abstrakt und ideologisch. So werden musˇriku¯n als nagˇas bezeichnet und von heiligen Stätten ausgeschlossen. Manchmal soll Gott gottlose Menschen auch mit rigˇs bestraft haben (z. B. 6:125; 9:125; 33:33). In letzterem Vers will Gott rigˇs aus dem ahl al-bayt verbannen und es reinigen. Hier wird rigˇs mit gˇa¯hilı¯-Praktiken in Verbindung gebracht und diesen muslimische Pflichten (Gebet, Almosensteuer, Gottesunterwürfigkeit) entgegengesetzt. Rigˇz hat in einigen Passagen auch die Bedeutung von „bestrafend durch Gott“, im Allgemeinen oder konkret durch Plagen etc. (2:59; 7:134; 34:5; 45:11). Weiterhin bezeichnet rigˇz in zwei Textstellen einen generellen Zustand von Unsauberkeit, die sich mit Reinigung beheben lässt. Die rigˇz des Teufels beispielsweise reinigte Gott mit Regen (8:11). In Sure 7:4 – 5 wird Muhammad aufgefordert, sein Gewand zu reinigen und ar-rugˇz zu vermeiden. ˙ Die Möglichkeit, dass es sich um eine Vielzahl an symbolischer Unreinheit handeln kann, wird in der exegetischen Literatur berücksichtigt: Vermeidung göttlicher Strafe durch die Vermeidung von Lastern, Verknüpfung mit Polytheismus (sˇirk) und Götzenverehrung (awta¯n). Rudi Paret führt aus, dass rigˇs ¯ (Unreinheit) und rigˇz/rugˇz (Strafgericht) synonym verwendet werden. Rugˇz könnte, so eine Theorie, von dem syrischen Wort rugza¯ (Zorn, Wut) stammen. Realiter unrein kann sich auch auf sündhaftes Verhalten oder Lebensmittel beziehen (etwa Wein, Glücksspiel, Schwein, Götzenanbetung). Muslimen ist es verboten Lebensmittel zu sich zu nehmen, die anderen Göttern außer Gott geopfert wurden (u. a. 2:173). Diese und ähnliche Passagen können als Anprangerung vorislamischer arabischer Kultpraktiken verstanden werden. Auch die Kategorien hala¯l und hara¯m (legitim-rechtmäßig-recht, unrechtmäßig-rechts˙ ˙ widrig-verwerflich) sind mit Reinheit und Unreinheit verbunden. Verbotene Lebensmittel werden als rigˇs und gleichzeitig als verboten/unrechtmäßig/verwerflich (muharram) bezeichnet (6:145). Wie die Unterscheidung nagˇas und ˙ rigˇs in primär Personen und Dinge, werden Personen (wie etwa hinsichtlich Ehe) und Dinge (Nahrung) in rechtmäßig und unrechtmäßig unterschieden. Hierbei birgt das Konzept von hara¯m gleichzeitig die Bedeutung Tabu und Heiliges. ˙ Auch die Wertung „gut“ (tayyib) und „schlecht“ (habı¯t) ist in diesem Zusam˙ ˘ ¯ menhang zu nennen. Tayyib kann hierbei gesetzmäßig, habı¯t unrechtmäßig ˙ ˘ ¯ bedeuten (z. B. 7:157). Beide haben zudem eine moralische Dimension. Generell sind Personen weder vollkommen unrein, noch nach dem koranischen Reinheitsgebot infiziert, bzw. nach islamischem Recht, obwohl die Bezeichnung von Polytheisten als unrein von schiitischen Rechtsgelehrten wortwörtlich ausgelegt wurde. Man vermutet, dass legitim und verwerflich für die vorislamische Zeit bedeutender war, als rein und unrein. In der frühen islamischen Zeit schien eine reale Unreinheit gleichbedeutend mit der großen rituellen Unreinheit gewesen zu sein, was eine große Waschung erforderte. Analog wäre rituelle Unreinheit auch infektiös. Diese Sicht wurde relativ früh verworfen und die Gelehrten be-

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Reinheitsvorstellungen im Islam

gannen, reale und rituelle Unreinheit klar unterschieden. So erkannten sie alsbald nur zwei Formen ritueller großer Unreinheit, d. h. zwei Erscheinungsformen, die eine ausführliche rituelle Waschung erfordern, an: Sexuelle Aktivität und Menstruation. Sexuelle Aktivität wird hier allgemein mit Samenerguss, bzw. jeglicher Form sexuell bedingter Absonderung, sei es des Mannes oder der Frau, definiert. Menstruation (hayd, mahid) wird in mehreren Textstellen angespro˙ ˙ ˙ ˙ chen (s. z. B. Sure 2:222). Der Vers nennt zwar keinen bestimmten rituellen Akt, jedoch halten Rechtsgelehrte Menstruation für eine der Varianten großer Unreinheit, die die Reinigungsvorschriften aus Sure 5:6 für das Gebet erfordert. Weiterhin sehen Rechtsgelehrte Menstruation als Hindernis für das Fasten, die Umrundung der Kaaba und den Geschlechtsverkehr an. Neben den oben aufgeführten Beispielen trifft der Koran auch Aussagen über Personen, Objekte und Taten, die generell und im nicht-technischen Sinne rein bzw. unrein sind. Beispielsweise kann Gott Menschen rein machen (4:49; 24:21) oder er schickt Gesandte, die Menschen reinigen (2:129, 151; 3:164). Andererseits verachtet Gott gemäß dem Koran diejenigen, die das Treuegelöbnis brechen (3:77). Personen werden in manchen Passagen für rein oder gereinigt erklärt (18:74; 19:19; 2:25; 3:15; 7:82; 9:108). Wörter mit der Wurzel z-k-y verbinden Wohlfahrt mit Selbstreinigung (9:103; 92:18; 91:9; 87:14). Gegenstände, insbesondere in Verbindung mit Göttlichem werden ebenfalls als rein bezeichnet: die Seiten der Offenbarung (suhuf; 80:13 – 14), gereinigte Kaaba (2:125). Pas˙ ˙ sagen mit Formen, die sich aus den Wurzeln t-h-r und z-k-y herleiten lassen, ˙ beziehen sich auf Reinheit hinsichtlich moralischem Verhalten: Keuschheit, Ehe, Bedeckung der Scham, das Nicht-Betreten eines Hauses ohne Erlaubnis. Obwohl teils behauptet wird, dass der Koran an der generellen frauenfeindlichen Haltung der Spätantike teilhabe, wird Frauen in seiner Bedeutung von realer Unreinheit kein besonderer und grundsätzlicher problematischer ritueller Status zugewiesen.

2.

Die Bestimmungen der malikitischen Rechtsschule

Waren die bisher getroffenen Aussagen eher allgemeiner und erklärender Natur, so sollen im folgenden Teil die systematischen Bestimmungen einer Rechtsschule, nämlich der ma¯likitischen, näher vorgestellt werden (nach Bousquet 1950). Grundsätzlich unterscheiden sich die vier Rechtsschulen (d. h. die ma¯likitische, schafiitische, hanbalitische und hanafitische) nicht sonderlich ˙ ˙ voneinander, doch gibt es im Detail bisweilen doch einige wichtige Differenzen.13 13 Auf die Formierung der vier sunnitischen Rechtsschulen gehen sehr gut ein: Melchert 1997

Die Bestimmungen der malikitischen Rechtsschule

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Unreine/schmutzige Stoffe. Die kleine Unreinheit ist ein komplexeres Gebiet als die große. Es gibt eine Anzahl an Stoffen, die als unrein gelten und den Ort, die Kleidung oder die Person des Gläubigen selbst verunreinigen können. Kleidung etc. muss durch Waschen gereinigt werden; im Falle der Person selbst gilt es, sich durch die kleine Waschung von der kleinen Unreinheit zu reinigen. Zu den unreinen Substanzen gehören u. a. Körperflüssigkeiten. Über den Zustand von Leichen gibt es eine Kontroverse. Hinsichtlich toter Tiere haben Tiere, die konsumiert werden dürfen und die gemäß der rituellen Schlachtung getötet wurden, Meerestiere und Tiere mit reinem Blut, wie Insekten etc., einen reinen Leichnam. Der malikitischen Rechtsschule zufolge sind alle Lebewesen rein, wobei es sich hierbei um die liberalste Auslegung handelt. In den drei weiteren orthodoxen Richtungen gelten Hund und Schwein und jedes Tier, das auch durch Kreuzung von ihnen abstammt, als unrein. Alle vier Rechtsschulen sind der Auffassung, dass Gegenstände oder Orte, die ein Hund beschmutzt hat, mittels eines bestimmten Rituals gereinigt werden müssen. Laut Goldziher ist die Abneigung Hunden gegenüber als Reaktion des Islam auf die Verehrung dieses Tieres in der parsischen Religion zurückzuführen. (Goldziher 1901 und 1912) In einigen Regionen, wie etwa bei manchen Berberstämmen, besteht keine Aversion gegen das Halten von Schweinen, grundsätzlich jedoch besteht unter Gläubigen eine starke Abneigung gegenüber diesem Tier. Die orthodoxe Theorie hinsichtlich Menschen ist einfach: sogar Ungläubige sind rein, so dass Kontakt zu ihnen den Gläubigen nicht verunreinigt. Im schiitischen Verständnis jedoch verunreinigt der Kontakt eines unreinen Gläubigen nicht, jedoch der Kontakt eines Ungläubigen (bezogen auf nicht-Schiiten) zu einem Gläubigen. Gemäß Goldziher könnte auch dieses Verständnis von Unreinheit auf die parsische Religion zurückgehen. (Goldziher 1901 und 1912) Schiiten beziehen sich hier jedoch auf Sure 9:28. Sunniten hingegen interpretieren diesen Vers im symbolischen und moralischen Sinne. Alle vier Rechtsschulen erachten schließlich gegorene Getränke als unrein. Faktoren, die die kleine Unreinheit herbeiführen. Jegliche flüssige oder feste Ausscheidung des Körpers, die nicht als große Unreinheit deklariert ist, führt zur kleinen Unreinheit. Dazu gehören ebenso Zustände oder Handlungen, die die oben genannten Ausscheidungen unkontrollierbar machen oder herbeiführen: Bewusstlosigkeit, Schlaf, Berühren des Geschlechts etc. Wirft ein Mann einer Frau einen Blick zu, so führt dies nicht zur Aufhebung der Ablution, jedoch Apostasie und der Zweifel, ob sich der Gläubige in einem reinen Zustand befindet oder nicht. Unterschiede zwischen den Rechtsschulen bestehen in: Berühren des männlichen Glieds, Kontakt zu einer Frau (ohne jegliche Ausscheiund Hallaq 2005. Zur Herausbildung der islamischen Reinheitsvorschriften siehe neben einigen veralteten Studien (Becker 1912, Mittwoch 1913, Wensinck 1914, Horowitz 1927, Rivlin 1934) nun Cook 1987 und vor allem Katz 2002.

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˘

dung), Schlaf. Vor der Herausbildung des islamischen Rechts bestand eine Debatte darüber, ob die Aufnahme von Lebensmitteln, die mit Feuer in Kontakt waren, Unreinheit hervorrufen. Dies wird heutzutage weder in schiitischer noch sunnitischer Überzeugung angenommen. Halı¯l b. Isha¯q (s. u.) führt an, dass ˙ ˘ weder die rituelle Schlachtung, der Aderlass noch die Verlegung von Saugglocken Unreinheit herbeiführt. Lediglich die Ha¯rigˇiten, also eine kleine islamische ˘ Gruppe, die sich nach 657 von dem 4. Kalifen Alı¯ (st. 661) abgespalten hatte,14 entwickelten einen moralischen Aspekt im Komplex der rechtlichen Unreinheit: Ablution ist auch im Falle von Verleumdung, Meineid, Beleidigung, obszönem Angebot, etc. erforderlich. Rituelle Folgen der Unreinheit. Durch den Kontakt mit unreinen Stoffen wird der Gläubige, seine Kleidung, der Gebetsort etc. ebenfalls unrein. Die vier Rechtsschulen sind sich darüber einig, dass das Gebet ungültig ist, wenn der Ort nicht den Vorschriften gemäß vor dem Gebet gereinigt wurde. Ist der Gläubige verunreinigt (kleine Unreinheit), ist das Gebet, das er in diesem Zustand verrichtet, nicht gültig, und er darf die Kaaba nicht umrunden und den Koran nicht berühren (Textfragmente jedoch darf er mit sich führen). Befindet sich der Gläubige im Zustand der großen Verunreinigung, gelten für ihn zunächst dieselben Tabus wie bei der kleinen Unreinheit. Zusätzlich ist ihm beispielsweise folgendes untersagt: Rezitation des Korans (ausgenommen zwei, drei Verse, um den Teufel abzuwenden) und das Betreten einer Moschee. Wie wird Unreinheit beseitigt? Der Zustand der Reinheit kann durch das einfache Waschen mit Wasser wiederhergestellt werden. Darüber, was Wasser ist, gibt es eine ausgiebige Kasuistik, wozu nur zwei Bemerkungen angeführt seien. Es genügt nicht, dass das Wasser selbst sauber ist, sondern es muss selbst auch reinigend sein. Der Ort, der mit Unreinem beschmutzt ist, muss gewaschen werden. Hierzu gibt es einige Ausnahmen, wie ein kleiner Blutfleck, geringe Verschmutzung der Mutter, die von Kleinkindern verursacht wurden etc. Die kleine Ablution. Die kleine Ablution erfolgt aufgrund der kleinen Verunreinigung des Gläubigen und muss nicht unbedingt vor jedem Gebet durchgeführt werden. Hinsichtlich der notwendigen Waschung unterscheidet man zwischen verpflichtenden und empfohlenen Elementen, dennoch gibt es Divergenzen zwischen den einzelnen Rechtstraditionen, die aus den rechtlichen Bezeichnungen der Handlungen hervorgehen. Anhand der ma¯likitischen Auslegung sollen Übereinstimmungen festgehalten werden: Verpflichtend wird als fard (f) bezeichnet, empfohlen als sunna (s) oder löblich als fad¯ıla (fd). ˙ ˙ Exkurs: Zum besseren Verständnis dieser Schlüsselbegriffe bedarf es einer kurzen Erklärung (vgl. Muranyi 1987, 298 – 299). Unter ˇsarı¯ a versteht man die aus dem Koran und der Sunna abgeleiteten göttlichen Ge- und Verbote, also ein ˘

14 Siehe zu ihnen einführend Levi della Vida 1978.

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religiös legitimiertes, unabänderliches Gesetz. Die Pluralform (sˇara¯’i ) bezeichnet alle einzelnen darin enthaltenen Vorschriften. Die Gesetzeswissenschaft – vergleichbar der römischen jurisprudentia – ist unter dem Terminus fiqh bekannt. Sˇarı¯ a wie fiqh erstrecken sich auf alle Bereiche des religiösen, bürgerlichen und staatlichen Lebens. Dies gilt sowohl für die Pflichten des Menschen Gott gegenüber ( iba¯da¯t) wie auch für die zwischenmenschlichen Beziehungen (mu a¯mala¯t). Alle menschlichen Handlungen, die immer in einem religiösen Kontext zu sehen sind, werden in der in der ˇsarı¯ a in fünf Kategorien eingeteilt: 1. pflichtmäßige Handlungen: (fard oder wa¯gˇ ib) – diese Handlung wird be˙ lohnt, ihr Unterlassen bestraft. Unterschieden wird zwischen persönlichen Pflichten (fard al- ayn), denen jeder Muslim nachkommen muss, und ge˙ meinschaftlichen Pflichten (fard al-kifa¯ya), bei denen es ausreicht, wenn eine ˙ ausreichende Anzahl der Muslime daran teilnimmt. In die erste Kategorie fällt z. B. das fünfmalige tägliche Gebet (sala¯t), in die zweite etwa der ˙ Dschihad. 2. empfehlenswerte Handlungen: (mandu¯b/mustahabb/sunna/fad¯ıla) – diese ˙ ˙ Handlung wird belohnt, ihr Unterlassen nicht bestraft. 3. erlaubte, indifferente Handlungen: (muba¯h) – das Individuum selbst kann ˙ über die Unterlassung bzw. Ausführung einer Tat bestimmen. Das Gesetz sieht in diesem Fall weder Belohnung noch Bestrafung vor. 4. verwerfliche, missbilligte Handlung: (makru¯h) – es sind Handlungen, die das Gesetz zwar nicht bestraft, deren Unterlassung jedoch gelobt wird. 5. verbotene Handlung: (hara¯m) – der Täter wird bestraft, der Unterlasser ˙ solcher Handlungen gelobt. ˘

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Verbotene Handlungen werden durch die im Koran vorgesehenen Strafen (hudu¯d) im Diesseits geahndet: Alkoholgenuss, Unzucht, die falsche Bezichti˙ gung der Unzucht, Diebstahl, Geschlechtsverkehr zwischen Männern und die Apostasie; die Bestrafung des Abfalls vom Islam wird vor allem durch die Sunna des Propheten legitimiert und nicht durch koranische Bestimmungen. Vor diesem Hintergrund müssen also die einzelnen Bestimmungen der kleinen rituellen Waschung gehen werden: – Den Namen Gottes anrufen (fd) – Stilles Vorbringen der Absicht der Ablution (f) – Wahl eines sauberen Ortes zur Verrichtung des Gebets (fd) – Platzierung eines Behälters, aus dem das Wasser geschöpft wird (fd) – Dreimaliges Waschen der Hände und Eintauchen ins Wasser (s) – Die Ablution erfolgt nun kontinuierlich und folgt dabei der vorgeschriebenen Reihenfolge sowohl der fard-Handlung als auch der sunna-Handlung ˙ – Dreimaliges Auswaschen des Mundes und Ausspucken des Wassers (s)

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– Reinigen der Zähne mit der rechten Hand (fd) – Dreimaliges Hochziehen und Ausstoßen von Wasser durch die Nase (s) – Die eigentliche Ablution beginnt mit wenig Wasser (fd) und den rechten Gliedmaßen – Die mit Wasser gefüllten Hände entleeren sich über dem Gesicht (f), einschließlich Bart – Das anschließende Waschen der Hände und Füße erfolgt drei Mal (s oder fd) – Hände und Unterarme werden gewaschen und der Kopf mit feuchten Händen vom Haaransatz an der Stirn bis zum Nacken einmalig überzogen (f) und einmal nach hinten (fd) – Abreiben der Hörmuschel (außen wie innen) mit Wasser (fd) – Waschen der Füße (f) – Abreiben der linken Hand und Abgießen des Wassers der rechten Hand (fd) Bezüglich der lauteren Absicht (vor jeder religiösen Handlung – niyya) besteht eine Kontroverse zwischen hanafitischen Regelungen und den übrigen drei ˙ Rechtsschulen. Die Pflichten gegenüber Gott benötigen ihnen zufolge stets die lautere Absicht, damit sie Gültigkeit erhalten. Dies gilt für die Anbetung, der ein unverständliches Geheimnis für den Menschen innewohnt, wie beim Gebet. Bei Akten der Gehorsamkeit gegenüber Gott ist die Absicht nicht bedeutend. Ausnahmen der Ablutionsregeln. a) Das Benässen der huf/hifa¯t (Schuhe): auf ˘ ˘ der Basis einiger Hadithe ist es während der Ablution unter bestimmten Umständen (die von Rechtsschule zu Rechtsschule variieren) erlaubt, die Schuhe anstatt der Füße abzureiben. b) tayammum: koranisch und möglicherweise jüdischen Ursprungs. Dem Koran zufolge ist es Kranken und Reisenden erlaubt, diese Ersatzwaschung vorzunehmen, wenn kein Wasser vorhanden ist. Findet der Gläubige noch Wasser und hat noch Zeit für die Ablution, ist der zuvor durchgeführte tayammum ungültig. c) Sollte selbst tayammum nicht möglich sein, ist die Verrichtung des Gebets oder sein ersetzen nicht verpflichtend. Die große Unreinheit. Für die große Unreinheit, die schon weiter oben Gegenstand einiger Überlegungen gewesen ist, existiert im Arabischen kein eigenständiger, präziser Begriff, sondern es wird unterschieden in das, was wudu¯’ ˙ und g˙usl ungültig werden lässt. Samenerguss und Geschlechtsverkehr werden hingegen gˇana¯ba genannt. Die großen Unreinheiten werden alle in direktem oder indirektem Zusammenhang mit Sexualität verursacht. Insbesondere Menstruation spielt, wie auch in anderen kulturellen Kontexten eine bedeutende Rolle. Zum Samenerguss gibt es noch zusagen: arabischen Autoren zufolge scheidet die Frau ebenfalls eine Flüssigkeit aus, die sie als Sperma (manı¯) bezeichnen und die derselben Regelung unterliegt wie der männliche Samenerguss. Für den Geschlechtsverkehr gilt die technische Definition, wie sie für den thematischen Komplex der Ehe und im Strafrecht von Bedeutung ist. Zu The-

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menkomplex der Menstruation lassen sich in den Rechtsbüchern viele Abhandlungen finden. Autoren setzen Zeitspannen und Daten fest und geben Hinweise auf das Alter, nach dem man von einem Zyklus sprechen kann. Dies ist nicht die medizinische Sicht, sondern diese Bestimmungen definieren den Zustand, der Verbote hervorruft und stellen somit die rechtliche Position dar. Es ist demnach notwendig zu präzisieren, im Falle eines längeren Menstruationsflusses beispielsweise, wann eine Frau als menstruierend angesehen wird und wann nicht. Diese Umstände, die g˙usl ungültig werden lassen, stimmen bei allen vier Rechtsschulen, sowie bei den Schiiten überein. ˙ usl (vollständige Waschung). Tayammum kann auch auf g˙usl ausgeweitet G werden. Neben g˙usl kennt das islamische Recht auch die Waschung des Leichnams sowie nicht verpflichtende Waschungen, die jedoch z. B. für das Frei˙ usl für die niedergekommene tagsgebet oder die Pilgerfahrt empfohlen werden. G Frau hängt von ihrem Wochenfluss ab. In einigen Regionen erfolgt die Waschung nach 40 Tagen (diese Zeitspanne wird auch im Avesta und Buch Levitikus angeführt). Bei den Ausführungen darf nicht vergessen werden, dass es oftmals eine große Diskrepanz zwischen fiqh und Praxis gibt. Diese Regelungen und Bestimmungen sind nicht aufgrund von Sauberkeit oder Hygiene verfasst und tradiert worden, spielen diesbezüglich jedoch im Ergebnis eine Rolle.

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Halı¯l b. Isha¯q wurde zu Beginn des 14. Jahrhunderts in Kairo geboren.15 Obgleich ˙ ˘ sein Vater Hanafit war, folgte er selbst schließlich der ma¯liktischen Rechtsschule. ˙ Halı¯l unternahm die Pilgerfahrt und verweilte daraufhin eine Zeit lang in Me˘ dina. Sein großes Vorbild war der berühmte Gelehrte Ibn al-Ha¯gˇib (st. 1249).16 ˙ Als wichtigstes Werk von Halı¯l gilt sein „Muhtasar“ – eine sehr verdichtete ˘ ˘ ˙ Zusammenfassung des ma¯liktischen Rechts, das sich aber über die Zeiten hinweg im muslimischen Westen einer großen Beliebtheit erfreute. Halı¯l b. Isha¯q ˙ ˘ starb im Jahre 1365. Aus dem Muhtasar werden im Folgenden zur Illustration ˘ ˙ einige kurze Passagen aus dem Abschnitt über die rituelle Reinheit wiedergegeben, die für die Komplexität der Anordnungen in Rechtshandbüchern durchaus repräsentativ sind:

15 Siehe zu seinem Lebenslauf Ben Cheneb 1978. 16 Zu ihm siehe Fleisch 1971.

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Über die rituelle Reinheit.17 Abschnitt II. §2 Reine Subtanzen.18 Rein sind: a) der Kadaver eines Landtieres, das vom Blut entleert wurde, und der jedes Wassertieres, außer es hat lange auf fester Erde gelebt, und der eines jeden Tieres, das rituell getötet wurde. Ebenso seine einzelnen Teile – außer denjenigen, deren Genuss verboten ist; b) die Wolle, die seidig-weichen Haare der Kamele, der Hasen, etc., das Federbett, das Fell, außer wenn es vom Schwein stammt; c) gˇama¯d, also jede leblose Substanz, die nicht von einem lebenden Körper kommt, außer berauschende Flüssigkeiten; d) das lebendige Wesen selbst, seine Tränen und sein Schweiß, sein Speichel, seine Eier, außer es hat unreine Dinge gegessen. Auch unrein sind: verdorbene Eier sowie die oben genannten Ausscheidungen, die nach seinem Tod austreten; e) auch die menschliche Milch, außer die aus einem Leichnam; die anderen Milcharten folgen dem rituellen Zustand des entsprechenden Fleisches; f) Urin und Fäkalien von Tieren, deren Verzehr gestattet ist, außer wenn die Tiere sich von unreinen Dingen ernähren; g) das Erbrochene, außer wenn es schon im Zustand der Nahrung verdorben war, die Galle, der Schleim, die Galle von Tieren, die nach dem Ritus verzehrbar sind, das Blut, das nicht vergossen/verschüttet wurde, der Moschus und seine Blase, das Saatgut, selbst wenn es mit unreinen Substanzen benetzt wurde, die steinigen Abfälle, trockener (Abfall), Reste des Weins oder Wein, der zu Essig geworden oder Wein der sauer geworden ist. Abschnitt III. §3 Unreine Dinge: verschiedene Verbote. Unreine Substanzen sind: a) das, was in dem Vorangegangenen ausgenommen worden ist sowie die Kadaver, mit Ausnahme von dem, was oben genannt wurde, sei es von einer Laus oder von einem Menschen. Aber gemäß Ibn Rusˇd19 ist die gängigste Meinung, dass Letzterer rein ist; b) Das was von einem lebenden Tier entnommen wurde oder einem toten, dessen Kadaver unrein ist, wie Hörner (vom Kopf), Knochen, Hufe, Nägel, Elfenbein, Federkiele, Haut, außerdem gegerbte Haut, aber man toleriert im Allgemeinen den Gebrach von Haut, außer von Schweinehaut, nachdem sie mittels trockenem Materien und Wasser gegerbt wurde; aber in der Mudawwana20 rügt man das Tragen von Elfenbeinmaterial, aber man findet dort keine Antwort bezüglich von Esels-, Maultier oder Pferdehaut. c) Sperma, Prostatflüssigkeit, und was aus dem männlichen Glied nach dem Wasserlassen austritt, Eiter, Blutplasma, Vaginalausfluss, vergossenes Blut, außerdem von einem Fisch oder einer Mücke das schwarze Blut, die

17 Übersetzt wurde in erster Linie nach Bousquet 1956, der den ursprünglichen Text unter Zuhilfenahme eines Kommentars so wörtlich wie möglich und so frei wie nötig übertragen hat. 18 Bousquet 1956, 21 – 23 (= Guidi/Santillana 1919, 9 – 10 bzw. Halı¯l b. Isha¯q, Muhtasar, 8 – 9). ˙ ˘ nur als˙Theologe, ˘ Philosoph 19 Ibn Rusˇd (st. 1321) war ein bedeutender Gelehrter, der sich nicht und Naturwissenschaftler einen Namen machte, sondern sich auch auf dem Gebiet der islamischen Jurisprudenz auszeichnete. Einführend zu ihm siehe Robson 1971. 20 Die Mudawwana ist ein Kompendium der Schriften des aus Kairuan stammenden Gelehrten Sahnu¯n (st. 855), der die Lehren von Ma¯lik b. Anas im Maghreb bekannt machte. Siehe Talbi ˙ 1995.

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Asche von verbrannten unreinen Substanzen und ihr Rauch; d) menschlicher Urin und Fäkalien oder die von Tieren, deren verzehr verboten oder tadelnswert ist. Eine große Menge von flüssiger Nahrung wird unrein durch eine kleine Menge von unreiner Substanz; ebenso, wenn sie fest ist und das Unreine sich lange darin ausbreiten kann. Im umgekehrten Fall wird die Sache nur proportional zu dem unrein, was von ihm beschmutzt werden konnte. Nicht rein geworden sind: Öl, vermischt mit Unrat, gekochtes Fleisch, gesalzene Oliven, Eier, die mit unreinem Wasser, respektive mit unreinem Salz gekocht wurden. Ein Tonbehälter, dessen poröses Material durch eine unreine Substanz durchdrungen wurde. Im Gegenteil zu einer per se unreinen Substanz kann man sich einer Substanz, die von etwas anderem beschmutzt wurde, bedienen; aber nur in einer Moschee und nicht als Nahrung für den Menschen. Man betet nicht in der Kleidung eines Ungläubigen, aber sehr wohl in welcher, die von einem Unreinen gewebt wurde; nicht dort, wo ein anderer Betender geschlafen hat; nicht in der Kleidung von jemanden, der nicht betet, – außer es handelt sich z. B. um seine Kopfbedeckung; nicht mit den Kleidungsstücken, die die schändlichen, sexuellen und analen Körperpartien bedecken, außer wenn sie jemanden gehören, der ein Experte in Sachen Reinheit ist. Es ist verboten, dass ein Mann mit Edelmetallen verzierte Dinge benutzt außer es ist ein Gürtel oder eine Kriegswaffe. Davon nimmt man aus: den Koran, einen Säbel, eine künstliche Nase, einen Zahnersatz, einen Siegelring, aber ohne Goldverzierung, von denen es aber nur wenig gibt. Es ist außerdem verboten, ein Gefäß aus einem Edelmetall zu gebrauchen, und auch es zu kaufen und zu besitzen und das sogar für eine Frau. Bezüglich der Gefäße: Zu Kostbarkeiten, die innerhalb oder außerhalb von minderwertigem Metall zu finden sind, zu Alltagsgegenständen, die aber vergoldet oder versilbert sind oder die mit einem Edelmetall ausgebessert wurden, oder mit einem wertvollen Vorhängeschloß versehen sind oder mit wertvollen Edelsteinen, so es hierzu zwei unterschiedliche Meinungen. Die Frau kann zulässigerweise alles anziehen, was aus Gold oder Silber ist, außer wenn es sich um Schuhe handelt; aber sie darf nicht Dinge wie ein Ruhebett, einen Kamm, usw. aus Edelmetall benutzen. (…) §5 Wie man bei der Waschung vorgeht.21 Man reinigt den verschmutzten Ort, ohne dass man die Absicht formuliert haben muss, ihn zu waschen, indem man ihn wäscht, wenn man ihn kennt. Wenn nicht, wäscht man alles, bei dem man Zweifel hat, ob es rein geblieben ist, z. B. beide Ärmel eines Kleidungstückes, im Gegenteil zu den verschiedenen Kleidungsstücken des Betenden, von den man nicht weiß, welches rein ist; denn man wählt von dem, was rein ist, das aus, 21 Bousquet 1956, 24 – 25 (= Guidi/Santillana 1919, 15 – 17 bzw. Halı¯l b. Isha¯q, Muhtasar, 9 – 10). ˙ ˘ ˘ ˙

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was am geeignetsten zum Gebet erscheint und das andere wäscht man mit reinigendem Wasser, bis es rein erscheint, wie es vor der Waschung war. Für die Waschung ist es nicht notwendig, es auszuwringen, und es ist auch nicht notwendig, den Geschmack der unreinen Sache oder die Farbe oder den Geruch der unreinen Sache zu berücksichtigen, wenn es schwierig ist, sie zu entfernen. Wasser, das zur Waschung gedient hat und dadurch verändert wurde, ist eine unreine Substanz. Außer wenn das Verschwinden der unreinen Substanz nur dem zu verdanken ist, was kein Wasser im absoluten Sinn ist; dann wird die Verschmutzung nicht von dem angenommen, was den unreinen Ort gerade berührt hat. Wenn man zweifelt, ob eine Unreinheit ein Kleidungsstück befallen hat, ist es obligatorisch, es zu besprühen; wenn man das vernachlässigt, muss man das Gebet von vorne beginnen und die Kleidung erneut waschen; das Besprühen besteht darin, Wasser mit der Hand auszuschütten, ohne dass es notwendig ist, die Absicht zu formulieren. Es liegt keine Veranlassung vor, das zu tun, wenn man die Qualität der Unreinheit der Sache, die das Kleidungsstück berührt hat, nicht kennt oder wenn man Zweifel hat bezüglich der Qualität der Unreinheit und bezüglich des Kontakts. Ist der menschliche Körper bezüglich des Besprühens wie ein Kleidungsstück oder muss man ihn vollständig benässen? Hier gibt es innerhalb des Ritus Abweichungen. Wenn man sich bezüglich eines Wassers nicht sicher ist, von dem eins geeignet ist zum Reinigen und das andere beschmutzt ist, oder bezüglich zweier Flüssigkeiten, von denen die eine reinigendes Wasser ist und die andere eine unreine Flüssigkeit, betet man gleich oft zu der Nummer der Anzahl von Gefäßen mit einer unreinen Flüssigkeit sowie einem weiteren. Es wird empfohlen, das Gefäß, welches das Wasser enthält, zu waschen und auszuschütten (es gibt keine Veranlassung es zu tun, wenn es sich um Nahrung handelt, die sich in dem Gefäß befindet, oder um ein Wasserreservoir). Und (es wird empfohlen), dass man es als fromme Tätigkeit sieben Mal wiederholt, wenn ein Hund daraus getrunken hat – aber nicht in einem anderen Fall. Das findet statt, wenn man beabsichtigt, das Gefäß zu benutzen, ohne dass man die Absicht formuliert hat. Man kann keine erdigen Substanzen zum Waschen benutzen und man braucht nicht die Anzahl des Ableckens des Hundes berücksichtigen. Abschnitt V: Über die Waschung. § 6: fard-Elemente22 ˙ In Bezug auf die Waschung sind fard : die Waschung des Gesichts – d.h. das was ˙ eingeschlossen ist zwischen den beiden Ohren, dem Teil, wo normalerweise das Kopfhaar sprießt, und dem Kinn – ebenso wie der Teil mit dem Bart; danach wäscht man: die Scheidewand zwischen den Nasenlöchern, die Stirnfalten, das äußere der Lippen, man trennt die Haare vom Bart und vom Schnurrbart, dort wo die Haut darunter hervorkommt. Man muss nicht die Narbe einer Kriegsverletzung waschen, noch das, was zu tief ist. Dann wäscht man beide Hände und die Unterarme und das, was im Fall der Waschung noch vom Handgelenk besteht, ebenso eine Hand, die durch eine Abscheulichkeit an 22 Bousquet 1956, 25 – 28 (= Guidi/Santillana 1919, 17 – 21 bzw. Halı¯l b. Isha¯q, Muhtasar, 10 – ˙ ˘ ˘ ˙ 11).

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der Schulter befestigt ist; man teilt gut die Finger, aber ohne einen Siegelring, den man dort hat, zu drehen; jedoch entledigt man sich aller anderen Dinge, um dort Wasser hinkommen zu lassen. Dann geht man über zum feuchten Abreiben von dem, was sich auf dem Schädel befindet, und von dem behaarten Teil auf den Schläfen, ebenso wie von den hängenden Haaren; jedoch löst man nicht seine Zöpfe, ob man Mann ist oder Frau; aber diejenigen, die welche tragen, fahren mit ihren Händen unter die hängenden Haare, wenn sie im umgedrehten Sinn zurückkommen. Wenn man den Kopf wäscht, dann ersetzt es den mash’. Dann wäscht man sich die Füße, bis zu den gewölbten Teil der Knöchel bis zum Gelenk der Beine. Es wird empfohlen, die Zehen zu spreizen. Man beginnt die Waschung nicht erneut nach dem Schneiden der Nägel oder des Kopfhaares auf dem betroffenen Teil, aber bezüglich des Bartes gibt es zwei Meinungen. Vor dem Trocknen reibt man die gewaschenen Körperteile ab. (…) §7 Sunna- und löbliche (fad¯ıla) Elemente ˙ Sunna sind in dieser Hinsicht folgende (Elemente): 1) als religiöse Praxis sich dreimal die Hände zu waschen mit Wasser im absoluten Sinn. Während man die Absicht formuliert. Außer wenn die Hände sauber sind oder eine kleine Unreinheit plötzlich dazwischen kommt; jede Hand wird einzeln gewaschen; 2) sich den Mund auszuspülen; 3) Wasser durch die Nasenlöcher aufzusaugen; wer nicht fastet, macht es so lange, wie er kann; das eine und das andere (Ausspülen und Aufsaugen) macht man nach je nach Vorliebe, für sechs Mal Wasser aufnehmen, drei für jedes, aber es ist erlaubt, es zusammen zu machen oder nur mittels eines einzigen Wasseraufnehmens. 4) Wasser zu entlassen, indem man es durch die Nasenlöcher ausatmet, 5), 6) beide Flächen jedes Ohres feucht abzureiben, dann das Wasser zu erneuern, was die zwei Ohren betrifft (also das Wasser, mit dem die Ohren gewaschen wurden); 7) zu erneuern im umgekehrten Sinn hinsichtlich des feuchten Abreibens des Kopfes; 8) die angezeigte Reihenfolge bezüglich der Köperteile für die Farbwaschung zu beachten; man wiederholt die Farbwaschung, die umgekehrt wurde, nur wenn der Moment, an dem man es macht, so weit weg ist, dass das Körperteil schon trocknen konnte; wenn nicht wäscht man es erneut mit dem, was gemäß dem Ritus nachfolgt. Derjenige, der ein fard-Element der Reinigung vernachlässigt hat, holt es nach, genauso ˙ wie das Gebet, das zu tun ist, weil es durch diese Handlung, also durch das Vergessen, unwirksam geworden ist. Falls es sich um ein traditionelles Element handelt, wird man es durchführen, aber nur hinsichtlich dessen, was noch nachzuholen ist, z. B. ein Gebet.

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Fazit

Die Grundregeln für rituelle Reinheit sind in Sure 5:6 und 4:43 gegeben und stehen in Zusammenhang mit Gottes Großzügigkeit, dem Gehorsam des Menschen seinem Schöpfer gegenüber und der Notwendigkeit, die Grenzen der Gemeinschaft nach außen hin abzustecken. Die im Koran fehlende systematische Beschäftigung mit realer und ritueller Unreinheit lässt vermuten, dass der Fokus des darin zum Ausdruck gebrachten Reinheitsgebots auf der menschlichen Beziehung zum Göttlichen liegt und nicht auf einem hierarchischen Verständnis von Gesellschaft. Allerdings sind n der Folgezeit von den Rechtsgelehrten ganz genaue und sehr detaillierte Bestimmungen aus dem Koran und der Sunna abgeleitet und in Handbüchern niedergelegt worden. Diese Vorschriften sind für alle Muslime verbindlich und werden in der Regel bis heute auch gewissenhaft befolgt. Rituelle Reinheit oder Unreinheit hat nicht zwangsweise mit Schmutz zu tun, sondern eher mit symbolischen Wegen, die Welt anzuordnen. Mary Douglas hat in ihrem Werk „Reinheit und Gefährdung“ bereits darauf aufmerksam gemacht, dass Schmutz stets keine absolute, sondern eine relative Kategorie ist: „Schmutz existiert nur vom Standpunkt des Betrachters aus“ (Douglas 1985, 12). Es ist das, was in einem Ordnungssystem „fehl am Platz“ ist (ebd., 208). Das Hauptaugenmerk hinsichtlich ritueller Reinheit liegt im Koran auf der Reinheit von Personen mit Blick auf das Gebet. Es geht um die Körperkontrolle des Gläubigen, um das Bereit-Sein für das Heilige. Die Unterscheidung zwischen rein und unrein kreiert ein bestimmtes körperliches Wissen, das von den Gläubigen (= der in-group) gelernt und verinnerlicht werden muss. Empfindungen wie Abscheu und Ekel sind „Signale erfolgreicher Aneignung des Klassifikationssystems, das auf diese Weise disziplinierende Macht ausübt“ (Stausberg 2004, Sp. 239a) Der Körper ist dabei zugleich das prototypische Modell eines abgrenzenden Systems (Douglas 1985, 152).

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